PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Des Franzoͤiſchen Heliconſ Monat-Fruͤchte /
Oder getreue Uberſetzungen und Auszuͤge allerhand curioͤſer und aus - erleſener Franzoͤiſchen Schrifften / VonStaats - Welt - und Liebes-Haͤndeln / wie auch andern Moraliſchen / Geographiſchen und der - gleichen leſenswuͤrdigen Materien / zu vergoͤnnter Gemuͤths-Ergoͤtzung uͤberreichet im Januario 1696. von Talandern.
Verlegts Johann Ludwig Gleditſch.

An den Leſer. Nach Standesgebuͤhr geehrter Leſer.

DIeweil ich in meiner letzt - her - ausgegebenen Do - ris gemeldet / wie hinfuͤhro durch Frantzoͤiſche Uber - ſetzungen und Extracte dieſer Nation ihrer auserleſenſten Tractate dem - ſelben aufwarten wolle / ſo komme hierdurch meinem Verſprechen nach / und uͤberreiche die erſten Monat - Fruͤchte / ſo ich von dem Fran -) (2zoͤiſchenAn den Leſer.zoͤiſchen Helicon geſam̃let habe. Man hat angemercket / daß in den vornehmſten teutſchen Gaͤrten das franzoͤiſche Obſt vor das beſte gehal - ten / und deſſen Baͤume mit der groͤ - ſten Muͤhe und Koſten aus Holland gebracht und in unſer Erdreich ge - ſetzet werden: Solte ich wohl in mei - ner Rechnung gluͤcklich ſeyn / daß auch dieſe meine Monat-Fruͤchte / welche gewiß von natuͤrlichen Fran - zoͤiſchen Staͤmmen / ſo die Hand der Pallas gepfropffet / friſch gebrochen ſind / denen Teutſchen gleichfalls ge - fallen wuͤrden? Zum wenigſten / wo ſie nicht aller ihren Geſchmack ver - gnuͤgen / wird doch die mannichfaͤlti - ge Art der aufgeſetzten Trachten hier und dar ihre Liebhaber finden. Denn / daß ich meinen Vorſatz nur in etwas erklaͤre / ſo werde ich ieglichen Mo - nat / wie in denen Erſten dieſes Jah -resAn den Leſer.res der Anfang gemacht / ſo GOtt Geſundheit verleihet / das beſte / was ich in der Frantzoſen herausgege - benen Staats - und Politiſchen Schrifften / Reiſe - Beſchrei - bungen / Moraliſchen Tracta - ten / Liebes-Beſchichten / Sa - tyren / Paſtorellen / Briefen / und ſonſten / curieuſes und ſchmack - hafftes finde / zu præſentiren nicht er - mangeln / und mich bemuͤhen / diejeni - gen / ſo galante erudition æſtimiren / nach Moͤglichkeit zu befriedigen. Jſt ja etwas darunter / ſo einigen wegen der zu weilen intereſſirten Verfaſſer paſſioniret vorkoͤm̃t / wollen ſie es nicht mir / als den Uberſetzer / ſondern denen Franzoͤiſchen Autoren / daraus ich es nehme / beymeſſen. Jch gebe nicht allezeit ihrer Meynung Bey - fall / ſondern laſſe den verſtaͤndigen) (3LeſerAn den Leſer.Leſer davon nach Gefallen raiſonni - ren: werde mich aber doch der ſchul - digen Behutſamkeit nach in acht neh - men / daß ich keinen / zumahl die man wegen der ihnen von GOtt ertheil - ten Hoheit und Autoritaͤt in tieffſter Submiſſion zu veneriren verbunden / mit meiner Feder beleydige / und der - ſelben Ungnade auf mich ziehe. Vie - le Tractate werde eben in einen Mo - nat nicht bringen / ſondern es auffs Hoͤchſte bey vieren bewenden laſſen / damit ich den gantzen Kern des Buͤchleins deutlich communicire / und dem Leſer mehr durch ausfuͤhr - liche Erzehlung des Jnnhalts einer ausgefuͤhrten Materie / als durch bloſ - ſe Benennung der Titul iedes Capi - tuls Satisfaction gebe. Durch dieſe Arbeit hoffe ich manches ſein Ge - daͤchtnis und ſeinen Verſtand zu be - reichern / daß er wird von einem undan -An den Leſer.andern ietzo florirenden Koͤnigreiche und Staate / von Befeſtigung und Fallung der alten Republiqven / von unterſchiedlichen Gebraͤuchen und Sitten der auslaͤndiſchen Voͤlcker / von denen Wuͤrckungen der Affecten / und dergleichen mehr / durch die an - gefuͤhrten Exempel und Lehren er - bauet reden / und eine anſtaͤndige Converſation unterhalten koͤnnen. Denn ſolche Extracte / die aus wenig Bogen beſtehen / und von gantz ge - ringen Koſten ſeynd / tragen mehr zur politiſchen Klugheit bey / als die muͤh - ſame Durchleſung groſſer Folianten / die ſich iedweder anzuſchaffen nicht vermag / auch wegen ihrer Weitlaͤuf - tigkeit oͤffters ſaͤttigen / ehe man das vierdte Theil davon eingenommen. Und ſoll man erſt durch langes Rei - ſen alles daſſelbige kennen lernen / ſo reichet des hunderten ſein Vermoͤ -) (4gen /An den Leſer.gen / Leibes-Conſtitution, auch die Sorgfalt und Geſchicklichket nicht zu / ſich alles deſſen zu erkundigen / was man nicht ehe als durch koſt - bare Laͤnge der Zeit und nur bey de - nen / ſo ein Theil eines Landes mit re - gieren / erfaͤhret / wo aber einen Zutritt ſo fort zu erhalten ſchwer iſt / und noch haͤrter / von ſelbigen die allda ge - braͤuchlichen maximen und Staats - Geheimniße heraus zu locken. Demnach will der guten Hoffnung leben / daß die Wohlgeſinnten bey nunmehr erſehener meiner Abſicht mir mein wohlgemeyntes Unterfan - gen nicht uͤbel deuten werden / ſon - dern ſich dieſeꝛ meiner Franzoͤiſchen Monat-Fruͤchte theils zu ihrem Nutzen / theils zu ihrer Ergoͤtzlichkeit bedienen: Jch uͤberlaſſe denen Hoch - gelehrten / daß Sie die Vor Eſſen rei - chen; meines iſt nur Obſt / und alſodieAn den Leſer.die Nachtracht / von welcher iedwe - der nach ſeinem Belieben nehmen kan. Jch aber verharre / wie zuvor /

Des nach Standesgebuͤhr geehrten Leſers

Jenaͤ / den 1. Jan. 1696. unterthaͤniger und ge - fliſſenſter Diener Talander.

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Inſtructions politiques pour un Gentilhomme, ou l’Art de réüſſir à la Cour, à Paris 1695. Politiſche Unterweiſungen vor ei - nen Edelmann / oder die Kunſt bey Hofe wohl an und fortzukommen. Pariß / im Jahr 1695.

DIeſes Buch iſt bereits vor einigen Jahren unter den Titul: l’Art de regner: oder die Regie - rungs-Kunſt heraus gegeben; wegen ſeiner Guͤte aber nunmehro von neuen aufgelegt / und in unterſchiedlichen Sprachen uͤberſetzet worden. Und weil deſſen Jnnhalt nicht allein auff groſſer Herren und Pocentaten ihre Regierung weiſet / ſondern nur deren Ma - ximen in Einrichtung / in Erhaltung / und in Befoͤrderung des Wachsthums ih - res Staats voran / und zum Fundament derjenigen Reflexionen ſetzet / welche zum Gebrauch des Adels / und aller derjenigen be - qvemet ſeynd / ſo am Hofe ihr Gluͤck zu machen und zu befeſtigen gedencken / ſo iſt der Titul ge -Januar. 1696. Baͤndert2Politiſche Unterweiſungaͤndert worden / und hat man es genennet: Inſtructions politiques pour un Gentilhomme; Politiſche Unter - weiſung vor einen Edelmann / oder die Kunſt bey Hofe wohl fortzu - kommen: Die Lehrſaͤtze darinnen zeigen / daß der Autor in den Circuln des Hofes nicht unerfahren / ſondern ſelbige wohl durchgegan - gen / auch daß er die Warheit nicht verhalte; es waͤre dann / daß er zuweilen ſich die natuͤrliche Zuneigung und angebohrnen Affect gegen ſei - nen Koͤnig zu kleinen Ausſchweiffungen verlei - ten lieſſe; welches doch dem Leſer nichts ſchaden kan / indem ohne diß gewoͤhnlich / daß jeder Autor desjenigen Potentaten / worunter er ge - bohren / ſeine Actiones als die allerbeſten aus eingepflantzter Ehrerbietung herausſtreichet.

Das3vor einen Edelmann.

Das erſte Capitel. Von der Politic ins gemein / und von denen zu jedwederer Art des Staats gehoͤrigen Maximen / um ſelbigen, einzurichten.

Die I. Maxim.

JN dieſer beſchreibet der Autor die Politic ins gemein / daß ſie eine Kunſt ſey / wohl und gluͤcklich in allen Staͤnden der Republic zu leben. Der Souverainen und Potentaten ihre ſey eine Kunſt / ihre Herꝛſchafften und Laͤnder wohl zu regieren; und der Unterthanen ihre / daß ſie ihre Profeſſion wuͤrdig abwarteten. Die eine beſtehe in Guten regieren / und die andere in Guten gehor - ſamen / beyde aber zuſammen waͤren hoͤchſt noͤthig in der menſchlichen Societaͤt / ein vergnuͤgtes und gluͤck - liches Leben zu fuͤhren.

Drauf machet er den Unterſcheid der Politic von der Sitten-Lehre und der Oeconomicâ, und ſaget daß die Sitten-Lehre die Affecten unter die Ver - nunfft bringe; die Oeconomica gute Haußhalter mache / indem ſie ihren Endzweck in der Gluͤckſeelig - keit der Familien ſuche; die Politic aber ſey unter dieſen die edelſte / weil ſie ihre Abſicht auf das gemei - ne Beſte richte / von den doch aller Privat-Perſo - nen Wolfahrt dependire.

Anmerckung. Jn dieſer ſetzet der Autor die Ur - ſach / woher man ſich nicht zu verwundern / daß er allen Menſchen die Politic noͤthig zu ſehn haͤlte / weil ſie nemlich eine Kunſt waͤre / wohl und gluͤcklich in allen Staͤnden der Republic zu leben. Sie dienere groſſen Herren zum Regieren; denen Privat-Per - ſonen / ſich die Gnade der Groſſen / die FreundſchaͤfftB 2ihres4Politiſche Unterweiſungenihres gleichen / und die Dienſtfertigkeit der gerin - gern zu erwerben: Die Geiſtlichen haͤtten ſie zu Be - feſtigung der Religion noͤthig; der Adel / um zu ler - nen / mit Reputation am Hofe / bey der Armée, und in den Provintzen zu leben; den Magiſtrat a - ber nebſt denen andern Staͤnden / ſich wohl in Ver - waltung und ſonderbahren Verrichtungen aufzu - fuͤhren.

Darauff nun gibt er denen von Adel / als welchen er vornehmlich zu gefallen dieſen Tractat geſchrie - ben / den Rath / ihr Gewiſſen / ihre Ehre / und ihr Intereſſe zu beobachten / und ſich inſonderheit

auf die Wolredenheit /
auf die Matheſin militarem,
und
auf die ſcientias morales,

ſonderlich aber darunter auf die Politic mit ihren Reflexionen zu legen / wenn ſie wolten in der Welt fortkommen / und ihr Gluͤck machen.

Denn / ſagt er / einem Edelmanne / welcher be - redt / politiſch / und ein Mathematicus iſt / koͤnne es am Hofe ſo leicht nicht fehlen; denn er wuͤſte die Kunſt / durch ſeine Wohlredenheit ſich bey den Groſſen zu recommendiren; auf dem Lande aber waͤre er ein angenehmer Patron und Schiedsmann bey der Nobleſſe; Jn Negotiationen wuͤrde ihm die Politic forthelffen; Bey denen Arméen wuͤrde er zu uͤberwinden und die Voͤlcker wohl anzufuͤhren wiſſen; Bey denen Dames wuͤrde ihn ſein gutes Mundwerck angenehme machen: Jn Summa / alles / was er vornaͤhme / wuͤrde er zu ſeinen Vortheil endigen.

Die5vor einen Edelmann.

Die II. Maxim.

Jn dieſer Maxim theilet er die Politic in drey Theile / deren erſter die Einrichtung eines Staats / der andere deſſen Erhaltung / der dritte ſein Wachsthum betrachtet.

Nach ſolchen gibt er die drey Haupt-Gattungen der Regierungen: Als die Monarchie, wo einer regieret / wie in Franckreich und Spanien; die A - riſtocratie, wo die Edelſten und Vornehmſten das Regiment haben / als in Venedig; Die Demo - cratie, wo das Volck die hoͤheſte Gewalt hat / wie in Holland / und in der Schweitz.

Er ſaget darauff / daß obſchon die Politici mit vielen Beweiß-Gruͤnden diſputireten / welche Art der Regierung unter dieſen dreyen die beſte ſey / ſo koͤnne man doch nicht laͤugnen / daß jede von ihnen ihre Vortheile und ihre Unbeqvemlichkeiten habe: doch jeder zoͤhe dieſelbige Art vor / unter welchen er gebohren: zumahl wir itzo in einer Zeit lebeten / da man nicht mehr das Regiment wehlen koͤnte / ſon - dern ſich nur nach den / wie es von den Vorfahren gegruͤndet / beqvemen ſolte.

Nach dieſen ſtreichet er doch die Monarchie vor andern heraus / (und ſonderlich weil er ein Fran - zoſe iſt / die Franzoͤſiſche; indem er dafuͤr haͤlt / ſei - ne Landsleute waͤren unter dem beſten Koͤnige in der gantzen Welt) Die Urſachen / warum die eintzel - Herꝛſchafft die beſte ſeyn ſoll / gibt er / weil GOtt ſelbſt als ein abſoluter Monarch die Welt regiere: auch ſelbige die uhraͤlteſte und gemeineſte Art zu re - gieren waͤre / welche ſo viele Voͤlcker in allen vier Theilen der Welt nicht wuͤrden ſo viele Secula ge -B 3liebet6Politiſche Unterweiſungenliebet und behalten haben / wenn ſie nicht die ge - ſchickteſte waͤre / darunter gluͤckſelig zu leben. Ja Chriſtus ſelbſt / unerachtet ſeiner Erniedrigung / um das menſchliche Geſchlecht zu erloͤſen habe den Titul des Koͤniges der Juden an ſich genommen / und ſey mit der Krone auf dem Haupte geſtorben.

Anmerckung. Hie / ſaget der Autor, ſoll ein Edelmann von Koͤnigen ein Exempel nehmen / und ſo wohl auf die Einrichtung ſeines Gluͤcks / als auf Erhaltung deſſen / was er von ſeinen Eltern em - pfangen / und auf deſſen Wachsthum dencken / auch dazu alle Mittel / die ihm ſeine Ehre und Ge - wiſſen zulaſſen / anwenden.

Nach dieſen gibt er ein gutes axioma: Ein E - delmann / welcher nicht nach Ruhm und Ehre ſtre - bet / der tauget zu nichts. Schlaͤgt es einem Ca - valliere nicht nach Wunſch ein / ſo muß er mit den Lobe ſterben / daß er doch viel verſuchet habe.

Nachdem er hernach die Staͤnde zeiget / wor - innen einer von Adel in Franckreich zu Ehren kom - men koͤnne / ſchlieſſet er / daß derſelbe am beſten thue / ſeine Avantage im Kriege zu ſuchen. Denn an dieſe Lebens-Art haͤtten ſich die Monarchen und Helden gewehnet / und ſie waͤre der Urſprung und Brunnqvell des Adels. Bliebe dennoch eines Edelmanns ſein Handwerck der Krieg / als wie die Aufbauung der Haͤuſer die Verrichtung eines Bau - meiſters.

Die III. Maxim.

Jn dieſer ſetzet der Autor die Religion als die allermaͤchtigſte Bewegungs-Urſach aller menſchli -chen7vor einen Edelmann. chen Handlungen / und den feſteſten Grund-Stein aller Staate; ja als das heiligſte Band / welches die menſchlichen Geſellſchafften am genaueſten mit einander verknuͤpffete. Er gruͤndet ſelbige in dem Licht der Natur / welches dem Menſchen erkennen lieſſe / daß ein GOtt waͤre / welcher gerecht / und den man durch den Dienſt der Religion anzubeten verbunden / in welchen Dienſt die vornehmſte Schuldigkeit der vernuͤnfftigen Creatur beſtuͤnde. Dahero man zu ſchlieſſen / daß die Furcht des HErrn der Weißheit Anfang waͤre.

Die Religion ſey das Mittel / die Regenten in der Pflicht gegen ihren Unterthanen zu erhalten / weil ſie gehalten dem HErrn aller Herren von ihrem Thun und Laſſen dereinſt Rechenſchafft zu geben. Sie waͤre auch gleichfals noͤthig / die Unterthanen ihrer Herrſchafft unterwuͤrffig zu machen.

Anmerckung. Die erſte Schuldigkeit eines Edelmanns waͤre / einen brennenden Eyfer wegen deſſen bey ſich zu hegen / was er GOtt aus der Reli - gion ſchuldig waͤre / weil die Leute / mit denen er zu thun / nicht gerne ein Geſchaͤffte mit ihm haben wuͤr - den / wann ſie wuͤſten / daß er GOtt nicht achtete.

Man ſolte hinzuſetzen / daß niemand eines Gott - loſen ſein Freund ſeyn wuͤrde. Ein Fuͤrſt wuͤrde ei - nen von Adel nicht gerne zu einen Amte laſſen / weil er ſodann ſich keiner Treue von ihm zuverſehen.

Und es ſolte die Religion nicht allein in ſeinem Hertzen ſeyn / ſondern auch in den euſſerlichen ſich er - weiſen / um dadurch die Geringern aufzumuntern / ein Exempel an ihn zu nehmen.

Ein Cavallier ſolte eben ſo emſig ſeyn auf ſeinenB 4Cre -8Politiſche UnterweiſungenCredit / als eine Jungfer ihre Ehre zu erhalten / der auch der geringſte Flecken nachtheilig waͤre.

Wann ein Hoffmann einmahl in den Ruf / daß er gottloſe waͤre / wuͤrde er niemahls wieder daraus kommen. Denn wenn er auch ſchon hernach ſich fromm auffuͤhrete / wuͤrde man ſolches vor eine Heu - cheley halten.

Dannenhero ſolte er ſtets von geiſtlichen und von heiligen Sachen mit Ehrerbiethung reden / und nie - mahls aus ſelbigen einen Poſſen machen. Denn man habe offt deren ihr Gluͤck ruiniret geſehen / wel - che die Prieſter und Geiſtlichen anzutaſten ſich un - ternommen haͤtten.

Die IV. Maxim.

Jn dieſer zeigt der Autor, daß nachdem ein Fuͤrſt die Religion gegen GOtt befeſtiget / er verbunden waͤre auch / ſeine Pflicht gegen die Menſchen in acht zu nehmen / welche in Ubung der Gerechtigkeit be - ſtuͤnde. Und waͤre der Titul des Gerechten viel ruͤhmlicher einen Fuͤrſten / als wenn er den Zunah - men des Großmuͤthigen und des Uberwinders zu erlangen trachtete.

Es ſolte auch ein Fuͤrſt nicht allein in eigener Per - ſon iedwedem ſein Recht geben: ſondern auch durch die Obrigkeit / ſo er geſetzet / geben laſſen / und diejeni - gen Richter / welche ſo dann ihr Am̃t mißbraucheten / exemplariſch ſtraffen. Denn die Strengigkeit gegen die Verbrecher ſehr heilſam / und beſtuͤnde die gute Regierung eines Staats in dieſen beyden: wohl zu belohnen / und nachdruͤcklich zu ſtraffen. Darin ein Regent GOtt nachahmete / der denenjenigen / ſonicht9vor einen Edelmann. nicht den Himmel verdienet / die Hoͤlle gebe. Durch Gnade und durch Gerechtigkeit wuͤrde der Koͤnigli - che Thron befeſtiget.

Anmerckung. Jn dieſer recommendiret er die Gerechtigkeit denen von Adeln / als eine Tugend / zu deren Ubung ſie ſo wohl / als große Herren / verbun - den / und ſaget: daß ein Edelmann / der nicht gegen jederman die Gerechtigkeit beobachte / ein Boͤſe - wicht und Tyrann waͤre.

Demnach ſolle ſich keiner einbilden / weil er von vornehmer Ankunfft / er habe das Recht / alles zu thun / warum man ihn nicht ſtraffe: vielmehr muͤſſe die Billigkeit die Richtſchnur aller ſeiner Handlun - gen ſeyn.

Die V. Maxim.

Hie gehet der Autor auf die Regierungen und Raͤthe eines Fuͤrſten und ſagt: der Fuͤrſt ſolle zu ſei - nen Raͤthen nehmen (1) weiſe / wohlerfahrne und kluge Leute / damit er nicht betrogen werde. (2) tu - gendhaffte und vernuͤnfftige / um daß ſie die anver - trauten Geheimniſſe bey ſich behielten. (3) die ihm wohl zugethan / und nicht eigennuͤtzig waͤren: alſo mehr auf das Intereſſe des Fuͤrſten und das gemei - ne Beſte daͤchten / als auf ihr eigenes: denn dieſes letztere muͤſte der Printz nach ihren Verdienſt beob - achten. (4) die dem Volcke angenehm waͤren.

Wenn ein Fuͤrſt viele Laͤnder und Provintzen haͤt - te / waͤre es gut / daß er viele Regierungen anſtellete / doch muͤſten ſelbige alle ſich auf ſeinen geheimen Staats-Rath beziehen; der von ihnen zu aller Zeit koͤnne Rechenſchafft fordern.

B 5An -10Politiſche Unterweiſungen

Anmerckung. Kein Edelmann / ſaget allhier der Autor, ſey von Natur ſo klug und ſcharffſichtig / daß er nicht ſeiner Anverwandten / ſeiner Freunde / ja ſelbſt ſeiner Bedienten / wenn er rechte Herrſchafften hat / ihres treuen Raths benoͤthiget waͤre.

Die VI. Maxim.

Jn dieſer ſagt der Autor, daß die Fuͤrſten um den Endzweck der buͤrgerlichen Geſellſchafften / die allgemeine Gluͤckſeeligkeit zuerhalten / ihre Haupt - Maxim ſollen ſeyn laſſen: ihre Laͤnder zu bereichern / und ihren Unterthanen einen Uberfluß von allen den - jenigen Guͤtern zu verſchaffen / welche ſie noͤthig ha - ben.

Darauf theilet er den Reichthum eines Landes ein / und ſagt; er ſey entweder aus der Natur des Landes; und komme durch den Ackerbau / und die Manufacturen: oder aus der Kunſt und der Erfin - dung; das er die Financen nennet.

Nach dieſen zeiget er des Reichthums Nothwen - digkeit. Weil alle Sachen dem Gelde gehorſameten; auch das Reichthum einem Fuͤrſten nutzete / die Gu - ten zu belohnen / die Boͤſen ſtraffen zu laſſen / Kirchen aufzubauen / denen Armen zu helffen / ſein Krieges - Volck zu erhalten / ſeinen Staat und Hoheit zu be - haupten / kurtz allen einen gluͤcklichen Ausſchlag durch daſſelbe zu geben / alſo daß er das Reichthum als das Jnſtrument der gemeinen Gluͤckſeeligkeit anzuſehen habe. Und ſetzet Franckreich und Holland zum Exempel / was dieſe mit ihren ſtattlichen Geldern ausrichteten. Demnach ſolte ein Fuͤrſt Schaͤtze ſammlen und ſparen / damit er bey widrigen Krie -ges -11vor einen Edelmann. geslaͤufften / Hungersnoth und andern Faͤllen zu ſei - ner Schatzkammer ſeine Zuflucht nehmen koͤnne.

Anmerckung. Allhier ſchlieſſet der Autor: weil es den Menſchen eben ſo von der Natur eingepflan - tzet / das Leben zu verlangen / als den nothwendigen Reichthum zur Unterhaltung deſſen und zur Be - qvemligkeit des Lebens zu ſuchen / ſo lehre auch die Erfahrung / daß niemand ſeine Profeßion duͤchtig ab - warten und uͤben koͤnne / als wenn er ſo viel Mittel habe / wie ſeinem Stande wohl zukommen. Bey ſelbigen faͤnde er in allen ſeinen Noͤthen eine getreue Zuflucht: Solte man demnach / ſo viel als das Ge - wiſſen und die Ehre zulieſſe / nach Erlangung des Reichthums trachten: denn ein Menſch ohne Geld waͤre wie ein Leib ohne Seele / ein Tag ohne Son - ne / ein Hertz ohne Liebe.

Die VII. Maxim.

Es muͤſſe aber ein Fuͤrſt nicht allein auf Reich - thum dencken / ſondern auch auf zulaͤngliche Macht / ſich vor den Einfaͤllen boͤſer Nachbarn zu ſchuͤtzen. Dahero er nicht nur gute Veſtungen in ſeinen Pro - vintzen / und ſonderlich auf denen Grentzen anzule - gen haͤtte; ſondern auch zu Waſſer und Lande ſeine Voͤlcker parat halten muͤſte: um die Frommen zu ſchuͤtzen / die Boͤſen zu ſtraffen / denen Geſetzen und Obrigkeiten ihre Autoritaͤt zu geben / ſeine Alliirten zu erhalten / ſeine prætenſionen zu verfolgen / das Unrecht zu raͤchen / und uͤberall ſein Anſehen zu be - haupten: wie dann der Conteſtabel Montmo - rency kein uneben Sprichwort gehabt: Arma te - nenti omnia dat, qui juſta negat.

Dar -12Politiſche Unterrichtungen

Darauf bemercket der Autor; es waͤre eine der noͤthigſten Staats-Maximen von Franckreich: daß ſolches niemahls muͤſſe die Waffen niederlegen. (1) weil es einen ſtarcken Adel haͤtte / deſſen Handwerck der Krieg auch durch die Waffen ſeine Monarchie aufgerichtet haͤtte. (2) weil es zwiſchen denen Spa - niern / Teutſchen / Jtaliaͤnern / und Engelaͤndern / als forchtbaren Nachbarn gelegen. (3) weil es durch die Waffen ſeine (rechtmaͤßigen) Prætenſionen muͤſſe ausfuͤhren. (4) weil der Tribut in Franck - reich groß / um wiederum die Schaͤtze in die Haͤn - de der Unterthanen auszutheilen; alſo daß der Franzoͤſiſche Leib durch dieſe Circulation der Gel - der erhalten wuͤrde.

Anmerckung. Hier machet der Autor die Application auf den Adel / und ſaget / daß es mit ſelbigen eben alſo bewandt waͤre: weil er ſeine Ehre durch die Waffen erlanget / ſolle er auch da - bey bleiben / um nicht aus der Art ſeiner großmuͤthi - gen Ahnen zu ſchlagen.

So waͤre auch der Krieg ein ſicheres Mittel ſich in die Hoͤhe zu bringen / wann ein Edelmann zu Commandirung einer gantzen Armée, Regie - rung der Provintzen und Staͤdte dadurch gelangen koͤnte: Und obſchon das Leben im Kriege muͤhſam und dabey viel zu wagen waͤre / ſo ſey es doch auch unter allen Lebens-Arten eines von Adels die edel - ſte und ruͤhmlichſte: Und ſtuͤrbe gleich einer druͤ - ber auf dem Wege / ſo ſtuͤrbe er doch in ſeinem Be - ruff und auf dem Bette der Ehren; wie der groſſe Guſtav bey Luͤtzen / deſſen Grab mit eitel Sieges - Zeichen bekroͤnet worden.

Es13vor einen Edelmann.

Es waren nur die verzagten Land-Junckern / die aus ihrer edlen Vorfahren Art ſchlagend hinter den Ofen verfaulen wolten; und ihr Leben allein mit Jagen der wilden Beſtien hinbraͤchten / oder ſo weibiſch ſich erwieſen / daß ſie nicht von ihren Frauen koͤnten abkommen / und ihre Kuͤche qvit - tiren. Es gaͤbe deren genug / welche nur Helden waͤren / ihre Bauren zu placken / ihre Meyerhoͤfe in hoͤhern Werth zu bringen / und auf unziemliche Weiſe Geld und Gut zuſammen zu geitzen / als ihre Ehre und Ruhm in acht zu nehmen.

Der Titul eines von Adels waͤre nicht eine Wohlthat ohne Beſchwerniß: Wenn einer war - hafftig ein Edelmann ſeyn wolte / waͤre er verbun - den / ſein Leben vor ſeinen Fuͤrſten und die gemeine Wolfahrt zu wagen.

Der Schall der Trompeten und Paucken waͤre einem großmuͤthigen von Adel viel angenehmer / als einem pralenden und unnuͤtzen Land-Juncker das Gebelle ſeiner Jagd-Hunde. Ehre und Ruhm ſolte jedweden von Adel lieber ſeyn / als das Geld / ſo er aus Steigerung ſeines Korns und ſeiner Gaͤr - ten-Fruͤchte machte.

Die VIII. Maxim.

Jn dieſer ſaget der Autor, daß / weil GOtt die Souverainen Herren in ihre Laͤndern alſo einge - ſetzet / daß ſie deren Regierung ſo wenig / als die Sonne ihren Lauff verlaſſen ſolten / und gleichwohl das menſchliche Leben in einer ſteten Handlung unter den Menſchen beſtuͤnde / ſo waͤren ſie ver - bunden / durch ihre Agenten und Ambaſſadeureſich14Politiſche Unterweiſungenſich zu expliciren / welche als durch das Voͤlcker - Recht geheiligte Miniſtri ihrer hohen Principalen Perſonen præſentireten.

Damit gehet er auf die Schuldigkeit ſolcher A - genten und Geſandten / wie ſie die Ehre ihrer Her - ren und Nationen zu behaupten gehalten waͤren / bald denen Koͤnigen und groſſen Herren / wo ſie ſich aufhielten / zum Antritt ihrer Regierung oder zu andern gluͤcklichen Progreſſen zu gratuliren / bald wegen naher Todes-Faͤlle die Condolenzen zu machen / bald ihnen von ihren Herren Succurs an - zubieten / bald denen / ſo von ihrer Nation / in fremb - den Laͤndern Schutz zu leiſten / wo ſie als Envo - yés lebeten / bald die kleinen Zwieſtigkeiten zwi - ſchen denen Potentaten / und ihren Benachbarten als Mediatoren abzuthun / damit nicht rechte Krie - ge daraus entſtuͤnden / und in allen ſich klug / erfah - ren / getreu / beſcheiden / freygebig und magnific, vorſichtig / angenehm / und verſchlagen zu erweiſen.

Anmerckung. Ein Edelmann / gibt nun der Autor die Lehre / ſoll aus dieſer Maxim lernen / daß er auch durch eine euſſerliche Anſtaͤndigkeit / als durch nette Kleidung / gute Liberey und ein reinlich Gefolge von Dienern und dergleichen ſich hervor thue / die Leute durch geſchickte Complimenten nach deren Zuſtande careſſire / ſich in Geſellſchafften be - gebe / gute Freunde erwerbe / damit er vor die ih - nen erwieſene Dienſtfertigkeit ſie wieder zu Mitt - lern haben koͤnne / die ſein Intereſſe wieder beoh - achten.

Die IX. Maxim.

Dieſe ſaget / daß der wichtigſten Handlungender15vor einen Edelmann. der Geſandten eine ſey / Frieden zu ſchlieſſen / und Alliantzen zu machen; aber daß man auch zu der - ſelben die kluͤgeſten und ſchlaueſten Koͤpffe muͤſſe ge - brauchen / die ſich faſt niemahls in ſo ſchweren Ge - ſchaͤfften genug vorſehen koͤnten.

Anmerckung. Die Tractaten / warnet hie der Autor, die ein Edelmann von ſich in ſeinem Leben ſchlieſſen koͤnne / ſolle er ja mit gutem Vorbedacht und Klugheit machen. Denn eine ungluͤckliche Heyrath / eine unbeqveme Charge, ein gefaͤhrli - cher Proceß / eine zur Unzeit gemachte Schuld / koͤnten ihm ſeine gantze Wolfahrt ruiniren. Er ſolle dafuͤr halten / jeder / mit dem er tractire / ſuche ſein eigen Intereſſe, dannenhero ſolle er niemand zu viel trauen / um von niemand betrogen zu werden.

Die X. Maxim.

Dieſe gibt zu verſtehen / daß ein groſſer Herꝛ nichts ſoll vornehmen / als was dem Staats - oder gemeinen Intereſſe zu traͤglich iſt: denn dieſes com - mandirete einen Fuͤrſten eben ſo abſolut / wie ein Fuͤrſt ſeine Unterthanen.

Anmerckung. Ein Edelmann ſoll alle ſeine Handlungen auf das Intereſſe ſeiner Ehre richten / und allezeit darauf ſehen / was vor Vortheil er da - von habe. Er ſoll ſeine Freunde par interêt, das iſt / ſolche wehlen / die ſein Gluͤck befoͤrdern koͤnnen; macht ein Miniſter Creaturen / ſo thut er es / um ſelbige auf ſein Intereſſe zu ziehen: Dienet er ei - nem Fuͤrſten / ſo ſiehet er zu gleicher Zeit auf die Ver - geltung und anderes Intereſſe. Endlich / ſchließt der Autor, der iſt ein Narꝛ / der in allen ſeinen mo - raliſchen Handlungen kein Intereſſe hat. Und weilalles16Politiſche Unterweiſungenalles Gute ein Intereſſe formire / muͤſſe man noth - wendig des Intereſſe halben etwas thun / wenn man nothwendig Gutes thun muͤſſe; dahero das Sprich - wort gekommen: Nichts wieder nichts. Do, ut des; facio, ut facias.

Das 2. Capitel Von fuͤnff Maximen / welche zu Erhaltung des Staats gehoͤren.

Jm Eingange dieſes Capituls ſaget der Autor, wie die Politiſche Klugheit nicht allein in Ein - richtung des Staats / ſondern auch in deſſen Erhaltung beſtuͤnde. Dannenhero er von dieſen allhier handeln / von deſſen Wachsthum aber in folgendes Capitul ſeine Lehrſaͤtze verſparen wollen.

Anfangs nun / ehe er zu den Maximen ſchreitet / die zu Erhaltung des Staats gehoͤren / ſetzet er erſt - lich dio 5. Veranlaſſungen / wie ein Staat koͤnne un - tergehen: entweder / durch die Verachtung / welche die Unterthanen gegen ihre Oberherren tragen; in - dem ſie ſelbige zu der Regierung untuͤchtig halten: Oder durch den Haß / die ſie wider ſelbige hegen / wann ſie laſterhafft ſeynd: Oder durch den Un - gehorſam / wann ſie ſpuͤren / daß ſelbige ohnmaͤch - tig und ohne Autoritaͤt ſeynd: Oder durch die Un - einigkeit / wann entweder die Großen des Reichs Factionen machen / oder das Volck einen Aufſtand wider ihren Fuͤrſten und Obrigkeit erhebet: Oder wenn endlich ein Staat verwegentlich einen Krieg anhebet / dadurch er unter die Gewalt ſeines ſiegen - den Feindes geraͤth.

Auf dieſe fuͤnf Veranlaſſungen zu einen Staats Untergang giebt er zu deſſen Vermeidung fuͤnf Ma -ximen.17vor einen Edelmann. ximen. Die erſte beſtehet in der Weißheit eines Fuͤrſten / um ſich bey ſeinen Unterthanen in Hochach - tung zu bringen; die andere in Ausuͤbung Koͤnigli - cher Tugenden / die da machen / daß große Herren ge - liebet werden; die dritte in Erhaltung der noͤthigen Autoritaͤt / damit ihnen gehorſamet / und ſie gefuͤrch - tet werden; die vierdte in guter Vereinigung und Harmonie aller derjenigen Theile / daraus der Staat beſtehet / und die ihm die Feſtigkeit und Ruhe giebet; und endlich die fuͤnfte in erhaltung des Friedens.

Dieſe fuͤnf Eigenſchafften / ſagt der Autor, ſol - le ein Koͤnig deſto mehr an ſich nehmen / weil er ſaͤhe / daß GOtt ſelbſt / deſſen lebendes Ebenbild er vor al - len andern Menſchen waͤre / dieſelben von ſich ſpuͤh - ren lieſſe.

Anmerckung. Ein Edelmann / wie der Autor aus obigen Maximen ziehet / ſoll gleichfalls die Weißheit ſuchen / um ſich eine Hochachtung dadurch zuerwerben: die Guͤtigkeit / um ſich geliebt zu ma - chen; die Autoritaͤt / um zu verurſachen / daß man ihn ehre / mit ſeiner Familie und Freunden eintraͤch - tig leben / daß man ihn vertragen mag; und endlich mit allen Friede halten / die ihm ſchaden koͤnnen.

Die I. Maxim. Von der Weißheit eines Fürſten.

Die Weißheit / ſagt der Autor, ſey einem Fuͤrſten erſtlich darum noͤthig / damit er einiger maſſen an den goͤttlichen Vollkommenheiten Theil nehme / welche biß auf die geringſte Beduͤrfniß der Creaturen ſaͤ - hen / um ſelbigen zu helffen.

Zum andern aus dieſer Urſache: weil iedweder Menſch im Gewiſſen verbunden / ſeine Proſeſſion zuCver -18Politiſche Unterweiſungenverſtehen / um der goͤttlichen Verſehung ihre Befehle auszurichten / ſo ſolten auch Fuͤrſten und Herren die Regierungs-Kunſt wohl verſtehen / damit ſie durch gute Geſetze ihrer Unterthanen Wohlfahrt befoͤrter - ten / durch ihre kluge Auffuͤhrung denenſelben zum heilſamen Exempel dieneten / und ihre Handlungen nach dem Muſter der Koͤniglichen Tugenden einrich - teten.

Zum dritten daher: daß die Weißheit an ſich ein unendliches Vergnuͤgen gebe; und es einen Fuͤrſten ſonderlich erfreuen koͤnne / wann ſein Verſtand eben ſo hoch uͤber andere Leute als ſeine Condition ihn erhebe. Wie dann Robertus Koͤnig zu Neapolis, der die Suͤßigkeit des Herrſchens ſo wohl als der Wiſ - ſenſchafften geſchmecket / bekañt habe: dulciores ſibi literas regno eſſe. Das Studiren waͤre ihm weit ſuͤſſer / als das Regieren.

Zum vierdten: ſo verpflichtete einen Fuͤrſten ſeine Reputation und die Erhaltung ſeines Reichs dazu / daß er mit aller Macht ſuchete gelehrt und weiſe zu werden. Denn ſonſt wuͤrde er als ein Untuͤchtiger von ſeinen eigenen Unterthanen ſo wohl als denen Benachbarten verachtet. Midas wuͤrde deswegen in denen Fabeln ewig mit ſeinen Eſels Ohren be - ſchimpft bleiben / weil er Gold und Reichthum denen Wiſſenſchafften vorgezogen; hingegen Salomon ewig ein beruͤhmter Richter / weil er die Weißheit er - wehlet. Und ſagete Alphonſus, der erſte Koͤnig von Neapolis / daß ein Fuͤrſt ohne ſtudiren waͤre wie ein mit Gold gekroͤnter Eſel.

Fuͤnfftens: ſo ſolle ein Fuͤrſt auch darauf ſehen / welche Wiſſenſchafften ihm die noͤthigſten waͤren. Und19vor einen Edelmann. Und zwar ſolten diejenigen / ſo zu ſeiner Unterweiſung geſetzet / kurtze und leichte Extracte aus den beſten machen / und darauf ihn zur Eloquentz anfuͤhren: hernach muͤſſe man ihn in der Morale beſchaͤfftigen / daß er erſtlich lerne ſeine Affecten bezwingen / in der Koͤniglichen Familie die Eintracht mainteniren / und dann die Geheimniſſe der Politic gruͤndlich faſ - ſen; ohne daß er auch die Militar Mathematic hintan ſetze / indem ihm ſelbige / ſonderlich zu Krieges Zeiten / hoͤchſt nuͤtzlich waͤre.

Die allerleichteſte Wiſſenſchafft aber / und die doch zur politiſchen Klugheit ihm hoͤchſt dienlich / waͤre die Hiſtorie / die auf ſeinen Staat am meiſten koͤnne gezogen werden. Denn durch ſolche lernete er er - kennen / wie es in der Welt hergienge / er erfuͤhre die Sitten und Natur der Voͤlcker / die unterſchiedliche Einrichtung ihrer Regierungen / ihre Progreſſen / und die warhafften Urſachen ihres Wachsthums und ihres Ruines.

Doch muͤſſe auch im Studiren ſelbſt / zumahl in den ſcientiis ſpeculativis, ſich ein Fuͤrſt nicht ver - tieffen; wie Alphonſus von Arragonien das ihm angetragene Roͤmiſche Kaͤyſerthum ſamt Spanien uͤber ſeinem allzugroſſen Aſtronomiſchen Fleiß verſchertzet. Ein Fuͤrſt waͤre mehr zur Action als Contemplation geſchaffen / und Saturnus haͤtte uͤber das viele contempliren das Reich ver - lohren.

Anmerckung. Ein Edelmann ſolle gleichfals dem Fuͤrſten in Befleißigung auf gute Wiſſenſchafften nachahmen / damit er in das Geheimniß der Staats affairen kommen / und ſeine Klugheit in weiſenC 2Rath -20Politiſche UnterweiſungenRathſchlaͤgen koͤnne ſehen laſſen: Sein Gewiſſen verpflichte ihn / die Sitten-Lehre zu wiſſen / damit er ſich in allen Actionen als ein rechtſchaffener Mann erweiſen koͤnne. Er wuͤrde kein ſo vollkommen Ver - gnuͤgen ſchmecken / als die Wiſſenſchafft und die Klugheit genieſſen lieſſe. Mit einem Wort / er koͤnne weder ſein eigenes noch ſeiner Anverwanten Gluͤck ohne die Gelehrſamkeit recht befoͤrdern noch erhal - ten. Durch die Weißheit aber herrſche er uͤber alle diejenigen / welche ſolche nicht beſaͤſſen / denn wenn die Vernunfft uns die Herrſchafft uͤber alle Thiere und andere Cꝛeaturen gaͤbe / ſo ertheilte die Weißheit / als welche der Vernunfft Vollkommenheit waͤre / ei - nem die Herrſchafft uͤber alle andere Menſchen.

Darauf giebt der Autor dem von Adel den Rath / ſich zufoͤrderſt auf die Eloquentz zu legen / um wohl zu reden / und wohl zu ſchreiben; dann auf die Sitten-Lehre und Politic; endlich auf die Hiſtorie der vergangenen Zeiten / und auf die getreue Nach - richt derjenigen / ſo wohl gereiſet haͤtten.

Die II. Maxim. Von der Guͤtigkeit eines Fuͤrſten.

Die Guͤte ſolle ſo fort auf die Weißheit eines Fuͤr - ſten / wie der Wille auf den Verſtand folgen; doch ſolte ſie noch vor ſeiner Macht vorhergehen: wie auch GOtt vorher der Guͤtigſte / und dann der Allmaͤch - tigſte (Deus optimus maximus) genennet wuͤrde. Und muͤſſe ein Fuͤrſt es vorhero dahin bringen / daß man ihn liebe; als dann / daß man ihn fuͤrchte. Denn GOtt haͤtte ihm die allgemeinen Guͤter darum gege - ben / daß er ſolche unter diejenigen freygebig austhei - len ſole / welche derſelben noͤthig haͤtten: hingegenſolle21vor einen Edelmann. ſolle er ſich des Blitzens nur gegen die bedienen / wel - che ſeine Koͤnigliche Geduld gemißbrauchet haͤtten.

So ſolle er auch darum guͤtig ſeyn / damit er ſeine Ehre und ſeinem Andencken ein Genuͤge thue.

Drittens koͤnne ein Fuͤrſt ſeine Reputation we - der befeſtigen noch erhalten / der nicht guͤtig waͤre. Er hieſſe ein Vater des Vaterlandes / ohne die Guͤtig - keit aber waͤre er ein Tyrann / welches der abſcheu - lichſte Titul / damit man einen großen Herrn verun - ehren koͤnte.

Vierdtens waͤre ein Fuͤrſt ſchuldig / ſeinen Unter - thanen mit guten Exempel vorzugehen: denn um deſ - ſen Gnade zu erwerben richteten ſich die Unterthanen allezeit nach ſeinen Handlungen / ſie moͤchten gut oder boͤſe ſeyn. Solle er alſo nach des Titus Beyſpiel den Tag bedauren / da er nicht iemand gutes erwie - ſen habe.

Fuͤnfftens ſo koͤnne kein Fuͤrſt durch Ubung der Tugend niemahls ausſchweiffen. Er ſolle durch das Licht der Klugheit erleuchtet ſeyn / weil dieſe die Fackel des Lebens waͤre. Er ſolle maͤßig ſeyn / um die ſchaͤdlichen Wolluͤſte zu uͤberwinden. Er ſolle tapffer ſeyn / um ſich als ein Schutz-Gott ſeines Lan - des zu erweiſen. Mehr aber / als die andern Men - ſchen / habe er der Guͤtigkeit / der Freygebigkeit / und der Gerechtigkeit noͤthig / um die Grauſamkeit / den Geitz / und die tyranniſche Unterdruͤckung zu ſchla - gen / welche drey Laſter Fuͤrſten verhaſſet macheten / und ihrem Staate den Stuͤrtzfall bereiteten.

Anmerckung. Der groͤſte Vortheil des Adels beſtuͤnde darinnen / ſich alſo aufzufuͤhren / daß ihn ie - derman liebe.

C 3Der22Politiſche Unterweiſungen

Der Adel habe die Tugend noͤthig / um ſeinen Stand zu behaupten / der ihn vor andern Untertha - nen den Vorzug gaͤbe. Der Adelſtand kaͤme aus der Tugend / demnach ſolle ein Edelmann ſie erhal - ten und vermehren. Denn dieſe machete ihn GOtt und Menſchen angenehm. Durch ſie behielt er all - zeit ein gut Gewiſſen. Mit einem Wort / er waͤre vollkommen gluͤckſeelig / wann er vollkommen tu - gendhafft waͤre.

Ein laſterhaffter Edelmann beſchimpfe ſeinen Stand / und verliehre offt Ehre und Leben daruͤber. wieviel Bachus und Sardanapalus Bruͤder ſtuͤrben in ihren wuͤſten Ausſchweiffungen: neceſſe eſſe jacere omnes virtutes voluptate dominante. Es ſolle einer von Adel jedem hoͤfflich begegnen / und keine Gelegenheit verabſaͤumen / iederman gutes zu thun. Er ſolle klug ſeyn / maͤßig / tapfer / gerecht / und alſo wie der Ritter Bayard in der Hiſtorie ge - ruͤhmet wurde: Vir quadratus ſine vituperio. Jn Summa / daß man bey den Ende ſeines Le - bens ſagen koͤnne: pertranſiit benefaciendo.

Die III. Maxim. Von der Autoritaͤt und Macht der Fuͤrſten zu Erhal - tung ihrer Laͤnder.

Die Guͤtigkeit eines Herrn wuͤrde verachtet wer - den / wenn er nicht die Gewalt in Haͤnden haͤtte / die Boßhafftigen zu ſtraffen. Dahero ſolle ein Fuͤrſt uͤber ſeine Autoritaͤt ſteif halten.

Doch muͤſſe derſelbe fuͤnf Lehr-Saͤtze in acht nehmen / um ſelbige Macht / die ihm von GOtt ge - geben / recht zu gebrauchen.

Der23vor einen Edelmann.

Der erſte waͤre: daß wie GOtt ſeine Macht al - lein zum guten Creaturen anwendete / alſo auch ein Fuͤrſt die ihm verliehene Gewalt zum guten ſeiner Unterthanen gebrauchen ſolte / und um die wahre Gluͤckſeeligkeit ſeinem Reiche zuverſchaffen. Dann den Mißbrauch ihrer Gewalt wuͤrde GOtt gewal - tig ſtraffen.

Der andere waͤre: daß der Fuͤrſten Gewalt nie ſo abſolut, daß ſie unendlich waͤre; und dieſen zu folge waͤre ihnen gar nicht alles zugelaſſen / was ihnen nur beliebete. Sie waͤren eben auch dem goͤttlichen und natuͤrlichen Geſetzen als andere Men - ſchen unterworffen. Dazu waͤren ſie auch an das Voͤlcker Recht und die Fundamental-Geſetze ge - bunden / und hiernechſt genau verpflichtet / Treu und Glauben zu halten.

Der dritte Lehr-Satz ſey: daß ihre Autoritaͤt groͤſſer oder geringer nach den Geſetzen und Privile - gien der Reiche / darinnen ſie regieren. Da denn der Autor Franckreich wegen ſeines Koͤniges abſo - luter Gewalt allen andern vorziehet.

Der vierdte Lehr-Satz wird von ihm gegeben: daß ein Fuͤrſt den Ehrgeitz / ſeine Laͤnder zu erweitern / maͤßigen ſolle / und nicht uͤber die Grentzen der Ge - rechtigkeit auszubreiten trachte. Zumahl da all - zugroſſe Staate nicht die dauerhaffteſten waͤ - ren. Da denn der Autor wider Franckreich wegen ſeiner dem Frantzoͤiſchen Reiche geſtellten Grentzen lobet; mit was aber vor Rechte / wird denen Staats-Verſtaͤndigen zu urtheilen uͤber - laſſen.

Der fuͤnffte Lehr-Satz iſt: daß ein Fuͤrſt zuC 4Erhal -24Politiſche UnterweiſungenErhaltung ſeiner Autoritaͤt niemand recht trauen ſolle. Denn die Ehrgeitzigen haͤtten die Maxim des Cæſars, als ſelbiger die Roͤmiſche Freyheit ruiniren wolte: Si jus violandum eſt, regnandi cauſa violandum eſt.

Anmerckung. Der Adel ſolle nach dem Exem - pel der Fuͤrſten dahin trachten / ſich eine Autoritaͤt bey denen zu erwerben / die unter ihnen waͤren: ſie ſolten ſuchen / den Rang zu behaupten / darein ſie die Geburt durch die Tugend ihrer Vorfahren geſetzet haͤtte. Demnach ſolten ſie diejenigen beſchuͤtzen / ſo ih - res Beyſtandes von noͤthen haͤtten; und weil ſie doch den Degen an der Seiten truͤgen / ſolten ſie ihn zum Dienſt ihres Fuͤrſten / zu Beſchuͤtzung ihres Lebens und ihrer Ehre / nicht aber zur Boßheit fuͤhren: Und ſo ja durch Ungluͤck einer genoͤthiget / den point honnenr zu behaupten / ſolle er doch durch ſeine Klugheit erweiſen / daß es unvermeidlich geweſen / und er nicht anders ſeine Reputation und ſein Le - ben habe erhalten koͤnnen / als daß er die Waffen in die Hand genommen / um ſich zu defendiren. Alſo wird ieder ihm Beyfall geben / ſeine Geduld ſey von ſeinem Widerſacher allzuſehr gedraͤnget worden.

Jmmittelſt ſolle doch ein Cavallier wohl erwegen / daß allzuoffteres Balgen und Zancken ihm ſo wenig Reſpect gaͤbe / als einem Fuͤrſten die gar zu offten Leib-und Lebens-Straffen: Er ſoll aus guter Nei - gung ſich Freunde machen / und Feinde nicht anders als aus Nothwendigkeit haben / um das Unrecht ab - zutreiben.

Nechſt dieſen ſolle einer von Adel denen goͤttli - chen / natuͤrlichen / und Civil-Geſetzen ſich am aller -mei -25vor einen Edelmann. meiſten alsdenn unterwerffen / wenn er ſie unge - ſtrafft uͤbertreten koͤnne. Seine Ehre und ſeine Ver - nunfft die weiſen ihn dazu an / alles / was er thaͤte / der Billigkeit gemaͤß zu thun / dahero er auch keiner Par - tie beyfallen ſolte / als welche er wiſſe / daß ſie recht habe. Es waͤre nichts geſchickter das gemeine Volck zur Tugend zu gewehnen / als das Exempel des A - dels. Jn Warheit / ſchlieſſet der Autor gantz ſchoͤn / wenn alle große Herren und alle Edelleute tugend - hafft / und das Laſter nur unter die Canaille ausge - theilet waͤre / es wuͤrde bald veraͤchtlich werden / und nicht ſo viele Nachfolger haben.

So ſolle auch / faͤhrt der Autor fort / ein Edel - mann ſein Wort und Verſprechen unverbruͤchlich halten: das Luͤgen waͤre ein Laſter der Sclaven und der Knechte / die nur Ausfluͤchte ſucheten / aber ein rechtſchaffener Menſch machete allezeit davon Pro - feſſion, die Warheit zu ſagen.

Darauf weiſet der Autor einen von Adel an / daß er ohne eintzige Unterſuchung der Ordre ſeines Fuͤr - ſien gehorſamen / und denen Civil. Geſetzen / ſo der - ſelbige gemacht / ſich ohne einiges diſpenſiren unter - werffen ſolle.

Alſo nun ſchlieſſet er endlich: weil demnach die Tugend und die Tapfferkeit die warhafftigen Ur - ſpruͤnge des Adels waͤren / ſo ſolten auch die Edel - leute durch dieſe Beyden ſich unter denen andern in der menſchlicheu Societaͤt empor zu heben trachten.

Die IV. Maxim. Die nothwendige Vereinigung zu Erhaltung eines Staats betreffende.

Jn dieſer Maxim giebt der Autor die Mittel wi -C 5der26Politiſche Unterweiſungender die Zertheilung an die Hand / welche das Ver - derben eines Staats verurſachet.

Erſt meldet er / wo ſolche Zertheilung herkaͤme: entweder aus der Conjuration wider die geheiligte Majeſtaͤt; oder aus Factionen der Großen; oder aus Aufruhr des Volcks; oder aus einer allgemeinen Nebellion der Unteꝛthanen / die einen Staat umkehꝛe.

Hernach ſchreitet er zum erſten Mittel / die Zerthei - lung zu vermeiden / welche durch Conjurationen ge - ſchehen koͤnne. Man ſolle durch die Furcht Gottes die Unterthanen in dem Gehorſam erhalten / daß ſie Fuͤrſten als Gottes Stadthalter lerneten anſehen / und daß der Allmaͤchtige mit ewigen Straffen es an denen raͤchen wuͤrde / welche ſich an dieſen ſeinen hei - ligen Ebenbilde freventlich vergriffen. Ein Fuͤrſt| aber ſolle auch nichts vornehmen / was Unterthanen zu ſol - chen Conſpirationen bewegen koͤnte / daß er ihnen Ehre / Leben / Freyheit / oder gar die Religion ab - ſchnitt: denn ſolche allzuwerthe Guͤter zu erhalten wuͤrde ein Menſch alles wagen / was ihm nur moͤg - lich waͤre.

So ſolle er auch inſonderheit keinem / und vornehm - lich denen Großen des Staats / ſeine Autoritaͤt an - vertrauen: hiernechſt einige treue Leute beſtellen / die auf alle deren Handlungen achtung geben; ſonderlich auf derer Bedienten ihre / die taͤglich um einen Fuͤr - ſten ſeyn muͤſten: denn dieſe koͤnten ſich laſſen beſte - chen / und alsdenn das aller verdam̃lichſte Laſter be - gehen.

Jnſonderheit ſolle er ſich eine auserleſene Leib - Garde zu legen / die nicht alleine ſeine Hoheit zu be - mercken noͤthig / ſondern auch ſeine geheiligte Perſonzu27vor einen Edelmann. zu bewahren / dannenhero man auch ihre Treue auf das beſte vergelten muͤſſe.

Darauf fuͤhret der Autor Exempel an / wie die Fa - ctionen deꝛ Gꝛoſſen in einem Staat ſo gefaͤhꝛlich waͤ - ren; um nun ſolche abzuwenden / muͤſſe ein Fuͤrſt ſich zum Schiedsmann ihrer Stꝛeitigkeiten machen / und ihre Prætenſionen / Voꝛzuͤge und Wuͤrden reguliren; faͤnde ein Herꝛ bereits in ſeinem Staate eine Faction formiret / ſo ſolle er dem Theile / das am meiſten recht hat / beyſtehen / und die andere Partie ruiniren / und hernach koͤnne er auch ſchon diejenige wieder ernie - drigen / welcher er vorhero aufgeholffen.

Hierauf ruͤhmet der Autor Franckreichs Gluͤck - ſeeligkeit / weil der Koͤnig die Faction der Religion zu einen ſo vorthelhafften Unvermoͤgen gebracht / daß ſie die Ruhe des Staats nicht turbiren koͤnten.

Nach ſolchen entdecket er die Urſach der Aufruhr des Volckes / und ſaget / ſie kaͤme von dem Unverſtan - de und uͤblen Auffuͤhrung der Miniſter und Bedien - ten her / ſo ein Fuͤrſt zu Regierung ſeines Staats er - wehlet haͤtte / und von den allzuſchweren Aufflagen.

Dieſem nun vorzukommen / ſolle ein Fuͤrſt kluge Miniſtros, und die dem Volcke angenehm waͤren / annehmen: die Beam̃ten / die ſich beſtechen laſſen / ſolle er nachdruͤcklich ſtraffen. Und was die Auff - lagen anlangete / ſo kaͤme es| Fuͤrſten zu / das Ver - moͤgen ihrer Unterthanen zu ſchonen / und wenn ſie ja neue Steuren anzulegen genoͤthiget waͤren / ſolten ſie deſſen Urſache denen Unterthanen eroͤffnen / und da - bey verſprechen / ſelbige alſo fort wieder abzuthun / ſo bald die Nothwendigkeit des Staats ſolches wuͤrde verſtatten.

Zu28Politiſche Unterweiſungen

Zu Eintreibung der Steuren und Aufflagen ſolle ein Fuͤrſt auffrichtige Leute gebrauchen / und die leut - ſeelig und geduldig waͤren.

Neue Geſetze ſolle ein Fuͤrſt nicht einfuͤhren / wo ſie nicht dem gemeinen beſten hoͤchſt nuͤtzlich / und man verſichert / daß man ſie dem Volcke koͤnne angenehme machen.

Die Rebellionen in einem Staat zeigeten / daß kein Thier uͤbler zu regieren / als das Volck / denn es waͤre allezeit daſſelbe von Neid / Verdacht / und Mißtrau - en angefuͤllet; wegen des Guten / ſo es empfangen / ſey es undanckbar / und wegen des Unrechts / ſo man ihm anthaͤt / fertig zur Rache.

Man muͤſſe dahero um ein ſo groſſes Corpus wohl zu regieren / es erſt genau erkennen lernen. Und waͤre ſolches von drey Gattungen Leute zuſammen geſetzet. Reichen / und die in Anſehen waͤren; Ar - men / die gar nichts haͤtten; und mittel Art. Dieſe Letztern waͤren am leichteſten zu regieren / denn ſie haͤtten keine Ambition, und keine Duͤrfftigkeit; welche beyde denen Reichen und denen Armen alles zu unterfangen anlaß gaͤben.

Die Großen in einem Staat ſolle ein Fuͤrſt nicht etwan unbilliger Weiſe auf die Seite ſchaffen / ſon - dern nur darauf ſehen / daß er ſie in Liebe und in Furcht gegen ſich erhalte.

Sonderlich ſolle ein großer Herr die Vornehm - ſten nahe bey ſich in den anſehnlichſten Ehrenſtellen laſſen / dem Adel aber ſubalternirende Chargen ge - ben / welche wohl ſaͤhen / daß ſie wieder in ihren erſten Stand zuruͤck fallen wuͤrden / wann ſie nicht des Fuͤrſten Autoritaͤt erhielte.

So29vor einen Edelmann.

So ſolle auch kein Herr das Commando gantzer Armeen und die Regierung der Provintzen allzukuͤh - nen und naͤrriſchen anvertrauen. Auch waͤre es ge - faͤhrlich / daß man einen allezeit in den Beſitz ſo groſ - ſen Chargen lieſſe: noch mehr ſchaͤdlich aber / wenn man gar ſolche hohe Stellen gewiſſen Familien erb - lich lieſſe. Der Koͤnig von Franckreich huͤbe an die Gouvernemens auf drey Jahr zu ertheilen / und die Garniſonen dependireten nicht von den Gou - verneuren / auf welche der Lieutenant de Roi muͤſſe acht geben; uͤber beyde aber habe der Jntendant der Provintz ein wachendes Auge / und andere getreue Auffſeher / die man des Koͤniges Leute hieſſe.

Um das arme Volck nicht zu einer Revolte zu bringen / muͤſſe man ſie vor allen Dingen durch die unmaͤßigen Tribute nicht zur deſperation bringen. Jhrer Beduͤrfniß abzuhelffen ſoll man ſie zum Acker - bau gebrauchen / und zum Manufacturen. Und end - lich / wenn der Muͤßiggang ſie zum Aufſtande reitzet / ſo waͤre es zutraͤglich / ihnen durch einen auslaͤndi - ſchen Krieg was zu thun zu machen / und dann ſolche unruhige Koͤpfe aus den Lande zu fuͤhren.

Anmerckung. Die Zertheilung ſagt der Autor, waͤre einer adelichen Familie gleichfals ihr Ruin. Demnach muͤſſe ein rechtſchaffener Edelmann mit ſeinen Anverwanten allezeit / ſo viel immer moͤglich / einig ſeyn; ja ſelbſt mit ſeinen groſſen und kleinen Bedienten / die er gebrauchet. Er ſolle alſo gegen iedweden von ihnen willfaͤhrig ſeyn / damit er iedwe - den zu ſeiner Liebe ziehe / und bleibe es wohl dabey: Vis amari, ama.

So ſolle auch einer von Adel allezeit dahin ſehen /daß30Politiſche Unterweiſungendaß er in dem Stande ſey / ſich zu ſchuͤtzen / wann er angefallen werde; wie dann daher nicht undienlich / daß er affectionirte Domeſtiquen und die in ſei - ner Freundſchafft intereſſiret / auf der Seiten habe.

Und weil die Factionen ebenfals in Familien nicht mangelten / ſolte ein Edelmann entweder einen Patron unter denen Verwanten oder unter Freun - den wehlen / denen er die Entſcheidung aller ſol - cher differentien uͤbergeben ſolle.

Die Proceſſe| waͤren bey denen Familien eben ſo ſchaͤdlich / als der Aufruhr dem Staate. Es ſtoͤh - rete beydes die Ruhe / fraͤſſe das Vermoͤgen weg / und waͤren eben ſo wenig gerechte Proceſſe unter Ver - wanten / als gerechte Kriege unter Chriſtlichen Po - tentaten: demnach ſollen von Adel auf kluge Schiedsleute ſehen / die ſie der Billigkeit nach ohne ferneres ſtreiten auseinander ſetzeten.

Endlich muͤſte auch einer von Adel ſeine Freunde eine lange Zeit probiren / und ſie wohl erkennen / ehe er ihnen ſeine Geheimniſſe anvertraue.

Die V. Maxim. Von denen Vortheilen des Friedens zu eines Staats Erhaltung.

Den Frieden ſolle ein Fuͤrſt aus guter Zuneigung erhalten / und den Krieg allein aus Nothwendigkeit anfangen / wie Auguſtinus dieſen Rath gegeben:

Pacem debet habere voluntas, bellum neceſſitas.

Weil doch der Krieg alles Ungluͤck nach ſich ſchlep - pe. Solle ihn alſo dazu nichts vermoͤgen / als dieGerech -31vor einen Edelmann. Gerechtigkeit ſeiner Prætenſionen / die Nothwen - digkeit ſich zu defendiren / oder ſeine Alliirten und Unterthanen zu ſchuͤtzen.

Demnach ſolle man einen Fuͤrſten allezeit zu Waſſer und zu Lande gewaffnet finden / um den Krieg zu vermeiden / und ſolle er den Adel und gu - te Soldaten jederzeit hochhalten / denn dieſes waͤren die Arme / welche den Leib des Staats beſchuͤtzeten: Weñ nun ja ein Potentat genoͤthiget waͤre / Krieg zu Beſchuͤtzung ſeiner Unterthanen anzufangen / ſolle er dahin trachten / daß er ſolchen in ſeines Feindes Land braͤchte: denn dieſes wuͤrde deſſen Voͤlcker verzagt / die ſeinigen aber behertzt machen: der Herr / welcher attaquirete / ſolle ſich bemuͤhen zur Schlacht zu kom - men; der aber ſo defenſive gienge / ſolle nichts wa - gen / denn der Verluſt eines Treffens koͤnne leicht den Verluſt ſeines Staats nach ſich | ziehen. Er ſolle auch zugleich Nachbarn ſuchen / die ſeinen Fein - de eine Diverſion durch einen Einfall macheten / und / wo es thulig / gar einen innerlichen Krieg in deſ - ſen Lande erregten / um ihn von den auswertigen ab - zubringen.

Die Klugheit verpflichtete auch die kleinen Fuͤrſten / ſich unter der großen ihre Protection zu geben / um ſo wohl in Friedens Zeiten erhalten / als in Krieges Zeiten beſchuͤtzet zu werden. Und ſo ja ein ungluͤck - licher Streich den Feind in ſein Land fuͤhret / und er deſſen gaͤntzlichen Untergang vor ſich ſiehet / ſolle er ihm lieber eine Partie von ſelbigen willig abtreten / und ſo dann die Zeit erwarten / biß er durch gute Alliantzen geſtaͤrcket es koͤnne wieder gewinnen. Waͤre endlich die Gefahr euſerſt / ſo muͤſſe man esauf32Politiſche Unterweiſungenauf eine Hauptſchlacht laſſen ankommen / um die Pu - blic affairen wieder in Stand zu bringen: gluͤckte es nicht / ſo habe man doch den Ruhm / nachdem man alles gethan / großmuͤthig zu Grunde zu gehen.

Anmerckung. Einer von Adel ſolle darinnen mehr Ehre ſuchen / mit iederman friedlich zu leben / als im - mer zu ſtreiten und ſich in alle Haͤndel zu miſchen. Denn ein Zaͤncker waͤre bey aller Welt verachtet und verhaſſet; hingegen ein hoͤfflicher Cavallier uͤber - all hochgehalten.

Jmmittelſt muͤſſe er doch ſich allezeit gefaſt finden laſſen / wenn ihn einer mit Unrecht anfiele / ihn mit guter Courage abzutreiben / und ſeine Sache reſo - lut auszufuͤhren. Weswegen er ſeinen Degen wohl ſolte verſtehen lernen / gut zu Pferde ſitzen / und in allen Exercitien wohl geuͤbet ſeyn. Denn an ei - nen von Adel / welcher klug / behertzt / geſchickt / und gute Freunde haͤtte / an denſelben machte ſich ſo leicht kein ſo eingebildeter Prahler.

Waͤre eine Sache / ſo zum ſchlagen kommen ſolte / ohne Veꝛletzung ſeiner Ehre mit Guͤte beyzulegen / ſol - le er es lieber dahin bringen / als daß er mit ſeinem Feinde in Felde theilete.

Wenn er mit einem groſſen Staats-Miniſter zu thun / und etwan in einen Proceß ſeiner Guͤter wegen mit ihn gerieth / ſolle er ihm lieber eine Partie uͤberlaſ - ſen / als alles mit einander haſardiren. Koͤnne man ſich aber gar nicht ſchuͤtzen / nun ſo muͤſten Protecto - ren und Freunde geſuchet werden / die ſich der Sa - che annaͤhmen / und unſerm zu maͤchtigen Feinde die Wage hielten.

Das33vor einen Edelmann.

Das 3. Capitel Begreiffend fuͤnff Maximen zum Wachsthum eines Staats.

DIe politiſche Klugheit / ſagt der Autor, ſolle nicht allein auf die Befeſtigung und Erhal - tung eines Staats / ſondern auch auf deſſen Wachsthum dencken.

Darauf fuͤhret der Autor als das lobwuͤrdigſte Exempel die Bemuͤhung des itzigen Koͤniges von Franckreich an / welche er zu Vergroͤſſerung der Frantzoͤiſchen Monarchie anwendete; indem er ſie inwendig mit allen Arten von Guͤtern durch die groſ - ſe Sorge vor den Ackerbau und vor die Manufa - cturen; von auſſen aber durch die Conquêten / welche (des Autoris Vorgeben nach) nicht weni - ger gerecht als glorioͤß waͤren / erweiterte.

Um hierauf einige Maximen von des Staats Wachsthum zu geben / ſo hebet er die erſte von den Ackerbau und Bauung der Staͤdte an. Die andere examiniret die Nothwendigkeit und die Vortheile der Manufacturen. Jn der dritten betrachtet er die inwendige Kauffmannſchafft / und die Commer - cien mit Auslaͤndern. Jn der vierdten redet er von den Vortheilen der Heyrathen eines groſſen Herrn. Und endlich handelt er in der fuͤnfften von den recht - maͤßigen Conquêten.

Die I. Maxim. Von den Wachsthum eines Staats / den er aus dem Acker - bau und der Architectur zu gewarten.

Hier ſaget der Autor, es waͤre nichts / davor ein groſſer Herr mehr ſorgen ſolte / um den Nahmen des Vaters des Vaterlandes zu verdienen / als vor denJanuar. 1696. DAcker -34Politiſche UnterweiſungenAckerbau / welcher ſeinem Staate die Nothwendig - keit und Beqvemligkeit des Lebens reichete: denn ein Land moͤchte ſonſt Einkommen haben wovon es immer wolle / ſo waͤre doch das beſte / was man von eigenen Grund und Boden naͤhme.

Dahero / ſaget er / kaͤme Franckreichs groſſes Reichthum / daß es ſo viel Fruͤchte durch die Guͤte des Himmels und die Arbeit ſeiner Einwohner her - vorbraͤchte / daß es auch ſelbſt nicht alles aufzehrete oder verbrauchete / ſondern ein Drittel denen Spa - niern / Englaͤndern / Hollaͤndern / und andern Natio - nen verkauffete / welche das Frantzoͤiſche Korn / den Frantzoͤiſchen Wein / Brantewein / Saltz / Lein - wand / Stoffe / und andere Sachen theuer genug be - zahleten. Durch dieſen natuͤrlichen Reichthum zoͤ - hen ſie von denen Spaniern und Hollaͤndern alles dasjenige / was ſie aus beyden Jndien erſtlich heraus hohleten an ſich.

Demnach ſolle ein Potentat vor allen Dingen auf den Ackerbau halten / und ſo viel moͤglich / den Landmann von allzugroſſen Gaben frey laſſen. Hierauf ruͤhmet der Autor die Reformation des Koͤniges von Franckreich wegen Mißbrauchs der Waſſer und der Hoͤltzer; die Sorgfalt wegen der Kohlen-Minen / des Eiſens / und anderer Mineralien und Metallen / wie auch des Marmels / ſo in Bour - gogne wuͤchſe / da er denn dieſes alles zum Ackerbau oder Anbauung des Landes ziehet.

Wie er denn auch hernach ſonderlich die Hollaͤn - der ruͤhmet / daß ſie durch Fleiß und unerhoͤrte Muͤ - he aus ihren Niederlanden ein recht irrdiſches Pa - radieß gemacht haͤtten: und da es ihnen an Erdreichgefeh -35vor einen Edelmann. gefehlet / haͤtten ſie das Meer durcharbeitet / nach - dem ſie ſolches durch ihre Daͤmme haͤtten einge - ſchrencket.

Es ware billig / daß ein groſſer Herr diejenigen ſo ein fruchtbar Land anbaueten / mit Immunitaͤten belohnete / oder welche zu Bereicherung des Staats durch ihre Wachſamkeit und Muͤhe ihm einen neuen Fond zu wege braͤchten.

Anmerckung. Ein Edelmann ſolle auch dieſen loͤblichen Ehrgeitz bey ſich hegen / ſein Gluͤck in die Hoͤhe zubringen / und das von ſeinen Eltern erhal - tene Erbtheil zu vergroͤſſern: denn dieſes waͤre gar ein niedrig Gemuͤthe / welches nur bloß von ſei - ner Vorfahren Verlaſſenſchafft eſſen wolte. Diſes hieſſe ſeiner braven Ahnen Ehre beſchimpfen / wenn man ihrem Ruhme durch ſein eigenes Wohlverhal - ten keinen neuen Glantz gaͤbe.

Das erſte Mittel / ſeine Guͤter rechtmaͤßig zu vermehren / waͤre / daß einer von Adel wohl auff ſeine Bedienten und ſeine Pachtleute achtung gaͤ - be / daß nichts ungebauet vom Lande liegen bliebe / und daß die Pachter nicht alles verwuͤſteten / zumahl / wenn der Pacht bald zum Ende gienge.

Er ſolle ſich allezeit des Sprichworts erin - nern / daß das Auge des Herrn das Pferd fett mache / und das der Fuß des Landmanns am be - ſten ſeinen Acker dinge. Damit er alles fein ſelbſt in Augenſchein nehme; denn doch niemahls ein Verwalter mit ſolchem Fleiſſe daſſelbige thun wuͤrde. Fleißige und arbeitſame Perſonen waͤ - ren eines Staats ſeine Ernehrer und Pflege - Vaͤter.

D 2Die36Politiſche Unterweiſungen

Die II. Maxim. Von dem Wachsthum eines Staats durch die Manufactur und die Architectur.

Nach der Vorſorge / welche ein groſſer Herr neh - men ſolle / ſein Land mit dem von deſſen Natur her - vorgebrachten Reichthum zu verſehen / muͤſſe er auch mit Manufacturen ſolches anfuͤllen. Doch waͤre wohl zu zuſehen / daß die Handwercksleute und Mei - ſter ihre Kunſt wohl verſtuͤnden / damit die Wahre duͤchtig gemacht wuͤrde / und man ſie auch vertreiben koͤnte.

Der Fleiß der Hollaͤnder in allerhand Manufa - cturen habe das Sprichwort gemacht / daß dieſe arbeitſame Nation den Verſtand in den Spitzen ihrer Finger habe / weil ſie in allen mechaniſchen Kuͤnſten ſo trefflich excellire.

Darauf lobet der Autor den Koͤnig von Franck - reich / wie viel derſelbe darauf gewendet / um die Manufacturen durch Anſchaffung der Meiſter und Kuͤnſtler in ſein Land zu bringen / die noch etwan ſel - bigem gemangelt haͤtten / und waͤren die von den Frantzoͤiſchen Spitzen / von den Spiegel-Glaͤſern / und von den Cryſtallin / ſo ſie von denen Venetia - nern gehohlet / gnugſame Zeugen; wie auch die von guten Tuͤchern und ſeidenen Struͤmpfen / wel - che ſie mit Huͤlffe Engliſcher und Hollaͤndiſcher Meiſter verfertigen lernen: ingleichen die Bauung der Schiffe / indem man durch Penſionen und gute Recompenſe Engliſche und Hollaͤndiſche Zim - merleute an ſich gezogen / welche in dieſer Kunſt excellireten.

Darauf giebt der Autor den Rath / es waͤrenichts37vor einen Edelmann. nichts loͤblichers / als daß man die Moͤnche und Nonnen dergleichen Manufacturen lernen lieſſe / um daß ſie dadurch ihr Leben erhielten und auch zu - gleich dem gemeinen Weſen dieneten; auch daß man uͤberall ſolche Communitaͤten oder Collegia von Kuͤnſtlern und Handwerckern aufrichtete. Hiernechſt daß die Herren zur Vergeltung getreuer Dienſte ihre Aufwaͤrter ein gutes Handwerck lieſ - ſen lernen.

Vor allen Dingen ſolle ein groſſer Herr durch den Magiſtrat laſſen achtung geben / daß man denen Fremden und Auswaͤrtigen die rohe Materie / das iſt / die noch nicht durch die Manufactur zubereitete / als Wolle / Hanf und dergleichen nicht verkauffe / und ſie hernach / wenn ſie etwas daraus verfertiget / uns daſſelbige nicht wieder zufuͤhren / und daraus ih - ren groſſen Vortheil ſamt unſern Gelde mit ſich hin - weg ſchleppen / als wie die Hollaͤnder / ſo von denen Polen die Wolle hohlen / und hernach das dar - aus gemachte Tuch ihnen noch zehnmal theurer verkauffen. Denn daraus erwuͤchſe denen Unter - thanen doppelter Schaden. Erſtlich wuͤrde ihnen der Gewinſt entzogen / und hernach noch das Geld dazu / welches ſie muͤſten davor in groſſen Werth hingeben / was jene gantz wohlfeile von ihnen bekom - men haͤtten.

Nach dieſen handelt der Autor von denen Kuͤnſt - lern und Meiſtern / welche man vornehmlich bey ei - nen Staate haben muͤſſe; und ſaget / daß man nebſt denen die zu Erhaltung des Landes noͤthig / auch ſolche haben muͤſſe / die zum Kriege dienlich: als zur militar-Architectur, zur Artillerie / zur Schiffahrt:D 3die38Politiſche Unterweiſungendie Manufacturen von Pulver / Lunte und Kugeln / und zu allerhand Waffen.

Nach dieſen muͤſſe man auch gute Bereuter und Fechtmeiſter anſchaffen / um die Soldaten zu un - terrichten.

Jnſonderheit aber ſolle man auf gute Meiſter in der Fortificatorie ſehen / um die Veſtungen wohl einzurichten.

Hierauf beſchreibt der Autor die vortheilhaffte Situation einer Stadt / und wie die geſunde Lufft / ein ſchiffreicher Fluß / die Fruchtbarkeit des be - nachtbarten Landes / die Commercien / die Ubung der Religion / gute Gerichte / eine Univerſitaͤt / excellente Meiſter in allen Kuͤnſten viel zu ihren Wachsthum koͤnten beytragen.

Aber eine zur Haupt-Stadt zu machen muͤſſe der Fuͤrſt daſelbſt ſtets reſidiren / um die Groͤßten ſei - nes Landes dahin zu bringen / die allda groſſe und praͤchtige Haͤuſer baueten / und zugleich vieles Geld verzehreten: auch von den Zulauf der Handwercker und Kuͤnſtler / die ſich von Hofe zu nehren gedaͤchten / der Ort volckreich wuͤrde: wie dann die Privilegi - en / die man groſſen Staͤdten gaͤbe / viele Einwohner nach ſich zoͤgen.

Anmerckung. Ein Edelmann ſolle die beſten Handwercker und Meiſter ausleſen / um von ihnen zu haben / was er zu ſeiner und ſeiner Familie Noth - wendigkeit gebrauchete.

Er ſolle auch kein Geld ſparen / um bey den vor - trefflichſten Lehrmeiſrern das jenige zu erlernen / was ſo wohl die Exercitia als die ſtudien anlangete. Da39vor einen Edelmann. Da denn der Autor wegen des excellenteſten Mai - tres Paris wieder herausſtreichet / daß man ſelbi - ges die ſchoͤnſte Schule von gantz Europa nennen koͤnte.

Haͤtte ein Edelmann ſelbſten Land / ſolle er ſehen / ob er darinnen moͤglichſte Manufacturen koͤnne an - legen / um dadurch Geld zu machen.

Wo er Hof hielte / ſolle er ſich ein magnifiques Schloß bauen / und alsdenn welche an ſich ziehen / die da nuͤtzlich / und an ſeinem Orte ſich nieder - lieſſen.

Er ſolle auch darauf ſehen / daß der Ort / wo er reſidiren wolte / geſund / fruchtbar / nah einem Strohme oder Bache / mit Holtz und Wieſen ver - ſehen / und ſo viel nur ſeyn koͤnte / vor den Einfalle der Feinde ſicher.

Zum Domeſtiqven ſolle er Arbeitſame und Fleiſ - ſige erwehlen / und nur gedencken / ie hurtiger und geſchickter dieſelbigen / ie beſſer wuͤrde er bedienet werden.

Es waͤre auch nicht undienlich / daß er ſelbſt ein Handwerck lernete / um ſich zu erhalten / wenn eine Gefangenſchafft oder ſonſt ein Ungluͤck ihm vor - ſtieſſe.

Vor allen ſolle er ſich vor den Betruͤgereyen der Handwercksleute wohl vorſehen / welches am beſten geſchehen koͤnne / wenn er gute Freunde / ſo ihre Sa - chen verſtuͤnden / um derſelben Werth um Rath fra - gete; und hernach einen andern Handwercksmann mit einem wegen des Profits / den beyde ſucheten / zu - ſammen hetzete; da denn einer ſchon den andern ver - rathen wuͤrde.

D 4Die40Politiſche Unterweiſungen

Die III. Maxim. Von dem Wachsthum eines Staats durch die Kauffmann - ſchafft zwiſchen denen Unterthanen / und durch die Commercien mit denen Auswaͤr - tigen.

Durch die Kauffmannſchafft / ſagt der Autor, muͤſten die Unterthanen einander alle Guͤter des Landes mittheilen: dahero ein Fuͤrſt ſelbige ſchuͤ - tzen / und ihnen die Sicherheit der Wege und die Schiffahrt auff den Fluͤſſen beqvem machen ſol - te. Denn durch den Kaufhandel wuͤrde der gan - tze Leib des Staats erhalten / welcher durch die Haͤnde der Unterthanen alle Guͤter / damit das Land angefuͤllet / als in einem Circul herumfuͤh - rete.

Sonderlich muͤſſe man Treu und Glauben unter denen Kauffleuten erhalten / und ihren Streitigkei - ten ihnen unverzuͤglicher zu ihrem Rechte verhelf - fen.

Die Commercien mit denen Auslaͤndern waͤren auch hochnoͤthig / um dasjenige / was ein Land in Uberfluß haͤtte / loß zu werden / und dagegen daſſelbe einzufuͤhren / was es beduͤrffte.

Man muͤſſe aber nichts denen Fremden uͤberlaſ - ſen / als womit der Staat genugſam verſehen waͤre; Viel weniger verkauffen / was ſie ſich | wider uns gebrauchen koͤnten / als Waffen / Schiffe / Pferde / und dergleichen / auch alle rohe Materien / die noch nicht zu Manufacturen gemacht.

Gold und Silber ſolle man gar nicht / als mit groͤßten Profit / aus dem Reiche laſſen. Und ſolle man nur anmercken / daß Hollands Reichthum bloßdaher41vor einen Edelmann. daher kaͤme / daß es von allen Enden der Welt das Geld an ſich zoͤhe.

Jnſonderheit ſolle man Sachen / die zur Pracht die - nen / nicht leicht erhandeln laſſen: als Edelſteine / viele parfumen / unnoͤthige Gewuͤrtze / Venediſche Spitzen / Jtaliaͤniſche Gemaͤhlde / Porcelan von China / und dergleichen mehr; ſo es aber ja in das Land eingefuͤhret wuͤrde / ſolle ein groſſer Herr ſchwe - re Jmpoſten darauf legen / um den Fremden / die es bringen wollen / den Profit wegzunehmen.

Um die Commercien leichte zu machen / muͤſſe ein Fuͤrſt darauf bedacht ſeyn / daß die Fluͤſſe ſeiner Laͤnder Schiffreich / die Hafen ſicher / das Meer von Seeraͤubern frey / die Wege und Straſſen in gutem Stande gehalten wuͤrden.

Das / was uns von Fremden ſolle zugefuͤhret wer - den / muͤſſe keinen ſchweren Zoll haben / und denen Auswertigen / ſo in ein Land handelten / muͤſſe ge - ſchwindes Recht wiederfahren / wenn ihnen Unrecht von Unterthanen gethan worden. Ja der Han - del zur See gehoͤre auch vor den Adel / und waͤre um deſto ruͤhmlicher / ie muͤhſamer er ſey / und ie mehr man dabey wagen muͤſſe.

Handel in entlegene Reiche / als in beyde Jn - dien und in Norden / habe der Koͤnig von Franck - reich durch Anſtellung gewiſſer Societaͤten oder Compagnien eingefuͤhret / weil einzelne Perſo - nen ſich derſelbigen nicht haͤtten unternehmen wol - len / und haͤtte er ſelbſt ſeinen Antheil dabey / auch viele Groſſen des Staats angereitzet / Sum - men Geldes mit hinein zu legen. Ja / um es zum gluͤcklichen Stande zu bringen / habe er dieſeD 5Ge -42Politiſche UnterweiſungenGeſellſchafften mit herrlichen Privilegiis verſehen / um mehr dadurch anzulocken / ſich hinein zu bege - ben: und waͤre große Hoffnung / daß die Frantzoͤiſche Nation in kurtzem durch den Vortheil der Commer - cien alle anderen uͤbertreffen wuͤrde.

Anmerckung. Es gehoͤre / ſagt der Autor, zur Klugheit eines von Adels / daß er dasjenige wohl zu - verkauffen wiſſe / was ſeine Guͤter tragen / und wohl einzukauffen / was er noͤthig habe. Sonderlich ſolle er nicht allzuviel auf Credit nehmen / denn ſol - ches koͤnne ihn gaͤntzlich ruiniren.

Es diene oftmahls auch einem vom Adel zum groſſen Vortheil / ſich an eine reiche Kauffmanns Tochter zu verheyrahten; es haͤtten die vornehm - ſten Parlaments Herren in Franckreich ſolches zu thun kein Bedencken getragen / und dadurch das Anſehen ihrer Familien erhalten.

Auf den Meere koͤnne einer von Adel gleichfalls ohne Verringerung ſeines Reſpects handeln: denn er ebenfalls dadurch ſeine Hertzhafftigkeit / als von der der Adelſtand ſeinen Anfang genommen / koͤnne ſehen laſſen / wenn er ſich dem untreuen Elemente der See vertrauete. Der Groß-Hertzog von Toſca - na / die edlen Venetianer / Portugieſen und Englaͤn - der / auch die Staaten von Holland haͤtten darinn al - lezeit einen Ruhm geſuchet / die See-Commercien zu treiben / welches viel reputirlicher waͤre / als Geld auf Zinſen zu geben / und Banqvierer zu ſeyn / als wie viele Jtaliaͤniſche von Adel in Gebrauch haͤt - ten.

Franckreich habe wohl bey dem Kriege / ſo es mitdem43vor einen Edelmann. nem Hauſe Oeſterreich gehabt / gemercket / daß ihm ein eſſential Stuͤck ſeiner Groͤſſe durch die Hem - mung der Commertien mangele. Dannenhero er hernach ſo fort auf Einfuͤhrung des Seehandels daran es ihm vorhero gefehlet / ſey bedacht gewe - ſen.

Ein Edelmann koͤnne bey der Seehandlung in ei - nem Jahre mehr gewinnen / als in zehen Jahren bey Hofe. So gelange er auch zur See bald zu hohen Chargen / und wenn er ſie einmahl gewohnet / waͤre das Dienen zur See viel angenehmer / und ſeine Ausruͤſtung erfodere weniger Unkoſten / ja es braͤch - te ihm einen unſterblichen Ruhm / die Standarte des Creutzes in die Laͤnder der Barbaren und Unglaͤu - bigen feſt zu pflantzen.

Die IV. Maxim. Von dem Wachsthume eines Staats durch Heyrathen / Succesſionen / Wahlen / Schenckungen / an ſich kauf - fen / und durch Verpfaͤndung an ſich zu bringen.

Ein groſſer Herr / ſaget der Autor, ſolle nicht al - lein durch Schonung desjenigen / was inwendig in ſeinem Lande waͤre / des Staats Wachsthum befoͤr - dern / ſondern auch zuſehen / wie er neue Provintzen und Laͤnder dazu erwerben moͤchte.

Das erſte Mittel waͤre / daß ein Fuͤrſt mit ei - ner Erb-Princeßin von einiger Souverainitaͤt eine Heyrath traͤf.

Privat Perſonen moͤchten nach Inclination heyrathen / Fuͤrſten muͤſten nach dem Intereſſe ihres Staats Gemahlinnen wehlen.

Dar -44Politiſche Unterweiſungen

Darauf fuͤhret er zum Exempel das Hauß Oeſter - reich an / welches ſich durch Vermaͤhlung nach und nach die Souverainitaͤt von den groͤſten Theil Eu - ropæ erworben. Und haͤtte ſolches Gelegenheit zu ſagen gegeben

Armagerant Galli, tu felix Auſtria nube. Maſſen die Spanier mehr Laͤnder durch das Bette erobert / als die Frantzoſen und andere Nationen durch Degen nicht thun koͤnnen.

Jtzo aber / meynt der Autor, da die kluͤgſten Spa - nier und die groͤßten Narren von Franckreich todt / habe der Koͤnig von Franckreich die Jnfantin aus Spanien / als eine unfehlbare Erbin vieler Staate und Provintzen geheyrathet / und auch ſchon ange - fangen durch die Waffen ſich in Poſſeſſe zu ſetzen.

Wenn ein Souverainer Herr nicht koͤnne eine auslaͤndiſche Erbprinceßin heyrathen / ſolle er ſich mit einer maͤchtigen Erbprinceßin ſeines eigenen Koͤnig - reichs vermaͤhlen / um ihr Land mit ſeinen Domal - nen zu vereinbahren / und alſo zum wenigſten ſeine Krone zu bereichern / wenn er ſo gluͤcklich nicht ſeyn koͤnne / ſeinen Staat zu vergroͤſſern.

Offt / ſaget ferner der Autor, muͤſſe auch eine Hey - rath eines groſſen Herrn zu Endigung eines Krieges vorgenommen werden / um durch deren Schlieſſung die Hertzen der Kriegenden wieder zu vereinbahren.

Das andere Mittel / dadurch ein Souverainer Herr ſeinen Staat mit Recht vergroͤſſern koͤnne / waͤre aus der rechtmaͤßigen Succeſſion und Erb - ſchafft ihrer Anverwanten; denn dieſes gaͤbe ihnen ſelbſt das Recht der Natur / und ſie ſchienen es ſelbſt aus GOttes Hand zu empfangen / als welche dieNatur45vor einen Edelmann. Natur regierete. Demnach moͤchten ſie ſo fort von ſelbigen / und ſolte es auch durch Huͤlffe der Waffen ſeyn / Poſſeß nehmen / und ſie aus derjenigen Haͤnden wieder reiſſen / die ſie aus Eyferſucht uͤber ihre wach - ſende Macht uſurpiren wolten.

Dahero / faͤhrt der Autor fort / habe Franckreich das Recht von Spanien das Koͤnigreich Navarra / als das Patrimonium des Hauſes Bourbon / wie - derzufodern / item, das Hertzogthum Maͤyland / das Koͤnigreich Neapolis / und andere Souverainitaͤten mehr / wie auch die Spaniſchen Niederlande / welche durch das Recht der Koͤnigin Franckreich zuſtuͤnden.

Das dritte Mittel einen Staat zu vergroͤſſern ſey die Wahl / wenn ein freyes Volck einen Koͤnig wehlete / um ſeine Laͤnder der Krone zu vereinigen. Dieſe Maxime iſt durch die Polen practiciret wor - den / die das Groß-Hertzogthum Lithau mit ihrer Krone vereinbahret / indem ſie die Jagellonen / wel - che es beſaſſen / zu ihren Koͤnigen erwehlet. Und ſie wuͤrden auch zu der letzten Wahl gar nicht geman - gelt haben / den Churfuͤrſten von Brandenburg zum Koͤnige zu nehmen / wenn er nur Catholiſch geweſen waͤre / um das Hertzogliche Preuſſen und andere Provintzen in Teutſchland mit der Krone zu verei - nigen.

Das vierdte Mittel ſo einen Staat vergroͤſſert / ſey die Donation, welche machete / daß ein freyes Volck oder auch Koͤnige ihre Souverainitaͤt gerne einem guͤtigen Fuͤrſten gaͤben / um von ſelbigen be - ſchuͤtzet und regieret zu werden. Darauf fuͤhret er Exempel an von Attalo Koͤnige in Aſien / welcher denen Roͤmern in Teſtamente ſein Reich vermachet:von46Politiſche Unterweiſungenvon Michael Palæologo, Conſtantinopolitani - ſchen Kaͤyſer / welcher Peru weggabe; von Hum - berto, welcher das Delphinat an den aͤlteſten Printz des Koͤniges von Franckreich geſchencket / mit der Bedingung / daß er allezeit davon den Nahmen / Dauphin / fuͤhren ſolte; von Carl von Anjou, welcher Provence in ſeinen letzten Willen dem Koͤniglichen Printzen vermachete; und endlich ſchlieſſet er die Exempel / daß er nicht gedencken wolle / was die Koͤ - nige von Franckreich / als Chriſtianiſſimi und die aͤlteſten Soͤhne der Roͤmiſchen Kirche dieſer ihrer Mutter vor herrliche Laͤnder geſchencket haͤtten.

Um zu ſolchen Donationen zu gelangen / ſaget der Autor, ſey noͤhtig / daß ein groſſer Herr alle die Koͤ - niglichen Qualitaͤten an ſich habe / die ihme eine ſolche Wolthat erwerben koͤnten / und muͤßten ſie ſolche Souverainen / die keinen Erben haͤtten / oder Voͤlcker / die keinen Koͤnig haͤtten / zu beſchuͤtzen und ihnen zu liebkoſen allezeit fertig ſeyn.

Das letzte Mittel einen Staat zu vergroͤſſern waͤre / wenn Laͤnder feile / daß ein Fuͤrſt ſolche an ſich kauffete: denn dieſes waͤren Sachen / ſo mit keinem Gelde zu bezahlen; maſſen die Revenüen davon immerwaͤhrend blieben. Es haͤtte in dieſer Be - trachtung Johanna Koͤnigin von Neapolis und Graͤſin von Provence dem Pabſt Clemens den dritten weit zu wohlfeil Avignon und die Graff - ſchafft Vanaiſſin verkaufft / indem ſie ſelbige vor vierhundert tauſend Pfund gegeben: noch der Koͤ - nig das Fuͤrſtenthum Sedan zu theuer bezahlet / noch die Stadt Dunkerken / welche er aus der| Englaͤnder Haͤnden gezogen.

Es47vor einen Edelmann.

Es waͤre auch zur Vergroͤſſerung eines Staats gut / Laͤnder ſich verpfaͤnden zu laſſen / wenn zumahl eine gewiſſe Zeit geſetzet / da ſie muͤſten wieder einge - loͤſet / oder bey deſſen Entſtehung veralieniret werden.

Hier giebet der Autor wieder Exempel / wie eini - ge groſſe Herren durch Darlehnung gewiſſer Sum - men Geldes zum Beſitz ſchoͤner Laͤnder gekommen / die ihnen Anfangs nur verpfaͤndet / ſie aber hernach in deren beſtaͤndigem Beſitz gelaſſen worden.

Anmerckung. Adeliche Haͤuſer koͤnten | ſich durch vortheilhaffte Heyrathen gleichfalls in die Hoͤ - he bringen. Und ſolle einer von Adel wohl beden - cken / daß die Ruhe und Vergnuͤgung dieſes Lebens / die Befeſtigung / die Erhaltung / und das Wachs - thum ſeiner Familie und ſeines Gluͤcks an einer vortheilhafften Heyrath hange. Um uun es darinnen zu treffen / muͤſſe er auf das Vermoͤgen und die Alli - antz der andern Familie / vornehmlich aber auff die Tugend und Verdienſte der Perſon ſehen / die er heyrnthen wolle.

Die Succeſſionen und Erbſchafften waͤren gleichfalls die gewoͤhnlichſten Mittel / Haͤuſer zu be - reichern und groß zu machen. Und wuͤrde die Oe - conomiſche Klugheit durch honnetes Spahren dahero allemahl darauf ſehen / das Vermoͤgen nicht allein zu ſammen zu halten / ſondern auch zu vergroͤſ - ſern. Wann aber die Erbſchafften mit groſſen Schulden und ſchweren Proceſſen beladen / thaͤte man beſſer / ſolche gar nicht anzutreten / als daruͤber das Seinige mit zu zubuͤſſen / um denen Glaͤubigern genug zu thun.

Einer48Politiſche Unterweiſungen

Einer von Adel ſolle mit aller Gewalt dahin trachten / ſchoͤne Qualitaͤten zu erwerben / um in der Welt ſich Gluͤck zu machen. Denn wenn er durch ſeine Geſchicklichkeit Fuͤrſten und Miniſtris bekandt wuͤrde / koͤnne er um deſto beſſer diejenigen Chargen ſuchen / welche zu verwalten Meriten erfo - dert wuͤrden.

Er ſolle auch ſeine Freunde und Fremde / welche reich waͤren / und keine Kinder haͤtten / allezeit cares - ſiren / um durch eine ehrliche donation ſich mehrere Mittel zu erwerben.

Habe einer von Adel durch ſeinen Fleiß Geld und Vermoͤgen erworben / ſolle er es entweder zu Kauffung eines Dienſtes / dazu er duͤchtig / und von welchen er Ehre und Revenuͤen hat / anwenden; oder / ſo noch beſſer / zu Kauffung eines Guts / ſo fern er erſtlich Dienſte oder eine honnéte Emploie er - halten / daß er koͤnne eine Figur machen: denn ein Edelmann / ſo nichts ſonſt waͤre / als ein Muͤßig - gaͤnger / wuͤrde von iederman mit Verachtung ange - ſehen / weil er der gantzen Welt nur Schaden braͤchte.

Die V. und letzte Maxim. Von dem Wachsthum eines Staats durch das Recht der Waſſen / indem ein großer Herr neue Staͤdte und Laͤnder erobert.

Erſt ſagt der Autor, daß wie die Tapfferkeit eine Koͤnigliche Tugend ſey / iedweder groſſer Herr die edle Ehrſucht bey ſich haͤtte / die Grentzen ſeines Staats zu erweitern / und durch kriegeriſche und hel - denmaͤßige Actionen zu vergroͤſſern.

Doch49vor einen Edelmann.

Doch um hierinnen kluͤglich zu handeln / muͤſſe ein groſſer Herꝛ in Anfangung eines Krieges zwey Din - ge vermeiden: die Ungerechtigkeit und die Verwe - genheit.

Rechtmaͤßige Urſachen einen Krieg anzuheben / waͤren: die Beſchuͤtzung der Unterthanen und der Bundesgenoſſen: die Rache uͤber das Unrecht / ſo man einem groſſen Herꝛn gethan: die gerechten Præ - tenſionen an einen Staat: die Beſchuͤtzung der Religion / deren Befeſtigung und Fortpflantzung / und die Ausrottung einer contrairen Religion / oder einer neuen und noch nicht gelittenen Ketzerey.

Um die Verwegenheit zu vermeiden muͤſſe man vor Anhebung des Krieges daraus eine augenſchein - liche Nutzbarkeit und eine Apparenz erſehen / daß es einem gelingen wuͤrde / ohne daß man dasjenige / was man beſitze / auf das Spiel ſetze.

Jnwendig in ſeinem Lande muͤſſe dahero ein groſ - ſer Herꝛ bey ſeinen Unterthanen die Ergreiffung der Waffen rechtfertigen / damit ſie ihm mit benoͤthigten Steuern die Koſten des Krieges erleichterten: Aus - werts muͤſſe ein Herꝛ neue Allianzen machen / die alten aber verneuern: und dabey muͤſſe man zuſe - hen / wo der allerſchwaͤcheſte Ort waͤre / die Feinde zuerſt anzugreiffen.

Dieſe Maximen beweiſet er mit dem Exempel des itzigen Koͤniges von Franckreich / welcher die er - ſten Jahre ſeiner Regierung mit Einrichtung der Policey ſeines Staats / mit Demuͤthigung der Un - terthanen unter die Geſetze / mit Abſchaffung der Mißbraͤuche in der Juſtiz, mit Beſtaͤtigung der Manufacturen und der Commercien mit denJanuar. 1696. EAus -50Politiſche UnterweiſungenAuslaͤndern ꝛc. und ſo fort / zugebracht; habe er ſich mit denen Auswertigen zu Waſſer und zu Lande in Allianzen eingelaſſen / und ſey darauff auf die Hol - laͤnder loßgegangen.

Es ſolle auch ein ſouverainer Herꝛ / ſoviel als moͤglich / in geheim halten / wohin eigentlich ſeine Krieges-Ruͤſtung abgeſehen; damit er ſeinen Feind unverſehens uͤberfalle.

Er ſolle auch die tapfferſten und beruͤhmteſten Of - ficirer / ehe der Krieg angehet / von denen Benach - barten zu ſich locken / und in ſeine Dienſte ziehen / ſonſt moͤchte ſie der Feind hernach zu ſeinem allzu groſſen Schaden gebrauchen.

Ferner muͤſſe ein groſſer Herꝛ ſtattliche Magazi - nen zu Erhaltung der Arméen aufrichten / und nur ſicher davor halten / daß von zweyen Feinden im Felde derjenige / ſo am letzten Proviant haͤtte / alle - zeit des andern ſein Meiſter bliebe.

Er muͤſſe auch mit allen Kraͤfften ſeinen Feind angreiffen / um ihn zu erſchrecken und verwirret zu machen.

Ein Potentat ſolle auch in eigener Perſon zu Fel - de gehen / denn Officirer und Soldaten wuͤrden ſo dann viel tapfferer ihre Schuldigkeit thun / wann ſie vor den Augen ihres Monarchen fechten ſolten; weil ſie die Hoffnung haͤtten / er werde ihr Wohlverhal - ten am beſten belohnen.

Es waͤre auch eine Krieges-Maxime: Wer zum Kriege das meiſte aufwendete / der wendete daswe - nigſte auf: denn wo nicht gute Zahlung waͤre / da waͤren auch blutſchlechte Dienſte.

Schwacher Arméen ihre Reputation waͤre nichtgroß51vor einen Edelmann. groß genug / den Feind furchtſam zu machen / oder zu verhindern / daß er nicht Alliirten bekaͤme.

Wer demnach den Krieg anheben wolle / und ſie - gen / muͤſſe mit aller Macht denſelben verſuchen / und nichts nicht ſparen.

Die Hollaͤnder haͤtten mit Schaden erfahren / was es helffe / ein guter Haußhalter zu ſeyn / wenn man ſich waffnen ſolte. Denn indem ſie geſparet /[u]nd denen Officirern zu langſam Gelder gereichet /[d]ie ihnen haͤtten dienen wollen / waͤren ſie im vorigen Kriege uͤberwunden worden / ehe ſie einmahl Volck[b]eyſammen gehabt.

Wenn man defenſivè den Krieg fuͤhrete / ſo ma -[c]hete man es / wie man es koͤnte; aber offenſivè[m]uͤſte man ihn entweder mit der groͤſten Macht fuͤh -[r]en / oder ſolle es gar bleiben laſſen.

Bey dem erſten Einfall in ein Land ſolle man deſ -〈…〉〈…〉 en ſchwaͤcheſten Eingang ſuchen: darauf ſich bemuͤ -[h]en / dem Feinde eine Schlacht zu lieffern / weil auf〈…〉〈…〉 eren Gewinnung die Eroberung des Landes beſtuͤn -〈…〉〈…〉 e; koͤnte man nicht zum Treffen kommen / ſolle[m]an ſeinen Feind biß an die Haupt-Stadt des Lan -〈…〉〈…〉 es verfolgen / denn er wuͤrde vielmehr betruͤbet wer -〈…〉〈…〉 en / wenn man ihn auf den Kopff / als nur auf die[G]lieder / ſchluͤge.

Die uͤberwundenen Voͤlcker muͤſſe man careſſi -〈…〉〈…〉 n / und ihnen erweiſen / wie man weder ihre Privi -〈…〉〈…〉 gia und Freyheiten / noch ihre Religion kraͤncken〈…〉〈…〉 olle / ſondern ſie bey dieſen allen laſſen.

Wann eine Provinz eines Staats weit von dem -〈…〉〈…〉 lben entlegen / und alſo der Feind gleichſam nicht[m]ehr als einen Arm defendiren koͤnte / ſo waͤre dasE 2Ero -52Politiſche UnterweiſungenErobern leicht: Als man ſaͤhe / wie daher Franck[-]reich Spanien viel weggenommen / weil deſſen Glie - der von dem Leibe ſeines Staats allzuweit entle - gen waͤren.

Weil der Krieg eines ſolchen Eroberns wege[n]der Jalouſie und des Intereſſe der benachbarte[n]Potentaten nicht von langer Dauer ſeyn koͤnne / ſo ſa[-]get der Autor, muͤſſe ein ſolcher Conquerant zuſe[-]hen / daß er ihn bald endige; dieweil ſonſt die ander[n]Fuͤrſten den Schwachen aſſiſtiren / und die Waffe[n]wider ihn ergreiffen wuͤrden: Solche Endigung〈…〉〈…〉 ber muͤſſe durch einen Tractat geſchehen / da ma[n]ihm ſeine Conquêten laſſen muͤſte / und muͤſſe ma[n]dazu die Maͤchtigſten auf ſeine Seite ziehen und z[u]Mediatoren nehmen.

Dieſes beſtaͤtiget der Autor durch die Maxi〈…〉〈…〉 des Koͤniges von Franckreich / und der Tuͤrcken / wa[s]beyde dadurch gewonnen / wann ſie mit der groͤßte〈…〉〈…〉 Macht einen Staat angefallen / und darauff bal〈…〉〈…〉 geſehen / einen Frieden zu ſchlieſſen / und nichts wi[e -]der zu geben / was ſie gewonnen haͤtten. (Doch wi〈…〉〈…〉 weit bißhero dieſe Maxime beyden angegangen / li〈…〉〈…〉 get der Welt vor Augen.)

Wenn vormahls / faͤhret der Autor fort / di〈…〉〈…〉 Franzoſen haͤtten den Krieg zu endigen gewuſt / wi〈…〉〈…〉 ſie ihn in dem Cabinet und durch die Friedens Handlungen gluͤcklich endigeten / ſo haͤtten ſie ſcho[n]die groͤßte Monarchie in Europa gemacht. Abe〈…〉〈…〉 itzo / meynet der Autor, triumphireten die Franzoſe[n]uͤberall / und erwieſen / daß ſie ſo wohl einen Kopff al〈…〉〈…〉 ein Hertz haͤtten / um ihre Conquêten zu ſtabiliren als zu erhalten. (ſed in fine videbitur cujus toni.)

Hier -53vor einen Edelmann.

Hierauff erweiſet der Autor durch Exempel / wie〈…〉〈…〉 chaͤdlich es ſey / Conquêten zu machen / wenn man〈…〉〈…〉 elbige nicht erhalten koͤnne.

Solle dannenhero ein Potentat die Neigung und〈…〉〈…〉 as Hertz ſeiner neuen Unterthanen zufoͤrderſt〈…〉〈…〉 n ſich bringen / wenn er das eroberte Land erhalten[w]olle. Und muͤſte dieſes erſtlich durch das Mittel ge -〈…〉〈…〉 chehen / daß er ſich geliebet und gefuͤrchtet machete. [Z]um andern muͤſſe er denen Geiſtlichen / denen Ge -〈…〉〈…〉 ehrten / und denen / die ſonſt von exemplariſcher Tu -[g]end / ſehr favoriſiren: denn dieſe waͤren Meiſter〈…〉〈…〉 on denen Gemuͤthern des Poͤbels: dieſes waͤren die Redner / die durch einen beweglichen Zuſpruch koͤn -〈…〉〈…〉 en wider den neuen Herꝛn einen Sturm erregen /[w]ann es ihnen gefiele. Er muͤſte auch die Großen des Landes careſſiren / und ihnen anſehnliche Aempter geben / aber die Officirer und Voͤlcker des neu-ero -[b]erten Landes ſolle er anderswo gebrauchen.

Das dritte Mittel waͤre / unverbruͤchlich die Conventionen und Privilegien zu halten / auf wel - che ſich ein Land ergeben haͤtte. Denn wenn der Er - oberer im geringſten darwider handelte / ſo fuͤrchteten gleich die Unterthanen den uͤbrigen Reſt ihrer Frey - heiten auch zu verlieren. Vor allen Dingen ſolle kein Potentat die Unterthanen zur Religion zwin - gen / noch die Gewonheiten und Geſetze des Landes aͤndern.

Das vierdte Mittel waͤre / daß man die Fremb - den in der Religion und in den Sitten des neuen Herꝛn ſolle laſſen anziehen. Es waͤre auch gut / daß die Familien der uͤberwundenen Unterthanen mit der Nation des Uberwinders durch Heyrathen ſichE 3ver -54Politiſche Unterweiſungenvereinigeten / wie die Roͤmer mit den Sabinern / di[e]Franzoſen mit den Gaulen / und Alexander ſelbſt[/]da er eine Perſianerin geheyrathet haͤtte.

Wolle ein Conquerant einige Neuerung in ei - nem neu-erworbenen Staat einfuͤhren / ſolle er es ſo[-]fort nach der Eroberung thun / da noch die Erſchuͤtte - rung davon die Hertzen der Unterthanen in Furcht und Erſtaunen halte.

Endlich ſolle der ſiegende Potentat allezeit in dem neu-eroberten Staat die Waffen durch die ihm ein - qvartirte Voͤlcker in Haͤnden behalten; die Unter - thanen aber entwaffnen laſſen: Er koͤnne auch gute Citadelle laſſen aufbauen / und darein eine ſtarcke Beſatzung legen. Und wo dieſes nicht wolle zulan - gen / koͤnne er Colonien von den Unterthanen des Landes an andere Oerter ſchicken / und dagegen von ſeiner Nation welche in das Land wieder hinein[-]fuͤhren.

Anmerckung. Einem von Adel waͤre kein edle - rer Weg zur Ehre und Vermoͤgen zu gelangen / als die Erwehlung der Profeſſion vom Kriege.

Die vier Mittel / die er zu dieſem Endzweck zu kommen / gebrauchete / waͤren; daß er (1. dieſes ruͤhmliche Handwerck mit Verſtande lernete. (2. 〈…〉〈…〉Mit Großmuͤthigkeit und Beſtaͤndigkeit practici - rete. (3. Mit Vortheil endigete / (4. und die Repu - tation nebſt den Guͤtern / ſo er aus ſeiner Charge er - worben / wohl erhielte.

Die Klugheit waͤre eine Fackel / welche die Men - ſchen in allen ihren Handlungen zu derſelben Ein - richtung brauchen ſolten / keiner aber habe dieſelbe mehr noͤthig / als wer Arméen und Krieges-Volckcom -55vor einen Edelmann. commandire: denn ſein gantzes Leben waͤre mit Gefahr und hazard angefuͤllet / die er nicht anders koͤnte / als durch reiffe Berathſchlagung uͤberwinden.

Demnach / ſaget der Autor, gehoͤre zu einem Kerl / der ein gut Hertz habe / auch ein kluger Kopff / um dieſe ſeine Courage zu regieren. Denn die all - zu verwegenen buͤſteten ein; hingegen eine Tapf - ferkeit / ſo die Klugheit zur Begleiterin habe / koͤnne uͤberwinden.

Wie aber die Wahl der Profeſſionen einem von Adel frey ſtuͤnde; daß er koͤnne auch ein guter Geiſt - licher (Prælat, Probſt / Abt /) oder ein guter Mini - ſter werden / wenn er nicht bey ſich die nothwendige Diſpoſitionen zum Krieges-Leben befaͤnde: ſo ſolle er / ehe er zum Kriege ſchritte / wohl die Empfindun - gen ſeines Hertzens zu Rathe ziehen / und ob ſeine Geburt / ſein Vermoͤgen / ſeine Patronen / ſeine An - verwandten / ja zufoͤrderſt ſeine Leibes-Conſtitu - tion ihm zulaſſe / ſein Gluͤck im Kriege zu ſuchen / vorhero wohl examiniren. Befaͤnde er dieſes al - les dazu geſchickt / ſolle er kein Bedencken tragen / dem Kriege zufolgen.

Wenn er ihn aber einmahl erwehlet / ſolle er deſ - ſen Unbeqvemlichkeiten / Gefahr und Abmattungen ſich nicht etwan dazu bringen laſſen / wieder davon abzuſtehen. Die letzte Campagne muͤſte ihm erſt - lich die angenehmen Fruͤchte und den Lohn der erſten durch anſehnliche Chargen bezahlen.

Es waͤre eine Zaghafftigkeit / wieder von einem loͤblichen Handwercke abzutreten / ſo man einmahl aus freyem Willen erwehlet haͤtte. Und muͤſten die ſo verheyrathet / weder durch die Thraͤnen der Frau -E 4en /56Politiſche Unterweiſungenen / noch das Weinen ihrer Kinder / davon abgehal - ten werden / daß ſie mit zu Felde zoͤhen / wann es Zeit waͤre / die Dienſte ihres Herꝛn und des Vaterlan - des fortzuſetzen.

Wann ein Cavallier einmahl dazu reſolviret / muͤſſe er ſein Leben gering halten / und durch eine ſtattliche Action ſeinen Reſpect befeſtigen: denn im Kriege hieſſe es: Man muß entweder ein Cæſar, oder ein Poltron ſeyn.

Hie liebkoſet nun der Autor dem Franzoͤſiſchen Adel / und ſaget / wenn er nicht mit dieſem redete / wolle er ſchon Argumenta vorſuchen / ihre Brav - heit aufzumuntern; alleine ſo waͤre ihnen mehr Maͤßigung ihrer Kuͤhnheit vonnoͤthen / als Reitzung: Doch wenn ja eines ſeyn ſolte / waͤre es vor einen von Adel beſſer / kuͤhne / als verzagt / und eine ſeige Memme zu ſeyn.

Es ſolle aber auch einer von Adel zu rechter Zeit den Krieg zu verlaſſen wiſſen; daß er ſich lieſſe ſeine Dienſte wohl bezahlen / wenn der Staat deren noͤ - thig haͤtte / und die Gelegenheit dazu guͤnſtig waͤre. Denn wenn es erſtlich ſo weit mit ihm kaͤm / daß er dem Staate keine Dienſte mehr thun koͤnte / ſo blieb auch gemeiniglich die Vergeltung auſſen; dahero muͤſſe er mit guter Manier eine honuête Endigung ſuchen / und das Gluͤcke abdancken / ehe daß es ihn abdanckete. Denn der bloße Nebel des Ruhms waͤre nur ein Dampff / daran ſich junge Leute ver - gnuͤgen muͤſten.

Zumahl waͤre das Gluͤck den Waffen nicht alle Tage gleich / und muͤſſe man es durch gar zu langem Gebrauch auch nicht allzu ſehr ermuͤden / daß es uns /den57vor einen Edelmann. den Ruͤcken wende / und uns am Ende des Lebens und in hohem Alter diejenige Reputation wiederum entziehe / welche es in dem Mittel unſerer Jahre uns geſchencket haͤtte.

Das 4. Capitel. Von denen zehn Maximen / ſo einer Ariſtocratie zutraͤglich.

DIe erſte Maxime ſetzet der Autor darinnen / daß diejenigen Herren / ſo zuſam̃en die Herꝛ - ſchafft fuͤhren / das Volck bereden / daß die Art der Regierung durch die Ariſtocratie unter al - len die beſte waͤre / weil ſie als gemaͤßiget zwiſchen der eintzel-Herꝛſchafft oder Monarchie, und der De - mocratie, oder wo das Volck das Regiment hat / das rechte Mittel haͤtte; jene beyden Arten aber als Extremitaͤten zu fuͤrchten waͤren.

Deſſen zum Exempel fuͤhret der Autor die Repu - blic Venedig und die Republic Genua an.

Anmerckung. Es waͤre eine Klugheit von allen Collegiis, diejenigen in Anſehen zu bringen / wor - aus ſolche beſtuͤnden / und particular. Perſonen ſolten daraus lernen / daß nicht einer den andern ſolte ſchimpfflich austragen; ſondern vielmehr ſich einer des andern gebrauchen / und durch aufrichtiges Zu - ſammenhalten einer des andern Intereſſe befoͤrdern. Das Mittel zu machen / daß von einem gut geredet wuͤrde / waͤre / daß man wieder von jederman alles Gutes redete.

Die II. Maxim.

Dieſe / unter denen Herren ſo das Regiment fuͤh - reten / waͤre / allezeit in einem behutſamen Miß -E 5trauen58Politiſche Unterweiſungentrauen zu bleiben / daß die Forme der Regierung nicht veraͤndert wuͤrde.

Anmerckung. Einer von Adel ſolle allezeit ein kluges Mißtrauen bey ſich hegen: denen Großen hoͤflich / um ſich ihren Schutz zuwege zu bringen / be - gegnen; ſeines gleichen freundlich / um ſie zu enga - giren / ſeine Fortun zu behaupten / und des Volcks Gemuͤther zu menagiren / um ſich deren Reſpect und Dienſte zu erwerben. Denn wenn der Poͤbel ſich einbilde / man ſchmeichle ihm aus Furcht / ſo waͤre er hoffaͤrtig und hoͤchſt ſchaͤdlich.

Die III. Maxim.

Solten demnach die Edlen / bey denen das Regi - ment waͤre / allezeit dahin trachten / daß ihre Unter - thanen ſie fuͤrchten muͤſten. Welches unter andern auch geſchehen koͤnne / wenn man ihnen einen aus - waͤrtigen Krieg uͤber den Hals braͤchte.

Anmerckung. Es waͤre eine Notwendigkeit / daß ein Edelmann / und wer nur was zu befehlen haͤtte / dahin trachten muͤſſe / auch Furcht vor ihn zu haben. Und wann zumahl ein Soldat ſich vor ſei - nem Officirer nicht fuͤrchtete / ſo koͤnte nichts Gutes ausgerichtet werden / und kein General vor Aufruhr und Meuterey ſicher ſeyn; deswegen der tapffere General Lesdiguieres geſaget: Das gantze Ge - heimniß der Krieges-Kunſt beſtehe: die Soldaten gut zu bezahlen und gut aufzuhencken.

Die IV. Maxim.

Dieſe verpflichtete die Seigneurs, ſo zuſammen in der Regierung waͤren / daß einer des andern ſei - ner Autoritaͤt die Wage hielte / damit er nicht uͤberdie59vor einen Edelmann. die andern alle moͤchte empor kommen. Haͤtte er ſich ſchon beym Volck in zu groſſen Credit gebracht / muͤſ - ſe man ihn fortſchicken / der Republic answerts zu dienen; waͤre er allzu reich / muͤſſe man ſeine Mit - tel durch aufgetragene Geſandſchafften duͤnne ma - chen; haͤtte er das Commando der Armée, muͤſſe ihm allezeit einer zur Seite geſetzt ſeyn / der ihn ver - hindere ein Cæſar zu werden. Dahero kaͤme es / daß die Venetianer ihren Doge wenig Autoritaͤt lieſ - ſen / und auf alle ſein Weſen unaufhoͤrlich achtung gaͤben.

Anmerckung. Es ſolle jeder Hoffmann dahin trachten / daß ſeine Competitoren ihm nicht zum Haͤupten wachſen / und keiner ſeine eigenen Ver - wandten ſo hoch erheben / daß ſie ihm hernach ſelbſt Geſetze geben koͤnten.

Die V. Maxim.

Die Herren einer Republic ſolten mehr darauff ſehen / ihren Staat zu erhalten / als neue Conquêten zu machen. Denn der Krieg diene dazu / einen un - ter ihnen uͤber die andern alle zu erheben; daß indem er die Kraͤffte des Staats in ſeiner Gewalt hat / er ſelbigen zu ſich reiſſe: und dann / weil zur Eroberung erfodert wuͤrde / einig zu ſeyn / und die Rathſchlaͤge geheim zu halten / welches von einer Aſſemblée ſo vieler Koͤpffe faſt nicht koͤnne gehoffet werden.

Anmerckung. Dahero ſolle einer von Adel ſchlieſſen / daß es offt vor ſein Gluͤcke beſſer / auf deſſen Erhaltung als auf deſſen Vergroͤſſerung zu geden - cken / und gewiſſe Unkoſten an ungewiſſe und in eitler Rechnung beſtehende Vortheile zu wagen. Es ſolle auch der Adel fein beyſammen halten / und ſeinerVer -60Politiſche UnterweiſungenVerwandten Rath ſich bedienen / weil doch viel Au - gen mehr| als eines ſaͤhen.

Das 5. Capitel. Von denen Maximen / ſo zur Democratie oder Regie - rung des Volcks gehoͤren.

DIe erſte Maxim des Status popularis, oder der Regierung ſo das Volck fuͤhrete / als wie in der Schweitz und in Holland / waͤre / daß man ihm die euſſerſte Liebe der Erhaltung ihrer Freyheit einpraͤgete: daß unter denen Koͤnigen und in Ariſtocratien das Volck ſolche verlohren haͤtte / und nur blind hin gehorſamen muͤſte / alſo ihre Re - gierungs-Form allein / da weder Fuͤrſten noch Adel guͤlten / die beſte waͤre.

Anmerckung. Einer von Adel ſolle aus dieſer Maxim lernen / daß die Leute allezeit nach der Im - preſſion handelten / die man ihnen einmahl von ei - ner Sache ſcheinbar beygebracht haͤtte: deswegen er lernen ſolle / ſeinen Untergebenen / oder die unter ihm ſind / dasjenige zu perſuadiren / was er gerne ſaͤhe / daß ſie davor halten ſolten; und muͤſte er ſich alſo an dem Orte / wo er ſeine Reputation feſt ſtel - len wolte / Creaturen machen.

Die II. Maxim.

Dieſe waͤre derjenigen gleich / ſo die Ariſtocra - tie haͤtte / die allzu groſſe Erhoͤhung eines Buͤrgers zu verhindern / aus Furcht / er moͤchte ſonſt Ober - herr werden.

Anmerckung. Einer von Adel ſolle ſich nicht an die Calumnien und an den Neid ſeiner Competi - toren kehren / ſondern gerade auf ſeinen Zweck zuge -hen /61vor einen Edelmann. hen / und unverſehrlich dasjenige thun / was ſeine Schuldigkeit ihn heiſſe. Denn dieſe Stuͤrme ver - giengen mit der Zeit: Und diejenigen / ſo einen weder erhoͤhen noch verderben koͤnnen / wuͤrden nach unſerer erlangten Befoͤrderung unſere beſten Freunde.

Die Gedult waͤre die Tugend eines Hofmanns und einer groſſen Obrigkeit. Der Hohn / die Ver - leumdung / die Eyfferſucht / der Neid / fielen nur be - ruͤhmte und ſtattliche Leute und ihre lobwuͤrdigſten Handlungen an. Man ſolle die Leute laͤſtern laſſen / wie ſie wolten / wenn ſie uns nur machen lieſſen / was wir wolten.

Die III. Maxim.

Es waͤre eine Maxime aller Democratiſchen Staate / die groſſen Dienſte mit Undanck belohnen / und den Reſpect groſſer Feldherꝛn zu verderben / um einen prætext zu haben / ihre heroiſchen Thaten nicht zu recompenſiren. Es waͤre ſchon genug / die Gunſt des Volcks verdienet zu haben / um ins Elend ver - jaget zu werden / wie die Exempel zu Athen, Lace - dæmon, Syracus und Carthago auswieſen.

Anmerckung. Groſſe Krieges-Generalen ſoll - ten aus dieſer Maxim ſich ſpiegeln / daß ſie nie ſol - chen Republiquen denen Monarchien zum præju - diz dienen ſolten; wo ſie nicht wegen der Vergel - tung ſich wohl vorgeſehen haͤtten. Viel weniger ſolten ſie in denen Monarchien dem Volcke dienen / denn das waͤre noch undanckbarer / und allezeit un - vermoͤgend die Dienſte zu belohnen.

Die von Adel waͤren demnach ſo wohl aus Schul - digkeit als aus Intereſſe zum Dienſte ihrer Fuͤrſtenver -62Politiſche Unterweiſungenverbunden; denn Gemeinden und Republiqven waͤren undanckbar / und allen denen feind / deren Dienſte ſie nicht recompenſiren koͤnten.

Dieſe Maxime ſolle auch denen die Augen oͤffnen / die man nur auf Hoffnung dienen laͤſſet. Denn / wenn ſelbige Bezahlung fodern / machet man ſie ſtraffbar / und diejenigen / welche ſchuldig waͤren / fiengen an dieſelben / von denen ſie Dienſte empfan - gen / am aͤrgſten zu haſſen.

Es waͤren ſolche ungerechte Hoffleute / welche da - vor hielten / man muͤſſe nur die zukuͤnfftigen / nicht aber die ſchon geleiſteten Dienſte bezahlen. Aber bey ſolcher Politic waͤre es am beſten / man lieſſe ſich das ſeinige voraus geben / und trachtete dahin / daß man unentbehrlich wuͤrde.

Die IV. Maxim.

Es waͤre eine lobwuͤrdige Gewonheit der Repu - bliqven / ihr Volck allezeit in Geſchaͤfften zu erhalten; Es waͤre nun durch die Waffen / wie die Schwei - tzer / ſo dadurch von Auslaͤndiſchen Fuͤrſten Geld verdieneten / oder durch die Handlung / wie die Hol - laͤnder / die dadurch den Reichthum aus der gantzen Welt zuſammen geholet haͤtten: Und dieſe Maxim haͤtten ſchon die Roͤmer gebilliget / maßen ihre Scri - benten von ihnen ſetzeten: melius erat populo Ro - mano negotium, quam otium.

Anmerckung. Der Muͤßigang waͤre allen Leu - ten ſchaͤdlich / von was auch vor Condition ſie ſeyn moͤchten. Sonderlich verfuͤhrete er den Adel zum Freſſen und Sauffen / und zu allen Laſtern. Hinge - gen wuͤrde die Emſigkeit in der Arbeit und die Tracti -rung63vor einen Edelmann. rung ihrer Studien ſie fahig machen / alles zu unter - nehmen. Denn ein Cavallier von Qvalitaͤt waͤre darum hoͤher von Stande als andere Leute / um de - nen andern wohl zu thun; wie die Geſtirne darum ſo hoch erhoben / der untern Welt ihre gute Influen - zien mitzutheilen; dannenhero ſie auch nie ruheten / ſondern in ſteter Bewegung waͤren. Und wie die Ruhe der Erde als dem ſchlechteſten Elemente mit - getheilet waͤre / ſo ſolle er nur gedencken / daß Ruhe und Faulheit nur ſolchen hoͤltzernen Seelen und Erd - Gemuͤthern zukaͤme / die zu nichts anders faͤhig waͤ - ren / als zum ſchlaffen.

Die V. Maxim.

Die Erfahrung hat gelehret / daß diejenigen / ſo die beſte Eloquenz oder Beredſamkeit gehabt / das Volck zu perſuadiren / am meiſten in denen Repu - bliqven regieret haben; denn die Rede-Kunſt hat das Regiment und die Herꝛſchafft auch uͤber die freyeſten Gemuͤther. Und werden die Iſocrates, die Pericles, die Demoſthenes und die Ciceronen von dieſer Warheit groſſe Zeugen ſeyn.

Anmerckung. Einer von Adel ſolle nur dafuͤr halten / ſaget der Autor zum Beſchluß dieſes Tra - ctaͤtleins / daß er ſich auf nichts edelers legen koͤnne / als auf die Eloquenz, denn durch dieſe koͤnne er al - le Gemuͤther gewinnen / und alle Hertzen an ſich ziehen. Es waͤre ein Mittel in einem Staats-Rath zu ſiegen / denen Groſſen zu gefallen / die Gunſt des Volcks zu gewinnen / und die Freunde gleichſam anzufeſſeln.

Muͤſte64Politiſche Unterweiſungen ꝛc.

Muͤßte er eine Geſandtſchafft verrichten / bey dem Volck reden / rathſchlagen / loben / ſchelten / ſchuͤtzen / anklagen / Streitigkeiten beylegen / koͤnne er unmoͤg - lich in dieſem allen ohne die Eloquenz es zum gluͤck - lichen Ausgange bringen; Jn Summa / wer nicht wohl redte / der zeigete ſo offt ſein Unvermoͤgen / ſo offt er das Maul aufthaͤte; und wer nicht wohl ſchriebe / der lieſſe allen Leuten / an die ein Brieff von ihm abgienge / ſeine Unwiſſenheit mercken / und daß er ein Rarre waͤre.

Demnach ſolle einer von Adel vor allen Dingen die Eloquenz excoliren / denn ein Redner die Re - gierung uͤber die freyeſten Gemuͤther durch ſeiner Kunſt Vortrefflichkeit erhalten koͤnne.

La Politique Françoiſe demaſquee &c. A Utrecht 1695. in 12mo. Die entmaskete Franzoͤſiſche Politic /

Oder Das verſchlagene Abſehen des Franzoͤſiſchen Staats-Raths bey Gegenhaltung der letztern Friedens-Vorſchlaͤge ge - mercket und eroͤffnet / welche der Aller-Chriſtlichſte Koͤ - nig an unterſchiedliche Oerter ablauffen / und vielen Fuͤrſten in Europa propon ren laſſen: Alles in zweyen Sendſchreiben enthalten. Das erſte / ſo aus Paris von einem eyferig Franzößſch-ge - ſinnten an einen in Holland gefluͤchteten von Adelabge -ſchi -65ſchicket / und das andere durch eben dieſen Franzoͤſiſchen in Holland gefluͤchteten Cavallier aus Amſterdam / als ei - ne Antwort auf das vorige zuruͤck geſendet. Utrecht bey P. D. im Jahr 1695.

DEr Autor dieſes Werckleins / welcher der aus Franckreich gefluͤchtete von Adel iſt / ſo die Antwort geſchrieben / verſichert in der Vorrede / daß der Brieff / den er aus Paris empfan - gen / und woher er Anlaß bekommen / die Franzoͤſi - ſche Politic zu entmasken / warhafftig an ihn von ei - nem Franzoͤſiſchen Geiſtlichen abgelaſſen worden / und nicht etwan dieſer Gegenpart / den er refutiret / von ihm ſelbſt erdichtet ſey / ſondern er mit ſelbigem groſſe Freundſchafft gepflogen / da er noch in Franck - reich geweſen. Dieſer Geiſtliche nun ſendet an ge - meldtem Cavallier die neuen Friedens-Vorſchlaͤge des Aller-Chriſtlichſten Koͤniges / und in dem Brief - fe / worinnen dieſe Propoſitionen eingeſchlagen / he - bet er die Guͤte / Großmuͤthigkeit / Gerechtigkeit und Liebe zum Frieden und der allgemeinen Ruhe / ſo ſein Koͤnig nebſt andern ungemeinen Tugenden im hoͤch - ſten Grade beſaͤß / biß an Himmel hinauf / und will ſeinen meiſten Beweiß aus den offerirten Friedens - Propoſitionen nehmen / wie ſeine Majeſtaͤt / um nur Europa die benoͤthigte Ruhe zu geben / mitten in de - ro Siegen die Waffen niederlegen / und ſelbſt von den ihrigen denen Alliirten anſehnliche Staͤdte und Provintzen lieber abtreten / als noch laͤnger dero gluͤckliche Eroberungen continuiren wolten: der Franzoͤſiſche von Adel aber / ſo die Antwort verferti - get / examiniret die Friedens-Propoſitionen von einem Punct zum andern / und eroͤffnet alle die Fi -Januar. 1696. Fneſſen66Die entmasketeneſſen und Hinterliſt / welche unter ſolchen Offer - ten verborgen; zeiget auch durch ſtattliche Beweiß - Gruͤnde / wie die hohen All〈…〉〈…〉 ten weder ſolchen Vor - ſchlaͤgen trauen / noch ſich dadurch zu einem ſchaͤdli - chen Frieden verleiten laſſen wuͤrden; Zumahl / da ſie anitzo in dem Stande waͤren / Franckreich zu noͤ - thigen / daß es von ihnen ſich muͤſte Friedens-Vor - ſchlaͤge geben laſſen / wie ſie ſelbige wolten einrich - ten; ſie aber ſolche von Franckreich gar nicht erwar - ten oder annehmen duͤrfften.

Dieſes iſt der Haupt-Jnhalt beyder Brieffe; wir wollen ſelbige um etwas genauer anſehen / und die Franzoͤſiſchen Friedens-Propoſitionen / darauf ſich beyde gruͤnden / wie ſie dabey befindlich / von Wort zu Wort verteutſchen:

  • 1. Der Koͤnig von Franckreich verſpricht / daß er fortan und Zeit ſeiner Regierung nichts wider eine Stadt oder Provinz wolle vornehmen / um ſie unter ſeinen Gehorſam zu bringen.
  • 2. Daß er alles dasjenige wieder geben wolle / was er in dieſem Kriege genommen / ohne eintzige Aus - nahme oder Ausſchlieſſung.
  • 3. Daß er Straßburg und Luxenburg in eben dem Stande wie ſie anitzo ſeynd / wie auch das Fort Huͤningen / Fort Louïs, Mont Royal und Fri - burg wolle wiedergeben / nachdem die Fortifica - tionen daran erſtlich raſiret worden.
  • 4. Daß der Koͤnig der Hertzogin von Orleans we - gen ihrer auf die Pfaltz habenden Prætenſionen ohne einigen Schaden des Churfuͤrſtens von Pfaltz wolle ſatisfaction geben.
  • 5. Daß er gantz Lothringen wolle wiedergeben / aus -ge -67Franzoͤſiſche Politic. genommen Homburg und Saar Louïs, vor wel - che Plaͤtze er ein æquiv alent offeriret.
  • 6. Was er vor Recht und Prætenſionen an Flan - dern wegen der verſtorbenen Koͤnigin ſeiner Ge - mahlin / Maria Thereſia, hat / das wolle er alles dem Churfuͤrſten von Bayern abtreten / wenn nur der Kayſer an ſeinem Theile ſolches auch thaͤte.
  • 7. Daß er Caſal dem Hertzog von Mantua wolle wieder abtreten / wann gemeldter Hertzog ihm das Geld wieder zahlete / ſo ihm deswegen gege - ben worden.
  • 8. Daß um die gute Correſpondenz und Freund - ſchafft mit denen Engellaͤndern wieder zu befeſti - gen der Koͤnig von Franckreich heilig verſpraͤch / niemahls weder dem Koͤnig Jacob noch ſeinen Erben einigen Succurs zu leiſten; hingegen wuͤr - de Engelland ermeldtem Koͤnig Jacob und ſeinen Erben eine jaͤhrliche Penſion zahlen / und denen Franzoſen die Freyheit laſſen; in America, Aſia und Africa ihre Handlung zu treiben.
  • 9. Daß alle Edelleute und andere proteſtirende Unterthanen eben die Privilegien wieder genieſ - ſen ſolten / die ſie vor Aufhebung des Edicts von Nantes genoſſen.
  • 10. Mit denen Hollaͤndern wolle der Koͤnig die alte Freundſchafft wieder verneuern.
  • 11. Daß man von beyden Seiten Plenipotentia - rios ernennen wolle / um dieſem Kriege ein Ende zu machen.
  • 12. Und wo man ja nicht gantz und gar uͤber alles einig werden koͤnte / ſo wolle der Koͤnig ſolches der Entſcheidung der Republic Venedig anheimF 2ſtellen /68Die entmasketeſtellen / daß ſie uͤber die Controverſen puncte ih - ren Ausſpruch thun ſolte.

Nach dieſen vorher communicirten Friedens - Vorſchlaͤgen folgen nun die beyden Brieffe an ſich ſelbſt und zwar iſt des Franzoͤſiſchen Geiſtlichen ſei - ner / ſo der erſte / den 4. October 1694. in Paris da - tiret; der Extract aber deſſelben folgender:

Den Eingang nim̃t er von der Freude / ſo er empfin - de / daß er nunmehr ſeine Schreib-Art aͤndern koͤnne: denn da er bißhero ihm / (ſeinen Freunde dem Fran - zoͤſiſchen von Adel / der ſich in Amſterdam auf hielt) von nichts als dem Rüïn der Commercien; denen dadurch erfolgeten Banqverouten; der gehemme - ten Juſtiz; den unzehligen Franzoͤſiſchen Taxen und Auflagen; dem zur Zufuhre verſchloſſenen Mee - re; der Fatalitaͤt dadurch der Koͤnig genoͤthiget worden / den Biſſen Brod ſeinen Unterthanen aus dem Munde zu nehmen / und es denen Solda - ten zu geben; denen hin und wieder bey Hungers - Noth graſſirenden Seuchen / und tauſend andern Ungluͤcke mehr geſchrieben / ſo nehme nunmehro je - der neue Hoffnung der groͤſten Gluͤckſeligkeit / nach - dem der Koͤnig mitten in ſeinen Triumphen ſich des Elendes ſeiner Unterthanen und anderer Nationen erbarmete / und gantz Europa den Frie - den wolte wiedergeben / und allen Alliirten ſo vor - theilhaffte Propoſitiones deswegen offerirete / dar - uͤber ſich alle Welt verwundern wuͤrde.

Jn dieſem Stuͤck uͤbertraͤff ſeine Moderation allen Ruhm / welchen Kaͤyſer Auguſtus jemahls erworben: dieſes ſeine waͤre eine Heucheley und affectirtes Weſen; des groſſen Ludwigs aber ſeinHertz69Franzoͤſiſche Politic. Hertz aufrichtig / und wuͤſte nichts von der ſchimpff - lichen Verſtellung: Er wolle mit Vergnuͤgen achtzig biß hundert Staͤdte / die ihm mit allem Recht zukaͤ - men / dem bedraͤngten Europa wieder hingeben / um nur dadurch ſelbigem die Ruhe und den ſuͤßen Frieden zugleich zu ſchencken: Welches alles er (ſein Freund / an den er ſchreibet /) aus den zugleich uͤberſchickten Friedens-Propoſitionen erſehen wuͤr - de / ſo ihm ein gewiſſer Staats-Secretarius ſub fide arcani communiciret haͤtte; zugleich wuͤrde ihm ſolche Anſicht deſto mehr vergnuͤgen / weil er dadurch von ſeinem betruͤbten exilio nebſt allen aus dem Koͤ - nigreich vertriebenen aus ſonderbarer Clemenz des Koͤniges ſich zuruͤck beruffen ſaͤhe. Wie dann dieſe Guͤte um deſto mehr zu verwundern / weil ſie aus des Koͤniges eigener Bewegung herkaͤme / und weder ihm ſeine Unterthanen deswegen |einige Re - monſtranz præſentiret; die Alliirten Staate nie vor ſie intercediret; die Franzoͤſiſche Cleriſey deswegen kein Wort geſprochen / ja alle aus Franckreich Gejagten wieder in ihr Vaterland zu kommen keine Hoffnung mehr gehabt.

Es ſolte aber der Freund nicht meynen / als ſte - cke hinter dieſer Einladung einiger Betrug: Der Koͤnig waͤre viel zu gerecht / und zu genau an ſein Verſprechen gebunden.

Darauff erzehlet er zwey Exempel: eines / daß er einen vornehmen Ritter / der in Franck - reich duelliret / und ein eintziger Sohn gewe - ſen / gar nicht pardonniren wollen / wie groſſe Vorbitten auch vor ihn eingelauffen; weil erF 3ge -70Die entmasketegeſchworen haͤtte / keinen / ſo das Duell-Mandat uͤberſchritt / zu begnadigen. Das andere / daß er ei - nem eine Abtey verſprochen / da er noch nicht ge - wuſt / von was vor groſſen Einkuͤnfften ſie geweſen: als nun deſſen Staats-Miniſter der Louvois vor einen ſeiner Verwandten darum angeſuchet / und den Koͤnig benachrichtiget / daß ſie biß auf zehntau - ſend Pfund truͤge / habe er doch ſein Wort nicht wol - len wieder zuruͤck nehmen; ſondern ſie dem erſten / der von geringer Ankunfft / gelaſſen.

Alſo / ſchlieſſet er / moͤchten die von der Religion wieder in Franckreich ſicher zuruͤckkommen / das Wort des Koͤniges waͤre da / und er wuͤrde als ein liebreicher Vater ſie gantz gnaͤdig aufnehmen. Nach dieſem erklaͤrten Particular Intereſſe gegen ſeinen Freund koͤm̃t er nun auf das Intereſſe der hohen Alliirten / und examiniret die angetragenen Frie - dens-Propoſitiones.

Die erſte iſt: Der Koͤnig von Franckreich ver - ſpricht / daß er fortan und Zeit ſeiner Regierung nichts wider eine Stadt oder Provinz wolle vorneh - men / um ſie unter ſeinen Gehorſam zu bringen.

Da / meynet nun der Autor, waͤre ja der Ernſt und die Aufrichtigkeit des Koͤniges zu ſehen / wel - che er haͤtte / Europa den Frieden zu geben. Er ha - be bey die dreymahl hundert tauſend Mann auf den Beinen / und alles muͤſſe ſeiner Macht weichen / gleichwohl wolle er aus Liebe zur gemeinen Ruhe aufhoͤren ein Uberwinder zu ſeyn / und alle ſeine recht - maͤßigen Eroberungen hinfort einſtellen.

Die andere: Daß er alles dasjenige wiederge - ben wolle / was er in dieſem Kriege genom̃en / ohne eintzige Ausnahme oder Ausſchlieſſung.

Die -71Franzoͤſiſche Politic.

Dieſes Erbieten erhebet der Autor gewaltig; weynend / der Koͤnig ſey mehr als zu maͤchtig / alles dieſes / was er durch das Recht der Waffen oder durch den Anſpruch der Geſetze hinweggenommen / zu erhalten / und dem allen ungeachtet / wolle er doch aus Liebe zu ſeiner Unterthanen und Euro - pens Ruhe alles wieder abtreten. Man ſolle aber nur dencken / wie weit dieſer Articul gienge: Er wolte hingeben ein groſſes Theil von Catalonien; Das gantze Hertzogthum Savoyen; die Graff - ſchafft Nice, das Namuriſche / ein Stuͤck von dem Biſchoffthum Luͤttig / Speyer / das Trieri - ſche; ein Theil der Pfaltz ꝛc. ꝛc.

Die dritte: Daß er Straßburg und Luxenburg in eben dem Stande / wie ſie anitzo ſeynd / wie auch das Fort Huͤnningen / Fort Louïs, Mont-Royal und Friburg wolle wiedergeben / nachdem die For - tificationen daran erſtlich raſiret worden.

Da ſagt der Autor, koͤnne man die Guͤtigkeit des Koͤniges nicht genugſam verwundern: er wolle nicht allein denen Alliirten die durch rechtmaͤßigen Krieg abgenommenen Laͤnder und Provintzen wiederge - ben / ſondern auch dasjenige / was ihm lange Zeit vor denſelben aus allen Reguln der Juriſprudenz zugehoͤret habe. Beruffet ſich auf den Muͤnſteri - ſchen Tractat von Anno 1648. worinnen bewilli - get / Elſaß ſolte dem Koͤnige in Franckreich verblei - ben: Nun waͤre ja Straßburg die Haupt-Stadt in Elſaß / und weil ſelbige der Kaͤyſer ihm ſo lange Zeit nicht in Guͤte reſtituiren wollen / habe er ſich endlich deren / wiewohl auf das allerglimpflichſte / als er ſonſten nicht haͤtte Urſache gehabt / bemaͤchti -F | 4get -72Die entmmasketeget. So beruffet er ſich auch ebenmaͤßig auf den Muͤnſteriſchen Tractat / wegen Luxenburg / Huͤnin - gen / Fort Louis, Mont-Rogal und Friburg.

Die 4. Daß der Koͤnig| der Hertzogin von Orleans wegen ihrer auf der Pfaltz habenden Prætenſionen ohne einigen Schaden des Churfuͤrſten von Pfaltz wolle ſatisfaction geben.

Hie zeiget der Autor woher die Hertzogin von Orleans an die Pfaltz zu prætendiren habe; weil ſie nemlich des verſtorbenen Churfuͤrſten Carl Lud - wigs / der ohne maͤnnlichen Erben geſtorben / ſeine Tochter / und alſo gewiſſe Allodial Guͤter von deſ - ſen Nachfolger / dem Herzog von Neuburg / haben ſollen / aber nicht bekommen koͤnnen. Nun offeri - re ſich der Koͤnig / den Schaden auf ſich zu nehmen / und auf ſeine eigene Unkoſten der von Orleans ſa - tisfaction zu geben: Ob denn wohl ein guͤtiger Er - biethen als dieſes ſeyn koͤnte.

Die 5. Daß er gantz Lothringen / ausgenommen Homburg und Saar-Louis / wolle wiedergeben / vor welche Plaͤtze er ein æquivalent offeriret.

Hier will der Autor behaupten / daß Lothringen vor alten Zeiten ein Stuͤck von Franckreich geweſen; und das Carl von Franckreich / weil er ſich mit ſeinem Bruder gezweyet / ſich unter Kaͤyſer Otto Schutz begeben / auch die Inveſtitur von ihm unter den Tit - tul eines Herzogthums erhalten; welches doch nicht wohl angienge / daß ein Fuͤrſt ſeinen Gehorſam an einen ander Lehnherrn transportirete. Anitzo ha - be der Koͤnig noch neuer Recht / indem er es Herzogs Carln / des letzt verſtorbenen Herzogs von Lothringen ſeines Vatern Bruder / weil ſelbiger es ſtets mit denSpa -73Franzoͤſiſche Politic. Spaniern gehalten / und ſich immer wider den Koͤnig aufgelehnet / nehmen muͤſſen: Nun aber dennoch wol - le er / was er durch Recht behalten koͤnnen / denen Succeſſoren des verſtorbenen Herzogs wiederge - ben / obgleich noch auſſer den vorigen Rechten er es habe von Herzog Carln den 10. Februarii 1662. durch einen richtig confirmirten Kauff erhalten / und dieſer Handel den letzten Auguſti 1663. waͤre von neuen ratificiret worden.

Die 6. Was er vor Recht und Prætenſionen an Flandern wegen| der verſtorbenen Koͤnigin / ſeiner Gemahlin / Maria Thereſia / hat / das wolle er alles dem Churfuͤrſten von Baͤyern abtreten / wenn nur der Kaͤyſer an ſeinem Theile ſolches auch thaͤte.

Da will der Autor behaupten / daß Flandern / oder die Spaniſchen Niederlnnde / ein patrimoni - al Gut der Koͤnigin ſeyn / alſo Franckreich an Baͤy - ern ein durch das Erbrecht an ſich gekommenes Land weggeben wolte / um nur die allgemeine Ruhe wie - der zubringen.

Die 7. Daß er Caſal dem Hertzog von Man - tua wolle wieder abtreten / wann gemeldter Herzog ihm das Geld wieder zahlete / ſo ihm deswegen gege - ben worden.

Da erzehlet der Autor, wie Caſal Anno 1687. da der Herzog von Mantua Geld habe noͤthig ge - habt / die Venetianer und andere Glaͤubiger zu be - zahlen / vor zwey Millionen an den Koͤnig von Franckreich ſey verkaufft worden; welche Summa Franckreich wieder verlange / ſo wolle er es dem Hertzog wieder abtreten.

Die 8. Daß um die gute Correſpondentz undF 5Freund74Die entmasketeFreundſchaft mit den Engelaͤndern wieder zu befeſti - gen der Koͤnig von Franckreich heilig verſpraͤch / nie - mahls weder dem Koͤnig Jacob noch ſeinen Erben einigen Succurs zu leiſten; hingegen wuͤrde Enge - land ermeldtem Koͤnig Jacob und ſeinen Erben eine Jaͤhrliche Penſion zahlen / und denen Frantzoſen die Freyheit laſſen / in America / Aſia / und Africa ihre Handlung zu treiben.

Da eyfert nun der Autor gegen die Engelaͤnder / ſie waͤren Rebellen / haͤtten ihren rechtmaͤßigen Koͤ - nig vertrieben / und wuͤrde wohl noch die Zeit kom - men / daß ſie es bereueten: damit aber niemand mey - nen ſolte / als wenn der Koͤnig von Franckreich aus Uberdruß ſeinen Freund den Koͤnig Jacob verließ / ſo verlange Koͤnig Jacob ſelbſt keinen Succurs mehr von ihm / weil er ſeine undanckbaren Unterthanen gleichwol noch deꝛmaſſen liebete / daß er ſich nicht von neuen durch ihr Blut und Leichẽ / welches ſonſtgeſche - hen muͤſte / den Weg zu ſeinem Throne bahnen wolte.

Die 9. Daß alle Edelleute und andere proteſtirende Unterthanen eben die Privilegien wieder genieſſen ſolten / die ſie vor auf hebung des Edicts von Nan - tes genoſſen.

Von dieſer wieder Zuruͤckruffung der gefluͤchteten Proteſtirenden hat er ſchon im Anfange des Briefes viel Weſens gemacht / was das vor ein unerhoͤr - tes Exempel der Koͤniglichen Guͤtigkeit ſey. Hie wiederholet er ſolches / und will die Verſicherung ge - ben / daß der Koͤnig mit aller Gnade und Freundlich - keit die Zuruͤckkehrenden empſangen werde.

Die 10. Daß er mit denen Hollaͤndern die alte Freundſchafft wieder erneuren wolle.

Mehr /75Franzoͤſiſche Politic.

Mehr / ſagt der Autor, koͤnne der Koͤnig denen Hollaͤndern nicht offeriren / denn er haͤtte ihnen nichts / und ſie ihm wiederum nichts abgenom̃en. Jm uͤbrigen bemuͤhete er ſich die Hollaͤnder zu uͤbeꝛſchwa - tzen / daß ſie denen Engelaͤndern nicht trauen ſolten.

Den 11. und 12. Articul nim̃t er endlich zuſam - men / und will behaupten / daß der Durchlauchtigen Republic Venedig am beſten die decidirung we - gen der etwan noch vorkommenden Schwierigkei - ten koͤnne aufgetragen werden. Giebt darauf im Schluß dem von Adel / an den er ſchreibt / die per - miſſion, ſeinen Brief drucken zu laſſen / und wo er was dagegen einzuwenden / ſolches in der Antwort zu melden; im uͤbrigen wuͤnſchet er mit eheſten ſelbi - gen als ſeinen alten Freund wiederum in Franck - reich zu ſehen.

Der Extract der Antwort / ſo der von Adel / welcher aus Franckreich geflüchtet / an den Frantzoͤſiſchen Geiſtlichen zuruͤck ſchreibet / beſtehet in folgenden.

ER habe mit groͤſter Attention die Friedens - Propoſitiones, ſo Franckreich denen hohen Alliirten thaͤte / durchgeleſen / befaͤnde aber daß dieſelben das groͤßte Intereſſe haͤtten / ſolche zu verwerffen; und wundere er ſich / daß der geiſtliche Herr / als ſonſt ein verſtaͤndiger Mann / ſich das fal - ſche Auſſenwerck dieſer ſchluͤpfrichten Offerten zu ei - nem ſo großen Panegyrico haͤtte verfuͤhrẽ laſſen; uñ wolte ſo gar ſehr die Guͤte / die Gerechtigkeit / die mo - deration eines Koͤniges loben / der Zeit ſeines gan - tzen Lebens keine andere Beſchaͤfftigung gehabt / als andern das ihrige zu rauben. Welches zu behaupten er dem Kaͤyſer / dem Koͤnig in Spanien / Hertzog vonSa -76Die entmasketeSavoyen / Churfuͤrſten von Pfaltz / den Printz von Luͤttich / Koͤnig von Schweden / Hertzog von Lothrin - gen / Printz von Monbeliard / die freyen Staͤdte in Elſas / und ſeine eigenen Unterthanen anfuͤhret.

Was das haͤlffe / wenn er etwan zwey oder drey Privat-Perſonen Recht ertheilete / oder gegen ſel - bige ſein Wort hielte / und dann hundert tauſend zu gleicher Zeit um das ihrige braͤchte. So ſolle auch der Geiſtliche ja nicht ſeinen Koͤnige daher ruͤhmen / daß er ſo exact waͤre / ſein Wort unver - bruͤchlich zu halten / ſondern lieber davon ſtille ſchwei - gen: die heiligſten Friedens-und andere Tractaten ſehe er nicht anders als interims an / und als media indirecta, um dadurch zu letzt zu ſeinen Entzweck zu gelangen. Ob er nicht ſchon die Pireneiſchen Tractaten ſo wohl als alle die Eydſchwuͤre / die er in renuncirung alles Anſpruchs auf des Koͤniges von Spanien Staate gethan / gebrochen haͤtte; ob er nicht mit dem Achiſchen und Nimegiſchen Friedensſchluſſe eben auch wider Treu und Glau - ben gehandelt; ob er nicht die von ſeinen Vor - fahren auf das heilichſte beſchworne Edicte vor eitel Bagatellen hielte / die ihn zu gar nichts ver - pflichteten; Und ob er nicht ſelbſt das von ſei - nem Großvater gegebene / und mit hohem Eyde be - kraͤfftigte / von ſeinem Vater aber / und auch ihm darauf von neuen beſchworene Edict von Nantes, da er die Hand auf das Evangelium geleget / und den hoͤchſten GOtt zum Zeugen angeruffen / wie - der gebrochen und zernichtet; Ob er nicht in der letzten Declaration ohne einige Scham und Scheu geſtanden / wann er ſchwuͤre / ſo haͤtte eralle -77Franzoͤſiſche Politicallezeit das Abſehen / nichts zu halten. Ob das nicht vor einen aller Chriſtlichſten Fuͤrſten ein ſchoͤ - ner Vorſatz waͤre.

Nach vielen andern dazugeſetzten Exempeln / wie wenig der Koͤnig von Franckreich ſein Wort halte / gehet der von Adel zu examinirung der Friedens - Propoſitionen; ſetzet aber vorher: er glaube mit allen nicht / daß der Koͤnig ſolche Propoſitiones an einen Potentaten in Europa durch ſeine Mi - niſter habe præſentiren laſſen: Sondern ſie waͤ - ren nur ſonſt aus Franckreich hin und wieder an Privat-Perſonen geſendet / um dabey die Mey - nung des Volcks und groſſer Herren ſelbſt zu ent - decken / und den Saamen der Uneinigkit unter die Alliirten zu ſtreuen: So duͤrffte auch der Geiſtli - che nicht ſo heimlich mit thun / und ſie ſub fide ar - cani commnniciren; man haͤtte zu gleicher Zeit / in Schweden / in Daͤnnemarck / in der Schweitz / in Rom / und in Paris ſie ausgebreitet: Nur daß man in Rom den Articul von Wiederberuffung der Reformirten habe ausgelaſſen; weil es ſich nicht ſchicken wollen / in der Reſidentz des Pabſts ſolchen hinzu zu fuͤgen.

  • 1. Der Koͤnig von Franckreich verſpricht / daß er fortan und Zeit ſeiner Regierung nichts wider eine Stadt oder Provinz wolle vornehmen / um ſie unter ſeinen Gehorſam zu bringen.
  • Der von Adel ſaget: Dieſer Articul waͤre von gantz keiner Wichtigkeit; der Koͤnig verſpraͤch / kei - ne Conquêten mehr zu machen; denn er ſaͤhe / daß die Alliirten in dem Stande waͤren ihm ſolches zuver -78Die entmasketeverbieten. Und wenn er auch gleich die Macht haͤtte / ferner andern das ihrige zu rauben / und er nun ver - ſpraͤch / ſolches nicht mehr zu thun; wer denn ſeines Verſprechens Buͤrge werden wolte / daß er es hal - ten wuͤrde: Seine Eyd-Schwuͤre und koͤnigliches Wort goͤlten in der Welt nichts mehr / weil er es all - zu vielmahl gebrochen: Er haͤtte dem Pabſt und dem Kaͤyſer es ſolenn genug zugeſaget / daß / ſo lang er mit den Tuͤrcken Krieg fuͤhrete / er nichts wider ihn vornehmen wolte / und gleichwohl habe er es nicht gehalten / ſondern waͤre unter dem Prætext der Hertzogin von Orleans zu dem ihrigen zu helffen / in die Pfaltz gefallen / und binnen ſechs Wochen vor ei - ne Prætenſion von viertzig biß funffzig tauſend Tha - ler fuͤnff und zwantzig Staͤdte verheeret / und durch Feuer und Schwerdt eine unglaubliche Menge Volcks aufgerieben / oder ins Elend verjaget: der Kaͤyſer habe ihm durch ſeinen Ambaſſadeur genug - ſam ſeiner Parole erinnern laſſen; das Intereſſe der gantzen Chriſtenheit vorgeſtellei; den eingegangenen Stillſtand angefuͤhret; nichts habe geholffen: er ſey immer haͤrter in ſeiner Wuth fortgefahren. Wie er nun ſonſt ſein Wort gehalten / alſo koͤnne man auch / und nicht beſſer / kuͤnfftig davon Hoffnung machen. Sonſten wiſſe man wohl / daß er itzo als gantz abge - mattet / nach Frieden lechtze / nur wolle er gerne der Schande uͤberhoben ſeyn / daß er ihn auf eine demuͤ - thige Art von denen Alliirten erbitten ſolte / darum ſchrieb er noch ſo vor / und wolle das Anſehen haben / als wenn allein von ihm gantz Europa die Wohl - that des Friedens zu gewarten haͤtte.
Wenn79Franzoͤſiſche Politic.
  • Wenn mit Franckreich ſolle ein rechter Friede ge - troffen werden / ſo muͤſſe ſolcher
  • (1. abſolut auf den Pyreneiſchen Frieden-Schluß gegruͤndet ſeyn / daß / was nach demſelben / unter was vor einem Prætext es auch geſchehen / von Franckreich hinweg bekommen worden / alles muͤſſe wieder hergegeben werden.
  • (2. So muͤſten die Reformirten wieder in Franck - reich wieder rêtabliret / und ihnen Staͤdte zu ih - rer Sicherheit eingeraͤumet werden.
  • (3. Daß man muͤſſe die Staͤnde des Reichs durch ihre Deputirten und Plenipotentiarios die Tractaten mit befeſtigen laſſen; denn ſonſt kaͤ - men die Franzoͤſiſchen Koͤnige allezeit mit ihrer Chimæriſchen Minderjaͤhrigkeit und mit ihrem Fundamental-Geſetz aufgezogen / ſo ihnen nicht zulieſſe / einiges Theil des Reichs zu alieniren / und zoͤhen ein Land nach dem andern von denen benachbarten an ſich / wenn ſie wolten.
  • II. Daß er alles dasjenige wiedergeben wolle / was er in dieſem Kriege genommen / ohne einige Ausnah - me oder Ausſchlieſſung.
  • Uber dieſen Articul / ſagt der Autor, habe ſein Freund keine ſo treffliche Lobes-Erhebung ſeines Koͤniges noͤthig. Wann einer einem mit Unrecht was weggenommen / und wuͤrde hernach durch die Gerechtigkeit genoͤthiget / es wieder zu geben / der - ſelbe habe ſich nicht groß um einen verdient gemacht / und waͤre man ihm gleich wenigern Danck ſchuldig / als dem der rechtmaͤßige Schulden bezahlete.
  • III. Daß er Straßburg und Luxenburg in eben dem Stande / wie ſie anitzo ſeynd / wie auch das FortHuͤn -80Die entmasketeHuͤnningen / Mont Royal, und Friburg wolle wiedergeben / nachdem die Fortificationen daran erſtlich raſiret worden.
  • Hie ſagt der von Adel / es mache ſein Freund ein ſchlechtes allegatum aus dem Muͤnſteriſchen Frie - dens-Schluß / zu Behauptung ſeines Satzes / daß Straßburg dem Koͤnige von Franckreich zugehoͤre / weil es (deſſen Meynung nach) die Haupt-Stadt im Elſas waͤre: die Land-Graffſchafft Elſas aber in ſelbigem Friedens Schluſſe Franckreich waͤre zu - erkannt worden: Wirfft aber ſolche Theſin mit der Diſtinction unter der Provintz Elſas und der Land-Graffſchafft Elſas uͤber den Hauffen: Straß - burg waͤre in der Provintz Elſaß; da nun dem Koͤ - nige bloß die Land-Graffſchafft waͤre abgetreten worden / wie denn eine Stadt in der Provintz laͤge / ihm zugehoͤren koͤnne? Zudem waͤre der Koͤnig von Spanien der Verkaͤuffer ſolcher Land-Graffſchafft Elſas / Franckreich aber der Kaͤuffer: Nun habe niemahls der Koͤnig von Spanien einige Herꝛſchafft gehabt noch je zu haben prætendiret uͤber die Stadt Straßburg; wie denn Franckreich dieſe Land - Graffſchafft Elſas wolte auf andere Weiſe mit Recht unter eben ſelbigem Titul und Dependen - zien / als vormahls Spanien / beſitzen. Drittens / ſo habe Franckreich dieſe Stadt jedesmahl vor eine freye Stadt gehalten / mit ihr tradiret / ſeine Reſi - denten daſelbſt gehabt / und niemahls einige An - forderung auf ſelbige gemacht / als da Anno 1682. die Zeit und Gelegenheit ihm beqvem ſchiene / ſeine Prætenſionen guͤltig zu machen.
So81Franzoͤſiſche Politic.
  • So viel von Straßburg; hienechſt erweiſet ihm auch der von Adel weitlaͤufftig / mit was vor Unrecht der Koͤnig von Franckreich ſich die Graffſchafft Chini zugeeignet / wie auch Luxenburg und die an - dern Oerter.
  • IV. Daß der Koͤnig der Hertzogin von Orleans wegen ihrer auf die Pfaltz habenden Prætenſionen ohne einigen Schaden des Churfuͤrſten von Pfaltz wolle ſatisfaction geben.
  • Auf dieſen Punct ſaget der von Adel: Er wiſſe wohl / was in den Reichs-Lehen uͤblich; daß nemlich die Toͤchter darinnen nicht ſuccedireten; an ſtatt a - ber der legitimæ haͤtten ſie gewiſſe Guͤter / ſo man allodial-Guͤter nennete: aber bey dem Pfaltziſchen Hauſe ſey von uhr-alten Zeiten her eine particular - Conſtitution / daß die Toͤchter / wenn ſie einmahl gebuͤhrend ausgeſtattet / ſich damit begnuͤgen laſſen muͤſten / und nichts mehr zu hoffen haͤtten. Dieſe Acta waͤre offtmahls genug denen Franzoͤſiſchen Ambaſſadeuren communiciret worden; aber der Koͤnig von Franckreich / der gecne Prætexte bey der Hand behielte / ſich an dem Kaͤyſer zu reiben / habe auch dieſes nicht wollen annehmen. Nun offerire er / die Hertzogin von Orleans zu befriedigen / da ſie etwan funffzig tauſend Thaler Anforderung vor - bringe / und der Koͤnig hingegen dem Churfuͤrſten von Pfaltz uͤber zwantzig Millionen Schaden durch die grauſamſte Verwuͤſtung zugefuͤget. Mit einer ſo ungleichen offerte koͤnne Chur Pfaltz unmoͤglich zu frieden ſeyn.
  • V. Daß er gantz Lothringen wolle wiedergebenJanuar. 1696. Gaus -82Die entmasketeausgenommen Homburg und Saar-Louis, vor welche er ein Æquivalent offeriret.
  • Hier meynet der von Adel / wenn der Koͤnig Loth - ringen haͤtte mit guten Willen ſeinem rechtmaͤßigen Herꝛn wiedergegeben / ſo haͤtte er damit Ruhm ein - geleget / und mehr Anſehen erworben / als da er an - itzo durch die Waffen der Alliirten ohnediß dazu wuͤrde genoͤthiget werden. Er erzehlet darauff die Fineſſen / dadurch Franckreich die Alliirten tren - nen / und mit einem hier mit dem andern dar einen particular Frieden machen wollen / aber es waͤren alle ſeine Verſuchungen vergebens geweſen. Er ha - be auch immer nur auf gewiſſe Wochen ſich bedun - gen / daß er wolle gehalten ſeyn / ſich auf die vorge - ſchlagenen Tractaten einzulaſſen; nach deren Ver - flieſſung wolle er weiter von keinem Frieden hoͤren. Und gleichwohl / wann der geſetzte Termin verfloſ - ſen / habe erimmer neue und noch gelindere Propo - ſitiones offeriren laſſen / woraus man wohl ſaͤhe / wie noͤthig er habe / den Frieden zu erhalten / wenn er nur dißmahl koͤnne mit Reputation davon kommen.
  • Was das Recht anlange / wodurch der Koͤnig ehmals Lothringen an ſich gezogen / ſtuͤnde daſſelbe auf ſehr ſchwachem Grunde. Denn waͤre Hertzog Carl von Lothringen von einer wunderlichen Con - duite geweſen / ſo ſtuͤnde doch dem Koͤnige von Franckreich nicht frey / deswegen einen Souverai - nen Fuͤrſten / als Hertzog Carl und ſeine Nachfol - ger ſind / von Land und Leuten zu jagen: der Kauff Anno 1662. habe drey conſiderable Nullitaͤten /die83Franzoͤſiſche Politic. die ihn unguͤitig macheten: (1. Waͤre er im Ge - faͤngniß geſchloſſen. (2. Waͤre es eine pure Enter - bung Printz Carls / ſeines Brudern Sohns / wel - che ohne rechtmaͤßige Urſache nicht beſtehen koͤnte. (3. Haͤtte Hertzog Carl uͤber etwas diſponiret / ſo ihm nicht zugehoͤret: denn es waͤre Lothringen von der Hertzogin Nicolaa, ſeiner Gemahlin / herge - kommen.
  • VI. Was er vor Recht und Prætenſionen an Flandern / wegen der verſtorbenen Koͤnigin ſeiner Gemahlin Maria Thereſia, hat / das wolle er alles an den Churfuͤrſten von Bayern abtreten / wann nur der Kaͤyſer an ſeinem Theile ſolches auch thaͤte.
  • Dieſe Propoſition / ſaget der Autor, werffe Franckreich nur auf / den Kaͤyſer mit Chur-Bayern zu entzweyen. Allein die Tractaten von Madrid wieſen ſchon / daß kein Koͤnig von Franckreich je - mahls an Spanien oder Flandern prætendiren wolle / alſo koͤnne der Koͤnig nichts nicht weggeben / woran er ſelbſt keine Prætenſion mehr haͤtte.
  • VII. Daß er Caſal dem Hertzog von Mantua wolle wieder abtreten / wann gemeldter Hertzog ihm das Geld wieder zahlete / ſo ihm deswegen gegeben worden.
  • Hie ſaget der Autor, es doͤrffte nur der Koͤnig von Franckreich von den 3. Millionen / die er denen Ertz-Hertzogen von Jnſpruck vermoͤge der Muͤnſte - riſchen Tractaten ſchuldig / zweye abrechnen / und die dritte herausgeben / ſo waͤre er wegen des vor Ca - ſal bezahlten Geldes wieder contentiret.
G 2VIII. 84Die entmaskete
  • VIII. Daß um die gute Cotreſpondentz und Freundſchafft mit den Englaͤndern wieder zu befe - ſtigen der Koͤnig von Franckreich heilig verſpraͤch / niemahls weder den Koͤnig Jacob noch ſeinen Erben einigen Succurs zu leiſten: hingegen wuͤrde Enge - land ermeldtem Koͤnig Jacob und ſeinen Erben eine Jaͤhrliche Penſion zahlen / und denen Franzoſen die Freyheit laſſen / in America / Aſia und Africa ihre Handlung zu treiben.
  • Bey dieſem Punct ſaget der Autor, daß der Koͤ - nig von Franckreich wohl wuͤſte / daß ohnediß nicht ehe zur Friedens-Handlungen geſchritten wuͤrde / als biß er den Koͤnig William vor den rechtmeßigen Koͤnig von Engelland erkennete; daß er aber ver - ſpraͤch / dem Koͤnig Jacob keinen Succurs mehr zu leiſten / ſo waͤre zwar dieſes wider den ſolennen Eyd - ſchwur / den er ihm in der Kirchen mit entbloͤßten Degen und die Hand auf den Altar legend gethan / da er geſaget: Mon frere, ich ſage euch zu und ſchwere euch allhier in GOttes Gegenwart / bey dem Theile / den ich am Paradieſe zu haben hoffe / nicht ehe meinen Degen in die Scheide zu ſtecken / biß ich euch wieder auff den Thron geſetzet; wie er denn auch den bloſſen Degen ſei - nem Allmoſenpfleger in Verwahrung darauf gege - ben; allein der Koͤnig haͤtte wohl ehe einen Eyd - ſchwur gebrochen / und ſaͤhe ohnedem wohl / daß dem Koͤnig Jacob mit ſeinen Succurſe nichts koͤnne ge - holffen werden.
  • IX. Daß alle Edelleute und andere proteſti - rende Unterthanen eben die Privilegien wieder ge -nieſſen85Franzoͤſiſche Politic. nieſſen ſolten / die ſie vor Aufhebung des Edicts von Nantes genoſſen.
  • Der Autor ſaget; in den Worten: vor Aufhe - bung des Edicts von Nantes: ſtaͤcke eine æqui - vocation. Wann man verſtehen ſolte die Jahre gleich nach deſſen erſter publication biß auf Anno 1640. wolten ſie dieſe Propoſition mit Luſt un - terſchreiben. Aber wenn der Koͤnig die Zeit ver - ſtuͤnde / ſo immediate vor deſſen Revocation her - gienge / ſo wolten ſie gegen ſo harte Bedingungen ihre Zuruͤckkehr niemahls erkauffen. Und muͤſte erſtlich der Koͤnig gewiſſe Puncte unterſchreiben / die ſie ihm zu ihrer kuͤnfftigen Ruhe und Sicherheit durch die hohen Alliirten præſentiren wuͤrden: die er dann auch hinzu fuͤget; um Kuͤrtze willen aber der hochgeneigte Leſer auf den Tractat ſelbſt / der hier extrahiret / gewieſen wird. So dann / ſagt der Au - tor, wolle er mit allen Freuden in ſein Vaterland nebſt andern daraus Verjagten zuruͤckkehren / und erweiſen / daß er annoch gegen den / ſo an ihn geſchrie - ben / die vorige Freundſchafft mit angeneh - men Dienſten erweiſen wolle.

Etat preſent des Nations & Egliſes, Grec - que, Armenienne, & Maronite en Turquie Par le Sicur de la Croix à Paris 1695. Des Herrn de la Croix gegegwaͤrtiger Zu - ſtand der Griechiſchen / Armeniſchen und Ma - ronitiſchen Nationen und Kirchen in Türckey. Pa - ris 1695.

G 3Der86Von dem Stande der Griechiſchen

DEr Autor dieſes Traetats / ſo ein Roͤmiſch - Catholiſcher iſt / erzehlet in der Vorrede / durch was vor Maximen man bey den O - rientaliſchen Chriſten den Calviniſinum einzu - fuͤhren getrachtet habe / und wie ſelbiges mißlun - gen / der bereits von ſolcher Lehre eingenommene Griechiſche Patriarche nach Rhodis / und endlich gar an das Euxiniſche Meer verbannet / auch da - ſelbſt erwuͤrget worden: welches alles die Frantzoͤſi - ſchen Miſſionarii befoͤrdert haͤtten / aber auch dar - uͤber in hoͤchſte Lebensgefahr gerathen waͤren / in - dem die Calviniſten ſie bey den Groß-Sultan an - gegeben / daß ſie mit ſeinen Feinden ein heimlich Verſtaͤndniß hielten / der Fluͤchtung der Sclaven favoriſireten / die Tuͤrcken taufeten / und derglei - chen mehr ſich unterfiengen / ſo aber alles durch den Frantzoͤſiſchen Ambaſſadeur waͤre wieder ab - gelehnet und ſie bey dem Groß-Tuͤrcken aus allen Verdacht geſetzet worden. Anbey ſo bittet der Autor den Koͤnig von Franckreich / daß er als der aͤlteſte Sohn der Kirche moͤchte mehr von ſei - nen Geiſtlichen in die Tuͤrckey ſenden / um denen Chriſten in Orient von den Roͤmiſch-Catholi - ſchen Glauben genugſame Information zu ge - ben.

Darauf ſo beſchreibet der Autor den Zuſtand der Griechiſchen Kirchen in ſeinem erſten Buche / und zwar in

Dem 1. Capitul. Von der Sclaverey der Grie - chen / und von nur noch vier uͤbrigen alten Familien / ſo in Conſtantinopel waͤren; Cantacuzene, Paleo -loge,87Kirche in Tuͤrckey. loge, Aſſanii und Rali; welche allein ihres rech - ten Adels ſich noch ruͤhmen koͤnten.

Jn dem 2. Cap. Erzehlet er die neuen Griechi - ſchen Familien / welche / nach dem Mehemet der II. Conſtantinopel erobert / und in alle Laͤnder ge - ſendet / ſelbige unter Verſprechung groſſer Privile - gien dahin zu ziehen / ſich daſelbſt niedergelaſſen haͤtten / an der Zahl achzehn: Juliani, Roſetti, Di - plomatachi, Mauro, Cordati, Criſoſculi, Ulaſti, Cariofili, Ramuiti, Mamenadi, Cu - praghioti, Muſelimi, Succi, Veneli, Ciu - chidi, Contaradii, Mauradii, Ramateni, Francidi und Frangopoli.

Jn dem 3. Cap. Saget er / daß im Anfange der Ottomanniſche Kaͤyſer denen Griechen eine voll - kommene Gewiſſens-Freyheit / und ihren Patriar - chen groſſe Privilegia gegeben; einieder habe auch nicht mehr als neun Drachmas, welche nach unſe - rer Muͤntze ohngefehr einen Thaler machet / Kopf - geld zahlen muͤſſen; welchen Tribut man Carache nennet / und zu itzigen Zeiten ſolcher biß auff vierte - halben Thaler geſtiegen waͤre; ohne was ſie zu Un - terhaltung der Armeen / des Kaͤyſerlichen Pallaſts / der Galleern / der Jagd-Koſten / und andern mehr Zinſen muͤſten.

Das 4. Cap. Handelt von den Privilegien / die einige von den impoſton eximiniren / und die daher Muſelini, die Beſreyeten / genennet werden.

Das 5. Cap. Handelt von dem Zuſtande der Griechiſchen Kirchen|insgemein.

G 4Das88Von dem Stande der Griechiſchen

Das 6. Cap. Handelt von den Glauben der Griechiſchen Kirchen was die Haupt-Articul anlan - get / als / daß ſie ſieben Sacramenta glaͤuben / die Transſubſtantiation, welche ſie〈…〉〈…〉 nen - nen; die Anruffung der Heiligen / und dergleichen mehr / welches ſie in einer oͤffentlichen Verſam - lung / ſo den 20. Januarii 1672. auff Requi - ſition des Koͤniges von Franckreich bekannt ha - ben.

Das 7. Cap. Handelt von denen Griechiſchen Kirchen inſonderheit; als zwantzigen zu Conſtanti - nopel / ſechzen in Galata / einer zu Jeruſalem / ei - ner zu Alexandria / und zwey in der Wallachey und Moldau.

Das 8. Cap. Handelt von der innerlichen Di - ſpoſition und Eintheilung der Griechiſchen Kirchen / welchen ſie nennen〈…〉〈…〉, und〈…〉〈…〉 oder das Sanctuarinm.

Das 9. Cap. Handelt von der Griechen ihrer Art zu beten; ſo ſie verrichten ſiehend / bedeckt / und knien nicht nieder.

Sie gruͤnden dieſen Gebrauch in den Exempel der Engel / die vor GOttes Throne ſtehen / und ſa - gen ſolches Stehen ſey ein Kennzeichen der Erhe - bung des Geiſtes und des Verlangens nach himmli - ſchen Guͤtern.

Das 10. Cap. Handelt von den Feſten der Griechen / ſo ſie in drey Claſſen eintheilen; als unſers HErrn und Heylandes / der Mutter Gottes / und der Heiligen.

Das 11. Cap. Handelt von den Faſten undEnt -89Kirche und Tuͤrckey. Enthaltungen der Griechen / darunter die groͤßte Fa - ſte vor dem Oſterfeſt iſt / welche 48. Tage waͤhret / da ſie weder Fleiſch / Eyer / Fiſche / noch Butter / Kaͤſe / Oel / und Wein / genieſſen / ſondern nur Zugemuͤſe und in Waſſer gebacknes mit ein wenig Saltz.

Das 12. Cap. Handelt von den Ceremonien der Griechen in der Marterwoche.

Das 13. Cap. Beſchreibet die Ceremonien des heiligen Feuers zu Jeruſalem; welches Chriſtus in ſein heilig Grab zum Gedaͤchtniß ſeiner Auferſte - hung geſendet haͤtte.

Das 14. Cap. Handelt von denen Solenni - taͤten des Oſterfeſtes und von der Oſter-Commu - nion.

Das 15. Cap. Saget / auf was vor Art man das Oſterfeſt in der Moldau und Wallachey cele - brire; wo der Fuͤrſt und der Biſchoff in der Kirchen zu gleicher Zeit von ihren Thronen ſtiegen / und beym Altar einander begegneten / wo ſie ſich gruͤſſeten / und indem ſie ſich kuͤſſeten / ein mit Edelſteinen verſetztes Creutz einander gaͤben / ſo ſie in der Hand hielten / mit den Worten: Chriſtos aueſti; hernach ſich wieder an ſeinen Ort begaͤbe.

Das 16. Cap. Von den Sacrament der Tauf - fe / und denen dabey vorgehenden Ceremonien: da der Autor ſagt / daß die Griechen gleichfalls im Na - men Gottes des Vaters / GOttes des Sohns und GOttes des Heil. Geiſtes taufeten. Doch nie ehe als den 8. oder 10. Tag ein Kindlein tauffeten / es waͤre denn die hoͤchſte Noth vorhanden.

Das 17. Cap. Die Firmung hielten die GriechenG 5auch90Von dem Stande der Griechiſchenauch vor ein Sacrament / doch daß es nicht abſolut zur Seeligkeit noͤthig waͤre: ſie ſalbeten aber mit dem heiligen Oele nicht allein die Stirne / ſondern auch die Augen / die Naſe / den Mund / die Ohren / die Bruſt / die Haͤnde und die Fußſohlen.

Das 18. Cap. Handelt von der Beicht / die zum wenigſten viermahl des Jahres von denen Griechen geſchaͤhe; und der Beichtvater das Beichtkind wegen ieder Suͤnde inſonderheit befra - gete.

Das 19. Cap. Handelt von dem Sacrament des heiligen Nachtmahls und von der Griechiſchen litur - gie; daſie denn / wie die Roͤmiſch-Catholiſchen / die Transſubſtantiation glaͤubeten.

Das 20. Cap. Handelt von den Pontiſicial - Biſchhoͤfflichen / und Prieſterlichen Habit und Or - nat der Griechen.

Das 21. Cap. Handelt von der letzten Oelung.

Das 22. Cap. Handelt vom Sacrament des Ordens.

Das 23. Cap. Handelt vom Sacrament des E - heſtandes; wozu nicht alleine derjenigen / ſo einander heyratheten / ſondern auch beyder Eltern / Vormuͤn - der und naͤheſter Anverwanten Conſens erſodert wuͤrde.

Das 24. Cap. Handelt von der Excommuni - cation in der Griechiſchen Kirche.

Das 25. Cap. Von dem Glauben der Griechi - ſchen Kirche wegen derjenigen / die da excommuni - ciret ſtuͤrben; daß nemlich der Teufel in derſelben ih - ren Leib fahre / und ſich deſſen bediene / denen Le - benden viel Ubels anzuthun.

Das91Kirche in Tuͤrckey.

Das 26. Cap. Handelt von der Art / die Ex - communication in der Griechiſchen Kirchen aufzu - heben durch Meſſen und Vigilien.

Das 27. Cap. handelt von dem Kloſter-Leben in der Griechiſchen Kirche; welches ſie ſo hoch hielten / daß ſie es einen vollkommenen Stand nenneten / und demjenigen gleich achteten / ſo die Engel fuͤhreten.

Das 28. Cap. handelt von den Ordensleuten / die die Griechen Cenobiten nennen.

Das 29. Cap. Beſchreibet das Novitiat der Cenobiten.

Das 30. Cap. Handelt von denen Conventen der Ordensleute des heiligen Baſilius.

Das 31. Cap. Handelt von der Hierarchie der Griechiſchen Kirche / wie ſolche in vier Patriarchen / ein und ſiebenzig Metropoliten / neunzehn Ertz - Biſchoͤffen und neun und vierzig Biſchoͤffen be - ſtuͤnde / auch wo ein jedweder von denenſelben ſeinen Sitz habe.

Das 32. Cap. Meldet von denen vier Patriar - chen der Griechiſchen Kirchen / ihreꝛ Autoritaͤt / Juris - diction, und Einkuͤnfften; und wie ſelbige zu Con - ſtantinopel / Antiochia / und Alexandria / und Jeru - ſalem reſidireten.

Das 33. Cap. Von denen Laͤndern der vier Patriarchate.

Das 34. Cap. Von denen Privilegiis, welche Mahomet der II. dem Patriarchen zu Conſtantinopel ertheilet / weil ihm Georgius Scholarius von denen Glaubens-Articuln / ſo die Griechiſche Kirche beken - net / ſo guten Beſcheid gegeben / dahero auch von ihm zum Patriarchat erhoben worden.

Das92Von dem Stande der Armenn〈…〉〈…〉 n

Das 35. Cap. Von denenjenigen / ſo das Er - kauffen in das Patriarchat eingefuͤhret / und von den ſteten Zancken / dazu zu gelangen.

Das 36. Cap. Von der heutigen Art / wie einer zum Patriarchat erhoͤhet wird.

Das 37. Cap. Von denen Bedienten des Pa - triarchens; als den Obereinnehmer ſeiner Revenuͤ - en / den Groß-Meiſter der Capelle / den Groß - Schatzmeiſter / den Groß-Official, den Cantzler / den Referendario, Protonotario und andern mehr.

Das 38. Cap. Von dem Streit / welchen der Groß-Fuͤrſt in Moſcovien mit ſeinen Patriarchen hat.

Von dem Stande der Armeniſchen Nation und Kirche. Das 2. Buch.

DAs 1. Cap. Von Armenien insgemein / ſei - ner Benennung und Geographiſchen Ein - theilung.

Das 2. Cap. Haͤlt eine genauere Beſchreibung Armeniens in ſich.

Das 3. Cap. Hat von der Armenier ihren Sit - ten / und ihren vornehmſten Wohnungen.

Das 4. Cap. Von der Armenier ihrer Religion ins gemein / und wie ſie durch die Apoſteln / S. Bar - tholomæus und S. Judas, zum Chriſtlichen Glau - ben bekehret worden; und wie ſie der Eutichiani - ſchen Ketzerey zugethan / und dazu verfuͤhret waͤren.

Das 5. Cap. Von dem Glauben der ketzeriſchen Armenier.

Das93Nation und Kirche.

Das 6. Cap. Von dem gegenwaͤrtigen Zuſtan - de der Roͤmiſch-Catholiſchen / und der ketzeriſchen Catholiſchen Kirche.

Das 7. Cap. Von denen Ceremonien der ketze - riſchen Armenier / und von dem Habit ihrer Prieſter.

Das 8. Cap. Von dem Opffer der Meſſe der ke - tzeriſchen Armenier.

Das 9. Cap. Handelt von der Hierarchie der Armeniſchen ketzeriſchen Kirche.

Das 10. Cap. Von der Armenier ihren Orden.

Das 11. Cap. Fuͤget endlich den Zwieſpalt und die Streitigkeiten hinzu / welche ihr Patriarch tri - van mit denen andern hat.

Von dem Stande der Maronitiſchen Nation und Kirche. Das 3. Buch.

DAs 1. Cap. beſchreibet den Urſprung der Druſen, von welchen die Marioniten her - ſtammen.

Das 2. Cap. haͤlt die Etymologie der Marioni - ten in ſich; wie ſie von einem heiligen Ordens-Mann Maron genannt / der an einem Bach / von den Ara - bern Hali benahmet / ihren Urſprung des Nahmens haͤtten.

Das 3. Cap. beſchreibet die Macht des Printz Emir-Feccreddin, welches ſo viel als eine Fackel oder Licht des Glaubens in unſerer Sprache heiſſet.

Das 4. Cap. Von dem erſten Kriege / welchen der Tuͤrckiſche Kaͤyſer Achmet mit dem Printz E - mir Feccreddin gefuͤhret / wie ſelbiger ſeinen aͤlteſtenPrintz94Von dem Stande der MaronitiſchenPrintz Ali die Regierung uͤberlaſſen / er aber einen Schatz von viertzig tauſend Pfund Goldes / und ei - ner groſſen Menge Kleinodien zu ſich genommen / und mit ſeinen andern Kindern auch ſiebentzig Be - dienten auf einem Franzoͤſiſchen Schiffe ſich nach Jtalien retiriret.

Das 5. Cap. handelt von der Wiederkunfft Printz Emir-Feccreddin in Syrien / und was er allda vorgenommen.

Das 6. Cap. von denen Zuruͤſtungen der Otto - manniſchen Pforte / als ſie vernommen / daß der Printz Emir-Fecereddin zuruͤckgekommen / und was biß an ſeinen Tod ſich zugetragen.

Das 7. Cap. von dem itzigen Statu der Mario - nitiſchen Nation.

Das 8. Cap. von dem Gebirge Libanon und Anti Libanon.

Das 9. Cap. von denen Cedern des Libanons, und von den Gebirgen Leopars, ſo unweit Tripoli in Syrien lieget / und mit Cypreſſen / auch den treff - lichſten Gewuͤrtz-Baͤumen / bewachſen iſt.

Das 10. Cap. von dem Zuſtande der Maroniti - ſchen Kirche.

Das 11. Cap. von denen Ceremonien / welche die Maroniten bey ihrer Meſſe zu beobachten pflegen.

Das 12. Cap. handelt von den Patriarchen / Bi - ſchoͤffen / Prieſtern / und Ordens-Leuten der Maro - niten; daß der Patriarche von dem Orden des hei - ligen Antonii ſey; auch von dem Pabſte confirmi - ret werde / und ſelbiger ihm das Pallium ſende. Sie - ben Biſchoͤffe waͤren bey den Maroniten: keiner kaͤ -me95Kirche in Tuͤrckey. me zum Predigampt / wenn er nicht das Geluͤbde der Keuſchheit ablegete; und daß die Maroniten ſehr groſſen Reſpect ihren Geiſtlichen erwieſen.

Das 4. Buch. Von dem Leben und der Marter des Nicolai, eines Griechen / welcher um des Glaubens Chriſti wegen zu Con - ſtantinopel gemartert worden.

DAs 1. Cap. Von der Ankunfft / Neigung und Auferziehung Nicolai, wie er Anno 1656. zu Neocorio an dem Berg Olym - pus in Theſſalien gebohren worden / in der Chriſt - lichen Religion erzogen / ein herꝛliches Ingenium gehabt / ſich bey denen Geiſtlichen beliebt gemacht / und in ein Kloſter gekommen / endlich begierig ge - weſen / eine Reiſe nach Conſtantinopel zu thun.

Das 2. Cap. Die Reiſe des Nicolaus nach Conſtantinopel / und das auſſerordentliche Mittel / wodurch die goͤttliche Verſehung ihn zur Marter - Crone fuͤhret.

Das 3. Cap. Die Liſt eines alten Tuͤrckiſchen Kauffmanns / den guten Nicolaum zu einen Maho - metaner zu machen; der aber den Mahomet einen Luͤgen-Propheten ſchilt.

Das 4. Cap. Die Tuͤrcken beſchuldigen Nico - laum, daß er den Mahometiſchen Glauben ange - nommen / der ſich aber auf die an ihn gethanen Fra - gen tapffer vertheidiget.

Das 5. Cap. Wie man Nicolaum mit Gewalt zur Beſchneidung noͤthiget / er wider die Mahome - tiſche Lehre proteſtiret / und bey dem Chriſtlichen Glauben zu leben und zu ſterben verſpricht.

Das96Von dem Leben und Marter des Nicolai.

Das 6. Cap. Von der andern Anklage des Ni - colai, daß er wieder zum Ehriſtenthume gefallen / und von den grculichen Martern / ſo ihm die Tuͤrcken angethan.

Das 7. Cap. Nicolai Erſcheinung vor dem Stambol Efendi, dem weltlichen Richter / welcher eine neue grauſame Marter ihn zu foltern ausſinnet; durch die er ſo wenig / als durch Verſprechung Ehre und Reichthums von dem Chriſtlichen Glauben ſich laͤſſet abwendig machen.

Das 8. Cap. Wie der Griechiſche Patriarche ihn in dem Gefangniß beſuchet / und heimlich das heilige Nachtmahl reichet / ſo er mit groͤſter Freude und Ehrerbietung empfieng.

Das 9. Cap. Der neue Richter ſuchet Nico - laum zu bereden / den Mahometaniſchen Glauben anzunehmen / aber vergebens: darauff er zum Tode verdammet wird / zu welchen er ſich behertzt ſchicket.

Das 10. Cap. Das andaͤchtige Gebet / worin - nen Nicolaus ſeinem Heyland dancket / daß er ihn wuͤrdiget / um ſeines Nahmens willen den Tod zu leyden: Sein Gebet vor ſeine Feinde / wie er auf den Richt-Platz koͤm̃t / und wie ihm den 27. Sept. im Jahr 1672. der Kopff herunter geſchlagen wird / nachdem ſowohl Chriſten als Tuͤrcken ſich uͤber ſeine heldenmuͤthige Beſtaͤndigkeit in dem Chriſtlichen Glauben hoͤchſtens verwundert haben.

ENDE des Monats Januarii.

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Des Franzoͤiſchen Helicons Monat-Fruͤchte / Oder getreue Uberſetzungen und Auszuͤge allerhand curioͤſer und aus - erleſener Franzoͤiſchen Schrifften / VonStaats - Welt / und Liebes-Haͤndeln / wie auch andern Moraliſchen / Geographiſchen und der - gleichen leſenswuͤrdigen Materien zu vergoͤnter Gemüths-Ergoͤtzung uͤberreichet im Februario 1696. von Talandern. Verlegts Johann Ludwi[g]Gleditſch.

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Les Voyages du Sieur le Maire aux Iles Canaries, Cap-verd, Senegal & Gambie, ſous Monſieur Dancourt, Directeur General de la Compagnie Royale d’Afrique: à Paris 1695. Des Herꝛn le Maire ſeine Reiſen in die Ca - narien Jnſuln / Capoverdo, Senegal und Gambia, wel - che er unter dem Herꝛn Dancourt, General-Directorn der Koͤniglichen Africaniſchen Compagnie / verrichtet. Pariß 1695.

Der Autor dieſer Reiſe-Beſchreibung iſt ein Franzoͤſiſcher Chirurgus, ſo in dem Hoſpi - tal zu Pariß einige Jahr die Krancken curiret; die Tour nach den Canariſchen Jnſuln / wie auch nach Capoverdo, Senegal und Gambia hat er im Jahr 1682. gethan / und alles wohl angemercket / was die Sitten der Voͤlcker / die Religion / die Policey / die Fruchtbarkeit / die ſeltzamen Thiere / und anderes denckwuͤrdiges mehr in den Africaniſchen Laͤndern betrifft; davon wir denn das beſte und rareſte wollen herausnehmen / und dem hochgeneigten Leſer zu ſeiner Vergnuͤgung communiciren.

DEr Autor hebet ſeine Beſchreibung von der Abreiſe aus Pariß an / wie ſie nach Orleans ihren Weg / und von dar auf der Laͤr (oder Loire) nach Nantes genommen; endlich zu Breſt angelanget / und allda zwey Monat biß zu voͤlliger Zuruͤſtung des Schiffs / womit ſie in die Canari - ſchen Jnſuln gehen wollen / verzogen.

Darauf folget die Beſchreibung des Hafens zu Breſt, welchen der Autor als den beqvemeſten / fe - ſteſten und ſchoͤnſten ruͤhmet / ſo man im gantzenFebruar. 1696. H 2Ocea -98Reiſe-BeſchreibungOceano haͤtte. Die groͤſſeſten |Schiffe waͤren da - ſelbſt in Sicherheit / und wider das Toben der Win - de / als in einer Kammer / verwahret: Man koͤnne daſelbſt bey jedwederer ſowohl ſeichter als hoher Fluth herauslauffen / denn die Schiffe daſelbſt al - lezeit Waſſer genug haͤtten. Bey dem Eingange waͤre er enge / und auf jederer Seiten waͤre er mit einer halben Rundung / oder halben Mond / gefaſ - fet / auf der Rechten aber ein ſtarckes Schloß / nach alter Manier gebauet / welches den Eingang de - fendirete: Seine Laͤnge waͤre bey einer halben Meile / und ohngefehr zweyhundert Schritte die Breite: und laͤge zwiſchen zweyen Bergen / ſo ihn bedecket. Alle dieſe Vortheile aber waͤren eine bloſ - ſe Wuͤrckung der guͤtigen Natur.

Nachdem erzehlet der Autor, wie ſie den 12. A - pril Anno 1682. von Breſt ab in die offene See ge - lauffen / und da ſie etwan drey Meilen hinein / das Schiff / den Brenner genannt / zu Ancker ange - troffen / daſſelbige gewoͤhnlicher maſſen unter den Trompeten-Schall mit ſieben Canon-Schuͤſſen ge - gruͤſſet / und dreymahl mit dem Hut in der Hand ge - ſchrien: Vive le Roy, es lebe der Koͤnig. Woge - gen ſolches mit eben ſo viel Schuͤſſen / wider den Gebrauch der Koͤniglichen Schiffe / geantwortet / als die allezeit zweye weniger thaͤten: Dieſes aber dißmahl aus Complaiſance gegen dem Herꝛn In - tendanten geſchehen / der gleich ſich darauf befun - den / und des Herꝛn Dancourts, (als mit dem der Autor gereiſet /) ſein guter Freund geweſen. Darauf dann wieder ihr Schiff mit dreyen Canon-Schuͤſſen ſich bedancket.

Nach99in die Canarien-Jnſuln.

Nach dieſem berichtet der Autor, wie den 26, April ſie die Barbariſchen Kuͤſten und das Koͤnig - reich Marocco liegen ſehen / und nicht mehr als ſechs Meilen davon geweſen. Den 29. April haͤtten ſie die Jnſul l’Ancerotta, eine der ſieben Canarien / er - blicket / ſie aber zehen Meilen Suͤd-Weſt liegen laſſen.

Worauf er meldet / wie ſie den erſten May bey der groſſen Canarien-Jnſul / als die das Haupt un - ter allen ſieben iſt / angelanget; die Stadt Cana - ria werde durch ein altes Schloß defendiret / und laͤge anderthalbe Meile von der Reede des Mee - res: So bald ſie von dem Caſtel ihres Schiffes gewahr worden / haͤtten ſie das Spaniſche Zeichen aufgeſtecket / welches dann ihr Schiff mit fuͤnff Ca - nonen-Schuͤſſen gegruͤſſet.

Die Stadt / faͤhret der Autor fort / ſo in dem Umkreyſe einer Meilen groß / waͤre volckreich / und begrieff uͤber die zwoͤlff tauſend Einwohner / die be - hertzt genug / ſie wider allen Anlauff zu vertheydi - gen. Die Haͤuſer waͤren gut genug gebauet / aber nicht uͤber zwey Geſchoß hoch; und ſaͤhe man den Tag uͤber faſt keinen eintzigen Menſchen auf der Gaſ - ſen gehen.

Ob auch ſchon der Biſchoff / der Gouverneur, und Leute von Qualit aͤt nicht daſelbſt / ſondern in der Jnſul Teneriffa, reſidireten / ſo waͤre doch in der - ſelben Haupt-Stadt der Biſchoͤffliche Sitz / das hohe Gerichte der In quiſition / und der hohe Rath / der als das Parlament von denen ſieben Jnſuln ge - halten wuͤrde; wie man denn auch vier Kloͤſter da - ſelbſten faͤnde.

H 3Man100Reiſe-Beſchreibung

Man hieſſe / beſtaͤtiget der Autor, dieſe Jnſuln nicht ohne Urſache die gluͤckſeligen Jnſuln / weil die geſunde Lufft und die Fruchtbarkeit der Erde alles daſelbſt hervorbraͤchte / was nur zur Erhaltung und Vergnuͤglichkeit des Lebens dienete. Jnſonderheit faͤnde man ſo koͤſtlichen Malvaſier und in ſolchem Uberfluß daſelbſt / daß Franckreich / Spanien / En - gelland und Holland / davon alle Jahr einen groſſen Vorrath uͤberkaͤmen.

Die Heyden haͤtten vormahls dieſe Jnſuln wegen der groſſen Beqvemlichkeit des Lebens / ſo man all - da in allen Stuͤcken faͤnde / vor die Elyſæiſchen Felder gehalten / wohin die frommen Seelen kaͤmen / wann ſie durch den Tod vom Leibe abgeſondert wuͤrden.

Die Erndte haͤtten ſie gemeiniglich im Monat Martio, aufs laͤngſte im April / und an etlichen Oer - tern waͤre ſie jaͤhrlich zweymahl. Die Blumen wuͤchſen allda ohne einige Wartung der Gaͤrtner / und Citronen und Pomerantzen faͤnde man daſelbſt in erſtaunenden Uberfluß.

Canaria magna, Teneriffa und Palma waͤren noch nach der Eroberung der Spanier / ſo Anno 1460 geſchehen / eine Zeit beym Heydenthum geblieben. Lanzarotta aber / Fortaventura, Gomera und le Fer haͤtten zuerſt das Chriſtenthum angenommen / welchen dann die uͤbrigen dreye gefolget waͤren.

Die Spanier haͤtten anfangs eine groſſe Partie der Einwohner als Sclaven in Spanien gefuͤhret / und von ihrer Nation das Land beſetzet: die uͤbrig gelaſſenen haͤtten ſich nach dem Willen ihrer Uber - winder beqvemet / und hielten noch heute zu Tage - ber die maßen viel auf die Frembden.

Mon -101in die Canarien-Jnſuln.

Monſieur Dancourt waͤre von dem Gouver - neur der Jnſul wohl empfangen / und von ihm nebſt dem Franzoͤſiſchen Conſul, Monſieur Rémond, koͤſtlich tractiret worden.

Darauf erzehlet der Autor, wie er in einem Non - nen-Cloſter geweſen / daſelbſt er viele eingebildete Krancken angetroffen. Jhre meiſte Unpaͤßlichkeit waͤre wohl geweſen / daß ſie das Gitter von einer freyen Converſation mit dem Manns-Volcke ab - geſondert: doch habe er auf ihr Erſuchen ihnen al - lerhand Mittel verordnet / wie vor ſolche Patienten gehoͤrete: davor ſie ihm dann mit allerhand Confi - turen / Fruͤchten / Limonade / Malvaſier / und allerley ſchoͤnen Bouqueten beſchencket haͤtten.

Des Autoris Aufbruch nach Teneriffa, der al - lerreicheſten unter den ſieben Canarien-Jnſuln. Beſchreibung eines Berges daſelbſt / Pic genannt / welcher einer von den hoͤchſten der gantzen Welt waͤre / und welchen man bey die viertzig Meilen im Meere koͤnte liegen ſehen: er waͤre ſtets mit Schnee bedeckt / ob es ſchon daſelbſt nie ſchneyete noch froͤre.

Teneriffa hielte man an funfzehn tauſend Ein - wohner ſtarck. Daſelbſt wuͤchſe der vortrefflichſte Malvaſier; und haͤtten die Spanier die erſten Re - ben aus Candia dahin gebracht; da er denn nun beſſer als in Candia ſelbſt gezeuget wuͤrde.

Der groſſe Wunder-Baum / von dem man ſonſt laͤſe / der daſelbſt ſeyn ſolte / unter deſſen Zweige die Einwohner Gefaͤße ſetzeten / und ein ſo haͤuffig Waſ - ſer von ſeinen Blaͤttern ſammlen koͤnten / daß die gantze Jnſul davon genug ſuͤßes Waſſer haͤtte / waͤre ein Mehrlein / und wuͤſte davon niemandH 4in102Reiſe-Beſchreibungin Teneriffa etwas; einige haͤtten geſaget / ſo ja der - gleichen Baum bey ihnen jemahls geweſen / wuͤrde er ſo eine wundergroſſe Menge Waſſers doch denen Einwohnern nie gereichet haben.

Der Autor erzehlet / wie ſie weiter gereiſet / und den Tropicum Cancri paſſiret: auch die Gewon - heit / wie die Schiffleute diejenigen taͤuffeten / ſo noch nicht uͤber dieſen Strich gefahren waͤren; und wie ſie ſich mit einem guten Trinckgelde loͤſen muͤſten.

Darauf folget / wie ſie weiter gereiſet / und an die Wuͤſteneyen von Lybien gekommen / wo nur Loͤwen / Tyger / Baͤren und Leoparden zu finden.

Die / ſo auf Cameelen durchreiſeten / wuͤrden offt mit ſamt den Cameelen vom Sande uͤberdecket und erſticket / und weil keine ordentliche Straſſe blie - be / bedieneten ſich die Reiſenden des Compaſſes / als wie auf dem Meere.

Die Voͤlcker des innern Lybiens haͤtten die Ma - hometiſche Religion / blieben nicht an einem Orte / ſondern ruͤcketen fort / nachdem ſie vor ihr Vieh Weyde faͤnden; Sie haͤtten weder Koͤnig noch O - berherꝛn / als den / der der reicheſte waͤre / dem ſie dann freywillig als ihren Capitain gehorſameten.

Nach dieſem ſetzet der Autor eine Beſchrei - bung des Forts Arguin, wie ſolches an die Hol - laͤnder / und von denen Anno 1672. durch die Waffen an die Franzoſen gekommen / auch ihnen in dem Niemegiſchen Friedens-Schluß gelaſſen worden.

Hierauff ſaget er / wie ſie viel Schildkroͤten da - ſelbſt gefunden / ſo ihnen wohl zu ſtatten gekom -men /103in die Canarien-Jnſuln. men / maßen das Fleiſch als Kalb-Fleiſch zu eſſen waͤre / und gaͤbe es darunter ſo groſſe / daß von einer eintzigen ſich dreyßig Mann ſaͤttigen koͤnten: eine Schale aber derſelbigen waͤre in dem Umfange funf - zehn Schuhe groß.

Wie ſie an den Mund des Fluſſes Senegal ge - kommen / darauf nach Capo-verdo, wo die Gipffel der Berge das gantze Jahr durch gruͤnend blieben. Und waͤren daſelbſt ein paar runde Gebirge / die man die Bruͤſte nennete:

Nach dieſem waͤren ſie nach Gorea kommen / haͤtten mit ſieben Canonen die Feſtung gegruͤſſet / und die aus dem Caſtel haͤtten mit ſo viel Schuͤſſen ihnen geantwortet / darunter die erſte Canone / dem Herꝛn Dancourt zu Ehren waͤre ſcharff gela - den geweſen.

Jn dieſer Jnſul Gorea habe der Herꝛ Dancourt nach aufgewieſenen Brieffen von der Compagnie als Director Posſeſſion genommen; und waͤre die gantze Jnſul mit Felſen umgeben; zum erſten aber ſey ſie durch die Portugieſen entdecket wor - den.

Wie Monſteur Dancourt das Land durchreiſet von Senegal biß an Gambie, welches die zweyen Munde des Fluſſes Niger waͤren / und wie er die Freundſchafft der Koͤnige der Negros geſuchet / der Autor aber ihn uͤberall begleitet.

Auf der Reiſe habe es ſchlecht zu eſſen gege - ben; die Haͤuſer der Negros waͤren ſo wohl als ih - rer Koͤnige ihre von Stroh gebauet / und unten her - um von Palmen; aber keine Fenſter / ſondern nur Loͤcher darinnen. Der Boden des Hauſes waͤre mitH 5Sande104Reiſe-BeſchreibungSande bedecket / welcher einen biß an die halben Schenckel gienge. Der Eingang waͤre ſo klein / daß man offt wie eine Schlange hinein kriechen muͤ - ſte; und ihre Betten waͤren in einander gefuͤgte Knuͤttel / darauff man ſich bald die Rippen zer - braͤche.

Sie waͤren unter andern in ein Dorff gekommen / Bieüre genannt / woſelbſt die Gewonheit / daß die Maͤnner nicht das geringſte arbeiten / ſondern allein die Weiber / welche handelten und wandelten / und unter dem Vorwand Wahren zu vertreiben ſich mit den Franzoͤſiſchen Boots-Leuten ziemlich luſtig ge - macht haͤtten.

Darauff haͤtten ſie ihren Lauff nach der Jnſul Sanet Ludwig genommen / allwo die Franzoͤſiſche Compagnie ihre Magazinen / ihren Commen - danten und Commis habe. Daſelbſt haͤtten ihnen die Negros Haͤute / Helffenbein / Sclaven und Ambra gebracht / wovor ſie Baumwolle / Tuch / Zinn / Eiſen / Brantewein und Glaß gegeben: der Profit / den man davon habe / ſey achthundert vor hundert: die Wahren fuͤhrete man in Franckreich / und die Sclaven in America in die Franzoͤſiſchen Jnſuln / um daſelbſt in Zucker zu arbeiten: und koͤn - ne man vor fuͤnff Maß Brantewein den beſten Selaven bekommen.

Der Fluß Senegal ſey ein Arm des Nigers, der ſich durch das gantze Koͤnigreich Cantorſi ausbrei - te: die Negros lebten unter Koͤnigen / deren Scla - ven ſie waͤren. Das Arabiſche Gummi bekaͤmen die Franzoſen von denen Mauren / welches ſie in den inneren Lybien ſammleten. Sie kaͤmen ſplit -ter -105in die Canarien-Jnſuln. ter-nackend auf ihren Cameelen / Pferden und Och - ſen / nehreten ſich von Milch und Gummi, das ſie in der Milch zerflieſſen lieſſen. Jhr Vieh ſchlach - teten ſie ſelten / als wann es kranck oder zu alt waͤ - re. Waͤren ſonſt die treuloſeſten und betrieglichſten Voͤlcker von der Welt / und ſehr uͤbel mit ihnen zu handeln / auch wenn alles gekauffet / ſo ſchmehle - ten ſie denen / ſo mit ihnen negotiirten / die Haut tapffer voll.

Der Koͤnig von Senegal ſoͤff uͤber die maſſen gerne Brandtewein; wann nun / was er haͤtte / bald ausgeleeret / gaͤbe er den Schluͤſſel zum Fla - ſchen-Futter einem ſeiner Favoriten / ſchickete ſel - bigen bey die dreyßig Meilen fort / etwan einen von ſeinen Weibern einige Bagatellen zu ſagen / daß waͤhrender Zeit | er den Schluͤſſel zum Brandte - wein nicht habe / er den uͤbrigen Reſt ſparen koͤnne.

Die Unterthanen waͤren ſo arg / daß der Vat - ter den Sohn / der Sohn den Vatter und die Mutter als Sclaven verkauffe / wo ſie je Gele - genheit faͤnden. Und wenn gleich der Vatter her - nach ſagete: das waͤre ſein Sohn / der ihn ver - kauffe / laͤugne es der Sohn / und gieng mit dem Gelde davon / und ließ immer dem Vatter die Ei - ſen anlegen.

Der Autor erzehlet darauff die jaͤhrliche Uber - ſchwemmung des Fluſſes Nigers, der an ihn graͤn - tzenden Landſchafften / und ſaget darnach / wie ſie weiter nach Gambie gereiſet / und bey dem Fluß Senegal dreyerley Voͤlcker wohneten / die Ge - loffen, die Sererer und die Barbecinen. DerKoͤnig106Reiſe-BeſchreibungKoͤnig der Geloffen, ſo Amel hieſſe / waͤre der maͤch - tigſte / und regierte ſouverain. Der Serener ih - rer nennete ſich Juin, von der Barbeciner ihren habe er den Nahmen nicht erfahren koͤnnen. Jn allen dieſen Laͤndern aber waͤre die Hitze im Monat Januario ſtaͤrcker / als bey uns in Hundstagen: Jm September haͤtten ſie ihre Erndte / da ſie in 3. Monaten pfluͤgeten / ſaeten und einernedten. Sie pfluͤgten mit den Haͤnden / haͤtten die Pfeiffe ſtets im Maule / und wenn ſie eine Stunde gearbeitet / ſo ſchwatzten ſie zweye. Denn ſie der Arbeit ſo feind / daß ſie lieber Wurtzeln nageten / als das ſonſt ſo fruchtbare Land zu ihrer Nahrung genugſam bau - eten.

Nach dieſem meldet der Autor von Palmen - Weine / den ſie durch Einſchneidung in die Palmen - Baͤume heraus zapffeten / welcher den erſten Tag ſehr lieblich zu trincken waͤre: Ein Baum gaͤbe et - wan anderthalb Maß auf einmahl. Stuͤnde er - ber einen Tag / ſo waͤre er ſauer / und machete ſehr truncken. Eben dieſer Baum truͤge kleine Cocos - Fruͤchte / daraus man ein Oel / ſo wie Veilchen roͤ - che / an Farbe wie Saffran / und am Geſchmack wie Oliven / preſſete.

Man faͤnde in ſelbigen Laͤndern eine groſſe Men - ge von Elephanten / Loͤwen / Tygern / Leopar - den / Baͤren / Woͤlffen / Tyger-Katzen / Fuͤchſen und andern / deren Nahmen der Autor nicht zu nen - nen weiß.

Die Elephanten blieben des Nachts offt in Doͤr - fern / denn ſie Liebhaber der Menſchen waͤren / riſ - ſen aber offt der Negros Haͤuſer um / und ſpieletenda -107in die Canarien-Jnſuln. damit / als wie mit Nußſchalen; Die Loͤwen / wenn ſie jung waͤren / lieſſen ſich ſo leicht zahm ma - chen / daß man in ſelbigen Laͤndern welche haͤtte / mit denen man als mit Hunden ſpielen koͤnte. Mit Af - fen waͤre das gantze Land angefuͤllet; und hielten die Negros davor / ſie koͤnten reden / wenn ſie nur wolten / thaͤten es aber nicht / damit ſie nicht arbei - ten duͤrfften.

Darauf erzehlet der Autor von allerhand Gat - tungen rarer Voͤgel / welche ſo groß als Schwa - nen waͤren / aber ſonſt in Europa unbekannt / wie auch von Rebhuͤnern / Papageyen / und von einer kleinen Art / welche ihr Neſt an die ſchwaͤcheſten Palmen-Zweige baueten / damit ſie vor den Schlan - gen ſicher waͤren.

Hernach beſchreibet er ein Meer-Monſtrum, genannt Requiem, ſo die Geſtalt eines See-Hun - des haͤtte / aber wohl 4. biß 8. Schuh lang waͤre / welches die Menſchen fraͤß / und muͤße man ſich vor ſelbigen ſehr in acht nehmen.

So dann koͤm̃t er auf die Wallfiſche / die offt ſo groß als ein gantzes Schiff / und auf einen ihnen an Groͤſſe faſt gleichen Fiſch / Souffleur oder der Blaſer genannt / weil er das Waſſer uͤber die maſ - ſen ſtarck von ſich blieſſe.

Er meldet auch von einem andern Fiſch / Spon - ton Nahmens / welcher ein groſſes Horn haͤt - te / damit er koͤnne das feſteſte Schiff durch - bohren.

Darauf erzehlet er von den Crocodillen in Gam - bia, die daſelbſt wohl dreyßig Schuh lang / ihr Fellwaͤre108Reiſe-Beſchreibungwaͤre ſo hart / daß kein Pfeil durchdraͤnge / und ſie koͤnten eine Ziege auf einmahl verſchlingen: auf dem Lande koͤnte man ſie toͤdten / wo ſie ihre Eyer hinle - geten / und in Sand ſcharreten / wann ſie nun aus - gebruͤtet / begaͤben ſie ſich wieder in Fluß oder in die Hoͤltzer.

Das Meer-Pferd waͤre ſo groß als ein Eſel / le - bete ſowohl auf der Erde als im Waſſer / und thaͤt den Fruͤchten groſſen Schaden; doch den Menſchen leichtlich nichts.

Die Negros mauſeten von Natur und beſtaͤhlen alle Leute / wo ſie aber ertappet wuͤrden / muͤſten ſie derjenigen ihre Sclaven werden / die ſie beſtohlen haͤtten. Sonſten waͤren ſie groſſe Freunde der Trunckenheit / und meiſt voll von Brandteweine. Und ob ſie ſchon gantz dum̃ / und nicht die geringſte Qualitaͤt an ſich haͤtten / ſo lieſſen ſie ſich doch uͤber die maßen gerne loben / welches ihre Muſicanten / ſo man Guiriotz nennete / verrichten muͤſten. Dieſen gaͤben ſie alles vor ſolche Schmeicheley / ſo ſie aber nichts haͤtten / ſchmehleten ſie ſo ſehr ſtatt der Vergeltung auf ſelbige / als jene ſie ge - lobet.

Darauff beſchreibet der Autor die Kleidung der vornehmen Mohren / und wie ſie ihr kurtzes ſchwar - tzes Haar mit Corallen / Perlen / Gold und Sil - ber ausbutzeten. Die Jungen und Maͤgdlein lief - fen biß ins zwoͤlffte Jahr gantz nackend.

Die Koͤnige haͤtten bey die dreyßig Weiber / un - ter denen die Eyferſucht gantz unbekannt waͤre: doch liebete er eine unter ihnen jedesmahl vor denen an - dern allen.

Jhre109in die Canarien-Jnſuln.

Jhre Religion haͤtte viel von der Mahometani - ſchen in ſich / doch gaͤb es auch ein groſſes Theil des Poͤbels / die nur des Morgens die Sonne an - beteten. Jm uͤbrigen glaubeten ſie die Prædeſtina - tion.

Wenn ſie beteten / lieſſen ſie ſich im Gebet nichts ſtoͤhren / und wenn auch ihr Hauß brennte. Sie naͤhmen ſo viel Weiber / als ſie ernehren koͤnten / und waͤre der Brautſchatz gemeiniglich zwey / drey / biß vier Ochſen. Wenn der Vater haͤtte ja geſagt / ſo ſchlieffen ſie ohne einige weitere Ceremonien beyſammen.

Mit denen Toden macheten ſie viel Weſens: Sie frageten ſie allerhand: Ob er mit ihnen zuͤr - nete? Ob es ihm nicht anſtuͤnde / bey ihnen laͤn - ger zu bleiben? Ob er nicht reich genug waͤ - re? Ob ſeine Weiber nicht ſchoͤn genug waͤren? und dergleichen Haͤndel mehr; und wenn der Tode ihnen nicht antwortete / kaͤmen andere / die auch ſolche Fragen anbraͤchten.

Wie nun die Anverwandten ſehr uͤber deſſen Ab - gang weineten / alſo verkauffeten ſie ihre Ochſen / und naͤhmen Brantewein davor / um ſich damit zu troͤ - ſten.

Wann der Tode begraben wuͤrde / heulete man wieder / und brienge hernach ſeinen Bogen / Koͤcher und Pfeile uͤber das Grab / ſetzete ihm auch einen Topf mit Speiſe / und einen mit Waſſer auff das Grab / welches ſeine Proviſion auf ein Jahr ſeyn ſolte.

Wenn die Weiber etwas arbeiteten oder ſtam -Februarius 1696. Jpeten /110Reiſe-Beſchreibungpeten / haͤtten ſie allezeit ihre| Kinder auf den Ruͤcken gebunden / und weil die Kinder bey der ſteten Bewe - gung der Mutter ſich ſiets an ihre Naſen ſtieſſen / haͤlt der Autor davor / daß daher die Mohren ſo auf - geworffene Naſen haͤtten.

Die Mohren liebeten die ſchoͤnen Augen / den kleinen Mund / ſchoͤne Lippen / und eine wohlgebilde - te Naſe eben ſo wohl / als wir Europæer: und gaͤbe es Morinnen / die / ausgenommen daß ſie ſchwartz / eben ſo ſchoͤne / als unſere Damen waͤren. Sie lieſ - ſen aber gerne die Chriſten ihre Liebe genieſſen / und die Maͤnner hielten es ſich ſelbſt vor eine Ehre / daß ein Weiſſer bey ihrer Frauen ſchliefe. Hingegen / wo ein Mohr dem andern ins Gehege gienge / wuͤr - den ſie nicht ruhen / biß ſie denſelben ermordet haͤtten.

Die Regierung daſelbſt waͤre Monarchiſch / und erblich / doch dem Koͤnige Succediren nicht ſeine Kinder / ſondern ſeiner Schweſter Soͤhne / aus dem Fundament / daß es nicht gewiß / daß des Koͤniges Kinder allezeit die Seinigen waͤren / indem eine Ge - mahlin koͤnte untreu geweſen ſeyn; da hingegen es unwiderſprechlich / daß ſeiner Schweſter Kinder nothwendig von ihr / und alſo von Koͤniglichen Ge - bluͤthe waͤren.

Der Koͤnig gaͤbe ſelten einigen ſeiner Bedienten Audientz / und wann es geſchaͤhe / was vor Ceremo - nien dabey in acht genommen wuͤrden / und wie der Koͤnig mit der groͤßten Gravitaͤt und mit ſehr wenig Worten antwortete; ſo daß kein Fuͤrſt in der Welt mehr Reſpect, als der Mohren Koͤnig / haͤtte.

Wenn111in die Canarien-Jnſuln.

Wenn Europæer Audientz naͤhmen / ſo gaͤb ih - nen der Koͤnig die Hand / ſaͤſſe auf einem Bette mit rothen Leder bekleidet / und haͤtte die Tabackspfeife im Munde / lieſſe darauf die Europæer bey ſich niederſetzen / und fragte gantz freundlich / was ſie gutes braͤchten.

Nach dieſen beſchreibet der Autor die Aem̃ter / ſo die Koͤniglichen hohen Miniſter haben; wie auch die Krieges Officirer nebſt ihren Waffen und Arten zu ſtreiten: und wie man den Frieden endlich bey den Alcoran und Mahomet beſchwere / womit er dann ſeine Relation ſchlieſ - ſet.

HISTOIRE des Revolutions de Suede, Ou l’on voit les changemens, qui ſont ar - rivés dans ce Royaume au fujet de la Religion & du Gouvernement; Tome premier, à Paris 1695 Hiſtoria von den Revolutionen des Schwedi - ſchen Reichs / worinnen man viele Veraͤnderun - gen findet / welche ſo wohl in der Religion als dem Regi - mente ſich in dieſem Koͤnigreiche zu getragen: Erſter Theil. Paris 1695.

DEr Autor hebt ſeine Hiſtorie von 1350. und alſo dem Mittel des vier zehnden Seculi an / meldend / daß um ſelbige Zeit Schweden an - noch ein Wahl-Koͤnigreich geweſen: die Gewalt aber des Koͤniges dermaſſen eingeſchrencket / daß er weder Krieglanfangen noch Frieden ſchlieſſen / viel - weniger Volck werben / oder Schatzungen anlegen koͤnnen / wo nicht die Staͤnde vorher darein conſen - tiret. Ja er habe nicht einmahl vor ſich duͤrffen Ve -J 2ſtungen112Von den Veraͤnderungenſtungen aufbauen laſſen / auch keinen als gebohrne Schweden zu Commendanten der alten Veſtun - gen beſtellen / und wo er einige fremde Voͤlcker in das Reich eingenommen / wuͤrde er auſſer Zweiffel damit einen allgemeinen Aufſtand erwecket haben.

Die Biſchoͤffe und Cleriſey haͤtten damahls uͤber die maſſen viel gegolten / und mehr Land als der Koͤ - nig ſelbſt gehabt: maſſen ſie aller derer / ſo wegen Verbrechen ihrer Guͤter verluſtig worden / Beſi - tzungen an ſich unter dem Prætext gezogen / daß da - durch ſolche Frevelthaten ausgeſoͤhnet wuͤrden.

Die Nobleſſe haͤtten die Lehn-Guͤter und Char - gen / ſo nur auf Lebens Zeit ihnen gegeben worden / allgemach auf ihre Erben gebracht; die Geiſtlichen gleichfalls die herrlichſten Lehen an ſich zu ziehen ge - wuſt / und gleich darauf ſie vor Kirchen-Guͤter aus - gegeben: alſo daß das Domain des Koͤniges durch der Cleriſey und des Adels Uſurpationen ſo ge - ſchmaͤlert worden / daß er kaum fuͤnffhundert Pferde habe halten koͤnnen; und nicht anders als ihr Feld - marſchall zu Krieges Zeiten; in Frieden aber als der Præſident des Senats reſpectiret worden / maſſen man ihm bloß die Macht gelaſſen / die Staͤnde zu - ſammen zu fodern / die Affairen vorzutragen / und den Schluß des Reichsraths zur execution zu bringen.

Der Senat ſey damahls aus zwoͤlff Herren / da - von die meiſten Gouverneure der Provinzen / oder doch die vornehmſten Miniſtri des Reichs gewe - ſen / beſtanden; und die Schweden haͤtten dieſen Reichs-Rath als den Beſchuͤtzer ihrer Freyheit an - geſehen.

Die Cleriſey und ſonderlich der Ertzbiſchoff vonUpſal113des Schwediſchen Reichs. Upſal nebſt denen andern ſechs Biſchoͤffen haͤtten den groͤßten Reichthum / Anſehen / und die meiſten Guͤter im gantzen Koͤnigreiche gehabt: wenn einer in ihrer Diœces von denen Geiſtlichen ohne Teſta - ment geſtorben / waͤren ſie die naͤheſten Erben gewe - ſen; die Verbrechen waͤren ſehr ſelten mit Todes - Straffe geahndet woꝛden / ſondern mit confiſcirung der Guͤter; dieſe haͤtten ſie auch alle ſich zugeeignet / da ſelbige ſonſt dem Fuͤrſten durch das Recht anheim gefallen waͤren: durch Vermaͤchtniſſe und Schen - ckungen haͤtten ſie gleichfalls ihr Vermoͤgen ſehr vergroͤſſert: und was ſie einmahl an ſich geriſſen / waͤre weder durch Verkauffungen noch andere Alie - nation wieder von ihnen gekommen / weil die Ver - aͤuſerung der geiſtlichen Guͤter unter was auch vor einem Titul ſelbige geſchehen / ihre Geſetze verbo - then haͤtten.

Weil auch dieſe ſchlimmen Gaͤſte bey der Wahl des Koͤniges durch ihre Suffragia viel vermocht / ſo haͤtten ſie bey ſolchen Conjuncturen ſich immer neue Privilegia ausgebeten / ja der Koͤnig noch vor ſeiner Kroͤnung zu einem Eyde genoͤthiget / daß er ſie bey der Poſſeſſion ihrer Rechte und Freyheiten unver - letzet ſchuͤtzen; ihre Guͤter mit ſeinem Domain nie wieder vereinigen / und in ihre Veſtungen keine Be - ſatzung legen wolle: danebenſt haͤtte er ihnen auch eine Verſicherung unterſchreiben muͤſſen / daß er in ſeine eigene Abſetzung vom Throne conſentiren wolle / wenn er ihre Privilegia und ſeinen Eydſchwur vio - lirete.

Der Adel nun habe auch hie und dar feſte Schloͤſſer und Flecken gehabt / und durch dieJ 3Waf -114Von den VeraͤnderungenWaffen gerochen / ſo ihn etwas zu nah geſchehen / al - ſo daß man von der Gerechtigkeit der Geſetze faſt nichts gewuſt / dieweil der Koͤnig keine Gewalt ge - habt / ſie zur Obſervantz zu bringen; ſondern es ha - be da alles durch den Vorzug der Staͤrcke unter de - nen Edlen muͤſſen decidiret werden.

Die Buͤrger zu Stockholm und die Einwohner in andern Seeſtaͤdten haͤtten allein lieber geſehen / daß der Koͤnig mehr Autoritaͤt gehabt / denn ſo wuͤrden die Commercien beſſer floriret haben. Doch ihre Deputirten auf den Diéten haͤtten ſchlecht Gehoͤr bey den andern Staͤnden gefunden / und waͤren in gar geringe Conſideration gekommen.

Das Land-Volck / ſo aus ſeinem Mittel einige auf den Reichstag / ſendeten haͤtte aus blinden Gehor - ſam denen Bewegungen der Edlen / darunter ſie als Unterthanen ſich befaͤnden / gefolget / und waͤre ie - desmahl hartnaͤckig auf der Freyheit und Privile - gien ihrer Provintz / worinnen ſie wohneten / beſtan - den. Ja wenn ihr Gerichts-Herr nur ſie etwas aufgetrieben / haͤtten ſie die Waffen angegriffen / und mit ihm einen innerlichen Aufſtand erreget / da man denn um ſie zu beſaͤnfftigen alle der Koͤniglichen Au - toritaͤt hoͤchſt nachtheilige Mittel anwenden muͤſſen. Auf ſolche Weiſe waͤre das Schwediſche Reich de - nen Seditionen / Pluͤnderungen / Revolten unter - worffen / und das Schickſal ihrer Koͤnige in der Un - terthanen ihren Haͤnden geweſen.

Es erzehlet darauf der Autor wie Anno 1363. Koͤnig Magnus Schmeck in Schweden / ſein Sohn Koͤnig Haqvin in Norwegen / und deſſen Schwieger-Vater Koͤnig Valdemar in Daͤnne -Lmarck115des Schwediſchen Reichs. marck ſich zuſammen vereiniget / und Koͤnig Magnus die Souverainitaͤt in Schweden zu erlangen / und den Reichsrath abzuſchaffen intentioniret gewe - ſen; aber die Schweden ſolches gemercket / die Waffen ergriffen / Koͤnig Magnus aus dem Reiche gejaget / und darauf Anno 1365. Printz Albert / des Hertzogs von Mecklenburg Sohn / zu ihren Koͤnige erwehlet.

Dieſer Albertus habe ſich ebenfalls nach einer abſoluten Herrſchafft geſehnet; dahero unterſchied - liche Printzen ſeines Hauſes an ſeinen Hof genom - men / wie auch viel teutſche Herren und Officirer / unter verſchiednen Vorwand / zu hohen Aem̃tern er - hoben / fremde Trouppen angenommen; Jmpoſten ohne Zuziehung des Senats angeleget; und es endlich ſo bunt gemacht / daß ſie die Krone Koͤnig Valde - mars Tochter / Margarithæ, ſo nach des Vatern Tode in Daͤnnemarck und Norwegen regieret / und nur die Nordiſche Semiramis wegen ihres Helden - muths genennet worden / heimlich angetragen: die ſie dann auch acceptiret / und mit denen Deputir - ten geſchloſſen / der Adel ſolle nun die Waffen er - greiffen / und man Koͤnig Alberten ſeine Abſetzung ankuͤndigen: hingegen ſolten die Armeen und die Staͤnde ſie als Schwediſche Koͤnigin erkennen / und nach ihrer Wahl wolle ſie ſchon mit einer gnugſa - men Macht in Schweden kommen / ſelbige zu be - haupten.

Dieſe Tractaten waͤren unterſiegelt worden: die Schweden haͤtten Koͤnig Alberten durch einen He - rold allen Gehorſam aufgekuͤndiget / und die Koͤni - gin Margeritha vor ihre Koͤnigin proclamiret: EsJ 4ſey116Von den Veraͤnderungenſey darauf zum Treffen gekommen / Koͤnig Albert a - ber ſo ungluͤcklich geweſen / daß er ſamt ſeinem Sohn Printz Erico in der Feinde Haͤnde gerathen. Da er denn endlich / um die Freyheit wieder zu erlangen / ſei - nen Rechte an die Krone renunciren muͤſſen / und Margaritha ſey auf den Schwediſchen Thron mit groſſen Solennien geſetzet worden.

Wie die Koͤnigin Margaritha die Staͤnde des Koͤnigreichs Schweden / Daͤnnemarck und Norwe - gen verſam̃let / und zu Calmar ihnen die Propoſiti - on gethan / daß ſie den jungen Hertzog von Pom - mern moͤchten uͤber alle drey Koͤnigreiche als ihren Succeſſor einſten annehmen / und alſo unter einen Souverainen Herrn die Regierung dreyer ſo maͤch - tigen Koͤnigreiche bringen / ſo wuͤrden ſie Meiſter der Commercien des Baltiſchen Meeres ſeyn / und viele Streitigkeiten unter ihnen abgethan werden / wel - chen Vortrag die Deputirten ſich gefallen laſſen / und einmuͤthig in die Wahl dieſes jungen Pommeriſchen Hertzogen und ſeinen Succeſſoren zu ihren kuͤnffti - gen Monarchen uͤber Schweden / Daͤnnemarck und Norwegen gewilliget / daruͤber ein Fundamental - Geſetz gemacht / ſo von allen drey Nationen ange - nommen / auch durch ein Solenn Juꝛament beſtaͤtiget worden. Dieſe Conferentz aber und Tractaten / ſo man nur die Calmariſche Union geheiſſen / habe den Grund zu einem Kriege geleget / der zwiſchen Schweden und Daͤnnemarck uͤber hundert Jahr gewaͤhret.

Darauf erzehlet der Autor p. 33. 34. 35. wie ge - geſchickt die Koͤnigin Margaritha ſich der Veſtun - gen bemaͤchtiget / ſo in des Adels Haͤnden geweſen /die117des Schwediſchen Reichs. die Nobleſſe zu keinen hohen Dignitaͤten mehr ge - gelaſſen / ſondern dazu Daͤnen erwehlet / und um ih - re Macht zu unterſtuͤtzen der Cleriſey uͤber die maſſen viel Guͤter zugewendet / damit ſelbige ihr Intereſſe deſto mehr beobachtet / das Volck aber / ſo an der Geiſtlichkeit gehangen / deſto mehr auf ihre Seite waͤre gezogen worden.

Wie darauf der junge Hertzog in Pommern / Koͤ - nig Eric genannt / nach ihrem Tode ſuccediret / ſich nach Daͤnnemarck begeben / Schweden durch Gou - verneurs regieren laſſen / die ſehr hart mit ihnen ver - fahren: dahero auch ein Schwediſcher von Adel / Engelbrecht Nahmens / die Waffen ergriffen / viele an ſich gezogen / die Daͤnen / ſo ſich ihn und ſeinen Hauffen widerſetzet / in Stuͤcken gehauen / die neuen Aufflagen abgebracht / endlich gewaffnet in den Se - nat gekommen / um die Ungerechtigkeit der damahli - gen Herrſchafft vorzuſtellen / auch geſchworen / den erſten zu ermorden / der ſich wider die Freyheit des Vaterlandes ſetzen wuͤrde / dadurch er eine Acte von dem Senat heraus gebracht / worinnen ſie Koͤnig Eric allen Gehorſam aufgeſaget. Endlich wird Koͤnig Eric abgeſetzet und die Krone ſeinem Vetter Chriſtoph von Baͤyern gegeben pag. 38.

Weil er bald ſtirbet wird Koͤnig Chriſtiern / Graf von Oldenburg zum Koͤnig in Daͤnnemarck er - wehlet / will es auch in Schweden und Norwe - gen vermoͤge des Calmariſchen Tractats ſeyn / allein der Schwediſche Feld-Marſchall wird ihm vorgezogen / und zum Koͤnig von Schweden und Norwegen gemacht. Der denen Pfaffen ihre Guͤter wieder abziehen will / die aber revoltiren /J 5Koͤnig118Von den VeraͤnderungenKoͤnig Chriſtiern aus Daͤnnemarck zum Beyſtande ruffen / Koͤnig Canutſon in Bann thun / und Jo - hann von Salſtat / Ertzbiſchoff von Upſal / den geiſt - lichen Habit ableget / einen Kuͤraß und Schwerdt nim̃t / und ſelbſt wider den Koͤnig Canutſon zu Fel - de ziehet. p. 41.

Koͤnig Canutſon gewinnet etliche Schlachten / wie er aber auch des Adels Privilegia angreiffet / faͤllt ſelbiger von ihm ab / daher von Salſtat ihn ſchlaͤget / und Canutſon ſich aus Schweden nach Dantzig retiriren muß p. 42. Chriſtiern aber wird zum Koͤnig in Schweden gemacht. p. 43. Chriſtiern wird wieder ausgejaget / und Schweden zu einer A - narchie gemacht / da Salſtat nebſt einigen großen die Regierung an ſich reiſſen. p. 45. Endlich nach Salſtats Tode wird Canutſon wieder als Koͤnig auf den Thron erhoben. p. 45. und nach ſeinen Tode Ste - non Sture, unter den Titul Adminiſtrator, zum Schwediſchen Regenten gemacht; dem dann ein ander Adminiſtrator, ſo gleichfalls Stenon heißt / in der Regierung folget. Deſſen Krieg mit den Koͤ - nig von Daͤnnemarck p. 79. und Sieg wider die Daͤ - nen p. 90. welchen doch der Schwediſche Admini - ſtrator nach ihren Verluſt aus Großmuͤtigkeit an - noch Proviant zuſchicket. p. 91. Koͤnig Chriſtiern der II. von Daͤnnemarck handelt betruͤglich bey dem Stillſtande / und laͤſt einen jungen Schwediſchen Herrn Guſtav Nahmens von dem vornehmen Hau - ſe Vaſa herſtammend / nebſt noch einigen andern Schweden von vornehmen Haͤuſern / ſo er als Geiſ - ſel begehret / entwaffnen und als Gefangene tracti - ren. p. 93. der Adminiſtrator nebſt den Schwedi -ſchen119des Schwediſchen Reichs. ſchen Adel ſetzt ihnen tapfer nach / kan aber ſie nicht erlangen. p. 94.

Neue Schlacht der Daͤnen und Schweden / wo der Schwediſche Adminiſtrator Steno bereits den Sieg erhalten / aber weil ihm durch einen Ca - nonen Schuß ein Bein abgeſchoſſen wird / ſo gewin - nen die Daͤnen annoch die Schlacht p. 99. Ste - non aber ſtirbt an ſeiner Wunde p. 100.

Guſtav Vaſa / welcher den Schweden ſo große Dienſte gethan / und vom Koͤnig von Daͤnnemarck gefangen gehalten wird / entfliehet in Bauern Klei - dern p. 107. koͤmmt nach Luͤbeck p. 108. von dar nach Calmar p. 110. ſeine groſſe Verfolgungen die er ausſtehen muͤſſen p. 111. 112. 113.

Der Daͤniſche Koͤnig Chriſtiern koͤmmt mit einer anſehnlichen Armee in Schweden p. 114. und wird daſelbſt als Schwediſcher Koͤnig aufgenommen / p. 114. nim̃t einer Hollaͤndiſchen Concubine Sige - britte Nahmens ihren Rath an / alle Schwediſche große Herrn hinrichten zu laſſen / um ſich das Regi - ment zu verſichern p. 121. Chriſtiern koͤm̃t in Schwe - den / nimt mit den Ertzbiſchoff von Upſal ſeine Meſu - ren daruͤber / daß ſie ihre allgemeinen Feinde wolten aus den Wege raͤumen p. 124. wird mit großen So - lennien gekroͤnet / und ihm der Eyd der Treue ge - leiſtet / haͤlt ein groß Banquet / wozu alle vornehme Herren des Koͤnigreichs eingeladen werden. Wo - ſelbſt der Ertzbiſchoff von Upſal / nachdem ſie bereits zwey Tage ſich gantz luſtig gemacht / von ſeinen Verwandten und Creaturen begleitet / in volle Ver - ſam̃lung tritt / und den Verſtorbenen Adminiſtra - tor Steno / wie auch die Senatoren und andereHer -120Von den VeraͤnderungenHerren des Koͤnigreichs anklaget / die ihm vormahls genoͤthiget haͤtten / ſeiner Dignitaͤt zu renunciren / und die Veſtung Stecken / ſo doch ein Kirchen Gut waͤre / laſſen raſiren: der Koͤnig ſtellet ſich / als wol - le er keinem Theile zu viel thun / ſondern uͤbergiebt die Sache zweyen Daͤniſchen Prælaten / die er / als er ſaget / vor Paͤbſtliche Commiſſarien hielte / an wel - che ohnediß Pabſt Leo X. eine Bulle wegen ſolchen Schwediſchen Aufruhres vormahls geſendet / und behielte er ſich nichts mehr als die Execution ihres Ausſpruches vor p. 126.

Die Daͤniſchen Prælaten / als Commiſſarien vom Pabſt / ſprechen ihnen allen / als Ketzern das Leben ab / und Chriſtiern ſchiebet die Execution nicht auf / ſondern laͤſt den 8. Novembr 1520. ſelbige vor ſich gehen; nachdem er durch ſtarcke Beſatzung / wie auch Pflantzung der Canonen an die groͤßten Gaſſen / und andere Anſtalten allen beſorglichen Aufflauf vor - gebeuget. Da denn ſo wohl die Biſchoͤffe als andere Senatoren und Herren des Koͤnigreichs erbaͤrm - lich hingerichtet worden / weil (wie die Bulle abge - leſen wird /) ſie des Pabſts Befehlen ſich widerſetzet / ihren Adminiſtrator den Fuͤrſt Steno in ſeinem ge - waltſamen Veꝛfahren beygeſtanden / den Eꝛtzbiſchoff von Upſal unſchuldig verdammet / und theils die Kir - chen-Veſtungen ſchleiffen laſſen / theils die geiſtli - chen Guͤter an ſich gezogen; dannenhero von dem Pabſte in Bann gethan waͤren. Dieſes iſt der Man - tel / womit Chriſtiern ſeine Tyrannen zu bedecken ſu - chet: Ja er laͤſt einen Schwediſchen von Adel / der nur als Zuſchauer das Ungluͤck ſeines Vaterlandes be - weinet / das Hertz aus dem Leibe reiſſen; auch des ver -ſtorbe -121des Schwediſchen Reichs. ſtorbenen Adminiſtratoris Fuͤrſt Steno Leiche wie - der aus dem Gꝛabe langen / weil ſolcher einer Chriſt - lichen Beerdigung als ein excommunicirter nicht wuͤrdig waͤre / und ſolche zu den andern Ermor - deten werfen: die Coͤrper ſollen alle auf dem Schloß - platze unbegraben liegen bleiben; endlich laͤſt ſie Chri - ſtiern wegen des greulichen Geſtancks / den ihre Faͤu - lung verurſachet / vor der Stadt verbrennen / und nachdem er das Reglment nach eigenen Gefallen mit ſeinen Creaturen beſetzet / reiſet er zuruͤck nach Daͤnnemarck / mit heimlichen Verfluchungen der Schweden gantz beladen / als die ihn nur den Nordiſchen Nero genennet. Nach ſeinem Abzuge wird noch von den Zuꝛuͤckgelaſſenen Daͤniſchen Voͤl - ckern dergleichen Grauſamkeit gegen den Adel / ſo hin und wider auf dem Lande iſt / veruͤbet / und alles / was nur von anſehnlichem Geſchlecht oder guter Coura - ge iſt / maſſacriret. Allein den tapfern Guſtavo / der Chriſtiern vormahls als ſein unbillig Gefangener entwiſchet / kan man nicht habhafft werden / obſchon der Koͤnig eine groſſe Summa auf ihn geſetzet / wer ihn lebendig oder todt liefern koͤnte.

Guſtav / da er ſpuͤhret / wie unſicher es vor ihm um Stockholm herum iſt / begiebt ſich mit groſſer Gefahr in das weit davon gelegene Gebuͤrge / welches die Schweden Daalefield nennen. Sein Wegweiſer beraubet ihn alles deſſen / was er bey ſich hat / und Guſtav wird genoͤthiget / in Kupfer-Minen mit zu arbeiten / und ſein Brodt zu verdienen. Wird durch ſeine Unterkleider entdecket / daß er vom Herrenſtande ſeyn muͤſſe / und zu dem von Adel ge - bracht / ſo im Dorffe ſeinen Sitz hat: der ihn wohlempfaͤn -122Von den Veraͤnderungenempfaͤnget / und gleich erkennet / wie er mit ſelbigem auf der Univerſitaͤt Upſalehmahls ſtudiret hat.

Jhre Unterredung wegen Chriſtiern grauſamer Regierungs-Art: die doch von der Schweden Hal - ſe zu werffen der von Adel noch zur Zeit nicht meynet moͤglich zu ſeyn.

Guſtav begiebt ſich weiter / trifft einen andern E - delmann / Peterſon genannt / an / der unter ſeinem Regiment gedienet / welcher ihm mit aller Ehrerbie - tung begegnet / aber an die Daͤnen verraͤth / die doch / weil Peterſons Frau Guſtavum warnet / ihn nicht bekommen / ſondern er entrinnet.

Er koͤm̃t zu einen Pfaffen / der ihm Einſchlaͤge giebt / wie er ſich einen Anhang machen / und einen Aufſtand wider Chriſtiern erregen ſoll: welcher auch angehet / indem er eine gantze Diœces, Mora genañt / da auf Weynachten von zwoͤlf Meilen her das Land-Volck zuſammen gekommen / durch eine be - wegliche Rede auf den Vorſatz gebracht / die Frey - heit des Vaterlandes zu retten / und ſo vieler treuen Patrioten erbaͤrmliche Ermordung zu raͤchen. Wo - bey dann eine ſonderliche Motiv der Autor anfuͤh - ret / daß die Bauren Guſtavi Vorſchlaͤgen zu folgen waͤren bewogen worden / weil ſo lange ſein Vortrag gewaͤhrt / ohne Einhalten der Nordwind gewe - het / welches dann bey dieſen Voͤlckern vor eine unbetruͤgliche Vorbedeutung eines guten Ausgan - ges gehalten wuͤrde p. 148.

Darauf erzehlet der Autor Guſtavi Progreſſen / wie er zufoͤꝛderſt den Daͤniſchen Gouverneur in Da - leflid oder Dale Catlien in ſeinem Schloſſe uͤberfaͤl - len / alle Beute denen Bauren preiß gegeben; nachſol -123des Schwediſchen Reichs. ſolchen der Daͤniſchen Kauffleute / die ſich in ſelbiger Provintz niedergelaſſen / ihre Haͤuſer gepluͤndert / und ſeine Macht von Tage zu Tage durch den Zulauff des Landvolcks vermehret: Er ſich immer weiter be - geben / Chriſtierns neue Aufflagen verworffen; die darum durch die Provintzen ausgetheilete Daͤni - ſche Einnehmer erſchlagen oder vertrieben; auch ei - nen Anhang von den uͤbrig gebliebenen Adel bekom - men; und Koͤnig Chriſtiern in Daͤnnemarck von dieſen neuen Aufſtande der Dalecarliern durch ſei - nen in Schweden zuruͤckgelaſſenen ViceRé ſey be - nachrichtiget worden.

Darauf faͤhret der Autor fort / mit was vor Un - ruhe Chriſtiern dieſe Zeitung vernommen; weil er ſich aus Daͤnnemarck zu gehen / und den hervorbre - chenden Ubel in Schweden zu ſteuren nicht getrau - et / indem er wegen gleichfalls harter Proceduren wider den Daͤniſchen Adel und die Geiſtlichen be - ſorgen muͤſſen / daß bey ſeinem Abweſen man auch daſelbſt einen Aufſtand mache.

Hier miſchet der Autor mit ein / daß Chriſtiern ſich ſonderlich damit bey denen Pfaffen uͤbel re - commendiret / daß er Lutheri, der damahls wie - der das Pabſtthum zu ſchreiben angehoben / ſeine Theſes gelobet / und eines und das andere von dem geiſtlichen fetten Guͤtern ihnen eingezogen.

Guſtavs Progreſſen / wie er die Daͤnen geſchlagen / und die Hauptſtadt in Veſtmanien einbekommen: wie ſiebenzig ſchwediſche Officirer auff einmahl des ViceRé Partie verlaſſen / und zu ihm uͤbergegangen; unterſchiedlicher Provintzen Abgeordnete zu ihm ge - kommen / und verſichert / daß der Adel und das Volcknichts124Von den Veraͤnderungennichts mehr als ſeine Gegenwart verlange / um zu ihn ſich zu ſchlagen / und das Daͤniſche Joch abzu - werffen.

Hierauf faͤhret der Autor fort / zu erzehlen / wie Guſtavus zu gleicher Zeit / nachdem er viele Schwe - diſche Edelleute und gute Officirer an ſich bekom - men / zu gleicher Zeit Vadeſten, Nicopingen / Ore - bro, und Upſal / belaͤgert: auch ſo fort Upſal einbe - kommen p. 166.

Nachdem meldet er / wie der Ertzbiſchoff von Upſal ſelbiges wieder weggenommen; aber doch vom neuen durch den tapferen Guſtavum verjaget / und biß aufs Haupt geſchlagen worden. Item, wie unter Guſtavi Trouppen Lutheri Lehre durch Lau - renz und Olaus Petri, die mit ihm in Wittenberg ſtudieret / gebracht / und wider die Gewalt / Reich - thum / und Regierſucht der Cleriſey von gemeldtem Olao oͤffentlich in der Kirche zu Stregnetz / in welcher er Canonicus und Protonotarius geweſen / waͤre geprediget worden p. 175. wie er auch waͤhrendes dieſes innerlichen Krieges in Upſal ſelbſt die Theſes, ſo er von ſeinem Lehrmeiſtern D. Luthern begriffen / angeſchlagen / daruͤber diſputiret / und ſich einen großen Anhang wider die Moͤnche und Pfaffen ge - macht.

Hierauf faͤhret der Autor fort / zu berichten / wie Guſtavi abgeordnete Obriſten unterſchiedliche Plaͤtze gewonnen; als Vadeſten, Hova, Sce - ninc, Lincopinc, Norcopinc, Suderocopinc; Hingegen Koͤnig Chriſtiern Guſtavi ſeine Mutter und Schweſter / die er beyde mit ſich gefangen nach Coppenhagen gefuͤhret / in Meer erſaͤuffen / und alſoerbaͤrm -125des Schwediſchen Reichs. erbaͤrmlich in Saͤcke geſtecket / toͤdten laſſen; welches hingegen allen Daͤnen / die man nur in Schweden ertappen koͤnnen / das Leben koſtet.

Endlich meldet der Autor, zum Beſchluß dieſes erſten Theiles / wie nach gemachter guter Anſtalt in den eroberten Staͤdten und Provinzen Guſta - vus einen Landtag ausgeſchrieben / welcher den 24. Auguſti 1521. waͤre zu Vadeſten gehalten worden: wo denen Deputirten der Provinzen / welche erſchie - nen waͤren / Guſtavus in einer geſchickten Rede den bißherigen Zuſtand des durch Chriſtierns Tyran - ney gantz erſchuͤtterten / und durch Mord und Pluͤn - derung in den elendeſten Stand geſetzten Schwe - diſchen Reichs beweglich vorgetragen / hernach ge - zeiget / wie der Hoͤchſte ſein Unterfangen geſegnet / der unter ſo ſchweren Joch gedaͤmpfften Freyheit des Vaterlandes durch den treuen Beyſtand ſeiner Lan - desleute ziemliche Lufft zu machen; und nun der Daͤniſchen Tyranney den letzten Stoß zu geben nichts mehr erfodert wuͤrde / als daß ſie einen ge - ſchickten Adminiſtrator erwehleten: dazu er denn gar nicht ihre Stimmen wegen etwan bißher gelei - ſteten Dienſte vor ſich ſuchete / ſondern gantz gerne denjenigen davor erkennen wolte / welchen ihre Wahl benennete / und wuͤrde auch nicht entſtehen / nach wie vor ſein Leben vor die Wolfahrt des Va - terlandes aufzuſetzen.

Worauf aber die Staͤnde einmuͤthig auf ihn / den tapffern Guſtavum ſelbſt / geſtimmet / ja nicht allein das Ampt des Adminiſtrators / ſondern gar den Titul des Koͤniges angetragen: welchen aber Guſtavus nicht wollen annehmen / ſondern ſich da -Februar. 1696. Kmit126Von den Veraͤnderungenmit begnuͤget / daß man ihn ſo wohl bey dem Staat als der Armée zum General Gouverneur und abſoluten Adminiſtratorn von Schweden ernen - nen / und ihm den Eyd der Treue geleiſtet.

Ende des 1. Theils.

HISTOIRE des Revolutions de Suede, Ou l’on voit les changemens, qui ſout ar - rivés dans ce Royaume au ſujet de la Religion & du Gouvernement; Tome ſecond. à l’aris 1695. Hiſtoria von den Revolutionen des Schwedi - ſchen Reichs / worinnen man viele Veraͤnderun - gen findet / welche ſo wohl in der Religion als dem Regi - mente ſich in dieſem Koͤnigreiche zugetragen: Andrer Theil. Paris 1695.

DEr Autor faͤhret in Erzehlung der Expedi - tionen fort / welche der neue Schwediſche Adminiſtrator Guſtavus im Jahr 1521 ge - habt. Wie die Daͤnen annoch Meiſter von der Haupt-Stadt Stockholm geweſen: der Daͤniſche Admiral Norbi von einer ſtarcken Flotte begleitet nach Stockholm gekommen / unter dem Vorwand / vor ſeinem Koͤnig / dem tyranniſchen Chriſtiern, das Schwediſche Reich wieder zum Gehorſam zu bringen: in der That aber es dahin zu karten / damit er von ſich ſelbſt die Schwediſche Krone erlangen moͤchte. Er erzehlet darauf / wie Norbi des Guſtavi beyde Lieutenants, ſo die Belagerung vor Stock - holm commandiret / geſchlagen / und ihr Verluſt ihrer eigenen Zwieſpalt / da ſie ſich um das Com - mando nicht vergleichen koͤnnen / zuzuſchreiben ge -weſen.127des Schwediſchen Reichs. weſen. p. 7. Guſtavus nach ſolcher Zeitung ſelbſt vor Stockholm geruͤcket; die Luͤbecker um Succurs und Schiffe angeſuchet; die ihm auch achtzehn Krieges-Schiffe mit viertauſend Mann beſetzet / wie wohl unter ziemlich harten Conditionen / zugeſen - det. p. 9.

Guſtavus laͤſſet noch einige Fregaten zu dieſen 18. Krieges-Schiffen ſtoſſen / und gibt das Com - mando uͤber dieſelben Eric Flemming einem Finn - laͤnder. Dieſer nim̃t die Daͤniſche Convoye mit vielen Proviant-Schiffen hinweg / welche Stock - holm proviantiren wollen. p. 12. Norbi koͤm̃t we - nig Tage darauf mit der gantzen Flotte den Scha - den zu raͤchen: Es faͤllt ſo eine grauſame Kaͤlte / daß da er mit ſeinen Schiffen bey einer kleinen Jnſul / unweit des Hafens / ſich ſetzet / ſelbige ingeſamt ein - frieren: Guſtavus davon benachrichtiget / begiebt ſich mit einigen Regimentern dahin / und verbren - net die meiſten Daͤniſchen Schiffe / wobey die vier tauſend Mann von Luͤbeck ſich ſehr tapffer halten. p. 13. & 14.

Den Morgen darauf thauet es wieder auf / und Norbi begibt ſich mit dem Reſt ſeiner Flotte in den Calmariſchen Hafen. p. 15.

Zu ſelbiger Zeit faͤllt der Adel und das Volck in Dennemarck von Koͤnig Chriſtiern wegen neuer Ermordung vieler Daͤniſchen Herren ab / und erſu - chet Friedrich von Oldenburg, Hertzog von Hol - ſtein / Chriſtierns Vetter / die Krone anzunehmen. p. 16. Chriſtiern fliehet mit ſeiner Gemahlin und Kindern nach dem Kaͤyſer / ehe noch Friedrich von Oldenburg nach Coppenhagen koͤm̃t. Norbi, alsK 2er128Von den Veraͤnderungener dieſes erfahren / gehet mit ſeiner Flotte nach der Jnſul Gottland / deren er Gouverneur iſt / um ſich ſelbiger vor ſeine eigene Perſon bey ſo mißlichen Conjuncturen zu verſichern. Guſtavus nim̃t Cal - mar ein. Schreibet einen Reichs-Tag nach Stre - gnez aus / und wird daſelbſt von denen Staͤnden / und Volcke mit groſſem Frolocken den 25. Maji 1623. zum Koͤnige von Schweden proclamiret. Haͤlt hernach den 23. Junii ſeinen praͤchtigen Einzug in Stockholm / wo ihm der Magiſtrat die Schluͤſſel der Stadt auf den Knien uͤberreichet.

Der neue Koͤnig in Dennemarck Friedericus, ſchicket Geſandten nach Stockholm / und proteſti - ret wider Guſtavi geſchehene Erhoͤhung auf den Thron / indem vermoͤge des Calmariſchen Tra - ctats die Schwediſche Krone ihm als Koͤnige von Dennemarck gehoͤre. Er bekoͤm̃t aber von denen Schwediſchen Staͤnden abſchlaͤglige Antwort.

Der Daͤniſche Admiral Norbi, ſo ſich der Jn - ſul Gotland bemaͤchtiget / und von dar die gantze See unſicher machet / wird von den Schweden / auf Anſuchung der Luͤbecker / die deswegen viele Krieges-Schiffe ihnen zuſenden / angefallen: die Jnſul wird eingenommen / biß auf die Haupt - Stadt. Norbi ſchickt zu Koͤnig Friderich von Dennemarck / es gehoͤre dieſe Jnſul der Kron Dennemarck / alſo hielt er bey ihm um Suc - curs an.

Friedrich ſchicket an die Republic Luͤbeck / haͤlt bey ſelbiger an / die Mediation zwiſchen ihm und dem Koͤnige von Schweden auf ſich zu nehmen / daß Schweden mit ſeinen Schiffen wieder gbzoͤhe: Erwolle129des Schwediſchen Reichs. wolle die Jnſul durch die Luͤbeckiſche Regierung immittelſt ſequeſtriren laſſen / biß ausgemachet wuͤrde / ob Dennemarck oder Schweden ſelbige zu - gehoͤre.

Luͤbeck iſt mit ſolchem zu frieden / und wird dar - auf eine Unterredung zwiſchen beyden Koͤnigen Fri - derico und Guſtavo angeſtellet; darinnen aber die Streitigkeit wegen Gottland nicht kan beygele - get werden.

Die Staͤnde liegen Koͤnig Guſtaven an / ſeine Kroͤnung vorſich gehen zu laſſen: der aber erſtlich gerne die Cleriſey / ſo das halbe Koͤnigreich an Guͤ - tern an ſich gezogen / will geſchwaͤchet wiſſen / und was ſie von der Krone abgezwacket / wieder dazu bringen. Dahero favoriſiret er ſehr der in Schwe - den hin und wieder hervorkommenden Lutheriſchen Lehre / welche die Gewalt der Pfaffen daͤmpffet: gibt unterſchiedliche Decrete heraus / darinnen er eine und andere unbefugte Revenuën denen Geiſt - lichen abſchneidet; und endlich laͤſſet er eine genaue Unterſuchung durch dazu verordnete Commiſſari - en anſtellen / wie ein und ander Biſchoffthum / Abtey und Kloſter / die Guͤter an ſich gebracht / wel - che ehmals Domainen geweſen / und zur koͤnigli - chen Cammer gehoͤret.

Viele von Adel nehmen die Lutheriſche Lehre an: Olaus und andere Geiſtlichen / welche ſie predigen / heyrathen. Guſtavus beruffet die Staͤnde / und traͤgte ihnen vor / wie der Kaͤyſer den zu ihm gefluͤchte - ten Koͤnig Chriſtiern mit einer conſiderablen Macht wieder einzuſetzen im Anzuge waͤre: dahero manK 3ſich130Von den Veraͤnderungenſich in genugſame Defenſion ſetzen muͤſte: auch daß man die von der Republic Luͤbeck aufgenommene Geld-Summen / und das / was man vor ihre Krie - ges-Schiffe verſprochen / muͤſſe abtragen. Die Staͤnde entſchuldigen ſich / daß ſie erſchoͤpffet / und keine Mittel haͤtten: Endlich faͤllt man auf das Mittel / zwey Theile des Zehndens der Geiſtlichen / wie auch ihr uͤberfluͤßiges Silber-Werck und die zu vielen und unnoͤthigen Glocken zur Zahlung anzuwenden; welches auch durch einen oͤffentli - chen Arreſt publiciret wird: wie ſich aber bey deſſen Execution die Pfaffen gegen den Koͤnig beklagen / gibt er zur Antwort: daß dasjenige / was ſie herzugeben genoͤthiget wuͤrden / beſſer zur Beſchuͤtzung des Staats angewendet waͤre / als zu Unterhaltung des geiſtlichen Prachts und Hoffarts.

Guſtavus leget ſeine Voͤlcker in der Geiſtlichen ihre Guͤter / ja gar in die Abteyen / in die Winter - qvartiere / vorſchuͤtzend / der Landmann waͤre er - ſchoͤpffet / und die Cleriſey / ſo das Marck aus dem Lande genoͤß / muͤſſe helffen die Beſchwerungen tra - gen: Wie darauff ein reiches Carthaͤufer-Cloſter in Griphysholm, welches die Vorfahren des Koͤ - niges ſolten mit vielen Guͤtern denen Geiſtlichen ge - ſchencket haben / von denen Koͤniglichen Inquiſi - torn waͤre angeſprochen worden / und die Moͤnche die Donation erweiſen ſollen: welche / weil ſie die - ſes nicht thun koͤnnen / ſich auf die Præſcription be - ruffen: Sie haͤtten das meiſte ihrer Guͤter von de - nen Herren von Vaſa, als den Vorfahren ſeiner Majeſtaͤt / aber bey den bißherigen vielen Kriegendie131des Schwediſchen Reichs. die Documenta verlohren. Der Koͤnig will mit dieſer Rechtfertigung nicht zu frieden ſeyn / nim̃t denen Cartheuſern alles wieder / weil es von ſeinem Hauſe herkaͤme / und ſie es durch Liſt und Practicken an ſich gezogen / jaget ſie auch ſelbſt aus ihrem Clo - ſter / unter dem Vorwand / daß ſie nicht Macht haͤtten / auf ſeinem Grund und Boden zu bauen / er aber befuget / wenn ſolches geſchehen / ihnen das Ge - baͤude wegzunehmen.

Dieſe Proceduren waͤren theils darum geſche - hen / weil die Herren Patres dieſes Cloſters ihn / den Guſtavum, als er noch in der Flucht vor Koͤnig Chriſtiern geweſen / nicht haͤtten in ihr Cloſter nehmen wollen / da ſie doch allen ihren Reich - thum und Guͤter ſeinen Vorfahren zu dancken ge - habt; Theils / daß dem Adel ſolten die Augen ge - oͤffnet werden / gleichfalls nach des Koͤniges Ex - empel nach der Fundation ihrer Voͤrfahren / de - ren Guͤter die Cleriſey zu ſich geriſſen / zu fragen / und ſie ſo dann wieder an ſich zu bringen.

Die Lutheriſchen Doctores haͤtten dem Adel tapffer zugeblaſen / ſolches zu thun / und nicht laͤn - ger ſolche Pfaffen-Knechte zu bleiben. Jnſon - derheit Olaus mit aller Macht die Lutheriſche Leh - re ausgebreitet / und das Volck aus einem blin - den Gehorſam in die Freyheit zu ſetzen getrachtet.

Die Cleriſey erweckt ein neues Feuer der Auf - ruhr / indem ſich einer vor des vorigen Adminiſtra - tors aͤlteſten Printz ausgeben / und ſich uͤber die ty - ranniſche Regierung Guſtavi beklagen muß / aber / da ſelbige ſich einen Anhang in Dalefild machet /K 4laͤſſet132Von den Veraͤnderungenlaͤſſet der Koͤnig durch des Adminiſtratorn hinter - laſſene Fuͤrſtl. Wittwe an die Dalefilder ſchrei - ben / daß ihr Printz / vor den ſich der Betruͤger ausgaͤbe / vor zwey Jahren todt / und gantz Stock - holm deſſen Zeuge waͤre. Worauf dieſe von ihm abtreten; er ſich nach Norvegen wendet: auch daſelbſt fortgejaget wird; endlich nach Roſtock koͤm̃t; an welche Stadt Guſtavus ſchreibet / entweder dieſen Aufwiegler zu lieffern / oder er wolle alle ihre Schiffe anhalten laſſen: Wor - auf der Magiſtrat in Roſtock dieſem falſchen Printze den Kopff laͤſſet abſchlagen / und iſt alſo dieſer Unruhe Koͤnig Guſtav gleichfalls uͤber - hoben.

Nach dieſem erzehlet der Autor, wie Koͤnig Gu - ſtavus die Reichs-Staͤnde Anno 1525. nach Ve - ſteras beruffen / um daſelbſt die Gewalt der Bi - ſchoͤffe vollends nieder zu druͤcken: wie die Bi - ſchoͤffe ſich maͤchtig widerſetzet; mit Bann und Verſtoſſung eines ketzeriſchen Koͤniges gedrohet; ſich an den Groß-Marſchall Tureiohanſon ge - macht / und ſolchen auf ihre Seite gezogen: der auch ziemlich frey in Gegenwart des Koͤniges re - det: Guſtavus aber ſich uͤber den ſchlechten Re - ſpect und Undanckbarkeit der Schweden bekla - get; dabey hinzuſetzet / ſie wuͤrden ſich irren / wann ſie meyneten / er waͤre nur auf den Thron / als auf ein Theatrum geſtiegen; um daſelbſt blos die Per - ſon eines Koͤniges vorzuſtellen: Er ſage ihnen / daß er Gehorſam von ihnen haben wolte / und bey ge - genwaͤrtigen Conjuncturen / da der Kaͤyſer undKoͤnig133des Schwediſchen Reichs. Koͤnig Chriſtiern gar gefaͤhrliche Abſehen haͤtten / waͤre eine abſolute Gewalt ihm noͤthig. So ih - nen aber dieſes Begehren unbillig ſchiene / waͤre er bereit / ihrer Wahl zu renunciren / und den Sce - pter nieder zu legen / man ſolle ihm nur wegen der unmaͤßigen Unkoſten ſchadloß halten / die er zu Be - ſchuͤtzung des Staats und ihrer Freyheit aufge - wendet / und daruͤber er alle ſeine Guͤter verkaufft oder verpfaͤndet / ſo wolle er in das Koͤnigreich Zeit Lebens keinen Fuß wieder ſetzen. Auf welche Reden der Koͤnig mit Erbitterung ſich aus der Verſammlung gemacht / ſeine |Officirer aber und vornehmſte Generalen ihn in das Schloß begleitet / und ermahnet / ſich nur ohne laͤn - gere Deliberirung ſouverain zu machen / ſie waͤ - ren bereit / alle ſeine Ordren zu exeqviren. p. 90.

Weiter faͤhret der Autor fort in Beſchreibung des Ausganges dieſes Reichs-Tages: wie der Cantzler die meiſten Staͤnde auf des Koͤniges Seite gebracht; ihnen vorhaltend: Koͤnig - reiche lieſſen ſich nicht durch die Maximen der Moͤnche und Pfaffen regieren / weil deren In - tereſſe von des Staats ſeinem gantz unterſchie - den waͤre: und andere Argumenta mehr hin - zu geſetzet. Tureiohanſon habe dagegen immer viel von Ketzern geredet / man ſolle ſelbige ver - brennen; Die Lutheraner ſolten durch ein Fundamental-Geſetz vor untuͤchtig gehalten werden / die Schwediſche Krone zu tra - gen; Endlich waͤre der Biſchoff von Stregnez,K 5wel -134Von den Veraͤnderungenwelcher von dem Hofe bereits gewonnen geweſen / aufgeſtanden / um Urlaub zu reden gebethen / und noch deſſen Erhaltung geſaget: Wie er ſich ſehr wundere / daß man von Abſetzung des Koͤniges faſt in ſeiner Gegenwart / und da man unter ſeinen Ca - nonen und in ſeinem Schloſſe ſich befaͤnde / reden wolte: Eine Sache von ſolcher Wichtigkeit lieſſe ſich nicht per pluralitatem votorum tractiren. Man mache dieſe Aſſemblée als zu einer Wahl - ſtadt / da vielen wuͤrde Angſt genug werden / nur die Gegenwart Guſtavi zu ertragen / wenn er die Waffen in der Hand haͤtte. Er frage die Staͤnde / was ſie denn vor Macht Guſtavo entgegen ſetzen wolten / da er die gantze Armée auf ſeiner Seite haͤtte; Und wenn er auch willig die Krone nieder - legen wolte / wovon ſie ihm die Unkoſten wolten wiedergeben / die er zur Defenſion des Staats an - gewendet haͤtte? Er wuͤrde doch nicht ehe die ab - ſolute Gewalt weggeben / als biß er bezahlet waͤ - re: Schweden haͤtte dißmahl ſo viel Feinde / daß es wohl einen tapffern Koͤnig vonnoͤthen: die Furcht und der Reſpect vor der Perſon Guſtavi hielte die Feinde mehr / als die Schwediſche Macht zuruͤcke: Man ſolte ſehen / wann Guſtavus vom Throne ſtiege / ob nicht Chriſtiern oder Friedericus aus Dennemarck wieder hinauf ſteigen wuͤrden. Nun wuͤſten ſie ingeſamt / was ſie von Daͤniſcher Herꝛ - ſchafft vor Nutzen haͤtten. Alſo hienge des Koͤnig - reichs Wolfahrt an Guſtavi Perſon; und waͤre beſſer / daß die Cleriſey von ihren Privilegien etwas des gemeinen Beſtens halben fahren lieſſe / als daßſie135des Schwediſchen Reichs. ſie einen Herꝛn / der ſo maͤchtig als unentbehrlich waͤre / nur durch ihre Halßſtarrigkeit zu groͤſſeren Zorne reitzeten.

Dieſe Rede des Biſchoffes hat vollends die Staͤnde auf des Koͤniges Seite gezogen: Und die Deputirten vom Land-Volcke haͤtten endlich ge - ſchworen / denjenigen in Stuͤcken zu zerhauen / der ſich des Koͤniges Intention laͤnger widerſetzen wuͤrde.

Alſo nun waͤre durch eine ſolenne Acte ordon - niret worden: (1. Daß die Biſchoͤffe unverzuͤg - lich ihre Feſtungen in der Koͤniglichen Officierer ih - re Haͤnde lieffern; ſie auch ihre Garniſonen und Troupen alle abſchaffen ſolten: (2. daß dieſe Præla - ten nicht mehr in den Senat koͤnten genommen wer - den / weil ſie ſelbiges hinderte / ihr Ampt zu warten. (3. daß ſie keine Guͤter ihren rechtmaͤßigen Erben mehr entziehen ſolten. (4. Daß die confiſcirten Guͤter nicht mehr ihnen ſolten anheim fallen / ſon - dern der Krone. (5. Daß man das uͤberfluͤßige Silber-Werck und Glocken der Cloͤſter zur Be - zahlung der Republic von Luͤbeck anwenden wolle. (6. Daß man alle Kirchen-Guͤter / welche nach des Koͤniges Canuthon ſeinen Verbot an die Cleriſey gekommen / und des Koͤniges Domain wieder ver - einigen wolle. (7. Daß der Adel die Guͤter / ſo er an dem Kirchen-Staat verpfaͤndet / koͤnne wie - der einloͤſen. (8. Daß zwey Drittel des Zehndens zur Bezahlung der Troupen ſolten angewendet wer - den; ſo lange noch der Krieg daurete: in Frie - dens-Zeiten aber ſolte man es zu Anrichtung oͤffent -licher136Von den Veraͤnderungenlicher Schulen brauchen. (9. Daß man diejeni - gen / welche unter der Cleriſey wegen bloßes weltli - chen Intereſſe einen zu excommuniciren ſich un - terfangen wuͤrden / ſehr hart ſtraffen wolte. (10. Daß der Magiſtrat das Umlauffen der Bettel - Moͤnche wolle abbringen. (11. Daß der Koͤnig allein nach eigenem Willen uͤber die Privilegia der Cleriſey zu diſponiren haben ſolle. (12. Daß man in allen Kirchen exemplariſche und gelehrte Leute ſe - tzen wolle / die das Wort GOttes rein und lauter vortruͤgen; (welches / wie der Autor meldet / in der Sprache ſelbiger Zeit ſo viel heiſſe / als daß man die Predigt des Lutheraniſmi autoriſiren wolle.)

Dieſe Acte oder Declaration ſey von allen Staͤnden / auch denen Biſchoͤffen ſelbſt / unterzeich - net worden / ob ſelbige ſchon gemercket / daß es mit ihrer Wuͤrde auf die Neige gekommen. Die Staͤn - de haͤtten darauf den Cantzler und Doctor Olaus Petri gebethen / ſolche dem Koͤnig zu uͤberbringen / und Se. Majeſt. zu verſichern / daß ſie in allem dero Willen gehorſamen wolten.

Darauf meldet der Autor, wie Guſtavus wie - der in die Verſam̃lung gekommen; durch den Cantz - ler denen Staͤnden laſſen Danck ſagen / daß ſie end - lich ſolchen Schluß gefaſſet / als es der Nutzen und die Nothdurfft des Reichs erfodert; und daß nun - mehr die Unterthanen von vielen beſchwerlichen Auflagen ſolten befreyet werden; auch Schweden vor ſeinen Feinden ſich zu fuͤrchten keine Urſache mehr haͤtte / nachdem der Staat in ſolche Verfaſſung gebracht waͤre.

Weiter137des Schwediſchen Reichs.

Weiter erzehlet der Autor, wie Koͤnig Guſta - vus mit einigen Regimentern Reuterey / und von Olaus Petri wie auch andern Lutheriſchen Docto - ren begleitet eine Provinz nach der andern durchzo - gen; ſie in den Haupt-Kirchen predigen laſſen; die Kirchen-Guͤter / ſo ehmals zur Krone gehoͤret / oder adelichen Familien zugeſtanden / wieder an ſich o - der die adelichen Haͤuſer gebracht / und auf dieſe Weiſe biß auf dreyzehn tauſend Guͤter und Laͤn - dereyen denen Pfaffen abgenommen / und wie - der der Krone oder ihren vorigen adelichen Er - ben / welchen ſie von rechtswegen zugehoͤret / ſol - che reſtituiret.

Dieſes Verfahren erſchuͤttert vollends die Roͤ - miſch-Catholiſche Religion / weil man wohl ſpuͤ - ret / daß entweder die Pfaffen / wann ihnen ihre fet - ten Intraden genommen / ſich ſchlecht behelffen / und Lutheriſch werden / oder aus dem Koͤnigreiche wan - dern muͤſſen. Viele dannenhero treten von der Roͤ - miſchen Kirchen ab. Der Biſchoff von Scara greifft nach den Waffen; aber das gantze Capitul tritt von ihm ab. Die meiſten Moͤnche quittiren ihre Cloͤ - ſter: der Scariſche Biſchoff und Tureiohanſon begeben ſich nach dem fluͤchtigen Koͤnig Chriſtiern. Die Dalecarlier revoltiren. Der Koͤnig ziehet mit einer Armée ihnen entgegen: ſie ſubmittiren ſich. Er laͤſſet durch die Reuterey ihr Volck umgeben; befiehlet / die Anfaͤnger des Aufſtandes zu entde - cken / denen er denn augenblicklich die Koͤpffe laͤſſet abſchlagen.

Nach dieſem Zuge wird vollends alles Lutheriſch; und der Koͤnig Guſtav ſelbſt bekennet ſich zu dieſerReli -138Von den VeraͤnderungenReligion: Olaus Petri wird von ihm zum Paſtor der Stockholmiſchen Kirche / und ſein Bruder Laurentius Petri Ertz-Biſchoff zu Upſal; wel - chen der Koͤnig ein Fraͤulein von ſeinen eigenen An - verwandten zur Gemahlin giebet; und laͤſſet ſich hernach durch eben dieſen Prælaten Anno 1528 den 12. Januari[i]bey oͤffentlichen Solennien die Krone aufſetzen.

Worauf ein National-Concilium angeſtellet / darinnen die Augſpurgiſche Confeſſion angenom - men / und vor ihre Glaubens-Richtſchnur erkannt / auch der Roͤmiſche Gottesdienſt abgeſchaffet wird.

Nach ſo gluͤcklich geendeter Religions-Affaire fodert der Koͤnig von dem Adel / daß jeder von denen Guͤtern / welche ſeine Vorfahren von den vorigen Koͤnigen / als ein Lehn / unter der Condition an die Krone ein gewiſſes zu zahlen / empfangen / ſolte den geſetzten Tax abtragen; welches bißher wegen Unordnung der buͤrgerlichen Kriege waͤre unterblie - ben: wozu ſich dann auch die Nobleſſe beqve - met / und dadurch die Koͤnigliche Cammer einen groſſen Schatz bekoͤm̃t.

Koͤnig Chriſtiern wirbt immittelſt ſtarck in Hol - land / um wieder in ſeine Koͤnigreiche ſich durch die Waffen und des Kaͤyſers Aſſiſtenz einzuſetzen. Koͤnig Guſtav bekoͤm̃t von dieſem allen durch ſeine Spionen Nachricht: Suchet Alliantzen bey den Lutheriſchen Fuͤrſten in Teutſchland: vermaͤhlet ſich mit des Hertzogs von Sachſen-Lauenburg aͤlteſten Princeßin / und wird das Beylager Anno 1531. den 24. Septembr. in Stockholm mit groſſen Solen - nien vollzogen.

Nur139des Schwediſchen Reichs.

Nur da es vollbracht / erhaͤlt er heimliche Schrei - ben / daß Chriſtiern unterſchiedlich Volck einſchif - fen laſſen / warnet daher den neuen Koͤnig von Den - nemarck Fridericum, wohl auf ſeiner Hut zu ſtehen.

Koͤnig Chriſtiern koͤm̃t mit einer Flotte von zehn tauſend Mann in Norvegen an; wendet ſich nach geſchehener Deſcente gegen Dalecarlien; nimmt Obslo, Carolſtad und Congel ein / ziehet durch dieſen erſten Succeß viel Land-Volck an ſich. Laͤſ - ſet Manifeſte durch gantz Schweden ausſtreuen / daß er bloß gekommen / ſie bey der alten Roͤmiſchen Religion zu ſchuͤtzen: Seine Creaturen breiten auch von ihm aus / daß ihn das Ungluͤck gantz leutſelig / freundlich und from̃ gemacht / und er nicht das ge - ringſte mehr von der vorigen Grauſamkeit an ſich haͤtte. Die Dalecarlier laden ihn ſelbſt in ihre Pro - vintz ein / und verſprechen / vor ihn die Waffen zu er - greiffen / wenn er alle Lutheraner wolte verbrennen laſſen / ſo bald er auf den Thron wieder geſetzet.

Koͤnig Friederich von Dennemarck ſchicket eine Flotte nach Norvegen, in der Abſicht / mit Chri - ſtierns Flotte zu ſchlagen. Sie treffen ſelbige in dem Golfo von Bahus an / fechten mit ſelbigen ei - nen gantzen Tag / verbrennen ſie alle / daß nicht ein Schiff davon koͤm̃t / und ſetzen endlich ihr Volck gluͤcklich an das Land / um Chriſtiern mit ſeiner Ar - mée aufzuſuchen.

Die Schweden ruͤcken auch Chriſtiern auf den Halß; er retiriret ſich in die kleine Stadt Congel, wo ihn und die Seinigen der Hunger faſt mehr als ſein eigener Feind draͤnget. Laͤſſet den Schwediſchen Marſchall Tureiohanſon, der zu ihn uͤbergegan -gen /140Von den Veraͤnderungengen / und ihm die Expedition / Schweden wieder zu erobern ſo leichte gemacht / heimlich hinrichten.

Wie ihn ſeine Soldaten meiſt verlaſſen / und er ſelbſt nichts mehr zu leben hat / beredet ihn der Bi - ſchoff von Odensée, ſich an ſeinen Feind zu ergeben. Friedericus waͤre ſein Anverwandter; ſein Hertz wuͤrde ihm durch das Ungluͤck / ſo ihn ſo hefftig ver - folget / geruͤhret werden / und er auf honorable Con - ditionen Frieden mit ihm machen.

Chriſtiern laͤßt ſich bereden / und nach Coppen - hagen von dem Biſchoff fuͤhren. Allein Koͤnig Friederich will von keinen groſſen Tractaten wiſſen / ſondern laͤſſet Anno 1532. den 2. Auguſt. Chriſtiern auf das Schloß Sonderburg gefangen ſetzen / da er auch gantzer vierzehn Jahr eingeſperret geweſen. Nach Friederici Tode aber / als deſſelbigen Sohn Chriſtiern der III. die Krone aufſetzet / wird er et - was gelinder gehalten / wiewohl er allen Anſpruͤchen auf die Kronen Dennemarck / Schweden und Nor - vegen, auf allezeit abſagen muß / und bekoͤm̃t er darauf das Schloß Coldingen zu ſeiner Reſidentz; Calenburg aber und die Jnſul Sebergard zu ſeinen Revenuën ein; dabey doch ein Gouverneur des Schloſſes geſetzet wird / der auf ſeine Conduite acht haben / und vor ſeine Perſon ſtehen muß.

Koͤnig Guſtavus in Schweden / nachdem er auch dieſen Feind loß iſt / haͤlt er einen Reichstag / und proponiret denen Staͤnden / daß Schweden aus ei - nem Wahl-Koͤnigreiche moͤchte zu einem Erb-Koͤ - nigreiche gemacht werden / um vieler kuͤnfftigen Un - ruhe vorzukommen / welches auch die Staͤnde Anno 1544. durch die Erb-Union / ſo deswegen aufgerich - tet worden / willig eingehen.

Dar -141des Schwediſchen Reichs.

Darauf befoͤrdert er vom neuen die Commercien: laͤſſet auf den Grentzen des Koͤnigreichs Citatellen bauen; wie auch unterſchiedliche Koͤnigliche Luſt - Haͤuſer; reſidiret nicht ſtets an einem Ort; | durchrei - ſet nach und nach alle ſeine Provintzen; haͤlt ſtets ei - nen ſtarcken Hof; unterſchreibet ſelbſt die Befehle; hoͤret die Klagen der Unterthanen gnaͤdig an; ſtraffet mit Nachdruck / regieret in Friedenszeiten ohne einen Premier-Miniſter, wie er in Kriege ohne Genera - len gefochten; hat keinen Favoriten oder Maitreſſe, ſondern bloß die Ehre und den Ruhm zum Zweck nebſt der Gluͤckſeligkeit ſeiner Unterthanen. Seinen aͤlteſten Sohn / Printz Ericum wil er gerne an die Koͤnigin Eliſabeth von Engelland vermaͤhlen / die aber ihn mit freundlichen Auffſchub / gleich wie viele andere Printzen / die bereits um ſie geworben / auf - haͤlt. Printz Eric wil ſelbſt nach Londen deswe - gen reiſen / empfaͤngt aber da er nur in den Hafen zu Elfsburg Schreiben / daß ſein Herr Vater Koͤnig Guſtav geſtorben ſey / muß alſo wieder zuruͤck keh - ren.

Der Autor beſchlieſſet endlich den Tractat von den Schwediſchen Revolutionen durch das herrli - che Lebens-Ende / welches Koͤnig Guſtavus den 29. Septembr. 1560. im ſiebenzigſten Jahre ſeines Alters genommen / ruͤhmet nochmahls / wie viel Schweden dieſem tapfern und klugen Fuͤrſten zu dancken habe / und erzehlet wie alle Untertha - nen ſeinen Abgang mit heiſſen Thraͤ - nen beweinet haͤt - ten.

Februar. 1696. LLes142Die Wuͤrckungen

Les Effets de la Jalouſie, ou la Comteſſe de Chateau-Briant. à Paris 1695. Die Wuͤꝛckungen der Eyferſucht / oder die Graͤſ - fin von Chateau Briant, Paris 1695. An den Leſer.

DIeſe Geſchicht hat viel merckwuͤrdiges in ſich. Sie zeiget unterſchiedliche Staats - und Liebes-Intriguen an den Frantzoͤſiſchen Hofe zu Zeiten Koͤniges Franciſci des Erſten. Jnſonderheit aber bemercket ſie / was allzu ſub - tile Eyferſucht vor Widerwaͤrtigkeiten und Ungluͤck nach ſich ziehe / und wie ein Mann nicht gnugſam koͤnne behutſam gehen / ſeine Frau vor fremder Vertraulichkeit zu verwah - ren / wann ſelbige erſtlich den Vorwitz hat / ihre Schoͤnheit am Hofe bekant zu machen. Sie zeiget auch / wie allzuharter Eigenſinn zu letzt die Tugend ſelbſt ermuͤde / und die Schwach - heit des Geſchlechts denen Nachſtellungen li - ſtiger Buhler preiß gebe; welches alles durch eine anfangs wohlgefuͤhrte Conduite und durch Glimpf beſſer als durch Zwang und Ernſthafftigkeit kan vermieden werden.

DEr Verfaſſer dieſer Liebes-Geſchichte faͤnget ſelbige von der Regierung Franciſci I. Koͤ - niges in Franckreich an / wie ſolcher den Verluſt / ſo das Reich durch Abgang Ludwig des zwoͤlfften erlitten / ſo gluͤcklich wieder erſetzet; und mit ſo trefflichen Qualitaͤten verſehen den Thron be - ſtiegen / daß er zugleich die Liebe und die Hochach - tung der Voͤlcker ſich erworben.

Er143der Eyferſucht.

Er beſchreibet darauf ſeine herrliche Gemuͤths - und Leibes-Gaben ausfuͤhrlich / und wie zwar ſeine vornehmſte Paſſion die Neigung zum Schlagen und Treffen geweſen / dennoch aber nebſt der Tapferkeit er auch eine ungemeine Hochachtung gegen die Da - men bey ſich ſpuͤren laſſen.

Nach dieſen benennet er die Vornehmſten des Hofes: den Hertzog von Alençon, welcher des Koͤni - ges Schweſter / Margaritham von Angoulême geheyrathet / und die als eine Princeßin geruͤhmet wird / daß man zweiffelhafft geblieben / ob man mehr ihre Lebhafftigkeit und durchdringenden Verſtand in affairen / oder die Guͤte ihres Gemuͤths / oder ihre ſeltene Schoͤnheit mehr bewundern ſollen. Die Grafen von Vendomes und Sanct Paul; Endlich Carl von Bourbon, Grafen von Montpenſier, von dem ſo wohl als vor gantz Franckreich es beſſer geweſen / daß man nicht bey ihm ſo gar viel liebens - wuͤrdige Eigenſchafften gefunden: doch habe die Natur ſo viel Bezauberungen und Annehmlichkei - ten ſeiner Perſon geſchencket / daß deren Menge end - lich ſein Verderben befoͤrdert.

Von ſolchen koͤm̃t er auf die beruͤhmteſten Gene - ralen und Feldmarſchalln / welche ſelbiger Zeit dem Frantzoͤſiſchen Staat gedienet: Renatum von Sa - voyen / der Graͤfin von Angoulême Bruder / und des Koͤniges natuͤrlichen Vetter; Ludwig von Tri - mouille, den Groß-Stallmeiſter S. Severin; Lud - wig von Ares, Odet de Foix, Vice-Graf von Lautree, Gaſton de Foix, Herzog von Ne - mours, Thomam de Foix, und Andream de Foix Herrn von Aſparaut; deren Schweſter FranciſcaL 2de144Die Wuͤrckungende Foix geweſen / welche von ſo entzuͤckender Schoͤn - heit / daß es nichts mehr bedurfft / als ſie zu ſehen / um entzuͤndet zu werden.

Unter andern Hoͤflingen aber habe ſich Bonnivet, einer der geſchickteſten Herren in Franckreich / bey dem Koͤnig durch ſeine Liebkoſungen in groſſe Gnade gebracht.

Nach ſolchen waͤren die drey groͤßten Favoriten des Koͤniges Montmorenci, Brion, und Mon - chenu, geweſen: von welchen die Hiſtorie was ſon - derliches bemercket. Als Franciſcus I. noch Her - zog von Valois war / fragte er dieſe drey / wann er zur Regieꝛung kaͤme / was ſich ein ieder von ihm wuͤn - ſchete auszubitten. Montmorenci ſagte: daß ſein Ehrgeitz ſolte vergnuͤget ſeyn / wann er dereinſt ſich Reichs-Marſchall wiſſen ſolte: Brion verlangte die Stelle des Admirals, und Monchenu das Am̃t des Ober-Hoffmeiſters. Franciſcus ſagte es ihnen zu / und als er Koͤnig ward / erfuͤllete er allen dreyen ihren Wunſch / und hielt ſein Wort recht Koͤ - niglich: dieſe drey aber ſtunden in ſo genauem Ver - ſtaͤndniß mit einander / daß man ihr Bindniß nur hernach das Triumvirat nennete.

Unter allen aber ſahe der Graf von Chateau - Briant ihre Erhoͤhung mit mißguͤnſtigen Augen an; welcher wegen ſeiner Qvalitaͤten ſo wohl als hohen Ankunfft dergleichen Rang eben ſo wohl zu verdie - nen meynete: denn er ware aus dem Hauſe de La - val, welches mit den von Alençon, Vandome, Bretagne, Savoyen / Trimouille, und mit denen Koͤnigen von Sicilien und Neapolis vereiniget iſt.

Als er nun zuruͤck ſtehen muͤſſen / war er entſchloſ -ſen /145der Eyferſucht. ſen / ob er zwar wohl noch ſehr jung / ſein Leben vom Hofe entfernet zuzubringen / und ſich eine Gemahlin auszuleſen / von welcher er Erben ſeines Nahmens und ſeiner Herrſchafften erhalten konte.

Es war ein vertrauter Freund des Vice-Gra - fens von Lautree de Foix; ſie klagten beyde einan - der die Unbilligkeit des Vorzugs der andern am Ho - fe / und troͤſteten ſich mit einander.

Der Graf von Chateau-Briant ſiehet einſten in Paris des Vice-Graf von Lautrees Fraͤulein Schweſter Franciſcam de Foix, und verliebt ſich bey den erſten Anblick toͤdtlich in ſelbige. Er entdeckt ihr ſeine Flammen / ſie aber / welche die Sprache der Verliebten noch nicht wegen ihrer Jugend verſte - het / laͤſſet ihm weder æſtim noch Verachtung auf dieſes Eroͤffnen ſpuͤren / ſondern erklaͤret ſich allein / daß ſie von den Willen ihrer Herꝛen Bruͤder depen - dire / die entweder ihr gutes oder boͤſes Schickſal zu wenden koͤnten / und dem ſie gehorſamen wuͤrde. Dem Grafen gefaͤllt dieſe Erklaͤrung: Er redet mit dem Herrn von Lautree davon; und dieſer vergnuͤ - get ſeinem Freunde zu dienen veꝛſpricht ſie ihm.

Er traͤget ſolche Partie ſeiner Fraͤulein Schwe - ſter vor / ſie ergiebt ſich ſeiner Wahl / ob ſie wohl den Grafen von Chateau-Briant weder gut noch ge - haͤßig iſt. Die andern Bruͤder werden auch in die Berathſchlagung gezogen; ſie halten den Vortrag genehm / und man dencket auf eheſte Vollziehung dieſer Heyrath.

Der Graf von Chateau-Briant verlanget aus angebohrner Eyfferſucht / daß die Bermaͤhlung ohne groſſes Gepraͤnge vor ſich gehen ſolle. Man accom -L 3modi -146Die Wuͤrckungenmodiret ſich nach ſeiner Zaͤrtligkeit / und ſo bald die Hochzeit voruͤber / ſuchet er ſeine junge Gemahlin den Augen des Hofes zu entziehen / und ſie mit ſich in Bretagne nach Chateau-Briant zu nehmen. Doch ein oͤffentliches Feſt / ſo am Hofe ſoll gehalten werden / verhindert ihn / daß er ſolches Abſehen nicht ſo fort vollziehen kan.

Koͤnig Franciſcus I. will mit ſeiner Gemahlin der Koͤnigin kurtz nach ſeiner Kroͤnung einen ſolen - nen Einzug in Paris halten; dieſe Zeitung beunruhi - get den Grafen von Chateau-Briant uͤber die maſ - ſen / weil er nicht leiden kan / daß die Schoͤnheit ſeiner Gemahlin ſo vieler ihrem Anſchauen ausgeſetzet ſey / die nur ſuchen / Galanterien zu machen. Doch darf er ſich nicht mercken laſſen / dieſes ſolenne Schauſpiel nicht abzuwarten / damit er nicht wegen ſeiner allzu - ſorgfaͤltigen Eyferſucht des Hofes Spott werde.

Monſieur von Lantree vermehret ſeinen Kum - mer / als er ihm die Nachricht giebet / daß die Koͤnigin und Madame von Augouleme ihm gantz freund - lich befraget / waꝛum ſeine neue vermaͤhlte Schweſter ihnen noch nicht die Reverentz gemachet. Dieſer Vorwurf geſchiehet in der Graͤfin Gegenwart / wel - che begierig ſich am Hofe ſehen zu laſſen / ihren Ge - mahl verweiſet / daß er ſie noch nicht zur Koͤnigin ge - hen laſſen. Er antwortet ziemlich froſtig; ſie moͤge zu ihr gehen / wann ſie wolte: worauf ſie dann auch dieſe Viſite ableget.

Die Koͤnigin empfaͤnget ſie mit aller Gnaden - Bezeugung; wie auch Madame von Angouleme ſie gantz freundlich bewillkommet. Der Koͤnig koͤm̃t kurtz darauf in das Zimmer / von Monſieur Bour -bon147der Eyferſucht. bon und andern Groſſen des Hofes begleitet. Er wird von der Graͤfin Schoͤnheit geruͤhret / und ſie noch mehr von ſeiner Majeſtaͤt und Annehmlichkei - ten. Sie kan nicht ermuͤden / ihn anzuſehen / und ie laͤnger ſie ihn betrachtet / ie mehr Vollkommenheiten findet ſie an ihm. Sie henget ihrer Regung vergnuͤ - get nach / unwiſſend / was ſolche Freyheit vor gefaͤhr - liche Wuͤrckung hervor bringen wuͤrde. Viel von der Geſellſchafft mercken ihre Empfindlichkeit / und der Koͤnig / nachdem er ihr ſehr freundlich zugeſpro - chen / begiebt ſich endlich mit ſeinen Courtiſanen wie - der fort.

Einige der Damen bleiben mit Monſieur von Bourbon und dem Herrn von Montmorency zu - ruͤck. Man redet von intereſſirten Heyrathen / und wie ungluͤcklich diejenigen waͤren / welche zuſammen kaͤmen / und eines das andre nicht leiden moͤchte. Woruͤber die Graͤfin Chateau-Briant eine ihr ſonſt unbekante Gemuͤths-Unruhe empfindet.

Solche vermehret ſich / als ſie nach Hauſe koͤm̃t / und der Sache weiter nachdencket / warum ihr Ge - mahl ſie ſo geſchwinde vom Hofe entfernen will; welcher doch ihr ein weit angenehmer Aufenthalt zu ſeyn ſchiene / als der euſerſte Winckel einer Pro - vintz. Doch weil ſie von Jugend an auf dem Lande erzogen / befriedigte ſie endlich vor dißmahl ihre Ge - dancken.

Der Graf / ihr Gemahl / hat kaum ihre Wieder - kunfft von Hofe vernommen / als ſich ſein Kummer vergroͤſſert. Er fliehet ihr Geſicht / als wenn er ſie nicht mehr leiden koͤnte / oder ihr was groſſes zu wi - der gethan haͤtte. Endlich begiebt er ſich zu ihr / ſieL 4befra -148Die Wuͤrckungenbefragend / wie es ihr am Hofe gefallen haͤtte? Sie ruͤhmet ſolchen / und lobet / mit was Guͤtigkeit ſie von der Koͤnigin wie auch Madame d’Angoulême waͤre tractiret worden. Endlich geſtehet ſie ihm / daß ſie ungern aus Pariß zoͤhe / und ſo gar ge - ſchwind ſich in Bretagne gleichſam ſolte verban - nen laſſen.

Dieſe letztere Bekaͤntniß richtet in des Grafen Gemuͤthe neuen Sturm an: doch er verbirget ſol - chen / mit Verſprechen / ſie wolten bald wieder nach Pariß zuruͤck kehren. Vor dißmahl aber waͤre es noͤthig / daß ſie beyde nach Bretagne reiſeten / weil doch viele ihrer Anverwandten ſie zu ſehen hoͤchlich verlangeten / auch ſeine Hauß-Geſchaͤffte ſolche Da - hinkunfft erfoderten. Jndeſſen behaͤlt er das heim - liche Vorhaben / ſie niemahls wieder an Hof zu laſ - ſen / weil ſolcher ein allzu gefaͤhrlicher Ort vor eine ſo junge und auf dem Lande in aller Unſchuld erzoge - nen Dame waͤre.

Den Tag darauf gehet des Koͤniges praͤchtiger Einzug vor ſich. Die Graͤfin de Chateau-Briant ſiehet ſelbigen nebſt andern Damen zu: Und da der Koͤnig in dem vortrefflichſten Ausbutz koͤmmt / erroͤthet ihr gantzes Geſicht / und ſie fuͤhlet eine ſonſt ungewoͤhnliche Regung in ihrem Hertzen. Sie folget ihm mit den Augen / ſo lange ſie ihn ſehen kan / und nachdem er aus ihrem Geſicht ge - kommen / verharret ſie noch eine geraume Zeit in einer tieffen Betrachtung; welche ihrer Freyheit ein ſehr gefaͤhrlich Vergnuͤgen giebet.

Den149der Eyferſucht.

Den andern Morgen wird ein Turnier und ein Ring-Rennen gehalten; dem ſie wieder begierig zuſiehet / und weil der Koͤnig mit der geſchickteſten Art ſich dabey am tapfferſten und vortrefflichſten er - weiſet / ſo verwickelt ſie ſich vollends ſo ſehr in deſſen Hochachtung / daß ſie inſtaͤndig wuͤndſchet / ihren Gemahl dahin zu bereden / noch eine Zeitlang mit ihr in Pariß zu verziehen.

Doch er iſt nicht dahin zu bringen / ſondern ſie muß mit ihm fort. Den gantzen Weg befindet ſie ſich in euſſerſter Traurigkeit. Er / der es der Ver - laſſung des Hofes und Entfernung von ihren Bruͤ - dern zuſchreibet / troͤſtet ſie auf das beſte. Doch alle ſeine Diſcourſe dienen zu nichts / als ihre Unluſt zu vermehren.

Sie langen zu Chateau-Briant gluͤcklich an. Der umliegende Adel und Damen geben ihnen taͤg - lich Viſiten. Doch die Graͤfin ſuchet ſtets die Einſamkeit. Sie fraget ihr Hertz offt um deſſen warhafftige Urſach / kan ſie aber noch nicht recht er - forſchen.

Einsmahls ladet ſie des Grafen Vetter / der Herꝛ de la val, deſſen Schloß nicht weit von Cha - teau Briant gelegen / ein / daß ſie doch ihn beſu - chen moͤchten / um eine neue Gallerie zu beſchau - en / wo hinein er das merckwuͤrdigſte / ſo die Jahr daher am Hofe paſſiret / habe mahlen laſſen. Die gantze Geſellſchafft habe ſich an den anmuthigen Schildereyen ergoͤtzet / davon die letztern zwey den Einzug und die Kroͤnung Franciſci I. vor - geſtellet. Da denn eine von denen DamenL 5an -150Die Wuͤrckungenanfaͤnget / daß kein Pinſel die Majeſtaͤt und Anmuth dieſes Printzen gnugſam zu bezeichnen faͤhig waͤre.

Mit dieſen Urtheil ſtimmen die andern alle uͤber - ein: nur allein die Graͤfin Franciſca oder von Cha - teau-Briant giebt kein eintzig Wort dazu: endlich ſagt eine Dame ſchertzend: Und wann ich unter al - len Cavallieren / ſo hier abgemahlet / einen vor mich erwehlen ſolte / und man gleich alles von dem Koͤnige hinweggenommen / was ihn von den andern wegen der Hoheit ſeines Standes unterſcheidet / wuͤrde ich ihn dennoch allen vorziehen.

Die Geſellſchafft lachet uͤber ſolche Erklaͤhrung: wobey die Graͤfin de Chateau-Briant theils Ver - gnuͤgen / theils Unruhe empfindet. Sie iſt zu frie - den / daß man dieſes Printzen Verdienſten ſein Recht thut; und auch dabey kan ihre Eyferſucht nicht wohl leiden / daß eine andere als ſie ihn liebens wuͤrdig be - findet.

Als ſie wieder nach Hauſe koͤm̃t / geraͤth ſie in neue Unruhe: Sie erkennet / daß ſolche von der Liebe ge - gen den Koͤnig herkomme / und daß ſie ſich an ihren eigenen Gemahl ohne Zuneigung vermaͤhlet; dahero ſie folgende Klagen fuͤhret: So bin ich dann in den erbaͤrmlichen Zuſtande geſetzet? Jch habe einen rech - ten Abſcheu vor meinen Mann. Mein Hertz iſt von einer hefftigen Leidenſchafft angefuͤllet: aber welche Leidenſchafft! welche Beſchaͤfftigung derſelben! was will ich? was fodere ich doch? Jch Ungluͤckſee - lige! Jch beklage mich darum / daß mich Monſieur de Chateau-Briant ſo geſchwind vom Hofe reiſen wolte; ich beſchuldigete ihn einer Tyranney und Gr[a]uſamkeit: Ach! wie bin ich gegen mich ſelbſtweit151der Eyferſucht. weit grauſamer? Was war mein Abſehen? wolte ich meine Scham und meine Verwirrung der gan - tzen Welt vor Augen legen? wolte ich mich einer of - fenbahren Gefahr preis geben? Endlich wolte ich mich ſelbſt ins Verderben ſtuͤrtzen? Aber was darf ich wohl ſagen? koͤnte ich mir wohl einbilden / daß dieſer Printz an mich gedacht / und daß ich zu weilen ſein Gemuͤth koͤnnen unterhalten? wenn er gewahr worden / was ich ſeinetwegen empfinde / wozu haͤtte es gedienet / als daß er uͤber meine Schwachheit ge - lachet / oder mich verachtet / wann er noch ſo guͤtig ge - weſen / groͤſſeren Kummer mir zu erſpahren? Dieſes iſt alles / was ich hoffen kunte: Suͤſſe Entziehung / an - genehme Einſamkeit! wie hebet ihr an mir lieb zu werden. Jch kan zum wenigſten allhier alle meine Schmertzen in euch verſchlieſſen. Es wird mir doch zuweilen vergoͤnnet ſeyn / mich ohne Aufmercker zu beklagen. Jch kan allhier die traurige Leidenſchafft / ſo mich zerreiſſet / verbergen. Ach wie gluͤckſeelig waͤre ich / wenn ich ſolche Zeit lebens vor meinen Manne auch verſtecken koͤnte. Doch warum ver - ſtecken? wir wollen lieber darauf dencken / ſolche gantz und gar auszuloͤſchen. Die Abweſenheit und das entfernen ſeynd dieſe nicht ein ſtarckes Mittel dazu? Laſſet uns alle meine Tugend zu huͤlffe rufen. Monſieur de Chateau-Briant ſey hinfuͤhro die eintzige Beſchaͤfftigung meiner Gedancken und mei - ner Zuneigung.

Als ſie in dieſen Klagen begriffen / koͤm̃t ihr Ge - mahl gleich in das Zimmer / ſagend / wie er Briefe von ihrem Herrn Bruder empfangen / dabey welche an ſie waͤren / die er ihr giebet. Sie lieſet ſolche inhoͤch -152Die Wuͤrckungenſter Gemuͤths-Verwirrung / daß ſie auf keine Zeile recht achtung giebet / und kan ſich zuletzt / weil ſie gantz aus ſich ſelbſt geſetzt / der Thraͤnen nicht enthalten.

Jhr Mann fraget ſie / was ihr fehle: Sie umar - met ihn weinend / und ſaget mit einem beweglichen Seufzer: daß die Zaͤrtlichkeit des Gebluͤts dieſe Thraͤnen wegen ihres Bruders / der an ſie geſchrie - ben / hervor zoͤge.

Der Graf giebt ihr Troſt; daß ihn der Himmel auch in dieſer neuen Expedition in ſeinem Schutz nehmen wuͤrde / weil er ihn aus ſo manchen Gefaͤhr - lichkeiten geriſſen. Dieſes ſaget er darum / weil ihn Monſieur Lautree geſchrieben / daß der Koͤnig den Titul des Herzogs von Milano angenommen / und mit ſeiner Armee perſoͤnlich aufbrechen wuͤrde / um ſolches Herzogthum wieder an ſich zu bringen; alſo er dieſem Zuge gleichfalls beywohnen muͤſte.

Franciſca nim̃t dieſe Nachricht aufmerckſam an / weil ſie zuvor in Durchleſung ihres Briefes kei - ne acht darauf gehabt. Und ſie faſſet gleich daraus den Vortheil / daß wenn ſie hinfuͤhro nicht vermoͤ - gend genug waͤre / ihre Liebes-Flammen gaͤntzlich auszuloͤſchen / ſie doch ihre Gemuͤths-Unruhe mit der Furcht wuͤrde entſchuldigen koͤnnen / daß ihrem Bru - der bey der Armee was uͤbels begegnen moͤchte.

Doch bemuͤhete ſie ſich / das Andencken des Koͤ - niges gantz aus ihrem Hertzen zu verbannen; und will auch ihren Augen alle Gelegenheit entziehen / welche ihr die Erinnerung dieſes von ihr ſo hefftig geliebten Printzen geben koͤnte. Weil ſie nun in ihrem Gemach gleich gegen der Thuͤre uͤber ſein Bildniß ſtehen hat / nimt ſie ſolches herunter / undwill153der Eyferſucht. will das Portrait ihres Mannes davor hinſetzen. Wie ſie aber ſolches in der Hand haͤlt / kan ſie nicht umhin / es von neuen auf das allergenaueſte zu be - trachten; und findet ſo viel bezaubrende Lieblichkei - ten in den Zuͤgen dieſes Majeſtaͤtiſchen Geſichts / daß ſie ſeuftzen muß / endlich aber gar in einer ſuͤſſen Ohnmacht niederſincket.

Da eine ihrer Bedienten ſie alſo liegen findet / machet ſie Lermen / die Graͤfin ſey todt. Jhr Ge - mahl kommt zugelauffen; nim̃t ſie in die Armen; laͤſſet ſie anſtreichen; fraget nach ihren Ubel. Sie aber antwortet | durch nichts als durch Seuffzer. Er ſiehet des Koͤniges Bild auf der Erden neben ihr liegen: ſeine Eyferſucht ſinnet der Sachen nach / und entdecket ein gutes Theil der Warheit: Er wird darauf ihr und ſein eigener Tyrann: Suchet ſteten Anlaß von dem Koͤnig zu reden / mercket ihre Bewegung an. Sie zwinget ſich vergeblich / ſol - che zu verſtellen / und verraͤth ſich offt durch die Farbe.

Endlich machet den Grafen von dieſem ihren ge - heimen Affect vollends ein Brief gewiß / welcher von der Armee kommt / daß die Schweitzer auff Beredung des Cardinal Sion von Franckreich ab - getreten / und des Herzogs Sforcia ſeine Partie angenommen / und bey Marignan mit dem Koͤnig geſchlagen. Die Schlacht habe biß vier Stun - den in die Nacht hinein gewaͤhret / und der Koͤnig mit erſtaunenden Heldenmuthe gefochten. Er ha - be nur einige Stunden gantz gewaffnet ſich an eine Canone lehnend geſchlaffen / und von Durſt hefftig geqvaͤlet / kothig Waſſer getruncken / daher er einegrau -154Die Wuͤrckungengrauſame Colicam bekommen. Den anbrechenden Morgen ſey das Treffen von neuen angegangen / die Frantzoſen durch die tapfere Conduite des Koͤniges das Feld behalten / und ſechstauſend Schweitzer auff den Platze geblieben. Die Stadt und das Schloß Milano haͤtten ſich darauf ergeben / und der Koͤ - nig ſich darauf zu Bononien mit dem Pabſt unter - redet / werde nun eheſtens wieder zu Saint Germain ankommen / und habe feſt verſprochen / daß ſo dann des Hertzogs von Alençon ſein Beylager mit des Koͤniges Schweſter / Mademoiſelle d’Angoulê - me, ſolle vor ſich gehen.

Dieſes Schreiben giebt der Graf ſeiner Gemah - lin zu leſen / die ihre Bewegungen dabey nicht ver - bergen kan; ſonderlich / da es dahin koͤmmt / daß der Koͤnig von einer ſo hefftigen Colica waͤre befallen ge - weſen. Er beſchließt alſo heimlich / daß ſie Zeit ih - res Lebens nicht wiederum an Hof kommen ſolte.

Jmmittelſt ſiehet er ſich doch genoͤthiget / wegen ei - nes wichtigen Proceſſes / welcher ein groſſes Theil ſeiner Guͤter betrifft / dahin zu reiſen: doch weil die Graͤfin hoch ſchwanger iſt / verziehet er noch biß zu ih - rer Niederkunfft / da ſie ihn dann mit der Geburth eines wohlgeſtalten Fraͤuleins erfreuet.

Nachdem die Graͤfin ſich von der Ermattung die - ſes gluͤcklichen Zufalls erholet / nim̃t er die Reiſe vor. Weil er aber muthmaſſet / man werde ihm antra - gen / daß er doch ſeine Gemahlin auch ſolte nach Ho - fe kommen laſſen / um die Solennitaͤten des Beyla - gers des Hertzogs von Alençon und der Mademoi - ſelle d’Angoulême zu ſehen / und gleichwohl nicht die Nachrede haben will / als verbiethe er es ihr ausEyfer -155der Eyferſucht. Eyferſucht zu kommen / ſo erſinnet er ein ander Mit - tel / daß ihm dieſe Verwirrung benim̃t; und das ſei - nen eigenſinnigen und eyferfuͤchtigen numeur an - ſtaͤndig iſt.

Er laͤſſet einen guͤldenen Ring machen / welchen man in zwey gleiche Theile kan von einander neh - men / und auch gantz genau wieder zuſammen ſchlieſ - ſen: davon gibt er ein Theil ſeiner Gemahlin / das andere behaͤlt er vor ſich; und bittet ſie auf das in - ſtaͤndigſte / weil er auſſen waͤre / ja zu Chateau - Briant zu verbleiben / und ihres koſtbaren Liebes - Pfandes / des kleinen Fraͤuleins / wohl wahr zu neh - men. Und moͤchte er von Pariß an ſie ſchreiben / wie er immer wolte / daß ſie dahin kom̃en ſolte / duͤrff - te ſie dieſes doch nicht vor ſeinen Ernſt halten / ſon - dern koͤnte ſich in der Antwort nur allezeit entſchuldi - gen: Es waͤre dann / daß er ihr die Helffte des Rin - ges / ſo er mit ſich naͤhm / zugleich in dem Brieff ſchi - ckete / alsdenn koͤnte ſie ſich auf den Weg machen / und ſo dann zu ihm reiſen.

Die Graͤfin bey dieſem Antrag gantz ſtutzig / nim̃t die Helffte des Ringes an / und kan vor Thraͤnen nicht mehr als dieſes antworten: Jch will gehorſa - men / mein Herꝛ.

Nach des Grafens Abſeyn hat ſie die Freyheit al - len Sachen mehr nachzudencken: ſonderlich beun - ruhiget ſie / daß ihr Gemahl alle ihre Paßion gegen dem Koͤnig gemercket: darum ſie dann auch ſich ent - ſchlieſſet / ihm auf den Fuß nachzureiſen / alles ihm zu offenbahren / und weil ſie nur durch Gedancken ihn beleydiget / zu bitten / daß er ihr eine Regung / dazu ſie ohne alles Vermuthen gebracht worden / nunaber156Die Wuͤrhungenaber gaͤntzlich niederſchlagen wolte / vergeben moͤchte.

Doch ſie wird anders Sinnes / und haͤlt ſich vor ihre Sehnſucht dasjenige zu ſehen / was ſie ſo eu - ſerſt liebe / uͤberrede ſie nur durch ſolchen Vorwand / ihren Manne nachzureiſen. Sie wolle unter fal - ſchen Empfindungen der Tugend bloß ihre Schwachheit verſtecken: Es waͤre beſſer geweſen / wann ſie ſolche ihrem Manne mit mehrere Behut - ſamkeit verborgen gehalten.

Wie nun der Graf de Chateau-Briant nach Paris komt / und am Hofe wegen des erhaltenen Sieges ſo wohl als wegen des Beylagers des Her - tzogs von Alençon mit Mademoiſelle d Angou - lême groſſe ſolennitaͤten vorgehen / fraget einjeder / warum er ſeine Gemahlin nicht mitgebracht / da zu - mahl der Carneval angehet / und allerhand Luſtig - keiten vorgenommen werden. Er entſchuldiget es mit ihrem Eigenſinn: die Cavalliere aber / und ſon - derlich der Admiral Bonnivet, nim̃t ſich ihrer an / und giebt ſeiner Eyferſucht die Schuld. Doch der Graf conteſtiret hoch / daß es an ihm nicht laͤge: Sie habe einmahl ſo groſſe Luſt zum Landleben / als woran ſie von Jugend auf gewehnet / daß ſie auch davon nicht abzubringen.

Seine Freunde wollen doch mit dieſer Ausflucht nicht zu frieden ſeyn; ſondern ſagen: wenn er ihr in rechtem Ernſte befaͤhl / zu kommen / wuͤrde ſie nicht auſſenbleiben. Er / um ſie zu uͤberfuͤhren / laͤſſet Fe - der und Dinte langen; bittet / ſie ſollen ihm den Brief ſelbſt dictiren / wie ſie immer wollen / er wol - le ihn an ſie ſchreiben / und hernach den Brief fort -ſchicken157der Eyferſucht. ſchicken laſſen / wen ſie ſelbſt zum Bothen erwehlen wolten. Solches geſchiehet; allein die Graͤfin ſchrei - bet an ihren Gemahl zuruͤck: Er moͤchte nur alles Bitten einſtellen: denn ſie einen ſo feſten Entſchluß gefaſſet / auf dem Lande allezeit zu bleiben / daß ſie nichts dahin bringen ſolte / ſolche Reſolution zu aͤn - dern.

Jn dieſem Stande bleiben die Sachen eine Zeit - lang: endlich iſt der Graf das Werckzeug ſeines ei - genen Ungluͤcks: Er fraget ſtets ſeinen Cammer - diener / ob auch noch der halbe Ring in dem Schreib - Kaͤſtlein laͤge? Dieſen wundert die groſſe Sorgfalt ſeines Herꝛn wegen einer Sache von ſo geringem Werthe / und weil er bey ihm viel gilt / nimmt er die Freyheit zu fragen / woher Jhre Gnaden das ge - ringe Stuͤcklein Gold ſo hoch hielten? worauf der Graf ihm eroͤffnet / wie daran die Ruhe ſeines Le - bens hienge: maßen ſeine Gemahlin nicht wuͤrde nach Pariß kommen / er moͤchte ſchreiben / was er wolte / wenn ſie nicht die Helffte dieſes Ringes / als das Merckmahl / daß es ſein voͤlliger Ernſt waͤre / in dem Brieffe mitgeſchicket bekaͤme.

Dieſes Geheimniß eroͤffnet der Cammerdiener dem Admiral, der ihn wohl beſchencket / und ver - ſpricht / ihm davor gute Befoͤrderung zu ſchaffen. Auf ſein Angeben muß auch dieſer Verraͤther den halben Ring aus dem Schreib-Kaͤſtlein des Gra - fens heimlich nehmen / und dem Admiral bringen / der ſo fort durch einen Goldſchmied eben dergleichen machen laͤßt; welches durch des Grafens Diener wieder an vorigen Ort geleget wird: darauf be - ſchuldiget man vom neuen bey einem Banqvet denFebruar. 1696. MGra -158Die WuͤrckungenGrafen eines Eigenſinnes und Eyferſucht / daß er ſeine Gemahlin nicht nach Pariß kommen lieſſe: Er wirfft wieder alle Schuld auf ſie; der Admiral ſagt: Er koͤnne ſich nicht einbilden / daß eine ſo junge und ſchoͤne Dame ſolte einen ſolchen Abſchen vor dem Hofe tragen; wenn er ihr nicht ausdruͤcklich verbo - then / ihm nachzukommen. Der Graf wendet ein; daß er ihr ja / auch bey itziger Anweſenheit / genug - ſam geſchrieben / ſich einzufinden: der Admiral a - ber bathe ſich aus / daß er nur ihm einen Brieff in die Feder dictiren moͤchte / ſie ſolte bald kommen. Der Graf gieng alles ein. Er ſchrieb / was ihm der Admiral vorſagete; der zuletzt den Brieff nahm / damit ins Cabinet gieng / und ehe er ihn verſiegelte / das fatale Stuͤck des halben Ringes ohne des Gra - fens Vorbewuſt / hinein legete / und ihn alſo fort - ſendete.

Der Admiral breitet darauf an dem gantzen Ho - fe die eheſte Ankunfft der Graͤfin Franciſca von Chateau-Briant aus / und erzehlet in Geheim dem Koͤnige / was er dem Grafen vor eine Tour ſpielete; welches beym Koͤnige ein brennendes Verlangen machet / die Graͤfin wieder zu ſehen.

Dieſe wird uͤber den empfangenen Brieff von ih - rem Gemahl nicht wenig verwirret / weil ſie den hal - ben Ring / als das Zeichen / daß ſie in Ernſt nach Pa - riß kommen ſoll / darinnen findet. Sie weiß nicht / wozu ſie ſich entſchlieſſen ſoll; weil ſie befuͤrchtet / wann ſie den Koͤnig zu Geſichte bekaͤm / moͤchte ſie ihre Liebe zu ihm vor den Augen des gantzen Hofes verrathen: da ſie ſelbige auch in der weiteſten Ent - fernung von ihm nicht verbergen koͤnte / und an ſol -chen159der Eyferſucht. chen Oertern entdeckete / die ihrer Unſchuld und er - ſchuͤtterten Tugend zur Freyſtadt dienen ſolten. End - lich nim̃t ſie ſich doch vor / ihres Mannes Ordre zu folgen / und nach Pariß ſich aufzumachen / in der Abſicht / es ſoll die Furcht vor denſelben ihr ſchon da - zu dienen / daß ſie des Koͤniges Gegenwart vermeide.

Jhre Ankunfft in Pariß ſetzet den Grafen von Chateau-Briant in erſtaunende Beſtuͤrtzung: wie Madame, ſchrie er bey ihrem erſten Anblick / wie ſehe ich euch hier? worauf er gleich nach ſeinem Ca - binet laͤufft / das Schreib-Kaͤſtlein oͤffnet / und die Helffte des Ringes ſuchet: Er findet ſolche / nim̃t ſie heraus / und zeiget ſie ihr. Aber er wird noch mehr betroffen / als ſie zwey andere Helfften / die eben alſo ausſehen / dagegen aufweiſet. Er bleibt lange Zeit unbeweglich / endlich rufft er verzweiff - lend aus: Ach! nun iſts aus mit mir; ich bin ver - lohren Madame: Adieu, ich verbiethe euch aus - druͤcklich / daß ihr mir nicht folget. Jndem er alſo redet / machet er ſich als ein Blitz fort / und immer nach Chateau-Briant zu / um daſelbſt ſeinen Kum - mer einzuſchlieſſen. Die Graͤfin / ſo zuruͤck gedlie - ben / befindet ſich in nicht geringerer Verwirrung / und weiß nicht / was ſie aus dieſer Begebenheit ſchlieſſen ſoll. Endlich muthmaſſet ſie doch / man muͤſſe ihres Mannes Eyferſucht gemercket / und mit der Helffte des Ringes / den ſie in ſeinen Haͤnden geſehen / da gleichwohl ihr auch eine Helffte zu der ihrigen zugeſchicket worden / einen Poſſen geſpieler haben.

Sie eroͤffnet ſolches ihrem Bruder / dem Grafen von Lautree, welcher gleich argwohnet / der Ad -M 2miral160Die Wuͤrckungenmiral muͤſſe darhinter ſtecken / und daher ihm nebſt ſeinen andern zweyen Bruͤdern noch mehr feind wird. Die Graͤfin befragt ihn / ob er es nicht vor gut hielt / daß ſie gleich ihrem Manne nachreiſete; dieſer aber will nicht dazu rathen / ſondern ſie ſolle erſtlich ſchreiben; wo dieſes nicht helffen wolte / ſo wolle er / der von Lautrée, ſelbſt zu ihm nach Cha - teau-Briant reiſen / um ihn auf gute Gedancken zu bringen: anitzo aber / da der Graf nicht da / waͤre es hochnoͤthig / daß ſie an ſeine ſtatt ihres ſchweren Proceſſes wegen in Pariß verzoͤge.

Lautree und die Graͤfin ſchicken die verpflichte - ſten Brieffe an den Grafen ab; aber er gibt keine Antwort als nur ſo viel / ſie moͤchten ins kuͤnfftige ihm nur nicht mehr zuſchreiben. Lautree reiſet dar - auf ſelbſt nach Chateau-Briant, um zu verſuchen / ob er ſeine Schweſter bey dieſem wunderlichen Kopffe wieder ausſoͤhnen kan: Aber nach vielen Vorſtel - lungen laͤſſet er ſich endlich heraus: Er wolle von ihr weder wiſſen noch hoͤren; und waͤre er in ſolcher Verzweifelung / daß er ſich nicht zu verſprechen ge - trauete / ſie ſeiner Rache unaufgeopffert zu laſſen / wenn ſie in ſein Geſichte kaͤme.

Monſr. Lautree durch ſolche anzuͤgliche Worte gegen ſeine Schweſter bewogen ſaget dem thoͤrichten Grafen nichts mehr / ſondern begiebt ſich wieder nach Pariß. Als er wieder nach Pariß koͤm̃t / ſagt er der Graͤfin / daß mit einem ſo tollen Menſchen / der wohl verdienete / daß man ihn an Ketten legete / nichts anzufangen waͤre.

Nichts deſtoweniger entſchlieſſet ſich Franciſca, wieder heimlich nach Chateau-Briant zu kehren / esmoͤge161der Eyferſucht. moͤge ihr auch begegnen / was ihr nur immer wolle. Allein der Koͤnig / dem der Admiral die gantze Hi - ſtorie erzehlet / laͤſſet ihr ausdruͤcklich die Ruͤckkehr verbieten / mit der Erinnerung / man wundere ſich / daß ſie noch nicht Zeit ihres Anweſens weder die Koͤnigin / noch Madame d’Angoulême gegruͤſſet.

Durch dieſen Befehl wird Franciſca in noch groͤſſere Verwirrung geſetzet. Doch duͤncket ihr / ſie duͤrffe demſelben nicht zu wider leben. Sie war - tet der Koͤnigin auf / woſelbſt ſich der Koͤnig gleich - falls einfindet. Er redet wenig mit ihr; und ſie be - giebt ſich von dar zu Madame d’Angoulême.

Der Koͤnig hat ſich ſterblich in die Graͤfin verlie - bet / ob er ſich gleich wegen der Koͤnigin Anweſen - heit ſolches nicht mercken laſſen. Er vertrauet ſeine Paſſion dem Admiral, und ehe er es der Graͤfin ſelbſt entdecket / ſo laͤſſet er durch einen ſolennen Ar - reſt ihrem Gemahl / dem Grafen / alle die Guͤter zu - erkennen / darum er bißher ſo einen ſchweren Proceß gefuͤhret hat.

Die Graͤfin meidet darauf des Koͤniges Gegen - wart; Er mercket ſolches / ſuchet ihre Geſellſchafft / und da er ſie findet / ſaget er zu ihr: Jhr fliehet mich / Madame, ich weiß es wohl. Jch will aber euch nicht vorwerffen / daß das ſchlecht die Gnade erkennen heißt / die ich euch in Ertheilung der geſchwinden Gerechtigkeit in eurem ſchweren Proceß erwieſen. Aber Madame, ich liebe euch / und mein Hertz ver - ehret euch mit der zaͤrtlichſten Leidenſchafft / ſo ein treuer Amant empfinden kan; ja ich bin bereit / euch davon die deutlichſten Kennzeichen zu geben / ſo ihr nur verlangen koͤnnet.

M 3Nach -162Die Wuͤrckungen

Dieſe Erklaͤrung drunge der Graͤfin biß in die Seele. Sie hielt ihre Augen gantz niedergeſchla - gen / aus Furcht / wann ſie ſie aufhuͤbe / des Koͤni - ges Blicken zu begegnen. Endlich bath ſie Jhre Majeſtaͤt / ihr zu erlauben / daß ſie wieder zu ihrem Manne reiſete / und ihm die frohe Nachricht von Gewinnung ſeines Proceſſes braͤchte. Allein ſie kunte ſolches nicht erhalten.

Nachdem ſie wieder allein / hatte ſie Zeit des Koͤ - niges ehꝛerbietigen Liebe nachzuſinnen. Sie ſchmecke - te bey ſich die gefaͤhrliche Vergnuͤgung zu gehorſa - men und am Hofe zu bleiben. Die Gnade ſo ihr der Koͤnig gethan / und die er ins kuͤnfftige zu bezeugen verſprochen / waren in ihrem Gedaͤchtniß ſtets gegen - waͤrtig. Sie hielt ſich ſelbſt vor grauſam / wann ſie mit Unempfindlichkeit einen Printzen bezahlen wol - te / welcher kein ander Veꝛlangen hatte / als nur ihr zu gefallen / und alles vor ſie aufzuopffern.

Hingegen ware ſie gantz unvergnuͤgt / wenn ſie ge - dachte / mit was vor unziemlichen Traetament ihr ihr Mann begegnet; ſie hielt dahero davor / daß ſie nicht laͤnger verbunden / ſich ihm ſo gar ſehr zu ſubmitti - ren. Doch endlich kame ſie von dieſen Gedancken wieder zuruͤck / und ſchrieb an den Grafen / wie er den Proceß durch die Gnade des Koͤniges erhalten / und moͤchte er doch ohne Saͤumniß wieder zuruͤck nach Paris kommen / um ſeiner Majeſtaͤt deswegen Danck zu ſagen; oder / ſo er dieſes abſchluͤge / ihr vergoͤnnen / daß ſie alleine nach Chateau-Briant zu - ruͤck kehren duͤrffte.

Dieſer Brief gibt den Grafen Anlaß zu Vergroͤſ - ſerung ſeiner Eyferſucht; indem er nicht anders mey -net /163der Eyferſucht. net / als daß die Erkentlichkeit ſeiner Frauen noch vor der Wolthat des Koͤniges / ſo ihm in Gewinnung des Proceſſes wiederfahren / bezeiget ſey. Und daher will er lieber alle ſeine Guͤter verlieren / als durch ein ſo ſchimpfliches Mittel erhalten. Kurtz / er iſt durch dieſe Einfaͤlle dazu gebracht / daß er ſeiner Gemahlin gar nicht antwortet.

Jmmittelſt laͤſt der Koͤnig bey Madame d’An - goulême vor die Graͤfin von Chateau-Briant ein Zimmer zu rechte machen / weil er beſorget / ſie moͤch - te ſonſt doch ohnerachtet ſeines Verboths heimlich davon reiſen.

Daſelbſt nun giebt er dieſer ſchoͤnen Graͤfin taͤgli - che Viſiten / und ſtellet ihr die Hefftigkeit ſeiner Lie - be auf das verpflichteſte vor. Er erinnert ſie dabey / daß ſie ihren Mann / der ſie vielmehr als ein Tyrann hielte / nur vergeſſen moͤchte / und hingegen ihr Hertz einem Printzen ergeben / der ſein groͤſtes Gluͤck darin - nen ſuchete / daß er ihr und ihrem Hauſe alle Gnade erweiſen koͤnte.

Sie wird endlich durch ſeine liebreitzende Worte und Blicke bewogen / ihm zu glauben; und er machet wenig Tage darauf den einen ihrer bꝛuͤder zum Gou - verneur in Guienne und General ſeiner Armeen in Jtalien; den andern aber zum Ertzbiſchoff von Aire.

Die Graͤfin / um ihre Pflicht ſtets ſiegend zu er - halten / meidet ſo viel ſie kan des Koͤniges einſame Un - terredung; welches ihn dann in unnennbare Unru - he ſetzet.

Unterſchiedliche Herren und Damen / ſo in der Madame d Angoulême Zimmer in Geſellſchafft ſeyn / halten einen Diſcurs uͤber die Frage: Ob dasM 4Ver -164Die WuͤrckungenVergnuͤgen zweyer Verliebten / welche wieder zuſammenkommen / groͤſſer / oder der Schmertz und die Unruhe ſtaͤrcker ſey / welche ſie bey der Trennung empfinden?

Nach aufgehobener Geſellſchafft / als Mademoi - ſelle d’Angoulême und die Graͤfin alle ſeynd / fra - get ſie dieſe Princeßin / was ſie doch vor ein heimli - ches Anliegen habe: die Graͤfin wil ſolches auf die Abweſenheit von ihrem Gemahl auslegen: allein die Princeßin ſolches nicht glauben; nein / nein / hebt ſie an / alle Welt weiß / wie Monſieur de Chateau - Briant mit euch ſo uͤbel verfahren; ſeine Eyferſucht / ſein Zorn / und unzimliches Tractament iſt dem gan - tzen Hofe bekandt; und iedweder Verſtaͤndiger gibt den Ausſpruch / daß ihr ihn mit gutem Rechte und ohne Verletzung eurer Pflicht mehr fliehen / als ihn ſuchen und nachreiſen ſollet. Jhr habt euch gut ver - bergen vor mich / und eure Augen von mir abzuwen - den: Jch ſehe darinnen / ich leſe darinnen / auch wi - der euren Willen / daß -- -- Ach Madame, unter - bricht die Graͤfin ihre Rede / erlaubet mir / daß ich in mein Zimmer gehe / und danein meine Schamhaff - tigkeit und Thraͤnen verſchlieſſe.

Die Princeßin faͤhret gleichwohl fort / ihr Ge - heimniß von ihr heraus zu locken. Allein die dazwi - ſchen-Kunfft des Printz Alançon errettet ſie aus ih - rer Verwirrung / alſo daß ſie von der Princeßin Uhr - laub nehmen kan.

Als ſie allein / wird ſie vom neuen ungedultig / daß die Princeßin ſo wohl als der Admiral ihre Liebes - Marter wegen des Koͤniges gemercket / und noch dazu einen Schertz darmit treiben. Sie weißnicht /165der Eyferſucht. nicht / wie ſie es anfangen ſoll. Der Koͤnig uͤber - haͤuffet ſie taͤglich mit den vortrefflichſten Geſchen - cken von den koſtbarſten Jubelen und Schmuck; des Hertzogs von Alençon Beylager ruͤcket heran: da ſpuͤhret ſie / daß der Koͤnig werde neue Gelegenheit finden / ſeinen Liebes-Antrag bey ihr fortzuſtellen. Jhren Bruder / der von dem Koͤnig mit immer neu - en Ehren-Aemtern verſehen wird / darf ſie nicht mehr als Unterhaͤndler zwiſchen ihr und ihrem Manne an - ſprechen; weil dieſer von dem Grafen kein Wort mehr hoͤren will / dahero entſchliſſet ſie ſich endlich / in geheim einen eigenen Currier mit einem bewegli - chen Schreiben an den Grafen abzuſchicken / und noch einmahl zu verſuchen / ob ſie ihn nicht erweichen koͤnne / daß er ſie wieder von Pariß abhole / oder zum wenigſten vergoͤnne / daß ſie allein davon ſchleiche / und nach Chateau-Briant zuruͤck kehre. Der Brief iſt folgendes Jnhalts:

Was ihr auch vor einen harten Entſchluß gefaſſet habt / mich zu verlaſſen / ſo wuͤrdet ihr doch ein Mitleyden ge - gen mich tragen / wenn euch alle mein Ubel bekandt waͤre. Jch bin mehr zu beklagen / als ihr nicht gedencket. Jch werffe euch nicht alle diejenige Marter vor / die ihr mir verurſachet: doch duͤncket mich / ihr ſoltet ein wenig mehr Billigkeit / und nicht ſo viel Undanckbarkeit gegen mich gebrauchen. Das Verbrechen / warum ihr mich ſtraffet / iſt mir unbekandt. Jndeß gleichet doch nichts der Haͤrtigkeit ſolcher Zuͤchtigung. Kommet ohne Verzug / mich aus einem Orte zu reiſſen / wo mich alles in Verzweiffelung ſetzet / und welcher mir aus ſol - chen Urſachen gehaͤſſig iſt / die ich euch nicht einmahl ſagen darff. Jch will euch nicht zuruͤck in euer Gedaͤchtniß alle die Zeichen eurer mir ſonſt geſchenckten Liebe ruffen / euch zu er - weichen / noch die vergangenen Verpflichtungen / welche ſich nicht ehe als mit eurem Leben endigen ſolten. Wann die Sorge vor meine Ruhe / wann mein Intereſſe nicht mehrM 5faͤhig166Die Wuͤrckungenfaͤhig iſt euch zu ruͤhren / ſo werffet zum wenigſten eure Augen auf die zarte Frucht unſerer Vereinigung. Was hat dieſes Kind verſchuldet / daß es ſo lange der Liebkoſungen und Um - armungen ſeiner Mutter entbehren ſoll? Warum mißgönnet ihr mir die Vergnügung / an einem Orte zu leben / wo die Unſchuld und der Friede regieret? Welche Grauſamkeit / wel - che Barbarey kan dieſer gleich ſeyn? Jch bitte euch um des Himmels willen / durch das heilige Band der Ehe / ſo uns vereinbahret hat; durch alles was ſonſten heilig iſt / ja durch euch ſelbſt / verhindert mich doch / laͤnger ein ſolches Leben zu fuͤhren / welches gantz mit Schrecken angefuͤllet / und daran ich ohne Erzittern nicht gedencken darff. Mir iſt verboten ohne ausdruͤckliche Ordre mich vom Hofe zu begeben: aber ſo ich nur von euch eine empfange / will ich ſchon das Mittel fin - den / zu entkommen: Man machet groſſe Anſtalten zu des Hertzog von Alençon und des von Montmorenci ihren Bey - lagern: alle dieſe Pracht iſt mir verdrießlich; und dieſes Schauſpiel höchſt zu wider / indem mein Hertz nach nichts als nach der Zuruͤckkehr zu euch ſich ſehnet. Adieu. Mein Schmertz uͤberhaͤuffet mich. Noch einmahl / habt doch ein Mitleyden mit mir / und laſſet mir eheſt von euch Zeitungen wiſſen / ſo mich von der voͤlligen Verzweiffelung abhalten.

Nach Verfaſſung dieſes Brieffes lieſet ſolchen die Graͤfin etliche mahl durch / und wird von unterſchied - lichen Bewegungen beſtritten. Bald meynet ſie / es waͤre einem ſolchen Undanckbaren / und der ſie all - zu barbariſch tractirete / zu viel Guͤte dadurch erwie - ſen: bald aber weiſet ſie die Tugend dahin an / daß je ungerechter ihr Mann mit ihr handelte / je mehr es ihr ruͤhmlich waͤre / wann ſie ihrer Schuldigkeit nach ſich bemuͤhete / ihn wieder zu verſoͤhnen / und vor keinen andern als vor ihn alle Liebe vorzube - halten.

Jndem ſie in ſolchen Uberlegungen begriffen / tritt der Koͤnig in ihr Zimmer. Sie erroͤthet / indem ſieihn167der Eyferſucht. ihn ſiehet / und will den Brief verbergen. Er mer - cket es aber / daß ſie ein geſchriebenes Papier gehabt / und fraget / was es geweſen. Sie bittet / ihr vor - dißmahl die Antwort zu ſchencken. Dieſes Abſchla - gen vermehret des Koͤniges curioſitaͤt / und giebt ihm Anlaß zur Eyferſucht. Endlich / wie er ſie immer mehr und mehr noͤthiget / ihm zu ſagen / was es ſey / geſtehet ſie / daß ſie an Monſr. de Chateau-Briant geſchrieben. Der Koͤnig will es ſehen; Sie aber ſchuͤtzet ſich / daß die particularitaͤten und Heimlich - keiten zwiſchen einem Manne und einer Frauen nie - mahls ohne beyder Conſens ſolten offenbahret werden.

Dieſes raiſonniren gefaͤlt dem Koͤnige gar nicht. Er argwohnet / es muͤſſe darunter ein Geheimniß ſte - cken. Er faͤhret in bitten uͤber bitten fort: Aber wie er nichts erhalten kan / und doch keine Gewalt gegen ſie brauchen will / ſo gehet er gantz in Gedancken und mit ſchlechter Vergnuͤgung uͤber ſeine abgelegte Vi - ſite von ihr. Er hebet an ſich einzubilden / daß er ei - nen Nebenbuhler haben muͤſſe / an welchen ſolcher Brief geſtellet waͤre: Er unterſuchet in ſeinen Ge - dancken den gantzen Hof / kan aber keinen finden / wel - chen er glaubet / daß ihm die Graͤfin ſelbigen vorzoͤge.

Er entdecket dem Admiral ſeine Unruhe; wel - cher ſich erbietet / bald hinter dieſe Sache zu kom - men / und Spionen zu beſtellen / ſo den Currier / wann anders die Graͤfin einen nach Chateu-Briant ſchi - ckete / ſolten mit den Brief auffangen. Der Koͤnig laͤßt ſich den Anſchlag gefallen. Der Admiral be - muͤhet ſich ſehr / aber kein Menſch will einen Currier nach Chateau-Briant, ja an ſolchen Orte ſelbſtennicht /168Die Wuͤrckungennicht / geſehen haben / daher der Koͤnig noch mehr in ſeinem Argwohn geſtaͤrcket wird / die Graͤfin habe ihn ſeinem Nebenbuhler am Hofe zugeſchicket.

Nun hatte ſie ſelbigen noch bey ſich / und ſchobe es von einem Tag zum andern auf / ihn fort zuſenden; indem ihre ſinnreiche Liebe zu ſolchen Verzug immer neuen Verwand fande.

Jndeß ruͤcket der Tag der Heyrath derer Herren von Alençon und Montmorenci mit denen Prin - zeßinen von Angoulême und Savoyen heran. Die Damen erſcheinen dabey in der groͤßten Pracht. Es wird bey der neu vermaͤhlten Madame d Alençon Bal gehalten. Der Koͤnig / ſo bald er mit ihr getan - tzet / fodert Madame de Chateau-Briant auf; wel - che in der Furcht / man moͤchte ihre Liebe mercken / ſich zu einem beſondern Ernſte und Sproͤdigkeit zwinget. Sie ziehet hernach den Bruder der Madame Montmorenci, den Grafen de Tende, zum Tantz auf. Dieſer iſt ein junger und uͤber die maſſen an - nehmlicher Herr; er tantzet auf das zierlichſte / und weiß nichts minder in converſation ſich ungemein beliebt zu machen.

Die Graͤfin / welche nun wieder die gezwungene Ernſthafftigkeit abgeleget / laͤſſet ſichs recht angele - gen ſeyn / einem ſo geſchickten Taͤntzer mit eben ſo net - ter und lebhafften Art zubegegnen: der Graf de Tende dancket ihr / nachdem ſie aufgehoͤret mit ei - ner galanten und recht freudigen Manier / daß / indem er von ihr gehet / ſie ſich nicht enthalten kan / gegen ihn zu laͤcheln. Des Koͤniges Verdacht wird da - durch vermehret / und endlich vollends beſtaͤtiget / als der junge Graf ſich vom neuen Madame de Cha -teau -169der Eyferſucht. teau-Briant naͤhert / und mit ihr eine ziemliche Zeit alleine redet; denn er bildet ſich nun feſt ein / daß die - ſer ſein gewiſſer Nebenbuhler waͤre.

Von ſelbigem Augenblick an nim̃t ſich der Koͤnig vor / wegen dieſer Sproͤdigkeit der Graͤfin ſich an ihr zu raͤchen. Erſtlich affectiret er eine abſonderliche Æſtim gegen das Fraͤulein von Orval, und begiebt ſich mit ſelbiger in ein geheimes Geſpraͤch. Die Graͤ - fin von Chateau-Briant, welche zwar mit dem Gra - fen de Tende redet / hat doch immer ein Auge auf den Koͤnig mit. Sie ſpuͤret / wie ſelbiger ſich an das Fraͤulein von Orval machet; es erwecket dieſes Un - ruhe bey ihr / und ſie kan nicht wohl leiden / daß eine andere das Hertz beſitzen ſoll / welches ſie anzuneh - men ſo offt abgeſchlagen: Hiernechſt beſchuldiget ſie auch in ihren Gedancken den Koͤnig einer Untreue und Meineydes.

Zwey Tage darauf empfaͤngt der Graf de Ten - de eine Ordre / daß er ſich von Hofe begeben ſoll; ohne daß er weiß / warum er beym Koͤnige in Ungna - de gefallen.

Es geſchehen viel Vorbitten bey ſeiner Majeſtaͤt von den groͤſten Favoriten / er aber laͤſſet alle ohne Gewaͤhr / nur daß er zu des Grafens Vater ſaget: Es ſolle ſein exilium nicht lange dauren / ſondern er bald zuruͤck geruffen werden.

Endlich uͤberredet Madame d’Alençon die Graͤfin von Chateau-Briant, daß ſie beym Koͤni - ge vor den Grafen von Tende bitte. Aber ſie wird ſehr ſtutzig / als ſie der Koͤnig folgender maßen anlaͤßt. Wie? Madame iſt es moͤglich / daß ihr zu der Ver - achtung noch neuen Schimpff hinzufuͤget? Und daßihr170Die Wuͤrckungenihr nachdem / was vor meinen Augen geſchehen iſt / noch die Grauſamkeit habet / ſelbſten um die Ruͤck - kehr des Grafen von Tende anzuhalten. Ver - gnuͤget euch mit der Freyheit / ſo ich euch laſſe / ihm verpflichtete Liebes-Briefe zu ſchreiben / wie ihr ſchon dazu vor ſeiner Verbannung einen feinen Anfang gemachet habet.

Die Graͤfin / uͤber ſolchen Vorwurff gantz betrof - fen / antwortet: der Koͤnig moͤchte doch die Guͤte ha - ben / ihr dieſen Diſcurs zu erklaͤren / welchen ſie gantz nicht verſtuͤnde: aber er ſiehet ſie gantz hochmuͤthig ohne eintziges ferneres Wort an / und gehet darauf in ſein Cabinet. Begiebt ſich darauf taͤglich zu den Fraͤulein von Orval / alſo daß der gantze Hof die Meynung hat / er ſey warhafftig in ſelbige ver - liebet.

Dieſe Zeitung und das Tractament / ſo die Graͤ - fin von den Koͤnig empfangen / verurſachet / daß ihr Hertz mit eitel Verdruß / Eyferſucht / Haß / und Ra - che angefuͤllet wird. Vor das erſte aber langet ſie wiederum den Brief hervor / den ſie vormahls an ihren Gemahl wollen ſchicken; ſetzet noch viel neue Verpflichtungen hinzu / und bemercket dabey / wie er ſchon / als er an den Jnnhalt ſehen wuͤrde / vor eini - gen Wochen geſchrieben / weil ſie ihm die bevorſte - henden Heyrathen des Hertzogs von Alençon und des von Montmorenci darinnen berichtet; ſie haͤt - te aber immer Bedencken getragen / ihn fortzuſchi - cken / aus Furcht / er moͤchte ihn eben ſo veraͤchtlich / als ihre vorigen aufnehmen: giebt darauf ſolches Schreiben einen Currier / mit Beſehl / es niemand anders als dem Grafen ſelbſt in die Haͤnde zu geben;und171der Eyferſucht. und iſt entſchloſſen / wenn ſie nicht bald darauf Ant - wort bekaͤm / ſich von Hofe heimlich fort / und zu ihm zu machen / er moͤchte auch mit ihr handeln / wie er immer wolte.

Der Admiral, welcher auf alle ihr Thun Ach - tung giebt / laͤſſet den Currier 4. Meilen von Pariß von einigen Vermaſqveten auffangen / den Brieff nehmen / und den Currier in ein Gemach auf der Burg Montleri verſchlieſſen. Als er das Schreiben empfaͤngt / traͤget er es ſo fort zum Koͤnige / welcher / da er daraus gewahr wird / daß ihn die Eyferſucht betrogen / und daß es dasjenige ſey / ſo ihm ehmahls die Graͤfin nicht zeigen wollen / zur Reue gebracht wird / und ſo fort nach der Graͤfin ſich begeben will / um ſeinen Jrꝛthum zu bekennen.

Allein der Admiral haͤlt ihn davon ab / und zeiget ihm / daß ſeine Majeſtaͤt dadurch alle Fruͤchte ver - lieren wuͤrden / ſo ſie aus dem aufgefangenen Brieffe zu gewarten. Darauf wird man eins / daß der Brief alſo fort von einem / der der Graͤfin Hand / ſoviel moͤglich iſt / nachmahlet / abgeſchrieben werde: die - ſe Abſchrifft ſtecket man in den vorigen Umſchlag / alſo daß man nicht wohl ſehen kan / daß ſelbiger offen geweſen. Laͤſſet hernach ſolchen dem Currier / den man noch immer in Arreſt haͤlt / wiedergeben / mit Befehl / ſolchen dem Grafen nach Chateau-Briant hinzubringen / und mit Bedrohung / keinem Men - ſchen in der gantzen Welt nichts zu offenbahren / daß man ihn angehalten / und den Brieff auf zwey Tage von ihm genommen / und hernach wiederge - bracht / oder es wuͤrde ihm lohnfehlbar das Leben koſten.

Jm -172Die Wuͤrckungen

Jmmittelſt kan ſich der Koͤnig an dem Original des Brieffes / welches er bey ſich behalten / nicht ſatt genug leſen. Er verwundert ſich uͤber der Graͤfin Tugend und edle Entſchlieſſung; Er beklaget ſie; er beneydet des Gluͤck ihres Mannes; er dencket gar auf Rache / doch die Hochachtung der Frauen haͤlt ihn von ſelbiger zuruͤck. Danebſt muthmaſſet er gleich / daß die Graͤfin / ohnerachtet ihrer trefflichen Tugend / eine geheime Leydenſchafft in ihrem Hertzen hege. Er erinnert ſich der oͤffteren Erroͤthung / Ver - wirrung und Unruhe / die ſie ſpuͤren laſſen / wann er mit ihr converſiret; wiewohl er auch dabey nicht gantz und gar die Soꝛgfalt ableget / daß ſie gleichwohl auch auf den Grafen de Tende viel halten muͤſſe.

Jnſonderheit befuͤrchtet er ſich / der Graf de Chateau-Briant moͤchte nun durch ſeiner Gemahlin zaͤrtliches Schreiben bewogen nach Pariß kommen / ſich mit ihr verſoͤhnen / und ſie abholen. Welches doch der Admiral ihm ausredet / als der des Grafen Eigenſinn allzuwohl kennet.

Dieſer empfaͤnget von dem Curriere den Brieff / und ſeine Eyferſucht machet ihn ſo blind / daß er nicht einmahl ſpuͤret / daß es nicht ſeiner Gemahlin eigene Hand ſey. Er ſchreibet ihr mit wenig Zeilen zuruͤck / aber nichts als Schimpffungen / Drohungen / und die anzuͤglichſten Verachtungen.

Der Koͤnig / ſo von Ungedult brennet / ſich mit der Graͤfin wieder zu verſoͤhnen / gibt ihr nach dieſer von ihrem Manne erhaltenen Antwort vom neuen die Viſite, und ſagt ihr / daß er kaͤme / ihr recht zu geben und ihr zu geſtehen / daß er ihr durch den Verdacht zuviel gethan / daß ſie den Grafen von Tende liebe -te:173der Eyferſucht. te: Es waͤre ſolches eine Wuͤrckung ſeiner| uͤbermaͤſ - ſigen Eyferſucht / der er nicht widerſtehen koͤnnen; und die er gleichwohl nicht wuͤrde empfunden haben / ſo er weniger geliebet haͤtte: Er bittet ſie darauf um Vergebung / und ſolche zu verdienen erbietet er ſich den jungen Grafen von Stund an wieder nach Hofe zu beruffen.

Madame de Chateau-Briant, welcher ohne diß die verdrießliche Antwort ihres Mannes den Kopff tolle gemacht / und nun von dem Koͤnige in neue Un - ruhe geſetzet wird / nimmt alle ihre Sproͤdigkeit zu - ſammen / und ſaget auf ſeine Reden: daß ſie ihm vor gar keine Gnade wolle verbunden ſeyn: und ob ſie zwar keine Urſache haͤtte / den Grafen von Tende zu haſſen / ſo ſaͤhe ſie doch lieber / daß er die Zeit ſei - nes Lebens in des Koͤniges Ungnade bliebe / als daß ſie leiden wolle / daß er in Conſideration ihrer zu - ruͤck beruffen wuͤrde / und daß ſie ſo bald vor denſel - ben nicht die Vorbitte / zu dem ſie doch genugſam waͤre genoͤthiget worden / gethan haͤtte / als es ihr ge - reuet / daß ſie ein ſolch Geſchaͤffte auf ſich genommen.

Der Koͤnig ſiehet wohl / daß er dieſen erſten Strohm muß vorbey ſchieſſen laſſen. Er verlaͤßt ſie / und beruffet ohnerachtet ihrer Sproͤdigkeit alſo fort den Grafen von Tende zuruͤck / der ihr noch dazu auf des Koͤniges Befehl wegen ſeiner ſo geſchwinden Zu - ruͤckforderung Danck ſagen muß.

Darauf laͤſſet der Koͤnig keine Gelegenheit vor - bey / ſie zu gewinnen; und ſtellet ihr vor; es waͤr gar nicht zu begreiffen / wie ſie einen Mann zu ſeiner Schuldigkeit zuruͤck zu bringen ſich ſo eyferig angele - gen ſeyn lieſſe / deſſen Haß und Verachtung gegenFebruar, 1696. Nſie174Die Wuͤrckungenſie ſich doch taͤglich mehreten: Und wie ſie doch ihm ſo gar demuͤthig und verpflichtet kurtz verwichener Zeit noch habe ſchreiben koͤnnen; da er doch auf ih - re vorigen Brieffe mit den aͤrgſten Schimpff-Wor - ten geantwortet.

Dieſer Diſcurs befremdet die Graͤfin hefftig / ſie weiß nicht / wie es zugehet / daß der Koͤnig von ih - rem Brieffe weiß / von welchem ſie ſelbſt weder Ab - ſchrifft gemacht / noch ihn einigem Menſchen in der Welt gewieſen: aber ſie wird noch mehr beſtuͤrtzt / als der Koͤnig ihre eigene Hand hervorziehet / und ihr verſichert / daß ihr Mann ſolchen Brieff gantz ver - aͤchtlich andern Perſonen hingegeben / von welchen er dann in ſeine Haͤnde gerathen waͤre.

Die Graͤfin wird bey Anſicht dieſes Schreibens hoͤchlich wider ihren Mann erbittert; erſuchet dar - auf den Koͤnig / ſie alleine zu laſſen / denn ſie geſtuͤn - de / daß ſie vor Eyfer ſich ſelbſt nicht mehr kenne: Er gehorſamet ihr / und ob er ſie zwar in der groͤſten Verwirrung zuruͤck laͤſt / ſo gehet er doch vergnuͤgter aus ihrem Zimmer / als er iſt hineingekommen.

Sie ſchlaͤget ſich mit den grauſameſten Gedan - cken in ihrer Einſamkeit: indeſſen ſinnet der Koͤnig darauf / wie er weitere Progreſſen in ſeiner Liebe bey ihr machen moͤge. Weil er ſich nun einbildet / daß ihr Bruder ſie abhalte / ihm mehr Gunſt zuzu - wenden / ſo ſendet er ihn nach Jtalien / um das Her - tzogthum Milano, deſſen Gouverneur er iſt / zu er - halten: wie dann auch der andere Bruder / der Marſchal de Foix zugleich mitgehet. Aber dieſe Reiſe hat ungluͤcklichen Succeß, denn die Schwei - tzer / ſo den groͤſten Theil ſeiner Armée machen /tre -175der Eyferſucht. treten von dem von Lautree ab / weil ſie ihren Sold nicht bekommen: woran Madame d’Angoulême Schuld iſt; denn da ſelbige nicht gerne der Graͤfin von Chateau-Briant die Hand nebſt ihr in den Af - fairen laſſen will / welches doch die von Angoulê - me zu geſchehen beſorget / wofern ſie nicht die Graͤ - fin beym Koͤnig verdaͤchtig machet / ſo meynet ſie / es gienge ſolches nicht beſſer an / als wenn ſie ihre Bruͤ - der an gluͤcklicher Ausfuͤhrung des ihnen aufgetra - genen Vorhabens verhinderte: denn ſo wuͤrde des Koͤniges Unwillen auch auf die Schweſter fallen: und weil ſie weiß / daß Monſieur de Lautree ohne Geld das Hertzogthum Milano nicht erhalten kan / ſo wendet ſie gleich den Tag / da er fortreiſet / drey mahl hundert tauſend Thaler / welche ihm deſtini - ret waren / von ihm ab / daß er ſie nicht aus der koͤnig - lichen Schatz-Cammer empfaͤnget: alſo muß die - ſer General ein groſſes Theil des Milaniſchen aus Mangel des Geldes verlieren. Er koͤm̃t beym Koͤ - nig zuruͤck / ſich zu rechtfertigen; da ihn der Koͤnig ſehr ungnaͤdig anſiehet. Als er aber hoͤret / daß man ihm die verſprochenen Geld-Summen nicht nach - geſchicket / beruhiget er ſich / ſagt / daß er ihn vor ei - nen rechtſchaffenen Mann hielt / und ſendet ihn nach Guienne zu ſeinem Gouvernement.

Ob nun gleich Madame d’Angoulême, welche dieſes Geldes ſich bemaͤchtiget / allein die Urſach ſo uͤblen Ausganges war / ſo muſte doch des Koͤniges Schatzmeiſter / der Herꝛ von Samblanci, alle Schuld tragen. Man gab den Proceß Commiſſa - rien unter Haͤnden / die ihn zum Tode verdamme - ten / und ſolches Urtheil wurde ohne allen Aufſchub vollzogen.

N 2Die176Die Wuͤrckungen

Die Graͤfin von Chareau-Briant mercket wohl / daß der Koͤnig meiſtens ihr zu Gefallen ihren Bru - der von ſeinem Verſehen gaͤntzlich loßgeſprochen: Und wegen dieſer Gnade hebet ſie an / den Koͤnig etwas freundlicher zu tractiren / als ſie bißher ſich er - wieſen. Sie weiß auch mehr als wohl / wie Mada - me d’Angoulême wegen ihres bey dem Koͤnig ha - benden groſſen Credits eyferſuͤchtig iſt. Und da koͤm̃t ihr die Luſt an / ſelbige zu braviren / dahero ſie ihren hohen Amanten mit mehrerer Beſcheidenheit bege - gnet; ihm zulaͤſſet / freyer von ſeiner Paßion gegen ſie zu reden / und dabey wuͤndſchet / daß ſie ihr Hertz ihm mehr ergeben koͤnte / ohne ihre Tugend dabey zu intereſſiren.

Endlich hoͤret ſie / daß ihr Gemahl bey einer Da - me in der Provintz ſeine Galanterie gemachet / und ihr noch taͤgliche Viſiten gebe: Dieſe Zeitung gibt ihr mehr Empfindlichkeit / als alles bißher erlittene Unrecht und Verachtung. Sie kan ohne Entſetzung die Untreue bey ſich nicht bedencken / die ein Menſch an ihr begangen / vor den ſie ſich bißher gaͤntzlich aufgeopffert. Sie laͤßt es ſich darauf nicht mehr an - gelegen ſeyn / mit ſolchem Ernſt die Bewegungen ih - res Hertzens zu daͤmpffen / welche zu des Koͤniges Vortheil reden. Es miſchet ſich mitten unter ihre Unruhe ein Vergnuͤgen mit ein / welches ſie zuruͤck zu treiben nicht Macht genug hat. Des Koͤniges taͤgliche Gegenwart unterhaͤlt noch mehr ihre Schwachheit. Er ſchwatzet ihr ſtets von der Treu - loſigkeit ihres Mannes vor; und ſuchet alles auf / wodurch er ihn ihr zu wider machen kan. Sie laͤſſet ſolches alles geſchehen / und gibt heimlich Beyfall. Zu -177der Eyferſucht. Zuletzt / wann ſie wieder zu ſich ſelbſten koͤm̃t / ſo ant - wortet ſie mit traurigen Seuffzen: Ach! dieſes iſt kein Exempel / dem man folgen ſoll.

Doch / da ſie je laͤnger je mehr von dem Koͤnige ge - noͤthiget wird; ihr hartes Schickſal / und daß ſie ſich von ihrem Manne ſoll beſtaͤndig verachtet und ver - rathen ſehen / ihr dazu im Sinne lieget; auch der Ehrgeitz / uͤber Madame d’Angoulême die Ober - hand zu erhalten / ſie treibet; und vielleicht die ge - heime Regung gegen einem ſo liebens-wuͤrdigen Printzen mehr als alles dieſes des Koͤniges Wunſch zur Wuͤrckung begleitet / ſo verſpielet ihre Beſtaͤn - digkeit / die bißher ſo ſcharffe Proben ruͤhmlich aus - geſtanden.

Der Koͤnig verſichert ſie durch die euſſerſten Ver - pflichtungen und Eydſchwuͤre ſeiner ihr ſtets gewied - meten Liebe / und uͤberhaͤuffet ſie mit anſehnlichen Gnaden-Bezeugungen; laͤſſet auch keine Gelegen - heit vorbey gehen / ihr zu dienen. Doch ihre Ver - gnuͤgung iſt dieſem allen ohngeachtet nicht recht ru - hig; und mitten unter denen Gunſten / welche ſie dem Koͤnige nunmehr abzuſchlagen nicht vermocht / ſchrei - bet ſie noch offt an ihren Mann / er ſolte doch mit ihr Mitleyden haben / und ſie aus dem Abgrunde wieder herausziehen / wo hinein ihr Ungluͤck ſie habe fallen laſſen.

Zu ſelbiger Zeit faͤllet der Reichs-Marſchall / weil ihm der Koͤnig wegen eines wichtigen Proceßes / den er mit Madame d’Angoulême hat / nicht helffen will / von ihm ab / und gehet / nachdem er mit dem Gra - fen von Rœux, Kaͤyſerlichen Ober-Cammer-Jun - cker / in geheim tractiret hat / nach Jtalien.

N 3Die -178Die Wuͤrckungen

Dieſer Abfall verdrießt den Koͤnig nicht wenig: ſo iſt auch der Admiral, den er an ſtatt des Monſr. Lautrees mit einer Armée fortgeſchicket / um das Hertzogthum Milano vollends wieder zu erobern / eben nicht gluͤcklich. Der Admiral ſelbſt / erſuchet endlich den Koͤnig / in eigener hohen Perſon ſich ein - zufinden / ſo wuͤrden die Soldaten durch deſſen loͤb - lichſtes Exempel angefriſchet deſto tapfferer fechten. Dieſen Vorſchlag billiget der Koͤnig / und der ver - drießliche Zufall von der Rebellion des Reichs - Marſchalls beſchleuniget deſſen Ausuͤbung.

Doch iſt dieſer Reiſe faſt der gantze Hof zuwider. Und nim̃t man dazu vor eine uͤbele Vorbedeutung auf / daß der Koͤnig gleich die Trauer wegen der Koͤnigin traͤget / welche er zu Blois verlohren. Ma - dame de Chateau-Briant wendet theils aus Zaͤrt - lichkeit ihrer Liebe / theils aus einem geheimen Trie - be / daß ihr ein Ungluͤck ahnet / alle Bemuͤhung an / ihn davon abzuwenden. Aber wie dieſer Herꝛ von der Tapfferkeit und der Ehre am meiſten regieret wurde / alſo bleibt er auch bey dieſem Entſchluß / ſelbſt ins Feld zu gehen. Er troͤſtet immittelſt ſeine geliebte Graͤfin bald zuruͤck zu kommen / und indeß ihr unauf - hoͤrliche Currier zu ſenden / um ihr von allem Nach - richt zu geben / was paſſirete. Die Koͤnigliche Frau Mutter verſuchet auch / ob ſie des Koͤniges Reiſe hin - tertreiben koͤnne: allein dir Zaͤrtlichkeit des Gebluͤts wird bey einem Hertzen wenig fruchten / welches der Liebe Bitten ausgeſchlagen.

Alſo reiſet er / und alle Damen begleiten ihn biß nach Avignon, wo er mit einer Armée von funffzig tauſend Mann einziehet.

Da -179der Eyferſucht.

Daſelbſt nim̃t er von Madame de Chateau - Briant verpflichteten Abſchied; die noch einmahl mit verliebten Bitten und Thraͤnen an ihn ſetzet / nicht weiter zu gehen / und ſein ſo koſtbares Leben in Gefahr zu begeben. Aber der Koͤnig ſchuͤtzet vor / daß es ihm zu nachtheilig waͤre / in laͤngerm Muͤßiggange zuzubringen / indeß daß ſeine Generalen Ruhm und Gefahr bey ſeinen Arméen unter ſich theileten. Er wolle mit eigener Hand den von ihm abgefallenen und zu ſeinen Feinden uͤbergegangenen Printzen ſtraffen / und ſo dann wieder zu ihr kommen / daß er ihrer mehr wuͤrdig waͤre / und nach einem kleinen Ab - weſen die Suͤßigkeit ſeiner Wiederkunfft in ihrer Liebe deſto empfindlicher genieſſen koͤnne.

Mit dieſem Troſt muß die Graͤfin ſich befriedi - gen: ſeiner Frau Mutter aber gibt er Brieffe / dar - innen er ihr Zeit ſeines Abweſens die Regierung auf - traͤget.

Madame de Chateau-Briant begiebt ſich nach Lion, um daſelbſt deſto oͤffter Zeitung von der Ar - mée zu empfangen; wo die koͤnigliche Frau Mutter kurtze Zeit hernach ſich gleichfalls einfindet.

Weil der Koͤnig abweſend / und ſie Regentin im - mittelſt iſt / laͤſſet ſie ihren Haß gegen die Graͤfin von Chateau-Briant durch die aller empfindlichſten Worte und Wercke ſpuͤren. Dieſe erduldet alles / in Erwegung / daß ſolche Feindſchafft von der Liebe des Koͤniges gegen ſie herkaͤme.

Doch hat ſie weder Tag noch Nacht vor dieſes ih - res geliebten Printzen eigenen Vorſtellungen Ruhe. Des Nachts traͤumet ſie / daß er mit vielen Wunden bezeichnet und gantz mit Blute bedecket von grauſa -N 4men180Die Wuͤrckungenmen Feinden umringet waͤre: und am Tage iſt ſie mit trauriger Auslegung dieſer furchtſamen Bilder beſchaͤfftiget.

Da nun ihr Schrecken und Gram ſich deswegen verdoppelt / und mit Ungeduld eines Currirers er - wartet / ſo bekom̃t ſie die allerungluͤckſeeligſten Zei - tungen / die ſie und gantz Franckreich iemahls erhal - ten koͤnnen.

Der Koͤnig / welcher durch eine langwierige Be - lagerung ſeine Armee vergeblich verzehret / verwirfft die Meynung des Herrn von Trimouille, der Mar - ſchalle de Chabanes und de Foix und aller ſeiner andern Officirer / die Belagerung aufzuheben. Und liefert auf bloſſes und einziges Einrathen des Admi - rals eine Schlacht / die er dann verlieret. Der Her - zog von Alençon, von einen Schrecken eingenom - men / das er nicht uͤberwinden kan / fliehet davon / und ſtirbet zu Lion aus Kuͤmmerniß. La Trimouille, der Groß-Stallmeiſter Sanct Severin, die Graͤfin von Tournon und Tonuere und der brave Louis d Ars bleiben zu erſt auf der Wahlſtadt / der Mar - ſchall de Chabanes wird getoͤdtet / da man ihn ſchon gefangen fortfuͤhren will. Der Marſchall de Foix, den die eine Achſel und der Arm ſchon entzwey ſind / ſuchet den Admiral, um ihn mit den andern Arme zu toͤdten / daß er den Koͤnig zur Schlacht beredet / end - lich da er ſich nicht mehr wegen des ſtarcken Ver - blutens auf dem Pfeꝛde halten kan / ſo bringt man ihn in Pavia zur Graͤfin Scarſafiore, die er vormahls geliebet / als er noch daſelbſt ſtudiret hat: daſelſt ſtir - bet er den neundten Tag an ſeinen Wunden.

Der Admiral, der ſich vor eines ſo erſchrecklichenUn -181der Eyferſucht. Ungluͤcks Urſacher halten muß / machet ſein Viſir zu / und ſetzet mitten unter die Feinde / da er auch ſeinen Todt findet. Der uͤbergegangene Reichs-Marſchall de Bourbon, als er dieſen ſeinen Feind gantz na - ckend unter den Todten liegen ſiehet / ruffet: Ha / Un - gluͤckſeliger / du biſt an Franckreicks und an meinem Verderben die eintzige Urſache.

Der Koͤnig / nachdem er uͤber die maſſen tapfer gefochten / und im Geſicht / am lincken Arm / und an der rechten Hand verwundet iſt / wird durch zwey Spa - niſche Cavalliere gefangen / und ergiebt ſich an Pom - peran, der ihn an den Kaͤyſerlichen Feldmarſchall de Lanci lieffert / welcher ihn erſtlich in das Schloß von Pisqueton, und einige Zeit darauf nach Madrid fuͤhren laͤſt / wo Kaͤyſer Carl der fuͤnffte eine geraume Zeit abſchlaͤget / ihn zu ſehen.

Die andern Gefangenen von hoher Conſidera - tion ſeynd Heinrich Albrecht / Koͤnig von Navarra / dem ſein Page / Rochefort genannt / indem er ihm ſein Kleid giebet / die Freyheit verſchaffet. Der Graf von Sanct Paul, die Marſchalle von Montmoren - ci und Fleuranges, der Graf von Eu, der Groß - Meiſter Brion und viele mehr.

Dieſes erſchreckliche Schickſall ſetzet gantz Franck - reich in groͤſte Conſternation. Das Parlament will haben / daß der Hertzog von Vandome, welcher in der Picardie Gouverneur iſt / als naͤheſter Printz von Gebluͤthe / nach des Hertzogs von Alençon To - de / die Regierung auf ſich nehmen ſolle / weil bey ſol - chen Conjuncturen die Haͤnde einer Frauen ſolche nicht wohl zu fuͤhren faͤhig waͤren. Nun iſt Madame d Angoulême, als des Koͤniges Frau Mutter / dieN 5indeß182Die Wuͤrckungenindeß regieret / ohne diß den Hertzog von Vandome zu nah getreten / indem ſie des uͤbergegangenen Mon - ſieur von Bourbon Guͤter an ſich gebracht / die den Hertzog durch die Subſtitution an die Koͤnigliche Seiten Lienie von Vandome gehoͤret.

Nichts deſto weniger ſchlaͤgt er beſcheidentlich ſolch Anerbiethen ab / begiebt ſich nach Lion / und verſichert daſelbſt Madame d Angoulême in ihrer Regie - rung / faſſet auch mit ihr Rath / wie Franckreich aus ſeinen euſerſten Ungluͤck am beſten zu erretten ſey.

Jn ſo allgemeiner Noth erweget auch die Graͤfin von Chateau-Briant, wie vergaͤnglich alle irrdiſche Hoheit / Gewalt / und Vergnuͤgung ſey / und ſehnet ſich nach einen Orte / wo ſie ihr Leben einſam und in Ruhe zubringen kan.

Endlich trachtet ſie dahin / ſich wieder bey ihrem Gemahl auszuſoͤhnen / damit ſie dann ihr eintziges Fraͤulein deſto beſſer aufferziehen und ihr ſolche Leh - ren geben moͤchte / durch die ſie verwahret / das Un - gluͤck vermeiden koͤnte / in welches ihre unſeelige Paſ - ſion ſie ſelbſt geſtuͤrtzet haͤtte.

Dieſes Geſchaͤffte deſto beſſer anzugreiffen / nim̃t ſie den Grafen de Laval, des Graf de Chateau-Briant ſeinen Herꝛn Vetter zum Mittler / der ſich auch dazu gantz willig erweiſet / ſich zu ihm bebiebet / und ihn durch die geſchickteſten Gründe zu uͤberreden ſuchet / ſeine Gemahlin wieder anzunehmen / und ihrer Schwachheiten / die ſie etwan möchte begangen haben / zu vergeſſen.

Erſtlich ſchiene der Graf ſchwer daran zu gehen. Endlich gab er ſich / und willigte darein / ſeine Frau moͤchte wieder zu ihm kommen: verſprach auch mit hohen Eydſchwuͤren / daß er ihr nicht die geringſte Gewalt thun wolte.

Madame de Chateau-Briant vernim̃t dieſe Poſt mit groſſen Freuden / und begiebt ſich nach dem Schloß ihres Gemahls. Er hat ihr ein eigenes Zimmer gantz mit Trauer bezogen laſſenzu -183der Eyferſucht. zubereiten / uñ auf dieſen ſchwartzen Tapezereyen rund herum in dem Gemach des Koͤniges Bildniß hefften laſſen / daß man uͤberall / wo man ſich nur hinwendet / dieſes Printzen Portrait anſichtig wird. Er ſelbſt laͤſſet ſie nicht vor ſich kommen / daß ſie ihn um Verzeihung bitten kan / ſondern gleich in das vor ſie zugeſchickte Loſament anweiſen: aus deſſen Aufbutz / ſo wohl als aus Entziehung ſeiner Gegenwart / ſie mit Beſtuͤrtzung ſchlieſſet / daß ihm ſeine eyferſüchtigen Gedancken noch gar nicht aus dem Kopffe ſeyn muͤſten. Doch ſie nim̃t ſich feſt vor / alles Ungluͤck / welches der Himmel uͤber ſie beſchloſſen / mit Ge - dult auszuſtehen / und wendet alle ihre Gedancken und Sehn - ſucht nach ſelbigen: obſchon ihr Zuſtand weit von demjenigen unterſchieden / darinnen ſie bey Hofe gelebet / wo man ſie auff das ehrerbietigſte reſpectiret / mit ſolchem Eyfer bedienet / und der größte König ſie angebetet hatte.

Was ihr am bitterſten vorkoͤm̃t / iſt / daß ſie nicht ihre liebſte Tochter kan zu ſehen bekommen / die dazumahl etwan 8. Jahr alt. Sie wuͤndſchet des Tages wohl hundertmahl / daß ſie ſie umarmen / ſich mit ihr unterhalten / und fein in der Zeit edle Regungen zur Tugend / und eine Verachtung der Welt und des Hofes einpraͤgen moͤchte. Endlich mit der Zeit ſcheinet der Graf gelinder zu werden. Er laͤßt zu / daß das Fraͤulein der Frau Mutter zuſprechen / mit ihr ſpeiſen / und einen guten Theil des Tages bey ihr bleiben mag. Er iſt auch ſo eurioͤs / daß er zuweilen an einem Ort / da ſie ihn nicht gewahr wer - den / belauret / und ſehen kan; Er betrachtet gantz genau ſei - ner Gemahlin treffliche Schoͤnheit / die Zeit des Abweſens um ein groſſes ſich vermehret zu haben ihm vorkoͤm̃t: darauf wirfft er die Augen auf das Fraͤulein: befindet / daß ſie ihr ſehr aͤhnlich ſiehet; und kan nicht verhindern / daß ſein Hertz ein Mitleyden ruͤhret. Doch die ſtete Erinnerung / was man ihm vor einen Schimpff erwieſen / und die Bewegung der Rache behalten zuletzt in ſeinem Gemuͤthe die Oberhand.

Die Graͤſin immittelſt hat ihre Luſt an ihrer kleinen Toch - ter hervorleuchtenden herꝛlichen Verſtande. Sie laͤſſet hundert Fragen an die Frau Mutter abgehen / die gar nichts kindiſches in ſich haben; ſie ſiehet unter andern auch die Bildniſſe des Königes an / und will wiſſen / ob auch dieſer Herꝛ ſo ſchoͤn nnd ſo wohl gebildet ausſaͤhe / als er gemahlet waͤre. Sie ſaget /wenn184Die Wuͤrckungenwenn er wieder aus Spanien zuruͤck kaͤme / wolle ſie den Herꝛn Vater bitten / daß er ſie mit nach Hofe naͤhme / nm ihn zu ſehen. Sie ſetzet hinzu / daß unter allen Gemaͤhlden im gan - tzen Schloſſe keines ſo anmutig als dieſe ihr vorkaͤmen.

Die Graͤfin hoͤret ihr ſenffzend zu. Sie praͤget ihr ein / daß ſie die groſſe Begierde / an Hof zu kommen / ſich muͤſte abgeweh - nen. Es waͤre ſolches ein gefaͤhrlicher und verderbter Ort; woſelbſt der Haß / die Verleumdung / die Verſolgung / die Un - treu / die Verraͤtherey / die Verſtellung / und alle Laſter-volle Regungen regiereten. Man vergaͤße daſelbſt den Himmel gantz und gar / und daͤchte nur an weltliche Eitelkeiten. Man zoͤhe allda ein falſches Gluͤck / und die nichtigen Wolluͤſte der wahren und ewigen Zufriedenheit und Vergnügung vor. Die Entfernung von ſo groſſer Geſellſchafft und die Einſamkeit waͤren am geſchickteſten ſolche zu erwerben. Die Ruhe des Landlebens waͤre viel ſuͤſſer als die ſtete Unruhe des Hofes. Kurtz dieſe Dame vergiſſet nichts / ihres Fraͤuleins Begier - den / den Hof zu ſehen / auf das ſittſamſte niederzuſchlagen.

Mademoiſelle de Chateau-Briant nim̃t dieſe Lehren ge - horſamlich an; und ſagt endlich / ſie waͤre es wohl zu frieden / ſtets auf dem Lande zu leben / allein es müſte in ihrer und des Herꝛn Vaters Geſellſchafft zugleich ſeyn. Wie es doch kaͤme / daß er ſie nicht beſuchete / und ſie ihm gleichfalls nicht ſaͤhe? Warum ſie doch immer in dem Zimmer eingeſchloſſen bliebe / und nicht zuweilen mit ihr ſpatzieren gienge? Jndem das Kind ſo redet / wirfft es ſich um der Graͤfin Halß / und bittet ſie / entweder mit ihr auszugehen / oder ihr die Urſache zu ſa - gen / warum ſie es nicht thaͤte.

Die Graͤfin kan kaum ihre Thraͤnen zurückhalten. Der Himmel will es alſo haben / meine Tochter / ſaget ſie ſeuffzend / und man muß ſich alles dieſes gefallen laſſen / was er ordnet.

Jch weiß wohl / antwortet das Fraͤnlein / daß es mein Va - ter verbietet / allein ich will mich daruͤber gegen ihn beſchwe - ren / und er ſoll mir eutweder meine Bitte gewehren / oder ich will nicht mehr zu ihm gehen / ſondern ſtets bey euch bleiben. Die Graͤfin verweiſet ihr ſolches / und bindet ihr ein / daß ſie in allen Stuͤcken dem Grafen gehorſamen müſte. Das Fraͤu - lein wirſft dennoch des Abends / da ſie mit ihm redet / ihm ſei - ne Haͤrtigkeit vor / und bittet / er möchte doch ihrer Frau Mut -ter185der Eyferſucht. ter erlauben / daß ſie mit ihr die Frau Waſe / die Graͤfin von Laval, beſucheten.

Der Graf verbietet ihr ernſtlich / ſolche Reden mehr vor zubringen / mit Drohung / er wolte ſie ſonſt eben / wie ihre Mutter alleine einſperren laſſen.

Dieſe Worte machen dem Fraͤulein einen Widerwillen ge - gen ihrem Vater: Sie erzehlet ſie den folgenden Tag der Graͤfin / und ſagt; daß ſie gar nicht wieder wolle zu ihm kommen / ſondern allezeit bey ihr bleiben. Die Graͤfin ſtraffet ſie vom neuen darum: die ſich aber nichts daran kehret / ſon - dern dem Grafen aufs neue anlieget / gelinder mit der Frau Mutter zu verfahren. Er ſuchet ſie mit guten Worten auf an - dere Gedancken zu bringen / doch es will bey dieſem zarten Fraͤulein nichts helffen / ſondern ſie drehet ſich aus ſeinen Ar - men / und ſaget / daß ſie ihre Frau Mutter mehr als ihn liebe.

Dieſe Worte nim̃t der Graf ſehr uͤbel auf. Er meinet / ſolcher Haß ſey ihr von der Graͤfin eingegeben / und obſchon ihre Hoff - meiſterin / ihm ſolches aus dem Sinne reden will / laͤſſet er ſich doch von ſeinem Verdacht nicht abbringẽ; und verbietet hart / daß man durchaus das Fraͤulein nicht mehr zu ihr laſſen ſoll.

Dieſe Entfernung erwecket bey der Graͤfin unendliche Traurigkeit / indem ſie dadurch ſich vollends ihrer eintzigen Freude / die ſie noch gehabt / beraubet ſieht. Sie bringet dahe - ro ihre meiſte Zeit mit Beten und Seuffzen zu.

Weil nun niemand als die Hoffmeiſterin des Fraͤuleins die Freyheit behaͤlt / ſie in ihrem Gemach zu beſuchen / ſo bringet ſelbige ihr eines Tages die Zeitung / wie der Koͤnig / ſo in Madrit gefangen gehalten wuͤrde / mit dem groͤßten Kummer die Verachtung des Kayſers aufgenommen / daß er ihn Zeit ſeiner Gefangenſchafft nicht einmahl beſuchet haͤtte / und dar - uͤber gefaͤhrlich kranck worden waͤre. Dannenhero Carl der fuͤnffte / der beſorget / durch des Koͤniges Tod die groͤſte Frucht ſeines Sieges zu verlieren / die Poſt von Toledo nach Madrit genom̃en / um ſich eiligſt zu ihm zu begeben / und ihn zu troͤſten.

Die Graͤfin / welche vermeynet / die Liebe zu dieſem Prin - tzen ſey gantz aus ihrem Hertzen ausgerottet / empfindet durch das Schrecken / ſo ihr dieſe Poſt erwecket / daß ſie ſich betrogen / und erkennet durch eine grauſame Er - fahrung / daß es nicht in unſerer Gewalt / eine Paſſion ausunſer186Die Wuͤrckungenunſerm Gemuͤth auszurotten / die ſich durch die Laͤnge der Zeit ſo ſeſt eingewurtzelt hat. Doch ein naͤherer Zufall heiſſet ſie ihr Mitleyden von dem Koͤnige abwenden / und ihrem geliebteſten Fraͤulein geben.

So lange dieſes geliebte Kind die Frau Mutter nicht beſu - chen dürffen / ware es in eine euſerſte Traurigkeit gerathen. Sie hatte einen Eckel vor allem Eſſen / und nahm faſt gar keine Speiſe zu ſich. Je mehr der Graf ſie troͤſtete / je mehr ſie es kraͤnckete. Sie verſiel endlich in ein ſo hefftig Fieber / daß ſie dabey im Haupte verwirret wurde. Sie ruffete ſtets nach ihrer lieben Frau Mutter / und wolte keinen Biſſen eſſen / ehe ſie ſie geſehen haͤtte. Wann der Graf an ihr Bette kam / wendete ſie das Geſichte von ihm / und man mochte ſie fragen / was man wolte / gab ſie keine andere Antwort / als ſie wolte ihre Frau Mutter ſehen. Welches auch endlich der Graf / der dieſe Toch - ter über die maßen liebete / muſte zugeben / doch wolte er bey diſer Beſuchung nicht gegenwaͤrtig ſeyn.

Die Graͤfin / als ſie Erlaubniß haͤtte / zu ihr zu gehen / lieff eilends nach ihrer Kammer / ſo bald ſie aber das Fraͤulein ſaͤ - he / nahm ſelbiges alle Kraͤffte znſammen / ſich aufzurichten / und ſie zu umfangen. Die Graͤfin kuͤßete ſie mit einer brennenden muͤtterlichen Liebe / und blieb lange auf ihrem Geſichte liegen. Endlich ermahnete ſie dieſe liebe Tochter / daß ſie etwas Speiſe genieſſen muͤſte / welche auch das Kind von ihren Haͤnden ge - horſamlich zu ſich nahm. Dieſe Viſite gab dem Fraͤulein merck - liche Befferung / und die Graͤfin blieb biß zu Abends bey ihr.

Wie aber der Graf das Kind verlangte zu ſehen / ſo ließ er befehlen, daß ſich die Gemahlin wieder nach ihrem Zimmer begeben ſolte. Dieſe Ordre ware vor Mutter und Tochter hoͤchſt grauſam. Sie umarmeten einander / und ſchrien / ſo er, baͤrmlich / daß es alle Umſtehende bewoge. Doch der Graf wol - te ſeinem Gebot gehorſamet wiſſen / und muſte man alſo die Mutter mit Gewalt von dem Fraͤulein reiſſen.

Nach ihrem Abſeyn / trat der Graf in das Zimmer ein / und traf das Kind in einem ſo gefährlichen Zuſtande an / als es je - mahls geweſen. Doch er war ſo eigenſinnig / daß er verbot / die Graͤfin wieder zu der krancken Tochter zu laſſen / es moͤchte auch mit ihr ablauffen / wie es wolte: darauf verdoppelt ſich die Fieber / und dieſes ſchoͤne Fraͤulein ſtirbet in den Armen ihres Vaters.

Das187der Eyferſucht.

Das gantze Haußgeſinde weinetlaut uͤber ſolchen Fall / alſo daß das Geſchrey davon biß in der Graͤfin Zimmer dringet. Sie faͤllt bey gehörten Abſchiede aus dieſer Welt ihres hertz - geliebteſten Kindes in eine ſtarcke Ohnmacht. Endlich / da ſie daraus wieder zu ſich ſelbſt gebracht / hebet ſie traurig ihre Au - gen gen Himmel / und betet mit tieffſten Reſpect ſein ihr zuge - ſchicktes herbes Verhaͤngniß an. Sie troͤſtet ſich / daß ſie ihre Tochter in einem Alter verlohren / welches die Unſchuld an - noch begleitet haͤtte / und das noch nicht faͤhig geweſen / von der verderbten Welt ſich verfuͤhren zu laſſen. Endlich wuͤn - ſchet ſie ſehnlich / daß ſie ihr doch fein bald in die Ewigkeit nachfolgen moͤchte.

Der Graf / der uͤber dieſen Verluſt keinen Troſt anneh - men will / gibt der Graͤfin alle Schuld / daß ihn ſolcher betrof - fen. Er haͤlt dafür / wenn er ſeiner Tochter nicht erlaubet ſie zu ſehen / ſo waͤre ſie nicht geſtorben. Er nim̃t ſich darauf vor / ſeine Rache gegen die Graͤfin ansznuͤben / die er ſo lange im Sinn gehabt / und es koͤm̃t gleich eine Zeitung / die ihn an - treibet / ſeinen grauſamen Entſchluß deſto ſchleuniger ins Werck zu richten.

Der Koͤnig wird nach vielen Conferenzen zwiſchen ſeiner Schweſter der Madame d Alençon und Kayſer Carln wieder in Freyheit geſetzet. Der Graf beſorget / daß er nach ſeiner Zuruͤckkuufft ſeine Frau nicht wieder nach Hofe holen lieſſe / und dieſes ſtrenget ihn an / der ungluͤckſeligen Franciſca ihre Todes-Stunde zu befoͤrdern.

Die Hofmeiſterin des verſtorbenen Fraͤuleins mercket ſeine vorhabende Grauſamkeit / und warnet die Graͤfin. Dieſe antwortet ohne Bewegung; daß ſie ſich ſchon laͤngſt zum Ster - ben geſchickt: daß nach ihrer liebſten Tochter Tode ihr das Leben ohnediß eine rechte Laſt waͤre / und daß ihr Mann / wann er ihr ſelbiges naͤhme / ſie mehr verpflichtete / als er wohl daͤchte / damit ſie wieder zu ihrem liebſten Kinde kaͤme / und von ſo viel Elend befreyet wuͤrde.

Er köm̃t darauf mit gantz brennenden Augen in ihr Zim - mer / und iſt von ſechs vermafqveten Moͤrdern begleitet.

Sie ſiehet ihn gantz liebreich an / ſagend: Sie wiſſe wohl / in welchem Vorhaben er zu ihr kaͤme. Doch ſie murre nicht dawider; und verdiene wohl eine haͤrtere Straffe. Aber weildoch188Die Wuͤrckungen der Eyferſucht. doch der Himmel ſich die Zuͤchtigung unſerer Laſter vorbehiel - te / ſo baͤte ſie ihn| / daß er dieſe Rache dem Grafen vergeben moͤchte / und weder mit zeitlicher noch ewiger Straffe felbige ahnden.

Kaum / daß ſie dieſe Worte geendet / ſo gibt der Graf dieſen Vermaſqveten ein Zeichen / daß ſie dasjenige geſchwind ver - richten ſollen / was er ihnen befohlen. Viere von dieſen grau - ſamen Leuten halten ſie feſt / indeß daß die uͤbrigen zwey ihr an ihren Armen und Fuͤſſen die Adern oͤffnen: der eyferſuͤchtige Graf ſiehet mit Barbariſcher Luſt das ſchöne Blut aus den Adern dieſer zarten Dame hervorſpringen / und das gantze Zimmer netzen; ja er gehet nicht ehe heraus / biß er ſie in dem Stande mercket / daß ſie nicht davon kommen kan.

Nachdem ihre Kraͤffte abnehmen / ſiehet man in ihrem Ge - ſicht die ſterbenden Gracien den letzten Strahl von ſich werf - fen / und die Augen nach und nach dunckel werden. Endlich giebt ſie in den Armen der Hoffmeiſterin ihren Geiſt auf / wel - che ihre Thraͤnen mit dem Blute ihrer Frauen vermiſchet.

Nach ſolcher That haͤlt ſich der Graf in Franckreich nicht ſicher / darum nim̃t er die Poſt / und reiſet eilends nach| Engelland; wo er biß zum Abſterben des Herꝛn von Lautrées, der Graͤfin ihres Bru - ders verbleibet; als deſſen Rache er am meiſten fuͤrchtet. Er ſchrei - het auch an den von Montmorenci, daß wenn er ihm wolte von dem Koͤnige einen Pardon wegen ſeines Verſprechens verſchaffen / ſo wolte er ihm die gantze Herꝛſchafft Chateau-Briant davor ab - ſtehen. Der Koͤnig hat ſo fort bey ſich beſchloſſen / dieſe Mordthat auf das nachdruͤcklichſte zu ſtraffen; allein der Hertzog von Mont - morenci, welcher ſein Favorit iſt / beredet ihn eines andern; Es waͤre dieſes eine affaire, die nicht vertruͤge / daß man davon viel Lermen / und Nachrede in der Welt machete: dazu waͤre der Thaͤter auſſer ſeiner Gewalt / und die Verfolgung wuͤrde nur vergebens ſeyn.

Der Koͤnig lieſſe ſich dieſe Vorſtellungen zu andern Gedancken bringen / und verziehe dem Grafen de Chateau-Briant ſeine groſſe Ausſchweiffung um deſto leichter / weil er uͤber einer ueuen Liebe des Fraͤuleins von Helly der Graͤfin Annehmlichkeiten vergaß / und alſo uͤber ihren Verluſt durch Genieſſung friſcher Gegengunſt ſich zu troͤſten wuſte.

Ende des Monats Februarii.

[figure]

Des Franzoͤiſchen Heliconſ Monat-Fruͤchte / Oder getreue Uberſetzungen und Auszuͤge allerhand curioͤſer und aus - erleſener Franzoͤiſchen Schrifften / VonStaats - Welt - und Liebes-Haͤndeln / wie auch andern Moraliſchen / Geographiſchen und der - gleichen leſenswuͤrdigen Materien zu vergoͤnter Gemüths-Ergoͤtzung uͤberreichet im Martio 1696. von Talandern. Verlegts Johann Ludwig Gleditſch.

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HISTOIRE DU TRIUMVIRAT D’AUGUSTE, MARC ANTOINE, & LEPIDUS, comtenaut auſſi les actions particu - liers d’Auguſte, avant & aprés le Triumvirat jusqu’à ſa mort. Avce les particularitez de la vic de Jules Ceſar. Tome Premier à Amſterdam 1694. Hiſtoria von dem Triumvirat des Auguſtus, Majcus Antonius, und Lepidus; zugleich al - lerhand ſonderbare Handlungen des Auguſti ſo wohl vor als nach dem Triumvirat biß an ſeinen Tod in ſich haltend: ſamt denen Particularitaͤten von dem Leben des Julius Cæſars. Erſter Theil Amſterdam 1694.

DEr Autor hebet ſeinen Tractat von deme - nigen an / was in dem Leben des Julius - ſars merckwuͤrdig iſt; und zwar handelt er in dem 1. Capitul

VOn dem Urſprunge der Familie der Julier / von der Geburt des Juln Cæſaris, von ſei - ner Auferziehung und Ubungen. Jhre An -[k]unfft rechneten die Julier von dem Sohne des Æ -[n]eas und der Creuſa des Trojaniſchen Koͤniges[P]riamus Tochter; welche das Koͤnigreich Alba re -[g]ieret / und deren Nachkommen von dem dritten Roͤmiſchen Koͤnige Tullo Hoſtilio nach Erobe -〈…〉〈…〉 ung Alba nach Rom gefuͤhret / und ihnen die Stel -〈…〉〈…〉 e der Rathsherren waͤre gegeben worden p. 8.

Darauf erzehlet er pag. 9. einige Urſachen / wel -〈…〉〈…〉 he von denen Geſchicht-Schreibern wegen des Zu -〈…〉〈…〉 ahmens / Cæſar, gegeben wuͤrden. Ein Theil ſe -〈…〉〈…〉 en / daß dieſes Kind große und uͤber gewoͤhnlich -〈…〉〈…〉 iele und ſtarcke Haare mit auf die Welt gebracht /[w]elche die Roͤmer Cæſariem nenneten. Andere /Martius, 1696. O 2es190Hiſtoria von dem Triumvirates kaͤme von den blauen Auge her / ſo die Lateiner - ſios heiſſen. Wieder andere ſchreiben / es habe ſei - nen Urſprung von einem Elephanten / welchen des Dictatoris Groß-Vater in Africa getoͤdtet haͤtte / der nach der Sprache ſelbiges Landes Cæſar genen - net wuͤrde. Die gewiſſeſte Urſache aber ſey wohl daß der erſte / ſo dieſen Beynahmen / Cæſar, bekom - men / waͤre aus ſeiner Mutter Leibe lebendig geſchnit - ten worden.

Julius Cæſars Vater habe Lucius Julius ge - heiſſen / und ſey Stadt-Richter geweſen; ſey jaͤhling zu Piſa geſtorben / indem er ſich die Bein-Kleider an - geleget; ſeine Gemahlin Aurelia, des beruͤhmten Cajus Autelius Cotta Tochter / habe durch ihrer Tugend und Verſtandes Vortrefflichkeit ſich in gantz Rom ein groſſes Anſehen erworben; und zu Auspolirung des Julius Cæſars ſeines eſprits uͤber die maſſen viel beygetragen. Er ſey den vierdten Ju - lii im Jahr der Stadt Rom 653. und hundert Jahr vor Chriſto / als gleich Cajus Marius und Lucius Valerius Flaccus Buͤrgemeiſter geweſen / geboh - ren / und der Nahme Cajus Julius Cæſar ihm ge - geben worden.

Seine Mutter Aurelia, wie der Autor in der Be - ſchreibung fortfaͤhret / nim̃t alſo die Sorgfalt einer tugendhafften Auferziehung dieſes ihres Sohnes gaͤntzlich auf ſich / gibt ihm einen Gallier / Antoni - us Guipho, der ein vortrefflicher Meiſter in der Eloquenz iſt / zum Lehrmeiſter / unter welchem dann auch Cælar ſo wohl proficiret / daß er vor einen der vornehmſten Redner gehalten wird; und / nach dem Urtheil des Ci[ceronis]ſelbſten / ſo koͤſtlich zu〈…〉〈…〉 -191des Auguſt. Marc. Anton. und Leplaus. guiren weiß / als diejenigen / welche ſich auf nichts anders / als die Eloquenz allein / geleget haben. p. 10. Hiernechſt iſt er ſo expedit, daß er oftmahls ſieben Schreibeꝛn zu einer Zeit ſo viel Briefe von un - terſchiedlichen Materien dictiret p. 11.

Er verfertiget auch eine und andere Buͤcher / als zwey von der Analogie, oder der unterſchiedlichen Deutung der Woͤrter; und ein Gedichte genannt: die Reiſe; ſo dann ſeine Commentarios, deꝛen Rein - lichkeit annoch verwundert wird. Hienechſt einige Wercke uͤber die Aſtrologie, die er aber nicht her - aus giebt / weil er das Abſehen hat / ſich mehr durch die Waffen / als die Buͤcher / beruͤhmt zu machen.

Maſſen er dann auch mit allen denen Vortheilen von der Natur verſehen / ſo zu einem ſtattlichen Ge - neral gehoͤren. Hat eine anſehnliche Laͤnge / ſchwartze und ſchimmrende Augen / ein voͤllig Geſicht / und leb - haffte Farbe; und koͤmmt ihm an Geſchwindigkeit / Geſchicklichkeit / Staͤrcke / und Muth keiner gleich; kan alles das ausſtehen / wobey auch ſonſten die ſtaͤr - ckeſten Naturen muͤſſen unten liegen. Gehet / es mag regnen / oder die Sonne heiß ſcheinen / allezeit mit bloſſen Kopffe. Jn den Schlachten ſteigt er vom Pferde / und ficht zu Fuſſe: kan taͤglich bey die hun - dert Meilen reiſen: Jſt keinen ſonderlichen Kranck - heiten unterworffen / indem er nicht mehr als zwey - mahl die gantze Lebenszeit Anſtoß von einigen Ubel gehabt. Haͤlt ſich uͤber die maſſen propre / und her - met ſich recht / da ihm ſein Haar ausfaͤllet; dahero er auch unter allen Ehren / welche ihm der Rath zu Rom nach ſeinen Siegen beſtimmet / keine mit groͤſ -O 3ſerer192Hiſtoria von dem Triumviratſerer Freude aufnim̃t / als das ihm zugeeignete Recht / ſtets einen Lorber-Krantz zu tragen p. 12.

Das 2. Cap. Haͤlt in ſich / wie Cæſar durch die Alliantz mit Marius des Sylla Haß auf ſich gezogen: durch Juliam, des Marius Gemahlin / und Cæſars Baſe / ihm ein Widerwillen gegen die Optimat es in Rom eingefloͤſſet worden / den er auch biß an das Ende ſeines Lebens erhalten; und wie er im ſechze - henden Jahre ſeines Alters ſeinen Vater verlohren. Verſtoͤßt Coſſutiam, die ihm ſeine Verwandten wegen ihres groſſen Reichthums in ſeiner Kindheit verlobet. Vermaͤhlt ſich| mit Cornelia, des Cinna Tochter; welches Buͤndniß den Syllam noch erbit - terter auf ihn machet; alſo daß er ihn auch aus Rom treibet. p. 13. da er in der Flucht von ſeinen Verfol - gern ſein Leben oft mit groſſem Gelde erkauffen muß. p. 14. wird endlich durch die Vorbitten der Groſſen in Rom bey dem Sylla ſo weit ausgeſoͤhnet / daß er wieder in die Stadt darf: Sylla aber / da er ſich zu willfahren genoͤthiget ſiehet / ſaget: Triumphieret nur uͤber meine Weigerung: ich gebe eurem ungeſtuͤ - men Bitten nach; aber wiſſet / daß derjenige / deſſen Erhaltung ihr mit ſolchem Eyfer befoͤrdert / dereinſt der Untergang der Optimaten ſeyn wird / deren par - tie ihr nebſt mir anitzo behauptet. Denn ich ſehe ſchon itzo in dem eintzigen Cæſar viele Marios. p. 14. Cæſars erſter Feldzug in Aſien / wo ſein reſpect durch die Verweilung an dem Hofe des Nicomedis, Koͤniges in Bithinien, einen groſſen Flecken bekoͤm̃t: verdienet doch durch ſeine Tapfferkeit eine Krone von Eichen-Zweigen / die man ſonſt coronam civi - cam nennet / und die denen gegeben wird / welche inder193des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. der Schlacht einigen ihrer Buͤrger das Leben erhal - ten haben. Beſchwaͤrtzet ſeine Reputation in allen Provintzen / wohin er ſeine ſiegende Waffen traͤget / durch die verliebten Ausſchweiffungen / die er biß in Mauritanien traͤget / allwo er mit Eunoë des Koͤ - nigs Bogud Gemahlin buhlet. Jn Rom hat er mit Poſthumia, des Sulpitius ſeiner Frauen / Lollia des Gabinius Braut / Tertulla, die hernach den Craſſus, und Mutia, die den Pompejus geheyra - thet / ſein Liebes-Verſtaͤndniß. Doch ſeine groͤßten beyden Paſſionen ſeynd gegen die Servilie, die Mut - ter des Brutus, und die Egyptiſche Koͤnigin Cleopa - tra; von der er auch einen Sohn gezeuget / welcher ſeinen Nahmen gefuͤhret. p. 15.

Sonſten hat Cæſar den Ruhm / daß er dem Truncke durchaus nicht ergeben geweſen / ſondern darinnen eine ſonderbare Maͤßigkeit ſpuͤren laſſen; dahero auch Cato geſaget: Cæſar waͤre der eintzige unter allen nuͤchternen / der ſich vorgenommen / den Staat der Republic umzukehren.

Den andern Feldzug thut Cæſar in Cilicien / unter dem Commando des Servilius Iſauricus, bleibt a - ber nicht lange bey der Armée, weil er des Sylla Tod vernim̃t / und es das Anſehen einer Theilung in Rom durch den Ehrgeitz des Marcus Lepidus gewinnet. Mit dem doch Cæſar nicht in Gemeinſchafft treten will / weil er nicht ihm Verſtand genug zu haben ſcheinet / ein groſſes Werck auszufuͤhren; als ſich dann auch erwieſen hat.

Cæſar klaget den Cornelium Dolabella, den vornehmſten des Raths / einer concuſſion an; der aber abſolviret wird. Cæſar retiriret ſich nach Rho -O 4dus194Hiſtoria von dem Triumviratdus unter dem Vorwand / bey dem Apollonius Molo, als dem beruͤhmteſten Profeſſor Rhetorices, ſo beyn Griechen je geweſen / ſich in der Eloquenz zu uͤben. p. 17.

Er geraͤth bey der Jnſul Pharmacuſa unter die Seeraͤuber: ſie fodern zwantzig Talent zur Ran - tzion. Er ſagt: ſie wuͤſten ſchlecht ihre Gefangenen nach dero neriten und condition zu judiciren: Er wolle ihnen funffzig geben. Schicket auch ſo fort ſei - ne Freunde von ſich / um dieſe Summa aufzubrin - gen / und behaͤlt niemand als ſeinen Leib-Medicum und zwey Cammerdiener bey ſich. Cæſar, ob er gleich unter den wildeſten Barbarn iſt / befiehlet ihnen doch als Sclaven / und da er ſeiner Ruhe pflegen will / laͤſ - ſet er ihnen befehlen / das Maul zu halten / daß er nicht an ſeinem Schlummer geſtoͤhret wuͤrde. p. 18. Wenn ſie ihm den geringſten Verdruß thun / ſo dro - het er ihnen / ſie ans Creutze hefften zu laſſen. p. 19. Die Seeraͤuber lachen dieſer Drohungen; aber er zeiget ihnen bald / wie er ſich nicht hoͤhnen laſſe: denn den Augenblick / daß er ſeine Rantzion bezahlt / ma - chet er ſich nach Milet, wo er geſchwind einige Schiffe mit Volck beſetzet / nach dieſen Corſairen zuruͤckkehret / ſie noch vor Ancker an demjenigen Ort antrifft / wo er ſie gelaſſen; und mit allen ihren Schiffen und Leute gefangen nim̃t. Er begleitet ſie in das Gefaͤngniß nach Pergamo, und da Junius, als Richter der Provintz / ſo die Raͤuber zu ſtraffen von Cæſarn erſuchet worden / einen weitlaͤufftigen Proceß machen will / ſo ziehet Cæſar aus eigener Autoritaͤt dieſe Barbarn aus dem Gefaͤngniß her - vor / und laͤſſet ſie ingeſamt an Creutze nageln: undweil19[195]des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. weil Mithridates die Aſiatiſchen Provintzen / ſo den Roͤmern unterworffen / ſehr ruiniret / bringet er Voͤl - cker zuſammen / ſchlaͤget zu unterſchiedenen mahlen einen von des Mithridatis Feldherꝛn / und erhaͤlt da - durch viele Staͤdte in der Roͤmer Gehorſam.

Das 3. Cap. Erzehlet / wie Cæſar von ſeiner Zu - ruͤckkunfft nach Rom zum Tribuno Militari oder Krieges-Obriſten bey einer Legion erwehlet wor - den: das folgende Jahr wird er Rentmeiſter: Jhm ſtirbet faſt zu einer Zeit ſeines Vaters Schweſter / die Julia, und ſeine Gemahlin Cornelia, denen er beyden die Leichen-Reden haͤlt. Jſt ſo kuͤhn / daß er bey dem Begaͤngniß der Julien die Bilder des Marius mit allen Zeichen der Wuͤrden und Ehren - Aemtern dieſes Mannes vorher tragen laͤſt / da doch Sylla dieſen Roͤmer vor einen Feind der Republic erklaͤren laſſen. Dieſe That wiegelt des Sylla Parthey wider den Cæſar auf / allein das Volck faͤllt Cæſarn bey p. 20. welcher ſich mit Pom - peja darauf vermaͤhlet / welche aber wegen des Clodius wieder verſtoſſen wird p. 21. Cæſar uͤber - kommt das Gouvernement von Spanien; trifft des Alexandri Magni Bild-Saͤule in einem Tem - pel an / und weinet in deren Betrachtung / aus Be - truͤbniß / daß er noch in dieſen Jahren / in welchen ſelbiger Fuͤrſt den beſten Theil der Welt bereits er - obert / noch nichts ſonderbares gethan haͤtte p. 21. koͤm̃t wieder nach Rom; richtet unterſchiedliche Trublen wider den Rath an p. 21. iſt ſonſt / auſſer daß er dieſen Ehrgeitz zu regieren allzuhefftig nach - henget / ein Herr von ungemeiner Guͤte und Leutſee - ligkeit. Befiehlet bey der Pharſaliſchen Schlacht /Odaß196Hiſtoria von dem Triumviratdaß man die Roͤmer / ſo viel moͤglich / erhalten moͤch - te p. 24. ſeinen Officirern willfahret er in allen / was ſie ihm wegen ihrer Freunde bitten / welche des Pompejus Partie gehalten. Vergißt die Belei - digung ſeiner groͤßten Feinde / und hindert nicht / daß ſie wieder nach Rom kommen / und daſelbſt zu an - ſehnlichen Dignitaͤten gelangen. Laͤſſet des Sylla und Pompejus Statuen / ſo von dem Volck abgebro - chen worden / wieder aufrichten; und man ihm ſchon die Nachricht giebet / wie einige zu ſeinen Un - tergange conſpiriren / ſo laͤſſet er ſich doch begnuͤgen / daß er durch ein Edict kund machet / wie ihre gefaͤhr - lichen Anſchlaͤge er erfahren habe.

Das 4. Cap. Setzet mehr Exempel der Leut - ſeligkeit und des verſoͤhnlichen Gemuͤths des - ſars; maſſen er in ſeinem Haß auch gegen die / ſo ihm das haͤrteſte zuwider gethan / ſo hoch geſpannet / daß er ſich nicht gerne vertragen / wann ihm der andere nur angebothen / daß er wieder ſeine Freundſchafft verlange. p. 25. Doch dieſe natuͤrliche Maͤßigung und Glimpf habe ihn gantz verlaſſen / wenn die Ra - ſerey der Ehr-und Regierſucht das Gemuͤth erhitzet / alſo daß ſein Hertz und Sinn ſo dann nichts als Mord und Blut geſchnaubet / und er ſich in alle Conſpirationen gemiſchet / die nur wider die Roͤmi - ſche Freyheit gemachet worden / ja er habe ſeiner Er - hoͤhung auf den Thron das Leben von mehr als hun - dert tauſend Menſchen aufgeopffert. p. 26.

Als den Tag vor dem erſten Jenner ein Buͤrge - meiſter gehling ſtirbet / gibt ſolches Ampt Cæſar dem Vatinio, (oder / wie andere wollen dem Caninio Revilo) daß er biß zu Ende ſelbigen Tages regierenſolle:197des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. ſolle: daher Cicero wegen ſo kurtzen Regiments (denn den darauf folgenden erſten | Januarii gieng der neue Rath auf) zu ſeinen Freunden ſagte: Laſ - ſet uns eilen / dem neuen Buͤrgemeiſter die Com - plimente zu machen / es moͤchte ſonſt ſeine Wuͤrde ehe auf hoͤren / ehe wir zu ihm kaͤmen p. 27. Und weil dieſer erwehlte Buͤrgemeiſter noch in der That ſelbigem Abend ſeine Dignitaͤt muſte wie - der ablegen / ſo ſagte Cicero eben uͤber dieſe kurtze Regierung: Wir hatten einen Buͤrgemeiſter von wunderwuͤrdiger Wachſamkeit: Er hat waͤhrendes ſeines gantzen Buͤrgemeiſter-Amts nicht einen Augenblick geſchlaffen: und ſetzte noch hinzu: Es waͤre ein groſſes Wunder / daß man weder Sommer noch Winter gehabt / ſeint daß Vatinius waͤre Buͤrgemeiſter geweſen

Cæſar pluͤndert viele Staͤdte / die ihm doch ſich unterworffen haben; nim̃t von Capitolio in ſeinem erſten Conſulat drey tauſend Pfund Goldes / da - vor er ſo viel verguͤldet Kupffer legen laͤſt / ſpoliret die Tempel / und beraubet gantz Egypten / um nur die großen Unkoſten der Buͤrgerlichen Kriege / wie auch ſeine Triumphe / und praͤchtige oͤffentliche Schau - ſpiele dadurch zu unterhalten p. 29.

Dergleichen Verfahren / wie auch der durch Ge - ſpraͤche entdeckte Hochmuth iſt Urſach der Coajura - tion wider ihn: Maſſen er ſaget: die Republic waͤre nichts mehr als ein Bildniß; und Sylla ein rechter Jgnorante geweſen / der nicht zu befehlen gewuſt / dahero auch die Dictatur aufgegeben. Jnskuͤnfftige ſolte man mit ihm nicht anders als auf das ehrerbiethigſte re -den;198Hiſtoria von dem Triumviratden; und ſein Wille der andern ihr Geſetze ſeyn.

Das 5. Capitel. Cæſar erhaͤlt die Stelle des Stadtpflegers und Bauherrns in Rom; laͤſſet un - terſchiedene praͤchtige Gebaͤude auffuͤhren; beleidi - get den Rath durch Aufrichtung der Triumphs Zei - chen / dem Mario zu Ehren; als ſelbiger vormahls wider die Cimbren und Teutſchen / (welche als der Cimbren Nachbarn am Meere gewohnet) geſie - get: welche That dem Volcke wohl gefaͤllt / daher auch der Rath wider Cæſarn nichts beſchliſſen darf p. 31. Metellus, welcher der hohe oder oberſte Prie - ſter geweſen / ſtirbet / und Cæſar bewirbt ſich ſo eyfrig darum / daß an dem Tage / da ein neuer ſoll erwehlet werden / er zu ſeiner Mutter / da er von ihr Abſchied nim̃t / um in die Verſam̃lung des Volcks zu gehen / ſaget: Jhr ſollet mich entweder heute als ho - hen Prieſter / oder aus Rom verbannet ſehen. Erhaͤlt auch dieſes Amt / ob er gleich zwey hochange - ſehene Competenten an dem Luctatio Catulo und Servilio Iſaurico hat. p. 32. Cæſar wird Stadtrichter / ohnerachtet ſich der Senat ſeiner Wahl widerſetzet. p. 33. muß aber doch ſolches Amt endlich wieder aufgeben. p. 34. gleichwohl koͤm̃t der Poͤbel Hauffen-weiſe vor ſein Hauß / und erbietet ſich / ihn dabey zu ſchuͤtzen / wenn er es behalten wolte. Doch er iſt ſo moderat, daß er dem Volcke wegen ihres guten Willens dancket / und es bittet / es moͤchte nur iedweder ſich wieder heim begeben. Dieſes Bezeu - gen gefaͤllt dem Senat ſo wohl / daß ſie ihm aus eini - gen von ihrem Mittel laſſen Danck ſagen / auch wie - der erſuchen / ſeinen Platz in der Aſſemblée zu neh - men / und in der prætur abermahls beſtaͤtigen. p. 34.

Das199des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus.

Das 6. Cap. Haͤlt in ſich / wie Cæſars Feinde in die damahls entdeckte Conjuration des Catili - ihn ſo gerne mitziehen wollen: aber Ciceronis, als damahligen Buͤrgemeiſters ſeine Redlichkeit ha - be ihn noch gerettet. p. 35. Als man wegen vieler vornehmen Roͤmer / die des Catilinæ Gefaͤrthen ge - weſen / ihrer Beſtraffung rathſchlaget / und die mei - ſten darauf ſtimmen / ihnen das Leben zu nehmen / haͤlt Cæſar andere Meynung: Man ſolle des Poe - tiſchen Geſetzes / welches verboͤt einen Roͤmiſchen Buͤrger zu toͤdten / ſie genieſſen laſſen / und ihre Guͤ - ter confiſciren; ſie aber in den beſten Feſtungen J - taliens ins Gefaͤngniß werffen. p. 37. Cato haͤlt ihm Widerpart. Die Erbarmung und der Glimpff waͤren hie zur Unzeit geuͤbet. Verraͤther des Vater - landes muͤſten ohne eintziges Anſehen aus dem Mit - tel geraͤumet werden. p. 38. 39. 40. Wie dann auch noch ſelbige Nacht durch die Anſtalt des Ciceronis, als damahligen Buͤrgemeiſters / nach dem Decret, welches des Cato Meynung beyfaͤllt / die Mitver - ſchwornen am Leben geſtraffet werden. p. 41.

Das 7. Cap. Cæſar gehet wieder in Spanien, und koͤm̃t daſelbſt denen Roͤmiſchen Bundsgenoſſen wider ihre Feinde zu Huͤlffe. Eilet nach Rom zu - ruͤck / und verlanget daſelbſt die Buͤrgemeiſter - Stelle; ſo er auch erhaͤlt. p. 43. Bibulus iſt ſein Col - lege / der aber ſchlechten reſpect hat / ſondern Cæſar alles allein anordnet. p. 44. Dieſer laͤßt den Cato durch des Raths Diener ins Gefaͤngniß werffen / weil er Cæſars Regierungs-Art unbilliget. Das Volck aber / welches Cato Tugend zu hoch vereh - ret / hat darob einen groſſen Mißfallen / weswegener200Hiſtoria von dem Triumvirater unter der Hand einen Zunfftmeiſter ſagen laͤßt / er moͤchte ihm nur denen Stadtdienern wieder abneh - men / und vorige Freyheit laſſen. p. 44. Der gantze Rath iſt von Cæſarn ſchuͤchtern gemacht / biß auf den eintzigen Conſidius, welcher / weil er in einem ho - hen Alter / ſowohl die Drohungen / als das Anſehen des Cæſars verachtet; Und wie einſt ſo wenig zu Rathhauſe kommen / ſaget: Die Furcht verhin - dere die Senatoren / ſich in der Verſam̃lung ein - zufinden. Darauf ihm Cæſar fraget: Warum dann nicht eben dieſelbige Furcht auch ihn| zu Hauſe behielte? Conſidius aber gleich antwortet: Mein Alter iſt es / das mir die Sicherheit ſchaf - fet. Denn da ich noch ſo wenig Zeit zu leben habe / ſo wage ich auch eine gantz geringe Sa - che und was weniges zu dem Dienſte des ge - meinen Weſens. p. 45.

Cæſar vermaͤhlet ſich Calpurinen / des ernenne - ten Buͤrgemeiſters Biſonis Tochter / und ſeine Toch - ter Juliam giebt er Pompejo; nachdem er ſie ihrem erſten Manne dem Servilius Capio wiedergenom - men hat. Durch dieſes Eydanis und Schwieger - Vaters Anſehen unterſtuͤtzet bekoͤm̃t er die Freyheit / unter allen Provintzen ſich jederzeit diejenige zu er - wehlen / welche ihm am beqvemeſten ſcheinet / dar - innen Ehre und Ruhm zu erwerben / und die Ehre des Triumphs zu meritiren. p. 45.

Pompejus, Craſſus und Cæſar haben eine ab - ſonderliche Conferenz auſſer Rom / ſchlieſſen den Lucium Domitium, der ſchon deſignirter Buͤr - gemeiſter iſt / von dem Conſulat aus / und nehmen es Craſſus und Pompejus zu ſich. Daher das erſteTrium -201des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. Triumvirat ſeinen Urſprung nim̃t. p. 47. Cæſar nim̃t in einer Zeit von 9. Jahren gantz Gallien von den Alpen und Pyreneiſchen Gebuͤrgen biß an den Ocean und Rhein hinweg; ſchlaͤget die Teutſchen / nim̃t Engelland und Schottland ein; bezwinget acht hundert Staͤdte; uͤberwindet dreyhundert unter - ſchiedene Nationen / und von drey Millionen der Fechtenden / die ſich zu unterſchiedlichen mahlen ihm entgegen geſetzet / toͤdtet er eine Million / und eben ſo viel machet er zu Sclaven. p. 48.

Das 8. Cap. Cæſars Wachſamkeit / Tapffer - keit / Geſchicklichkeit / und wunderwuͤrdige Klugheit bringet ihn ſowohl / als auch ſonderlich die Liebe und Treue ſeiner Soldaten ſo viel Siege und Eroberun - gen zuwege. Jm Anfange der buͤrgerlichen Kriege erbietet ſich jedweder Hauptmann unter ſeinen Troupen / einen Reuter auf ſeine Koſten zu werben; und die Soldaten verſprechen / ihm ohne Sold und Brod zu dienen / indem die Reichſten der Armen Unterhaltung auf ſich nehmen. Waͤhrender ſolcher langen Kriege und fernen Expeditionen hat er un - ter ſeinen Arméen keinen Deſerteur auſſer den ein - tzigen Labienus gehabt. Hingegen haben viel Sol - daten lieber das Leben verlieren wollen / ehe die con - dition eingehen / wider ihn zu dienen. p. 48. Als ſei - ne Geſchwader einſt in einer Rencontre geſchlagen worden / kommen ſie von ſich ſelbſt / und ſubmittiren ſich allen Straffen / die er nur immer von ihnen neh - men wolte / alſo / daß er mehr Muͤhe brauchet / ſie zu troͤſten / als zu beſtraffen. p. 49. Unglaubliche Tapf - ferkeit ſeiner Officirer im Fechten. p. 49. Cæſar iſt wieder gegen ſeine Soldaten uͤberaus gefaͤllig: wannMart. 1696. Pſie202Hiſtoria von dem Triumviratſie ſich wohl gehalten / und es ſich laſſen ſauer wer - den / laͤſſet er ihnen allerhand Luſt und Ergoͤtzlichkei - ten zu / indeß daß er mit ſeinen Freunden zu ſeiner Voͤlcker Sicherheit ſelbſt das Lager bewachet. p. 50. als ihm in Gallien einſt zwey Legionen geſchlagen werden / welche Titurius commandiret / laͤßt er ſein Haar und Bart zu Bemerckung ſeines Schmer - tzens wachſen / biß er ſich an denen Feinden nach - druͤcklich gerochen. p. 51. Jn der groͤſten Gefahr des Treffens ſtreitet er zu Fuſſe / und laͤßt den Seinigen alle Pferde bey Seite ſchaffen / daß ſie zu fechten ge - noͤthiget ſeynd / und nicht koͤnnen auf die Flucht den - cken. p. 52. Wie er wider Scipionem und Jubam in Africa ſtreiten will / faͤllt er beym Ausſteigen aus dem Schiff laͤngelang darnieder; welches die Um - ſtehenden vor eine boͤſe Vorbedeutung auslegen; er aber machet einen Schertz daraus / ſagend: Nun halt ich dich / Africa. p. 53.

Das 9. Cap. Redet von Cæſars conduite gegen ſeine Freunde und von ſeinem Tode. Er liebet ſeine Freunde als ſich ſelbſt / und wer bey ihm haͤlt / den er - weiſet er die groͤſte Erkentlichkeit / bringet ihn auch zu Ehren / ohnerachtet einer von geringem Stande iſt; ſagend: Wann auch Raͤuber ihm ſeine Dignitaͤt haͤtten erhalten helffen / wolte er gegen ſie danckbar ſeyn. p. 55. Jſt freygebig biß auf die Verſchwen - dung. p. 55. Kauffet auf das theureſte Gemaͤhlde von der Antiquitaͤt / welche gute Meiſter gemacht; und gibt ſo viel Geld vor gute Sclaven / daß er verbietet / die Summa in die Ausgabe zu bringen. Wird ge - toͤdtet / als er ſechs und funffzig Jahr alt iſt / und un - ter die Goͤtter gezehlet. p. 56. Ein Comet / welcher 7. Tage203des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. Tage ſtehet / wird von dem Volcke vor Cæſars See - le gehalten. Man verſchlieſſet auf ewig den Saal / da er ermordet worden. Der funfzehnde Martii, da er umgebracht / wird dies parricidii genennet / und man hat angemercket / daß alle / ſo an dieſem aſſaſſi - nat theilhafftig geweſen / eines gewaltſamen To - des geſtorben / und keiner der Moͤrder uͤber drey Jahr ihn uͤberlebet; auch viel mit eben dem Dolch ſich getoͤdtet / mit dem ſie Cæſarn verwundet haben.

Hiſtoria des Auguſti. Das 1. Cap.

HAndelt von den Vorfahren des Auguſti. Cajus Octavius, einer der Vornehmſten in Rom iſt ſein Vater. p. 58. Auguſtus wird gebohren unter dem Conſulat des Ciceronis und Antonii den 21. September kurtz vor der Sonnen Aufgang / 63. Jahr vor Chriſti Geburt: Allerhand Vorbedeutungen werden erzehlet / daraus die Zei - chendeuter wahrſagen / es ſey der Herꝛ der Welt ge - bohren. p. 62. Wie dann auch ſolches Auguſto ſelbſt / als er etwas zu Jahren kommen / ein Stern - ſeher ſaget. p. 63.

Das 2. Cap. Auguſtus iſt von ſo trefflicher Schoͤnheit / daß ein Gallier / welcher ſich vorgenom - men / ihn bey einer Unterredung auf den Alpen in Abgrund zu ſtuͤrtzen / durch die Strahlen ſeiner Au - gen zur Ehrerbietung bewogen ſolches unterlaͤſt p. 64. maſſen dann ſeine Augen blau / und ſchim̃ - rend / daß recht etwas goͤttliches daraus hervorſpie - let / und ihm nichts mehr gefaͤllt / als wenn man das Geſichte vor ihm niederſchlaͤget / gleich ob man ſeineP 2glaͤn -204Hiſtoria von dem Triumviratglaͤntzende Blicke nicht vertragen koͤnte. Seine Haare ſeynd lichte und von Natur kraus / die Zaͤhne klein und ſchneeweiß / der Mund uͤber die maſſen roth und ſchoͤn p. 64. er hat eine Habichts-Naſe / iſt mehr groß als klein von Statur. An dem Leibe hat er Geburtsmahle / als der große Baͤr am Him - mel mit ſeinen Sternen ſtehet. Jſt ſonſt zugewiſ - ſen Zeiten mit dem Steine geplaget p. 65.

Sein Zeitvertreib iſt / daß er mit dem Hamen fiſchet / oder wuͤrfelt / oder mit Kindern um Nuͤſſe ſpie - let p. 66. Sein Verſtand iſt uͤber diemaſſen hoch / durchdringend / und nachſinnend: hat unterſchiedli - che Liebes-Intriguen mit der vornehmſten Roͤmer ihren Gemahlinnen / um von ſelbigen viele Staats - Heimlichkeiten zu erfahren. Das Intereſſe iſt die Richtſchnur aller ſeiner Neigungen; er uͤbet ſich uͤber die maſſen in der Wohlredenheit; und waͤh - rendes Krieges laͤſt er in Modena keinen Tag vor - bey gehen / da er nicht etwas lieſet / auffſetzet / oder peroriret p. 67. ſchreibet alles auf / was er / auch ſo gar mit ſeiner Gemahlin / reden will p. 68. er leget ſich auch etwas auf die Poeſie / hat eine reine und wohlverſtaͤndliche Schreib-Art / indem er nichts mehr als dunckle Redens-Arten und Ausdruͤckun - gen / ſo nach der Antiquitaͤt ſchmecken / haſſet p. 69. Mecœnas hingegen expliciret ſich offt verbluͤhmt und hochtrabend / welches krauſpe und gedrechſelte (ſa friſure) er nicht leiden kan. Saget dahero einſten zu ſeiner kleinen Tochter Agrippina, nachdem er ih - ren Verſtand gelobet: Jhr muͤſſet achtung ge - ben / daß ihr euch nicht verdrießlich denen Leu - ten machet / es ſey in reden oder in ſchreiben. Er205des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. Er iſt freygebig gegen gelehrte Leute und Kuͤnſtler p. 71. leidet nicht gerne / daß man etwas von ihm ſchreibet / wenn es nicht ein Mann iſt / der den Wer - cke gewachſen.

Das 3. Cap. Auguſtus iſt biß auf den Aber - glauben religioͤs p. 71. fuͤrchtet ſich uͤber die maſſen vor den Donner / weil einſten der Strahl einen Sclaven erſchlagen / der ihm die Fackel vortraͤget p. 72. bauet dem donnrenden Jupiter beym Ein - gange des Capitolii einen Tempel; haͤlt viel auff Traͤume; wenn man ihm beym Anziehen den lin - cken Schu zu erſt reichet / nim̃t ers vor ein uͤbel Zei - chen an. Jſt ſtrenge in der Rache p. 74. Als er einſt wider Ubelthaͤter ein hartes Urthel ſpricht / ſchickt ihm Mecænas einen Zettul / darauf ſtehet: Mache dich vom Richtſtuhl herunter / du Hencker. Ob nun wohl dieſer Verweiß ſehr hart / ſteiget doch Auguſtus von Tribunal, und dancket ſeinem Freunde wegen ſeines Eyfers ſeine gantze Lebenszeit p. 75. Er wird darauf gantz leutſee - lig und gelinde. Nach des Antonii Tode vergie - bet er allen / die deſſen Partie gehalten. Schreibet dem Tiberio, der ihn zur Rache anmahnet: Ge - bet nicht / mein geliebter Tiberii, der Hitze eu - rer Jugend und euren Regungen ſo viel Frey - heit / als man ihnen zulaſſen kan; und dencket dahin / daß es Gluͤcks genug ſey / daß man uns nichts uͤbels thun koͤnne / ohne euch darum zu bekuͤmmern / was man uns uͤbels ſaget p. 76. Er leidet nicht / daß man ihm zu Ehren Tempel baue.

Das 4. Cap. Auguſtus will den Nahmen Di - ctator durchaus nicht annehmen. VielwenigerP 3ſich206Hiſtoria von dem Triumviratſich einen Herrn heiſſen laſſen p. 77. welches er durch ein oͤffentlich Edict verbiethet. Will auch nicht gerne ſich praͤchtig in denen Staͤdten / wo er hinrei - ſet / einhohlen laſſen / dahero er meiſt bey Abendzei - ten ſeinen Einzug haͤlt p. 77. Als er in Rom Buͤr - gemeiſter iſt / gehet er allezeit zu Fuß aufs Rath - hauß / damit einieder deſto mehr Gelegenheit hat / ihn unterwegens anzureden p. 77. giebt allen / auch den geringſten / Audientz p. 78. und da ihm einer einsmahl eine Supplic mit zittern uͤbergiebet / ſaget er laͤchlend zu ihm: Er gaͤbe ihm ſein ſuchen mit ſolcher Furcht / wie man dem Elephanten ei - nen Groſchen reichete p. 78. Nim̃t auch nicht uͤbel / da ein Soldat / der ihm in allen Kriegen gefol - get / und welchen er nur einen ſeiner Freunde zugie - bet / der vor den Richtern ihm in ſeinen Proceß bey - ſtehen ſoll / ihm alſo anlaͤſt: Cæſar, ich habe nicht durch einen Procurator gefochten / als man eu - er Recht in der Schlacht bey Actium behaup - ten muſte: Jch habe daſelbſt mit eigener Per - ſon bezahlet / und hier trage ich noch die Merckzeichen davon. Womit der Soldat ſeine Wunde weiſet. Da denn Auguſtus dieſen Vor - wurf ſich gar nicht verdrieſſen laͤſt / ſondern nur be - ſorget iſt / man moͤchte ihn bey dieſer Gelegenheit vor hoffaͤrtig / oder vor undanckbar anſehen; dahero er gleich mit dem Soldaten ſelbſt vor die Richter ge - het / und ihm Recht verſchaffet p. 78. Noch ein Ex - empel der Leutſeeligkeit dieſes Fuͤrſten erzehlet der Autor alſo: Er wird auff einen Luſthauſe auff dem Lande von dem graͤßlichen Geſchrey einer Nacht - Eule dermaſſen incommodiret / daß er davor nichtſchlaf -207des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. ſchlaffen kan: ein Soldat der geſchickt und ein gu - ter Jaͤger iſt / faͤnget die Eule oder den Kautz weg / und traͤget ſie zum Kaͤyſer / davor haltend / ein ſo an - genehmer Dienſt werde eine große Belohnung nach ſich ziehen. Der Kaͤyſer lobet ihn ſehr / und laͤſt ihm tauſend Aſſes, welches nach frantzoͤiſcher Muͤn - ze etwan fuͤnff und zwantzig Francken machet / rei - chen. Dieſer unbeſcheidene Gaſt ruffet bey deren Erhaltung: warum ſo wenig? Ey / ſo mag auch lieber die Eule leben bleiben. Und damit laͤſt er ſie gleich wieder frey fortfliegen. Solche Verwe - genheit wuͤrde auch ein geringerer Herr nicht gelit - ten haben: Auguſtus aber lachet daruͤber / und laͤft den Soldaten ungeſtraffet p. 79. Jn ſeiner Klei - dung und Ausſchmuͤckung des Zimmers / ſo er bewoh - net / iſt er gar nicht praͤchtig p. 82. und traͤget zu Hau - ſe keinen andern Habit / als den ſeine Gemahlin / ſei - ne Schweſter / ſeine Tochter / und Kindes-Kinder gemacht haben. Bedienet ſich aber etwas hoher Schuhe / um laͤnger zu ſcheinen p. 83. Er hat taͤglich ſeine Freunde an der Tafel; und laͤſſet wohl tracti - ren; er ſelbſt aber ißt und trinckt uͤber die maſſen we - nig; ſtehet offt mitten in der Mahlzeit auf; befieh - let aber ſeinen Freunden ſitzen zu bleiben / und ihre Freyheit zu gebrauchen p. 83. trincket nur dreymahl uͤber der Tafel p. 84. und zwar allein des Abends / den Tag uͤber ſtillet er ſich den Durſt mit etwas Brod in Waſſer geduncket / oder mit einem Apfel von ſaͤuerlichen und weinreichen Geſchmack p. 84. laͤſt offt bey waͤhrender Tafel Comœdianten ſpielen / auch wohl luſtige Leute ins Zimmer kommen / welche in Schertz nachdencklich die Warheit ſagen p. 85. P 4des208Hiſtoria von dem Triumviratdes Nachts wachet er drey biß viermahl auf; und wenn er nicht wieder einſchlaffen kan / muß man ihm was vorleſen / oder Hiſtorien erzehlen. Am Tage bringet er dann dieſes Nachtwachen wieder ein / und wenn er auszugehen hat / und ihm ein Schlum - mer ankoͤm̃t / ſo ſpricht er gleich bey einem ſeiner Freunde ein / daſelbſt ein Stuͤndgen abzuſchlaffen.

Das 5. Cap. Jn dieſem wird von des Auguſti Conduite in Regierung der Republic gehandelt / nachdem er ſich nach des Antonii Bezwingung und Tode in den Stande geſehen / daruͤber abſolut zu diſponiren. Und zwar Anfangs wird erzehlet / wie Auguſtus unter dem Julio Cæſare in Spanien die erſte Campaane gethan / und ſich daſelbſt ſo wohl gehalten / daß ihn Cæſar gleich deſtiniret / ſein Prin - cipal Erbe dereinſt zu werden.

Hernach ſaget der Autor von ſeinen Kriegen in Jllyrien / nach der Niederlage des jungen Pompe - jus; und wie er die barbariſchen Voͤlcker Japydes uͤberwunden / die Pannonier und Dalmatier dem Roͤmiſchen Reiche zinßbar gemacht. Den Krieg mit Antonio durch deſſen Beſiegung und darauf erfolgten Tod geendet / und Egygpten zu einer Roͤmi - ſchen Provintz gemacht. Den Koͤnig Herodes / ſo erſt Antonii Partie gehalten / an ſich gezogen / gantz Syrien unter ſeine Gewalt gebracht / die Koͤnige von Gallatien / Cappadocien und Paphlagonien ſich ihm ſubmitiret; andere Fuͤrſten / ſo auf des Antonii Seite geſtanden / große Geldſtraffen ihm geben muͤſſen p. 87. Er wiederum im Triumph nach Rom zuruͤck gekommen / und mit unendlicher Freude des Volcks bewillkommet worden. Die Prachtdes209des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. des Triumphs drey Tage gewaͤhret. Am erſten habe man die Jllyriſchen und andere barbariſchen Gefangenen / deren Nationen Auguſtus vor der Niederlage des Antonii bezwungen / geſchehen; den andern Tag habe man die Schlacht bey Acti - um und den Sieg des Auguſti vorgeſtellet / wie auch den ſterbenden Antonium, als er ſich mit ſei - nem eigenen Dolch erſtochen / und nach Cleopatren annoch ſeine Armen ausſtrecket; der dritte Tag ſey zum abſonderlichen Triumph uͤber dieſe Koͤnigin be - ſtimmet geweſen. Man habe ihr Bildniß mit ei - ner Natter / ſo ſie um den Arm gewunden / auff das koͤſtlichſte gearbeitet / dabey geſchauet / wie auch alle die herꝛlichen Gemaͤhlde und Statuten der Egypti - ſchen Koͤnige / nebſt mehr als zwantzig Millionen Goldes / theils an Muͤntze / theils annoch ungepraͤg - ten Metall; und einer faſt unzahlbahren Menge gold und ſilberner Gefaͤſſe p. 89.

Auguſti vortreffliche Conduite nach ſeiner ſieg - reichen Wiederkunfft nach Rom. Vors erſte be - ſchencket und belohnet er reichlich alle / auch die al - lergeringſten Soldaten / die ihm in dieſer Expedi - tion gefolget: denn er theilet erſtlich alle Beuthe / ſo ſie in der Stadt Alexandria und in andern Ero - berungen bekommen / gleich unter ſie aus / und giebt noch dazu einem iedweden funffzig Thaler / einen Hauptmann doppelt ſo viel / und dreyfach einen Ritter. Rachdem laͤſt er iedem Buͤrger / auch kein eintzig Kind ausgenommen / Kopff vor Kopff zehen Thaler reichen: Und weil er ſo uͤberaus viel Gold aus Egypten mitgebracht / wird ſolches in Rom ſo gemein / daß die Renten / ſo vormahls zwoͤlffe vonP 5hun -210Hiſtoria von dem Triumvirathundert geweſen / nun auf viere von hundert fallen: dadurch werden die Haͤuſer theurer / und die ſo viele Schulden auf ihren Guͤtern haben / koͤnnen dieſel - be bey ihren Glaͤubigern um hoͤhern Preiß angeben. Die Commercien heben gleichfalls durch gantz Jta - lien wieder zu floriren an; und Auguſtus ſelbſt ſchieſſet aus ſeinem Schatz zum Manufacturen vor. Er hebet auch alle die Steuren und Anlagen auf / ſo Zeit der Buͤrgerlichen Kriege gegeben wor - den: laͤſſet die auslaͤndiſche Muͤntze verruffen. Schicket das Geld wieder an die Staͤdte in Jtalien zuruͤck / ſo ſie nach Gewohnheit dahin geſendet / Kro - nen vor die Uberwinder verfertigen zu laſſen / und dancket vor ihren guten Willen p. 90. Laͤſſet unter - ſchiedliche Haͤuſer zum Schauſpiel aufbauen / das Volck nach den Plagen der vielen Kriege wie - derum zu divertiren; ſtellet Thier-Streite / auch Schiffgefechte / und andere Ergoͤtzlichkeiten mehr an; Zeigetoͤffentlich auff den Schaubuͤhnen aller - hand Raritaͤten: unter andern ein klein Maͤnnlein / genannt Lucius, der nicht hoͤher als 2. Schuhe iſt / und nur ſiebenzehn Pfund ſchwer waͤget / allein uͤber - die maſſen grob und ſtarck reden kan p. 91.

So iſt auch dieſes Kaͤyſers Inclination inſonder - heit auf Theatraliſche Sachen gerichtet / alſo / daß er ſein Belieben hat / gantze Tage zuzufehen / und die - jenigen / ſo zu der Præſentation oder Auszierung der Scenen und Erfindung guter Stuͤcke durch ihren Fleiß etwas contribuiren / mit ſonderbaren Wol - thaten zu ehren. p. 92.

Gleich / als er dem Schauſpielen zuſiehet / bekoͤm̃t er Zeitung von dem Craſſus, daß er die Baſtarnen,ſo211des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. ſo Mœſien bewohnen in acht Feldſchlachten uͤber - wunden / und ihren Koͤnig mit eigener Hand getoͤd - tet; der Geten Koͤnig aber genoͤthiget / daß er aus Verzweifelung ſich ſelbſt ermordet. Durch dieſen Sieg ſey gantz Dacien (Siebenbuͤrgen) unter der Roͤmer Botmaͤßigkeit gebracht worden. p. 94. des - wegen wird dem Auguſto und Craſſo der Triumph vom Rathe zuerkannt. Kaͤyſer Auguſtus ſchlieſſet den Tempel des Janus zu / welcher zwey hundert Jahr / ſo lange Rom Krieg gehabt / offen geſtanden. Und iſt dieſe Zuſchlieſſung ſeint der Fundation der Stadt Rom das dritte mahl. p. 94. Einige Plaͤtze in Rom / ſo die Privat-Perſonen durch die lange Zeit an ſich gebracht / will die Republic wieder an ſich ziehen / anfuͤhrend; daß ſolche vormahls dem publi - co gehoͤret: die Beſitzer wollen ſie nicht gerne fahren laſſen / vorwendend; ſie haͤtten ſie von ihren Vor - fahren durch die Succeſſion bekommen. Weil nun beyder Recht ungewiß / ſpricht ſie der Kaͤyſer denen Beſitzern zu; und heißt den Rath abſtehen. p. 94. Er laͤßt auch alle Obligationen der Buͤrger ihrer Vorfahren / welche Geld bey der gemeinen Caſſa gehoben / und nun ihren Nachkommen die Bezah - lungen ſolcher Schulden auf dem Halſe gelaſſen / vor den Augen des gantzen Volcks verbrennen; p. 95. ſo laͤßt er auch alle Schrifften des Antonii herbey ſchaffen / und nachdem er durch einen Eyd verſichert / daß er keines von allen dieſen Papieren geleſen / ſie ingeſamt ins Feuer ſchmeiſſen. Alſo ziehet er die Ge - muͤther der Rathsherren an ſich / welche vor dieſem dem Antonio affectioniret geweſen / und ſelbigemallen212Hiſtoria von dem Triumviratallen heimlichen Vorſchub zu des Auguſti Verfol - gung gethan hatten.

Das 6. Cap. Auguſtus will nach uͤberall beſtaͤ - tigter Ruhe in der Roͤmiſchen Republic ſeine Sou - verainitaͤt niederlegen. Fraget deswegen ſeine bey - den vornehmſten Miniſtros, den Mecænas und A - grippa um Rath. Mercket daß ein jeder nach ſeinem Intereſſe ſein Gutduͤncken giebet. Dancket wegen ihrer eroͤffneten Meynung / und entſchlieſſet ſich end - lich / die ſouveraine Gewalt zu behalten / doch ſie al - ſo zu temperiren / daß er alles dasjenige / was ſie har - tes und druͤckendes an ſich haͤtte / wolte von ihr ab - ſondern; und jedweden / der es verdienete / mit Eh - re und Wolthaten anſehen; ja alle hohen Wuͤrden mit dem Rathe theilen. Wie er nun auf ſolche Maſ - ſe die meiſten Senatoren an ſich gezogen / ſo traͤget er auch den bey Mecænas und Agrippa eroͤffneten Anſchlag in oͤffentlichen Rathe vor: das Roͤmiſche Reich waͤre von ſolcher Groͤſſe / daß ſelbiges zu regieren ein Unterfangen uͤber ſeine Kraͤffte und Faͤhigkeit waͤre: Hienechſt ſey die ſouve - raine Gewalt unendlichen Veraͤnderungen un - terworffen / die durch keine menſchliche Vor - ſicht koͤnten gnugſam abgewendet werden: wenn ihn nun dieſe Betrachtung erſchreckete / ſo richtete ihn doch wieder der Anblick eines ſo vortrefflichen Collegii auf / woraus der Senat beſtuͤnde / deren vollkommene Klugheit aus Regulirung ſo vieler wichtigen Staats-Ge - ſchaͤffte genugſam hervor geleuchtet / demnach er ihren Beyſtand mit deſto groͤſſern Vertrau - en ſuchete / je mehr er ihres Eyfers vor die ge -mei -213des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. meine Wolfahrt verſichert waͤre / daß ſie alſo die Regiments-Sorgen mit ihnen hinfort theilen moͤchten / welche Gunſt ſie ihm doch nicht verſagen wolten / ſondern vielmehr ihm erlauben / die Regierung ihnen und dem Roͤ - miſchen Volcke wieder in ihre Haͤnde zu uͤber - geben.

Dieſer Vortrag erwecket unterſchiedliche Ge - dancken in der Senatoren Gemuͤthern; und halten viele davor / daß er ſie nur dadurch verſuchen wolle: endlich bitten ſie ihn alle / daß er doch das Haupt und der Beſchuͤtzer des Reichs ſeyn und bleiben moͤchte / welchen er durch ſeine Klugheit einen ſo gluͤcklichen Grund geleget: Machen auch die Anord - nung / daß ſeine Leibwacht verdoppelt / und ſtatt der Spanier Teutſche genommen werden / weil man glaubet / daß dieſes Volck an Treue allen andern vorzuziehen ſey.

Der Hiſtorie des Auguſti Andres Buch. 1. Cap.

AUguſtus nachdem er ſich alſo durch den Bey - fall des Raths und des Volckes des Reichs verſichert / richten den Staat zu Rom auf das beſte ein / pag. 103. 104. 105. bauet unterſchiedliche Tempel p. 105. wie auch andere herꝛliche Pallaͤſte p. 106. Unter allen wird der Tempel des Apollo auf dem Monte Palatino am meiſten wegen ſeiner Trefflichkeit geruͤhmet p. 106. laͤßt den Canal der Tybur reinigen. Stellet Nacht-Wachen zu Ver - huͤtung der Diebſtahle und Feuers-Bruͤnſten anp. 106.214Hiſtoria von dem Triumviratp. 106. laͤſſet die Ehren-Saͤulen aller um das Reich wohlverdienten Helden repariren p. 107. Ziehet mit einem groſſen Krieges-Heere in Spanien pag. 108. ſchlaͤget die Cantabrier p. 109. die aber denen Roͤ - mern gleichfalls groſſen Schaden thun: zuletzt ſich auf einen Berg retiriren / und daſelbſt in groſſe Hun - gersnoth gerathend / ſich untereiander ſelbſt ſchlach - ren und auffreſſen / ehe ſie ſich ergeben wollen / p. 110. endlich koͤm̃t Auguſtus ſiegend zuruͤck; und ihm vom Rathe zuerkennt / daß er den erſten Tag im Jahre die Zeit ſeines Lebens ſolle einen Lorber-Krantz und die Zierrathen des Triumphs tragen.

Das 2. Cap. Auguſtus ziehet den Roͤmiſchen Rath enger ein p. 112. gehet aber binnen ſolcher Zeit niemahls anders als in Kuͤraß und mit dem Degen aufs Rathhauß / und hat jederzeit ſechſe der treue - ſten und braveſten Rathsherren daſelbſt als ſeine Leibwacht bey ſich. p. 113. ordnet und examiniret die affairen / die vor dem gantzen Rath ſollen vorge - tragen werden. Als: die Diſponirung der Reve - nuën; die Handlung mit den Geſandten auslaͤn - diſcher Fuͤrſten; die Unterſuchung der Verraͤthe - rey; die Verbindung wider den Staat / und das Verbrechen der beleydigten Majeſtaͤt. p. 114, und weil ſonſt eine Ordnung iſt / daß keiner kan Raths - herr ſeyn / der nicht zum wenigſten vier und zwantzig tauſend Pfund im Vermoͤgen hat / ſo ſetzet ſolches Auguſtus, daß es hundert und viertzig tauſend ſeyn ſolle / und wem ſolches unter denen beſtaͤtigten Rathsherꝛn fehlet / dem laͤßt es Auguſtus aus ſeinem eigenen Schatze voll machen p. 114. nach dem Se - uat reformixet auch Auguſtus den RoͤmiſchenRit -215des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. Ritterſtand. p. 115. wie auch darauf die gemeinen Buͤrger und das Volck wegen einiger eingeſchliche - nen Mißbraͤuche / p. 116. 117. Und da ſich ſelbige einſt beklagen / daß der Wein ſo theuer wuͤrde / ſaget Au - guſtus mit beſonderm Ernſte: daß ſein Eydam A - grippa ſo viel Waſſer in die Stadt geleitet / und durch die Canaͤle taͤglich floß / daß niemand zu fuͤrch - ten haͤtte / er wuͤrde Durſtes ſterben. p. 118.

Das 3. Cap. Hat unterſchiedliche Heyrathen des Auguſti in ſich. Wie er ſich erſt mit Servilien, des Servilius Iſauricus Tochter vermaͤhlet; ſelbige hernach verſtoſſen / und Claudien, Falviens Toch - ter / geheyrathet; dieſe aber wieder wegen Fulviens Eigenſinn und ſtetem Befehlen von ſich geſchaffet / und Scribonien genommen. Von der er aber auch wegen ihres verdrießlichen humeurs keine Vergnuͤ - gung in ſeinem gantzen Eheſtande genieſſet / ohne die eintzige / daß ſie ihm eine Tochter / Juliam genannt / gebiehret p. 118. daher er abermahls zu der unter den Roͤmern ſo gewoͤhnlichen Eheſcheidung ſich wendet / und an ihre ſtatt die Liviam zur Gemahlin nim̃t; nachdem er ihren Mann / den Tiberius Nero, da - hin vermocht / daß er ſie ihm abtritt. Hat aber keine Kinder mit ihr. Daher er ſeiner Schweſter Octa - vie einen Sohn und zwey Toͤchter / ſo ſie aus der er - ſter Ehe mit Marcellus gezeuget / und die beyden Princeßinnen aus ihrer andern Ehe mit Antonius, wie auch Liviens zwey Soͤhne aus ihrer erſten Ehe / Tiberium und Druſum, als ſeine Kinder annim̃t. p. 119. Seine Tochter Juliam verheyrathet er an ſei - ner Schweſter Sohn / den jungen Marcellus; und die junge Cleopatram, des Antonii und der Koͤ -nigin216Hiſtoria von dem Triumviratnigin Cleopatræ Tochter / an den Printz Juba, des Koͤniges Juba aus Mauritanien Sohn / dem er auch ein Stuͤck des Koͤnigreichs ſeines Vaters / der ſonſt wider Cæſarn Krieg gefuͤhret / und gantz Getu - lien mitgiebet p. 119.

Auguſti gefaͤhrliche Kranckheit: dem Antonius Muſa wieder gluͤcklich aufhilfft. Das Volck laͤſt dieſem Medico deswegen eine Ehren-Saͤule an des Æſculapii ſeine ſetzen: und geben auch die Aerme - ſten aus Liebe gegen ihren Kaͤyſer ihre Beyſteuer dazu. Der Senat ehret ihn mit abſonderlichen Wuͤrden / und giebt denen Medicis in Anſehung ſei - ner herrlichen Freyheiten. Viele Haußvaͤter / wel - che ſterben wollen / befehlen ihren Erben / den Jupiter die Opfer zu bringen / daß er ihr Gebet erhoͤret / und dem guͤtigen Auguſto wieder aufgeholffen hat. Wie denn auch allezeit im Anfange des Jahres alle Staͤnde der Stadt Rom ein ſtuͤcke Geld in die Cur - tius-See / als eine Art eines Geluͤbdes vor die Ge - ſundheit und Wolfahrt des Auguſti, hinein werf - fen p. 121. auch die gantze Stadt ihm einhellig den Nahmen: der Vater des Vaterlandes / beyleget; welches dem Auguſto am allerzaͤrtlichſten unter al - len ihm erwieſenen Ehren das Hertze ruͤhret p. 122. ſo daß er auch / als ihm Meſſala in vollem Rath die - ſen Titul antraͤget / daruͤber Freuden-Thraͤnen ver - gieſſet.

Das 4. Cap. Haͤlt mehrere Exempel der Be - ſcheidenheit und Leutſeeligkeit des Auguſti in ſich. Agrippa gehet vom Hofe / und begiebt ſich nach Mi - tilene in die Jnſul Lesbos, daſelbſt ein Privat-Le - ben zu fuͤhren: woruͤber ſich Auguſtus ſehr bekuͤm -mert217des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. mert p. 124. der junge Marcellus, den Auguſtus wegen ſeiner vortrefflichen Qualitaͤten / als eigenen Sohn / geliebet / ſtirbet; dadurch des Kaͤyſers Gram vermehret wird / und faͤllt er bey ſolcher Betruͤbniß in neue Kranckheit / laͤſt den Rath zu ſich kommen / und will abermahls die Regierung in deſ - ſen und des Volcks Haͤnde uͤbergeben. Præſenti - ret der gantzen Verſam̃lung ein Buͤchlein / ſo er den Staat des Roͤmiſchen Reichs nennet / worinnen ein genauer Entwurff aller denen Roͤmern ſubjecten Provintzen / mit ihrer Macht / Reichthum / und Staͤdten bezeichnet: Man ſiehet auch in ſelbigem Tractat alle Koͤnige und Alliirte Fuͤrſten / und was vor Succurs man von ihnen an Gelde oder Volcke haben koͤnne: die Kraͤffte des Roͤmiſchen Reichs ſeynd daꝛauf durch Benennung und Abtheilung aller Religionen / und der ſo wohl zu Land als Waſſer be - findlichen Armeen / beſchrieben: endlich befindet man in ſolchem Memorial alle Revenuͤen des Reichs / ſo wohl die Ordinar, als Extraordina - ſeynd / dann auch was die Provintzen und Koͤnige vor Tribut zahlen / mit Anmerckungen / was noth - wendig muͤſſe eingebracht / und was koͤnne nachge - laſſen werden p. 125. Der Rath verwundert ſich - ber die große Kundſchafft und Fleiß dieſes Herrn / und bittet ihn nochmahls / weil er alleine den Staat ſo genaue innen haͤtte / daß er auch ihn ferner zu gu - berniren die Muͤhe nehmen wolte; welches auch Auguſtus nach vielen Weigerungen zu letzt ihrem bitten nachgiebet / und ſich zum erſten wieder als ei - nen Souverainen Fuͤrſten durch eine oͤffentliche Audientz erweiſet / die er des Parthiſchen KoͤnigsMartius, 1696. QPhraa -218Hiſtoria von dem TriumviratPhraates ſeinem Geſandten ertheilet p. 125. giebt unterſchiedliche Geſetze / die allzugroſſe Kleider - Pracht und verſchwenderiſche Gaſtereyen unter dem Volcke abzuſchaffen p. 126.

Das 5. Cap. Cœpio und Murena haben wi - der den Kaͤyſer eine Verraͤtherey vor. Auguſtus weiß ihre heimlichen Anſchlaͤge: vertrauet den gan - tzen Handel ſeinem groͤßten Miniſter dem Mecœ nas; dieſer iſt ſo ſchwatzhafft / und ſagt es ſeiner Frauen; ſelbige kan auch das Geheimniß nicht bey ſich behalten / und plaudert es weiter. Die Ver - raͤther bekommen Nachricht davon / und fliehen. Auguſtus laͤſt ſie aber auffangen / vergiebt dem Me - cœnas ſeinen Fehler; laͤſt aber den Agrippa wieder zuruͤck kommen; damit Mecœnas einen neben ſich habe / der eben ſo viel in Anſehen als er gelte p. 128. Agrippa muß Marcellam, der Octavie Tochter / von ſich laſſen / und ſich auf gutbefinden des Kaͤyſers mit Julien / des Marcellus Wittwe und Auguſti Tochter vermaͤhlen p. 129. Auguſtus begiebt ſich in Aſien / die Provintzien daſelbſt recht einzurichten. Tiberius ſtillet die Unruhe der Parthen / und brin - get die Armenier zum Gehorſam p. 131.

Das 6. Cap. Egnatius Rufus, weil ihn Au - guſtus nicht hat wollen zur Buͤrgemeiſter-Wuͤrde laſſen / hebet eine Conſpiration wider ihn an p. 132. wird aber nebſt ſeinen Adhærenten entdeckt / und / ehe noch Auguſtus wieder koͤmmt / am Leben geſtrafft p. 133. Auſtuſtus bittet vor ſeinen Freund / den Cornelius Balbus, welcher viel Siege in Afri - ca uͤber die Garamanten erhalten / daß ihm der Rath die Ehre des Triumphs zu erkennen moͤchte. Die -219des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. Dieſe wird nun ſonſt niemand als gebohrnen Roͤ - mern zugeeignet; Cornelius Balbus aber iſt ein Spanier: dennoch willfahret man Auguſto, und dieſer Printz ſiehet mit Vergnuͤgen ſeinen Freund im Triumph einziehen p. 133. Julia, des Kaͤyſers Tochter / und Agrippens| Gemahlin / mißbrauchet ihrer Schoͤnheit und Bezauberungen / und ziehet vie - le Buhler an ſich; hingegen achtet ſie den Agrippa, als ihren Mann / gar wenig p. 135. Agrippa ſchlaͤ - get die Teutſchen beym Rheine / erhaͤlt darauf in Spanien wider die Cantabrienſer einen treffli - chen Sieg p. 136. worauf Auguſto von Rom der Titul des Kaͤyſers / und ſeinem Eydam die Ehre des Triumphs zuerkannt wird.

Das 7. Cap. Auguſtus iſt in Verbeſſerung der Geſetze beſchaͤfftiget. Giebt dem Hortalo, eines vornehmen Rathsherꝛn / des Hortenſii, Sohn / dreyßig tauſend Thaler / damit er wegen ſeines we - nigen Vermoͤgens nicht abgehalten wuͤrde zu Hey - rathen / und daß er ſein ſo ſtattliches Geſchlecht nicht ſolle ausſterben laſſen p. 138. richtet die militariſche Diſciplin ſchaͤrfer ein / und liebkoſet nicht ſo ſehr de - nen Soldaten / als Cæſar, daß er ſie ſeine Camera - den nennet / ſondern nur bloß bey den Nahmen / Soldaten. Die Macht / ſo damahls auf den Beinen / beſtehet in viertzig Legionen / iedwede Legion in ſechstauſend Mann / und bey ſich habenden drey oder ſechshundert Pferde. Die Auxiliar Voͤlcker ſeynd doppelt ſo ſtarck / und dieſes alles iſt in die Pro -[v]intzen ausgetheilet p. 140. ſo werden auch zwey Flotten gehalten / die eine zu Miſen, die andere zu Ravenna, Neun Regimenter / deren iedes vonQ 2tau -220Hiſtoria von dem Triumvirattauſend Mann / behaͤlt Auguſtus vor ſich / und zu Verwahrung der Stadt; leget Poſten durch Curri - rer an. Siegelt ſeine Briefe anfaͤnglich mit dem Petſchafft / darauf ein Sphinx geſtochen / nachdem aber mit dem Bildniß des groſſen Alexanders; zu - letzt mit ſeinem eigenen / von der Hand des Dioſcori - dis geſtochen: und dieſes letztere / nemlich des Au - guſti Bildniß / fuͤhreten auch die ihm folgenden Kaͤy - ſer in ihren Siegeln p. 141. Er celebriret nebſt ſei - nem Eydam Agrippa die ludos ſeculares welche alle hundert Jahr| nach Erbauung der Stadt Rom gehalten worden. Nim̃t des Agrippæ zwey Soͤhne / die er von der Julia hat / an Kindes ſtatt an / und gibt ihnen die Zunahmen Lucius und Cajus. Machet ſich und dem Reiche die Gallier vom neuen zinßbar / erbauet Turin und Genua p. 145.

Das 8. Cap. Auguſtus koͤm̃t nach Rom zuruͤck. Lepidus ſtirbet. Auguſtus reformiret den Calen - der / laͤßt vom Martio an den ſechſten Monat nach ſeinem Nahmen nennen / weil er in ſelbigen das er - ſte mahl Buͤrgemeiſter worden / und viele Siege er - halten p. 147. Agrippa ſtirbet / deſſen Tod / als eines treuen Freundes / der Kaͤyſer ſehr ſchmertzlich empfin - det. Die neue Wittwe / Julia, wird an Tiberius vermaͤhlet / der mit Beſtuͤrtzung ſeine geliebte A - grippina verlaͤßt / die des Agrippa Tochter aus der erſten Ehe / welche er mit Pomponia, des Pompo - nius Atticus Tochter / gezeuget p. 148. Druſus ge - het wider die Teutſchen uͤber den Rhein. Die ſich uͤber die maßen tapffer ihm entgegen ſetzen. p. 150. endlich doch denen Roͤmern den Sieg laſſen muͤſſen und bey anderthalber Meile mit Leichen bedecket liegen.

Das221des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus.

Das 9. Cap. Druſus wird auf Recommenda - tion des Kaͤyſers zum Buͤrgemeiſter erwehlet p. 153. ſchlaͤget die Frieſen p. 154. wird durch ein Geſpen - ſte gewarnet / nicht weiter in Teutſchland zu gehen p. 155. Druſus ſtirbet p. 156. da ſein Bruder Tiberius nach ſeiner erfahrnen Kranckheit zu ihm eilend; ihn gleich mit dem Tode ringend antrifft. Er zeiget eine ungemeine Beſtuͤrtzung uͤber ſolchen Fall / und be - gleitet zu Fuße die Leiche biß nach Rom p. 156. Au - guſtus haͤlt ihm ſelbſt die Leich-Rede p. 156. die Ar - mée beweinet ihn etliche Tage. Richtet ihm auch ein Grabmal und einen Altar auf. Tiberius beſieget die Teutſchen p. 157. Mecœnas ſtirbet / und ſetzet ſein Verluſt Auguſtum in neues Leid-Weſen p. 158.

Das 10. Cap. Die beyden jungen Cæſar Cajus und Lucius bekommen von dem Rath den Zunah - men: Principes Juventutis p. 159. Auguſtusre - commandiret ſie niemahls dem Rath / als mit dem Zuſatz: Wann ihr davor haltet / daß ſie es ver - dienen. Er theilet Rom in vier Theile / und giebt jedem Theil ſeinen Befehlshaber p. 160. Tiberius gehet nach Rhodis, um daſelbſt einſam zu leben p. 161. die meiſte Urſache koͤmmt von dem liederlichen Weſen ſeiner Gemahlin Julia her. Tiberius ziehet viel Sternſeher zu Rathe / die ihm die Herꝛſchafft der Welt propheceyen / laͤſſet aber einen nach dem an - dern heimlich ins Meer ſtuͤrtzen p. 165.

Das 11. Cap. Cajus Cæſar giebt den Armeniern einen neuen Koͤnig p. 166. Auguſtus verbannet ſei - ne Tochter Julien wegen ihres unkeuſchen Lebens in die Jnſul Palmaja p. 169. und wie ihm das Volck ſo ſehr anlieget / ſie doch nach Rom zuruͤck zu beruffen /Q 3ant -222Hiſtoria von dem Triumviratantwortet er: Er wuͤndſche ihnen Weiber und Toͤchter von dergleichen Natur. Ja er bricht offtmahls ſeuffzend in dieſe Worte aus: Ach / wie gluͤcklich iſt der / welcher ohne Kinder ſein Le - ben zubringet und endiget p. 171.

Das 12. Cap. Der Heyland der Welt wird ge - bohren. Die Oracul hoͤren auf / und Auguſtus laͤſ - ſet einen Tempel vor dem Capitolio bauen / mit der Uberſchrifft: der Altar des neugebohrnen GOt - tes p. 172. Der Kaͤyſer hebet den Wucher mit den vorgeſchoſſenen Geld-Summen gegen hohe Zinſen auf p. 172. Lucius Cæſar ſtirbet zu Marſeille p. 174. wie auch Cajus Cæſar p. 175. Tiberius koͤm̃t wieder nach Rom. Tiberius wird von Auguſto zum Sohne angenommen p. 176.

Das 13. Cap. Cornelius Cinna ſpinnet Ver - raͤtherey wider den Kaͤyſer Auguſtum an p. 177. der Kaͤyſer pardonniret ihn auf Einrathen ſeiner Gemahlin Livia, und bringet ihn durch eine beweg - liche Anrede zur Reue p. 180. machet ihn auch gar zum Buͤrgemeiſter / welche Großmuͤthigkeit Ginna gantzes Hertz gewinnet; ſo daß er ihn zu ſeinem U - niverſal Erben einſetzet / und kein Roͤmer hinfort einige Conſpiration wider dieſen tugendhafften Kaͤy - ſer mehr vornim̃t p. 181.

Das 14. Cap. Tiberius ſtreitet wider die Frie - ſen / Geldrer / und Juͤlicher / und uͤberwindet ſie in harten Schlachten p. 181. gehet in Pannonien / da er viel Volck verlieret / endlich durch einen Panno - niſchen Generalen / ſo von Roͤmiſchen Gelde beſto - chen / ſeine Armee ſalviret.

Das 15. Cap. Auguſtus nim̃t des Agrippajun -223des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. jungen Sohn / den er mit Julien gezeuget / an Kindes ſtatt an: welcher aber auch gantz nicht einſchlagen will p. 189. dahero er ihn in die Jnſul Planaſia ver - bannet. Tiberius bezwinget die Pannonier und Dalmatier. Germanicus, des Druſus Sohn / gehet mit einer Armee in Dalmatien p. 191. haͤlt ſich tapfer / und toͤdtet mit eigener Hand viele Fein - de p. 191. weiß ſonſt alle Hertzen durch Leutſeeligkeit zu gewinnen. Tiberius nim̃t gantz Jllyrien ein p. 193. ſchlaͤget die Ehre des Triumphs aus / ſo ihm der Senat zuerkennet p. 194.

Das 16. Cap. Die Niederlage des Quintilius Varus in Teutſchland p. 195. welche durch Armi - nium Fuͤrſt Sigimers Sohn ihm angebracht wird. p. 169. Varus ermordet ſich ſelbſt nach dieſem Ver - luſt p. 198. deſſen Coͤrper die Teutſchen in Stuͤcken hauen; ſein Kopf| wird nach Rom geſchickt / und in das Begraͤbniß ſeiner Vorfahren beygeſetzet. Au - guſtus verdoppelt nach dieſem Verluſt ſeine Leib - wacht p. 199. laͤufft aus Betruͤbniß mit dem Kopfe wider die Wand / ſchreyend: Vare, gib mir die Legionen wieder p. 200. Tiberius wird mit neu - en Voͤlckern in Teutſchland geſchickt / verheeret al - les mit Feuer und Schwerdt p. 201. verpflichtete Danckſagung des Auguſti, ſo er deswegen an ihn ſchreibet / und wie ſehr er ihn ermahnet / ja ſeine Ge - ſundheit und Perſon / an der dem Roͤmiſchen Reiche ſo viel gelegen / auf das ſorgfaͤltigſte in acht zu neh - men p. 202.

Das 17. Cap. Tiberius, nachdem er drey gantzer Jahr Teutſchland verwuͤſtet / kom̃t nach Rom zuruͤck / und haͤlt drey Tage Triumph p. 203. Q 4laͤſſet224Hiſtoria von dem Triumviratlaͤſſet der Eintracht / wie auch dem Caſtor und Pol - lux einen Tempel bauen. Auguſtus wohnet Al - ters halben keinen oͤffentlichen Feſtivitaͤten mehr bey p. 204. Es geſchehen viele Zeichen / ſo ſeinen Todt andeuten p. 205. Auguſtus reiſet noch an unterſchiedliche Oerter / wenig Meilen von Rom ge - legen / ſich zu ergoͤtzen p. 207. 208.

Das 18. Cap. Einige Stunden vor Auguſtus Tode fraget er ſeine Freunde: Ob er nicht auf dem Schauplatz dieſes Lebens ſeine Perſon wohl geſpielet haͤtte. Und wie er fuͤhlet / daß es nun bald mit ihm werde gethan ſeyn / ſagt er zu ſei - ner Gemahlin: Livia, bleibe unſers Eheſtan - des eingedenck / und lebe wohl. Vor ſeinem Ende traͤumet ihm / daß er von viertzig Juͤnglin - gen weggetragen wuͤrde. Welches geſchiehet / da ihn vierzig von ſeiner Leibwacht todt nach Rom tragen p. 211. Er ſtirbet zu Nola, in eben dem Ge - mache / wo ehmahls ſein Vater Octavius geſtor - ben / nach dem er ſein Leben gebracht auf 75. Jahr / 10. Monat und 26. Tage / und vier und viertzig Jahr weniger dreyzehn Tage regieret hat p. 211. die Kenn - zeichen der Trauer des gantzen Senats uͤber dieſen Fall p. 211. Tiberius und Druſus erſcheinen dabey gantz ſchwartz gekleidet p. 212. gantz Rom bemuͤ - het ſich / ihr Leidweſen durch ſonderbahre Merckmah - le zu erkennen zu geben. Auguſti Teſtament das er vierzehn Monat vor ſeinem Tode gemacht und bey denen Veſtalen niedergeleget / wird eroͤffnet / da er zu ſeinem erſten Erben Tiberium und Liviam eingeſetzet. Jn der andern Claſſe ſtehet Druſus, Tiberii Sohn / und Germanicus mit ſeinen dreyPrin -225des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. Prinzen. Jn der dritten Claſſe ſeynd unterſchiedliche ſeiner Verwandten und Freunde wie auch auslaͤndi - ſche Printzen geſetzet / die er mit anſehnlichen Lega - tis beehret. Uber dieſes hat er vierhundert tau - ſend Thaler dem Roͤmiſchen Volcke / und noch vier und zwantzig tauſend abſonderlich vor den ge - meinen Mann vermacht. Jedweder Geſchwa - der von ſeiner Leibwacht hat tauſend Thaler daraus zu heben / und die ſo auf die Stadt beſtellet fuͤnff - hundert; welches alles in baaren Gelde gleich ſoll ausgetheilet werden / zu dem Ende es ſchon Augu - ſtus in ſeinem Schatz beygeleget. Seine Erben aber bekommen drey Millionen / hundert und fuͤnff und zwantzig tauſend Thaler; ob er gleich ſelbſten binnen zwantzig Jahren biß auf die achzig Millio - nen von Vermaͤchtniſſen ſeiner Freunde geerbet hat p. 213. ſo er aber meiſt zur Nothdurfft des gemeinen Weſens wieder angewendet p. 214. Er verbiethet auch / daß ſeine Tochter Julia und deren Tochter nach ihrem Tode nicht ſolten in ſein Begraͤbniß ge - ſetzet werden. Wiewohl er gleichwohl auch die - ſen was hinterlaſſen. Er benennet zu ſeinem Nach - folger Auguſtum, und recommendiret ihm in - ſonderheit / ſparſam mit Ertheilung der Freyheit ge - gen die Sclaven / und des Buͤrgerrechts gegen die Frembden zu ſeyn p. 214. herrliche Erinnerungen an den Senat, wegen Conferirung der Ehren - Aempter; und daß ſie das Roͤmiſche Reich ſol - len bey den Grentzen laſſen / derinnen es ſelbige Zeit waͤre. Schoͤnes Leichbegaͤngniß des Augu - ſti p. 215. welcher unter die Goͤtter gezehlet / und Li - via zur Prieſterin ihm benennet wird p. 217. ManO 5bauet226Hiſtoria von dem Triumviratbauet ihm einen Tempel p. 218. und ſtellet ſeinem Nahmen zu Ehren jaͤhrliche Spiele an.

Das 19. Cap. Hie machet der Autor eine Di - greſſion / und faͤllt zuruͤck auf den Tumult in Rom nach Cæſars Tode p. 218. dabey Caſſius und Brutus vor die Haͤupter der Verſchwornen gehalten wer - den p. 219.

Das 20. Cap. Brutus und Caſſius kommen mit den blutigen Dolchen vom Rathhauſe / ihre That vor dem Volcke zu rechtfertigen p. 221. das Volck antwortet mit beſtuͤrtztem Sillſchweigen / da - hero ſie ſich nicht ſicher haltend auf das Capitolium fliehen. Kommen endlich wieder herunter / und wol - len nochmahls ihre That / als der gemeinen Frey - heit zutraͤglich / beſchoͤnen. Haben aber bey dem Volcke ſo wenig Gehoͤr als zuvor / und muͤſſen ſich wieder auf das Capitolium retiriren p. 223.

Das 21. Cap. Dieſe Zeitungen geben des - ſars Freunden / unter denen Marcus Antonius und Lepidus die vornehmſten ſind / groſſe Freude p. 224. Antonii Ankunfft und Qualitaͤten werden be - ſchrieben: wie er ſo wohl wegen ſeines vornehmen Geſchlechts als groſſer Tapfferkeit in ſehr hohen An - ſehen: præſentiret eine treffliche Perſon / iſt ma - gnific in allen Sachen; und liebet ungemein die Soldaten; die er ſich dann durch ſeine Liberalitaͤt und offt gantz familiare Converſation auf das fe - ſteſte verknuͤpffet. Haͤnget ſonſt denen Wolluͤſten zu ſehr nach. Doch dieſe Neigung verhindert ihn nicht / mit groſſer Standhafftigkeit in wichtigen Sachen alles auszurichten / und die Noth wecket offt ſeine Tugend auf. Endlich verfuͤhret ihn doch dasplai -227des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. plaiſir, das ihm ſein Leben koſtet. Er machet ſich an Cæſarn, und folget deſſelben Gluͤck / der ihn auch zum General der Cavalerie benennet / welche char - ge die naͤheſte nach der Dictatur iſt p. 224. Lepi - dus Ankunfft und Verdienſte werden gleichfals an - gemercket. Wie er auch von vornehmen Geſchlecht / ſehr reich / und ſo wohl wegen ſeiner Froͤmmigkeit und honnêteté, als denen hohen Ehren-Aemptern / die er verwaltet / bey der Stadt Rom in groſſen Re - ſpect p. 225. beyde / ſo wohl Marcus Antonius, als Marcus Emilius Lepidus, ſeynd in dem Senat, als Cæſar ermordet wird. Und die Verſchwornen ſcheu - en ſich vor Antonius Tapfferkeit. Der aber ſowohl als Lepidus, als der Mord geſchiehet / ſich vom Rathhauſe fortmachen; und zwar Anton in den Pallaſt eines ſeiner Freunde: Lepidus aber in eine Juſul / ſo die Tiber mitten in Rom machet / wo eine Legion Soldaten lieget / die Cæſarn affectioniret iſt. Dieſe fuͤhret Lepidus auf des Martis Platz / und erwartet des Antonii Ordre. Selbiger / als er hoͤret / daß nicht alle vom Rath in Cæſars Tod ge - ſtimmet / auch das Volck ſolchen nicht billiget / be - ſchlieſſet nebſt Lepidus, die That zu raͤchen. Bru - tus und ſein Anhang ſenden Deputirte an ſie / daß ſie doch das Ungluͤck bedencken moͤchten / welches ihre Trennung dem Vaterlande bringen wuͤrde: Und ſo ſie ja wider einen oder den andern einen Pri - vat-Haß haͤtten / moͤchten ſie doch ſo großmuͤthig ſeyn / und es dem gemeinen Weſen nicht entgelten laſſen. Antonius und Lepidus laſſen ſich / wiewohl mehr aus Beyſorge / es moͤchte ſich der Rath wider ſie erklaͤren / und es moͤchte Decimus, der Guber -nator228Hiſtoria von dem Triumviratnator von Gallien / den Cæſar dahin geſetzet / mit einer ſtarcken Armée uͤber ſie kommen / als aus ange - fuͤhrten Urſachen / behandeln / und Calpurnia, des Cæſars Wittwe / laͤßt die folgende Nacht alles Geld und Schrifften in des Antonii Hauß tragen / damit ſie mehr geſichert ſeyn: Antonius aber beruffet den Rath in der Tellus Tempel / welcher nah an ſeinem Hauſe iſt.

Das 22. Cap. Verſam̃lung des Raths. Dabey Cinna der erſte iſt / wird aber / als Cæſars Feind / von denen Soldaten mit Steinen geworffen / und muß ſich retiriren p. 227. die hitzigſten Rathsherren bleiben auſſen: hingegen / die erſcheinen / ſeynd alle von ſanfftmuͤthigem Geiſt. Jhre Meynung gehen gleichwohl unterſchiedlich. Einige loben; einige ſchelten die That. Doch / weil die vornehmſten Fa - milien dabey impliciret / ſolle man auf deren Si - cherheit bedacht ſeyn p. 227. Es wird die Uneinig - keit durch andere aufgeworffene Fragen im Rath groͤſſer. Antonius und Lepidus ſtehen auf und ge - hen davon. Einige der Rathsherren lauffen ihnen nach und bitten ſie / zuruͤck zu kommen p. 229. An - tonius oͤffnet ſeinen Rock / und zeiget daß er gewaff - net ſey / ſagend: daß er keine andern Wege ſaͤhe / ſein Leben zu verſichern / als durch die Waffen. Ein Theil des Volcks ruffet nach Frieden; das andere nach Rache. Antonius thut endlich im Rath neue Vorſchlaͤge: Man muͤſſe das Gedaͤchtniß des Cæſars nicht verdammen / ſondern zu. Vermei - dung groſſer Confuſion in der Republic alles / was Cæſar geordnet / ratificiren: Seine Moͤr - der habe man weder zu loben / noch zu beſchen -cken /229des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. cken / daß ſie eine ſolche Frevelthat veruͤbet: doch koͤnne man in Betrachtung ihrer vorneh - men Familien / wann ſelbige vor ſie bitten wuͤr - den / ihnen pardonniren; nicht / daß ſie ſol - ches verdienet / ſondern der gemeinen Ruhe halben. Dieſe Meynung wird von der Verſam - lung gebilliget und auch von ſolchem Jnhalt ein De - cret publiciret.

Das 23. Cap. Dieſe conduite erwirbt Anto - nio groſſe Reputation; da vorher viele Naths - herren / und ſonderlich Cicero, ſich eingebildet / daß er bloß auf ſein plaiſir, und nicht auf die Geſchaͤffte der Republic Gedancken wendete p. 230. neue Uneinig - keit uͤber Cæſars Teſtament / ſo er bey den Veſta - len aufzuheben gegeben / und welches ſein Schwie - gervater Calpurnius Piſo hervorbringet: So aber einige des Raths nicht wollen eroͤffnen laſſen; ſa - gend: die Guͤter / woruͤber (æſar diſponiret / waͤren nicht ſeine / ſondern der Republic. Piſon bittet um eine Raths-Verſam̃lung; ſeine Anrede an den Se - nat, daß er das Teſtament manuteniren will p. 231. es wirb beſchloſſen / daß es ſoll eroͤffnet werden; auch daß man auf gemeine Unkoſten Cæſarn begraben laſſen ſolle p. 232. Brutus haͤlt auf dem Capitolio ei - ne Rede an das Volck p. 232. Cicero uͤberredet den folgenden Tag in dem Rath das gantze Collegium, das vorgegangene zu vergeſſen; und wird darauf eine Amneſtie publiciret. Antonius und Lopi - dus ſchicken ihre Kinder als Geiſſel der Sicherheit der Verſchwornen aufs Capitollum, und Brutus nebſt ſeinem gantzen Anhange begiebt ſich darauf herunter / da denn zum Zeichen der wahren Verſoh -nung230Hiſtoria von dem Triumviratnung Antonius Caſſium, und Lepidus Brutum zu Gaſte laden / und jeder in ſeinem Pallaſt ſelbige tractiret.

Das 24. Cap. Cæſars Teſtament wird geoͤffnet. Wo er den jungen Octavium, ſeiner Schweſter der Julie, ihrer Tochter Sohn / auf neun uncias zum Erben einſetzet / und daß ſelbiger ſeinen Nahmen fuͤh - ren ſoll. Pinarius und Pedius ſollen die uͤbrigen 3. uncias bekom̃en / ſo auch des Cæſars Vettern ſeynd. Dem Roͤmiſchen Volcke vermacht er die Gaͤrten - ber der Tybur / und einem ieden Roͤmiſchen Buͤr - ger inſonderheit vierzig drachmas. Jn der andern Claſſe der Erben iſt Brutus, ſo einer der Mitver - ſchwornen / ſubſtituiret. Und andere / welche ihre Haͤnde in ſeinem Blut gewaſchen / ſeinen Soͤhnen zu Vormuͤndern beſtellet / im Fall er welche hinter - laſſen wuͤrde. Bey dieſem Zeichen der Liebe des Cæſars gegen das Volck und der Guͤtigkeit gegen ſei - ne Feinde kan niemand ſeine Thraͤnen zuruͤck halten p. 235. Piſo laͤßt mit groſſer Pracht Cæſars Leiche holen / und von einer ſtarcken Garde umgehen / mit - ten auf den Platz ſetzen / den man Roſtra nennet. An ſelbigem Orte hat man einen kleinen Tempel / nach Art der Venus ihren / von welcher Cæſar ſeinen Stamm herrechnet / aufgebauet; in dieſem Tem - pel ſtehet ein Bette von Helffenbein mit Gold / Pur - pur und Vorhaͤngen praͤchtig gezieret. Beym Hau - pte iſt ein Sieges-Zeichen mit dem Rocke / welchen Cæſar angehabt / als er iſt ermordet worden. Der Rogus aber oder Scheiterhauffen / darauf die Leiche ſoll verbrennetwerden / iſt auf dem Campo Mar -tio231des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. tio zubereitet. Alles Volck laͤufft zu / heulet und weinet. Antonius haͤlt ihm die Leich-Rede p. 236.

Das 25. Cap. Der Archimimus reiſſet des - ſars blutigen Rock von der Sieges-Saͤule / zeiget ihn dem Volcke / und ſagt: das waͤr die blutige Beute von einer Perſon / welche die Goͤtter hoch ge - liebet / und alle Voͤlcker biß zum Anbeten verehret. Woruͤber das Volck zu einem rachgierigen Mitley - den bewogen wird p. 237. noch mehr aber wird ſol - ches erhitzet / da man des Cæſars Bildniß in Wachs præſentiret / welches die Wunden zeiget / ſo er in der Bruſt / und in dem Geſicht empfangen: Sie ſchryen mit groſſem Getoͤſe / man ſolle die Moͤrder grauſamlich ſtraffen. Der kleine Tempel wird mit ſamt dem ſchoͤnen Bette und Coͤrper in einem Au - genblick verbrannt p. 238. Viele vom Volck ziehen Braͤnder aus / um damit die Haͤuſer der Verſchwor - nen anzuſtecken. Werden von derſelbigen vielen Domeſtiquen fortgejaget: doch drohen ſie erſchreck - lich / ſie nicht ruhig zu laſſen; daher jeder darauf be - dacht / ſich aus Rom fortzumachen. Die alten Sol - daten / ſo untet Cæſarn gedienet / werffen ihre Kro - nen und andere Ehren-Zeichen / die er ihnen gegeben / zu Bezeugung ihrer Wehmuth / in das Feuer; wel - ches den Tempel verzehret: Viele vornehme Da - men werffen gleichfals ihre Agrafen und beſten Koſtbarkeiten hinein. Alle Frembden / ſo in Rom ſind / beweinen Cæſarn, ſonderlich die Juden p. 239. welche etliche Nacht bey deſſen Rogo herumgehen. Man richtet ihm einen Altar auf / wo er verbrannt worden. Und Octavius Auguſtus bauet ihm ei - nen Tempel / richtet ihm auch eine Ehren-Saͤulevon232Hiſtoria von dem Triumviratvon Jaspis auf / zwanzig Schuhe hoch / mit den Ti - tel: PATRI PATRIÆ. Er iſt umkommen / da er ſechs und funfftzig Jahr alt / gleich vier Jahr nach dem Tode des Pompejus.

Das 26. Cap. Aufruhr in Rom p. 240. Anto - nius thut dem Rath viel Gefaͤlligkeiten / nim̃t ſich aber mit deſſen Erlaubniß eine Leibwacht / um vor des Poͤbels Gewalt ſich zu ſchuͤtzen p. 240. gewinnet des Cæſars Secretarium, Faberium Nahmens / und bekoͤm̃t durch ihn alle des Cæſars Memorialien p. 241. ſetzet unter dem Vorwand / als wenn es noch Cæſar alſo verordnet / Leute in den Rath / die alle von ihm dependiren / ruffet die ins Exilium verjag - te zuruͤck; machet neue Officirer; und giebt mehr und mehr Verdacht dem Caſſio und Bruto, die als Privat-Perſonen in Rom leben / und noch nicht in Macedonien und Syrien / als die ihnen zugeeigne - ten Provintzen / aufbrechen wollen p. 241. Antoni - us machet / daß Dolabella Syrien zu regieren be - koͤmt / und ſein Bruder Cajus Macedonien: hinge - gen wird Caſſio Cyrene und Creta; Bruto aber Bithynien gegeben p. 243.

Das 27. Cap. Octavius, welchen Cæſar zu ſeinen vornehmſten Erben eingeſetzet / koͤm̃t nach Rom. Dieſes Octavii, welcher nachmahls un -[t]er dem Nahmen des Kaͤyſers Auguſti ſich einen ſo hohen Ruhm erworben / ſeine Eltern / Schoͤnheit / trefflicher Verſtand / erſten Kriegeszuͤge / und Groß - muͤthigkeit wird beſchrieben p. 244. eroͤffnet ſeinen Freunden / daß er Cæſars Todt raͤchen wolle p. 245. Antoniu laͤſt ihn gar nicht bewillkommen: Octa - vius aber beſucht Antonium zu erſt p. 246. trifftunter -233des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. unterwegens des Antonii Bruder / den Cajum in / welcher gleich Prætor iſt / eroͤffnet ihm nach Ge - wohnheit / daß ihm Cæſar adoptiret und laͤſt es re - giſtriren.

Das 28. Cap. Das Geſpraͤch des Octavii mit Antonio; der ihm auf ſeine Frage zimlich kaltſin - nig und ſproͤde antwoꝛtet p. 247. 248.

Das 29. Cap. Octavius gewinner das Volck durch ſeine Freygebigkeit / des Caſſius und Brutus Freunde dringen darauf / daß beyde nach Rom ſol - len zuruͤck beruffen worden p. 249. der junge Cæſar Octavius machet / daß ſolches Anſinnen gaͤntzlich abgeſchlagen wird. Antonius erhaͤlt das Com - mando uͤber die Armee p. 251.

Das 30. Cap. Brutus und Caſſius ſchicken ſich zum Kriege. Antonius begehret vom Senat, daß man ihm das Gouvernement von Gallien ge - ben moͤchte / welches Decimus hatte. Dieſes An - ſuchen eroͤffnet dem Rath des Antonii Ehrgeitz: p. 251. Antonius und der junge Cæſar Octavius kommen abermahls mit Worten hart zuſammen p. 252. doch vertraͤget ſich wieder Antonius mit ihm auf zureden der alten Soldaten; und erhaͤlt die Provintz Gallien / welche bißhero Decimus re - gieret.

Das 31. Cap. Antonius veruneiniget ſich aber - mahls mit dem jungen Cæſar; und koͤnnen dieſe bey - den Gemuͤther gar nicht zuſammen ſtimmen. Man ſagt / daß einſten ein Egyptiſcher Sternſeher / der in ſeiner Kunſt ſehr erfahren / dem Antonio in Gegen - wart der Cleopatra geſagt: Er riethe ihm / daß er ſich von dem jungen Cæſar entfernen ſolte / weil ſein /Mart. 1696. Rdes234Hiſtoria von dem Triumviratdes Antonii, Geiſt / ſich vor jenes ſeinen gebuͤcket / und ihn fuͤrchte. p. 254. Cicero faͤllt dem jungen Cæſar bey / und haͤlt Antonio in dem Rath hart das Obſtatt. p. 255. wie dann Antonius durch die ihm gethane anzuͤgliche Vorwuͤrffe die Feindſchafft Ciceronis noch mehr auf ſich ladet / alſo daß er ſich gantz des jungen Cæſars Octavii ſeinen Intereſſe er - giebet p. 256.

Das 32. Cap. Das Volck wird aufſtuͤtzig / daß man den Mord des Julius Cæſars nicht raͤchet. Antonius will ſich beym Kriegs-Volck rechtferti - gen / daß alle ſein Abſehen darauf gerichtet ſey. Aber der Rath weiß dieſes gantz anders. p. 267. Anto - nius und Cæſar kommen vom neuen auf den Capi - tolio zuſammen; verſoͤhnen ſich abermahls; doch waͤhret die Freundſchafft nicht lange / indem Anto - nius etliche von des jungen Cæſars Leibwacht einziehen laͤſſet / ihnen Schuld gebend / ſie haͤtten ihn auf Cæſars Anſtifften ermorden wollen. Der junge Cæſar will dieſe Beſchuldigung durchaus nicht leiden. Antonius begiebt ſich aus Rom nach Bran - dus, um einige Unruhe / ſo unter den Macedoniſchen Trouppen daſelbſt entſtanden / welche Cajus in Jta - lien gefuͤhret / zu ſtillen / und als denn mit einem ſtar - cken Geleite nach Rom zuruͤck zu kommen. Der junge Cæſar Octavius machet ſich nach Capua und ande - re von C. Julio Cæſare erbauete Staͤdte / und brin - get daſelbſt bey zehntauſend Mann zuſammen / welche alle unter Julio Cæſare gedienet p. 258. kom̃t damit nach Rom; und giebt ſie vor ſeine Leibwacht aus / laͤſt ſie auch alle unter einem Faͤhndel ſtehen; die Stadt iſt in groſſen Sorgen. Denn Antonius wird auch mit Krieges-Volcke erwartet.

Das235des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus.

Das 33. Cap. Antonius ziehet ſeine Armee zu - ſammen p. 259. hat aber ſchlechte Liebe bey den Le - gionen / weil er des Julius Cæſars todt nicht gero - chen. Maſſen / ſie dieſen ihren General als ein Va - ter æſtimiret / und deſſen ſchaͤndliche Ermordung wolten geahndet wiſſen. p. 260. Antonius ſuchet ſie zu beguͤtigen / wird ausgehoͤhnet / ziehet einige zur Strafe: ſo ihm noch verhaßter machet. Des - ſars Kundſchaffer profitiren trefflich dieſes Ver - fahren / und ſtreuen hin und wieder unter die Armee Zettul aus / worinnen des Antonii Geitz und Grau - ſamkeit abgemahlet. Antonius befiehlet bey ſchreck - licher Strafe / alle ſolche Zettul zu ihm zu bringen / bekoͤm̃t aber nicht einen eintzigen; welches ihn ſehr beſtuͤrtzt macht: darauf verſuchet er die Soldaten mit Guͤte zu gewinnen p. 260. begiebt ſich nach Rom / erhaͤlt daſelbſt Zeitung / daß eine Legion / die Martialiſche genannt / zum jungen Cæſar uͤberge - gangen / und dieſer die vierdte Legion gleichfalls nach - gefolget ſey p. 261. Antonius ruͤcket mit vier alten Legionen und einer neugeworbenen / wie auch einer ziemlichen Cavallerie nach Rimini p. 262. Lepidus hat auch noch drey Legionen in Spanien / Aſinius Pollio zwey / und Plancus in Gallia Transalpina auch noch drey / welche alle hernach des Antonii Intereſſe annehmen.

Das 34. Cap. Der junge Cæſar Octavius haͤlt ſich in Alba auf / und hat die zwey Legionen (ei - ne Legion war bey dem Roͤmern ſechstauſend Mann ſtarck) bey ſich / ſo Antonium verlaſſen / wie auch noch eine von neuen Soldaten / und zwey von alten / die unter ſeinen Vater gedienet hatten. R 2p. 262.236Hiſtoria von dem Triumviratp. 262. Dieſe Armee will / daß Cæſar Octavius die Qualitaͤt des Buͤrgemeiſters / oder den Nahmen Imperator (ſo damahls nicht ſo viel als itzo galt /) annehmen ſoll. Cæſar ſchlaͤgt es ab / und entdecket denen Officiren ſeine Urſache.

Das 35. Cap. Cæſar Octavius beſchencket vom neuen alle ſeine Soldaten p. 264. Antonius bela - gert Decimum Brutum in Modena p. 265.

Das 36. Cap. Die Belaͤgerung Modena wird von Cæſar Octavius und dem Rath zu Rom vor eine Krieges-Ankuͤndigung genommen p. 265. Hir - tius und Panſa, beyde Creaturen des entleibten Ju - lii Cæſaris, werden zu Buͤrgemeiſtern erwehlet. Decimo Bruto wird Danck geſaget / daß er die Au - toritaͤt des Senats behauptet. Dem jungen Cæſar wird erlaubet / mit denen Buͤrgemeiſtern zu com - mandiren; auch ihm ein Eintritt in Rath gege - ben / und daß er zehen Jahr eher / als es ſonſt die Ge - ſetze verſtatteten / moͤchte das Buͤrgemeiſter-Ampt begehren p. 266. Antonio wird Befehl zugeſchickt / daß er ungeſaͤumt die Belagerung vor Modena aufheben / und ſich aus der gantzen Provintz Gallien fortmachen ſolte. So er aber nicht gehorchen wuͤr - de / waͤre er vor den Senat citiret / von ſeinen Hand - lungen Rechenſchafft zu geben p. 267. Trebonius, ſo wider Julium Cæſarem ſich mit verſchworen ge - habt / wird in Smyrna von des Dolabella Solda - ten umgebracht / und ſein Kopff an des Dolabella Tribunal aufgeſtecket. Dolabella wird vor einen Feind des Vaterlandes erklaͤret. Brutus bekoͤm̃t die Regierung uͤber Macedonien und Jllyrien; und daß er die Armée ſelbiger Provintzen fuͤhren ſolle. Caſſi -237des Auguſt. Marc. Anton und Lepidus. Caſſius bekoͤm̃t Syrien / und befiehlt daß er Dola - bellen bekriegen ſoll p. 268. allen Gouverneuren der Roͤmiſchen Provintzen und Krieges-Haͤuptern wird Ordre zugeſchicket / daß ſie von dieſen beyden Generalen / dem Caſſio und Bruto, ſich ſollen com - mandiren laſſen p. 269.

Das 37. Cap. Antonius nim̃t dieſe Gelegen - heit in acht / des Hirtius und des jungen Cæſars O - ctavii Gemuͤther wider den Rath zu erhitzen / daß man dem Caſſio und Bruto, die doch des Julius Cæſars Moͤrder waͤren / ſo groſſe Gewalt| und Ehre zuwendete; hingegen Dolabella, als einen Feind des Vaterlandes / erklaͤret / da er den Trebonium, als einen Mitverſchwornen / toͤdten laſſen: und ſchreibet dahero an ſie einen langen Brieff / daß ſie doch / als welche vom Julio Cæſare alle ihr Gluͤck haͤtten / nicht ſolten in dergleichen Verordnungen mit einwilligen / ſondern ſich denſelben widerſetzen.

Das 38. Cap. Der junge Cæſar mercket ſchon vor Empfangung dieſes Brieffes / wie er ſich hinfort gegen dem Senat verhalten muͤſſe / da Caſſius und Brutus ſo hoch erhoben / Dolabella aber als Feind des Vaterlandes erklaͤret wird / weil er Cælars Tod gerochen p. 272. Doch / ob er ſchon nicht aͤlter / als achtzehn Jahr / weiß er gleichwohl kluͤglich zu ſi - muliren / und ſich in die Zeit zu ſchicken. Er gehet nebſt dem Buͤrgemeiſter Hirtius und der Armée zu Felde / um die Belagerung vor Modena aufzuhe - ben p. 274. Ventidius ſam̃let gleichfalls Voͤlcker / ſolche dem Antonio zuzufuͤhren p. 275.

Das 39. Cap. Die Schlacht zwiſchen den Legio - nen des Antonius, und des jungen Cæſars undR 3Hir -238Hiſtoria von dem TriumviratHirtius ſeinen. Panſa ruͤcket mit vier Legionen vor - aus / um Cæſarn und Hirtio die paſſage zu verſi - chern. Blutiges Treffen zwiſchen ihm und des Anto - nii Voͤlckern. Panſa ſicht etwas allzu hitzig / und wird mit einer halben Piqven durch den Wanſt geſtoſſen. Seine Voͤlcker reiſſen aus; Cæſar ſuchet ſie zum Stande zu bringen; aber auch deſſen Trouppen halten nicht wohl Stand / biß auf ſeine Leib-Com - pagnie / die gantz in Stuͤcken gehauen wird. Hirtius koͤm̃t mit zwantzig Regimentern dazu / trifft vom neuen mit des Antonii Legionen / die dann nach tapfferen Widerſtand endlich weichen. Die einbre - chende Nacht verhindert Hirtium, die Feinde zu verfolgen: er hat aber doch zwey Adler und viele andere Fahnen erobert. Jmmittelſt wird des - ſars Leib-Compagnie / welche gantz und gar niedergemachet worden / ſehr betauret.

Ende des erſten Theils.

HISTOIRE DU TRIUMVIRAT D’AUGUSTE, MARC ANTOINE, & LEPIDUS, Tome ſecond & troiſiéme. Conte - nantce qui s’eſt paſſé depuis la mort de Ceſar jusqu’à celle de Brutus & de Marc Antoine, à Amſterdam 1694. Hiſtoria vom Triumvirat des Auguſtus, Marcus Antonius, und Lepidus: Andrer und dritter Theil. Dasjenige in ſich haltend / was nach - ſars Tode biß auf des Brutus und des Marcus Antonius ſeinen ſich begeben hat. Amſterdam 1694.

Der239des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus.

Der Hiſtoria des Auguſti Andres Buch. Das erſte Capitul.

HIrtius und Cæſar Octavius vereinigen ihre Arméen bey Modena wieder. Antonius re - ſolviret bloß ſeine Limen zu defendiren / ohne ein neues Treffen zu wagen. Zu welchen doch jene ihn zu bringen trachten. Der Buͤrgemeiſter Hir - tius ſuchet Succurs in die Stadt zu bringen; An - tonius aber ſolches zu verhindern pag. 5. Hirtius ſchlaͤget ihm zwey gantze Legionen / und dringet in ſein Lager. Wird aber getoͤdtet. Cæſar entreiſſet noch denen Feinden des Buͤrgemeiſters Coͤrper / und nim̃t mit eigener Hand einen Adler. Schlaͤget darauf Antonium biß aufs Haupt. Der die Be - lagerung aufhebet / und ſich nach dem Gebuͤrge zu - ruͤcke ziehet.

Das 2. Cap. Decimus laͤßt Octavio Danck ſa - gen wegen der Befreyung von der Belaͤgerung / und um ſeine Unterredung anhalten. Octavius Cæſar aber ſchlaͤgt es ihm ab; mit der Eroͤffnung / daß er allezeit ſein Todtfeind bleiben wuͤrde; keh - ret darauf nach Bolonien zuruͤck / den verwundeten Panſa zu beſuchen. Panſa ſtirbet wenig Tage nach ſeiner Dahinkunfft. Redet vor ſeinem Tode mit - ſarn, und warnet ihn / daß er denen Groſſen in Rom nicht trauen / ſondern vielmehr ſich wieder mit An - tonio vereinbaren ſolte / denn Rom ſuchte einen durch den andern aufzureiben p. 9. Cæſar ſchicket die Coͤrper bey der Buͤrgemeiſter / des Hirtius und des Panſa, mit praͤchtigen Geleite nach Rom p. 10.

R 4Das240Hiſtoria vom Triumvirat

Das 3. Cap. Caſſius ſtillet in Syrien einen Auf - ſtand der Legionen p. 11. Cleopatra, Koͤnigin in E - gypten / welche Julium Cæſarem geliebet / ſchicket Dolabellen Voͤlcker zu / um deſſen Tod zu raͤchen. Caſſius gehet dieſen entgegen / die aber ſich zu ſchwach ſehend mit ihm zu ſechten alle zu ihm uͤber - treten. Brutus in Macedonien ziehet alle des Pom - pejus Voͤlcker in Theſſalien an ſich. Cajus des Antonii Bruder wird von Bruto geſchlagen / wor - auf ſich alle ſeine uͤbrigen Soldaten nebſt Cajo ſelbſt ihm ergeben / und werden alle von Bruto ſehr wohl gehalten.

Das 4. Cap. Cæſar Octavius verlanget von dem Rath zu Rom die Ehre des Triumphs wegen des erhaltenen Sieges / ſo ihm aber abgeſchlagen wird. Woher Cæſar bewogen darauf zu dencken / ſich mit Antonio zu vereinbaren. Schicket ihm dem - nach alle Gefangenen und unter andern den Decius als Antonii vertrauten Freund zuruͤck: redet mit Antonio ſelbſt in geheim. Der Rath zu Rom will Antonio laſſen den Proceß machen / und alles das jenige abſchaffen / was er in ſeinem Conſulat ver - ordnet. Cæſar begehret die Buͤrgemeiſter-Stelle; man will aber zu keiner Wahl ſchreiten.

Das 5. Cap. Antonius gehet uͤber die Alpen; Plancus gruͤndet die Stadt Lyon. Antonius koͤm̃t zum Lepidus; der ihm ſaget / daß er Befehl habe / als einen Feind des Senats zu tractiren. Allein des Lepidus Armee / davon die meiſten Soldaten mit ihm unter Julio Cæſare gedienet / hanget ihm an / alſo daß ſich Lepidus verlaſſen ſiehet / und dem Antonio das Commando auftragen muß. An -tonius241des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. tonius will es mit Lepido theilen / wiewohl er doch die Autoritaͤt gantz alleine behaͤlt. Plancus ziehet ſich mit vier Legionen in Savoyen zuruͤck. Anto - nius ſiehet ſich alſo als General von drey und zwan - tzig Legionen und mehr als zehn tauſend Pferden. Gehet uͤber die Alpen mit ſeiner Armee zuruͤck / nach dem er einen ſeiner Freunde mit ſechs Legionen zu - ruͤck gelaſſen hat.

Das 6. Cap. Cæſar Octavius faͤhret in Begeh - rung des Buͤrgemeiſter-Amts fort p. 16. bringet al - le Soldaten / die er bey ſich hat / auf ſeine Seite p. 17. dieſe ſchicken Deputirten an den Rath / es vor Cæſarn zu fodern. Der Rath will es nicht be - willigen; der Hauptmann Cornelius, ſo zugleich ein Deputirter / klopfet auf ſeinen Degen Knopf und ſagt: wollet ihr es ihm nicht geben / ſehet / hie iſt / was es ihm erwerben ſoll. Koͤm̃t darauf wieder zu Cæſarn, und ſagt: wie kaltſinnig der Rath ſich geſtellet. Die Soldaten ermahnen - ſarn, ſie nach Rom zu fuͤhren / um ſein Abſehen zu behaupten. Er gehet alſo mit acht Legionen da - hin.

Das 7. Cap. Die Confuſion des Raths bey Cæſars Ankunfft p. 18. Man beſchlieſſet endlich / ſich zu wehren / doch es koͤm̃t dazu nicht / und Cæſar bemaͤchtiget ſich des Berges Quirinals ohne Wi - derſtand. Deſſen Freunde und viele vornehme des Raths machen ihm daſelbſt die Compliment. Das Volck bringet denen Soldaten Erfriſchungen p. 19. Cæſar haͤlt ſeinen Einzug in Rom. Seine Mut - ter und Schweſtern / ſo ſich zu denen Veſtalos reti -R 5rirten242Hiſtoria vom Triumviratrirten kommen hervor / und bewillkommen ihn. Ci - cero, ſo gar langſam ſich einfindet / wird ſehr kalt - ſinnig von ihn empfangen p. 20. fliehet aus der Stadt. Cæſar pardonniret Craſſum p. 21. thei - let denen Soldaten Geld aus den Roͤmiſchen Schatze aus. Man ſchreitet zur Buͤrgemeiſter - Wahl. Cæſar begiebt ſich aus Rom / unter den Schein / dem Rath im wehlen ihre Freyheit zu laſ - ſen. Wird zum Buͤrgemeiſter ernennet nebſt Pe - dio, eroͤffnet dem Volcke / daß ihn Julius Cæſar zum Sohne angenommen; welche adoption auch confirmiret wird p. 21.

Das 8. Cap. Cæſar machet / daß der Arreſt wider Dolabellen caſſiret wird. Brutus, Caſſius, und die andern Moͤrder des Julii Cæſaris werden verdammet. Man vernim̃t / daß Brutus mit einer Armee von zwanzig Legionen im Anzuge ſey / ſich zu rechtfertigen p. 22. Cæſarn will ſolch ſtarck Ge - leite nicht anſtehen / darum will er ihm die Helffte des Weges erſpahren / und ziehet ihm mit einem Krieges-Heer entgegen p. 23. Antonius und Le - pidus werden von Senat durch des Pedius Vor - trag und Vermittelung wie auch Cæſar Octavii Bewilligung pardonniret. p. 23. Decimus wird verfolget / und Camillo von Antonio befohlen / ihm deſſen Kopf zu ſchicken / ſo auch geſchiehet / und iſt al - ſo dieſes der andere von den Verſchwornen wider Julium Cæſarem, ſo eines gewaltſamen Todes ſtirbet p. 24. kurtz darauf wird noch einer von ſeinen Moͤrdern / Baſilius genannt / durch ſeine eigene Sclaven umgebracht p. 25.

Das 9. Cap. Allerhand Zeichen / ſo vor demTrium -243des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. Triumvirat, oder der Verbindung des Cæſars, des Antonius und des Lepidus, vorgehen / wel - che / wie die Roͤmer nachmahls / davor gehalten / die Veraͤnderung der Regierungs-Forme angedeutet. Die Hunde heulen wie die Woͤlffe durch die Stadt hindurch / die Woͤlffe lauffen biß auf den Marckt / und rauben Speiſe. Ein Ochſe redet / wie auch ein Kind / ſo bald es auf die Welt koͤmmt: die Saͤu - len ſchwitzen Blut. Man hoͤret erſchreckliche Stimmen unter den Raſſeln und Schwirren der Waffen / ſiehet entſetzliche Zeichen um die Sonne herum; es regnet Steine; und der Donner ſchlaͤ - get in die Tempel und in die Bilder der Goͤtter p. 25. die Wahrſager verkuͤndigen / daß die Koͤnige wieder - um in Rom regieren wuͤrden. Cæſar und Anto - nius beſprechen ſich mit einander durch des Lepi - dus Vermittelung auf einer kleinen Jnſul unweit Modena. Lepidusrecognoſciret erſtlich die Jn - ſul / ob alles ſicher: darauf begeben ſich / nachdem Lepidus ein Zeichen gegeben / daß ſie trauen duͤrfftẽ / Cæſar und Antonius jeder mit dreyhundert Mann an die Bruͤcken; wo ſie ſolche ſtehen laſſen / und bey - de ſamt Lepido vollends ſich auf die Jnſul machen; da ſie denn einander umarmen / und an einem freyen Orte ſich alle dreye niederſetzen; alſo daß die gantze uͤber den Fluß ſtehende Armée, deren jede vier Le - gionen / (das iſt vier und zwantzig tauſend Mann) mit ſich gebracht / ſie ſehen kan. Cæſar, als Buͤrge - meiſter / ſitzet in der mitten / und da nun theilen ſie mit ſonderbahren Berathſchlagungen die Regierung der Welt unter ſich / als ob es ihr Erbgut waͤre; und werden eins / ſie wollen die ſouveraine Auto -ritaͤt244Hiſtoria vom Triumviratritaͤt unter dem Titul Triumviri; und der Qualitaͤt als Reformatoren der Republic fuͤnff Jahr behal - ten. Cæſar und Antonius verſtaͤrcken ihre Armee / alſo daß jeder zwantzig Legionen oder hundert und zwantzig tauſend Mann zu commandiren hat p. 27. Man richtet alles ohne groſſes Diſputiren ein; biß auf den Punct / da jeder von ſeinen Feinden Rache nehmen will. Antonius verlanget dem Cicero ſeine Rache aufzuopffern; Cæſar will den Lucius, Anto - nii Vetter / und Lepidus ſeinen Bruder Paulus ger - ne loß ſeyn. Endlich wird alles bewilliget p. 28 Man ſchreibet auf eine Tafel die Nahmen der Verurthei - leten / und hefftet ſolche auf oͤffentlichen Platz an. Dieſes nennet man die Proſcription oder die Acht / und konte jeder von ſelbigem Augenblick an die in die Acht erklaͤrten toͤdten: Wie denn kaum einer da - von kommen kunte / indem ein allzu groſſer Recom - pens auf ihren Kopff geſetzet war / wer ſelbigen brin - gen wuͤrde.

Das 10. Cap. Das Decret, ſo die Triumviri laſſen ergehen / ihr Verfahren zu rechtfertigen p. 29. ſiebenzehn in die Acht erklaͤret / und in dem Decret zwey tauſend Thaler demjenigen zum Recompens gebothen / der eines Aechters Kopff bringen wird; ſo er aber ein Sclav / der ihn toͤdtet / tauſend Thaler / und die Freyheit. Wer den Ort benennet / wo ſich ein Aechter aufhaͤlt / ſoll eben ſo viel haben; und ſein Nahme verſchwiegen / auch gar in kein Regiſter aufgeſchrieben werden p. 30. die Soldaten toͤdten ſo fort bey ihrem erſten Eintritt viere von den Proſcri - birten p. 31. Schrecken durch gantz Rom.

Das 11. Cap. Die Triumviri halten ihren Ein -zug245des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. zug in Rom / ein jeder auf einen abſonderlichen Tag. Cælar den erſten / Antonius den andern / Lepidus den dritten. Jeder hat ſechstauſend Mann zur Leib - wacht bey ſich p. 31. Der Zunfftmeiſter Titius muß das Geſetz des Triumvirats publiciren / daß ſie drey eben die Autoritaͤt als Buͤrgemeiſter 5. gantze Jahr behalten wolten / und ſich vor Reformatoren der Re - public erklaͤreten p. 31. grauſame Mortdthaten der ſtattlichſten Rathsherren und Ritter / alſo daß gantz Rom als zur Pluͤnderung ausgeſetzet ſcheinet p. 32.

Das 12. Cap. Das Volck machet einen Auf - ſtand: wird aber wieder geſtillet p. 34. Cicero wird unweit Capua ergrieffen / und Herennius hauet ihm daſelbſt den Kopff und beyde Haͤnde ab; die dem Antonio gebracht werden. Antonius hat ſeine tyranniſche Ergoͤtzung daruͤber / weil Cicero wider ihn unterſchiedliche Reden oder Orationen gehalten p. 36. der Fulvia Haß gehet noch weiter / denn ſie zerret des Ciceronis Zunge aus dem abge - ſchnittenen Kopffe heraus / und ſticht ſelbige immer mit ihrer guͤldenen Haarnadel durch. Antonius laͤßt den Kopff und die Haͤnde bey denen Roſtris auf - ſtellen. Wo dieſen elenden Reſt eines ſo ſtattlichen Mannes / der in 64. Jahre ſeines Alters alſo um - gekommen / das Volck mit Schrecken anſiehet p. 36.

Das 13. Cap. Lepidus triumphiret wegen eniger in Hiſpanien uͤberwundenen Voͤlcker. Das Edict des Triumphs iſt ſonderlich und folgendes Jnhalts: allen denjenigen / welche unſern Triumph duꝛch Opf - fer / oͤffentliche Feſtinen und andere Freudens-Bezeu - gungen ehren werden / unſern Gruß und alles Gluͤck:denen246Hiſtoria vom Triumviratdenen aber / ſo ſolches unterlaſſen / alles Ungluͤck und die Proſcription. Worauf freylich jedwedes aus Furcht der Acht bey dem Triumph ſeine Freude ſehen laͤßt p. 37. Man verkaufft die Guͤter der Aechter. Es wollen ſich aber wenig Kaͤuffer finden. Die Trium - viri brauchen hundert Millionen zum Kriege. Legen eine Taxe auf vierzehn hundert vornehme Damen in Rom. Hortenſia des beruͤhmten Redners Hor - tenſii Tochter haͤlt eine ſtattliche Oration gegen die Triumviros, um dieſen unziemlichen Tribut von de - nen Damen loß zu bringen p. 38. p. 39. die Trium - viri legen auf alles Mannsvolck / auch ſo gar auf die Prieſter eine Kopffſteur p. 40.

Das 14. Cap. Viele von den Aechtern fliehen zum Sextus, des Pompeji Sohn / nach Sicilien. Lepidus Bruder und des Antonius Vetter kom - men auch davon. Paulus retiriret ſich nach Mace - donien / weil die Soldaten nicht wollen Hand an den Bruder eines Triumvirs legen. Lucius ſalvi - ret ſich zu ſeiner Schweſter / der Antonia Mutter. Lentulus, Apulejus und Antius kommen auch fort / und ihre Frauen fliehen zugleich mit / als die ih - re Maͤnner nicht verlaſſen wollen. Reginus machet ſich aus der Stadt in Kohlen-Brenners Kleidung: und ſeine Frau folget ihm in einer Senffte: der Sol - dat / ſo die Wacht hat / haͤlt ſie an: Reginus bittet / nur ſeine Frau paſſiren zu laſſen: der Soldat / ſo unter ihm ehmals gedienet / erkennet ihn / und ſagt: ſalviret euch / mein General / ich werde euch al - lemahl alſo nennen / in was vor einem ungluͤck - lichen Zuſtande ihr auch ſeyd p. 41. Geta und Oppius werden durch ihre Soͤhne ſalviret. Getaver -247des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. verlieret ein Auge daruͤber / daß er allzu lange Zeit ein Pflaſter darauf getragen / um ſich zu verſtellen. A - rianus und Metellus entwiſchen auch durch Huͤlffe ihrer Kinder. Reſtio entkoͤm̃t durch Huͤlffe ſeines Sclaven; ob er gleich ſelbigen zuvor ein Brand - mahl an die Stirne machen laſſen / weil ihm ehmals dieſer Knecht entfliehen wollen: denn / als der Scla - ve ſeinen Herꝛn findet / und dieſer in Furcht iſt / der - ſelbe werde ihn verrathen; ſpricht er ihm zu: mey - neſt du / Herꝛ / daß das Mahl / womit du meine Stirne zeichnen laſſen / in ſolche tieffer / als die Wolthaten in mein Hertz eingedruͤcket / die du mir erzeiget? worauf er ihn in einen Keller fuͤh - ret / und mit Speiß und Tranck verſorget: toͤdtet darauf in Geſichte der Soldaten einen alten Bauer / und machet ihnen weiß / es ſey ſein verkleideter Herꝛ geweſen / an dem er ſich raͤchen wollen / weil er ihm ein ſolch Schandzeichen an die Stirne brennen laſ - ſen. Alſo entkommet Reſtio p. 42. Appion und Menejus Sclaven ſeynd gar ſo großmuͤthig / daß ſie dieſer ihrer Herren Kleider anziehen / und ſich darinnen ſtatt derſelben ermorden laſſen; damit die Herren fliehen koͤnnen. Pomponius, ſo gleichfalls in die Acht erklaͤret / waget einen kuͤhnen Streich: Er kleidet ſich als ein Prætor aus / und ſeine Sclaven als Rathsdiener / und gehet alſo oͤffentlich von dieſen treuen Geferthen be - gleitet aus der Stadt. Nim̃t auch gar ein Schiff / mit Vorwand / die Triumviri ſchicketen ihn wieder den jungen Pompejus und koͤm̃t gluͤcklich in Sici - lien. Hirtius, Apulejus, und Venditius ſalvi - ren ſich mit dem Degen in der Fauſt p. 43. Venti -dius248Hiſtoria von dem Triumviratdius kom̃t unter dem Prætext davon / daß er ſich vor einen Capitain ausgiebet / der die Aechter aufſuchen ſoll. Ein anderer Senator laͤſſet ſich Haare und Bart abſcheren / und agiret die gantze Proſcription uͤber einen Winckel-Schulmeiſter / ohne daß iemand unter ſeinem ſtaubichten Rocke einen ſo illuſtrem proſcriptum ſuchet.

Das 15. Cap. Merckwuͤrdige Exempel des wechßlenden Gluͤcks: Balbinus, ſo auch mit in die Acht erklaͤret / und mit groſſer Muͤhe zum Pompejo geflohen / vergleichet ſich nach wenig Jahren mit Cæſarn, und wird Buͤrgemeiſter in Rom. Lepi - dus, der ein Triumvir mit iſt / findet ſich durchs Gluͤck genoͤthiget / als Balbinus Buͤrgemeiſter / bey ihm fuͤßfaͤllig eine Gnade zu bitten. Die ihm auch Balbinus aus Mitleiden wiederfahren laͤſt. p. 44. des Ciceronis Sohn / der als General-Lieutenant unter dem Pompejo gedienet / wird / als er wieder nach Rom koͤm̃t / zum Pontifice, und darauf von Cæſarn zum Buͤrgemeiſter nach des Antonii Nie - derlage gemacht: da er die Freude hat / daß unter ſeiner Regierung Antonii Gedaͤchtniß verdammet wird / alle ſeine Bild-Saͤulen abgeriſſen / und An - tonii Bruder Cajus durch den Hortenſius auff Befehl des Brutus getoͤdtet p. 45.

Das 16. Cap. Die Triumviri gehen in den Rath / und kuͤndigen die Endigung der Proſcription an p. 46. Sextius, Cæſars Lieutenant / trifft mit des Brutus Lieutenant Cornificio in Africa; drenget Cornificium ſo ſehr / daß er endlich in die Enge ge - bracht das Leben laſſen muß. Lælius toͤdtet ſich mit eigener Hand. Alſo wird die Armee geſchlagen /und249des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. und Sextius als Uberwinder erwirbet Cæſarn durch ſolchen Sieg| gantz Africam p. 47.

Das 17. Cap. Dolabella wird in Syrien durch Caſſium geſchlagen / nachdem er erſtlich deſſen Schiffs-Macht uͤberwunden / hernach Laodiceam belagert / worinnen Dolabella mit zweyen Legionen lieget / ſelbige Stadt erobert / und Dolabella durch einen Soldaten getoͤdtet wird. Viele vornehme Buͤrger muͤſſen ſterben: die andern ihr Leben theu - er erkauffen; und wird darauf die gantze Stadt verheeret p. 49.

Das 18. Cap. Caſſius, nachdem er die Stadt Tharſen deſoliret / vereiniget ſich mit Bruto, wel - ches bey Smirna geſchiehet / wo Btutus eine merck - wuͤrdige Muͤntze ſchlagen laͤſt: auf der einen Seite ſtehet ſein Bildniß; auf der andern ein paar Dol - che / und daruͤber ein Hut / als das Zeichen der Frey - heit / mit den Worten: Idus Martias p. 51. | darauf Brutus wider die Lycier / und Caſſius wider Rho - dus mit ihren Armeen marchiren.

Das 19. Cap. Caſſius belagert Rhodus, weil er ehmahls daſelbſt ſtudiret / ſo laͤſt er ſeinen noch le - benden Præceptor, den Archelaus herauskommen / klaget / daß die Rhodier dem Dolabella Succurs zugeſchicket / und ermahnet ihn freundlich / ſeine Lan - des-Leute dazu zu bereden / die Stadt zu uͤbergeben / ehe ſie verwuͤſtet wuͤrde. Die Rhodier wollen da - von nichts hoͤren / fechten tapfer wider Caſſium zu Waſſer; doch ſchlaͤgt ſie Caſſius zweymahl / bela - gert darauf zu Lande die Stadt / und geſchehen viel Ausfaͤlle. Endlich oͤfnen die reichſten Buͤrger die Thoren / Caſſius bemaͤchtiget ſich der Stadt / laͤſſetMartius 1696. Sdie250Hiſtoria vom Triumviratdie Aufwiegler darinnen toͤdten. Und ziehet erſtau - nende Geld-Summen daſelbſt von der Buͤrger - ſchafft p. 54.

Das 20. Cap. Brutus kom̃t in Lycien / belagert Xanthe p. 55. die Ausfallenden verbrennen ſeine Wercke p. 56. die Roͤmer ſtuͤrmen die Waͤlle und Mauren / und nach langen Gefechte erſteigen ſie ſol - che p. 57.

Dsa 21. Cap. Die Stadt wird erobert / die Xanthier zuͤnden ſie ſelbſten an allen Ecken an / er - morden ihre eigenen Weiber / Kinder / und Scla - ven / und ſtuͤrtzen ſich in die Flammen p. 58. Man findet eine Frau / die ſich ſelbſt gehangen / haͤlt in der einen Hand ihr Kind / ſo ſie gleichfalls erdroſſelt / und in der andern eine brennende Fackel / damit ſie ihr Hauß angeſtecket. Brutus von Mitleiden geruͤh - ret / verſpricht allen das Leben / kan aber gleichwol nicht mehr als 50. zuſammen bringen / die ſeine Sol - daten mit Gewalt an ihren Selbſtmord gehindert p. 59. Brutus gehet vor die Hauptſtadt Lyciens, Gatarea; ſchicket an ſie / und biethet ihnen ſeine Gnade an / die Stadt ergiebt ſich. Er laͤſſet Theo - dotum, welcher durch ſeine Beredſamkeit den Mord des groſſen Pompejus befoͤrdert / grauſamlich hinrichten.

Das 22. Cap. Cæſar und Antonius laſſen ih - re Armee in Macedonien gehen. Caſſius und Brutus ſtoſſen mit ihren Voͤlckern zuſammen.

Das 23. Cap. Brutus ſchlaͤfft in ſeinem Gezelt / ein Geſpenſt weckt ihn auf / daß er fraget: Ob es ein Menſch oder ein Gott ſey? und wer es an dieſen Ort gebracht? das Geſpenſt antwortet: Jch bindein251des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. dein boͤſer Geiſt / du wirſt mich in Philippis wieder ſehen. Brutus antwortet großmuͤthig: Nun wohl ich will dich in Philippis ſehen. Er erzehlet dieſes Caſſio; der ihm einbilden will / daß es nur eine Wuͤrckung ſeiner Phantaſie geweſen. Sie mar - chiren nach Philippis zu. Norbanus und Deci - dius Saxa, des Cæſars Lieutenant haben allda|die Paͤſſe beſetzet / Caſſius und Brutus nehmen einen Umweg.

Das 24. Cap. Caſſius und Brutus Armee be - ſtehet in vier und zwantzig tauſend Mann zu Fuß / und zwantzig tauſend Pferden. Die Triumviri haben hundert tauſend zu Fuß / und dreyzehn tau - ſend Pferde. Caſſius und Brutus opffern in Ge - ſicht ihrer Armee p. 65. Caſſius haͤlt eine Rede an die Soldaten: das gantze Heer wird von ihm und Bruto reichlich beſchencket / und ſetzet darauff den Marſch mit groſſem Muthe fort.

Das 25. Cap. Norbanus und Decidius, als ſie ihren Anzug durch die Kundſchaffer erfahren / ver - ſchantzen ſich wohl. Brutus und Caſſius kommen uͤber das Gebirge. Norbanus und Decidius reti - riren ſich nach Amphipolis. Brutus bemaͤchtiget ſich der Stadt Philippis, welche ihren Nahmen von des Alexanders Vater / Koͤnig Philippo, empfangen. Die Situation der Stad wird beſchrie - ben p. 67. Caſſius und Brutus laſſen die Commu - nications-Linien verfertigen.

Das 26. Cap. Antonius ruͤcket heran / Nor - banum in Amphipolis zu ſecundiren. Caſſius und Brutus verſchantzen ſich ie laͤnger ie mehr; | un - terſchiedene Scharmuͤtzel zwiſchen ihren und desS 2An -252Hiſtoria vom TriumviratAntonii Voͤlckern. Einige Vorbedeutungen ma - chen den Caſſium verzagt.

Das 27. Cap. Antonius bemaͤchtiget ſich ei - ner Poſt uͤber den Moraſt. Brutus will eine Schlacht wagen. Caſſius widerraͤth es. Brutus ſtehet darum nicht ab / ſondern giebt vor / was ſolcher Verzug ihnen mehr nuͤtzen wuͤrde / als daß ſie et - wan ein Jahr laͤnger lebeten. Caſſius ſpeiſet beym Meſſala, iſt traurig / und ſaget endlich zu ihm: Er naͤhme ihn zum Zeugen / daß er dißmahl das Tref - fen widerrathen: nichts deſtoweniger wolte er das Gluͤck / wozu man ihn noͤthigte / verſuchen.

Das 28. Cap. Caſſius und Brutus laſſen auff ihr Gezelt das Zeichen ſtecken / ſich zum Treffen zu ſchicken. Brutus fragt ihn / wann ſie ungluͤcklich waͤren / was ſie vornehmen wolten. Caſſius um - armet ihn / und antwortet lachend: Wir koͤnnen itzo denen Feinden entgegen gehen: denn wir werden entweder uͤberwinden / oder doch nicht Urſache haben / uns vor den Uberwindern zu fuͤrchten. Sie ſtellen darauf die Armee in Schlachtordnung. Die Armee der Triumviro - rum ſtehet ſchon in Bataille. Antonius comman - diret allein wegen Cæſars Unpaͤßlichkeit; deſſen Trouppen den lincken Fluͤgel formiren / und des Antonii ſeine den rechten. Antonius faͤllt Cas - ſium an: muß etwas zuruͤck weichen. Cæſar laͤſt ſich in der Senffte zu ſeinen Voͤlckern tragen; die mit tauſend Pfeilen geſpicket wird: Cæſars Voͤl - cker werden durch Brutum angefallen und dreye ſei - ner Legionen in Stuͤcken gehauen / wie auch zwoͤlff tauſen Lacedæmonier erleget. Brutus haͤtte denSieg253des Auguſt. Marc. Anton. und Le pidus. Sieg davon getragen / wenn ſeine Soldaten nicht zu hitzig nachgeſetzt. Antonius triefft gegen Caſſi - um mit guten Succes, ſchlaͤget ihm acht tauſend Mann. Brutus dencket Caſſius habe auch gewon - nen. Caſſius erſticht ſich in ſeinem Gezelt / indem er meynet / Brutus ſey gefangen.

Das 29. Cap. Brutus wird durch Caſſii Tod in tieffſte Trauer geſetzet. Schicket ſeinen Coͤrper nach Thaſos, um ihn die letzte Ehre zuerweiſen. Bruti Schiffsmacht ſchlaͤgt des Cæſars Flotte / wel - che ihm und Antonio das Proviant zufuͤhren ſoll. Brutus erfaͤhret ſolches nicht aus Boßheit ſeiner Officirer / ſonſt haͤtte er leichtlich die Triumviros vollends ruiniren koͤnnen. Er haͤlt eine Rede an ſein Volck / dancket ihnen wegen erwieſener Tapfer - keit / welche ihm den Sieg erworben; ſtraffet ſie aber dabey mit Worten / daß ſie zu hitzig geweſen / und ſolten ſie hinfuͤhro beſſer ſeinem Commando fol - gen. Laͤſſet groſſe Geld-Summen austheilen / und verſpricht / wann ſie vollends ihm Cæſarn und An - tonium wuͤrden uͤberwinden helffen / wolte er ſie Lacedæmon und Theſſalonich auspluͤndern laſſen. Antonius ſuchet aufs neue mit Bruto zu ſchlagen / der aber das Treffen vermeidet.

Das 30. Cap. Antonius laͤſt durch zwey Legio - nen eine Hoͤhe beſetzen / ſo Caſſius innen gehabt p. 78. Bruti Soldaten noͤth[i]gen ihn zur Schlacht. Bruti Geſpenſt laͤſt ſich wieder ſehen / ſagt ihm aber nichts. Antonii Soldaten ſehen / daß ſie entwe - der uͤberwinden / oder aus Mangel Proviants Hun - ger ſterben muͤſſen: beyde Heere ruͤſten ſich zum Treffen p. 79. Zwey Adler ſtreiten in der Lufft / undS 3der254Hiſtoria vom Triumviratder auf Brutus Seiten verſpielet. Darauf gehet die ſehr blutige Schlacht an. Cæſars Reuterey ſchlaͤget des Caſſius ſeine; das Fußvolck dringet gleichfals in Brutus rechten Fluͤgel ein. Cæſar trifft endlich auf Brutum ſelbſt. Cato Sohn wird erſchlagen. Faſt alle des Brutus beſte Officirer werden getoͤdtet / indem ſie ihren General ſalviren wollen. Lucilius laͤſt ſich gefangen nehmen / in - dem er ſich vor dem Brutus ausgiebet. Antonius bewundert ſeine Tugend / und werden beyde die be - ſten Freunde p. 81.

Das 31. Cap. Brutus retiriret ſich durch Huͤlffe der Nacht / und weil Lucilius ſich an ſeine ſtatt laſ - ſen gefangen nehmen / auf eine Hoͤhe. Jndem es nun ziemlich ſternklar / hebet er die Augen gen Himmel / und ſaget: Ungluͤckſelige Tugend / ich habe dir als etwas beſtaͤndigem gefolget; aber du biſt nichts mehr als ein Geſchwaͤtz; oder noch mehr eine Sclavin des Gluͤcks. Nach dieſem wieder - holet er offt die Griechiſchen Vers: groſſer Jupi - ter / ſtraffe doch den Urheber dieſes groſſen Un - gluͤcks. Wodurch er den Antonium bezeichnet. Er ſaget darauf ſeinen gegenwaͤrtigen treuen Be - dienten / wie er es nach ſeinem Tode wolte gehalten haben. Endlich muß ihm ein Sclav ſeinen Degen halten / in den er faͤllt / und gleich tod bleibet. Anton bedecket ſeinen Coͤrper mit einem koſtbaren Waf - fen-Rock. Laͤſſet ihn verbrennen / und die Aſche nach Servilien ſchicken. Seine Gemahlin Porcia, des Cato Tochter / verſchlinget gluͤhende Kohlen / da - durch ſie ſich toͤdtet / weil ihr ſonſt Dolche und ande - re Mittel des Selbſtmords genommen ſind pag. 85. Ande -255des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. Andere Moͤrder des Julii Cæſaris fallen durch ihr eigen Schwerdt. Und alſo leget Cæſar Octavius den feſten Grund zu der Roͤmiſchen Monarchie.

Das 32. Cap. Lepidus, weil er nicht mit in der Gefahr der Schlacht geweſen / behaͤlt wenig Auto - ritaͤt / ſondern Cæſar nnd Antonius theilen die ſou - veraine Gewalt unter ſich. Beyde laſſen viele ihrer Feinde annoch ermorden. Antonius paſſiret dar - auf in Aſien / um Geld aus denen daſelbſt denen Roͤmern gehorſamen Provinzen aufzubringen. Cæſar aber gehet in Jtalien zuruͤck. Der junge Pompejus, ſo in Sicilien iſt / hat groſſe Macht / al - lein weil er bey ſeiner Tapfferkeit nichts vom Stu - dieren weiß / laͤßt er ſich durch ſeine Bedienten zuſehr regieren.

Das 33. Cap. Antonius laͤſſet ſich durch die Wolluͤſte beſiegen. Wird zu Epheſo als Bachus, der Vater der Freude empfangen; wo die Einwoh - ner als Faunen und Satyren / und die Weiber als Bachi Gefaͤhrtinnen mit Epheu gekroͤnet / ihnen un - ter luſtiger Muſic entgegen ziehen p. 91. Er beſchen - cket die Schmeichler und Fuchsſchwaͤntzer von de - nen Guͤtern / ſo er denen Buͤrgern raubet. Leget gantz Aſien einen groſſen Tribut auf p. 95. pardonniret Lucius des Brutus Bruder. Giebt denen Staͤd - ten / ſo von Caſſius und Brutus ruiniret / neue Ein - kuͤnffte. Jſt gegen Herodes wegen der Dienſte erkenntlich / die ihm ſein Vater Antipater gelei - ſtet hat.

Das 34. Cap. Cleopatra, Koͤnigin von Egy - pten / welche von dem Julio Cæſare, und hernach von des Pompejus aͤlteſten Sohne geliebet worden / er -S 4wartet256Hiſtoria vom Triumviratwartet Antonius Ankunfft zwiſchen Furcht und Hoffnung p. 96. meynet doch ſein Hertz zu gewin - nen / weil er ſchon ihrentwegen geſeuffzet / als er des Gabinius Reuterey in Egypten commandiret. Jhre ungemeine Schoͤnheit und die Vortrefflichkeit ihres Geiſtes und liebreitzende Converſation wird ſehr geruͤhmet p. 97. Sie antwortet denen auslaͤndi - ſchen Geſandten jedem in ſeiner Sprache ohne eini - gen Dolmetſcher; Dellius wird von Antonio an ſie geſchicket / ſie abzuholen nach Cilicien / allwo ſie / wegen ihrer bißherigen conduite bey den Roͤmi - ſchen Kriegen / Rechenſchafft geben ſoll. Sie machet ſich fertig / Antonium zu ſehen / aber auf ſo eine ga - lante Manier / daß ſie ihn gleich ſein Hertz durch ih - re Bezauberungen zu entziehen trachtet. Als ſie an den Fluß Cydnus koͤm̃t / ſteigt ſie in ein Schiff / deſ - ſen Hintertheil von Golde / die Segel von Purpur / die Ruder von Silber; die die Sclaven nach dem Tact einer lieblichen Muſic fuͤhren / ſo auf dem Schiff iſt. Cleopatra befindet ſich darauf auf einem von Golde durchwirckten Zelt-Bettlein / als Venus ge - ſchmuͤcket liegen / wann ſie aus dem Meere hervorge - ſtiegen: Um ſie herum ſpielen kleine Knaben von ausbuͤndiger Schoͤnheit / welche die Liebes-Goͤtter vorſtellen / und wehen ihr mit koſtbaren Fliegenwe - deln kuͤhle Lufft zu. Die ſchoͤnſten unter ihrem Frauenzimmer haben ſich als Nereides oder Gra - tien gekleidet / und mit einer anmuthigen Unacht - ſamkeit hin und wieder auf dem Bord oder an die Schiffs-Seile gelehnet. Man verbrennet die treff - lichſten Parfumen auf dem Schiff / wovon ein ent - zuͤckender Geruch beyde Ufer anfuͤllet: Das Volcklaͤufft257des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. laͤufft in unzehlbarer Menge zu / und erhebet ein groſ - ſes Freuden-Geſchrey / ſagend: das waͤre die Goͤt - tin Venus, welche zu Aſiens Gluͤckſeligkeit dem Gott Bacchus die Viſite gaͤbe. Antonius laͤßt ſie zur Tafel bitten; ſie aber laͤßt ihm wieder ſagen: es waͤ - re beſſer / daß er zu ihr zur Tafel kaͤme; ſo auch An - tonius endlich thut; und wird von Cleopatren der - maſſen praͤchtig auf ihrem Schiffe tractiret / daß er uͤber dieſe Magnificenz erſtaunet. Antonius ga - ſtiret ſie hernachmahls auch. Sie| begegnet ihm mit ſo viel Verſtande / Reitzungen und Annehmlich - keiten / daß ſein Hertz von ihrer Schoͤnheit gantz ent - zuͤndet wird. Das erſte Opffer / ſo er ihrer Regier - ſucht lieffert / iſt ihre eigene Schweſter Arſinoë, wel - che auf Cleopatrens Anſuchen ſterben muß. Er noͤthiget auch Serapion, daß er ihr die Stadt Ty - rus muß wieder abtreten / und jaget den Egyptiſchen Koͤnig Ptolomæus| ihr zu Liebe von ſeinem Reiche.

Das 35. Cap. Cæſar Octavius iſt in Brundus gefaͤhrlich kranck. Machet ſich doch / ſo geſchwind / als moͤglich / wieder auf / und koͤm̃t nach Rom p. 101. Borget groſſe Geld-Summen / um die Soldaten wegen des verſprochenen Recompenſes zu befriedi - gen. Dieſe brauchen groſſe Inſolentien / auch wider Cæſarn ſelbſt / der aber viel verbeiſſen muß / weil er ſie noͤthig hat p. 103. Fulvia, des Antonii Gemah - lin / da ſie erfaͤhret / wie ihr Mann mit Cleopatren buhlete / will gleiches mit | gleichen vergelten; und haͤtte Cæſarn gerne zu ihren Amanten / aber dieſer hat keine Luſt dazul; woruͤber Fulvia von Verach - tung und Eyferſucht getrieben auf Rache dencket. Sie hetzet ihm Lucium, Antonius Bruder / aufS 5den258Hiſtoria vom Triumviratden Halß / welcher einige Legionen heimlich aufwie - gelt. Cæſar gewinnet die Soldaten durch Austhei - lung reicher Erbſchafften und Geldes p. 106.

Das 36. Cap. Fulvia, Antonius Gemahlin / ſuchet immer neue Aufwiegelungen wider Cæſarn. Dieſer beklagt ſich daruͤber oͤffentlich / daß ſie wider ihres Mannes wahres Intereſſe in allen Stuͤcken handele. Aber Fulvia hoͤret niemand als ihre Ey - ferſucht / und einen Roͤmer / Manius genannt / der ihr vorſtellet / man muͤſſe wieder Krieg haben / um Antonium aus Cleopatrens Armen zu reiſſen / und zuruͤck nach Jtalien zu bringen. Lucius ma - chet Cæſarn verdaͤchtig / als ſuche er Antonium loß zu werden / und die Regierung an ſich alleine zu reiſſen p. 109. die Officirer ſuchen dieſe Beſchuldi - gungen in der Guͤte zu ſchlichten. Es wird eine Conferentz angeſtellet / und Richter erwehlet / zwi - ſchen Cæſarn und Lucius den Ausſpruch zu thun. Beyde haben Reuterey auf den Weg commandi - ret / wo der andere herkommen ſoll: dieſe Trouppen gerathen an einander / und werden etliche von Luci - us Reuterey getoͤdtet: dahero Lucius zuruͤck blei - bet; Cæſar aber ſchon zugegen iſt / und die erwehl - ten Schiedsleute um den Ausſpruch bittet / welche Lucium verdammen / und Cæſarn losſprechen.

Das 37. Cap. Fagius, des Cæſars Lieutenant in Africa / wird von des Antonii Lieutenant Sextio, dem Fulvia und Lucius von ihrem Streit mit Cæſarn zugeſchrieben / geſchlagen / alſo daß er ſich ſelbſten toͤdtet; Sextius aber ſeine Voͤlcker zu ſich nim̃t / wie auch das Gouvernement von beyden Lybien p. 113. Es geraͤth zwiſchen Lucius und -259des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. Cæſarn zum oͤffentlichen Kriege. Cæſar begiebt ſich von Rom / laͤßt daſelbſt Lepido das Regiment / und ſchicket Fulvien ihre Tochter Clodia, die ſie aus der erſten Ehe hatte / und mit der ſich Cæſar verlo - bet / wieder zuruͤck. Fulvia durch dieſen Schimpf noch mehr geruͤhret / gehet ſelbſt mit Harniſch und Schwerdt gewaffnet zu Felde p. 115. Lucius er - klaͤret ſich wider das Triumvirat, und kom̃t mit vie - len Legionen nach Rom: Lepidus will ihn nicht er - warten / ſondern retiriret ſich zu Cæſarn. Barbatus, des Antonii Rentmeiſter / koͤm̃t nach Rom / und auf Befragung / was ſein Herr / Antonius, von dieſen Aufflehnungen wider Cæſarn hielt / ſagt er; daß ſolcher dergleichen Unterfangen gar nicht billi - ge / daß man mit Cæſarn uͤber Sachen zancken wol - le / dadurch er die Autoritaͤt des Triumvirats be - hauptete. Dieſer Diſcurs machet viele Gemuͤther von Lucius abwendig / hingegen verſtaͤrcket dadurch Cæſar ſeine partie.

Das 38. Cap. Die Armeen beyder Partien und ihre Generalen werden beſchrieben. Agrippa und Salvidienus ſtehen auf Cæſars Seiten; Pollion und Ventidius, auch zwey wohlerfahrne Krieges - Obriſten / und Pollion zugleich ein guter Orator, halten es mit Lucius p. 116 dieſer vier Roͤmer ſon - derbare Verdienſte / und wie ſelbige biß zu den hoͤch - ſten Krieges-Chargen gelanget p. 117. 118. Eine Le - gion von Cæſarn erbeuthet der Fulvia, des Anto - nii Gemahlin / ihre gantze équipage. Cæſar ſchlaͤgt Ventidium, wie auch kurtz darauf Pollion, und be - laͤgert Peruſa.

Das 39. Cap. Cæſar will keinen Sturm verſu -chen260Hiſtoria vom Triumviratchen / ſondern ſeine Armee ſchonen / und die Bela - gerten mit Hunger zwingen p. 120. koͤm̃t bey einem Ausfall in groſſe Lebens-Gefahr / da er gleich opffert pag. 121. viele ſterben in Peruſa aus Hungersnoth. Die Soldaten bitten Lucium, daß er ihnen einen General-Ausfall verſtatten moͤchte / weil ſie lieber mit dem Degen in der Fauſt fallen / als von Hunger erleget werden wolten. Lucius bewilliget es. Sie brechen alſo bey angehendem Tage hervor / und at - taquiren Cæſars Linien. Fechten mit erſtaunender Tapfferkeit; allein / weil Cæſar immer mit friſchen Regimentern die Seinigen ſecundiret / laͤſſet end - lich Lucius zum Abzuge blaſen.

Das 40. Cap. Lucius faſſet den Entſchluß mit Cæſarn zu tractiren; beredet ſich daruͤber mit ſei - nen Officirern / und ſchicket endlich Deputirte an Cæſarn, denen dieſer zur Antwort giebet: daß er allen denen gerne pardon ertheilen wolle / die unter Antonio ſonſt gedienet; aber die uͤbrigen muͤſten ſich auf Diſcretion ergeben. Viele Feinde des Cæſars mercken / wann dieſes geſchehen ſolte / daß ſie mit dem Leben bezahlen muͤſten / bemuͤhen ſich al - ſo ſehr / Lucium dahin zu bringen / dieſes nicht einzu - gehen. Lucius machet ſich ſelbſt ohne eintzige vor - her erhaltene Verſicherung von Cæſarn zu ihm ins Lager hinaus. Cæſar, da er ſolches gewahr wird / be - giebt ſich zu ihm / und nach erſt gewechſelter Hoͤflich - keit redet ihn Lucius an.

Das 41. Cap. Jn ſeiner Rede ſuchet Lucius nur Pardon vor alle die / ſo unter ihm gefochten; und of - feriret ſeine Perſon / daß Cæſar gegen ihm alle Ra - che ausſchuͤtten / und nur ſeiner Soldaten verſchonenmoͤch -261des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. moͤchte. Saget Cæſarn die Warheit reine unter die Augen. Dieſer antwortet mit gleicher Großmuͤ - thigkeit; und geſtehet / daß Lucius Entſchluß / ſich ihm ſo behertzt zu lieffern / ihn noͤthige / die Freyheit zu laſſen / ſelbſt Tractaten aufzuſetzen / die er ſonſt als Uberwinder ihm vorzuſchreiben das Recht haͤtte.

Das 42. Cap. Die Beſatzung ziehet aus. - ſar opffert / und ziehet mit einem Lorber-Krantz ge - kroͤnet nebſt ſeiner Armee in Peruſa. Die Belager - ten muͤſſen alle die Waffen von ſich legen. Er ver - weiſet denen alten Legionen / ſo wider ihn gefochten / mit erſchrecklichen Drohungen ihre Undanckbarkeit. Seine Soldaten bitten vor ſie auf das wehmuͤthig - ſte. Cæſar pardon niret ſie / woruͤber eine allgemei - ne Freude und Lobſprechen entſtehet. Er laͤſſet drey - hundert / daraus der Rath zu Peruſa beſtehet / auſſer den eintzigen Lucium Æmilium, gleich an dem Ta - ge ſchlachten / da ſein Vater Julius Cæſar ermordet worden. Macedonicus ein vornehmer Buͤrger leget Feuer an / und brennet die gantze Stadt biß auf des Vulcanus Tempel ab. Fulvia. ſo ihr Vorha - ben ſo ſchlecht ausgeſchlagen ſiehet / fliehet in Mace. donien p. 136. daſelbſt nim̃t ſich Tiberius ihrer an / und ſam̃let neues Volck. Cæſar begiebt ſich ſo fort dahin / ſchlaͤget ihn / und er entkoͤmt mit Muͤhe nach Sicilien: Seine Gemahlin Livia folget ihm nach / die hernach / als ſie wieder nach Rom durch die mit Pompejo gemachten Tractaten nebſt Tiberio zu - ruͤck koͤm̃t / Cæſar Octavius ſein Hertz durch ihre Schoͤnheit gewinnet / und er ſich mit ihr vermaͤhlet. Cæſar koͤm̃t in Rom triumphirend zuruͤck.

Das 43. Cap. Antonius ergoͤtzet ſich immittelſtmit262Hiſtoria vom Triumviratmit Cleopatren in Alexandria p. 137. beyder grau - ſame Verſchwendungen in Pancketen. Cleopatra verſchlucket eine in Eßig zerlaſſene Perl / die ſie aus den Ohren reiſſet / welche ſechs hundert fuͤnff und zwantzig tauſend Pfund werth. Will die andere auch in Eßig werffen und ſie verſchlingen / um eine mit Antonius angeſtellte Wette zu gewinnen. Plancus reiſſet ſie ihr aus der Hand / ſagt / daß Antonius ver - ſpielet / und dieſe erhaltene Perl koͤmt hernach an Cæſarn, der ſie der Venus weyhet p. 140. Sie la - det den Antonium auf eine Fiſcherey / wo ſie ihn durch Taucher laͤſſet Fiſche an ſeinen Angel hefften. Er hat uͤber deren Fang groſſe Freude. Endlich laͤßt ſie ihm einen todten geſaltzenen Fiſch dran haͤngen. Er mercket alſo den Betrug / und die Koͤnigin ſagt zu ihm ſchertzend: Laſſet / gnaͤdiger Herꝛ / uns Egyptiern die Arbeit zu fiſchen: euer Hand - werck iſt / Staͤdte / Provintzen und Koͤnigrei - che zu fangen.

Das 44. Cap. Antonius empfaͤnget Zeitung / daß Cæſar ſeinen Bruder uͤberwunden; reſolviret ihn zu bekriegen / verbindet ſich mit Pompejo. - ſar vermaͤhlet ſich mit Scribonien. Fulvia ſtirbet. Antonius bemaͤchtiget ſich des Domitius Flotte / die ſich ihm ergiebet / und darauf er die Seegel nach Brundus wendet.

Das 45. Cap. Antonius belagert Brundus. Die alten Legionen dringen darauf / daß ſich Cæſar und Antonius vergleichen ſoll. Coccejus wird zum Unterhaͤndler gebraucht. Darauf auch Pollion von Seiten des Antonius, und Mecœnas von Seiten Cæſars dazu benennet. Antonius vermaͤhlet ſichmit263des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. mit Octavien, Cæſars Schweſter / und Marcellus Wittwe. Und beſpricht ſich mit Cæſarn im Geſich - te beyder Armeen gantz freundlich. Sie theilen dar - auf die Provintzen vom neuen unter ſich. Gehen bey - de nach Rom; allwo die Vermaͤhlung zwiſchen An - tonio, und Cæſars Schweſter / der Octavia, voll - zogen wird. Salvidienus wird zum Tode verurthei - let / und Cæſars Rache aufgeopffert.

Das 46. Cap. Rom leidet groſſe Hungersnoth / weil Pompejus kein Korn will hinein laſſen. Das Volck erreget wider Cæſarn und Antonium einen Aufſtand. Sie werffen beyde mit Steinen. Die Soldaten ſtillen den Tumult durch Erſchlagung vieler aus dem Volcke. Antonius und Cæſar ma - chen mit Pompejo Friede. Kommen auf das Capi - tal-Schiff des Pompeji, wo Menas Pompejo ra - thet / beyde ermorden zu laſſen / und alſo ſich der Herꝛſchafft der Welt zu verſichern: Pompejus aber antwortet großmuͤthig: Menas kan wohl treuloß werden / aber Pompejus nicht.

Das 47. Cap. Die Freude des Roͤmiſchen Volcks uͤber dieſen Friede. Pompejus kehret in Sicilien zuruͤck: Antonius und Cæſar nach Rom. Alle in die Acht erklaͤrete und fluͤchtige / weil ſie Pom - pejus mit in die Tractaten geſchloſſen / kommen wie - der in Rom. Cæſar gehet in Gallien / um daſelbſt ei - nen Aufſtand zu daͤmpffen. Antonius nimt den Krieg wider die Parthen vor. Gehet mit Octavien nach Athen / und bringet den Winter in eitel Ergoͤtz - lichkeiten zu: Er vergnuͤget ſich an Octaviens Schoͤnheit und Tugenden mehr als an Cleopa - tren ſelbſt.

Das264Hiſtoria vom Triumvirat

Das 48. Cap. Neue Mißhelligkeit zwiſchen - ſarn und Pompejus wegen Pelopones. Cæſar, von Liviens Schoͤnheit beſtricket uͤberredet ihren Gemahl Tiberius, daß er ſie ihm abtritt / und ver - maͤhlet ſich mit ihr / da ſie doch ſchwanger iſt p. 161. ſchlaͤget mit des Pompejus Schiffs-Flotte / koͤmmt dreymahl in große Gefahr.

Das 49. Cap. Cæſars Flotte leidet Schiff - bruch. Antonius langet zu Brandus an / Pom - pejus verfolget ſeinen Sieg nicht aus Nachlaͤßig - keit. Cæſar haͤlt bey Antonio um Succurs an. Livien, Cæſars Gemahlin / laͤſt ein Adler aus der Lufft ein Junges / ſo von glaͤntzender Weiſſe iſt / und ein Lorber-Reiß in Schnabel hat / in ihren Schoß fallen. Sie laͤſt mit großen Freuden das Junge auf - ziehen / pflantzet das Lorber-Reiß / welches ſo wohl bekleibet / daß davon endlich ein gantzer Lorber - Wald wird / und man allemahl daraus die Zweige zum Kronen der Sieger hernach abbricht p. 169. dieſer Lorber-Wald verdorret auf einmahl bey Re - gierung Kaͤyfer Neronis, mit den ſich auch der Stamm der Cæſar endet. Octavie vertraͤget Antonium und Cæſarn wieder mit einander / nachdem ſie ihres Bruders / des Cæſars beyde Mi - niſtros, Agrippam und Mecœnatem, auf ihre Seite bekommen.

Das 50. Cap. Cæſar bringet eine maͤchtige Schiffs-Flotte wieder zuſammen / und ernennet A - grippam zum Admiral, leidet abermahls Schiff - bruch / und muß ſich auff das Land retiriren / wo er aus Verdruß ſaget: Er wolle Neptuno zum Trutz dennoch den Sieg erhalten; laͤſſet auchher -265des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. hernach aus Haß wider ihn deſſen Bildniß aus der Zahl der Goͤtter nehmen.

Das 51. Cap. Agrippa belagert Hiéra und be - kom̃t es ein p. 179. ſchlaͤget zur See mit Pompejo, und nim̃t ihm viel Schiffe weg. Cæſar gehet vor Taormina; Pompejus will den Ort zu Waſſer und zu Lande entſetzen. Koͤmmt mit einer ſchoͤnen Flotte an / wie auch einer ſtarcken Armee zu Lande; kan Cæſarn ſchlagen biß aufs Haupt. Es fehlet ihm aber an der Reſolution, ihn anzugreiffen. Endlich trifft er doch auff Cæſars Flotte / die er faſt gantz ruiniret. Cæſar kom̃t mit einem eintzigen Sclaven auf einen kleinen Nachen davon.

Das 52. Cap. Cæſar ſam̃let alle ſeine Voͤlcker zuſammen / laͤſſet auch Agrippam und Meſſalam naͤher ruͤcken / und will noch einſt Pompejum mit ge - ſamter Macht angreiffen. Ziehet ein und zwantzig Legionen / zwantzig tauſend Reuter / und fuͤnf tau - ſend leichte Jnfanterie zuſammen. Pompejus will ſich in keine Schlacht zu Lande einlaſſen / alſo koͤm̃t es auf ein Seetreffen an / iede Partie hat vier hun - dert Schiffe. Die Schlacht gehet an / und nach lange zweiffelhafften Siege erhaͤlt endlich doch die Tapferkeit und Vorſicht des Agrippa Cæſarn den Sieg. Cæſar ſelbſt / als es angehen ſoll / ſchlaͤfft ſo feſt / daß man ihn aufwecken muß / um das Zeichen zum Treffen zu geben. Pompejus wird ſo gar geſchlagen / daß von ſeiner gantzen Flotte er nicht mehr als ſiebenzehn Schiffe zuruͤck bringet / womit er nach Meſſina fliehet. Pompejus fliehet nach Antonio, um ſich in deſſen Protection zu geben.

Das 53. Cap. Lepidus nim̃t mit vierzehn Le -Mart. 1696 Tgionen266Hiſtoria vom Triumviratgionen Meſſina weg / zerfaͤllt deswegen mit - ſarn, ſeine Soldaten gehen zu Cæſarn uͤber. Le - pidus ſich von ihnen verlaſſen ſehend leget die Trauer an / und wirfft ſich zu Cæſars Fuͤſſen. - ſar pardonniret ihn; und Lepidus laͤſt die Wuͤr - de des Triumvirs fahren. Cæſars Soldaten werden aufſtuͤtzig / und verlangen ihre Erlaſſung / weil ſie des Krieges muͤde. Er erhaͤlt ſie theils durch Drohungen / theils durch bitten / und laͤſt unter ſie viel Geld austheilen. Seine Triumphirende An - kunfft in Rom. Er gewinnet die Gemuͤther des Raths und gantzen Volcks durch ſeine Freygebig - keit / moderation / und Guͤte. Laͤſſet alle Schriff - ten des Pompeji, ohne ſie geleſen zu haben / oͤffent - lich verbrennen / um allen Streit und Mißtrauen aufzuheben / wird von dem Rath zum Tribuno per - potuo erwehlet.

Das 54. Cap. Pompejus ſam̃let in Aſien neue Krieges-Voͤlcker / ſchlieſſet mit etlichen Koͤnigen Al - liantzen / ſchicket zu Antonio Deputirten / um ihn ſicher zu machen / der aber nicht trauet. Pompe - jus nimt Lampſacum ein p. 197. wie auch Nicéa und Nicomedien; es gehen von ihm viele vornehme Roͤmer zu Antonio uͤber. Pompejus wird genoͤ - thiget / ſich dem Amintas auf diſeretion zu ergeben / welcher ihm des Antonius Lieutenant, Titio, uͤberliefert; der ihn nach Milet ſchicket / und daſelbſt ſterben laͤſt.

Das 55. Cap. Antonius, der in Cleopatren verliebet / ſchencket derſelben eine Roͤmiſche Pro - vintz nach der andern / wodurch Cæſar Anlaß nim̃t / wider dieſen ſeinen Schwager den Krieg vom neuenanzu -267des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. anzuheben p. 100. Antonius thut einen maͤchtigen Zug wider die Parthen. Wird biß aufs Haupt geſchlagen / und koͤm̃t mit genauer Noth durch die Flucht noch in Armenien. Dieſer ungluͤckliche Streich ruiniret ſeinen ſonſt ſo hochgebrachten Ruhm. Gleichwohl fuͤhret Antonius den Arme - niſchen Koͤnig im Triumph nach Alexandria ein / welches die Roͤmer vollends auf ihn erbittert macht / daß er die Ehre des Triumphs in einer andern Stadt als Rom verſchwendet. Cæſar bedient ſich dieſer Ausſchweifungen zu ſeinem Vortheil / und um deſto mehr Urſache zu haben ihm den Krieg an - zukuͤndigen / ſchicket er ihm ſeine Gemahlin Octa - vie, (als Cæſars Schweſter) in der Abſicht / wann ſie Antonius ohngeſehen zuruͤck ſendete / er dieſen Schimpf deſto hoͤher zu ahnden Urſache haͤtte. Ni - ger koͤm̃t gleich zu Antonio, und ſaget es ihm / daß ſeine Gemahlin Octavia bald wuͤrde bey ihm ſeyn / als eben Cleopatra ſich bey ihm befindet. Dieſe / welcher Octaviens Ankunfft gar nicht gelegen / ſtel - let ſich hoͤchſt melancholiſch / ſeutzet offt gegen An - tonium ſehr verliebt / und hat die Augen mit Thraͤ - nen gefuͤllet; enthaͤlt ſich der Speiſe / und ſuchet tau - ſend andere Mittel / Antonium dahin zu bringen / daß er Octavien wieder nach Rom heiſſet zuruͤck kehren. Antonius laͤſſet ſich auch bethoͤren / ihr dergleichen Befehl zu zuſchicken; ſtellet den Krieg wider die Parthen ein / ohnerachtet ſich der Koͤnig in Meden mit ihm verbinden und eine große Armee zu - fuͤhren will / und fuͤhret Cleopatren nach Alexan - drien zuruͤck / allwo er den gantzen Winter uͤber in eitel Wolluͤſten zubringet.

T 2Das268Hiſtoria von dem Triumvirat

Das 56. Cap. Cæſar will nach Octaviens Zu - ruͤckkunfft / daß ſie aus Antonius Pallaſt ziehen ſoll. Octavie, ob ſie ſchon ſonſt groſſen reſpect vor ihrem Bruder hat / ſchlaͤget doch dieſes ab; und bittet ſelbigen: ſie nicht zu noͤthigen / das Hauß eines Menſchen zu verlaſſen / den ſie doch ohn - erachtet ſeiner Untreue allezeit als ihren Mann ehren wuͤrde: ſondern vielmehr alles dasjenige zu vergeſſen / was er ihr vor Verdruß mache - te / weil ſolches doch ihr allein angienge / und nicht meriti rete / daß die Liebe einer Frauen und die Eyferſucht einer andern zwey Leute / die die Herꝛſchafft der Welt unter ſich theile - ten / ſolte zu einem Friedens-Bruch und zu Erweckungen neuer buͤrgerlichen Kriege ver - anlaſſet haben. Doch Cæſar laͤßt ſich dieſes alles nicht abhalten / Antonium oͤffentlich beym Rath anzuklagen. Antonius laͤßt immittelſt zu Alexan - dria einen Thron von Silber auf dem Platz der oͤf - fentlichen Luſt-Spiele bauen; darauf zwey gantz guͤldene Stuͤhle / einen vor ſich / und den andern vor Cleopatren ſetzen. Daſelbſt ernennet er Cleopa - tren in Beyſeyn des gantzen Volcks / Koͤnigin von Egypten / Cypern / Lydien / und Nieder-Syrien / ge - ſellet ihr auch den jungen Cæſareon, den ſie mit Ju - lio Cæſare gezeuget / zu. Denen beyden Herꝛlein a - ber / die Cleopatra von ihm ſelbſten gebohren / gibt er den Titul; Koͤnige der Koͤnige; und eignet Ale - xandro als dem aͤlteſten Armenien / Medien / und das Reich der Parthen zu / welches letztere er ver - ſpricht auf das eheſte einzunehmen. Ptolomæus, als der juͤngere ſoll Phoͤnicien / Ober-Syrien und Cili -cien269des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. cien haben pag. 206. Man gibt darauf jeden dieſer Printzen ihre Leibwacht; dem aͤlteſten Armenier / welcher auch im Mediſchen Habit ſich auffuͤhret; und dem juͤngſten Macedonier / der nach Griechi - ſcher Art gekleidet / mit einem koͤniglichen Mantel und einem koͤſtlichen Diadem auf dem Haͤupte ſtu - tzet; Cleopatra kleidet ſich als die Goͤttin Iſis; und alle ihre Edicte nim̃t darauf das Volck als Oracul von der neuen Iſis an p. 207. Als Antonius erfaͤh - ret / wie ihn Cæſar beym Rath angeklaget / ſchicket er welche nach Rom ab / ihn zu defendiren / und ſich von ſeinetwegen uͤber Cæſarn zu beſchweren. Cæſar verantwortet ſich / und laͤßt Antonius Deputirte zimlich ſpitzig ablauffen. Antonius, den ſolcher Hohn verdrieſſet / daß er ſo fort ſeinen Feld-Marſchall Canidius mit ſechzehn Legionen nach dem Meere zu marchiren laͤßt / um von dar in Europa zu paſſiren. Er und Cleopatra begeben ſich nach Epheſo, wo ſeine Lieutenante acht hundert Schiffe zuſammen gebracht: Cleopatra gibt noch zwey hundert dazu / nebſt zwantzig tauſend Talent am Baarſchafft und Proviant vor die gantze Armee p. 208. Domitius rathet Antonio, Cleopatren wieder in Egypten zu - ruͤck zu ſchicken / um den Ausgang dieſes Krieges zu erwarten: Er will es auch thun: allein Cleopatra / die beſorget / Octavie moͤchte ſich dieſer Gelegenheit zu Nutze machen / und wieder bey Friedens-Schluſ - ſe zu dieſem ihren Gemahle kommen / gewinnet Ca - nidium durch groſſe Geſchencke / daß er Antonio vorſtellen muß: Es waͤre nicht billig / eine Princeßin ſo ſchimpfflich fortzujagen / die faſt alleine die gan - tzen Unkoſten des Krieges ertruͤge: und muͤſte manT 3be -270Hiſtoria vom Triumviratbefuͤrchten / daß durch ihre Zuruͤckweiſung der Egy - ptiſche Succurs von ihnen gleichfalls abtraͤt / worin - nen doch das beſte Theil der Flotte beſtuͤnde. Sie wiche keinem Koͤnige unter allen Alliirten an Klug - heit und Anfuͤhrung wichtiger affairen: welches man an ihrer bißherigen Regierung wahrgenom̃en: wie dann ihre conduite durch das bißherige Umge - hen mit Antonio noch herꝛlicher worden.

Dieſen Rath nim̃t Antonius zu ſeinem Ungluͤck an; die Koͤnigin bleibet / und ſie begeben ſich nach Sa - mos. Daſelbſt muͤſſen alle Koͤnige von Egypten biß an das Euxiniſche Meer / und von Armenien biß an Dalmatien / Volck / Waffen / und Proviant nach Sa - mos ſchicken. Es werden aber auch alle Comoͤdian - ten / Taͤntzer / Muſici und Gauckler in dieſe Jnſul ver - ſchrieben. Und immittelſt / daß die Weltfaſt gantz verwuͤſtet / und von Erwartung neuer Krieges-Stuͤr - me zittert / ſcheinet es / daß alle Luſt und Ergoͤtzung ſich in Samosretiriret Antonius laͤßt unter allen die - ſen Froͤligkeiten einen heimlichen Kummer ſpuͤren; ſo aus Mißtrauen entſtehet pag. 209. Cleopatra mercket ſolches: Sie verbirgt ihren Verdacht / pro - pomret aber bey einem groſſen Panqvet / daß ſie al - le die Blumen-Kraͤntze / ſo nach damahliger Gewon - heit die Gaͤſte auf den Haͤuptern trugen / in Wein tauchen / und davon trincken wolten. Antonius be - williget es aus Gefaͤlligkeit; und faͤnget aus Ga - lanterie von demjenigen an / die Cleopatra auf dem Kopffe traͤget / zu pfluͤcken / und ſie in ſein Glaß zu werffen. Sie nim̃t den gantzen Krantz herunter / er wird zerſchnitten / und in eine guͤldene Schaale voll Wein geworffen: Weil aber die Spitzen der Blu -men271des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. men alle vergifftet / wie Cleopatra ſolches beſtellet gehabt / ſo ziehet ſie gleich / als Antonius die Schaa - le an die Lippen ſetzet / ihn zuruͤck / und haͤlt ihn ab / ſagend: Herꝛ / lerne Cleopatren beſſer kennen / und ſchlieſſe aus dieſem Exempel / daß alle deine Vorſicht dir zu nichts dienen wuͤrde / wann nicht ihr Hertz zu deiner Erhaltung wachete. Man laͤßt darauf einen Verbrecher / der auf den Halß ſitzet / kommen / der die Schaale austrincken muß / und ſo fort todt zur Er - den niederſincket. Antonius wird durch dieſe Pro - be dazu gebracht ſeinen Kummer zu legen / und Cleo - patren wieder zu trauen: und faͤhret man in Opffe - rung und Feſtinen weiter fort.

Das 57. Cap. Dieſer wolluͤſtige Zeit-Vertreib des Antonius koͤm̃t Cæſarn uͤber die maſſen zu ſtat - ten / als der noch gar nichts faſt fertig hat / einen ſo groſſen Krieg recht anzuheben. Cleopatra gehet mit Antonio nach Athen. Die Athenienſer thun ihr da - ſelbſt faſt goͤttliche Ehre an. Antonius, ſo ein Athe - nienſiſcher Buͤrger zugleich mit iſt / haͤlt gegen die Koͤnigin in Begleitung der vornehmſten Buͤrger ei - ne zierliche Rede / und bringet ihr das Decret, daß man ſie hinfort in Athen als Goͤttin verehren wuͤr - de. Antonius ſchicket ſeiner Gemahlin der tugend - hafften Octavia Ordre nach Rom zu / ſich aus ſei - nem Hauſe zu machen. Sie gehorſamet ohne Mur - ren: viele von des Antonius, Freunden treten we - gen ſeiner unordentlichen conduite von ihm ab. Calviſius Sabinus klaget Antonium oͤffentlich in Rom an / daß er Cleopatren der Koͤnige zu Pergamo beruͤhmte Bibliothec / die in zweymahl hundert tau - ſend Voluminibus beſtanden / geſchencket haͤtte;T 4dnu272Hiſtoria vom Triumviratund andere Puncten mehr p. 213. Antonius Freun - de ſchicken Geminium zu ihm nach Athen / um zu verſuchen / ob ſie ihn von Cleopatren ab-und zu beſſeꝛn Gedancken bringen koͤnnen. Cleopatra thut dieſen Deputirten allen Verdruß und Beſchimpfung an. Antonius fraget ihn auf ihr Anſtifften mitten bey einem großen Pancket: was die Urſache ſeiner Rei - ſe waͤre? Geminius antwortet: Sachen von ſolcher Wichtigkeit lieſſen ſich nicht wohl tra - cti ren / wenn man das Weinglas in der Hand hielt. Man muͤſſe nuͤchtern ſeyn / um ſie zu unterſuchen. Doch dieſes ſaͤhe er wohl / daß vor oder nach dem Rauſche alles wuͤrde beſſer von ſtatten gehen / wenn man Cleopatren nach Egypten zuruͤck ſendete. Dieſer Discurs beunruhiget Antonium; und Cleopatra ſaget zu Geminius! du thuſt klug / daß du die Warheit ſa - geſt / ehe daß man durch Marter ſie aus dir bringen muß. Geminius will den Nachdruck dieſer Dro - hungen nicht erwarten / ſondern machet ſich fort / und nim̃t unterſchiedene Roͤmer mit ſich / welche Cleo - patrens Hochmuth nicht mehr vertragen koͤnnen; unter andern ſeynd auch Sillanus und der beruͤhmte Dellius dabey; welcher bey einem Pancket der Cleo - patra / wo ihm der Wein nicht recht angeſtanden / ge - ſaget: Man gaͤbe ihnen Weineßig zu trincken / indeß daß Sarmentus in Rom den beſten Faler - ner zu ſauffen haͤtte: (Sarmentus aber ware ein Stuͤck vom Stock-Narren bey Cæſarn.) Wie a - ber gewiſſe Augenblicke bey allen Hoͤfen ſind / wor - innen man uͤber alles / was geredet wird / ſonderliche Auslegungen machet / ſo nim̃t dieſen Schertz Cleo -patra273des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. patra ſo hoch auf / daß ſie Ordre giebet / Dellium zu ermorden. Er bekommt aber Wind davon / ge - het alſo zu Cæſarn uͤber / damit er mit Recht den Nahmen eines Voltiſirers verdienet / wodurch ihn Meſſala hernach ſein hin und Wiederſpringen vor - ruͤcken will p. 215.

Das 58. Cap. Cæſar, nachdem er ſeine Krieges - Macht beyſam̃en / laͤſſet Cleopatren oͤffentlich Krieg ankuͤndigen: und Antonii Autoritaͤt caſſiren; in dem Decret, ſo deswegen gemacht / ſtehet unter an - dern die Urſach mit / weil er von den Zaubertraͤncken Cleopatrens aller Vernunfft beraubet nicht mehr ſeines Willens Meiſter waͤre p. 215. Man mercket viele Zeichen / ſo Antonius Untergang verkuͤndigen p. 216. Antonius hat eine Armee von hundert tau - ſend zu Fuſſe und zwoͤlff tauſend Pferden. Zu Waſſer hat er eine Flotte von fuͤnffhuͤndert Krieges - Schiffen. Cæſars Armee beſtehet aus achzig tau - ſend Mann Jnfanterie / und auch zwoͤlff tauſend Pferden. Seine Flotte beſtehet in zweyhundert und funffzig Schiffen: die aber beſſer mit Boots - Leuten und Ruder-Burſchen verſehen als Antonii ſeine. Antonius und Cæſar ſchreiben einander ſehr piquante Briefe / ſo gar / daß ſie auch alle Buh - lereyen und andere Fehler einander vorwerffen. Endlich laͤſt ihm Cæſar wiſſen / er ſolle nur mit dem Degen / und nicht mehr mit der Feder fechten / man wolle ihm und ſeiner gantzen Armee eine ungehinder - te deſcente in Jtalien geben. Domitius gehet zu Cæſarn uͤber. Antonius, der ſeiner angebohrnen Großmuͤthigkeit folget / ſchicket ihm alle ſeine Equi - page und Leute / die er zuruͤck gelaſſen / nach: welchesT 5dem274Hiſtoria vom Triumviratdem Domitio ſo nah gehet / daß er ſeine Untreue durch des Antonii Wohlthaten muß gerochen ſe - hen / daß er wenig Tage darauf ſtirbet p. 219. die beyden Feindlichen Flotten kommen einander ins Geſichte. Canidius widerraͤth Antonio, zu Waſſer zu ſchlagen; vorſtellend / Cæſars Soldat - ten haͤtten durch den Krieg mit Pompejo eine zu große Experienz zur See erlanget: warum man wolte einen ſonſt gewiſſen Sieg dem Willen des Meeres und der Winde vertrauen: zu Lande waͤre ſchon bekandt / daß Antonius allezeit geſieget / und ſeine Soldaten / die in ſo vielen Recontren ihre Tapferkeit erwieſen / wuͤrden auch dißmahl / wann er ſich nur mit der Armee in Macedonien ſetzen und dazu durch den Koͤnig der Geten verſtaͤrcken wolle / ihm einen neuen Triumph erwerben. Antonius will dieſem Rathe folgen; allein Cleopatra kehret alles um / und es ſoll bey einer See-Schlacht blei - ben. Antonius geraͤth in Gefahr / von Cæſars Soldaten / die auf ihn in einen Buſche paſſen / ge - fangen zu werden p. 220.

Das 59. Cap. Antonius laͤſt zwanzig tauſend Mann ſeiner Jnfanterie und zehntauſend Bogen - ſchuͤtzen auf die Schiffe ſteigen / und rangiret die Flotte in Schlacht-Ordnung. Ein alter Officirer raͤth ihm nochmahls / er ſolle doch nicht ſeine Hoff - nung auf ſo zerbrechlich Holtz und auf Waſſer bau - en / ſondern die Egyptiſchen und Phœniciſchen Soldaten laſſen zur See fechten / ſie aber ans Land ſetzen / wo ſie gewohnet den Todt auf feſten Fuſſe zuerwarten / oder ihren Feinden zu geben p. 221. Er antwortet aber nichts darauf: die Flotten ruͤckenmit275des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. mit guter Ordnung gegen einander / und auf dem Lande ſtehen bey die zweymahl hundert tauſend Mann in Waffen: p. 221. Cæſar zweifelt faſt nicht mehr an dem Siege wegen einer gluͤcklichen Vorbe - deutung oder Zeichens / ſo er gehabt / als er bey an - brechendem Tage aus ſeinem Gezelt ſich nach der Flotte begeben will. Er trifft einen Bauer an / ſo einen Eſel vor ſich hertreibet; fraget den Bauer ohngefehr / wie er hieſſe; der dann antwortet: Jch heiſſe Eutichus, gnaͤdiger Herr / und mein Eſel Nicon. Davon das eine Wort im Griegiſchen ſo viel als gluͤckſeelig / und das andere Uberwin - der / bedeutet. Dieſe Begebenheit laͤſſet er durch die gantze Armee kund machen; und als er auch nach der Zeit ein monument wegen des erhaltenen Sie - ges aufrichten laͤſſet / wird auff ſeinen Befehl der Bauer mit dem Eſel in einem ertzenen Bilde zugleich mit vorgeſtellet p. 222. Die See-Schlacht geht an: Es wird mit gleichem Gluͤck gefochten; und Anto - nius hat Urſach / den Sieg ſo wohl als. Cæſar zu hoffen. Cleopatra verdirbet das gantze Spiel; ſie gehet aus Furcht mit ſechzig Schiffen durch / und mit vollen Seegeln nach Pelopennes zu. Anto - nius: der ſonſt allezeit unerſchrocken / auch anitzo vor der ſeinigen Tapferkeit ſich alles guten annoch zu verſehen / eilet / ohne vor ſein Leben und gantzes Gluͤck ferner zu ſorgen / mit einer eintzigen Galleen dieſer Frauen nach: Sie kennet das Zeichen / als ſol - che naͤhert / und laͤſt die Haupt-Flache von dem Schiffe / worauf ſie ſich befindet / wehen. Er naͤ - hertſich / ſteiget in das Schiff / ohne die Koͤnigin zu ſehen / oder ein Wort zu reden / ſondern verbleibet aufdem276Hiſtoria vom Triumviratden Vordertheile in tieffen Gedancken und mit un - tergeſtuͤtztem Haupte ſitzen. Sein Volck / ob es ſchon weiß / daß es von ihm verlaſſen / ſicht gleichwohl mit unglaublichen Heldenmuthe fort. Cæſar ſu - chet allen Fleiß hervor / ſo tapferer Soldaten Blut zu erſpahren / laͤſſet daher Antonii Flucht uͤberall kund machen / und denen Fechtenden zuruffen; war - um ſie noch ſtritten: ertheilet einen General-Par - don / und gewinnet endlich durch ſeine Guͤte ſo wohl / als durch die Tapferkeit des Agrippa die Schlacht. Die neunzehn Legionen ſamt zwoͤlff tauſend Pfer - den / welche Antonius noch zu Lande ſtehen hat / er - weiſen nichts minder ihre Treue gegen dieſem ihren General / indem ſie gantzer ſieben Tage auf ſeine Zuruͤckkunfft warten / in Hoffnung / Anton ſoll noch einmahl mit Cæſarn anſetzen / weil die Armee ſtarck genug / ihm den orſten Sieg wieder abzuneh - men. Nachdem aber ihr Warten vergebens / ihr Feldherr Canidius auch von ihnen gegangen / wie auch andere ihrer vornehmſten Officirer ſie verlaſ - ſen / ſo gehen ſie auff die von Cæſarn angetragene Conditionen zu denſelben uͤber.

Das 60. Cap. Antonius und Cleopatra kom - men in Peloponnes an / wo der Cleopatren Frauen - zimmer es ſo lange kartet / biß endlich Antonius wie - der mit Cleopatren ſpeiſet. Es kommen unterſchiedli - che Schiffe mit Antonii Freunden in Peloponnes an / die er mit allen ſeinen bey ſich auf ſeiner Gallee habenden Schatz beſchencken will / und ihnen rathet / auf ihre eigene Sicherheit zu dencken. Sie wollen durchaus keine Præſente annehmen / ſondern verſi - chern mit Thraͤnen / daß ſie allezeit an ſeinem Gluͤcke /wie277des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. wie auch ſelbiges fiele / wolten Theil nehmen. An - tonius weinet uͤber ihre Treue / und beklaget ſich - ber das Gluͤck / daß es nicht ihn in dem Stande ge - laſſen / ſich genugſam gegen ſie erkentlich zu erwei - ſen. Gibt ihnen aber doch an den Gouverneur von Corinth ein Schreiben mit / daß er ihnen Sicherheit verſchaffen ſoll / biß ſie bey Cæſarn ausgeſoͤhnet p. 228. ſchicket Cleopatren in Egypten / er aber gehet faſt gantz allein in Africam; irret durch Lybiens Wuͤ - ſteneyen herum von niemand als einem Griechen / Ariſtocrates, und einen Roͤmer / Lucilius genannt / vergeſelſchafftet / welche alle beyde in der Eloquenz wohl erfahren. Kehret endlich nach Alexandrien zu Cleopatren zuruͤck. Dieſe probiret allerhand Giffte an den Ubelthaͤtern / und ſpuͤret endlich / daß der Natter-Stich den geſchwindeſten und ſanffteſten Tod gaͤbe.

Das 61. Cap. Cæſar, nachdem er ein Theil des Winters in Athen / den andern in der Jnſul Samos zugebracht / gehet nach Brundus, um da die Meute - rey und den Aufſtand der Soldaten zu ſtillen / welche ihrer Gewonheit nach Recompenſe und Abſchied fordern. Nach geſtilltem Tumult gehet er nach E - gypten. Alle Koͤnige aus Aſien / welche der Roͤmer Bundesgenoſſen ſind / finden ſich bey ihm ein / ihn ih - res Gehorſams zu verſichern pag. 231. unter andern auch Koͤnig Herodes, der ſonſt Antonii partie ey - frig gehalten / koͤm̃t zu ihm biß nach Rhodus, leget ſeine Krone zu ſeinen Fuͤßen / und bietet Cæſarn ſei - ne Perſon und Voͤlcker an. Cæſar begnadiget ihn; giebt ihm ſeine Krone wieder / und nim̃t ihn unter die Zahl ſeiner Freunde auf. Antonius und Cleopa -tra278Hiſtoria vom Triumvirattra, als ſie ſich von allen ihren Alliirten verlaſſen ſehen / ſchicken an Cæſarn einen Geſandten ab / und laͤßt Cleopatra ihr Koͤnigreich vor ihre Kinder bitten / Antonius aber offeriren / daß er wolle zu Athen als ein ſchlechter Buͤrger leben / wenn ihm ja Cæſar nicht erlauben wolte / in Egypten zu bleiben. An - tonii Propoſition wird gantz und gar verworffen. Cleopatra aber zuruͤck gemeldet / man wolle ihr nichts / was billig waͤre / verſagen / ſo fern ſie Anto - nium aus ihrem Reiche jagen wuͤrde. Antonius wirfft Verdacht auf Cleopatren / daß ſie ſich zu ei - nem heimlichen Verſtaͤndniß mit Cæſarn, der noch ein junger und ſchoͤner Herꝛ / habe beſchwatzen laſſen. Cleopatra ſuchet durch Verdoppelung ihrer careſ - ſen Antonio dieſen Argwohn zu benehmen. Laͤſſet in das praͤchtige Gebaͤude / das ſie zu ihrer Begraͤb - niß an der Iſis Tempel gebauet / alle ihre Koſtbarkei - ten von Perleny Diemanten / Gold / Edelſteinen / Helffenbein / und dergleichen hineinbringen / und da - bey alle Zimmer voll Fackeln / Reißgebund und Flachs vollſtecken / dahero Cæſar, wie er es erfaͤhret in Sorgen ſtehet / ſie moͤchte aus Verzweifelung ſich mit ſamt dieſen Schaͤtzen ſelbſt verbrennen / und ihr durch vertraute Bedienten die Verſicherung giebet / daß ſie alles von der Hochachtung / die er vor ihre Perſon aufgehoben / erwarten koͤnte. Wobey er denn nicht ſaͤumet / mit der Armee naͤher zu ruͤcken / und ſchlaͤget endlich vor Alexandria ſein Lager auf.

Das 62. Cap. Antonius ziehet alles von Troup - pen zuſammen / die er noch aufbringen kan / faͤllt aus / und trifft auf Cæfars Reuterey / die er biß in ſein La - ger jaget / daß Cæſar und die gantze Armee daruͤberin279des Auguſt. Marc. Anton. und Lepidus. in Unordnung gerathen. Nach dieſem Siege koͤm̃t er wieder in Alexandria / als im Triumph zuruͤck: Laͤßt Cæſarn zu einem Zweykampff ausfodern; der aber kaltſinnig zur Antwort giebet: Antonius haͤtte genug Wege zum Tode / daß er nicht eben die - ſen ſuchen duͤrffte p. 234. Demnach entſchlieſſet Antonius, noch einmahlzu Waſſer und zu Lande den letzten Anfall zu wagen / und zu uͤberwinden / o - der zu ſterben: allein die Flotte / ſo er noch hat / ge - het zu Cæſarn uͤber / wie auch alle ſeine Reuterey zu Lande pag. 235. Antonius ruffet aus Verdruß / Cleopatra habe ihn verrathen: Cleopatra begiebt ſich mit einigen ihres Frauenzimmers in ihr Begraͤb - niß. Das Geſchrey koͤmt aus / ſie habe ſich ermordet. Antonius ſolches hoͤrend / ruffet betruͤbt: Ach Cleopatra / mein groͤßter Kummer koͤm̃t da - her nicht / daß ich von dir getrennet bin; wir wollen bald wieder zuſammen kommen: aber dieſes kraͤncket mich / daß ein Weib an Hertz - hafftigkeit zu ſterben mich uͤbertreffen ſoll / der ich ſo viel tapffere Leute commandi - ret habe. Er gibt ſich darauf ſelbſt eine toͤdt - liche Wunde in den Bauch. Laͤßt ſich / da er hoͤret / Cleopatra lebe noch / zu ihr ins Begraͤbniß tragen p. 236. die Thuͤren ſeynd verſchloſſen / ſie aber ziehet ihn mit den beyden Damen die bey ihr ſind / durch Seile zum Fenſter hinauf. Leget ihn auf ein Bette / zerreiſſet ihre Haare und Geſicht / und ſchlaͤget un - barmhertzig auf ihre Bruſt p. 237. nennet ihn ihren Herꝛn / ihren Gemahl / ihren Kaͤyſer. Antonius troͤ - ſtet ſie / und gibt ihr den Rath / durch Proculus - ſars Gnade zu ſuchen. Stirbet darauf. Cæſar, als erſei -280Hiſtoriavom Triumvirat des Aug. &c. ſeinen Tod erfaͤhret / beweinet ihn in ſeinem Gezeit. Zeiget ſeinen Freunden / um ſich zu rechtfertigen / die Brieſſe die er an Antonium geſchrieben / und worinnen er ihm raiſ. nua - ble Conditiones vorſchlaͤget; darauf aber Antonius mit nichts als Schmaͤhen und Verachtung geantwortet p. 239. Procu - lus koͤm̃t nebſt zwey andern durch das Fenſter in Cleopatrens Begraͤbniß. Cleopatra will ſich aus Verzweifelung erſiechen. Proculus faͤllt ihr in die Armen / verſichert ſie Cæſars Gnade; nim̃t ihr endlich den Dolch / und durchſuchet ihre Kleider / ob ſie etwan Gifft bey ſich habe / ſolches wegzunehmen / daß ſie ſich nicht toͤdten koͤnne.

Das 63. Cap. Cæſar haͤlt ſeinen praͤchtigen Einzug in Ale - xandria. Das Volck faͤllt ihn zum Füſſen / und bittet um Gna - de: Cæſar ertheilet ſie ihn in Betrachtung des durchlauchtig - ſten Erbauers dieſer ſchoͤnen Stadt / des groſſen Alexanders. Er beſiehet darauf dieſes Monarchen Grabmahl / und deſſen Leichnam / den er mit einer guͤldenen Krone beehret / und das Grabmahl mit Blumen befirenet. Als man ihm auch der Pto - lomaͤer Graͤber zeigen will / ſaget er: Er habe nur verlan - get einen Koͤnig zu ſehen / und nicht die Todten. Cleo - patra begraͤbet Antonii Leichnam auf das praͤchtigſte / dazu Cæſar ſelbſt allen Vorſchub thut p. 241. Antyllus, Antonii aͤlteſter Sohn von der Fulvia wird durch ſeinen Hofmeiſter verrathen / und von Soldaten getödtet. Cæſar laͤßt den Hof - meiſter wegen ſeiner Untreue aus Creutze ſchlagen. Cleopatia faͤllt in ein ſtarckes Fieber. Cæſar beſuchet ſie / ſie ſteiget aus dem Bette im Hembde / und faͤllt zu Cæſars Fuͤſſen. Er troͤſtet ſie / ſie gibt ihm ein Verzeichniß aller ihrer Schaͤtze. Er verſi - chert ſie / daß ſie ehrlich ſoll gehalten werden. Cleopatra be - koͤm̃t Erlaubniß von Cæſarn, Antonii Grabmahl zu beſu - chen. Sie beſireuet das Grab mit Blumen / ſchmuͤcket ſich auf das praͤchtigſte / und haͤlt Tafel: laͤßt ſich einen Korb mit fri - ſchen Feigen bringen / unter welchen eine Natter ſtecket / durch deren Gifft ſich Cleopatra toͤdtet. Cæſar iſt darob hoͤchſt un - muthig / daß er ſie nicht kan lebendig im Triumph nach Rom fuͤhren. Laͤßt ſie prachtig bey Antonio, wie ſie es verlanget / begraben / und kehret darauf ſiegend wiederum nach Rom.

Ende des Monats Martius.

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Des Franzoͤiſchen Heliconſ Monat-Fruͤchte / Oder getreue Uberſetzungen und Auszuͤge allerhand curioͤſer und aus - erleſener Franzoͤiſchen Schrifften / VonStaats - Welt - und Liebes-Haͤndeln / wie auch andern Moraliſchen / Geographiſchen und der - gleichen leſenswuͤrdigen Materien zu vergoͤnter Gemüths-Ergoͤtzung uͤberreichet im April, 1696. von Talandern. Verlegts Johann Ludwig Gleditſch.

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Les differens Caracteres des Femmes du Siecle: Avec la Deſcription de l’amour pro - pre. Contenant ſix Caracteres & ſix Petfections.

  • Caracteres.
  • I. les Coquettes.
  • II. les Bigottes.
  • III. les Spirituelles.
  • IV. les Economes.
  • V. les Joüeuſes.
  • VI. les Playdeuſes.
  • Perfections.
  • I. la Modeſtie.
  • II. la ieté.
  • III. la Science.
  • IV. la Regle.
  • V. l’Occupation.
  • VI. la Paix.

à Paris, 1694.

Die unterſchiedlichen Kennzeichen des Frauenvolcks dieſer Zeit. Samt Beſchreibung der Eigen-Liebe. Jn ſich haltend ſechs Kennzeichen oder Bemerckungen und ſechs Vollkommenheiten.

  • Die Bemerckungen.
  • I. die Buhlerinnen.
  • II. die Heuchlerinnen.
  • III. die Geiſtreichen.
  • IV. die Haußhaͤlterinnen.
  • V. die Spielerinnen.
  • VI. die Zaͤnckerinnen.
  • Die Vollkom̃enheiten.
  • I. die Beſcheidenheit.
  • II. die Gottesfurcht.
  • III. die Wiſſenſchafft.
  • IV. die Ordnung.
  • V. die Beſchaͤfftigung.
  • VI. der Friede.

Pariß / im Jahr 1694.

Der Autor dieſes Tractaͤtleins will einen Hoffmeiſter des Frauenzimmers abgeben / und vermeynet die Mittel zu reichen / dadurch ſie zur Erkaͤntniß ihrer Fehler ſollen gebracht / und von der Selbſt-Liebe abgefuͤhret werden. Entſchuldiget ſich dabey / daß er die Aus - ſchweiffungen derer / ſo er in denen ſechs Be -April. 1696. U 2mer -282Die unterſchiedlichen Kennzeichenmerckungen abgemahlet / nicht auf alle ziehe / ſondern vielmehr der tugendhafften / welche an jener ihrem Wandel keinen Theil nehmen / ihr Lob durch den Abriß ſolcher Laſter erhebe / und ſie rergnuͤget koͤnten ſeyn / daß ſie ſich in denen ſechs Vollkommenheiten beſchrieben faͤnden.

Die Bemerckung der Coquetten oder Buhlerinnen. Das 1. Capitel.

Die Galanterie beſchreibet der Autor einen Geſchmack / ſo man an der Welt und denen Ergoͤtzlichkeiten insgemein habe / und ſagt: daß das Temperament des Frauenvolcks dazu viel beytrage / daß ſie ſolchen nachhiengen / die Auferzie - hung aber / ſo ſie haͤtten / ſie darinnen vollends beſtaͤ - tigte / und ſie mit einer Beſchaͤfftigung von nichts gantz und gar anfuͤllete. Die Hoͤflichkeit machete zwar dieſes Geſchlecht geſchickt / aber die Sorge / welche die Kunſt brauchete / ihm Vollkommenheit zu geben / verderbete ſelbiges. Ein Maͤgdlein fienge kaum zu reden an / da ſchwatzete man ihm eitel luſti - ge nicht aber nuͤtzliche Sachen vor / ſeine erſten Trit - te muͤſten nach dem Tantzen eingerichtet ſeyn. Man daͤchte auf nichts / als ihm lernen zu laſſen / wodurch es ſich liebens-wuͤrdig machen koͤnte / und wieſe ihm alleine diß / wie es gefallen moͤchte / ohne darauf zu ſehen / wie es wohl zu leben gelehret wuͤrde.

Man wundere ſich / faͤhret er fort / uͤber die Buh - lerey oder Coquetterie des Frauenvolcks / und gleichwohl waͤre deſſen gantze Auferziehung darauf eingerichtet. Jhre natuͤrliche Diſpoſition truͤge ſie zu eitel Zaͤrtlichkeit und anmuthigen Sachen. DieSchoͤn -283des Frauenvolcks. Schoͤnheit verleite ſie zur Eigen-Liebe / und man ge - be ihnen noch dazu alle Mittel an die Hand / ſich je mehr und mehr gefaͤllig zu machen.

Eine Jungfer kenne ihre Religion nicht weiter als aus ihrem Catechiſmus, die Wiſſenſchafften nur den Nahmen nach / und alle gute Sachen bloß in dem Abriſſe. Sie lerne die Muſic / und die Warheit bleibe ihr unbekandt. Sie wiſſe alle Spiele / und leſe keine andern Buͤcher / als dadurch ſie nur noch mehr verdorben wuͤrde. Daher bekaͤme ſie einen Abſchen vor allen / was gut und nuͤtzlich waͤre / und verachtete ſolches aus Unwiſſenheit. Machete ſich hingegen nach der Einbildung ihrer Selbſt-Liebe und nach der Gewonheit der Zeit ein Muſter der Vollkommenheit / nach welchem ſie alle ihre Hand - lungen einrichtete.

Ein gutes Abſehen vertrſache / daß man das Frauenzimmer von hoͤhern Wiſſenſchafften abhal - te / und folge darauf eine boͤſe Wirckung. Jndem man ſelbiges dahin bringen wolte / daß es die Hof - fart der Halb-Gelehrten nicht ſolle an ſich nehmen / ſo lieſſe man ſie in die Unwiſſenheit der warhafftig Hoffaͤrtigen fallen. Eine Jungfer laͤſe nur / um an - derer Damen ihre Intriguen zu lernen / und die ih - rigen darnach einzurichten. Sie daͤchte nicht eines ſein Hertz rechtmaͤßig zu gewinnen / ſondern nur vie - le Liebhaber an ſich zu ziehen / und ſuchete aus deren Anzahl einen falſchen Ruhm.

Sie befliſſe ſich auf liebreitzende Blicke / und daͤchte ſtets / wie ſie durch Kunſt ihre Schoͤnheit vermehren moͤchte / und immer einem Gegenſtande nach dem andern gefallen. Sie waͤre allezeit muͤßig /U 3ob284Die unterſchiedlichen Kennzeichenob ſie gleich immer beſchaͤfftiget. Von Morgen an biß auf den Abend habe ſie denjenigen in ihren Ge - dancken / den ſie liebe: Sie redete zu allen den / was ihr vor Augen kaͤme / und ſolte es auch ein klein Huͤnd - chen ſeyn / daß ſie mit liebkoſenden Diſcurſe unter - hielte.

Weil nun dergleichen Perſonen in ſtetem Muͤßig - gange lebeten / ſo ſoͤnnen ſie auf unordentliches Ver - langen und ſtraffbare wie auch gefaͤhrliche Unter - fangungen. Da hoͤreten ſie weder ihre Vernunfft noch ihre Schuldigkeit / ſondern naͤhmen allein ihre Affecten zur Richtſchnur ihrer Handlungen. Und wenn gleich eine Coquette guten Verſtand haͤtte / ſo wendete ſie ihn doch zu nichts anders an / als nur de - ſto mehr das Mannsvolck zu betruͤgen.

Jhre Schoͤnheit naͤhme nun zwar einige in Ver - hafft; doch wie tauſend Annehmlichkeiten einen rei - tzeten / ſie zu ſuchen / ſo waͤren wieder tauſend Urſa - chen / ſie zu fliehen: und man rede doch gegen ſie mehr aus Flaterie als daß man ſich mit ihnen recht verbin - den wolle.

Keine Ausſchweiffung waͤre ſo groß / dazu eine Coquette nicht geneigt ſey. Denn / weil die wahre Tugend von ihrweit entfernet / ſo habe ſie niemahls die rechte Maße bey ſich. Wann ſie liebe / ob es gleich nicht lange wehrete / geſchaͤhe es doch| ſo heff - tig / daß ſie faſt raſend wuͤrde. Wenn ſie haſſe / wer - de ſie durch nichts als Rache vergnuͤget. Wenn ſie was wuͤndſche / ſey ihr Verlangen unerſaͤttlich: wann ſie fuͤrchte / geſchaͤhe es biß zur Verzweifelung.

Wie nun die Liebe / welche ſie einfloͤßete / eigennuͤ - tzig / alſo waͤre die Frucht davon der Ruin der Wol -fahrt285des Frauenvolcks. fahrt eines Mannsvolcks und der Verluſt ihrer Eh - re; biß dann beyde die Reue unter ſich theileten / welche bey einer ſo flattrigen und laſterhafften Liebe nicht auſſenbliebe.

Wann aber ſolche Buhlerinnen nur mit ein we - nig Vernunfft ihre Lebens-Art examinireten / wuͤr - den ſie ſich nicht uͤber ihr Ungluͤck beklagen / und bald ſpuͤhren / daß ſie bey beſſer eingerichteten Wandel ei - ne rechtſchaffene Hochachtung ſich erwerben koͤnten: wie dann dazu ihnen die Beſcheidenheit oder Sitt - ſamkeit den beſten Rath geben ſolte.

Die Sittſamkeit. Das 2. Cap.

Wie in der Religion / ſaget hierinnen der Au - tor, eine Pflicht zu finden / alſo leget uns auch die Ehre eine Schuldigkeit auf. Dahero dann die Sittſamkeit gleichfalls uns Lehren giebet. Sie will / daß der Wohlſtand alle Handlungen ei - nes Frauenzimmers begleite. Es ſoll mit Scham - hafftigkeit gebohren werden / in Furcht leben / und mit Klugheit ſterben. Seine erſten Jahre ſollen unſchul - dig; das mittlere Alter rein ſeyn / und ſeine Auffuͤh - rung mit einer gluͤcklichen und lobwuͤrdigen Einfalt ſich endigen.

Wann ein Frauenzimmer die Reguln der Sitt - ſamkeit / dadurch die Ehre allein in Sicherheit iſt / verlaͤßt / ſo wird ſie bald die Gefahr erkennen / wohin - ein ihre Unachtſamkeit ſie verleitet hat / und iſt das beſte vor ſie / daß ſie auf das ſchleunigſte wieder um - kehre.

Die Schwachheit / die Neigung / und die Gele - genheit muͤſſen durch die Richtſchnur der Sittſam -U 4keit286Die unterſchiedlichen Kennzeichenkeit gebaͤndiget werden. Eine Dame / die ſtets auf ihre Schuldigkeit ſtudiret / glaͤubet ehe / daß ſie et - was begehen koͤnne / ſo ihr uͤbeln Nachruff bringet / als daß ſie aus Selbſt-Liebe meyne / ſie mache alles lobwuͤrdig. Dahero die Furcht und das Verlan - gen allezeit bey einem Frauenzimmer zu finden ſeyn ſollen. Es muß immer den beſtaͤndigen Vorſatz ha - ben / daß es ſich klug auffuͤhren will. Und dazu giebt die Sittſamkeit das beſte Mittel / wann ſie die groſ - ſe Freyheit der erſten Jahre / den vielen Gebrauch angenehmer Geſellſchafften / die offtere Beywoh - nung allerhand Feſtinen und Freuden-Mahlen ein - ſchrencket. Es muß eine Dame ihre Augen im Zaum halten / und die Blicke nicht ohne Maͤßi - gung ſchieſſen laſſen. Es ſoll ſelbiges nicht frech la - chen; auch nicht neue facon in ihrem Ausbutzen haben; keine Geſellſchafft frequentiren / wo nicht ein Haupt darinnen iſt. Keine Freunde annehmen / als die klug und weiſe ſind. Keine Feinde haben / als die Boͤſen. Keine Augen haben zu Beſchauung ihrer Tugenden / und keine Ohren zu Anhoͤrung ih - res Lobes.

Nun gehet es zwar ſchwer her / daß eine Jungfer ihrer Selbſt-Liebe etwas abziehe: vielmehr ſchnei - det ſie was von der Sittſamkeit weg. Doch das beſte iſt / daß ſich eine Dame eingezogen halte / und wenig auskomme: Denn in Geſellſchafft findet ſie bald / daß ſie einer lobet / und das hoͤret das Frauen - zimmer allzu gerne; ja ſie wird verfuͤhret / indem man auch oft ihren Fehlern als rechtmaͤßigen Hand - lungen Beyfall giebet.

Die287des Frauenvolcks.

Die Bemerckung der Heuchlerinnen. Das 3. Cap.

Die falſche oder heuchleriſche Andacht / ſaget der Autor in dieſem Capitel / iſt das gefaͤhr - lichſte von allen Laſtern / und der gemeineſte unter allen Fehlern. Doch nehmen dieſe gleißneri - ſche Gottesfurcht vieles Frauenzimmer an ſich / und die am eingezogenſtes zu leben ſcheinen / ſind offt die allerwolluͤſtigſten: denn ſie meynen durch ihre Heu - cheley GOtt und die Welt zuſammen zum Freun - de zu behalten / und ihrer Selbſt-Liebe ohne Ver - letzung ihrer Devotion ein Genuͤgen zu thun.

Sie ziehen ſich aus der Religion viele Maximen heraus / die ſie ſich einbilden / daß ſie mit ihren Nei - gungen uͤbereinſtimmen. Das Auſſenwerck der Andacht iſt ihnen ſchon genug / wenn gleich inwendig nichts als Ubels ſtecket.

Sie ſehen die Satzungen der Religion mit gleich - guͤltigen Augen an; ſie ſeynd lebhafft genug / einen Mangel an ſich abzuſchaffen / allein unbußfertig / wenn es zu Abwendung der Laſter koͤm̃t. Jndeß ver - ſtecken ſie unter dem Mantel der Heiligkeit ihre Ver - brechen / und ſuchen in der Heucheley ihre Ruhe / dahero man aus dem euſſerlichen Scheine ihre in - nerliche Ruhe ſchlieſſet.

Jhre drey Eigenſchafften / die ſie an ſich haben / ſind ſchnur-ſtracks der liebe GOttes und des Naͤch - ſten entgegen geſetzet: die Hoffart / die Verſtellung / und die Grauſamkeit.

Die Hoffart machet / daß ſie ſich eine Autoritaͤt uͤber Perſonen herausnehmen / welche ſie nicht keñen. Die Verſtellung laͤſſet ſie einen Beyfall erhalten -U 5den288Die unterſchiedlichen Kennzeichenden ſie nicht verdienen; und die Grauſamkeit laͤſſet ſie eine Tyranney veruͤben / welche nicht ſeyn ſoll.

Es iſt kein Ubel / welches ſie denjenigen nicht an - thun / ſo arm oder ſonſt ungluͤcklich ſeynd. Die Ver - leumdung / die uͤbele Nachrede / die Verachtung / ſeynd die Begleitere des Eyfers / den ſie gegen den Naͤchſten ſpuͤren laſſen.

Alle liebe gegen den Nothleidenden iſt in ihrem Hertzen erſtorben: und geben ſie ja was / ſo wollen ſie davor faſt angebetet ſeyn / und auch die Tugendhaff - teſten ſollen ein Opffer ihres Jrꝛthums und ihrer thoͤ - richten Einbildung werden.

Sie haſſen alles andere Frauenzimmer / das nicht ſo heuchleriſch und ſcheinheilig als ſie gekleidet iſt / ſonderlich / welches ſonſt ein untadelhafftes Leben fuͤhret. Allein die Kleidung iſt es nicht / die eine Heuch - lerin zu einer tugendhafften Frau machet. Denn unter ſolchen demuͤthigen Habit richtet und urtheilet ſie gantz verwegen / und ſuͤndiget ohngeſtraffet. Sie will aber ſelbſt auſſer anderer Leute ihrer Cenſur ſeyn: Und wer von einer ſolchen Gleißnerin die Warheit ſaget / der hat ſich zu befuͤrchten / daß man von ſeiner Auffuͤhrung alles Uble herluͤge. Denn die falſche Heiligkeit vertraͤgt nichts / das ihr nachtheilig / ohne Verleumdung und Schmaͤhung dagegen auszu - theilen.

Eine Frau von ſolchem heuchleriſchen Character haͤlt ſonſt niemand vor ihren Naͤchſten / als die von ihrer Profeſſion ſind. Was ſie ſaget / ſoll alles als ein unverwerfflicher Rechts-Spruch gelten. Und eine Heuchlerin machete ſich ein Gewiſſen / an einer Ver - leumdung zu zweiffeln / welche eine andere Heuch -lerin289des Frauenvolcks. lerin erdacht hat / ehrliche Leute zu beſchimpffen. Da verachtet ſie nun ſelbige / die ſo angeklaget worden / und unter dem Vorwand / die Fehler zu tadeln / brei - tet ſie ſolche uͤberall aus. Denn die uͤble Nachrede vom Naͤchſten iſt bey Heuchlerinnen keine Suͤnde. Sie bilden ſich ein / die Warheit zu ſagen / und glaͤu - ben alſo / daß ſie GOtt nicht beleydigen. Jmmittelſt redet die rechte Gottesfurcht viel anders / und wer recht andaͤchtig und from̃ ſeyn will / der mag nur ſel - bige um Rath fragen.

Die Gottesfurcht. Das 4. Cap.

Der Glaube iſt die Mutter der Froͤmmigkeit: wer ſich GOtt ergiebet / und davon rechte Profeſſion machen will / muß ſeine Religion wiſſen / und ſeine Schuldigkeit und Chriſten-Pflicht ſtets in Obacht halten.

Ein Hertz / welches warhafftig GOtt ſuchet / zei - get ein brennendes Verlangen / alles um ſeiner Liebe willen zu thun; und durch dieſen Entſchluß uͤberwin - det es die groͤſten Widerwertigkeiten.

GOtt fodert eine thaͤtige Liebe von uns; und das Hertz muß durch die guten Wercke ſeinen Glauben weiſen. Wer die warhafftige Liebe beſitzet / unter - laͤſſet nichts / was zur Ehre GOttes hinaus laͤufft: und der Naͤchſte wird von ihm ſorgfaͤltig geſuchet / damit er ihm mit Fertigkeit in ſeiner Beduͤrffniß un - ter die Armen greiffe.

Eben dieſe Liebe / welche einen Frommen zu GOtt hebet / und mit dem Naͤchſten vereiniget / lernet ihm auch ſeine eigene Nichtigkeit gegen dieſe Majeſtaͤt der Gottheit erkennen / und dieſe Reflexion fuͤhretihn290Die unterſchiedlichen Kennzeichenihn zur Verachtung / die er ſich ſelbſt ſchuldig / und zu der ſo noͤthigen Demuth.

Dieſes iſt die Lage einer Seelen / welche in der That / und nicht dem Scheine nach / Chriſtlich iſt. Sie muß ihren Willen beſchneiden / und das Inter - eſſe ſamt der Eigen-Liebe gantz und gar bey ſich aus - rotten; auch ſich wuͤrcklich / und nicht durch heuch - leriſche Betrachtung und Scheinheiligkeit an GOtt halten.

Die Geiſtreichen. Das 5. Cap.

Eine Frau / ſaget der Autor, die ſich ſelbſt vor geiſtreich haͤlt / und mit ihrem Verſtande viel weiß / iſt denen Leuten gantz unertraͤglich. Sie achtet gegen ſich keinen Menſchen; und ſo vermag gegentheils kein Menſch ſie zu leiden. Sie iſt zu nichts faͤhig / als denen Luͤgen ſchoͤne Farben anzuſtreichen / und mit groͤſſerer Subeilitaͤt Boͤſes zu thun.

Das Verlangen ſo ſie hat / geſchickt zu ſcheinen / hindert ſie daran / daß ſie ſolches nicht in der That wird. Jn der Converſation will ſie ſich am meiſten hervor thun; doch da faͤllet ſie auf einen Nachmit - tag in ihren Diſcurſen bald von der Doctrin auf die Sitten / von dem Gebrauch auf den Wahn / von dem ernſthafften auf das luſtige / und in zwey Stunden handelt ſie von allen Intereſſen Europens / ohne daß ſie von einem eintzigen rechte Kaͤntniß hat. Alſo be - leidiget ſie durch ihr gar zu unzeitiges Raiſonniren die Raiſon ſelbſt / und weiß ſich viel / wenn ſie nur viel Worte machet / ohne daß ſie die Sache ſelbſt auch nur mittelmaͤßig inne habe.

Die Schmeichler loben ihren vermeynten eſprit, und verderben ſie noch mehr durch ihre falſche Lieb -koſung.291des Frauenvolcks. koſung. Auf ſo gefaͤhrliche Beypflichtung verlaͤßt ſie ſich / und fraget nicht die Wiſſenſchafft um Rath / die ihr am beſten koͤnte die Augen aufthun. Die Selbſt - Liebe uͤberredet ſie / daß ſie vor andern am Verſtande erleuchtet; und ſie meynet / daß ſie Sachen wiſſe / da - von ſie kaum den Nahmen im Gedaͤchtniſſe behaͤlt. Alſo miſchet ſie das hunderte ins tauſende / und dieſe Menge der unvollkommenen Wiſſenſchafften erfuͤl - let ihr Hertz ſowohl als ihren Verſtand. Der Wahn verderbet ihren Willen / und die Unordnung im Ge - muͤthe befeſtiget auch darinnen ihre Jrꝛthuͤmer / und verſtattet nicht wohl / ſich zu aͤndern.

Die Sorgfalt / ſo ſie hat / ihre irrende Faͤhigkeit zu vermehren / dienet zu nichts / als ſie je laͤnger je mehr blind zu machen; und ſie immer weiter von der Warheit abzuleiten. Die Maxim / ſo ſie einmahl an - genommen / muß der Grund ſeyn / darauf ſie alles andere bauet. Da ſie nun durch den Wahn verfuͤh - ret / iſt ſelbiger ſtaͤrcker als die Warheit ſelbſten in ih - rem Gemuͤthe; und ſie ſuchet ſolche zu drehen / nach - dem ſie ſie haben will. Alſo betruͤget ſie ſich ſelbſt / in - dem ſie ſich will wunderwuͤrdig machen / und betruͤget auch diejenigen / die ſich uͤber ſie verwundern.

Die Wiſſenſchafft. Das 6. Cap.

Der Verſtand iſt beyderley Geſchlecht gemein; und die Seele wuͤrcket ſo wohl in dem weib - lichen als in dem maͤnnlichen. Ein Frauen - zimmer kan eben auch nach Gelehrſamkeit trachten; und die Wiſſenſchafft iſt jederman noͤthig.

Eine geſchickte Perſon ſoll vor allen Dingen / ehe ſie etwas lernet / erkennen / daß ſie noch nichts wiſſe / und dabey verlangen / viel zu wiſſen.

Dazu292Die unterſchiedlichen Kennzeichen

Dazu gehoͤret Arbeit; doch ſie ſoll ſich vergnuͤgen / wann ſie nur Unterricht erhaͤlt. Dadurch bringet ſie ihre Gedancken und ihre Geſpraͤche in gute Ord - nung / und uͤbet ihre Vernunfft recht aus. Die Na - tur alleine iſt nicht zulaͤnglich ſich verſtaͤndig aufzu - fuͤhren; die Wiſſenſchafften und die Unterweiſung muß dazu kommen.

Man muß ſich an die Gelehrſamkeit halten / die von den Kluͤgſten gebilliget iſt; und ihre Reguln muͤſ - ſen eine Richtſchnur der untadelhafften Converſa - tion abgeben. Um viel zu wiſſen / muß man ſich ſelbſt wenig lieben / auch ſich nicht ſelbſt um Rath fragen. Die Selbſt-Liebe widerſetzet ſich der Muͤhe / und der falſche Wahn der Warheit. Alles muß uns verdaͤch - tig vorkommen / wann wir etwas erfinden / und dar - uͤber urtheilen. Wir muͤſſen es erſtlich gegen die Meynung der allerverſtaͤndigſten dieſer und der vo - rigen Zeit probiren. Die wahre Demuth und Er - kaͤntniß unſerer Schwachheit iſt das unbetruͤglichſte Zeichen / daß ein Menſch was weiß. Man ſoll alles lernen / um zur Wiſſenſchafft der Selbſt-Erkaͤntniß deſto beſſer zu gelangen.

Die Haußhaͤlterinnen. Das 7. Cap.

Die Haußhaltungs-Kunſt / welche eine ſo noͤthi - ge Tugend iſt / um die Verſchwendung des Vermoͤgens zu verhindern / bedecket heutiges Tages den Geitz / den man hat / frembdes Gut an ſich zu bringen. Man rechnet darauf nicht mehr / w[as]- man nothwendig verthun muß / ſondern was man zum Uberfluße ſparen kan.

Eine Frau / deren Hertz von der Galanterie undEitel -293des Frauenvolcks. Eitelkeit nicht eingenommen / ſoll ſich auch vor dem Eigennutz fuͤrchten. Doch es iſt ſehr ſeltzſam / daß eine nicht ehrgeitzig ſey / und dabey das Reichthum ver - achte. Eine geitzige Frau / die ihr Laſter mit dem Ti - tul der Haußhaltungs-Kunſt beſchoͤniget / iſt von ei - ner unglaublichen Wachſamkeit und wunderbarem Nachſinnen. Wie ihr Verlangen des Geldes ſie be - unruhiget / alſo giebt ſie auf alles in ihrem Hauſe ge - naue achtung / und ſiehet auch dasjenige / was nicht anders / als in ihrer bloßen Einbildung darinnen vor - gehet. Daher hermet ſie ſich / als ob ſie nachlaͤßig waͤre / und bekuͤmmert ſich bey ihrem eigenen Fleiße. Sie verlieret daruͤber durch allzu groſſe Sparſam - keit mehr / als ſie gewinnet; und indem ſie in Hoff - nung eines allzu unbilligen Profits zuviel waget / ſo iſt ihr ſchaden oft deſto groͤſſer. Doch indem ſie der Geitz verblendet / laͤſſet ſie ſich gar nicht einreden noch rathe.

Sie iſt allezeit unvergnuͤgt / und ihre Augen rich - tet ſie nur auf das Gluͤck / alſo daß ſie auch ſelbſt in den Wercken der Gottesfurcht intereſſiret iſt / und ihꝛ Gebet nur darum verrichtet / daß ſie meynet dadurch den Seegen der Bereicherung in ihr Hauß zu ziehen.

Sie ſtellet ſich allezeit einen noch geitzigern zum Exempel vor / um daher ein Muſter der Nachfolge zu nehmen. Jhrem Geſinde / ja ſich ſelbſt / bricht ſie den noͤthigen Unterhalt ab / um ihr Gut zu vermehren; und lobet ſich heimlich ſelbſt wegen ſo ſchimpfflicher Sparſamkeit. Gehet es an das eigene Intereſſe, ſo muß Vernunfft / Reſpect und Chriſtenthum hinten an ſtehen: ſie vergißt die Verwandſchafft / die Freund - ſchafft / und die Vergeltung / wann ihr ihr Nutzen in Ohren lieget.

April. 1696. XNie -294Die unterſchiedlichen Kennzeichen

Niemand wird von ihr freundlich angeſehen / als von dem ſie meynet einen Vortheil zu ziehen. Und der reichſte unter ihren Verwandten / von dem ſie em - mahl am meiſten zu erben gedencket / wird von ihr am meiſten geehret.

Die Regul oder Ordnung. Das 8. Cap.

Die Ordnung / ſaget der Autor, iſt ſo noͤthig / daß auch keine Monarchie, Republique, noch Geſellſchafft / noch Privat-Haͤuſer ohne ſelbige beſtehen kan. Sie erhaͤlt die Ruhe / die Ge - ſundheit und das Vermoͤgen. Man muß ſeine Sa - chen und ſeine Zeit wohl einrichten / wann man tau - ſend Unruhe vermeiden will.

Man widerſetzet ſich nicht der Guͤtigkeit ſeines Temperaments / wenn man den Schlaff und das Eſſen maͤßig gebrauchet / und man erſchoͤpffet ſeinen Beutel nicht / wenn die Regul denen Unkoſten und Verthun ein billig Ziel ſetzet.

Die Ubermaße iſt nur eine Sache / die einem Ge - muͤthe gefaͤllt / worinnen die Vernunfft nicht herꝛ - ſchet; denn die Vernunfft iſt allezeit eine Freund in der guten Einrichtung: die Unordnung entfernet ein Hertz von der Gerechtigkeit und von der Ehre. Man muß nicht ſeinen unbaͤndigen Neigungen folgen / denn die verfuͤhren uns dazu. Die der Verſchwen - dung ergeben / haͤngen allen Wolluͤſten / Pracht und Ergoͤtzungen nach / welches ihrem Beutel und ihrem Gewiſſen am meiſten koſtet. Und die dem Geitze zu - gethan / vernehmen durch ihr Zuſammenſcharren nichts als ihr ſuͤndliches Laſter. Nichts gehet ihnen zu Hertzen: kein Krancker / welcher uͤbel gepflegetwird,295des Frauenvolcks. wird; kein Kind / ſo uͤbel gekleidet gehet; kein Geſin - de / ſo uͤbel belohnet wird; alles dieſes ruͤhret ſie wenig.

Man nehme den Uberfluß und die unnoͤthigen Ko - ſten hinweg / ſpare die groſſen Panckete und Kleider - Pracht / doch was jeden ſeinem Stande gemaͤß / und nach dem ihm die Mittel von GOtt gegeben ſind / nach ſolchen richte er ſeine Haußhaltung und ſein Le - ben ein.

Die Spielerinnen. Das 9. Cap.

Das Spielen iſt eine gefaͤhrliche Neigung. Offt kan man in einem Tage mehr verlieren / als man in einem gantzen Jahre nicht ver - thut. Das reichſte und am beſten eingerichteſte Hauß kan uͤber eine verſchwenderiſche Spielerin ſich ruiniren. Sie ſelbſt verdirbet ihre Ruhe daruͤ - ber / denn zu ihrer Luſt reichet auch der gantze Tag nicht zu / ſondern ſie borget noth ein Theil der Nacht / und ihr gantzes Leben iſt nichts anders als ein ſtetes Spielen. Eine Frau / die ſich erſt daran gewehnet / hat ſonſt kein ander Verlangen / ſie verſaͤumet alle noͤthige Sorgen / und machet durch ihre paſſionirte Beſchaͤfftigung eine Ehre / ein Geſetz / und eine Re - gul ihres Spielens. Daher trifft man ſie wenig in der Kirche / bey erbaren Viſiten / oder zu Hauſe an. Sie entfaget aller Gottesfurcht / aller Erbarkeit / und aller Ordnung. Und wann ſie alle andere Ergoͤtz - lichkeiten haſſet / ſo geſchiehet es bloß aus Liebe zum Spielen. Alſo leeret ſie ihren Beutel aus / laͤßt ihr Haußweſen zu Grunde gehen / und ihr Leben ſchlei - chet unvermerckt hinweg.

X 2Bey296Die unterſchiedlichen Kennzeichen

Bey ſolcher Arbeit verlieret eine Frau alle Tu - gend / und faͤllt in Wolluͤſte / welche ſonſt wohl nach - geblieben waͤren. Sie ruͤhmet dann wohl oͤffentlich wie viel ſie verlohren / und will daraus / um ſich uͤber ihren Schaden zu troͤſten / eine Ehre ſuchen. De - nen Armen entziehet ſie das / was zu deren Erleich - terung das Gluͤck ihr Uberfluͤßiges zugeworffen; und das Anſehen eines darob bekuͤmmerten Ehemannes / vieler ungluͤckſeliger Kinder / eines zu Grunde ge - henden Hauſes / und alles Ungluͤcks / dem ſie ſich ausſetzet / haͤlt ſie von ihrem Laſter nicht ab. Die Armuth muß ſie ehe vom Spiele bringen / ehe ſie das Spielen aus ihrem Hertzen verbannet. Sie exa - miniret nicht ehe ihren elenden Stand / als wenn ſie nicht mehr ſolchem rathen kan. Doch ſie haſſet nur alsdenn die Wirckungen ihres Ungluͤcks / in - deß ſie doch noch deſſen Urſache liebet. Sie hoͤret auf zu ſpielen / da ſie nichts mehr nachzuſetzen hat / in - deß liebet ſie doch noch ſtets das Spiel.

Sie arbeitet und ſcharret dann wieder einen gan - tzen Monat zuſammen / was in einer Stunde vom neuen draufgehet: Endlich endet ſich ihr Leben un - ter ſtetem Wagen und Verluſt / und ſie muß die E - wigkeit antreten; da von ſoviel Millionen Augenbli - cken am Ende ihrer Tage keiner als der letzte uͤbrig iſt / alle die andern zu beklagen.

Die Beſchaͤfftigung. Das 10. Cap.

Der Muͤßiggang iſt unter allen natuͤrlichen Neigungen die alleruͤbelſte und ſchaͤdlichſte: Sie verleitet uns zu allen den / was das un -voll -297des Frauenvolcks. vollkommenſte und laſterhaffteſte iſt. Und wer ſelbi - ger nachhaͤnget / bey dem trifft man ſelten viel Ver - nunfft und Tugend an.

Dannenhero iſt die Beſchaͤfftigung allen Men - ſchen ſo gar nothwendig. Es ſoll von rechtswegen bey keinem rechtſchaffenen Manne noch kluger Frauen ein eintziger Augenblick des Lebens leer und muͤßig ſeyn. Eine vernuͤnfftige Frau ſoll alle Minu - ten mit anſtaͤndigen Verrichtungen anfuͤllen / und nie ohne Sorgfalt ſeyn. Die goͤttliche Verſehung hat ihnen ſowohl die ſtete Arbeit auferleget / als dem Mannsvolcke. Wann alle recht religioͤs waͤren / wuͤrden wir nicht ſoviel haben / welche dem Muͤßig - gangeund den Wolluͤſten nachhiengen.

Wann nur jedes bedaͤchte / daß die Zeit der Weg zur Ewigkeit waͤre. Die Friſt iſt kurtz und koſtbar; ſoll ſie dann ohne alle Tugend und Froͤmmigkeit zu - gebracht werden? Soll dann alles nur auf Eigennutz und Ergoͤtzungen ſein Abſehen haben? Soll dann der Geitz und die Wolluſt immer in dem Hertzen das Regiment fuͤhren?

Es iſt kein eintziger Stand / der nicht alle Zeit wolle angewendet wiſſen / um der darinnen erfoderten Schuldigkeit ein Genuͤgen zu thun. Die Unterlaſ - ſung des Guten bringet nothwendig Ubels. Soll die Ewigkeit gluͤckſelig ſeyn / muß man allhier ſein Leben in beſtaͤndig guten Beſchaͤfftigungen zu - bringen.

Die Bemerckung der Zaͤnckerinnen: Das 11. Cap.

Mann die Stille der Seelen uñ die Ruhe des Ge - muͤths eine vollkom̃ene Gluͤckſeligkeit geben / ſoX 3muß298Die unterſchiedlichen Kennzeichenmuß die ſtete Unruhe ein warhafftiges Ubel ſeyn. Dieſe iſt der Antheil derjenigen / die immer zancken / und ſonderlich des Frauenvolcks / die leichter als die Maͤnner koͤnnen beleidiget werden.

Sie geben offt alle ihre Zeit / alle ihre Sorgen / al - len ihren Verſtand / ja vielmahls alles ihr Vermoͤ - gen / um ein Gut zu erhalten / das ſie nicht anders als in bloßen Gedancken genieſſen.

Wann nur eine Gelegenheit ſich hervorthut zu ſtreiten / und ihr Verlangen verſichert ſie voraus / die Oberhand zu behalten / da arbeiten ſie / da machen ſie ſich zu thun / da wenden ſie alle Kraͤffte an / und ſe - tzen alles gegen ein nichts / das ſie ſich eingebildet ha - ben; ja ſie erkennen hernach nicht einmahl ihren Fehler noch Unwiſſenheit / wenn es gleich ihnen um - ſchlaͤget: ſie ſetzen offt einen Proceß fort / wo ſie nichts gewinnen koͤnnen / nur ihre Eitelkeit und ihren Hoch - muth zu vergnuͤgen; ſie machen ihren Kopff durch die Gerichts-Haͤndel gantz wirblich / und ihr Eigen - ſinn iſt ſo groß / daß ſie weder Vernunfft noch Wei - ſung anhoͤren. Jhr Intereſſe, ihr Haß / ihre Ver - leumdung / ihre Eigen-Liebe / ja die Wolluſt ſelbſt / finden dabey ihre Rechnung.

Man ſuchet zu gefallen / man gefaͤllt auch / man wendet alles Charmiren an / um den Richter zu en - gagiren / daß er das Recht beuge. Die Schoͤnheit borget Entſatz von der Kunſt; der Verſtand ſparet nichts um das Hertz der Obrigkeit zu |ruͤhren / vor welcher die Sache tractiret wird / und da mag nun Warheit / Klugheit / und Tugend bleiben / wo ſie wol - len / wenn man nur die Sache gewinnet.

Ein zaͤrtlicher Haß / welchen die Entfernung faſtin299des Frauenvolcks. in ein ewiges Vergeſſen begraben hat / wird unter dem Vorwand / ſeine Ehre zu behaupten / wieder auf - gewecket: Um die Warheit / ſo ein ſolches Frauen - bild vorgiebet / Glauben zu machen / dichtet man tau - ſend Luͤgen. Die Zeit wird nicht gerechnet / die Sorg - falt wird nicht verabſaͤumet / das Geld wird nicht ge - ſchonet / die Geſundheit nicht wahrgenommen / und man dencket an die Seele ſelbſten nicht.

Was die im Gericht ſtreitenden Weibes-Perſo - nen vornehmen / ſoll alles nach ihren Affecten ent - ſchieden ſeyn; ſie wollen von keinem Vergleich wiſ - ſen noch hoͤren. Doch das Ende ihres Lebens uͤber - raſchet ſie eher / als ſie die Endſchafft des Proceßes er - leben.

Wann eine Chriſtliche Frauens-Perſon die trau - rige Beſchaͤfftigung recht betrachtete / worein ſie ſich durch ſolchen Streit ſteckete; ſo wuͤrde ſie von ſol - chem Zancken bald abſtehen. Der Verluſt der Zeit / die Entfernung von GOTT / die Vergeſſung ihrer ſelbſt / und tauſend andere Bewegungen wuͤrde ſie wohl von ſolcher intereſſirten Begierde zuruͤckhaltẽ.

Wo die Liebe zun Proceßen herꝛſchet / verloͤſchet die Tugend / die Ehre / der Wohlſtand / die Erbar - keit / und alle gute Qvalitaͤten gehen zu Grunde.

Eine Frauens-Perſon / welche in Streit-Sachen beſchaͤfftiget / dencket an nichts / als an ſich; ſie uͤber - haͤuffet mit ihrer Erzehlung von ihrem Handel alle Leute / die ihr nur begegnen; ſie hoͤret niemand / und indem ſie alles gantz deutlich andere uͤberreden und unterrichten will / ſo befeſtiget ſie ſich je laͤnger je mehr in ihrer Halsſtarrigkeit. Dahero muß man ſich nicht uͤber den Schaden und das Uble verwundern /X 4wel -300Die unterſchiedlichen Kennzeichenwelches ſie ſich zuziehet: doch auf das Mittel den - cken / wie man ſolchem koͤnne zuvor kommen / oder ſelbiges gar vermeiden. Dieſes iſt der Friede / ſelbi - ger weiß und kan die Ruhe des Hertzens und des Ge - muͤths verſchaffen: dieſer lehret auch / ſein Vermoͤ - gen ohne Proceß zu erhalten / oder doch alſo zu rech - ten / daß man GOtt nicht beleidige.

Der Friede. Das 12. Cap.

Man muß von den Vortrefflichkeiten des Frie - dens und von ſeinen Wirckungen / wie auch von der ſuͤßen und ruhigen Gluͤckſeligkeit / die man nirgend / als bey ihm antrifft / wohl unterrich - tet ſeyn / wenn man ihn mit Nachdrucke ſuchen / und leichtlich finden will.

Was iſt das vor eine Schwachheit / wenn man dieſen gluͤckſeligen Fꝛieden / der doch nichts anders als eine Gabe des Hoͤchſten iſt / vermeynet in einem Ler - men eines Tumult-vollen Lebens / uñ da das Gemuͤth mit eitel Sorgen und Zanck angefuͤllet / anzutreffen.

Der Friede beſtehet in einer Vernunfft-maͤßigen Tugend / oder in einer tugendhafften Vernunfft / die da einen rechten Willen in ſich haͤlt; ein geſundes Ur - theil; ein Hertz / welches feſt auf ſeiner Pflicht beſte - het; und einen Verſtand / der die Warheit erkennet / ihr folget / und ſie in allen Dingen liebet.

Man muß ſeine unruhigen Empfindungen / |wel - che unſer gantzes Leben einnehmen / daͤmpffen / und moͤglichſt abſchaffen; den Eigennutz der uns anſchi - ckelt / alles zu wagen / muß man auf die Seite ſetzen; die Eigen-Liebe / die uͤberall das Voraus haben will / und die uns ſo offt betruͤget / muß man gantz und garnicht301des Frauenvolcks. nicht laſſen aufkommen / will man die innerliche Ge - muͤths-Ruhe erlangen / oder ſolche erhalten / wenn man ſie einmahl beſitzet.

Man opffert ſo leicht ſeine Ruhe vor die weltlichen Guͤter auf / und dencket nicht daran / daß alle Guͤter der Welt nicht ſoviel als ein eintziger Augenblick der wahren Gemuͤths-Ruhe werth ſeynd.

Wie nun ein Proceß eine Seele tauſend neuen Gefaͤhrlichkeiten oͤffnet / ihren GOtt zu beleidigen / ſo fliehet ſie ſolche auch mit Gefahr ihres Gluͤcks / und ſo ſie ja dazu genoͤthiget wird / ſo gruͤndet ſie ſich allein bey ihrer rechtlichen Ausfuͤhrung auf die Warheit. Jhr Hertz / welches auch in dieſer Gerichts-Beſchaͤff - tigung ruhig bleibet / wendet alleine zugelaſſene Mit - tel an zu gewinnen / und iſt von der knechtiſchen Furcht frey / welche das Intereſſe in deren ihren Hertzen ge - biehret / die die Gluͤcks-Guͤter lieber als den innerli - chen Frieden haben. Ende des 1. Theils.

Beſchreibung der Selbſt-Liebe / der vornehmſten Gemüths-Regung des Frauenvolcks Andrer Theil.

Der Autor ſagt gleich Anfangs / daß ob wir zwar von allen Affecten geplaget wuͤrden / ſo waͤre doch immer einer / der vor denen an - dern allen die Oberhand behielt / und gleichſam die ſouveraine Paſſion und die Meiſterin uͤber die uͤbri - gen / welche uns zu tauſend Ausſchweiffungen fuͤhre - te: das Temperament mache hierinnen die Wahl / welche Regung es zu dieſem Amt erheben wolle: doch unter allen bliebe die Selbſt-liebe insgemein bey dem Frauenvolcke die Favoritin / und ſtrecke ihre Herꝛ - ſchafft uͤber aller ihre Hertzen aus.

X 5Er302Die unterſchiedlichen Kennzeichen

Er faͤhret fort / daß / wie ſie waͤren viel ſchwaͤcher und delicater als das Mannsvolck gebohren / ſo naͤh - men ſie ſich ſelbſt viel Sachen aus. Dahero traͤfe man ſo gar ſelten welche an / die nicht durch das Vor - Urtheil ihres Verſtandes eingenonunen waͤren / an Eitelkeiten und nichtswuͤrdigen Sachen ein Ver - gnuͤgen haͤtten / in ihren Meynungen ſich harnaͤckig erwieſen / und in allen Sachen ſich unbeſtaͤndig be - zeugeten.

Wann es auf das Intereſſe ankaͤme / ſo koͤnne ſich ein Frauenzimmer ſchwerlich maͤßigen / und die Haupt-Urſache deſſen waͤre die Selbſt-Liebe / ſo ſie beherꝛſche: dieſe verbaͤrge ihr alle Pflicht / dazu ſie ihre Vernunfft anwieſe / entfuͤhrete ihr die Warheit / und verleitete ſie zu allen den / was ihrem bloßen Wil - len und ihrer Luſt gefiele.

Die Eigen-Liebe waͤre die Qvelle aller Regun - gen und aller Laſter; und man koͤnne ſie ſchwerlicher als alle andern Fehler zerſtoͤhren. Es waͤre eine ſehr leichte Sache ſich zu lieben; dieweil es ein natuͤrli - ches Recht / und eine Bewegung / die nicht allein zu unſer Erhaltung / ſondern auch zu unſerer Vergnuͤ - gung dienete. Sie waͤre die erſte Paſſion / und alſo die lieblichſte und annehmlichſte / und die am meiſten verfuͤhrete / dannenhero auch dem Weibesvolcke am gewoͤhnlichſten; indem ihre Complexion, ihr Temperament, ihre Auferziehung / und ihre Un - wiſſenheit ſie dazu am empfindlichſten machete.

Man waͤre gleich von Kind auf ſehr ſorgfaͤltig / eines Maͤgdleins Geſundheit und Schoͤnheit zu er - halten / und gewehnete ſie zum Muͤßiggange / indem ſie ſolte ruhig bleiben: daß man ſie mit Bemuͤhungver -303des Frauenvolcks. verſchonete / dadurch zoͤhe man ſie von denen Ver - richtungen ab / und um ihre Geſtalt allzu viel zu con - ferviren / ſo daͤchte man nicht auf die Regierung ih - rer Affecten.

Weil nun ihr Verſtand alſo in Unwiſſenheit / und der Leib in Weichlichkeit bliebe / ſo gaͤbe ihr die Selbſt-Liebe allerhand wolluͤſtige Neigungen ein; ſo bald ſich die Vernunfft ein wenig hervorthaͤt / zei - gete ihr die Eigen-Liebe allerhand anmuthige Ge - genwuͤrffe / um ihren Geſchmack zu verfuͤhren; und machete ihr allerhand ſuͤße Einbildungen von dem Zukuͤnfftigen genieſſen.

Ein Frauenzimmer / welches andere Hertzen zu ge - winnen ſuchete / wuͤrde durch die Selbſt-Liebe dazu verleitet: Und dieſe waͤre ſowohl eine Freundin des Eigennutzes / als der Wolluſt.

Doch dieſe Selbſt-Liebe regiere nicht allein in de - nen / ſo zur Buhlerey geneiget / und die ſich bemuͤhe - ten / galant zu ſeyn / ſondern auch in derer Hertzen / die da from̃ wolten angeſehen ſeyn / und doch Heuch - lerinnen waͤren. Sie redeten von nichts als von An - dacht und Chriſtlicher Liebe / da doch eine ſo wenig als die andere in der That bey ihnen zu finden: Nur die Selbſt-Liebe triebe ſie zu ſolcher euſſerlichen Hei - ligkeit an.

Die / ſo vor andern vor verſtaͤndig wolten gehal - ten werden / in der Warheit aber nichts wuͤſten / waͤ - ren auch mit dem Laſter der Selbſt-Liebe behafftet. Sie waͤren ſcharffſichtig genug / anderer ihre Fehler zu ſehen / und durchzuziehen / bey ihren eigenen aber machete ſie die Selbſt-Liebe blind.

Mit Nutzen ſich ſelbſt zu richten / muͤſſe man mitgroſſer304Die unterſchiedlichen Kennzeichengroſſer Schaͤrffe ſich unterſuchen / und ohne ſeinen Fehlern zu liebkoſen ſolche auf die Wageſchale der Vernunfft legẽ. Man koͤñe in dieſem Urtheil niemals zu ernſthafft und ſtrenge ſeyn. Gegen andere waͤre die Gelindigkeit noͤthig / gegen ſich ſelbſt die Schaͤrffe.

Die allzu genauen Haußhaͤlterinnen wuͤrden gleichfals duꝛch die Selbſt-liebe zum Geitze gebracht: indem ſie alles wolten an ſich ziehen und zu ſich raf - fen / vergaͤßen ſie daruͤber / was ſie GOtt / ſich ſelbſt / und dem Naͤchſten ſchuldig waͤren.

Die Spielerinnen erkenneten gleichfals dieſes Laſter als ihre Beherꝛſcherin / und indem ſie ſich in unnuͤtzem Zeitvertreib aufhielten / ſo vergaͤßen ſie ſo viel Vernunfft und Tugend anzuwenden / als zu Zerſtoͤrung dieſer ſchaͤdlichen Paſſion erfodert wuͤrde.

Die Zaͤnckerinnen haͤtten eben auch dieſer Urſa - che ihre ſtreitige Natur zuzuſchreiben. Unter den be - truͤbten und ſchlaffloſen. Naͤchten und unter den Sorgen-vollen Tagen waͤre die Selbſt-Liebe ver - borgen. Dieſe gaͤbe ihnen mitten unter ihren ge - faͤhrlichen Bemuͤhungen / welche durch die Ge - wohnheit und die Geſetze autoriſiret wuͤrden / ein falſches Vergnuͤgen / ſo ſie in ihres Naͤchſten Scha - den gruͤndeten.

Dieſe Selbſt-Liebe waͤre uns allen von Natur angebohren / nachdem der erſte Menſch dadurch al - len ſeinen Nachkommen / und ſich den Tod uͤber den Halß gezogen. Vor dem Fall waͤre die Liebe edel und vortrefflich geweſen / aber unſere erſten Eltern haͤtten ſie verdorben / und ſtraffbar durch ihre Aus - ſchweiffung gemacht.

Die Selbſt-Liebe waͤre dem Geſetz und der Ehreſchnur -305des Frauenvolcks. ſchnur-ſtracks entgegen geſetzet; und lieſſe uns keine Empfindlichkeit als nur zu Behauptung des An - ſehens / der Schoͤnheit / und des Reichthumes. Auſſer der Ehrſucht / der Wolluſt / und dem Geitze gefiele ihr nichts: Und durch dieſe ungluͤckſelige Af - fecten gaͤben wir ihr taͤgliche Nahrung.

Um nun ſie aus dem Hertzen zu verbannen / gehoͤ - re ein rechter Ernſt und beſtaͤndiger Angriff dazu. Man muͤſſe ſich ſelbſt großmuͤthig verachten lernen / ſo wuͤrde eine rechte Haͤrtigkeit das Gemuͤth gewin - nen / den Eigennutz zu verlaſſen / und die wahre De - muth anzunehmen. Man wuͤrde alles Ungluͤck mit ſtandhafftem Muth ertragen: Und das Frauenzim - mer wuͤrde ohne Verringerung ihres Vermoͤgens / ihres Anſehens / ihrer Ruhe / ihrer Schoͤnheit / vor