DJE Buͤrger des Alten Roms verſchaffeten ihre liebſte Verlaſſenſchafften / nach dem Tode / gemeiniglich den Goͤttern / die ſie im Leben / vor an - dern / geehret hatten. Dannen - hero / wie der Mars-Tempel mit den Speeren / Schwerdern / Schil - den und Siegs-Zeichen der Helden prangete: ſo war des Foͤbus ver - meintes Heiligthum / von den Schrifften und Erfindungen der Ge -lehr -Schrifft. lehrten und Kuͤnſtlere hochberuͤhmt. Viele widmeten ihnen ſo gar ihre Leib - und Liebes-Fruͤchte / zu ewigen Tempel-Dienſten.
Unſer Neues Teutſchland hat dem Alten Rom wenig Raum vom Kunſt-Ruhm abzutretten. Jenes hatte erdichtete / dieſes hat wahr - haffte Goͤtter / die der Einig-Ewi - ge GOTT ſelbſt mit dieſem Na - men ehret. Wie nun die Teutſche Vaͤtter nicht laugneten / daß ſie die Roͤmer-Kuͤnſte gelernet: ſo ge - ſtehen auch die Soͤhne gern / daß ſie ihnen noch heut die Gewohnheiten abborgen.
Gnaͤdigſter Fuͤrſt / Jhr ſeyd / was Jhr heiſſet / Der Durchleuchtigſte /) (iiijundUberreichungsund alſo ein andrer Foͤbus groß unter den Kunſt-Fuͤrſten / groͤſſer von Fuͤrſten-Kuͤnſten; deſſen Ruhm - Stralen / mit der Sonne / den Erd - Kreis durchleuchten.
Der Seelige Erwachſene hatte die Ehre Eurer Hoch Fuͤrſtl. Duͤrchleucht. Verehrer zu leben / und zu ſterben. Dieſe Andachten / wie ſie das letzte / alſo waren ſie viel - leicht (nach der Eltern Art) das liebſte Sinnen-Kind; welches er ſo lang meiner Pflege uͤberlaſſen / bis es tauglich wuͤrde / das Liecht zu ſehen.
Jetzt / da es ſich aus der Dun - ckelheit ſoͤhnet / weiß ich es nirgend baͤſſer hinzuleiten / als zu dem Durch - leuchtigſten Sonnen-Tempel Eu -rerSchrifft. rer Hoch Fuͤrſtlichẽ Gna - de: um deſſen Ein - und Aufna - me es / mit mir / Fusfaͤllig flehet.
Die Bild-Kuͤnſtleꝛe ſtellen auf die rechte Foͤbus-Hand die drey Hul - dinnen. L. Hoch Fuͤrſtl. Durchl. haben allbereit des ſeeli - gen Verfaſſers Geſchicht - und Ge - dicht-Schrifften in die Hand zu faſ - ſen gewuͤrdiget: Sie belieben dieſe Lehr-Schrifft gnaͤdigſt beyzuſtellen / und ſie alſo wahrhafftig zu der Drit - ten / unter den Gratien, zu machen / und mit den Stralen ihrer Gnad - Hulde zu beglaͤnzen.
Jch werde mich unter die Gluͤck - ſeeligſten zaͤhlen / wann mir vergoͤn - net iſt / hinter ihnen / in dem Schat - ten zu ſtehen / oder vielmehr zu lie -) (vgenUberreichungs Schrifft. gen / und fuͤr meine hoͤchſte Angele - genheit achten / dieſe groſſe Gnad-Be - zeugung mit ſchuldigſten Dancke zu ruͤhmen / und ewig zu verharren
MJr leben leider! heut in einer Zeit / da mehr Schein als Seyn iſt. Welt und Geld reimen ſich wol / indem ſie gemeiniglich mehr Scheines als Feines weiſen. Die Kuͤnſte hegen Duͤnſte / und ergetzen oͤfters mehr / als ſie nutzen. Neue Gebaͤue ſind ſchoͤner: viel alte feſter. Heutige Worte ſind milder / die Wercke wilder. Die Zungen gezuͤ - ckert / die Hertzen gepfeffert. Geſchmink - te Geſichter und geſchmuͤckte Kleider de - cken mehrmals ſieche Leiber / und / welches das aͤrgſte iſt / tode Seelen. Dieſe ſind es / von welchen der Apoſtel ſagt: daß ſie den Schein der Gottſeligkeit haben / und dero Krafft verlaugnen. Doch iſt dieſer Schein / wie manche ſchlechte Muͤnze / bey dieſen Zeiten gangbar.
AnVor-AnſprachAn ſtatt des Saltzes der Chriſtlichen Klugheit wuͤrzet man mit dem Heuchel - Miſt / und wird dieſer hochgeachtet / wie der Tauben-Miſt in der Theurung zu Samaria / da ein Kab fuͤr 20 Silberling verkauffet wurde. Hievon zeuget ſatt - ſam unſere heutige Sabbats-Feyer. GOTT hat uns vergoͤnnet ſechs Tage in der Wochen unſer Brod / nach ſeinem Be - fehl / in Schweiß und Fleiß zu ſuchen; Die - ſe Nahrungs-Geſchaͤffte hat er mit ſei - nem Ruhe-Tag unterbrochen / und den Gedanken von der Eitelkeit die von der Ewigkeit einſchalten wollen: damit wir auf Erden des Himmels / und um des Leibs willen / der Seele nicht vergeſſen moͤgten. Aber wir meinen am Sonnta - ge / wann wir eine Predig / mit kalter An - dacht und ohne heiliges Verlangen der Erbauung / gehoͤret / ſo muͤſſen wir mit Spielen / Luſt wandeln / Fuͤllerey und ei - teln Scherzen die uͤbrige heilige Zeit un - heilig hinbringen. Dannenhero hoͤret man manche fragen und ſagen: ſie wu - ſten nicht / womit ſie den Sonntag ſonſten zubringen ſollen.
Hiezu nun dienen folgende Andachten des heiligen Kirch-Wandels / welche derWol -an den Leſer. Wolſeelige Erwachſene meiſtens ver - fertiget / und der Preſſe untergeben; in - zwiſchen aber aus der ſtreitenden in die triumphirende Kirche / von unſerem Sonntage zu den groſſen Sadbat der freudigen Ewigkeit / ſeinem langen Ver - langen nach / abgewandelt iſt.
Dieſe koͤnnen zwar / als weitlaͤufig nicht alle in der Kirche oder ganz geleſen werden; ſondern zielen vielmehr dahin; daß man ſich derſelben zu Hauſe / zur Leß - und in der Kirche zur Geſang Andacht be - diene. Es wird eine feine Sonntags-U - bung ſeyn / wann man alſo die 6 Haubtſtuͤ - cke Chꝛiſtlicher Lehre widerholet / GOtt lo - bet / mit dem JEſus-Gebet verſtaͤndig an - ruffet / ſeine Glaubens-Bekaͤntnuͤs wider - holet / vor die Gemeine bittet / in Erinner - ung des Tauf-Bundes / ſeinem GOtt von neuen huldiget / einen Freuden-Blick in das ewige Leben ſendet / und alſo den Sonntag mit Dank - und Gebet-Seufzern ſchlieſſet. Gebrauche es / Andacht-lieben - der Leſer / wie es der Verhimmelte Er - wachſene gewuͤnſchet; ſo wird es auch an dem Wachsthum deiner Gottſeeligkeit nicht mangeln. Solten dir mehr und an - dere Geiſt-Schrifftẽ des Seelig gedachtenVer -Vor-Anſprach an den Leſer. Verfaſſers belieben: ſo wird dir die loͤb - liche Blumgenosſchaft an der Pegnitz / die ſie / nach dem lezten Willen des Wolſee - ligen in Verwahrung hat / hiemit gerne bedienet ſeyn.
GOTT ſegne dich indeſſen an Leib und Seele / und bewahre dich / durch ſeine Macht / in Chriſto JEſu / zur Seeligkeit. Dem ſey Ehr und Preiß in Ewig - keit. Amen.
JCH bin der Erſte und der Lezte:(a)Offenb. 1. v. 11. alſo ſagt der Ewi - ge Sohn des Ewigen / durch welchen Alles iſt / und deꝛ da iſt Alles in Allem. Jſt nun Gott deꝛ Eꝛſte und Alles / ſo gebuͤhret ihm ja das Erſte von Allem. Die Eꝛſtgebuꝛt von Menſchẽ und Vieh / und die Erſtlinge der Feldfruͤchte / hat Gott von ſei - nem Volk begehret:(b)2. Moſ. 34. v. 19. 20. ſolte er nicht auch die Erſtlinge der Zeit / auch die Erſtgeburt derAGe -2Dem ErſtenGedanken und Lippen / von uns verlangen? Dem Erſten das Erſte! Die Opferung der Erſtgeburt und Feld-Erſtlinge / heilig - te und ſegnete Alle Nachgebohrne und die ganze Ernde. Alſo wird auch die ganze Woche heilig und geſegnet ſeyn / wañ man den Erſten Tag GOtt aufopſert.
2 Es ſcheinet / die Sonne aller unſrer Tage / JEſus Chriſtus / habe dieſes an - deuten wollen / als er / in der Erſten Woche ſeines Lehr-Amts auf Erden / einem Braut - Feſt zu Cana beigewohnet / und alda ſei - ner Goͤttlichen Allmacht Erſtes Wun - derzeichen ſehen laſſen. Ein Waſſer - brunn / muſte Sechs Kruͤge mit Wein an - fuͤllen: die Hochzeit Gaͤſte damit zu bewir - ten. Dieſe Waſſerquelle / dieſer Wunder - Weinbrunn / iſt das Goͤttliche Wort. Bei GOtt iſt die Lebensquelle oder lebendige Quelle:(c)Pſal. 36. v. 10. daraus man Waſſer zu Wein ſchoͤpfet. Unſer Heiland befihlt: Trach - tet am Erſten nach dem Reich Gottes / ſo wird euch alles das andere zufallen. (d)Matth. 6. v. 33.Er ſpricht / an jeden Erſten Wochentag: Fuͤl - let die Herzen-Kruͤge / mit Waſſer Goͤtt - liches Worts und him̃liſcher Andacht! ſo ſollen euch / die Sechs uͤbrige Wochentage / mit dem Freuden Wein Goͤttliches Geiſt -und3das Erſte. und Leiblichen Segens / bis oben an ge - fuͤllet werden. Ach ja!
Einer fuͤllet ſie alle.
Jch ſage / mit ſeiner hochgelobten Mutter: Was er euch ſaget das thut: Gebt dem Erſten das Erſte.
3 Der Sonntag /(e)Dieſer § erklaͤret das Titelkupfer. iſt des Liechtes Geburtstag. Aus der Sonne / als dem Liecht-brunn / darein am vierten Tag das Liecht geſamlet worden / quillet das Liecht alle Morgen. Aber die rechte Liechtquel - le / die ewige Sonne / iſt JEſus Chriſtus. Dieſe Sonne bildet ſich im Goͤttlichen Wort: gleichwie die erſchaffene Sonne ſich im Brunn bildet. Jn dieſem ſeinem Liecht / ſehen wir ihn / das Liecht. (f)Pſal. 36, v, 10.So laſſet uns dañ heut in dieſen Bruñ ſchauen / in das Goͤttliche Wort: daß wir JEſum erblik - ken. Wo dieſe Lebensquelle / das Goͤttli - che Wort / hinflieſſet / da wird alles belebet. Wer Luſt hat zum Geſetz oder Wort des HErꝛn / der iſt wie ein Baum / gepflanzet an den Waſſerbaͤchen. (g)Pſal. 1. v. 2. 3.Wer den Erſten Tag dem Erſten und Hoͤchſten gibet / der pflanzet / die Baͤume der Sechs uͤbrigen Tage / an den Bach / der von dieſem Lebens - Brunn rinnet.
A ijEiner4Dem ErſtenEiner nehret ſie alle Was er Wochen-uͤber machet / das wird wol gerahten.
Demnach
DJß iſt der Tag / den der HErꝛ gemacht hat. Diß iſt ein Tag des HErꝛn. Dein Tag iſt er / O Gott Vatter im Himmel / du großmaͤchtiger Schoͤpfer aller Tage! An dieſem Erſten Wochen-Tag haſt du angefangen / die Welt zu erſchaf - fen. Dank / Lob und Preis ſei Deiner Goͤtt - lichen Majeſtet / daß du diß große Haus der Erden / und alles was darinn iſt / zu Dienſt des Menſchen / und mich neben an - dren Menſchen / erſchaffen / auch bisher er - halten haſt.
2 Diß iſt der Tag / den der HErꝛ ge - macht hat. Diß iſt ein Tag des HErꝛn. Dein Tag iſt er / O Jeſu Chriſte / ewiger Sohn Gottes / Sonne aller Tage! An die - ſem Erſten Wochen-Tag / als am Sonn - tag / haſt du dein Werk der Menſch-Erloͤ - ſung / durch deine ſiegreiche Auferſtehung / geendet. Dank / Lob und Preisſei Deiner Goͤttlichen Majeſtet / daß du / mich und andere verlohrne Menſchen wieder zu bringen / in der angenommenen Menſch -heit7am Sonntag. heit ſoviel Marter und den Tod erlitten haſt.
3 Diß iſt der Tag / den der HErꝛ ge - macht hat. Diß iſt ein Tag des HErꝛn. Dein Tag iſt er / O GOtt Heiliger Geiſt / Erleuchte aller Tage! An dieſem Erſten Wochen-Tag haſt du / uͤber die Apoſtel und Mundboten Jeſu / dich ſichtbarlich ſen - den und ausgießen laſſen. Dank / Lob und Preis ſei Deiner Goͤttlichen Majeſtet / daß du / durch die Lehre des Heil. Evan - gelii / mein und anderer Menſchen Hertzen erleuchteſt / heiligeſt und in GOtt fuͤhreſt.
4 Dank / Lob und Preis ſei dir geſagt / O allerheiligſte / hochgelobte Goͤttliche Drei Einigkeit! daß du mich dieſen deinen Tag abermal erleben laſſen; daß du mich die vorige uͤber leben ließeſt / und nun eine neue Woche friſch und geſund anfahen laͤſſeſt.
5 Was die Sonne meinen Augen iſt / das biſt du / O Gott / meiner Seele. Die - ſe ſehnet und ſihet ſich um / nach dir. Aber eine dicke Wolke / verdecket mir dein An - geſicht. Ach! das ſind meine Suͤnden / das leidige Scheid-gewoͤlke. Was thut die Sonne? ſie bricht durch Nebel und Wolken / und zeiget ſich wieder. Thue du ſolches / O Jeſu / du Sohn Gottes undA iiijmei -8Morgen-Gebetmeine Sonne! Vergib mir und zertreibe dieſes Suͤnden-gewoͤlke. Unterdrucke auch und truckene die aufſteigende Suͤn - den-duͤnſte: daß ſie mir nicht ferner die - ſen Nebel verurſachen und mich von mei - nem Gott ſcheiden.
6 O Gott / du befihleſt und ſprichſt: Heiliget meinen Sabbath! Und ich / ſpreche taͤglich im Gebet des HErꝛn: Geheiligt werde dein Name. Damit verſpreche ich ja / daß ich deinen Namen heiligen wolle. Heut iſt der Tag / dieſes Verſprechen zu halten / dieſes Verlangen zu erlangen. So ſol dañ heut diß meine Freude ſeyn / daß ich mich zu GOTT halte. (k)Pſal. 73. v. 28.
7 Jch wil / den erſten Tag / deiner Eh - re ſchenken: du wirſt mich den letzten froͤlich erleben laſſen. Jch will heut von Arbeit und Suͤnden feiren: aufdaß du dein Werk in mir haben moͤgeſt. Jch will dir heiligen den Anfang der Woche: Du wirſt mir ſegnen die ganze Woche. Jch will / wie Alles / alſo auch die Woche / mit GOTT anfahen. Meine Seele iſt / unter der Buͤrde des Fleiſches / recht muͤhſeelig und beladen. Du ruffeſt ihr: ſie kommet / O Jeſu! ach! laſſe ſie heut Ruhe fin - den. Jch will heute in dir ruhen: duwirſt9am Sonntag. wirſt mir / die uͤbrige Tage / in meinem Beruff wieder arbeiten helfen.
8 Heute / am Erſten Tag / will ich trachten / O GOtt / nach Deinem Reich: das andere wird mir zufallen. Ach! dein Reich iſt das Liecht: dariñ wohneſt du / O Vatter des Liechts! Du ſelber / biſt das Liecht / und mein Liecht. Jch kan dich nicht finden / ohne dich / in dieſer Welt-Finſter - niß. O Sonne der Gerechtigkeit / O du Glanz des Ewigen Liechts!(l)Weißh. 7. v. 26. ſprich heut in meinem Herzen / Es werde Liecht! gleich - wie du heut das Liecht aus der Finſternis haſt hervor geruffen. (m)2. Cor. 4. v. 6.Ei ja! ſo ma - che dich nun auf / meine Seele / und werde Liecht:(n)Eſ. 60. v. 1. dañ dein Liecht / das Reich Got - tes / kommet.
9 Ach ja! in ſeinem Wort kom̃et heut mein Jeſus zu mir: dañ da hoͤre ich ihn mit mir reden. Er iſt ja / wo ſein Wort iſt. Da hoͤre ich ihn auch mir antworten / wann ich zu ihm rede. Heut ſuche ich geiſtliche Speiſe / fuͤr meine Seele. Jch bitte / um Brod des Verſtandes und Waſſer des Le - bens:(o)Sir. 15. v. 3. Laß mich damit / mit dem Goͤtt - lichen Wort / O du Geiſt der Weißheit /(p)Eph. 1. v. 17. reichlich verkoͤſtet werden. Alſo werdeA vich /10Morgen-Gebetich / in allen Chriſtlichen Tugenden / heilig wachſen und zunehmen / und dieſe Woche vor dir im Liecht wandlen koͤnnen.
10 Dieſer Erſte Tag / ſol fuͤr die Sechs andere bitten. Jch thue / wie der blinde Bettler am Weg bei Jericho. Heute / da mir mein JESUS ſtill ſtehet und mir ruffet / bitte ich / nicht allein: HERR / hilf mir / daß ich dich in deinem Wort ſe - hen moͤge! ſondern auch: HERR / gib mir / daß ich dieſe Woche deinen Segen ſehen moͤge. Gib mir / dieſe Tage / mein taͤglichs Brod. Jch will heut dich ehren und preiſen: du wolleſt mich Wochen - uͤber nehren und ſpeiſen.
11 Solte mich dann / heut oder dieſe Woche / wie den Jonas / die Truͤbſal-Son - ne auf den Kopf ſtechen / daß ich matt werde: HErꝛ / dein Wille geſchehe! Es iſt doch kein anderer Weg gen Himmel / als den unſer Vorgaͤnger Jeſus Chriſtus ge - bahnet hat.
Laß mir aber auch das Liecht der Freude wieder aufgehen /(r)Pſal. 97. v. 11. und nach dem Un -gewit -11am Sonntag. gewitter die Troſt-Sonne mich anſchei - nen. (s)Tob. 3. v. 23.
12 Du wolleſt auch / dem Fuͤrſten der Finſternis und ſeiner Welt / nicht allen ih - ren boͤſen Willen wider mich verſtatten / mich in Verſuchung zu fuͤhren. Befihl den Geiſtern des Liechtes / deinen Engeln / uͤber mir: daß ſie mich und die Meinen tragen / begleiten und ſchirmen. Staͤrke auch / durch deinen guten Geiſt / meinen Geiſt: daß er / im Streit wider das Fleiſch / ſiege und ob - lige. Du wolleſt mich durch ihn / nach dei - nem Ebenbild neu erſchaffen / der du am Erſten Tag angefangen die Welt zu er - ſchaffen / O du getreuer Schoͤpfer in gu - ten Werken!
13 Endlich / erloͤſe mich von allem Ubel / und hilf mir auf zu deinem him̃liſchen Reich. Leuchte du mir vor / O Jeſu mei - ne Feur Seule / durch dieſe Welt-Wuͤſte / und bringe mich zum Erbtheil der Heiligen im Liecht /(t)Col. 1. v. 12. zu deiner heiligen Wohnung / zur Stadt Gottes / die keiner Sonne mehr bedarf. (u)Offenb. 22. v. 5.Da / da wird deine Herꝛlich - keit / du unvergaͤngliches Liecht / deine Glau - bigen erleuchten; da wird keine Hitze noch Sonne mehr ſtechen. (x)Eſ. 49. v. 10.Dahin ſehne ich mich. Dahin hole du mich / wann du wilſt:ach12Mornen-Liedach daß du heut wolteſt! Dort wird mir dein Antlitz ewig leuchten / und ich werde geneſen. (y)Pſal. 80. v. 20.Amen! Jn Jeſu Namen / Amen!
Nach der Singweiſe: Wie ſchoͤn leuchtet der Morgenſtern.
HEut / an dieſem Tag des HErꝛn / iſt noͤtig / daß wir von uns aus - und in Gott ein-gehen / von dem wir urſpruͤnglich ausgegangen. Wer ſind wir? Weſſen und von wan - nen ſind wir? Wir ſind von Himmel / und ſtreben gen Himmel: der iſt unſerer Seelen Geburt Stadt / unſer Vatterland. Wir ſind Gottes / ſein Geſchoͤpfe / ſein E - benbild / ſeine erloͤßte Kinder / ſeine gehei - ligte Knechte. Wir ſind Buͤrger des him - liſchen Jeruſalems / eingeſchrieben in das Stadt Buch Gottes. Wir ſind Pilger auf Erden / und das Ende unſerer Wan - derſchaft iſt der Himmel.
2. Was iſt inzwiſchen unſer Amt und Beruff? Worzu dinget / ein Herꝛ / ihm Knechte? freilich / daß er von ihnen ge - ehrt und bedient werde. Ach! wir elen - de Menſchen! wie weit hat uns / des Sa - tans Verfuͤhrung / der blinde Wahn / und die toͤrichte Gewonheit / von unſerem Ur - ſprung abgefuͤhret! Wir vermeinen / wir ſeyen darum erſchaffen / daß wir Guͤterund16Betrachtungund Reichtum ſamlen; daß wir / nach dieſes Lebens eitler Ehre und ſchnoͤden Wolluͤſten / ſtreben; daß wir unſer Ge - daͤchtnis mit eitlem Wiſſen anfuͤllen. Diß iſt / in der Jugend unſere Hoffnung / und im Alter unſere Arbeit. Und wer iſt ſo redſeelig / daß er uns dieſe Torheit aus dem Siñ rede?
3 Wir ſind / Gott zu ehren und ihm zu dienen / erſchaffen. Koͤnnen wir nicht / wie wir billig ſolten / das ganze Leben / ſo ſollen wir doch / wie wir wol koͤnnen / ein Theil deſſelben / dieſer Schuldigkeit wid - men. Jſt es nicht die ganze Woche: ſo ſei es doch ein Tag in der Woche. Wir ſollen ja von der Zeit / die uns Gott gibet / ihm etwas wiedergeben. Wir muͤßen / von unſern Wochen Tagen / auch der Seele und unſrer Seeligkeit einen zueignen. Wañ wir Sechs Tage arbeiten / und den Siebenden mit irdiſchen und ſuͤndlichen Beluſtigungen verbringen: was bleibt uns dañ zur Be - ehrung Gottes und zur Seel-Sorge uͤbrig? Wañ diß Gute am Sonntag nicht geſchihet / ſo bleibt es / das ganze Jahr durch / ungeſchehen.
4 Unſre Wochen-Arbeit / und die ge - woͤnliche Sonntags-Ergetzungen / dienen nur zu des Leibes Notturft und Beluͤſten. Nun17der Sabbath-Feyer. Nun haben wir / nicht nur den Leib / ſon - dern auch eine Seele. Jener iſt von der Erde. Dieſe aber iſt von Himmel / ein O - dem Gottes / und ſoviel edler / als der Leib / ſoviel baͤßer der Himmel als die Erde iſt. Sie ſollen auch nicht auf Erden bleiben / ſondern in den Himmel / in die ewige See - ligkeit / verſetzet werden.
5 So iſt es ja billig / daß ein Menſch / wo nicht alle Tage / (welches / wegen der Beruffs-Geſchaͤfte und Wochen-Arbeit / nicht recht geſchehen kan) doch wenigſt ei - nen Tag in der Woche / ſich mit den Ge - danken dahin ſchwinge / wo er ausgegan - gen / wohin er wiederkehren und wo er ewig lebenſol. So iſt es ja unbillig / wañ er immer nur / des unedlern Theils / des Lei - bes pfleget / und niemals / oder gar ſelten / fuͤr ſeine Seele ſorget. Jeſus muß ja auch einen Tag haben / da er ſeine Braut-See - le beſuche. Denket doch ein Wanders - man immer an ſein Heimat / dahin er reiſet.
6 Gott wuſte / unſere irdiſche Traͤg - heit und eitele Muͤhſeligkeit. Darum ver - ordnete er wochentlich einen Tag / da wir alles Jrdiſches beiſeit legen / den Leib ru - hen laſſen / mit der Seele aber uns zu Gott und gen Himmel ſchwingen ſollen. DaBſoll18Betrachtungſoll auch die Seele ruhen / die Wochen-uͤber dem Leib zur Arbeit dienen muß. Er ru - hete / am erſten Sabbath / in dem Men - ſchen / als ſeinem lezten und baͤſten Ge - ſchoͤpfe. Diß thut er noch immer / und will am Soñtag in uns ruhen. Er will auch / daß wir hin wieder / an dieſem Tag / in ihm ruhen ſollen.
7 Dieſe Seelen-Ruh und Gottes - Anſprache / iſt ein Engel-Thun. Jm Him - mel haͤlt man einen Sabbath nach dem an - dern / ja einen unaufhoͤrlichen Sabbath / und lobet GOtt ohn unterlaß. Solten wir nun / die ſiebentaͤgige Woche uͤber / nicht einen einigen Tag thun / was die En - gel im Him̃el immer thun? Wem hieꝛeckelt / zuweilen ein Engel im Fleiſch zu ſeyn: der wird nicht / im Him̃el / den Engeln gleich werden.
8 Es iſt auch / der Wochen Sabbath auf Erden / ein Fuͤrbild des ewigen Sab - baths im Himmel. Wer jenen verachtet oder verunachtſamet / der wird zu dieſem nicht gelangen. Und was iſt auch von ſolchen Seelen zu halten / die nur des Lei - bes Salven ſind / und keine luſt haben / mit Gott umzugehen? Sie muͤßen ja ganz ihres Urſprungs vergeſſen haben. Dañ / wer an Gott und den Himmel denket / undweiß /19der Sabbath-Fever. weiß / was Gott und Himmel iſt / der wuͤn - ſchet ſich ja dahin / und gehet gern mit Gott um / bei dem er ewig zu leben gedenket.
9 Solte es wol vieler Beweisgruͤnde bedoͤrfen / uns zu bereden und glauben zu machen / daß wir / Gott einen Tag von der Woche zu geben / ſchuldig ſeyen? Erfor - dert denn ſolches nicht die Dankbarkeit? Juden und Tuͤrken erkennen ſolches / und ehren Gott mit eifriger Feyer eines Wo - chen Tages. Warum ſolten wir nicht Gott einen Tag in der Woche dienen / da uns die ganze Woche ſeine Geſchoͤpfe dienen? Da er uns ſieben Tage nehret / ſchirmet und beiſtehet: ſolten wir nicht einen Tag dazu nehmen / ihm dafuͤr zu danken? Und da wir / die Woche uͤber / dieſes Segens / Schutz - und Beiſtandes ferner vonnoͤten haben: ſolten wir nicht / am erſten Tag / ihn darum anruffen?
10 Uberdas hat er ja uns / da wir nichts waren / zu Etwas gemacht. Er hat uns ſo theur erloͤſt / da wir verlohren wa - ren. Er hat uns / zu Erben des Himmels / erneuret und geheiligt / und uns die ewige Seeligkeit verſprochen. Jn ihm leben / weben und ſind wir. (z)Ap. 17. v. 28,Solten wir nun nicht freiwillig / zu ſeinem Ehrendienſt /B ijwoͤchent -20Betrachtungwoͤchentlich einen Tag heiligen? Nun er uͤberdas ſolches befohlen hat: ſolten wir ſo undankbar ſeyn / und ihme den ſchuldi - gen Gehorſam verſagen.
11 Wañ ein Koͤnig einen armen Bau - ern auf ſeinen Mairhof ſezte / ihn daſelbſt mit aller Notturft verſorgte / und ihn ein - mal nach Hof zu nehmen verſpraͤche; mit erbietung / daß er / aus ſonderbarer Gnad - huld / ihn woͤchentlich einmal beſuchen und einige Gaben mitbringen wolte: weswe - gen er ſelbigen Tag alle Arbeit hinweg le - gen / ihm allein aufwarten / und das Haus rein halten ſolte. Jch bitte euch / was wuͤr - det ihr von dieſem Bauern halten / wañ er / ſolchen Befehl verunachtſamend / an ſelbi - gem Tag allerlei Arbeit vornaͤhme / ſich nicht daheim antreffen ließe / mit dem Nachbar-geſindel uͤppigkeit triebe / und die Schweine im Haus herum laufen ließe? Wañ er hierdurch des Koͤnigs Gnadhuld verſcherzte / daß er nicht allein von dem Mairhof verſtoſſen wuͤrde / ſondern auch nimmermehr vor des Koͤnigs Augen kom - men doͤrfte? Jhr wuͤrdet warlich ſagen / es habe nie kein groͤßerer Narꝛ / als die - ſer Bauer / auf Erden gelebet.
12 Ach! ſolcher großen Narren wer - det ihr eine große Anzahl finden: die / desKoͤ -21der Sabbath-Feyer. Koͤnigs aller Koͤnige Gnade zu verſcher - zen / aus dem Tag des HERRN einen Narren - oder Narretei-Tag / einen Teu - fels-Feſttag / aus dem Sonntag einen Suͤnd Tag und Sau-Tag machen. Jhr werdet finden / die an ſolchem Tag den Madenſack / den Leib / ſchmuͤcken / und die Seele nacket gehen laſſen. Dieſe werden es fuͤr eine Langweil halten / mit GOTT zu reden / und ihn zu preiſen: welches ihm doch / wie er ſaget / ein luſtiger Sabbath heißen wuͤrde. Sie werden hingegen / wi - der Gottes verbot daſelbſt / ihre eigene We - ge gehen / und thun / was ihnen nur gefaͤllet. (a)Eſ. 58. v, 13.Sie werden zwar den Tag feiren / aber nicht heiligen / ſondern mit ungoͤttlichem Neben-thun entheiligen. Ja / ſie wer - den wol gar / an dieſem Tag / ihre irdiſche Wochen-Arbeit verrichten / und alſo / wi - der Gottes Gebot / Sieben Werk Tage aus Sechſen machen.
13 Man ſihet ja leider! wie alle Boß - heit auf den Sonntag geſparet wird; wie man ingemein / die ganze Woche / nie mehr Suͤnden / als am dieſem Tag / bege - het. GOtt wird nie mehrers erzuͤrnet / als an ſeinen Tag / da er von uns wil ge - ehret ſeyn. Ach! die Teufel ſehen zu / ſpot -B iijten22Betrachtungten unſrer Feirtaͤge / und lachen in diefauft / daß wir ihnen ſo gehorſam und GOtt un - gehorſam ſind. Sie erfreuen ſich / daß ſie Gottes heilſam-heiligen fuͤrſatz ſo fern umgekehret / und der Menſch / den Gott am Sonntag zu ſich und gen Himmel zie - hen wil / von ihnen ſich auf den Weg ver - ſuͤhren laͤßt / der zur Hoͤlle ſtuͤrzet.
14 Gott hat befohlen / daß am Sab - bath auch das Vieh nicht arbeiten ſol: weil Leute dabei ſeyn muͤſſen / die es regiren / und dadurch an der Seelen-Ruhe ver - hintert werden. Aber bei den Reichſten / die doch / Gott zu danken und zu preiſen / am meiſten urſach haben / iſt oftmals das Vieh nie arbeitſeliger / als am Sonntag: da dann zuweilen Vieh / vom Vieh / zur Vieh - weide gefuͤhret wird. Alſo muͤßen die ar - me Creaturen / zur Uppigkeit / zur Sonn - tags-entheiligung / zu ihres Schoͤpfers Er - zuͤrnung / froͤnen.
15 Und / iſt es nicht erſchrecklich zu hoͤ - ren? da wir Gott / am Sonntag / die Suͤn - den voriger Woche abbitten und Soͤhn - tag halten ſolten: da haͤufen wir / an die - ſem Tag / Suͤnde mit Suͤnde / verbringen denſelben mit Aufputz des Leibes / mit Gefraͤß und Fuͤllerei / mit uͤppiger Geſell - ſchaft und leichtfertigen Danzen / mit ge -winn -23der Sabbath-Feyer. winnſuͤchtigem Spielen und andeꝛer Kurz - weil / mit Ubelreden vom Naͤchſten und aͤrgerlichen Schandworten / mit laͤſterli - chem Fluchen / mit Unzucht und boͤſen Luͤ - ſten / mit unchriſtlichem Zanken / Raufen und Balgen.
16 GOtt arbeitete einmal ſechs Ta - ge / in der allererſten Woche / am Werk der Erſchaffung / und ruhete am ſiebenden Tag / heiligte und ſegnete denſelben. Er gebote auch ſeinem Volk / alle Wochen Sechs Tage zu arbeiten / und am Sieben - den Tag zu ruhen. Gedenke des Sabbath - Tags /(b)1. Moſ. 20. v. 8. rieffe ſeine Donnerſtimme / daß du ihn heiligeſt! Sechs Tage ſolſt du arbeiten / und alle deine Dinge beſchicken. Aber am Siebenden Tag / iſt der Sabbath des HErꝛn deines GOttes: da ſolſt du kein Werk thun / noch die deinen / noch dein Vieh / dann in Sechs Tagen hat der HErꝛ Himmel und Erde ge - macht / und ruhete am Siebenden Tag. Dar - um ſegnete er den Sabbath-Tag / und heilig - te ihn.
17 GOtt arbeitet noch immer wo - chentlich Sechs Tage / mit den Arbeiten - den / durch ſeine allgegenwaͤrtige Regi - rung: und am Siebenden Tag will Er noch immer ruhen in und mit uns / und fuͤrB iiijſeine24Betrachtungſeine woͤchentliche Arbeit-Huͤlfe geprieſen ſeyn. So ſuͤndiget dann derjenige / der Sieben Tage arbeitet: weil er wider GOttes ausdruͤckliches Gebot handlet. Dieſes Gebot / iſt eines von den zehen ewi - gen Geboten / die vom Berg Sinai aus - geruffen / und auf zwo Stein-Tafeln ge - ſchrieben worden. Der befohlen hat / Du ſolſt nicht toͤden / ehebrechen / ſtehlen! der hat auch befohlen / Heilige meinen Sabbath.
18 Es iſt laͤcherlich / daß Leute ſind / die da maͤinen / ſie wollen ihre Haabe ver - mehren / wann ſie auch am Sonntag ar - beiten. Jſt eben ſo viel / als wann ſie auch gedaͤchten: ich will morden / huren und rauben / auf daß ich froͤmmer werde. Was hilft euch eure Arbeit / wann ſie GOtt nicht ſegnet? Wie ſoll aber GOtt eure Arbeit ſegnen / wann ihr an einem Tag / da er ſolches verboten / arbeitet / und damit ihn erzuͤrnet? wie koͤnt ihr Gnade hoffen in einem Thun / womit ihr mut - willig Straffe verdienet?
19 Die am Siebenden Tag hingien - gen / Manna zu ſamlen / die fanden nichts. (c)2. Moſ. 16. v. 27.Merket dieſes! alſo ſoll es euch auch ergehen: nichtes ſollet ihr finden / wannihr25der Sabbath-Feyer. ihr am Sonntag Nahrung / oder durch Nachſehung der Saufgelage / Einkom̃en ſuchet / und GOtt nichts von der Zeit ge - ben und goͤnnen wollet. Und ob ihr ſchon et was auf ſolche weiſe gewinnet / ſoll es doch wie der Schnee zerrinnen und zu nichtswerden. Daß aber / unter dieſem verbotenen Arbeiten / die Noht - und Lie - bes Werke nicht verſtanden werden / kan die geſunde Chriſt-Vernunft / ohne diſputi - ren / leichtlich ermeſſen.
20 Andere / die ohndas lieber feiren / als arbeiten / halten fuͤr genug / wann ſie eine Predigt (ohne Nutzen) gehoͤret / und das gemeine Gebet (ohne Andacht) mit - geſprochen. Nach dieſem begeben ſie ſich auf eitle Ergetzlichkeiten / und ent - ſchuldigen ſich damit: weil ſie Wochen - uͤber viel Muͤhe und Arbeit gehabt / ſo muͤßen ſie am Sonntag / zu erholung der Kraͤfte / eine Beluſtigung ſuchen. Aber wie gar ſehr irren ſolche Leute! GOtt hat nicht geſagt / Feiret mir etliche Stundẽ des Sabbaths! ſondern ſein Gebot iſt: Ge - denke des Sabbaths / daß du ihn / den ganzen Sabbath / heiligeſt. Er gebrau - chet hierbei das Wort / Gedenke: wel - ches er ſonſt bei keinem ſeiner Gebote ge - than hat.
B v21 GOtt26Betrachtung21 GOtt hat auch nicht befohlen / daß wir am Sabbath allein feiren und kurz - weilen ſollen. Dann / jenes gehoͤret nur den Pferden / Ochſen / Eſeln und anderen Laſt-Thieren: dieſes aber iſt noch ver - wer flicher / als die Arbeit / weil viel Eitel - keit und Suͤnde daran klebet. Man muß nicht allein feiren / ſondern auch die Feyer heiligen. Der aber heiliget den Sabbath / der ihn mit heiligen Sachen zu bringet: der - gleichen ſind nicht / die eitele Eꝛgetzlichkeitẽ.
22 Man geſtehet und goͤnnet euch gern / daß ihr / nach der Arbeit / ausruhet und euch ergetzet. Aber wann ihr leibli - che Ergetzung ſuchet / ſo nehmet nicht dar - zu den Tag / der zur geiſtlichen Seel-Er - getzung gewidmet iſt. Nehmet einen von euern Sechs Werk-Tagen / und laſſet GOtte ſeinen Tag: in betrachtung / daß auch ihr von eurem Geſinde euch keinen Tag nehmen laſſet / den ſie verfeiren und verſchlendern wolten / da ſie arbeiten oder euch aufwarten ſolten.
23 Jhr moͤget ja / wie vorzeiten die fromme Juden / nach dem Gottes-Dienſte zuſammen kommen und ein maͤßiges Abendmal halten: doch / daß ihr dabei von GOttes Wort und Seel-erbaulichen Sachen redet. Jhr moͤget auch / wie diezween27der Sabbath-Feyer. zween Juͤnger / auf das Feld oder in die Gaͤrten luſtwandelen: aber JEſus muß auch eurer Geſpraͤche innhalt und euer Ge - faͤrte ſeyn / und ihr ſollet GOtt in Betrach - tung ſeiner Geſchoͤpfe ehren. Jhr moͤget auch eine geiſtliche Muſik halten oder an - hoͤren: dabei aber euch der himliſchen En - gel-Capelle erinnern.
24 Man moͤchte wol unſern Maul - Chriſten und Sabbath-Schaͤndern / wie Nehemia ſeinen Juden / zuruffen:(d)Neh. 13. v. 17. Was iſt das boͤſe Ding / das ihr thut und bre - chet den Sabbath? thaͤten nicht unſere Vaͤtter auch alſo / und unſer GOtt fuͤhrte alles diß Un - gluͤck uͤber uns: daß naͤmlich unſer Jeruſa - lem und Tempel zerſtoͤret worden / und wir 70 Jahre gefangen geſeſſen. Jhr ma - chet / des Zorns uͤber Jſrael / noch mehr. Es ergienge ja den Juden / wie ob-er - wehntem Bauern: weil ſie ihren himli - ſchen Seelen-Koͤnig am Sabbath nicht bewirten wolten / hat ſie das Land / daß er ihnen eingegeben / ausſpeyen muͤßen.
25 Jch vermeine ja / es habe auch uns / in erlittenen Kriegsjahren / eingetroffen: daß die Kirchen in der Aſche / Staͤdte und Doͤrfer oͤde und wuͤſt gelegen. Man ſtel - let dieſes boͤſe Ding nit ab / gleichwie dieJu -28BetrachtungJuden nach ihrer Gefaͤngnis. Jſt dem - nach zu beſorgen / GOtt werde einen Ne - bucadnezar / Veſpaſian oder Mahumed / wie uͤber die Juden und Griechen ſenden / der mit uns auch / wie mit ihnen / den Ga - raus mache.
26 GOtt ſtraffet auch taͤglich / daß die / ſo ſeinen Sabbath nicht feiren wollen / endlich mit den Zaͤhnen feiren muͤßen. Manche doͤrfen / in Tuͤrckiſche Dienſtbar - keit hinweggefuͤhret / oder ſonſt des Hun - gers ſich zu erwehren / gar nicht feiren / und werden haͤrtiglich zu arbeiten gezwungen. Man ſchaͤndet dem Sonntag / mit Freſſen und Sauffen: iſts dan Wunder / wan GOtt deswegen mit Duͤrre / Naͤſſe / Ha - gel / Mißwachs / eiſernen Gaͤſten / Theu - rung und Mangel ſtraffet / auch etwan gar die Feyertaͤge zu erſchrecklichen Feuer - taͤgen machet? Nun / wer boͤſe iſt / der ſei immerhin boͤſe: er wird es ewiglich / aber allzu ſpat / bereuen.
27 Suchet man Freude und Ergetz - lichkeit / am Sonntag: ach! was groͤßere Freude kan ſeyn / als mit David ſich zu GOtt halten?(e)Pſ. 73. v. 28. als mit dem himliſchen Seelen - Braͤutigum ſich ergetzen? als an den Him - mel und unſere kuͤnftige Seeligkeit geden -ken? 29der Sabbath-Feyer. ken? Ein Kind greiffet etwan nach ei - nem Apfel / und achtet nicht das Goldſtuͤck / das ihm der Vatter zeiget: mit dem es doch viel tauſend Aepfel erkauffen koͤnte. Laſſet uns doch nicht ſo naͤrriſche Kinder ſeyn! Laßt uns / mit Maria / das baͤſte Theil erweh - len / und heut zu Jeſu Fuͤßen ſitzen. GOtt und Genug! wer den ergreiffet / der hat alles ergriffen. Und muͤßet ihr nicht hin - gegen / nach der eingenom̃enen Ergetzung / bekennen / daß es Narretei und Eitelkeit geweſen?
28 Suchet man / am Sonntag / ſeine Nahrung zu baͤßern: man thue ſolches / durch ein eifriges Gebet um den Goͤttlichen Wochen-Segen. Man gehe / dieſen Tag / zum Brunne aller Guͤter / und drehe mit der glaubigen Andacht Hand / die Roͤhre auf: ach! das Waſſer des Segens / wird alsdan die ganze Woche fließen. GOtt gibt ſeinen Freunden / auch wann ſie ſchlaf - fen:(f)Pſ. 127. v. 3. gleichwie / auch bei Nacht ein Roͤhrbrunn ſpringet / und ein Waſſer - Rad das Waſſer in die Wieſen ſchoͤpfet / dieſelbe Gras - und Kraͤuter-reich zu ma - chen. Dieſer Brunn wird euren Herz - Garten / mit dem Lebenswaſſer ſeines Worts / befeuchten / und Tugend-frucht -bar30Betrachtung.
31der Sabbath-Feyer. bar machen / auch die Feuerflut ſeines H. Geiſtes uͤber euch ausgießen.
29 GOtt hat / an dieſem Tag / das Liecht erſchaffen / wodurch alle Augen ſe - hend werden. Wir elende Menſchen ſind / durch die leidige Erbſuͤnde / an der Seele erblindet / wandern auf Erden im ſinſteꝛn Thal / und wiſſen nicht / wo wir in unſerm Chriſtentum und Beruff hingehen ſollen. Was werden dan wir blinde Leute Wo - chen-uͤber gutes verrichten / wan wir nicht nach einem Liecht trachten / das uns leuch - te? Dieſes Liecht iſt der Sohn GOttes / und ſein H. Geiſt: und dieſes finden wir in der Leuchte ſeines Worts. Nach die - ſen Liecht laſſet uns / an dieſem Tag / ſehen und ſeufzen.
30 Gleichwie die Sonne / den andern ſechs Planeten das Liecht gibet: alſo heiligt und verhellet der Sonntag / wann er recht geheiligt wird / die andere ſechs Wochen - Tage.
Einer erleuchtet ſie alle.
GOtt hat den Sabbath geheiligt und ge - ſegnet: auf die Heiligung / folget der Se - gen / auf den Glanz die Waͤrme. Werden wir an dieſem Tag heilig leben / ſo werden wir Wochen-uͤber des Segens genießen /den32Betrachtungden GOtt daruͤber geſprochen. Und ha - ben wir die Sonne / ſo doͤrffen wir nicht um Liecht ſorgen.
31 Ach ja! Eines / dieſes iſt noͤtig /(g)Luc. 10. v. 41. Alle unſre irdiſche Arbeit und Ergetzung / iſt eitel und nichtes / und dienet allein dem Leibe / dem Erdklumpen. Die Verrichtun - gen der Wochen-Tage ſind ſechs Nulla oder nichts bedeutende Zahlen.
000000
Sollen ſie vor GOtt etwas gelten und uns erſprießlich ſeyn / ſo muß man Eins / die andaͤchtige Sonntags-Feyer / voran ſetzen: alsdann wird eine große Zahl
1000000
daraus werden / die uns mit vielen Segen uͤberſchuͤtte.
32 GOtt hat / an dieſem Tag / das Licht erſchaffen. JEſus CHriſtus / das Liecht der Welt / iſt an dieſen Morgen / wie die Sonne / aus und von der Erde wieder auf - und hervorgeſtiegen; und der Heil. Geiſt / der Glanz GOttes / hat an dieſem Tag die Apoſtel erleuchtet. Dieſe drei H. Werke / die Erſchaffung / Erloͤſung und Erleuchtung / ſind ja Beweiſes genug / daß man dieſen Tag heiligen ſoll. Es hat aber unſer Heiland JEſus CHriſtus / de -me33der Sabbath-Feyer. me der himliſche Vatter alle dinge uͤber - geben hat /(h)Matth. 11. v. 27. c. 28. v. 18. alſo daß er auch ein HErꝛ des Sabbaths iſt / den alten Juden-Sabbath mit ſeiner Ruhe im Grab (von ſeiner Erloͤſung Arbeit / gleichwie GOtt im An - fang der Welt von der Schoͤpfung Ar - beit / ausruhend) beſchloſſen und gleich - ſam begraben / und hingegen den neuen Chriſten-Sabbath / durch ſeine Auferſte - hung am Sonntag / angefangen und ein - gefuͤhret.
33 Das Werk der Erſchaffung / hat GOtt nur ein - und anderes Wort: aber das Werk der Erloͤſung hat ihn ſeinen Sohn / das Ewige Wort / gekoſtet. Weil nun dieſes letzere / naͤmlich der Welt Neu - erſchaffung / Widergeburt und Wider - bringung oder Erloͤſung / ein weit-groͤſ - ſers Werk iſt / als das erſtere: als hat man billig in der erſten Chriſt-Kirche / die Heiligung eines Wochen-Tags von dem lezten auf den Erſten verleget. Es iſt auch unſer Erloͤſer / zu deſſen beſtaͤti - gung / ſeinen Juͤngern zweimal und zwei - felsfrei oͤfter / an dieſem Tag erſchienen: wie er dañ / als geſagt / an ſelbigem auch ſeinem Heiligen Geiſt ausgegoſſen. Da - her ſie ihn den Tag des HERRN genen -Cnet /34Betrachtung der Sabb. Feyer. net / an ſelbigem gepredigt / das Heilige Nachtmal gehalten / und Almoſen ge - ſamlet.
34 Zur Zeit des Alten Bundes / hat - te der Sabbath-Tag das Recht der Erſt - geburt: weswegen er auch das Mor - gen - und Abendopfer zweifach empfan - gen. Wer darf ſich dañ erkuͤhnen / den Sabbath ganz aufzuheben / und GOtt nicht einen von den Sieben Tagen wie - der zu geben? Weil man nun woͤchentlich GOtt einen Tag geben ſoll / und die Kir - che / um angefuͤhrter Urſachen willen / die Sonntags-Feyer eingefuͤhret: ſo iſt ja billiger / daß ein jeder Chriſt mit der Kir - che dieſen Tag feire / als daß er ihm ſelbſt einen Tag hierzu er - wehle.
DER Ort / wo die Gottes - Gemeine zum Gottesdienſt ſich verſamlet / iſt gleichſam der Himmel auf Erden. Dañ wo GOtt wohnet / da iſt der Himmel. Jn der Hun - gariſchen Sprache / heißet auch der Tem - pel / ein Haus des Himmels oder Himmel - Haus. [i]Egy haz, von ég Cœlum und haz Domus. Daher wird dieſer Ort / in H. Schrift hin und wieder genennet Gottes Haus / das Haus des HErꝛn / (mit wel - chem unſer Teutſches Wort Kirch[k]ex Gr. κυριακὴ ὀικία Domus Dominica. uͤbereinkommt) die Wohnung Gottes / undC ijvon36Der Tempel-Gottesvon dem Propheten der Thron der Herꝛ - lichkeit Gottes[l]Jer. 14. v. 21. genennet.
2 Zwar der Unendliche / laͤßt ſich nicht in ein Haus einſchließen. Er hat aber doch / durch Moſe / dem Volk Jſrael verſprochen: An welchem Ort ich meines Namens Ge - daͤchtnis ſtiften werde / da will ich zu dir kommen und dich ſegnen. [m]1. Moſ. 20. v. 24.Er hat auch nachmals diß Verſprechen gehalten: maſ - ſen er nicht allein die Stiſtshuͤtte /[n]c. 40. v. 34. ſon - dern auch den von Koͤnig Salomo erbau - ten Tempel / mit ſeiner Herꝛlichkeit erfuͤl - let / daſelbſt gewohnet / auch denen / die ihn alda anruffen wuͤrden / Erhoͤrung zuge - ſagt. [o]1 Koͤn. 8. v. 10. c. 9. v. 3.Er iſt auch / an dieſem Orte / dem Propheten Eſaia / in ſeiner Herꝛlichkeit erſchienen. [p]Eſa. 6. v. 1.
3 Ein irdiſcher groſſer Herꝛ / hat in al - len ſeinen Staͤdten einen Palaſt: alda er zu zeiten einkehret und Hof-haͤlt. So ein Palaſt Gottes / iſt der Tempel oder das Haus des HErꝛn / da kommet GOtt zu uns / und wir zu ihme.
4 Da iſt die Gerichtſtube / der Beicht - ſtul: da wir / weil wir GOtt taͤglich be - leidigen / durch ſeinen Sohn die Verſoͤh - nung ſuchen / und ſolche auch erlangen.
5 Da37Haus und Hof Palaſt.5 Da heiligen wir den Namen Got - tes / durch Widerholung unſrer Glaubens - bekentnis / durch Lob und Dankſagung: gleichwie man / einen ankommenden Fuͤr - ſten / mit Lobſchriften bewillkommet und verehret.
6 Da iſt die Canzley Gottes / die Tan - zel: von der laͤßt Gott ſeine Mandat und Gebote ausruffen und vorleſen; da redet er zu uns / was ſein Wille und unſere Chriſt - pflicht ſey.
7 Da werden wir dañ / von dem in der naͤhe ſtehenden Tauf Stein / als gleichſam dem himliſchen Archiv -[q]Durch den Tauf Bund / werden wir in das himliſche Burger Buch eingeſchrieben. oder Briefe - Schrein / unſres Taufbund-Briefes erin - nert: weswegen wir unſer Taufgeluͤbde zu Gott wiederholen / und verſprechen / daß wir den Goͤttlichen Willen zu erfuͤllen uns befleißigen wollen.
8 Da iſt die Verhoͤr - oder Audienz - Stube Gottes / da werden wir vorgelaſ - ſen / ihm unſere Bitten oder Suppliken zu uͤbergeben und unſer Anligen vorzu - tragen.
9. Da iſt auch / im Tempel Chor / der Tafel Saal / und der hohe Gottes Tiſch: da werden wir / im H. Abendmal / zur TafelC iijgezo -38Der Tempel / Gottes
39Haus und Hof Palaſt. gezogen / und mit uͤberhimliſcher Hof-Koſt bewirtet.
10 Da gehen wir dañ / durch den Glau - ben / in die Schatz - und Ruͤſt Kammer Gottes: daraus wir dan nehmen und em - pfahen / warum wir bitten / Gaben fuͤr die Seele und zur leiblichen Notdurft / auch Waffen wider die Feinde.
11 Da wird uns endlich / der Tempel / auch zum Geiſtlichen Luſtgarten: da wir / durch die Predig Goͤttliches Worts / in das bevorſtehende uns-verſprochene Paradeis einen Blick zu thun / geleitet werden.
12
DER erſte Ort auf Erden / au - ſer dem Paradeis / da Adam / Noah / Sem und andere Erz - vaͤtter / Gottesdienſt gehalten / ſol geweſen ſeyn der Berg Mo - rijah zu Jeruſalem. Es hat auch endlich Salomo den Tempel Gottes darauf ge - bauet. Es ſcheinet / dieſer Berg habe eben hiervon dieſen Namen bekommen:C iiijdañ40Der Tempel Gottes /dañ diß Wort heißet zu Teutſch / ein Ort / da GOtt ſihet / da man GOtt ſihet und eh - ret / und da man von GOtt lehret.
13 Dieſer Ort und Name / ſamt der Geſchichte Abrahams / lehret uns / wie wir uns verhalten ſollen / wañ wir auf den Heil. Berg des HErꝛn / in das Haus Gottes / gehen wollen. Wir muͤßen mit Abra - ham / zum Eſel der irdiſchen Geſonnenheit / und zu deſſen Knechten / den Welt Sorgen und Fleiſches Gedanken ſprechen / ehe wir von Haus gehen: Bleibet ihr hier! ich will hingehen / mit dem himliſchen Jſaac / Gott dieſen ſeinen Sohn zu opfern / das iſt / ihn in JEſu Namen anzuruffen; und wañ ich angebetet habe / will ich zu euch wieder - kehren. [r]1 Moſ. 22. v. 5.
14 Jſt der Tempel Gottes ein Mori - jah / ein Ort da GOtt ſihet: ſo muͤßen wir alſo dahin gehen / wie er uns gern ſihet: ſonſt wird er uns ungnaͤdig anſehen / wan wir kommen mit Pracht-Lumpen und Klumpen um und um behangen / um von den Leuten deswegen angeſehen zu wer - den? Unſere Erz Eltern giengen nacket: die Suͤnde hat ihnen und uns Kleider an - gezogen. So ſind ſie dann ein Suͤnden - Denkmal / und erinnern GOtt der Suͤnde /wañ41ein Morijah. wañ wir uns damit ſchmuͤcken: wie kan uns dañ GOtt darum guͤtig anſehen? Sie ſind auch gemeinlich aͤuſerliche Zeichen der innerlichen Hohfart: die iſt ein Greul vor den Augen Gottes.
15 Jſt der Tempel Gottes ein Mori - jah / da man ihn ehren ſoll: ſo kan der ihme nicht wilkommen ſeyn / der / ohne einige Vorbereitſchaft / Reverenz und Ehrſurcht / in die Kirche / als wie in ein Trinkhaus / hinein lauffet und gumpet / auch in der Kirche mit den Augen und Gedanken her - umflattert. Wer ſich mit dem irdiſchen ſuͤndlichen Gedanken-kram traͤget / ſtehet in der Gefahr / daß ihn JEſus auch aus ſeinem Haus hinaus peitſche. Dann er machet daſſelbe zur Moͤrdersgrube / indem er alſo die hoͤlliſche Seel Moͤrder mitbrin - get / die ſeine Gedanken von GOTT ab - kehren.
16 Wie werden dan dieſe vor GOtt ſtehen und beſtehen / die bis zur Predig vor der Kirche ſtehen / und einander mit eitelem boßhaftigen Gewaͤſche / von Kirch - Gedanken abhalten? Oder in der Kir - che / durch unzeitiges Plaudern / ſich und andere am Gebet und Predig-hoͤren ver - hintern? Man gehet zur Kirche / daß man GOtt reden hoͤre / und hinwider mitC vGott42Das GebetGOtt rede. Wie ungnaͤdig wuͤrde es ein weltlicher Koͤnig vermerken / wañ einer ihn ſtehen und warten ließe / und inzwiſchen mit ſeinen Hof Gecken Fantaſey triebe? ja / wañ er ihn noch darzu laͤſterte und ver - lachete?
17 Unſer reden mit Gott / iſt das Be - ten. Mein Haus / oder das Haus Gottes / iſt ein Bethaus: ſagt unſer Heiland. Ach! wir haben viel mit Gott zu reden: und da - her bleibt uns keine Zeit uͤbrig in der Kir - che / mit und von der Welt zu ſchwatzen / an ſie zu denken / oder nach ihr uns umzuſe - hen. Beten / iſt das baͤſte Reden: weil es zu dem Hoͤchſt Baͤſten[s]Opt. Max. abgehet / und von ihme Segen / Troſt / Huͤlfe und Bei - ſtand erbittet. Wer lehret uns aber be - ten? Freylich derjenige / der von Gott aus - gegangen iſt / und darum am baͤſten weiß / wie er wolle angeruffen ſeyn. Laßet uns ihn / mit ſeinen Juͤngern anſprechen: Herꝛ lehre uns beten.
DAs Gebet / das dieſer Gebet Mei - ſter ſie hierauf gelehret / iſt auch das baͤſte Gebet Muſter: nach wel -chem43des HErꝛn. chem wir dann billig unſre Kirch-Andacht eintheilen / und hier / mit dem Eingang / den Anfang machen.
1 Der Sonntag iſt ein Bet Tag / ein Tag / da Gott mit uns redet / und da wir hinwieder mit GOtt reden. Wir koͤnnen aber nicht angenehmer zu Gott reden und beten / als wann wir ihn mit der Gebet - form anſprechen / die er uns ſelber durch ſeinen Sohn vorgeſprochen.
2 An dem Tag des HErꝛn / betrachten wir billig das Gebet des HErꝛn: welches wir ingemein / von den beiden Anfangs - Worten / Vatter Unſer nennen. Wir be - ten taͤglich dieſes Gebet: am Sonntag ſollen wir betrachten / was wir dariñ be - ten. Dieſes geſchihet fuͤglich / ehe wir in des HErꝛn Haus gehen: damit wir zur Gebet-Andacht uns vorher zu Haus auf - mundern / und dieſes Gebet in der Kirche mit deſtomehrerm Verſtaͤndnis ſprechen moͤgen.
3 Jm Eingang dieſes Gebets / nen - nen wir Gott unſren Vatter: weil er uns erſchaffen und in ſeinem Sohn zu Kindern und Himmels-Miterben angenommen hat. Alle Sieben Bitten dieſes Gebets / fuͤhren uns zu Gott in den Himmel.
4 Den Himmel betrachten wir / in derEr -44Das GebetErſten Bitte / als Gottes Tempel: da ſein Name / von den Engeln und Himmels Buͤr - gern / unaufhoͤrlich mit Lob / Preis und Dank geheiligt wird. Demnach bitten wir / daß der auch alſo von uns auf Erden / durch Gott-ehren / recht-glauben und recht leben / geheiliget werde.
5 Aus dem ſo genannten Tempel fuͤh - ret uns die zwette Bitte gleichſam zur Re - ſidenz und Hof Stadt Gottes / da Er in ſei - nen Reich der Herꝛlichkeit wohnet und thronet. Da bitten wir nun / daß ſein Geiſtliches Reich und ſein Geiſt zu uns / und wir aus der Welt / als dem Reich des Sa - tans / zu ihme in ſein Reich kommen / auch daß dieſes ſein Reich mit vielen Buͤrgern moͤge angefuͤllet werden.
6 Mit der dritten Bitte / wandlen wir in die Canzley Gottes. Daſelbſt ſehen wir wie die Engel immer den Willen Gottes thun / und lernen / was auch Gott von uns fordere. Demnach bitten wir / daß Got - tes Wille / gleichwie er immer im Himmel ge - ſchihet / alſo auch auf Erden geſchehen / und dem Satan / als dem Widerſacher Gottes / geſteuret / auch unſer boͤſer freyer Wille gezaͤumet und gezaͤhmet werden moͤge.
7 Aus der Canzley ſpaziren wir fuͤr - ter / mit der Vierten Bitte / in die Schatz -Kam -45des HErꝛn. Kammer Gottes. Daſelbſt erſehen wir wie reich unſer himliſcher Vatter ſei / und was Schaͤtze wir einmal zu erben haben. Jndeſſen bitten wir um unſer taͤglichs Brod / was wir heute / zum leiblichen Unterhalt / und zur Wegzehrung in dieſem irdiſchen Wanderthal / vonnoͤten haben. Hierbei ſchoͤpfen wir das gewiße Vertrauen / daß / der uns ſo ein großes dort zu ſchenken ver - ſprochen / auch dieſes kleine aus ſeiner irdi - ſchen Schatzkammer uns zu zu werfen / nicht unterlaſſen werde.
8 Die fuͤnfte Bitte erinnert uns / daß wir / als Suͤndere / der zeitlichen und ewi - gen Gaben und Guͤter Gottes unwuͤrdig ſeyen / und fuͤhret uns deswegen in die Ge - richt-Stube Gottes. Da bitten wir aber den himliſchen Vatter / um Gnade und Vergebung unſrer Schulden: und hoffen ſolche / als Kinder / im Namen / auch durch das Verdienſt und die Fuͤrbitte / JEſu Chriſti. Wir verſprechen hierbei / daß wir auch unſeren Naͤchſten / als Mitbruͤdern / aus Liebe ihre Schulden vergeben wollen.
9 Damit wir aber fuͤrter uns vor Suͤnden huͤten moͤgen / ſo ſendet uns die Sechſte Bitte in das Zeughaus Gottes. Da - ſelbſt bitten wir um die Geiſtliche Waffen / zum Sieg wieder die Anfechtung unſresFlei -46Das GebetFleiſches / des Satans / und ſeiner Welt. Wir bitten auch daß der himliſche Vatter dieſen unſren Feinden / uns in Verſuchung zu fuͤhren / nicht zu viel erlauben und nachſehen wolle.
10 Endlich thun wir / in der lezten Bit - te / einen Blick in das himliſche Paradeis / als den Luſtgarten Gottes / und troͤſten da - mit unſer zeitliches Leiden. Wir bitten darneben / daß unſer himliſcher Vatter / durch ſeinen Boten / einen ſeligen Tod / uns arme himmelfluͤchtige Exulanten / aus die - ſer elenden Erdwanderſchaft / zu ſich in un - ſer ewiges Vatterland bald abfordern / und alſo vom Satan und allem Ubel uns gnaͤdiglich erloͤſen wolle.
11 Jm Beſchluß bekennen wir / daß unſer himliſcher Vatter ein HErꝛ uͤber al - les ſei / und daher mit der Allmacht ſeines Reiches unſer Gebet / das ſein H. Geiſt uns ſprechen halfe / erhoͤren koͤnne. Wir be - zeugen damit unſren Glauben / daß dieſer großer Koͤnig / uns / denen er befohlen ihn an zulaufen / von ſeinem Angeſicht nicht werde betruͤbt und unbegabt hinweg ge - hen laſſen. Wir preiſen damit ſeine Herꝛ - lichkeit: welches wir dort / in der Ewig - keit / ohn unterlaß thun werden. Alſo ſprechen wir / in JEſu Namen / ein glaͤubiges Amen.
Vat -47des HErꝛn.DJeſes von JEſu uns vorge - ſprochene Gebet / lehret uns Gott anſprechen / nicht als Herꝛn / ſon - dern als unſren Vatter. Er iſt ja der Vatter / uͤber alles das Kinder heißet im Himmel und auf Erden /(t)Eph. 3. v. 15. naͤmlich uͤber Engel und Menſchen / weil er ſie alle erſchaffen hat. Er iſt unſer Vatter und unſer Erloͤſer / von alters her iſt das ſein Name:(u)Eſa. 63. v. 15. weil er uns nicht allein er - ſchaffen ſondern auch / als wir / durch Suͤn - de / des Teufels und Todes Gefangene worden / durch ſeinen Sohn uns wieder er - loͤſet hat.
13 Er laͤßt ſich auch gerne Vatter nennen / und wird dadurch zur Vaͤtterli - chen Liebe bewogen. Dann er erinnert ſich dabei ſeines Sohns / und denket an deſſen Verdienſt: als welchen er Menſch werden laßen / auf daß wir die Gottes Kind -ſchaft51Vatter-Zufluchtſchaft empfiengen. (x)Gal. 4. v. 5.Er erſihet daraus unſren Glauben / und ſihet uns als Kin - der an: dann durch den Glauben an JEſum Chriſtum / ſind wir Gottes Kinder:(y)c. 3. v. 26. Eben dieſer Gebet-Lehrmeiſter hat auch ſonſt / wann eꝛ von ſeinen Vatteꝛ geredet / ihn oft - mals unſren himliſchen Vatter genennet. Euer himliſcher Vatter weiß / was ihr beduͤrfet: ſpricht er in ſeiner Predig von der Nah - rung Sorge. (z)Matth. 6. v. 32.Und nach ſeiner Auf - erſtehung / befihlet er der Maria: Gehe hin / und ſage meinen Bruͤdern / Jch fahre auf zu meinem Vatter und zu eurem Vat - ter. (a)Joh. 20. v. 17.
14 Ach! ein herꝛlicher Name / Got - tes Kind und Jeſu Bruder heißen! Die - ſer Ehre werden wir verſichert / durch den Geiſt GOttes: der gibt Zeugnus unſrem Geiſt / daß wir Gottes Kinder ſind; der ruffet in unſrem Herzen / Abba lieber Vatter! (b)Rom. 8. v. 15. 16. 14.Wollen wir aber Gottes Kinder heißen / ſo muͤßen wir ſeine Nachfolger ſeyn / und dem Trieb ſeines Geiſtes folgen. (c)Eph. 5. v. 1.Thut Gutes! ruffet unſer himliſcher Eh - ren Brder: auf daß ihr Kinder ſeyet eures Vatters im Himmel. (d)Matth. 5. v. 43.
D ij15 Die52Die himliſche15 Die zwei erſte Worte dieſes unſ - res taͤglichen Gebets / machen uns das lezte Wort / Amen / mit glaͤubiger Zuverſicht ſprechen. Jſt der allmaͤchtige liebreiche Gott / unſer Vatter: welcher Menſch ſolte nicht alles Guten / des zeitlichen Unteꝛhalts / der Suͤnd Vergebung / ſeines Schutzes und Beiſtandes in allen Noͤten und Ge - ſchaͤften / und der ewigen Seeligkeit / ſich von ihm verſehen? Jſt Gott unſer Vatter er wird ein Vatterherz haben / der das Vatterherz erſchaffen hat. Er wird thun was irdiſche Vaͤtter thun: der mehr / ja al - les / thun kan. Unſer GOtt iſt im Himmel / er kan ſchaffen / was er will / der uns erſchaf - fen hat.
16 So ihr / die ihr arg ſeit / (ſagt un - ſer Heiland) koͤnnet euren Kindern gute Gaben geben: wie vielmehr wird der Vat - ter im Himmel Gutes geben / denen die ihn bit - ten. Ja er ſelbſt der himliſche Vatter / ſagt zu einer jeden glaͤubigen Seele: Biſt du nicht mein / durch meines Sohns Blut / erkaufter theurer Sohn und mein trautes Kind? Darum bricht mir mein Herz / daß ich mich deiner erbarmen muß. [e]Jer. 31. v. 20.
17 Dieſer unſer Vatter iſt im Himmel / im Reich der Allmacht / ewigen Herꝛlichkeitund53Vatter-Zuflucht. und hoͤchſten Seeligkeit. Sind wir nun Kinder / ſo ſind wir auch Erben Gottes und Miterben Chriſti. [f]Rom. 8. v. 17.Ein Kind / erbet ja des Vatters Gut; ein Sohn des Vatters Reich. Unſer Vatter / unſer Bruder / iſt und herſchet im Himmel. So gehoͤren wir dann auch hinein / und der Himmel iſt unſer. Wir ſind deßen Erb-Prinzen: darum nennet / unſer Groß Prinz / uns Kin - der des Reichs[g]Matth. 8. v. 12. naͤmlich des Reichs Got - tes. Jſt nun das groͤßere / der Himmel / unſer: ſo iſt auch unſer das kleinere / die Erde mit ihren Guͤtern / die unſer Vatter erſchaffen und uns eingeraumet hat: was kan uns dan manglen.
18 Zwar hier iſt die Welt / das Fuͤr - ſtentum des Satans: da wallen wir im Elend / als Pilger[h]Pſal 39. v. 14 und Fremdlinge / weit vom Himmel. Wir haben aber un - ſer Buͤrgerrecht im Himmel:[i]Phil. 3, v. 20. der iſt unſer Vatterland / da ſind unſre Ramen eingeſchrie - ben. [k]Joh. 14. v. 2.Jn dieſem Haus unſers Vatters / ſind viel Wohnungen. Dahin laſſet uns denken / bei dieſen Gebetworten / und unſe - rer Heimfart mit Freuden erwarten. Weil aber niemand gen Himmel faͤhret / als der von Himmel herab gekommen /[l]Joh. 3. v. 27.D iijnaͤm -54Die himliſchenaͤmlich JEſus Chriſtus: ſo muͤßen wir uns an ihn halten / wañ wir hineinkommen wollen. Allein durch dieſen Sohn / kommen wir zum himliſchen Vatter. [m]c. 14 v. 6.
19 Wer nun dieſen Vatter und ſein himliſches Vatterland liebet / und dahin zu kommen verlanget / wer auch im Tempel erhoͤrlich beten will / der ſoll ihn allemal / gleich im Eintritt / am Sonntag und ſonſt / oder zu Haus / ehe er zur Kirche gehet / durch das Verdienſt und im Namen ſeines Sohns / mit dieſen und dergleichen Wor - ten anſprechen.
WER nach Hof kommen und vor ſeinem Fuͤrſten erſcheinen ſoll / der ziehet ein ſaubers Kleid an / und ſchaͤmet ſich / in ſchmutzigen alten lumpen aufzutretten. Alſo pfleget man auch / wañ man zur Kirche gehet / etwas reiner / als man zu Hauſe auſziehet / ſich an - zu kleiden. Ach! unſer alter Adams - Rock / die ſuͤndliche Natur / iſt zerlumpt und befleckt: damit beleidigen wir die Augen Gottes / vor denen die Suͤnde ein Greul iſt. Dieſe Lumpen muͤßen wir ab - legen / und hingegen anziehen JEſum / das Kleid der Gerechiigkeit. Jn dieſem al - lein / koͤnnen wir vor GOtt ſtehen und be - hen: und der wird alſo angezogen / wañ wir / durch den Glauben uns in ſein Ver - dienſt huͤllen.
2 Wañ ein Unterthan ſeinen Fuͤrſten beleidigt hat / ſo ſuchet er einen Mittler und Fuͤrſprecher / der ihme perdon und Ver - gebung ausbitte. Ein Chiſt-vernuͤnftiger Kirchgaͤnger / thue ihm auch alſo am Soñ - tag und ſonſten: er ſchicke JEſum Chri -ſtum /57in Gottes Haus. ſtum / den Mittler zwiſchen GOtt und Menſchen / voran / der uns alle bei GOtt verbittet. Alsdañ folge er mit Buße und Ehrfurcht / und trette demuͤtig in die Kir - che: nicht wie der aufgeblaſene Phariſeer / der ſich fuͤr einen Heiligen geachtet / ſondern wie der Zoͤllner.
3 Dieſer ſtund ferne von dem hohen Altar / wolte auch ſeine Augen nicht auſhe - ben gen Himmel ſondern ſchlug an ſeine Bruſt / und ſprach die ſchoͤne Beicht von fuͤnf Worten: GOtt ſei mir Suͤnder gnaͤ - dig! Er kame bußfaͤrtig / und mit dem Vor - ſatz der Baͤſſerung: gerecht und Gott-ver - ſoͤhnt iſt er nach Haus wieder gekehrt. Wer im Haus des HErꝛn wilkommen ſeyn wil / der ſpreche: HErꝛ ich bin nicht wuͤrdig / daß ich unter das Dach deines Hauſes ein - gehe. So wird hingegen die gnaͤdige Ant - wort erſchallen: Wer zu mit kommet / den werde ich nicht hinaus ſtoßen.
DER Patriarch Jacob hat / auf ſeiner Reiſe nach Me - ſopotamien / im Traum eine Leiter geſehen / die auf Erden ſtunde / und mit der Spitze an den Himmel ruͤhrte: und die Engel Gottes ſtiegen dar - an auf und nieder. Und der HErꝛ ſtun - de oben darauf / und redete mit ihm / und ſegnete ihn / und verſprache ihm Schutz und Huͤlfe. Als er nun vom Schlaff er - wachet / furchte er ſich / und ſagte bei ſich ſelbſt: Gewißlich iſt der HErꝛ an dieſem Ort: wie heilig iſt dieſe Staͤtte! Hier iſt nichts anders / dañ Gottes Haus / hier iſt die Pforte des Himmels. Er verſprache auch / wann er gluͤcklich wieder kehren wuͤr -de /
61ein Heiligtum. de / an dem Ort ein Gottes Haus anzurich - ten:(n)1. Moſ. 28. welches er dann hernach treulich gehalten / und den Ort Bethel d. i. Gottes Haus genennet. (o)c. 35.
2 Was hier von dieſem Ort geſaget worden / das kan auch geſagt werden von allen Kirchen oder Gottes-Tempeln. Jn denſelben ſtehet der Sohn Gottes JEſus Chriſtus / die rechte Jacobs-Leiter: und iſt jene ſein Fuͤrbild geweſen. Er haͤſtet ja Himmel und Erden wieder zuſammen / und iſt der Weg / der die Menſchen zu Gott fuͤhret: dan niemand komt zum Vatter / als durch ihn. (p)Joh. 14. v. 6.Durch ihn tretten wir in die Geſellſchaft der Engel Gottes / die zwiſchen GOtt und uns gleichſam Boten - laufen / auf - und abſteigen. Da redet Gott mit uns / von dieſem Gnadenſtul: und wir empfangen / wir erbetteln in dieſem Beth - El / von ihme / Troſt / Huͤlfe und Segen. Da iſt die Pforte des Himmels: da wir vorgelaſſen / und nicht leer abgewieſen werden.
3 Jſt nun die Kirche ein Beth El / ein Haus und Palaſt Gottes / da er gegenwaͤr - tig iſt / da er redet / ſihet und hoͤret: ſo muͤſ - ſen wir / ſo bald wir die Kirche betreten / das Herze zu GOtt wenden / und ihme das Op -fer62Gebet beimfer unſerer Gedanken und Lippen bringen. Ein ieder gedenke / beim Tempel-Eintritt / GOtt ruffe ihm zu / wie dortmals dem Mo - ſe und Joſua:(q)2. Moſ. 3. v. 5. Joſ. 5. v. 15. Zeuch deine Schuhe aus von deinen Fuͤßen / d. i. lege ab den irdiſchen Wandel und alle eitle Gedanken! Dann dieſer Ort / darauf du ſteheſt / da ich iezt mit dir reden will / iſt heilig.
4 Da ſol man dann hin wider mit Ja - cob ſagen: Ach ja! wie heilig iſt dieſe Staͤtte. Ein ieder ſol denken / er ſtehe da im Angeſicht und vor dem Thron des Koͤ - nigs aller Koͤnige: der hat viel Hofdiener / die Engel die auf unſere Gebaͤrden / Worte und Werke / merken und horchen. Ja er ſelbſt ſihet uns gar in die Gedanken / ob wir auch / mit Chrſurcht und in heiliger An - dacht / vor ihm erſcheinen.
SJhe da / eine Huͤtte GOttes bei den Menſchen / da er bei uns wohnet! (r)Offenb. 21. v. 2.Hier iſt Gottes Haus: da er uns lehret ſeine Wege /(s)Mich. 4. v. 2. daman63Kirch-Eintritt. man hoͤret die Stimme des Dankens / da man predigt alle Wunder. HErꝛ! ich habe lieb die Staͤtte deines Hauſes / da deine Ehre wohnet. (t)Pſal 26. v. 6. ff. 2. §.Wie lieblich ſind deine Wohnungen / O HErꝛ der Heerſcharen! Ein Tag in deinen Vorhoͤfen / iſt baͤßer / dan ſonſt tauſend. Jch wil lieber der Thuͤr huͤten in dem Hauſe meines Gottes / als lang wohnen in den Huͤten der Gottlo - ſen. (u)Pſal. 84. v. 2. 11.
Jch danke dir / HErꝛ mein Gott! daß du mir zu wohnen gibeſt an einem Or - te / da du dein Feuer und Herd haſt: daß du mir Geſundheit und Kraft gibeſt / zu ſchauen die ſchoͤne Gottes-Dienſte des HErꝛn / und ſeinen Tempel zu beſu - chen. (x)Pſal. 27. v. 4.
WAS wir / in der Erſten Bitte des himliſchen Gebet Muſters / taͤg - lich bitten / das koͤnnen und ſollen wir erfuͤllen / am Sonntag / oder wan wir zur Kirche gehen. Weil der Tag von GOtt geheiligt / und der Ort Gottes Heiligtum iſt / ſo ſagen wir billigEam66Heiligungam Sonntag und beim Kirch-Eintritt / was wir ſo oft ſagen: Geheiligt werde dein Name!
2 Das Wort Heiligkeit / heißet ſoviel / als die hoͤchſte reine Unſchuld und Gerech - tigkeit: und hat dieſen Namen von Heil / weil an ihr die hoͤchſte vollkommene See - ligkeit hanget. Dieſe Heiligkeit iſt allein in GOtt / und in ſeinen Engeln / denen er ſolche aus Gnaden mitgetheilet: darum wohnet er / mit ihnen im Himmel / in der Seeligkeit. Er wohnet im Heiligtum des Himmels /(z)Eſa. 57. v. 5. und Heiligkeit iſt die Zierde ſeines Hauſes ewiglich. (a)Pſal. 93. v. 5.
3 GOtt allein / iſt von ſich ſelbſt hei - lig: darum gebuͤhret ihm auch allein die Ehre. Wir Unheilige / koͤnnen nicht hei - ligen den Namen des Heiligen: wir hei - ligen ihn aber / wann wir ſeine Heiligkeit ehren und preiſen. Diß thun ſeine Mil - lionen Engel im Himmel / die ihme ohn un - terlaß das Dreimal-Heilig ſingen. (b)Eſa. 6. v. 3.
4 Dieſes will er nun gleichfalls / von ſeinen Kindern auf Erden / haben. Wir koͤnnen ihm auch ſonſt nichts geben / als Ehre. Er hat keines Guts vonnoͤten / und gibt ſelber alles allen: dafuͤr ſollen wir ihm nur eines / die Ehre / wieder geben. Erhat /67Goͤttliches Namens. hat / dem Adam / alle Baͤume in Paradeis uͤberlaſſen: nur einen / den verbotnen Er - kentnis-Baum / der ihre Ehrfurcht pruͤfen ſolte / hat er ausbehalten.
5 Weil GOtt alles hat / auch allen al - les gibet / ſo ehren wir ihn auch damit / wann wir alles bei ihm ſuchen / von ihm er - warten / und ihm darum danken. Ach ja! Alles komt allein von GOtt: ohn ihn ha - ben / wiſſen und koͤnnen wir nichtes. So iſt dann GOtt alles / und wir ſind nichtes. Nichts iſt unſer eigen / als unſre Suͤnde. GOtt iſt allein heilig: und wir alle ſind Suͤnder. So heiligen wir dañ Gottes Namen am Sonntag und in der Kirche / wann wir ihm unſer Gebet opfern.
6 Weil GOtt heilig iſt / ſo will er gleichfalls heilige Kinder haben / an de - nen ſein Ebenbild erſcheine. Er hat auch den Menſchen nach Gottes Bild / d. i. hei - lig / erſchaffen. Dieſe Heiligkeit gieng verlohren / durch die leidige Suͤnde. Dar - um befihlet der im Himmel creirte Do - ctor, wir ſollen anziehen den Neuen Men - ſchen der nach GOtt geſchaffen iſt / in rechtſchaffener Gerechtigkeit und Heilig - keit. (c)1. Theſſ. 4. v. 3. 4.Jm Herzen / muß das Bild Got - tes wieder aufgerichtet werden.
E ij11 Hier -68Heiligung7 Hiermit nun heiligen wir den Na - men Gottes / und ziehen ihm Ehre zu / wan wir dahin trachten / daß er / gleichwie im Himmel / alſo auf Erden heilige Kinder habe. Dann unartige Kinder ſind ihres Vatters Verdruß und Schande. Wol - len wir aber heilige Kinder Gottes / und nicht ſeine Schandflecken ſeyn / ſo muͤßen wir ihme nachahmen / ſeine Guͤte und Ge - rechtigkeit / die Demut / Sanftmut und Gedult JEſu Chriſti / und andere Goͤtt - liche Eigenſchaften / an uns nehmen / unſchuldig und unſtraͤfflich leben.
8 Weil unſer himliſcher Bet Lehr - meiſter uns dieſe Bitte fuͤrgeſprochen / und nachzuſprechen befohlen hat / ſo muß es ja bei uns an Heiligung Goͤttliches Namens manglen. Ach! freilich wird GOtt von uns taͤglich gelaͤſtert / und ſein Name entheiligt. Wir befleißen uns ja wenig / Gottes heilige Kinder zu ſeyn / und ſein Ebenbild an uns zu erneuren. Wir ge - ben auch GOTT nicht die Ehre unſrer Vorſorg - und Erhaltung / bitten ihn nicht um ſeine Gaben / und danken ihm nicht da - fuͤr / wie wir ſollen.
9 Die leidige Hohfart / die den Luci - fer zum Teufel / und Adam zum Suͤnder gemacht / dieſe iſt es / die den Namen Got -tes69Goͤttliches Namens. tes immer laͤſtert / und alle Suͤnden gebie - ret. Adam und Lucifer / wolten ſich ne - ben GOtt ſetzen. Dieſes thun noch im - mer diejenige / die mit den von GOtt ver - liehenen Gaben / mit Ehre und Reichtum / mit Kunſt und Wiſſenſchaft prangen und pralen / ſolche fuͤr ihr eigen achten / GOtt nicht darum bitten / loben und danken. Solche nehmen GOtt ſeine Ehre / und ge - ben ſie ihnen ſelber. Sie ſind Kinder / nicht Gottes / ſondern des Satans: deme ſie nacharten / indem ſie viel von ſich ſelbſt halten / und etwas ſeyn wollen / um Nich - tes / wie er / zu werden.
10 Damit nun GOtt / (ſchreibet ein vornehmer Gottes Lehrer) wegen dieſer Entheiligung ſeines Namens / nicht zu ſehr zuͤrne und uns im Grimm ſtraffe / ſo hat ſein Sohn uns dieſe Bitte vor allen andern gelehret: in welcher wir unſere Unheiligkeit bekennen / unſere Gebet - Traͤgheit und Hohfart ihm abbitten / und um Beiſtand zur Heiligung bitten: dañ / weil wir von uns ſelber / wegen der leidi - gen Suͤnd-Verderbnis / zu allem Guten unfaͤhig ſind / ſo haben wir / gleichwie alles alſo auch die Heiligung ſeines Namens bei GOttzu ſuchen.
11 Weil der Sohn Gottes ſelber unsE iijalſo70Heiligung Goͤttliches Namens. alſo beten gelehrt / ſo iſt das Gebet mehr ſein / als unſer. So will und wird er es dann gewißlich erhoͤren / wañ es ernſtlich zu GOtt abgehet. Und deſſen hat man / bei allen dieſen Bitten / ſich unfehlbar zu getroͤſten.
12 So trage dann ein andaͤchtiger Kirchgaͤnger / entweder am Sonntag zu Haus / oder in der Kirche / wann er zur Thuͤr eingegangen / (wie man einem an - kommenden Welt Herꝛn thut) die Schluͤſ - ſel zum Thor oder der Thuͤr ſeines Her - zens / GOtt entgegen / und bitte um den Heil. Geiſt / daß der da hinein gehen wolle: damit er / nicht allein Gottes Namen in ſeinem Heiligtum heiligen / ſondern auch ſelbſt Gottes Haus werden / und deſſen Tempel und Heiligtum aus der Kirche nach Haus wiederkehren moͤge.
13 Jn ſolcher Andacht kan er / entwe - der in der Kirche leſen / oder nach verrich - tem offentlichen Gottesdienſt am Sonn - tag zu Haus folgender maſſen abſingen.
CANTUS.
HEiliger HERR und himliſcher Vatter! hier ſtehe ich vor dir in deinem Heiligtum / und bitte dich um Heiligkeit / und um die Gabe / deinen Namen iezt und allezeit mit Wor - ten und Werken recht zu heiligen. Du gabeſt ſie deinen heiligen Engeln / die dich im Himmel immer loben und preiſen.
Du gabeſt ſie auch meinem irdiſchen Vatter / dem erſten Menſchen: aber er hat ſie durch Hohfart verlohren. Jch empfienge ſie ja wieder / im Bade der Wi - dergeburt / durch das Blut deines Sohns und durch den H. Geiſt: aber ich verliere ſie taͤglich wieder / durch die Suͤnde / ach durch die unſeelige Suͤnde.
Heiliger Vatter! gleichwie ich taͤg - lich deinen Namen entheilige / alſo vergib du mir auch taͤglich / um JEſu Chriſti wil - len. Heilige und erneure mich auch taͤg - lich / zu deinem Ebenbilde / durch deinen H. Geiſt: daß ich dein heiliges Kind ſei /und75Namens-Heiligung. und ewig bei dir in deinem himliſchen Heiligtum bleiben und leben moͤge.
Mein Glaube nimmet hiermit das heilige Opfer-Blut des Lammes JE - ſu Chriſti / und heiligt / durch deſſen An - ſprengung / den Raͤucher-Altar meines Herzens: auf daß mein Gebet-Rauch - werk zu GOtt wolgefaͤllig aufſteige. Jch bitte auch / daß mein Heiland / als der rech - te Hohprieſter / mit dem Gnaden-Oel ſei - nes H. Geiſtes / den Tabernakel meines Herzens ſalben / weihen und heiligen wol - le: damit ſeine Heiligkeit luſt habe / dar - iñ zu wohnen.
Und dieſer dein Geiſt / O GOtt / trei - be und werfe hinaus / aus meinem Herzen / die ſchaͤndliche Hohfart / die dir deine Eh - re raubet / und laſſe nichtes darinn / was dir zuwider iſt. Jch werde deinen Na - men heiligen / wann ich dich recht erkennen lerne / deiner Warheit glaube / an deine Allmacht mich halte / deiner Guͤte und Treue vertraue / deine Gerechtigkeit fuͤrch - te / deinem Wort gehorche / dich in Noͤten anruffe / fuͤr deine Wolthaten dir danke / dich lobe und preiſe. Alſo werde ich / hier dein liebes Kind / und dort im Himmel dein Erbe ſeyn / und das Amt der heiligen Engel ewig mit-verrichten. Hilf mir hier -zu /76Vom Lob Gottes. zu / ô heiliger Vatter / durch deinen Sohn und Geiſt. Amen.
ES iſt ein Stuck Goͤttlicher Na - mens Heiligung / wann man / wie die Engel im Himmel immer thun / Gott ehret u. preiſet. Wañ ſoll aber dieſes geſchehen / wann es nicht am Sonntag geſchihet? Leute / die etwas zu thun haben / nehmen ihnen je die Wo - che uͤber wenig Zeit dazu. Warum aber ſol diß edle Thun ganz unterlaſſen werden? Was iſt ruͤhmlicher / als etwas auf Erden thun / daß die Engel im Himmel verrich - ten? Und wir ehren ja uns ſelber / wann wir den verehren / der der allerhoͤchſte und zugleich unſer Vatter iſt.
15 Wie achtet es ihme mancher fuͤr die groͤſte Ehre / wann er einem großen Po - tentaten eine Lobſchrift uͤbergeben darf: zumal weil er weiß / daß es nicht leer ab - gehet / und ein Geſchenke dafuͤr folgen wird / auch wol ſonſt viel Gnade und Befoͤrde - rung. Ach! wer iſt groͤßer / wer reicher /wer77Vom Lob Gottes. wer mildgebiger / als der Koͤnig aller Koͤ - nige / der alles und allen gibet?
16 Und iſt es nicht er allein / der uns die ganze Woche ernehret und durch ſeine H. Engel fuͤr Unfall beſchirmet / der uns / zu unſrem Beruff und Leben / Geiſt und Re - gierung gibet / der uns Huͤlfe und Beiſtand leiſtet? Solte er dann um uns nicht ver - dienen / daß wir ihn am Sonntag loben und preiſen / und fuͤr ſeine Wolthaten / fuͤr den Engel-Schutz / ihm herzlich danken? Haben nicht die Heiden gewuſt / daß / wer dem Wolthaͤter danket / ihn zu neuen Wol - thaten bewege.
17 Und wen die Ehre und der Nutze hierzu nicht anhalten kan / der ſol wiſſen / daß ihn die Notwendigkeit hierzu verbin - de. Wer eine gluͤckhafte Woche haben will / der ehre GOtt am Sonntag / und dan - ke ihm fuͤr die vergangene Woche: einge - denk / daß auch er dank heiſchet von denen / die er bewolthaͤtigt / und den Undank nicht anders als uͤbel zu ver - merken pfleget.
JCh erinnere mich / O Gott him̃ - liſcher Vatter / mit demuͤtigſtem Dank / deiner Vaͤtterlichen Lie - be und Treue / und unzaͤhlig -vie -96Dank-Gedankenvieler Gnad Wolthaten / die du mir die Zeit meines Lebens haſt widerfahren laſſen. Jch gedenke / daß ich vor der Zeit Nichts geweſen: du aber haſt mich zu Etwas gemacht / ja gar zu deinem Bild erſchaffen. Du haſt mich / unter ſoviel elenden / bloͤden und gebrechlichen Menſchen / im Mutter - leib / zu einem geraden uud ungebrechli - chen Menſchen gebildet / und mich / von Chriſt-Ehe - und Ehrlichen Eltern / geſund und vernuͤnftig laſſen gebohren werden.
Worzu huͤlfe mir aber das Gebohren - ſeyn / als nur zum Verlohren ſeyn / wañ ich nicht auch wiedergebohren waͤre? Jch hatte / als ein Adams Kind / dein Bild ver - lohren / und war in der Erb-Suͤnde zum Ewigen Tod empfangen worden. Aber deine Liebe hat ſich / von Ewigkeit her / uͤber mich erbarmet. Dieſe hat / durch dei - nes theuren Einigen Sohns heilige Menſchgeburt / meine Suͤndliche Geburt gereinigt. Sie hat / durch ſein mit Angſt und Marter vergoſſenes Blut / mich von allen Suͤnden abgewaſchen. Sie hat / durch ſeinen Tod / das Ewige Leben mir wieder geſchenket. Sie hat / durch ſein Verdienſt / mir armen Himmelfluͤchtigen Exulanten / die Thuͤr zum Paradeis wie - der geoͤffnet.
Dein97fuͤr Goͤttliche Wolthaten.Dein Kind Jeſus / muſte mein Bru - der werden: damit ich wieder dein Kind wuͤrde. Und dieſer Gnade mich zu ver - ſichern / ließeſt du mir / vor ſoviel tauſend unglaubigen Juden / Tuͤrken und Heiden / das Gluͤck wiederfahren / daß ich durch das heilige Taufwaſſer Jeſum Chriſtum angezogen / den Heiligen Geiſt empfangen / und durch dieſe Blut-Dinte der Wunden meines Erloͤſers / in deinen him̃liſchen Bundbrief / und in das Buch des Lebens / wieder eingeſchrieben worden.
Als ich nacket und duͤrftig zur Welt gekommen / fande ich vor mir ein Haus voll deines Vorrahts / zum Unterhalt mei - nes Zeitlichen Lebens. Dañ du haſt / wie allen Menſchen / alſo auch mir / Feur / Luft und Waſſer erſchaffen. Du haſt mir die Erde zur Wohnung eingeraumet / durch ihre Fruͤchte mich / von Mutterleib an / Vaͤtterlich erhalten / ernehret und geklei - det. Du haſt mir / alle Leibes Notturft und meinen Reiſe-Zehrpfennig zu dieſer Jrdiſchen Wanderſchaft / zugeworfen und beſcheret. Du haſt die Sonne / auch mir zur Leuchte / an Himmel geſtellet / und dei - ne Creaturen mir zu Dienſt verordnet.
Du haſt mich / von Jugend auf / in der rechten reinen Chriſtlichen Glaubens -GLeh -98Dank-GedankenLehre / und durch dein theures wehrtes Wort zur ſeeligen Erkaͤntnis deines heili - gen Weſens und Willens / unterrichten laſſen: alſo daß ich weiß / wie ich / mit dei - ner Gnadhuͤlfe / recht glauben / Gottgefaͤl - lig leben / und ſeelig ſterben ſoll.
Du haſt mir ein ſolches Herz verliehen / das den Vorſatz und das Verlangen hat / Gott zu ehren / dem Naͤchſten zu dienen / und nicht an der Welt / noch am Jrdiſchen / durch Luſt Seuche / Geitz - und Ehrſucht zu kleben / ſondern nach dem das droben iſt / und nach Gottes Reich zu trachten.
Du haſt mich zu Jahren kommen / zu Chriſtlichen Tugenden / auch loͤblicher Kunſt und Wiſſenſchaft / erziehen laſſen / mir Verſtand / Sinne und Gedaͤchtnis ver - liehen / etwan durch mich / deinen armen unwuͤrdigen Werkzeug / Gutes gewirket / und mich tuͤchtig gemacht / dir und meinem Naͤchſten auf Erden zu dienen.
Du haſt mir wolgeneigte Obern / gute Goͤnner / Wolthaͤter und Freunde / wie auch eine liebe Lebensgehuͤlfin und Reis - geſellin / gegoͤnnet: die mir alle viel Huld und Liebe erwieſen. Du haſt auch mei - nem Leibe Geſundheit verliehen / mir Eh - re und Gut / als einen Vorſchmack der Himliſchen Guͤter / zugeworfen / und durchdei -99fuͤr Goͤttliche Wolthaten. deine himliſche Fron Geiſter / mich und das Meine / fuͤr Unfall und Nachteil bewahꝛet.
Du haſt / da du mich oft haͤtteſt in mei - nen Suͤnden uͤberfallen / und in die Hoͤlle / dariñ etwan mancher liget / der weniger als ich geſuͤndigt / ſtuͤrzen koͤnnen / meiner mit großer Langmut verſchonet. Du haſt nicht allein / welches vielen nicht wiederfah - ren / mir zur Buſſe Raum und Zeit gelaſſen / ſondern auch ſelbige / durch gute Gedan - ken / in meinem Herzen gewirket. Ach! wie oft haſt du / mich gefallenen wieder aufgerichtet / mich wiederkehrenden ver - lohrnen Sohn aufs neue angenommen / und / wie den lieben Petrus / mit Gnaden - Augen angeſehen. Du haſt mich auch fol - gends in gutem Vorſatz erhalten / und mir das Vermoͤgen gegeben / ſelbigen ins Werk zu ſetzen.
Du haſt mich / in ſo mancher Seelen - und Leibs Gefahr / wider den Teufel / und deſſen Werk Zeuge boͤſe Leute / geſchuͤtzet und behuͤtet / durch deinen Heil. Geiſt vom Boͤſen ab - zum Guten angehalten / durch deine liebe Engel aus - und einbegleitet / und nicht zugegeben / daß ich / durch die Gottloſe Welt / von dir waͤre abgefuͤhrt worden.
Haſt du ja etwan / mit Krankheit /G ijNoht100Dank GedankenNoht und Ungemach / mich heimgeſuchet / oder Schmach und Unrecht uͤber mich ver - haͤnget: ſo war es doch keine Rach Peit - ſche / ſondern nur eine Vatter Rute / da - durch von der Welt und ihren Luͤſten mich abzuziehen; die du auch bald wieder hin - gelegt / und mich mit viel verſchonen ge - richtet.
HErꝛ / mein GOtt! groß ſind deine Wun - der / und deine Gedanken / die du an uns be - weiſeſt: Dir iſt nichts gleich. Jch wil ſie ver - kuͤndigen / und davon ſagen: wiewol ſie nicht zu zehlen ſind. (l)Pſal. 40. v. 6.
Nun fuͤr dieſe und alle andere deine Gnad Wolthaten / danke ich dir demuͤtigſt / mein liebreichſter himliſcher Vatter / mit Herz und Mund: und bitte dich / du wol - leſt dir / in dieſer meiner Schwachheit / mein armes Lallen nicht misfallen laſſen / bis ich dort einmal / vor dem Thron deiner Herꝛ - lichkeit / mit allen Engeln und Auserwehl - ten / unaufhoͤrlich ſprechen werde: Amen! Lob und Ehre / und Weißheit / und Dank / und Preis / und Kraft / und Staͤrke / ſei un - ſerm GOtt / von Ewigkeit zu Ewig - keit! Amen! (m)Offenb. 7. v. 12.
1
EJN andaͤchtiger Kirch - gaͤnger / ſo oft er die Kir - che betritt und die Canzel oder den Predigſtul anſi - het / ſol dieſelbe halten fuͤr die Canzley Gottes: dar - inn allen und jeden ihre Pflicht-Gebuͤhr vorgeleſen / oder von neuem zu Gedaͤchtnis gefuͤhret wird.
2 Der Prieſter oder Prediger / iſt der Cancelliſt des Gros Canzlers JEſu Chri - ſti / der die Gebote und Verbote Gottes uns vortraͤget / uns zum Gehorſam ver - mahnet / mit Verſprechen der großen Be - lohnung / und hingegen vor der Straffe des Ungehorſams warnet.
3 Er ſoll aber / vor der Predigt / dasGe -108Wiederholung
109des Goͤttlichen Geſetzes. Geſetze Gottes / das der HErꝛ vom Berg Sinai mit Donner und Blitzen ausgeruf - fen / auch nachmals auf die zwo Steinerne Tafeln Moſe geſchrieben / ihm ſelber wie - derholen: damit ſie ihm immer bekandter werden / und ſein Herze / zu fernerer nutzli - chen Anhoͤrung des Goͤttlichen Worts / da - mit vorbereiten.
4 Selbige Gebote ſind ſo ſchicklich und wol aufeinander geordnet / daß es nicht ordentlicher und vernuͤnftiger koͤnte ausgeſonnen werden. Dann in der er - ſten Tafel / wird dem Menſchen anbefoh - len / daß er GOtt allein fuͤr ſeinen Herꝛn achten / und keinen Menſchen / noch aus Hohfart ſich ſelber / neben ihn ſetzen / ſon - dern ihn allein ehren / loben / anbeten / lieben / fuͤrchten / und ihm vertrauen / auch woͤ - chentlich den erſten Tag ihme widmen und heiligen ſoll.
5 Die andere Tafel / lehret die Ver - haͤltnis gegen dem Naͤchſten / und befihlt / naͤchſt GOtt / die an Gottes ſtatt uns vor - ſtehen / als Eltern / Obern und Belehrer / zu ehren.
6 Sie verbietet / den Naͤchſten / an Seele und Leib mit haͤſſigen Gedanken / oder mit moͤrdlichen Haͤnden / oder mit dem Munde / zu beleidigen. Sie befihlet / ihnun -110Goͤttlicheunſtraͤflich zu lieben / wie ſich ſelbſt / und daß du ihm thueſt / auch nicht thueſt / was du wilſt und nicht wilſt / daß dir von ihm gethan werde.
7 Sie verbietet einem jeden / an ſeinem eigenen Leib / durch Unzucht und Unmaͤſ - ſigkeit / ſich zu verſuͤndigen / und andere zu aͤrgern.
8 Sie befihlet den Fleiß des Beruffs / um / zu Unterhalt des Leibes und der Sei - nen / etwas zu erwerben / und dem Duͤrfti - gen mit zutheilen: und verbietet hingegen daß man dem Naͤchſten durch Diebſtal oder Betrug aus Geldgeitz / an ſeiner Haa - be keinen Schaden zufuͤgen ſolle.
9 Sie befihlet / mit dem Munde die Warheit zu reden / und verbietet des Naͤch - ſten guten Namen nicht zu verletzen / auch alles dieſes nicht im Herzen / durch boͤſe Luſt / zu begehen.
10 So kan dann / eine GOtt-ergebene Seele / in der Kirche / oder zu Haus / am Sonntag / gegen GOtt dieſe ſeine Geſetz - Worte wiederholen / und ihme ſeinen eif - rigem Gehorſam-Vorſatz / vortragen / auf dieſe oder andere Weiſe.
WER nun alſo die Gebote Gottes / aus den Geſetz Tafeln / ihme ſelbſt wiederholet hat / der bereite hier - auf ſein Herze zur Andacht / richte Augen und Ohren gegen die Canzel / und hoͤ - re zu / was ihme GOtt ferner vortragen laͤſſet. Dann die Prieſter / ſind Unterbot - ſchafter Gottes an die Menſchen / und Chriſti Vicarien.
12 Der Tempel iſt unſere Hoh Schule / unſer Lehr - und Hoͤr-Haus / darinn wir unſer lebenlang zu ſtudiren haben. Durch die Prieſter redet GOtt zu uns: gleichwie wir / im Gebete / mit ihm reden. Dieſes Goͤttliche Wort wird uns allemal / entwe - der etwas ſagen / das wir noch nicht wiſ - ſen / oder an etwas erinnern / daß wir ver - geſſen haben.
13 Alle Schrift / von GOtt einge - geben / iſt nuͤtzlich zur Lehre / zur Straffe zur Baͤßerung / zur Zuͤchtigung in Gerech - tigkeit. (o)2. Tim. 3. v. 16.So ſoll dann ein rechtſchaffe - ner Chriſt aufmerken / und faſſen was ge -H ijredet116Andachtredet wird. Die Lehren vom Glauben / werden ihn in ſeiner Religion ſtaͤrken.
14 Wann zu einer Tugend vermah - net wird / muß er ſolches fuͤr eine gute Le - bens-Lehre annehmen / und ihme vorſetzen / ſelbige / mit Goͤttlichen Beiſtand / ihm ver - wandt zu machen. Wann aber Laſter ge - ſtrafft werden / ſoll er nicht denken / dieſe Lauge ſey nicht fuͤr ihn gegoſſen: er ſol ſich hingegen ſelbſt pruͤfen und beſchauen / ob er damit behaftet ſey / ihme Baͤßerung ernſtlich vornehmen / und ſeufzen / daß GOtt ihme und andren ſolchen Suͤndern vergeben und ſie bekehren wolle.
15 Wie dann leider! diß die groͤſte urſach iſt / daß ſoviel Predigten ohne Baͤſ - ſerung der Zuhoͤrer abgehen: weil ieder ihm einbildet / dieſes / was geredt wird / ge - he nicht ihn / ſondern ſeinen Naͤchſten an. Hierzu hilfet / wann mancher Prieſter einem laͤcherlichen Arzt nachahmet / der zum Patienten ſaget: Er ſolle ſich aufma - chen / und nicht krank ſeyn.
16 Man muß dem Suͤnder nicht allein die Abſcheulichkeit ſeiner Seel Krankheit vorſtellen / ſondern ihm auch ſagen / wie er dazu gelanget / und wie er deren wieder koͤn - ne los werden. Dann wer die Gelegen - heit zu ſuͤndigen / als boͤſe Gedanken / Wor -te117vor der Predig. te und Blicke / die Trunkenheit / boͤſe Ge - ſellſchaft und den Muͤßigang vermeidet / hingegen mit Arbeit / Gebet und Andacht ſich beſchaͤftiget / der wird wol geiſtlich ge - ſund bleiben und bald wieder geneſen.
17 Neben den Lehren / muß er auch die Creutz - und Sterb-Troſt-Spruͤche flei - ſig beobachten / und ſolche auf ſich ziehen / als wann ſie GOtt ſelber allein zu ihm ge - redt haͤtte / und ſie im Herzen als koͤſtliche Perlen beilegen. Dann / ob man ſchon iezt lebet / auch wol und geſund lebet: ſo ſol man doch wiſſen / daß Noht und Tod alle augenblicke auf uns warten / und man alſo leichtlich in den Stand gerahteen koͤn - ne / da man Goͤttlicher Huͤlfe und Troſtes vonnoͤten habe.
18 Thut ihr ſolches nicht: ſo hilft euch euer Kirche gehen ſo wenig / als eure Hunde / die euch etwan zur Kirche begleitet. Ja es wird ſolche faule Schuͤler / die im - mer zur Schule gehen und doch ungelehrt und unbekehrt bleiben / vielmehr zu Scha - den foͤrdern und verdammen. Dann der Knecht / der ſeines Herꝛn Willen weiß und nicht thut / wird zweifache Schlaͤge / naͤm - lich zeitliche Straffe und ewige Verſtoſ - ſung / erleiden muͤßen. (p)Luc. 12. v. 47.Ach! dieſes zuH iijver -118Gebetvermeiden / laſſet uns ja niemals zur Kirche wandeln / daß wir nicht gebaͤſſert wieder heraus gehen.
19 Wann der Koͤnig Numa dem Volk zu Rom ſeine Geſetze vorleſen ließe / muſte einer herum gehen / und die Unaufmerkſa - men mit einem Stab ruͤhrend / ihnen zu - ruffen: Hoc age! Thue / was iezt hier zu thun iſt! Unſer Heiland / hat es anders ausgeredet: Wer Ohren hat zu hoͤren / der hoͤre.
20 Jn der Kirche / da der Diener Gottes deßen Wort redet und ausruffet / muß man / wann der auf die Canzel ſteiget / alle Gedanken zu ſich hinein verſammlen / und gleichſam der ganze Leib nichts als Ohren werden / GOtt reden zu hoͤren. Man ſoll auch hierzu / durch ein Gebet / ſich auf - muntern.
MEin GOtt! ich ſage / mit Samuel: Hier bin ich! rede / HERR / dañ dein Knecht hoͤret. Thue mir / wie der Lydia / das Herz auf:(q)Ap. G. 16. v. 14. daß ich aufdein119vor der Predig. dein Wort acht habe / und mich daraus baͤßere.
Jch erwehle / mit Maria / das baͤſte Theil / und ſetze mich / O Jeſu / zu deinen Fuͤſſen / dir zu zu hoͤren. (t)Luc. 10. v. 4.Gib mir ein munde - res Herz und Gehirn / faͤhigen Verſtand und Gedaͤchtnis / offene Ohren und heili - ge Gedanken.
Wende meine Sinnen ab von der Eitelkeit / und laſſe ſie einwarts gekehret ſeyn an den Herz Tempel. Lehre mich dei - ne Steige / und leite mich in deine War - heit. (u)Pſal. 25. v. 4. 5.Laß mich / O GOtt / einen Brief Chriſti ſeyn / und ſchreibe / durch den Fin - ger deines Heiligen Geiſtes / dein Wort und Willen / auf die nicht ſteinerne Tafel mei - nes Herzens:(x)2. Cor. 3. v. 3. daß ich deſſen nimmer - mehr vergeſſen moͤge.
Regire auch / durch deinen Heiligen Geiſt / die Herzen dieſer ganzen Chriſt Ge - meine: daß wir die Gnade des offentli - chen Gottesdienſtes hochachten / und ja durch Heuchelei und Undank ſie nicht ver - ſcherzen.
Laß uns nicht unter denen ſeyn / de - rer Herz ferne von dir iſt / ob ſie ſchon mit dem Leib herzu nahen; die nur aus Ge - wonheit / und zum Schein des Chriſten -H iiijtums /120Gebet vor der Predig. tums / die Kirche betreten; die ihren Kraͤmpel / irdiſche Sorgen und Gedan - ken / mit herein bringen; die ohn Buße und Ehrfurcht vor deine Goͤttliche Maje - ſtaͤt kommen / auch ungebaͤßert wieder hin - aus gehen.
Ach nein! Wir muͤßen nicht ſolche ſeyn. Wir moͤchten damit verdienen / daß du uns / wie die Juͤden und andere Voͤlker / austreiben / und dein Haus bei uns abbre - chen ließeſt.
Wann wir hingegen dich und dein Wort lieben / ſo wirſt du Heilige Drei Einig - keit / mit deinem Segen / zu uns kommen und Wohnung bei uns machen. (y)Joh. 14. v. 23.Und endlich werden wir auch zu dir in deinem ewigen Tempel kommen / und daſelbſt / mit den Heiligen Engeln / einen Sabbath und Kirchtag nach dem andern halten / dich eh - ren und preiſen. Amen.
WJR tretten in der Kirche vor GOtt / und verlangen / daß er uns nicht allein anhoͤre / ſondern auch erhoͤre. So ſollen wir dañ auch vor ihn tretten / nicht nur ſein Wort zu hoͤ - ren / ſondern auch ihme zu gehorchen. Jhr muͤßet ſeyn / nicht allein Hoͤrer / ſondern auch Thaͤter des Worts. (z)Jac. 1. v. 22
22 Seit ihr auch zufrieden mit euren Knechten / wann ſie zwar euren Befehl an - hoͤren / aber hierauf / wie vorher / in ihrer Faulheit verharren / und nicht einmal dar - an gedenken / vielweniger verrichten / was ihr ihnen anbefohlen? Jch vermeine ja / ihr werdet ihnen nicht lang euer Brod goͤnnen / und ſie bald von euch hinweg jagen.
23 Jhr muͤßet / wie die reine Thiere / das Manna des Goͤttlichen Worts wider - keuen / und in eure Geiſtliche Seelen-Nah - rung verwenden. Jhr muͤßet es / nicht allein hoͤren / ſondern auch behalten. (a) H vJhr122GebetJhr muͤßet dieſen himliſchen Samen in ein nicht-felſichtes Herz-Feld annehmen / und es dariñ wurzeln und Frucht-bringen laſſen.
24 Wann ihr / aus der Kirche / gleich wieder zum Welt Weg oder auf den Plau - dermarkt / eilet: man wird euch diß theure Koͤrnlein zertretten / und die Hoͤlliſche Raubvoͤgel werden es auffreſſen. Es wird auch erſticken in eurem Herzen / wann ihr die Dornen der Welt-Sorgen nicht daraus reutet.
25 Ein frommer Gottes-Knecht: und Chriſt Schuͤler / danket dem himliſchen Groß Canzler und Schul-Obriſten JE - ſu CHriſto / fuͤr die getreue Unterrichtung / auch fuͤr die Offenbarung ſeines Goͤttli - chen Wortes / erbietet ſich zu allem Gehor - ſam / und bittet zugleich um Staͤrkung der Arme des Glaubens / daß er an die himliſche Verheißungen ſich feſt halten und derer genießen moͤge.
ACH mein HErꝛ Jeſu! ich ſage von dir / mit deinen beiden Ema - untiſchen Reisgefaͤrten: Brante nicht mein Herz in mir / da er mituns123nach der Predig. uns redte und uns die Schrift oͤffnete! (b)Luc. 24. v. 32.
Jch hab dich reden gehoͤret / durch den Mund deines Dieners: ich will auch ge - horchen. Jch hab gelernet / was du wilſt: hilf mir auch thun / durch deinen Heiligen Geiſt / was du befihlſt. Laß dein Wort von mir nicht leer wiederkehren: laß es mich lehren und bekehren.
Jch danke dir / O du Ewiges Wort des Vatters / daß du / von dir / deinem him - liſchen Vatter und Heiligen Geiſt / zu uns heilige Worte geredet / und dadurch der Hochheiligſten Drei Einigen Gottheit Weſen und Willen uns geoffenbaret.
Jch danke dir / daß du auch mich / durch diß Goͤttliche Wort / durch deinen Heiligen Geiſt und deſſen innerliches Wort im Herzen / zur Erkentnis Gottes beruf - fen haſt: daß ich weiß / wie ich recht glau - ben / Chriſtlich Leben und ſeelig ſter - ben ſoll.
Jch danke dir / daß du dieſes dein heil - ſam-heiliges Wort von alters her ausruf - fen und noch bei uns rein predigen laͤſſeſt: dann die heilige Maͤnner Gottes haben geredet und geſchrieben / getrieben durch deinen H. Geiſt / und durch ihren Mund gehet noch immer ſeine Rede.
Jch124GebetJch habe GOtt / aus ſeinem Wort / erkennet. Jch glaube auch / durch deine Herz Predigt / O heiligſter Gottes Geiſt / daß er mein gnaͤdiger GOtt und Vatter ſei / in CHRJSTO JESU. Diß Erkentnis / und dieſer Glaube / iſt das ewi - ge Leben. (c)Joh. 3. v. 16. cap. 17. v. 3.
Ach ſo mehre in mir den Glauben / nnd mache dieſes Senfkorn / zum gro - ſen Strauch erwachſen. Staͤrke mir die - ſen Arm: daß ich meinen GOtt und ſeine Verheißungen damit ergreife / faͤſt halte und nicht auslaſſe. Jch werde Gott und Alles haben / wann ich den Glauben habe: dann alle Dinge ſind moͤglich / ſo wol GOtt / als dem der an Gott glaubet. (d)Marc. 9. v. 22.
Setze du mir die vier Seulen / Got - tes Warheit / Guͤte und Allmacht / und das Verdienſt JEſu Chriſti / daraus auch ſeine Vor bitte entſpringet / ins Herze: und ich wil meinen Glauben darauf bauen. Hilf du mir auch / daß ich in der Liebe und gu - ten Werken / meinen Glauben leuchten laſſe: ohne die er todt iſt / wie ein Leib ohn Seele / wie eine verloſchene Liecht - Kerze.
Laß mich / ſelbſt deinen Tempel /von125nach der Predig. von hieꝛ hinaus und nach Haus gehen. Fah - re fort mir alſo in meinem Herzen zu pre - digen / du Doctor mit der gelehrten Zun - ge / und ſtelle darein deine Canzel. Stelle auch deinen Beichtſtul hinein: mich armen Suͤnder alle Stunden zu abſolviren.
Vermahne / warne / ſtraffe mich / wann ich wanke: daß ich nicht falle. Ste - he mir bei / und troͤſte mich / wann ich leide und ſtreite. Jch nehme an / was du ge - redet / als haͤtteſt du es allein zu mir gere - det. Jch ziehe es alles auf mich / und will es mir zu Nutz machen / in Freud und Leid / im Leben und Sterben. Amen.
DER Tempel iſt ein Ort / da die Glaubigen zuſam - men kommen / GOtt mit - einander ſeinen Ehren - dienſt zu leiſten. Dieſer Ehrendienſt aber / beſtehet haubtſaͤchlich in der Erkentnis Gottes. Dañ wie ſol man den lieben / loben und preiſen / den man nicht kennet. Wie kan man auch GOtt anruffen und ihm ver - trauen / ohne Erkentnis ſeiner Liebe / War - heit und Allmacht? Wie ſoll man ihn auch fuͤrchten / ſonder Betrachtung ſeiner ſtrengen Gerechtigkeit?
2 So iſt dan / nicht allein ein notwen - diges Stuck des Gottesdienſtes / ſondern auch unſer Chriſtentum und Himmel -Wan -127Die Gottes-Erkentnis. Wandel erfordert es / daß wir / in der Er - kentnis Gottes / uns oͤfters uͤben: damit wir alſo GOtt ſtets vor Augen und im Herzen haben. Dann ohn ſolche Betrach - tung / kommet Gott und ſein Reich leicht - lich aus den Gedanken: darauf dan Gotts - Vergeſſenheit und Ruchloſigkeit erfolget.
3 Es iſt demnach noͤtig / nutz und ſee - lig / daß wir am Sonntag / (dann in Wo - chen Tagen nimmet man wenig Zeit dar - zu) und in der Kirche die Erkaͤntnis Got - tes aus ſeinem geoffenbartem Wort ſchoͤp - fen und ihm verwandt machen. Die Unter - laßung deßen / iſt die leidige Urſache / daß man Gott ſo wenig achtet / und die meiſten ruchlos in den tag hinein leben: weil ſie Gottes herꝛlich - und ſeliges Weſen / auch deſſen heiligen Willen / nicht kennen. Weil dieſe Erkentnis inſonderheit den Glauben wirket / ſo wird daraus von ſelbſt eine herz - liche Glaubens Bekentnis erfolgen.
4 Der Grund aber dieſer Gottes-Er - kentnis iſt / daß man wiſſe / Gott ſei Alles in Allem /(f)1 Cor. 15. v. 28 Gott erfuͤlle alles /(g)Eph. 1. v. 23. Him - mel und Erde /(h)Jer. 23. v. 23. und Gott wirke alles in Allem. (i)1. Cor. 12. v. 6.Jſt nun Gott alles in Allem und erfuͤllt Alles: ſo iſt ja alles in ihm undvon128Die Gottes-Erkentnis.
129Die Gottes-Erkentnis. von ihm / und auſer Gott iſt nichtes. Von ihm und durch ihn / und in ihm / ſind alle Dinge. (k)Rom. 11. v. 36.Gott iſt in Allem / und Alles iſt in Gott. Er hat / in ihm ſelbſt / alle Dinge erſchaffen / haͤlt und erhaͤlt auch in ihm alle Dinge. Sonderlich wir Menſchen / die er nach ſeinem Bild erſchaffen / ſind ſeines Goͤttlichen Geſchlechts /(l)Ap. Geſch. 7. v. 28. 29. und in ihm le - ben / weben und ſind wir.
5 Ein Bildnis dieſer ſeiner Allheit / hat Gott an den Himmel geſtellet / naͤmlich die liebe Sonne: die erleuchtet / erwaͤrmet und bekraͤftet alles. Sie iſt ein Brunn des Liechtes und der Waͤrme / und es lebt alles wohin ſie ſcheinet. Sie gibt das Licht / wo nicht allen Sternen / doch den Plane - ten: wie wir von dem Monde wiſſen / und von den andern glauben. Sie bringet auch der Erde den Tag / und ohne ſie waͤren alle Geſchoͤpfe verborgen.
6 Jſt nun Gott Alles in Allem / und Alles iſt in ihm: ſo iſt er der Einige der keinen ne - ben ſich hat / und Alles iſt unter ihm. So iſt er der Groͤſte weil er alles in ſich be - greift: gleichwie das Meer alles Waſſer in ſich faſſet. So iſt er der Hoͤchſte: weil er aller Orten uͤber uns iſt / herſchet und re - giret. So iſt er Allgegenwaͤrtig / undJalle -130Die Gottes-Erkentnis. allemal uͤberall: dañ wie koͤnte er ſonſt al - les erfuͤllen? Er iſt / wie Auguſtinus re - det / mit ſeiner Majeſtet und Herꝛlichkeit im Himmel / (daß wir taͤglich im Gebet des HErꝛn bekennen /) mit ſeiner Gnade auf Erden / und mit ſeinem Zorn in der Hoͤlle.
7 Jſt Gott Alles in Allem / und Alles iſt in ihm: ſo iſt er Allmaͤchtig / und kan uͤberall allezeit alles thun / weil er das Le - ben und Weſen aller Dinge iſt / alles regi - ret und reget. So iſt er auch Allweiß und Allwiſſend: dann wer alles ſchaffen kan und ſoll / was er will / uͤberall iſt / ſihet und hoͤret / der muß auch alles wiſſen / und kan vor ihme nichts verborgen ſeyn.
8 Jſt Gott Alles in Allem / und Alles iſt in ihm: ſo iſt er der Baͤſte /(m)Opt. Max. gleich - wie der Groͤſte / ja das Hoͤchſte Gut / als der Begriff und Brunn alles deſſen / was man Gut nennet. Daher ſagt der Sohn Gottes: Niemand iſt Gut / dañ der einige GOtt. Es ſcheinet auch / Gott habe / in Teutſcher Sprache / von Gut den Na - men. Weil nun alles Gut in Gott iſt / ſo folget auch / daß er muͤße ſeyn der Allerſee - ligſte / mit ſich ſelbſt und vollkomlich ver - gnuͤgt: dahero dañ / in Gott ſeyn / alle Seeligkeit iſt.
9 Die131Die Gottes-Erkentnis.9 Die aͤuſerliche Seeligkeit Gottes / begreift auch die innerliche Gutheit(n)Bonitas. des Willens / die Heiligkeit und ganz-reine Unſchuld: dañ der HErꝛ iſt gut und from̃. (o)Pſ. 25.So iſt er dan warhaftig / oder die Warheit / in ſeinem Wort und Verheiſun - gen / und kan nicht luͤgen noch betriegen. Er iſt Gerecht / im Belohnen und Straf - fen. Er iſt liebreich und guͤtig: wie er dann / aus Liebe / alles erſchaffen hat und noch erhaͤlt. Jnſonderheit iſt er der Menſchen Vatter: die er / durch ſeinen Sohn / vom Tod wieder erloͤſet / ihrer Ge - dultig ſchonet / und ſie bei ſich im Himmel haben will / wañ ſie nur kommen wollen. Er iſt mildgebig / und ſtehet immer mit vol - len Haͤnden faͤrtig / iedem zu geben / der ihn anbettelt: dan des guten eigentum iſt / ſich gern mittheilen.
ES iſt aber nicht genug / Gott al - ſo erkennen / auch diß alles von ihme wiſſen und glauben: dañ das thun auch die Teufel / aberJ ijſon -132Gottes Erkentnis /ſonder Gott-Verehrung und ohn ihren Nutzen. Man muß die Erkentnis Got - tes / zu deſſen Ehre und in unſern Nutzen kehꝛen / auch daraus die notwendige Selbſt - Erkentnis ſchoͤpfen.
11 Ach Menſch wer biſt du / ſo groß du auch ſeyn magſt? Meſſe dich gegen Gott / der Alles iſt: was wirſt alsdañ du ſeyn? Ein Staͤublein biſt du dieſes groͤ - ſten Bergs / ein Troͤpflein dieſes Meers / ein Fuͤnklein gegen dieſer Sonne. Und was iſt alles / das du haſt? Gottes iſt es / der hat es dir nur geliehen. Was bleibt dir dañ uͤbrig / du elende Aſche / dich groß damit zu machen? Was prangeſt du mit dem / das eines andern iſt? Du biſt die Materie / daraus Gott Nichts machet: weil du dich etwas zu ſeyn duͤnkeſt.
12 Wie kanſt du Gott erkennen / und doch hohfaͤrtig ſeyn? Fuͤrchteſt du nicht / mit Lucifern und Eva zu fallen / da du uͤber Gott ſteigen und neben ihn ſitzen wilſt? Biſt du Etwas / in der Menſchen Augen: Gott hat dich dazu gemacht / wie Lucifern zum großen Engel: er kan dich auch / wie ihn / zum Teufel machen / und wird es thun / wañ du dich ſelbſt groß achteſt / und ande - re verachteſt.
13 Chriſti Regel heiſt: Wer ſich ſelbſterhoͤ -133lehret Demut. erhoͤhet / ſoll ernidrigt werdẽ? (p) Du ſiheſt die warheit dieſes Spruchs / an deinem Vorgaͤnger und Fuͤhrer dem Satan / und an ſoviel andern geſtuͤrzten Gipfelſteigern. Gott / widerſtehet den Hohfaͤrtigen: aber den Demuͤtigen / gibt er Gnade / und erhoͤ - het ſie zu ſeiner Zeit. Wer ſich ſelbſt erni - driget ſoll erhoͤhet werden. Wer ſich fuͤr Nichts haͤlt / der iſt die Materie / daraus Gott Etwas machet.
13 Man ehret die Hohen der Welt: zuvoͤrderſt wegen ihres Standes. Und das iſt billig: dann dieſe Ehre kommet Gott zu / der ſie in ſolchen Stand erhoben hat; man ehret Gott in ihnen. Und ſie ſelbſt ſollen Gott ehren: weil ſie von ihm / wie der Mond von der Sonne / ihren durch - leuchtigſten Glanz haben / weswegen es billig heißet / GOtt allein die Ehre! Man ehret ſie auch darum / weil ſie begaben und gluͤckſelig machen koͤnnen. Warum thut man dann ſolches nicht auch dem Hoͤchſten Gott / dem Meer / daraus alle Gaben flie - ſen? Ach! darum wird es unterlaßen / weil wir Gott nicht erkennen und kennen.
MAN fuͤrchtet ſich fuͤr den Hohen der Welt / und haͤlt ihre Gebote: weil ſie ſtraffen koͤnnen. Wel - cher Diener iſt ſo toͤricht / daß er / vor den Augen ſeines Koͤnigs / wider ihn thue oder rede? Aber leider! vor der Majeſtet Gottes / des Herꝛn aller Herren / ſcheuet man ſich nicht / ihn mit Worten und Werken zu beleidigen: der doch / als Allgegenwaͤrtig / alles hoͤret und ſihet; der / weil er gut und gerecht iſt / das Boͤſe nicht dulten kan; und der auch ſtraffen kan / weil er Allmaͤchtig iſt. Wer wolte dañ glau - ben / daß man Gottes Allgegenwart / Hei - ligkeit / Gerechtigkeit und Allmacht erken - ne und glaube / da man ſo gar keine Gottes - Furcht zeiget?
15 Man dienet den Herren dieſer Welt / und wird mancher Leib und Gut / ja gar die Seele / fuͤr ſeinen (manchmal gottloſen) Herꝛn aufſetzen und dahin geben. Was hat dann der liebe GOtt / der hoͤchſte HErꝛ / verſchuldet / daß wir ihm nicht dienen? Jadaß135Gott fuͤrchten und ihm dienen. daß wir / dem Satan und der Welt / wider ihn dienen? Er iſt ja unſer Herꝛ / der uns / ſowol als die Engel / zu ſeinem Dienſt er - ſchaffen / und hierzu / als wir verlohren wa - ren / wieder erkauffet; der uns / auf Erden nehret und alle Notturft beſcheret; der uns auch ſeinen Engeln im Himmel zu zu - geſellen verſprochen; dem wir / in der Tauffe / unſrem Dienſt geſchworen / und ſeinem Feind abgeſagt haben. Wer kan dañ anders ſagen / als daß ſolche Leute / die Gott nicht dienen wollen / deſſen Maje - ſtet und Hoheit / und ihr Pflicht / nicht erkennen?
16 Ein Diener / muß ſeinem Herꝛn gehorchen: ſonſt iſt er nicht / was er heiſ - ſet. Warum muß dann Gott klagen: Jch bin HErꝛ / aber man gehorchet mir nicht. Gott ſol man dreyerlei Gehorſam leiſten / im Glauben / im Leben und im Leiden.
WJE kan beiſammen ſtehen / wiſſen / daß Gott die Warheit ſelber und folgbar ſein Wort warhaftig ſei / und dannoch nicht glauben / wasJ iiijGott136Gottes Warheit / erfordertGott ſaget? GOtt kan nicht luͤgen: ſo muß dann / der Gott und ſeinem Wort nicht glaubet / und ihn alſo zum Luͤgner machet / folgbar Gott verleugnen. Was der Feind Gottes und Geiſt der Luͤgen von Anfang gethan / das thut er noch immer: er machet die Kinder Eva / wie ihre Mut - ter / an der Warheit Goͤttliches Worts zweiflen / und folgbar von Gott abfallen.
18 Die Vernunft / iſt der verbotne Baum: da der Satan verborgen liget / uns zu verfuͤhren und in den Tod / wie die Eva / zu ſtuͤrzen. Da wird Gott und ſein Wort examiniꝛt / ob eꝛ es auch ſei / der dieſes geſagt? Ob es alſo zu verſtehen? Und ob es auch ſeyn koͤnne? Darauf folget endlich die Widerede: es iſt nicht wahr / ihr wer - det nicht ſterben / ſondern kluͤger und halb - Goͤtter werden / wann ihr Gott widerſpre - chet und vom Baum der Vernunft na - ſchen werdet.
19 Ach! iſt es dan nicht tauſendmal baͤßer / Gott und ſeinem Wort glauben / als den Menſchen / die da luͤgen koͤnnen? als dem Satan / dem Vatter der Luͤgen? Und da man je fuͤr Betrug ſich fuͤrchtet: waͤre es nicht baͤßer / von Gott / (wo es moͤglich) als vom Teufel / als von Men -ſchen /137Gehorſam des Glaubens. ſchen / als von ſich ſelbſt / betrogen werden. O wol geirret / wan Gott fuͤhret!
20 Die Mahumetaner widerſprechen nichtes / was ihr Prophet geſchrieben: iſt auch ſolches ihnen bei Lebensſtraffe ver - boten. Die Schuͤler des Pythagoras / ſagten von den Lehrſaͤtzen ihres Meiſters: Er hats geſagt. (q)ἀυτὸς ἔφᾳ.Sie verſtunden damit: weil es Pythagoras geſagt hat / ſo iſt es wahr. Ach! ſoll dann Gott und Chri - ſtus / von ſeinen Kindern und Chriſten / die - ſe Gnade nicht haben / daß ſie auch ſagen: Gott / Chriſtus / hats geſagt / darum iſts wahr? Sol des Satans und der Lehr - ſchwaͤrmer Wort mehr bei ihnen gelten / als Gottes Wort?
21 Haben dann dieſelbige Menſchen uns erſchaffen / erloͤſt nnd geheiliget? Sind wir auf ſie getauft? Werden ſie uns das ewige Leben geben? Womit haben ſie es um uns verdient / daß wir ihrer Wahnlehre mehr glauben / als der Warheit Gottes? Ach! es ſind ja allemal hohfaͤrtige eigen - Ehrſuͤchtige / auch ſonſt Jrglaubige Leute geweſen: was kan gutes von ihnen kom - men / da ſie boͤſe waren? Sollen ſolche uns den Weg gen Himmel weiſen?
22 GOtt iſt nicht allein warhaftig /J vſon -138Gottes Warheit / erfordertſondern auch Allmaͤchtig. Er kan nichts als Warheit reden: er kan auch thun / was er redet. Jſt etwas nicht klar in ſei - nem Wort: es iſt der verbotne Baum / daran Gott unſren Glauben und Gehor - ſam pruͤfen will. Wer uͤber einen einigen Spruch diſputiret / der muß notwendig an der ganzen Heil. Schrift zweiflen und an - dere zweiflen machen: dann / ein Geiſt der Warheit / hat alles geſchrieben und den heiligen Maͤnnern Gottes in die feder gedictiret.
23 Jhr werdet ſeyn / wie Gott: ſagte die hoͤlliſche Schlange zur Eva. Ach! die verfluchte Hohfart / des Teufels Haubt - Tugend / iſt es / die ſich alſo / in der Ver - nunft / wider Gott erhebet / und ihn uͤber - kluͤgeln will. Nun aber Gott der groͤſte und All erfuͤllende / und ein Menſch gegen ihm nur ein Staͤublein / iſt: ach! war - um will dann das Staͤublein den Berg meſſen / ein Gruͤblein das Meer in ſich faſſen / eine Maen den Elephanten um - greiffen?
24 Die Geheimniße / und was wir in Gottes Wort nicht verſtehen / ſind Glau - bens - und nicht Vernunft-Sachen: man muß ſie glauben / und nicht begreiffen. Was man ſihet und verſtehet / das darfman139Gehorſam des Glaubens. man nicht glauben: es ligt ſchon vor Au - gen. Was man aber glaubet / das muß verborgen ſeyn / und nicht geſehen oder ver - ſtanden werden. So machen dann / Glau - be und Vernunft / keine geſellſchaft: eines hebt das andere auf. Das Weib / die Vernunft / muß ſchweigen in der Kirche und wo Gott redet.
25 Der Heiden Apoſtel befihlet uns / wir ſollen die Vernunft unter den Gehor - ſam des Glaubens gefangen nehmen. (r)2. Cor. 10. v. 5.Wann ſie gehorſam und gefangen ſeyn ſoll / ſo muß ſie nicht befehlen und frei wider - ſprechen. Wehe denen / die eine ſolche Vernunft-Meinung / gegen Gottes Wort / hervorlegen und lehren! das Blut ſovieler tauſend Verdammten / die ihnen geglaubet / wird Gott von ihnen fordern. Ach! ſol mir dann an meiner oder meines Lehrers Meinunu ſoviel gelegen ſeyn / daß ich darum mich und andere ins Verdamnis ſtuͤrzen ſolte?
26 Ach! wieviel Arius-Bruͤder / wie viel Schwaͤrmer / liegen deswegen in der tiefſten Hoͤlle! waͤre es nicht weit baͤßer geweſen / ſie haͤtten Gott / mit Abraham / dieſen Sohn / dieſe ihre Geheim-Brut / die - ſe Meinung / gehorſamlich aufgeopfert /als140Gehorſam desals daß ſie dadurch dem Teufel heim - gefallen?
DA nun Gott den Gehorſam des Glaubens / der nur im bloßen Beifall beſtehet / von uns nicht haben kan: wo wird dann der Gehorſam des Lebens bleiben / der den fleiſchlichen Willen ſo ſchwer ankommet? Weltlicher Herren (oftmals-ungerechte) Befehle / werden eiferigſt / und wol mit blin - dem unvernuͤnftigem Gehorſam / erfuͤllet. Aber uͤber uns / muß der Sohn Gottes klagen:(s)Luc. 6. v. 46. Jhr nennet mich / HErꝛ / und thut nicht / was ich ſage. Wer iſt unter uns / der ſolchen Ungehorſam an ſeinem Knecht dulte? Und wir doͤrfen ſo frefent - lich wider Gott thun / vor deſſen Angeſicht wir doch aller Orten / auch in dem finſterſten Winkel / ſtehen.
28 Weil GOtt heilig iſt / ſo iſt die Suͤnde vor ſeinen Augen ein Greul: und weil er gerecht iſt / ſo muß er die Suͤndeſtraf -141Lebens und Leidens. ſtraffen. Daher hat er den Teufel / der die Bosheit ſelber iſt / von ſeinem Ange - ſicht / in den Hoͤllen-Kerker hinein ver - ſtoßen. Fuͤr die verfuͤhrte Menſchen / an denen er noch gutes erſihet / hat er ſeinen Sohn leiden und am Creutze ſterben laſ - ſen. Und dieſen / legt er auch etwas vom Creutz auf: damit er ſie / nicht allein ih - rem Erloͤſer aͤhnlich mache / ſondern auch vom Weg der Suͤnde / von Welt und Sa - tan / ab - und zuruͤck halte. Er ſtraffet hier zeitlich: uns der ewigen Straffe zu ent - reißen.
29 Da manglet nun wieder / der Ge - horſam des Creutzes und die Gedult. Nie - mand will das heilſame Cꝛeutz auf ſich neh - men / und JEſu nachfolgen. Wann man bedaͤchte / daß Gott gerecht / weiß und lieb - reich ſei: man wuͤrde die Vatter-Ruhte gern vertragen / und ſich mit dem Glauben troͤſten / daß Gott unter den Schlaͤgen liebe / und mit dem Unheil weißlich auf un - ſer ewiges Heil abſehe.
WJr ſind / in JEſu Chriſto und duꝛch ihn / Kinder Gottes. Was thut einwol -142Gottes Vatter-Namewol - artiges Kind? Es liebet ſeinen Vatter: weil es ſihet / daß es auch von ihm geliebet wird. Es ehret ihn / als von dem es das Leben und zu leben hat / und fuͤrchtet ſich / ihn zu erzuͤrnen: dañ / Lieben und Beleidigen / ſtehet nicht in einem Stall beiſammen. Es dienet und gehorchet ihm / aus Dankbarkeit / und iſt nicht widerſpaͤn - ſtig. Dieſes alles heiſchen / wir gegen Gott arme Maden / von unſern Kindern: aber den großen Gott machen wir uͤber uns kla - gen: Bin ich Vatter / wo iſt meine Ehre? (t)Mal. 1. v. 6.Mit was Herzen nennen wir Gott unſ - ren Vatter / wie wir taͤglich thun / da er nichts kindliches an uns ſihet?
31 Weil wir alle einen Gott zum Vat - ter / und einen Chriſtum zum Bruder ha - ben: ſo ſind wir auch ſchuldig / einander zu lieben. GOtt hat andere ſeine Kinder ſo lieb / als dich: wie ſoll er dañ vertragen / daß du haſſeſt / was er liebet? Da auch Jeſus Chriſtus / als das Haupt der Menſch - heit / alle ſeine Glaubigen / als Glieder / an ſich traͤget / und unſer Geiſtlicher Vatter iſt: wie kanſt du an ſeinen Leib gehoͤren / wann du deine Mitglieder haſſeſt / verfolgeſt / ver - achteſt und beraubeſt?
32 Siheſt du nicht an deinem eignenLeibe /143erfordert Kindliche Pflicht. Leibe / daß / wañ man ein Glied ſchlaͤget / ſolches das Haupt und der ganze Leib em - pfindet. Und da Chriſtus uns vorgeſaget / er wolle / am letzten Tag der Welt / offent - lich ruͤhmen / was man ſeinen Gliedern gu - tes gethan / als waͤre es ihm ſelbſt geſchehen: wie wird dañ der beſtehen / der den Gliedern Chriſti boͤſes gethan / ſie entkleidet / ihnen ihr Haus und Brod genommen / und ſie ſonſt betruͤbet? Und das hat der Richter / weil er Allgegenwaͤrtig iſt / ſelbſt mit angeſehen: daher er ihm nichts wird aus den Augen leugnen laſſen.
EJn Tugendhafter Vatter ſihet ger - ne / hat ſie auch darum deſto lieber / wann ihm ſeine Kinder nachahmen und gleich ſind. Wir ſind / an Kindſchaft - Adel / allen andern Creaturen uͤberlegen: dañ allein den Menſchen / hat Gott nach ſeinem Ebenbild erſchaffen. Wir betrach - ten ſolches wenig: da wir doch Maul und Augen fuͤr Hochachtung aufſperren / wañ wir einen Koͤnigs-Sohn zu ſehen bekom̃en. Dieſes Bild / haben ja unſre Erz Elternver -144Gottes Vatter-Nameverlohren / und um des Teufels Larve ver - tauſchet. Da wir aber / in ſeinem Sohn / wieder zu Gottes Kindern worden / und an Jeſu Chriſto ein Fuͤrbild eines Gott-aͤhnli - chen wolgefaͤlligen Sohne haben: ſo iſt ja billig / daß wir diß Ebenbild Gottes / wie - der an uns zu nehmen trachten.
34 Fraget ihr / worinn ſolches beſtehe? Es antworten euch die Eigenſchaften Got - tes. Gott iſt heilig / Rein und Unſchuldig: er will auch ſolche Kinder haben / damit er ſie ewig habe. Jhr muͤſſet ihm nachahmen / in der Liebe / in der Guͤte und Milde in der Sanftmut und Gedult / in der Ge - rechtigkeit und Warheit. Seit barmher - zig / ruffet unſer Vorgeher / wie auch euer Vatter barmherzig iſt. Und der himliſche Vatter ſelber ſaget: Jhr ſolt heilig ſeyn / gleichwie ich heilig bin. (u)3. Moſ. 19. v. 2.Ach! daß wir doch / dieſem Vatter / dieſe Freude macheten!
BLauben wir / daß Gott unſer Vatter und zugleich Allmaͤchtig iſt: was zagen und klagen wir dañ? was ſor - gen und worgen wir? Ein Kind / ſorgetnicht145heißet Gott vertrauen. nicht um Nahrung und Kleider: es laͤßt den Vatter ſorgen / und vertraut ihme / er werde ſein Kind verſorgen. Ach! darum ſorget nicht! der HErꝛ iſt nahe: er ſihet und weiß unſere Notturft. Wer das nicht thut / der glaubet nicht / der iſt kein Kind Gottes.
36 Ein Kind iſt nicht Geitzig / nimmet wol einen Zuckerſtengel fuͤr ein Goldſtuͤck / ſamlet nicht Gold und Reichtum: ſeines Vatters Schaͤtze ſind ſeine Haabe / die es endlich erbet. Und da wir / im Gebet des HErꝛn / taͤglich um die Leibes Notturft bitten: warum ſcharren und ſparen wir auf ſoviel Jahre hinaus? Unſer himliſcher Vatter weiß ja / was wir zum Leben be - doͤrffen. (y)Matth. 7. v. 32.
37 Jſts nicht wahr? ihr glaubt nicht / was ihr betet / weil ihr Gott entweder nicht kennet / oder nicht liebet. Jhr wollet euch darum Schaͤtze ſamlen / daß ihr Gottes nicht vonnoͤten habet / und euch ſelbſt ver - ſorgen moͤget. Warum trachtet ihr nicht / nach eures him̃liſchen Vatters Reich und Reichtum: da euch ja die Nottuꝛft vonſelbſt / wie allen andern lebendigen Geſchoͤp - fen / zu fallen wuͤrde.
UND wann ihr ja wollet irdiſch - reich werden / warum ſuchet ihr ſol - ches nicht bei den Brunn / aus wel - chem alle Gaben fließen? Der Segen des HErꝛn machet reich / ohn Muͤhe. Die ihn ſuchen / haben keinen Mangel an ir - gend einem Gut. Jch weiß wol / was es iſt. Jhr ſuchet Mittel / (wie euch der Apoſtel Jacobus predigt) ſolche mit euren Wolluͤſten zu verzehren /(z)Jac. 4. v. 3. euren Pracht damit zu unterhalten: darum moͤget ihr Gott nicht darum anſprechen / weil ihr nicht glauben koͤnnet / daß ihr bei ſolchen Vorſatz / von ihm empfangen werdet / was ihr bittet.
39 Oder ihr hinterleget ſolches euern Kindern: damit auch ſie Gott nicht in die Hand ſehen / noch etwas mit Arbeit erwer - ben / muͤßen. Jhr bedenkt aber nicht / daß ihr / wie man taͤglich ſihet / ihnen alſo ein Schwerd hinterlaſſet / womit ſie ſich ſelbſt erwuͤrgen. Lernet ihr ſelbſt / und lehret eure Kinder / den Reichtum recht brauchen /und147lehret Gott anbetteln. und von eurem Uberfluß unter die Arme ſtreuen: ſo wird GOtt euch / wie die Springbrunnen / reichlich anfuͤllen.
40 Alſo auch / in andern Notturften. Warum ſuchen und ſchoͤpfen wir nicht die notwendige Weißheit / wie Salomo / bei und aus dem Brunn der Weißheit / bei der ſelbſten Weißheit? Warum verlaſſen wir das Goͤttliche Wort / die allgegenwaͤrtige Quelle des Lebens / und lauffen zu den menſchlichen Ciſternen / deren Waſſer kot - icht iſt? Wann auch / der Satan und die Welt / uns plaget und verfolget: warum ruffen wir nicht den Allmaͤchtigen zu Huͤl - fe? Wann wir kranken / oder ſonſt Noht leiden: warum lauffen wir nicht dieſen Vatter an? Ein Kind hat ja Zuflucht / zu ſeinem Vatter / oder legt ſein krankes Haubt in den Schoß der Mutter / und gil - fet um Huͤlfe?
41 Wann wir glaubten und uns erin - nerten / daß Gott alles hat und iſt / und al - les don ihm kommet: wir wuͤrden uns nicht alſo auf Menſchen verlaſſen. Men - ſchen wolten oft gern / aber ſie koͤnnen nicht: oder / ob ſie koͤnnen / ſie wollen nicht helfen. So iſt auch ein Menſch heut roht / morgen todt: da ligt dann die Seule / und du mit ihr / die dich geſtuͤtzet. Ach! wie pflegetK ijman148Gottes Erkentnis lehret. ꝛc. man mit Supplikẽ zu betteln / auch oft mit Geſchenken etwas zu ſuchen: da man doch manchmal erbaͤrmlich fehl ſchießet. Ar - mer thumer Menſch! warum laufeſt du nicht zu dem großen Brunne / aus welchem alle ſolche Baͤche fließen?
42 GOtt verfluchet dich / wann du dich auf Menſchen verlaͤſſeſt: weil du alſo Goͤtter neben ihn ſetzeſt. Hingegen ſtehet er uͤberall und allezeit mit Haͤnden voll al - ler Gaben faͤrtig / und wartet auf iemand / uͤber den er dieſelben ausſchuͤtte. Es iſt ihme / wie einer Mutter / die die Milch druk - ket: die nach dem Seugling begierig lan - get / daß er ihr die volle Bruſt ausleere. Er iſt ein Brunn / der vor der Hand ſtehet / voll Waſſers fuͤr die Durſtigen: es jam - mert ihn / wann er nicht uͤberlauffen und einſchenken ſoll. Er will aber / um ſein Waſſer / angebetet und angebettelt ſeyn / darum ruffet er uns zu: Alle die ihr dur - ſtig ſeit / komt her und ſchoͤpfet. Bittet und ſuchet! ihr ſolt nehmen und finden. Das Gebet muß anklopfen / und der Glau - be das Gefaͤß unterhalten. Wer nun nicht beten und anbetteln mag / der iſt ein boͤſer Knecht / und kein frommes Kind Gottes.
RUffe mich an / (ruffet Gott einem ieden zu) ſo will ich dich erhoͤren und du ſolſt mich preiſen. (b)Pſ. 50. v. 15.Wir thun ja zu weilen das erſte / und erlangen damit das zweite: aber des dritten vergeſſen wir. Jrdiſchen Wolthaͤtern / widmen wir oft ſchoͤne Lob - und Dank-Schriften / etwan auch ganze Buͤcher: aber Gott verehren wir wenig / fuͤr ſeine tauſend Wolthaten / und muß er mit einem lauen Deogratias vorlieb nehmen. Ach! dieſem wuͤrden wir / nicht allein unſre Lobworte / als dem Aller preiswuͤrdigſten / ſondern auch unſer ganzes Leben / als unſrem Herꝛn / widmen / wann wir ihm fuͤr einen ſolchen erkennten. Diß thun auch die Engel im Himmel: die loben Gott / und dienen ihm / ohn unterlaß / weil ſie ihn erkennen. Wie kan man doch ſo toͤricht ſeyn / daß man ſich nicht befleißen mag / vor Gott auf Erden ein En - gel zu werden?
WEil Gott Alles in allem / und alles in ihm iſt / ſo iſt ja auch in ihm alle Ehre / Weißheit / Reichtum / Wol - luſt und Seeligkeit. So ſoll dann ſeyn der Spruch deſſen / der / Gott erkennet: GOtt und Genug! Aber hierwider bellet auf Erden / des Satans Betrug. Diß thaͤ - te er / von Anfang. Gott hatte den Men - ſchen in vollkommene irdiſche Seeligkeit geſetzet / und ware nichts / das ihm mangle - te: dann er truge das Bild Gottes. Er ſolte hier all-vergnuͤgt leben / und endlich mit Seele und Leib / wie Henoch / in den Himmel gezuckt werden. Aber da kame der neidiſche / falſche / verlogne Lucifer / der ſagte: Nicht genug! ihr muͤßet Goͤt - ter auf Erden ſeyn. Aber es war Be - trug: ſie ſind / aus Gottes Bildern / Teu - fels-Larven und Hoͤll-Slaven / ſie ſind de - me gleich worden / der zuvor auch hat Gott ſeyn wollen / und deme ſie in der Hohfart nachgefolget.
ER thut noch immer / was er damals gethan: er neidet / luͤget und betrie - get. Vor allem blaͤſet er den Men - ſchen gern das Laſter ein / das ihn wider Gott aufgeblaſen: dann er weiß / daß Hoh - fart zu allen Suͤnden treibet. (c)Sir. 10. v. 15.Daher iſt der leidigen Ehrſucht kein ende / auf Er - den: ieder will der Groͤſte ſeyn / das doch Gott allein iſt. Ach! das iſt Teufels Betrug / ein nichtiger Traum / ein Schat - ten. Jhr nicht alſo / die ihr Gott kennet! Gott / und Ehre genug! Gott will nicht / daß iemand ſich ſelbſt erhoͤhen ſoll: er al - lein will es thun. Er kan ein Gefaͤß der Ehren machen / wie an Joſeph / Moſe / David und Daniel zu ſehen. Aber da muß das Gefaͤß nicht damit prangen: ſonſt wird es Gott umkehren / verſchuͤtten und zerbrechen.
46 Gott hat den Seinen verſprochen / die ewige Hoheit im Himmel / und daß ſie mit ihm herſchen ſollen: aber hierzu muͤſ - ſen ſie / wie er der HErꝛ JEſus / durch ſelbſt-Erniedrigung ſteigen. Auf hohenK iiijStel -152Gott / und Ehre genug. Steltzen / kan man nicht Berg-auf gehen. Und wann ihr dann ja ſo Ehrſuͤchtig ſeit / warum ſuchet ihr nicht die Ehre / die ewig waͤhret? Warum ſchnappet ihr nach dem Schatten / und laſſet den Selbſtand fah - ren? Wann ihr klug ſeit / wie ihr euch dann achtet: warum ſeit ihr ſo kindiſch / daß ihr nach dem Apfel greiffet / und nicht nach dem Kleinod / daß viel tauſend Aepfel wehrt iſt? Was hilft es / wann man ein Reich auf Erden gewinnet / und verlieret hinge - gen das Himmelreich? wer kan ſolches / Klugheit nennen?
47 Wie bruͤſtet ſich mancher / wann er von Adelichen Eltern gezeugt iſt? Er bildet ihm ein / er ſei vom Himmel herab geflogen und aus einem Stern gebildet / und haͤlt andere fuͤr Erdſchwaͤmme. Ach! was iſt das gegen dem hohen Adel / daß wir Kinder des Allerhoͤchſten ſind? daß Gott unſer Vatter / und der Himmel Prinz JEſus Chriſtus unſer Bruder iſt? Hieruͤber laſſt uns einen Hochmut faſſen / auch dem Sa - tan / das verfluchte Kind Gottes / den Him - wel verſtoſſenen Banditen / und ſeine Hoͤl - len-Brut / die Laſter / verachten. Wir muͤßen uns viel zu Edel achten / mit ihnen Geſellſchaft zu machen / und ihre Sitten abzunehmen: gleichwie die rechtſchaffeneEdlen /153Gott und Weißheit genug. Edlen / der Sitten und beiwohnung ge - meiner liederlicher Leute / ſich ſchaͤmen. Jndeſſen bleibt es bei dem Ausſpruch des H. Geiſtes: Wer Gott fuͤrchtet / uͤber den iſt niemand. (d)Sir. 25. v. 13.
DJE / ſo man unter den Menſchen fuͤr die Baͤſten achtet / ſind die Weiß - heit-begierigen. Gott / und Weiß - heit genug! Er iſt der Weißheit Brunn / der rechte Parnaß mit der Kunſtquelle / die uͤberal fließet. Von dieſem Alles-wiſſen - den / hatte auch der allerweißeſte Koͤnig ſein Vielwiſſen. Was halfe aber ſolches / ihn und andere Weltweißen? Er / wurde zum Abgoͤtter: und dieſe / ligen nun / als Heiden in der Hoͤlle. Die Welt-Gelehrten / die Verkehrten. Es iſt auch / die Welt Weiß - heit / vor Gott eine Torheit. (e)1. Cor. 3. v. 19.
49 David war gelehrter / dann alle ſei - ne Lehrer: dann des HErꝛn Wort mach - te ihn klug. (f)Pſ. 119. v. 91. 96.Paulus / der gelehrtſte un - ter den Apoſteln / ſagte von ſich ſelbſt: Er halte nicht / daß er etwas wiſſe / als JE - ſum den Gecreutzigten. (g)1. Cor. 2. v. 2.Eꝛ hat alles / wasK ver154Gott / und Wolluſt genug. er ſonſt wuͤſte / das doch viel geweſen / fuͤr kein Wiſſen gehalten / darum ſagte er an - derswo? Chriſtum lieb haben / ſei baͤßer / dann alles Wiſſen. (g)Eph. 3. v. 19.Wer dieſen nicht / und ſonſt alles weiß / der weiß nichtes. O Betrug des Satans! Gott lehret allein Gutes. Wer aber vom Satan / wie Eva ſich in die Schule fuͤhren laͤſſet / der lernet zugleich boͤſes erkennen / und wird endlich gewar werden / daß er an Gutem nacket ſei und nichts wiſſe.
WER iſt / der gut Leben begehret / und gern gute Tage haͤtte: dieſer Mann heiſt der Jederman. Je - derman wolt gerne im Garten Eden / in Wolluſt und Freude leben. Gott hatte ja den Menſchen / in den Garten der Wolluſt / in das Paradeis geſetzet / da er alle Ver - gnuͤgung haben ſollen. Wie iſt er dann darum und heraus gekommen? Ach! durch des Satans Betrug / durch das luͤſterne Naſchen. Und noch werden wir alle / wie unſere Erzmutter / von der hoͤlliſchen Schlange betrogen. Sie fuͤhret uns zumver -155Und des Satans Betrug. verbotnen Baum / anzuſchauen / was lieb - lich anzuſehen und gut zu eſſen iſt. Die Luſtbegier muß uns einnehmen / daß wir den verbotnen fuͤr einen luſtigen Baum anſehen.
51 Alſo fuͤhrte und verfuͤhrte der Teu - fel den Schlemmer / der nun bei ihm in der Hoͤlle ſitzet. Dieſer ſuchete allein die Sinnen-Weide und Bauchfuͤlle / die Sauf - nnd Sau-gelage und Prachthuͤlle. Augen und Ohren ergezten ſich / mit uͤppiger Ge - ſellſchaft und ihren Geſpraͤchen. Er klei - dete ſich koͤſtlich / und lebte Tag fuͤr Tag her - lich und in Freuden. Da wurde / die edle Zeit und das Gut / die man zur Ehre Got - tes verwenden / und das man unter arme Naͤchſten verſpenden ſollen / verfreſſen / ver - ſaffen / verſpielet und verbuhlet. Er nah - me das Linſengericht wie Eſau / und ver - ſchlunge mit Huren / ſein Theil in dieſem Leben / ſein Muͤtterliches Erd-Erbe. Er ließe ſich durch eitle Schoͤnheiten / die nur ſchoͤne Haͤute und Sodomaͤpfel ſind / voll Stank und Staub / daran man den Tod naſchet / zur Wolluſt reitzen / und zur Hoͤlle reiſſen. Und daſelbſt muſte er den harten Spruch hoͤren: Du haſt dein Gutes em - pfangen in jenem Leben / nun wirſt du gepeinigt.
52 Hie -156Gott / und Wolluſt genug.52 Hieher zum Liecht / du betrogener Welt - und Wolluͤſtling! dieſer Mann iſt dein Vorgaͤnger: du folgeſt ihm im Leben / du muſt ihn auch im Sterben folgen. Ler - ne aus dieſer Erzehlung deſſen der die War - heit ſelber iſt / daß du nicht zwei Freuden - Leben haben kanſt. Erwehlſt du das Jr - diſche / ſo verlierſt du das Himliſche. Zu die - ſem / muß man durch Truͤbſal gehen. Je - nes / waͤhret einen Augenblick: dieſes / in Ewigkeit. Du muſt ja ſelber bekennen / daß du naͤrriſch thueſt / wañ du jenes weh - leſt. Noch wehleſt du es / und wilſt doch der Kluge heißen. O Teufels Betrug / den du nicht ſehen wilſt! dieſer Abſolon laͤ - det dich / daß er dich ermorde.
53 Ach! kehre doch zuruͤcke / von dem verbotnen Baum. Gott / und Wolluſt genug! aber erſt im andern Leben. Den - ke doch / O Menſch / an die Seeligkeit / in welcher Gott das hoͤchſte Gut wohnet: da iſt Freude die Fuͤlle / und ewig-liebliches Weſen. Dahin ſolſt auch du kommen: aber durch Truͤbſal / uñ durch Verleugnung der Welt Luͤſte. Dort iſt die ewige Freu - den Tafel / mit der Engel-Muſik. Dort / O Seele / iſt dein Braͤutgam / der Aller - ſchoͤnſte unter den Menſchenkindern: und deſſen verklaͤrtem Leibe / ſoll auch der deineaͤhn -157Gott / und Reichtum genug. aͤhnlich werden. Dorthin ſpare deine Wolluſt und Liebe / und
Da ein Koͤnig dich will trauen /
woltſt du nach den Knechten ſchauen? Eine Braut muß nicht mit Docken ſpielen: und wann ſihet man / einen Adler / nach Schnaken ſchnappen?
PRacht und Wolluſt / erfordert einen reichen Mann. Daher iſt aller Welt-Leute einiges Dichten und Trachten / reich zu werden. Aber die al - lerclendſte Thoren ſind dieſe / die in den Reichtum ſich verlieben / und ihn allein da - rum ſamlen / daß ſie ihre Augenluſt daran haben. Unausſprechlich-große Narꝛheit! kan / die unſterbliche Seele / ein todtes Ding lieben? Was iſt Gold und Silber? roht - und weiſer Koht / und Erde.
55 Laß dir doch ſagen was du biſt / du thum̃er Geitzwanſt! du biſt ein Maul - wurf: der wuͤhlt immer in der Erde / und wirſt hier und dar Erdhaufen auf; endlich / wann er verreckt und ein Aas iſt / thut er erſt die Augen auf / die er zuvor immer zu -gehabt.158Gott / und Reichtum genug. gehabt. Was thuſt du anders? was ſam - leſt / was graͤbeſt du auf? Erdhaufen ſind alle deine Schaͤtze / die du in deiner Blind - heit ſo hoch achteſt. Nach dem Tod / in der Hoͤlle / da du als ein Aas ligen wirſt / da wirſt du erſt ſehend werden / und in dei - ner groͤſten Armut ſehen / daß dich des Teu - fels Betrug zum Narren gemacht hat.
56 Es hat ja / unſer Heiland / dich ſo treulich gewarnet: Jhr koͤnnet nicht Gott dienen / und dem Mammon. Dieſer Mam - mon iſt dein Goldgoͤtze / den du anbeteſt und liebeſt. Um Gold / ja um Koht / ja leider! um den Teufel / gibſt du deinen Gott hin: der dich im Himmel / an wahren Schaͤtzen / ewig reich machen will. Ach ja! Gott / und Reichtum genug! Jm Himmel ſoll man Schaͤtze ſammlen / durch Wolthat von dem das man uͤbrig hat / ge - gen denen / die nichtes haben. Was du ſam̃leſt / ſpareſt und bewahreſt / das ver - lierſt du / naͤmlch im Tode. Was du aber unter die Armen wegwirfeſt / das leiheſt du Gott / und behaͤltſt es ewiglich.
NOch iſt ein Name / der euch eignet / ihr Weltlinge! ihr ſeit Teufels Maͤr - terer. Es komt euch viel ſaͤurer an / in der Hoͤlle / als den Frommen / in dem Himmel zu kommen. Was Muͤhe und Arbeit koſtet es euch / groß und reich zu werden! was Angſt und Sorge / euch bei Ehre und Haabe zu erhalten. Wie ſauer wird einem Wolluͤſtling / ſein Freſſen und Sauffen / und ſein Huren leben? wie leidet er daruͤber Schaden an ſeiner Geſundheit / an Gut und Ehre. Alſo kommet man / durch Hohfart zum Fall / durch Uberwitze zur Torheit / durch Geitz und Wolluſt zu Armut und Unluſt. Jſt das nicht Teu - fels Betrug? Und endlich wird / dieſer ihr Verfuͤhrer / auch ihr Peiniger / hier und dort. Ach! thut doch die Augen auf / ihr Thoren / und ſehet nach dem Liecht / aus eurer Fin - ſternis.
58 O freilich iſt es leichter / zur See - ligkeit / als zur Verdammnis gelangen. Dar -160Die Kunſt /Darum ſagt der Sohn Gottes: ſein Joch / das wir auf uns nehmen ſollen / ſei ſanft und leicht. Wie ruhig lebet der / der Gott gehorchet und ihn liebet! Wie groß iſt der vor Gott / der demuͤtig iſt / der keine Ehre verlanget / und gern bleibet / worzu Gott ihn gemacht hat / der ihn auch auf Erden groß machen kan. Wie leicht gehet der / der ge - nuͤglich iſt / und in dieſer Wallfart nicht nach vielem zeitlichen Plunder trachtet: und er hat dannoch von Gott / als Vattern / die Notturft des Lebens. Es kan ihn auch der Segen des HErꝛn / ohn ſeine Muͤ - he / reich machen. Er hat geſunden Leib / den andere verhuren und verſauffen / und ein gutes Gewiſſen; kan allemal froͤlich ſter - ben; iſt ſchon ſeelig in der Hoffnung / und ſte - het bei Gott in Gnaden.
JEderman wuͤnſchet / reich / groß und gluͤckſeelig zu werden. Lernet doch dieſe Kunſt / aus Gottes Er - kentnis. Gott / iſt Alles in allem. Jn Gott und allein von Gott iſt und kommt alles was du hoch achteſt / liebeſt / wuͤnſcheſtund161gluͤckſeelig zu werden. und verlangeſt. Was kanſt du dann an - ders thun / wann du etwas verlangeſt / als daß du / wie David / dich zu Gott halteſt. Haſt du Gott / ſo haſt du alles: weil du den haſt / der Alles iſt und hat. Gott und ge - nug! Hoͤret Gott ſelbſt zu euch reden: Wolte mein Volk mir gehorchen und auf meinem Wege gehen / ſo wolte ich ſie mit dem baͤſten Weitzen ſpeiſen / und mit Ho - nig ſaͤttigen. (h)Pſ. 81 v. 13. 16.Chriſtus heißet euch nur nach Gott und ſeinem Reiche trachten: das andere ſoll zufallen. Gelanget ihr / ohne Gott / zu etwas: es iſt Teufels-Betrug / wie der verbotne Apfel / wodurch er die Eva verfuͤhret: ihr werdet den Tod daran naſchen.
UNd da ihr nach Wol-ſeyn trachtet / ſo trachtet ihr ja darnach / daß es ein langes vollkommenes Wolweſen ſeyn moͤge. Nun ſehet ihr taͤglich / daß Leute verderben / oder ſterben / die in hohen Ehren / in Wolluͤſten / gelebet / in Palaͤſten voll alles Reichtums gewohnet: und wieLſie162Jm Himmelſie verdorben / wie ſie geſtorben / alſo koͤnnet ihr auch verderben / alſo muͤßet ihr auch ſter - ben. So nimmet dann das Wolweſen auf Erden ein Ende / und waͤhret nicht lang. Jſt dan nicht ein anders Wolweſen zu fin - den / das laͤnger waͤhret?
61 Ach ja! im Himmel / wo Gott woh - net / da iſt alle / da iſt ewige Seeligkeit. Al - les / was du hier liebeſt / was dich hier labet / das iſt ſo klein gegen dem / das droben iſt / als klein du biſt gegen Gott / als klein die Erde gegen dem Himmel / als kurz die Zeit iſt gegen der Ewigkeit. Und zu die - ſem vollkommenem ewigen Labſal / muß man / durch Verachtung des Zeitlichen / und durch kurze Truͤbſal / gelangen.
62 So kan dann ein Gottliebender ſa - gen / wann ihm Satan auf Erden einen Sodom-Apfel weiſet: hinweg mit dieſem! Jm Himmel iſt alles tauſendmal groͤßer und baͤßer: darauf will ich warten. Jch will nicht wie eine Sau / die Eicheln fuͤr die Mandeln / wie ein Kind / den Pfennig fuͤr die Million / nehmen. Jch verachte hier alles / und trachte nach dem Ewigen. Jch will / wie ein Adler / die Muͤcken vorbei flie - gen laſſen / mich allein nach der Sonne JEſu umſehen / und nach der großen Atze der Seeligkeit in die Ferne fliegen.
63 Jſt163iſt alles vollkommen.63 Jſt nun dieſes die wahre Gottes - Erkentnis und richtige Glaubens-Bekent - nis / wie ſie dann in Gottes Wort gegruͤn - det und wahr iſt: ſo iſt der kein Chriſt / der nicht alſo glaubet / und nach ſolchem Glauben lebet. Ja / er iſt nicht klug / wie Weltweiß er auch ſeyn mag / wann er Gott / als das hoͤchſte Gut und den Brunn aller Guͤter / den er kennet / nicht liebet / ſuchet und ergreiffet / wann er vom Satan ſich blenden und verfuͤhren laͤſſet. Und wer ein Chriſt ſeyn will / ſol dieſe Betrachtung alle Sonntaͤge wiederholen / ſich pruͤfen / ob er ſeither nach ſolcher Erkentnis gelebet / ſei - nen Glaubens-Ungehorſam Gott abbitten / zur Baͤßerung um ſeines H. Geiſtes Bei - ſtand bitten / und ihm ſolche mit Ernſt vor - nehmen. Er ſoll auch / in der Kirche oder zu Haus / GOtt zu Ehren / ſprechen ſeine
JCH weiß / an wen ich glaube / und wil reden von meinem Glauben. Jch lege hieꝛmit ab mein Bekentnis / was ich von Dir glaube / Allerheiligſte / Hochgelobteſte Goͤttliche Drey-Einigkeit! wie ich dich aus deinem Wort erkenne / und was ich dir zutraue.
Jch glaube / daß du biſt der Einige Gott / und auſer dir iſt kein Gott. (k)Eſa. 44. v. 6.Jch glaube / daß du biſt der Unendliche Ewige GOtt / aller Dinge Anfang und Ende / aber ſelbſt ohne Anfang und Ende: Du bleibeſt / wie du biſt / und deine Jahre neh - men kein ende. (l)Pſal. 102. v. 28.Und weil ich an dich und dein ewiges Wort mich halte / ſo werde auch ich ewig ſeyn: ich werde leben / weil du lebeſt.
Jch glaube / weil du unendlich biſt / daß du auch biſt der Allgegenwaͤrtige Gott / al - lezeit allenthalben und Alles in Allem / der Himmel und Erden erfuͤllet. (m)Jer. 23. v. 24.Du ſi - heſt / hoͤreſt und weiſt alles. So wirſt du dann auch auf mich ſehen / meine Seuf - zer hoͤren / und um alles mein Anligen wiſſen.
Jch glaube / daß du biſt der Allmaͤch -L iijtige166Chriſtlichetige Gott / der ſchaffen kan was er will. (n)Pſ. 115. v. 3.So troͤſte ich dañ meine Onmacht / mit deiner Allmacht / und ſage in faͤſter Zuver - ſicht: du kanſts wol machen. (o)Pſ. 52. v. 11.
Jch glaube / daß du biſt der Allweiße uñ Allwiſſende Gott / verlaſſe mich auf deine Weißheit / die alles regiret und wolhinaus fuͤhret. Und aus dir / O du Brunn der Weißheit! will ich allein ſchoͤpfen / was mir zu wiſſen vonnoͤten iſt.
Jch glaube / daß du ein Warhaftiger Gott biſt / daß dein Wort die Warheit iſt / und daß du gewiß halteſt / was du zuſageſt:(p)Pſ. 33. v. 4. darum traue ich auch deinem Wort / uñ hoͤre dem Satan nicht zu / der mich wil zwei - flen machen.
Jch glaube / daß du biſt ein Drei Ei - niger Gott / Einig im Weſen und Dreifal - tig in Perſonen / Vatter / Sohn und Heil. Geiſt / wie du bei der Taufe JEſu Chriſti dich haſt geoffenbaret: wirſt auch von den Seraphim in Himmel / mit dem drei - mal-Heilig(q)Eſa. 6. v. 3. ohn aufhoͤren beehret und geprieſen.
Jch glaube daß du biſt der Allerhoͤch - ſte HErꝛ uͤber Alles / der ewige Koͤnig: und haſt die Engel / deiner Majeſtet zu dienen /vor167Glaubens Bekentnis. vor der Welt erſchaffen. Du haſt auch eine Anzahl derſelben / die Teufel / die wi - der dich aus Hohfart ſich entboͤret / von deinem Angeſicht in die Hoͤlle und Finſter - nis verſtoſſen: uns zum Straffe-Fuͤrbild / und zur erinnerung / daß man vor dem Hoͤchſten niedrig wandlen / und dich Eif - rigen GOtt(r)2. Moſ. 20. v. 5. nicht erzuͤrnen muͤße.
Jch glaube / daß du im Anfang Him - mel und Erde / zum Dienſte des Menſchen / und endlich auch den Menſchen zu deinem Dienſt / zwar aus Erde / iedoch zu deinem Ebenbild / erſchaffen / und ihme etwas von deinem Himmel / die unſterbliche Seele / eingehauchet.
Jch glaube / daß du dieſes ganze Welt - Rund / als Allgewaltig / mit allerweißeſter Vorſicht regireſt / deinen Geſchoͤpfen das Leben und zu leben gibeſt / auch wider den Satan und ſeinen Anhang / deine Engel / die himliſche Fron Geiſter / uns Menſchen zuordneſt. Dieſes Schutzes / wie auch deiner Regirung / Erhaltung und Vor - ſicht / troͤſte ich mich in wahrer Zuverſicht / und weiß gewiß / daß du mich / den du er - ſchaffen haſt / nicht haſſen noch verlaſſen koͤnneſt.
Jch glaube / daß du biſt ein liebreicherL iiijGOtt /168ChriſtlicheGOtt / ja die Liebe ſelber. Und alſo gar haſt du das Menſchliche Geſchlecht gelie - bet / daß du / als das erſte paar Menſchen / durch Verfuͤhrung des Satans / von dir abgefallen / dein Ebenbild verlohren und den ewigen Tod verſchuldet / dich uͤber uns erbarmet / deinen Einigen Sohn fuͤr uns in den Tod gegeben / und unſre Suͤnden auf ihn geworfen: daß wir / an ihn glaubend / nicht verlohren werden / ſondern das ewi - ge Leben haben ſollen. Du biſt / weil er im Fleiſch unſer Bruder / in ihm unſer Vat - ter worden / (wie er uns / dich zu nennen / in ſeinem uns vorgeſprochenem Gebet ge - lehret) haſt uns zu deinen Gnad Kindern und Himmels-Erben angenommen / und erbarmeſt dich uͤber uns / wie ſich ein Vat - ter uͤber ſeine Kinder erbarmet. (s)Pſ. 103. v. 13.
Ach ja! ich glaube von Herzen / daß du mein treuer huldreicher Vatter biſt / mit meiner Schwachheit Gedult tragen aus hoher Guͤte und Langmut / um deines lie - ben Sohnes willen micht nicht nach Ver - dienſte ſtraffen / ſondern meine Buße fuͤr meine Bosheit annehmen / mich allhier auf Erden an Seele und Leib vaͤtterlich ver - ſorgen / und dort im Himmel ewig ſeelig machen werdeſt. Alſo traue ich deinerVat -169Glaubens-Bekentnis. Vatterliebe / als dein liebes Kind / laſſe dich ſorgen / wachen und machen: du wirſt es mit mir alles wol und gut machen. (t)Pſ. 37. v. 5.Weil du aber ein heiliger Gott und from - mer Vatter biſt / als wilſt du auch fromme Kinder haben / die dir in Unſchuld und Heiligkeit nachahmen. Ach! ſo ein Kind wuͤnſche ich zu ſeyn / und wil nimmermehr ablaſſen / dich demuͤtig zu erſuchen / daß du dein Ebenbild in mir erneuren wolleſt.
Jch glaube / daß Du / einiger Sohn Gottes JEſu Chriſte / von Ewigkeit her / Gott von Gott / gleiches Weſens mit dem Vatter gezeuget worden. Jch glaube auch / daß du / in der Zeit / wie du geredet haſt zu unſerm Erz Vatter Adam / im Jungfraͤulichen keuſche Leib Mariæ dei - ner hochgelobten Mutter / durch uͤberſchat - tung deines H. Geiſtes / empfangen / und ein wahrer mit der Gottheit unzertrennlich vereinter Menſch gebohren worden. Alſo haſt du / duꝛch deine heilige reine Empfaͤng - nis und Geburt / mich von der Erb Suͤnde gereinigt / und indem du ein Menſchkind worden / mich zu einem Gotteskind und Mit Erben des Himmels gemachet. Und weil du mein Bruder worden biſt / als ha -L vbe170Chriſtlichebe ich zu dir aller Liebe und Treue mich ewiglich zu verſehen.
Jch glaube / daß du allein / du hochge - lobteſter Gott-Menſch / zwiſchen Gott und Menſchen der Mittler(u)1. Tim. 〈…〉〈…〉. v. 5. worden / uns den Weg zum Leben gezeiget und gelehrt / alle unſere Suͤnden auf dich genommen und verbuͤßet / fuͤr uns auf Erden gelitten / und endlich am Creutz geſtorben biſt: daß du hiermit wie auch mit deinem gan - zen Leben / das Geſetze / als mit volkomme - nem Gehorſam / erfuͤllet / der Gerechtigkeit Gottes ein genuͤgen gethan / ſeinen Zorn geſtillet / uns mit deinem und unſrem him - liſchen Vatter wieder verſoͤhnet / den Sa - tan uͤberwunden / die Suͤnde vertilget / den Tod getoͤdet / die Hoͤlle zerſtoͤret / uns ar - men Exulanten das Paradeis wieder auf - geſchloſſen / uns vor Gott gerecht / heilig und ſeelig gemacht / alles was wir durch unſren Abfall verſcherzet hatten / uns wie - der erworben / und alſo / O mein Herꝛ / zu deinem Eigentum mich theuer erkau - fet haſt.
Jch glaube / daß du / zu deſſen Verſi - cherung / deine Sacramente / die heilſam-hei - lige Taufe und das hochwuͤrdige Abendmal / (in welchem du / unter Brod und Wein /dei -171Glaubens Bekentnis. deinen wahren Leib und dein wahres Blut / uns zu eſſen und zu trinken gibeſt) als die beyde Siegel unſres mit Gott er - neurten Bundes / uns hinterlaſſen: durch jenes uns zum ewigen Leben wiederge - bohren und von Suͤnden abgewaſchen / dich den Rock der Gerechtigkeit uns an - gezogen / und den Heil. Geiſt uns mitge - theilet; durch dieſes aber / uns als Glieder / dir dem Haubt einverleibet haſt. Alſo troͤſte ich mich deines allerheiligſten Ver - dienſtes und meiner Taufe / achte mich de - rentwegen ſchon ſeelig in der Hoffnung /(x)Roͤm. 8. v. 24. und bin gewiß / daß ich / als dein Glied / von dir ewig ungeſchieden bleiben werde.
Jch glaube / daß du / aus dem Grab vom Tod wieder auferſtanden / mit verklaͤr - tem Menſchlichem Leib gen Himmel gefah - ren / dich zur Rechten Gottes geſetzet / uns daſelbſt vertrittſt(y)c. 8. v. 34. und verbitteſt / und uͤber alle Dinge herſcheſt. So weiß ich dañ / daß ich / dein Glied / auch nicht im Grabe bleiben / ſondern deinem Leibe aͤhn - lich auſerſtehen / mit der Seele ſeelig wieder vereinigt dir gen Himmel nachfahren / und daſelbſt ewiglich mit dir herꝛſchen werde; daß mich auch / weil du mir das Wort re - deſt / nichts beſchuldigen noch verdammen koͤnne.
Jch172ChriſtlicheJch glaube / daß du einmal / uͤber alle Menſchen das Gerichte zu halten / deine Braut und Kirche heim zuholen / und die Glaubigen ins ewige Leben einzufuͤhren / die Gottloſen aber in die Hoͤlle zum ewi - gen Tod zu verdammen / von Himmel wie - derkommen werdeſt: da ich dañ / weil ich an dich glaube / und weil der Richter mein Erloͤſer / Bruder und Anwalt iſt / ein gnaͤ - diges Urtheil anzuhoͤren verhoffe.
Jch glaube und troͤſte mich deſſen / daß du O Gott H. Geiſt / von Ewigkeit her / gleiches Weſens mit dem Vatter und Sohn Gott von Gott ausgeheſt / uͤber die H. Apo - ſtel ſichtbarlich ausgegoſſen woꝛden / Chri - ſto JEſu auf Erden eine Kirche und Ge - meine ſamleſt / in mir und allen Glaubigen den Glauben und alle Tugenden wirkeſt / die Vergebung der Suͤnden / und den Frie - den mit Gott in unſren Herzen beſtaͤtti - geſt / uns heiligeſt / erleuchteſt / troͤſteſt und ſtaͤrkeſt / der Gottes Kindſchaft und Him - mels Erbſchaft uns verſicherſt / und uns zu Gott ſeufzen hilfeſt.
Jch glaube / Allerheiligſte Goͤttliche Drei Einigkeit / daß du biſt ein Gerechter Gott / und wirſt deine boshaftige Veraͤch - ter hier und dort ſtraffen: die Gottſeeli - gen aber / zeitlich und ewig belohnen. Jchlerne173Glaubens-Bekentnis. lerne aus deinem Wort und Geſetze / die Ehr - und Lieb-Gebuͤhr gegen dir und meinem Neben Menſchen / befleißige mich / ſoviel Menſchlicher Schwachheit moͤg - lich / mein Leben darnach anzuſtellen / und des Glaubens-Fruͤchte zu bringen. Jch erkenne aber zugleich daraus meine ſuͤnd - liche Unvollkommenheit / und halte mich an die allguͤltige Genugthuung meines Erloͤſers: den ich / um ſeinen Geiſt und Beiſtand zum Guten / inſtaͤndig anruffe.
Jch glaube endlich / mein Gott und HErꝛ / daß du biſt das hoͤchſte Gut / und der ewige Brunn aller Guͤter: daß du auch in die hoͤchſte vollkommene Seeligkeit / die du von Ewigkeit her beſitzeſt / mich einmal zu dir holen und beruffen werdeſt. Alſo troͤſte ich mein zeitliches Leiden / mit Hoff - nung der himliſchen Freude / und gehe durch den Tod in das ewige Leben. Jnzwi - ſchen bitte ich meinen himliſchen Vatter / in dem Gebet / welches uns ſein liebſter Sohn auf Erden gelehret / um Heiligung ſeines Namens / Mehrung ſeines Reichs / und Erfuͤl - lung ſeines Willens / um des Leibes Notturft / um Vergebung der Suͤnden / um Schutz wider meine Geiſt - und leibliche Feinde / und um ein ſeeliges Ende meines zeitlichen Le -bens174Chriſtliche Glaubens Bekentnis. bens / welches iſt die Erloͤſung von allem Ubel.
Dieſes / liebſter Gott / iſt meine einige und herzliche Glaubensbekentnis: darauf will ich trauen und bauen / damit will ich le - ben und ſterben. Dieſer Gaube ſei auch heut und allezeit / meine Huͤlfe im Leben / mein Reichtum in Mangel / mein Troſt in Truͤbſal / mein Schutz in Verfolgung / mei - ne Ehre in Verachtung / mein Leben im Tod / und in der Auferſtehung meine See - ligkeit. Das verleihe mir / und dabei eꝛhalte mich / gegen allem Widerſpruch der Ver - nunft / Welt und Hoͤlle / die Allerheiligſte Hochgelobteſte Drei Einigkeit / Gott Vat - ter / Gott Sohn / Gott Heiliger Geiſt in Ewigkeit / Amen!
EJN rechtſchaffener Chriſt und Kirchgaͤnger / wann er Gott im Tempel / oder zu Haus am Sonntag / reden gehoͤrt / ſuchet hinwider mit Gott zu reden / und zu be - ten. Dan / wañ man Gottes Wort pre - digt / oder liſet / ſo redet Gott mit uns: und wir reden mit ihme / wann wir beten. Was ſoll man aber reden / und bitten? das leh - ret uns / der himliſche Gebetmeiſter. Dein Reich komme! ſpricht ſeine Zweite uns vorgeſprochene Bitte.
2 Das Allmacht-Reich Gottes /(z)Regnum potentiæ. wird allhier nicht verſtanden: dann die - ſes iſt ſchon auf Erden / von Anfang aller Dinge / da Gott der Schoͤpfer Alles in al - lem allezeit allenthalben iſt / alles erhaͤlt / re -giret /176Verlangen nachgiret / reget und beweget / wie er es in der Erſchaffung geordnet hat.
3 Zweifelsfrei wird hier gemeinet / das Gnaden-Reich(a)R. Gratiæ. Gottes / woruͤber er ſeinen Sohn / den Gott-Menſchen JE - ſum Chriſtum / zum Koͤnig eingeſetzet hat. Zu wem dieſes Reich / und wer in dieſes Reich / kommet / der kehret wieder in GOTT / wie Adam geweſen / und wird aller Gnaden und Privilegien teilhaf - tig / die dieſer himliſcher Kron-Printz durch ſein Menſchwerden / Leiden und Sterben uns erworben hat. Dann / welches Reiches Unterthan man wird / da tritt man in den Genuß deſſen Rechte und Freiheiten / und machet ſich derſelben allerdings teilhaftig. Chriſtus erklaͤret ſich ſelber / da er / in eben ſelbigem Cap. uns am erſten trachten heißet nach dem Reich Got - tes und nach deſſen Gerechtigkeit. (b)Matth. 6. v. 33.Und anderswo lehret er / das Reich Gottes ſei inwendig in uns:(c)Luc. 17. v. 21. ſo kan es dan nichts aͤuſerliches oder ſichtbares / ſo muß es ja Geiſtlich und im Herzen ſeyn.
4 So iſt dan / das Reich Gottes auf Erden / nichts anders / als dasjenige / was unſer Erzvatter unter dem verbotnen Baum verlohren / naͤmlich die Gott-aͤhn -lich -177dem Reich Gottes. lichkeit / oder das Ebenbild Gottes: die Faͤrtigkeit im Verſtand / Willen und Be - gierden / zu erkennen / zu wollen und zu voll - bringen / was goͤttlich und gut iſt. Es iſt / wie es der Heiden-Apoſtel beſchreibet /(d)Rom. 14. v. 17. Gerechtigkeit des Wandels / Friede mit Gott im Gewiſſen / und Freude des Her - zens im H. Geiſt: welche zwei lezere auf das erſte folgen.
5 Es iſt die Gott - und Chriſtfoͤrmig - keit / wann Gott und Chriſtus ſein Reich in uns hat / durch ſeinen H. Geiſt uns re - giret / uns in alle Gerechtigkeit und War - heit leitet / und ein glaͤubiges tugendhaftes Unſchuld-Leben in uns wirket. Es iſt eben diejenige Kraft / die uns Gott nach ſei - nem Weſen und Willen erkennen / und ih - me den Gehorſam des Glaubens / des Le - bens und des Creutzes opfern machet. Es iſt das Einige / worum David gebeten / daß Gott ſein Herz dabei erhalten wolle; das allein noͤtige / davon Chriſtus der Martha gepredigt. Es iſt der Geiſt der Warheit / welchen Salomon von Gott erbetten.
6 So iſt dañ dieſes / eine große und not - wendige Bitte. Dann / wer dieſes Reich / den H. Geiſt und himliſche Weißheit / nicht zu ſich erbittet / der iſt nicht baͤſſer daran /Mals178Verlangen nachals ein blinder Heide / der von Gott nichts weiß. Dañ was er thut / das thut er al - lein aus natuͤrlicher Faͤhigkeit / und hat ſich des ſonderbaren Goͤttlichen Beiſtandes nicht zu getroͤſten. Ach! auſer Gott / iſt nichts als Tod. Wie noͤtig iſts demnach / daß Gott hierum / um ſeinen Geiſt und himliſche Weißheit / oft erſuchet werde. Wann geſchihet aber ſolches? ach! ein ganzes Jahr durch ſelten / oder gar nicht: da doch mehr als gewiß iſt / daß wir ohne Gott (wie Chriſtus ausdruͤcklich ſaget)(e)Joh. 15. v. 5. gar nichts / naͤmlich Gutes / thun koͤn - nen. Daher gehen oft ſoviel Rahtſchlaͤge den irꝛweg / die aufs kluͤgſte erſonnen wor - den: dann Gott ward nicht angeruffen und mit in raht gezogen.
7 Wir wohnen hier im Reich des Sa - tans / des Fuͤrſtens der Welt: der reiſſet uns von Gott ab und verreitzet zu Suͤnden; oder er plaget und verfolget uns / wañ wir ihm nicht folgen wollen. Es ergehet uns / wie den Jſraeliten in Egypten und zu Ba - bel / wie den gefangenen Chriſten in der Tuͤrkey: da iſt lauter Schmach und Elend / Angſt und Noht / und letzlich der Tod. Gleichwol ſind blinde Weltlinge gern in dieſem Reich / ſuchen und nehmen / was dieWelt179dem Reich Gottes. Welt geben kan / folgen nicht Chriſto und ſeinem H. Geiſt / ſondern ihrem Fleiſch und dem Feind Gottes. Dieſe laͤſtern Gott / wann ſie dieſe zweite Vatter Unſer-Bitte beten. Dann ſie haben nicht luſt an Got - tes Reich / ſondern hintern und ringern nur daſſelbe. Sie trachten nur nach der Zu - gabe / und verlieren dadurch die Gabe / wor - nach ſie haͤtten trachten ſollen.
8 Nicht alſo die Gottliebenden! Die ſeufzen unter dem Dienſt-Joch des hoͤli - ſchen Farao / im finſtern Weltgefaͤngnis. Sie bejammern / daß im Gott-gelobten Land ihres Herzens auch Jebuſiter woh - nen / und daß ſie dem Satan wider ihren Willen dienen. Demnach bitten ſie ohn unterlaß: Vatter im Himmel! dein Reich / dein Ebenbild / dein H. Geiſt komme in unſer Herze: und jage von dar hinaus / was vom Reich des Satans herruͤhret / daß wir dir nicht widerſtreben. Durch dieſe Bekentnis und Bitte wird auch Gott ermildert / daß er unſre Suͤnden / als Fruͤch - te des hoͤlliſchen Reichs / uͤberſihet / und uns darum nicht ſtraffet / wie er wol oft thun ſolte.
9 Es wird hier nicht widerſprochen / daß man in dieſer Bitte / auch um die Zu -M ijkunft180Verlangen nachkunft des Reichs der Glori(f)Regnum Gloriæ. und Herꝛ - lichkeit Gottes / und um die heran-eilung der ſeligen Ewigkeit bitte. Und dieſes werden freilich nur diejenigen thun / die auf Erden im Reich der Gnaden zu leben ver - langen: dann eines fließet aus dem andern und kan es nicht fehlen / eine Seele / in de - ren Gott mit ſeinem Geiſt wohnet / die muß ſich ſehnen / Gott in ſeinem Reich bald anzuſchauen. Andere / die hier geiſt - lich in Satans Reich und er in ihnen woh - net / haben hingegen kleine oder gar keine Begierde / aus dem Leibe zu Gott zu wan - dern / oder Chriſtum kommen zu ſehen. Es ſcheinet aber / dieſes gehoͤre in die lezte Vat - ter Unſer-Bitte / da Gott um die Erloͤſung vom Ubel / welches der Satan / der Arge / und ſein Reich iſt / angeruffen wird.
10 Ach! man denke doch daran / ſo oft man das Gebet des HErꝛn oder Vatter - Unſer betet / daß man / in dieſer zweiten Bitte / um die edelſte Gabe von der Welt / naͤmlich um GOtt ſelber und um ſeinen Geiſt bitte. Man laſſe ihm demnach um ſoviel angelegner ſeyn / dieſes zu erbitten / was das Kleinod iſt von allen Bitten. Dann was kan man mehr und baͤßers er - bitten / als wann man den zu ſich laͤdet undberuf -181dem Reich Gottes.
M iij182Verlangen nach Gottes Reich. beruffet / der Alles iſt und alles mitbringet?
11 Zur Zeit der Suͤndflut / ſteckte und ſchwebte Noah in den Kaſten / und ſahe / außer denen die bei ihm waren / alles Fleiſch untergehen / in der großen Zornflut Gottes. Da war die Welt / als des Teu - fels Reich von Tod uͤberſchwemmet. Gott redte nicht mit Noah / wie zuvor / und ſchie - ne er nun ganz verlaſſen. Doch glaubte er an das / was ihm Gott vorgeſagt / und ſchickte endlich eine Taube aus: die kame mit einem Oelzweig wieder / und verkuͤn - digte ihm den neuen Frieden mit Gott. Ach! der H. Geiſt / iſt dieſe Taube: die bringet uns den Frieden mit Gott ins Her - ze / wañ wir ihm daſſelbe reinigen / und Ge - bet-Boten nach ihm ſenden.
12 Und damit man dieſe Briefe und deren innhalt recht erlerne / ſo leſe man fleiſ - ſig / am Sonntag und in der Kirche / dieſe und dergleichen Andacht / und erbitte alſo den himliſchen Beiſtand. Es kan ja nicht fehlen: man wird alsdañ wider alle Ge - fahr ſich verſichert achten / und in Beruffs - werken lauter Segen hoffen koͤnnen / auch von Gott / weil man erſtlich nach ſeinem Reich getrachtet / den Zufall aller andern Notturft gewiß zu erwarten haben.
SO ihr / die ihr arg ſeit / koͤnnet euren Kindern gute Gaben geben: vielmehr wird der Vatter im Himmel den H. Geiſt185um den Heil. Geiſt. Geiſt geben / denen die ihn darum bitten. (h)Luc. 11. v. 13Alſo hat / O Gott mein Vatter im Himmel / dein ewiger Sohn geſagt. Er hat auf Erden geſagt / was im Himmel wahr und Amen iſt. Jch glaube / daß er es geſagt / daß er es auch meinetwegen geſagt / daß er die Warheit geſagt / und daß du thun koͤn - neſt und wolleſt / was er geſagt hat.
Jch glaube: darum rede ich. Aber du erhoͤreſt die Suͤnder nicht. Ach! eben darum bin ich ein Suͤnder weil du mich nicht erhoͤreſt. Es iſt mir leider! leid ge - nug / daß ich ein Suͤnder bin. Jch moͤchte es auch wol gerne nicht ſeyn: aber / ohne deinen Geiſt / muß ich es ſeyn.
Bin ich ein Suͤnder: ach! ſo iſt ja JE - ſus Chriſtus mein Verſuͤhner / mein Erloͤ - ſer / mein Fuͤrſprecher / und mein Vorbitter; ſo biſt du himliſcher Vatter / ein Vergeber / ein guͤtiger Vatter. Du haſt ja geſagt in deinem Wort: Wann der HErꝛ vrrſoͤhnt iſt / gibt er den Geiſt der Weißheit reichlich. (i)Sir. 39. v. 8.Ach getreuer Vatter! ich glaube / daß ich durch deinen Sohn mit dir verſoͤhnt bin. Bin ich dan verſoͤhnt: ſo laß mich haben die Gabe / die du gibeſt den Verſoͤhnten.
Es iſt ja wahr: die boͤſe Vaͤtter auf Erden erbarmen ſich uͤber ihre Kinder /M vund186Gebet zum himliſchen Vatter /und geben ihnen zu ihrer Notturft / was ſie geben koͤnnen. Solteſt dañ du / du hoͤchſter und baͤſter Vatter / von dem auch alle Vatter-Liebe fließet / weniger thun / der du doch uͤberſchwenglich mehr thun kanſt?
O du Koͤnig Himmels und der Erden! ſchaue doch / wie ich hier wohne im Reich des Satans / des Fuͤrſten dieſer Welt. Dieſer will ſein Reich in mir haben / haͤlt mich gefangen durch die Suͤnde / zu ſeinem Mutwillen / und ich ſoll ihme dienen mit Werken der Finſternis. Ach! dieſer ſtar - ke Gewaffnete drenget ſich in die Herzen hinein / und bewahret ſeinen Palaſt.
Du haſt uns ja errettet von der Ob - rigkeit der Finſternis / und verſetzet in das Gnaden-Reich deines Sohnes JESU Chriſti. Wir haben dir / in der Tauffe / unſre Namen gegeben / und dir gehuldigt: und du haſt uns / als deine Buͤrger / in dein himliſches Stadt Buch / ja in deine Haͤnde / eingezeichnet. Ach! ſo wolleſt du dan nicht zulaſſen / daß dieſer dein abgeſagter Feind mich aus deiner Hand reiſſe / den du / druch deines Sohns Blut und Tod / theuer wieder erkauffet haſt.
Jch weiß auch / und glaube / daß er iezt vor dir ſtehet / uñ fuͤr mich und dieſe hoͤchſteGa -187um den Heil. Geiſt. Gabe dich bittet. Ja es duͤnket mich / als wañ ich ihn alſo zu dir reden hoͤrte.
Mein Vatter! ſchaue an dieſe meine Wunden: und bedenke / warum ſie mir geſchla - gen worden. Bedenke / wieviel ich ausgeſtan - den / dir das Menſchliche Geſchlecht wieder zu verſoͤhnen. Es ſtehet da vor dir / das Ebenbild deiner Gottheit: aber auch das Bildnis der Menſchheit. Jch trage an mir / als meine Glieder alle Menſchen / die an mich glauben / und die du in mir zu Kindern und Himmels - Erben angenommen haſt. Weil ſie nun meine Glieder ſind / als fuͤhle ich ihr Anligen / als wañ es mein eigenes waͤre. Sihe an den Menſchen der als Gott und dein Sohn mit dir redet: und erbarme dich eines Menſchen / fuͤr den er zu Gott redet. Er wolte gern dein frommes Kind ſeyn: das iſt ſein herzliches einiges Ver - langen. Er iſt zwar ein Suͤnder: aber du weiſt / daß ich dir ſeine Schulde volkoͤmlich be - zahlet. Er bittet dich / durch mich / um den Heil. Geiſt / und um deine himliſche Weiß - heit: zu thun / was vor dir recht und gut iſt / und das Boͤſe zu meiden. Du haſt mich als ich von der Erden gen Himmel wiederkehrte / und dich bate / meinen Juͤngern den Heil. Geiſt zu ſen - den / dazumal / ſage ich / haſt du mich gnaͤdiglich erhoͤret. Ach! ſo erhoͤre mich auch nun / und ſende / dieſem meinem Gnad-hungerigen liebenBru -188Gebet zum himliſchen Vatter / ꝛc. Bruder / deinen Heil. Geiſt: daß er ſehe und verſtehe / auch thun koͤnne was dir gefaͤllig / ihm ſeelig / und deinem Reich auf Erden erbaulich iſt. Eben dieſer Mund / der dich hierum bittet / hat ihme auf Erden verſprochen / daß du es geben werdeſt. Darum bitte ich dich / mein Vatter! laß doch dein und mein Wort-verheiß an ihme nicht zur Unwarheit / und ihn in ſeiner Hoff - nung nicht zu ſchanden / werden. Das bitte ich dich / um deiner Liebe willen / die du zu mir zu allem Menſchen traͤgeſt. Amen!
Ach ja / mein himliſcher Vatter! ich weiß / daß mein JEſus alſo fuͤr mich bittet: ich weiß auch / daß du ihn allezeit erhoͤreſt. Wer kan das boͤſe Herz aͤndern / und ein neues ſchaffen? Du / HErꝛ allein / du ge - treuer Schoͤpfer in guten Werken. Ach! ſo ſchaffe in mir ein neues Herz / und gib mir einen neuen gewißen Geiſt.
Du haſt geſagt: Jch wil meinen Geiſt in euch geben / und ſolche Leute aus euch machen / die in meinen Geboten wandlen. (k)Ezech. 36. v. 27.Ach! du haſt es ja auch zu mir geſagt / weil ich an dich und dein wahres wehrtes Wort glau - be. So thue dañ / Herꝛ / nach deinem Wort. Mache mich faͤrtig / durch deinen H. Geiſt in allem guten Werk / zu thun deinen Wil - len / und ſchaffe in mir / was dir gefaͤllig iſt. Laß189Weißheit-Verlangen. Laß deinen Geiſt uͤber mich gerahten: daß ich ein ander Mann werde / ein Mann nach deinem Herzen. Amen.
DER himliſche Vatter / wird ſeinen Heil. Geiſt geben. JEſu ge - treuer Mittler und Vorbitter! du haſt auf Erden alſo geſagt: ſage auch al - ſo im Himmel. Du haſt zu den Menſchen vom Vatter geredet: rede auch zum Vat: ter / von den Menſchen / und erbitte uns / was du verſprochen.
Zwar was bitte ich / daß du fuͤr mich bitten wolleſt? Kanſt du doch ſelber mir helfen / und geben was ich bitte: dañ der Vatter hat dir das Reich und alle Macht uͤbergeben / im Himmel und auf Erden. Du haſt nicht allein geſagt: was ihr den Vatter bitten werdet in meinem Namen / das wird er euch geben. (l)Joh. 16. v. 23.Du haſt auch dieſes geſagt / und das Verſprechen wie - derholet: Was ihr bitten werdet in meinem Namen daß wil ich thun. (m)Joh. 14. v. 13. 14.
Es ſagt ja die himliſche Weißheit:ſie190Himliſchesſie komme nicht in eine boßhaftige Seele / noch in einen Leib / der Suͤnde unterworf - fen. Jch muß ja bekennen / ich bin ſo eine Seele / und die in einem ſolchem Leibe woh - net. Aber es iſt mir leid / daß ich es bin: und ich aͤngſte mich daruͤber / daß ich es doch nicht ſeyn moͤchte. Meine Augen ſe - hen ſtets zu dem HErꝛn / daß der meinen Fuß aus dieſem Netze ziehe. Jch ſage fuͤr meine Suͤnde: ich ſeufze / bitte und hof - fe. Ach! ohne Fromkeit / kan ich von dir keine Gnade hoffen: und ohn deine Gna - de / kan ich auch nit from ſeyn.
So jemand Weißheit manglet / ſagt / O JEſu / dein Apoſtel / der bitte von Gott / der da gibet jederman / ſo wird ſie ihm gegeben wer - den. (n)Jac. 1. v. 5.Jch bitte ja / mein Geber und Begaber! ach ſo erhoͤre doch / und ſende herab deine Weißheit / daß ſie bei mir ſei und mit mir arbeite: auf daß ich verſtehe / was dir wolgefalle. Du wolleſt deinem Knecht geben ein gehorſams Herz: daß er gehe allen guten Weg und nicht geꝛahte auf die Bahn der Boͤſen. Dann in dei - ner Hand ſind / beides wir ſelbſt und unſe - re Rede / darzu alle Klugheir und Kunſt in allerlei Geſchaͤften.
Die Weißheit (ſagt das Lehrbuch derWeiß -191Weißheit-Verlangen. Weißheit) gehet herum / und ſuchet wer ihrer wehrt ſey. Sie laͤſſt ſich gern ſehen und finden von denen / die ſie lieben und ſuchen. Ja ſie begegnet ihnen / und gibt ſich ihnen / ſelbſt zu erkennen. Ach! und ich habe die Weißheit geſucht von meiner Jugend auf / und gedenke ſie mir zur Braut zu nehmen: dañ ich hab ihre Schoͤ - ne lieb gewonnen. Jch gehe herum in der Jrre / ſuche und kan ſie doch nicht finden. Und du geheſt auch herum / und ſucheſt ei - nen Liebhaber! Und du ſteheſt vor mei - ner Thuͤr / du himliſche Weißheit! Ach! warum ſehe ich dich dan nicht? Warum thue ich dir nit auf?
Ach! ich bin zu blind / dich zu ſehen; zu bloͤd und ſchwach / dir auf zuthun. Ach! wañ du warten wolteſt / bis ich dir auf - thue: du wuͤrdeſt wol immer draußen / und ich ewig einſam und elend bleiben; wir wuͤrden nimmermehr zuſammen kommen. Ach! ſo thue dan dir ſelber auf. Thue gewalt: ſtoſſe auf die Pforte meines Her - zens. Komme herein / du Geſegnete des HErꝛn! warum ſteheſt du draußen?
Ach daß ich dich finden und faſſen moͤchte! ich wolte dich halten / und nicht laſſen biß du mich ſegneteſt. Ach komme doch herein / du Auserwehlte! ich woltſagen /192Einladung des him -ſagen / in mein Herze: aber du biſt ſchon darinnen. Komme mir in meine Arme! komme und begegne mir / wie eine Mut - ter. Empfahe mich / wie eine junge Braut. Komme herein / und laß uns miteinan - der hinaus gehen / aus der Eitelkeit die - ſer Welt / und in den Auen himliſcher Wolluͤſte ſpaziren gehen. Ja komme / Herꝛ JEſu / Amen!
ODu Hauchen der Goͤttlichen Kraft / Gott heiliger Geiſt! der du dich gibeſt in die heilige Seelen / und macheſt Gottes Freunde:(o)Weißh. 7. v. 25. 27. Ach! wie gern wolte ich dir meine Seele uͤber - geben / zur Wohnung und zum Tempel. Es hat auch der himliſche Vatter durch ſeinen Sohn JEſum Chriſtum verſpro - chen / daß er Weißheit geben und ſeinen Heil. Geiſt aus der Hoͤhe ſenden wolle denen die ihn darum bitten. Ach! ohne dich / gerahte ich in die Haͤnde des boͤſen heilloſen Geiſtes / der fuͤhret mich zur Hoͤl - le: da ich hingegen durch dich / zu Gottund193liſchen Hertz-Gaſtes. und in den Himmel / in das Geiſtliche und ewige Reich Gottes / geleitet werde.
Du gibeſt dich aber / du Heiligſter! nur in die heilige Seelen: dann wie ſolte der Heilige wohnen / bey den Unheiligen? Jch bekenne ja leider! du findeſt hier keine heilige Seele. Der Satan und die Suͤn - de haben ſie verfinſtert / widerſpenſtig und zum Guten onmaͤchtig gemacht. Wie oft habe ich darum mich ſelber verdammet! Aber was wuͤrde meinem Gott meine Verdammnis nuͤtzen? und er hat mich ja zur Seeligkeit erſchaffen. Womit wuͤrde ich Gott in der Hoͤlle dienen / da man ihn weder liebet und lobet / und da er nur ge - laͤſtert wird?
Du weiſt ja / O du Allwiſſender! und haſt es ſelber geſagt / daß das Dich - ten des Menſchlichen Hertzen boͤſe iſt von Jugend auf. So weiß auch ich und be - kenne / daß in mir / in meinem Fleiſch / nichts Gutes wohnet. Wollen habe ich wol: aber vollbringen das Gute / finde ich nicht. Das Gute / das ich will / thue ich nicht: ſon - dern das Boͤſe / das ich nicht will / thue ich. Jch habe ſchon laͤngſt erfahren / daß ich nicht kan zuͤchtig ſeyn / oder in deiner Zucht und Furcht leben / du gebeſt miꝛ es dañ: und diß iſt ſchon deine Gnade / erkennen / weßNſol -194Einladung des him -ſolche Gnade und bei wem ſie zu ſuchen ſey. Du allein biſt es / der in mir wircket / beyde das Wollen und das Thun.
So ſteht es dann nicht bey mir / dir ei - ne heilige Seele zur Wohnung einzuge - ben. Alle Heiligkeit iſt in dir / und kom - met von dir / und auſer dir iſt alles unheilig. So muß ich dann dich haben / O heiliger Geiſt! wann meine Seele ſoll heilig wer - den. Deine Huͤlfe muß vorhergehen / wann deine Gnade ſoll hernach folgen. Du muſt / du himliſche Taube / das Oelblat des Friedens / in die Arche meines Her - tzens bringen / wann die leidige Suͤndflut aufhoͤren ſoll.
Der himliſche Vatter will ſeinen hei - ligen Geiſt geben / denen die ihn darum bit - ten. Ach! da ich gar nichts gutes ver - richten kan ohne dich / O heiliger Geiſt! wie ſolte ich dan beten ohne dich? Wir wiſſen nicht / wie wir bitten ſollen: Du / du muſt uns vertretten / mit deinem unausſprechli - chen Seufzen. Du ſelbſt / du Geiſt des Ge - bets(p)Zach. 13. v. 7. muſt dich mir von Gott erbitten helfen: ſonſt werden / du und ich die un - heilige Seele / wol ewig voneinander blei - ben muͤßen. Ach! ſo hilf mir dañ beten / und ohn unterlaß bitten / um dich / die edel -ſte195liſchen Hertz-Gaſtes. ſte Gabe. Staͤrcke die Arme meiner An - dacht und Glaubens: daß ich dich an mich ziehe / feſt halte / und nicht wieder auslaſſe.
Ja / gibe du dich mir ſelber / O du hoͤch - ſte Gabe / den mir mein JEſus vom Vat - ter verſprochen hat. Jch weiß wol / daß du gern in den Hertzen einkehreſt und wohneſt: deine Luſt iſt bey den Men - ſchen-Kindern. Hier iſt mein Hertze: zeuch herein / und ſey Commendant in dieſer Veſtung. Sind noch Aufruͤhrer darin - nen: jage und ſchlage ſie hinaus. Stehe mir bey wider das Fleiſch / das immer dem Geiſt widerſtehet. Errette mich von mir ſelber / und ſtaͤrcke meinen Geiſt / du Geiſt des Rahts und der Staͤrcke /(q)Eſa. 11. v. 2. du Krafft aus der Hoͤhe:(r)Luc. 24. v. 49. daß er deinen und meinen Feinden / dem Fleiſch der Welt / und ihrem Fuͤrſten obliege.
Du Geiſt der Widergeburt! uͤber - ſchwebe mich / wie JEſum in der Tauffe / und mache in meinem Hertzen erſchallen / die troͤſtliche Stimme Gottes: Diß iſt mein lieber Sohn / an dem ich Wolgefallen ha - be. Du Geiſt des Himmels! fuͤhre meine Gedanken gen Himmel / und lehre mich zu Gott ruffen / Abba lieber Vatter! du Geiſt der Kindſchafft! gib Zeugnis meinemN ijGeiſt196Einladung des himliſchen Hertz. ꝛcGeiſt / durch deinen heiligen Trieb / daß ich Gottes Kind ſey. (s)Roͤm. 8. v. 16.
Ach ja! befihle / du Hertz-Lehrer / du Geiſt der Weißheit(t)Eſa. 11. v. 2. und Warheit /(u)Joh. 14. v. 17. was du wilſt: und hilf mir auch thun / was du befihlſt. Du Glanz des ewigen Liech - tes! leite mich in alle Warheit / und gehe mir vor auf meinem Wege / daß ich nicht anſtoße oder irꝛ gehe. Du himliſches Feuer entzuͤnde mein Hertz mit Goͤttlicher Liebe und himliſcher Andacht / und verzehre da - rinn alle fleiſchliche Begierde.
Jch trachte nach dem Reich Gottes / nach dem Reichtum in GOtt. Dieſes Eine iſt noht. Das erwehle ich / das baͤſte Theil. Das andere / die Notdurft / wird zufallen. Der himliſche Vatter / wird mir ſeinen Heil. Geiſt geben / wie er mir ver - ſprochen hat / und wie ich ihn gebetten ha - be. Jch bitte und glaͤube: Er wirds wol machen. Mein Glaube / mein Vertrau - en / ſoll ſchauen / und das Reich Gottes mit Gewalt zu ſich reiſſen. Ach ja! mein ſey dein Gnaden-Reich / gleichwie dein iſt das Ehren-Reich. Jn JEſu Namen / iſt alles Amen.
GOttes Geiſt / und der un - ſaubere Geiſt / wie ihn un - ſer Heyland nennet / ſind immer wider einander. Je - ner bauet Gottes / dieſer ſein Teufels-Reich. Wann wir bitten um Gottes Reich / und zu deſſen Anrichtung den Geiſt Gottes in unſer Hertz einladen: ſo iſt der hoͤlliſche Geiſt alſobald in Waffen / nimt zu ſich ſeine liebe Tochter / die ſchnoͤde Welt / beſezt die Po - ſten deß Fleiſches / als des Hauſes der See - le / und will jenen nicht einlaſſen. Daher hat unſer himliſcher Gebetmeiſter / dieſen Streit in die ſechſte Bitte geſetzet: an wel - chen aber / und daß ſie immer Feinde vor ſich haben / die wenigſte denken / und daher ſich gar zu keinem Widerſtand ruͤſten / ob ſie wol das Vatter Unſer taͤglich plappern. N vMan202Geiſtliche Ritterſchaft /Man ſol doch meinſt / wo nicht Wochen - uͤber / doch am Sonntag und in der Kirche daran denken: dann der Tempel iſt gleich - ſam Gottes Ruͤſtkammer / daraus wir / zu dieſem Krieg / Geiſtliche Waffen durch ein glaubiges Gebet holen muͤßen.
2 Der Teufel / iſt Urheber des Kriegs: dañ vor ſeinem Abfall war / in der Allent - halbenheit / Friede und alles ſtille. Als aber dieſer ſtoltzer Engel-Obriſter / aus Hohfart / uͤber GOtt ſteigen wolte / und zur Hoͤlle geſtuͤrzt worden / wurde er der Feind Gottes und deſſen Widerſacher: daher hat er in heiliger Sprache den Namen Satan. Weil er aber GOtt nichts anhaben / auch keinen Engel mehr verreitzen konte / machte er ſich an das Geſchoͤpfe Gottes / den Men - ſchen; dem er / ohne das aus Neid / ſeine Seeligkeit mißgegoͤnnet. Alſo verreitzte er das erſte paar Menſchen zu gleichem La - ſter / und ſchwatzte ihnen ein den Hochmut / Gott gleich zu werden. Dieſes brachte er zu wegen durch Luͤgen / und heiſt darum der Teufel / ein Verleumder / und Luͤgner und deren Vatter. Und weil er hierdurch den Menſchen in den Tod geſtuͤrzet / welcher ewig hat leben ſollen: darum wird er auch der Moͤrder von Anfang gennet. (y)Joh. 8. v. 44.
3 Gott203nach der VI V. U. Bitte.3 GOtt hat den Menſchen das Fuͤr - ſtentum der Erde geſchenket / und ihm ausdruͤcklich anbefohlen / daß er dieſelbe mit ſeinem Samen erfuͤllen / ſie ihm unter - than machen / und uͤber alles herſchen ſol - te. (z)1. Moſ. 1. v. 28.Als er aber vom Satan ſich wider GOtt zu Krieg werben laſſen / da iſt der Teufel Fuͤrſt dieſer Welt worden: und iſt noch immer ſein und ſeines unzaͤhligen Hee - res boͤßliches Dichten und Trachten / wie er die Menſchen / durch Liſt oder Gewalt / GOtt abfangen und in ſein verdammtes Reich ziehen moͤge. Diejenigen nun / (ach! die meiſte Menſchen) die ſich vom Teufel fangen / verfuͤhren und anfuͤhren laſſen / die werden genannt die Welt. Da heiſt es nun: Ein Menſch iſt des andern Teufel. Dem Satan koͤnten wir man - chesmal leichtlich obſiegen / durch Gebet / Glauben und Gottes Wort: aber / das wol erſchroͤcklich zu hoͤren / er verfolgt und beſtreitet die Menſchen meiſt durch Men - ſchen / und koͤnte uns oͤfters nicht ſchaden / wañ nicht boßhaftige Leute ſeine Werk - zeuge waͤren. Und was das aͤrgſte iſt / un - ſer eigenes Suͤnd-luͤſternes Fleiſch haͤlt es heimlich mit ihme / und oͤffnet ihm der Sin -nen204Geiſtliche Ritterſchaft /nen Thuͤren und Thore: daß er alſo leicht - lich zu uns einbrechen und uns uͤbermei - ſtern kan.
4 Es iſt ein großes Stuͤck des Siegs / wann man ſeinen Feind kennet. Wolt ihr dieſen Feind und ſeine Anhaͤnge baͤßer ken - nen lernen? Jch will ſie euch vor die Au - gen ſtellen. Sehet hier dieſen Bock - Menſchen oder Satyrum / den Hertzog des Heerzugs. Er tritt aber nicht voran / ſondern er ſtehet in der Hinter-hur / als ein liſtiger Feldherꝛ. Er bekrieget durch ſei - ne Vorfechter / lauret mit Streiten / und ſpielet darzwiſchen mit ſeinen Feuerpfei - len. (a)Eph. 6. v. 16.Dieſe ſind die boͤſe Gedanken / der Suͤnden-Same / dadurch er gleichſam die Seele ſchwaͤngert / indem er ſie mit Zorn - oder Unzucht-Flammen anzuͤndet / und mit Ehrgeitz heitzet. Da muß nun der Chriſt - krieger ſolche Schlangen-Eyer zertretten: damit kein Drach ausgebruͤtet werde / der ihn verſchlinge / er muß / dieſen Feueꝛpfeilen / den Schild des Glaubens entgegen hal - ten: So werden ſie ihn nicht brennen koͤnnen.
5 Wolt ihr mehr Feinde ſehen? Die Welt iſt der ſichtbare Teufel: auſer deren iſt dieſer boͤſer Feind unſichtbar. Sie iſtſeine205nach der VI V. U. Bitte. ſeine Tochter / und er ihr Vatter. Sie ſe - hen auch einander gleich: aber hinten / vor - nen iſt ſie / als ein ſchoͤnes / lachendes und frech-entbloͤſtes Weib / anzuſehen: dañ ſie reitzet zur Fleiſches-Luſt. Auf dem Haub - te traͤget ſie eine Krone von Pfaufedern: diß iſt ein Sinnbild von ihrem Hohfartle - ben. Goldketten und Kleinode hangen ihr an dem Hurenhals / und unten an der Kette ein Goldbeutel mit vielen Faͤchern / an ſtat einer Medalie: erkennet daraus ihren Geitz und Augen-Luſt. Dieſe ſchoͤn - ſcheinende Docke bietet er jedem an / und ſpricht: dieſe meine Tochter will ich dir / auch Ehre / Reichtum und Freude zum Heurat-Gut / geben / ſo du meines theils ſeyn wilſt.
6 Jhr habt ja etwan geleſen / wie die Stadt Venedig Kaiſer Friedrichen den Rohtbart / der ſie und den Papſt dariñ be - laͤgert / uͤberwunden. Sie ſchickte / auf ei - nem Luſt-Schiffe / eine ſchoͤne Curtiſane zum Kaiſerlichen Lager: und durch die Schoͤnheit / auch durch den Harpffenklang und Geſang / dieſer wahren Sirene / wur - de der Prinz / des Kaiſers Sohn verleitet / daß er zu ihr in das Schiff ſtiege und alſo gefangen entfuͤhret worden. Dieſen wie - der zu bekommen / muſte der Kaiſer demPapſt206Geiſtliche Ritterſchaft /Pabſt ſich unterthaͤnig machen. Eben al - ſo thut der Satan / durch Fraͤulin Welt. Jhr ſehet / auf einem Lockheerd / wie die Voͤgel / wann ſie die Vorlaͤufer herum hup - fen ſehẽ und pfeiffen hoͤren / haufenweis auf die Atz fallen / aber ploͤtzlich mit dem Garn gedecket / beruckt und erwuͤrgt werden. Dergleichen Vorlaͤuffer / ſind die Welther - tzen. Wann ſie ſich empor ſchieben / Geld zum Pracht und Wolluſt ſamlen / herꝛlich und in Freuden leben: ach! das iſt die Welt / die aͤrgert und verleitet alſo / durch boͤſe Exempel und Geſellſchaft. Diß iſt der gefaͤrlichſte Liſt-Krieg des Satans: Man muß die Welt nicht anſehen / nicht mit ihr umgehen: wann man unverfuͤhrt und un - gefangen bleiben will. Und was ihrer viel thun / das iſt unzweifelich der Weg / der zum Verderben fuͤhret: wie unſer Heiland uns gelehret.
7 Jhr habt noch mehr zu ſehen / den drit - ten Feind: ach! der ſeit ihr ſelber. Euer Fleiſch iſt es / oder vielmehr die ſuͤndliche Begierde darinn. (b)Gal. 5. v. 17.Das Fleiſch geluͤ - ſtet wider den Geiſt / und Fleiſches-Luͤſte ſtreiten wider die Seele. (c)1. Pet. 2. v. 11.Es iſt gleich - ſam der Seele Bruder / aber nicht eines Sinns mit ihr. Er iſt nach der leiblichenGe -207nach der VI V. U. Bitte. Geburt / von der Erden / und ſie nach der Geiſtlichen / von Himmel: daher iſt ſie himliſch und er irdiſch geſinnet. Jhr ſehet ihn hier / als einen frechen Juͤngling / und Morian. Er ſchlaͤgt Madame Welt einen Arm um den Hals / hat ein Pokal und einen Torten in der andern Hand / uñ iſt vo[l]- bꝛaͤtig / wie man den Goͤtzen Bachus mahlet. Dieſer Feind iſt unſer Hausgenoß / den wir nehren und verpflegen muͤßen. Der un - ſer Brod iſſet / tritt uns unter die Fuͤße. Komt her / und ſpieglet euch. Betrachtet ja recht dieſen ſchoͤnen Gaſt / den ihr manch - mal ſo ſehr liebet / ach! den Leib / den Boͤs - wicht.
8 Schauet er ſitzt auf einem Thier / das heiſt die Begierlichkeit: das gehet auf niedren Fuͤßen / und ſchier an der Erden. Dieſer Drache hat ſieben Koͤpfe: verſte - het ihr darunter die ſieben Haubt-Laſter. Der erſte / ein Fledermaus-Kopf / blaͤſt ſchwartzen Rauch gen Himmel: das iſt die Wahn-Weißheit / die wiederſpricht immer dem Liechte / der Warheit Gottes / da ſie ſelbſt im finſtern ſchwaͤrmet. Der zweite / iſt ein hochbefederter Pfauen-Kopf: haͤlt im Schnabel den Abfall-Apfel des verbot - nen Baums / den die Hohfart abgebrochen. Der dritte iſt ein Loͤwen-Kopf: ein Bilddes208Geiſtliche Ritterſchaft /des Zorns mit ſeinen großen Augen und gleichſam Feuer-lohenden Rachen. Der vierdte / ein Wolfs Kopf / ſinnbildet den Geitz / mit ſeinem Stuck Luder im Maul / und mit den Stirnfenſtern / die nach meh - rerm umſchauen. Der fuͤnfte / ein Hunds Kopf / zeiget den Neid; der ſein eig - nes Hertz im Rachen haͤlt und naget / mur - ret / und ſcheel ſeitwarts ſihet. Der ſech - ſte / ein Satyr-Kopf / lachet / voll Geilheit / die Welt an. Der lezte ein Schweins - Kopf / als ein Bildnis der Schlaͤmmerer / wuͤhlet mit dem Ruͤſſel in der Erden.
9 Ach betrachte doch / O Menſch / was fuͤr ein greuliches Thier dir im Her - tzen ſtecket:(d)Matth. 15. v. 19. Dann aus dem Hertzen ſteigen auf die Laſter und Fleiſches-Luͤſte / ſo volbeſagter maſſen wider die Seele ſtreiten: wie uns unſer Heiland ſaget. Von Kaiſer Friedrich den IV liſet man / wie er einsmals in ſeiner Burg zu Wien / von ſeinem Bruder und den Burgern daſelbſt hart belaͤgert worden. So ein Aufruͤh - rer / iſt der Leib und deſſen Begierden: die fechten nicht allein wider die in der Burg des Haubtes wohnende Seele / ſondern ſie oͤffnen auch / dem Feind / (wie die Wiener Herz. Albrechten) die Pforten der Augen /Oh -209nach der VI V. U. Bitte. Ohren und Gedanken. Er ſolte unter - thaͤnig ſeyn / und thun / was ihm die Ver - nunft befihlet: aber dieſer Knecht / will im - mer herꝛſchen. Solte man nicht / mit S. Paulo / ruffen. (e)Roͤm 7. v. 24.Jch Elender! wer wird mich erloͤſen / von dem Leib dieſes Todes / oder von dieſem Tod im Leibe / von dieſem Leibe / der mir immer will den Tod anthun?
10 Laſt uns nun auch den Chriſt-Rit - ter beſchauen / der mit dieſen Feinden zu kaͤmpfen hat. Jezt bemeldter Feld Mar - ſchalk unſres himliſchen Feldherꝛn / hat ihm ſchon laͤngſt die Waffen angezogen. (f)Eph. 6. v. 11.Es ſind aber derer zweyerlei / und dienen ſolche entweder zum Verſetzen oder zum Verletzen. Unter den Schutz-Waffen iſt das voͤrderſte / der glaͤnzende Helm des Heils /(g)Eſa. 59. v. 17. deſſen Kleinod die heilige Pfinſt - Taube: verſtehet hierunter die Weißheit in dem Verſtand / und die unter dieſem Helm hervorſchauende Vorſicht-Augen. Eine Taube ſihet ſich immer auf alle Seiten um / ob nicht von irgendwo ein Hacht daher ſtoße. Vorſicht gehoͤrt voͤrderſt zum Krie - ge / die Fuͤnden der Feinde abzuſehen und auszunehmen. Des Satans Anfechtun -Ogen210Geiſtliche Ritterſchaft’ /gen / ſind liſtige Anlaͤuffe. (h)Eph. 16. v. 11.Er legt Stricke: wie dorten Ziſka / der Boͤhmen Haubtman / die Erde mit Weiber-Schley - ern beſtreuet / daß die Feinde darein mit den Sporen ſich verwirꝛten. Er graͤbet Gruben / und ſteckt Pfaͤle darein: wie das Volck in America den Spaniern. Er legt heimlich Feuer ein / wie die Mordbrenner / und untergraͤbt die Veſtung der Seele / durch ſuͤndliche Gedanken: da muß man leſchen und entgegen graben. Er uͤber - faͤllt unverſehens: man muß immer / zur Gegenwehr / in Bereitſchaft ſtehen. Da - rum warnet unſer Feldherꝛ: Wachet / daß ihr nicht in Anfechtung fallet. (i)Matth. 26. v. 41.Ach! du ſchlaͤffeſt / und dein Feind wachet. (k)Aug. in Pſ. 65.Der H. Geiſt / muß des Geiſtes Augen ſchaͤrfen und erleuchten: ſo muß der hoͤlliſche Geiſt zu ſchanden werden.
11 Der uͤbrige Leib des Chriſt-Rit - ters iſt angethan / mit dem Harniſch Got - tes / nemlich mit dem Krebs der Gerechtig - keit / angeguͤrtet mit dem Gurt der War - heit. Diß iſt der feſte Vorſatz eines un - ſtraͤflichen Lebens und die Beharꝛlichkeit / der wird angeguͤrtet / durch die Erkentnis Gottes und der Chriſtgebuͤhr. Es iſt derdap -211nach der VI V. U. Bitte. dapfere Entſchluß / ein Chriſt nicht nur zu heißen / ſondern auch zu ſeyn / und heroiſch wider diejenigen zu fechten / die ihn wollen zum Unchriſten machen. Dieſe macht ihn zu einer eiſernen Mauer / die der Satan und ſeine Rotte weder durchſchieſſen noch einwerffen kan. Und hierzu gehoͤren auch die Bein-Stiefeln eines unſchuldigen un - befleckten Wandels / der Wandel des Frie - dens: daß die Fuͤſſe / durch die Dornen der Luͤſte nicht verletzet / noch durch den Koht der Laſter beſchmitzet werden.
12 Das vornemſte Schutz-Waffen / iſt der Schild des Glaubens / darauf iſt ge - mahlet der Marter-Zeug / naͤmlich das Creutz / die Dorn-Crone / die Bande / Geiſel und Naͤgel JEſu Chriſti. Dieſe Zeichen ſeiner Paſſion / damit wir von Hoͤlle und Tod erloͤſet ſind / erwecken und ſtaͤrcken unſ - ren Glauben: damit koͤnnen wir / gegen des Teufels und der Welt Anlaͤufe / uns be - decken. Diß iſt der rechte Gorgons - Schild / (von dem die Heiden viel gefabelt) den unſre Feinde nicht anſchauen koͤnnen / und vor welchem ſie zu unbeweglichen Steinen werden. Dañ dazumal / als ſie mit dieſem Marter-Zeug wider unſren Er - loͤſer gewuͤtet / hat er ſie uͤberwunden: und hiermit hat er zugleich uns unuͤberwind -O ijlich212Geiſtliche Ritterſchaft /lich gemacht / und ihnen die Haͤnde ge - bunden.
13 Wir muͤßen auch des Chriſt-Rit - ters Gewehr betrachten / womit er dieſe Feinde kan ſchlagen und von ſich jagen. Das eine nennet S. Paulus das Schwerd des Geiſtes / welches iſt das Wort Gottes / von Heil. Geiſt in die Feder der Gottes - Maͤnner gegoßen / oder auch von Chriſto ſelbſt ausgeſprochen; das Schwerd das aus ſeinem Mund hervorgehet.(l)Offenb. 1. v. 16. wie es Johannes geſehen. Gottes Wort / iſt kein todtes Wort: es lebet / und thut / was es ſaget. Mit dieſem Schwerd verjagte unſer Feldherꝛ den Satan / der ihn in der Wuͤſten befochte. Wer im Geiſtlichen Krieg das Feld erhalten will / der mache ſich nur wol beleſen in Gottes Wort: er wird / wie JEſus mit ſeinem Jch bins in der Paſ - ſion / alle ſeine Feinde auf einmal zu Boden ſchlagen. Eine ſtarcke Glaubens-Hand muß dieſes Schwerd ergreiffen / halten und dapfer fuͤhren: Gottes Wort muß man fuͤr wahr halten / ſo wird man von demſelben gehalten und erhalten.
14 Es iſt aber noch ein Gewehr / Bo - gen und Pfeile / die dem Chriſt Ritter am Hals hangen. Ein zum Gebet aufgehob -nes113[213]nach der VI V. U. Bitte. nes paar Haͤnde / ſagt Efrem / iſt ein rechter ehrner Bogen wider die Feinde. Wañ ein klumpe Teufel beiſammen waͤren / ſo groß als der hoͤchſte Berg ſeyn mag: das Gebet eines glaubigen Chriſten kan ihm befehlen daß er ſich heben und in die Tieffe ſtuͤrzen muß. Ein ſolcher Gebet-Pfeil dienet / den Feind in die Ferne und abzuhalten / daß er nicht naͤher komme. Mit ſolchen Pfeilen ſchoße der Koͤnig Hiskia aus Jeru - ſalem in das Lager der Aſſyrer: und damit hat er ihrer 185000 zu todt geſchoßen. Dar - um befihlt unſer Feldherꝛ: Betet! daß ihr nicht in Anfechtung fallet. Und eben dar - um auch hat er dieſe Bitte ins Vatter Un - ſer geſetzet / daß wir taͤglich ja ſtuͤndlich ſpꝛe - chen ſollen: Vatter im Himmel! fuͤhre uns nicht in Verſuchung. Was hiemit geſagt ſey / wird durch hernach folgende Andachten klar werden. Wer dieſe Bitte von Herzen betet / fuͤr den bittet JEſus / wie fuͤr Pe - trum / daß ſein Glaube in der Verſuchung nicht aufhoͤre / welcher nohtwendig uͤber - winden muß.
15 GOtt laͤſſet zu / daß Jebuſiter / daß ſeine Feinde / unter uns wohnen. Er pro - biret / durch deren Anfechtung / unſern Glauben / unſre Beharꝛlichkeit und Ge - dult. Er machet uns damit aͤnlich / demO iijEben -214Geiſtliche Ritterſchaft /Ebenbilde ſeines Sohns. Er ziehet uns dadurch an ſich / zum Gebet / und zur De - mut. Der HErꝛ JEſus wuſte / daß wir auch / wie er / wuͤrden ſtreiten muͤßen. Er keñte unſre Schwachheit / und daneben unſ - rer Feinde Liſt und Gewalt. Darum hie - ſe und lehrte er uns ſeinen und unſren him - liſchen Vatter bitten / daß er ſeinen und unſren-Feinden nicht zu lang und zu viel er - lauben wolle / uns zu verſuchen und anzu - ſprengen. Und diß Gebet muß immer geſprochen werden: dann immer und ſo lang wir leben / werden wir von dieſen drei - en Feinden bekaͤmpfet. Wol dem / der alle Stunden zum Streit fertigſtehet. Wir muͤßen / wie dorten die Juden / mit einer Hand arbeiten / und mit der andern Hand die Waffen halten. (m)Nehem. 4. v. 17.Widerſtehen /(n)Jac. 4. v. 7. macht den Satan fliehen. Wen er aber nicht im Gewehr findet / den ſchlaͤgt er zu Boden / und nimt ihn gefangen / und ſtellet ihn unter ſeine Fahnen. Ach! wieviel muß er dann taͤglich fangen und unterſtel - len / da man faſt niemand ſihet / der von die - ſem Krieg weiß und dieſen Feind kennet.
16 Der Satan / wie geſagt / greift die Sache erſtlich mit Liſt an. Kan er damit nichts gewinnen / und will man ihm nichtfol -215nach der VI V. U. Bitte.
O iiij216Geiſtliche Ritterſchaft / ꝛc. folgen: ſo verfolget er / und ſeine Welt. Hat etwan der Menſch ſich einmal oder zwei von ihm faͤllen und fangen laſſen / und iſt ihm wieder entronnen; ſo hezt er wie - der ihn / wie hier im Kupfer zu ſehen / den Hund des Gewiſſens / ihn anzubellen und zu beißen. Er ſchieſt ihm / ſeine feurige Angſtpfeile / in die Seele / und peitſchet ihn mit Leibesplagen / wie den frommen Hiob. Die Welt muß mit Schmach / Verach - tung / Ungerechtigkeit / Verfolgung / Luͤgen und Verleumdung / auf ihn loß ſtuͤrmen. Und dieſes thut dem Fleiſch weh / es will kein Creutz dulten. Was iſt da zu thun? Die Chriſto angehoͤren / die creutzigen ihr Fleiſch. (o)Gal. 5. v. 24.Ach! ſo muͤßen dann dieſe Chri - ſto nicht angehoͤren / die ihr Fleiſch nicht creutzigen. Die aber creutzigen ihr Fleiſch / die ihme verſagen / wornach es luͤſtert.
17 Ach! betrachtet doch dieſe Figur / alle Sonntage und ſo oft ihr zur Kirche gehet / und machet ſie euch bekandt. Es ſind keine Fabel-Poſſen: es iſt alles die Warheit. Und kan euch die Notwendig - keit dieſes Kampfs nicht aufmuntern / ſo betrachtet doch die Belohnung eines guten Kampfs. Sehet hier eine Krone /(p)2. Tim. 4. v. 7. die ein Engel dieſem Chriſt Ritter vor dieAu -217Gebet-Lied uͤber die Sechſte ꝛc. Augen haͤlt. Jhr werdet ja verlangen / unter den Gekroͤnten ewig im Himmel / und nicht / unter den Verſtoſſenen in der Hoͤlle zu ſitzen. Was Muͤhe und Arbeit uͤbernahmen vorzeiten die heydniſche Grie - chen / in den Olympiſchen Spielen / bloß ei - nen gruͤnen Laubkranz als Uberwindere zu erobern? was ſolte dan nicht thun ein Chriſt / uͤm der unvergleichlichen Himliſchẽ Krone willen.
HJmliſcher Vatter! ich habe dich ja gebeten / und bitte dich taͤglich / im Namen deſſen / der mir diß taͤgliche Gebet vorge - ſprochen / du wolleſt mir deinen Heil. Geiſt geben / und mich um JEſu willen in dein geiſtliches Reich nehmen / wie er verſpro - chen hat. Aber / indem ich hiernach trach - te / ſo iſt einer / der dein Feind iſt / der will mich von dir abreiſſen und zu ſich ziehen. Er iſt ein ſtarcker Gewapneter / der Fuͤrſt dieſer Welt / ein alter Soldat / mit Liſt und Gewalt geruͤſtet. Es iſt ja mein Troſt / daß er dein Widerſacher iſt: dañ daraus nim ich ab / daß ich dein Fꝛeund bin; andeꝛe / die dir nicht angehoͤren / die wird er wol un - angefochten laſſen.
O Gott! ich weiß ja / daß ich ſtreiten muß. Du haſt mich ausgeſendet / durch dieſes irdiſche Welt-Wanderthal die Rei - ſe zu thun. Ach! da iſts unſicher gehen: da ſind nichts als Schlingen und Fallgru -ben;220Gebet wider die Geiſt -ben / und es iſt finſter / daß man ſolche nicht ſihet. Da warten mir vor / ganze Hauf - fen Feinde. Der groͤſte unter denſelben / der Teufel / geſellet ſich hinterliſtig zu mir / will mich verfuͤhren / wie meine Erzmutter. Du haſt mir auch einen Reisgefaͤrten zu - gegeben / mein Fleiſch: ach! das kan nich - tes / als fehlen und fallen.
Als du dein Volck Jſrael in das Land Canaan einfuͤhrteſt / da vertriebeſt du die Heiden nicht gaͤnzlich / die Joſua hatte ge - laſſen: damit du Jſrael an ihnen verſuch - teſt /(q)Richt. 2. v. 21. ob ſie auf den Wegen des HEr - ren bleiben wuͤrden. Alſo haſt du zwar den andern Joſua / deinen Sohn JEſum / geſendet / der fuͤr uns den hoͤlliſchen Ama - leck / und das geiſtliche Canaan die Welt / uͤberwunden. Aber du haſt ſie doch noch darinn gelaſſen / uns zu verſuchen / ob wir auch auf deinen Wegen wandeln und dir treu verbleiben wuͤrden.
Aber / ach Vatter im Himmel! wer bin ich / daß ich ſo viel ſtarcken Feinden wider - ſtehe? Mir wurden auch meine Waffen / unter dem verbotnen Baum / abgenom - men. JEſus hat ſie mir zwar widerge - geben: aber ich toͤdlich-verwundter Sa - mariter bin viel zu bloͤd / wie David /(r)1. Sam. 17. v. 39. ſiezu221liche Verſuchungen. zu tragen und zu fuͤhren. Du kenneſt mei - ne Schwachheit. Wie kan es dan fehlen / daß ich nicht falle in eine von dieſen Gru - ben und Schlingen? daß ich nicht zu Bo - den geſchlagen und gefangen werde?
Ach! da klaget mich dañ Satan bei dir an / Tag und Nacht / und ſpricht / ich ſei mut - willig zu ihm gelauffen: da doch er die Ur - ſach aller meiner Suͤnden iſt / und meiner Abfaͤlle. Er verklaget mich bei dir / und begehret Erlaubnis / daß er mich ſtraffen moͤge: da doch billiger er / als der Urſaͤ - cher / ſolte geſtraft werden / weil er mich verfuͤhret. Wañ du ihm dan erlaubeſt / mich wie den Hiob zu zuͤchtigen / da gehet er als ein Henker mit mir um / und iſt froh / daß er mich alſo an deinem Dienſt / und an dem Lauf meines Chriſtentums / hintern kan. Er macht es zu viel / und nimt die die ganze Hand / wann du ihm den Finger erlaubeſt.
Er verklagt und verleumdet auch dich bei mir / macht dich aus meinem Vatter zum Richter / und verwandlet dich mir in einen Grauſamen. Er ſtellet dich mir zornig fuͤr / und machet mich dadurch zwei - felmuͤtig / daß ich mich ſcheue / vor dich zu tretten / und wider ihn zu beten. Er reiſ - ſet mir den Glauben an JEſum Chriſtumaus222Gebet wider die Geiſt -aus meinem Hertzen / und macht meine Suͤnden zu hohen Bergen / daß ich nicht daruͤber zu Gott und meinen Heiland ſehen kan. Er reitzet mein Gewiſſen wider mich / daß es mich anbelle und beiße.
Nun iſt es ja / liebſter Vatter im Him - mel / nicht recht / daß er / dein Feind / alſo mit deinem Kind umgehe; daß er alſo das Gute hintere / ſein Reich foͤrdere / und ſei - nen Willen habe. Ach! wañ du ihm nicht wehreſt / ſo wird er mich gar zur Hoͤlle reiſ - ſen. Und was wird es dir fuͤr Ehre ſeyn / wann ich dein Kind / daß dich liebet / mit ihm einmal ewig in der Hoͤlle ſitze / da man dich nicht lobet / ſondern ohne ablaß laͤſtert?
Und ich muß ja mit Joſaphat ſagen: Jn mir iſt keine Kraft / wider dieſen ſtarcken und großen Hauffen. Jch weiß nicht / was ich thun ſoll / ſondern meine Augen ſehen nach dir. (s)2. Chr. 20. v. 12.Befihle doch einem deiner ſtarcken Engel uͤber mir / daß er mich behuͤte auf allen meinen We - gen / daß er mich auf den Haͤnden trage. (t)Pſ. 91. v. 11.Laß mich doch des Satans Engel / dir nicht entragen. Du weiſt baͤßer / als ich dir ſa - gen kan / was ich von ihnen leiden muß. Ach treuer barmherziger Vatter! vergib meiner Schwachheit / verzeihe mir alle mei -ne223liche Verſuchungen. ne Fehltritte / und wirf mich nicht hinweg / den du erſchaffen und erloͤſet haſt.
UNd hoͤre doch du mich auch / mein trauter HErꝛ JEſu! durch dich nenne ich Gott meinen Vatter: der wurde er ja / als du mein Bruder im Fleiſch geworden. Du heißeſt mich auch ihn / als Vattern / anruffen. Jch armer Menſch doͤrfte nicht alſo reden / wan du nicht ſelbſt / deine Apoſtel und die ihrer Lehre glauben / haͤtteſt deine Bruͤder genennet. Du ken - neſt mein truͤbſeliges gefaͤhrliches Wallen / hier auf Erden. Du ſelber biſt dieſen Weg gegangen / und von dieſen Feinden die mich befechten / angefochten worden. du haſt die Welt uͤberwunden / und ihrem Fuͤrſten obgeſieget. Was hilft mich aber dieſer Sieg / wann er nicht auch mein Sieg iſt?
Ach mein edles Haubt / JEſu Chriſte! in deinem Sieg kan ich / als dein Glied / die - ſe Feinde uͤberwinden / wañ ich mich glau - big daran halte. Diß iſt der Schild des Glaubens / den muß ich ihnen entgegen halten: ſo koͤnnen ſie nicht ſtehen noch be - ſtehen. Sie wolten mir ihn ja gern vomHal -224Gebet wider die Geiſtli -Halſe reiſſen: er verleumdet dich bei mir / als waͤreſt du nicht mein Erloͤſer und Ver - fechter / welches du doch allen Men - ſchen biſt.
Du haſt mir dein Wort hinterlaſſen: dieſes Schwerd ſoll ich feſt halten / und den Feind damit hinweg ſchlagen. Aber man will mir auch dieſes aus der Hand ſchwa - tzen: dein Wort ſoll nicht wahr ſeyn / oder es ſoll mich nicht angehen. Alſo leugt mir vor / der Teufel / der Erzluͤgner / wie er der Eva gethan: daß er mich / von dir ab / zu ſich in ſein Reich reiſſe. Ach! gib doch nicht dem Thier / dem alten Drachen / die Seele deiner Turteltaube.
Ach! es heiſt freilich mit mir / wie dort mit David: Jch bin ein Knab / dieſer Feind / aber / der Satan / iſt ein alter Kriegsman /(u)1. Sam. 17. v. 33. doch was thut er / indem er mich verfol - get? Er jaget mich / der hoͤlliſche Jaͤger / durch ſeine Hetzhunde / wie einen Hirſchen zu dir / HErꝛ JEſu / und in deine Wunden. Ach! da ſtehe ich / und klopfe an. Thue mir auf / mein einiger / mein baͤſter Freund! du ſchlieſſeſt ja nicht hinaus / die zu dir kom - men. Jch bin meinen Feinden zu ſchwach. Und eben dieſes troͤſtet mich / weil du ge - ſagt haſt: deine Kraft ſei in den Schwa -chen225che Verſuchungen. chen maͤchtig / ach! bei dir / ſitze ich wol. Jn deinen Wunden / bleibe ich ewig un - uͤberwunden.
Du haſt wol auf Erden viel / von dei - nen und meinen Feinden geredet; du haſt aber wenig davon geſagt / daß ich wider ſie kaͤmpfen ſolte; dan du wuſteſt / daß ich / ohne dich nichts thun / weder kaͤmpfen noch ſiegen koͤnne. Du haſt mir geſagt / wir ſollen / als Kuͤchlein / unter deine Fluͤgel kommen / als Schaͤflein zu dir unſrem Hir - ten uns halten / dich fechten und machen laſ - ſen. Ach! du allein / kanſt alles wol machen.
Eines nur / haſt du uns befohlen: Wa - chet und betet. (x)Matth. 26. v. 14.Du haſt uns auch alſo zu Gott beten gelehret: Vatter im Himmel / fuͤhre uns nicht in Verſuchung. Die Schleu - der Davids / haſt du uns in die Hand gege - ben. Ach! ein Pfeil aus dem Gebet-Koͤ - cher / kan den hoͤlliſchen Goliath faͤllen. Ach! ſo gib mir dan nun ſo viel Kraft / Herꝛ JEſu / daß ich allezeit wache / weil mein Feind nie ſchlaͤffet; daß ich / aus der Gebet-Schleuder einen Stein nach dem andern hervor lange / ihme ſolchen in die Stirne zu ſchmitzen. Jch will nur beten und dich anbettlen: du wolleſt / du biſt jaPun -226Gebet wider die Geiſtli -unſer Fuͤrſprecher bei dem Vatter / fuͤr mich bitten / wie fuͤr Petrum / daß nicht mein Glaube / ſondern bald die Verſuchung / auf - hoͤre. Du wolleſt ſeyn die Feuer - und Wolken-Seule zwiſchen mir und dieſem boͤſen Farao: daß er nicht zu mir gelan - gen koͤnne / ſondern im rohten Meer des Zorns Gottes erſauffen muͤße.
DU aber / O Heiliger Geiſt / du Geiſt des Rahts und der Staͤrke! hier iſt mein Herze: ziehe doch herein / du edler Gaſt. Sei und bleibe Commendant in dieſer Veſtung / und laß dich nicht aus - jagen. Alsdañ kan ich mutig ſprechen: Mit mir iſt der HErꝛ unſer Gott!(y)2. Chr. 13. v. 10. hier Schwerd des HErꝛn und Gideon! (z)Richt. 7. v. 20.Brin - ge du nur mit dir fuͤr mich / die wachſame Vorſicht-Augen / und die ſtarke Glaubens Arme zum Gebet. So lang dieſe wie des Moſe ſeine / werden empor ſtehen / ſo lang wird der hoͤlliſche Amalek unterligen /(a)2. Moſ. 7. v. 12. und ich werde durch Joſua / durch Jeſum obſiegen. Mache mich ſehen die Schlingen des Fein - des: daß ſie mich nicht verſchlingen. Be - huͤte mich fuͤr Faul - und Traͤgheit: dieden227che Verſuchungen. den Satan reitzen / mich zu uͤberfallen.
Ach ja / mein Gott und Vatter im Him - mel! du biſt ja HErꝛ uͤber alles / und dein Sohn unſer Ehren-Bruder / herſchet mit - ten unter ſeinen Feinden. Du wolleſt doch dem Satan / deinem Feinde / und ſei - ner Freundin / der Welt / nicht zu viel Macht uͤber dein Kind einraumen. Ma - che die Verſuchung ertraͤglich / und befihle dieſem feindſeligen Laban / daß er mit Ja - cob nicht anders als freundlich rede. Die - ſer Eſau(b)1. Moſ. 32. mag mir zwar entgegen zie - hen: aber laß du mir auch begegnen Got - tes Heere /(c)c. 33. die mich Schutz-geleiten und ſicher ins himliſche Canaan bringen. Der Fuͤrſt dieſer Welt habe nichts an JE - ſu / an mir / und an allen ſeinen Gliedern / und ihm bleibe von dieſem der Kopf zer - tretten. Amen / in ſeinem Namen / Amen!
EJnem getreuen Gottesdie - ner / wann er im Tempel / als in Gottes Hof-Palaſt / ihm aufgedienet / wird die Kirche zur Schatz-Kam - mer / und Gott ſpricht zu ihme / wie zum Salomo: Bitte / was ich dir geben ſol. (e)1. Koͤn. 3. v. 5.So hat auch unſer Hei - land verſprochen: Bittet / ſo werdet ihr nehmen! (f)Joh. 16. v. 24.Wer von einem Hohen / wie Uria von David / hinweggehet / dem folget nach des Koͤnigs Geſchenke. (g)2. Sam. 11. v. 8
2 Wer am erſten nach dem Reich Got - tes / wie ſein theurer Sohn befihlt / getrach - tet / auch um daſſelbe und wider deſſen Fein - de (wie in vorhergehenden zweyen Andach - ten geſchehen) gebetet: dem wird / wie die - ſer Spruch unſres Heilands verſpricht /Qdas242Bitte um Leibes Notturft /das andere alles / alle Notturft / zufallen.
3 Es hat uns ja auch / eben dieſer ewi - ge Sohn gelehret / der himliſche Vatter wiſſe / was wir bedoͤrfen. (h)Matth. 6. v. 32.Dann wie ſolte ein vernuͤnftiger Vatter nicht wiſſen / was ſein Kind vonnoͤten habe. Er hat uns ja viel gegeben / ehe wir ihn noch bit - ten und anſprechen konten. Er will aber von uns erwachſenen die Ehre haben / daß wir ihn auch um die zeitliche Notturft bitten und anſprechen ſollen: damit wir uns erinneren / von wem wir alles haben. Er will keine Saͤue zu Kindern haben / die die Eicheln auffreſſen / und nicht einmal nach dem Baum empor ſehen / von dem ſie herab gefallen.
4 Mein Haus / iſt ein Bethaus: ſagt unſer heiliger Heiland. Jn eines Koͤnigs Palaſt / iſt etwan auch ein Zimmer / die Audienz - oder Verhoͤr-Stube genannt: da er ſeine Unterthanen anhoͤret / die etwas vorzubringen und zu bitten haben. GOtt der ewige Koͤnig / laͤſt in der Kirche / als in ſeiner Audienz-Stube / ſich antreffen und anſprechen: gleichwie zur Zeit des Alten Teſtaments / bei dem Opfer-Tiſch und Gnadenſtul.
5 GOtt ſtehet fertig / ſo wol mit denOh -243nach der vierdten Bitte. Ohren / uns gnaͤdig anzuhoͤren / als mit dem Munde ſeines Goͤttlichen Wortes / und ſei - nes Geiſtes im Herzen / uns ſreundlich zu antworten. Er hat auch immer die Haͤn - de voll Gaben und Gnaden / und wartet mit verlangen / daß jemand komme und ihm etwas abgeile. Er laͤſſet auch / wie Kaͤiſer Titus / niemand von ſeiner Anſprache be - truͤbt abtreten.
6 Man ſolte glauben / da GOtt ſo freundlich beruffet und zu Wolthaten be - ruffet / daß jederman zu ihme / ihn anzuſpre - chen / ſich drengen wuͤrde / die Notturft und Gutes zu empfangen. Gleichwol aber ſind Chriſten / die weder zu Haus / noch in der Kirche / ſich ernſtlich zu Gott nahen / ihn anzuruffen. Ja etliche / zumal unter den Großen / werden es gar fuͤr Torheit achten / wan man viel betet. GOtt moͤch - te wol zu ihnen / wie Kaͤiſer Auguſtus zum Poeten Horatio / ſagen: fuͤrchteſt du / es werde dirv or der Welt eine Schande ſeyn / daß du dich gar zu gemein mit mir ge - macht?
7 Es irren aber die Großen und Rei - chen / die da vermeinen / ſie haben ſchon al - les / und brauchen dieſes Gott-anbettlens nicht. Es iſt nicht allein nichtes / alles was ſie haben / weil es irdiſch iſt / ſondern ſieQ ijwiſ -244Bitt um Leibes Notturft /wiſſen auch nicht / wie lang ſie es haben werden. Man ſihet ja taͤglich / wie man - cher verdirbt und untergehet / und kan man zu ſolchen / mit dem Apoſtel Jacobo ſagen: Jhr habt nicht / darum daß ihr nicht bit - tet. (i)Jac. 4. v. 2.
8 Alles / was ſie haben / ſind Gottes Gaben. Aber niemand ehret ihn weniger / als die am meiſten von ihm empfangen. So pfleget er dan ſeine Gaben wieder zu ſich zu nehmen / und laͤſſet da / die tolle Doh - le / arm und nacket ſtehen.
9 Wie uͤbel wuͤrde es ein Weltherꝛ ver - merken / wañ jemand ſeine angebotne Ver - hoͤr und Gnadmilde verſchmaͤhte / und ihn vergeblich warten ließe? Was wuͤrdet ihr auch ſagen von einem Bettler / den ein rei - cher Mann zu ſich beruffen / ihn zu beſchen - ken / und er wolte nicht einmal kommen? Wuͤrdet ihr nicht urtheilen / dieſer baur - ſtolze Menſche ſei wehrt / daß er ewig elend und arm verbleibe! was ſol man dañ von euch ſagen / die ihr GOtt nicht aufdienen wollet / ohne den ihr doch gar nichtes ſeit und haben koͤnnet? Der euch auch nicht nur irdiſche / ſondern auch himliſche Guͤter / zu ſchenken anbietet.
10 Wir brauchen taͤglich / der GabenGot -245nach der vierdten Bitte. Gottes: und GOtt will darum angeſpro - chen ſeyn. Daher hat ſolches / unſer him - liſcher Gebet-Lehrer / in die vierdte Bitte / ſeines uns vorgeſprochenen Gebets / mit dieſen Worten eingeſchloſſen: Unſer taͤg - lichs Brod gib uns heut. Dieſes Gebet wird ja von uns / die Woche uͤber / ihme oͤf - ters nachgeſprochen. Damit wir nun recht verſtehen lernen / was wir damit bit - ten / ſo kan die Betrachtung deſſen / auch ei - ne von den Sonntags-Andachten ſeyn.
11 Unter dem Wort Brod wird in H. Schrifft meiſt alles das verſtanden / was zur zeitlichen Notturft des Menſchen ge - hoͤrt. Das beiſtaͤndige Wort Taͤglich / iſt in der Griechiſchen Grund-Sprache ein ſolches Wort /(k)ὲπιούσιος, ad ſubſtantiam. das nicht baͤßer kan ge - teutſchet werden / als wie es H. Lutherus ausgelegt / naͤmlich / was zur Leibes-Nah - rung und Notdurft / was zu Unterhaltung unſres leiblichen Weſens / gehoͤret. Der theure Johann Arnd ſchreibet /(l)Wahr. Chriſt. l. 4. 6. 3. v. 823. es ſtecke im Brod / deſſen ſich niemand uͤberdruͤſſig iſſet / die ganze Natur des Menſchen / und werde er alſo durch die Brod-Nahrung / wie im Anfang / taͤglich aus der Erde er - ſchaffen.
Q iijGott246Bitte um Leibes Notturft /12 GOtt hat den Menſchen erſchaf - fen und in das Paradeis geſetzet: darinn alles zu finden war / was zur Nahrung und Notturft ſeines Leibes gehoͤrt. Da war der immer-Fruͤling und eine gemaͤſſigte Luft / ohn Froſt / Hitze und Sturmwind: darum bedorfte er kein Kleid / ſich dafuͤr zu ſchirmen. Da ſtunde der Baum des Le - bens: davon ſolte der Menſch eſſen / und leben ewiglich. Da trugen andere Baͤu - me / auch Kraͤuter und Graͤslein / die an - genemſte Fruͤchte zur Ergetzung des Men - ſchen: dergleichen noch ſind die Zimmet - Baͤume / die Zucker-Rohre / die Erdbeere / und dergleichen. Da floßen Brunnen und Baͤche mit Getraͤnke / das wol ſo gut war als izt Malvaſier und Muſcateller / oder / wie die H. Schrift redet / mit Milch und Honig. Da wohnte man / in luſtigen Hoͤ - len und ſelbſt gewachſenen Baum-Laͤuben.
13 Man dorfte ſich nicht fuͤrchten vor den wilden Thieren: dañ ſie waren alle dem Menſchen unterthan und gehorſam. Da hatten / die beide fromme Ehegatten / liebe wolartige Kinder zu hoffen. Da war keine beſchwerliche Arbeit: daher man keines Dienſtbotens vonnoͤten hatte. Da brauchte man weder Gold noch Sil - ber: weil alles gemein / und noch kein deinund247nach der vierdten Bitte. und mein / auch nichtes zu kauffen und zu verkauffen war / da warn keine Obern: weil man kein Unrecht thaͤte oder litte. Da war man immer geſund / bei ſtets gutem Wetter / da waren GOtt und Menſchen / und ſie ſelbſt untereinander / Freunde / und war kein Feind vorhanden: bis der Sa - tan / unter der Schlange Geſtalt / ins Pa - radeis hineingeſchlichen.
14 Aber / nach dem leidigen Suͤnden - fall / da der Menſch und die Erde den Fluch angezogen / da begunte des Menſchen Leib an allem mangelhaft und notduͤrftig zu werden. Da muſte er / wider Staub / Froſt / Hitz / Wind / Schnee und Regen ſich mit Kleidern behaͤngen. Er muſte / weil der Weg zum Baum des Lebens vom En - gel mit dem feurigen Schwerd verwahrt wurde / ſein Brod aus der Erde hervor-ar - beiten / und hierzu ſchlechtes Brunnenwaſ - ſer trinken. Er muſte / Milch und Butter aus den Vieh-eitern / und das Honig aus den holen Waldfelſen oder Staͤmmen her - vor ſuchen.
15 Da muſte Adam arbeiten / Cain ackern / Abel der Schafe warten / Eva die Kinder mit Schmertzen gebaͤhren / und mit Sorgen Seth / Enos / Henoch Gottesdienſt anrichten / und die Jugend unterrichten /Q iiijJa -248Bitte um Leibes Notturft /Jabal Viehzucht anſtellen / Tubal Kain Handwercke zur Notturft erfinden. Da muſte auch Kain / aus Furcht vor Men - ſchen und Thieren / ſich mit Haͤuſern und mit einer Stadt verwahren. Da begun - ten ſeine Nachkommen / Gold und Silber / mit Eiſen / aus der Erden zu graben: da dan das dein und mein angefangen. Da fiengen an Obern zu ſeyn: um die From - men wider der Boͤſen ihren Gewalt zu ſchuͤtzen. Da begunte man zu leiden / zu ſtreiten / zu kranken / und zu ſterben.
16 So iſt dan viel Dings / das zum Taͤglichen Brod und zur Notturft des Le - bens gehoͤret. Die Thiere bringen ihr Kleid / auch wol ihren Belz / mit ſich zur Welt: a - ber der arme Menſch wird nacket gebohꝛen / und hat darum Kleider vonnoͤten. So muß er auch ein Haus haben / darin er woh - ne und das ſeinige verwahre. Sein Leib fordert Trank und Speiſe / zu ſeinem Un - terhalt. Zur Arbeit / darzu GOtt ihn erſchaffen / iſt ihm noͤtig ein Amt / Gewer - be oder gewiſſes Handwerk: und hierzu gebraucht er geſunde Sinne und Glieder / ſeinen Werkzeug / und in der Nacht ſeine Ruhe / da ihn das Bette bekleidet. Er hat vonnoͤten / einer Ehegehuͤlfin / treufleißi - gem Geſindes / auch ſonſt guter Freunde /und249nach der vierdten Bitte. und Nachbarn. Uberdas muß der Feld - man / Kot / Feld / Wald und Wieſen / und zu ſeinem Feldbau gut Wetter haben.
17 Vor alters hat ein jeder gearbeitet / oder Vieh gezogen / oder Feldbau getrie - ben: da man dan Waaren gegen Waaren getauſchet. Als aber nachmals Leute ſich erhuben / die nicht gearbeitet / und daher nichts zu vertauſchen gehabt / haben ſie Geld und Muͤnzen erfunden: damit man alles verkauffen kan / was man verlanget. Hierzu nun wurden Gold / Silber und an - dere Metallen aus der Erde gegraben / und begunten die Menſchen Gold / Silber / Perlen und Edelſteine / auch zum Pracht zu verwenden. Es fiengen auch die Rei - chen an zu ſchwelgen und zu praſſen / ſich herꝛlich zu kleiden / koſtbare Palaͤſte zu bau - en / zu kriegen / und andere Menſchen ihnen zu unterwerffen.
VOn ſelbiger Zeit an / hat die alte Genuͤglichkeit aufgehoͤrt / und iſt faſt niemand mit dem TaͤglichenQ vBrod250Geitz und Mammonsdienſt. Brod zu frieden geblieben. Da hat man allerlei Practiken erſonnen / wie einer den ander etwas abgewinnen und ſich damit bereichern moͤchte. Da iſt der leidige Geitz und Mammonsdienſt / mit dem Gold / aus der Erde und von der Hoͤlle hervorgeſtiegen / und hat die Menſchen mit den Wahn be - thoͤrt / daß man trachten muͤße reich zu werden. Da hat man / bis auf heutigen Tag / ſich aͤuſerſt befliſſen / den ſo genandten Stein der Weiſen oder die Goldmachende Tinctur zu erobern. Da kame Geld und Gold in achtung / und hingegen GOtt in Verachtung / weil jeder das Gut fuͤr ſein hielte / und ohne GOtt ſich zu nehren ver - meinte.
19 Unſer Heiland hat / in ſeiner Berg - Predigt ausdruͤcklich geſagt: Jhr koͤnnet nicht GOtt dienen und den Mammon. (m)Matth. 6. v. 24.Diß erklaͤret der H. Paulus / in dem er den Geitz eine Abgoͤtterei nennet. (n)Col. 3. v. 5.Der Geitz iſt ein Goͤtze und Abgott / den die Geld-Raben wie die Filiſter ihren Dagon neben GOtt ſetzen. So muß er dan der leidige Teufel ſeyn: weil er Gottes Wi - derſacher iſt / und GOtt verachtet wird / wan man ihm anhanget. Jn ſolchem Ver - ſtãd wird auch von den Wolluͤſtlern geſagt /daß251Notturft muß von Gott zufallen. daß der Bauch ihr Gott ſei. (o)Philip. 3. v. 9.Der Sohn Gottes nennet ihn anderswo / den unge - rechten Mammon / weil ſolche Reiche ge - meinlich Ungerechte / oder ungerechter Leu - te Kinder ſind. Er gibt auch dieſen er - ſchroͤcklichen Ausſpruch von dergleichen Reichen: Es ſei leichter / daß ein Camel durch ein Nadeloͤhr gehe / als daß ein Rei - cher in das Reich Gottes komme:(p)Matth. 19. v. 23.
ES iſt ja wahr: ein Menſche hat / zu dieſem Leben / zeitlicher Haabe von - noͤten. Er braucht einen Nehr - pfennig / einen Ehrpfeñig / einen Nohtpfen - nig / einen Labungspfennig / und einen Ar - menspfennig fuͤr den duͤrftigen Nechſten. Wo ſol er dan dieſes alles hernehmen? und wie ſoll er es ſuchen? wer alles in allem iſt und alles hat / der muß uns auch alles dieſes geben. GOtt / der allein allen uͤber - all gibet / will darum angeſprochen ſeyn: damit man wiſſe / daß er es gebe. Er will / als Vatter / uns nicht verſagen / was er weiß / daß wir beduͤrfen. Er will dererThun252Notturft mußThun und Arbeit ſegnen / die ihn / wie Ja - cob / Joſef / und David / fuͤrchten und lieben.
21 Bitten ſollen wir / um die Taͤgliche Notturft: und die wird uns von GOtt gewiß zufallen. Aber das Trachten nach Reichtum / iſt von GOtt verboten. Wie koͤnnen wir aber von GOtt / wan wir ihn bitten / Erhoͤrung hoffen / wann er uns nicht liebet? Nun liebet er dieſe nicht / die ihn nicht uͤber alles lieben / noch ihm die Ehre des Vorzugs goͤnnen. Wann ein Kind nur in des Vatters Kaͤſten und Kiſten nach Roſenobeln und Kleinoden herum mauſte / ihn aber dabei verachtete / ja ſo gar die er - mauſte Schaͤtze zu ſeiner Beleidigung ver - wendete: wuͤrde er nicht aus billigem Verdruß / nicht allein ſeine Kaͤſten vor ihm verſchließen / ſondern auch das zuſammen - gefiſchte Gut ihm wieder abnehmen? Wie kan er es hingegen laſſen / wan das liebe Kind allein trachtet / durch Liebe und Ge - horſam ſich ihm gefaͤllig zu machen / daß er ihm nicht reichlich zu werfe?
22 Und eben darum heißet unſer Hei - land uns erſtlich nach Gottes Reich / oder in GOtt zu kommen und in Gerechtigkeit nach ſeinem Willen zu leben / trachten: das andere wird zufallen. Dan wer inGott253von Gott zufallen. Gott kommet / und Gott an ſich ziehet / der hat ja mit ihm alles. Habe deine Luſt an dem HErꝛn / der wird dir geben was dein Herz wuͤnſchet:(q)Pſ. 37. v. 4. alſo pſalliret der Gott - liebende David / der ein Exempel von die - ſer Regel iſt / und aus einem Hirten ein großer reicher Koͤnig geworden. Sein Segen / machet reich ohne Muͤhe. (r)Syr. 12. v. 21.Sei - nen Freunden gibt er / wan ſie ſchlaffen. (ſ)Pſ. 127. v. 3.Nemlich wan ſie auch nicht darnach ſtreben. Die den HErꝛn ſuchen / haben kei - nen Mangel an irgend einem Gut. (t)Pſ. 34. v. 10.Mit dieſem Spruch lehret David / wie der Reichtum zu finden ſei / nemlich / wan man den HErꝛn ſuchet. Und der iſt gut zu fin - den: dañ er iſt nahe.(u)Philip. 4. v. 6. weil er uͤberall zugegen iſt.
SOrget nicht auf morgen / was ihr eſſen und trinken / und was ihr an - ziehen werdet:(x)Matth. 6. v. 25. ruffet JEſus uns ſelber zu. Und ſeine Apoſtel: Alle eure Sorge werffet auf den HErꝛn / dener254Laß Gott ſorgen /er ſorget fuͤr euch. (y)1. Pet. 5. v. 7.So ſol man dan nicht ſoꝛgen / ſondeꝛn Gott ſorgen laſſen: der zuͤrnet / wan man in ſeine Sorge ſich mit einmaͤngen will. Dan / wan wir ſorgen und uns verſorgen wollen / ſo darf GOtt nicht ſorgen: ſo iſt unſer taͤglichs Gebet um das Taͤgliche Brod nichts nuͤtze.
24 Wann wir darum bitten / ſo doͤrfen wir nicht darneben ſorgen: ſonſt glauben wir nicht / daß GOtt erhoͤren und thun wer - de / was wir bitten. Glauben wir nun nicht / ſo empfangen wir auch nicht: dan wer zweiflet / der empfaͤht nichts. (z)Jac. 1. v. 7.Wer nicht glaubet den Verheiſungen / und trau - et nicht ſeiner Allmacht und Liebe / der ver - leugnet GOtt: dañ er macht ihn zum Luͤg - ner / onmaͤchtig und unbarmherzig. Der Sohn Gottes hat uns ja nicht geteuſchet / in dem er uns dieſe vierdte Bitte vorge - ſprochen / und Erhoͤrung verſprochen. Laſt uns alſo beten / und glauben: ſo ſind wir verſorget. Erleben wir den Morgen / ſo heiſts wider heute / und uͤbermorgen wie - der alſo: ſo haben wir taͤglich unſer Taͤg - lichs Brod.
25 GOtt hat / ſchon vor 3000 Jahren verſprochen: Jch will meinem Segen uͤ - ber euch gebieten / daß ihr eſſet: dann dasLand255Er verſorget.
256Laß Gott ſorgen / Er verſorget. Land iſt mein / und ihr ſeit Fremdlinge und Gaͤſte vor mir. (a)3. Moſ. 25. v. 20. 23.Er hats auch gehal - ten / und wirds ewig halten. Er wird er - halten / die an ihn ſich halten. Ein glaubi - ger Chriſt denket: der mich von Mutter - Leib an lebendig erhalten / und mir alles gutes gethan.(b)Sir. 50. v. 24. der mich verſorget / ehe ich noch von einer Sorge gewuſt! der ſchon ſo viel tauſend Jahre Haus gehalten und vor mir ſo viel tauſend Millionen Menſchen ernehret: derſelbe alte und all - maͤchtige GOtt lebet noch / und wird ferner thun / was er ſo lang gethan hat. Der den Kindern Jſrael Manna und Brod vom Himmel regnen laſſen / den Profeten Eliam durch die rauberiſche Raben geſpei - ſet / der beiden armen Witwen Oel und Meel geſegnet: der wird auch mich ſpei - ſen und ſegnen.
26 Und wie ſolte / der das Leben gege - ben / ſeinen Lieben nicht auch zu leben ge - ben? Der das groͤßere / die Seele / verſor - get / und ſeinen Ewigen Sohn fuͤr ſie in den Tod gegeben / der wird auch fuͤr den Leib / als das geringere / ſorgen. Der das hoͤheꝛe / das Ewige Leben / verſprochen / wird auch das kleinere / das irdiſche Leben / erhalten. Auf den aller Augen warten / der taͤglicheine257Bete und Arbeite. eine große Tafel / daran auch Juden / Tuͤr - cken und Heiden ſitzen / uͤber den ganzen Erd - boden decken / und allen Creaturen anrich - ten laͤſſet / der allen gibet / wird ja auch dir die Notturft vorlegen: wan du nur glaͤu - big zulangen wilſt / und nicht etwan her - um laufeſt / dich ſelbſt anderweit zu ver - ſorgen. Der auf Erden geſagt: Mich jammert des Volks / ſie haben nichts zu eſſen! der zu ſeinen Schiffern und Fi - ſchern geſagt: Werfet das Netze aus / daß ihr einen Zug thuet; der nun zur Rechten Gottes ſitzet / und regieret: der hoͤret nicht auf / uns alle Notturft auszubitten und herabzuſchuͤtten.
ES ſind uns ja / von GOtt / zweier - lei Sorgen anbefohlen: die See - len-Sorge / daß wir moͤgen ſeelig werden; und die Beruff-Sorge / daß jeder etwas redlichs arbeite. Dann / jenes ei - nige iſt noͤtig; und wer nicht arbeitet / der ſoll auch nicht eſſen. (c)2. Theſſ. 3. v. 10.Aber die dritte Sorge / die Nahrung-Sorge / die Narren - Sorge iſt uns allerdings verbotten / inhaltsRvor -258Bete und Arbeite. vor - angezogener Spruͤche. Dieſe muß man auf Gott werfen / arbeiten / und ſeines Segens erwarten. Wan wir arbeiten und beten / ſo wil Gott ſegnen. Er befihlt uns das erſte: und wir ſollen ihm das an - dere empfehlen. Ein Feldman thut alſo: er ſeet ſeinen Samen / gehet davon / laͤſſt GOtt ſorgen und ſegnen / und erwartet der Frucht und Ernde. Dañ / er weiß / daß er fuͤr ſich kein Koͤrnlein kan hervorbringen. Ein Schaͤflein ſorget nicht um die Weide / laͤſt ſeinen Hirten ſorgen / und folget ihme. Alſo thue ein Chriſt / und ſage glaubig: Der HErꝛ iſt mein Hirt / mir wird nichts manglen. (d)Pſ. 23. v. 1.Jch bin ein Schaf ſeiner Weide. (e)Pſ. 100. v. 2.
28 Es hat ja der Geitz viel Aus und Einreden / und die Welt ſpricht: Man muß gleichwol trachten / wie man mit Eh - ren durch die Welt komme / und ſich nehren moͤge; es fliegt keinem eine gebratne Tau - be ins Maul. Aber diß Spruͤchwort hat die Welt und der Unglaube erdacht / der wider Gottes Wort ſtreitet. Sind nicht dem Volke Gottes / Wachteln in die Hand / und das Manna in den Mund geflogen / auf Gottes Befehl? Der alles erſchaffen hat / der kan ja leichtlich etwas geben / danichts259Bete und Arbeite. nichts iſt. Wie dañ auch hingegen / ohne Gottes Segen / keine Arbeit erſprießet. Mancher laͤſts ihm ſauer werden / und ei - let zum Reichtum: und hintert ſich nur ſelber. Dagegen thut mancher gemach / und iſt ſchwach und arm: den ſihet GOtt an in Gnaden / und hilft ihme. (f)Sir. 11. v. 11.Wie man dan taͤglich ſihet / das reiche Scharꝛhanſen verderben / hingegen fromme Arme empor kommen; denen GOtt Reichtum zu wirft / der ſie manchmal keinen Tropfen Schweiß gekoſtet. Jener ſagte: wer weiß / wer iezt Geld zehlet / das noch mein werden ſoll.
29 Es folget aber hieraus nicht / daß man feiren / die Haͤnde in den Schos legen / und allein das Maul aufſperren moͤge / bis eine Gans oder Taube geflogen komme. Nein! man muß die Hand an den Arbeit - pflug legen / GOtt und dem Naͤchſten die - nen / und trachten / wie man / mit Gottes Huͤlfe / ſeinem Beruff recht vorſtehe. Die Sorge aber um den Arbeit-Segen muß ein rechtſchaffener Chriſt in einen Buͤndel zu ſammen faſſen / und durch ein glaubiges Gebet auf GOTT werfen. Kurz: man muß arbeiten / beten / glauben und hoffen.
ES iſt zwar / der Reichtum / nicht die geringſte von den Gaben Got - tes: dan man wird dadurch faͤhi - ger / GOtt und dem Naͤchſten zu dienen / ſeiner Geſundheit zu pflegen / und ihm ſel - ber gute Bequemlichkeit zu verſchaffen. Wie ſol man dañ hierzu gelangen: Hoͤret Davids Antwort: Wol dem / der den HErꝛn fuͤrchtet! Reichtum und die Fuͤlle wird in ſeinem Hauſe ſeyn. (g)Pſ. 112. v. 1.Hoͤret / merkt es doch! Gottsfuͤrchtig / Gottſelig muͤſt ihr ſeyn. Gottſeligkeit iſt zu allen Dingen nutz / und hat die Verheiſung / dieſes und des zukuͤnftigen Lebens. (h)1. Tim. 4. v. 8.Alſo kan man wol / zugleich reich und from ſeyn. Solche waren die Heil. Erzvaͤtter / Abra - ham / Jſaac / Jacob mit zweien Heeren / Joſef der Nachkoͤnig in Egypten / Joſua der Fuͤrſt / David der Koͤnig in Jſrael / Daniel der Hofmañ / und mehr andere.
31 Jederman wil nur ſtraks reich ſeyn: aber niemãd wil den rechten Weg gehen / der zum Reichtum fuͤhꝛet. Hohe und Niedeꝛe ſu - chẽ ſolchen in der Glashuͤtte des ſo genand - ten Mercurius / und wil man dieſen fluͤch -tigen261zum Reichtum. tigen Gaſt anbinden / daß er Gold machen lehre. Ach GOtt! wañ du / durch ſolches Mittel / manchem genug gaͤbeſt: was wuͤrde von ihm werden? Zweifelsfrei ein Gottes - und Menſchen-Veraͤchter; ein Wuͤterich und Tyrañ / der alles unter ſich bringen wolte; ein Sardanapalus / im Schwelgen und Unzucht - Leben; ja ein Widerſacher Gottes / und Fleiſchbekleidter Lucifer; ein Nimrod / der einen Thurn bis an den Himmel bauen / und ohne GOtt in Gottes Reich kommen wolte.
32 Wolt ihr wiſſen / wie ihr zu dieſer Gold-Tinctur gelangen ſollet? Jch habe es geſagt / und will es euch nochmals ſagen. Bittet erſtlich um den H. Geiſt / daß der euch regire / daß ihr mit dem Geld nicht ſuͤn - diget / noch den Reichtum mißbrauchet. Habt ihr dieſes erbetten und erlanget: ſo hat GOtt keine Urſache / daß er euch et - was verſage. Was ihr anruͤhret / das wird lauter Gold ſeyn. Wañ ihr den un - veraͤnderlichen Willen habet / GOtt damit zu ehren und dem Nechſten zu dienen / nicht aber das Geld zu verprachten / zu ver - ſchwenden / oder nur zu verſchließen: war - um ſolte euch Gott ſolches nicht goͤnnen / der euch ſo viel Geiſtliche Schaͤtze gi - bet / und das neue guͤldne Jeruſalem zur ewigen Wohnung verſprochen.
R iij33 Es262Reichtum33 Es moͤchte etwan nicht ſo ganz un - glaubbar ſeyn / daß dieſe Gabe in d’Natur ſe[i]. Weil aber Gott / ſo einẽ geſezten Siñ / bei keinem Menſchen findet / und wir alle zum Boͤſen geneigt ſind: alſo verſagt GOtt dieſe Gabe / die nur ein Werckzeug der Boß - heit ſeyn wuͤrde / und ein Strick / der die Menſchen zur Hoͤlle zerre. Jch habe geſe - hen / die bei ihrer Armut reich an GOtt ge - weſen / von ihren wenigen gerne mitgethei - let / und ihnen genuͤgen laſſen. Aber / da ihnen Gott Reichtum zugeworffen / ſind ſie / entweder uͤbermuͤtig und gottlos worden / oder haben ſich auf Uppigkeit verlegt / oder haben ſich in das Geld verliebt / daß ſie deſ - ſen nicht ſatt werden koͤnnen.
VJele laſſen ihnen ein langes Leben traumen / ſorgen demnach / wie ſie viel eintragen moͤgen / daß ſie auf hundert Jahr zu leben und der Wolluſt zu pflegen haben: uneingedenk / wie es ihrem Vorgaͤnger / dem reichen Korn-Juden im Evangelio(i)Luc. 12. v. 20. ergangen. Andere trachten ihren Kindern ſo viel zu hinterlaſſen / daßſie263ohne GOtt. ſie auch / wie ſie / reichlich zu zehren haben. Aber dieſe ſollen wiſſen / daß ſie ihnen / nicht Geld / ſondern Gift hinterlaſſen / und nicht ihren Unterhalt / ſondern ihren Untergang befoͤrdern: weil ſie dadurch nur Gottsver - geſſen / traͤg / ſtolz und vermeſſen werden.
35 Die / ſo allein um des guten Lebens oder Wollebens willen nach Reichtum trachten / ſollen wiſſen / wann ſie den erlan - gen / daß GOTT ſie / weil ſie es ja alſo haben wollen / zu ihren Verderben reich werden laͤſſet / und ihnen ihr theil gibt / in dieſem ihrem Leben:(k)Pſ. 17. v. 14. als welches ſie / wie der reiche Schlemmer in Evange - lio fuͤr ihr einiges Leben achten. Weil ſie Saͤue ſind / und nur Kleyen fuͤr Mandeln haben wollen / gegen ſo viel Goͤttliche War - nungen ſich verſteinen und verbeinen / und dem Mammon dienen / ſo uͤberlaͤſt ſie GOtt ihrem freyen Willen und Wahl / und laͤſſt ſie / ihrer Meinung nach / hier wol leben.
36 Denen er aber den Reichtum ver - ſaget / die haben ſich zu verſichern / daß er es gnaͤdig und gut mit ihnen meinet / ihrem verderben vorbeugen will / und ihr Wolwe - ſen ihnen / wie dem Lazaro in ein anders und ewiges / ja in das rechte Leben / verſparet: da hingegen die Mammoniſten / ihre kurzeR iiijzeit -264Reichtumzeitliche Wolluſt / in der Hoͤlle und in der Qual ewig buͤßen muͤßen.
37 Zu der ewigen / hat ein Reicher / der ſeinen Reichtum nicht nach Gottes Willen zu gebrauchen weiß / auch viel zeitliche Pla - ge. Dann es gehet ihme / wie einem Waſ - ſerſuͤchtling / er wird / wie dieſer des Trin - kens / des Gelds nimmermehr ſatt / weil er Geld liebet. (l)Pred. 5. v. 9.Weil er das Gut nur meh - ren will / ſo darf er deſſelben nicht gebrau - chen / damit deſſen nicht weniger werde. Er wird auch von jederman gehaſſet / und fuͤr einen allgemeinen Feind gehalten / weil ſein Wunſch iſt / alles an ſich zu bringen / was andere haben / und es zu verſchließen / daß niemand etwas davon bekomme: zu geſchweigen / daß er geben ſolte denen / die nichts haben. Man wuͤnſchet ihm den Tod: weil man ſeiner / als eines Spar - krugs / alsdañ erſt genießet / wann er zer - brochen iſt. Die Erben pflegen auf ihn / wie die Raben auf ein Aas / zu warten.
38 Gleichwie er nichts mit in die Welt gebracht / alſo kan er auch nichts mitneh - men. Und ob er koͤnte / ſo hilft es ihn doch nicht. Es wird ihn vielmehr anklagen vor GOtt / und verdammen helffen: weil er damit nicht GOTT geehret und demNech -265ohne GOtt. Nechſten gedienet. Alſo verarmet er dor - ten auf ewig / und auf Erden lebt er auch nicht davon / wie unſer Heiland geſagt / daß er viel Guͤter hat. (m)Luc. 12. v. 15.Midas erwuͤnſchte / daß alles / was er anruͤhrte / moͤchte zu Gold werden: und waͤre daruͤber ſchier Hungers geſtorben. Jener verſchloſſe ſich / durch Unfall / in ſein Geldgewoͤlbe / und muſte darin verrecken / weil man nicht mit Speiſe zu ihm gekommen. Dem Pythias / der alle ſeine Unterthanen nach Gold im Berg ar - beiten ließe / und den Ackerbau einſtellte / ſezte ſeine Gemahlin guͤldne Speiſen vor / und verwieſe ihm darmit ſeine Geitz-Tor - heit / als er nicht davon eſſen konte.
BEitzwaͤnſte / thuen ihnen ſelber nichts gutes / was ſollen ſie dan an - dern thun? (n)Sir. 14. v. 5.Sie wollen nur im - mer nehmen / aber nicht geben: da man doch denken ſolte an die Worte des HErꝛn JEſu / Geben iſt ſeeliger als Nehmen. (o)Ap. G. 18. v. 35.Es erfuͤllet aber / das Almoſen oder die Armen-Steur / eines von den ausdruͤck - lichen Geboten Gottes. Jch gebiete dir /R vbe -266Gibe / wannbefihlt er durch Moſe / du ſolt den Armen geben.(p)5. Moſ. 15. v. 11. dieſes Gebot Gottes ſtehet in unſren Kraͤften / zu erfuͤllen: darum hat es auch ſo großen Verheiß der Belohnung. Dann um deswillen / ſagt er ferner / wird dich dein GOTT ſegnen / in allen deinen Werken. Der Sohn Gottes widerho - let beydes: Gebet! ſpricht er / ſo wird euch gegeben. (q)Luc. 6. v. 38.Eben dieſes ſagte vor ihm / ein anderer JEſus / naͤmlich Sirach: Gib gerne / ſo wirſt du wider empfa - hen. (r)Sir. 14. v. 16.
40 Noch mehr ſaget / des Meſſiœ Bruder nach dem Fleiſch / der Sohn Da - vids Salomo: Wer den Armen gibt / der leihet dem HErꝛn. (ſ)Sir. 14. v. 16.Jſt das nicht ein herꝛliches Werk / das Gott zum Schuldner machet! ja / was noch daruͤber iſt / JEſus Chriſtus will es annehmen / als waͤr es ihm ſelber geſchehen: Was ihr gethan habt / einem unter meinen geringſten Bruͤ - dern und Gliedern / wird er im lezten Welt - gericht ſagen / das habt ihr mir gethan. (t)Matth. 25. v. 40.Wir ſehen Chriſtum ſelber / wañ wir einen Duͤrftigen ſehen: wer wolte ſo einen großen Herꝛn nicht gutes thun / der ſo reich - lich vergelten kan?
41 Al -267GOtt gibet.41 Aller Reichtum iſt vergaͤnglich / und verlaͤſt entweder uns / oder wir muͤßen ihn im Tod verlaſſen. Wir koͤnnen ihn aber ewig machen / wan wir ihn alſo / durch Wolthat gegen den Armen / hinter GOTT legen. Jm Sterben verlie - ren wir alles: nur allein die gute Werke reiſen mit uns / oder vielmehr vor uns / gen Himmel / daſelbſt ſie fuͤr uns reden / und von dem Richter JEſu als ſchoͤne Glau - bens-Fruͤchte / nicht aber als Verdienſte / werden geruͤhmet werden. Und dieſes meinet er / wann er uns befihlt / daß wir uns / nicht irdiſche und nichtige / ſondern ewige Schaͤtze im Himmel ſamlen ſollen. (u)Matth. 6. v. 21.Was thun die Reichen lieber / als daß ſie ihre Gelder / auf Zins und Wucher le - gen? Wie koͤnnen ſie aber mehr damit er - wuchern und gewinnen / als wann ſie ſol - che GOtt im Himmel leihen? ſie haben ja nicht nur fuͤnf oder ſechs vom hundert / ſon - dern hundert / ja tauſend / fuͤr einen / zu hoffen.
42 So laſt uns dañ ausſtreuen / und den Armen geben! (x)Pſalm 112. v. 9.Dañ zu ſeiner Zeit werden wir auch ernden / ohn aufhoͤren. (y)Gal. 6. v. 9.Und ſolche Ernde / wird noch auf Erden ſichan -268Gibe / wannanfahen / nach verſprechen des Spruchs: Wer den Armen gibt / dem wird nichts manglen. [z]Spr. 28. v. 27.Wol deme / nach den Pſalm - Worten /[a]Pſ. 41. v. 2. Davids / der ſich des Duͤrf - tigen annim̃et! den wird der HErꝛ erret - ten zur boͤſen Zeit. Er wird ihn bei Le - ben erhalten / und es ihm laſſen wolgehen / auf Erden / und ihn nicht geben in ſeiner Feinde Willen. Er wird ihn erquicken auf ſeinem Siechbette / und ihm helfen von aller ſeiner Krankheit. Faſt dergleichen iſt bei dem Profeten Eſaia zu leſen. [b]Eſa. 58. v. 6.Wir verdienen ja nichts damit: aber wir thun alſo / was wir ſollen / und gehorchen dem Befehl Gottes. Hierdurch gewin - nen wir ihm das Herz ab / daß er uns wider gutes thut: gleichwie ein Weltherꝛ es in Gnaden erkennet / wañ man die Seinigen liebet / und ſeinen Geboten gehorchet.
43 Tauſend Beiſpiele Hiervon / ſind in den Hiſtorien zu finden: unter denen wir nur eines beſehen wollen. Kaͤiſer Tiberius II war ganz ausgelaſſen mildgebig gegen den Armen / und wurde deswegen von ſei - ner Gemahlin mit Worten geſtraffet / de - ren er zur Antwort gabe: Es wuͤrde der Kaͤiſerlichen Rentkammer nicht an Geld manglen / ſo lang er nach dem Befehl Chri -ſti /269GOtt gibet. ſti / durch Wolthat an den Armen / ihme Schaͤtze im Him̃el ſamlete. Kurz hernach als er im Creutzgang ſpazirte / und einem Stein mit dem Creutz Chriſti bezeichnet im Boden eingemauret fande / wolte er nicht / daß er unter den Fuͤßen ligen ſolte / und ließe ihn ausheben: da fande er dar - unter viel Tonnen Golds vergraben. Es kame auch aus Jtalien ein alter Mann / der ihm das Ort anſagte / wo der Feldherꝛ Marſes einen großen Schatz vergraben hinterlaſſen. Dieſen hat der Kaͤiſer auch heben laſſen:(c)Cluv. l. 9. Hiſt. in Tib. und iſt ihm alſo die Ar - men-Steur / wol und uͤberreichlich vergol - ten worden.
44 Unſer Heiland / nennet uns Got - tes-Haushaltere. [d]Luc. 16.Gott gibt darum den Reichen / daß ſie wieder geben ſollen den Armen: gleichwie etwan ein Weltherꝛ ſeinem Schatzmeiſter einen Beutel mit Schaupfenningen zuſtellet / ſolche unter das Volk auszuwerfen. Wir ſind Spring - brunnen / daꝛein das Waſſer von oben faͤllet / daß es fuͤr jederman wieder ausfließe und ſpringe. Aber da halten die meiſten ihre Guͤter fuͤr eigen / die ſie doch durch Gottes Segen und aus deſſen Hand empfangen haben / und brauchen ſolche allein zu ihrerNot -270Die Armen-Steur. Notturft: da doch / nach des Apoſtels Vermahnung / ihr Uberfluß anderer ihꝛem Mangel dienen ſolte. [e]2. Cor. 8. v. 14.
GOtt hat ſeinem Volk durch Moſe befohlen / ſie ſolten allemal uͤber drei Jahre den zehenden ihres Einkom - mens ausſondern / und davon geben / den Prieſtern / den Fremdlingẽ / den Waiſen und Witwen / mit dem Zuſatz: aufdaß dich dein GOtt ſegne in allen Werken. [f]5. Moſ. 14. v. 29.Hierinn iſt nun gar ſchoͤn enthalten die Lehre / wo - von und wieviel / auch wem und warum man geben ſoll. Eben dieſes Verſtands ſaget Sirach: lege dein Almoſen an einen beſondern Ort! Jſt ſo viel geſagt: man ſoll abzehlen und beilegen / was man von ſeinem Gut den Duͤrftigen zu geben geden - ket / und es zu dieſem Gebrauch abſondern / damit man allezeit wiſſe / wo man es her - nehmen koͤnne. Alſo hat Jacob ein Ge - luͤbde zu GOtt abgelegt / daß er ihme von allem / was er ihm beſcheren wuͤrde / den Ze - henden geben wolte.
46 Eine unchriſtliche Torheit iſt es /dar -271Die Armen-Steur. daruͤber auch Jacob der Apoſtel klaget / daß mancher / der doch zum Geben die Mittel von Gott empfangen / die Armen / ſo ihme um eine Gabe anſprechen / zur Antwort gi - bet: Gott helfe dir! Gott berahte dich? [g]Jac. 2. v. 16.Dann eben durch dich / du tauber Geld - ſack / will GOtt dem Armen / den er zu dir ſendet / geholfen ſehen / weil er eben darum dir viel uͤbriges gegeben. Du hoͤreſt ja auch / daß er dich um Gottes und Chriſti willen bittet / und wirſt / wann du ihm ver - ſageſt / einmal auch hoͤren muͤßen dieſe Wor - te: dein Gold helfe dir iezt / das dir in ſei - nem Leben lieber / als meine arme Bruͤder und Schweſtern / geweſen. Die ihr Ohr verſtopfen / vor den Schreyen der Armen / und ihre Augen abwenden / die weꝛden ſehr verderben / und wann ſie zu GOtt ruſſen / gleichfalls nicht erhoͤret werden. [h]Spr. 21. v. 13. c. 28. v. 27.
47 Mancher Strotzer iſt ſo hochmuͤ - tig / daß er es ihm fuͤr eine Schande achtet / einen Armen anzuhoͤren oder ihm ſtill zu ſtehen. Ein ſolcher betrachtet nicht / daß ihm zum Widerſpiel / die groͤſte Ehre wider - fahre / wann ihme Chriſtus in der Perſon eines Armen begegnet. Und was kan groͤ - ſere Ehre ſeyn / als wann man der Guͤte Gottes nachahmet / und gleichſam / durchMil -272Bete und Gibe. Mildigkeit ein irꝛdiſcher GOtt wird.
48 Man hat ſich auch nicht damit zu entſchuldigen / daß bei manchen boͤſen Bett - ler die Gabe uͤbel angelegt wird. Man ſe - he nicht auf dem / der die Gabe empfaͤhet / ſondern auf den / der befihlet: Seit Kinder Ebenbilder und Nachfolger eures Vatters im Him̃el / der laͤſſet ſeine Sonne aufgehen uͤber Boͤſe und Gute / und laͤſt regnen uͤber Gerechte und Ungerechte. (i)Matth. 5. v. 45.Man muß auch nicht pralen mit dem Almoſen / noch damit Ehre vor den Leuten ſuchen.(k)Matth. 6. v. 4. viel weniger andern abnehmen / das man den Armen gebe. Das baͤſte wird ſeyn / wann ein jeder etwas redlichs mit ſeinen Haͤnden arbeitet / auf daß er habe zu geben dem Duͤrftigen. (l)Eph. 4. v. 28.
JN denen Geſchichten der Apoſtel / wird dem Haubtman Cornelio durch einen Engel angekuͤndet / ſein Gebet und Almoſen ſey vor GOrt gekom - men:(m)Ap. G. 10. v. 4. und dadurch ward er / aus einem Heiden zum Chriſten. Hieraus erlernen wir / daß das Gebet und Almoſen muͤße zu -ſam -273Bete und Gibe. ſammen vor GOtt kommen / wann wir et - was von ihme erbitten wollen. Die Goͤttliche Geſetz-Tafel hat zwey Blaͤtter: das erſte befihlt die Liebe gegen GOtt / das andere / die Liebe gegen dem Naͤchſten. Dieſe beide hangen aneinander: Gott und die Bruͤder / Chriſtus das Haubt und die Glieder / muͤßen zugleich geliebt werden. Es heiſſet: Liebe deinen Nechſten / als dich ſelbſt. Wie ich nun ſelbſt nicht gern darbe / ſondern lieber ſehe / daß mir Gott die Notturft gibet: alſo ſoll ich auch meinen Naͤchſten nicht darben laſſen / ſondern ih - me mittheilen / und alſo das Gebot Chriſti und der Natur erfuͤllen: Was du wilſt / das man dir thue / das thue auch du einem an - dern.
50 Welche nun / alſo mit den Guͤtern umzugehen / ſich gewoͤhnen / und den HErꝛn dabei fuͤrchten: denen wird dieſe Gabe / oder vielmehr dieſe Zugabe / von GOtt reichlich zufallen. Sie haͤngen aber das Herz nicht daran / wañ ihnen Reichtum zu - faͤllet / trotzen und veꝛlaſſen ſich nit darauf: ſondeꝛn(o)Pſ. 49. v. 7. ſie veꝛlaſſẽ ſich auf Gott / der ihnẽ gibt reichlich und taͤglich allerley zu genieſ - ſen / nicht zu verſchließen und aufzuſpa - ren. Sie thun gutes den Armen / werdenSalſo274Gott iſt guͤtigalſo reich an guten Werken / und ſamlen ihnen Schaͤtze im Himmel. (p)1. Tim. 6. v. 17.
VJele unterlaſſen / GOtt um ſeine Gaben zu bitten / weil ſie Suͤnder ſind / und darum nichts von ihm hoffen koͤnnen: dann / GOtt erhoͤret die Suͤnder nicht. (q)Joh. 9. v. 31.Aber diß iſt ein Einwurf des Satans / der uns immer gern / unſren guten liebreichen Vatter im Himmel / als einen zornigen Richter vorſtellet / und will / daß auch wir Teufel werden / und kein Ver - trauen / wie dieſe / zu ihm ſetzen ſollen. Aber Satan / du leugeſt! wann Gott um deß - willen ſeine Gaben entziehen wolte / ſo mu - ſte er niemand nichts geben: dann wir ſind allzumal Suͤnder. Es iſt ein Unter - ſchied / mit den Suͤndeꝛn: etliche ſuͤndigen aus Schwachheit / andere aus Bosheit. Von dieſen letzeren ſagt der Apoſtel: Jhr bittet / und erlanget nicht / darum daß ihr uͤbel bittet / naͤmlich daß ihr es mit euren Wolluͤſten verzehret. (r)Jac. 4. v. 3.
52 Die Fehler aber / die man ausMenſch -275zum Geben. Menſchlicher Schwachheit begehet / die vergibt GOtt / um des Verdienſts und vol - kommenen Gehorſams JESU CHriſti / und um ſeiner Vorbitte willen / und rechnet uns dieſelben nicht zu / daß er deswegen uns aus ſeiner Vaͤtterlichen Vorſorge aus - ſchließen ſolte: wann wir nur ſolche taͤglich bereuen und ihme abbitten. Und dieſes hat unſer himliſcher Gebet-Lehrer uns bedeu - ten wollen / indem er / auf die Nahrungs - Bitte / dieſe Abbitte geordnet: Vergib uns unſre Schulden.
53 Gewiß iſt es / wie droben erwehnt worden: wer ſein Gemuͤte alſo in Gottes - Furcht befaͤſtet hat / daß er den Reichtum nicht zum Suͤnden Werkzeug mache / dem wird Gott dieſer Zugabe ſo viel zuwerfen / als er immer verlangen mag; ſonderlich wann er dem Nechſten damit zu dienen be - gehrt. Weil aber der Reichtum nur die Seelen zu verderben und von Gott zur Welt abzufuͤhren pfleget / und weil ihn un - ſer Heiland den Dornen vergleichet / die den Samen des Goͤttlichen Worts erſticken und nicht Frucht bringen laſſen: als iſt das ſicherſte / daß man / mit Agar / das Mit - tel zwiſchen Reichtum und Armut / naͤm - lich die Notturft / verlange / GOTT dar -S ijum276Die vierdteum bitte / und ihme daran genuͤgen laſſe. (ſ)Spr. 30. v.[s].
54 GOtt gibet ja gerne / ſeinen Kin - dern / die er erſchaffen hat. Er kan auch wol dulten / daß man ihm ſelbſt etwas gu - tes thue. Dann hierzu / hat er auch die Erde / unſer Haus mit ſeinen Guͤtern an - gefuͤllet. Aber man muß dabey nicht ſei - ner vergeſſen / noch vom Schoͤpfer ſich zum eitlen Geſchoͤpfe wenden. Man muß den Brunn kroͤnen / daraus man Waſſer ſchoͤp - fet. Man muß ſich erinnern / daß man al - les aus der Hand des HErꝛn habe. Man muß ein Springbrunn ſeyn / der das Waſ - ſer / ſo ihme durch Roͤhren von erhobenen Orten zufließet / wieder in die Hoͤhe ſpritzet. Man muß denken / und Gott danken. Und wer alſo danket / der machet / daß GOt - tes reiche Hand ſich ferner auf ihn aus - leeret.
GRoßmaͤchtiger GOTT und Schoͤpfer Himmels und der Er - den! ich ſtehe allhier vor dir in deinem Hauſe und bitte dich um deine Gaben / deren du ein unerſchoͤpflicher Quellbrunn biſt. Und von wem ſolte ich ſonſt etwas zu erbitten trachten / da du al - les in allem biſt / und alles von dir kom̃et / und dein iſt? So kan ich auch mir ſelbſt nichts nehmen / ſondern alles / was ich ha - be / iſt deine Gabe.
Du befihleſt mir auch / daß ich bitten / ſuchen nnd anklopfen ſoll: Ach! laß mich nehmen und finden / wie du verſprochen haſt. Jch habe dich erſtlich um die Not - turft der Seele / um das Reich Gottes / ge - beten. Laß nun / darum ich dich auch bit - te / das andere alles / die Notturft des Lei - bes / mir zufallen.
O Gott! 279zeitliche Notturft.O GOtt! du weiſt alles: du weiſt baͤßer / was ich bedarf / als ich dir ſagen kan. Jch aber weiß und bekenne / daß ich auſer von dir / nichts habe / auch nichtes zu empfangen habe. Und eben darum will ich dir meine Notturft erzehlen: aufdaß ich mich ſelbſt erinnere / daß ich alles von dir habe.
Du haſt mich auch eben darum arm und nacket zur Welt kom̃en laſſen / da die Thiere ihr Kleid und ihren Belz mitbrin - gen: damit ich an dich meinen Vatter ge - denke / dir zulaufe / und die Notturft bei dir hole. Du haſt auch ſelbſt / dem erſten paar Menſchen / Roͤcke von Thier-Fellen gemacht / ihre Bloͤße damit zu decken.
Ach ja / Vatter im Him̃el! du weiſt daß ich Kleider vonnoͤten habe. Kleide dein Kind / wie ein irdiſcher Vatter thut. Gib mir auch ein Ehrenkleid / wie den Lilien. Regire mich aber hierbey durch deinen H. Geiſt / daß ich nicht damit prange / was ein Suͤnden-Denkmal iſt. Dann haͤtten unſ - re Erz-Eltern nicht geſuͤndigt / ſo doͤrften wir uns der Bloͤſſe nicht ſchaͤmen / ſo wuͤrde der Leib nicht von Hitze / Froſt / Regen / Wind und Staube bekrieget.
Du ſitzeſt / O GOtt / mit deiner Ma - jeſtaͤt im Him̃el: aber die Erde / die auchS iiijdein280Gebet umdein iſt / haſt du den Menſchenkindern ein - gegeben. Du weiſt / daß ich ein Haus und Wohnung brauche. Die Fuͤchſe ha - ben Gruben / und die Voͤgel ihre Loͤcher. Gib auch mir eine / wo nicht eigene / doch zu meinen Beruff und Leben bequeme ruhige Wohnung; und dein Heil. Geiſt mache ſolche zu deinem Tempel / darinn man dich liebet und ehret: ſo wirſt du / hochheili - ge Goͤttliche Drey Einigkeit zu mir kom̃en / und Wohnung bey mir machen.
Ach! moͤchteſt du mir / zum Gedaͤchtnis des Paradeiſes / auch wie dem Adam einen Garten zu bewohnen und zu bauen geben / dich alda in deinen Geſchoͤpfen zu betrach - ten! laß auch deine heilige Engel meine Wohnung umlagern / daß weder Geiſt - noch leibliche Feinde dieſelbe beſchaͤdigen koͤnne. Dein Heil. Geiſt lehre und leite mich aber dabei / daß ich damit keinen Pracht treibe / ſondern bedenke / daß es nur meine Herberge ſey / und daß wir hier kein Bleibnis haben; daß wir im himli - ſchen Heimat / eine beſtaͤndige Wohnung ſuchen ſollen.
Du haſt / O GOtt / die Menſchliche Leiber alſo erſchaffen / daß ſie ohne Speis und Trank nicht leben koͤnnen. So gib dañ / O Vatter im Him̃el / deinem Kinde /zur281zeitliche Notturft. zur Notturft / auch die Nahrung des Lei - bes / das Taͤgliche Brod: wie du weiſt / daß wir deſſen bedoͤrfen. Erinnere mich al - lezeit durch deinen H. Geiſt / daß ich hierum nicht ſorge / ſondern dich unſren Vatter ſor - gen laſſe / der fuͤr alle ſorget und alles ver - ſorget. Und wie ſolte ich daran zweiflen / da alles taͤglich aus deiner Hand iſſet / und alles / was Augen hat / auf dich ſchauet / und du taͤglich ſaͤttigeſt / alles was da lebet?
Jch bin dein Kind / dein Knecht / der hier auf Erden in deinem Hauſe wohnet; ein Herꝛſpeiſet und traͤnket ja taͤglich ſeine Dienſtboten. Du wirſt ferner thun / was du ſo lange gethan. Du haſt mich von Mutterleibe an / durch vaͤtterliche Unter - haltung / lebendig erhalten und mir alles Gutes gethan. Du laͤſſeſt ja Brod und Wein aus der Erden wachſen / fuͤr deine Kinder / deren ich ja auch eines bin. Laß doch nicht zu / daß die Kinder dieſer Welt alles an und in ſich ziehen / und uns den dei - nen alles vor dem Maul hinweg zehren.
Regire aber mich und die Meinen durch deinen H. Geiſt / daß wir dich nicht unehren mit dem Munde / der deine Ga - ben verzehret / noch denjenigen mit Wor - ten und Werken erzuͤrnen / an deſſen Ta -S vfel282Gebet umfel wir ſitzen. Laß mich nicht / durch Schwelgen deine Guͤter verſchwenden / noch meinen Leib wider die Seele waff - nen. Du gibſt Speiſe / denen die dich fuͤrchten: andren muß ſie im Leib zum Fluch werden. Verſchaffe in mir / daß ich alles mit Dankſagung empfange / und alſo das deine mit Segen genieße: ohne wel - chen mir lauter nichts gedeyen kan.
Und weil niemand auf Erden eſſen ſol / der nicht arbeitet: ach mein GOtt! ſo ſeze du mich in einen folchen Beruff / darinn zu arbeiten / den du meinen Kraͤften und Ver - moͤgen anſtaͤndig weiſt / dich damit zu eh - ren / und meinem Naͤchſten zu dienen / auch etwas fuͤr mich und die Meinen zu erobern. Hilf du mir auch ſelber arbeiten / und ſegne mein Thun / wie den Fiſchzug Petri: daß es wol gerahte / und Frucht bringe. Jch will arbeiten / beten / glauben und hoffen: du wirſts wol machen / der du alles ge - macht haſt.
Die edelſte irdiſche Gabe / iſt die Ge - ſundheit der Seele / der Sinnen und des Leibes: ach! deren habe ich / du weiſt es / zu meiner Arbeit vonnoͤten. Sie kranken ja billig / weil ſie immer ſuͤndigen. Aber ich ſpreche / nach deines Sohns meines Ver - ſuͤhners / Anweiſung auf dieſe / dienechſt -283zeitliche Notturft. nechſtfolgende Bitte: Vergib mir meine Schulden / um ſeines Verdienſts und Vor - bitte willen. Laß mein Beruffs-Werk nicht / durch Krankheit verhindert werden.
Dir begehre ich ja / mit Huͤlfe deines H. Geiſtes / zu dienen. Verwehre doch / daß ich nicht in den Dienſt der Eitelkeit / um zeitlicher Nahrung willen / verwicklet wer - de / und der liebloſen Gottsvergeſſnen Welt in die Hand ſehen muͤße. Es iſt ja alles dein / und du haſt mir mit JEſu alles geſchenket: ach! ſo laß dan / zu meiner Notturft / auch mein ſeyn / was dein iſt / weil ich / O himliſcher Vatter / dein Kind bin.
Laß mein Oel und Meel / wie dorten der Witwen ihres / nicht auf hoͤren. Du haſt ja im̃er die Haͤnde voll / und kanſt die Fuͤlle geben. Gib mir dan / zu dem Noht-Brod / auch einen Labungspfennig / einen Ehr - pfennig. Laß mich nicht zu Schanden werden / weil ich auf dich hoffe und traue. Es iſt ja billig / daß dieſe haben / was ſie beduͤrfen / die dich haben. So wirſt du ja auch durch deine Allmacht halten / was deine Warheit verſprochen hat.
Jch begehre nichts zur Eitelkeit / daß ichs mit Geitz verwahre / oder damit pran - ge / oder daß ichs mit Wolluͤſten verzehre. Jch284Gebet um zeitliche Notturft. Jch bitte nicht allein um das Gut / ſondern auch um deinen guten Geiſt / der es mich recht brauchen lehre. Jch verlange et - was uͤbriges / fuͤr meinen Nechſten. Gib: daß ich geben koͤnne. Jch geile um die drei Brode / daß ich habe meinem Freund / mei - nem Nechſten vorzulegen. Jch will / mei - nen Glauben / in der Liebe zeigen. Jch will dein treuer Haushalter ſeyn.
Gib mir / geneigte und gerechte Obern. Gib mir / wo nicht etliche / doch nur einen ge - treuen Nachbaꝛn / nur einen guten Fꝛeund / der es redlich mit mir meine. Hilf mir / daß ich mit jederman Frieden halte. Schuͤtze mich / die Meinen und das Meinige / vor Feinden und allem Unfall. Befihl dei - nen Engel / den baͤſten Freunden / daß ſie mich begleiten und auf den Haͤnden tragen: und mache mich alſo leben / daß ſie Luſt ha - ben um mich zu ſeyn.
Jch habe dich / O GOtt / um viel ge - beten. Jch ſtelle aber alles in deinen Willen / und ſenke darein meinen Willen: gib mir / was dir gefaͤllt mir zu geben. Deſ - ſen aber bin ich verſichert / daß du mir die Notturft nicht verſagen werdeſt.
Gib mir auch das Geiſtliche Brod / JEſum Chriſtum / das im Brod-Haus Bethlehem ein Menſch gebohren iſt. Ach! das285Gott und Genug. das gibt der Welt das Leben / das Ewige Leben. Gib dich mir / du trautſter Heiland! und verſchaffe durch deine Wunden / durch deine heilige Fuͤrbitte / daß dieſes mein Gebet / daß du mich ſelber gelehret / und daß dein H. Geiſt mich zu GOtt aus - reden gemacht / moͤge erhoͤret werden. Amen / ja in deinem Namen / Amen.
WJR ſind alle Adams-Kin - der: den hat GOTT er - ſchaffen / und als er / durch die Suͤnde / in des Todes - und Teufels - Stricke ge - fallen / durch ſeinen Sohn JEſum CHriſtum erkauft und erloͤſet. Sind wir nun alle / im erſten und andern Adam / GOttes Kinder / ſo ſind wir ja Bruͤ - der und nahe Verwanten.
2 Wir leben auch alle auf und von ei - ner Erde / die GOtt erſchaffen und uns zur Wohnung eingeraumet / in dieſem ſeinem Hauſe / werden wir auch alle von ihm / un - ſerem HErꝛn und Vatter / ernehret und er - halten. Wir werden durch einen Engel - Schutz / von ihme / wider ſeine und unſere Widerſacher / den Teufel / und deſſen liebe / getreue Weltlinge / beſchirmet: alſo ſind wir nun alle / Haus-Tiſch und Schutz: ge - noſſen.
T3 Weil290Fuͤrbitt-Andacht.3 Weil wir nun / wann wir in der Kir - che / im Bethaus / ſind / auch die daſelbſt vor Augen ſtehende Chriſt-Gemeine uns der Menſch-Gemeinſchaft in GOtt und Chri - ſto erinnert: ſo finden wir ja billig / daß wir fuͤr alle Menſchen GOtt bitten und anruffen ſollen / inſonderheit fuͤr die Chriſt - Glaubens-genoſſen / die mit uns einen wahren GOtt und Vatter in Chriſto / ei - nen Erloͤſer und Vorbitter / einen H. Geiſt und Erleuchter / einen Weg zur Seeligkeit / eine Taufe und ein geiſtliches Nahrungs - Mahl haben. Es ſoll demnach kein Chriſt aus der Kirche gehen: Er habe dann dieſe Fuͤrbitte / vor GOtt abgeleget.
4 Wir ſollen ja bitten / fuͤr die arme Menſchen / als Heyden / Tuͤrken und Ju - den / die in geiſtlicher Finſternis leben / und den rechten GOtt nicht kennen: daß ſie zum Schafſtall Chriſti bekehrt und ver - ſammlet / und alſo das Reich GOttes auf Erden und im Himmel erweitert und ver - mehret / hingegen des Satans Reich ver - ſtoͤrt werden moͤge. Dann es waren un - ſere Voreltern auch Heiden / und ſind wir GOtt hohen Dank ſchuldig / daß er uns zu ſeiner Kirche beruffen laſſen.
5 Die Fuͤrbitte / iſt GOtt ein ſonder - bar angenemes Gebet / daß er mehr alsgern291Fuͤrbitt-Andacht. gern erhoͤret: weil es aus der Liebe abge - het. GOtt hat alle Dinge dem Menſchen / und einen Menſchen dem andern / zu Dienſt erſchaffen. Allen Menſchen koͤnnen wir ja nicht dienen / weil wir ſie nicht alle gegen - waͤrtig haben: aber fuͤr alle Menſchen koͤnnen wir bitten / und ſie GOtt empfeh - len / der ſie alle kennet. Wir koͤnnen auch allen und jeden Menſchen keinen groͤßern Dienſt erweiſen / als wann wir ihnen Got - tes Huld erbitten helfen.
6 Es hat unſer himliſcher Fuͤrbitter uns eine Gebet-Form gelehret: darinnen jeder / nicht ſeinen / ſondern unſern himli - ſchen Vatter anruffet / und nicht fuͤr ſich al - lein / ſondern fuͤr uns / fuͤr alle Menſchen bittet; wie dann das Woͤrtlein Unſer und uns darinnen zehenm al enthalten iſt. Dar - um ſolten wir billig / worum wir auch im - mer zu bitten haben / allemal andere mit einſchlieſſen: weil auch allezeit Menſchen ſeyn werden / die dieſer Gabe / worum wir GOtt bitten / beduͤrftig und von GOtt er - waͤrtig ſind.
7 GOtt erhoͤret uns auch lieber / wañ wir fuͤr andere / als wann wir fuͤr uns ſel - ber / bitten: dann ſolches Gebet gefaͤlt ihm ſonders wol / wie beruͤhrt / weil es aus der Liebe gehet / und kein Eigennutz dabey iſt. T iiAlſo292Fuͤrbitt-Andacht. Alſo hat er den Moſe zum oͤftern erhoͤret / wann er fuͤr ſein Volk gebetten: aber die Bitte / daß ihn GOtt wolte ins gelobte Land miteingehen laſſen / ward ihme ver - ſaget. Wann Glaub und Liebe miteinan - der vor GOtt kommen / da iſt er uͤberwun - den und gebunden: Er kan ſolche Bitte nicht abſchlagen / er muß hoͤren und er - hoͤren.
8 Ein glaubiger Fuͤrbitter thut eben das auf Erden / was JEſus Chriſtus im Himmel thut: das mag ja ein hohes Werk ſeyn. Du wirſt / auf dieſe Weiſe / deines Bruders Heiland / wann du glaubig fuͤr ihn bitteſt. Und wir ſind dannoch ſo verdroſſen / ſo ein herꝛliches Amt zu uͤber - nehmen. Es ſoll auch die Fuͤrbitte dem Beter mit-nutzen: dann er ſchlieſſet ja ſich ſelbſt mit ein / wann er fuͤr alle bittet.
9 Jſt den Chriſten in allen Dingen / ſo iſt auch ihnen im Gebet / die Einigkeit noͤtig. Bey dem Ungewitter bloͤckt die ganze Schaf-Heerde: warum nicht / bey angedrohten Goͤttlichen Zorn-Sturm / die ganze Chriſtgemein? Viel Tropfen hoͤlen den Marmor; manche Streiche faͤllen die Eichen; viel Geſchuͤze eine Maurẽ: viel Thꝛe - nen erweichen das Goͤttliche Vatterhertz. Soll das Waſſer-Rad aus dem Fluß einenTeich293Fuͤrbitt-Andacht.
T iij294Fuͤrbitt-Andacht. Teich anſchwemmen / ſo ſchoͤpft nicht ein Gefaͤſſe / ſondern es gibt / durch Viele die Fuͤlle. So muß auch die vereinigte Gottes-Kirch den himliſchen Segen-Strom / durch viel Hertz-gefaͤſe / in dieſes Elend-Thal leiten.
10 Kein Zweifel iſt / der Fuͤrbitt - Mangel ſey die Urſache / daß ſo wenig Jrꝛ-und Unglaubige bekehrt werden / und daß GOtt oftmals ſchwere Landſtraffen ergehen laͤſſet: wañ naͤmlich niemand iſt / der ſeinen Vatter-Namen anruffet / und ſich aufmachet / daß er ihn halte. (t)Eſa 64. v. 7.GOtt ſelbſt klaget hieruͤber / durch den Propheten(u)Ezech. 22. v. 30 / 31. Jch ſuchte unter ihnen / ob jemand ſich zur Mauer machte / und wider den Riß ſtuͤnde / gegen mir fuͤr das Land / daß ich es nicht verderbte; aber ich fande keinen: darum hab ich meinen Zorn uͤber ſie aus - geſchuͤttet.
11 O Wunder-Wuͤrde eines eiferigen Fuͤrbitters! wer wolte zweiflen / daß Jo - ſua die Sonne ſtillgeſtellet? GOtt ſelbſt will ſtill ſtehen / wann er zu ſtraffen ſich aufgemacht / und der Stimme eines Mañs gehorchen. (x)Joſu. 10. v. 14.So einen Glaubens - Hel - den will GOtt nachſehen / daß er ihm ſelbſtwi -295Fuͤrbitt-Andacht. widerſtehe: er ſoll / gegen ihm / die Vor - Mauer eines ganzen Landes ſeyn / und der Damm / der die Straf-Flut nicht einreiſſen laͤſſet. Alſo hat Moſe das Volk Jſrael / durch ſeine Fuͤrbitte errettet / da GOtt ſie vertilgen wollen. Hoͤret doch Wunder! GOtt ſagt zu ihm / der Berg zum Staͤub - lein / laß mich / daß mein Zorn uͤber ſie er - grimme / und ſie auffreſſe!(y)2. B. Moſ. 32. v. 10. und her - nach: Jch habe ihnen vergeben / wie du geſagt haſt. (z)4. B. Moſ. 14. v. 20.
12 Wer wolte dann nicht gerne nach dieſer Ehre trachten / ſo ein Wundermann zu werden? und da Chriſtus befohlen hat / ſeine Juͤnger und Diener ſollen in alle Welt gehen / alle Voͤlker zu lehren und zu bekehren: wie leichtlich kan ſolches hie - mit geſchehen. Laſt uns / mit herzlicher Fuͤrbitte / dahin ziehen / und ſie GOtt an - daͤchtig empfehlen: der kan und wird ſie / durch ſeinen Heil. Geiſt lehren und bekeh - ren. So ſoll dann in der Kirche und bey der Gemeine / wenigſt am heiligen Sonn - tage / ehe man von Gottes Angeſicht hin - weggehet / die alſo noͤtige und nuͤtzliche Fuͤr - bitte / mit Andacht und Glauben ab - geleget werden.
OEwiger Sohn GOttes JESU Chriſte! Du haſt / von Anfang / eine Kirch und Gemeine der Heili - gen dir auf Erden geſamlet / ſie zur Braut angenommen / und dich mit ihr verlobet in Ewigkeit. Du haſt ſie durch dein heiliges Menſchwerden / Leiden und Sterben / von Tod und Hoͤlle erloͤſet. Du haſt ihr dei - nen heiligen Geiſt zum Troͤſter geſendet / und ſie gereinigt durch den heiligen Tauf - Brunn deines fuͤr ſie vergoſſenen Blutes. (a)Eph. 5. v. 26.Du biſt ihr Haubt / als deines Leibes(b)Cap. 1. v. 22. du biſt ihr Hirt / als deiner Heerde und Schafſtalles. (c)Joh. 10. v. 1.Du wohneſt in derſelben als in deiner Stadt.
2 Jch danke dir / daß du uns arme Ja - phetiten zu deiner Kirche verſamlet / und in den Huͤtten Sems wohnen laͤſſeſt. (d)1. B. Moſ. 9. v. 27.Jch danke dir / daß du auch mich zur Ge - meinſchaft der Heiligen beruffen: daß du mich / in meiner Taufe / durch deinen Heili -gen297fuͤr die H. Chriſtliche Kirche. gen Geiſt / zum Glied deiner Kirche und geiſtlichen Leibes / zum Burger des neuen Jeruſalems / in die Gottes-Kindſchaft und Himmels-Erbſchaft an und aufgenom - men haſt; daß du durch dein heilig Him - melmahl auf Erden / zum ewigen Leben mich nehreſt.
3 Ach mache dieſe deine Kirche / wider alle Hoͤllen-Pforten feſt und ſicher ſtehen. Du wolleſt ja nicht dem Thiere geben die See - le deiner Turteltaube. (e)Pſalm 47. v. 19.Sie iſt der Wein - berg / darinn du ſelbſt der groſſe Weinſtock biſt / und wir ſind die Reben / in und an dir. Laß denſelben mit deinem Allmacht - Schutz / wider die Wuͤtriche und Jrꝛtum - Lehrer als wilde Saͤue und liſtige Ver - nunft-Fuͤchſe / wol umzaͤunet ſtehen / und nicht durch ſie verwuͤſtet werden. Sende ihm treue Huͤter und Arbeiter / die da ſey - en ein Fuͤrbild der Heerde / und die Schaͤf - lein zur nahrhafter Seelen-Weide fuͤhren.
4 Laß auch dein Reich auf Erden er - weitert / und / durch Regung deines Heil. Geiſtes / die verſtockte Juden / blinde Hei - den / und wider dich wuͤtende Mahumeta - ner / als Unglaubige herzu geholet / und die Jrꝛglaubige zum rechten Wege bekehret werden. Dann dieſe werden in der HoͤlleT vdich298Dankſagung und Gebetdich nicht loben: und warum ſolteſt du ſo viel Menſchen umſonſt geſchaffen haben? Erbarme dich doch derſelben / und noͤtige ſie herein zu kommen: auf daß dein geiſt - liches Hochzeit-Hauß voll werde.
5 Sey du / HErꝛ JEſu Chriſte / bey dieſer deiner Kirche / alle Tage biß an der Welt Ende: wie du verſprochen haſt. (f)Matth. 28. v. 20.Sey und bleibe in derſelben / als in deiner Stadt: ſo wird ſie wol bleiben. (g)Pſalm. 46. v. 3.Ja blei - be bey uns: dañ es will Abend werden / der Tag der Welt hat ſich geneiget. Laß / deine Kinder und deine Kirche / nicht Waiſen: dann ſie hat ſonſt keinen Vatter. Laß deinen Namen herlich werden in allen Landen: daß man dir danke im Himmel. Endlich / und bald / fuͤhre ſie und ihre Glie - der als die Geſegneten deines Vatters / aus dieſem Gnaden - und Creutz-Reich / und laß ſie / als deine Mit Erben kommen / in das Reich deiner Herꝛlichkeit / und er - fuͤlle dieſes dein Wort: Vatter ich will / daß wo ich bin / auch dieſe bey mir ſeyen / die du mir gegeben haft / daß ſie meine Herꝛlichkeit ſehen. (h)Joh. 17. v. 24.Amen / Herꝛ JEſu / Amen!
OJEſu du getreuer Hoherprieſter / Hirt und Ertzbiſchof unſrer See - len! wir bitten dich ſende uns treue Hirten und Lehrer / die uns zur geſunden Weide deines H. Worts fuͤhren; die uns den Weg gen Himmel zeigen / und ſelben vorgehen / zu gleich recht lehren und leben. Ziere deinen geiſtlichen Himmel mit Ster - nen: die uns / wie dorten einer die Weißen aus Morgenland / zu dir weiſen und fuͤh - ren. Mache ſie / wie deine Apoſtel / mit feurigen Zungen reden / und gleich dem Menſchen-Fiſcher Petro / eine große Maͤn - ge der Seelen in dein Netze ziehen. (i)Ap. G. 2. v. 3. 41.
2 Regiere ſie durch deinen heiligen Geiſt / daß ſie bedenken / Chriſtum lieb ha - ben / ſey baͤſſer / dann alles Wiſſen. Ma - che ſie getroſt ruffen und nicht ſchonen: weil du des Suͤnders-Blut wirſt von ih - ren Haͤnden fordern. Mache ſie leben / wie ſie lehren / und der Gemeine vorleuch - ten. Pflanze durch ſie dein Reich / und deinen geiſtlichen Himmel auf Erden. Ma -300Gebet um treue / undMache ſie einen Sieg nach dem andern erhalten / wieder Suͤnde / Welt / Tod und Teuffel. Gib ſolche Hirten / die da ſuchen die Heerde und nicht ſich ſelbſt zu weiden. Mache ſie geiſtig und mit feurigen Zungen reden / daß es ins Hertz hinein gehe: auf - daß ſie dort / wie des Himmels-Glanz / leuchten moͤgen.
3 Lehre uns die Geiſter pruͤfen / ob ſie aus GOtt ſind.[k]Joh. 4. v. 1. und die rechten Hirten an deiner Stimme erkennen. Laß uns der Schlange / die uͤber Gottes Wort di - ſputiret / nicht gehoͤr geben: damit wir nicht / wie Eva / von dir abgefuͤhret werden und vom Baum der luͤſternen Erkentnis den Tod naſchen. Wehre dem Satan daß er nicht zu viel quackende Froͤſche aus - ſpeye / die uns die klare Quelle deines Worts vertruͤben. Sie reden mitein ander unnuͤtze Dinge / und lehren aus uneinigem Hertzen. Sie heiſen uns / dich die Lebens - quelle verlaſſen / und ihren Ciſternen nach - lauffen / die doch kein geſundes Waſſer geben.
4 Behuͤte uns fuͤr ſolchen Jrꝛliechtern / die nur verfuͤhren: weil ſie von dir / dem ewigen Wege abfuͤhren. Laß das Liecht deines heiligen Worts nicht verleſchen /und301wider falſche Lehrer. und die Vernunft den Glauben nicht aus - rotten. Laß es an dieſem Welt-Abend noch Liecht werden. (l)Zach. 1 4. v. 7.Laß uns / in Goͤtt - lichen und Geheimnis-Sachen / die Ver - nunft unter den Gehorſam des Glaubens gefan - gen nehmen /[m]2. Cor. 10. v. 5. und bedenken / daß der na - tuͤrliche Menſch nicht verſtehet / was des Geiſtes GOttes iſt. [n]1. Cor. 2. v. 14.Erhalte noch deine ſiben - tauſend / die du kenneſt / die ihre Knie nicht beugen vor dem Baal der Vernunft Weiß - heit / noch weniger vor ſeiner Buhlin / der Atheiſterey: und um derſelben willen / wolleſt du mit deinem Wort nicht von uns hinweg wandern / ſondern bey uns blei - ben. Amen / in JEſu Namen / Amen!
GRoßmaͤchtiger GOTT Himmels und der Erden / du Koͤnig aller Koͤnige und HErꝛ aller Herren! Du haſt uns durch deinen hochgelobten Sohn befohlen / daß wir unſern Naͤchſten als uns ſelbſten lieben ſollen. (o)3. B. Moſ. 18. v. 19.Wie kan ich ihn aber hoͤher lieben / als wann ich ihn dei - ner Gnad-Liebe empfehle?
2 So befehle ich dir dann die Amtleute deines Reichs /(p)Weißh. 6. v. 5. auf Erden / alle Chriſt - liche Potentaten und Regenten: inſon - derheit deinen Geſalbten / die Roͤm. Kaͤi - ſerl. Majeſtet / ingleichen unſre wehrte lie -be304Allgemeinebe Obrigkeit / unter deren Schutz wir le - ben. Gib ihnen und ihren Raͤhten deinen heiligen Geiſt / und alſo die Weißheit von oben herab / daß ſie bey ihnen ſey / und mit ih - nen arbeite: auf daß ſie erkennen / was dir wolge - faͤllet /(q)Cap. 9. v. 10. und demſelben auch in allen ih - ren Rath - und Anſchlaͤgen zu deiner Ehr und gemeinen Baͤſten / eifrig nachſetzen. Mache ſie / die reine Lehre / Gerechtigkeit und den lieben Frieden handhaben / und bey uns erhalten. Mache auch uns / mit Gehorſam / Liebe und Treue / auch mit al - ler Schuldigkeit ſie ehren: und gib / daß wir unter ihnen ein geruhlichs und ſtilles Leben fuͤhren moͤgen / in aller Gottſeligkeit und Er - barkeit. (r)1. Tim. 2. v. 2.
3 Gib Friede zu unſern Zeiten / und laß uns / jeden unter ſeinen Weinſtock und Feigenbaum ruhig wohnen. (ſ)1. Koͤn. 4. v. 25.Segne und bewahre Saat und Frucht auf dem Feld: daß wir unſer taͤglichs Brod haben moͤgen. Straffe uns nicht durch Zweitracht und Aufruhr / durch Feuer und Waſſers-Noht / durch Mißwachs / Ungewitter / Sturm - wind und Erdbeben / durch Krieg / Hun - ger und Seuchen.
4 Jch befehle dir auch / O GOtt / die Noht und Anligen aller meiner Mit Chri -ſten305Fuͤrbitte. ſten und Mitknechte. Gib den Schwan - gern und Saͤugenden / froͤliche Frucht und Gedeyen. Regiere die Eltern / daß ſie ihre Kinder auferziehen in der Zucht und Ver - mahnung zum HErꝛn. (t)Eph. 6. v. 4.Rege auch durch deinen heiligen Geiſt die Kinder / daß ſie ihre Eltern mit Gehorſam ehren / und / wie das Kind JEſus / im Geiſt wachſen / und zu - nehmen an Weißheit / Alter und Gnade / bey GOtt und den Menſchen. (u)Luc. 2. v. 40. 52.Leite die Ehe - leute / daß ſie ſich wol miteinander begehen /(x)Sir. 25. v. 2. Regiere Knechte und Maͤgde / daß ſie ge - horchen und treu-fleiſſig dienen. Sey der Waiſen Vatter /(y)Pſ. 68. v. 6. Pſ. 10. v. 14. Helfer und Vormund. Sey der Witwen Richter und Erhalter. (z)Pſ. 146. v. 9.
5 Staͤrcke und ſegne die Arbeitenden daß ſie ſich wol nehren / und vom Schweiß ihres Angeſichtes ihr Brod eſſen. Fuͤhre die Jugend / und trage die Alten. Sey durch deine Engel der Reiſenden Schutz - geleite. Sey der Kranken Artzt / und der Armen Verſorger.
Erhoͤre auch die Betenden / entbinde froͤlich die Sterbenden / und erbarme dich allezeit allenthalben aller Menſchen.
6 Jch befehle dir inſonderheit auch alle / die mir lieb / verwandt und bekandt ſind / meine Freunde / Gutgoͤnner und Wol - thaͤter. Nim ſie in deinen gnaͤdigen Vatter-Schutz. Regier ſie durch deinen heiligen Geiſt. Behuͤte ſie durch deine liebe Engel / auf allen ihren Wegen. Gib ihnen / was ihr Hertz wuͤnſchet / Segne ſie an Seele und Leib / an Gut und Ehre. Saͤttige ſie mit geſund-langem Leben / und zeige ihnen endlich im Himmel dein ewi - ges Heil.
7 Meine Feinde wolleſt du bekehren / und wider ſie mich ſchuͤtzen. Laß mich daraus erkennen / daß meine Wege dir wol - gefallen / indem du auch meine Feinde mit mir zu frieden macheſt. (a)Spr. 16. v. 3.
8 Um diß alles / und was ich ſonſt zu bitten habe / bitte ich dich / O GOtt himli - ſcher Vatter / durch JEſum Chriſtum / dei -nen307Fuͤrbitte. nen Sohn und unſern Heiland / in Kraft des heiligen Geiſtes: welcher was mir an Andacht und Worten abgehet / gnaͤdig er - ſetzen wolle. Jch erinnere dich deiner Erhoͤrungs-Zuſage / und zweifle nicht / du werdeſt / um JEſu heiligen Verdienſtes und theurer Fuͤrbitte willen / nach deiner unfehlbaren Wahrheit / unendlichen Barmhertzigkeit / und unerſchoͤpflichen Allmacht / mein Gebet ja und Amen ſeyn laſſen. Du kanſt es thun / du wolſt es thun / du wirſt es auch thun. Jn JEſu Na - men / Amen!
ES iſt ja wahr / du gerechter GOtt / wir noͤtigen dich / durch unſer gott - loſes Suͤnden - Leben / uns mit Landſtraffen im Zorn heimzufuchen. Wir kriegen wider dich mit Hohfart / wie Luci - feꝛ / und fuͤꝛchten uns nit / wieder deine Goͤtt - liche Majeſtet uns mit aller Boßheit zu entboͤren / und deine heilige Gebote zu ver achten. Wir laſſen unſer fleiſchliche Ver - nunft wider dein Goͤttliches Wort und denU ijGlau -308Gebet um AbwendungGlauben bellen. Wir vergeſſen auch des Gebots der Liebe / und bekriegen ein - ander / durch Haß / Reid / Zank / und Verach - tung / durch alle Arten der Ungerechtigkeit. Hiemit verdienen wir / daß du die eiſerne Kriegsrute uͤber uns zuckeſt / und uns haͤr - tiglich zuͤchtigeſt / daß Blut und Threnen von uns flieſſen. Und wie koͤnnen wir im Lande Frieden hoffen / da wir nicht ablaſ - ſen wider GOtt den Allgewaltigſten / zu kriegen?
2 Wir beleidigen deine Heiligkeit mit unſerem ungoͤttlichem Schand-Wolluſt - Leben. Was iſts dann Wunder / wann du / uns die Sterb-druͤſe anzuhaͤngen / den Giftdeutenden Seuch und Peſt-Beſem er - greifeſt / und uns / als Beſtien / zum Land hinauskehreſt. Dann wer mit dem Lei - be ſuͤndiget / muß auch am Leibe leiden.
3 Wir machen uns unwuͤrdig deiner vaͤtterlichen Guͤte und Mildigkeit / indem wir deinen Segen mit Schwelgen / Pracht / nud Uppigkeit verſchwenden. Wir tra - gen uns auch mit dem Geitz / und verfluch - ten Mammons-Dienſt / als der Wurtzel al - les Ubels. Jeder will alles allein haben / und zu ſich reiſen. Man gibet nicht allein nicht / wie du befohlen / ſondern man nimt auch dem Nechſten / was du ihm gegebenhaſt. 309der drey Landplagen. haſt. Hiemit geben wir dir die Hunger - Peitſche in die Hand / und verdienen / daß du uns den Segen entzieheſt / und den Vor - raht des Brods durch Mißwachs ringerſt oder Raupen und Raben (unnuͤtze frem - de Gaͤſte) uͤber uns ſendeſt / die uns das unſrige vor dem Munde hinweg zehren.
4 Ach! daß doch die Leute ſich baͤßer - ten! ſo wuͤrdeſt du / O guter GOtt / auch die Zeiten baͤſſern. Aber / HErꝛ / du ken - neſt ja unſer Verderbnis und Schwach - heit / und daß wir / ohne dich / nichts vermoͤ - gen. Du allein kanſt / du muſt bekehren / wann wir ſollen bekehret werden. Warum laͤſſeſt du dañ uns alſo irꝛ gehen von deinen We - gen / und unſer Hertz verſtocken: daß wir dich nicht anruffen. (c)Eſa. 63. v. 17.
5 Kehr dich doch wider zu uns / auf daß wir uns wider zu dir kehren. Gib und gieße in uns deinen heiligen Geiſt / wie du verſprochen / und mache ſolche Leu - te aus uns / die nach deinen Geboten wan - deln. Ziehe uns / ſo laufen wir nach dir. Thue Gewalt an uns / und noͤtige uns in dein Reich zu kommen / wie will ſonſt dein Himmelhaus voll werden / wann du nicht auch die Kruͤppel / die Lahmen und Blin - den herzu holen laͤſſeſt?
6 Und ob es ja die letzte Zeit iſt / daU iijdein310Gebet um Abwendungdein Zukunft-fertiger Sohn JEſus Chri - ſtus wenig Glauben finden wird: ſo ver - ſchone doch der Deinen / und um der Dei - nen willen / wie wenig auch derer ſeyn moͤ - gen; du kenneſt ſie. Wilſt du aber ja das Feuer deines Grims auf Sodoma regnen laſſen: ſo wolleſt du zuvor die / ſo dich lie - ben / wie den frommen Loht / heraus fuͤh - ren. Ach! ich ſage mit Abraham: du moͤgteſt etwan / wo nicht funfzig / doch ze - hen Gerechte unter uns finden: Warum wilſt du die Frommen mit den Gottloſen ver - derben? (d)1. B. Moſ. 18. v. 25.
7 Bedenke / O Vatter / daß unſre Suͤnden / um welcher willen uns der Sa - tan / bey dir Tag und Nacht verklaget / und / auf deine Zulaſſung uns peitſchet / von ihm ſelbſt herkommen. Sie ſind ſein: ſo ſtraffe dann hierum / nicht uns / ſondern ihn / der uns wider dich ſuͤndigen machet / wir haben dir / und nicht ihm / geſuͤndiget: zuͤchtige du uns vaͤtterlich / und ſtraffe uns nicht im Zorn / durch dieſen Henker. Er plaget uns auch / nicht dir zu Ehren / ſon - dern weil er dein und unſer Feinde iſt. Er verfolget ja dich ſelber / indem er alſo die Deinen ſchlaͤget.
8 Er / und dieſe / ſo wider uns anziehen /ſu -311der drey Landplagen. ſuchen nur ſein Reich und ihre eigne Macht zu erweitern / nicht aber dein Himmelreich zu foͤrdern: ſolteſt du ihren Mutwillen gluͤcklich fortgehen laſſen? Ach! ſchuͤtte doch deinen Grimm / nicht durch ſie auf uns / ſondern auf ſie / die dich nicht / wie wir / ken - nen und anruffen. Schlage ſie durch deine Engel / wie das Heer Senacherib. Zer - ſtreue die Voͤlker / die aus Hochmut gerne kriegen.
9 Haben wir deinen Seuch-Beſen verdienet: ach! laß darum deinen Zorn / deine Feuerpfeile und Keile / den heißen Vorſchmack der Hoͤllen / nicht wider uns wuͤten. Laß dieſe Plage / zu unſren Huͤt - ten ſich nicht nahen. Denke an die Ehrne Schlange / deinen lieben Sohn / den du am Creutzes-Pfal erhoͤhen laſſen / den wir glaubig anſehen / den feurigen Schlangen - Biſſen zu entf liehen. Laß dieſen ewigen Hohenprieſter zwiſchen uns und dich tret - ten / der mit dem Rauchwerck ſeines Ver - dienſtes dich verſoͤhne: damit der Plage gewehret werde. Du haſt ja auch unſre Krankheit und Schmerzen auf ihn gele - get / auf daß wir Friede haͤtten.
10 Laß auch nicht zu / daß / um der Jnnwohner Suͤnde willen / daß Land kei - ne Frucht trage. Wir fliehen zu dir / duU iiijhim -312Gebet um Abwendung ꝛc. himmliſcher Joſef! ob wir ſchon deine boͤ - ſe Bruͤder ſeyn / die dich verrahten und verkauft haben. Sey du unſer Speiß - meiſter in der Wuͤſten / wie du ehmals geweſen. Gedenke / ob dich viel boͤſe Buben verſpotten / daß doch auch noch liebe Kinder am Tiſche ſitzen: und un - terlaſſe darum nicht / deine milde Hand aufzuthun / daß wir geſaͤttigt werden. Kroͤne das Jahr mit deinem Gut / und laß die Erde voll ſeyn deiner Guͤter.
11 Du wilſt ja / daß man / mit dem Arm der Glaubigen Fuͤrbitte / dir in die Rute falle / und dich halte. Ob wir dich nicht alle bitten / ſo laß dich doch der wenigen glaubige Seufzer erbitten / die ſich um den Schaden Joſefs bekuͤmmern. (e)Am. 6. v. 6.Ja hoͤre und erhoͤre / die große Fuͤrbitt JEſu Chri - ſti / unſers getreuen / und in deinen Augen theuren Fuͤrſprechers: thue es / um ſeiner heiligen Wunden willen. Amen! in JEſu Namen / Amen!
OER in dem Gottes-Tem - peln gewoͤhnliche Tauf - Stein (von welchem eif - rige Chriſt-Hertzen wuͤn - ſchen / daß er / wo er iſt / ſeyn moͤge / was er heiſſet) iſt das himliſche Archiv / oder der Brief - Schrein / der uns unſeres Bundes mit GOtt erinnert: durch welchen wir / bald nach dem Antritt unſerer irꝛdiſchen Pilger - ſchaft / in das himliſche Burger-Buch ſind eingeſchrieben worden. Er iſt der geiſt - liche Schaf-Brunn / da der himliſche Jacob unſerer Seele / als ſeiner Rahel / den erſten Liebes-Kuß gibet. (f)1. B. Moſ. 29. v. 11.Es iſt der andere Jordan / aus welchen ein ſuͤndaus - ſaͤtziger Naeman gereinigt ſteiget. (g)2. B. Koͤn. 5. v. 14.Bey welchem wir / wie Johannes /(h)Joh. 1. v. 28. un - ſere erſte Glaubens-Bekantnus ablegen.
2 Wann317Andacht.2 Wann nun ein Jnnwohner / ſeinem Namen dem Burger-Buch / ein Kriegs - knecht der Muſter-rolle / einverleiben laͤſſet: ſo unter gibt er nicht nur ſeinen eigenen Willen dem Willen ſeiner Obrigkeit und Befehlhabere / ſondern er iſt auch ſeinen Widerwillen / gegen ihre Feinde / zu bezeu - gen verbunden. Eine verlobte Braut un - terwirft nach dem Goͤttlichen Befehl / ihren Willen dem Vertrauten / und widerſtrebet den Reitzungen ſeiner Neben-Buler. Ein gereinigter ziehet von dem Siech Kobel / und entziehet ſich der Gemeinſchaft ſeiner vorigen Seuch-Geſellen / und fliehet die Urſach des abſcheulichen Ausſatzes. Ein glaubiger Bekenner verbleibt bey ſeiner erſten Ausſage / er ſtehet als ein ſtarker Kir - chen-Pfeiler / und laͤſſet ſich / weder die lin - de Schmeichel-Luft / noch den rauhen Ver - folgungs Wind / gleich einem wankenden Rohr / hin und wider wehen.
3 Demnach ſind wir auch ſchuldig / ſo oft wir in der Kirche den Tauf-Stein er - blicken / oder / nach vieler Kirchen loͤblichen Gewohnheit / der Tauf-Handlung daſelbſt beywohnen / uns unſeres erſten Chriſt - Geluͤbdes / da wir zu der Blut-Fahne JE - ſu geſchworen / und unſere Namen dem Lebens-Buch einzeichnen laſſen / zu erin -nern.318Tauf -nern. Wir ſind ja alle von Natur Kin - der des Zorns.(i)Eph. 2. v. 3. und dannenhero / unſe - rer fleiſchlichen Ankunft nach / nicht beſſer als die junge Goͤtzen - Dienerin Rahel. Dannoch iſt uns / von ſeiner Himmel - Heimat / der trauteſte JEſus nachgereiſet / und hat uns bey dem Tauf-Brunne / mit ſeinem Kuß empfangen und umfangen / und uns zu ſeiner lieben Bulin angenom - men. Dieſe Liebe erheiſchet Gegenliebe / dieſe treue Verloͤbnis loͤbliche Treu.
4 Es erbete dorten Gehaſi / wegen ſeines liſtigen Raubs / den Ausſatz Nae - mans / und / welches ſehr entſetzlich / Sein Same nach ihm ewiglich. (k)2. B. Koͤn. 5.Unſer Ur - vatter Adam / der die Feyerkleider Goͤttli - chen Allweis und Wiſſenheit zu rauben gedachte / hat nicht nur ihm ſelbſten / ſon - dern allen ſeinen Nachkoͤmlingen / den Suͤnden-Ausſatz zugezogen. Jene kon - ten nicht von ihrer Erb-Seuche / wie vor - mals Naeman / durch das Jordan-Waſ - ſer geheilet werden: weil ſie / wie dieſer / des HErꝛn Wort / von Eliſa / nicht hatten. Wir aber haben / bey unſerm Tauf-Jordan das Goͤttliche Befehl - und Verheiſungs Wort. Welches / weil es von dem All - maͤchtigen und Warhaftigen kommet / lei -ſten319Andacht. ſten kan / und leiſtet / was es ſaget. Jn - dem wir nun unſerer Reinigung alſo ver - ſichert ſind / ſo koͤnnen wir / uns / ohne hoͤch - ſten Undank / nicht in den Laſter-Wuſt waͤltzen; ſondern haben Urſach mit der Sulamithin zu ſprechen: Jch hab meinen Rock / den befleckten Fleiſches-Rock / aus - gezogen / wie ſolt ich ihn wieder anziehen? Jch habe meine Fuͤſſe gewaſchen / wie ſolt ich ſie wieder beſudeln? (l)Hoh. L. 5. v. 3.
5 Es hat der Drey-einige GOtt uns elende Erden-Maden / bey der Taufe / ge - wuͤrdiget / einen Bund mit ihme zu ſchlieſen / und uns die Kind - und Mit-Erbſchaft ſei - nes einigen Sohns anzubieten. Wie es / bey der JEſu-Taufe / lautete: Diß iſt mein lieber Sohn: alſo heißet es auch / bey unſerer: diß iſt mein lieber Sohn / meine liebe Tochter. Wollen wir dieſe liebe Kinder bleiben / und das herꝛliche Erb der himliſchen Guͤter dermaleins genießen: ſo muͤſſen wir nicht bundbruͤchig und meineydig werden / uns nicht Baſtarte / ſondern Kinder weiſen / und den Bund des guten Gewiſſens / mit dieſem unſern Gnaden - Vatter veſt balten.
Der320Gottes guterLJnder ſollen wollen / was der Vat - ter will. Jhr eigner Will iſt ge - meiniglich Mutwill / den der Vat - ter haſſet. Vatter-Will / guter Will; der kindiſche / der boͤſe. Ach! daß wir Boͤſe dieſen Baͤſten allzeit waͤhleten. Dieſer will / daß wir nicht verloren werden / ſon - dern daß ſich jederman zur Buſſe kehre. (m)2. Petr. 3. v. 9.Dieſen Willen hat er uns / nicht nur durch ſeine Diener / ſondern durch ſeinen Sohn ſelbſten geoffenbaret / welcher uns in ſeinem Wort noch heut zuruffet: das iſt der Will des Vatters / der mich geſandt hat / daß ich nichts verliere von allem / daß er mir gegeben hat. (n)Joh. 6. v. 39.Er will / daß wir an ſeinen Sohn glauben / welches uns dieſer wahre Mund ebenmaͤſſig entdecket: Es iſt der Will deß / der mich geſandt hat / daß / wer den Sohn ſihet / und glaubet an Jhn / habe das ewige Leben. (o)v. 40.Er will / daß wir verlaugnen das ungoͤttliche Weſen /und321Will.
X322Gottes guter Will. und die weltliche Luͤſte / und zuͤchtig / ge - recht / und gottſeelig leben in dieſer Welt. (p)Tit. 2. v. 11. 12.Er will / daß wir gleich ſeyn ſollen dem Ebenbild ſeines Sohns /(q)Rom. 8. v. 29. und durch Leiden in die Herꝛlichkeit eingehen /(r)Luc. 24. v. 26. zu - vor mit ihm leiden / nachmals mit Jhm herꝛſchen. (ſ)2. Tim. 2. v. 12.
7 Dieſer Will des Dreyeinigen glei - chet / der Drey geeinten Bley-Wage der Bau-Kuͤnſtler / welche anzeiget: ob der Grund richtig oder nichtig ſey? Jſt er nicht Wag-richtig / ſo iſt er baufaͤllig. Weichen unſere Neigungen von dem Goͤttlichen Willen / ſo nahen wir dem Fall und Hoͤllen-Sturtz. Widerſtre - ben wir dieſem / ſo widerſtreben wir unſe - rem Heil. Er iſt die Richtſchnur / nach welcher alles Menſchliche Thun und Laſ - ſen / in Gedanken / Worten und Wercken ſoll gemeſſen werden. Dann er lehret uns Be - ſtaͤndigkeit im Glauben / Demut im Wan - del / Gerechtigkeit im Handel / Liebe in Werken / Zucht in Geberden / Erbarkeit in Sitten / Schamhaftigkeit in Worten / und Gedult im Leiden. O heiliger Will!
WJE nun der Wille GOttes gleich - ſam unſer Himmel / ſo iſt der Flei - ſches-Will unſere Hoͤlle. Wie wir uns jenem zu ergeben / ſo haben wir die - ſem zu widerſtreben. Gottes Willen lie - ben / heiſſet unſern haſſen; jenem dienen / iſt uͤber dieſen herſchen. Es iſt kein ſo grau - ſamer Tyrann / als unſer Will / und keine groͤſſere Slaverey / als ihm gehorchen. Wilt du ein Kind / und nicht ein Knecht / ein freyer Jſaac / und kein dienſtbarer Jſmael ſeyn: ſo entziehe dich dieſer Tyranney / und wirf das Joch dieſes Hausfeindes von deinem Halß. Wie der Satan ein Suͤn - den-Vatter / ſo iſt dein Will die Mutter: toͤde die Mutter / ſo wird auch die Tochter ſterben. Weh dem / der mit dem eigen - willigen Jſrael ſpricht: Wir wollen nach unſern Gedanken wandeln / und ein jegli - cher thun / nach dem Gedanken ſei - nes boͤſen Herzens. (t)Jer. 18. v. 12.
DER eigne Fleiſches Will iſt die Ket - te / an welche der Satan ſeine Stri - cke kuppelt / und die Menſchen ge - fangen fuͤhret / zu ſeinem Willen. (u)2 Tim. 2. v. 25.Die - ſer Widerſacher kehret allen Fleiß an / den Willen Gottes bey uns zu verhindern. Er leget uns denſelben zweydeutig fuͤr / und machet ihn alſo zweifelhaftig. So hat er unſere Groß-Eltern gefaͤllet / und die erſte Gottes-Pflanzen / die edelſte im Paradeis / in Unkraut verkehret. Weil der / in dem Wort geoffenbarte / Goͤttliche Will ſein Reich mindert und hindert / ſo wehret er / ſo viel moͤglich / daß der Hoͤrer das Wort nicht in das Hertz faſſe. Er iſt der Rau - ber Rab / der diß theure Samkoͤrnlein weg friſſet / nach des Heilands Gleich - und Zeug - nis. (x)Luc. 8. v. 5.Wort / Glaub / und Seeligkeit ſind aneinander hangende Ketten-Glieder: loͤſet er eines / ſo iſt das andere getrennet. Das Wort iſt die Nerve oder Senne der Glaubens-Hand; hauet er dieſe ab / ſo iſt die Hand gelaͤhmet. Womit will ſie das Kleinod faſſen?
10 Du325boͤſer Will.10 Du haſt demnach / O getaufter Chriſt! mitten in dem Gottes-Tempel mit Furcht und Zittern zu ſchaffen / daß du ſeelig werdeſt: weil dieſer arge Gaſt und Geiſt auch daſelbſten geſchaͤftig iſt / den gnaͤdigen Willen Gottes bey dir zu hin - dern. Dann / indem man ſich am wenig - ſten verſihet / gehet er herum / und verſchlieſt einem die Augen / durch den Schlaff / wie dem Eutychus(y)Ap. Geſch. 20. v. 9. einem andern die Oh - ren / durch das Nachbar-Gewaͤſche; einem andern das Hertz / durch Unachtſamkeit; und / welches das ſchrecklichſte iſt / ſo langet er gar in das Hertz hinein / den Wort-Sa - men herauszureiſen. Waͤre es dir nicht baͤſſer / das Hertz aus dem Leibe / als das Wort aus dem Hertzen geriſſen: Jener Riß entreiſſet nur das zeitliche / dieſer das ewige Leben. Darum ſtelle dieſem Raub - Vogel / ein Schau-Bild in deine Gedanken verzaͤune dein Hertz mit den Kron-Dornen des leidenden JEſu. Denke / daß Gottes All-Aug uͤber dich wachet / ſo werden deine Augen nicht ſchlummern; daß ſein Ohr auf dich merke / ſo wird deine Zung nicht plandern; daß es JEſu Blut und Leben gekoſtet / dich vom Satan zu erloͤſen: ſoX iijwird326Des Satanswird dein Hertz dieſen Feind nicht ein - laſſen.
11 Wie er nun in der Lehre / ſo ſuchet er auch im Leben den Goͤttlichen Willen bey uns zu hindertreiben. GOtt will / daß wir leben ſollen in Heiligkeit und Ge - rechtigkeit / die ihm gefaͤllig iſt. (z)Luc. 1. v. 75.Man - cher Menſch hat den Vorſatz / ſeine Glie - der zu Waffen der Gerechtigkeit zu bege - ben: der Satan aber ſuchet und verſuchet / ſolchen guten Entſchluß zu aͤndern oder zu - hindern. Manchen faͤllet er durch Wol - luſt / und ſtellet ihm ein Reitzbild fuͤr: wie dem David die entbloͤſte Bathſeba. (a)2. B. Sam. 11. v. 2.Manchen / durch Ehrſucht / wie er eben die - ſen reitzete das Volk zu zehlen. (b)2. Sam. 24. v. 1.Manchen / durch Geitz / wie den Verraͤhter Judas: in welchen er gefahren. (c)Joh. 13.Manchen / durch Furcht / wie den verlaͤugneten Petrum: den er zu ſichten begehrte / wie den Wei - tzen. (d)Luc. 22. v. 31.
12 Bisweilen gebrauchet er ſich der li - ſtigſten Raͤnke / blendet mit dem Tugend - Schein die Gemuͤts-Augen / daß ſie das Boͤſe / vor Gutes anſehen. So verkehret er ihnen die loͤbliche Suͤnden-Reu in Ge - wiſſens-Angſt / oder gaͤnzliche Verzweif -lung;327boͤſer Will. lung; die himliſche Betrachtung / in Un - terlaſſung der Liebe / und Beruffs-Werke; die Leiſtung dieſer / in Verſaͤumung jener. Kan er endlich das Tugendwerk nicht hin - dern / ſo haͤlt er uns den Heuchel Spiegel fuͤr / welcher die Froͤmmigkeit vergroͤſſert / uns zu Selbſt-Bulern machet / und von der JESU-Verloͤbnis trennet. Jſt demnach hoͤchſtnoͤtig / aus dem Paulini - ſchen Zeug-Hauſe die geiſtliche Ritter - Waffen (von welchen oben gedacht wor - den) zu ergreiffen / einen guten Kampf zu kaͤmpfen / und den Glauben und gutes Ge - wiſſen zu behalten.
KAn der liſtige Widerſacher / an - und vor ſich ſelbſt / nichts ausrichten / ſo ſchicket er an uns ſeine Liebſtin / die Welt. Dieſe Jſabel reitzet uns / mit ihrer Schminke / zur Bulſchaft. Wie ſie fuͤr ſich im argen lieget / alſo trachtet ſie uns auch arges anzuſchmitzen. Mit ihrem boͤſen Geſchwaͤtz verderbt ſie gute Sitten. X iiijJhre28[328]Der boͤſe(e)1. Cor. 15. v. 33.Jhre boͤſe Beyſpiele / verkehren und verderben das Gute / und ihre reitzen - de Luſt verkehret unſchuldige Herzen. (f)B. Weißh. c. 4. v. 12.Sie bietet ihre Toͤchter / Fleiſchesluſt / Au - genluſt / hohfaͤrtiges Leben / zur Heyrat aus / und verſpricht zur Morgengabe / was den luͤſtren Fleiſches-Sinnen gefaͤllt / wer ſolte ſie dann nicht / wie Demas / lieb ge - winnen? (g)2. Tim. 4. v. 10.
13 Aber gemach! du GOtt-verlobte Chriſten-Seele / dein Tauf-Bund verbie - tet dir ſo wol / mit dem Satan / der alten Schlange / zu leichen / als mit ſeiner Braut / der Welt / zu bulen. Jhre Freundſchaft iſt Gottes Feindſchaft. (h)Jac. 4. v. 4.Und nicht nur GOttes / ſondern auch deine eigene. Lie - beſt du ſie / ſo haſſeſt du dich ſelbſt. Dann dieſe Jſabel verkauft dich nur uͤbel zu thun fuͤr den HErꝛn. (i)1. B. Koͤnig. 21. v. 20.Dieſe Delila / liebkoſet dir / in ihrem Schos / dich zu blenden / und in die Gewalt der hoͤlliſchen Philiſter zu lieffern. Sie gibt dir Jacobs Linſen-Ge - richt / welches dem Mund ſchmecket / aber ſpate und oft vergebliche Reu / und thraͤnen - de Augen machet. Sie reichet dir der Jael Milch-Topf / der den Luſt-Durſt le - ſchet / aber den ewigen Todes-Schlaff wuͤrket.
14 Hier -329Welt-Will.14 Hieraus erſiheſt du ſattſam / wel - che wichtige Urſachen du habeſt / taͤglich mit hertzlicher Andacht / deinen GOtt anzu - ruffen / daß ſein Will bey dir geſchehe: weil ihn ſo maͤchtige und liſtige Feinde zu hindern unablaͤſſig trachten. Glauben und Gebet ſind die Waffen womit du ſie beſiegen kanſt. Dieſe 2 G machen 3 Fein - de / Fleiſch / Teufel / und Welt / gehen. Da - rum widerſtehe dem hoͤlliſchen Widerſa - cher feſt im Glauben / wie dich / der verſuch - te Felſenmann / Petrus vermahnet. (k)1. Petr. 5. v. 9.Wache und bete / damit du nicht in Anfech - tung falleſt. (l)Matth. 26. v. 41.Erbitte die Goͤttliche Gnade / daß ſie deiner Schwachheit wolle auf helfen.(m)Rom. 5. v. 26. dich vollbereiten / ſtaͤrken / kraͤftigen / gruͤnden. (n)1. Petr. 5. v. 10.
DJe Schuld / den Goͤttlichen Willen zu vollbringen / und deinen demſelben zu untergeben / vergroͤſſert dein eig - nes Gebet / in dem du hinzuſetzeſt: wie imX vHim -330Gottes WillHimmel. Hiemit macheſt du dir den Himmel / zu einen Spiegel: in welchem du das Fuͤrbild des willigen Gehorſams / dir zur Nachfolge / ſehen kanſt. Du erbli - ckeſt JEſum ſelbſten / welcher ſich gegen ſeinem Vatter erklaͤret: deinen Willen thu ich gern. (o)Pſ. 40. v. 9.So nun der Sohn den Willen des Vatters gerne thut: warum ſolte der Knecht dem Willen des Herꝛn nicht gehorchen? Dieſes Beyſpiel locket dich den Willen Gottes von Hertzen zu thun:(p)Eph. 5. v. 16. welches auch die Feder des Him - mel-gelehrten Heiden-Lehrers ſchreibet / und treibet.
16 Du ſiheſt darinnen die dienſtbaren Engel-Geiſter / welche Gottes Befehl aus - richten / ihm dienen / und ſeinen Willen thun / nach dem Zeugnis des Gold-gekroͤn - ten Pſalnen-Dichters. (q)Pſ. 103. v. 20.Jhr Lob - Schall ſoll bey diꝛ eꝛwecken den Gegenhall. Das iſt der Wille Gottes / und ein koͤſtlich Ding dem HErꝛn danken. (r)Pſ. 92. v. 2.Jhr Streit / wider den Satan verpflichtet dich zu glei - chem Kampf / und heiſſet dich ergreiffen den Harniſch Gottes / auf daß du beſtehen moͤ - geſt / am boͤſen Tage / alles wol ausrichten und das Feld behalten. (ſ)Eph. 6. v. 13.Jhre Unter -rich -331geſchicht im Himmel. richtung / die ſie auf Goͤttlichen Befehl / den Menſchen ertheilen /(t)Dan. 7. v. 9. Apoc. 12. 6. verbindet dich / deine Angehoͤrige / die Furcht des HErꝛn zu lehren(u)Pſ. 34. v. 12. Jhre Umlagerung der Gotts - fuͤrchtigen / ſoll bey dir hertzliche Liebe / ge - gen dem Naͤchſten / erwecken: Dann es iſt der Wille Gottes / daß wir / als Glieder eines Leibs / einander dienen. (x)1. Cor. 12. v. 12.Jhre Buß-Freud ſoll dich zur Mit-Freude / Jhre Reinigkeit zur Keuſchheit / treiben / und dich von der Welt / unbefleckt erhalten. Jhre Beſtaͤndigkeit lehret dich verharren / biß ans Ende. Wie ſie GOtt im Himmel ſo diene ihm auf Erden; wie ſie Jhn im Himmel nicht beleidigen / ſo erzuͤrne ihn nicht allhier. Kanſt du es ihnen nicht gleich thun / ſo ahme ihnen nach. Das Woͤrtlein Wie bedeutet hier keine Gleich - heit / ſondern ein Gleichnis. Hier / im Er - den-Jrꝛland / hauſet die Unvollkommen - heit / die Vollkom̃enheit muͤſſen wir in das wahre Engel-Land ſparen: da wir ihnen werden gleich ſeyn / nach der Zuſage des Erloͤſers. (y)Matth. 22. v. 30.
17 Daſelbſten ſind nunmehro viel / ja unzaͤhliche / auserwehlte Seelen / die den Reitzblicken des Fleiſches / den Tuͤrken derWelt332Gottes WillWelt / den Stricken des Satans / auf ewig entgangen ſind. Dieſe / wie ſie / auf Got - tes Angeſicht / alſo ſehen ſie auch auf ſeinen Willen. Dieſer ſeeligen Seelen Geſchaͤf - te beſtehen in Verwunderung der Goͤtt - lichen Guͤte / und herꝛlichen Freude; in Dank - uñ Lobſagung wegen der Erloͤſung aus dem Jam̃ervollen Erdẽ-Thal; in dem Rach-Ge - ſchrey / wider die Kirchen-Feinde; welches letztere die geheime Offenbarung alſo ent - decket: Ach! du Heiliger und Warhafti - ger / wie lang richteſt du / und raͤcheſt nicht unſer Blut / an denen die auf Erden woh - nen? (z)Offenb. Joh. 6. v. 10.Wie koͤnnen wir anderſt / wann wiꝛ thun wollẽ / was wir bitten / als uͤbeꝛ die groſſe GOttes Guͤte / mit Verwunderung zu ruffen: O! wie iſt die Barmhertzigkeit des HErꝛn ſo groß. (a)Sir. 18. v. 27.Die uns aus Gna - den bereitete Freude iſt unausſprechlich. (b)1. Petr. 1. v. 8.Der Dank iſt billig ein Gefaͤrt dieſer Ver - wunderung / welcher ſich / wegen der vielfaͤl - tigen Wolthaten / mit dieſen Davidiſchen Worten erklaͤret: Jch danke dem HErꝛn von ganzem Hertzen / und erzaͤhle alle dei - ne Wunder.(c)Pſalm 9. v. 1. 2. und / mit Jacob hinzuſe - tzet: HErꝛ ich bin zu gering aller Barm - hertzigkeit / und aller Treue / die du an mirge -333geſchicht im Himmel. gethan haſt. (d)1. B. Moſ. 32. v. 20.Die allgemeine Kirch - Noht pꝛeſſet zuvor einem jeden Gottlieben - den Hertzen die David-Seufzer aus: Ach! HErꝛ / wie iſt meiner Feind ſo viel. Auf / HErꝛ / und hilf mir / mein GOtt! (e)Pſ. 3. v. 1. 8.
18 Wir wollen an jetzo nicht ſagen von den Geſchoͤpfen an dem ſichtbaren Himmel von der Sonne / dem Wunderwerck des Hoͤchſten / dem groſſen Meiſterſtuck ſeiner Allmacht-Hand / die am Morgen heraus - gehet / wie ein Braͤutigam aus ſeiner Kam - mer / und freuet ſich / wie ein Held zu lauf - fen den Weg:(f)Pſ. 19. v. 6 die / auf des Schoͤpffers willen / nicht nur ſtillgeſtanden /(g)Joſ. 10. v. 13. ſondern auch (wie viel Lehrer glauben) zu ruck ge - gangen. (h)Eſa. 38. v. 8.Die / auf ſein Gebot / nicht aufgehet / und verſieglet die Sterne; wie Job redet /(i)Hiob 9. v. 7. Mond und Sterne leuch - ten in ihrer Ordnung mit Freuden / und / wann er ſie herfuͤr ruft / antworten ſie: hie ſind wir / und leuchten mit Freuden / um deß Willen / der ſie geſchaffen hat. (k)Baruch 3. v. 34.Die - ſe Himmel-Fackeln lehren / mit ihrem freu - digen Aufgang / uns fruͤh zu GOtt zu ſchi - cken; mit ihrem Ruckgang / von dem Suͤn - den-Pfad zu kehren; mit ihrem Still -ſtand /334Gebet um Erfuͤllungſtand / im Leiden ſtill und ſtarck zu ſeyn; mit ihrem Untergang / den letzten Todes - Gang willig anzutretten. So gar auch die untermondiſche Dinge / Feuer / Hagel / Hunger / wilde Thiere / Scorpionen / Schlangen und Schwerd (wie ſie Syrach zuſammen ſetzet) thun den Goͤttlichen Wil - len mit Freuden / und ſind bereit / wann er ihrer bedarf / auf Erden /(l)Syr. 48. v. 34 / 3. 36. und ruffen uns Menſchen gleichſam zu: betet und be - muͤhet euch / daß Gottes Will geſchehe!
JCh ruffe / O groſſer GOtt / wie je - tzund / alſo lebenslang: Dein Will geſchehe / und beichte zugleich meinen Ungehorſam: weil er nicht / wie er ſolte / bey mir geſchehen iſt.
Jch habe in meinem Taufgeluͤbde / dir verſprochen: deinem Willen nachzuleben. Mit dieſem Bedinge bin ich in das Lebens - Buch eingeſchrieben worden; auf dieſe Weiſe haſt du meine Seele zur Bulin an -ge -335des Goͤttlichen Willens. genommen; ſo wurde der Bund eines guten Gewiſſens mit dir geſchloſſen.
Aber / ach leider! ich bin der Knecht / der deinen Willen gewuſt / und nicht ge - than. Doppelte Streiche ſind mein Ver - dienſt. Du haſt mich zur Buſſe geruffen ich bin in der Suͤnde fortgefahren; du haſt mir den Glauben anbefohlen: den habe ich mit boͤſen Wercken verlaugnet / oder mit meiner Vernunft widerſprochen; deine Rute / die ich als ein Kind kuͤſſen ſol - len / habe ich mit Grimm angeſehen. Des Satans Winken hab ich mehr / als dein Drohen / des Fleiſches Begierden hoͤher / als dein Verlangen / der Welt Reitzungen beſſer als dein Ruffen geachtet.
Vergib mir ſolchen meinen Ungehor - ſam / und rechne mir meinen ſuͤndlichen Wi - derwillen nicht zu. Nim aber an / zur Bezahlung / den vollkommenen Gehor - ſam deines lieben Sohns JEſu Chriſti / der deinen Willen gerne gethan / und voͤllig erfuͤllet.
Gib mir / daß ich geſinnet ſey / wie Er / daß mir alles wolgefalle / was dir gefaͤllt: daß ich erkennen moͤge / daß meine hoͤchſte Seeligkeit ſey / wollen was du wilſt; und meine groͤſte Unſeeligkeit / nicht wollen / was du wilſt. Behuͤte mich vor meinen eigenen Willen / der nur will / was ange -nem /336Gebet um Erfuͤllungnem / nicht was gut iſt. Heilige dieſen boͤ - ſen Willen / daß er deinem guten nicht wi - derſtrebe. Laß mich / durch deines Gei - ſtes Kraft / die boͤſen Begierden des Flei - ſches toͤdten.
Laß mich nicht in Sicherheit gerahten / und in die Netze des Widerſachers fallen / daß er mich nach ſeinem Willen fuͤhre. Laß mich allzeit in Chriſtlicher Bereit - ſchaft / mit dem Schwerd deines heiligen Worts umguͤrtet / erfunden werden: damit ich ritterlich wider ihn ſtreite / und ſeelig ſiege.
Kehre meine Neigungen ab / von der Eitelkeit der irꝛdiſchen Dinge: damit ich nicht wandle / nach dem verkehrten Welt - Lauf / und nach heidniſchen Willen / in Un - zucht / Luͤſten / Trunkenheit / Freſſerey / Saufferey / und greulichen Abgoͤttereyen. Laß mich alſo ein Gefaͤſe deiner Gnade und deines Geiſtes / und nicht des Zorns und des Satans / ſeyn.
Gib mir ein ſolches Hertz / daß nicht tro - tze / in guten / und nicht verzage / in boͤſen Tagen / daß ſich freue deinen Willen zu thun / in Lieb und Leid / im Leben und Tod. Laß mich gewiß glauben / es muͤſſe mir al - les zum baͤſten und zur Seeligkeit dienen / waß mir / nach deinem Willen / widerfaͤhret.
Laß337des Goͤttlichen Willens.Laß mich in Verfolgung / mit David ſprechen: Sihe hier bin ich / der HErꝛ machs mit mir / wie es ihm wolgefaͤllt;(m)[s]. Sam. 15. v. 26. in ſchwe - ren Ungluͤcks-Faͤllen / mit Hiob: Der HErꝛ hats gegeben / der HErꝛ hats genommen / der Name des HErꝛn ſey gelobet. (n)Hiob 1. v. 21.Haben wir gutes empfangen von GOtt / und ſolten das Boͤſe nicht auch annemen? (o)Hiob 2. v. 10.Jn Krank - heiten / mit dem Ausſaͤtzigen: HErꝛ / ſo du wilt / kanſt du mich wol reinigen. (p)Matth. 8. v. 2.Jn Le - bens Gefahr / mit Paulo: Jch bin bereit nicht allein mich binden zu laſſen / ſondern auch zu ſterben.(q)Ap. G. 21. v. 13. mit JEſu: Vatter / nicht mein / ſondern dein Will geſchehe. (r)Luc. 22. v. 41.Mitten in der Todes-Noht / mit Elia: HErꝛ / es iſt genug / ſo nim nun meine Seele / ich bin nicht baͤſſer dann meine Vaͤtter. (s)1. B. Koͤn. 19. v. 4.Laß mich demnach alles deinem Willen heimſtellen / und ſo ich etwas / wider deinen Willen / bit - ten wuͤrde / ſo halte mir meine Schwachheit und Thorheit zu gut; hindere meinen / und befoͤrdere deinen Willen / vollbring denſelben / durch dich in mir / und mach mich alſo den Engeln und ſeeligen Seelen gleich / die deinen Willen im Himmel mit Freu - den thun.
YDu338Wie GOtt will.Du GOtt des Friedens / der du von den Toden auferweckeſt haſt den groſſen Hirten der Schafe / durch das Blut des ewigen Teſta - ments unſern HErꝛn JEſum Chriſtum / mache mich faͤrtig in allem guten Werck zu thun deinen Willen / und ſchaffe in mir / was fuͤr dir gefaͤllig iſt / durch JEſum Chriſtum / welchem ſey Ehr von Ewigkeit zu Ewigkeit / Amen! (t)Hebr. 13. v. 20. 21.
ES kan ein jeder Chriſt / mit Warheit von dem Kir - chen-Tempel ſagen / was Jacob von Beth El ſagte: Sihe / hier iſt Gottes Haus und hier iſt die Pforte des Himmels. (u)1. B. Moſ. 28. v. 17.Sind wir nun / bey der Him - mel-Pforte / ſo koͤnnen wir / auf das wenig - ſte / die Blicke in ſeinen Vorhof ſenden. Durch den Kirchen-Tempel gehet man in den Himmel-Tempel / Wie bey den Roͤ - meꝛn / von dem Tugend zu dem Ehꝛen-Tem -Y iijpel.342Sonntags Andachtpel. Jener iſt auch ein Vorbild dieſes. Die ſteinerne Waͤnde erinnern uns der / auf 12 Gruͤnde gebaueten / groſſen und ho - hen Mauren des neuen Jerufalems. (x)Offenb. Joh. 21. v. 20.Verwunderten ſich dorten die Jeſus Juͤn - ger / uͤber das Tempel-Gebaͤu des irdiſchen Jeruſalems / und ſprachen: Meiſter / ſihe / welche Steine / und welch ein Bau iſt das? (y)Marc. 13. v. 1.Wie vielmehr werden wir in den him - liſchen Urſach zu wundern haben / und ein - ander alſo anreden: Schaue Zion / die Stadt unſers Stifts / deine Augen werden Jeru - ſalem ſehen / eine ſichere Wohnung / eine Huͤtte / die nicht weggefuͤhret wird / wel - cher Naͤgel ſollen nimmermehr ausgezo - gen / und ihrer Seile keines zerriſſen wer - den. (z)Eſa. 33. v. 20
2 Das Tempel-Thor ſinnbildet un - ſern JEſum / welcher ſich ſelbſt die Thuͤr nennet /(a)Joh. 10. v. 7. und bezeuget: daß niemand zum Vatter komme / dann durch Jhn.(b)Joh. 14. v. 6. Die Fenſter / durch welche das Liecht ein - faͤllt / erinnern uns an die Klarheit des Lamms / welches dorten die Leuchte iſt. (c)Offenb. 21. v. 23.Der Tauf-Stein fuͤhret uns zu Gemuͤt den lebendigen Waſſer-Brunnen /(d)Offenb. 7. v. 7. derAl -343vom ewigen Leben. Altar-Tiſch / die Tafel der Herꝛlichkeit: da wir eſſen und trinken werden in ſeinem Reich. (e)Luc. 22. v. 30.
3 Die Canzel ſtellet uns vor den er - habnen Gottes-Thron. (f)Eſa. 6. v. 1.Das Orgel - werk / die ſuͤſſe Zuſammenſtimmung der Engel-Choͤre. Die Kirchgemein wendet unſere Gedanken zu der Schaar der Aus - erwehlten. Jhre / in einem Hauſe / nacher Stand - und Amts-wuͤrde / unterſchiedene Stuͤle / bezeichnen uns ihre / in ungleicher Klarheit / gleiche Freude. (g)Cor. 15. v. 4. 1
WJe uns der Kirch-Tempel des hei - ligen Tempels / in welchem der Herꝛ wohnet /(h)Pſ. 11. v. 4. wie David redet: alſo erinnert uns der Sonntag / als der ſonderbare Tempel-Tag / des ewigen Sab - bats / welchem kein Wercktag wird einge - ſchaltet ſeyn: ſondern wir werden kom - men / einen Sabbat nach dem andern / fuͤr dem HErꝛn anzubeten / nach ſeiner eigenen Vertroͤſtung. (i)Eſa. 66. v. 23.Wie jener ein Tag desY iiijHErꝛn344Der Sonntag / ein Fuͤrbild des ꝛc. HErꝛn / und ein groſſer Wunder-Tag heiſ - ſet und iſt: alſo wird auch dieſer der rechte Herꝛn-Tag ſeyn / da wir / von aller Suͤn - den-Dienſtbarkeit befreyet / dem HErrn in den Wolken ſollẽ entgegen gezucket werdẽ. (k)1. Theſſ. 4. v. 17Er wird ſeyn / der Tag der Wider - bringung aller Dinge /(l)Ap. G. 3. v. 21. Da uns alles / was wir durch die Suͤnde verſchertzt / durch Ungluͤck und Tod verloren / ſoll erſetzet werden. Der groſſe Ehren-Tag / da un - ſer Seelen-Braͤutigam die Heimfuͤhrung mit uns halten wird; der Tag der Erloͤ - ſung / da nicht allein die Creatur wird frey werden von dem Dienſt des vergaͤngli - chen Weſens;(m)Roͤm. 5. v. 21 ſondern auch die Glau - bigen von allem Ubel ſollen erloͤſet wer - den. (n)Luc. 21. v. 28.
DEßwegen ruffen wir hier einmuͤ - tig: Erloͤſe uns vom Ubel / und verſtehen hiedurch nicht nur den Satan / den JEſus und ſein liebſter Juͤn -ger345Die Erloͤſung von allem Ubel. ger den Argen / oder Boͤſen nennen:(o)Matth. 13. v. 19. ſondern auch alles andere ſo wol Schuld - als Straff-Ubel(p)1. Joh. 2. v. 13. welches uns an Seel / Leib / Ehr und Gut / zeitlich und ewig kraͤn - ken kan. Doch nicht in dieſer Meinung / daß alle Widerwaͤrtigkeit allhier von uns ſolte abgethan werden. Dieſes waͤre wi - der die Verordnung unſeres Himmel-Vat - ters / welcher uns / wie Chriſto / das Reich / durch Leiden beſcheiden;(q)Luc. 22. v. 21. Wider das Beyſpiel der Mitglaubigen / weil ſolches Leiden uͤber alle Bruͤder in der Welt gehet. (r)1. Petr. 5. v. 9.Es waͤre wider unſer Heil: dann es iſt uns gut / daß wir alſo gedemuͤtiget wer - den / damit wir die Rechte des HErrn ler - nen. (s)Pſ. 119. v. 71.
5 Sondern unſere Seufzer zielen da - hin / daß uns der HErꝛ / unſer Erloͤſer / vor dem Ubel bewahre / und in demſelben alſo erhalte: daß es unſerer Seeligkeit nicht ſchade; dem bruͤllenden Hoͤllen Loͤwen den Rachen zuhalte / daß er uns nicht verſchlin - ge; uns / ſo wir durch Menſchliche Schwachheit uͤbereilet / in Suͤnde fallen / mit ſeiner Gnade unterſtuͤtze / daß wir wider aufſtehen. Mit maſſen zuͤchtige / und nicht in ſeinem Grimm aufreibe: dieY vVat -346Die Erloͤſung von allem Ubel. Vatter-Rute und nicht den Staup-Be - ſen gebrauche; den Tod in einen ſanften Schlaff verwandle / und unſern letzten Tag in der Zeitlichkeit / zu einen Geburts-Tag der ewigen Seeligkeit und ſeeligen Ewig - keit mache.
6 Dann / weil alles in dieſem Leben / alſo iſt auch die Erloͤſung / unvollkommen. Wie ſich die Wellen im Meer / ſo ſchlaͤget auf Erden / eine Widerwaͤrtigkeit die andre. Der von manchem Ubel / erloͤſte Paulus ruffet gleich wol: Jch elender Menſch / wer wird mich erloͤſen von dem Leibe dieſes Todes? (t)Rom. 7. v. 24.Darum bitten wir: daß er uns endlich / nach ausgeſtandnem Ubel / von aller Noht erloͤſen wolle. Er wolle uns aus dem Erd-Egypten / in das ewig - gelobte und belobte Canaan / aus dieſem Welt-Babel / in das neue Jeruſalem und himliſche Zion bringen: da wir / als die Erloͤſete des Herꝛn / jauchzen werden / da ewige Freude uͤber unſern Haubt ſeyn wird / da wir Freude und Wonne werden ergreiffen; Schmertzen und Seuf - zern aber wird wegmuͤſ - ſen. (u)Eſa. 35. v. 10.
Die347Die unermaͤßliche Himmel-FreudeMJt dieſem himliſchen Canaan ge - het es uns allhier / wie Moſe mit dem irdiſchen. Der Herꝛ zeigte ihm ſolches auf der Spitze des Gebuͤrges Piſga:(x)5. B. Moſ. 34. v. 1. 2. Wir ſtehen hier / auf dem Berge des HErꝛn / und erblicken im Wort / durch das Glaubens-Glaß / das Land der Le - bendigen
von Ferne.
Die Entlegenheit verkleinert bey uns die Groͤſſe ſeiner Herꝛlichkeit. Wie wir ei - nen groſſen Thurm-Knopf / als einen klei - nen Ballen / ein fernes Nacht-Feuer / als ein Kerzen-Liecht anſchauen / und erſt in der Naͤhe den Fehler unſeres Geſichts erken - nen: ſo achten wir das Himliſche wie groß und herꝛlich es iſt / klein und gering / das irdiſche aber / ſo vor unſern Fuͤſſen lie - get / groß und ſchaͤtzbar.
8 Aber / laſt uns das Glaubens-Glaß recht ausziehen / und mit Gott ſeeliger An -dacht349Himmel-Freude. dacht dem Himmel naͤher tretten! ſo wer - den wir / mit heiliger Verachtung / die Er - de fuͤr einen Dupf / und die hochmuͤtige Menſchen / fuͤr Omeiſen und kriechende Wuͤrmlein halten: den Himmel hingegen / fuͤr eine anſtaͤndige Wohnung des groͤſten Herꝛns ſchaͤtzen; und indemſelben die groͤ - ſte Freude / den groͤſten Frieden / groͤſten Reichthum / groͤſte Ehre ſuchen; kuͤrzlich: alles in demſelben groͤſſer ſchaͤtzen / als unſer kleiner Verſtand anjetzo faſſen kan.
9 Paulus / ſo noch in dieſem Leben etli - che Troͤpflein aus dieſem Freuden-Meer gekoſtet / nennet es eine ewige und uͤber alle Maſſen wichtige Herrligkeit(y)2. Cor. 4. v. 17.. Wie der Stiffter und Geber / alſo iſt auch dieſe ſeine Gabe unermaͤßlich. Weil dieſes / von uns verlorne Perlein / durch die Blut-Rubinen deß einigen Gottes-Sohns / wieder einge - loͤſet worden: ſo muß es hoͤchſt-ſchaͤtzbares Wehrts ſeyn. Und / weil der Heil. Geiſt / das Pfand dieſes unſers Erbes /(z)Eph. 1. v. 13. herꝛ - licher iſt / dann Himmel und Erden: ſo muß das verpfaͤndete Gut nicht gering ſeyn.
10 Jſt doch die Jahr-Kron / womit die Goͤttliche Guͤte die Erde bekraͤnzet / ver - wunderbar: indem ſie mit Liecht und Fin -ſter -350Die unermaͤßlicheſternuͤs / Hitz und Froſt / Regen und Schnee ſo ordentlich abwechſelt / und mit tauſender - ley Baͤum-Blum - und Kraͤuter-Arten un - terflochten iſt. Alle unter-mondiſche Ur - weſen ſind mit nutz - und luſt-baren Ge - ſchoͤpfen angefuͤllet: welche / nicht nur die Frommen und Glaubige / ſondern auch die Gottloſe und Unglaubige genieſſen. Wie wird dann die Kron der Ewigkeit / die den Auserwehlten gewidmet iſt / gezieret ſeyn? HErꝛ / ſo du dieſes thuſt im Kerker / was wirſt du thun im Palaſt? So du die hoͤlli - ſche Maſt-Schweine / in dem Erden-Stall / mit dem baͤſten Weitzen ſaͤttigeſt: was ſoll dein Kind / in dem Himmel-Saal / an der Tafel der Herrlichkeit / nicht hoffen?
11 Die reine Geiſter / welche wir En - gel nennen / werden ſich weder mit Gold / Silber / Edelſteinen / noch allem / was die Welt ſelten und ſchaͤtzbar achtet / beluſtigen: doch iſt es ihnen eine Freude / die Seligkeit anzuſchauen / wie Petrus zeuget. (a)1 Petr. 1. v. 12.Wie ſie ſich uͤber der Herrlichkeit deß dreyeinigen Schoͤpfers erfreuen / ſo ſehnen ſie ſich nach dem Tage / da ihre Mitgeſellen / die Auser - wehlte / derſelben ſollen theilhafftig werden. Gleiches Verlangen haben dieſe ſelbſten / ſie begehren aufgeloͤſt zu werden / und beydem351Himmel Freude. dem Herrn zu ſeyn. (b)Philip. 1. v. 23.Viele / die nur einigen Vorgeſchmack dieſer Herrlichkeit hatten / haben ihr Blut mit Freuden ausge - ſtuͤrtzet / Spott und Geiſeln erlitten / darzu Band und Gefaͤngnuͤs / ſie ſind geſteinigt / zerhacket / zerſtochen / durchs Schwerd ge - toͤdet worden: dann ſie haben durch den Glauben Zeugnuͤs uͤberkommen / daß Gott etwas beſſers fuͤr ſie erſehen habe. (c)Hebr. 11. v. 36. 37. 39.
12 Der unreine Geiſt / der Ur - und Erz - Luͤgner / zeuget doch warhaftig von der Ubermaß dieſer Freude / als welcher er / vor ſeinem Fall / ſelbſten genoſſen: in dem er / als der abgeſagte Widerſacher / und gifftigſte Neider / dieſelbe dem Menſchen mißgoͤnnet / und ihn (wie oben gedacht) auf mancherley Weiſe daran zu hindern ſuchet. Er goͤnnet uns nicht einmal die Glaubens - Freude / ſolche Seeligkeit im Wort von fer - ne zu ſchauen; wie ſolte er uns dann den vollkommenen Beſitz derſelben goͤnnen? Er hat das ſchwarze Regiſter der Hoͤll - wuͤrdigen in ſeinen Mordklauen / und trachtet darnach / ſolches taͤglich zu ergroͤſ - ſern / und die / durch ſeine liſtige Verſuchun - gen / gefaͤllte hinein zu zeichnen. Welches dann ſattſam bezeuget / daß die mißgegoͤnteFreu -352Himmel -Freude nicht vom ſchlechten Wehrt ſeyn koͤnne.
13 Wie dorten das Allerheiligſte mit dem Fuͤrhang bedecket wurde: ſo wird bey uns das Allerherꝛlichſte / von der Decke der Unwiſſenheit(d)2. Cor. 3. v. 15. verhuͤllet. Es iſt eine Freude / die kein ſterbliches Aug geſe - hen / kein ſterbliches Ohr gehoͤret / und die in keines Menſchen Hertz kommen iſt. (e)1. Cor. 2. v. 9.Fragen wir hievon Petrum / welcher be - kennet: Er habe die Herꝛlichkeit ſeines Jeſu geſehen;(f)2. Petr. 5. v. 16. ſo antwortet er: ſie iſt un - ausſprechlich. (g)1. Petr. 1. v. 8.Forſchen wir von Pau - lo / was er in dem dritten Himmel gehoͤret habe / ſo verſetzet er uns: unausſprechliche Worte. (h)2. Cor. 12. v. 4.Weil wir nun das unaus - ſpꝛechliche nicht reden koͤnnen / ſo laſſet uns / nach Kinderart / davon lallen.
WJR koͤnnen leichter ſagen / was im Himmel abweſend / als gegen waͤr - tig ſeyn werde. Keine Suͤnde wird ſich daſelbſt finden laſſen. O herꝛli - cher Mangel! keinen Frefel wird man hoͤ - ren in dieſem Lande(i)Eſa. 60. v. 18. Hier iſt unſer er - ſter Blutstropf mit dieſem Gift angeſte - cket. Ehe wir an die Welt kommen / ſind wir Zorn-Kinder / und verdamliche Hoͤl - lenbraͤnde; und / ob uns ſchon der ofne Tauf-Brunn / wider die Unreinigkeit / ab - waͤſchet: verbleibet doch die Suͤnden - Wurtzel / welche nach und nach ſchoſſet und Hoͤllen-wuͤrdige Zweige treibet. Aber dorten wird unſere Seele dem Himmel - Braͤutigam rein zugefuͤhret / und mit dieſer Anſprache bewillkommet: Du biſt aller dings ſchoͤn / meine Freundin / und iſt kein Flecken an dir. (k)Hoh. Lied. 4. v. 7.Die Suͤnden-Laſt wird uns daſelbſt nicht mehr drucken / die Schulden Menge nicht aͤngſten / die La -Z ijſter356Jm Himmel iſt keine Suͤnde und ꝛc. ſter-Stricke nicht binden / das Geſetz nicht verklagen / das Gewiſſen nicht bekuͤmmern. Vor unſer Blut-beſudeltes Suͤnden-Ge - wand wird uns die weiſſe Seiden der Ge - rechtigkeit kleiden. Dann wird der HErꝛ ruffen: Thut die Thore auf / daß herein gehe das gerechte Volk! (l)Eſ. 26. v. 2.
15 So lang Jſrael in der Wuͤſten wal - lete / wurde es mit feurigen Schlangen / Scorpionen / und Waſſeꝛ-Mangel geplagt. (m)5. B. Moſ. 8. v. 15.Jn der Welt-Wuͤſten werden wir ge - faͤhret von der alten Schlange / dem Teu - fel / welcher mit ſeinen feurigen Pfeilen auf uns lauret; von dem gifftigen Scorpion / der Welt / die uns anzuſtecken trachtet; von unſerm Suͤnden-durſtigen Fleiſch / welches wider den Geiſt geluſtet. (n)Galat. 5. v. 17.Nach dem boͤſen lechzet / und das Unrechte in ſich ſauf - fet / wie Waſſer. (o)Hiob 15. v. 16.Wann uns aber jenes himliſche Canaan wird einnemen / ſo wer - den wir von dieſen Plagen ewig ſicher ſeyn. Der Satan iſt und bleibet verworfen. (p)Offenb. 12. v. 9.Die Welt iſt mit ihrem Weſen vergangen. (q)1. Cor. 7. v. 31.Das Fleiſch wird uns nicht mehr rei - zen. Wie wir getragen haben das Bild des irrdiſchen / ſo werden wir tragen das Bild des himliſchen Adams.(r)1. Cor. 15. v. 49. Alsdannwer -357Jm Himel iſt keine Suͤnden-Straff. werden wir unſerer Seele mit David freu - dig zuſprechen koͤnnen: Sey nun wieder zu frieden / meine Seele / dann der HErr thut dir guts: Denn du haſt meine Seele aus dem Tod geriſſen / mein Aug von den Threnen / meinen Fuß von dem gleiten / ich will wandeln fuͤr dem HErrn im Land der Lebendigen. (s)Pſ. 116. v. 7 / 8.
DJe Suͤnde gebieret die Straffe / die ſchaͤndliche Mutter / eine ſchaͤdliche Tochter. Weil nun jene aus dem Haus der Seeligkeit verbannet iſt / ſo darf ſich auch dieſe darinnen nicht bliken laſſen. Die Jnwohner deſſelben koͤnnen / mit baͤ - ſtem Warheits-Grund die Davids-Worte gebrauchen: Keine Plage wird zu unſern Huͤtten ſich nahen. (t)Pſ. 91. v. 10.Und mit Eſaia ſprechen: Die Tage deß Elends haben ein Ende. (u)Eſai. 60. v. 20.Niemand / unter ihnen kan klagen: ich bin ſchwach. Jacobs verrenckte Huͤft iſt eingericht; der Lea Augen ſind klar / Moſe ſtamlet nicht mehr; Mephiboſet ge - het gerad; Lazarus wird von keinen Ge -Z iijſchwaͤ -358Geiſtlichkeitſchwaͤren beſchweret; Die Lahmen ſprin - gen / wie ein Hirſch. (x)Eſai. 35. v. 6.Der Tod iſt ver - ſchlungen ewiglich / und der HErꝛ HErꝛ wird abwiſchen alle Threnen von allen An - geſichten / und wird aufheben die Schmach ſeines Volks. (y)Eſai. 28. v. 8.
UNſere Leiber / welche natuͤrlich auf dem Gottes-Acker ſind geſaͤet wor - den / ſtehen / zu dem neuen Leben / geiſtlich auf. Nicht durch Ablegung des leiblichen Weſens / ſondern durch Empfa - hung geiſtlicher Eigenſchafften. Sie wer - den zwar dieſe / aber nicht ſolcherley Leiber mehr ſeyn; oder / wie es der Heyland aus - redet: Sie werden gleich ſeyn / wie die Engel Gottes im Himmel. (z)Matth. 22. v. 30.Wie nun dieſe keiner Speiſe bedoͤrfen / ſondern ſich mit dem Anſchauen der Goͤttlichen Herrlichkeit ſaͤttigen: Alſo wird die Auserwehlten we - der hungern noch duͤrſten. (a)Offenb. 7. v. 16.Den Pro - pheten Eliam ſtaͤrcket dorten ein geroͤſtet Brod / und eine Kanne mit Waſſer / die ervon359der Leiber. von dem Engel empfienge; daß er in Krafft ſolcher Speiſe / 40 Tag und Nacht / bis an den Berg Horeb gegangen. (b)1. B. K. 19. v. 8.Wann wir den Himmel Horeb erſtiegen / wird uns das Engel-Brod / nicht nur auf 40. Tage / ſon - dern auf ewig ſaͤttigen. Hier iſt unſer Ma - gen ein ungeſtuͤmmer Glaubiger / welcher / ob er ſchon taͤglich befriedigt wird / dannoch ſeine Schuld-forderung widerholet: dor - ten wird er ſein unverſchaͤmtes Geilen ein - ſtellen muͤſſen. Wie unſere Seele / als ein geiſtliches Weſen / ſich in der Leibes-huͤtte / 70 und mehr Jahre / ohne Speiſe erhaͤlt: ſo wird auch der / mit geiſtlichen Eigenſchaff - ten begabte / Leib ohne Speiſe ewig beſtehen koͤnnen.
18 Hier muͤſſen wir den Thieren ihre Felle / den Schafen die Wolle / den Wuͤr - mern die Seide / den Pflanzen ihre Zaſern abborgen / den Leib / den ſchnoͤden Maden - ſak / damit zu behaͤngen / und ſeine Schand - bloͤſſe damit zu verhuͤllen: dort wird die Bloͤſſe unſer Schmuk ſeyn. Wir werden / mit JEſu die Leinwad und Leibes-Huͤlle in den Graͤbern laſſen / und / gleich unſern Pa - radis-Eltern keine Urſach / uns zu ſchaͤmen / haben. Die Luſt-Seuche iſt in dem Him - mel als der Keuſchheit Heimat / ausgerot -Z iiijtet.360Geiſtlichkeit der Leiber. tet. Die eheliche Beywohnung / nicht aber die herzliche Liebe / hoͤret darinnen auf / und hoͤret man nicht mehr: ſeyd fruchtbar und mehret euch! weil man in dieſer Freude / weder freyet / noch ſich freyen laͤſſet.
19 Unſer Leib / welcher hier in der Ju - gend / an Groͤße und Staͤrcke / zu-im Alter aber wieder abnimt / wird unveraͤnderliche Kraͤfften behalten. Der hier / den Ort zu aͤndern / Muͤhe und Zeit haben muͤſſen / wird mit Engliſcher Behendigkeit begabet ſeyn. Wann die Verlobte Rebecca den geliebten Jſaac zu Hebron erfreuen will; muͤſſen ſie die Kamele / von Nahor dahin tragen; Wañ Joſeph ſeinen verlebten Vat - ter noch einmal kuͤſſen will / muß er ihme Waͤgen zu ſenden: Jn jenem Leben aber werden wir dieſer traͤgen Traͤger nicht von noͤhten haben; weil der Leib zugleich wird ſeyn koͤnnen / wo Geiſt und Hertz iſt. Wir ſehen es an dem entſtandenen Heyland / wel - cher / mit ſeinem verklaͤrten Leibe / bald in dem Garten / bald zu Emaus / bald zu Je - ruſalem erſchienen iſt / und ſich endlich / durch die Wolken / uͤber alle Himmel geſchwungen hat. (c)Epheſ. 4. v. 10.
HJer ſieget uͤber uns der Tod / der Reuter auf dem fahlen Pferde / und fuͤhret wider uns die ſcharfe Suͤn - den-Lanze / als ſeinen Stachel. (d)1. Cor. 15. v. 55.Nie - mand lebet der ihn nicht ſihet:(e)Pſ. 89. v. 49. Nie - mand ſihet ihn / der ihn nicht fliehet; Nie - mand fliehet ihn / der entfliehe / wie der Schatten dem Koͤrper / ſo folget er uns. Wann jemand die Leichname ſollte beyſam - men ſehen / die in dem ganzen Erd-Kreiſe / nur an einem Tage / verbliechen: er wuͤrde ſich gewiß / vor dieſer Niderlage / entſetzen / und wenig froͤliche Abend-Stunden ha - ben. Dieſer letzte Feind iſt dorten auf - gehaben. (f)1. Cor. 15. v. 26.Und iſt das Sterbliche von dem Leben verſchlungen. (g)2. Cor. 5. v. 4.Die bleiben - de Himmel-Stadt hat keine wandrende Pilger / ſondern ewige Buͤrger. Der Bunds - lade wurden die Dachsfelle abgenommen / die ſie in der Wuͤſten bedeckten / da ſie in den Tempel gebracht / und zwiſchen die Cherubin geſezet worden: Alſo wird auchZ vuns362Der Leiberuns die Toden-Haut ausgezogen werden / wann wir / aus der Welt-Wuͤſten in den Himmel-Tempel / zu den heiligen Engeln gelangen. Da werden wir erlangen / was der Lebens-HErꝛ verheiſt: Sie koͤnnen forthin nicht ſterben. (h)Luc. 20. v. 35.
WJE nun kein Tod im Lande der Le - bendigen / alſo iſt auch kein Schmer - zen / der zum Tode bereitet / daſelbſt zu finden. Es wird kein Leid / noch Ge - ſchrey / noch Schmerzen mehr ſeyn / dann das erſte iſt vergangen / rufft uns die Him - mel Stimme zu. (i)Offenb. 21. v. 4.Hier brennen uns in - nerlich die unordentliche Begierden / davon oͤffters die Glieder erbeben / und die Geber - den ſich verſtellen: aͤuſſerlich ſezen uns Hiz und Kaͤlte / Thiere und Waffen / Seuchen und Krankheiten / zu. Dorten aber iſt der Luſt-Zunder gaͤnzlich abgethan: der Zorn gehoͤret in die Hoͤlle / da die Verdammte ihre Zungen fuͤr Schmerzen zerbeiſſen. (k)Off. 16. v. 10.So faͤllet auch nicht auf die Seelige dieSonne363Unempfindlichkeit. Sonne oder irgend eine Hitze. (l)Offenb. 7. v. 16.Keine Feinde ſind vorhanden; keine ſchaͤdliche Waffen werden mehr geſchmiedet; keine Beſtien irren in dem Lebens-Hain; Die Natur-Waͤrme und Lebens-Feuchte wird nimmer geaͤndert noch gemindert / und folg - bar keine Seuche gezeuget. Hier muͤſſen wir mit Hiob bekennen: Weil der Menſch das Fleiſch antraͤgt / muß er Schmerzen ha - ben / und weil ſeine Seele noch bey ihm iſt / muß er Leid tragen. (m)Hiob. 14. v. 22.Und oͤffters mit David ſeufzen: Es iſt nichts geſundes an meinem Leibe. (n)Pſ. 38. v. 4.Dorten aber werden wir / mit dieſem ruffen: Jch gehe einher in der Krafft des Herren. (o)Pſ. 71. v. 16.
UNſer Leib erhaͤlt hier ſein Weſen / vom Verweſen / indem er meiſtens von dem Fleiſch der toden Thiere ſeine Nahrung hat: welche er in ſich be - graͤbt / ehe er begraben wird. Dieſe Ver - weſung erreget / in und bey dem Menſchen / Wuſt und Unluſt. Dannenhero er nicht unbillich ein ſtinkendes Gefaͤs / ein Koht -Sak364KlarheitSak und Behaͤltnus der Faͤulung kan ge - net werden. Jn dem Freuden Paradeis aber wird keine Unreinigkeit dem unver - weslichem Leibe ankleben. Man wird von ihm / was JEſus von ſeiner Freundin / ruͤhmen koͤnnen: Dein Gewaͤchs iſt wie ein Luſtgarten von Granat-Aepfeln / mit edlen Fruͤchten / Cypern mit Narden / Narden mit Safran / Kalmus mit Cyna - men / mit allerley Baͤumen des Weyh - rauchs / Myrrhen und Aloes / mit allen baͤſten Wuͤrtzen.(p)Hoh. L. 4. v. 14. oder was Jſaac von Jacob ſagte: Dein Geruch iſt wie ein Ge - ruch des Felds / das der HErꝛ geſegnet hat. (q)1. B. Moſ. 21. v. 28
DJe Herꝛlichkeit der verklaͤrten Lei - ber entdecket uns JEſus ſelbſt / in dem er uns verſpricht: daß die Ge - rechten leuchten werden / wie die Sonne in ihres Vatters Reich.(r)Matth. 13. v. 2 und zeiget uns ein Vorbild ſeiner Verheiſſung / an ſeinem ei - genen Angeſicht / welches / bey ſeiner Ver - klaͤrung / auf dem heiligen Berge / leuchtete wie die Sonne. (s)Matth. 17. v. 2.Petrus wurde / uͤberdie -365der Leiber. dieſen Glanz / verſtuͤrtzt / daß er nicht wu - ſte / was er redete. (t)Marc. 9. v. 6.So nun ein einiges verklaͤrtes Angeſicht in eine Beſtuͤrtzung ſetzet / was wird der Wunder-Glanz ſo vie - ler Millionen Sonnen wuͤrcken? Wir werden / als Himmel-Fuͤrſten / den Na - men der Durchleuchtigſten mit Warheit fuͤhren. Es wird uns alsdann die wun - derbare Zuſammenfuͤgung der kleinſten Aederlein / und die annoch theils unſichtba - re Gaͤnge der Lebens Feuchtigkeiten (wel - che die Goͤttliche Allmacht-Hand in dem Meiſterſtuck des Menſchlichen Leibes ver - borgen) fuͤr Augen liegen. Dieſe Durch - ſchauung wird uns / ſo wol in Verwun - derung / als in Freude ſetzen. Wir bewun - dern ja das Strahlen-Spiel des liechten Demants / die Durchſichtigkeit des reinen Chryſtalls / die Klarheit des weiſẽ Berills / warum nicht vielmehr / der dieſe alle uͤber - trifft / den Glanz der verklaͤrten Coͤrper? ſo eine Jungfrau ſich freuet ihres Schmucks / warum nicht eine ſelige Seele ihres ver - klaͤrten Leibes? indem der ſelbige iſt wie ein Tuͤrkis / das Antlitz wie ein Blitze / die Augen wie feurige Fackel / Arm und Fluͤſſe wie ein gluͤendes Erz: Wie Daniel ei - nes Engels Geſtalt beſchreibet. (u)Daniel 10. v. 6.
DJeſer Leibes Glanz ruͤhret her von der Beſchaffenheit der Seeli - gen Seele. Wie die Sonnenſtrah - len durch das Glaß / ſo ſchimmert der See - len Glanz durch den verklaͤrten Leib. Jhr Liecht durchleuchtet die Glieder / wie Chri - ſti Klarheit die Kleider / welche hell und ſehr weiß wurden / wie der Schnee / daß ſie kein Faͤrber auf Erden kan ſo weiß machen(x)Marc. 9. v. 3. Dann ſo der Leib / der geringere Men - ſchentheil / dem verklaͤrten JEſus-Leibe ſoll aͤhnlich werden: ſo wird die Seele / als der edlere / nicht geringere Klarheit em - pfangen. Hat der Leib / der ſeinen Ur - ſprung aus und von der Erden hat / ſich die - ſer Gnade zu troͤſten: ſo wird die Seele die Tochter des Goͤttlichen Athems / nicht ge - ringer Zierde hoffen koͤnnen. Wir / die wir / in dieſem Leben / unſerer eigenen See - le Urſprung / Weſen / Sitz und Wuͤrckun - gen noch nicht eigentlich und voͤllig erfor - ſchet / koͤnnen ihren Zuſtand / in jenem / noch weniger ergruͤnden: ſondern muͤſſen es / zu der verlangten Erfahrung / ausſtellen.
JNdeſſen iſt kein Zweiffel / daß ſie ihre Klarheit von dem ſeligen Anſchauen GOttes erlange / als welcher das Liecht ſelbſten iſt. (y)Joh. 1. v. 4.Hat Moſe auf dem Berge Sinai / von dem Geſpraͤche mit GOtt ein ſtralendes Angeſicht uͤberkom - men / deſſen Glanz das Volk nicht ertragen konte: wie vielmehr werden die Auserwehl - te von dem ewigen Anſchauen Gottes be - glaͤnzet werden. So das Klarheit hatte / das da aufhoͤret / wie vielmehr wird das Klarheit haben / das da bleibet? ſchlieſ - ſen wir mit dem Himmel-gelehrten Pau - lo. (z)2. Cor. 3. v. 11.Wir ſehen zwar auch allhier GOtt / aber nur mittelbar / entweder durch die Vernunft oder durch den Glauben. Jene ſihet ihn in den Geſchoͤpfen / dieſer in dem Wort. Beedes anſchauen iſt dunkel: der Glaub gleichet einem Spiegel / in welchem nit das Angeſicht ſelbſten ſondern das Bild des Angeſichts geſehen wird: alſo iſt im Glauben nicht das klare Angeſicht der ewigen Gottheit ſondern ein durch das Wort davon geſchoͤpftes Bild.
26 Wer368Das anſchauen26 Wer in dem Nebel reiſet / ſihet wol eine Stadt von ferne / aber ihre Palaͤſte und Haͤuſer kan er nicht unterſcheiden / biß er hinein kommet: ſo ſehen wir auch die Stadt GOttes(a)Offenb. 21. v. 10. von ferne im Nebel / aber unvollkommen / biß wir hinein gelan - gen / und in ſeinem Liecht das ewige Liecht ſehen. (b)Pſ. 36. v. 10.Es hat ſich GOtt ſeinen Heili - gen allhier oͤfters in einer Wolken gezeiget / und damit ſeine dunkele Offenbahrung vor - gebildet. Wir ſehen zwar / bey wolckich - tem Himmel das angebrochene Tages - Liecht / und ſchlieſſen hieraus den Aufgang der Sonnen; die Sonne aber ſehen wir nicht / biß der Himmel entwolket iſt: alſo ſtehet GOtt / in dieſem Leben / hinder einer Wolken. Wir ſehen ſein Liecht / aber nicht das Angeſicht: in jenem Leben wird er die Wolke abthun. Da werden wir ihn ſehen von Angeſicht zu Angeſicht /(c)1. Cor. 13. v. 12. wie Er iſt. (d)1. Joh. 3. v. 2.Hier wandlen wir im Trauen / dorten im Schauen. Hier iſt der Glaubens-Spiegel / dorten das Ange - ſicht; Hier das Wort / dorten das Weſen / hier der Schatten / dorten das Liecht.
27 Dieſes anſchauen iſt die vollkom - menſte Himmel-Gab / welche alle ande -re in369GOttes. re in ſich ſchlieſſet / ſo kraͤfftig / daß ſie Leib und Seele ſaͤttiget; von welchem der ſeeli - ge Anſchauer alle Genuͤge empfindet; von welchem der Verſtand / das helleſte Liecht; der Will / den ſicherſten Frieden; das Hertz den liebſten Schatz; die Augen / das ſchoͤnſte Bild; die Ohren / den lieblichſten Klang; deꝛ Geꝛuch / den koͤſtlichſten Balſam; und der Geſchmack / das ſuͤſſeſte Manna erlangen und empfangen. So die dunkle und un - vollkommene Erkaͤntnuͤß GOttes / welche wir in dieſem Leben / durch das Wort / ſchoͤpfen / uns der Goͤttlichen Natur theil - haftig machet / nach dem Zeugnuͤß Petri:(e)〈…〉〈…〉Petr. 1. v. 4. Wie vielmehr werden wir / durch das voͤllige und ſeelige Anſchauen aller Guͤter / die in GOtt ſind / erlangen? So das freundliche Koͤnig-Angeſicht / Leben / und ſeine Gnade iſt wie ein Abendregen:(f)Spruͤchw. 16. v. 15. Wie vielmehr wird das holdſeligſte Ange - ſicht des Koͤnigs aller Koͤnige / Liecht / Liebe / Weißheit / Heiligkeit / ja! alles in allem ſeyn?
28 Wir ſehen hier manche Schoͤnheit / die wir eine Augen-Luſt nennen: weil ſie aber vergaͤnglich / ſo kan ſie die Seele nicht vergnuͤgen. Das Eitle ſehen / machet ei - tel / und ſaͤttiget nicht: das Goͤttliche An -A ageſicht370Die Vereinigunggeſicht aber machet ſeinen Schauer ſatt; worauf ſich David freuet: Jch will ſchau - en / ſpricht er / dein Angeſicht / ich will ſatt werden / wann ich erwache nach deinem Bild.(g)Pſalm 17. v. 15. die irdiſche Saͤttigung ziehet ge - meiniglich einen Eckel nach ſich / eine volle Seele zutritt wol Honigſeim:(h)Spruͤchw. 17. v. 7. aber die - ſes Goͤttliche Anſchauen wird uns ohne Uberdruß ſaͤttigen / taͤglich neue Freude und Herꝛlichkeit gebaͤren. Die heilige Engel / welche etlich tauſend Jahre dieſer Freuden-Schau gewohnet ſind / ermuͤden nicht hieruͤber: ſondern ſehen heut / mit eben dieſer Begierde / ihren Schoͤpfer / mit welcher ſie ihn das erſtemahl erblicket haben.
DJeſes Anſchauen iſt ſo kraͤftig / daß es die ſeelige Seele mit GOtt verei - niget / nicht weſentlich noch perſoͤn - lich / doch abſonderlich und unausſprech - lich. Der Verſtand / der Will / die Begier - den / die Gedanken und Kraͤfften ſind mitGOtt371mit GOtt. GOtt / und GOtt mit ihnen / vereiniget. Die Lieb vereiniget auf Erden Mann und Weib alſo / daß ſie ein Fleiſch ſind. (i)Matth. 19. v. 6.A - ber die Vereinigung der Seele mit GOtt iſt hoͤher und veſter. Der Mann wohnet bey dem Weibe: GOtt in der Seele Je - ne ſind ein Fleiſch: GOtt und die Seele ein Geiſt. (k)1. Cor. 6. v. 17.Der Tod kan jenes / aber die - ſes Band nicht / loͤſen. Der Apoſtel ver - gleichet dieſe Vereinigung mit dem Leibe und ſeinen Gliedern; GOtt iſt das Haubt die Auserwehlte die Glieder. Haubt und Glieder haben Freud und Leid gemein. Gottes Freud iſt der Auserwehlten Freud. Waͤre es moͤglich / daß einiges Leid im Freu - den-Land dieſe ruͤhren koͤnte: ſo wuͤrde GOtt ſolches auch fuͤhlen / und ſagen: Sie ſind ja mein Volk / wer ſie aͤngſtet / der aͤng - ſtet mich. (l)Eſa. 64. v. 9.GOtt ſencket ſich / mit ſeiner Liebe / ſo tief in die Auserwehlte / daß er in ihren Augen der Schoͤnſte / in den Mund der ſuͤſſeſte / in den Haͤnden der angenehm - ſte / in dem Hertzen der froͤlichſte / in allen Gliedern der kraͤftigſte iſt und bleibet. Er kan ſie keinen Augenblick / ſie ihn auch nicht / verlaſſen.
30 Dieſe Vereinigung zuͤndet ein ſol - ches Liecht in dem Verſtand an / deſſenA a ijGlanz372Die VereinigungGlanz die vollkommene Erkaͤntnuͤß Got - tes und aller Dinge zeuget und zeiget. Bey dieſem Liecht koͤnnen die ſelige Himmel - Burger GOttes Weſen und Eigenſchaf - ten / ſeine Allmacht / Weißheit / Barmher - tzigkeit / Gerechtigkeit / Warheit und Ewig - keit ſehen. Sie koͤnnen erkennen das un - begreiffliche Geheimnuͤß der Heil. Drey - faltigkeit / das einige Weſen dreyer Per - ſonen. Sie koͤnnen verſtehen / wie der Vatter von Ewigkeit / aus ſeinem Weſen den gleich-ewigen Sohn gezeuget; wie die Gottheit und Menſchheit des Sohns verbunden! wie der heilige Geiſt vom Vatter und Sohn ausgehe; die weiſe Weiſe der Goͤttlichen Regierung; das We - ſen / den Unterſcheid und Eigenſchaften der Geiſter / die Beſchaffenheiten und Urſachen aller natuͤrlichen Dinge: von welchen wir hier ſehr viel waͤhnen / aber wenig wiſſen. Konte der ſuͤndige Salomo ſich ruͤhmen: GOtt hat mir gegeben gewiſſe Erkaͤnt - nuͤs alles Dings / daß ich weiß / wie die Welt gemacht iſt / und die Kraft der Ele - mente / der Zeit Anfang Ende und Mittel / wie der Tag zu und abnimt / wie die Zeit des Jahrs ſich veraͤndert / und wie das Jahr herum lauft / wie die Sterne ſtehen / die Art der zahmen und wilden Thiere / wieder373mit GOtt. der Wind ſo ſtuͤrmet / und was die Leute im Sinn haben / mancherley Arten der Pflanzen und Kraft der Wurtzeln:(m)B. Weißh. 7. v. 16. Was ſolte GOtt ſeinen lieben Auserwehl - ten nicht geben?
31 Die gedachte Vereinigung heiliget auch den Willen / und gleichet ihn mit GOtt. Wann wir hier / mit Moſe / in un - ſern Buſen greifen / ſo ziehen wir eine Suͤnd - ausſaͤtzige Hand heraus; dann die Luſt-volle Bruſt verunreiniget unſerer Haͤnde Werk: in jenem Leben aber wer - den wir voͤllig gereiniget ſeyn. Hier ſind die Glaubige / wie der Mond / der zwar ſcheinet / doch ſeine Flecken hat: dorten wer - den die Suͤnden Flecken ausgetilget ſeyn. Hier tragen wir den befleckten Fleiſches - Rock: dort das weiſe / ſeidene / Kleid der Gerechtigkeit. (n)Offenb. 19. v. 8.Die vorigen truͤbe Suͤn - den Quell flieſſet mit reinem Waſſer der Heiligkeit. Wir ſind alsdann warhaftig Menſchen / nach dem Hertzen GOttes / und koͤnnen ihn alſo anreden / wie er Jſrael an - redete: Mein Geiſt / der bey dir iſt / ſoll von dir nicht weichen von nun an biß in Ewig - keit. (o)Eſa. 59. v. 22.Die Suͤnden-Nacht iſt vergan - gen / der Tag der Gerechtigkeit iſt herbey kom̃en. Die giftige Suͤnden-Otter habenA a iijwir /374Die ſchoͤnewir mit Paulo / nicht nur vor der Hand / ſondern von allen Gliedern in das Hoͤllen - Feuer geſchleudert.
WAs ſagen wir von der Wohnung / was von der Geſellſchaft der Aus - erwehlten? was wir von dieſen allen koͤnnen. Wir muͤſſen doch allhier den Glanz dieſer Freuden-Sonne mit einer Kolen mahlen. JEſus nennet dieſe Woh - nung das Paradeis /(p)Luc. 23. v. 42. und vergleichet ſie alſo dem lieblichſten Luſtgarten / welchẽ die Goͤttliche Wunder Hand ſelbſten gepflan - zet; wo kein rauher Nord ſtuͤrmete / kein brennender Sudwind hitzete / kein friſcher Oſtwind kaͤltete; ſondern ein gemaͤſſigter Weſt wehete; wo der Baum des Lebens ſtaͤrkete / der helle Strom waͤſſerte / der Gold-kies ſchimmerte / die Edelſteine ſpiele - ten; wo die Roſen erroͤtheten / die Lilien blaſſeten / die Balſame ſchwitzeten / die Specereyen dufteten / die Blumen bluͤhe - ten und die Baͤume fruchteten. Der Apo -ſtel375Himmel-Wohnung. ſtel heiſſet ſie den dritten Himmel /(q)2. Cor. 12. v. 2 und ſchlieſſet hiemit aus den Luft - und Sternen - Himmel / und bezielet den Sitz GOt - tes / darinnen er ſich / nach ſeiner Herꝛlich - keit / offenbaret. Dieſes muß ja der edel - ſte und vollkommenſte Sitz ſeyn (ſo erlaubt iſt / alſo zu reden) in welchem das vollkom - menſte und alleredelſte Weſen wohnet.
33 Der liebſte Juͤnger des liebſten Heylands beſchreibet dieſe Wohnung / als eine / vom lautern Gold / Perlen / und Edel - ſteinen und Chryſtallen erbauete Stadt. (r)Offenb. 21. v. 18.Weil wir in dieſem Leben nichts koͤſtli - chers / als beſagte Dinge / wiſſen. Er nen - net ſie das neue Jeruſalem; weil das ir - diſche / als ein Bildnuͤs des Himliſchen / hei - lig war vom Gottes-Dienſt / herꝛlich von Gebaͤuen / beruͤhmt von Jnwohnern. Die groſſe Stimm vom Stul erklaͤret es alſo: Es wird ſeyn eine Huͤtte Gottes / bey den Menſchen / er wird bey ihnen wohnen / ſie werden ſein Volk ſeyn / und er ſelbſt GOtt mit ihnen / wird ihr GOtt ſeyn. (s)Offenb. 21. v. 3.Wann wir dieſen die Worte des Heilands beyhal - ten: Wer uͤberwindet / den will ich machen zum Pfeiler des Tempels meines Gottes / und ſoll nicht mehr hineingehen / und will auf ihn ſchreiben den Namen meines Got -A a iiijtes /376Die ſchoͤne Himmel-Wohnung. tes / und den Namen des neuen Jeruſa - lems / der Stadt meines Gottes / die vom Himmel hernieder komt / von meinem GOtt / und meinen Namen / den neuen /(t)Offenb. 3. v. 12. und zugleich betrachten das Verlangen des Apoſtels / welches er alſo entdecket: Wir ſehnen uns nach unſerer Behauſung / die von Himmelkomt / und uns verlanget / daß wir damit uͤberkleidet werden:(u)2. Cor. 5. v. 4. ſo ſchlieſſen wir hieraus / daß dieſe Freuden - Wohnung kein liebliches Gebaͤu / ſondern die verklaͤrte / und von Gottes Herꝛlichkeit erleuchteten Auserwehlten ſelbſten ſeyn werden.
34 Was Eſaias von Erſchaffung ei - nes neuen Himmels und neuer Erde weiſ - ſaget / iſt eine verbluͤmte Rede / die uns das himliſche Weſen in irdiſchen Bildern dar - ſtellet. Was der Erloͤſer / von den vielen Wohnungen ſeines vaͤtterlichen Hauſes / verſpricht / zielet auf die unterſchiedlichen Herꝛlichkeiten der ſeligen Himmels Buͤr - ger; die theils unter den milden Oliven des Friedens / theils unter Siegprachtenden Lorbeer-Staͤmmen der Herꝛlichkeit / theils unter den erhabenen Zedern der Ehre / theils unter den holden Myrten der Liebe / theils unter den reinen Palmen der Seelig -keit377Die liebliche Geſellſchaft der Seel. ꝛc. keit weiden / oder / ſonder Gleichnuͤs / von einer Freude in die andre wandren.
FReude haben ſie an GOTT / wie oben gedacht / Freude haben ſie an der Geſellſchaft der heiligen Engel / derer Choͤren ſie gleichſam eingemaͤnget ſind / und mit ihnen GOtt loben. Hat ſich Loht gefreuet / da zwey Engel bey ihme Her - berge namen / hat ſich Petrus gefreuet / da ein einiger den Kercker oͤfnete: wie viel - mehr werden ſich die Auserwehlte freuen / daß ſie kommen ſind zu der Maͤnge vieler tauſend Engel? (x)Hebr. 12. v. 22.Tauſend ſind viel / viel tauſend noch mehr: aber die Maͤnge vie - ler tauſend uͤbertrift alle vorige Vielheit. Daniel bezeuget / daß tauſendmal tauſend GOtt dienen / und zehen hundertmal tau - ſend vor ihm ſtehen. (y)Daniel 7. v. 10.Die geheime Of - fenbarung berichtet: daß ihre Zahl ſey viel tauſendmal tauſend. (z)Offenb. 5. v. 11.Wodurch ſie bee - de eine unzaͤhliche Zahl andeuten wollen. Freuen ſich dieſe heilige Geiſter uͤber einen bußfaͤrtigen Suͤnder / warum nicht ein ge -A a vweſe -378Die liebliche Geſellſchafftweſener Suͤnder / uͤber dieſe heilige Chri - ſten? Redeten ſie in dem Jammerthal nur von Freude und Troſt / leiteten ſie die Glau - bige bey den Haͤnden / gruͤſten ſie dieſelbe / als ihre Mitknechte und Bruͤder: Welche Freundlichkeit werden ſie in dem Freuden - Saal nicht erzeigen?
36 Es gelangen aber die Auserwehl - te nicht nur zu der Maͤnge vieler tauſend Engel / ſondern auch zu der Gemeine der Erſtgebornen / die im Himmel angeſchrie - ben ſind / und zu den Geiſtern der vollkom - menen Gerechten. (a)Hebr. 12. v. 22.Deren Zahl eben - maͤſſig unausſprechlich iſt. Viel / ſagt der Heiland / werden kommen von Morgen und Abend / und mit Abraham / Jſaac / und Jacob im Himmelreich ſitzen. (b)Matth. 8. v. 11.Jo - hannes berichtet uns: daß er gehoͤrt habe die Zahl deren / die zum ewigen Leben ver - ſiegelt waren / nemlich hundert und vier und vierzigtauſend / von allen Geſchlech - ten Jſrael / eine groſſe Schaar / die man nicht habe zehlen koͤnnen. (c)Offenb. 7. v. 4Wer will die theuren Martyrer / welche ihr Blut / in Hoffnung dieſer Freude / freudig vergoſſen / in eine gewiſſe Zahl einſchraͤncken? Der andaͤchtige Hieronymus verſuchte es / undgab379der Seeligen. gab endlich dieſen Beſcheid: wann man allen Maͤrtyrern Jahr-Taͤge ſtiften / und ihr Gedaͤchtnuͤs in der Kirche ehren ſollte / muͤſte man / an jedem Tage des gantzen Jahrs / fuͤnftauſend zuſammen ſetzen. Wel - ches ſich auf tauſend mal tauſend / acht hun - dert und fuͤnff und zwanzig tauſend belauf - fen / und doch viele von dieſer Ehre aus - ſchlieſſen wuͤrde. Wann man nun dieſen / alle andere beſtaͤndig-glaubige Hertzen / Mann - und Weiblichen Geſchlechts / bey - ſezen ſolte / welche ohne Blut und Marter ihre Seelen GOtt uͤbergeben / wer wuͤrde ſolche Zahl ausreden koͤnnen?
37 So wir nun auf Erden ein wolge - ordnetes Kriegsheer verwundern / ſo uns ein Volckreicher Hochzeitgang beluſtiget / und eine groſſe Leich-Begleitung troͤſtet? da jenes doch nicht gaͤnzlich der Furcht / und dieſe der Eitelkeit mangeln: wie viel tau - ſendmal mehr werden uns die Reihen der Auserwehlten / die vermutlich eine ſchoͤne Schicht-Ordnung halten / in eine Wun - der-Freude ſezen? So eines Groß-Herꝛns zierlicher Einzug die Augen an ſich ziehet: was ſolte der glaͤntzende Aufzug des groſſen Ehren-Koͤnigs / JEſu / mit dem verklaͤr - ten Gefolge ſeines auserwehlten Volks / nicht vermoͤgen? So Herzens-Freude /nach380Die liebliche Geſellſchafftnach langem Abweſen / einander bey der Widerkunft / mit groſſer Freude gruͤſſen; So Joſeph ſeinen liebſten Vatter / nach vie - len Jahren / mit Freuden-Threnen und Liebs-Kuͤſſen empfaͤhet und umfaͤhet: welche Freude wird entſtehen / wann die / durch den Tod getreñte / Blut - und Mut - Freunde in des Himmels Ehren-Burg wie - der zuſammen kommen werden?
38 Wann wir hier / bey einem Gaſt - mahl / in fuͤrtreflicher Leute Geſellſchafft gerathen / ſchmeicheln wir uns zwar ſelb - ſten mit der Ehre; aͤngſten uns aber doch dabey / wann uns der Stand und Zuſtand derſelben verborgen iſt: Dieſe Sorge wird uns / bey der Tafel der Herꝛlichkeit / benommen ſeyn / weil wir alle Himmel - Buͤrger voͤllig erkennen werden. Dann / ſo wir GOtt ſehen von Angeſicht zu Ange - ſiche / wie er iſt; ſo werden wir auch dieſe ſehen / wie ſie ſind / und folgbar erkennen / die bey und um GOTT ſind. So er - kante unſer Grosvatter in dem irꝛdiſchen Paradeis die nie geſehene Eva / und neñte ſie Fleiſch von ſein em Fleiſch. So wuſte Petrus / auf dem heiligen Berge / Moſe und Eliam mit Namen zu neñen; die viel Jahr hundert zuvor der Zeitlichkeit entnommen waren. Hier / da unſere Sinnen mit Suͤn -den381der Seeligen. den beflecket / kan eine geringe Zeit das Ge - daͤchtnuͤs eines Freundes in dem Herzen / und deſſen Bildnuͤs in den Augen / ausle - ſchen. So kanten die Jacobs Soͤhne ih - ren Bruder Joſeph nicht mehr / der doch lang mit ihnen redete: aber in dem Land deꝛ Geꝛechtigkeit kan keine Unwiſſenheit das Gemuͤt / und keine Dunkelheit die Augen benebeln.
39 Hier werden nicht nur die Angeſich - ter / ſondern ſo gar die Zungen geſchmin - ket. Das Lippen-Honig muß die Herzens Gall verſuͤſſen / die aͤuſſerliche Verſtellung den innerlichen Grollen bergen / die Schein - Freundligkeit die wahre Feindſchafft ver - huͤllen / der Judas Kuß und Joabs Gruß die Fang-Stricke und das Mord-Schwerd hinterhalten: dorten iſt Mund und Mut einſtimmig. Keine Liſt-Fuͤchſe koͤnnen ſich in den Himliſchen Weinberg einſchlei - chen; Sie muͤſſen / mit den neidiſchen Hun - den / darauſen bleiben. Kein widerwaͤrti - ges Woͤrteln wird daſelbſt gehoͤret. Es wird den Gros-Eltern / Adam und Eva / von ihren Kindern nicht vorgeruckt / daß ſie von dem verbotenen Aſt Noht und Tod abgebrochen / und ſie zugleich in das bitter Elend geſtecket haben. Jacob iſt mit Eſau voͤllig vertragen. Die Propheten zuͤrnennicht382Himliſchesnicht mit Manaſſe / der ſie getoͤdet; die er - ſte Chriſten nicht mit Paulo / der ſie verfol - get. Sie wohnen in den Haͤuſern des Frie - dens / und kan man von ihnen warhaftig ſa - gen: Sihe / wie lieblich iſt es / wann Bruͤ - der eintraͤchtig beyſammen wohnen(d)Pſ. 133. v. 1.
DJeſe Eintraͤchtigkeit wuͤrket eine ein - muͤtige Zuſam̃enſtim̃ung des Goͤttli - chen Lobgeſangs / mit welchem ſo wol die Choͤre der heiligen Engel / als der Auser - wehlten / beſchaͤftiget ſind. Alſo ſahe Jo - hannes / wie die 24. Elteſten fielen fuͤr das Lamm / und hatte ein jeder Harfen und guldene Schalen voll Rauchwerks / und ſungen dem Herꝛn ein neues Lied und ſpra - chen: du biſt wuͤrdig zu nemen das Buch und aufzuthun ſeine Siegel. Dann du biſt erwuͤrget / und haſt uns erkauft mit deinem Blut aus allerley Geſchlecht und Zungen / und Volk und Heiden / und haſt uns unſerm GOtt zu Koͤnigen und Prie - ſtern gemacht. (e)Offenb. 5. v. 8. 9. 10. 11.Dieſen antwortete gleichſam eine Stimm vieler Engel um den Stul / um die Thiere / und um die Elteſtenher /383Lobgeſang. her / derer Zahl war viel tauſend mal tau - ſend: Das Lamm / das erwuͤrget iſt / iſt wuͤrdig zu nemen Krafft und Reichthum / und Weisheit / und Staͤrcke / und Ehre / und Preis / und Lob. Faſt gleiches Geſicht hat - te er bald hernach / da ihm eine groſſe Schaar / die niemand zehlen konte / aus al - len Heiden / Voͤlckern und Sprachen / vor dem Stul des Lam̃s gezeiget wurde. (f)Offenb. 7. v. 9. 10.Er hoͤrete auch nachmals dieſe Himmel - Buͤrger das Lied Moſis und des Lamms abſingen. (g)cap. 12. v. 10.Solte man ihnen nicht mit David zuruffen: Wol denen / die in dei - nem Hauſe wohnen / die loben dich immer - dar. (h)Pſ. 84. v. 5.
41 Es koͤñen die kraus-gefuͤhrte Stim - men der Wald-Voͤgel (unter welchen die Nachtegal Capell-Meiſters Stelle haͤlt) in dieſem Leben unſere Ohren laben; als wel - che gleichſam gefluͤgelte Pſalter ſind / und Gottes Lob in ihren Schnabel-Floͤten fuͤh - ren. Noch mehr erquicket uns der gelehrte Saiten-Streit / wañ er von ſondern Kunſt - Haͤnden gefuͤhret wird; welchem die Wind - erregte Thon-Spiele oͤfters die Wage hal - ten. Dieſen allen obſieget die Kunſt-ge - uͤbte Menſchen-Zunge / welche dem lieb - lichen Thon einen gleichfoͤrmigen Wort -Jn -384HimliſchesJnhalt zugeſellen / und nicht nur eine ſchoͤne Schale weiſen / ſondern auch mit einem ſuͤſ - ſen Kerne Ohren und Herzen ſpeiſen kan: Doch ſind alle dieſe Lieblichkeltẽ / gegen dem Himmel-Klang und Geſang / einem Eul - Geheule zu vergleichen. GOtt fuͤllet mit ſeinem Lob den Mund(i)Pſ. 81. v. 11. der Auserwehl - ten / wit David redet / und ſinget gleichſam / ſo wol durch ſie als die Engel / ſelbſten: da - rum iſt auch die Lieblichkeit unvergleich - lich und unausſprechlich. Betrachten wir den Himmel / als einen Berg / wie muß dieſer holde Klang erſchallen in dem Thal? Sehen wir ihn an / als einen groſſen Pa - laſt; wie muß er erklingen in den Zim - mern? ſtellen wir ihn fuͤr / als eine Stadt: wie herꝛlich muß es lauten in den Gaſſen?
41 Weil dann das himliſche Jeruſa - lem ſolche Freuden-Vollkommenheiten he - get / welche der Menſchliche Verſtand nicht erreichen / noch weniger die Zunge ausſpre - chen kan: ſo laſſet uns / mit Daniel / die Fenſter unſers Verlangens / gegen das ir - diſche Babel / verſchlieſſen / und nur dieje - nige / die dort hin ſehen / oͤfne. Es erfreue - te Joſua und Caleb nicht die Wuͤſten / da - durch ſie reiſeten: ſondern das Land Ca - naan dahin ſie reiſeten: laſt uns demnachdie -385Lobgeſang. dieſe Welt-Wuͤſten / darinnen wir Pilger ſind / mit heiliger Verachtung uͤberblicken / uñ nur nach dem ewigen Canaan als unſe - rer Heimat ſchauẽ. Das Vieh mag nach der Eꝛdẽ ſehen / dahin es die Natur / in ihrẽ han - genden Koͤpfen verwieſen: wie unſer Haubt / ſo ſollen die Gedanken an deſſelben erhaben ſeyn. Es hat der Heyland nicht ohne Ur - ſach unſer taͤgliches Gebet mit dieſen Wor - ten ſchlieſſen heiſſen: Erloͤſe uns vom Ubel. Dieſe Bitt iſt der kurze Begrief der andern. Wird dieſe erhoͤret / ſo ſind die andere gewaͤhret. Ende gut / alles gut. Das Ende alles Ubels iſt der Anfang alles Guten. Laſſet uns demnach dieſe Worte mehr mit dem Mut / als Munde / reden; da - mit man uns nicht fragen koͤnne / wie den Moren-Kaͤmmerer: Verſteheſt du auch / was du beteſt. (k)Ap. G. 8. v. 30.
OHeilig-herꝛlicher Vatter im Him - mel / der du mich zu den ewigen / ſeeligen / Leben erſchaffen / durchB bdei -386Gebet um Verlangendeinen einigen Sohn dazu erkauffet / und durch deinen Geiſt dazu beruffen und ge - heiliget haſt / ich ruffe / von der Kirche zu deinem heiligen Tempel / fuͤr mich und mei - ne Mit Chriſten: Erloͤſe uns vom Ubel!
Hier auf Erden iſt das Vatterland des Ubels / der Fuͤrſt dieſer Welt / der Arge / ſuchet und verſuchet uns / in das Ubel zu fuͤhren; die im Argen liegende Welt / und mein eigenes Fleiſch und Blut reitzen mich zum Ubel / und verurſachen / daß es oͤfters / an Seel und Leib / Ehr und Gut / uͤbel mit mir ſtehet.
Laß mich / O getreuer Vatter! in die - ſem Ubel / in welches ich durch Schwachheit ſinke / nicht verſinken; reiche mir deine Gnaden-Hand und hilff mir auf; zuͤchtige mich mit deiner Liebes-Rute / daß ich in dem Ubel erſchrecke / aber nicht verzage / von demſelben um - und zu dir kehre.
Erloͤſe mich endlich von allem Ubel / und laß meine Seele im guten wohnen. Laß mich / von dem irdiſchen / zu dem himli - ſchen Sabbat gelangen / da ich ewige Ru - he / Friede und Freude / und alles gute / in dir / dem hoͤchſten Gut / finden und behalten werde.
Verzeihe mir indeſſen meine Torheit / daß ich mich in die ſchnoͤde Eitelkeit derEr -387nach der Seeligkeit. Erden vergaffet / einen Schatten / ja gar nichts geliebet / mir viel vergebliche Unru - he / nichtige Sorgen / und unnuͤtzes Graͤ - men gemacht / und die uͤber alle maſſen wichtige Herꝛlichkeit wenig / oder gar nicht geachtet habe.
Feure in mir an ein brennendes Ver - langen und einen heißen Durſt / nach dieſer unausſprechlichen Freude / daß meine See - le nach ihr lechzen und ſchreye / wie der Hirſch / nach friſchem Waſſer.
Laß nur ein einiges Troͤpflein dieſer Suͤſſigkeit in mein Hertz fallen / das ich ei - nen Vorgeſchmack der Herꝛlichkeit haben / und daraus merken und erkennen moͤge / wie uͤberkoͤſtlich der Trunk aus deinem Wolluſt-Strom ſeyn werde.
Laß dieſes Troͤpflein mir alle Welt - Suͤſſigkeiten verbittern / und erwecke ein Grauen in mir / vor allem dem / das die Er - de lieblich heiſſet. Laß mich haſſen / was ſie liebet / verlieren / was ſie ſuchet; ſchmaͤ - hen / was ſie preiſet. Laß mich alle ihre Guͤ - ter betrachten / als eine Wander Buͤrde / welche / neben der Suͤnden-Laſt / meine Schultern drucket. Laß mich eilen auf dem Pilger-Wege / daß ich bald die Heimat erreiche / die Laſt ablege / und die Buͤrde mit Wuͤrde vertauſche.
Laß mich die Augen zu drucken / gegenB b ijder388Gebet um Verlangen. der Eitelkeit: damit ich ſehen moͤge / JE - ſu! deine Herꝛlichkeit. Du wilſt ja / daß ich bey dir ſey / auf daß ich ſie ſehe. Diß iſt ein Haubt-Stuck deines Gebets zum Vatter. Nun dieſer hat mich dir / und dich mir gegeben; wer will uns dann ſcheiden!
Durch dich ſind wir Kinder deines Vatters / und dannenhero des Vatters Erben / und deine Mit Erben. Du haſt uns deinen Geiſt / das Pfand dieſes Erbes / gegeben; du haſt uns damit verſiegelt / biß auf den Tag unſerer Erloͤſung. Laß denſelben bald anbrechen / damit ich das verpfaͤndete Gut / beſitzen moͤge.
Ach! wann wird die gewuͤnſchte Mor - gen-roͤhte erſcheinen / da mir dieſer Glanz aufgehet! da mein ſterblicher / gebrechli - cher und elender Leib aͤhnlich wird werden deinem verklaͤrten Leibe; da er / als ein verweslicher / ſchwacher Same / unverwes - lich aufgehen / und in eine herꝛliche Ehren - Aehre ſchoſſen wird? Wann werde ich dahin kommen / daß ich GOttes Angeſicht ſehe? wann wird mein Trauen in Schau - en / mein Verlangen in Erlangen / mein Begehren in Gewaͤhren verwandelt werden?
HERR! es hungert meine Seele /nach389nach der Seeligkeit. nach den Guͤtern deines Hauſes; ich werde nicht ehe ſatt werden / biß ich erwache nach deinem Bild. Wann ich dich ſehen werde von Angeſicht zu Angeſicht / ſo wird meine Seele geneſen.
Von deiner Klarheit werde ich leuch - ten; deine Heiligkeit / deine Weisheit / dei - ne Krafft / deine Schoͤnheit wird Seel und Leib erfuͤllen. Nicht auſer / ſonder in den - ſelben wird dieſer Schatz ſeyn. Du biſt alles in allen: und weil ich dich habe / wer - de ich alles in dir haben. Deine Liebe wird in meiner / meine in deiner / dein Hertz in meinem / meines in deinem / eingeſchloſſen ſeyn. Alsdann werde ich beſitzen
Reichthum / ohne Verluſt / Uberfluß / ohne Mangel / Wuͤrde / ſonder Buͤrde / Ehre / ohne Beſchwere / Liebe / ſonder Liſt / Luſt / ohne Laſt / Staͤrke / ſonder Schwachheit / Freyheit / ohne Joch / Weisheit / ohne Fehler / Sicherheit / ohne Furcht / Ruhm / ohne Neiden / Freude / ſonder Leiden / Klarheit / ohne Wolken /B b iijFuͤl -390Gebet um Verlangen nach ꝛc. Fuͤlle / ſonder Eckel / Leben / ohne Tod.
Alsdann werde ich mit den Engel-Choͤ - ren / und der Schaar der Auserwehlten den ewigen Jubel-Thon anſtimmen / und zu deinem Lobe fortſingen. Jndeſ - ſen / du GOtt unſers HErꝛn JEſu Chriſti / du Vatter der Herꝛlichkeit / gib uns allen den Geiſt der Weißheit / und der Offenbarung / zu deinem ſelbſt Erkentnis / und erleuchte die Augen unſe - res Verſtaͤndnuͤs / daß wir erkennen moͤgen / welches da ſey die Hoffnung unſeres Beruffs / und welcher ſey der Reichthum deines herꝛli - chen Erbs an deinen Heiligen /(l)Epheſ. 1. v. 17. 18. durch deinen einigen Sohn / in Krafft des H. Geiſtes / welchem / ſamt dir / ſey Lob und Ehr in Ewigkeit. Amen!
DEr ewige Sohn des ewigen Vatters / gleich wie er ſich den Erſten / ſo nennet er ſich auch den letzten. Wie ihm das erſte / ſo gebuͤhret ihm auch das lezte; ſo wol das Abend-als Morgen-Opfer. Wie / an den Opfer-Thieren / der gantze Schwanz; ſo ſoll ihm / von den Tagzeiten / das gantze En - de / der Abend / geheiliget ſeyn. So das Ende baͤſſer iſt / als der Anfang / nach des Weiſen Koͤnigs Worten:(m)Predig. 7. v. 9. ſo muß es auch dem Baͤſten geeignet werden. Weil auch unſere letztere Gedancken die erſte ge - meiniglich uͤbeꝛtꝛeffen: ſo ſollen ſie dem Fuͤr - trefflichſten gewidmet ſeyn.
2 Es gehen aber billich unſere letztere Tags-Gedanken erſtlich auf das Danken. Dank ſind wir dem Schoͤpfer ſchuldig / daßB b vſei -294[394]Abend-Andacht am Sonntage. ſeine Guͤte und Weisheit den verwiechenen Ruhe-Tag geordnet / und uns Muß gegoͤn - net / Seel und Leib zu erquiken. Dank ſind wir dem Erloͤſer ſchuldig / daß er dieſen Tag mit ſeiner ſiegreichen Auferſtehung geheili - get / und uns mit ſeinem Wort / als dem Lebens Brod / geſpeiſet hat. Dank gebuͤh - ret dem Heiligen Geiſt / der uns zu der Ge - meine der Heiligen beruffen / die heilige Gottes-Maͤnner zum reden und ſchreiben getrieben / den Goͤttlichen Willen eroͤffnet / den Verſtand erleuchtet / die Begierden ge - zaͤhmet / und zum Guten geleitet hat.
3 Dank gebuͤhret der Hochheiligen Dreyeinigkeit wegen des Schuzes des uͤ - berlebten Tages; als die uns mit ihren Fit - tigen bedecket / vor den ſchaͤdlichen Nachſtel - lungen des allgemeinen Feindes und ſeiner tuͤckiſchen Werkzeuge beſchirmet / vor tau - ſend Unfaͤllen bewahret / und uns und den Unſerigen alles gutes erwieſen / mit Leib - und Lebens-Nohtdurfft verſorget / und alſo Leben und Wolthat an uns gethan hat.
SOlchem Dank ſoll folgen die Pruͤ - fung des Gewiſſens / und Unterſu - chung der verwiechenen Tag-Be - gegnuͤſſe / abſonderlich die Widerholung des gehoͤrten Worts. Soll das Sam - Koͤrnlein kaͤumen und aufgehen / ſo muß es nicht nur in den Acker geworfen / ſondern auch mit Erde bedecket werden: ſo muß auch der Wort-Same in dem Hertzens Feld bewahret werden / wann er Frucht brin - gen ſoll /(n)Luc. 11. v. 28. 8. v. 15. nach dem Zeugnis des Hei - lands. Andaͤchtige Hoͤrer gleichen den reinen Thieren. Wie dieſe das Futter widerkeu - en: ſo widerholen ſie die Seelen-Speiſe / und ziehen / durch oͤftere Betrachtung des Worts / zu ihrer geiſtlichen Nahrung / Safft und Krafft heraus.
5 Man fraget ſich demnach billich: ob man der angehoͤrten Goͤttlichen Lehre / in Kindlicher Einfalt glaubigẽ Beyfall gegebẽ / und diekluͤglende Vernunft bezaͤhmet habe? Ob man der Goͤttlichen Weisheit / Wahrheit und Allmacht die Ehre gegeben / und ſie mit zweifel-muͤtigen gruͤbeln nicht beleidiget? Ob396Pruͤfung des Gewiſſens. Ob man den Kampf wider die Feinde des Goͤttlichen Reichs und Willens mit glaubi - ger Grosmut angetreten / und mlt Beſtaͤn - digkeit fortgeſetzet? Ob man den Goͤttli - chen Segen mit Dankſagung empfangen / zur eigenen Notdurft / und Erleichterung des duͤrftigen Naͤchſten angewendet: oder mit Pracht und Fuͤllerey verſchwendet? Ob man die Sonne nicht habe uͤber ſeinen Zorn untergehen laſſen / und einen Moͤrder zum Schlaff-Geſellen aufbehalten? Ob man die Welt-Eitelkeit und ihre Schein - Guͤter den ewigen Seelen-Schaͤtzen nicht vorgezogen? Kuͤrtzlich: ob man den Tag mit dem Lobe Gottes angefangen / in deſſen Dienſte / zu Nutz des Naͤchſtens / fortge - geſtellet / und darinnen geendet habe?
6 So fleiſſige Haus-Vaͤtter ihre Tag - Buͤcher halten / Eiñam und Ausgab / Schul - den und Gegen-Schulden einzeichnen / und taͤglich Abends berechnen / ob ihnen Gewiñ oder Verluſt bleibe: Warum durchſuchen wir nicht vielmehr unſer Gewiſſen-Regi - ſter / und ſorſchen unſer Weſen; ob wir an Seelen-Reichthum ab - oder zugenommen haben? Warum berechnen wir nicht zeit - lich unſere Suͤnden-Schulden? Lange Rechnungen ſind die verworrenſte. Dem Aufſchieben folget Weitlaͤufftigkeit / derWeit -397Todes-Gedancken. Weitlaͤufftigkeit Gefaͤhrlichkeit. Laſſet uns derowegen unſer Haubt nicht ehe ſanft le - gen / bis wir die Abend-Rechnung gehal - ten / und angehalten haben: daß ſie GOtt in Gnaden richtig erkennen / und mit JEſu Blut durchſtreichen wolle.
LAſſet uns auch bedenken / daß der Tag unſer Leben / und der Abend das Sterbenbilde. So gewiß der Abend auf den Tag / ſo gewiß folget der Tod auf das Leben. Wie der Sonnen Aufgang auf die Geburt / ſo deutet der Un - tergang auf den Tod. Wie ſich nun ein Tagloͤhner nach den Abend ſoͤhnet / der ihm Ruh und Lohn bringet: ſo hertzlich ſoll uns nach dem Lebens-Ende verlangen / welches die Unruh endet und den gnaͤdigen Kronen-Lohn verſpricht. Dann ſeelig ſind die Toden / die im HErꝛn ſterben / von nun an / und der Geiſt ſpricht / daß ſie ru - hen von ihrer Arbeit. (o)Offenb. 14. v. 13.Und die Gerech - ten empfahen ein herꝛliches Reich / und eine ſchoͤne Krone von der Hand des HErꝛn. (p)B. Weißh. 5. v. 17.
8 Was398Todes-Gedanken.8 Was ſtellet uns unſer eigenes Bett anders fuͤr / als ein Grab? welches unſere letzte Schlaff-Stelle ſeyn wird / darinnen der Leib / bis an den groſſen Reichs-Tage der Auserwehlten / ruhen ſoll. Wer weiß / ob man uns nicht morgen aus dem Bette in das Beete des Gottes-Ackers / von dem leichten Feder-in das ſchwere Leichen-La - ger bringet? laſſet uns mit dieſen Gedan - ken in die Federn begraben / und alſo liegend dem Tode entgegë gehen. Wer ſich / gegen ſei - ne Ankunft / alſo bereitet / der hat alsdann nichts weiteꝛs zu thun / als Steꝛbẽ. Weꝛ ſich aber in die Eitelkeit alſo vertiefet / daß er an den Tod / vor dem Tode / nicht gedenket / dem bleiben die wichtigſten Geſchaͤffte zu ruck / und wird er ſterben muͤſſen / ehe er die Kunſt ſeelig zu ſterben erlernen kan.
9 Der Abend mahlet uns auch fuͤr das Ende der Welt. Er fertiget die Arbeiter ab / und bringt ihnen den Lohn: Am Welt - Abend werden auch wir / dem Leibe und der Seelen nach / belohnet und abgefertiget werden. Dann wir muͤſſen alle offenbar werden fuͤr dem Richtſtul Chriſti / auf daß ein jeglicher empfahe / wie er gehandelt hat bey Leibs-Leben / es ſey gut oder boͤſe. (q)2. Cor. 5. v. 10.Ein trauriger Abend den Gottloſen / einfroͤ -399Bett - und Bet Gedanken. froͤlicher den Frommen! Jene wird der Richter mit der Zorn-Stimme erſchroͤ - cken: weichet von mir ihr Verfluchte in das ewige Feuer / welches bereitet iſt dem Teufeln und ſeinen Engeln. Dieſe wird er mit dem Gnaden Ruff erquicken: kom - met her / ihr Geſegnete meines Vatters / er - erbet das Reich / das euch bereitet iſt / von Anbegin der Welt. Wie wir nun nicht wiſſen / wann der Lebens-Abend herein - brechen werde / weil uns leichtlich begeg - nen kan / was Hiskias fuͤrchtete / Er ma - chets ein Ende mit mir / den Tag vor A - bends. (r)Eſa. 38. v. 12.So iſt uns auch der Welt-A - bend verborgen / deſſen nahende Zukunft doch die Liebs-Kaͤlte und Suͤnden-Dem - merung weiſſagen.
WJll der Todes-Bruder / der Schlaf / die Augen ſchlieſſen / ſo oͤfne dein Hertz / ſchicke deine Seufzer nach den Himmel / um fernere Gnaden Bewah - rung. Die Perlen Schnecken / die ſich / bey Tage / in dem geſaltznen Meer verber -gen /400Bett - und Bet-Gedanken.
401Abend-Gebet am Sonntage. gen / begeben ſich Abends an das Ufer / eroͤf - nen ihre Muſcheln / und ſchnappen gleich - ſam nach den Silber-hellen Thautroͤpflein / von welchen ſie die edle Perlen
im Fangen Empfangen;
Die nach und nach in ihnen erhaͤrten / und mit ihren weiß hellen Glanz den himliſchen Urſprung erweiſen: ſo laß und verlaſſe auch du das herbe Meer der Erden-Sor - gen / oͤffne mit hoͤchſter Begierde das Herz / den Gnaden-Thau Gottes zu empfangen; damit du Threnen-Perlen zeugen moͤgeſt / die Zeitigen und fallen / vor Leid uͤber die Suͤnde / vor Freuden uͤber GOttes Guͤ - te / vor Verlangen nach der Seeligkeit.
BArmhertziger Vatter im Him - mel / der du in der Schoͤpfung / am heutigen Tage / Liecht und Finſternuͤs unterſchieden / und die Nacht dem Tage nachgeordnet / ich ſage dir nicht allein vor dieſe deine weiſe Ordnung / in ſchuldigſter Demut / Lob und Danck / ſondern ich preiſe auch deine Guͤte /C cdie402Abend-Gebetdie mir an dieſem Tage viel gutes gege - ben / und viel boͤſes abgewendet hat.
Du haſt mir Gnade erwieſen / und in deinem Wort mit mir geredet / mich hin - gegen in meinem Gebet gehoͤret / und wie ich hoffe / erhoͤret.
Du haſt nicht nur der Seele / ſondern auch dem Leibe Raum gegeben / der Ruhe zu genieſen und ſich zu erquicken. O! wie iſt deine Guͤte ſo groß / die du uns armen Menſchen erweiſeſt / O / wie viel ſind dei - ner Wolthaten! wer kan ſie zaͤhlen und erzehlen?
Habe ich / O Vatter / an dieſem Tage / mehr Ruhe dem Leib als der Seele zuge - legt; hab ich dich in der Ruhe in mir geſtoͤ - ret / und meine Luſt / auſer dir / in den Ge - ſchoͤpfen geſuchet: ſo rechne mir dieſe Suͤn - de nicht zu. Du weiſt / was fuͤr ein ſchwa - ches Gemaͤcht wir ſind. Laß / wie ſie iſt / die Fuͤrſprach deines Sohns vor mich / bey dir hochguͤltig ſeyn. Wie er an dieſem Ta - ge aus dem Grabe erſtanden: ſo laß mich von den Suͤnden auferſtehen / zu einem neuen Leben. Laß mich im Leben bewei - ſen / daß ich dir lebe / und der Suͤnden tod ſey.
Gib deinem Wort Krafft / daß es fort - hin nicht leer zu dir komme / und bey mirfort -403am Sonntage. forthin auf keinen Welt-gebahnten / fel - ſichten / noch dornichten Hertzens-Acker falle; ſondern ein gutes Land finde / und Frucht bringe in Gedult.
Und weil es nun an deme iſt / daß mein er - muͤdeter Leib / auf ſeiner Lager-ſtaͤtte / Ru - he ſuchet; ſo laß indeſſen die Seele in dir Ruhe finden. Segne dieſes mein Beten / daß es beeden wol bette.
Laß dieſes Raͤumlein / da ich liege / ei - ne Niderlag meiner Sorgen / und die Fe - dern eine Decke deiner Fittigen ſeyn. Oꝛd - ne mir deine Waͤchter / die heiligen Engel zu / daß ſie den bruͤllenden Hoͤllen-Loͤwen abtreiben; und / ſo mich der Schlaff ſei - nem Bruder / dem Tode / nach deinem Wil - len / ſolte uͤberantworten: ſo faſſe meine Seele / die ich dir hiemit uͤbergebe / in deine ſtarcke Hand / daraus ſie niemand reiſſen kan / und laß ſie / nach dieſem Sonntag / ewige Woñe-Taͤge haben / bis der / mit ihr vereinigte / Leib zugleich den groſſen Sab - bat mit allen Auserwehlten feyren wird. Hoͤre Barmhertziger Vatter / und erhoͤre mich / durch Jeſum / deinen einigen Sohn / in Krafft des Heiligen Geiſtes / Amen.
ENDE.
ES ſind viel Kirch Geſang-Buͤcher in den Druck gekommen: die mei - ſten aber haben entweder die Lie - der nicht alle / die man in der Kirche ſinget oder ſie maͤngen mit groſſer Anzahl darun - ter die Lieder die offentlich beim Gottes - dienſt nicht pflegen geſungen zu werden / und nur privat - oder Haus Lieder ſind. Weil nun uͤberfluͤßig iſt / dem Kirchgeher / mit ein ſo dicken Buch in die Kirche mit zu - geben / und er außer dem Geſang / in vor - hergehendem Buch in der Kirche genug zu leſen hat: als hat man hier allein die Lieder / die man hin und wieder beim Got - tesdienſt zu ſingen pfleget / anhaͤngen / und die Haubt-Lieder in ein Buch / Geiſtliche Haus Capelle genannt / verſparenwollen. Doch ſind etliche neue / die an etlichen Or - ten auch ſchon in der Kirche geſungen werden / hierzu gethan worden.
Joh. Mattheſius.
Heinr. Albert.
Joh. Kolroß.
Mich. Prætorii.
A. Lobwaſſer.
Jm Thon:
Paul Gerhard.
Mich. Weiß.
M. Weiß.
J. M. Dilherꝛ.
Nic. Herman.
Paul. Gerhard.
Joh. Riſt.
D. M. L.
Mich. Weiß.
D. M. Luth.
D. M. L.
Petr. Dresd.
Jn eigener Melodei.
Joh. Riſt.
D. M. L.
Jſt das vorige.
Nic. Herm.
D. M. L.
D. M. L.
Melch. Joh. Crug.
Pauli Eberi.
D. M. L.
Mich. Weiſſen
C. B.
Heinr. Muͤl.
Sebald Heyd.
D. M. L.
Nic. Her.
D. M. L.
D. M. Luth.
D. M. L.
D. M. Luth.
P. Gerh.
P. Gerh.
Nic. Herm.
D. M. L.
D. M. L.
D. M. L.
Erhardi Hegenwald.
Matth. Geiters.
D. M. L.
Barthol. Ringw.
Joh. Herm.
Sebaldi Heyd.
Sigism. Scherertz.
Joh. Franck.
M. Pauli Webers.
Juſt. Siebers.
Joh. Klay /
D. Mart. Luther.
D. Mart. Luther.
D. M. Luth.
D. M. L.
D. M. Luth.
Seb. Heidens.
D. M. Luth.
Juſtus Jonas.
Wolffg. Dachſtein.
Joh. Gigant.
D. M. Luth.
D. M. L.
D. Paul. Eber.
D. M. L.
Wolff Fabricii.
Ludw. Helmbod.
Mart. Opit.
Joh. Gigant.
Nath. Chiſtr.
D. M. L.
Laz. Spengl.
Paul. Sperati.
Barthol. Ringswalds.
Joh. Mich. Dilh.
D. M. L.
Mich. Franckens.
Gregor. Richter.
Joh. Mich. Dilherrn.
Andr. Cnoph.
Paul. Speraͤti.
Joh. Riſt.
Johann Flietner.
M. C. K.
D. Nicolai Selnecceri.
H. Martin Molleri.
Johann Frankens.
Wolffg. Moſel.
Ambr. Lobw.
Joh. Heermann.
Paul. Gerhard.
Mich. Weiß.
D. Joſ. Stegmann.
Paul. Gerhard.
M. Ludw. Helmbold.
Joh. Friderich. Herz. zu Sachſen.
Mariaͤ / Koͤn. in Ungarn.
Nie. Heerm.
Joh. Sachs.
Paul Gerh.
Joh. Flitner.
D. Nic. Seln.
Nicol. Herman.
Albrecht Marggr. zu Brandenb.
Joh. Sauberti.
Barthol. Ringwald.
Joh. Mich. Dilh.
D. M. L.
D. Martin. Luther.
Nic. Herm.
Johan. Pappi.
Sigismundi Weingaͤrtners.
Mart. Schallings.
Melch Frank.
Barthol. Ringw.
Joh. Arnd.
Valer. Herberger.
D. Paul. Eberus.
Barthol. Ringwald.
Simon Graff.
Johanes Siegfried.
Bartholom. Froͤlich.
Philipp. Nicolai.
Heinr. Albert.
Wilhelm. Alardus.
Joh. Weiß.
Nicol. Hermann.
Barth. Ringn -
Eraſm. Alberus.
D. Philip. Nicolai.
Mich. Weiß.
Johannis Walthers.
Jeremiæ Nicolai.
ENDE.
CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe
Fraktur
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