PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Erſtes Roſen Ge - puͤſche.
Gedruckt im Jahr Chriſti1653.

Denen Wol-Edlen / Veſten / Ehrenveſten / Vor - achtbaren / Wolweiſen und Wol - gelahrten Hn. Barthol von Wolffsberg / ꝛc. Jhrer Hochfuͤrſtl: Durchl: des Herrn Pfaltzgrafens und Generalisſimi Geheimen Secretarien / ꝛc. Herrn Chriſtian Brehmen / Jhrer Churfuͤrſtl. Durchl. zu Sachſen Ge - heimen Kammer-Diener / des Raths / und Bibliothecarien in Dreßden / ꝛc. Herrn Johann Rudolphen / wol - verordneten Eſtaats-Secretarien in Leipzig / ꝛc. Herrn Heinrich Alberten / Beyder Rechten Wolbefliſſenen in Nuͤrnberg. Meinen groſſen Goͤnnern / ꝛc.

Wol -

Wol-Edler / Veſter / Ehrnveſte / Vor - achtbare / Wolweiſer / Wolgelarte / ꝛc.

WEnn wir die Zeiten ſo vor uns ge - weſen ſind / etwas in Augenſchein nemen / ſo befinden wir uͤberfluͤſſig / daß die Poeſie bey den alten Teut - ſchen nicht allein / als wie in einem Traume und Nebel / verborgen gelegen / ſondern auch wol gegen unſer ietzigen Zeit wie nichts zu - ſchaͤtzen geweſen ſey. Wir haben zwar ihren Fleiß / den ſie bey ſo groſſen und ſchweren Kriegen nicht ſterben laſſen / hoͤchlich zu ruͤh - men / iedoch aber ſcheinen ſie in deme tadel - haftig zu ſeyn / daß ſie faſt immerdar auf ei - nerley Art und Weiſe geblieben / wie aus den alten Meiſter-Geſaͤngen zuerſehen / biß ſie zun Zeiten Carolus des Groſſen herfuͤr ge - brochen / da ſie den Griechen und Roͤmern (welche ihre Poeſie erſt 410. Jahr nach er - bauung ihrer Stadt / wie es Cicero ansrech - net / uͤberkommen) nichts bevor geben wollen. Vnd haben ſich nicht nur gemeine Leute un - terwunden / ſolche zu erheben und zu vermeh - ren; ſondern es iſt auch Fuͤrſtlichen und an - dern hohes Standes Gemuͤthern belieblich gefallen / ihre beluſtigung zu ſuchen: GeſtaltA iijdenndenn bey Melchior Goldaſten / dem Ritter Teutſcher Zierligkeit / unter andern vieler Fuͤrſten / Grafen / Freyherren / Herren und vornehmer Adlichen Ritter / ja Kaͤyſer Hein - richs / und Conrads Roͤmiſchen Koͤnigs Lie - der und Gedichte angezogen und geruͤhmet werden. Von der Zeit an haben ſich immer je mehr und mehr viel feurige. Geiſter gefun - den / welche mit ihren ſcharffen Nachſinnen ſo weit empor geflogen / daß auch die andern in ihren Mutterſprachen ſie zuereilen nicht vermoͤcht haben. Wie ſchwer uns Teutſchen anfangs die Zunge geweſen / ſo leicht iſt ſie uns nun worden / datz wir nicht allein denen alten Roͤmiſchen / ſondern auch andern Auß - laͤndiſchen Dichtern / mit hoͤchſt-anmuthiger fertigkeit nachreden / ſondern auch mit ihrer reinen uud unverfaͤlſchten Zierde uͤmbſetzen koͤnnen. Wir geben nunmehr keinem frem - den Volcke was bevor. Hat Welſchland ſei - ne Petrarchen / Dantes / Anguillaren / Taxen / Arioſten / Alamannen / Bemben / Veniren / Goſelinen / Perotten / Sannazaren / Stoen / Fauſte / Bibbienen / Bargueſen / Jovien uñ Camillen; Franckreich ſeine Ronſarde / Sa - luſte / Marotten / Rabelaͤiſe; Engelland ſeine Sidneye; Spanjẽ ſeine Mondogneten; Nie -der -derland ſeine Heinſe / Scrivere / Lazen und Starter; So hat Teutſchland nunmehr ſei - ne Barthe / Werder / Opitze / Buchner / Ta - che / Flemminge / Lunde / Tzſcherninge / Ri - ſte / Harſtoͤrffer / Bremen / Roberthine / Fin - ckelthauſe / Rumpler / Cahlene / Hartmaͤnner / Zeſie / Clajen / Ziegler / und viel andere ſtat - liche Fruchtbringende Gemuͤther / daß es da - durch ſtoltz und hochmuͤhtig zu werden ſich wol aufblehen koͤnte / wenn es ſeine alte Auf - richtigkeit und Treue zugeben wolte. Vnd wenn wir nicht an ſo viel Mecenaten Man - gel erljtten / ſo wuͤrden ſich gewiß mehr Ma - rones und Horatzen / als Baff und Meffe bli - cken und ſehen laſſen. Die alten Roͤmiſchen Helden haben es in dieſem fall vor einẽ hohen Ruhm geachtet / ſolche trefliche Geiſter zu be - ehren / damit die Nachkommen etwas haͤtten / daß ſie beydes zu ihrem Lobe / und auch zu bil - liger Nachfolge anreitzen koͤnte. Scipio hat des Ennius Gedichte ſo hoch gehalten / daß er ſie auch vor das beſte Buch ſeiner Zeit geſchaͤ - tzet. Cheriius (wiewol er nicht ſehr anmuhtig) und Homerus / welcher zuerſt von dem Spar - taniſchen Geſetzgeber Lycurgus zuſammen gebracht wordẽ / ſind des groſſen Alexanders ſtete Reiſe-gefehrten geweſen. Darius hat(a) jvderder Stadt Thebe deßwegen verſchonet / weil der Pindarus in Jhr geboren und erzogen worden. Epius oder (wie Quintilianus aus dem Varro recht wil) Elius Stolo / hat des Plautus Luſt-Spiele in ſolchem Werth ge - halten / daß er auch ohne ſcheu ſagen doͤrffen: Wo die Muſen haͤtten reden ſollen / ſo wuͤrdẽ ſie ſich ohne zweifel ſeiner Verſe gebrauchet haben. Dieſen loͤblichen Exempeln ſind auch ihrer viel zu unſern Zeiten nachgefolget. Der Rath zu Rom hat den vortreflichen Petrar - chen am 8. Tage des Aprilis / wegen ſeiner ge - ſchickligkeit in Dichten / in dem Capitol oder Haupt Kirche oͤffentllch und vor allem Volck gekroͤnet Quinctianus Stoa bekam gleiches - fals ſeinen: Lo[r]ber Krantz / als ein Zeichen ho - her Ehre / von Koͤnig Ludwigen dem XII. in Franckreich. Fauſtns wurde zur Zeit Koͤnigs Franciſci (als wie bey uns Kaͤyſerliche.) Koͤ - niglicher Poet genennet. Bembus und Bib - biena wurden ſo hoch gewuͤrdiget / daß ſie auf einmahl mit zweyen unterſchiedenen Kraͤn - tzen / einem gruͤnen von Lorber / und einem Rothen / ohne zweifel von Roſen / ſind ver - ehret worden. Was dem Jrida vor Gunſt und Gnade wiederfahren / das wiſſen ſeine Lands - leute. Vnd damit ich unſers Sel. Opitzensnlchtnicht vergeſſe / ſo iſt er bey Kaͤyſerlichen Chur - und Fuͤrſtlichen / ſonderlich an dem uͤm die Teutſche Sprache wolverdienten Anhalti - ſchen Hofe ſo beliebt geweſen / daß er nicht al - lein gekroͤnet / ſondern auch dermaſſen be - gnaͤdiget worden / daß es in ſeinem Leben we - der Cr ſelbſt / noch nach ſeinem Tode der hoch - gelarte Riſt mit ihren Goͤttlichen Schriften gnugſam ruͤhmen und er heben koͤnnen. Wie hoch wurde der Edle Fleming gehalten? ſei - ne hinterbliebene und wolgeſetzte Sachen be - zeugen es gewaltig / daß er nicht in ſchlechten Gnaden bey den Ein - und Außlaͤndiſchen ho - hen Haͤuptern muß geſtanden ſeyn. Es iſt a - ber nicht nur bey ſo hoher Beehrung verblie - ben / ſondern auch in der That erwieſen wor - den / daß man ihrer viel noch heutiges Tages fuͤr freygebige und milde Printzen zu ruͤh - men und auszuruffen ſatſame Vrſach hat / weil ſie / nach des Syneſius Meynung / durch ihre Wolthaten den Goͤttern am aͤhnlichſten worden ſeyn. Cherilus bekam von Alexander dem Groſſen fuͤr einen ieden guten Vers eine Krone. Die Summa / die Virgilius von Kaͤy - ſer Auguſtens Schweſter empfangen / iſt noch aller Welt bekant. Des Edlen Sannazars uͤberſchrift von der Stadt Venedig hat nichtA vmehrmehr als 600. Ducaten getragen. Was der Herr von Baſſompiere in Franckreich dem Vandero fuͤr eine Comedie verehret / hat ſich (wie es Riſt in der Vorrede uͤber ſeine Teut - ſche Muſe erwehnet) auf dreißig tauſent Du - caten belauffen. Vor das eintzige und aus dem Seneca zuſammen getragene Lied: Wol dem der weit von hohen Dingen; ſol (wie mir glaubwuͤrdig erzehlet worden) der Se - lige Opitz von einem Frey-Herrn hundert Thaler bekommeu haben. Was vor freyge - bige Haͤnde unſer geliebtes Vaterland an - noch getragen / wiſſen die Muſen am beſten. Die Tugend bleibet doch nicht dahinden / ſie iſt immer als wie eine fruchtbare Erde / die in ſich Gold / und auf ſich allerhand Speiſe und Nahrung ſehen laͤſſet. Vnd ob es wol biß - weilen ſcheinet / als wenn ſie gantz und gar verhaſſet were / ſo finden ſich doch noch alle - zeit ſolche Goͤnner und Foͤrderer / daß ſie die Alten an Gutthaten uͤbertreffen / die Gegen - wertigen aber und naͤheſten zum heftigſten be - ſchaͤmen.

Jch erinnere mich hier nicht unbillich derer groſ - ſen Beliebligkeiten / die meine Großguͤnſtige Herren zu meiner wenigen Poeſie iederzeit getragen. Weß - wegen ichauch anlaß genommen / hieſige von vorneh - men und guten Freunden zur Ausfertigung erbeteneLie -Lieder unter Jhren Hoch-anſehnlichen Namen der ſpitzfindigen Welt darzuſtellen. Nicht zwar / als weñ ſie wuͤrdig weren / meine Großg: Herren zu beluſti - gen / ſondern daß ich nur ein Zeichenmeiner Schuldig - keit auffſtecken moͤchte. Jch befinde mich verpflichtet / Jhnen ſaͤmbtlich nach meinen hoͤchſten Vermoͤgen aufzuwarten. Ob ich gleich kein Opitz bin / ſo haben doch gegenwertige Lieder / wie fluͤchtig ſie auch ver - fertiget / noch iederzeit ihre Mecenaten gefunden / de - nen ſie gefallen haben. Der von Wolffsberg uud Herr Rudolph werden ſich noch unſchwer erinnern / mit was vor Luſt ſie dieſelben / benebenſt einer Viol - gambe / angehoͤret haben. Mein Großg: Herr Breh - me hat ſie ihm ingleichen belieben laſſen / daß er mir / als einen unbekanten / mit hoher Gunſt beygepflich - tet. Du auch mein Freund / Herr Albert / fuͤhreſt ſie noch taͤglich auf deiner lieblichen Zunge.

Weil dann nun Jhre guͤnſtige Gewogenheit mich verſichert haͤlt / es werde meine wenigkeit hierinnen gar nicht irren / Als hab ich ſie Jhnen zuſchreiben und uͤberſenden wollen / verhoffende / Sie werden mit ihren Sonnen dieſes ſonſt dunckle Sternlein erhel - len und er leuchten / Damit ich verbunden bleibe unter Gottes Schutz zu leben.

Jhr Wol-Edl. und Ehrenv. Leipzig / den XJ. Winter M. M DC XLJX. Allzeit Auffwartender der in der Loͤbl. Teutſch-geſinnten Genoſſenſchafft. Beſchirmende.

An

An den uͤberklugen Leſer.

JCh ſehe es dir faſt an deinen Augen an / ſcharffſinniger Leſer / daß ich / wegen meiner hieſigen Roſen-Gepuͤſche rechenſchaft zu geben / durch dein alzuzeitiges Vhrtheil veranlaſſet werde. Verziehe ein wenig und hoͤre mich. Wieich verſpuͤhre / ſo wolteſt du mich gerne beſchuldigen / als wenn ich unter den Roſen der Liebe einen grauſamen Dor - nenſtrauch verborgen haͤtte / der ſeine unver - warneten Spitzen der eitelen Thorheit und thoͤrichten Eitelkeit zimlich blicken und ſehen lieſſe. Aber wiſſe hierauff mein verantworten; Wenn ich mich bey ſo thummen Sinnen be - fuͤnde / als wie etwan du mit deinen Tade - lern / ſo muͤſte ich freylich geſtehen / daß das jenige / was der Ehrliebenden Hoͤfligkeit von dir zum Feinde gemacht werden wil / dei - nen anſchauen nach nicht allein unloͤblich / ſondern auch gar verdamlich were; Die - weil ich aber ſo viel Exempel vornehmer und treflicher Leute (die auch noch ein geſundes Gehirn in ihrem Haupte tragen / und denen weder ich noch du das Waſſer reichen) vor mir habe / ſo werde ich billich veranlaſſet / dei - ne Momiſche Geiferſucht zu verlachen / undanan deinen groſſen Maͤngeln mich zu beluſti - gen. Wenn du nur die Brille der uͤbermach - ten und unzeitigen Klugheit von deiner ge - ruͤmpfften Naſe herunter nehmen wolteſt / ſo wuͤrde dir der Dorn nicht ſo groß ſcheinen / dz er die darneben bluͤhende Roſen der Anmuh - tigkeit in deinen bloͤdeñ Augen verkleinern wuͤrde. Hat der wolberedte Eraſmus von Roterdam die Narr - oder Thorheit / Apuleius und Heinſius den Eſel / der unvergleichliche Scaliger die Gans / Ovidius / oder wer es ſonſt geweſen iſt / die Nuß / Euripides Putea - nus das Ey / Virgilius die Muͤcke / Majora - gius den Koth / Angelus Politian den Bauer / Janus Guilielmus und Acidalius die Roſen / M. Barth. Spataphora die Dienſtbarkeit / der den Storch / ein ander die Fliege / und ich weiß nicht wer / das Fieber mit ſo ſtatlichen Ruhme begaben koͤnnen / Wer wolte es denn mir verargen / wenn ich meiner Jugend den Zaum laſſen und von den jenigen / in welchen ſich ein zweyfacher Zierrath / das iſt / die Tu - gend und unvergleichliche Schoͤnheit / befin - det / mir unterzeiten etwas auffzuſetzen / nach - gehangen habe. Ob ich aber dadurch ein ſche - les Auge zu verdienen berechtiget werden moͤchte / kan ich noch nicht ſehen. Sehr bey -faͤlligfaͤllig und auf meiner Seiten ſcheinet zu ſeyn was der vorneme Niderlaͤnder Daniel Hein - ſius an den Edlen Adrian Mainekern ſchrei - bet / daß wie ein weiſer Mañ / der niemals ge - lachet habe / nicht allerdinge zu loben ſey / alſo auch die jenigen nicht zu billigen werẽ / welche ihre Muſen mit den keuſchẽ Gratien niemals vereinbarten / und alſo allerhand Schertz - reden unnd luſtige Erquickungen / doch ohne verletzung der Zucht und Crbarkeit ſich nicht auch belieben lieſſen. Vnd diß wil uns auch die Natur zuverſtehen geben. Sie hat zwar faſt eine iede Zeit einer vergoͤnlichen Luſt und freyen Ergoͤtzligkeit gewidmet / doch aber mit einer bequemen unnd abſonderlchen die Liebe voraus bedencken wollen. Wer ſihet nicht / daß wir auff den rauhen und muͤrriſchẽ Win - ter die allerſchoͤnſte Liebligkeit des anmuthi - gen Fruͤhlings zu gewarten haben? Vnd dieſe iſt eben die geringe Zeit / welche bey den Alten der Venus geheiliget / uñ daher nicht unrecht von einem vornehmen Poeten die liebe Zeit genennet worden. Du muſt es ja / Leſer / ſelbſt geſtehen / weñ du es genauer erwegen wolteſt / daß die heitere und warme Lufft / wenn ſie die Mutter aller Dinge uͤmfaͤnget und in die Ar -menmen nim̃et / zu verſtehen geben wolle / daß wir nicht lebloſe Felſen uñ unempfindliche Kloͤtze ſeyn ſollen / die Roſenblaͤtter unſerer Jugend ſo gar verwelcken zu laſſen. Mann ſehe nur die unvernuͤnftige Vogel an / ob ſie allezeit trau - rig und voller Grillen ſeyn moͤgen? Man ſe - he ſie nur an / wie ſie / als der Liebe gleichgear - tete Kinder / in ihren gruͤnen Sommerlaͤuben uͤm die rauſthenden Quellen die allerbeſten Poeten geben / in dem ſie ihr bruͤnſtigs Leiden einander zuruffen / bald ihrer Bulſchaft er - freuliche gegenwart belachen / bald aber drauf das ſchmertzliche ab ſeyn beſeuftzen und bekla - gen. Ein Roß / das allezeit in den Wagen zur ſchweren Arbeit getrieben wird / tauret nicht ſo lange / als wenn es bißweilen zum Reiten und anderer Kurtzweil gebrauchet wird. Ein Lauteniſt ſpielet nicht ſtets traurige Padua - nen und Maſcaraden / ſondern er gebrauchet ſich auch der tantzenden Couranten und Sa - rabanden. Die Sonn und der Mond / ſind nicht allezeit / bey verurſachter Finſterniß / un - ter den Wolcken verborgen / ſondern ſie laſſen ihre liebliche Angeſichte bißweilen ſehen / daß man ſich druͤber erfreuen / und in ihren ſchoͤ - nen Golde beluſtigen koͤnne. Waruͤmb ſolteſichſich ein warmer und hitziger Muth die Kaͤlte der un - freundligkrit daͤmpffen unnd unterdruͤcken laſſen? Waruͤmb ſolte er ſich ſolcher anmutigen und ohne al - len Nachteil lieblichen Ergetzung entſchlagen? Wa - ruͤm ſolte das noch nicht gegenwertige Alter die Ede - le Jugend zur Furcht bewegen? Jch bekenne es frey / das ich nach meiner Wenigkeit manche trau - rige und ſaure Stunde mir mit Luſt etwas aufzuſe - tzen verſuͤſſet habe / weil zum theil die allerherrlichſten Wiſſenſchafften / als goͤldne aͤpfel auf einen ſchoͤnen Purpur / zum theil eine Sittſame Hoͤfligkeit / als ein koͤſtlicher Wein in einem theuren Pocale darun - ter verſtecket und verborgen ligen. Daß ich aber ſo vieler Namen und Bulſchaften gedacht / iſt kei - nes weges dahin zu deuten / als ſolte unter einer ie - den Schale eine Nuß / und unter einen ieden ver - bluͤmten Worte eine abſonderliche Perſon vermum̃et und verbildert ſtehen. Jch bin hier denen vortrefli - chen Leuten / als ein kleiner Schatten einen groſſen Leibe / nachgegangen / haben ſie mich verfuͤhret / ſo wil ich mit ihnen dem Vrtheil gerne dulden und leiden / Mich beduͤncket aber / Plato / Cicero / Plinius / Apuleius / Horatius / Naſo / Tibullus / Propertius / und andere tapfere Geiſter / denen es am meiſten ge - lungen / werden deßwegen nicht zuverwerffen ſeyn / daß ſie ihre Arbeit mit einer angebildeten Liebe / und zwar mit frembden und unbekanten Benamungen / durchſuͤſſet und beſaͤnftiget haben. Wer ſchilt die hohen und faſt Goͤttlichen Maͤnner vor vnnd zu unſerer Zeit? Angerianus liebet Ce -lienlien / Marullus Neeren / Secundus Julien / Stro - tza Antien / Eobanus Flavien / Petrarche Lauren / der uͤbermenſchliche Scaliger Criſpillen und Teleſillen / Lotichius Claudien und Callyrhoen / der Hollaͤnder Homer Heinſius Leßbien / Roſſen und die Phyllis / Meliſſus Roſinen / Lernutz Hyellen / Jan von der Doͤß ſeine Jda / Acidalius Ninen / Quintien / Pſychen und Venerillen / Opitz Flavien / Aſierien / Galatheen De - lien und Vandalen / Riſt ſeine Galatheen / Mynien / Dorinden / u. d. g. Homburg ſeine Julien / Fillis / Chloris und Dorillen / der tapffere Augſpurger ſeine Flora. Ja alle und iede Poeten haben ihre ſonderli - che Namen / die ſie als ihre Gebieterinnen / vereh - ren. Wer wolte ſagen / daß der Edle Fleming unnd ſein Finckelthaus ſo viel Weibesbilder ſolten geliebet haben / als ſich Namen in ihren Schrifften befinden? Wer ſihet nicht daß er ſie nach begebenheit der Zeit veraͤndert / unnd ſeine Einbildung / wenn ſie ihm Schmertzen erreget / Cordolien / wenn ſie aber ſeiner Meinung geweſen / Concordien / und ſo fort genen - net habe? Es wird es mir niemand verargen / daß ich meine Sinnen auch eben an dem Wetzſteine ge - ſchaͤrffet habe / welcher laͤngſt vor mir andern ver - goͤnnet geweſen. Es bleibet darbey / und iſt der Poe - ten Art / wie es Herr Opitz in Nuͤßlers Perſon in ſei - ner Hercynie ſetzet / daß ſie der Natur nichts nachzu - geben / offtmahls ſachen erdencken / die nie geweſen ſind / noch ſeyn werden / eine Liebe machen / die ſie nie in den Sinn gebracht. Vnd zum theil ander Leute Buhlſchafften / Eitelkeiten unnd muͤßige Vnruhe /Bdurchdurch ihre erdichtete fuͤrbilden zum theil die Einſam - keit / darinnen ſie ſich dieſer zeit befinden / lieber mit dieſen als mit nichts (ich ſetze hinzu als nichts uͤbels thun) erleichtern wollen. Steckt aber ja auch et - was von den anmuthigen uͤbel bey ihnen / ſo muͤſſen ſie dencken / das die gantze Welt der liebe als wie ein Ballenſpiel ſey / darinnen ſieauch uͤmgetrieben wer - den / und das war ſey was die Liebe in den Hollaͤndi - ſchen Sinnbildern ofterwehnten Heinſiens allen Menſchen fuͤrhelt.

Den ſtercken ben ick ſterck / den ſachten ſachte banden /
En koomen werpick om hett wyckt doch al mynhanden
Alwat de ſchoone Son beſtra elthet ifeen Kind
Een Kind / een Kind alleen / dat ſo veel mannen bindt.
Wat wonder iſt dat Haer de Menſche nover gheven
Als ick de Lecuwen room / en onder my do gheven?
Wat ſtrydt ghi teghen my? alſ doch ſoo weſen moet /
Waerom en leertghyniet my komen re ghemẽet.

Damit du aber auch von dem Titel unterricht einholen moͤgeſt (daß ich weis / daß du dich auch darumb bekuͤmmerſt) ſo wiſſe daß ich ihn darumb von den Roſen entlehnet / die weil ſie der Liebe gehei - liget ſeyn / wie Anacreon in der J. V. Ode ſolches be - zeuget. Die Vrſache gibt Ovidius in der Fabel von dem Adonis. Pauſanias ſpricht es ſey wegen des lieblichen geruchs / und der anmuthigen Farbe Da - her haben die alten den Haſtam / der der Venus zu ſtunde / zur Fruͤhlingszeit mit einem Apffel / den Apffel aber mit Roſen uͤmbſchloſſen / anzudeuten / das in die Lentzenzeit / in welcher alles zu lieben ſchei -net /net / herbey kommen / und die Ernde zu hoffen we - re. Weil ſie auch ein Zeichen des ſtillſchweigens und der Verſchwiegenheit iſt / und die Liebe Schwatz - hafftige Zungen nicht leiden kan / als wil ich es auch vor eine urſach anziehen. Denn die alten Griechen hielten abſonderlich dieſen Brauch / das damit aus ihren Gaſtereyen oder andern Zuſammenkuͤnfften nicht austragen wuͤrde / ſie dem Harpocrati dem Gott (die Roͤmer aber der Angorona der Goͤttin) des Stillſchweigens die Roſen aufgeſetzet / unnd dem / der irgend aus unbedacht etwas vorbringen wolte / gewieſen und gezeiget haben. Daher iſt das Sprichwort auch auff uns Teutſchen kommen / das wir das / was wir heimlich gehalten haben wollen / fuͤr unter der Roſen geredet / ausgegeben / wie denn an unterſchiedlichen Orten noch heutiges Tages groſſe Roſen aus Holtze uͤber den Tiſchen zu ſehen ſeyn. Anderer Vrſachen (als das die Roſe die liebe erwecke / das ſie bald wie die liebe wandelbar werde / daß ſie vordeſſen zu Kraͤntzen und zum Zier - rat der Zimmer (in deren eins die Cleopatra vor ein Talend hat ſtreuen laſſen) darein die verlieb - te zuſammen kommen / gebrauchet worden / vor - aus zu geſchweigen. Roſen-Gepuͤſche aber habe ich es nennen wollen / dieweil ich keine ſonderliche Ord - nung gehalten und in acht genommen habe. Diß ſey kuͤrtzlich die Antwort auff dem ungegruͤndtes vorbringen. Wirſtu nu die Roſen mit Glimpffe brechen / ſo wird dir kein Dorn zu wieder ſeyn / wirſt du aber mit Vnvernunfft hinzufahren / ſo wirſtu em -B ijpfin -pfinden / daß ſie dir mehr als du ihnen ſchaden zu fuͤ - gen werden. Jch gebrauche mich hier eintzig und al - lein deſſen / daß die Roſen Jungfern / das iſt / keuſche und reine Blumen ſeyn / welche niemand zu einigen argen veranlaſſen koͤnnen / unnd laſſe mir dieſe uͤber - ſchrifft gefallen / die an einem uͤberaus ſchoͤnen Luſt - garten in Niederland ſtehen ſol.

MODESTÆ VOLUPTATI, NON VANITATI.

Denn wie manche den Wein zur luſt trincken das vollſauffen aber andern befehlen / alſo wil ich meine Poetiſche Ergetzligkeit auch gedeutet haben.

Lebe wol.

Nach -1

I. Nacht-Lied.

MEine Burg iſt nun erſtuͤrmt
und mit Feuer eingenommen /
Du / du aber biſt bethuͤrmt /
und zu Danaen hinkommen.
Jſt Acriſius darinnen /
der / Aſterie / vor dich /
Haͤrter noch zu quaͤlen mich
Cingeſchloſſen deine Sinnen?
Regne doch du Sternen-Heer /
Nur zum. Zeugen des Verlangen /
Das vergoͤldte Liebes Meer
Auff den Glantz der Purpur-Wangen.
Oder / fuͤrchtſtu dich zuflieſſen?
Ach ſo troͤpfle mich zu ihr!
Jch wil eine neue Zier
Vm den zarten Leib hergieſſen.
O wie ſanffte ſchlaͤffſt doch du
Bey dem Spiel der ſuͤſſen Traͤume!
Mich nur decken ſonder Ruh /
Die verdorten Mandel-baͤume
Wie der Pan / ſo vor der Sonnen
Offt in unge[b]aͤhnter Flucht
Die zu ſchnellen Nymfen ſucht:
So bin ich dir nach geronnen.
B iijStell -2D. S. erſtes
Stellte mir die Tugend frey /
dir ein Opffer anzuſtellen /
ſolte / Goͤttin meine Treu /
Toͤdten mich auf deiner Schwellen.
Ja / ich wolt das Moͤrder-Eyſen.
Davor manchen offt gegrauſt /
alſo bald mit meiner Fauſt
ſelber durch mein Hertze weiſen.
Aber Tugend / die du haſt /
haͤlt mich allzeit noch zuruͤcke /
biß mich unter meiner Laſt
dein anſchauen einſt erquicke
kan zuletz ich was erlangen /
ach / ſo gib mir einen Blick /
deine Tugend iſt der Strick /
der mich ietzund fuͤhrt gefangen.
Nun ſchlaff wohl / Jch bin geſund /
o Aſterie / du Schoͤne!
ich ſchwehr dir auff deinen Mund /
dasich alle Falſchheit hoͤne.
Mir iſt ewig angeſtorben
der ſehr herbe Lorbeer-Krantz.
Bring ich dich auch an den Tantz /
ey ſo hab ich gnug erworben.

II Sie Liebet Jhn

Fuͤnckelt ihr Goͤldnen Himmels-Sternen!
blitzet jhr hellen Nacht-Laternen!
Jauch -3Roſen Gepuͤſche.
Jauchzet ihr Stralen an der Sonnen[/]
rauſchet ihr kuͤhlen Waſſer-Bronnen /
Aſterie wil ſich zur Liebe verdammen /
die keuſche Bruſt fuͤhlet die blinckenden Flammen
Tugend und Gunſt
mehret die Brunſt /
welche die Rauchenden Geiſter anbrennet.
Hertzgen und Mund
ſtehen verwund /
daß ſich Aſterie ſelber nicht kennet.
Brummende Donner Hagel-ſpitzen /
Feuer-beſtraltes Wetter blitzen /
Krachende Wolcken / Harte Schlaͤge /
fliehet Aſterien auß dem Wege /
beraͤumet die Weißlichte Straſſe dort oben /
Aſterie bleibet unſterblich erhoben.
bleiche nun gantz /
Luna / dein Glantz
wird die verduͤſterten Augen verlaſſen /
Hinde / ſpann an /
zeichne die Bahn /
ihre Hand koͤmmet den Zuͤgel zu faſſen.
Fahre nun wol auß deinen Taͤchern
zu den vergoͤldeten Liebes Gemaͤchern.
Sage / du wolleſt aller enden
Venus gebutzten Leib beſchaͤnden.
Erzehle wie Paris mit Freuden-gethoͤne
dir geben den Apffel das Zeichen der Schoͤne.
Melde darbey /
Sylvius ſey /
B j vwel -4D. S. erſtes
Welcher ihn koͤnne durch Tugend erwerben.
Koͤmſtu / mein Gluͤck /
Wieder zuruͤck /
Will ich dein willigſter Diener erſterben.

III. Sie ſol der Jugend brauchen.

KOm Liebſte / laß uns Roſen brechen /
Weil ſie noch voll und farbicht ſeyn
Laß andre / was ſie wollen / ſprechen /
Die Flucht ſchleicht ſich den Jahren ein.
Wir muͤſſen unverwendet ſchauen
wie uns dis alles folgen muß /
die Jugend traͤgt ſich durch die Auen
geſchwind mit unvermerckten Fuß.
Das Haar / der Mund und dieſe Wangen
vergehen offt in kurtzer Zeit.
Der Augen-liechter goͤldne Spangen
ſeyn fuͤr dem Tode nicht befreit.
Die edle Schoͤnheit der Geberden /
die meiner lieben Mutter iſt /
kan durch den Wind verwehnet werden.
Komm Liebſte / weil du jung noch biſt.
Wer ſucht den Maͤyen unſrer Tage
Hernach / iſt er einmal vorbey?
Haͤufft ſich des Winters Leid und Plage /
ſo ſind wir aller Liebe frey.
Wie ſich ein Regenſtrom behende
Von Bergen in die Thaͤler geuſt:
So reiſſen wir uns ſelbſt zum Ende /
Daß uns itzund ſchon eylen heiſt.
Sind5Roſen-Gebuͤſche.
Sind wir in duͤrren Sand geleget /
So werden wir und bleiben bleich.
Ein Stock der keine Zweige traͤget /
Jſt keiner friſchen Myrte gleich.
Druͤm laß uns lieben / wie es gehet /
eh noch der Abendſtern anbricht.
Wer in der Liebe nichts verſtehet /
der braucht der edlen Jugend nicht.

VI. Von ihren Kuͤſſen.

Cyntia wenn ſie will kuͤſſen /
wil ſtaͤts eine ſatzung wiſſen /
wie viel ſie mir geben ſoll.
Weil ſie Tugend ſtets veruͤbet /
und ihr Maß und Ziel beliebet /
ſie hat das Mittel halten woll.
So viel ſprach ich an dem Rande
koͤrner liegen in dem Sande:
So viel Naß der Staub annimt /
ſo viel Kuͤſſe / ſolſt / mein Leben /
dn ſtaͤts meinen Lippen gebeu /
biß in meine Rechnung koͤmmt.
So viel Liechter in den Luͤfften:
ſo viel in den Wolcken-Kluͤfften
Sternen Gold verborgen ſteht /
daß der Jugend auff den Auen /
heimlich pfleget zuzuſchauen /
wenn die ſtille Nacht angeht.
So viel will ich dir entlehnen /
B vwilſtu6D. S. erſtes
wilſtu denn dich fuͤr der ſehnen /
ob ich auch noch weiter kan /
ſollen deines Mundes Klippen
von den halb verblaßten Lippen.
alle wieder nehmen an.
Doch wil ich dirs beſſer ſagen:
Kuͤſſe biß ich werde fragen:
Schoͤnſte! haſtu keinen mehr?
oder wilſtu hier noch wehlen /
biß ich ſelbſt nicht mehr kan zehlen /
Cinthia / als den auffhoͤr.

V.[Vber] ihr Angeſicht.

JHr augen voller Brunſt / und du du Purpur -
Mund /
(kunt
der braunen Suavien / die mir offt rahten
und du der weiſſen Auen
Benelckte Wangen-zier
pfleg ich euch anzuſchauen /
iſt nichts / als Luſt / bey mir.
(an.
Dich / Venus und dein kind ruff ich zum Zeugen
das meiner Suavien ich bleibe zugethan.
Weil man mich wird behalten
der greiſen Ewigkeit /
ſoll nichts an mir erkalten /
mein Hertz brennt allbereit.
Jhr Himmels-Goͤtter ihr / die ihr fortſtecken koͤnt
des Menſchen lebensziel / mir leben noch vergoͤnt /
auff das ich moͤge ſtillen
Den7Roſen-Gepuͤſche.
den heiſſen Thraͤnen-ſtreit /
hergegen nur mit willen
Erſchallen weit und breit:
Jhr Augen voller brunſt / und du du Purpurmund
der braunen Suavien / die mir offt rathen kunt /
und du / der weiſſen Auen
benelckte Wangen-Zier /
pfleg ich euch anzuſchauen /
iſt nichts / als Luſt bey mir.

VI. Seine toͤdtliche Schmertzen an Roſomenen.

BRand / Feuer! Flammen und Hagelſteine,
betaͤuben / O Schoͤne / mein Angeſicht /
das ich taͤglich weine.
meine matten Glieder
ſchlagen mich darnieder /
ob ich ſey der deine /
Gut / Muht / Blut vergehen
Wenn ſich die Nymphcn zun Roſen machen /
und brechen den uͤbernatuͤrlichen Glantz /
liegen meine Sachen /
weil ich / Roſomene /
deine zarte Schoͤne
vor mir ſehe lachen /
Hand / Pfand / Brand zu toͤdten.
Ach ſolte ich deiner zum beſten gedencken /
und ſehen das ſilber der reinlichen Bruſt /
wuͤrde mich nichts kraͤncken /
mein Hertz wuͤrde leben /
und in Freude ſchweben.
8D. S. erſtes
wenn du wuͤrdeſt lencken
Hertz / Schertz / Schmertz und brennen.
Weil aber deine Beliebligkeiten /
benebenſt der Tugend Rauch und Gluth /
mit einander ſtreiten /
duͤrffen meine Flammen
nicht alſo beyſammen
uͤber dich ſich bereiten /
Lufft / Klufft / Grufft / zu ſchreyen.
Doch hoff ich / Schoͤne du wirſt noch retten
den deinen befreundeſten Diener hier
von den Demant-Ketten.
denn werd ich zum Fuͤſſen
willig treten muͤſſen /
die mich gerne haͤtten /
Leid / Streit / Neid nnd Haſſen.
Schau an des bleichenden Mundes-Roͤthe /
beſchaue der Wangen begangenen Mord /
hier ſind deine Toͤdte.
Die mit Stoltz und Lieben
deinen Grimm veruͤben
an verborgener ſtaͤte /
Pracht / Macht / Nacht die zeugen.
O Roſemene / wilſtu noch trutzen
beneben den Schatten auff Schoͤnheit und Wind
die gar wenig nuͤtzen?
Schoͤnheit / Wind und Liebe
ſtehn in einem Siebe /
ſonder Preiß und ſtuͤtzen /
Wind Kind blind zubleiben.
Wolan /9Roſen-Gepuͤſche
Wolan / laß dich nur immer verfuͤhren
Deines beroͤhteten Mundes Zier.
Jch / Jch will bezieren
mit dem Grabeſteine
und mich ſelbſt verlieren.
Noth / Todt / Gott ich ſterbe.

VII Die ſchaͤdliche und nicht ſchaͤd - liche liebe.

KAn wol einer mir anſagen /
daß er ſehr verliebet ſey?
Niemand / hoff ich / wird ſich klagen
uͤber ſolche Gaͤuckeley.
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Laura glaͤubt es nicht.
Die verliebten Augen-blicke
brennen Hertz und Geiſter an /
daß man ſich bey rechten Gluͤcke
in der Brunſt nicht kennen kan.
Venus doch zu Damon ſpricht;
Du / und Laura glaͤubt es nicht
Auff den zarten Jungfer-Wangen
bluͤhet Noht / und reiffet Pein.
Doͤrner bey den Lippen hangen /
wer ſie kuͤſſet / ſticht ſich drein.
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Laura glaͤubt es nicht:
Jn den Bruͤſten liegt begraben
das verfluchte Liebes-Gifft.
Den[ck]10D. S. erſtes
Denckt ſich einer da zu laben /
ihn die aͤrgſte Marter trifft.
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Laura glaͤubt es nicht.
Haͤnde ſchertzen zwar im lieben /
doch iſt bey dem Schertze Schmertz /
der die liebſten kan betruͤben
und verderben hinterwerts /
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Laura glaͤubt es nicht.
Haar-Goldt faͤſſelt / wie die Ketten
Zunge / Mund / Hertz / Geiſt und Sinn.
Die dich kan davon erretten /
iſt der Chontho Nachbarin.
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Laura glaͤubt es nicht.
Hertzen / Kuͤſſen / Haͤnde-druͤcken /
lieben bey zn ſpaͤter Nacht /
ſich zu Tage hoͤfiſch buͤcken /
hat offt manchen uͤmgebracht.
Venus doch zu Damon ſpricht:
Du / und Niemand glaͤubt es nicht

VIII. An ſeinen unruhigen Sinn.

VNd ſoll ich mich noch immer kraͤncken
uͤm das / daß ich nicht endern kan?
Hoͤr auff mein Sinn alſo zu dencken /
Steh ſteiff und feſter als ein Mann.
Jedoch ſo hoffe noch bereit /
auff11Roſen-Gepuͤſche
auff trauren folget Froͤligkeit
mit Gott und der Zeit /
Wil Salyben jetzund nicht lachen /
ſo weine du auch nicht zuviel.
Jch weiß / auff Donner / Vlitz und Krachen /
regt der verliebte Weſt ſein Spiel.
ob gleich der Winter brauſt und ſchneyt /
ſo lacht der Fruͤhling anderweit
mit Gott und der Zeit.
Bey Roſen ſtehn zwar ſcharffe Dornen /
daß man ſie ſchwerlich brechen kan.
ſetzt aber Muht und Glut von fornen
mit gantzer Macht behertzter an /
und fraget nicht nach Neid und Streit /
ſo foͤrderts die Gelegenheit
mit Gott und der Zeit.
Ein Rebe muß erſt Thraͤnen bringen /
eh daß er ſuͤſſen Moſt ſchenckt ein /
ſoll eine Quelle hoch auff ſpringen /
ſo muß ſie vor geſencket ſeyn.
ein kuͤhner Muht muß vor ans Leid /
eh er geneuſt der Froͤligkeit
mit Gott und der Zeit.
Trit her / und kuͤß die weichen Haͤnde /
O Sclave / deiner Koͤnigin /
biß das der Vnmuht nimt ein Ende /
und ſchlaͤget allen Frevel hin.
Trit her / es wird die Einigkeit
verjagen allen Haß und Strett
mit Gott und der Zeit.
Die12D. S. drittes
Die Augen ſind zwar voller Flammen /
und toͤdten mich mit einem Blick /
doch laß dich nicht ſo bald verdammen /
halt / halt / mein Sinn halt noch zuruͤck!
was vorhin war mit dir gedreyt /
das wird zuletzte noch gezweyt
mit Gott und der zeit,
Der Marmor Leib / der glat polieret /
und als ein reines Silber iſt /
der hat dich alſo angeſchnuͤret /
daß du auch dein nicht ſelber biſt.
Doch traue mir / die Hoͤfligkeit
erbarmt ſich deiner albereit
mit Gott und der Zeit.
Ja Sie / die edle Salybene /
die edle Salybene / die
die Weltgepreiſte Wunder-ſchoͤne /
Ja Sie / die Goͤttin eben Sie /
Sie wird den unverſchuldten Neid
nach wundſche legen auch beyſeit /
mit Gott uud der Zeit.
Ob du kanſt ihr ſchon nicht gleich gehen /
ſo iſt doch deine Demuth hier.
Ein tieff gebuͤcktes untenſtehn
iſt deiner Schoͤnheit gantze Zier.
Laß andre fliehen hoch und weit /
mit Gott und der Zeit.
Druͤmb13R[o]ſen-Gebuͤſche.
Druͤmb lege deine Sorgen nieder /
du krancker Sinn und liebe nur.
Vielleicht wil dir das Gluͤcke wieder /
und bringt dich endlich auff die ſpur /
damit du voller Traurigkeit
nicht duͤrffeſt ſagen anderweit.
Mit Gott und der Zeit.

IX An ihre Lippen.

JHr Lippen / die ihr Blut der Purpur-ſchnecke
traget /
(get
und den Corallen-glantz mit eurer Zierde ſchla -
wer hat euch ſo verliebt den Roſen eingeetzt /
und ein ſo ſuͤſſes Meth auff euren Mund geſetzt?
Mein Hertze ſprang mir auf / dz Lebẽ wolte weichẽ
ich fing ſchon allgemach fuͤr ſehnen an zubleichen /
bis eure Fillis kam / und legte ſich darein /
das ich und ihr und ſie bekuͤſſet muͤſten ſeyn.
Wie wurd ich da enzuckt / als das beſuͤſte knallen
zu ihr bald / bald zu mir vermiſchet konte fallen
mit einer zarten Flut! Wol mir nun daß ich wund
erſt durch euch worden bin / und wieder auch geſund
nun ich will / weil ich kan / die ſanffte Wahlſtat
ehren /
und meinen Mund auff euch / Rubina / kuͤſſen lehrẽ /
verzeihet aber mir / daß Fillis das gethan /
ſie nam mich iederzeit / durch euch / zum Diener an.
CJhre14D. S. erſtes

X. Jhre Kuͤß-Roſen.

WEr wil / mag ſtehen nach den Dingen /
die biß zum blauen Wolcken gehn.
Jch laſſe mich die Pracht bezwingen /
die ohne wancken kan beſtehn.
ein ander ruͤhme Blumen-Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Komm ich in gruͤnen fruͤh ſpatzieren /
ſo blincken mich zwar Roſen an /
Kuͤß-Roſen aber die verfuͤhren /
weil ich ſie luſtig brechen kan.
Ein ander ruͤhme Blumen-zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Der Tulipan aus frembden Landen
ſteht hier bey uns in groſſen werth /
wenn die Kuͤß-Roſen ſeyn verhanden /
hab ich der Tulpen nie begehrt.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Ein kluger Gaͤrtner kan wol ſagen:
Belobet iſt der Hyazinth /
Kuͤß-Roſen aber mehr behagen /
wenn ſie von ſchoͤnen Feldern ſind.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Die Sammet-Blumen ſeyn geprieſen /
weil ihnen keine Zier gebricht.
Kuͤß -15Roſen-Gepuͤſche.
Kuͤß-Roſen von den Wangen-Wieſen
verachte warlich keiner nicht.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Die Lilje wird belobt genennet
von dem / der ſie recht brauchen kan.
Wer aber die Kuͤß-Roſen kennet /
ſetzt Liljen Schnee-Geruch hindan.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Man hebt das Silber der Narciſſen
hier von der Erden Himmel-an:
Kuͤß-Roſen an den Mundes-Fluͤſſen
behalten doch die Lobes-Fahn.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Die Tauſent ſchoͤnen liebt ein jeder.
und zeugt ſie andern Blumen vor.
Weiß aber nicht / daß ihm zuwieder /
Kuͤß-Roſen ſteigen mehr empor.
Cin ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.
Thau-Perlen koͤnnen fruͤh erqvicken
den gelb - und halb verdorten Klee.
Kan ich auff Roſen Roſen pfluͤcken /
entwehnet ſich das Schmertzen-weh.
Ein ander ruͤhme dieſer Zier /
Lieb / die Kuͤß-Roſeu gehen fuͤr.
Nim Blumen / Roſen / nim Narciſſen /
nim Tulpen / Liljen / Tauſendſchoͤn /
nim16D. S. drittes
Nim die / die von der Sonnen wiſſen /
nim / die in Sammet-Kleidern ſtehn;
Nim Blumen-Pracht / nim alle Zier.
Lieb / die Kuͤß-Roſen gehen fuͤr.

XI. Nichts mehr als ein Kuß.

AMaranth / ich muß dich lieben /
und dir wol gewogen ſeyn /
eine ſolche Freundſchafft uͤben
bleibt bey Luſt und ſonder Pein.
Du ſitzt ſchwartzbraun an den Bronnen /
der zugleiche mit mir brennt.
Wer mich deinen Liebſten nennt
redet gar nicht unbeſonnen.
Lieb ich? ſo geſchichts mit Rechte
nur umb einen feuchten Kuß /
Venus hat mich nicht zum Knechte /
daß ich ſie bedienen muß.
von den Augen biß zum Lippen
geht die Liebe / weiter nicht /
denn wer ſich hierin verbricht /
der wird Ehr und Gut verſchippen.
Mars der iſt von dir entſprungen /
ich wil nun Adonis ſeyn /
welcher Venus vorgeſungen
ſeine Lieb und Todes-Pein /
nur bey deinen braunen Schaffen
Auff17Roſen-Gepuͤſche.
Auff den Wieſen in den Klee /
biß ich wieder von dir geh /
matt von Kuͤſſen einzuſchlaffen.
Was ein Baum iſt ſonder Blaͤtter
bin ich ohn ein junges Bild.
Schlaͤgt der Liebe Donner-Wetter /
hat es ſchon den Blitz geſtillt.
Drumb weil ich dich hab erkohren /
ſo verbleibe guͤnſtig mir.
Was ich offt geſchworen dir
iſt und bleibet ſtets geſchworen.
Nun ſo laß dich willig kuͤſſen /
und auff kuͤſſen weiter nichts.
Jch bin nur auff Luſt befliſſen /
und auff Warheit des Gerichts.
Mein Mund ſol an deinen kleben.
Wenn dein Sinn und meiner wil
heltſtu mir / und ich dir / ſtill /
kuͤſſen iſt mein liebend Leben.

XII. Lauren Abſchied an Amaranthen.

AMaranthe das iſt war /
ich und du wir lieben beyde /
wir beſingen Mund und Haar
auff der kuͤhlen Sommer-Weyde /
wir beſehn das fette Graß /
wie es blanck beſilbert ſtehet /
wie der Phoͤbus ſeine Straß
im verguͤldten Feuer gehet.
C iijAma -18D. S. erſtes
Amaranthe / du haſt mich
in den Kercker eingeſchloſſen /
als die Roſen uͤber ſich /
gleich zum andern mal entſproſſen.
Als der weiſſe Silberblick
heller als die Sternen-Leuchte /
war ich dein / und du mein / Strick /
der uͤm Hand und Hertzen reichte.
Amaranthe / du haſt mir /
nach der Hand / den Mund gegeben /
darauff haſt auch du bey dir /
meiner Freyheit Todt und Leben.
Jch bin nun in deinem Sinn /
als ein Stein in ſeinem Golde.
Wer wil / ſuche ſonſt Gewinn /
mich vergnuͤget deine Holde.
Amaranthe / deinen Mund
hab ich laulicht angeruͤhret /
Ach da / da ward ich verwund
im Thriumphe fort gefuͤhret.
Du blieſt mir die Hitze zu /
Flammen gingen nach dem Hertzen /
daß ich nun ſo bin / machſtu
mit den hellen Sonnen-Kertzen.
Amaranthe / meinen Kuß
ſatzt ich dir auff deine Wangen /
da du drauff zum uͤberfluß
bliebeſt unbeweglich hangen /
biß der ſuͤſſe Zimmet-Thau
nach der Lippen Purpur rante /
und19Roſen-Gepuͤſche
und ich auf der gantzen Au /
nichts / als deine Roſen kante.
Amaranthe / nun ich weis /
daß die Liebe wol bethronet /
angeregt durch deinen Fleis /
in geeinten Kercker wohnet.
Waß nur an dir lieben kan /
Hand und Mund / der Kuß / die Lippen /
ſchreyt mich deinen Liebſten an
auff des hohen Hemus Klippen.
Amaranthe / druͤm ſey wahr /
was ich ohne Schertz-Wort ſchreibe:
Laura bleib nun immerdar /
weil ſie wolte / Laura bleibe /
weg mit Lauren / weg mit ihr /
ſie ſey immer hin entronnen /
die du liebeſt nach gebuͤhr /
Amaranthe / haſt gewonnen.

XIII. Die Steinerne.

GLaͤntzender Strahle der bluͤhenden Jngend /
Muſter der Erden / und Wunder der Welt /
ſtreue das leuͤchtende Feuer der Tugend
uͤber dein bluͤhendes Roſen-Gezelt.
Toͤdte dein Hertze / dein Hertze von Stein /
wilſiu nicht gaͤntzlich von Deamant ſeyn.
Leugneſtu / Schoͤnſte / nach deinem behagen /
Daß du von Steinen zuſammen geſetzt?
Waͤlder und Felder die werden es ſagen /
B iiijWie20D. S. erſtes
Wie du mich armen in Blincken verletzt?
Daſne / Narciſſus der harte ſamt Pan /
klagen die ſteinerne Haͤrtigkeit an.
Glaͤube nicht / Schoͤnſte / daß ich dich wil loben /
gleichſtu gleich Paphens und Jliums-Pracht /
wird wol ein Tempel zum Sternen erhoben!
welcher auß ſchwereſten Steinen gemacht?
ſtellſtu dich weicher als waͤchſern / O Zier?
treugſtu / die Glieder ſind ſteinern an dir.
Jupiter machte die Faden der Haare /
aber von Chryſolyth und von Magnet /
Chryſopras iſt nur die teuere Waare /
welche dir / ſchoͤne / zum lieblichſten ſteht /
Agtſtein / Berillen und goͤldner Saphir
ſagen / die Haare ſind ſteinern an dir!
Glantzbar iſt an dir die Stirne zuſchauen /
froͤlich und munter / und ohne verdacht /
aber / wer darff dir das Angeſicht trauen /
weil es aus haͤrteſten Marmor gemacht?
kanſtu nicht lieben / O ſchoͤneſte Zier?
glaube es / die Stirne iſt ſteinern an dir!
Schoͤne! wie? ſihet das Angeſicht dunckel?
hat dir Cupido die Sterne verletzt?
haſtu nicht Augen? Ach zweene Carfunckel
wurden fuͤr Augen hin in dich geſetzt.
Streueſtu goͤldene Stralen zu mir?
glaͤub es / die Augen ſind ſteinern an dir!
Artlich durchflinckern die Roſen die Wangen /
wenn ſie durch Laͤcheln geziereter ſeyn.
Wil ich (Ach Schinertze!) ſie kuͤſſend umfangen /
ſind21Roſen-Gebuͤſche.
ſind ſie nicht anders als Sardiſcher Stein.
Wilſtu noch leugnen / O ſchoͤneſte Zier?
Glaͤub es / die Wangen ſind ſteinern an dir!
Traͤgeſtu / Kunſtſtuͤck / auch roͤtliche Lippen /
welche dem Amor am dienſtlichſten ſeyn?
Nein. Es ſind harte Corallene Klippen /
Schiffbruch iſt eintzig bey ihnen gemein.
Rege ſie / wie du wilt / Schoͤne / vor mir.
Glaͤub es / die Lippen ſind ſteinern an dir!
Zarte der Schoͤnen / die brallenden Bruͤſte
ſind Alabaſter / mit Tuͤrckiß durchetzt,
An dem beweiſſeten Liebes-Geruͤſte
ſtehen Rubine zufoͤrderſt geſetzt.
Hebſtu die Baͤlge / Schoͤninne / vor mir?
Glaͤub es / die Bruͤſte ſind ſteinern an dir!
Summa / die Naͤgel der Finger / die Glieder /
die du bey andern fuͤr Goͤttlich geacht.
Arme und Beine / des Angeſichts-Lieder /
wurden von Mutter der Perle gemacht
Zeigeſtu / Schoͤne / die Perlene Zier?
Treugſtu / die Glieder ſind ſteinern an dir!
Andere ſchreiben von Adamant-Hertzen /
andere ſetzen den Kieſel darzu.
Jch kan die Warheit / O Hertze nicht ſchertzen /
Hertze der Donnerſtein ſelber biſtu.
Zittert und wallet es / Schoͤne / vor mir?
Glaͤub es / dein Hertzgen iſt ſteinern an dir!
Wuͤrd es ſo leichtlich mit Blute gezwungen /
wie ſich ſonſt zwingen der Deamant leſt /
weren mir laͤngſten die Adern geſprungen /
C vaber22D. S. erſtes
Aber der Donnerſtein bleibet zu feſt /
daß ich nun ſagen muß / ſteinerne Zier:
Alles iſt haͤrter / als ſteinern / an dir.

XIV. An ſeine Melinde.

Fuͤrſtinne meiner Seelen /
wie kanſtu mich denn nur
biß an das Leben quaͤlen /
du ſchoͤne Creatur?
Kann denn die Marter meiner Liebes-Pein
durch dich nicht einmal außgetilget ſeyn?
Melinde laß dein wancken /
nim die Beſtaͤndigkeit
mit li[e]blichen Gedancken
in deine Sicherheit.
Erzeige meiner angeregten Brunſt
des Mundes Kuß / und deines Hertzens Gunſt -
Gib her die Gegen-Liebe /
die du nicht bey dir haſt.
Jch finde was ich uͤbe /
an mir halb Luſt / halb Laſt.
Halb luſt an deiner Augen-Gold und Glantz /
halb Laſt / dieweil du mich wilt toͤdten gantz.
Verſchone meines Lebens /
ich liebe wie ich ſol.
Biſt du den gar vergebens
ſo groſſer Schoͤnheit voll?
Vmbſonſt iſts nicht / daß dir der Goͤtter Rath
ſo eine Treffligkeit verliehen hat.
Auff23Roſen-Gepuͤſche
Auff dieſer gantzen Erden
hat iedes ſeine Pflicht /
warum es muſte werden.
Du aber / Schoͤne / nicht.
Zum lieben biſtu Goͤttin / außerkieſt /
noch dennoch bleibſtu allzeit wie du biſt.
Koͤnt ich in dir erwuͤrgen
die groſſe Tyranney /
ſo wolt ich mich verbuͤrgen /
mich bald zu machen frey.
Dann wuͤrd ich allzeit / ſonder Angſt und Pein /
in deinem Hertzen / O Melinde / ſeyn.
Jch muß mich ſelbſt verfluchen
das meine Redlig keit
dich ie hat wollen ſuchen
bey ſolcher truͤben Zeit.
Nun aber kan ich nicht zuruͤcke ziehn /
du biſt der Strick / der leſt mich nicht entfliehn.
Kom Todt / ich wil dir geben
ein feiſtes Opffer hin.
Hier iſt mein kranckes Leben /
hier iſt mein krancker Sinn.
Jhr muͤden Geiſter ſcheidet von mir ab /
ich eile fort von euch ins finſtre Grab.
Bedencke dich / Melinde /
ob ich auch ſchuldig ſey
uͤm dich mich ſo geſchwinde
der Gruft zu ſetzen bey.
Bedencke dich / mein Schatz / ob dieſe Noth
nicht ſey mein Ruhm und dein gewiſſer Todt.
24D. S. erſtes.
Doch gleichwol wil ich hoffen /
vielleicht koͤmt noch der Tag /
bey dem ich angetroffen /
was dieſer nicht vermag.
Vielleicht faͤlt auff den duͤrren Sonnenſchein
ein Honigſuͤſſer Thau und Regen ein.

XV. An die unbarmhertzige Chloris.

CHloris meine Wonne /
meiner Augen Sonne /
meines Hertzens Luſt /
iſt dir nicht bewuſt /
was vor Angſt und Pein
ich von wegen dein
ſtuͤndlich muß gewaͤrtig ſeyn?
Soll ich den verderben
und in Liebe ſterben?
Soll mich meine Noth
bringen in den Todt?
Ach! ſo laß mir zu /
das die letzte Ruh
ich auff deinen Bruͤſten thu.
Was in meinem Hertzen
lebet / das ſind Schmertzen
ſtets mit Angſt umringt /
die die Seufftzer zwingt.
Tauſend da und hier
ſtellen dich O Zier /
meinen armen Augen fuͤr.
Wenn25Roſen-Gepuͤſche
Wenn der Morgen leuchtet /
und das Graß befeuchtet.
Wenn die Morgenroͤth
in dem Golde ſteht.
Wenn der Himmel lacht /
wird mir deine Macht
viel verliebter vorgebracht.
Tauſent Sterne ſtehen /
tauſend Sterne gehen
vor mir hin und her /
wenn ich dein begehr.
Du / mein Abend-Liecht /
nur du / goͤnſt mir nicht
dein ſo liebes Angeſicht.
Schaue meine Wangen /
wie ſie ſeyn umbfangen
mit ſo groſſer Noht.
Ach / ich bin ſchon todt!
Meiner Seelen Geiſt
iſt faſt allermeiſt
in ſein ſchwartzes Grab gereiſt.
Wilſtu mich noch retten
von des Todes Ketten /
und noch anderweit
rathen meiner Zeit /
ach / ſo kom behend!
Was mich von dir trennt /
wird durch einen Blick gewendt.
Kan ich hier auff Erden
nicht erledigt werden
mei -26D. S. erſtes
Meiner groſſen Laſt /
ſo wil ich gefaſt /
deine Grauſamkeit
auch nach dieſer Zeit /
ſtets erzehlen weit und breit.
Nun / Ade! ich ſterbe.
Ob ich auch verderbe /
wie ein falſcher ſol /
das bedencke wol.
Chloris / meine luſt /
die mir war bewuſt /
dencke / daß du buͤſſen muſt.

XVI. Die ſchoͤne Philurene.

Fleuch / fleuch / Venus / aus den Waͤldern /
und du / Pallas / Venus nach.
Ziehet beyde von den Feldern
Jn das weite Frauen-Tach /
wo die nackten Charidinnnen
uns die weiſſen Kraͤntze ſpinnen.
Ziehet weg von Philurenen /
beyden gehet ſie weit vor.
Auff den Angern / bey den Schoͤnen /
fuͤhret ſie den Jungfer-Chor /
da die Hirten voller ſpringen
Eintzig ihren Preiß beſingen.
Schaut ihr Seiden Haar hinfliehen /
Jhr Camenen / ſchaut den Schnee /
den27Roſen-Gebuͤſche.
den ſie willig hin laͤſt ziehen
auff den rothen Stirnen-Klee.
Vnd ihr / Sterne / ſchaut die Augen /
die euch zu verfinſtern taugen.
Jhr / ihr Roſen / habt von Wangen
ihrer liechten Farben Pracht /
die voll Silber-Thaues hangen /
Euch zum Zierrath angemacht.
Jhre Lippen / ihre Worte /
Ruͤhmet man an allen Orte.
Wem wolt denn nun nicht belieben
ein ſo ſchoͤnes Wunder-Bild?
Sey von meiner Fauſt geſchrieben /
Philuren / an Famen Schild.
Sie traͤgt dich zum Niederlanden /
da die Herden laͤngſt geſtanden.
Alle Trifften ſtehn voll Weide
alle Thaͤler voller Klee.
wenn du auff den braunen Heiden
ſingſt des Daphnis Galathee /
und deu Damon an den Buchen /
der dich taͤglich pflegt zu ſuchen.
Singe wohl / O Philurene /
Damon ſtummet ſelbſt vor dir.
Du bleibſt eintzig ſeine Schoͤne /
und der Schaͤferinnen Zier.
Er wil deine Heerde traͤncken /
und ſich dir zur Beute ſchencken.
XVII. 28D. S. erſtes

XVII. Nacht-Lied an die Holdſelige Roſodore.

ORoſodore /
Edele Flore /
zeige bey Mitternacht Augen und Sternen /
Feuer und Hitze /
Donner und Blitze
ruͤhren mein trauriges Hertze von fernen.
Koͤnte mit Myrten
ich dich umbguͤrten /
wuͤrde mein Lorber-Krantz hoͤher auffſtehen.
Aber weil alles
ſpielet des Balles /
muß ich den Naͤchtlichen irregang gehen.
Sonder Erſchrecken
wil ich dich wecken /
biſtu noch anders wie geſtern geſinnnet.
Blicke hernieder /
hoͤre die Lieder /
ehe von Bruͤnſten mein Hertze zerrinnet.
Vnter den Sternen
ſeh ich von fernen
deine verblendende Wangen-gluth bluͤhen.
Meine Geberden
muͤſſen auff Erden
ſtetig in dunckeln der Liebe Joch ziehen.
Alles was lebet /
alles was ſchwebet
uͤber29Roſen-Gepuͤſche.
uͤber den Luͤfften und unter den Seen /
daͤmpffet mit Freuden
Marter und Leiden.
Nur ich / ich armer / muß einſam hier gehen.
Vnter den Baͤumen
pfleg ich zu traͤumen:
Du aber / Schoͤne / ſchlaͤffſt ohne betruͤben.
Jch muß die Schmertzen
duppelt im Hertzen /
aber nur einfach die Liebe veruͤben:
Laß dich erweichen /
ſtetig ingleichen
brennende Flammen im Hertzen zu hegen /
ſo werd ich haben
Reichthum / und Gaben /
die mich alleine fuͤr andern bewegen.

XVIII. Er giebet der Aſteris Abſchied.

JCh wolte zwar / O Aſteris / dich loben /
wie das du biß zum Sternen ſeyſt erhoben.
Weil aber meinem bitten
du dieſes angethan /
ſo laß ich deine Sitten /
und brech die lobes-Bahn.
Jch haͤtte drauff viel tauſentmal geſchworen /
du haͤtteſt dir die Pallas außerkoren,
Nun aber muß ſie weichen /
und ohne Schuld allein /
(koͤmmt Mars mit ſeines gleichen)
Dvon30D. S. erſtes
von dir vertrieben ſeyn.
Wie haſtu doch durch Hoffart deine Sinnen /
und durch ein Wort / ſo leichtlich beugen koͤnnen?
Jch dachte dir / zu trauen
in allen / ſonder Weh.
Nun muß ich wanckend ſchauen
mein Schiff auf truͤber See.
Doch ſchlaͤget mich der Sturm der groſſen Welle[n /]
nicht ohne Port / zu den vertieften Quellen.
Jch kan noch ſtille ligen
zu Ancker jederzeit /
und Cynthien beſiegen /
die mehr / als du / erfreut.
Du meineſt wol / du ſeyſt alhier alleine.
Diß Haus der Welt ſey niemand ſonſt / als deine.
Denck doch nicht ſolche Sachen /
die nur vergeblich ſeyn /
weil ich dich kan verlachen /
ſo iſt es mehr als mein.
Geh / Aſteris / nur hin zum groſſen Seen /
und ſchaue da viel tauſent Galatheen /
wie ſie zu groſſen Schaaren
ſich durch die gantze Welt
mit den gelehrten Paaren
da keiner dir gefaͤlt.
Schaͤmſtu dich denn der Goͤtter dieſer Erden?
So muſt auch du mit Recht verſtoſſen werden.
Ging Venus doch / zu laben
die uͤberſchoͤne Pracht /
nach einem iungen Knaben /
Der31Roſen-Gepuͤſche.
der ſie hat froh gemacht.
Der Daphnen Mund verſchloß ſich auf den Heydẽ /
weil ſie denn Gott auß Delos wolte meiden.
Denck an dein ſtoltzes blehen /
O Aſteris / bey zeit.
Wirſtu der Straff / entgehen /
biſtu gewiß befreyt.
Bleib immer hin / O Aſteris / und liebe /
Du biſt es nicht / uͤm die ich mich betruͤbe.
Bleib nun mit deiner Schoͤne /
die nicht zu Goͤttlich iſt.
Dich hab ich / die ich hoͤne /
mir eintzig außerkieſt.
Jch will noch wohl die liebe Zeit erleben /
da du dich mir wirſt willig wiedergeben /
Ach / aber ſo laß es bleiben /
du koͤmmſt als denn zu ſpat.
Mir wird die Zeit vertreiben /
die ſchon mein Hertze hat.

XIX. An ſeine lieblich Schwartzbraune.

OSchwartzbraune Roſilis /
biſtu des noch nicht gewiß /
wie ich dich ſo treulich meine?
Ach du weiſt es ſonder mich /
wie mein Hertze ſehnet ſich
nach dem goͤldnen Liebes-Scheine /
Gluͤend Eiſen flammet ſehr /
doch mein Hertz iſt noch vielmehr
angeregt von deinen Blicken.
D ijvon32D. S. erſtes
Von Blicken deiner Pracht /
deiner unerwehrten Macht /
die mich kan zur Erde druͤcken.
Koͤnt ich / wenn mein kalter Geiſt
in ſein ſchwartzes Grab gereiſt /
Noch an eine liebe dencken /
wolt ich immer fuͤr und fuͤr /
ſchoͤnſte Roſilis / nach dir
einzig meine Sinnen lencken
Centner-Worte mach ich nicht
damit mancher ſich verpflicht /
ſeinen leib dahin zugeben /
wenn er in der jungen Zeit
ſolt in krancker Einſamkeit
ſonder Gegen-liebe leben.
Vnd ob Himmel und das Meer.
Stetig ihm zuwieder wer /
er von ihr nicht wancken wolte
Ja ob Feuer und[die] luft
alle Krafft zuſammen rufft /
keins ihn doch abtreiben ſolte.
Morgen doch bey fruͤher Zeit
wandert er wol anderweit /
andere gleichfals zu beruͤcken.
ruͤhmet ihren Mund und Hand /
und den Goͤttlichen Verſtand /
der ſein Hertze kan beſtricken /
Nein. Ein ſolcher bin ich nicht /
deiner braunen Augen Liecht /
Roſilis / ich nun erhoͤhe
33Roſen-Gepuͤſche.
Meiner Liebe Redligkeit
ligt zu Ancker iederzeit /
daß ich / mehr als feſte / ſtehe.
Weil ich nun nicht wancken kan /
Ey / ſo laß bey iederman
uns das Gluͤck und Vngluͤck theilen.
Keine Laſt die iſt ſo ſchwer /
die nicht halb ſo leichte wehr /
wenn ſie ſtehet auff zweyen Seulen.

XX. Er iſt verliebet / an eben ſelbige.

Hoͤre / was ich ſeuffzend ſinge /
Roſilis / in meiner Noth.
Ach / daß es dein Hertz bezwinge!
Ach / daß meiner Lefzen Tod
dieſen Roſen-Mund beſtreite /
und der ſchnelle Stralen-Blitz
ſich auf deinen Diener breite?
der an dieſer Pforten Sitz
ſich betruͤbet /
weil er in dich iſt verliebet.
Jn den warmen Sommer-Zeiten
ſucht ein Hirſch den friſchen Wald /
und wenn Brunſt und Feuer ſtreiten /
Jedes ſeinen Auffenthalt:
Warum ſolt dann ich nicht fliehen
unter deinen Roſenſtrauch?
Der bey ſeinen Purpur-bluͤhen /
nicht nach alten Liebesbrauch /
D iijmich34D. S. erſtes
mich betruͤbet /
weil ich mich in ihn verliebet.
Wilſtu denn allein uͤmſchatten
deiner ſtoltzen Augen Schein?
Dencke doch / was duͤrre Matten
bey den Glantz der Sonnen ſeyn.
Kan auch wohl die Roſe gruͤnen /
wenn des Hundes Feuer rennt?
wie ſolt doch zu etwas dienen /
den du ploͤtzlich angebrennt?
der betruͤbet
taͤglich ſich in dich verliebet.
Moͤcht mir eine That frey ſtehen.
in den Zirck der weiten Welt /
wolt ich aus ſpatzieren gehen
auf dein ſchoͤnes Wangen-Feld /
und / den Schnecken gleich / abmeyen
deiner Roſen ſtarcke Macht /
des mein außgepreßtes ſchreyen
[gluͤ]cklich werde hingebracht.
Weil betruͤbet
[ich]mich hab in dich verliebet.
Wie wenn in der Morgen-Stunde.
[Ho]nig-Thau das Feld benetzt:
Alſo koͤmmt von deinen Munde.
[Da]s / was eintzig mich ergetzt.
[Gib]nur her / es zu genieſſen /
[eſ][ve]rtreibet meinen Schmertz
das gehaͤuſte Thraͤnen-gieſſen
[fleucht]von ſolchen hinterwerts /
weil35Roſen-Gepuͤſche.
weil betruͤbet
ich in dich muß ſeyn verliebet.
Jch bekenn es / deine Wangen /
deine Zucht / dein gehn und ſtehn /
deines gruͤnen Preiſes prangen /
deiner Tugend Huld-Gethoͤn /
die verliebten Augen Sterne /
die im Schlaff auch bey mir ſeyn
Schaffen mir bey nah und ferne
emerhoͤrte Liebes-Pein.
Ach! betruͤbet
hab ich mich in dich verliebet!
Mehr kan ich ietzund nicht ſagen /
als das ich verliebet bin.
Mich mit Liebes Sorgen plagen
reiſt mir meine Seele hin.
Druͤm / O Roſilis / mein Leben /
nim die Treue von mir an.
Jugend / da wir innen ſchweben /
es am beſten tauren kan.
Denn betruͤbet
hab ich mich in dich verliebet.
Ob mich Liebe gleich betruͤbet /
bin ich dennoch des gewiß /
daß ſich auch in mich verliebet
meine ſchoͤne Roſilis.
Darfuͤr ſol ihr ſuͤſſer Nam:
hier im Hertzen voller Pein /
die von ihrer Schoͤnheit kame /
ewig eingeſchloſſen ſeyn /
D iiijweil36D. S. erſtes
weil betruͤbet
wie inander ſeyn verliebet.

XXI. An eben ſelbige / als er ſcheiden ſolte.

ROſilis / was fang ich an?
Mein Verhaͤngniß wil mich faſſen /
ich ſol forthin / weil ich kan /
Deiner Augen Anblick haſſen.
Ach! wie werd ich oft mit Thraͤnen
deiner keuſchen Liebe Ziel.
das beſuͤſte Lippen-Spiel /
der Gedancken-Sorg entlehnen!
Roſilis / mein Hertz iſt wund /
das mit Blut und Feuer rinnet.
Solte nur dein rother Mund
mir noch laͤnger ſeyn vergoͤnnet.
Ach! wie ſolt das Gold der Stralen
dich und deine Treffligkeit /
nach dem Reſt der jungen Zeit /
mit vergoͤldtem Silber mahlen!
Roſilis / das kraͤncket mich /
daß ich nun in Furcht muß leben /
und ſtets dencken / ob du dich
einem andern hin wirſt geben.
Laß mir zu / daß ich voll Klagen
von dir einen theuren Eyd /
nur uͤm die Beſtaͤndigkeit /
mit mir mag von hinnen tꝛagen.
Roſi -37Roſen-Gebuͤſche.
Roſilis / ich wil dafuͤr
meine Treue dir verbinden.
Muß ich ietzund gleich von hier /
bleibt dir doch mein Hertz dahinden.
Nim die Zaͤhren / ſo verfloſſen /
als ein ewig Denckmahl an.
Was ich niemahl mir gethan /
das wird ietzund dir vergoſſen.
Roſilis / nun iſt es Zeit /
daß ich dir deu Leib entwende.
Mein Mund kuͤſſet allbereit
dein[e]n zarten Schnee der Haͤnde.
Lebe wol / und laß mich bleiben
den du dir erwehlet haſt.
Jch weiß unſer Joch und laſt
allen Cedern einzuſchreiben.
Roſilis / ietzt geht es fort /
dencke meiner ſtets in beſten.
Jch wil dir von meinen Ort
ſenden zu den ſuͤſſen Weſten /
der ſol dich und mich erquicken.
Roſilis / gehab dich wol!
Jch muß fort / biß daß ich ſol
mein Verhaͤngniß unterdruͤcken.

XXII. Er bindet Anemonen an.

HEb auff dein goͤldnes Haupt /
du glaͤntzend Anemone /
der Mond hat mir erlaͤubt
D vdaß38D. S. erſtes
das ich dir ietzt beywohne /
weil du mein bleiches Liecht
in allen raubeſt hin /
ſo das / ich in Geſicht
mit ihm verdunckelt bin.
Brich Nacht und Nebel ein
mit deinen ſchonen Haaren.
Laß deiner Augen ſchein /
zu meinen Blicken fahren.
Erhebe deinen Mund /
der in Corallen ſteht /
zu dem auß tieffen Grund
ein Hertz vol Seuftzer geht.
Du biſt ja eben die /
der ich mich zugeſchworen.
ſol meine ſaure Muͤh
denn gaͤntzlich ſeyn verlohren?
Jch Schiff auff deiner See /
laß keine Klippen ſeyn /
das ich voruͤber geh
bey hellem Sonnenſchein.
Die Tugend iſt der Stern /
der mir ſo helle ſcheinet.
Des Lebens beſter Kern
hat ſich mit dir vereinet /
ſie iſt dein ſteter Gaſt /
und traͤgt dich Himmel an /
da deine zarte Laſt
unendlich bleiben kan.
Wol39Roſen-Gebuͤſche.
Wol mir / wenn ich die Hand
dir dreymal ſolte kuͤſſen /
ſo wird ein Deamant
dich in mein Hertze ſchlieſſen /
kein Todt / kein rauer Wind
ſolt mich von dannen wehn /
muͤſt ich auch gleich geſchwind
daruͤber untergehn.
Dein aufgewelbter Leib /
und alle deine Glieder /
ſchlaͤgt Jupitern ſein Weib
an Glantz und Schoͤnheit nieder.
Der Griechen Wunderwerck
(haſtu dich nur bewegt)
iſt gegen dir ein Berg /
der keine Blumen traͤgt.
Das Haupt / der Hals / das Haar /
der Mund / die reiffen Bruͤſte /
die Hand / das Augenklar /
ſind meines Lebens Luͤſte.
Der Sinnen Macht und Kunſt /
ſo Tugend angelegt /
und was die Schoͤnheit ſonſt
bey dir verborgen traͤgt:
Diß iſt das feſte Band /
mit welchen du kanſt binden
den haͤrtſten Deamant /
der auff der Welt zu finden.
Der Wangen Gold - Auror /
der Stirnen Helffenbein
die40D. S. erſtes
Die wollen ſtets bevor
der Lippen Koͤnig ſeyn.
Dein Gang nach Goͤtter Art /
dein Gruß und die Geberden /
von denen ich ſo hart
muß angefeſſelt werden /
dein Wort / der Zungen Kind /
und ſeine liebligkeit /
ſo gleich verſchweſtert ſind /
beranben mich der Zeit,
Jch ſuche Tag und Nacht
diß Meer zu uͤberſchwimmen /
damit mein lebens-Tacht
eins heller moͤchte glimmen.
ſo find ich keinen Raht /
wenn nicht auff meiner Fluth
dein Leit-Stern fruͤh und ſpat
an mir das beſte thut.
Druͤm zeige liecht und land /
Du glaͤntzend Anemone /
und fuͤhre bey der Hand
mich hin zu deinen Throne.
Daſelbſt wird dich mein Mund
mit Kuͤſſen binden an /
ſo das ſich auff der Stund
der deine loͤſen kan.

XXIII. An Charibellen.

WJe hab ichs uͤm dich verdienet /
Charibella / meine Luſt /
daß41Roſen-Gepuͤſche.
das du deſſen dich erkuͤnet /
und darzu mich loben muſt /
daß du mich heiſt deine Zier /
die dir ſtetig koͤmmet fuͤr /
Ja / daß ich vor andern allen
als beſcheiden dir gefallen?
Das zwar kan ich noch eingehen /
daß die Jugend ſchuld daran.
Lieſſe Jugend Jugend ſtehen /
wuͤrd ich dich nicht ſehen an /
druͤm weil Jugend Jugend liebt /
Jugend Jugend ſich ergiebt.
daß die Jugend Jugend Hertzet /
macht daß Jugend gerne ſchertzet.
Die Beſcheidenheit im reden
deinerliebe Mutter iſt /
die zur Zeit mich armen bloͤden
anzuſtrengen hat erkiſt.
als dein liſpeln ich gehoͤrt /
dein dunckel-rothen Wangen
namen meinen Geiſt gefangen.
Solt ich liebſtes lieb / dir bringen
ietzt ein weiß beſchaͤumtes Glaß /
ſucht ich erſt vor allen Dingen
deiner Wangen-Auen naß /
das wie Honig-Thau da ſteht /
und von dannen nicht vergeht /
biß es / wie mit halber Zungen /
iſt begierig eingeſchlungen.
C vwie42D[.]e S. erſtes
Wie wenn in den Silber-Fluͤſſen
bluͤht der ſchoͤnen Roſen Blut:
So zeigt / wenn ich dich wolt kuͤſſen
ſich dein Koſtbar Lippen-Gut /
das mit Zucker iſt beſtreut
und mit Cimmet braun verneut /
das es gleichet den Rubinen.
die zu nichts / als kuͤſſen / dienen.
Vnverwandt war dein Geſichte /
wenn du mich haſt angeſchielt.
Auf die ſuͤſſen Liebes Fruͤchte
h[aſtu]/ ſchoͤnes Bild gezielt.
[Du]haſt eilends mich bekaͤmpfft /
[und]mit Blicken gantz gedempfft /
biß[es]endlich ſo weit kommen /
das du mich gar eingenommen.
Mein Arm war an ſtat der Kette /
die um deinen Hals hergeht /
mit die liebt ich uͤm die Wette
vngeſcheut / ob einer ſteht /
und mißgoͤnnet weil er kan.
[Du]ſingſt erſt zu lieben an /
als zu mit den weichen Haͤnden
[mein]e kunteſt zu dir wenden.
So kunt ich doch damals lieben
dich / der gruͤnen Jugend Luſt.
Was ich vorhin nie getrieben /
[wurde]mir und dir bewuſt.
[Wo]ich ietzt nun geh und ſteh /
[iſt][mir]deinetwegen weh.
Daß43Roſen-Gebuͤſche.
Daß die Felder ſtets nachſchellen:
Damon liebet Charibellen.
Vnterdeſſen bleibe du /
wie du dich bißher erweiſet /
denn es hat die Liebs-Vnruh
mich und dich noch nie geſpeiſet.
Wirſtu nun / O meine Zier /
halten dich nach Liebs-Gebuͤhr /
ſol Wald / Berg und Thal nachſchellen /
Damon liebet Charibellen.

XXIV. Nacht-Klage.

KOm / Roſetta / ſchoͤnes Liecht /
das durch meine Sinnen dricht /
ach! Roſetta / kom doch an /
das ich laͤnger leben kan.
Deine Roſen-volle Hand
hat mein Hertze mir entwand
das kein Glantz kein heller Schein
will in meinen Augen ſeyn.
Du verdunckelſt mein Geſicht /
wenn du / Sonne / dich gericht
auf mein blaſſes Firmament /
das ſich ſtets in Liebe brennt.
Schau den truͤben Himmel ich /
denck ich / Sonne / ſtets an dich.
Schau ich denn mich ſelber an /
bin ich dir gantz zugethan.
Hier44D. S. erſtes
Hier in dieſer ſchwartz en Nacht /
da ich gaͤntzlich mich verwacht /
lieg ich wie ein Liecht ohn Schein /
und kan mein nicht ſelber ſeyn.
Blincken mich die Sternen an
von der dunckel-ſchwartzen Bahn /
ſprech ich: Weicht / O Himmels-Zier /
meine liebſte geht euch fuͤr.
Steht der Moͤnden ohne Glantz /
ſo erſtirbt mein Geiſt auch gantz.
Er zwar ſucht Endimion /
und ich meiner liebe lohn.
Fragſtu / liebſte / was ich wil?
Weil die gantze Stadt iſt ſtill /
ſol die uͤber groſſe Pein
bey dir mein Angeber ſeyn.
Bleich bin ich von Angeſicht /
und das haſtu zugericht /
ohne Sinnen iſt mein Sinn /
weil ich nicht in deinem bin:
Wach! wach! wach auff meine Lieb!
daß mich erſt zu lieben trieb.
Hoͤre meinen Seiten zu /
die mit mir nicht haben Ruh.
Scheub dasſtoltze Fenſter auff /
laß den blicken ihren lauf /
daß mein halb verbrantes Hertz
nicht mehr fuͤhle ſeinen Schmertz
Dieſes troͤſtet mich noch ſehr /
daß du mir gibſt dein Gehoͤr /
weil45Roſen-Gepuͤſche.
Weil mich deine Gunſt anlacht /
wuͤnſch ich dir jetzt gute Nacht.
Nun verbirge dein Geſicht /
weil mein Dienſt auff heint verricht.
Mach das ſelge Fenſter zn /
und gib dich der ſuͤſſen Ruh.
Kan ich heint erwerben hier /
daß ich morgen komme fuͤr /
ſo ſoll deiner Augen Schein
mir mehr als die Sonne ſeyn.
Meine ſchoͤne / ſchlaffe nu /
ſchlaff wol / ſchlaff / ſchlaff / mein du /
lieb mich und was ich dir bracht /
nun ſchlaff wol! Zu guter Nacht!

XXV. An ſeine lieblich Schwartzbraune / als er ſie erzuͤrnet hatte.

KJnd / iſt denn der groſſe Zorn
nicht einmahl bey dir verrauſchet?
hab ich denn den ſcharffen Dorn
ſtat der Roſen / mir getauſchet?
Jſt denn meine Guade hin?
Hat die Liebe denn ein Ende?
So muß ich den Krancken Sinn
liefern in des Todes Haͤnde.
Rette / weil die gute Zeit
noch zu retten Anlas giebet.
wer recht auf Beſtaͤndigkeit /
und aus treuen Hertzen liebet /
Eder46D. S. erſtes.
Der kan ſich nicht bilden ein /
das er voller Vngenade
mit ſo einen Felſen-Stein
ſeine Geiſter uͤberlade.
Wenn der goͤldne Roſen-Mund
mein verdunckelt Angeſichte
nicht ſo tief bis auff den Grund /
mit ſo ſchweren Vrtheil richte /
ach! ſo wolt ich bald von dir
einen ſolchen Abſchied nehmen /
und die uͤberſchoͤne Zier
durch mein auſſen ſeyn beſchaͤmen.
Aber / Lieb / ich kan es nicht
uͤber meine Seele bringen /
das nun erſt die D. mant-Pflicht
ſolt auß ihren Golde ſpringen /
mein Hertz bleibet / wie vorhin /
leer an Wancken / vol an treue /
wie ich vor geweſen bin /
bin ich ietzund auch aufs neue.
Las dein freundlich ſauer ſehen
nur nach deines Muths belieben /
zweyfach auf mein Hertze gehn /
mich beſtaͤndig auß zuuͤben /
ich wil leiden. was ich ſol /
Schoͤnſte! nur uͤm deinentwillen /
bis mich der geſetzte Zoll
wird mit Reichthum uͤberfuͤllen.
O wie wol iſt der daran /
der der Liebſten Zorn und Haſſen
mit47Roſen-e. Gepuͤſche
mit gedult ertragen kan /
alles Vngluͤck auf zufaſſen!
was ihm Freude bringet / kraͤnckt /
was ihn kraͤncket / bringet Freuden.
So / das er zuletzt nicht denckt
an das alte Thun und Leiden.
Vnterdeſſen bleibe ich dir
doch mit aller Gunſt gewogen /
ob du mit gleich deine Zier
durch ein traurig ſeyn entzogen.
Ja dein eigen bleib ich fort.
Weil mein Leben Athem ſpuͤret
ſolſtu ſeyn allein der Podt /
der mich wol zu Lande fuͤhret.

XXXVI. Lieber treue Freundſchafft / als falſche Buhlſchafft.

JMmer hin / fahr immer hin /
falſcher Sinn /
du ſolt mich nicht kraͤncken.
Was mir gar nicht werden kan /
wird von dann
mein Gemuͤthe lencken.
Jch weis meine Zeit
und ein ſolches Leid
in den kuͤhlen Wein /
der mir glat geht ein
wol zu verſencken.
E iijWas48D. S. erſtes
Was iſt das / ich mich ſtets quaͤlt
und entſeelt /
als ein groſſes Leyden?
dein geſtirntes Angeſicht
hat zwar Liecht /
aber wenig Freuden.
Drum will ich / O Zier /
mich entſchlagen dir /
deiner Augen Glantz /
und den Roſen-Krantz
hinfort zumeiden.
Was frag ich nach deinen Kuß /
den ich muß
ſtets mit Thraͤnen ſuchen.
Jſt mir ſchon dein rother Mund
nicht vergunt /
wil ich drum nicht fluchen.
Ein Venediſch Glas
iſt mir eben das!
wenn es mit Gethoͤn
rund herum muß gehn
bey gruͤnen Buchen.
Wie kan ich die Froͤligkeit
meiner Zeit
beſſer niederlegen?
Fuͤr die gar zu faule Luſt
deiner Bruſt
greiff ich nach den Degen.
Wo es blutens gilt /
und das Hertze quilt /
auf49Roſen-Gepuͤſche
Auf den Hieb und Stoß
friſch zu ſchlagen loß /
Da waͤchſt mein Segen.
Wenn der kuͤhle Trunck obliegt /
und beſiegt /
meine friſchen Glieder!
Da bruͤſt ſich der heiſſe Muth /
biß das Blut
wallet auf und nieder.
Denn ſo gehen frey
auf die alte Treu!
Mit Geſang und Klang /
uͤber Tiſch und Banck /
die ſchoͤnen Lieder.
Eine neue Bruͤderſchafft
hat mehr Krafft /
als dein altes haſſen.
Kan ich einen guten Freund /
der es meynt /
in Vertrauen faſſen /
ſo verraucht die Noth /
das ich auch den Todt /
als ein Helden-Mann /
unverzuͤglich kan
verweiſen laſſen.
Treulich ſchlagen Hand in Hand
macht bekant
meine Redligkeiten.
Da kan ich mein offnes Hertz
E iijzei -50D. S erſtes
Zeigen allen Leuten.
Da hergegen du /
auch in einem Nu /
deiner Falſchheit Ruhm /
als dein Eigenthum /
weiſt hoch zu deuten.
Dir. O Edle Companie /
ſol mein Knie
ſtets zu Dienſten leben.
ſchencke friſch die Glaͤſer ein /
Bier und Wein
muß der Wirth uns geben.
Auff Geſundheit hin /
ſolcher / wie ich bin.
Nim es / Bruder / an /
wie ich ietzt gethan /
ſo mach es eben.
Nim ingleichen den Taback.
Das Gelag
muß beſchloßen werden.
Blaſe von dir einen Schmauch /
Dampf und Rauch
bleiben doch auf Erden.
Bruder friſch daran /
weil er glimmen kan /
wird ihr Athem mir
gar nicht kommen fuͤr
mit Liebs-Geberden.
Aber / du / fahr immer hin /
Falſcher Sinn /
du51Roſen-Gepuͤſche.
du ſolt mich nicht kraͤncken.
Ein ſchoͤn Glaß / und ſein Geruch
leſt mein Buch
nicht ins Grab verſencken.
Fahr hin falſche Treu!
ich bin franck und frey.
An dein Augen-Liecht
wil ich gaͤntzlich nicht
forthin gedencken.

XXVII. An Alamannen / und ihre unver - gleichliche Schoͤnheit /

ALamanna /
ſchoͤnſte meiner ſchoͤnen
laß mich deine Zier
ruͤhmen hier
mit verliebten ſehnen.
Alamanna!
Alamanna /
ſchoͤne Fruͤhlings-Blume /
du biſt weiß und roth /
hilff aus Noth /
dir zu deinem Ruhme
Alamanna.
Alamanna
deine Wangen bluͤhen /
das auch eine Bien
den Rubin
wolte dir entziehen.
Alamanna.
E iiijAla -52D. S. erſtes
Alamanna /
deiner Augen Fackeln
trotzen weit und fern
Jeden Stern
mit verliebten wackeln.
Alamanna.
Alamanna /
ſuͤß iſt deine Lippe.
den Corallen-Stein
Sticht allein
hin / des Mundes Klippe
Alamanna.
Alamanna /
Wie von Schnee zwey Ballen:
ſo ligt deine Bruſt /
voller Luſt /
in geſchwellten prallen.
Alamanna
Alamanna /
Alle deine Glieder
ſtehen außgeputzt:
wie da ſtutzt
Marmor hin und wieder.
Alamanna.
Alamanna /
ſolt ich nu dich haben
allzeit neben mir /
wolt ich hicr
mein Hertz an dir laber
Alamanna.
Ala -53Roſen-Gepuͤſche.
Alamanna.
zwar / es wird wol kommen
die gewuͤnſchte Zeit /
da das Leid
beyden wird benommen.
Alamanna.
Alamanna /
bleib mir nur gewogen /
niemals wirſtu was
ſagen / das
wie ich dich betrogen.
Alamanna.

XXVIII. An die falſche Cynthia.

GJb dich / mein feiger Siñ / in deiner Angſt zu
frieden.
(verſchieden /
bis dein ſelbſt Hencker nicht. Jſt ihre Gunſt
und ihre Brunſt verleſcht / ſo dencke dis darbey /
das liebe ſonſten nichts / als eine Kugel ſey.
Las ihren roten Mund / las ihre braunen Wangen /
laß ihren Marmor Leib / und nim dich ſelbſt gefangen.
las ihrer Haare Gold / las ihre Sitten ſtehn /
die Hoffart wird mit ihr noch ſelbſt zu Grabe gehn /
Ergreiff dein wanckend Hertz / halt die Vernunft
im Zuͤgel /
ſetz ſie in Sehrauben ein / ſtell ſie im jenen Buͤgel /
der durch den Lorber-Wald dich nach der Tugend
traͤgt /
und deine blinde Lieb / als einen Feind / erlegt.
E vDenck54D. S. erſtes
Denck an die Eitelkeit / die Mutter loſer Sachen /
Weil Venus und das Gluͤck dein lieben gantz verla -
chen.
(langt /
Was weiß dein blaſſer Mund / wenn er den Kuß er -
an dem viel tauſent Pein und durre Marter hangt.
Nichts wird die bleiche Hand von Tugend Golde
ſchreiben /
weil ſie bey Cynthien ihr kan die Zeit vertreiben.
Du biſt als wie ein Schiff / das auf Triebſande ſteht
wenn ihm drauf Wind und Fluht im Augenblick
entgeht.
Wil ſie nicht Liebſte ſeyn / ſo las ſie immer fahren.
Ein andre wird dir wol folch Liebes-Leid erſparen.
Fleuch durch dẽ Liebes-Dampf / und bleibe willig frey.
wer weis / ob Cinthien diß angeneme ſey.
Bleib / bleib nu Cynthia / bleib / bleib mit deiner
Schoͤne!
Bleib immer wer du biſt / vor ehr ich dich / jetzt hoͤne.
Du liebteſt mit bedacht / und nicht nach Buhler-recht /
druͤm ſag ich: bleibe nun / du biſt mir viel zu ſchlecht.

XXIX. Die viel[-]beneidete.

NVn / was hifft es / ich wil ſchweigen /
und Gott ruffen an zum Zeugen /
Er weiß meine Sache recht.
Mein Gewiſſen wird es ſagen /
daß ich dieſes Joch getragen
[n]iemals als ein Suͤnden-Knecht.
Tau55Roſen-Gepuͤſche.
Tauſent falſche Laͤſter-Zungen
haben mir mein Hertz durchdrungen /
das ſich in ſich ſelbſt nicht weis.
Tauſen: Maͤuler ſpeyen Flammen
uͤber mich und dich zuſammen /
uͤber dich / du Muſen-Preiß.
Regne Tropfen / blute Thraͤnen /
Hertze / blute Noth und ſehnen /
blute / blute rothe Pein.
Weine bey den boͤſen Leuten
uͤber die verruchten Zeiten /
und laß alle Freude ſeyn.
Nim vor Myrten die Cypreſſen /
bis du deiner Angſt vergeſſen /
wirf die Roſen von dir hin.
Amaranthen ſolſtu tragen /
aller Blumen dich entſchlagen /
weil ich ſo verwundet bin.
Doch was hilfft es / traurig ſtehen /
und in Todes-Kraͤntzen gehen?
Gut Gewiſſen Triumphirt.
Die Gedult ſchwingt ihre Fahnen /
dir den ſchoͤnen Weg zu bahnen /
da die Vnſchuld dich beziert.
Laß es hageln / laß es ſchneyen /
laß die Wolcken Feuer ſpeyen /
laß es gehen / wie es geht.
Recht kriegt endlich noch zu Lohnt
die verguͤldte Lorber-Krone /
die in Donner ſtets beſteht.
Luͤget56D. S. erſtes
Luͤget immer / was ihr wollet /
traget auß / was ihr nicht ſollet /
naget meinen freyen Sinn.
Keine Palmen hoch auffgehen /
wenn ſie nicht gedruͤcket ſtehen /
ich bin doch wol wer / ich bin.
Ein erwachſenes Gebluͤte /
und die Tugend im Gemuͤte /
fuͤrchten einen Neider nicht.
Was die Laͤſter-Maͤuler ſpeyen
wird noch ihnen ſelbſt gedeyen /
wenn ſie Gottes Rache richt.
Vnterdeſſen wird mich ſtuͤtzen /
und fuͤr ihren ſtich beſchuͤtzen /
unſchuld / als ein ſtarcker Held /
der / durch ſeiner Lantzen brechen /
ſeinen aͤrgſten Feind kan ſchwaͤchen /
und behalten alles Leid /
Daruͤm wil ichietzund ſchweigen /
und Gott ruffen an zum Zeugen /
er weis meine Sache recht.
Mein gewiſſen wird es ſagen /
das ich dieſes Joch getragen
niemals / als ein Suͤnden-Knecht.

XXX. Beſſer loß / als angebunden.

JCh liebe Reichthum nicht / und goͤldne Sachẽ /
ich ſorge nicht vor mich / das groß ich ſey.
was meinen Geiſt uͤmſehwingt / mich zu ver -
lachen
Ver -[57]Roſen-Gepuͤſche.
Verlaß ich nun / uͤm das ich bleibe frey.
ich liebe Weyden / Wald / Laub und Graß
und alle Heyden. Jch ſage das /
wo meine Laura ſaß.
Das ſchnoͤde Prangen bleibt von meinen Sinnẽ.
Mein Sinnen ſtrecket ſich hin durch die Lufft.
Mars mag mit Blitz den Krieg und Sieg beginnen /
ich bleibe / wo ich bin / bey meiner Klufft.
Jch liebe weyden / Wald / Laub und Graß /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß.
Jch fliehe taͤglich das / was bruͤnſtig liebet /
mein hoher Sinn der iſt darzu zu klein.
der Hofnung bloſſes Schwerd mich nicht betruͤbet /
denn was ich lieben kan / kan ſchoͤner ſeyn.
Jch liebe Weyden / Wald / Laub und Graß /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß.
Wer wil / las taͤglich ſich in Liebe brennen /
ich ſtehe feſt darauff: Jch bleibe frey.
Wer wolte thoͤrlich ſich jetzt Sclave nennen /
bey dem ein kluger Sinn in Dienſten ſey.
Jch liebe Weyden / Wald / Laub und Graß
und alle Heyden. Jch ſage daß /
wo meine Laura ſaß.
Die Jungfern ſind zwar ſchoͤn und gut zuſchauen /
die Jungfern aber mag ich / glaͤubt es / nicht.
muß ich mich einer ja noch an vertrauen /
ſo kuͤß ein kleines Kind mein Angeſicht.
Jch58D. S. erſtes
Jch liebe Weyden / Wald / Laub und Gras /
und alle Heyden. Jch’ſage das /
Wo meine Laura ſaß.
Druͤm laß / O freyer Sinn / die Groſſen fahren /
die mit dem vollen Mond zu zeiten gehn.
Mit kleinen Juͤngfergen ſich zeitlich paaren /
bringt eine Lieb hervor / die kan beſtehn.
Jch liebe Weyden / Wald / Laub und Gras /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß.
(prangen /
Weg Reichthum / Gold und Geld / weg ſchnoͤdes
Weg Mars mit deinen Blitz / weg / Liebe / weg.
weg groſſe Jungfern weg / mein beſt Verlangen
Jſt eine kleine mit der Freyheit zweck.
Druͤm lieb ich Weydẽ / Wald / Laub und Gras /
und alle Heyden. Jch ſage das /
Wo meine Laura ſaß.

XXXI. Die uͤberſchoͤne Mopſa.

DEine Lieb zwinget mich /
Mopſa / das ich dich muß preiſen /
meine feder ſchaͤrffet ſich /
deinen Preiß der welt zu weiſen.
Was du fuͤhreſt uͤm und an
iſt / das ich beſingen kan.
Auß Corallen ſpringt ein Quel /
wenn ich deine Liechter ſchaue.
Eines leuchtet faſt ſo hell /
als die Sonn in kuͤhlen Thane /
wie59Roſen-Gepuͤſche
wie der Mond in vollen Schein /
ſo bricht auch das andre rein.
Deine Stirne ſteht erhoͤht /
wie der Berg / der Waͤlder zeuget /
Wenn das Wild zur Weyde gehet /
macht es / daß dein Haͤupt ſich beuget /
wie die Perlen angeſchnuͤrt:
faſt ſo ſteht dein Haar geziert.
Jndich-Farbe helt der Mund /
der den Athem von ſich hauchet /
wer ihn reucht / wird bald verwund.
Deine Zaͤhne ſind verbrauchet
vor das allerbeſte Gold /
werwolt dir nicht werden hold?
Deiner Schoͤnheit Wangen-Feld
gleicht ſich Erbſen an der Farbe /
dein Kinn ſolche glaͤtte haͤlt /
wie die reiffe Gerſten-Garbe.
Deine Naas iſt faſt ſo klein /
als der Ruͤſſel an dem Schweln.
Deine Haͤnde ſind ſo weich /
wie die Rinde von den Dannen /
kein iſt dir an Schoͤnheit gleich.
Deine Bruſt kan uͤbermannen
eine Ziege / die da ſteht /
und mit vollen Eutern geht.
Wie du heiſſeſt / weis ich nicht /
Mopſa nennen dich die Hirten /
einer nur hat mich bericht /
als er ſaſſe bey den Myrten /
hier60D. S. erſtes
Hier / ſprach er / iſt Galathe /
oder die Tiſiphone.

XXXII. Vber die Polite / und ihre Sprichwoͤrter.

JHr / Jungfrau / ſeid ihr klug allein zu nennen /
Weil ihr vor Erbarkeit euch nicht wolt kennen /
ich halte wol davor / es ſey erlogen /
und wer es mir nicht glaͤubt / der wird betrogen.
Die erbarkeit ſitzt euch nur auf der Zungen /
bald iſt mit einem Wort ſie weg geſprungen /
der euſſerliche Schein der ſchmucken Sitten /
der ſaget / das ihr euch laſt gerne bitten.
Jhr ſprecht zwar offtermal: Laſt mich zufrieden.
Laſts bleiben / dieſes iſt euch nicht beſchieden.
Herr laſt mich ungefopt. Jhr werdt nichts finden /
Dahin ihr eure Brunſt vermeint zu binden.
Was wil der Herr denn wol? Jſt er auch hoͤniſch?
wil er denn gerne hin? Es iſt argwoͤhniſch:
bey leibe ſolches nicht. Geſchichts nicht heuer /
ſo kom er uͤbers Jahr / ich bin zu teuer.
Ach! wie koͤnt einer doch? Laſt dieſe Poſſen.
Jch halt der Herr iſt wol mit Schrott geſchoſſen.
Ey lieber laſt es ſeyn. Was wolt ihr haben?
Nein. Dieſe Woche gibt man keine Gaben.
(tig.
Seht doch! was wolt ihr deñ? Jhr ſeyd wol rich -
Mein Herr / Ach dasmal nicht / ich bin nicht tuͤchtig.
Je nein! Wo komt ihr her? Jhr muͤſt euch waſchen /
Eh ihr auf Jungfer-Haut wolt Farbe naſchen.
heint65Roſen-Gepuͤſche.
Heint ſchlaͤfft ein Bauer hier Herr laſt mich gehen
die Mutter hat geruft. Nun ſo ſolls ſtehen.
Wiſcht nur den Bart zuvor. Jhr ſeyd beſudelt.
Eſſt kein geſtohlen Gut / das ſonſten hudelt.
Jch will mein Schweſterchen zuvorhin fragen.
Herr hoͤret wieder her. Denn wil ichs ſagen.
Geht hin zur Bauer-Magd-Kuͤſſt mich in Leibe.
Schafft das ich fuͤrderhin zu frieden bleibe.
So redet ihr zwar wol vor allen Leuten /
koͤmmt aber ein Polit zu rechten Zeiten /
ſo ſeyd ihr warlich nicht recht klug zu nennen /
und will euch weder Zucht noch Sitten kennen.

XXXIII. Er entſchlaͤget ſich der Melinden.

VErzeihe mir / mein kind Melinde /
ich hab deiner faſt genug.
wenn meinen Weſt die Norden-Winde
ereilen mit behenden Flug /
ſo wird die Sommer-Luſt verſehre /
und endlich durch den Schnee verzehrt.
Was helffen mich der Sonnen Blicke /
wenn ſie nicht immer auff mich gehn?
wo mir ein Schatte faͤlt zuruͤcke /
da muß noch etwas vor mir ſtehn /
Nein / nein / Melinde / meine Brunſt
iſt forthin unwerth deiner Gunſt.
Wer klug iſt / meidet Fels und Klippen /
und traut ſich nicht der wilden See.
Jch haſſe deine Roſen-Lippen /
FDaß62D. S. erſtes
daß ich nicht etwan untergeh /
mein frommes Schiff das Anckert ein.
nicht deinen Wellen preiß zn ſeyn.
Nim aus der Lufft die wachen Sterne /
die gantze Welt wird finſter ſtehn.
Entfuͤhr den Mandeln ihre Kerne /
ihr groſſer Nutz wird bald vergehn.
Brich Blumen uͤm den Duͤrren-Wald /
ſein ſchoͤner Ruch verſteubt als bald.
Wo ſind die Roſen / O Melinde /
die dir der Himmel ſelber gab.
Sind ſie denn von dir ſo geſchwinde
verfallen in das ſchwartze Grab?
Melinde / deines Krantzes Zier
Jſt todt / du aber lebſt noch hier.
Fort / fort / du Wahlſtat aller Ehren /
du Todt der keuſchen Redligkeit /
Jch muß mich nun von dir abkehren /
geh Diebſtahl meiner beſten Zeit /
geh / geh Melinde / geh dein Sinn
iſt nun auß deinen Augen hin.

XXXIV. Etn freyer Sinn gehet uͤber alle Dienſtbarkeit.

OWohl dem / der ſich ſelbſt kennet /
und den ungezaͤumten Sinn
ſeinen Vnterſaßen nennet /
den er mit ſich reiſſet hin /
wo ihn Fluht und Wind hinſchlaͤgt
wenn ſich Vngluͤcks-Sturm erregt.
Fuͤr63Roſen-Gepuͤſche.
Fuͤrſten herſchen zwar im Lande /
das bekroͤnten Frieden bringt /
der iſt viel in hoͤhern Stande /
der der Sinnen Herrſchafft zwingt /
weil er was er uͤm und an /
und ſich ſelbſt betaͤuben kan.
Mancher wil ſich Herrſchafft nennen
uͤber ein gar frommes Hertz /
das ſich kan der Laſter ſchaͤmen /
und wil richten hinterwerts
wilſtu herſchen mit Gewinn?
Herſch erſt uͤber deinen Sinn.
Scharffe Waffen ſeyn zuſcheuen /
die die Helden-Hand beruͤhrt /
der muß noch vielmehr bereuen /
der den Sinn gefangen fuͤhrt;
meiſtert er nicht Krieg und Geld /
iſt er in der Schlacht gefaͤllt.
Ein Gefangner / der in Ketten
ſeine Lebens-zeit beſchleuſt /
kan ſich ſelber gar nicht retten /
bis ihn laͤſt ſein muͤder Geiſt.
Alſo / wenn ſein Sinn obliegt /
leſt er ſich ſelbſt unbekriegt.
Bey den Sinnen haͤngt das Hertze /
bey dem Hertzen gleicher Sinn /
iſt bey dieſem Neides-Schmertze
dringt es auch zu jenen hin /
wilſtu leben ſonder Pei[n][/]
muſt[u]dein ſelbſt Meiſter ſeyn.
F ijKnecht64D. S. erſtes
Knechtſchafft ſtuͤnde zwar zu leiden /
wehr ſie billich vor der Welt /
aber uͤber bloſſes Neiden
mir die Herrſchafft mehr gefaͤlt.
Sol ich trauen mich der See /
wenn ich gut zu Lande geh?
Andre loben was ſie loben /
der dringt uͤber alles hin /
uͤber aller Neider toben
geht ein ſo gezeumter Sinn /
wenn Vernunfft beyzeite ſiegt /
und den Witz zur Beute kriegt.
Druͤm / wol dem / der ſich ſelbſt kennet /
und den ungezaͤumten Sinn
ſeinen Vnterſaſſen nennet /
den er mit ſich reiſſet hin /
wo ihn Wind und Fluth hinſchlaͤgt /
wenn ſich Vngluͤcks Sturm erregt.

XXXV. Marnia und ein Buch.

Nun empfind ich keinen grauen /
daß ich / Phoͤbus / fuͤr und fuͤr
bin geſeſſen neben dir.
Andre moͤgen uͤm ſich ſchauen /
und bey jenen ſpringe-Quellen
in den Wieſen ſich ergehn /
ich wil bey den Buͤchern ſtehn /
und auf ſie mein Tichten ſtellen.
Artlich65Roſen-Gepuͤſche
Artlich laͤſt es ſich ſtudiren /
wenn man weit von Vngemach
leitet ſeine Lebens-Bach /
er / weil wir ihn weißlich fuͤhren /
wird kein Theil dem Tode werden /
denn der kluge Geiſt und Sinn
Schwingt ſich durch die Wolcken hin /
und koͤmmt gar nicht in die Erden.
Holla / Junger / geh und frage /
wo das ſchoͤnſte Buch mag ſeyn /
laß den Opitz binden ein /
dieſe Frieſt der kurtzen Tage /
die wir Menſchen auf uns haben /
wil ich in den Bienen-Safft /
den die Muſen abgerafft /
tieffer als in Sand vergraben.
Kauffe gleichfals andre Sachen /
und vergiß den Tſcherning nicht!
ſchau das keiner dir gebricht.
Jener mag recht thoͤrlich lachen /
der bey ſeinen Gold und Schaͤtzen
tolle ſich zu kraͤncken pflegt /
und ohne Luſt ſich ſchlaffen legt /
ich wil mich mit Buͤchern letzen.
Bitte die gelehrten Bruͤder
auf die Muſic und auf daß /
wobey ſtets der Plato ſaß.
Bringe mit die ſchoͤnen Lieder.
Marnia / dich las ich erben /
bey den Buͤchern und bey dir
F iijweil66D. S. erſtes
wil ich bleiben fuͤr und fuͤr /
Buͤcher laſſen keinen ſterben.

XXX VI ECHO.

HJer wo das Wild in dem Gepuͤſche /
und in den Waſſer ſtehn die Fiſche /
wo Zephyr in den Myrten kracht /
und wo die Turteltaube lacht /
hier wo der Tag die Nacht zerruͤttet /
und Perlen aus dem Schaſſe ſchuͤttet /
wo Quelle von der Erden gehn /
und uͤm die feiſten Blumen ſtehn /
wo Finſternuͤß ſich weit entfernet /
weil hier die Sonne blitzt und ſternet /
beduͤncket rathſam mich zu ſeyn /
das ich verlaſſe meine Pein.
Die groſſe Pein / ſo mich im lieben
zur Freyheit wieder angetrie ben /
fahr immer hin! du falſches Hertz /
ich fuͤhle nicht mehr ſolchen Schmertz.
Es treibt die[L]ener auf den Seiten
nichts als nur lauter Froͤligkeiten.
Wer wil / lieb oftermal und viel /
die Lieb iſt wie ein Ballen-Spiel.
E. Spiel.
Jſt je mand hier / der ſich auch uͤbet
in dieſes zarte Spiel verliebet?
E. verliebet.
O Echo / haſtu auch noch Flammen /
die67Roſen-Gepuͤſche.
Die dich zu Wald und Feld verdammen?
E. Ammen.
Die Liebes-Ammen in der Welt
ſind Reichthum nur und groß vergelt.
E. Geld.
Ja ohne Geld kan keiner ſtehen /
er muß ohn Gunſten untergehen.
E. gehen.
Jſt einer an Ducaten kalt /
was kan er lieben vor Geſtalt?
E. Alt.
Ein Alte kan die Lieb außharren /
nur Junge machen uns zu Narren.
E. Narren.
Muͤſt ich ja lieben an der See /
ſo liebt ich nur die Galathee /
E. Ade.
Kein Mahler kan ſo ſchoͤne mahlen /
als ihr Geſicht und Reichthum pralen.
E. pralen.
Sie iſt ja Goͤttlich angeziert /
das Backenroth ſteht unbeſchmiert.
E. beſchmiert.
Sie glaͤntzet wie die ſchoͤne Roſe /
und wie bey Lilien die Zeitloſe.
E. loſe.
Das Gold hat ihren Leib verſchranckt /
der Zindel hat den Hals uͤmzanckt.
E. zanckt.
Ey nu / ſo wil ich ſie nicht freyen /
F iijEs68D. S. erſtes Roſen-Gepuͤſche.
Es moͤchte mich hernach gereuen /
E. reuen.
Ade du Weibliches Geſchlecht!
Gunſt gehet nur bey dir vor Recht.
E. recht.
Ade du ſchoͤner Jungfer-Hauffe /
bey dir ich nur ins Elend lauffe /
E. entlauffe.
Ade ihr Nymfen auf der See /
und du auch ſchoͤne Galathee.
E. Ade.
Nun bin ich meiner Noth entkommen /
wie ich mir hatte vorgenommen.
E. genommen.
Jch liebe Clien / die vor Pein
mit Nectar ſchenckt zum Labſal ein /
E. allein.
Jhr guter Will iſts ſtets mein Wille /
da leb ich ſicher und frey ſtille.
E. ey ſtille.
Jch ſchweige nun. Jhr hohen Dannen
ihr Myrten fleißig zu bemannen.
Du wuͤſteney / du froher Ort /
der froͤlich ſich und mich gehort.
Gehabt euch wol / ihr Baͤch und Auen /
euch ſol hinfort kein Schnee begrauen.
Fleuß ſicher ſtets / O Saal und Sool /
Ade du wald / gehab dich wol.
E. wol.
[69]

David Schirmers Ander Koſen Ge - puͤſche.

I. Tilian an der Elbe.

TJlian gieng an der Elbe
Leer an Schertzen voll an Pein /
Gleich als jetzt der Sonnenſchein
an dem hohen Luft-Gewelbe
ſich mit ihm halb bleich gekraͤnckt /
und nach Norden abgeſenckt.
Er beklagt ſich / und Serenen /
ſich und ihre Liebligkeit /
die / bey ſpaͤter Abend-zeit /
aller edlen Hertz und Sehnen
offtermahl auff friſcher That
ploͤtzlich angeſtecket hat.
Halb hat ſich das Jahr verſchlungen /
ſang er / halb hat gleich der Froſt
die beruͤhmte Felder-Koſt
Wieß70S. D. ander
wieß und Auen abgedrungen /
es iſt gleich ein halbes Jahr /
da / Selen / ich bey dir war
Es wird deinen klugen Sinnen /
o du Schoͤne / wiſſend ſeyn /
mit was Kummer / Noth und Pein
ich dich habe laſſen koͤnnen.
weit noch uͤber jene Stadt
kraͤnckt mich / die mein Hertze hat.
Laͤnger hett ich dich geſehen
ungeſcheut die Liebes-Pein /
es wolt aber gahr nicht ſeyn /
geh ich muſte von dir gehen!
weil Verhaͤngnuͤß und die Zeit
mich berufften anderweit.
Fort muſt ich zwar / mit was Gluͤcke
dencke / Schoͤne / ſelber nach /
zu der Pleiſſe Sand und Bach /
biß ich wieder kam zuruͤcke!
da ich in dich gantz und gar
mehr / als vor / verliebet war.
Endlich doch muſt ich dich laſſen /
und mein Leipzig ſehen an /
das mir damals viel gethan /
da mich auf den freyen Gaſſen
alle Schaͤffer außgefragt /
und mit mir ſich hart beklagt.
Sie ja / ſie ſind recht geweſen /
Jch war allzeit ohne Sinn
kranck71Roſen-Gepuͤſche.
kranck wie ich noch jetzund bin.
Paſilus gieng Kreuͤter leſen /
aber ſeine Kunſt vor ſich
wolte keinmal helffen mich.
Furcht und Angſt hab ich vertrieben /
bis das mich der Elben-Strom /
da die kleine Welt / mein Rom /
haͤuffig ſtchet aufgeſchrieben /
mit der gelben Fluth benetzt /
und ans ebne Land geſetzt.
Dieſes Vfer / da ich gehe /
bot mir meinen alten Freund /
der es ewig gut gemeynt /
aber ſeit das ich ihn ſehe /
hat die Liebe ſich gekehrt /
und aufs neue mich bethoͤrt.
Er wolt meinen tieffen Wunden
Troſt und Labſal ſprechen ein /
aber ietzt hat gleiche Pein
ſein verliebtes Hertz empfunden /
Baſilee / die ſchwartze Macht /
das er mich und ſich nicht acht.
Es gefiel ihm zwar mein ſpielen /
ſprach auch meinen Seiten zu /
das er oftermal die Ruh
ſeines Leidens kunte fuͤhlen /
aber ich und meine Pein
wolten nicht gelindert ſeyn.
Bin ich bey dir / oder ferne /
es gilt alles eben viel /
weil72D. S. ander
weil ich ſtets mein armes Spiel
Schoͤne / von dir dichten lerne /
aber du mein Spiel / und ich
koͤnnen niemals hoͤren mich.
Jch bleib bey den alten Sachſen /
ſah der Erden ſchoͤne Frucht /
und die geile Laͤmmer-Zucht
auf den weiſſen Bergen wachſen /
o wie wohl / wie wohl iſt dir /
ſprach ich / der du weideſt hier.
Muß ich gleich gedoppelt Leiden /
wil ich doch zu keiner zeit
deiner Heerde Liebligkeit /
lieber Hirte / ferner neiden /
nur ich muß alleine gehn /
und weit von Serenen ſtehn.
Du ligſt auf den braunen Raſen /
wenn der Baſileen Hand
ſchlaͤget an das feiſte Land /
ſeine Blumen abzugraſen /
ich muß ſingen ohne Sinn:
Wo iſt nun Serene hin?
O wie biſtu ſo entfernet /
Tilian / von deiner Zier /
die bey nachte das Refier
deiner Huͤrden oft beſternet.
Sprich nun? Kanſtu dir allein
wil ich allzeit dienſtbar ſeyn.
Geh / beſuch auch jetzt die Gaſſen /
da die Schaͤffer bey der Nacht
manche73Roſen-Gepuͤſche
manche Flammen hingebracht.
Da Serenen Thun und Laſſen
ihrer augen-Liecht entdeckt /
und dich ſtets in Brand geſteckt.
Da ſie dir mit vielen Blicken
oftermal ein finſter Grab /
und noch oͤfter wieder gab /
was dich armen kund erquicken.
aber jetzt / O weh der Pein /
muſtu weit weit von mir ſeyn.
Nun ich hab erleben muͤſſen /
was mir mein Verhaͤngnuͤß bracht /
das ein ander durch die Nacht
Jhrer Klarheit kan genieſſen /
was ich vormahls mir erkieſt /
hat der / der viel beſſer iſt.
Wol dem / der das Gold der Wangen /
Gold der Freude / gleich wie du /
in gewuͤnſchter Raſt und Ruh /
ſonder ſehnen ſihet prangen /
ich muß ohne Glantz und Liecht
toͤdten hier mein Angeſicht.
Gerne moͤcht ich fuͤrder gehen /
Bleiches bild / weit uͤber Meer /
wenn ich deiner Schoͤnheit Heer
noch einmal ſolt mich uͤm ſehen /
weiter aber kan ich nicht /
weil dein Leit-Stern mir gebricht.
Vm dich gruͤnen volle Blumen /
weil ſie deines Mundes Weſt
unver -74S. D. ander
unverhindert wachſen leſt /
als die Kinder der Jdumen.
hier iſt aber uͤm das Land
ietzund Schnee / denn duͤrrer Sand.
Alle Marter wolt ich tauern /
die zu finden moͤchten ſeyn.
ſolte nur dein Sonnenſchein
auch in dieſen feſten Maueren
deiner klaren Augen Glantz /
wie die jene / ſehen gantz.
Wenn ich ſchlaffe / menn ich wache
bin ich ſchoͤne / ſtets bey dir /
unterweilen traͤumet mir /
wie ich mit dir ſitz und lache /
wie ich auf den Blumen-Plan
dich mit Roſen werffen kan.
die dich ſetzen zum Goͤttinnen /
Mund und Lippen / Stirn und Haar /
Haͤnde / Bruſtund Augenklar
leuchten taͤglich dem beginnen /
daß ich heute noch mit Fleiß
mehr und mehr zu loben weis.
Stum an Worten / bleich an Wangen /
taub an Ohr / an Augen blind /
an Geberden als ein Kind
bin ich ofters hier gegangen /
aber O / O Tilian /
dieſes iſt umſonſt gethan!
Taͤglich koͤmmt die Morgen Roͤthe /
legt auch taͤglich ſchlaffen ſich /
aber75Roſen-Gepuͤſche.
Aber o wenn ſeh ich dich
ach! es iſt mir viel zu ſpaͤte /
da ich / wenn ſich neigt der Tag /
dich noch einmal gruͤſſen mag.
Hett ich Leiden noch geſehen
und ihr reiches Nieder-Land /
wolt ich erſt / O Saalen-Strand /
dort an deinen Vfern gehen /
allda wolt ich gantz allein
ewig dir ergeben ſeyn.
bleib Serene / bleib indeſſen /
ohne trug und ohne Liſt /
wie du ſtets geweſen biſt.
deiner wil ich nicht vergeſſen /
du ſolt ſtets mit Demantſtein
in mein Hertz gegraben ſeyn.
Als denn nehm ich meine Ruhe
auf der halb entbloͤßten Bruſt /
die mir (ach wolt Gott!) bewuſt.
Dann ſo gehet / was ich thue /
mit weit mehr verliebten Sinn
auf ſein gutes Ende hin.
Alſo ſang er Glut und Flammen /
das der Elbe gelber Strand
durch das weite Niederland
ſeine Seuftzer trug zuſammen /
biß der Himmel ſich entdeckt.
und die Sternen angeſteckt[.]
Der76D. S. ander

II. Der freyhende Daphnis / an der Saale.

DAphnis gieng in Luſt und Freuden
an der blancken Saalen Strand /
ſpielte mit erfreuter Hand
ſein ihn oft bedruͤcktes Leiden
aller Schmertze war vorbey /
Weil er aller Schmertzen frey.
Groſſer Sturm und wuͤſte Wellen /
ſang er / und des Gluͤckes ſchein
muſten mir zuwider ſein /
da ich an den friſchen Quellen /
wenn es ofte kaum getagt /
Daphne dich und mich beklagt.
Phoͤbus machte mir viel Muͤhe /
eh ich auf der Pindus-Hoͤh
weg geraubt der Muſen Klee /
ehe Clio mir verliehe /
das ich mich hab hie geſetzt /
wo man ſonſt Poeten netzt.
Eine Zeit hab ich geſtanden
bey des Phoͤbus goͤldnen Thron /
mich geuennet ſeinen Sohn /
und mit Fama gruͤnen Banden
meinen Namen hingethan /
wo er ewig bleiben kan.
Es hat mich der Schaͤffer-Orden
ſeinen Schaͤffer ſtets gekennt /
mic[h]77Roſen-Gepuͤſche.
mich den Daphnis nur genennet /
auch der Damon gegen Norden
weis / weil ich es oft gethan /
daß ich treflich ſpielen kan.
Stets gedacht ich / frey zu leben /
und wie die gelehrte Welt /
die ſehr wehrt die Muſen helt /
mich den Buͤchern zu ergeben /
nur zu pflegten / wie bewuſt /
meiner ſuͤſſen Muſen-Luſt.
Gaͤntzlich hatt ich meine Sinnen
in ein Buch gewickelt ein /
ich wolt immer Daphnis ſeyn /
aber / Daphnis / dein beginnen
hat mich ietzt dahin gebracht /
das ich keiner Buͤcher acht.
Deine Blumen gleiche Wangen /
deiner zarten Augen Liecht
hat mich gaͤntzlich dir verpflicht!
der gebleichten Haar abhangen
bindet meinen freyen Sinn /
das ich nicht mehr Daphnis bin.
Deine Silber weiſſen Haͤnde /
die mit Tuͤrckiß durchgeetzt /
haben meinen Sinn verletzt /
daß ich mich nun zu dir wende /
und bey dir muß ruffen ein[:]
Daphnis ſol der Daphne ſeyn.
Nun ſo bin ich dir verbunden /
weil du ſtets / du Roſen-Bild /
Gmit78D. S. ander
mit den Daphnis weiden wilt /
nun vergehen meine Wunden /
die mir deiner Augen Liecht
hat im Hertzen zugericht.
Laß uns nun die Herde treiben
nach den Schatten in das Thal /
wo wir bey den ſchoͤnen Quall
auß den Auen wollen bleiben /
treibe / treibe Daphne fort /
das wir kommen an den Port.
So lies er die Floͤte ſchallen
mit erfreuter Stimm und Bruſt /
der Saphirten Felder Luſt /
Echo / lies den Thon nachfallen:
freut euch Nymphen und Sylvan /
Daphne weiß / was Daphnis kan!

III. Der verliebte Hylasan der Elbe.

HYlas / der Sophien Freyer /
gieng vol ſehnen ungefehr
an der kalten Elbe her.
Er gedacht an ihren Weyher /
der / ſeit er ſie angeblickt /
ihm die Flammen zugeſchickt.
Wolte Gott / ich ſolt dich ſehen /
fang er / O du Lorber-Wald /
da mein ſchoͤner Auffenthalt
kan in deinen Schatten gehen!
Wolte Gott / ich ſolt allein
unter deinen Zweigen ſeyn.
Heller79Roſen-Gepuͤſche
Heller wirffſtu deine Stralen /
wenn Sophia durch den Weſt
ſanfte dich bewegen leſt.
deine feiſten Blaͤtter pralen /
weil ſie vor den Donnerſtein
durch mein Lieb geſichert ſeyn.
Laß die Perlen haͤuffig nieder
in die mehr als zarte Schoß /
daß ich alles Jammers bloß
moͤge zu ihr kommen wieder /
eh noch als die Jahres-Friſt
dem Saturn ein Opfer iſt.
Du haſt mir mein Hertz entwendet /
du / Sophia / du haſt mir
meine Sinnen eintzig dir /
als ein Eigenthum verpfaͤndet /
deiner Schoͤnheit Glantz und Liecht
raubet mir mein Angeſicht.
Wie man ſonſt das Volck der Sterne
ſihet in den Luͤften ſtehn:
alſo hab ich dich geſehn /
das ich von dir dichten lerne /
wie dein Schmuck und goͤldner Schein
uͤber alle Sterne ſeyn.
Du ſchlaͤgſt den geſtuͤckten Zindel /
und den duͤnn-gewebten Flor
deinen zarten Wangen vor
deines Lorbers gruͤne Buͤndel /
die du druͤber aufgehenckt /
haben dir mehr Glantz geſchenckt.
G ijDein80D. S. ander
Dein ſo hoher Stam und Adel
iſt der ungezaͤmte Fleiß /
der dich ſtaͤts zu ruͤhmen weiß /
wenn du durch den Streit der Nadel /
in den Schleyer eingefuͤhrt /
was die Ewigkeit gebiert.
Selbſt Natur / das Kind der Goͤtter /
hat dich auf die Welt gebracht /
der dich anfangs außgedacht!
iſt der Geiſt / der ſeine Blaͤtter /
die er von dem Himmel traͤgt /
dir auf deinen Muud gelegt /
Jn der Stirnen Hauß und Tache
iſt der Wirth Beſtaͤndigkeit /
ſo bey Blitz und Hagel-Streit
ſeinem goͤldnen Sitz-Gemache /
wegen einer boͤſeu That /
niemals Abſchied geben hat.
Die zu ſcharffen Schauerinnen /
deine Blicke ſind die Bahn /
die mich armen uͤm und an
lieblich alſo leiten koͤnnen.
Das ich brenn ie mehr und mehr
koͤmmt von deinen Augen her.
Nur zwey Roſen deiner Jugend
ſtreichen deine Wangen an:
Scham / die niemals fallen kan /
das Gemuͤthe reiner Tugend /
und die Sitten bey dir / Kind /
geben was ſie ſelber ſind.
Dein81Roſen-Gepuͤſche
Dein Mund ſchenckt den Ambroſinen /
und den beſten Nectar-Wein
den gelehrten Lippen ein
du darffſt keiner ſuͤſſen Bienen /
was auf deiner Zungen ſteht
reucht wie Nard und Zinnamet.
Jn die mehr als goͤldne Haare
iſt die Demuht eingedreht /
die ſo leiſe wird beweht /
als ein Baum in fruͤhen Jahren /
der das Silber vor dem Weſt
auf die Roſen fallen laͤſt.
Wie man ſiht den Phoͤbus glaͤutzen /
wenn er in den Wald ſpatzirt:
ſo biſtu auch außgeziert
mit der Keuſchheit goͤldnen Kraͤntzen /
die des kuͤhnen Vogels Fuß
Tag und Nacht bewachen muß.
Oben uͤm dich ſeyn die Farben /
die den Muſen zugelegt /
in neun Fahnen eingepregt.
nichts nicht iſt an dir zu darben;
kan ich finden mich bey dir /
hab ich alles Reichthum hier.
Dreye / die ich dir nach uͤbe /
(iſt mirs anders recht bewuſt)
ſind ein Guͤrtel deiner Bruſt.
ſchwartz die Arbeit / Roth der Liebe /
und des Neides Feind und Streit /
weiſſes der Aufrichtigkeit.
G iijein82D. S. ander
Einen Zweig von guten Golde
haͤlt dein Vogel uͤber dir /
welcher (raub ich ihn zu mir)
mich bey deiner Gnad und Hulde /
es geh uͤbel oder wohl
ieder zeit behalten ſol.
Deines weiſſen Halſes Ketten
theilen eitel Reichthum auß /
was der Seelen Sitz und Hauß
von dem Tode kan erretten /
Lohn und Ehre langer Zeit
ſind uͤm deinen Hals gebreit.
Stets getreu ſeyn / und verſchwiegen /
iſt gar kuͤnſtlich dran geſetzt /
und der Ketten eingeetzt.
Hieran ſol auch mir genuͤgen /
denn wo Treue nimmt die Ruh /
da gehts auch verſchwiegen zu.
Ohne wancken ſind die Tritte /
denen du die zarte Laſt
deiner Zier vertrauet haſt /
Ohne ſtraucheln deine Schritte.
Fuͤr den Triebſand nimſtu ein /
einen breiten Felſen-Stein.
Alles diß ſeh ich von weiten /
wie es uͤberſchoͤne ſteht /
und mit dir zum Wolcken geht /
ſolt ich dich / mein Schatz begleiten /
ach! ſo ſolt dich meine hand
tragen durch ihr Vaterland.
bin83Roſen-Gepuͤſche
Bin ich ſechzen halbe Meilen /
O Goͤttinne / gleich von dir /
ſo biſtu doch ſtets alhier.
Kan ich dich mit Luſt ereilen /
ſo ſol weder Berg noch Stein
mir in meinen Wege ſeyn.
Wuͤrde nur von dir genommen
deine Decke / die du traͤgſt /
und fuͤr Stirn und Augen legſt /
ach ſo koͤnt ich zu dir kommen /
allda muͤſte meine Pein
Schatz / durch dich gelindert ſeyn.
Jedoch wil ich immer hoffen.
es koͤmt noch einmal der Tag /
da ich dich uͤmfangen mag.
Wird die rechte Zeit getroffen
ſo iſt alles / was mich kraͤnckt /
in vergeſſen hingeſenckt.
Alſo ging er auf und nieder /
und ſah ſeinen Himmel an /
bis dreymal der weiſſe Schwan
drauf geſchwungen ſein Gefieder /
da er denn / bey ſpaͤter Nacht /
ſich nach Hauſe weg gemacht.

IV. Der ſterbende Silvius.

SYlvius gieng vor der Sonnen
in den gruͤnen Schaͤffer-Wald /
ſatzte ſich zu einen Bronnen /
G iijder84D. S. ander
der im gantzen Buſche ſchallt /
klagte mit beliebter Znngen /
wie ihn Sylvia bezwungen:
Sylvia nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Jetzund wird die Nacht vertrieben
durch Auroren Purpur-Liecht /
Finſternuͤß muß ſich verſchieben /
weil der helle Tag anbricht
alle Nymfen in den Heyden
gehen nach den friſchen Weiden /
Sylvia nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Luft und Himmel ſchallen wieder /
ſamt der ſtummen Wuͤſteney /
alles ſchwinget ſein Gefieder
durch ein ſuͤſſes Feld-Geſchrey
an den kuͤhlen Waſſer-Fluͤſſen /
den noch fruͤhen Tag zu gruͤſſen /
Sylvia nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Durch die Nacht hab ich geſtanden /
und den Himmel angeſchaut /
ob Matuta bald verhanden!
Ob ihr rothes Haar bethaut.
Aber ſeit daß ſie iſt kommen
hat ſie mich mir ſelbſt genommen /
Sylvia nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Lieblich lacht der Tag die Wieſen /
und85Roſen-Gepuͤſche
und den Tag die Felder an /
die ſonſt oftermal geprieſen
ſeiner Sirinx unſer Pan.
Aber Hertze / Mund und Sinnen
muͤſſen Traurigkeit beginnen /
Sylvia nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Meine Seel iſt gantz erſtorben /
und der Geiſt hat albereit
ſeinen Myrten-Krantz erworben /
in der ſtillen Einſamkeit /
daß ihn weder Tag noch Hecken /
noch ein Vogel auf wird wecken /
Sylvia / nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Dieſer Tag / der faſt vergangen
dey der Waͤlder Buͤrgerey /
kan ſich gar nicht unterfangen /
das mein blaſſes Feld-Geſchrey
mich lies bey den weichen Schaffen
ſicher in den Blumen ſchlaffen /
Sylvia / nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Wo ich mein Geſicht hinwende /
iſt mir alles eitel Nacht /
ob Latona gleich die Haͤnde /
ſamt der Flammen Purpur-Pracht
zeigte der Weld von neuen /
wuͤrde mich doch nichts erfreuen /
Silvia / nur ich allein
G[4]muß86D. S. ander
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Jhr / ihr gruͤnen Amaranthen /
und du kranckes Liljen-Feld
ihr / ihr feiſten Alacanthen /
ach! ſie hat mir nachgeſtellt.
Weil ſie aber uͤmgeſchlagen /
ſolt ihr traurig mit mir ſagen:
Sylvia / nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Jhr / ihr Vogel / hemmt die Zungen /
ſetzet eure Luſt beſeit.
Sylvius iſt nun verdrungen
von der ſchoͤnen Liebligkeit /
ihrer Blicke goͤldne Schaaren
laſſen mich / mich armen / fahren /
Sylvia nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Heller Tag iſt meinen Sinnen
eine lange ſchwartze Nacht /
Liecht und alles mein beginnen
wird zu Finſternuͤß gemacht /
weil ich in den Morgen-Thauen
Sylvia / dich nicht kan ſchauen /
Sylvia / nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Wenn Gebuͤſche / Wald und Heyden /
wenn die Thaͤler weit und dreit /
wenn die Menſchen voller Freuden
ſchlaffen ohne Traurigkeit /
wenn die Voͤgel nicht mehr ſingen /
muß87Roſen-Gepuͤſche.
muß ich meine Stimme ſchwingen /
Sylvia / nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Kom / O Schoͤnſte / kom gegangen /
kom / beſcheine Wald und Au /
netze Sylvia die Wangen
mit den runden Wieſen-Thau /
koͤmſtu / wird die Nacht verſchwinden /
und der helle Tag ſich finden /
Sylvia / nur ich allein
muß von dir verlaſſen ſeyn.
Liebſte / liebe mich in Schatten
bey den Roſen / ſo vor dir
neulich ſich entfaͤr bet hatten.
Liebſtu mich / O meine Zier /
wil ich einen Thon erzwingen /
und bey allen Myrten ſingen:
Sylvius der ſoll allein
ſeiner Liebſten eigen ſeyn.
Als er dieſe Wort beſchloſſen /
fiel er in das gruͤne Graß /
das von Bronnen ward begoſſen /
biß er ſeiner gantz vergaß /
Daphnis / der ihn ſahe ſterben /
ſprach: Soll Sylvius verderben:
Sylvia / du machſt allein /
das er muß des Todes ſeyn.

V. Die klagende Roſemunde.

R Oſemunde ſaß betruͤbet
unter einen Myrten-ſtrauch /
da88D. S. ander
da ſie ſich in klagen uͤbet /
als des Waſſers Dampff und Rauch
ſich in die begruͤnte Schoß
ſeiner zarten Mutter goß.
Streue deine Roſen wieder /
ſang ſie / ſchoͤner Gold-Rubin /
Laß des Mondes kleinen Bruͤder
ruͤckwarts nach den Seen ziehn /
daß mein Seuftzen Tag und Nacht
werd zu ſeinen Vrſprung bracht.
Ach! wo bleibſtu doch ſo lange /
meiner Freuden A und O?
Seit daß ich dich nicht uͤmfange
bin ich niemals worden froh /
niemahl hat der Roſen Schein
an mir wollen glaͤntzbar ſeyn.
Fuͤrchſtu Roſen abzubrechen /
weil ſie unter Dornen ſtehn /
Muth und That die koͤnnen ſchwaͤchen /
was uns rauh pflegt anzugehn /
kom / O Roſen-Sonn und Liecht /
Schoͤnſter kom / und ſaͤume nicht.
Denck doch nach / was ohne Meyen
ſonſt der Blumen Sterne ſeyn!
die verblaſten Lippen ſchreyen /
daß ſie druͤber gehen ein /
kom / und netz ihr Roſenblat /
das faſt keinen Glantz mehr hat.
Kom / O Liebſter / mein Verlangen /
brich die Roſen ſonder Hand /
auf89Roſen-Gepuͤſche
auf den Feldern dieſer Wangen
wird dir alles zuerkant /
eh die Roſen-Bluͤth das beſt /
Ruch und Blaͤtter / fallen laͤſt.
Oder nimmeſtu die weiſſen
lieber als die rothen ein.
Ach! ſo ſchau der Bruͤſte gleiſſen /
die damit erfuͤllet ſeyn /
brich erſt rothe / meine Zier /
denn ſo ſind auch weiſſe hier.
Alſo klagt ſie / und ſiel nieder
auf die halb entbloͤßte Bruſt /
und kam gar nicht zu ſich wieder /
biß der Weſt-Wind ſeine Koſt
von den Myrten auff ſie blies /
und ihr Labſal fallen lies.

VI. Der Troͤſtende Strefon.

FRoſt und Kaͤlte / Wind und Regen
war gleich aus der Welt geſchafft /
Zefyr lies den Nord ſich legen /
alle Baͤume kriegten Safft /
als der Strefon gantz bethoͤrt
Roſemunden zugehoͤrt.
Kraͤnckſtu dich / O Roſemunde /
ſang er wiederuͤm / daß du
die verliebte Morgen-ſtunde
ſollſt alleine bringen zu /
Philorhed dein Sonnenſchein
wird90D. S. ander
wird mit ehſten bey dir ſeyn.
Spare doch die heiſſen Thraͤnen /
die ſich nach den beſten Freund
auß den bittern Quellen ſehnen /
wer / wie auß Gewohnheit / weint /
ſagt mit ſtilleſcheigen an /
daß er nicht recht trauren kan.
Laß nur deine Roſen ſtehen /
Philorhed iſt ſchon bereit /
deinen Doͤrnern zuzugehen
bey der ſpaten Veſper-Zeit /
welche nicht / O Roſen-Zier /
Philorhed iſt faſt bey dir.
Er wird deiner nicht vergeſſen /
du biſt in ſein Hertz gepraͤgt /
ſchoͤnſte Nymfe / ſchweig indeſſen /
dich hat ſchon ſein Thau belegt /
Philorhed der weis ja wol /
wie und wenn er kommen ſol.
Philorhed wird wieder kommen /
eh die Roſenbluͤthe bleicht!
und der Cauren laute Brommen
das begruͤnte Feld beſtreicht /
wird bereit ſein Glantz und ſchein
dir in deinen Armen ſeyn.
Laß nur deinen ſtock nicht ſchwaͤchen /
diev erliebte Roſen-Koſt /
roth und weiſſe wil Er brechen /
Roſemund / auf deiner Bruſt.
Es91Roſen-Gepuͤſche
es iſt eine groſſe Pein /
bey berochnen Roſen ſeyn.
Alſo troͤſt er Roſemunden /
bis er zu der Myrte lief /
da ſie wiederuͤm von Stunden
ihm in ſeinen Arm entſchlief /
daß er kaum noch vor der Nacht
ſelber ſich nach Hauſe bracht.

VII. Der ſcheidende Seladon / an der Neiſſe.

SEladon lag auf den Wieſeu
an der ſchnellen Neiſſen Strand /
klagte ſeiner Liebe Pfand /
das er vormal oft geprieſen /
das er / eh der Abſchied kam /
in die weiſſen Arme nam.
Vnd ich / ſang er / ſol dich laſſen /
meiner Sinnen Glantz und Port /
hier allein an dieſen Ort /
hier in dieſen Krieges-Gaſſen /
da des wilden Mavors Schein
und Apollo Feinde ſeyn.
Seit das ich bey dir geweſen /
hat die Heerde nichts gewuſt /
als von gruͤner Felder-Luſt
beſſer koͤnte ſie geneſen /
als ich hier ſo mannigfalt
ſuchte meinen Aufenthalt.
Aber92D. S. ander
weil ich ſo entfernet bin /
und mein tief verliebter Sinn
ſingen muß von ſeinen Leiden?
traurig wird ſie mit gethoͤn
zu den truͤben Bronnen gehn.
Dir / O Schoͤne / wil ich bleiben /
der ich vor geweſen bin /
meinen hochgeaͤngſten Sinn
ſoll kein ſcheiden von dir treiben.
Vnterdeſſen lebe hier /
und verbleibe guͤnſtig mir.
Dieſer blancke Strand ſol zeugen
unſer beyder Liebes-Glut /
das du / O mein beſtes Gut /
dich von mir nicht wolleſt neigen!
Jch / ich bleib in ſtarcken Sinn
der ich vor geweſen bin.
Lebe / lebe wol in Freuden /
und ergetze dich alhier
an der bundten Meyen Zier /
weil ich dich jetz und muß meiden /
klagſtu mich / ſo ſtimm hier an /
daß es alles hoͤren kan.
Wenn das faſt erblaßte ſcheinen /
das der Monden in ſich hat /
ſechsmal hat bemahlt die Stad /
da ich jetzt muß ſehnlich weinen /
ſolſtu mich / O meine Zier /
haben unverhofft bey der.
Nun /93Roſen-Gepuͤſche
Nun / gehabe dich zum beſten /
du mein Leit-Stern und mein Port /
nun / Ade / ich muß jetzt fort /
meine Liebe ſol der Weſten /
welcher gleichfals liebet ſehr /
dir zuruͤcke bringeu her.
Jhr / mein Gold / ihr ſchwartzen Haare /
die ihr Muth und Sinnen bindt /
die da nicht zu gleichen ſind /
Ophir deiner teuren Waare /
i[ch]zieh itzet hin / wo ich ſol /
daruͤm lebet Freuden voll.
Jhr mit Schnee bedeckten Wangen /
die vol rother Roſen ſtehn!
weil ich jetzt muß von euch gehn /
wil mich ſehr nach euch verlangen /
doch die Reiß iſt angeſtellt /
bluͤhe wol / du Wangen-Feld.
O ihr rothen Sammet-Lippen /
die ihr ofte mich gelabt /
dieſes jetzt zum Denckmal habt /
was ich bey den rauhen Klippen
euch zum Abſchied laſſe hier /
unver blaͤßt ſteht fuͤr und fuͤr
Liebes-Felder ihr / ihr Bruͤſte /
da der weiſſe Liljen-Schnee
und der roth behaubte Klee
oft einander treulich kuͤſte /
bluͤhet / bluͤhet ohne Leid
in der Blumen - reichen Zeit.
HLiebes94D. S. ander
Liebes-Pfand der Wollen-Haͤnde /
das du mit Beſtaͤndigktit
haͤſt verſprochen iederzeit /
weil ich mich jetzt von dir wende /
ſo verbleibe treulich mir /
wie ich werde bleiben dir.
Bluͤhet wol / ihr bundten Felder /
du mit Rohr bekroͤnter Fluß /
nim jetzt hin den Abſchieds-Kuß /
und ihr gruͤnen Eichen-Waͤlder.
Gruͤne ſtets du Blumen Plan /
du haſt mir viel guts gethan.
Goͤnner und ihr guten Bruͤder /
meine Freundſchaft bleibt auch hier /
ob ich ſchon auß dem Refier
ziehe fort / hier dieſe Lieder
nehmet / als der Freundſchaft Pfand
in die treue Freundes-Hand.
Wer weiß / ob der Augen Lieder
dieſen Tag noch ſchauen an /
daß einander wir ſehn wieder /
lebet wol / der Elben-ſtrand
iſt es / der mir beut die Hand.
Gute Nacht / ihr Berg und Steine /
gute Nacht / du gruͤner Saal /
gute Nacht / du Roſenthal /
da ich jetzund ſitz und weine
gute nacht / du liebe Stadt /
die mich oft erquicket hat.
Als95Roſen-Gepuͤſche
Als er dieſes abgeſungen /
ſtund er auf uud zohe fort
nach den kuͤhlen Elben-Port /
Echo nur hat hat nach geklungen /
bis der treue Freundſchafft Cohr
aus den Augen ihn verlor.

VIII. Der liebende Damon / an der Strygis.

DAmon ſaß am kuͤhlen Strande /
da der klare Silber Fluß
lieblich bey hin flieſſen muß /
in geliebten. Vaterlande /
als die Sonne Seewarts gleng /
und der Tag ſein End empfing.
Er lag an den weiſſen Bruͤſten
ſeiner zarten Dorilis.
Ach / ſprach er / ſeither ich diß /
wo jetzund die Boͤgel niſten /
lies in vollen Bluͤthen ſtehn /
hab ich muͤſſen einſam gehn.
Hylas ſang mir mein abſcheiden /
das die ſtille Waͤlder-Luft
alle Worte nach geruft /
aber ich muſt Hylas meiden /
Hylas / den bewerthen Freund /
der mit Treuen mich gemeynt,
H ijJch69[96]D. S. ander
Jch zog wieder zu den Schaffen
in das reiche Sachſen-Land /
die ich faſt zerſtreuet fand /
ſicher kund ich da nicht ſchlaffen /
ſchlaffen kund ich ſicher nicht /
weil ſich Laura mir verpflicht.
Du O Hertze meiner Sinnen /
Laura / warſt mein Aufenthalt /
Der begruͤnte Dannen-Wald
wuͤſte dein und mein beginnen.
dein belobter Name ſteht /
wo das Wild in Schatten geht.
Hatt ich oftermals geſchnitten
dich in alle Rinden ein /
ſchienſtu mir viel lieber ſeyu.
aber deine wilden Sitten
haben wider-ſinn gemacht /
das ich deiner nicht mehr acht.
Nach dir hab ich lieb gewonnen
der Roſetten braun Geſicht /
aller Schaͤferinnen Liecht /
das dort bey den Spiegel-Bronnen
den der Weſt-Wind angehaucht /
ſeine Wangen eingetaucht.
Deine Lippen / O du ſchoͤne /
wiſſen noch den letzten Kuß /
wie ich meinen ſchweren Fuß /
bey der Hirten laut Gethoͤne
faſt mit Thraͤnen gantz benetzt
habe von dir weg geſetzt.
Nun97Roſen-Gepuͤſche
Nun / was hilfft es / ich muß laſſen
dich und deine Schaffe ſtehn /
die mit vollen Eutern gehn.
kom ich wieder / wil ich faſſen
dich in meinen Armen ein /
da ſolſtu mir lieber ſeyn.
Nachmals bin ich fortgereiſet
zu der weitberuͤhmten Stadt /
die des Berges Namen hat /
da der Bembo wird gepreiſet /
Bembo / der belobte Mann /
der gar artlich ſpielen kan.
Jch war da / doch ſonder Leben /
weil die ſchoͤne meine Zier /
nicht / wie vorhin / war bey mir.
Buͤchern wolt ich mich ergeben /
aber rechte Buͤcher-Luſt
war in keinem mir bewuſt.
Bald ſpatzirt ich in die Auen /
bald in ein ſehr liebes Thal /
da die Hirten alzumal
kunten meinen Jammer ſchauen /
aber meine Liebes-Pein
kunte nicht gemindert ſeyn.
An dem ſanften Elben-ſtrande
ſaß mein Thyrſis angelehnt /
der ſich nach Claretten ſehnt.
dieſe Wellen / die dem Rande /
kiagt er / geben einen Kuß /
machen daß ich ſterben muß.
Meli -98D. S. ander
Melibeus wolte retten
mich auß meiner Liebes-Pein /
es kund aber gar nicht ſeyn.
er lag in den Venus-Ketten
die Cupido mit ſich fuͤhrt /
liebe wegen angeſchnuͤrt
Der Corimbo / meine Freude /
ſchlief in meinen Trauren nicht /
weil er ſah mein bleich Geſicht /
ſinge / ſprach er / von dem Leide /
ſinge nur von deiner Pein /
ſo kanſtu befreyet ſeyn.
Nun ich habe viel geſungen /
wie in Sachſen zuvorhin /
aber mein gekraͤnckter Sinn
hat ſein Leid noch nie verdrungen /
bis ich wieder Abſchied nam /
und zu Dorilis hinkam.
Dorilis / du gleiche ſchoͤne
mit Roſetten Angeſicht /
dich wil ich verlaſſen nicht.
Weil mit einem Kling-Gethoͤne
ein von Angſt befreyter Hirt
hier die Laͤmmer weiden wird.
Jhr / ihr Erlen an dem Rande /
ihr / ihr Buchen weit und breit /
zeiget ihre Liebligkeit /
ob ſie nicht von hohen Stande /
iſt ſie dennoch ſolcher Art /
da ich auch erzogen ward.
Dorilis99Roſen-Gepuͤſche.
Dorilis / du Preiß der Felder /
die der Floren weiſſen Fuß
taͤglich noch betreten muß.
O du Zierrath aller Waͤlder /
ich wil nun bey dir allein
forthin in Gedancken ſeyn.
Dein Mund ſtehet glatt erhoben /
wie Corallen / die die See
reicht der ſchoͤnen Galathee /
uͤber deinen Lippen droben
bluͤht dein braunes Wangen-Feld
das mich nun gefangen helt.
Wie die Morgenroͤthe pralet /
wenn der Tagebringer koͤmmt /
und die Himmels-Kertz anklimmt:
ſo werd ich von der bemahlet /
wenn der Haare Gold - geruͤſt
Zephirus ein ſpielen iſt.
Nun ich wll nicht weiter preiſen /
deinen mehr als treuen Siun /
weil ichſchon darinnen bin.
Werd ich kuͤnftig von dir reiſen /
ſol dein Hertz und meine Pein
noch einmal beſungen ſeyn.
Vnterdeſſen meine Freude /
Dorilis / verbleibe mir /
wie ich allzeit bleibe dir /
bis ich weit von meinen Leide
weit von Trauren / weit von Pein.
Werd in deinen Armen ſeyn.
H iiijJhr100D. S. ander
Jhr / ihr Weiden / die ihr ſchauet
unſre beyden Hertzeu an /
du / O gruͤner Wieſen-Plan /
und ihr Bircken ſteht betauet
unter euren Schatten hier
ruhen wir nun fuͤr und fuͤr.
Vnd du Gras der dicken Haynen /
Thal / Wald / Waſſer / Berg / und Stein
hier ſolt ihr verſchwiegen ſeyn /
unſre Brunſt ſolt ihr verneinen.
Koͤmmt die Venus / ſprecht zu ihr:
Damon iſt auß dem Refier.
Du auch Hemme deine Zungen /
Echo / kenn den Damon nicht /
der ſich Dorilis verpflicht /
wilſtu anders ſeyn / beſungen.
liebe die allein geſchicht /
leidet keine Zeugen nicht /
Alſo ſang er bey den Quellen
bis die Silberbraune Nacht
drauf die Fackeln hergebracht /
bis das Vfer nach lies ſchellen /
wie er einen Kuß bekam /
und drauf von ihr Abſchied nam.

IX. Chloriman und Galathee an dem Belt.

CHlorimam und Galathee
ſungen als der Abend kam
um101Roſen-Gepuͤſche.
uͤm den Strand der gruͤnen See /
das es Berg und Thal vernam /
Berg und Thaͤler hoͤrten zu /
bis ſie giengen zu der Ruh.
Chlor: Troja moͤchte ſein bezwungen /
koͤnt ich / Lieb / mit meiner Hand
und mit hundert tauſent Zungen
ruͤhmen dich und deinen Stand.
Galathee du biſts allein /
der ich ſtets wil dienſtbar ſeyn.
Galathee: Ob ſchon Paris vor mir ſtuͤnde /
und auff tauſent Schiffe hier
Blieſen alle gute Winde /
moͤcht ich / Schoͤnſter / nicht von dir.
du biſt der / der mich beſitzt /
und auͤf mir ſich angeſtuͤtzt.
Chlor: Phebas war ein Kind der Goͤtter /
ihre Haare hiengen bloß /
doch wird ſie bey mir kein Retter
meine Pein iſt viel zu groß.
Galathee du biſt allein /
der ich ſtets wil dienſtbar ſeyn.
Gal: Starck war Hector in dem Felde /
klug war der auß Jthaca /
und Achilles reich von Gelde /
doch koͤmmt keiner dir ſo nah.
Du biſt der / der mich beſitzt /
und auf mir ſich angeſtuͤtzt.
Chlor: Krieget ihr Amazoninnen!
und du ſchoͤne Helena
H vraube102D. S. ander
raube Paris Muth und Sinnen /
was ihr ſeyd / das iſt ſchon da.
Galathee du biſt allein /
der ich ſtets wil dienſtbar ſeyn.
Gal: Jch laß Pyrrhus langen Haare
hangen ruͤckwarts Schulter ein.
Liebſter / deine goͤldne Waare
kan mir noch viel lieber ſeyn.
Du biſt der / der mich beſitzt /
und auf mir ſich angeſtuͤtzt.
Chlor: Biſtu / Schatz / mir treu verbunden?
nun wolan / ſo kom alsbald /
nim in meines Hertzens Wunden
deinen lieben Aufenthalt.
Du biſt die / die mich beſitzt /
und an ihr mich angeſtuͤtzt.
Gal: Jch wil in den Schatten kommen /
nicht zwar wie Polyrena /
wird ein Kuß mir abgenommen /
Ach! ſo bleib ich hier und da
deſſen / dem ich ſtets allein
wil in leibe dienſtbar ſeyn.
Alle beyde: Nun ihr gruͤnen Haſelbuͤſche /
Buͤchen / Bircken / und du Rohr /
das am Strande ſeinem Fiſche
traͤget Koſt und Speiſen vor /
ſagets nach: Wir ſinds allein /
die einander dienſtbar ſeyn.
X. Der103Roſen-Gepuͤſche

X. Der bekraͤntzte Floridan / an der Elſter.

FLoridan ſaß auf den Vfern
in den Speckbuſch an den Kiefern /
da die Fluthe Silber ſpritzt.
ſein Roſander / der getreuer
trieb die Laͤmmer nach dem Weyher
von der Sonnen angchitzt /
wo die Elſter ungetruͤbet
ihren ſchaum der Elbe giebet.
Floridan ſang gleich den Heerden /
wie ſie ſolten feiſter werden /
als ein Kleeblat-Nymfen kam.
die beeiſte Schnee Graͤfinne /
Salanen und Leucorinne /
die der Bruͤſte ſuͤſſen Nam
ihm vor das ſchon eingefloͤſſet.
hatten Harr und Leib entbloͤſſet
Floridan ruft zu den dreyen /
und Roſander half ihm ſchreyen:
Schoͤne Nymfen gebt mir was.
Jede wolt auf freyen Gaſſen
ſich vor andern ſehen laſſen.
Die Graͤfinne ſuchte das /
und wolt Zipripor dein Leben
Myrten-Laub dem Schaͤffer geben.
Salamene gieng nach Roſen /
nach Violen und Zeitloſen /
An104D. S. ander
an dem Strande hin und her.
aber ſie / die Leucorinne /
rief: ihr Schweſtern haltet inne /
hier / hier find ich ohngefehr /
was zum ewigkeiten gruͤnet /
was vor unſern Hirten dienet.
Brach darauf die Lorber-Reiſer /
die ein Koͤnig und ein Weiſer /
als in einem Wapen fuͤhrt /
ſeine Haare wurden Blaͤtter /
Mund und Hand ber Zeiten Netter
allen Sternen angeſchnuͤrt.
das er auch den Wald in Lentzen
uͤbertraf mit ſeinen Kraͤntzen.
Der Roſander rufte helle
wol / wol / wol dir mein Geſelle.
dreymal ſprung die Elſter drauf.
Dreymal blies den Schaum die Elbe
zu dem obern Blau-Gewelbe /
dreymal huͤpften Laͤmmer auf /
bis der Speckbuſch voller knallen
aller Freuden beygefallen.

XI. Coridon / an der Mulde.

COridon der gute Hirt
ſaß bey einer gruͤnen Myrt
an dem Mulden-Strande /
er beſang die Stunden /
die er gluͤcklich funden
Jn105Roſen-Gepuͤſche
in dem Vaerlande.
Berg und Klippen hoͤret zu /
ſprach er / und du Felder-Ruh /
Thaͤler und Gefilde /
hoͤret meine Freuden /
die ihr pflegt zu weiden
in der gruͤnen Wilde.
Schmuͤcke / Sonne / dich aufs beſt /
ich begeh mein Namen-Feſt /
an den friſchen Quellen /
ihr / ihr Pierinnen /
rege meine Sinnen /
mir ein Lied zu ſtellen.
Du / du linder Elben-ſtrand /
namſt mich erſtlich von der Hand
meiner Najadillen /
ich ward ſonder Leben
deiner Luſt gegeben /
Angſt und Pein zuſtillen.
Auf den feuchten Wieſen-Plan
ſtimmt ich Floͤht uuͤd Seiten an /
liebes Brunſt zu meiden /
aber Venus-Feuer
brant mich ungeheuer /
das ich muſte ſcheiden.
Darauf gab ich einen Kuß /
dir / du alter Pleiſſen-Fluß /
meine Brunſt zu kuͤhlen
an dem gruͤnen Rande /
da ich Nymfen fande /
pflegte106D. S. ander
Pflegt ich ſcharf zu ſpielen.
Aber ſpielen half mir nicht /
bleicher war mein Angeſicht
taͤglich anzuſchauen /
meiner Lippen prangen /
und die friſchen Wangen
welckten wie die Auen.
Jch beſuchte jene Stadt /
die ſich hingeſetzet hat /
wo der Saal-ſtrom rinnet /
aber in dem Hertzen
duppelt ich den Schmertzen /
der mich faſt entſinnet.
Auf den Auen in dem Klee
fand ich / dich O Galathee /
ſamt den Schaͤfferinnen /
da ward ich / O Schoͤne /
bey den ſchall-gethoͤne /
deines Zierraths innen.
Was dir Pan an den Schaffen ſchenckt /
hab ich tauſentmal getraͤnckt /
auß den klaren Fluͤſſen /
ſolten meine Ziegen
froh in Blumen ligen /
muſt ich dich bekuͤſſen.
Nun der Neidhard war mir grain /
biß ich wieder Abſchiednam
nach den Meißner-Weiden /
Heerd und alle Hirten
ſtunden107Roſen-Gepuͤſche
ſtunden bey ddn Myrten
an den feiſten Heyden.
Coridon / du Felder-Ruh /
ruften ſie / Gluͤck zu / Gluͤck zu /
dir und deinen Heerden /
laß auf dieſen Heyden
deine Laͤmmer weiden /
biß ſie traͤchtig werden.
Als ich weidet ohngefeht
in Gebirge hin und her /
ſah ich Fillis ſtehen /
ach ſprach ich im Hertzen /
ſollen meine Schmertzen
noch einmal angehen.
Jch entſchlug mich ihrer gantz /
biß ein neuer Roſen - Krantz /
den ſie mir geſendet /
in verdeckten Flammen
mich und ſie zuſammen /
unverſehns geblendet.
Aber wie nicht lange ſteht /
was ohn grund zum Wolcken geht /
ſo muſt ich vor allen
faſt bey Groll und Haſſen
meine Fillis laſſen /
Lauren zu gefallen.
Lauren / die es jetzt noch kraͤnckt /
war der Ancker faſt geſenckt /
noch kund ich nicht bleiben /
Sturm / Wind / Fluth / und Wellen
lieſſen108D. S. ander
lieſſen von den Quellen
Schiff und Maſt abtreiben.
Birgt ein Spiegel auch das Liecht /
wen anff ihn die Sonne ſticht?
Kaum war ich entgangen /
hat mich ſchon im gehen /
meiner Galatheen
Muth und Sinn gefangen.
Die begraute Compagnie
reitzte mich ſie ſpat und fruͤh
noch einmal zu kuͤſſen /
aber Phoͤbus triebe
von mir ſolche Liebe /
daß ich ſie muſt miſſen.
Nachmals hat er mir vertraut
die Sophia / ſeine Braut /
daß ſie mein ſolt bleiben /
von ſehr hohen Dingen
muſt ich froͤlich ſingen /
Venus zuvertreiben.
Als das Lied geſungen war /
kroͤnet er mein duͤnnes Haar
mit den Lorber-Zweigen /
meine Braut / die Schoͤne!
ſprach er mit Gethoͤne /
geb ich dir zu eigen.
Laß nun Galatheen ſeyn /
hieran kuͤhle deine Pein /
die wie Feuer brennet /
es wird die gegeben
Gs109Roſen-Gepuͤſche
Es wird dir gegeben
gar ein ander Leben /
das den Todt nicht kennet.
Nun gehab dich allzeit wol /
Galathee / weil ich ſol
deinen Anblick haſſen /
ſtill ſein und Getuͤmmel /
Erdreich und der Himmel
koͤnnen ſich nicht faſſen.
Alſo ſang ich / und zog hin
zu der ſchoͤnſten Charitin /
die mich nie betruͤbet /
Haͤnde / Mund und Wangen /
ihrer Lippen prangen /
machten mich verliebet.
Jch wil nicht / O Roſalin /
forthin weiter von dir ziehn.
du allein ſolſt bleiben /
die ich unverdroſſen
in mich eingeſchloſſen /
nichts wird mich abtreiben.
Gib in deß / mir einen Krantz /
den der Haͤnde Marmor-Glantz /
nur von Roſen-ſtrauche
kuͤnſtlich hat uͤmwunden /
auff daß ich gebunden
ſey nach Liebes-Brauch[e /]
Tauſent Jahre ſetz hinzu /
und die goͤldne Felder-Ruh /
das die weiſſen Heerden /
Jin110S. D. erſtes
in den ſuͤſſen Heyden /
von den gruͤnen Weiden
nicht gejaget werden.
Dieſen weiten Wieſen-Plan /
mich / und was ich uͤm und an /
ſolſtu von mir haben /
denn wer ſich laͤſt binden /
muß ſich abefinden
mit den beſten Gaben.
Alſo ſang er gar allein /
und ſchnitt ihren Namen ein
in die Myrten Rinde /
Echo rief von weiten
die gewuͤnſchten Zeiten
in die tieffen Gruͤnde.

Di Sanders An der flieſſenden Meiſſe Lieb-Leid - und Lobs-Gedichte / Als der hoch-belobte Schaͤffer THYRSJS Jn den Dobreboriſchen Feldern ſein Namens-Feſt begieng. M. DC. XLJJJ.

ES war nun allber[en]des blaſſen Mondes Gold - bruder durch den eroͤfneten Paß der der angrentzenden Erden gerennet / als ich an einen beſonders erfreulichen Orte eine loͤbliche Ge -ſell -111Roſen - Gepuͤſcheſellſchafft angetroffen / welche dermaſſen gefrolo - cket / das es ſchien / als wolte der guͤtige Himmel mit ſeinen weiß-blauen Angeſichte die angefangene Freu - de vermehren helffen. Nach den ich aber wiederuͤm urlaub genommen / kam ich in ein mit den runden Schnee-Ballen verfallnes Thal / in welchen ich eine klaͤgliche Stimme nur von weiten erklingen hoͤrete / ſo das ich nichts anders draus urtheilete / es weren denen beruͤhmten Schaͤffern an dem Saalen-ſtran - de umher ihr Heerdẽ geraubet! die huͤrden eingeriſſen / und ihre Trifften verunruhiget worden. Als ich aber naͤher hinzu kam / und den Saͤnger zuzuſprechen vor - nemens war / erhoͤret ich alſo bald / dz mein Aufenthalt Amyntas / der mit dem Daſnis an der flieſſenden Meyſſe ſeine Laͤmmer taͤglich zu weiden pflegt / dieſen Trauer-thon erſchallen lieſſe. Jch / nach dem ich ihm (weil wir einander ſonſt wol vermoͤgen) ruͤckwaͤrts zugeſprochen / wz ſein Thun hier ſeyn muͤſte? was in dẽ kalten Winter das ſo bruͤnſtige ſingen bedeutete? Gab er kuͤrtzlich dieſe Nachricht: Thyrſis iſt dahin / weil ihm Cynthia keine Gunſt-winde und Lebens-kraͤfte / wie ſonſten / wolte zukommen laſſen. Jch bat darauf / er moͤchte mir dieſes mal in Dienſten ſtehen / und mich das betruͤbte Lied / deſſen Thon ein weitberuͤhm - ter Orpheus-bruder neulich aufgeſetzet / anhoͤren und betrachten laſſen. Meine Bitte mir / als ſeinem Ver - trauteſten / zu gewehren / ſtimmte er gar zitternd an hieſige nach geſetzte.

J ijOde:112

D. S. ander Ode

THyrſis lag in tieffen Grunde /
klagte mit verblichnem Munde /
ſeine Sinnen
wolten wie der klare Bach zerrinnen /
unbeſonnen
war entbronnen
ſein Hertz gegen die / die er gewonnen.
Was? ſprach er / ſol ich mich freuen?
weil mein Namens-Liecht von neuen
jetzund blincket /
und mir Phoͤbus mit den Straͤlen wincket?
Jch ſol ſingen /
und erklingen /
aber Pein laͤſt ſich den Geiſt nicht ſchwingen /
ihr / ihr an den Saalen-ſtrande /
ihr / ihr Hirten an dem Lande /
ihr ihr Haͤynen /
hoͤret heut mein ſehnlich weinen.
Jhr / ihr Winde /
laufft geſchwinde /
ſaget Cynthien / was ich empfinde.
Sagt es an / ihr Silber-Bronnen /
die ihr kommet hergeronnen /
aus den Augen
muß der Thyrſis bitter Thraͤnen ſaugen /
als ohn Flehen
er begehen
wolt ſein Feſt / mus er in Sorgen ſtehen.
Pan113Roſen-Gepuͤſche.
Pan ſol meinen Grabſtein ſetzen /
durch die Thraͤnen diß drauf etzen:
Schaͤfferinnen
ſchlaget euer weiſſes Haar von hinnen /
Geiſt und Leben
hat aufgeben
der / der nicht bey Cynthien kunt ſchweben.

Wilſtu / mein Amyntas / ſagt ich nach angehoͤrter Oden / ein witziger Schaͤffer ſeyn / und laͤſſeſt dich durch die vielbezungte Goͤttin alſo aufſetzen und hinter - gehen. Gewiß Thyrſis lebet / glaͤub es gewiß / er lebet / und er lebet nicht allein / ſondern ſtehet in ſolchẽ Gnaden bey ſeiner Cynthien / als er vor niemals ge - geſtanden. Diß weiß ich zuvor wol daß er ihr vor we - nig Tagen dieſes zu wiſſen gethan / (nach Art der Buh - ler / die taͤglich ſterben / und doch niemals todt ſind) daß er ihrentwegen wuͤrde ſeinen Geiſt aufgebẽ muͤßẽ in dieſen Reimen / die er ihr in ein mit Silber beſchla - genes Buch / dz er ihr uͤberlieffern laſſen / geſchrieben / darneben allenthalben tropffen / die aus ſeinen Augen als Zeugen ſeiner gewiſſen Liebe / hinzu gefallen / anzu - ſchauen. Seine Worte waren dieſe:

Wilſtu mich Cynthia / nicht mehr wie vorhin
lieben /
So wiſſe / das mein Leib ſich aͤngſtig wird be -
truͤben:
Er iſt ſchon gantz entſeelt / das nun Fleiſch / A -
dern / Bein
Wie abgemattet ſtehn / und ſchon im Grabe
ſeyn.
J iiiDieſe114D. S. ander

Dieſe Reimen hab ich / ſagt Amyntas / auch geleſen / und nicht anders vermeynet / es were dem alſo / we[il]die ſchoͤne Cynthia ſie mir / benebenſt dem durch Sil - ber bewaretem Buche uͤberſchicket. Jhre klaͤgliche Worte und aͤngſtigen Geberden kunte der Coridon nicht gnugſam außreden / wie ſie mit Haar außrauf - fen / mit Haͤnde ringen / mit niedergeſchlagenen Au - gen ſeinen Todt betraurt haͤtte / auff dieſes nun habe ich diß neulich abgeſpieltes Lied hier in dieſer mir von den Schneeflocken erleuchteten Gruben / ihm zu Ehren / und der betruͤbten Cynthien zum Nachdencken / abgeſungen. Viel ein froͤlichers / fuhr ich fort / wil ich dir / mein Amytas / zeigen / zog der owegen eine Namens-Feyer-Ode herauß / die dem Thyrſis fuͤr Geſichte kom̃en ſolte / folgendes Jnhalts[:]

DJe Sonne pflegt zu prangen /
was prangen? Koͤmmt gegangen /
und pralet durch die Naͤchte /
was Naͤchte? das Geſchlechte
das Sternen-Gold verbleichet /
was bleichet? Es entweichet /
weil dieſer Tag entbronnen /
weil dieſer Tag genommen /
ſein Liecht dir zuzuſchicken /
was? Dich dadurch zu ſchmuͤcken.
Nun ſol ein Lied ich ſchreiben /
nun ſol ich einverleiben /
mein Thyrſis / deinen Namen
dem goͤldnen Himmels-Saamen /
was Saamen? Allen Sternen /
nicht115Roſen-Gepuͤſche.
nicht Sternen / weil von fernen
ſie in dem Meere blincken /
nicht blincken / gantz verſincken.
Dich muß ich heute geben
dem Leben / nicht dem Leben /
der Sonnen / die durch pralen
nicht pralen / durch die Stralen
dich / Thyrſis / kan verneuen /
und deinen Ruhm außſtreuen.
Hier an dem Saalen-ſtrande /
was Strande? dort im Sande /
was Sande? dort im Lande /
wo Heſperus im Bande /
die ſpaͤte welt am Rande /
in ihren alten Stande
ſieht in die Runde lauffen /
im Thuele / wo erſauffen
die Schiffe / wo mit hauffen
man Geld uͤm ſonſt kan kauffen.
Wo alles fluͤchtig gehet /
wo ſich die Welt ruͤmdrehet /
wo Zefyr ſtetig wehet /
wo der Parnaſſus ſtehet /
wo der Prometheus flehet /
und wo Minerva nehet
den Schleyer / wo ſie flicket /
was flicket? wo ſie ſticket
das Tuch der grauen Zeiten /
nicht Zeiten / Ewigkeiten
wird ſtets dein Lob erſchallen /
J iiijwas116D. S. ander.
was ſchallen? lautes hallen /
was hallen? frohes wallen /
was wallen? lieblich knallen /
wird deinen Preiß beſchreiten
und aller Welt ausbreiten.
Mein Opitz kundte zwingen
die Seiten / und drein ſingen /
was ſingen? darein klingen /
was klingen? durch ſein ſchwingen
zum Sternen-Golde ſpringen /
das ietzt nach ſeinen Dingen
ein iederman wil ringen /
der / der auch in geringen
nichts weißlich vor kan bringen /
wil ihn von Himmel bringen.
Du aber / der ihn gleichet
in ſingen / der ihm reichet
die Haͤnde / der nicht weichet
zu klingen / der verbleichet
durch gar zu viel ſtudiren /
wirſt ihm die Wage fuͤhren.
Zu Tage wirſtu ſtehen /
wo Titan pflegt zu gehen.
Zu Nacht wird man dich finden
nicht bey den armen Blinden /
nicht an der Baͤume Rinden /
nicht bey den ſchnellen Hinden /
an Polſtern wirſtu leuchten /
mit kuͤhlen Thau zu feuchten
die ausgeſchlagnen Waͤlder:
Die117Roſen-Gepuͤſche.
Die gruͤn Saphirten Felder
die werden Blumen tragen /
wenn du es laͤſſeſt tagen.
Man wird von Thyrſis fragen /
nicht fragen / ſtetig ſagen /
weil in den gruͤnen Meyen
mit frohen Freuden ſchreyen /
die Hirten werden lachen /
weilſie in Buͤſchen wachen /
weil an den Waſſer-Bronnen
die Nymfen in der Sonnen
in gruͤnen Graſe ſpielen /
ihr Angeſicht zu kuͤhlen /
weil auf den flachen Heyden
die klugen Schaͤffer weiden /
weil bey den weiſſen Schaffen
der Mopſus ſelbſt wird ſchlaffen /
nicht Mopſus / weil die Heerden /
den Damon hoͤren werden /
wird ſich dein Lob auf beugen /
zum Grunde wird ſich neigen
der Neidhard / er wird ſincken
und in dem Schlamm ertrincken /
und in dem Koht erſticken /
kein Fre und wird ihn erqvicken.
Denn wollen wir uns ſchwingen /
ein Grab-Lied ihm erklingen /
wenn wir in bundten Meyen
uns in den Waͤldern freuen /
wenn wir die Blumen brechen /
J vwir118D. S. ander
wird ſich die Feder rechen /
die uns Apollo ſpitzet /
die unſern Namen nuͤtzet /
die uns nicht laͤſt verderben /
und dieſer Welt abſterben /
die Cynthien erhebet /
fuͤr der ein Feind erbebet
wenn er ſich an uns machet /
und unſern Fleiß verlachet.
Laß uns ein Werck beginnen
bis an die Himmels-Zinnen /
fuͤr dem der Neid muß bleichen /
dem an der Hoͤhe weichen
Egypten deine Wunder /
was Wunder? Auch jetzunder
der runde Kreiß der Erden
wird viel zu kleine werden.
Die Muſen werden ſingen /
die Seiten hoͤher zwingen /
Apollo wird ſich freuen /
den Helicon verneuen /
ſein Augeſicht wird gruͤnen /
was gruͤnen? Auch auf dienen /
wenn du auf deinen Heiden
wirſt deine Laͤmmer weiden.
Denn wird mit ſuͤſſen Lachen
dich / Cynthe / froͤlich machen /
ſie wird dich recht ſpatziren
zu ihren Roſen fuͤhren.
O Cynthia / du Schoͤne /
wenn119Roſen-Gepuͤſche.
wenn ich dein Loh-Gethoͤne
ietzunder ſoll beſinnen /
ſo muß mein Geiſt zerrinnen:
die Stirne ſteht gezieret /
wie Helfenpein polieret:
die Stirne deiner Haare /
was Haare? deiner Waare /
die Venus dir geſchencket /
ſind auf dein Kleid gehencket /
wie / das ſich niemand ſchaͤmet /
ſonſt Gold wird drauf gebraͤmet.
Jch gleiche ſie den Roſen /
darinnen lieblich koſen
die kuͤhlen Weſten-Winde /
wenn ſolche ſehr gelinde /
mit den Geruche ſpielen.
Wie Roͤthin in den kuͤhlen
den rothen Himmel kleidet:
Wie Finſternuͤß abſcheidet /
wenn Titan es laͤſt tagen /
und ſpannet vor den Wagen
die Hengſte / die durch ſchnauben
die Nacht den Tagen rauben:
So prahlen ihre Haare /
der goͤldnen Venus Waare.
Der Augen helle Sonnen /
die deinen Geiſt entbronnen /
entbuͤrden dich der Schmertzen /
der Schmertzen / die im Hertzen
dich wie die Sonne brennen.
du120D. S. ander
du muſt den Mond dich nennen /
weil ſie dir Brunſt und Leben /
und ſchoͤnen Glantz kan geben.
Sie kan die Stralen ſchieſſen
auf dich. Sie laͤſſet flieſſen
die ſanfften Liebes-blicke /
ſie ziehn dich gantz zuruͤcke /
wenn ſie mit ihren ſchielen
beginnet wie zu ſpielen.
wo ſie ietzund hinſchauet /
da faͤngt es an und tauet /
wenn ſie in Sommer prahlet /
wird Wald und Feld bemahlet /
wenn ſie den Lentz anſihet /
macht ſie / daß alles bluͤhet /
laͤſt ſie die Augen ſchweiffen
im Herbſte / muͤſſen reiffen
die Birnen / Epffel / Bohnen /
die goͤldenen Melonen /
die gelbſten Citeronen /
des Obſtes Haupt und Kronen /
das Gold der Pomerantzen
muß von den Baͤumen tantzen.
So biſtu / Freund / entbronnen
von ihren Augen-Sonnen.
Das Feld der keuſchen Wangen
beginnet mehr zu prangen /
als Blumen in den Auen.
Kan ich die Wangen ſchauen /
ſo hab ich einen Garten /
den121Roſen-Gepuͤſche
den Flora pflegt zu warten.
Da ſtehen ſchoͤne Gilgen /
das Gilgen? weiſſe Lilgen /
was Lilgen? die nicht welcken /
die vielbefarbten Nelcken /
was Nelcken? volle Roſen /
darunter man kan koſen /
was koſen? lieblich ſchertzen /
und auf die Lippen hertzen.
Da bluͤhen die die Nareiſſen /
Narciſſen an den Fluͤſſen /
was Fluͤſſen? an den Brunnen /
der rieſelnd koͤmmt gerunnen.
Viel Tulpen / Tauſendſchoͤnen /
die ſich zur Bluͤth gewehnen /
zur Bluͤth / von der ſie machet
den Krantz / der dich anlachet.
So bluͤhn die keuſchen Wangen /
die Wangen / die ſtets prangen /
was prangen? die gefangen
dich halten durch Verlangen.
Wie wenn ich lies gefallen /
mir ietzund von Corallen
zu bauen rothe Klippen;
So ſind die Purpur-Lippen
nach ſchoͤner Luſt erbauet.
Als Venus ſie geſchauet /
hat drauf ſie Luſt bekommen /
den Sitz darein genommen,
Cupido lies ihm taugen
zu122D. S. ander
zu ſeinem Platz die Augen /
darauf er pflegt zu ſchieſſen /
mit Gold belegten Spieſſen /
die heiſſen Venus Pfeile /
was Pfeile? Venus-Seile /
nicht Seile / Venus-Braͤnde /
nicht Braͤnde / Venus-Haͤnde /
nicht Haͤnde / Venus-Kletten /
nicht Kletten / Venus-Ketten /
nicht Ketten / Venus-Stricke /
was Stricke? Venus-Blicke /
nicht Blicke / Venus-Rencke /
was Rencke? Venus-Schwencke /
nicht Schwencke / Venus-Feuer /
was Feuer? Vngeheuer /
nicht ſolches / Venus-Wunder /
was Wunder? Venus-Zunder /
nicht Zunder. Stahl und Eiſen /
was Eiſen? Venus-Speiſen /
ja Speiſen / ſuͤſſe Sachen /
die einen luſtig machen.
Die Lippen ſeyn Rubinen /
die mir zu kuͤſſen dienen /
ein Sitz / wo Venus ſitzet /
wo Amor Pfeile ſpitzet.
Jn ihrem Munde glimmet /
ein Feuer. Keines; Cimmet /
was Cimmet? Zucker quillet /
der alle Schmertzen ſtillet /
der Honig-Vogel machet /
ſein123Roſen-Gepuͤſche.
ſein Koͤnigreich / und wachet /
daß er nicht werd verdrungen.
Hier Honig auf der Zungen!
Hier Honig in den Worten!
Aus ihres Mundes-Pforten
koͤmmt Suͤſſigkeit gefahren.
Wer ſein Geld wil erſparen /
der darf nicht lange lauffen /
hier kan er Honig kauffen.
Dem Athem weicht der Weſten /
der an den Venus-Feſten
die Flora weiß zu kuͤhlen /
anf ihrer Schoß zu ſpielen.
Fleucht er zum Roſen-Stoͤcken /
kan er die Biuͤth erwecken /
die Bluͤthe / die da pranget /
und in den Dornen hanget /
nicht Dornen / in den Hecken /
was Hecken? an den Ecken /
da Chloris Saamen ſtreuet /
und ihren Rock verneuet.
Jn Wangen ſeyn zu ſchauen
die roth bemahlten Auen /
die Auen / die ich finde
nicht Auen / tieffe Gruͤnde /
was Gruͤnde? tieffe Thaͤler /
darein der Hertzen-ſtehler
ſich oftermal verborgen /
wenn er in Liebes-Sorgen
ein Hertze hat genommen /
und124D. S. ander
und eines uͤberkommen.
Der Hals von Helffenbeine /
was Bein? von Marmorſteine /
nicht Stein? von Alabaſter!
was? von dem Schoͤnſten Pflaſter /
darauf Cupido tantzet /
und feſte ſich verſchantzet /
iſt Wunderwerck zu nennen /
im fall ichs kan erkennen.
Subtil iſt es erbauet /
weil man durch flieſſen ſchauet
des rothen Weines blincken /
wen er in vollen ſincken
ſich nach dem Grunde neiget /
wie ſonſt ein Glaß es zeiget.
Die Bruͤſte ſeyn wie Ballen /
von Liebes-Schnee gefallen /
damit Cupido ſpielet /
und nach den Augen zielet /
nur den damit zu treffen /
den er vermeynt zu aͤffen
Jch wil ſie Milch vergleichen /
durch welche ſich hinſchleichen
die blauen Tuͤrckiß-Stroͤme /
der Woluſt Luſt-Geſaͤme.
Jch gleiche ſie den Wieſen /
da ſtets die Luͤfte blieſen /
da Lilgen und Narciſſen
ſich mit dem Klee bekuͤſſen /
der ſeinen Schmuck erſt heget /
und125Roſen-Gepuͤſche
und rothe ` Haͤupter traͤget.
Sie ſind der Venus Spiegel /
ſie ſind die weiſſen Huͤgel /
auf denen ſich die Sinnen /
wie hoch ſie ſteigen koͤnnen /
erſchwingen nach den Sternen /
uͤm daß ſie ſtehn von fernen.
Das Hertze muß erwarmen
in den verliebten Armen /
darinnen offt die Glieder
zu ſich ſelbſt kommen wieder.
Ein Schloß von ſtaͤhlern Banden /
ein Band auß Morgenlanden /
von Demant eine Kette
ein Seiden Seil ſo nette /
ſo nette / daß es bindet /
daß einem alles ſchwindet /
kan Armen ſich nicht gleichen
Sthal / Demant muß hier weichen.
Die Haͤnde / die durch Sinnen
die Liebe kuͤnſtlich ſpinnen /
ſind wie die Wollen-Kuͤſſen /
da Amor ſchlaffen muͤſſen.
Fußſtapfen ſeiner Tritte /
die Gruͤbchen in der mitte
ſind lieblich anzuſchauen /
doch denen nichts zu tranen.
der Maſt-baum und die Segel /
die Finger / und die Naͤgel
die Perlemutter ſchaͤnden /
Kbeginen126S. D. ander
beginnen anzulaͤnden /
Oft an den Port der Freuden /
oft an den. Port des Leiden.
Von Himmel koͤmmt das reden.
das einen Liebes-bloͤden
bald Todt / bald Leben machet /
lacht ſie / ein Engel lachet.
Aus Franckreich koͤmmt das gehen /
aus Staͤdten koͤmmt das ſtehen /
von Hofe die Geberden /
die hoch gehalten werden.
ein jeder / der ſie kennet /
ein Fuͤrſtlich Bild ſie nennet /
druͤm jetzund ihr auf dienen
die Nymfen in den gruͤnen /
in dem ſie auß den Gruͤnden /
dir einen Krantz zu winden /
ſich haͤuffig laſſen finden /
weil ſie die Luſt empfinden /
in der du heute ſteheſt /
in dem du heut begeheſt /
mein Freund / die Jahres-blicke /
darinnen du zuruͤcke
kanſt / wie in Spiegel / ſehen /
was dir bisher geſchehen.
Jhr Faunen / laſt euch finden /
nicht Faunen / ihr ihr Pinden /
ihr Muſen in den Gruͤnden /
kommt / laßt uns den uͤmwinden /
kommt / kommt laßt uns erdencken /
was127Roſen-Gepuͤſche
was dencken? Laßt uns ſchencken
den Wunſch / den Wunſch von Hertzen /
dem / der den Himmels-Kertzen
iſt worden einverleiber /
da er nun ewig bleibet.
Weil auf der Himmels-Auen
ſind Liechter anzuſchauen /
wirſtu das Leben haben /
mein Freund / die groſſen Gaben /
die aus den klugen Sinnen
gleich einem Bache rinnen /
die werden dich erhoͤhen /
auf Adon dort zu ſtehen!
Nun ſtreue Flora / ſtreue /
die Blumen / und verneue /
durch puͤſche / Thal und Waͤlder /
die Sterne deiner Felder.
kom / Pallas / kom gegangen /
bemahle deine Wangen /
kom / Venus / mit den Blicken /
du ſolſt heut den erquicken /
der ſich den Muſen giebet /
was Muſen? der auch liebet
die nackten Charidillen /
ſein Werck recht zu erfuͤllen.
Nun ſchwinget euch / ihr Hirten /
nun ſinget bey den Myrten /
nun lobt den / der euch tobet /
ob ſchon der Neidhart tobet /
nichts wird er hier gewinnen.
K[ii]der128D. S. ander
Der / der ſein Feſt begehet /
in Lieb uͤnd Freuden ſtehet.

Als ſie Amyntas geleſen / ſagte er / ich ſolte unbeſchwert ihm doch die Art ſolches Gedichtes entwerffen / denn er bekaͤnte / er haͤtte Zeit ſeines Lebens keines dergleichen geſchauet / vielweniger ge - leſen. Es iſt / gab ich zur Antwort / eine Anacre - ontiſche Ode / nach Art der Griechen und Latei - ner geſetzet / unter welchen der weit geprieſene Poe - ten-Vater Taubmann ein Meiſter iſt. Mein Opitz klaget ſelbſt / es haͤtte nie kein Anacreon / weder in den Lateiniſchen noch in den goͤldnen Deutſchen / ihm wol abgehen wollen. So iſts / ſagt Amyntas / eine ungewoͤnliche Art bey den Deutſchen? Ja / ge - mein iſt ſie nicht / ſprach ich wieder / weil keiner zur Zeit ſolche aufzuſetzen ſich unternommen und erkuͤh - net / ohne einer / deſſen Namen ich mir vorbehalten wil. Kommſtu m̃ein Freund / fuhr Amyntas fort / zu den wolbelobten Thyrſis / bitt ich / unbeſchwert auch mein geringes Liedlein ſeinen Haͤnden einzuliefern / damit er verſpuͤre / wie ein Freund hierinnen ihn be - trauren und beklagen wollen. Nach verrichteter - bergebung wolleſtu ihm nichts anders als freund - lich zu wiſſen machen / das der Jenige / der es ſendet / hoͤchſtes Fleiſſes gebeten / ſolches in Eyl aufgeſetzte nicht uͤbel aufzunehmen / vielweniger fuͤr ſchaͤndli - Zoilus - Augen und Momus - Bruͤder kommen zu laſſen / weil der Anfang in einem jeden Dingedie129Roſen-Gepuͤſche. die Muͤh und Arbeit zur Mutter zu heben pflegt / wie denn du auch mit dergleichen Worten ihn bewegen wirſt / wenn du ihn vermeldeſt / das dieſes der erſte Deutſche Anacreon ſey / den du ihm / als einem guten Freunde / aufzuſchreiben dich befliſſen habeſt. Lebe wol / und verrichte das dir anbefohlen / kan ich wider in deinen Dienſten ſtehen / ſihe / ſo bin ich dir allzeit da. Nach dem der Amyntas urlaub genommen / hab ich durch meinen Knaben zu den vollkommenen Freundeszeichen den guͤldenen Ring abzufertigen mir angelegen ſeyn laſſen / hieſige mir vertraute Sachen / benebenſt beygelegten / gebuͤhrlich einzuhaͤndigen / mit angeheften Wunſche / daß der hochbelobte Thyrſis dieſen Tag / weil man der Poeten gedencket wird / Freu - den-voll tauſendmal und aber tauſendmal ſtets an - ſchauen / und in vollen Triften Feyerlich begehen moͤ - ge. Nach dem es nun der Thyrſis bekommen / hat der froͤliche Himmel und die widererfreute Cynthia den gantzen Tag in Lieb und Freude ſo lange zuge - bracht /

Biß der Abendſtern aufgienge /
und die Nacht ihr Gold empfinge.
K iijDa -[130]

David Schirmers Drittes Koſen Ge - puͤſche.

Denen Wol-Edlen / Geſtrengen / Veſten / Voracht - barn und Wolgelarten Herman von Wolframsdorf / ꝛc. Salomon von Canitz / ꝛc. Herrn Valentin-Andreas Moͤllen - brocken / der Artzney Lieentiaten. Herrn Heinrich-Andreas Mengerin - gen / der Artzney Candidaten / Herrn Jacob-Heinrich Lentzen / Herrn Alerander-Paul Lothen / Beyder Rechten Wolbeflieſſenen.

Wol -131
Wol-Edle / Wolgelarte / ꝛc.

HJer ſehen Sie meine Marnia / die ſich nun lange genug inne gehalten. Jhre Kleidung iſt faſt ſchlecht / und in et - was unſcheinbar worden / daß ſie ſich wol ſchaͤmen moͤchte / fuͤr aller Welt herfuͤr zu treten. Weil aber das Frauen Zimmer unter zeiten ohne Gold und Perlen anmutiger zu ſcheinen pfleget / als habe ich ihr vergoͤnnet / nach ih - ren Gefallen der Schoͤnheit zu gebrauchen. Sie wird zwar manches donnerndes Vngewitter auf ſich muͤſ - ſen ſtoſſen laſſen. Jedoch aber wird ſie es / meines be - duͤnckens / nicht gar groß achten / weil ſie ſchon allbe - reit mit einen gruͤnen Lorber-Krantze verſehen iſt. Wer ſich an ihre Roſen wagen wil / der ſehe zu / daß es ihm nicht ergehe / als wie den Nymfen / die ſich ver - wichener Zeit in des Sinnreichen Cats Hollaͤndi - ſchen Roſen-Krieg begeben haben. Sie iſt zwar ver - blichen / dennoch aber lebet ſie noch ſo vollkoͤmlich / daß man ſie ins kuͤnfftige gar nicht vor todt halten kan. Meine Hochgeehrten Freunde und Bruͤder geruhen guͤnſtig Sie in ihren Schutz zu nehmen / damit Sie hinfuͤrder mir befehlen koͤnne / zu verbleiben Jhrer allerſeits

Dienſtfertigſter Leipzig / den XJ. Wintermo - nats M. DC. XLJX. D. S.

K iiijEr132D. S. drittes

I. Er liebet.

MEin liebſter Freund iſt wund / mit mir
hats nun Gefahr /
weil meine Marnia ſo ploͤtzlich ſich er -
wecket /
und uͤm mein Hertz heruͤm ihr Bildnuͤß aufgeſtecket.
Mein liebſter Freund iſt wund / ich brenne gantz und
gar.
Wo biſtu Freyheit nun / die mein ſo zartes Haar
mit ihres Goldes Glantz hat allezeit verdecket?
Wo biſtu Phoͤbus hin? Wer hat dich ſo erſchrecket?
Bleib hier / verlaß mich nicht / bleib hier mit deiner
Schaar.
Apollo / ja du bleibſt auf meinen Helicon.
So kom und ſetze dich zu Venus kleinen Sohn /
und meiner Marnien / die meine Feder reitzen.
Auf! Schoͤnſte von der Welt / dir geb ich eintzig
mich /
Apollo bleibt mir hold / mein Verß ſteigt uͤber ſich.
Nun mag ich eulen nicht / ich kan mit Falckẽ beitzen.

II. Aus den Anacreon.

Gold iſt zuwider mir. Groß Reichthumb mag ich
nicht.
Ein133Roſen-Gepuͤſch.
Ein Scepter iſt zu ſchwer. Die Herrſchafft zu ver -
meſſen.
Der Krieg verderbt zu viel. Die Liebe taug in deſſen /
die iſt der Aufenthalt / der meinen Vnmuth bricht.
Heut leben / das iſt gut. Druͤm leb ich weil die
Pflicht
(preſſen?
Des Todes mich noch ſpart. Wer wolte ſich auch
Weil mein Goldgelbes Haar von Jahren unbeſeſſen.
Anf / Goldſchmid! Auf / Vulcan! mach mir den
weitſten Becher /
ſetz auf den Boden hin den aller groͤſten Zecher /
das zarte Reben-Laub / und einen Epheu-Krantz.
Des Himmels ſein Boot / die Sterne ſamt der
Henne /
(kenne /
Mars und ſein groſſer Spieß / die ich zur Zeit nicht
die taugen mir noch nicht. Geh bald / und mach ihn
gantz.

III. An einen Kirſchbaum.

Du wol beſetzter Baum mit deinen weiſſen Bluͤthẽ /
ver zeihe meiner Luſt / ich ſetze mich zu dir /
(fuͤr /
mit lauter Freud uͤmringt. Nichts koͤmt mir ſchoͤner
als dein ſo gruͤnes Laub / daß ich dir wil behuͤten.
Es ſoll kein Kefer dir den giftgen Biß anbieten /
kein Nordwind gleichesfals dir kochen deine Zier:
Nur du ſolſt Koͤnig ſeyn. Der Wald iſt dein[Logir]/
ſelbſt Zefyr wehret ſchon des Sonnenfeuers wuͤten.
Sey nur getroſt / o Baum lerſaͤtge mein Begehr /
und gib mit guter Hand mir einen Buͤſchel her /
K vdas134S. D. drittes
das ich ihn Marnien / der Schoͤnſten / zu kan ſenden,
ſitzt ihn mein Lieb dennauf / und raubt den
Schmuck ihm hiu /
ſo zuͤrne nicht mit mir Deßwegen iſt mein Sinn
in deinen Schatten froh / das ſie den Puſch kan
blenden.

IV. An ihre Klarheit / als er ſpatziren gehen wolte.

SPatziren geht die Sonn am hohen Himmels -
Saal.
Spatziren geht die Lufft / und alle kuͤhlen Winde.
ſpatziren geht das Wild. Der Hirſch bey ſeiner
Hinde
geht durch den freyen Puſch hin in das hole Thal.
Der hohe Goͤtter-Raht ſpatziret alzumal /
der zu den Buchen hin / und der zur hohen Linde /
der Coridon geht auch und ſchneidet in die Rinde
Sonnet und Oden ein / nach einer neuen Zahl.
Es geht ein Jedes faſt. Die Ceres durch die Saa -
die Flora durch den Wald in alle Gaͤrten hin /
(ten /
die durch den gantzen Tag an Phoͤbus Hitze braten.
ſpatzirt nun Sonne / Lufft / der Hirſch in frechen
Sinn /
die Goͤtter / Coridon / uud andre Feld-Goͤttinnen[.]
wer wolte / Klarheit / uns ſpatziren nicht vergoͤnnen[?]

V. Vber ſeine Traͤume.

SJnd Traͤume lauter uichts / wie das ſie mich be -
wegen?
Sind135Roſen - Gepuͤſcheuͤ
ſind ſie denn Freud und Luſt / wie daß ich traurig bin?
ſind ſie vol Liebligkeit / wie daßmein todter Sinn
ſich muß / O Marnie / zu deinen Fuͤſſen legen.
Jch ſahe heint zn Nacht dich deiner Liebe pflegen,
Du warſt es ja gewiß / O ſchoͤne / halb-Goͤttin.
Ein nacket Nymfen-Bild lief zu den Schwanen hin /
zum Schwanen / die im Thal ſtets ihre Lieder hegen.
Vnd kuͤſſet eines Mund. Jch fuͤhlte Suͤſſigkeit.
Die Liebe ſties alsbald nach meinen krancken Hertzen.
Drauf lies ich meinen Schlaff. Nichts blieb als tau -
ſend Schmertzen /
die ich noch klagen muß bey ſpaͤter Abends-Zeit.
Sie ſind nun was ſie ſind / ſo glaͤub in volien Sor -
gen /
im Traume Nebel liegt die Warheit doch verborgen.

VI. An den Linden-Brunnen.

SEy nun auch / Linden - Quell / den Cedern ange -
bunden /
weil du den Sterbenden ein kraͤftig Labſal biſt.
Kein Buhler weit und breit / der voller Flammeu iſt /
hat eine ſolche Kraft / wie ich an dir / empfunden.
Du friſches Schlaff-Gemach / den Nymphen neu
erfunden.
Du Wohnhaus der Natur / das alle Sorgen friſt.
Du kuͤhler Sommerwein / den Ganimedes miſt.
Laß deinen Aderſprung ſtets kuͤhlen meine Wunden.
Dein Silber ſpringe wol bey deiner Linden Tachl
Laß dein Chriſtallen-Gut uͤm meinetwillen rinnen.
Koͤmt136D. S. drittes
Koͤmt aber Marniamit weit entfernten Sinnen /
zu klagen meine Noht und jhren Thraͤnen - Bach /
ſo ſprich: O Marnia! Jch wil dich gar nicht
kennen /
(brennẽ.
ſonſt muͤſt ich mich vor Brunſt zu lauter Aſche

VII. An Marnien / uͤber die uͤberreich - ten Tauſent - Schoͤnen.

NJm / Tauſent-Schoͤne / hin die rothen Tauſent -
Schoͤnen /
ich brach ſie mit der Hand / die ſie dir reichet / ab.
Der linden Elſter Strom benetzt ihr altes Grab /
auß dem ſie ſich hervor aufs neue kunten lehnen.
Der Floren bunter Mann / der Zefyr / gieng ohn
ſehnen /
als ſie der zarte Stock in meine Finger gab /
zu ſeinen Blumen hin / und ſprach: brich was ich hab
auf meinen Kleidern hier / dein Lieb damit zu kroͤnen.
Da Lieb / da ſind ſie nun. Dein Haupt / dein brau -
nes Haar
ermunter ihren Glantz / ſich ſteiffer außzuputzen.
recht ſo / ich ſeh ſie ſchon mit mehrern Purpur ſtutzen /
die Schoͤnheit wird jetzt recht an ihnen offenbar.
Nun / Lieb / trag ſie vor mich / und lerne diß vou ih -
das unſre Liebe ſtets auch alſo moͤge gruͤnen.
(nen /

XII. Als ſie den Krantz von den Tauſent - Schoͤnen truge.

DEr Krantz von Floramor ziert deine Stirne wol /
O aller137Roſen Gepuͤſche
O allerliebſtes Kind / und macht mich voller Freuden.
nichts kan mich fuͤrderhin uͤm deinet willen neiden /
mein Zeichen ſteht an dir / als wie es ſtehen ſol.
Die Liebe die iſt reif / und fordert ihren Zoll.
Wol / Lieb / hier haſtu ihn. Kein von dir ſeyn / kein
ſcheiden
wird deine Liebligkeit aus meinen Sinne ſchneiden /
die Treu / die treulich heiſt / iſt immer Roſenvol.
Nie ſchoͤner biſtu mir / verliebte / vorgekommen.
So Glaͤntzt das Morgen-weib / ſo glaͤntzt der Tages -
Mann /
len kan.
wenn uͤm den Purpur Schlaff der Weſt Wind ſpie -
ſo glaͤntzt der Himmel ſebſt / wenn er iſt aufgeklom -
men.
(vor.
Druͤm zieh ich deine Pracht auch allen Dingen
du biſt mein Tauſentſchoͤn / und ich dein Floramor.

IX. An ſeine Augen.

DAnck habt ihr Augen ihr / ihr Fenſter meiner
Sinnen /
brant.
Danck habt vor eure Glut / die meinen Schatz ent -
durch euch beruͤhr ich jetzt die zarte Wollen - Hand.
Habt Danck / das ich durch euch ſie habe kuͤſſen
koͤnnen.
Durch euch / ja nur durch euch muß ſie mich
lieb gewinnen /
die Auſſerwehlte die. Jhr machtet euch bekant /
gieng uͤm die Blicke her / die ſie mir zugeſant.
und blieſt ein Feuer auf uͤm ihres Hertzens Zinnen.
Die138D. S. drittes.
Die Flamen flohen hoch / und zuͤndten mich auch
an /
daß ich nicht ohne Sie / ſie ohn mich nicht ſeyn kan /
itzt brennen wir zugleich / doch ſtum und ohne Reden.
Jhr Augen ſagt es ihr / ſagt ihr es an vor mich /
daß ſie auf Antwort auch hinfort ſol ſchicken ſich /
mein Mund iſt gegen Sie letzunder noch zu bloͤde.

X. Seine beſtaͤndige Treue.

WJe? laͤſtu Schoͤne dich denn ewig von mir bit -
ten?
Vnd fragſtu heimlich nach / ob ich auch ſtandhaft ſey?
Kom her / hier iſt mein Hertz von fremder Liebe frey /
mein Hertze das iſt hier eroͤfnet in der mitten.
Jch bin von Flandern nicht / der mit behenden
Schritten
wol hundert hie und da ſucht ſonder allen ſcheu.
Nein / viel begehr ich nicht. Jch bin und bleibe treu.
Die erſt und letzte Brunſt ſind deiner Tugend Sitten.
Sorgſt aber du ja noch / und wilſt vol Sorge ſeyn /
ſo ſorge wie du mich an Treu wolſt uͤberreichen /
biß das an Treue wir einander koͤnnen gleichen /
und ſchlaffen unbetruͤbt an Bruſt und Armen ein.
Das iſt das beſte Thun / die Luſt / der gantzẽ Erden
beſtaͤndig wie man liebt / auch ſo geliebet werden.

XI. Bey uͤberreichung eines Ringes.

NJm hin / O treues Hertz / den Ring von meinen
Haͤnden /
Den139Roſen-Gepuͤſche.
den ich / auf dein Begehr / verlobe mit der Hand /
dir mir ietzt noch zur Zeit am beſten iſt bekant /
in dem du niemals dich haſt von mir wollen wenden.
Ein ander Pracher mag geringe Gaben ſchaͤnden /
und geben noch darzu / was jenes reiche Land
ihm uͤberfluͤſſig reicht. Der Gold und Silber Sand
wil noch ſo haͤuffig nicht auf meinen Schiff anlaͤn -
den.
(ben?
Jch gebe was du wilſt Vnd wilſtu noch mehr ha -
So nim ihn Marnia / und ſetze mich darein /
ſo werd ich glaͤntzen denn wie ſonſt ein ſchoͤner Stein.
Doch nein / du ſolſt da ſtehn mit deiner Jugend
Gaben /
(ben:
Dann wil mit Demant ich tief in dein Hertze ſchrei -
Weil dieſer Ring allhier / ſo kan ich ſtets bekleiben.

XII. Auf ihre Geſundheit.

WJe koͤmmt es doch / daß ihr / ihr Auſſerwehlten
Bruͤder /
mit euren andern Du ſo voller Freude ſeyd?
Jo / unſer Marnia / das Liecht der ſchoͤnen Zeit /
bekraͤntzet Haar und Hand zu ihrem Feſte wider.
Sol ich alleine ſeyn / der embſig auf und nieder
die leichte Feder ſchwingt? Nein. Jch bin ſchon
bereit /
zu ſtuͤrtzen Schaum und Glaß Jch kom̃e ja ſo weit.
Was ich fuͤr mich nicht kan / das ſprechen meine Lieď.
Jhr lieben Humpen ihr / ihr hellen Glaͤſer quelt /
begieſſet mildiglich das duͤrre Zungen-Feld /
und140D. S. drittes
und loͤſet auf ihr Band. Wer wolte wol nicht trin -
weil ſich das liebe Kind ſo willig letzen muß.
cken /
Sa! auf Geſundheit hin / und einen derben Kuß.
Weñ ich nach Hauſe ſol / wil mir die Sonne wincken.

XIII. Bey uͤberſendung eines Krantzes.

NJm hin / O Marnia / von mir den bunten Krantz /
ihn hab ich ſelber dir mit eigner Hand gebunden /
viel Blumen mancher Art / die ich nur habe funden /
Beſternen ſeine Zier / und geben ihm den Glantz.
Die Silber - Lilien beſtehn den runden Tantz.
Der ſchoͤne Roſen-Kelch / das Kind der Venus -
Wunden /
die richend Anemon / der Schatz der Thalimunden /
Narciß und Veilgen auch verfertigten ihn gantz.
Hiermit uͤmſchleuß dein Haar / und deine ſtoltze
Stirne /
und laß die Hoffart nach die ſtets in deinen Hirne /
als Flut auß Quellen / koͤmt / und dencke ſtets dabey:
Wie dieſe Blumen jtzt in friſchen Safte bluͤhen /
und / eh der Abend koͤmt / den Kuͤrtzern muſſen ziehen:
ſo iſt es auch mit dir / du ſtoltzes Kind / gethan.

Vber Marniens verborgene Liebe XIV.

SJe / Marnia / ſagt ſtets: Mein Freund / ich liebe
nicht.
Sie leugnet ihre Brunſt in ihren harten Hertzen /
und kan doch nimmermehr die groſſe Gluth ver -
ſchmertzen /
die141Roſen - Gepuͤſche
die jetzt auch taͤglich quaͤlt ihr braunes Angeſicht.
Bald ſteht / bald geht ſie fort. Der Athem thut
Verzicht /
und koͤmmet wieder an. Der Wangen voller Kertzen
bewegen ſich zuviel. Der Mund iſt ohne Schertzen /
und weiß zu keiner Zeit die Worte / die er ſpricht.
Der Kopf hangt unter hin. Die runden Bruͤſte
ſchwellen.
Der gantze Leib iſt laß / beweget von den Wellen
der ſuͤſſen Liebligkeit. Noch wil ſie Vrtheil faͤllen.
Jhr Paphos-Geiſter ihr / macht ihre Wangen
truͤbe /
ſteckt alle Fackeln an ihr kleinen Hertzens-Diebe /
biß daß ſie klaͤglich ſchreyt: Hoͤr auf / Jch lieb! ich
liebe.

XV. Von ſeinem erſten Gruß an Sie / nvch dem er ſie erzuͤrnet.

OMarnie / die Venus Tochter heiſt /
und Pallas Kind / nim auß dem andern Munde
den feigen Gruß / und ſetz ihn eine Stunde /
nach demer wird ſeyn bey dir eingereiſt /
Auf deine Bruſt. Mein Hertze ſteht beeiſt /
der Sinn verſchneyt. Du machſt mir eine Wunde.
Heilſtu ſie nicht / O Artzt / auß ſeinem Grunde /
ſo hat mein Todt mein Leben faſt verweiſt /
Fahr hin / O Gruß / erwirb was dir befohlen!
lach ihren Mund / lach Hand und Augen an /
und diene wol / als wie ich dienen kan.
Lund142D. S. drittes
und laß die Gunſt mein Hertze dir nach holen.
iſt es denn nichts und dancket niemand dir /
ſo kom zuruͤck / ich warte deiner hier.

XVI. An ſein Hertze / uͤber ſelben Gruß.

SEy felſen-Art / O Hertze! ſtehe feſt!
weich keiner Furcht / hoff mehr als je zu hoffen.
und hat dein Gruß daß Kind nicht angetroffen /
das liebe Kind / das mich nicht ſterben laͤſt /
ſo dencke du noch immerdar das beſt.
iſt er nur nicht in Vngunſt gar erſoffen /
ſo wird er ihr durch alle Felder ruffen /
(Weſt
ſelbſt Bor und Brief / ſelbſt Schiffman / See und
Er koͤmmet ein / und ſager der ſo retten
(ten
Von Brunſt und Glut / von Banden und von Ket -
er koͤmmet ein / und klaget deine Noth.
Jſts ja / das er die Schoͤne nicht kan finden /
und etwa bleibt bey ihrer Thuͤr dahinden;
ſey Felſen-Art! nicht dein / ſein iſt der Spott.

XVII. Eben von Selbigen

Nun ſchlinge dich O Krantz der Myrten uͤm me[in]
Haar!
Nun ſchlinge dich / mein Gruß iſt angendin men
er iſt fuͤr / ſie das liebe Kind / gekommen.
das liebe / liebe Kind das mir ſo guͤnſtig war.
Jhr Gruß / ihr Kuß / die Hand / der Blicke gantz
Schaar /
des Hertzens Brunſt / die wieder ungeklommen /
koͤm[p]143Roſen-Gepuͤſche.
koͤmmt haͤuffig itzt in meinen Port geſchwommen /
und ſtellet unverfaͤlſcht ſich meinen Willen dar.
Wilkommen Tag! Wilkommen Edle Stunden /
an Welchen ich den Schatz / den ich zuerſt verlohr /
mit meiner frohen Hand nun wieder heb empor
wilkommen Tag / O Krantz der Myrten / uͤm
mein Haar /
die Beute die iſt hier / die erſt verlohren war.

XIIX. Seine Schwartze.

JHr ſchwartzen Augen ihr / und du auch ſchwartzes
Haar /
(ſende /
nemt hin von meiner Hand / nemt hin was ich euch
durch was ich meine Schuld ein wenig nur ver -
pfaͤnde /
das duͤrſtet jetzund noch nach eurer Blicke Schaar.
Schwartz lieb ich auf der Welt. Schwartz wil
ich immerdar.
(de /
ſchwartz iſt mein Ruheſtab der faſt zu muͤden Haͤn -
ſchwartz iſt der beſte Glantz. ſchwartz macht daß
ich mich wende
zum ſchwartzen Angeſicht / zuſchwartzen Augenklar.
Laß roht / laß weiß / laß blau in ſeiner ſchoͤne gehen /
und auf des Kaͤyſers Haupt ein Gold in Golde ſeyn /
laß Demant. Farbe bluͤhn / las ieden Edelſtein
ſein farbicht Angeſicht bey allen Glantz auf blehen.
mein ſchwartz vergnuͤget mir / druͤm ſprech ich
immerdar:
(Haar.
ihr ſchwartzen Augen ihr / und du auch ſchwartzes
LjiXIX. An144D. S. drittes

XIX. An ſeinen Freund / als er der Sere - nen Brodt kuͤſſete.

JCh liebe nicht wie du. Jch auch nicht derglei -
chen.
Legt aber ſich ein Mund auff meinen Lippen an /
ſo hab ich eine Koſt / die mich erhalten kan /
von ſolcher ſchlechten Pracht muͤſt ich ja mehr ver -
bleichen.
Wie thoͤrlich thuſtu doch / daß du der Liebe Zeichen
auf Eitelkeiten ſtellſt. Haͤtt ich alſo gethan /
ſo wuͤrde ſich mein Geiſt erkieſen eine Bahn /
Die mir zum Acheron und Plutus wuͤrde reichen.
Solt ich ein ſteter Gaſt bey deiner Speiſe ſitzen /
ſo wehr ich laͤngſt ſchon kalt. Kein Leben lebt in mir
wenn dem ſo ſchlechtes Brodt mein Hertze ſolte ſtuͤ -
tzen.
Mein Freund das thu ich nicht. Hier wend ich
mich von dir.
Wilſt aber / wie du wilſt / ein Eſſen du genieſſen /
ſo kanſtu tauſendmal Serenen taͤglich kuͤſſen.

XX. An die Sterne / als Er nicht bey Marnien war.

JHr Kinder ſuͤſſer Nacht / ihr Feuer vollen Bruͤder /
du kleines Heer der Luft / du Himmels-Buͤrgerey /
die du durchs blaue Feld nach reiner Melodey
erhebeſt deinen Tantz und deine ſchoͤnen Glieder.
Wenn ietzt der faule Schlaff die muͤden Augenlieď
durch145Roſen-Gepuͤſche
durch einen faulen Sieg den Sinnen leget bey /
damit kein wachen mehr an uns zu ſpuͤren ſey.
Jhr Kinder ſuͤſſer Nacht legt eure Fackeln nieder /
was ſteht Jhr / wie zuvor / und lacht den Welt -
Kreiß an?
(ſcheiben.
Laufft durch das goͤldne Hauß / verlaſt die Fenſter -
Geht ruͤckwerts wie ihr ſolt / ich wil euch ruͤckwerts
ſchreiben.
Geht ruͤckwerts wider hin die alte finſtre Bahn.
Geht Kinder / wie ihr ſolt / flieht Liechter / flieht von
mir.
(allhier.
Mein Liecht / mein Augen Stern / mein Liecht iſt nicht

XXI. Als er ohne Sie ſeinen Geburts - Tag begieng.

SO winde du den Krantz / du Schoͤnſte der El -
binnen /
weil mich das liebe Kind ietzund nicht binden kan.
So winde du den Krantz / und ſchling ihn willig an
an diß mein liechtes Haar / an dieſes Hauptes Ziñen.
Kom Elſter / kom geharnſcht / du Luſt Spiel hoher
Sinnen /
kom / kom vor Marnien / uñ nach der Nymfen Bahn.
Treib deinen Weſtwind auf / ſtieg alle Berg hinan /
damit uͤm deinen Strand die Blumen wachſen
koͤnnen.
(Hand /
brich Lorber uͤm mein Haar / und Myrten in die
damit auch du durch ſie ſeyſt aller Welt bekant.
L iijGeuß146D. S. drittes.
Geuß Wein auf meinen Schlaff / und Meth auf mei -
ne Stirne.
Sprich drauf zu Marnien: Verzeihe dieſes mir.
Jch thue das vor dich / und ehre deine Zier /
ich bleibe ſeine Magd / du aber ſeine Duͤrne.

XXII. Feuer und Waſſer an ſie.

KAum hatt ich dich erſehn / O Liebſte / meine Luſt /
erweckt in mir dein Glantz ein ſehnlich es Verlan -
gen,
(gen /
Der Augen helles Liecht / der Hals / die rothen Wan -
der Stirne Helffenbein / das Silber deiner Bruſt /
die brennen meinen Muth / und toͤdten aufgefuſt
des Hertzens Tapferkeit / daß ich / nun faſt gefangen /
die uͤbergroſſe Gluht der Liebe hab empfangen /
daß ich nun forthin bin nichts als nur Aſch und
Wuſt.
Es wehr uͤm mich geſchehn / wenn ich nicht deine
Flammen
mit meinen Thraͤnen hier noch wuͤſte zuver dammen /
ſo wein ich fort und fort. Vnd lies mich deine Glut /
der Augen Liecht / der Hals / die Wangen / Bruſ[t]
und Stirne.
in ſolchen Thraͤnen ſeyn / ertraͤncke mein Gehirne.
Druͤm iſt dein Feuer mir und auch dein Waſſer gut.

XXIII. Er liebet heftig.

MEin gantzer Muth verdirbt. Jch wancke hin
und her /
ich147Roſen-Gepuͤſche
ich leide groſſe Pein in meinen matten Hertzen /
bald bin ich hier / bald da / bald hab ich tauſendt
Schmertzen.
Jch ſeh mein Angeſicht / und weiß nicht wie und wer /
und wo ich Stuͤndlich bin. Vnd wenn ich Troſt
begehr /
ſo iſt es meinen Lieb auch nur ein bloſſes ſchertzen.
Der Vnfall der iſt groß / noch ſtellt ſie Brand unnd
Kertzen
auf meine welcke Bruſt / und fraget: Wer iſt der?
Der Liebes Goͤttin gibt ihr Weſen an den Tag /
und ihre Grauſamkeit / die ich nicht dulden mag.
Jedoch ſo bin ich ſtets bereit ihr nach zugehen /
und / mir zum Schaden auch / auf ihren Glantz zu -
ſehen /
Wer eine Stunde mir wird wenden dieſe Pein /
der ſol mir Phoͤbus ſelbſt / ja mehr als Phoͤbus ſeyn.

XXIV. Gleich und ungleich.

MEin Lieb das redet wol: Der Amor auch in -
gleichen.
Sie ſchlaͤgt die Augen auf: Er thut es auch wie ſie.
Sie ſchlaͤft: Er ſchlaͤft mit ihr. Sie ſteht alleine hie:
Er auch. Sie lacht: und Er. Sie giebet Freuden -
Zeichen:
(weichen /
Er freuet ſich auch mit. Sie huͤpfft: Er wil nicht
und huͤpffet auch. Sie ſingt: und Er. Sie weint:
die Muͤh
(nie.
Nimt er auch an. Sie ſpielt ein Lied: Das laͤſt Er
L iiijSie148D. S. drittes
ſie geht: Er gehet auch mit ihr heruͤm zu ſchleichen.
was nur mein Lieb vor Luſt und Kurtzweil nim -
met fuͤr /
das thut ihr Amor nach / und findet ſich bey Jhr.
in einem eintzgen nur / in einem eintzgen Stuͤcke
da treffen allebeyd auch gar nicht uͤberein.
Er iſt gelind und gut / wie er ſonſt pflegt zu ſeyn
bey denen die er liebt: Sie aber voller Tuͤcke.

XXV. Seine ſchoͤne je doch Stoltze.

ES ſah der Goͤtter - ſchaar dein ſchoͤnes Angeſicht /
den Helffenbeinern Hals / den Mund und deine
Wangen
(gen
ſie ſahen deinen Glantz vor andern Nymfen pran -
waruͤm liebt Jupiter / ſprach einer / dieſe nicht?
Jſts daruͤm / daß ihm Brunſt und heiſſe Glut ge -
bricht?
(gen
Hat denn dein brennend Hertz in kalt - ſeyn angefan -
wie? Oder iſt ihm denn das Lieben gar vergangen?
verſchmaͤhet denn ſein Mund ein ſolches Angeſicht?
Europe giebt ihr nach: Die Danae die weicht:
die Leda taug nicht mehr / daß ſie ihr Waſſer reicht.
ſie iſt ja Koͤnigin in Frauen-Zimmer Orden?
Drauf hub der Amor an / und ſprach: Du redeſt
vorzeiten lebte nur ein guͤtiges Geſchlecht /
(recht.
ietzt aber iſt es hoch / frech / ſtoltz und praͤchtig worden.

XXVI. Vber ihre Augen.

WEnn deiner Augen Glantz hin nach dem Him -
mel ſteht /
So149Roſen-Gepuͤſche.
ſo freuet ſich der Pol mit ſeinen liechten Sternen.
wenn du die Erde ſchauſt / ſo muß ſie brennen lernen /
das uͤm ihr buntes Haupt ein iedes Kraͤutlein
bluͤht.
Thuſtu die Augen auf / ſo ſihet mein Gemuͤht
der Venus Stirnblat an. Gehſtu dich zu entfernen /
zeuchſt deine Kleider ab / dich nacket zu entkernen /
und thuſt die Augen zu / ſo ſeh ich den Cupid.
So bald du aber gar zu ſchlaffen dich gewand /
die liechte Gluht verſchickt in ein verfinſtert Land /
und niemand mehr den Glantz der Flammen ſihet
wackeln:
So balde trauret auch der Himmel ohne Liecht:
die Erde ſonder Brunſt: Die Venus ohne Geſicht /
und (das erbaͤrmlich iſt) Cupido ſonder Fackeln.

XXVII. Sie ſol der Jugend brauchen.

MEin Lieb / ich ſende dir hier Liljen und Violen /
Violen brach ich heut / die Liljen geſtern ab.
Damit du ſehen kanſt / wie balde dich das Grab /
in deiner beſten Bluͤht auch etwan moͤchte holen.
So ſchaue ſie wohl an. Was ihnen iſt befohlen /
und was ich ihnen mit auf ihre Reiſe gab /
das iſt die Fluͤchtigkeit / die reiſt dich auch hinab
zu dem / daß ihnen ietzt die Schoͤnheit abgeſtohlen.
Die Liljen ſeyn verwelckt in ſolcher kurtzen Zeit /
nur die Violen ſtehn noch gnug und friſch zuſchauen.
Druͤm nim der Jugend war / und laß dir gar nicht
grauen /
L iiijDenn150S. D. drittes
denn morgen gehen auch den Weg der Eitelkeit /
Wer in den Lentzen nicht die Roſen ab wil brechen!
der muß / mein Lieb hernach ſich in die Dornen ſtecken.

XXIIX. Jhre gedupelte Schoͤne

D dir dein langes Haar biß auf die Fuͤſſe gehtꝛ
Daß dich der Mund / der Hals die weiſſen Zaͤh -
ne zieren:
(fuͤhren
daß dich der Stirnen Schnee weiß hoch empor zu
daß dir dein Backen Roht ſo treflich ſchoͤne ſteht
Daß deiner Augen Stern ſo lieblichſich verdreht:
das dich der Haͤnde Glantz weiß zu vermarmoriren:
daß dich dein glatter Leib weiß zuveralbaſtriren /
daß dich dein Edler Stamm / dein Geld und Gut
auf bleht:
iſt noch nicht gnug vor dich. Witz / Fromheit /
kluge Sinnen /
Zucht / Tugend / Redligkeit / Seham / Demut / Mut /
Verſtand /
(Land /
Fleiß / Weißheit / Ehr und Rnhm durch dieſes weite
die ſind der Schoͤnheit Preiß / die muß ich lieb ge -
winn[e]n.
(vergeht
Was dein Leib an ſich hat / verſteubt / verfleucht /
was dein Gemuͤte weiß / Lieb / das / nur das beſteht.

XXIX. An die Taffel / auf der ihr faſt aͤhn - liches Bildnuͤß ſtunde.

Du Taffel du / auf der mein Bild gemahlet ſteht /
wie gerne ſchau ich dich und deine Trefligkeiten /
der151Roſen-Gepuͤſche.
der Mund / der Hals / diß Kinn / die Venus / dich
begleien /
die haben manche Gluht hier in mir angeweht.
nim dieſe Roſen an / nim dieſen Zinnamet /
nim dieſen feuchten Krantz und dieſe frohe Zeiten.
hinfuͤrder hab ich nichts / als Kummer / Angſt und
Streiten /
weil mit mir Noht nnd Leid zu Tiſch und Bette geht.
ach! waruͤm kuͤß ich nicht der Lippen Glut und
Brand?
iſt diß der zarte Mund? Jſt diß die Wollen Hand?
ich wil. Wie aber? Wie? Wie? Was ſind das von
Flammen?
Ach ia / nun ſeh ich ſie. Diß Feuer koͤmmt von mir
als ich bekuͤſſen wolt mein ſchoͤnes Lieb auf dir /
kam ich und meine Glut in voller Brunſt zuſammen.

XXX. Er iſt der Liebe Spiel.

WJe wann der kuͤhle Schnee nach Thal und Au -
en rinnt.
nnd das zu feige Wachs im Sommer muß vergehen /
wenn ſich der Sonnen Bild in wilder Gluht laͤſt
ſehen:
So bin ich auch vor dir / weil du mich angezuͤndt.
Kein Glied iſt ohne Brunſt. Wie ſich der Dor -
nen Kind
mit ſeinem Haupte neigt / und nicht vermag zu ſtehen /
wenn deine warme Bruſt mit ihren Amberwehen /
es unter ſich gedruckt: So fall ich auch geſchwind
fuͤr152D. S. drittes
fuͤr deinen Fuͤſſen hin. Jch werde mat und muͤde /
die Farbe wird verkehrt / der Muth iſt auſſer mir.
Kein Tag / nur lauter Nacht koͤmt meinen Augen fuͤr.
Jn ſchlaffen hab ich Sreit / in wachen keinen Friede /
biß daß ď friſche Quell mir meine Glieder kuͤhlt /
damit aufs neu hernach dein Feuer mit mir ſpielt.

XXXI. Vber einen Kuß.

JN dem ich / Marnia / dir unverhofft den Kuß
aus deinem Munde nam / entwich mir meine
Seele /
und bliebe gantz und gar in der Corallen-Hoͤle /
ſo daß in etwas ich die Geiſter miſſen muß.
(Fuß
Jch ſtarb vor Liebe hin. Es ſchlich ſich Fuß fuͤr
das Leben von mir aus / uͤm daß ich mich faſt quaͤle /
und ieden Augenblick der ſuͤſſen Ruͤckkunft zehle.
Der Todt der blieb in mir / und dein gemachter
Schluß.
Mein Hertze muſt hernach / die Seele zuerfragen.
Jn dem es aber auch / mein Lieb / dich hat erblickt /
da blieb es auch in dir gefangen und beſtrickt /
ſo / daß ich fuͤrder nicht von ihrer Flucht darf ſagen.
Vnd haͤtt ich durch den Kuß nicht deine Seel er -
worben /
ſo wer ich gantz und gar an deiner Bruſt geſtorben.

XXXII. Als Er ſie erzuͤrnet.

JE mehr ſich / Marnia / mein Hertze dir ergiebet /
Je mehr der Flammen Rauch mein Feuer zeiget an /
Je153Roſen-Gepuͤſche.
Je mehr ich in der Brunſt an dich gedencken kan /
je mehr mein Hertze ſich in deinen Blick verliebet /
je mehr haſtu mein Hertz mit deinen Haß betruͤ -
bet.
Jſt meine Hoffnung denn nun gar uͤmſonſt gethan?
Nicht meine Gegenwart / nicht meiner Liebe Bahn /
nicht meine Bitre hat ſo groſſe Schuld veruͤbet.
Jedoch du ſiheſt nicht / daß es dein Schade ſey /
wenn ſich dein Groll und Haß noch weiter hin er -
ſtrecket /
und mich mit friſchen Sand in kurtzer Zeit bedecket.
Du bringeſt mir den Todt in ſolcher Liebe bey.
Doch nein. Mir ſterb ich nicht. Weil du mich dir
erworben /
ſo bin ich / Marnia / dir und nicht mir geſtorben.

XXXIII. Die Vnbeſtaͤndige.

LJeb / biſtu weiß als Schnee / wie ſeyn denn deine
Wangen
mit Purpur uͤberdeckt? Biſtu dem Purpur gleich /
wie ſeyn die Lippen denn in ihrer Roͤthe bleich?
Biſtu denn bleich / wie ſeyn deñ deine liechten Span -
gen
(gen /
und Haare lauter Gold? Biſtu denn voller Pran -
wie Gold zu prangen ſteht / wie iſt der Augen Reich
mit ſchwartzen Mauerwerck / als wie ein Silberteich
in ſeinem Tamme ſteht / gezieret und uͤmfangen.
Was ſagſtu nun von dir? Jm fall du Lilien weiß /
Bleich / goͤlden / Purpur-roth und ſehwartz? Was
vor ein Preiß
wird154S. D. drittes
wird dir ertheilet ſeyn von denen die dich kennen?
So fern ich richten ſol (verzeih es aber mir)
ſo muß ich ohne ſcheu vor aller Welt allhier
dich voller unbeſtand und budt an Farbe nennen.

XXXIV. Cupido von Marnien.

HJer laß ich Pfeil und Glut / die Roſen mit den
Myrten /
durch die ich vor der Zeit in Himmel kunte gehn.
Hier laß ich Krantz und Riet / und alle Waffen ſtehn.
Jch flieh / ich fliehe fort / und laß es Euch / jhr Hirten.
Kein Spiel / kein froͤlich ſeyn / kein ſuͤſſes Halsuͤm -
guͤrten /
und keine Nymfe ſol mit Schallen und Gethoͤn /
mich fuͤrderhin durch Thal / durch Puͤſch und Auen
ſehn.
(wirten.
Kein Weſt-Wind ſol mich mehr mit ſuͤſſen Thau be -
Weil Marnia mit Glantz / Gluth / Feuer / Liecht
und Gifft /
Pfeil / Koͤcher / Krantz und Spiel / und alles uͤbertrift.
Ade ich gehe fort zu den entfernten Wuͤſten.
Doch nemt hier Warnung an / und hoͤret noch ein
Wort /
ihr Sterblichen / wenn ich ietzund von euch bin fort /
laſt euch nach Marnien (ſie toͤdtet) nicht geluͤſten.

XXXV. An ſein Hertze.

BRenn / Hertze / wie du brennſt / die Zunder ihrer
Gluht /
gib155Roſen-Gepuͤſche.
gib Hitze / wie bißher mit auffgeſchoßnen Flammen /
ruf alles Feuerwerck auf deiner Poſt zuſammen /
daß ſie auch brennen kan ſich und ihr keuſches Blut /
brenn immer Tag und Nacht / ob ſchon der freche
Muth.
nicht alſobald erkent den Quell der Liebes-Ammen /
ſie macht es ſo mit dir / wie der / der auf den Dammen
mir endlich noch ein Spiel ſtat hoher Freundſchafft
thut.
Durch Hitze wird zuletzt das klare Silber rein.
Ein Feuer-Ofen zwingt den harten Eiſenſtein /
der Koͤnig des Metalls laͤſt ſich auch feige finden /
brenn Hertze wie du brennſt. Jhr auserleſnes
Gold
wird noch von deiner Gluht Bergunter hingerollt.
Brenn Hertze / wie du brennſt. Sie wird ſich wol
entzuͤnden.

XXXVI. An die unertraͤgliche Liebe.

JSt denn der Himmels-Saal dein rechtes Va -
terland?
Hat denn die Venus dich / ſo / wie man ſagt / geboren?
Jſt denn der Nectar dir zu deinen Tranck erkoren?
Jſt dir denn Abroſin zur Speiſe zuerkant?
Waruͤm denn wanderſtu allhier durch See und
Land?
(ren?
Waruͤm haſtu denn / mich zu quaͤlen / dich verſchwo -
Waruͤm denn brenneſtu den / der bereit verlohren?
Der Freyheit theures Gold / mit deiner ſtoltzẽ Hand?
waruͤm156D. S. drittes
Waruͤm denn trinckſtu nichts als meine naſſen
Thraͤnen?
(nen
Muſtu dich denn in mir an Marck und Bein geweh
O wilde Grauſamkeit! O Felſenharte Noth!
Von Himmel biſtu nicht auf Erden hergegangen /
Styx und ſein Acheron die haben dich empfangen.
Was quaͤlſtu mich noch viel? Jetzunder bin ich todt.

XXXVII. Sie iſt Steinern.

STein biſtu / liebſtes Lieb / und wirſt auch Stein ge -
nant /
kein ander Nam iſt noth / damit dich zu belegen.
Nicht zwar / nur Lieb / uͤm das / daß deine Pracht zu -
gegen
(wand:
Des Marmors weiſſen Schnee an Schoͤnheit uͤber -
Nicht daß dein Angeſicht / das Kinn / der Hals /
die Hand /
des Alabaſters Zier zum Kampf an dir erregen:
Nicht daß die Muſcheln auch vor dir erſchrecken moͤ -
gen /
wenn ſie ď Nymfen Chor liſt uͤm den Meeresſtrand?
Nein / daruͤm gaͤntzlich nicht. Daß dein ſo harter
Schluß
gar nicht zu zwingen iſt / als wie der Caucaſus /
(chen:
diß / Lieb / nur eintzig nur / diß ſind die ſteinern Sa -
Das Hertz iſt Stein. Der Sinn iſt Stein. Das
Wort iſt Stein.
Was thu ich / Lieb / darbey? Jch wil das Feuer ſeyn.
das deinen Aetna kan zu Staub und Aſche machen.
Sie re -157Roſen-Gepuͤſche.

XXXVIII. Sie regieret uͤber Jhn.

VOrzeiten war der Brauch / kein eintzigs Jung -
fer-Bild
wurd in das Regiment nnd Sorgen-Amt genom -
men /
(men.
ihr Rahtſchluß durffte nicht zu hohen Sachen kom -
ihr Thun war Woll und Flachs / und was bey ih -
nen gilt.
Ein alzuloͤſer Wahn (nicht recht daß man ſie ſchilt)
war allenthalben hier und da hervor geglommen:
das unter ihker Zunft die beſte von den Frommen
mit Boßheit Trug / und Liſt ohn Ende ſey erfuͤllt.
Jetzunder aber / Lieb / ietzt wendet ſich das Blat.
wer iſt / der ſo viel Lob / Preiß / Ruhm und Ehre hat?
ein jeder unter uns laͤſt alles uͤm ſie fahren.
Erzuͤrn dich nicht darob. Jetzt iſt ein andre Welt /
du / Lieb / du wirſt von mir zum Regiment beſtellt /
druͤm giltſtu bey mir mehr / als alle ſonſt vor Jah -
ren.

XXXIX. An die Nachtigale.

DV / die du Tag und Nacht in deinen Liedern lebeſt /
kom / Nachtigale / kom! ich reitze deinen Mund /
den Preiß der Marnien hinfort zu machen kund:
Ob du vor Thereus gleich in Furcht und Zittern be -
beſt.
(beſt /
kom / Philomela / kom! hier wo du jetzund ſchwe -
iſt lauter Sicher heit. Mein Lieb iſt mir vergunt.
MDu158D. S. drittes
du weiſt / Luſcinia / mein Thun / ich bin geſund.
Loͤß auf den Freudenklang / durch den du dich erhebeſt /
kom / Freulein / Mund der Nacht / Luſt Freundin /
Jage-Leiden /
(Zeit /
laut Saͤngrin / Felder Troſt / kom Wald Thon / es iſt
die Puͤſche ſchlaffen ein / Jch wache bey der Meinen.
Klein Schnabel / Groß Geſchrey / Luft Fuͤrſtin /
Himmels Kind /
herzu / es faͤngt ſchon an der ſuͤſſe Weſten-Wind.
Vnd koͤmſtu nicht herzu / ſo lob ſie bey den Deinen.

XL. Als ſie in Gruͤnen ſchlief.

HJer liegt mein Paradeiß mit Roſen uͤberdeckt.
Die Bruͤſte regen ſich / mich mehr und mehr
quaͤlen.
Der Ambra ſteigt empor auß ihrer ſuͤſſen Kehlen.
Hier liegt mein Paradeiß in gruͤnen ausgeſtreckt.
Kom geuß auf ihren Mund dein Perlenes Con -
feckt /
Du linder Zefyr du / bring ihr die ſanfften Seelen
auß deinen Blumen her / mit ihr mich zu vermaͤlen /
ſchaff aber / daß ſie nicht dadurch werd aufgeweckt.
St. Dryas! St. Napee! bleibt dort in dem Ge -
puͤſche /
dieweil ich manchen Kuß auf ihren Mund erwiſche /
ſol euer ſchoͤner Chor nicht mit ihr ſpielen gehn.
Jndeſſen ſchlaffe du hier unter dieſen Baͤumen /
ſehnſtu denn aber dich nach ſanften Liebes traͤumen /
ſo wache ploͤtzlich auf / hier kanſtu einen ſehn.
XLI. An159Roſen-Gepuͤſche

XLI. An die unpaͤßliche Marnia.

DV koͤmſt mir / Marnia / recht etwas ſchlaͤffrig fuͤr /
als wie du etwa pflegſt / wenn du biſt anfgeſtan -
den.
(Banden.
Das Haar fleucht uͤm dich her / befreyt von allen
Die Wangen haben nicht / wie ſonſten ihre Zier.
Die Lippen ſehen blaß / der Mund iſt duͤrre dir.
Den Augen iſt ihr Glantz nicht / wie zuvor / verhanden.
Das Hertze wegert ſich in deiner Brnſt zu ſtranden /
der gantze Leib iſt mat / und faul / und ſchlaͤffrig hier.
Was ſol ich / Marnia / auß dieſem Stande ſchlieſ -
ſen?
Vielleicht haſtu die Nacht zu ſehr vergnuͤgen muͤſſen?
Wol felig iſt den der / der dir geſtanden bey.
Koͤmt aber ohn gefehr das / daß du etwas truͤbe
und etwas Waͤſſricht ſiehſt / von deiner heiſſen Liebe /
ſo wolt ich / Lieb / daß ich deſſelben Vrſach ſey.

XLII. Nur Marniens Kuß.

DJe Galathee ſchmatzt / und reichet lange Kuͤſſe.
Sie / meine Marnia / gibt was gelinder ſie.
Die Doris zwickt darzu / und naget je und je
des Mundes Widerpart uͤm die gewuͤnſchten Fluͤſſe.
Wolan / erwehle dir den beſten / der rechte ſuͤſſe
und recht verzuckert iſt. Kein hoͤren das gilt hie /
der Schmack / nur der vergnuͤgt. Was eine kleine
Muͤh.
und lange Kurtzweil hat / das / das hat Haͤnd uñ Fuͤſſe.
M ijMan160D. S. drittes
Man irrt zwar oftermals. Jedoch geſteh ich frey /
daß meine Marnia die beſt in kuͤſſen ſey.
Sie giebet klaren Thau und Honig von der Zunge[n]
hier hang ich unbewegt an ihr. Sie hat den Preiß[.]
Jſtaber einer hier / der dieſes beſſer weiß /
ſo thu er / was er wil / hier bleib ich unverdrungen.

XLIV. Als Er an eine Stadt zuruͤck dacht[e]

DV / Churfuͤr ſtinne / du der Weltbekantẽ Sachſ[en]
Feſt / heilig / lang und klein / denck ich an dein[e]
Fluß /
und an den klaren Quell / den ich ietzt meiden muß /
ſo werd ich als ein Spiel bey den geſcheuchten Da[chsen]
ſen.
(wach[ſen]
Die du in deiner Schoß ſo ſchoͤn lieſt aufwer[ts]
die liebe Marnia / die lencket meinen Fuß.
Sie ich / Sie meine Zeit / Sie mein ſtets ſuͤſſer Ku[ß]
Sie iſt beruͤhmt in dir biß an des Himmels Achſen[.]
Jch geb dir zwar den Preiß / du Graͤntzhaus dein[er]
Laſt /
weil du die Wiſſenſchafft in deinen Mauren haſt /
und nun ein Trutz-Wort biſt der Raut-bekraͤntz[ten]
Printzen.
Mehr aber lob ich dich / weil meiner Sinnen Kun[ſt]
zu einen nachbar hat ſo eine zarte Brunſt /
die ſich auch ſehen laͤſt in aller Welt Provintzen.

XLV. An den Abend-Stern.

STeh auf / du Tag der Nacht / ſteh auf mit dei[ne]
Flammen /
161Roſen-Gepuͤſche.
Steh auf / und komme bald / ich ſehne mich nach dir /
ſteh auf und ſeume nicht die Mutter ſcheint dir fuͤr /
und ruft das goͤldne Heer auf ſeiner Wacht zuſam -
men.
(Ammen
Kom / Ruhe Freund / kom an / die liechten Silber -
beleuchten ihren Saal. Dianens blaſſe Zier
traͤgt ſchon den Schlafftrunck auf. Vergoͤlde dein
Logir /
O Heſperus und kom / mein Hertzleid zu verdammen.
Der Sonnen Rad entſinckt. Die Waͤlder wer -
den blau /
die Nacht leſt Oeta ſtehn / und ſtreut den Abendthau
mit ihrer braunen Hand auf die beſchmauchten Huͤt -
ten.
(ſe Poſt /
Kom an / O Stern! Du koͤmſt. So bring ihr die -
und ſprich: Der Zefyrus hat deines Liebſten Koſt /
der ſol bey fruͤher Zeit ſie auf dein Lager ſchuͤtten.

XLVI. An Pomonen / in ihrer letzten Kranckheit.

LAuf / lauf / Pomone / lauf / mein Lieb das roͤchelt
noch.
Der Geiſt lebt noch in ihr. Lauf / mir ſie zu erquicken.
Sprich wider Aſtrachan / ſie ſol ihr Trauben ſchicken.
Lauf hin in Spanien / und brich der Baͤume Joch
die Pomerantzen ab. Pomone / lauf / laufdoch!
Jch ſteh ietzt an der Noth. Mich wil der Jammer
druͤcken.
Jch ſol mein liebes Lieb nicht mehr / wie vor / anblicken.
L iijFleug162D. S. drittes
Fleug meine Dienerin / eh ſie das ſchwartze Loch
det Erden in ſich ſchlingt Hier haſtu Citeronen.
Nim Dattaln / nim Canel / nim Pfirſchken und M[e]
lonen /
und gib ſie Marnien / der liebſten Krancken ein.
Vnd wenn du das gethan / ſo fleug alsbald zuruͤck[/]
und hole von mir ab viel tauſent Kuͤß und Blicke.
Hilfft denn der keines nicht / muß ſie und ich todt ſeyn.

XLVI. Als ſeine Marnia verſtorben.

O Brief! [O Donner Wort!]mein ſchoͤnes Lieb iſt
hin.
(Armen?
Was mach ich nun mit mir? mit mir / ach! mit mir
wer wird ſich uͤber mich hinfort / wie vor / erbarmen?
Jch ſterb / ich ſterbe mit / daß ich ſtaͤts bey ihr bin.
Hier haſtu / Marnia / hier haſtu[meinen] Sinn.
Hier haſtu meinen Geiſt / den lieben / den noch war -
men.
(men
Hier haſtu meinen Muht. Hier haſtu Pein und Har[-]
Hier haſtu mich / dein Gantz / du Himmels Buͤrgerin[.]
Rauß / Hertze / rauß / ihr nach. Rauß / folge dei -
ner Schoͤnen.
Rauß / Seele / rauß / empor. Such ihre Liebligkeit
Fahr in Elyſien / und kuͤrtz ihr ihre Zeit.
Diß eintzig iſt mein Troſt / diß eintzig iſt mein
ſehnen:
Lebſtu nicht / Marnia / ſo lebſtu doch in mir.
und ſterb ich nicht alsbald / ſo ſterb ich doch in dir.
XLVII. 163Roſen-Gepuͤſche.

XLVII. Er betrauret ſie.

DEr Himmel iſt mir ſchwartz. Die Sonne ſcheint
nicht mehr
Mein Lieb das iſt nun fort / und ſtehet auf der Bahre /
ſo daß ich algemach mit ihr von hinnen fahre.
in meinen Hertzen wacht der Sorgen gantzes Heer.
Der Lippen Purpur bleicht. Die Zung iſt Zucker -
lerr.
Die Augen ſehen ſtarr. Das Gold der friſchẽ Jahre
die Roſen des Geſichts / der Fallſtrick ihrer Haare
macht mir mein Leben auchim Tode noch zu ſchwer.
Die Galle meiner Luſt / die Wermut meineꝛ Freude /
die Wahlſtat meines thuns gibt Feuer meinem
Leide.
Sie / und zugleich ihr Todt / ſie machen traurig mich.
O Anfang meiner Pein / O Ende meines Lebens /
du biſt nun Finſternuͤß / nach dir ſeh ich vergebens /
kom / ſchau mich auch / ich bin wie du / mein gantzes
ich

XLIIX Vber ihr Grab.

HJer liget Marnia begraben gar allein. Knabe
Doch auch alleine nicht / weil Venus leichter
ihr zum Begraͤbnuͤß nach den Pf[e]il und Bogen gabe /
den Koͤcher / und was ſonſt ſtaͤts ſeine Waffen ſeyn.
Der Hals / der rothe Mund / der Augen heller
Schein /
der Lippen ſuͤſſe Glut / des Hauptes Zier und Habe /
M iiijdes164D. S. drittes
das Purpurbraune Haar ligt auch mit ihr zu Gra -
und ihre zarte Schos bedeckt der Leichenſtein.
(be /
Ziert / Nymfen / dieſe Gruft mit den bethauten
Roſen /
bringt Amaranthen her / uud Liljen eure Luſt /
ſetzt einen Myrtenſtrauß auf ihre weiſſe Bruſt /
und deckt den leichten Staub mit Schoͤnheit der
Zeitloſen
(Zier
Schont keiner Blume nicht / des Lentzens beſte
die eine Blume war die liget nun allhier.

L. Er haͤlt ſein Verſprechen.

DJe ſchuld die iſt bezalt. Hier iſt ſie / Marnia!
was ich dir dort verſprach / das hab ich nun ge -
halten.
Muß gleich dein ſchoͤner Leib in ſeiner Gruft erkalten /
ſo ſtirbet doch dein Todt / der grimme hier und da.
Dein Leben lebet noch. Die Nymfen auf der Rha /
und wo du wirſt gehoͤrt / die werden gleich den Alten /
uͤm deinen Lorberkrantz ein ſchoͤnes thun verwalten
der Erden biſtu loß / dem Himmel koͤmſtu nah.
Den Edlen von der Doͤß muß Jda uͤberleben.
Secund hat Julien / Heins Roſſen groß gemacht.
Anger lobt Coͤliens / Lernutz Hyellens-Pracht /
Callirhoen Lotich / Strotz Antiens ergeben.
Bey dieſen biſtu auch. Du lebſt nun ſonder Noth
ich nur bin gegen dir und dieſen mehr als todt.

LI. Vber ſeinen Eyd.

dir165Roſen-Gepuͤſche.
DJr / meine Marnia / dir ſchwur ich einen Eyt
auf deiner Aſche dort und dort auf deinen Bei -
nen /
ich wolte keine mehr / als dich alleine meynen.
ietzt ſol ich treuloß ſeyn / ietzt findet ſich der Streit.
Hier iſt dein Ebenbild. Hier geht mein neues Leid /
der Mund / das braune Haar / die ſehen gleich den
deinen /
kein Rofen-blat kan ſich ſo miteinander einen /
als ihre ſchoͤne Zucht und deine Trefligkeit.
Was fang ich endlich an mit ihr / mit mir / und dir /
ich bin aufs neue wund. Sie goͤnnt mir ihre Blicke.
dich nur / nur eintzig dich / dich halt ich nicht zuruͤcke.
diß iſt die neue Pein / die mich ſelbſt raubet mir.
Sey ruhig Marnia / laß ſich den Eyfer ſtillen.

LII. An die verſtorbene Marnia / wegen ſeiner neuen Liebe.

SJe iſt mirhertzlich lieb / ich muß es dir geſtehen /
bild meiner erſten Glut! ſie iſt mir hertzlich
lieb.
laß es nur daruͤm ſeyn / mein eintzig an getrieb
hofft nur auf deine Gunſt und auf ihr wol ergehen.
Leander der bin ich. Du biſt der Sturm der Seẽ /
kalt / neidiſch / und mein Feind. Vnd ſie / ſie iſt ein
Dieb.
bin ich von ihr geraubt / ſo darf der Hofnung Sieb /
nechſt andern / das mich ſtuͤtzt / mir nicht das Liecht
verdrehen.
L vvon166D. S. drittes
Von dir / O Marnia / und Jhr / da laß ich nicht.
Leib / Ehre / Gut und Blut hab ich dir zugeſchworen.
Zieh keinen Groll auf mich. Wirſtu nur neu geboren
in deiner Freundligkeit / ſo halt ich meine Pflicht.
Meiſt biſtu ſchuld daran. Jch bleibe voller Treue /
ſenck dich nur her in ſie / ſo lieb ich dich auffs neue.

LII. Er hat Verguͤnſtigung.

SJe war und war es nicht. Noch denn kam ſie
mir fuͤr /
die todte Marnia / mit froͤlichen Geberden.
Geh / ſprach ſie / mein Poet / du magſt verliebet werdẽ.
Geh / mein geweſner Schatz / geh / ich vergoͤnn es dir.
Sie / die dir wolgefaͤllt iſt aͤhnlich meiner Zier /
ſo ſich ietzund durch dich noch zeigt der kalten Erden.
Geh / nim mein Bildniß an / wo mein und deine Heer -
in gruͤnen dort ſich ſat geweidet neben mir.
(den
Wir beyde geben dir den Krantz der Ewigkeiten /
ich an dem Elbenſtrom / ſie uͤm den Elſterſtrand.
Fang an / und ſtim auf ſie die uͤbergoͤldten Seiten.
Jch bleibe nun durch dich / wie ſie durch mich bekant.
Wol uns! Wir ſterben nicht. Das Reichthum der
Poeten
kan unſern letzten Todt auch in dem Tode toͤdten.

LIII. An ſich Selbſt.

DV / waruͤm biſtu blaß? Das Blut entgehet mir /
und nimmt die Zuflucht hin zu meinen krancken
Hertzen.
War -197Roſen-Gepuͤſche.
Waruͤm denn weineſtu? Die Thraͤnen ſollen hier
Der Liebe Glut und Brunſt ertoͤdten fuͤr und fuͤr /
denn meine Flamme brennt in ihren vollen Kertzen.
was hilfft das ſeuftzen dich? Die Hitze zu ver -
ſchertzen /
und mit gekuͤhlter Luft zu daͤmpfen die Begier.
Warum biſtu allein? Jch fuͤhl allein das Band.
wer mir nicht glaͤuben wil / ď fang nur an und liebe.
kreiſcht dich das Feuer nun ſo bleich / ſo matt und
truͤbe /
(brant?
Waruͤm denn wirſtu nicht zu Staub und Aſch ver -
Jhr Eiß / ihr kalter Sinn / ihr Eiß ihr kaltes
Weſen /
das hindert meine Gluth / daß ſie nicht kan geneſen.

LIV. An ſeine Neue Buhlſchafft.

SJe / meine Marnia / kam an das todte Meer /
der Charon ſolte ſie mit andern uͤberfuͤhren /
du / Schoͤne / wer du biſt / rief er / hier gilt kein zieren.
Leg deine Schoͤnheit ab / und denn kom wieder her /
ſie that / was er befahl. Was ich nicht mehr be -
gehr /
(ruͤhren /
ſprach ſie / das nim nur hin. Hier ligt des Hertzens
hier ligt der Wangen Blut / hier ligt der Pracht
dupliren /
hier ligt mein gantzer Leib / ja hier hier liget er.
Mercur / der ſah ihr zu / und ſprach: ſoll denn dein
lachen /
(ſeyn?
der Mund / der Hals / diß Haar ſo gar verdorben
nein168Roſen Gepuͤſche
nein / Edle Marnia / nein / Edle Nymſe / nein /
ſie ſollen deinen Schatz noch oftermals anlachen.
Drauf hub er alles auf / uñ bracht es / Nymfe / dir.
Nun lieb ich duppelt dich von wegen dein und ihr.

LVI. An das Roſenthal.

Du biſt es Roſenthal / das mich ſo traurig ſah.
Vmb ſeine Wieſen her mit rothen Augen gehen.
Du biſt es du / nur du / du ſchienſt mir beyzuſtehen /
als ich betraurete die liebe Marnia.
(da /
Nun mach dich wider auf. An deinen Stroͤmen
da geht ein ſchoͤnes Kind / das leſt ſich dich bewehen.
Den blauen Najaden / den liſpelnden Napeen
koͤmt ſie mit ihrer Zier auch gar / auch gar zu nah.
Vnd diß iſt meine Glut. Hilf / hilf vor dieſes mal /
du Spielhaus der Natur / und gib ſie mir zu eigen /
ich wil mich gegen dir recht danckbarlich erzeigen /
hilf / weil du helffen kanſt / du werthes Roſenthal.
Wie aber / fragſtu mich uͤm ſie und ihre Sitten?
Sie iſt bey jenes Laub lebhaftig angeſchnitten.

LVII. An eine andere.

Hier / wo das klare Gold uͤm deine Wurtzeln quillt /
und iederman dich ehrt als Koͤnigin der Linden /
hier wo man einen Strauß von Roſen pflegt zu bin -
den /
und dein Chriſtallẽſtrom hier durch die Felder trillt /
da hier / hier nim mein Buch / des Himmels Eden -
bild /
die169Roſen-Gepuͤſche.
die Schweſter Marniens / den Lob-ſpruch unſrer
Pinden /
dvs Kind der Najaden / uͤm daß wir Kraͤntze windẽ /
der Faunen Lieb und Brunſt ſey deines Endes
Schild.
Jch gehe nun von dir / befreyt von allen Sorgen.
koͤmt aber etwanſie als wie ſie pflegt zu Morgen /
uͤm daß das braune Haar von Thauen ſo benetzt /
So giebt ihr ihren Glantz / rein ewig und befligelt /
und ſprich / hier ſteh ihr Ruhm / als wie er ſol / be -
ſpiegelt
in deſſen bleibe du ſtets gruͤn und unverletzt.

LVIII. uͤber dieſes ſein Buch / an ſeine Holdſelige.

DAs Buch der Marnien / das ſchlechtſte von den
meinen /
das dich beruͤmet macht / mein Lieb / das geb ich dir /
nim es mit Freuden hin / es muß ſich ihre Zier
mit deiner Goͤttligkeit und deiner Zucht vereinen.
Eh wolt ich auf der Welt mein Leben gar ver -
neinen
Eh ich dein hohes Lob / den Blitz uͤm diß Refler /
den ſchoͤnen Silberſtern verſchweigen wolt alhier /
was aber ſchenckſtu Lieb / mir wieder von den dei -
nen /
Ein Kuß / ein ſuͤſſer Kuß / ach der verrichtet viel
der iſt mein eintzger Zweck / der iſt mein eintzges Ziel /
und170D. S. drittes
und ſchenckeſtu mir den / ſo iſt es ſchon erſtattet.
Jetzt / liß nun deinen Preiß / der dich ſo ſchoͤn uͤm -
ſchatten /
(nah /
was hier geſchrieben ſteht / das koͤmmt dir alles
nur daß du nicht todt biſt / ſonſt biſtu Marnia.

LIIX. An ſeinen Leſer.

HJer nim auch du mein Buch / du ſcharf-geſinter
Leſer /
und liß es / wie du wilſt. Jch bin kein Opitz nicht /
der Gold iſt / und Gold ſchreibt. Was Fleming hat
gedicht /
was Buchner / Brehm und Tach / was Tſcherning
uͤm die Graͤſer
der Roſenſtoͤcke ſpielt / das hat begruͤnte Faͤſer /
das es auf wachſen kan biß an der Sonnen Liecht /
gibt mir die Elbe nur ein Ewiges Geruͤcht /
als wie ſie thut / ſo frag ich gar nichts nach ď Weſer.
Wer gar zu weit aus koͤmmt / der hat der Richter
viel.
Ein ieder leyert ihm ſelbßſelbſt ein eigen Spiel /
und dahin ſoll mein Verß ſich allezeit auch ſchicken?
Nein Leſer / gaͤntzlich nicht. Jch toͤdte meine Zeit /
die mir zu lang wil ſeyn / mit ſolcher Froͤligkeit.
Wer hier nicht reiten wil / der gehe nur auf Kruͤcken.

LIX. An des Neides Feindſchafft

VNd iſt es dennoch wahr / was mir mein Hertze
ſaget /
du171Roſen-Gepuͤſche.
du uͤberduͤrrer Neid / ſo wage dich an mich?
An mich und Marnien / und die / die Ewiglich
wird in den Himmel ſtehn / wenn die Aurora taget.
Kom her / kom / ich bin hier. Was dich wol etwa
plaget
uͤm die und diß und das / das gibt mir keinen ſtich.
Sie / meiner liebe Luſt / ſie mein erfreutes Jch /
Sie iſts / die meinen Mund / und nicht den Deinen
naget.
Lach / weil du lachen kanſt / denn wein auch etwas
drein /
denn du kanſt ohne diß dir ſelbſt nicht pflichtig ſeyn /
lach / weil du lachen kanſt / Jch laß dir dein behagen.
Sie die mir gaͤntzlich nicht / nur dir iſt unbekant /
die reitzet aller erſt die Feder meiner Hand /
ich lob ſie kuͤnftig mehr / nur deinen Trutz zu wagen.
[172]

David Schirmers Vierdtes Koſen Ge - puͤſche.

I. And ie Marnia / als die Sonne durch eine Scheibe auf ihre Wangen ſchien.

JCh hab es / Marnia / mit nichten wol -
len glaͤuben /
daß du / du ſchoͤnes Bild / auch ſey[ſt]
dem Goͤttern gleich /
ietzt / als ich dich geſchaut / begunt ein
goͤldner Dieb /
dea Phoͤbus / durch die ſcheib dir einen Kuß zu ra[u -]
ben.
Es bleibet aber dir kein Zeichen von den Kuͤſſen /
wehr Phoͤbus ich geweſt / ich haͤtte dich gebiſſen.

II. An Marnien / als Sie einen Kuß empfangen.

Fragſtu /173D. S. vierdtes Roſen-Gepuͤſche.
FRagſtu / warum ſich doch bereden deine Wangen /
O ſchoͤne Marnia? Laß dich das wundern nicht /
[h]ier dieſer treue Mund ſagt dir es an / und ſpricht:
Du haſt die Liebes-glut von meinen Kuß empfangen.

III. An die Hofnung und Gluͤck.

JCh hab den Port erreicht / die Hofnung ſchnell zu
triegen /
und du / du leichtes Gluͤck / gehabet euch nun wol /
ich lebe / wie ich wil / und liebe / wie ich ſol.
Jhr ſolt nicht oben mehr / und ich nicht unten ligen.

IV. An die Charitille.

Aus des weitberuͤhmten Niederlaͤndiſchen Poeten
Jan Dontzens Lateiniſchen.
BEgehr ich deiner oft zu Nachts / O Charitille /
ſo giebſtu zu verſtehn / es ſey gar nicht dein Wille /
weil du ein Kind mich heiſt / verſuche was ich kan /
ſo wirſtu ſagen denn: Das Kind iſt doch ein Mann.

V. An Cynthien / Aus dem Lateiniſchen.

O mehr und aber mehr als ſelig war die Stunde /
Da ich dich ſah / und du mich gruͤßteſt mit dem
Munde.
verliebte Cynthia. Vielmehr ſolt ſelger ſeyn
die Nacht. Verſtehſtu mich / du Turteltaͤubelein.
NVI. Die174D. S. vierdtes

VI. Die Zwey-aͤugige.

DV giebeſt Worte vor / die einen faſt beruͤcken /
im fall ich reden ſoll von deiner Augen blicken /
ſo ſind ſie zweyfach ſtets. Das eine ſiht auff mich /
das ander anderweit. Druͤm packe / packe dich.

VII. An einen Straus.

DV ſchoͤner Nelcken-ſtraus / du biſt zwar hart ge -
bunden /
noch fuͤhlſtu keinen Band / der dich / wie mich beruͤhrt
Dein Band macht / daß du ſtehſt beyſammen wolge -
ziert.
Jch fuͤhl im Hertzen nur von deinetwegen Wunden.

VII. Er liebet heftig.

GJb die Poeten her / dieſelben durch zulauffen /
ſchreib alle Liebes - Brunſt / ſag aller Buhlen
Hauffen.
Nenn der Corinnen Mann und alle hohe Geiſter /
ich / der ich lieben muß / bin ihrer aller Meiſter.

IX. Sie muß bitten.

WJe iſt mein altes Lieb von ungereumten Sitten.
Nicht wolt ſie / da ich wolt / ſie war ſtets wieder
mich.
Grif ich nach ihrer Hand / zog ſie ſie hinter ſich /
ietzt aber muß ſie mich uͤm Gnad und Liebe bitten.
X. Auff175Roſen Gepuͤſche

X. Auf ihr Nadel-buͤchslein.

WEg du behertztes Volck / weg ihr Lemniadillen /
weg ihr Amazonen! die dieſen Koͤcher fuͤllen /
ie Waffen gehen vor. Zieht ihr gleich hier in
Streit /
o ſag ich das auch ihr hier uͤberwundeu ſeyd.

XI: Als Er Jhr mit ihren Wedel die Hitze lindern woltc.

NJcht Hitze / ſondern der / der dir die Luft zuwehet /
der macht / daß dir dein Hertz in Hitze bald verge -
het.

XII. Als Sie ſich in den Finger ſtach.

SOl dich / O ſchoͤnes Bild / die Nadel nicht mehr
ſtechen /
ſo brauch den Fingerhut / der wird den Vorwitz
rechen.
Oder:
Steck deinen Fingerhut an deiner Finger Schnee /
damit die Nadel nicht noch einmal durch hin
geh.
Oder:
Daß dich nicht noch einmal die Nadel ſtechen kan /
ſo ſteck / O ſchoͤnes bild des Hutes Silber an.
N ijXIII. Auf176D. S. Vierdtes

XIII. Auf ihr Schnuptuch.

D / was du hier beſchauſt / kund durch der Na[del]
ſtrahlen
die zarte Jungfer Hand in ihrer Arbeit mahlen.

XIV. Auf ein goͤldnes Halsband.

DCin Halsband leget ſich uͤm deine Bruͤſte her /
das uͤm das Helffenbeiu auch Gold zu ſchau[en]
wer.

XV. Auf ein goͤldnes Armband.

KNuͤpfſtu hier meiner Hand dein linckes Arm -
band an /
So iſt es mir ein Ring / den ich wol tragen kan.

XVI. Auf einen Fechel.

D nicht die Sonn an dir hab einen Liebsgewi[nn]
ſo nim / O zartes Bild / den ſchoͤnen Fechel hin.

XVII. Auf ein boͤſes Weib.

HJer dieſer ſchwartze Rock / der dieſes zeiget an /
wem die die er uͤmſchleuſt / ohn zweifel zugethan /
der iſt der Hellen gleich. Jch ſag es ohne ſcheu /
das drinnen gar gewiß ein boͤſer Teuffel ſey.

XVIII. Mann und weiß

D[Je]177Roſen-Gepuͤſch
DJe Frau iſt Herr zu Nacht / der Mann bey hel -
len Tagen.
Waruͤm? ſie gleich dem Mond / er Sonne dei -
nen Wagen.

XIX. Vberſchrift

Virginien Seulen im Capitol zu Rom.
DJe dieſen groſſen Bau bey unzertrenten Leben
der Zucht und Gottesfurcht zu eigen eingegeben
Kriegt ihn nun wiederuͤm. Schau iren Leib hier an /
die Seele wird dadurch den Goͤttern zugethan.

XX Heyrathen

LJebſtu / ſo freye bald / ein Weib hilfft dir auß Noͤh -
ten.
Wir muͤſſen unſer Fleiſch in ihrem Schoſſe toͤdten.

XXI. Auf eine Jungfrau.

GLeich wie an Himmel glaͤntzt die Sonn / in ihr
das Liecht /
ſo wohnet Tugend auch in ihren Angeſicht /
wer dich zu ſehen koͤmt / wird alſo entzuͤndet /
weil bey den Tugenden ſich doppelt Schoͤne findet.

XXII. Auß des Virgils Lateinſchen.

EJn ſchoͤnes Nymfenbild gieng Epfel abzureiſſen /
und ſtuͤtzt mit ieder Hand des Baumes zarte La[ſt].
N iijJn178D. S. vierdtes
Jn dem ſie aber ſo den gruͤnen Zweig gefaſt /
entfaͤllt das leichte Kleid von ihrer Bruͤſte gleiſſen.
Sie zeigt das Apfelpaar des Faunus geilen Augen /
die zur Ergetzligkeit er auf ſie hingericht /
nein / nein / die todte Furcht / ſprach er / begehr[ich]
nicht /
die voller Leben iſt / ſol meinen Hertzen taugen.

XXIII. Die Leichte.

DEin Haar iſt uͤm und uͤm mit Federn uͤberdeck[e]
die weiſſen Fuͤſſe gehn in leichten Korck verſ[te -]
cket.
Wer wolte laͤugnen denn / und nicht bekennen fr[ey]
das ein recht leichtes Blut in deinen Adern ſey.

XXIV. Mars und Venus.

WEr in der Liebe lebt / der lebt in ſteten Kriegen /
der Amor pfleget auch im Felde ſo zu liegen /
er ſchlaͤgt ſein Lager auf / ſo wol als jener thut /
wer dir Gradivus taug / iſt auch der Venus gut.

XXV. An ſeinen Freund.

DV ſprichſt / ich habe Gluht / noch minder als di[e]
Stoltze /
die mich zu keiner Zeit / dich aber immer kennt.
Du haſt gut ſagen du / mein Hertze das da brennt /
Hat Feuer / nur von Stroh / und deines ſteht vo[m]
Holtze.
Oder:179Roſen-Gepuͤſche.
Oder:
Du ſprichſt / du liebeſt mehr als ich die dicke / ſtoltze /
mein Feuer iſt auch nur von Stroh / und deins von
(Holtze.

XXVI. An Pulcrinen.

DV haſt / Pulcrin / an dir der Junen Angeſicht.
Der Pallas iſt die Hand ď Venus deine Bruͤſte.
Der Thetis iſt der Leib / das ſchoͤne Bau-geruͤſte.
Von allen Muſen her koͤmt deines Glantzes Liecht.
Gluͤckſelig / der dich ſchaut / mehr / der dich hoͤret ſat.
Ein halb Gott / der dich liebt. Ein gantzer der dich hat.

XXVII. An Maͤoniſſen.

Als Jupiters ſein Weib / die Juno / mit Minerven
die ſchoͤne Maͤonis ſah in den Roſen gehn /
und ſie die glatte Bruſt dem Richter wolt entwerffẽ /
da rufften ſie alsbald: Laß deinen Zindel ſtehn /
wir wollen gerne dir die goͤldne Frucht beſcheiden /
daß wir nicht / uns zur Schmach / ein zweyfach Vr -
theil leiden.

XXVIII. Rothe Roſen.

Die goͤldne Venus gieng in Garten Roſen brechẽ /
Adonis ihren Schatz zu winden einen Krantz /
als aber ietzt ein Dorn die Hand begunt zu ſtechen
biß auf das zarte Blut / verblaſt ſie gar und gantz.
Der kuͤhne Strauch erſchrack / vermeynt / ſie wuͤrde
ſterben.
N iiijDie180D. S. vierdtes
Die Roſen aber / weil ſie nicht gewilligt drein /
begunten allgemach vor ſcham ſich zu entferben /
daß ſie noch heute ſtets als Blut gefaͤrbet ſeyn.

XXIX. Jupiter und Amor.

ES ſchalt der Jupiter des Amors Schelmerey /
wie er zu liederlich mit ſeinem Feuer ſey.
Sol mir / ſprach Amor drauf / nicht mehr die Fackel
glimmen /
ſo muſtu / ſelbſt ein Schwan / auf kalten Waſſer
ſchwimmen.

XXX. Die Liebe.

LEſch deine Liebe nicht mit ausgepreßten Thraͤnen /
mit Tropfen laͤſt ſie ſich ſo leichte nicht entwehnen.
Gold wil ſie / durch das Gold kanſtu ſie bald verkauf -
fen.
Druͤm wolt ſie an das Land / und nicht im Meer er -
ſauffen.

XXXI. Die Vnbeſtaͤndige.

DEr Himmels Koͤnig ſchuf dich erſt ſo wolgeſtalt /
und ſeine Kuͤnigin regierte deine Glieder /
in deinem Angeſicht geht Phoͤbus auf und nieder.
Jm Hertzen herſcht der Mond. Druͤm aͤnderſt d[u]
dich bald.

ENDE.

[181]

Vberſchrifften etlicher vornehmen Freunde.

LAſſe die Lieder / mein lieblicher Schir -
mer /
die du vor Jahren gemacht / her -
aus /
toͤdte der Zeiten verzehrende Wuͤr -
mer /
gib ſie der Ewigkeit Werckſtat zu Hauß.
Laß ſetzen und druͤcken
mit tauſend Buchſtuͤcken
was vielen beliebt /
wol allen den Leuten /
wer mit ſeinen Zeiten
der nach Welt auf Wucher die Kuͤnſte hingiebt.
Feuer / und Motten / und roſtiges Eiſen
kan dir nun ſchaden in Ewigkeit nicht.
Was wir von Troja und andern noch weiſen
iſt ja noch immer ein gutes Gedicht;
Vor tauſend und mehren
der Jahre verzehren
ein Lied ſich entfreyt /
das auch wol zuweilen
in Spracheu und Zeilen
alle vier Winckel der Erden durchſchreyt.
Wenn uns die Mutter der Menſchen wird freſſen /
N vund[182]
und uns die nach-Welt in Schriften nicht find /
werden viel tauſend derſelben vergeſſen /
ob ſie die groͤſten geweſen auch ſind /
die nichts nicht geſchrieben
von ſingen und lieben.
Ein feuriger Geiſt /
der trachtet in Schriften
ſein Ewigs zu ſtiften /
und alſo von Poͤbel ſich ſondert und reiſt.
Alſo pflichtet dem Sichter bey
Der Beſtaͤndige.
An ſeinen D. S. Sonnet.
Was weyland Op[itz]ſung / der Meiſter deutſcher ſeiten /
wz Flem̃ings ſcharffer Kiel / durch Venusaufgebrach:
von Anemonẽſpielt / was Ttzſcherning wol gemacht
was Dach und Finckelthaus bey froh und truͤben Zeiten
wan ſie der liebe luſt und laſt der Welt andeuten /
und was der Dichter ſchaar vom Liebeswerck erdacht /
das toͤdtet Jhren Todt / r[e]ißt durch die lange nacht
durch ſolcherley gedicht ſucht Jhr auch aus zubreiten /
Herr Schirmer / euer Lob. Wol / Venus Each verſpricht /
das eur[er]Lieder Kunſt ſol nimmer ſterben nicht.
Der Flammen Mutter Sohn macht euren Ruhm bekleiben
den Roſen-Puͤſchen gleich / das eure Zierligkeit
bey Deutſch gelehrter Welt beliebt ſey iederzeit
weil man von liebey wird in Deutſcher zierde ſchreiben
M. Fried. Chalenus K. P.
FLammende Hitze kan Felſen bezwingen.
Feuer zermalmet den haͤrteſten Stein.
Schleicht ſich bey Sylvien haͤrtigkeit ein
artig weiſt du ſie zum glimpffe zu bringen:
Deine Glut zwingt ſie / dein feuriges ſingen
wil[183]
wil gleich Hertz / Augen / Bruſt ſteinern gantz ſeyn
ſtarrende Hand die ergibt ſich bald drein /
wenn ſie mit deiner erhitzten ſol ringen
dieſes koͤmt Geiſtern / die Phoͤbus entzuͤndet /
Die ſo auff gluͤen / mein Bruder / wie du /
derer Gedaͤchtnuͤß der Welt ſich einbindet /
eintzig mit fuͤglichen rechte nur zu.
Numehr wird Oſten und Weſten bekant
Feuer ſey bey dir Geiſt / Feder und Hand.
dieſes pflantzte den lieblichen Roſen-gepuͤſche /
ſeines vertrauten Freundes vor
Jan Nicolai der R. B.
ERlaube (mein Achat) den Geiſt gefuͤltẽ Gaben /
der goͤldnen Feder Krafft / der ſuͤß-gelernten
Kunſt /
zu brechen durch das Thor der braunlich ſchwartzen
Dunſt /
(ben /
verſilbre durch den Glantz / der naͤchtlich lag vergra -
auch endlich unſre Welt. Nun wol! Nun wol! wir
haben
wornach wir ſo gewuͤndſcht / die edle Liebes-brunſt
der ſchoͤnen Lieder ſchaar. Sie finden reiche
Gunſt /
auch bey den Muſen ſelbſt / denn ihr betautes Laben
von blauen Azidal hat derer Glantz befeuchtet /
daß ſie als ein Roß aus ihren Kirchen leuchtet /
und durch Auroren Kuß ihr Purpur breitet aus /
druͤmb kanſtu dich nun wol der Finſternuͤß ent -
reiſſen /
mein[184]
mein trauter Pilades / durch deinen Roſen-ſtrauß /
die Muſen ſeynd dir hold: Kein Wind foll ihn zer -
ſchmeiſſen.
Zu ſonderbarer Dienſtbezeigung verfertigte
dieſes Seznem vielguͤnſtigen Bruder
Alexander-Paul Loht.

Sonnet.

WOhl / Freund / es iſt erlangt. Die laͤngſt / begehrten
Flammen /
Die bey dir ſtiegen auf / beſchauen nun das Liecht /
was dein verſchlagner Griſt oft Tag und Nacht gedicht /
wenn dich oft regten an der heiſſen Flammen Ammen /
auch wenn die leiſe Saat der Traͤume dir zuſammen
dein Sinnen[-]werck geruͤckt / als ſey dir im Geſicht
die keuſche Marnia / ſo Guͤnſte dir verſprich[t]/
das du den ſuͤſſen Schlaff haſt muͤſſen bald verdammen /
und greiffen nach dem Kiel. Jch ruͤhme deinen Fleiß /
und helffe ſtecken dir den nimmer-duͤrren Preiß /
So viel mein ſchlechter Kiel vermag von ſich zu reichen.
Zwar was nehm ich mir vor? Weit andre ruͤhmen dich /
der groſſe Sachſe ſelbſt der ruffe dich zu ſteh /
und ſodert deinen Fleiß / dem keiner iſt zu gleichen.
Schriebs ſeinem ſonderen Freunde
Jmmanuel Gerber / der Heil.
Schrifft Beflieſſener.
DV haſt nun deinen Krantz von Lorber gar ver -
tauſchet /
(ſchet.
die weil der ſuͤſſe Thau der Liebe dich berau -
Jch lobe deinen Mut und ruͤhme deinen Sinn.
Seit daß ich Leipzig dort und dich mein Freund ver -
laſſen /
hat meine Zunge ſich faſt gar nicht hoͤren laſſen
von deiner Marnien / der ich ſo guͤnſtig bin.
Jetzund[185]
Jetzund nun ſeh ich ſie. Gib auch die Palmen-waͤlder /
den Myrtenpuſch / den Strauß der gruͤnen Lorder -
Felder /
und die Cypreſſen-Art mit ehſter Zeit heraus.
So lang Aurora wird in ihren Golde ſtehen /
ſo lang wird Marnia auch in den Roſen gehen /
und heben dich empor biß an der Goͤtter Hauß.
Dieſes uͤberſendete aus Nuͤrnberg
S. Bruͤderl. F.
Heinrich Albert.

SONNET.

SEynd denn ietzt allererſt die Knoſpen ausge -
bluͤth /
die unſerm Bober-Sohn geſchloſſen hinter -
blieben /
Herr Schirmers Sonnenſchein der hat es aufge -
trieben /
ſo daß ſie iederman in vollen Saamen ſiht
dein Purpur ſchimmert fuͤr durch dein geſchicktes
Lied /
und macht daß wir zugleich mit dir dein lieben lieben.
Mein Schirmer / fahre fort / du haſt ſchon gut ge -
ſchrieben /
weil ſchon dein Kluger Geiſt biß an die Flam̃e gluͤht.
Der Teutſche Lieder-Printz der laͤſt ihm ſeine Leyer /
du Pindar / du Homer / von dir ietzt neu beziehn /
Arion[186]
Arion mag fuͤr dir auf den Delphinen fliehn /
ich mach mich noch zur Zeit von weiten uͤm das
Feuer /
deñ dein geklaͤrter Glantz der treibt mir meine Lieder
auff eine weile noch in ſeinen Nebel nieder.

dieſes ſch dein guter Bekanter Joh. Georg Schoch.

[figure]
[187][188]

About this transcription

TextErstes Rosen Gepüsche
Author David Schirmer
Extent208 images; 31275 tokens; 7008 types; 200248 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationErstes Rosen Gepüsche David Schirmer. . [10] Bl., 180 S., [3] Bl.: Kupfert s. e.s. l.1653.

Identification

Herzogin Anna Amalia Bibliothek HAAB, 14, 5 : 74

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Lyrik; Belletristik; Lyrik; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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Holding LibraryHerzogin Anna Amalia Bibliothek
ShelfmarkHAAB, 14, 5 : 74
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