PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Reyſe nach GVINEA, oder ausfuͤhrliche Beſchreibung daſiger Gold-Gruben / Elephanten - Zaͤhn und Sclaven-Handels / nebſt derer Einwohner Sitten / Religion / Re - giment / Kriegen / Heyrathen und Begraͤb - niſſen / auch allen hieſelbſt befindlichen Thieren / ſo bishero in Europa un - bekandt geweſen.
Nun aber ins Hochteutſche uͤberſetzet / und mit Kupffern gezieret.
Hamburg /Jn VerlegungSamuel Heyl / und Johann Gottfried Liebezeit /M DCCVIII.

Vorrede.

ES iſt insgemein bey allen Auto - ribus die uͤbliche Gewohnheit / daß ſie vor ihre Schrifften eine Vorrede ſetzen: Einige halten ſie vor eine bloſſe Zierath und kein weſentliches Stuͤck ihrer Buͤcher. Andre aber vor eine unumgaͤngliche Nothwendigkeit aus fol - genden Urſachen: erſtens weil die Vorrede einen Vorſchmack giebet alles deſſen / was und wie der Autor ſolches abzuhandeln ge - ſinnet ſey / vermittelſt welcher die vom Au - tore beliebte Ordnung und Einrichtung der Materie gar leichtlich zu begreiffen; zwey - tens weil man aus der Vorrede von Faͤ - higkeit eines Autoris urtheilen kan / folg - lich einiges Vergnuͤgen aus deſſen Werck ſich verſprechen. Doch laſſe ich dieſes un - ausgemachet / und folge dem Exempel derer letzteren.

Es iſt aber nunmehro die Welt mit ſo): (vie -Vorrede. vielen Buͤchern angefuͤllet / daß faſt unmoͤg - lich ſcheinet etwas Neues vorzubringen / da - fern man nicht eine neue Welt entdecket / angeſehen faſt kein Land / keine Nation zu finden / daruͤber nicht allbereit viele Scri - benten ſich muͤde geſchrieben / ſo daß ich ſchier in Bedencken geſtanden mit dieſer meiner neuen Arbeit hervorzukommen. Doch habe ich das alte Sprichwort derer Roͤmer wahr machen wollen / Africa brin - ge alle Tage was Neues / in Anſehung daß das Land Gvinea, welches einen Theil von Africa, und nicht von Weſt-Jndien wie ei - nige davor halten / ausmachet / (denn die - ſes ja in America, folglich in einem gantz andren Theil der Welt lieget) nicht nur uns / ſondern auch allen Europaͤern mei - ſtentheils noch ſehr unbekandt / und wenig gruͤndliches davon im Druck gemein ge - machet worden / ohne was hin und wieder in Buͤchern gefunden wird. Dieſes aber beſtehet mehrentheils in lautern Maͤhrlein / und hat wenig Grund / ſo daß wir bis hie - her eine ſehr zerſtuͤmmelte Nachricht von Gvinea gehabt haben.

Nun habe ich jederzeit auf gute Buͤcher / inſonderheit aber Geſchicht - und Reyſe-Be - ſchreibungẽ ſehr viel gehalten / in AnſehungdesVorrede. des daraus entſtehenden groſſen Nutzens / vermittelſt welchem unterſchiedlicher Voͤl - cker Sitten und Lebens-Arten wir uns be - kandt machen / folglich die uns gleichſam angebohrne Neugierigkeit einigen Theils beruhigen koͤnnen. So daß ich von zarter Jugend an nichtes hefftiger geliebet als ei - ne von glaubwuͤrdiger Hand geſchriebene Reyſe-Beſchreibung.

So groß aber die Begierde war zu einer aufrichtigen und unverfaͤlſchten / ſo und noch viel groͤſſer war der Abſcheu und Eckel den ich wider diejenigen ſpuͤrete welche an ſtatt der Wahrheiten lauter Luͤgen mit un - termiſchen; denn weil ſolche Leute niemahls auſſerhalb der Stadt ſich wagen / muͤſſen ſie alles vor richtig und wahr annehmen was ihnen von fremden Laͤndern vorgeſchwatzet wird / eben wie dorten der Ariſtoteles auf empfangenen Befehl vom Alexander, er moͤchte die Natur aller Thiere beſchreiben / alle Wandersleute zu ſich fodern lieſſe / und nach deren Ausſage ſein Werck vollfuͤhrete. Man koͤnte dieſem noch einiger maſſen ſol - ches zu gute halten / weil zu der Zeit die Welt noch nicht ſo ſehr durchwandert oder bekandt war: heute zu Tage aber wuͤrde der - jenige Autor ſehr thoͤricht handeln / und ſich): (2zumVorrede. zum Gelaͤchter aller Reyſenden darſtellen / der ſeine Beſchreibung auf dieſer ihren Mund gruͤnden wolte / indem er beſorgen muͤſte es wuͤrden ihn dieſe Leute ſelbſt eini - ger Unwahrheiten uͤberfuͤhren / und vor ei - nen Maͤhrlein-Erzehler ausſchelten.

Dannenhero habe ich nicht verſchweigen koͤnnen was einige Autores im letzten Jahr - hundert aus anderer Leute Maͤuler ohne die ſelbſteigene Erfahrung herausgege - ben / vielmehr aber hoͤchſt noͤthig gefunden dieſelbige in ihren uͤbel gegruͤndeten Be - ſchreibungen eines beſſeren zu uͤberfuͤhren / und der gantzen Welt die eigentliche Wahr - heit zu erkennen zu geben. Solten hie - durch einige geruͤhret ſeyn / und meine ge - genwaͤrtige Arbeit ſo wie ſie gedrohet / durchhecheln wollen / will ich dieſes zum Troſt nehmen / daß ſie keine Luͤgen darinn finden werden. Geſtalt denn dieſes unter andern Urſachen mich am meiſten bewogen Europa zu verlaſſen / und diejenige Wahr - heiten ſo ich in vielen Reyſe-Beſchreibun - gen geleſen / mit meinen Augen zu unterſu - chen. Es hat mir das Gluͤck in den 13. Jahren ſo ich in Gvinea zu gebracht / hie - zu ſonderliche Gelegenheit gegeben / ſo daß ſchier kein Ort im gantzen Lande / wo ich nicht einige Zeitlang gewohnet / folglichVorrede. lich meine eigene Erfahrung zum Zeugen[r]uffen koͤnne. Da nun aber wie mich duͤnck -[t]e / nicht genung war meine eigene Neu - gierigkeit zu befriedigen / wenn nicht auch der Naͤchſte hiedurch gebeſſert wuͤrde / und daß alles wie ſchoͤn es auch im̃er ſeyn moͤch - te / dennoch ſeine Schoͤnheit verliehre fals es bey mir alleine bliebe / bin ich inſonder - heit veranlaſſet worden / alles was ich mit groſſem Vergnuͤgen geſehen / in gegenwaͤr - tige Blaͤtter zuſammen zu tragen / und dem vielen Anhalten einiger guten Freunde wie ſolches aus dem Anfang erſteren Send - Schreibens erhellet / Gehoͤr zu geben.

Jſt demnach ohne ferneren Auffenthalt mein einiges Abſehen dieſes geweſen / daß ich einen umſtaͤndlichen Bericht hieſieger Laͤnder abbilden moͤchte / damit inskuͤnffti - ge diejenigen / welche allhie ihr Gluͤck ſu - chen / oder auch unſere bisherige Zwiſtigkei - ten ſchlichten wolten / ihre Meſures darnach nehmen koͤnnten. Jch zweiffle nicht es wer - de bey einigen guten Nutzen ſchaffen / laſſe mich auch an ſtatt einer Belohnung vor al - le meine Muͤhe und Unkoſten mit einer guͤ - tigen Aufnahm gerne genuͤgen.

Zwar hatte ich anfaͤnglich meine Arbeit in 5. Buͤcher und noͤthige Capitel eingethei -): (3letVorrede. let. Das erſtere handelte von der Beſchaf - fenheit des Landes wo das Gold gefunden wird / wie groß und wie ſolches beſchaffen ſey / in wie viel Laͤnder es eingetheilet / wie fruchtbar und was derer Einwohner mei - ſte Arbeit ſey.

Das Zweyte von denen Einwohnern ins - geſamt / wie ſie geſinnet / was fuͤr Sitten und Gebraͤuche / Gottesdienſt / Regierung und Haushaltung ſie fuͤhren.

Das Dritte von der Handlung wie die - ſelbige fortgeſetzet werde / theils von unſe - rer Compagnie, theils auch andern Euro - paͤern und denen Mohren daſelbſt.

Das Vierdte von allen ſo zahmen als wilden vierfuͤſſigen Thieren des Landes / von Ungeziefer / Voͤgeln / Fiſchen / Feld - und Baum-Fruͤchten.

Das Fuͤnffte und Letzte von den Koͤnig - reichen Landingcour, Coto, zweyen Popos, dem ſchoͤnen Lande Fida, und endlich von meiner im Jahr 1690. angeſtelleten Reyſe. Nachgehends aber habe ich Gelegenheit be - kommen mein Vornehmen zu aͤndern / und das gantze Werck in Briefen vorzuſtellen / die ich mit obbeſagtem Freunde gewechſelt. So daß ich ſelbiges in 22. Briefen zuſam - men gefaſſet / deren jeder ſo vieles in ſich haͤltalsVorrede. als die Zeit hat zulaſſen wollen. Die hin - ten an ſtehende zwey letzte Briefe ſind mir durch zwey Perſohnen zugeſchickt worden welche in der Compagnie Dienſte ſtehen / und von Beſchaffenheit gewiſſer Laͤnder dahin ich niemahls gekommen / handeln. Jch hoffe nicht mit der geaͤnderten Einthei - lung dem Leſer einigen Mißfallen zu erwe - cken / um ſo viel weuiger / weil ein jeder Brief etwas neues darſtellet / und folglich um ein merckliches angenehmer.

Nur dieſes habe ich offtermals beklaget / daß ich nicht zeichnen gelernet / inſonderheit weil im gantzen Lande keine Seele zu finden ſo hierinn waͤre erfahren geweſen; wenig - ſtens gedaͤchte ich mein Buch viel anſehnli - cher zu machen / fals es in behoͤrigen Kup - fern alle die unbekandte Dinge aufzeigen koͤnte davon die Rede iſt / folglich den Augen als edelſtem Theile des Leibes die ſchuldige Vergnuͤgung geben. Endlich da ich ſchon ziemlich weit in meiner Arbeit gekommen / fande ſich ein ſolcheꝛ Kuͤnſtleꝛ / dem ich deswe - gen ohne Zeit-Verluſt unterſchiedliches zu thun gabe / und den Abriß von allen Ve - ſtungen machen lieſſe / welche von Elmina Oſt-werts liegen, und theils denen Engel - laͤndern und Hollaͤndern / theils denen): (4Daͤh -Vorrede. Daͤhnen zuſtaͤndig ſeyn. Reyſete auch ſelbſt mit ihm im Lande herum und zeigete ihm dieſe Veſtungen / damit er ſo viel beſſer zu rechte kommen koͤnte / (weil ich ohne dem vom Herrn General Sevenhuifen in Sa - chen der Compagnie etwas zu verrichten hatte) Nachdem hat er auch die Thiere ſo ich vor uns daher leiten lieſſe / ſehr natuͤrlich abgezeichnet / worinn er viel fertiger war als in Veſtungs-Riſſen / ſo daß ich hoffe man werde in jenen keine ſonderliche Fehler fin - den / es ſey denn in gewiſſen Grund-Re - geln der Mahler-Kunſt / welche von denen Unerfahrnen nicht beobachtet werden. Al - lein kaum hatte ich mich entſchloſſen mit dieſem Menſchen von Elmina Weſt-werts zu reyſen / ſo uͤberſchnellete ihn der nichts verſchonende Todt in ſehr wenig Tagen / daß alſo mein angefangen Werck nicht vollfuͤhren konte. Maſſen ich ſeit dem kei - nen Menſchen angetroffen der mir hierinn haͤtte behuͤlfflig ſeyn koͤnnen / wird alſo hof - fentlich der Leſer mit gegenwaͤrtigem zu - frieden ſeyn.

Anitzo bitte diejenigen ſo dieſes Buch le - ſen werden / nicht uͤbel auszulegen / noch ſich zu aͤrgern / wenn an einigen Oertern etwas freye Redens-Arten brauche. MeinAb -Vorrede. Abſehen iſt nicht jemanden dadurch zu belei - digen / ſondern bloß und allein unſere Nach - koͤmmlinge zu unterrichten / daß ſie ſich de - ren zu gewiſſer Zeit und Nutzen bedienen koͤnnen. Dafern ſich aber jemand touchi - ret befinden ſolte / ſey derjenige verſichert / daß ich gar nicht zuͤrnen werde / weil nicht noͤthig zu ſeyn erachte / daß man die Wahr - heit verheele um eines andern Unrecht - maͤßigkeit nicht zu entdecken. Solten auch hingegen andre gutgeſinnete Leute ſeyn / welche uͤber ein oder andre Oerter noͤthige Erklaͤrung verlangen / bin ich jederzeit wil - lig und bereit / angeſehen alles dasjenige was hierinnen befindlich / gegen jederman mit geziemender Hoͤfflichkeit zu behaupten gedencke.

Sonſten habe ich mich moͤglichſter Kuͤr - tze befliſſen / ohne welche ich noch ein ſo groſ - ſes Buch haͤtte verfertigen koͤnnen / wenn ich entweder unterſchiedliche Kleinigkeiten mit eingeſchoben / oder auch die darinnen verhandelte Begebenheiten weitlaͤuffti - ger ausgefuͤhret haͤtte. Allein ich laſſe es auf das Urtheil verſtaͤndiger Leute an - kommen / und glaube nicht daß durch ſol - che Kuͤrtze dem Leſer einiger Verdruß er - wachſen werde / da vielmehr derſelbe bey ei -): (5.nerVorrede. ner langwierigen Beſchreibung an ſtatt der Vergnuͤgung nichts als Verdruß und Widerwillen finden wuͤrde.

Womit ich ſchlieſſe / und von Hertzen wuͤnſche / daß der Leſer mit gegenwaͤrtiger meiner Arbeit gedienet / vergnuͤget und be - luſtiget ſeyn moͤge. Dagegen ich mich ver - binden werde zu ſeyn /

Deſſen Unterthaͤnigſter Diener Wilhelmus Boſman.
J. N.
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J. N. J. C. Eine Neue Beſchreibung des Landes GVINEA. Erſtes Send-Schreiben.

Darinnen gehandelt wird vom Lan - de Gvinea insgemein / von der Landſchafft Axim inſonderheit; Was die Hollaͤnder und Brandenburgiſche hierinnen beſitzen; Von der uͤblen Regierung derer Letztẽ; End - lich von dem Fluß Cobre, und dem Ungluͤck / ſo ſich daſelbſt in einer Feſtung zuge - tragen.

Mein Herr!

JCh habe aus deſſen Brieff / welchen mir der Ca - pitain vom 1. Decembr. 1700. eingehaͤndiget / mit ſonderlichem Vergnuͤgen erſehen / wie daß meine Sachen einen guten Fortgang genommen / welchesAich2Beſchreibungich allein deſſen Fleiß und wohl-gegruͤndeten Vorſorge zuzuſchreiben habe; Dannenhero nicht weniger thun kan / als daß ich davor hohen Danck abſtatte / und die Verſicherung gebe / mit allen meinen Vermoͤgen da - hin bedacht zu ſeyn / daß ich vor deſſen erwieſene Dienſt - willigkeit erkenntlich ſeyn moͤge; Jedennoch kan ſelbi - ges nicht ohne Muͤhe von mir geſchehen / auf die Art wie ihr es verlanget / ich meyne / wenn ich eine gruͤnd - liche und genaue Beſchreibung von dieſem Lande euch zuſenden ſoll / dann ohngeachtet ich billig eine vollkom - mene Wiſſenſchafft davon haben ſolte / weil ich ſo lan - ge alhie gewohnet / und folglich geſchickt genug ſeyn / demſelben ein Genuͤgen zu thun / ſind nichts deſtowe - niger Urſachen genug / die mir hierin einen Wider - Sinn verurſachen / deren zwey vornehmſten folgende ſind. Erſtlich / daß ich meiner Unvermoͤgenheit ſo viel nicht zutraue / welche mich uͤberfuͤhret / daß es un - moͤglich ſey / euch zu Willen zu leben / weil meine ge - ringe Feder nicht in gehoͤriger Ordnung die Sachen wird vortragen koͤnnen / ſo ich zu erwehnen habe. Die zweyte Urſache / ſo noch wichtiger iſt / iſt dieſe / daß / da - fern ich in Dienſten der Oſt-Jndiſchen Compagnie lebte / mir wol erlaubt waͤre / ihren Zuſtand zu entde - cken; Nun aber / da ich in ſolcher Ungewißheit mich be - finde / habe ich gewuͤnſchet / einer ſo beſchwerlichen Laſt entohniget zu ſeyn / damit wir beyde nicht in Geſahr kommen moͤchten / ſo uns zu fruͤhe gereuen doͤrffte. Allein ich habe ſo viel Liebe und Freundſchafft vor euch / daß mit Hindanſetzung aller ſolcher Schwerigkeit dennoch ſuchen will / eurem Verlangen abzuhelffen / doch mit der Bedingung / daß ihr meine Schreib-Art beſtens deuten / und ſelbige / vermoͤge eurer gewoͤhnli -chen3des Landes Gvinea. chen Guͤte / vollkommen machen wollet / euch verſiche - rend / daß es mir an guten Willen nicht gefehlet / wenn ihr die gehoͤrige Vollkommenheit nicht finden werdet.

Damit ich nun auf euer Schreiben komme / finde ich / daß ihr inſonderheit verlanget zu wiſſen / wie das - jenige Land beſchaffen / darinn euer Vetter vor weni - ger Zeit durch den Herrn General geſetzet iſt; Es nennet ſich ſolches Axim, ein gebauetes und ſehr be - wohntes Land / darinnen uͤberaus ſchoͤne Dorffſchaff - ten in groſſer Menge / ſowol nach dem Meer hin / als auch tieffer im Lande / anzutreffen / davon die groͤſſte nach dem Meer zu unter den Hollaͤndiſch - und Bran - denburgiſchen Feſtungen ſtehen / fuͤr allen aber ſind die Hollaͤndiſchen am merckwuͤrdigſten. Die Ve - ſtung ſo wir nur haben / heiſſet das Fort von S. Anto - nius, welchen Nahmen ihm die Portugieſen gegeben / ſo vor dieſem Meiſter davon geweſen / und ihnen nebſt andern Plaͤtzen im Jahr 1642. von uns abgenom - men worden / nachdem wir ſie aus andern Oertern mehr / die ſie beſeſſen / hatten heraus gejaget. Und gewiß nicht anders / als ob die Portugieſen in alten Zeiten vor rechte Spuͤhr-Hunde gebraucht worden / welche fremden Nationen zum beſten das Wild auf - ſuchen muſten / und ſo bald ſie es gefunden / denen an - kommenden Fremden wieder ausliefern muſten / in - dem ſie ſich die Herrſchafft daruͤber anmaſſten. Doch unſerm Zweck naͤher zu kommen / ſo iſt dieſes Fort nicht gar groß / aber zierlich und regulier gebauet / wohl ge - legen / und zu einer zulaͤnglichen Gegenwehr genug - ſahm verſehen / indem es ſeine drey Batterien / Bruſt - wehre und Auſſenwercke hat / uͤberdem von der Land Seite mit einer hohen Mauer umgeben / und mit gnug -A 2ſahmen4Beſchreibungſahmen Canons beſetzet iſt / dergeſtalt / daß bey zulaͤng - lichem Mund-Vorrath eine groſſe Krieges-Macht von denen Einwohnern des Landes koͤnte abgehalten werden. Es verdrieſſet mich / daß ich euch den Abriß nicht ſenden kan / wie ich gemeynet habe / denn derje - nige / ſo es machen ſollen / noch vor deſſen Verferti - gung mit Tode abgangen. Jhr doͤrffet nicht einige Abzeichnung vermuthen / von einem oder andern Ort / ſo nach Abend von Elmina, wol aber von denen ſo ge - gen Morgen liegen.

Jhr wiſſet / in was Bedienung euer Vetter ſtehe / nehmlich als erſter Commiſſarius, oder vornehmſter Kauffmann / durch Huͤlffe ſeines Ober-Herrn / wel - cher iſt der Herr N. N. und ſowol von Seiten der Compagnie, als auch ſeines Generals, eine unum - ſchrenckte Gewalt hat uͤber das gantze Land / zumahlen die Einwohner / unter ſeine Jurisdiction gehoͤrige / alles / was in ihrem Lande geſchiehet / bey ihm angeben muͤſſen / und ohne deſſen Vorbewuſt oder Einwilli - gung nicht die geringſte Sache unternehmen / viel we - niger ausfuͤhren duͤrffen; Und alſo ſtehet bey ihm die voͤllige Herrſchafft uͤber das gantze Land / vermoͤge welcher er / nebſt einigen vornehmen Haͤuptern aus denen Mohren / die Ubelthaͤter nach Landes Gewohn - heit abſtraffet. Jn einem andern Briefe will ich mir die Ehre geben / ausfuͤhrlich zu melden / wie dieſe Ge - richts-Verwaltung geſchehe / und will anitzo / ehe ich weiter gehe / kuͤrtzlich Meldung thun vom Lande Gvi - nea, und inſonderheit von der Gegend / da das Gold herkommt / und welches wir nebſt andern in Beſitz haben.

Gvinea iſt ein uͤberaus groſſes Land / und in einigehun -5des Landes Gvinéa. hundert Stunden ausgebreitet / worinnen unzehl - bahre Koͤnigreiche / ſo groß als klein / befindlich ſind / nebſt vielen andern Voͤlckern / die eine Regierungs - Art von einer Republic brauchen.

Es finden ſich Unterſchiedliche / ſo dieſes Land be - ſchrieben / welche geglaubet haben / es waͤre Gvinea ein maͤchtiges Koͤnigreich / deſſen Koͤnig / nach ge - waltſahmer Bezwingung unterſchiedlicher Laͤnder / ein Koͤnigreich daraus gemachet / und ihm den Nah - men von Gvinee gegeben; Allein ich hoffe / bey Ge - legenhett zu erkennen zu geben / daß dieſes ein groſſer Jrrthum / aller maſſen der Nahme Gvinee ſelbſt un - ter denen Einwohnern nicht bekandt iſt / und das Koͤ - nigreich von Gvinee nur in der Einbildung beſtehe / ſo in der Welt nicht anzutreffen.

Die Gegend / wo das Gold herkommt / macht einen mercklichen Theil von Gvinea, und iſt ohngefehr 60. Stunden lang / nimmt ſeinen Anfang von dem klei - nem Gold-Fluß / 3. Meilen gegen Abend von Asſine, oder zwoͤlff Meilen oberhalb Axim, und endiget ſich bey dem Dorff Pomni, ſieben oder acht Stunden ge - gen Morgen von Aara.

Jch will mich nicht aufhalten / das Land zwiſchen Aſſine und dem Fluß Cobri, eine Meile oberhalb dem Fort S. Antonii, zu beſchreiben / angeſehen die Hand - lung anitzo ſo ſchlecht daſelbſt iſt / daß wir ſehr ſelten da - hin kom̃en. Vor 9. 10. Jahren oder noch laͤnger / war die Handlung alda in groſſen Aufnehmen / ſeiterdem aber das Land Aſſine einen Uberfluß an Gold gege - ben / und man daſſelbe dahin gefuͤhret / auch faſt alles durch die Dickinraſes verdorben / iſt nunmehro faſt nichts mehr zu thun / indem das wenige Gold / ſo vonA 3dan -6Beſchreibungdannen hieher kommt / nicht rechtmaͤßig und von ſehr geringem Werth iſt / ſo gar / daß ich ohne Saͤumniß mich laͤngſt dem Meer nach den Laͤndern wenden will / welche nach der Gold-Gegend liegen / davon ich / ſo viel die Zeit leidet / melden will / meinen Anfang ma - chende / ohne einigen Vorzug zu geben den maͤchtig - ſten Laͤndern oder Koͤnigreichen. Von dem Fluß An - cober bis an das Dorff Ponni ſind eilff Landſchaff - ten / nehmlich: Axim, Ante, Adom, Jabi, Com - mani, Fehi, Saboe, Fantin, Acron, Agonna, & Aqvamboe, deren eine jede eins 2. oder drey / bis - weilen auch mehr Doͤrffer / ſo laͤngſt dem Meer liegen / hat / ſo entweder zu den Europaͤiſchen Veſtungen ge - hoͤren / oder doch zwiſchen denſelben gelegen ſind / die groͤſſten und Volck-reichſten Doͤrfſer aber findet man tieffer im Lande. Sieben unter dieſen Landſchafften werden als Koͤnigreiche von ihren Koͤnigen beherr - ſchet / die uͤbrigen kan man Republiqven nennen / weil das Regiment von den vornehmſten Einwohnern gefuͤhret wird / welche wir unten beruͤhren wollen. Dannenhero will ich den Anfang machen vom Lande Axim, welches vor dieſem groß und maͤchtig genug geweſen / nach Landes Beſchaffenheit / ſo bald aber die Brandenburgiſchen hierin gedrungen / haben ſich die Einwohner zertheilet / und eines Theils bey dieſen neuen Ankoͤmmlingen Schutz geſuchet / in Hoffnung ein guͤtigers Regiment und mehrere Freyheit zu erhal - ten / wie ſolches in Folgenden wird zuſehen ſeyn / und ihnen beynahe gelungen; Andern Theils welche in Warheit viel ehr-liebender und beſtaͤndiger waren / haben mit uns gehalten / ob wol / wie geſagt iſt / das Land durch dieſe Trennung auch getheiler wurde. Ohn -7des Landes Gvinea. Ohnangeſehen deſſen will ich Axim nach ſeiner vori - gen Beſchaffenheit beſchreiben: Selbiges begreifft ohngefehr 6. Stunden in der Laͤnge / von dem Fluß Cobre zu rechnen bis an das Dorff Boeſva, eine Stunde gegen Abend von unſern Fort / welches zu nechſt dem Dorff Boutri gelegen. Es heiſſet ſonſt der Fluß Cobre auch Ancober, und die Portugieſen haben ihm den Nahmen vom Schlangen-Fluß beyge - leget / weil er tieff ins Land ſo krum wie eine Schlange fortlaufft weiter als 20. Meilen.

Jnsgemein ſind die Mohren / ſo in dieſem Lande wohnhafft / ſehr reich / und zu allerhand Ergetzlich - keiten und guten Tagen geneigt / treiben ſtarcke Han - delung mit denen Kauffleuten / ſo weit aus dem Lande kommen. Faſt alle das Gold / ſo ſie von ihnen erhan - deln / bringen ſie in die Hollaͤndiſchen und Seelaͤndi - ſchen Schiffe / welche hiezu nicht befuget ſind / und zu groſſem Nachtheil der Compagnie ſich um dieſe Ge - gend ſehen laſſen / ohngeachtet alles Verboths / und de - rer vielen Verdrießlichkeit / darinn ſie durch dieſe ver - bothene Handlung gerathen / denn ſo bald jemand daruͤber ertappet wird / verlieret er nicht nur alle ſeine eingekauffte Waaren / ſondern muß uͤberdem noch et - ne groſſe Geld-Straffe erlegen / gleichwol laſſen ſie ſich hiedurch nicht abſchrecken / und kommen allezeit wieder / in Hoffnung / es werde nicht kund und offen - bahr werden. Ja die meiſten beſtechen die Sclaven mit Geld von der Compagnie, daß ſie Wache hal - ten / damit kein Betrug geſchehe / und alſo handeln ſie in guter Sicherheit: Hingegen bekommen wir hiedurch nicht den hunderſten Theil unſerer Waaren in die Haͤnde. Die Urſach aber / warum ſich die Einwoh -A 4ner8Beſchreibungner in ſolche Gefahr wagen / und eine ſo ſcharff ver - bothene Handlung fuͤhren / iſt dieſe / weil ſie biswei - len die beſte Waaren den vierdten oder wenigſtens den dritten Theil beſſer Kauff / als ſie es von uns gehabt haͤtten / von dieſen Schiffen an ſich bringen / und alſo iſt gar leicht zu begreiffen / warum ſie ſich in ſolche Ge - fahr einlaſſen / weil / bey gluͤcklich gefuͤhrter Hand - lung / ſie in kurtzer Zeit groſſen Reichthum ſammlen.

Jtzt gemeldte Schiffe / ſo durchaus keine Hand - lung alhie geſtattet / werden von einigen Kauffleuten in Holland ausgeruͤſtet / und in dieſe Gegend geſendet. Sie thun dadurch der Oſt-Jndiſchen Compagnie, als welche allein von dem Staat einen freyen Handel alhie erhalten / einen unſaͤglichen Schaden. So ſind nicht weniger dieſe Schiffe in Gefahr / genommen zu werden / denn ſo bald wir ſie erhaſchen koͤnnen / und dafern ſie einige Gegenwehr thun / dennoch aber ver - lohren gehen / ſind nicht nur alle diejenigen / ſo darauf befindlich / des Todes / ſondern auch alle ihre Guͤter confiſciret / und ſolches vermoͤge der Ordnung / wel - che im Nahmen des Staats uͤberall angeſchlagen ſind. Nichts deſtoweniger werden ſolche Placaten mit dem Schiffe / welches bey meiner Zeit aufgebracht / lange nicht ſo genau in acht genommen / ſondern man ſtraffte nur die Vornehmſten / denen andern zum Exempel. Man hat auch eins von dieſen Schiffen / Zeit meines hieſigen Aufenthalts / genommen / dafern aber einige von der Compagnie-Bedienten ſich beſſer vorgeſe - hen / wuͤrden wir ohne Zweiffel viel mehr bekommen haben. Jch will anitzo ſchweigen / um niemanden zu nahe zu kommen / in Anſehung einjeder Menſch ſeine Fehler habe / und lieber die Einwohner des LandesAxim9des Landes Gvinea. Axim vor mich nehmen / worinnen ihre Handthierung beſtehe.

Uber dem daß ſie gute Handlung fuͤhren / ſind ſie in - ſonderheit auf das Land-Bauen und Fiſch-Fangen ge - neiget / vor allen das Land mit Reiß zu bepflantzen / welcher alhie mehr als an einem Ort haͤuffig hervor kommt / und in das gantze Land verfuͤhret wird / an deſſen Statt die Einwohner von Milhio, Jammes, Pattatles, Palmen-Oel und andere Waaren zuruͤck bringen / welche in dieſem Lande wenig anzutreffen / indem es wegen des feuchten Erdreichs zwar trefflich beqvehm iſt / Reiß und andere fruchtbahre Baͤume hervor zu bringen / ſo gerne in der Naͤſſe ſtehen / itzt er - meldete hingegen aber durchaus nicht anzutreffen / dannenhero ſie meiſtens von auswaͤrtigen Laͤndern ein - gefuͤhret werden.

Jch habe vorhin ſchon mit wenigen gemeldet von der Ankunfft derer Brandenburgiſchen in dieſer Ge - gend / itzund will ich ausfuͤhrlicher davon reden. Es wird demnach meinem Hrn. nicht unbekandt ſeyn / daß ihre vornehmſte Veſtung Friedrichsburg heiſſet / und drey kleine Stunden von unſerer Veſtung S. Anto - nius nach Morgen gelegen / nechſt dem Dorff Poc - qveſoe, auf den Berg Mamfro. Sie iſt ſehr an - ſehnlich und zimlich groß / mit 4. ſtarcken Batterien verſehen / welche mit 46. Stuͤcken bepflantzet ſind / wie - wol ſie / die Warheit zu ſagen / ſehr gering und von kleiner Muͤndung ſeyn. Die Pforte an dieſer Ve - ſtung iſt uͤberaus ſchoͤn / dergleichen hie herum wenig zu finden / gleichwol in Anſehung der Veſtung viel zu groß / ſo daß ſich hier wol ſchickte / was man dorten den Buͤrgern zu Minden riethe / ſie moͤchten ihre Pfor -A 5ten10Beſchreibungten geſchloſſen halten / damit die Veſtung nicht heraus und davon lauffen moͤge. Nach Morgen hat dieſe Veſtung ein uͤberaus ſchoͤnes und beqvehmes Auſſen - werck / doch ſo / daß die Veſtung in weit beſſern De - fenſions Stande / wenn ſolches nicht dabey angele - get / denn es kan dazu dienen / die Stadt mit Sturm einzunehmen / das groͤſſte Verſehen iſt / daß ſie die Bruſtwehr ſehr klein und kaum ein Knie hoch gemacht haben / dahero man vor dem groben Geſchuͤtz alzuſehr in Gefahr ſtehet / welches denn uͤbel zu ſtatten kommen duͤrffte / wenn ſie auch mit bloſſen Mohren zu thun haͤtten / indem man fuͤglich mit einem Feuer-Rohr die Bollwercke / oder zwiſchen dieſelbe die Courtine ab - reichen kan / jedoch muß dieſes nicht verſtanden wer - den von der Land Seite / alwo die Bruſtwehre in ge - hoͤrige Hoͤhe ſich ſehen laſſen. Jm uͤbrigen hat man in allen Stuͤcken die Bau-Kunſt zur gnuͤge in acht ge - nommen. Jnnerhalb der Veſtung finden ſich viele ſchoͤne Haͤuſer / davon ich abermahls / wegen ſchon er - wehnter Urſachen / keine Abzeichnung ſenden will.

Der Commendant in dieſer Veſtung / der zu - gleich die Ober-Herrſchafft hat uͤber alles / was die Brandenburgiſchen hie herum innen haben / und in zween Veſtungen und einigen Huͤtten beſtehet / hat den Titul als General Director im Nahmen Jhrer Churfuͤrſtl. Durchl. von Brandenburg und deſſen Africaniſchen Compagnie. Es ſind zeithero ihre Regenten Niederlaͤnder geweſen / welche uns zu Folge geſuchet haben / eben ſo eine vollkommene Herrſchafft uͤber ihre Unterthanen die Mohren zu erhalten / als unſere Kauffleute uͤber die zu Axim, allein ſie haben es niemahls dazu bringen koͤnnen / theils durch ihr eigenVer -11des Landes Gvinea. Verſehen / indem ſie ſich nicht mit einander vertragen koͤnnen / und unter ſich Feindſchafft angeſtifftet haben; Theils auch wegen der boͤſen Natur dieſer Mohren / welche meiſtens wegen Betriegereyen von uns gelauf - fen / und ſich daſelbſt geſetzet haben.

Zeit meines daſigen Aufenthalts ſind ihrer ſieben Directores geweſen / darunter der erſte von Emb - den gebuͤrtig / Jean Nyman geheiſſen / ein Mann von groſſem Verſtande / und in allen hier zu Lande vor - fallenden Sachen ſehr beſchlagen / welcher treu und redlich ſeines Herrn Beſtes geſuchet / und in allen Dingen eine ungemeine Klugheit und Witz ſpuͤhren laſſen / dahero er ſich einen groſſen Nahmen in dieſem Lande erworben / und mit groſſem Ruhm daraus ge - zogen. Seine Nachfolger ſind geweſen die zwey Herren Johann nnd Jacob von Hoſt, Vater und Sohn / ſo gleichfals ihr Amt wohl in acht genommen / und jederzeit ihre Unterthanen im Zaum gehalten / ſon - derlich der Sohn / welcher von Natur ſehr hoͤfflich und freundlich / nicht nur von den Mohren / ſondern allen Menſchen geliebet wurde / dahero die Branden - burgiſchen Sachen in groſſes Aufnehmen gekommen; Ja ich mag ſagen / daß die Brandenburgiſche Com - pagnie weder gehabt noch jemahls haben wird einen Mann der geſchickter ſey / ihr Aufnehmen zu befoͤr - dern / als eben er / dergeſtalt / daß ſie den Tag verflu - chen moͤgen / an welchen ſie ihn ab - und an deſſen Stelle eingeſetzet einen Nahmens Gyhbrech van Hoogveld, ſo vorhin ein Kauffmann zu Axim in Dienſten von unſerer Compagnie geweſen; Dann ſelbiger ging mit denen / ſo unter ihm ſtunden / ſo gott - loß um / daß unſer General Joelſchmits und derRath12BeſchreibungRath gezwungen wurden / ihm ſeinen Dienſt zu be - nehmen / und ihm zu verſchicken / als einen Menſchen der hiezu nicht geſchickt war. Nachdem er nun in Brandenburgiſche Dienſte getreten / und dieſe Eh - ren-Stelle bekleidet / lieſſe er denen Mohren / bey wel - chen er ſehr verhaſſt war / um ihre Liebe zu gewinneu / viel Freyheit zu / beſchenckte ſie auch mit unterſchiedli - chen Gerechtigkeiten / und machte dadurch daß die Brandenburger begunten zu fallen / und einen An - fang ihres Untergangs legten. Dieſes aber halff alles nichts / denn nachdem er kurtze Zeit regieret / lehnten ſich die Europaͤer ſowol als Mohren zu einer Zeit wider ihn auf / gaben ihm ſeinen Abſchied / nahmen ihn das Regiment / und jagten ihn zum Lande hinaus; An dieſes ſeine Stelle ſetzten ſie einen Mennoniſten Jean van Laar, welcher beſſer ein Maaß Brandtwein aus - zutrincken wuſte / als ſeiner Principalen Vortheil und Beſtes zu ſuchen. Von dieſer Zeit ging auch al - les den Krebs-Gang / die Sache des von Laar ge - wan ein ſo boͤſes verwirrtes Ausſehen / daß er zu rech - ter Zeit ſtarb / nachdem er nicht lange an der Regie - rung geweſen. Dieſem folgte einer / Nahmens Jean de Viſſer, welcher von ſo geringem Verſtande / daß ihm allein die Regierung nicht wohl anzuvertrauen war / und uͤberdem noch ſo ungluͤcklich / daß von deſ - ſen Aufffuͤhrung wenig Gutes zu hoffen. Nachdem nun dieſer ſein Regiment angetreten / machten die Mohren ihren Kauffmann zu Acoda nieder / und weil er nicht Verſtand noch Macht genug hatte / die - ſes boͤſe Vornehmen zu beſtraffen / gingen die Moh - ren in ihrer Bosheit immer weiter / und veruͤbten unterſchiedliche Grauſamkeiten / ſchlugen einige vondenen13des Landes Gvinea. denen Europaͤern todt / bis ſie ihm endlich ſelbſt gefan - gen nahmen / tieff ins Land wegfuͤhrten / und nach - dem ſie ihn halb geraͤdert / wurffen ſie ihn ins Meer / da ſie ihm zuvor rund um den Leib Steine angebun - den hatten. Es ſind uͤber dieſer grauſamen That un - terſchiedliche Reden geweſen / doch lieffen ſie alle da - hin aus / weil dieſer Maͤrterer nicht ſo wol durch Be - willigung als Befehl derer Europaͤer zu dieſer Ehren - Stelle gekommen. Vor allen hat man einen mit Nahmen Adrian Grobe in Verdacht gehabt / denn dieſen hatten die Mohren zu ihren Oberhaupt erwaͤh - let / an des Ermordeten Stelle. Dafern er unſchul - dig leidet / wird er Zweiffels ohne ſeine Unſchuld an den Tag legen / um ſich von dergleichen Greuel-That zu entledigen / dafern aber das Gegentheil / wolle ihm GOtt nach ſeinen Wercken lohnen / nebſt allen denen / ſo hieran Theil haben; Denn hiedurch haben die Eu - ropaͤer nicht nur viel von ihrer Hochachtung verlohren / ſondern es ſtehet zu beſorgen / im Fall dieſes unge - ſtrafft bleiben ſolte / die uͤbrigen Mohren bald folgen duͤrfften / daß alſo niemand ſeines Lebens ſicher waͤre.

Auf ſolche Art ſind die Brandenburgiſchen / nach - dem ſie zimlich geſtiegen / mercklich herunter kommen / und zweiffele ich ſehr / daß ſie jemahls in ihren vorigen Stand gelangen werden / weil itzund die Mohren den Meiſter ſpielen / und ihre Oberhaͤupter ins kuͤnffti - ge zwingen werden / nach ihrem Gutduͤncken und Willen das Regiment zu fuͤhren.

Da nun alſo dieſes eine unerhoͤrte Sache / habe nicht ermangeln wollen / davon einige Nachricht zu geben / eines Theils / damit ſowol ihr als ich mit allen dieſes Landes Einwohnern vor dergleichen Frevel -That14BeſchreibungThat einen Abſcheu finden moͤgen; Andern Theils / damit ihr ſagen moͤget / wie die Sachen der Compa - gnie von Embden in Europa / deren Handelung euch vollkommen bekandt iſt / hie zu Lande ſeit einigen Jahren gefuͤhret (verwaltet) worden. Doch will ich mich hierin nicht einlaſſen / ſondern weiter dritte halb Stunden gegen Morgen begeben / uͤberhalb dem Ca - po Treſpuntes, daſelbſt die Brandenburgiſchen eine kleine Feſtung, Dorothea genandt / beſitzen / nebſt dem Dorff Acoda, welches ihnen vor ohnge - fehr eilff Jahren hat muͤſſen eingeraͤumet werden / und ſeit dem um ein merckliches verbeſſert und feſter ge - macht worden. Jhr koͤnnt deſſen Beſchaffenheit aus folgenden ſo viel deutlicher erſehen. Erſtlich findet ſich ein Haus oben gantz eben / und gleich dabey zwey Bollwercke und halbe Cortinen / auf jede haben ſie ei - nige kleine Stuͤcke gepflantzet / uͤbrigens ſiehet man im Hauſe daſelbſt unterſchiedliche ſchoͤne Zimmer / wie - wol alles ſehr leicht und nahe bey einander gebauet iſt. Uberdem haben eben dieſe Brandenburgiſche noch ein anders aufrichten laſſen zwiſchen Manfro und Aco - da / allernechſt dem Dorff Tacrama, ſo mitten in Cabo Treſpuntes gelegen / in der Abſicht / eine Fe - ſtung daraus zu machen / die nahe befindliche Gegend / wo man das Waſſer holen muß / zu beſchuͤtzen / und ſolches endlich unterthaͤnig zu machen. Allein ich glaube / daß ſie Muͤhe genung haben / oberwehnte 2. Feſtungen zu erhalten / und ſich ſo leicht nicht einlaſſen werden / mehrere Gebaͤude anzulegen.

Meine Meynung iſt nicht geweſen / in dieſen Brief ſo weitlaͤufftig zu ſeyn / die Brandenburgiſchen Sa - chen haben mich ungemerckt zu weit entfernet von mei -nem15des Landes Gvinea. nem Vorhaben / welches darin beſtunde / daß ich die Fruͤchte des Landes Axim und alles was darinnen waͤchſet erzehlen wolte. Anitzo will ich ſolches alles auf eine andere Gelegenheit verſpahren / damit ihr auf ein - mahl nicht zu weit gehet / und allein von dem Schlan - gen-Fluß etwas erwehnen / davon wir oben ſchon eini - ge Erinnerung gethan / daß wir ſelbigen mit einem an - dern Nahmen den Fluß Ancobre heiſſen nach dem Lande / ſo er benetzet. Es iſt mir unmoͤglich / wegen ſeiner Schoͤnheit davon zu ſchweigen / und wie oben geſagt / ſo flieſſet er einige Stunden oberhalb unſer Fe - ſtung S. Antonius, bey dem Einlauff ins Meer ſehr breit / aber ſo untieff / daß man mit keinen Nachen daruͤber fahren ſolte / ſo bald man etwas hoͤher kommt / wird er almaͤhlig ſchmahler aber zugleich tieffer / und ſo laufft er einige Stunden ohne Veraͤnderung fort. Jch weiß nicht allzuwol / wie weit ſelbiger ins Land ge - het / weil ich nur kleine Tag-Reiſen darauf zugebracht / und ihn uͤberall von ſolcher Annehmligkeit gefun - den / daß ich mir einbilde / nichtes ſchoͤners im gantzen Lande von Gvinea geſehen zu haben / es ſey dann zu Fi - da. Zu beyden Seiten ſiehet man die ſchoͤnſte und groͤſſte Baͤume / welche verurſachen / daß man unter deren vergnuͤglichſten Schatten wegſchiffen kan / ohne die geringſte Beſchwerligkeit von den heiſſen Sonnen - Strahlen zu empfinden; Auf ſolchen finden ſich un - terſchiedlicher Art Voͤgel von allerhand Farben / und einige hundert groſſe und kleine Affen / welche durch ihr hin und wieder Springen eine unbeſchreibliche Augen-Luſt erwecken. So bald man ohngefehr eine Stunde fort geſchiffet / ſiehet man alle viertel Stunde die ſchoͤnſten und groͤſſten Doͤrffer unweit dem Ufergegen16Beſchreibunggegen Abend zu liegen / deren Haͤuſer uͤber die maſſen wohl zunechſt dem Ufer ſtehen. Das Land darinnen dieſe ſchoͤne Doͤrffer befindlich / hat drey unterſchied - liche Nahmen / das erſte zunechſt dem Meer heiſſet Ancobre, und will ich die Streit-Frage nicht ent - ſcheiden / ob der Fluß nach dem Lande / oder dieſes nach jenem benennet worden / weil es wenig zu unſerm Vorhaben dienet. Das andere / ſo hieran ſtoͤſſet / nennet ſich Aboenoe, und endlich das dritte Egvira. Das erſtere iſt mir Zeit meiner Anweſenheit wie ein Koͤnigreich vorgekommen / die zwey uͤbrigen aber / an - ſtatt einer Republic. Jn dem letztern (Egvira) ha - ben wir vor vielen Jahren auch eine Feſtung innen ge - habt / daſelbſt anitzo ſtarcke Handlung getrieben wird / denn ohne daß anderwerts eine groſſe Qvantitaͤt von Gold hereingebracht wird / befinden ſich ſelbſt im Lan - de einige Gold-Gruben / und hat man deren eine ſehr reiche bey meiner Regierung zu Axim entdecket. Es iſt uns dieſe Feſtung durch eine traurige Begebniß ab - genommen worden / indem wir Streit bekamen mit denen Mohren; Denn als der Director durch ſie be - lagert wurde / und nicht laͤngern Widerſtand thun konte / (denn man ſaget / daß er anſtatt eiſernen guͤl - dene Kugeln gebraucht habe) hat er ſich geſtellet / als wolle er mit denen Belaͤgerern ſich vergleichen / und laͤſſet ſich auch mit ihnen ein. Kaum war er halb ge - ſchloſſen / ließ er ſich mit allen ſeinen Feinden in die Lufft fliegen / und endigte alſo zwar hertzhafftig / aber ſehr ungluͤcklich ſein Leben / indem er ſich wie der Sim - ſon an ſeinen Feinden ſterbend raͤchete. Er hatte ſolch ſein Vornehmen zu vollfuͤhren einen kleinen Jungen beſohlen / ſich bey dem Pulver mit brennen der Luntefer -17des Landes Gvinea. fertig zu halten / und ſo bald er hoͤren wuͤrde mit dem Fuß treten / ſolte er es anſtecken / mit Verſprechen / er wolle ihm auf guter Verrichtung einen neuen Rock geben; Dieſes unſchuldige Kind ſolches glaubend / hat es mehr als allzuwohl ausgerichtet. Niemand wuſte um dieſe Sache auſſerhalb ein Sclave von unſerer Compagnie, welcher / ohn ein Wort zu ſagen / bey Zeiten ſich an die Seite gemachet / und nachgehends uns / ſo wie gemeldet / erzehlet hat; Anders haben wir keine Nachricht als durch dieſen Sclaven / und muͤſ - ſen wir es glauben / daß die Sache ſich ſo verhalte / in Ermangelung einer naͤhern Gewißheit. Gewiß iſt es / daß unſere Feſtung geſprungen / und dem Dire - ctor nebſt ſeinen Feinden den Hals gekoſtet. Dieſes mag alſo genug ſeyn vor einmahl / mit Bitte / ihr wol - let voritzo euch begnuͤgen laſſen / und mit gegenwaͤr - tigen vor Lieb nehmen / im uͤbrigen aber verſichert ſeyn / daß bey erſter Gelegenheit etwas Neues melden will. Der ich nach Empfehlung in GOttes Schutz mit vie - ler Gewogenheit mich nenne / ꝛc.

Ende des erſten Send-Schreibens.

Zweytes Send-Schreiben.

Jn welchem das Land von Ante um Boutry herum beſchrieben wird / mit denen Feſtungen / ſo die Engellaͤnder und Hol - laͤnder daſelbſt beſitzen / und wie betrieglich die Engliſchen umgehen / wenn ſie unech - tes Gold vor echtes geben. Die Schoͤn - heit des Landes von Ante. Der Fluß Bou -Btry,18Beſchreibungtry, und wie die Auſtern darinn wachſen. Nach dieſem folget die Beſchreibung der Engellaͤndiſchen und Hollaͤndiſchen Fe - ſtung in Zaconde, und deſſelben Landes daherum gelegen. Jmgleichen des Dorffs Chama. Auch der Hollaͤndiſchen Feſtung / und derer Laͤnder Jabi und Adom. End - lich werden einige Exempel erzehlet von der Grauſamkeit des Generals im Lande A - dom, und bey dieſer Gelegenheit eine Be - ſchreibung des Fluſſes Chama mit an - gehangen.

Mein Herr!

JCh will hoffen / ihr werdet meinen Brief empfan - gen haben / welchen mir die Ehre genommen / den 5. Monats - an euch zu ſchreiben. Weil nun das Schiff / mit welchen ihn uͤberſende / erſt nach Fida gehet / um einige Sclaven auf zu ſuchen / und nachge - hends uͤber Curaſſau ſeinen Weg nehmen wird / als fuͤrchte ich / mein Brief wird wol ein Jahr unter Weges bleiben / dieſes aber gerades Weges nach Eu - ropa / ohne Aufenthalt an irgend einem Ort / abſegelt / ſo habe mich entſchloſſen / zwey Briefe auf einmahl zu ſenden / damit ihr durch langes Warten nicht unge - duͤltig werdet / wuͤnſchende / daß deſſelben Einhalt auch in etwas vergnuͤgen koͤnne.

Jn meinem letztern bin ich mit der Beſchreibung vom Lande Axim zu Ende gekommen / und will dahe - ro in gegenwaͤrtigen das angraͤntzende Land von Ante beruͤhren / mit Zufuͤgung deſſen / was die Zeit und meine Gedancken an die Hand geben werden.

Das19des Landes Gvinea.

Das Land von Ante oder Hante, wie die Einge - bohrne ſprechen / nimmt ſeinen Anfang bey dem Dorff Boeſoa, zwey Stunden gegen Morgen / oder unter - halb Acoda, wiewol man es rechnen kan bis Acoda, indem ſelbiges heut zu Tage dazu gehoͤret. Vor eini - gen Jahren wurde dieſes Land in Ober - und Nieder - Ante abgetheilet / da denn unter dem erſten das Land Axim, ſo kurtz zuvor beſchrieben / verſtanden ward / unter dem andern aber dasjenige / davon wir eine Be - ſchreibung zu machen Vorhabens ſind. Es war auch dazumahl ſehr maͤchtig und Volckreich / hatte trotzige Einwohner / die zum Rauben uͤberaus geneigt wa - ren / und aus der Urſachen uns offters viel Verdrieß - ligkeiten und Unruhe verurſachet / ſie ſind aber durch die immerwaͤhrende Kriege mit denen von Adom dergeſtalt abgemattet und geſchwaͤchet worden / daß ihnen von vorigem altem Anſehen nichts mehr uͤbrig / wie wir unten weitlaͤufftiger davon ſprechen wollen.

Eine Stunde gegen Abend oder oberhalb Boeſoa, nechſt dem Dorff Dikiſchofft / eigentlich Infuma, lieget eine kleine Feſtung / von denen Engellaͤndern er - bauet im Jahr 1691. nachdem die Brandenburgi - ſchen eine Zeit vorher die Fahne ihres Churfuͤrſten da - ſelbſt gepflantzet hatten / und alſo zu unterſchiedlichen mahlen wegen des Landes ſtreitig waren / da denn endlich die Letztern / keinen groſſen Vortheil dabey er - ſehende / ſelbige gutwillig an die Engellaͤnder abge - ſtanden haben. Sie kamen mit ihrer Arbeit ſchlecht fort / und brachten wol 5. oder 6. Jahr uͤber dieſem Ge - baͤude zu / welches noch bis dato in ſchlechtem Anſehen / kaum den Nahmen einer Feſtung verdienet. Dan - nenhero haben ſie dieſen ihren Bau oͤffters bereuet /B 2weil20Beſchreibungweil das Land nicht nur ungelegen zur Handlung / ſon - dern die Mohren daherum ſo wild / ſo faſch / betriege - riſch und vermeſſen ſind / daß ſie denen Engliſchen nicht ein Haar breit weichen / ſondern ihnen allezeit das Ge - gentheil halten / und auf eben dieſelbige Art ſich ihrer Macht bedienen / wenn ſie ſehen / daß die Engliſchen dazu greiffen wollen / ja wol gar ſich unterſtehen doͤrff - ten / ſie in ihrer Feſtung zu belagern / als nemlich vor 5. Jahren / da es wenig fehlte / oder ſie haͤtten ſich Mei - ſter davon gemachet / indem die Engliſchen gezwun - gen wurden / mit ihnen nach eigenen gegebenen Geſe - tzen zu leben / ohne die geringſte Herrſchafft ſich an - zumaſſen. Dieſes brachte eine genaue Verbuͤndniß zwiſchen den Engliſchen und denen Mohren zu wege / dergeſtalt daß ſie mit einander eins wurden / alle die zur Handlung ankommende Schiffe zu betriegen / und un - echtes Gold vor echtes zu verkauffen; welches auch un - terſchiedlichen wiederfahren / unter andern vor drey Monat zweyen Engliſchen Schiffen / deren eines vor 16000. Guͤlden falſch Gold einnehmen / und alſo eine gantz vergebliche Reiſe thun muſte; das andere hatte gleichfals groſſen Schaden / und was merckwuͤrdig iſt / ſo empfingen ſie ſolch falſch Gold ſowol von den Europaͤern als Mohren. Ohnangeſehen nun dieſe zwey Schiffs-Capitaine alſofort uͤber Land nach dem Director reiſeten / und uͤber dieſen unmenſchlichen Betrug klagten / mit Bitte / man moͤchte ihnen ent - weder ander Gold oder andere Kauffmanns-Waare zuſtellen / waren dennoch alle ihre Beſchwerungen ver - geblich / denn der Director war ſelbſt mit drunter be - griffen / und konte ihnen alſo nicht helffen; Muſten deshalben / ohne das geringſte zu erhalten / wieder um -keh -21des Landes Gvinea. kehren / und alle ihre eingebrachte Kauffmanns-Wah - re verlohren geben. Dergleichen Betriegereyen ſie - het man taͤglich / doch weiß ich nicht / ob die Europaͤer allezeit mit Schuld dran ſind / dieſes aber iſt bekandt genung / daß man dieſe Gegend mit allem Recht die falſche Muͤntz von Gvinea nennen kan / dahero man alle neue Ankoͤmmlinge warnen muß / damit ſie ſich vorſehen. Ja man macht alhiedas falſche Gold ſo oͤf - fentlich / daß man keinen Scheu traͤgt / den erſt kom - menden oͤffentlich feil zu bieten; Und konte man bey meiner Zeit vor einen Thaler Kauffmanns-Gut mehr als vor 8. Thaler unecht Gold kauffen / ſo daß damit ein rechter Handel getrieben wird.

Anderthalb Stunden unterhalb dieſem betriegeri - ſchen Ort (daß ich ihn ſo nenne /) findet ſich nechſt dem Dorff Botry, gemeiniglich Boutroe genennet / die ſehr kleine und unordentlich gebauete Veſtung Baten - ſtein auf einem ſehr hohen Berg. Selbige iſt in die Laͤnge gebauet und in zwey Theile getheilet. Was ſonſten deſſen Feſtigkeit betrifft / hat es nur vier ſchlech - te Bollwercke / worauf eilff kleine Stuͤcke gepflantzet ſind. Jn Anſehung deſſen waͤre es beſſer daß es an ſtat Batenſtein / Schadenſtein hieſſe / weil es vor eini - gen Jahren uns mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich geweſen. Unten an dieſem Berge lieget Boutry, ein ſehr groſſes und ſtarck bewohntes Dorff / deſſen Einwohner viel beſſer ſind als die zu Infuma, denn ſie nicht mit derglei - chen Betrug und Falſchheit umgehen / wenigſtens ſind ſie viel ehrliebender und beſcheidener gegen uns / ſo daß wir uͤber ſie mehr zu klagen als uͤber andere kei - ne Urſach haben. Vier Stunden weiter herunter lieget unſere kleine Feſtung das Fort von OrangienB 3ge -22Beſchreibunggenennet / nechſt dem Dorff Zaconde und keinen Muſqveten Schuß hievon / ſiehet man noch einige U - berbleibſel von einer Engliſchen Feſtung / ſo der Groͤſ - ſe nach mit unſerer uͤbereinkoͤmmt / deſſen außfuͤhrli - che Meldung unten hinzuſetzen werde. Was die Laͤnge des Landes von Ante betrifft / habe ich ſelbige ohngefehr von 9. Meilen befunden / wenn man rechnet von Acoda biß anderthalb Stunden unter Zaconde, daſelbſt es ſich endiget. Eine lange Beſchreibung hievon beyzuſetzen / halte ich vor unnoͤthig / weil ſolches vor mir der Herr Foqvenbrog albereit verrichtet / und des Landes ſchoͤne Beſchaffenheit ſo herausgeſtrichen / daß wenig mehr ubrig iſt / hinbey zufuͤgen; dergeſtalt daß er ſich unterſtanden / eine Vergleichung anzuſtel - len / mit dem Annehmlichkeit vollen Cleviſchen Lande. Doch will ich hieruͤber keinen Richter abgeben / ob die - ſe Vergleichung ſtat findet / ſondern es demjenigen - bertragen / welcher in beyden Laͤndern geweſen / uñ ohne Auffenthalt nur dieſes ſagen / daß ſowol dieſes / als das gantze Land von Gvinee ſehr bergigt / und durchge - hends mit den ſchoͤnſten und uͤber die maſſen hohen Baͤumen angefuͤllet ſey; Zwiſchen denen Bergen liegen die ſchoͤnſten und ſehr weiten Thaͤler / welche ſehr beqvem waͤren / um allerhand Baͤume zuſetzen / und unterſchiedliche Fruͤchte zu bauen; denn in Anſe - hung / daß ſie zimlich hoch / und Naͤſſe genung haben / waͤre bey Anwendung gehoͤriger Arbeit ein groſſer Vortheil zu hoffen / maſſen das gantze Land mit noͤ - thiger Nahrung damit koͤnte verſehen werden. Dan - nenhero iſt der Reiß ſo hier waͤchſet / uͤber die maſſen ſchoͤn / Milhio koͤmmt ſehr haͤuffig hervor / und viel beſſer als anderswo in rothen Koͤrnern. Die Jam -mes,23des Landes Gvinea. mes, und Pattates ſind imgleichen nicht nur ſehr haͤuffig / ſondern uͤberdem einjedes in ſeiner Art viel ſchoͤner. So giebet es auch ſehr viel Frucht-tragen - de Baͤume / haͤuffige Zucker-Roͤhre / welche wegen ih - rer ungewoͤhnlichen Hoͤhe weit beſſer ſind als alle an - dere / daß kein Zweiffel / es wuͤrde bey deren neuen An - legung oder Pflantzung groſſer Nutzen daraus ent - ſtehen koͤnnen. Nicht weniger uͤbertrifft auch dieſes Land alle andere mit dem herrlichen Oele und Wein von denen Palmen / ſowohl in der Vielheit als auch in den ſonderlichen Geſchmack deſſelben. Kurtz / es iſt ein Land / welches dem Ackersmann ſeine Arbeit nach Wunſch belohnet / indem es uͤber dem eine groſſe An - zahl von zahmen und wilden Thieren naͤhret. Weil aber durch den letzten Krieg / welchen die von Ante mit denen Cormenſern gefuͤhret / die erſtern ſchier gantz in den Grund verdorben / und ins groͤſſeſte Elend geſtuͤrtzet worden / als muͤſſen ſie / in Ermangelung ei - ner zulaͤnglichen Macht ſtets in Sorgen ſtehen / aufs neue angefallen zu werden; Wannenhero die meiſten in unſere Feſtung nahe bey Boutry gefluͤchtet / da - durch dann ihr ſchoͤnes Land ſchier gantz und gar un - bebauet liegen bleibet. Man kan leicht gedencken / wie klaͤglich ſolches anzuſehen ſey / wenn man des Landes vorige Schoͤnheit und deſſen reichen Seegen betrach - tet. Da ich im Jahr 1690. und folgendes 1691. Jahr in Boutry als Aſſeſſor kurtz vor dem Kriege mich da - ſelbſt auffhielte / war dieſes Land noch ſtarck bewohnt / und koͤnte man in hoͤchſtem Vergnuͤgen die ſchoͤnſten Luſt-Reiſen anſtellen / indem die vielen und ſchoͤnen Doͤrffer / die uͤberaus ſchoͤnen Fruͤchte / und haͤuffige groß und kleinen Vieh-Heerden nicht ohne ErgoͤtzungB 4anzu -24Beſchreibunganzuſehen waren; ja uͤberdem alles ſo wohlfeil war / daß ein Soldat / der ſich anderwerts kuͤmmerlich mit ſeinen Sold durchhelffen muſte / hier zu Lande reich - lich auskommen konte. Was die Geſundheit anlan - get / halte ich dieſen Ort viel geſunder als alle andere / weil ich faſt glaube / daß keine geſundere Lufft ſeyn kan / dann ſo lange ich daſelbſt geweſen / ſind / in Anſehung der Anzahl derer Jnwohnenden / allezeit die wenigſte Todte und auch die wenigſte Krancken geweſen / ſo daß / im Fall dieſelbe Lufft uͤberall ſich finden wuͤrde / das Land Gvinee ſeinen bisherigen Nahmen einer Grab - Staͤte mit allem Recht ablegen koͤnte.

Damit ich aber das Schoͤnſte in dieſem Lande zwi - ſchen Acoda und Boutry nicht mit Stillſchweigen vorbey gehen moͤge / muß ich etwas von dem angeneh - men herrlichen Fluß melden / welcher nechſt bey unſerer Feſtung vorbey flieſſet / und in ſchoͤnſter Annehmlig - keit ſich tieff ins Land ergieſſet; Zu beyden Seiten pranget er mit den ſchoͤnſten Baͤumen / die ihn in ſei - nen engen Ufern gantz mit Schatten bedecken / ſo daß ich mir oͤffters eine Luſt gemacht / und bis an deſſen En - de / ſo weit man mit einen Nachen kommen kan / ohn ge - fehr ein 3. Stunden vom Meer / herauff geſchiffet; zwar gehet er noch viel weiter / allein es iſt nicht wol moͤglich / hoͤher hinauf zu kommen / wegen der vielen Waſſer-Faͤllen / ſo ſich mit groſſem Ungeſtuͤhm von de - nen alhie befindlichen Klippen herunter ſtuͤrtzen. Son - ſten iſt er uͤberaus Fiſch-reich / ohngeachtet eine un - glaubliche Vielheit von denen Crocodilen anzutreffen / welche / nach der gemeinen Rede / die Fiſche freſſen ſol - len. Derer vielen Affen habe ich Erwehnung gethan bey der Beſchreibung des Fluſſes Cobre, allein hieglau -25des Landes Gvinea. glaube ich / daß ſie ihren Koͤniglichen Sitz auffgeſchla - gen (ſo ferne mir erlaubt dieſes Wortes mich zu bedie - nen /) denn es iſt alhie des unnuͤtzen Geſchmeiſſes mehr als zu viel.

Wo ich nicht irre / ſo pfleget ihr ein groſſer Liebha - ber von Auſters zu ſeyn / wahrlich hier wuͤrdet ihr voll - kommen Genuͤgen finden / und ohne Geld und groſſe Muͤhe euch erſaͤttigen koͤnnen / in einer Stunde wolte ich euch mehr als 100000. zeigen / ſo an denen Baͤu - men hangen / und daſelbſt ihre Nahrung ſuchen; den - cket nicht / daß dieſes etwas unglaubliches ſey: leſen wir nicht in andern Scribenten / daß in Engeland eine gewiſſe Gegend ſey / alwo die Blaͤtter von gewiſſen Baͤumen / wann ſelbige ins Waſſer fallen / ſich alſo - fort in Endten / Gaͤnſe und andere Waſſer-Voͤgel verwandeln; Hoͤren wir nicht aus China / daß durch eine immerwaͤhrende Verwandelung die Fiſche in Voͤgel / und dieſe hinwiederum in jene verwandelt werden / gewiß ſolches iſt noch viel ſeltzamer. So fern ihr dieſem keinen Glauben beymeſſen wollet / iſt nicht viel daran gelegen / denn ich darin ſelbſt zweiffelhafftig bin; Jedennoch iſt es ohnfehlbahr und gewiß / was ich von den Auſtern gemeldet / und dafern ihr zu wiſſen verlanget / wie ſelbiges zugehe / will ich euch darin zu Willen leben: An dem Uſer des Fluſſes wachſen eine gewiſſe Art Baͤume / groß und klein durch einander / deren Aeſte noch andere von ſich ſchieſſen laſſen / welche anſtatt hinauff werts zu ſchieſſen / ſich gantz an die Erde niederlegen / uñ wegẽ ermangelndem Nahrungs-Safft mit der Zeit vertrocknen / diejenige aber / ſo ins Waſſer reichen / nehmen ſehr zu / und ſind gantz bedecket von klei - nen Auſters / ſo anfangs nicht groͤſſer ſind als die klei -B 5nen26Beſchreibungnen Schnecken / welche in Holland Aalkruck ge - nennet werden / nachgehends aber ſehr zunehmen / und in kurtzer Zeit zu ihrer Vollkommenheit gelangen. Sehet nun / wie die Auſtern zu wachſen pflegen / damit euch dieſes merckwuͤrdige nicht unbekandt ſeyn moͤge. Kurtz zuvor habe ich erinnert / daß zwey Feſtungen in dem Lande von Ante, nechſt dem Dorff Zaconde lie - gen / davon eine den Engelaͤndern / die andere unſerer Compagnie zugehoͤrig. Ob nun wol ſelbige ſchon vor 6. Jahrẽ angeleget / iſt dennoch gar ſchlechte Handlung daſelbſt / und beyderſeits Compagnie-Bediente auff einandeꝛ ſehr mißtꝛauiſch / ſo daß die guten Leute zimliche Armuth ausſtehen muͤſſen / auch nichts beſſers zu ver - muthen ſtehet / weilen alle beyde / anſtatt ſie einigen Gewinn ſchaffen ſolten / denen Compagnien nur be - ſchwerlich ſind. Nicht lange hernach kamen die Mohren / uͤberfielen die Engliſche Feſtung / und ſteck - ten ſie in Brandt / ſo daß der Director und alle En - gliſche darinnen bleiben muſten; auch nahmen ſie den Europaͤern alle ihre Waaren hinweg / und pluͤnder - ten alles / was ſie hatten. Seit dem iſts bis heutigen Tag verdorben / auch nichtes mehr davon zu ſehen / als einige Mauren / welche noch uͤber Ende ſtehen / ſo daß alſo die Herrſchafft allein uns darinnen zuſtehet / wie - wol mit ſchlechtẽ Gewinſt. Zwar war die Handlung im verwichenen Jahr ſehr ſtarck / und kam viel Gold da - hin / dannenhero die Engelaͤnder alſobald / auff em - pfangener Nachricht / zu unterſchiedlichen mahlen an ihrer Feſtung angefangen zu bauen / allein die Moh - ren von Ante ſind ihnen allezeit daran hinderlich ge - weſen.

Ehe der Krieg noch anging zwiſchen denen von An -te27des Landes Gvinea. te und Adom, war das Dorff Zaconde eines von den ſchoͤnſten / bewohnteſten und reichſten Doͤrffern im gantzen Lande / ſo bald aber die von Adom den Sieg erhielten / haben ſie es in den Grund verbrandt und verheeret / ſo daß anitzo nur kleine Huͤtten uͤbrig / die aber doch zimlich anfangen zu zunehmen / und iſt kein Zweiffel / es werde noch eins ſich erholen / wiewol eini - ge Jahre hingehen werden / ehe ſelbiges zu ſeinem vor - mahligen Vermoͤgen gelangen doͤrffte.

Vom Lande Ante habe ich auch ſchon Erinnerung gethan / doch nur bis unterhalb Boutry, ſelbiges iſt ebenſals von nicht geringerer Annehmligkeit als das andere / indem es ſich 2. bis 3. Stunden in die Runde um dieſe Feſtungen ausbreitet; Jnſonderheit finden ſich hinter dem Dorff Tocorary, eine Stunde nach Abend von Zacondi, die allerſchoͤnſten und angenehm - ſten Thaͤler / daruͤber man ſich nichts Vergnuͤglichers einbilden kan / denn ſie nicht nur ſehr breit und lang durchgehends gantz eben ſind / ſondern auch mit hohen Baͤumen beſetzet / welche in uͤberaus richtiger Ord - nung zwiſchen ſich ein klein Gehoͤltze haben / und das Auge ſo vergnuͤgen / daß die Natur hie ſcheinet / ihr Meiſter-Stuͤck verfertiget / und aller menſchlichen Kunſt etwas zuvor gethan zu haben. Auf der Erde ſiehet man in dem ſchoͤnen weiſſen Sande / unterſchiedliche Spuhren von Hirſchen / Elephanten / Tiegerthie - ren / wilden Katzen / und andern mehr / kurtz dabey zu ſagen / man kan nicht ohne Entzuͤckung dieſe Wunder und Annehmlichkeit volle Thaͤler durch ſpatzieren. Das nechſt angraͤntzende Dorff Tocorary, welches dergeſtalt verheeret und verwuͤſtet worden / daß ſchier gar nichts mehr uͤbrig / hat zu unterſchiedlicher Zeitauch28Beſchreibungauch unterſchiedliche Europaͤiſche Herren gehabt / bald hat es denen Engelaͤndern / bald denen Hollaͤndern / Brandenburgiſchen / und wie mir geſaget worden / Schweden und Daͤhnen zugehoͤret. Wir ſind die letzten geblieben / nachdem der Admiral Ruiter die Engelaͤnder im Jahr 1655. daraus gejaget / von wel - chen es uns vorhin auff ſchaͤndliche Art entriſſen wor - den / ſo ihr beſtens werdet finden koͤnnen in der Lebens - Beſchreibung des Admiral Ruiters, durch den Hrn. Brandt auffgeſetzet. Seit dem hat es noch einen an - dern Herrn bekommen / und endlich iſt es uns wieder zugefallen / und von der Zeit an / ſo lange ich im Lande geweſen / haben wir ſchoͤne Handlung ein drey oder 4. Jahr her getrieben / in eines Mohren Behauſung / weil wir aber mercketen / daß ſelbiges nicht gelingen wolte / haben wir es gaͤntzlich verlaſſen / denn weil es in dem Krieg mit denen von Adom durchs Feuer verdor - ben / als wohnen daſelbſt nicht nur ſehr wenige / ſon - dern uͤberdem lauter nichtswuͤrdige Leute.

Hie will ich jtzo ſtillſtehen / und weiter herunter drey kleine Stunden ins Dorff Chama euch bringen / ohne etwas zu melden von dem Dorff Aboarg, ſo man un - terwegens antrifft / daſelbſt wir auch einige Huͤtten von etlichen Jahren her beſitzen / ſo wir gleichwol we - gen des ſchlechten Vortheils uud groſſen Unkoſten auffgehoben / denn derjenige / ſo drinnen commendir - te / beſſer davon fuhr als die gantze Compagnie; Zwar iſt ſelbiges zimlich groß und bewohnet / allein die Ein - wohner ſind in ſolcher Armuth / daß ich nicht glaube / ob ſie ihres gleichen haben im gantzen Lande. Unſere da - bey liegende Feſtung iſt nicht groͤſſer als Boutry, ob ſie zwar ein wenig laͤnger / hat ſie doch nicht mehr als vierBoll -29des Landes Gvinea. Bollwerck / und eben ſo viel grob Geſchuͤtz als zu Bou - try; Die Portugieſen / denen wir ſie genommen / ha - ben es S. Sebaſtian genennet / welchen Nahmen es bis heutigen Tag erhalten. Seit dem Kriege zwi - ſchen uns und denen Engliſchen iſt ſie ſehr verwuͤſtet worden / und waren rund herum bloſſe Palliſaden / ſo daß die Engelaͤnder mit geringer Muͤhe uns zu vertrei - ben gedachten / wannenhero ſie uns zuſamt denen von Jabi angriffen / gleichwol wider Verhoffen eine ſolche Gegenwehr fanden / daß ſie wieder umkehren muſten / von wannen ſie gekommen / ohne etwas auszurichten; Und von der Zeit ſind wir Meiſter darinnen geblieben. Gleich hinter unſerer Feſtung faͤnget ſich das Jabi an / und breitet ſich einige Stunden aus auff Seiten des feſten Landes / indem man nichts anders ſiehet in der gantzen Gegend. Jtzund / ob es gleich unter den Nah - men eines Koͤnigreiches das erſte iſt / ſo wir im Her - unterreiſen antreffen / ſo iſt es doch zimlich klein / und von geringer Macht / denn der Koͤnig ſelbſt ſo ein un - vermoͤgender Herr iſt / daß ich Bedencken truͤge 100. Guͤlden an Kauffmañs-Waaren ihm anzuvertrauen / indem ich in Sorgen ſtehen muͤſte / niemahls bezahlet zu werden / in Anſehung deſſen Armuth. Wahr iſts zwar / daß er mit ſeinen Unterthanen (ſo fern ſie ſo zu nennen) aus dem Milhio, welchen ſie pflantzen und verkauffen / und andern Kauff-Waaren ein gut Stuͤck Geld auffbringen kan / damit ſie ſich bald eini - ge Reichthuͤmer erwerben konten / allein die groſſen ſonderlich die von Adom, ſo umher wohnen / nehmen ihnen oͤffters alles / was ſie haben / und gehen mit ihnen als Sclaven um / ohne daß ſie ſich dawider ſetzen koͤn - nen / in Ermangelung dazubenoͤthigter Force.

Ne -30Beſchreibung

Neben der Seite unſerer Feſtung flieſſet der Cha - ma oder Fluß S. Johann, die Mohren nennen ihn Boſ - ſumpra, weil ſie ihn vor einen Gott halten / (denn Boſ - ſum heiſſet auff ihre Sprache Gott) ſelbiger ergieſſet ſich laͤngſt den Laͤndern Jabi und Adom, bis jenſeit Juffer, und ſo fern denen Mohren zu glauben / uͤber hun - dert Meilen auff Seiten des feſten Landes / davon man doch keine Gewißheit hat; ſonſt iſt er zimlich breit und ſchoͤn / gibt auch an Groͤſſe und Annehmligkeit dem Fluß Ancober wenig nach / ja dieſes hat er vor jenem vor - aus / daß man fuͤglich mit geladenẽ Schiffelein aus dem Meer hereinfahren kan / wenn man ſich nur weiß in acht zu nehmen vor einer Klippen an dem Munde des Fluſſes / dahero die Leute / ſo die Schiff-Kunſt verſte - hen / Surger oder beſſer Suceur genennet werden / oh - ne dergleichen Vorſichtigkeit muß man in Gefahr ſeyn / das Schifflein doͤrffte zuſcheitern / oder gar um fallen / welches unterſchiedliche mahl zu meiner Zeit geſchehen / ſo daß viele Menſchen umkommen ſind / in - ſonderheit wenn das Meer etwas unruhig iſt.

Es hat jetztgedachter Fluß ſehr groſſen Nutzen / denn hie nicht allein das ſuͤſſe Waſſer auff die Schiffe ge - holet wird / ſondern es findet ſich auch gut Holtz hie - bey / theils in die Kuͤche zu gebrauchen / theils auch die Oͤfen damit anzuheitzen / ohne der groſſen Vielheit anderen Holtzes / welches zu allerhand kleinem Fahr - zeug dienet / als Flaggen auffzuſtecken / Maſtbaͤume ſo taͤgliches Gebrauches ſind / und anderen Stuͤcken mehr / daß uns alſo dieſer Fluß groſſen Nutzen bringet / wenigſtens mehr als die Feſtung ſelbſt / ohne welchen wir ſie nicht lange halten koͤnten. Denn nicht nur die Handlung allhie ſehr ſchwach iſt / und folglich dieFe -31des Landes Gvinea. Feſtung mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich waͤre / ſondern auch die Mohren / ſonderlich von Adom mit ihren Betrie - gereyen uns offt beſchwerlich fallen. Oben habe ich allbereit erinnert / daß ſich ihr Land einige Meilen laͤngſt den Fluß erſtrecket / uͤberdem aber beſitzen ſie noch eini - ge Jnſuln in dem Fluß / daſelbſt ſehr ſchoͤne Dorffſchaff - ten befindlich / und was mir am ſeltſahmſten vorge - kommen / gehoͤren ſie noch zum Lande Adom. Denn ſelbiges gehet laͤngſt den Fluß Chama, und hat laͤngſt dem Fluſſe Ancober auf jener Seite mehr als 16. Stunden in die Laͤnge / und gleichwohl iſt dieſes Land nicht gar zu groß. Wannenhero ich glaube / daß ſei - ne Gelegenheit einem Winckelmaaß aͤhnlich ſey / indem es anfangs neben den Fluß Chama hinauffſtrecket / fol - gends aber ein enges Stuͤckchen Landes abſetzet / bis nach dem Fluß Cobre. Dem ſey / wie ihm wolle / wir haben hiekeinen Vortheil bey / darum wird es zutraͤg - licher ſeyn / weiter zu gehen / wie nemlich dieſes Land re - gieret werde / nicht von Koͤnigen / ſondern 5. oder 6. vornehmen Haͤuptern / deren einer maͤchtig genug waͤre das Koͤnigreich Jabi zu gewinnen. So ferne nun dieſe Regierungs Art von einer Reſpubliqve, die man vielmehr eine Zuſammenkunfft von allerhand Betriegern und Raͤubern nennen koͤnte / ſich unter ein - ander wohl zu verſtehen wuſten / waͤren ſie geſchickt ge - nug eine anſehnliche Macht auff die Beine zu bringen / und ſich dadurch einige Furcht bey ihren Nachbahren zu verurſachen. Jm 1690. Jahr beſchloſſen ſie ein - hellig einen Krieg wider die von Ante, und unter - hielten auch ſelbigen ſo lange / bis alles / ſowol Land als Einwohner / verdorben waren; Gleichwol waren die von Ante ſo eigenſinnig / daß ſie ihre Herrſchafft nichterken -32Beſchreibungerkennen wolten / ſondern noch bis heutigen Tag mit einander zu thun haben. Sie hatten auch vor wenig Jahren Krieg mit den dreyen Laͤndern / ſo an dem Fluß Ancober gelegen / und nachdem ſie ſelbige gantz entkraͤfftet und ausgeſogen / wurden jene gezwungen / von dieſen den Frieden vor eine anſehnliche Summa Geldes zu erkauffen. Zum General hatten ſie einen Mohren / der ſich Anqva nennete / ein ſehr unruhiger Kopff / und ein ungemeiner Liebhaber vom Krieg / nichts deſto minder war er ſehr verzagt / wenn es zum Hand-Gemenge kam / denn wenigſt haben ſie weder mit denen von Ante noch dieſen von Ancober Standt gehalten / ſondern alſobald im Anfange davon gelauf - fen / wodurch ſie in groſſe Unordnung gerathen waͤ - ren / im Fall ſie nicht ſo groſſe Macht oder beſſere Sol - daten zu ihren Generalen gehabt haͤtten als ihn / gleich - wol muſten die andern / ſo mit ihm commendirten / bey allem ihrem Widerwillen / nichts dawider ſagen / vielweniger ihn abſetzen / zumahlen er nicht nur der Vornehmſte und Maͤchtigſte unter ihnen war / ſon - dern auch die groͤſſte Mittel hatte. Uberdem war er zwar verzagt genug / aber ungewoͤhnlich Blut-duͤr - ſtig und grauſam (verzagter Leute gemeines Laſter) ſo daß ich ſeines gleichen im gantzen Lande nicht gekandt / von dem man mit Entſetzen ſprechen hoͤrte.

Jm 1691. Jahrtrug es ſich zu / daß / als er in einem Treffen ſeiner Feinde etliche gefangen bekommen / ſie auff grauſame Art martern laſſen / wenn er ſie uͤber den gantzen Leib verwunden lieſſe / und alsdenn wie ein Tiegerthier auff ſie zu fiele / und ihr Blut aus den geſchlagen Wunden leckendt einſchlurpfte. Noch war dieſes nicht genug / ſondern er ließ einen von ihnen /der33des Landes Gvinea. der ihm inſonderheit zuwider war / gebunden vor ſich legen / und nachdem er ihm den Leib durch ein gluͤen - des Eyſen hin und wieder oͤffnen laſſen / finge er das hervorquellende Blut in einem Gefaͤſſe auf / davon er die Helffte einſoffe / das Ubrige ſeinem Abgott opfferte - Alſo ginge dieſer Blut-duͤrſtige mit ſeinem Uberwun - denen grauſahmlich um / und iſt ſelbiges ſo viel weni - ger zu bewundern / weil in Ermangelung ſolcher Fein - de / ſeine eigene Leute ihm an Statt ſolcher Schlacht - Opffer dienen muͤſten / daß er ſeine Blut-Duͤrſtigkeit ſtillen koͤnnte. Als ſelbiger im Jahr 1692. zum zwey - ten mahl mit denen von Ante angebunden / beſuchte ich ihn in ſeinem Lager hinter Chama, da er mich ſehr hoͤfflich nach Landes Art aufnahm; waͤhrender Zeit aber meines Daſeyns bekam er neue Gelegenheit ſei - ne Grauſamkeit ſehen zu laſſen / denn als ein Mohr an dem Halſe einer von ſeinen Frauen eine neue Art Co - rallen erblickte / nahme er ſie in die Hand / doch ohne vom Halſe abzuloͤſen / welches auch die Frau / nichts Boͤſes daraus urtheilende / gerne geſtattete / in Anſehung die Mohren ihren Frauen groſſe Freyheit zu laſſen mit andern ſich gemein zu machen / ja ſelbſt mit ihren eige - nen Sclaven / ſofern ſelbige nicht auſſer der Ehrbar - keit weichen. Der Anqva aber nahm es ſehr uͤbel auf / und kaum hatte ich meinen Abſchied genommen / ſo muſten dieſe unſchuldige zwey Menſchen ſterben / und ſich auf vor geſchriebene Art ihr Blut ausſaugen laſ - ſen. Kurtz zuvor hat er einer von ſeinen Frauen die Haͤnde abhauen laſſen / geringer Urſach halber / und um ihr ſo viel mehr Verdruß zu machen / brauchte er ſie die Floͤhe zufangen / woruͤber er die gute Frau wenn ſie mit den geſtuͤmmelten Haͤnden ſolches nicht verrich -Cten34Beſchreibungten konnte / noch auslachte. Billig haͤtte ich vor die - ſer Erzehlung von der Natur und Sitten der Mohren etwas melden ſollen / allein weil dergleichen grauſame Exempel nicht mehr vorkommen / und damahls mich fande in des Unmenſchen ſeinem Lande / als habe nicht unterlaſſen koͤnnen in gegenwaͤrtigen Briefe etwas davon zu gedencken / um ſo viel mehr da es mir an an - derwaͤrtiger Materie fehlet. Damit ich gleichwol wieder auf das Land komme / wird ſolches von denen Mohren bewohnet / welche ſehr gemaͤchliches Leben fuͤhren / anbey auch ſehr maͤchtig ſind / angeſehen ſie recht an der groͤſten Paſſage wohnen / welche alle Kauffleute ſo aus dem Lande kommen / rei - ſen muͤſſen / und alſo die ſchoͤnſte Gelegenheit haben mit ihnen zu handeln; Uberdem / auch im Lande treffli - che Gold-Gruben gefunden werden / und deren eine ſehr reiche vor 3. Jahren entdecket wurde. Hiedurch n[e]hmlich ſolchen groſſen Uberfluß von Gold / und groſ - ſe Menge des Volcks werden ſie ſo hochmuͤthig und vermeſſen / daß man mit ihnen ſehr behutſam umge - hen muß.

Das Land an ſich ſelbſt iſt uͤberaus fruchtbar und reich von Korn und andern Fruͤchten / daß ſie nicht nur eigenes uͤberfluͤßiges Außkommen / ſondern auch noch anders wohin ein Ziemliches zu verfahren haben. Uber dem giebt es aller hand Arthen von wilden und zahmen Thieren / der Fluß aber ſpeiſet ſie mit den ſchoͤnſten Fi - ſchen / ſo daß ſie auch ohne Huͤlffe eines Menſchen nicht den geringſten Mangel an Lebens-Mitteln ſpuͤren.

Sehet ihr demnach was ich von dieſen beyden maͤchtigen Laͤndern Jabi und Adom habe ſagen koͤn - nen / dannenhero will ich anitzo ſchlieſſen / und nachAn -35des Landes Gvinea. Anwuͤnſchung alles vergnuͤglichen Wohlſeyns in tieffer Ehrerbietung bleiben ꝛc.

Drittes Send-Schreiben.

Jn ſich haltend eine Beſchreibuug des Landes Commani, der Veſtung / welche wir und die Engliſchen allda innen haben / und eine vollſtaͤndige Erzehlung des Krie - ges / welchen unſere Compagnie in dieſem Koͤnigreich Commani gefuͤhret / danebſt deſſen eigentlichen Anfang und Ausgang / wie auch des Schloſſes Elmina und end - lich des Dorffs oder Stadt unter eben dieſen Nahmen.

Mein Herr!

WJr ſind in der Beſchreibung des Landes von Gvinea bis ins Koͤnigreich Commani gekom - men / welches an Adom und Jabi angraͤntzet / und wie ich ſelbiges ſo wie alle andre angefangen habe zu be - ſchreiben / als faͤllet mir hiebey ein / daß ich ehemahls ei - nen Brief von euch erhalten / darinnen ihr ſehr weit - laͤufftig die Urſache des Krieges zwiſchen unſerer Com - pagnie und dieſem Koͤnigreich unterſuchet. So bald ich ihn geleſen / ſahe ich wol / daß man mit unterſchied - lichen Unwarheiten euch begegnet / und weil ihr Ver - langen traget die eigentliche Umſtaͤnde des Krieges zu erfahren / habe ich mit Willen nicht darauf antworten wollen / weil ich damahls ſolche Heimlichkeiten nichtC 2ent -36Beſchreibungentdecken wolte / in Anſehung einer gewiſſen vorneh - men Perſohn dadurch zu nahe getreten waͤre / deſſen Ehre jeder zeit mit groſſen Eyfer zu befoͤrdern geſuchet habe. Nun aber da ich mich entſchloſſen nichtes zu verheelen / und alles ſo ſich hier zu Lande zu getragen / euch bekandt zu machen / will ich vertraulich ſchreiben / ſo wie ichs und alle andre die ſolches wiſſen muſten / ge - hoͤret haben; und geſetzt daß wir hierinnen irren moͤch - ten (welches nicht hoffen will /) wird die Warheit bey gelegener Zeit ſich ſchon hervor thun.

Ehe ich aber zu dieſer Erzehlung ſchreite / will ich mit Wenigen des Landes Commani gedencken / wie daß ſelbiges in die Laͤnge 5. Meilen / und eben ſo viel in die Breite habe / wenn man rechnet von dem Fluß Chama biß an das Dorff Mina. Auf dem halben Weg zwiſchen dieſer Gegend findet ſich unſere Veſtung von ziemlicher Groͤſſe an dem Strande des Meer / nechſt dem Dorff Klein Commani, oder wie es die Mohren nennen Ekki Tekki. Die Veſtung heiſſet Vreden - burg im Jahr 1688. von Herrn Sveerts erbauet. Ohngefehr zwey Muſqueten Schuß davon haben die Engelſche auch eine Veſtung / ſo ebenfals keine der Kleineſten iſt / und dahero unten mit Mehren ſoll er - wehnet werden. Die Unſrige betreffend iſt ſolche ziemlich groß wie itzund geweldet worden / und ſchier wie ein viereck gebauet indem es vier ſchoͤne Boll - werck hat / darauf 32. Stuͤck ſtehen koͤnnen / auch eben ſo viel Schieß-Scharten in der Bruſtwehre beſind - lich ſind. Es koͤnnen ein 60. Mann gemaͤchlich zur Guarniſon darinn liegen / wiewol itzund viel daran ſehlen / indem nicht mehr als 20. Canons zu ſehen / welche nicht nur taͤglich eine groſſe Menge Mohrenabhal -37des Landes Gviinea. abhalten koͤnnten / ſondern auch ſie davon abweichend machen. Es giebet das 1695. Jahr hievon Zeugniß genung / denn als bey meinen Commando die Feinde zu Nacht einen Anfall thaten / hatte ich kaum zwantzig Kerle zur Beſatzung / davon ſchier die Helffte nur Dienſte thun konnte / wurden ſie gleichwol gezwungen mit Verluſt zu weichen / nachdem ſolches Gefecht 5. Stunden gedauret: unſer Seits waren nur zwey verwundet / welches am meiſten zu verwundern / und ein augenſcheinlicher Beweiß Goͤttlicher Vorſorge geweſen / zumahlen die meiſten Schieß-Loͤcher gantz offen / und die Mohren aus ihrem Gewehr ſo ſtarck feuerten / daß es ſchiene als ob es Kugeln regnete / ſelbſt der Fahnenſtock ohngeachtet ſeines wenigen Raums / war damit nicht verſchonet worden / und die kleine ge - ſchloſſene Schieß-Scharten waren des Tages gantz durchloͤchert / dahera leichtlich zu erweiſen mit welch einer Hitze ſie uns angefallen. Endlich kamen ſie auch an die Pforte um ſelbige aufzuhauen / ſo bald wir aber den erſten der ſolches unternehmen wolte uͤbern hauffen geſchoſſen / blieben die andern ſehr gerne zu - ruͤck. Gleich darauf kamen 2. Schiffe vor unſere Ve - ſtung Ancker werffen / ſo mich mit Volck und Provi - ant verſehen ſolten / und von dem General auf die von mir erhaltene Nachricht in was gefaͤhrlichen Zuſtand ich mich befaͤnde / ausgeſand waren. Als demnach der eine Schiffs-Capitain Nahmens Peter Hinken, laut ſeiner Ordre behuͤfflich ſeyn wolte / ſetzte er ſeine Leute mit den kleinen Schiffen aufs Land den Tag zu - vor ehe die Mohren den Anfall thaten; kaum waren ſie unter das grobe Geſchuͤtz kommen; wurden ſie von den Mohren angegriffen / und deren einige niedergema -C 3chet /38Beſchreibungchet / ohne daß ichs verhindern konnte / denn indem ich das grobe Geſchuͤtz loͤſen wolte / fand ich ſolches gantz und gar vernagelt / welchen Poſſen allem Anſehen nach ein gewiſſer Buͤchſen-Meiſter uns geſpielet da - hero ich ihn in Ketten gefeſſelt nach der Haupt-Stadt auf Befehl des Generals geſendet / der dazumahl ſchwore er wolte ihn mit groͤſter Schaͤrffe andern zur Warnung abſtraffen / allein nichts weniger als die - ſes / denn er ihm nicht nur bald darauf ſeine vollkom - mene Freyheit gegeben / ſondern aufs neue in einer an - dern Haupt-Veſtung ihn zum Buͤchſen-Meiſter ge - macht. Dieſes unverhoffte Ungluͤck war alſo die Ur - ſache daß ich ſo jaͤmmerlich umkommen ſahe diejenigen deren Huͤlffe ich benoͤthiget war / und gleichwol ſie nicht retten koͤnnte / ja wenn die Mohren zu eben der Zeit auf das Schloß einen Angriff gewaget haͤtten / wuͤrden ſie nicht nur Meiſter davon geworden ſeyn / ſondern wir alle haͤtten unſer Leben verlohren / da ſie aber noch 24. Stunden ſaͤumeten gewann ich inzwi - ſchen Zeit mich in Gegewehr zu ſetzen / und ſie uner - ſchrocken abzuwarten / wie allbereits erwehnet. Hie - bey muß ich noch was Laͤcherliches erzehlen / ſo in Zeit dieſer Uberrumpelung geſchahe: Jndem ich alle Po - ſten beſuchte / um zu ſehen / ob ſie wohl beſtellet waren / findet ſich ein Soldat von ſeinen Poſten bey mir ein klagend es wuͤſten die Mohren gar wol daß er in dieſer gantzen Welt den einigen Hut nur haͤtte / und gleich - wol haͤtten ſie ihm auf dem Haupt ihn gantz zerſchoſ - ſen als waͤre ſelbiger mit dem Meſſer durchſchnitten / baͤte dannenhero um Freyheit ſich an ſeinem Feind mit Granaten zu raͤchen / welches ich gar leichlich geſche - hen lieſſe / indem ich des Lachens uͤber ſeinen Unmuthmich39des Landes Gvinea. mich nicht enthalten konte. Alſofort nahm er zwey Granaten / ſtellete ſich aufs Bruſtwehr / und ſchriehe auf der Mohren ihre Sprache / er wolte ihnen etwas zu kauen geben / und warff die angeſteckte Granaten ihnen zu. Die Mohren wuſten nicht was ſie daraus machen ſolten / ſahen mit Luſt zu wie ſie brannten / fin - gen auch gar herum zu tantzen / bis ſelbige anfingen zu ſpringen / und die gebrochenen Stuͤcke um ſich zu werffen / da diejenigen welche beſchaͤdiget waren aus vollen Halſe ſchriehen / die andern aber ſo viel moͤglich davon eyleten / ſo daß keiner von beyden dergleichen Braten mehr verlangete / dafern es ſo zu nennen. Endlich komme ich auf den Krieg von Commani dar - an unſer Gluͤck und Wohlfahrt zu hangen ſchiene. Dannenhero ehe ich zu einer etwa weitlaͤufftigen Er - zehlung ſchreite / iſt es noͤthig einigen Vorbericht doch ohne euren Verdruß zu geben / denn daferne ihr den Anfang nicht wiſſet / koͤnnet ihr unmoͤglich einen rech - ten Begriff von der Sache haben. So will ich denn vom Regiment eines guten Freundes den Anfang machen / doch mit dem Beding euch nicht zu erzuͤrnen / im Fall ihr etwas Nachtheiliges leſen wuͤrdet / denn ihr koͤnnt ſicherlich glauben / daß ich die pur-lautere War - heit ſchreiben will. Er trat ſeine Regierung an bey friedlichen hoͤchſt-geſeegneten Zuſtande des Landes wiewol diejenige ſo etwas ſcharffſinnig / ſchon bemer - cketen / daß ſich der Krieg zwiſchen den Einwohnern des Landes Commani begunte anzuſpinnen / und bey erſter Gelegenheit ausbrechen wuͤrde / welches auch all - bereits geſchehen waͤre / wenn des Koͤnigs Bruder zu Commani ſolches nicht verhindert haͤtte. So bald er aber verreiſet / und auſſer Bedienung lebte / uͤberdemC 4auf40Beſchreibungauf gewiſſe Art uͤbel ware gehalten worden / fehlete es denen zu Commani an nichtes als nur einem Schein / damit ſie ihrem Vornehmen einigen Grund anſtrei - chen koͤnnten. Hiezu aͤnſſerte ſich eine treffliche Ge - legenheit im Jahr 1694. denn als wir einige Berg - Leute aus Europa verſchrieben hatten / (die Urſach kan man ſich leicht einbilden /) lieſſen wir ſelbige ihr erſtes Heyl im Lande Commani verſuchen / und zwar in ei - nem Berge ohngefehr eine halbe Meile oberhalb unſer Veſtung gelegen / ſo hiezu ſehr bequem ſchiene / und ei - nen guten Ausgang unſerer Hoffnung ſehen lieſſe. Es hatten aber die Einwohner von Commani dieſen Berg dazumahl zum Heiligthum gemacht: ich ſage nicht ohngefehr dazumahl / denn vorhin hatte man nichts davon gehoͤret / ſo daß dieſes zu einer Urſach die - nen muſte uns mit Krieg zu uͤberziehen. Dem ohn - geachtet fingen die Berg-Leute an zu arbeiten / wiewol es nicht lange daurete / denn wenige Tage hernach wurden ſelbige unverſehens uͤberfallen / uͤbel gehalten / und alles ihnen abgenommen / uͤber dem noch einige Zeit als Krieges-Gefangen zuruͤck bleiben muſten / wel - che ſich nicht konten aus dem Staube machen. Alſofort kamen wir bey dem Koͤnig von Commani klagend ein / allein er war ſo liſtig / daß er allezeit ſagte / er haͤtte hiemit nichtes zu thun / ſondern ein gewiſſer Mohr Nahmens Jean Kabes, unweit, von unſer Veſtung wohnhafft / mit welchen wir zn unterſchiedlichen mah - len ſchoͤne Handlung getrieben.

Wolte uns alſo uͤberreden / daß obgedachter Mohr ſelbiges gethan haͤtte / um ſich an dem letzten Director wegen empfangenen Unrechts zu raͤchen / allein es war bekandter als der Tag / daß ſolches ein erdichtetesWerck41des Landes Gvinea. Werck war: denn dieſer Mohre / ſo von Natur ſehr verzagt / wuͤrde ſich ſo wichtige Sachen nicht unter - nommen haben / die von ſo gefaͤhrlicher Folge ſeyn ſol - ten / wenn er nicht ausdruͤcklichen Befehl vom Koͤnig gehabt haͤtte / weil er gerne mit uns brechen wolte / und keine beſſere Gelegenheit dazu finden konnte. Dan - nenhero gab ſich dieſer Koͤnig in eigener Perſohn auf den Weg nach Commani ohne weitere Unterſuchung der Sachen / in Meynung ſich an dem Jean Kabes den er vor den Urheber hielte zu raͤchen. Zu welchem En - de er einige Soldaten von Elmina mit nahm und ſen - dete ſelbige gleich bey ſeiner Ankunfft ins Dorff daſelbſt Jean Kabes wohnete / welcher nahe bey dem Dorff ih - nen entgegen kam / und eben begriffen war ein Schaaff an den Hrn. zum Geſchenck zu bringen / ſeine Un - ſchuld zu beweiſen / und den Vedacht den man auf ihm hatte / zu vernichtigen. So bald er aber gewahr wurde daß die Soldatẽ ſein Gut antaſteten / uñ ihn ohne etwas zu ſagen pluͤndern wolten / aͤndeꝛte er bald ſein Vorneh - mẽ / uñ ſo verzagt er auch war / ging er nicht fort / nach ſondern ſtellte ſich zur Gegenwehr. Die Soldaten mer - cketen bald / er wolte ihnen ſein Gut theuer verkauffen / gerithen dannenhero in einen kleinen Scharmuͤtzel dar - innen zu beyden Theilen einige verwundet wurden / welches die Urſach daß ſie beyde von ein ander kamen. Dieſes nun machte die Sachen ziemlich verwirret / der Koͤnig begunte uns heimlich zu haſſen / und Jean Ka - bes wurde unſer abgeſagter Feind / ließ dahero um ſich zu raͤchen die Engelaͤnder ins Land Commani kom - men / und raͤumete ihnen vorerſt eines von ſeinen Doͤrf - fern ein / eine Stunde von unſerer Veſtung / darinnen Saltz geſotten wurde / und meynte hiedurch ſo viel zuC 5wege42Beſchreibungwege zu bringen / daß ſie bey erſter Gelegenheit in dem verfallenen Haus oder Veſtung ſo ſie vor dieſen innen gehabt / aufs neue feſten Fuß ſetzen koͤnnten. Welches ihnen in kurtzer Zeit nach Hertzens Wunſch dermaſſen gelungen / daß ſie aufs neue eine Veſtung anlegeten / daraus ſie nicht anders als mit Krieges Macht zu brin - gen waͤren / und dennoch die Gefahr auszuſtehen waͤ - re / ob wir nicht am erſten weichen muͤſten; wei - len ihre Veſtung eben ſo groß wie unſere mit 4. Batte - rien verſehen / und noch daruͤber rund herum ein hohes Werck hatte / davon ſie mit Stuͤcken groſſen Scha - den zufuͤgen koͤnnten / angeſehen ihre Stuͤcke ſo ſchwer wie die Unſrigen / und noch deren viel mehr an der Zahl waren: Kurtz wir wuͤrden vollkommene Arbeit finden aus dieſer Verwirrung heraus zu kommen. Denn diejenige ſo nur die geringſte Wiſſenſchafft von dieſem Lande haben / wiſſen zur Gnuͤge was eine dergleichen gefaͤhrliche Nachbarſchafft in Handlung vor Scha - den bringen und allbereit gebracht hat / auch wie ſchwer es daher gehe allem Ungluͤck zuvor zukommen oder ab - zuhelffen. Allein der Herr welcher ein wenig zu hitzig in Ermangelung guter Rahtgeber / ſeinem eige - nen Kopf folgte / auch keine vernuͤnfftige Einwendung gelten laſſen wolte / ſuchte nichts anders als Krieg und Krieges-Geſchrey / ſich einbildend / es wuͤrde ihm ſo gluͤcken wie dem Herrn Sveerts, welcher das Land von Commani gaͤntzlich im Jahr 1687. unter ſich brachte / den Koͤnig mit den Vornehmſten des Landes aufhen - cken ließ / ſo man dazumahl vor ſehr vortheilhafftig un - ſer Seits hielte. Alſo meynte dieſer davon ich ſpreche / es eben ſo zu machen / allein das war ſein Verſehen / daß er keinen Unterſcheid machte / was eine Vernunfftmaͤſ -ſige43des Landes Gvinéa. ſige Auffuͤhrung / oder das Gluͤck bey einem oder an - dern auszurichten vermoͤge. Dem aber ohngeachtet mag ich frey ſagen / daß es ihm nicht mißlungen waͤre / wenn er nicht ſo hochmuͤhtig ſeinen Feind zu geringe gehalten / denn er haͤtte eine Armee von denen aus Juſ - ſer und von Cabeſterra vor 50000. Guͤlden ins Feld ſtellen koͤnnen / weilen dieſe Nation uns zweymahl an Macht uͤberlegen ſind. Haͤtte demnach leicht geſche - hen koͤnnen / daß er uns mit ſo anſehnlicher Macht gantz zu Boden geworffen. Allein ſeine groſſe Einbil - dung die er hatte nicht nur Commani, ſondern das gantze Land zu uͤberwaͤltigen / war allzu unbeſonnen / denn bey noch waͤhrendem Streit (ſo ſehr war er ent - ruͤſtet) mit denen von Commani, ließ er dem Lande Fantin und Saboe Drohungs-Weiſe melden / ſo bald er wuͤrde mit Commani fertig ſeyn / wolle er ſie beſuchen: dahero dieſe zwey Nationen / welche noch in friſchen Gedaͤchtniß hielten / was Ubels ſie uns an - gethan / indem wir wegen Unvermogenheit bishere un - ſere Rache verſchoben / ſaͤumeten nicht lange / ſondern machten Anſtalt zu einer tapffern Gegenwehr. Weil ſie auch wohl ſahen / daß zu Beſchuͤtzuug ihres Landes / die Erhaltung der Veſtung Commani vieles beytra - gen koͤnnten / nahmen ſie alſofort ihre Parthey an / und machten ſie dadurch viel ſtaͤrcker als wir mit unſern Huͤlffs-Trouppen waren: Selbiges war gleich im Anfang bey dem erſten Treffen zu ſehen / darinnen wir ſo ungluͤcklich fochten / daß alle unſere Huͤlffs-Voͤlcker und mit ihnen die groſſen Unkoſten verlohren gingen / die Schlacht war ſo blutig und ſo hefftig / daß ſie un - ter den Mohren ihres gleichen nicht findet / indem alle unſer Volck entweder nieder / oder zu Gefangene ge -macht44Beſchreibungmacht waren / und wir hiedurch in ſolchen jaͤm̃erlichen Zuſtand geriethen / daß wir nicht wuſten wo wir uns hinwenden ſolten / weil die meiſten benachtbarten Laͤn - der ſo einige Macht haben / unſere Feinde waren. Wir haͤtten auch nimmermehr den Krieg wieder von neuen anfangen koͤnnen / wenn uus unſere Feiude hiezu nicht Gelegenheit gegeben / denn indem ſie untereinander ſtreitig wurden / trenneten ſie ihre Armeen und kam der Tekki Ankan Koͤnigs Bruder / als itziger regie - render Herr von Commani mit denen von Akan auf unſere Seite / welche in kurtzer Zeit mit denen von A - dom fo maͤchtig wurden / daß ſie zum zweyten mahl mit denen von Commani anbunden. Das Treffen war zu beyden Seiten ſehr hitzig / und der Sieg lange Zeit ſehr zweiffelhafftig / bis er ſchiene auf unſere Seite zu fallen / und deswegen unſere Leute anfingen zu pluͤn - dern: Allein der Abe Tekki Koͤnig von Commani, ſo zu ſeiner Zeit an Tapfferkeit und Klugheit unter de - nen Mohren ſeines gleichen nicht hatte / war nicht mit bey dieſen Treffen zugegen / ſondern ließ ſeine friſche Leute geſamt auf uns anruͤcken / ſo bald er gehoͤret daß wir mit der Beute beſchaͤfftiget waren / welche er mit Fleiß zu unſerm Fallſtrick ausgeſetzet. Um ſo viel beſſer uns zu betriegen / kamen ſeine Leute mit verkehrtem Ge - wehr an / indem dem ſie das Schulterblat der Muſque - te vor ſich trugen; ſo daß wir ſelbige vor unſere Leute hielten / und von dem Beute machen nichtes hindern lieſſen. Kaum war der Koͤnig angekommen / ſo ließ er das Gewehr umkehren / und ein ſolch erſchreckliches Feuer auf uns geben / daß wir nicht an die Beute mehr gedachten / ſondern eintzig wuͤnſcheten das Leben zur Beute zu behalten / wodurch der Koͤnig von Commanizum45des Landes Gvinea. zum zweytenmahl einen vollkommenen Sieg befoch - ten / und kamen die Unſrigen ſo noch entwiſchten in groͤ - ſter Unordnung zuruͤck.

Demnach waren zwey Haupt-Schlachten verloh - ren / und meiſten Theils durch Verſehen des Herrn denn ſofern er ein wenig eingehalten mit denen von Fantin und Saboe, auch die Beybehaltung deren Freundſchafft mit Worten geſuchet haͤtte / ſo wie er nachgehends ſolches thun muſte / wiewol vergebens / glaube ich nicht / daß ſie ſich mit denen von Commani eingelaſſen haͤtten / da es gar leicht geweſen waͤre dieſe zu uͤberwaͤltigen / und denn endlich die von Fantin und Saboe mit eben der Macht zum Gehorſam zu bringen.

Jn ſolcher Bewandniß blieben die Sachen biß zur Zeit des Herrn denn wie es zu geſchehen pfleget / daß bey Veraͤnderung der Obrigkeit / die Sachen ein ander Ausſehen gewinnen / alſo ſahe man desgleichen. So bald er als ein ſehr Fried-liebender Herr merckte daß wir im letzten Kriege lauter Schaden genommen / ward er dahin ſchluͤßig / Vermoͤge derer gutem Ein - rahten ſo hieſigem Lande vorſtunden / daß obgedachter Krieg durch einen guten Frieden moͤchte beygeleget werden / worinn auch ſo gearbeitet und die Gemuͤther derer von Commani dergeſtalt eingenommen wurden / daß wir alſo bald eins wurden. Sie gelobeten nicht nur alle gethane Unkoſten zu erſetzen / ſondern bewillig - ten auch dergleichen vortheihaffte Vorſchlaͤge / als wir bey ſolcher Verwirrung haͤtten wuͤnſchen koͤnnen. Dieſes haͤtte gewiß zu groſſen Nutzen unſer Compa - gnie dienen koͤnnen / wenn der Friede laͤnger gedauret haͤtte / zumahlen ſie in weniger Zeit eben ſo gluͤckliche Handlung allhie haͤtte fuͤhren koͤnnen als wie vor die -ſen /46Beſchreibungſen / waͤre auch nicht gezwungen worden ein ſo groſſes Geld zu erlegen / als ſie zu dem Kriege anwenden muſte der auf dieſen kurtzen Frieden folgete. Weil aber die Herren Engellaͤnder nicht zufrieden waren daß wir dieſen Krieg ſo gluͤcklich zu Ende gebracht / beſorgeten ſie es moͤchte ſolches ihnen zu einigen Nachtheil gereichen / wurden dẽswegen angetrieben auf allerhand Art und Weiſe den Frieden zu vernichtigen dazu ſie folgende zwey zulaͤngliche Wege ausſannen: Erſtlich zwar ſchmeichelten ſie dem Koͤnig / vorſtellende / wie er zwey groſſe Siege uͤber uns erhalten / und folglich Satisfa - ction fordern / nicht aber geben muͤſte. Zweytens ſtel - leten ſie ihm ſeine groſſe Macht vor Augen / im Gegen - theil aber wie unvermoͤgend und in keinen Stande wir waͤren von neuen zu uͤber fallen / ſondern alſobald genoͤ - thiget wuͤrden nicht nur um Frieden bey ihm anzuhaltẽ / ſondern vor Geld abzukauffen / alsdenn er nach eigenen Belieben mit uns wuͤrde umgehen koͤnnen. Der Koͤ - nig war ohne dem durch dieſe Siege hochmuͤthig wor - den / und weil er im Lande Commani gebohren / auch uͤber dem groſſe Luſt zum Kriege hatte / brauchte es nicht viel Bittens Krieg anzufangen / in ſonderheit da ihm die Engellaͤnder verſprachen ſie wolten ihm mit allem was er zu unſern Verderb noͤthig haͤtte / willig an die Hand gehen. Darauf fing der Koͤnig auf vorige Art den Krieg an und beunruhigte uns mehr als jemahlen geſchehen. Demnach hielten wir eine geraume Zeit geduldig aus / und ſuchten mit guten Worten den Koͤ - nig auf andere Gedancken zu bringen / allein es war al - les vergebens / und wurde das Ubel von Tag zu Tage aͤrger / endlich konten wir es nicht laͤnger vertragen / im Fall wir nicht Ehre und Anſehen im gantzen Lande ver -liehren47des Landes Gvinea. liehren wolten. Alſo dachten wir auf andere Mittel / und wurden nach gehaltenem Raht einig / eine anſehn - liche Macht ins Feld zu ſtellen / ſofern es immer moͤglich waͤre / damit wir ohne Zeit-Verluſt die Commanier belohnen koͤnnten. Da wir nun hoͤreten daß die von Fantin als unſere Freunde / vieleicht geſinnet waͤren ſich mit uns zu verbinden / indem ſelbige mit ihrer Macht anch zweyen Koͤnigen von Commani gewach - ſen waren / fingen wir an mit ihnen wegen der Allian - ce zu handeln und brachten es in kurtzer Zeit dahin / daß ſie ſich mit einem Eyde verbindlich machten / den Krieg wider die Commanier gegen Empfang von 9000. oder etwas mehr Guͤlden / nicht nur anzufangen / ſon - dern auch nicht eher aufzuhoͤren / als bis ſie gaͤntzlich unter die Fuͤſſe gebracht waͤren. Damahls dachten wir auſſer aller Gefahr zu ſeyn / mit Schmertzen war - tende bis die Fantiner ihre Trouppen ins Feld ſtelle - ten. Die Engliſche aber nahmen ſich der andern Par - they an / entweder bey dem Koͤnig von Commani ihrem Verſprechen nachzukommen / oder uns alle Hinder - niß in den Weg zu legen; dem ſey nun wie ihm wolle / genung tſts daß einer von ihren Directores von Ca - bocors nach Fantin abreiſete / um ſelbigen anzuliegen / ſie moͤchten die Wafſen nicht ergreiffen / und gab ih - nen deswegen etwas mehr Geld als ſie von uns bekom - men hatten; und weil der eintzige Braffo darwider ſtrit - te / muſte er von ihrer Hand umgebracht und deſſen Stelle mit einem von ihren Creaturen bekleidet wer - den. Weil nun die Mohren / wie denen zur Gnuͤge bekandt iſt / ſo eine Zeitlang mit ihnen umgegangen / gar leichtlich ihren Eyd brechen / iſts gar leicht zu be - greiffen / es wuͤrdẽ auch dieſe Fantin er viel lieber Friedehal -48Beſchreibunghalten und ein gut Stuͤck Geld darzu nehmen / als Krieg fuͤhren mit einer geringeren Summa. Alſo kon - te unſere Sache nicht anders als ungluͤcklich ablauf - fen / und waren alſo unſers Geldes verluſtig gemacht. Bey ſolcher Bewandnuͤß wurden die Commanier noch viel hochmuͤthiger / und thaten uns mehr Ver - druß an als vorhin / ſo daß wir auf andre Mittel gerie - then mit denen von Adom ein Verbuͤndniß zu machen / ſo ſie zum wenigſten vor 6000. Guͤlden annehmen wolten / welches die Fantiner nicht gethan hatten; al - lein auch dieſes wolte uns nicht gelingen / denn weil ſie ſich in Vertheilung des Geldes nicht vertragen konten / fandt ſich keiner unter ihnen / welcher die Acaniſten oder die Cabeſteraſſen die ſich doch verbunden hatten mit denen von Adom zuſammen zu ſtoſſen / haͤtte auff - wiegeln wollen. Das letzte Mittel ſo noch uͤbrig / war die Dinkiraſchen zu uͤberreden / ſie ſolten gegen Erle - gung 8000. Guͤlden ihre Waffen bey die unſrigen fuͤ - gen; nichts deſtoweniger waren wir eben ſo ungluͤcklich wie zuvor / denn weil dieſe Leute in einem andern Krieg begriffen / konten ſie ſich keines fremden annehmen / ſondern muſten auf ihre Erhaltung ſelbſt gedencken / gleichwol waren ſie vor den andern ſo redlich / daß ſie alle unſer Geld zuruͤckſchickten / ausgenommen etwas Weniges / ſo auſſer Zweiffel zwiſchen derer Uberbrin - ger Haͤnde mag geblieben ſeyn. Gleicher Geſtalt brach - ten die von Adom auch unſer Geld zuruck / ausgenom - men die Fantiner / ſo nichts heraus geben wolten. Ohn - geachtet nun alles unſern Fleiſſes welchen wir aus die - ſem Labirynth zu kommen angewand hatten / ſtund es mit unſer Sache in groſſer Verwirrung / indem wir von allen Seiten hintergangen waren; dahero ka -men49des Landes Gvinea. men wir auf die Gedancken unſer Verbuͤndniß mit denen von Commani auf eine ehrliche Bedingung zu erneuern / wuſten aber nicht wie wir dazu gelangen koͤnnten / beſorgende es wuͤrde auf der Engellaͤnder Prophezeyhung hinaus lauffen / daß wir den Frieden mit flehentlichen Bitten erhalten muͤſten / ſo auch ohn - fehlbar oͤffentlich haͤtte geſchehen muͤſſen / wenn in die - ſer Verwirrung ein anders kraͤfftigers Mittel ſich nicht eraͤugnet haͤtte. Des Koͤnigs Bruder davon o - ben Meldung geſchehen / und durch den Herrn mit Frau und Kind nach Surinam in die Sclaverey ware verwieſen / weil er wie die Rede ging in der Regie - rung etwas verſehen / nun aber durch die Compa - gnie Directores in Freyheit geſtellet / und in ſein Land geſetzet worden / kam ſo bald nicht an / daß wir uns nicht gleich an ihm gemacht haͤtten / um zu erforſchen wie ſein Bruder geſinnet / ob er mehr zum Kriege oder Frieden geneigt waͤre. Wir hoͤrten bald von ihm mit groͤſtem Vergnuͤgen / daß der Koͤnig des Krieges muͤde / ſehr nach dem Frieden ſich ſehnete / weshalben wir bald den Friedens-Handel auf gewiſſe Bedingungen eingin - gen / mit dieſen Worten / daß keiner vom andern et - was zu fordern haͤtte / als einen auffrichtigen und be - ſtaͤndigen Frieden / in Meynung daß auf ſolche Art der Friede ſo viel beſtaͤndiger ſeyn ſolte; es wuͤrde auch hier - an nicht gefehlet haben / indem wir allbereit begunten zu empfinden / was ein groſſer Unterſcheid ſey zwiſchen Krieg und Frieden / und wie weit dieſer jenem vorgehe. Als wir nunmehro eine ſolche Ruhe erhalten / und mit beſſerm Nachdruck den Frieden ins kuͤnfftige zu behal - ten uns bemuͤheten / begab ſich wider alles Vermuh - ten unter denen Engellaͤndern ein ungewoͤhnlicherDZufall;50BeſchreibungZufall; denn dieſe Herren beſorgeten / es haͤtte ſie der Koͤnig darum verlaſſen / damit er ſo viel genauere Freundſchafft mit uns als ſeinen alten Bunds-Genoſ - ſen / halten koͤnte / oder es mag vielleicht aus anderer Urſach geſchehen ſeyn / ſie lieſſen den Koͤnig innerhalb ihrer Veſtung Cabocors ums Leben bringen / an ei - nem Tage welchen er zu ſeiner Ergetzung auserſehen: (eine ſchaͤndliche That / keinem Europæer anſtaͤndig) und belohnten alſo mit ſolcher Undanckbarkeit die treue Dienſte / ſo er ihnen einige Jahr her erwieſen.

Dieſes greßliche Fuͤrnehmen war die Urſach daß im gantzen Lande eine groſſe Veraͤnderung entſtande; die von Commani welche bishero die vertrauteſten Bunds-Genoſſen mit denen Engellaͤndern geweſen / wurden die aͤrgſten Feinde / allerhand Mittel ausſin - nende / wie ſie den Todt ihres Koͤnigs raͤchen moͤchten. Jm Gegentheil wurde Tekkiankan ihr guter Freund / und weil er an dem Mord ſeines Brudern mit Schuld hatte / verließ er uns und ging zu den Engellaͤndern / um die Commanier zu bekriegen / bate zugleich / wir moͤch - ten uns auch in dieſes Buͤndniß einlaſſen; allein wir hatten mit Schaden gelernet / wie ſchaͤdlich der Krieg in unſerer Handlung ſey / und hielten nicht vor raht - ſam ihnen zu Gefallen Krieg anzufangen / ſchlugen deswegen obiges Anſinnen gaͤntzlich aus. Nichts deſtoweniger lieſſen ſie von ihrem Fuͤrnehmen nicht ab / ſondern beſtachen mit Geld die von Saboe acani und von Cabes terra, um ſie auf ihre Seite zu ziehen. Dar - auf ſtellte ſich Tekki ankan mit dieſen Huͤlffs-Voͤl - ckern ins Feld / wiewol mit ſo ſchlechten Gluͤck / daß ihn die Commanier bis aufs Haupt ſchlugen / und in die Flucht trieben / ohngeachtet er zum wenigſten viermahlſtaͤr -51des Landes Gvinea. ſtaͤrcker war / ſie bekamen auch einen Mohren zu ih - rem General Nahmens Amotekki welcher die Hertzhafftigkeit des letzt ermordeten Koͤnigs aufs neue ſehen lieſſe / und ſelbigem in keinem Stuͤcke nach - gab / dergeſtalt / daß die Commanier meiſtentheils ihm allein den Sieg zu dancken hatten.

Nun hatten wir Zeithero noch keines Parthey an - genommen / ſondern waren bis dato frey und unge - bunden / gleichwol hatte der Amotekki ſo viel Hoͤff - ligkeit fuͤr uns daß er den erhaltenen Sieg an uns be - richten ließ / dabey aber nebſt Uberſendung einiger Hirnſchedeln ſo im Treffen blieben waren / melden / er wolle in Hollaͤndiſchen Dienſten leben und ſterben; wir erkenneten dieſe groſſe Hoͤffligkeit mit gebuͤhrendem Danck und fertigten ſeine Geſandten mit Beſchen - ckungen wiederum ab. Ob wir hieran boͤſe oder wohl gethan haben will ich hie nicht unterſuchen / genung iſt es daß wir die ſchoͤnſte Gelegenheit von der Welt hat - ten / denen Engellaͤndern mit gleicher Muͤntze zu zahlen / wie ſie es uns gethan hatten / dafern wir den Tekki - ankan welcher ſchon von uns gegangen / haͤtten verlaſ - ſen und zu denen von Com̃ani ſtoſſen wollen. Allein es war eine groſſe Hinderniß darzwiſchen / ſelbiges aus - zufuͤhren ich meyne den aͤrgſten Schelm / ſo jemahls in dieſem Lande geweſen / und eben dazumahl der Com - pagnie als Factor diente. Auff dieſen rechten Lotter - buben hatte der Herr alle ſein Vertrauen feſtgeſetzet / ſo gar daß die Ubrigen alle in Verdacht bey ihm gerieh - ten / und machte dieſer Factor die Commanier ſo ver - acht / entweder aus Haß oder anderm Vortheil / daß ſie der Herr anfinge zu haſſen / und ſich gegen dieſelbe ſo auffuͤhrte / da ßſie gar leicht mercken konten wo es hin -D 2aus52Beſchreibungaus wolte / blieben auch nicht lang ſtillſitzen / ſondern machten uns allerhand Verdrießlichkeit: welches des Akim ſein einiges Abſehen war / damit er Urſach be - kommen moͤchte Krieg wider die Commanier anzu - fangen. Endlich hat er den Herrn ſo eingenommen / daß ohne fernere Uberlegung ſie ein grauſames Fuͤr - nehmen ausfuͤhrten / angeſehen die von Fetu ſo es mit den Commaniern hielten / von ihnen angegriffen. Es waren dieſe Leute in Gewonheit an gewiſſen Tagen all - hie zu kommen / um ihre Waaren zu verkauffen / und vermutheten ſich nichts Boͤſes / allein man machte eini - ge nieder / nahm 24. gefangen / und raubte ihnen alles was dieſe gute Leute uͤbrig hatten. Jhr koͤnnet ſelbſt gedencken mein Herr / ob durch ſolch grauſam Fuͤrneh - men aller Voͤlcker Geſetz nicht zuwider geſchehen? Was mich angehet / glaube ich ſolches ohnfehlbar / und daß der Herr dieſes ſein Beginnen niemahls wird gut machen koͤnnen / weil er bloß fuͤr ſeinen Kopff ohne Zu - ziehung oder Bewilligung des Rahts zu Werck ge - gangen. Jnzwiſchen wuſte er nicht wie er es dazu bringen moͤchte / daß die Herren des Rahts dieſes Fuͤr - nehmen billigen moͤchten / beſchuldigte alſo die von Fe - tu ſie haͤtten vor etlichen Tagen einige Weibes-Leute von Elmina unter Wegens ermordet / und deswegen habe er ſie billig ſtraffen muͤſſen. Allein es ſtandt nicht zu beweiſen / indem man durch folgende Gruͤnde zur Gnuͤge ſehen konte daß ſolch Fuͤrbringen auch nicht den Schein einer Warheit hatte. Denn fuͤrs erſte blieben die von Fetu darauf ſtehen / daß ſie dergleichen nicht gethan / ſondern jederzeit geſuchet unſere Freund - ſchafft beſtaͤndig zu erhalten; und ware auch nicht an - ders glaublich als daß diejenige ſo uns hoͤchſt noͤthighatten53des Landes Gvinea. hatten / ſich nicht unterſtehen wuͤrden auf dergleichen Art uns zu nahe zu treten / ja wie koͤnnte man ſich ein - bilden / daß dieſe Leute ſo gantz ungeſcheuet auf unſeren Marckt kommen waͤren / wenn ſie an dieſer greulichen Boßheit Schuld gehabt haͤtten. Dahero fanden ſich Unterſchiedliche / ſo oͤffentlich herausſagten / daß dieſer Weiber-Mord auf Anſtifften des Akim und Tekki - ankan geſchehen ſey / damit man die Com̃anier beſchul - digen koͤnnte / und dadurch Gelegenheit finden ſie zu - berfallen und die Handlung mit uns zu ſperren. GOtt weiß wie es um die Sachen beſchaffen / es iſt nunmeh - ro geſchehen und kein Huͤlff mehr uͤbrig. Zwar hiel - ten die Herren des Rahts die That fuͤr hoͤchſt unbillig / dennoch lieſſen ſie ſichs nicht mercken / aus Urſach daß ſie alle Schuld den von Akim haͤtten zulegen muͤſſen / von dem ſie genung verſichert waren / daß er eine ſol - che Rache fuͤrzunehmen nicht gar zu gewiſſenhafft ſey wenn es auch ihr Leben ſelbſt anginge / derohalben ſie fuͤr rahtſamer hielten zu ſchweigen / weil die Sache geſchehen / und nunmehro nicht zu aͤndern ſtuͤnde. Wir wollen aber ohne weitern Auffenthalt zur Sache ſel - ber ſchreiten. Es hatte dieſelbe 2. boͤſe Folgen / erſtlich ware die Handlung auf einmahl gehoben zu Elmina, und zweytens ſagten wir die Freundſchafft auf mit de - nen von Commani und Fetu, wodurch die Engellaͤn - der mit ihrem Anhang ſo angereitzet wurden / daß an Statt Frieden zu machen / wie es die Saboer als die Maͤchtigſten vorgeſtellet hatten / ſich aufs neue verſtaͤr - cketen / und nachdem ſie eine anſehnliche Armee ins Feld geſtellet / das zweyte Treffen lieferten gegen die Commanier und Fetuenſer. Die erſten hielten ſich ſo tapffer mit ihrer geringen Macht / daß der SiegD 3ohn -54Beſchreibungohnfehlbar auf ihre Seite gefallen waͤre / dafern ihr General nicht eine Wunde erhalten haͤtte / Vermoͤge welcher er genoͤthiget wurde ſich aus dem Treffen wegtragen zu laſſen. Allein dieſes hatte ſie dergeſtalt beſtuͤrtzt gemacht / daß nachdem ſie tapffer geſochten / auch eine ziemliche Anzahl ihrer Feinde in die Flucht getrieben / bey Verluſt ihres Ober-Haupts gezwun - gen wurden den Kuͤrtzern zu ziehen / und einen vollkom - menen Sieg dem Tekkiakan und deſſen Bunds - Genoſſen zu uͤberlaſſen. Jhre Generals und Ober - Officiers waren gefangen oder niedergemacht wor - den. Hiedurch erhielte der Tekkiakan das Koͤnig - reich Commani, und wir empfingen aufs hoͤchſte gleich denen Engellaͤndern die Helffte von dieſem Gluͤck / an Statt daß wir auf eine andere Art viel mehr Theil daran haͤtten haben koͤnnen. Allein wir muͤſſen etwas Ungewiſſes nicht behaupten / ſondern gedencken daß irren menſchlich ſey / und daß diejenige ſo die Sa - che gefuͤhret haben / ebenfals wie andere der menſchli - chen Schwachheit unterworffen geweſen. Jch glau - be anitzo von dem Krieg in Commani als deſſen An - fang und Ende ausfuͤhrlich genung geſprochen zu ha - ben / zweiffle auch nicht / ihr werdet ins kuͤnfftige gruͤndlicher davon urtheilen koͤnnen / und ohnangeſe - hen ich an Statt der Nahmen derer Herren Dire - ctors kleine Puncte geſetzet / werdet ihr dennoch leicht mercken koͤnnen / wer dadurch verſtanden werde / ich habe mich hierinnen ſolcher Beſcheidenheit bedienet / als immer moͤglich geweſen / ohne der Warheit einigen Abbruch zu thun. Glaubet nicht daß an alle dem Ungluͤck des Herrn ſeine boͤſe Neigung Schuld geweſen / ſon - dern einig und allein deſſen groſſes Verſehen / indem erſich

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55des Landes Gvinea. ſich durch den Akim verleiten laſſen / und hiedurch ver - urſachet / daß Zeit ſeiner Regierung mehr gefaͤhrlichere Zufaͤlle entſtanden / als unter einen von allen ſeinen Vorfahren. Wiſſet ihr aber die Urſach / warum der Herr auf dieſen Boͤſewicht ſo viel gehalten? gewißlich keine andere als dieſe; weil er ihm als deſſen Bedie - nung geringer war als die Seinige / ſehr treulich ge - dienet (welches unter den Mohren etwas ſeltſames) und ſich groſſe Liebe zuwege gebracht / daß der Herr auch kein boſes Wort von ihm moͤchte ſprechen hoͤren. Allein der Akim mißbrauchte dieſe Guͤte / machte das Regiment von den Herrn bey allen verhaßt / und fuͤr ſich ſammlete er groſſen Reichthum. So gehet es / wenn man einen allzuviel trauet / und gegen die Gut - Geſinnete lauter Verdacht heget / daß man gar leicht betrogen werde.

Jch erwarte nun euer Gutduͤncken uͤber alle dem / waß ich erzehlet habe / und wende mich auf die Graͤn - tzen des Landes Commani drey kleine Stunden un - terhalb unſer Veſtung / allwo nechſt dem Dorff Mina das beruͤhmte Schloß S. George zu ſehen / welches die Portugieſen insgemein das S. Georgen-Dorff von Elmina nennen. Was die Urſach ſey daß die Portu - gieſen / welche dieſes Schloß erbauet / dieſer Gegend den Nahmen Elmina gegeben / kan ich nicht wiſſen; indem auf etliche Stunden ins Runde keine Gold - Gruben zufinden ſind. Dafern man aber muthmaſ - ſen ſoll / glaube ich dieſen Nahmen daher entſtanden zu ſeyn / weil zu Zeiten der Portugieſen vieles Gold da - hin und wieder zuruͤck gebracht worden / als waͤre es die rechte Gold-Grube / daraus man Gold hohlen koͤnnte / und dahero glaub ich den Nahmen bis hier beybehaltenD 4zu56Beſchreibungzu ſeyn. Noch weniger kan man die Zeit wiſſen / wenn dieſes Schloß erbauet worden / dieſes aber iſt unſtrei - tig daß wir ihnen im Jahr 1638. ſolches abgenommen. Es iſt daſſelbe nicht ohn Urſach ſo beruͤhmt in der gan - tzen Welt / denn vors erſte hat es nicht ſeines Gleichen im gantzen Lande / ſowol in der Veſtigkeit / als auch in Schoͤnheit des Gebaͤudes; Es lieget in die Laͤnge / iſt mit ſehr hohen Mauren umgeben / hat innerhalb vier ſchoͤne Bollwercke und eines auſſerhalb in den Auſſen - Wercken / auf der Land-Seiten ſind zwey tieffe Gra - ben in den Felſen / worauf die Veſtung gebauet iſt / in dieſen Graben iſt nur Regenwaſſer zum Gebrauch unſerer Soldaten und unſerer Schiffe / uͤber dem ha - ben wir 3. ſchoͤne Waſſer-Faͤnge / darinn etliche hun - dert Faͤßlein Waſſer eingehen / daß wir alſo keinen Mangel daran ſpuͤren. Nechſt dem finden ſich unter - ſchiedlich gegoſſene Geſchuͤtz von ziemlicher Groͤſſe / ohne was noch an eiſernen Canons auf den unterſten Bollwerck ſtehet / deren man ſich bedienet bey an oder abgehenden / oder auch vorbey fahrenden Schiffen Feuer zu geben. Es koͤnnte eine Beſatzung von mehr als 200. Menſchen darinnen liegen. Des Generals, des vornehmſten Kauffmanns und Fiſcals ihre Haͤu - ſer / uͤbertreffen alles Ubrige / nach dieſen folgen der an - derer Officierer ihre Wohnungen / welche in ſo guten Stande / daß keiner von ihnen billige Urſach hat zu kla - gen. Der Platz welchen ich in Abriß ſende / faͤnget bey dieſem Schloß an / ihr werdet die zwey Seiten unter Numero 1. und 2. davon in Augenſchein nehmen; wobey dieſes zu erinnern / daß der Kuͤnſtler dieſes Wercks / weil er noch nicht gar zu wohl geuͤbet / einige kleine Fehler begangen / welche doch nicht von jedembemer -57des Landes Gvinea. bemercket werden koͤnnen / es ſey dann daß er dieſer Wiſſenſchafft kuͤndig.

Unter oder vor dieſem Schloß liegt das Dorff Mi - na, ſo von Landes Eingebohrnen Oldena genennet wird / ſelbiges iſt ſehr lang / auch ziemlich breit / die Haͤuſer von guten harten gebackenen Stein-Werck aufgebauet / ſo in hieſiger Gegend wenig zu finden / in - dem die Haͤuſer in andern Doͤrffern nur von Thon und Holtz durch einander aufgerichtet ſind. Vor 15. oder 16. Jahren / war auch dieſes Dorff ſehr volckreich / und in Warheit 8. mahl ſtaͤrcker als bey itziger Zeit / wannenhero es denen Mohren im gantzen Land eine Furcht einjagte / und ein General geſchickt genug war durch ihre Huͤlffe groſſe Sachen auszurichten; aber vor 15. Jahren haben die Kindes-Blattern unter de - nen Einwohnern ſehr ſtarck regieret / auch eine groſſe Anzahl derſelben hingeriſſen; zudem geſchahe es / daß ſie durch den Krieg mit Commani allmaͤhlig in groſſes Unvermoͤgen und Armuht verfielen / daß alſo ihre Anzahl theils hiedurch / theils durch die unge - ſchickte Regierungs-Art ihrer Obrigkeit ſehr abge - nom̃en. Ja es iſt nicht wohl glaublich wie dieſes groſſe Dorff in kurtzer Zeit ſo gantz entkraͤfftet iſt / indem es keine 50. gewaffnete Kerle auf die Beine bringen kan / uͤber diejenigen ſo in Europaͤiſchen Dienſten ſtehen. Jm Lande von Elmina finden ſich uͤberall noch einige Moh - ren ſo hieher gefluͤchtet ſind / weil die Commanier gute Freundſchafft mit ihnen hielten / oder aber meiſten Theils weil ſie die Anfoderung oder Contribution ih - rer Generals, oder des Mohren Akim ſcheueten; denn dieſer war zu nichts anders gebohren / als aller - hand Verwirrung mit jedermans Verderben zu ſtiff -D 5ten.58Beſchreibungten. Als ich damahls zu erſt ins Land kam / zaͤhlete ich vielmahls 5. bis 600. kleine Schiffe / ſo auf den Fiſch - Fang auslieffen / itzund aber ſiehet man ihrer kaum 100. und noch in ſolch elenden Zuſtand / daß man in Gegenhaltung ihres vorigen Gluͤckes groſſes Mitt - leiden haben muß. Waͤre demnach zu wuͤnſchen / ja hoch noͤthig / daß ſie bald einen General bekommen moͤchten / welcher etwas gelinder mit ihnen umginge / und ihnen ein wenig nach dem Munde redete / ſo wuͤr - den alle diejenigen ohnfehlbar gerne wieder in ihr Land zuruͤck kehren / welche in andere Oͤrter gefluͤchtet ſind / dafern dieſer General von dem Verſtande waͤre / daß er den Mohren Akim etwas zaͤhmen / oder an einen andern Ort verſchicken koͤnnte. Allein wie geſagt / man muß ſehr fuͤrſichtig mit ihm umgehen / und inſon - derheit ſich huͤten / damit er niemahls auſſerhalb Landes ſich begeben moͤge / denn weil er mitten im Lande viel gute Freunde durch unſer Geld auf ſeiner Seite / ſte - het zu beſorgen / er moͤchte gar leicht einen Auffruhr anſpinnen; dannenhero wuͤrde man bald eine er - wuͤnſchte Veraͤnderung ſehen / wenn man Obigem in allen Stuͤcken nachleben ſolte / welches ich Theils der Compagnie zu ihrem Beſten / Theils auch denen armſeeligen Einwohnern zu ihrem Auffnehmen von Hertzen wuͤnſche. Jn Hoffnung eines ſo guten Gluͤcks / verharre ich ꝛc.

Viertes Send-Schreiben.

Jn ſich haltend eine Beſchreibung des Landes Fetu, und unſerer Veſtung / vonder59des Landes Gvinea. der Haupt-Stadt derer Engellaͤnder / und noch einer andern daſelbſt befindlichen Ve - ſtung / imgleichen vom Land Saboe und un - ſerer Veſtung Naſſau, wie das Land Fan - tin und die uͤbrige Oerter ſo die Engliſche und wir in Beſitz haben / beſchaffen ſind / und endlich wie die von Fantin zwar ein ſehr maͤchtiges / dabey aber ſehr unruhi - ges und unbeſtaͤndiges Volck ſey / wel - ches denen Engellaͤndern und den Unſrigen ſehr viel zu thun giebet.

Mein Herr!

OHngeachtet mein letzterer Brief / welchen ich mir an euch zu ſchreiben die Ehre genommen / ziemlich lang geweſen / hoffe ich dennoch nicht daß er werde eini - gen Veꝛdruß erwecket haben. Seit der Zeit daß ich ſelbi - gen abgefertiget / habe ich den 8. dieſes Monats von euch denjenigen empfangẽ / welchen ihr mir die Ehre gegeben zuzuſchreiben / und mit einem See-Laͤndiſchen Schiff / ſo unſer Compagnie nicht zu gehoͤret / zu zuſenden. Jch er ſehe daraus daß ihr ſehr curieux ſeyd / nicht nur weil ihr mir ohnaufhoͤrlich anlieget euch eine Beſchrei - bung von dieſem Lande zu ſchicken / ſondern auch nach vielen Umwegen die ihr zum Schein brauchet / als wenn ihr mir euer Neues ſchreiben muͤſſet / bittet / ich moͤchte mit eben dieſem Schiff wieder antworten. Al - lein mein Herr wiſſet ihr wol daß mir nicht erlaubet ſey von ſolchen Schiffen Briefen anzunehmen und noch weniger damit einige zuruͤck zu ſchicken? wiewolich60Beſchreibungich glaube daß ihr dencken werdet es habe nichts zu ſa - gen mit was fuͤr Schiffen ihr Briefe abfertiget oder empfanget / wenn ſelbige nur richtig eingehaͤndiger wer - den. Und wenn ich die Warheit ſagen ſoll / iſts mir ebenfalls gleichviel; denn weil unſerer Compagnie hiedurch nicht zu kurtz geſchiehet / ſehe ich nicht was dar - unter Boͤſes verborgen ſeyn koͤnne / dannenhero ver - ſichere ich euch / hinfuͤhro eben dergleichen Gelegenhei - ten wahrzunehmen; denn es trifft ſich allhie alle Tage eben wie in Europa, und werden deshalben beyder - ſeits das gantze Jahr uͤber unſere Briefe wechſeln / und einer des andern ſeine neue Zeitung gar fuͤglich wiſſen koͤnnen / wenn ihr euch gleicher Gelegenheit bedienet.

Jhr werdet allbereit in denen drey an euch abgelaſ - ſenen Briefen gemercket haben / daß ich mich keine zweymahl bitten laſſe / dannenhero will ich zu Folge der Antwort ſo ihr mir darauf ertheilet / die Beſchreibung hieſigen Landes an dem Ort wieder anfangen / wo ich ſelbige gelaſſen / nemlich auf dem Schloß S. Georgius von Elmina.

Unterhalb und nahe bey unſerm Schloß findet ſich ein kleiner Fluß / welcher laͤngſt dem Dorff Mina ins Land ſich ergieſſet / und ohngefehr eine halbe Meile lang iſt. Der Herr Foqvenbrog ſaget / daß ſein Waſ - ſer 10. mahl mehr geſaltzen iſt als die ſcharffſte Saltz - Bruͤhe oder Peckel; wiewol ich ſelbiges im Monat Majo oder Junio ſo ſuͤß und friſch befunden als das Regenwaſſer: Die Urſach hievon iſt dieſe / weil es da - ſelbſt ſehr ſtarck regnet / und ohne Aufhoͤren dieſe gan - tze zwey Monat durchwaͤhret / dergeſtalt / daß man bey dem Einlauff dieſes Fluſſes in das Meer / gar fuͤg - lich eine Waſſermuͤhle anlegen koͤnnte / indem dievon

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61des Landes Gvinea. von den benachbahrten Gebuͤrgen herein fallende Waſſer machen daß er mit groſſer Gewaltſamkeit und Geſchwindigkeit ſich ins Meer ergieſſet / und alſo genugſahme Gewalt die Muͤhle gehend zu machen ver - handen. Eben alſo hat auch der Herr Foqvenbrog ſagen wollen / daß bemeldter Fluß ſehr geſaltzen und trucken iſt / wenn es nicht regnet. Wie nun das Land um dieſen Fluß der nicht gar tieff iſt / ſehr voller Sal - peter ſtecket / ſo iſts nicht ſchwer zu begreiffen / daß das See-Waſſer in den Fluß lauffend / durch die groſſe Sonnen Hitze / viel eher in Saltz verwandelt werde / als im Meer ſelbſten; welches die Einwohner zum oͤff - tern verſuchen / und aus dem geſammleten Waſſer mit groſſem Gewinn ſchoͤnes Saltz zu machen wiſſen. Es entſcheidet dieſer Fluß das Land Commani von dem Lande Fetu, im Letzteren haben wir eine Veſtung Conradsburg genannt / auf einen hohen Berg wel - cher S. Jago heiſſet / gelegen. Selbige iſt viereckicht / und hat wie faſt alle Unſerige / 4. gute Bollwercke / ohne die 4. Kleinen / welche auf dem hierum befindlichen Walle liegen / iſt auch mit grauſamen groben Geſchuͤtz und allen Nothwendigkeiten verſehen / ſo daß man in nicht Ermangelung von guter ſtarcker Beſatzung / groſſen Schaden thun koͤnnte. Jhr koͤnnet hievon den Abriß ſehen / unter numero 3. woſelbſt ihr in der Mitten einen kleinen Thurm von ziemlicher Hoͤhe fin - den werdet / welcher eine groſſe Zierde und Annehmlig - keit in derſelben verurſachet; denn wenn man auf das oben befindliche Zimmer hinauf ſteiget / hat man eine vortreffliche Ausſicht uͤber das gantze Land und die See / ja auf dieſem kan man 7. bis 8. Meilen weit die herunter kommende Schiffe ſehen / ſo gewiß inZeit62BeſchreibungZeit und Gelegenheit fuͤr uns ſehr vortheilhafft ſeyn koͤnnte.

Der Berg S. Jago hat uns inſonderheit genuͤtzet daß wir vom Schloß S. Georgii Meiſter wurden / ehe noch die Veſtung angeleget war / denn dieſer Berg be - ſtreichet das gantze Schloß / weil derſelbige viel hoͤher lieget / alſo iſt uns an Erhaltung dieſes Berges und darob liegenden Veſtung / gar viel gelegen; denn in Ermanglung deſſen / wuͤrden wir das Elmina nicht lange halten koͤnnen / und alſo iſt deſſen Beſchuͤ - tzung uns ſo noͤthig als des Schloſſes ſelbſten / dahero wir jederzeit einen Faͤhndrich mit einer ziemlichen Be - ſatzung drinnen halten. Wenn wir alſo von dem Berg S. Jago im Lande von Fetu geſprochen / wollen wir hinzufuͤgen / daß itztgeſagtes Land ohngeſehr vier kleine Meilen lang und breit iſt / ſeinen Anfang neh - mend bey bemeldtem Berg S. Jago, oder dem kleinen Saltz-Fluß / und ſich endigendt ein wenig unterhalb dem Berg Danois jenſeit Cabocors. Vor dieſem ware es ſo bewohnet volckreich und maͤchtig / daß es gleichſam ein Schrecken allen benachbahrten Voͤl - ckern einjagte / inſonderheit aber denen Commaniern / welche von dieſen einiger maſſen abhaͤngig waren: al - lein die ſchwere / lang anhaltende Kriege / haben eine groſſe Veraͤnderung allhie zuwege gebracht / ſo / daß ſo maͤchtig ſie vor dieſem / anitzo ſehr ſchwach und unver - moͤgend ſeyn / ja die Commanier als ihre Oberherren erkennen muͤſſen / denn weder der Koͤnig von Fetu, noch die Vornehmſten des Landes ſich unterſtehen doͤrffen etwas Wichtiges ohne dieſer ihre Bewilli - gung fuͤrzunehmen. Davon die groͤſte Urſach dieſe iſt / daß durch den Krieg von Commanien, die vonFetu63des Landes Gvinea. Fetu ſich in zwey Theile getrennet / die eine Helffte zu uns / die andere zu den Commaniern ſich ſchlagend; wodurch ſie / da es bald dieſen bald jenen den Hals ge - koſtet / doppelt abgenommen haben: inſonderheit aber hat die letztere Schlacht ſehr viel / und faſt die Helffte aus dem Weg geraͤumet. Jſt demnach nicht zu ver - wundern / daß die guten Leute ſo ſehr geſchwaͤchet / und auſſer allem Standt gebracht worden ihr ſchoͤnes Land zu bebauen. Denn es gewiß ein recht fruchtbahres und annehmliches Land iſt / ſo daß es mit dem von Ante gar wohl koͤnne verglichen werden; ich bin ſelbiges vor dem letzten Kriege zu unterſchiedlichen mahlen durch und durch gereiſet / da ich viele ſchoͤne gebauete und be - wohnte Doͤrffer gefunden / imgleichen groſſen Vor - raht an Fruͤchten / Viehe / Oͤhle und Palmen-Wein / welches das Geſicht uͤber alle maſſen vergnuͤget. Vor allem aber ſind uͤberaus angenehm die bedeckte Spatzi - er-Gaͤnge zwiſchen Elmina und Simbe, einem Dorff / ſo anderthalb Meilen tieffer im Lande Fetu anzutref - fen / einige von denen ſind bey eine halbe Meile lang / und dabey ſo dichte / daß weder Regen noch Sonne durchkommen kan. Nicht weniger ergetzlich ſind die ſchoͤne hohe Baͤume auf denen Bergen / und das fri - ſche Waſſer in dem durchlauffenden Fluß / welcher deswegen von unſern Compagnie-Bedienten zur Luſt gar fleißig beſuchet wird. Kurtz es muſte dieſes Land ſo nahe ſeyn / als es an unſer Haupt-Stadt lieget. Der Einwohner groͤſte Arbeit beſtehet darinnen daß ſie durchgehends ohne Unterſcheid zum Ackerbau ſich bequemen / Korn und andere Fruͤchte ſaͤen / Oͤhle und Palmen-Wein machen / welches ſie unter ſich gar wohl eingetheilet haben. Drey Meilen davon / wennman64Beſchreibungman zu Fuß gehet / denn zu Waſſer iſts nicht mehr als zwey Groſſe / nechſt dem Dorff Degou oder Cabo - cors, (denn dieſes iſt das Vor-Gebuͤrge) findet ſich derer Engellaͤnder Haupt-Veſtung / nechſt der zu S. George, die Beſte und Groͤſte im gantzen Lande. Jnwendig hat ſie viel Abtheilungen / die ſehr wohl ge - bauet und angeleget. Auch haben ſie allhie eine groſ - ſe Hoͤhe von Steinen aufgefuͤhret / damit ſie die Ein - wohner in denen ihnen zugehoͤrigen Doͤrffern beſchuͤ - tzen koͤnnen / im Fall ſie von ihren Feinden den Moh - ren uͤberfallen wuͤrden. Sie hat auch 4. groſſe Boll - wercke / und noch ein anders von ziemlicher Laͤnge / mit 13. Stuͤcken beſetzet / womit ſie bis dichte an das Waſſer ſchieſſen / und alſo leichtlich verhindern koͤnnen daß kein frembdes Schiff auf ihre Rhede anckern konne; ohne der groſſen Stein-Klippe welche die Veſtung beſchuͤ - tzet / dergeſtalt / daß es faſt unmoͤglich iſt ſo nahe zu kom - men / und die Stadt von dem Meer beſchieſſen zu koͤn - nen. Was das Aͤrgſte iſt / ſo halten ſie mehrentheils eine ſehr ſchlechte Beſatzung darinnen / deren ein Theil ſonderlich die Soldaten in ſo elendem Zuſtande leben / daß man zum Mittleiden beweget wird wenn man ſie zu Geſicht bekoͤmmt / indem ſie einer alten Spanier Compagnie nicht unaͤhnlich ſeyn. Denn ſie alle un - ſere verlauffene und ausgeriſſene Soldaten gerne in ihre Beſoldung aufnehmen / ohne jemahls dieſelbe wieder auszuliefern / ſondern halten dieſelbige an / zum Schein eines ungereimten Mittleidens / ſelbige der verdienten Straffe zu entziehen. Ohngeachtet wir offtermahls desfals eins worden keine ausgeriſſene Soldaten von beyden Theilen anzunehmen / ſondern dieſelbige in Feſſeln gebunden / dem Eigenthums-Herrnwieder -

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65des Landes Gvinea. wieder zu zuſtellen / haben dennoch die Engellaͤnder ſolchen eingegangenen Vergleich niemahls gehalten / ſondern allezeit unſere entlauffene Soldaten / ſo die verſoffenſte Kerle ſind / angehalten / weil ihnen nemlich nichtes angenehmers iſt / als wenn ein Soldat ſeinen gantzen monatlichen Sold in Pons-Trincken verpraſ - ſet / welches ein gewiſſes denen Engellaͤndern ſehr be - liebtes Getraͤnck iſt / beſtehend aus Brantewein / Ci - tronen-Safft und Zucker / folglich eine ungereimte und ungeſunde mixtur. Es ſind einige unter ihren Reſi - denten ſelbſt geweſen / welche dieſes Getraͤnck durch andere verkauffen laſſen / und groſſen Gewinnſt da - von gezogen / indem der arme Soldat es doppelt bezah - len muß / und im Fall er nicht alle Monat ein Ehrliches verzehret / bey erſter Gelegenheit vieler Streiche ge - waͤrtig ſeyn: denn ſie bekuͤmmern ſich gar nicht / ob der Soldat wenn er bekleidet / noch etwas Geld uͤbrig halte ein Stuͤck eſſen zu kauffen oder nicht / ſondern laſſen dieſes genung ſeyn / wenn ihr Geld in Pons verſof - fen iſt; dahero durch dergleichen uͤbermaͤßiges Sauffen und boͤſen Lebens-Art / nicht nur die Solda - ten / ſondern auch faſt alle andere in klaͤglichem Zuſtan - de ſich befinden. So haben auch alle ihre Reſiden - ten keine andere Verordnug machen wollen / in Anſe - hung / daß ſie eines anſehnlichen Gewinnſtes hiedurch beraubet wuͤrden.

Es iſt zur Gnuͤge bekandt / daß alle Welt euch fuͤr einen gelehrten und wackeren Medicum erkennet: nun weiß ich aber nicht / ob ihr mit dem Herrn Bonte - koe in gleicher Meynung ſtehet / daß der meiſte Theil derer Menſchen ihr Leben verkuͤrtzen durch eine unor - dentliche Lebens-Art; (welches doch in gewiſſer MaßeEmuß66Beſchreibungmuß verſtanden werden / darum laſſe ich euch hieruͤber urtheilen / als der ihr beſſern Verſtandt von dieſer Sa - che habet:) dafern aber der gelehrte Mann ein ſolches Leben dadurch verſtanden / als hieſige Engellaͤndiſche Soldaten fuͤhren / wuͤrde ich gewiß nicht viel Schwuͤ - rigkeit machen / vollkommenen Beyfall zu geben. Denn es unglaublich iſt wie viel Menſchen alle Jahr durch dieſes ungluͤckliche Getraͤnck ſind hingeraffet worden / und nicht nur gemeine Leute / ſondern bisweilen die Vornehmſten / welche dieſem Getraͤnck inſonderheit er - geben. Jn Warheit ich glaube daß waͤhrendem mei - nem Auffenthalt in dieſem Lande alle Jahr wenigſtens einer von ihren Reſidenten / oder doch eine groſſe An - zahl von ihren Kauffleuten oder Factors wie ſie ge - nennet werden / geſtorben; ſo daß / daferne man nach der Anzahl derer jaͤhrlich Ablebenden von dem Lande Gvinea urtheilen wolte / man gewiß eine weit unglei - chere Meynung in Engelland davon haben wuͤrde als bey uns. Denn wer einem Engellaͤnder einreden wolte / daß viel Pons trincken der Geſundheit ſchaͤdlich / und viele Kranckheiten verurſache / wuͤrde eben ſo viel ausrichten / als wenn er ſagen wolte daß Fleiſch eſſen ungeſund waͤre / weil ſie davon gar zu groſſe Liebhaber ſind; hievon aber genung. Wir gehen weiter / und finden unterhalb dieſer Engliſchen Veſtung / ein gewiſ - ſes Dorff / davon oben allbereit Erinnerung geſchehen / und vor dieſem ziemlich groß und bewohnet geweſen / aber im letzten Kriege von Commani ſo mitgenom - men worden / daß es vor den uͤbrigen ſich nichts zu ruͤhmen hat; ohne daß die Engliſche nicht privile - girte Schiffe / welche in groſſer Anzahl daſelbſt ankom - men / alldortige Einwohner um ein merckliches ver -ringert;67des Landes Gvinea. ringert; denn ſo oft ſie hinkom̃en / nehmen ſie allezeit ei - nige mit ſich / die ihnen an Statt der Ruder-Knechte in dem Sclaven-Handel Dienſte thun muͤſſen / welchen ſie auf Fida treiben: dieſe Leute nun / weil ſie in ein gutes Land kommen / laſſen ſich gaͤntzlich nieder / und ver - geſſen mit der Zeit das Heimgehen / ſo daß das gantze Dorff einer halben Wuͤſteney und Verſtoͤhrung aͤhn - lich ſiehet / inſonderheit auf der Seiten nach Elmina. Hinter itztbeſagtem Dorff Cabocors, haben die En - gellaͤnder noch ein gewiſſes rundes Gebaͤude wie ein Thurm / auf welchem ſie ſechs Canons und auch eben ſo viel Leute zu deſſen Beſchuͤtzung halten / und dienet ihnen wie ſie ſagen / dazu / damit ſie die Mohren in dem Dorff ſo viel beſſer im Gehorſam halten / oder auch dieſelbige wider ander Mohren beſchuͤtzen / welche bis - weilen weit aus dem Lande kommen und Auffruhr verurſachen. Meines Erachtens ſind es unnoͤthige Koſten / indem ihre Veſtung an und fuͤr ſich allein hoch genug iſt / ihre Einwohner mit dem daſebſt befindli - chen Geſchuͤtz im Zwang zu halten / und der Feinde An - naͤhern zu verhindern. Jch ſende hiebey den Abriß von itzt gedachten Thurn / von der Haupt-Veſtung derer Engellaͤnder / und von der kleinen Veſtung auf dem Berg Danois, unter numero 4. und 5. Unter - halb der Engellaͤndiſchen Veſtung / werdet ihr ein Haus ſehen / woruͤber ihr eine groſſe Fahne fin - den / und leichtlich fuͤr ein klein Schloß anſehen ſol - let / indem es auch einige Canons gepflantzet hat / ſel - biges wird von einem Engellaͤnder Nahmens Covart Barter, ſo eine Mohrin zur Mutter gehabt / bewohnet. Er iſt ſehr maͤchtig / und gilt bey ihnen mehr als drey andere Reſidenten / (denn man muß wiſſen / daß anE 2der68Beſchreibungder Regierung in dieſem gantzen Lande / nicht mehr als drey Perſohnen ſitzen /) ſo ſage ich demnach / daß dieſer gebohrne Jndianiſche Engellaͤnder / mehr zu ſa - gen habe als die uͤbrige Drey / in Sachen die ſie ange - hen / denn weil ſie die wenigſte Zeit allhie ſich aufhal - ten / koͤnnen ſie keinen ſonderlichen Begriff von des Landes Beſchaffenheit haben / ſondern muͤſſen dieſem Engellaͤnder meiſten Theils in allem folgen / der ſich deſſen gar wohl weiß zu bedienen / ohngeachtet daß derſelbe noch viele bewaffnete Mohren / Theils ſeine eigene Unterthanen / Theils freye Leute auf ſeiner Seite hat / wannenhero er groſſe Furcht und Ehre bey allen Groſſen des Landes ſich zuwege gebracht / ſo daß alle diejenige / welche in Handlung mit denen Engli - ſchen ſich einlaſſen wollen / ſich zuvor von ſeiner Gewo - genheit verſichern muͤſſen / alsdenn es ihnen an guten Gewinnſt niemahls fehlen wird. Zwar gibt er ſich fuͤr einen guten Chriſten aus / und koͤnnte auch wol dafuͤr gehalten werden / weil er nicht nur in den Glau - bens-Articuln unſerer Religion unterrichtet / ſondern auch wohl leſen und ſchreiben kan / allein ſeine Lebens - Art zeuget gar nicht von einem rechtſchaffenen Chri - ſten; ohngeachtet derſelbe in Engelland geheyrathet / hat er dennoch zum wenigſten 8. Weiber / und eben ſo viel Kebsweiber. Es ſcheinet aber daß die Engelſche dafuͤrhalten / als koͤnne dieſes mit dem Chriſtenthum oder tugendhafften Leben gar wohl zuſammen ſtehen / weil die meiſten unter ihren Regenten es nicht viel beſſer machen / und glaube ich daß anitzo zwey unter ihren Reſidenten / zum wenigſten 5. oder 6. Weiber unter ſich zwey haben.

Jhr werdet in dem Abriß von Cabocors, gleich -ſam69des Landes Gvinea. ſam in Perſpectiv noch eine Engliſche Veſtung auf dem Daͤhniſchen Berg finden / welcher ſeinen Nahmen von den vorigen Eigenthumsherrn denen Daͤh - nen bekommen. Sie machen viel Pralens davon / und halten es beſſer als wir unſere zu S. Jago, wiewol ohne Grund / denn noch keine 4. Jahre verfloſſen / da ſie mehr einer Bauer-Huͤtte als einer Veſtung aͤhn - lich ware; die Loͤcher in der Mauren waren mit Thon zu geſtopffet / und das Haus welches man anitzo ſiehet / ware mit Geſtraͤuchen wie der Mohren ihre bedecket; ja wenn mir derer Engliſchen wenigſtens einiger / ihre unverantwortliche Traͤgheit nicht zur Gnuͤge bekand waͤre / wuͤrde ich mich hoͤchſtens verwundert haben / wie es kaͤme / daß ſie einen ſo wichtigen Poſten nichts achteten; denn im Fall daß der Feind ſich dieſes Ber - ges bemaͤchtiget / und nur ſechs Canons bey ſich haͤtte / wuͤrde er in Kurtzen Meiſter von Cabocors werden / und daſſelbe durch das grobe Geſchuͤtz in den Grund ſchieſſen koͤnnen; nichts deſtoweniger iſt ſelbige Veſtung waͤhrendem Kriege ſehr zerſtuͤmmelt und in elendem Zuſtande geweſen / ſo daß man ſelbige mit 12. Mann gar fuͤglich haͤtte uͤberrumpeln koͤnnen. Wañenhero wir zum oͤfftern uns gewundert / und auf die Gedancken gerahten / daß die Engliſchen nur ſuch - ten reich zu werden ſelbſt mit Verluſt ihrer Obrigkeit.

Dennoch aber zweiffle ich nicht es ſey ein gewiſſer Engliſch-Compagnie-Bedienter gutes Willens geweſen / ſintemahlen er an die Herren Directores den jaͤmmerlichen Zuſtand dieſer Veſtung wiſſen laſ - ſen / auch im 1699. Jahr einen expreſſen Befehl aus - gewuͤrcket ſelbige in Defenſions-Stand zu ſetzen / damit ſie einigen Widerſtand thun koͤnnte. Sie ha -E 3ben70Beſchreibungben auch bald darauf angefangen alles alte Mauer - werck das noch uͤbrig war / nieder zu reiſſen / damit ſie aus dem Grund von neuem koͤnnte gebauet wer - den. Es haben auch ihre Herren Reſidenten mir die Ehre gegeben den Abriß davon zuſenden / daraus ich ſchlieſſe / daß die Veſtung zwar klein / aber unge - mein veſte angeleget wird / ſo daß ſie in dieſem gantzen Lande ihres gleichen nicht haben wird; denn weil der Berg von Natur ſehr veſt / zumahlen er von ihnen ſo zugerichtet / daß nicht mehr als ein Weg in die Ve - ſtung gehet / und noch ſolch ein Veſtungs-Bau darzu koͤmmt / obgedachter Ort mit Beſatzung und Kriegs - Munition zur Gnuͤge verſehen / ohne groſſe Muͤhe und Unkoſten nicht wird zu gewinnen ſeyn / inſonder - heit weil auch der Feind die ungewohnte Lufft nicht vertragen kan / oder fuͤr des Landes Einwohner groſſe Furcht ſpuͤret / und dahero eine rechte Belagerung ſchwerlich unternehmen kan / ſondern durch einen Sturm oder ſchleuniges Uberrumpeln ſich ihrer be - maͤchtigen muß; alſo iſt gewiß / daß bey vollendetem Veſtungs-Bau die Engliſche gar ſicher darinn wer - den wohnen koͤnnen; allein es gehet mit ihrer Arbeit ſo langſam und ſchlaͤffrig fort / daß GOtt weiß wenn das Ende zu hoffen ſtehet. Jnzwiſchen will ich ſie da - fuͤr ſorgen laſſen / und anitzo das Land Saboe zu be - ſchreiben einen Anfang machen. Selbiges nun be - ginnet unterhalb dieſer Veſtung / und erſtrecket ſich auf eine halbe Meile hinter Mourie, ſo daß es laͤngſt dem Meer nicht laͤnger iſt als zwey Meilen / und vor dieſem auch eben ſo breit geweſen. Zwiſchen dem Berg Danois und dem Dorff Cong, welches in zwey gleiche Theile getheilet / deren jedes auf einem Huͤgellieget71des Landes Gvinea. lieget / iſt nur eine kleine halbe Meile. Wir haben da - ſelbſt vor dieſem ein ſchoͤn ſteinern Haus gehabt / auf welchen wir eine Fahne ſtecken hatten / davon noch einige Zeichen heute zu Tage zu ſehen / und alſo leichtlich zu behaupten daß der Platz uns zugehoͤret; allein wir ſehen keinen Vortheil hiebey / wenn wir es wieder aufbauen lieſſen / es waͤre denn die ankommen - de fremde Europaͤer abzuhalten / welche unſerer Hand - lung zu Moree ſehr verhinderlich ſeyn koͤnnten / wenn ihrer viele allhie ins Land kaͤmen.

Das Land von Saboe ſebſt betreffend / iſt daſſelbe eben ſo maͤchtig als das von Commani, auch ſind die Einwohner ſehr boͤſe Leute / woran ſowol ihr Koͤ - nig als die Engelſche ſelbſt Schuld haben / daß unſer Fuͤrnehmen wider die von Commani nicht beſ - ſer gegluͤcket; denn dieſer Betrieger ſtellte ſich als wolte er der Mittler zwiſchen uns ſeyn / zu keinem andern Ende / als daß er uns etwas fuͤrſchwatzen und hinters Licht fuͤhren koͤnnte / wir merckten ſolches gar bald / gleichwol durfften wir uns nichtes auslaſſen / in Beyſorge er moͤchte unſer offenbahrer Feind werden / an Statt eines betriegeriſchen Freundes / muſten dem - nach thun als ſaͤhen wir ſeine Betriegereyen nicht / und noch daruͤber allezeit mit Beſchenckungen denſelben ehren.

Sonſt iſt das Land ſehr fruchtbahr / viel Korn / Jam - mes, Patattes und andere Fruͤchte in groſſem Uber - fluß herfuͤrbringend; taͤglich finden ſich mehr als 100. kleine Nachen / mit allerhand Eß-Waaren und Pal - men-Oͤhle beladen / von dem Dorff Mouree bis Axim und Acra ihre Handlung treibende. Nechſt bey dieſem Dorff Mouree, lieget die von uns ſelbſtE 4erbau -72Beſchreibungerbauete Veſtung Naſſau, eine halbe Meile unter Cong. Waͤhrender Zeit / daß die Portugieſen El - mina noch innen hatten / war dieſe unſere Haupt - Stadt / weil ſie gewiß gar wohl gebauet / und deswe - gen in Ermangelung Elmina, mit gutem Fug den Nahmen einer Haupt-Stadt fuͤhren koͤnnte. Sie iſt bey nahe viereckigt / doch nach vornen zu in etwas breiter als hinten / hat eben ſo viel Bollwercke als El - mina, und 8. Canons, auch ſolche hohe Mauren / dergleichen keine im gantzen Lande ausgenommen um Elmina zufinden ſind / imgleichen iſt der Mittel - Wall zwiſchen den zwey Bollwercken auf Seiten des Meeres ſo breit und wohl beſchaffen / daß man mit leichter Muͤhe eben ſolch ein Bollwerck daruͤber anle - gen koͤnnte / als die Engliſchen zu Cabocors gemachet haben. Ubrigens giebet es auch ſchoͤne Haͤuſer / und was die meiſte Zierat oder Gemaͤchligkeit verurſachet / ſind die vier Gebaͤude auf jeder Ecke der Veſtung in Geſtalt eines viereckigten Thurms aufgebauet / deren ein jeder drey Abtheilungen oder Geſchoſſe hat. Kurtz es giebet dieſe Veſtung denen Ubrigen an Schoͤnheit nichts nach / wie ihr ſolches in dem uͤberſendeten Abriß unter der Zahl 6. 7. ſehen koͤnnet. Vor dieſem be - ſtande die Beſatzung in 70. bis 80. Mann / itzund aber iſt ſie um ein merckliches vermindert worden / wie - wol ſie noch ſtarck genung iſt denen Mohren Wider - ſtand zu thun / im Fall dieſelbe auffſatzig werden wolten.

Das hiezu gehoͤrige Dorff Mouree iſt nicht ſo groß wie Elmina, aber viel volckreicher; wiewol die meiſten Einwohner lauter Fiſcher ſeyn / welche des morgens vor anbrechendem Tage mit 3. oder 4. hun -dert

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73des Landes Gvinea. dert Schifflein auf den Fiſch-Fang ausfahren / und im Zuruͤckkommen an Statt des jaͤhrlichen Zolles 5. Fiſche an den regierenden Kauffmann abtragen muͤſſen / dergleichen Zoͤlle wir an drey unterſchiedli - chen Orten / als zu Axim, Chama und Elmina ein - zunehmen haben / angeſehen wir dieſe Oͤrter durch Krieges-Macht gewonnen haben / wiewol ich nicht weiß ob wir auch das Mouree auf ſolche Art beſitzen. Wir ſind auch die eintzige unter allen Europaͤern die ſich dieſes Vorrechtes bedienen koͤnnen / zumahlen keiner unter ihnen eine ſolche unumſchraͤnckte Gewalt gegen ſeine Unterſaſſen ausuͤben kan. Doch iſts ihre eigene Schuld / und ſind ſie die groͤſte Urſach daß wir ſeit der Zeit viel von unſerm Anſehen verlohren. Ehe ich mich aber aus dem Lande Saboe begebe / muß ich noch mit wenigen erinnern / daß hier zu Lande die be - ſten Leute anzutreffen / welche unſere Compagnie lange Jahre treu und redlich befunden hat / ſo / daß unſere Herren Directores zwey von ihnen als Am - baſſadeurs in Amſterdam vor dieſem geſehen haben / allein was die Urſach hievon geweſen / kan ich nicht wiſſen / weilen es auch ſelbſt ihrem itzt regierenden Koͤ - nige unbekand iſt warum daß ſie in Holland verſchicket worden. Zwar hatte ich mir fuͤrgenommen gegen - waͤrtigen Brief mit der Beſchreibung des Landes Sa - boe zu ſchlieſſen / allein weil mir noch Zeit uͤbrig iſt / will ich noch die Beſchreibung des Landes Fantin hinzufuͤgen. Selbiges graͤntzet gegen Abend an Sa - boe, und iſt nur ein Berg De Fer genannt / darzwi - ſchen / eine halbe Meile unterhalb Mouree. Der Berg iſt ohngefehr eine viertel Stunde lang / und hat oben auf ſeinem Gipfel einen ſehr anmuthigen Spa -E 5tzier -74Beſchreibungtzier-Gang unter den ſchoͤnſten und hohen Baͤumen / damit er gantz bedecket iſt / ſo / daß weil ſelbige dichte in einander geflochten / man faſt bey hellem Mittage nichts darunter ſehen koͤnne. Von dem Fuß dieſes Berges faͤnget das Land Fantin an / erſtrecket ſich laͤngſt dem Meer 9. oder 10. in die Laͤnge / und einige wenigere in die Breite. Es haben die Engellaͤnder eine Veſtung und 3. Wohnungen in dieſem Lande / ſo wie wir auch eine Veſtung darinnen beſitzen. Die erſtere darauf man im Herunterreiſen auf zu kommt / mit der Engliſchen Fahne lieget nechſt dem kleinen Dorff ſo Ingeniſian ſich nennet / deſſen gantze Beſa - tzung in einem einigen Engellaͤnder beſtehet / welcher ſich daſelbſt aufhaͤlt / um ſo viel als moͤglich die Engli - ſche Ehren-Fahne zu beſchuͤtzen.

Eine halbe Meile weiter hinunter haben die Engel - laͤnder eine kleine Veſtung / aber ſehr wohl und zierlich gebauet / nechſt dem Dorff Annamabo. Weil ſelbi - ges in dem Abriß zu ſehen / will ich mich in deſſen Be - ſchreibung nicht lange aufhalten / ihr werdet es ſin - den unter numero 8. und 9. dabey auch einige Schif - fe im Perſpectiv auf der Rhede ſehen / weil nehmlich allezeit eine groſſe Anzahl derer Engliſchen Schiffen daſelbſt fuͤr Ancker liegen; bey deren Abweſenheit man gewiß eine ſtarcke Handlung in Gold und Sclaven / ſo wol hie als zu Cormantin fuͤhren koͤnnte / wenn nicht dieſe Herren alles hinwegnehmen moͤchten / oder wenn ſie ja etwas uͤbrig laſſen die Seelaͤndiſche unprivile - girte Schiffe es abholeten. Es muͤſſen aber die En - gellaͤnder unglaublich viel von den Fantiner Moh - ren ausſtehen / indem ſie zuweilen in ihrer eigenen Ve - ſtung verſchloſſen und eingeſchrencket werden / ſo daßſie

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75des Landes Gvinea. ſie ſich nicht unterſtehen doͤrffen heraus zu kommen; ja wenn ihnen der Director nicht anſtehet / ſchicken ſie ihn welches zu verwundern / in einem kleinen Schiff - lein nach Cabocors; gleichwol doͤrffen oder koͤnnen die Engliſche ſich nicht mit einiger Gewalt widerſe - tzen / ſondern muͤſſen ſie im Gegentheil mit allerhand Beſchenckungen befriedigen. Das Dorff Anamabo kan fuͤr das maͤchtigſte im gantzen Lande beſtehen / in - dem es ſo viel Krieges-Macht aufbringen kan als das Koͤnigreich Saboe und Commani, gleichwol iſts nur der fuͤnffte Theil von Fantin, dannenhero ihre uͤbri - ge Macht ſich leicht iſt einzubilden / aus welcher Urſach die herumwohnende Nachbahren ſich genau in acht nehmen daß ſie ihnen nicht zu nahe kommen / es waͤre denn daß die Fantiner ſelbſt unter einander uneins ſind / ſonſt gewißlich wuͤrden ſie ihr Fuͤrnehmen zu bereuen Urſach finden; denn ohngeachtet der groſſen Menge Volcks / iſt das Land ſehr reich an Gold / Sclaven und allen benoͤthigten Lebens-Mitteln / in - ſonderheit an Korn / welches ſie denen Engliſchen Schiffen verkauffen. Wannenhero auch die Ein - wohner ſo hochmuͤthig und trotzig ſind / daß ein Euro - paͤer mit ihnen zu thun habend / ſchier ſeinen Huht un - ter den Arm fuͤr ihnen halten muß.

Es hat dieſes Land keinen Koͤnig / ſondern nur ein Oberhaupt / welchen ſie Braſſo nennen / und fuͤglich im Teutſchen ein Stadthalter heiſſen koͤnnte / ohnge - achtet daß der eigentliche Verſtand des Wortes einen Geleitsmann bedeutet / oder ſolch einen welcher den er - ſten Angriff thut / um denen Ubrigen einen Muth zu machen. Dieſer nun iſt der Erſte und Vornehmſte im Lande / als welchem die groͤſte Gewalt und Anſehenzu -76Beſchreibungzukommt. Demnach aber iſt dieſe ſeine Gewalt durch unterſchiedliche alte erfahrne Land-Raͤhte ſehr einge - ſchraͤncket / ſo daß ihre Regierung (wenn mir ein Ver - gleich erlaubet iſt) faſt mit dem Parlament in Engel - land uͤbereinkommt; wiewol ſie nichts mehr als ein Schatten eines vornehmen Durchlauchtigen Coͤr - pers abbilden. Dieſe alte Leute ſage ich fuͤhren das Regiment nach ihren Gutbefinden / ohne die geringſte Reflexion auf ihren Braſſo zu machen. Uber dieſe alte und halb im Grab ſtehende Leute hat noch ein jedes Theil im Lande Fantin ſein eigenes Oberhaupt / wel - cher ebenfals gar viel zu ſagen / und bisweilen dem Braſſo nicht viel nachgiebet; ſo daß jener zwar den Nahmen eines hoͤchſten Oberhaupts unſtreitig fuͤhret aber in der That nichts weniger iſt als eben dieſes.

Diejenige ſo etwas tieff im Lande wohnen / legen ſich inſonderheit auf den Ackerbau / und das Wein ma - chen aus Palmen / deren eine gewiſſe Art welche ſie Qvaͤcker nennen / hiezu gebrauchet wird; welches Wort in Hollaͤndiſcher Sprach die Natur ihres Ge - traͤncks gar artig an den Tag leget / indem ſelbiges in Uberfluß getruncken ſolche wunderbahre und ſeltſame Gedancken beybringet / als bey uns die Qvaͤcker (eine gewiſſe Art Wiedertaͤuffer oder Schwermer) zu fuͤh - ren pflegen. Gleichwol iſt dieſer Wein zweymahl ſo theuer als der andere / und nichts deſtoweniger ſo be - liebt / daß er fuͤr Geld nicht gnug zu bekommen.

Diejenige Fantiniſche Mohren welche laͤngſt dem Strande des Meers wohnen / treiben groſſe Hand - lung mit denen nicht privilegirtẽ Schiffen / und zwar frey und offenbahr fuͤr den Augen beyder / ſowol En - gliſch-als Hollaͤndiſchen Nation, ohne daß ſich jemandunter -

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77des Landes Gvinea. unterſtehen darff ihnen zu widerſetzen: denn ſie dieſes ſehr uͤbel aufnehmen wuͤrden / weil wir nicht das ge - ringſte uͤber die von Fantin zu befehlen haben. Jm Lande finden ſich ungemein viel Fiſcher-Leute / welche zum wenigſten ein 4000. Koͤpffe ausmachen wuͤrden.

Eine kleine halbe Meile davon findet ſich das Dorff Adja, da wir vor dieſem auch eine Veſtung gehabt haben / eben ſo gut wie Annamabo, aber nunmehro durch Verraͤtherey verlohren und ſelbige denen En - gellaͤndern zu uͤberlaſſen genoͤthiget worden. Es hat - ten nemlich dieſe zuſamt uns ihre Beſatzung darinnen / und fingen an mit unſern Leuten grauſamlich umzuge - hen / ſo lange bis ſie nun endlich wiewol nur uͤber eines Kauffmanns-Haus / ihre Fahne aufgeſtecket / und auch einen von ihren Handels-Leuten hingeſtellet / wel - cher von denen Fantinern Milhio in Schiffe einkauffen muß / in welchen ſie zugleich ihrer Compa - gnie zugehoͤrige Sclaven wegfuͤhren. Allein da die - ſer Kauffmann beſſeren Profit ziehen kan wenn er den Milhio an fremde nicht beurlaubete Schiffe ver - handelt / ſo bleibet bisweilen wenig uͤbrig fuͤr ihre ei - gene Schiffe.

Ein wenig weiter herunter lieget das kleine Dorff Cormantin, daſelbſt beſitzen wir auch eine Veſtung unter den Nahmen Amſterdam. Selbige war vor dieſem derer Engellaͤnder Haupt-Stadt al - lein der Admiral Ruiter verjagte ſie im Jahr 1665. Sie iſt von ziemlicher Groͤſſe / drey kleinen und einem ſtarcken Bollwerck / auf welchen durchgehends 20. Stuͤcke gepflantzet ſind / wie ihr ſolches unter numero 10. und 11. im Abriß ſehen koͤnnet. Wir halten auch eine ziemlich ſtarcke Beſatzung darinnen / mit einemKauff -78BeſchreibungKauffmann / welcher allhie die hoͤchſte Gewalt hat / ſo wie zu Mouree, wie deñ vor dieſem die gantze Veſtung auch eben ſo ſtarck und veſt geweſen als vorbeſagtes Mouree, koͤnnte auch gar leicht mit wenigen Unko - ſten in vorigen Stand geſetzet werden / wenn es nicht rahtſamer waͤre dieſelbige ſo zu laſſen / ſintemahlen we - gen der ſchlechten daſigen Handlung auch die wenigen Unkoſten nicht koͤnten erſetzet werden. Das Dorff ſelbſten iſt ſo ſchlecht und armſeelig / daß hievon Mel - dung zu thun der Muͤhe nicht wehrt iſt. Das andere Dorff aber Groß-Cormantin genannt / und nur ei - nen Canon-Schuß unterhalb unſer Veſtung gele - gen / iſt von weit groͤſſerem Anſehen / zumahlen es hoch auf dem Berge liegend / ſehr groß und volckreich iſt; doch ſind die Einwohner auſſer wenigen Kauffleu - ten / lauter Fiſcher / deren Anzahl bisweilen 7. oder acht hundert / ja gar tauſend Perſohnen hinaus laͤufft. Von hier erſtrecket ſich noch das Land Fantin ohnge - fehr 7. oder 8. Meilen laͤngſt dem Strande / und hat unterſchiedliche ſchoͤne Dorffſchafften / die ein uͤberaus ſchoͤnes Geſicht verurſachen wenn man zu Waſſer laͤngſt vorhin faͤhret.

Auf der Graͤntze dieſes Landes haben die Engliſche vor zwey Jahren ihre Fahne ausgeſtecket / auch bald darauf einen neuen Veſtungs-Bau angeleget / die Sache iſt aber insſtecken gerathen / entweder weil ſie nicht gefunden was ſie geſuchet / oder weil ſie mit denen Mohren ſich nicht vertragen koͤnnen / wannenhero ſie oft gewuͤnſchet niemahls angefangen zu haben / inſon - derheit da ihnen der Mohren Oberhaupt den Bau Zeithero geleget hat / und ſich mit der Zeit wird auswei - ſen muͤſſen / wie die Sache ablauffen werde.

So79des Landes Gvinea.

So habt ihr demnach mein Herr geſehen wie die Oͤrter beſchaffen welche von denen Engliſchen und Unſrigen in dem Lande von Fantin beſeſſen werden. Wir haben gleiche Macht und Anſehen mit einander / nemlich dergeſtalt / daß wir uns keines von beyden be - ruͤhmen koͤnnen: denn ſo bald es denen ſchelmiſchen Mohren in den Sinn koͤmmt / verſperren ſie alle Zu - gaͤnge und Wege / ſo daß von der Land Seite kein eini - ger Kauffmann Handlungs halber zu uns kommen koͤnne / womit ſie oͤffters nicht einmahl zufrieden ſind / ſondern wol gar alle Lebens-Mittel abſchneiden / ſo lange bis wir in ihr Begehren willigen / und thun was ſie haben wollen. Wannenhero wir oͤfters in Streit und Zaͤnckerey mit ihnen gerahten / muͤſſen auch uͤber die bahr erlegte Gelder / ſo wir ihnen fuͤr die zugeſandte Huͤlffs-Voͤlcker bey Einnehmung der Ve - ſtung Amſterdam / oder dergleichen Gelegenheit / aus - gezahlet / noch fuͤr jedes Schiff von unſerer Compa - gnie mit Kauffmanns-Waaren beladen 100. Guͤl - den darlegen / ausgenommen denjenigen ſo mit Scla - ven befrachtet ſind / welche frey paßiren: anitzo aber werden ſie auch dermaſſen unerkaͤntlich / daß ſie auch dieſe Freyheit nicht mehr geſtatten wollen / ſondern durchgehends von allen Schiffen / wie ſie Nahmen und Ladung haben / ihr Gewiſſes fordern. Zwar ha - ben wir mit erſinnlicher Hoͤffligkeit ihnen zu Gemuͤht gefuͤhret / daß ſolches dem einmahl gemachten Ver - gleich in allen Stuͤcken zuwider ſey / gleichwol haben wir nicht das Geringſte damit ausrichten koͤnnen / ſondern nur gutwillig dafern wir in Friede und Ruhe ſitzen wollen / was ſie verlanget / hingeben muͤſſen. Denen Engellaͤndern gehet es nicht beſſer / und vonwel -80Beſchreibungwelchen ſie imgleichen einen ehrlichen Pfennig ein - ſammlen / und dennoch achten ſie einen ſo viel wie den andern. Hiemit will ich abbrechen / indem ich glau - be fuͤr dieſes mahl genung von dieſem Lande geſchrie - ben zu haben. Nun iſt nichts mehr uͤbrig / als daß ich abermahlige Verſicherung und Zeugniß meiner Dienſtfertigkeit / Gewogenheit und vielfaͤltigen An - denckens an euch abſtatte / der ich bin ꝛc.

Ende des vierten Briefes.

Fuͤnfftes Send-Schreiben.

Worinn zufoͤrderſt die Beſchreibung des Landes Acron und unſerer daſelbſt be - findlichen Veſtung enthalten; hernach die Beſchaffenheit von Agonna, und der darinn gelegenen Engliſchen Veſtung. Endlich die Nachricht von dem groſſen Koͤnigreich Aqvamböe, nebſt daſelbſt ſich befindenden Hollaͤndiſchen / Engliſchen und Daͤhni - ſchen Veſtungen; wobey zuletzt einige an - merckens-wuͤrdige Begebenheiten in obgedachten Landen geſchehen an - gehencket werden.

Mein Herr!

DAs letztere Schreiben unter dem 27. habe ich mit der Beſchreibung des Landes Fantin ge - endiget; nun iſt noch uͤbrig zu melden von 3. Koͤnig -reichen

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81des Landes Gvinea. reichen dieſes Landes / als Acron, Agonna und A - qvamboe; das erſtere grentzet an das Land Fantin. Mitten in dieſem Koͤnigreich zunechſt dem Dorff Apam, lieget eine kleine Veſtung / oder vielmehr mit zwey Bollwercken verſehenes Hauß / von uns im Jahr 1697. erbauet / ihr werdet daſſelbe finden unter der Zahl / 12. und 13. was es fuͤr ein ſchoͤnes Gebaͤude iſt. Wir haben ihm den Nahmen von Gedult ge - geben in Anſehung wir unſere Gedult bey deſſen Er - bauung rechtſchaffen unterſuchet haben / weil uns die Mohren allezeit zuwider geweſen / auch bis dato unſern daſigen Commendanten entweder durch ihre Hand - lung / oder viel mehr verdrießliche boßhaffte Natur / ſo viel zuſetzen / daß er mitten in der Gedult alle Gedult verliehret / Niemahls bin ich mehr betrogen worden als von dieſes Landes Einwohnern; denn anfaͤnglich war ich uͤberaus mit ihnen zufrieden / und ſuchte des - wegen mit Raht und That den Veſtungs-Bau zu befoͤrdern / allein es daurete nicht lange ſo gereuete mich mein Beginnen ſo vielmehr. Auf den zwey Boll - wercken ſtehen 8. Stuͤcke / wiewol ſeine groͤſte Zierde und Macht darinne beſtehet / daß fuͤr dieſem Gebaͤude eine groſſe und anſehnliche ſcharffe Ecke angeleget iſt: das Dorff ſo unter der Veſtung gelegen / iſt ſehr klein / uñ ſind biß hieher nichts anders als lauter Fiſcher-Leute darinn anzutreffen / doch koͤnnte es in wenigen Jahren an Volck ſehr zunehmen / wenn die von Acron nur etwas erkaͤntlich ſeyn wolten / zumahlen der Ort zum Handel und Wandel ſehr bequem iſt. Acron iſtein Koͤnigreich / wie allbereit erwehnet / allein der Koͤnig laͤſſet ſich durch die Vornehmen des Landes allzu ſehr verleiten / inſonderheit aber durch ſeinen Vetter / wel -Fcher82Beſchreibungcher als General die Land-Trouppen comman - diret. Er iſt ein ſehr boßhafftiger / treuloſer und ver - ruchter Mann / und der einige Urheber aller unſerer erduldeten Schmach und Schande. Jch habe ihn oͤffters geſprochen / und wiewol ich wenig vernuͤnfftige Reden bey ihm geſpuͤret / muß dennoch alles durch ſei - ne Hand gehen. Die uͤbrigen Groſſen des Landes ſind Leute mit denen wohl umzugehen / und gewiß kei - nes Krieges Urſache. Der Koͤnig iſt ohngefehr 70. Jahr alt / uͤber die maſſen fromm und auffrichtig / ſo daß ich zum oͤfftern mit ihm froͤlich geweſen. Man haͤlt ihn fuͤr den Allervermoͤgenſten am baaren Gelde / auſſer den von Aqvamboe, und gleichwol habe ich ihn die meiſte Zeit in ſolchem Habit geſehen / der kei - nen halben Thaler wehrt iſt.

Die Einwohner dieſes Landes nemlich Acron, fuͤh - ren niemahls oder doch gar ſelten Krieg; denn weil ſie unter dem Schutz derer Fantiner ſtehen / darff ih - nen kein Menſch was Boͤſes anſinnen ſeyn; dannen - hero ſie ihres Landes in ſtiller Ruhe abwarten koͤnnen; Welche ſchoͤne Gelegenheit ſie ſich auch wol zu Nutz zu machen wiſſen / indem ſie alle Jahr ſolchen Vor - raht an Fruͤchten ſammlen / daß ſie ein Ehrliches in die nahe liegende Laͤnder verſchicken koͤnnen. Es findet ſich auch vieles Wildwerck / Hirſche / Haſen / Reb - huͤner / Faſanen und andere wilde Thiere mehr. So habe ich noch vor drey oder 4. Monat mit einigen mei - ner guten Freunde die Luſt gehabt einen jungen Haſen ſehr artig zu fangen; hinter unſer Veſtung ſo auf ei - nem Berge lieget / haben wir ein ſehr ſchoͤnes Thal / welches eine Meile lang iſt und mit trefflichen Holtz - werck verſehen / hieſelbſt kam uns ein junger Haſezwi -83des Landes Gvinea. zwiſchen Tag und Nacht zu Geſichte / welcher von meinem kleinen Hunde / den ich bey mir hatte / ver - folget ſeynde / ſich ins Geſtraͤuch verbarg / ſo daß ohn - geachtet alles unſeren Suchens wir ihn nicht finden konnten / und dahero das Geſtraͤuch in Brandt ſteck - ten / da wir ihn / welches hoͤchſtens zu verwundern / un - ter der Aſche gantz unverſehret ohne die geringſte Ver - letzung fanden / und lebendig bis nach Elmina brach - ten. Woraus denn zu ſchlieſſen / daß im Fall auf ge - hoͤrigem Ort eine rechtmaͤßige Jacht angeſtellet wuͤr - de / man eine ziemliche Anzahl Haſen bekommen wuͤrde / zumahlen dieſelbe ſich oͤffters haͤuffig ſehen laſſen.

Das Land ſelbſt von Acron theilet ſich in zwey Theile / ohne welchen es noch viel maͤchtiger waͤre; die - ſes davon anitzo die Rede / heiſſet klein Acron; das Groſſe aber lieget tieffer im Lande / und wird nicht von einem Koͤnige / ſondern denen Vornehmſten des Landes regieret. Gleichwol ohngeachtet dieſer Tren - nung leben die beyde Laͤnder in guter Einigkeit und Vertrauligkeit. Ein wenig weiter unterhalb unſer Veſtung findet ſich ein kleiner Fluß / deſſen Waſſer gantz ſaltzigt iſt / und laͤufft ſchier eine Meile Land - waͤrts ein: ſelbiger iſt ſehr Fiſch-reich / auch halten ſich daſelbſt viel Voͤgel auf / und kan er denjenigen ſo ihn zur Luſt beſuchen / zu einem angenehmen Geſichte dienen.

Eine Meile davon gegen Morgen ſiehet man im Lande Agonna einen ſehr hohen Berg der Teuffels Berg genannt. Vermuthlich haben ihm die See-fah - rende dieſen Nahmen gegeben / weil man denſelbigen bey contrairen Wind / wenn man laͤngſt dem Lande wegfaͤhret / viele Tage nach einander wegen ſeinerF 2uͤber -84Beſchreibunguͤbermaͤßigen Hoͤhe ſehen kan. Man ſagt daß er viel Gold in ſich habe / und daß die Mohren wenn der Re - gen aufgehoͤret / jaͤhrlich dahin gehen / und eine groſ - ſe Menge Goldes ſammlen / welches das haͤuffige un - geſtuͤme Regenwaſſer von der Spitze des Berges mit ſich auf die Erde herunter reiſſet. Es iſt in dieſem Jahr zu Cabocors der Herr Baggs geſtorben / wel - chen die Engliſchen daſelbſt als ihren Reſidenten oder General gehalten / auch ihm ſolche vollkommene Ge - walt ertheilet / als noch keiner von ſeinen Vorfahren gehabt / ſo daß ſein Anſehen ſich weiter erſtrecket hat als das ſo lang beſtandene Regiment von dreyen. Dafern nun denen Engliſchen zu glauben / hat derſelbe von de - nen Directoren ſolche Gewalt nur in dem Abſehen bekommen / weil er verſprochen das Gold aus dieſen Berge zu holen / und nach Engelland zu verſchicken / zu welchem Ende er ſich albereit mit unterſchiedlichen noͤthigen Hand-Geraͤht verſehen hatte. Allein ich bin verſichert / dafern er ſein Fuͤrnehmen ins Werck haͤtte gerichtet / es haͤtten die von Agonna ſeine Ar - beits-Leute eben ſo abgewieſen / wie die von Commani die Unſrige / und haben ſeine Nachfolger ſehr weißlich gehandelt / wenn ſie dieſes unterlaſſen haben.

Ohngefehr bey dieſem Berge nimmet das Land Agonna ſeinen Anfang. Selbiges wird anitzo be - herrſchet von einer Frauen / ſchon eine geraume Zeit her / und zwar mit ſolcher Hertzhafftigkeit und Kuͤhn - beit / daß es von einer Manns-Perſohn nicht beſſer koͤnnte gefordert werden. Jch weiß nicht ob irgends ein Land ſey unter den Mohren darinn Frauens-Per - ſohnen ihren abgelebten Che-Herrn in Crohn und Scepter folgen koͤnnen / als eben dieſes. Es hat obigeDame

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85des Landes Gvinea. Dame uͤberaus groſſen Verſtand / und ſuchet auch nicht zu heyrathen / damit ſie nicht weichen oder min - ſtens ihr Anſehen theilen doͤrffe. Gleichwol aber da - mit ſie auch aller Liebes-Vergnuͤgligkeit nicht entbeh - ren moͤge / hat ſie einen gantz jungen Sclaven bey ihr / mit welchen ſie ſich ergetzet / und deswegen dieſer ver - bunden iſt bey Verluſt ſeines Lebens kein ander Frau - ensbild zu beruͤhren; welchen ſie / wenn ſie ihn nun - mehro uͤberdruͤßig / wieder abſchaffet / und an ſeine Statt einen andern aufnimmet. Man ſagt auch daß ſie ſo ehrbar ſey und nicht mehr als allezeit einen zu ihrem Vergnuͤgen halte / ſo gewiß ein Zeichen einer groſſen Maͤßigkeit / ja ein Schein eines Wunder - wercks iſt / ſintemahleu ihres gleichen ich in der Welt nicht gar viel anzutreffen wuͤſte / weil ſie ohne Be - fuͤrchtung einer boͤſen Nachrede / ſo viel lieben koͤnnte als ſie immer wolte.

Ohngefehr mitten im Lande Agonna lieget eine kleine Veſtung / von denen Engellaͤndern im Jahr 1694. erbauet; ihr koͤnnet dieſelbige in Kupffer ſehen unter num. 14. und 15. Oben auf iſt ſie gantz platt be - decket / hat 4. Bollwercke / aber ſo niedrig / daß gar leicht daruͤber zu ſpringen; imgleichen iſt das Geſchuͤtz nicht weit her / angeſehen deren einige nur ein halb . Eyſen ſchieſſen. Kurtz es koͤmmt mir ſo fuͤr wie unſere Veſtungen bey Boutei Zaconde, Chama und A - pam, oder wie diejenige welche die Engellaͤnder zu Diekiſchorff haben / das iſt von ſolcher Gattung der - gleichen man auf dem Kauff eines andern zur Zugabe gebrauchen wuͤrde. Das Dorff nechſt bey dieſer Veſtung / von einigen Wimpa, von andren Simpa genennet / iſt ungemein groß / aber auch von meiſt lauterF 3Schif -86BeſchreibungSchiffern bewohnet / es lieget uͤberaus luſtig mitten in ſchoͤnen hohen Baͤumen / auch iſt die Handlung da - ſelbſt anitzo wie zu Apam gar ſchlecht; dafern aber die innerliche Unruhe zum Ende gelangen ſolte / glaube ich daß dieſe zwey Oͤrter ſich in Handlung nicht viel nehmen doͤrfften.

Das Land von Agonna iſt weit maͤchtiger / rei - cher und groͤſſer als das von Acron; ihre Frucht und Luſtbarkeit aber betreffend / ſind ſie einander ſchier gleich / ausgenommen daß dieſes Letztere einen ſchoͤnen groſſen Fluß hat mit ſuͤß Waſſer / und nach Auſſage derer Engellaͤnder und Mohren an Fiſchen und Au - ſtern uͤber die maſſen reich iſt / imgleichen daß eine groſſe Anzahl Voͤgel und allerhand Arten von Affen ſich daſelbſt aufhalten / doch kan ich dieſes nicht anders als von Hoͤren-ſagen berichten / weil ich ſie niemahls geſehen.

Endlich ſind wir bis auf das Ende des Landes Gvi - nea ich meyne das Koͤnigreich Aqvamboe gekommen welches ohngeachtet es meiſtentheils auf der Seite de[s]veſten Landes gelegen / dennoch unter die Zahl derer Koͤnigreiche dieſes Landes mit rechnen will / nicht nur weil wir oͤffters mit denen Einwohnern zu thun ha[-]ben / ſondern auch / weil der Koͤnig von Aqvambö[e]wenigſtens 20. Meilen weit ins Land uͤber die Mohre[n]zu befehlen hat. Ob nun zwar mehrere Koͤnigreich[e]allhie anzutreffen / koͤnnen ſelbige doch gar fuͤglich un[-]ter dieſes von Aqvamboe mitgerechnet werden / we[il]dieſer Koͤnig mehr Gewalt uͤber ſie hat / als uͤber ſein[e]eigene Unterthanen / da er doch in ſeinem Lande ein[e]unumſchraͤnckte Gewalt fuͤhret; denn man ſagt ge[-]meiniglich daß nur zweyerley Art Menſchen i[n]Aqvam -87des Landes Gvinea. Aqvamboe ſind / der Koͤnig und ſeine Freunde / wel - che die erſte Ordnung ausmachen / und denn ihre Sclaven / welche in der zweyten Ordnung ſtehen / ſo daß der Koͤnig keine Meuterey oder Auffruhr zu beſor - gen / im Fall dieſelbige nicht von ſeiner eigenen Fami - lie angerichtet werden.

Hieſige Einwohner ſind ſehr hochmuͤhtig / trotzig und uͤbermuͤhtig / auch ſehr zum Krieg geneiget / und des - wegen von allen Benachtbahrten / ausgenommen de - nen Akimern gefuͤrchtet. Ungluͤcklich aber ſind dieje - nige / die unter ihrer Herrſchafft ſtehen / ſintemahlen ſie taͤglich in Aͤngſten ſind vom Koͤnig aus Aqvam - boe gepluͤndert zu werden / ohne einige Mine eines Widerſtehens zu machen / denn der Koͤnig wuͤrde ſehr ſcharff wider diejenige verfahren / ſo ſeinen Soldaten einiges Leyd zuzufuͤgen ſich unterſtehen ſolten / welche wie oben erwehnet alle ſeine Freunde oder Sclaven ſeynd. Vor dieſem hat dieſes Land zwey Koͤnige drey oder 4. Jahr lang gehabt / Vater und Sohn / nach jenes Ableben es dem Sohn allein geblieben; aber bald darauf kam ſein Ohm des Vatern Bruder / und bedienete ſich der Gelegenheit / weil ſeines Brudern Sohn noch unmuͤndig war / daß er ihn mit Huͤlffe der eigenen Mutter vom Reich mit Gewalt ausſchloß / ſo lange bis jener zu mehren Jahren gelangete / und einige auf ſeine Seite brachte / durch deren Huͤlffe er eines Theils des Koͤnigreichs ſich bemeiſterte / gleichwol aber ſeinem Ohm das andere Theil behalten lieſſe / dergeſtalt / daß ſie beyderſeits mit gleicher Macht und Anſehen ein jeder ſein gewonnenes Theil beherrſchete. Wiewol dieſes Regiment denen Einwohnern ſehr nachtheilig war / angeſehen dieſelbige bey allen fuͤrfal -F 4len -88Beſchreibunglenden Streitigkeiten und Schlaͤgereyen jederzeit vie - les Volck einbuͤſſen muſten. Bis endlich im Jahr 1699. der alte Koͤnig ſein Leben endigte / und die gantze Regierung des Brudern Sohne aufftruge / welcher noch heute zu Tage dieſelbe verwaltet. Es war aber dieſer alte Koͤnig Nahmens Abinſam, ein ſehr boͤſer / neidiſcher Menſch / und aller Europaͤer abgeſagter Feind / ohngeachtet er von denen Engellaͤndern / Daͤh - nen und unſer Nation monatlich eine Untze Gold ein - nahm / fuͤr die Freyheit welche wir von ſeinen Vorfah - ren erkauffet / ungehindert allhie zu bauen / hat er uns dennoch oft viele verdrießliche Streiche verſetzet / mit ſo wenigem Grunde / daß wenn er ſich einbildete eine oder andere Widerwertigkeit von einer aus den dreyen bemeldten Nationen empfangen zu haben / muſten alſobald ſie alle drey darunter leiden / indem er alle Zugaͤnge verſperrete / und keinen einigen Kauffmann zu uns kommen lieſſe. Wannenhero ich gantz nicht zweiffele / es werde ſein Todt noch etwas gutes in der Handlung zuwege bringen / inſonderheit weil der itzi - ge Koͤnig Nahmens Ado, ein recht beſcheidener und hoͤflicher Mohr / auch weit belebter iſt als ſein Ohm / auch uͤber dem die Europaͤer / vor allen die Hollaͤnder gar wohl leiden mag / welches er noch kuͤrtzlich zur Gnuͤ - ge ſehen laſſen. Es fiel derſelbe in eine hoͤchſt-gefaͤhr - liche Kranckheit / welche der Mohren ihre Aͤrtzte auf keinerley Weiſe zu heben wuſten; dahero kam er in un - ſere Veſtung mit einigem Gefolg / und hatte kein Be - denckē uns ſein Leben an zu vertrauen. Nun hatte unſer Feldſcherer keine Muͤhe uñ Fleiß erſparend / das Gluͤck / daß er denſebigen eines Theils von ſeiner Kranckheit befreyete / denn vollkommen dieſelbige zu heben warwegen89des Landes Gvinea. wegen der langwirigen Zeit in welcher ſie zu tieff ein - gewurtzelt / nicht moͤglich / zumahlen er nicht vermoͤ - gend war ohngeachtet ſeiner vielen Weiber mehr Kin - der zu zeugen.

Welche Unfaͤhigkeit er ſich in ſeiner Jugend auf den Hals gezogen / da er ein gar zu groſſer Liebhaber vom Weiber-Volck geweſen / ſo gar / daß wenn ihm dieſes in etwas gebeten / er moͤchte ſich in etwas ſcho - nen / ſie den guten Raht mit dem Leben haben entgel - ten muͤſſen / ſo er anitzo oͤffters genung bedauret / daß er damahls kein Gehoͤr gegeben. Jn Warheit es iſt Schade vor ihn / daß er in ſolchen Zuſtand gerahten / und muß ich geſtehen / daß Zeit ſeiner Anweſenheit in unſerer Veſtung ich ihn zum oͤfftern hertzlich bedau - ret / weil er ein ſehr geſchickter Mohr iſt / der gar wohl ausſiehet / und in der Bluͤte ſeiner Jahre ſtehet.

Es vergoͤnnete uns derſelbe noch bey Lebzeiten des alten Koͤniges / auf der Graͤntze des Landes nechſt dem Dorff Ponni, zu bauen / ſo wir auch gern gethan haͤt - ten; allein kaum waren wir zu Acra ankommen / und einige mit hiezu noͤthiger Zubehoͤrung beladene Schif - fe mit uns gebracht / ſo hoͤreten wir daß der Koͤnig Ado wider ein ander Land zu Felde gezogen / und weil wir uns fuͤr dem alten Koͤnig fuͤrchteten / als welcher mit ſcharffen Bedrohungen alles bauen uns hatte verbieten laſſen / ſtunden wir von unſerm Fuͤrnehmen ab / da uns die Zeit gelehret daß wir ſehr vernuͤnfftig gehandelt / angeſehen die Unkoſten gantz vergebens ge - weſen waͤren / denn da anitzo nur eine Wohnung mit zwey unſerer Leuten wir daſelbſt haben / mercken wir taͤglich / daß die Handlung bey weiten nicht ſo groß ſey als ſie uns vorgemahlet worden; wannenhero ichF 5ſchwer -90Beſchreibungſchwerlich glaube / daß jemahls eine Veſtung alldor - ten werde angeleget werden / es ſey denn daß ſich die Sachen gaͤntzlich aͤndern.

Jch habe anders wo erinnert / daß die Engellaͤnder / Daͤhnen und wir / ein jeder ſeine Veſtung allhie beſitzē / welche auch fuͤr drey von den Beſten des gantzen Lan - des beſtehen koͤnnen; die erſtere darauf man vom A - bend zu koͤmmt / gehoͤret denen Engellaͤndern; Selbi - ge iſt viereckigt / hat 4. Bollwercke / und iſt mit hohen ſtarcken Mauren umgeben / inſonderheit auf der Seite nach unſerer Veſtung / allwo die Mauer von unge - meiner Dicke und Staͤrcke iſt. Jhre Bollwercke ſind mit 25. Canons beſetzet / ſo doch gar leichte ſind / und deswegen von denen Engliſchen gegen 12. andere gute Stuͤcke williglich ausgewechſelt werden ſolten / im Fall ihnen dergleichen Vortrag geſchehen wuͤrde. Jhr koͤnnet abermahls den Abriß ſuchen unter num. 16. 17. Die Beſatzung iſt auch in ſchlechten Stande / ſo wie in allen Engliſchen Veſtungen / als ob es ge - nung ſey Veſtungen zu bauen / mit einigen Canons und uͤbrigen Kriegs-Requiſiten zu verſehen / im uͤbri - gen aber keine Mannſchafft oder Beſatzung noͤthig. Jn Warheit dieſes iſt gemeiniglich der Engliſchen groſſer Fehler / und waͤre zu wuͤnſchen daß ſie keine Nachfolger darinn haͤtten; allein ich will gewiſſer Urſachen halber nichts mehr ſagen / in Hoffnung man werde ſich in Zeiten in acht nehmen.

Unterhalb dieſer Veſtung ohngefehr ein Falconet - ten Schuß davon lieget die Unſrige / ſo ſich (Hertzleid) Creve coeur nennet / wiewol es kein Hertzenleid iſt Commendant darinnen zu ſeyn / wegen der ſchoͤnen daſigen Handlung / ſie uͤbertrifft auch an Groͤſſe undViel -

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91des Landes Gvinea. Vielheit derer Canons, die vorg[e]m[e]ldte Engliſche; was aber die Veſtigkeit betrifft / haben ſie einander nicht viel fuͤrzuwerffen / ausgenommen / daß unſere Mauren die Dicke nicht haben / und dem Abſehen nach ſo lange nicht wuͤrden aushalten koͤnnen. Ubrigens wollen wir hoffen daß wir mit denen Engliſchen gute Freunde bleiben werden / denn in Ermangelung deſſen / koͤnnten wir einander ziemlich grob begruͤſſen / ihr koͤn - net den Abriß in Augenſchein nehmen unter num. 18. und 19.

Noch ein Canon-Schuß weiter hinunter findet ſich die Daͤhniſche Veſtung unter dem Nahmen Chriſtians-Burg / und iſt die einige ſo ſie hier zu Lan - de beſitzen. Sie wurde von den Mohren im Jahr 1693. eingenommen / gaͤntzlich ausgepluͤndert / auch einige Zeit in Beſitz von ihnen gehalten / wozu ihnen das Abſterben einiger aus der Beſatzung Gelegenheit gegeben hatte. Jn Warheit es war eine rechte Luſt (derer Daͤhnen Ungluͤck bey Seite geſetzet;) anzuſehen wie die Mohren in obiger Veſtung ſich auffuͤhrten / angeſehen ihr Commendant Nahmens Aſſam - meni, ſich in Daͤhniſchen Habit einkleidete / derglei - chen daſige Gouverneurs zu tragen pflegen / und auf ſolche Weiſe ſich unterſchiedliche Ehren-Bezeugun - gen erweiſen lieſſe / und was dergleichen laͤcherliche Streiche mehr waren / in welche er ſich bey ſeiner ein - gebildeten hohen Ehren-Stelle / nicht wohl ſchicken konte. Er ließ ohne Auffhoͤren aus dem groben Ge - ſchuͤtz ſchieſſen / als ob des Pulvers kein Ende werden koͤnnte. Er bewilkommete alle diejenige / ſo wol pri - vilegirte als nicht privilegirte Engliſche und See - laͤndiſche Schiffe / welche nur vor dieſer Veſtung An -cker92Beſchreibungcker zu werffen kamen / meiſtentheils mit gedoppelter Loͤſung derer Canonen. Das Beſte war / daß er nicht lange Meiſter darinnen bliebe / denn ſo bald zwey Daͤhniſche Schiffe anlaͤndeten / erhielten dieſel - bige vom Koͤnige zu Aqvamboe, vermittelſt der an ihn uͤberreichten nachdruͤcklichen Geſchencken / und unſer Seits anhaltenden Fuͤrbitte inſonderheit / daß ih - nen ihre Veſtung wieder uͤberliefert wurde / und ihre Beſatzung einfuͤhren dorfften. Allein ſie haben nach der Zeit zur Erkaͤnntligkeit unſerer treuen Dienſte uns ſehr undanckbahrlich belohnet; gleichwol haben ſie dadurch nicht viel gewonnen: denn weil ſie von den obbemeldten zwey Schiffen ſchier alles Volck hin - weggenommen / ſo daß ſie in keinen Stande waren ei - nigen Widerſtand zu thun / muſten ſie bald verneh - men / daß ſelbige beyderſeits in Golfo vor Gvinea, von denen See-Raͤubern genommen waͤren. Die Veſtung ſelber betreffend / iſt ſie nicht beſſer als der Engellaͤnder oder die Unſrige / wol aber etwas veſter; denn ſie iſt viereckigt / hat vier gute Bollwercke mit 20. Canons beſetzet. Sie præſentiret ſich uͤberaus wohl / ſo daß man ſagen wuͤrde das gantze Werck waͤre nur ein einiges Bollwerck / indem ſie oben gantz platt / und auf trefflichen Gewoͤlben gebauet iſt / daß man alſo durchgehends unterſchiedliche Stuͤcke pflan - tzen koͤnne. Es verdienet ſelbige von euch mein Herr mit Bedacht in dem Abriß unter numero 20. und 21. nachgeſehen zu werden / ich zweiffle nicht ihr wer - det einiges Vergnuͤgen darrinnen ſpuͤren. Jhr ha - bet nunmehro die Helffte aller Veſtungen dieſes Lan - des von Elmina bis Acra in Kupffer geſehen / daferne jemand kommt der mir die Ubrige abreiſſen kan / willich93des Landes Gvinea. ich auch dieſe ſo gegen Abend von Elmina liegen / und an der Zahl eilffe ſind / euch zu ſenden. Jch habe obige von beyden Seiten / nemlich nach Abend und nach Morgen wenigſtens ſehr eigentlich abzeichnen laſſen; denn die Warheit zu ſagen / habe ich keinen See-Com - paß dabey gebrauchet / ſondern uͤberlaſſe dergleichen Sinnligkeit an andre.

Bald wird es Zeit ſeyn daß ich dieſes Land verlaſſe / und tieffer ins Land mich begebe / doch muß bey Endi - gung dieſer Beſchreibung von Aqvamboe noch mit wenigem gedacht werden / daß ob gleich die Engellaͤn - der / Daͤhnen als auch wir / einjeder ſeine Veſtung allhie haben / dennoch unſer Anſehen und Macht in ſchlechten Stande iſt; ſintemahlen dieſe Veſtungen zu nichts anders dienen / als uns fuͤr denen Streiffe - reyen der Mohren zu beſchuͤtzen / und wuͤrden gewiß Urſach zu allzu fruͤher Reue uͤber kommen / wenn wir dadurch die Mohren zu zwingen uns unterſtehen ſolten.

Eine jede Veſtung hat ihre eigene Dorffſchafften / und jedes Dorff ſeinen eigenen Nahmen / ins gemein aber werden ſie Acra genennet / nach einem Koͤnig - reiche ſo vor dieſem hie zu Lande geweſen / nachgehends aber durch die von Aqvamboe gaͤntzlich ruiniret wor - den / ſo daß die uͤbrige Einwohner genoͤthiget worden ſich nach einer Gegend klein Popo genannt / zu bege - ben / allwo ſie bis dato ihren Auffenthalt finden / als das einige Uberbleibſel eines vormahligen ſo groſſen Koͤnigreichs.

Es wird bey vielen das Anſehen haben / als wenn hier drey unterſchiedliche Compagnien ſich befinden / welche ihren Handel fortſetzeten / und folglich einerdem94Beſchreibungdem andern ſehr nachtheilig ſeyn muͤſte; allein ohn - geachtet ihrer viele ſind die ſolches ſuchen / auch zuwei - len allerhand erſinnliche Verdrießlichkeiten einander anthun / giebet es nichts deſtoweniger ſo viel Gold und Sclaven / (zu verſtehen wenn die Wege zur Hand - lung frey und offen ſeyn;) daß eine Compagnie ins beſondere ihre vollkommne Rechnung findet / weil die eine allezeit etwas hat was der andern fehlet / und alſo durchgehends die Waaren verkauffet werden.

Bisweilen findet ſich allhier mehr Gold ein / als in einem Ort des gantzen Landes / und wuͤrde deſſen noch mehr ſeyn / wenn die von Aqvamboe und Akim ſich wohl vertragen koͤnnten / allein ſo leben ſie immer in Zwiſtigkeit / weilen die von Akim gerne den Meiſter ſpielen wolten uͤber das Land Aqvamboe, weil ſie die - ſen jaͤhrlich eine gewiſſe Summa Geldes abtragen muͤſſen; wozu ſich aber die von Aqvamboe nicht ver - ſtehen wollen / und dadurch gar fuͤglich den vollkom - menen Untergang auf den Hals ziehen koͤnnten / im Fall ſich jene von Akim wohl untereinander verſtuͤn - den. So aber weiß der Koͤnig von Aqvamboe un - ter den Groſſen des Landes von Akim, vermittelſt ſei - nen Worten und oͤftern Beſchenckungen / ſolche Miß - helligkeiten zu ſtifften / daß er ſein gantzes Land in Ruhe und Friede beherrſchen / auch nach eigenen Gefallen die Handlung fortſetzen koͤnne. Was die Groſſen des Landes Aqvamboe betrifft / habe ich vor dieſem allbereit erinnert / anitzo will ich nur hinzu ſetzen / daß der Koͤnig und die Vornehmen des Reichs unglaub - lichen Schatz beſitzen / ſowol in Gold als Sclaven / ſo gar / daß ich behaupten wolte es waͤre in dieſem Lande mehr Geld oder Reichthum / als in allen Ubrigen / da -von95des Landes Gvinea. von bishero Meldung geſchehen. Die Einwohner bekuͤmmern ſich meiſtens um die Handlung / Acker - bau oder den Krieg / wozu ſie fuͤr allem geneigt ſind. Dannenhero ſie vor Ausgang des Jahres allezeit Mangel an Lebens-Mitteln ſpuͤren / ſo daß ſelbige aus andern Orten herbey gefuͤhret werden muͤſſen / da gleichwol ihr Land an ſich ſelbſt ſehr fruchtbahr iſt.

Diejenige aber zu Aqvamboe bekuͤmmern ſich weder um die Fiſcherey / noch um das Saltz machen / ſo gleichwol in groſſer Menge und haͤuffiger als ir - gend anders wo allhie gefunden wird / ſondern laſſen dieſe Arbeit denen Mohren uͤber / ſo entweder im Lande gebohren / oder anders wo her gekommen allhie zu woh - nen / deren inſonderheit eine ſolche Anzahl ſich daſelbſt aufhaͤlt / daß die meiſten Doͤrffer von ihnen bewohnet werden. Dieſe Leute nun laſſen ſich nicht befriedi - gen mit dem Fiſch-Fang und Saltz machen / ſondern handeln auch mit auslaͤndiſchen Schiffen / wenig - ſtens eben ſo ſtarck als die Mohren zu Axim oder Fan - tin. Es iſt auch die Sclaven Handlung allhie ſo groß / als irgend an einem Orte im gantzen Lande / (ausgenommen Annamabo) aus Urſach daß die be - nachbahrten Laͤnder uͤber die maßen volckreich / und ſchier allezeit in Kriege verwickelt leben / dahero ſie unterſchiedliche Gefangene machen / und dieſelbige hernach an die Europaͤer verhandeln koͤnnen.

Jhr hoͤret ſehr viel von den Mohren ſo zu dem Krieg geneigt ſind / glaubet aber nicht mein Herr / daß ſie ein - tzig und allein dem Kriege ergeben ſind / ohne daß ſie ichtens was anders fuͤrnehmen ſolten; keines weges / alle Mohren insgemein dienen ſo lange fuͤr Solda - ten als der Krieg dauret / daferne ſie ſich entwederſelbſt96Beſchreibungſelbſt oder auch ihr Oberherr ſie mit Gewehr verſe - hen hat. So bald aber iſt der Krieg nicht geendiget / ſo gehet ein jeder nach Haus. Nichts deſtoweniger fin - den ſich unter ihnen auffruͤhriſche Koͤpfe / die auſſer dem Kriege nicht leben koͤnnen / ja in Ermangelung eines einheimiſchen Krieges / fremden Voͤlckern zu Huͤlffe eilen / oder wenigſtens auf Rauben und Steh - len ſich begeben / und alſo Profeſſion machen vom Sdldaten Leben / die ihr Brodt im Kriege verdienen muͤſſen. Ubrigens aber gibet es wenig Soldaten un - ter den Fiſcher-Leuten / denn diejenige ſo am Strande des Meers wohnen / nnd unter unſer Botmaͤßigkeit ſtehen / haben ſich keines Weges ihrer Feinde halber zu befuͤrchten; wannenhero ſie mit Gewehr ſchlecht oder gar nicht verſehen ſind.

Bis hieher mein Herr habe ich vom gantzen Lan - de geſchrieben; kuͤnfftig in erſterem Briefe welchen an euch zu ſchreiben mir die Ehre nehmen werde / will ich von der Gegend ſo jenſeit dem veſten Lande anzu - treffen ausfuͤhrlich handeln / daraus das Gold hier zu uns gebracht wird / wenigſtens ſo viel mir moͤglich und bekandt iſt. Jch zweiffle nicht es werde alles was bishero gemeldet euch einiges Vergnuͤgen ver - urſachet haben / in deſſen Zuverſicht die Freyheit neh - me mich zu nennen euren ꝛc.

Ende des fuͤnfften Briefes.
Sech -97des Landes Gvinea.

Sechſtes Send-Schreiben.

Welches handelt von den Laͤndern wo das Gold gegraben wird; von den grau - ſamen Kriegen und Zerſtoͤrungen / ſo einige von dieſen Laͤndern betroffen; von dex Art und Weiſe / wie die Mohren das Gold ſu - chen; von dem aͤuſſerlichen Anſehen des Gol - des wenn es aus der Gold-Gruben koͤmmt; wie das falſche Gold gemacht werde / und wobey man ſolches erkennen koͤnne; vom Gewicht des Goldes; endlich von unter - ſchiedlichen Gedancken uͤber das Gold gra - ben derer Mohren / wobey denen Europaͤ - ern angezeiget wird / wie ſolches von ihnen mit viel geringer Muͤhe und doch groͤſ - ſeren Vortheil / koͤnnte vorgenom - men werden.

Mein Herr!

JCh habe in meinem letzteren Schreiben verſpr[o]- chen / einigen Bericht abzuſtatten von denen Laͤn - dern aus welchen das Gold hekommt; dannenhero will ich meinem Verſprechen anitzo nachkommend / melden / wie nicht allein das Gold gegraben und aus denen Gruben heraus gezogen werde / ſondern auch wie es alsdenn aͤuſſerlich anzuſehen und wie ſchwer es wiege / imgleichen wie das falſche Gold gemachet wer - de / und wobey daſſelbe zu erkennen / damit ihr ſo zu ſa - gen in einem Augenblick was zu dieſer Sache gehoͤret / uͤberſehen koͤnnet.

GDas98Beſchreibung

Das erſte nun wo das Gold hergebracht wird / heiſſet Dinkira, welches ſehr tieff im Lande lieget / ſo daß der Compagnie Bediente 5. Tage Zeit haben muͤſſen wenn ſie von EImina und 10. wenn ſie von A - kim dahin reiſen wollen. Zwar iſt obgedachtes Din - kira ſo gar entlegen nicht / allein die Wege gehen ſehr krum / doch wollen die Mohren hierinn keine andere Veraͤnderung machen. Ubrigens iſt dieſes Land in - nerhalb 15. oder 16. Jahren durch ſeine ſtoltze Ein - wohner ſo maͤchtig und reich geworden / daß da es vor dieſem nur eine Hand voll Volck / ſo einen kleinen Begriff des Landes innen hielten / ſelbiges anitzo al - len benachbahrten Laͤndern ein Schrecken und Furcht einjaget / die ſie vorhin ſelbſt fuͤrchten muſten / ausge - nommen denen von Aſiante und Akim, als welche noch viel maͤchtiger ſeynd.

Es hatten auch die Einwohner von Dinkira groſſe Schaͤtze in Gold / nicht nur aus ihrem eigenen Lande / ſondern auch aus anderwerts in fremden Laͤndern ge - machter Beute geſammlet / inſonderheit aber aus dem groſſen Gewinn der Handlung / denn keine Nation unter denen Mohren in handeln mit ſie mag vergli - chen werden. Uber dem waren ſie Meiſter uͤber drey Laͤnder / allwo Gold / wiewol nicht gar viel gefunden wurde / nemlich Waſſa, Emaſſa und Juſſer, welche alle drey nahe an einander gelegen / und das letztere mit dem Lande Commani graͤntzet. Sie konnten auch 1. 2. bis 3. Jahr den gantzen Obertheil des Lan - des zwiſchen Akim und Zaconde mit ihrem eigen ge - grabenen Golde verſehen / oder wenigſtens dem ſo ſie aus andern Laͤndern hergeholet hatten / ſo lange als der Krieg von Commani gedauret; anitzo aber da wirmit99des Landes Gvinea. mit dieſen Commaniern Friede haben / auch denen Handelsleuten alle Wege offen ſtehen / fuͤhren ſie ihr Gold nicht mehr oben ins Land / weil es zu weit entfer - net / ſondern gehen nicht weiter als bis Chama, Com - mani, Elmina und Cabocors; und von der Zeit an haben ſie oben im Lande wenig Gold bekommen: denn obwol zwar einige Laͤnder auch hie ſich finden ſo etwas Gold geben / als Egvira, Adom, Acroboe und An - cober, iſt doch ſolches noch lange nicht zureichend alle dieſſeits gelegene Veſtungen damit zu verſehen. Jm Jahr 1694. beſuchte ich die Brandenburgiſchen / wel - che ſich beklagten / daß ſie ſchon lange Zeit nicht zwey Marck an Gold Monatlich gefunden haͤtten. Uns ging es dazumahl nicht viel beſſer / und war die Hand - lung durchgehends ſehr ſchlecht.

Das Gold aber ſo uns von Dinkira gebracht wird / iſt rein und ſauber / ausgenommen den Fetichen ſo ſie darunter miſchen / welches eine gewiſſe Art Gold in allerhand Figuren ausgearbeitet iſt / deren einige recht ſchoͤn anzuſehen ſeynd. Sie werden in gewiſſe ſchwartze erdene ſehr wichtige Formen gegoſſen. Bis - weilen iſt der vierte Theil / ja wol die Helfſte Silber oder Kupffer darinnen / wannenhero es viel geringer bezahlet wird; gleichwol dringen ſie uns daſſelbige auf im gantzen Lande / ſo gar / daß im Fall wir es nicht annehmen wollen / die Mohren ſo unverſchaͤmt ſeyn und das gute Gold auch hinweg nehmen und uns alſo nichts uͤbrig laſſen / dahero wir oͤffters durch die Fin - ger ſehen muͤſſen.

Man findet auch auffrichtige Fetichen von feinem Gold / ſie behalten aber ſolche fuͤr ſich / und verkauffen ſie nicht gerne; und wenn ſie ja etwas zum VerkauffG 2her -100Beſchreibungherbringen / thun ſie es entweder aus Noht / oder weil ſie voll ſchwartzer Erde ſeynd / womit ſie diejenige wel - che um ihre Liſtigkeit nicht wiſſen / zum oͤfftern betrie - gen / denn an ſtatt des Goldes / bisweilen die Helffte Erde iſt.

Jhr koͤnnet demnach aus oberzehlten leichtlich ur - theilen / wie reich und maͤchtig das Land von Dinkira geweſen ſey. Es iſt ihnen aber ſo vielfaͤltiges Ungluͤck zu - geſtoſſen / daß ſie anitzo gantz verwuͤſtet und verdorben. Wird dannenhero nicht unangenehm zu hoͤren ſeyn / wie ein ſo maͤchtiges Land in ſolch Elend und Unter - gang gerathen / welches ich anitzo berichten will / ſo wie es mir einige Mohren erzehlet haben / und ſo viel glaubwuͤrdiger iſt / weil es bald auf einander in kurtzer Zeit ſich zugetragen.

Es waren numehro die Einwohner von Dinkira durch ihren Reichthum und anſehnliches Vermoͤgen ſo hoffaͤrtig geworden / daß ſie die uͤbrigen Mohren gar fuͤr nichts achteten / auch dieſelbige nicht anders als ihre Sclaven anſahen; wodurch ſie ſich ſo verhaßt machten / daß jederman ihren Untergang hertzlich wuͤnſchete; gleichwol aber dorffte ſich niemand unter - ſtehen den Kopff zu bieten / bis endlich der Koͤnig von A - ſiante als ihrer Laͤnder Nachbahr / von ihrem Ober - haupt einige Beſchimffung empfangen habende / ſich entſchloſſe ſehr nachdruͤcklich an ihnen zu raͤchen. Es beſtand aber dieſe Beſchimffung eigentlich darinnen: Der Koͤnig oder das Oberhaupt von Dinkira, ſo noch ein gar junger Herr / aber in ſeinem Lande ſo viel Anſe - hens hatte / daß man uͤberall mit Verwunderung von ihm ſprechen hoͤrete / fertigte einsmahls einige ſeiner Frauen ab an den Koͤnig von Aſiante, den ſie in ſeinemNah -101des Landes Gvinea. Nahmen begruͤſſen ſolten; welches denn dieſer Koͤnig ſo gnaͤdig aufnahme / daß er denen Frauens aufs hoͤf - lichſte begegnete / und ſie reich beſchencket wieder nach Hauſe ſandte. Ja ſelbſt zu Bezeigung wie ihm dergleichen Botſchafft angenehm geweſen waͤre / eini - ge Zeit hernach ſeiner Frauen etliche an das Ober - haupt von Dinkira abfertigte / welche ihm die Ehre thun und in des Koͤniges Nahmen aller beſtaͤndigen Liebe und Wolgewogenheit verſichern ſolten. Es wurden auch dieſe Frauen nicht weniger hoͤfflich im Lande von Dinkira empfangen / als die vorige im Lan - de von Aſiante, ſondern wurden noch viel reichlicher beſchencket / da inſonderheit das Oberhaupt von Din - kira, gar zu hefftig von Liebe eingenommen gegen de - ren eine / ſich durch die inbruͤnſtigen Begierden verlei - ten lieſſe / und ſich vergriffe; worauff er ſie wieder nach Hauſe ihrem Mann zuſchickte. Kaum hatte der Koͤnig von Aſiante dieſes angethane Unrecht zu Ohren be - kommen / wurde er ſo erhitzet / daß er dem zu Dinkira zu entbieten lieſſe / er wolle nicht eher ruhen / bis er die - ſe hohe Beleidigung mit dem Blute deſſen abgewa - ſchen haͤtte / welcher ſie ihm angethan haͤtte. Jener nun / als er wieder zu ſich ſelbſt kame / und wol wuſte mit wem er zu thun bekaͤme / haͤtte viel lieber gewuͤn - ſchet es waͤre hiezu niemahls gekommen; weil es aber anitzo nicht zu aͤndern ſtunde / ſuchte er den Koͤnig von Aſiante mit Geſchencken zu befriedigen / und boht ihm eine anſehnliche Summa Goldes dar. Es wolte aber dieſer Koͤnig nichts davon hoͤren / ſondern ruͤſte - te ſich zu einem ſchweren Kriege / damit er mit einer anſehnlichen Krieges-Macht in das Land Dinkira einfallen koͤnnte / ließ auch weil er weder Pulver nochG 3Gewehr102BeſchreibungGewehr hatte / ſolches im Lande haͤuffig aufkauffen / wo zu die von Dinkira ihm ſelbſt behuͤlfflich waren / und ohngehindert des von Aſiante ſeine Armee durch ihr Land ziehen lieſſen mit aller der erſchrecklichen Kriegs - Ruͤſtung / ohngeachtet ſie gar wohl wuſten es wuͤrde bloß auf ſie gemuͤntzet ſeyn. Waͤhrender ſolcher Un - ruhe ſtarb das Oberhaupt zu Dinkira, dannenhero man meynte es wuͤrde der Krieg bald ein erwuͤnſchtes Loch gewinnen; allein entweder waren die uͤbrige Haͤupter zu trotzig bey dem Koͤnig Zaii von Aſiante um Frieden anzuhalten / oder die Staͤnde ſelbſt hetze - ten dieſen Koͤnig wider ſich ſelbſt an / und machten alſo daß der einmahl genommene Entſchluß feſt bliebe / Dinkira muß zerſtoͤhret werden; wannenhero folgendes Jahr die Armee ausruͤckte / nachdem ſie das vorige Jahr alle erſinnliche Zuruͤſtungen und Nohtwendigkeiten herbeygeſchaffet. Jene nemlich von Dinkira, widerſetzten ſich mit der groͤſten Stand - und Hertzhafftigkeit / wurden aber von denen von A - ſiante bald im erſten Treffen gaͤntzlich unter die Fuͤſſe gebracht / ſo gar / daß ſie in zwey Schlachten mehr als 100000. Mann nach Auſſage derer Mohren / einge - buͤſſet. Die zu Akim waren dieſen zu Huͤlffe gekom - men / allein auch dieſe muſten ein dreyſſig tauſend Mann im Stich laſſen / ohngerechnet daß vor dem Anfang dieſer Schlacht ein vornehmer Cabocoer aus Akim mit allen ſeinen Leuten in die Pfanne ge - hauen wurde. Was duͤncket euch nun hievon mein Herr / gewiß haben dieſe Schlachten ein mehreres auf ſich / als welche bisweilen unter den andern kleinen Koͤnigen hieſiges Landes fuͤrzugehen pflegen? Denn wenn dieſe auch alle Lahme und Blinde im gantzenLande103des Landes Gvinea. Lande aufſuchten und Soldaten daraus machten / wuͤrden ſie doch eine ſo anſehnliche Armee ins Feld nicht ſtellen koͤnnen. Man ſagt es haͤtten die oon Aſiante 15. Tage lang noͤthig gehabt / ehe ſie mit Auf - ſammlung der gemachten Beute haben koͤnnen fertig werden / (wiewol ich glaube daß ſie in Tagen ſich ver - zaͤhlet) doch iſts gewiß / daß die Beute des Koͤnigs / allein auf tauſend Marck Gold geſchaͤtzet worden; ſo wie einer von unſern Leuten / der als Abgeſandter bey gemeldtem Koͤnig ſich aufgehalten / behaupten wollen dieſelbe offt geſehen zu haben. Er befindet ſich anitzo noch im Lande von Ante, damit er laut ſeiner Commiſſion, einen genauen Bericht aufzeichnen koͤnne / was in gemeldtem Lande vorgehe und geſchehe / dannenhero ich begierig bin deswegen einige Nach - richt zu erhalten / nicht zweifflende / es werden unter - ſchiedliche merckliche Dinge ſich eraͤugnen; allein man muß bis auf andre Zeit Gedult haben. Anitzo mercket nur wo zu es mit dem ſtoltzen Dinkira gekom - men / deſſen Fluͤchtlinge anitzo zu Sclaven gemacht worden / und als ſolche Leute verkauffet / von denen ſo ſie vormahls fuͤr ihre Sclaven hielten. Noch zur Zeit aber haben wir es ſo gar genau nicht wiſſen koͤn - nen / was ſich alles in dieſem Lande zu getragen / ins kuͤnfftige will ich / ſo bald mir eine aufrichtige Be - ſchreibung zu Haͤnden koͤmmt / nicht ermangeln voͤlli - gen Bericht abzuſtatten.

Nun kommen wir ans Land Acanni, welches ehe - mahls und lange vor Diekira in der Handlung ſehr beruͤhmt geweſen. Zumahlen die Einwohner von A - ſiante und Akim hieher kamen ihr Gold zu verkauf - fen / uͤber dasjenige was ſelbſt im Lande gegrabenG 4wurde;104Beſchreibungwurde; welches ſo ſchoͤn und ſauber iſt / daß noch heute zu Tage von den Mohren das beſte feineſte Gold Acanni Sica oder Gold von Acanni genennet wird. Es waren auch dieſe Leute gewohnet mit denen zu Ca - bes terra ein Streich Landes zwiſchen Acanni und Saboe, ſtarcke Handlung zu treiben / bis nach El - mina, Cabocors, Mouree, Annamabo, Corman - tin, ja gantz hinunter / bis an das denen Engellaͤndern zuſtaͤndiges Dorff Simpa. Es war ihr Gold auch nicht untermenget mit obgemeldten Fetichen wie zu Dinkita, und folglich ungemein beſſer; allein man konnte mit den Leuten nicht gar zu wohl zu recht kom - men / indem ſie bey weiten nicht ſo ehrlich waren als die zu Dinkira, ſondern alles nach ihrem Wohlgefal - len einrichten wolten. Anitzo haben ſie in Zeit von drey Jahren / ſchier keine Handlung gefuͤhret / ſeit dem ſie nemlich mit denen von Dinkira uneins gewe - ſen / (die Urſach iſt mir unbekandt) da ſie tapfer Schlaͤ - ge bekommen / und viele von den Vornehmen des Lan - des verlohren / oder als Gefangene wegfuͤhren haben anſehen muͤſſen; ſo ſie hernach mit alle dem Jhrigen auszuloͤſen genoͤthiget / und dadurch in groſſes Elend oder Armuth geſtuͤrtzet worden. Weil nun aber Din - kira auch verdorben / und ſich zu denen von Aſiante, geſchlagen / ſolte es leichtlich geſchehen / daß ſie wieder empor kommen / und zum Theil in ihren vorigen herr - lichen Stand gelangen koͤnnten.

Jch will bey dem Lande von Acanni zugleich auch vom Lande Akim melden / weil wir allhie kein beſſeres kennen / wo mehr und auch feiners Gold anzutreffen / es laͤſſet ſich an ſeiner duncklen Farbe von allem uͤbri - gen gar leichtlich unterſcheiden / und ziehet den mei -ſten105des Landes Gvinea. ſten Theil davon Acra, allwo deswegen auch ſchoͤnes Gold ohne Fetichen zu bekommen. Man hat mir oͤfters geſagt / es waͤre das Land Akim uͤber die maſ - ſen groß / wannenhero ich einſtens von denen Ein - wohnern begehrte mir zu ſagen / in wie viel Tagen man das gantze Land durchreiſen koͤnnte von einem Ende zum andern; darauf mir zur Antwort wurde / es waͤre das Land ſo weitlaͤufftig / daß die Akimer ſelbſt nicht wuͤſten wie weit ſich ſolches auf der Seite nach Barbarien erſtreckte. Vor dieſem iſt es von Koͤnigen beherrſchet worden / allein der Letzte von die - ſen als ein ſehr junger und uͤbel erzogener Herr / hat ſich niemahls das gantze Land unterthaͤnig machen koͤnnen / ſondern hat mit einem Stuͤck davon zuſrie - den ſeyn muͤſſen / denn die Vornehmen des Landes hatten ſich aus Beyſorge / er moͤchte zu tyranniſch mit ihnen umgehen / bey Zeiten des Regiments verſichert / damit ſie ihn ein wenig zaͤhmen koͤnnten / ſo daß es heute zu Tage nicht anders als eine Republicq anzuſehen / und zwar zu groſſem Vortheil derer Acannier und Aqvamboer, denn im Fall obiges Land nur einen Herrn haͤtte / wuͤrden dieſe bey weitem nicht ſo viel Trennungen ſtifften koͤnnen / als ſie annitzo wuͤrcklich thun / damit ſie ſo viel ſicherer und freyer leben moͤgen / anders wuͤrde es in kurtzer Zeit um ſie zu thun ſeyn.

Wir haben allezeit gemeynet es waͤren uͤber itzt ge - dachte drey Laͤnder keine reichere von Gold; allein es iſt unſtreitig / daß es deren noch viel beſſere gebe / davon das Land Aſiante uns gnugſames Zeugniß giebet; denn in den wenigen Jahren / da es allererſt bekandt worden / hat ſich mehr Gold allda gefunden als in Dinkira. Nicht weniger giebet auch das LandG 5Ananſe106BeſchreibungAnanſe zwiſchen Aſiante und Dinkira; iſt auch kein Zweiffel es ſind derer noch unterſchiedliche mehr / wel - che noch zur Zeit nicht entdecket ſind.

Jnſonderheit iſt nicht zu vergeſſen des Landes A - vine, welches das vornehmſte im gantzen Lande / und dem von Axim weit vorgehet. Vor dieſem lieferten deſſen Einwohner ſehr vieles Gold an uns gantz ſau - ber und fein / ſie ſind ſonſten die beſten Leute mit denen noch umzugehen iſt. Allein die von Dinkira, welche den Meiſter uͤberall ſpielen wollen / haben ſich dieſe Leute unterwuͤrffig gemacht / und damit verhindert / daß wir ſeit der Zeit nicht ein Stuͤck Gold von ihnen zu ſehen bekommen. Zwar hatten ſich die von Avine hefftig dawider geſetzet / wuͤrden auch ohne Zweiffel geſieget haben / im Fall ſie unter einander einig gewe - ſen waͤren. Denn als einſten die von Dinkira ſich in ein Treffen einlieſſen mit dem Oberhaupt von denen Avinern / geſchahe es daß ſie mehr als 2000. Mann ſitzen lieſſen / ſo daß nicht eine Seele uͤbrig bliebe die auch nur die Zeitung haͤtte uͤberbringen koͤnnen / denn die Aviner wiſſen ſich vortrefflich vergiffteter Pfeile gegen ihre Feinde zu bedienen. Darauf kamen die von Dinkira noch ſtaͤrcker zu Felde / daß jene als Uber - winder auf empfangene Nachricht ſich gezwungen ſahen bey ihren Landesleuten um Huͤlffe anzuhalten. Allein dieſe kehrten ſich nicht daran / ſondern lieſſen ihnen zu entbieten / ſie waͤren verzagte und feige Leute daß ſie Huͤlffe begehrten / weil ſie allein vermoͤgend ge - nung waͤren denen Dinkirern zu widerſtehen / im Fall es aber geſchaͤhe / daß ſie unter laͤgen / muͤſten ſie gedencken es waͤre auch die Reyhe einſtens an ſie ge - kommen; wie ſolches auch wuͤrcklich geſchahe da ſiedenen107des Landes Gvinea. denen Dinkirern ihre Mannſchafft verlohren geben muſten / nicht viel anders als die Chineſen wenn ſie mit denen Tartaren zu thun haben; da ſie doch im Ge - gentheil wenn ſie einander beygeſtanden haͤtten / gar leichtlich ihren Feind uͤber den Hauffen haͤtten werffen koͤnnen.

Hier endiget ſich die Beſchreibung von denen Laͤn - dern daraus wir unſer Gold bekommen; ich hoffe ihr werdet mein Herr mit dem wenigen ſo ich davon ge - meldet vergnuͤget ſeyn / in Anſehung daß wir von den Mohren ſo ausfuͤhrliche Nachricht nicht haben koͤn - nen / und von unſern Leuten ſich niemand ſo weit hin - ein gewaget. Anitzo will ich noch hinzuthun von dem Golde ſelbſt ſo uns aus den Laͤndern gebracht wird.

Die meiſten in Europa halten dafuͤr / daß wir Meiſter ſind uͤber die Gold-Gruben / und das Gold ſelbſt graben laſſen / wie die Spanier in America: allein ihr wiſſet gar wohl mein Herr daß dieſes ein groſſer Jrrthum ſey / angeſehen wir nicht einmahl dabey kommen doͤrffen / und ſchier ſagen wolte / daß keiner von uns ſie jemahls geſehen; denn die Mohren halten dieſelbe vor etwas heiliges / und verhindern auf allerhand Art und Weiſe damit auſſer ihnen kein Menſch herzu nahen moͤge. Wird demnach das Gold in drey Oͤrtern gefunden. Zu erſt und inſonder - heit in und zwiſchen den Bergen / allwo die Mohren groſſe Loͤcher aushoͤlen / dafern ſie einige Gold-Minen entdecket haben; die erde davon brauchen ſie zu ihrer Geſundheit / wie hernach melden will.

Zweytens wird das Gold gefunden zunechſt den Fluͤſſen oder groſſen Waſſer-Faͤllen / allwo das Waſ - ſer durch den ſchnellen Lauff / von den hoͤchſten Ber -gen108Beſchreibunggen die oberſten Spitzen und Huͤgel ausſpuͤhlet / und alſo mit der Erden zu gleicher Zeit das Gold herunter ſchlaͤget.

Drittens findet ſich auch Gold an dem Meer / als zu Elmina und Axim, wo nemlich kleine Adern ſind / und das Gold eben wie itzo gemeldet / auch von den ho - hen Bergen hernieder faͤllet. Dannenhero ſiehet man des Morgens wenn es die vorige Nacht gere - gnet / der Mohren ihre Weiber gar haͤuffig dahin lauffen mit einem groſſen und kleinen Gefaͤße / in das erſtere ſammlen ſie Erde und Sand / welche ſie alle Augenblick in friſchem Waſſer durchruͤhren / bis die Erde davon abgehet / und das Gold daferne etwas darinnen / an den Boden faͤllet; alsdenn ſchuͤtten ſie es aus dem groſſen ins kleinere Gefaͤß / und fangen von neuen an zu bewegen / zuweilen bis in die ſpaͤte Nacht / und am Ende haben ſie doch nicht mehr als fuͤr 5. oder 6. Stuͤver / ein wenig mehr oder weniger Gold. Zuweilen aber wiewol gar ſelten / trifft ſichs auch / daß ſie ein Stuͤck von 4. bis 5. fl. finden / dargegen iſt auch gar oͤffters ihre Muͤhe gantz vergebens. Alſo verfah - ren ſie mit dem reinigen von der Erden / wiſſen auch kein anderes Mittel das Gold davon zu ſaubern / es ſey den auf itzt bemeldte Art.

Dieſes Gold nun auf itzt erwehnte Weiſe gefun - den / iſt zweyerley. Eines heiſſet Gold-Pulver / wel - ches ſo fein wie Mehl / und fuͤr das beſte und koſtbahrſte in Europa gehalten wird. Das andere beſtehet in Stuͤcken von unterſchiedlicher Groͤſſe / einige ſind ſo klein / daß ſie kaum drey Heller / andere aber zwey bis 300. Guͤlden wehrt ſind; ſelbiges wird Ertz-Gold ge - nennet / und iſt wenn es gegoſſen / viel wichtiger als dasGold -109des Landes Gvinea. Gold-Pulver / haͤlt auch viel beſſern Strich; allein weil allezeit ſehr viel kleine Steinlein daran feſt ſitzen / muß man im ſchmeltzen ſehr viel am Gewinnſt verlieh - ren / dannenhero das Gold-Pulver viel hoͤher gehalten wird. Jhr koͤnnet hieraus ſehen was echtes und gu - tes Gold / auch wie daſſelbe zu ſaubern ſey: anitzo muß auch vom unechten und verfaͤlſchten Golde gemeldet werden. Jm erſteren finden ſich die Fetichen von Silber und Ertz / davon albereit erinnerung geſchehen. Dieſe Fetichen ſchneiden die Mohren in kleine Stuͤ - cke / deren etliche einen Pfennig / andere drey Heller gelten. Die Hollaͤnder haben in ihrer Sprache ein ſehr gewoͤhnliches Sprichwort / daß man fuͤr drey Heller nicht viel Gold kauffen kan / allein hier kan man auch mit dieſen kleinen Stuͤcklein zu Marckt gehen / Brodt / Fruͤchte und andere Nohtwendigkeiten einzu - kauffen. Und wiſſen die Mohrinnen inſonderheit ſich ſo darein zu finden / daß ſie im erſten Anblick den Wehrt erkennen / auch alſobald ihre Rechnung machen / ohne dieſelbige zu wiegen / oder ſich jemahls darinnen zu ver - ſehen / nicht anders als wir unſer gemuͤntztes Geld fuͤr uns haben. Die kleinen Stuͤcke nennen ſie Kake - raas, welches nach ihrer Sprach ein Ding von gerin - gen Wehrt bedeutet / wie denn in Warheit dieſes Gold an ſich ſelbſt nicht viel zu ſagen hat / und eine gan - tze Untze kaum 20. Gulden Hollandiſch betragen wuͤr - de / gleichwol wird es uͤbers gantze Land gebrauchet. Wir bezahlen damit unſere Guarniſon, und machen die Mohren keine Schwuͤrigkeit fuͤr allerhand - Waaren dieſelbe anzunehmen; denn ſie miſchen es noch mit ander Gold / und bringen es denn wieder zu uns / wir nehmen es auch an / und bezahlen damit un -ſere110Beſchreibungſere Schulden / ſo daß obige Art von Golde kommt und gehet / ins Land und wieder heraus gefuͤhret wird / ohne daß es jemahls abnimmt / ohngeachtet die Frantzoſen / Engellaͤnder / Portugieſen und Hollaͤnder jaͤhrlich eine groſſe Anzahl in Europa ſenden / weil aber die Moh - ren ihrer noch viel mehr machen als verſendet werden / ſo iſt niemahls einiger Mangel darinnen zu ſpuͤren.

Ubrigens wiſſen die Mohren ſich trefflich zu behelf - fen mit verfaͤlſchen des Goldes / da ſie ſo kuͤnſtlich das Gold theils in Pulver / theils in Ertz wiſſen nach zu machen / daß bisweilen die beſte Kenner von Gold da mit betrogeu werden; Sie gieſſen einige Stuͤcke / an welchen rund um ohngefehr die Dicke eines Meſſers feines Gold / inwendig aber nichts als Ertz / bisweilen gar Eyſen zu finden; ſie haben dergleichen practic noch fuͤr kurtzer Zeit ausgeſonnen. Das falſche Gold aber iſt gemeiniglich von Silber / Ertz und ein wenig untermenget Gold zuſammen geſetzet / hat eine hohe Farb / wo durch diejenige / die ſich nicht gar wohl dar - auf verſtehen / ſehr leicht betrogen werden; denn indem ſie ein oder zwey . Gold einkauffen / wo unterſchiedliche ſolche Stuͤcke untermiſchet ſind / brauchen ſie nicht ein - mahl ſo viel Muͤhe / daß ſie am Probierſtein dieſelbige verſuchen / weil ſie viel zu koͤſtlich fuͤr falſch Gold aus - ſehen. Es giebet auch eine andere Art falſches Gol - des / ſo dem Ertz-Golde ſehr aͤhnlich / und aus einer ge - wiſſen Materie von gegoſſenen Corallen beſtehet; womit die Mohren ſo behende umgehen / daß ſie nicht nur die Corallen leichtlich ſchmeltzen / ſondern auch der - geſtalt faͤrben koͤnnen / daß zwiſchen dieſem und dem Golde kein anderer Unterſcheid zu finden als im Ge - wicht. Endlich machen ſie auch falſch Gold-Pulver /und111des Landes Gvinea. und bedienen ſich zu dem Ende des gefeylten Ertzes / dem ſie die Gold-Farbe geben; allein dieſes falſche Gold verliehret ſeinen Glantz in ein oder zwey Monat / welches deſſen Probe iſt; dergleichen nicht wohl ange - het bey den kleinen Stuͤcklein / weil ſie allezeit ihre Farbe halten / und wird man ſo viel eher damit betrogen.

Dafern ihr nun zu wiſſen verlanget wie man ſolch falſch Gold erkennen ſolte / ſo mercket / daß man was groſſe Stuͤcker ſeynd / mit einem Meſſer mitten durch - ſchneiden muß / alsdann das falſche Gold ſich bald her - vor thun wird. Die kleinen Stuͤcke aber muͤſſen auf einem Stein mit dem Hammer hart geſchlagen wer - den / ſo es bloſſe Corallen ſind / werden ſie alſobald zer - ſpringen / wenn ſie aber gantz bleiben / muͤſſen ſie eben wie die groſſen mit einem Meſſer durchſchnitten wer - den. Was die kleineſten Stuͤcke und das Sand - Gold anbelanget / muß ſelbiges in ein Kupfern Be - cken gethan / welches man ſonſten gebrauchet die Un - reinigkeiten vom Gold zu bringen / nicht anders als wie das Korn durch oͤfters Zublaſen und vieles Um - werffen / verſuchet werden / da denn das falſche Gold auſſer dem Becken fallen / das echte aber wegen ſeiner Schwere auf den Boden zuruͤck bleiben wird. Wel - ches zum dritten oder vierten mahl wiederholet / gar leichtlich das echte von unechten unterſcheidet.

Laͤcherlich iſt es / wenn die meiſten Fremdlinge / und inſonderheit uͤber See angekommene Leute allezeit Scheidewaſſer bey ſich fuͤhren / das Gold zu probieren; denn wenn ſie bedaͤchten / daß in allem Golde viele Un - reinigkeiten anzutreffen / wuͤrden ſie eine ſolche unge - wiſſe und betriegliche Probe bald fahren laſſen / undauf112Beſchreibungauf itzt erwehnte Art verſuchen / im Fall ſie nicht be - trogen ſeyn wolten.

Dieſe bilden ſich ein das echte vom unechten nicht beſſer zu unterſcheiden als wenn ſie ihr Gold in ein klein irrdenes oder glaͤſernes Gefaͤß thun / und Schei - dewaſſer druͤber gieſſen: dafern das Gold falſch iſt / fanget das Waſſer an zu ſieden / und wird ſo gruͤn wie das Gold; allein das iſt eine ſehr betruͤgliche Pro - be / denn geſetzt ſie nehmen 40. Guͤlden an Gold / in welchem der ſiebende / achte oder zehnte Theil falſch iſt / wuͤrden ſie in ihrem Waſſer eben dergleichen Ver - aͤnderung finden als wenn alles Gold falſch waͤre / iſt demnach dieſe Probe ſehr ungewiß / und laͤſſet ſich nicht gar bald thun wenn man im Gold kauffen be - griffen iſt. Soll man denn weil der zehnte Theil des Goldes falſch / daſſelbe gantz und gar nicht kauffen? nein keines Weges; ſo liederlich muß man die Gele - genheit nicht verſaͤumen. Sehet ihr demnach daß vor erwehnte Art viel beſſer und gewiſſer ſey / als wenn man lange Zeit erſtlich das Gold in Scheidewaſſer legen / hernach es wieder trucknen ſolle / welches die Mohren als gutes Gold habende / mit ſcheelen Augen anſehen wuͤrden.

Dieſes ſey genung von Golde ſelbſt. Was deſ - ſen Gewicht betrifft / iſt zu mercken / daß man mit Pfun - den / Marcken / Untzen und Eſterlin rechne. Jn Eu - ropa gehen 20. Eſterlin auf eine Untze / aber hier zu Lande nicht mehr als 16. Man rechnet auch mit Pe - ſos welches 4. Eſterleins / und mit Bendos, welches zwey Untzen ſind. Vier Bendos machen ein[]1. und zwey[]2. machen ein . und ein . belaͤufft ſich ohn - gefehr auff 660. Gulden. Zwar findet ſich zu weilenein113des Landes Gvinea. ein Unterſcheid darinnen / wenn nehmlich alles Gold nicht gleich gut / dahero auch in Europa der Preiß bald ſteiget bald abnimmet / dennoch aber rechnen / wir durchgehends 3. Marck fein Gold auf tauſend Guͤlden / und alſo vom uͤbrigen nach proportion. Auſſer allen itzt bemeldten Gewichtẽ findet ſich noch ein anders / deſſen man ſich bedienet in Bezahlung gerin - ger Sachen; es iſt eine Art kleiner Bohnen / davon die kleinſten roht mit ſchwartz untermenget ſind / und Dambas heiſſen / deren 24. auf einen Eſterlin gehen / und folglich eine jede ohngefehr 2. Stuͤver wehrt iſt; die andre aber ſind bisweilen ſchwerer / und weiß mit ſchwartz gezeichnet / bisweilen auch gantz ſchwartz / und heißen Tacoes, etwas mehr als 4. Stuͤver / welches aber von denen gewoͤhnlichen Dambas und Tacoes zu verſtehen iſt; denn es giebet noch andere / da ein Ta - coe zuweilen 10. zuweilen 20. Stuͤver ausmachet; allein ſie gehoͤren nicht unter das gewoͤhnliche Ge - wicht / ſondern nachdem ſich ein oder anderer derſel - ben bedienet den Nechſten zu betriegen. Es finden ſich auch Leute welche dafuͤr halten es haͤtten die Moh - ren kein ander Gewicht als von Holtz gemacht; allein dieſe guten Leute irren / zumahlen alle ihre Gewichte entweder aus Ertz oder Zinn beſtehen / ſo ſie ſelbſt ge - goſſen / und wiewol ſie die bey uns gewoͤhnliche Abthei - lungen nicht in acht nehmen / kommt es nichts deſto - weniger auf eines aus / und iſt ihre Rechnung allezeit richtig.

Nachdem ich nun von der Art und Weiſe gemel - det wie man das Gold findet / will ich diejenige / ſo ei - nigen Verſtand von Gold-Gruben haben / urtheilen laſſen / ob nicht viel Erde und mineraliſche SteineHver -114Beſchreibungverlohren gehen / aus welchen durch Huͤlffe einer ver - nuͤnfftigen Scheide-Kunſt / Gold koͤnnte hervor ge - bracht werden. Und nicht allein dieſes / ſondern ich zweiffle nicht / es bleibe ſelbſt noch viel feines Gold zu - ruͤck; denn die Mohren graben die Erde ohne Ver - ſtand / und ohne acht zu haben auf die in der Erden be - findliche Adern; dannenhero ich mir feſtiglich ein - bilde / im Fall die Europaͤer hieruͤber etwas zu befeh - len haͤtten / ſie einen ungleich groͤſſern Schatz daraus machen koͤnnten als die Mohren; allein ich glaube ſchwerlich daß es jemahls dazu kommen werde / muͤſ - ſen demnach damit zufrieden ſeyn / daß wir nur ſu - chen in unſern vorigen Stand zu gelangen / welches wenn es vernuͤnfftig angefangen / und kluͤglich gefuͤh - ret wuͤrde / an einem erwuͤnſchten Ausgang niemahls zu zweiffeln ſtuͤnde. Jch bleibe ꝛc.

Ende des ſechſten Briefes.

Siebendes Send-Schreiben.

Jn ſich haltend eine Rechnung vom Golde ſo jaͤhrlich aus dieſen Laͤndern ver - fuͤhret wird / wohin es gebracht werde / und wie dieſe Handlung getheilet ſey / imglei - chen was wir hiezu fuͤr Bediente beſtellet / wie ſie heiſſen / und was durchgehends fuͤr Bediente allhie befindlich; endlich zum Beſchluß eine Beſchreibung des Landes und des Rahts.

Mein115des Landes Gvinea.
Mein Herr!

JN meinem Letzteren habe ich Meldung gethan von den Laͤndern aus welchen das Gold herge - bracht wird / von der Art und Weiſe wie daſſelbe ge - funden / wie es ausſehe / wie und worinnen das falſche Gold von dem echten zu unterſcheiden ſey. Anitzo wird noͤthig ſeyn zu berichten / wie viel Gold in denen unterſchiedenen Laͤndern jaͤhrlich geſammlet / und in was unterſchiedene Oͤrter daſſelbe verfuͤhret werde. So darff ich demnach frey / ohne mich zu betriegen / verſichern / daß ſie nicht nur koͤnnen / ſondern wuͤrck - lich alle Jahr in Friedens-Zeiten ſieben tauſend Marck Gold geben. Jn Warheit eine merckwuͤrdige Sum - ma; allein weil ihre viele dazu gehoͤren / kan ein oder anderer nicht viel Nutzen davon haben. So viel mir wiſſend iſt / koͤnnte auf folgende Art die Ein - theilung geſchehen.

  • Nemlich[]3.
  • Fuͤr die Oſt-Jndiſche Compagnie 1500.
  • Fuͤr die Engliſche Compagnie 1200.
  • _ _ 2700.

Mit dieſer Summa koͤnnen auch beyde gar wol ver - gnuͤget ſeyn / weil ich gewiß weiß / daß ſie einige Jahr her nicht viel mehr bekommen haben / und vielleicht kaum die Helffte. Die Seelaͤndiſche nicht privile - girte Schiffe / nehmen jaͤhrlich ſo viel weg als unſerer Compagnie zugehoͤrig / nemlich 1500. Die Engliſche nicht privilegirte Schiffe 1000. Wiewol dieſe Letzteren zweymahl ſo viel in juͤngſten zwey oder drey Jahren empfangen haben.

H 2Die116Beſchreibung
  • Die Brandenburgiſche und Daͤhniſchen zuſammen in Friedens-Zeit ohngefehr 1000.
  • Die Portugieſen und Frantzoſen zuſammen we - nigſtens 800.
  • Summa 7000.

Die Letzteren ſage ich haben wenigſtens acht hun - dert[]4. bekommen / und ſolches nicht unbillig; denn die Portugieſen kommen hieher unter dem Fuͤrgeben ihre Waaren von America zu verkauffen / ſo in Bra - ſilien Taback und Branntewein aus Zucker gemacht / beſtehen / und haben wenigſtens eben ſo viel Waaren als die nicht beuhrlaubete Schiffe / derer ihre ſehr all - hier geſuchet werden: welches auch gar nicht zu ver - wundern / zumahlen ſie dieſelbe in Holland aufkauffen / und ihre Schiffe mit ſo viel Leuten als ſie noͤthig haben ausruͤſten / ja gar bisweilen von Hollaͤndiſchen Kauff - leuten ausgeſchicket ſind. Jnſonderheit haben die Nie - derlaͤndiſchen Juden groſſen Theil daran welche vom Koͤnig in Portugal gar leichtlich mit einem Paß ver - ſehen / und hier fuͤr aufrichtige Portugieſen ange - nommen werden. Jhr koͤnnet euch ſelbſt beſcheiden wie einem der Compagnie treulich Bedienten zu Muthe ſeyn muß / wenn er vermeynet einige Mohren im Lande mit einen guten Stuͤck Goldes angekommen zu ſeyn / in der Meynung ſelbiges bey uns abzuſetzen / denn aber ſo ein Portugieſiſch oder ander nicht pri - vilegirt Schiff dazwiſchen kommt / und fuͤr das aus ſeinen Waaren gemachte Geld / alles Gold / oder we - nigſtens denn meiſten Theil vor dem Munde hinweg nimmt / da wir den unſere Waaren auf dem Halſe be - halten / als ob ſie angeſtecket waͤren. Jch ſpreche ausEr -117des Landes Gvinea. Erfahrenheit / weil mir dergleichen Poſſen zu unter - ſchiedlichen mahlen geſpielet worden.

Zwar habe ich meine Rechnung vom Golde ſo von hier weggefuͤhret wird / etwas groß gemachet / nicht zweiffelnde es werde ſelbige von dieſer Sach Ver - ſtaͤndigen fuͤr richtig angenommen werden; allein andere / ſo davon keine Wiſſenſchafft / und in ſchlech - ten Zeiten ſich allhie aufgehalten haben / werden geden - cken ich ginge zu weit mit meiner Rechnung. Darum bitte ich / ſie wollen dieſelbige verbeſſern / bis - hero aber hat ſich noch keiner dazu verſtehen wollen / dannenhero ich eurer Sinnligkeit ein Genuͤgen zu thun / und eine der Warheit am nechſten beykommen - de aufzuſetzen nicht ermangeln wollen.

Belaͤufft ſich demnach nach meiner Meynung alles Gold ſo ins Land koͤmmt / und von hieraus anderwerts verfahren wird / auf zwey Millionen / dreymahl hun - dert tauſend Pfund / drey[]5. gegen tauſend Guͤlden zu rechnen. Allein es muß von guten Zeiten / wenn die Wege offen / und die Kauffleute ungehindert rei - ſen koͤnnen verſtanden werden. Denn in Krieges - Zeiten oder wenn die Mohren unter einander uneins ſind / kommt es nicht auf die Helffte / da denn die nicht privilegirten Schiffe trefflich ihren Vortheil in acht zu nehmen wiſſen. Geſetzt aber es zoͤge unſere Com - pagnie den fuͤnfften Theil / wuͤrde ſie dennoch in boͤ - ſen Zeiten wenig Nutzen davon haben; im Gegentheil noch anderwerts gemachte Gewinnſte mit hinein ſchieſſen. Dannenhero hoffe ich man werde in kurtzen ein oder ander dienliches Mittel ausſinnen / wie man den nicht privilegirten Schiffen ihren Handel legen koͤnne. Mich duͤncket man wuͤrde beſtens hiezu ge -H 3lan -118Beſchreibunglangen / wenn hieſelbſt ein gutes Regiment angeleget / und aus Holland keine andere Waaren als welche meiſtens abgehen hieher geſchicket wuͤrden. Dencket aber nicht mein Herr / daß ich mich hier in eine rechte Specificirung und eigentliche Benennung aller un - ſerer Handlung einlaſſen / worinn dieſelbige beſtehe / welche Waaren am meiſten geſuchet werden / wie ſie beſchaffen ſeyn muͤſſen / und welche anitzo nicht mehr abgehen wollen; keines Weges / denn dieſes muß kein treuer Bedienter thun / inſonderheit da mein Brief gar leicht in derer Haͤnde gerathen koͤnnte / welche die nicht beurlaubete Schiffe abfertigen / und alſo groſ - ſen Vortheil erwerben koͤnnten / angeſehen ſie ohne dem weit uͤberſchreiten das Recht und die Freyheit ſo der Weſt-Jndiſchen Compagnie vom Staat zu erkannt worden; daß ſie nemlich im gantzen Lande den Vor - zug vor allen andern haben ſoll; ohne daß ich oder ein ander Mittel und Wege zeigen darff / wie ſie vom Lande Gvinea eine gruͤndlichere Nachricht er - halten moͤgen. Dannenhero ſeyd mit obbeſagten zu - frieden / und glaubet nur daß man wol hundert funff - tzigerley Waaren noͤthig habe / um eine rechte Hand - lung allhie zu fuͤhren.

Jhr habet in meinem dritten Briefe geſehen / daß das Schloß S. George zu Elmina, der vornehmſte Ort des gantzen Landes ſey / wo der General, der vornehmſte Kauffmann / der Fiſcal und die uͤbrigen vornehmſten Bedienten ihren Auffenthalt haben. Vor eben dieſen Schloſſe landen auch alle unſere Schiffe aus Europa an / liegen vor Ancker und ent - laden ſich / wie wir denn hiezu unterſchiedliche ſehr ſchoͤne und groſſe Haͤuſer aufgebauet / darinnen ſiever -119des Landes Gvinea. verſchloſſen werden. Selbige hat der erſte Kauff - mann in ſeiner Aufſicht / und dienen inſonderheit da - zu / daß die uͤbrigen Veſtungen die uns zugehoͤren / mit dem benoͤthigten Waaren daraus koͤnnen verſe - hen werden. Bildet euch aber nicht ein / daß wir rechten Marckt halten / oder daß wir ſelbige zu ver - handeln anderwerts verſchicken. Keines Weges / denn die Mohren kommen taͤglich zu uns in die Ve - ſtung / und bringen uns Gold / welches gewogen und gereiniget wird / ehe ſie an deſſen Stelle andere Waa - ren bekommen / unſer Seits laſſen wir auch nichtes auſſer unſerm Kauff-Haus folgen / es ſey denn zuvor gekaufft und bezahlet / es waͤre denn daß unſer Ober - Kauffmann dieſelbige auf Borg austhun wolte; wel - ches doch ihn allein / und nicht die Compagnie betref - fen wuͤrde / als welcher man dergleichen Sachen nicht einbringen / viel weniger die gethane Verehrungen an die Mohren in Rechnung bringen kan. Son - dern hiezu hat die Compagnie gewiſſe Gelder an den Ober-Kauffman gegeben / welcher uͤber alle Waa - ren / Kauff und Verkauff zu befehlen hat. Dieſel - bige ſind zulaͤnglich genug nicht nur die Mohren zu beſchencken / ſondern auch druͤber ein ehrliches bey Seite zu legen / wannenhero ſie ſo viel ehrlicher und red - licher in Dienſten der Compagnie ſich betragen muͤſ - ſen. Es haben die Mohren weder Wagen noch Pfer - de oder andere Laſt-Thiere ihre gekauffte Waaren fort zu bringen; ſondern laſſen alles durch Menſchen tragen / in Anſehung deſſen ſie wol 150. Perſohnen noͤthig haben / wenn ſie fuͤr zwey oder drey tauſend Guͤlden Zinn / Ertz oder Kupfer von uns erkauffet. Jhr koͤnnet leichtlich gedencken / was dieſes fuͤr unbe -H 4ſchreib -120Beſchreibung. ſchreibliche Arbeit und Muͤhe gebe / wenn ſie biswei - len eine Reyſe von 8. Tagen mit dergleichen Laſt auf ihren Ruͤcken ablegen / und was noch mehr uͤber er - ſchreckliche Wege und grauſame Gebuͤrge / fortge - hen muͤſſen / und alſo den Gewinnſt den ſie daran ha - ben / ſauer genung verdienen. Zwar ſind dieſe ſo mit uns Handelung treiben / mehrentheils Sclaven / von ihren Herren zu dieſem Zweck abgefertiget / da denn derjenige / welchem das meiſte zugetrauet / und allbe - reit gute Proben von deſſen Redlichkeit eingenommen / der Oberſte iſt auf der gantzen Reyſe. Wannenhero wir dieſen nicht als einen Sclaven / ſondern groſſen und vornehmen Kauffmann anſehen / auch ihn auf allerhand Art und Weiſe zu gewinnen ſuchen / wohl wiſſende / daß ein ſolcher Sclave / dem von ſeinem Herrn ſo viel zu getrauet wird / die Freyheit habe ſeine Handlung an ſelbſt beliebigen Ort zu fuͤhren / entwe - der bey den Daͤhnen / Engellaͤndern / Brandenbur - giſchen / oder bey uns: daher wir auch viel mehr Ehr - Bezeugungen gegen ihn machen / als vielleicht wider ſeinen Herrn ſelbſt geſchehen wuͤrde.

Nachdem wir alſo erwehnet was die Mohren und wie ſie ihre Handlung fortſetzen / wird es ver - muthlich nicht undienlich ſeyn etwas von denen Be - dienten hinzu zu fuͤgen / welche unſer Seits daruͤber geſtellet / und von den unterſchiedlichen Stuffen derer hie gewoͤhnlichen Ehren-Stellen. Jch will hoffen es werde euch dieſes ſo viel angenehmer ſeyn / weil ihr hieraus ſehen koͤnnet / wo zu euer Vetter noch einmahl gelangen kan / im Fall er ſich wohl haͤlt.

Erſtlich ſind die Soldaten mit ihren Officierern / aus welchen vor dieſem die Geſchickteſten ausgeſuchetwur -121des Landes Gvinea. wurden / und der Compagnie als Beyſitzere dienen muſten / entweder bey den Buchhaltungen / oder bey dem Verkauff ſelbſt / wannenhero auch einige unter ihnen / inſonderheit aber der uns beyden wohl Bekand - te die Gelegenheit gehabt ſich vor andern hervor zu thun / und faſt bis auf die hoͤchſte Ehren-Stelle zu ſchwingen. Allein itzo iſt dieſes ein Jahr 10. oder 12. gaͤntzlich abgeſchaffet worden; denn unſere Oberher - ren haben ſolches aufs ſtrengſte verboten / ſehende / daß nicht nur gantz ungeſchickte Leute / ſondern auch gantz nicht dazu gehoͤrige / ja ſelbſt die groͤſten Truncken - bolden dazu erwehlet worden / und haben zu gleicher Zeit eine Verordnung gemachet / daß man ſie zu Cor - porales, Serganten oder Ober-Officierer befoͤrdern ſolle / damit ſie in ihrer Profeſſion bleiben / und zu den daſelbſt vorfallenden Ehren-Stellen erhoben werden koͤnnten; ein gleiches haben ſie auch fuͤr die Schiffleute daß ſie nemlich auf ihren Schiffen Beforderung ha - ben ſolten / verordnet. Angeſehen ein ſolcher Bey - ſitzer oder Aſſiſtent mit der Zeit ein General uͤber das gantze Land werden kan.

Jedoch iſt dergleichen Aſſiſtenten Bedienung die geringſte unter allen / ſowol Buchhaltern als Kauff - leuten ſelbſt. Seine monatliche Beſoldung belaͤufft ſich auf 16. Pfund und 4. Thlr. (Flaͤmiſche Reichs - thaler / jeden zu 50. Stuͤver gerechnet) ſo ihm zu ſei - nem Unterhalt gereichet wird. Die erſte Beforde - rung ſo er zu hoffen hat / iſt der Unter-Commiſſarius oder Unter-Kauffmann / welcher 24. fl. monatlich ge - nieſſet / und den Empfang des Goldes ſo er im Nah - men der Compagnie angenommen / dem Ober - Kauffmann als Oberſten in der gantzen HandlungH 5be -122Beſchreibungberechnen muß / welcher hernach eben dergleichen der Compagnie vorlegen muß / zu Elmina aber werden insgemein die Buͤcher gehalten / auch iſt da - ſelbſt noch ein Proviant-Meiſter / welcher allerhand fluͤßige Waaren / als Wein / Bier / Brantewein / imgleichen allerhand Eß-Waaren / als Speck / geſal - tzen Fleiſch / Erbſen / Bohnen / ꝛc. in ſeiner Verwah - rung halten / und ſie zu verkauffen ſuchen muß. So bald nun der Ober - oder auch einander Kauffmann mercket / daß ſein Unter-Commiſſarius, oder Pro - viant-Meiſter etwas liederlich umgehe / muß er darinn genaueres Einſehen halten; denn ſonſten iſt er ſchul - dig alles dasjenige zu bezahlen was jene verzehret ha - ben. Und ſind noch keine 4. Jahr verfloſſen / daß wir nicht ein Exempel davon geſehen / zumahlen einer von meinen Mit-Bruͤdern / den ihr gar wohl kennet / muſte auf ſolche Weiſe bey nahe 8000. Gulden ſo zu ſa - gen fuͤr nichtes bezahlen / muß demnach ein Kauff - mann welcher ſolche Leute unter ſich hat / ſehr vorſich - tig ſeyn / dafern er nicht in kurtzer Zeit zum verdorbe - nen Mann werden will. Zwar kan er das Seinige wieder fordern von dem der es verſchwendet / allein was wird er zu hoffen haben / wenn derſelbe keine Guͤ - ter in Europa hat / welches etwas ſeltenes iſt von die - ſen Herren; denn ich glaube nicht daß jemand der Guͤter genung haͤtte in Holland zu leben / hier zu Lan - de ſolte wohnen kommen; uͤberdem auch nicht zu ver - muhten ſtehet / daß ihre Eltern in Europa die gemach - ten Schulden bezahlen werden. Jſt dannenhero ſolchem betrogenen Kauffmann nichtes mehr uͤbrig / als daß er ſeinen Betruͤger dem Gericht uͤbergebe zu gebuͤhrender Straffe gezogen zu werden; gleichwolbe -123des Landes Gvinea. bekommt er hiemit ſeine Gelder nicht wieder / daß dem - nach das ſicherſte Mittel iſt / ſich fuͤr ſolchen Leuten wohl in acht zunehmen / und dieſelbige gleich Anfangs im Zaum zu halten.

Aus dieſen Unter-Commiſſariis werden die aͤlte - ſten und beqvemeſten ausgeſuchet / und zu Ober-Com - miſſarien oder Kauffleute von dem erſten Range ge - macht / welche in unſern Veſtungen die Auffſicht uͤber die Handlung fuͤhren / derer ihre monatliche Beſol - dung ſich auf 36. . belaͤufft / ohngerechnet der 4. Thaler / welche ihn fuͤr ein oder 2. Geſinde zu halten / und andere acht Thaler / welche ihm in die Kuͤche ge - ſchencket werden; uͤberdem haben ſie ein gewiſſes Ac - cidens bey aller Handlung / wie oben allbereits er - wehnet.

So bald nun die Stelle des Ober-Commiſſarii zu Mouree oder Cormantin ledig wird / muͤſſen aus obbeſagten Kauffleuten die Geſchickteſten und Ver - ſtaͤndigſten erwaͤhlet werden / dieſelbige zubekleiden / alsdenn vermehret ſich ihre monatliche Beſoldung bis 80. . doch mit dem Beding / daß die Herren Di - rectores in die vom Raht getroffene Wahl mit ein - willigen / denn dieſe haben ſich inſonderheit bey der Compagnie voraus behalten / uͤber dergleichen Ehren - Stellen zu diſponiren / eben wie uͤber die vornehmſte Kauffmañs-Stelle zu Elmina, oder welches eben daſ - ſelbe iſt / uͤber die zweyte Ehren-Stelle daſigen gantzen Landes / deſſen Beſitzer monatlich 100. Gulden zu ge - nieſſen hat. Hieruͤber haben ſich die Herren Directores vorbehalten / nach Gutbefinden zu erkennen / angeſe - hen bey dieſen Ehren-Aͤmptern gleicher Gewinnſt mit den andern Kauffleuten zu machen iſt / (ausgenommendaß124Beſchreibungdaß der andern Perſohn Generals-Tafel gehalten / und auf jeden Bedienten 4. Thaler gegeben werden /) ſo daß im Fall der General oder die andere Perſohn ab - leibig wuͤrde / aus der Compagnie ihre Stellen mit ge - ſchickten Leuten auf die man ſich verlaſſen kan / muͤſſen bekleidet werden; daß auch der Ober-Kauffmann zu Elmina, wenn er dergleichen Ampt zwey oder drey Jahr ruͤhmlich gefuͤhret / und das Gluͤck ihm nicht zu - wider liſt / er gar leichtlich General-Director vom gantzen Lande / und allem dazu gehoͤrigen Gebiete / werden koͤnne / da er monatlich 300. Gulden Beſol - dung / und daruͤber einen groſſen Gewinnſt von allem Handel was der Compagnie angehet machen kan; ſo in Warheit ein Ehrliches austraͤget / wenn die Handlung ſtarck getrieben wird.

Vor zwey Jahren hatten die Ober-Commiſſarii noch den Sclaven Handel an ſich von Fida und Ar - dra, ſo daß ſie ein Ehrliches dabey gewinnen konten / und bisweilen mehr als am Golde / davon ſie allein ohnmoͤglich leben konnten; denn es war die Handlung daſelbſt nicht ſehr ſtarck / und gleichwol muſten ſie ihrem Ampte gebuͤhrend ſich auffuͤhren / dahero ſie ohne den Sclaven Handel nicht wohl haͤtten zu kommen koͤnnen: allein wie es uͤberall boͤſe Leute giebet / ſo fanden ſich auch hier welche / ſo denen Herren Directores einredeten / es bereicherten ſich die Commiſſarii mit dem Scla - ven Handel / wodurch ihnen derſelbige wieder entzo - gen / und den Schiffs-Capitainen anvertrauet wor - den. Nun wird es die Zeit geben / ob die Compa - gnie hieran wohl gethan habe. Jch / dafern meine Meynung guͤltig iſt / glaube ſicherlich daß nichts gu - tes zu hoffen ſtehe / angeſehen dieſe Leute zwar wiſſen /wie125des Landes Gvinea. wie mit den Matroſen und ihrem Schiff-Volck / nicht aber den Mohren umzugehen / viel weniger zu handeln ſey / inſonderheit weil es uͤberdem noch unterſchiedli - che ungehoͤbelte Leute unter ihnen giebet / welche in Vergleichung gegen andere Nationes, ſo Hand - lungs halber hieher kommen / auch viel hoͤfflicher und belebter ſeyn / ich meyne die Engellaͤnder / Frantzoſen und andere / das Anſehen von unſerer Compagnie ſehr verringern doͤrffen. Koͤnnte demnach leicht ge - ſchehen / daß dieſe Veraͤnderung nicht viel gutes nach ſich zoͤge; allein man muß der Sache ihren Lauff laſſen / und das beſte hoffen. Auſſerhalb dieſen ſo in der Handlung ihrer Bedienung vorſtehen / oder welche das Gold von den Mohren erhandeln / ſind noch andere Bediente / davon anitzo Meldung geſchehen ſoll.

Und zwar erſtens iſt der Fiſcal, welcher monatlich 50. . Beſoldung / eines General-Tafel und 4. Thl. fuͤr ſeinen Bedienten bekommt. Zwar iſt deſſen Sold nicht eben allzu groß wie ihr ſehet / allein die Ge - winſte die er machen kan / wenn er wachſam iſt / ſind ſo viel beſſer; denn ſo bald die Mohren / oder auch die Europaͤer zum Nachtheil der Compagnie etwas Gold oder andere Waaren verhandeln / wird daſſelbe confiſciret / davon der Fiſcal den dritten Theil ziehet / imgleichen von der Geld-Straffe ſo die Europaͤer er - legen muͤſſen / wenn ſie verbotene Handlung getrie - ben. Uberdem hat er den dritten Theil von allem was der Compagnie-Bediente als Straffe abtragen muͤſſen / im Fall ſie eines oder andern Verſehens ſchuldig erkennet werden; denn dieſe werden nicht nur am Leibe geſtraffet von dem General-Director unduͤbri -126Beſchreibungbrigen Raͤhten / ſondern muͤſſen uͤberdem ihrer gehoͤ - rigen Beſoldung entbehren.

Nach dem Fiſcal folget der gemeine oder Ober - Buchhalter / welcher uͤber den gantzen Handel der Compagnie Buͤcher fuͤhret; ſeine Beſoldung ſo er monatlich zu genieſſen / belaͤufft ſich auf 70. . 4. Thlr. fuͤr ſein Geſinde / und Generals-Tiſch oder 12. Thlr. in die Kuͤche. Gemeiniglich hat er einen unter ſich / den Unter-Buchhalter genannt / welcher monatlich 30. fl. ziehet / und zwey Aſſiſtenten zu Gehuͤlffen hat.

Nach dieſem kommt der Buchhalter von der Guar - niſon, deſſen Nahme zur Gnuͤge anzeiget was ſeine Profeſſion ſey; als Unter-Commiſſarius hat er mo - natlich 24. . und als Commiſſarius 36. . ohne was er noch ſonſten machet von derer Verſtorbenen Guͤter / welche er im Ausruff an den meiſt-bietenden verkauffet / und von jeden hundert 5. fuͤr ſich behaͤlt; insgemein ſind ihm zwey Gehuͤlffen zugeſellet. Bis - weilen iſt auch ein Secretarius da / welcher monatlich 50. . zu genieſſen / und drey bis vier Aſſiſtenten hat / zu meiner Zeit aber iſt nur ein Unter-Secretarius mit einigen Aſſiſtenten da geweſen.

Die letzte und veraͤchtlichſte Bedienung iſt des Un - ter-Fiſcals, welcher gemeiniglich Auditeur genen - net wird / aber mit allem Recht den Nahmen eines Anbringers fuͤhren kan / ſeine monatliche Beſoldung beſtehet in 20. . und dem zehnten Theil von allen con - fiſcirten Guͤtern. Er iſt bey aller Welt ſehr verhaßt / dannenhero man ihn ſo viel anſehnlicher zu machen / die Ober-Stelle uͤber den Unter-Commiſſarius zu - erkennet hat / wie ebenfalls der Fiſcal, deſſen Bedie - nung auch nicht viel Liebe bey den Eingeſeſſenen zuwege127des Landes Gvinea. wege bringet / uͤber alle Commiſſarios die Range hat / ja ſelbſt die zweyte Perſohn ihm weichen muß / ohngeachtet daß deren ihre Bedienung ungleich wich - tiger und beſſer iſt / angeſehen bey Ableiben des Gene - rals, die zweyte Perſohn / niemahls aber der Fiſcal im Ampte ihm folget / auch ſelbſt die Commiſſarios von Moureë und Cormantin bey dergleichen Vorfaͤllen / ſich muß vorziehen laſſen.

Was die Geiſtlichkeit angehet / iſt nur ein Predi - ger und Vorleſer / der Erſte genieſſet monatlich 100. und der Letztere 20. Gulden / uͤberdem hat der Prie - ſter 4. Thaler fuͤr ſeinen Diener / und des Generals Tiſch / wenn er will. Jhr ſehet hieraus mein Herr wie reichlich die Herren Geiſtlichen von uns belohnet werden / vielleicht moͤchtet ihr gedencken / als lebeten wir wie unheilige und ungezaͤumte Leute / allein laut gewiſſer Ordnung / muͤſſen wir taͤglich im GOttes - Hauſe uns einfinden / dafern wir nicht in eine Geld - Straffe vom halben Thaler / oder einem gantzen ver - fallen wollen / wenn wir nemlich Sontags und Don - nerſtags den Gottesdienſt verſaͤumen. Zwar glaube ich zur Antwort zu hoͤren / es ſey dieſes ein gezwunge - ner und folglich aus keinem auffrichtigen Hertzen ent - ſtehender Gottesdienſt; was ſoll ich ſagen? ich muß mit euch geſtehen / daß der meiſte Theil aus Zwang ſolches thue.

Dieſes ſind nun alle Bedienungen / ſo wir hier zu Lande zu verſehen haben / ausgenommen den Solda - ten und Arbeitsleuten / welche in nachgeſetzter Ord - nung auf einander folgen.

  • Ein General-Director.
  • Ein Bedienter zu nechſt dem General.
Ein128Beſchreibung
  • Ein Fiſcal,
  • Ein Ober-Kauffmann /
  • Zwey oder drey Ober-Commiſſarii.
  • Unter dieſen letzten dreyen wird in Holland ein Un - terſcheid gemacht / wiewol eigentlich zu reden keiner darunter iſt.
  • Sieben oder 8. Commiſſarien,
  • Neun oder 10. Unter-Commiſſarien,
  • Achtzehn oder 20. Aſſiſtenten /
  • Dieſe Zahl iſt nicht allezeit gleich / bisweilen ſind ih - rer mehr / bisweilen auch weniger.
  • Ein Proviant-Meiſter /
  • Ein General-Buchhalter /
  • Ein Unter-Buchhalter /
  • Ein Guarniſons-Buchhalter /
  • Ein Secretarius, oder Unter-Secretarius,
  • Ein Vorleſer.
  • Ein Auditeur oder Unter-Fiſcal

Daß demnach im gantzen Lande nicht mehr als 60. Bedienten anzutreffen deren dritter Theil aus Aſſiſtenten beſtehet / woraus zu erſehen / daß alle diejeni - gen ſo unter dem Titul eines Aſſiſtenten allhie ankom - men / ſehr leichtlich zu wichtigen und mercklichen Eh - ren-Aͤmptern gezogen werden koͤnnen / im Fall ſie ih - res Amptes recht abwarten. Verhoffentlich werde ich an anderem Ort beſſere Gelegenheit finden von eines oder andern Betragen und Auffuͤhren von dieſen Herren / zu ſprechen / wie ſie ſuchen allezeit hoͤher zu ſteigen. Jch will anitzo ſchlieſſen / und nur dieſes hin - zuſetzen / von welchen das Land beherrſchet werde.

Dieſer iſt inſonderheit der General-Director, welcher das Regiment uͤber das gantze Land in Haͤn -den129des Landes Gvinea. den hat / von dem die uͤbrigen Commendanten in Ve - ſtungen alle Befehle einholen muͤſſen / welchen dieſel - bige in allen Stuͤcken nachkommen / auch nichtes Wichtiges ohne ſein Vorwiſſen und Bewilligung unternehmen muͤſſen. Was nun Sachen von hoͤch - ſter Wichtigkeit ſeyn / die muͤſſen fuͤr den Raht / aus folgenden Perſohnen beſtehend / kommen.

  • Ein General-Director,
  • Ein Fiſcal, (dafern es keine Hals Sachen ſeyn.)
  • Ober-Kauffleute /
  • Ein Faͤhndrich /
  • Bisweilen kommt auch der General-Buchhalter dazu.

Dieſes ſind die gewoͤhnlich und ordentliche Rahts - herren. Die Commiſſarien aber aus denen Ve - ſtungen ſind die auſſerordentliche Herren des Rahts.

Ein jeder unter ihnen mag in oͤffentlicher Zuſam - menkunfft ſeine Meynung frey heraus ſagen / mit der Bedingung / daß er vorher bedencke / wie weit der Ge - neral-Director uͤber ihn zu gebieten habe / und ſich wohl vorſehe dem General keines Weges mit Ver - werffung deſſen Vorſchlaͤgen / ſich zu widerſetzen / und alſo ſeine Ungunſt auff den Hals zu ziehen. Dieſes glaube ich haben ſie vor meiner Ankunfft ſehr genau in acht genommen / ſo daß ſelten oder niemahls etwas wider die Meynung des Generals vorgenommen worden; zumahlen es billig iſt / daß man fuͤr ſeine Oberherren allezeit ſo viel Beſcheidenheit uͤbrig halte. Und weil auch ein jeder unter ihnen ſeine vollkommene Rechnung fande / meynten ſie nicht noͤthig zu haben / ge - nau zu unterſuchen / ob es der Compagnie vor - oder nachtheilig waͤre / genung daß ſie friedlich und mit gu -Jten130Beſchreibungten Profit von einander kamen / welchen ſie auf andere Art haͤtten entbehren muͤſſen. Dafern auch die Liebe von ſich ſelbſt anfaͤnget / glaube ich / ſie koͤnnen noch entſchuldiget werden / daß ſie eben ſo boͤſe nicht gehan - delt / noch weniger fuͤrchte ich etwas verſehen zu haben / wenn ich im Raht an Statt daß ich meine Meynung haͤtte auſſagen ſollen / gantz ſtillgeſchwiegen habe / ohn - geachtet ich gantz widrigen Sinnes geweſen. Offter - mahls habe ich hertzlich lachen muͤſſen / wenn man uns in Europa den Nahmen eines Rahts vom Nord und Suͤndlichen Theil Africæ, beyleget; denn in War - heit dieſer Titul iſt ungereimt genung / und kan bis dato mich des Lachens nicht enthalten / wenn ſich Leute ſowol hier als in Europa einbilden / daß wir hier einen rechten regulirten Raht haben / und nichtes ohne all - gemeine gepflogene Rahtnehmung oder Bewilligung vorgenommen werde. Jn Warheit alle dieſe als auch ihr mein Herr dafern ihr ſolches glaubet / betrieget euch ſehr / und ſo ihr die rechte Beſchreibung von un - ſerm Raht verlanget / wie weit er dieſen Nahmen ver - diene / ſo ſtellet euch einen General-Director vor / wel - cher uͤber alle Landes Einwohner vom Kleinſten bis zum Groͤſten zu gebieten hat / welcher auch nach eige - nem Belieben allen ſo unter ihm ſind Schaden genung zufuͤgen kan / ohngeachtet es wider Recht und Gerech - tigkeit iſt / er kan ſie ab und wieder in ihre Bedienung einſetzen / ohne einige Urſache ihres Verfahrens hin - zu zuthun. Dergleichen Director nun / ſo bald er in den Raht kommt und eine Sache vortraͤget / die er gerne nach ſeiner allbereit gefaßten Meynung bewil - liget und geſchloſſen haben will / findet niemand der ihm widerſprechen darff / weil nemlich ein jederweiß131des Landes Gvinea. weiß / es wuͤrde ihm uͤbel gehen / im Fall er von andern in ſeinem Ausſpruch nicht unterſtuͤtzet wuͤrde / dar - auff er ſich doch nicht verlaſſen kan; demnach ſtimmen ſie lieber mit bey / als daß ſie ſich in Ungluͤck ſtuͤrtzen; inſonderheit weil auch die Compagnie hievon keinen Nutzen zu hoffen haͤtte / angeſehen doch einige des Ge - nerals Parthey halten wuͤrden / und alſo dieſer zu ſei - nem Zweck zu gelangen nichtes unterlaſſen wuͤrde. Soltet ihr aber fragen; zu was Ende denn ein Raht ſich verſammle / wenn der Director alles nach eige - nem Gutduͤncken verrichtet / ſo mercket folgende drey Urſachen. Die erſte iſt dieſe / weil eine Compagnie es alſo geordnet und gutbefunden hat / nicht vermu - thend / daß die Herren Directores wuͤrden zu weit greiffen. Die andere iſt dieſe / damit man in Hals-Sa - chen / und gerichtlichen Leibes-Straffen erkennen moͤge / was Rechtens ſey / und was fuͤr eine Art des Todes dem Schuldigen anzuthun ſey / denn wenig - ſtens muß das Todes Urtheil vom Raht geſprochen ſeyn / damit keine Himmel-ſchreyende Ungerechtigkeit gehandhabet werde. Die letzte iſt dieſe / damit der Di - rector nicht allein die Verantwortung habe / wenn etwan die geſchloſſenen Sachen / welche unter die Lan - des Regierung gehoͤren / ungluͤcklich lieffen / ſondern allezeit zu ſeiner Entſchuldigung vorwenden koͤnne / es haͤtte es ein Raht alſo und nicht anders bewilliget / da dennoch ihre Hertzens Meynungen und aͤuſſerlichen Worte ſehr weit von einander unterſchieden ſeyn.

Kurtz und mit einem Wort / es iſt der Raht zu nichts anders dienlich / als das Verbrechen der Dire - ctores gut zu machen / und ihn von der Verantwor - tung einer ungluͤcklichen Sache zu entledigen; dan -J 2nen -132Beſchreibungnenhero kan die Compagnie unter ſolcher Verwal - tung des Generals mit ihren Sachen niemahls weit kommen / darum zweiffle ich nicht / es werden die Her - ren Directores inskuͤnfftige ſeine Macht in etwas beſchneiden / auch ausdruͤckliche Verordnung ma - chen / daß er auf die Verſammlung eines ſitzenden Rahts mehr geben / und deſſen eingenommenen Raht - ſchlaͤgen mehrere Folge als bishero leiſten moͤge. Da - fern auch die Herren von der Compagnie durch oͤf - fentliche Patenten oder andere Art ſolche Macht ei - nem Raht ertheileten / iſt gewiß kein Zweiffel es wuͤr - de in kuͤrtzer Zeit ein wohl eingerichtetes Regiment im gantzen Lande ſich eraͤugnen / auch alle Sachen mit groͤſſerer Klugheit und Gerechtigkeit verwaltet / beſſeren und gluͤcklichern Fortgang gewinnen.

Alſo habet ihr die Beſchreibung von dem ſo be - ruͤhmten Raht des Landes Gvinea; Solte es wol moͤglich ſeyn / daß ihr ein Glied davon abzugeben Verlangen tragen koͤnnet? ich kan mir ſolches nicht einbilden. Was mich anbelanget / wolte ich dieſer Ehre williglich entbehren / damit ich ſo viel mehr Freyheit haben koͤnnte zu bezeugen / daß ich in der That bin ꝛc.

Ende des ſiebenden Briefes.

Achtes Send-Schreiben.

Jn welchen gehandelt wird von der ungeſunden Lufft dieſes Landes / und was nach Meynung des Autoris hievon die Ur - ſach ſey / imgleichen vom groſſen Unter -ſcheid133des Landes Gvinea. ſcheid ſo ſich in Vergleichung itziger und verwichenen Zeiten daſelbſt findet; end - lich von einigen erſchrecklichen Donner - ſchlaͤgen / und dadurch verurſach - ten groſſen Schaden.

Mein Herr!

NAch dem ich meinen letzten Brieff welchen mir die Ehre genommen an euch zu ſchreiben / zugeſiegelt / glaubte ich daß das Schiff / welches denſelben euch uͤberbringen ſolte / ſelbigen Abends abreiſen ſolte / allein weil es noch bis heute ſich verweilet / und anitzo nicht viel zu verrichten habe / will ich dieſen Tag zu Fort - ſetzung deſſen / was ich noch von dieſem Lande euch zu melden habe / anwenden.

Es lieget das Land Gvinea ohngefehr 5. Grad von Nordlicher Breite; dannenhero es uͤber die maſ - ſen warm iſt / wiewol bisweilen die Hitze ſo gar groß nicht iſt / als es die meiſten Leute ſich einbilden; es iſt nemlich ein allgemeiner Fehler / daß die Sache im - mer groͤſſer gemachet wird als ſie in der That iſt. Alle diejenige / ſo einige Jahr nebſt mir allhie zuge - bracht / werden geſtehen muͤſſen / daß im October, November, December, Januarius, Februarius und Martius die groͤſte Hitze ſich finde / nachgehends aber im uͤbrigen 6. Monaten ſelbige gar gemachlich und leicht zu ertragen ſey; ja bisweilen wie ich ſolches ſelbſt empfunden / ſo kalt / daß wir uns gar nicht geſcheu - et eben ſo nahe an das Feuer zu ruͤcken / als in Eu - ropa mitten im October oder November; uͤber dem auch des Abends und gegen die Nacht ziemlichJ 3friſch134Beſchreibungfriſch iſt / ſo daß diejenige welche ein neun oder zehen Jahr hieſiges Brodt gegeſſen / und ein wenig weniger Fleiſch auf den Rippen haben / als man in Holland gewohnet iſt / ſich uͤber ſehr beſchwerliche oder uner - traͤgliche Hitze zu beklagen nicht Urſach finden werden.

Dieſes machet wie mich duͤncket / daß hieſige Lufft ſo ungeſund ſey / weil nemlich auf die Tages Hitze eine ſo kuͤhle Abend - oder Nacht-Lufft folget / und durch dieſe ſchleunige Abwechſelung in dem menſchlichen Leibe gantz widrige Bewegung verurſachet / inſonderheit wenn wir uns nicht angewehnen beſſer die Hitze als Kaͤlte zu vertragen / oder zu fruͤhe entbloͤſſen um uns zu erkuͤhlen.

Die zweyte Urſach welche die Ungeſundheit der Lufft verurſachet / und ich fuͤr die vornehmſte halte / ſind die im Lande haͤuffigen Gebuͤrge / zwiſchen wel - che alle Morgen ein dicker ſtinckender Nebel ſo gantz ſchweffelicht riechet / aufgehet / inſonderheit bey ſump - fichten Oͤrtern / oder nahe bey den kleinen Fluͤſſen. Dieſer Nebel breitet ſich / und faͤllet ſo ſtarck auf die Erde / daß man nohtwendig damit angeſtecket wer - den muß / bevoraus wenn man noch nuͤchtern und der Leib ſo viel beqvemer allerhand boͤſe Ausduͤnſtungen einzuziehen / es haͤlt derſelbige gantzer 6. Monat an / ſo wir Winter nennen / ſonderlich aber im Julio und Auguſto, in welchen viel mehr Kranckheiten regieren als im Sommer. Was das meiſte iſt / ſo kommt noch von der Mohren gewoͤhlichen Unſauberkeit ein ſo greßlicher Geſtanck dazu / theils von ihren Fiſchen die 5. oder 6. Tage faulen muͤſſen ehe ſie die Mohren eſſen theils auch von dem unentbehrlichen Behuff / ſo ſie / rund um ihre Haͤuſer im gantzen Dorffe ma -chen.135des Landes Gvinea. chen. Alle dergleichen boͤſer Geſtanck / muß nohtwen - dig ungemeine viele Kranckheiten erregen / ſo / daß weder diejenigen / ſo allbereit einige Zeit im Lande ge - weſen / noch auch die fremde hereinkommende ſich da - fuͤr in acht nehmen koͤnnen; die erſteren wegen Schwachheit des Leibes / und die letzteren wegen der groſſen Veraͤnderung / ſo ſie zwiſchen Europa und dieſem Lande finden. Dannenhero ſiehet man dieſe bald bey ihrer Ankunfft in ſchwere Kranckheiten ver - fallen / die ſich mit dem Tode endigen / inſonderheit da ſie nach hieſiger Landes Art uͤbele Verpflegung fin - den; denn die Artzneyen ſind durchgehends verdor - ben / und die Wund-Artzte verſtehen nicht viel / ſo daß ein Krancker in immer waͤhrender Gefahr niederlie - gen muß; und obwol die Natur ſtarck genung waͤre ihre Wuͤrckungen zu thun / im Fall man derſelbigen mit guten Artzneyen und Lebens-Mitteln zu Huͤlffe kaͤme / allein ſo kan dieſes nicht geſchehen / denn (wie geſagt) die Artzneyen taugen nicht / und die gewoͤhn - liche Speiſen geringer Leute beſtehen in Fiſchwerck oder mageren duͤrren Huͤhnern / inſonderheit wenn es am Gelde mangelt etwas beſſeres zurichten zu laſſen; und geſetzt auch man haͤtte Geldes genung / wuͤrde dennoch nichts zu bekommen ſeyn was einem Kran - cken dienlich iſt; die Kuͤhe / Schaffe und Huͤhner ſind ungewoͤhnlich mager / folglich auch deren Fleiſch ſehr hart und trucken / ſo daß ein geſunder Magen genug daran zu verdauen hat. An Kraͤuter-Suppen / wel - che zunechſt den Medicamenten die beſten Speiſen ſind / fuͤr Krancke / als welchen leichte und verdauli - che Koſt am geſundeſten iſt / fehlet es auch; zwar ha - ben der General-Director und andere vornehmeJ 4Be -136BeſchreibungBediente hieran keinen Mangel / allein das iſt bloß fuͤr ihre Perſon.

Es haben mir unterſchiedliche behaupten wollen / es waͤren einige hier zu Lande Lebende ſelbſt Schuld daran wenn ſie in ſchwere Kranckheiten verfielen / und koͤnnten ſolche durch eine wohl eingerichtete Lebens - art / weder dem Eſſen noch Trincken zu viel zu thun / gar leichtlich abgewendet werden; allein die Erfah - rung lehret es anders / zumahlen auch dieſe Leute wel - che in erdencklicher Moͤglichkeit ſich in acht nehmen / und einer accurater Lebensart folgen / dennoch vom Tode / viel weniger Kranckheiten nicht verſchonet bleiben. Jedoch aber will ich nicht gaͤntzlich leugnen / daß nicht einige Perſohnen ihres eigenen Ungluͤcks Schmiede ſeynd / dieſes will ich nur / daß man von ei - nigen wenigen nicht uͤber Haupt einen Schluß ma - che; von einigen iſts mehr als zu wahr / und dafern ſie ſich mehr ſchonen oder in geziemender Nuͤchtern - heit leben wuͤrden / haͤtte man menſchlicher Weiſe zu reden / von ſo vielen Krancken und Sterbenden nicht zu hoͤren / als leyder itzo jaͤhrlich ſich finden. So bald ha - ben die geringen Leute ihre Beſoldung nicht in Haͤnden / (im Fall es nicht ſchon vorhero verzehret iſt) ſo muß das Geld an Brant - oder Palmenwein angeleget werden / welches in Warheit beydes ein ſchaͤdliches Getraͤnck iſt wenn man deſſen zuviel genieſſet / bis ſie nicht einen Heller uͤbrig behalten / dafuͤr ſie Eſſen kauffen koͤnnen / ſondern mit Brodt / Oͤhl / Saltz / und bisweilen ein wenig Fiſchen vergnuͤgt ſeyn muͤſſen / und dahero ohnmoͤglich ſolche Leute eine beſtaͤndige Geſundheit ſich verſprechen koͤnnen. Sehet wie die gemeinen Leute leben / zu wuͤnſche waͤre es / daß dieje -nige137des Landes Gvinea. nige / ſo in hoͤheren Bedienungen ſtehen / auch nicht dergleichen Uppigkeiten ausuͤbeten / allein auch unter dieſen iſt das ſtarcke Trincken ſehr gewoͤhnlich / und ſcheinet daß je mehr Beſoldung ſie haben / je mehr Durſt ſie empfinden; ſo daß ſie zuweilen ſchmal beiſ - ſen muͤſſen / wider ihren eigenen Willen / in ſonderheit wenn ſie ſo gluͤcklich nicht ſeyn / daß einer oder der an - der auf die bevorſtehende Beſoldung / oder auf ihren anderwertigen Gewinn / oder auch auf gegebene Ver - ſicherungen / es ſolte die Zahlung in Holland von ih - ren Anverwandten erfolgen / ihnen einen Vorſchuß thut. Dahero kommt es / daß dieſe gute Herren / weil die Schulden ſich taͤglich mehren / allmaͤhlig zu ihren Untergang eilen / auch endlich dem Trunck ſo ergeben / daß ſie hernach auf keinerley Weiſe davon abzubringen ſind. Was das aller aͤrgſte iſt / bleiben ſie nicht nur bey dem uͤbermaͤßigen Sauffen / ſon - dern gerathen auch zu dem Weiber-Volck / wobey ſie vollends all ihr Gluͤck / Geſundheit und endlich das Leben verlieren. Jn ſo weit iſt es gut / daß ſie fuͤr ihre Nachfolger Platz machen; denn wenn hier die Leute ſo alt wuͤrden als in Europa, muͤſten ihrer viele lange Gedult haben / ehe ſie zu einem Ehren-Amt gelangen koͤnnten / ohne welches ſich doch wenige Schaͤtze in Gvinea ſammlen laſſen; angeſehen nur die vornehmſte Bedienten Gelegenheit haben etwas zuſammen zu bringen / doch aber bey weiten nicht ſo viel als von den meiſten dafuͤr gehalten wird / verſi - chert es iſt uns nicht zu verdencken / wenn wir den we - nigen Profit ſo wir machen vor uns behalten / indem wir ſolchen theuer genung mit Aufſetzung unſerer Ge - ſundheit des edelſten Schatzes verdienen muͤſſen.

J 5Da -138Beſchreibung

Damit ich aber auf meine vorige Rede komme / ſo giebet es Leute / welche zwiſchen einen und dem andern Ort groſſen Unterſcheid finden / das iſt / daß ſie eine Gegend viel geſunder halten als die andere. Nun kan ſolches nicht geleugnet werden / dafern man der - gleichen Oͤrter dadurch verſtehet allwo ein kuͤhler fri - ſcher Wind anzutreffen / wo auch dergleichen Ge - ſtanck von denen Mohren nicht erreget wird / denn dieſe werden die geſundeſte ſeyn / und in ſolcher Ab - ſicht haben Boutry und Zaconde fuͤr allen andern den Vorzug.

Ob nun zwar wie gemeldet / das gantze Land ſehr ungeſund iſt / giebet es dennoch unter den Landes Ein - gebohrnen wenig Krancke / welches nicht zu verwun - dern / indem ſie darinnen erzogen und gebohren / und alſo den Geſtanck der Lufft gewohnet / ſo viel fuͤglicher ertragen koͤnnen. Gleichwol ſind ſie zweyerley Zu - faͤllen / als Kinderblattern und Wuͤrmen / mehr als die Europaͤer unterworffen. An dem erſten ſterben vor 13. oder 14. Jahren viele tauſend von Menſchen / der letzteren aber findet ſich in allen Theilen des Lei - bes / inſonderheit aber in den Beinen. Es iſt eine un - beſchreibliche Plage / welche gantze Monate lang waͤhret / auch nicht eher auffhoͤret / bis der Wurm gaͤntzlich heraus iſt. Mercket aber / wie ihn diejenige ſo einige Erfahrung davon haben / heraus zu ziehen wiſſen. So bald der Wurm aus dem Eyter hervor kommt / ſo gemeiniglich zuerſt mit dem Kopffe zu ge - ſchehen pfleget) ſuchen ſie ihn feſt zu halten / und lang - ſam aus dem Loch heraus zu ziehen / alsdenn binden ſie ihn an ein klein Stuͤcklein Holtz / welches ſie taͤglich umdrehen / damit er allmaͤhlig heraus kommen moͤge:ſelbi -139des Landes Gvinea. ſelbiges thun ſie ſo lange / bis der Wurm gaͤntzlich aus - gezogen / und nunmehro alles Schmertzens entohni - get ſeyn. Dafern es aber geſchiehet / daß ſie zu ſtarck ziehen und den Wurm in Stuͤcken reiſſen / faͤnget der Schmertz von neuen an / weil das zuruͤck gebliebene Theil im Leibe anfaͤnget zu faulen / und hie oder da ſtinckende faule Eyter verurſachet. Dieſes iſt alſo das groͤſte Ungemach aller Mohren / wiewol die Weiſſen auch nicht gaͤntzlich davon frey ſeyn / wie ich denn einige geſehen / die 9. bis 10. Wuͤrmer auf ein - mahl und unertraͤgliche Schmertzen hatten. Herr - ſchet demnach dieſe Kranckheit uͤbers gantze Land / in - ſonderheit auch unſere Leute zu Cormantin und A - pim, ohne Zweiffel wegen des boͤſen Waſſers / wel - ches ſie daſelbſt brauchen muͤſſen. Dafern ihr aber zu wiſſen begehret wie groß dieſe Wuͤrmer ſeynd / doͤrf - fet ihr nur im Buch des Herrn Focqvenbrogh leſen / allwo er von Gvinea redend / alſo ſchreibet / daß es nemlich ein Land iſt allwo die Erd-Wuͤrmer in Ehlen oder Piquen Laͤnge die Menſchen bey lebendigem Leibe zerfreſſen ohne zu warten bis ſie todt ſeyn. Die Schwartzen des Landes Ante, haben inſonderheit die - ſes Ungemach an dem heimlichen Ort / ſo ſie einem gewiſſen Palmwein den ſie trincken und bey uns Cri - ſia genennet wird beymeſſen wollen.

Jnſonderheit ſind auch hieſige Einwohner zu be - klagen / wenn ſie etwan im Kriege verwundet werden / alsdenn haben ſie keine andere Huͤlffs-Mittel uͤbrig / als etwan gruͤne Kraͤuter welche ſie in Waſſer kochen und auf die Wunde legen. Zwar befinden ſich eini - ge recht wohl darauf / angeſehen ſelbige von ungemei - ner Wuͤrckung ſeyn / allein andere / ſo entweder keineWiſ -140BeſchreibungWiſſenſchafft von den Kraͤutern oder ihren rechten Gebrauch haben / empfinden nicht die geringſte Lin - derung / im Gegentheil groſſe Schmertzen / die Wun - de wird tieffer / und macht oͤffters / daß ſie ihre gantze Lebens-Zeit uͤber in Ungeſundheit zubringen muͤſſen. Eben ſo gehet es auch mit den Venus-Kranckheiten / da denn diejenigen / welche in unſern Veſtungen woh - nen weit gluͤcklicher ſind / und fuͤr ein anſehnlich Stuͤck Geldes von unſern Wund-Aͤrtzten koͤnnen curiret werden.

Auſſer dieſem Ungemach giebet es geſunde Leute unter den Mohren / wiewol ſie gar ſelten hohe Jahre erreichen / davon nicht fuͤglich eine zulaͤngliche Urſa - che zugeben iſt; Man ſiehet auch viele graue Koͤpffe allhie / welche das Anſehen eines hohen Alters haben / und dennoch nichtes weniger ſind; davon ich glaube dieſes eine Urſach zu ſeyn / weil ſie das Weiber-Volck zu ſehr lieben / und dadurch ihre Kraͤffte und Staͤrcke verſpillen / daß wenn ſie im 50. Jahr (welches bey ih - nen ein hohes Alter iſt /) von einer Kranckheit uͤber - fallen werden / gemeiniglich mit dem Tode bezahlen muͤſſen; erſchrecklich iſt es / daß auch die Kinder zu ſol - cher Wolluſt ſich verſtehen / und dahero wenig oder gar keine ehrliche Maͤgdelein unter ihnen anzutreffen.

Anitzo muß ich etwas melden vom Winter und Sommer / oder von der boͤſen und guten Zeit wie es hier genennet wird. Das meiſte was mich hiezu verurſachet / iſt die merckliche Veraͤnderung ſo ich ſeit 10. Jahren darinnen verſpuͤret. Der Sommer ge - het bey nahe allhier an / wenn in Europa der Herbſt anfaͤnget / und dauret 6. Monat lang / bey deſſen En - digung der Winter eben ſo lange waͤhret / deſſen erſtezwey141des Landes Gvinea. zwey Monaten / lauter Nebel / die andre zwey lauter Regen / die letzte zwey lauter Wind bringen. Allein hierinn faͤllet von Jahr zu Jahr groſſe Veraͤnderung fuͤr / daß unſere Rechnung offtermahls falſch wird / angeſehen zuweilen der Sommer einen Monat fruͤ - her anfaͤnget / das ander Jahr der Nebel oder Regen ein Monat ſpaͤter koͤmmt als gewoͤhnlich / und ſo mit dem uͤbrigen / dergeſtalt / daß man nunmehro kei - nen Grund oder gewiſſe Rechnung darauf ſtellen koͤnne.

Zuerſt als ich in dieſe Laͤnder ankam / hielten die Jahres-Zeiten ihre richtige Ordnung / der Sommer fing zu gebuͤhrender Zeit an / und der Winter imglei - chen / und dieſe zwey Jahres Abwechſelungen waren auch dazumahl viel hefftiger als heute zu Tage. Es regnete dazumahl viele Tage nach einander ſo gewalt - ſam / daß man vor Uberſchwemmung des gantzen Landes und einer zweyten Waſſerſucht beſorget war; allein heute zu Tage fallen dergleichen ſtarcke Regen nicht mehr / obwol (welches zu mercken) zu Axim es mehr als an einem Ort im Lande regnet / ohngeachtet es nur ohngefehr 20. Meilen Abend werts von Elmina lieget. Jch verwunderte mich nicht wenig / als man mich nach Axim ſendete / und den lang anhaltenden ſtarcken Regen anſehen / auch nach Befragung eines ſicheren Unter-Officiers wie lang ſolche Regen pfleg - ten anzuhalten / zur Antwort hoͤren muſte / gemeinig - lich eilff Monat und 28. Tage / folglich nur alle 4. Jahr nemlich im Schalt-Jahr nur ein guter Tag zu hoffen waͤre. Ob nun zwar dieſe Antwort ziemlich erweitert / iſts dennoch gewiß / daß hieſelbſt wenigſtens ein halb Jahr Regen / und deswegen daſige Fruͤchteausge -142Beſchreibung. ausgenommen der Reiß und die Baum-Fruͤchte / we - gen groſſer Naͤſſe niemahls wohlgerahten.

Das iſt nur zu verwundern / das die Ungewitter oder Travados wie ſie allhie genennet werden / anitzo bey weiten nicht ſo hefftig / auch nicht ſo oͤffters als vor dieſem ſich einfinden. Nur allein vom Wind und Donner zu gedencken / kan in dem Buch des Herrn Focqvenbrogh nachgeſehen werden / wie erſchreck - liche Sturmwinde es bey ſeiner Zeit gegeben / und wie ſelbige ſo ſchleunig entſtanden / daß die Schiffleute niemahls alle ihre Seegel aufziehen doͤrffen / aus Beyſorge von dem Winde uͤberfallen / entweder an eine Klippe oder den Strand verſchlagen zu werden. Anitzo aber hat es damit keine Noht; denn ob gleich zuwellen ein oder ander ſtarckes Ungewitter mit Don - ner / Blitz und Sturm einfaͤllet / entſtehet es doch ſo gar eilends nicht / und hat auch die ſonſt gewoͤhnlichen Kraͤffte nicht / ſo daß man fuͤr ſehr nachdruͤcklichen Schaden keine Sorge noͤthig hat.

Jch habe ehemahls in einer alten Schrifft von dem Hrn. Director Valkenburg geleſen / daß im Jahr 1651. ein ſo unbeſchreibliches Ungewitter zu Elmina geweſen / mit ſo gewaltſamen Donnerſchlaͤgen / daß einjeder voll Schreckens das Ende der Welt herbey gekommen zu ſeyn gemeynet. Es zerſchmetterte nem - lich dieſer Donner und zerſchmeltzete alles Silber und Gold / ohne Verletzung derer Saͤcke in welchen es verborgen war / und zerſchmiſſe die Degen in denen Scheiden / ohne einige Verſehrung dieſen zu zufuͤgen; und was dergleichen ſeltſame Begenheiten mehr wa - ren / welche ich nicht leſen koͤnnen / indem das Papier von den Wuͤrmern halb verzehret / gleichwol ſiehet mandaß143des Landes Gvinea. daß ſie vor dem Pulver ſehr beſorget / und aus Furcht und Schrecken gantz beſtuͤrtzt geweſen.

Ohngefehr im 1691. Jahr donnerte es im Lande von Ante erſchrecklich ſtarck / da ich eben zu Boutry war. Mehr als tauſend Baͤume waren aus der Erden herausgeriſſen / oder durch den Blitz ver - brandt; unſer Fahnen-Stock wurde das oberſte zu un - terſt umgekehret / und in viele Stuͤcke zerbrochen / es blieb derſelbe gantz aufrecht uͤber der Erde ſtehen / und hat man geſaget / daß man zwey hundert Keile brau - chen muͤſſen ihn von einander zu ſpalten. Es bilde - ten ſich die Mohren ein / wie es auch dergleichen thoͤ - richte Leute unter uns giebet / daß die Gewalt des Don - nerſchlags in einem gewiſſen Steine beſtehe / ſo als - denn herunterfaͤlt / dahero brachten uns jene ſo bald das Gewitter ſich geleget / einen Stein zu beſehen / von welchem ſie unſeren Fahnen-Balcken zerſchmet - tert zu ſeyn urtheileten; ich fande ihn eben ſo als un - ſere in ſolchen Gedancken ſtehende Leute ihn zu beſchrei - ben pflegen; allein niemand wird mich dieſes vermit - telſt natuͤrlichen Gruͤnden uͤberreden koͤnnen / daß ein ſchlechter Stein dergleichen entſetzliche Wuͤrckungen zu thun die Krafft haben koͤnne / als ich in der That vom Donner geſehen habe / uͤber dem dencke ich nicht dahin verbunden zu ſeyn / daß ich glauben muͤſſe es ſey etwas uͤber natuͤrliches / lieber will ich glauben es ſey ein Effect vom Winde / welcher mit einer unbe - ſchreiblichen Hefftigkeit durch die Wolcken dringet; wiewol ich dieſe Sache zu entſcheiden denen Herren Naturkuͤndigern uͤberlaſſen will.

Eben dergleichen wiederfuhr bald darauff einem unſerer Compagnie zuſtaͤndigem Schiff welchesun -144Beſchreibungunweit Axim kreutzete / und ſein groſſer Maſt und Boegſpriet durch einen Donnerſchlag ſehr beſchaͤdi - get wurde.

Jm Jahr 1694. ſchlug das Wetter zu Corman - tin in eines Kauffmanns Stube / daß alle daſelbſt be - findliche Glaͤſer in Stuͤcken ſprungen / und ſein klei - nes Kind (welches was ſeltſames iſt /) mit dem Bet - te in die Hoͤhe gehoben / und einige Schritte weg ge - tragen wurde / wiewol ohne die geringſte Beſchaͤdi - gung. Sollet ihr nun mein Herr wol glauben koͤn - nen / daß ein Stein ſolche ungemeine Wuͤrckungen zu wege bringen koͤnnen? mich anbelangend / halte ich ſolches fuͤr gantz unmuͤglich.

Kurtz hierauf ſchlug das Wetter in die Engliſche Veſtung zu Acra / und zerſchmetterte mit ſolcher Ge - walt deren Mauren / daß es bis an die Thuͤr der Pulver-Kammer hindurch drang / und daſelbſt eini - ge zinnerne Schalen in einen Klumpen zerſchmel - tzete: ihr koͤnnet euch leichtlich einbilden / wie groß das Schrecken geweſen / als man das Wetter ſo nahe bey dem Pulver geſehen.

Als ich noch zu Mouree an der Regierung war / donnerte es ſo ſtarck / daß ein Thurm in der Mitten etliche Fuͤſſe lang geſpalten wurde / wodurch mein Conſtapel an dem Arm eine Verrenckung bekahme / ohne ſonſt einige Verletzung. Jch muß geſtehen / daß mir damahls nicht gar wohl zu Muhte war / denn ich hatte kurtz vorher bey nahe drey tauſend . Pulver auf den Boden bringen laſſen / in dem Abſe - hen / daß ich die haͤuftigen Loͤcher im Pulver Thurm wolte zumachen laſſen / nun war bey dieſem grauſa - men entſtehenden Wetter / gedachter Boden nur mitſchlech -145des Landes Gvinea. ſchlechten einfachen Dachſteinen gedecket / konnte mich deswegen nicht eher zufrieden geben / bis daß ſelbiges in ſichere Verwahrung gebracht wurde / denn zuvor war ich in groſſen Aͤngſten.

Jhr ſehet mein Herr aus itzt bemeldtem / was vor dieſem fuͤr Zeiten geweſen / und wie anitzo dieſelbige ſich veraͤndert haben; angeſehen es ſcheinet / als haͤt - ten dergleichen Gewitter gaͤntzlich aufgehoͤret / wenig - ſtens iſt es in drey bis 4. Jahren nicht zu mercken ge - weſen.

So iſt auch ein ſehr groſſer Unterſcheid zwiſchen der heutigen Kaͤlte und Hitze / gegen die vorige Zei - ten; vor dieſem war die Hitze ſo ſtarck / daß es ſchiene als haͤtten wir continuirliche Hunds-Tage ſo wie in Europa, itzund aber hat dieſelbige ſehr abgenommen / und iſt die meiſte Zeit gantz ertraͤglich. Ebenfalls war auch die Kaͤlte ſo hefftig in vorigen Zeiten / inſonder - heit des Nachtes / daß wir uns einbildeten / es friere; wenigſtens das Erdreich / wenn uns ſelbiges vom Thau ſo zur Nachtzeit gefallen und wieder abgetrocknet war / gantz weiß ſchiene. Ja ich habe von einigen die vor meiner Zeit ſich allhie auffgehalten / daß wenn ſie des Morgens auf ihr Schreib-Contor gekommen die Tinte gefroren geweſen; doch kan ich ſolches fuͤr gantz gewiß nicht ſagen / weil ichs nemlich nur vom hoͤren - ſagen habe.

Dieſes aber iſt unſtreitig / daß wir allhie ſo kalte Naͤchte gehabt / daß wir fuͤr Froſt gebebet haben / und (wie allbereit erwehnet) mit den Herbſt Naͤchten in Europa gar wol zu vergleichen ſeyn. Jn Warheit in der boͤſen oder Winters Zeit iſt es recht kalt / doch bey weiten nicht ſo als wie vor dieſem / dagegen aberKſo146Beſchreibungſo viel laͤnger / indem wir anitzo zwey drittel Theil des Jahrs Winter oder wenigſtens Herbſt haben. Wo - mit ich ſchlieſſe und bleibe ꝛc.

Ende des achten Briefes.

Neuntes Send-Schreiben.

Jn welchen die Natur und Sitten der Mohren im gantzen Lande Gvinea, beſchrieben werden / wie betruͤgeriſch / faul und ſorgloß ſie leben; ihre Kleidnng: Er - ziehung derer Kinder / und gewoͤhnliche Be - gruͤſſung; mit was Hoͤflligkeit ſie denen be - gegnen / von welchen ſie beſuchet werden; wie die Vornehmen einander beſuchen / was ihre Arbeit ſey / und worinnen ſie be - ſtehe / ihre Schifferey / Fiſchfang / Ackerbau; die unterſchiedliche Sprachen / die Edel - leute / und Unterſcheid der Staͤnde ſo ſich unter ihnen findet; wie unordentlich ſie ihre Veſtungen anlegen / und die Wege ſo unſauber halten; was ſie fuͤr muſicaliſche Inſtrumente brauchen; was ihre Bettler fuͤr unverſchaͤmte Leute / ſo doch keiner Al - moſen benoͤthiget ſind. Endlich eine Be - ſchreibung von denen / ſo von einem Euro - paͤer und Jndianerin / oder um Geld erzeuget worden.

Mein147des Landes Gvinea.
Mein Herr!

JCh habe euren Brieff vom 24. richtig em - pfangen / und deſſen Jnhalt zur Gnuͤge verſtan - den; allein die itzige materie ſo ich in gegenwaͤrtigem zu ſchreiben habe / iſt ſo weitlaͤufftig / daß die verlangte Antwort auf beqveme Zeit ausſetzen muß / da ich ver - ſpreche mit eheſter Gelegenheit dieſelbige zu beſchleu - nigen.

Jtzo habe mir vorgenommen von der Natur und Sitten derer in dieſem Lande gebohrnen Schwartzen zu handeln. Damit nun ſolches in richtiger Ord - nung geſchehe / werdet ihr mir nicht vor uͤbel halten / wenn ich etwas weitlaͤufftig ſeyn / auch unterſchiedli - che Sachen zuſammen abhandeln werde / weil ich mir einbilde / es koͤnne nicht fuͤglicher oder mit eurem groͤſ - ſerem Vergnuͤgen verrichtet werden.

So will ich demnach hiemit den Anfang machen / und ſagen daß hieſige Leute die Mohren oder Schwar - tzen nach ihrer Farbe genennet / durchgehends ſehr be - truͤgeriſch ſeynd / ſo daß ihnen gar nicht zu trauen / ſin - temahlen ſie nicht gerne eine Gelegenheit aus den Haͤn - den laſſen / wenn ſelbige einen Europaͤer oder ſich ſelbſt unter einander betruͤgen koͤnnen; Glaubet mir / es iſt etwas ſeltſames / einen treuen Menſchen unter ihnen anzutreffen / ſofern aber noch einige ſeynd / erſtrecket ſich ihre Redlichkeit nicht weiter / als gegen ihre Herren / deſſen Brodt ſie eſſen; denn ſo man ihre Lebensart ge - nau unterſuchet / wird ſich in Vergleich gegen andere ihr betruͤgeriſches Hertz gar bald hervorthun: Kurtz es ſcheinet ſie ſeynd bloß und allein hiezu gebohren / in - dem ſie von Kindheit auf nichtes anders als Betruͤge -K 2rey -148Beſchreibungreyen ſehen und hoͤren / wodurch ſie bey ihnen ſo tieff einwurtzeln / daß ſie hernach die gantze Lebens Zeit uͤber unmoͤglich dieſelbe unterlaſſen koͤnnen / ſondern als ein noͤthiges Ubel ihnen ſtets anhaͤnget. Worinnen ſie vollkommlich mit den Moſcowitern uͤbereinkommen / und alſo von dieſen letzten zu einem lebendigen Abriß dienen koͤnnen. Uber dem ſind ſie uͤber alle maſſen faul und traͤge / auch niemahls ohne Zwang zur Arbeit zu bringen / ſonſt aber ohne Sorge / und um ihre Sachen ſo wenig bekuͤmmert / daß man gar nicht abnehmen koͤnne ob ſie gluͤcklich oder ungluͤcklich lauffen; denn zum Exempel / wenn ſie zu Felde eine Schlacht gewon - nen / kommen ſie mit Springen und Tantzen zuruͤck; und mit eben ſo freudigem Muht wenn ſie brave Schlaͤge geholet / und die Flucht zu ergreiffen gezwun - gen worden. Es iſt ihnen gleich viel / ob ſie einem Feſte oder Begraͤbniß beywohnen; kurtz ſie ſind einerley hu - meur in Gluͤck und Ungluͤck / bloß daß der gantze Unter - ſcheid in Veraͤnderung ihrer Kleidung und Haaren (davon unten etwas folgen ſoll) beſtehe. Niemahls habe ich was artigers geleſen / worinnen dieſe ihre Sit - ten deutlicher abgebildet werden / als die Reime ſo in Hollaͤndiſcher Sprach auf dem Kupfferſtuͤck des Herrn Focqvenbrogs ſtehen / davon inſonderheit die letztern am ſinnreichſten das natuͤrliche Weſen de - rer Mohren vorſtellen:

Aan de andere kant ſiet ghy een Moorſe
ronde dans,
Een dodelik geſpuys van Frouwen en van
Mans,
Di149des Landes Gvinea.
Die ſig niet kreunen met de droeve brand
van Troyen
t mag branden al wat will, ſy ſingen, ſprin -
gen, poyen.
En weeten van geen druk ſy weeten van
geen nood,
Maar ſpeelen tot haar graf en danſen tot
haar dood.

Welches ſo viel ſagen will / es mag ihnen allerhand Widerwertigkeit zuſtoſſen / unterlaſſen ſie darum nicht mit Singen / Springen / Tantzen und allerhand Lu - ſtigkeiten ſich zu ergetzen: ſie fuͤrchten ſich fuͤr keinem Leyd / fuͤr keinem Elende / ſondern ſpielen und ſind froͤ - lig bis ins Grab / und tantzen bis in ihren Tod. Jn Warheit nichtes ſo ſich beſſer auff dieſe Leute ſchickte. Zwar iſts nicht zu leugnen / daß ſie taͤglich ihre Sorge ſeyn laſſen etwas Geld zu ſammlen / allein ſie laſſen es ſich keinen groſſen Ernſt ſeyn / kehren ſich auch wenig daran / ob ſie eine anſehnliche Summa verliehren / denn ihnen deßfalls nichtes anzuſehen iſt / und deswegen nicht weniger ruhig ſchlaffen / nicht anders als unver - nuͤnfftige Thiere / ſo bald ſie nemlich nur das Bett er - reichet / ohne daß ſie ſich das geringſte ſtoͤhren laſſen. Daß demnach niemand gefunden werde / ſo nicht die - ſer Lehre in allen Stuͤcken nachkommt: Sorget nicht fuͤr den andern Morgen.

Was die jungen Leute betrifft / ſind ſie inſonderheit ſehr hoffaͤrtig und wollen fuͤr groſſe vornehme Herren angeſehen ſeyn / ohngeachtet ſie zuweilen nichts als Sclaven ſeynd; ihre Kleidung iſt durchgehends ſehr ſeltſam wie aus folgenden erhellet.

Das Haupt zieren ſie an unterſchiedlichen Oͤrtern /K 3eini -150Beſchreibungeinige tragen die Haare zierlich in Buckel geſchlagen und auff dem Kopffe zuſammen gebunden / andere kraͤuſen ihre Haare / reiben ſie mit Ohle und Farbe ein / und machen es rundt um das Haupt in Geſtalt einer Roſen ſeſt; bisweilen legen ſie einige Fetichen von Gold / oder eine gewiſſe Art Corallen dazwiſchen / wel - che wir Conte de terra nennen / und bisweilen vier - mahl koſtbahrer ſind als Gold: ſie haben noch eine an - dere Art von blauen Corallen / welche wir Agries, die Mohren aber Acorri nennen / und mit dem Gold Ge - wicht verkauffen wenn ſie etwas groß ſind. Sie tra - gen auch ſehr gerne ſolche Huͤte als die unſrigen / und bezahlen ſie deswegen williglich ſehr theur / um ihre Arme / Beine und den gantzen Leib tragen ſie zur Zie - rath vieles Gold oder Corallen. Jhr gewoͤhnlicher Habit beſtehet aus 3. bis 4. Ehlen Stoffen Gezeuch / entweder Sammet / Seyden / Tuch oder anderem Stoffe / einige unter ihnen haben wol funffzigerley Art. Dergleichen Kleider nun bey uns Paan genennet / wickeln ſie rund um den Leib / und laſſen es vom Na - bel bis halb auf die Beine herunter haͤngen. An ihren Armen tragen ſie auch Ringe von Elffenbein ſehr zier - lich gemachet / bis weilen auch von Gold oder Silber; um den Hals haben ſie unterſchiedliche guͤldne Kragen / imgleichen von itzt gemeldten unterſchiedlichen Arten von Corallen / und zwar ſo koſtbar / daß eine wie ich ſolches ſelbſt geſehen / mehr als tauſend Pfund wehrt iſt. Und dieſes ſind die koͤſtliche Geſchmeide / da die - jenige ſo ſich damit nicht ſehen laſſen fuͤr geringe und ſchlechte Leute gehalten werden.

So praͤchtig aber dieſe junge Leute oder Manceos, ſo ehrbar ſind die Laboceros oder Alten / denn dieſewollen151des Landes Gvinea. wollen lieber fuͤr Arme als Reiche angeſehen ſeyn / davon die Urſach unten folgen ſoll / und ſind damit vergnuͤget / wenn ſie einen guten Paan oder Rock / ei - ne Muͤtze von Hirſchfell / mit einer Kette oder Kragen von Corallen um den Hals haben / nebſt einen langen Stock in der Hand / wie die Jſraeliten / und dieſes iſt alle ihr Zierath womit ſie auff gezogen kommen.

Die gemeinen Leute / als Bauren / Fiſcher und der - gleichen mehr / gehen ſchlecht gekleidet / einige brauchen nur zwey Ehlen ſchlechten Stoff zu ihrer gantzen Klei - dung / andere tragen nur einen Band ihre Scham zu bedecken ausgenommen / daß die Fiſcher-Leute bis - weilen noch einige Hirſchfellen Muͤtze oder von Bin - ſen auff den Kopff haben / wiewol der meiſte Theil ſich eine alte Muͤtze von den Matroſen pſleget anzu - ſchaffen / die ſie in Kaͤlt und Hitze / Winter und Sommer brauchen. Unter der Weibes Kleidung findet ſich eben wie in Europa viel mehr Eitelkeit als in der Maͤnner ihrer / denn auch hier die Frauens - Leute mehr als die Manns-Leute ſich zu bruͤſten wiſ - ſen; wenn ſie ihre Haare ſehr zierlich in Buckeln ſchlagen / und mit Gold Fetichen oder Corallen / bis - weilen gar Elephanten Schwaͤntzen auszieren. Um den Hals koſtbare guͤldne oder Corallen Ketten tra - gen / ohne 10. oder 12. kleine weiſſe Kragen / welche von conte de terra und Gold ſehr zierlich gemachet / haͤuffig an den Armen / Beinen und rund um den Leib von ihnen getragen werden. Vom Guͤrtel bis unten zu haben ſie einen Paan, bisweilen zwey oder dreymahl ſo lang als der Maͤnner ihr / welchen ſie mit einem Band von rohtem Tuch / oder auch andrem Stoffe / in der Laͤnge von zwey Ehlen / und BreiteK 4von152Beſchreibungvon einer halben Ehle feſt machen / ſo daß die zwey En - de uͤber den Paan herunter hangen. Diejenige aber welche noch hoͤhern Standes ſeynd / laſſen eine ſilber oder guͤldene Spitze anſetzen / und machen ſich ſo viel mehr Anſehens. Den Ober-Leib bedecken ſie mit eineer Scherpe von Seide oder anderem ſchoͤnen Stoffe / ihre Arme ſtecken ſie voller Ringe von Gold / Silber / Elffenbein und dergleichen mehr.

Nachdem wir alſo von der Maͤnner und Frauen ihrer Kleidung gemeldet / wollen wir auch anſehen wie ſie ihre Kinder erziehen. Was die Maͤnner angehet / bekuͤmmern ſie ſich gantz und gar nicht deswegen / und die Weiber ſehr wenig. Zwar ſaͤugen ſie ſelbige bis ins dritte Jahr / darnach aber wenn ſie fort kommen koͤnnen / moͤgen ſie auſſerhalb dem Hauſe hingehen wo es ihnen gefaͤlt; wenn ſie Hunger haben / gibt ihnen die Mutter ein Stuͤck trucken Brodt und ſchicket ſie da mit fort / da ſie nach eigenem Gefallen / ja gar an die See gehen moͤgen / um ſich im Schwimmen zu uͤben / ohne daß weder Vater noch Mutter die geringſte Sorge darum traͤget. Dafern eure Liebſte mein Herr / oder ander Hollaͤndiſches Frauenzimmer / wel - ches nicht felten von ihren Kindern rechte Abgoͤtter machet / hieher kommen ſolten / wuͤrden ſie etliche hun - dert von Kindern zwiſchen 4. und 6. Jahren gantz na - ckend am Strande herum lauffen ſehen / welche mit ihren trucken Stuͤck Brodt weit vergnuͤgter leben / als alle unſrige Kinder bey den groͤſten Leckereyen. Jhre Muͤtter dencken an kein Ungluͤck / und verrichten ihre Haus-Sachen ohne die geringſte Sorge. Wir aber koͤnnen nicht ruhen / wenn unſere Kinder kaum uͤber die Schwelle gehen / allezeit uns einbildend / es moͤchteihnen153des Landes Gvinea. ihnen allerley Ungluͤck zuſtoſſen; hier aber gehen ſie taͤglich gantz alleine ohne einigen Menſchen bey ſich zu haben / der auf ſie Acht gebe / und gleichwol ſiehet und hoͤret man von keinem Ungluͤck. So iſts auch ſehr ge - maͤchlich fuͤr die Manns-Leute wenn ihre Frauen ins Kind-Bette kommen / dann bey weiten hier nicht die Gewonheit iſt / daß ſie ſo lange das Bette huͤten muͤſ - ſen / vielweniger groſſe Unkoſten thun doͤrffen in Ga - ſtereyen oder anderwertigem Uberfluß. Jch kam ein - ſtens bey einem Mohren / deſſen Frau in Kindes-Noͤ - then arbeitete; da hoͤrete man nicht das geringſte Kla - gen / Schreyen oder Weinen / ſelbſt in den groͤſten Schmertzen / wiewol es hoͤchſtens nur eine Viertel - ſtunde gewaͤhret / ſondern gleich Nachmittag noch ſel - bigen Tages ſahe ich eben dieſe Frau albereit nach dem Strande gehen um ſich zu waſchen / und an nichtes weniger zu gedencken als an ihre ausgeſtandene Ge - buhrts-Schmertzen. Zwar geſchiehet es auch bis - weilen / daß ſie einige Tage zu Bette liegen muͤſſen / und ſehr kranck ſind / wiewol ſehr ſelten. Ach was wuͤrde dieſe Gewonheit denen Hollaͤndern zu ſtatten kommen / wenn ſie nicht groͤſſere Unkoſten noͤthig haͤtten; allein ich will ſchweigen / um dem Hollaͤndiſchen Frauen - zimmer nicht zu nahe zu kommen / als welches mir ein - ſtens gute Dienſte erzeigen koͤnnte / ſondern nur dieſes ſagen / daß man hier zu Lande von der groſſen Zuruͤ - ſtung bey denen Kindern / nemlich Windeln / Baͤnden und andern mehr / nichts wiſſe / und gleichwol ihre Kinder eben ſo geſund ſeynd als die Unſrige / ohne daß ſie bisweilen groſſe ausſtehende Nabels haben / wel - ches doch von den Muͤttern leichtlich koͤnnte verhuͤtet werden.

K 5So154Beſchreibung

So bald das Kind gebohrẽ / wird der Prieſter geho - let / den man hier Feticheer oder Confoe nennet / ſel - biger bindet dem Kinde alſobald um den Hals / die Ar - me und Beine / unterſchiedliche Schnuͤre von Coral - len und anderen Poſſen mehr / welche er zuvor mit ih - ren gewoͤhnlichen Teuffels-Beſchwerungen geheili - get / dadurch das Kind wie ſie meynen von allerhand Kranckheiten und traurigen Zufaͤllen frey bleibet. Jn Warheit ich glaube ſelbſt / daß dieſe Beſchwerun - gen ſo kraͤfftig ſeyn / als wenn ſie der Pabſt von Rom ſelbſt geſaget haͤtte / ihr koͤnnet hieraus abnehmen was fuͤr Gewalt hieſige Geiſtliche uͤber die unſaubern Gei - ſter beſitzen. Sonſten dienen dergleichen Schnuͤre denen Kindern an Statt ihrer Kleidung bis ins ſieben - de oder achte Jahr / als denn ihnen eine Ehle oder hal - be Ehle gegeben wird / damit ſie ſich recht kleiden moͤgen.

Dafern der Vater ein Fiſcher oder Handwercks - mann iſt / lehret er ſeinem Sohn (wann es anders ei - ner iſt / und Luſt dazu) das Handwerck was er ſelbſt kan; denn weil jener gleich im Anfang ſeiner Jugend fuͤr ſich ſelbſt ſorgen muß / ſtehet es ihm frey nach eige - nem Gefallen dieſes oder jenes Handwerck zu ergreif - fen / ohne daß Vater und Mutter dawider ſprechen doͤrffen /

Jhr habet allbereit vernommen wie vergnuͤget der Mohren Kinder ſind mit ein wenig Brodt / ſo und nicht anders halten ſie auch Haus / wenn ihre Jahre zunehmen / ja man koͤnnte ſie eher einer allzu groſſen Nuͤchterheit als Uberfluſſes beſchuldigen / denn ſie taͤg - lich mit zwey Stuͤver zukommen koͤnnen: ihr gewoͤhn - liches Fleiſch iſt ein Topff Milhio oder geſcheelte Ger -ſten155des Landes Gvinea. ſten / welches ſie kochen und an Statt Brodts eſſen / im Fall ſie aber kein Milhio haben / nehmen ſie Jam - mes oder Pattates, gieſſen etwas Palmen-Oͤhl oder gekochte Kraͤuter Suppe druͤber / und genieſſen daſ - ſelbe mit ein wenig ſtinckenden Fiſch / gleichwol bil - den ſie ſich ein alsdenn eine vortreffliche Mahlzeit ge - halten zu haben / denn die meiſte Zeit haben ſie weder Fiſche noch Kraͤuter; Ochſen / Schaaff oder Huͤner - fleiſch / kauffen ſie niemahls es ſey denn hohe Feſt-Ta - ge / davon unten ſoll gemeldet werden. Daß aber die Mohren mit ſo geringer Koſt vorlieb nehmen / iſt nicht dieſe die Urſach / weil ſie kein beſſer Fleiſch eſſen moͤgen wenn ſie es haͤtten; nein / denn ſie wiſſen ſehr wohl was das beſte Gericht auf der Tafel ſey / wenn ſie mit zu Gaſte ſeynd / da man ſagen ſolte ſie fuͤlleten den Leib fuͤr drey Tage; ſondern eintzig und allein ihr ſchaͤdli - cher Geitz. Jch glaube ſie bilden ſich ein alles was Geld koſtet ſey ihnen nichts nuͤtze / ſondern gaͤntzlich ungeſund.

Wie nun auf obbemeldte Art die unvermoͤgenden und armen Leute ſich kuͤmmerlich ernehren / ſo machen es die Reichen nicht viel beſſer / ausgenommen daß ſie etwas mehr Fiſche und Kraͤuter eſſen / und wenn ſie ſich recht was zu gute thun wollen / nehmen ſie etwas Fiſche / eine Hand voll Korn-Teich / mit ein wenig Palmen-Oͤhl / und kochen dieſes zuſammen in Waſſer / alsdenn heiſſen ſie es Mallaget, und halten ſolches fuͤr ihr groͤſtes Leckerbißlein / wiewol der Geſchmack nicht ſo gar widerlich iſt / inſonderheit denen jenigen ſo es ge - wohnet / uͤber dem auch hier zu Lande nicht unge - ſund iſt.

So wie nun aber die Mohren ſehr wenig im Eſſen /ſo156Beſchreibungſo trincken ſie ſo viel mehr / und machen ſehr viel Wercks von ſtarckem Getraͤnck / trincken dahero alle Morgen Brantwein / und Nachmittags Palmenwein; ja wenn ſie auch nicht mehr als einen Stuͤver in ihrer Gewalt haͤtten / wuͤrden ſie nichts deſtoweniger fuͤr drey austrincken / es ſey Tag oder Nacht / ſo fertig und bereit laſſen ſie ſich allezeit zum trincken finden; welches wir inſonderheit an unſern Hausgenoſſen wahrgenommen / ſo ein gewiſſes Mittel erſonnen un - ſere Keller des Nachts zu oͤffnen / wannenhero ihnen nichtes von Taback / Brantwein / oder andern ſtar - cken Getraͤnck anzuvertrauen / weil ſie durchgehends ſo Frauen als Maͤnner dem Trunck ſehr ergeben / und wer es am beſten kan / fuͤr den beſten Mann gehalten wird / nicht anders als wenn hierinn eine groſſe Kunſt verborgen / welcher auch ihre Kinder von drey oder 4. Jahren nicht unkuͤndig ſeyn muͤſſen.

Anitzo folgen ihre Redens-Arten und Begruͤſſun - gen / welche nicht weniger verdienen daß ein Wort von ihnen gemeldet werde. Wenn ſie ſich begegnen / gruͤſſen ſie ſich unter einander mit Entbloͤſſung des Haupts / welches nur von dieſen zu verſtehen / ſo mit uns umgehen / denn andre welche tieffer im Lande woh - nen / nehmen es fuͤr keine Hoͤfligkeit an wenn man den Huht fuͤr ihnen abziehet. Nach dieſem befragen ſie einander nicht wie wir gewohnet ſind / wie gehet es euch / ſondern wie habet ihr geſchlaffen / darauff der andere antwortet gantz wohl / und den erſten ſo ihm be - gegnet mit eben dergleichen Fragen anredet; woraus denn erhellet / daß dieſe Leute das ſchlaffen fuͤr eine der Geſundheit hoͤchſt noͤthige Sache anſehen. Geſchie - het es / daß jemand aus weit entlegenem Orte ſich ein -ſin -157des Landes Gvinea. ſindet / und niemahls in dieſem Lande geweſen / fuͤhret ihn jener den er beſuchet bey der Hand / und leget ihm die zwey mittel Finger uͤber einander geleget feſt darin - nen / und heiſſet ihn alſo willkommen; dafern er aber von hinnen verreyſen will / nachgehends aber bey Ver - lauff einiger Zeit wieder heimkommt / beſtehet die Be - willkommung in folgenden Worten: Jhr ſeyd ver - reiſet geweſen / nunmehro aber wiedergekommen / dar - auff jener antwortet / ja ich bin wieder kommen / welche Ceremonien fuͤr eine von den groͤſten Hoͤfligkeiren bey ihnen gehalten werden. Gewiß ſie empfangen dieje - nigen ſo aus fremden Orten ſie zu beſuchen kommen / ſehr hoͤfflig; und wenn die erſte Hoͤfligkeit abgeleget / laͤſſet der Hausherr durch ſeine Frau oder einen Scla - ven etwas Waſſer / Fett / oder Salbe holen / damit ſei - nen Gaſt zu ſalben und zu ſchmieren / nach Art derer Alten / welche ſich dieſer Gewonheit bedieneten. Koͤ - nige und groſſe Herren haben auch ihre ſonderliche Ceremonien womit ſie einander begegnen in ihren Zuſammenkuͤnfften oder abgeſtatteten Beſuchungen. So bald demnach ein vornehmer Herr zu dem Dorff ſich nahet deſſen den er beſuchen will / fertiget er einige von ſeinen Leuten ab und laͤſſet ſich anmelden; jener aber ſendet ſofort einen mit zuruͤck / der ihm Verſiche - rung geben muß / daß er willkommen ſeyn werde. Dar - auf machet ſich derjenige welcher die Viſite empfan - gen ſoll fertig / gehet mit allen ſeinen Leuten und gewaff - neten Soldaten auf den Marckt-Platz oder vor ſein Haus bisweilen an der Zahl 3. oder 400. und ſetzet ſich nieder auf den wartend / der ſich hat anmelden laſ - ſen / ſo alsdenn mit langſamen hochtrabenden Schrit - ten herangeſtiegen koͤmmt / in Begleitung vieler ge -waff -158Beſchreibungwaffneten Leuten / ſo mit Springen / Lauffen und Schreyen ein groſſes Lermen machen. Wenn er nunmehro an den Ort gelangt / wo jener wartet / gehet er nicht gerades Weges auf ihn zu / ſondern ſchicket einige von ſeinen vornehmſten Leuten ohnbewaffnet voraus / welche ein nach einander einhertretende des - jenigen Bedienten ſo er beſuchen will / und welche in die Runde um ihn her ſitzen / zuvorderſt / und hernach dem Herrn ſelbſt die Hand geben. Wenn nun der - geſtalt dieſe zwey Herren allmaͤhlich einander genaͤhert / indem ſie beyderſeits mit einem Schilde bedecket ſind / ſtehet derjenige auf welcher die Viſite annehmen ſoll / im Fall daß nun jener in hoͤherem Anſehen und Wuͤr - de iſt als dieſer / umhalſet er ihn zu drey unterſchiedlichen mahlen / und heiſſet ihn willkommen ſeyn; im Gegen - theil aber da der Fremde geringer iſt / ſo bleibet er ſitzen / giebet ihm bloß die Hand / und ſchlieſſet die zwey mit - tel Finger feſt ein. Darauf gehet der Fremde gerade uͤber ihn ſitzen mit allen ſeinem Gefolge / und wartet ſo lange / bis der andere mit allen ſeinen Leuten zu ihm kommt und denſelben willkommen heiſſet: welches denn kurtz darauff zu geſchehen pfleget / wenn dieſes vorbey / gehet er an ſeinen vorigen Ort / ſchicket von neuen einige von ſeinen Bedienten ab / um jenen zu be - gruͤſſen / und ſich nach deſſen Geſundheit zu befragen / imgleichen warum und zu was Ende er anhero gekom - men waͤre; darauff er gehoͤrige Antwort lieffert / und abermahls einige an den erſten abfertiget. Solche Hoͤflichkeiten dauren bisweilen zwey gantzer Stun - den / ſo lange bis derjenige welcher die Viſite annimmt auffſtehet / und den andern ihm in ſeine Behauſung zu folgen erſuchet. Hierauff folget er und laͤſſet ſichbey159des Landes Gvinea. bey ſeinem Eintritt in deſſen Hauß mit unterſchied - lichen Geſchencken von Schaaff / Huͤnerfleiſch / Jam - mes und andern Sachen die man urtheilet angenehm zu ſeyn / verehren. Und damit haben alle Hoͤfligkei - ten ein Ende / welche ich etwas ausfuͤhrlich beſchrieben habe / in Hoffnung es werde euch ſelbiges nicht zu wi - der ſeyn / inſonderheit da ich aus dieſes Ungluͤcks Bey - ſorge / noch viele Umſtaͤnde mit Willen ausgelaſſen habe.

Jm Anfange gegenwertigen Briefes habe ich all - bereit erinnert / daß die Mohren uͤberaus traͤge und unfleißige Leute ſeynd / und uͤberaus ſchwer zur Arbeit zu bringen / dannenhero wenig Kuͤnſtler oder Hand - wercks-Leute unter ihnen gefunden werden: Jhr vor - nehmſtes Handwerck beſtehet in Holtz faͤllen und Schiff bauen / die Seſſel auszubeſſern mit Stroh / kupfferne Kaͤſtlein zu allerhand Salben zu machen / oder Armbaͤnder von Gold / Silber / Elephanten Zaͤh - ne und andere dergleichen Dinge zu verwahren. Nichts haben ſie beſſer gelernet als Schmiede Arbeit / und machen deswegen unterſchiedliche zum Kriege gehoͤrige Inſtrumenten (ausgenommen Feuer-Roͤh - re) und was ſie zu ihrem Ackerbau oder taͤglichem Gebrauch noͤthig haben. Sie wiſſen nichts vom Stahl / dennoch aber ſind ihre Saͤbel und Sicheln uͤberaus wohl gehaͤrtet / und zum ſchneiden ſehr ge - ſchickt; imgleichen ihre Hacken / Karſten / und andere zum Land-Bau dienliche Werckzeuge. Alle derglei - chen ſchmieden ſie uͤber einem groſſen Stein / an Statt eines Amboſſes / und beſtehet ihr gantzes Werckge - zeug in zwey oder drey Hammern / einer Zange und kleinem Blaſebalg mit 3. bisweilen auch mehrerenRoͤh -160BeſchreibungRoͤhren / ſo ſie ſelbſt erfunden / weil ſie vielen Wind von ſich geben. Dieſes iſt alſo ihre vornehmſte Arbeit / damit ſie umgehen / ausgenommen daß ſie uͤber dem noch Gold-Fetichen machen / derer ich oben Erin - nerung gethan habe. Das Artigſte was ich unter ihrer Arbeit finde / ſind die Huht-Schnuͤre / ſo ſie aus feinem Drat von Gold oder Silber zierlich wiſſen in einander zu flechten / daß ich zweiffele ob die Gold - ſchmiede in Europa es beſſer machen koͤnnten / und geſetzt wenn ſie es auch koͤnnten / ſich aber nicht theurer bezahlen lieſſen als die Mohren / wuͤrden ſie nicht viel mehr als das trucken Brodt damit verdienen.

Weil ich mir fuͤrgenommen in gegenwaͤrtigem Brief von vielen unterſchiedlichen Dingen zu han - deln / werdet ihr hoffentlich nicht uͤbel deuten / wenn ich alles ſchreibe was mir in den Sinn koͤmmt / voritzo wollen wir der Mohren ihre Schiffahrt beſehen / wie - wol dieſelbe nicht gar zu viel auf ſich hat. Jhr ge - woͤhnlichſtes Fahrzeug ſind ſehr lange Schiffe / wel - che Canoas genennet werden; uͤber 30. Fuß nicht lang / und uͤber 6. nicht breit ſind / welche ſie haͤuffig gebrauchen vom groͤſten bis zu dem kleineſten 14. Fuß lang und 4. breit. Wir bedienen uns der allerlaͤng - ſten zu Verfuͤhrung unſerer Kauff-Waaren / und koͤnnen in eines ſo viel laden als in ein Boot von Kauffardey-Schiffen / ſelbige nun werden mit rudern fortgetrieben / und mit zwey / drey / 5 / 7 / 9 / 11 / 13 / 15 / 17. Ruder-Knechten beſetzet / nachdem ſie nemlich lang ſind; denn man muß wiſſen / daß wenn ihrer mehr als zwey noͤthig ſind / die Zahl allezeit ungleich ſeyn muͤſſe / weil zwey und zwey auf der Ruderbanck ſitzen / und einer am Steuer-Ruder iſt. Doch ge -brau -161des Landes Gvinea. brauchen die Mohren keine Ruder wie wir / ſondern eine gewiſſe Art Schauffeln / auf die Art wie ein Hertz gemachet / ſchier wie die Karſten damit die Er - de pfleget umgehacket zu werden / haben auch einen Stiel von eben dergleichen Laͤnge / welche ſie mit bey - den Haͤnden feſt halten / und hinter ſich ins Waſſer ſteckende das Canoa ziemlich geſchwinde forttreiben. Den kleinſten brauchen ſie zum fiſchen / deren Fiſch - geraͤhte aus kleinen Angeln und Wurff-Pfeilen be - ſtehet / damit ſie den anbeiſſenden Fiſch toͤdten: zwar haben ſie auch Fiſch-Garn und Netze / welche des Nachts von ihnen in die See aufgeſtellet werden / dar - innen bisweilen / wenn ſie den andern Morgen dabey kommen / eine groſſe Anzahl von unterſchiedlichen Fi - ſchen ſich finden laͤſſet / allein zum oͤfftern geſchiehet es daß einige groſſe Fiſche / als inſonderheit der hier ſo genannte Schwerdtfiſch oder Emperador ſich darin - nen verwickelt / und das Netz auff einmahl in Stuͤ - cken reiſſet; denn er hat auf der Naſen eine Art von Degen / womit er ſolchen Schaden fuͤglich thun kan; nichts deſtoweniger koͤnnen die Mohren / wenn ſie ſol - ches mercken / es gar leichtlich verhindern / fahren al - ſobald mit 3. oder 4. Canoas nebſt ihren Wurff - Pfeilen in die See / da denn ſo ein Fiſch / weil er ſehr groß iſt und von ihnen gerne gegeſſen wird / reichlich allen gelittenen Schaden an ihrem Garn wieder gut machet.

Wie die Mohren ihr Land bauen / wird anitzo zu melden uͤberfluͤßig ſeyn / theils weil wir ſchon vorher einige Erwehnung gethan / theils auch in folgenden beſſere Gelegenheit hiezu ſich eraͤugnen wird.

Wiewol auch die Laͤnge ihres Landes uͤber 60. Mei -Llen162Beſchreibunglen nicht austraͤget / werden nichts deſtoweniger ſie - ben bis acht unterſchiedliche Sprachen darinnen ge - redet / deren drey oder 4. nicht die geringſte Verwand - ſchafft mit einander haben. Zu Jammoree 10. Mei - len oberhalb Axim Wohnende / koͤnnen mit denjeni - gen / ſo in Egvira, Acroboe, Ancober und Akim wonhafft / gar wohl zurecht kommen / wiewol die Spra - che ein merckliches von einander unterſchieden; die von Axim ſprechen ſehr unangenehm / nicht weniger die von Ante, obgleich die Sprache gantz anders lau - tet; am alleraͤrgſten aber die von Acra, welche mit kei - ner andern im geringſten nicht uͤbereinkommt. Die uͤbrigen / wenigſtens der meiſte Theil des Landes / koͤn - nen ſich unter einander wohl verſtehen / ausgenommen die Aqvamboer. Diejenigen aber / welche tieffer aus dem Lande von Dinkira, Acanny und von Adom kommen / haben vor allen andern eine ſehr beliebliche / angenehme Ausſprach / und kan man gar bald / wenn man etwas von der Sprache verſtehet / den ſehr groſ - ſen Unterſcheid wenigſtens als zwiſchen der Braban - diſchen und jenſeit des Meers uͤblichen / erkennen. Da - fern auch dieſe Mohren ſo unter unſere Veſtungen gehoͤren / und mit denen wir taͤglich muͤſſen umgehen / etwas angenehmere Sprache haͤtten / waͤre es uns ein leichtes / in Zeit von zwey oder drey Jahren dieſelbige zu erlernen / an ſtatt daß wir anitzo wol gantzer 10. noͤ - thig haben / ehe wir zu unſern Zweck gelangen / oder ſelbige recht ausfuͤhrlich begreiffen koͤnnen. Zwar giebet es unterſchiedliche / davon ich mir einbilde auch einer zu ſeyn / welche mercklich darinnen zugenommen / daß ſie alles verſtehen koͤnnen / allein die Ausſprache faͤllet ſehr ſchwer / angeſehen die Woͤrter und Benen -nun -163des Landes Gvinea. nungen gewiſſer Dinge ſo fremd ſind / daß ſie auf un - ſere Sprach weder geſprochen noch geſchrieben wer - den koͤnnen; weil auch die Mohren weder ſchreiben noch leſen koͤnnen / folglich keine Buchſtaben haben / gehet es ſchwer daher / daß man ſeine Fehler erkennen oder verbeſſern koͤnne. O. D. iſt niemahls hier ge - weſen / und hat gleichwol in ſeiner Beſchreibung von Africa einige Woͤrter und Rechnungen / derer ſich die Mohren bedienen / hinzugefuͤget / welches mir nicht zutrauen doͤrffte / da ich doch glaube mehr davon zu wiſſen als er / verſichert ſeynde / daß ichs nicht beſ - ſer machen wuͤrde.

Daſern aber wie geſagt dieſe Leute ſchreiben oder leſen koͤnnten / waͤre es ein Leichtes ihre Sprach in kur - tzer Zeit zu faſſen / ſintemahlen man abnehmen wuͤrde / was ſie vor welche brauchen um ihre Meynung zu ent - decken / an Statt daß man itzo bloß auf ihre Ausſprache acht geben muß / wuͤrde demnach meines Erachtens ei - ne groſſe Thorheit ſeyn / daß man darnach wolte ſchrei - ben lernen / und darum will ich weiter hievon nichtes melden.

Jch erinnere mich in einem gewiſſen Buch von Beſchreibung dieſes Landes / geleſen zu haben / daß de - rer Edelleute darinnen gedacht worden; mich betref - fend / habe Zeit meines hieſigen Auffenhalts noch nicht erlernen koͤnnen / wem dergleichen Titul unter den Mohren zukomme. Jch will dannenhero ausfuͤhrliche Meldung thun / von dem unter Mohren gewoͤhnlichen Unterſcheid derer Staͤnde / anbey auch ſagen / welche und warum dieſe vor andern mehr geehret und gefuͤrch - tet werden / welches dahinauslaͤufft / daß denen Reich -L 2ſten164Beſchreibungſten die meiſte Ehre wiederfahre / ohne des Nahmens eines Edelmanns zu gedencken.

So habe es demnach angemercket / daß unter die - ſen 5. Ehren-Staffeln ſeyn / damit ich derer Moh - ren Unterſcheid euch recht zu erkennen gebe.

Die Erſte gehoͤret denen Koͤnigen oder Capitains, denn dieſe zwey Nahmen bedeuten nur eine Perſohn.

Die Zweyte denen Caboreros oder Oberhaͤuptern / welche wir fuͤglich Buͤrgervaͤter nennen koͤnnten / weil ſie eintzig und allein das Beſte und die Wohlfahrt ihrer Staͤdte Einwohner ſuchen / auch alle entſtehende Uneinigkeiten unter ihnen ſchlichten.

Die Dritte denen / welche durch ihren Reichthum / ſo ſie entweder ererbet / oder mit handeln erworben / ſich vor den uͤbrigen in Anſehen gebracht / und dieſe glau - be ich / hat obgedachter Autor mit dem Nahmen derer Edelleute beehret / wiewol wir bald ſehen werden / ob ſolcher ihnen mit Recht koͤnne gegeben werden.

Die Vierte denen gemeinen / als Bauren / die entweder von Wein machen / Fiſch fangen oder an - dern Handwerck ihre Nahrung haben.

Die Fuͤnffte endlich gehoͤret denen Sclaven / ſo ent - weder durch Armuht in die Sclaverey gerahten / oder durch ihre eigen Eltern dazu verkauffet / oder auch im Kriege dazu gemacht worden.

Sehet dieſes ſind die 5. unterſchiedliche Staͤnde un - ter den Mohren / auſſer welchen keiner zu finden / laſſet uns nun mercken / auf was Art die drey Erſteren zum Beſitz ihrer Ehre und Anſehens gelanget.

Was die Koͤnigliche oder Capitains Wuͤrde an - gehet / iſt dieſelbe meiſtentheils im gantzen Lande erb - lich / dafern aber der Koͤnig ohne Erben ſtirbet / faͤlletdas165des Landes Gvinea. das Regiment auf die naͤchſten Anverwandten. Bis - weilen wird auch auf die Geſchicklichkeit dieſes Erben geſehen / ob er nemlich viel Sclaven viel Geld habe / da dann der Maͤchtigſte vor den rechten Erb-Nach - folger erkannt und aufgenommen wird. Bey deſſen Wahl oder Antretung der neuen Koͤnigl. Regierung gehet nichts merckwuͤrdiges vor / ſintemahlen bey ih - nen gar nicht die Gewonheit iſt ihn zu kroͤhnen / oder zu huldigen / ſondern bloß und allein den neuen Koͤnig dem Volck vorzuſtellen / oder denſelbigen durchs Land zu fuͤhren / womit alle Ceremonien ein Ende haben. Dafern es aber geſchiehet / daß zwey nach der Krohne ſtehen / laͤſſet ſich einjeder von ſeiner Parthey abſon - derlich huldigen / damit ſie ſich ſo vielmehr auf ſie ver - laſſen koͤnnen. Dieſes iſt noch zu mercken / daß bey der Aufnehmung des neuen Koͤnigs ſowol als in allen andren wichtigen Unternehmungen geopffert werde.

Die Caboreros oder Oberhaͤupter betreffend / iſt der gemeiniglich eine gleiche gewiſſe Zahl / deren Stelle / wenn etwan durch eines oder andern Abſterben eine ledig worden / nicht ſo bald wider bekleidet wird / es ſey denn daß ihrer mehr fehlen / alsdenn verſammlen ſie ſich / und waͤhlen aus dem Volck ſo viel Perſohnen als noͤthig ſind / jederzeit dahin bedacht ſeynde / daß ſie albereit zu hohen Jahren gelanget; denn junge Leute werden zu dergleichen Ehren-Stelle niemahls zuge - laſſen. Derjenige nun / ſo da erwehlet wird / tracti - ret ſeine Herren Mittbruͤder mit einem Kuchen und ein oder andern Getraͤnck / zum ſchuldigen Danck fuͤr ſeine Befoͤrderung / und alsdenn wird er fuͤr ein Mittglied aufgenommen / und in ſeiner Ehren-Stelle beſtaͤttiget. Und ſo wird es im Lande Axim gehalten. L 3Jn -166BeſchreibungJnſonderheit muß auch ſolch ein Caboreer ein Landes Eingebohrner und zu Axim wohnhafft ſeyn / oder we - nigſtens ein Haus darinnen eigen haben / welches er von einigen ſeiner Frauen oder Hausgenoffen kan be - wohnen laſſen / wenn er nur bisweilen hinkommt und ſich einige Zeit daſelbſt aufhaͤlt / nicht anders als wir ebenfalls eine Behauſung haben muͤſſen an dem Ort wo wir Buͤrger ſind / im Fall wir unſers Buͤrger - Rechts nicht verluſtig ſeyn wollen. Wenn nun die - ſes geſchehen / fuͤhret man den oder die neu Erwehlete in unſere Veſtunge / und ſtellet dieſelbe unſerm Ober - kauffmann dar / mit Bitte er wolle denſelbigen in ihre Amts-Genoſſenſchafft aufnehmen; daſern der Kauff - mann nichts auf ihn zu ſagen hat / leget er ihm die Bi - bel vor / laͤſſet ihn hieruͤber ſchweren / er wolle denen Hollaͤndern treu und redlich verbleiben / dieſelbige auf allerhand Art und Weiſe beſchuͤtzen und vertheidigen helffen / wider alle Feinde / ſie moͤgen Europaͤer oder Mohren ſeyn / ohne einigen auszunehmen / und daß er ſich als einen treuen und aufrichtigen Unterthanen betragen wolte; eben dergleichen Eyd muß er auch ge - gen ſeine Nation ablegen / und jeden Articul mit dieſen Worten bekraͤfftigen: GOtt gebe daß ich ſter - ben moͤge / wenn ich falſch oder unrechtmaͤßiger Weiſe ſchwere / oder auch meinen Eyd nicht gedencke zu hal - tent Darauf wird ihm die Bibel an die Bruſt und an das Haupt gehalten / zum Zeichen daß der Eyd vol - lendet worden; alsdenn zeichnet der Ober-Kauff - mann deſſen Nahmen auf / und ertheilet demſelben die Freyheit hinfuͤhro in allen Zuſammen kuͤnfften als ein Mittglied ſich ſehen zu laſſen / imgleichen nebſt denen andern ſein beſcheidenes Theil von denen im Gerichtabge -167des Landes Gvinea. abgethanen Haͤndeln zu ziehen / da er denn nach ge - thaner Beſchenckung / die ſie an ihre Amtsgenoſſen zu thun gewohnet ſind / die gantze Zeit ſeines Lebens Caboreer bleibet. Zwar giebet es noch andere We - ge und Gewonheiten des Landes / vermittelſt welchen ein Caboreer aufgenommen wird / allein da dieſes bey Axim zierlich und in richtiger Ordnung zu geſchehen pfleget? wird es genug ſeyn des eintzigen Ortes allein gedacht zu haben / ohne eigentliche Beruͤhrung derer uͤbrigen.

Die dritte Ordnung der Mohren beſtehet aus ſol - chen / welche entweder durch Erbſchafften oder han - deln groſſes Vermoͤgen erworben haben. Derjenige nun / ſo ſich vor andern hervorthun will / kauffet achte von den groͤſten Elephanten Zaͤhnen / laͤſſet Hoͤrner oder Zincken davon machen / und die Seinigen nach Landes Gewonheit darauff allerhand Lieder ſpielen lernen / da nunmehro ſie einige Fertigkeit darinne er - langet / laͤſſet ers allen ſeinen Freunden und Benach - bahrten anmelden / daß er oͤffentlich geſonnen ſey die Hoͤrner zu probiren; jene ſtellen ſich gantz williglich ein / und bringen einige Tage mit einander zuſammen durch; alsdenn befihlet er / daß ſeine Frau und Scla - ven herbeykommen ſollen in ihrem groͤſten Schmuck / daß aber dieſes ſo viel anſehnlicher ſey / leihet er viel Gold und Corallen zuſammen / thut auch davon einige Verehrungen an ſeine guten Freunde / ſo daß ihm dieſer Tag ſehr koͤſtlich faͤllet. Nach Endigung die - ſes Feſtins iſt ihm erlaubet auf ſeinen Zincken fuͤr ſei - ne eigene Luſt zu ſpielen / welches kein ander ſich unter - ſtehen darff / der nicht zum wenigſten auf itzt bemeldte Art die Vergoͤnſtigung erhalten / ſondern muß / wennL 4er168Beſchreibunger zu ſeiner Luſt Zincken brauchen will / von andern dieſelbige lehnen.

Noch iſts nicht alles / ſondern es muß auch ein ſol - cher der ſich in Anſehen bringen will / alſobald einen Schild / und nachgehends gar zwey verfertigen laſſen / welche er mit eben dergleichen Pracht als ſeine Hoͤr - ner oͤffentlich muß ſehen laſſen. Die erſte Nacht ge - het er mit allen ſeinen Leuten gewaffnet uͤber die Straſ - ſe / um zu zeigen / daß er in Krieges-Zeiten die groͤſte Gefahr nicht ſcheuen wolle fuͤr die Seinige zu fechten: drauff folgenden Tag bringet er mit ſchieſſen und an - dern Krieges-Ubungen zu / nebſt ſeinen Leuten: als - denn erluſtiget er ſich unterſchiedliche Tage nach ein - ander mit tantzen und mehreren Luſtigkeiten / (denn dieſe Ceremonien dauren gantzer 8. Tage) indem ſeine Weiber und uͤbrige Hausgenoſſen in praͤchti - ger Kleidung alle ihre Schaͤtze / die ſie in der Welt be - ſitzen / fuͤr Augen legen. Gleichwol koſtet ihm dieſe zwey - te Zuſammenkunfft bey weiten nicht ſo viel als die erſte / denn hier muß er Geſchencke und Verehrungen an andere geben / an ſtatt daß er im zweyten von anderen und bisweilen anſehnliche Geſchencke einnimmt. Da - fern er nun einſtens Luſt haͤtte im Kriege zu dienen / mag er jederzeit zwey Schilde vor ihm tragen laſſen; welches doch kein Mohr ſich unterfangen muß / er ha - be denn auf itzt erwehnte Art ſein Recht erworben.

Dieſes ſollen zwar ihre ſo genannten Edelleute ſeyn / allein es iſt ohnſtreitig / daß ſie davor nicht koͤnnen ge - halten werden; denn erſtens kan ſich kein Menſch ſelbſt zum Edelmann machen / entweder muß man dazu gebohren / oder von andern die hiezu einiges Recht be - ſitzen / gemacht ſeyn / welches gleichwol beydes von die -ſen169des Landes Gvinea. ſen Leuten nicht geſchiehet; die meiſten ſind ſehr gerin - gen Herkommens und nichts mehr als Sclaven / wel - che nicht anders als durch ihre erworbene Mittel zu dieſer Ehre gelangen / auch niemanden welcher Geldes genug hat / dieſe Wuͤrde verſaget iſt. Uber dem muß ein rechtſchaffener Edelmann jederzeit bereit ſeyn / ſei - nem Koͤnige und Vaterlande zu dienen / da doch dieſe nichts weniger ſind / und bloß auf ihre Schacherey gedencken. Solten es aber dieſem allen ohngeach - tet / Edelleute ſeyn / oder ſeyn muͤſſen / will ich nicht da - wider ſtreiten / ſondern gerne einwilligen / in Anſe - hung ich ſo viel mehr Ehre haben werde / da ich lange Jahre her einen ſolchen Edelmann zu meinen Knecht gehabt / ohne die geringſte Reflexion auff ſeinen ade - lichen Stand zu machen.

Die vierte und fuͤnffte Ordnung unter denen Mohren / beſtehet aus dem gemeinen Mann und Scla - ven / davon nicht noͤthig finde eine weitlaͤufftige Be - ſchreibung zu geben / weil ihre Benennung zur Gnuͤge das Weſen und Stand ſolcher Leute andeutet.

Ehe ich von denen Luſtigkeiten der Mohren und ih - rer vornehmſten muſicaliſchen Inſtrumenten anitzo Meldung thue / muß ich zuvor erinnern / wie ſie ihre Haͤuſer ſo unbedachtſam an die unangenehmſte Oͤrter anlegen. Wenn wir bauen wollen / ſehen wir jeder - zeit ob der Ort und daſige Gegend annehmlich ſey / ob man ſchoͤne Ausſichten / ſchoͤne Spatziergaͤnge habe / ob es nahe bey einem ſchoͤnen Waſſer gelegen / darauf die Schiffe von einem Ort zum andern forikommen koͤnnen / und dergleichen Sachen die nicht nur zur Luſt als auch Beqvemlichkeit dienen koͤnnen. Dieſe hergegen als unweiſe und ungehoͤbelte Leute / legenL 5ihre170Beſchreibungihre Haͤuſer in die unfruchtbarſte und unangenehmſte Gegend / ohngeachtet ſich anmuthige Thaͤler / mit ſchoͤ - nen Baͤumen bepflantzte Berge / und ſehr luſtige Fluͤſ - ſe zur Gnuͤge allhie ſinden laſſen / allein dieſes alles iſt nicht vermoͤgend ihnen die geringſte Luſt zu erwecken. Eben ſo unachtſam ſind ſie auch auf die Landes Straſ - ſen und Wege / welche ſie von einem Ort zum andern ſo krum machen / daß ſie mehr als 3. Stunden noͤthig haben / ſo man anders in zwey Stunden hinterſich le - gen koͤnnte: gleichwol aͤndern ſie darinnen nicht das minſte / wie ſehr man auch erinnert / bittet und ihre Fehler vor Augen ſtellet / ſondern laſſen den Weg wie er einmahl von Anfang gemacht iſt / und ſolte man auch doppelt ſo viel Zeit damit zubringen.

Was ihre Seitenſpiele und muſicaliſche Inſtru - menten anbelanget / ſind ſelbige durchgehends von ſehr unangenehmen und widerlichem Gelaute: die vornehmſten ſind die Zincken / (davon oben Meldung geſchehen) welche aus Elephanten Zaͤhnen gemacht / bisweilen mehr als 30. . ſchwer ſeynd / oben auf laſ - ſen ſie das Bild von einem Menſchen oder Thier ſte - chen / wiewol ſo undeutlich / daß man Muͤhe hat zu un - terſcheiden / ob es ein Thier oder Menſch ſeyn ſoll. An dem groſſen Ende hangen einige Baͤnder mit Schaffs oder Huͤhner Blut ſchwartz gemacht / an dem andern aber findet ſich ein viereckigtes Loch / dadurch ſie bla - ſende eine unliebliche Muſic machen; jedoch nehmen ſie den Thon und Tact wohl in acht / ja ſie veraͤndern auch denſelben nach eigenem Geſallen; bisweilen ſpie - len oder blaſen ſie auch einige Arien auf dieſen Zin - cken / welche wie unangenehm ſie auch lauten / dennoch gar wohl koͤnnen gehoͤret werden / ſo daß es nicht noͤ -thig171des Landes Gvinea. thig ſey die Ohren zu zuſtopffen. Uber dem haben ſie auch Trommeln / wenigſtens auf zehenderley Art verfertiget / die meiſten und gewoͤhnlichſten ſind von ausgehoͤleten Baͤumen / auf einer Seite mit einem Bockfell uͤberzogen / auf der andern aber offen ſtehen / welche ſie wie Paucken auf die Erde ſetzen / oder dafern es im gehen geſchiehet / an den Hals hangen muͤſſen / hierauff ſchlagen ſie mit zwey Stoͤcken / welche eben als Hammer gemacht ſind / oder auch wol nur mit ei - nem geraden Stock und mit einer Hand; ſie moͤgen aber dieſes ihr Spiel ruͤhren wie ſie immer wollen / das Geſchrey und das Gelaͤrm iſt nichts deſto weniger verdrießlich / inſonderheit wenn ſie nach ihrer Gewon - heit zugleich trommeln und Zincken blaſen / oder damit die Muſic noch ſo viel mehr verdrießlich fallen moͤge / muß ein kleiner Junge ohnaufhoͤrlich mit einem Stuͤck Holtz auf ein holes Eyſen ſchlagen / welches noch viel unertraͤglicher iſt als Trommeln und Zincken.

Nunmehro haben ſie Zeit einigen Jahren eine ge - wiſſe Art kleiner Trommeln erfunden / welche zu bey - den Seiten mit Bockfell uͤberzogen / und nicht anders als wie ein Sand-Uhr ausſehen / ihr Thon aber iſt wie derer faſt ſo genannten Brumm-Toͤpffe / mit welchen die Jungens in Europa zur Weynacht-Zeit ſich pfle - gen zu erluſtigen / ausgenommen daß ſie unten rund - um einige eyſerne Ringe feſt gemachet / welche dem Thon noch etwas Veraͤnderung geben. Da nun alſo dieſes die vornehmſten ſind / wird es gewiß der Muͤ - he nicht wehrt ſeyn / derer uͤbrigen zu gedencken / ſon - dern nur dieſes hinzu’zufuͤgen / daß ſie auch ein anderes gewiſſes Inſtrument brauchen / welches in der mitten hohl / von einer Hand die Breite und Laͤnge hat / vondeſſen172Beſchreibungdeſſen einem Ende bis an das andre ein kleiner gekruͤm̃ - ter Stock feſt gemachrt / an welchen ſie 5. oder 6. Seyten in Geſtalt einer Harffen auffziehen / oder nach Art derer heutiges Tages bey den Griechen ge - woͤhnlichen muſicaliſchen Inſtrumenten / ſo wie ei - ner die Beſchreibung davon gegeben / aufzuſpannen wiſſen; und dieſes iſt ihr einiges Inſtrument welches noch unter allen den lieblichſten Thon von ſich giebet. Dieſes ſey alſo genung von der Mohren Muſic und ihren gebraͤuchlichen Inſtrumenten / anitzo laſſet uns was anders vornehmen.

Das Beſte was an den Mohren zu loben / iſt daß ſie keine arme Leute haben / die zu ihres Leibes Unter - halt ihr Brodt zu ſammlen genoͤthiget / denn ſo wenig ſie auch im Vermoͤgen haben / kommt es doch nie - mahls ſo weit / daß ſie Bettler werden muͤſſen / davon die Urſach folgende iſt. Wenn zum Exempel ein Mohr die Mittel vor ſich nicht hat / daß er ehrlich aus - kommen koͤnne / ſo ſchlaͤget er ſich an jemand anders / vor eine gewiſſe Summa Geldes / oder ſeine Anver - wandten helffen ihm wenn er in groſſer Noht ſtecket. Derjenige nun mit welchem er accordiret / giebet ihm ſo viel als zu ſeinem Unterhalt noͤthig iſt / mit Bedin - gung / daß er ſeinem Befehl ſich gemaͤß halte / welches doch nicht ſehr muͤhſam / oder das Anſehen einiger Sclaverey hat; angeſehen er nur ſeinem Herrn auff eraͤugnete Gelegenheit mit voller Ruͤſtung aufwarten / und in der Saat-Zeit ſo viel Arbeit thun muß als bey nahe von ihm gefordert wird. Jſt demnach in War - heit kein rechter Bettler zu ſehen / der noͤthig haͤtte Al - moſen zu ſammlen / dennoch finden ſich eine groſſe An - zahl gantz unverſchaͤmter Bettler / ſo weder Ehr nochSchan -173des Landes Gvinea. Schande haben / ohne daß den Mohren hiedurch etwas ungleiches geſchehe / zumahlen ſie durchgehends davor paßiren koͤnnen: ſelbſt der Koͤnig wuͤrde ſich nicht ſcheuen eine Anwerbung zu machen um Kleinigkei - ten / welche fuͤr ein oder zwey Stuͤver uͤberall zu kauff ſeyn / daß ſie alſo durchgehends ſo unverſchaͤmt / ſo ver - drießlich ſind / daß man ohne einige Verehrung oder Gabe ihrer nicht loß werden koͤnne / indem ihnen alles anſtehet / was ſie mit Augen ſehen.

Wiewol nun dieſer Brief lang und weitlaͤufftig genung waͤre / kan ich dennoch vor deſſen Endigung mit Stillſchweigen nicht uͤbergehen eine ſonderliche Art Leute / die gewiß vor andern etwas ungewoͤhnli - ches an ſich haben; man nennet dieſelbige Tapoyers, oder Mulats, und ſind erzeuget / entweder von einem Europaͤer und einer Mohrin / oder auch von einem Europaͤer und einer Mulatinn. Dieſe ungeartete verſchlagene Art von Menſchen iſt zu allen erſinnli - chen Boßheiten und Laſtern geneigt / halten weder auf die Mohren noch auf uns / ſondern trauen allen beyden nicht / und dennoch ſiehet man wenig daß ſie ſich unter einander heyrathen. Zwar nennen ſie ſich Chriſten / wiewol ſie nicht weniger abgoͤttiſch leben als die Mohren: ihre Weiber ſind denen Europaͤern ſehr und gantz oͤffentlich ergeben / mit denen Mohren aber gehen ſie etwas heimlicher um; ſo daß ich ihnen keinen beſſern Nahmen weiß zu geben / als wenn ich ſage / daß ſie der Schaum von Europaͤern und Mohren / der rechte Abgrund und Cloacke aller Boßheit von bey - den Nationen ſeynd. Die Mannsleute dienen bey uns als Soldaten / und gehen auch ſo gekleidet als wie wir / ihre Weiber aber kleiden ſich ſehr wunderbarlich /die174Beſchreibungdiejenige ſo etwas im Vermoͤgen haben / tragen ein gantz feines Hembd / und daruͤber ein kurtzes ſeidenes oder von andren Stoffe gemachtes Leibſtuͤck / ohne Ermel / und oben den Schultern mit einem brei - ten Bande zugebunden; auf dem Kopff haben ſie un - terſchiedliche Muͤtzen / deren oberſte von ſeiden / von vor - ne in etwas krauſe / oben aber gantz rund iſt; dieſe bin - den ſie mit einem Bande feſt / welcher drey oder vier - mahl um das Haupt gehet / ſo daß es ſeltſam anzuſehen iſt. Unten kommen ſie in Kleidung mit den uͤbrigen Mohrinnen uͤberein / und werden diejenige welche ſo vermoͤgend nicht ſeynd / bloß ihrem Haupt-Schmuck nach / von jenen unterſchieden / indem ſie eben ſo nacket gehen von dem Guͤrtel bis nach oben.

Uber dem ſind dieſe ſchwartz-braune Leute in ihren jungen Jahren greßlich genung / dennoch aber ſo bald ſie etwas aͤlter werden / nimmt ihre uͤbermaͤßige Heßlichkeit ſo zu / daß man Kinder damit zu Bette ja - gen ſolte / ja dafern ein Mahler den Neid und Miß - gunſt abſchildern wolte / koͤnnte er ſolche Mulattin an Stat eines Originals brauchen. Jhr Leib wird mit der Zeit ſo bund von weiſſen / braunen und gelben Fle - cken / daß ſie einem Tygerthier nicht unaͤhnlich ſind / von dem ſie in Anſehung ihrer angebohrnen Boßheit nicht viel unterſchieden ſeynd. Jch will aber ſchwei - gen / damit ihr euch nicht einbildet / als haͤtten ſie mir was zuwider gethan / nein im geringſten nicht / im Ge - gentheil bin verſichert / daß diejenigen ſo um ihr boͤſes Leben wiſſen / dafuͤr halten / daß der Muͤhe nicht wehrt ſey dieſer Leute zu gedencken. So viel ich anitzo Ver - druß habe dieſe Art Leute um mich zu dulden / ſo viel und noch weit mehrere Luſt werde ich empfinden / wennich175des Landes Gvinea. ich nach Verflieſſung weniger Monate das Gluͤck haben werde von hier zu reyſen / und euch muͤndlich zu verſichern daß ich bin ꝛc.

Ende des neunten Briefes.

Zehendes Send-Schreiben.

Darinnen von der Mohren Religion und dem darinn befindlichen Unterſcheid ge - handelt wird; was ſie von GOtt halten / und wie ſie vier unterſchiedliche Meynun - gen hegen was die Erſchaffung der Men - ſchen angehet / wie ſie ihren Eyd oder Schwur ablegen; wie ihre Gebete an ihre Goͤtzen eingerichtet / und wie ſie hierin von denen Geiſtlichen hintergangen werden; wie und warum ſie zu gewiſſer Zeit einen allgemeinen Gottesdienſt halten / ein jeder unter ihnen vor ſeinen Goͤtzen ins beſondere / zu deſſen Ehre ſie gewiſſe Faſt-Tage wid - men / und opffern; wie und durch welche die Mohren am beſten koͤnnten bekehret und zum Chriſtlichen Glauben gebracht werden; was fuͤr Fleiſch ihnen zu eſſen ver - boten; was ſie von ihren Goͤtzen vorgeben wegen kuͤnfftiger Belohnung oder Straffe; wie und warum der Mord / Ehebruch und andere mehr bey ihnen fuͤr keine Suͤnde ge -halten176Beſchreibunghalten wird; was ſie vor mannigfaltige Meynung wegen des zukuͤnfftigen Lebens fuͤhren; was ihr Geiſtlicher als auſſeror - denlich Beſtellter vor eine Perſohn / und wie tieff derſelbige im Lande wohnhafft ſey; wie ſie den Teuffels-Bannern / dem Teuf - fel ſelbſt / und Erſcheinungen derer Geſpen - ſter vielen Glauben beymeſſen / und den Teuffel verbannen; wie nur zwey Tage von den Mohren gefeyret werden; wie ſie einige Tage fuͤr gluͤcklich / die andren aber ungluͤcklich halten; wie ſie endlich ſehr aber - glaͤubiſch ſeyn / davon einige Exempel zu mehrerem Beweiß angefuͤhret werden.

Mein Herr!

DEr letztere Brief / welchen euch den zuge - ſchicket / war wie mich duͤncket ziemlich lang / und wenn anitzo nach der uͤberfluͤßigen Materie, davon ich zu ſchreiben willens bin / mich in gehoͤrige Weit - laͤufftigkeit einlaſſen wolte / wuͤrde in Warheit auch dieſer nicht viel kuͤrtzer werden: angeſehen von der Re - ligion der Mohren / davon ich etwas zu ſagen gedencke / ein gantzes Buch koͤnnte gemacht werden / wegen des groſſen Unterſcheids ſo ſich uͤberall darinnen finden laͤſſet / denn ja kein Dorff / kein Geſchlecht anzutreffen / welche nicht in einigem Stuͤck der Religion von ein - ander unterſchieden ſeynd / wiewol ich ſolches von Stuͤcke zu Stuͤcke zu beruͤhren unnoͤthig achte / ſon - dern bloß von der allgemeinen Religion darinnendie177des Landes Gvinea. die meiſten uͤbereinkommen / etwas zu erinnern vor - habens bin.

Die meiſten zwar unter hieſiges Landes Einwoh - nern / glauben einen einigen wahren GOtt / welcher den Himmel / Erde und Waſſer nebſt allen darinn befindlichen Geſchoͤpffen erſchaffen / dennoch aber glau - ben ſie dieſes ſo obenhin / und haben keinen rechten Begriff von ihrem Schoͤpffer / eben wie ſie auch glau - ben daß alles erſchaffene Weſen durch GOtt erhal - ten und regieret werde. Nun haben ſie dieſes in An - ſehung ihres unvollkommenen zerſtuͤmmelten Glau - bens / nicht von ihnen ſelbſt / noch durch muͤndliche Er - theilung von ihren Vorfahren / ſondern eintzig und allein durch taͤglichen Umgang von denen Europaͤern erlernet / als welche ihnen allmaͤhlich geſuchet dieſe Lehre beyzubringen. Welches nach meiner Meynung durch folgende zwey Beweis-Gruͤnde kan beſtaͤtiget werden; der erſte iſt / daß ſie niemahls die - ſem GOtt opffern / noch weniger in vorfallenden Noͤ - then denſelbigen anruffen / ſondern in allen Ungluͤcks - Faͤllen zu ihrem Fetiche ſich machen / (deſſen Be - ſchreibung unten folgen ſoll) und denſelbigen um gluͤck - liche Geſegnung ihres Vorhabens erbitten. Der zweyte iſt dieſer / daß in Sachen der Erſchaffung ihre Meynungen ſehr ungleich ſeynd; angeſehen ihre viele noch heutiges Tages glauben / daß der Menſch von der Ananſie (welches eine groſſe Spinne iſt) erſchaf - fen / auch dieſe ihre Meynung mit ungeziemender Halsſtarrigkeit zu verfechten ſuchen. Die andre glau - ben zwar daß GOtt der Urheber aller erſchaffenen Dinge ſey / aber mercket auf was Art / anlangend das menſchliche Geſchlecht / halten ſie davor / das GOtt imMAn -178BeſchreibungAnfang ſowol ſchwartze als weiſſe Menſchõ erſchaffen / die Welt damit volckreich zu machen / und wollen hie - mit beweiſen / daß ſie mit uns zu gleicher Zeit erſchaffen / ſagen auch um ſo viel mehr Ehre und Anſehen zu ha - ben / daß GOtt zweyerley Art Menſchen erſchaffen / und dieſen die Wahl gegeben / entweder viele Wiſſen - ſchafften / als Leſen und Schreiben / oder Reichthum und Gold zu erwaͤhlen: wie nun GOtt dieſes beydes denen Mohren zu freyer Willkuͤhr vorgeſtellet / haben dieſe nach dem Golde gegriffen / und denen Weiſſen die unterſchiedliche Wiſſenſchafften uͤberlaſſen; ſo zwar von GOtt waͤre eingewilliget / zu gleicher Zeit aber / da derſelbe uͤber ihre groſſe Begierde zum Gold einiger maſſen geeifert / feſt geſtellet worden / daß dieſe denen Weiſſen bis zu ewigen Zeiten unterthaͤnig / und als Sclaven denenſelben dienen ſolten. Noch andere glauben / daß der Menſch vor dieſem nicht ſo erſchaffen ſey als er heutiges Tages anzuſehen / ſondern daß durch eine Verſetzung einige ſeiner Glieder an einem an - dern Ortſtehen als ſie vorhin geſtanden haben. Zwar finden ſich wenige die ſolches ſtehende halten / dennoch aber giebet es andere / die da behaupten wollen / daß die erſten Menſchen aus einem unterirrdiſchen Loch oder Brunnen hervorgekommen / wie ſie denn noch heutiges Tages eines dergleichen zeigen wollen nahe bey unſerer Veſtung Acra in einem groſſen Felſen am Strande des Meers. Ja wenn ich alle Mey - nungen die Schoͤpffung betreffend / und ihre unter - ſchiedliche Gedancken von der Sonnen / vom Mond und Sternen anfuͤhren ſolte / wuͤrde ich billig Sor - ge tragen muͤſſen / vermoͤge einer ungeziemenden Weitlaͤufftigkeit verdrießlich zu fallen; will daheronur179des Landes Gvinea. nur dieſes noch hinzuthun / daß der Pater Kircherus wenig Muͤhe brauchen wuͤrde dieſen Leuten einzubil - den / daß gewiſſe Menſchen in den Planeten oder we - nigſtens im Monde leben / drum denn ſie ohne dem ſich einbilden im letzteren einen Mann zu ſehen welcher die Trommel ſchlaͤget.

Vorhin habe ich auch verſprochen das Wort Fe - tiche zu erklaͤren / ſo mercket dannenhero wie viele Bedeutungen obiges Wort habe. Eigentlich kommt es her von ihrer Goͤtzen einem / den ſie nach ihrer Spra - che Fetiche oder auch Boſſum nennen. Wenn ſie nun ihren Abgoͤttern opffern / oder etwas von denſelben erfahren wollen / ſprechen ſie unter einander / laſſet uns einen Fetiche machen / welches ſo viel geſaget / laſſet uns unſern Gott Fetiche zu Ehren einen Dienſt an - ſtellen / und hoͤren oder ſehen was er ſagen wird. Jm - gleichen auch wenn ihnen etwas zu leyde geſchehen / machen ſie einen Fetiche, um ſich auf folgende Art an ihren Feinden zu raͤchen; ſie tragen nemlich Fleiſch / Tranck oder andere Sachen zu dem Feticheer oder Prieſter / daß er ſelbiges beſchweren moͤge / als denn le - gen ſie dieſes dahin wo ſie ohngefehr wiſſen / daß ihr Widerſacher gewohnet ſeinen Weg zu nehmen / feſtig - lich glaubende / im Fall er etwas von dem Beſchwerten beruͤhren ſolte / er alſobald ſeinen Geiſt aufgeben muͤſ - ſe: hingegen dieſer wenn er argwohnet / daß ihm zum Verderben ſolche Stricke geleget / gehet nicht / ſondern laͤſſet ſich daruͤber tragen / damit er ja nichts beruͤhre / denn ſo kan es weder ihm noch ſeinen Traͤgern einigen Schaden zuſuͤgen / weil es keinen andern nachtheilig ſeyn kan / als zu deſſen Verderben es zu gerichtet wor - den / und uͤber dem noch muß beruͤhret werden. Den -M 2noch180Beſchreibungnoch aber iſt dieſes viel ehrlicher als was ich ſonſten von einigen Jtaliaͤnern geleſen / da ſie die Kunſt einen Menſchen zu vergeben trefflich gelernet / ja auch nicht die geringſte Schwuͤrigkeit machen / um ihres Feindes loß zu werden / ſelbſt den Unſchuldigen mit Gifft hin - zurichten; in Warheit fuͤr dergleichen Jtaliaͤniſchen Fetichen bedancke ich mich / und wolte noch viel lieber mit denen Mohren es halten / wenn ſie gleich mir zum Verderben angeleget waͤren.

Eben dieſes thun ſie auch wenn ſie beſtohlen ſind / um den Dieb offenbahr und kund zu mache / damit er zu verdienter Straffe gezogen werden; da ſie nicht weniger ſo feſte an glauben / daß wenn man mit 100. Exempeln das Gegentheil erweiſen wolte / dennoch bey ihnen unmoͤglich Glauben finden wuͤrde / dagegen aber jederzeit neue Urſachen einwenden / im Fall die Sache nicht wohl von ſtatten ginge / ſo wie ſie gehoffet. Dafern aber jemand betroffen wuͤrde / der uͤber die - ſen Werck die beſchworne Sachen ſeinem Feinde zum Fall zu legen begriffen / wird derſelbe hart geſtraffet / bisweilen ſelbſt mit dem Tode / es ſey dann daß er es darum gethan einen Dieb zu entdecken / denn dieſes ſte - het jederman frey. Die Eydſchwuͤre ablegen / heiſſen ſie auch Fetichen machen / denn wenn ſie irgend zu - ſammen gekommen / und ihre gemachte und eingegan - gene Vergleich gegen einander bekraͤfftigen wollen / ſagen ſie / laſſet uns zu Beſtaͤtigung unſerer Freund - ſchafft einen Fetiche trincken / und wenn ſie dieſen Eydes Trunck gethan / ſprechen ſie / daß ich von dieſem Fetiche ſterben mag / ſofern ich nicht allem nach kom - me / was in dieſem Vergleich beliebet worden / da denn alle und jede / welche an dieſem Vergleich Theilhaben181des Landes Gvinea. haben wollen / dergleichen Trunck thun muͤſſen. Wenn auch ein oder ander Land ſich erbietet fuͤr eine gewiſſe Summa Geldes dem andern zu Huͤlffe zu kommen / muͤſſen die Vornehmſten einen Eydes-Trunck thun / und dabey folgende Worte ausſprechen / daß der Fe - tiche uns allen das Leben nehme / wenn wir nicht helf - fen wollen unſeren Feind gaͤntzlich zu verfolgen und zu vernichtigen / dafern es immer moͤglich iſt; allein dieſem ohngeachtet giebet es viel Eydbruͤchige unter ihnen / daß man alſo darauf nicht ſicher gehen koͤnne; inſonderheit / welches zu verwundern / da ſie ſelbſt ih - res Eydes ſich erlaſſen koͤnnen; ſie ziehen das Geld von denen ſo ihrer Huͤlffe benoͤthiget ſind / und gleich - wol thun ſie das Widerſpiel von dem ſo ſie angelobet; denn wie ſie vor ihrem Feticheer oder Geiſtlichen den Eyd ablegen / glauben ſie daß auch eben dieſer Macht habe ſie davon loß zu ſprechen / und alſo nach ei - genem Belieben thun und laſſen koͤnnen. Zwar wer - det ihr vermuhtlich auf die Gedancken kommen / daß dieſes ſehr nach dem Pabſtthum ſchmecke / und gewiß nicht unbillig / dennoch aber verhaͤlt es ſich nicht an - ders. Es ſind aber in kurtzer Zeit die Mohren ſo ſchlau geworden / daß wenn ſie einen gemachten Ver - gleich mit den Eyde beſchweren ſollen / zuvorderſt ihren Feticheer trincken und anbey ſchweren laſſen / daß der Fetiche ihn toͤdten ſolle / wenn er jemand ins be - ſondere ohne Genehmhaltung aller andren ſeines Ey - des erlaſſen wolle; haben auch ſo viel dadurch zu wege gebracht / daß dergleichen abgelegte und beſchworne Freundſchafften und Verbindnuͤſſe unverbruͤchlich gehalten werden. Wollet ihr nun wiſſen / was ſie von denen halten ſo einen falſchen Eyd thun / ſo bild enM 3ſie182Beſchreibungſie ſich ein / es muͤſſen dieſe ploͤtzlich von dem genom - menen Fetiche aufgeblaſen werden / ſo lange bis ſie berſten / oder doch zum wenigſten durch eine auszehren - de Kranckheit zum Tode eylen / in die erſte Straffe glauben ſie inſonderheit die Weiber verfallen zu ſeyn / wenn ſie eines Ehebruchs beſchuldiget ſich mit einem Eyde rechtfertigen muͤſſen / welches mir eben ſo vor - kommt / als diejenige herbe oder Eyferſuchts-Waſſer (dafern mir einen Vergleich hieunter zu machen er - laubet /) welche im alten Teſtament denen wegen Ehe - bruch beruͤchtigten Weibern pflegten gereichet zu werden.

Unvermerckt bin ich von der Religion der Moh - ren auf ihre Eydſchwuͤre gekommen / gleichwie aber der Eyd als ein Stuͤck zur Religion gehoͤrig anzuſe - hen / als muß ich etwas weitlaͤufftiger davon ſchrei - ben. Wenn jemand eines Diebſtahls beſchuldiget / gleichwol die angefuͤhrten Beweiß-Gruͤnde nicht klar genug ſind / muß Beklagter mit einem Eyds-Trunck ſeine Unſchuld an den Tag legen / und folgende Worte ſich bedienen / daß ihn der Fetiche toͤdten wolle ſofern er ſchuldig ſey deſſen was man ihm uͤberfuͤhren will. Nun giebet es zwar unterſchiedliche Arten ſo bey de - nen Mohren in Beeydigungen uͤblich ſind / dennoch aber wuͤrde euch nicht weniger verdrießlich als mir muͤhſam ſeyn / wenn ich alle dieſe anfuͤhrete / darum will ich nur einer gedencken / welche ſie fuͤr die hoͤchſte und wichtigſte Begebenheiten alleine uͤbliche ausge - ben / dannenhero mercket dieſelbe. Einjeder Feti - cheer oder Geiſtlicher hat ſeinen beſonderen Goͤtzen / auch auf beſondere Art zugerichtet. Die meiſten aber beſtehen aus einem groſſen hoͤltzern Gefaͤß mit Erde /Oͤhl /183des Landes Gvinea. Oͤhl / Blut / und allerhand Gebeinen von Menſchen und Viehe / Federn / Haaren / kurtz mit allerhand Miſt und Koht angefuͤllet / ſie brauchen auch keine Statua oder erhoͤhetes Bild / ſondern laſſen es ſo eins durchs ander in gemeldten Gefaͤß oder Calabas. Derjenige nun / welcher vor dieſem Goͤtzen ſchweren ſolle / ſtellet ſich gegen dem Gefaͤße uͤber / und befraget den Geiſt - lichen um den Nahmen des Goͤtzen / weil nemlich (wie allbereit erinnert) ein jeder ſeinen eigenen verehret; alsdenn entdecket dieſer denſelbigen / und ruffet jener den Goͤtzen bey Nahmen / erzaͤhlet auch nach der Reihe alles daher was er im Sinne hat zu beeydigen / mit an - gehaͤngter Bitte / er wolle ihn toͤdten daferne er ſeinem Schwur nicht nach kommen wuͤrde; hierauf gehet er rund um das Gefaͤß und bleibt an vor bemeldtem Orte ſtehen / ſaget ſeinen Eyd noch einmahl daher und wie - derholet ſolches zu drey unterſchiedlichen mahlen. Fol - gends nimmet der Geiſtliche etwas aus obbemeldtem Gefaͤß / reibet damit den Kopff / Arme / Bauch und Beine desjenigen welcher geſchworen / endlich haͤlt er es ihm uͤber das Haupt / kehret ihn dreymahl herum / und ſchneidet ihm die Naͤgel ab von Haͤnden und Fuͤſ - ſen / mit etwas Haaren / leget alles in das Gefaͤß wo der Goͤtze ſeine Wohnung hat / und macht damit dem ſchweren ein Ende.

Jm Fall auch die Mohren Krieg / Handlungen / weite Reyſen / oder andre Sachen von einiger Wich - tigkeit unternehmen wollen / gehen ſie zuvorderſt bey ihrem Feticheer ſich Rahts erholend / ob auch ihr Fuͤrnehmen ein gluͤckliches Ende gewinnen werde; der Goͤtze giebet ihnen alſobald insgemein gute Hoffnung / und weiſſaget ihnen ſehr ſelten etwas boͤſes; ſo daß ſieM 4alle184Beſchreibungalle dasjenige fuͤr richtig und gethan in der groſſen Blindheit annehmen was ihnen der Feticheer im Nahmen des Goͤtzen andeutet / machen auch nicht die geringſte Schwuͤrigkeit allem gewiß nachzuleben / das iſt ihrem Goͤtzen zu opffern / Schaaffe / Schweine / Huͤhner / Hunde und Katzen; bisweilen Kleider / Wein / Gold / nachdem nemlich der Geiſtliche dieſes oder jenes zu ſeiner Nohtdurfft brauchet; denn dieſer behaͤlt alles / und giebet an deſſen Statt dem Goͤtzen nichts als Miſt / und das Gedaͤrm vom geſchlachteten und geopferten Viehe; ohne was ihm noch fuͤr den Dienſt des Opffers an Geld muß gereichet werden / damit er ſeine Muͤhe fuͤr das biſchen Fragen an den Goͤtzen bezahlet bekomme.

Wenn nun der Geiſtliche guͤnſtig iſt / demjenigen welcher etwas bey den Goͤtzen erfragen will / hat er zweyerley Handgriff ſelbiges in des andern Beyſeyn zu bezeugen; entweder mit einem Buͤndlein von ohn - gefehr 20. langen und ſchmalen Stuͤcklein Leder / in deſſen Mitte ſie von obbemeldten Sachen aus dem Ge - faͤſſe etwas zuſammen binden / und einige Gluͤck / die andre Ungluͤck bedeuten. Dieſes Buͤndel wirffet der Feticheer unterſchiedliche mahl in die Hoͤhe / wenn im herunterfallen lauter Gluͤck bedeutende Sa - chen zuſammenkommen / hat der Fragende ein groſ - ſes Gluͤck zu hoffen. Doch muß man mercken / daß der Geiſtliche dieſes ſo offt thun kan als er ſelbſt will / und wenn lauter ungluͤckliche Sachen zuſammen ſich gefunden / eintzig an dem Geiſtlichen fehle / welcher von dem Fragenden noch mehrere Opffer-Gaben ver - langet; nicht anders / als wenn der Goͤtze erzuͤrnet / auf ſolche Art muͤſte befriediget werden; dadurch der Geiſt -liche185des Landes Gvinea. liche doppelten Gewinſt ziehet. Die andre Art den Goͤtzen zu befragen iſt dieſe / wenn der Geiſtliche un - terſchiedliche Nußkerne vom wilden Nußbaum unge - zaͤhlet in die Hand nimmt und ſelbige auf die Erde fallen laͤſſet / nachgehends zaͤhlet ob es gleich oder un - gleich iſt / da mit die Geiſtlichen trefflich behende ſind. Mit einem Wort / es iſt nichts was ſie dieſen leicht[-]glaͤubigen Menſchen nicht uͤberreden / oder auf dieſer ihre Unkoſten ſich reich zu machen nicht allerhand Li - ſte anwenden koͤnnen: doch iſt die meiſte Urſach von dieſer ihrer Leichtglaͤubigkeit dieſe / daß ihre Geiſtlichen insgemein liſtige Betrieger / die ſchoͤnſte Gelegenheit haben ſie zu betriegen oder zu blenden / denn im Fall ihre Weiſſagung nicht eintrifft / haben ſie allezeit dieſe Entſchuldigung vor ſich / daß man nicht in acht ge - nommen / was doch haͤtte geſchehen ſollen / und dahero von dem erzuͤrnten Goͤtzen kein guter Ausgang der Sache verliehen worden. Da iſt nun kein Menſch der dieſes nicht ohne einigen Bedacht in der groͤſten Blindheit annehmen / oder die Geiſtlichen viel weni - ger einer Luͤgen ſtraffen wuͤrde / wenn auch das gantze Land daruͤber zu truͤmmern ginge / denn dieſe wiſſen ſich allezeit ſehr artig heraus zu wickeln. Geſchichet es aber / daß ihre Worte eingetroffen / werden ſie vor die heiligſte Leute von der gantzen Welt gehalten / und muß an ihren reichlichen Belohnungen nichts fehlen.

Jhren Gottesdienſt koͤnnte man nicht unbillig ei - nen allgemeinen nennen / weil derſelbige in einem gan - tzen Land oder Dorff gehalten wird / wenn es unfrucht - bahre Jahres-Zeiten giebet / entweder den Regen vom Himmel zu erbitten / oder denſelbigen abwendig zu machen / wenn er allzuhaͤuffig einfaͤllt. Alsdenn ver -M 5ſamm -186Beſchreibung. ſammlen ſich die Vornehmſten des Landes oder Dorf - fes / und befragen ſich bey den Geiſtlichen was zu thun ſey / damit ſie von ihrer Plage befreyet werden / welche denn nach Gelegenheit der Zeit antworten; da ſelbi - ges an Statt eines Oraculs aufgenommen / und uͤber das gantze Land kund gemachet wird / damit ſich einjeder der gegebenen Antwort gemaͤß in Thun oder Laſſen betragen koͤnne / ſo gemeiniglich ſehr laͤcherlich heraus - kommt / nicht deſtoweniger Ubertretere in harte Geld - Straffe verfallen.

Wenn auch der Fiſchfang ſehr ſchlecht / opffern ſie dem Meer; ſo faſt allezeit in dem Monat Auguſto oder September zu geſchehen pfleget / angeſehen ſie aus der Erfahrenheit wiſſen / daß um dieſe Zeit die meiſten Fiſche gefangen werden / gleichwol ſchreiben ſie dieſes alleine ihrem opffern zu. Ja es iſt faſt kein Dorff welches nicht ſein nahe gelegenes Gehoͤltze hat / daſelbſt die Vornehmſten zum opffern ſich einfinden / entweder fuͤr alle insgemein / oder auch fuͤr ſich ins be - ſondere. Dergleichen Gehoͤltze halten ſie fuͤr heilig / haben auch ausdruͤckliche Befehle / damit ſie niemand entheilige / oder mit abhauen derer Zweige beſchaͤdi - ge / dafern man nicht uͤber die angeſetzte Straffe ſich einen allgemeinen Fluch auf den Hals ziehen wolle.

So hat auch einjeder er ſey maͤnnliches oder weib - liches Geſchlechtes ſeinen beſonderem Goͤtzen / dem ſie zu Ehren einen gewiſſen Tag in der Wochen an wel - chem ſie nemlich gebohren / widmen / welchen ſie Boſ - ſum nennen / oder auf Portugieſiſch Santedag, und an ſelbigem ſich alles Palmenweins enthalten / in weiſ - ſer Kleidung erſcheinen / und zum Zeichen ihrer Rein - ligkeit ſich mit weiſſer Erde reiben. Ohne dieſen bege -hen187des Landes Gvinea. hen noch der meiſte Theil einen andern in jeder Wo - che / da ſie ein Huhn / oder ſo es bemittelte Leute ſind ein Schaaf abſchlachten / welches ſie opffern / das iſt allein mit dem Munde bekennen / denn ſie eſſen es gantz auff / glaubende es ſey genug mit Worten ihrem Goͤ - tzen daſſelbe geopffert zu haben. Der Eigenthums - Herr bekommt am allerwenigſten davon / denn ſeine Gefreundete und Anverwandten finden ſich in groſſer Anzahl ein / und ſuchen einjeder wenigſtens ein Stuͤck davon abzuſchneiden / welches alſobald in dem Topf gekochet wird / ohne darauf zu ſehen ob es geſaubert ſey oder nicht: die Gedaͤrme ſchneiden ſie in Stuͤcken / nehmen den Miſt mit den Fingern in etwas heraus / alsdenn laſſen ſie es mit Blut / mit all ohne abgewaſchet kochen / mit dem Hertze und Leber / thun ein wenig Saltz und Malaget oder Pulver von Gvinea hinzu / und nennen dieſes Gericht Eyntzeba, feſtiglich ſich einbildende / es ſey kein delicaterer Biſſen unter der Sonnen zu finden.

Es wuͤrden ohne Zweiffel dafern die Mohren zum Chriſtlichen Glauben zu bringen waͤren / am beſten von den Roͤmiſch-Geſinneten bekehret werden / ange - ſehen ſie mit denſelben in vielen Stuͤcken uͤberein kom - men / wo nicht in den Haupt-Artickeln (darinnen noch ein mercklicher Unterſcheid) dennoch zum wenigſten in ihren Ceremonien: denn wie die Roͤmiſch-Catho - liſchen zwey Tage in der Woche kein Fleiſch eſſen / alſo enthalten ſich die Mohren auch zwey Tage des Weins / ohngeachtet ſie deſſen als groſſe Liebhaber nicht wohl entbehren koͤnnen. Wie auch die Roͤmiſche Kirche zu gewiſſer Zeit Fleiſch zu genieſſen verboten; ſo gehen die Mohren noch weiter / und iſt einen jeden ins beſon -dere188Beſchreibungdere verboten gewiſſes Fleiſch zu eſſen / der eine muß kein Schaaff - der andere kein Ziegen - der dritte kein Schweine - der vierte kein Kuͤhefleiſch zu ſich nehmen / und alſo folglich in uͤbrigen Fleiſch-Speiſen ſich ver - halten / und ſolches nicht nur einen Tag / Monat oder Jahr / ſondern die gantze Lebenszeit uͤber. Was wol - len demnach die Roͤmiſchen auf das Alterthum ihrer Religion ſich ſteunen / die Mohren gehen ihnen weit zuvor / denn gefraget ſeynde warum ſie dieſes oder je - nes Fleiſch nicht eſſen / geben ſie zur Antwort / es haͤt - ten ſolches ihre Vorfahren auch nicht gegeſſen / und verſtehen dadurch diejenige / welche lange Jahre vor ihnen / und vor Erſchaffung der Welt gelebet / ſo daß ſie dieſes durch muͤndliche Erzehlung von Geſchlecht auf Geſchlecht erlernet. Darum folget der Sohn dem Vater / die Tochter der Mutter / das iſt der Sohn iſſet nicht was dem Vater / die Tochter was der Mut - ter verboten / und nehmen das ſo genau in acht / daß ſie auf allerhand Art und Weiſe davon nicht abzubrin - gen ſeynd.

Jch habe allbereit oben erinnert / was das Wort Fetiche bedeute / daß es eigentlich zur Religion ge - hoͤrig / oder wenigſtens daher ſeinen Urſprung nehme. Ehe ich anitzo weiter gehe / und ſage / was ſie weiter un - ter dem Worte verſtehen wollen / und wie ſie ihre Goͤ - tzen abbilden / muͤſſet ihr mercken / daß alle diejenigen / es mag ſo geringe ſeyn als es immer wolle / was ſie zu Ehren ihres Goͤtzen machen / Fetiche genennet werde / dannenhero auch das Gold / davon oben Meldung geſchehen / ſeinen Nahmen fuͤhret.

Was ſie aber durch ihren Goͤtzen oder Fetichen abbilden wollen / habe ich bis noch zur Zeit nicht ent -decken189des Landes Gvinea. decken koͤnnen / weil ſie es ſelbſt nicht wiſſen; Alles was ich davon ſagen kan / iſt / daß ſie an eine groſſe Anzahl von Goͤtzen glauben / ſintemahl einejede Per - ſon / oder wenigſtens jede Familie, ſeinen eigenen hat; Anbey ſich einbilden / es geben dieſe Goͤtzen genaue Acht auf all ihr Thun und Laſſen / das Gute zu beloh - nen / das Boͤſe aber zu ſtraffen; Die Belohnung be - ſtehe in Vielheit der Weiber und Sclaven; die Be - ſtraffung hergegen in deren Mangel / dennoch aber halten ſie den Tod vor die haͤrteſte Straffe / und fuͤrch - ten ſich ungemein davor / daß ſie auch bloß aus Furcht gegen dieſen in ihrer Abgoͤtterey ſo emſig / gewiſſen Fleiſches ſich enthalten / damit ſie (wie ſie ſich einbil - den) ja nicht des Todes ſeyn moͤgen / im Fall ſie ſol - ches beruͤhren.

Mord / Ehebruch / Dieberey noch andere derglei - chen Laſter halten ſie vor keine Suͤnde / ſintemahl ſie vor ein gewiſſes Geld ſich loskauffen konnen / nicht aber alſo mit dem verbotenen Fleiſch Eſſen / denn die - ſes wird vor das groͤſſte Verbrechen angeſehen. Ei - ne nicht ungleiche Beſchreibung giebet uns der Herr Friederich Cojet von den Einwohnern der Jnſul Formoſa.

Was nun das zukuͤnfftige Leben anbelanget / ſind die Mohren nicht einerley Meynung; die meiſten glauben / daß der Menſch gleich nach ſeinem Abſter - ben in die ander Welt gehe / daſelbſt in voriger Ehre und Wuͤrde wieder anfange zu leben / da ihm alles zu gute kommt / was ihm von ſeinen Anverwandten auf - geopffert wird; haben alſo nach dieſem Leben wenig Gutes zu hoffen / oder Boͤſes zu fuͤrchten / ausgenom - men einige / ſo feſtiglich glauben / daß der Abgelebtealſo -190Beſchreibungalſobald an ein bekandtes Waſſer gebracht werde / welches tieff im Lande ſich unter den Nahmen Bos - manqve findet / (ſonder Zweiffel muͤſſen ſie hiedurch die Seelen verſtehen / denn den Leib ſehen oder behalten ſie bey ſich /) und alda von einem Goͤtzen gefraget wer - de / wie er zeithero in der Welt gelebet; dafern er nun ſeinem Abgott reichlich und fleißig geopffert / niemahls eyd-bruͤchig worden / auch kein verbotenes Fleiſch zu ſich genommen / laͤſſet ihn der Goͤtze allgemach mit Ge - lindigkeit uͤber den Fluß heruͤber / und geleite denſelben in ein ſehr koͤſtliches Land / dem Paradies des Maho - mets nicht ungleich; Waͤre es aber / daß der Todte von verbotenem Fleiſch genoſſen / auch die dem Goͤ - tzen gewidmete Tage nicht fleißig in acht genommen / ſtuͤrtzet er denſelbigen ins Meer / erſauffe denſelben / und ſey alſo ſeiner in Ewigkeit vergeſſen.

Noch andere meynen / daß der Todte in das Land der Europaͤer verſetzet / wieder in weiſſe Leute verwan - delt werden / welche denn einiger maſſen mit des Py - thagori ſeiner uͤbereinſtimmet / und zur Genuͤge be - weiſet / wie hoch ſie die weiſſen Leute in Ehren halten.

Uberdem wiſſen diejenigen Mohren / ſo tieff aus dem Lande kommen / denen unter uns wohnenden gar fuͤglich einzubilden / es halte ſich bey ihnen ein groſſer Feticheer in einem praͤchtigen Hauſe auf / von dem ſie ſehr ſeltſame Dinge erzehlen / daß er nemlich nach eigenem Belieben und Wohlgefallen das Wetter aͤn - dern koͤnne; ſein Haus aber waͤre unbedecket gleich - wol niemahls vom Regen incommodiret; daß er auch alle vergangene und zukuͤnfftige Dinge ſo genau wiſſe / als wenn er ſelbſt zu gegen geweſen; imgleichen auch allerhand Kranckheiten heile / ja mit einem Wortſo191des Landes Gvinea. ſo viel Wunder thue / daß der Vater Marcus von Acrano mit dieſem in keine Vergleichung komme; ſie ſagen auch / daß alle diejenigen / ſo hier ablebig wer - den / vor dieſen groſſen Feticheer erſcheinen muͤſten / welcher auf geſchehener Frage / und Befinden / daß ſie gut gelebet / dieſelbige in Frieden zum Genuß aller Gluͤckſeligkeit / von ſich laͤſſet; im gegentheil aber die - ſelbige zum zweyten mahl ſterben laͤſſet / wenn ſie nem - lich ein boͤſes Leben gefuͤhret / durch ein gewiſſes dazu verfertigtes Holtz / welches er jederzeit vor ſeine Thuͤre hangen habe / um ſich in vorfallender Begebenheit deſ - ſen bedienen zu koͤnnen. Sehet ihr demnach / mein Herr! gar leicht / welcher Geſtalt dieſer Mohre geeh - ret / und von ſeinen Landes-Leuten gefuͤrchtet werde / indem ſie ihn bey Lebe-Zeiten vor einen halben Gott annehmen / denn dergleichen Liſtigkeit hat derſelbe er - funden / um ſich in ſolch Anſehen zu ſetzen. Nehmet es aber nicht vor ein Maͤhrlein von undencklichen Zei - ten auf / welches ihr jetzo von mir hoͤret / mit nichten / denn der Geiſtliche lebet noch dieſe Stunde / da ich die - ſes ſchreibe / und die daher kommende Mohren erzehlen uns taͤglich neue Wunder von ihm.

Jhr koͤnnet hieraus urtheilen / daß die Mohren nicht gar zu weit abgehen von denen / ſo gar vieles auf Zauberer / Schwartzkuͤnſtler und ſolche Leute geben / die viele Wunder ausuͤben. Sie glauben in War - heit ſehr feſt daran / wiewol gantz anders / als viele un - ter uns / die wir davor halten / daß ein Zauberer ohne Beyhuͤlffe des Teuffels nichtes thun koͤnne; Die Mohren hergegen gantz andere Meynung / halten die Zauberey vor ein Geſchencke GOttes / da doch alles / was ſie Zauberey nennen / lauter Betriegereyen ſeyn /und192Beſchreibungund gleichwol ſolche groſſe Wunder daraus machen / angeſehen ſie nicht bemuͤhet ſind / den Betrug nach zu ſinnen / vielweniger denſelben zu entdecken / ſondern bekennen ohne einige Schwuͤrigkeit / daß dieſes keines Menſchen Thun ſey / und weil ſie dem Teuffel die Ehre nicht geben wollen / nennen ſie es eine Gabe GOttes; Und ſo will ich auch / dafern Menſchen Wunder thun koͤnnen / mit den Mohren feſtiglich glauben / daß es von GOtt und nicht vom Teuffel her - komme.

Erhellet demnach daß ſie auch einen Teuffel glau - ben / und zwar ſolchen / der ihnen oͤffteren Schaden zufuͤgen koͤnne / nicht aber / wie einige Scribenten vor - geben wollen / denſelben anbeten / vielweniger mit Opffern beehren. Zwar erinnere ich mich / in dem Buch des O. D. geleſen zu haben / daß die Mohren niemahls eſſen oder trincken / ſie werffen denn zuvor etwas auf die Erde vor den Teuffel / allein es hat der - ſelbe hierin ſehr geirret / zumahlen zwar / ehe ſie noch einen Biſſen in den Mund ſtecken / etwas auf die Er - de ſtreuen / nicht aber vor den Teuffel / ſondern entwe - der vor ihre Goͤtzen / oder verſtorbene Freunde.

So haben ſie auch eine gewiſſe Zeit im Jahr / da ſie den Teuffel bannen aus alle ihren Doͤrffern / und zwar mit wunderlichen Ceremonien / die ich zu zweyen unterſchiedlichen mahlen in Axim, da dergleichen am oͤffterſtern zu geſchehen pfleget / mit angeſehen. Acht Tage vorher begehen ſie ein gewiſſes Feſt / an welchem ſie mit allerhand Luſtigkeiten / inſonderheit Singen und Springen / ſich froͤlich erzeigen / auch ohne Beyſorge in Straffe zu verfallen / alles was ſie nur wiſſen / ſelbſt allerhand veruͤbte Boßheiten / Betrie -gerey -193des Landes Gvinea. gereyen und Schelmſtuͤcke von einander ſingen oder ſagen doͤrffen / da denn kein beſſer Mittel iſt / ſie zum Stillſchweigen zu bringen / als wenn man ihnen tapf - fer einſchencket / und nach eigenem Belieben trincken laͤſſet / denn ſo ſcheuen ſie ſich ihres Gutthaͤters Untu - genden zu eroͤffnen / viel weniger abzuſingen / im Ge - gentheil aber zu Herausſtreichung und tauſendfachem Lob ſeiner herrlichen Tugenden bewogen.

Den letzten achten Tag / Vormittag fangen ſie an mit entſetzlichem Geſchrey einer hinter dem andern her zu lauffen und den Teuffel zu verjagen / mit Steine / Holtz und allem Koht oder Miſt was ſie nur erwiſchen koͤnnen / auf ihn zuwerffend / und denſelben verfolgend; bis ſie nach einiger Zeit von einander / und einjeder nach Hauſe gehet / womit das Teuffels-Feſt ein Ende nimmt. Gleichwol iſt zu mercken / daß ſie auch mehr als einen Teuffel ſtatuiren / angeſehen zu eben derſel - ben Zeit in mehr als hundert Doͤrffern eben derglei - chen Feſte gehalten werden. Damit auch keiner in ihren Haͤuſern ſich verbergen moͤge / ſind ihre Weiber ſo vorſichtig / daß ſie alle irrdene und hoͤltzerne Gefaͤß / von aller Unſauberkeit reinigen / auswaſchen und aus - ſpuͤlen laſſen / damit ja der Teuffel nicht irgendwo ſi - tzen bleibe.

Eben dergleichen Gewonheit iſt auch bey denen im Lande von Ante uͤblich / allein dieſe mahlen den Teuf - fel noch viel boͤſer und gefaͤhrlicher ab als die zu Axim: glaubende es ſey ein Rieſe / welcher an dem einen Theil ſeines Leibes friſch und geſund iſt / am andren aber gantz verfauletes und verdorbenes Fleiſch habe / ſo daß wenn jemand von ihm beruͤhret wuͤrde / ſelbiger ploͤtz - lichen Todes ſterben muͤſſe: dannenhero ſie dergleichenNUn -194BeſchreibungUngluͤck zu verhuͤten / den Teuffel ſuchen zum Freunde zu behalten / indem ſie ihn mit Eſſen reichlich verſor - gen / dahero uͤnterſchiedliche Gefaͤſſe in groſſer Anzahl mit allerhand Fleiſch-Speiſen angefuͤllet / im gantzen Lande zu ſehen / eintzig zu dem Ende / daß der boͤſe Feind vergnuͤgt ſeyn moͤge; in Warheit es muͤſte derſelbe un - gemein fraͤßig und hungrig ſeyn / dafern ihm ſo viele Gerichte den Hunger nicht ſtilleten.

Ebener maſſen glauben ſie auch an die Erſcheinun - gen und Geſichter der Geſpenſter / daß nemlich dieſe den Menſchen zu qvaͤlen / oͤffters auf der Erden ſich ſe - hen lieſſen. Ja ſo bald ſtirbt keiner der etwas in An - ſehen gelebet / ſo machen ſie ſich unter einander furcht - ſam / ſagende / es lieſſe ſich ſein Geiſt einige Naͤchte nach einander bey ſeinem Hauſe finden.

So haben die Mohren auch eigentlich nur zwey Feſte / das erſte wenn ſie ihre Fruͤchte eingeſammlet / welches wir Carmeſſe nennen. Das andre wenn ſie den boͤſen Feind aus ihren Doͤrffern verbannen.

Von denen Abtheilungen des Jahres in gewiſſe Monaten / und dieſer in Wochen / wiſſen ſie nicht mehr als was ſie von uns gelernet / ſondern rechnen die Zeit ab bey den Lauff des Monden / wenn das Land gebauet / und die Frucht geſaͤet werden muß. Dennoch aber bilde ich mir ein / ſie muͤſſen ſchon vor langer Zeit von Wochen und Tagen gewuſt haben / weil nemlich ein - jeder Tag in ihrer Sprache ſeinen beſondern Nahmen fuͤhret. Wenn wir unſern Dingſtag haben / ſo fey - ren ſie ihren Sonntag; in Ante aber halten ſie ihn des Freytags wie die Mahometaner / es beſtehet aber ihr gantzer Gottesdienſt hierinnen / daß ſie verbieten kein Menſch ſolle ſich auf dem Meer Fiſche zu fangen / ſehenlaſſen;195des Landes Gvinea. laſſen / da doch alle uͤbrige Haus-Arbeit zu verrichten / jederman erlaubet iſt.

Diejenige aber von Mohren / welche tieffer im Lan - de wohnen / theilen ihre Zeit in gluͤckliche und ungluͤck - liche. Jn einigen Oͤrtern dauret die groſſe gluͤckſelige Zeit 19. Tage / die kleine aber 7. (denn man muß hier - unter noch einen Unterſcheid mercken) innerhalb die - ſer Zeit rechnen ſie ſieben ungluͤckliche Tage eigentlich zu ihrem Muͤßiggang und voͤlligen Ausruhung; weil ſie alsdenn weder reyſen / noch ſich ins Feld wagen / oder ichtes merckliches unternehmen / ſondern gantz ſtille mit denen Haͤnden im Schooſſe ſitzen bleiben. Doch ſind die zu Aquamboe hierinnen inſonderheit ſehr aberglaͤubiſch / denn dieſe nicht nur ſtillſitzen / ſondern auch ſo gar von keinem Menſchen etwas annehmen / und das Geſchenck entweder zuruͤck weiſen / oder an - derswo verwahren laſſen / bis die 7. Ungluͤcks-Tage verfloſſen ſind.

Nun weiß ich nicht zu ſagen wer doch der Urheber dieſer Zeit Eintheilung geweſen / mercket aber was ich davon halte; es mag vielleicht jemand von ihren vor - nehmſten Haͤuptern zu unterſchiedlicher Zeit ſehr gluͤck - lich und ungluͤcklich geweſen ſeyn / welcher darnach ſein Leben eingerichtet / welches von einem oder andren nachgefolget / und endlich in eine Landes Gewonheit verwandelt worden. Dennoch aber findet ſich in un - terſchiedlichen Laͤndern eine groſſe Ungleichheit / zumah - len dieſe Zeit allein bey dieſen gluͤcklich / bey denen an - dern aber ungluͤcklich iſt; ja gar diejenige Mohren am Strande wohnhafft faſt keinen Unterſcheid in der Zeit machen / und die eine ſo gluͤcklich halten als die andre.

Es bedienen ſich auch die Mohren keiner Bilder imN 2gan -196Beſchreibunggantzen Lande / wiewol im Lande von Ardra eine un - glaubliche Anzahl unterſchiedener Bildniſſe von ihren Goͤtzen zu ſehen. Anitzo glaube ich genug geſprochen zu haben von der Mohren Religion, und will ich demnach nichts mehr hinzuthun / als daß ſie ungemein aberglaͤubiſch ſeynd / ſo bald ſich etwas fremdes mer - cken laͤſſet / nehmen ſie es alſo fort fuͤr ein groß Wunder - werck an / und koͤnnte ich viele Exempel Zeit meiner An - weſenheit geſchehen / anfuͤhren / wenn ich nicht um meh - rere Weitlaͤufftigkeit zu vermeiden / eines urtheilete ge - nung zu ſeyn.

Jm Jahr 1698. Monats Novembris, wurde der Koͤnig von Commani, einer unſerer groͤſten Feinde zu Cabocors von denen Engellaͤndern ums Leben ge - bracht; bald darauf ſtarb unſer vornehmſte Kauffmann zu Elmina, alſobald machten die Mohren dieſen Schluß / es haͤtte der Koͤnig dieſen unſern Kauffmann zu ſich in die Eliſæiſchen Felder nachgeholet / um ſich an den unſrigen zu raͤchen / damit was er im Leben an einem oder andern Vornehmen nicht ausrichten koͤn - nen / dennoch im Tode nicht nachbliebe / und wir uͤber ihr Ungluͤck nicht Urſach zu frohlocken. Sehet wie weit dieſer Leute Aberglauben ſich erſtrecket. Darum muß man ſie nur dabey laſſen / weil ſie nicht davon ab - zubringen. Jch ſchlieſſe / mit der Verſicherung daß ich unveraͤndert bleibe. ꝛc.

Ende des zehenden Briefes.
Eilff -197des Landes Gvinea.

Eilfftes Send-Schreiben.

Von der Regierung der Mohren / wie dieſelbige wegen des geringen Anſe - hens derer Caboceros ſehr unordentlich; von dem Unterſcheid zwiſchen einer Monar - chie und Republic; aus welchen das Regi - ment zu Axim beſtehe / wie die Gerechtig - keit gepfleget / und wie unterſchiedlich Un - gluͤck dabey vorgehet; wie weit man denen Zeugen im Gericht Glauben gebe; was der Ober-Kauffmann zu Axim fuͤr Anſehen ha - be / wie der Mord und Diebſtahl beſtraffet / wie und warum auch die Verſchonung ſol - cher Leute nicht ſtraffbahr; und mit was Straffe diejenige beleget / welche Menſchen oder Viehe ſtehlen; was das Richter-Am̃t dem Ober-Kauffmann zu Axim einbrin ge / wie ſelbiges zu verſtehen; wie unbillig ſich einige ihre Schulden bezahlen laſſen / und was fuͤr Kriege dadurch entſtanden; war - um und aus was Urſachen ſie bisweilen Kriege fuͤhren muͤſſen; wie der Krieg mit wenigen Unkoſten fortgeſetzet / und die Mohren am Strande des Meers wohn - hafft ſehr ſchwach und unvermoͤgend / wie leichtfertig und unbeſtaͤndig ſie ſind / wie ſie im Krieg ſich halten / und was ſie fuͤr BeuteN 3ma -198Beſchreibungmachen / was ihre Geiſtliche im Kriege fuͤr Anſehen haben / was ſie fuͤr Waffen brau - chen / wie maͤchtig ihre Koͤnige / und in was Ehre ſie ſtehen / was und wie hoch ihre Ein - kuͤnffte / was einige arme Leute ſich unter ihnen finden / wie ihre Kinder ſo uͤbel erzo - gen / und endlich worin das Am̃t des Koͤni - ges oder einer andern vornehmen Perſohn beſtehe.

Mein Herr!

JCh habe einen Brief vom 4. Octob. welchen ihr mir zuzuſenden die Ehre gegeben / eigen-haͤndig empfangen / und zwar durch das in wenig Zeit allhier angelangte Schiff / den fliegenden Dragoner / welches mit allem Recht ſolchen Nahmen zu tragen durch ſei - ne geſchwinde Reyſe ſattſam bezeuget hat / nur waͤre zu wuͤnſchen / daß zu gewiſſer Zeit derſelbige etwas langſamer fliegen moͤchte / wenn ihn nemlich unſere Schiffe verfolgen / denn aber ſcheinet er an ſtatt zwey gar vier Fluͤgel zu haben / und im Augenblick auſſer dem Geſicht zu kommen. Jedennoch weil wir ihn niemahls koͤnnen einholen / ſo will ich ihm eine gluͤckli - che Reyſe wuͤnſchen. Jch habe daraus mit nicht ge - ringem Vergnuͤgen erſehen / daß ihr allbereit vier von meinen Briefen ſo von dieſem Lande handeln erhalten / und inſonderheit weil ihr geſtehet / daß euch die Be - ſchreibung des Krieges von Commani nicht unange - nehm geweſen. Jhr geſtehet auch fuͤr meine gehabte Muͤhe Danck ſchuldig zu ſeyn / gleichwol verlanget ihr auf eben ſelbige Art noch mehr zu erfahren / und lobetdes -199des Landes Gvinea. deswegen meinen Fleiß um mich dazu anzutreiben. Zwar kan ich nicht in Abrede ſeyn / daß dieſes ein zu - laͤngliches Mittel von anders geſinneten Gemuͤthern etwas zu erhalten / als eben von mir / denn da mir zur Gnuͤge bekandt iſt / mit was wenigem Recht ich euer Lob verdiene / verſichere ich daß wenn ich meine Arbeit fortſetze / es aus keinem andern Abſehen geſchehe / als euch einen Gefallen da mit zu erweiſen / angeſehen in Erinnerung ſo vieler an euch ſchuldigen Erkenntligkeit / mich gezwungen finde / nichts was zu eurem Vergnuͤ - gen dienlich ſeyn kan / zu unterlaſſen. So ſoll dem - nach gegenwaͤrtiges Schreiben eine Probe ſeyn / daß ich bereit ſey dasjenige zu thun / was ich glaube euch nicht unangenehm zu ſeyn; weil ich auch nicht weiß / ob ich ſo bald Gelegenheit haben werde an euch zu ſchrei - ben / will ich etwas weitlaͤufftig ſeyn / auch ſo viel Sa - chen als fuͤr zwey andere Brieffe genug waͤre / zuſam - men tragen.

Jnſonderheit aber ſoll mein itziges Abſehen auf das Regiment ſelbſt / die Handhabung der Gerechtigkeit / und die Kriege derer Mohren gerichtet ſeyn / doch wer - de ich auchnicht gar zu viel davon melden / we[il]ich all - bereit oben von den zwey erſten Puncten gehandelt / von dem letztern aber bey der Beſchreibung Commani Erinnerung gethan habe. Zuletzt am Ende des Brie - fes / will ich mich bemuͤhen der Mohren Koͤnige recht nach ihren Leben / Farben / in aller ihrer Pracht und Herrligkeit euch vorzuſtellen.

Anlangend nun das Regiment der Mohren / iſt daſ - ſelbige ſehr uͤbel ein gerichtet / weil diejenige ſo das Regiment in Haͤnden haben / ich meyne die Caboce - ros in ſehr ſchlechten Anſehen / dadurch vermittelſt derN 4boͤſen200Beſchreibungboͤſen Regierung wie auch ungereimten gerichtlichen Urtheilen allerhand Urſach zum Kriegen gegeben wird.

Jn Warheit findet ſich ein groſſer Unterſcheid in Juſtitz-Sachen / zwiſchen einem Koͤnigreich und einer Republic; vom erſten will ich nicht viel ſagen / weil es beſſer eine Tyranney als Adminiſtration der Juſtitz kan genennet werden / nur will ich von Republicquen und zwar von der zu Axim und Ante melden; weil dieſe noch die beſte Regierungs-Form ſcheinen zu ha - ben / dafern dergleichen Wort noch kan gebrauchet werden / ſintemahlen eigentlich zu reden ihre beſte Re - gierungs-Art / und beſte Handhabung der Juſtitz / ſo durch einander geworffen / daß man ſich nichts gruͤnd - lichs davon einbilden / geſchweige denn nach allen Um - ſtaͤnden beſchreiben kan.

Zu Axim iſt dieſelbe getheilet / und beſtehet aus zwey - erley Art Leuten / erſtlich denen Caboceros oder Ober - haͤuptern / und zweytens aus denen Manceros oder jungen Leuten. Die Aͤltere als Caboceros handeln die Policey - und taͤglich vorfallende Sachen ab; da - fern aber von ſolchen / ſo das gantze Land betreffen / von Krieg und Frieden / von allerhand Auflagen (welches doch ſehr ſelten geſchiehet /) etwas ſich ereuget / muß ſolches von der gantzen Verſammlung abgethan wer - den. Da denn bisweilen die Manceros das groͤſte An - ſehen haben / inſonderheit wenn die Caboceros ent - weder an Gold oder Sclaven nicht viel vermoͤgend ſeyn.

Sehet nun auch wie ihre Gerichte beſchaffen. Wenn irgend ein Mohr vom andern etwas zu for - dern / gehet er mit etwas Gold und Brantwein zu de - nen Caboceros, entdecket denſelben nach Uberreichungſeines201des Landes Gvinea. ſeines mitgebrachten Geſchencks / ſein Anbringen / mit dieſer Bitte / ſie wollen der Sache auf das geſchwinde - ſte abhelffen / und ihm wider ſeinen Feind dieſelbige er - halten laſſen. Soferne ſie nun demſelben guͤnſtig ſeyn / ruffen ſie inner halb zwey oder drey Tage den gantzen Raht zuſammen / und ſprechen endlich nach langen Rahtſchlaͤgen das Urtheil nach jenes ſeinem Verlan - gen / bisweilen wider alles Recht und Gerechtigkeit / bloß weil ſie von ihm beſtochen worden.

Jm Gegentheil aber / wenn ſie ihm nicht wohl wol - len / und vielleicht vom Gegener beſſere Gaben em - pfangen / muß er ohngeachtet alles ſeines Rechtens die Sache verliehren / oder wenigſtens auf das End-Ur - theil und Entſcheidung vergeblich warten; ſo daß er genoͤthiget wird auf beſſere Gelegenheit zu hoffen / daß er vielleicht von dem neuen Richter beſſer gehoͤret wer - de / welches oͤffters Zeit ſeines Lebens nicht geſchiehet / daß die Richter veraͤndert werden / ſondern die Sache unentſchieden ſeinen Anverwandten als eine Erb - ſchafft nachlaſſen muß / die denn zu gelegener Zeit / und wenn es auch erſt nach dreyßig Jahren geſchehen ſoll / das Jhrige wiſſen einzufordern / wie wir dergleichen Exempel viel geſehen: da gewiß zu verwundern / daß dieſe Leute / die weder Schreibens noch Leſens kuͤndig / ſo lange Jahre ihre Anfoderung an den andern behal - ten koͤnnen.

So geſchiehet es bisweilen / daß entweder der Klaͤ - ger oder Beklagter einer von beyden ſich wieder alles Recht der Sache verluſtig ſehend / ſonſten aber etwas hitzig iſt / nicht ſo lange Gedult hat bis auf Eraͤu - gung ein oder ander Gelegenheit / ſondern ſofern es moͤglich ſein eigen Richter wird / und entweder etwasN 5Gold202BeſchreibungGold oder andere Sachen an Statt der Bezahlung wegnimmt; ſo entweder ſeinem Schuldner zugehoͤren / oder auch andern gantz fremden welche in einer Stadt oder Dorff mit ſeinem Schuldner wohnhafft / behaͤlt auch dieſelbige ſo lange bis man ihn gaͤntzlich zufrieden geſtellet / es ſey denn daß er mit Gewalt gezwungen werde die genommene Sachen wieder ausfolgen zu laſſen. Dafern er aber vermoͤgend genug die einmahl genommene Guͤter zu vertheidigen / behaͤlt er dieſelbige in ſeiner Verwahrung / da es denn endlich zu einem hefftigen Streit zwiſchen dreyen kommt; derjenige nemlich / dem das Gold oder ander Gut abgenommen worden / ſuchet ſeine Befriedigung bey ſeinem Nach - bahr und dem rechtmaͤßigen Schuldner; daraus oͤff - ters Mord und Todſchlag / ſelbſt einheimiſche Kriege und Auffruhr entſtehen / davon wir unten etwas weit - laͤufftiger melden wollen. Daferne aber die Cabo - ceros gerichtlich und rechtmaͤßig erkennen / oder die Sache in einer von unſern Veſtungen ſich zugetragen hat / und deswegen in Beyſeyn unſers Kauffmanns abgehoͤret wird / iſt man bemuͤhet / entweder mit Loß - ſprechen oder Beſtraffen des Beklagten die Sache zu ſchlichten. Das letztere geſchiehet wenn ſich unver - werffliche Zeugen gegen ihm einſtellen; das erſtere wenn dieſer ſeine Unſchuld durch Zeugen darthun kan; waͤren aber auf beyden Seiten keine Zeugen zu finden / befraget man den Beklagten / ob er mit einem Eyde be - kraͤfftigen wolle nichtes ſchuldig zu ſeyn / verſtehet er ſich dazu / ſo wird er nach deſſen Abſtattung alſobald frey und loß erkannt. Daferne aber im Gegen - theil er ſich zu keinem ſchweren begeben darff / wird ihm die Bezahlung zuerkandt; wenn der Klaͤger beeydigenwill203des Landes Gvinea. will daß ihm der andre ſchuldig ſey / wozu ihn Beklag - ter Macht hat zu zwingen. Ein Verneinungs-Eyd / damit man die angemaßte Schulden abſchweret / wird als ein Beſchuldigungs-Eyd angenommen; doch iſt dem Beklagten nicht erlaubet zu ſchweren / ſobald der Klaͤger mit zwey oder auch nur einem Zeugen den Eyd abgeleget.

Zum oͤfftern geſchiehet hiedurch groſſes Ungluͤck; denn wie es etwas gewoͤhnliches iſt daß die Mohren falſch ſchweren / ſuchet derjenige welcher hierunter lei - det / allerhand Mittel und Wege ſich zu raͤchen. Doch muß man nicht dencken / als ob dergleichen Ungerech - tigkeiten bey uns / ſondern einig in denen entferneten Laͤndern vorgehen / wo nemlich unſere Kauffleute kei - nen rechten Grund von der Sache einholen koͤnnen; zumahlen in unſeren Veſtungen dergleichen nicht ge - ſchiehet ohne Beyſeyn unſers Ober-Kauffmanns / welcher mit denen Caboceers erkennet was Rechtens iſt / ohne daß weitere exceptiones oder appellatio - nes geſtattet werden / ſondern alles was unſer Ober - Kauffmann zuſamt denen Caboceers ſchlieſſen fuͤr un - wiederrufflich gehalten / und die gantze Sache vor kein anders Gericht kommen muß / es ſey denn vor dem oberſten Landes-Director, (welches aber ſelten ge - ſchiehet) wo nicht der Ober-Kauffmann und die Ca - boceers jemanden wider alles Recht und Billigkeit verdammet haͤtten bevor ſie die Sache recht begriffen; ſonſten aber muͤſſen die Einwohner ohn einige Wider - rede die auferlegte Geld-Straffen abtragen; was nun dieſes vor Geld-Straffen ſeyn / wollen wir alſobald hoͤren / wenn wir von dem Verbrechen darauf ſie fol - get / reden werden.

Jhr204Beſchreibung

Jhr koͤnnet hieraus ſchlieſſen / daß uns weder Ad - vocat noch Procurator noͤthig ſey / weil nemlich die Gericht-Sachen gar geſchwind zu Ende kommen / und vielleicht mit beſſerem Recht als in andern Oͤrtern zu geſchehen pfleget / allein dieſes iſt auch nicht zu leugnen / daß ſie lange nicht von ſolcher Wichtigkeit ſeynd / daß man eines Advocaten Raht hiezu noͤthig haͤtte; ange - ſehen ſie insgemein ſehr leichte / imgleichen Klaͤger ſo - wol als Beklagter ſehr einfaͤltig ſeynd / ſo daß eine Sa - che mit geringer Muͤhe kan beygeleget werden. Nun will ich euch ſelbſt urtheilen laſſen / ob dergleichen Ge - richts-Forme gut oder verwerfflich ſey.

Die Geld - oder andere Straffen belangend / ſo mercket / daß man den Mord auf zweyerley Art abſtraf - fe / entweder dem Moͤrder das Leben abzuſprechen / oder denſelben zu Erlegung einer gewiſſen Summa Geldes zu verdammen. Drittens wird auch noch ein Unterſcheid gemacht zwiſchen Landes-Einwohnern / freye Leute und Sclaven.

Das Leben wird dem Moͤrder ſelten genommen / wenn er gute reiche Freunde hat / ſo die erkandte Geld - Straffe erlegen koͤnnen. Dafern es aber geſchiehet / daß ein Landes Einwohner / zu ſagen frey gebohrner Menſch im Lande Axim von jemand entleibet wuͤrde / und daß man dem Thaͤter das Leben nicht abſprechen will / wird ihm allein die von Alters her gegen ſolch ein Verbrechen beliebete Geld-Straffe von 500. Thalern zu erkandt, wiewol es ſelten geſchiehet daß er die gantze Summa bezahlet / ſondern gemeiniglich einen guten Theil zuruͤck behaͤlt / nachdem der Verſtorbene viel vor nehme Freunde hat / denn dieſe koͤnnen nach ihrem Belieben die Straffe lindern; worinnen ſich ein ge -wiſſer205des Landes Gvinea. wiſſer Scribent ſehr verſtoſſen / wenn er vom Lande Gvinea handelend / ſich eingebildet / daß dieſes Geld dem Koͤnig zu gut komme / da es doch weit gefehlet / in - dem dieſer nichts mehr als gewiſſe Erkenntligkeit da - von zu genieſſen hat / wenn er vermoͤge einer oder an - dern Gelegenheit denen Freunden des Verſtorbenen behuͤlfflich geweſen.

Doch iſt dergleichen Geld-Buſſe nur fuͤr geringe ſchlechte Leute / denn ſofern der Entleibete eines hohen Standes geweſen / iſt dieſelbige noch wol zehenmahl ſo viel / und gewiß nicht unbillig / denn wie viel wuͤrden ſich ſonſten finden / die mit freudigem Muht 500. Thlr. hinzahleten nur ihres Feindes entohniget zu ſeyn / oder ein und andern vornehmen Herrn der ihnen viel Ver - druß angethan / aus dem Wege zu raͤumen; daß alſo jederzeit die Straffe gelindert oder verhoͤhet wird nach Gelegenheit des Ermordeten.

Jſt es nur ein Sclave der entſeelet / belaͤufft ſich das Geld nicht hoͤher als 96. Thaler / doch ſo / daß wie bey den erſten der Thaͤter nur die Helffte Bezahlet / in - ſonderheit wenn er inſtaͤndigſt darum anhaͤlt / da denn der Herr des Sclaven gerne mit ein 32. Thaler und einem andren Sclaven an des Entleibten Stelle ver - gnuͤgt iſt.

Wenn nun aber jemand von ihnen den Mord be - gangen / der die auferlegte Geld-Buße weder vor ſich ſelbſt noch ſeine Fꝛeunde vermoͤgend waͤren zu bezahlen / muß er (wie im Geſetze ſtehet) Auge um Auge / Zahn um Zahn geben / und ſich zum Tode bereiten / der ihm denn auffs allergraufamſte und allerſchmertzlichſte angethan wird / denn er ſtirbt ſo zu ſagen tauſendmahl vor ſeinen Todt / indem ſie ihm den Leib zerſchneiden /zer -206Beſchreibungzerhauen / zerſtechen und zerſchieſſen ehe ſie ihm das Leben nehmen / dafern nicht der Kauffmann deſſelben Orts ihm alſobald den Kopff herunter hauen laͤſſet.

Zu nechſt dem Mord halten ſie den Diebſtahl und Ehebruch als die groͤßte und ſtraffwuͤrdigſte Verbre - chen; vom letzteren will ich hernach melden / wenn ich zuvor von denen Straffen ſo auf den Diebſtahl ſtehen / werde etwas erinnert haben. Gemeiniglich iſt dieſes die erſte / daß der Dieb alles geſtohlene Gut muß wie - dergeben / und uͤber dem eine gewiſſe Geld-Buſſe erle - gen nach Beſchaffenheit des Diebſtahls / des Orts allwo es geſchehen / imgleichen der Perſohn an wem und durch wen es begangen; denn hierunter ein groſſer Unterſcheid iſt / maſſen der eine nur zwantzig Thaler / der andre aber hundert geben muß; da doch beyder geraubtes Gut auf eines auskommt und gleich - wol ohne Verletzung des Rechtens / weil hierinnen die bloſſe Gewonheit von den Oͤrtern wo der Diebſtahl geſchehen / in acht genommen wird; ſo daß ein Kauff - mann zu Entſcheidung ſolcher Sachen gegenwaͤrtig / auffs genaueſte um die Gewonheiten und Geſetze der Mohren wiſſen muß / dafern er nicht zum oͤfftern greu - liche Schnitzer begehen will.

So wird auch ein groſſer Unterſcheid unter Per - fonen gemachet / und iſt das Anſehen dererſelben hie zu Lande nichtes unbilliges / inſonderheit iſt es darum gut / weil die Reichen jederzeit harter geſtraffet werden als die Armen / und zwar aus zweyerley Urſachen: die erſte iſt / weil jene des Stehlens nicht noͤthig haben / die andere / weil ſie beſſer Geld-Buſſen abtragen koͤn - nen / ohne ſonderlichen Schaden; angeſehen niemand uͤber ſein Vermoͤgen geſtraffet wird / es ſey denn daßder207des Landes Gvinea. der Thaͤter in die Sclaverey verbannet werde / inſon - derheit wenn er dergleichen Schelmſtuͤcke oͤffters pra - cticiret hat. Dannenhero ſind einige Mohren ſo ſchlau / daß ſie ſich armer ſtellen als ſie in der That ſeynd / da - mit / wenn ſie oder ihre Gefreundete das Ungluͤck haͤt - ten / durch dergleichen Verbrechen dem Richter in die Haͤnde zu fallen / ſie nicht ſo hart geſtraffet werden.

Diejenige welche Menſchen aufheben oder bey ſeite bringen / werden mit ſchwerer Straffe / jaſelbſt mit dem Tode beleget / nicht weniger auch diejenige / welche Vieh / Schaaffe / Schweine und andre Thiere ſteh - len; und dieſes aus der auch bey uns bekandten Urſach / weil dieſes ſtumme Vieh ſich weder ſelbſt wehren / noch jemand zu Huͤlffe ruffen kan. Ja es ſolten die Moh - ren viel eher demjenigen das Leben nehmen / welcher einige Schaaffe geſtohlen / als welcher einen Men - ſchen umgebracht hat / inſonderheit an denen Oͤrtern / wo die Europaͤer nichts zu ſagen haben; denn dieſe laſ - ſen es gemeiniglich bey einer Geld-Straffe bewenden. Entweder weil ſie nicht ſo blutduͤrſtig ſeynd / oder weil es ihnen vortheilhaffter iſt / daruͤber ich euch ſelbſt ur - theilen laſſe; eben ſo geſinnet ſeynd auch die unter uns wohnende Mohren / welche viel lieber ſehen / daß dem Thaͤter eine gewiſſe Geld-Buſſe zuerkandt / als Lebens verluſtig erklaͤret werde / wofern nicht ein heimliches In - tereſſe darunter verborgen. Und hierauf habe ich Zeit meines Richterlichen-Amts allezeit geſehen / davon ich folgends ein nachdenckliches Exempel erzehlen will.

Wenn jeman im Lande Axim eine Geld-Summa aufferleget wird / muß er dieſelbe in des Kauffmanns Haͤnde liefern / welcher ſie dem beleidigten Theile zu - ſtellet / gleichwol aber fuͤr ſeine Muͤhe etwas fuͤr ſich be -haͤlt /208Beſchreibunghaͤlt / davon vor einigen Jahren mercklicher Nutzen zu genieſſen war: ſag einige Jahr / weil vor kurtzer Zeit ein gewiſſer Herr angeordnet / daß der Kauffmann / in Schlichtung einer etwas wichtigen Gerichts-Sa - che / vor ſeine Muͤhe mit allem Recht nicht mehr als acht Thaler fodern koͤnne / auch expreſſe verboten / ein mehreres anzunehmen / im Fall es ihm dargeboten wuͤrde. Jedennoch glaube ich / daß dieſes Verboth et - was zu ſtrenge ſey / als ob man einem / dem andern gutes zu thun / verhindern / oder nach eigenem Gefal - len uͤber fremde Gelder gebieten wolte. Zwar hatte dieſer Herr das Anſehen haben wollen / als geſchehe es aus einer Gottesfurcht / damit die Mohren nicht zu hart gepreſſet wuͤrden / allein ich und viel andere ſehen dieſes mit andern Augen an / und glauben vielmehr / daß ſolches aus bloſſer Mißgunſt geſchehen / zumahlen er nicht vertragen koͤnnen / daß andere Compagnie - Bediente gleichen Vortheil mit ihm haben ſolten / wel - che unſere Meynung er zur Gnuͤge durch ſein Verfah - ren mit denen Mohren beſtaͤtiget; denn als er nach dieſen ihre Gerichts-Haͤndel verhoͤrete / oder einen und andern ſeines Verbrechens halber ſtrafffaͤllig er - kennete / war er mit keinem acht Thalern zu frieden / ſondern machte offtmahls hundert daraus. Dan - nenhero fuͤrchte ich / daß anitzo die Kauffleute zu Axim ſolche gemachte Ordnung nicht ſonderlich mehr in acht nehmen / weilen ſie durch den Stiffter ſelbſt nicht ge - halten worden. Und in Warheit es ſtreitet dieſelbige mit denen alten Gebraͤuchen derer Mohren / welchen ich noch viel lieber ais dieſem neuen Geſetze nachkom - men wolte / indem ich wenigſtens verſichert waͤre / viel groͤſſere Liebe bey den Mohren zu gewinnen / an ſtattdaß209des Landes Gvinea. daß dieſer neue Geſetz-Geber vermittelſt ſeiner vielfaͤl - tigen Ungerechtigkeit aufs aͤuſſerſte von jenen gehaſſet worden; allein ich will ſchweigen / und anitzo bloß von dem Kauffmann zu Axim handeln / was derſelbige / als Richter / vor Vortheile machen koͤnne.

Wenn demnach ein Mohr zum Exempel eine Geld - Buſſe ſeines Verbrechens halber von hundert Thaler bezahlen muß / ziehet der Kauffmann zwey Drittheil fuͤr ſich ab / daß uͤbrige theilen die Caboceros insge - ſamt. Dafern aber wegen Diebſtahl / Mord oder andern auffgenommenen Schulden das Geld gege - ben worden / bekommt der Klaͤger drey Viertheil / und das uͤbrige wird unter dem Kauffmann und Caboce - ros vertheilet / nemlich zwey Drittheil fuͤr den Kauff - mann / und den Reſt fuͤr die Caboceros. Sehet ihr alſo / daß es ungleich beſſer ſey Richter zu Axim als in Europa zu ſeyn / wenigſtens in Anſehung der Acci - dentien und Gewinſte die er rechtmaͤßiger Weiſe ma - chen kan / denn ich rechne nicht was unbilliger Weiſe geſchiehet / davon ich nichts ſagen auch nichts wiſſen mag. Denn die Mohren bezahlen ſehr gerne und wil - lig was dem Richter fuͤr ſeine Muͤhe gebuͤhret / bekla - gen ſich auch niemahls ob ſey es zu viel / (wenigſtens war es vor dieſen ſo) ja ſelbſt wenn der Kauffmann vor einen andern wegen rechtmaͤßiger Schulden Anfo - derung thut an jemanden / wird ihm alſobald der vierte Theil vom Gelde fuͤr ſeine Muͤhe von dieſen zugeſtellet / und dieſes ſo richtig und gutwillig / daß niemahls der geringſte Streit deßfalls ſich eraͤugnet.

Anitzo muß ich euch erzehlen was mir zu Axim wi - derfahren / als ich daſelbſt als Kauffmann die Regie - rung fuͤhrete. Es waren im Lande Ancober, welchesOlange210Beſchreibunglange Jahre unter Axim geſtanden / zwey Caboceros, beyde von groſſen Anſehen / lange Jahre unter einan - der ſtreitig geweſen / daß einer des andern gebohrner Sclave waͤre / und folglich ihm zugehoͤrete. Dieſe nun waren einander ſchnur ſtracks mit ihrer Anfoderung zuwider / da einjeder ſein Recht mit ſo viel Gruͤnden und Beweißthuͤmern ſuchte zu behaupten / daß auch die Gerichts-Herren zu Ancober die Sache nicht zu Ende bringen konnten. Weil ſie aber gerne aus ein - ander ſeyn wolten / wurden ſie ſchluͤßig die Sache vor mich und zu meiner gerichtlichen Erkennung gelangen zu laſſen. Nicht weil ſie mir mehr Geſchickligkeit zu - traueten als ihren Landesleuten oder anſehnlichem Ge - richte / ſondern weil ſie ſuchten durch meine Perſohn geſchieden zu ſeyn. Kahmen demnach in mein durch - lauchtiges Gerichte zum Verhoͤr / dazu ich einen gan - tzen Tag anwenden muſte / dennoch nicht leugnen kan / daß ich am Ende ſo viel als am Anfang von der Sache gewußt habe; denn einjeder hatte ſo viele Zeugen / daß ſie beyderſeits gleiches Recht zu haben ſchienen / ſo daß dem einen oder andern weder zu noch abgeſprochen werden konnte. Gleichwol um ſie aus einander zu brin - gen / fragte ich ob ſie es beyde auf meinen Schluß wolten ankom̃en laſſen / daß ſie mit Ja beantworteten. Darauf gab ich ihnen die allerbeſten Worte / vorſtellend / es waͤ - re beyderſeitiges Vorbringen ſo wohl gegruͤndet / daß es ohnmoͤglich waͤre zu ſagen welcher Recht oder Un - recht haͤtte; daß ihre vorgeſtellete Zeugen viel zu jung waͤren ihre alte Zwiſtigkeiten zu bezeugen / diejenigen aber welche hiezu tuͤchtig / waͤren albereit verſtorben / ihre itzige aber nichts anders als von hoͤren-ſagen Zeugniß ablegen koͤnnten. Nachdem ich alſo mit er -ſinn -211des Landes Gvinea. ſinnlicher Gelindigkeit ihnen dieſes fuͤr Augen geleget / anbey aber bemercket hatte / als waͤren ſie nicht uͤbel mit mir zufrieden / machte ich dieſen Schluß / ſie ſolten ehe ſie aus dem Gericht traͤten ſich unter einander vertra - gen / ohne jemahls mehr an Zwiſtigkeiten zu gedencken / ſich beyderſeits fuͤr freye Leute erkennen / und der er - ſtere welcher den andern ſeinen Sclaven nennen wuͤr - de / einer ſchweren Geld-Buſſe gewaͤrtig ſeyn.

Hiemit ſchienen ſie gantz vergnuͤgt zu ſeyn / umhal - ſeten einer den andern / verbunden ſich zu einer unauff - loͤßlichen ewigen Freundſchafft / und beſchenckten mich zum Zeugniß ihrer ſonderlichen Genehmhaltung / daß ich der Sache zu beyderſeits Vergnuͤgen ein Ende ge - machet / mit koͤſtlichen Geſchencken. Nun war ich der gaͤntzlichen Meynung daß alles vergeben und vergeſ - ſen / zumahlen ſie beyderſeits friedlich von einander nach Hauſe gingen / allein ohngefehr drey Monat hernach bekam ich zu Ohren / daß einer den andern in ſeinem eigenem Hauſe durch zwey erkauffte Meuchelmoͤrder ums Leben bringen laſſen. Dieſes verdroß mich heff - tig / inſonderheit weil ich befuͤrchtete / es koͤnnte hier - aus was boͤſes entſtehen / ſchickte des wegen alſofort ei - nige von meinen vornehmſten Hausgenoſſen nach An - cober, mit dem Befehl man moͤchte mir die Meuchel - Moͤrder zum Empfang gebuͤhrender Straffe auslie - fern / ich kriegte aber zur Antwort; daß ich uͤber ſie nichts zu gebieten / und nur bleiben ſolte in dem Lande welches unter meinem Gehorſam ſtuͤnde. Hier wurde ich allererſt hitzig / indem nicht allein meine eigene Ehre / und Anſehen / ſondern auch die Compagnie ſelbſt ei - nen ziemlichen Stoß bekam / als welcher zu Gute nichts unterlaſſen werden muß. Dannenhero ging ich ſelbſtO 2mit212Beſchreibungmit einigen meiner Leute nach Ancober, da mir ohn - gefehr 3. Meilen von unſerer Veſtung / ein gantzer Trouppen von 500. gewaffneten Mohren begegnete / in der Meynung mich dadurch zu ſchrecken / oder in meinem Vortrag zaghafft zu machen; nichts weniger dagegen fing ich nach abgelegter Begruͤſſung an zu fragen / wer ſie ſo kuͤhn gemachet / daß ſie den Gehorſam der Compagnie aufgekuͤndiget / mit dem Erinnern / ſie moͤchten ſich wol vorſehen / damit ſie ſich kein Un - gluͤck uͤber den Hals zoͤgen. Darauf gaben ſie mir zur Antwort / daß man ſie faͤlſchlich beſchuldiget / und niemahls geſonnen waͤren die Hollaͤnder zu verlaſſen / vielweniger aus ihrem dem Lande hoͤchſt-noͤthigen Schutz zu begeben. Nun ware ich hiemit ſehr wohl zufrieden / fragte deswegen weiter / ob ſie mir die Moͤr - der aushaͤndigen wolten / damit ich ſie zu verdienter Straffe ziehen koͤnne; darauff ſie mit Nein antworte - ten / und daß ſie ſelbſt vielleicht ſie abſtraffen wolten. Nahme hiemit Abſchied / nachdem ich oͤffentlich aus - geſaget / ich hielte ſie alle des begangenen Mords ſchul - dig / mit angehaͤngter Bedrohung alle diejenigen wel - che ich aus ihrem Lande wuͤrde antreffen koͤnnen / feſt - ſetzen / und als Meuchel-Moͤrder abſtraffen zu laſſen. Womit ich ſo viel erhielte / daß / nachdem ſie die Sache unter einander uͤberleget / einige ſich zu mir naheten / bit - tende ein Augenblick zu warten / ſie wolten uͤber die Sache Raht nehmen / und mir eine gruͤndliche Ant - wort bringen; kaum hatte ich eine Viertelſtund ge - harret / ſo brachten ſie die Meuchel-Moͤrder in Ketten und Feſſeln vor mich / und baten ich moͤchte ſie nicht ehe beſtraffen / bis ſie alle zugegen waͤren / ſo ich ihnen leicht verſprechen konnte; ſo daß ich endlich nach wohl ver -richte -213des Landes Gvinea. richteter Sache mit dieſen Miſſethaͤtern in unſere Ve - ſtung zuruͤck kehrete.

Drey Tage hernach lieſſen ſich die vornehmſten von Ancober mit einer gantzen Armee vor unſer Ve - ſtung ſehen / bittende ich moͤchte ihnen ſagen was Straffe den Meuchel-Moͤrdern ſolle angethan wer - den / worauf ihnen zur Antwort wurde / ich wolte ih - nen den Kopff vor die Fuͤſſe legen laſſen / lieſſe auch da - mit ſie es ſo viel mehr glaubten / den Nachrichter mit gehoͤriger Zubehoͤrung vor ſie kommen. Da ging es an ein klagen und heulen / flehende / ich moͤchte doch von der Landes uͤblichen Gewonheit nicht abweichen / ſon - dern die Miſſethaͤter nur mit einer Geld-Straffe be - legen. Nun war ich ebenfalls keiner andern Mey - nung / gleichwol lieſſe ich michs nicht mercken / bis des Entleibeten Anverwandten / welche allbereit zufrieden geſtellet waren / ſelbſt kamen und mich darum erſuch - ten / auch alle Geld-Straffe mir einhaͤndigten; und dieſes war es was ich gerne gehabt haͤtte. Gleichwol da mit es nicht das Anſehen gewann / als waͤre es aus einem Geld-Geitze geſchehen / behielte ich nur die Helff - te / und gab ihnen das uͤbrige wieder zuruͤck / ſo daß wir allerſeits wohl zufrieden / und die Miſſethaͤter welche vornehmen Leuten zugehoͤreten wieder loßgelaſſen wurden.

Jch habe dieſes mit Willen etwas weitlaͤufftig er - zehlet / damit ihr erkennen moͤget / wie dergleichen Sa - chen bey uns abgethan werden / und was unſer Kauff - mann zu Axim vor ein Anſehen habe / welches inſon - derheit aus folgenden erhellen wird. Es darff nem - lich kein Mohr ſich unterſtehen / unter der Hand eine Sache ohne Zuziehung des Kauffmanns zu entſchei -O 3den214Beſchreibungden / bey Verluſt alles daraus gehofften Vortheils. Zeit meiner Anweſenheit zu Axim erſuchte mich ein gewiſſer Mohr / ich moͤchte ihm zu ſeiner Zahlung helf - fen / welches ich ihm auch verſprach / aber bald darauff von dem Schuldner hoͤrete / daß ſie ſich in Beyſeyn de - rer Capitains vertragen haͤtten. Als nun der erſtere wieder zu mir kam ſein Geld abzuholen / fragte ich ihn / ob er wol wuͤſte daß er ſeines Geldes verluſtig waͤre / weil er mit ſeinem Gegener ohne mein Vorwiſſen ſich vertragen haͤtte; darauf er mir antwortete es waͤre ihm dieſes nicht unwiſſend / baͤte dahero nur um den vierten Theil; dennoch weil ich ſeine Großmuͤthigkeit ſahe / gabe ich ihm die Helffte / und ließ ihn nach vielem dan - cken und Zufriedenheit lauffen.

Wir muͤſſen auch mit denen Mohren nicht anders umgehen / um ihnen alle Gelegenheit zu heimlichen Zu - ſammenkuͤnfften zu beſchneiden / damit ſie uns auf kei - nerley Art durch Meutereyen oder beſchloſſenen Em - poͤrungen uͤbervortheilen koͤnnen. Daß ich aber auf mein voriges komme / werden in einigen Oertern hie zu Lande / da wir bisweilen ſehr wenig oder gar nichts zu fagen haben / die Schulden ſehr unbillig eingefodert / ja ſelbſt in einigen Koͤnigreichen; zum Exempel es waͤre ein oder ander Boͤſewicht / der einige Schuld - Foderung hat / an ſtatt / daß er ſeinem Schuldner an - liegen ſolte die Zahlung zu erhalten / und denſelbigen bey langem Verzoͤgern vor Gerichte fodern zu laſſen / nimmt er was er bekommen kan / und wenn es ſechs - mahl mehr als die gantze Schuld waͤre / ohne einige Nachfrage wem es zugehoͤre: wenn nun der Eigen - thumsherr fein wider Recht und Billigkeit genomme - nes Gut wiederfodert / wird derſelbe von dergleichenBoͤ -215des Landes Gvinea. Boͤſewicht zu ſeinem Schuldner hingewieſen / daß er da ſeine Bezahlung ſuche / inzwiſchen behaͤlt jener das Gut in Verwahrung; dieſer aber gehet eilends zu den andern Schuldner hin / und begehret die Zahlung von ſeinem entfuͤhrten Gut: mercket was hiebey vor groſ - ſer Betrug vorgehen koͤnne. Denn der erſtere hat allbereit 6. mahl mehr als ſeine Schuld betraͤget / und wenn der zweyte auch ſo unverſchaͤmt gottloſe iſt als je - ner / machet er eine Rechnung an den Schuldner von zwey mahl ſoviel als ſeine genommene Guͤter wehrt ſind / mit der Verſicherung / daß er ſie niemahls unter den Preiß verkauffet haͤtte. Sie machen es / wie mich beduͤncket / wie die alten Roͤmer / welche / wenn ihnen etwas entfremdet / oder auch Beſchimpffung angethan wurde / eine gewiſſe Summa Geldes an - deuten und beſchweren muſten / daß / im Fall es in ih - rem Belieben geſtanden / ſie dergleichen vor weniger nicht gelitten haͤtten. So gehet es hier auch / daß der Schuldner / durch deſſen Verſehen der Creditor ei - nes Fremden Gut ſich anmaſſet / ſo viel geben muß / als begehret wird / und offtmahls 10. mahl mehr als er ſchuldig iſt / weil es gemeiniglich Kleinigkeiten von Schulden ſeynd / ohne einige Wider-Rede gegen der - gleichen Unbilligkeit ſich vernehmen zu laſſen / weil dem andern mehr als dieſen zugetrauet / auch mehrentheils entweder vom Volck / Koͤnig / oder andrem groſſen Herren geſchuͤtzet wird. So halten ſie es in den mei - ſten Ortern / und machen dadurch viele arme Leute / be - nennen es auch mit dem Nahmen einer Gerechtigkeit / da es doch die allergroͤſte Ungerechtigkeit von der gan - tzen Welt iſt. Sonſten haben ſie noch eine andere Art / wiewol eben ſo unbillige von ihrem Nechſten das GeldO 4zu216Beſchreibungzu erzwingen / wenn nemlich ein oder ander Schelm zu jemanden hingehet / ſagende es hat mir euer Sohn / euer Vater / euer Sclave einen Schimpff angethan / daruͤber ich von euch zufrieden geſtellet ſeyn will / und dafern ihr ſolches nicht thut / will ich mich ſelbſt umbrin - gen / mir allerhand Marter anthun / oder jemanden niedermachen / und dieſes durch eure Schuld und Ver - anlaſſung. Wenn nun dieſer ihm nichts geben will / und der andre das Hertz hat ſeine Drohungen zu voll - fuͤhren / (wie ich denn zwey ſolcher geſehen habe /) wird derjenige dem dieſes gedrohet worden / alſo fort vor Ge - richt gefodert / und ſtraffaͤllig erkannt / als des veruͤbten Ungluͤcks Urſache / im Fall es kan bewieſen werden daß jenem ein Schimpff von ſeinen Anverwandten wiederfahren.

Sehet demnach worinn ihre Gerechtigkeit beſtehe / inſonderheit aber mercket noch eine andre ungewoͤhn - liche Gerichts-Forme / da die Manceros das meiſte zu ſagen haben. Jn jedem Dorff haben ſie ein gewiſ - ſes Gericht geſtifftet / welches unterſchiedliche taͤglich vorfallende Kleinigkeiten entſchlichten muß. Weil nun die Mohren ſich unter einander ſehr leicht zu nahe kom - men entweder mit fluchen / ſchimpffen oder ſchlagen / gehet alſobald derjenige / welcher meynt er ſey zu kurtz gekommen / nach denen Manceros, ſagende / dieſer oder jener hat mich hoch beſchimpffet / darum komme und uͤberliefere ich denſelben in eure Haͤnde / ſtraffet ihn nach ſeinem Verdienſt. Darauf ſind dieſe Her - ren alſobald fertig den Beklagten zu fodern / und nach einen obenhin angeſtellten Unterſuchen / zu erken - nen / daß er einige Thaler zur Straffe abtragen ſolle: Geſchiehet es daß dieſer ſich weigert / und ſeine Unſchuldvor -217des Landes Gvinea. vorſchuͤtzet / man habe auf ſeine Vertheidigung keine acht gegeben / machen dieſe gute Herren wenig Re - dens / ſondern gehen ungeſaͤumet auf den Marckt / kauffen ohngefehr ſo viel Gold als die Straffe austraͤ - get / und verzehren es alſofort in Palmen - oder Brantwein.

Sie haben aber ſo vielerley Wege und Verbre - chen / welche dieſe Herren mit Gelde zu ſtraffen wiſſen / daß ſie wegen der groſſen Anzahl und ihrer laͤcherlichen Einrichtung nicht wehrt ſind / ins beſondere abzuhan - deln / ſondern mich begnuͤgen laſſe / dieſes hinzu zu thun / daß die Mohren bey ihrem Muͤßiggang und Geld-Mangel zum Sauffen / jederzeit bedacht ſeyn / wie ſie einen oder andern ertappen moͤgen / der vor ſie ihre Nothduͤrfftigkeiten bezahlen muͤſſe.

Das Gericht / davon ich oben Erinnerung gethan habe / und aus Caboceros oder Manceros beſtehet / ſiehet inſonderheit auf Krieges-Sachen / davon anitzo ausfuͤhrlicher handeln will.

Wenn ſie demnach einen Krieg fuͤhren wollen / hal - ten ſie vorhero insgeſamt eine Berathſchlagung / doch muß man hiedurch nur ſolche Kriege verſtehen / wel - che ſie entweder aus Ehr - oder Geld-Geitz anfangen / oder auch andern im Kriege begriffenen Laͤndern zu Huͤlffe zu kommen. Denn ihre meiſte Kriege entſtehen entweder wegen gewiſſer Schuld-Forderungen / oder vorgehenden Trennungen unter den Groſſen. Vor - hin habe ich allbereit hievon etwas beruͤhret / anitzo ha - be ich ausfuͤhrlicher davon zu handeln verſprochen / dannenhero mercket der zu Folge:

Daß zum oͤfftern zwey Laͤnder / ſo in gutem Ver - nehmen und Eintraͤchtigkeit mit einander lebten / aufO 5fol -218Beſchreibungfolgende Art in ſehr boͤſe Kriege verfallen. Jſt ir - gends ein Groſſer / ſo an jemand in fremdem Lande wohnhafften etwas zu fodern hat / und ihm nicht alſo - fort nach ſeinem Begehren gewillfahret wird / laͤſſet derſelbe in dem Lande / alwo ſein Schuldener wohnet / unterſchiedliche Kauff-Waaren oder Sclaven weg - nehmen / bis er zu ſeiner Zahlung kommet; die Men - ſchen / ſo er aufgehoben / werden in Ketten und Eiſen geleget / endlich aber / wenn ſich der Schuldner mit dem Gelde nicht einſtellet / verkauffet / daraus er ſich bezahlet machet. Jſt nun der Schuldner ehrlich / und die Foderung rechtmaͤßig / wendet er alle Kraͤffte an / um ſeinen Glaͤubiger zu befriedigen / und ſeine Landes - Leute in Freyheit zu ſtellen / ja es koͤnnen auch die Be - freundte derer Gefangenen ihn hiezu zwingen / wo ſie anders ſo vermoͤgend ſeynd; im Gegentheil aber / ſo - fern er nicht viel darum giebet / was der Glaͤubiger ge - than / oder ihm zu zahlen gar nicht geſonnen / machet er im gantzen Lande ruchtbar / daß ſein Glaͤubiger ein ungerechter Mann / ſehr tyranniſch mit ihm umgehe / und geſtehet ihm gar nichts / uͤberredet auch wol ſeine Lands-Leute / beuget dieſelbe auf ſeine Seite / und be - muͤhet ſich hinwieder / einige Gefangene zu machen im Lande ſeines Creditoris, inzwiſchen ruͤſtet man ſich auf beyden Seiten / und ſuchet nur Gelegenheit / ein ander zu uͤberrumpeln. Zum erſten verſichert man ſich derer Caboceros, welche einige Truppen und Soldaten in Dienſten haben / dergeſtalt / daß eine ſo geringe Sache bisweilen einen grauſamen Krieg zwi - ſchen zwey in Ruhe lebende Laͤnder verurſachen kan / welcher ſo lange dauret / bis einer von beyden unterlie - gen / oder wenn keiner dem andern etwas anhabenkan219des Landes Gvinea. kan / Frieden machen muß / inſonderheit wenn die Ca - pitains durch ihre Soldaten hiezu gezwungen wer - den / fuͤrnemlich in der Saat-Zeit / da einjeder ſuchet / ſein Stuͤck Landes zu bauen / oder auch die Soldaten / weil ſie ohne Sold dienen / und auf eigene Koſten im Felde ſtehen muͤſſen / bald des Krieges muͤde werden / wenn inſonder heit dieſe keine groſſe Vortheile uͤber ih - ren Feind erhalten / oder die gehoffte Beute nicht ma - chen koͤnnen.

Wenn auch ein oder andre Landes-Obrigkeit aus Mißgunſt gegen ihre Nachbahren / weil ſie zu reich oder im gluͤckſeligern Stande leben als dieſe / einen Krieg gegen ſie anzufangen / oder ihre Haab und Guͤter unter einander zu theilen gedencken / verſammlen ſie ſich mit denen Manceros, entdecken ihnen ihr Vor - haben / beſchencken ſie mit Wein und ſtarckem Ge - traͤncke / mit vielem Verſprechen von groſſer reicher Beute; dieſe / als junge und betaͤubte Leute / fallen ih - nen ungeſaͤumt bey / in Hoffnung / groſſe Schaͤtze zu ſammlen; einjeder bereitet ſich zum Kriege / und wenn ſie fertig ſind / fallen ſie ins benachbahrte Land / ohne vorhergehende Krieges-Erklaͤrung / aus keinem an - dern Grunde / als daß ſie / wie ein gewiſſer Printz ſa - get / zur Luſt und ihrer Ehre alles rauben und ſtehlen / was ſie antreffen koͤnnen; diejenigen aber / welche ſo unverhofftem Einfall vor ſich nicht Widerſtand thun koͤnnen / muͤſſen von einem andern Lande Huͤlffe ſu - chen / und ſo viel ſie benoͤthiget / wenigſtens vor zwan - tzig tauſend Pfund einkauffen / da hergegen jene zu - gleich vor die Kriegs-Zubehoͤrung ſorgen muͤſſen. Jhr koͤnnet hiebey abnehmen / mein Herr! daß hieſige Kriege nicht ſehr koſtbahr fallen / daß auch die erkauff -te220Beſchreibungte Huͤlffs-Voͤlcker vor ſo weniges Geld nicht viel ver - moͤgen koͤnnen / allein die Hoffnung zur Beute ma - chet ſie muthig / an deren Stelle ſie dennoch offt tapfe - re Schlaͤge mit nach Hauſe bringen / denn die Capi - tains oder Hauptleute theilen das gemachte Geld un - ter ſich / und wenn etwas weniges uͤberbleibet / be - kommen es die Manceros, ſo zuweilen auf einen jeden nicht uͤber zwey oder drey Gulden ausmachet / biswei - len gar die Helffte nicht einmahl / indem die Capitains ſo kuͤnſtlich ihre Rechnung wiſſen einzurichten / daß ſehr ſelten etwas uͤbrig bleibet. Nichts deſtoweniger kan einjeder ſeinen beſcheiden Theil von der Beute fuͤglich erhaſchen / denn obwol dergleichen Gelder zu denen Krieges-Unkoſten gewidmet / und wenn denn etwas uͤbrig bleibet / unter alle zuſammen getheilet werden ſollen; ſiehet nur einjeder darauf / wie er et - was mit bekommen moͤge / ohne die geringſte Sorge wegen Bezahlung derer Krieges-Koſten. Dannen - hero die Manceros auch ſehr bald den Krieg verlaſ - ſen / und einjeder nach Hauſe eilet / wenn es keine ſon - derliche Beuten geben will.

Wenn ſie zu Felde gehen / ſtellet ſich einjeder unter das Commando eines derer Ober-Officirer, doch haben dieſe nur bloß uͤber ihre Sclaven zu befehlen / ein frey-gebohrner Mohr wird ſich dieſen / ja ſelbſt ih - ren Koͤnigen nicht unterwerffen / er ſey denn durch groͤſſere Macht hiezu gezwungen; ſonſten aber lebet und handelt einjeder nach ſeinem Gutbefinden / ſo daß / wenn ſich ihr Oberhaupt unterſtuͤnde / ſelbſt auf den Feind los zu gehen / er ſolches ungehindert thun koͤnne / und anbey ſehen / wer ihm von ſeinen Leuten in den Streit folgen will.

Jch221des Landes Gvinea.

Jch habe vorhin ſchon angemercket / daß hieſige Kriege bey weitem nicht ſo koſtbahr fallen / als in Eu - ropa. So lange wir mir denen Commaniern darin - nen verwickelt geweſen / hat es uns die gantze 7. Jahr uͤber nicht mehr als 60000. Pfund gekoſtet / ohnge - achtet wir von 5. unterſchiedlichen Laͤndern Huͤlffs - Truppen halten muͤſſen / allein ihr habt in einem an - dern Brieff vollkommene Nachricht hieruͤber einge - nommen / darum will ichs anitzo nicht wiederholen.

So bald ein Land den Krieg anfaͤnget / ſtellet daſſel - be gemeiniglich 4000. Menſchen ins Feld / wenn es das benachbahrte mit Krieg uͤberfallen will / dafern es aber zu ſeiner eigenen Beſchuͤtzung noͤthig iſt / muß es ungleich mehrere Mannſchafft haben / wiewol biswei - len einige nur zwey tauſend Mann haben / und den - noch eine Armee nennen; Mercket die Macht und Vermoͤgen hieſiger Koͤnigreiche und Staaten / aus - genommen Fantin und Aqvamboe, deren erſteres 25000. Koͤpffe / das andere aber noch mehr aufbrin - gen kan; diejenigen Laͤnder aber / ſo etwas tieffer lie - gen / als Axim und Afiante, nebſt andern / ſind un - gleich maͤchtiger / und wenn ſie in Krieg begriffen / ha - ben ſie ſo viel Mannſchafft / daß das gantze Land da - mit bedecket iſt; doch will ich hierin nicht weitlaͤufftig ſeyn / weil ſich alles nur auf eingenommene Nachrich - ten und Erzehlungen derer Mohren gruͤndet / darauf man nicht gar ſicher gehen darff. Was ſonſten ihr weniges zuſammengeraſptes Land-Volck betrifft / kan ich verſichern / daß beyde Armeen / obwol aus 5. bis 6. Voͤlckerſchafften zuſammen geleſen / kein 25000. Mann ausmachen / welches zu der Mohren Hertz - hafftigkeit hinzu gerechnet / verurſachet / daß von bey -den222Beſchreibungden Theilen wenig Blutes vergoſſen wird; wenn 1000. Mann bleiben ſollen / muͤſte es warlich ein blu - tiges Treffen ſeyn / denn ſie ſind ſo verzagte Leute / daß ſo bald ſie zur Seite ihren Nachbahr fallen ſehen / die Flucht ergreiffen / und zu keinem Stande mehr zu bringen ſeynd. Jm letzten Treffen zwiſchen den Commaniern und Daboern mit denen Acanniern und von Cabes terra, nebſt noch zwey oder drey an - dern Laͤndern / ſo im Buͤndniß ſtanden / waren nicht mehr als 100. Todte / und blieben die Commanier, ohngeachtet ſo vielfaͤltigen Widerſtandes / Meiſter im Felde; Es halten nemlich die Mohren keine gute Ordnung in ihren Schlachten / ſtellen ſich auch nie - mahls in gehoͤrige Schlacht-Ordnung / ſondern ein - jeder Capitain haͤlt ſeine Leute feſt an einander geſchloſ - ſen / in deren Mitten er ſelbſt / ſo viel ſicherer zu ſeyn / ſich verbirget. So fallen ſie auch einander nicht mit geſamter Macht an / ſondern[e]intzeln Mann vor Mann / oder Troppen-weiſe; ja bisweilen ſind die Capitains, ſehende daß ihre Leute unterliegen / anſtatt ſie ihnen wieder aufhelffen ſoltẽ / ſchon bereit zur Flucht / ehe man noch recht an einander gerathen / dergeſtalt / daß die tapfferſten Kerle / von den Jhrigen verlaſſen / gemeiniglich niedergemachet werden / inſonderheit wenn ſie mehr Volck verlohren als ihre Feinde; denn indem ſie ſich noch vor der Flucht derer Jhrigen zuweit ins Treffen gewaget / koͤnnen ſie ohnmoͤglich / ohn - angeſehen aller ihrer Hertzhafftigkeit und angeſtreckten Muͤhe herdurch zu kommen / dennoch nicht ihr Leben davon bringen / ſondern muͤſſen alſo wieder ihren ei - genen Willen tapffere Soldaten heiſſen.

Sie ſtehen auch niemahls aufrecht im Treffen / ſon -dern223des Landes Gvinea. dern lauffen gantz krumm und gebuͤcket / damit ihnen die Kugeln uͤber den Kopff gehen moͤgen. Andere kriechen zn den Steinen / und wenn ſie auf einen Muſ - qveten-Schuß einander genaͤhert / geben ſie eine Sal - ve, und lauffen damit wieder zuruͤck zu den Jhrigen / damit ſie wieder laden und von neuen auf vorige Art ſchlagen koͤnnen. Mit einem Wort / ſie machen ſo viele krumme ſeltſame Haͤndel mit Beugen / Kriechen und Schreyen (nicht anders als ob dieſes viel zur Sa - che thaͤte) daß es einem Affen-Spiel aͤhnlicher iſt als einem Treffen.

Jhre Beute / als ihr vornehmſter und Haupt - Zweck / beſtehet in Gefangenen und Gold-Zierath von Conte de terra, damit ſie ſich beladen / denn es giebet ſolche thoͤrigte Leute / inſonderheit unter den Mohren des feſten Landes / welche ſich bey dieſer Gele - genheit auf ihr allerbeſtes ausputzen / und mit Gold von Conte de terra dermaſſen beſchweren / daß ſie nicht wol fort kommen koͤnnen.

Die Gemeine unter den Gefangenen / welche ſich nicht loßkauffen koͤnnen / machen ſie zu Sclaven / und verkauffen dieſelbige / oder derjenige / der ſie gefangen bekommen / behaͤlt ſie zu ſeinem Dienſt. Die Vor - nehmen aber verwahren ſie ſehr genau / und laſſen ſie ohne vieles Geld nicht loß; den Uhrheber aber des Krie - ges ſelbſt laſſen ſie niemahls in Freyheit / wenn ſie ihn gefangen bekommen / ohngeachtet er noch ſo viel Loͤſe - Geld vor ſeine Perſon geben wolte / aus Beyſorge / er moͤchte von neuen den Krieg anfangen / und ihre Ru - he ſtoͤhren.

Dannenhero kan kein Mohr / er ſey ſo vornehm als er immer wolle / verſichert ſeyn / daß er nicht ein -mahl224Beſchreibung. mahl in die Sclaverey falle / denn im Kriege kan ihm dergleichen Ungluͤck ſehr leicht wiederfahren / da er ſo lange drinnen bleiben muß / bis ſein Loͤſe-Geld voll - kommen bezahlet iſt / das bisweilen ſo hoch geſetzet wird / daß weder er noch ſeine Gefreundte vermoͤgend ſeynd / zu bezahlen / folglich er ein Sclave bleiben / und die ſchaͤndlichſte veraͤchtlichſte Sachen verrichten muß. Ja es finden ſich einige / welche / wann ſie zweiffeln / jemahls von ihren Gefangenen etwas Loͤſe-Geld in die Haͤnde zu bekommen / ſehr tyranniſch mit ihnen um - gehen / und den allergrauſamſten Tod anthun.

Kriege / ſo zwiſchen zwey Koͤnigen gefuͤhret werden / die eine unumſchraͤnckte Gewalt uͤber ihre Untertha - nen haben / dauren bisweilen einige Jahre / ſo lange / bis der eine gaͤntzlich unter die Fuͤſſe gebracht; Allein ſie liegen oͤffters ein gantzes Jahr im Felde / ohne den geringſten Schaden oder Abbruch einander zu thun / es ſey dann / daß hie und da einige Haͤufflein auff ein - ander ſtoſſen; und alſo kehren ſie bey einfallendem Re - gen-Wetter wieder heim / ohne bisweilen ſich geſehen zu haben.

Wiewol dieſes auf das Gutbefinden ihrer Geiſtli - chen beruhet / ohne welchen ſie nicht gerne eine Schlacht wagen; denn es wiſſen dieſe Leute allezeit abzurathen / unter dem Vorwandt / GOtt wolle es annoch nicht haben / daß ſie ſchlagen ſollen / ſagen auch lauter Boͤſes vorher / im Fall ſie es wider ihren Wil - len verſehen wuͤrden; mercken ſie aber dieſe liſtige Be - truͤger / daß ihre Leute dem Feind weit uͤberlegen / an - bey groſſe Luſt zum Schlagen haben / ſind ſie alſobald mit ihrem Anmahnen und Rathgeben zum Treffen fer - tig / jedoch mit ſo vielen Bedingungen / daß / im Falles225des Landes Gvinea. es ungluͤcklich ablieffe / ihnen niemahls an Entſchul - digung mangelte / vorwendende es haͤtten die Capi - tains oder Soldaten ſich verſuͤndiget / und deswegen wåre die gantze Armee geſtraffet / in Summa ſie ſu - chen allezeit Recht zu haben / es mag die Sache lauf - fen wie ſie wolle,

Nunmehro glaube ich genug von einem Kriege ge - ſprochen zu haben der des Redens kaum wehrt iſt / dan - nenhero will ich noch viel andre Sachen / Zeit meiner Anweſenheit geſchehen / mit Stillſchweigen vorbey ge - hen / und anitzo die Waffen derer ſich die Mohren im Kriege bedienen / kuͤrtzlich beſchreiben.

Jhr vornehmſtes Gewehr iſt eine Flinte oder Cara - biner / damit ſie trefflich wiſſen umzugehen; Jn War - heit eine groſſe Luſt dieſe Leute zu exerciren ſehen / ſo kuͤnſtlich ſie mit ihrem Gewehr ſich anſtellen koͤnnen / ſie ſchieſſen durch einan der / einer im ſitzen der ander im lie - gen / der dritte im kriechen / dergeſtalt / daß es ein Wun - der iſt / wie ſie noch unbeſchaͤdiget davon kommen. Jhr werdet auſſer Zweiffel fremde finden / daß die Mohren auch Schieß-Gewehr brauchen / um ſo viel mehr / wenn ihr hoͤren werdet daß wir ſie mit dergleichen uͤberfluͤſ - ſig verſehen / und alſo das Meſſer in die Hand geben uns den Hals abzuſchneiden. Allein was Rahts / wir muͤſſen es thun; denn im Fall es ihnen geweigert wuͤr - de / koͤnnten ſie allezeit von den Engellaͤndern / Daͤhnen und Brandenburgiſchen / oder auch dafern es dieſe nicht thun wolten / von denen nicht privilegirten En - gliſchen und Seelaͤndiſchen Schiffen / ſo viel ſie benoͤ - thiget einkauffen. Waͤre demnach hoͤchſt unbillig daß wir nicht unſern Vortheil hierinnen ſuchten / da zumah - len zeithero der meiſte Handel hieriñen und im Schieß -PPul -226BeſchreibungPulver beſtanden. Zu wuͤnſchen waͤre es daß derglei - chen Gewehr niemahls ins Land kommen / oder hinfuͤhro nimmer gebracht wuͤrde / ich verſichere wir koͤnnten die Mohren beſſer zwingen; wiewol hiezu wenig Hoff - nung uͤbrig.

Uber dem brauchen ſie auch Saͤbel wie Sicheln ge - machet / an dem Handgriff ſind ſie ſo breit wie eine Hand / am Ende aber ſchier zweymahl ſo breit / und aufs hoͤchſte drey Fuß lang mit etwas gebogener Klinge. Sie ſind ſehr ſtarck und ſchwer / aber ſo ſtumpff / daß man unterſchiedliche mahl zuhauen muß / ehe der Kopff ein es Menſchen vom Rumpff faͤllet. Der Handgriff iſt von Holtz / vorne und hinten mit kleinen hoͤltzernen Kuͤgelein beſetzet / und mit gewiſſer Haut oder vielen kleinen Schnuͤrlein in Bocks oder anderer Thiere Blut geſchwaͤrtzet / uͤberzogen; der gantze Zierath be - ſtehet in einen Zopffen Pferde Haar; wiewol die Vor - nehmſten einige mit guͤldnen Platen beſetzet haben. Dieſe nun tragen ſie in ledernen Scheiden / die an ei - ner Seite faſt gantz offen / und gemeiniglich mit einem Tieger Kopff oder rothen Schuppen verſehen von ziemlichen Wehrt / daran feſt gemachet ſind. Wenn ſie ausgehen / binden ſie ihre Saͤbel an die lincke Seite / an einen zu dem Ende um den Leib geſchnuͤreten Band / oder ſtecken ihn auch unter ihren Paan oder Kleid / bin - den ihn ſchlechterdinges um den Leib / und laſſen ihn zwiſchen den Beinen herab hangen. Ubrigens haben ſie auch ein Bandelier mit 18. bis 20. Schuͤſſen / auff dem Kopff eine Muͤtze von Kayman, auf der Seite einen rohten / hinten einen Zopffen Pferde Haar / und um den Hals eine ſchwere eiſerne Kette; in Warheit / wenn ſie dermaſſen geruͤſtet aufgezogen kommen undihren227des Landes Gvinea. ihren Leib weiß gemachet / wuͤrdet ihr viel eher ſagen es waͤren Teuffel als Menſchen.

Drittens brauchen ſie noch einen Bogen mit Pfei - len / wiewol die Mohren ſo tieff im Lande wohnen / aus - genommen die zu Aqvamboe ſich derſelben nicht ſon - derlich bedienen. Denn dieſe letzteren koͤnnen uͤberaus wohl da mit ſchieſſen / ſo daß ſie auf der Jagt ſeynde / nach eigenem Belieben den Haſen ſchieſſen koͤnnen an welchem Theil des Leibes ſie wollen. Die Pfeile haben hinten eine kleine Feder / die Spitze aber iſt von krum - men Eyſen. Dieſe welche in Avinee wohnhafft / ver - gifften ihre Pfeile / alleine hier zu Lande weiß man nichts davon / ſelbſt glaube ich daß ſie nicht einmahl Gifft kennen.

Nach Pfeilen und Bogen kommt der Aſſagay oder wie es einige nennen Haſſagay, deren zweyerley ſind groſſe und kleine. Dieſe ſind anderthalb Ehlen lang / ſehr ſcharff / und werden an Statt eines Spieſſes ge - braucht / jene ſind auch eben ſo lang und breit nach Pro - portion; am Ende mit einem ſpitzigen Eyſen von ei - nem oder bisweilen anderthalb Fuß lang / wie eine Pi - qve beſchlagen; denn ſie haben unterſchiedliche Arten. Sie brauchen ſolchen Aſſagay an Platz eines Saͤ - bels / wenn ſie mit der Lincken den Schild halten / und mit der rechten Hand den Aſſagay werffen; denn ſie haben allezeit jemand bey ſich / der ihnen die Waffen nachtraͤget.

Endlich brauchen ſie auch Schilde / ſo man aber nicht wol unter ſolches Gewehr rechnen kan / damit dem andern Schaden kan zugefuͤget werden / weil ſie bloß auf ihren eigen Leib zur Beſchuͤtzung dienen. Dannenhero habe ich Mohren geſehen / welche den Saͤ -P 2bel228Beſchreibungbel in der Rechten fuͤhrend / und in der Lincken mit dem Schilde ſich ſo bedecken konnten / daß ihnen unmoͤglich ein Hieb anzubringen. Sie ſind gemeiniglich von Weidenholtz gemachet / 4. oder 5. Fuß lang / und drey breit; einige ſind mit Gold-Leder uͤberzogen / oder mit einer Tieger-Haut / an jeder Ecken und in der Mitten finden ſich kleine kupfferne Platen / damit die Pfeile und Aſſagay ſo viel beſſer abzuhalten / auch einem Hie - be von dem Saͤbel nicht zu weichen; wiewol ſie vor kei - nen Muſqveten-Schuß beſtehen.

Sehet dieſes waͤren alſo die Waffen welche die Mohren im Kriege brauchen; zwar giebet es auch Ca - nonen und Grob-Geſchuͤtz unter ihnen / wie denn der Koͤnig von Salve unterſchiedliche hat / allein ſie wiſſen damit nicht umzugehen. Denn oͤffters haben ſie ſel - bige mit ins Feld genommen / auch einige Schuͤſſe daraus gethan / nachgehends aber dem Feinde uͤber - laſſen muͤſſen / wie es bey denen Commaniern zu ſehen geweſen; da denn diejenigen welche ſie bekommen / eben ſo unerfahren ſind / und alſo zu weiter nichts dieſen Koͤ - nigen dienen koͤnnen / als ein oder andern Ehren - Schuß daraus zu thun / demjenigen zu Liebe / vor wel - chen ſie einige Hochachtung haben.

Nunmehro wird es bald Zeit ſeyn / daß ich meinem Verſprechen nachkomme / welches im Anfang gegen - waͤrtigen Brieffes darinn beſtunde / daß ich eine aus - fuͤhrliche Beſchreibung von der Macht und Gewalt hieſiger Koͤnige hinzufuͤgen wolte.

Nun iſt dieſer ihr Anſehen ſehr ſchlecht / und nicht viel beſſer als eines Voigts im Dorff / wie ſie denn auch ſelbſt bey den Mohren in keinem hoͤheren Ruff ſeynd / auch vor dieſem ehe die Europaͤer ins Land ge -kom -229des Landes Gvinea. kommen / auch nicht anders als Capitains oder Ge - nerals genennet worden / mit dem Unterſcheid / daß der eine uͤber ein gantzes Land / der andre uͤber ein bloſſes Dorff herrſchen muſte. Nachdem wir aber mit ihnen eine Zeitlang umgegangen / haben ſie / oder vielmehr wir einen Koͤnig und Capitain daraus gemacht / doch aber den Nahmen von Ahin oder Ohin beybehalten / welches in unſer Sprach einen Capitain bezeichnet; wiewohl die Mohren hiemit einen ſolchen verſtehen / welcher uͤber ein Land / Dorff / oder Volck geſetzet iſt; indem ſie dieſen Nahmen auch unſeren Schiffs-Ca - pitains zueignen / ja ſelbſt unſern General-Dire - ctor, und Commendanten unſerer Veſtungen hie - mit belegen wuͤrden / im Fall ſie nicht den Unterſcheid von uns erlerneten.

Es muß aber ihr Koͤnig durch ſeine eigene Macht ſich bey ſeinem Anſehen ſuchen zu erhalten / dannenhero er auch ſo viel mehr geehret und gefuͤrchtet wird / je mehr Geld und Sclaven er hat; denn ohne dieſe wuͤrde er bey ſeinen Unterthanen wenig oder nichts gelten / ſon - dern dieſelbige bitten und bezahlen muͤſſen alles was er von ihnen verlanget. Jm Gegentheil aber wenn er mit Gluͤcks-Guͤtern reichlich verſehen / kan er auch grauſam und tyranniſch mit ſeinen Unterthanen um - gehen / indem er ſie mit harten und ſchweren Geld - Straffen vor ihr geringſtes Verbrechen zuͤchtiget / wie - wol nicht ohne Schein einiger Gerechtigkeit; denn wenn er jemanden ſchuldig findet / liefert er denſelbi - gen denen Caboceers uͤber / damit dieſe ihn verhoͤren / und erkennen was Rechtens / da denn dieſe wol wiſ - ſende wie ſie mit dem Koͤnige ſtehen / die That noch viel groͤſſer machen / und den Beſchuldigten zu har -P 3ter230Beſchreibungter Straffe verdammen / ſo daß der Koͤnig nicht miß - vergnuͤgt ſey.

Sonſten kan man ſie in ihren Reſidentzen von an - dren nicht fuͤglich unterſcheiden / indem ſie weder Wa - che vor ihrer Thuͤre noch viele Haus-Bediente halten; und wenn ſie heraus gehen in die Doͤrffer / haben ſie nicht mehr als zwey kleine Jungens hinter ſich / deren einer ihren Saͤbel / der andere einen Stuhl traͤget. Auf der Straſſe im begegnen / wird ihnen eben ſo we - nig Ehre erzeiget / als wir in unſerm Lande der gering - ſten Perſohn ſind gewohnet anzuthun / die man nicht wuͤrdig achtet mit einem Hut-abziehen zu begruͤſſen; ja nicht der Geringſte / ſo gar kein Sclave wuͤrde ihnen einen Fuß breit aus dem Wege gehen. Dafern aber ſie jemanden im andern Dorff beſuchen wollen / oder dergleichen Ehre von andern empfangen / wiſſen ſie ſo viel beſſer ihre Grandezza in acht zu nehmen; alsdenn nemlich werden ſie von vielem Gefolge begleitet / laſſen vor ſich einige Schilder her tragen / und uͤber dem Haupt einen Schirm / vermuthlich damit ihre zarte Haut von der Sonnen Hitze nicht ſchwartz werde. Jhre Weiber ſind ebenfals bey ſolcher Gelegenheit praͤchtig ausgezieret / und mit ungemeinem vielen Gold und Conte de Terra bedecket; in ihrem Dorff aber tragen dieſe ſowol als ihre Maͤnner gantz ſchlechte Klei - dung / ſo daß ſie von dem allergeringſten Sclaven in keinem Stuͤck zu unterſcheiden.

Ubrigens ſind dieſe Herren dermaſſen geitzig und begierig / daß ſie auch vom geringſten und unvermoͤ - genſten Menſchen die geringſte Beſchenckung anzu - nehmen kein Bedencken tragen wuͤrden. Dahero iſt ihre Kuͤche eben ſo ſchlecht beſtellet als eines geringenMoh -231des Landes Gvinea. Mohren / und ſind mit Oͤhle / Brodt und ſtinckendem Fiſch / nebſt einen Trunck Waſſer gleich jenen zufrie - den. Des Morgends trincken ſie etwas Brandtwein ſofern ſie ihn haben / des Nachmittags Palmenwein / und leben mit einem Wort nicht ein Haar beſſer als der geringſte unter ihren Unterthanen.

Wenn des Nachmittags der Palmenwein herbey gebracht / gehen ſie alleſamt nebſt ihren Sclaven als Bruͤder und Mitgeſellen auf den Marckt zu trincken / ſetzen ſich einjeder auf ſeinen Stuhl und machen eine Sauff-Compagnie, da ſie wichtig herumtrincken. So bald ſie nun beginnen truncken zu werden / und der erſte Durſt geloͤſchet iſt / trincken ſie auf Caboceers Art / welches ſo viel heiſſet: Die Calabaſſen oder ihre Trinck geſchirr halten ein Pintchen, ein Maaß oder auch bisweilen zwey Maaß / dieſe laſſen ſie entweder gantz oder halb voll ſchencken / ſetzen dieſelbe an / und laſſen mehr als zwey Drittheil laͤngſt den Bart vor - bey lauffen / ſo daß der Wein auf der Erde ſchwimmet / welches vor ein Zeichen einer groſſen Pracht bey ih - nen gehalten wird. Zwar wiſſen die Europaͤer die - ſes Kuͤnſtgen auch wol / wenn ſie wollen; alleine man wuͤrde bald zu kurtz kommen / wenn man lauter Rhein - oder Frantzwein darzu brauchen wolte / an ſtatt daß man vor zwey oder drey Guͤlden viel Palmenwein vergieſſen kan. Bey dieſer ihrer Verſammlung ſchwaͤtzen ſie wie die Elſtern / und hoͤret man nichts als ungeheuers Geſchrey unter ihnen. Doch muͤſſet ihr ja nicht dencken / als wenn hierunter auch ernſtliche Sachen mit unterlieffen / nein im geringſten nicht / ſon - dern lauter garſtige und unzuͤchtige Reden die ſie fuͤhren / auch ohngeachtet das Weibesvolck hiezu -P 4kommt232Beſchreibungkommt / darum ja nicht aufhoͤren / denn dieſe wiſſen im Gegentheil das Wort trefflich mit zu zugeben / und bisweilen mehr als die Maͤnner ſelbſt.

Wiewol nun auf beſagte Art die Koͤnige in veraͤcht - licher Gemeinſchafft leben mit ihren Sclaven / unter - laſſen ſie dennoch nicht dieſe um geringen Verbre - chens halber am Leben zu ſtraffen / und verſchonen auch keinen / er muͤſte denn bey ihnen ſelbſt oder dem Volck in groſſem Anſehen ſeyn / wie ich derer einige geſehen / welche mehr galten als die Koͤnige ſelbſt / denn weil ihnen ihre Herren das Regiment uͤber einiges Volck anvertrauen / handeln ſie ſehr ſtarck / und gewinnen mit der Zeit ſo viel Sclaven / daß ſie auch ſelbſt von dem Herrn gefuͤrchtet werden. Wannenhero ſie zuwei - len ſo vermeſſen ſeynd / daß ſie ſich wider ihn auffleh - nen / und im Koͤnigreich viel Unruhe verurſachen / die nicht eher ein Ende nimmt / bis der Koͤnig die Uhrhe - ber mit reichen Geſchencken befriediget.

Ubrigens gereichet es zu hieſigem Koͤniglichen ſon - derlichen intereſſe, wann andere Laͤnder / ſo im Krie - ge begriffen / ihn um Huͤlffe erſuchen / denn er laͤſſet ſich die wohl bezahlen / und behaͤlt das meiſte Geld vor ſich / ohne die wenigſte Sorge / ob der verſprochene Succurs zu rechter Zeit komme oder nicht / genung / daß er das Geld in Haͤnden hat; uͤbrigens fehlet es nimmer an Entſchuldigungen / welche ſo gekuͤnſtelt / und liſtig erſonnen / daß der Verſchlagenſte ſolte be - trogen werden / ohne den Betrug zu mercken. Noch beſſer iſts vor den Koͤnig / wenn er als Schiedes - Mann ſich gebrauchen laͤſſet / die ſtreitende Partheyen zu vergleichen / weil er alsdenn von beyden Theilen Heller ziehet / nnd aus dieſer Urſache laſſen die meiſtenunter233des Landes Gvinea. unter ihnen es zu keiner Endſchafft kommen / ſondern naͤhren die Streitigkeiten / ſo lange es immer muͤglich iſt / um ihren Beutel zu fuͤllen; Wiewol dieſes ihr be - ſtes Accidens iſt / indem ihre uͤbrige Einkuͤnffte nicht viel zu ſagen haben. Zwar haben ſie auf alle aus - und eingehende Waaren einen Zoll geleget / allein die Zoll - Bediente / als vornehme Leute / ziehen den beſten Vor - theil / und wiſſen es ſo einzurichten / daß der Koͤnig ſehr wenig davon einbekommt / kurtz / es muß ein Koͤ - nig ſeine Unterthanen entweder unſchuldiger Weiſe mit Geld-Straffen belegen / oder durch ſeine eigene Arbeit und Handlung mit Sclaven ſein Auskommen ſuchen / ſonſten / wo er wenig Sclaven hat / wird er ge - wiß uͤbel zu recht kommen / wie ich denn ſolche gekandt habe / in ſo groſſer Armuth / daß ſie nicht ſo viel Geld hatten / daß ſie einem ehrlichen Mann / der ſie beſu - chet / nicht einen Trunck Wein vorſetzen konten / viel - weniger ſo viel Glauben bey jemand hatten / der ihnen haͤtte ohne Geld laſſen etwas abfolgen. Jhr werdet demnach zur Gnuͤge vermuthlich aus bisherigem erſe - hen / wie groß das Anſehen eines hieſigen Koͤniges ſich erſtrecke / (der Herr Ooudin nennet ſie in ſeinem Mercurio Zaun-Koͤnige) und was ſie vor Pracht / ſo - wol in Anſehung ihrer eigenen Perſon / als ihrer Wei - ber und Sclaven fuͤhren. Laſſet uns nun ſehen / wie die Printzen und Printzeßinnen vom Koͤniglichen Ge - bluͤte ſich auffuͤhren; zuvor aber erinnert euch ohn Be - ſchwerde desjenigen / was ich oben von denen Kindern derer Mohren durchgehends gemeldet / denn gewiß nicht der allergeringſte Unterſcheid zu finden zwiſchen Koͤniglichen Printzen / und zwiſchen ihrer Untertha - nen Kindern. So bald jene was erwachſen / muͤſſenP 5ſie234Beſchreibungſie vor ihre Koſt arbeiten / entweder das Land bauen / oder Palmen-Wein verkauffen / welchen ſie unge - ſcheuet auf den Marckt feil tragen / oder auch ſonſt eine beliebige Lebens-Art und Profesſion erwaͤhlen: Jn - zwiſchen gelangen ſie zum Beſitz des vaͤterlichen Throns / ſo daß man ſich nicht zu verwundern hat / wenn man in den alten Hiſtorien lieſet / daß ein Baur - Hirte oder eines Toͤpffers Sohn / wie der Agathocles, ſey Koͤnig geworden / weil es hier zu Lande nichts un - gewoͤhnliches iſt / daß auch diejenige / ſo bey ihren jun - gen Jahren uns vor Knechte gedienet / zum oͤfftern den Koͤniglichen Thron beſteigen.

Nun koͤnnet ihr gar leicht die Rechnung machen / daß wir auf dieſe Koͤnige nicht viel geben / indem ſich der geringſte unter unſern Kaufſleuten dieſelbige Ehre will angethan wiſſen / die dem hier zu Lande groͤſſten Monarchen wiederfaͤhret. Und in Warheit ſo ſte - hen wir auch in groſſen Anſehen / inſonderheit unſer General Director, und die Raͤthe. Doch will ich hievon nichtes weiter melden / ſondern euch / dafern ihr ausfuͤhrlichere Nachricht davon verlanget / an den Hrn. Foqvenbrog verweiſen.

Was die Princeßinnen anbelanget / fuͤrchte ich / werdet ihr euch einbilden / als ſeyn dieſelbe zum Acker - und Land-Bau viel zu zaͤrtlich erzogen / allein weit ge - fehlet / indem ſie eben ſo wenig als die ſchlechtſte Baur - Magd davon ausgenommen. Doch iſt nicht zu leu - gnen / daß einige wegen allzuhohen Geiſtes dahin nicht zu bringen / daß ſie als Sclaven arbeiten ſollen / ſondern ein anderes beqvemeres Handwerck / obwol veraͤchtlich genug / erlernen. Sie heyrathen ſehr jung / da weder auf Geld noch ihr Herkommen geſehenwird235des Landes Gvinea. wird / ſondern einjeder nach eigenem Gefallen ſich eine Frau ausſuchet / ohne die Ungleichheit der Ehe in Be - dencken zu nehmen / ſo gar / daß auch des Koͤniges Tochter keinem Sclaven verſaget wuͤrde / wie denn dergleichen faſt taͤglich geſchiehet / und ſchickt ſich beſſer / als wenn des Koͤniges Sohn eines Sclaven Tochter heyrathete / indem nemlich die Kinder der Mutter fol - gen / und diejenige von eines Koͤniges Tochter mit ei - nem Sclaven gebohren / freye Leute bleiben / anſtatt daß jene / von des Koͤniges Sohn mit einer Sclavinn erzeuget / allezeit Sclaven bleiben.

Das iſt alſo die Beſchreibung des Koͤniglichen Hauſes / nun fehlet nichts als noch die Bediente / und zwar erſtlich der Braſſos, welcher auch Faͤhndrich ge - nennet wird / Saͤbel-Traͤger / Tié-tiés oder Ausruf - fer / und ihrer Weiber Wache / ohne die Trompeter / Trommelſchlaͤger und Zincken-Blaͤſer. Alle dieſe Bedienungen beſtehen hierinn; Von dem Braſſo habe ich allbereit oben erinnert / daß es eigentlich heiſſe ein Kriegsmann / und alſo ſeine Verrichtung im Kriege habe / dabey nichtes mehr an ihm erfordert wird / als ein tapferer Muth; Alsdenn kommen die Saͤbel-Traͤ - ger bis 3. oder 4. faſt auf die Art als ich mir einbilde / wie in alten Zeiten die Herolde geweſen ſeyn / denn dieſe zuweilen an fremden Hoͤfen auch als Ambaſſa - deurs gebrauchet werden / und folglich ihre Bedie - nung nicht zu verachten / ohnangeſehen daß dergleichen Ehre meiſtentheils denen Tié-tiés oder oͤffentlichen Ausruffern beygeleget werde. Dieſe nun werden von ihren Herrn hin und wieder verſchicket / wenn ſie von demſelbigen mit einer Muͤtze / als einem Frey-Paſ - ſe verſehen worden / dabey man ſie von andern unter -ſchei -236Beſchreibungſcheiden / und auf ihren Ruͤck - und Hin-Wegen un - geſtoͤhrt muß gehen laſſen / wenn es nemlich auf Be - fehl ihres Ober-Herrn geſchiehet / ſonſten wuͤrde man ſie gleich andern feſt ſetzen; koͤnnen demnach nicht un - billig vor Trommelſchlaͤget oder Trompeter angeſe - hen werden / derer man ſich in Krieges-Zeit bedienet. Jn jedem Dorff findet ſich ein oder zwey von ſolchen Leuten / damit ſelbige / wann etwas geſtohlen oder ver - lohren worden / oͤffentlich koͤnnen ausruffen / oder auch dem Volck alle Befehl der Obrigkeit andeuten; Uber - dem muͤſſen ſie auch bey Verſammlung des Raths / und vorgehender Verwirrung deren Stimmen laut ruffen: tié-tié, das iſt / ſtille / ſtille / dahero ſie auch ſo genannt werden. An ihrer Muͤtze / von einer ſchwartzen Affen-Haut mit Finger-langen Haaren / und den Elephanten Schwantz / den ſie in der Hand / um die Fliegen von ihrem Herrn ab zu wehren / bey ſich tragen / kan man ſelbige fuͤglich vor andern erkennen. Die vierte Reihe machet ihrer Weiber Wache / zu dem Ende geordnet / damit dieſe ihren Maͤnnern nicht un - treu werden / wie wol ſie ihr vertrautes Unterpfand ſelbſten wiſſen zu gebrauchen / wenn ſie einwenig ge - ſchickt und wohl ausſehen; Uberdem haben ſie den Schatz ihrer Ober-Herrn in Verwahrung / und wer - den dazu gehoͤrige Schluͤſſel auſſer dieſen keinem Men - ſchen in die Haͤnde gegeben / er mag auch ſeyn / wer er wolle; dahero auch eintzig und allein dieſe nach Able - ben des Koͤniges von ſeinen Guͤtern Rechnung uͤber - geben muͤſſen. Und hiemit habet ihr auch alle Bedie - nungen des Koͤniglichen Hauſes vernommen / bildet euch aber nicht ein / daß bloß denen Koͤnigen alſo auf - gewartet werde / mit nichten / denn diejenigen / welcheetwas237des Landes Gvinea. etwas vermoͤgend ſeyn / haben eben dieſe Bedienten um ſich / bisweilen auch mehr / wenn ſie viele Guͤter haben.

Jch will anitzo nicht hoffen / daß ihr euch uͤber die Kuͤrtze gegenwaͤrtigen Brieffes beklagẽ werdet / fuͤrchte aber vielmehr / es werde euch deſſen Laͤnge verdrießlich fallen / jedoch will ich mir einbilden / es werde die An - nehmlichkeit der darinnen voꝛgeſtellten Sachen meinen Fehler erſetzen / und euch den Verdruß benehmen / in - ſonderheit wenn ich ihn mit abermahliger Verſiche - rung endige / daß ich bin ꝛc.

Ende des eilfften Briefes.

Zwoͤlfftes Send-Schreiben.

Wie und auf was Art die Mohren einander eheligen / die Braut anſtatt des Braut-Schatzes nichts / und der Braͤu - tigam ſehr wenig bringe; Wie die Hoch - zeits-Koſten ſehr geringe; Wie ungemein viele Weiber ſie heyrathen; Worinnen ihre Arbeit beſtehe / und die Manier ih - re Zeit mit Muͤßiggang zu zubringen; Wie der Kauffleute ihre Frauen am gluͤck - lichſten ſeynd; Wie einige Maͤnner mit ihren Frauen handeln / ihre Weiber aber ſehr verſchlagen ſeynd; Wie hoch ſie an Gelde geſtraffet werden / wenn ſie eines andern Weib beſchlaffen / und mit wasUm -238BeſchreibungUmſtaͤnden dieſe Sache vor Gericht gefuͤh - ret wird; Wie unter Geehlichten keine Ge - meinſchafft der Guͤter / noch weniger eine Erb-Folge derſelben zwiſchen Mann oder Weib geduldet werde / ja ſelbſt die Kinder von ihren Eltern / weder Vater noch Mut - ter erben koͤnnen; Wie die Ehebrecher et - was tieffer im Lande viel haͤrter geſtraf - fet werden / da einjeder ſein eigen Rich - ter iſt; Wie es denen Weibern im gering - ſten nicht zugelaſſen / ihre Maͤnner Ehe - bruchs halber zu beſtraffen; Wie die ſchwangern Weiber ſehr geehret / und was laͤcherliche Ceremonien ſie brauchen / bey einer zum erſtenmahl geſchwaͤngerten Frauen; Was ſie den Kindern vor Nah - mens geben; Wie die Weiber im Lande Ante, welche 10. Kinder gehabt haben / ab - getheilet; Wie ſie die Kinder beſchneiden / und wo ſie dieſen Urſprung herleiten; Wie jung ſie einander heyrathen / und warum die Toͤchter am laͤngſten warten; Was vor eine groſſe Anzahl Weiber-Volck; Wie man die ungeheyrathete junge Maͤd - chen oͤffentlich ſchaͤndet / und gleichwol die - ſe / ſo lange ſie auſſerhalb dem Eheſtande leben / nicht den Nahmen geſchwaͤchter Weibes-Perſonen tragen / ohngeachtet ſie es doch wuͤrcklich ſeynd.

Mein239des Landes Gvinea.
Mein Herr!

NAchdem ich meinen letzten Brief vom an euch abgefertiget / habe ich ſeit dem nichts Neues von euch vernommen / ohngeachtet unterſchiedliche Schiffe alhier angelandet; Dannenhero weiß ich mich nicht zu finden / ob ich dieſes Stillſchweigen eurer Traͤgheit / vielen Verrichtungen oder auch einiger Unpaͤßligkeit zuſchreiben ſoll; das letztere will ich nicht hoffen / und das mittlere kan ich vor keine Entſchuldi - gung annehmen / alldieweil an einen guten Freund zu ſchreiben / allen andern Geſchaͤfften vorgezogen wer - den muß / dannenhero will ich bloß auf eure Nachlaͤſ - ſigkeit die Schuld legen / ſo lange bis ihr mit einem lan - gen Brief bisheriges Stillſchweigen erſetzet.

Jn meinem vorigen habe ich von lauter Kriegen und Blut-Vergieſſen gehandelt / dadurch die Zahl der Menſchen taͤglich abnimmt / anitzo will ich zeigen / auf was Art ſolch ein Verluſt wieder erſtattet werde / ver - mittelſt derer Heyrathen; dannenhero will ich alſobald von der Mohren ihrem Heyrathen / und was dieſem anhaͤngig iſt / den Anfang machen.

Es brauchen dieſelbige wenig Ceremonien, denn ſie wiſſen von keinem Vergleich oder Eh-Pacten zu machen / ſind auch wegen des Brautſchatzes niemahls ſtreitig; ſo daß wenn jemand Belieben hat dieſe oder jene Perſohn zu heyrahten / er weiter nichts noͤthig ha - be / als den Vater und Mutter nebſt einigen vornehm - ſten Anverwandten zu ſprechen / und bey dieſen um ihr Kind oder Gefreundten Anſuchung zu thun / da es ſehr ſelten zu abſchlaͤgiger Antwort kommet / inſonderheit wenn die geſuchte Perſohn vor ihren Anwerber einige Liebe zeiget.

Jſt240Beſchreibung.

Jſt nun dieſe albereit mannbahr / fuͤhret ſie der Braͤutigam alſofort mit ſich nach Hauſe / im Gegen - theil aber / wenn ſie die gehoͤrige Jahre noch nicht er - langet / muß ſie bey ihren Eltern einige Zeitlang ver - harren / wiewol die wenigſten aus nachfolgenden Ur - ſachen ſich hiezu verſtehen wollen. Die Braut brin - get nichts als ihren eigenen Leib / und der Braͤutigam hat auch keine groſſe Ausgaben noͤthig / es ſey denn die Hochzeit Koſten zu entrichten / welche auf weniges Gold / etwas Wein / Brantwein / ein Schaaff vor der Braut Eltern / und ein neues Kleid vor die Braut hinaus lauffen. Hieruͤber fuͤhret derſelbe nichts deſto - weniger genaue Rechnung / damit im Fall ſeine Frau ihm abtruͤnnig wuͤrde / er die Bezahlung ſeiner Unko - ſten fordern koͤnne / wozu denn bey ſolcher Gelegenheit die Eltern auff den letzten Heller zu bezahlen gehalten ſeyn; im Gegentheil aber wenn er ſeine Frau von ſich ſtieſſe / muͤſte er alles verliehren / es ſey denn daß er zu - laͤngliche Beweiß-Gruͤnde darthun koͤnne von Ver - ſtoſſung ſeiner Frauen / alsdenn ihm ebenfals die Be - zahlung nicht geweigert werden kan.

Ubrigens haben ſie nicht die geringſte Ergetzligkeit bey ihrer Verehligung / wird auch bey ihnen vor keinen Freuden - oder Feſt-Tag gehalten / ſondern der Braͤutigam laͤſſet einige Tage in ſchoͤnen Kleidern von Gold und anderm Schmuck ſich ſehen / welche ſie doch gemeiniglich entweder leihen / oder vor gewiſſes Geld dingen; eben als wenn man bey uns Leute ſiehet / wel - che bey gewiſſen Verſammlungen / Feſt-Tagen oder Leichbegaͤngniſſen in fremder und ihnen nicht zuſtaͤn - diger Kleidung ſich bruͤſten.

Die Zahl der Frauen anbelangend / koͤnnen ſie ſoviel241des Landes Gvinea. viel nehmen als ſie ſelbſt wollen / und ihr Vermoͤgen es zulaͤſſet; gleichwol haben ſie ſelten mehr als zwantzig / ſondern vergnuͤgen ſich mit 4. oder 5. zum hoͤchſten zehen / jedoch ſind einige die was ſonderlichs vor andern ſeyn wollen / welche zwantzig brauchen. Die meiſten nun von dieſen muͤſſen vor ihre Maͤnner Milhio Jam - mes, oder andre Sachen pflantzen / imgleichen wenn ſie nach Hauſe kommen den Tiſch bereit halten / damit ſie alſobald an das Eſſen gehen koͤnnen / wiewol dieſe gute Frauens-Leute ſehr gluͤcklich ſind / daß jene nem - lich die Maͤnner mit ſehr wenigem ſich abſpeiſen laſ - ſen. Die Maͤnner hergegen verderben ihre Zeit mit Palmenwein zu ſauffen / ſo die Frauens zum oͤfftern ſauer genung verdienen muͤſſen. Geringere aber als Fiſcher und Bauersleute welche den Wein bearbei - ten / und mit ihren Weibern gleiche Haus und Nah - rungs-Sorge tragen / der eine mit Fiſch-fangen / der andre mit Arbeits-Lohn / vor daß er ſich zum rudern verdungen / der dritte mit Palmenwein verkauffen / ſind die geruhigſte und gluͤckſeligſte Leute / ſo mit ihren Sachen am beſten zurecht kommen.

Andre hergegen etwas vermoͤgende und vor andern ſich hervor thuende halten zwey Frauen welche keine Arbeit thun doͤrffen / deren erſtere / als aͤlteſte und vor - nehmſte heiſſet die groſſe Frau / welcher ſowol die Haus - Sorge oblieget / als die Herrſchafft uͤber alle andre zuſtehet. Die zweyte iſt dem Goͤtzen gewidmet / und von dieſen Boſſum genennet / dahero ſie auch ſehr an - geſehen / auch erſchrecklich geeyfert wird / dafern die - ſelbige ein fremder in Unzucht erkennen ſolte / derge - ſtalt / daß wenn es in ihrer Macht ſtuͤnde / ſich an dem Verbrecher ſo empfindlich raͤchen wuͤrden / daß er esQdas242Beſchreibung. das zweyte mahl wol laſſen ſolte. Mit den uͤbrigen aber nehmen ſie es ſo gar genau nicht / wenn ſie nur Geld bekommen.

So ſind auch dieſe Boſſum, oder denen Goͤtzen geheiligte Frauen Sclaven Kinder / zu dem Ende einig von denſelben erkauffet worden / folglich alſo nicht die heßlichſten ſich einbilden / indem ſie auch nur ein - mahl in der Wochen / als an ihrem Gebuhrts-Tage / zum Beyſchlaff gefodert werden / aus welcher Urſach ſie ſich vor den uͤbrigen gluͤcklicher zu ſchaͤtzen haben.

Dennoch aber ſind die am allerbeſten daran / welche an einen oder andern wohlhabenden Kauffmann ver - heyrathet werden; angeſehen dieſe auſſerhalb Hauſes keine Arbeit thun doͤrffen / und von ihren Maͤnnern reichlich unterhalten werden.

Bisweilen giebet es ſolche verruchte und unver - ſchaͤmte Mohren / welche zu keinem andern Ende viele Weiber nehmen / als daß dieſe in lauter Fleiſches Up - pigkeiten leben moͤgen / und ſie alſo ſelbſt mit Hoͤrnern gezieret werden. Ja was noch mehr iſt / ſie geben ih - ren Weibern vollkommene Erlaubniß andre Leute zu verfuͤhren / doch ſo / daß die Maͤnner in Zeiten von ih - ren Weibern desfals benachrichtiget / ſo viel harter den unvorſichtigen Buhler ſtraffen und uͤberfallen koͤnnen. Jn Summa es iſt nicht zu beſchreiben / wie liſtig dergleichen Schelme ſind die Menſchen unſchul - dig zu uͤberſchnellen / inſonderheit Fremde / die ſie nicht kennen / wenn ſie nemlich als freye und ungeheyrathete Perſonen ſich ausgeben / alſobald aber bey Erhaltung ihres Zwecks / machen daß ſich ihr Mann einfindet / bey deſſen unmenſchlicher Grauſamkeit der einfaͤltige Tropff ſeine Thorheit zu ſpaͤte bereuen muß. Nochandre243des Landes Gvinea. andre / die nicht leugnen koͤnnen daß ſie verheyrahtet ſind / verſprechen und vermeſſen ſich / um die Leute ſo viel beſſer zu betriegen / daß ſie ihren Maͤnnern nicht ein Wort ſagen wollen / halten aber daſſelbige nicht anders als das Frauenzimmer durchgehends zu thun pfleget / ſondern offenbahren es ihren Maͤnnern / ſo bald ſie dieſelbe zu Geſicht bekommen / wuͤrden auch bey Verhaltung deſſelbigen hoͤchſt ungluͤckſelig ſeyn / wenn es der Mann von jemand fremdes zu hoͤren be - kaͤhme.

Der Ehebruch unter gemeinen Leuten / wird mit einer Geld-Straffe von 40. 50. oder 60. Gulden ge - buͤſſet / diejenige aber welche etwas mehr im Vermoͤ - gen haben / muͤſſen ungleich mehr erlegen / inſonderheit wenn der Mann von einer Ehebrecherin / gute Mittel oder guten Glauben hat / alsdenn muß er bisweilen mehr als zwey tauſend . ausbeuteln.

Jn Wahrheit mein Herr / ihr wuͤrdet ohnmoͤglich des Lachens euch enthalten koͤnnen / wenn ihr derglei - chen Sachen gerichtlich verhoͤren ſoltet. Meines Orts habe ich mehr als 100. mahl in ſolcher Gelegen - heit den Richter ſpielen muͤſſen. Nun wiſſet ihr wol daß der erſte Rechts-Grund ſey die That zu leugnen / ſo wiſſen die Mohren dieſes uͤberaus in acht zu nehmen / und ſagen alſofort nein / dergeſtalt daß man unter - ſchiedliche Beweiß-Gruͤnde zuſammen ſuchen muß ſel - bige zu uͤberfuͤhren / da die Frau in dem Rath erſchei - nen / und den gantzen Verlauff der Sache nach allen Umſtaͤnden erzehlen muß. Sind dieſes nicht ſehr er - bauliche Sachen vor ſolche anſehnliche Rahtsherren? Endlich kommt es auf einen Schwuhr / da denn der Beſchuldigte / im Fall er ſich zum ſchwehren willig er -Q[2]bietet244Beſchreibungbietet / unſchuldig erkannt / im Gegentheil aber verdam - met wird / wenn er ſich dazu nicht verſtehen will.

Es ſind oder leben auch Eheleute in keiner Gemein - ſchafft der Guͤter; ſondern einjeder iſt Meiſter uͤber das Seinige; und machen ſie wegen haͤuslichen Koſten ei - nen Vergleich mit einander / ſo daß der Mann insge - mein vor die Kleidung / die Frau aber vor die taͤgliche Nahrung ſorgen muß.

Sobald der Mann oder die Frau ableibig werden / kommen die naͤchſte Anverwandten alſobald und be - maͤchtigen ſich der Nachlaſſenſchafft / ohne daß der uͤberbliebene Theil den geringſten Genuß davon fo - dern darff / ohngeachtet derſelbe zur Beerdigung bis - weilen ein merckliches beygeſchoſſen.

Ohngeachtet derer vielen Weiber giebet es dennoch einige Kebsweiber / welche die Mohren zu ihrer Wol - luſt brauchen / und bisweilen mehr Lieb und Sorge vor dieſelbe tragen als vor ihre rechte Frauen; gleichwol ſind die davon gebohrne Kinder unrechtmaͤßige / auch unter die Zahl derer Gefreundten niemahls mitge - rechnet.

Wenn auch ein Mohr mit einer Sclavin / er habe ſie geheyrahtet oder nicht / ein Kind erzeuget / wird daſ - ſelbige nach des Vatern Tod vor einen Sclaven ge - rechnet / und muß ſolcher denen nachgelaſſenen vaͤterli - chen Erben dienen; daß dannenhero ein Mohr noch vor ſeinem Abſterben dergleichen Sclavin mit ihrem Kind frey erkennet / und Zeit ſeines Lebens die gehoͤrige Ceremonien desfals verrichtet / damit ſei - ne Gefreundte nach ſeinem Tode uͤber ſie nichts zu ge - bieten haben / ſondern als eine freye Perſohn anſehen muͤſſen. Diejenige aber ſo ſie mit ihren eigenen Wei -bern245des Landes Gvinea. bern erzeugen / ſind zwar rechtmaͤßige / gleichwol aber erben ſie nichts / weder vom Vater noch Mutter / es ſey denn in dem einigen Lande von Acra, alwo die Kin - der zur Erbſchafft gelaſſen werden. Sobald aber der Vater einiges Ehren-Amt beſitzet / und entweder Capitain von einem Dorff / oder gar Koͤnig iſt / erbet der aͤlteſte Sohn nicht mehr als ſeinen Schild und Saͤbel / ſo daß hie wenig zu ſtatten kommt / ob man ei - nen ſehr reichen Vater und Mutter habe / es ſey denn daß dieſe bey ihren Leben denen Kindern ein oder an - dres zuſtecken / welches doch was ſeltſames iſt / und uͤber - dem gantz heimlich geſchehen muß; denn dafern es die Anverwandten zu hoͤren bekaͤhmen / wuͤrde ſolches de - nen Kindern nach des Vatern Hintritt bis auff den letzten Heller abgefodert werden.

Mit der Erbſchafft gehet es wunderlich zu / und ſo viel ich verſtehen koͤnnen / auf folgende Weiſe. Des Brudern oder der Schweſter Kinder ſind die recht - maͤßige und allein zulaͤßliche Erben / fo daß der aͤlteſte Sohn in der Familie, ſeiner Mutter Brudern Gut erben muß / oder auch deſſen Sohns wenn er einen hat / und die aͤlteſte Tochter ihrer Mutter Schweſter Gut / oder auch deren Tochter wenn ſie eine hat / erblich neh - men muß. Die von Vatern Seite annoch lebende Freunde als der Vater / Bruder und Schweſter wer - den vor nichts gerechnet / und folglich zu keiner Erb - ſchafft gelaſſen. Nun wiſſen zwar die Mohren hie - von keine rechte Urſach zu geben / doch glaube ich ſelbige in Anſehung derer im weiblichem Geſchlechte vorge - henden Uppigkeiten eingefuͤhret zu ſeyn / wie denn die - jenigen ſo in Oſt-Jndien gereiſet ſind / zu berichten wiſ ſen / daß einige Koͤnige an ſtatt ihres eigenen Sohnes -Q 3ihre /246Beſchreibungihrer Schweſter Sohn zum Erben einſetzen; Weilen ſie verſichert ſeyn koͤnnen / daß der Schweſter Sohn aus ihrem Gebluͤt entſproſſen / von ihrem eigenen Kin - de aber ſolche Gewißheit nicht haben. Womit dieſe zu verhindern gedencken, daß die Krohne keiner fremden Familie zu Theilwerde; die Mohren aber / damit ihr Vermoͤgen in keine fremde Haͤnde gerahten moͤge. Weil aber Ehre allezeit vor dem Reichthum hergehen muß / finde ich derer Jndianiſchen Koͤnige Gewonheit beſſer als derer Mohren / zweiffle auch nicht ihr werdet mit mir einerley Meynung hegen.

Geſetzt daß nun dergleichen Erbnehmere nicht waͤren / ſo wird das Erbgut zwiſchen Bruder und Schweſter getheilet / und wenn auch dieſe nicht zuge - gen / ſo faͤllet es auf die naͤchſte Anverwandten muͤtter - licher Seiten. Allein die Geburts Linien ſind ſo durch einander verwirret / daß bis dato kein Europaͤer ſich gruͤndlich daraus vernehmen koͤnnen / glaube auch nicht / daß jemand von uns dazu gelangen werde / ohn - geachtet die Mohren ſo laͤuffig und verſchlagen darin - nen ſeynd / daß ſie ſich niemahls verſtoſſen. Dennoch entſtehen zum oͤfftern groſſe Sreitigkeiten wegen Erb - ſchafften / nicht ſowol wegen Unwiſſenheit der Mohren / als ob ſie nicht erkenneten welches die rechtmaͤßigen Erben ſeyn / ſondern weil diejenigen ſo die Gewalt in Haͤnden haben / einer Erbſchafft ſich anmaſſen / die ſie mit keinen Recht behaupten koͤnnen.

Jhre groͤſte Ehre beſtehet in Vielheit von Weibern / und ihr beſtes Vermoͤgen in groſſer Anzahl von Scla - ven / und gleichwol iſts zum oͤfftern ihr groͤſtes Ver - derben wenn ſie ihrer viele haben / angeſehen ſie vor ihre Sclaven ſtehen / und wenn ſie etwas verbrochen / alleGeld -247des Landes Gvinea. Geld-Straffen erlegen muͤſſen. Dannenhero alle - zeit die Anfoderung nicht an die Sclaven ſondern ihre Herren geſchiehet / als welche ſich muͤſſen gefallen laſ - ſen alles zu bezahlen was denen Sclaven zuerkannt worden.

So muͤſſen ſie auch vor ihre Kinder und Kindes Kinder / nebſt ihren naͤchſten Anverwandten Rede und Anwort geben / wiewol wegen der letzteren gemei - niglich alle Gefreundte zuſammen treten / und einje - der nach ſeinem Vermoͤgen etwas hinzu thut / damit dem Schuldigen in Ermangelung behoͤrigter Gelder das Leben nicht abgeſprochen / oder in die Sclaverey verdammet werde.

Sehet dieſes mag genung ſeyn von dem heyrahten derer hieſigen Mohren; anitzo wollen wir auch ſehen / wie es diejenige machen / welche mehr Landwertsein wohnen / und wie hart ſie die Ehebrecher beſtraffen / denn dieſe viel ernſtlicher und ſtrenger als andre damit umgehen / weil die Europaͤer uͤber ſie nichts zu gebie - ten haben.

So iſt demnach nichts ungewoͤhnliches / wenn ein Ehebrecher gaͤntzlich verdorben und auſſer alle Spruͤn - ge geſetzet wird / ſo daß auch ſeine Freunde mit darun - ter leiden muͤſſen; denn wenn es ein bemittelter Mann iſt deſſen Frau geſchaͤndet / laͤſſet ſich derſelbige nicht ge - nuͤgen / wenn er den Thaͤter um alles Seinige bringet / ſondern hoͤret nicht eher auf / bis er ihm das Leben ge - nommen. Jſt auch der Thaͤter ein Sclave / ſo kan er dem Tod nicht entgehen / ſondern muß den aller - ſchmertzlichſten und allergrauſamſten Todt ausſtehen / ohne was noch der Herr an Geld vor dergleichen Verbrechen bezahlen muß. Und wie die MaͤnnerQ 4mit248Beſchreibungmit ihren Frauen nicht handeln / ſo ſtehet eine Frau im Ehebruch befunden in groſſer Gefahr des Lebens / wenn nicht der Mann mit groſſen Geld-Summen von ih - ren Gefreundeten befriediget wird.

Jn ſolchen Faͤllen iſt gemeiniglich ein Mohr der etwas guͤltig / ſein eigener Richter / und wenn er ſich zu ſchwach dazu befindet / ſpricht er ſeine Freunde um Huͤlffe an / welche dieſelbe ihm nicht verſagen / in An - ſehung des daraus erfolgenden Gewinſtes. Dieje - nige aber welche tieffer im Lande wohnen / ſind ungleich vermoͤgend und beguͤterter als hieſige / ſo wird auch bey jenen der Ehebruch viel harter geſtraffet / wie ich mir denn habe ſagen laſſen / daß einige bis 50. tauſend . vor begangenen Ehebruch Straffe haben geben muͤſſen. Und wuͤrde man auſſer halb Acra, Apam und Cormantin keinen einigen Ort finden da die reichſten Kauffleute / ja der Koͤnig ſelbſt ſolche hohe Straffe er - tragen koͤnnten / im Fall ſie in Ehebruch verfallen waͤ - ren; ausgenommen den Koͤnig von Aqvamboe, und den zu Acrom (wie die Rede iſt /) daß dieſe beyde mehr Geld und Reichthuͤmer beſitzen als alle andre. Ob nun wol die Straffe ſo hoch iſt / welcher die Ehebrecher ſowol als Ehebrecherinnen unterworffen / koͤnnen es dennoch der meiſte Theil von Frauensleuten nicht laſ - ſen; was aber die Maͤnner angehet / muͤſſen ſie aus Furcht fuͤr der Straffe ſich etwas entziehen. Wie - wol die Frauensleute unterſchiedliche liſtige Mittel er - ſonnen haben dieſelbige in ihre Stricke zu fangen: in - dem ſie nemlich die Zeit in acht nehmen / wenn ein jun - ger Mann alleine iſt / alsdenn ziehen ſie ſich nackend aus / und ſtellen ſich ſolcher geſtalt dar / mit vielem Ver - meſſen / dafern er nicht in ihr unziemendes Begehrenwil -249des Landes Gvinea. willigen wuͤrde / wolte ſie es ihrem Manne angeben / als waͤre ſie von ihm zum Ehebruch verleitet worden. Ge - ſetzt daß nun ein ſolcher Mann keuſcher und zuͤchtiger waͤre als der Joſeph / wuͤrde es dennoch nicht helffen / ſondern genung ſeyn / wenn man ihn auf ſolche Art bey einer entkleideten Frauen finden wuͤrde / da ihm ohn - geachtet aller ſeiner Vertheidigung kein Glauben / ſon - dern der Frauen allein beygemeſſen wird; wie ich denn ſolcher Exempel unterſchiedliche geſehen und mit Ver - wunderung erlernet / was bey ſolcher Gelegenheit eine Frau ausrichten koͤnne.

Noch andre practiciren ſich heimlich ins Bette eines jungen Mannes / und bedrohen denſelbigen wenn er erwachet / ein groſſes Geſchrey zu machen / und die gantze Nachbarſchafft herbey zu ruffen / da er dem Tode nicht entgehen wuͤrde. Sehet wie dieſe GOt - tes vergeſſene Leute ihre viehiſche Begierden ſtillen / und wie diejenigen Manns-Perſonen denen ſolches Un - gluͤck begegnet / hoͤchſtens zu beklagen ſeyn.

Unſtreitig wahr iſt es / daß Eyfferſucht und Liebe allezeit beyſammen / denn dieſe ſo genau mit einander verbunden / daß ohnangeſehen ihrer widrigen Wuͤr - ckungen / ſie dennoch nicht getrennet werden koͤnnen. Wie eyfferſuͤchtig auch der Mohren ihre Weiber ſind / doͤrffen ſie dennoch nichts ihren Maͤnnern vor - werffen / wenn dieſelbige mit andern Frauensleuten etwas zu thun gehabt / ſondern muͤſſen bemuͤhet ſeyn mit guten Worten und Gelindigkeit ſie davon abzu - bringen; die einige Alt-Frau / ſo Muliere grande oder groſſe Frau genennet wird / hat etwas Freyheit wider ihren Mann zu zuͤrnen / ſelbſt auch zu bedrohen / ſie wolle ihn verlaſſen / daferne er von ſeinem gottloſen Le -Q 5ben250Beſchreibungben nicht abſtehen wuͤrde / doch muß dieſes nur bey gu - ter Stunde geſchehen / ſonſten wuͤrde auch derſelbe auf ihre Plaudereyen und Geſchwaͤtze nicht viel geben.

Ehe ich aber weiter gehe / muß ich nicht vergeſſen zu ſagen / daß ich dieſe Beſchreibung der entferneten Mohren / nicht aus eigener Erfahrung habe / indem ich perſoͤnlich niemahls da geweſen / ſondern alles von de - nen daher kommenden Landes Einwohnern mir erzeh - len laſſen / denen wie in allem andern / auch hierinnen vollkommener Glaube beyzumeſſen.

Es muͤſſen auch die Weiber ihren Maͤnnern un - terſchiedliche Hoͤfligkeiten und Liebes-Dienſte anthun wenn ſie dieſer ihre Liebe gewinnen wollen / zumahlen ſie ihren Maͤnnern unterworffen. Wiewol die Maͤn - ner insgemein allen Streit zu vermeiden / ihre Gegen - Liebe unter ihre Weiber vertheilen / ſo daß eine jede die Reihe einmahl trifft und deren Liebe genieſſet.

Geſchiehet es daß ſie ſchwanger wird / thut ihr der Mann viel Ehre an / und wenn es das erſtemahl iſt / werden den Goͤtzen reiche Opffer-Gaben dargegeben / damit ſie ein gluͤckliches Kind-Bette halten moͤge. Die hiebey gewoͤhnlichen Ceremonien ſind ſehr laͤcher - lich. Sobald ſich gnugſame Zeichen ihrer Schwan - gerſchafft finden / wird ſie an das Meer gebracht und gewaſchen / da ihr laͤngſt den Weg eine ungemeine An - zahl junger Leute beyderley Geſchlechts folgen / welche ſie beunreinigen und allerhand Miſt auf ſie zu werffen / ſo lange bis ſie dem Strande genaͤhert / ins Meer ge - tuncket und rein gewaſchen iſt. Was hievon die Ur - ſache ſey kan ich nicht wiſſen / ausgenommen daß die Mohren ſagen wollen / im Fall ſie dergleichen nicht thaͤten / muͤſſe entweder die Mutter oder Kind / oderauch251des Landes Gvinea. auch der naͤchſten Anverwandten einer in kurtzer Zeit ſterben.

Sobald nun das Kind zur Welt gebohren / und von dem Prieſter geheiliget / und der Teuffel ausgebannet iſt / bekommt daſſelbe fals es vornehmen Eltern zuge - hoͤret / drey unterſchiedliche Nahmen / (wiewol nur ei - ner gebrauchet wird) erſtlich von dem Tage in der Wochen an welchem es gebohren / zweytens ſofern es ein Knaͤblein / von ſeinen zwey Großvaͤtern / das Maͤgd - lein aber von ihren zwey Großmuͤttern. Jedoch neh - men es die Mohren ſo genau nicht; indem auch Eltern ſind die ihre Kinder nach ihrem eigenen Nahmen / oder nach jemanden aus der Freundſchafft benennen laſ - ſen. Nachgehend nehmen mit den Jahren auch die Nahmen zu / haͤlt ſich jemand wohl im Kriege / bekommt er noch einen Ehren-Nahmen / der mit ſeinen Helden - thaten uͤbereinkommt / ſchlaͤgt jemand einen groſſen maͤchtigen Feind darnieder / faͤllet jemand ein wildes Thier / ſo hat er allemahl einen neuen Nahmen zu hof - fen. Jn Summa ich wuͤrde kein Ende finden / wenn ich alle ihre Nahmen erzehlen ſolte / es mag dieſes ge - nung ſeyn / wenn ich ſage einige zu kennen / welche mehr als zwantzig haben. Wenn nun ſolch ein Mohr ſich in einer Geſellſchafft bey dem Palmenwein einfindet / werden alſobald einiger von denen voꝛnehmſten / und ſei - ner liebſten Nahmen Meldung gethan / um jenem eine Ehre zu beweiſen. Doch werden ſie nur bey ihrem Geburts-Nahmen angeredet / wiewol auch einige nach der Zahl derer Kinder ſo ihre Mutter gehabt hat / zum Exempel das achte / das neunte / das zehnte Kind be - namſet werden / doch muß die Mutter zum wenigſten 6. oder ſieben gehabt haben.

Wenn252Beſchreibung

Wenn eine Frau im Lande von Ante zehen Kinder gehabt / wird dieſelbige von ihrem Mann getrennet / und muß ein gantzes Jahr in einer kleinen Huͤtte woh - nen / da ihr alles zum Unterhalt noͤthig gereichet wird; nach Verlauff eines Jahres / und wenn die gewoͤhnli - che Ceremonien verichtet / gehet ſie wieder nach Hauſe / und lebet mit ihrem Mann wie vor dieſem. Jch weiß nicht ob noch mehr Laͤnder ſeyn da dieſes uͤblich iſt / noch weniger andre Urſachen davon zu geben / als den groſ - ſen Aberglauben / vermittelſt welchem ſie glauben / ein groſſes Ungluͤck von ſich abzuwenden / daß ihnen ſonſten gewißlich begegnen wuͤrde.

Wenn auch eine Frau ihre monatliche Zeit bekom - met / muß ſie nicht nur bey den Mann / ſondern auch in keines Menſchen Haus kommen / zum wenigſten die Nacht darinn zu bleiben. Dannenhero dieſelbige an gewiſſen Oͤrten in einer kleinen Huͤtten zu naͤchſt ih - res Mannes oder Vatern Haus ſich ſo lange aufhal - ten muß. Die Kinder werden auch nicht beſchnitten / ausgenommen die zu Acra, und weiß ich nicht / wo dieſe Leute an die Beſchneidung und an andre Gebraͤuche bey ihren Weibern kommen. Von denen Juden iſts nicht wol zu glauben / daß ſie ſo weit ſolle hergeholet ſeyn / wiewol dieſes von Europaͤern behauptet / und zum Beweiß-Grunde deſſen / angefuͤhret wird / daß un - ter den Mohren viele Geſetze ſich finden / welche mit den Juden eine groſſe Verwandſchafft haben / als nem - lich itzt beſagte Beſchneidung derer Kinder / und bey ihren Frauen gewoͤhnliche Ceremonien / die den Mon - den erzeigte Ehre / wornach die Juden ihre Feſt-Tage einrichteten / des Brudern Weib nach deſſen Tode zu heyrathen und andre Sachen mehr / inſonderheit diemit253des Landes Gvinea. mit denen Juͤdiſchen ſehr gleich lautende Nahmen; indem noch viele von dieſen im alten Teſtament befind - lich ſeynd. Allein dem allen ohngeachtet glaube ich vielmehr daß ſie dieſe Ceremonien von denen Maho - metanern erlernet / (deren Religion ein rechtes Miſchmaſch iſt / der Chriſtlichen / Juͤdiſchen und Heyd - niſchen /) und ein Land dem andern etwas davon mitge - theilet habe / inſonderheit weil die von Ardra und Fida ſehr weit ins Land und bis in die Barbarey / ja wer weiß nicht gar in Mauritanien herein ihre Handlung trei - ben. Wenn dem alſo / iſt gar leicht zu glauben / daß ſie von jener ihrer Religion etwas an ſich behalten / und alſo in hieſiges Land eingefuͤhret.

Es finden ſich ihrer viele unter beyderley Geſchlecht / welche eine Zeitlang warten / ehe ſie ſich verheyrathen / und ſonderlich unter den Frauensleuten; dennoch aber ſterben ſehr wenig Mohren ungeheyrahtet / es ſey denn daß ſie in ihrer Jugend ableibig werden. Denn ſo bald ſie die Hochzeits Koſten bezahlen koͤnnen / muͤſſen ſie Weiber haben / und weil dieſes ein weniges iſt / ver - ehligen ſie ſich ſehr jung; ja man ſiehet reicher Leute Kinder verheyrahten / ehe ſie noch wiſſen was eine Frau iſt. Und wenn einige Familien ſich mit einander ſo viel genauer verbinden wollen / verehligen ſie ihre Kin - der ſo bald ſie gebohren worden / und beſtehet die gantze Ceremonie darinnen / daß die Eltern es einander feſte zuſagen.

Daß aber die Maͤgdelein nicht ſobald ſich verloben als die Junggeſellen / ſind inſonderheit zwey Urſachen; die erſte iſt dieſe / weil ſie ein ſo wolluͤſtiges Leben mehr lieben als den Eheſtandt; und zweytens / weil eine groſſe Anzahl und ungleich mehr Weibes als Mannsleuteſeynd /254Beſchreibungſeynd / ſo daß jene genoͤthiget zu warten / bis jemand nach ſie zufragen kommt. Wiewol ſie ſolches nicht hart ankommt / indem ſie bey ihrer uͤppigen Lebens-Art ei - nes Ehe-Mannes wol entohniget ſeyn koͤnnen / und wenn ſie lange Jahre in ſolchem Muhtwillen zuge - bracht / eben wie zuvor geachtet / und endlich noch an den Mann kommen.

Uberdem finden ſich in Egvira, Abocroe, Anco - ber, Axim, Ante und Adom noch andre Weiber / die ihre gantze Lebens-Zeit ohne Ehmann zubringen / und deswegen oͤffentliche Huren oder Geſchaͤndete be - nennet werden; auch welches ſchrecklich iſt / oͤffentlich mit gewiſſen Ceremonien in ſolches Handwerck einge - fuͤhret werden / die mir die Schamhafftigkeit anzufuͤh - ren nicht erlaubet.

Jn einem jeden Dorff finden ſich 3. oder 4. ſolcher Huren; welche den gemachten Gewinſt ihrem Herrn einhaͤndigen / und von demſelben hingegen mit Nah - rung und uͤbrigen noͤthigen Unterhalt verſorget werdẽ.

Geſchiehet es daß ſelbige in eine ſchaͤndliche Kranck - heit wie ſolches nicht anders ſeyn kan / verfallen / ſind ſie ſehr elende dran; indem ſie alle Menſchen verlaſſen / ja ſelbſt von ihrem Herrn ſobald ihr Gewinſt aufhoͤret / keiner Huͤlffe ſich zu getroͤſten haben. So lange ſie aber geſund bleiben / werden ſie hoch geachtet / und koͤnnte einem Dorff kein groͤſſerer Verdruß wiederfahren / als wenn man dieſe feſtſetzete. Dannenhero der Kauff - mann zu Axim ſobald er mit ſeinen unter ihm ſtehen - den Mohren in Uneinigkeit geraͤhtet / weiß er dieſelbe nicht beſſer zu zwingen / als wenn er dieſe Leute in die Veſtung bringen laͤſſet. Alsdenn gehen die Mance - ros alſofort zu den Caboceern um ſie zu bereden manſolle255des Landes Gvinea. ſolle doch den Kauffmann zufrieden ſtellen / damit ſie nur ihre Huren wieder in Freyheit haͤtten. Wie ich dieſes ſelbſt erfahren / als ich einſten fuͤnff oder ſechs Caboceers, und ein anders mahl zwey oder drey obbe - nannter Weibesleute feſt nehmen lieſſe; da fand ſich keiner der denen erſteren das Wort redete / auſſerhalb ihren Anverwandten; vor die letztere aber kam das gan - tze Dorff in Auffruhr / und that vor deren ihre Freyheit Vorſprach.

Jm Lande Commani, Elmina, Fetu, Saboe und Fantin giebet es keine ſolche oͤffentliche Huren / wiewol an geſchaͤndeten Perſohnen kein Mangel / auch kein anderer Unterſcheid unter dieſen zu finden / als daß ſie nur den bloſſen Nahmen nicht haben wie jene / ob ſie gleich dem Leben nach eines ſeynd. Jm Gegentheil iſt im Lande Fida und Ardra eine groſſe Anzahl ſol - cher Weiber / welche faſt vor nichts dem erſt ankom - menden zu Willen leben / endlich aber in dem groͤſten Elende ſterben / und ihre verdammliche Lebens-Art nach wol verdienter zeitlichen Straffe beſchlieſſen.

Jch will hiebey ſtille ſtehen / in Hoffnung ihr wer - det meine itzige Schreib-Art nicht uͤbel deuten / derer ich mich bey dieſer ungeziemenden Materie bedienet / es iſt alles zur Kurtzweile geſchehen / weil mir euer Gemuͤth bekannt iſt / dannenhero erwarte ich in er - folgender Anwort euer gutheiſſen und billigen / der ich bleibe ꝛc.

Ende des zwoͤlfften Briefes.
Drey -256Beſchreibung

Dreyzehendes Send - Schreiben.

Von der Art und Weiſe derer Moh - ren wie ſie ſich bey einem Krancken betra - gen / wie und warum dieſelbige uͤber die ge - brauchte Artzneyen / noch unterſchiedliche Opffer vor den Krancken anſtellen / wie er - kenntlich ſie ſeynd gegen den Artzt nach er - haltener Geſundheit; wie ſie offt ihre Aertz - te veraͤndern / und neue Opffer-Gaben dar - reichen; wie auch die Haus-Genoſſen derer Weiſſen vor ihre Herren zu reichen pflegen; imgleichen die Mulaten vor ihre Ehe-Maͤn - ner; wie ſolches von einigen Europaͤern gut befunden. Was und wie ſie ihre Artz - neyen brauchen / welche der Kranckheit gaͤntzlich ſcheinen zuwider zu ſeyn / und den - noch gemeiniglich dieſelbige zu heben pfle - gen; was ihre Kraͤuter vor groſſe Krafft in Leibes Kranckheiten / und auch aͤuſſerlichen Wunden haben; wie ſie die Urſache des To - des unterſuchen / und was daruͤber einem von des Autoris Hausgenoſſen begegnet ſey; was ſie vor Fragen thun / an den Goͤ - tzen ſowol als an den Todten / mit der dar - auf erfolgenden Antwort; wie einige Au - tores wiederleget werden / welche behaup -ten257des Landes Gvinea. ten wollen / daß die Mohren bey dem Teuf - fel ſich Rahts erholen; wie ſie den Todten fragen; die Frauen ſich uͤber das gantze Haupt ſcheren laſſen / und uͤber das Abſter - ben ihrer Maͤnner groſſes Lermen machen / den todten Leichnam reinigen und ihr Leid - weſen bezeugen / wenn ſie den Verſtorbenen mit Geſchencken / Kleidung und andrem Zierath beſchweren; wie ſie ihre Todten be - graben / und mit was groſſer Pracht die Vornehmſten im Lande zur Erde beſtaͤtiget werden; wie ſie den Coͤrper unterſchiedli - che Monat uͤber der Erde ſtehen laſſen / ohne daß er anfange zu ſtincken; wie einige Men - ſchen aus Liebe zu dem Verſtorbenen und mit was Grauſamkeit aufgeopffert wer - den / davon der Autor traurige Exempel geſehen / wie ſie gewiſſe Art von Haͤuſern oberhalb das Grab aufbauen / und einige ſo hieruͤber geſchrieben wiederleget werden; wie das Jahr hernach eine Leichbegaͤngniß gehalten werde; und wie endlich die Moh - ren ſehr gerne in ihrem Vaterland begra - ben ſeyn wollen / oder zum wenigſten ihre Gebeine dahin gebracht werden / und auf was Art ſolches geſchehe.

Mein Herr!

SEit meinem letzteren Brief welchen ich ohngefehr vor einem Monat an euch geſchrieben / habe ich dasRGluͤck258BeſchreibungGluͤck gehabt den eurigen vom 25. zu empfangen darinnen ihr mit einer ſonderlichen Zierligkeit und Ge - ſchickligkeit / meinen juͤngſtens uͤber euch gemachten Klagen ſo artig zuvorkommt / daß ich zum hoͤchſten dar - uͤber vergnuͤgt keine weitere Entſchuldigung oder Rechtfertigung eurer Nachlaͤßigkeit verlange / ſon - dern vielmehr mit Freuden vernehme / daß ihr und eure Jungfrau Braut in noch unveraͤnderter Geſundheit lebet / vor deren Wohlſeyn zu ſorgen mir lange Jahre eine Ehre gemachet.

Unter andern meldet ihr / daß ihr meinen Brieff empfangen vom und darinnen nebſtuͤbrigen vie - ren die vollkommene Eintheilung dieſes Landes erſehen. Jch bin deswegen von Hertzen erfreuet / daß ihr uͤber die gegebene Nachricht von unſerer Handlung nicht mißvergnuͤgt ſeyd / und dieſes um ſo viel mehr je naͤher und genauer ihr in eurer Meynung mit mir uͤberein - kommt. Anbey bin ich hoͤchſt verpflichtet vor euer ge - leiſtetes Verſprechen / da ihr meine vorabgefaßte Ge - dancken von Herſtellung unſerer Handlung bey gewiſ - ſer Zeit und Gelegenheit eroͤffnen wollet / wuͤnſche nichts mehr in Abſicht dieſer Sache / als daß ihr die dazu beſtellte Herren und dero Gemuͤther ſo aufgeraͤu - met finden moͤget / daß ſelbige in euer Anbringen und Vortrag willigen / und nachgehends ein zulaͤngliches Mittel erſinnen moͤgen / um der Compagnie ihr Be - ſtes ſuchen und befordern zu koͤnnen.

Ubrigens finde ich gar nicht fremd daß ihr euch uͤber hieſiges Regiment verwundert / zweiffle auch nicht / es werden alle diejenigen welchen es zu Ohren kommt / in Anſehung hieſiger Unordnung / eben ſo geſinnet ſeyn. Jch lobe desfals euer Vornehmen / in Hoffnung dieSache259des Landes Gvinea. Sache werde einen guten Ausgang gewinnen; ſolte aber das Gegentheil ſich eraͤugnen / wuͤrde es mich un - gemein verdrieſſen / nicht ſowol weil ich zuerſt den Vor - ſchlag an euch gethan / ſondern fuͤrnemlich weil ihr eure Muͤhe vergeblich angewendet haͤttet; dannenhero will ich das beſte hoffen / und einen gluͤcklichen Ausgang eheſtens von euch zu vernehmen mich getroͤſten.

Ohne meine allbereit erhaltene Briefe / habe ich noch fuͤnff an euch abgefertiget / folgenden Jnhalts; der erſte handelt von der ungeſunden Lufft im Lande / und was davon meines Erachtens die Urſache ſey. Der zweyte erzehlet weitlaͤufftig der Einwohner Sitten und Gebraͤuche. Der dritte begreifft ihren Gottes - Dienſt. Der vierte enthaͤlt ihr Regiment / ihre Kriege und Gewalt ihrer Koͤnige. Der fuͤnffte und letztere er - klaͤret ihre Ceremonien im heyrahten und was dieſem anhaͤngig. Jch zweiffle nicht / ihr werdet albereit einige hievon empfangen haben / und die uͤbrigẽ alle zu rechter Zeit euch ebenfals eingehaͤndiget werden / doch koͤnte es gar leichte geſchehen ſeyn / daß ein oder anderer nicht zu recht gekommen waͤre / darum habe ich in gegenwaͤr - tigem alles vorgemeldete zuſammen gezogen / und gleichſam einen Auszug gemachet.

Wie nun das Ende aller auf der Welt lebenden Menſchen der Tod iſt / ſo will ich hiemit die Beſchrei - bung hieſiges Landes ſchlieſſen / und zwar mit moͤgli - cher Kuͤrtze und wenigen Worten; nach deſſen Vol - lendung ihr nicht mehr als noch drey Briefe von mir zu gewarten habet / deren erſte von denen hie befindli - chen vierfuͤßigen Thieren / ſo wilden als zahmen / der andere von Vogeln / Gewuͤrmen / Ungeziefer und Fi - ſchen. Der dritte von den Baͤumen und ihren Fruͤch -R 2ten /260Beſchreibungten / imgleichen vom Korn und andern Land-Fruͤchten handeln ſoll; ſo daß ich alles was zu einiger Ergetzlich - keit vor euch dienen kan / und mir beyfallen will / hinzu zu ſetzen nicht nachlaſſen werde.

Um von dieſem Vornehmen ſo viel beſſeren Anfang zu machen / laſſet uns mit wenigem ſehen / was die Moh - ren bey Kranckheiten / Abſterben / und Beerdigung fuͤr Ceremonien brauchen. Faͤllet demnach jemand un - ter ihnen in eine Kranckheit / wird er von ſeinen An - verwandten ſorgfaͤltig in acht genommen und aufge - wartet / ſo viel ſein Zuſtand und Vermoͤgen es zulaſſen wollen; denn (wie oben albereit erinnert) ſcheuen die Mohren den Todt ungemein ſehr / und haben ſo groß Ungleich nicht / wohl wiſſende / daß man nur einmahl ſterben darff / um ewig vergeſſen zu ſeyn / dahero ſie alle erſinnliche / und nach ihrer Meynung zu Verlaͤnge - rung des Lebens bequemeſte Huͤlffs-Mittel gebrauchen; glaube auch feſtiglich / im Fall bey ihnen ſowol als bey den Griechen die Parcæ bekandt geweſen waͤren / haͤtte man ſie vor die vornehmſte Goͤttinnen angenommen / und den meiſten Theil derer Opffer-Gaben denenſel - ben zugewidmet.

Erſtens nehmen ſie in ihrer Kranckheit wie uͤberall gebraͤuchlich / etwas Artzney / wiewol ſie ſchlechtes Ver - trauen haben hiedurch ihr Leben zu verlaͤngern oder ihre Geſundheit zu erhalten; wenn ſie nicht weit kraͤffti - gere Mittel / wie ſie ſolche davor halten / ſich von ihren abgoͤttiſchen Ceremonien verſpraͤchen; wozu ſie alſo - bald ihre Zuflucht nehmen / und weil insgemein der Feticheer oder Prediger zugleich auch ihr Medicus iſt; ſo faͤllet dieſem es nicht ſchwer die Angehoͤrigen des Krancken zu uͤberreden / man koͤnne dem Krancken nichtbeſſer261des Landes Gvinea. beſſer zu Huͤlffe kommen / oder zu ſeiner vorigen Ge - ſundheit verhelffen / als wenn in ſeinem Nahmen dem Goͤtzen ein Verſoͤhnungs-Opffer dargereichet wuͤr - de; alſobald ſind ſie damit fertig / weil ſie ohne dem ſehr viel darauf halten / und bitten den Feticheer, er wolle nur den Goͤtzen fragen womiti hm am meiſten gedienet waͤre. Da denn dieſer leicht zu erbitten iſt / weil es ſei - nen Nutzen und Beſtes betrifft / faͤnget darauf alſobald ſeine Betriegereyen an / und befiehlet nachgehends de - nen Gefreundeten entweder ein Schaaff / Schwein / Huͤhner / Hunde oder Katzen / oder was ihm ſonſt in den Sinn kommt / bisweilen Gold / Kleider / gebrannte Waſſer und dergleichen mehr zu opffern; worinnen er ſich nach dem Vermoͤgen des Krancken ſchon weiß zu richten und in acht zu nehmen; denn ſie gleichwol noch ſo viel Unterſcheid brauchen / und uͤberlegen ob das Ver - moͤgen des Bettlaͤgerigen zulaͤnglich genung ſeye zu dieſen oder jenen Unkoſten / auch nicht ſo unverſchaͤmt ſeyn wie die Papiſtiſchen Pfaffen / welche zuweilen ihre Zuhoͤrer gaͤntzlich entkraͤfften / und um ihre Guͤter bringen / wenn ſie eine Meſſe wollen geleſen haben.

So bringen dann die Mohren gutwillig hin / was ihnen der Prediger gebeut / zu ſeinem eigenen groͤſten Vortheil. Geſchiehet es daß in Kurtzem der Krancke zu recht kommet / entweder vermittelſt gebrauchter Artz - neyen / oder auch ſeinerſtarcken Natur / ſo wird der Me - dicus oder Prediger reichlich bezahlet; denn hierinnen ſind die Mohren nicht ſo filtzig und undanckbahr wie ſie Herr Focqvenbrog ſehr kuͤnſtlich weiß zu beſchuldi - gen / daß ſie nach erhaltener Geſundheit ihren Medi - cum wie den Teuffel haſſen; im Gegentheil kan manR 3mit262Beſchreibungmit gutem Fug ſagen / daß ſie bey erhaltener Lei - bes Geſundheit ſelbigen Himmel-hoch erheben.

Dafern aber die Kranckheit gar nicht nachlaͤſſet / oder von neuen wieder zunimmet / wird abermahls ge - opffert / und zwar weit koͤſtlicher als zuvor / ſo lange bis entweder der Krancke geſund worden oder gar ge - ſtorben.

Offters lohnet man auch den alten oder erſten Me - dicum ab / und nimmet einen andern an in deſſen Stelle / welcher von neuem einige Artzneyen aufſetzet / und ſich ſeines Mit-Collegen Ungluͤck gar wohl weiß zu Nutz zu machen. Jndem er erſtlich (welches unſere Aͤrtzte ebenfals zu thun pflegen) alles verwirfft was der vorige zur Erhaltung der Geſundheit gut befunden / und alſo ſelbigen unterſchiedlicher grober Unwiſſenheit beſchuldiget; darauff einige andre Opffer welche weit koſtbahrer ſind zu opffern anbefiehlet; denn dieſer gute Schlucker fuͤrchtet ſich es moͤchte ihm nicht viel beſſer gehen als ſeinen Vorfahren / darum ſuchet er auf alle er - ſinnliche Art uñ Wege mit ſolcher Liſtigkeit ſich zu berei - chern / daß er es vielen Europaͤiſchen Medicis hierin - nen zuvor thun wuͤrde / wenn ſie auch noch ſo gewitziget waͤren. Doch nehmet euch dieſes nicht an / denn ihr ſeyd hierzu viel zu aufrichtig / daß man dergleichen von euch ſagen oder gedencken koͤnnte.

Sie haben bisweilen mehr als 20. Medicos, und laſſen ſichs bey jeder Veraͤnderung ein ziemliches ko - ſten / denn ſie glauben ſo feſt an ihr Opffer / daß ſie ihre Geiſtlichen ſelbſt darzu zwingen. Ja es gehen die jun - gen Leute ſo denen Weiſſen dienen und einen guten Herrn haben / wenn dieſer die gerinſte Unpaͤßligkeit ſpuͤret / ohne ſein Wiſſen zu den Geiſtlichen / und brin -gen263des Landes Gvinea. gen denen Goͤtzen unterſchiedliche Gaben / damit ihr Herr aufkommen moͤge; So daß wir oͤffters in Bet - ten oder Kammern derer Vornehmſten nach dem Ab - ſterben des Herrn / viel dergleichen Dinge gefunden / welche der Geiſtliche geheiliget und beſchworen / auch durch ſeine eigene Hausgenoſſen dahin verleget waren / denn weil ſie wiſſen daß wir nicht viel darauf halten / thun ſie alles ſtillſchweigend und heimlich / dergeſtalt / daß es unmoͤglich iſt etwas zu entdecken / es ſey denn der Herr allbereit verſchieden / und jenen ihre Sachen wegzunehmen keine Zeit gelaſſen worden. Die Mula - ten (davon ich allbereit oben gemeldet / daß ſie gute Chriſten ſeyn wollen / und gleichwol nichts weniger ſeynd) ſind ungemein auf dieſen Aberglauben verſeſ - ſen / denn ſobald eine von dieſen an einen Weiſſen ver - heyrahtet / und von ihm ſehr geliebet wird / oder auch groſſen Vortheil mit ihm gewonnen / gehet ſie alſofort wenn jener etwas unpaͤßlich iſt / und laͤſſet dem Goͤtzen in deſſen Nahmen unterſchiedliche Opffer darſtellen und zwar mit viel beſſerem Eyfer und Andacht als die Mohren ſelbſt. Das ſchaͤndlichſte und veraͤchtlichſte iſt dieſes / daß die Weiſſe hieran nicht nur groſſen Gefal - len tragen / ſondern noch wol ihre Hausgenoſſen dazu antreiben / tragen auch die nichtswuͤrdige vom Feti - cheer oder Prediger beſchworne Dinge mit groſſem Eyfer allezeit bey ſich.

Jhre Artzneyen beſtehen mehrentheils in Citronen - Suppe / Malagat-Koͤrnern / Wurtzeln von Baͤu - men / ihrem Gummi und ihrer Rinden / imgleichen andern einfachen Speciebus, derer ohngefehr 30. ſie im Gebrauche haben / von ſonderlicher Krafft und Wuͤrckung.

R 4Wie -264Beſchreibung

Wiewol ſie ſich oͤffters zu der Kranckheit des Pati - enten wenig ſchicken / jedoch werden ſie bey Gelegen - heit ſehr nuͤtzlich und gluͤcklich gebraucht; davon fol - gendes Exempel euch einen Beweiß geben und zugleich die gewoͤhnlichſte Artzneyen belehren ſoll.

Jſt jemand mit hefftigen Bauch - und Colic - Schmertzen gequaͤlet / geben ſie ihm alle Morgen und Abend einige Tage nach einander einen groſſen Cala - bas von Citronen und Malaget gemachet auszutrin - cken / in andren Kranckheiten aber brauchen ſie noch viel ungereimtere und widrigere Dinge; doch iſt meine Meynung nicht hieruͤber zu urtheilen / darum uͤberlaſſe ich ſolches gerne an euch und andre / die hievon beſſe - ren Verſtand haben / nur dieſes hinzufuͤgend / daß ohn - geachtet ſolcher ungereimten Medicamenten / dennoch zum oͤfftern geſehen habe / daß die Weiſſen dadurch ge - ſund worden / ſelbſt da unſere Medici nichts mehr zu brauchen wuſten.

Die einfache und ungemiſchte Artzneyen werden ſchier in allen Kranckheiten meiſtens von ihnen gebrau - chet / weil ſie von trefflicher beſonderer Wuͤrckung ſeyn / ſo daß nur zu beklagen / daß bis heutigen Tag kei - ner von denen Europaͤiſchen Medicis ſich bemuͤhet hat ihre Krafft zu unterſuchen; denn ich bilde mir feſtiglich ein / man wuͤrde hiemit weiter kommen / als mit alle der Apotheckerey ſo aus Europa herge - bracht wird / angeſehen dieſelbige bey ihrer Ankunfft nicht nur die natuͤrliche Kraͤffte verlohren / ſondern meiſtentheils gantz verdorben iſt; da auch uͤberdem un - ſere Leiber hier zu Lande gantz anderer Natur und Be - ſchaffenheit / iſts gewiß am wahrſcheinlichſten / es muͤ - ſten hieſige Artzney-Mittel denen Einwohnern weitbeſſern265des Landes Gvinea. beſſern Nutzen ſchaffen / als welche aus Europa kommen.

Von dieſem allen werden meine Nachkoͤmmlinge / welche mehreren Verſtand und Luſt dazu haben / meh - reren Grund und Gewißheit ſuchen koͤnnen; ich will nur ſo viel ſagen / um hieſiger Kraͤuter beſondere Tu - gend ſo vielmehr zu erkennen zu geben / daß die Moh - ren vermittelſt ſelbiger ſehr gefaͤhrliche und unheilbare Wunden heilen koͤnnen; wie ich ſolches zu unterſchied - lichen mahlen mit groſſer Verwunderung angeſehen.

Wenn nun aber aller Menſchen moͤglichſten Huͤlf - fe und Vorſorge ohngeachtet / der Krancke keine Beſ - ſerung findet / ſondern ſeinen Geiſt aufgiebet / fangen ſie an nach der Urſach ſeines Todes zu gruͤbeln; denn ob dieſelbige klaͤrlich genung erſcheinet / entweder we - gen hefftiger Kranckheit / hohen Alters / einer gefaͤhr - lichen Wunde / oder anderm boͤſen Zufall / ſo laſſen ſie es doch nicht dabey bewenden / ſondern erzwingen noch eine andre Urſach. Dannenhero muß der Geiſtliche nebſt des Verſtorbenen Freunden hieruͤber Nachfra - ge anſtellen / ob er Zeit ſeines Lebens einen falſchen Eyd gethan / da ſie bey deſſen Vernehmen alſobald ſich ein - bilden die rechte Urſach gefunden zu haben / weil er des Meyneyds halber mit dem Tode beſtrafft worden; iſts aber daß man ihn desfals nicht beſchuldigen kan / ſo gehen ſie weiter / ob er nicht irgend einen heimlichen Feind gehabt / der ihn wegen der Feticheen umge - bracht / was dieſe Fetichen ſeyn / habet ihr allbereit oben von der Religion vernommen. Bisweilen ſetzet man auf den geringſten Argwohn des Verſtorbenen Feind feſt / und verhoͤret ihn / ob er an dem Tode des Abgelebten ſchuldig ſey / iſts daß er uͤberfuͤhret wird /R 5ob -266Beſchreibungobgleich ſchon vor langer Zeit gethan zu haben / kom̃t er ohne Geld gebẽ nicht loß. Jch muß hierbey etwas erzeh - len was mir begegnet; ohngefehr vor acht Jahren als ich noch zu Axim war / gab man mir einen Raht / ich moͤch - te um der Compagnie ihr Beſtes zu befoͤrdern je - manden an den Koͤnig daſtgen Landes abſchicken; fol - gete alſo dieſem Raht / und fertigte einen von meinen Leuten ab mit einem koͤſtlichen Geſchenck vor obgedach - ten Koͤnig / welcher ſowol dieſes / als die Perſohn ſelbſt ſehr guͤtig und freundlich aufnahm. Nun hatten die Brandenburgiſchen eben zu der Zeit auch jemanden mit einem Geſchenck an dieſen Konig geſendet / und wa - ren ebenfals von ihm / als welcher mit allen Europaͤi - ſchen gute Freundſchafft zu halten ſuchete / mit groſſer Hoͤffligkeit und Liebe empfangen. So daß ſich bey - der Geſandten an einen Hofe dieſes Koͤniges zugleich aufhielten / ſo lange bis der Koͤnig ihnen Abſchied gaͤbe / hierauf aber warteten ſie vergeblich / und nachdem ſie 6. gantzer Wochen zugebracht / kam der Koͤnig zu ſter - ben / alſobald hatte man von Seiten der Freunde des Verſtorbenen groſſen Argwohn auf unſere Leute / als waͤren ſie an deſſen Ableiben ſchuldig / lieſſen dannen - hero dieſelbige binden / und gefangen wegſetzen / ihren Geiſtlichen aber aufs genaueſte unterſuchen / ob viel - leicht die uͤberbrachte Geſchencke vergifftet oder be - ſchworen / da denn nach wenigſtens dem Schein nach verrichteten Gottes oder vielmehr Goͤtzen-Dienſt die - ſe Bettler noch ſo geſchickt und ehrlich waren / daß ſie unſere Leute vor unſchuldig erkenneten / und wieder loßlieſſen / auch dieſelbige ihrer Gefahr entriſſen / wieder mit einigen Geſchencken nach Hauſe ſchickten. Sehet demnach wie leicht man hier in Ungluͤck wieder allerVer -267des Landes Gvinea. Vermuthen gerathen koͤnne. Aber laſſet uns wieder auf unſer voriges kommen.

Dafern ſie nun gewiß ſind / daß der Krancke nicht mit Gifft hingerichtet / fragen ſie weiter / ob deſſen Frau / Kinder / naͤchſte Anverwandten / oder auch ſeine Scla - ven welche die Aufſicht uͤber ihn gehabt / treulich genug gedienet / und in ſeinen Nahmen reichlich genung ge - opffert / und wenn auch dieſes nicht zureichend iſt die rechte Urſach des Todes zu entdecken / fangen ſie von neuem an ihre Ceremonien / als die rechte / und in ſol - chen Faͤllen einige Zuflucht / zu begehen.

Und fraget der Geiſtliche nicht nur den Abgeleibten warum er geſtorben ſey / ſondern auch den Goͤtzen / da es denn niemahls an Antwort fehlet. Fragt ihr aber wie ſolches zugehe / und wer denn antwortet? ſo zweiffle ich nicht / es wuͤrde Simon Uries, welcher den Teuffel uͤberall mit gewiſſen Menſchen groſſe Freundſchafft zu fuͤhren abgemahlet / ohne Bedencken ſagen oder gar beeydigen / daß auch hie der Teuffel unter eines Goͤtzen Geſtalt antworte; inzwiſchen aber bitte ich / uͤberleget meine Meynung und hieruͤber erfolgende Antwort; daß weder Teuffel / weder Goͤtze / noch der Todte einige Schuld daran haben / ſondern weil ſie alle drey gleich ſtumm ſind / mithin auch keine Antwort geben koͤnnen / iſts niemand anders als der lumpen Geiſtliche welcher antwortet / und nach vollbrachten Ceremonien die ein - faͤltigen Anverwandten beredet / es haͤtte der Goͤtze und der Todte auf ſolche Art ſich verlauten laſſen / ſo wie er meynet ſeinem Vortheil dienlichſt und der Wahrheit am aͤhnlichſten zu ſeyn; daß demnach dieſe guten Leute alles vor gewiß und ohnfehlbahr nicht anders als einEvan -268BeſchreibungEvangelium auf und annehmen / ſich allezeit in allen ih - ren Verrichtungen nach ihm betragende.

Es faͤllet mir hiebey ein / ehe deſſen einen gewiſſen Autorem geleſen zu haben / wo nicht andre mehr / ſo dafuͤr hielten / daß die Mohren zum Teuffel gingen / um ſich bey demſelben in allen Vorfaͤllen zu befragen / und deſſen Antwort zu folgen; allein ich kan im Gegen - theil verſichern / durch eigene Erfahrenheit befunden zu haben / daß alles falſch und erdichtet ſey / indem ſie nicht verlangen (welches lobens wuͤrdig iſt) mit dem Teuffel eine ſo genaue Verbuͤndniß zu pflegen / ſondern vielmehr alle ihr Anliegen dem Goͤtzen oder ihren Geiſt - lichen entdecken / ohne jemahls an den Teuffel noch deſ - ſen Huͤlffe oder Gunſt zu gedencken / geſchweige daß ſie denſelben in ihren Heimligkeiten befragen / oder ſolche nach deſſen Ausſpruch einrichten ſolten.

Die Art und Weiſe nun ihre Goͤtzen oder Todten zu fragen / iſt unterſchiedlich / und will ich nur ein Exempel davon anfuͤhren. Es nehmen einige Menſchen in Bey - ſeyn des Geiſtlichen den Todten auf die Achſel / fragende: ob er nicht von dieſem oder jenem Zufall geſtorben? iſts daß ſie die Urſach treffen / muͤſſen dieſe Leute ich weiß nicht durch was heimliche Liſt oder Erfindung mit des Verſtorbenen Haupt eine Neigung machen gegen den Fragenden / zum Zeichen einer gleichguͤltigen muͤndlichen Bejahung / ſonſten aber bleiben ſie unbe - weglich. Sehet mein Herr ob dieſes zu glauben ſtehe / ich fuͤrchte ihr werdet ſo wenig als ich darauf geben.

Jmmittelſt haben ſie ſobald nicht geſehen / daß der Krancke ſeinen Geiſt aufgegeben oder ſie fangen alſo - fort an zu heulen / zu lermen / und mit vollem Halſe zu ſchreyen / daß das gantze Dorff erſchallet / iſt hiebeyalſo -269des Landes Gvinea. alſofort zu ſchlieſſen / es muͤſſe jemand geſtorben ſeyn / ohne daß zu eben der Zeit unterſchiedliche junge Leute von Bekand - oder Freundſchafft des Abgelebten / ihr Gewehr abſchieſſen / um zum Zeichen ihrer letzten Schuldigkeit / dem Todten einen Ehren-Dienſt zu erweiſen.

Dafern der Verſtorbene ein Ehemann geweſen / zerkratzen und zerreiſſen die Weiber ihre Koͤpffe ohne Auffhoͤren / beſchmieren den Leib mit weiſſer Erde / nichts anhabende / als einen abgenuͤtzten Paan, lauf - fen durch alle Straſſen / nicht anders als waͤren ſie al - mahl unſinnig / indem ſie rechten Teuffelinnen oder hoͤlliſchen Furien mit ihren loßgebundenen Haaren aͤhnlich ſind / und mit entſetzlichem Geſchrey den Nah - men des Verſtorbenen zuſamt ſeinen herrlich verrich - teten Thaten ausruffen; welches denn einige Tage nach einander waͤhret / ſo lange bis der Todte begraben.

Wird auch irgend ein vornehmer Mann in der Schlacht erſchoſſen; ſo daß ſeine Freunde und Mitge - ſellen den Leichnam nicht bey Seite bringen / oder ſel - bigen nach Gebuͤhr ſeines Standes im Vaterlande nicht begraben koͤnnen / weil der Krieg noch dauret / und gleichwol das Leichbegaͤngniß in keinem andern Lande geſchehen muß / ſo muͤſſen ſeine nachgelaſſene Frauens die gantze Zeit uͤber in Trauer-Kleidern mit geſchornem Haupt erſcheinen. Nach Verlauff eini - ger Zeit bisweilen 10. oder 12. Jahren / wird die Be - erdigung eines ſolchen Mannes bey Gelegenheit mit der groͤſten Pracht gehalten / nicht anders als waͤre er kuͤrtzlich verſchieden / da denn nach Vollendung deſ - ſen / die Frauens ſich reinigen / ihren Trauer-Habit ab - legen / und ſich gleich andern kleiden.

Waͤh -270Beſchreibung

Waͤhrender Zeit / daß auf itzt beſagte Art die Frau - ens auſſerhalb Hauſes ſich anlegen / ſitzen die naͤchſten Freunde bey dem todten Coͤrper / mit ungemeinen Ler - men denſelbigen waſchende / reinigende / und zur Be - erdigung beqvem machende; da hingegen die andern Freunde von allen Seiten herzu lauffen / um dieſen Ceremonien mit bey zu wohnen / indem es uͤbel ſolte aufgenommen werden / dafern jemand auſſenbliebe / ohngeachtet er wegen ſeiner Abweſenheit zulaͤngliche Entſchuldigung vorwenden koͤnnt.

Nicht weniger erſcheinen auch andre Gefreundete von auswaͤrtigen Doͤrffern / um das Geſchrey ſo viel ſtaͤrcker / und die Reihe ſo viel anſehnlicher zu machen / bringen auch einjeder unter ihnen ein Geſchenck von Gold / Brandwein / einem ſchoͤnen Kleid / oder Tuch / oder dergleichen etwas / mit Vorgeben / daß ſolches al - les zur Beerdigung des Coͤrpers gereichet wuͤrde; da denn derjenige / der ſich am beſten angreiffet / den groͤ - ſten Ruhm und Ehre davon traͤget.

Jn dem Sterb-Hauſe giebet man allen Leich-Be - gleitern tapffer zu trincken / des Morgends Brant - wein und des Nachmittags Palmenwein / ſo daß ein Mohren Begraͤbniß / wenn der Verſtorbene bemit - telt geweſen / ungemein viel Geld koſtet. Der Coͤrper wird herrlich und praͤchtig angethan / in eine Todten - Kiſte geleget / und nachgehends begraben / nebſt Hinzu - thuung unterſchiedlicher Koſtlichkeiten / damit derſel - bige im andern Leben ſich ſolcher bedienen koͤnne / mei - ſtentheils in ſchoͤner Kleidung / Gold-Fetichen, einem koſtbahren Corall, davon ich oͤffters erinnert habe / aus Conte de Terra, und andern Dingen mehr beſtehend / welche dem Verſtorbenen zu Nutz kommen koͤnnen.

Je -271des Landes Gvinea.

Jedoch werden dieſe herrliche Beſchenckungen ſo vielmehr und weniger gegeben / je reichere Erben der Verſtorbene nachlaͤſſet / ſo einige Erkenntlichkeit ſchuldig ſeynd. Nach Vollendung alles deſſen wenn die Anverwandten und Gefreunde ſich mit einander hieruͤber vereiniget / wird der Todte begraben / es mag denn zwey oder drey Jahr nach deſſen Ableiben ſeyn. Vor dem Coͤrper gehen oder lauffen vielmehr einige junge Soldaten / laͤngſt den Weg ohnauffhoͤrlich ſchieſſende / bis derſelbe eingeſencket iſt. An den Sei - ten findet ſich eine unbeſchreibliche Menge Volcks / ſo - wol Manns-als Weibesleute / imgleichen auch Kin - der durch einander / der eine Hauffe weinet und ſchreyet gar gelinde / der andre aus vollem Halſe / der dritte la - chet und redet ſo ſtarck / daß man ſagen ſolte es koͤn - te kein Menſch ſterben / bey deſſen Tod ſie auch den ge - ringſten Schein einiger Betruͤbniß koͤnnten ſpuͤren laſſen.

Sobald nun der Coͤrper in der Erde / gehet einje - der zuruͤck / und zwar die meiſten nach dem Sterb - Haus / um ſich zu erluſtigen / und weidlich herum zu trincken / womit ſie einige Tage nach einander aushal - ten / ſo daß ein ſolches Leichbegaͤngniß einer Hochzeit oder ſonſt angeſtellten Luſtigkeit vielmehr aͤhnlich iſt.

Der Koͤnig oder Oberhaupt der Mohren / oder ſonſt eine andre vornehme / und bey ihnen Zeit Lebens hoch angeſehene Perſon / bleibet offtmahls ein gantzes Jahr uͤber der Erde unbegraben ſtehen; da denn der Coͤrper / damit er nicht anfange zu faulen und zu ſtin - cken / auf einer uͤber gelindes Kohlfeuer geſtelleten hoͤl - tzernen Roſt geleget / allmaͤhlig austrocknen muß. An - dere hingegen begraben ihn heimlich in dem Hauſe / undma -272Beſchreibungmachen es den Leuten weiß / daß er auf itzt beſagte Art aufbehalten werde / bis zu deſſen gebuͤhrend praͤchtigen Begraͤbniß: Alsdenn wenn hiezu der Tag angeſetzet / laͤſſet man ſolches oͤffentlich in allen ſeinen Laͤndern ab - kuͤndigen / bisweilen auch in fremden; da denn ein ent - ſetzlicher Zulauff von Menſchen / begierig iſt / die Lei - chen-Ceremonien mit anzuſehen / und gewiß auch der Muͤhe wehrt iſt / weil ſie nemlich alleſamt in ſehr koͤſtli - cher und praͤchtiger Kleidung erſcheinen / ſo daß an dieſem einigen Tage mehr Reichthum und Pracht zu ſehen / als nicht in vielen Jahren bey andren Gelegen - heiten geſpuͤret wird.

Man toͤdtet auch bey ſolchen Leichbegaͤngnißen un - ter ſchiedliche Sclaven des Verſtorbenen / und opffert ihm dieſelbige auf / damit wie ihre Meynung iſt / ſie ih - rem Herrn auch im andern Leben aufwarten koͤnnen; inſonderheit koſtet es den Boſſums oder denjenigen welche dem Goͤtzen geheiliget ſind den beſten Hals / nemlich einer von ſeinen Frauen / und einem ſeiner vor - nehmſten Hausgenoſſen; und was das grauſamſte iſt / kauffet man noch einige arme ungluͤckſelige Leute / um ſelbige auf dergleichen verdammliche und verfluchte Art dem Teuffel aufzuopffern / weil ſie meiſtens wegen hohen Alters / oder anderer Leibes Duͤrfftigkeit keine Dienſte mehr thun koͤnnen.

Jn Wahrheit ein erbaͤrmliches Spectacul dieſe Leute ſo ſchlachten zu ſehen; indem ſie mehr als tau - ſendmahl vor ihrem Ende ſterben / wenn ſie in ſo vielen Stuͤcken zerhauen / geſtochen / gezwicket / allerhand un - glaubliche Qvaal und Marter ausſtehen muͤſſen.

So habe ich ſelbſt nicht ohne Erſtaunen im Lande von Ante eilff Perſohnen umbringen geſehen / unterwel -273des Landes Gvinea. welchen einem nach ausgeſtandener vielfaͤltigen Mar - ter der Kopff von einem 6. jaͤhrigen Kinde abgeſchla - gen wurde / da ſchier eine Stunde zu Ende lieff / ehe da das Kind zu Fuͤhrung des Saͤbels viel zu unver - moͤgend ſolche Execution vollbringen konte.

Doch ſind dergleichen unmenſchliche Opffer nur unter den Mohren gebraͤuchlich / welche ziemlich weit von unſern Veſtungen entlegen / und unter unſern Gehorſam keines Weges ſtehen / nicht aber unter dieſen uͤber welche wir zu befehlen haben / uñ denen wir es ver bieten koͤnnen / wiewol an andern Oͤrtern ſie ſolches heimlich thun koͤnnen.

Auff ihre Grabſtaͤtte ſtellen ſie ein kleines Haͤus - lein oder Huͤtte / oder auch beſſer ein kleines Gaͤrtlein mit Roſenſtrauch umzaͤunet / da ſie einige ſchlechte Sa - chen dem Verſtorbenen vormahls zugehoͤrig / hinein - werffen / nicht aber wie einige Autores behaupten wol - len / deſſen koͤſtliche Juwelen oder andre ſchaͤtzbahre Sachen; zumahlen dieſes gantz nicht mehr gebraͤuch - lich iſt / ja auch ſelbſt ſo viel ich erfahren koͤnnen / nicht glauben kan daß ſie es jemahls im Gebrauch gehabt haben / zu Axim und anderswo ſetzet man uͤber das Grab unterſchiedliche trrdene Bilder / welche das Jahr darauf nach Abſterben des Beerdigten gereiniget werden: alsdenn ſie von neuem die Leichen Ceremo - nien eben ſo praͤchtig und koͤſtlich wiederholen / wie zu Zeit der Beerdigung geſchehen.

Dannenhero moͤgen die Mohren ſo gerne begraben ſeyn in ihrem Vaterlande / oder ihrer Geburts-Stadt / ſo daß wenn jemand in der Fremde zum ſterben kommt / nichts ungewoͤhnliches iſt / wenn der Coͤrper von dan - nen abgeholet und nach ſeiner Geburts-Stadt zurSBe -274BeſchreibungBeerdigung hingefuͤhret wird; oder wenn es gar zu weit entfernet iſt / ihm daſelbſt die Leich Ceremonien ge - halten / und von einem oder andern gegenwaͤrtigen na - hen Anverwandten der Kopff / ein Arm oder Bein ab - geſchnitten / gekocht und geſaubert wird / damit das uͤbrige Gebeine nach dem Vaterland gebracht / und allda nach Standes Gebuͤhr zur Erden beſtaͤtiget werden koͤnne.

So habt ihr nunmehro mein Herr gehoͤret / was bey Kranckheiten / Abſterben und Beerdigung derer Mohren am merckwuͤrdigſten iſt / die uͤbrige unnuͤtze / und Papieres unwehrt ſeynde Kleinigkeiten will ich mit Stillſchweigen uͤbergehen / da ich ohnedem vom augenblicklich abſeeglenden Schiff genoͤthiget werde wider Vermuthen abzubrechen; ſeyd dannenhero mit dem wenigen vor dieſes mahl zufrieden / anbey auch verſichert / daß mit eheſten ein mehrers von un - terſchiedlichen Sachen melden will / der ich bin ꝛc.

Ende des dreyzehnden Briefes.

Vierzehendes Send - Schreiben.

Jn welchem von allen vierfuͤßigen ſo wild-als zahmen Thieren gehandelt wird / und zwar erſtens von Stieren / Ochſen / Kuͤ - hen / Hammeln / Schaffen / Ziegen / Pfer - den / Eſeln / Schweinen / Hunden / Katzen / Ratzen und Spitzmaͤuſen. Nach geendig -ter275des Landes Gvinea. ter Beſchreibung von Natur und Beſchaf - fenheit obiger Thiere / folget von Voͤgeln / und zwar erſtlich zahmen / als Huͤhner / Enten / Welſche-Hahnen / und Tauben; nachgehends auch wilden und gefraͤßigen / als erſtens eine weitlaͤufftige Beſchreibung vom Elephanten / als einem beſondern und von allen andren ſehr unterſchiedenen Thie - re; wie desfals einige Scribenten in Erzeh - lung derer Eigenſchafften dieſes Thieres ſich ſehr verſtoſſen haben. Hierauf von Buͤffeln / Tygerthieren / einer Art wilder Hunde / von den Hollaͤndern Jakhals oder Boshonden genennet / von Caymans oder Crocodilen / wilden Schweinen / Hirſchen unterſchiedlicher Art / von Haaſen / Sta - chel-Schweinen / Jgeln / einem gewiſſen Thier von denen Mohren Potto von Hol - laͤndern Luihard benamſet / von zweyerley Art Ratzen deren eine bey den Hollaͤndern Bosrotten, bey den Mohren Boutees heiſſet. Von Ziebethkatzen / wilden oder Boskatten, einer beſondern Art Ratzen / welche die Hol - laͤnder Muſcusmuiſen nennen / imgleichen von einem kleinen Thier ſo die Mohren Berbe heiſſen / von unterſchiedlichen kleinen Thieren / ſo man fuͤglich Eichhoͤrnlein be - tituln koͤnnte / noch von zwey andern bey den Mohren Koekeboe und Leguan genen -S 2net /276Beſchreibungnet / von einem andern unter dem Nah - men Arrompo oder Menſchenfreſſern / von unterſchiedlicher Art Affen / Eydexſen / und Salamander; endlich folget ein ausfuͤhr - liche Beſchreibung vom Cameleon, gezo - gen aus der Reiſe-Beſchreibung des Hrn. Corneille de Bruin, und vom Unterſcheid zwiſchen den Cameleons in Gvinea und Smirna.

Mein Herr!

DEm in meinem juͤngſten Briefe gethanen Ver - ſprechen zu Folge / will ich anitzo eine ausfuͤhrli - che Beſchreibung geben von hieſigen Thieren / doch nur vierfuͤßigen / ſo zahmen als wilden / imgleichen auch von den Vogeln / doch mit dieſem Vorbehalt / daß ich mit erſter Gelegenheit auch von dem kriechenden Ungezieffer Meldung thun werde; nur iſt dieſes mein groͤſter Verdruß / daß in Ermangelung eines recht - ſchaffenen Kuͤnſtlers / euch nicht den Abriß von jedem Thiere zuſamt der Beſchreibung uͤberſenden kan. Zwar habe ich vor einiger Zeit ſolchen Menſchen ge - habt / der mir einige von obbemeldten Thieren ſehr leb - hafft abgeriſſen / ſo wie ihr ſolches in dem uͤberſendeten finden werdet; allein vor wenig Tagen hat der uner - ſaͤttliche und niemand verſchonende Tod auch dieſen Menſchen abgefodert; ſo daß anitzo zu groſſem eige - nen Leidweſen die vorgenommene Arbeit habe muͤſſen bleiben laſſen; denn ohne dieſen mir verſetzten Stꝛeich haͤtte ich Gelegenheit gehabt unterſchiedliche beſondere euch vor Augen zu ſtellen / da ihr mit vielen andern euchnicht177des Landes Gvinea. nicht wuͤrdet ſatt geſehen haben / um ſo vielmehr wei - len dieſe Thiere noch unbekandt ſeyn. Solte es ge - ſchehen / daß vermittelſt eurer Sorgfalt ihr einen an - dern guten Abcontrafaier in Amſterdam finden / und denſelbigen zu der Anher-Reyſe uͤberreden koͤnntet / moͤget ihr gewiß ſeyn / daß derſelbe reichlich belohnet werden / auch in Zeit vom halben Jahr mehr gewin - nen ſoll / als in gantzen drey Jahren zu Amſterdam. Es wird euch wenig Muͤhe koſten ihm die Unannehm - ligkeit hieſigen Orts aus dem Sinn zu reden / wenn ihr ihm die Verſicherung gebet / daß man keinen Tag wider ſeinen Willen ihn aufhalten / ſondern alſofort nach eigenem Gefallen wolle ungehindert abreyſen laſſen; dannenhero bitte ich einen zu ſuchen in acht zu nehmen / anbey aber verſichert zu ſeyn / daß ihr keine Urſach zur Reue finden ſollet.

So ſtellet ſich dann im Anfang meiner Beſchrei - bung von hieſigen Thieren dar unter den zahmen das Horn-Vieh / als Stiere / Ochſen / Kuͤhe / Boͤcke und Ziegen / ꝛc. derer eine groſſe Anzahl auf dem veſten Lan - de als in Dinkira, Aſiante, Akim und andern Oͤr - tern mehr anzutreffen iſt; in Anſehung aber der groſ - ſen Entlegenheit / nur einige wenige Stiere und Kuͤhe hieher gebracht werden; im Gegentheil mit groſſer Menge nach Akim, Poqueſon, Elmina, Acra, und ſonderlich nach dieſem letzteren geleitet werden / weil man daſelbſt gar fuͤglich ohne ſonderliche Muͤhe von Aquamboe und Lampi das Vieh haben kan.

Sonſten ſiehet man in Gvinea nichts als Stiere und Kuͤhe; denn die Mohren verſtehen oder wiſſen nicht jene zu ſchneiden / und Ochſen daraus zumachen. Zu Axim findet dieſes Vieh ſchoͤne Weyde / vermeh -S 3ret278Beſchreibungret ſich dahero / und nimmt ſehr zu / wie zu Poqueſon, und Acra: in Elmina hergegen und da herum iſt und bleibet es allezeit mager und duͤrre / wannenhero auch das Fleiſch ſehr ungeſchmackt iſt / imgleichen auch die Milch welche bloß hier zu Lande gemolcken wird / weil anderswo die Mohren nichts davon wiſſen / ſo wenig und ſo mager / das zwantzig bis dreyſſig Kuͤhe kaum ſo viel geben / als auf des Generals Tafel conſumi - ret wird. Uberdem ſind auch die Kuͤhe gantz klein und leichte / ſo daß es eine von den beſten ſeyn muß / wenn ſie bey vollem Wachsthum 250. . wieget / ob - wol in Anſehung ihrer Groͤſſe / ſelbige wenigſtens die Helffte ſchwerer ſeyn muͤſte; allein alles Vieh durch - gehends / ſo Menſchen als Thiere / ohngeachtet ihrer ziemlichen Groͤſſe / ſind hier zu Lande ſehr leicht; wel - ches meines Erachtens einig und allein von dem gerin - gen Unterhalt herkommet; indem ſie an Statt eines feſten und nahrhafften Fleiſches / nur ein ſchwammich - tes / leichtes / trucknes und hartes genieſſen; uͤberdem auch inſonderheit das Kuͤhe-Fleiſch insgemein einen fremden und boͤſen Geſchmack hat; nichts deſtoweni - ger vor eine vollwachſene Kuhe 50. und zuweilen mehrere Thaler bezahlet werden muß.

Die jungen Kaͤlber / welche billig noch einiger maſ - ſen beſſer ſeyn ſolten / ſind ebenfals wegen der wenigen Milch ſo ſie ſaugen ſehr ungeſchmackt; folglich auch viel Muͤhe koſtet ein gut Stuͤck Rindvieh anzutreffen.

Die Hammeln / wenigſtens den Nahmen nach / ſind im gantzen Laͤnde haͤuffig genung / darum aber nicht weniger theuer. Selbige ſehen eben ſo aus wie in Eu - ropa, ausgenommen daß ſie die Helffte kleiner / und an Statt der Wolle Finger langes Haar tragen / ſodaß279des Landes Gvinea. daß hier die rechte verkehrte Welt iſt / indem die Menſchen mit Wolle / die Thiere hingegen mit Haa - ren bedecket ſeynd; in Anſehung daß der Mohren ihr Fell einer Wolle als Haaren aͤhnlicher ſiehet. Das Hammelfleiſch ſelbſt hat auch nicht die geringſte Ver - wandſchafft mit dem Europaͤiſchen / ſondern iſt unge - mein duͤrre und trucken; dannenhero diejenigen ſo et - was zaͤrtlich / ſehr ſelten davon genieſſen / gemeine Leute aber grober Speiſen gewohnet / koͤnnen daſſelbige nicht bezahlen / weil ohngeachtet des ſchlechten Fleiſches man nichts deſtoweniger ein 6. 7. bis 8. Rthlr. vor einen Hammel geben muß. Jedoch koͤnnte noch wol der - jenige welcher Luſt haͤtte Hammelfleiſch zu eſſen ein gutes Stuͤck bekommen / wenn er ſie zu rechter Zeit da ſie noch jung ſind ſchneiden lieſſe / und ſelbige mit ge - doͤrreten Maltz feiſt machete oder futterte / denn ſo wuͤrde er noch mit Luſt ein Stuͤck eſſen koͤnnen / wiewol in keiner Vergleichung mit denen Europaͤiſchen Schoͤpſen.

Sonſten finden ſich ſehr viel Ziegen gleich denen in Europa, ausgenommen wie alles andre Vieh ſie et - was kleiner ſind / aber viel fetter und fleiſchichter als die Hammels / wannenhero es von vielen Leuten ungleich beſſer gehalten wird / inſonderheit die kleinen geſchnit - tenen Boͤcklein / wenn ſie noch jung ſind / welche in kur - tzer Zeit ſehr wachſen und zunehmen. Und koſtet eine vollwachſene Ziege 4. und bisweilen mehr Thaler.

Jch kan hie eine wunderbahre und laͤcherliche Mey - nung derer Mohren nicht vorbey gehen / indem ſie fe - ſtiglich glauben / es ſey im Anfang der Welt eine gewiſ - ſe Goͤttin geweſen / welche in Gewohnheit gehabt ſich mit einem koͤſtlichen wohlriechenden Oͤhle zu ſchmie -S 4ren /280Beſchreibungren / darauf haben die Boͤcke dieſes merckende die Goͤt - tin angeſprochen / es moͤchte dieſelbige auch ihre Leiber mit dergleichen Geruch beſchmieren; die Goͤttin aber ſich ſtellende als wenn ſie ſich willig hiezu verſtuͤnde / an ſtatt der wohlriechenden Buͤchſe / mit Willen eine an - dre ſtinckende ergriffen und damit ihre Leiber einge - ſalbet; von der Zeit an ſie ſolchen Stanck noch behal - ten. Damit haͤtten ſie ſich was ſonderlichs duͤncken laſſen / in Meynung es waͤre von dem rechten Balſam / und wie ihre Nachkoͤmmling bey dieſem Wahn ver - blieben / ſo ſuchten dieſelbigen bey regnichtem Wetter mit groͤſter Sorgfalt ſich worunter zu verbergen / da - mit ja der Regen oder Feuchtigkeit ihren ſchoͤnen Ge - ruch nicht verduͤrbe. Was meynet ihr nun mein Herr / iſt dieſes nicht ſchoͤn? und ſollet ihr euch hinfuͤhro wol zu leugnen unterſtehen daß auch Thiere ſprechen koͤn - nen / da ihr einen ſo herrlichen und gruͤndlichen Be - weißthum hoͤret.

Nun komme ich an die Pferde; doch nicht ſolche als des Sejani oder Alexandri, indem unſere hieſige Reu - ter vor des erſteren Ungluͤck nicht ſorgen / auch viel weniger des letzteren hitziges und muthiges Pferd zu hoffen haben; beſſer laſſen ſie ſich vergleichen mit den kleinen Nordiſchen Pferden / was ihre Groͤſſe ange - het / denn ſonſten ſind ſie bey weitem ſo ſchoͤne nicht. Hier ſind wenig wo nicht gar keine / hingegen aber auf dem veſten Lande in vorbenannten Laͤndern ſehr haͤuffig / doch im geringſten nicht ein bisgen anſehn - lich oder ſchoͤn / ſondern durchgehends gantz ſchlecht und unanſehnlich; der Hals und Kopff (den ſie gantz niedrig fuͤhren) gleichet uͤberall einem Eſel / ihr Gang iſt ſo unbequem / indem ſie meiſtens ſtaͤtig ſind / undohne281des Landes Gvinea. ohne erſchreckliche Schlaͤge nicht aus der Stelle zu bringen; ſonſten wenn dieſes nicht waͤre / koͤnnte man gemaͤchlich noch damit fort kommen. Uber dem ſind ſie ſo klein / daß es wenig fehlet man reiche mit den Fuͤſ - ſen auf die Erde wenn man darauf ſitzet; und mehr habe ich hievon nicht zu melden.

Auſſer dem giebt es ſehr viel Eſel / welche etwas hoͤ - her als die Pferde / und ohne Vergleich in ihrer Art viel ſchoͤner. Wir haben vor dieſem 3. bis 4. hier ge - halten / dieſelbige aber niemahls aus Mangel benoͤthig - ten Futters beym Leben erhalten koͤnnen. Es brauchen ſie die Mohren nicht zum Laſt tragen / ſondern zum reiten; dazu ſie eben ſo geſchickt ſeyn als die Pferde.

An Schweinen fehlet es auch nicht; doch ſind dieſe welche die Mohren auffuͤttern nichts nutz / indem ſie ſehr weich Fleiſch und duͤnnes Speck haben / hinge - gen welche wir ſelber feiſt machen / koͤnnen noch eini - ger maſſen vor gute beſtehen; wiewol es viel Muͤhe ko - ſtet daß ſie mit denen zu Fida gleich kommen / angeſe - hen dieſe ſowol wegen ihres Specks als auch ſchmack - hafften und feſten Fleiches / nicht nur ſo gut wie in Eu - ropa, ſondern noch ein merckliches beſſer ſeyn. Man bezahlet allhie vor eines von 90. . 12. bis 13. Thaler / wiewol man ſelten etwas gutes antrifft.

Damit nun meine Beſchreibung von vierfuͤßigen Thieren ſo viel vollkommener werde / will ich noch et - was von Hunden / Katzen / Ratzen und Spitzmaͤuſen hinzufuͤgen.

Vom Hundefleiſch machen die Mohren ungemein viel Wercks; wannenhero es von denenjenigen ſo es hieher bringen ſehr theuer verkauffet / oder auch von den Mohren ein etwas groſſer Hund gegen einen HammelS 5ver -282Beſchreibungvertauſchet wird. Ja es halten einige rechte Hunds - ſtaͤlle / darinn ſie dieſe Thiere auffuͤttern / und die ge - worffene junge ſehr theuer an den Mann bringen. Angeſehen ſie durchgehends viel lieber Hundefleiſch als aller andren Thiere genieſſen / ſo gar daß ſie zu jenem unterſchiedliche Gaͤſte einladen / und ein ſonderliches Gaſtmahl ſich einbilden zu halten mit einen Hundes - Braten.

Ubrigens veraͤndern ſich die hieſigen Hunde wenn ſie einmahl werffen ungemein ſehr / die Ohren werden lang und gantz ſteiff / nicht anders als wie die Fuͤchſe / und meiſtens von eben ſolcher Farbe; ſo daß ſie in Zeit von 3. oder 4. Jahren ſo greßlich werden / daß man ſich ſcheuet ſelbige anzuſehen / verlieren auch gaͤntzlich die Krafft zu bellen / wenn ſie ein drey oder 4. mahl junge gehabt / denn das Bellen der Hunde ſo hieher gebracht werden / ſcheinet einem entſetzlichen Geheule aͤhnlicher als einem Gebelle.

Sie moͤgen auch gerne Katzen um ſich leiden; wie - wol ſo viel mir bewuſt / ſie nicht gegeſſen werden / es ſey denn in groſſer Noht / wie denn unſere gefangene Sclaven offtermahls dieſelbige todtſchlagen und ge - nieſſen. Sonſten ſind dieſe bey weitem nicht ſo ver - aͤnderlich als die Hunde / ſondern gleichen in allen Stuͤ - cken denen Hollaͤndiſchen.

Es findet ſich auch zu allem Ungluͤck eine unbe - ſchreibliche Menge von Ratzen und Spitzmaͤuſen / in - ſonderheit iſt mit denen erſteren das gantze Land der - maſſen angefuͤllet / daß es ohne Erſtaunen nicht anzu - ſehen; welches wir offtmahls mit groſſen Schaden er - fahren / da uns dieſe lumpen Thiere alles zernagen und wegſchleppen was ſie erhaſchen koͤnnen.

Jch283des Landes Gvinea.

Jch ſchreite nunmehro von den vierfuͤſſigen Thie - ren zu dem Gevoͤgel / dabey ich in Anſehung ihres we - nigen Unterſcheids mich nicht lange aufzuhalten ge - dencke / indem wir nur von Huͤhnern / Enten / Welſchen - hahnen und Tauben wiſſen / da dieſe zwey letzteren einig und allein in unſerer Gewalt ſtehen / und die Mohren nicht eines einigen Stuͤckes Herr ſeynd.

Erſtens kommen die Huͤhner als unter den gefluͤ - gelten Hauffen die gemeinſten / ſelbige ſind in Frie - dens-Zeit durchs gantze Land ſehr haͤuffig; denn in Krieges-Zeit / oder bey Anfang deſſelbigen / ſcheinet es man wolle dieſe arme Thiere dem bevorſtehenden Un - gluͤck entziehen / und bekommt man alſo kein einiges zu ſehen / da man jener Warnung trefflich nachkommt: Boer bergt uve hoenders, de kriegers koomen; das iſt / Bauer verwahr deine Huͤhner die Soldaten kommen. So daß wenn in Friedens-Zeit vier Huͤh - ner um einen Thaler erkaufft werden / man gerne vor denſelben Preiß mit der Helffte vergnuͤget waͤre / da - ferne ſie in Krieges-Zeit zu bekommen waͤren.

Zu Axim und anderwerts ſind ſie klein / aber auch ſehr fett und ſchoͤn. Hingegen zu Elmina und da her um / theils ſehr wenige / theils auch ungemein duͤrre und mager / ja ſo wenig von Fleiſch / daß einer der ſtar - cke Mahlzeiten zu thun gewohnet / wenn er ihrer drey ſchon im Leibe haͤtte / ſich noch wol nach mehreren um - ſehen doͤrffte.

Den folgen die zahme Enten / welche nur vor we - nig Jahren hie zu Lande bekandt worden / kan auch bis dato nicht wiſſen / wer ſie mag herein gebracht haben / ſelbige haben nicht die geringſte Gemeinſchafft oder Aͤhnlichkeit mit denen in Europa, indem ſie wol dieHelff[-]284BeſchreibungHelffte groͤſſer / und gemeiniglich gantz weiß oder bunt als weiß / ſchwartz und braun ſind. Die Warten oder maͤnnliches Geſchlechtes haben auf dem Schnabel groſſe rothe Knoͤpffe / ſchier wie die Welſche-Hah - nen / nur daß ſelbige nicht ſo hangen / ſondern einer an dem andern feſt zuſammen geſchloſſen / und denen Kir - ſchen nicht ungleich ſind; ſie muͤſſen in ihrer Jugend gegeſſen werden / ſonſten ſie etwas alt ſeynde / wegen ihres harten Fleiſches wenig oder nichtes taugen. Welſche Huͤhner wie allbereit erwehnet / haben ſie gar nicht / dahero man ſelbige es ſey denn bey einigen unſe - rer Vornehmſten / ſehr wenig zu ſehen bekommt / und auch als eine groſſe Delicateſſe oder Leckerbißlem kei - nem Menſchen koͤnnen vorgeſetzet werden / indem ſie nichts weniger ſind als dieſes.

Tauben haben wir auf einigen unſerer Veſtungen in groſſer Menge; doch nur gantz gemeine / ſo wie die in Holland genannte Krakken oder Feld-Tauben / nichts deſtoweniger aber vor einen Liebhaber unter uns eines von den beſten Eſſen und Gerichten.

Dieſes ſind die hier zu Lande bekandte zahme Thiere; nun folgen die wilden / da ich den Anfang machen will von einem ungeheuren groſſen / ich meyne den Ele - phanten / deſſen Eigenſchafften und gutes Betragen ſo merckwuͤrdig ſind / daß ſelbigen billig die erſte Stelle unter allen groͤſten und ſchrecklichſten Thieren gehoͤret; jedoch will ich alle Kleinigkeiten nicht hinzuthun / theils weil ich ſelbſt nicht perſoͤhnlich dabey geweſen / theils auch von andern Autoribus allbereit gethan iſt; ohne daß ſich einige unter ihnen grauſamlich verſtoſſen / und allerhand fremde Dinge uns haben aufbuͤrden wollen / als von ihrer Be[fru]chtung / von der Zeit wie lange dasWeib285des Landes Gvinea. Weib trage / von ihrer Vermehrung / ihrem Alter / Ablegung der Zaͤhne / und andern ungereimten Sa - chen mehr. Jch ſage nicht unbillig ungereimten / weil kein Menſch in der Welt ſo viel ich kenne zu ſagen weiß wie ſie ſich mit einander belauffen / wie lange das Weib traͤchtig ſey / und in welchen Winckel ſie ihre Jungen ablegen / wo und wie ſie ihre Zaͤhne abwerffen / und was dergleichen mehr iſt. Zumahlen alles dieſes auf bloſſe Muhtmaſſungen ſich gruͤndet / ſo lange man nicht mehrere Gewißheit an unſern zahmen davon ſpuͤ - ren kan; nun muͤſſen wir in Ermangelung dieſer / ei - nig und allein unſere Wiſſenſchafft aus den Wild - nuͤſſen holen / wo iſt nun aber jemand anzutreffen / der ſo lange Zeit in dem Walde unter dieſen Thieren zuge - bracht hat / um uns gruͤndliche Nachricht von dieſen geben zu koͤnnen; ich fuͤrchte es werde ſich ſo leicht nie - mand finden laſſen / es ſey denn der gute Plinius; von dem ein gewiſſer beruͤhmter Autor, welcher unter - ſchiedliche Buͤcher und Geſchichten heraus gegeben / in ſeiner Schrifften einer wo ich nicht irre / meldet / daß er lange Zeit vor einen Maͤhrlein-Schreiber oder Zu - ſammenflicker von allerhand Gedichten gehalten wor - den; welches auch noch heute zu Tage / vermoͤge ge - nauer Unterſuchung derer Reyſenden / immer mehr und mehr beſtaͤtiget wird.

Es wird demnach kein Menſch hoffe ich leugnen koͤnnen / daß eben dieſer Plinius unterſchiedliche Sa - chen nach gruͤndlichen und wahrhafftigen Umſtaͤnden nicht beſchrieben / ſondern vielmehr unumgaͤnglich ge - ſtehen muͤſſen / daß merentheils eigene Erfindungen ſo gantz falſch und ohne Grund ſind / mit unterlauffen. Und iſt dieſer gute Mann ſo viel ich mercken koͤnnen /allzu286Beſchreibungallzu leichtglaͤubig geweſen bey allem was er von an - dren Laͤndern gehoͤret oder geleſen / wie ſolches mit un - zaͤhlbahren Exempeln aus ſeinem nachgelaſſenen Buch zu erweiſen iſt. Er wird demnach ſo es ihn be - liebet mir nicht vor ungut halten / wenn ich ihn hierin - nen eines ſehr groben Fehlers beſchuldige / angeſehen meines Erachtens kein guter Scribent alſobald glau - ben muß was ihm von andern Laͤndern vorgebracht wird; ſondern vorher die Perſon unterſuchen / welche ſolche fremde und unerhoͤrte Sachen erzehlet / anbey ob dieſelbige ſo viel Zeit und Gelegenheit gehabt habe der Sachen recht nachzuforſchen / welche ſie ſchreibet oder vorbringet. Allein ich komme zu weit ab von mei - nem Vornehmen / dannenhero will ich den Plinium fahren laſſen / nur dieſes ſagende / daß die Elephanten aus Africa zehen / zwoͤlffe / bis 13. Fuß hoch ſind / folg - lich unweit kleiner als die Oſt-Jndiſche / weil die Ge - ſchichtſchreiber von dieſen Laͤndern / deren Hoͤhe mit mehreren Ehlen / als dieſe mit Fuͤſſen ausmeſſen. Ubri - gens ſind ſie denen andern in allen Stuͤcken gleich / und dahero nicht noͤthig mich laͤnger dabey aufzuhalten.

Es beſchaͤdigen dieſe Thiere gar ſehr die Baͤume / inſonderheit die Orange-Baͤume / davon ſie nicht nur die Frucht / ſondern den gantzen Stamm ſelbſten ab - freſſen.

Die Mohren erzehlen von ihnen einhelliglich / daß wenn ſie im Walde ihnen begegnen / keines Unfalls beſorget ſeyn doͤrffen / dafern man ſie nur zufrieden laͤſ - ſet / hingegen ſehr hitzig und zornig wuͤrden / wenn man auf ſie ſchieſſe und ſie nicht recht traͤffe / wiewol ich hievon das Widerſpiel geſehen als im verwichenen Jahr ein ſolches Thier in unſern Garten zu Elminaſich287des Landes Gvinea. ſich einfande / von dem ich den gantzen Brief vollma - chen koͤnnte: wenn ich mir nicht bewuſt waͤre / ihr wer - der ſo lange Gedult haben / bis ich gegenwaͤrtiges nebſt noch zwey andern Schreiben abgefertiget habe / als - denn will ich mit allen Umſtaͤnden von unſerer Ele - phanten Jagt reden / anbey eine wunderliche Bege - benheit erzehlen / da wir ein Tygerthier verfolgeten / ſo daß ich nicht zweiffle es werde euch ſelbiger Brief theils wegen itzt beſagter Jagt / theils andern Seltſamkeiten lieb und angenehm ſeyn. Dannenhero hemmet ein wenig euren Vorwitz oder Neugierigkeit / und mer - cket hier allein was die Mohren noch weiter zu erzeh - len wiſſen / daß nemlich dieſe Thiere den Menſchen bis ins Waſſer verfolgen / daſelbſt ihn vermittelſt ihrer Fertigkeit und Geſchwindigkeit in ſchwimmen ſehr aͤngſtigen / bisweilen auch in wenig Zeit denſelben ein - holen koͤnnen.

Bey dem Fluß Gabon bin ich offtermahls in Ge - ſellſchafft einiger andern / 4. oder 5. Elephanten gantz nahe vorbey gegangen / ohne daß ſich dieſelbe aus der Stelle regten / dennoch aber wir das Hertz nicht hat - ten ſie mit einigen Kugeln damit wir uns haͤuffig ver - ſehen hatten / zu begruͤſſen. Jn Anſehung daß man ſie ſchwerlich faͤllen kan / es ſey denn / daß ſie recht zwiſchen die Ohren oder in die Augen getroffen werden / und zwar mit eiſernen Kugeln / denn die gemeine bleyerne ſpringen von ihrer Haut ab / nicht anders als von ei - ner Mauer / an beſagten Ort aber geſchoſſen / wider das harte Hirnbein in Stuͤcken zerſpringen.

Der erſte Strich Landes da ſie am haͤuffigſten ſich finden laſſen wird in Niederteutſcher Sprache geneñet die Tand-Kuſt oder Zaͤhn-Land / wegen der vielen da -ſelbſt288Beſchreibungſelbſt befindlichen und verhandelten Elephanten Zaͤhne; folgends nach der Gold Kuͤſte zu / und in den Laͤndern Aviné, Jummoree, Egvira, Abocroe, Ancober und Axim, allwo taͤglich eine groſſe Anzahl gefaͤllet wird; denn je weniger ein Land bewohnet / je mehr und haͤuf - figer laſſen ſich dieſe und andre wilde Thiere finden.

Jm Lande von Ante ſind ſie ebenfalls ſehr haͤuffig / angeſehen deren mitten im Lande nicht nur eine groſſe Menge gefaͤllet wird / ſondern uͤber dem noch taͤglich in groſſer Anzahl an die See und auf den Strand kom - men / da ſie von unſern Leuten aus der Veſtung koͤn - nen geſehen werden / und grauſam wuͤten.

Zwiſchen Ante und Acra, ſiehet man dieſelbige lange nicht ſo viel als in obberuͤhrten Oͤrtern / weil jene vor dieſen ſehr volckreich und bewohnet geweſen auſſer - halb Fetu, welches ſeit 5. oder 6. Jahren ſchier zur Einoͤde worden / und dahero auch hieſelbſt weit mehr ſolcher Thiere zu finden als vor dieſem.

Jn der Gegend Acra wird jaͤhrlich eine groſſe Menge zuſammengebracht / weil es hieherum viel wuͤ - ſte und unbewohnte Oerter giebet. Jm Jahr 1697. wurde ein Elephant zu Acra nahe an der Veſtung ge - ſchoſſen / von ungemeiner Groͤſſe / und vermuthlich ho - hem Alter / indem ſeine Zaͤhne 220. . wugen / und dahero wegen ſeiner Groͤſſe leichtlich die Rechnung zu machen.

Jn Ardra und Fida hat man ſie gar nicht / wiewol dennoch Zeit meiner Anweſenheit einer geſchoſſen wur - de / die Mohren aber geſtanden ſolches in keinen 60. Jahren geſchehen zu ſeyn / dahero nicht anders zu glau - ben / er muͤſte ſich irgends verlauffen und anders wo - her gekommen ſeyn; angeſehen in dem angraͤntzendenLande289des Landes Gvinea. Lande Benin, imgleichen bey dem Fluß Calbary Ca - merones, und andern mehr hieſelbſt befindlichen Fluͤſ - ſen / ihrer eine unbeſchreibliche Anzahl gefunden wird / daß es nicht wohl zu begreiffen / wie daſige Einwoh - ner koͤnnen / oder ſich unterſtehen doͤrffen daſelbſt zu wohnen.

Man kan auch aus der groſſen Vielheit derer Zaͤh - ne welche Jahr aus Jahr ein alhie verarbeitet werden / fuͤglich urtheilen / daß kein geringe Anzahl von Ele - phanten anzutreffen ſeyn muß. Doch weiß ich nicht eigentlich zu ſagen / ob dieſes allemahl Zaͤhne ſind von erſchoſſenen Elephanten / oder ob ſie gefunden worden; ich halte vielmehr beydes wahr zu ſeyn; dabey man ſe - hen koͤnnte / ob nach Ausſage einiger Scribenten / ſie ihre Zaͤhne abwerffen; allein dieſes ſtreitet mit der un - terſchiedlichen Groͤſſe / da einige eines / zwey / drey . andre noch ſchwerer / ja bis uͤber 100. . ſchwer ſeynd; denn es ſtehet nicht zu behaupten / daß ein ſo hartes und feſtes Weſen in Zeit von 18. bis 19. Jahren zu einer ſolchen Groͤſſe und Schwere von 100. . gelangen koͤnnte; demnach geſtehe ich gerne / daß ich hierinnen nichts eigentliches oder gruͤndliches wiſſe / und ſchreite nunmehro ohne weiteren Auffenthalt zu den Buͤffeln und Ochſen.

Dieſe kommen der Groͤſſe nach denen Elephanten am naͤchſten bey / wiewol in ziemlichem Unterſcheid; im Lande Gvinea werden ſie am allerhaͤuffigſten gefun - den / jedoch ſo wenige daß zuweilen in 4. Jahren ſich nicht ein einiger ſehen laͤſſet / davon es beſſere Gelegen - heit zu reden geben wird / wenn ich von einem gewiſſen Ort da ſie ſich haͤuffig aufhalten / handeln werde / dar - um will ich anitzo weiter nichts mehr anfuͤhren / als daßTſie290Beſchreibungſie trefflich gut zu eſſen ſind / daß uͤbrige aber alles auf beſagten Ort und Gelegenheit verſpahren.

Die Tygerthiere / welche mit den Buͤffeln ſchier ei - ner Hoͤhe / aber unweit boͤſer und wilder ſind / finden ſich ſehr haͤuffig / und zwar 4. bis fuͤnfferley Gattung / in - dem ſie theils ihrer Groͤſſe / theils ihrer Flecken / oder anderwertigen Unterſcheid halber / als Panterthiere / Leoparden und dergleichen nicht mit einander uͤberein - kommen / wiewol ich hieruͤber nicht urtheilen will / in - dem ich bis dato keinen Menſchen angetroffen / der mir hieruͤber ausfuͤhrliche Nachricht haͤtte geben koͤnnen; der gute Plinius aber bey dem ich mich Rahts erholen wolte / ſo undeutlich / ja unverſtaͤndig davon ſchreibet / daß er vielmehr offenbahre Luͤgen mit einmiſchet / der - geſtalt / daß ich mir feſte vorgenommen von nun an uͤber kein Thier ihn mehr zu befragen.

Uber dem werden auch obgedachte Tygerthiere durch gewiſſe Nahmen von einander entſchieden / weil ſich aber die mohriſchen Bedeutungen in unſerer Nie - derteutſchen Sprache nicht fuͤglich erklaͤren laſſen / will ich mich nicht weiter aufhalten / ſondern nur dieſes hin - zuthun / daß alle dieſe Thiere durchgehends ſehr hitzig / boͤſe / grauſam / gefreßig und wild ſeyn / dahero faſt taͤg - lich ſehr traurige Zufaͤlle ſich eraͤugnen.

Sie verſchonen weder Menſchen noch Viehe / wie wol ſie doch die erſteren gerne zufrieden laſſen / ſo lange ſie an einem oder andern Stuͤcke Vieh ſich dicke freſ - ſen koͤnnen / in Ermangelung aber deſſen / werden ſie einen Menſchen dem ſie begegnen / in tauſend Stuͤcken reiſſen / und ſelbigen auffreſſen. Wir werden hievon hernach etwas weitlaͤufftiger zu reden haben / anitzo boͤrffen wir nur dieſes wiſſen / daß ſo wild auch dieſeThie -291des Landes Gvinea. Thiere ſeyn / ſelbige dennoch in ihrer Jugend koͤnnen zahm gemachet werden / ſo daß man mit ihnen nicht anders als mit einem Hunde oder Katze ſpielen koͤnne / indem ſie eben dergleichen Gauckeleyen und Poſſen treiben als die letzteren.

Jch habe ſolcher ſieben oder acht zu Elmina auf - fuͤttern geſehen / davon der Herr General annoch zwey hat; nicht weniger aber habe ich auch geſehen / daß ſie bey ihrer Zahmheit dennoch bisweilen ihre Grauſam - keit ſehen laſſen / daß man alſo auch den allerſroͤmſten ſich nicht zu viel vertrauen darff / es ſey denn mit groſ - ſer Vorſichtigkeit.

Auſſerhalb Tygerthieren haben wir noch ein ſehr grauſames Thier / Jakhals oder Boshond, das iſt boͤ - ſer Hund genennet. Es haͤlt ſich ſelbiges am meiſten bey Acra und Aquamboe auf / denn hieherum wird es wenig geſehen; ſie ſind ungemein wild und kuͤhn / freſſen Menſchen und Vieh / Kuͤhe / Schweine / Ham - meln / und was ihnen vorkommt.

Des Nachts kommen ſie bis unter die Mauren un - ſerer Veſtung zu Acra, um die Schwein - und Schaff - ſtaͤlle zu viſitiren / da man ihrer unterſchiedliche auf folgende Art niedermachet. Es legen unſere Leute ein ſtarck geladenes / und in einem Kaͤſtlein wohl verwahr - tes Gewehr hin / und binden daran ein Viertheil von Schweine oder Schaaff / ſo daß das Thier es mit ſei - nem Ruͤſſel abreichen koͤnne / wenn nun ſelbiges das Fleiſch nur in etwas beruͤhret / ſo gehet das Gewehr loß / und bekommt alſo zum Danck ſeines veruͤbten Dieb - ſtahls ein 3. oder 4. Kugeln in den Leib / welches ſchier niemahls fehlet / wenn nur das Gewehr auf gehoͤrige Art geſtellet iſt.

T 2Jn292Beſchreibung

Jn Verfolg meiner Beſchreibung von wilden und gefraͤſſigen Thieren / folget der Cayman, oder unter mehr bekandtem Nahmen der Crocodil. Selbiges gehoͤret unter itzt beſagte Thiere nicht / weil ich ſelbſt Erfahrung davon habe / ſintemahlen Zeit meines Hie - ſeyns ich niemahls gehoͤret / ob haͤtte es einen Menſchen oder Vieh gefreſſen / ſondern weil ich in andern glaub - wuͤrdigen Autoribus unterſchiedliche Exempel von deſſen Grauſamkeit und Gefraͤßigkeit geleſen habe.

Es giebet ihrer in allen hieſigen Fluͤſſen eine un - glaubliche Menge / inſonderheit zu Chama und Bou - try, allwo am letzteren Ort ich oͤffters mehr als 50. an einem Tage geſehen / darunter einige ſo viel ich ſehen konte / ohngefehr zwantzig Fuß lang waren.

Wie nun hievon viele Autores allbereit geſchrie - ben haben / will ich nur dieſes hinzuſetzen / was jene viel - leicht ausgelaſſen / oder vergeſſen haben. Sein Leib iſt mit einer ſehr harten Haut bedecket / in Geſtalt vier - eckigter Schuppen / ſo / daß wenn er alt iſt / mit einer Kugel nicht fuͤglich durchzubohren; und ſind die davon gemachte Muͤtzen derer Mohren ſo hart wie ein Bein / daß mit keinen Saͤbel durchzuhauen / und einem Schildkroͤten Bein nicht unaͤhnlich ſind. Deſſen Unterleib aber iſt etwas weicher; wiewol ſelbige ſo li - ſtig / daß ſie dieſen nicht bloß geben / folglich ſehr ſchwer zu ſchieſſen / es ſey denn daß ſie recht in den Kopff ge - troffen werden. Bey heiſſen Sommer-Tagen kom - men ſie ſehr haͤuffig auf den Strand oder Ufer des Fluſſes / um ſich an der Sonnen zu erwaͤrmen; ſo bald aber erblicken ſie keinen nicht / ſo ſchleichen ſie allmaͤh - lich nahe an das Waſſer / und werffen ſich als dann mit groſſem Geraͤuſche in den Fluß / allwo ſie alſofort ſichver -293des Landes Gvinea. verbergen; es ſcheinet auch als waͤren ſie zum lauffen gar nicht geſchickt / es ſey denn wenn die Menſchen auf dem Lande von ihnen verfolget werden / ſo daß jene gar leichtlich von ihnen erhaſchet / wenn die Menſchen mit continuirlichen in die Runde lauffen / dieſelbige nicht abmatten. Zwar mag dergleichen Exempel wol ehe - mahls geſchehen ſeyn / wiewol ich mich nicht ſehr fuͤrch - ten wuͤrde / wenn ich auf der Erden waͤre; hingegen aber im Waſſer mich nicht wagen wolte / ohngeachtet doch niemahls von einigem Ungluͤck gehoͤret.

Sie ſehen gantz braun aus / und ſind recht garſtige / heßliche Thiere. Was ſonſten von ihren Thraͤnen oder anderwertigen Liſtigkeiten die Menſchen zu er - haſchen / erzehlet wird / kan ich nicht wol glauben.

Unter die gefraͤßigen Thiere wird auch gemeinig - lich das wilde Schwein gezehlet / und zwar nicht un - fuͤglich / weil ſie denen in Europa vollkommen gleich ſeynd. Wir haben ihrer etliche in der Gegend nach dem Gold-Lande / ſie ſind ſehr boͤſe / aber trefflich deli - cat und lecker zu eſſen / angeſehen ſie ſehr zartes / fettes Fleiſch haben / und dahero ſelbiges offtermahls ge - noſſen.

Von wilden und gefraͤßigen / kommen wir numehro auf andre Art von Thieren / damit hieſiges Land uͤber - aus angefuͤllet iſt / ich meyne die Hirſche / welche durchs gantze Land in unbegreifflicher Anzahl ſich finden laſ - ſen / ſonderlich zu Acra und Ante, allwo ſie oͤffters zu vielen hunderten geſehen werden.

Die Mohren wollen uns von ihnen glaubend ma - chen / daß dieſe Thiere ſo liſtig und verſchlagen / daß ſie einige unter ihnen gleichſam auf die Schildwache an allen Wegen und Zugaͤngen ausſetzen / um acht zu ha -T 3ben294Beſchreibungben / ob jemand ankomme / und desfals die uͤbrigen zu warnen / ich kan hievon mit keiner Gewißheit ſprechen / wiewol ich mich erinnere eben dergleichen anderswo geleſen zu haben.

Es giebet ihrer mehr als zwantzigerley Gattung / de - ren eine ſo groß iſt als kleine Kuͤhe / andre als Ham - meln / ja gar nicht groͤſſer als Katzen / die meiſten ſind roͤhtlich mit einem braunen Strich laͤngſt dem Ruͤ - cken / andre ſind eben ſo roht aber mit weiſſen Strichen artig und ſauber gezieret; durchgehends aber ſind ſie trefflich gut zu eſſen / inſonderheit die zwey Gattungen / ſo bey uns vor ein groſſes Leckerbißlein gehalten wer - den / die eine iſt etwas graulicht / deren zweyfachen Ab - riß ihr finden koͤnnet unter No. 1. und 2. ohngeachtet ſie einerley Guͤte / ſind dieſelbige dem aͤuſſerlichen An - ſehen nach ſehr unterſchieden / indem ſie beyde ohngefehr zwey Fuß lang / die eine aber etwas hoͤher von Fuͤſſen iſt als die andre.

Uberdem mercket noch eine andre Art / welche wol die Helffte kleiner / und roht von Farbe iſt / es ſind dieſe vollkommen ſchoͤne Thiere mit ſehr kleinen ſchwartzen Hoͤrnern / und ſehr kleinen Fuͤſſen / welche mit der Lei - bes Laͤnge ziemlich uͤbereinkommen / aber ſo ſubtil ſeynd / daß einige nicht dicker als eine Tobackspfeiffe; ihr werdet dergleichen in Gold eingefaſſet / nebſt dieſem Brief empfangen / weil ich ſelbige nicht habe koͤnnen abreiſſen laſſen / zweiffle nicht es werde euch ange - nehm ſeyn.

Unter Numero 3. werdet ihr noch eine andre Art Hirſche finden / welche ohngefehr vier Fußlang / aber nicht ſehr hoch ſind / hingegen / von Fuͤſſen / Hals und Ohren ſehr lang / dunckelgelb oder orange von Farbe /mit

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295des Landes Gvinea. mit weiſſen Strichlein untermiſchet. Mehrere Art Hirſche habe ich noch zur Zeit nicht finden koͤnnen.

Wie geſchwinde nun dieſe Thiere ſeyn / iſt zur Gnuͤ - ge bekandt / indem inſonderheit die kleinen ungemein behende gantz entſetzliche Spruͤnge thun / zum wenig - ſten in Anſehung ihres kleinen Leibes; und habe ich ge - ſehen / daß einige von denen ſo wir gefangen hatten / uͤber eine Mauer von 12. Fuß hoch heruͤbergeſetzet / da - hero ſie die Mohren auch der Hirſche ihre Koͤnige be - nennen.

Jn Apam, Acra und Fida findet ſich eine Art Haa - ſen gleich denen ſo wir auf hollaͤndiſch Steenhaaſen heiſſen / und in itzt beſagten dreyen Oͤrtern in unbe - ſchreiblicher Anzahl ſich aufhalten / davon ich anitzo nichtes wiederholen will / weilen allbereit hievon Erin - nerung gethan in meinem Briefe vom Lande Acra.

So giebet es auch Stachel-Schweine / wiewol nicht ſehr haͤuffig / angeſehen wir zum wenigſten nicht viel davon bekommen; ſelbige wachſen bis zwey / zuweilen drittehalb Fuß hoch / und haben ſo ſcharffe und ſpitzige Zaͤhne / daß kein Holtz zu hart oder zu dick iſt. Einſtens ſetzte ich dergleichen Thier in eine Tonne / in der Einbil - dung es wuͤrde hieſelbſt gar wohl verwahret ſeyn; allein es hatte in einer Nacht ſich durchgenaget und heraus practiciret / ſelbſt in der Mitten allwo die Staͤbe am meiſten auswerts gebogen.

Es iſt auch ſo vermeſſen und boͤſe / daß es auch die al - lergreulichſten Schlangen davon wir unten mit meh - rerem handeln wollen / anzupacken ſich gar nicht ſcheuet. Wenn es gantz erhitzet iſt / gehet es mit ungemeiner Ge - ſchwindigkeit auf Menſchen und Vieh loß / mit ſeinen zuweilen zwey Spannen langen Zaͤhnen ſo ſtarck ein -T 4hau -296Beſchreibunghauende / daß auch ein Brett nicht widerſtehen koͤnnte. Jhr Fleiſch wird ſowol von Mohren als einigen Weiſ - ſen vor ein ſehr leckeres Eſſen gehalten.

Uber dieſe finden ſich noch andre kleine Thiere / denen Jgeln nicht ungleich / ausgenommen daß ſich jene ſo eng in die Runde nicht koͤnnen zuſammenlegen / als von dieſen in Holland geſehen wird.

Jhr werdet auch unter numero 4. einen Abriß vom gewiſſen Thiere finden / welches die Mohren Potto nennen / bey uns aber unter dem Nahmen Luyaerd bekandt iſt / ſonder Zweiffel wegen ſeiner Traͤgheit und langſamen Bewegung / denn 10. Schritt zu verrich - ten mit lauffen oder vielmehr kriechen / muß es einen gantzen Tag zubringen.

Es erzehlen hievon einige Autores, daß wenn es auf einen Baum gekommen / niemahlen ehender herunter - ſteige / bis es nicht nur deſſen Fruͤchte / ſondern ſo gar alle Blaͤtter abgefreſſen / folgends ſehr glat und fett ſey wenn es herunter kommt / habe hingegen ſo viel Zeit noͤ - thig ehe es wieder an einen andern Baum fortkriechet / daß wenn es auch auf dieſen heraufgeklettert / alle ſeine vorige Fettigkeit verlieret; im Fall auch daß dieſe zwey Baͤume etwas weit von einander ſtuͤnden / unter We - ges aber nichts zu freſſen waͤre / muͤſte es auf dem hal - ben Wege ſterben. Wiewol in itzt beſagten allen mich auf eines andern Zeugniß beziehe / ohne daß ich gut da - vor ſeyn wolte ob es wahr ſey oder nicht / genung daß es bey den Mohren nichts unbekandtes iſt. Das Thier an ſich iſt ſo heßlich und greßlich / daß ich mir ſeines glei - chen in allen Theilen der Welt nicht einbilden kan / ihr werdet daſſelbige aus beygeſandten Abriß fuͤglich er - kennen koͤnnen / ſeine Vorder-Fuͤſſe gleichen einesMen -297des Landes Gvinea. Menſchen Haͤnden / der Kopff iſt nach Proportion des Leibes ungemein groß. Dieſes welches allhie abgeriſ - ſen worden / war Maus-Farb und noch gantz jung / da - hero das Fell gantz glatt und gleich ſcheinet; an ſtatt daß wenn ſie etwas alt werden / wie ich derſelben eines zu Elmina 1699. geſehen habe / gantz roht ſeynd / und ihre Haare nicht anders als Wolle-Locken werden. Son - ſten kan ich hievon nichtes mehrers ſagen / als daß es ohne Entſetzen nicht anzuſehen / auch uͤber ſeine ſcheuß - liche Geſtalt nichts beſonders habe.

Es giebet auch im Felde gewiſſe Thiere / denen Ra - tzen nicht ungleich / ausgenommen daß ſie groͤſſer ſeynd als Katzen; dahero wir ſelbige in Nieder-teutſcher Sprache Bosrotten, oder Waldratzen nennen / ſie halten ſich ſtets bey dem geſaͤeten Lande auf / und ver - derben ſelbiges ungemein ſehr. Derer Mohren ei - nige ſowol als die Weiſſen machen viel Wercks von ſeinem Fleiſch / indem ſie es vor ein ſonderlich Leckerbiß - lein halten / und in Wahrheit nicht unbillig / wenn der Nahme und die greßliche Geſtalt einem nicht den Eckel verurſachte; indem diejenigen ſo ſich hieran nicht keh - ren / ein ſchoͤnes Eſſen haben; inſonderheit wenn ihm der Kopff / die Fuͤſſe und Schwantz abgehauen wird / wie es einige thun ehe ſie es zur Tafel bringen / um die Heßlichkeit des Thiers in etwas zu benehmen; als denn es nicht unangenehm iſt vor ſolche die hierum nicht wiſſen; ſintemahlen es ſehr zartes / fettes und leckeres Fleiſch iſt.

So hat man noch eine andre Art von Bosrotten, oder Waldratzen / inſonderheit zu Axim, welche noch einmahl ſo lang als die vorigen / von Leibe aber viel ſchmaler und kleiner Boutees genennet / und auſſer -T 5halb298Beſchreibunghalb den Mohren von denen Weiſſen wenig gegeſſen werden. Sie thun dem Milhio und dem Reiß / ſo die Mohren allbereit in ihren Haͤuſern verſchloſſen und verwahret / ſehr groſſen Schaden / ſie koͤnnen in ei - ner Nacht von dem geſaͤeten mehr zu nichte machen als hundert Ratzen / weil ſie ſich nicht allein dick freſſen / und vieles wegtragen / ſondern auch alles was ihnen vor - kommtverderben und zu Schande machen.

Wilder Katzen giebet es drey oder viererley Art / darunter auch die Ziebethkatzen gehoͤren / welche anitzo in Holland ſo bekandt ſind / daß hievon zu melden unnoͤ - thig iſt; nur allein dieſes / daß ſelbige uns zu kauff gebracht werden wenn ſie noch ſehr jung ſeynd / und 1. oder zwey Thlr. koſten. Man ſparet keine Muͤhe die - ſelbige zu fuͤttern / mit ihrer gewoͤhnlichen Koſt von Milhio mit ein wenig Fleiſch oder Fiſch zuſammenge - ruͤhret. Das Ziebeth bekommen ſie in ihrer Jugend / und iſt derer Maͤnnlein ihres viel beſſer als derer Weiblein / in Anſehung dieſe letztere ihr Waſſer nie - mahls aufhalten koͤnnen / ſondern daſſelbige in den Sack lauffen laſſen allwo das Zibeth ſich ſammlet / und es alſo gaͤntzlich verderben.

Von andern wilden Katzen habe ich weiter nichts zu melden / als daß ihre Haut nicht anders wie eines Tygerthiers geſprenget und fleckigt iſt / auch eben ſo gifftig und boͤſe ſind wie dieſe. Dahero ſie unter Huͤh - nern wenn ſie dabey kommen / ſehr groſſen Schaden zu thun pflegen.

Uberdem habe ich noch andre kleine Spitzmaͤuſe ge - ſehen / welche einen ſehr angenehmen muſcus Geruch von ſich geben / niemahls aber mercken koͤnnen / daß ſie auch ſo ein Saͤcklein haͤtten wie die Ziebethkatzen / da -hero299des Landes Gvinea. hero ich mir einbilde / es muͤſſe dieſer Geruch durch ihre Haut ausrauchen.

Sonſten finden ſich noch 3. oder 4. Gattungen von aller hand kleinen Thieren. Die erſtere findet ihr un - ter numero 5. einer Katzen nicht unaͤhnlich / ausge - nommen der Ruͤſſel etwas ſpitzer / der Leib klein / und ge - ſprengelt wie die Ziebethkatzen iſt. Die Mohren nen - nen es Berbe, und die Hollaͤnder Weinſaͤuffer / weil es den Palmenwein ungemein gern trincken mag.

Die andre iſt nicht viel groͤſſer als eine gemeine Korn-Ratze / grau und roͤthlich von Farbe / mit weiß untermiſchet / ihr Schwantz mit ſeinen langen eben ſo geſprengelten Haaren / iſt 3. Finger breit / und traͤget denſelbigen ſehr zierlich uͤber den Ruͤcken bis auf den Hals: man nennet ſie zwar auch Weinſaͤuffer / wiewol ſie fuͤglicher Eichhoͤrnlein koͤnnten benennet werden.

Die dritte iſt bey vollem Wachsthum ſchier die Helffte groͤſſer als dieſe / und von derſelbigen Farbe. Eine ungemein boͤſe Art / welche mit ihren ſpitzigen Zaͤh - nen ohne Unterſcheid wider Menſchen und Vieh in Zeit der Noht ſich beſchuͤtzet. Die Mohren nennen ſie Koekeboe; ſelbige verfolgen die Huͤhner inſonderheit / doch nicht wie Herr Foqvenbrog behaupten wollen / als ob ſie die Huͤhner mit den Hindern auffangen koͤn - ten. Sintemahlen es ſolcher Liſtigkeit hiezu gar nicht be - noͤthiget / weil es geſchwinde genung die Huͤhner ver - folgen kan / auch an Kraͤfften ihm nichts mangelt die - ſelbige zwifchen den Vorder-Fuͤſſen hinweg zu fuͤhren. Jch habe ihrer unterſchiedliche / gleichwol bis dato noch nicht ſehen koͤnnen / daß ſie von hinten roht ſeynd (wie obgemeldter Autor davon ausgeben wollen) ohnge - achtet alles meines fleißigen Nachſuchens. Werdedem -300Beſchreibungdemnach nicht billigen koͤnnen was itzt erwehnter Au - tor von dem Thiere geſchrieben; indem ich ſelbſt der - gleichen etwas weder geſehen / noch auch von Mohren oder Weiſſen die Beſtaͤtigung des Autoris ſeiner Meynung gehoͤret.

Es iſt uns dieſes Thier ſehr unbekandt (oder vielmehr dieſe Thiere / weil ihrer unterſchiedlicher Arten ſeynd) daß ich wenig davon zu melden habe / wannenhero ich zu einem andern ſchreite / welches ſo zu Lande als Waſ - ſer lebet / und von den Mohren Leguaen genennet wird. Es ſiehet einem Crocodillen nicht ungleich / iſt ſelten uͤber vier Fuß lang / ſchwartz und mit kleinen run - den Flecken geſprengelt / und hat ein trefflich hartes Fell; Menſchen und Vieh laͤſſet es unberuͤhret / hinge - gen aber machet es unter den Huͤhnern offters ein groſ - ſes Blutbadt. Sein Fleiſch wird von unterſchiedli - chen Weiſſen gegeſſen / welche behaupten wollen / daß es viel beſſer und ſchmackhafftiger ſey als das Huͤhner - fleiſch ſelbſt. Zu Mouree und anderswo haͤlt man es vor einen Goͤtzen.

Unter numero 8. findet ihr ein gewiſſes Thier / ſo ſich im Gehoͤltz aufhaͤlt / ſchmahl und lang von Leibe / mit einem langen Schwantz / an deſſen Ende ein groſ - ſer Knopff iſt; hat langes aus einander fliegendes / roͤht - liches / etwas ins braune fallendes Haar / und wird von den Mohren Arompo oder Menſchenfreſſer be - neñet / weil es ſich von todten Menſchen Coͤrpern erneh - ret / welche es ausſcharret / und nachmahls aufffriſſet / nicht anders / als ob es augenblicklich wuͤſte / wo ein Menſch erſchlagen iſt.

Es wollen hievon die Mohren berichten / daß wenn es zu einem ſolchen Coͤrper ſich naͤhert / oder ſelbigen amWege301des Landes Gvinea. Wege findet / ſich nicht alſo fort an ihm mache / ſondern zuvor unterſchiedliche mahl um denſelbigen herumge - he. Davon ich keine Urſach weiß zu geben / wiewol die Mohren folgende anfuͤhren wollen / damit es zu erken - nen geben moͤge / wie man ſich eines fremden Gutes weder ſolle noch koͤnne bemaͤchtigen / ehe und bevor man einige Muͤhe und Sorge desfals angewendet. Was hierunter eigentlich verborgen / laͤſſet ſich nicht wohl ſagen / doch halte ich davor / daß es aus einer allen Thieren natuͤrlichen Furcht geſchehe / und desfals rund um ſich ſehe / ob es jemanden erblicke / der ihm dieſen Raub koͤnne oder wolle entnehmen.

Anitzo laſſet uns etwas von Affen reden; es ſind dieſe bey tauſenden / und ſo unterſchiedlicher Gattung allhie / daß man ſich daruͤber entſetzen mus / und alſo nicht moͤglich ſelbige durchgehends zu beſchreiben; wannen - hero nur etliche derſelbigen vor itzo zu beruͤhren mich entſchloſſen.

Die haͤuffigſten und gemeinſten ſind die auf hollaͤn - diſch genennete Smitten, dunckel-rohr von Farbe / und ſehr groß / indem ich mit meinen Augen geſehen welche fuͤnff Fuß hoch waren / und ein weniges kleiner als ein Menſch. Sie ſeynd ſehr boͤſe und kuͤhn / wiewol die - ſes was ein Engellaͤndiſcher