PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Reyſe nach GVINEA, oder ausfuͤhrliche Beſchreibung daſiger Gold-Gruben / Elephanten - Zaͤhn und Sclaven-Handels / nebſt derer Einwohner Sitten / Religion / Re - giment / Kriegen / Heyrathen und Begraͤb - niſſen / auch allen hieſelbſt befindlichen Thieren / ſo bishero in Europa un - bekandt geweſen.
Nun aber ins Hochteutſche uͤberſetzet / und mit Kupffern gezieret.
Hamburg /Jn VerlegungSamuel Heyl / und Johann Gottfried Liebezeit /M DCCVIII.

Vorrede.

ES iſt insgemein bey allen Auto - ribus die uͤbliche Gewohnheit / daß ſie vor ihre Schrifften eine Vorrede ſetzen: Einige halten ſie vor eine bloſſe Zierath und kein weſentliches Stuͤck ihrer Buͤcher. Andre aber vor eine unumgaͤngliche Nothwendigkeit aus fol - genden Urſachen: erſtens weil die Vorrede einen Vorſchmack giebet alles deſſen / was und wie der Autor ſolches abzuhandeln ge - ſinnet ſey / vermittelſt welcher die vom Au - tore beliebte Ordnung und Einrichtung der Materie gar leichtlich zu begreiffen; zwey - tens weil man aus der Vorrede von Faͤ - higkeit eines Autoris urtheilen kan / folg - lich einiges Vergnuͤgen aus deſſen Werck ſich verſprechen. Doch laſſe ich dieſes un - ausgemachet / und folge dem Exempel derer letzteren.

Es iſt aber nunmehro die Welt mit ſo): (vie -Vorrede. vielen Buͤchern angefuͤllet / daß faſt unmoͤg - lich ſcheinet etwas Neues vorzubringen / da - fern man nicht eine neue Welt entdecket / angeſehen faſt kein Land / keine Nation zu finden / daruͤber nicht allbereit viele Scri - benten ſich muͤde geſchrieben / ſo daß ich ſchier in Bedencken geſtanden mit dieſer meiner neuen Arbeit hervorzukommen. Doch habe ich das alte Sprichwort derer Roͤmer wahr machen wollen / Africa brin - ge alle Tage was Neues / in Anſehung daß das Land Gvinea, welches einen Theil von Africa, und nicht von Weſt-Jndien wie ei - nige davor halten / ausmachet / (denn die - ſes ja in America, folglich in einem gantz andren Theil der Welt lieget) nicht nur uns / ſondern auch allen Europaͤern mei - ſtentheils noch ſehr unbekandt / und wenig gruͤndliches davon im Druck gemein ge - machet worden / ohne was hin und wieder in Buͤchern gefunden wird. Dieſes aber beſtehet mehrentheils in lautern Maͤhrlein / und hat wenig Grund / ſo daß wir bis hie - her eine ſehr zerſtuͤmmelte Nachricht von Gvinea gehabt haben.

Nun habe ich jederzeit auf gute Buͤcher / inſonderheit aber Geſchicht - und Reyſe-Be - ſchreibungẽ ſehr viel gehalten / in AnſehungdesVorrede. des daraus entſtehenden groſſen Nutzens / vermittelſt welchem unterſchiedlicher Voͤl - cker Sitten und Lebens-Arten wir uns be - kandt machen / folglich die uns gleichſam angebohrne Neugierigkeit einigen Theils beruhigen koͤnnen. So daß ich von zarter Jugend an nichtes hefftiger geliebet als ei - ne von glaubwuͤrdiger Hand geſchriebene Reyſe-Beſchreibung.

So groß aber die Begierde war zu einer aufrichtigen und unverfaͤlſchten / ſo und noch viel groͤſſer war der Abſcheu und Eckel den ich wider diejenigen ſpuͤrete welche an ſtatt der Wahrheiten lauter Luͤgen mit un - termiſchen; denn weil ſolche Leute niemahls auſſerhalb der Stadt ſich wagen / muͤſſen ſie alles vor richtig und wahr annehmen was ihnen von fremden Laͤndern vorgeſchwatzet wird / eben wie dorten der Ariſtoteles auf empfangenen Befehl vom Alexander, er moͤchte die Natur aller Thiere beſchreiben / alle Wandersleute zu ſich fodern lieſſe / und nach deren Ausſage ſein Werck vollfuͤhrete. Man koͤnte dieſem noch einiger maſſen ſol - ches zu gute halten / weil zu der Zeit die Welt noch nicht ſo ſehr durchwandert oder bekandt war: heute zu Tage aber wuͤrde der - jenige Autor ſehr thoͤricht handeln / und ſich): (2zumVorrede. zum Gelaͤchter aller Reyſenden darſtellen / der ſeine Beſchreibung auf dieſer ihren Mund gruͤnden wolte / indem er beſorgen muͤſte es wuͤrden ihn dieſe Leute ſelbſt eini - ger Unwahrheiten uͤberfuͤhren / und vor ei - nen Maͤhrlein-Erzehler ausſchelten.

Dannenhero habe ich nicht verſchweigen koͤnnen was einige Autores im letzten Jahr - hundert aus anderer Leute Maͤuler ohne die ſelbſteigene Erfahrung herausgege - ben / vielmehr aber hoͤchſt noͤthig gefunden dieſelbige in ihren uͤbel gegruͤndeten Be - ſchreibungen eines beſſeren zu uͤberfuͤhren / und der gantzen Welt die eigentliche Wahr - heit zu erkennen zu geben. Solten hie - durch einige geruͤhret ſeyn / und meine ge - genwaͤrtige Arbeit ſo wie ſie gedrohet / durchhecheln wollen / will ich dieſes zum Troſt nehmen / daß ſie keine Luͤgen darinn finden werden. Geſtalt denn dieſes unter andern Urſachen mich am meiſten bewogen Europa zu verlaſſen / und diejenige Wahr - heiten ſo ich in vielen Reyſe-Beſchreibun - gen geleſen / mit meinen Augen zu unterſu - chen. Es hat mir das Gluͤck in den 13. Jahren ſo ich in Gvinea zu gebracht / hie - zu ſonderliche Gelegenheit gegeben / ſo daß ſchier kein Ort im gantzen Lande / wo ich nicht einige Zeitlang gewohnet / folglichVorrede. lich meine eigene Erfahrung zum Zeugen[r]uffen koͤnne. Da nun aber wie mich duͤnck -[t]e / nicht genung war meine eigene Neu - gierigkeit zu befriedigen / wenn nicht auch der Naͤchſte hiedurch gebeſſert wuͤrde / und daß alles wie ſchoͤn es auch im̃er ſeyn moͤch - te / dennoch ſeine Schoͤnheit verliehre fals es bey mir alleine bliebe / bin ich inſonder - heit veranlaſſet worden / alles was ich mit groſſem Vergnuͤgen geſehen / in gegenwaͤr - tige Blaͤtter zuſammen zu tragen / und dem vielen Anhalten einiger guten Freunde wie ſolches aus dem Anfang erſteren Send - Schreibens erhellet / Gehoͤr zu geben.

Jſt demnach ohne ferneren Auffenthalt mein einiges Abſehen dieſes geweſen / daß ich einen umſtaͤndlichen Bericht hieſieger Laͤnder abbilden moͤchte / damit inskuͤnffti - ge diejenigen / welche allhie ihr Gluͤck ſu - chen / oder auch unſere bisherige Zwiſtigkei - ten ſchlichten wolten / ihre Meſures darnach nehmen koͤnnten. Jch zweiffle nicht es wer - de bey einigen guten Nutzen ſchaffen / laſſe mich auch an ſtatt einer Belohnung vor al - le meine Muͤhe und Unkoſten mit einer guͤ - tigen Aufnahm gerne genuͤgen.

Zwar hatte ich anfaͤnglich meine Arbeit in 5. Buͤcher und noͤthige Capitel eingethei -): (3letVorrede. let. Das erſtere handelte von der Beſchaf - fenheit des Landes wo das Gold gefunden wird / wie groß und wie ſolches beſchaffen ſey / in wie viel Laͤnder es eingetheilet / wie fruchtbar und was derer Einwohner mei - ſte Arbeit ſey.

Das Zweyte von denen Einwohnern ins - geſamt / wie ſie geſinnet / was fuͤr Sitten und Gebraͤuche / Gottesdienſt / Regierung und Haushaltung ſie fuͤhren.

Das Dritte von der Handlung wie die - ſelbige fortgeſetzet werde / theils von unſe - rer Compagnie, theils auch andern Euro - paͤern und denen Mohren daſelbſt.

Das Vierdte von allen ſo zahmen als wilden vierfuͤſſigen Thieren des Landes / von Ungeziefer / Voͤgeln / Fiſchen / Feld - und Baum-Fruͤchten.

Das Fuͤnffte und Letzte von den Koͤnig - reichen Landingcour, Coto, zweyen Popos, dem ſchoͤnen Lande Fida, und endlich von meiner im Jahr 1690. angeſtelleten Reyſe. Nachgehends aber habe ich Gelegenheit be - kommen mein Vornehmen zu aͤndern / und das gantze Werck in Briefen vorzuſtellen / die ich mit obbeſagtem Freunde gewechſelt. So daß ich ſelbiges in 22. Briefen zuſam - men gefaſſet / deren jeder ſo vieles in ſich haͤltalsVorrede. als die Zeit hat zulaſſen wollen. Die hin - ten an ſtehende zwey letzte Briefe ſind mir durch zwey Perſohnen zugeſchickt worden welche in der Compagnie Dienſte ſtehen / und von Beſchaffenheit gewiſſer Laͤnder dahin ich niemahls gekommen / handeln. Jch hoffe nicht mit der geaͤnderten Einthei - lung dem Leſer einigen Mißfallen zu erwe - cken / um ſo viel weuiger / weil ein jeder Brief etwas neues darſtellet / und folglich um ein merckliches angenehmer.

Nur dieſes habe ich offtermals beklaget / daß ich nicht zeichnen gelernet / inſonderheit weil im gantzen Lande keine Seele zu finden ſo hierinn waͤre erfahren geweſen; wenig - ſtens gedaͤchte ich mein Buch viel anſehnli - cher zu machen / fals es in behoͤrigen Kup - fern alle die unbekandte Dinge aufzeigen koͤnte davon die Rede iſt / folglich den Augen als edelſtem Theile des Leibes die ſchuldige Vergnuͤgung geben. Endlich da ich ſchon ziemlich weit in meiner Arbeit gekommen / fande ſich ein ſolcheꝛ Kuͤnſtleꝛ / dem ich deswe - gen ohne Zeit-Verluſt unterſchiedliches zu thun gabe / und den Abriß von allen Ve - ſtungen machen lieſſe / welche von Elmina Oſt-werts liegen, und theils denen Engel - laͤndern und Hollaͤndern / theils denen): (4Daͤh -Vorrede. Daͤhnen zuſtaͤndig ſeyn. Reyſete auch ſelbſt mit ihm im Lande herum und zeigete ihm dieſe Veſtungen / damit er ſo viel beſſer zu rechte kommen koͤnte / (weil ich ohne dem vom Herrn General Sevenhuifen in Sa - chen der Compagnie etwas zu verrichten hatte) Nachdem hat er auch die Thiere ſo ich vor uns daher leiten lieſſe / ſehr natuͤrlich abgezeichnet / worinn er viel fertiger war als in Veſtungs-Riſſen / ſo daß ich hoffe man werde in jenen keine ſonderliche Fehler fin - den / es ſey denn in gewiſſen Grund-Re - geln der Mahler-Kunſt / welche von denen Unerfahrnen nicht beobachtet werden. Al - lein kaum hatte ich mich entſchloſſen mit dieſem Menſchen von Elmina Weſt-werts zu reyſen / ſo uͤberſchnellete ihn der nichts verſchonende Todt in ſehr wenig Tagen / daß alſo mein angefangen Werck nicht vollfuͤhren konte. Maſſen ich ſeit dem kei - nen Menſchen angetroffen der mir hierinn haͤtte behuͤlfflig ſeyn koͤnnen / wird alſo hof - fentlich der Leſer mit gegenwaͤrtigem zu - frieden ſeyn.

Anitzo bitte diejenigen ſo dieſes Buch le - ſen werden / nicht uͤbel auszulegen / noch ſich zu aͤrgern / wenn an einigen Oertern etwas freye Redens-Arten brauche. MeinAb -Vorrede. Abſehen iſt nicht jemanden dadurch zu belei - digen / ſondern bloß und allein unſere Nach - koͤmmlinge zu unterrichten / daß ſie ſich de - ren zu gewiſſer Zeit und Nutzen bedienen koͤnnen. Dafern ſich aber jemand touchi - ret befinden ſolte / ſey derjenige verſichert / daß ich gar nicht zuͤrnen werde / weil nicht noͤthig zu ſeyn erachte / daß man die Wahr - heit verheele um eines andern Unrecht - maͤßigkeit nicht zu entdecken. Solten auch hingegen andre gutgeſinnete Leute ſeyn / welche uͤber ein oder andre Oerter noͤthige Erklaͤrung verlangen / bin ich jederzeit wil - lig und bereit / angeſehen alles dasjenige was hierinnen befindlich / gegen jederman mit geziemender Hoͤfflichkeit zu behaupten gedencke.

Sonſten habe ich mich moͤglichſter Kuͤr - tze befliſſen / ohne welche ich noch ein ſo groſ - ſes Buch haͤtte verfertigen koͤnnen / wenn ich entweder unterſchiedliche Kleinigkeiten mit eingeſchoben / oder auch die darinnen verhandelte Begebenheiten weitlaͤuffti - ger ausgefuͤhret haͤtte. Allein ich laſſe es auf das Urtheil verſtaͤndiger Leute an - kommen / und glaube nicht daß durch ſol - che Kuͤrtze dem Leſer einiger Verdruß er - wachſen werde / da vielmehr derſelbe bey ei -): (5.nerVorrede. ner langwierigen Beſchreibung an ſtatt der Vergnuͤgung nichts als Verdruß und Widerwillen finden wuͤrde.

Womit ich ſchlieſſe / und von Hertzen wuͤnſche / daß der Leſer mit gegenwaͤrtiger meiner Arbeit gedienet / vergnuͤget und be - luſtiget ſeyn moͤge. Dagegen ich mich ver - binden werde zu ſeyn /

Deſſen Unterthaͤnigſter Diener Wilhelmus Boſman.
J. N.
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J. N. J. C. Eine Neue Beſchreibung des Landes GVINEA. Erſtes Send-Schreiben.

Darinnen gehandelt wird vom Lan - de Gvinea insgemein / von der Landſchafft Axim inſonderheit; Was die Hollaͤnder und Brandenburgiſche hierinnen beſitzen; Von der uͤblen Regierung derer Letztẽ; End - lich von dem Fluß Cobre, und dem Ungluͤck / ſo ſich daſelbſt in einer Feſtung zuge - tragen.

Mein Herr!

JCh habe aus deſſen Brieff / welchen mir der Ca - pitain vom 1. Decembr. 1700. eingehaͤndiget / mit ſonderlichem Vergnuͤgen erſehen / wie daß meine Sachen einen guten Fortgang genommen / welchesAich2Beſchreibungich allein deſſen Fleiß und wohl-gegruͤndeten Vorſorge zuzuſchreiben habe; Dannenhero nicht weniger thun kan / als daß ich davor hohen Danck abſtatte / und die Verſicherung gebe / mit allen meinen Vermoͤgen da - hin bedacht zu ſeyn / daß ich vor deſſen erwieſene Dienſt - willigkeit erkenntlich ſeyn moͤge; Jedennoch kan ſelbi - ges nicht ohne Muͤhe von mir geſchehen / auf die Art wie ihr es verlanget / ich meyne / wenn ich eine gruͤnd - liche und genaue Beſchreibung von dieſem Lande euch zuſenden ſoll / dann ohngeachtet ich billig eine vollkom - mene Wiſſenſchafft davon haben ſolte / weil ich ſo lan - ge alhie gewohnet / und folglich geſchickt genug ſeyn / demſelben ein Genuͤgen zu thun / ſind nichts deſtowe - niger Urſachen genug / die mir hierin einen Wider - Sinn verurſachen / deren zwey vornehmſten folgende ſind. Erſtlich / daß ich meiner Unvermoͤgenheit ſo viel nicht zutraue / welche mich uͤberfuͤhret / daß es un - moͤglich ſey / euch zu Willen zu leben / weil meine ge - ringe Feder nicht in gehoͤriger Ordnung die Sachen wird vortragen koͤnnen / ſo ich zu erwehnen habe. Die zweyte Urſache / ſo noch wichtiger iſt / iſt dieſe / daß / da - fern ich in Dienſten der Oſt-Jndiſchen Compagnie lebte / mir wol erlaubt waͤre / ihren Zuſtand zu entde - cken; Nun aber / da ich in ſolcher Ungewißheit mich be - finde / habe ich gewuͤnſchet / einer ſo beſchwerlichen Laſt entohniget zu ſeyn / damit wir beyde nicht in Geſahr kommen moͤchten / ſo uns zu fruͤhe gereuen doͤrffte. Allein ich habe ſo viel Liebe und Freundſchafft vor euch / daß mit Hindanſetzung aller ſolcher Schwerigkeit dennoch ſuchen will / eurem Verlangen abzuhelffen / doch mit der Bedingung / daß ihr meine Schreib-Art beſtens deuten / und ſelbige / vermoͤge eurer gewoͤhnli -chen3des Landes Gvinea. chen Guͤte / vollkommen machen wollet / euch verſiche - rend / daß es mir an guten Willen nicht gefehlet / wenn ihr die gehoͤrige Vollkommenheit nicht finden werdet.

Damit ich nun auf euer Schreiben komme / finde ich / daß ihr inſonderheit verlanget zu wiſſen / wie das - jenige Land beſchaffen / darinn euer Vetter vor weni - ger Zeit durch den Herrn General geſetzet iſt; Es nennet ſich ſolches Axim, ein gebauetes und ſehr be - wohntes Land / darinnen uͤberaus ſchoͤne Dorffſchaff - ten in groſſer Menge / ſowol nach dem Meer hin / als auch tieffer im Lande / anzutreffen / davon die groͤſſte nach dem Meer zu unter den Hollaͤndiſch - und Bran - denburgiſchen Feſtungen ſtehen / fuͤr allen aber ſind die Hollaͤndiſchen am merckwuͤrdigſten. Die Ve - ſtung ſo wir nur haben / heiſſet das Fort von S. Anto - nius, welchen Nahmen ihm die Portugieſen gegeben / ſo vor dieſem Meiſter davon geweſen / und ihnen nebſt andern Plaͤtzen im Jahr 1642. von uns abgenom - men worden / nachdem wir ſie aus andern Oertern mehr / die ſie beſeſſen / hatten heraus gejaget. Und gewiß nicht anders / als ob die Portugieſen in alten Zeiten vor rechte Spuͤhr-Hunde gebraucht worden / welche fremden Nationen zum beſten das Wild auf - ſuchen muſten / und ſo bald ſie es gefunden / denen an - kommenden Fremden wieder ausliefern muſten / in - dem ſie ſich die Herrſchafft daruͤber anmaſſten. Doch unſerm Zweck naͤher zu kommen / ſo iſt dieſes Fort nicht gar groß / aber zierlich und regulier gebauet / wohl ge - legen / und zu einer zulaͤnglichen Gegenwehr genug - ſahm verſehen / indem es ſeine drey Batterien / Bruſt - wehre und Auſſenwercke hat / uͤberdem von der Land Seite mit einer hohen Mauer umgeben / und mit gnug -A 2ſahmen4Beſchreibungſahmen Canons beſetzet iſt / dergeſtalt / daß bey zulaͤng - lichem Mund-Vorrath eine groſſe Krieges-Macht von denen Einwohnern des Landes koͤnte abgehalten werden. Es verdrieſſet mich / daß ich euch den Abriß nicht ſenden kan / wie ich gemeynet habe / denn derje - nige / ſo es machen ſollen / noch vor deſſen Verferti - gung mit Tode abgangen. Jhr doͤrffet nicht einige Abzeichnung vermuthen / von einem oder andern Ort / ſo nach Abend von Elmina, wol aber von denen ſo ge - gen Morgen liegen.

Jhr wiſſet / in was Bedienung euer Vetter ſtehe / nehmlich als erſter Commiſſarius, oder vornehmſter Kauffmann / durch Huͤlffe ſeines Ober-Herrn / wel - cher iſt der Herr N. N. und ſowol von Seiten der Compagnie, als auch ſeines Generals, eine unum - ſchrenckte Gewalt hat uͤber das gantze Land / zumahlen die Einwohner / unter ſeine Jurisdiction gehoͤrige / alles / was in ihrem Lande geſchiehet / bey ihm angeben muͤſſen / und ohne deſſen Vorbewuſt oder Einwilli - gung nicht die geringſte Sache unternehmen / viel we - niger ausfuͤhren duͤrffen; Und alſo ſtehet bey ihm die voͤllige Herrſchafft uͤber das gantze Land / vermoͤge welcher er / nebſt einigen vornehmen Haͤuptern aus denen Mohren / die Ubelthaͤter nach Landes Gewohn - heit abſtraffet. Jn einem andern Briefe will ich mir die Ehre geben / ausfuͤhrlich zu melden / wie dieſe Ge - richts-Verwaltung geſchehe / und will anitzo / ehe ich weiter gehe / kuͤrtzlich Meldung thun vom Lande Gvi - nea, und inſonderheit von der Gegend / da das Gold herkommt / und welches wir nebſt andern in Beſitz haben.

Gvinea iſt ein uͤberaus groſſes Land / und in einigehun -5des Landes Gvinéa. hundert Stunden ausgebreitet / worinnen unzehl - bahre Koͤnigreiche / ſo groß als klein / befindlich ſind / nebſt vielen andern Voͤlckern / die eine Regierungs - Art von einer Republic brauchen.

Es finden ſich Unterſchiedliche / ſo dieſes Land be - ſchrieben / welche geglaubet haben / es waͤre Gvinea ein maͤchtiges Koͤnigreich / deſſen Koͤnig / nach ge - waltſahmer Bezwingung unterſchiedlicher Laͤnder / ein Koͤnigreich daraus gemachet / und ihm den Nah - men von Gvinee gegeben; Allein ich hoffe / bey Ge - legenhett zu erkennen zu geben / daß dieſes ein groſſer Jrrthum / aller maſſen der Nahme Gvinee ſelbſt un - ter denen Einwohnern nicht bekandt iſt / und das Koͤ - nigreich von Gvinee nur in der Einbildung beſtehe / ſo in der Welt nicht anzutreffen.

Die Gegend / wo das Gold herkommt / macht einen mercklichen Theil von Gvinea, und iſt ohngefehr 60. Stunden lang / nimmt ſeinen Anfang von dem klei - nem Gold-Fluß / 3. Meilen gegen Abend von Asſine, oder zwoͤlff Meilen oberhalb Axim, und endiget ſich bey dem Dorff Pomni, ſieben oder acht Stunden ge - gen Morgen von Aara.

Jch will mich nicht aufhalten / das Land zwiſchen Aſſine und dem Fluß Cobri, eine Meile oberhalb dem Fort S. Antonii, zu beſchreiben / angeſehen die Hand - lung anitzo ſo ſchlecht daſelbſt iſt / daß wir ſehr ſelten da - hin kom̃en. Vor 9. 10. Jahren oder noch laͤnger / war die Handlung alda in groſſen Aufnehmen / ſeiterdem aber das Land Aſſine einen Uberfluß an Gold gege - ben / und man daſſelbe dahin gefuͤhret / auch faſt alles durch die Dickinraſes verdorben / iſt nunmehro faſt nichts mehr zu thun / indem das wenige Gold / ſo vonA 3dan -6Beſchreibungdannen hieher kommt / nicht rechtmaͤßig und von ſehr geringem Werth iſt / ſo gar / daß ich ohne Saͤumniß mich laͤngſt dem Meer nach den Laͤndern wenden will / welche nach der Gold-Gegend liegen / davon ich / ſo viel die Zeit leidet / melden will / meinen Anfang ma - chende / ohne einigen Vorzug zu geben den maͤchtig - ſten Laͤndern oder Koͤnigreichen. Von dem Fluß An - cober bis an das Dorff Ponni ſind eilff Landſchaff - ten / nehmlich: Axim, Ante, Adom, Jabi, Com - mani, Fehi, Saboe, Fantin, Acron, Agonna, & Aqvamboe, deren eine jede eins 2. oder drey / bis - weilen auch mehr Doͤrffer / ſo laͤngſt dem Meer liegen / hat / ſo entweder zu den Europaͤiſchen Veſtungen ge - hoͤren / oder doch zwiſchen denſelben gelegen ſind / die groͤſſten und Volck-reichſten Doͤrfſer aber findet man tieffer im Lande. Sieben unter dieſen Landſchafften werden als Koͤnigreiche von ihren Koͤnigen beherr - ſchet / die uͤbrigen kan man Republiqven nennen / weil das Regiment von den vornehmſten Einwohnern gefuͤhret wird / welche wir unten beruͤhren wollen. Dannenhero will ich den Anfang machen vom Lande Axim, welches vor dieſem groß und maͤchtig genug geweſen / nach Landes Beſchaffenheit / ſo bald aber die Brandenburgiſchen hierin gedrungen / haben ſich die Einwohner zertheilet / und eines Theils bey dieſen neuen Ankoͤmmlingen Schutz geſuchet / in Hoffnung ein guͤtigers Regiment und mehrere Freyheit zu erhal - ten / wie ſolches in Folgenden wird zuſehen ſeyn / und ihnen beynahe gelungen; Andern Theils welche in Warheit viel ehr-liebender und beſtaͤndiger waren / haben mit uns gehalten / ob wol / wie geſagt iſt / das Land durch dieſe Trennung auch getheiler wurde. Ohn -7des Landes Gvinea. Ohnangeſehen deſſen will ich Axim nach ſeiner vori - gen Beſchaffenheit beſchreiben: Selbiges begreifft ohngefehr 6. Stunden in der Laͤnge / von dem Fluß Cobre zu rechnen bis an das Dorff Boeſva, eine Stunde gegen Abend von unſern Fort / welches zu nechſt dem Dorff Boutri gelegen. Es heiſſet ſonſt der Fluß Cobre auch Ancober, und die Portugieſen haben ihm den Nahmen vom Schlangen-Fluß beyge - leget / weil er tieff ins Land ſo krum wie eine Schlange fortlaufft weiter als 20. Meilen.

Jnsgemein ſind die Mohren / ſo in dieſem Lande wohnhafft / ſehr reich / und zu allerhand Ergetzlich - keiten und guten Tagen geneigt / treiben ſtarcke Han - delung mit denen Kauffleuten / ſo weit aus dem Lande kommen. Faſt alle das Gold / ſo ſie von ihnen erhan - deln / bringen ſie in die Hollaͤndiſchen und Seelaͤndi - ſchen Schiffe / welche hiezu nicht befuget ſind / und zu groſſem Nachtheil der Compagnie ſich um dieſe Ge - gend ſehen laſſen / ohngeachtet alles Verboths / und de - rer vielen Verdrießlichkeit / darinn ſie durch dieſe ver - bothene Handlung gerathen / denn ſo bald jemand daruͤber ertappet wird / verlieret er nicht nur alle ſeine eingekauffte Waaren / ſondern muß uͤberdem noch et - ne groſſe Geld-Straffe erlegen / gleichwol laſſen ſie ſich hiedurch nicht abſchrecken / und kommen allezeit wieder / in Hoffnung / es werde nicht kund und offen - bahr werden. Ja die meiſten beſtechen die Sclaven mit Geld von der Compagnie, daß ſie Wache hal - ten / damit kein Betrug geſchehe / und alſo handeln ſie in guter Sicherheit: Hingegen bekommen wir hiedurch nicht den hunderſten Theil unſerer Waaren in die Haͤnde. Die Urſach aber / warum ſich die Einwoh -A 4ner8Beſchreibungner in ſolche Gefahr wagen / und eine ſo ſcharff ver - bothene Handlung fuͤhren / iſt dieſe / weil ſie biswei - len die beſte Waaren den vierdten oder wenigſtens den dritten Theil beſſer Kauff / als ſie es von uns gehabt haͤtten / von dieſen Schiffen an ſich bringen / und alſo iſt gar leicht zu begreiffen / warum ſie ſich in ſolche Ge - fahr einlaſſen / weil / bey gluͤcklich gefuͤhrter Hand - lung / ſie in kurtzer Zeit groſſen Reichthum ſammlen.

Jtzt gemeldte Schiffe / ſo durchaus keine Hand - lung alhie geſtattet / werden von einigen Kauffleuten in Holland ausgeruͤſtet / und in dieſe Gegend geſendet. Sie thun dadurch der Oſt-Jndiſchen Compagnie, als welche allein von dem Staat einen freyen Handel alhie erhalten / einen unſaͤglichen Schaden. So ſind nicht weniger dieſe Schiffe in Gefahr / genommen zu werden / denn ſo bald wir ſie erhaſchen koͤnnen / und dafern ſie einige Gegenwehr thun / dennoch aber ver - lohren gehen / ſind nicht nur alle diejenigen / ſo darauf befindlich / des Todes / ſondern auch alle ihre Guͤter confiſciret / und ſolches vermoͤge der Ordnung / wel - che im Nahmen des Staats uͤberall angeſchlagen ſind. Nichts deſtoweniger werden ſolche Placaten mit dem Schiffe / welches bey meiner Zeit aufgebracht / lange nicht ſo genau in acht genommen / ſondern man ſtraffte nur die Vornehmſten / denen andern zum Exempel. Man hat auch eins von dieſen Schiffen / Zeit meines hieſigen Aufenthalts / genommen / dafern aber einige von der Compagnie-Bedienten ſich beſſer vorgeſe - hen / wuͤrden wir ohne Zweiffel viel mehr bekommen haben. Jch will anitzo ſchweigen / um niemanden zu nahe zu kommen / in Anſehung einjeder Menſch ſeine Fehler habe / und lieber die Einwohner des LandesAxim9des Landes Gvinea. Axim vor mich nehmen / worinnen ihre Handthierung beſtehe.

Uber dem daß ſie gute Handlung fuͤhren / ſind ſie in - ſonderheit auf das Land-Bauen und Fiſch-Fangen ge - neiget / vor allen das Land mit Reiß zu bepflantzen / welcher alhie mehr als an einem Ort haͤuffig hervor kommt / und in das gantze Land verfuͤhret wird / an deſſen Statt die Einwohner von Milhio, Jammes, Pattatles, Palmen-Oel und andere Waaren zuruͤck bringen / welche in dieſem Lande wenig anzutreffen / indem es wegen des feuchten Erdreichs zwar trefflich beqvehm iſt / Reiß und andere fruchtbahre Baͤume hervor zu bringen / ſo gerne in der Naͤſſe ſtehen / itzt er - meldete hingegen aber durchaus nicht anzutreffen / dannenhero ſie meiſtens von auswaͤrtigen Laͤndern ein - gefuͤhret werden.

Jch habe vorhin ſchon mit wenigen gemeldet von der Ankunfft derer Brandenburgiſchen in dieſer Ge - gend / itzund will ich ausfuͤhrlicher davon reden. Es wird demnach meinem Hrn. nicht unbekandt ſeyn / daß ihre vornehmſte Veſtung Friedrichsburg heiſſet / und drey kleine Stunden von unſerer Veſtung S. Anto - nius nach Morgen gelegen / nechſt dem Dorff Poc - qveſoe, auf den Berg Mamfro. Sie iſt ſehr an - ſehnlich und zimlich groß / mit 4. ſtarcken Batterien verſehen / welche mit 46. Stuͤcken bepflantzet ſind / wie - wol ſie / die Warheit zu ſagen / ſehr gering und von kleiner Muͤndung ſeyn. Die Pforte an dieſer Ve - ſtung iſt uͤberaus ſchoͤn / dergleichen hie herum wenig zu finden / gleichwol in Anſehung der Veſtung viel zu groß / ſo daß ſich hier wol ſchickte / was man dorten den Buͤrgern zu Minden riethe / ſie moͤchten ihre Pfor -A 5ten10Beſchreibungten geſchloſſen halten / damit die Veſtung nicht heraus und davon lauffen moͤge. Nach Morgen hat dieſe Veſtung ein uͤberaus ſchoͤnes und beqvehmes Auſſen - werck / doch ſo / daß die Veſtung in weit beſſern De - fenſions Stande / wenn ſolches nicht dabey angele - get / denn es kan dazu dienen / die Stadt mit Sturm einzunehmen / das groͤſſte Verſehen iſt / daß ſie die Bruſtwehr ſehr klein und kaum ein Knie hoch gemacht haben / dahero man vor dem groben Geſchuͤtz alzuſehr in Gefahr ſtehet / welches denn uͤbel zu ſtatten kommen duͤrffte / wenn ſie auch mit bloſſen Mohren zu thun haͤtten / indem man fuͤglich mit einem Feuer-Rohr die Bollwercke / oder zwiſchen dieſelbe die Courtine ab - reichen kan / jedoch muß dieſes nicht verſtanden wer - den von der Land Seite / alwo die Bruſtwehre in ge - hoͤrige Hoͤhe ſich ſehen laſſen. Jm uͤbrigen hat man in allen Stuͤcken die Bau-Kunſt zur gnuͤge in acht ge - nommen. Jnnerhalb der Veſtung finden ſich viele ſchoͤne Haͤuſer / davon ich abermahls / wegen ſchon er - wehnter Urſachen / keine Abzeichnung ſenden will.

Der Commendant in dieſer Veſtung / der zu - gleich die Ober-Herrſchafft hat uͤber alles / was die Brandenburgiſchen hie herum innen haben / und in zween Veſtungen und einigen Huͤtten beſtehet / hat den Titul als General Director im Nahmen Jhrer Churfuͤrſtl. Durchl. von Brandenburg und deſſen Africaniſchen Compagnie. Es ſind zeithero ihre Regenten Niederlaͤnder geweſen / welche uns zu Folge geſuchet haben / eben ſo eine vollkommene Herrſchafft uͤber ihre Unterthanen die Mohren zu erhalten / als unſere Kauffleute uͤber die zu Axim, allein ſie haben es niemahls dazu bringen koͤnnen / theils durch ihr eigenVer -11des Landes Gvinea. Verſehen / indem ſie ſich nicht mit einander vertragen koͤnnen / und unter ſich Feindſchafft angeſtifftet haben; Theils auch wegen der boͤſen Natur dieſer Mohren / welche meiſtens wegen Betriegereyen von uns gelauf - fen / und ſich daſelbſt geſetzet haben.

Zeit meines daſigen Aufenthalts ſind ihrer ſieben Directores geweſen / darunter der erſte von Emb - den gebuͤrtig / Jean Nyman geheiſſen / ein Mann von groſſem Verſtande / und in allen hier zu Lande vor - fallenden Sachen ſehr beſchlagen / welcher treu und redlich ſeines Herrn Beſtes geſuchet / und in allen Dingen eine ungemeine Klugheit und Witz ſpuͤhren laſſen / dahero er ſich einen groſſen Nahmen in dieſem Lande erworben / und mit groſſem Ruhm daraus ge - zogen. Seine Nachfolger ſind geweſen die zwey Herren Johann nnd Jacob von Hoſt, Vater und Sohn / ſo gleichfals ihr Amt wohl in acht genommen / und jederzeit ihre Unterthanen im Zaum gehalten / ſon - derlich der Sohn / welcher von Natur ſehr hoͤfflich und freundlich / nicht nur von den Mohren / ſondern allen Menſchen geliebet wurde / dahero die Branden - burgiſchen Sachen in groſſes Aufnehmen gekommen; Ja ich mag ſagen / daß die Brandenburgiſche Com - pagnie weder gehabt noch jemahls haben wird einen Mann der geſchickter ſey / ihr Aufnehmen zu befoͤr - dern / als eben er / dergeſtalt / daß ſie den Tag verflu - chen moͤgen / an welchen ſie ihn ab - und an deſſen Stelle eingeſetzet einen Nahmens Gyhbrech van Hoogveld, ſo vorhin ein Kauffmann zu Axim in Dienſten von unſerer Compagnie geweſen; Dann ſelbiger ging mit denen / ſo unter ihm ſtunden / ſo gott - loß um / daß unſer General Joelſchmits und derRath12BeſchreibungRath gezwungen wurden / ihm ſeinen Dienſt zu be - nehmen / und ihm zu verſchicken / als einen Menſchen der hiezu nicht geſchickt war. Nachdem er nun in Brandenburgiſche Dienſte getreten / und dieſe Eh - ren-Stelle bekleidet / lieſſe er denen Mohren / bey wel - chen er ſehr verhaſſt war / um ihre Liebe zu gewinneu / viel Freyheit zu / beſchenckte ſie auch mit unterſchiedli - chen Gerechtigkeiten / und machte dadurch daß die Brandenburger begunten zu fallen / und einen An - fang ihres Untergangs legten. Dieſes aber halff alles nichts / denn nachdem er kurtze Zeit regieret / lehnten ſich die Europaͤer ſowol als Mohren zu einer Zeit wider ihn auf / gaben ihm ſeinen Abſchied / nahmen ihn das Regiment / und jagten ihn zum Lande hinaus; An dieſes ſeine Stelle ſetzten ſie einen Mennoniſten Jean van Laar, welcher beſſer ein Maaß Brandtwein aus - zutrincken wuſte / als ſeiner Principalen Vortheil und Beſtes zu ſuchen. Von dieſer Zeit ging auch al - les den Krebs-Gang / die Sache des von Laar ge - wan ein ſo boͤſes verwirrtes Ausſehen / daß er zu rech - ter Zeit ſtarb / nachdem er nicht lange an der Regie - rung geweſen. Dieſem folgte einer / Nahmens Jean de Viſſer, welcher von ſo geringem Verſtande / daß ihm allein die Regierung nicht wohl anzuvertrauen war / und uͤberdem noch ſo ungluͤcklich / daß von deſ - ſen Aufffuͤhrung wenig Gutes zu hoffen. Nachdem nun dieſer ſein Regiment angetreten / machten die Mohren ihren Kauffmann zu Acoda nieder / und weil er nicht Verſtand noch Macht genug hatte / die - ſes boͤſe Vornehmen zu beſtraffen / gingen die Moh - ren in ihrer Bosheit immer weiter / und veruͤbten unterſchiedliche Grauſamkeiten / ſchlugen einige vondenen13des Landes Gvinea. denen Europaͤern todt / bis ſie ihm endlich ſelbſt gefan - gen nahmen / tieff ins Land wegfuͤhrten / und nach - dem ſie ihn halb geraͤdert / wurffen ſie ihn ins Meer / da ſie ihm zuvor rund um den Leib Steine angebun - den hatten. Es ſind uͤber dieſer grauſamen That un - terſchiedliche Reden geweſen / doch lieffen ſie alle da - hin aus / weil dieſer Maͤrterer nicht ſo wol durch Be - willigung als Befehl derer Europaͤer zu dieſer Ehren - Stelle gekommen. Vor allen hat man einen mit Nahmen Adrian Grobe in Verdacht gehabt / denn dieſen hatten die Mohren zu ihren Oberhaupt erwaͤh - let / an des Ermordeten Stelle. Dafern er unſchul - dig leidet / wird er Zweiffels ohne ſeine Unſchuld an den Tag legen / um ſich von dergleichen Greuel-That zu entledigen / dafern aber das Gegentheil / wolle ihm GOtt nach ſeinen Wercken lohnen / nebſt allen denen / ſo hieran Theil haben; Denn hiedurch haben die Eu - ropaͤer nicht nur viel von ihrer Hochachtung verlohren / ſondern es ſtehet zu beſorgen / im Fall dieſes unge - ſtrafft bleiben ſolte / die uͤbrigen Mohren bald folgen duͤrfften / daß alſo niemand ſeines Lebens ſicher waͤre.

Auf ſolche Art ſind die Brandenburgiſchen / nach - dem ſie zimlich geſtiegen / mercklich herunter kommen / und zweiffele ich ſehr / daß ſie jemahls in ihren vorigen Stand gelangen werden / weil itzund die Mohren den Meiſter ſpielen / und ihre Oberhaͤupter ins kuͤnffti - ge zwingen werden / nach ihrem Gutduͤncken und Willen das Regiment zu fuͤhren.

Da nun alſo dieſes eine unerhoͤrte Sache / habe nicht ermangeln wollen / davon einige Nachricht zu geben / eines Theils / damit ſowol ihr als ich mit allen dieſes Landes Einwohnern vor dergleichen Frevel -That14BeſchreibungThat einen Abſcheu finden moͤgen; Andern Theils / damit ihr ſagen moͤget / wie die Sachen der Compa - gnie von Embden in Europa / deren Handelung euch vollkommen bekandt iſt / hie zu Lande ſeit einigen Jahren gefuͤhret (verwaltet) worden. Doch will ich mich hierin nicht einlaſſen / ſondern weiter dritte halb Stunden gegen Morgen begeben / uͤberhalb dem Ca - po Treſpuntes, daſelbſt die Brandenburgiſchen eine kleine Feſtung, Dorothea genandt / beſitzen / nebſt dem Dorff Acoda, welches ihnen vor ohnge - fehr eilff Jahren hat muͤſſen eingeraͤumet werden / und ſeit dem um ein merckliches verbeſſert und feſter ge - macht worden. Jhr koͤnnt deſſen Beſchaffenheit aus folgenden ſo viel deutlicher erſehen. Erſtlich findet ſich ein Haus oben gantz eben / und gleich dabey zwey Bollwercke und halbe Cortinen / auf jede haben ſie ei - nige kleine Stuͤcke gepflantzet / uͤbrigens ſiehet man im Hauſe daſelbſt unterſchiedliche ſchoͤne Zimmer / wie - wol alles ſehr leicht und nahe bey einander gebauet iſt. Uberdem haben eben dieſe Brandenburgiſche noch ein anders aufrichten laſſen zwiſchen Manfro und Aco - da / allernechſt dem Dorff Tacrama, ſo mitten in Cabo Treſpuntes gelegen / in der Abſicht / eine Fe - ſtung daraus zu machen / die nahe befindliche Gegend / wo man das Waſſer holen muß / zu beſchuͤtzen / und ſolches endlich unterthaͤnig zu machen. Allein ich glaube / daß ſie Muͤhe genung haben / oberwehnte 2. Feſtungen zu erhalten / und ſich ſo leicht nicht einlaſſen werden / mehrere Gebaͤude anzulegen.

Meine Meynung iſt nicht geweſen / in dieſen Brief ſo weitlaͤufftig zu ſeyn / die Brandenburgiſchen Sa - chen haben mich ungemerckt zu weit entfernet von mei -nem15des Landes Gvinea. nem Vorhaben / welches darin beſtunde / daß ich die Fruͤchte des Landes Axim und alles was darinnen waͤchſet erzehlen wolte. Anitzo will ich ſolches alles auf eine andere Gelegenheit verſpahren / damit ihr auf ein - mahl nicht zu weit gehet / und allein von dem Schlan - gen-Fluß etwas erwehnen / davon wir oben ſchon eini - ge Erinnerung gethan / daß wir ſelbigen mit einem an - dern Nahmen den Fluß Ancobre heiſſen nach dem Lande / ſo er benetzet. Es iſt mir unmoͤglich / wegen ſeiner Schoͤnheit davon zu ſchweigen / und wie oben geſagt / ſo flieſſet er einige Stunden oberhalb unſer Fe - ſtung S. Antonius, bey dem Einlauff ins Meer ſehr breit / aber ſo untieff / daß man mit keinen Nachen daruͤber fahren ſolte / ſo bald man etwas hoͤher kommt / wird er almaͤhlig ſchmahler aber zugleich tieffer / und ſo laufft er einige Stunden ohne Veraͤnderung fort. Jch weiß nicht allzuwol / wie weit ſelbiger ins Land ge - het / weil ich nur kleine Tag-Reiſen darauf zugebracht / und ihn uͤberall von ſolcher Annehmligkeit gefun - den / daß ich mir einbilde / nichtes ſchoͤners im gantzen Lande von Gvinea geſehen zu haben / es ſey dann zu Fi - da. Zu beyden Seiten ſiehet man die ſchoͤnſte und groͤſſte Baͤume / welche verurſachen / daß man unter deren vergnuͤglichſten Schatten wegſchiffen kan / ohne die geringſte Beſchwerligkeit von den heiſſen Sonnen - Strahlen zu empfinden; Auf ſolchen finden ſich un - terſchiedlicher Art Voͤgel von allerhand Farben / und einige hundert groſſe und kleine Affen / welche durch ihr hin und wieder Springen eine unbeſchreibliche Augen-Luſt erwecken. So bald man ohngefehr eine Stunde fort geſchiffet / ſiehet man alle viertel Stunde die ſchoͤnſten und groͤſſten Doͤrffer unweit dem Ufergegen16Beſchreibunggegen Abend zu liegen / deren Haͤuſer uͤber die maſſen wohl zunechſt dem Ufer ſtehen. Das Land darinnen dieſe ſchoͤne Doͤrffer befindlich / hat drey unterſchied - liche Nahmen / das erſte zunechſt dem Meer heiſſet Ancobre, und will ich die Streit-Frage nicht ent - ſcheiden / ob der Fluß nach dem Lande / oder dieſes nach jenem benennet worden / weil es wenig zu unſerm Vorhaben dienet. Das andere / ſo hieran ſtoͤſſet / nennet ſich Aboenoe, und endlich das dritte Egvira. Das erſtere iſt mir Zeit meiner Anweſenheit wie ein Koͤnigreich vorgekommen / die zwey uͤbrigen aber / an - ſtatt einer Republic. Jn dem letztern (Egvira) ha - ben wir vor vielen Jahren auch eine Feſtung innen ge - habt / daſelbſt anitzo ſtarcke Handlung getrieben wird / denn ohne daß anderwerts eine groſſe Qvantitaͤt von Gold hereingebracht wird / befinden ſich ſelbſt im Lan - de einige Gold-Gruben / und hat man deren eine ſehr reiche bey meiner Regierung zu Axim entdecket. Es iſt uns dieſe Feſtung durch eine traurige Begebniß ab - genommen worden / indem wir Streit bekamen mit denen Mohren; Denn als der Director durch ſie be - lagert wurde / und nicht laͤngern Widerſtand thun konte / (denn man ſaget / daß er anſtatt eiſernen guͤl - dene Kugeln gebraucht habe) hat er ſich geſtellet / als wolle er mit denen Belaͤgerern ſich vergleichen / und laͤſſet ſich auch mit ihnen ein. Kaum war er halb ge - ſchloſſen / ließ er ſich mit allen ſeinen Feinden in die Lufft fliegen / und endigte alſo zwar hertzhafftig / aber ſehr ungluͤcklich ſein Leben / indem er ſich wie der Sim - ſon an ſeinen Feinden ſterbend raͤchete. Er hatte ſolch ſein Vornehmen zu vollfuͤhren einen kleinen Jungen beſohlen / ſich bey dem Pulver mit brennen der Luntefer -17des Landes Gvinea. fertig zu halten / und ſo bald er hoͤren wuͤrde mit dem Fuß treten / ſolte er es anſtecken / mit Verſprechen / er wolle ihm auf guter Verrichtung einen neuen Rock geben; Dieſes unſchuldige Kind ſolches glaubend / hat es mehr als allzuwohl ausgerichtet. Niemand wuſte um dieſe Sache auſſerhalb ein Sclave von unſerer Compagnie, welcher / ohn ein Wort zu ſagen / bey Zeiten ſich an die Seite gemachet / und nachgehends uns / ſo wie gemeldet / erzehlet hat; Anders haben wir keine Nachricht als durch dieſen Sclaven / und muͤſ - ſen wir es glauben / daß die Sache ſich ſo verhalte / in Ermangelung einer naͤhern Gewißheit. Gewiß iſt es / daß unſere Feſtung geſprungen / und dem Dire - ctor nebſt ſeinen Feinden den Hals gekoſtet. Dieſes mag alſo genug ſeyn vor einmahl / mit Bitte / ihr wol - let voritzo euch begnuͤgen laſſen / und mit gegenwaͤr - tigen vor Lieb nehmen / im uͤbrigen aber verſichert ſeyn / daß bey erſter Gelegenheit etwas Neues melden will. Der ich nach Empfehlung in GOttes Schutz mit vie - ler Gewogenheit mich nenne / ꝛc.

Ende des erſten Send-Schreibens.

Zweytes Send-Schreiben.

Jn welchem das Land von Ante um Boutry herum beſchrieben wird / mit denen Feſtungen / ſo die Engellaͤnder und Hol - laͤnder daſelbſt beſitzen / und wie betrieglich die Engliſchen umgehen / wenn ſie unech - tes Gold vor echtes geben. Die Schoͤn - heit des Landes von Ante. Der Fluß Bou -Btry,18Beſchreibungtry, und wie die Auſtern darinn wachſen. Nach dieſem folget die Beſchreibung der Engellaͤndiſchen und Hollaͤndiſchen Fe - ſtung in Zaconde, und deſſelben Landes daherum gelegen. Jmgleichen des Dorffs Chama. Auch der Hollaͤndiſchen Feſtung / und derer Laͤnder Jabi und Adom. End - lich werden einige Exempel erzehlet von der Grauſamkeit des Generals im Lande A - dom, und bey dieſer Gelegenheit eine Be - ſchreibung des Fluſſes Chama mit an - gehangen.

Mein Herr!

JCh will hoffen / ihr werdet meinen Brief empfan - gen haben / welchen mir die Ehre genommen / den 5. Monats - an euch zu ſchreiben. Weil nun das Schiff / mit welchen ihn uͤberſende / erſt nach Fida gehet / um einige Sclaven auf zu ſuchen / und nachge - hends uͤber Curaſſau ſeinen Weg nehmen wird / als fuͤrchte ich / mein Brief wird wol ein Jahr unter Weges bleiben / dieſes aber gerades Weges nach Eu - ropa / ohne Aufenthalt an irgend einem Ort / abſegelt / ſo habe mich entſchloſſen / zwey Briefe auf einmahl zu ſenden / damit ihr durch langes Warten nicht unge - duͤltig werdet / wuͤnſchende / daß deſſelben Einhalt auch in etwas vergnuͤgen koͤnne.

Jn meinem letztern bin ich mit der Beſchreibung vom Lande Axim zu Ende gekommen / und will dahe - ro in gegenwaͤrtigen das angraͤntzende Land von Ante beruͤhren / mit Zufuͤgung deſſen / was die Zeit und meine Gedancken an die Hand geben werden.

Das19des Landes Gvinea.

Das Land von Ante oder Hante, wie die Einge - bohrne ſprechen / nimmt ſeinen Anfang bey dem Dorff Boeſoa, zwey Stunden gegen Morgen / oder unter - halb Acoda, wiewol man es rechnen kan bis Acoda, indem ſelbiges heut zu Tage dazu gehoͤret. Vor eini - gen Jahren wurde dieſes Land in Ober - und Nieder - Ante abgetheilet / da denn unter dem erſten das Land Axim, ſo kurtz zuvor beſchrieben / verſtanden ward / unter dem andern aber dasjenige / davon wir eine Be - ſchreibung zu machen Vorhabens ſind. Es war auch dazumahl ſehr maͤchtig und Volckreich / hatte trotzige Einwohner / die zum Rauben uͤberaus geneigt wa - ren / und aus der Urſachen uns offters viel Verdrieß - ligkeiten und Unruhe verurſachet / ſie ſind aber durch die immerwaͤhrende Kriege mit denen von Adom dergeſtalt abgemattet und geſchwaͤchet worden / daß ihnen von vorigem altem Anſehen nichts mehr uͤbrig / wie wir unten weitlaͤufftiger davon ſprechen wollen.

Eine Stunde gegen Abend oder oberhalb Boeſoa, nechſt dem Dorff Dikiſchofft / eigentlich Infuma, lieget eine kleine Feſtung / von denen Engellaͤndern er - bauet im Jahr 1691. nachdem die Brandenburgi - ſchen eine Zeit vorher die Fahne ihres Churfuͤrſten da - ſelbſt gepflantzet hatten / und alſo zu unterſchiedlichen mahlen wegen des Landes ſtreitig waren / da denn endlich die Letztern / keinen groſſen Vortheil dabey er - ſehende / ſelbige gutwillig an die Engellaͤnder abge - ſtanden haben. Sie kamen mit ihrer Arbeit ſchlecht fort / und brachten wol 5. oder 6. Jahr uͤber dieſem Ge - baͤude zu / welches noch bis dato in ſchlechtem Anſehen / kaum den Nahmen einer Feſtung verdienet. Dan - nenhero haben ſie dieſen ihren Bau oͤffters bereuet /B 2weil20Beſchreibungweil das Land nicht nur ungelegen zur Handlung / ſon - dern die Mohren daherum ſo wild / ſo faſch / betriege - riſch und vermeſſen ſind / daß ſie denen Engliſchen nicht ein Haar breit weichen / ſondern ihnen allezeit das Ge - gentheil halten / und auf eben dieſelbige Art ſich ihrer Macht bedienen / wenn ſie ſehen / daß die Engliſchen dazu greiffen wollen / ja wol gar ſich unterſtehen doͤrff - ten / ſie in ihrer Feſtung zu belagern / als nemlich vor 5. Jahren / da es wenig fehlte / oder ſie haͤtten ſich Mei - ſter davon gemachet / indem die Engliſchen gezwun - gen wurden / mit ihnen nach eigenen gegebenen Geſe - tzen zu leben / ohne die geringſte Herrſchafft ſich an - zumaſſen. Dieſes brachte eine genaue Verbuͤndniß zwiſchen den Engliſchen und denen Mohren zu wege / dergeſtalt daß ſie mit einander eins wurden / alle die zur Handlung ankommende Schiffe zu betriegen / und un - echtes Gold vor echtes zu verkauffen; welches auch un - terſchiedlichen wiederfahren / unter andern vor drey Monat zweyen Engliſchen Schiffen / deren eines vor 16000. Guͤlden falſch Gold einnehmen / und alſo eine gantz vergebliche Reiſe thun muſte; das andere hatte gleichfals groſſen Schaden / und was merckwuͤrdig iſt / ſo empfingen ſie ſolch falſch Gold ſowol von den Europaͤern als Mohren. Ohnangeſehen nun dieſe zwey Schiffs-Capitaine alſofort uͤber Land nach dem Director reiſeten / und uͤber dieſen unmenſchlichen Betrug klagten / mit Bitte / man moͤchte ihnen ent - weder ander Gold oder andere Kauffmanns-Waare zuſtellen / waren dennoch alle ihre Beſchwerungen ver - geblich / denn der Director war ſelbſt mit drunter be - griffen / und konte ihnen alſo nicht helffen; Muſten deshalben / ohne das geringſte zu erhalten / wieder um -keh -21des Landes Gvinea. kehren / und alle ihre eingebrachte Kauffmanns-Wah - re verlohren geben. Dergleichen Betriegereyen ſie - het man taͤglich / doch weiß ich nicht / ob die Europaͤer allezeit mit Schuld dran ſind / dieſes aber iſt bekandt genung / daß man dieſe Gegend mit allem Recht die falſche Muͤntz von Gvinea nennen kan / dahero man alle neue Ankoͤmmlinge warnen muß / damit ſie ſich vorſehen. Ja man macht alhiedas falſche Gold ſo oͤf - fentlich / daß man keinen Scheu traͤgt / den erſt kom - menden oͤffentlich feil zu bieten; Und konte man bey meiner Zeit vor einen Thaler Kauffmanns-Gut mehr als vor 8. Thaler unecht Gold kauffen / ſo daß damit ein rechter Handel getrieben wird.

Anderthalb Stunden unterhalb dieſem betriegeri - ſchen Ort (daß ich ihn ſo nenne /) findet ſich nechſt dem Dorff Botry, gemeiniglich Boutroe genennet / die ſehr kleine und unordentlich gebauete Veſtung Baten - ſtein auf einem ſehr hohen Berg. Selbige iſt in die Laͤnge gebauet und in zwey Theile getheilet. Was ſonſten deſſen Feſtigkeit betrifft / hat es nur vier ſchlech - te Bollwercke / worauf eilff kleine Stuͤcke gepflantzet ſind. Jn Anſehung deſſen waͤre es beſſer daß es an ſtat Batenſtein / Schadenſtein hieſſe / weil es vor eini - gen Jahren uns mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich geweſen. Unten an dieſem Berge lieget Boutry, ein ſehr groſſes und ſtarck bewohntes Dorff / deſſen Einwohner viel beſſer ſind als die zu Infuma, denn ſie nicht mit derglei - chen Betrug und Falſchheit umgehen / wenigſtens ſind ſie viel ehrliebender und beſcheidener gegen uns / ſo daß wir uͤber ſie mehr zu klagen als uͤber andere kei - ne Urſach haben. Vier Stunden weiter herunter lieget unſere kleine Feſtung das Fort von OrangienB 3ge -22Beſchreibunggenennet / nechſt dem Dorff Zaconde und keinen Muſqveten Schuß hievon / ſiehet man noch einige U - berbleibſel von einer Engliſchen Feſtung / ſo der Groͤſ - ſe nach mit unſerer uͤbereinkoͤmmt / deſſen außfuͤhrli - che Meldung unten hinzuſetzen werde. Was die Laͤnge des Landes von Ante betrifft / habe ich ſelbige ohngefehr von 9. Meilen befunden / wenn man rechnet von Acoda biß anderthalb Stunden unter Zaconde, daſelbſt es ſich endiget. Eine lange Beſchreibung hievon beyzuſetzen / halte ich vor unnoͤthig / weil ſolches vor mir der Herr Foqvenbrog albereit verrichtet / und des Landes ſchoͤne Beſchaffenheit ſo herausgeſtrichen / daß wenig mehr ubrig iſt / hinbey zufuͤgen; dergeſtalt daß er ſich unterſtanden / eine Vergleichung anzuſtel - len / mit dem Annehmlichkeit vollen Cleviſchen Lande. Doch will ich hieruͤber keinen Richter abgeben / ob die - ſe Vergleichung ſtat findet / ſondern es demjenigen - bertragen / welcher in beyden Laͤndern geweſen / uñ ohne Auffenthalt nur dieſes ſagen / daß ſowol dieſes / als das gantze Land von Gvinee ſehr bergigt / und durchge - hends mit den ſchoͤnſten und uͤber die maſſen hohen Baͤumen angefuͤllet ſey; Zwiſchen denen Bergen liegen die ſchoͤnſten und ſehr weiten Thaͤler / welche ſehr beqvem waͤren / um allerhand Baͤume zuſetzen / und unterſchiedliche Fruͤchte zu bauen; denn in Anſe - hung / daß ſie zimlich hoch / und Naͤſſe genung haben / waͤre bey Anwendung gehoͤriger Arbeit ein groſſer Vortheil zu hoffen / maſſen das gantze Land mit noͤ - thiger Nahrung damit koͤnte verſehen werden. Dan - nenhero iſt der Reiß ſo hier waͤchſet / uͤber die maſſen ſchoͤn / Milhio koͤmmt ſehr haͤuffig hervor / und viel beſſer als anderswo in rothen Koͤrnern. Die Jam -mes,23des Landes Gvinea. mes, und Pattates ſind imgleichen nicht nur ſehr haͤuffig / ſondern uͤberdem einjedes in ſeiner Art viel ſchoͤner. So giebet es auch ſehr viel Frucht-tragen - de Baͤume / haͤuffige Zucker-Roͤhre / welche wegen ih - rer ungewoͤhnlichen Hoͤhe weit beſſer ſind als alle an - dere / daß kein Zweiffel / es wuͤrde bey deren neuen An - legung oder Pflantzung groſſer Nutzen daraus ent - ſtehen koͤnnen. Nicht weniger uͤbertrifft auch dieſes Land alle andere mit dem herrlichen Oele und Wein von denen Palmen / ſowohl in der Vielheit als auch in den ſonderlichen Geſchmack deſſelben. Kurtz / es iſt ein Land / welches dem Ackersmann ſeine Arbeit nach Wunſch belohnet / indem es uͤber dem eine groſſe An - zahl von zahmen und wilden Thieren naͤhret. Weil aber durch den letzten Krieg / welchen die von Ante mit denen Cormenſern gefuͤhret / die erſtern ſchier gantz in den Grund verdorben / und ins groͤſſeſte Elend geſtuͤrtzet worden / als muͤſſen ſie / in Ermangelung ei - ner zulaͤnglichen Macht ſtets in Sorgen ſtehen / aufs neue angefallen zu werden; Wannenhero die meiſten in unſere Feſtung nahe bey Boutry gefluͤchtet / da - durch dann ihr ſchoͤnes Land ſchier gantz und gar un - bebauet liegen bleibet. Man kan leicht gedencken / wie klaͤglich ſolches anzuſehen ſey / wenn man des Landes vorige Schoͤnheit und deſſen reichen Seegen betrach - tet. Da ich im Jahr 1690. und folgendes 1691. Jahr in Boutry als Aſſeſſor kurtz vor dem Kriege mich da - ſelbſt auffhielte / war dieſes Land noch ſtarck bewohnt / und koͤnte man in hoͤchſtem Vergnuͤgen die ſchoͤnſten Luſt-Reiſen anſtellen / indem die vielen und ſchoͤnen Doͤrffer / die uͤberaus ſchoͤnen Fruͤchte / und haͤuffige groß und kleinen Vieh-Heerden nicht ohne ErgoͤtzungB 4anzu -24Beſchreibunganzuſehen waren; ja uͤberdem alles ſo wohlfeil war / daß ein Soldat / der ſich anderwerts kuͤmmerlich mit ſeinen Sold durchhelffen muſte / hier zu Lande reich - lich auskommen konte. Was die Geſundheit anlan - get / halte ich dieſen Ort viel geſunder als alle andere / weil ich faſt glaube / daß keine geſundere Lufft ſeyn kan / dann ſo lange ich daſelbſt geweſen / ſind / in Anſehung der Anzahl derer Jnwohnenden / allezeit die wenigſte Todte und auch die wenigſte Krancken geweſen / ſo daß / im Fall dieſelbe Lufft uͤberall ſich finden wuͤrde / das Land Gvinee ſeinen bisherigen Nahmen einer Grab - Staͤte mit allem Recht ablegen koͤnte.

Damit ich aber das Schoͤnſte in dieſem Lande zwi - ſchen Acoda und Boutry nicht mit Stillſchweigen vorbey gehen moͤge / muß ich etwas von dem angeneh - men herrlichen Fluß melden / welcher nechſt bey unſerer Feſtung vorbey flieſſet / und in ſchoͤnſter Annehmlig - keit ſich tieff ins Land ergieſſet; Zu beyden Seiten pranget er mit den ſchoͤnſten Baͤumen / die ihn in ſei - nen engen Ufern gantz mit Schatten bedecken / ſo daß ich mir oͤffters eine Luſt gemacht / und bis an deſſen En - de / ſo weit man mit einen Nachen kommen kan / ohn ge - fehr ein 3. Stunden vom Meer / herauff geſchiffet; zwar gehet er noch viel weiter / allein es iſt nicht wol moͤglich / hoͤher hinauf zu kommen / wegen der vielen Waſſer-Faͤllen / ſo ſich mit groſſem Ungeſtuͤhm von de - nen alhie befindlichen Klippen herunter ſtuͤrtzen. Son - ſten iſt er uͤberaus Fiſch-reich / ohngeachtet eine un - glaubliche Vielheit von denen Crocodilen anzutreffen / welche / nach der gemeinen Rede / die Fiſche freſſen ſol - len. Derer vielen Affen habe ich Erwehnung gethan bey der Beſchreibung des Fluſſes Cobre, allein hieglau -25des Landes Gvinea. glaube ich / daß ſie ihren Koͤniglichen Sitz auffgeſchla - gen (ſo ferne mir erlaubt dieſes Wortes mich zu bedie - nen /) denn es iſt alhie des unnuͤtzen Geſchmeiſſes mehr als zu viel.

Wo ich nicht irre / ſo pfleget ihr ein groſſer Liebha - ber von Auſters zu ſeyn / wahrlich hier wuͤrdet ihr voll - kommen Genuͤgen finden / und ohne Geld und groſſe Muͤhe euch erſaͤttigen koͤnnen / in einer Stunde wolte ich euch mehr als 100000. zeigen / ſo an denen Baͤu - men hangen / und daſelbſt ihre Nahrung ſuchen; den - cket nicht / daß dieſes etwas unglaubliches ſey: leſen wir nicht in andern Scribenten / daß in Engeland eine gewiſſe Gegend ſey / alwo die Blaͤtter von gewiſſen Baͤumen / wann ſelbige ins Waſſer fallen / ſich alſo - fort in Endten / Gaͤnſe und andere Waſſer-Voͤgel verwandeln; Hoͤren wir nicht aus China / daß durch eine immerwaͤhrende Verwandelung die Fiſche in Voͤgel / und dieſe hinwiederum in jene verwandelt werden / gewiß ſolches iſt noch viel ſeltzamer. So fern ihr dieſem keinen Glauben beymeſſen wollet / iſt nicht viel daran gelegen / denn ich darin ſelbſt zweiffelhafftig bin; Jedennoch iſt es ohnfehlbahr und gewiß / was ich von den Auſtern gemeldet / und dafern ihr zu wiſſen verlanget / wie ſelbiges zugehe / will ich euch darin zu Willen leben: An dem Uſer des Fluſſes wachſen eine gewiſſe Art Baͤume / groß und klein durch einander / deren Aeſte noch andere von ſich ſchieſſen laſſen / welche anſtatt hinauff werts zu ſchieſſen / ſich gantz an die Erde niederlegen / uñ wegẽ ermangelndem Nahrungs-Safft mit der Zeit vertrocknen / diejenige aber / ſo ins Waſſer reichen / nehmen ſehr zu / und ſind gantz bedecket von klei - nen Auſters / ſo anfangs nicht groͤſſer ſind als die klei -B 5nen26Beſchreibungnen Schnecken / welche in Holland Aalkruck ge - nennet werden / nachgehends aber ſehr zunehmen / und in kurtzer Zeit zu ihrer Vollkommenheit gelangen. Sehet nun / wie die Auſtern zu wachſen pflegen / damit euch dieſes merckwuͤrdige nicht unbekandt ſeyn moͤge. Kurtz zuvor habe ich erinnert / daß zwey Feſtungen in dem Lande von Ante, nechſt dem Dorff Zaconde lie - gen / davon eine den Engelaͤndern / die andere unſerer Compagnie zugehoͤrig. Ob nun wol ſelbige ſchon vor 6. Jahrẽ angeleget / iſt dennoch gar ſchlechte Handlung daſelbſt / und beyderſeits Compagnie-Bediente auff einandeꝛ ſehr mißtꝛauiſch / ſo daß die guten Leute zimliche Armuth ausſtehen muͤſſen / auch nichts beſſers zu ver - muthen ſtehet / weilen alle beyde / anſtatt ſie einigen Gewinn ſchaffen ſolten / denen Compagnien nur be - ſchwerlich ſind. Nicht lange hernach kamen die Mohren / uͤberfielen die Engliſche Feſtung / und ſteck - ten ſie in Brandt / ſo daß der Director und alle En - gliſche darinnen bleiben muſten; auch nahmen ſie den Europaͤern alle ihre Waaren hinweg / und pluͤnder - ten alles / was ſie hatten. Seit dem iſts bis heutigen Tag verdorben / auch nichtes mehr davon zu ſehen / als einige Mauren / welche noch uͤber Ende ſtehen / ſo daß alſo die Herrſchafft allein uns darinnen zuſtehet / wie - wol mit ſchlechtẽ Gewinſt. Zwar war die Handlung im verwichenen Jahr ſehr ſtarck / und kam viel Gold da - hin / dannenhero die Engelaͤnder alſobald / auff em - pfangener Nachricht / zu unterſchiedlichen mahlen an ihrer Feſtung angefangen zu bauen / allein die Moh - ren von Ante ſind ihnen allezeit daran hinderlich ge - weſen.

Ehe der Krieg noch anging zwiſchen denen von An -te27des Landes Gvinea. te und Adom, war das Dorff Zaconde eines von den ſchoͤnſten / bewohnteſten und reichſten Doͤrffern im gantzen Lande / ſo bald aber die von Adom den Sieg erhielten / haben ſie es in den Grund verbrandt und verheeret / ſo daß anitzo nur kleine Huͤtten uͤbrig / die aber doch zimlich anfangen zu zunehmen / und iſt kein Zweiffel / es werde noch eins ſich erholen / wiewol eini - ge Jahre hingehen werden / ehe ſelbiges zu ſeinem vor - mahligen Vermoͤgen gelangen doͤrffte.

Vom Lande Ante habe ich auch ſchon Erinnerung gethan / doch nur bis unterhalb Boutry, ſelbiges iſt ebenſals von nicht geringerer Annehmligkeit als das andere / indem es ſich 2. bis 3. Stunden in die Runde um dieſe Feſtungen ausbreitet; Jnſonderheit finden ſich hinter dem Dorff Tocorary, eine Stunde nach Abend von Zacondi, die allerſchoͤnſten und angenehm - ſten Thaͤler / daruͤber man ſich nichts Vergnuͤglichers einbilden kan / denn ſie nicht nur ſehr breit und lang durchgehends gantz eben ſind / ſondern auch mit hohen Baͤumen beſetzet / welche in uͤberaus richtiger Ord - nung zwiſchen ſich ein klein Gehoͤltze haben / und das Auge ſo vergnuͤgen / daß die Natur hie ſcheinet / ihr Meiſter-Stuͤck verfertiget / und aller menſchlichen Kunſt etwas zuvor gethan zu haben. Auf der Erde ſiehet man in dem ſchoͤnen weiſſen Sande / unterſchiedliche Spuhren von Hirſchen / Elephanten / Tiegerthie - ren / wilden Katzen / und andern mehr / kurtz dabey zu ſagen / man kan nicht ohne Entzuͤckung dieſe Wunder und Annehmlichkeit volle Thaͤler durch ſpatzieren. Das nechſt angraͤntzende Dorff Tocorary, welches dergeſtalt verheeret und verwuͤſtet worden / daß ſchier gar nichts mehr uͤbrig / hat zu unterſchiedlicher Zeitauch28Beſchreibungauch unterſchiedliche Europaͤiſche Herren gehabt / bald hat es denen Engelaͤndern / bald denen Hollaͤndern / Brandenburgiſchen / und wie mir geſaget worden / Schweden und Daͤhnen zugehoͤret. Wir ſind die letzten geblieben / nachdem der Admiral Ruiter die Engelaͤnder im Jahr 1655. daraus gejaget / von wel - chen es uns vorhin auff ſchaͤndliche Art entriſſen wor - den / ſo ihr beſtens werdet finden koͤnnen in der Lebens - Beſchreibung des Admiral Ruiters, durch den Hrn. Brandt auffgeſetzet. Seit dem hat es noch einen an - dern Herrn bekommen / und endlich iſt es uns wieder zugefallen / und von der Zeit an / ſo lange ich im Lande geweſen / haben wir ſchoͤne Handlung ein drey oder 4. Jahr her getrieben / in eines Mohren Behauſung / weil wir aber mercketen / daß ſelbiges nicht gelingen wolte / haben wir es gaͤntzlich verlaſſen / denn weil es in dem Krieg mit denen von Adom durchs Feuer verdor - ben / als wohnen daſelbſt nicht nur ſehr wenige / ſon - dern uͤberdem lauter nichtswuͤrdige Leute.

Hie will ich jtzo ſtillſtehen / und weiter herunter drey kleine Stunden ins Dorff Chama euch bringen / ohne etwas zu melden von dem Dorff Aboarg, ſo man un - terwegens antrifft / daſelbſt wir auch einige Huͤtten von etlichen Jahren her beſitzen / ſo wir gleichwol we - gen des ſchlechten Vortheils uud groſſen Unkoſten auffgehoben / denn derjenige / ſo drinnen commendir - te / beſſer davon fuhr als die gantze Compagnie; Zwar iſt ſelbiges zimlich groß und bewohnet / allein die Ein - wohner ſind in ſolcher Armuth / daß ich nicht glaube / ob ſie ihres gleichen haben im gantzen Lande. Unſere da - bey liegende Feſtung iſt nicht groͤſſer als Boutry, ob ſie zwar ein wenig laͤnger / hat ſie doch nicht mehr als vierBoll -29des Landes Gvinea. Bollwerck / und eben ſo viel grob Geſchuͤtz als zu Bou - try; Die Portugieſen / denen wir ſie genommen / ha - ben es S. Sebaſtian genennet / welchen Nahmen es bis heutigen Tag erhalten. Seit dem Kriege zwi - ſchen uns und denen Engliſchen iſt ſie ſehr verwuͤſtet worden / und waren rund herum bloſſe Palliſaden / ſo daß die Engelaͤnder mit geringer Muͤhe uns zu vertrei - ben gedachten / wannenhero ſie uns zuſamt denen von Jabi angriffen / gleichwol wider Verhoffen eine ſolche Gegenwehr fanden / daß ſie wieder umkehren muſten / von wannen ſie gekommen / ohne etwas auszurichten; Und von der Zeit ſind wir Meiſter darinnen geblieben. Gleich hinter unſerer Feſtung faͤnget ſich das Jabi an / und breitet ſich einige Stunden aus auff Seiten des feſten Landes / indem man nichts anders ſiehet in der gantzen Gegend. Jtzund / ob es gleich unter den Nah - men eines Koͤnigreiches das erſte iſt / ſo wir im Her - unterreiſen antreffen / ſo iſt es doch zimlich klein / und von geringer Macht / denn der Koͤnig ſelbſt ſo ein un - vermoͤgender Herr iſt / daß ich Bedencken truͤge 100. Guͤlden an Kauffmañs-Waaren ihm anzuvertrauen / indem ich in Sorgen ſtehen muͤſte / niemahls bezahlet zu werden / in Anſehung deſſen Armuth. Wahr iſts zwar / daß er mit ſeinen Unterthanen (ſo fern ſie ſo zu nennen) aus dem Milhio, welchen ſie pflantzen und verkauffen / und andern Kauff-Waaren ein gut Stuͤck Geld auffbringen kan / damit ſie ſich bald eini - ge Reichthuͤmer erwerben konten / allein die groſſen ſonderlich die von Adom, ſo umher wohnen / nehmen ihnen oͤffters alles / was ſie haben / und gehen mit ihnen als Sclaven um / ohne daß ſie ſich dawider ſetzen koͤn - nen / in Ermangelung dazubenoͤthigter Force.

Ne -30Beſchreibung

Neben der Seite unſerer Feſtung flieſſet der Cha - ma oder Fluß S. Johann, die Mohren nennen ihn Boſ - ſumpra, weil ſie ihn vor einen Gott halten / (denn Boſ - ſum heiſſet auff ihre Sprache Gott) ſelbiger ergieſſet ſich laͤngſt den Laͤndern Jabi und Adom, bis jenſeit Juffer, und ſo fern denen Mohren zu glauben / uͤber hun - dert Meilen auff Seiten des feſten Landes / davon man doch keine Gewißheit hat; ſonſt iſt er zimlich breit und ſchoͤn / gibt auch an Groͤſſe und Annehmligkeit dem Fluß Ancober wenig nach / ja dieſes hat er vor jenem vor - aus / daß man fuͤglich mit geladenẽ Schiffelein aus dem Meer hereinfahren kan / wenn man ſich nur weiß in acht zu nehmen vor einer Klippen an dem Munde des Fluſſes / dahero die Leute / ſo die Schiff-Kunſt verſte - hen / Surger oder beſſer Suceur genennet werden / oh - ne dergleichen Vorſichtigkeit muß man in Gefahr ſeyn / das Schifflein doͤrffte zuſcheitern / oder gar um fallen / welches unterſchiedliche mahl zu meiner Zeit geſchehen / ſo daß viele Menſchen umkommen ſind / in - ſonderheit wenn das Meer etwas unruhig iſt.

Es hat jetztgedachter Fluß ſehr groſſen Nutzen / denn hie nicht allein das ſuͤſſe Waſſer auff die Schiffe ge - holet wird / ſondern es findet ſich auch gut Holtz hie - bey / theils in die Kuͤche zu gebrauchen / theils auch die Oͤfen damit anzuheitzen / ohne der groſſen Vielheit anderen Holtzes / welches zu allerhand kleinem Fahr - zeug dienet / als Flaggen auffzuſtecken / Maſtbaͤume ſo taͤgliches Gebrauches ſind / und anderen Stuͤcken mehr / daß uns alſo dieſer Fluß groſſen Nutzen bringet / wenigſtens mehr als die Feſtung ſelbſt / ohne welchen wir ſie nicht lange halten koͤnten. Denn nicht nur die Handlung allhie ſehr ſchwach iſt / und folglich dieFe -31des Landes Gvinea. Feſtung mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich waͤre / ſondern auch die Mohren / ſonderlich von Adom mit ihren Betrie - gereyen uns offt beſchwerlich fallen. Oben habe ich allbereit erinnert / daß ſich ihr Land einige Meilen laͤngſt den Fluß erſtrecket / uͤberdem aber beſitzen ſie noch eini - ge Jnſuln in dem Fluß / daſelbſt ſehr ſchoͤne Dorffſchaff - ten befindlich / und was mir am ſeltſahmſten vorge - kommen / gehoͤren ſie noch zum Lande Adom. Denn ſelbiges gehet laͤngſt den Fluß Chama, und hat laͤngſt dem Fluſſe Ancober auf jener Seite mehr als 16. Stunden in die Laͤnge / und gleichwohl iſt dieſes Land nicht gar zu groß. Wannenhero ich glaube / daß ſei - ne Gelegenheit einem Winckelmaaß aͤhnlich ſey / indem es anfangs neben den Fluß Chama hinauffſtrecket / fol - gends aber ein enges Stuͤckchen Landes abſetzet / bis nach dem Fluß Cobre. Dem ſey / wie ihm wolle / wir haben hiekeinen Vortheil bey / darum wird es zutraͤg - licher ſeyn / weiter zu gehen / wie nemlich dieſes Land re - gieret werde / nicht von Koͤnigen / ſondern 5. oder 6. vornehmen Haͤuptern / deren einer maͤchtig genug waͤre das Koͤnigreich Jabi zu gewinnen. So ferne nun dieſe Regierungs Art von einer Reſpubliqve, die man vielmehr eine Zuſammenkunfft von allerhand Betriegern und Raͤubern nennen koͤnte / ſich unter ein - ander wohl zu verſtehen wuſten / waͤren ſie geſchickt ge - nug eine anſehnliche Macht auff die Beine zu bringen / und ſich dadurch einige Furcht bey ihren Nachbahren zu verurſachen. Jm 1690. Jahr beſchloſſen ſie ein - hellig einen Krieg wider die von Ante, und unter - hielten auch ſelbigen ſo lange / bis alles / ſowol Land als Einwohner / verdorben waren; Gleichwol waren die von Ante ſo eigenſinnig / daß ſie ihre Herrſchafft nichterken -32Beſchreibungerkennen wolten / ſondern noch bis heutigen Tag mit einander zu thun haben. Sie hatten auch vor wenig Jahren Krieg mit den dreyen Laͤndern / ſo an dem Fluß Ancober gelegen / und nachdem ſie ſelbige gantz entkraͤfftet und ausgeſogen / wurden jene gezwungen / von dieſen den Frieden vor eine anſehnliche Summa Geldes zu erkauffen. Zum General hatten ſie einen Mohren / der ſich Anqva nennete / ein ſehr unruhiger Kopff / und ein ungemeiner Liebhaber vom Krieg / nichts deſto minder war er ſehr verzagt / wenn es zum Hand-Gemenge kam / denn wenigſt haben ſie weder mit denen von Ante noch dieſen von Ancober Standt gehalten / ſondern alſobald im Anfange davon gelauf - fen / wodurch ſie in groſſe Unordnung gerathen waͤ - ren / im Fall ſie nicht ſo groſſe Macht oder beſſere Sol - daten zu ihren Generalen gehabt haͤtten als ihn / gleich - wol muſten die andern / ſo mit ihm commendirten / bey allem ihrem Widerwillen / nichts dawider ſagen / vielweniger ihn abſetzen / zumahlen er nicht nur der Vornehmſte und Maͤchtigſte unter ihnen war / ſon - dern auch die groͤſſte Mittel hatte. Uberdem war er zwar verzagt genug / aber ungewoͤhnlich Blut-duͤr - ſtig und grauſam (verzagter Leute gemeines Laſter) ſo daß ich ſeines gleichen im gantzen Lande nicht gekandt / von dem man mit Entſetzen ſprechen hoͤrte.

Jm 1691. Jahrtrug es ſich zu / daß / als er in einem Treffen ſeiner Feinde etliche gefangen bekommen / ſie auff grauſame Art martern laſſen / wenn er ſie uͤber den gantzen Leib verwunden lieſſe / und alsdenn wie ein Tiegerthier auff ſie zu fiele / und ihr Blut aus den geſchlagen Wunden leckendt einſchlurpfte. Noch war dieſes nicht genug / ſondern er ließ einen von ihnen /der33des Landes Gvinea. der ihm inſonderheit zuwider war / gebunden vor ſich legen / und nachdem er ihm den Leib durch ein gluͤen - des Eyſen hin und wieder oͤffnen laſſen / finge er das hervorquellende Blut in einem Gefaͤſſe auf / davon er die Helffte einſoffe / das Ubrige ſeinem Abgott opfferte - Alſo ginge dieſer Blut-duͤrſtige mit ſeinem Uberwun - denen grauſahmlich um / und iſt ſelbiges ſo viel weni - ger zu bewundern / weil in Ermangelung ſolcher Fein - de / ſeine eigene Leute ihm an Statt ſolcher Schlacht - Opffer dienen muͤſten / daß er ſeine Blut-Duͤrſtigkeit ſtillen koͤnnte. Als ſelbiger im Jahr 1692. zum zwey - ten mahl mit denen von Ante angebunden / beſuchte ich ihn in ſeinem Lager hinter Chama, da er mich ſehr hoͤfflich nach Landes Art aufnahm; waͤhrender Zeit aber meines Daſeyns bekam er neue Gelegenheit ſei - ne Grauſamkeit ſehen zu laſſen / denn als ein Mohr an dem Halſe einer von ſeinen Frauen eine neue Art Co - rallen erblickte / nahme er ſie in die Hand / doch ohne vom Halſe abzuloͤſen / welches auch die Frau / nichts Boͤſes daraus urtheilende / gerne geſtattete / in Anſehung die Mohren ihren Frauen groſſe Freyheit zu laſſen mit andern ſich gemein zu machen / ja ſelbſt mit ihren eige - nen Sclaven / ſofern ſelbige nicht auſſer der Ehrbar - keit weichen. Der Anqva aber nahm es ſehr uͤbel auf / und kaum hatte ich meinen Abſchied genommen / ſo muſten dieſe unſchuldige zwey Menſchen ſterben / und ſich auf vor geſchriebene Art ihr Blut ausſaugen laſ - ſen. Kurtz zuvor hat er einer von ſeinen Frauen die Haͤnde abhauen laſſen / geringer Urſach halber / und um ihr ſo viel mehr Verdruß zu machen / brauchte er ſie die Floͤhe zufangen / woruͤber er die gute Frau wenn ſie mit den geſtuͤmmelten Haͤnden ſolches nicht verrich -Cten34Beſchreibungten konnte / noch auslachte. Billig haͤtte ich vor die - ſer Erzehlung von der Natur und Sitten der Mohren etwas melden ſollen / allein weil dergleichen grauſame Exempel nicht mehr vorkommen / und damahls mich fande in des Unmenſchen ſeinem Lande / als habe nicht unterlaſſen koͤnnen in gegenwaͤrtigen Briefe etwas davon zu gedencken / um ſo viel mehr da es mir an an - derwaͤrtiger Materie fehlet. Damit ich gleichwol wieder auf das Land komme / wird ſolches von denen Mohren bewohnet / welche ſehr gemaͤchliches Leben fuͤhren / anbey auch ſehr maͤchtig ſind / angeſehen ſie recht an der groͤſten Paſſage wohnen / welche alle Kauffleute ſo aus dem Lande kommen / rei - ſen muͤſſen / und alſo die ſchoͤnſte Gelegenheit haben mit ihnen zu handeln; Uberdem / auch im Lande treffli - che Gold-Gruben gefunden werden / und deren eine ſehr reiche vor 3. Jahren entdecket wurde. Hiedurch n[e]hmlich ſolchen groſſen Uberfluß von Gold / und groſ - ſe Menge des Volcks werden ſie ſo hochmuͤthig und vermeſſen / daß man mit ihnen ſehr behutſam umge - hen muß.

Das Land an ſich ſelbſt iſt uͤberaus fruchtbar und reich von Korn und andern Fruͤchten / daß ſie nicht nur eigenes uͤberfluͤßiges Außkommen / ſondern auch noch anders wohin ein Ziemliches zu verfahren haben. Uber dem giebt es aller hand Arthen von wilden und zahmen Thieren / der Fluß aber ſpeiſet ſie mit den ſchoͤnſten Fi - ſchen / ſo daß ſie auch ohne Huͤlffe eines Menſchen nicht den geringſten Mangel an Lebens-Mitteln ſpuͤren.

Sehet ihr demnach was ich von dieſen beyden maͤchtigen Laͤndern Jabi und Adom habe ſagen koͤn - nen / dannenhero will ich anitzo ſchlieſſen / und nachAn -35des Landes Gvinea. Anwuͤnſchung alles vergnuͤglichen Wohlſeyns in tieffer Ehrerbietung bleiben ꝛc.

Drittes Send-Schreiben.

Jn ſich haltend eine Beſchreibuug des Landes Commani, der Veſtung / welche wir und die Engliſchen allda innen haben / und eine vollſtaͤndige Erzehlung des Krie - ges / welchen unſere Compagnie in dieſem Koͤnigreich Commani gefuͤhret / danebſt deſſen eigentlichen Anfang und Ausgang / wie auch des Schloſſes Elmina und end - lich des Dorffs oder Stadt unter eben dieſen Nahmen.

Mein Herr!

WJr ſind in der Beſchreibung des Landes von Gvinea bis ins Koͤnigreich Commani gekom - men / welches an Adom und Jabi angraͤntzet / und wie ich ſelbiges ſo wie alle andre angefangen habe zu be - ſchreiben / als faͤllet mir hiebey ein / daß ich ehemahls ei - nen Brief von euch erhalten / darinnen ihr ſehr weit - laͤufftig die Urſache des Krieges zwiſchen unſerer Com - pagnie und dieſem Koͤnigreich unterſuchet. So bald ich ihn geleſen / ſahe ich wol / daß man mit unterſchied - lichen Unwarheiten euch begegnet / und weil ihr Ver - langen traget die eigentliche Umſtaͤnde des Krieges zu erfahren / habe ich mit Willen nicht darauf antworten wollen / weil ich damahls ſolche Heimlichkeiten nichtC 2ent -36Beſchreibungentdecken wolte / in Anſehung einer gewiſſen vorneh - men Perſohn dadurch zu nahe getreten waͤre / deſſen Ehre jeder zeit mit groſſen Eyfer zu befoͤrdern geſuchet habe. Nun aber da ich mich entſchloſſen nichtes zu verheelen / und alles ſo ſich hier zu Lande zu getragen / euch bekandt zu machen / will ich vertraulich ſchreiben / ſo wie ichs und alle andre die ſolches wiſſen muſten / ge - hoͤret haben; und geſetzt daß wir hierinnen irren moͤch - ten (welches nicht hoffen will /) wird die Warheit bey gelegener Zeit ſich ſchon hervor thun.

Ehe ich aber zu dieſer Erzehlung ſchreite / will ich mit Wenigen des Landes Commani gedencken / wie daß ſelbiges in die Laͤnge 5. Meilen / und eben ſo viel in die Breite habe / wenn man rechnet von dem Fluß Chama biß an das Dorff Mina. Auf dem halben Weg zwiſchen dieſer Gegend findet ſich unſere Veſtung von ziemlicher Groͤſſe an dem Strande des Meer / nechſt dem Dorff Klein Commani, oder wie es die Mohren nennen Ekki Tekki. Die Veſtung heiſſet Vreden - burg im Jahr 1688. von Herrn Sveerts erbauet. Ohngefehr zwey Muſqueten Schuß davon haben die Engelſche auch eine Veſtung / ſo ebenfals keine der Kleineſten iſt / und dahero unten mit Mehren ſoll er - wehnet werden. Die Unſrige betreffend iſt ſolche ziemlich groß wie itzund geweldet worden / und ſchier wie ein viereck gebauet indem es vier ſchoͤne Boll - werck hat / darauf 32. Stuͤck ſtehen koͤnnen / auch eben ſo viel Schieß-Scharten in der Bruſtwehre beſind - lich ſind. Es koͤnnen ein 60. Mann gemaͤchlich zur Guarniſon darinn liegen / wiewol itzund viel daran ſehlen / indem nicht mehr als 20. Canons zu ſehen / welche nicht nur taͤglich eine groſſe Menge Mohrenabhal -37des Landes Gviinea. abhalten koͤnnten / ſondern auch ſie davon abweichend machen. Es giebet das 1695. Jahr hievon Zeugniß genung / denn als bey meinen Commando die Feinde zu Nacht einen Anfall thaten / hatte ich kaum zwantzig Kerle zur Beſatzung / davon ſchier die Helffte nur Dienſte thun konnte / wurden ſie gleichwol gezwungen mit Verluſt zu weichen / nachdem ſolches Gefecht 5. Stunden gedauret: unſer Seits waren nur zwey verwundet / welches am meiſten zu verwundern / und ein augenſcheinlicher Beweiß Goͤttlicher Vorſorge geweſen / zumahlen die meiſten Schieß-Loͤcher gantz offen / und die Mohren aus ihrem Gewehr ſo ſtarck feuerten / daß es ſchiene als ob es Kugeln regnete / ſelbſt der Fahnenſtock ohngeachtet ſeines wenigen Raums / war damit nicht verſchonet worden / und die kleine ge - ſchloſſene Schieß-Scharten waren des Tages gantz durchloͤchert / dahera leichtlich zu erweiſen mit welch einer Hitze ſie uns angefallen. Endlich kamen ſie auch an die Pforte um ſelbige aufzuhauen / ſo bald wir aber den erſten der ſolches unternehmen wolte uͤbern hauffen geſchoſſen / blieben die andern ſehr gerne zu - ruͤck. Gleich darauf kamen 2. Schiffe vor unſere Ve - ſtung Ancker werffen / ſo mich mit Volck und Provi - ant verſehen ſolten / und von dem General auf die von mir erhaltene Nachricht in was gefaͤhrlichen Zuſtand ich mich befaͤnde / ausgeſand waren. Als demnach der eine Schiffs-Capitain Nahmens Peter Hinken, laut ſeiner Ordre behuͤfflich ſeyn wolte / ſetzte er ſeine Leute mit den kleinen Schiffen aufs Land den Tag zu - vor ehe die Mohren den Anfall thaten; kaum waren ſie unter das grobe Geſchuͤtz kommen; wurden ſie von den Mohren angegriffen / und deren einige niedergema -C 3chet /38Beſchreibungchet / ohne daß ichs verhindern konnte / denn indem ich das grobe Geſchuͤtz loͤſen wolte / fand ich ſolches gantz und gar vernagelt / welchen Poſſen allem Anſehen nach ein gewiſſer Buͤchſen-Meiſter uns geſpielet da - hero ich ihn in Ketten gefeſſelt nach der Haupt-Stadt auf Befehl des Generals geſendet / der dazumahl ſchwore er wolte ihn mit groͤſter Schaͤrffe andern zur Warnung abſtraffen / allein nichts weniger als die - ſes / denn er ihm nicht nur bald darauf ſeine vollkom - mene Freyheit gegeben / ſondern aufs neue in einer an - dern Haupt-Veſtung ihn zum Buͤchſen-Meiſter ge - macht. Dieſes unverhoffte Ungluͤck war alſo die Ur - ſache daß ich ſo jaͤmmerlich umkommen ſahe diejenigen deren Huͤlffe ich benoͤthiget war / und gleichwol ſie nicht retten koͤnnte / ja wenn die Mohren zu eben der Zeit auf das Schloß einen Angriff gewaget haͤtten / wuͤrden ſie nicht nur Meiſter davon geworden ſeyn / ſondern wir alle haͤtten unſer Leben verlohren / da ſie aber noch 24. Stunden ſaͤumeten gewann ich inzwi - ſchen Zeit mich in Gegewehr zu ſetzen / und ſie uner - ſchrocken abzuwarten / wie allbereits erwehnet. Hie - bey muß ich noch was Laͤcherliches erzehlen / ſo in Zeit dieſer Uberrumpelung geſchahe: Jndem ich alle Po - ſten beſuchte / um zu ſehen / ob ſie wohl beſtellet waren / findet ſich ein Soldat von ſeinen Poſten bey mir ein klagend es wuͤſten die Mohren gar wol daß er in dieſer gantzen Welt den einigen Hut nur haͤtte / und gleich - wol haͤtten ſie ihm auf dem Haupt ihn gantz zerſchoſ - ſen als waͤre ſelbiger mit dem Meſſer durchſchnitten / baͤte dannenhero um Freyheit ſich an ſeinem Feind mit Granaten zu raͤchen / welches ich gar leichlich geſche - hen lieſſe / indem ich des Lachens uͤber ſeinen Unmuthmich39des Landes Gvinea. mich nicht enthalten konte. Alſofort nahm er zwey Granaten / ſtellete ſich aufs Bruſtwehr / und ſchriehe auf der Mohren ihre Sprache / er wolte ihnen etwas zu kauen geben / und warff die angeſteckte Granaten ihnen zu. Die Mohren wuſten nicht was ſie daraus machen ſolten / ſahen mit Luſt zu wie ſie brannten / fin - gen auch gar herum zu tantzen / bis ſelbige anfingen zu ſpringen / und die gebrochenen Stuͤcke um ſich zu werffen / da diejenigen welche beſchaͤdiget waren aus vollen Halſe ſchriehen / die andern aber ſo viel moͤglich davon eyleten / ſo daß keiner von beyden dergleichen Braten mehr verlangete / dafern es ſo zu nennen. Endlich komme ich auf den Krieg von Commani dar - an unſer Gluͤck und Wohlfahrt zu hangen ſchiene. Dannenhero ehe ich zu einer etwa weitlaͤufftigen Er - zehlung ſchreite / iſt es noͤthig einigen Vorbericht doch ohne euren Verdruß zu geben / denn daferne ihr den Anfang nicht wiſſet / koͤnnet ihr unmoͤglich einen rech - ten Begriff von der Sache haben. So will ich denn vom Regiment eines guten Freundes den Anfang machen / doch mit dem Beding euch nicht zu erzuͤrnen / im Fall ihr etwas Nachtheiliges leſen wuͤrdet / denn ihr koͤnnt ſicherlich glauben / daß ich die pur-lautere War - heit ſchreiben will. Er trat ſeine Regierung an bey friedlichen hoͤchſt-geſeegneten Zuſtande des Landes wiewol diejenige ſo etwas ſcharffſinnig / ſchon bemer - cketen / daß ſich der Krieg zwiſchen den Einwohnern des Landes Commani begunte anzuſpinnen / und bey erſter Gelegenheit ausbrechen wuͤrde / welches auch all - bereits geſchehen waͤre / wenn des Koͤnigs Bruder zu Commani ſolches nicht verhindert haͤtte. So bald er aber verreiſet / und auſſer Bedienung lebte / uͤberdemC 4auf40Beſchreibungauf gewiſſe Art uͤbel ware gehalten worden / fehlete es denen zu Commani an nichtes als nur einem Schein / damit ſie ihrem Vornehmen einigen Grund anſtrei - chen koͤnnten. Hiezu aͤnſſerte ſich eine treffliche Ge - legenheit im Jahr 1694. denn als wir einige Berg - Leute aus Europa verſchrieben hatten / (die Urſach kan man ſich leicht einbilden /) lieſſen wir ſelbige ihr erſtes Heyl im Lande Commani verſuchen / und zwar in ei - nem Berge ohngefehr eine halbe Meile oberhalb unſer Veſtung gelegen / ſo hiezu ſehr bequem ſchiene / und ei - nen guten Ausgang unſerer Hoffnung ſehen lieſſe. Es hatten aber die Einwohner von Commani dieſen Berg dazumahl zum Heiligthum gemacht: ich ſage nicht ohngefehr dazumahl / denn vorhin hatte man nichts davon gehoͤret / ſo daß dieſes zu einer Urſach die - nen muſte uns mit Krieg zu uͤberziehen. Dem ohn - geachtet fingen die Berg-Leute an zu arbeiten / wiewol es nicht lange daurete / denn wenige Tage hernach wurden ſelbige unverſehens uͤberfallen / uͤbel gehalten / und alles ihnen abgenommen / uͤber dem noch einige Zeit als Krieges-Gefangen zuruͤck bleiben muſten / wel - che ſich nicht konten aus dem Staube machen. Alſofort kamen wir bey dem Koͤnig von Commani klagend ein / allein er war ſo liſtig / daß er allezeit ſagte / er haͤtte hiemit nichtes zu thun / ſondern ein gewiſſer Mohr Nahmens Jean Kabes, unweit, von unſer Veſtung wohnhafft / mit welchen wir zn unterſchiedlichen mah - len ſchoͤne Handlung getrieben.

Wolte uns alſo uͤberreden / daß obgedachter Mohr ſelbiges gethan haͤtte / um ſich an dem letzten Director wegen empfangenen Unrechts zu raͤchen / allein es war bekandter als der Tag / daß ſolches ein erdichtetesWerck41des Landes Gvinea. Werck war: denn dieſer Mohre / ſo von Natur ſehr verzagt / wuͤrde ſich ſo wichtige Sachen nicht unter - nommen haben / die von ſo gefaͤhrlicher Folge ſeyn ſol - ten / wenn er nicht ausdruͤcklichen Befehl vom Koͤnig gehabt haͤtte / weil er gerne mit uns brechen wolte / und keine beſſere Gelegenheit dazu finden konnte. Dan - nenhero gab ſich dieſer Koͤnig in eigener Perſohn auf den Weg nach Commani ohne weitere Unterſuchung der Sachen / in Meynung ſich an dem Jean Kabes den er vor den Urheber hielte zu raͤchen. Zu welchem En - de er einige Soldaten von Elmina mit nahm und ſen - dete ſelbige gleich bey ſeiner Ankunfft ins Dorff daſelbſt Jean Kabes wohnete / welcher nahe bey dem Dorff ih - nen entgegen kam / und eben begriffen war ein Schaaff an den Hrn. zum Geſchenck zu bringen / ſeine Un - ſchuld zu beweiſen / und den Vedacht den man auf ihm hatte / zu vernichtigen. So bald er aber gewahr wurde daß die Soldatẽ ſein Gut antaſteten / uñ ihn ohne etwas zu ſagen pluͤndern wolten / aͤndeꝛte er bald ſein Vorneh - mẽ / uñ ſo verzagt er auch war / ging er nicht fort / nach ſondern ſtellte ſich zur Gegenwehr. Die Soldaten mer - cketen bald / er wolte ihnen ſein Gut theuer verkauffen / gerithen dannenhero in einen kleinen Scharmuͤtzel dar - innen zu beyden Theilen einige verwundet wurden / welches die Urſach daß ſie beyde von ein ander kamen. Dieſes nun machte die Sachen ziemlich verwirret / der Koͤnig begunte uns heimlich zu haſſen / und Jean Ka - bes wurde unſer abgeſagter Feind / ließ dahero um ſich zu raͤchen die Engelaͤnder ins Land Commani kom - men / und raͤumete ihnen vorerſt eines von ſeinen Doͤrf - fern ein / eine Stunde von unſerer Veſtung / darinnen Saltz geſotten wurde / und meynte hiedurch ſo viel zuC 5wege42Beſchreibungwege zu bringen / daß ſie bey erſter Gelegenheit in dem verfallenen Haus oder Veſtung ſo ſie vor dieſen innen gehabt / aufs neue feſten Fuß ſetzen koͤnnten. Welches ihnen in kurtzer Zeit nach Hertzens Wunſch dermaſſen gelungen / daß ſie aufs neue eine Veſtung anlegeten / daraus ſie nicht anders als mit Krieges Macht zu brin - gen waͤren / und dennoch die Gefahr auszuſtehen waͤ - re / ob wir nicht am erſten weichen muͤſten; wei - len ihre Veſtung eben ſo groß wie unſere mit 4. Batte - rien verſehen / und noch daruͤber rund herum ein hohes Werck hatte / davon ſie mit Stuͤcken groſſen Scha - den zufuͤgen koͤnnten / angeſehen ihre Stuͤcke ſo ſchwer wie die Unſrigen / und noch deren viel mehr an der Zahl waren: Kurtz wir wuͤrden vollkommene Arbeit finden aus dieſer Verwirrung heraus zu kommen. Denn diejenige ſo nur die geringſte Wiſſenſchafft von dieſem Lande haben / wiſſen zur Gnuͤge was eine dergleichen gefaͤhrliche Nachbarſchafft in Handlung vor Scha - den bringen und allbereit gebracht hat / auch wie ſchwer es daher gehe allem Ungluͤck zuvor zukommen oder ab - zuhelffen. Allein der Herr welcher ein wenig zu hitzig in Ermangelung guter Rahtgeber / ſeinem eige - nen Kopf folgte / auch keine vernuͤnfftige Einwendung gelten laſſen wolte / ſuchte nichts anders als Krieg und Krieges-Geſchrey / ſich einbildend / es wuͤrde ihm ſo gluͤcken wie dem Herrn Sveerts, welcher das Land von Commani gaͤntzlich im Jahr 1687. unter ſich brachte / den Koͤnig mit den Vornehmſten des Landes aufhen - cken ließ / ſo man dazumahl vor ſehr vortheilhafftig un - ſer Seits hielte. Alſo meynte dieſer davon ich ſpreche / es eben ſo zu machen / allein das war ſein Verſehen / daß er keinen Unterſcheid machte / was eine Vernunfftmaͤſ -ſige43des Landes Gvinéa. ſige Auffuͤhrung / oder das Gluͤck bey einem oder an - dern auszurichten vermoͤge. Dem aber ohngeachtet mag ich frey ſagen / daß es ihm nicht mißlungen waͤre / wenn er nicht ſo hochmuͤhtig ſeinen Feind zu geringe gehalten / denn er haͤtte eine Armee von denen aus Juſ - ſer und von Cabeſterra vor 50000. Guͤlden ins Feld ſtellen koͤnnen / weilen dieſe Nation uns zweymahl an Macht uͤberlegen ſind. Haͤtte demnach leicht geſche - hen koͤnnen / daß er uns mit ſo anſehnlicher Macht gantz zu Boden geworffen. Allein ſeine groſſe Einbil - dung die er hatte nicht nur Commani, ſondern das gantze Land zu uͤberwaͤltigen / war allzu unbeſonnen / denn bey noch waͤhrendem Streit (ſo ſehr war er ent - ruͤſtet) mit denen von Commani, ließ er dem Lande Fantin und Saboe Drohungs-Weiſe melden / ſo bald er wuͤrde mit Commani fertig ſeyn / wolle er ſie beſuchen: dahero dieſe zwey Nationen / welche noch in friſchen Gedaͤchtniß hielten / was Ubels ſie uns an - gethan / indem wir wegen Unvermogenheit bishere un - ſere Rache verſchoben / ſaͤumeten nicht lange / ſondern machten Anſtalt zu einer tapffern Gegenwehr. Weil ſie auch wohl ſahen / daß zu Beſchuͤtzuug ihres Landes / die Erhaltung der Veſtung Commani vieles beytra - gen koͤnnten / nahmen ſie alſofort ihre Parthey an / und machten ſie dadurch viel ſtaͤrcker als wir mit unſern Huͤlffs-Trouppen waren: Selbiges war gleich im Anfang bey dem erſten Treffen zu ſehen / darinnen wir ſo ungluͤcklich fochten / daß alle unſere Huͤlffs-Voͤlcker und mit ihnen die groſſen Unkoſten verlohren gingen / die Schlacht war ſo blutig und ſo hefftig / daß ſie un - ter den Mohren ihres gleichen nicht findet / indem alle unſer Volck entweder nieder / oder zu Gefangene ge -macht44Beſchreibungmacht waren / und wir hiedurch in ſolchen jaͤm̃erlichen Zuſtand geriethen / daß wir nicht wuſten wo wir uns hinwenden ſolten / weil die meiſten benachtbarten Laͤn - der ſo einige Macht haben / unſere Feinde waren. Wir haͤtten auch nimmermehr den Krieg wieder von neuen anfangen koͤnnen / wenn uus unſere Feiude hiezu nicht Gelegenheit gegeben / denn indem ſie untereinander ſtreitig wurden / trenneten ſie ihre Armeen und kam der Tekki Ankan Koͤnigs Bruder / als itziger regie - render Herr von Commani mit denen von Akan auf unſere Seite / welche in kurtzer Zeit mit denen von A - dom fo maͤchtig wurden / daß ſie zum zweyten mahl mit denen von Commani anbunden. Das Treffen war zu beyden Seiten ſehr hitzig / und der Sieg lange Zeit ſehr zweiffelhafftig / bis er ſchiene auf unſere Seite zu fallen / und deswegen unſere Leute anfingen zu pluͤn - dern: Allein der Abe Tekki Koͤnig von Commani, ſo zu ſeiner Zeit an Tapfferkeit und Klugheit unter de - nen Mohren ſeines gleichen nicht hatte / war nicht mit bey dieſen Treffen zugegen / ſondern ließ ſeine friſche Leute geſamt auf uns anruͤcken / ſo bald er gehoͤret daß wir mit der Beute beſchaͤfftiget waren / welche er mit Fleiß zu unſerm Fallſtrick ausgeſetzet. Um ſo viel beſſer uns zu betriegen / kamen ſeine Leute mit verkehrtem Ge - wehr an / indem dem ſie das Schulterblat der Muſque - te vor ſich trugen; ſo daß wir ſelbige vor unſere Leute hielten / und von dem Beute machen nichtes hindern lieſſen. Kaum war der Koͤnig angekommen / ſo ließ er das Gewehr umkehren / und ein ſolch erſchreckliches Feuer auf uns geben / daß wir nicht an die Beute mehr gedachten / ſondern eintzig wuͤnſcheten das Leben zur Beute zu behalten / wodurch der Koͤnig von Commanizum45des Landes Gvinea. zum zweytenmahl einen vollkommenen Sieg befoch - ten / und kamen die Unſrigen ſo noch entwiſchten in groͤ - ſter Unordnung zuruͤck.

Demnach waren zwey Haupt-Schlachten verloh - ren / und meiſten Theils durch Verſehen des Herrn denn ſofern er ein wenig eingehalten mit denen von Fantin und Saboe, auch die Beybehaltung deren Freundſchafft mit Worten geſuchet haͤtte / ſo wie er nachgehends ſolches thun muſte / wiewol vergebens / glaube ich nicht / daß ſie ſich mit denen von Commani eingelaſſen haͤtten / da es gar leicht geweſen waͤre dieſe zu uͤberwaͤltigen / und denn endlich die von Fantin und Saboe mit eben der Macht zum Gehorſam zu bringen.

Jn ſolcher Bewandniß blieben die Sachen biß zur Zeit des Herrn denn wie es zu geſchehen pfleget / daß bey Veraͤnderung der Obrigkeit / die Sachen ein ander Ausſehen gewinnen / alſo ſahe man desgleichen. So bald er als ein ſehr Fried-liebender Herr merckte daß wir im letzten Kriege lauter Schaden genommen / ward er dahin ſchluͤßig / Vermoͤge derer gutem Ein - rahten ſo hieſigem Lande vorſtunden / daß obgedachter Krieg durch einen guten Frieden moͤchte beygeleget werden / worinn auch ſo gearbeitet und die Gemuͤther derer von Commani dergeſtalt eingenommen wurden / daß wir alſo bald eins wurden. Sie gelobeten nicht nur alle gethane Unkoſten zu erſetzen / ſondern bewillig - ten auch dergleichen vortheihaffte Vorſchlaͤge / als wir bey ſolcher Verwirrung haͤtten wuͤnſchen koͤnnen. Dieſes haͤtte gewiß zu groſſen Nutzen unſer Compa - gnie dienen koͤnnen / wenn der Friede laͤnger gedauret haͤtte / zumahlen ſie in weniger Zeit eben ſo gluͤckliche Handlung allhie haͤtte fuͤhren koͤnnen als wie vor die -ſen /46Beſchreibungſen / waͤre auch nicht gezwungen worden ein ſo groſſes Geld zu erlegen / als ſie zu dem Kriege anwenden muſte der auf dieſen kurtzen Frieden folgete. Weil aber die Herren Engellaͤnder nicht zufrieden waren daß wir dieſen Krieg ſo gluͤcklich zu Ende gebracht / beſorgeten ſie es moͤchte ſolches ihnen zu einigen Nachtheil gereichen / wurden dẽswegen angetrieben auf allerhand Art und Weiſe den Frieden zu vernichtigen dazu ſie folgende zwey zulaͤngliche Wege ausſannen: Erſtlich zwar ſchmeichelten ſie dem Koͤnig / vorſtellende / wie er zwey groſſe Siege uͤber uns erhalten / und folglich Satisfa - ction fordern / nicht aber geben muͤſte. Zweytens ſtel - leten ſie ihm ſeine groſſe Macht vor Augen / im Gegen - theil aber wie unvermoͤgend und in keinen Stande wir waͤren von neuen zu uͤber fallen / ſondern alſobald genoͤ - thiget wuͤrden nicht nur um Frieden bey ihm anzuhaltẽ / ſondern vor Geld abzukauffen / alsdenn er nach eigenen Belieben mit uns wuͤrde umgehen koͤnnen. Der Koͤ - nig war ohne dem durch dieſe Siege hochmuͤthig wor - den / und weil er im Lande Commani gebohren / auch uͤber dem groſſe Luſt zum Kriege hatte / brauchte es nicht viel Bittens Krieg anzufangen / in ſonderheit da ihm die Engellaͤnder verſprachen ſie wolten ihm mit allem was er zu unſern Verderb noͤthig haͤtte / willig an die Hand gehen. Darauf fing der Koͤnig auf vorige Art den Krieg an und beunruhigte uns mehr als jemahlen geſchehen. Demnach hielten wir eine geraume Zeit geduldig aus / und ſuchten mit guten Worten den Koͤ - nig auf andere Gedancken zu bringen / allein es war al - les vergebens / und wurde das Ubel von Tag zu Tage aͤrger / endlich konten wir es nicht laͤnger vertragen / im Fall wir nicht Ehre und Anſehen im gantzen Lande ver -liehren47des Landes Gvinea. liehren wolten. Alſo dachten wir auf andere Mittel / und wurden nach gehaltenem Raht einig / eine anſehn - liche Macht ins Feld zu ſtellen / ſofern es immer moͤglich waͤre / damit wir ohne Zeit-Verluſt die Commanier belohnen koͤnnten. Da wir nun hoͤreten daß die von Fantin als unſere Freunde / vieleicht geſinnet waͤren ſich mit uns zu verbinden / indem ſelbige mit ihrer Macht anch zweyen Koͤnigen von Commani gewach - ſen waren / fingen wir an mit ihnen wegen der Allian - ce zu handeln und brachten es in kurtzer Zeit dahin / daß ſie ſich mit einem Eyde verbindlich machten / den Krieg wider die Commanier gegen Empfang von 9000. oder etwas mehr Guͤlden / nicht nur anzufangen / ſon - dern auch nicht eher aufzuhoͤren / als bis ſie gaͤntzlich unter die Fuͤſſe gebracht waͤren. Damahls dachten wir auſſer aller Gefahr zu ſeyn / mit Schmertzen war - tende bis die Fantiner ihre Trouppen ins Feld ſtelle - ten. Die Engliſche aber nahmen ſich der andern Par - they an / entweder bey dem Koͤnig von Commani ihrem Verſprechen nachzukommen / oder uns alle Hinder - niß in den Weg zu legen; dem ſey nun wie ihm wolle / genung tſts daß einer von ihren Directores von Ca - bocors nach Fantin abreiſete / um ſelbigen anzuliegen / ſie moͤchten die Wafſen nicht ergreiffen / und gab ih - nen deswegen etwas mehr Geld als ſie von uns bekom - men hatten; und weil der eintzige Braffo darwider ſtrit - te / muſte er von ihrer Hand umgebracht und deſſen Stelle mit einem von ihren Creaturen bekleidet wer - den. Weil nun die Mohren / wie denen zur Gnuͤge bekandt iſt / ſo eine Zeitlang mit ihnen umgegangen / gar leichtlich ihren Eyd brechen / iſts gar leicht zu be - greiffen / es wuͤrdẽ auch dieſe Fantin er viel lieber Friedehal -48Beſchreibunghalten und ein gut Stuͤck Geld darzu nehmen / als Krieg fuͤhren mit einer geringeren Summa. Alſo kon - te unſere Sache nicht anders als ungluͤcklich ablauf - fen / und waren alſo unſers Geldes verluſtig gemacht. Bey ſolcher Bewandnuͤß wurden die Commanier noch viel hochmuͤthiger / und thaten uns mehr Ver - druß an als vorhin / ſo daß wir auf andre Mittel gerie - then mit denen von Adom ein Verbuͤndniß zu machen / ſo ſie zum wenigſten vor 6000. Guͤlden annehmen wolten / welches die Fantiner nicht gethan hatten; al - lein auch dieſes wolte uns nicht gelingen / denn weil ſie ſich in Vertheilung des Geldes nicht vertragen konten / fandt ſich keiner unter ihnen / welcher die Acaniſten oder die Cabeſteraſſen die ſich doch verbunden hatten mit denen von Adom zuſammen zu ſtoſſen / haͤtte auff - wiegeln wollen. Das letzte Mittel ſo noch uͤbrig / war die Dinkiraſchen zu uͤberreden / ſie ſolten gegen Erle - gung 8000. Guͤlden ihre Waffen bey die unſrigen fuͤ - gen; nichts deſtoweniger waren wir eben ſo ungluͤcklich wie zuvor / denn weil dieſe Leute in einem andern Krieg begriffen / konten ſie ſich keines fremden annehmen / ſondern muſten auf ihre Erhaltung ſelbſt gedencken / gleichwol waren ſie vor den andern ſo redlich / daß ſie alle unſer Geld zuruͤckſchickten / ausgenommen etwas Weniges / ſo auſſer Zweiffel zwiſchen derer Uberbrin - ger Haͤnde mag geblieben ſeyn. Gleicher Geſtalt brach - ten die von Adom auch unſer Geld zuruck / ausgenom - men die Fantiner / ſo nichts heraus geben wolten. Ohn - geachtet nun alles unſern Fleiſſes welchen wir aus die - ſem Labirynth zu kommen angewand hatten / ſtund es mit unſer Sache in groſſer Verwirrung / indem wir von allen Seiten hintergangen waren; dahero ka -men49des Landes Gvinea. men wir auf die Gedancken unſer Verbuͤndniß mit denen von Commani auf eine ehrliche Bedingung zu erneuern / wuſten aber nicht wie wir dazu gelangen koͤnnten / beſorgende es wuͤrde auf der Engellaͤnder Prophezeyhung hinaus lauffen / daß wir den Frieden mit flehentlichen Bitten erhalten muͤſten / ſo auch ohn - fehlbar oͤffentlich haͤtte geſchehen muͤſſen / wenn in die - ſer Verwirrung ein anders kraͤfftigers Mittel ſich nicht eraͤugnet haͤtte. Des Koͤnigs Bruder davon o - ben Meldung geſchehen / und durch den Herrn mit Frau und Kind nach Surinam in die Sclaverey ware verwieſen / weil er wie die Rede ging in der Regie - rung etwas verſehen / nun aber durch die Compa - gnie Directores in Freyheit geſtellet / und in ſein Land geſetzet worden / kam ſo bald nicht an / daß wir uns nicht gleich an ihm gemacht haͤtten / um zu erforſchen wie ſein Bruder geſinnet / ob er mehr zum Kriege oder Frieden geneigt waͤre. Wir hoͤrten bald von ihm mit groͤſtem Vergnuͤgen / daß der Koͤnig des Krieges muͤde / ſehr nach dem Frieden ſich ſehnete / weshalben wir bald den Friedens-Handel auf gewiſſe Bedingungen eingin - gen / mit dieſen Worten / daß keiner vom andern et - was zu fordern haͤtte / als einen auffrichtigen und be - ſtaͤndigen Frieden / in Meynung daß auf ſolche Art der Friede ſo viel beſtaͤndiger ſeyn ſolte; es wuͤrde auch hier - an nicht gefehlet haben / indem wir allbereit begunten zu empfinden / was ein groſſer Unterſcheid ſey zwiſchen Krieg und Frieden / und wie weit dieſer jenem vorgehe. Als wir nunmehro eine ſolche Ruhe erhalten / und mit beſſerm Nachdruck den Frieden ins kuͤnfftige zu behal - ten uns bemuͤheten / begab ſich wider alles Vermuh - ten unter denen Engellaͤndern ein ungewoͤhnlicherDZufall;50BeſchreibungZufall; denn dieſe Herren beſorgeten / es haͤtte ſie der Koͤnig darum verlaſſen / damit er ſo viel genauere Freundſchafft mit uns als ſeinen alten Bunds-Genoſ - ſen / halten koͤnte / oder es mag vielleicht aus anderer Urſach geſchehen ſeyn / ſie lieſſen den Koͤnig innerhalb ihrer Veſtung Cabocors ums Leben bringen / an ei - nem Tage welchen er zu ſeiner Ergetzung auserſehen: (eine ſchaͤndliche That / keinem Europæer anſtaͤndig) und belohnten alſo mit ſolcher Undanckbarkeit die treue Dienſte / ſo er ihnen einige Jahr her erwieſen.

Dieſes greßliche Fuͤrnehmen war die Urſach daß im gantzen Lande eine groſſe Veraͤnderung entſtande; die von Commani welche bishero die vertrauteſten Bunds-Genoſſen mit denen Engellaͤndern geweſen / wurden die aͤrgſten Feinde / allerhand Mittel ausſin - nende / wie ſie den Todt ihres Koͤnigs raͤchen moͤchten. Jm Gegentheil wurde Tekkiankan ihr guter Freund / und weil er an dem Mord ſeines Brudern mit Schuld hatte / verließ er uns und ging zu den Engellaͤndern / um die Commanier zu bekriegen / bate zugleich / wir moͤch - ten uns auch in dieſes Buͤndniß einlaſſen; allein wir hatten mit Schaden gelernet / wie ſchaͤdlich der Krieg in unſerer Handlung ſey / und hielten nicht vor raht - ſam ihnen zu Gefallen Krieg anzufangen / ſchlugen deswegen obiges Anſinnen gaͤntzlich aus. Nichts deſtoweniger lieſſen ſie von ihrem Fuͤrnehmen nicht ab / ſondern beſtachen mit Geld die von Saboe acani und von Cabes terra, um ſie auf ihre Seite zu ziehen. Dar - auf ſtellte ſich Tekki ankan mit dieſen Huͤlffs-Voͤl - ckern ins Feld / wiewol mit ſo ſchlechten Gluͤck / daß ihn die Commanier bis aufs Haupt ſchlugen / und in die Flucht trieben / ohngeachtet er zum wenigſten viermahlſtaͤr -51des Landes Gvinea. ſtaͤrcker war / ſie bekamen auch einen Mohren zu ih - rem General Nahmens Amotekki welcher die Hertzhafftigkeit des letzt ermordeten Koͤnigs aufs neue ſehen lieſſe / und ſelbigem in keinem Stuͤcke nach - gab / dergeſtalt / daß die Commanier meiſtentheils ihm allein den Sieg zu dancken hatten.

Nun hatten wir Zeithero noch keines Parthey an - genommen / ſondern waren bis dato frey und unge - bunden / gleichwol hatte der Amotekki ſo viel Hoͤff - ligkeit fuͤr uns daß er den erhaltenen Sieg an uns be - richten ließ / dabey aber nebſt Uberſendung einiger Hirnſchedeln ſo im Treffen blieben waren / melden / er wolle in Hollaͤndiſchen Dienſten leben und ſterben; wir erkenneten dieſe groſſe Hoͤffligkeit mit gebuͤhrendem Danck und fertigten ſeine Geſandten mit Beſchen - ckungen wiederum ab. Ob wir hieran boͤſe oder wohl gethan haben will ich hie nicht unterſuchen / genung iſt es daß wir die ſchoͤnſte Gelegenheit von der Welt hat - ten / denen Engellaͤndern mit gleicher Muͤntze zu zahlen / wie ſie es uns gethan hatten / dafern wir den Tekki - ankan welcher ſchon von uns gegangen / haͤtten verlaſ - ſen und zu denen von Com̃ani ſtoſſen wollen. Allein es war eine groſſe Hinderniß darzwiſchen / ſelbiges aus - zufuͤhren ich meyne den aͤrgſten Schelm / ſo jemahls in dieſem Lande geweſen / und eben dazumahl der Com - pagnie als Factor diente. Auff dieſen rechten Lotter - buben hatte der Herr alle ſein Vertrauen feſtgeſetzet / ſo gar daß die Ubrigen alle in Verdacht bey ihm gerieh - ten / und machte dieſer Factor die Commanier ſo ver - acht / entweder aus Haß oder anderm Vortheil / daß ſie der Herr anfinge zu haſſen / und ſich gegen dieſelbe ſo auffuͤhrte / da ßſie gar leicht mercken konten wo es hin -D 2aus52Beſchreibungaus wolte / blieben auch nicht lang ſtillſitzen / ſondern machten uns allerhand Verdrießlichkeit: welches des Akim ſein einiges Abſehen war / damit er Urſach be - kommen moͤchte Krieg wider die Commanier anzu - fangen. Endlich hat er den Herrn ſo eingenommen / daß ohne fernere Uberlegung ſie ein grauſames Fuͤr - nehmen ausfuͤhrten / angeſehen die von Fetu ſo es mit den Commaniern hielten / von ihnen angegriffen. Es waren dieſe Leute in Gewonheit an gewiſſen Tagen all - hie zu kommen / um ihre Waaren zu verkauffen / und vermutheten ſich nichts Boͤſes / allein man machte eini - ge nieder / nahm 24. gefangen / und raubte ihnen alles was dieſe gute Leute uͤbrig hatten. Jhr koͤnnet ſelbſt gedencken mein Herr / ob durch ſolch grauſam Fuͤrneh - men aller Voͤlcker Geſetz nicht zuwider geſchehen? Was mich angehet / glaube ich ſolches ohnfehlbar / und daß der Herr dieſes ſein Beginnen niemahls wird gut machen koͤnnen / weil er bloß fuͤr ſeinen Kopff ohne Zu - ziehung oder Bewilligung des Rahts zu Werck ge - gangen. Jnzwiſchen wuſte er nicht wie er es dazu bringen moͤchte / daß die Herren des Rahts dieſes Fuͤr - nehmen billigen moͤchten / beſchuldigte alſo die von Fe - tu ſie haͤtten vor etlichen Tagen einige Weibes-Leute von Elmina unter Wegens ermordet / und deswegen habe er ſie billig ſtraffen muͤſſen. Allein es ſtandt nicht zu beweiſen / indem man durch folgende Gruͤnde zur Gnuͤge ſehen konte daß ſolch Fuͤrbringen auch nicht den Schein einer Warheit hatte. Denn fuͤrs erſte blieben die von Fetu darauf ſtehen / daß ſie dergleichen nicht gethan / ſondern jederzeit geſuchet unſere Freund - ſchafft beſtaͤndig zu erhalten; und ware auch nicht an - ders glaublich als daß diejenige ſo uns hoͤchſt noͤthighatten53des Landes Gvinea. hatten / ſich nicht unterſtehen wuͤrden auf dergleichen Art uns zu nahe zu treten / ja wie koͤnnte man ſich ein - bilden / daß dieſe Leute ſo gantz ungeſcheuet auf unſeren Marckt kommen waͤren / wenn ſie an dieſer greulichen Boßheit Schuld gehabt haͤtten. Dahero fanden ſich Unterſchiedliche / ſo oͤffentlich herausſagten / daß dieſer Weiber-Mord auf Anſtifften des Akim und Tekki - ankan geſchehen ſey / damit man die Com̃anier beſchul - digen koͤnnte / und dadurch Gelegenheit finden ſie zu - berfallen und die Handlung mit uns zu ſperren. GOtt weiß wie es um die Sachen beſchaffen / es iſt nunmeh - ro geſchehen und kein Huͤlff mehr uͤbrig. Zwar hiel - ten die Herren des Rahts die That fuͤr hoͤchſt unbillig / dennoch lieſſen ſie ſichs nicht mercken / aus Urſach daß ſie alle Schuld den von Akim haͤtten zulegen muͤſſen / von dem ſie genung verſichert waren / daß er eine ſol - che Rache fuͤrzunehmen nicht gar zu gewiſſenhafft ſey wenn es auch ihr Leben ſelbſt anginge / derohalben ſie fuͤr rahtſamer hielten zu ſchweigen / weil die Sache geſchehen / und nunmehro nicht zu aͤndern ſtuͤnde. Wir wollen aber ohne weitern Auffenthalt zur Sache ſel - ber ſchreiten. Es hatte dieſelbe 2. boͤſe Folgen / erſtlich ware die Handlung auf einmahl gehoben zu Elmina, und zweytens ſagten wir die Freundſchafft auf mit de - nen von Commani und Fetu, wodurch die Engellaͤn - der mit ihrem Anhang ſo angereitzet wurden / daß an Statt Frieden zu machen / wie es die Saboer als die Maͤchtigſten vorgeſtellet hatten / ſich aufs neue verſtaͤr - cketen / und nachdem ſie eine anſehnliche Armee ins Feld geſtellet / das zweyte Treffen lieferten gegen die Commanier und Fetuenſer. Die erſten hielten ſich ſo tapffer mit ihrer geringen Macht / daß der SiegD 3ohn -54Beſchreibungohnfehlbar auf ihre Seite gefallen waͤre / dafern ihr General nicht eine Wunde erhalten haͤtte / Vermoͤge welcher er genoͤthiget wurde ſich aus dem Treffen wegtragen zu laſſen. Allein dieſes hatte ſie dergeſtalt beſtuͤrtzt gemacht / daß nachdem ſie tapffer geſochten / auch eine ziemliche Anzahl ihrer Feinde in die Flucht getrieben / bey Verluſt ihres Ober-Haupts gezwun - gen wurden den Kuͤrtzern zu ziehen / und einen vollkom - menen Sieg dem Tekkiakan und deſſen Bunds - Genoſſen zu uͤberlaſſen. Jhre Generals und Ober - Officiers waren gefangen oder niedergemacht wor - den. Hiedurch erhielte der Tekkiakan das Koͤnig - reich Commani, und wir empfingen aufs hoͤchſte gleich denen Engellaͤndern die Helffte von dieſem Gluͤck / an Statt daß wir auf eine andere Art viel mehr Theil daran haͤtten haben koͤnnen. Allein wir muͤſſen etwas Ungewiſſes nicht behaupten / ſondern gedencken daß irren menſchlich ſey / und daß diejenige ſo die Sa - che gefuͤhret haben / ebenfals wie andere der menſchli - chen Schwachheit unterworffen geweſen. Jch glau - be anitzo von dem Krieg in Commani als deſſen An - fang und Ende ausfuͤhrlich genung geſprochen zu ha - ben / zweiffle auch nicht / ihr werdet ins kuͤnfftige gruͤndlicher davon urtheilen koͤnnen / und ohnangeſe - hen ich an Statt der Nahmen derer Herren Dire - ctors kleine Puncte geſetzet / werdet ihr dennoch leicht mercken koͤnnen / wer dadurch verſtanden werde / ich habe mich hierinnen ſolcher Beſcheidenheit bedienet / als immer moͤglich geweſen / ohne der Warheit einigen Abbruch zu thun. Glaubet nicht daß an alle dem Ungluͤck des Herrn ſeine boͤſe Neigung Schuld geweſen / ſon - dern einig und allein deſſen groſſes Verſehen / indem erſich

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55des Landes Gvinea. ſich durch den Akim verleiten laſſen / und hiedurch ver - urſachet / daß Zeit ſeiner Regierung mehr gefaͤhrlichere Zufaͤlle entſtanden / als unter einen von allen ſeinen Vorfahren. Wiſſet ihr aber die Urſach / warum der Herr auf dieſen Boͤſewicht ſo viel gehalten? gewißlich keine andere als dieſe; weil er ihm als deſſen Bedie - nung geringer war als die Seinige / ſehr treulich ge - dienet (welches unter den Mohren etwas ſeltſames) und ſich groſſe Liebe zuwege gebracht / daß der Herr auch kein boſes Wort von ihm moͤchte ſprechen hoͤren. Allein der Akim mißbrauchte dieſe Guͤte / machte das Regiment von den Herrn bey allen verhaßt / und fuͤr ſich ſammlete er groſſen Reichthum. So gehet es / wenn man einen allzuviel trauet / und gegen die Gut - Geſinnete lauter Verdacht heget / daß man gar leicht betrogen werde.

Jch erwarte nun euer Gutduͤncken uͤber alle dem / waß ich erzehlet habe / und wende mich auf die Graͤn - tzen des Landes Commani drey kleine Stunden un - terhalb unſer Veſtung / allwo nechſt dem Dorff Mina das beruͤhmte Schloß S. George zu ſehen / welches die Portugieſen insgemein das S. Georgen-Dorff von Elmina nennen. Was die Urſach ſey daß die Portu - gieſen / welche dieſes Schloß erbauet / dieſer Gegend den Nahmen Elmina gegeben / kan ich nicht wiſſen; indem auf etliche Stunden ins Runde keine Gold - Gruben zufinden ſind. Dafern man aber muthmaſ - ſen ſoll / glaube ich dieſen Nahmen daher entſtanden zu ſeyn / weil zu Zeiten der Portugieſen vieles Gold da - hin und wieder zuruͤck gebracht worden / als waͤre es die rechte Gold-Grube / daraus man Gold hohlen koͤnnte / und dahero glaub ich den Nahmen bis hier beybehaltenD 4zu56Beſchreibungzu ſeyn. Noch weniger kan man die Zeit wiſſen / wenn dieſes Schloß erbauet worden / dieſes aber iſt unſtrei - tig daß wir ihnen im Jahr 1638. ſolches abgenommen. Es iſt daſſelbe nicht ohn Urſach ſo beruͤhmt in der gan - tzen Welt / denn vors erſte hat es nicht ſeines Gleichen im gantzen Lande / ſowol in der Veſtigkeit / als auch in Schoͤnheit des Gebaͤudes; Es lieget in die Laͤnge / iſt mit ſehr hohen Mauren umgeben / hat innerhalb vier ſchoͤne Bollwercke und eines auſſerhalb in den Auſſen - Wercken / auf der Land-Seiten ſind zwey tieffe Gra - ben in den Felſen / worauf die Veſtung gebauet iſt / in dieſen Graben iſt nur Regenwaſſer zum Gebrauch unſerer Soldaten und unſerer Schiffe / uͤber dem ha - ben wir 3. ſchoͤne Waſſer-Faͤnge / darinn etliche hun - dert Faͤßlein Waſſer eingehen / daß wir alſo keinen Mangel daran ſpuͤren. Nechſt dem finden ſich unter - ſchiedlich gegoſſene Geſchuͤtz von ziemlicher Groͤſſe / ohne was noch an eiſernen Canons auf den unterſten Bollwerck ſtehet / deren man ſich bedienet bey an oder abgehenden / oder auch vorbey fahrenden Schiffen Feuer zu geben. Es koͤnnte eine Beſatzung von mehr als 200. Menſchen darinnen liegen. Des Generals, des vornehmſten Kauffmanns und Fiſcals ihre Haͤu - ſer / uͤbertreffen alles Ubrige / nach dieſen folgen der an - derer Officierer ihre Wohnungen / welche in ſo guten Stande / daß keiner von ihnen billige Urſach hat zu kla - gen. Der Platz welchen ich in Abriß ſende / faͤnget bey dieſem Schloß an / ihr werdet die zwey Seiten unter Numero 1. und 2. davon in Augenſchein nehmen; wobey dieſes zu erinnern / daß der Kuͤnſtler dieſes Wercks / weil er noch nicht gar zu wohl geuͤbet / einige kleine Fehler begangen / welche doch nicht von jedembemer -57des Landes Gvinea. bemercket werden koͤnnen / es ſey dann daß er dieſer Wiſſenſchafft kuͤndig.

Unter oder vor dieſem Schloß liegt das Dorff Mi - na, ſo von Landes Eingebohrnen Oldena genennet wird / ſelbiges iſt ſehr lang / auch ziemlich breit / die Haͤuſer von guten harten gebackenen Stein-Werck aufgebauet / ſo in hieſiger Gegend wenig zu finden / in - dem die Haͤuſer in andern Doͤrffern nur von Thon und Holtz durch einander aufgerichtet ſind. Vor 15. oder 16. Jahren / war auch dieſes Dorff ſehr volckreich / und in Warheit 8. mahl ſtaͤrcker als bey itziger Zeit / wannenhero es denen Mohren im gantzen Land eine Furcht einjagte / und ein General geſchickt genug war durch ihre Huͤlffe groſſe Sachen auszurichten; aber vor 15. Jahren haben die Kindes-Blattern unter de - nen Einwohnern ſehr ſtarck regieret / auch eine groſſe Anzahl derſelben hingeriſſen; zudem geſchahe es / daß ſie durch den Krieg mit Commani allmaͤhlig in groſſes Unvermoͤgen und Armuht verfielen / daß alſo ihre Anzahl theils hiedurch / theils durch die unge - ſchickte Regierungs-Art ihrer Obrigkeit ſehr abge - nom̃en. Ja es iſt nicht wohl glaublich wie dieſes groſſe Dorff in kurtzer Zeit ſo gantz entkraͤfftet iſt / indem es keine 50. gewaffnete Kerle auf die Beine bringen kan / uͤber diejenigen ſo in Europaͤiſchen Dienſten ſtehen. Jm Lande von Elmina finden ſich uͤberall noch einige Moh - ren ſo hieher gefluͤchtet ſind / weil die Commanier gute Freundſchafft mit ihnen hielten / oder aber meiſten Theils weil ſie die Anfoderung oder Contribution ih - rer Generals, oder des Mohren Akim ſcheueten; denn dieſer war zu nichts anders gebohren / als aller - hand Verwirrung mit jedermans Verderben zu ſtiff -D 5ten.58Beſchreibungten. Als ich damahls zu erſt ins Land kam / zaͤhlete ich vielmahls 5. bis 600. kleine Schiffe / ſo auf den Fiſch - Fang auslieffen / itzund aber ſiehet man ihrer kaum 100. und noch in ſolch elenden Zuſtand / daß man in Gegenhaltung ihres vorigen Gluͤckes groſſes Mitt - leiden haben muß. Waͤre demnach zu wuͤnſchen / ja hoch noͤthig / daß ſie bald einen General bekommen moͤchten / welcher etwas gelinder mit ihnen umginge / und ihnen ein wenig nach dem Munde redete / ſo wuͤr - den alle diejenigen ohnfehlbar gerne wieder in ihr Land zuruͤck kehren / welche in andere Oͤrter gefluͤchtet ſind / dafern dieſer General von dem Verſtande waͤre / daß er den Mohren Akim etwas zaͤhmen / oder an einen andern Ort verſchicken koͤnnte. Allein wie geſagt / man muß ſehr fuͤrſichtig mit ihm umgehen / und inſon - derheit ſich huͤten / damit er niemahls auſſerhalb Landes ſich begeben moͤge / denn weil er mitten im Lande viel gute Freunde durch unſer Geld auf ſeiner Seite / ſte - het zu beſorgen / er moͤchte gar leicht einen Auffruhr anſpinnen; dannenhero wuͤrde man bald eine er - wuͤnſchte Veraͤnderung ſehen / wenn man Obigem in allen Stuͤcken nachleben ſolte / welches ich Theils der Compagnie zu ihrem Beſten / Theils auch denen armſeeligen Einwohnern zu ihrem Auffnehmen von Hertzen wuͤnſche. Jn Hoffnung eines ſo guten Gluͤcks / verharre ich ꝛc.

Viertes Send-Schreiben.

Jn ſich haltend eine Beſchreibung des Landes Fetu, und unſerer Veſtung / vonder59des Landes Gvinea. der Haupt-Stadt derer Engellaͤnder / und noch einer andern daſelbſt befindlichen Ve - ſtung / imgleichen vom Land Saboe und un - ſerer Veſtung Naſſau, wie das Land Fan - tin und die uͤbrige Oerter ſo die Engliſche und wir in Beſitz haben / beſchaffen ſind / und endlich wie die von Fantin zwar ein ſehr maͤchtiges / dabey aber ſehr unruhi - ges und unbeſtaͤndiges Volck ſey / wel - ches denen Engellaͤndern und den Unſrigen ſehr viel zu thun giebet.

Mein Herr!

OHngeachtet mein letzterer Brief / welchen ich mir an euch zu ſchreiben die Ehre genommen / ziemlich lang geweſen / hoffe ich dennoch nicht daß er werde eini - gen Veꝛdruß erwecket haben. Seit der Zeit daß ich ſelbi - gen abgefertiget / habe ich den 8. dieſes Monats von euch denjenigen empfangẽ / welchen ihr mir die Ehre gegeben zuzuſchreiben / und mit einem See-Laͤndiſchen Schiff / ſo unſer Compagnie nicht zu gehoͤret / zu zuſenden. Jch er ſehe daraus daß ihr ſehr curieux ſeyd / nicht nur weil ihr mir ohnaufhoͤrlich anlieget euch eine Beſchrei - bung von dieſem Lande zu ſchicken / ſondern auch nach vielen Umwegen die ihr zum Schein brauchet / als wenn ihr mir euer Neues ſchreiben muͤſſet / bittet / ich moͤchte mit eben dieſem Schiff wieder antworten. Al - lein mein Herr wiſſet ihr wol daß mir nicht erlaubet ſey von ſolchen Schiffen Briefen anzunehmen und noch weniger damit einige zuruͤck zu ſchicken? wiewolich60Beſchreibungich glaube daß ihr dencken werdet es habe nichts zu ſa - gen mit was fuͤr Schiffen ihr Briefe abfertiget oder empfanget / wenn ſelbige nur richtig eingehaͤndiger wer - den. Und wenn ich die Warheit ſagen ſoll / iſts mir ebenfalls gleichviel; denn weil unſerer Compagnie hiedurch nicht zu kurtz geſchiehet / ſehe ich nicht was dar - unter Boͤſes verborgen ſeyn koͤnne / dannenhero ver - ſichere ich euch / hinfuͤhro eben dergleichen Gelegenhei - ten wahrzunehmen; denn es trifft ſich allhie alle Tage eben wie in Europa, und werden deshalben beyder - ſeits das gantze Jahr uͤber unſere Briefe wechſeln / und einer des andern ſeine neue Zeitung gar fuͤglich wiſſen koͤnnen / wenn ihr euch gleicher Gelegenheit bedienet.

Jhr werdet allbereit in denen drey an euch abgelaſ - ſenen Briefen gemercket haben / daß ich mich keine zweymahl bitten laſſe / dannenhero will ich zu Folge der Antwort ſo ihr mir darauf ertheilet / die Beſchreibung hieſigen Landes an dem Ort wieder anfangen / wo ich ſelbige gelaſſen / nemlich auf dem Schloß S. Georgius von Elmina.

Unterhalb und nahe bey unſerm Schloß findet ſich ein kleiner Fluß / welcher laͤngſt dem Dorff Mina ins Land ſich ergieſſet / und ohngefehr eine halbe Meile lang iſt. Der Herr Foqvenbrog ſaget / daß ſein Waſ - ſer 10. mahl mehr geſaltzen iſt als die ſcharffſte Saltz - Bruͤhe oder Peckel; wiewol ich ſelbiges im Monat Majo oder Junio ſo ſuͤß und friſch befunden als das Regenwaſſer: Die Urſach hievon iſt dieſe / weil es da - ſelbſt ſehr ſtarck regnet / und ohne Aufhoͤren dieſe gan - tze zwey Monat durchwaͤhret / dergeſtalt / daß man bey dem Einlauff dieſes Fluſſes in das Meer / gar fuͤg - lich eine Waſſermuͤhle anlegen koͤnnte / indem dievon

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61des Landes Gvinea. von den benachbahrten Gebuͤrgen herein fallende Waſſer machen daß er mit groſſer Gewaltſamkeit und Geſchwindigkeit ſich ins Meer ergieſſet / und alſo genugſahme Gewalt die Muͤhle gehend zu machen ver - handen. Eben alſo hat auch der Herr Foqvenbrog ſagen wollen / daß bemeldter Fluß ſehr geſaltzen und trucken iſt / wenn es nicht regnet. Wie nun das Land um dieſen Fluß der nicht gar tieff iſt / ſehr voller Sal - peter ſtecket / ſo iſts nicht ſchwer zu begreiffen / daß das See-Waſſer in den Fluß lauffend / durch die groſſe Sonnen Hitze / viel eher in Saltz verwandelt werde / als im Meer ſelbſten; welches die Einwohner zum oͤff - tern verſuchen / und aus dem geſammleten Waſſer mit groſſem Gewinn ſchoͤnes Saltz zu machen wiſſen. Es entſcheidet dieſer Fluß das Land Commani von dem Lande Fetu, im Letzteren haben wir eine Veſtung Conradsburg genannt / auf einen hohen Berg wel - cher S. Jago heiſſet / gelegen. Selbige iſt viereckicht / und hat wie faſt alle Unſerige / 4. gute Bollwercke / ohne die 4. Kleinen / welche auf dem hierum befindlichen Walle liegen / iſt auch mit grauſamen groben Geſchuͤtz und allen Nothwendigkeiten verſehen / ſo daß man in nicht Ermangelung von guter ſtarcker Beſatzung / groſſen Schaden thun koͤnnte. Jhr koͤnnet hievon den Abriß ſehen / unter numero 3. woſelbſt ihr in der Mitten einen kleinen Thurm von ziemlicher Hoͤhe fin - den werdet / welcher eine groſſe Zierde und Annehmlig - keit in derſelben verurſachet; denn wenn man auf das oben befindliche Zimmer hinauf ſteiget / hat man eine vortreffliche Ausſicht uͤber das gantze Land und die See / ja auf dieſem kan man 7. bis 8. Meilen weit die herunter kommende Schiffe ſehen / ſo gewiß inZeit62BeſchreibungZeit und Gelegenheit fuͤr uns ſehr vortheilhafft ſeyn koͤnnte.

Der Berg S. Jago hat uns inſonderheit genuͤtzet daß wir vom Schloß S. Georgii Meiſter wurden / ehe noch die Veſtung angeleget war / denn dieſer Berg be - ſtreichet das gantze Schloß / weil derſelbige viel hoͤher lieget / alſo iſt uns an Erhaltung dieſes Berges und darob liegenden Veſtung / gar viel gelegen; denn in Ermanglung deſſen / wuͤrden wir das Elmina nicht lange halten koͤnnen / und alſo iſt deſſen Beſchuͤ - tzung uns ſo noͤthig als des Schloſſes ſelbſten / dahero wir jederzeit einen Faͤhndrich mit einer ziemlichen Be - ſatzung drinnen halten. Wenn wir alſo von dem Berg S. Jago im Lande von Fetu geſprochen / wollen wir hinzufuͤgen / daß itztgeſagtes Land ohngeſehr vier kleine Meilen lang und breit iſt / ſeinen Anfang neh - mend bey bemeldtem Berg S. Jago, oder dem kleinen Saltz-Fluß / und ſich endigendt ein wenig unterhalb dem Berg Danois jenſeit Cabocors. Vor dieſem ware es ſo bewohnet volckreich und maͤchtig / daß es gleichſam ein Schrecken allen benachbahrten Voͤl - ckern einjagte / inſonderheit aber denen Commaniern / welche von dieſen einiger maſſen abhaͤngig waren: al - lein die ſchwere / lang anhaltende Kriege / haben eine groſſe Veraͤnderung allhie zuwege gebracht / ſo / daß ſo maͤchtig ſie vor dieſem / anitzo ſehr ſchwach und unver - moͤgend ſeyn / ja die Commanier als ihre Oberherren erkennen muͤſſen / denn weder der Koͤnig von Fetu, noch die Vornehmſten des Landes ſich unterſtehen doͤrffen etwas Wichtiges ohne dieſer ihre Bewilli - gung fuͤrzunehmen. Davon die groͤſte Urſach dieſe iſt / daß durch den Krieg von Commanien, die vonFetu63des Landes Gvinea. Fetu ſich in zwey Theile getrennet / die eine Helffte zu uns / die andere zu den Commaniern ſich ſchlagend; wodurch ſie / da es bald dieſen bald jenen den Hals ge - koſtet / doppelt abgenommen haben: inſonderheit aber hat die letztere Schlacht ſehr viel / und faſt die Helffte aus dem Weg geraͤumet. Jſt demnach nicht zu ver - wundern / daß die guten Leute ſo ſehr geſchwaͤchet / und auſſer allem Standt gebracht worden ihr ſchoͤnes Land zu bebauen. Denn es gewiß ein recht fruchtbahres und annehmliches Land iſt / ſo daß es mit dem von Ante gar wohl koͤnne verglichen werden; ich bin ſelbiges vor dem letzten Kriege zu unterſchiedlichen mahlen durch und durch gereiſet / da ich viele ſchoͤne gebauete und be - wohnte Doͤrffer gefunden / imgleichen groſſen Vor - raht an Fruͤchten / Viehe / Oͤhle und Palmen-Wein / welches das Geſicht uͤber alle maſſen vergnuͤget. Vor allem aber ſind uͤberaus angenehm die bedeckte Spatzi - er-Gaͤnge zwiſchen Elmina und Simbe, einem Dorff / ſo anderthalb Meilen tieffer im Lande Fetu anzutref - fen / einige von denen ſind bey eine halbe Meile lang / und dabey ſo dichte / daß weder Regen noch Sonne durchkommen kan. Nicht weniger ergetzlich ſind die ſchoͤne hohe Baͤume auf denen Bergen / und das fri - ſche Waſſer in dem durchlauffenden Fluß / welcher deswegen von unſern Compagnie-Bedienten zur Luſt gar fleißig beſuchet wird. Kurtz es muſte dieſes Land ſo nahe ſeyn / als es an unſer Haupt-Stadt lieget. Der Einwohner groͤſte Arbeit beſtehet darinnen daß ſie durchgehends ohne Unterſcheid zum Ackerbau ſich bequemen / Korn und andere Fruͤchte ſaͤen / Oͤhle und Palmen-Wein machen / welches ſie unter ſich gar wohl eingetheilet haben. Drey Meilen davon / wennman64Beſchreibungman zu Fuß gehet / denn zu Waſſer iſts nicht mehr als zwey Groſſe / nechſt dem Dorff Degou oder Cabo - cors, (denn dieſes iſt das Vor-Gebuͤrge) findet ſich derer Engellaͤnder Haupt-Veſtung / nechſt der zu S. George, die Beſte und Groͤſte im gantzen Lande. Jnwendig hat ſie viel Abtheilungen / die ſehr wohl ge - bauet und angeleget. Auch haben ſie allhie eine groſ - ſe Hoͤhe von Steinen aufgefuͤhret / damit ſie die Ein - wohner in denen ihnen zugehoͤrigen Doͤrffern beſchuͤ - tzen koͤnnen / im Fall ſie von ihren Feinden den Moh - ren uͤberfallen wuͤrden. Sie hat auch 4. groſſe Boll - wercke / und noch ein anders von ziemlicher Laͤnge / mit 13. Stuͤcken beſetzet / womit ſie bis dichte an das Waſſer ſchieſſen / und alſo leichtlich verhindern koͤnnen daß kein frembdes Schiff auf ihre Rhede anckern konne; ohne der groſſen Stein-Klippe welche die Veſtung beſchuͤ - tzet / dergeſtalt / daß es faſt unmoͤglich iſt ſo nahe zu kom - men / und die Stadt von dem Meer beſchieſſen zu koͤn - nen. Was das Aͤrgſte iſt / ſo halten ſie mehrentheils eine ſehr ſchlechte Beſatzung darinnen / deren ein Theil ſonderlich die Soldaten in ſo elendem Zuſtande leben / daß man zum Mittleiden beweget wird wenn man ſie zu Geſicht bekoͤmmt / indem ſie einer alten Spanier Compagnie nicht unaͤhnlich ſeyn. Denn ſie alle un - ſere verlauffene und ausgeriſſene Soldaten gerne in ihre Beſoldung aufnehmen / ohne jemahls dieſelbe wieder auszuliefern / ſondern halten dieſelbige an / zum Schein eines ungereimten Mittleidens / ſelbige der verdienten Straffe zu entziehen. Ohngeachtet wir offtermahls desfals eins worden keine ausgeriſſene Soldaten von beyden Theilen anzunehmen / ſondern dieſelbige in Feſſeln gebunden / dem Eigenthums-Herrnwieder -

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65des Landes Gvinea. wieder zu zuſtellen / haben dennoch die Engellaͤnder ſolchen eingegangenen Vergleich niemahls gehalten / ſondern allezeit unſere entlauffene Soldaten / ſo die verſoffenſte Kerle ſind / angehalten / weil ihnen nemlich nichtes angenehmers iſt / als wenn ein Soldat ſeinen gantzen monatlichen Sold in Pons-Trincken verpraſ - ſet / welches ein gewiſſes denen Engellaͤndern ſehr be - liebtes Getraͤnck iſt / beſtehend aus Brantewein / Ci - tronen-Safft und Zucker / folglich eine ungereimte und ungeſunde mixtur. Es ſind einige unter ihren Reſi - denten ſelbſt geweſen / welche dieſes Getraͤnck durch andere verkauffen laſſen / und groſſen Gewinnſt da - von gezogen / indem der arme Soldat es doppelt bezah - len muß / und im Fall er nicht alle Monat ein Ehrliches verzehret / bey erſter Gelegenheit vieler Streiche ge - waͤrtig ſeyn: denn ſie bekuͤmmern ſich gar nicht / ob der Soldat wenn er bekleidet / noch etwas Geld uͤbrig halte ein Stuͤck eſſen zu kauffen oder nicht / ſondern laſſen dieſes genung ſeyn / wenn ihr Geld in Pons verſof - fen iſt; dahero durch dergleichen uͤbermaͤßiges Sauffen und boͤſen Lebens-Art / nicht nur die Solda - ten / ſondern auch faſt alle andere in klaͤglichem Zuſtan - de ſich befinden. So haben auch alle ihre Reſiden - ten keine andere Verordnug machen wollen / in Anſe - hung / daß ſie eines anſehnlichen Gewinnſtes hiedurch beraubet wuͤrden.

Es iſt zur Gnuͤge bekandt / daß alle Welt euch fuͤr einen gelehrten und wackeren Medicum erkennet: nun weiß ich aber nicht / ob ihr mit dem Herrn Bonte - koe in gleicher Meynung ſtehet / daß der meiſte Theil derer Menſchen ihr Leben verkuͤrtzen durch eine unor - dentliche Lebens-Art; (welches doch in gewiſſer MaßeEmuß66Beſchreibungmuß verſtanden werden / darum laſſe ich euch hieruͤber urtheilen / als der ihr beſſern Verſtandt von dieſer Sa - che habet:) dafern aber der gelehrte Mann ein ſolches Leben dadurch verſtanden / als hieſige Engellaͤndiſche Soldaten fuͤhren / wuͤrde ich gewiß nicht viel Schwuͤ - rigkeit machen / vollkommenen Beyfall zu geben. Denn es unglaublich iſt wie viel Menſchen alle Jahr durch dieſes ungluͤckliche Getraͤnck ſind hingeraffet worden / und nicht nur gemeine Leute / ſondern bisweilen die Vornehmſten / welche dieſem Getraͤnck inſonderheit er - geben. Jn Warheit ich glaube daß waͤhrendem mei - nem Auffenthalt in dieſem Lande alle Jahr wenigſtens einer von ihren Reſidenten / oder doch eine groſſe An - zahl von ihren Kauffleuten oder Factors wie ſie ge - nennet werden / geſtorben; ſo daß / daferne man nach der Anzahl derer jaͤhrlich Ablebenden von dem Lande Gvinea urtheilen wolte / man gewiß eine weit unglei - chere Meynung in Engelland davon haben wuͤrde als bey uns. Denn wer einem Engellaͤnder einreden wolte / daß viel Pons trincken der Geſundheit ſchaͤdlich / und viele Kranckheiten verurſache / wuͤrde eben ſo viel ausrichten / als wenn er ſagen wolte daß Fleiſch eſſen ungeſund waͤre / weil ſie davon gar zu groſſe Liebhaber ſind; hievon aber genung. Wir gehen weiter / und finden unterhalb dieſer Engliſchen Veſtung / ein gewiſ - ſes Dorff / davon oben allbereit Erinnerung geſchehen / und vor dieſem ziemlich groß und bewohnet geweſen / aber im letzten Kriege von Commani ſo mitgenom - men worden / daß es vor den uͤbrigen ſich nichts zu ruͤhmen hat; ohne daß die Engliſche nicht privile - girte Schiffe / welche in groſſer Anzahl daſelbſt ankom - men / alldortige Einwohner um ein merckliches ver -ringert;67des Landes Gvinea. ringert; denn ſo oft ſie hinkom̃en / nehmen ſie allezeit ei - nige mit ſich / die ihnen an Statt der Ruder-Knechte in dem Sclaven-Handel Dienſte thun muͤſſen / welchen ſie auf Fida treiben: dieſe Leute nun / weil ſie in ein gutes Land kommen / laſſen ſich gaͤntzlich nieder / und ver - geſſen mit der Zeit das Heimgehen / ſo daß das gantze Dorff einer halben Wuͤſteney und Verſtoͤhrung aͤhn - lich ſiehet / inſonderheit auf der Seiten nach Elmina. Hinter itztbeſagtem Dorff Cabocors, haben die En - gellaͤnder noch ein gewiſſes rundes Gebaͤude wie ein Thurm / auf welchem ſie ſechs Canons und auch eben ſo viel Leute zu deſſen Beſchuͤtzung halten / und dienet ihnen wie ſie ſagen / dazu / damit ſie die Mohren in dem Dorff ſo viel beſſer im Gehorſam halten / oder auch dieſelbige wider ander Mohren beſchuͤtzen / welche bis - weilen weit aus dem Lande kommen und Auffruhr verurſachen. Meines Erachtens ſind es unnoͤthige Koſten / indem ihre Veſtung an und fuͤr ſich allein hoch genug iſt / ihre Einwohner mit dem daſebſt befindli - chen Geſchuͤtz im Zwang zu halten / und der Feinde An - naͤhern zu verhindern. Jch ſende hiebey den Abriß von itzt gedachten Thurn / von der Haupt-Veſtung derer Engellaͤnder / und von der kleinen Veſtung auf dem Berg Danois, unter numero 4. und 5. Unter - halb der Engellaͤndiſchen Veſtung / werdet ihr ein Haus ſehen / woruͤber ihr eine groſſe Fahne fin - den / und leichtlich fuͤr ein klein Schloß anſehen ſol - let / indem es auch einige Canons gepflantzet hat / ſel - biges wird von einem Engellaͤnder Nahmens Covart Barter, ſo eine Mohrin zur Mutter gehabt / bewohnet. Er iſt ſehr maͤchtig / und gilt bey ihnen mehr als drey andere Reſidenten / (denn man muß wiſſen / daß anE 2der68Beſchreibungder Regierung in dieſem gantzen Lande / nicht mehr als drey Perſohnen ſitzen /) ſo ſage ich demnach / daß dieſer gebohrne Jndianiſche Engellaͤnder / mehr zu ſa - gen habe als die uͤbrige Drey / in Sachen die ſie ange - hen / denn weil ſie die wenigſte Zeit allhie ſich aufhal - ten / koͤnnen ſie keinen ſonderlichen Begriff von des Landes Beſchaffenheit haben / ſondern muͤſſen dieſem Engellaͤnder meiſten Theils in allem folgen / der ſich deſſen gar wohl weiß zu bedienen / ohngeachtet daß derſelbe noch viele bewaffnete Mohren / Theils ſeine eigene Unterthanen / Theils freye Leute auf ſeiner Seite hat / wannenhero er groſſe Furcht und Ehre bey allen Groſſen des Landes ſich zuwege gebracht / ſo daß alle diejenige / welche in Handlung mit denen Engli - ſchen ſich einlaſſen wollen / ſich zuvor von ſeiner Gewo - genheit verſichern muͤſſen / alsdenn es ihnen an guten Gewinnſt niemahls fehlen wird. Zwar gibt er ſich fuͤr einen guten Chriſten aus / und koͤnnte auch wol dafuͤr gehalten werden / weil er nicht nur in den Glau - bens-Articuln unſerer Religion unterrichtet / ſondern auch wohl leſen und ſchreiben kan / allein ſeine Lebens - Art zeuget gar nicht von einem rechtſchaffenen Chri - ſten; ohngeachtet derſelbe in Engelland geheyrathet / hat er dennoch zum wenigſten 8. Weiber / und eben ſo viel Kebsweiber. Es ſcheinet aber daß die Engelſche dafuͤrhalten / als koͤnne dieſes mit dem Chriſtenthum oder tugendhafften Leben gar wohl zuſammen ſtehen / weil die meiſten unter ihren Regenten es nicht viel beſſer machen / und glaube ich daß anitzo zwey unter ihren Reſidenten / zum wenigſten 5. oder 6. Weiber unter ſich zwey haben.

Jhr werdet in dem Abriß von Cabocors, gleich -ſam69des Landes Gvinea. ſam in Perſpectiv noch eine Engliſche Veſtung auf dem Daͤhniſchen Berg finden / welcher ſeinen Nahmen von den vorigen Eigenthumsherrn denen Daͤh - nen bekommen. Sie machen viel Pralens davon / und halten es beſſer als wir unſere zu S. Jago, wiewol ohne Grund / denn noch keine 4. Jahre verfloſſen / da ſie mehr einer Bauer-Huͤtte als einer Veſtung aͤhn - lich ware; die Loͤcher in der Mauren waren mit Thon zu geſtopffet / und das Haus welches man anitzo ſiehet / ware mit Geſtraͤuchen wie der Mohren ihre bedecket; ja wenn mir derer Engliſchen wenigſtens einiger / ihre unverantwortliche Traͤgheit nicht zur Gnuͤge bekand waͤre / wuͤrde ich mich hoͤchſtens verwundert haben / wie es kaͤme / daß ſie einen ſo wichtigen Poſten nichts achteten; denn im Fall daß der Feind ſich dieſes Ber - ges bemaͤchtiget / und nur ſechs Canons bey ſich haͤtte / wuͤrde er in Kurtzen Meiſter von Cabocors werden / und daſſelbe durch das grobe Geſchuͤtz in den Grund ſchieſſen koͤnnen; nichts deſtoweniger iſt ſelbige Veſtung waͤhrendem Kriege ſehr zerſtuͤmmelt und in elendem Zuſtande geweſen / ſo daß man ſelbige mit 12. Mann gar fuͤglich haͤtte uͤberrumpeln koͤnnen. Wañenhero wir zum oͤfftern uns gewundert / und auf die Gedancken gerahten / daß die Engliſchen nur ſuch - ten reich zu werden ſelbſt mit Verluſt ihrer Obrigkeit.

Dennoch aber zweiffle ich nicht es ſey ein gewiſſer Engliſch-Compagnie-Bedienter gutes Willens geweſen / ſintemahlen er an die Herren Directores den jaͤmmerlichen Zuſtand dieſer Veſtung wiſſen laſ - ſen / auch im 1699. Jahr einen expreſſen Befehl aus - gewuͤrcket ſelbige in Defenſions-Stand zu ſetzen / damit ſie einigen Widerſtand thun koͤnnte. Sie ha -E 3ben70Beſchreibungben auch bald darauf angefangen alles alte Mauer - werck das noch uͤbrig war / nieder zu reiſſen / damit ſie aus dem Grund von neuem koͤnnte gebauet wer - den. Es haben auch ihre Herren Reſidenten mir die Ehre gegeben den Abriß davon zuſenden / daraus ich ſchlieſſe / daß die Veſtung zwar klein / aber unge - mein veſte angeleget wird / ſo daß ſie in dieſem gantzen Lande ihres gleichen nicht haben wird; denn weil der Berg von Natur ſehr veſt / zumahlen er von ihnen ſo zugerichtet / daß nicht mehr als ein Weg in die Ve - ſtung gehet / und noch ſolch ein Veſtungs-Bau darzu koͤmmt / obgedachter Ort mit Beſatzung und Kriegs - Munition zur Gnuͤge verſehen / ohne groſſe Muͤhe und Unkoſten nicht wird zu gewinnen ſeyn / inſonder - heit weil auch der Feind die ungewohnte Lufft nicht vertragen kan / oder fuͤr des Landes Einwohner groſſe Furcht ſpuͤret / und dahero eine rechte Belagerung ſchwerlich unternehmen kan / ſondern durch einen Sturm oder ſchleuniges Uberrumpeln ſich ihrer be - maͤchtigen muß; alſo iſt gewiß / daß bey vollendetem Veſtungs-Bau die Engliſche gar ſicher darinn wer - den wohnen koͤnnen; allein es gehet mit ihrer Arbeit ſo langſam und ſchlaͤffrig fort / daß GOtt weiß wenn das Ende zu hoffen ſtehet. Jnzwiſchen will ich ſie da - fuͤr ſorgen laſſen / und anitzo das Land Saboe zu be - ſchreiben einen Anfang machen. Selbiges nun be - ginnet unterhalb dieſer Veſtung / und erſtrecket ſich auf eine halbe Meile hinter Mourie, ſo daß es laͤngſt dem Meer nicht laͤnger iſt als zwey Meilen / und vor dieſem auch eben ſo breit geweſen. Zwiſchen dem Berg Danois und dem Dorff Cong, welches in zwey gleiche Theile getheilet / deren jedes auf einem Huͤgellieget71des Landes Gvinea. lieget / iſt nur eine kleine halbe Meile. Wir haben da - ſelbſt vor dieſem ein ſchoͤn ſteinern Haus gehabt / auf welchen wir eine Fahne ſtecken hatten / davon noch einige Zeichen heute zu Tage zu ſehen / und alſo leichtlich zu behaupten daß der Platz uns zugehoͤret; allein wir ſehen keinen Vortheil hiebey / wenn wir es wieder aufbauen lieſſen / es waͤre denn die ankommen - de fremde Europaͤer abzuhalten / welche unſerer Hand - lung zu Moree ſehr verhinderlich ſeyn koͤnnten / wenn ihrer viele allhie ins Land kaͤmen.

Das Land von Saboe ſebſt betreffend / iſt daſſelbe eben ſo maͤchtig als das von Commani, auch ſind die Einwohner ſehr boͤſe Leute / woran ſowol ihr Koͤ - nig als die Engelſche ſelbſt Schuld haben / daß unſer Fuͤrnehmen wider die von Commani nicht beſ - ſer gegluͤcket; denn dieſer Betrieger ſtellte ſich als wolte er der Mittler zwiſchen uns ſeyn / zu keinem andern Ende / als daß er uns etwas fuͤrſchwatzen und hinters Licht fuͤhren koͤnnte / wir merckten ſolches gar bald / gleichwol durfften wir uns nichtes auslaſſen / in Beyſorge er moͤchte unſer offenbahrer Feind werden / an Statt eines betriegeriſchen Freundes / muſten dem - nach thun als ſaͤhen wir ſeine Betriegereyen nicht / und noch daruͤber allezeit mit Beſchenckungen denſelben ehren.

Sonſt iſt das Land ſehr fruchtbahr / viel Korn / Jam - mes, Patattes und andere Fruͤchte in groſſem Uber - fluß herfuͤrbringend; taͤglich finden ſich mehr als 100. kleine Nachen / mit allerhand Eß-Waaren und Pal - men-Oͤhle beladen / von dem Dorff Mouree bis Axim und Acra ihre Handlung treibende. Nechſt bey dieſem Dorff Mouree, lieget die von uns ſelbſtE 4erbau -72Beſchreibungerbauete Veſtung Naſſau, eine halbe Meile unter Cong. Waͤhrender Zeit / daß die Portugieſen El - mina noch innen hatten / war dieſe unſere Haupt - Stadt / weil ſie gewiß gar wohl gebauet / und deswe - gen in Ermangelung Elmina, mit gutem Fug den Nahmen einer Haupt-Stadt fuͤhren koͤnnte. Sie iſt bey nahe viereckigt / doch nach vornen zu in etwas breiter als hinten / hat eben ſo viel Bollwercke als El - mina, und 8. Canons, auch ſolche hohe Mauren / dergleichen keine im gantzen Lande ausgenommen um Elmina zufinden ſind / imgleichen iſt der Mittel - Wall zwiſchen den zwey Bollwercken auf Seiten des Meeres ſo breit und wohl beſchaffen / daß man mit leichter Muͤhe eben ſolch ein Bollwerck daruͤber anle - gen koͤnnte / als die Engliſchen zu Cabocors gemachet haben. Ubrigens giebet es auch ſchoͤne Haͤuſer / und was die meiſte Zierat oder Gemaͤchligkeit verurſachet / ſind die vier Gebaͤude auf jeder Ecke der Veſtung in Geſtalt eines viereckigten Thurms aufgebauet / deren ein jeder drey Abtheilungen oder Geſchoſſe hat. Kurtz es giebet dieſe Veſtung denen Ubrigen an Schoͤnheit nichts nach / wie ihr ſolches in dem uͤberſendeten Abriß unter der Zahl 6. 7. ſehen koͤnnet. Vor dieſem be - ſtande die Beſatzung in 70. bis 80. Mann / itzund aber iſt ſie um ein merckliches vermindert worden / wie - wol ſie noch ſtarck genung iſt denen Mohren Wider - ſtand zu thun / im Fall dieſelbe auffſatzig werden wolten.

Das hiezu gehoͤrige Dorff Mouree iſt nicht ſo groß wie Elmina, aber viel volckreicher; wiewol die meiſten Einwohner lauter Fiſcher ſeyn / welche des morgens vor anbrechendem Tage mit 3. oder 4. hun -dert

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73des Landes Gvinea. dert Schifflein auf den Fiſch-Fang ausfahren / und im Zuruͤckkommen an Statt des jaͤhrlichen Zolles 5. Fiſche an den regierenden Kauffmann abtragen muͤſſen / dergleichen Zoͤlle wir an drey unterſchiedli - chen Orten / als zu Axim, Chama und Elmina ein - zunehmen haben / angeſehen wir dieſe Oͤrter durch Krieges-Macht gewonnen haben / wiewol ich nicht weiß ob wir auch das Mouree auf ſolche Art beſitzen. Wir ſind auch die eintzige unter allen Europaͤern die ſich dieſes Vorrechtes bedienen koͤnnen / zumahlen keiner unter ihnen eine ſolche unumſchraͤnckte Gewalt gegen ſeine Unterſaſſen ausuͤben kan. Doch iſts ihre eigene Schuld / und ſind ſie die groͤſte Urſach daß wir ſeit der Zeit viel von unſerm Anſehen verlohren. Ehe ich mich aber aus dem Lande Saboe begebe / muß ich noch mit wenigen erinnern / daß hier zu Lande die be - ſten Leute anzutreffen / welche unſere Compagnie lange Jahre treu und redlich befunden hat / ſo / daß unſere Herren Directores zwey von ihnen als Am - baſſadeurs in Amſterdam vor dieſem geſehen haben / allein was die Urſach hievon geweſen / kan ich nicht wiſſen / weilen es auch ſelbſt ihrem itzt regierenden Koͤ - nige unbekand iſt warum daß ſie in Holland verſchicket worden. Zwar hatte ich mir fuͤrgenommen gegen - waͤrtigen Brief mit der Beſchreibung des Landes Sa - boe zu ſchlieſſen / allein weil mir noch Zeit uͤbrig iſt / will ich noch die Beſchreibung des Landes Fantin hinzufuͤgen. Selbiges graͤntzet gegen Abend an Sa - boe, und iſt nur ein Berg De Fer genannt / darzwi - ſchen / eine halbe Meile unterhalb Mouree. Der Berg iſt ohngefehr eine viertel Stunde lang / und hat oben auf ſeinem Gipfel einen ſehr anmuthigen Spa -E 5tzier -74Beſchreibungtzier-Gang unter den ſchoͤnſten und hohen Baͤumen / damit er gantz bedecket iſt / ſo / daß weil ſelbige dichte in einander geflochten / man faſt bey hellem Mittage nichts darunter ſehen koͤnne. Von dem Fuß dieſes Berges faͤnget das Land Fantin an / erſtrecket ſich laͤngſt dem Meer 9. oder 10. in die Laͤnge / und einige wenigere in die Breite. Es haben die Engellaͤnder eine Veſtung und 3. Wohnungen in dieſem Lande / ſo wie wir auch eine Veſtung darinnen beſitzen. Die erſtere darauf man im Herunterreiſen auf zu kommt / mit der Engliſchen Fahne lieget nechſt dem kleinen Dorff ſo Ingeniſian ſich nennet / deſſen gantze Beſa - tzung in einem einigen Engellaͤnder beſtehet / welcher ſich daſelbſt aufhaͤlt / um ſo viel als moͤglich die Engli - ſche Ehren-Fahne zu beſchuͤtzen.

Eine halbe Meile weiter hinunter haben die Engel - laͤnder eine kleine Veſtung / aber ſehr wohl und zierlich gebauet / nechſt dem Dorff Annamabo. Weil ſelbi - ges in dem Abriß zu ſehen / will ich mich in deſſen Be - ſchreibung nicht lange aufhalten / ihr werdet es ſin - den unter numero 8. und 9. dabey auch einige Schif - fe im Perſpectiv auf der Rhede ſehen / weil nehmlich allezeit eine groſſe Anzahl derer Engliſchen Schiffen daſelbſt fuͤr Ancker liegen; bey deren Abweſenheit man gewiß eine ſtarcke Handlung in Gold und Sclaven / ſo wol hie als zu Cormantin fuͤhren koͤnnte / wenn nicht dieſe Herren alles hinwegnehmen moͤchten / oder wenn ſie ja etwas uͤbrig laſſen die Seelaͤndiſche unprivile - girte Schiffe es abholeten. Es muͤſſen aber die En - gellaͤnder unglaublich viel von den Fantiner Moh - ren ausſtehen / indem ſie zuweilen in ihrer eigenen Ve - ſtung verſchloſſen und eingeſchrencket werden / ſo daßſie

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75des Landes Gvinea. ſie ſich nicht unterſtehen doͤrffen heraus zu kommen; ja wenn ihnen der Director nicht anſtehet / ſchicken ſie ihn welches zu verwundern / in einem kleinen Schiff - lein nach Cabocors; gleichwol doͤrffen oder koͤnnen die Engliſche ſich nicht mit einiger Gewalt widerſe - tzen / ſondern muͤſſen ſie im Gegentheil mit allerhand Beſchenckungen befriedigen. Das Dorff Anamabo kan fuͤr das maͤchtigſte im gantzen Lande beſtehen / in - dem es ſo viel Krieges-Macht aufbringen kan als das Koͤnigreich Saboe und Commani, gleichwol iſts nur der fuͤnffte Theil von Fantin, dannenhero ihre uͤbri - ge Macht ſich leicht iſt einzubilden / aus welcher Urſach die herumwohnende Nachbahren ſich genau in acht nehmen daß ſie ihnen nicht zu nahe kommen / es waͤre denn daß die Fantiner ſelbſt unter einander uneins ſind / ſonſt gewißlich wuͤrden ſie ihr Fuͤrnehmen zu bereuen Urſach finden; denn ohngeachtet der groſſen Menge Volcks / iſt das Land ſehr reich an Gold / Sclaven und allen benoͤthigten Lebens-Mitteln / in - ſonderheit an Korn / welches ſie denen Engliſchen Schiffen verkauffen. Wannenhero auch die Ein - wohner ſo hochmuͤthig und trotzig ſind / daß ein Euro - paͤer mit ihnen zu thun habend / ſchier ſeinen Huht un - ter den Arm fuͤr ihnen halten muß.

Es hat dieſes Land keinen Koͤnig / ſondern nur ein Oberhaupt / welchen ſie Braſſo nennen / und fuͤglich im Teutſchen ein Stadthalter heiſſen koͤnnte / ohnge - achtet daß der eigentliche Verſtand des Wortes einen Geleitsmann bedeutet / oder ſolch einen welcher den er - ſten Angriff thut / um denen Ubrigen einen Muth zu machen. Dieſer nun iſt der Erſte und Vornehmſte im Lande / als welchem die groͤſte Gewalt und Anſehenzu -76Beſchreibungzukommt. Demnach aber iſt dieſe ſeine Gewalt durch unterſchiedliche alte erfahrne Land-Raͤhte ſehr einge - ſchraͤncket / ſo daß ihre Regierung (wenn mir ein Ver - gleich erlaubet iſt) faſt mit dem Parlament in Engel - land uͤbereinkommt; wiewol ſie nichts mehr als ein Schatten eines vornehmen Durchlauchtigen Coͤr - pers abbilden. Dieſe alte Leute ſage ich fuͤhren das Regiment nach ihren Gutbefinden / ohne die geringſte Reflexion auf ihren Braſſo zu machen. Uber dieſe alte und halb im Grab ſtehende Leute hat noch ein jedes Theil im Lande Fantin ſein eigenes Oberhaupt / wel - cher ebenfals gar viel zu ſagen / und bisweilen dem Braſſo nicht viel nachgiebet; ſo daß jener zwar den Nahmen eines hoͤchſten Oberhaupts unſtreitig fuͤhret aber in der That nichts weniger iſt als eben dieſes.

Diejenige ſo etwas tieff im Lande wohnen / legen ſich inſonderheit auf den Ackerbau / und das Wein ma - chen aus Palmen / deren eine gewiſſe Art welche ſie Qvaͤcker nennen / hiezu gebrauchet wird; welches Wort in Hollaͤndiſcher Sprach die Natur ihres Ge - traͤncks gar artig an den Tag leget / indem ſelbiges in Uberfluß getruncken ſolche wunderbahre und ſeltſame Gedancken beybringet / als bey uns die Qvaͤcker (eine gewiſſe Art Wiedertaͤuffer oder Schwermer) zu fuͤh - ren pflegen. Gleichwol iſt dieſer Wein zweymahl ſo theuer als der andere / und nichts deſtoweniger ſo be - liebt / daß er fuͤr Geld nicht gnug zu bekommen.

Diejenige Fantiniſche Mohren welche laͤngſt dem Strande des Meers wohnen / treiben groſſe Hand - lung mit denen nicht privilegirtẽ Schiffen / und zwar frey und offenbahr fuͤr den Augen beyder / ſowol En - gliſch-als Hollaͤndiſchen Nation, ohne daß ſich jemandunter -

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77des Landes Gvinea. unterſtehen darff ihnen zu widerſetzen: denn ſie dieſes ſehr uͤbel aufnehmen wuͤrden / weil wir nicht das ge - ringſte uͤber die von Fantin zu befehlen haben. Jm Lande finden ſich ungemein viel Fiſcher-Leute / welche zum wenigſten ein 4000. Koͤpffe ausmachen wuͤrden.

Eine kleine halbe Meile davon findet ſich das Dorff Adja, da wir vor dieſem auch eine Veſtung gehabt haben / eben ſo gut wie Annamabo, aber nunmehro durch Verraͤtherey verlohren und ſelbige denen En - gellaͤndern zu uͤberlaſſen genoͤthiget worden. Es hat - ten nemlich dieſe zuſamt uns ihre Beſatzung darinnen / und fingen an mit unſern Leuten grauſamlich umzuge - hen / ſo lange bis ſie nun endlich wiewol nur uͤber eines Kauffmanns-Haus / ihre Fahne aufgeſtecket / und auch einen von ihren Handels-Leuten hingeſtellet / wel - cher von denen Fantinern Milhio in Schiffe einkauffen muß / in welchen ſie zugleich ihrer Compa - gnie zugehoͤrige Sclaven wegfuͤhren. Allein da die - ſer Kauffmann beſſeren Profit ziehen kan wenn er den Milhio an fremde nicht beurlaubete Schiffe ver - handelt / ſo bleibet bisweilen wenig uͤbrig fuͤr ihre ei - gene Schiffe.

Ein wenig weiter herunter lieget das kleine Dorff Cormantin, daſelbſt beſitzen wir auch eine Veſtung unter den Nahmen Amſterdam. Selbige war vor dieſem derer Engellaͤnder Haupt-Stadt al - lein der Admiral Ruiter verjagte ſie im Jahr 1665. Sie iſt von ziemlicher Groͤſſe / drey kleinen und einem ſtarcken Bollwerck / auf welchen durchgehends 20. Stuͤcke gepflantzet ſind / wie ihr ſolches unter numero 10. und 11. im Abriß ſehen koͤnnet. Wir halten auch eine ziemlich ſtarcke Beſatzung darinnen / mit einemKauff -78BeſchreibungKauffmann / welcher allhie die hoͤchſte Gewalt hat / ſo wie zu Mouree, wie deñ vor dieſem die gantze Veſtung auch eben ſo ſtarck und veſt geweſen als vorbeſagtes Mouree, koͤnnte auch gar leicht mit wenigen Unko - ſten in vorigen Stand geſetzet werden / wenn es nicht rahtſamer waͤre dieſelbige ſo zu laſſen / ſintemahlen we - gen der ſchlechten daſigen Handlung auch die wenigen Unkoſten nicht koͤnten erſetzet werden. Das Dorff ſelbſten iſt ſo ſchlecht und armſeelig / daß hievon Mel - dung zu thun der Muͤhe nicht wehrt iſt. Das andere Dorff aber Groß-Cormantin genannt / und nur ei - nen Canon-Schuß unterhalb unſer Veſtung gele - gen / iſt von weit groͤſſerem Anſehen / zumahlen es hoch auf dem Berge liegend / ſehr groß und volckreich iſt; doch ſind die Einwohner auſſer wenigen Kauffleu - ten / lauter Fiſcher / deren Anzahl bisweilen 7. oder acht hundert / ja gar tauſend Perſohnen hinaus laͤufft. Von hier erſtrecket ſich noch das Land Fantin ohnge - fehr 7. oder 8. Meilen laͤngſt dem Strande / und hat unterſchiedliche ſchoͤne Dorffſchafften / die ein uͤberaus ſchoͤnes Geſicht verurſachen wenn man zu Waſſer laͤngſt vorhin faͤhret.

Auf der Graͤntze dieſes Landes haben die Engliſche vor zwey Jahren ihre Fahne ausgeſtecket / auch bald darauf einen neuen Veſtungs-Bau angeleget / die Sache iſt aber insſtecken gerathen / entweder weil ſie nicht gefunden was ſie geſuchet / oder weil ſie mit denen Mohren ſich nicht vertragen koͤnnen / wannenhero ſie oft gewuͤnſchet niemahls angefangen zu haben / inſon - derheit da ihnen der Mohren Oberhaupt den Bau Zeithero geleget hat / und ſich mit der Zeit wird auswei - ſen muͤſſen / wie die Sache ablauffen werde.

So79des Landes Gvinea.

So habt ihr demnach mein Herr geſehen wie die Oͤrter beſchaffen welche von denen Engliſchen und Unſrigen in dem Lande von Fantin beſeſſen werden. Wir haben gleiche Macht und Anſehen mit einander / nemlich dergeſtalt / daß wir uns keines von beyden be - ruͤhmen koͤnnen: denn ſo bald es denen ſchelmiſchen Mohren in den Sinn koͤmmt / verſperren ſie alle Zu - gaͤnge und Wege / ſo daß von der Land Seite kein eini - ger Kauffmann Handlungs halber zu uns kommen koͤnne / womit ſie oͤffters nicht einmahl zufrieden ſind / ſondern wol gar alle Lebens-Mittel abſchneiden / ſo lange bis wir in ihr Begehren willigen / und thun was ſie haben wollen. Wannenhero wir oͤfters in Streit und Zaͤnckerey mit ihnen gerahten / muͤſſen auch uͤber die bahr erlegte Gelder / ſo wir ihnen fuͤr die zugeſandte Huͤlffs-Voͤlcker bey Einnehmung der Ve - ſtung Amſterdam / oder dergleichen Gelegenheit / aus - gezahlet / noch fuͤr jedes Schiff von unſerer Compa - gnie mit Kauffmanns-Waaren beladen 100. Guͤl - den darlegen / ausgenommen denjenigen ſo mit Scla - ven befrachtet ſind / welche frey paßiren: anitzo aber werden ſie auch dermaſſen unerkaͤntlich / daß ſie auch dieſe Freyheit nicht mehr geſtatten wollen / ſondern durchgehends von allen Schiffen / wie ſie Nahmen und Ladung haben / ihr Gewiſſes fordern. Zwar ha - ben wir mit erſinnlicher Hoͤffligkeit ihnen zu Gemuͤht gefuͤhret / daß ſolches dem einmahl gemachten Ver - gleich in allen Stuͤcken zuwider ſey / gleichwol haben wir nicht das Geringſte damit ausrichten koͤnnen / ſondern nur gutwillig dafern wir in Friede und Ruhe ſitzen wollen / was ſie verlanget / hingeben muͤſſen. Denen Engellaͤndern gehet es nicht beſſer / und vonwel -80Beſchreibungwelchen ſie imgleichen einen ehrlichen Pfennig ein - ſammlen / und dennoch achten ſie einen ſo viel wie den andern. Hiemit will ich abbrechen / indem ich glau - be fuͤr dieſes mahl genung von dieſem Lande geſchrie - ben zu haben. Nun iſt nichts mehr uͤbrig / als daß ich abermahlige Verſicherung und Zeugniß meiner Dienſtfertigkeit / Gewogenheit und vielfaͤltigen An - denckens an euch abſtatte / der ich bin ꝛc.

Ende des vierten Briefes.

Fuͤnfftes Send-Schreiben.

Worinn zufoͤrderſt die Beſchreibung des Landes Acron und unſerer daſelbſt be - findlichen Veſtung enthalten; hernach die Beſchaffenheit von Agonna, und der darinn gelegenen Engliſchen Veſtung. Endlich die Nachricht von dem groſſen Koͤnigreich Aqvamböe, nebſt daſelbſt ſich befindenden Hollaͤndiſchen / Engliſchen und Daͤhni - ſchen Veſtungen; wobey zuletzt einige an - merckens-wuͤrdige Begebenheiten in obgedachten Landen geſchehen an - gehencket werden.

Mein Herr!

DAs letztere Schreiben unter dem 27. habe ich mit der Beſchreibung des Landes Fantin ge - endiget; nun iſt noch uͤbrig zu melden von 3. Koͤnig -reichen

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81des Landes Gvinea. reichen dieſes Landes / als Acron, Agonna und A - qvamboe; das erſtere grentzet an das Land Fantin. Mitten in dieſem Koͤnigreich zunechſt dem Dorff Apam, lieget eine kleine Veſtung / oder vielmehr mit zwey Bollwercken verſehenes Hauß / von uns im Jahr 1697. erbauet / ihr werdet daſſelbe finden unter der Zahl / 12. und 13. was es fuͤr ein ſchoͤnes Gebaͤude iſt. Wir haben ihm den Nahmen von Gedult ge - geben in Anſehung wir unſere Gedult bey deſſen Er - bauung rechtſchaffen unterſuchet haben / weil uns die Mohren allezeit zuwider geweſen / auch bis dato unſern daſigen Commendanten entweder durch ihre Hand - lung / oder viel mehr verdrießliche boßhaffte Natur / ſo viel zuſetzen / daß er mitten in der Gedult alle Gedult verliehret / Niemahls bin ich mehr betrogen worden als von dieſes Landes Einwohnern; denn anfaͤnglich war ich uͤberaus mit ihnen zufrieden / und ſuchte des - wegen mit Raht und That den Veſtungs-Bau zu befoͤrdern / allein es daurete nicht lange ſo gereuete mich mein Beginnen ſo vielmehr. Auf den zwey Boll - wercken ſtehen 8. Stuͤcke / wiewol ſeine groͤſte Zierde und Macht darinne beſtehet / daß fuͤr dieſem Gebaͤude eine groſſe und anſehnliche ſcharffe Ecke angeleget iſt: das Dorff ſo unter der Veſtung gelegen / iſt ſehr klein / uñ ſind biß hieher nichts anders als lauter Fiſcher-Leute darinn anzutreffen / doch koͤnnte es in wenigen Jahren an Volck ſehr zunehmen / wenn die von Acron nur etwas erkaͤntlich ſeyn wolten / zumahlen der Ort zum Handel und Wandel ſehr bequem iſt. Acron iſtein Koͤnigreich / wie allbereit erwehnet / allein der Koͤnig laͤſſet ſich durch die Vornehmen des Landes allzu ſehr verleiten / inſonderheit aber durch ſeinen Vetter / wel -Fcher82Beſchreibungcher als General die Land-Trouppen comman - diret. Er iſt ein ſehr boßhafftiger / treuloſer und ver - ruchter Mann / und der einige Urheber aller unſerer erduldeten Schmach und Schande. Jch habe ihn oͤffters geſprochen / und wiewol ich wenig vernuͤnfftige Reden bey ihm geſpuͤret / muß dennoch alles durch ſei - ne Hand gehen. Die uͤbrigen Groſſen des Landes ſind Leute mit denen wohl umzugehen / und gewiß kei - nes Krieges Urſache. Der Koͤnig iſt ohngefehr 70. Jahr alt / uͤber die maſſen fromm und auffrichtig / ſo daß ich zum oͤfftern mit ihm froͤlich geweſen. Man haͤlt ihn fuͤr den Allervermoͤgenſten am baaren Gelde / auſſer den von Aqvamboe, und gleichwol habe ich ihn die meiſte Zeit in ſolchem Habit geſehen / der kei - nen halben Thaler wehrt iſt.

Die Einwohner dieſes Landes nemlich Acron, fuͤh - ren niemahls oder doch gar ſelten Krieg; denn weil ſie unter dem Schutz derer Fantiner ſtehen / darff ih - nen kein Menſch was Boͤſes anſinnen ſeyn; dannen - hero ſie ihres Landes in ſtiller Ruhe abwarten koͤnnen; Welche ſchoͤne Gelegenheit ſie ſich auch wol zu Nutz zu machen wiſſen / indem ſie alle Jahr ſolchen Vor - raht an Fruͤchten ſammlen / daß ſie ein Ehrliches in die nahe liegende Laͤnder verſchicken koͤnnen. Es findet ſich auch vieles Wildwerck / Hirſche / Haſen / Reb - huͤner / Faſanen und andere wilde Thiere mehr. So habe ich noch vor drey oder 4. Monat mit einigen mei - ner guten Freunde die Luſt gehabt einen jungen Haſen ſehr artig zu fangen; hinter unſer Veſtung ſo auf ei - nem Berge lieget / haben wir ein ſehr ſchoͤnes Thal / welches eine Meile lang iſt und mit trefflichen Holtz - werck verſehen / hieſelbſt kam uns ein junger Haſezwi -83des Landes Gvinea. zwiſchen Tag und Nacht zu Geſichte / welcher von meinem kleinen Hunde / den ich bey mir hatte / ver - folget ſeynde / ſich ins Geſtraͤuch verbarg / ſo daß ohn - geachtet alles unſeren Suchens wir ihn nicht finden konnten / und dahero das Geſtraͤuch in Brandt ſteck - ten / da wir ihn / welches hoͤchſtens zu verwundern / un - ter der Aſche gantz unverſehret ohne die geringſte Ver - letzung fanden / und lebendig bis nach Elmina brach - ten. Woraus denn zu ſchlieſſen / daß im Fall auf ge - hoͤrigem Ort eine rechtmaͤßige Jacht angeſtellet wuͤr - de / man eine ziemliche Anzahl Haſen bekommen wuͤrde / zumahlen dieſelbe ſich oͤffters haͤuffig ſehen laſſen.

Das Land ſelbſt von Acron theilet ſich in zwey Theile / ohne welchen es noch viel maͤchtiger waͤre; die - ſes davon anitzo die Rede / heiſſet klein Acron; das Groſſe aber lieget tieffer im Lande / und wird nicht von einem Koͤnige / ſondern denen Vornehmſten des Landes regieret. Gleichwol ohngeachtet dieſer Tren - nung leben die beyde Laͤnder in guter Einigkeit und Vertrauligkeit. Ein wenig weiter unterhalb unſer Veſtung findet ſich ein kleiner Fluß / deſſen Waſſer gantz ſaltzigt iſt / und laͤufft ſchier eine Meile Land - waͤrts ein: ſelbiger iſt ſehr Fiſch-reich / auch halten ſich daſelbſt viel Voͤgel auf / und kan er denjenigen ſo ihn zur Luſt beſuchen / zu einem angenehmen Geſichte dienen.

Eine Meile davon gegen Morgen ſiehet man im Lande Agonna einen ſehr hohen Berg der Teuffels Berg genannt. Vermuthlich haben ihm die See-fah - rende dieſen Nahmen gegeben / weil man denſelbigen bey contrairen Wind / wenn man laͤngſt dem Lande wegfaͤhret / viele Tage nach einander wegen ſeinerF 2uͤber -84Beſchreibunguͤbermaͤßigen Hoͤhe ſehen kan. Man ſagt daß er viel Gold in ſich habe / und daß die Mohren wenn der Re - gen aufgehoͤret / jaͤhrlich dahin gehen / und eine groſ - ſe Menge Goldes ſammlen / welches das haͤuffige un - geſtuͤme Regenwaſſer von der Spitze des Berges mit ſich auf die Erde herunter reiſſet. Es iſt in dieſem Jahr zu Cabocors der Herr Baggs geſtorben / wel - chen die Engliſchen daſelbſt als ihren Reſidenten oder General gehalten / auch ihm ſolche vollkommene Ge - walt ertheilet / als noch keiner von ſeinen Vorfahren gehabt / ſo daß ſein Anſehen ſich weiter erſtrecket hat als das ſo lang beſtandene Regiment von dreyen. Dafern nun denen Engliſchen zu glauben / hat derſelbe von de - nen Directoren ſolche Gewalt nur in dem Abſehen bekommen / weil er verſprochen das Gold aus dieſen Berge zu holen / und nach Engelland zu verſchicken / zu welchem Ende er ſich albereit mit unterſchiedlichen noͤthigen Hand-Geraͤht verſehen hatte. Allein ich bin verſichert / dafern er ſein Fuͤrnehmen ins Werck haͤtte gerichtet / es haͤtten die von Agonna ſeine Ar - beits-Leute eben ſo abgewieſen / wie die von Commani die Unſrige / und haben ſeine Nachfolger ſehr weißlich gehandelt / wenn ſie dieſes unterlaſſen haben.

Ohngefehr bey dieſem Berge nimmet das Land Agonna ſeinen Anfang. Selbiges wird anitzo be - herrſchet von einer Frauen / ſchon eine geraume Zeit her / und zwar mit ſolcher Hertzhafftigkeit und Kuͤhn - beit / daß es von einer Manns-Perſohn nicht beſſer koͤnnte gefordert werden. Jch weiß nicht ob irgends ein Land ſey unter den Mohren darinn Frauens-Per - ſohnen ihren abgelebten Che-Herrn in Crohn und Scepter folgen koͤnnen / als eben dieſes. Es hat obigeDame

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85des Landes Gvinea. Dame uͤberaus groſſen Verſtand / und ſuchet auch nicht zu heyrathen / damit ſie nicht weichen oder min - ſtens ihr Anſehen theilen doͤrffe. Gleichwol aber da - mit ſie auch aller Liebes-Vergnuͤgligkeit nicht entbeh - ren moͤge / hat ſie einen gantz jungen Sclaven bey ihr / mit welchen ſie ſich ergetzet / und deswegen dieſer ver - bunden iſt bey Verluſt ſeines Lebens kein ander Frau - ensbild zu beruͤhren; welchen ſie / wenn ſie ihn nun - mehro uͤberdruͤßig / wieder abſchaffet / und an ſeine Statt einen andern aufnimmet. Man ſagt auch daß ſie ſo ehrbar ſey und nicht mehr als allezeit einen zu ihrem Vergnuͤgen halte / ſo gewiß ein Zeichen einer groſſen Maͤßigkeit / ja ein Schein eines Wunder - wercks iſt / ſintemahleu ihres gleichen ich in der Welt nicht gar viel anzutreffen wuͤſte / weil ſie ohne Be - fuͤrchtung einer boͤſen Nachrede / ſo viel lieben koͤnnte als ſie immer wolte.

Ohngefehr mitten im Lande Agonna lieget eine kleine Veſtung / von denen Engellaͤndern im Jahr 1694. erbauet; ihr koͤnnet dieſelbige in Kupffer ſehen unter num. 14. und 15. Oben auf iſt ſie gantz platt be - decket / hat 4. Bollwercke / aber ſo niedrig / daß gar leicht daruͤber zu ſpringen; imgleichen iſt das Geſchuͤtz nicht weit her / angeſehen deren einige nur ein halb . Eyſen ſchieſſen. Kurtz es koͤmmt mir ſo fuͤr wie unſere Veſtungen bey Boutei Zaconde, Chama und A - pam, oder wie diejenige welche die Engellaͤnder zu Diekiſchorff haben / das iſt von ſolcher Gattung der - gleichen man auf dem Kauff eines andern zur Zugabe gebrauchen wuͤrde. Das Dorff nechſt bey dieſer Veſtung / von einigen Wimpa, von andren Simpa genennet / iſt ungemein groß / aber auch von meiſt lauterF 3Schif -86BeſchreibungSchiffern bewohnet / es lieget uͤberaus luſtig mitten in ſchoͤnen hohen Baͤumen / auch iſt die Handlung da - ſelbſt anitzo wie zu Apam gar ſchlecht; dafern aber die innerliche Unruhe zum Ende gelangen ſolte / glaube ich daß dieſe zwey Oͤrter ſich in Handlung nicht viel nehmen doͤrfften.

Das Land von Agonna iſt weit maͤchtiger / rei - cher und groͤſſer als das von Acron; ihre Frucht und Luſtbarkeit aber betreffend / ſind ſie einander ſchier gleich / ausgenommen daß dieſes Letztere einen ſchoͤnen groſſen Fluß hat mit ſuͤß Waſſer / und nach Auſſage derer Engellaͤnder und Mohren an Fiſchen und Au - ſtern uͤber die maſſen reich iſt / imgleichen daß eine groſſe Anzahl Voͤgel und allerhand Arten von Affen ſich daſelbſt aufhalten / doch kan ich dieſes nicht anders als von Hoͤren-ſagen berichten / weil ich ſie niemahls geſehen.

Endlich ſind wir bis auf das Ende des Landes Gvi - nea ich meyne das Koͤnigreich Aqvamboe gekommen welches ohngeachtet es meiſtentheils auf der Seite de[s]veſten Landes gelegen / dennoch unter die Zahl derer Koͤnigreiche dieſes Landes mit rechnen will / nicht nur weil wir oͤffters mit denen Einwohnern zu thun ha[-]ben / ſondern auch / weil der Koͤnig von Aqvambö[e]wenigſtens 20. Meilen weit ins Land uͤber die Mohre[n]zu befehlen hat. Ob nun zwar mehrere Koͤnigreich[e]allhie anzutreffen / koͤnnen ſelbige doch gar fuͤglich un[-]ter dieſes von Aqvamboe mitgerechnet werden / we[il]dieſer Koͤnig mehr Gewalt uͤber ſie hat / als uͤber ſein[e]eigene Unterthanen / da er doch in ſeinem Lande ein[e]unumſchraͤnckte Gewalt fuͤhret; denn man ſagt ge[-]meiniglich daß nur zweyerley Art Menſchen i[n]Aqvam -87des Landes Gvinea. Aqvamboe ſind / der Koͤnig und ſeine Freunde / wel - che die erſte Ordnung ausmachen / und denn ihre Sclaven / welche in der zweyten Ordnung ſtehen / ſo daß der Koͤnig keine Meuterey oder Auffruhr zu beſor - gen / im Fall dieſelbige nicht von ſeiner eigenen Fami - lie angerichtet werden.

Hieſige Einwohner ſind ſehr hochmuͤhtig / trotzig und uͤbermuͤhtig / auch ſehr zum Krieg geneiget / und des - wegen von allen Benachtbahrten / ausgenommen de - nen Akimern gefuͤrchtet. Ungluͤcklich aber ſind dieje - nige / die unter ihrer Herrſchafft ſtehen / ſintemahlen ſie taͤglich in Aͤngſten ſind vom Koͤnig aus Aqvam - boe gepluͤndert zu werden / ohne einige Mine eines Widerſtehens zu machen / denn der Koͤnig wuͤrde ſehr ſcharff wider diejenige verfahren / ſo ſeinen Soldaten einiges Leyd zuzufuͤgen ſich unterſtehen ſolten / welche wie oben erwehnet alle ſeine Freunde oder Sclaven ſeynd. Vor dieſem hat dieſes Land zwey Koͤnige drey oder 4. Jahr lang gehabt / Vater und Sohn / nach jenes Ableben es dem Sohn allein geblieben; aber bald darauf kam ſein Ohm des Vatern Bruder / und bedienete ſich der Gelegenheit / weil ſeines Brudern Sohn noch unmuͤndig war / daß er ihn mit Huͤlffe der eigenen Mutter vom Reich mit Gewalt ausſchloß / ſo lange bis jener zu mehren Jahren gelangete / und einige auf ſeine Seite brachte / durch deren Huͤlffe er eines Theils des Koͤnigreichs ſich bemeiſterte / gleichwol aber ſeinem Ohm das andere Theil behalten lieſſe / dergeſtalt / daß ſie beyderſeits mit gleicher Macht und Anſehen ein jeder ſein gewonnenes Theil beherrſchete. Wiewol dieſes Regiment denen Einwohnern ſehr nachtheilig war / angeſehen dieſelbige bey allen fuͤrfal -F 4len -88Beſchreibunglenden Streitigkeiten und Schlaͤgereyen jederzeit vie - les Volck einbuͤſſen muſten. Bis endlich im Jahr 1699. der alte Koͤnig ſein Leben endigte / und die gantze Regierung des Brudern Sohne aufftruge / welcher noch heute zu Tage dieſelbe verwaltet. Es war aber dieſer alte Koͤnig Nahmens Abinſam, ein ſehr boͤſer / neidiſcher Menſch / und aller Europaͤer abgeſagter Feind / ohngeachtet er von denen Engellaͤndern / Daͤh - nen und unſer Nation monatlich eine Untze Gold ein - nahm / fuͤr die Freyheit welche wir von ſeinen Vorfah - ren erkauffet / ungehindert allhie zu bauen / hat er uns dennoch oft viele verdrießliche Streiche verſetzet / mit ſo wenigem Grunde / daß wenn er ſich einbildete eine oder andere Widerwertigkeit von einer aus den dreyen bemeldten Nationen empfangen zu haben / muſten alſobald ſie alle drey darunter leiden / indem er alle Zugaͤnge verſperrete / und keinen einigen Kauffmann zu uns kommen lieſſe. Wannenhero ich gantz nicht zweiffele / es werde ſein Todt noch etwas gutes in der Handlung zuwege bringen / inſonderheit weil der itzi - ge Koͤnig Nahmens Ado, ein recht beſcheidener und hoͤflicher Mohr / auch weit belebter iſt als ſein Ohm / auch uͤber dem die Europaͤer / vor allen die Hollaͤnder gar wohl leiden mag / welches er noch kuͤrtzlich zur Gnuͤ - ge ſehen laſſen. Es fiel derſelbe in eine hoͤchſt-gefaͤhr - liche Kranckheit / welche der Mohren ihre Aͤrtzte auf keinerley Weiſe zu heben wuſten; dahero kam er in un - ſere Veſtung mit einigem Gefolg / und hatte kein Be - denckē uns ſein Leben an zu vertrauen. Nun hatte unſer Feldſcherer keine Muͤhe uñ Fleiß erſparend / das Gluͤck / daß er denſebigen eines Theils von ſeiner Kranckheit befreyete / denn vollkommen dieſelbige zu heben warwegen89des Landes Gvinea. wegen der langwirigen Zeit in welcher ſie zu tieff ein - gewurtzelt / nicht moͤglich / zumahlen er nicht vermoͤ - gend war ohngeachtet ſeiner vielen Weiber mehr Kin - der zu zeugen.

Welche Unfaͤhigkeit er ſich in ſeiner Jugend auf den Hals gezogen / da er ein gar zu groſſer Liebhaber vom Weiber-Volck geweſen / ſo gar / daß wenn ihm dieſes in etwas gebeten / er moͤchte ſich in etwas ſcho - nen / ſie den guten Raht mit dem Leben haben entgel - ten muͤſſen / ſo er anitzo oͤffters genung bedauret / daß er damahls kein Gehoͤr gegeben. Jn Warheit es iſt Schade vor ihn / daß er in ſolchen Zuſtand gerahten / und muß ich geſtehen / daß Zeit ſeiner Anweſenheit in unſerer Veſtung ich ihn zum oͤfftern hertzlich bedau - ret / weil er ein ſehr geſchickter Mohr iſt / der gar wohl ausſiehet / und in der Bluͤte ſeiner Jahre ſtehet.

Es vergoͤnnete uns derſelbe noch bey Lebzeiten des alten Koͤniges / auf der Graͤntze des Landes nechſt dem Dorff Ponni, zu bauen / ſo wir auch gern gethan haͤt - ten; allein kaum waren wir zu Acra ankommen / und einige mit hiezu noͤthiger Zubehoͤrung beladene Schif - fe mit uns gebracht / ſo hoͤreten wir daß der Koͤnig Ado wider ein ander Land zu Felde gezogen / und weil wir uns fuͤr dem alten Koͤnig fuͤrchteten / als welcher mit ſcharffen Bedrohungen alles bauen uns hatte verbieten laſſen / ſtunden wir von unſerm Fuͤrnehmen ab / da uns die Zeit gelehret daß wir ſehr vernuͤnfftig gehandelt / angeſehen die Unkoſten gantz vergebens ge - weſen waͤren / denn da anitzo nur eine Wohnung mit zwey unſerer Leuten wir daſelbſt haben / mercken wir taͤglich / daß die Handlung bey weiten nicht ſo groß ſey als ſie uns vorgemahlet worden; wannenhero ichF 5ſchwer -90Beſchreibungſchwerlich glaube / daß jemahls eine Veſtung alldor - ten werde angeleget werden / es ſey denn daß ſich die Sachen gaͤntzlich aͤndern.

Jch habe anders wo erinnert / daß die Engellaͤnder / Daͤhnen und wir / ein jeder ſeine Veſtung allhie beſitzē / welche auch fuͤr drey von den Beſten des gantzen Lan - des beſtehen koͤnnen; die erſtere darauf man vom A - bend zu koͤmmt / gehoͤret denen Engellaͤndern; Selbi - ge iſt viereckigt / hat 4. Bollwercke / und iſt mit hohen ſtarcken Mauren umgeben / inſonderheit auf der Seite nach unſerer Veſtung / allwo die Mauer von unge - meiner Dicke und Staͤrcke iſt. Jhre Bollwercke ſind mit 25. Canons beſetzet / ſo doch gar leichte ſind / und deswegen von denen Engliſchen gegen 12. andere gute Stuͤcke williglich ausgewechſelt werden ſolten / im Fall ihnen dergleichen Vortrag geſchehen wuͤrde. Jhr koͤnnet abermahls den Abriß ſuchen unter num. 16. 17. Die Beſatzung iſt auch in ſchlechten Stande / ſo wie in allen Engliſchen Veſtungen / als ob es ge - nung ſey Veſtungen zu bauen / mit einigen Canons und uͤbrigen Kriegs-Requiſiten zu verſehen / im uͤbri - gen aber keine Mannſchafft oder Beſatzung noͤthig. Jn Warheit dieſes iſt gemeiniglich der Engliſchen groſſer Fehler / und waͤre zu wuͤnſchen daß ſie keine Nachfolger darinn haͤtten; allein ich will gewiſſer Urſachen halber nichts mehr ſagen / in Hoffnung man werde ſich in Zeiten in acht nehmen.

Unterhalb dieſer Veſtung ohngefehr ein Falconet - ten Schuß davon lieget die Unſrige / ſo ſich (Hertzleid) Creve coeur nennet / wiewol es kein Hertzenleid iſt Commendant darinnen zu ſeyn / wegen der ſchoͤnen daſigen Handlung / ſie uͤbertrifft auch an Groͤſſe undViel -

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91des Landes Gvinea. Vielheit derer Canons, die vorg[e]m[e]ldte Engliſche; was aber die Veſtigkeit betrifft / haben ſie einander nicht viel fuͤrzuwerffen / ausgenommen / daß unſere Mauren die Dicke nicht haben / und dem Abſehen nach ſo lange nicht wuͤrden aushalten koͤnnen. Ubrigens wollen wir hoffen daß wir mit denen Engliſchen gute Freunde bleiben werden / denn in Ermangelung deſſen / koͤnnten wir einander ziemlich grob begruͤſſen / ihr koͤn - net den Abriß in Augenſchein nehmen unter num. 18. und 19.

Noch ein Canon-Schuß weiter hinunter findet ſich die Daͤhniſche Veſtung unter dem Nahmen Chriſtians-Burg / und iſt die einige ſo ſie hier zu Lan - de beſitzen. Sie wurde von den Mohren im Jahr 1693. eingenommen / gaͤntzlich ausgepluͤndert / auch einige Zeit in Beſitz von ihnen gehalten / wozu ihnen das Abſterben einiger aus der Beſatzung Gelegenheit gegeben hatte. Jn Warheit es war eine rechte Luſt (derer Daͤhnen Ungluͤck bey Seite geſetzet;) anzuſehen wie die Mohren in obiger Veſtung ſich auffuͤhrten / angeſehen ihr Commendant Nahmens Aſſam - meni, ſich in Daͤhniſchen Habit einkleidete / derglei - chen daſige Gouverneurs zu tragen pflegen / und auf ſolche Weiſe ſich unterſchiedliche Ehren-Bezeugun - gen erweiſen lieſſe / und was dergleichen laͤcherliche Streiche mehr waren / in welche er ſich bey ſeiner ein - gebildeten hohen Ehren-Stelle / nicht wohl ſchicken konte. Er ließ ohne Auffhoͤren aus dem groben Ge - ſchuͤtz ſchieſſen / als ob des Pulvers kein Ende werden koͤnnte. Er bewilkommete alle diejenige / ſo wol pri - vilegirte als nicht privilegirte Engliſche und See - laͤndiſche Schiffe / welche nur vor dieſer Veſtung An -cker92Beſchreibungcker zu werffen kamen / meiſtentheils mit gedoppelter Loͤſung derer Canonen. Das Beſte war / daß er nicht lange Meiſter darinnen bliebe / denn ſo bald zwey Daͤhniſche Schiffe anlaͤndeten / erhielten dieſel - bige vom Koͤnige zu Aqvamboe, vermittelſt der an ihn uͤberreichten nachdruͤcklichen Geſchencken / und unſer Seits anhaltenden Fuͤrbitte inſonderheit / daß ih - nen ihre Veſtung wieder uͤberliefert wurde / und ihre Beſatzung einfuͤhren dorfften. Allein ſie haben nach der Zeit zur Erkaͤnntligkeit unſerer treuen Dienſte uns ſehr undanckbahrlich belohnet; gleichwol haben ſie dadurch nicht viel gewonnen: denn weil ſie von den obbemeldten zwey Schiffen ſchier alles Volck hin - weggenommen / ſo daß ſie in keinen Stande waren ei - nigen Widerſtand zu thun / muſten ſie bald verneh - men / daß ſelbige beyderſeits in Golfo vor Gvinea, von denen See-Raͤubern genommen waͤren. Die Veſtung ſelber betreffend / iſt ſie nicht beſſer als der Engellaͤnder oder die Unſrige / wol aber etwas veſter; denn ſie iſt viereckigt / hat vier gute Bollwercke mit 20. Canons beſetzet. Sie præſentiret ſich uͤberaus wohl / ſo daß man ſagen wuͤrde das gantze Werck waͤre nur ein einiges Bollwerck / indem ſie oben gantz platt / und auf trefflichen Gewoͤlben gebauet iſt / daß man alſo durchgehends unterſchiedliche Stuͤcke pflan - tzen koͤnne. Es verdienet ſelbige von euch mein Herr mit Bedacht in dem Abriß unter numero 20. und 21. nachgeſehen zu werden / ich zweiffle nicht ihr wer - det einiges Vergnuͤgen darrinnen ſpuͤren. Jhr ha - bet nunmehro die Helffte aller Veſtungen dieſes Lan - des von Elmina bis Acra in Kupffer geſehen / daferne jemand kommt der mir die Ubrige abreiſſen kan / willich93des Landes Gvinea. ich auch dieſe ſo gegen Abend von Elmina liegen / und an der Zahl eilffe ſind / euch zu ſenden. Jch habe obige von beyden Seiten / nemlich nach Abend und nach Morgen wenigſtens ſehr eigentlich abzeichnen laſſen; denn die Warheit zu ſagen / habe ich keinen See-Com - paß dabey gebrauchet / ſondern uͤberlaſſe dergleichen Sinnligkeit an andre.

Bald wird es Zeit ſeyn daß ich dieſes Land verlaſſe / und tieffer ins Land mich begebe / doch muß bey Endi - gung dieſer Beſchreibung von Aqvamboe noch mit wenigem gedacht werden / daß ob gleich die Engellaͤn - der / Daͤhnen als auch wir / einjeder ſeine Veſtung allhie haben / dennoch unſer Anſehen und Macht in ſchlechten Stande iſt; ſintemahlen dieſe Veſtungen zu nichts anders dienen / als uns fuͤr denen Streiffe - reyen der Mohren zu beſchuͤtzen / und wuͤrden gewiß Urſach zu allzu fruͤher Reue uͤber kommen / wenn wir dadurch die Mohren zu zwingen uns unterſtehen ſolten.

Eine jede Veſtung hat ihre eigene Dorffſchafften / und jedes Dorff ſeinen eigenen Nahmen / ins gemein aber werden ſie Acra genennet / nach einem Koͤnig - reiche ſo vor dieſem hie zu Lande geweſen / nachgehends aber durch die von Aqvamboe gaͤntzlich ruiniret wor - den / ſo daß die uͤbrige Einwohner genoͤthiget worden ſich nach einer Gegend klein Popo genannt / zu bege - ben / allwo ſie bis dato ihren Auffenthalt finden / als das einige Uberbleibſel eines vormahligen ſo groſſen Koͤnigreichs.

Es wird bey vielen das Anſehen haben / als wenn hier drey unterſchiedliche Compagnien ſich befinden / welche ihren Handel fortſetzeten / und folglich einerdem94Beſchreibungdem andern ſehr nachtheilig ſeyn muͤſte; allein ohn - geachtet ihrer viele ſind die ſolches ſuchen / auch zuwei - len allerhand erſinnliche Verdrießlichkeiten einander anthun / giebet es nichts deſtoweniger ſo viel Gold und Sclaven / (zu verſtehen wenn die Wege zur Hand - lung frey und offen ſeyn;) daß eine Compagnie ins beſondere ihre vollkommne Rechnung findet / weil die eine allezeit etwas hat was der andern fehlet / und alſo durchgehends die Waaren verkauffet werden.

Bisweilen findet ſich allhier mehr Gold ein / als in einem Ort des gantzen Landes / und wuͤrde deſſen noch mehr ſeyn / wenn die von Aqvamboe und Akim ſich wohl vertragen koͤnnten / allein ſo leben ſie immer in Zwiſtigkeit / weilen die von Akim gerne den Meiſter ſpielen wolten uͤber das Land Aqvamboe, weil ſie die - ſen jaͤhrlich eine gewiſſe Summa Geldes abtragen muͤſſen; wozu ſich aber die von Aqvamboe nicht ver - ſtehen wollen / und dadurch gar fuͤglich den vollkom - menen Untergang auf den Hals ziehen koͤnnten / im Fall ſich jene von Akim wohl untereinander verſtuͤn - den. So aber weiß der Koͤnig von Aqvamboe un - ter den Groſſen des Landes von Akim, vermittelſt ſei - nen Worten und oͤftern Beſchenckungen / ſolche Miß - helligkeiten zu ſtifften / daß er ſein gantzes Land in Ruhe und Friede beherrſchen / auch nach eigenen Gefallen die Handlung fortſetzen koͤnne. Was die Groſſen des Landes Aqvamboe betrifft / habe ich vor dieſem allbereit erinnert / anitzo will ich nur hinzu ſetzen / daß der Koͤnig und die Vornehmen des Reichs unglaub - lichen Schatz beſitzen / ſowol in Gold als Sclaven / ſo gar / daß ich behaupten wolte es waͤre in dieſem Lande mehr Geld oder Reichthum / als in allen Ubrigen / da -von95des Landes Gvinea. von bishero Meldung geſchehen. Die Einwohner bekuͤmmern ſich meiſtens um die Handlung / Acker - bau oder den Krieg / wozu ſie fuͤr allem geneigt ſind. Dannenhero ſie vor Ausgang des Jahres allezeit Mangel an Lebens-Mitteln ſpuͤren / ſo daß ſelbige aus andern Orten herbey gefuͤhret werden muͤſſen / da gleichwol ihr Land an ſich ſelbſt ſehr fruchtbahr iſt.

Diejenige aber zu Aqvamboe bekuͤmmern ſich weder um die Fiſcherey / noch um das Saltz machen / ſo gleichwol in groſſer Menge und haͤuffiger als ir - gend anders wo allhie gefunden wird / ſondern laſſen dieſe Arbeit denen Mohren uͤber / ſo entweder im Lande gebohren / oder anders wo her gekommen allhie zu woh - nen / deren inſonderheit eine ſolche Anzahl ſich daſelbſt aufhaͤlt / daß die meiſten Doͤrffer von ihnen bewohnet werden. Dieſe Leute nun laſſen ſich nicht befriedi - gen mit dem Fiſch-Fang und Saltz machen / ſondern handeln auch mit auslaͤndiſchen Schiffen / wenig - ſtens eben ſo ſtarck als die Mohren zu Axim oder Fan - tin. Es iſt auch die Sclaven Handlung allhie ſo groß / als irgend an einem Orte im gantzen Lande / (ausgenommen Annamabo) aus Urſach daß die be - nachbahrten Laͤnder uͤber die maßen volckreich / und ſchier allezeit in Kriege verwickelt leben / dahero ſie unterſchiedliche Gefangene machen / und dieſelbige hernach an die Europaͤer verhandeln koͤnnen.

Jhr hoͤret ſehr viel von den Mohren ſo zu dem Krieg geneigt ſind / glaubet aber nicht mein Herr / daß ſie ein - tzig und allein dem Kriege ergeben ſind / ohne daß ſie ichtens was anders fuͤrnehmen ſolten; keines weges / alle Mohren insgemein dienen ſo lange fuͤr Solda - ten als der Krieg dauret / daferne ſie ſich entwederſelbſt96Beſchreibungſelbſt oder auch ihr Oberherr ſie mit Gewehr verſe - hen hat. So bald aber iſt der Krieg nicht geendiget / ſo gehet ein jeder nach Haus. Nichts deſtoweniger fin - den ſich unter ihnen auffruͤhriſche Koͤpfe / die auſſer dem Kriege nicht leben koͤnnen / ja in Ermangelung eines einheimiſchen Krieges / fremden Voͤlckern zu Huͤlffe eilen / oder wenigſtens auf Rauben und Steh - len ſich begeben / und alſo Profeſſion machen vom Sdldaten Leben / die ihr Brodt im Kriege verdienen muͤſſen. Ubrigens aber gibet es wenig Soldaten un - ter den Fiſcher-Leuten / denn diejenige ſo am Strande des Meers wohnen / nnd unter unſer Botmaͤßigkeit ſtehen / haben ſich keines Weges ihrer Feinde halber zu befuͤrchten; wannenhero ſie mit Gewehr ſchlecht oder gar nicht verſehen ſind.

Bis hieher mein Herr habe ich vom gantzen Lan - de geſchrieben; kuͤnfftig in erſterem Briefe welchen an euch zu ſchreiben mir die Ehre nehmen werde / will ich von der Gegend ſo jenſeit dem veſten Lande anzu - treffen ausfuͤhrlich handeln / daraus das Gold hier zu uns gebracht wird / wenigſtens ſo viel mir moͤglich und bekandt iſt. Jch zweiffle nicht es werde alles was bishero gemeldet euch einiges Vergnuͤgen ver - urſachet haben / in deſſen Zuverſicht die Freyheit neh - me mich zu nennen euren ꝛc.

Ende des fuͤnfften Briefes.
Sech -97des Landes Gvinea.

Sechſtes Send-Schreiben.

Welches handelt von den Laͤndern wo das Gold gegraben wird; von den grau - ſamen Kriegen und Zerſtoͤrungen / ſo einige von dieſen Laͤndern betroffen; von dex Art und Weiſe / wie die Mohren das Gold ſu - chen; von dem aͤuſſerlichen Anſehen des Gol - des wenn es aus der Gold-Gruben koͤmmt; wie das falſche Gold gemacht werde / und wobey man ſolches erkennen koͤnne; vom Gewicht des Goldes; endlich von unter - ſchiedlichen Gedancken uͤber das Gold gra - ben derer Mohren / wobey denen Europaͤ - ern angezeiget wird / wie ſolches von ihnen mit viel geringer Muͤhe und doch groͤſ - ſeren Vortheil / koͤnnte vorgenom - men werden.

Mein Herr!

JCh habe in meinem letzteren Schreiben verſpr[o]- chen / einigen Bericht abzuſtatten von denen Laͤn - dern aus welchen das Gold hekommt; dannenhero will ich meinem Verſprechen anitzo nachkommend / melden / wie nicht allein das Gold gegraben und aus denen Gruben heraus gezogen werde / ſondern auch wie es alsdenn aͤuſſerlich anzuſehen und wie ſchwer es wiege / imgleichen wie das falſche Gold gemachet wer - de / und wobey daſſelbe zu erkennen / damit ihr ſo zu ſa - gen in einem Augenblick was zu dieſer Sache gehoͤret / uͤberſehen koͤnnet.

GDas98Beſchreibung

Das erſte nun wo das Gold hergebracht wird / heiſſet Dinkira, welches ſehr tieff im Lande lieget / ſo daß der Compagnie Bediente 5. Tage Zeit haben muͤſſen wenn ſie von EImina und 10. wenn ſie von A - kim dahin reiſen wollen. Zwar iſt obgedachtes Din - kira ſo gar entlegen nicht / allein die Wege gehen ſehr krum / doch wollen die Mohren hierinn keine andere Veraͤnderung machen. Ubrigens iſt dieſes Land in - nerhalb 15. oder 16. Jahren durch ſeine ſtoltze Ein - wohner ſo maͤchtig und reich geworden / daß da es vor dieſem nur eine Hand voll Volck / ſo einen kleinen Begriff des Landes innen hielten / ſelbiges anitzo al - len benachbahrten Laͤndern ein Schrecken und Furcht einjaget / die ſie vorhin ſelbſt fuͤrchten muſten / ausge - nommen denen von Aſiante und Akim, als welche noch viel maͤchtiger ſeynd.

Es hatten auch die Einwohner von Dinkira groſſe Schaͤtze in Gold / nicht nur aus ihrem eigenen Lande / ſondern auch aus anderwerts in fremden Laͤndern ge - machter Beute geſammlet / inſonderheit aber aus dem groſſen Gewinn der Handlung / denn keine Nation unter denen Mohren in handeln mit ſie mag vergli - chen werden. Uber dem waren ſie Meiſter uͤber drey Laͤnder / allwo Gold / wiewol nicht gar viel gefunden wurde / nemlich Waſſa, Emaſſa und Juſſer, welche alle drey nahe an einander gelegen / und das letztere mit dem Lande Commani graͤntzet. Sie konnten auch 1. 2. bis 3. Jahr den gantzen Obertheil des Lan - des zwiſchen Akim und Zaconde mit ihrem eigen ge - grabenen Golde verſehen / oder wenigſtens dem ſo ſie aus andern Laͤndern hergeholet hatten / ſo lange als der Krieg von Commani gedauret; anitzo aber da wirmit99des Landes Gvinea. mit dieſen Commaniern Friede haben / auch denen Handelsleuten alle Wege offen ſtehen / fuͤhren ſie ihr Gold nicht mehr oben ins Land / weil es zu weit entfer - net / ſondern gehen nicht weiter als bis Chama, Com - mani, Elmina und Cabocors; und von der Zeit an haben ſie oben im Lande wenig Gold bekommen: denn obwol zwar einige Laͤnder auch hie ſich finden ſo etwas Gold geben / als Egvira, Adom, Acroboe und An - cober, iſt doch ſolches noch lange nicht zureichend alle dieſſeits gelegene Veſtungen damit zu verſehen. Jm Jahr 1694. beſuchte ich die Brandenburgiſchen / wel - che ſich beklagten / daß ſie ſchon lange Zeit nicht zwey Marck an Gold Monatlich gefunden haͤtten. Uns ging es dazumahl nicht viel beſſer / und war die Hand - lung durchgehends ſehr ſchlecht.

Das Gold aber ſo uns von Dinkira gebracht wird / iſt rein und ſauber / ausgenommen den Fetichen ſo ſie darunter miſchen / welches eine gewiſſe Art Gold in allerhand Figuren ausgearbeitet iſt / deren einige recht ſchoͤn anzuſehen ſeynd. Sie werden in gewiſſe ſchwartze erdene ſehr wichtige Formen gegoſſen. Bis - weilen iſt der vierte Theil / ja wol die Helfſte Silber oder Kupffer darinnen / wannenhero es viel geringer bezahlet wird; gleichwol dringen ſie uns daſſelbige auf im gantzen Lande / ſo gar / daß im Fall wir es nicht annehmen wollen / die Mohren ſo unverſchaͤmt ſeyn und das gute Gold auch hinweg nehmen und uns alſo nichts uͤbrig laſſen / dahero wir oͤffters durch die Fin - ger ſehen muͤſſen.

Man findet auch auffrichtige Fetichen von feinem Gold / ſie behalten aber ſolche fuͤr ſich / und verkauffen ſie nicht gerne; und wenn ſie ja etwas zum VerkauffG 2her -100Beſchreibungherbringen / thun ſie es entweder aus Noht / oder weil ſie voll ſchwartzer Erde ſeynd / womit ſie diejenige wel - che um ihre Liſtigkeit nicht wiſſen / zum oͤfftern betrie - gen / denn an ſtatt des Goldes / bisweilen die Helffte Erde iſt.

Jhr koͤnnet demnach aus oberzehlten leichtlich ur - theilen / wie reich und maͤchtig das Land von Dinkira geweſen ſey. Es iſt ihnen aber ſo vielfaͤltiges Ungluͤck zu - geſtoſſen / daß ſie anitzo gantz verwuͤſtet und verdorben. Wird dannenhero nicht unangenehm zu hoͤren ſeyn / wie ein ſo maͤchtiges Land in ſolch Elend und Unter - gang gerathen / welches ich anitzo berichten will / ſo wie es mir einige Mohren erzehlet haben / und ſo viel glaubwuͤrdiger iſt / weil es bald auf einander in kurtzer Zeit ſich zugetragen.

Es waren numehro die Einwohner von Dinkira durch ihren Reichthum und anſehnliches Vermoͤgen ſo hoffaͤrtig geworden / daß ſie die uͤbrigen Mohren gar fuͤr nichts achteten / auch dieſelbige nicht anders als ihre Sclaven anſahen; wodurch ſie ſich ſo verhaßt machten / daß jederman ihren Untergang hertzlich wuͤnſchete; gleichwol aber dorffte ſich niemand unter - ſtehen den Kopff zu bieten / bis endlich der Koͤnig von A - ſiante als ihrer Laͤnder Nachbahr / von ihrem Ober - haupt einige Beſchimffung empfangen habende / ſich entſchloſſe ſehr nachdruͤcklich an ihnen zu raͤchen. Es beſtand aber dieſe Beſchimffung eigentlich darinnen: Der Koͤnig oder das Oberhaupt von Dinkira, ſo noch ein gar junger Herr / aber in ſeinem Lande ſo viel Anſe - hens hatte / daß man uͤberall mit Verwunderung von ihm ſprechen hoͤrete / fertigte einsmahls einige ſeiner Frauen ab an den Koͤnig von Aſiante, den ſie in ſeinemNah -101des Landes Gvinea. Nahmen begruͤſſen ſolten; welches denn dieſer Koͤnig ſo gnaͤdig aufnahme / daß er denen Frauens aufs hoͤf - lichſte begegnete / und ſie reich beſchencket wieder nach Hauſe ſandte. Ja ſelbſt zu Bezeigung wie ihm dergleichen Botſchafft angenehm geweſen waͤre / eini - ge Zeit hernach ſeiner Frauen etliche an das Ober - haupt von Dinkira abfertigte / welche ihm die Ehre thun und in des Koͤniges Nahmen aller beſtaͤndigen Liebe und Wolgewogenheit verſichern ſolten. Es wurden auch dieſe Frauen nicht weniger hoͤfflich im Lande von Dinkira empfangen / als die vorige im Lan - de von Aſiante, ſondern wurden noch viel reichlicher beſchencket / da inſonderheit das Oberhaupt von Din - kira, gar zu hefftig von Liebe eingenommen gegen de - ren eine / ſich durch die inbruͤnſtigen Begierden verlei - ten lieſſe / und ſich vergriffe; worauff er ſie wieder nach Hauſe ihrem Mann zuſchickte. Kaum hatte der Koͤnig von Aſiante dieſes angethane Unrecht zu Ohren be - kommen / wurde er ſo erhitzet / daß er dem zu Dinkira zu entbieten lieſſe / er wolle nicht eher ruhen / bis er die - ſe hohe Beleidigung mit dem Blute deſſen abgewa - ſchen haͤtte / welcher ſie ihm angethan haͤtte. Jener nun / als er wieder zu ſich ſelbſt kame / und wol wuſte mit wem er zu thun bekaͤme / haͤtte viel lieber gewuͤn - ſchet es waͤre hiezu niemahls gekommen; weil es aber anitzo nicht zu aͤndern ſtunde / ſuchte er den Koͤnig von Aſiante mit Geſchencken zu befriedigen / und boht ihm eine anſehnliche Summa Goldes dar. Es wolte aber dieſer Koͤnig nichts davon hoͤren / ſondern ruͤſte - te ſich zu einem ſchweren Kriege / damit er mit einer anſehnlichen Krieges-Macht in das Land Dinkira einfallen koͤnnte / ließ auch weil er weder Pulver nochG 3Gewehr102BeſchreibungGewehr hatte / ſolches im Lande haͤuffig aufkauffen / wo zu die von Dinkira ihm ſelbſt behuͤlfflich waren / und ohngehindert des von Aſiante ſeine Armee durch ihr Land ziehen lieſſen mit aller der erſchrecklichen Kriegs - Ruͤſtung / ohngeachtet ſie gar wohl wuſten es wuͤrde bloß auf ſie gemuͤntzet ſeyn. Waͤhrender ſolcher Un - ruhe ſtarb das Oberhaupt zu Dinkira, dannenhero man meynte es wuͤrde der Krieg bald ein erwuͤnſchtes Loch gewinnen; allein entweder waren die uͤbrige Haͤupter zu trotzig bey dem Koͤnig Zaii von Aſiante um Frieden anzuhalten / oder die Staͤnde ſelbſt hetze - ten dieſen Koͤnig wider ſich ſelbſt an / und machten alſo daß der einmahl genommene Entſchluß feſt bliebe / Dinkira muß zerſtoͤhret werden; wannenhero folgendes Jahr die Armee ausruͤckte / nachdem ſie das vorige Jahr alle erſinnliche Zuruͤſtungen und Nohtwendigkeiten herbeygeſchaffet. Jene nemlich von Dinkira, widerſetzten ſich mit der groͤſten Stand - und Hertzhafftigkeit / wurden aber von denen von A - ſiante bald im erſten Treffen gaͤntzlich unter die Fuͤſſe gebracht / ſo gar / daß ſie in zwey Schlachten mehr als 100000. Mann nach Auſſage derer Mohren / einge - buͤſſet. Die zu Akim waren dieſen zu Huͤlffe gekom - men / allein auch dieſe muſten ein dreyſſig tauſend Mann im Stich laſſen / ohngerechnet daß vor dem Anfang dieſer Schlacht ein vornehmer Cabocoer aus Akim mit allen ſeinen Leuten in die Pfanne ge - hauen wurde. Was duͤncket euch nun hievon mein Herr / gewiß haben dieſe Schlachten ein mehreres auf ſich / als welche bisweilen unter den andern kleinen Koͤnigen hieſiges Landes fuͤrzugehen pflegen? Denn wenn dieſe auch alle Lahme und Blinde im gantzenLande103des Landes Gvinea. Lande aufſuchten und Soldaten daraus machten / wuͤrden ſie doch eine ſo anſehnliche Armee ins Feld nicht ſtellen koͤnnen. Man ſagt es haͤtten die oon Aſiante 15. Tage lang noͤthig gehabt / ehe ſie mit Auf - ſammlung der gemachten Beute haben koͤnnen fertig werden / (wiewol ich glaube daß ſie in Tagen ſich ver - zaͤhlet) doch iſts gewiß / daß die Beute des Koͤnigs / allein auf tauſend Marck Gold geſchaͤtzet worden; ſo wie einer von unſern Leuten / der als Abgeſandter bey gemeldtem Koͤnig ſich aufgehalten / behaupten wollen dieſelbe offt geſehen zu haben. Er befindet ſich anitzo noch im Lande von Ante, damit er laut ſeiner Commiſſion, einen genauen Bericht aufzeichnen koͤnne / was in gemeldtem Lande vorgehe und geſchehe / dannenhero ich begierig bin deswegen einige Nach - richt zu erhalten / nicht zweifflende / es werden unter - ſchiedliche merckliche Dinge ſich eraͤugnen; allein man muß bis auf andre Zeit Gedult haben. Anitzo mercket nur wo zu es mit dem ſtoltzen Dinkira gekom - men / deſſen Fluͤchtlinge anitzo zu Sclaven gemacht worden / und als ſolche Leute verkauffet / von denen ſo ſie vormahls fuͤr ihre Sclaven hielten. Noch zur Zeit aber haben wir es ſo gar genau nicht wiſſen koͤn - nen / was ſich alles in dieſem Lande zu getragen / ins kuͤnfftige will ich / ſo bald mir eine aufrichtige Be - ſchreibung zu Haͤnden koͤmmt / nicht ermangeln voͤlli - gen Bericht abzuſtatten.

Nun kommen wir ans Land Acanni, welches ehe - mahls und lange vor Diekira in der Handlung ſehr beruͤhmt geweſen. Zumahlen die Einwohner von A - ſiante und Akim hieher kamen ihr Gold zu verkauf - fen / uͤber dasjenige was ſelbſt im Lande gegrabenG 4wurde;104Beſchreibungwurde; welches ſo ſchoͤn und ſauber iſt / daß noch heute zu Tage von den Mohren das beſte feineſte Gold Acanni Sica oder Gold von Acanni genennet wird. Es waren auch dieſe Leute gewohnet mit denen zu Ca - bes terra ein Streich Landes zwiſchen Acanni und Saboe, ſtarcke Handlung zu treiben / bis nach El - mina, Cabocors, Mouree, Annamabo, Corman - tin, ja gantz hinunter / bis an das denen Engellaͤndern zuſtaͤndiges Dorff Simpa. Es war ihr Gold auch nicht untermenget mit obgemeldten Fetichen wie zu Dinkita, und folglich ungemein beſſer; allein man konnte mit den Leuten nicht gar zu wohl zu recht kom - men / indem ſie bey weiten nicht ſo ehrlich waren als die zu Dinkira, ſondern alles nach ihrem Wohlgefal - len einrichten wolten. Anitzo haben ſie in Zeit von drey Jahren / ſchier keine Handlung gefuͤhret / ſeit dem ſie nemlich mit denen von Dinkira uneins gewe - ſen / (die Urſach iſt mir unbekandt) da ſie tapfer Schlaͤ - ge bekommen / und viele von den Vornehmen des Lan - des verlohren / oder als Gefangene wegfuͤhren haben anſehen muͤſſen; ſo ſie hernach mit alle dem Jhrigen auszuloͤſen genoͤthiget / und dadurch in groſſes Elend oder Armuth geſtuͤrtzet worden. Weil nun aber Din - kira auch verdorben / und ſich zu denen von Aſiante, geſchlagen / ſolte es leichtlich geſchehen / daß ſie wieder empor kommen / und zum Theil in ihren vorigen herr - lichen Stand gelangen koͤnnten.

Jch will bey dem Lande von Acanni zugleich auch vom Lande Akim melden / weil wir allhie kein beſſeres kennen / wo mehr und auch feiners Gold anzutreffen / es laͤſſet ſich an ſeiner duncklen Farbe von allem uͤbri - gen gar leichtlich unterſcheiden / und ziehet den mei -ſten105des Landes Gvinea. ſten Theil davon Acra, allwo deswegen auch ſchoͤnes Gold ohne Fetichen zu bekommen. Man hat mir oͤfters geſagt / es waͤre das Land Akim uͤber die maſ - ſen groß / wannenhero ich einſtens von denen Ein - wohnern begehrte mir zu ſagen / in wie viel Tagen man das gantze Land durchreiſen koͤnnte von einem Ende zum andern; darauf mir zur Antwort wurde / es waͤre das Land ſo weitlaͤufftig / daß die Akimer ſelbſt nicht wuͤſten wie weit ſich ſolches auf der Seite nach Barbarien erſtreckte. Vor dieſem iſt es von Koͤnigen beherrſchet worden / allein der Letzte von die - ſen als ein ſehr junger und uͤbel erzogener Herr / hat ſich niemahls das gantze Land unterthaͤnig machen koͤnnen / ſondern hat mit einem Stuͤck davon zuſrie - den ſeyn muͤſſen / denn die Vornehmen des Landes hatten ſich aus Beyſorge / er moͤchte zu tyranniſch mit ihnen umgehen / bey Zeiten des Regiments verſichert / damit ſie ihn ein wenig zaͤhmen koͤnnten / ſo daß es heute zu Tage nicht anders als eine Republicq anzuſehen / und zwar zu groſſem Vortheil derer Acannier und Aqvamboer, denn im Fall obiges Land nur einen Herrn haͤtte / wuͤrden dieſe bey weitem nicht ſo viel Trennungen ſtifften koͤnnen / als ſie annitzo wuͤrcklich thun / damit ſie ſo viel ſicherer und freyer leben moͤgen / anders wuͤrde es in kurtzer Zeit um ſie zu thun ſeyn.

Wir haben allezeit gemeynet es waͤren uͤber itzt ge - dachte drey Laͤnder keine reichere von Gold; allein es iſt unſtreitig / daß es deren noch viel beſſere gebe / davon das Land Aſiante uns gnugſames Zeugniß giebet; denn in den wenigen Jahren / da es allererſt bekandt worden / hat ſich mehr Gold allda gefunden als in Dinkira. Nicht weniger giebet auch das LandG 5Ananſe106BeſchreibungAnanſe zwiſchen Aſiante und Dinkira; iſt auch kein Zweiffel es ſind derer noch unterſchiedliche mehr / wel - che noch zur Zeit nicht entdecket ſind.

Jnſonderheit iſt nicht zu vergeſſen des Landes A - vine, welches das vornehmſte im gantzen Lande / und dem von Axim weit vorgehet. Vor dieſem lieferten deſſen Einwohner ſehr vieles Gold an uns gantz ſau - ber und fein / ſie ſind ſonſten die beſten Leute mit denen noch umzugehen iſt. Allein die von Dinkira, welche den Meiſter uͤberall ſpielen wollen / haben ſich dieſe Leute unterwuͤrffig gemacht / und damit verhindert / daß wir ſeit der Zeit nicht ein Stuͤck Gold von ihnen zu ſehen bekommen. Zwar hatten ſich die von Avine hefftig dawider geſetzet / wuͤrden auch ohne Zweiffel geſieget haben / im Fall ſie unter einander einig gewe - ſen waͤren. Denn als einſten die von Dinkira ſich in ein Treffen einlieſſen mit dem Oberhaupt von denen Avinern / geſchahe es daß ſie mehr als 2000. Mann ſitzen lieſſen / ſo daß nicht eine Seele uͤbrig bliebe die auch nur die Zeitung haͤtte uͤberbringen koͤnnen / denn die Aviner wiſſen ſich vortrefflich vergiffteter Pfeile gegen ihre Feinde zu bedienen. Darauf kamen die von Dinkira noch ſtaͤrcker zu Felde / daß jene als Uber - winder auf empfangene Nachricht ſich gezwungen ſahen bey ihren Landesleuten um Huͤlffe anzuhalten. Allein dieſe kehrten ſich nicht daran / ſondern lieſſen ihnen zu entbieten / ſie waͤren verzagte und feige Leute daß ſie Huͤlffe begehrten / weil ſie allein vermoͤgend ge - nung waͤren denen Dinkirern zu widerſtehen / im Fall es aber geſchaͤhe / daß ſie unter laͤgen / muͤſten ſie gedencken es waͤre auch die Reyhe einſtens an ſie ge - kommen; wie ſolches auch wuͤrcklich geſchahe da ſiedenen107des Landes Gvinea. denen Dinkirern ihre Mannſchafft verlohren geben muſten / nicht viel anders als die Chineſen wenn ſie mit denen Tartaren zu thun haben; da ſie doch im Ge - gentheil wenn ſie einander beygeſtanden haͤtten / gar leichtlich ihren Feind uͤber den Hauffen haͤtten werffen koͤnnen.

Hier endiget ſich die Beſchreibung von denen Laͤn - dern daraus wir unſer Gold bekommen; ich hoffe ihr werdet mein Herr mit dem wenigen ſo ich davon ge - meldet vergnuͤget ſeyn / in Anſehung daß wir von den Mohren ſo ausfuͤhrliche Nachricht nicht haben koͤn - nen / und von unſern Leuten ſich niemand ſo weit hin - ein gewaget. Anitzo will ich noch hinzuthun von dem Golde ſelbſt ſo uns aus den Laͤndern gebracht wird.

Die meiſten in Europa halten dafuͤr / daß wir Meiſter ſind uͤber die Gold-Gruben / und das Gold ſelbſt graben laſſen / wie die Spanier in America: allein ihr wiſſet gar wohl mein Herr daß dieſes ein groſſer Jrrthum ſey / angeſehen wir nicht einmahl dabey kommen doͤrffen / und ſchier ſagen wolte / daß keiner von uns ſie jemahls geſehen; denn die Mohren halten dieſelbe vor etwas heiliges / und verhindern auf allerhand Art und Weiſe damit auſſer ihnen kein Menſch herzu nahen moͤge. Wird demnach das Gold in drey Oͤrtern gefunden. Zu erſt und inſonder - heit in und zwiſchen den Bergen / allwo die Mohren groſſe Loͤcher aushoͤlen / dafern ſie einige Gold-Minen entdecket haben; die erde davon brauchen ſie zu ihrer Geſundheit / wie hernach melden will.

Zweytens wird das Gold gefunden zunechſt den Fluͤſſen oder groſſen Waſſer-Faͤllen / allwo das Waſ - ſer durch den ſchnellen Lauff / von den hoͤchſten Ber -gen108Beſchreibunggen die oberſten Spitzen und Huͤgel ausſpuͤhlet / und alſo mit der Erden zu gleicher Zeit das Gold herunter ſchlaͤget.

Drittens findet ſich auch Gold an dem Meer / als zu Elmina und Axim, wo nemlich kleine Adern ſind / und das Gold eben wie itzo gemeldet / auch von den ho - hen Bergen hernieder faͤllet. Dannenhero ſiehet man des Morgens wenn es die vorige Nacht gere - gnet / der Mohren ihre Weiber gar haͤuffig dahin lauffen mit einem groſſen und kleinen Gefaͤße / in das erſtere ſammlen ſie Erde und Sand / welche ſie alle Augenblick in friſchem Waſſer durchruͤhren / bis die Erde davon abgehet / und das Gold daferne etwas darinnen / an den Boden faͤllet; alsdenn ſchuͤtten ſie es aus dem groſſen ins kleinere Gefaͤß / und fangen von neuen an zu bewegen / zuweilen bis in die ſpaͤte Nacht / und am Ende haben ſie doch nicht mehr als fuͤr 5. oder 6. Stuͤver / ein wenig mehr oder weniger Gold. Zuweilen aber wiewol gar ſelten / trifft ſichs auch / daß ſie ein Stuͤck von 4. bis 5. fl. finden / dargegen iſt auch gar oͤffters ihre Muͤhe gantz vergebens. Alſo verfah - ren ſie mit dem reinigen von der Erden / wiſſen auch kein anderes Mittel das Gold davon zu ſaubern / es ſey den auf itzt bemeldte Art.

Dieſes Gold nun auf itzt erwehnte Weiſe gefun - den / iſt zweyerley. Eines heiſſet Gold-Pulver / wel - ches ſo fein wie Mehl / und fuͤr das beſte und koſtbahrſte in Europa gehalten wird. Das andere beſtehet in Stuͤcken von unterſchiedlicher Groͤſſe / einige ſind ſo klein / daß ſie kaum drey Heller / andere aber zwey bis 300. Guͤlden wehrt ſind; ſelbiges wird Ertz-Gold ge - nennet / und iſt wenn es gegoſſen / viel wichtiger als dasGold -109des Landes Gvinea. Gold-Pulver / haͤlt auch viel beſſern Strich; allein weil allezeit ſehr viel kleine Steinlein daran feſt ſitzen / muß man im ſchmeltzen ſehr viel am Gewinnſt verlieh - ren / dannenhero das Gold-Pulver viel hoͤher gehalten wird. Jhr koͤnnet hieraus ſehen was echtes und gu - tes Gold / auch wie daſſelbe zu ſaubern ſey: anitzo muß auch vom unechten und verfaͤlſchten Golde gemeldet werden. Jm erſteren finden ſich die Fetichen von Silber und Ertz / davon albereit erinnerung geſchehen. Dieſe Fetichen ſchneiden die Mohren in kleine Stuͤ - cke / deren etliche einen Pfennig / andere drey Heller gelten. Die Hollaͤnder haben in ihrer Sprache ein ſehr gewoͤhnliches Sprichwort / daß man fuͤr drey Heller nicht viel Gold kauffen kan / allein hier kan man auch mit dieſen kleinen Stuͤcklein zu Marckt gehen / Brodt / Fruͤchte und andere Nohtwendigkeiten einzu - kauffen. Und wiſſen die Mohrinnen inſonderheit ſich ſo darein zu finden / daß ſie im erſten Anblick den Wehrt erkennen / auch alſobald ihre Rechnung machen / ohne dieſelbige zu wiegen / oder ſich jemahls darinnen zu ver - ſehen / nicht anders als wir unſer gemuͤntztes Geld fuͤr uns haben. Die kleinen Stuͤcke nennen ſie Kake - raas, welches nach ihrer Sprach ein Ding von gerin - gen Wehrt bedeutet / wie denn in Warheit dieſes Gold an ſich ſelbſt nicht viel zu ſagen hat / und eine gan - tze Untze kaum 20. Gulden Hollandiſch betragen wuͤr - de / gleichwol wird es uͤbers gantze Land gebrauchet. Wir bezahlen damit unſere Guarniſon, und machen die Mohren keine Schwuͤrigkeit fuͤr allerhand - Waaren dieſelbe anzunehmen; denn ſie miſchen es noch mit ander Gold / und bringen es denn wieder zu uns / wir nehmen es auch an / und bezahlen damit un -ſere110Beſchreibungſere Schulden / ſo daß obige Art von Golde kommt und gehet / ins Land und wieder heraus gefuͤhret wird / ohne daß es jemahls abnimmt / ohngeachtet die Frantzoſen / Engellaͤnder / Portugieſen und Hollaͤnder jaͤhrlich eine groſſe Anzahl in Europa ſenden / weil aber die Moh - ren ihrer noch viel mehr machen als verſendet werden / ſo iſt niemahls einiger Mangel darinnen zu ſpuͤren.

Ubrigens wiſſen die Mohren ſich trefflich zu behelf - fen mit verfaͤlſchen des Goldes / da ſie ſo kuͤnſtlich das Gold theils in Pulver / theils in Ertz wiſſen nach zu machen / daß bisweilen die beſte Kenner von Gold da mit betrogeu werden; Sie gieſſen einige Stuͤcke / an welchen rund um ohngefehr die Dicke eines Meſſers feines Gold / inwendig aber nichts als Ertz / bisweilen gar Eyſen zu finden; ſie haben dergleichen practic noch fuͤr kurtzer Zeit ausgeſonnen. Das falſche Gold aber iſt gemeiniglich von Silber / Ertz und ein wenig untermenget Gold zuſammen geſetzet / hat eine hohe Farb / wo durch diejenige / die ſich nicht gar wohl dar - auf verſtehen / ſehr leicht betrogen werden; denn indem ſie ein oder zwey . Gold einkauffen / wo unterſchiedliche ſolche Stuͤcke untermiſchet ſind / brauchen ſie nicht ein - mahl ſo viel Muͤhe / daß ſie am Probierſtein dieſelbige verſuchen / weil ſie viel zu koͤſtlich fuͤr falſch Gold aus - ſehen. Es giebet auch eine andere Art falſches Gol - des / ſo dem Ertz-Golde ſehr aͤhnlich / und aus einer ge - wiſſen Materie von gegoſſenen Corallen beſtehet; womit die Mohren ſo behende umgehen / daß ſie nicht nur die Corallen leichtlich ſchmeltzen / ſondern auch der - geſtalt faͤrben koͤnnen / daß zwiſchen dieſem und dem Golde kein anderer Unterſcheid zu finden als im Ge - wicht. Endlich machen ſie auch falſch Gold-Pulver /und111des Landes Gvinea. und bedienen ſich zu dem Ende des gefeylten Ertzes / dem ſie die Gold-Farbe geben; allein dieſes falſche Gold verliehret ſeinen Glantz in ein oder zwey Monat / welches deſſen Probe iſt; dergleichen nicht wohl ange - het bey den kleinen Stuͤcklein / weil ſie allezeit ihre Farbe halten / und wird man ſo viel eher damit betrogen.

Dafern ihr nun zu wiſſen verlanget wie man ſolch falſch Gold erkennen ſolte / ſo mercket / daß man was groſſe Stuͤcker ſeynd / mit einem Meſſer mitten durch - ſchneiden muß / alsdann das falſche Gold ſich bald her - vor thun wird. Die kleinen Stuͤcke aber muͤſſen auf einem Stein mit dem Hammer hart geſchlagen wer - den / ſo es bloſſe Corallen ſind / werden ſie alſobald zer - ſpringen / wenn ſie aber gantz bleiben / muͤſſen ſie eben wie die groſſen mit einem Meſſer durchſchnitten wer - den. Was die kleineſten Stuͤcke und das Sand - Gold anbelanget / muß ſelbiges in ein Kupfern Be - cken gethan / welches man ſonſten gebrauchet die Un - reinigkeiten vom Gold zu bringen / nicht anders als wie das Korn durch oͤfters Zublaſen und vieles Um - werffen / verſuchet werden / da denn das falſche Gold auſſer dem Becken fallen / das echte aber wegen ſeiner Schwere auf den Boden zuruͤck bleiben wird. Wel - ches zum dritten oder vierten mahl wiederholet / gar leichtlich das echte von unechten unterſcheidet.

Laͤcherlich iſt es / wenn die meiſten Fremdlinge / und inſonderheit uͤber See angekommene Leute allezeit Scheidewaſſer bey ſich fuͤhren / das Gold zu probieren; denn wenn ſie bedaͤchten / daß in allem Golde viele Un - reinigkeiten anzutreffen / wuͤrden ſie eine ſolche unge - wiſſe und betriegliche Probe bald fahren laſſen / undauf112Beſchreibungauf itzt erwehnte Art verſuchen / im Fall ſie nicht be - trogen ſeyn wolten.

Dieſe bilden ſich ein das echte vom unechten nicht beſſer zu unterſcheiden als wenn ſie ihr Gold in ein klein irrdenes oder glaͤſernes Gefaͤß thun / und Schei - dewaſſer druͤber gieſſen: dafern das Gold falſch iſt / fanget das Waſſer an zu ſieden / und wird ſo gruͤn wie das Gold; allein das iſt eine ſehr betruͤgliche Pro - be / denn geſetzt ſie nehmen 40. Guͤlden an Gold / in welchem der ſiebende / achte oder zehnte Theil falſch iſt / wuͤrden ſie in ihrem Waſſer eben dergleichen Ver - aͤnderung finden als wenn alles Gold falſch waͤre / iſt demnach dieſe Probe ſehr ungewiß / und laͤſſet ſich nicht gar bald thun wenn man im Gold kauffen be - griffen iſt. Soll man denn weil der zehnte Theil des Goldes falſch / daſſelbe gantz und gar nicht kauffen? nein keines Weges; ſo liederlich muß man die Gele - genheit nicht verſaͤumen. Sehet ihr demnach daß vor erwehnte Art viel beſſer und gewiſſer ſey / als wenn man lange Zeit erſtlich das Gold in Scheidewaſſer legen / hernach es wieder trucknen ſolle / welches die Mohren als gutes Gold habende / mit ſcheelen Augen anſehen wuͤrden.

Dieſes ſey genung von Golde ſelbſt. Was deſ - ſen Gewicht betrifft / iſt zu mercken / daß man mit Pfun - den / Marcken / Untzen und Eſterlin rechne. Jn Eu - ropa gehen 20. Eſterlin auf eine Untze / aber hier zu Lande nicht mehr als 16. Man rechnet auch mit Pe - ſos welches 4. Eſterleins / und mit Bendos, welches zwey Untzen ſind. Vier Bendos machen ein[]1. und zwey[]2. machen ein . und ein . belaͤufft ſich ohn - gefehr auff 660. Gulden. Zwar findet ſich zu weilenein113des Landes Gvinea. ein Unterſcheid darinnen / wenn nehmlich alles Gold nicht gleich gut / dahero auch in Europa der Preiß bald ſteiget bald abnimmet / dennoch aber rechnen / wir durchgehends 3. Marck fein Gold auf tauſend Guͤlden / und alſo vom uͤbrigen nach proportion. Auſſer allen itzt bemeldten Gewichtẽ findet ſich noch ein anders / deſſen man ſich bedienet in Bezahlung gerin - ger Sachen; es iſt eine Art kleiner Bohnen / davon die kleinſten roht mit ſchwartz untermenget ſind / und Dambas heiſſen / deren 24. auf einen Eſterlin gehen / und folglich eine jede ohngefehr 2. Stuͤver wehrt iſt; die andre aber ſind bisweilen ſchwerer / und weiß mit ſchwartz gezeichnet / bisweilen auch gantz ſchwartz / und heißen Tacoes, etwas mehr als 4. Stuͤver / welches aber von denen gewoͤhnlichen Dambas und Tacoes zu verſtehen iſt; denn es giebet noch andere / da ein Ta - coe zuweilen 10. zuweilen 20. Stuͤver ausmachet; allein ſie gehoͤren nicht unter das gewoͤhnliche Ge - wicht / ſondern nachdem ſich ein oder anderer derſel - ben bedienet den Nechſten zu betriegen. Es finden ſich auch Leute welche dafuͤr halten es haͤtten die Moh - ren kein ander Gewicht als von Holtz gemacht; allein dieſe guten Leute irren / zumahlen alle ihre Gewichte entweder aus Ertz oder Zinn beſtehen / ſo ſie ſelbſt ge - goſſen / und wiewol ſie die bey uns gewoͤhnliche Abthei - lungen nicht in acht nehmen / kommt es nichts deſto - weniger auf eines aus / und iſt ihre Rechnung allezeit richtig.

Nachdem ich nun von der Art und Weiſe gemel - det wie man das Gold findet / will ich diejenige / ſo ei - nigen Verſtand von Gold-Gruben haben / urtheilen laſſen / ob nicht viel Erde und mineraliſche SteineHver -114Beſchreibungverlohren gehen / aus welchen durch Huͤlffe einer ver - nuͤnfftigen Scheide-Kunſt / Gold koͤnnte hervor ge - bracht werden. Und nicht allein dieſes / ſondern ich zweiffle nicht / es bleibe ſelbſt noch viel feines Gold zu - ruͤck; denn die Mohren graben die Erde ohne Ver - ſtand / und ohne acht zu haben auf die in der Erden be - findliche Adern; dannenhero ich mir feſtiglich ein - bilde / im Fall die Europaͤer hieruͤber etwas zu befeh - len haͤtten / ſie einen ungleich groͤſſern Schatz daraus machen koͤnnten als die Mohren; allein ich glaube ſchwerlich daß es jemahls dazu kommen werde / muͤſ - ſen demnach damit zufrieden ſeyn / daß wir nur ſu - chen in unſern vorigen Stand zu gelangen / welches wenn es vernuͤnfftig angefangen / und kluͤglich gefuͤh - ret wuͤrde / an einem erwuͤnſchten Ausgang niemahls zu zweiffeln ſtuͤnde. Jch bleibe ꝛc.

Ende des ſechſten Briefes.

Siebendes Send-Schreiben.

Jn ſich haltend eine Rechnung vom Golde ſo jaͤhrlich aus dieſen Laͤndern ver - fuͤhret wird / wohin es gebracht werde / und wie dieſe Handlung getheilet ſey / imglei - chen was wir hiezu fuͤr Bediente beſtellet / wie ſie heiſſen / und was durchgehends fuͤr Bediente allhie befindlich; endlich zum Beſchluß eine Beſchreibung des Landes und des Rahts.

Mein115des Landes Gvinea.
Mein Herr!

JN meinem Letzteren habe ich Meldung gethan von den Laͤndern aus welchen das Gold herge - bracht wird / von der Art und Weiſe wie daſſelbe ge - funden / wie es ausſehe / wie und worinnen das falſche Gold von dem echten zu unterſcheiden ſey. Anitzo wird noͤthig ſeyn zu berichten / wie viel Gold in denen unterſchiedenen Laͤndern jaͤhrlich geſammlet / und in was unterſchiedene Oͤrter daſſelbe verfuͤhret werde. So darff ich demnach frey / ohne mich zu betriegen / verſichern / daß ſie nicht nur koͤnnen / ſondern wuͤrck - lich alle Jahr in Friedens-Zeiten ſieben tauſend Marck Gold geben. Jn Warheit eine merckwuͤrdige Sum - ma; allein weil ihre viele dazu gehoͤren / kan ein oder anderer nicht viel Nutzen davon haben. So viel mir wiſſend iſt / koͤnnte auf folgende Art die Ein - theilung geſchehen.

  • Nemlich[]3.
  • Fuͤr die Oſt-Jndiſche Compagnie 1500.
  • Fuͤr die Engliſche Compagnie 1200.
  • _ _ 2700.

Mit dieſer Summa koͤnnen auch beyde gar wol ver - gnuͤget ſeyn / weil ich gewiß weiß / daß ſie einige Jahr her nicht viel mehr bekommen haben / und vielleicht kaum die Helffte. Die Seelaͤndiſche nicht privile - girte Schiffe / nehmen jaͤhrlich ſo viel weg als unſerer Compagnie zugehoͤrig / nemlich 1500. Die Engliſche nicht privilegirte Schiffe 1000. Wiewol dieſe Letzteren zweymahl ſo viel in juͤngſten zwey oder drey Jahren empfangen haben.

H 2Die116Beſchreibung
  • Die Brandenburgiſche und Daͤhniſchen zuſammen in Friedens-Zeit ohngefehr 1000.
  • Die Portugieſen und Frantzoſen zuſammen we - nigſtens 800.
  • Summa 7000.

Die Letzteren ſage ich haben wenigſtens acht hun - dert[]4. bekommen / und ſolches nicht unbillig; denn die Portugieſen kommen hieher unter dem Fuͤrgeben ihre Waaren von America zu verkauffen / ſo in Bra - ſilien Taback und Branntewein aus Zucker gemacht / beſtehen / und haben wenigſtens eben ſo viel Waaren als die nicht beuhrlaubete Schiffe / derer ihre ſehr all - hier geſuchet werden: welches auch gar nicht zu ver - wundern / zumahlen ſie dieſelbe in Holland aufkauffen / und ihre Schiffe mit ſo viel Leuten als ſie noͤthig haben ausruͤſten / ja gar bisweilen von Hollaͤndiſchen Kauff - leuten ausgeſchicket ſind. Jnſonderheit haben die Nie - derlaͤndiſchen Juden groſſen Theil daran welche vom Koͤnig in Portugal gar leichtlich mit einem Paß ver - ſehen / und hier fuͤr aufrichtige Portugieſen ange - nommen werden. Jhr koͤnnet euch ſelbſt beſcheiden wie einem der Compagnie treulich Bedienten zu Muthe ſeyn muß / wenn er vermeynet einige Mohren im Lande mit einen guten Stuͤck Goldes angekommen zu ſeyn / in der Meynung ſelbiges bey uns abzuſetzen / denn aber ſo ein Portugieſiſch oder ander nicht pri - vilegirt Schiff dazwiſchen kommt / und fuͤr das aus ſeinen Waaren gemachte Geld / alles Gold / oder we - nigſtens denn meiſten Theil vor dem Munde hinweg nimmt / da wir den unſere Waaren auf dem Halſe be - halten / als ob ſie angeſtecket waͤren. Jch ſpreche ausEr -117des Landes Gvinea. Erfahrenheit / weil mir dergleichen Poſſen zu unter - ſchiedlichen mahlen geſpielet worden.

Zwar habe ich meine Rechnung vom Golde ſo von hier weggefuͤhret wird / etwas groß gemachet / nicht zweiffelnde es werde ſelbige von dieſer Sach Ver - ſtaͤndigen fuͤr richtig angenommen werden; allein andere / ſo davon keine Wiſſenſchafft / und in ſchlech - ten Zeiten ſich allhie aufgehalten haben / werden geden - cken ich ginge zu weit mit meiner Rechnung. Darum bitte ich / ſie wollen dieſelbige verbeſſern / bis - hero aber hat ſich noch keiner dazu verſtehen wollen / dannenhero ich eurer Sinnligkeit ein Genuͤgen zu thun / und eine der Warheit am nechſten beykommen - de aufzuſetzen nicht ermangeln wollen.

Belaͤufft ſich demnach nach meiner Meynung alles Gold ſo ins Land koͤmmt / und von hieraus anderwerts verfahren wird / auf zwey Millionen / dreymahl hun - dert tauſend Pfund / drey[]5. gegen tauſend Guͤlden zu rechnen. Allein es muß von guten Zeiten / wenn die Wege offen / und die Kauffleute ungehindert rei - ſen koͤnnen verſtanden werden. Denn in Krieges - Zeiten oder wenn die Mohren unter einander uneins ſind / kommt es nicht auf die Helffte / da denn die nicht privilegirten Schiffe trefflich ihren Vortheil in acht zu nehmen wiſſen. Geſetzt aber es zoͤge unſere Com - pagnie den fuͤnfften Theil / wuͤrde ſie dennoch in boͤ - ſen Zeiten wenig Nutzen davon haben; im Gegentheil noch anderwerts gemachte Gewinnſte mit hinein ſchieſſen. Dannenhero hoffe ich man werde in kurtzen ein oder ander dienliches Mittel ausſinnen / wie man den nicht privilegirten Schiffen ihren Handel legen koͤnne. Mich duͤncket man wuͤrde beſtens hiezu ge -H 3lan -118Beſchreibunglangen / wenn hieſelbſt ein gutes Regiment angeleget / und aus Holland keine andere Waaren als welche meiſtens abgehen hieher geſchicket wuͤrden. Dencket aber nicht mein Herr / daß ich mich hier in eine rechte Specificirung und eigentliche Benennung aller un - ſerer Handlung einlaſſen / worinn dieſelbige beſtehe / welche Waaren am meiſten geſuchet werden / wie ſie beſchaffen ſeyn muͤſſen / und welche anitzo nicht mehr abgehen wollen; keines Weges / denn dieſes muß kein treuer Bedienter thun / inſonderheit da mein Brief gar leicht in derer Haͤnde gerathen koͤnnte / welche die nicht beurlaubete Schiffe abfertigen / und alſo groſ - ſen Vortheil erwerben koͤnnten / angeſehen ſie ohne dem weit uͤberſchreiten das Recht und die Freyheit ſo der Weſt-Jndiſchen Compagnie vom Staat zu erkannt worden; daß ſie nemlich im gantzen Lande den Vor - zug vor allen andern haben ſoll; ohne daß ich oder ein ander Mittel und Wege zeigen darff / wie ſie vom Lande Gvinea eine gruͤndlichere Nachricht er - halten moͤgen. Dannenhero ſeyd mit obbeſagten zu - frieden / und glaubet nur daß man wol hundert funff - tzigerley Waaren noͤthig habe / um eine rechte Hand - lung allhie zu fuͤhren.

Jhr habet in meinem dritten Briefe geſehen / daß das Schloß S. George zu Elmina, der vornehmſte Ort des gantzen Landes ſey / wo der General, der vornehmſte Kauffmann / der Fiſcal und die uͤbrigen vornehmſten Bedienten ihren Auffenthalt haben. Vor eben dieſen Schloſſe landen auch alle unſere Schiffe aus Europa an / liegen vor Ancker und ent - laden ſich / wie wir denn hiezu unterſchiedliche ſehr ſchoͤne und groſſe Haͤuſer aufgebauet / darinnen ſiever -119des Landes Gvinea. verſchloſſen werden. Selbige hat der erſte Kauff - mann in ſeiner Aufſicht / und dienen inſonderheit da - zu / daß die uͤbrigen Veſtungen die uns zugehoͤren / mit dem benoͤthigten Waaren daraus koͤnnen verſe - hen werden. Bildet euch aber nicht ein / daß wir rechten Marckt halten / oder daß wir ſelbige zu ver - handeln anderwerts verſchicken. Keines Weges / denn die Mohren kommen taͤglich zu uns in die Ve - ſtung / und bringen uns Gold / welches gewogen und gereiniget wird / ehe ſie an deſſen Stelle andere Waa - ren bekommen / unſer Seits laſſen wir auch nichtes auſſer unſerm Kauff-Haus folgen / es ſey denn zuvor gekaufft und bezahlet / es waͤre denn daß unſer Ober - Kauffmann dieſelbige auf Borg austhun wolte; wel - ches doch ihn allein / und nicht die Compagnie betref - fen wuͤrde / als welcher man dergleichen Sachen nicht einbringen / viel weniger die gethane Verehrungen an die Mohren in Rechnung bringen kan. Son - dern hiezu hat die Compagnie gewiſſe Gelder an den Ober-Kauffman gegeben / welcher uͤber alle Waa - ren / Kauff und Verkauff zu befehlen hat. Dieſel - bige ſind zulaͤnglich genug nicht nur die Mohren zu beſchencken / ſondern auch druͤber ein ehrliches bey Seite zu legen / wannenhero ſie ſo viel ehrlicher und red - licher in Dienſten der Compagnie ſich betragen muͤſ - ſen. Es haben die Mohren weder Wagen noch Pfer - de oder andere Laſt-Thiere ihre gekauffte Waaren fort zu bringen; ſondern laſſen alles durch Menſchen tragen / in Anſehung deſſen ſie wol 150. Perſohnen noͤthig haben / wenn ſie fuͤr zwey oder drey tauſend Guͤlden Zinn / Ertz oder Kupfer von uns erkauffet. Jhr koͤnnet leichtlich gedencken / was dieſes fuͤr unbe -H 4ſchreib -120Beſchreibung. ſchreibliche Arbeit und Muͤhe gebe / wenn ſie biswei - len eine Reyſe von 8. Tagen mit dergleichen Laſt auf ihren Ruͤcken ablegen / und was noch mehr uͤber er - ſchreckliche Wege und grauſame Gebuͤrge / fortge - hen muͤſſen / und alſo den Gewinnſt den ſie daran ha - ben / ſauer genung verdienen. Zwar ſind dieſe ſo mit uns Handelung treiben / mehrentheils Sclaven / von ihren Herren zu dieſem Zweck abgefertiget / da denn derjenige / welchem das meiſte zugetrauet / und allbe - reit gute Proben von deſſen Redlichkeit eingenommen / der Oberſte iſt auf der gantzen Reyſe. Wannenhero wir dieſen nicht als einen Sclaven / ſondern groſſen und vornehmen Kauffmann anſehen / auch ihn auf allerhand Art und Weiſe zu gewinnen ſuchen / wohl wiſſende / daß ein ſolcher Sclave / dem von ſeinem Herrn ſo viel zu getrauet wird / die Freyheit habe ſeine Handlung an ſelbſt beliebigen Ort zu fuͤhren / entwe - der bey den Daͤhnen / Engellaͤndern / Brandenbur - giſchen / oder bey uns: daher wir auch viel mehr Ehr - Bezeugungen gegen ihn machen / als vielleicht wider ſeinen Herrn ſelbſt geſchehen wuͤrde.

Nachdem wir alſo erwehnet was die Mohren und wie ſie ihre Handlung fortſetzen / wird es ver - muthlich nicht undienlich ſeyn etwas von denen Be - dienten hinzu zu fuͤgen / welche unſer Seits daruͤber geſtellet / und von den unterſchiedlichen Stuffen derer hie gewoͤhnlichen Ehren-Stellen. Jch will hoffen es werde euch dieſes ſo viel angenehmer ſeyn / weil ihr hieraus ſehen koͤnnet / wo zu euer Vetter noch einmahl gelangen kan / im Fall er ſich wohl haͤlt.

Erſtlich ſind die Soldaten mit ihren Officierern / aus welchen vor dieſem die Geſchickteſten ausgeſuchetwur -121des Landes Gvinea. wurden / und der Compagnie als Beyſitzere dienen muſten / entweder bey den Buchhaltungen / oder bey dem Verkauff ſelbſt / wannenhero auch einige unter ihnen / inſonderheit aber der uns beyden wohl Bekand - te die Gelegenheit gehabt ſich vor andern hervor zu thun / und faſt bis auf die hoͤchſte Ehren-Stelle zu ſchwingen. Allein itzo iſt dieſes ein Jahr 10. oder 12. gaͤntzlich abgeſchaffet worden; denn unſere Oberher - ren haben ſolches aufs ſtrengſte verboten / ſehende / daß nicht nur gantz ungeſchickte Leute / ſondern auch gantz nicht dazu gehoͤrige / ja ſelbſt die groͤſten Truncken - bolden dazu erwehlet worden / und haben zu gleicher Zeit eine Verordnung gemachet / daß man ſie zu Cor - porales, Serganten oder Ober-Officierer befoͤrdern ſolle / damit ſie in ihrer Profeſſion bleiben / und zu den daſelbſt vorfallenden Ehren-Stellen erhoben werden koͤnnten; ein gleiches haben ſie auch fuͤr die Schiffleute daß ſie nemlich auf ihren Schiffen Beforderung ha - ben ſolten / verordnet. Angeſehen ein ſolcher Bey - ſitzer oder Aſſiſtent mit der Zeit ein General uͤber das gantze Land werden kan.

Jedoch iſt dergleichen Aſſiſtenten Bedienung die geringſte unter allen / ſowol Buchhaltern als Kauff - leuten ſelbſt. Seine monatliche Beſoldung belaͤufft ſich auf 16. Pfund und 4. Thlr. (Flaͤmiſche Reichs - thaler / jeden zu 50. Stuͤver gerechnet) ſo ihm zu ſei - nem Unterhalt gereichet wird. Die erſte Beforde - rung ſo er zu hoffen hat / iſt der Unter-Commiſſarius oder Unter-Kauffmann / welcher 24. fl. monatlich ge - nieſſet / und den Empfang des Goldes ſo er im Nah - men der Compagnie angenommen / dem Ober - Kauffmann als Oberſten in der gantzen HandlungH 5be -122Beſchreibungberechnen muß / welcher hernach eben dergleichen der Compagnie vorlegen muß / zu Elmina aber werden insgemein die Buͤcher gehalten / auch iſt da - ſelbſt noch ein Proviant-Meiſter / welcher allerhand fluͤßige Waaren / als Wein / Bier / Brantewein / imgleichen allerhand Eß-Waaren / als Speck / geſal - tzen Fleiſch / Erbſen / Bohnen / ꝛc. in ſeiner Verwah - rung halten / und ſie zu verkauffen ſuchen muß. So bald nun der Ober - oder auch einander Kauffmann mercket / daß ſein Unter-Commiſſarius, oder Pro - viant-Meiſter etwas liederlich umgehe / muß er darinn genaueres Einſehen halten; denn ſonſten iſt er ſchul - dig alles dasjenige zu bezahlen was jene verzehret ha - ben. Und ſind noch keine 4. Jahr verfloſſen / daß wir nicht ein Exempel davon geſehen / zumahlen einer von meinen Mit-Bruͤdern / den ihr gar wohl kennet / muſte auf ſolche Weiſe bey nahe 8000. Gulden ſo zu ſa - gen fuͤr nichtes bezahlen / muß demnach ein Kauff - mann welcher ſolche Leute unter ſich hat / ſehr vorſich - tig ſeyn / dafern er nicht in kurtzer Zeit zum verdorbe - nen Mann werden will. Zwar kan er das Seinige wieder fordern von dem der es verſchwendet / allein was wird er zu hoffen haben / wenn derſelbe keine Guͤ - ter in Europa hat / welches etwas ſeltenes iſt von die - ſen Herren; denn ich glaube nicht daß jemand der Guͤter genung haͤtte in Holland zu leben / hier zu Lan - de ſolte wohnen kommen; uͤberdem auch nicht zu ver - muhten ſtehet / daß ihre Eltern in Europa die gemach - ten Schulden bezahlen werden. Jſt dannenhero ſolchem betrogenen Kauffmann nichtes mehr uͤbrig / als daß er ſeinen Betruͤger dem Gericht uͤbergebe zu gebuͤhrender Straffe gezogen zu werden; gleichwolbe -123des Landes Gvinea. bekommt er hiemit ſeine Gelder nicht wieder / daß dem - nach das ſicherſte Mittel iſt / ſich fuͤr ſolchen Leuten wohl in acht zunehmen / und dieſelbige gleich Anfangs im Zaum zu halten.

Aus dieſen Unter-Commiſſariis werden die aͤlte - ſten und beqvemeſten ausgeſuchet / und zu Ober-Com - miſſarien oder Kauffleute von dem erſten Range ge - macht / welche in unſern Veſtungen die Auffſicht uͤber die Handlung fuͤhren / derer ihre monatliche Beſol - dung ſich auf 36. . belaͤufft / ohngerechnet der 4. Thaler / welche ihn fuͤr ein oder 2. Geſinde zu halten / und andere acht Thaler / welche ihm in die Kuͤche ge - ſchencket werden; uͤberdem haben ſie ein gewiſſes Ac - cidens bey aller Handlung / wie oben allbereits er - wehnet.

So bald nun die Stelle des Ober-Commiſſarii zu Mouree oder Cormantin ledig wird / muͤſſen aus obbeſagten Kauffleuten die Geſchickteſten und Ver - ſtaͤndigſten erwaͤhlet werden / dieſelbige zubekleiden / alsdenn vermehret ſich ihre monatliche Beſoldung bis 80. . doch mit dem Beding / daß die Herren Di - rectores in die vom Raht getroffene Wahl mit ein - willigen / denn dieſe haben ſich inſonderheit bey der Compagnie voraus behalten / uͤber dergleichen Ehren - Stellen zu diſponiren / eben wie uͤber die vornehmſte Kauffmañs-Stelle zu Elmina, oder welches eben daſ - ſelbe iſt / uͤber die zweyte Ehren-Stelle daſigen gantzen Landes / deſſen Beſitzer monatlich 100. Gulden zu ge - nieſſen hat. Hieruͤber haben ſich die Herren Directores vorbehalten / nach Gutbefinden zu erkennen / angeſe - hen bey dieſen Ehren-Aͤmptern gleicher Gewinnſt mit den andern Kauffleuten zu machen iſt / (ausgenommendaß124Beſchreibungdaß der andern Perſohn Generals-Tafel gehalten / und auf jeden Bedienten 4. Thaler gegeben werden /) ſo daß im Fall der General oder die andere Perſohn ab - leibig wuͤrde / aus der Compagnie ihre Stellen mit ge - ſchickten Leuten auf die man ſich verlaſſen kan / muͤſſen bekleidet werden; daß auch der Ober-Kauffmann zu Elmina, wenn er dergleichen Ampt zwey oder drey Jahr ruͤhmlich gefuͤhret / und das Gluͤck ihm nicht zu - wider liſt / er gar leichtlich General-Director vom gantzen Lande / und allem dazu gehoͤrigen Gebiete / werden koͤnne / da er monatlich 300. Gulden Beſol - dung / und daruͤber einen groſſen Gewinnſt von allem Handel was der Compagnie angehet machen kan; ſo in Warheit ein Ehrliches austraͤget / wenn die Handlung ſtarck getrieben wird.

Vor zwey Jahren hatten die Ober-Commiſſarii noch den Sclaven Handel an ſich von Fida und Ar - dra, ſo daß ſie ein Ehrliches dabey gewinnen konten / und bisweilen mehr als am Golde / davon ſie allein ohnmoͤglich leben konnten; denn es war die Handlung daſelbſt nicht ſehr ſtarck / und gleichwol muſten ſie ihrem Ampte gebuͤhrend ſich auffuͤhren / dahero ſie ohne den Sclaven Handel nicht wohl haͤtten zu kommen koͤnnen: allein wie es uͤberall boͤſe Leute giebet / ſo fanden ſich auch hier welche / ſo denen Herren Directores einredeten / es bereicherten ſich die Commiſſarii mit dem Scla - ven Handel / wodurch ihnen derſelbige wieder entzo - gen / und den Schiffs-Capitainen anvertrauet wor - den. Nun wird es die Zeit geben / ob die Compa - gnie hieran wohl gethan habe. Jch / dafern meine Meynung guͤltig iſt / glaube ſicherlich daß nichts gu - tes zu hoffen ſtehe / angeſehen dieſe Leute zwar wiſſen /wie125des Landes Gvinea. wie mit den Matroſen und ihrem Schiff-Volck / nicht aber den Mohren umzugehen / viel weniger zu handeln ſey / inſonderheit weil es uͤberdem noch unterſchiedli - che ungehoͤbelte Leute unter ihnen giebet / welche in Vergleichung gegen andere Nationes, ſo Hand - lungs halber hieher kommen / auch viel hoͤfflicher und belebter ſeyn / ich meyne die Engellaͤnder / Frantzoſen und andere / das Anſehen von unſerer Compagnie ſehr verringern doͤrffen. Koͤnnte demnach leicht ge - ſchehen / daß dieſe Veraͤnderung nicht viel gutes nach ſich zoͤge; allein man muß der Sache ihren Lauff laſſen / und das beſte hoffen. Auſſerhalb dieſen ſo in der Handlung ihrer Bedienung vorſtehen / oder welche das Gold von den Mohren erhandeln / ſind noch andere Bediente / davon anitzo Meldung geſchehen ſoll.

Und zwar erſtens iſt der Fiſcal, welcher monatlich 50. . Beſoldung / eines General-Tafel und 4. Thl. fuͤr ſeinen Bedienten bekommt. Zwar iſt deſſen Sold nicht eben allzu groß wie ihr ſehet / allein die Ge - winſte die er machen kan / wenn er wachſam iſt / ſind ſo viel beſſer; denn ſo bald die Mohren / oder auch die Europaͤer zum Nachtheil der Compagnie etwas Gold oder andere Waaren verhandeln / wird daſſelbe confiſciret / davon der Fiſcal den dritten Theil ziehet / imgleichen von der Geld-Straffe ſo die Europaͤer er - legen muͤſſen / wenn ſie verbotene Handlung getrie - ben. Uberdem hat er den dritten Theil von allem was der Compagnie-Bediente als Straffe abtragen muͤſſen / im Fall ſie eines oder andern Verſehens ſchuldig erkennet werden; denn dieſe werden nicht nur am Leibe geſtraffet von dem General-Director unduͤbri -126Beſchreibungbrigen Raͤhten / ſondern muͤſſen uͤberdem ihrer gehoͤ - rigen Beſoldung entbehren.

Nach dem Fiſcal folget der gemeine oder Ober - Buchhalter / welcher uͤber den gantzen Handel der Compagnie Buͤcher fuͤhret; ſeine Beſoldung ſo er monatlich zu genieſſen / belaͤufft ſich auf 70. . 4. Thlr. fuͤr ſein Geſinde / und Generals-Tiſch oder 12. Thlr. in die Kuͤche. Gemeiniglich hat er einen unter ſich / den Unter-Buchhalter genannt / welcher monatlich 30. fl. ziehet / und zwey Aſſiſtenten zu Gehuͤlffen hat.

Nach dieſem kommt der Buchhalter von der Guar - niſon, deſſen Nahme zur Gnuͤge anzeiget was ſeine Profeſſion ſey; als Unter-Commiſſarius hat er mo - natlich 24. . und als Commiſſarius 36. . ohne was er noch ſonſten machet von derer Verſtorbenen Guͤter / welche er im Ausruff an den meiſt-bietenden verkauffet / und von jeden hundert 5. fuͤr ſich behaͤlt; insgemein ſind ihm zwey Gehuͤlffen zugeſellet. Bis - weilen iſt auch ein Secretarius da / welcher monatlich 50. . zu genieſſen / und drey bis vier Aſſiſtenten hat / zu meiner Zeit aber iſt nur ein Unter-Secretarius mit einigen Aſſiſtenten da geweſen.

Die letzte und veraͤchtlichſte Bedienung iſt des Un - ter-Fiſcals, welcher gemeiniglich Auditeur genen - net wird / aber mit allem Recht den Nahmen eines Anbringers fuͤhren kan / ſeine monatliche Beſoldung beſtehet in 20. . und dem zehnten Theil von allen con - fiſcirten Guͤtern. Er iſt bey aller Welt ſehr verhaßt / dannenhero man ihn ſo viel anſehnlicher zu machen / die Ober-Stelle uͤber den Unter-Commiſſarius zu - erkennet hat / wie ebenfalls der Fiſcal, deſſen Bedie - nung auch nicht viel Liebe bey den Eingeſeſſenen zuwege127des Landes Gvinea. wege bringet / uͤber alle Commiſſarios die Range hat / ja ſelbſt die zweyte Perſohn ihm weichen muß / ohngeachtet daß deren ihre Bedienung ungleich wich - tiger und beſſer iſt / angeſehen bey Ableiben des Gene - rals, die zweyte Perſohn / niemahls aber der Fiſcal im Ampte ihm folget / auch ſelbſt die Commiſſarios von Moureë und Cormantin bey dergleichen Vorfaͤllen / ſich muß vorziehen laſſen.

Was die Geiſtlichkeit angehet / iſt nur ein Predi - ger und Vorleſer / der Erſte genieſſet monatlich 100. und der Letztere 20. Gulden / uͤberdem hat der Prie - ſter 4. Thaler fuͤr ſeinen Diener / und des Generals Tiſch / wenn er will. Jhr ſehet hieraus mein Herr wie reichlich die Herren Geiſtlichen von uns belohnet werden / vielleicht moͤchtet ihr gedencken / als lebeten wir wie unheilige und ungezaͤumte Leute / allein laut gewiſſer Ordnung / muͤſſen wir taͤglich im GOttes - Hauſe uns einfinden / dafern wir nicht in eine Geld - Straffe vom halben Thaler / oder einem gantzen ver - fallen wollen / wenn wir nemlich Sontags und Don - nerſtags den Gottesdienſt verſaͤumen. Zwar glaube ich zur Antwort zu hoͤren / es ſey dieſes ein gezwunge - ner und folglich aus keinem auffrichtigen Hertzen ent - ſtehender Gottesdienſt; was ſoll ich ſagen? ich muß mit euch geſtehen / daß der meiſte Theil aus Zwang ſolches thue.

Dieſes ſind nun alle Bedienungen / ſo wir hier zu Lande zu verſehen haben / ausgenommen den Solda - ten und Arbeitsleuten / welche in nachgeſetzter Ord - nung auf einander folgen.

  • Ein General-Director.
  • Ein Bedienter zu nechſt dem General.
Ein128Beſchreibung
  • Ein Fiſcal,
  • Ein Ober-Kauffmann /
  • Zwey oder drey Ober-Commiſſarii.
  • Unter dieſen letzten dreyen wird in Holland ein Un - terſcheid gemacht / wiewol eigentlich zu reden keiner darunter iſt.
  • Sieben oder 8. Commiſſarien,
  • Neun oder 10. Unter-Commiſſarien,
  • Achtzehn oder 20. Aſſiſtenten /
  • Dieſe Zahl iſt nicht allezeit gleich / bisweilen ſind ih - rer mehr / bisweilen auch weniger.
  • Ein Proviant-Meiſter /
  • Ein General-Buchhalter /
  • Ein Unter-Buchhalter /
  • Ein Guarniſons-Buchhalter /
  • Ein Secretarius, oder Unter-Secretarius,
  • Ein Vorleſer.
  • Ein Auditeur oder Unter-Fiſcal

Daß demnach im gantzen Lande nicht mehr als 60. Bedienten anzutreffen deren dritter Theil aus Aſſiſtenten beſtehet / woraus zu erſehen / daß alle diejeni - gen ſo unter dem Titul eines Aſſiſtenten allhie ankom - men / ſehr leichtlich zu wichtigen und mercklichen Eh - ren-Aͤmptern gezogen werden koͤnnen / im Fall ſie ih - res Amptes recht abwarten. Verhoffentlich werde ich an anderem Ort beſſere Gelegenheit finden von eines oder andern Betragen und Auffuͤhren von dieſen Herren / zu ſprechen / wie ſie ſuchen allezeit hoͤher zu ſteigen. Jch will anitzo ſchlieſſen / und nur dieſes hin - zuſetzen / von welchen das Land beherrſchet werde.

Dieſer iſt inſonderheit der General-Director, welcher das Regiment uͤber das gantze Land in Haͤn -den129des Landes Gvinea. den hat / von dem die uͤbrigen Commendanten in Ve - ſtungen alle Befehle einholen muͤſſen / welchen dieſel - bige in allen Stuͤcken nachkommen / auch nichtes Wichtiges ohne ſein Vorwiſſen und Bewilligung unternehmen muͤſſen. Was nun Sachen von hoͤch - ſter Wichtigkeit ſeyn / die muͤſſen fuͤr den Raht / aus folgenden Perſohnen beſtehend / kommen.

  • Ein General-Director,
  • Ein Fiſcal, (dafern es keine Hals Sachen ſeyn.)
  • Ober-Kauffleute /
  • Ein Faͤhndrich /
  • Bisweilen kommt auch der General-Buchhalter dazu.

Dieſes ſind die gewoͤhnlich und ordentliche Rahts - herren. Die Commiſſarien aber aus denen Ve - ſtungen ſind die auſſerordentliche Herren des Rahts.

Ein jeder unter ihnen mag in oͤffentlicher Zuſam - menkunfft ſeine Meynung frey heraus ſagen / mit der Bedingung / daß er vorher bedencke / wie weit der Ge - neral-Director uͤber ihn zu gebieten habe / und ſich wohl vorſehe dem General keines Weges mit Ver - werffung deſſen Vorſchlaͤgen / ſich zu widerſetzen / und alſo ſeine Ungunſt auff den Hals zu ziehen. Dieſes glaube ich haben ſie vor meiner Ankunfft ſehr genau in acht genommen / ſo daß ſelten oder niemahls etwas wider die Meynung des Generals vorgenommen worden; zumahlen es billig iſt / daß man fuͤr ſeine Oberherren allezeit ſo viel Beſcheidenheit uͤbrig halte. Und weil auch ein jeder unter ihnen ſeine vollkommene Rechnung fande / meynten ſie nicht noͤthig zu haben / ge - nau zu unterſuchen / ob es der Compagnie vor - oder nachtheilig waͤre / genung daß ſie friedlich und mit gu -Jten130Beſchreibungten Profit von einander kamen / welchen ſie auf andere Art haͤtten entbehren muͤſſen. Dafern auch die Liebe von ſich ſelbſt anfaͤnget / glaube ich / ſie koͤnnen noch entſchuldiget werden / daß ſie eben ſo boͤſe nicht gehan - delt / noch weniger fuͤrchte ich etwas verſehen zu haben / wenn ich im Raht an Statt daß ich meine Meynung haͤtte auſſagen ſollen / gantz ſtillgeſchwiegen habe / ohn - geachtet ich gantz widrigen Sinnes geweſen. Offter - mahls habe ich hertzlich lachen muͤſſen / wenn man uns in Europa den Nahmen eines Rahts vom Nord und Suͤndlichen Theil Africæ, beyleget; denn in War - heit dieſer Titul iſt ungereimt genung / und kan bis dato mich des Lachens nicht enthalten / wenn ſich Leute ſowol hier als in Europa einbilden / daß wir hier einen rechten regulirten Raht haben / und nichtes ohne all - gemeine gepflogene Rahtnehmung oder Bewilligung vorgenommen werde. Jn Warheit alle dieſe als auch ihr mein Herr dafern ihr ſolches glaubet / betrieget euch ſehr / und ſo ihr die rechte Beſchreibung von un - ſerm Raht verlanget / wie weit er dieſen Nahmen ver - diene / ſo ſtellet euch einen General-Director vor / wel - cher uͤber alle Landes Einwohner vom Kleinſten bis zum Groͤſten zu gebieten hat / welcher auch nach eige - nem Belieben allen ſo unter ihm ſind Schaden genung zufuͤgen kan / ohngeachtet es wider Recht und Gerech - tigkeit iſt / er kan ſie ab und wieder in ihre Bedienung einſetzen / ohne einige Urſache ihres Verfahrens hin - zu zuthun. Dergleichen Director nun / ſo bald er in den Raht kommt und eine Sache vortraͤget / die er gerne nach ſeiner allbereit gefaßten Meynung bewil - liget und geſchloſſen haben will / findet niemand der ihm widerſprechen darff / weil nemlich ein jederweiß131des Landes Gvinea. weiß / es wuͤrde ihm uͤbel gehen / im Fall er von andern in ſeinem Ausſpruch nicht unterſtuͤtzet wuͤrde / dar - auff er ſich doch nicht verlaſſen kan; demnach ſtimmen ſie lieber mit bey / als daß ſie ſich in Ungluͤck ſtuͤrtzen; inſonderheit weil auch die Compagnie hievon keinen Nutzen zu hoffen haͤtte / angeſehen doch einige des Ge - nerals Parthey halten wuͤrden / und alſo dieſer zu ſei - nem Zweck zu gelangen nichtes unterlaſſen wuͤrde. Soltet ihr aber fragen; zu was Ende denn ein Raht ſich verſammle / wenn der Director alles nach eige - nem Gutduͤncken verrichtet / ſo mercket folgende drey Urſachen. Die erſte iſt dieſe / weil eine Compagnie es alſo geordnet und gutbefunden hat / nicht vermu - thend / daß die Herren Directores wuͤrden zu weit greiffen. Die andere iſt dieſe / damit man in Hals-Sa - chen / und gerichtlichen Leibes-Straffen erkennen moͤge / was Rechtens ſey / und was fuͤr eine Art des Todes dem Schuldigen anzuthun ſey / denn wenig - ſtens muß das Todes Urtheil vom Raht geſprochen ſeyn / damit keine Himmel-ſchreyende Ungerechtigkeit gehandhabet werde. Die letzte iſt dieſe / damit der Di - rector nicht allein die Verantwortung habe / wenn etwan die geſchloſſenen Sachen / welche unter die Lan - des Regierung gehoͤren / ungluͤcklich lieffen / ſondern allezeit zu ſeiner Entſchuldigung vorwenden koͤnne / es haͤtte es ein Raht alſo und nicht anders bewilliget / da dennoch ihre Hertzens Meynungen und aͤuſſerlichen Worte ſehr weit von einander unterſchieden ſeyn.

Kurtz und mit einem Wort / es iſt der Raht zu nichts anders dienlich / als das Verbrechen der Dire - ctores gut zu machen / und ihn von der Verantwor - tung einer ungluͤcklichen Sache zu entledigen; dan -J 2nen -132Beſchreibungnenhero kan die Compagnie unter ſolcher Verwal - tung des Generals mit ihren Sachen niemahls weit kommen / darum zweiffle ich nicht / es werden die Her - ren Directores inskuͤnfftige ſeine Macht in etwas beſchneiden / auch ausdruͤckliche Verordnung ma - chen / daß er auf die Verſammlung eines ſitzenden Rahts mehr geben / und deſſen eingenommenen Raht - ſchlaͤgen mehrere Folge als bishero leiſten moͤge. Da - fern auch die Herren von der Compagnie durch oͤf - fentliche Patenten oder andere Art ſolche Macht ei - nem Raht ertheileten / iſt gewiß kein Zweiffel es wuͤr - de in kuͤrtzer Zeit ein wohl eingerichtetes Regiment im gantzen Lande ſich eraͤugnen / auch alle Sachen mit groͤſſerer Klugheit und Gerechtigkeit verwaltet / beſſeren und gluͤcklichern Fortgang gewinnen.

Alſo habet ihr die Beſchreibung von dem ſo be - ruͤhmten Raht des Landes Gvinea; Solte es wol moͤglich ſeyn / daß ihr ein Glied davon abzugeben Verlangen tragen koͤnnet? ich kan mir ſolches nicht einbilden. Was mich anbelanget / wolte ich dieſer Ehre williglich entbehren / damit ich ſo viel mehr Freyheit haben koͤnnte zu bezeugen / daß ich in der That bin ꝛc.

Ende des ſiebenden Briefes.

Achtes Send-Schreiben.

Jn welchen gehandelt wird von der ungeſunden Lufft dieſes Landes / und was nach Meynung des Autoris hievon die Ur - ſach ſey / imgleichen vom groſſen Unter -ſcheid133des Landes Gvinea. ſcheid ſo ſich in Vergleichung itziger und verwichenen Zeiten daſelbſt findet; end - lich von einigen erſchrecklichen Donner - ſchlaͤgen / und dadurch verurſach - ten groſſen Schaden.

Mein Herr!

NAch dem ich meinen letzten Brieff welchen mir die Ehre genommen an euch zu ſchreiben / zugeſiegelt / glaubte ich daß das Schiff / welches denſelben euch uͤberbringen ſolte / ſelbigen Abends abreiſen ſolte / allein weil es noch bis heute ſich verweilet / und anitzo nicht viel zu verrichten habe / will ich dieſen Tag zu Fort - ſetzung deſſen / was ich noch von dieſem Lande euch zu melden habe / anwenden.

Es lieget das Land Gvinea ohngefehr 5. Grad von Nordlicher Breite; dannenhero es uͤber die maſ - ſen warm iſt / wiewol bisweilen die Hitze ſo gar groß nicht iſt / als es die meiſten Leute ſich einbilden; es iſt nemlich ein allgemeiner Fehler / daß die Sache im - mer groͤſſer gemachet wird als ſie in der That iſt. Alle diejenige / ſo einige Jahr nebſt mir allhie zuge - bracht / werden geſtehen muͤſſen / daß im October, November, December, Januarius, Februarius und Martius die groͤſte Hitze ſich finde / nachgehends aber im uͤbrigen 6. Monaten ſelbige gar gemachlich und leicht zu ertragen ſey; ja bisweilen wie ich ſolches ſelbſt empfunden / ſo kalt / daß wir uns gar nicht geſcheu - et eben ſo nahe an das Feuer zu ruͤcken / als in Eu - ropa mitten im October oder November; uͤber dem auch des Abends und gegen die Nacht ziemlichJ 3friſch134Beſchreibungfriſch iſt / ſo daß diejenige welche ein neun oder zehen Jahr hieſiges Brodt gegeſſen / und ein wenig weniger Fleiſch auf den Rippen haben / als man in Holland gewohnet iſt / ſich uͤber ſehr beſchwerliche oder uner - traͤgliche Hitze zu beklagen nicht Urſach finden werden.

Dieſes machet wie mich duͤncket / daß hieſige Lufft ſo ungeſund ſey / weil nemlich auf die Tages Hitze eine ſo kuͤhle Abend - oder Nacht-Lufft folget / und durch dieſe ſchleunige Abwechſelung in dem menſchlichen Leibe gantz widrige Bewegung verurſachet / inſonderheit wenn wir uns nicht angewehnen beſſer die Hitze als Kaͤlte zu vertragen / oder zu fruͤhe entbloͤſſen um uns zu erkuͤhlen.

Die zweyte Urſach welche die Ungeſundheit der Lufft verurſachet / und ich fuͤr die vornehmſte halte / ſind die im Lande haͤuffigen Gebuͤrge / zwiſchen wel - che alle Morgen ein dicker ſtinckender Nebel ſo gantz ſchweffelicht riechet / aufgehet / inſonderheit bey ſump - fichten Oͤrtern / oder nahe bey den kleinen Fluͤſſen. Dieſer Nebel breitet ſich / und faͤllet ſo ſtarck auf die Erde / daß man nohtwendig damit angeſtecket wer - den muß / bevoraus wenn man noch nuͤchtern und der Leib ſo viel beqvemer allerhand boͤſe Ausduͤnſtungen einzuziehen / es haͤlt derſelbige gantzer 6. Monat an / ſo wir Winter nennen / ſonderlich aber im Julio und Auguſto, in welchen viel mehr Kranckheiten regieren als im Sommer. Was das meiſte iſt / ſo kommt noch von der Mohren gewoͤhlichen Unſauberkeit ein ſo greßlicher Geſtanck dazu / theils von ihren Fiſchen die 5. oder 6. Tage faulen muͤſſen ehe ſie die Mohren eſſen theils auch von dem unentbehrlichen Behuff / ſo ſie / rund um ihre Haͤuſer im gantzen Dorffe ma -chen.135des Landes Gvinea. chen. Alle dergleichen boͤſer Geſtanck / muß nohtwen - dig ungemeine viele Kranckheiten erregen / ſo / daß weder diejenigen / ſo allbereit einige Zeit im Lande ge - weſen / noch auch die fremde hereinkommende ſich da - fuͤr in acht nehmen koͤnnen; die erſteren wegen Schwachheit des Leibes / und die letzteren wegen der groſſen Veraͤnderung / ſo ſie zwiſchen Europa und dieſem Lande finden. Dannenhero ſiehet man dieſe bald bey ihrer Ankunfft in ſchwere Kranckheiten ver - fallen / die ſich mit dem Tode endigen / inſonderheit da ſie nach hieſiger Landes Art uͤbele Verpflegung fin - den; denn die Artzneyen ſind durchgehends verdor - ben / und die Wund-Artzte verſtehen nicht viel / ſo daß ein Krancker in immer waͤhrender Gefahr niederlie - gen muß; und obwol die Natur ſtarck genung waͤre ihre Wuͤrckungen zu thun / im Fall man derſelbigen mit guten Artzneyen und Lebens-Mitteln zu Huͤlffe kaͤme / allein ſo kan dieſes nicht geſchehen / denn (wie geſagt) die Artzneyen taugen nicht / und die gewoͤhn - liche Speiſen geringer Leute beſtehen in Fiſchwerck oder mageren duͤrren Huͤhnern / inſonderheit wenn es am Gelde mangelt etwas beſſeres zurichten zu laſſen; und geſetzt auch man haͤtte Geldes genung / wuͤrde dennoch nichts zu bekommen ſeyn was einem Kran - cken dienlich iſt; die Kuͤhe / Schaffe und Huͤhner ſind ungewoͤhnlich mager / folglich auch deren Fleiſch ſehr hart und trucken / ſo daß ein geſunder Magen genug daran zu verdauen hat. An Kraͤuter-Suppen / wel - che zunechſt den Medicamenten die beſten Speiſen ſind / fuͤr Krancke / als welchen leichte und verdauli - che Koſt am geſundeſten iſt / fehlet es auch; zwar ha - ben der General-Director und andere vornehmeJ 4Be -136BeſchreibungBediente hieran keinen Mangel / allein das iſt bloß fuͤr ihre Perſon.

Es haben mir unterſchiedliche behaupten wollen / es waͤren einige hier zu Lande Lebende ſelbſt Schuld daran wenn ſie in ſchwere Kranckheiten verfielen / und koͤnnten ſolche durch eine wohl eingerichtete Lebens - art / weder dem Eſſen noch Trincken zu viel zu thun / gar leichtlich abgewendet werden; allein die Erfah - rung lehret es anders / zumahlen auch dieſe Leute wel - che in erdencklicher Moͤglichkeit ſich in acht nehmen / und einer accurater Lebensart folgen / dennoch vom Tode / viel weniger Kranckheiten nicht verſchonet bleiben. Jedoch aber will ich nicht gaͤntzlich leugnen / daß nicht einige Perſohnen ihres eigenen Ungluͤcks Schmiede ſeynd / dieſes will ich nur / daß man von ei - nigen wenigen nicht uͤber Haupt einen Schluß ma - che; von einigen iſts mehr als zu wahr / und dafern ſie ſich mehr ſchonen oder in geziemender Nuͤchtern - heit leben wuͤrden / haͤtte man menſchlicher Weiſe zu reden / von ſo vielen Krancken und Sterbenden nicht zu hoͤren / als leyder itzo jaͤhrlich ſich finden. So bald ha - ben die geringen Leute ihre Beſoldung nicht in Haͤnden / (im Fall es nicht ſchon vorhero verzehret iſt) ſo muß das Geld an Brant - oder Palmenwein angeleget werden / welches in Warheit beydes ein ſchaͤdliches Getraͤnck iſt wenn man deſſen zuviel genieſſet / bis ſie nicht einen Heller uͤbrig behalten / dafuͤr ſie Eſſen kauffen koͤnnen / ſondern mit Brodt / Oͤhl / Saltz / und bisweilen ein wenig Fiſchen vergnuͤgt ſeyn muͤſſen / und dahero ohnmoͤglich ſolche Leute eine beſtaͤndige Geſundheit ſich verſprechen koͤnnen. Sehet wie die gemeinen Leute leben / zu wuͤnſche waͤre es / daß dieje -nige137des Landes Gvinea. nige / ſo in hoͤheren Bedienungen ſtehen / auch nicht dergleichen Uppigkeiten ausuͤbeten / allein auch unter dieſen iſt das ſtarcke Trincken ſehr gewoͤhnlich / und ſcheinet daß je mehr Beſoldung ſie haben / je mehr Durſt ſie empfinden; ſo daß ſie zuweilen ſchmal beiſ - ſen muͤſſen / wider ihren eigenen Willen / in ſonderheit wenn ſie ſo gluͤcklich nicht ſeyn / daß einer oder der an - der auf die bevorſtehende Beſoldung / oder auf ihren anderwertigen Gewinn / oder auch auf gegebene Ver - ſicherungen / es ſolte die Zahlung in Holland von ih - ren Anverwandten erfolgen / ihnen einen Vorſchuß thut. Dahero kommt es / daß dieſe gute Herren / weil die Schulden ſich taͤglich mehren / allmaͤhlig zu ihren Untergang eilen / auch endlich dem Trunck ſo ergeben / daß ſie hernach auf keinerley Weiſe davon abzubringen ſind. Was das aller aͤrgſte iſt / bleiben ſie nicht nur bey dem uͤbermaͤßigen Sauffen / ſon - dern gerathen auch zu dem Weiber-Volck / wobey ſie vollends all ihr Gluͤck / Geſundheit und endlich das Leben verlieren. Jn ſo weit iſt es gut / daß ſie fuͤr ihre Nachfolger Platz machen; denn wenn hier die Leute ſo alt wuͤrden als in Europa, muͤſten ihrer viele lange Gedult haben / ehe ſie zu einem Ehren-Amt gelangen koͤnnten / ohne welches ſich doch wenige Schaͤtze in Gvinea ſammlen laſſen; angeſehen nur die vornehmſte Bedienten Gelegenheit haben etwas zuſammen zu bringen / doch aber bey weiten nicht ſo viel als von den meiſten dafuͤr gehalten wird / verſi - chert es iſt uns nicht zu verdencken / wenn wir den we - nigen Profit ſo wir machen vor uns behalten / indem wir ſolchen theuer genung mit Aufſetzung unſerer Ge - ſundheit des edelſten Schatzes verdienen muͤſſen.

J 5Da -138Beſchreibung

Damit ich aber auf meine vorige Rede komme / ſo giebet es Leute / welche zwiſchen einen und dem andern Ort groſſen Unterſcheid finden / das iſt / daß ſie eine Gegend viel geſunder halten als die andere. Nun kan ſolches nicht geleugnet werden / dafern man der - gleichen Oͤrter dadurch verſtehet allwo ein kuͤhler fri - ſcher Wind anzutreffen / wo auch dergleichen Ge - ſtanck von denen Mohren nicht erreget wird / denn dieſe werden die geſundeſte ſeyn / und in ſolcher Ab - ſicht haben Boutry und Zaconde fuͤr allen andern den Vorzug.

Ob nun zwar wie gemeldet / das gantze Land ſehr ungeſund iſt / giebet es dennoch unter den Landes Ein - gebohrnen wenig Krancke / welches nicht zu verwun - dern / indem ſie darinnen erzogen und gebohren / und alſo den Geſtanck der Lufft gewohnet / ſo viel fuͤglicher ertragen koͤnnen. Gleichwol ſind ſie zweyerley Zu - faͤllen / als Kinderblattern und Wuͤrmen / mehr als die Europaͤer unterworffen. An dem erſten ſterben vor 13. oder 14. Jahren viele tauſend von Menſchen / der letzteren aber findet ſich in allen Theilen des Lei - bes / inſonderheit aber in den Beinen. Es iſt eine un - beſchreibliche Plage / welche gantze Monate lang waͤhret / auch nicht eher auffhoͤret / bis der Wurm gaͤntzlich heraus iſt. Mercket aber / wie ihn diejenige ſo einige Erfahrung davon haben / heraus zu ziehen wiſſen. So bald der Wurm aus dem Eyter hervor kommt / ſo gemeiniglich zuerſt mit dem Kopffe zu ge - ſchehen pfleget) ſuchen ſie ihn feſt zu halten / und lang - ſam aus dem Loch heraus zu ziehen / alsdenn binden ſie ihn an ein klein Stuͤcklein Holtz / welches ſie taͤglich umdrehen / damit er allmaͤhlig heraus kommen moͤge:ſelbi -139des Landes Gvinea. ſelbiges thun ſie ſo lange / bis der Wurm gaͤntzlich aus - gezogen / und nunmehro alles Schmertzens entohni - get ſeyn. Dafern es aber geſchiehet / daß ſie zu ſtarck ziehen und den Wurm in Stuͤcken reiſſen / faͤnget der Schmertz von neuen an / weil das zuruͤck gebliebene Theil im Leibe anfaͤnget zu faulen / und hie oder da ſtinckende faule Eyter verurſachet. Dieſes iſt alſo das groͤſte Ungemach aller Mohren / wiewol die Weiſſen auch nicht gaͤntzlich davon frey ſeyn / wie ich denn einige geſehen / die 9. bis 10. Wuͤrmer auf ein - mahl und unertraͤgliche Schmertzen hatten. Herr - ſchet demnach dieſe Kranckheit uͤbers gantze Land / in - ſonderheit auch unſere Leute zu Cormantin und A - pim, ohne Zweiffel wegen des boͤſen Waſſers / wel - ches ſie daſelbſt brauchen muͤſſen. Dafern ihr aber zu wiſſen begehret wie groß dieſe Wuͤrmer ſeynd / doͤrf - fet ihr nur im Buch des Herrn Focqvenbrogh leſen / allwo er von Gvinea redend / alſo ſchreibet / daß es nemlich ein Land iſt allwo die Erd-Wuͤrmer in Ehlen oder Piquen Laͤnge die Menſchen bey lebendigem Leibe zerfreſſen ohne zu warten bis ſie todt ſeyn. Die Schwartzen des Landes Ante, haben inſonderheit die - ſes Ungemach an dem heimlichen Ort / ſo ſie einem gewiſſen Palmwein den ſie trincken und bey uns Cri - ſia genennet wird beymeſſen wollen.

Jnſonderheit ſind auch hieſige Einwohner zu be - klagen / wenn ſie etwan im Kriege verwundet werden / alsdenn haben ſie keine andere Huͤlffs-Mittel uͤbrig / als etwan gruͤne Kraͤuter welche ſie in Waſſer kochen und auf die Wunde legen. Zwar befinden ſich eini - ge recht wohl darauf / angeſehen ſelbige von ungemei - ner Wuͤrckung ſeyn / allein andere / ſo entweder keineWiſ -140BeſchreibungWiſſenſchafft von den Kraͤutern oder ihren rechten Gebrauch haben / empfinden nicht die geringſte Lin - derung / im Gegentheil groſſe Schmertzen / die Wun - de wird tieffer / und macht oͤffters / daß ſie ihre gantze Lebens-Zeit uͤber in Ungeſundheit zubringen muͤſſen. Eben ſo gehet es auch mit den Venus-Kranckheiten / da denn diejenigen / welche in unſern Veſtungen woh - nen weit gluͤcklicher ſind / und fuͤr ein anſehnlich Stuͤck Geldes von unſern Wund-Aͤrtzten koͤnnen curiret werden.

Auſſer dieſem Ungemach giebet es geſunde Leute unter den Mohren / wiewol ſie gar ſelten hohe Jahre erreichen / davon nicht fuͤglich eine zulaͤngliche Urſa - che zugeben iſt; Man ſiehet auch viele graue Koͤpffe allhie / welche das Anſehen eines hohen Alters haben / und dennoch nichtes weniger ſind; davon ich glaube dieſes eine Urſach zu ſeyn / weil ſie das Weiber-Volck zu ſehr lieben / und dadurch ihre Kraͤffte und Staͤrcke verſpillen / daß wenn ſie im 50. Jahr (welches bey ih - nen ein hohes Alter iſt /) von einer Kranckheit uͤber - fallen werden / gemeiniglich mit dem Tode bezahlen muͤſſen; erſchrecklich iſt es / daß auch die Kinder zu ſol - cher Wolluſt ſich verſtehen / und dahero wenig oder gar keine ehrliche Maͤgdelein unter ihnen anzutreffen.

Anitzo muß ich etwas melden vom Winter und Sommer / oder von der boͤſen und guten Zeit wie es hier genennet wird. Das meiſte was mich hiezu verurſachet / iſt die merckliche Veraͤnderung ſo ich ſeit 10. Jahren darinnen verſpuͤret. Der Sommer ge - het bey nahe allhier an / wenn in Europa der Herbſt anfaͤnget / und dauret 6. Monat lang / bey deſſen En - digung der Winter eben ſo lange waͤhret / deſſen erſtezwey141des Landes Gvinea. zwey Monaten / lauter Nebel / die andre zwey lauter Regen / die letzte zwey lauter Wind bringen. Allein hierinn faͤllet von Jahr zu Jahr groſſe Veraͤnderung fuͤr / daß unſere Rechnung offtermahls falſch wird / angeſehen zuweilen der Sommer einen Monat fruͤ - her anfaͤnget / das ander Jahr der Nebel oder Regen ein Monat ſpaͤter koͤmmt als gewoͤhnlich / und ſo mit dem uͤbrigen / dergeſtalt / daß man nunmehro kei - nen Grund oder gewiſſe Rechnung darauf ſtellen koͤnne.

Zuerſt als ich in dieſe Laͤnder ankam / hielten die Jahres-Zeiten ihre richtige Ordnung / der Sommer fing zu gebuͤhrender Zeit an / und der Winter imglei - chen / und dieſe zwey Jahres Abwechſelungen waren auch dazumahl viel hefftiger als heute zu Tage. Es regnete dazumahl viele Tage nach einander ſo gewalt - ſam / daß man vor Uberſchwemmung des gantzen Landes und einer zweyten Waſſerſucht beſorget war; allein heute zu Tage fallen dergleichen ſtarcke Regen nicht mehr / obwol (welches zu mercken) zu Axim es mehr als an einem Ort im Lande regnet / ohngeachtet es nur ohngefehr 20. Meilen Abend werts von Elmina lieget. Jch verwunderte mich nicht wenig / als man mich nach Axim ſendete / und den lang anhaltenden ſtarcken Regen anſehen / auch nach Befragung eines ſicheren Unter-Officiers wie lang ſolche Regen pfleg - ten anzuhalten / zur Antwort hoͤren muſte / gemeinig - lich eilff Monat und 28. Tage / folglich nur alle 4. Jahr nemlich im Schalt-Jahr nur ein guter Tag zu hoffen waͤre. Ob nun zwar dieſe Antwort ziemlich erweitert / iſts dennoch gewiß / daß hieſelbſt wenigſtens ein halb Jahr Regen / und deswegen daſige Fruͤchteausge -142Beſchreibung. ausgenommen der Reiß und die Baum-Fruͤchte / we - gen groſſer Naͤſſe niemahls wohlgerahten.

Das iſt nur zu verwundern / das die Ungewitter oder Travados wie ſie allhie genennet werden / anitzo bey weiten nicht ſo hefftig / auch nicht ſo oͤffters als vor dieſem ſich einfinden. Nur allein vom Wind und Donner zu gedencken / kan in dem Buch des Herrn Focqvenbrogh nachgeſehen werden / wie erſchreck - liche Sturmwinde es bey ſeiner Zeit gegeben / und wie ſelbige ſo ſchleunig entſtanden / daß die Schiffleute niemahls alle ihre Seegel aufziehen doͤrffen / aus Beyſorge von dem Winde uͤberfallen / entweder an eine Klippe oder den Strand verſchlagen zu werden. Anitzo aber hat es damit keine Noht; denn ob gleich zuwellen ein oder ander ſtarckes Ungewitter mit Don - ner / Blitz und Sturm einfaͤllet / entſtehet es doch ſo gar eilends nicht / und hat auch die ſonſt gewoͤhnlichen Kraͤffte nicht / ſo daß man fuͤr ſehr nachdruͤcklichen Schaden keine Sorge noͤthig hat.

Jch habe ehemahls in einer alten Schrifft von dem Hrn. Director Valkenburg geleſen / daß im Jahr 1651. ein ſo unbeſchreibliches Ungewitter zu Elmina geweſen / mit ſo gewaltſamen Donnerſchlaͤgen / daß einjeder voll Schreckens das Ende der Welt herbey gekommen zu ſeyn gemeynet. Es zerſchmetterte nem - lich dieſer Donner und zerſchmeltzete alles Silber und Gold / ohne Verletzung derer Saͤcke in welchen es verborgen war / und zerſchmiſſe die Degen in denen Scheiden / ohne einige Verſehrung dieſen zu zufuͤgen; und was dergleichen ſeltſame Begenheiten mehr wa - ren / welche ich nicht leſen koͤnnen / indem das Papier von den Wuͤrmern halb verzehret / gleichwol ſiehet mandaß143des Landes Gvinea. daß ſie vor dem Pulver ſehr beſorget / und aus Furcht und Schrecken gantz beſtuͤrtzt geweſen.

Ohngefehr im 1691. Jahr donnerte es im Lande von Ante erſchrecklich ſtarck / da ich eben zu Boutry war. Mehr als tauſend Baͤume waren aus der Erden herausgeriſſen / oder durch den Blitz ver - brandt; unſer Fahnen-Stock wurde das oberſte zu un - terſt umgekehret / und in viele Stuͤcke zerbrochen / es blieb derſelbe gantz aufrecht uͤber der Erde ſtehen / und hat man geſaget / daß man zwey hundert Keile brau - chen muͤſſen ihn von einander zu ſpalten. Es bilde - ten ſich die Mohren ein / wie es auch dergleichen thoͤ - richte Leute unter uns giebet / daß die Gewalt des Don - nerſchlags in einem gewiſſen Steine beſtehe / ſo als - denn herunterfaͤlt / dahero brachten uns jene ſo bald das Gewitter ſich geleget / einen Stein zu beſehen / von welchem ſie unſeren Fahnen-Balcken zerſchmet - tert zu ſeyn urtheileten; ich fande ihn eben ſo als un - ſere in ſolchen Gedancken ſtehende Leute ihn zu beſchrei - ben pflegen; allein niemand wird mich dieſes vermit - telſt natuͤrlichen Gruͤnden uͤberreden koͤnnen / daß ein ſchlechter Stein dergleichen entſetzliche Wuͤrckungen zu thun die Krafft haben koͤnne / als ich in der That vom Donner geſehen habe / uͤber dem dencke ich nicht dahin verbunden zu ſeyn / daß ich glauben muͤſſe es ſey etwas uͤber natuͤrliches / lieber will ich glauben es ſey ein Effect vom Winde / welcher mit einer unbe - ſchreiblichen Hefftigkeit durch die Wolcken dringet; wiewol ich dieſe Sache zu entſcheiden denen Herren Naturkuͤndigern uͤberlaſſen will.

Eben dergleichen wiederfuhr bald darauff einem unſerer Compagnie zuſtaͤndigem Schiff welchesun -144Beſchreibungunweit Axim kreutzete / und ſein groſſer Maſt und Boegſpriet durch einen Donnerſchlag ſehr beſchaͤdi - get wurde.

Jm Jahr 1694. ſchlug das Wetter zu Corman - tin in eines Kauffmanns Stube / daß alle daſelbſt be - findliche Glaͤſer in Stuͤcken ſprungen / und ſein klei - nes Kind (welches was ſeltſames iſt /) mit dem Bet - te in die Hoͤhe gehoben / und einige Schritte weg ge - tragen wurde / wiewol ohne die geringſte Beſchaͤdi - gung. Sollet ihr nun mein Herr wol glauben koͤn - nen / daß ein Stein ſolche ungemeine Wuͤrckungen zu wege bringen koͤnnen? mich anbelangend / halte ich ſolches fuͤr gantz unmuͤglich.

Kurtz hierauf ſchlug das Wetter in die Engliſche Veſtung zu Acra / und zerſchmetterte mit ſolcher Ge - walt deren Mauren / daß es bis an die Thuͤr der Pulver-Kammer hindurch drang / und daſelbſt eini - ge zinnerne Schalen in einen Klumpen zerſchmel - tzete: ihr koͤnnet euch leichtlich einbilden / wie groß das Schrecken geweſen / als man das Wetter ſo nahe bey dem Pulver geſehen.

Als ich noch zu Mouree an der Regierung war / donnerte es ſo ſtarck / daß ein Thurm in der Mitten etliche Fuͤſſe lang geſpalten wurde / wodurch mein Conſtapel an dem Arm eine Verrenckung bekahme / ohne ſonſt einige Verletzung. Jch muß geſtehen / daß mir damahls nicht gar wohl zu Muhte war / denn ich hatte kurtz vorher bey nahe drey tauſend . Pulver auf den Boden bringen laſſen / in dem Abſe - hen / daß ich die haͤuftigen Loͤcher im Pulver Thurm wolte zumachen laſſen / nun war bey dieſem grauſa - men entſtehenden Wetter / gedachter Boden nur mitſchlech -145des Landes Gvinea. ſchlechten einfachen Dachſteinen gedecket / konnte mich deswegen nicht eher zufrieden geben / bis daß ſelbiges in ſichere Verwahrung gebracht wurde / denn zuvor war ich in groſſen Aͤngſten.

Jhr ſehet mein Herr aus itzt bemeldtem / was vor dieſem fuͤr Zeiten geweſen / und wie anitzo dieſelbige ſich veraͤndert haben; angeſehen es ſcheinet / als haͤt - ten dergleichen Gewitter gaͤntzlich aufgehoͤret / wenig - ſtens iſt es in drey bis 4. Jahren nicht zu mercken ge - weſen.

So iſt auch ein ſehr groſſer Unterſcheid zwiſchen der heutigen Kaͤlte und Hitze / gegen die vorige Zei - ten; vor dieſem war die Hitze ſo ſtarck / daß es ſchiene als haͤtten wir continuirliche Hunds-Tage ſo wie in Europa, itzund aber hat dieſelbige ſehr abgenommen / und iſt die meiſte Zeit gantz ertraͤglich. Ebenfalls war auch die Kaͤlte ſo hefftig in vorigen Zeiten / inſonder - heit des Nachtes / daß wir uns einbildeten / es friere; wenigſtens das Erdreich / wenn uns ſelbiges vom Thau ſo zur Nachtzeit gefallen und wieder abgetrocknet war / gantz weiß ſchiene. Ja ich habe von einigen die vor meiner Zeit ſich allhie auffgehalten / daß wenn ſie des Morgens auf ihr Schreib-Contor gekommen die Tinte gefroren geweſen; doch kan ich ſolches fuͤr gantz gewiß nicht ſagen / weil ichs nemlich nur vom hoͤren - ſagen habe.

Dieſes aber iſt unſtreitig / daß wir allhie ſo kalte Naͤchte gehabt / daß wir fuͤr Froſt gebebet haben / und (wie allbereit erwehnet) mit den Herbſt Naͤchten in Europa gar wol zu vergleichen ſeyn. Jn Warheit in der boͤſen oder Winters Zeit iſt es recht kalt / doch bey weiten nicht ſo als wie vor dieſem / dagegen aberKſo146Beſchreibungſo viel laͤnger / indem wir anitzo zwey drittel Theil des Jahrs Winter oder wenigſtens Herbſt haben. Wo - mit ich ſchlieſſe und bleibe ꝛc.

Ende des achten Briefes.

Neuntes Send-Schreiben.

Jn welchen die Natur und Sitten der Mohren im gantzen Lande Gvinea, beſchrieben werden / wie betruͤgeriſch / faul und ſorgloß ſie leben; ihre Kleidnng: Er - ziehung derer Kinder / und gewoͤhnliche Be - gruͤſſung; mit was Hoͤflligkeit ſie denen be - gegnen / von welchen ſie beſuchet werden; wie die Vornehmen einander beſuchen / was ihre Arbeit ſey / und worinnen ſie be - ſtehe / ihre Schifferey / Fiſchfang / Ackerbau; die unterſchiedliche Sprachen / die Edel - leute / und Unterſcheid der Staͤnde ſo ſich unter ihnen findet; wie unordentlich ſie ihre Veſtungen anlegen / und die Wege ſo unſauber halten; was ſie fuͤr muſicaliſche Inſtrumente brauchen; was ihre Bettler fuͤr unverſchaͤmte Leute / ſo doch keiner Al - moſen benoͤthiget ſind. Endlich eine Be - ſchreibung von denen / ſo von einem Euro - paͤer und Jndianerin / oder um Geld erzeuget worden.

Mein147des Landes Gvinea.
Mein Herr!

JCh habe euren Brieff vom 24. richtig em - pfangen / und deſſen Jnhalt zur Gnuͤge verſtan - den; allein die itzige materie ſo ich in gegenwaͤrtigem zu ſchreiben habe / iſt ſo weitlaͤufftig / daß die verlangte Antwort auf beqveme Zeit ausſetzen muß / da ich ver - ſpreche mit eheſter Gelegenheit dieſelbige zu beſchleu - nigen.

Jtzo habe mir vorgenommen von der Natur und Sitten derer in dieſem Lande gebohrnen Schwartzen zu handeln. Damit nun ſolches in richtiger Ord - nung geſchehe / werdet ihr mir nicht vor uͤbel halten / wenn ich etwas weitlaͤufftig ſeyn / auch unterſchiedli - che Sachen zuſammen abhandeln werde / weil ich mir einbilde / es koͤnne nicht fuͤglicher oder mit eurem groͤſ - ſerem Vergnuͤgen verrichtet werden.

So will ich demnach hiemit den Anfang machen / und ſagen daß hieſige Leute die Mohren oder Schwar - tzen nach ihrer Farbe genennet / durchgehends ſehr be - truͤgeriſch ſeynd / ſo daß ihnen gar nicht zu trauen / ſin - temahlen ſie nicht gerne eine Gelegenheit aus den Haͤn - den laſſen / wenn ſelbige einen Europaͤer oder ſich ſelbſt unter einander betruͤgen koͤnnen; Glaubet mir / es iſt etwas ſeltſames / einen treuen Menſchen unter ihnen anzutreffen / ſofern aber noch einige ſeynd / erſtrecket ſich ihre Redlichkeit nicht weiter / als gegen ihre Herren / deſſen Brodt ſie eſſen; denn ſo man ihre Lebensart ge - nau unterſuchet / wird ſich in Vergleich gegen andere ihr betruͤgeriſches Hertz gar bald hervorthun: Kurtz es ſcheinet ſie ſeynd bloß und allein hiezu gebohren / in - dem ſie von Kindheit auf nichtes anders als Betruͤge -K 2rey -148Beſchreibungreyen ſehen und hoͤren / wodurch ſie bey ihnen ſo tieff einwurtzeln / daß ſie hernach die gantze Lebens Zeit uͤber unmoͤglich dieſelbe unterlaſſen koͤnnen / ſondern als ein noͤthiges Ubel ihnen ſtets anhaͤnget. Worinnen ſie vollkommlich mit den Moſcowitern uͤbereinkommen / und alſo von dieſen letzten zu einem lebendigen Abriß dienen koͤnnen. Uber dem ſind ſie uͤber alle maſſen faul und traͤge / auch niemahls ohne Zwang zur Arbeit zu bringen / ſonſt aber ohne Sorge / und um ihre Sachen ſo wenig bekuͤmmert / daß man gar nicht abnehmen koͤnne ob ſie gluͤcklich oder ungluͤcklich lauffen; denn zum Exempel / wenn ſie zu Felde eine Schlacht gewon - nen / kommen ſie mit Springen und Tantzen zuruͤck; und mit eben ſo freudigem Muht wenn ſie brave Schlaͤge geholet / und die Flucht zu ergreiffen gezwun - gen worden. Es iſt ihnen gleich viel / ob ſie einem Feſte oder Begraͤbniß beywohnen; kurtz ſie ſind einerley hu - meur in Gluͤck und Ungluͤck / bloß daß der gantze Unter - ſcheid in Veraͤnderung ihrer Kleidung und Haaren (davon unten etwas folgen ſoll) beſtehe. Niemahls habe ich was artigers geleſen / worinnen dieſe ihre Sit - ten deutlicher abgebildet werden / als die Reime ſo in Hollaͤndiſcher Sprach auf dem Kupfferſtuͤck des Herrn Focqvenbrogs ſtehen / davon inſonderheit die letztern am ſinnreichſten das natuͤrliche Weſen de - rer Mohren vorſtellen:

Aan de andere kant ſiet ghy een Moorſe
ronde dans,
Een dodelik geſpuys van Frouwen en van
Mans,
Di149des Landes Gvinea.
Die ſig niet kreunen met de droeve brand
van Troyen
t mag branden al wat will, ſy ſingen, ſprin -
gen, poyen.
En weeten van geen druk ſy weeten van
geen nood,
Maar ſpeelen tot haar graf en danſen tot
haar dood.

Welches ſo viel ſagen will / es mag ihnen allerhand Widerwertigkeit zuſtoſſen / unterlaſſen ſie darum nicht mit Singen / Springen / Tantzen und allerhand Lu - ſtigkeiten ſich zu ergetzen: ſie fuͤrchten ſich fuͤr keinem Leyd / fuͤr keinem Elende / ſondern ſpielen und ſind froͤ - lig bis ins Grab / und tantzen bis in ihren Tod. Jn Warheit nichtes ſo ſich beſſer auff dieſe Leute ſchickte. Zwar iſts nicht zu leugnen / daß ſie taͤglich ihre Sorge ſeyn laſſen etwas Geld zu ſammlen / allein ſie laſſen es ſich keinen groſſen Ernſt ſeyn / kehren ſich auch wenig daran / ob ſie eine anſehnliche Summa verliehren / denn ihnen deßfalls nichtes anzuſehen iſt / und deswegen nicht weniger ruhig ſchlaffen / nicht anders als unver - nuͤnfftige Thiere / ſo bald ſie nemlich nur das Bett er - reichet / ohne daß ſie ſich das geringſte ſtoͤhren laſſen. Daß demnach niemand gefunden werde / ſo nicht die - ſer Lehre in allen Stuͤcken nachkommt: Sorget nicht fuͤr den andern Morgen.

Was die jungen Leute betrifft / ſind ſie inſonderheit ſehr hoffaͤrtig und wollen fuͤr groſſe vornehme Herren angeſehen ſeyn / ohngeachtet ſie zuweilen nichts als Sclaven ſeynd; ihre Kleidung iſt durchgehends ſehr ſeltſam wie aus folgenden erhellet.

Das Haupt zieren ſie an unterſchiedlichen Oͤrtern /K 3eini -150Beſchreibungeinige tragen die Haare zierlich in Buckel geſchlagen und auff dem Kopffe zuſammen gebunden / andere kraͤuſen ihre Haare / reiben ſie mit Ohle und Farbe ein / und machen es rundt um das Haupt in Geſtalt einer Roſen ſeſt; bisweilen legen ſie einige Fetichen von Gold / oder eine gewiſſe Art Corallen dazwiſchen / wel - che wir Conte de terra nennen / und bisweilen vier - mahl koſtbahrer ſind als Gold: ſie haben noch eine an - dere Art von blauen Corallen / welche wir Agries, die Mohren aber Acorri nennen / und mit dem Gold Ge - wicht verkauffen wenn ſie etwas groß ſind. Sie tra - gen auch ſehr gerne ſolche Huͤte als die unſrigen / und bezahlen ſie deswegen williglich ſehr theur / um ihre Arme / Beine und den gantzen Leib tragen ſie zur Zie - rath vieles Gold oder Corallen. Jhr gewoͤhnlicher Habit beſtehet aus 3. bis 4. Ehlen Stoffen Gezeuch / entweder Sammet / Seyden / Tuch oder anderem Stoffe / einige unter ihnen haben wol funffzigerley Art. Dergleichen Kleider nun bey uns Paan genennet / wickeln ſie rund um den Leib / und laſſen es vom Na - bel bis halb auf die Beine herunter haͤngen. An ihren Armen tragen ſie auch Ringe von Elffenbein ſehr zier - lich gemachet / bis weilen auch von Gold oder Silber; um den Hals haben ſie unterſchiedliche guͤldne Kragen / imgleichen von itzt gemeldten unterſchiedlichen Arten von Corallen / und zwar ſo koſtbar / daß eine wie ich ſolches ſelbſt geſehen / mehr als tauſend Pfund wehrt iſt. Und dieſes ſind die koͤſtliche Geſchmeide / da die - jenige ſo ſich damit nicht ſehen laſſen fuͤr geringe und ſchlechte Leute gehalten werden.

So praͤchtig aber dieſe junge Leute oder Manceos, ſo ehrbar ſind die Laboceros oder Alten / denn dieſewollen151des Landes Gvinea. wollen lieber fuͤr Arme als Reiche angeſehen ſeyn / davon die Urſach unten folgen ſoll / und ſind damit vergnuͤget / wenn ſie einen guten Paan oder Rock / ei - ne Muͤtze von Hirſchfell / mit einer Kette oder Kragen von Corallen um den Hals haben / nebſt einen langen Stock in der Hand / wie die Jſraeliten / und dieſes iſt alle ihr Zierath womit ſie auff gezogen kommen.

Die gemeinen Leute / als Bauren / Fiſcher und der - gleichen mehr / gehen ſchlecht gekleidet / einige brauchen nur zwey Ehlen ſchlechten Stoff zu ihrer gantzen Klei - dung / andere tragen nur einen Band ihre Scham zu bedecken ausgenommen / daß die Fiſcher-Leute bis - weilen noch einige Hirſchfellen Muͤtze oder von Bin - ſen auff den Kopff haben / wiewol der meiſte Theil ſich eine alte Muͤtze von den Matroſen pſleget anzu - ſchaffen / die ſie in Kaͤlt und Hitze / Winter und Sommer brauchen. Unter der Weibes Kleidung findet ſich eben wie in Europa viel mehr Eitelkeit als in der Maͤnner ihrer / denn auch hier die Frauens - Leute mehr als die Manns-Leute ſich zu bruͤſten wiſ - ſen; wenn ſie ihre Haare ſehr zierlich in Buckeln ſchlagen / und mit Gold Fetichen oder Corallen / bis - weilen gar Elephanten Schwaͤntzen auszieren. Um den Hals koſtbare guͤldne oder Corallen Ketten tra - gen / ohne 10. oder 12. kleine weiſſe Kragen / welche von conte de terra und Gold ſehr zierlich gemachet / haͤuffig an den Armen / Beinen und rund um den Leib von ihnen getragen werden. Vom Guͤrtel bis unten zu haben ſie einen Paan, bisweilen zwey oder dreymahl ſo lang als der Maͤnner ihr / welchen ſie mit einem Band von rohtem Tuch / oder auch andrem Stoffe / in der Laͤnge von zwey Ehlen / und BreiteK 4von152Beſchreibungvon einer halben Ehle feſt machen / ſo daß die zwey En - de uͤber den Paan herunter hangen. Diejenige aber welche noch hoͤhern Standes ſeynd / laſſen eine ſilber oder guͤldene Spitze anſetzen / und machen ſich ſo viel mehr Anſehens. Den Ober-Leib bedecken ſie mit eineer Scherpe von Seide oder anderem ſchoͤnen Stoffe / ihre Arme ſtecken ſie voller Ringe von Gold / Silber / Elffenbein und dergleichen mehr.

Nachdem wir alſo von der Maͤnner und Frauen ihrer Kleidung gemeldet / wollen wir auch anſehen wie ſie ihre Kinder erziehen. Was die Maͤnner angehet / bekuͤmmern ſie ſich gantz und gar nicht deswegen / und die Weiber ſehr wenig. Zwar ſaͤugen ſie ſelbige bis ins dritte Jahr / darnach aber wenn ſie fort kommen koͤnnen / moͤgen ſie auſſerhalb dem Hauſe hingehen wo es ihnen gefaͤlt; wenn ſie Hunger haben / gibt ihnen die Mutter ein Stuͤck trucken Brodt und ſchicket ſie da mit fort / da ſie nach eigenem Gefallen / ja gar an die See gehen moͤgen / um ſich im Schwimmen zu uͤben / ohne daß weder Vater noch Mutter die geringſte Sorge darum traͤget. Dafern eure Liebſte mein Herr / oder ander Hollaͤndiſches Frauenzimmer / wel - ches nicht felten von ihren Kindern rechte Abgoͤtter machet / hieher kommen ſolten / wuͤrden ſie etliche hun - dert von Kindern zwiſchen 4. und 6. Jahren gantz na - ckend am Strande herum lauffen ſehen / welche mit ihren trucken Stuͤck Brodt weit vergnuͤgter leben / als alle unſrige Kinder bey den groͤſten Leckereyen. Jhre Muͤtter dencken an kein Ungluͤck / und verrichten ihre Haus-Sachen ohne die geringſte Sorge. Wir aber koͤnnen nicht ruhen / wenn unſere Kinder kaum uͤber die Schwelle gehen / allezeit uns einbildend / es moͤchteihnen153des Landes Gvinea. ihnen allerley Ungluͤck zuſtoſſen; hier aber gehen ſie taͤglich gantz alleine ohne einigen Menſchen bey ſich zu haben / der auf ſie Acht gebe / und gleichwol ſiehet und hoͤret man von keinem Ungluͤck. So iſts auch ſehr ge - maͤchlich fuͤr die Manns-Leute wenn ihre Frauen ins Kind-Bette kommen / dann bey weiten hier nicht die Gewonheit iſt / daß ſie ſo lange das Bette huͤten muͤſ - ſen / vielweniger groſſe Unkoſten thun doͤrffen in Ga - ſtereyen oder anderwertigem Uberfluß. Jch kam ein - ſtens bey einem Mohren / deſſen Frau in Kindes-Noͤ - then arbeitete; da hoͤrete man nicht das geringſte Kla - gen / Schreyen oder Weinen / ſelbſt in den groͤſten Schmertzen / wiewol es hoͤchſtens nur eine Viertel - ſtunde gewaͤhret / ſondern gleich Nachmittag noch ſel - bigen Tages ſahe ich eben dieſe Frau albereit nach dem Strande gehen um ſich zu waſchen / und an nichtes weniger zu gedencken als an ihre ausgeſtandene Ge - buhrts-Schmertzen. Zwar geſchiehet es auch bis - weilen / daß ſie einige Tage zu Bette liegen muͤſſen / und ſehr kranck ſind / wiewol ſehr ſelten. Ach was wuͤrde dieſe Gewonheit denen Hollaͤndern zu ſtatten kommen / wenn ſie nicht groͤſſere Unkoſten noͤthig haͤtten; allein ich will ſchweigen / um dem Hollaͤndiſchen Frauen - zimmer nicht zu nahe zu kommen / als welches mir ein - ſtens gute Dienſte erzeigen koͤnnte / ſondern nur dieſes ſagen / daß man hier zu Lande von der groſſen Zuruͤ - ſtung bey denen Kindern / nemlich Windeln / Baͤnden und andern mehr / nichts wiſſe / und gleichwol ihre Kinder eben ſo geſund ſeynd als die Unſrige / ohne daß ſie bisweilen groſſe ausſtehende Nabels haben / wel - ches doch von den Muͤttern leichtlich koͤnnte verhuͤtet werden.

K 5So154Beſchreibung

So bald das Kind gebohrẽ / wird der Prieſter geho - let / den man hier Feticheer oder Confoe nennet / ſel - biger bindet dem Kinde alſobald um den Hals / die Ar - me und Beine / unterſchiedliche Schnuͤre von Coral - len und anderen Poſſen mehr / welche er zuvor mit ih - ren gewoͤhnlichen Teuffels-Beſchwerungen geheili - get / dadurch das Kind wie ſie meynen von allerhand Kranckheiten und traurigen Zufaͤllen frey bleibet. Jn Warheit ich glaube ſelbſt / daß dieſe Beſchwerun - gen ſo kraͤfftig ſeyn / als wenn ſie der Pabſt von Rom ſelbſt geſaget haͤtte / ihr koͤnnet hieraus abnehmen was fuͤr Gewalt hieſige Geiſtliche uͤber die unſaubern Gei - ſter beſitzen. Sonſten dienen dergleichen Schnuͤre denen Kindern an Statt ihrer Kleidung bis ins ſieben - de oder achte Jahr / als denn ihnen eine Ehle oder hal - be Ehle gegeben wird / damit ſie ſich recht kleiden moͤgen.

Dafern der Vater ein Fiſcher oder Handwercks - mann iſt / lehret er ſeinem Sohn (wann es anders ei - ner iſt / und Luſt dazu) das Handwerck was er ſelbſt kan; denn weil jener gleich im Anfang ſeiner Jugend fuͤr ſich ſelbſt ſorgen muß / ſtehet es ihm frey nach eige - nem Gefallen dieſes oder jenes Handwerck zu ergreif - fen / ohne daß Vater und Mutter dawider ſprechen doͤrffen /

Jhr habet allbereit vernommen wie vergnuͤget der Mohren Kinder ſind mit ein wenig Brodt / ſo und nicht anders halten ſie auch Haus / wenn ihre Jahre zunehmen / ja man koͤnnte ſie eher einer allzu groſſen Nuͤchterheit als Uberfluſſes beſchuldigen / denn ſie taͤg - lich mit zwey Stuͤver zukommen koͤnnen: ihr gewoͤhn - liches Fleiſch iſt ein Topff Milhio oder geſcheelte Ger -ſten155des Landes Gvinea. ſten / welches ſie kochen und an Statt Brodts eſſen / im Fall ſie aber kein Milhio haben / nehmen ſie Jam - mes oder Pattates, gieſſen etwas Palmen-Oͤhl oder gekochte Kraͤuter Suppe druͤber / und genieſſen daſ - ſelbe mit ein wenig ſtinckenden Fiſch / gleichwol bil - den ſie ſich ein alsdenn eine vortreffliche Mahlzeit ge - halten zu haben / denn die meiſte Zeit haben ſie weder Fiſche noch Kraͤuter; Ochſen / Schaaff oder Huͤner - fleiſch / kauffen ſie niemahls es ſey denn hohe Feſt-Ta - ge / davon unten ſoll gemeldet werden. Daß aber die Mohren mit ſo geringer Koſt vorlieb nehmen / iſt nicht dieſe die Urſach / weil ſie kein beſſer Fleiſch eſſen moͤgen wenn ſie es haͤtten; nein / denn ſie wiſſen ſehr wohl was das beſte Gericht auf der Tafel ſey / wenn ſie mit zu Gaſte ſeynd / da man ſagen ſolte ſie fuͤlleten den Leib fuͤr drey Tage; ſondern eintzig und allein ihr ſchaͤdli - cher Geitz. Jch glaube ſie bilden ſich ein alles was Geld koſtet ſey ihnen nichts nuͤtze / ſondern gaͤntzlich ungeſund.

Wie nun auf obbemeldte Art die unvermoͤgenden und armen Leute ſich kuͤmmerlich ernehren / ſo machen es die Reichen nicht viel beſſer / ausgenommen daß ſie etwas mehr Fiſche und Kraͤuter eſſen / und wenn ſie ſich recht was zu gute thun wollen / nehmen ſie etwas Fiſche / eine Hand voll Korn-Teich / mit ein wenig Palmen-Oͤhl / und kochen dieſes zuſammen in Waſſer / alsdenn heiſſen ſie es Mallaget, und halten ſolches fuͤr ihr groͤſtes Leckerbißlein / wiewol der Geſchmack nicht ſo gar widerlich iſt / inſonderheit denen jenigen ſo es ge - wohnet / uͤber dem auch hier zu Lande nicht unge - ſund iſt.

So wie nun aber die Mohren ſehr wenig im Eſſen /ſo156Beſchreibungſo trincken ſie ſo viel mehr / und machen ſehr viel Wercks von ſtarckem Getraͤnck / trincken dahero alle Morgen Brantwein / und Nachmittags Palmenwein; ja wenn ſie auch nicht mehr als einen Stuͤver in ihrer Gewalt haͤtten / wuͤrden ſie nichts deſtoweniger fuͤr drey austrincken / es ſey Tag oder Nacht / ſo fertig und bereit laſſen ſie ſich allezeit zum trincken finden; welches wir inſonderheit an unſern Hausgenoſſen wahrgenommen / ſo ein gewiſſes Mittel erſonnen un - ſere Keller des Nachts zu oͤffnen / wannenhero ihnen nichtes von Taback / Brantwein / oder andern ſtar - cken Getraͤnck anzuvertrauen / weil ſie durchgehends ſo Frauen als Maͤnner dem Trunck ſehr ergeben / und wer es am beſten kan / fuͤr den beſten Mann gehalten wird / nicht anders als wenn hierinn eine groſſe Kunſt verborgen / welcher auch ihre Kinder von drey oder 4. Jahren nicht unkuͤndig ſeyn muͤſſen.

Anitzo folgen ihre Redens-Arten und Begruͤſſun - gen / welche nicht weniger verdienen daß ein Wort von ihnen gemeldet werde. Wenn ſie ſich begegnen / gruͤſſen ſie ſich unter einander mit Entbloͤſſung des Haupts / welches nur von dieſen zu verſtehen / ſo mit uns umgehen / denn andre welche tieffer im Lande woh - nen / nehmen es fuͤr keine Hoͤfligkeit an wenn man den Huht fuͤr ihnen abziehet. Nach dieſem befragen ſie einander nicht wie wir gewohnet ſind / wie gehet es euch / ſondern wie habet ihr geſchlaffen / darauff der andere antwortet gantz wohl / und den erſten ſo ihm be - gegnet mit eben dergleichen Fragen anredet; woraus denn erhellet / daß dieſe Leute das ſchlaffen fuͤr eine der Geſundheit hoͤchſt noͤthige Sache anſehen. Geſchie - het es / daß jemand aus weit entlegenem Orte ſich ein -ſin -157des Landes Gvinea. ſindet / und niemahls in dieſem Lande geweſen / fuͤhret ihn jener den er beſuchet bey der Hand / und leget ihm die zwey mittel Finger uͤber einander geleget feſt darin - nen / und heiſſet ihn alſo willkommen; dafern er aber von hinnen verreyſen will / nachgehends aber bey Ver - lauff einiger Zeit wieder heimkommt / beſtehet die Be - willkommung in folgenden Worten: Jhr ſeyd ver - reiſet geweſen / nunmehro aber wiedergekommen / dar - auff jener antwortet / ja ich bin wieder kommen / welche Ceremonien fuͤr eine von den groͤſten Hoͤfligkeiren bey ihnen gehalten werden. Gewiß ſie empfangen dieje - nigen ſo aus fremden Orten ſie zu beſuchen kommen / ſehr hoͤfflig; und wenn die erſte Hoͤfligkeit abgeleget / laͤſſet der Hausherr durch ſeine Frau oder einen Scla - ven etwas Waſſer / Fett / oder Salbe holen / damit ſei - nen Gaſt zu ſalben und zu ſchmieren / nach Art derer Alten / welche ſich dieſer Gewonheit bedieneten. Koͤ - nige und groſſe Herren haben auch ihre ſonderliche Ceremonien womit ſie einander begegnen in ihren Zuſammenkuͤnfften oder abgeſtatteten Beſuchungen. So bald demnach ein vornehmer Herr zu dem Dorff ſich nahet deſſen den er beſuchen will / fertiget er einige von ſeinen Leuten ab und laͤſſet ſich anmelden; jener aber ſendet ſofort einen mit zuruͤck / der ihm Verſiche - rung geben muß / daß er willkommen ſeyn werde. Dar - auf machet ſich derjenige welcher die Viſite empfan - gen ſoll fertig / gehet mit allen ſeinen Leuten und gewaff - neten Soldaten auf den Marckt-Platz oder vor ſein Haus bisweilen an der Zahl 3. oder 400. und ſetzet ſich nieder auf den wartend / der ſich hat anmelden laſ - ſen / ſo alsdenn mit langſamen hochtrabenden Schrit - ten herangeſtiegen koͤmmt / in Begleitung vieler ge -waff -158Beſchreibungwaffneten Leuten / ſo mit Springen / Lauffen und Schreyen ein groſſes Lermen machen. Wenn er nunmehro an den Ort gelangt / wo jener wartet / gehet er nicht gerades Weges auf ihn zu / ſondern ſchicket einige von ſeinen vornehmſten Leuten ohnbewaffnet voraus / welche ein nach einander einhertretende des - jenigen Bedienten ſo er beſuchen will / und welche in die Runde um ihn her ſitzen / zuvorderſt / und hernach dem Herrn ſelbſt die Hand geben. Wenn nun der - geſtalt dieſe zwey Herren allmaͤhlich einander genaͤhert / indem ſie beyderſeits mit einem Schilde bedecket ſind / ſtehet derjenige auf welcher die Viſite annehmen ſoll / im Fall daß nun jener in hoͤherem Anſehen und Wuͤr - de iſt als dieſer / umhalſet er ihn zu drey unterſchiedlichen mahlen / und heiſſet ihn willkommen ſeyn; im Gegen - theil aber da der Fremde geringer iſt / ſo bleibet er ſitzen / giebet ihm bloß die Hand / und ſchlieſſet die zwey mit - tel Finger feſt ein. Darauf gehet der Fremde gerade uͤber ihn ſitzen mit allen ſeinem Gefolge / und wartet ſo lange / bis der andere mit allen ſeinen Leuten zu ihm kommt und denſelben willkommen heiſſet: welches denn kurtz darauff zu geſchehen pfleget / wenn dieſes vorbey / gehet er an ſeinen vorigen Ort / ſchicket von neuen einige von ſeinen Bedienten ab / um jenen zu be - gruͤſſen / und ſich nach deſſen Geſundheit zu befragen / imgleichen warum und zu was Ende er anhero gekom - men waͤre; darauff er gehoͤrige Antwort lieffert / und abermahls einige an den erſten abfertiget. Solche Hoͤflichkeiten dauren bisweilen zwey gantzer Stun - den / ſo lange bis derjenige welcher die Viſite annimmt auffſtehet / und den andern ihm in ſeine Behauſung zu folgen erſuchet. Hierauff folget er und laͤſſet ſichbey159des Landes Gvinea. bey ſeinem Eintritt in deſſen Hauß mit unterſchied - lichen Geſchencken von Schaaff / Huͤnerfleiſch / Jam - mes und andern Sachen die man urtheilet angenehm zu ſeyn / verehren. Und damit haben alle Hoͤfligkei - ten ein Ende / welche ich etwas ausfuͤhrlich beſchrieben habe / in Hoffnung es werde euch ſelbiges nicht zu wi - der ſeyn / inſonderheit da ich aus dieſes Ungluͤcks Bey - ſorge / noch viele Umſtaͤnde mit Willen ausgelaſſen habe.

Jm Anfange gegenwertigen Briefes habe ich all - bereit erinnert / daß die Mohren uͤberaus traͤge und unfleißige Leute ſeynd / und uͤberaus ſchwer zur Arbeit zu bringen / dannenhero wenig Kuͤnſtler oder Hand - wercks-Leute unter ihnen gefunden werden: Jhr vor - nehmſtes Handwerck beſtehet in Holtz faͤllen und Schiff bauen / die Seſſel auszubeſſern mit Stroh / kupfferne Kaͤſtlein zu allerhand Salben zu machen / oder Armbaͤnder von Gold / Silber / Elephanten Zaͤh - ne und andere dergleichen Dinge zu verwahren. Nichts haben ſie beſſer gelernet als Schmiede Arbeit / und machen deswegen unterſchiedliche zum Kriege gehoͤrige Inſtrumenten (ausgenommen Feuer-Roͤh - re) und was ſie zu ihrem Ackerbau oder taͤglichem Gebrauch noͤthig haben. Sie wiſſen nichts vom Stahl / dennoch aber ſind ihre Saͤbel und Sicheln uͤberaus wohl gehaͤrtet / und zum ſchneiden ſehr ge - ſchickt; imgleichen ihre Hacken / Karſten / und andere zum Land-Bau dienliche Werckzeuge. Alle derglei - chen ſchmieden ſie uͤber einem groſſen Stein / an Statt eines Amboſſes / und beſtehet ihr gantzes Werckge - zeug in zwey oder drey Hammern / einer Zange und kleinem Blaſebalg mit 3. bisweilen auch mehrerenRoͤh -160BeſchreibungRoͤhren / ſo ſie ſelbſt erfunden / weil ſie vielen Wind von ſich geben. Dieſes iſt alſo ihre vornehmſte Arbeit / damit ſie umgehen / ausgenommen daß ſie uͤber dem noch Gold-Fetichen machen / derer ich oben Erin - nerung gethan habe. Das Artigſte was ich unter ihrer Arbeit finde / ſind die Huht-Schnuͤre / ſo ſie aus feinem Drat von Gold oder Silber zierlich wiſſen in einander zu flechten / daß ich zweiffele ob die Gold - ſchmiede in Europa es beſſer machen koͤnnten / und geſetzt wenn ſie es auch koͤnnten / ſich aber nicht theurer bezahlen lieſſen als die Mohren / wuͤrden ſie nicht viel mehr als das trucken Brodt damit verdienen.

Weil ich mir fuͤrgenommen in gegenwaͤrtigem Brief von vielen unterſchiedlichen Dingen zu han - deln / werdet ihr hoffentlich nicht uͤbel deuten / wenn ich alles ſchreibe was mir in den Sinn koͤmmt / voritzo wollen wir der Mohren ihre Schiffahrt beſehen / wie - wol dieſelbe nicht gar zu viel auf ſich hat. Jhr ge - woͤhnlichſtes Fahrzeug ſind ſehr lange Schiffe / wel - che Canoas genennet werden; uͤber 30. Fuß nicht lang / und uͤber 6. nicht breit ſind / welche ſie haͤuffig gebrauchen vom groͤſten bis zu dem kleineſten 14. Fuß lang und 4. breit. Wir bedienen uns der allerlaͤng - ſten zu Verfuͤhrung unſerer Kauff-Waaren / und koͤnnen in eines ſo viel laden als in ein Boot von Kauffardey-Schiffen / ſelbige nun werden mit rudern fortgetrieben / und mit zwey / drey / 5 / 7 / 9 / 11 / 13 / 15 / 17. Ruder-Knechten beſetzet / nachdem ſie nemlich lang ſind; denn man muß wiſſen / daß wenn ihrer mehr als zwey noͤthig ſind / die Zahl allezeit ungleich ſeyn muͤſſe / weil zwey und zwey auf der Ruderbanck ſitzen / und einer am Steuer-Ruder iſt. Doch ge -brau -161des Landes Gvinea. brauchen die Mohren keine Ruder wie wir / ſondern eine gewiſſe Art Schauffeln / auf die Art wie ein Hertz gemachet / ſchier wie die Karſten damit die Er - de pfleget umgehacket zu werden / haben auch einen Stiel von eben dergleichen Laͤnge / welche ſie mit bey - den Haͤnden feſt halten / und hinter ſich ins Waſſer ſteckende das Canoa ziemlich geſchwinde forttreiben. Den kleinſten brauchen ſie zum fiſchen / deren Fiſch - geraͤhte aus kleinen Angeln und Wurff-Pfeilen be - ſtehet / damit ſie den anbeiſſenden Fiſch toͤdten: zwar haben ſie auch Fiſch-Garn und Netze / welche des Nachts von ihnen in die See aufgeſtellet werden / dar - innen bisweilen / wenn ſie den andern Morgen dabey kommen / eine groſſe Anzahl von unterſchiedlichen Fi - ſchen ſich finden laͤſſet / allein zum oͤfftern geſchiehet es daß einige groſſe Fiſche / als inſonderheit der hier ſo genannte Schwerdtfiſch oder Emperador ſich darin - nen verwickelt / und das Netz auff einmahl in Stuͤ - cken reiſſet; denn er hat auf der Naſen eine Art von Degen / womit er ſolchen Schaden fuͤglich thun kan; nichts deſtoweniger koͤnnen die Mohren / wenn ſie ſol - ches mercken / es gar leichtlich verhindern / fahren al - ſobald mit 3. oder 4. Canoas nebſt ihren Wurff - Pfeilen in die See / da denn ſo ein Fiſch / weil er ſehr groß iſt und von ihnen gerne gegeſſen wird / reichlich allen gelittenen Schaden an ihrem Garn wieder gut machet.

Wie die Mohren ihr Land bauen / wird anitzo zu melden uͤberfluͤßig ſeyn / theils weil wir ſchon vorher einige Erwehnung gethan / theils auch in folgenden beſſere Gelegenheit hiezu ſich eraͤugnen wird.

Wiewol auch die Laͤnge ihres Landes uͤber 60. Mei -Llen162Beſchreibunglen nicht austraͤget / werden nichts deſtoweniger ſie - ben bis acht unterſchiedliche Sprachen darinnen ge - redet / deren drey oder 4. nicht die geringſte Verwand - ſchafft mit einander haben. Zu Jammoree 10. Mei - len oberhalb Axim Wohnende / koͤnnen mit denjeni - gen / ſo in Egvira, Acroboe, Ancober und Akim wonhafft / gar wohl zurecht kommen / wiewol die Spra - che ein merckliches von einander unterſchieden; die von Axim ſprechen ſehr unangenehm / nicht weniger die von Ante, obgleich die Sprache gantz anders lau - tet; am alleraͤrgſten aber die von Acra, welche mit kei - ner andern im geringſten nicht uͤbereinkommt. Die uͤbrigen / wenigſtens der meiſte Theil des Landes / koͤn - nen ſich unter einander wohl verſtehen / ausgenommen die Aqvamboer. Diejenigen aber / welche tieffer aus dem Lande von Dinkira, Acanny und von Adom kommen / haben vor allen andern eine ſehr beliebliche / angenehme Ausſprach / und kan man gar bald / wenn man etwas von der Sprache verſtehet / den ſehr groſ - ſen Unterſcheid wenigſtens als zwiſchen der Braban - diſchen und jenſeit des Meers uͤblichen / erkennen. Da - fern auch dieſe Mohren ſo unter unſere Veſtungen gehoͤren / und mit denen wir taͤglich muͤſſen umgehen / etwas angenehmere Sprache haͤtten / waͤre es uns ein leichtes / in Zeit von zwey oder drey Jahren dieſelbige zu erlernen / an ſtatt daß wir anitzo wol gantzer 10. noͤ - thig haben / ehe wir zu unſern Zweck gelangen / oder ſelbige recht ausfuͤhrlich begreiffen koͤnnen. Zwar giebet es unterſchiedliche / davon ich mir einbilde auch einer zu ſeyn / welche mercklich darinnen zugenommen / daß ſie alles verſtehen koͤnnen / allein die Ausſprache faͤllet ſehr ſchwer / angeſehen die Woͤrter und Benen -nun -163des Landes Gvinea. nungen gewiſſer Dinge ſo fremd ſind / daß ſie auf un - ſere Sprach weder geſprochen noch geſchrieben wer - den koͤnnen; weil auch die Mohren weder ſchreiben noch leſen koͤnnen / folglich keine Buchſtaben haben / gehet es ſchwer daher / daß man ſeine Fehler erkennen oder verbeſſern koͤnne. O. D. iſt niemahls hier ge - weſen / und hat gleichwol in ſeiner Beſchreibung von Africa einige Woͤrter und Rechnungen / derer ſich die Mohren bedienen / hinzugefuͤget / welches mir nicht zutrauen doͤrffte / da ich doch glaube mehr davon zu wiſſen als er / verſichert ſeynde / daß ichs nicht beſ - ſer machen wuͤrde.

Daſern aber wie geſagt dieſe Leute ſchreiben oder leſen koͤnnten / waͤre es ein Leichtes ihre Sprach in kur - tzer Zeit zu faſſen / ſintemahlen man abnehmen wuͤrde / was ſie vor welche brauchen um ihre Meynung zu ent - decken / an Statt daß man itzo bloß auf ihre Ausſprache acht geben muß / wuͤrde demnach meines Erachtens ei - ne groſſe Thorheit ſeyn / daß man darnach wolte ſchrei - ben lernen / und darum will ich weiter hievon nichtes melden.

Jch erinnere mich in einem gewiſſen Buch von Beſchreibung dieſes Landes / geleſen zu haben / daß de - rer Edelleute darinnen gedacht worden; mich betref - fend / habe Zeit meines hieſigen Auffenhalts noch nicht erlernen koͤnnen / wem dergleichen Titul unter den Mohren zukomme. Jch will dannenhero ausfuͤhrliche Meldung thun / von dem unter Mohren gewoͤhnlichen Unterſcheid derer Staͤnde / anbey auch ſagen / welche und warum dieſe vor andern mehr geehret und gefuͤrch - tet werden / welches dahinauslaͤufft / daß denen Reich -L 2ſten164Beſchreibungſten die meiſte Ehre wiederfahre / ohne des Nahmens eines Edelmanns zu gedencken.

So habe es demnach angemercket / daß unter die - ſen 5. Ehren-Staffeln ſeyn / damit ich derer Moh - ren Unterſcheid euch recht zu erkennen gebe.

Die Erſte gehoͤret denen Koͤnigen oder Capitains, denn dieſe zwey Nahmen bedeuten nur eine Perſohn.

Die Zweyte denen Caboreros oder Oberhaͤuptern / welche wir fuͤglich Buͤrgervaͤter nennen koͤnnten / weil ſie eintzig und allein das Beſte und die Wohlfahrt ihrer Staͤdte Einwohner ſuchen / auch alle entſtehende Uneinigkeiten unter ihnen ſchlichten.

Die Dritte denen / welche durch ihren Reichthum / ſo ſie entweder ererbet / oder mit handeln erworben / ſich vor den uͤbrigen in Anſehen gebracht / und dieſe glau - be ich / hat obgedachter Autor mit dem Nahmen derer Edelleute beehret / wiewol wir bald ſehen werden / ob ſolcher ihnen mit Recht koͤnne gegeben werden.

Die Vierte denen gemeinen / als Bauren / die entweder von Wein machen / Fiſch fangen oder an - dern Handwerck ihre Nahrung haben.

Die Fuͤnffte endlich gehoͤret denen Sclaven / ſo ent - weder durch Armuht in die Sclaverey gerahten / oder durch ihre eigen Eltern dazu verkauffet / oder auch im Kriege dazu gemacht worden.

Sehet dieſes ſind die 5. unterſchiedliche Staͤnde un - ter den Mohren / auſſer welchen keiner zu finden / laſſet uns nun mercken / auf was Art die drey Erſteren zum Beſitz ihrer Ehre und Anſehens gelanget.

Was die Koͤnigliche oder Capitains Wuͤrde an - gehet / iſt dieſelbe meiſtentheils im gantzen Lande erb - lich / dafern aber der Koͤnig ohne Erben ſtirbet / faͤlletdas165des Landes Gvinea. das Regiment auf die naͤchſten Anverwandten. Bis - weilen wird auch auf die Geſchicklichkeit dieſes Erben geſehen / ob er nemlich viel Sclaven viel Geld habe / da dann der Maͤchtigſte vor den rechten Erb-Nach - folger erkannt und aufgenommen wird. Bey deſſen Wahl oder Antretung der neuen Koͤnigl. Regierung gehet nichts merckwuͤrdiges vor / ſintemahlen bey ih - nen gar nicht die Gewonheit iſt ihn zu kroͤhnen / oder zu huldigen / ſondern bloß und allein den neuen Koͤnig dem Volck vorzuſtellen / oder denſelbigen durchs Land zu fuͤhren / womit alle Ceremonien ein Ende haben. Dafern es aber geſchiehet / daß zwey nach der Krohne ſtehen / laͤſſet ſich einjeder von ſeiner Parthey abſon - derlich huldigen / damit ſie ſich ſo vielmehr auf ſie ver - laſſen koͤnnen. Dieſes iſt noch zu mercken / daß bey der Aufnehmung des neuen Koͤnigs ſowol als in allen andren wichtigen Unternehmungen geopffert werde.

Die Caboreros oder Oberhaͤupter betreffend / iſt der gemeiniglich eine gleiche gewiſſe Zahl / deren Stelle / wenn etwan durch eines oder andern Abſterben eine ledig worden / nicht ſo bald wider bekleidet wird / es ſey denn daß ihrer mehr fehlen / alsdenn verſammlen ſie ſich / und waͤhlen aus dem Volck ſo viel Perſohnen als noͤthig ſind / jederzeit dahin bedacht ſeynde / daß ſie albereit zu hohen Jahren gelanget; denn junge Leute werden zu dergleichen Ehren-Stelle niemahls zuge - laſſen. Derjenige nun / ſo da erwehlet wird / tracti - ret ſeine Herren Mittbruͤder mit einem Kuchen und ein oder andern Getraͤnck / zum ſchuldigen Danck fuͤr ſeine Befoͤrderung / und alsdenn wird er fuͤr ein Mittglied aufgenommen / und in ſeiner Ehren-Stelle beſtaͤttiget. Und ſo wird es im Lande Axim gehalten. L 3Jn -166BeſchreibungJnſonderheit muß auch ſolch ein Caboreer ein Landes Eingebohrner und zu Axim wohnhafft ſeyn / oder we - nigſtens ein Haus darinnen eigen haben / welches er von einigen ſeiner Frauen oder Hausgenoffen kan be - wohnen laſſen / wenn er nur bisweilen hinkommt und ſich einige Zeit daſelbſt aufhaͤlt / nicht anders als wir ebenfalls eine Behauſung haben muͤſſen an dem Ort wo wir Buͤrger ſind / im Fall wir unſers Buͤrger - Rechts nicht verluſtig ſeyn wollen. Wenn nun die - ſes geſchehen / fuͤhret man den oder die neu Erwehlete in unſere Veſtunge / und ſtellet dieſelbe unſerm Ober - kauffmann dar / mit Bitte er wolle denſelbigen in ihre Amts-Genoſſenſchafft aufnehmen; daſern der Kauff - mann nichts auf ihn zu ſagen hat / leget er ihm die Bi - bel vor / laͤſſet ihn hieruͤber ſchweren / er wolle denen Hollaͤndern treu und redlich verbleiben / dieſelbige auf allerhand Art und Weiſe beſchuͤtzen und vertheidigen helffen / wider alle Feinde / ſie moͤgen Europaͤer oder Mohren ſeyn / ohne einigen auszunehmen / und daß er ſich als einen treuen und aufrichtigen Unterthanen betragen wolte; eben dergleichen Eyd muß er auch ge - gen ſeine Nation ablegen / und jeden Articul mit dieſen Worten bekraͤfftigen: GOtt gebe daß ich ſter - ben moͤge / wenn ich falſch oder unrechtmaͤßiger Weiſe ſchwere / oder auch meinen Eyd nicht gedencke zu hal - tent Darauf wird ihm die Bibel an die Bruſt und an das Haupt gehalten / zum Zeichen daß der Eyd vol - lendet worden; alsdenn zeichnet der Ober-Kauff - mann deſſen Nahmen auf / und ertheilet demſelben die Freyheit hinfuͤhro in allen Zuſammen kuͤnfften als ein Mittglied ſich ſehen zu laſſen / imgleichen nebſt denen andern ſein beſcheidenes Theil von denen im Gerichtabge -167des Landes Gvinea. abgethanen Haͤndeln zu ziehen / da er denn nach ge - thaner Beſchenckung / die ſie an ihre Amtsgenoſſen zu thun gewohnet ſind / die gantze Zeit ſeines Lebens Caboreer bleibet. Zwar giebet es noch andere We - ge und Gewonheiten des Landes / vermittelſt welchen ein Caboreer aufgenommen wird / allein da dieſes bey Axim zierlich und in richtiger Ordnung zu geſchehen pfleget? wird es genug ſeyn des eintzigen Ortes allein gedacht zu haben / ohne eigentliche Beruͤhrung derer uͤbrigen.

Die dritte Ordnung der Mohren beſtehet aus ſol - chen / welche entweder durch Erbſchafften oder han - deln groſſes Vermoͤgen erworben haben. Derjenige nun / ſo ſich vor andern hervorthun will / kauffet achte von den groͤſten Elephanten Zaͤhnen / laͤſſet Hoͤrner oder Zincken davon machen / und die Seinigen nach Landes Gewonheit darauff allerhand Lieder ſpielen lernen / da nunmehro ſie einige Fertigkeit darinne er - langet / laͤſſet ers allen ſeinen Freunden und Benach - bahrten anmelden / daß er oͤffentlich geſonnen ſey die Hoͤrner zu probiren; jene ſtellen ſich gantz williglich ein / und bringen einige Tage mit einander zuſammen durch; alsdenn befihlet er / daß ſeine Frau und Scla - ven herbeykommen ſollen in ihrem groͤſten Schmuck / daß aber dieſes ſo viel anſehnlicher ſey / leihet er viel Gold und Corallen zuſammen / thut auch davon einige Verehrungen an ſeine guten Freunde / ſo daß ihm dieſer Tag ſehr koͤſtlich faͤllet. Nach Endigung die - ſes Feſtins iſt ihm erlaubet auf ſeinen Zincken fuͤr ſei - ne eigene Luſt zu ſpielen / welches kein ander ſich unter - ſtehen darff / der nicht zum wenigſten auf itzt bemeldte Art die Vergoͤnſtigung erhalten / ſondern muß / wennL 4er168Beſchreibunger zu ſeiner Luſt Zincken brauchen will / von andern dieſelbige lehnen.

Noch iſts nicht alles / ſondern es muß auch ein ſol - cher der ſich in Anſehen bringen will / alſobald einen Schild / und nachgehends gar zwey verfertigen laſſen / welche er mit eben dergleichen Pracht als ſeine Hoͤr - ner oͤffentlich muß ſehen laſſen. Die erſte Nacht ge - het er mit allen ſeinen Leuten gewaffnet uͤber die Straſ - ſe / um zu zeigen / daß er in Krieges-Zeiten die groͤſte Gefahr nicht ſcheuen wolle fuͤr die Seinige zu fechten: drauff folgenden Tag bringet er mit ſchieſſen und an - dern Krieges-Ubungen zu / nebſt ſeinen Leuten: als - denn erluſtiget er ſich unterſchiedliche Tage nach ein - ander mit tantzen und mehreren Luſtigkeiten / (denn dieſe Ceremonien dauren gantzer 8. Tage) indem ſeine Weiber und uͤbrige Hausgenoſſen in praͤchti - ger Kleidung alle ihre Schaͤtze / die ſie in der Welt be - ſitzen / fuͤr Augen legen. Gleichwol koſtet ihm dieſe zwey - te Zuſammenkunfft bey weiten nicht ſo viel als die erſte / denn hier muß er Geſchencke und Verehrungen an andere geben / an ſtatt daß er im zweyten von anderen und bisweilen anſehnliche Geſchencke einnimmt. Da - fern er nun einſtens Luſt haͤtte im Kriege zu dienen / mag er jederzeit zwey Schilde vor ihm tragen laſſen; welches doch kein Mohr ſich unterfangen muß / er ha - be denn auf itzt erwehnte Art ſein Recht erworben.

Dieſes ſollen zwar ihre ſo genannten Edelleute ſeyn / allein es iſt ohnſtreitig / daß ſie davor nicht koͤnnen ge - halten werden; denn erſtens kan ſich kein Menſch ſelbſt zum Edelmann machen / entweder muß man dazu gebohren / oder von andern die hiezu einiges Recht be - ſitzen / gemacht ſeyn / welches gleichwol beydes von die -ſen169des Landes Gvinea. ſen Leuten nicht geſchiehet; die meiſten ſind ſehr gerin - gen Herkommens und nichts mehr als Sclaven / wel - che nicht anders als durch ihre erworbene Mittel zu dieſer Ehre gelangen / auch niemanden welcher Geldes genug hat / dieſe Wuͤrde verſaget iſt. Uber dem muß ein rechtſchaffener Edelmann jederzeit bereit ſeyn / ſei - nem Koͤnige und Vaterlande zu dienen / da doch dieſe nichts weniger ſind / und bloß auf ihre Schacherey gedencken. Solten es aber dieſem allen ohngeach - tet / Edelleute ſeyn / oder ſeyn muͤſſen / will ich nicht da - wider ſtreiten / ſondern gerne einwilligen / in Anſe - hung ich ſo viel mehr Ehre haben werde / da ich lange Jahre her einen ſolchen Edelmann zu meinen Knecht gehabt / ohne die geringſte Reflexion auff ſeinen ade - lichen Stand zu machen.

Die vierte und fuͤnffte Ordnung unter denen Mohren / beſtehet aus dem gemeinen Mann und Scla - ven / davon nicht noͤthig finde eine weitlaͤufftige Be - ſchreibung zu geben / weil ihre Benennung zur Gnuͤge das Weſen und Stand ſolcher Leute andeutet.

Ehe ich von denen Luſtigkeiten der Mohren und ih - rer vornehmſten muſicaliſchen Inſtrumenten anitzo Meldung thue / muß ich zuvor erinnern / wie ſie ihre Haͤuſer ſo unbedachtſam an die unangenehmſte Oͤrter anlegen. Wenn wir bauen wollen / ſehen wir jeder - zeit ob der Ort und daſige Gegend annehmlich ſey / ob man ſchoͤne Ausſichten / ſchoͤne Spatziergaͤnge habe / ob es nahe bey einem ſchoͤnen Waſſer gelegen / darauf die Schiffe von einem Ort zum andern forikommen koͤnnen / und dergleichen Sachen die nicht nur zur Luſt als auch Beqvemlichkeit dienen koͤnnen. Dieſe hergegen als unweiſe und ungehoͤbelte Leute / legenL 5ihre170Beſchreibungihre Haͤuſer in die unfruchtbarſte und unangenehmſte Gegend / ohngeachtet ſich anmuthige Thaͤler / mit ſchoͤ - nen Baͤumen bepflantzte Berge / und ſehr luſtige Fluͤſ - ſe zur Gnuͤge allhie ſinden laſſen / allein dieſes alles iſt nicht vermoͤgend ihnen die geringſte Luſt zu erwecken. Eben ſo unachtſam ſind ſie auch auf die Landes Straſ - ſen und Wege / welche ſie von einem Ort zum andern ſo krum machen / daß ſie mehr als 3. Stunden noͤthig haben / ſo man anders in zwey Stunden hinterſich le - gen koͤnnte: gleichwol aͤndern ſie darinnen nicht das minſte / wie ſehr man auch erinnert / bittet und ihre Fehler vor Augen ſtellet / ſondern laſſen den Weg wie er einmahl von Anfang gemacht iſt / und ſolte man auch doppelt ſo viel Zeit damit zubringen.

Was ihre Seitenſpiele und muſicaliſche Inſtru - menten anbelanget / ſind ſelbige durchgehends von ſehr unangenehmen und widerlichem Gelaute: die vornehmſten ſind die Zincken / (davon oben Meldung geſchehen) welche aus Elephanten Zaͤhnen gemacht / bisweilen mehr als 30. . ſchwer ſeynd / oben auf laſ - ſen ſie das Bild von einem Menſchen oder Thier ſte - chen / wiewol ſo undeutlich / daß man Muͤhe hat zu un - terſcheiden / ob es ein Thier oder Menſch ſeyn ſoll. An dem groſſen Ende hangen einige Baͤnder mit Schaffs oder Huͤhner Blut ſchwartz gemacht / an dem andern aber findet ſich ein viereckigtes Loch / dadurch ſie bla - ſende eine unliebliche Muſic machen; jedoch nehmen ſie den Thon und Tact wohl in acht / ja ſie veraͤndern auch denſelben nach eigenem Geſallen; bisweilen ſpie - len oder blaſen ſie auch einige Arien auf dieſen Zin - cken / welche wie unangenehm ſie auch lauten / dennoch gar wohl koͤnnen gehoͤret werden / ſo daß es nicht noͤ -thig171des Landes Gvinea. thig ſey die Ohren zu zuſtopffen. Uber dem haben ſie auch Trommeln / wenigſtens auf zehenderley Art verfertiget / die meiſten und gewoͤhnlichſten ſind von ausgehoͤleten Baͤumen / auf einer Seite mit einem Bockfell uͤberzogen / auf der andern aber offen ſtehen / welche ſie wie Paucken auf die Erde ſetzen / oder dafern es im gehen geſchiehet / an den Hals hangen muͤſſen / hierauff ſchlagen ſie mit zwey Stoͤcken / welche eben als Hammer gemacht ſind / oder auch wol nur mit ei - nem geraden Stock und mit einer Hand; ſie moͤgen aber dieſes ihr Spiel ruͤhren wie ſie immer wollen / das Geſchrey und das Gelaͤrm iſt nichts deſto weniger verdrießlich / inſonderheit wenn ſie nach ihrer Gewon - heit zugleich trommeln und Zincken blaſen / oder damit die Muſic noch ſo viel mehr verdrießlich fallen moͤge / muß ein kleiner Junge ohnaufhoͤrlich mit einem Stuͤck Holtz auf ein holes Eyſen ſchlagen / welches noch viel unertraͤglicher iſt als Trommeln und Zincken.

Nunmehro haben ſie Zeit einigen Jahren eine ge - wiſſe Art kleiner Trommeln erfunden / welche zu bey - den Seiten mit Bockfell uͤberzogen / und nicht anders als wie ein Sand-Uhr ausſehen / ihr Thon aber iſt wie derer faſt ſo genannten Brumm-Toͤpffe / mit welchen die Jungens in Europa zur Weynacht-Zeit ſich pfle - gen zu erluſtigen / ausgenommen daß ſie unten rund - um einige eyſerne Ringe feſt gemachet / welche dem Thon noch etwas Veraͤnderung geben. Da nun alſo dieſes die vornehmſten ſind / wird es gewiß der Muͤ - he nicht wehrt ſeyn / derer uͤbrigen zu gedencken / ſon - dern nur dieſes hinzu’zufuͤgen / daß ſie auch ein anderes gewiſſes Inſtrument brauchen / welches in der mitten hohl / von einer Hand die Breite und Laͤnge hat / vondeſſen172Beſchreibungdeſſen einem Ende bis an das andre ein kleiner gekruͤm̃ - ter Stock feſt gemachrt / an welchen ſie 5. oder 6. Seyten in Geſtalt einer Harffen auffziehen / oder nach Art derer heutiges Tages bey den Griechen ge - woͤhnlichen muſicaliſchen Inſtrumenten / ſo wie ei - ner die Beſchreibung davon gegeben / aufzuſpannen wiſſen; und dieſes iſt ihr einiges Inſtrument welches noch unter allen den lieblichſten Thon von ſich giebet. Dieſes ſey alſo genung von der Mohren Muſic und ihren gebraͤuchlichen Inſtrumenten / anitzo laſſet uns was anders vornehmen.

Das Beſte was an den Mohren zu loben / iſt daß ſie keine arme Leute haben / die zu ihres Leibes Unter - halt ihr Brodt zu ſammlen genoͤthiget / denn ſo wenig ſie auch im Vermoͤgen haben / kommt es doch nie - mahls ſo weit / daß ſie Bettler werden muͤſſen / davon die Urſach folgende iſt. Wenn zum Exempel ein Mohr die Mittel vor ſich nicht hat / daß er ehrlich aus - kommen koͤnne / ſo ſchlaͤget er ſich an jemand anders / vor eine gewiſſe Summa Geldes / oder ſeine Anver - wandten helffen ihm wenn er in groſſer Noht ſtecket. Derjenige nun mit welchem er accordiret / giebet ihm ſo viel als zu ſeinem Unterhalt noͤthig iſt / mit Bedin - gung / daß er ſeinem Befehl ſich gemaͤß halte / welches doch nicht ſehr muͤhſam / oder das Anſehen einiger Sclaverey hat; angeſehen er nur ſeinem Herrn auff eraͤugnete Gelegenheit mit voller Ruͤſtung aufwarten / und in der Saat-Zeit ſo viel Arbeit thun muß als bey nahe von ihm gefordert wird. Jſt demnach in War - heit kein rechter Bettler zu ſehen / der noͤthig haͤtte Al - moſen zu ſammlen / dennoch finden ſich eine groſſe An - zahl gantz unverſchaͤmter Bettler / ſo weder Ehr nochSchan -173des Landes Gvinea. Schande haben / ohne daß den Mohren hiedurch etwas ungleiches geſchehe / zumahlen ſie durchgehends davor paßiren koͤnnen: ſelbſt der Koͤnig wuͤrde ſich nicht ſcheuen eine Anwerbung zu machen um Kleinigkei - ten / welche fuͤr ein oder zwey Stuͤver uͤberall zu kauff ſeyn / daß ſie alſo durchgehends ſo unverſchaͤmt / ſo ver - drießlich ſind / daß man ohne einige Verehrung oder Gabe ihrer nicht loß werden koͤnne / indem ihnen alles anſtehet / was ſie mit Augen ſehen.

Wiewol nun dieſer Brief lang und weitlaͤufftig genung waͤre / kan ich dennoch vor deſſen Endigung mit Stillſchweigen nicht uͤbergehen eine ſonderliche Art Leute / die gewiß vor andern etwas ungewoͤhnli - ches an ſich haben; man nennet dieſelbige Tapoyers, oder Mulats, und ſind erzeuget / entweder von einem Europaͤer und einer Mohrin / oder auch von einem Europaͤer und einer Mulatinn. Dieſe ungeartete verſchlagene Art von Menſchen iſt zu allen erſinnli - chen Boßheiten und Laſtern geneigt / halten weder auf die Mohren noch auf uns / ſondern trauen allen beyden nicht / und dennoch ſiehet man wenig daß ſie ſich unter einander heyrathen. Zwar nennen ſie ſich Chriſten / wiewol ſie nicht weniger abgoͤttiſch leben als die Mohren: ihre Weiber ſind denen Europaͤern ſehr und gantz oͤffentlich ergeben / mit denen Mohren aber gehen ſie etwas heimlicher um; ſo daß ich ihnen keinen beſſern Nahmen weiß zu geben / als wenn ich ſage / daß ſie der Schaum von Europaͤern und Mohren / der rechte Abgrund und Cloacke aller Boßheit von bey - den Nationen ſeynd. Die Mannsleute dienen bey uns als Soldaten / und gehen auch ſo gekleidet als wie wir / ihre Weiber aber kleiden ſich ſehr wunderbarlich /die174Beſchreibungdiejenige ſo etwas im Vermoͤgen haben / tragen ein gantz feines Hembd / und daruͤber ein kurtzes ſeidenes oder von andren Stoffe gemachtes Leibſtuͤck / ohne Ermel / und oben den Schultern mit einem brei - ten Bande zugebunden; auf dem Kopff haben ſie un - terſchiedliche Muͤtzen / deren oberſte von ſeiden / von vor - ne in etwas krauſe / oben aber gantz rund iſt; dieſe bin - den ſie mit einem Bande feſt / welcher drey oder vier - mahl um das Haupt gehet / ſo daß es ſeltſam anzuſehen iſt. Unten kommen ſie in Kleidung mit den uͤbrigen Mohrinnen uͤberein / und werden diejenige welche ſo vermoͤgend nicht ſeynd / bloß ihrem Haupt-Schmuck nach / von jenen unterſchieden / indem ſie eben ſo nacket gehen von dem Guͤrtel bis nach oben.

Uber dem ſind dieſe ſchwartz-braune Leute in ihren jungen Jahren greßlich genung / dennoch aber ſo bald ſie etwas aͤlter werden / nimmt ihre uͤbermaͤßige Heßlichkeit ſo zu / daß man Kinder damit zu Bette ja - gen ſolte / ja dafern ein Mahler den Neid und Miß - gunſt abſchildern wolte / koͤnnte er ſolche Mulattin an Stat eines Originals brauchen. Jhr Leib wird mit der Zeit ſo bund von weiſſen / braunen und gelben Fle - cken / daß ſie einem Tygerthier nicht unaͤhnlich ſind / von dem ſie in Anſehung ihrer angebohrnen Boßheit nicht viel unterſchieden ſeynd. Jch will aber ſchwei - gen / damit ihr euch nicht einbildet / als haͤtten ſie mir was zuwider gethan / nein im geringſten nicht / im Ge - gentheil bin verſichert / daß diejenigen ſo um ihr boͤſes Leben wiſſen / dafuͤr halten / daß der Muͤhe nicht wehrt ſey dieſer Leute zu gedencken. So viel ich anitzo Ver - druß habe dieſe Art Leute um mich zu dulden / ſo viel und noch weit mehrere Luſt werde ich empfinden / wennich175des Landes Gvinea. ich nach Verflieſſung weniger Monate das Gluͤck haben werde von hier zu reyſen / und euch muͤndlich zu verſichern daß ich bin ꝛc.

Ende des neunten Briefes.

Zehendes Send-Schreiben.

Darinnen von der Mohren Religion und dem darinn befindlichen Unterſcheid ge - handelt wird; was ſie von GOtt halten / und wie ſie vier unterſchiedliche Meynun - gen hegen was die Erſchaffung der Men - ſchen angehet / wie ſie ihren Eyd oder Schwur ablegen; wie ihre Gebete an ihre Goͤtzen eingerichtet / und wie ſie hierin von denen Geiſtlichen hintergangen werden; wie und warum ſie zu gewiſſer Zeit einen allgemeinen Gottesdienſt halten / ein jeder unter ihnen vor ſeinen Goͤtzen ins beſondere / zu deſſen Ehre ſie gewiſſe Faſt-Tage wid - men / und opffern; wie und durch welche die Mohren am beſten koͤnnten bekehret und zum Chriſtlichen Glauben gebracht werden; was fuͤr Fleiſch ihnen zu eſſen ver - boten; was ſie von ihren Goͤtzen vorgeben wegen kuͤnfftiger Belohnung oder Straffe; wie und warum der Mord / Ehebruch und andere mehr bey ihnen fuͤr keine Suͤnde ge -halten176Beſchreibunghalten wird; was ſie vor mannigfaltige Meynung wegen des zukuͤnfftigen Lebens fuͤhren; was ihr Geiſtlicher als auſſeror - denlich Beſtellter vor eine Perſohn / und wie tieff derſelbige im Lande wohnhafft ſey; wie ſie den Teuffels-Bannern / dem Teuf - fel ſelbſt / und Erſcheinungen derer Geſpen - ſter vielen Glauben beymeſſen / und den Teuffel verbannen; wie nur zwey Tage von den Mohren gefeyret werden; wie ſie einige Tage fuͤr gluͤcklich / die andren aber ungluͤcklich halten; wie ſie endlich ſehr aber - glaͤubiſch ſeyn / davon einige Exempel zu mehrerem Beweiß angefuͤhret werden.

Mein Herr!

DEr letztere Brief / welchen euch den zuge - ſchicket / war wie mich duͤncket ziemlich lang / und wenn anitzo nach der uͤberfluͤßigen Materie, davon ich zu ſchreiben willens bin / mich in gehoͤrige Weit - laͤufftigkeit einlaſſen wolte / wuͤrde in Warheit auch dieſer nicht viel kuͤrtzer werden: angeſehen von der Re - ligion der Mohren / davon ich etwas zu ſagen gedencke / ein gantzes Buch koͤnnte gemacht werden / wegen des groſſen Unterſcheids ſo ſich uͤberall darinnen finden laͤſſet / denn ja kein Dorff / kein Geſchlecht anzutreffen / welche nicht in einigem Stuͤck der Religion von ein - ander unterſchieden ſeynd / wiewol ich ſolches von Stuͤcke zu Stuͤcke zu beruͤhren unnoͤthig achte / ſon - dern bloß von der allgemeinen Religion darinnendie177des Landes Gvinea. die meiſten uͤbereinkommen / etwas zu erinnern vor - habens bin.

Die meiſten zwar unter hieſiges Landes Einwoh - nern / glauben einen einigen wahren GOtt / welcher den Himmel / Erde und Waſſer nebſt allen darinn befindlichen Geſchoͤpffen erſchaffen / dennoch aber glau - ben ſie dieſes ſo obenhin / und haben keinen rechten Begriff von ihrem Schoͤpffer / eben wie ſie auch glau - ben daß alles erſchaffene Weſen durch GOtt erhal - ten und regieret werde. Nun haben ſie dieſes in An - ſehung ihres unvollkommenen zerſtuͤmmelten Glau - bens / nicht von ihnen ſelbſt / noch durch muͤndliche Er - theilung von ihren Vorfahren / ſondern eintzig und allein durch taͤglichen Umgang von denen Europaͤern erlernet / als welche ihnen allmaͤhlich geſuchet dieſe Lehre beyzubringen. Welches nach meiner Meynung durch folgende zwey Beweis-Gruͤnde kan beſtaͤtiget werden; der erſte iſt / daß ſie niemahls die - ſem GOtt opffern / noch weniger in vorfallenden Noͤ - then denſelbigen anruffen / ſondern in allen Ungluͤcks - Faͤllen zu ihrem Fetiche ſich machen / (deſſen Be - ſchreibung unten folgen ſoll) und denſelbigen um gluͤck - liche Geſegnung ihres Vorhabens erbitten. Der zweyte iſt dieſer / daß in Sachen der Erſchaffung ihre Meynungen ſehr ungleich ſeynd; angeſehen ihre viele noch heutiges Tages glauben / daß der Menſch von der Ananſie (welches eine groſſe Spinne iſt) erſchaf - fen / auch dieſe ihre Meynung mit ungeziemender Halsſtarrigkeit zu verfechten ſuchen. Die andre glau - ben zwar daß GOtt der Urheber aller erſchaffenen Dinge ſey / aber mercket auf was Art / anlangend das menſchliche Geſchlecht / halten ſie davor / das GOtt imMAn -178BeſchreibungAnfang ſowol ſchwartze als weiſſe Menſchõ erſchaffen / die Welt damit volckreich zu machen / und wollen hie - mit beweiſen / daß ſie mit uns zu gleicher Zeit erſchaffen / ſagen auch um ſo viel mehr Ehre und Anſehen zu ha - ben / daß GOtt zweyerley Art Menſchen erſchaffen / und dieſen die Wahl gegeben / entweder viele Wiſſen - ſchafften / als Leſen und Schreiben / oder Reichthum und Gold zu erwaͤhlen: wie nun GOtt dieſes beydes denen Mohren zu freyer Willkuͤhr vorgeſtellet / haben dieſe nach dem Golde gegriffen / und denen Weiſſen die unterſchiedliche Wiſſenſchafften uͤberlaſſen; ſo zwar von GOtt waͤre eingewilliget / zu gleicher Zeit aber / da derſelbe uͤber ihre groſſe Begierde zum Gold einiger maſſen geeifert / feſt geſtellet worden / daß dieſe denen Weiſſen bis zu ewigen Zeiten unterthaͤnig / und als Sclaven denenſelben dienen ſolten. Noch andere glauben / daß der Menſch vor dieſem nicht ſo erſchaffen ſey als er heutiges Tages anzuſehen / ſondern daß durch eine Verſetzung einige ſeiner Glieder an einem an - dern Ortſtehen als ſie vorhin geſtanden haben. Zwar finden ſich wenige die ſolches ſtehende halten / dennoch aber giebet es andere / die da behaupten wollen / daß die erſten Menſchen aus einem unterirrdiſchen Loch oder Brunnen hervorgekommen / wie ſie denn noch heutiges Tages eines dergleichen zeigen wollen nahe bey unſerer Veſtung Acra in einem groſſen Felſen am Strande des Meers. Ja wenn ich alle Mey - nungen die Schoͤpffung betreffend / und ihre unter - ſchiedliche Gedancken von der Sonnen / vom Mond und Sternen anfuͤhren ſolte / wuͤrde ich billig Sor - ge tragen muͤſſen / vermoͤge einer ungeziemenden Weitlaͤufftigkeit verdrießlich zu fallen; will daheronur179des Landes Gvinea. nur dieſes noch hinzuthun / daß der Pater Kircherus wenig Muͤhe brauchen wuͤrde dieſen Leuten einzubil - den / daß gewiſſe Menſchen in den Planeten oder we - nigſtens im Monde leben / drum denn ſie ohne dem ſich einbilden im letzteren einen Mann zu ſehen welcher die Trommel ſchlaͤget.

Vorhin habe ich auch verſprochen das Wort Fe - tiche zu erklaͤren / ſo mercket dannenhero wie viele Bedeutungen obiges Wort habe. Eigentlich kommt es her von ihrer Goͤtzen einem / den ſie nach ihrer Spra - che Fetiche oder auch Boſſum nennen. Wenn ſie nun ihren Abgoͤttern opffern / oder etwas von denſelben erfahren wollen / ſprechen ſie unter einander / laſſet uns einen Fetiche machen / welches ſo viel geſaget / laſſet uns unſern Gott Fetiche zu Ehren einen Dienſt an - ſtellen / und hoͤren oder ſehen was er ſagen wird. Jm - gleichen auch wenn ihnen etwas zu leyde geſchehen / machen ſie einen Fetiche, um ſich auf folgende Art an ihren Feinden zu raͤchen; ſie tragen nemlich Fleiſch / Tranck oder andere Sachen zu dem Feticheer oder Prieſter / daß er ſelbiges beſchweren moͤge / als denn le - gen ſie dieſes dahin wo ſie ohngefehr wiſſen / daß ihr Widerſacher gewohnet ſeinen Weg zu nehmen / feſtig - lich glaubende / im Fall er etwas von dem Beſchwerten beruͤhren ſolte / er alſobald ſeinen Geiſt aufgeben muͤſ - ſe: hingegen dieſer wenn er argwohnet / daß ihm zum Verderben ſolche Stricke geleget / gehet nicht / ſondern laͤſſet ſich daruͤber tragen / damit er ja nichts beruͤhre / denn ſo kan es weder ihm noch ſeinen Traͤgern einigen Schaden zuſuͤgen / weil es keinen andern nachtheilig ſeyn kan / als zu deſſen Verderben es zu gerichtet wor - den / und uͤber dem noch muß beruͤhret werden. Den -M 2noch180Beſchreibungnoch aber iſt dieſes viel ehrlicher als was ich ſonſten von einigen Jtaliaͤnern geleſen / da ſie die Kunſt einen Menſchen zu vergeben trefflich gelernet / ja auch nicht die geringſte Schwuͤrigkeit machen / um ihres Feindes loß zu werden / ſelbſt den Unſchuldigen mit Gifft hin - zurichten; in Warheit fuͤr dergleichen Jtaliaͤniſchen Fetichen bedancke ich mich / und wolte noch viel lieber mit denen Mohren es halten / wenn ſie gleich mir zum Verderben angeleget waͤren.

Eben dieſes thun ſie auch wenn ſie beſtohlen ſind / um den Dieb offenbahr und kund zu mache / damit er zu verdienter Straffe gezogen werden; da ſie nicht weniger ſo feſte an glauben / daß wenn man mit 100. Exempeln das Gegentheil erweiſen wolte / dennoch bey ihnen unmoͤglich Glauben finden wuͤrde / dagegen aber jederzeit neue Urſachen einwenden / im Fall die Sache nicht wohl von ſtatten ginge / ſo wie ſie gehoffet. Dafern aber jemand betroffen wuͤrde / der uͤber die - ſen Werck die beſchworne Sachen ſeinem Feinde zum Fall zu legen begriffen / wird derſelbe hart geſtraffet / bisweilen ſelbſt mit dem Tode / es ſey dann daß er es darum gethan einen Dieb zu entdecken / denn dieſes ſte - het jederman frey. Die Eydſchwuͤre ablegen / heiſſen ſie auch Fetichen machen / denn wenn ſie irgend zu - ſammen gekommen / und ihre gemachte und eingegan - gene Vergleich gegen einander bekraͤfftigen wollen / ſagen ſie / laſſet uns zu Beſtaͤtigung unſerer Freund - ſchafft einen Fetiche trincken / und wenn ſie dieſen Eydes Trunck gethan / ſprechen ſie / daß ich von dieſem Fetiche ſterben mag / ſofern ich nicht allem nach kom - me / was in dieſem Vergleich beliebet worden / da denn alle und jede / welche an dieſem Vergleich Theilhaben181des Landes Gvinea. haben wollen / dergleichen Trunck thun muͤſſen. Wenn auch ein oder ander Land ſich erbietet fuͤr eine gewiſſe Summa Geldes dem andern zu Huͤlffe zu kommen / muͤſſen die Vornehmſten einen Eydes-Trunck thun / und dabey folgende Worte ausſprechen / daß der Fe - tiche uns allen das Leben nehme / wenn wir nicht helf - fen wollen unſeren Feind gaͤntzlich zu verfolgen und zu vernichtigen / dafern es immer moͤglich iſt; allein dieſem ohngeachtet giebet es viel Eydbruͤchige unter ihnen / daß man alſo darauf nicht ſicher gehen koͤnne; inſonderheit / welches zu verwundern / da ſie ſelbſt ih - res Eydes ſich erlaſſen koͤnnen; ſie ziehen das Geld von denen ſo ihrer Huͤlffe benoͤthiget ſind / und gleich - wol thun ſie das Widerſpiel von dem ſo ſie angelobet; denn wie ſie vor ihrem Feticheer oder Geiſtlichen den Eyd ablegen / glauben ſie daß auch eben dieſer Macht habe ſie davon loß zu ſprechen / und alſo nach ei - genem Belieben thun und laſſen koͤnnen. Zwar wer - det ihr vermuhtlich auf die Gedancken kommen / daß dieſes ſehr nach dem Pabſtthum ſchmecke / und gewiß nicht unbillig / dennoch aber verhaͤlt es ſich nicht an - ders. Es ſind aber in kurtzer Zeit die Mohren ſo ſchlau geworden / daß wenn ſie einen gemachten Ver - gleich mit den Eyde beſchweren ſollen / zuvorderſt ihren Feticheer trincken und anbey ſchweren laſſen / daß der Fetiche ihn toͤdten ſolle / wenn er jemand ins be - ſondere ohne Genehmhaltung aller andren ſeines Ey - des erlaſſen wolle; haben auch ſo viel dadurch zu wege gebracht / daß dergleichen abgelegte und beſchworne Freundſchafften und Verbindnuͤſſe unverbruͤchlich gehalten werden. Wollet ihr nun wiſſen / was ſie von denen halten ſo einen falſchen Eyd thun / ſo bild enM 3ſie182Beſchreibungſie ſich ein / es muͤſſen dieſe ploͤtzlich von dem genom - menen Fetiche aufgeblaſen werden / ſo lange bis ſie berſten / oder doch zum wenigſten durch eine auszehren - de Kranckheit zum Tode eylen / in die erſte Straffe glauben ſie inſonderheit die Weiber verfallen zu ſeyn / wenn ſie eines Ehebruchs beſchuldiget ſich mit einem Eyde rechtfertigen muͤſſen / welches mir eben ſo vor - kommt / als diejenige herbe oder Eyferſuchts-Waſſer (dafern mir einen Vergleich hieunter zu machen er - laubet /) welche im alten Teſtament denen wegen Ehe - bruch beruͤchtigten Weibern pflegten gereichet zu werden.

Unvermerckt bin ich von der Religion der Moh - ren auf ihre Eydſchwuͤre gekommen / gleichwie aber der Eyd als ein Stuͤck zur Religion gehoͤrig anzuſe - hen / als muß ich etwas weitlaͤufftiger davon ſchrei - ben. Wenn jemand eines Diebſtahls beſchuldiget / gleichwol die angefuͤhrten Beweiß-Gruͤnde nicht klar genug ſind / muß Beklagter mit einem Eyds-Trunck ſeine Unſchuld an den Tag legen / und folgende Worte ſich bedienen / daß ihn der Fetiche toͤdten wolle ſofern er ſchuldig ſey deſſen was man ihm uͤberfuͤhren will. Nun giebet es zwar unterſchiedliche Arten ſo bey de - nen Mohren in Beeydigungen uͤblich ſind / dennoch aber wuͤrde euch nicht weniger verdrießlich als mir muͤhſam ſeyn / wenn ich alle dieſe anfuͤhrete / darum will ich nur einer gedencken / welche ſie fuͤr die hoͤchſte und wichtigſte Begebenheiten alleine uͤbliche ausge - ben / dannenhero mercket dieſelbe. Einjeder Feti - cheer oder Geiſtlicher hat ſeinen beſonderen Goͤtzen / auch auf beſondere Art zugerichtet. Die meiſten aber beſtehen aus einem groſſen hoͤltzern Gefaͤß mit Erde /Oͤhl /183des Landes Gvinea. Oͤhl / Blut / und allerhand Gebeinen von Menſchen und Viehe / Federn / Haaren / kurtz mit allerhand Miſt und Koht angefuͤllet / ſie brauchen auch keine Statua oder erhoͤhetes Bild / ſondern laſſen es ſo eins durchs ander in gemeldten Gefaͤß oder Calabas. Derjenige nun / welcher vor dieſem Goͤtzen ſchweren ſolle / ſtellet ſich gegen dem Gefaͤße uͤber / und befraget den Geiſt - lichen um den Nahmen des Goͤtzen / weil nemlich (wie allbereit erinnert) ein jeder ſeinen eigenen verehret; alsdenn entdecket dieſer denſelbigen / und ruffet jener den Goͤtzen bey Nahmen / erzaͤhlet auch nach der Reihe alles daher was er im Sinne hat zu beeydigen / mit an - gehaͤngter Bitte / er wolle ihn toͤdten daferne er ſeinem Schwur nicht nach kommen wuͤrde; hierauf gehet er rund um das Gefaͤß und bleibt an vor bemeldtem Orte ſtehen / ſaget ſeinen Eyd noch einmahl daher und wie - derholet ſolches zu drey unterſchiedlichen mahlen. Fol - gends nimmet der Geiſtliche etwas aus obbemeldtem Gefaͤß / reibet damit den Kopff / Arme / Bauch und Beine desjenigen welcher geſchworen / endlich haͤlt er es ihm uͤber das Haupt / kehret ihn dreymahl herum / und ſchneidet ihm die Naͤgel ab von Haͤnden und Fuͤſ - ſen / mit etwas Haaren / leget alles in das Gefaͤß wo der Goͤtze ſeine Wohnung hat / und macht damit dem ſchweren ein Ende.

Jm Fall auch die Mohren Krieg / Handlungen / weite Reyſen / oder andre Sachen von einiger Wich - tigkeit unternehmen wollen / gehen ſie zuvorderſt bey ihrem Feticheer ſich Rahts erholend / ob auch ihr Fuͤrnehmen ein gluͤckliches Ende gewinnen werde; der Goͤtze giebet ihnen alſobald insgemein gute Hoffnung / und weiſſaget ihnen ſehr ſelten etwas boͤſes; ſo daß ſieM 4alle184Beſchreibungalle dasjenige fuͤr richtig und gethan in der groſſen Blindheit annehmen was ihnen der Feticheer im Nahmen des Goͤtzen andeutet / machen auch nicht die geringſte Schwuͤrigkeit allem gewiß nachzuleben / das iſt ihrem Goͤtzen zu opffern / Schaaffe / Schweine / Huͤhner / Hunde und Katzen; bisweilen Kleider / Wein / Gold / nachdem nemlich der Geiſtliche dieſes oder jenes zu ſeiner Nohtdurfft brauchet; denn dieſer behaͤlt alles / und giebet an deſſen Statt dem Goͤtzen nichts als Miſt / und das Gedaͤrm vom geſchlachteten und geopferten Viehe; ohne was ihm noch fuͤr den Dienſt des Opffers an Geld muß gereichet werden / damit er ſeine Muͤhe fuͤr das biſchen Fragen an den Goͤtzen bezahlet bekomme.

Wenn nun der Geiſtliche guͤnſtig iſt / demjenigen welcher etwas bey den Goͤtzen erfragen will / hat er zweyerley Handgriff ſelbiges in des andern Beyſeyn zu bezeugen; entweder mit einem Buͤndlein von ohn - gefehr 20. langen und ſchmalen Stuͤcklein Leder / in deſſen Mitte ſie von obbemeldten Sachen aus dem Ge - faͤſſe etwas zuſammen binden / und einige Gluͤck / die andre Ungluͤck bedeuten. Dieſes Buͤndel wirffet der Feticheer unterſchiedliche mahl in die Hoͤhe / wenn im herunterfallen lauter Gluͤck bedeutende Sa - chen zuſammenkommen / hat der Fragende ein groſ - ſes Gluͤck zu hoffen. Doch muß man mercken / daß der Geiſtliche dieſes ſo offt thun kan als er ſelbſt will / und wenn lauter ungluͤckliche Sachen zuſammen ſich gefunden / eintzig an dem Geiſtlichen fehle / welcher von dem Fragenden noch mehrere Opffer-Gaben ver - langet; nicht anders / als wenn der Goͤtze erzuͤrnet / auf ſolche Art muͤſte befriediget werden; dadurch der Geiſt -liche185des Landes Gvinea. liche doppelten Gewinſt ziehet. Die andre Art den Goͤtzen zu befragen iſt dieſe / wenn der Geiſtliche un - terſchiedliche Nußkerne vom wilden Nußbaum unge - zaͤhlet in die Hand nimmt und ſelbige auf die Erde fallen laͤſſet / nachgehends zaͤhlet ob es gleich oder un - gleich iſt / da mit die Geiſtlichen trefflich behende ſind. Mit einem Wort / es iſt nichts was ſie dieſen leicht[-]glaͤubigen Menſchen nicht uͤberreden / oder auf dieſer ihre Unkoſten ſich reich zu machen nicht allerhand Li - ſte anwenden koͤnnen: doch iſt die meiſte Urſach von dieſer ihrer Leichtglaͤubigkeit dieſe / daß ihre Geiſtlichen insgemein liſtige Betrieger / die ſchoͤnſte Gelegenheit haben ſie zu betriegen oder zu blenden / denn im Fall ihre Weiſſagung nicht eintrifft / haben ſie allezeit dieſe Entſchuldigung vor ſich / daß man nicht in acht ge - nommen / was doch haͤtte geſchehen ſollen / und dahero von dem erzuͤrnten Goͤtzen kein guter Ausgang der Sache verliehen worden. Da iſt nun kein Menſch der dieſes nicht ohne einigen Bedacht in der groͤſten Blindheit annehmen / oder die Geiſtlichen viel weni - ger einer Luͤgen ſtraffen wuͤrde / wenn auch das gantze Land daruͤber zu truͤmmern ginge / denn dieſe wiſſen ſich allezeit ſehr artig heraus zu wickeln. Geſchichet es aber / daß ihre Worte eingetroffen / werden ſie vor die heiligſte Leute von der gantzen Welt gehalten / und muß an ihren reichlichen Belohnungen nichts fehlen.

Jhren Gottesdienſt koͤnnte man nicht unbillig ei - nen allgemeinen nennen / weil derſelbige in einem gan - tzen Land oder Dorff gehalten wird / wenn es unfrucht - bahre Jahres-Zeiten giebet / entweder den Regen vom Himmel zu erbitten / oder denſelbigen abwendig zu machen / wenn er allzuhaͤuffig einfaͤllt. Alsdenn ver -M 5ſamm -186Beſchreibung. ſammlen ſich die Vornehmſten des Landes oder Dorf - fes / und befragen ſich bey den Geiſtlichen was zu thun ſey / damit ſie von ihrer Plage befreyet werden / welche denn nach Gelegenheit der Zeit antworten; da ſelbi - ges an Statt eines Oraculs aufgenommen / und uͤber das gantze Land kund gemachet wird / damit ſich einjeder der gegebenen Antwort gemaͤß in Thun oder Laſſen betragen koͤnne / ſo gemeiniglich ſehr laͤcherlich heraus - kommt / nicht deſtoweniger Ubertretere in harte Geld - Straffe verfallen.

Wenn auch der Fiſchfang ſehr ſchlecht / opffern ſie dem Meer; ſo faſt allezeit in dem Monat Auguſto oder September zu geſchehen pfleget / angeſehen ſie aus der Erfahrenheit wiſſen / daß um dieſe Zeit die meiſten Fiſche gefangen werden / gleichwol ſchreiben ſie dieſes alleine ihrem opffern zu. Ja es iſt faſt kein Dorff welches nicht ſein nahe gelegenes Gehoͤltze hat / daſelbſt die Vornehmſten zum opffern ſich einfinden / entweder fuͤr alle insgemein / oder auch fuͤr ſich ins be - ſondere. Dergleichen Gehoͤltze halten ſie fuͤr heilig / haben auch ausdruͤckliche Befehle / damit ſie niemand entheilige / oder mit abhauen derer Zweige beſchaͤdi - ge / dafern man nicht uͤber die angeſetzte Straffe ſich einen allgemeinen Fluch auf den Hals ziehen wolle.

So hat auch einjeder er ſey maͤnnliches oder weib - liches Geſchlechtes ſeinen beſonderem Goͤtzen / dem ſie zu Ehren einen gewiſſen Tag in der Wochen an wel - chem ſie nemlich gebohren / widmen / welchen ſie Boſ - ſum nennen / oder auf Portugieſiſch Santedag, und an ſelbigem ſich alles Palmenweins enthalten / in weiſ - ſer Kleidung erſcheinen / und zum Zeichen ihrer Rein - ligkeit ſich mit weiſſer Erde reiben. Ohne dieſen bege -hen187des Landes Gvinea. hen noch der meiſte Theil einen andern in jeder Wo - che / da ſie ein Huhn / oder ſo es bemittelte Leute ſind ein Schaaf abſchlachten / welches ſie opffern / das iſt allein mit dem Munde bekennen / denn ſie eſſen es gantz auff / glaubende es ſey genug mit Worten ihrem Goͤ - tzen daſſelbe geopffert zu haben. Der Eigenthums - Herr bekommt am allerwenigſten davon / denn ſeine Gefreundete und Anverwandten finden ſich in groſſer Anzahl ein / und ſuchen einjeder wenigſtens ein Stuͤck davon abzuſchneiden / welches alſobald in dem Topf gekochet wird / ohne darauf zu ſehen ob es geſaubert ſey oder nicht: die Gedaͤrme ſchneiden ſie in Stuͤcken / nehmen den Miſt mit den Fingern in etwas heraus / alsdenn laſſen ſie es mit Blut / mit all ohne abgewaſchet kochen / mit dem Hertze und Leber / thun ein wenig Saltz und Malaget oder Pulver von Gvinea hinzu / und nennen dieſes Gericht Eyntzeba, feſtiglich ſich einbildende / es ſey kein delicaterer Biſſen unter der Sonnen zu finden.

Es wuͤrden ohne Zweiffel dafern die Mohren zum Chriſtlichen Glauben zu bringen waͤren / am beſten von den Roͤmiſch-Geſinneten bekehret werden / ange - ſehen ſie mit denſelben in vielen Stuͤcken uͤberein kom - men / wo nicht in den Haupt-Artickeln (darinnen noch ein mercklicher Unterſcheid) dennoch zum wenigſten in ihren Ceremonien: denn wie die Roͤmiſch-Catho - liſchen zwey Tage in der Woche kein Fleiſch eſſen / alſo enthalten ſich die Mohren auch zwey Tage des Weins / ohngeachtet ſie deſſen als groſſe Liebhaber nicht wohl entbehren koͤnnen. Wie auch die Roͤmiſche Kirche zu gewiſſer Zeit Fleiſch zu genieſſen verboten; ſo gehen die Mohren noch weiter / und iſt einen jeden ins beſon -dere188Beſchreibungdere verboten gewiſſes Fleiſch zu eſſen / der eine muß kein Schaaff - der andere kein Ziegen - der dritte kein Schweine - der vierte kein Kuͤhefleiſch zu ſich nehmen / und alſo folglich in uͤbrigen Fleiſch-Speiſen ſich ver - halten / und ſolches nicht nur einen Tag / Monat oder Jahr / ſondern die gantze Lebenszeit uͤber. Was wol - len demnach die Roͤmiſchen auf das Alterthum ihrer Religion ſich ſteunen / die Mohren gehen ihnen weit zuvor / denn gefraget ſeynde warum ſie dieſes oder je - nes Fleiſch nicht eſſen / geben ſie zur Antwort / es haͤt - ten ſolches ihre Vorfahren auch nicht gegeſſen / und verſtehen dadurch diejenige / welche lange Jahre vor ihnen / und vor Erſchaffung der Welt gelebet / ſo daß ſie dieſes durch muͤndliche Erzehlung von Geſchlecht auf Geſchlecht erlernet. Darum folget der Sohn dem Vater / die Tochter der Mutter / das iſt der Sohn iſſet nicht was dem Vater / die Tochter was der Mut - ter verboten / und nehmen das ſo genau in acht / daß ſie auf allerhand Art und Weiſe davon nicht abzubrin - gen ſeynd.

Jch habe allbereit oben erinnert / was das Wort Fetiche bedeute / daß es eigentlich zur Religion ge - hoͤrig / oder wenigſtens daher ſeinen Urſprung nehme. Ehe ich anitzo weiter gehe / und ſage / was ſie weiter un - ter dem Worte verſtehen wollen / und wie ſie ihre Goͤ - tzen abbilden / muͤſſet ihr mercken / daß alle diejenigen / es mag ſo geringe ſeyn als es immer wolle / was ſie zu Ehren ihres Goͤtzen machen / Fetiche genennet werde / dannenhero auch das Gold / davon oben Meldung geſchehen / ſeinen Nahmen fuͤhret.

Was ſie aber durch ihren Goͤtzen oder Fetichen abbilden wollen / habe ich bis noch zur Zeit nicht ent -decken189des Landes Gvinea. decken koͤnnen / weil ſie es ſelbſt nicht wiſſen; Alles was ich davon ſagen kan / iſt / daß ſie an eine groſſe Anzahl von Goͤtzen glauben / ſintemahl einejede Per - ſon / oder wenigſtens jede Familie, ſeinen eigenen hat; Anbey ſich einbilden / es geben dieſe Goͤtzen genaue Acht auf all ihr Thun und Laſſen / das Gute zu beloh - nen / das Boͤſe aber zu ſtraffen; Die Belohnung be - ſtehe in Vielheit der Weiber und Sclaven; die Be - ſtraffung hergegen in deren Mangel / dennoch aber halten ſie den Tod vor die haͤrteſte Straffe / und fuͤrch - ten ſich ungemein davor / daß ſie auch bloß aus Furcht gegen dieſen in ihrer Abgoͤtterey ſo emſig / gewiſſen Fleiſches ſich enthalten / damit ſie (wie ſie ſich einbil - den) ja nicht des Todes ſeyn moͤgen / im Fall ſie ſol - ches beruͤhren.

Mord / Ehebruch / Dieberey noch andere derglei - chen Laſter halten ſie vor keine Suͤnde / ſintemahl ſie vor ein gewiſſes Geld ſich loskauffen konnen / nicht aber alſo mit dem verbotenen Fleiſch Eſſen / denn die - ſes wird vor das groͤſſte Verbrechen angeſehen. Ei - ne nicht ungleiche Beſchreibung giebet uns der Herr Friederich Cojet von den Einwohnern der Jnſul Formoſa.

Was nun das zukuͤnfftige Leben anbelanget / ſind die Mohren nicht einerley Meynung; die meiſten glauben / daß der Menſch gleich nach ſeinem Abſter - ben in die ander Welt gehe / daſelbſt in voriger Ehre und Wuͤrde wieder anfange zu leben / da ihm alles zu gute kommt / was ihm von ſeinen Anverwandten auf - geopffert wird; haben alſo nach dieſem Leben wenig Gutes zu hoffen / oder Boͤſes zu fuͤrchten / ausgenom - men einige / ſo feſtiglich glauben / daß der Abgelebtealſo -190Beſchreibungalſobald an ein bekandtes Waſſer gebracht werde / welches tieff im Lande ſich unter den Nahmen Bos - manqve findet / (ſonder Zweiffel muͤſſen ſie hiedurch die Seelen verſtehen / denn den Leib ſehen oder behalten ſie bey ſich /) und alda von einem Goͤtzen gefraget wer - de / wie er zeithero in der Welt gelebet; dafern er nun ſeinem Abgott reichlich und fleißig geopffert / niemahls eyd-bruͤchig worden / auch kein verbotenes Fleiſch zu ſich genommen / laͤſſet ihn der Goͤtze allgemach mit Ge - lindigkeit uͤber den Fluß heruͤber / und geleite denſelben in ein ſehr koͤſtliches Land / dem Paradies des Maho - mets nicht ungleich; Waͤre es aber / daß der Todte von verbotenem Fleiſch genoſſen / auch die dem Goͤ - tzen gewidmete Tage nicht fleißig in acht genommen / ſtuͤrtzet er denſelbigen ins Meer / erſauffe denſelben / und ſey alſo ſeiner in Ewigkeit vergeſſen.

Noch andere meynen / daß der Todte in das Land der Europaͤer verſetzet / wieder in weiſſe Leute verwan - delt werden / welche denn einiger maſſen mit des Py - thagori ſeiner uͤbereinſtimmet / und zur Genuͤge be - weiſet / wie hoch ſie die weiſſen Leute in Ehren halten.

Uberdem wiſſen diejenigen Mohren / ſo tieff aus dem Lande kommen / denen unter uns wohnenden gar fuͤglich einzubilden / es halte ſich bey ihnen ein groſſer Feticheer in einem praͤchtigen Hauſe auf / von dem ſie ſehr ſeltſame Dinge erzehlen / daß er nemlich nach eigenem Belieben und Wohlgefallen das Wetter aͤn - dern koͤnne; ſein Haus aber waͤre unbedecket gleich - wol niemahls vom Regen incommodiret; daß er auch alle vergangene und zukuͤnfftige Dinge ſo genau wiſſe / als wenn er ſelbſt zu gegen geweſen; imgleichen auch allerhand Kranckheiten heile / ja mit einem Wortſo191des Landes Gvinea. ſo viel Wunder thue / daß der Vater Marcus von Acrano mit dieſem in keine Vergleichung komme; ſie ſagen auch / daß alle diejenigen / ſo hier ablebig wer - den / vor dieſen groſſen Feticheer erſcheinen muͤſten / welcher auf geſchehener Frage / und Befinden / daß ſie gut gelebet / dieſelbige in Frieden zum Genuß aller Gluͤckſeligkeit / von ſich laͤſſet; im gegentheil aber die - ſelbige zum zweyten mahl ſterben laͤſſet / wenn ſie nem - lich ein boͤſes Leben gefuͤhret / durch ein gewiſſes dazu verfertigtes Holtz / welches er jederzeit vor ſeine Thuͤre hangen habe / um ſich in vorfallender Begebenheit deſ - ſen bedienen zu koͤnnen. Sehet ihr demnach / mein Herr! gar leicht / welcher Geſtalt dieſer Mohre geeh - ret / und von ſeinen Landes-Leuten gefuͤrchtet werde / indem ſie ihn bey Lebe-Zeiten vor einen halben Gott annehmen / denn dergleichen Liſtigkeit hat derſelbe er - funden / um ſich in ſolch Anſehen zu ſetzen. Nehmet es aber nicht vor ein Maͤhrlein von undencklichen Zei - ten auf / welches ihr jetzo von mir hoͤret / mit nichten / denn der Geiſtliche lebet noch dieſe Stunde / da ich die - ſes ſchreibe / und die daher kommende Mohren erzehlen uns taͤglich neue Wunder von ihm.

Jhr koͤnnet hieraus urtheilen / daß die Mohren nicht gar zu weit abgehen von denen / ſo gar vieles auf Zauberer / Schwartzkuͤnſtler und ſolche Leute geben / die viele Wunder ausuͤben. Sie glauben in War - heit ſehr feſt daran / wiewol gantz anders / als viele un - ter uns / die wir davor halten / daß ein Zauberer ohne Beyhuͤlffe des Teuffels nichtes thun koͤnne; Die Mohren hergegen gantz andere Meynung / halten die Zauberey vor ein Geſchencke GOttes / da doch alles / was ſie Zauberey nennen / lauter Betriegereyen ſeyn /und192Beſchreibungund gleichwol ſolche groſſe Wunder daraus machen / angeſehen ſie nicht bemuͤhet ſind / den Betrug nach zu ſinnen / vielweniger denſelben zu entdecken / ſondern bekennen ohne einige Schwuͤrigkeit / daß dieſes keines Menſchen Thun ſey / und weil ſie dem Teuffel die Ehre nicht geben wollen / nennen ſie es eine Gabe GOttes; Und ſo will ich auch / dafern Menſchen Wunder thun koͤnnen / mit den Mohren feſtiglich glauben / daß es von GOtt und nicht vom Teuffel her - komme.

Erhellet demnach daß ſie auch einen Teuffel glau - ben / und zwar ſolchen / der ihnen oͤffteren Schaden zufuͤgen koͤnne / nicht aber / wie einige Scribenten vor - geben wollen / denſelben anbeten / vielweniger mit Opffern beehren. Zwar erinnere ich mich / in dem Buch des O. D. geleſen zu haben / daß die Mohren niemahls eſſen oder trincken / ſie werffen denn zuvor etwas auf die Erde vor den Teuffel / allein es hat der - ſelbe hierin ſehr geirret / zumahlen zwar / ehe ſie noch einen Biſſen in den Mund ſtecken / etwas auf die Er - de ſtreuen / nicht aber vor den Teuffel / ſondern entwe - der vor ihre Goͤtzen / oder verſtorbene Freunde.

So haben ſie auch eine gewiſſe Zeit im Jahr / da ſie den Teuffel bannen aus alle ihren Doͤrffern / und zwar mit wunderlichen Ceremonien / die ich zu zweyen unterſchiedlichen mahlen in Axim, da dergleichen am oͤffterſtern zu geſchehen pfleget / mit angeſehen. Acht Tage vorher begehen ſie ein gewiſſes Feſt / an welchem ſie mit allerhand Luſtigkeiten / inſonderheit Singen und Springen / ſich froͤlich erzeigen / auch ohne Beyſorge in Straffe zu verfallen / alles was ſie nur wiſſen / ſelbſt allerhand veruͤbte Boßheiten / Betrie -gerey -193des Landes Gvinea. gereyen und Schelmſtuͤcke von einander ſingen oder ſagen doͤrffen / da denn kein beſſer Mittel iſt / ſie zum Stillſchweigen zu bringen / als wenn man ihnen tapf - fer einſchencket / und nach eigenem Belieben trincken laͤſſet / denn ſo ſcheuen ſie ſich ihres Gutthaͤters Untu - genden zu eroͤffnen / viel weniger abzuſingen / im Ge - gentheil aber zu Herausſtreichung und tauſendfachem Lob ſeiner herrlichen Tugenden bewogen.

Den letzten achten Tag / Vormittag fangen ſie an mit entſetzlichem Geſchrey einer hinter dem andern her zu lauffen und den Teuffel zu verjagen / mit Steine / Holtz und allem Koht oder Miſt was ſie nur erwiſchen koͤnnen / auf ihn zuwerffend / und denſelben verfolgend; bis ſie nach einiger Zeit von einander / und einjeder nach Hauſe gehet / womit das Teuffels-Feſt ein Ende nimmt. Gleichwol iſt zu mercken / daß ſie auch mehr als einen Teuffel ſtatuiren / angeſehen zu eben derſel - ben Zeit in mehr als hundert Doͤrffern eben derglei - chen Feſte gehalten werden. Damit auch keiner in ihren Haͤuſern ſich verbergen moͤge / ſind ihre Weiber ſo vorſichtig / daß ſie alle irrdene und hoͤltzerne Gefaͤß / von aller Unſauberkeit reinigen / auswaſchen und aus - ſpuͤlen laſſen / damit ja der Teuffel nicht irgendwo ſi - tzen bleibe.

Eben dergleichen Gewonheit iſt auch bey denen im Lande von Ante uͤblich / allein dieſe mahlen den Teuf - fel noch viel boͤſer und gefaͤhrlicher ab als die zu Axim: glaubende es ſey ein Rieſe / welcher an dem einen Theil ſeines Leibes friſch und geſund iſt / am andren aber gantz verfauletes und verdorbenes Fleiſch habe / ſo daß wenn jemand von ihm beruͤhret wuͤrde / ſelbiger ploͤtz - lichen Todes ſterben muͤſſe: dannenhero ſie dergleichenNUn -194BeſchreibungUngluͤck zu verhuͤten / den Teuffel ſuchen zum Freunde zu behalten / indem ſie ihn mit Eſſen reichlich verſor - gen / dahero uͤnterſchiedliche Gefaͤſſe in groſſer Anzahl mit allerhand Fleiſch-Speiſen angefuͤllet / im gantzen Lande zu ſehen / eintzig zu dem Ende / daß der boͤſe Feind vergnuͤgt ſeyn moͤge; in Warheit es muͤſte derſelbe un - gemein fraͤßig und hungrig ſeyn / dafern ihm ſo viele Gerichte den Hunger nicht ſtilleten.

Ebener maſſen glauben ſie auch an die Erſcheinun - gen und Geſichter der Geſpenſter / daß nemlich dieſe den Menſchen zu qvaͤlen / oͤffters auf der Erden ſich ſe - hen lieſſen. Ja ſo bald ſtirbt keiner der etwas in An - ſehen gelebet / ſo machen ſie ſich unter einander furcht - ſam / ſagende / es lieſſe ſich ſein Geiſt einige Naͤchte nach einander bey ſeinem Hauſe finden.

So haben die Mohren auch eigentlich nur zwey Feſte / das erſte wenn ſie ihre Fruͤchte eingeſammlet / welches wir Carmeſſe nennen. Das andre wenn ſie den boͤſen Feind aus ihren Doͤrffern verbannen.

Von denen Abtheilungen des Jahres in gewiſſe Monaten / und dieſer in Wochen / wiſſen ſie nicht mehr als was ſie von uns gelernet / ſondern rechnen die Zeit ab bey den Lauff des Monden / wenn das Land gebauet / und die Frucht geſaͤet werden muß. Dennoch aber bilde ich mir ein / ſie muͤſſen ſchon vor langer Zeit von Wochen und Tagen gewuſt haben / weil nemlich ein - jeder Tag in ihrer Sprache ſeinen beſondern Nahmen fuͤhret. Wenn wir unſern Dingſtag haben / ſo fey - ren ſie ihren Sonntag; in Ante aber halten ſie ihn des Freytags wie die Mahometaner / es beſtehet aber ihr gantzer Gottesdienſt hierinnen / daß ſie verbieten kein Menſch ſolle ſich auf dem Meer Fiſche zu fangen / ſehenlaſſen;195des Landes Gvinea. laſſen / da doch alle uͤbrige Haus-Arbeit zu verrichten / jederman erlaubet iſt.

Diejenige aber von Mohren / welche tieffer im Lan - de wohnen / theilen ihre Zeit in gluͤckliche und ungluͤck - liche. Jn einigen Oͤrtern dauret die groſſe gluͤckſelige Zeit 19. Tage / die kleine aber 7. (denn man muß hier - unter noch einen Unterſcheid mercken) innerhalb die - ſer Zeit rechnen ſie ſieben ungluͤckliche Tage eigentlich zu ihrem Muͤßiggang und voͤlligen Ausruhung; weil ſie alsdenn weder reyſen / noch ſich ins Feld wagen / oder ichtes merckliches unternehmen / ſondern gantz ſtille mit denen Haͤnden im Schooſſe ſitzen bleiben. Doch ſind die zu Aquamboe hierinnen inſonderheit ſehr aberglaͤubiſch / denn dieſe nicht nur ſtillſitzen / ſondern auch ſo gar von keinem Menſchen etwas annehmen / und das Geſchenck entweder zuruͤck weiſen / oder an - derswo verwahren laſſen / bis die 7. Ungluͤcks-Tage verfloſſen ſind.

Nun weiß ich nicht zu ſagen wer doch der Urheber dieſer Zeit Eintheilung geweſen / mercket aber was ich davon halte; es mag vielleicht jemand von ihren vor - nehmſten Haͤuptern zu unterſchiedlicher Zeit ſehr gluͤck - lich und ungluͤcklich geweſen ſeyn / welcher darnach ſein Leben eingerichtet / welches von einem oder andren nachgefolget / und endlich in eine Landes Gewonheit verwandelt worden. Dennoch aber findet ſich in un - terſchiedlichen Laͤndern eine groſſe Ungleichheit / zumah - len dieſe Zeit allein bey dieſen gluͤcklich / bey denen an - dern aber ungluͤcklich iſt; ja gar diejenige Mohren am Strande wohnhafft faſt keinen Unterſcheid in der Zeit machen / und die eine ſo gluͤcklich halten als die andre.

Es bedienen ſich auch die Mohren keiner Bilder imN 2gan -196Beſchreibunggantzen Lande / wiewol im Lande von Ardra eine un - glaubliche Anzahl unterſchiedener Bildniſſe von ihren Goͤtzen zu ſehen. Anitzo glaube ich genug geſprochen zu haben von der Mohren Religion, und will ich demnach nichts mehr hinzuthun / als daß ſie ungemein aberglaͤubiſch ſeynd / ſo bald ſich etwas fremdes mer - cken laͤſſet / nehmen ſie es alſo fort fuͤr ein groß Wunder - werck an / und koͤnnte ich viele Exempel Zeit meiner An - weſenheit geſchehen / anfuͤhren / wenn ich nicht um meh - rere Weitlaͤufftigkeit zu vermeiden / eines urtheilete ge - nung zu ſeyn.

Jm Jahr 1698. Monats Novembris, wurde der Koͤnig von Commani, einer unſerer groͤſten Feinde zu Cabocors von denen Engellaͤndern ums Leben ge - bracht; bald darauf ſtarb unſer vornehmſte Kauffmann zu Elmina, alſobald machten die Mohren dieſen Schluß / es haͤtte der Koͤnig dieſen unſern Kauffmann zu ſich in die Eliſæiſchen Felder nachgeholet / um ſich an den unſrigen zu raͤchen / damit was er im Leben an einem oder andern Vornehmen nicht ausrichten koͤn - nen / dennoch im Tode nicht nachbliebe / und wir uͤber ihr Ungluͤck nicht Urſach zu frohlocken. Sehet wie weit dieſer Leute Aberglauben ſich erſtrecket. Darum muß man ſie nur dabey laſſen / weil ſie nicht davon ab - zubringen. Jch ſchlieſſe / mit der Verſicherung daß ich unveraͤndert bleibe. ꝛc.

Ende des zehenden Briefes.
Eilff -197des Landes Gvinea.

Eilfftes Send-Schreiben.

Von der Regierung der Mohren / wie dieſelbige wegen des geringen Anſe - hens derer Caboceros ſehr unordentlich; von dem Unterſcheid zwiſchen einer Monar - chie und Republic; aus welchen das Regi - ment zu Axim beſtehe / wie die Gerechtig - keit gepfleget / und wie unterſchiedlich Un - gluͤck dabey vorgehet; wie weit man denen Zeugen im Gericht Glauben gebe; was der Ober-Kauffmann zu Axim fuͤr Anſehen ha - be / wie der Mord und Diebſtahl beſtraffet / wie und warum auch die Verſchonung ſol - cher Leute nicht ſtraffbahr; und mit was Straffe diejenige beleget / welche Menſchen oder Viehe ſtehlen; was das Richter-Am̃t dem Ober-Kauffmann zu Axim einbrin ge / wie ſelbiges zu verſtehen; wie unbillig ſich einige ihre Schulden bezahlen laſſen / und was fuͤr Kriege dadurch entſtanden; war - um und aus was Urſachen ſie bisweilen Kriege fuͤhren muͤſſen; wie der Krieg mit wenigen Unkoſten fortgeſetzet / und die Mohren am Strande des Meers wohn - hafft ſehr ſchwach und unvermoͤgend / wie leichtfertig und unbeſtaͤndig ſie ſind / wie ſie im Krieg ſich halten / und was ſie fuͤr BeuteN 3ma -198Beſchreibungmachen / was ihre Geiſtliche im Kriege fuͤr Anſehen haben / was ſie fuͤr Waffen brau - chen / wie maͤchtig ihre Koͤnige / und in was Ehre ſie ſtehen / was und wie hoch ihre Ein - kuͤnffte / was einige arme Leute ſich unter ihnen finden / wie ihre Kinder ſo uͤbel erzo - gen / und endlich worin das Am̃t des Koͤni - ges oder einer andern vornehmen Perſohn beſtehe.

Mein Herr!

JCh habe einen Brief vom 4. Octob. welchen ihr mir zuzuſenden die Ehre gegeben / eigen-haͤndig empfangen / und zwar durch das in wenig Zeit allhier angelangte Schiff / den fliegenden Dragoner / welches mit allem Recht ſolchen Nahmen zu tragen durch ſei - ne geſchwinde Reyſe ſattſam bezeuget hat / nur waͤre zu wuͤnſchen / daß zu gewiſſer Zeit derſelbige etwas langſamer fliegen moͤchte / wenn ihn nemlich unſere Schiffe verfolgen / denn aber ſcheinet er an ſtatt zwey gar vier Fluͤgel zu haben / und im Augenblick auſſer dem Geſicht zu kommen. Jedennoch weil wir ihn niemahls koͤnnen einholen / ſo will ich ihm eine gluͤckli - che Reyſe wuͤnſchen. Jch habe daraus mit nicht ge - ringem Vergnuͤgen erſehen / daß ihr allbereit vier von meinen Briefen ſo von dieſem Lande handeln erhalten / und inſonderheit weil ihr geſtehet / daß euch die Be - ſchreibung des Krieges von Commani nicht unange - nehm geweſen. Jhr geſtehet auch fuͤr meine gehabte Muͤhe Danck ſchuldig zu ſeyn / gleichwol verlanget ihr auf eben ſelbige Art noch mehr zu erfahren / und lobetdes -199des Landes Gvinea. deswegen meinen Fleiß um mich dazu anzutreiben. Zwar kan ich nicht in Abrede ſeyn / daß dieſes ein zu - laͤngliches Mittel von anders geſinneten Gemuͤthern etwas zu erhalten / als eben von mir / denn da mir zur Gnuͤge bekandt iſt / mit was wenigem Recht ich euer Lob verdiene / verſichere ich daß wenn ich meine Arbeit fortſetze / es aus keinem andern Abſehen geſchehe / als euch einen Gefallen da mit zu erweiſen / angeſehen in Erinnerung ſo vieler an euch ſchuldigen Erkenntligkeit / mich gezwungen finde / nichts was zu eurem Vergnuͤ - gen dienlich ſeyn kan / zu unterlaſſen. So ſoll dem - nach gegenwaͤrtiges Schreiben eine Probe ſeyn / daß ich bereit ſey dasjenige zu thun / was ich glaube euch nicht unangenehm zu ſeyn; weil ich auch nicht weiß / ob ich ſo bald Gelegenheit haben werde an euch zu ſchrei - ben / will ich etwas weitlaͤufftig ſeyn / auch ſo viel Sa - chen als fuͤr zwey andere Brieffe genug waͤre / zuſam - men tragen.

Jnſonderheit aber ſoll mein itziges Abſehen auf das Regiment ſelbſt / die Handhabung der Gerechtigkeit / und die Kriege derer Mohren gerichtet ſeyn / doch wer - de ich auchnicht gar zu viel davon melden / we[il]ich all - bereit oben von den zwey erſten Puncten gehandelt / von dem letztern aber bey der Beſchreibung Commani Erinnerung gethan habe. Zuletzt am Ende des Brie - fes / will ich mich bemuͤhen der Mohren Koͤnige recht nach ihren Leben / Farben / in aller ihrer Pracht und Herrligkeit euch vorzuſtellen.

Anlangend nun das Regiment der Mohren / iſt daſ - ſelbige ſehr uͤbel ein gerichtet / weil diejenige ſo das Regiment in Haͤnden haben / ich meyne die Caboce - ros in ſehr ſchlechten Anſehen / dadurch vermittelſt derN 4boͤſen200Beſchreibungboͤſen Regierung wie auch ungereimten gerichtlichen Urtheilen allerhand Urſach zum Kriegen gegeben wird.

Jn Warheit findet ſich ein groſſer Unterſcheid in Juſtitz-Sachen / zwiſchen einem Koͤnigreich und einer Republic; vom erſten will ich nicht viel ſagen / weil es beſſer eine Tyranney als Adminiſtration der Juſtitz kan genennet werden / nur will ich von Republicquen und zwar von der zu Axim und Ante melden; weil dieſe noch die beſte Regierungs-Form ſcheinen zu ha - ben / dafern dergleichen Wort noch kan gebrauchet werden / ſintemahlen eigentlich zu reden ihre beſte Re - gierungs-Art / und beſte Handhabung der Juſtitz / ſo durch einander geworffen / daß man ſich nichts gruͤnd - lichs davon einbilden / geſchweige denn nach allen Um - ſtaͤnden beſchreiben kan.

Zu Axim iſt dieſelbe getheilet / und beſtehet aus zwey - erley Art Leuten / erſtlich denen Caboceros oder Ober - haͤuptern / und zweytens aus denen Manceros oder jungen Leuten. Die Aͤltere als Caboceros handeln die Policey - und taͤglich vorfallende Sachen ab; da - fern aber von ſolchen / ſo das gantze Land betreffen / von Krieg und Frieden / von allerhand Auflagen (welches doch ſehr ſelten geſchiehet /) etwas ſich ereuget / muß ſolches von der gantzen Verſammlung abgethan wer - den. Da denn bisweilen die Manceros das groͤſte An - ſehen haben / inſonderheit wenn die Caboceros ent - weder an Gold oder Sclaven nicht viel vermoͤgend ſeyn.

Sehet nun auch wie ihre Gerichte beſchaffen. Wenn irgend ein Mohr vom andern etwas zu for - dern / gehet er mit etwas Gold und Brantwein zu de - nen Caboceros, entdecket denſelben nach Uberreichungſeines201des Landes Gvinea. ſeines mitgebrachten Geſchencks / ſein Anbringen / mit dieſer Bitte / ſie wollen der Sache auf das geſchwinde - ſte abhelffen / und ihm wider ſeinen Feind dieſelbige er - halten laſſen. Soferne ſie nun demſelben guͤnſtig ſeyn / ruffen ſie inner halb zwey oder drey Tage den gantzen Raht zuſammen / und ſprechen endlich nach langen Rahtſchlaͤgen das Urtheil nach jenes ſeinem Verlan - gen / bisweilen wider alles Recht und Gerechtigkeit / bloß weil ſie von ihm beſtochen worden.

Jm Gegentheil aber / wenn ſie ihm nicht wohl wol - len / und vielleicht vom Gegener beſſere Gaben em - pfangen / muß er ohngeachtet alles ſeines Rechtens die Sache verliehren / oder wenigſtens auf das End-Ur - theil und Entſcheidung vergeblich warten; ſo daß er genoͤthiget wird auf beſſere Gelegenheit zu hoffen / daß er vielleicht von dem neuen Richter beſſer gehoͤret wer - de / welches oͤffters Zeit ſeines Lebens nicht geſchiehet / daß die Richter veraͤndert werden / ſondern die Sache unentſchieden ſeinen Anverwandten als eine Erb - ſchafft nachlaſſen muß / die denn zu gelegener Zeit / und wenn es auch erſt nach dreyßig Jahren geſchehen ſoll / das Jhrige wiſſen einzufordern / wie wir dergleichen Exempel viel geſehen: da gewiß zu verwundern / daß dieſe Leute / die weder Schreibens noch Leſens kuͤndig / ſo lange Jahre ihre Anfoderung an den andern behal - ten koͤnnen.

So geſchiehet es bisweilen / daß entweder der Klaͤ - ger oder Beklagter einer von beyden ſich wieder alles Recht der Sache verluſtig ſehend / ſonſten aber etwas hitzig iſt / nicht ſo lange Gedult hat bis auf Eraͤu - gung ein oder ander Gelegenheit / ſondern ſofern es moͤglich ſein eigen Richter wird / und entweder etwasN 5Gold202BeſchreibungGold oder andere Sachen an Statt der Bezahlung wegnimmt; ſo entweder ſeinem Schuldner zugehoͤren / oder auch andern gantz fremden welche in einer Stadt oder Dorff mit ſeinem Schuldner wohnhafft / behaͤlt auch dieſelbige ſo lange bis man ihn gaͤntzlich zufrieden geſtellet / es ſey denn daß er mit Gewalt gezwungen werde die genommene Sachen wieder ausfolgen zu laſſen. Dafern er aber vermoͤgend genug die einmahl genommene Guͤter zu vertheidigen / behaͤlt er dieſelbige in ſeiner Verwahrung / da es denn endlich zu einem hefftigen Streit zwiſchen dreyen kommt; derjenige nemlich / dem das Gold oder ander Gut abgenommen worden / ſuchet ſeine Befriedigung bey ſeinem Nach - bahr und dem rechtmaͤßigen Schuldner; daraus oͤff - ters Mord und Todſchlag / ſelbſt einheimiſche Kriege und Auffruhr entſtehen / davon wir unten etwas weit - laͤufftiger melden wollen. Daferne aber die Cabo - ceros gerichtlich und rechtmaͤßig erkennen / oder die Sache in einer von unſern Veſtungen ſich zugetragen hat / und deswegen in Beyſeyn unſers Kauffmanns abgehoͤret wird / iſt man bemuͤhet / entweder mit Loß - ſprechen oder Beſtraffen des Beklagten die Sache zu ſchlichten. Das letztere geſchiehet wenn ſich unver - werffliche Zeugen gegen ihm einſtellen; das erſtere wenn dieſer ſeine Unſchuld durch Zeugen darthun kan; waͤren aber auf beyden Seiten keine Zeugen zu finden / befraget man den Beklagten / ob er mit einem Eyde be - kraͤfftigen wolle nichtes ſchuldig zu ſeyn / verſtehet er ſich dazu / ſo wird er nach deſſen Abſtattung alſobald frey und loß erkannt. Daferne aber im Gegen - theil er ſich zu keinem ſchweren begeben darff / wird ihm die Bezahlung zuerkandt; wenn der Klaͤger beeydigenwill203des Landes Gvinea. will daß ihm der andre ſchuldig ſey / wozu ihn Beklag - ter Macht hat zu zwingen. Ein Verneinungs-Eyd / damit man die angemaßte Schulden abſchweret / wird als ein Beſchuldigungs-Eyd angenommen; doch iſt dem Beklagten nicht erlaubet zu ſchweren / ſobald der Klaͤger mit zwey oder auch nur einem Zeugen den Eyd abgeleget.

Zum oͤfftern geſchiehet hiedurch groſſes Ungluͤck; denn wie es etwas gewoͤhnliches iſt daß die Mohren falſch ſchweren / ſuchet derjenige welcher hierunter lei - det / allerhand Mittel und Wege ſich zu raͤchen. Doch muß man nicht dencken / als ob dergleichen Ungerech - tigkeiten bey uns / ſondern einig in denen entferneten Laͤndern vorgehen / wo nemlich unſere Kauffleute kei - nen rechten Grund von der Sache einholen koͤnnen; zumahlen in unſeren Veſtungen dergleichen nicht ge - ſchiehet ohne Beyſeyn unſers Ober-Kauffmanns / welcher mit denen Caboceers erkennet was Rechtens iſt / ohne daß weitere exceptiones oder appellatio - nes geſtattet werden / ſondern alles was unſer Ober - Kauffmann zuſamt denen Caboceers ſchlieſſen fuͤr un - wiederrufflich gehalten / und die gantze Sache vor kein anders Gericht kommen muß / es ſey denn vor dem oberſten Landes-Director, (welches aber ſelten ge - ſchiehet) wo nicht der Ober-Kauffmann und die Ca - boceers jemanden wider alles Recht und Billigkeit verdammet haͤtten bevor ſie die Sache recht begriffen; ſonſten aber muͤſſen die Einwohner ohn einige Wider - rede die auferlegte Geld-Straffen abtragen; was nun dieſes vor Geld-Straffen ſeyn / wollen wir alſobald hoͤren / wenn wir von dem Verbrechen darauf ſie fol - get / reden werden.

Jhr204Beſchreibung

Jhr koͤnnet hieraus ſchlieſſen / daß uns weder Ad - vocat noch Procurator noͤthig ſey / weil nemlich die Gericht-Sachen gar geſchwind zu Ende kommen / und vielleicht mit beſſerem Recht als in andern Oͤrtern zu geſchehen pfleget / allein dieſes iſt auch nicht zu leugnen / daß ſie lange nicht von ſolcher Wichtigkeit ſeynd / daß man eines Advocaten Raht hiezu noͤthig haͤtte; ange - ſehen ſie insgemein ſehr leichte / imgleichen Klaͤger ſo - wol als Beklagter ſehr einfaͤltig ſeynd / ſo daß eine Sa - che mit geringer Muͤhe kan beygeleget werden. Nun will ich euch ſelbſt urtheilen laſſen / ob dergleichen Ge - richts-Forme gut oder verwerfflich ſey.

Die Geld - oder andere Straffen belangend / ſo mercket / daß man den Mord auf zweyerley Art abſtraf - fe / entweder dem Moͤrder das Leben abzuſprechen / oder denſelben zu Erlegung einer gewiſſen Summa Geldes zu verdammen. Drittens wird auch noch ein Unterſcheid gemacht zwiſchen Landes-Einwohnern / freye Leute und Sclaven.

Das Leben wird dem Moͤrder ſelten genommen / wenn er gute reiche Freunde hat / ſo die erkandte Geld - Straffe erlegen koͤnnen. Dafern es aber geſchiehet / daß ein Landes Einwohner / zu ſagen frey gebohrner Menſch im Lande Axim von jemand entleibet wuͤrde / und daß man dem Thaͤter das Leben nicht abſprechen will / wird ihm allein die von Alters her gegen ſolch ein Verbrechen beliebete Geld-Straffe von 500. Thalern zu erkandt, wiewol es ſelten geſchiehet daß er die gantze Summa bezahlet / ſondern gemeiniglich einen guten Theil zuruͤck behaͤlt / nachdem der Verſtorbene viel vor nehme Freunde hat / denn dieſe koͤnnen nach ihrem Belieben die Straffe lindern; worinnen ſich ein ge -wiſſer205des Landes Gvinea. wiſſer Scribent ſehr verſtoſſen / wenn er vom Lande Gvinea handelend / ſich eingebildet / daß dieſes Geld dem Koͤnig zu gut komme / da es doch weit gefehlet / in - dem dieſer nichts mehr als gewiſſe Erkenntligkeit da - von zu genieſſen hat / wenn er vermoͤge einer oder an - dern Gelegenheit denen Freunden des Verſtorbenen behuͤlfflich geweſen.

Doch iſt dergleichen Geld-Buſſe nur fuͤr geringe ſchlechte Leute / denn ſofern der Entleibete eines hohen Standes geweſen / iſt dieſelbige noch wol zehenmahl ſo viel / und gewiß nicht unbillig / denn wie viel wuͤrden ſich ſonſten finden / die mit freudigem Muht 500. Thlr. hinzahleten nur ihres Feindes entohniget zu ſeyn / oder ein und andern vornehmen Herrn der ihnen viel Ver - druß angethan / aus dem Wege zu raͤumen; daß alſo jederzeit die Straffe gelindert oder verhoͤhet wird nach Gelegenheit des Ermordeten.

Jſt es nur ein Sclave der entſeelet / belaͤufft ſich das Geld nicht hoͤher als 96. Thaler / doch ſo / daß wie bey den erſten der Thaͤter nur die Helffte Bezahlet / in - ſonderheit wenn er inſtaͤndigſt darum anhaͤlt / da denn der Herr des Sclaven gerne mit ein 32. Thaler und einem andren Sclaven an des Entleibten Stelle ver - gnuͤgt iſt.

Wenn nun aber jemand von ihnen den Mord be - gangen / der die auferlegte Geld-Buße weder vor ſich ſelbſt noch ſeine Fꝛeunde vermoͤgend waͤren zu bezahlen / muß er (wie im Geſetze ſtehet) Auge um Auge / Zahn um Zahn geben / und ſich zum Tode bereiten / der ihm denn auffs allergraufamſte und allerſchmertzlichſte angethan wird / denn er ſtirbt ſo zu ſagen tauſendmahl vor ſeinen Todt / indem ſie ihm den Leib zerſchneiden /zer -206Beſchreibungzerhauen / zerſtechen und zerſchieſſen ehe ſie ihm das Leben nehmen / dafern nicht der Kauffmann deſſelben Orts ihm alſobald den Kopff herunter hauen laͤſſet.

Zu nechſt dem Mord halten ſie den Diebſtahl und Ehebruch als die groͤßte und ſtraffwuͤrdigſte Verbre - chen; vom letzteren will ich hernach melden / wenn ich zuvor von denen Straffen ſo auf den Diebſtahl ſtehen / werde etwas erinnert haben. Gemeiniglich iſt dieſes die erſte / daß der Dieb alles geſtohlene Gut muß wie - dergeben / und uͤber dem eine gewiſſe Geld-Buſſe erle - gen nach Beſchaffenheit des Diebſtahls / des Orts allwo es geſchehen / imgleichen der Perſohn an wem und durch wen es begangen; denn hierunter ein groſſer Unterſcheid iſt / maſſen der eine nur zwantzig Thaler / der andre aber hundert geben muß; da doch beyder geraubtes Gut auf eines auskommt und gleich - wol ohne Verletzung des Rechtens / weil hierinnen die bloſſe Gewonheit von den Oͤrtern wo der Diebſtahl geſchehen / in acht genommen wird; ſo daß ein Kauff - mann zu Entſcheidung ſolcher Sachen gegenwaͤrtig / auffs genaueſte um die Gewonheiten und Geſetze der Mohren wiſſen muß / dafern er nicht zum oͤfftern greu - liche Schnitzer begehen will.

So wird auch ein groſſer Unterſcheid unter Per - fonen gemachet / und iſt das Anſehen dererſelben hie zu Lande nichtes unbilliges / inſonderheit iſt es darum gut / weil die Reichen jederzeit harter geſtraffet werden als die Armen / und zwar aus zweyerley Urſachen: die erſte iſt / weil jene des Stehlens nicht noͤthig haben / die andere / weil ſie beſſer Geld-Buſſen abtragen koͤn - nen / ohne ſonderlichen Schaden; angeſehen niemand uͤber ſein Vermoͤgen geſtraffet wird / es ſey denn daßder207des Landes Gvinea. der Thaͤter in die Sclaverey verbannet werde / inſon - derheit wenn er dergleichen Schelmſtuͤcke oͤffters pra - cticiret hat. Dannenhero ſind einige Mohren ſo ſchlau / daß ſie ſich armer ſtellen als ſie in der That ſeynd / da - mit / wenn ſie oder ihre Gefreundete das Ungluͤck haͤt - ten / durch dergleichen Verbrechen dem Richter in die Haͤnde zu fallen / ſie nicht ſo hart geſtraffet werden.

Diejenige welche Menſchen aufheben oder bey ſeite bringen / werden mit ſchwerer Straffe / jaſelbſt mit dem Tode beleget / nicht weniger auch diejenige / welche Vieh / Schaaffe / Schweine und andre Thiere ſteh - len; und dieſes aus der auch bey uns bekandten Urſach / weil dieſes ſtumme Vieh ſich weder ſelbſt wehren / noch jemand zu Huͤlffe ruffen kan. Ja es ſolten die Moh - ren viel eher demjenigen das Leben nehmen / welcher einige Schaaffe geſtohlen / als welcher einen Men - ſchen umgebracht hat / inſonderheit an denen Oͤrtern / wo die Europaͤer nichts zu ſagen haben; denn dieſe laſ - ſen es gemeiniglich bey einer Geld-Straffe bewenden. Entweder weil ſie nicht ſo blutduͤrſtig ſeynd / oder weil es ihnen vortheilhaffter iſt / daruͤber ich euch ſelbſt ur - theilen laſſe; eben ſo geſinnet ſeynd auch die unter uns wohnende Mohren / welche viel lieber ſehen / daß dem Thaͤter eine gewiſſe Geld-Buſſe zuerkandt / als Lebens verluſtig erklaͤret werde / wofern nicht ein heimliches In - tereſſe darunter verborgen. Und hierauf habe ich Zeit meines Richterlichen-Amts allezeit geſehen / davon ich folgends ein nachdenckliches Exempel erzehlen will.

Wenn jeman im Lande Axim eine Geld-Summa aufferleget wird / muß er dieſelbe in des Kauffmanns Haͤnde liefern / welcher ſie dem beleidigten Theile zu - ſtellet / gleichwol aber fuͤr ſeine Muͤhe etwas fuͤr ſich be -haͤlt /208Beſchreibunghaͤlt / davon vor einigen Jahren mercklicher Nutzen zu genieſſen war: ſag einige Jahr / weil vor kurtzer Zeit ein gewiſſer Herr angeordnet / daß der Kauffmann / in Schlichtung einer etwas wichtigen Gerichts-Sa - che / vor ſeine Muͤhe mit allem Recht nicht mehr als acht Thaler fodern koͤnne / auch expreſſe verboten / ein mehreres anzunehmen / im Fall es ihm dargeboten wuͤrde. Jedennoch glaube ich / daß dieſes Verboth et - was zu ſtrenge ſey / als ob man einem / dem andern gutes zu thun / verhindern / oder nach eigenem Gefal - len uͤber fremde Gelder gebieten wolte. Zwar hatte dieſer Herr das Anſehen haben wollen / als geſchehe es aus einer Gottesfurcht / damit die Mohren nicht zu hart gepreſſet wuͤrden / allein ich und viel andere ſehen dieſes mit andern Augen an / und glauben vielmehr / daß ſolches aus bloſſer Mißgunſt geſchehen / zumahlen er nicht vertragen koͤnnen / daß andere Compagnie - Bediente gleichen Vortheil mit ihm haben ſolten / wel - che unſere Meynung er zur Gnuͤge durch ſein Verfah - ren mit denen Mohren beſtaͤtiget; denn als er nach dieſen ihre Gerichts-Haͤndel verhoͤrete / oder einen und andern ſeines Verbrechens halber ſtrafffaͤllig er - kennete / war er mit keinem acht Thalern zu frieden / ſondern machte offtmahls hundert daraus. Dan - nenhero fuͤrchte ich / daß anitzo die Kauffleute zu Axim ſolche gemachte Ordnung nicht ſonderlich mehr in acht nehmen / weilen ſie durch den Stiffter ſelbſt nicht ge - halten worden. Und in Warheit es ſtreitet dieſelbige mit denen alten Gebraͤuchen derer Mohren / welchen ich noch viel lieber ais dieſem neuen Geſetze nachkom - men wolte / indem ich wenigſtens verſichert waͤre / viel groͤſſere Liebe bey den Mohren zu gewinnen / an ſtattdaß209des Landes Gvinea. daß dieſer neue Geſetz-Geber vermittelſt ſeiner vielfaͤl - tigen Ungerechtigkeit aufs aͤuſſerſte von jenen gehaſſet worden; allein ich will ſchweigen / und anitzo bloß von dem Kauffmann zu Axim handeln / was derſelbige / als Richter / vor Vortheile machen koͤnne.

Wenn demnach ein Mohr zum Exempel eine Geld - Buſſe ſeines Verbrechens halber von hundert Thaler bezahlen muß / ziehet der Kauffmann zwey Drittheil fuͤr ſich ab / daß uͤbrige theilen die Caboceros insge - ſamt. Dafern aber wegen Diebſtahl / Mord oder andern auffgenommenen Schulden das Geld gege - ben worden / bekommt der Klaͤger drey Viertheil / und das uͤbrige wird unter dem Kauffmann und Caboce - ros vertheilet / nemlich zwey Drittheil fuͤr den Kauff - mann / und den Reſt fuͤr die Caboceros. Sehet ihr alſo / daß es ungleich beſſer ſey Richter zu Axim als in Europa zu ſeyn / wenigſtens in Anſehung der Acci - dentien und Gewinſte die er rechtmaͤßiger Weiſe ma - chen kan / denn ich rechne nicht was unbilliger Weiſe geſchiehet / davon ich nichts ſagen auch nichts wiſſen mag. Denn die Mohren bezahlen ſehr gerne und wil - lig was dem Richter fuͤr ſeine Muͤhe gebuͤhret / bekla - gen ſich auch niemahls ob ſey es zu viel / (wenigſtens war es vor dieſen ſo) ja ſelbſt wenn der Kauffmann vor einen andern wegen rechtmaͤßiger Schulden Anfo - derung thut an jemanden / wird ihm alſobald der vierte Theil vom Gelde fuͤr ſeine Muͤhe von dieſen zugeſtellet / und dieſes ſo richtig und gutwillig / daß niemahls der geringſte Streit deßfalls ſich eraͤugnet.

Anitzo muß ich euch erzehlen was mir zu Axim wi - derfahren / als ich daſelbſt als Kauffmann die Regie - rung fuͤhrete. Es waren im Lande Ancober, welchesOlange210Beſchreibunglange Jahre unter Axim geſtanden / zwey Caboceros, beyde von groſſen Anſehen / lange Jahre unter einan - der ſtreitig geweſen / daß einer des andern gebohrner Sclave waͤre / und folglich ihm zugehoͤrete. Dieſe nun waren einander ſchnur ſtracks mit ihrer Anfoderung zuwider / da einjeder ſein Recht mit ſo viel Gruͤnden und Beweißthuͤmern ſuchte zu behaupten / daß auch die Gerichts-Herren zu Ancober die Sache nicht zu Ende bringen konnten. Weil ſie aber gerne aus ein - ander ſeyn wolten / wurden ſie ſchluͤßig die Sache vor mich und zu meiner gerichtlichen Erkennung gelangen zu laſſen. Nicht weil ſie mir mehr Geſchickligkeit zu - traueten als ihren Landesleuten oder anſehnlichem Ge - richte / ſondern weil ſie ſuchten durch meine Perſohn geſchieden zu ſeyn. Kahmen demnach in mein durch - lauchtiges Gerichte zum Verhoͤr / dazu ich einen gan - tzen Tag anwenden muſte / dennoch nicht leugnen kan / daß ich am Ende ſo viel als am Anfang von der Sache gewußt habe; denn einjeder hatte ſo viele Zeugen / daß ſie beyderſeits gleiches Recht zu haben ſchienen / ſo daß dem einen oder andern weder zu noch abgeſprochen werden konnte. Gleichwol um ſie aus einander zu brin - gen / fragte ich ob ſie es beyde auf meinen Schluß wolten ankom̃en laſſen / daß ſie mit Ja beantworteten. Darauf gab ich ihnen die allerbeſten Worte / vorſtellend / es waͤ - re beyderſeitiges Vorbringen ſo wohl gegruͤndet / daß es ohnmoͤglich waͤre zu ſagen welcher Recht oder Un - recht haͤtte; daß ihre vorgeſtellete Zeugen viel zu jung waͤren ihre alte Zwiſtigkeiten zu bezeugen / diejenigen aber welche hiezu tuͤchtig / waͤren albereit verſtorben / ihre itzige aber nichts anders als von hoͤren-ſagen Zeugniß ablegen koͤnnten. Nachdem ich alſo mit er -ſinn -211des Landes Gvinea. ſinnlicher Gelindigkeit ihnen dieſes fuͤr Augen geleget / anbey aber bemercket hatte / als waͤren ſie nicht uͤbel mit mir zufrieden / machte ich dieſen Schluß / ſie ſolten ehe ſie aus dem Gericht traͤten ſich unter einander vertra - gen / ohne jemahls mehr an Zwiſtigkeiten zu gedencken / ſich beyderſeits fuͤr freye Leute erkennen / und der er - ſtere welcher den andern ſeinen Sclaven nennen wuͤr - de / einer ſchweren Geld-Buſſe gewaͤrtig ſeyn.

Hiemit ſchienen ſie gantz vergnuͤgt zu ſeyn / umhal - ſeten einer den andern / verbunden ſich zu einer unauff - loͤßlichen ewigen Freundſchafft / und beſchenckten mich zum Zeugniß ihrer ſonderlichen Genehmhaltung / daß ich der Sache zu beyderſeits Vergnuͤgen ein Ende ge - machet / mit koͤſtlichen Geſchencken. Nun war ich der gaͤntzlichen Meynung daß alles vergeben und vergeſ - ſen / zumahlen ſie beyderſeits friedlich von einander nach Hauſe gingen / allein ohngefehr drey Monat hernach bekam ich zu Ohren / daß einer den andern in ſeinem eigenem Hauſe durch zwey erkauffte Meuchelmoͤrder ums Leben bringen laſſen. Dieſes verdroß mich heff - tig / inſonderheit weil ich befuͤrchtete / es koͤnnte hier - aus was boͤſes entſtehen / ſchickte des wegen alſofort ei - nige von meinen vornehmſten Hausgenoſſen nach An - cober, mit dem Befehl man moͤchte mir die Meuchel - Moͤrder zum Empfang gebuͤhrender Straffe auslie - fern / ich kriegte aber zur Antwort; daß ich uͤber ſie nichts zu gebieten / und nur bleiben ſolte in dem Lande welches unter meinem Gehorſam ſtuͤnde. Hier wurde ich allererſt hitzig / indem nicht allein meine eigene Ehre / und Anſehen / ſondern auch die Compagnie ſelbſt ei - nen ziemlichen Stoß bekam / als welcher zu Gute nichts unterlaſſen werden muß. Dannenhero ging ich ſelbſtO 2mit212Beſchreibungmit einigen meiner Leute nach Ancober, da mir ohn - gefehr 3. Meilen von unſerer Veſtung / ein gantzer Trouppen von 500. gewaffneten Mohren begegnete / in der Meynung mich dadurch zu ſchrecken / oder in meinem Vortrag zaghafft zu machen; nichts weniger dagegen fing ich nach abgelegter Begruͤſſung an zu fragen / wer ſie ſo kuͤhn gemachet / daß ſie den Gehorſam der Compagnie aufgekuͤndiget / mit dem Erinnern / ſie moͤchten ſich wol vorſehen / damit ſie ſich kein Un - gluͤck uͤber den Hals zoͤgen. Darauf gaben ſie mir zur Antwort / daß man ſie faͤlſchlich beſchuldiget / und niemahls geſonnen waͤren die Hollaͤnder zu verlaſſen / vielweniger aus ihrem dem Lande hoͤchſt-noͤthigen Schutz zu begeben. Nun ware ich hiemit ſehr wohl zufrieden / fragte deswegen weiter / ob ſie mir die Moͤr - der aushaͤndigen wolten / damit ich ſie zu verdienter Straffe ziehen koͤnne; darauff ſie mit Nein antworte - ten / und daß ſie ſelbſt vielleicht ſie abſtraffen wolten. Nahme hiemit Abſchied / nachdem ich oͤffentlich aus - geſaget / ich hielte ſie alle des begangenen Mords ſchul - dig / mit angehaͤngter Bedrohung alle diejenigen wel - che ich aus ihrem Lande wuͤrde antreffen koͤnnen / feſt - ſetzen / und als Meuchel-Moͤrder abſtraffen zu laſſen. Womit ich ſo viel erhielte / daß / nachdem ſie die Sache unter einander uͤberleget / einige ſich zu mir naheten / bit - tende ein Augenblick zu warten / ſie wolten uͤber die Sache Raht nehmen / und mir eine gruͤndliche Ant - wort bringen; kaum hatte ich eine Viertelſtund ge - harret / ſo brachten ſie die Meuchel-Moͤrder in Ketten und Feſſeln vor mich / und baten ich moͤchte ſie nicht ehe beſtraffen / bis ſie alle zugegen waͤren / ſo ich ihnen leicht verſprechen konnte; ſo daß ich endlich nach wohl ver -richte -213des Landes Gvinea. richteter Sache mit dieſen Miſſethaͤtern in unſere Ve - ſtung zuruͤck kehrete.

Drey Tage hernach lieſſen ſich die vornehmſten von Ancober mit einer gantzen Armee vor unſer Ve - ſtung ſehen / bittende ich moͤchte ihnen ſagen was Straffe den Meuchel-Moͤrdern ſolle angethan wer - den / worauf ihnen zur Antwort wurde / ich wolte ih - nen den Kopff vor die Fuͤſſe legen laſſen / lieſſe auch da - mit ſie es ſo viel mehr glaubten / den Nachrichter mit gehoͤriger Zubehoͤrung vor ſie kommen. Da ging es an ein klagen und heulen / flehende / ich moͤchte doch von der Landes uͤblichen Gewonheit nicht abweichen / ſon - dern die Miſſethaͤter nur mit einer Geld-Straffe be - legen. Nun war ich ebenfalls keiner andern Mey - nung / gleichwol lieſſe ich michs nicht mercken / bis des Entleibeten Anverwandten / welche allbereit zufrieden geſtellet waren / ſelbſt kamen und mich darum erſuch - ten / auch alle Geld-Straffe mir einhaͤndigten; und dieſes war es was ich gerne gehabt haͤtte. Gleichwol da mit es nicht das Anſehen gewann / als waͤre es aus einem Geld-Geitze geſchehen / behielte ich nur die Helff - te / und gab ihnen das uͤbrige wieder zuruͤck / ſo daß wir allerſeits wohl zufrieden / und die Miſſethaͤter welche vornehmen Leuten zugehoͤreten wieder loßgelaſſen wurden.

Jch habe dieſes mit Willen etwas weitlaͤufftig er - zehlet / damit ihr erkennen moͤget / wie dergleichen Sa - chen bey uns abgethan werden / und was unſer Kauff - mann zu Axim vor ein Anſehen habe / welches inſon - derheit aus folgenden erhellen wird. Es darff nem - lich kein Mohr ſich unterſtehen / unter der Hand eine Sache ohne Zuziehung des Kauffmanns zu entſchei -O 3den214Beſchreibungden / bey Verluſt alles daraus gehofften Vortheils. Zeit meiner Anweſenheit zu Axim erſuchte mich ein gewiſſer Mohr / ich moͤchte ihm zu ſeiner Zahlung helf - fen / welches ich ihm auch verſprach / aber bald darauff von dem Schuldner hoͤrete / daß ſie ſich in Beyſeyn de - rer Capitains vertragen haͤtten. Als nun der erſtere wieder zu mir kam ſein Geld abzuholen / fragte ich ihn / ob er wol wuͤſte daß er ſeines Geldes verluſtig waͤre / weil er mit ſeinem Gegener ohne mein Vorwiſſen ſich vertragen haͤtte; darauf er mir antwortete es waͤre ihm dieſes nicht unwiſſend / baͤte dahero nur um den vierten Theil; dennoch weil ich ſeine Großmuͤthigkeit ſahe / gabe ich ihm die Helffte / und ließ ihn nach vielem dan - cken und Zufriedenheit lauffen.

Wir muͤſſen auch mit denen Mohren nicht anders umgehen / um ihnen alle Gelegenheit zu heimlichen Zu - ſammenkuͤnfften zu beſchneiden / damit ſie uns auf kei - nerley Art durch Meutereyen oder beſchloſſenen Em - poͤrungen uͤbervortheilen koͤnnen. Daß ich aber auf mein voriges komme / werden in einigen Oertern hie zu Lande / da wir bisweilen ſehr wenig oder gar nichts zu fagen haben / die Schulden ſehr unbillig eingefodert / ja ſelbſt in einigen Koͤnigreichen; zum Exempel es waͤre ein oder ander Boͤſewicht / der einige Schuld - Foderung hat / an ſtatt / daß er ſeinem Schuldner an - liegen ſolte die Zahlung zu erhalten / und denſelbigen bey langem Verzoͤgern vor Gerichte fodern zu laſſen / nimmt er was er bekommen kan / und wenn es ſechs - mahl mehr als die gantze Schuld waͤre / ohne einige Nachfrage wem es zugehoͤre: wenn nun der Eigen - thumsherr fein wider Recht und Billigkeit genomme - nes Gut wiederfodert / wird derſelbe von dergleichenBoͤ -215des Landes Gvinea. Boͤſewicht zu ſeinem Schuldner hingewieſen / daß er da ſeine Bezahlung ſuche / inzwiſchen behaͤlt jener das Gut in Verwahrung; dieſer aber gehet eilends zu den andern Schuldner hin / und begehret die Zahlung von ſeinem entfuͤhrten Gut: mercket was hiebey vor groſ - ſer Betrug vorgehen koͤnne. Denn der erſtere hat allbereit 6. mahl mehr als ſeine Schuld betraͤget / und wenn der zweyte auch ſo unverſchaͤmt gottloſe iſt als je - ner / machet er eine Rechnung an den Schuldner von zwey mahl ſoviel als ſeine genommene Guͤter wehrt ſind / mit der Verſicherung / daß er ſie niemahls unter den Preiß verkauffet haͤtte. Sie machen es / wie mich beduͤncket / wie die alten Roͤmer / welche / wenn ihnen etwas entfremdet / oder auch Beſchimpffung angethan wurde / eine gewiſſe Summa Geldes an - deuten und beſchweren muſten / daß / im Fall es in ih - rem Belieben geſtanden / ſie dergleichen vor weniger nicht gelitten haͤtten. So gehet es hier auch / daß der Schuldner / durch deſſen Verſehen der Creditor ei - nes Fremden Gut ſich anmaſſet / ſo viel geben muß / als begehret wird / und offtmahls 10. mahl mehr als er ſchuldig iſt / weil es gemeiniglich Kleinigkeiten von Schulden ſeynd / ohne einige Wider-Rede gegen der - gleichen Unbilligkeit ſich vernehmen zu laſſen / weil dem andern mehr als dieſen zugetrauet / auch mehrentheils entweder vom Volck / Koͤnig / oder andrem groſſen Herren geſchuͤtzet wird. So halten ſie es in den mei - ſten Ortern / und machen dadurch viele arme Leute / be - nennen es auch mit dem Nahmen einer Gerechtigkeit / da es doch die allergroͤſte Ungerechtigkeit von der gan - tzen Welt iſt. Sonſten haben ſie noch eine andere Art / wiewol eben ſo unbillige von ihrem Nechſten das GeldO 4zu216Beſchreibungzu erzwingen / wenn nemlich ein oder ander Schelm zu jemanden hingehet / ſagende es hat mir euer Sohn / euer Vater / euer Sclave einen Schimpff angethan / daruͤber ich von euch zufrieden geſtellet ſeyn will / und dafern ihr ſolches nicht thut / will ich mich ſelbſt umbrin - gen / mir allerhand Marter anthun / oder jemanden niedermachen / und dieſes durch eure Schuld und Ver - anlaſſung. Wenn nun dieſer ihm nichts geben will / und der andre das Hertz hat ſeine Drohungen zu voll - fuͤhren / (wie ich denn zwey ſolcher geſehen habe /) wird derjenige dem dieſes gedrohet worden / alſo fort vor Ge - richt gefodert / und ſtraffaͤllig erkannt / als des veruͤbten Ungluͤcks Urſache / im Fall es kan bewieſen werden daß jenem ein Schimpff von ſeinen Anverwandten wiederfahren.

Sehet demnach worinn ihre Gerechtigkeit beſtehe / inſonderheit aber mercket noch eine andre ungewoͤhn - liche Gerichts-Forme / da die Manceros das meiſte zu ſagen haben. Jn jedem Dorff haben ſie ein gewiſ - ſes Gericht geſtifftet / welches unterſchiedliche taͤglich vorfallende Kleinigkeiten entſchlichten muß. Weil nun die Mohren ſich unter einander ſehr leicht zu nahe kom - men entweder mit fluchen / ſchimpffen oder ſchlagen / gehet alſobald derjenige / welcher meynt er ſey zu kurtz gekommen / nach denen Manceros, ſagende / dieſer oder jener hat mich hoch beſchimpffet / darum komme und uͤberliefere ich denſelben in eure Haͤnde / ſtraffet ihn nach ſeinem Verdienſt. Darauf ſind dieſe Her - ren alſobald fertig den Beklagten zu fodern / und nach einen obenhin angeſtellten Unterſuchen / zu erken - nen / daß er einige Thaler zur Straffe abtragen ſolle: Geſchiehet es daß dieſer ſich weigert / und ſeine Unſchuldvor -217des Landes Gvinea. vorſchuͤtzet / man habe auf ſeine Vertheidigung keine acht gegeben / machen dieſe gute Herren wenig Re - dens / ſondern gehen ungeſaͤumet auf den Marckt / kauffen ohngefehr ſo viel Gold als die Straffe austraͤ - get / und verzehren es alſofort in Palmen - oder Brantwein.

Sie haben aber ſo vielerley Wege und Verbre - chen / welche dieſe Herren mit Gelde zu ſtraffen wiſſen / daß ſie wegen der groſſen Anzahl und ihrer laͤcherlichen Einrichtung nicht wehrt ſind / ins beſondere abzuhan - deln / ſondern mich begnuͤgen laſſe / dieſes hinzu zu thun / daß die Mohren bey ihrem Muͤßiggang und Geld-Mangel zum Sauffen / jederzeit bedacht ſeyn / wie ſie einen oder andern ertappen moͤgen / der vor ſie ihre Nothduͤrfftigkeiten bezahlen muͤſſe.

Das Gericht / davon ich oben Erinnerung gethan habe / und aus Caboceros oder Manceros beſtehet / ſiehet inſonderheit auf Krieges-Sachen / davon anitzo ausfuͤhrlicher handeln will.

Wenn ſie demnach einen Krieg fuͤhren wollen / hal - ten ſie vorhero insgeſamt eine Berathſchlagung / doch muß man hiedurch nur ſolche Kriege verſtehen / wel - che ſie entweder aus Ehr - oder Geld-Geitz anfangen / oder auch andern im Kriege begriffenen Laͤndern zu Huͤlffe zu kommen. Denn ihre meiſte Kriege entſtehen entweder wegen gewiſſer Schuld-Forderungen / oder vorgehenden Trennungen unter den Groſſen. Vor - hin habe ich allbereit hievon etwas beruͤhret / anitzo ha - be ich ausfuͤhrlicher davon zu handeln verſprochen / dannenhero mercket der zu Folge:

Daß zum oͤfftern zwey Laͤnder / ſo in gutem Ver - nehmen und Eintraͤchtigkeit mit einander lebten / aufO 5fol -218Beſchreibungfolgende Art in ſehr boͤſe Kriege verfallen. Jſt ir - gends ein Groſſer / ſo an jemand in fremdem Lande wohnhafften etwas zu fodern hat / und ihm nicht alſo - fort nach ſeinem Begehren gewillfahret wird / laͤſſet derſelbe in dem Lande / alwo ſein Schuldener wohnet / unterſchiedliche Kauff-Waaren oder Sclaven weg - nehmen / bis er zu ſeiner Zahlung kommet; die Men - ſchen / ſo er aufgehoben / werden in Ketten und Eiſen geleget / endlich aber / wenn ſich der Schuldner mit dem Gelde nicht einſtellet / verkauffet / daraus er ſich bezahlet machet. Jſt nun der Schuldner ehrlich / und die Foderung rechtmaͤßig / wendet er alle Kraͤffte an / um ſeinen Glaͤubiger zu befriedigen / und ſeine Landes - Leute in Freyheit zu ſtellen / ja es koͤnnen auch die Be - freundte derer Gefangenen ihn hiezu zwingen / wo ſie anders ſo vermoͤgend ſeynd; im Gegentheil aber / ſo - fern er nicht viel darum giebet / was der Glaͤubiger ge - than / oder ihm zu zahlen gar nicht geſonnen / machet er im gantzen Lande ruchtbar / daß ſein Glaͤubiger ein ungerechter Mann / ſehr tyranniſch mit ihm umgehe / und geſtehet ihm gar nichts / uͤberredet auch wol ſeine Lands-Leute / beuget dieſelbe auf ſeine Seite / und be - muͤhet ſich hinwieder / einige Gefangene zu machen im Lande ſeines Creditoris, inzwiſchen ruͤſtet man ſich auf beyden Seiten / und ſuchet nur Gelegenheit / ein ander zu uͤberrumpeln. Zum erſten verſichert man ſich derer Caboceros, welche einige Truppen und Soldaten in Dienſten haben / dergeſtalt / daß eine ſo geringe Sache bisweilen einen grauſamen Krieg zwi - ſchen zwey in Ruhe lebende Laͤnder verurſachen kan / welcher ſo lange dauret / bis einer von beyden unterlie - gen / oder wenn keiner dem andern etwas anhabenkan219des Landes Gvinea. kan / Frieden machen muß / inſonderheit wenn die Ca - pitains durch ihre Soldaten hiezu gezwungen wer - den / fuͤrnemlich in der Saat-Zeit / da einjeder ſuchet / ſein Stuͤck Landes zu bauen / oder auch die Soldaten / weil ſie ohne Sold dienen / und auf eigene Koſten im Felde ſtehen muͤſſen / bald des Krieges muͤde werden / wenn inſonder heit dieſe keine groſſe Vortheile uͤber ih - ren Feind erhalten / oder die gehoffte Beute nicht ma - chen koͤnnen.

Wenn auch ein oder andre Landes-Obrigkeit aus Mißgunſt gegen ihre Nachbahren / weil ſie zu reich oder im gluͤckſeligern Stande leben als dieſe / einen Krieg gegen ſie anzufangen / oder ihre Haab und Guͤter unter einander zu theilen gedencken / verſammlen ſie ſich mit denen Manceros, entdecken ihnen ihr Vor - haben / beſchencken ſie mit Wein und ſtarckem Ge - traͤncke / mit vielem Verſprechen von groſſer reicher Beute; dieſe / als junge und betaͤubte Leute / fallen ih - nen ungeſaͤumt bey / in Hoffnung / groſſe Schaͤtze zu ſammlen; einjeder bereitet ſich zum Kriege / und wenn ſie fertig ſind / fallen ſie ins benachbahrte Land / ohne vorhergehende Krieges-Erklaͤrung / aus keinem an - dern Grunde / als daß ſie / wie ein gewiſſer Printz ſa - get / zur Luſt und ihrer Ehre alles rauben und ſtehlen / was ſie antreffen koͤnnen; diejenigen aber / welche ſo unverhofftem Einfall vor ſich nicht Widerſtand thun koͤnnen / muͤſſen von einem andern Lande Huͤlffe ſu - chen / und ſo viel ſie benoͤthiget / wenigſtens vor zwan - tzig tauſend Pfund einkauffen / da hergegen jene zu - gleich vor die Kriegs-Zubehoͤrung ſorgen muͤſſen. Jhr koͤnnet hiebey abnehmen / mein Herr! daß hieſige Kriege nicht ſehr koſtbahr fallen / daß auch die erkauff -te220Beſchreibungte Huͤlffs-Voͤlcker vor ſo weniges Geld nicht viel ver - moͤgen koͤnnen / allein die Hoffnung zur Beute ma - chet ſie muthig / an deren Stelle ſie dennoch offt tapfe - re Schlaͤge mit nach Hauſe bringen / denn die Capi - tains oder Hauptleute theilen das gemachte Geld un - ter ſich / und wenn etwas weniges uͤberbleibet / be - kommen es die Manceros, ſo zuweilen auf einen jeden nicht uͤber zwey oder drey Gulden ausmachet / biswei - len gar die Helffte nicht einmahl / indem die Capitains ſo kuͤnſtlich ihre Rechnung wiſſen einzurichten / daß ſehr ſelten etwas uͤbrig bleibet. Nichts deſtoweniger kan einjeder ſeinen beſcheiden Theil von der Beute fuͤglich erhaſchen / denn obwol dergleichen Gelder zu denen Krieges-Unkoſten gewidmet / und wenn denn etwas uͤbrig bleibet / unter alle zuſammen getheilet werden ſollen; ſiehet nur einjeder darauf / wie er et - was mit bekommen moͤge / ohne die geringſte Sorge wegen Bezahlung derer Krieges-Koſten. Dannen - hero die Manceros auch ſehr bald den Krieg verlaſ - ſen / und einjeder nach Hauſe eilet / wenn es keine ſon - derliche Beuten geben will.

Wenn ſie zu Felde gehen / ſtellet ſich einjeder unter das Commando eines derer Ober-Officirer, doch haben dieſe nur bloß uͤber ihre Sclaven zu befehlen / ein frey-gebohrner Mohr wird ſich dieſen / ja ſelbſt ih - ren Koͤnigen nicht unterwerffen / er ſey denn durch groͤſſere Macht hiezu gezwungen; ſonſten aber lebet und handelt einjeder nach ſeinem Gutbefinden / ſo daß / wenn ſich ihr Oberhaupt unterſtuͤnde / ſelbſt auf den Feind los zu gehen / er ſolches ungehindert thun koͤnne / und anbey ſehen / wer ihm von ſeinen Leuten in den Streit folgen will.

Jch221des Landes Gvinea.

Jch habe vorhin ſchon angemercket / daß hieſige Kriege bey weitem nicht ſo koſtbahr fallen / als in Eu - ropa. So lange wir mir denen Commaniern darin - nen verwickelt geweſen / hat es uns die gantze 7. Jahr uͤber nicht mehr als 60000. Pfund gekoſtet / ohnge - achtet wir von 5. unterſchiedlichen Laͤndern Huͤlffs - Truppen halten muͤſſen / allein ihr habt in einem an - dern Brieff vollkommene Nachricht hieruͤber einge - nommen / darum will ichs anitzo nicht wiederholen.

So bald ein Land den Krieg anfaͤnget / ſtellet daſſel - be gemeiniglich 4000. Menſchen ins Feld / wenn es das benachbahrte mit Krieg uͤberfallen will / dafern es aber zu ſeiner eigenen Beſchuͤtzung noͤthig iſt / muß es ungleich mehrere Mannſchafft haben / wiewol biswei - len einige nur zwey tauſend Mann haben / und den - noch eine Armee nennen; Mercket die Macht und Vermoͤgen hieſiger Koͤnigreiche und Staaten / aus - genommen Fantin und Aqvamboe, deren erſteres 25000. Koͤpffe / das andere aber noch mehr aufbrin - gen kan; diejenigen Laͤnder aber / ſo etwas tieffer lie - gen / als Axim und Afiante, nebſt andern / ſind un - gleich maͤchtiger / und wenn ſie in Krieg begriffen / ha - ben ſie ſo viel Mannſchafft / daß das gantze Land da - mit bedecket iſt; doch will ich hierin nicht weitlaͤufftig ſeyn / weil ſich alles nur auf eingenommene Nachrich - ten und Erzehlungen derer Mohren gruͤndet / darauf man nicht gar ſicher gehen darff. Was ſonſten ihr weniges zuſammengeraſptes Land-Volck betrifft / kan ich verſichern / daß beyde Armeen / obwol aus 5. bis 6. Voͤlckerſchafften zuſammen geleſen / kein 25000. Mann ausmachen / welches zu der Mohren Hertz - hafftigkeit hinzu gerechnet / verurſachet / daß von bey -den222Beſchreibungden Theilen wenig Blutes vergoſſen wird; wenn 1000. Mann bleiben ſollen / muͤſte es warlich ein blu - tiges Treffen ſeyn / denn ſie ſind ſo verzagte Leute / daß ſo bald ſie zur Seite ihren Nachbahr fallen ſehen / die Flucht ergreiffen / und zu keinem Stande mehr zu bringen ſeynd. Jm letzten Treffen zwiſchen den Commaniern und Daboern mit denen Acanniern und von Cabes terra, nebſt noch zwey oder drey an - dern Laͤndern / ſo im Buͤndniß ſtanden / waren nicht mehr als 100. Todte / und blieben die Commanier, ohngeachtet ſo vielfaͤltigen Widerſtandes / Meiſter im Felde; Es halten nemlich die Mohren keine gute Ordnung in ihren Schlachten / ſtellen ſich auch nie - mahls in gehoͤrige Schlacht-Ordnung / ſondern ein - jeder Capitain haͤlt ſeine Leute feſt an einander geſchloſ - ſen / in deren Mitten er ſelbſt / ſo viel ſicherer zu ſeyn / ſich verbirget. So fallen ſie auch einander nicht mit geſamter Macht an / ſondern[e]intzeln Mann vor Mann / oder Troppen-weiſe; ja bisweilen ſind die Capitains, ſehende daß ihre Leute unterliegen / anſtatt ſie ihnen wieder aufhelffen ſoltẽ / ſchon bereit zur Flucht / ehe man noch recht an einander gerathen / dergeſtalt / daß die tapfferſten Kerle / von den Jhrigen verlaſſen / gemeiniglich niedergemachet werden / inſonderheit wenn ſie mehr Volck verlohren als ihre Feinde; denn indem ſie ſich noch vor der Flucht derer Jhrigen zuweit ins Treffen gewaget / koͤnnen ſie ohnmoͤglich / ohn - angeſehen aller ihrer Hertzhafftigkeit und angeſtreckten Muͤhe herdurch zu kommen / dennoch nicht ihr Leben davon bringen / ſondern muͤſſen alſo wieder ihren ei - genen Willen tapffere Soldaten heiſſen.

Sie ſtehen auch niemahls aufrecht im Treffen / ſon -dern223des Landes Gvinea. dern lauffen gantz krumm und gebuͤcket / damit ihnen die Kugeln uͤber den Kopff gehen moͤgen. Andere kriechen zn den Steinen / und wenn ſie auf einen Muſ - qveten-Schuß einander genaͤhert / geben ſie eine Sal - ve, und lauffen damit wieder zuruͤck zu den Jhrigen / damit ſie wieder laden und von neuen auf vorige Art ſchlagen koͤnnen. Mit einem Wort / ſie machen ſo viele krumme ſeltſame Haͤndel mit Beugen / Kriechen und Schreyen (nicht anders als ob dieſes viel zur Sa - che thaͤte) daß es einem Affen-Spiel aͤhnlicher iſt als einem Treffen.

Jhre Beute / als ihr vornehmſter und Haupt - Zweck / beſtehet in Gefangenen und Gold-Zierath von Conte de terra, damit ſie ſich beladen / denn es giebet ſolche thoͤrigte Leute / inſonderheit unter den Mohren des feſten Landes / welche ſich bey dieſer Gele - genheit auf ihr allerbeſtes ausputzen / und mit Gold von Conte de terra dermaſſen beſchweren / daß ſie nicht wol fort kommen koͤnnen.

Die Gemeine unter den Gefangenen / welche ſich nicht loßkauffen koͤnnen / machen ſie zu Sclaven / und verkauffen dieſelbige / oder derjenige / der ſie gefangen bekommen / behaͤlt ſie zu ſeinem Dienſt. Die Vor - nehmen aber verwahren ſie ſehr genau / und laſſen ſie ohne vieles Geld nicht loß; den Uhrheber aber des Krie - ges ſelbſt laſſen ſie niemahls in Freyheit / wenn ſie ihn gefangen bekommen / ohngeachtet er noch ſo viel Loͤſe - Geld vor ſeine Perſon geben wolte / aus Beyſorge / er moͤchte von neuen den Krieg anfangen / und ihre Ru - he ſtoͤhren.

Dannenhero kan kein Mohr / er ſey ſo vornehm als er immer wolle / verſichert ſeyn / daß er nicht ein -mahl224Beſchreibung. mahl in die Sclaverey falle / denn im Kriege kan ihm dergleichen Ungluͤck ſehr leicht wiederfahren / da er ſo lange drinnen bleiben muß / bis ſein Loͤſe-Geld voll - kommen bezahlet iſt / das bisweilen ſo hoch geſetzet wird / daß weder er noch ſeine Gefreundte vermoͤgend ſeynd / zu bezahlen / folglich er ein Sclave bleiben / und die ſchaͤndlichſte veraͤchtlichſte Sachen verrichten muß. Ja es finden ſich einige / welche / wann ſie zweiffeln / jemahls von ihren Gefangenen etwas Loͤſe-Geld in die Haͤnde zu bekommen / ſehr tyranniſch mit ihnen um - gehen / und den allergrauſamſten Tod anthun.

Kriege / ſo zwiſchen zwey Koͤnigen gefuͤhret werden / die eine unumſchraͤnckte Gewalt uͤber ihre Untertha - nen haben / dauren bisweilen einige Jahre / ſo lange / bis der eine gaͤntzlich unter die Fuͤſſe gebracht; Allein ſie liegen oͤffters ein gantzes Jahr im Felde / ohne den geringſten Schaden oder Abbruch einander zu thun / es ſey dann / daß hie und da einige Haͤufflein auff ein - ander ſtoſſen; und alſo kehren ſie bey einfallendem Re - gen-Wetter wieder heim / ohne bisweilen ſich geſehen zu haben.

Wiewol dieſes auf das Gutbefinden ihrer Geiſtli - chen beruhet / ohne welchen ſie nicht gerne eine Schlacht wagen; denn es wiſſen dieſe Leute allezeit abzurathen / unter dem Vorwandt / GOtt wolle es annoch nicht haben / daß ſie ſchlagen ſollen / ſagen auch lauter Boͤſes vorher / im Fall ſie es wider ihren Wil - len verſehen wuͤrden; mercken ſie aber dieſe liſtige Be - truͤger / daß ihre Leute dem Feind weit uͤberlegen / an - bey groſſe Luſt zum Schlagen haben / ſind ſie alſobald mit ihrem Anmahnen und Rathgeben zum Treffen fer - tig / jedoch mit ſo vielen Bedingungen / daß / im Falles225des Landes Gvinea. es ungluͤcklich ablieffe / ihnen niemahls an Entſchul - digung mangelte / vorwendende es haͤtten die Capi - tains oder Soldaten ſich verſuͤndiget / und deswegen wåre die gantze Armee geſtraffet / in Summa ſie ſu - chen allezeit Recht zu haben / es mag die Sache lauf - fen wie ſie wolle,

Nunmehro glaube ich genug von einem Kriege ge - ſprochen zu haben der des Redens kaum wehrt iſt / dan - nenhero will ich noch viel andre Sachen / Zeit meiner Anweſenheit geſchehen / mit Stillſchweigen vorbey ge - hen / und anitzo die Waffen derer ſich die Mohren im Kriege bedienen / kuͤrtzlich beſchreiben.

Jhr vornehmſtes Gewehr iſt eine Flinte oder Cara - biner / damit ſie trefflich wiſſen umzugehen; Jn War - heit eine groſſe Luſt dieſe Leute zu exerciren ſehen / ſo kuͤnſtlich ſie mit ihrem Gewehr ſich anſtellen koͤnnen / ſie ſchieſſen durch einan der / einer im ſitzen der ander im lie - gen / der dritte im kriechen / dergeſtalt / daß es ein Wun - der iſt / wie ſie noch unbeſchaͤdiget davon kommen. Jhr werdet auſſer Zweiffel fremde finden / daß die Mohren auch Schieß-Gewehr brauchen / um ſo viel mehr / wenn ihr hoͤren werdet daß wir ſie mit dergleichen uͤberfluͤſ - ſig verſehen / und alſo das Meſſer in die Hand geben uns den Hals abzuſchneiden. Allein was Rahts / wir muͤſſen es thun; denn im Fall es ihnen geweigert wuͤr - de / koͤnnten ſie allezeit von den Engellaͤndern / Daͤhnen und Brandenburgiſchen / oder auch dafern es dieſe nicht thun wolten / von denen nicht privilegirten En - gliſchen und Seelaͤndiſchen Schiffen / ſo viel ſie benoͤ - thiget einkauffen. Waͤre demnach hoͤchſt unbillig daß wir nicht unſern Vortheil hierinnen ſuchten / da zumah - len zeithero der meiſte Handel hieriñen und im Schieß -PPul -226BeſchreibungPulver beſtanden. Zu wuͤnſchen waͤre es daß derglei - chen Gewehr niemahls ins Land kommen / oder hinfuͤhro nimmer gebracht wuͤrde / ich verſichere wir koͤnnten die Mohren beſſer zwingen; wiewol hiezu wenig Hoff - nung uͤbrig.

Uber dem brauchen ſie auch Saͤbel wie Sicheln ge - machet / an dem Handgriff ſind ſie ſo breit wie eine Hand / am Ende aber ſchier zweymahl ſo breit / und aufs hoͤchſte drey Fuß lang mit etwas gebogener Klinge. Sie ſind ſehr ſtarck und ſchwer / aber ſo ſtumpff / daß man unterſchiedliche mahl zuhauen muß / ehe der Kopff ein es Menſchen vom Rumpff faͤllet. Der Handgriff iſt von Holtz / vorne und hinten mit kleinen hoͤltzernen Kuͤgelein beſetzet / und mit gewiſſer Haut oder vielen kleinen Schnuͤrlein in Bocks oder anderer Thiere Blut geſchwaͤrtzet / uͤberzogen; der gantze Zierath be - ſtehet in einen Zopffen Pferde Haar; wiewol die Vor - nehmſten einige mit guͤldnen Platen beſetzet haben. Dieſe nun tragen ſie in ledernen Scheiden / die an ei - ner Seite faſt gantz offen / und gemeiniglich mit einem Tieger Kopff oder rothen Schuppen verſehen von ziemlichen Wehrt / daran feſt gemachet ſind. Wenn ſie ausgehen / binden ſie ihre Saͤbel an die lincke Seite / an einen zu dem Ende um den Leib geſchnuͤreten Band / oder ſtecken ihn auch unter ihren Paan oder Kleid / bin - den ihn ſchlechterdinges um den Leib / und laſſen ihn zwiſchen den Beinen herab hangen. Ubrigens haben ſie auch ein Bandelier mit 18. bis 20. Schuͤſſen / auff dem Kopff eine Muͤtze von Kayman, auf der Seite einen rohten / hinten einen Zopffen Pferde Haar / und um den Hals eine ſchwere eiſerne Kette; in Warheit / wenn ſie dermaſſen geruͤſtet aufgezogen kommen undihren227des Landes Gvinea. ihren Leib weiß gemachet / wuͤrdet ihr viel eher ſagen es waͤren Teuffel als Menſchen.

Drittens brauchen ſie noch einen Bogen mit Pfei - len / wiewol die Mohren ſo tieff im Lande wohnen / aus - genommen die zu Aqvamboe ſich derſelben nicht ſon - derlich bedienen. Denn dieſe letzteren koͤnnen uͤberaus wohl da mit ſchieſſen / ſo daß ſie auf der Jagt ſeynde / nach eigenem Belieben den Haſen ſchieſſen koͤnnen an welchem Theil des Leibes ſie wollen. Die Pfeile haben hinten eine kleine Feder / die Spitze aber iſt von krum - men Eyſen. Dieſe welche in Avinee wohnhafft / ver - gifften ihre Pfeile / alleine hier zu Lande weiß man nichts davon / ſelbſt glaube ich daß ſie nicht einmahl Gifft kennen.

Nach Pfeilen und Bogen kommt der Aſſagay oder wie es einige nennen Haſſagay, deren zweyerley ſind groſſe und kleine. Dieſe ſind anderthalb Ehlen lang / ſehr ſcharff / und werden an Statt eines Spieſſes ge - braucht / jene ſind auch eben ſo lang und breit nach Pro - portion; am Ende mit einem ſpitzigen Eyſen von ei - nem oder bisweilen anderthalb Fuß lang / wie eine Pi - qve beſchlagen; denn ſie haben unterſchiedliche Arten. Sie brauchen ſolchen Aſſagay an Platz eines Saͤ - bels / wenn ſie mit der Lincken den Schild halten / und mit der rechten Hand den Aſſagay werffen; denn ſie haben allezeit jemand bey ſich / der ihnen die Waffen nachtraͤget.

Endlich brauchen ſie auch Schilde / ſo man aber nicht wol unter ſolches Gewehr rechnen kan / damit dem andern Schaden kan zugefuͤget werden / weil ſie bloß auf ihren eigen Leib zur Beſchuͤtzung dienen. Dannenhero habe ich Mohren geſehen / welche den Saͤ -P 2bel228Beſchreibungbel in der Rechten fuͤhrend / und in der Lincken mit dem Schilde ſich ſo bedecken konnten / daß ihnen unmoͤglich ein Hieb anzubringen. Sie ſind gemeiniglich von Weidenholtz gemachet / 4. oder 5. Fuß lang / und drey breit; einige ſind mit Gold-Leder uͤberzogen / oder mit einer Tieger-Haut / an jeder Ecken und in der Mitten finden ſich kleine kupfferne Platen / damit die Pfeile und Aſſagay ſo viel beſſer abzuhalten / auch einem Hie - be von dem Saͤbel nicht zu weichen; wiewol ſie vor kei - nen Muſqveten-Schuß beſtehen.

Sehet dieſes waͤren alſo die Waffen welche die Mohren im Kriege brauchen; zwar giebet es auch Ca - nonen und Grob-Geſchuͤtz unter ihnen / wie denn der Koͤnig von Salve unterſchiedliche hat / allein ſie wiſſen damit nicht umzugehen. Denn oͤffters haben ſie ſel - bige mit ins Feld genommen / auch einige Schuͤſſe daraus gethan / nachgehends aber dem Feinde uͤber - laſſen muͤſſen / wie es bey denen Commaniern zu ſehen geweſen; da denn diejenigen welche ſie bekommen / eben ſo unerfahren ſind / und alſo zu weiter nichts dieſen Koͤ - nigen dienen koͤnnen / als ein oder andern Ehren - Schuß daraus zu thun / demjenigen zu Liebe / vor wel - chen ſie einige Hochachtung haben.

Nunmehro wird es bald Zeit ſeyn / daß ich meinem Verſprechen nachkomme / welches im Anfang gegen - waͤrtigen Brieffes darinn beſtunde / daß ich eine aus - fuͤhrliche Beſchreibung von der Macht und Gewalt hieſiger Koͤnige hinzufuͤgen wolte.

Nun iſt dieſer ihr Anſehen ſehr ſchlecht / und nicht viel beſſer als eines Voigts im Dorff / wie ſie denn auch ſelbſt bey den Mohren in keinem hoͤheren Ruff ſeynd / auch vor dieſem ehe die Europaͤer ins Land ge -kom -229des Landes Gvinea. kommen / auch nicht anders als Capitains oder Ge - nerals genennet worden / mit dem Unterſcheid / daß der eine uͤber ein gantzes Land / der andre uͤber ein bloſſes Dorff herrſchen muſte. Nachdem wir aber mit ihnen eine Zeitlang umgegangen / haben ſie / oder vielmehr wir einen Koͤnig und Capitain daraus gemacht / doch aber den Nahmen von Ahin oder Ohin beybehalten / welches in unſer Sprach einen Capitain bezeichnet; wiewohl die Mohren hiemit einen ſolchen verſtehen / welcher uͤber ein Land / Dorff / oder Volck geſetzet iſt; indem ſie dieſen Nahmen auch unſeren Schiffs-Ca - pitains zueignen / ja ſelbſt unſern General-Dire - ctor, und Commendanten unſerer Veſtungen hie - mit belegen wuͤrden / im Fall ſie nicht den Unterſcheid von uns erlerneten.

Es muß aber ihr Koͤnig durch ſeine eigene Macht ſich bey ſeinem Anſehen ſuchen zu erhalten / dannenhero er auch ſo viel mehr geehret und gefuͤrchtet wird / je mehr Geld und Sclaven er hat; denn ohne dieſe wuͤrde er bey ſeinen Unterthanen wenig oder nichts gelten / ſon - dern dieſelbige bitten und bezahlen muͤſſen alles was er von ihnen verlanget. Jm Gegentheil aber wenn er mit Gluͤcks-Guͤtern reichlich verſehen / kan er auch grauſam und tyranniſch mit ſeinen Unterthanen um - gehen / indem er ſie mit harten und ſchweren Geld - Straffen vor ihr geringſtes Verbrechen zuͤchtiget / wie - wol nicht ohne Schein einiger Gerechtigkeit; denn wenn er jemanden ſchuldig findet / liefert er denſelbi - gen denen Caboceers uͤber / damit dieſe ihn verhoͤren / und erkennen was Rechtens / da denn dieſe wol wiſ - ſende wie ſie mit dem Koͤnige ſtehen / die That noch viel groͤſſer machen / und den Beſchuldigten zu har -P 3ter230Beſchreibungter Straffe verdammen / ſo daß der Koͤnig nicht miß - vergnuͤgt ſey.

Sonſten kan man ſie in ihren Reſidentzen von an - dren nicht fuͤglich unterſcheiden / indem ſie weder Wa - che vor ihrer Thuͤre noch viele Haus-Bediente halten; und wenn ſie heraus gehen in die Doͤrffer / haben ſie nicht mehr als zwey kleine Jungens hinter ſich / deren einer ihren Saͤbel / der andere einen Stuhl traͤget. Auf der Straſſe im begegnen / wird ihnen eben ſo we - nig Ehre erzeiget / als wir in unſerm Lande der gering - ſten Perſohn ſind gewohnet anzuthun / die man nicht wuͤrdig achtet mit einem Hut-abziehen zu begruͤſſen; ja nicht der Geringſte / ſo gar kein Sclave wuͤrde ihnen einen Fuß breit aus dem Wege gehen. Dafern aber ſie jemanden im andern Dorff beſuchen wollen / oder dergleichen Ehre von andern empfangen / wiſſen ſie ſo viel beſſer ihre Grandezza in acht zu nehmen; alsdenn nemlich werden ſie von vielem Gefolge begleitet / laſſen vor ſich einige Schilder her tragen / und uͤber dem Haupt einen Schirm / vermuthlich damit ihre zarte Haut von der Sonnen Hitze nicht ſchwartz werde. Jhre Weiber ſind ebenfals bey ſolcher Gelegenheit praͤchtig ausgezieret / und mit ungemeinem vielen Gold und Conte de Terra bedecket; in ihrem Dorff aber tragen dieſe ſowol als ihre Maͤnner gantz ſchlechte Klei - dung / ſo daß ſie von dem allergeringſten Sclaven in keinem Stuͤck zu unterſcheiden.

Ubrigens ſind dieſe Herren dermaſſen geitzig und begierig / daß ſie auch vom geringſten und unvermoͤ - genſten Menſchen die geringſte Beſchenckung anzu - nehmen kein Bedencken tragen wuͤrden. Dahero iſt ihre Kuͤche eben ſo ſchlecht beſtellet als eines geringenMoh -231des Landes Gvinea. Mohren / und ſind mit Oͤhle / Brodt und ſtinckendem Fiſch / nebſt einen Trunck Waſſer gleich jenen zufrie - den. Des Morgends trincken ſie etwas Brandtwein ſofern ſie ihn haben / des Nachmittags Palmenwein / und leben mit einem Wort nicht ein Haar beſſer als der geringſte unter ihren Unterthanen.

Wenn des Nachmittags der Palmenwein herbey gebracht / gehen ſie alleſamt nebſt ihren Sclaven als Bruͤder und Mitgeſellen auf den Marckt zu trincken / ſetzen ſich einjeder auf ſeinen Stuhl und machen eine Sauff-Compagnie, da ſie wichtig herumtrincken. So bald ſie nun beginnen truncken zu werden / und der erſte Durſt geloͤſchet iſt / trincken ſie auf Caboceers Art / welches ſo viel heiſſet: Die Calabaſſen oder ihre Trinck geſchirr halten ein Pintchen, ein Maaß oder auch bisweilen zwey Maaß / dieſe laſſen ſie entweder gantz oder halb voll ſchencken / ſetzen dieſelbe an / und laſſen mehr als zwey Drittheil laͤngſt den Bart vor - bey lauffen / ſo daß der Wein auf der Erde ſchwimmet / welches vor ein Zeichen einer groſſen Pracht bey ih - nen gehalten wird. Zwar wiſſen die Europaͤer die - ſes Kuͤnſtgen auch wol / wenn ſie wollen; alleine man wuͤrde bald zu kurtz kommen / wenn man lauter Rhein - oder Frantzwein darzu brauchen wolte / an ſtatt daß man vor zwey oder drey Guͤlden viel Palmenwein vergieſſen kan. Bey dieſer ihrer Verſammlung ſchwaͤtzen ſie wie die Elſtern / und hoͤret man nichts als ungeheuers Geſchrey unter ihnen. Doch muͤſſet ihr ja nicht dencken / als wenn hierunter auch ernſtliche Sachen mit unterlieffen / nein im geringſten nicht / ſon - dern lauter garſtige und unzuͤchtige Reden die ſie fuͤhren / auch ohngeachtet das Weibesvolck hiezu -P 4kommt232Beſchreibungkommt / darum ja nicht aufhoͤren / denn dieſe wiſſen im Gegentheil das Wort trefflich mit zu zugeben / und bisweilen mehr als die Maͤnner ſelbſt.

Wiewol nun auf beſagte Art die Koͤnige in veraͤcht - licher Gemeinſchafft leben mit ihren Sclaven / unter - laſſen ſie dennoch nicht dieſe um geringen Verbre - chens halber am Leben zu ſtraffen / und verſchonen auch keinen / er muͤſte denn bey ihnen ſelbſt oder dem Volck in groſſem Anſehen ſeyn / wie ich derer einige geſehen / welche mehr galten als die Koͤnige ſelbſt / denn weil ihnen ihre Herren das Regiment uͤber einiges Volck anvertrauen / handeln ſie ſehr ſtarck / und gewinnen mit der Zeit ſo viel Sclaven / daß ſie auch ſelbſt von dem Herrn gefuͤrchtet werden. Wannenhero ſie zuwei - len ſo vermeſſen ſeynd / daß ſie ſich wider ihn auffleh - nen / und im Koͤnigreich viel Unruhe verurſachen / die nicht eher ein Ende nimmt / bis der Koͤnig die Uhrhe - ber mit reichen Geſchencken befriediget.

Ubrigens gereichet es zu hieſigem Koͤniglichen ſon - derlichen intereſſe, wann andere Laͤnder / ſo im Krie - ge begriffen / ihn um Huͤlffe erſuchen / denn er laͤſſet ſich die wohl bezahlen / und behaͤlt das meiſte Geld vor ſich / ohne die wenigſte Sorge / ob der verſprochene Succurs zu rechter Zeit komme oder nicht / genung / daß er das Geld in Haͤnden hat; uͤbrigens fehlet es nimmer an Entſchuldigungen / welche ſo gekuͤnſtelt / und liſtig erſonnen / daß der Verſchlagenſte ſolte be - trogen werden / ohne den Betrug zu mercken. Noch beſſer iſts vor den Koͤnig / wenn er als Schiedes - Mann ſich gebrauchen laͤſſet / die ſtreitende Partheyen zu vergleichen / weil er alsdenn von beyden Theilen Heller ziehet / nnd aus dieſer Urſache laſſen die meiſtenunter233des Landes Gvinea. unter ihnen es zu keiner Endſchafft kommen / ſondern naͤhren die Streitigkeiten / ſo lange es immer muͤglich iſt / um ihren Beutel zu fuͤllen; Wiewol dieſes ihr be - ſtes Accidens iſt / indem ihre uͤbrige Einkuͤnffte nicht viel zu ſagen haben. Zwar haben ſie auf alle aus - und eingehende Waaren einen Zoll geleget / allein die Zoll - Bediente / als vornehme Leute / ziehen den beſten Vor - theil / und wiſſen es ſo einzurichten / daß der Koͤnig ſehr wenig davon einbekommt / kurtz / es muß ein Koͤ - nig ſeine Unterthanen entweder unſchuldiger Weiſe mit Geld-Straffen belegen / oder durch ſeine eigene Arbeit und Handlung mit Sclaven ſein Auskommen ſuchen / ſonſten / wo er wenig Sclaven hat / wird er ge - wiß uͤbel zu recht kommen / wie ich denn ſolche gekandt habe / in ſo groſſer Armuth / daß ſie nicht ſo viel Geld hatten / daß ſie einem ehrlichen Mann / der ſie beſu - chet / nicht einen Trunck Wein vorſetzen konten / viel - weniger ſo viel Glauben bey jemand hatten / der ihnen haͤtte ohne Geld laſſen etwas abfolgen. Jhr werdet demnach zur Gnuͤge vermuthlich aus bisherigem erſe - hen / wie groß das Anſehen eines hieſigen Koͤniges ſich erſtrecke / (der Herr Ooudin nennet ſie in ſeinem Mercurio Zaun-Koͤnige) und was ſie vor Pracht / ſo - wol in Anſehung ihrer eigenen Perſon / als ihrer Wei - ber und Sclaven fuͤhren. Laſſet uns nun ſehen / wie die Printzen und Printzeßinnen vom Koͤniglichen Ge - bluͤte ſich auffuͤhren; zuvor aber erinnert euch ohn Be - ſchwerde desjenigen / was ich oben von denen Kindern derer Mohren durchgehends gemeldet / denn gewiß nicht der allergeringſte Unterſcheid zu finden zwiſchen Koͤniglichen Printzen / und zwiſchen ihrer Untertha - nen Kindern. So bald jene was erwachſen / muͤſſenP 5ſie234Beſchreibungſie vor ihre Koſt arbeiten / entweder das Land bauen / oder Palmen-Wein verkauffen / welchen ſie unge - ſcheuet auf den Marckt feil tragen / oder auch ſonſt eine beliebige Lebens-Art und Profesſion erwaͤhlen: Jn - zwiſchen gelangen ſie zum Beſitz des vaͤterlichen Throns / ſo daß man ſich nicht zu verwundern hat / wenn man in den alten Hiſtorien lieſet / daß ein Baur - Hirte oder eines Toͤpffers Sohn / wie der Agathocles, ſey Koͤnig geworden / weil es hier zu Lande nichts un - gewoͤhnliches iſt / daß auch diejenige / ſo bey ihren jun - gen Jahren uns vor Knechte gedienet / zum oͤfftern den Koͤniglichen Thron beſteigen.

Nun koͤnnet ihr gar leicht die Rechnung machen / daß wir auf dieſe Koͤnige nicht viel geben / indem ſich der geringſte unter unſern Kaufſleuten dieſelbige Ehre will angethan wiſſen / die dem hier zu Lande groͤſſten Monarchen wiederfaͤhret. Und in Warheit ſo ſte - hen wir auch in groſſen Anſehen / inſonderheit unſer General Director, und die Raͤthe. Doch will ich hievon nichtes weiter melden / ſondern euch / dafern ihr ausfuͤhrlichere Nachricht davon verlanget / an den Hrn. Foqvenbrog verweiſen.

Was die Princeßinnen anbelanget / fuͤrchte ich / werdet ihr euch einbilden / als ſeyn dieſelbe zum Acker - und Land-Bau viel zu zaͤrtlich erzogen / allein weit ge - fehlet / indem ſie eben ſo wenig als die ſchlechtſte Baur - Magd davon ausgenommen. Doch iſt nicht zu leu - gnen / daß einige wegen allzuhohen Geiſtes dahin nicht zu bringen / daß ſie als Sclaven arbeiten ſollen / ſondern ein anderes beqvemeres Handwerck / obwol veraͤchtlich genug / erlernen. Sie heyrathen ſehr jung / da weder auf Geld noch ihr Herkommen geſehenwird235des Landes Gvinea. wird / ſondern einjeder nach eigenem Gefallen ſich eine Frau ausſuchet / ohne die Ungleichheit der Ehe in Be - dencken zu nehmen / ſo gar / daß auch des Koͤniges Tochter keinem Sclaven verſaget wuͤrde / wie denn dergleichen faſt taͤglich geſchiehet / und ſchickt ſich beſſer / als wenn des Koͤniges Sohn eines Sclaven Tochter heyrathete / indem nemlich die Kinder der Mutter fol - gen / und diejenige von eines Koͤniges Tochter mit ei - nem Sclaven gebohren / freye Leute bleiben / anſtatt daß jene / von des Koͤniges Sohn mit einer Sclavinn erzeuget / allezeit Sclaven bleiben.

Das iſt alſo die Beſchreibung des Koͤniglichen Hauſes / nun fehlet nichts als noch die Bediente / und zwar erſtlich der Braſſos, welcher auch Faͤhndrich ge - nennet wird / Saͤbel-Traͤger / Tié-tiés oder Ausruf - fer / und ihrer Weiber Wache / ohne die Trompeter / Trommelſchlaͤger und Zincken-Blaͤſer. Alle dieſe Bedienungen beſtehen hierinn; Von dem Braſſo habe ich allbereit oben erinnert / daß es eigentlich heiſſe ein Kriegsmann / und alſo ſeine Verrichtung im Kriege habe / dabey nichtes mehr an ihm erfordert wird / als ein tapferer Muth; Alsdenn kommen die Saͤbel-Traͤ - ger bis 3. oder 4. faſt auf die Art als ich mir einbilde / wie in alten Zeiten die Herolde geweſen ſeyn / denn dieſe zuweilen an fremden Hoͤfen auch als Ambaſſa - deurs gebrauchet werden / und folglich ihre Bedie - nung nicht zu verachten / ohnangeſehen daß dergleichen Ehre meiſtentheils denen Tié-tiés oder oͤffentlichen Ausruffern beygeleget werde. Dieſe nun werden von ihren Herrn hin und wieder verſchicket / wenn ſie von demſelbigen mit einer Muͤtze / als einem Frey-Paſ - ſe verſehen worden / dabey man ſie von andern unter -ſchei -236Beſchreibungſcheiden / und auf ihren Ruͤck - und Hin-Wegen un - geſtoͤhrt muß gehen laſſen / wenn es nemlich auf Be - fehl ihres Ober-Herrn geſchiehet / ſonſten wuͤrde man ſie gleich andern feſt ſetzen; koͤnnen demnach nicht un - billig vor Trommelſchlaͤget oder Trompeter angeſe - hen werden / derer man ſich in Krieges-Zeit bedienet. Jn jedem Dorff findet ſich ein oder zwey von ſolchen Leuten / damit ſelbige / wann etwas geſtohlen oder ver - lohren worden / oͤffentlich koͤnnen ausruffen / oder auch dem Volck alle Befehl der Obrigkeit andeuten; Uber - dem muͤſſen ſie auch bey Verſammlung des Raths / und vorgehender Verwirrung deren Stimmen laut ruffen: tié-tié, das iſt / ſtille / ſtille / dahero ſie auch ſo genannt werden. An ihrer Muͤtze / von einer ſchwartzen Affen-Haut mit Finger-langen Haaren / und den Elephanten Schwantz / den ſie in der Hand / um die Fliegen von ihrem Herrn ab zu wehren / bey ſich tragen / kan man ſelbige fuͤglich vor andern erkennen. Die vierte Reihe machet ihrer Weiber Wache / zu dem Ende geordnet / damit dieſe ihren Maͤnnern nicht un - treu werden / wie wol ſie ihr vertrautes Unterpfand ſelbſten wiſſen zu gebrauchen / wenn ſie einwenig ge - ſchickt und wohl ausſehen; Uberdem haben ſie den Schatz ihrer Ober-Herrn in Verwahrung / und wer - den dazu gehoͤrige Schluͤſſel auſſer dieſen keinem Men - ſchen in die Haͤnde gegeben / er mag auch ſeyn / wer er wolle; dahero auch eintzig und allein dieſe nach Able - ben des Koͤniges von ſeinen Guͤtern Rechnung uͤber - geben muͤſſen. Und hiemit habet ihr auch alle Bedie - nungen des Koͤniglichen Hauſes vernommen / bildet euch aber nicht ein / daß bloß denen Koͤnigen alſo auf - gewartet werde / mit nichten / denn diejenigen / welcheetwas237des Landes Gvinea. etwas vermoͤgend ſeyn / haben eben dieſe Bedienten um ſich / bisweilen auch mehr / wenn ſie viele Guͤter haben.

Jch will anitzo nicht hoffen / daß ihr euch uͤber die Kuͤrtze gegenwaͤrtigen Brieffes beklagẽ werdet / fuͤrchte aber vielmehr / es werde euch deſſen Laͤnge verdrießlich fallen / jedoch will ich mir einbilden / es werde die An - nehmlichkeit der darinnen voꝛgeſtellten Sachen meinen Fehler erſetzen / und euch den Verdruß benehmen / in - ſonderheit wenn ich ihn mit abermahliger Verſiche - rung endige / daß ich bin ꝛc.

Ende des eilfften Briefes.

Zwoͤlfftes Send-Schreiben.

Wie und auf was Art die Mohren einander eheligen / die Braut anſtatt des Braut-Schatzes nichts / und der Braͤu - tigam ſehr wenig bringe; Wie die Hoch - zeits-Koſten ſehr geringe; Wie ungemein viele Weiber ſie heyrathen; Worinnen ihre Arbeit beſtehe / und die Manier ih - re Zeit mit Muͤßiggang zu zubringen; Wie der Kauffleute ihre Frauen am gluͤck - lichſten ſeynd; Wie einige Maͤnner mit ihren Frauen handeln / ihre Weiber aber ſehr verſchlagen ſeynd; Wie hoch ſie an Gelde geſtraffet werden / wenn ſie eines andern Weib beſchlaffen / und mit wasUm -238BeſchreibungUmſtaͤnden dieſe Sache vor Gericht gefuͤh - ret wird; Wie unter Geehlichten keine Ge - meinſchafft der Guͤter / noch weniger eine Erb-Folge derſelben zwiſchen Mann oder Weib geduldet werde / ja ſelbſt die Kinder von ihren Eltern / weder Vater noch Mut - ter erben koͤnnen; Wie die Ehebrecher et - was tieffer im Lande viel haͤrter geſtraf - fet werden / da einjeder ſein eigen Rich - ter iſt; Wie es denen Weibern im gering - ſten nicht zugelaſſen / ihre Maͤnner Ehe - bruchs halber zu beſtraffen; Wie die ſchwangern Weiber ſehr geehret / und was laͤcherliche Ceremonien ſie brauchen / bey einer zum erſtenmahl geſchwaͤngerten Frauen; Was ſie den Kindern vor Nah - mens geben; Wie die Weiber im Lande Ante, welche 10. Kinder gehabt haben / ab - getheilet; Wie ſie die Kinder beſchneiden / und wo ſie dieſen Urſprung herleiten; Wie jung ſie einander heyrathen / und warum die Toͤchter am laͤngſten warten; Was vor eine groſſe Anzahl Weiber-Volck; Wie man die ungeheyrathete junge Maͤd - chen oͤffentlich ſchaͤndet / und gleichwol die - ſe / ſo lange ſie auſſerhalb dem Eheſtande leben / nicht den Nahmen geſchwaͤchter Weibes-Perſonen tragen / ohngeachtet ſie es doch wuͤrcklich ſeynd.

Mein239des Landes Gvinea.
Mein Herr!

NAchdem ich meinen letzten Brief vom an euch abgefertiget / habe ich ſeit dem nichts Neues von euch vernommen / ohngeachtet unterſchiedliche Schiffe alhier angelandet; Dannenhero weiß ich mich nicht zu finden / ob ich dieſes Stillſchweigen eurer Traͤgheit / vielen Verrichtungen oder auch einiger Unpaͤßligkeit zuſchreiben ſoll; das letztere will ich nicht hoffen / und das mittlere kan ich vor keine Entſchuldi - gung annehmen / alldieweil an einen guten Freund zu ſchreiben / allen andern Geſchaͤfften vorgezogen wer - den muß / dannenhero will ich bloß auf eure Nachlaͤſ - ſigkeit die Schuld legen / ſo lange bis ihr mit einem lan - gen Brief bisheriges Stillſchweigen erſetzet.

Jn meinem vorigen habe ich von lauter Kriegen und Blut-Vergieſſen gehandelt / dadurch die Zahl der Menſchen taͤglich abnimmt / anitzo will ich zeigen / auf was Art ſolch ein Verluſt wieder erſtattet werde / ver - mittelſt derer Heyrathen; dannenhero will ich alſobald von der Mohren ihrem Heyrathen / und was dieſem anhaͤngig iſt / den Anfang machen.

Es brauchen dieſelbige wenig Ceremonien, denn ſie wiſſen von keinem Vergleich oder Eh-Pacten zu machen / ſind auch wegen des Brautſchatzes niemahls ſtreitig; ſo daß wenn jemand Belieben hat dieſe oder jene Perſohn zu heyrahten / er weiter nichts noͤthig ha - be / als den Vater und Mutter nebſt einigen vornehm - ſten Anverwandten zu ſprechen / und bey dieſen um ihr Kind oder Gefreundten Anſuchung zu thun / da es ſehr ſelten zu abſchlaͤgiger Antwort kommet / inſonderheit wenn die geſuchte Perſohn vor ihren Anwerber einige Liebe zeiget.

Jſt240Beſchreibung.

Jſt nun dieſe albereit mannbahr / fuͤhret ſie der Braͤutigam alſofort mit ſich nach Hauſe / im Gegen - theil aber / wenn ſie die gehoͤrige Jahre noch nicht er - langet / muß ſie bey ihren Eltern einige Zeitlang ver - harren / wiewol die wenigſten aus nachfolgenden Ur - ſachen ſich hiezu verſtehen wollen. Die Braut brin - get nichts als ihren eigenen Leib / und der Braͤutigam hat auch keine groſſe Ausgaben noͤthig / es ſey denn die Hochzeit Koſten zu entrichten / welche auf weniges Gold / etwas Wein / Brantwein / ein Schaaff vor der Braut Eltern / und ein neues Kleid vor die Braut hinaus lauffen. Hieruͤber fuͤhret derſelbe nichts deſto - weniger genaue Rechnung / damit im Fall ſeine Frau ihm abtruͤnnig wuͤrde / er die Bezahlung ſeiner Unko - ſten fordern koͤnne / wozu denn bey ſolcher Gelegenheit die Eltern auff den letzten Heller zu bezahlen gehalten ſeyn; im Gegentheil aber wenn er ſeine Frau von ſich ſtieſſe / muͤſte er alles verliehren / es ſey denn daß er zu - laͤngliche Beweiß-Gruͤnde darthun koͤnne von Ver - ſtoſſung ſeiner Frauen / alsdenn ihm ebenfals die Be - zahlung nicht geweigert werden kan.

Ubrigens haben ſie nicht die geringſte Ergetzligkeit bey ihrer Verehligung / wird auch bey ihnen vor keinen Freuden - oder Feſt-Tag gehalten / ſondern der Braͤutigam laͤſſet einige Tage in ſchoͤnen Kleidern von Gold und anderm Schmuck ſich ſehen / welche ſie doch gemeiniglich entweder leihen / oder vor gewiſſes Geld dingen; eben als wenn man bey uns Leute ſiehet / wel - che bey gewiſſen Verſammlungen / Feſt-Tagen oder Leichbegaͤngniſſen in fremder und ihnen nicht zuſtaͤn - diger Kleidung ſich bruͤſten.

Die Zahl der Frauen anbelangend / koͤnnen ſie ſoviel241des Landes Gvinea. viel nehmen als ſie ſelbſt wollen / und ihr Vermoͤgen es zulaͤſſet; gleichwol haben ſie ſelten mehr als zwantzig / ſondern vergnuͤgen ſich mit 4. oder 5. zum hoͤchſten zehen / jedoch ſind einige die was ſonderlichs vor andern ſeyn wollen / welche zwantzig brauchen. Die meiſten nun von dieſen muͤſſen vor ihre Maͤnner Milhio Jam - mes, oder andre Sachen pflantzen / imgleichen wenn ſie nach Hauſe kommen den Tiſch bereit halten / damit ſie alſobald an das Eſſen gehen koͤnnen / wiewol dieſe gute Frauens-Leute ſehr gluͤcklich ſind / daß jene nem - lich die Maͤnner mit ſehr wenigem ſich abſpeiſen laſ - ſen. Die Maͤnner hergegen verderben ihre Zeit mit Palmenwein zu ſauffen / ſo die Frauens zum oͤfftern ſauer genung verdienen muͤſſen. Geringere aber als Fiſcher und Bauersleute welche den Wein bearbei - ten / und mit ihren Weibern gleiche Haus und Nah - rungs-Sorge tragen / der eine mit Fiſch-fangen / der andre mit Arbeits-Lohn / vor daß er ſich zum rudern verdungen / der dritte mit Palmenwein verkauffen / ſind die geruhigſte und gluͤckſeligſte Leute / ſo mit ihren Sachen am beſten zurecht kommen.

Andre hergegen etwas vermoͤgende und vor andern ſich hervor thuende halten zwey Frauen welche keine Arbeit thun doͤrffen / deren erſtere / als aͤlteſte und vor - nehmſte heiſſet die groſſe Frau / welcher ſowol die Haus - Sorge oblieget / als die Herrſchafft uͤber alle andre zuſtehet. Die zweyte iſt dem Goͤtzen gewidmet / und von dieſen Boſſum genennet / dahero ſie auch ſehr an - geſehen / auch erſchrecklich geeyfert wird / dafern die - ſelbige ein fremder in Unzucht erkennen ſolte / derge - ſtalt / daß wenn es in ihrer Macht ſtuͤnde / ſich an dem Verbrecher ſo empfindlich raͤchen wuͤrden / daß er esQdas242Beſchreibung. das zweyte mahl wol laſſen ſolte. Mit den uͤbrigen aber nehmen ſie es ſo gar genau nicht / wenn ſie nur Geld bekommen.

So ſind auch dieſe Boſſum, oder denen Goͤtzen geheiligte Frauen Sclaven Kinder / zu dem Ende einig von denſelben erkauffet worden / folglich alſo nicht die heßlichſten ſich einbilden / indem ſie auch nur ein - mahl in der Wochen / als an ihrem Gebuhrts-Tage / zum Beyſchlaff gefodert werden / aus welcher Urſach ſie ſich vor den uͤbrigen gluͤcklicher zu ſchaͤtzen haben.

Dennoch aber ſind die am allerbeſten daran / welche an einen oder andern wohlhabenden Kauffmann ver - heyrathet werden; angeſehen dieſe auſſerhalb Hauſes keine Arbeit thun doͤrffen / und von ihren Maͤnnern reichlich unterhalten werden.

Bisweilen giebet es ſolche verruchte und unver - ſchaͤmte Mohren / welche zu keinem andern Ende viele Weiber nehmen / als daß dieſe in lauter Fleiſches Up - pigkeiten leben moͤgen / und ſie alſo ſelbſt mit Hoͤrnern gezieret werden. Ja was noch mehr iſt / ſie geben ih - ren Weibern vollkommene Erlaubniß andre Leute zu verfuͤhren / doch ſo / daß die Maͤnner in Zeiten von ih - ren Weibern desfals benachrichtiget / ſo viel harter den unvorſichtigen Buhler ſtraffen und uͤberfallen koͤnnen. Jn Summa es iſt nicht zu beſchreiben / wie liſtig dergleichen Schelme ſind die Menſchen unſchul - dig zu uͤberſchnellen / inſonderheit Fremde / die ſie nicht kennen / wenn ſie nemlich als freye und ungeheyrathete Perſonen ſich ausgeben / alſobald aber bey Erhaltung ihres Zwecks / machen daß ſich ihr Mann einfindet / bey deſſen unmenſchlicher Grauſamkeit der einfaͤltige Tropff ſeine Thorheit zu ſpaͤte bereuen muß. Nochandre243des Landes Gvinea. andre / die nicht leugnen koͤnnen daß ſie verheyrahtet ſind / verſprechen und vermeſſen ſich / um die Leute ſo viel beſſer zu betriegen / daß ſie ihren Maͤnnern nicht ein Wort ſagen wollen / halten aber daſſelbige nicht anders als das Frauenzimmer durchgehends zu thun pfleget / ſondern offenbahren es ihren Maͤnnern / ſo bald ſie dieſelbe zu Geſicht bekommen / wuͤrden auch bey Verhaltung deſſelbigen hoͤchſt ungluͤckſelig ſeyn / wenn es der Mann von jemand fremdes zu hoͤren be - kaͤhme.

Der Ehebruch unter gemeinen Leuten / wird mit einer Geld-Straffe von 40. 50. oder 60. Gulden ge - buͤſſet / diejenige aber welche etwas mehr im Vermoͤ - gen haben / muͤſſen ungleich mehr erlegen / inſonderheit wenn der Mann von einer Ehebrecherin / gute Mittel oder guten Glauben hat / alsdenn muß er bisweilen mehr als zwey tauſend . ausbeuteln.

Jn Wahrheit mein Herr / ihr wuͤrdet ohnmoͤglich des Lachens euch enthalten koͤnnen / wenn ihr derglei - chen Sachen gerichtlich verhoͤren ſoltet. Meines Orts habe ich mehr als 100. mahl in ſolcher Gelegen - heit den Richter ſpielen muͤſſen. Nun wiſſet ihr wol daß der erſte Rechts-Grund ſey die That zu leugnen / ſo wiſſen die Mohren dieſes uͤberaus in acht zu nehmen / und ſagen alſofort nein / dergeſtalt daß man unter - ſchiedliche Beweiß-Gruͤnde zuſammen ſuchen muß ſel - bige zu uͤberfuͤhren / da die Frau in dem Rath erſchei - nen / und den gantzen Verlauff der Sache nach allen Umſtaͤnden erzehlen muß. Sind dieſes nicht ſehr er - bauliche Sachen vor ſolche anſehnliche Rahtsherren? Endlich kommt es auf einen Schwuhr / da denn der Beſchuldigte / im Fall er ſich zum ſchwehren willig er -Q[2]bietet244Beſchreibungbietet / unſchuldig erkannt / im Gegentheil aber verdam - met wird / wenn er ſich dazu nicht verſtehen will.

Es ſind oder leben auch Eheleute in keiner Gemein - ſchafft der Guͤter; ſondern einjeder iſt Meiſter uͤber das Seinige; und machen ſie wegen haͤuslichen Koſten ei - nen Vergleich mit einander / ſo daß der Mann insge - mein vor die Kleidung / die Frau aber vor die taͤgliche Nahrung ſorgen muß.

Sobald der Mann oder die Frau ableibig werden / kommen die naͤchſte Anverwandten alſobald und be - maͤchtigen ſich der Nachlaſſenſchafft / ohne daß der uͤberbliebene Theil den geringſten Genuß davon fo - dern darff / ohngeachtet derſelbe zur Beerdigung bis - weilen ein merckliches beygeſchoſſen.

Ohngeachtet derer vielen Weiber giebet es dennoch einige Kebsweiber / welche die Mohren zu ihrer Wol - luſt brauchen / und bisweilen mehr Lieb und Sorge vor dieſelbe tragen als vor ihre rechte Frauen; gleichwol ſind die davon gebohrne Kinder unrechtmaͤßige / auch unter die Zahl derer Gefreundten niemahls mitge - rechnet.

Wenn auch ein Mohr mit einer Sclavin / er habe ſie geheyrahtet oder nicht / ein Kind erzeuget / wird daſ - ſelbige nach des Vatern Tod vor einen Sclaven ge - rechnet / und muß ſolcher denen nachgelaſſenen vaͤterli - chen Erben dienen; daß dannenhero ein Mohr noch vor ſeinem Abſterben dergleichen Sclavin mit ihrem Kind frey erkennet / und Zeit ſeines Lebens die gehoͤrige Ceremonien desfals verrichtet / damit ſei - ne Gefreundte nach ſeinem Tode uͤber ſie nichts zu ge - bieten haben / ſondern als eine freye Perſohn anſehen muͤſſen. Diejenige aber ſo ſie mit ihren eigenen Wei -bern245des Landes Gvinea. bern erzeugen / ſind zwar rechtmaͤßige / gleichwol aber erben ſie nichts / weder vom Vater noch Mutter / es ſey denn in dem einigen Lande von Acra, alwo die Kin - der zur Erbſchafft gelaſſen werden. Sobald aber der Vater einiges Ehren-Amt beſitzet / und entweder Capitain von einem Dorff / oder gar Koͤnig iſt / erbet der aͤlteſte Sohn nicht mehr als ſeinen Schild und Saͤbel / ſo daß hie wenig zu ſtatten kommt / ob man ei - nen ſehr reichen Vater und Mutter habe / es ſey denn daß dieſe bey ihren Leben denen Kindern ein oder an - dres zuſtecken / welches doch was ſeltſames iſt / und uͤber - dem gantz heimlich geſchehen muß; denn dafern es die Anverwandten zu hoͤren bekaͤhmen / wuͤrde ſolches de - nen Kindern nach des Vatern Hintritt bis auff den letzten Heller abgefodert werden.

Mit der Erbſchafft gehet es wunderlich zu / und ſo viel ich verſtehen koͤnnen / auf folgende Weiſe. Des Brudern oder der Schweſter Kinder ſind die recht - maͤßige und allein zulaͤßliche Erben / fo daß der aͤlteſte Sohn in der Familie, ſeiner Mutter Brudern Gut erben muß / oder auch deſſen Sohns wenn er einen hat / und die aͤlteſte Tochter ihrer Mutter Schweſter Gut / oder auch deren Tochter wenn ſie eine hat / erblich neh - men muß. Die von Vatern Seite annoch lebende Freunde als der Vater / Bruder und Schweſter wer - den vor nichts gerechnet / und folglich zu keiner Erb - ſchafft gelaſſen. Nun wiſſen zwar die Mohren hie - von keine rechte Urſach zu geben / doch glaube ich ſelbige in Anſehung derer im weiblichem Geſchlechte vorge - henden Uppigkeiten eingefuͤhret zu ſeyn / wie denn die - jenigen ſo in Oſt-Jndien gereiſet ſind / zu berichten wiſ ſen / daß einige Koͤnige an ſtatt ihres eigenen Sohnes -Q 3ihre /246Beſchreibungihrer Schweſter Sohn zum Erben einſetzen; Weilen ſie verſichert ſeyn koͤnnen / daß der Schweſter Sohn aus ihrem Gebluͤt entſproſſen / von ihrem eigenen Kin - de aber ſolche Gewißheit nicht haben. Womit dieſe zu verhindern gedencken, daß die Krohne keiner fremden Familie zu Theilwerde; die Mohren aber / damit ihr Vermoͤgen in keine fremde Haͤnde gerahten moͤge. Weil aber Ehre allezeit vor dem Reichthum hergehen muß / finde ich derer Jndianiſchen Koͤnige Gewonheit beſſer als derer Mohren / zweiffle auch nicht ihr werdet mit mir einerley Meynung hegen.

Geſetzt daß nun dergleichen Erbnehmere nicht waͤren / ſo wird das Erbgut zwiſchen Bruder und Schweſter getheilet / und wenn auch dieſe nicht zuge - gen / ſo faͤllet es auf die naͤchſte Anverwandten muͤtter - licher Seiten. Allein die Geburts Linien ſind ſo durch einander verwirret / daß bis dato kein Europaͤer ſich gruͤndlich daraus vernehmen koͤnnen / glaube auch nicht / daß jemand von uns dazu gelangen werde / ohn - geachtet die Mohren ſo laͤuffig und verſchlagen darin - nen ſeynd / daß ſie ſich niemahls verſtoſſen. Dennoch entſtehen zum oͤfftern groſſe Sreitigkeiten wegen Erb - ſchafften / nicht ſowol wegen Unwiſſenheit der Mohren / als ob ſie nicht erkenneten welches die rechtmaͤßigen Erben ſeyn / ſondern weil diejenigen ſo die Gewalt in Haͤnden haben / einer Erbſchafft ſich anmaſſen / die ſie mit keinen Recht behaupten koͤnnen.

Jhre groͤſte Ehre beſtehet in Vielheit von Weibern / und ihr beſtes Vermoͤgen in groſſer Anzahl von Scla - ven / und gleichwol iſts zum oͤfftern ihr groͤſtes Ver - derben wenn ſie ihrer viele haben / angeſehen ſie vor ihre Sclaven ſtehen / und wenn ſie etwas verbrochen / alleGeld -247des Landes Gvinea. Geld-Straffen erlegen muͤſſen. Dannenhero alle - zeit die Anfoderung nicht an die Sclaven ſondern ihre Herren geſchiehet / als welche ſich muͤſſen gefallen laſ - ſen alles zu bezahlen was denen Sclaven zuerkannt worden.

So muͤſſen ſie auch vor ihre Kinder und Kindes Kinder / nebſt ihren naͤchſten Anverwandten Rede und Anwort geben / wiewol wegen der letzteren gemei - niglich alle Gefreundte zuſammen treten / und einje - der nach ſeinem Vermoͤgen etwas hinzu thut / damit dem Schuldigen in Ermangelung behoͤrigter Gelder das Leben nicht abgeſprochen / oder in die Sclaverey verdammet werde.

Sehet dieſes mag genung ſeyn von dem heyrahten derer hieſigen Mohren; anitzo wollen wir auch ſehen / wie es diejenige machen / welche mehr Landwertsein wohnen / und wie hart ſie die Ehebrecher beſtraffen / denn dieſe viel ernſtlicher und ſtrenger als andre damit umgehen / weil die Europaͤer uͤber ſie nichts zu gebie - ten haben.

So iſt demnach nichts ungewoͤhnliches / wenn ein Ehebrecher gaͤntzlich verdorben und auſſer alle Spruͤn - ge geſetzet wird / ſo daß auch ſeine Freunde mit darun - ter leiden muͤſſen; denn wenn es ein bemittelter Mann iſt deſſen Frau geſchaͤndet / laͤſſet ſich derſelbige nicht ge - nuͤgen / wenn er den Thaͤter um alles Seinige bringet / ſondern hoͤret nicht eher auf / bis er ihm das Leben ge - nommen. Jſt auch der Thaͤter ein Sclave / ſo kan er dem Tod nicht entgehen / ſondern muß den aller - ſchmertzlichſten und allergrauſamſten Todt ausſtehen / ohne was noch der Herr an Geld vor dergleichen Verbrechen bezahlen muß. Und wie die MaͤnnerQ 4mit248Beſchreibungmit ihren Frauen nicht handeln / ſo ſtehet eine Frau im Ehebruch befunden in groſſer Gefahr des Lebens / wenn nicht der Mann mit groſſen Geld-Summen von ih - ren Gefreundeten befriediget wird.

Jn ſolchen Faͤllen iſt gemeiniglich ein Mohr der etwas guͤltig / ſein eigener Richter / und wenn er ſich zu ſchwach dazu befindet / ſpricht er ſeine Freunde um Huͤlffe an / welche dieſelbe ihm nicht verſagen / in An - ſehung des daraus erfolgenden Gewinſtes. Dieje - nige aber welche tieffer im Lande wohnen / ſind ungleich vermoͤgend und beguͤterter als hieſige / ſo wird auch bey jenen der Ehebruch viel harter geſtraffet / wie ich mir denn habe ſagen laſſen / daß einige bis 50. tauſend . vor begangenen Ehebruch Straffe haben geben muͤſſen. Und wuͤrde man auſſer halb Acra, Apam und Cormantin keinen einigen Ort finden da die reichſten Kauffleute / ja der Koͤnig ſelbſt ſolche hohe Straffe er - tragen koͤnnten / im Fall ſie in Ehebruch verfallen waͤ - ren; ausgenommen den Koͤnig von Aqvamboe, und den zu Acrom (wie die Rede iſt /) daß dieſe beyde mehr Geld und Reichthuͤmer beſitzen als alle andre. Ob nun wol die Straffe ſo hoch iſt / welcher die Ehebrecher ſowol als Ehebrecherinnen unterworffen / koͤnnen es dennoch der meiſte Theil von Frauensleuten nicht laſ - ſen; was aber die Maͤnner angehet / muͤſſen ſie aus Furcht fuͤr der Straffe ſich etwas entziehen. Wie - wol die Frauensleute unterſchiedliche liſtige Mittel er - ſonnen haben dieſelbige in ihre Stricke zu fangen: in - dem ſie nemlich die Zeit in acht nehmen / wenn ein jun - ger Mann alleine iſt / alsdenn ziehen ſie ſich nackend aus / und ſtellen ſich ſolcher geſtalt dar / mit vielem Ver - meſſen / dafern er nicht in ihr unziemendes Begehrenwil -249des Landes Gvinea. willigen wuͤrde / wolte ſie es ihrem Manne angeben / als waͤre ſie von ihm zum Ehebruch verleitet worden. Ge - ſetzt daß nun ein ſolcher Mann keuſcher und zuͤchtiger waͤre als der Joſeph / wuͤrde es dennoch nicht helffen / ſondern genung ſeyn / wenn man ihn auf ſolche Art bey einer entkleideten Frauen finden wuͤrde / da ihm ohn - geachtet aller ſeiner Vertheidigung kein Glauben / ſon - dern der Frauen allein beygemeſſen wird; wie ich denn ſolcher Exempel unterſchiedliche geſehen und mit Ver - wunderung erlernet / was bey ſolcher Gelegenheit eine Frau ausrichten koͤnne.

Noch andre practiciren ſich heimlich ins Bette eines jungen Mannes / und bedrohen denſelbigen wenn er erwachet / ein groſſes Geſchrey zu machen / und die gantze Nachbarſchafft herbey zu ruffen / da er dem Tode nicht entgehen wuͤrde. Sehet wie dieſe GOt - tes vergeſſene Leute ihre viehiſche Begierden ſtillen / und wie diejenigen Manns-Perſonen denen ſolches Un - gluͤck begegnet / hoͤchſtens zu beklagen ſeyn.

Unſtreitig wahr iſt es / daß Eyfferſucht und Liebe allezeit beyſammen / denn dieſe ſo genau mit einander verbunden / daß ohnangeſehen ihrer widrigen Wuͤr - ckungen / ſie dennoch nicht getrennet werden koͤnnen. Wie eyfferſuͤchtig auch der Mohren ihre Weiber ſind / doͤrffen ſie dennoch nichts ihren Maͤnnern vor - werffen / wenn dieſelbige mit andern Frauensleuten etwas zu thun gehabt / ſondern muͤſſen bemuͤhet ſeyn mit guten Worten und Gelindigkeit ſie davon abzu - bringen; die einige Alt-Frau / ſo Muliere grande oder groſſe Frau genennet wird / hat etwas Freyheit wider ihren Mann zu zuͤrnen / ſelbſt auch zu bedrohen / ſie wolle ihn verlaſſen / daferne er von ſeinem gottloſen Le -Q 5ben250Beſchreibungben nicht abſtehen wuͤrde / doch muß dieſes nur bey gu - ter Stunde geſchehen / ſonſten wuͤrde auch derſelbe auf ihre Plaudereyen und Geſchwaͤtze nicht viel geben.

Ehe ich aber weiter gehe / muß ich nicht vergeſſen zu ſagen / daß ich dieſe Beſchreibung der entferneten Mohren / nicht aus eigener Erfahrung habe / indem ich perſoͤnlich niemahls da geweſen / ſondern alles von de - nen daher kommenden Landes Einwohnern mir erzeh - len laſſen / denen wie in allem andern / auch hierinnen vollkommener Glaube beyzumeſſen.

Es muͤſſen auch die Weiber ihren Maͤnnern un - terſchiedliche Hoͤfligkeiten und Liebes-Dienſte anthun wenn ſie dieſer ihre Liebe gewinnen wollen / zumahlen ſie ihren Maͤnnern unterworffen. Wiewol die Maͤn - ner insgemein allen Streit zu vermeiden / ihre Gegen - Liebe unter ihre Weiber vertheilen / ſo daß eine jede die Reihe einmahl trifft und deren Liebe genieſſet.

Geſchiehet es daß ſie ſchwanger wird / thut ihr der Mann viel Ehre an / und wenn es das erſtemahl iſt / werden den Goͤtzen reiche Opffer-Gaben dargegeben / damit ſie ein gluͤckliches Kind-Bette halten moͤge. Die hiebey gewoͤhnlichen Ceremonien ſind ſehr laͤcher - lich. Sobald ſich gnugſame Zeichen ihrer Schwan - gerſchafft finden / wird ſie an das Meer gebracht und gewaſchen / da ihr laͤngſt den Weg eine ungemeine An - zahl junger Leute beyderley Geſchlechts folgen / welche ſie beunreinigen und allerhand Miſt auf ſie zu werffen / ſo lange bis ſie dem Strande genaͤhert / ins Meer ge - tuncket und rein gewaſchen iſt. Was hievon die Ur - ſache ſey kan ich nicht wiſſen / ausgenommen daß die Mohren ſagen wollen / im Fall ſie dergleichen nicht thaͤten / muͤſſe entweder die Mutter oder Kind / oderauch251des Landes Gvinea. auch der naͤchſten Anverwandten einer in kurtzer Zeit ſterben.

Sobald nun das Kind zur Welt gebohren / und von dem Prieſter geheiliget / und der Teuffel ausgebannet iſt / bekommt daſſelbe fals es vornehmen Eltern zuge - hoͤret / drey unterſchiedliche Nahmen / (wiewol nur ei - ner gebrauchet wird) erſtlich von dem Tage in der Wochen an welchem es gebohren / zweytens ſofern es ein Knaͤblein / von ſeinen zwey Großvaͤtern / das Maͤgd - lein aber von ihren zwey Großmuͤttern. Jedoch neh - men es die Mohren ſo genau nicht; indem auch Eltern ſind die ihre Kinder nach ihrem eigenen Nahmen / oder nach jemanden aus der Freundſchafft benennen laſ - ſen. Nachgehend nehmen mit den Jahren auch die Nahmen zu / haͤlt ſich jemand wohl im Kriege / bekommt er noch einen Ehren-Nahmen / der mit ſeinen Helden - thaten uͤbereinkommt / ſchlaͤgt jemand einen groſſen maͤchtigen Feind darnieder / faͤllet jemand ein wildes Thier / ſo hat er allemahl einen neuen Nahmen zu hof - fen. Jn Summa ich wuͤrde kein Ende finden / wenn ich alle ihre Nahmen erzehlen ſolte / es mag dieſes ge - nung ſeyn / wenn ich ſage einige zu kennen / welche mehr als zwantzig haben. Wenn nun ſolch ein Mohr ſich in einer Geſellſchafft bey dem Palmenwein einfindet / werden alſobald einiger von denen voꝛnehmſten / und ſei - ner liebſten Nahmen Meldung gethan / um jenem eine Ehre zu beweiſen. Doch werden ſie nur bey ihrem Geburts-Nahmen angeredet / wiewol auch einige nach der Zahl derer Kinder ſo ihre Mutter gehabt hat / zum Exempel das achte / das neunte / das zehnte Kind be - namſet werden / doch muß die Mutter zum wenigſten 6. oder ſieben gehabt haben.

Wenn252Beſchreibung

Wenn eine Frau im Lande von Ante zehen Kinder gehabt / wird dieſelbige von ihrem Mann getrennet / und muß ein gantzes Jahr in einer kleinen Huͤtte woh - nen / da ihr alles zum Unterhalt noͤthig gereichet wird; nach Verlauff eines Jahres / und wenn die gewoͤhnli - che Ceremonien verichtet / gehet ſie wieder nach Hauſe / und lebet mit ihrem Mann wie vor dieſem. Jch weiß nicht ob noch mehr Laͤnder ſeyn da dieſes uͤblich iſt / noch weniger andre Urſachen davon zu geben / als den groſ - ſen Aberglauben / vermittelſt welchem ſie glauben / ein groſſes Ungluͤck von ſich abzuwenden / daß ihnen ſonſten gewißlich begegnen wuͤrde.

Wenn auch eine Frau ihre monatliche Zeit bekom - met / muß ſie nicht nur bey den Mann / ſondern auch in keines Menſchen Haus kommen / zum wenigſten die Nacht darinn zu bleiben. Dannenhero dieſelbige an gewiſſen Oͤrten in einer kleinen Huͤtten zu naͤchſt ih - res Mannes oder Vatern Haus ſich ſo lange aufhal - ten muß. Die Kinder werden auch nicht beſchnitten / ausgenommen die zu Acra, und weiß ich nicht / wo dieſe Leute an die Beſchneidung und an andre Gebraͤuche bey ihren Weibern kommen. Von denen Juden iſts nicht wol zu glauben / daß ſie ſo weit ſolle hergeholet ſeyn / wiewol dieſes von Europaͤern behauptet / und zum Beweiß-Grunde deſſen / angefuͤhret wird / daß un - ter den Mohren viele Geſetze ſich finden / welche mit den Juden eine groſſe Verwandſchafft haben / als nem - lich itzt beſagte Beſchneidung derer Kinder / und bey ihren Frauen gewoͤhnliche Ceremonien / die den Mon - den erzeigte Ehre / wornach die Juden ihre Feſt-Tage einrichteten / des Brudern Weib nach deſſen Tode zu heyrathen und andre Sachen mehr / inſonderheit diemit253des Landes Gvinea. mit denen Juͤdiſchen ſehr gleich lautende Nahmen; indem noch viele von dieſen im alten Teſtament befind - lich ſeynd. Allein dem allen ohngeachtet glaube ich vielmehr daß ſie dieſe Ceremonien von denen Maho - metanern erlernet / (deren Religion ein rechtes Miſchmaſch iſt / der Chriſtlichen / Juͤdiſchen und Heyd - niſchen /) und ein Land dem andern etwas davon mitge - theilet habe / inſonderheit weil die von Ardra und Fida ſehr weit ins Land und bis in die Barbarey / ja wer weiß nicht gar in Mauritanien herein ihre Handlung trei - ben. Wenn dem alſo / iſt gar leicht zu glauben / daß ſie von jener ihrer Religion etwas an ſich behalten / und alſo in hieſiges Land eingefuͤhret.

Es finden ſich ihrer viele unter beyderley Geſchlecht / welche eine Zeitlang warten / ehe ſie ſich verheyrathen / und ſonderlich unter den Frauensleuten; dennoch aber ſterben ſehr wenig Mohren ungeheyrahtet / es ſey denn daß ſie in ihrer Jugend ableibig werden. Denn ſo bald ſie die Hochzeits Koſten bezahlen koͤnnen / muͤſſen ſie Weiber haben / und weil dieſes ein weniges iſt / ver - ehligen ſie ſich ſehr jung; ja man ſiehet reicher Leute Kinder verheyrahten / ehe ſie noch wiſſen was eine Frau iſt. Und wenn einige Familien ſich mit einander ſo viel genauer verbinden wollen / verehligen ſie ihre Kin - der ſo bald ſie gebohren worden / und beſtehet die gantze Ceremonie darinnen / daß die Eltern es einander feſte zuſagen.

Daß aber die Maͤgdelein nicht ſobald ſich verloben als die Junggeſellen / ſind inſonderheit zwey Urſachen; die erſte iſt dieſe / weil ſie ein ſo wolluͤſtiges Leben mehr lieben als den Eheſtandt; und zweytens / weil eine groſſe Anzahl und ungleich mehr Weibes als Mannsleuteſeynd /254Beſchreibungſeynd / ſo daß jene genoͤthiget zu warten / bis jemand nach ſie zufragen kommt. Wiewol ſie ſolches nicht hart ankommt / indem ſie bey ihrer uͤppigen Lebens-Art ei - nes Ehe-Mannes wol entohniget ſeyn koͤnnen / und wenn ſie lange Jahre in ſolchem Muhtwillen zuge - bracht / eben wie zuvor geachtet / und endlich noch an den Mann kommen.

Uberdem finden ſich in Egvira, Abocroe, Anco - ber, Axim, Ante und Adom noch andre Weiber / die ihre gantze Lebens-Zeit ohne Ehmann zubringen / und deswegen oͤffentliche Huren oder Geſchaͤndete be - nennet werden; auch welches ſchrecklich iſt / oͤffentlich mit gewiſſen Ceremonien in ſolches Handwerck einge - fuͤhret werden / die mir die Schamhafftigkeit anzufuͤh - ren nicht erlaubet.

Jn einem jeden Dorff finden ſich 3. oder 4. ſolcher Huren; welche den gemachten Gewinſt ihrem Herrn einhaͤndigen / und von demſelben hingegen mit Nah - rung und uͤbrigen noͤthigen Unterhalt verſorget werdẽ.

Geſchiehet es daß ſelbige in eine ſchaͤndliche Kranck - heit wie ſolches nicht anders ſeyn kan / verfallen / ſind ſie ſehr elende dran; indem ſie alle Menſchen verlaſſen / ja ſelbſt von ihrem Herrn ſobald ihr Gewinſt aufhoͤret / keiner Huͤlffe ſich zu getroͤſten haben. So lange ſie aber geſund bleiben / werden ſie hoch geachtet / und koͤnnte einem Dorff kein groͤſſerer Verdruß wiederfahren / als wenn man dieſe feſtſetzete. Dannenhero der Kauff - mann zu Axim ſobald er mit ſeinen unter ihm ſtehen - den Mohren in Uneinigkeit geraͤhtet / weiß er dieſelbe nicht beſſer zu zwingen / als wenn er dieſe Leute in die Veſtung bringen laͤſſet. Alsdenn gehen die Mance - ros alſofort zu den Caboceern um ſie zu bereden manſolle255des Landes Gvinea. ſolle doch den Kauffmann zufrieden ſtellen / damit ſie nur ihre Huren wieder in Freyheit haͤtten. Wie ich dieſes ſelbſt erfahren / als ich einſten fuͤnff oder ſechs Caboceers, und ein anders mahl zwey oder drey obbe - nannter Weibesleute feſt nehmen lieſſe; da fand ſich keiner der denen erſteren das Wort redete / auſſerhalb ihren Anverwandten; vor die letztere aber kam das gan - tze Dorff in Auffruhr / und that vor deren ihre Freyheit Vorſprach.

Jm Lande Commani, Elmina, Fetu, Saboe und Fantin giebet es keine ſolche oͤffentliche Huren / wiewol an geſchaͤndeten Perſohnen kein Mangel / auch kein anderer Unterſcheid unter dieſen zu finden / als daß ſie nur den bloſſen Nahmen nicht haben wie jene / ob ſie gleich dem Leben nach eines ſeynd. Jm Gegentheil iſt im Lande Fida und Ardra eine groſſe Anzahl ſol - cher Weiber / welche faſt vor nichts dem erſt ankom - menden zu Willen leben / endlich aber in dem groͤſten Elende ſterben / und ihre verdammliche Lebens-Art nach wol verdienter zeitlichen Straffe beſchlieſſen.

Jch will hiebey ſtille ſtehen / in Hoffnung ihr wer - det meine itzige Schreib-Art nicht uͤbel deuten / derer ich mich bey dieſer ungeziemenden Materie bedienet / es iſt alles zur Kurtzweile geſchehen / weil mir euer Gemuͤth bekannt iſt / dannenhero erwarte ich in er - folgender Anwort euer gutheiſſen und billigen / der ich bleibe ꝛc.

Ende des zwoͤlfften Briefes.
Drey -256Beſchreibung

Dreyzehendes Send - Schreiben.

Von der Art und Weiſe derer Moh - ren wie ſie ſich bey einem Krancken betra - gen / wie und warum dieſelbige uͤber die ge - brauchte Artzneyen / noch unterſchiedliche Opffer vor den Krancken anſtellen / wie er - kenntlich ſie ſeynd gegen den Artzt nach er - haltener Geſundheit; wie ſie offt ihre Aertz - te veraͤndern / und neue Opffer-Gaben dar - reichen; wie auch die Haus-Genoſſen derer Weiſſen vor ihre Herren zu reichen pflegen; imgleichen die Mulaten vor ihre Ehe-Maͤn - ner; wie ſolches von einigen Europaͤern gut befunden. Was und wie ſie ihre Artz - neyen brauchen / welche der Kranckheit gaͤntzlich ſcheinen zuwider zu ſeyn / und den - noch gemeiniglich dieſelbige zu heben pfle - gen; was ihre Kraͤuter vor groſſe Krafft in Leibes Kranckheiten / und auch aͤuſſerlichen Wunden haben; wie ſie die Urſache des To - des unterſuchen / und was daruͤber einem von des Autoris Hausgenoſſen begegnet ſey; was ſie vor Fragen thun / an den Goͤ - tzen ſowol als an den Todten / mit der dar - auf erfolgenden Antwort; wie einige Au - tores wiederleget werden / welche behaup -ten257des Landes Gvinea. ten wollen / daß die Mohren bey dem Teuf - fel ſich Rahts erholen; wie ſie den Todten fragen; die Frauen ſich uͤber das gantze Haupt ſcheren laſſen / und uͤber das Abſter - ben ihrer Maͤnner groſſes Lermen machen / den todten Leichnam reinigen und ihr Leid - weſen bezeugen / wenn ſie den Verſtorbenen mit Geſchencken / Kleidung und andrem Zierath beſchweren; wie ſie ihre Todten be - graben / und mit was groſſer Pracht die Vornehmſten im Lande zur Erde beſtaͤtiget werden; wie ſie den Coͤrper unterſchiedli - che Monat uͤber der Erde ſtehen laſſen / ohne daß er anfange zu ſtincken; wie einige Men - ſchen aus Liebe zu dem Verſtorbenen und mit was Grauſamkeit aufgeopffert wer - den / davon der Autor traurige Exempel geſehen / wie ſie gewiſſe Art von Haͤuſern oberhalb das Grab aufbauen / und einige ſo hieruͤber geſchrieben wiederleget werden; wie das Jahr hernach eine Leichbegaͤngniß gehalten werde; und wie endlich die Moh - ren ſehr gerne in ihrem Vaterland begra - ben ſeyn wollen / oder zum wenigſten ihre Gebeine dahin gebracht werden / und auf was Art ſolches geſchehe.

Mein Herr!

SEit meinem letzteren Brief welchen ich ohngefehr vor einem Monat an euch geſchrieben / habe ich dasRGluͤck258BeſchreibungGluͤck gehabt den eurigen vom 25. zu empfangen darinnen ihr mit einer ſonderlichen Zierligkeit und Ge - ſchickligkeit / meinen juͤngſtens uͤber euch gemachten Klagen ſo artig zuvorkommt / daß ich zum hoͤchſten dar - uͤber vergnuͤgt keine weitere Entſchuldigung oder Rechtfertigung eurer Nachlaͤßigkeit verlange / ſon - dern vielmehr mit Freuden vernehme / daß ihr und eure Jungfrau Braut in noch unveraͤnderter Geſundheit lebet / vor deren Wohlſeyn zu ſorgen mir lange Jahre eine Ehre gemachet.

Unter andern meldet ihr / daß ihr meinen Brieff empfangen vom und darinnen nebſtuͤbrigen vie - ren die vollkommene Eintheilung dieſes Landes erſehen. Jch bin deswegen von Hertzen erfreuet / daß ihr uͤber die gegebene Nachricht von unſerer Handlung nicht mißvergnuͤgt ſeyd / und dieſes um ſo viel mehr je naͤher und genauer ihr in eurer Meynung mit mir uͤberein - kommt. Anbey bin ich hoͤchſt verpflichtet vor euer ge - leiſtetes Verſprechen / da ihr meine vorabgefaßte Ge - dancken von Herſtellung unſerer Handlung bey gewiſ - ſer Zeit und Gelegenheit eroͤffnen wollet / wuͤnſche nichts mehr in Abſicht dieſer Sache / als daß ihr die dazu beſtellte Herren und dero Gemuͤther ſo aufgeraͤu - met finden moͤget / daß ſelbige in euer Anbringen und Vortrag willigen / und nachgehends ein zulaͤngliches Mittel erſinnen moͤgen / um der Compagnie ihr Be - ſtes ſuchen und befordern zu koͤnnen.

Ubrigens finde ich gar nicht fremd daß ihr euch uͤber hieſiges Regiment verwundert / zweiffle auch nicht / es werden alle diejenigen welchen es zu Ohren kommt / in Anſehung hieſiger Unordnung / eben ſo geſinnet ſeyn. Jch lobe desfals euer Vornehmen / in Hoffnung dieSache259des Landes Gvinea. Sache werde einen guten Ausgang gewinnen; ſolte aber das Gegentheil ſich eraͤugnen / wuͤrde es mich un - gemein verdrieſſen / nicht ſowol weil ich zuerſt den Vor - ſchlag an euch gethan / ſondern fuͤrnemlich weil ihr eure Muͤhe vergeblich angewendet haͤttet; dannenhero will ich das beſte hoffen / und einen gluͤcklichen Ausgang eheſtens von euch zu vernehmen mich getroͤſten.

Ohne meine allbereit erhaltene Briefe / habe ich noch fuͤnff an euch abgefertiget / folgenden Jnhalts; der erſte handelt von der ungeſunden Lufft im Lande / und was davon meines Erachtens die Urſache ſey. Der zweyte erzehlet weitlaͤufftig der Einwohner Sitten und Gebraͤuche. Der dritte begreifft ihren Gottes - Dienſt. Der vierte enthaͤlt ihr Regiment / ihre Kriege und Gewalt ihrer Koͤnige. Der fuͤnffte und letztere er - klaͤret ihre Ceremonien im heyrahten und was dieſem anhaͤngig. Jch zweiffle nicht / ihr werdet albereit einige hievon empfangen haben / und die uͤbrigẽ alle zu rechter Zeit euch ebenfals eingehaͤndiget werden / doch koͤnte es gar leichte geſchehen ſeyn / daß ein oder anderer nicht zu recht gekommen waͤre / darum habe ich in gegenwaͤr - tigem alles vorgemeldete zuſammen gezogen / und gleichſam einen Auszug gemachet.

Wie nun das Ende aller auf der Welt lebenden Menſchen der Tod iſt / ſo will ich hiemit die Beſchrei - bung hieſiges Landes ſchlieſſen / und zwar mit moͤgli - cher Kuͤrtze und wenigen Worten; nach deſſen Vol - lendung ihr nicht mehr als noch drey Briefe von mir zu gewarten habet / deren erſte von denen hie befindli - chen vierfuͤßigen Thieren / ſo wilden als zahmen / der andere von Vogeln / Gewuͤrmen / Ungeziefer und Fi - ſchen. Der dritte von den Baͤumen und ihren Fruͤch -R 2ten /260Beſchreibungten / imgleichen vom Korn und andern Land-Fruͤchten handeln ſoll; ſo daß ich alles was zu einiger Ergetzlich - keit vor euch dienen kan / und mir beyfallen will / hinzu zu ſetzen nicht nachlaſſen werde.

Um von dieſem Vornehmen ſo viel beſſeren Anfang zu machen / laſſet uns mit wenigem ſehen / was die Moh - ren bey Kranckheiten / Abſterben / und Beerdigung fuͤr Ceremonien brauchen. Faͤllet demnach jemand un - ter ihnen in eine Kranckheit / wird er von ſeinen An - verwandten ſorgfaͤltig in acht genommen und aufge - wartet / ſo viel ſein Zuſtand und Vermoͤgen es zulaſſen wollen; denn (wie oben albereit erinnert) ſcheuen die Mohren den Todt ungemein ſehr / und haben ſo groß Ungleich nicht / wohl wiſſende / daß man nur einmahl ſterben darff / um ewig vergeſſen zu ſeyn / dahero ſie alle erſinnliche / und nach ihrer Meynung zu Verlaͤnge - rung des Lebens bequemeſte Huͤlffs-Mittel gebrauchen; glaube auch feſtiglich / im Fall bey ihnen ſowol als bey den Griechen die Parcæ bekandt geweſen waͤren / haͤtte man ſie vor die vornehmſte Goͤttinnen angenommen / und den meiſten Theil derer Opffer-Gaben denenſel - ben zugewidmet.

Erſtens nehmen ſie in ihrer Kranckheit wie uͤberall gebraͤuchlich / etwas Artzney / wiewol ſie ſchlechtes Ver - trauen haben hiedurch ihr Leben zu verlaͤngern oder ihre Geſundheit zu erhalten; wenn ſie nicht weit kraͤffti - gere Mittel / wie ſie ſolche davor halten / ſich von ihren abgoͤttiſchen Ceremonien verſpraͤchen; wozu ſie alſo - bald ihre Zuflucht nehmen / und weil insgemein der Feticheer oder Prediger zugleich auch ihr Medicus iſt; ſo faͤllet dieſem es nicht ſchwer die Angehoͤrigen des Krancken zu uͤberreden / man koͤnne dem Krancken nichtbeſſer261des Landes Gvinea. beſſer zu Huͤlffe kommen / oder zu ſeiner vorigen Ge - ſundheit verhelffen / als wenn in ſeinem Nahmen dem Goͤtzen ein Verſoͤhnungs-Opffer dargereichet wuͤr - de; alſobald ſind ſie damit fertig / weil ſie ohne dem ſehr viel darauf halten / und bitten den Feticheer, er wolle nur den Goͤtzen fragen womiti hm am meiſten gedienet waͤre. Da denn dieſer leicht zu erbitten iſt / weil es ſei - nen Nutzen und Beſtes betrifft / faͤnget darauf alſobald ſeine Betriegereyen an / und befiehlet nachgehends de - nen Gefreundeten entweder ein Schaaff / Schwein / Huͤhner / Hunde oder Katzen / oder was ihm ſonſt in den Sinn kommt / bisweilen Gold / Kleider / gebrannte Waſſer und dergleichen mehr zu opffern; worinnen er ſich nach dem Vermoͤgen des Krancken ſchon weiß zu richten und in acht zu nehmen; denn ſie gleichwol noch ſo viel Unterſcheid brauchen / und uͤberlegen ob das Ver - moͤgen des Bettlaͤgerigen zulaͤnglich genung ſeye zu dieſen oder jenen Unkoſten / auch nicht ſo unverſchaͤmt ſeyn wie die Papiſtiſchen Pfaffen / welche zuweilen ihre Zuhoͤrer gaͤntzlich entkraͤfften / und um ihre Guͤter bringen / wenn ſie eine Meſſe wollen geleſen haben.

So bringen dann die Mohren gutwillig hin / was ihnen der Prediger gebeut / zu ſeinem eigenen groͤſten Vortheil. Geſchiehet es daß in Kurtzem der Krancke zu recht kommet / entweder vermittelſt gebrauchter Artz - neyen / oder auch ſeinerſtarcken Natur / ſo wird der Me - dicus oder Prediger reichlich bezahlet; denn hierinnen ſind die Mohren nicht ſo filtzig und undanckbahr wie ſie Herr Focqvenbrog ſehr kuͤnſtlich weiß zu beſchuldi - gen / daß ſie nach erhaltener Geſundheit ihren Medi - cum wie den Teuffel haſſen; im Gegentheil kan manR 3mit262Beſchreibungmit gutem Fug ſagen / daß ſie bey erhaltener Lei - bes Geſundheit ſelbigen Himmel-hoch erheben.

Dafern aber die Kranckheit gar nicht nachlaͤſſet / oder von neuen wieder zunimmet / wird abermahls ge - opffert / und zwar weit koͤſtlicher als zuvor / ſo lange bis entweder der Krancke geſund worden oder gar ge - ſtorben.

Offters lohnet man auch den alten oder erſten Me - dicum ab / und nimmet einen andern an in deſſen Stelle / welcher von neuem einige Artzneyen aufſetzet / und ſich ſeines Mit-Collegen Ungluͤck gar wohl weiß zu Nutz zu machen. Jndem er erſtlich (welches unſere Aͤrtzte ebenfals zu thun pflegen) alles verwirfft was der vorige zur Erhaltung der Geſundheit gut befunden / und alſo ſelbigen unterſchiedlicher grober Unwiſſenheit beſchuldiget; darauff einige andre Opffer welche weit koſtbahrer ſind zu opffern anbefiehlet; denn dieſer gute Schlucker fuͤrchtet ſich es moͤchte ihm nicht viel beſſer gehen als ſeinen Vorfahren / darum ſuchet er auf alle er - ſinnliche Art uñ Wege mit ſolcher Liſtigkeit ſich zu berei - chern / daß er es vielen Europaͤiſchen Medicis hierin - nen zuvor thun wuͤrde / wenn ſie auch noch ſo gewitziget waͤren. Doch nehmet euch dieſes nicht an / denn ihr ſeyd hierzu viel zu aufrichtig / daß man dergleichen von euch ſagen oder gedencken koͤnnte.

Sie haben bisweilen mehr als 20. Medicos, und laſſen ſichs bey jeder Veraͤnderung ein ziemliches ko - ſten / denn ſie glauben ſo feſt an ihr Opffer / daß ſie ihre Geiſtlichen ſelbſt darzu zwingen. Ja es gehen die jun - gen Leute ſo denen Weiſſen dienen und einen guten Herrn haben / wenn dieſer die gerinſte Unpaͤßligkeit ſpuͤret / ohne ſein Wiſſen zu den Geiſtlichen / und brin -gen263des Landes Gvinea. gen denen Goͤtzen unterſchiedliche Gaben / damit ihr Herr aufkommen moͤge; So daß wir oͤffters in Bet - ten oder Kammern derer Vornehmſten nach dem Ab - ſterben des Herrn / viel dergleichen Dinge gefunden / welche der Geiſtliche geheiliget und beſchworen / auch durch ſeine eigene Hausgenoſſen dahin verleget waren / denn weil ſie wiſſen daß wir nicht viel darauf halten / thun ſie alles ſtillſchweigend und heimlich / dergeſtalt / daß es unmoͤglich iſt etwas zu entdecken / es ſey denn der Herr allbereit verſchieden / und jenen ihre Sachen wegzunehmen keine Zeit gelaſſen worden. Die Mula - ten (davon ich allbereit oben gemeldet / daß ſie gute Chriſten ſeyn wollen / und gleichwol nichts weniger ſeynd) ſind ungemein auf dieſen Aberglauben verſeſ - ſen / denn ſobald eine von dieſen an einen Weiſſen ver - heyrahtet / und von ihm ſehr geliebet wird / oder auch groſſen Vortheil mit ihm gewonnen / gehet ſie alſofort wenn jener etwas unpaͤßlich iſt / und laͤſſet dem Goͤtzen in deſſen Nahmen unterſchiedliche Opffer darſtellen und zwar mit viel beſſerem Eyfer und Andacht als die Mohren ſelbſt. Das ſchaͤndlichſte und veraͤchtlichſte iſt dieſes / daß die Weiſſe hieran nicht nur groſſen Gefal - len tragen / ſondern noch wol ihre Hausgenoſſen dazu antreiben / tragen auch die nichtswuͤrdige vom Feti - cheer oder Prediger beſchworne Dinge mit groſſem Eyfer allezeit bey ſich.

Jhre Artzneyen beſtehen mehrentheils in Citronen - Suppe / Malagat-Koͤrnern / Wurtzeln von Baͤu - men / ihrem Gummi und ihrer Rinden / imgleichen andern einfachen Speciebus, derer ohngefehr 30. ſie im Gebrauche haben / von ſonderlicher Krafft und Wuͤrckung.

R 4Wie -264Beſchreibung

Wiewol ſie ſich oͤffters zu der Kranckheit des Pati - enten wenig ſchicken / jedoch werden ſie bey Gelegen - heit ſehr nuͤtzlich und gluͤcklich gebraucht; davon fol - gendes Exempel euch einen Beweiß geben und zugleich die gewoͤhnlichſte Artzneyen belehren ſoll.

Jſt jemand mit hefftigen Bauch - und Colic - Schmertzen gequaͤlet / geben ſie ihm alle Morgen und Abend einige Tage nach einander einen groſſen Cala - bas von Citronen und Malaget gemachet auszutrin - cken / in andren Kranckheiten aber brauchen ſie noch viel ungereimtere und widrigere Dinge; doch iſt meine Meynung nicht hieruͤber zu urtheilen / darum uͤberlaſſe ich ſolches gerne an euch und andre / die hievon beſſe - ren Verſtand haben / nur dieſes hinzufuͤgend / daß ohn - geachtet ſolcher ungereimten Medicamenten / dennoch zum oͤfftern geſehen habe / daß die Weiſſen dadurch ge - ſund worden / ſelbſt da unſere Medici nichts mehr zu brauchen wuſten.

Die einfache und ungemiſchte Artzneyen werden ſchier in allen Kranckheiten meiſtens von ihnen gebrau - chet / weil ſie von trefflicher beſonderer Wuͤrckung ſeyn / ſo daß nur zu beklagen / daß bis heutigen Tag kei - ner von denen Europaͤiſchen Medicis ſich bemuͤhet hat ihre Krafft zu unterſuchen; denn ich bilde mir feſtiglich ein / man wuͤrde hiemit weiter kommen / als mit alle der Apotheckerey ſo aus Europa herge - bracht wird / angeſehen dieſelbige bey ihrer Ankunfft nicht nur die natuͤrliche Kraͤffte verlohren / ſondern meiſtentheils gantz verdorben iſt; da auch uͤberdem un - ſere Leiber hier zu Lande gantz anderer Natur und Be - ſchaffenheit / iſts gewiß am wahrſcheinlichſten / es muͤ - ſten hieſige Artzney-Mittel denen Einwohnern weitbeſſern265des Landes Gvinea. beſſern Nutzen ſchaffen / als welche aus Europa kommen.

Von dieſem allen werden meine Nachkoͤmmlinge / welche mehreren Verſtand und Luſt dazu haben / meh - reren Grund und Gewißheit ſuchen koͤnnen; ich will nur ſo viel ſagen / um hieſiger Kraͤuter beſondere Tu - gend ſo vielmehr zu erkennen zu geben / daß die Moh - ren vermittelſt ſelbiger ſehr gefaͤhrliche und unheilbare Wunden heilen koͤnnen; wie ich ſolches zu unterſchied - lichen mahlen mit groſſer Verwunderung angeſehen.

Wenn nun aber aller Menſchen moͤglichſten Huͤlf - fe und Vorſorge ohngeachtet / der Krancke keine Beſ - ſerung findet / ſondern ſeinen Geiſt aufgiebet / fangen ſie an nach der Urſach ſeines Todes zu gruͤbeln; denn ob dieſelbige klaͤrlich genung erſcheinet / entweder we - gen hefftiger Kranckheit / hohen Alters / einer gefaͤhr - lichen Wunde / oder anderm boͤſen Zufall / ſo laſſen ſie es doch nicht dabey bewenden / ſondern erzwingen noch eine andre Urſach. Dannenhero muß der Geiſtliche nebſt des Verſtorbenen Freunden hieruͤber Nachfra - ge anſtellen / ob er Zeit ſeines Lebens einen falſchen Eyd gethan / da ſie bey deſſen Vernehmen alſobald ſich ein - bilden die rechte Urſach gefunden zu haben / weil er des Meyneyds halber mit dem Tode beſtrafft worden; iſts aber daß man ihn desfals nicht beſchuldigen kan / ſo gehen ſie weiter / ob er nicht irgend einen heimlichen Feind gehabt / der ihn wegen der Feticheen umge - bracht / was dieſe Fetichen ſeyn / habet ihr allbereit oben von der Religion vernommen. Bisweilen ſetzet man auf den geringſten Argwohn des Verſtorbenen Feind feſt / und verhoͤret ihn / ob er an dem Tode des Abgelebten ſchuldig ſey / iſts daß er uͤberfuͤhret wird /R 5ob -266Beſchreibungobgleich ſchon vor langer Zeit gethan zu haben / kom̃t er ohne Geld gebẽ nicht loß. Jch muß hierbey etwas erzeh - len was mir begegnet; ohngefehr vor acht Jahren als ich noch zu Axim war / gab man mir einen Raht / ich moͤch - te um der Compagnie ihr Beſtes zu befoͤrdern je - manden an den Koͤnig daſtgen Landes abſchicken; fol - gete alſo dieſem Raht / und fertigte einen von meinen Leuten ab mit einem koͤſtlichen Geſchenck vor obgedach - ten Koͤnig / welcher ſowol dieſes / als die Perſohn ſelbſt ſehr guͤtig und freundlich aufnahm. Nun hatten die Brandenburgiſchen eben zu der Zeit auch jemanden mit einem Geſchenck an dieſen Konig geſendet / und wa - ren ebenfals von ihm / als welcher mit allen Europaͤi - ſchen gute Freundſchafft zu halten ſuchete / mit groſſer Hoͤffligkeit und Liebe empfangen. So daß ſich bey - der Geſandten an einen Hofe dieſes Koͤniges zugleich aufhielten / ſo lange bis der Koͤnig ihnen Abſchied gaͤbe / hierauf aber warteten ſie vergeblich / und nachdem ſie 6. gantzer Wochen zugebracht / kam der Koͤnig zu ſter - ben / alſobald hatte man von Seiten der Freunde des Verſtorbenen groſſen Argwohn auf unſere Leute / als waͤren ſie an deſſen Ableiben ſchuldig / lieſſen dannen - hero dieſelbige binden / und gefangen wegſetzen / ihren Geiſtlichen aber aufs genaueſte unterſuchen / ob viel - leicht die uͤberbrachte Geſchencke vergifftet oder be - ſchworen / da denn nach wenigſtens dem Schein nach verrichteten Gottes oder vielmehr Goͤtzen-Dienſt die - ſe Bettler noch ſo geſchickt und ehrlich waren / daß ſie unſere Leute vor unſchuldig erkenneten / und wieder loßlieſſen / auch dieſelbige ihrer Gefahr entriſſen / wieder mit einigen Geſchencken nach Hauſe ſchickten. Sehet demnach wie leicht man hier in Ungluͤck wieder allerVer -267des Landes Gvinea. Vermuthen gerathen koͤnne. Aber laſſet uns wieder auf unſer voriges kommen.

Dafern ſie nun gewiß ſind / daß der Krancke nicht mit Gifft hingerichtet / fragen ſie weiter / ob deſſen Frau / Kinder / naͤchſte Anverwandten / oder auch ſeine Scla - ven welche die Aufſicht uͤber ihn gehabt / treulich genug gedienet / und in ſeinen Nahmen reichlich genung ge - opffert / und wenn auch dieſes nicht zureichend iſt die rechte Urſach des Todes zu entdecken / fangen ſie von neuem an ihre Ceremonien / als die rechte / und in ſol - chen Faͤllen einige Zuflucht / zu begehen.

Und fraget der Geiſtliche nicht nur den Abgeleibten warum er geſtorben ſey / ſondern auch den Goͤtzen / da es denn niemahls an Antwort fehlet. Fragt ihr aber wie ſolches zugehe / und wer denn antwortet? ſo zweiffle ich nicht / es wuͤrde Simon Uries, welcher den Teuffel uͤberall mit gewiſſen Menſchen groſſe Freundſchafft zu fuͤhren abgemahlet / ohne Bedencken ſagen oder gar beeydigen / daß auch hie der Teuffel unter eines Goͤtzen Geſtalt antworte; inzwiſchen aber bitte ich / uͤberleget meine Meynung und hieruͤber erfolgende Antwort; daß weder Teuffel / weder Goͤtze / noch der Todte einige Schuld daran haben / ſondern weil ſie alle drey gleich ſtumm ſind / mithin auch keine Antwort geben koͤnnen / iſts niemand anders als der lumpen Geiſtliche welcher antwortet / und nach vollbrachten Ceremonien die ein - faͤltigen Anverwandten beredet / es haͤtte der Goͤtze und der Todte auf ſolche Art ſich verlauten laſſen / ſo wie er meynet ſeinem Vortheil dienlichſt und der Wahrheit am aͤhnlichſten zu ſeyn; daß demnach dieſe guten Leute alles vor gewiß und ohnfehlbahr nicht anders als einEvan -268BeſchreibungEvangelium auf und annehmen / ſich allezeit in allen ih - ren Verrichtungen nach ihm betragende.

Es faͤllet mir hiebey ein / ehe deſſen einen gewiſſen Autorem geleſen zu haben / wo nicht andre mehr / ſo dafuͤr hielten / daß die Mohren zum Teuffel gingen / um ſich bey demſelben in allen Vorfaͤllen zu befragen / und deſſen Antwort zu folgen; allein ich kan im Gegen - theil verſichern / durch eigene Erfahrenheit befunden zu haben / daß alles falſch und erdichtet ſey / indem ſie nicht verlangen (welches lobens wuͤrdig iſt) mit dem Teuffel eine ſo genaue Verbuͤndniß zu pflegen / ſondern vielmehr alle ihr Anliegen dem Goͤtzen oder ihren Geiſt - lichen entdecken / ohne jemahls an den Teuffel noch deſ - ſen Huͤlffe oder Gunſt zu gedencken / geſchweige daß ſie denſelben in ihren Heimligkeiten befragen / oder ſolche nach deſſen Ausſpruch einrichten ſolten.

Die Art und Weiſe nun ihre Goͤtzen oder Todten zu fragen / iſt unterſchiedlich / und will ich nur ein Exempel davon anfuͤhren. Es nehmen einige Menſchen in Bey - ſeyn des Geiſtlichen den Todten auf die Achſel / fragende: ob er nicht von dieſem oder jenem Zufall geſtorben? iſts daß ſie die Urſach treffen / muͤſſen dieſe Leute ich weiß nicht durch was heimliche Liſt oder Erfindung mit des Verſtorbenen Haupt eine Neigung machen gegen den Fragenden / zum Zeichen einer gleichguͤltigen muͤndlichen Bejahung / ſonſten aber bleiben ſie unbe - weglich. Sehet mein Herr ob dieſes zu glauben ſtehe / ich fuͤrchte ihr werdet ſo wenig als ich darauf geben.

Jmmittelſt haben ſie ſobald nicht geſehen / daß der Krancke ſeinen Geiſt aufgegeben oder ſie fangen alſo - fort an zu heulen / zu lermen / und mit vollem Halſe zu ſchreyen / daß das gantze Dorff erſchallet / iſt hiebeyalſo -269des Landes Gvinea. alſofort zu ſchlieſſen / es muͤſſe jemand geſtorben ſeyn / ohne daß zu eben der Zeit unterſchiedliche junge Leute von Bekand - oder Freundſchafft des Abgelebten / ihr Gewehr abſchieſſen / um zum Zeichen ihrer letzten Schuldigkeit / dem Todten einen Ehren-Dienſt zu erweiſen.

Dafern der Verſtorbene ein Ehemann geweſen / zerkratzen und zerreiſſen die Weiber ihre Koͤpffe ohne Auffhoͤren / beſchmieren den Leib mit weiſſer Erde / nichts anhabende / als einen abgenuͤtzten Paan, lauf - fen durch alle Straſſen / nicht anders als waͤren ſie al - mahl unſinnig / indem ſie rechten Teuffelinnen oder hoͤlliſchen Furien mit ihren loßgebundenen Haaren aͤhnlich ſind / und mit entſetzlichem Geſchrey den Nah - men des Verſtorbenen zuſamt ſeinen herrlich verrich - teten Thaten ausruffen; welches denn einige Tage nach einander waͤhret / ſo lange bis der Todte begraben.

Wird auch irgend ein vornehmer Mann in der Schlacht erſchoſſen; ſo daß ſeine Freunde und Mitge - ſellen den Leichnam nicht bey Seite bringen / oder ſel - bigen nach Gebuͤhr ſeines Standes im Vaterlande nicht begraben koͤnnen / weil der Krieg noch dauret / und gleichwol das Leichbegaͤngniß in keinem andern Lande geſchehen muß / ſo muͤſſen ſeine nachgelaſſene Frauens die gantze Zeit uͤber in Trauer-Kleidern mit geſchornem Haupt erſcheinen. Nach Verlauff eini - ger Zeit bisweilen 10. oder 12. Jahren / wird die Be - erdigung eines ſolchen Mannes bey Gelegenheit mit der groͤſten Pracht gehalten / nicht anders als waͤre er kuͤrtzlich verſchieden / da denn nach Vollendung deſ - ſen / die Frauens ſich reinigen / ihren Trauer-Habit ab - legen / und ſich gleich andern kleiden.

Waͤh -270Beſchreibung

Waͤhrender Zeit / daß auf itzt beſagte Art die Frau - ens auſſerhalb Hauſes ſich anlegen / ſitzen die naͤchſten Freunde bey dem todten Coͤrper / mit ungemeinen Ler - men denſelbigen waſchende / reinigende / und zur Be - erdigung beqvem machende; da hingegen die andern Freunde von allen Seiten herzu lauffen / um dieſen Ceremonien mit bey zu wohnen / indem es uͤbel ſolte aufgenommen werden / dafern jemand auſſenbliebe / ohngeachtet er wegen ſeiner Abweſenheit zulaͤngliche Entſchuldigung vorwenden koͤnnt.

Nicht weniger erſcheinen auch andre Gefreundete von auswaͤrtigen Doͤrffern / um das Geſchrey ſo viel ſtaͤrcker / und die Reihe ſo viel anſehnlicher zu machen / bringen auch einjeder unter ihnen ein Geſchenck von Gold / Brandwein / einem ſchoͤnen Kleid / oder Tuch / oder dergleichen etwas / mit Vorgeben / daß ſolches al - les zur Beerdigung des Coͤrpers gereichet wuͤrde; da denn derjenige / der ſich am beſten angreiffet / den groͤ - ſten Ruhm und Ehre davon traͤget.

Jn dem Sterb-Hauſe giebet man allen Leich-Be - gleitern tapffer zu trincken / des Morgends Brant - wein und des Nachmittags Palmenwein / ſo daß ein Mohren Begraͤbniß / wenn der Verſtorbene bemit - telt geweſen / ungemein viel Geld koſtet. Der Coͤrper wird herrlich und praͤchtig angethan / in eine Todten - Kiſte geleget / und nachgehends begraben / nebſt Hinzu - thuung unterſchiedlicher Koſtlichkeiten / damit derſel - bige im andern Leben ſich ſolcher bedienen koͤnne / mei - ſtentheils in ſchoͤner Kleidung / Gold-Fetichen, einem koſtbahren Corall, davon ich oͤffters erinnert habe / aus Conte de Terra, und andern Dingen mehr beſtehend / welche dem Verſtorbenen zu Nutz kommen koͤnnen.

Je -271des Landes Gvinea.

Jedoch werden dieſe herrliche Beſchenckungen ſo vielmehr und weniger gegeben / je reichere Erben der Verſtorbene nachlaͤſſet / ſo einige Erkenntlichkeit ſchuldig ſeynd. Nach Vollendung alles deſſen wenn die Anverwandten und Gefreunde ſich mit einander hieruͤber vereiniget / wird der Todte begraben / es mag denn zwey oder drey Jahr nach deſſen Ableiben ſeyn. Vor dem Coͤrper gehen oder lauffen vielmehr einige junge Soldaten / laͤngſt den Weg ohnauffhoͤrlich ſchieſſende / bis derſelbe eingeſencket iſt. An den Sei - ten findet ſich eine unbeſchreibliche Menge Volcks / ſo - wol Manns-als Weibesleute / imgleichen auch Kin - der durch einander / der eine Hauffe weinet und ſchreyet gar gelinde / der andre aus vollem Halſe / der dritte la - chet und redet ſo ſtarck / daß man ſagen ſolte es koͤn - te kein Menſch ſterben / bey deſſen Tod ſie auch den ge - ringſten Schein einiger Betruͤbniß koͤnnten ſpuͤren laſſen.

Sobald nun der Coͤrper in der Erde / gehet einje - der zuruͤck / und zwar die meiſten nach dem Sterb - Haus / um ſich zu erluſtigen / und weidlich herum zu trincken / womit ſie einige Tage nach einander aushal - ten / ſo daß ein ſolches Leichbegaͤngniß einer Hochzeit oder ſonſt angeſtellten Luſtigkeit vielmehr aͤhnlich iſt.

Der Koͤnig oder Oberhaupt der Mohren / oder ſonſt eine andre vornehme / und bey ihnen Zeit Lebens hoch angeſehene Perſon / bleibet offtmahls ein gantzes Jahr uͤber der Erde unbegraben ſtehen; da denn der Coͤrper / damit er nicht anfange zu faulen und zu ſtin - cken / auf einer uͤber gelindes Kohlfeuer geſtelleten hoͤl - tzernen Roſt geleget / allmaͤhlig austrocknen muß. An - dere hingegen begraben ihn heimlich in dem Hauſe / undma -272Beſchreibungmachen es den Leuten weiß / daß er auf itzt beſagte Art aufbehalten werde / bis zu deſſen gebuͤhrend praͤchtigen Begraͤbniß: Alsdenn wenn hiezu der Tag angeſetzet / laͤſſet man ſolches oͤffentlich in allen ſeinen Laͤndern ab - kuͤndigen / bisweilen auch in fremden; da denn ein ent - ſetzlicher Zulauff von Menſchen / begierig iſt / die Lei - chen-Ceremonien mit anzuſehen / und gewiß auch der Muͤhe wehrt iſt / weil ſie nemlich alleſamt in ſehr koͤſtli - cher und praͤchtiger Kleidung erſcheinen / ſo daß an dieſem einigen Tage mehr Reichthum und Pracht zu ſehen / als nicht in vielen Jahren bey andren Gelegen - heiten geſpuͤret wird.

Man toͤdtet auch bey ſolchen Leichbegaͤngnißen un - ter ſchiedliche Sclaven des Verſtorbenen / und opffert ihm dieſelbige auf / damit wie ihre Meynung iſt / ſie ih - rem Herrn auch im andern Leben aufwarten koͤnnen; inſonderheit koſtet es den Boſſums oder denjenigen welche dem Goͤtzen geheiliget ſind den beſten Hals / nemlich einer von ſeinen Frauen / und einem ſeiner vor - nehmſten Hausgenoſſen; und was das grauſamſte iſt / kauffet man noch einige arme ungluͤckſelige Leute / um ſelbige auf dergleichen verdammliche und verfluchte Art dem Teuffel aufzuopffern / weil ſie meiſtens wegen hohen Alters / oder anderer Leibes Duͤrfftigkeit keine Dienſte mehr thun koͤnnen.

Jn Wahrheit ein erbaͤrmliches Spectacul dieſe Leute ſo ſchlachten zu ſehen; indem ſie mehr als tau - ſendmahl vor ihrem Ende ſterben / wenn ſie in ſo vielen Stuͤcken zerhauen / geſtochen / gezwicket / allerhand un - glaubliche Qvaal und Marter ausſtehen muͤſſen.

So habe ich ſelbſt nicht ohne Erſtaunen im Lande von Ante eilff Perſohnen umbringen geſehen / unterwel -273des Landes Gvinea. welchen einem nach ausgeſtandener vielfaͤltigen Mar - ter der Kopff von einem 6. jaͤhrigen Kinde abgeſchla - gen wurde / da ſchier eine Stunde zu Ende lieff / ehe da das Kind zu Fuͤhrung des Saͤbels viel zu unver - moͤgend ſolche Execution vollbringen konte.

Doch ſind dergleichen unmenſchliche Opffer nur unter den Mohren gebraͤuchlich / welche ziemlich weit von unſern Veſtungen entlegen / und unter unſern Gehorſam keines Weges ſtehen / nicht aber unter dieſen uͤber welche wir zu befehlen haben / uñ denen wir es ver bieten koͤnnen / wiewol an andern Oͤrtern ſie ſolches heimlich thun koͤnnen.

Auff ihre Grabſtaͤtte ſtellen ſie ein kleines Haͤus - lein oder Huͤtte / oder auch beſſer ein kleines Gaͤrtlein mit Roſenſtrauch umzaͤunet / da ſie einige ſchlechte Sa - chen dem Verſtorbenen vormahls zugehoͤrig / hinein - werffen / nicht aber wie einige Autores behaupten wol - len / deſſen koͤſtliche Juwelen oder andre ſchaͤtzbahre Sachen; zumahlen dieſes gantz nicht mehr gebraͤuch - lich iſt / ja auch ſelbſt ſo viel ich erfahren koͤnnen / nicht glauben kan daß ſie es jemahls im Gebrauch gehabt haben / zu Axim und anderswo ſetzet man uͤber das Grab unterſchiedliche trrdene Bilder / welche das Jahr darauf nach Abſterben des Beerdigten gereiniget werden: alsdenn ſie von neuem die Leichen Ceremo - nien eben ſo praͤchtig und koͤſtlich wiederholen / wie zu Zeit der Beerdigung geſchehen.

Dannenhero moͤgen die Mohren ſo gerne begraben ſeyn in ihrem Vaterlande / oder ihrer Geburts-Stadt / ſo daß wenn jemand in der Fremde zum ſterben kommt / nichts ungewoͤhnliches iſt / wenn der Coͤrper von dan - nen abgeholet und nach ſeiner Geburts-Stadt zurSBe -274BeſchreibungBeerdigung hingefuͤhret wird; oder wenn es gar zu weit entfernet iſt / ihm daſelbſt die Leich Ceremonien ge - halten / und von einem oder andern gegenwaͤrtigen na - hen Anverwandten der Kopff / ein Arm oder Bein ab - geſchnitten / gekocht und geſaubert wird / damit das uͤbrige Gebeine nach dem Vaterland gebracht / und allda nach Standes Gebuͤhr zur Erden beſtaͤtiget werden koͤnne.

So habt ihr nunmehro mein Herr gehoͤret / was bey Kranckheiten / Abſterben und Beerdigung derer Mohren am merckwuͤrdigſten iſt / die uͤbrige unnuͤtze / und Papieres unwehrt ſeynde Kleinigkeiten will ich mit Stillſchweigen uͤbergehen / da ich ohnedem vom augenblicklich abſeeglenden Schiff genoͤthiget werde wider Vermuthen abzubrechen; ſeyd dannenhero mit dem wenigen vor dieſes mahl zufrieden / anbey auch verſichert / daß mit eheſten ein mehrers von un - terſchiedlichen Sachen melden will / der ich bin ꝛc.

Ende des dreyzehnden Briefes.

Vierzehendes Send - Schreiben.

Jn welchem von allen vierfuͤßigen ſo wild-als zahmen Thieren gehandelt wird / und zwar erſtens von Stieren / Ochſen / Kuͤ - hen / Hammeln / Schaffen / Ziegen / Pfer - den / Eſeln / Schweinen / Hunden / Katzen / Ratzen und Spitzmaͤuſen. Nach geendig -ter275des Landes Gvinea. ter Beſchreibung von Natur und Beſchaf - fenheit obiger Thiere / folget von Voͤgeln / und zwar erſtlich zahmen / als Huͤhner / Enten / Welſche-Hahnen / und Tauben; nachgehends auch wilden und gefraͤßigen / als erſtens eine weitlaͤufftige Beſchreibung vom Elephanten / als einem beſondern und von allen andren ſehr unterſchiedenen Thie - re; wie desfals einige Scribenten in Erzeh - lung derer Eigenſchafften dieſes Thieres ſich ſehr verſtoſſen haben. Hierauf von Buͤffeln / Tygerthieren / einer Art wilder Hunde / von den Hollaͤndern Jakhals oder Boshonden genennet / von Caymans oder Crocodilen / wilden Schweinen / Hirſchen unterſchiedlicher Art / von Haaſen / Sta - chel-Schweinen / Jgeln / einem gewiſſen Thier von denen Mohren Potto von Hol - laͤndern Luihard benamſet / von zweyerley Art Ratzen deren eine bey den Hollaͤndern Bosrotten, bey den Mohren Boutees heiſſet. Von Ziebethkatzen / wilden oder Boskatten, einer beſondern Art Ratzen / welche die Hol - laͤnder Muſcusmuiſen nennen / imgleichen von einem kleinen Thier ſo die Mohren Berbe heiſſen / von unterſchiedlichen kleinen Thieren / ſo man fuͤglich Eichhoͤrnlein be - tituln koͤnnte / noch von zwey andern bey den Mohren Koekeboe und Leguan genen -S 2net /276Beſchreibungnet / von einem andern unter dem Nah - men Arrompo oder Menſchenfreſſern / von unterſchiedlicher Art Affen / Eydexſen / und Salamander; endlich folget ein ausfuͤhr - liche Beſchreibung vom Cameleon, gezo - gen aus der Reiſe-Beſchreibung des Hrn. Corneille de Bruin, und vom Unterſcheid zwiſchen den Cameleons in Gvinea und Smirna.

Mein Herr!

DEm in meinem juͤngſten Briefe gethanen Ver - ſprechen zu Folge / will ich anitzo eine ausfuͤhrli - che Beſchreibung geben von hieſigen Thieren / doch nur vierfuͤßigen / ſo zahmen als wilden / imgleichen auch von den Vogeln / doch mit dieſem Vorbehalt / daß ich mit erſter Gelegenheit auch von dem kriechenden Ungezieffer Meldung thun werde; nur iſt dieſes mein groͤſter Verdruß / daß in Ermangelung eines recht - ſchaffenen Kuͤnſtlers / euch nicht den Abriß von jedem Thiere zuſamt der Beſchreibung uͤberſenden kan. Zwar habe ich vor einiger Zeit ſolchen Menſchen ge - habt / der mir einige von obbemeldten Thieren ſehr leb - hafft abgeriſſen / ſo wie ihr ſolches in dem uͤberſendeten finden werdet; allein vor wenig Tagen hat der uner - ſaͤttliche und niemand verſchonende Tod auch dieſen Menſchen abgefodert; ſo daß anitzo zu groſſem eige - nen Leidweſen die vorgenommene Arbeit habe muͤſſen bleiben laſſen; denn ohne dieſen mir verſetzten Stꝛeich haͤtte ich Gelegenheit gehabt unterſchiedliche beſondere euch vor Augen zu ſtellen / da ihr mit vielen andern euchnicht177des Landes Gvinea. nicht wuͤrdet ſatt geſehen haben / um ſo vielmehr wei - len dieſe Thiere noch unbekandt ſeyn. Solte es ge - ſchehen / daß vermittelſt eurer Sorgfalt ihr einen an - dern guten Abcontrafaier in Amſterdam finden / und denſelbigen zu der Anher-Reyſe uͤberreden koͤnntet / moͤget ihr gewiß ſeyn / daß derſelbe reichlich belohnet werden / auch in Zeit vom halben Jahr mehr gewin - nen ſoll / als in gantzen drey Jahren zu Amſterdam. Es wird euch wenig Muͤhe koſten ihm die Unannehm - ligkeit hieſigen Orts aus dem Sinn zu reden / wenn ihr ihm die Verſicherung gebet / daß man keinen Tag wider ſeinen Willen ihn aufhalten / ſondern alſofort nach eigenem Gefallen wolle ungehindert abreyſen laſſen; dannenhero bitte ich einen zu ſuchen in acht zu nehmen / anbey aber verſichert zu ſeyn / daß ihr keine Urſach zur Reue finden ſollet.

So ſtellet ſich dann im Anfang meiner Beſchrei - bung von hieſigen Thieren dar unter den zahmen das Horn-Vieh / als Stiere / Ochſen / Kuͤhe / Boͤcke und Ziegen / ꝛc. derer eine groſſe Anzahl auf dem veſten Lan - de als in Dinkira, Aſiante, Akim und andern Oͤr - tern mehr anzutreffen iſt; in Anſehung aber der groſ - ſen Entlegenheit / nur einige wenige Stiere und Kuͤhe hieher gebracht werden; im Gegentheil mit groſſer Menge nach Akim, Poqueſon, Elmina, Acra, und ſonderlich nach dieſem letzteren geleitet werden / weil man daſelbſt gar fuͤglich ohne ſonderliche Muͤhe von Aquamboe und Lampi das Vieh haben kan.

Sonſten ſiehet man in Gvinea nichts als Stiere und Kuͤhe; denn die Mohren verſtehen oder wiſſen nicht jene zu ſchneiden / und Ochſen daraus zumachen. Zu Axim findet dieſes Vieh ſchoͤne Weyde / vermeh -S 3ret278Beſchreibungret ſich dahero / und nimmt ſehr zu / wie zu Poqueſon, und Acra: in Elmina hergegen und da herum iſt und bleibet es allezeit mager und duͤrre / wannenhero auch das Fleiſch ſehr ungeſchmackt iſt / imgleichen auch die Milch welche bloß hier zu Lande gemolcken wird / weil anderswo die Mohren nichts davon wiſſen / ſo wenig und ſo mager / das zwantzig bis dreyſſig Kuͤhe kaum ſo viel geben / als auf des Generals Tafel conſumi - ret wird. Uberdem ſind auch die Kuͤhe gantz klein und leichte / ſo daß es eine von den beſten ſeyn muß / wenn ſie bey vollem Wachsthum 250. . wieget / ob - wol in Anſehung ihrer Groͤſſe / ſelbige wenigſtens die Helffte ſchwerer ſeyn muͤſte; allein alles Vieh durch - gehends / ſo Menſchen als Thiere / ohngeachtet ihrer ziemlichen Groͤſſe / ſind hier zu Lande ſehr leicht; wel - ches meines Erachtens einig und allein von dem gerin - gen Unterhalt herkommet; indem ſie an Statt eines feſten und nahrhafften Fleiſches / nur ein ſchwammich - tes / leichtes / trucknes und hartes genieſſen; uͤberdem auch inſonderheit das Kuͤhe-Fleiſch insgemein einen fremden und boͤſen Geſchmack hat; nichts deſtoweni - ger vor eine vollwachſene Kuhe 50. und zuweilen mehrere Thaler bezahlet werden muß.

Die jungen Kaͤlber / welche billig noch einiger maſ - ſen beſſer ſeyn ſolten / ſind ebenfals wegen der wenigen Milch ſo ſie ſaugen ſehr ungeſchmackt; folglich auch viel Muͤhe koſtet ein gut Stuͤck Rindvieh anzutreffen.

Die Hammeln / wenigſtens den Nahmen nach / ſind im gantzen Laͤnde haͤuffig genung / darum aber nicht weniger theuer. Selbige ſehen eben ſo aus wie in Eu - ropa, ausgenommen daß ſie die Helffte kleiner / und an Statt der Wolle Finger langes Haar tragen / ſodaß279des Landes Gvinea. daß hier die rechte verkehrte Welt iſt / indem die Menſchen mit Wolle / die Thiere hingegen mit Haa - ren bedecket ſeynd; in Anſehung daß der Mohren ihr Fell einer Wolle als Haaren aͤhnlicher ſiehet. Das Hammelfleiſch ſelbſt hat auch nicht die geringſte Ver - wandſchafft mit dem Europaͤiſchen / ſondern iſt unge - mein duͤrre und trucken; dannenhero diejenigen ſo et - was zaͤrtlich / ſehr ſelten davon genieſſen / gemeine Leute aber grober Speiſen gewohnet / koͤnnen daſſelbige nicht bezahlen / weil ohngeachtet des ſchlechten Fleiſches man nichts deſtoweniger ein 6. 7. bis 8. Rthlr. vor einen Hammel geben muß. Jedoch koͤnnte noch wol der - jenige welcher Luſt haͤtte Hammelfleiſch zu eſſen ein gutes Stuͤck bekommen / wenn er ſie zu rechter Zeit da ſie noch jung ſind ſchneiden lieſſe / und ſelbige mit ge - doͤrreten Maltz feiſt machete oder futterte / denn ſo wuͤrde er noch mit Luſt ein Stuͤck eſſen koͤnnen / wiewol in keiner Vergleichung mit denen Europaͤiſchen Schoͤpſen.

Sonſten finden ſich ſehr viel Ziegen gleich denen in Europa, ausgenommen wie alles andre Vieh ſie et - was kleiner ſind / aber viel fetter und fleiſchichter als die Hammels / wannenhero es von vielen Leuten ungleich beſſer gehalten wird / inſonderheit die kleinen geſchnit - tenen Boͤcklein / wenn ſie noch jung ſind / welche in kur - tzer Zeit ſehr wachſen und zunehmen. Und koſtet eine vollwachſene Ziege 4. und bisweilen mehr Thaler.

Jch kan hie eine wunderbahre und laͤcherliche Mey - nung derer Mohren nicht vorbey gehen / indem ſie fe - ſtiglich glauben / es ſey im Anfang der Welt eine gewiſ - ſe Goͤttin geweſen / welche in Gewohnheit gehabt ſich mit einem koͤſtlichen wohlriechenden Oͤhle zu ſchmie -S 4ren /280Beſchreibungren / darauf haben die Boͤcke dieſes merckende die Goͤt - tin angeſprochen / es moͤchte dieſelbige auch ihre Leiber mit dergleichen Geruch beſchmieren; die Goͤttin aber ſich ſtellende als wenn ſie ſich willig hiezu verſtuͤnde / an ſtatt der wohlriechenden Buͤchſe / mit Willen eine an - dre ſtinckende ergriffen und damit ihre Leiber einge - ſalbet; von der Zeit an ſie ſolchen Stanck noch behal - ten. Damit haͤtten ſie ſich was ſonderlichs duͤncken laſſen / in Meynung es waͤre von dem rechten Balſam / und wie ihre Nachkoͤmmling bey dieſem Wahn ver - blieben / ſo ſuchten dieſelbigen bey regnichtem Wetter mit groͤſter Sorgfalt ſich worunter zu verbergen / da - mit ja der Regen oder Feuchtigkeit ihren ſchoͤnen Ge - ruch nicht verduͤrbe. Was meynet ihr nun mein Herr / iſt dieſes nicht ſchoͤn? und ſollet ihr euch hinfuͤhro wol zu leugnen unterſtehen daß auch Thiere ſprechen koͤn - nen / da ihr einen ſo herrlichen und gruͤndlichen Be - weißthum hoͤret.

Nun komme ich an die Pferde; doch nicht ſolche als des Sejani oder Alexandri, indem unſere hieſige Reu - ter vor des erſteren Ungluͤck nicht ſorgen / auch viel weniger des letzteren hitziges und muthiges Pferd zu hoffen haben; beſſer laſſen ſie ſich vergleichen mit den kleinen Nordiſchen Pferden / was ihre Groͤſſe ange - het / denn ſonſten ſind ſie bey weitem ſo ſchoͤne nicht. Hier ſind wenig wo nicht gar keine / hingegen aber auf dem veſten Lande in vorbenannten Laͤndern ſehr haͤuffig / doch im geringſten nicht ein bisgen anſehn - lich oder ſchoͤn / ſondern durchgehends gantz ſchlecht und unanſehnlich; der Hals und Kopff (den ſie gantz niedrig fuͤhren) gleichet uͤberall einem Eſel / ihr Gang iſt ſo unbequem / indem ſie meiſtens ſtaͤtig ſind / undohne281des Landes Gvinea. ohne erſchreckliche Schlaͤge nicht aus der Stelle zu bringen; ſonſten wenn dieſes nicht waͤre / koͤnnte man gemaͤchlich noch damit fort kommen. Uber dem ſind ſie ſo klein / daß es wenig fehlet man reiche mit den Fuͤſ - ſen auf die Erde wenn man darauf ſitzet; und mehr habe ich hievon nicht zu melden.

Auſſer dem giebt es ſehr viel Eſel / welche etwas hoͤ - her als die Pferde / und ohne Vergleich in ihrer Art viel ſchoͤner. Wir haben vor dieſem 3. bis 4. hier ge - halten / dieſelbige aber niemahls aus Mangel benoͤthig - ten Futters beym Leben erhalten koͤnnen. Es brauchen ſie die Mohren nicht zum Laſt tragen / ſondern zum reiten; dazu ſie eben ſo geſchickt ſeyn als die Pferde.

An Schweinen fehlet es auch nicht; doch ſind dieſe welche die Mohren auffuͤttern nichts nutz / indem ſie ſehr weich Fleiſch und duͤnnes Speck haben / hinge - gen welche wir ſelber feiſt machen / koͤnnen noch eini - ger maſſen vor gute beſtehen; wiewol es viel Muͤhe ko - ſtet daß ſie mit denen zu Fida gleich kommen / angeſe - hen dieſe ſowol wegen ihres Specks als auch ſchmack - hafften und feſten Fleiches / nicht nur ſo gut wie in Eu - ropa, ſondern noch ein merckliches beſſer ſeyn. Man bezahlet allhie vor eines von 90. . 12. bis 13. Thaler / wiewol man ſelten etwas gutes antrifft.

Damit nun meine Beſchreibung von vierfuͤßigen Thieren ſo viel vollkommener werde / will ich noch et - was von Hunden / Katzen / Ratzen und Spitzmaͤuſen hinzufuͤgen.

Vom Hundefleiſch machen die Mohren ungemein viel Wercks; wannenhero es von denenjenigen ſo es hieher bringen ſehr theuer verkauffet / oder auch von den Mohren ein etwas groſſer Hund gegen einen HammelS 5ver -282Beſchreibungvertauſchet wird. Ja es halten einige rechte Hunds - ſtaͤlle / darinn ſie dieſe Thiere auffuͤttern / und die ge - worffene junge ſehr theuer an den Mann bringen. Angeſehen ſie durchgehends viel lieber Hundefleiſch als aller andren Thiere genieſſen / ſo gar daß ſie zu jenem unterſchiedliche Gaͤſte einladen / und ein ſonderliches Gaſtmahl ſich einbilden zu halten mit einen Hundes - Braten.

Ubrigens veraͤndern ſich die hieſigen Hunde wenn ſie einmahl werffen ungemein ſehr / die Ohren werden lang und gantz ſteiff / nicht anders als wie die Fuͤchſe / und meiſtens von eben ſolcher Farbe; ſo daß ſie in Zeit von 3. oder 4. Jahren ſo greßlich werden / daß man ſich ſcheuet ſelbige anzuſehen / verlieren auch gaͤntzlich die Krafft zu bellen / wenn ſie ein drey oder 4. mahl junge gehabt / denn das Bellen der Hunde ſo hieher gebracht werden / ſcheinet einem entſetzlichen Geheule aͤhnlicher als einem Gebelle.

Sie moͤgen auch gerne Katzen um ſich leiden; wie - wol ſo viel mir bewuſt / ſie nicht gegeſſen werden / es ſey denn in groſſer Noht / wie denn unſere gefangene Sclaven offtermahls dieſelbige todtſchlagen und ge - nieſſen. Sonſten ſind dieſe bey weitem nicht ſo ver - aͤnderlich als die Hunde / ſondern gleichen in allen Stuͤ - cken denen Hollaͤndiſchen.

Es findet ſich auch zu allem Ungluͤck eine unbe - ſchreibliche Menge von Ratzen und Spitzmaͤuſen / in - ſonderheit iſt mit denen erſteren das gantze Land der - maſſen angefuͤllet / daß es ohne Erſtaunen nicht anzu - ſehen; welches wir offtmahls mit groſſen Schaden er - fahren / da uns dieſe lumpen Thiere alles zernagen und wegſchleppen was ſie erhaſchen koͤnnen.

Jch283des Landes Gvinea.

Jch ſchreite nunmehro von den vierfuͤſſigen Thie - ren zu dem Gevoͤgel / dabey ich in Anſehung ihres we - nigen Unterſcheids mich nicht lange aufzuhalten ge - dencke / indem wir nur von Huͤhnern / Enten / Welſchen - hahnen und Tauben wiſſen / da dieſe zwey letzteren einig und allein in unſerer Gewalt ſtehen / und die Mohren nicht eines einigen Stuͤckes Herr ſeynd.

Erſtens kommen die Huͤhner als unter den gefluͤ - gelten Hauffen die gemeinſten / ſelbige ſind in Frie - dens-Zeit durchs gantze Land ſehr haͤuffig; denn in Krieges-Zeit / oder bey Anfang deſſelbigen / ſcheinet es man wolle dieſe arme Thiere dem bevorſtehenden Un - gluͤck entziehen / und bekommt man alſo kein einiges zu ſehen / da man jener Warnung trefflich nachkommt: Boer bergt uve hoenders, de kriegers koomen; das iſt / Bauer verwahr deine Huͤhner die Soldaten kommen. So daß wenn in Friedens-Zeit vier Huͤh - ner um einen Thaler erkaufft werden / man gerne vor denſelben Preiß mit der Helffte vergnuͤget waͤre / da - ferne ſie in Krieges-Zeit zu bekommen waͤren.

Zu Axim und anderwerts ſind ſie klein / aber auch ſehr fett und ſchoͤn. Hingegen zu Elmina und da her um / theils ſehr wenige / theils auch ungemein duͤrre und mager / ja ſo wenig von Fleiſch / daß einer der ſtar - cke Mahlzeiten zu thun gewohnet / wenn er ihrer drey ſchon im Leibe haͤtte / ſich noch wol nach mehreren um - ſehen doͤrffte.

Den folgen die zahme Enten / welche nur vor we - nig Jahren hie zu Lande bekandt worden / kan auch bis dato nicht wiſſen / wer ſie mag herein gebracht haben / ſelbige haben nicht die geringſte Gemeinſchafft oder Aͤhnlichkeit mit denen in Europa, indem ſie wol dieHelff[-]284BeſchreibungHelffte groͤſſer / und gemeiniglich gantz weiß oder bunt als weiß / ſchwartz und braun ſind. Die Warten oder maͤnnliches Geſchlechtes haben auf dem Schnabel groſſe rothe Knoͤpffe / ſchier wie die Welſche-Hah - nen / nur daß ſelbige nicht ſo hangen / ſondern einer an dem andern feſt zuſammen geſchloſſen / und denen Kir - ſchen nicht ungleich ſind; ſie muͤſſen in ihrer Jugend gegeſſen werden / ſonſten ſie etwas alt ſeynde / wegen ihres harten Fleiſches wenig oder nichtes taugen. Welſche Huͤhner wie allbereit erwehnet / haben ſie gar nicht / dahero man ſelbige es ſey denn bey einigen unſe - rer Vornehmſten / ſehr wenig zu ſehen bekommt / und auch als eine groſſe Delicateſſe oder Leckerbißlem kei - nem Menſchen koͤnnen vorgeſetzet werden / indem ſie nichts weniger ſind als dieſes.

Tauben haben wir auf einigen unſerer Veſtungen in groſſer Menge; doch nur gantz gemeine / ſo wie die in Holland genannte Krakken oder Feld-Tauben / nichts deſtoweniger aber vor einen Liebhaber unter uns eines von den beſten Eſſen und Gerichten.

Dieſes ſind die hier zu Lande bekandte zahme Thiere; nun folgen die wilden / da ich den Anfang machen will von einem ungeheuren groſſen / ich meyne den Ele - phanten / deſſen Eigenſchafften und gutes Betragen ſo merckwuͤrdig ſind / daß ſelbigen billig die erſte Stelle unter allen groͤſten und ſchrecklichſten Thieren gehoͤret; jedoch will ich alle Kleinigkeiten nicht hinzuthun / theils weil ich ſelbſt nicht perſoͤhnlich dabey geweſen / theils auch von andern Autoribus allbereit gethan iſt; ohne daß ſich einige unter ihnen grauſamlich verſtoſſen / und allerhand fremde Dinge uns haben aufbuͤrden wollen / als von ihrer Be[fru]chtung / von der Zeit wie lange dasWeib285des Landes Gvinea. Weib trage / von ihrer Vermehrung / ihrem Alter / Ablegung der Zaͤhne / und andern ungereimten Sa - chen mehr. Jch ſage nicht unbillig ungereimten / weil kein Menſch in der Welt ſo viel ich kenne zu ſagen weiß wie ſie ſich mit einander belauffen / wie lange das Weib traͤchtig ſey / und in welchen Winckel ſie ihre Jungen ablegen / wo und wie ſie ihre Zaͤhne abwerffen / und was dergleichen mehr iſt. Zumahlen alles dieſes auf bloſſe Muhtmaſſungen ſich gruͤndet / ſo lange man nicht mehrere Gewißheit an unſern zahmen davon ſpuͤ - ren kan; nun muͤſſen wir in Ermangelung dieſer / ei - nig und allein unſere Wiſſenſchafft aus den Wild - nuͤſſen holen / wo iſt nun aber jemand anzutreffen / der ſo lange Zeit in dem Walde unter dieſen Thieren zuge - bracht hat / um uns gruͤndliche Nachricht von dieſen geben zu koͤnnen; ich fuͤrchte es werde ſich ſo leicht nie - mand finden laſſen / es ſey denn der gute Plinius; von dem ein gewiſſer beruͤhmter Autor, welcher unter - ſchiedliche Buͤcher und Geſchichten heraus gegeben / in ſeiner Schrifften einer wo ich nicht irre / meldet / daß er lange Zeit vor einen Maͤhrlein-Schreiber oder Zu - ſammenflicker von allerhand Gedichten gehalten wor - den; welches auch noch heute zu Tage / vermoͤge ge - nauer Unterſuchung derer Reyſenden / immer mehr und mehr beſtaͤtiget wird.

Es wird demnach kein Menſch hoffe ich leugnen koͤnnen / daß eben dieſer Plinius unterſchiedliche Sa - chen nach gruͤndlichen und wahrhafftigen Umſtaͤnden nicht beſchrieben / ſondern vielmehr unumgaͤnglich ge - ſtehen muͤſſen / daß merentheils eigene Erfindungen ſo gantz falſch und ohne Grund ſind / mit unterlauffen. Und iſt dieſer gute Mann ſo viel ich mercken koͤnnen /allzu286Beſchreibungallzu leichtglaͤubig geweſen bey allem was er von an - dren Laͤndern gehoͤret oder geleſen / wie ſolches mit un - zaͤhlbahren Exempeln aus ſeinem nachgelaſſenen Buch zu erweiſen iſt. Er wird demnach ſo es ihn be - liebet mir nicht vor ungut halten / wenn ich ihn hierin - nen eines ſehr groben Fehlers beſchuldige / angeſehen meines Erachtens kein guter Scribent alſobald glau - ben muß was ihm von andern Laͤndern vorgebracht wird; ſondern vorher die Perſon unterſuchen / welche ſolche fremde und unerhoͤrte Sachen erzehlet / anbey ob dieſelbige ſo viel Zeit und Gelegenheit gehabt habe der Sachen recht nachzuforſchen / welche ſie ſchreibet oder vorbringet. Allein ich komme zu weit ab von mei - nem Vornehmen / dannenhero will ich den Plinium fahren laſſen / nur dieſes ſagende / daß die Elephanten aus Africa zehen / zwoͤlffe / bis 13. Fuß hoch ſind / folg - lich unweit kleiner als die Oſt-Jndiſche / weil die Ge - ſchichtſchreiber von dieſen Laͤndern / deren Hoͤhe mit mehreren Ehlen / als dieſe mit Fuͤſſen ausmeſſen. Ubri - gens ſind ſie denen andern in allen Stuͤcken gleich / und dahero nicht noͤthig mich laͤnger dabey aufzuhalten.

Es beſchaͤdigen dieſe Thiere gar ſehr die Baͤume / inſonderheit die Orange-Baͤume / davon ſie nicht nur die Frucht / ſondern den gantzen Stamm ſelbſten ab - freſſen.

Die Mohren erzehlen von ihnen einhelliglich / daß wenn ſie im Walde ihnen begegnen / keines Unfalls beſorget ſeyn doͤrffen / dafern man ſie nur zufrieden laͤſ - ſet / hingegen ſehr hitzig und zornig wuͤrden / wenn man auf ſie ſchieſſe und ſie nicht recht traͤffe / wiewol ich hievon das Widerſpiel geſehen als im verwichenen Jahr ein ſolches Thier in unſern Garten zu Elminaſich287des Landes Gvinea. ſich einfande / von dem ich den gantzen Brief vollma - chen koͤnnte: wenn ich mir nicht bewuſt waͤre / ihr wer - der ſo lange Gedult haben / bis ich gegenwaͤrtiges nebſt noch zwey andern Schreiben abgefertiget habe / als - denn will ich mit allen Umſtaͤnden von unſerer Ele - phanten Jagt reden / anbey eine wunderliche Bege - benheit erzehlen / da wir ein Tygerthier verfolgeten / ſo daß ich nicht zweiffle es werde euch ſelbiger Brief theils wegen itzt beſagter Jagt / theils andern Seltſamkeiten lieb und angenehm ſeyn. Dannenhero hemmet ein wenig euren Vorwitz oder Neugierigkeit / und mer - cket hier allein was die Mohren noch weiter zu erzeh - len wiſſen / daß nemlich dieſe Thiere den Menſchen bis ins Waſſer verfolgen / daſelbſt ihn vermittelſt ihrer Fertigkeit und Geſchwindigkeit in ſchwimmen ſehr aͤngſtigen / bisweilen auch in wenig Zeit denſelben ein - holen koͤnnen.

Bey dem Fluß Gabon bin ich offtermahls in Ge - ſellſchafft einiger andern / 4. oder 5. Elephanten gantz nahe vorbey gegangen / ohne daß ſich dieſelbe aus der Stelle regten / dennoch aber wir das Hertz nicht hat - ten ſie mit einigen Kugeln damit wir uns haͤuffig ver - ſehen hatten / zu begruͤſſen. Jn Anſehung daß man ſie ſchwerlich faͤllen kan / es ſey denn / daß ſie recht zwiſchen die Ohren oder in die Augen getroffen werden / und zwar mit eiſernen Kugeln / denn die gemeine bleyerne ſpringen von ihrer Haut ab / nicht anders als von ei - ner Mauer / an beſagten Ort aber geſchoſſen / wider das harte Hirnbein in Stuͤcken zerſpringen.

Der erſte Strich Landes da ſie am haͤuffigſten ſich finden laſſen wird in Niederteutſcher Sprache geneñet die Tand-Kuſt oder Zaͤhn-Land / wegen der vielen da -ſelbſt288Beſchreibungſelbſt befindlichen und verhandelten Elephanten Zaͤhne; folgends nach der Gold Kuͤſte zu / und in den Laͤndern Aviné, Jummoree, Egvira, Abocroe, Ancober und Axim, allwo taͤglich eine groſſe Anzahl gefaͤllet wird; denn je weniger ein Land bewohnet / je mehr und haͤuf - figer laſſen ſich dieſe und andre wilde Thiere finden.

Jm Lande von Ante ſind ſie ebenfalls ſehr haͤuffig / angeſehen deren mitten im Lande nicht nur eine groſſe Menge gefaͤllet wird / ſondern uͤber dem noch taͤglich in groſſer Anzahl an die See und auf den Strand kom - men / da ſie von unſern Leuten aus der Veſtung koͤn - nen geſehen werden / und grauſam wuͤten.

Zwiſchen Ante und Acra, ſiehet man dieſelbige lange nicht ſo viel als in obberuͤhrten Oͤrtern / weil jene vor dieſen ſehr volckreich und bewohnet geweſen auſſer - halb Fetu, welches ſeit 5. oder 6. Jahren ſchier zur Einoͤde worden / und dahero auch hieſelbſt weit mehr ſolcher Thiere zu finden als vor dieſem.

Jn der Gegend Acra wird jaͤhrlich eine groſſe Menge zuſammengebracht / weil es hieherum viel wuͤ - ſte und unbewohnte Oerter giebet. Jm Jahr 1697. wurde ein Elephant zu Acra nahe an der Veſtung ge - ſchoſſen / von ungemeiner Groͤſſe / und vermuthlich ho - hem Alter / indem ſeine Zaͤhne 220. . wugen / und dahero wegen ſeiner Groͤſſe leichtlich die Rechnung zu machen.

Jn Ardra und Fida hat man ſie gar nicht / wiewol dennoch Zeit meiner Anweſenheit einer geſchoſſen wur - de / die Mohren aber geſtanden ſolches in keinen 60. Jahren geſchehen zu ſeyn / dahero nicht anders zu glau - ben / er muͤſte ſich irgends verlauffen und anders wo - her gekommen ſeyn; angeſehen in dem angraͤntzendenLande289des Landes Gvinea. Lande Benin, imgleichen bey dem Fluß Calbary Ca - merones, und andern mehr hieſelbſt befindlichen Fluͤſ - ſen / ihrer eine unbeſchreibliche Anzahl gefunden wird / daß es nicht wohl zu begreiffen / wie daſige Einwoh - ner koͤnnen / oder ſich unterſtehen doͤrffen daſelbſt zu wohnen.

Man kan auch aus der groſſen Vielheit derer Zaͤh - ne welche Jahr aus Jahr ein alhie verarbeitet werden / fuͤglich urtheilen / daß kein geringe Anzahl von Ele - phanten anzutreffen ſeyn muß. Doch weiß ich nicht eigentlich zu ſagen / ob dieſes allemahl Zaͤhne ſind von erſchoſſenen Elephanten / oder ob ſie gefunden worden; ich halte vielmehr beydes wahr zu ſeyn; dabey man ſe - hen koͤnnte / ob nach Ausſage einiger Scribenten / ſie ihre Zaͤhne abwerffen; allein dieſes ſtreitet mit der un - terſchiedlichen Groͤſſe / da einige eines / zwey / drey . andre noch ſchwerer / ja bis uͤber 100. . ſchwer ſeynd; denn es ſtehet nicht zu behaupten / daß ein ſo hartes und feſtes Weſen in Zeit von 18. bis 19. Jahren zu einer ſolchen Groͤſſe und Schwere von 100. . gelangen koͤnnte; demnach geſtehe ich gerne / daß ich hierinnen nichts eigentliches oder gruͤndliches wiſſe / und ſchreite nunmehro ohne weiteren Auffenthalt zu den Buͤffeln und Ochſen.

Dieſe kommen der Groͤſſe nach denen Elephanten am naͤchſten bey / wiewol in ziemlichem Unterſcheid; im Lande Gvinea werden ſie am allerhaͤuffigſten gefun - den / jedoch ſo wenige daß zuweilen in 4. Jahren ſich nicht ein einiger ſehen laͤſſet / davon es beſſere Gelegen - heit zu reden geben wird / wenn ich von einem gewiſſen Ort da ſie ſich haͤuffig aufhalten / handeln werde / dar - um will ich anitzo weiter nichts mehr anfuͤhren / als daßTſie290Beſchreibungſie trefflich gut zu eſſen ſind / daß uͤbrige aber alles auf beſagten Ort und Gelegenheit verſpahren.

Die Tygerthiere / welche mit den Buͤffeln ſchier ei - ner Hoͤhe / aber unweit boͤſer und wilder ſind / finden ſich ſehr haͤuffig / und zwar 4. bis fuͤnfferley Gattung / in - dem ſie theils ihrer Groͤſſe / theils ihrer Flecken / oder anderwertigen Unterſcheid halber / als Panterthiere / Leoparden und dergleichen nicht mit einander uͤberein - kommen / wiewol ich hieruͤber nicht urtheilen will / in - dem ich bis dato keinen Menſchen angetroffen / der mir hieruͤber ausfuͤhrliche Nachricht haͤtte geben koͤnnen; der gute Plinius aber bey dem ich mich Rahts erholen wolte / ſo undeutlich / ja unverſtaͤndig davon ſchreibet / daß er vielmehr offenbahre Luͤgen mit einmiſchet / der - geſtalt / daß ich mir feſte vorgenommen von nun an uͤber kein Thier ihn mehr zu befragen.

Uber dem werden auch obgedachte Tygerthiere durch gewiſſe Nahmen von einander entſchieden / weil ſich aber die mohriſchen Bedeutungen in unſerer Nie - derteutſchen Sprache nicht fuͤglich erklaͤren laſſen / will ich mich nicht weiter aufhalten / ſondern nur dieſes hin - zuthun / daß alle dieſe Thiere durchgehends ſehr hitzig / boͤſe / grauſam / gefreßig und wild ſeyn / dahero faſt taͤg - lich ſehr traurige Zufaͤlle ſich eraͤugnen.

Sie verſchonen weder Menſchen noch Viehe / wie wol ſie doch die erſteren gerne zufrieden laſſen / ſo lange ſie an einem oder andern Stuͤcke Vieh ſich dicke freſ - ſen koͤnnen / in Ermangelung aber deſſen / werden ſie einen Menſchen dem ſie begegnen / in tauſend Stuͤcken reiſſen / und ſelbigen auffreſſen. Wir werden hievon hernach etwas weitlaͤufftiger zu reden haben / anitzo boͤrffen wir nur dieſes wiſſen / daß ſo wild auch dieſeThie -291des Landes Gvinea. Thiere ſeyn / ſelbige dennoch in ihrer Jugend koͤnnen zahm gemachet werden / ſo daß man mit ihnen nicht anders als mit einem Hunde oder Katze ſpielen koͤnne / indem ſie eben dergleichen Gauckeleyen und Poſſen treiben als die letzteren.

Jch habe ſolcher ſieben oder acht zu Elmina auf - fuͤttern geſehen / davon der Herr General annoch zwey hat; nicht weniger aber habe ich auch geſehen / daß ſie bey ihrer Zahmheit dennoch bisweilen ihre Grauſam - keit ſehen laſſen / daß man alſo auch den allerſroͤmſten ſich nicht zu viel vertrauen darff / es ſey denn mit groſ - ſer Vorſichtigkeit.

Auſſerhalb Tygerthieren haben wir noch ein ſehr grauſames Thier / Jakhals oder Boshond, das iſt boͤ - ſer Hund genennet. Es haͤlt ſich ſelbiges am meiſten bey Acra und Aquamboe auf / denn hieherum wird es wenig geſehen; ſie ſind ungemein wild und kuͤhn / freſſen Menſchen und Vieh / Kuͤhe / Schweine / Ham - meln / und was ihnen vorkommt.

Des Nachts kommen ſie bis unter die Mauren un - ſerer Veſtung zu Acra, um die Schwein - und Schaff - ſtaͤlle zu viſitiren / da man ihrer unterſchiedliche auf folgende Art niedermachet. Es legen unſere Leute ein ſtarck geladenes / und in einem Kaͤſtlein wohl verwahr - tes Gewehr hin / und binden daran ein Viertheil von Schweine oder Schaaff / ſo daß das Thier es mit ſei - nem Ruͤſſel abreichen koͤnne / wenn nun ſelbiges das Fleiſch nur in etwas beruͤhret / ſo gehet das Gewehr loß / und bekommt alſo zum Danck ſeines veruͤbten Dieb - ſtahls ein 3. oder 4. Kugeln in den Leib / welches ſchier niemahls fehlet / wenn nur das Gewehr auf gehoͤrige Art geſtellet iſt.

T 2Jn292Beſchreibung

Jn Verfolg meiner Beſchreibung von wilden und gefraͤſſigen Thieren / folget der Cayman, oder unter mehr bekandtem Nahmen der Crocodil. Selbiges gehoͤret unter itzt beſagte Thiere nicht / weil ich ſelbſt Erfahrung davon habe / ſintemahlen Zeit meines Hie - ſeyns ich niemahls gehoͤret / ob haͤtte es einen Menſchen oder Vieh gefreſſen / ſondern weil ich in andern glaub - wuͤrdigen Autoribus unterſchiedliche Exempel von deſſen Grauſamkeit und Gefraͤßigkeit geleſen habe.

Es giebet ihrer in allen hieſigen Fluͤſſen eine un - glaubliche Menge / inſonderheit zu Chama und Bou - try, allwo am letzteren Ort ich oͤffters mehr als 50. an einem Tage geſehen / darunter einige ſo viel ich ſehen konte / ohngefehr zwantzig Fuß lang waren.

Wie nun hievon viele Autores allbereit geſchrie - ben haben / will ich nur dieſes hinzuſetzen / was jene viel - leicht ausgelaſſen / oder vergeſſen haben. Sein Leib iſt mit einer ſehr harten Haut bedecket / in Geſtalt vier - eckigter Schuppen / ſo / daß wenn er alt iſt / mit einer Kugel nicht fuͤglich durchzubohren; und ſind die davon gemachte Muͤtzen derer Mohren ſo hart wie ein Bein / daß mit keinen Saͤbel durchzuhauen / und einem Schildkroͤten Bein nicht unaͤhnlich ſind. Deſſen Unterleib aber iſt etwas weicher; wiewol ſelbige ſo li - ſtig / daß ſie dieſen nicht bloß geben / folglich ſehr ſchwer zu ſchieſſen / es ſey denn daß ſie recht in den Kopff ge - troffen werden. Bey heiſſen Sommer-Tagen kom - men ſie ſehr haͤuffig auf den Strand oder Ufer des Fluſſes / um ſich an der Sonnen zu erwaͤrmen; ſo bald aber erblicken ſie keinen nicht / ſo ſchleichen ſie allmaͤh - lich nahe an das Waſſer / und werffen ſich als dann mit groſſem Geraͤuſche in den Fluß / allwo ſie alſofort ſichver -293des Landes Gvinea. verbergen; es ſcheinet auch als waͤren ſie zum lauffen gar nicht geſchickt / es ſey denn wenn die Menſchen auf dem Lande von ihnen verfolget werden / ſo daß jene gar leichtlich von ihnen erhaſchet / wenn die Menſchen mit continuirlichen in die Runde lauffen / dieſelbige nicht abmatten. Zwar mag dergleichen Exempel wol ehe - mahls geſchehen ſeyn / wiewol ich mich nicht ſehr fuͤrch - ten wuͤrde / wenn ich auf der Erden waͤre; hingegen aber im Waſſer mich nicht wagen wolte / ohngeachtet doch niemahls von einigem Ungluͤck gehoͤret.

Sie ſehen gantz braun aus / und ſind recht garſtige / heßliche Thiere. Was ſonſten von ihren Thraͤnen oder anderwertigen Liſtigkeiten die Menſchen zu er - haſchen / erzehlet wird / kan ich nicht wol glauben.

Unter die gefraͤßigen Thiere wird auch gemeinig - lich das wilde Schwein gezehlet / und zwar nicht un - fuͤglich / weil ſie denen in Europa vollkommen gleich ſeynd. Wir haben ihrer etliche in der Gegend nach dem Gold-Lande / ſie ſind ſehr boͤſe / aber trefflich deli - cat und lecker zu eſſen / angeſehen ſie ſehr zartes / fettes Fleiſch haben / und dahero ſelbiges offtermahls ge - noſſen.

Von wilden und gefraͤßigen / kommen wir numehro auf andre Art von Thieren / damit hieſiges Land uͤber - aus angefuͤllet iſt / ich meyne die Hirſche / welche durchs gantze Land in unbegreifflicher Anzahl ſich finden laſ - ſen / ſonderlich zu Acra und Ante, allwo ſie oͤffters zu vielen hunderten geſehen werden.

Die Mohren wollen uns von ihnen glaubend ma - chen / daß dieſe Thiere ſo liſtig und verſchlagen / daß ſie einige unter ihnen gleichſam auf die Schildwache an allen Wegen und Zugaͤngen ausſetzen / um acht zu ha -T 3ben294Beſchreibungben / ob jemand ankomme / und desfals die uͤbrigen zu warnen / ich kan hievon mit keiner Gewißheit ſprechen / wiewol ich mich erinnere eben dergleichen anderswo geleſen zu haben.

Es giebet ihrer mehr als zwantzigerley Gattung / de - ren eine ſo groß iſt als kleine Kuͤhe / andre als Ham - meln / ja gar nicht groͤſſer als Katzen / die meiſten ſind roͤhtlich mit einem braunen Strich laͤngſt dem Ruͤ - cken / andre ſind eben ſo roht aber mit weiſſen Strichen artig und ſauber gezieret; durchgehends aber ſind ſie trefflich gut zu eſſen / inſonderheit die zwey Gattungen / ſo bey uns vor ein groſſes Leckerbißlein gehalten wer - den / die eine iſt etwas graulicht / deren zweyfachen Ab - riß ihr finden koͤnnet unter No. 1. und 2. ohngeachtet ſie einerley Guͤte / ſind dieſelbige dem aͤuſſerlichen An - ſehen nach ſehr unterſchieden / indem ſie beyde ohngefehr zwey Fuß lang / die eine aber etwas hoͤher von Fuͤſſen iſt als die andre.

Uberdem mercket noch eine andre Art / welche wol die Helffte kleiner / und roht von Farbe iſt / es ſind dieſe vollkommen ſchoͤne Thiere mit ſehr kleinen ſchwartzen Hoͤrnern / und ſehr kleinen Fuͤſſen / welche mit der Lei - bes Laͤnge ziemlich uͤbereinkommen / aber ſo ſubtil ſeynd / daß einige nicht dicker als eine Tobackspfeiffe; ihr werdet dergleichen in Gold eingefaſſet / nebſt dieſem Brief empfangen / weil ich ſelbige nicht habe koͤnnen abreiſſen laſſen / zweiffle nicht es werde euch ange - nehm ſeyn.

Unter Numero 3. werdet ihr noch eine andre Art Hirſche finden / welche ohngefehr vier Fußlang / aber nicht ſehr hoch ſind / hingegen / von Fuͤſſen / Hals und Ohren ſehr lang / dunckelgelb oder orange von Farbe /mit

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295des Landes Gvinea. mit weiſſen Strichlein untermiſchet. Mehrere Art Hirſche habe ich noch zur Zeit nicht finden koͤnnen.

Wie geſchwinde nun dieſe Thiere ſeyn / iſt zur Gnuͤ - ge bekandt / indem inſonderheit die kleinen ungemein behende gantz entſetzliche Spruͤnge thun / zum wenig - ſten in Anſehung ihres kleinen Leibes; und habe ich ge - ſehen / daß einige von denen ſo wir gefangen hatten / uͤber eine Mauer von 12. Fuß hoch heruͤbergeſetzet / da - hero ſie die Mohren auch der Hirſche ihre Koͤnige be - nennen.

Jn Apam, Acra und Fida findet ſich eine Art Haa - ſen gleich denen ſo wir auf hollaͤndiſch Steenhaaſen heiſſen / und in itzt beſagten dreyen Oͤrtern in unbe - ſchreiblicher Anzahl ſich aufhalten / davon ich anitzo nichtes wiederholen will / weilen allbereit hievon Erin - nerung gethan in meinem Briefe vom Lande Acra.

So giebet es auch Stachel-Schweine / wiewol nicht ſehr haͤuffig / angeſehen wir zum wenigſten nicht viel davon bekommen; ſelbige wachſen bis zwey / zuweilen drittehalb Fuß hoch / und haben ſo ſcharffe und ſpitzige Zaͤhne / daß kein Holtz zu hart oder zu dick iſt. Einſtens ſetzte ich dergleichen Thier in eine Tonne / in der Einbil - dung es wuͤrde hieſelbſt gar wohl verwahret ſeyn; allein es hatte in einer Nacht ſich durchgenaget und heraus practiciret / ſelbſt in der Mitten allwo die Staͤbe am meiſten auswerts gebogen.

Es iſt auch ſo vermeſſen und boͤſe / daß es auch die al - lergreulichſten Schlangen davon wir unten mit meh - rerem handeln wollen / anzupacken ſich gar nicht ſcheuet. Wenn es gantz erhitzet iſt / gehet es mit ungemeiner Ge - ſchwindigkeit auf Menſchen und Vieh loß / mit ſeinen zuweilen zwey Spannen langen Zaͤhnen ſo ſtarck ein -T 4hau -296Beſchreibunghauende / daß auch ein Brett nicht widerſtehen koͤnnte. Jhr Fleiſch wird ſowol von Mohren als einigen Weiſ - ſen vor ein ſehr leckeres Eſſen gehalten.

Uber dieſe finden ſich noch andre kleine Thiere / denen Jgeln nicht ungleich / ausgenommen daß ſich jene ſo eng in die Runde nicht koͤnnen zuſammenlegen / als von dieſen in Holland geſehen wird.

Jhr werdet auch unter numero 4. einen Abriß vom gewiſſen Thiere finden / welches die Mohren Potto nennen / bey uns aber unter dem Nahmen Luyaerd bekandt iſt / ſonder Zweiffel wegen ſeiner Traͤgheit und langſamen Bewegung / denn 10. Schritt zu verrich - ten mit lauffen oder vielmehr kriechen / muß es einen gantzen Tag zubringen.

Es erzehlen hievon einige Autores, daß wenn es auf einen Baum gekommen / niemahlen ehender herunter - ſteige / bis es nicht nur deſſen Fruͤchte / ſondern ſo gar alle Blaͤtter abgefreſſen / folgends ſehr glat und fett ſey wenn es herunter kommt / habe hingegen ſo viel Zeit noͤ - thig ehe es wieder an einen andern Baum fortkriechet / daß wenn es auch auf dieſen heraufgeklettert / alle ſeine vorige Fettigkeit verlieret; im Fall auch daß dieſe zwey Baͤume etwas weit von einander ſtuͤnden / unter We - ges aber nichts zu freſſen waͤre / muͤſte es auf dem hal - ben Wege ſterben. Wiewol in itzt beſagten allen mich auf eines andern Zeugniß beziehe / ohne daß ich gut da - vor ſeyn wolte ob es wahr ſey oder nicht / genung daß es bey den Mohren nichts unbekandtes iſt. Das Thier an ſich iſt ſo heßlich und greßlich / daß ich mir ſeines glei - chen in allen Theilen der Welt nicht einbilden kan / ihr werdet daſſelbige aus beygeſandten Abriß fuͤglich er - kennen koͤnnen / ſeine Vorder-Fuͤſſe gleichen einesMen -297des Landes Gvinea. Menſchen Haͤnden / der Kopff iſt nach Proportion des Leibes ungemein groß. Dieſes welches allhie abgeriſ - ſen worden / war Maus-Farb und noch gantz jung / da - hero das Fell gantz glatt und gleich ſcheinet; an ſtatt daß wenn ſie etwas alt werden / wie ich derſelben eines zu Elmina 1699. geſehen habe / gantz roht ſeynd / und ihre Haare nicht anders als Wolle-Locken werden. Son - ſten kan ich hievon nichtes mehrers ſagen / als daß es ohne Entſetzen nicht anzuſehen / auch uͤber ſeine ſcheuß - liche Geſtalt nichts beſonders habe.

Es giebet auch im Felde gewiſſe Thiere / denen Ra - tzen nicht ungleich / ausgenommen daß ſie groͤſſer ſeynd als Katzen; dahero wir ſelbige in Nieder-teutſcher Sprache Bosrotten, oder Waldratzen nennen / ſie halten ſich ſtets bey dem geſaͤeten Lande auf / und ver - derben ſelbiges ungemein ſehr. Derer Mohren ei - nige ſowol als die Weiſſen machen viel Wercks von ſeinem Fleiſch / indem ſie es vor ein ſonderlich Leckerbiß - lein halten / und in Wahrheit nicht unbillig / wenn der Nahme und die greßliche Geſtalt einem nicht den Eckel verurſachte; indem diejenigen ſo ſich hieran nicht keh - ren / ein ſchoͤnes Eſſen haben; inſonderheit wenn ihm der Kopff / die Fuͤſſe und Schwantz abgehauen wird / wie es einige thun ehe ſie es zur Tafel bringen / um die Heßlichkeit des Thiers in etwas zu benehmen; als denn es nicht unangenehm iſt vor ſolche die hierum nicht wiſſen; ſintemahlen es ſehr zartes / fettes und leckeres Fleiſch iſt.

So hat man noch eine andre Art von Bosrotten, oder Waldratzen / inſonderheit zu Axim, welche noch einmahl ſo lang als die vorigen / von Leibe aber viel ſchmaler und kleiner Boutees genennet / und auſſer -T 5halb298Beſchreibunghalb den Mohren von denen Weiſſen wenig gegeſſen werden. Sie thun dem Milhio und dem Reiß / ſo die Mohren allbereit in ihren Haͤuſern verſchloſſen und verwahret / ſehr groſſen Schaden / ſie koͤnnen in ei - ner Nacht von dem geſaͤeten mehr zu nichte machen als hundert Ratzen / weil ſie ſich nicht allein dick freſſen / und vieles wegtragen / ſondern auch alles was ihnen vor - kommtverderben und zu Schande machen.

Wilder Katzen giebet es drey oder viererley Art / darunter auch die Ziebethkatzen gehoͤren / welche anitzo in Holland ſo bekandt ſind / daß hievon zu melden unnoͤ - thig iſt; nur allein dieſes / daß ſelbige uns zu kauff gebracht werden wenn ſie noch ſehr jung ſeynd / und 1. oder zwey Thlr. koſten. Man ſparet keine Muͤhe die - ſelbige zu fuͤttern / mit ihrer gewoͤhnlichen Koſt von Milhio mit ein wenig Fleiſch oder Fiſch zuſammenge - ruͤhret. Das Ziebeth bekommen ſie in ihrer Jugend / und iſt derer Maͤnnlein ihres viel beſſer als derer Weiblein / in Anſehung dieſe letztere ihr Waſſer nie - mahls aufhalten koͤnnen / ſondern daſſelbige in den Sack lauffen laſſen allwo das Zibeth ſich ſammlet / und es alſo gaͤntzlich verderben.

Von andern wilden Katzen habe ich weiter nichts zu melden / als daß ihre Haut nicht anders wie eines Tygerthiers geſprenget und fleckigt iſt / auch eben ſo gifftig und boͤſe ſind wie dieſe. Dahero ſie unter Huͤh - nern wenn ſie dabey kommen / ſehr groſſen Schaden zu thun pflegen.

Uberdem habe ich noch andre kleine Spitzmaͤuſe ge - ſehen / welche einen ſehr angenehmen muſcus Geruch von ſich geben / niemahls aber mercken koͤnnen / daß ſie auch ſo ein Saͤcklein haͤtten wie die Ziebethkatzen / da -hero299des Landes Gvinea. hero ich mir einbilde / es muͤſſe dieſer Geruch durch ihre Haut ausrauchen.

Sonſten finden ſich noch 3. oder 4. Gattungen von aller hand kleinen Thieren. Die erſtere findet ihr un - ter numero 5. einer Katzen nicht unaͤhnlich / ausge - nommen der Ruͤſſel etwas ſpitzer / der Leib klein / und ge - ſprengelt wie die Ziebethkatzen iſt. Die Mohren nen - nen es Berbe, und die Hollaͤnder Weinſaͤuffer / weil es den Palmenwein ungemein gern trincken mag.

Die andre iſt nicht viel groͤſſer als eine gemeine Korn-Ratze / grau und roͤthlich von Farbe / mit weiß untermiſchet / ihr Schwantz mit ſeinen langen eben ſo geſprengelten Haaren / iſt 3. Finger breit / und traͤget denſelbigen ſehr zierlich uͤber den Ruͤcken bis auf den Hals: man nennet ſie zwar auch Weinſaͤuffer / wiewol ſie fuͤglicher Eichhoͤrnlein koͤnnten benennet werden.

Die dritte iſt bey vollem Wachsthum ſchier die Helffte groͤſſer als dieſe / und von derſelbigen Farbe. Eine ungemein boͤſe Art / welche mit ihren ſpitzigen Zaͤh - nen ohne Unterſcheid wider Menſchen und Vieh in Zeit der Noht ſich beſchuͤtzet. Die Mohren nennen ſie Koekeboe; ſelbige verfolgen die Huͤhner inſonderheit / doch nicht wie Herr Foqvenbrog behaupten wollen / als ob ſie die Huͤhner mit den Hindern auffangen koͤn - ten. Sintemahlen es ſolcher Liſtigkeit hiezu gar nicht be - noͤthiget / weil es geſchwinde genung die Huͤhner ver - folgen kan / auch an Kraͤfften ihm nichts mangelt die - ſelbige zwifchen den Vorder-Fuͤſſen hinweg zu fuͤhren. Jch habe ihrer unterſchiedliche / gleichwol bis dato noch nicht ſehen koͤnnen / daß ſie von hinten roht ſeynd (wie obgemeldter Autor davon ausgeben wollen) ohnge - achtet alles meines fleißigen Nachſuchens. Werdedem -300Beſchreibungdemnach nicht billigen koͤnnen was itzt erwehnter Au - tor von dem Thiere geſchrieben; indem ich ſelbſt der - gleichen etwas weder geſehen / noch auch von Mohren oder Weiſſen die Beſtaͤtigung des Autoris ſeiner Meynung gehoͤret.

Es iſt uns dieſes Thier ſehr unbekandt (oder vielmehr dieſe Thiere / weil ihrer unterſchiedlicher Arten ſeynd) daß ich wenig davon zu melden habe / wannenhero ich zu einem andern ſchreite / welches ſo zu Lande als Waſ - ſer lebet / und von den Mohren Leguaen genennet wird. Es ſiehet einem Crocodillen nicht ungleich / iſt ſelten uͤber vier Fuß lang / ſchwartz und mit kleinen run - den Flecken geſprengelt / und hat ein trefflich hartes Fell; Menſchen und Vieh laͤſſet es unberuͤhret / hinge - gen aber machet es unter den Huͤhnern offters ein groſ - ſes Blutbadt. Sein Fleiſch wird von unterſchiedli - chen Weiſſen gegeſſen / welche behaupten wollen / daß es viel beſſer und ſchmackhafftiger ſey als das Huͤhner - fleiſch ſelbſt. Zu Mouree und anderswo haͤlt man es vor einen Goͤtzen.

Unter numero 8. findet ihr ein gewiſſes Thier / ſo ſich im Gehoͤltz aufhaͤlt / ſchmahl und lang von Leibe / mit einem langen Schwantz / an deſſen Ende ein groſ - ſer Knopff iſt; hat langes aus einander fliegendes / roͤht - liches / etwas ins braune fallendes Haar / und wird von den Mohren Arompo oder Menſchenfreſſer be - neñet / weil es ſich von todten Menſchen Coͤrpern erneh - ret / welche es ausſcharret / und nachmahls aufffriſſet / nicht anders / als ob es augenblicklich wuͤſte / wo ein Menſch erſchlagen iſt.

Es wollen hievon die Mohren berichten / daß wenn es zu einem ſolchen Coͤrper ſich naͤhert / oder ſelbigen amWege301des Landes Gvinea. Wege findet / ſich nicht alſo fort an ihm mache / ſondern zuvor unterſchiedliche mahl um denſelbigen herumge - he. Davon ich keine Urſach weiß zu geben / wiewol die Mohren folgende anfuͤhren wollen / damit es zu erken - nen geben moͤge / wie man ſich eines fremden Gutes weder ſolle noch koͤnne bemaͤchtigen / ehe und bevor man einige Muͤhe und Sorge desfals angewendet. Was hierunter eigentlich verborgen / laͤſſet ſich nicht wohl ſagen / doch halte ich davor / daß es aus einer allen Thieren natuͤrlichen Furcht geſchehe / und desfals rund um ſich ſehe / ob es jemanden erblicke / der ihm dieſen Raub koͤnne oder wolle entnehmen.

Anitzo laſſet uns etwas von Affen reden; es ſind dieſe bey tauſenden / und ſo unterſchiedlicher Gattung allhie / daß man ſich daruͤber entſetzen mus / und alſo nicht moͤglich ſelbige durchgehends zu beſchreiben; wannen - hero nur etliche derſelbigen vor itzo zu beruͤhren mich entſchloſſen.

Die haͤuffigſten und gemeinſten ſind die auf hollaͤn - diſch genennete Smitten, dunckel-rohr von Farbe / und ſehr groß / indem ich mit meinen Augen geſehen welche fuͤnff Fuß hoch waren / und ein weniges kleiner als ein Menſch. Sie ſeynd ſehr boͤſe und kuͤhn / wiewol die - ſes was ein Engellaͤndiſcher Kauffman mir erzehlet / et - was unglaublich ſcheinet / daß nemlich hinter der En - gliſchen Veſtung zu Wimba, dieſe Thiere ſo haͤuffig und boͤſe / daß ſie einen Menſchen anzufallen gar keinen Scheu haben; wie er denn hinzuſetzte / der gleichen ih - ren zweyen unter der Compagnie ihren Sclaven wie - derfahren zu ſeyn / da jene den Sclaven die Augen aus - gekratzet haͤtten / im Fall ihnen nicht einige Mohren zu Huͤlffe gekommen / angeſehen dieſe greuliche Unthiereallbe -302Beſchreibungallbereit mit gewiſſen Hoͤltzern zu dem Ende ſich ver - ſehen hatten.

Jhr koͤnnet davon annehmen und glauben mit mir was ihr wollet / genung iſts daß ſie ſehr gifftig und zor - nig / auch zu lauter Schaden gebildet zu ſeyn ſcheinen.

Die meiſten Mohren halten dafuͤr / daß ſie uͤberaus wohl reden koͤnnen / aber ſich ſolches nicht mercken laſ - ſen / um zur Arbeit welche ſie ſehr ſcheuen / nicht ange - halten zu werden / daraus ihr urtheilen koͤnnet / wie ſie dieſe Leute anhoͤren.

Ubrigens ſehen ſie greßlich aus / eben ſo wie die zwey - te Art / welche jenen in allen gleich ſeynd / ausgenom - men daß kaum 4. unter dieſen ſo groß als einer von je - nen. Das beſte iſt / daß man dieſen alles beybringen kan / was man nur verlanget.

Jn der dritten Gattung finden ſich recht ſchoͤne Thie - re / gemeiniglich zwey Fuß hoch / ſchwartz von Haar / welches uͤber einen Finger lang iſt / nebſt einen langen weiſſen Bart / dahero ſie bey den Hollaͤndern Bart - Maͤnnerchen heiſſen. Derer Tié-tiés (davon im andern Briefe Meldung geſchehen) ihre Muͤtzen / be - ſtehen aus dieſer ihrem Felle / dahero die Mohren offter - mahls 4. und mehrere Thaler davor bezahlen / und wir eben ſo viel davor zu geben uns nicht weigern wuͤrden.

Wir haben von itzt gemeldten Bart-Maͤnnerchen noch zwey oder drey Arten / durchgehends ſehr ſchoͤn / und die Helffte kleiner als vorherberuͤhrte: ihr Haar iſt gantz kurtz / aber unterſchiedlicher Farben / als grau / ſchwartz / weiß und roht / die Bruſt und der Bart mei - ſtentheils weiß. Fals ich aber alle Gattungen und Ar - ten derer Affen beruͤhren wolte / haͤtte ich nicht zwey oder drey Blat Papier / ſondern ein gantzes Buch noͤ -thig /303des Landes Gvinea. thig / welches der Muͤhe nicht wehrt ſeyn doͤrffte; dan - nenhero will ich nur ſo vielſagen / daß dererkleinen mehr als zwantzigerley / durchgehends jedoch ſehr ſchoͤn ſeynd; das aͤrgſte iſt nur / daß ſie uͤberaus zaͤrtlich und lecker ſeyn / ſo gar / daß man ſelbige nicht fuͤglich unterhalten / vielweniger in Europa uͤberbringen kan. Sonſten koͤnnen ſie insgeſamt das ſtehlen nicht wol laſſen / und ſcheinet ihnen angebohren zu ſeyn / indem ich ſelbige ſehr artige Streiche habebegehen ſehen / wenn ſie entweder Fruͤchte / oder inſonderheit Milhio rauben wollen. Erſtens nehmen ſie ihre Fuͤſſe und Arme (daferne ſie alſo zu nennen) gantz voll Milhio, nicht weniger auch den Rachen / und kehren alſo mit voller Ladung zuruͤck / da ſie allein auf den Hinter-Fuͤſſen gehen / und conti - nuirlich ſpringen: halten auch auf beſchehene Verfol - gung was ſie im Rachen haben gantz feſte / und werf - ſen das andre weg / damit ſie im lauffen nicht gehindert werden. Gleichwol iſt dieſes noch nicht ſo ſehr zu ver - wundern / da ſie ſo viel Milhio auf einmahl fortſchlep - pen / als wenn dieſelbe aufs allergenaueſte jeden Stam̃ von Milhio durchſuchen ob er gut ſey oder nicht / da ſie auf Befindung des letzteren ihn wieder hin werffen und einen andern ausreiſſen / folglich durch ihre naͤrriſche Zaͤrtlichkeit den Land-Fruͤchten mehr Schaden zufuͤ - gen / als durch ihren Raub. Diß mag genung ſeyn von Affen.

Uberall findet man eine unſaͤgliche Anzahl Eydexſen / inſonderheit auf und laͤngſt den Mauren unſerer Ve - ſtung / allda ſie ihre Nahrung ſuchen / und meiſtens von Spinnen / Wuͤrmen / Muͤcken und andern Un - gezieffer leben. Es ſind derſelbigen unterſchiedliche Arten / einige und zwar die groͤſten den Schwantz mit -zurech -304Beſchreibungzurechnen / einen Fuß lang und eine queer Hand breit / braun von Farbe / und die Helffte von Kopff roht: die andre kommen meiſtentheils an Groͤſſe mit dieſen uͤber - ein / ausgenommen daß ſie unterſchiedlich von Farbe ſeynd. Durchgehends aber ſehr heßlich / bis auff eine / welche noch ſo gar ſcheußlich nicht anzuſehen. Andere hergegen ſeynd wol die Helffte kleiner als dieſe letztere / meiſtentheils gruͤn: noch andere um die Helffte kleiner als dieſe / und graulicht; ſelbige finden ſich uͤber all und in allen Ecken unſerer Hauſer haͤuffig ein / reini - gen und ſaubern unſere Kammern von allerhand Ge - wuͤrme; bey uns heiſſen ſie Salamander.

So wenig ich nun glaube daß ein Salamander im Feuer leben kan / eben ſo wenig glaube ich auch daß dieſe (Eydexſen) die Menſchen warnen vor allerhand Schlangen und gifftigen Thieren; daferne man nicht ſagen wolte / daß dieſes eintzig und allein von der ſehr widrigen Natur des Feuers und des Salamanders entſtuͤnde / welcher nach Beſchaffenheit aller andern Eydexſen ſehr kalt iſt; alsdenn wolte ich ungeſaͤumt dieſe Meynung annehmen und ſo lange feſt dabey hal - ten / bis man mich nach Ausſage der Alten uͤberfuͤhret / daß gewiſſe Salamander im Feuer beſtehen und dar - rinnen leben koͤnnten.

Bey Schlieſſung dieſes itzigen Briefes / will ich noch eine Beſchreibung von zwey kleinen Thieren hin - zuſetzen / davon uns ehemahls nicht nur ungemein vie - les / ſondern auch gar fremdes und unehrbahres erzeh - let worden. Den Abriß findet ihr unter No. 6. und 7.

Das eine iſt gruͤn von Farbe / mit grauen kleinen Flecken; das andre iſt auch gruͤn / aber roht und grau durchmiſchet. Es ſind ſehr artige und ſeltſame Thiere /folg -205des Landes Gvinea. folglich nicht unwehrt daß ich mich etwas weitlaͤuffti - ger hieruͤber auslaſſe.

Zwar haben allbereit unterſchiedliche hievon ge - ſchrieben / allein keiner unter allen hat mich mehr ver - gnuͤget als der Pater N. N. und der Hr. Cornelius de Bruin in ſeiner Reyſe-Beſchreibung von Aſien, wel - che er kuͤrtzlich herausgegeben. Dannenhero mich ge - noͤthiget finde / alles was dieſer gelahrte Autor von die - ſen Thieren meldet / zu beſtaͤtigen / ohne das geringſte hinzu oder weg thun zu koͤnnen; ſintemahlen ich dieſel - bige Eigenſchafften befunden / welche er von ihnen auf - gezeichnet; will demnach / weil ich nicht geſchickt bin ausfuͤhrlichere Beſchreibung davon zu geben / deſſen eigenen wiewol etwas kuͤrtzer gefaßten Worten mich bedienen. Es lauten dieſelbige alſo:

Sint der Zeit da ich zu Smyrna mit ſonderli - chem Vergnuͤgen meine Tage zubrachte / ohne die geringſte Bekuͤmmerniß wegen benoͤthigter Lebens-Mitteln / traffſich eine Gelegenheit daß ich mir einige Cameleons anſchaffen konnte / um zu ſehen wie lange doch dieſe Thiere leben wuͤrden; gemeiniglich hatte ich ihrer viere in einem groſſen Bauer / und lieſſe ſie zu gewiſſer Zeit heraus uͤber meine Kammer lauffen; zuweilen trug ich ſie auf den hinter Saale / allwo ſie die See-Lufft anwehete / und alſofort bey deren Empfin - dung ſich uͤber Gewohnheit luſtig erzeigten / auch mit weit aufgeſperreten Rachen die Lufft in ſich holeten. Die Naturkuͤndiger halten feſtiglich dafuͤr / daß ſie von der Lufft leben / und in Wahrheit nicht ohn Urſach / weil bey Zuziehung der Erfahrenheit ich die meinige niemahls weder eſſen noch trincken geſehen / es ſey denn einige wenige Muͤcken / davon ich unten reden werde.

UNicht306Beſchreibung

Nicht weniger unwahr iſts auch / daß ſie oͤffters ihre Farbe veraͤndern / dazumahlen ich ſelbige in Zeit von einer halben Stunde 3. oder viermahl geendert geſehen / ohne daß man eine rechte Farbe haͤtte unter - ſcheiden koͤnnen / wenn dieſelbige nicht eilfertig mit Waſſer oder Oͤhlfarbe abgeriſſen werden. Jhre mei - ſte Farbe die ſie annehmen iſt trefflich ſchoͤn gruͤn mit kleinen gelben Flecken durch miſchet / ſo zierlich / daß man ſie nicht beſſer ſchildern wuͤrde; bisweilen mit braunen Flecken / von Haupt bis zum Schwantz; bis - weilen auch ſchwaͤrtzlich wie die Maulwuͤrffe. Jhre gewoͤhnliche oder natuͤrliche Farbe iſt grau oder maus - fahl; ihr Fell ſehr duͤnn und durchſcheinend / meiſtens ſehen ſie von Farbe wie Eydexſen aus; daß man aber behaupten will / ob nehmen ſie die Farbe an von alle dem worauf ſie geleget werden / habe ich durch ſelbſt Erfah - renheit befunden / daß die Naturkuͤndiger ſich hierinne ſehr betriegen / indem ſie niemahls roht noch andre meh - rere Farben annehmen; jedoch iſt nicht zu leugnen / daß man unterſchiedliche ſchoͤne Veraͤnderungen ſiehet.

Meiſtentheils ſterben ſie bey Endigung des vierten Monats / zumahlen ich ſelbige uͤber 5. Monat nie - mahls lebendig behalten koͤnnen. Um zu ſehen wie ſie innwendig beſchaffen; verſuchte ichs und ſchnitte eines auf / und fande 31. Eyer / ſo groß wie kleine Vogel Eyer dicht zuſammen / und wie mit einem Faden auf einan - der feſt gemachet / nichtes aber von Eingeweide oder dergleichen Sachen.

Jhre Zunge / was am meiſten zu verwundern / iſt ſo lang wie ihr gantzer Leib / und bedienen ſich derſelbigen im Fliegen fangen / welches durch die Naturkuͤndiger beſtaͤtiget / auf folgende Weiſe geſchiehet: der Came -leon307des Landes Gvinea. leon beweget ſich nicht von der Stelle / ſondern ſtre - cket ſeine Zunge mit unglaublicher Geſchwindigkeit aus ſo bald er eine Fliege ankommen ſiehet; da er denn dieſelbige mit der Spitze der Zungen ergreiffet / und durch ſeinen aufgeſperreten Rachen herunter ſchlucket.

Wenn ſie irgend von einer Hoͤhe herunter ſteigen wollen / ſtrecken ſie einen vorder Fuß gar ſachte voraus / darauf den andern; und machen es eben ſo mit den hin - ter Fuͤſſen / den Schwantz an einen oder andern Ort hinſtellend / womit ſie ſich feſte halten koͤnnen / und laſ - ſen ſich als denn ſo weit herunter als moͤglich iſt / im Fall ſie aber noch nicht die Erde erreichen koͤnnen / laſ - ſen ſie ſich gantz langſam loß auf die Erde fallen. Sie gehen auch ſehr langſam / und ſind eben ſo groß wie ihr ſie allhie im Abriß ſehet.

Es behaupten einige Geſchicht-Schreiber / daß ſie den Rachen meiſtentheils offen haben; allein ich habe es ſelten oder niemahlen geſehen / es ſey denn wenn ich ſelbige an einen Ort getragen allwo ſie die freye Lufft empfinden, und dieſelbige einſchlurffen konten / als denn machten ſie meiſtentheils den Schlund offen / und lieſ - ſen durch ihre vielfaͤltige Bewegungen ihr ſonderli - ches Vergnuͤgen ſpuͤren. Die Augen ſind gantz rund / ſchwartz / und ſehr klein / und was am meiſten zu verwundern / koͤnnen ſie eines auf dieſe das andre auf jene Seite kehren / folglich oben und unten alles auf ein - mahl bemercken.

Sehet mein Herr was de Bruin von denen Came - leons meldet / dazu ich nichts hinzu thun will / als den Unterſcheid welchen ich unter hieſigen und denen von Smyrna angemercket / und inſonderheit in folgenden zwey Stuͤcken beſtehet.

U 2Er -308Beſchreibung

Erſtens leben ſie ſo viel Jahre als des Herrn de Bruins Monate gelebet. Wir hatten ſie aber in un - ſern Garten auf einen Baum geſetzet / da ſie lange Zeit ohne herunter zu kommen geſeſſen. Man hat ſie unter - ſchiedliche mahle nach Europa geſand / da ſie alle le - bendig angekommen.

Zweytens habe ich nicht eines von den hieſigen ge - ſehen welches den Rachen offen haͤlt / folglich die Zun - ge nicht ausſtrecket / weniger die Fliegen fanget; dar - um aber glaube ich nichts deſtoweniger was der Herr de Bruin davon berichtet / im Gegentheil nehme ich es vor eine ausgemachte Sache an / in Anſehung daß er alles uͤbrige ſo richtig und deutlich beſchrieben / daß auch hieran nicht zu zweiffeln.

Ubriges kommt gaͤntzlich mit oberzehltem uͤberein / ſo daß nichts dabey zuzuthun iſt / es ſey denn daß Herr Bruin die Eyer des Cameleons fuͤglicher mit Eydex - ſen als Voͤgel Eyer haͤtte vergleichen koͤnnen; denn ich habe geſehen daß alle kriechende Thiere mit 4. Fuͤſ - ſen / welche keine Junge werffen / ſondern Eyer legen / als Eydexſen / Cameleons, Leguans, Schlangen / ꝛc. ſelbſt die Schildkroͤten niemahlen harte Schalen auf ihren Eyern haben / ſondern gantz weich und beugſam / eher mit einer dicken Haut als harten Schale umge - ben. Was duͤncket euch mein Herr / iſt dieſer Brief nicht lang genung / meines Erachtens glaube ichs ſo und deswegen hohe Zeit zu ſeyn ein Ende zu machen / angeſehen ich nichts mehr uͤbrig habe zu melden / als daß ich unverfaͤlſcht mich bekenne euren ꝛc.

Ende des vierzehenden Briefes.
Funff -309des Landes Gvinea.

Funffzehendes Send - Schreiben.

Darinnen gehandelt wird von Voͤ - geln; von zweyerley Art Faſanen / von Reb - huͤhnern; wilden Enten zwiefacher Gat - tung; von Turteltauben; Krombecken oder Voͤgeln mit krum̃en Schnabeln; Schnep - fen; und andern zwar unbekandten / doch zu eſſen ſehr dienlichen Voͤgeln mehr; von gewiſſen Voͤgeln mit Muͤtzen / auf nieder - teutſch Kron-Vogel; einen ſehr ſchoͤnen gruͤnen Vogel; blau und weiſſen Reihern; von Voͤgeln bey den Hollaͤndern Portugeſe oder Portugais benamſet; einem Bachvo - gel; von den Kron - oder gekappeten Vogeln welche man auf der Gold-Kuͤſte findet / und ſehr ſchoͤn ſind; einen andern ſehr groſſen Vogel / um ſeiner heßlichen Geſtalt wuͤrdig anzuſehen / bey den Mohren Pokkau ge - nannt; einem noch andren eben ſo groſſen / aber nicht ſo heßlichen von vierfacher Art; von gewiſſen klein Kornvoͤgelein; einen klei - nen ſehr ſchoͤnen Bachvogel; unterſchiedli - chen Arten Papogeyen; einem welchen die Hollaͤnder Stier-Vogel oder Ster-Vogel heiſſen; von Froͤſchen und Kroͤten ſo ſehr groß; von Schlangen nach ihrer AnzahlU 3und310Beſchreibungund mercklichem Unterſcheid / von denen zweykoͤpfigten / von Scorpionen; einer ge - wiſſen Art Raupen mit vielen Fuͤſſen; un - terſchiedlichem Ungeziefer / Bienen / Amey - ſen / was ihre groſſe Menge und ſonſten merckwuͤrdiges betrifft; von Fiſchen als Braſilianiſchen friſchen Stockfiſch / Hechten / viereckigtem Meerfiſch / und groſſem Halb - fiſch / Fiſchen ſo die Mohren Pitie-pamphers heiſſen / unterſchiedlichen groſſen Fiſchen / unterſchiedlichen Scharen / Fiſchen ſo die Hollaͤnder wegen des ſtumpffen Mauls Stompneuſen nennen / noch andern auf hol - laͤndiſch Bardmanneties; Maquerellen, von Fiſchen unter dem hollaͤndiſchen Nahmen Saffer; noch andern bey den Mohren Aboei genandt / von Rochen / Schullen / Fluß - Krebſen / Meer-Krebſen / kleinen Meer - Krebslein / und andern dergleichen mehr / von kleinen Seefiſchen / Meeraͤſchen / einen gewiſſen Fiſch / auf hollaͤndiſch Batavia ge - nannt / wie auch 3. groſſen ſehr gefraͤßigen Fiſchen / in niederteutſch Noordkapers; Schwerdfiſchen / welche einen Ruͤſſel in Ge - ſtalt eines Degens haben; und Hayen oder Requiems.

Mein Herr!

NAch dem ich weitlaͤufftig genung in meinem juͤng - ſten Briefe von vierfuͤſſigen ſo zahmen als wil -den

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311des Landes Gvinea. den Thieren / wie nicht weniger vom Gevoͤgel gehan - delt; iſt voritzo noch uͤbrig von einigen Voͤgeln / krie - chenden Thieren / Ungezieffer und Fiſchen zu reden.

Jch will demnach den Anfang machen von dieſen Voͤgeln welche gut zu eſſen ſeynd / unter welchen nicht unbillig voranſtehen die Faſanen / ihr findet dieſelbige unter numero 9. Um Acra herum giebet es ihrer eine groſſe Anzahl / wie auch in Aquamboe, und zunaͤchſt Apam; ſie ſind vollkommen ſchoͤne Voͤgel / ſchier ſo groß wie ein Huhn / blau mit weiß geſprengelt / und ſehr glaͤntzend / um den Hals mit einem Himmel-blauen und zwey Finger breiten Streiffen / auf dem Haupt aber einer ſchoͤnen ſchwartzen Kappe; mit einem Wort ein ſo ſchoͤner Vogel als unter der Sonnen zu finden / auch nach dem Golde welches aus Gvinea gebracht wird / vor die beſte Raritaͤt zu achten / wie ich ſie denn allezeit als das beſte und koͤſtlichſte gehalten.

Unter numero 10. findet ihr einen Vogel mit ei - nem Faſanen Nahmen von Fida, weilen ſie hier inſon - derheit gefunden werden; anders hat man auch ſelbi - ge in dem Gold-Lande.

Er iſt zwar eben ſo groß als der vorige aber bey wei - tem nicht ſo ſchoͤn und geſchicklich: graulich von Farbe / weis und ein wenig blau untermenget; der Kopff iſt gantz kahl mit einer harten ſehr unebenen Haut bede - cket; der Schnabel gelblich / und der Bart zu beyden Seiten bis an den Kopff gantz roht.

Hiezu gehoͤren die Rebhuͤhner welche in ſehr groſſer Menge uͤberall ſich finden laſſen / wiewol ſie hier am wenigſten ſind / in Ermangelung guter Jaͤger; zu Fi - da aber ſo haͤuffig als man verlanget / und zwar vorU 4we -312Beſchreibungweniges Geld zu haben. Sie ſind in behoͤriger Zeit ein ſehr delicates Eſſen.

An wilden Enten und zwar ſehr koͤſtlichen haben wir auch keinen Mangel / indem ſie mit denen Euro - paͤiſchen ſehr uͤbereinkommen / ausgenommen daß ſie etwas kleiner ſind. Es giebet ihrer zweyerley Gattung; von der erſten habe ich Zeit meines hieſeyns nur zwey geſehen / welche der Trompeter des Herrn Directoris geſchoſſen hatte. Selbige ſind eben ſo groß und einer - ley Geſtalt mit andern Enten / von Farben uͤberaus trefflich gruͤn / Schnabel und Fuͤſſe hoch und ſchoͤn roht. Jch haͤtte dahero wegen ihrer ſonderlich ſchoͤnen Farbe gerne hundert und mehr Gulden davor geben wollen / im Fall ſie waͤren zu kauff geweſen. Und von dieſer Gattung habe ich ſeit dem nicht eine (welches zu verwundern) zu Geſichte bekommen.

Von der andern aber iſts ohngefehr 4. Monat daß ich noch eine geſehen / gleichfals von unſern Leuten ge - ſchoſſen / und ſo geſtaltet wie die vorige / ausgenommen daß der Schnabel und Fuͤſſe gelb / der Leib halb grau und halb gruͤn war / folglich alſo an Schoͤnheit den vo - rigen bey weiten nicht zu vergleichen.

Die Turteltauben ſeynd drey unterſchiedlicher Ar - ten / und zwar die erſtere klein und roͤhtlich / ſehr koͤſtlich zu eſſen / indem ſie nicht ſo hartes zaͤhes Fleiſch haben als folgende / welche viel lichter von Farbe ſeyn; die dritte Art iſt auch ſehr hart / aber groß / von Farbe treff - lich gruͤn / mit gelben Fuͤſſen und Schnabeln / nebſt rothen Federn / um die Augen hat ſie groſſe weiß ge - ſprengelte Streiffen / deren einige mit etwas blau un - termiſchet.

Oberhalb unſerer Veſtung zu Axim lieget ein un -geheu -313des Landes Gvinea. geheurer Felſen ohngefehr zwey oder drey Muſqueten Schuß vom Strande / mit unterſchiedlichen dicken Geſtraͤuche bewachſen; hierinnen halten ſich die Turtel - tauben haͤuffig auf inſonderheit von der zweyten und dritten Gattung; weilen wie gemeldet daß Geſtraͤuche ſehr dichte iſt / kan man ſie nicht wohl bekommen oder finden / ohngeachtet ſie geſchoſſen todt zur Erden fallen. Alle Abend um 6. Uhr kommen ſie und ſetzen ſich hie nieder / mit anbrechendem Tage aber fliegen ſie ins Feld um ihren Fraß zu ſuchen.

So finden ſich auch viele Krombecken oder Voͤgel mit krummen Schnabeln / und unterſchiedliche Arten von Schnepffen darunter einige ſehr koͤſtlich zu eſſen ſeynd / die meiſten aber wegen ihres harten Fleiſches nicht taugen.

Uber dem giebet es ungemein viele groſſe und kleine Voͤgel / welche man ſchieſſet und alsdenn genieſſet / ſon - ſten aber nicht nur uns unbekandt ſeyn / ſondern ſo gar bey den Mohren ſelbſt keinen Nahmen haben.

Anitzo folgen diejenigen / welche nicht gegeſſen / ſon - der einig und allein um ihrer Schoͤnheit halben gehe - get werden / wenn man derſelbigen habhafft werden kan. Die gemeinſte Art findet ihr unter numero 11. derer um Fida und Ardra eine groſſe Menge anzutref - fen iſt. Jhr Leib und Fuͤſſe ſind ſchier eben ſo groß wie derer Storchen; die Hollaͤnder nennen ſie Kroon - Vogels oder gekroͤnte Voͤgel / weil ſelbige auf dem Kopf eine groſſe Kappe oder gelbe Krone mit blancken fleckig - ten Federn / denen Schweinsborſten nicht ungleich tra - gen. Oben auf dem Leibe ſeyn ſie meiſtentheils ſchwartz / und haben in ihren Fluͤgeln ſehr groſſe rohte / gelbe / weiſſe und ſchwartze Federn / zu beyden Seiten desU 5Hal -314BeſchreibungHalſes Purpur-farbene Flecken / und an beyden Sei - ten des Kopffes ohngefehr ein halben Daumen brei - ten Streiffen; vorne einen kleinen kurtzen Haarbuſch / welcher gantz ſchwaꝛtz und ſo dichte in einander gewach - ſen / daß es von weiten nicht anders als ein ſchwartzer Sammit anzuſehen. Es ſcheinet als hielten die Eu - ropaͤer ſehr viel auf dieſe Art Voͤgel / weil wir von un - terſchiedlichen angeſprochen / ſelbige heruͤber zu ſenden. Ja man hat mir ſagen wollen / daß man ſich nicht ge - ſcheuet dergleichen ſelbſt dem Koͤnig von Engelland zu ſchencken / der ihn williglich angenommen. Meines Erachtens ſehe ich nichts ſonderliches daran / in Anſe - hung daß auſſerhalb des Halſes und Kopffs / der uͤbri - ge Theil des Leibes mehr heßlich als ſchoͤn iſt.

Ein weit anders iſts um den unter numero 12. be - findlichen Vogel / welcher nicht weniger ſchoͤn als ſelt - ſam iſt / indem meiſtentheils alle Voͤgel durchs Land hin zu finden / dieſer hergegen nirgends anders weder zu ſehen noch zu hoͤren / als in Apam, allwo ihrer eine ziemliche Anzahl anzutreffen / weil ich um den andern Tag allezeit einen haben kan / wenn ich jemand desfals ausſende / wiewol todt / denn anders kan man ſie nicht bekommen.

Selbige ſind einem Papagey ſehr aͤhnlich / ihr Schnabel iſt dunckel-gelb / und etwas gebogen / die Bruſt und der gantze Unterleib / trefflich ſchoͤn gruͤn / der Oberleib grau / roht / Violen und dunckel - blau durch einander gemiſchet. Der Kopff / Hals und Schwantz ungemein ſchoͤn; auf jenem ſitzet eine ſchoͤne Feder-Kappe; die Augen ſind groß / oben und unten mit den allerſchoͤnſten rothen Streiffen gezieret. JnSum -315des Landes Gvinea. Summa ein Vogel der an Schoͤnheit ſeines gleichen nicht hat.

Von Reigern finden ſich zweyerley Arten / nem - lich blaue und weiſſe / welche fuͤglich unter diejenigen koͤnnen gebracht werden welche gut zu eſſen ſeynd / an - geſehen ſie von vielen haͤuffig genoſſen werden.

Uberdem findet ſich ein gewiſſer Vogel der uns gantz unbekand iſt / ſo groß wie eine Ganß / gantz weiß mit ſchwartz untermenget. Jm Niederteutſchen heiſſet man ſie Portugeeſen oder Portugieſen / und werden von vielen gegeſſen.

An Adlern fehlet es auch nicht / und ſind eben ſo oder wenigſtens nicht viel anders als die in Europa.

Es giebet auch Raubvoͤgel / inſonderheit einen wel - cher den Falcken nicht ungleich / und wiewol nicht viel groͤſſer als eine Taube / dennoch aber ſo kuͤhn und ſtarck / daß er auch der groͤſten Huͤhner Meiſter wird / und ſel - bige mit ſich wegfuͤhret.

Hieher gehoͤren auch / als noch eine andre Art von Raubvoͤgeln / die Weihen oder vom ſtehlen derer Huͤh - ner Huͤhner Diebe genennet / welche nicht nur dieſe / ſondern auch alles was ihnen vorkommt von Fleiſch und Fiſchen wegrauben / und zwar mit ſolcher Kuͤhn - heit / daß ſie bisweilen derer Mohren ihren Weibern die Fiſche welche ſie zu Marckte bringen wollen / ent - reiſſen / oder welche ſie auf der Straſſe herum ruffen.

Unter numero 13. ſehet ihr einen Vogel welcher bey dem Waſſer und Fluͤſſen lebet / und gewiß nicht heßlich iſt; ſelbiger iſt bey nahe ſo groß wie ein Huhn / oben ſchwaͤrtzlich oder braun mit weiſſen Flecken / unten gelb oder roht; der Kopff mit geſprengelten Federn gezieret / ſcheinet eine groſſe Kappe zu haben;der316Beſchreibungder Schnabel in Anſehung ſeines Leibes ſehr dick und lang.

Kurtz vorher habe ich die Kron-Vogel beſchrieben welche zu Fida ſich aufhalten / nun moͤchte ich wuͤn - ſchen dergleichen thun zu koͤnnen von denen welche im Gold-Lande gefunden werden; denn ſo wuͤrdet ihr den groſſen Unterſcheid erkennen / indem dieſe wol zwey - mahl ſchoͤner als jene / ja mehr als zehnerley Farben an ſich haben / gruͤn / roht / blau / violenblau / rauchfarb / ſchwartz und weiß / ꝛc. mit eben ſo geſprengeltem ſchwartz. Die Mohren machen davon gewiſſe Feder - puͤſche / ſo ſie auf das Haupt ſetzen / und werden ſie dar - um Kron-Vogel genennet / weil auf den Koͤpffen zum Theil ſchoͤne blaue / zum Theil ſchoͤne gelbe Krohnen tragen. Der Herr Foquenbrog meldet bey dem Fluß Boutry Pfauen geſehen zu haben / es koͤnnen aber hierunter keine andre verſtanden werden als itzt beruͤhrte; angeſehen im gantzen Lande man von keinen Pfauen zu ſagen weiß.

Unter numero 14. kommt euch ein Vogel vor / von welchem ich ungeſcheuet ſagen darff / daß dafern ein Thier wegen ſeiner ſonderlichen heßlichen Geſtalt ſchaͤtzbar iſt / ſelbiges in der gantzen Welt ſeines glei - chen nicht habe. Bin auch verſichert / daß er nicht lebhafftiger abgeriſſen werden kan als ihr ihn vor Au - gen ſehet / gleichwol ſcheinet ob habe der Pinſel in et - was geſchmeichelt / da zumahlen das Original oder Muſter noch viel ſcheußlicher ausſiehet.

Wenigſtens iſt er ſo groß wie eine Gans / hat unge - meine breite und lange Fluͤgel von braunen Federn / unter dem Leib hat er weißlichte oder grau-gelbe Fe - dern / ſofern ich ſo reden mag / weil ichs faſt nicht weißzu

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317des Landes Gvinea. zu nennen / obs Haare oder Federn ſeyn. Unter dem Hals hat er einen Kropff ohngefehr eines Spannes breit / und eines armes dicke / aͤuſſerlich ſiehet es wie ei - ne Haut / und roͤhtlich von Farbe / allwo er alles hinun - tergeſchluckte verwahret / nicht anders als die Affen in ihren Backen. Der Hals mit einem rothen Knopff auf den Nacken iſt mit dem Unterleib einerley Farbe / und ziemlich lang; der Kopff in Vergleichung des Leibes unweit groͤſſer / und auſſerhalb wenigen Haaren gantz kahl; die Augen groß und ſchwartz; der Schnabel grauſam dick und lang. Er naͤhret ſich von Fiſchen / de - ren er auf einmahl ſo viel herunterſchlucket / als 4. Per - ſonen aufeſſen koͤnnten / indem er mit dem Schnabel die vorgeworffene Fiſche ſehr behende ergreiffet / und gantz hinunterſchlucket in itztgedachten Kropff. Ra - tzen friſſet er uͤberaus gerne / und bringet ſie gantz hin - unter / welches uns oͤffters einen Eckel verurſachet / und zum ſpeyen bewogen; denn wie er auſſerhalb un - ſerer Veſtung herumſpatzirte / lieſſen wir ihn alſofort zu unſerer Ergetzlichkeit hereinbringen; da er gleichſam uns zur Luſt eine abſcheuliche Ratze aus ſeinem Kropf - fe hervorbrachte / und ſelbige allbereit halb verdauet uns vor die Fuͤſſe warff.

Die groͤſte Freude hatten wir mit unſern kleinen Jungens / oder auch Hunden / wenn wir dieſe auf ihn hetzeten; da konnte er ſich trefflich wehren / indem mit groſſem Ungeſtuͤhm er entweder auf die Jungens oder oder die Hunde fiel / und mit ſeinem Schnabel ſo artig wuſte drauff loßzuſchlagen / daß es ſchiene als ſchluͤge man ein Stuͤcke Holtz wieder das andre / oder mit Klappern ſpielte.

Dieſes ſind alſo ſeine theils boͤſe theils gute Be -ſchaf -318Beſchreibungſchaffenheiten; ihr koͤnnet daraus urtheilen / mein Herr / ob er vor ſchoͤn oder heßlich paſſiren koͤnne / ich fuͤrch - te vor das letztere. Die Mohren heiſſen ihn Pokkou.

Unter numero 15. ſtehet noch ein ander Vogel / dem letzten nicht ſehr ungleich / es ſey denn daß der Hals un - vergleichlich laͤnger iſt / ſo daß wenn er ſtehet / mit aus - gerecktem Halſe viel hoͤher iſt als ein Menſch. Wir toͤdteten einen bey dem Fluß Apam, und fanden / daß ſeine Federn unterſchiedlicher Farben ſeyn / als ſchwartz / weiß / roht / violet, nebſt andern mehr uͤber den gantzen Leib gemiſchet / mit groſſen gelben Augen. Das iſt alles was ich bey dieſem Vogel angemercket / und kon - te nicht unfuͤglich mitgerechnet werden unter die ſchoͤ - nen. Der Nahme iſt mir ſowol als den Mohren ſelbſt unbekandt.

Unter numero 16. findet ihr einen kleinen Korn - Vogel / deſſen Geſtalt mit dem Abriß wohl uͤberein - kommt; der Schnabel iſt lang und ſpitzig / der Leib mit gelben und hell-blauen Federn gezieret / der Hals mit einem ſchwartzen halben Circkul umgeben / der ſehr lan - ge Schwantz mit gelben / blauen / und ſchwartzen / der Kopff aber mit einigen kleinen Federn verſehen.

Unter numero 17. giebet es eben dergleichen kleine Vogel / und in keinem andern unterſchieden / als daß der Schnabel kurtz / dick / und ſchwartz / imgleichen der Unterleib ſchwartz / der Ruͤcken ſchoͤn gelb / die Fuͤſſe mit dem Schnabel gleiche ſchwartz.

Unter numero 18. ſehet ihr eben dergleichen Gat - tung als die vorige / weil ſte auch grau mit gelb gemi - ſchet / auch kurtz und dick von Schnabel iſt; ſonſten aber ſehr lange Fuͤſſe und Klauen hat / welche in Gegenhal - tung ſeines kleinen Leibes ungemein groß ſeynd.

Un -
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319des Landes Gvinea.

Unter numero 19. kommt noch eben dergleichen Art als die vorige / wiewol um die Helffte kleiner / und einem Sperling nicht unaͤhnlich; trefflich ſchoͤner Farbe / indem der Kopff und die Bruſt dunckel - ſchwartz / die Fluͤgel und Fuͤſſe grau / der uͤbrige Leib aber uͤberaus ſchoͤn roht iſt; nur Schade daß man dieſe kleinen Voͤgel nicht lebendig behalten kan.

Unter numero 20. ſtellet ſich auch eine kleine aber ungemein ſchoͤnere und geſchicktere Art als die vorige. Selbige haͤlt ſich meiſtens am Waſſer / allwo ſie von den kleinen Fiſchen ſich ernaͤhret. Jhre Farbe iſt ſo wie ihr ſie vor Augen ſehet; ihre Fluͤgel und gantzer Oberleib iſt blau und Violen-braun / eben ſo wie die Federn am Halſe von ziemlicher Laͤnge. Auf dem Haupt hat ſie einen ſchoͤnen Buſch von obigen Far - ben / die Bruſt iſt dunckel-gelb mit kleinen blau und roht gemiſchten Federn / die Fuͤſſe / wie auch der ſehr dicke und lange Schnabel uͤber die maſſen ſchoͤn roht.

Es war damahls der Meiſter / welcher dieſes kleine Voͤgelein abreiſſen ſolte / unpaͤßlich / folglich nicht ſorg - faͤltig genug / es wohl zu treffen / dahero ihr die rechte Vermiſchung derer Farben nicht ſehen koͤnnet / ſon - ſten es nicht unvergnuͤglich ſeyn wuͤrde / den ſchoͤnſten nicht nur in Gvinea, ſondern vielen Laͤndern mehr zierlichſten Vogel zu kennen.

Unter Numero 21. habet ihr noch einen kleinen Korn-Vogel / ſo wie er abgeriſſen iſt / ſeine Bruſt und Hals ſind roth und gelb / der Kopff ſchwartz / ausge - nommen vorn ein ſchoͤnes gelbes Zeichen ſtehet / die Fluͤgel und Ruͤcken ſeynd ebenfals ſchwartz / der Schwantz aber mit gelben / ſchwartzen und rothen Farben durchmiſchet.

Un -320Beſchreibung

Unter Numero 22. erſcheinet noch eben dergleichen kleiner Vogel / aber noch einmahl ſo groß als der vori - ge; die Bruſt und der Bauch ſeynd trefflich roth / der Ruͤcken / die Fluͤgel und Schwantz dunckel-ſchwartz / der Ober-Theil des Kopffs gelbe / wie ihr ſolches zu - ſamt den uͤbrigen im Abriß finden werdet.

Unter Numero 23. und 24. erblicket ihr 2. kleine Voͤgelein / mit den Nahmen Papagoyen / oder Gvi - neiſche Sperlinge / nicht daß ihrer hie zu Lande keine andere zu finden / ſolche nemlich als in Europa / nein mit nichten / wir haben vielmehr derſelbigen eine groſ - ſe Anzahl da kein einiger Unterſcheid zu finden iſt / doch aber auch nur Sperlinge heiſſen / wiewol ich keine rechte Urſach davon zu geben weiß.

Jm gantzen Lande giebet es ihrer ſehr viel / inſonder - heit aber noch unten zu Mouree, Cormantin, Apam und Acra. Sie ſind durchgehends ſchoͤn gruͤn / eini - ge haben kleine trefflich rothe / andere aber gelb und ſchwartze Federn; einen rothen gebogenen Schnabel wie alle andere Papageyen.

Es ſind uͤberaus ſchoͤne kleine Thierchen / dahero ih - rer ſehr viele bey Gelegenheit in Holland verſendet werden / alwo ſie hoch und wehrt gehalten / hier zahlet man gemeiniglich vor zwoͤlff einen Reichsthaler; wenn ſie aber nach Holland verfuͤhret werden / bleibet die Helffte unterwegens / wiewol ein gewiſſer Autor be - haupten wollen / daß ſie uͤber 30. bis 40. Jahr leben koͤnnen / ich glaube / es muß von der alten Zeit zu ver - ſtehen ſeyn / weil die heutigen von hundert kaum zehen bey Verlauff des dritten Jahres uͤbrig ſeynd.

Unter Numero 25. folget ein ander Papagey / wel - cher abzubilden zwar unnoͤthig geweſen / zumahlen ihrſelbi -321des Landes Gvinea. ſelbigen lebendig und haͤuffig in Holland ſehen koͤnnet / weil es aber ein ſonderlich getreuer Vogel iſt / habe ich ihn dieſer Ehr nicht berauben wollen.

Man hat ſie hier zu Lande / wiewol nicht gar haͤuffig / und muͤſſen meiſtentheils mitten aus dem Lande hie - her gebracht werden. Die hieſigen Mohren halten vielmehr von denen von Benin, von Calbari und Cabolopez, von wannen ſelbige hieher kommen / ver - ſtehen aber nicht daß dieſe viel aͤlter ſeynd als welche ſelbſt in unſerm Lande zu haben / folglich nicht ſo lehr - hafft und begreiffend. Durchgehends ſowol hieſige als aus obbeſagten Laͤndern ſeynd ſie ſchoͤn blau.

Es wuͤrde vergebliche und gleichguͤltige Arbeit ſeyn / wenn ich einen Mohren waſchen / oder wenn ich mich hiebey lange aufhalten wolte / weil ſie nunmehro in Holland ſo bekandt ſeyn / daß ſie weniger als hie ge - achtet werden / auch weniger gelten / denn ich bilde mir nicht ein / jemand unter den Hollaͤndern zu finden / wel - cher vor einen ſprechenden Papagey 30. 40. bis 56. Gulden zu bezahlen Willens / welches doch hier gar offte geſchiehet.

Dieſes ſind nun die Voͤgel davon ich euch einen Abriß ſenden kan; doch muͤſſet ihr nicht gedencken / als ob es alle waͤren im Gegentheil aber feſte glauben / es ſey dieſes noch der fuͤnffte Theil nicht von denen ſo ich ſelbſt geſehen / geſchweige ſo mir noch unbekand ſeyn. Diejenigen nun welche in Ermangelung eines Kunſt - verſtaͤndigen nicht kan abreiſſen laſſen / ſeynd durchge - hends uͤberaus ſchoͤn / dahero mich ungemein ver - dreußt daß ich keinen guten Meiſter antreffen kan.

Allein Gedult / ich will eure Verrichtung erwarten warum ich gebeten. Anitzo um die BeſchreibungXvom322Beſchreibungvom Gevoͤgel zu endigen / nur einen hinzuthun / davon ich mich anderwerts wunderbahre Dinge geleſen zu haben erinnere / als daß er nemlich Federn trage wie Sterne / die Stimme ſo ſtarck wie eines Ochſen / und wenn die Mohren auf der Reiſe begriffen ſeynd / und ſolchen zu ihrer lincken Seite ſchreyen hoͤren / von ih - rer vorgenommenen Reiſe abſtehen / und wiederum nach Hauſe kehren. Jch bitte mein Herr / ihr wollet von ſolchen Erzehlungen urtheilen / wie weit oder nahe ſie von der Wahrheit abgehen.

Es iſt dieſer Vogel ſchier zweymahl ſo groß als ein Sperling; ſeine Federn haben nicht die geringſte Gleichfoͤrmigkeit mit Sternen / es ſey denn daß man die kleinen Flecken oder Zeichen vor Sterne halten wolte; ſo aber wuͤrde eine unglaubliche Menge Stern - Vogels oder geſtirnte Voͤgel in der Welt anzutref - fen ſeyn.

Was die Staͤrcke ſeiner Stimme betrifft / iſt ſie zwar ſtarck und durchdringend / allein mit dem Bruͤl - len eines Ochſen zu vergleichen / eben ſo wenig als eine Glocke vom Centner / gleich-ſtarcken Klang mit einer von 10. Centner geben kan.

Was drittens von ihm geſaget wird / mag ich nicht hefftig darwider ſtreiten / weil die Welt / ſonderlich in Anſehung des Menſchen Lebens / in ſteter Veraͤnde - rung ſchwebet / ſo daß was heute iſt / uͤber 100. Jahr gantz anders ausſiehet / folglich leicht zu glauben es moͤgen die Mohren vorhin aberglaͤubiſch genung ge - weſen ſeyn / um auf Vernehmung des zur Lincken ge - ſchehenen Vogel-Geſchreyes ihre Reiſe aufzuheben. Jndem es noch heute zu Tage vor ein boͤſes Zeichen von ihnen gehalten wird / doch nicht daß ſie ihre vorge -nom -323des Landes Gvinea. nommene Reiſe deswegen einſtellen / oder es muͤſten gar aberglaͤubiſche Leute ſeyn / deren Thorheit dennoch auf alle uͤbrige nicht zu ziehen.

Dieſes mag nun ſowol von dieſem / als allen an - dern Vogeln davon gedencken wolte / vor dieſesmahl genung ſeyn. Anitzo komme ich auf die kriechen - de und dieſen angehoͤrige Thiere / deren ihr nur zwey im Kupffer an behoͤriger Stelle finden werdet; mache demnach den Anfang von denen Kroͤten.

Dieſe und die Froͤſche ſind eben ſo haͤuffig als in Europa / die letzteren kommen mit denen Europaͤiſchen gaͤntzlich uͤberein; erſtere aber ſeynd nicht nur auch de - nen unſrigen gantz gleich / ſondern in einigen Oertern auch unweit groͤſſer.

Jn Adja einem Engliſchen Dorff zwiſchen Mou - ree und Cormantin, habe ich eine geſehen / von der Breite eines gewoͤhnlichen Tellers; bey dem erſten Anblick meynte ich es waͤre eine Schildkroͤte / (deren es einige hieherum giebet) ſo bald ſie aber anfinge zu ſpringen / erkennete ich alſofort das Gegentheil / zumah - len der Engellaͤndiſche Kauffmann berichtete / daß ih - rer eine groſſe Anzahl ſich allda aufhielte. Sie kom - men auſſerhalb ihrer Groͤſſe mit denen andern Kroͤten gaͤntzlich uͤberein / koͤnnen aber wegen derſelben ohne Entſetzen nicht angeſehen werden. Die Feindſchafft zwiſchen dieſen und den Schlangen iſt wie in andern Oͤrtern / ſo auch hie ungemein groß / und haben wir unterſchiedliche Scharmuͤtzel unter ihnen wahr - genommen.

Schlangen und zwar unterſchiedlicher Gattung / ſind in groſſer Menge / darunter inſonderheit eine von unglaublicher Groͤſſe. Die groͤßte ſo Zeit meiner An -X 2we -324Beſchreibungweſenheit gefangen worden / war zwantzig Fuß lang; wiewol ſie tieffer im Lande noch viel groͤſſer ſeynd. Man findet gar oͤffters in ihrem Eingeweide nicht nur Hirſche und andere Thiere / ſondern auch Menſchen.

Meiſtentheils ſeynd ſie ſehr gifftig / ſonderlich dieſe davon ich anitzo melden will / und disfals ſehr gefaͤhr - lich / uͤber eine Ehle nicht lang / und zwey Spannen nicht dick / weiß / ſchwartz und gelbe von Farbe gemiſchet.

Jch fande mich einſtens durch ſolch ein lumpen Thier in groſſer Lebens Gefahr / denn als ich mich zu Axim nahe bey einem Felſen der mit vielen Geſtraͤu - chen bewachſen / niederlieſſe / kam eine auf einen Baum nahe bey mich herangeſchlichen; gewiß ein pures groſ - ſes Gluͤck daß ich ſie erblickte / und alſo der bevorſtehen - den Gefahr entwiſchte.

Sie ſpatzieren nicht nur uͤbers Feld / ſondern kom - men ſo gar in die Haͤuſer derer Mohren / ja ſelbſt in unſere Veſtungen und Zimmer / da ich ihrer unter - ſchiedliche getoͤdtet.

Zu Fantin haben nebſt mir unterſchiedliche andre eine todte mit zwey Koͤpffen geſehen: ob ſie nun beyde noͤthig geweſen (wie einige es behaupten wollen) weiß ich nicht zu ſagen / weil wie geſagt die Schlange todt war / und die Mohren keinen zulaͤnglichen Beweiß geben konten.

Jch habe von allen nur eine abreiſſen laſſen / ſo bald aber ein oder ander geſchickter Kuͤnſtler ankommen wird / habe ich unterſchiedliche Arbeit vor ihn fertig: denn ohne daß ſie allezeit zu bekommen / haben wir ihrer noch etliche aufbehalten / ſo wir fuͤttern und verwahren / darunter eine 14. Fuß lang / und ohngefehr 2. Fuß von einander am Schwantz zwey Klauen oder Spohrenhat325des Landes Gvinea. hat / dahero zu vermuthen / daß ſie ſich derer im kriechen bediene / um ſo viel geſchwinder fort zu kommen. Der Kopff ſiehet wie ein Hechts-Kopff aus / und die Zaͤhne ſind ebenfals auch alſo.

Diejenige unter numero 26. iſt ohngefehr fuͤnff Fuß lang / einen Arm dick / und mit ſchwartzen / brau - nen / gelben und weiſſen Strichen artig gezieret.

Der Kopff iſt das allerſeltſamſte / ungemein breit und plat / ſie thut keinem Menſchen oder Thiere ichtes boͤſes / es ſey denn mit einem gar kleinen Horn oder vielmehr Zahn / welcher in der oberen Kinnbacken ſte - het / und durch den Ruͤſſel ein wenig hervorkommt; er iſt gantz weiß / hart / und ſo ſpitzig als ein Schuſter - Pfriem. Die Mohren weil ſie barfuß ſeynd / gehen offters des Nachts druͤber hin / ehe ſie ſichs verſe - hen; wie ſie denn verſichern / daß dieſes ſehr offte ſich zutraͤgt / indem dieſe Schlange bey Findung einiges Freßwercks ſich den Leib ſo dicke friſſet / daß ſie in ei - nen ſehr tieffen Schlaff faͤllet / ſo gar / daß ſie durch das groͤſte Geraͤuſche nicht zu erwecken / folglich gar leicht zu fangen und zu toͤdten iſt.

Zu naͤchſt dieſer Schlange unter numero 27. ſe - het ihr einen groſſen Scorpion / von dem ich weiter nichtes zu ſagen habe / als daß er ſehr wohl getroffen in ſeiner natuͤrlichen Groͤſſe daſtehe. Jch habe ihrer einige geſehen wie kleine Krebſe / mit eben dergleichen Scheren und Klauen / ſonſten uͤberall mit langen Haa - ren verſehen.

Es iſt maͤnniglich bekandt / was Unheil dieſe Thiere denen Menſchen zufuͤgen. Einige haben unter dem Schwantz eine kleine Blaſe ohngefehr eines Fingers dick voller Gifft / welches ſie von ſich geben wenn ſieX 3Men -326BeſchreibungMenſchen oder Vieh ſtechen / und dadurch ohnfehl - bahr ihren Todt befordern. Das kleine Saͤcklein von dem hier abgeriſſenen / war ohngefehr eine weiſſe Erbſe groß / und mit Gifft ſtarck angefuͤllet.

Dieſe ſowol als die Art Raupen / von den Hol - laͤndern Duiſendbeenen oder Tauſendfuͤßler / von den Portugieſen Centpees genennet / gehoͤren mit allem Recht unter das Ungeziefer. Der letzteren gie - bet es entſetzlich viel / deren ihr Stich wiewol nicht ſo gefaͤhrlich als derer Scorpionen / nichts deſto we - niger ſehr ſchmertzhafft iſt / doch nicht laͤnger als drey oder vier Stunden anhaͤlt / nach deren Verlauff man kein Ungemach ſpuͤren kan.

Es finden ſich ſelbige in allen Winckeln und Ecken unſerer Veſtungen / die laͤngſten ſeynd einen Spann lang / roͤthlich / und mit vielen Einſchneid - oder Abthei - lungen / andern Wuͤrmern nicht ungleich / vorne mit zwey Hoͤrnern oder vielmehr Stacheln verſehen / da - durch ſie viel boͤſes ſtifften / zu beyden Seiten 30. bis 40. mehr oder weniger Fuͤſſe habend / denn ich ſie nicht eigentlich gezaͤhlet.

Dafern ich von allem Ungeziefer ins beſondere han - deln wolte / als Bienen / Grillen / Spaniſchen-Fliegen / Heuſchrecken / (derer mehr als zwantzigerley) Wuͤr - mern / Ameyſen / Kaͤfern / und dergleichen mehr / haͤtte ich an zwey Buͤchern Papier nicht genung / wenn es mir an behoͤriger Wiſſenſchafft nicht ermangelte.

Zu wunſchen waͤre / es haͤtte der gelehrte Natur - kuͤndiger Herr von Leeuvenhoek Gelegenheit ge - habt nur einmahl hieher zu kommen / ich verſichere er haͤtte mehrere anmerckens wuͤrdige Seltſamkeiten ge - funden / als in irgend einem Theile der Welt. Jchſchi -327des Landes Gvinea. ſchicke dahero an Statt eines Muſters / eine Schach - tel mit dergleichen kleinen Ungeziefer / darinn ihr mehr als hunderterley Arten finden werdet; zweiffle nicht hie - durch eure Neugierigkeit in etwas zu vergnuͤgen / mit angehaͤngter Bitte / alsdenn zufrieden zu ſeyn / wenn ich noch von zwey kleinen Thierlein werde gemeldet haben / ſo ihr unter den uͤberſendeten nicht finden wer - det / und zwar erſtlich von denen Bienen.

Den wenigſten iſt die Vortreffligkeit des Gvinei - ſchen Honigs unbekandt; es iſt daſſelbe ſowol als das Wachs ſo haͤuffig bey dem Fluß Gabon zu Cabo Lo - pez, und weiter gegen Gvinea, daß es zu verwun - dern; wiewol hier bey uns nicht ſo uͤberfluͤßig gefun - den wird.

Von Ameyſen muß ich etwas weitlaͤufftiger ſeyn / weil man unter ihnen etwas ſonderliches ſpuͤret / da - durch Menſchen und Vieh einiges Ungemach empfin - den. Es traͤget dieſes Ungeziefer ſowol auf Feldern als Bergen die Erde haͤuffig zuſammen / und niſteln darinnen bis zwey Mann tieff / imgleichen auch auf ho - hen Baͤumen. Von dannen kommen ſie in unbe - ſchreiblicher Menge in unſere Veſtungen / ja ſelbſt in die Zimmeꝛ / ſo daß wir des Nachts zuweilen genoͤthiget werden das Bette zu raͤumen. Verheeren und ver - wuͤſten alles / und kan ſich ihrer kein Thier erwehren. Des Nachts uͤberfallen ſie unterſchiedlichemahl einige meiner Schaafe / und nagen dieſelbige ſo rein ab / daß auf den andern Morgen ein bloſſes Gerippe uͤbrig iſt / und hierinnen es dem geſchickteſten Anatomico es weit zuvorthun / da zumahlen es nicht Menſchen moͤg - lich iſt ſo kuͤnſtlich damit umzugehen.

Nicht beſſer machen ſie es mit Huͤhnern / Tauben /X 4oder328Beſchreibungoder andern Gefluͤgel; ſelbſt die Ratzen wiewol behen - de zu Fuß / koͤnnen ihnen nicht entgehen / welches nicht unvergnuͤglich zu ſehen / da dieſe wenn auch nur eine Ameyſe uͤber ſie herkommt / ohnfehlbahr verlohren iſt. weil ſie im lauffen alſobald von andern mehr ange - halten wird / bis jene in zulaͤnglicher Anzahl eilends zuſammen gekommen / die Ratze an einen ſichern Ort mit ſich fortſchleppen.

Man muß in Wahrheit dieſe Thiere mit Ver - wunderung anſehen / indem es ſcheinet ob haͤtten ſie eine rechte Sprache unter einander / da ich oͤffters geſehen / daß wenn ich nur einen Wurm / oder obgedachter Raupen eine dahin warff wo ein oder zwey Ameyſen verhanden / ſelbigen alſobald unter ſich vertheileten / bald darauf aber mit vielen hunderten wieder zuruͤck kamen / auch bey nicht zulaͤnglicher Menge noch andre mehr holeten / darauf mit geſamter Hand ſich an die Beute machten / und nach deren Bemaͤchtigung in richtiger Ordnung zuruͤck kehreten / eine der andern im tragen zu Huͤlff kommende.

Es ſind dieſelbige unterſchiedlicher Art / groß und kleine / weiſſe / ſchwartze / rothe; die letzten ſtechen ge - waltig ſehr / und verurſachen einen Feuer-brennenden Schmertz / viel hefftiger als die von Hollaͤndern ge - nennete Duiſendbeen, oder Vielfuͤßler. Die weiſ - ſen ſind durchſichtig wie ein Glaß / und koͤnnen ſo ge - waltſam nagen / daß ſie in einer Nacht einen dicken hoͤltzernen / und mit allerhand Gezeug angefuͤlleten Kuffer durchfreſſen koͤnnen / nicht anders als ob man durch und durch mit Schrot geſchoſſen haͤtte.

Ob ſie aber einen Koͤnig haben ſo groß wie ein Fluß - Krebs / (wie es Herr Foquenbrog behaupten will /) kan329des Landes Gvinea. kan ich nicht wiſſen / folglich nichts gewiſſes davon melden.

So ſind demnach wie mich duͤncket / zur Gnuͤge dieſe Thiere beſchrieben / welche theils in der Lufft / theils in und uͤber der Erden anzutreffen. Anitzo iſt nichts mehr uͤbrig / als noch mit wenigen das Meer und die Fluͤſſe durchzulauffen.

Wie nun aber Fleiſch und andere behoͤrige Lebens - Mittel hier zu Lande ſehr ſparſam ſeynd / alſo muß bil - lig das Meer als eine allgemeine Mutter angeſehen werden / welche unſer Leben unterhaͤlt / zumahlen ohne deſſen Beyhuͤlffe ſolches gantz ohnmoͤglich waͤre / an - geſehen nicht nur die Mohren / ſondern meiſtentheils auch die Weiſſen lauter Fiſche / Brodt und Palmen - Oͤhl eſſen; iſt demnach ein ſonderliches Gluͤck und kraͤfftige Wuͤrckung der guͤtigen Vorherſehung GOttes / daß ſowol das Meer als alle andere Fluͤſſe / unter einander um die Ehre ſtreiten (dafern ich ſo re - den mag) werden groͤſten Vorrath von Fiſchen dar - reichen koͤnne.

Beyderſeit laſſen ſie es an trefflichen ſchoͤnen Fi - ſchen nicht ermangeln / deren vornehmſte ich anitzo be - ruͤhren will / und zwar erſtens gewiſſe groſſe Fiſche / wie ſonſt die friſche Bolchen in Holland zu ſeyn pflegen / man nennet ſie hier zu Lande Braſilianiſche Kabeljau - wen oder friſche Bolchen von Braſilien, ſie ſind trefflich fett und lecker.

Nachgehends kommen die Hechte groſſe und kleine / welche in behoͤriger Zeit ſehr fett und koͤſtlich / auch ſo viel Sehnen und Knoſpel nicht haben als wie die Hol - laͤndiſchen.

So finden ſich auch viereckigte Meer-Fiſche / undX 5groſſe330Beſchreibunggroſſe Halbfiſche / erſtere zwar wenig / letztere aber ſo vielmehr / eben ſo dick wie in Holland / aber nicht ſo groß und wohlgeſchmackt.

Jmgleichen eine gewiſſe Art platt er Fiſche / welche an Geſchmack und Zaͤrtlichkeit uͤbrigen allen vorge - hen / und Pitie-pamphers heiſſen.

Die Halbkorden / Corcoades, Gold-Forellen / und andere groſſe Fiſche / als ſchwartz und weiſſe Carra - bins, ſeynd vor gemeine Leute.

Von Scharen hat man drey oder viererley Art / ei - nige ſehr dick und fett / ſonderlich zwey / von denen Hol - laͤndern Jacob Evertſen und Rojeud genennet.

Unter den Mittel-Fiſchen finden ſich die Hollaͤndi - ſchen Stompneuſen, weil ſie platt von Maul / an Ge - ſchmack den den Plateiſen nicht ungleich.

Andre die faſt eben ſo ausſehen / aber etwas kleiner / heiſſen bey den Hollaͤndern Baardmannetjes, weil ſie zu beyden Seiten ihrer Klangloͤcher zwey abwerts hangende lange Haare haben / in Geſtalt eines Bartes.

Unterweilen laſſen ſich auch Maquerellen wiewol ſehr ſparſam fangen / ſo viel haͤuffiger aber die Saffern oder Koͤnigs Viſſen, wie ſie die Hollaͤnder heiſſen; die - ſe ſeynd in rechter Zeit ungemein fett und koͤſtlich / an Geſchmack wie ein Ahl / man nimmt ſie aus / trucknet und genieſſet derſelbigen an Statt eines Lachſens oder Salmens.

Unter den kleinen giebet es eine gewiſſe Art / von den Mohren Aboei genannt / unſern Forellen ziemlich na - he kommend; wiewol ihr Fleiſch etwas feſter und ſchmackhafftiger. Selbige werden taͤglich in unglaub - licher Menge gefangen.

Die331des Landes Gvinea.

Die Rochen ſo groß als kleine ſind ebenfals ſehr haͤuffig.

Schollen und viereckigte Meer-Fiſche ſeynd uͤber - aus lecker / die erſteren inſonderheit und viel beſſer als in Holland.

An Krebſen / Krabben / groſſen und kleinen Stoͤr - fiſchen mangelt es auch nicht. Von kleinen See-Fi - ſchen / ſo groſſen als kleinen / und zu behoͤriger Zeit ſehr fetten / haben wir eine unſaͤgliche Menge / wiewol die erſteren wegen ihrer vielen Sehnen und Knoſpeln nicht viel nutz ſeynd / letztere hergegen ſehr angenehm / und theils zu Pickelheringen / theils gedorreten Buͤck - lingen ſehr dienlich / wannenhero jaͤhrlich eine groſſe Anzahl darzu verbrauchet wird.

Friſcher Fiſche giebet es dreyerley / ohne dieſe welche aus der See bisweilen nach dem friſchen Waſſer kom - men / die erſte Art nennet ſich Carmou, und iſt weiß / die groͤſten ſolcher einer Ehlen lang / und wenigſtens einen Arm dick. Sie werden ungemein fett / und da - hero ziemlich gut zu eſſen / wenn ſie nicht wegen der uͤberfluͤßigen Fettigkeit etwas ſchmiericht oder thra - nicht ſchmeckten.

Die Zweyte heiſſet bey den Hollaͤndern Harder oder Meeraͤſchen / und iſt von erſteren gar nicht unter - ſchieden / es ſey denn daß ſie etwas kleiner von Kopffe / ſonſten aber eben ſo ſchmackhafftig und gut.

Die Dritte iſt ein ſchwartzer Fiſch Batavia geheiſ - ſen. Die groſſen ſind nicht uneben / dafern ſie nicht wie mehrentheils / nach dem Schlamm oder Koht ſchme - cken. Einige von uns halten ſie vor Barſchen / aber weit gefehlet / zumahlen ſie nicht die allergeringſte Gleichformigkeit mit dieſen haben.

Zwar332Beſchreibung

Zwar koͤnnte ich noch von andern mehrern Fiſchen etwas melden / wenn ich mir nicht vorgenommen derer beſten allein zu gedencken; will dahero dieſes noch hinzu - thun / daß Liebhaber von Fiſchen (davor ich mich auch ausgebe) allhie ihr Genuͤgen finden koͤnnen. Vor 5. oder 6. Schilling kan man ſich vollkommen ſatt eſſen / ja ein Soldat oder wer zu erſt kommt / vor die Helffte / und noch weniger Geld. Verſtehet zu rechter Zeit / da der Fiſch gemein iſt; denn bisweilen ſie theils in theu - rer / theils wohlfeiler Zeit / wol um die Helffte Geld koſtbahrer ſeynd. Alsdenn aber iſts erbaͤrmlich anzu - ſehen / wenn der Fiſchfang ſo gar ſchlecht / wie kuͤmmer - lich die gemeinen Leute ſich behelffen / welches gemei - niglich in der boͤſen Zeit / oder wie man ſaget im Win - ter zu geſchehen pfleget / in andern Jahres-Zeiten aber findet ſich bald dieſer bald jener Fiſch / ſo daß alsdenn der gemeine Mann keine Noth hat.

Endlich will ich noch ein weniges von drey groſſen hier befindlichen Fiſchen hinzufuͤgen / weilen ſelbige wegen ihrer Seltſamkeit mit Stillſchweigen nicht vor - bey zugehen.

Die erſten und groͤſten werden hier ſowol als an - derswo in Niederteutſch Noordkapers genennet / da - von ich anderswo beſſere Gelegenheit haben werde zu reden / dahero nur dieſes ſagen will / daß wenn es ſchoͤn Wetter / und in der rechten Fiſch-Zeit iſt / dieſer Fiſch gantz nahe an den Strand gehet / allwo die uͤbrige Fi - ſche ingeſamt nach Bericht derer Mohren ſich haͤuf - fig und in groſſer Furcht (daß ich alſo rede) einfinden / ſo gar / daß ſchier kein einiger im Meer bleibt.

Zweytens ſeynd die ſo genandte Schwerdfiſche / weil ſie vorn an der Naſen ein plattes Bein habeneiner333des Landes Gvinea. einer oder anderthalb Ehlen lang / und wenigſtens einer Hand breit / an welchem auf jeder Seiten 17. 19. oder mehrere ſpitzige Zaͤhne befindlich / ſo eines Fingers Laͤnge haben / und meiſtentheils ungleich ſeynd / nemlich an einer Seiten einer mehr als an der andern.

Sie ſeynd ſieben / achte / neun / ja zehn Fuß lang / und ungemein dick / daß ſie dahero mit den Wall - und andern groſſen Fiſchen ſich oͤffters ſchlagen ſollen / wie ihr ſolches leſen koͤnnet in unterſchiedlichen Autori - bus; mich belangend / bin ich nicht geſinnet daß ge - ringſte zu beſchreiben / was ich nicht ſelbſt geſehen; nun aber bin ich niemahls an dem Ort geweſen wo derglei - chen Treffen vorgegangen / verlange auch gar nicht dahin zu kommen / aus Furcht ich moͤchte das Zuruͤck - kehren vergeſſen / ſondern halte es viel beſſer und rath - ſamer zu ſeyn / daheim zu bleiben.

Drittens folgen die in hollaͤndiſcher Sprach be - bekandte Hayen oder Requiems, von einigen wie - wol ziemlich ungereimt / See-Hunde genennet / da zu - mahlen ſie nicht im allergeringſten mit einander uͤber - einkommen. Selbige ſeynd ſehr dick und lang / einige von 20. bis 30. Fuß / mit einem breiten Kopff / vorne etwas ſpitzig / und im uͤbrigen heßlich genung. Die Mohren halten ſie vor ihr beſtes und gewoͤhnlichſtes Eſſen / zumahlen nach dem Gold-Lande hin / unglaub - lich viel gefangen werden. Die Weiſſen hingegen ge - nieſſen ſie gar nicht wegen ihres harten und uͤberaus truckenen Fleiſches; dannenhero laſſen ſie die Moh - ren um ſo viel weicher und zaͤrtlicher zu werden / erſtens ein ſieben oder acht Tage auf dem Marckt liegen / bis ſie anfangen zu faulen und zu ſtincken / alsdenn ſie ſel - bige an Statt eines ſonderlichen Leckerbißleins haͤuf -fig /334Beſchreibungfig in ſich ſchlagen / auch weit und breit in andre Laͤn - der verfuͤhren.

Sie werffen keine Eyer wie andre Fiſche / noch le - gen ſie wie die Schildkroͤten / ſondern werffen ihre Jungen wenn ſie ſchon gehoͤrige Zeit getragen / nicht anders als groſſe vierfuͤßige Thiere.

Man hoͤret nicht daß ſie auf der Seite des Gold - Landes einigen Schaden thun / zu Fida und Ardra hergegen / allwo wir mit Sclaven die Handlung trei - ben / ſo ungemein boͤſe und gefraͤßig ſeyn / daß ſie allen andern auf Erden befindlichen vielfraͤßigen Thieren es weit zuvorthun.

Dafern jemand an beſagtem Ort das Ungluͤck hat uͤber Boort zu fallen / iſt er ohnfehlbahr des Todes / oder es muͤſte entweder in der Naͤhe kein ſolcher Fiſch ſich finden / (welches doch etwas ſeltſames iſt) oder man muͤſte dem Gefallenen alſobald zu Huͤlffe kommen und ihn der Gefahr entziehen.

Geſchiehet es daß bisweilen ein oder ander todter Sclave uͤber Boort geworffen wird / iſt dieſer Thiere entſetzliche Grauſamkeit / da ich perſoͤnlich zugegen ge - weſen / nicht gnugſam zu beſchreiben; alſobald kom - men 4. 5. oder mehrere eilends herbey geſchwommen / dichte unter das Schiff / um den Leichnam zu erhaſchen und zu zerreiſſen; einjeder unter ihnen friſſet was er zu halten bekommt / es ſey Arm / Bein / oder Kopff / ehe man zwantzig zaͤhlen kan; bisweilen vertheilen ſie ihn dergeſtalt / daß nicht das geringſte / ſelbſt vom Einge - weyde nichts uͤberbleibt. Dafern auch einige andre etwas zu ſpaͤt kommen / folglich kein Theil daran ha - ben / werden ſie auf einander ſo erhitzet / daß einer den andern bey Ermangelung noͤthiger Gegenwehr auff -freſ -335des Landes Gvinea. freſſen wuͤrde / indem ſie einander mit der groͤſten Fu - rie anfallen / auch mit ihrem Schwantz welchen ſie mit den Kopf uͤber den Waſſer halten / ſo entſetzliche Strei - che einander verſetzen / daß das gantze Meer darvon rauſchet.

Es muß aber ein ſolcher Hay oder Requiem wenn er ſeine Beute erhaſchen will / ſich gantz umkehren und auf den Ruͤcken legen / weil ſein Schlund gerade un - ter dem Kopff / und von dem Ruͤſſel in etwas entfernet iſt / ſo daß er von oben unmoͤglich etwas beruͤhren / vielweniger einſchlucken koͤnne.

Wenn ſie gefangen werden / und zwar mit einem Thau uͤber Boort geworffen / muß man ziemlich weit davon ſeyn / denn ſonſten er ohne der ſcharffen Zaͤhne / mit dem Schwantz darinn er groſſe Staͤrcke hat / un - gemeine Schlaͤge austheilen kan.

Daß ſie aber in dem Gold Lande denen Menſchen nichts boͤſes thun / glaube ich daher zu kommen / weil allda gnugſames Fraßwerck von unterſchiedlichen klei - nen Fiſchen zu finden / hergegen in Ardra und Fida dergleichen nicht bekommen / folglich an die Menſchen ſich machen muͤſſen / im Fall ſie nicht Hungers ſterben wollen / ſie muͤſſen auch trefflichen Geſchmack darin - nen finden / weil ſie unſern dort abſegelnden Schiffen 3. bis 4. Wochen lang in der Naͤhe folgen / um zu ſe - hen ob nicht irgend ein oder ander Sclave uͤber Boort ſpringen muß.

Ohngeachtet daß nun oberwehnte Thiere ſo gefraͤſ - ſig und ſo gefaͤhrlich ſeyn wie ihr vernommen / hat man mir nichts deſtoweniger folgende Hiſtorie vor gantz ge - wiſſe Wahrheit erzehlen wollen. Daß nemlich zuCa -336BeſchreibungCap-Verd, allwo dieſe Fiſche ſehr grauſam ſeynd / einer von unſeren Schiffleuten uͤber Boort gefallen / entweder durch ein Ungluͤck / oder gewiſſer Urſachen halber ſich heruntergelaſſen / (welches mir entfallen /) und weil er nicht wohl ſchwimmen koͤnnen / in Gefahr zu verſauffen gerathen / vermittelſt groſſen Gluͤckes aber von einem Hay oder Requiem gar gelinde bey dem Fuß ergriffen / an Boort eines von dieſen Schif - fen ſey getragen worden. Welches dafern es wahr iſt / gewißlich weit mehr zu verwundern / als da ehedeſ - ſen der beruͤhmte Arion vermoͤge ſeiner wohl lauten - den Leyer-Muſic das Gluͤck hatte von einem Meer - ſchweine an den Strand getragen zu werden / indem dieſer Hay oder Requiem durch nichts bewogen / ſon - dern von freyen Stuͤcken dergleichen herrliches Freundſtuͤck erwieſe; dahero ich dieſes vor eine gruͤnd - liche Wahrheit nicht annehmen kan / ehe und bevor ich mehr Zeugniß davon habe / wiewol mir die Perſohn / Tag / und Ort genennet worden / inſonderheit weil fol - gende zwey Gruͤnde Schnur ſtracks darwider ſtreiten; erſtlich ſeynd dieſe Thiere uͤber alle Maſſen grauſam und gefraͤßig; zweytens koͤnnen ſie auf den Bauch lie - gende mit ihrem Ruͤſſel nicht das geringſte beruͤhren oder anfaſſen / muß dahero dieſer nothwendig auf den Ruͤcken gelegen haben da er den Schiffmann erwi - ſchet und der Gefahr entnommen hat / oder er mag vielleicht in ſeiner Jugend gelernet haben auf dem Ruͤ - cken zu ſchwimmen / wie die Jungens in Holland ſich zu uͤben pflegen / damit er ſich in vorfallender Ge - legenheit deſſen bedienen koͤnnte. Was brauchts demnach weiter zu ſagen / als daß die Natur in ihren Wercken ſehr wunderbahr iſt; hiebey laſſet uns ſtilleſtehen /337des Landes Gvinea. ſtehen / und ſeyd uͤbrigens verſichert / daß ich nichts mehr verlange / als nur zu bleiben euer ꝛc.

Ende des funffzehenden Briefes.

Sechszehendes Send - Schreiben.

Darinnen gehandelt wird von Baͤu - men und andern Pflantzen / Palm-Baͤu - men / ihren Fruͤchten / und andern Eigen - ſchafften; Von viererley Art Palmen - Wein; von Cacaoyers und Palmiſten; von Pomerantzen - und Citronen-Baͤu - men / ihrer groſſen Anzahl / wo ſie am be - ſten und haͤuffigſten gefunden werden / eine weitlaͤufftige Beſchreibung von Papayers und ihren Fruͤchten / von Piſangs, welche in Bakovens und Bananiers unteꝛſchieden wer - den. Von Cormantinſchen Aepffeln / was es vor eine Frucht ſey / und warum ſo ge - nennet; von Granataͤpffeln und Trauben; von ſehr vielen wilden Baͤumen / deren ei - nige ſehr groß und hoch / inſonderheit der Capoquier, warum er ſo genennet. Von einigen Baͤumen daraus man ſchoͤne Ar - beit machen kan / wo dieſelbige zu finden; von unterſchiedlichen Feld-Fruͤchten / als Korn / klein und groß Milhio, Reiß / Jam - mes und Patates; von allerhand ArtenYBoh -338BeſchreibungBohnen; von denen Ananas, wie einige Scribenten desfals wiederleget werden / von Waſſer-Melonen / einer herrlichen und ſehr koͤſtlichen Frucht: vom Malaguette oder Paradiß-Koͤrnern oder Gvineiſchen Pfef - fer / von Cardemom, von Pfeffer / von Pi - ment, von Eſtragon, vom Taback / davon die Mohren groſſe Liebhaber / und endlich von der Art und Weiſe Saltz zu machen.

Mein Herr!

MEinem juͤngſt gethanen Verſprechen zu Folge / will ich in gegenwaͤrtigem Briefe von lauter Baͤumen / Fruͤchten / Korn / und andern Feld-Fruͤch - ten reden; auch ohne weitere Vorbereitung zu den Cacayoers ſchreiten; denn wie dieſe in Oſt-Jndien wegen ihrer Fuͤrtrefflichkeit vor die beſten und ſchoͤn - ſten gehalten werden / ſo koͤnnen auch wir nicht un - billig bey dem Palmbaum den Anfang machen / all - dieweil er die meiſten Einwohner des gantzen Landes nebſtanderm Brodt und Fiſchen beym Leben erhaͤlt.

Seine erſte Frucht ſind Nuͤſſe / welche wenn ſie noch klein und gebraten / ſehr annehmlich von Ge - ſchmack ſeynd; wenn ſie aber etwas aͤlter / beginnet die Schale roht / und von hinten etwas ſchwartz zu wer - den / allwo das Palmen-Oͤhl verborgen / ſo man aus - preſſet / nicht anders wie Olivenoͤhl. Jnsgemein und von Natur iſt dieſes Oͤhl roht / wird aber nach Ver - lauff einigeꝛ Jahre ſchoͤn weiß / wiewol vor hier neu-An - kommende etwas ungeſchmackt / bald aber wenn ſie esgewoh339des Landes Gvinea. gewohnet / nicht unangenehm / ja ſelbſt ſonderlich ge - ſund und heilſam / ſo daß ich in vielen Speiſen ſelbiges lieber genieſſe als Baumoͤhl.

Wenn das Oͤhl ausgepreſſet / bleibet das Mues noch uͤbrig / ein koſtbahres Eſſen der Mohren / imglei - chen einige Zeit aufbehalten / ein treffliches Freßwerck vor Schweine / dadurch ſie ungemein feiſtes und fe - ſtes Fleiſch bekommen.

Die Zweyte iſt der Wein ſelbſt / da dem Baum alle alte Aͤſte abgehauen und gantz abgeſtreiffet wird / nachgehends wenn er einige Tage ſo geſtanden / wird ein kleines Loch gemacht / allwo der Fuß am dickſten iſt / und eine kleine Roͤhre von Schilff zuſamt un - terſtehendem Topff feſt gemachet / da denn der Wein ſo langſam und Tropffen Weiß hindurchlaͤufft / daß kaum in 24. Stunden ein kleiner Topff vollgeſamm - let wird: in dem ein gantzer Baum innerhalb 30. bis - weilen mehreren Tagen / wenig oder viel Wein gie - bet / nach Beſchaffenheit des guten oder boͤſen Erd - reichs wo er geſtanden. Geſchiehet es daß es geſchwin - de beginnet zu lauffen / wird ein Feuer darunter ange - ſtecket / um vermittelſt ſolcher Gewalt mehr Wein dar - aus zu erzwingen.

Wenn er gantz friſch / und (wie man hier ſaget) unter dem Baum getruncken wird / iſt er uͤberaus angenehm und koͤſtlich / zugleich aber ſo ſtarck / daß man truncken wird ehe man ſichs verſiehet: im Ge - gentheil aber tauget derjenige gar nichts welchen die Bauren taͤglich auf hieſigen Strand bringen / weil er gantz verfaͤlſchet und vermiſchet iſt; folglich mir nicht einbilde / daß ihn die Mohren und gemeine Leute liebli - chen Geſchmacks halber trincken / ſondern einig undY 2allein340Beſchreibungallein um luſtig zu werden / dazu er ohngeachtet ſeines vielen bey ſich fuͤhrenden Waſſers ſonderlich gut iſt.

Der Baum wenn der Wein herausgezogen / iſt zu nichts anders nutz als ins Feuer / bevor aber wenn er noch gruͤn iſt / machet man aus ſeinen Blaͤttern aller - hand Stricke / Netze / und dergleichen mehr.

Es giebet viererley Palmenwein / jeder unter beſon - derem Nahmen. Von dem erſten rechten haben wir allbereit geſprochen / welchen wir eigentlich Palmen - wein nennen.

Der zweyte wird nirgends als zu Fantin gema - chet / unter dem Nahmen Qvaͤcker; deſſen Urſach all - bereit in einen meiner Briefe angefuͤhret. Er iſt ſehr koͤſtlich / und viel ſtaͤrcker / hitziger als der erſte / ſo daß man kaum die Helffte trincken koͤnne / ohne einiges Un - gemach zu empfinden; der Baum davon er gezogen wird / iſt auch wol um die Helffte kleiner als die rech - ten Palmenbaͤume.

Der dritte findet ſich zu Ancober, Abocrou, Axim und Ante, wiewol im letzten Ort ſehr ſparſam. Man nennet ihn Pardon, folglich leicht zu gedencken / daß man bey der allerveraͤchtlichſten Miſſethat leichtlich Pardon erlangen koͤnne / fals man nur mit dem Gott Bacchus in gutem Vernehmen ſtehet. Selbiger iſt dem Geſchmack nach vom zweyten ſehr unterſchieden / dazumahlen er zwar lieblich genug / aber bey weiten nicht die Staͤrcke oder Hitze hat.

Man hauet die Aͤſte des Baums nicht ab wie de - nen vorigen / ſondern laͤſſet ſie alle zuſamt am Stam - me / alsdenn der Wein wie in Oſt-Jndien der Suri aus den Cacaoyers gezogen wird / doch mit dem Unterſcheid / daß hieſige Baͤume alſobald verdorrenwenn341des Landes Gvinea. wenn der Wein heraus iſt / da in Jndien ſie noch gruͤn und friſch bleiben: die Urſach meyne ich ſey dieſe / weil jene nicht allen Wein abzapffen / ſondern allezeit noch etwas zuruͤck laſſen / wir hingegen auch den letzten Tropffen erzwingen / folglich unmoͤglich daß bey Er - mangelung des Safftes ſelbige nicht verdoꝛren muͤſſen.

Den vierten hat man im Lande von Ante, Jabi und Adom; an Geſchmack von uͤbrigen dreyen ſehr unterſchieden / gantz ohne Krafft; friſch getruncken / ſuͤſſer Milch am Geſchmack nicht ungleich / nach 9. oder 10. Tagen aber nicht moͤglich zu trincken / weil er alsdenn zu nichts nutz iſt. Man nennet ihn Criſia.

Es halten die Mohren davor / daß wenn man viel davon trincket / das maͤnnliche Glied ſehr groß dar - nach werde / und zwar nicht unbillig / angeſehen im gan - tzen Lande ſich keine Nation findet / welche dieſer Un - gemaͤchligkeit mehr unterworffen / als eben in obge - dachten Oͤrtern. Es wird derſelbe auf eben die Art ge - machet wie der Pardon, aus dem gruͤnen und allen Aͤſten noch unverletzten Baum.

Unten iſt der Stamm eines Palbaums ohngeſehr ſo dick als ein Menſch lang iſt / dabey ziemlich hoch: der Qvaͤcker wie geſaget um die Helffte kleiner. Bey - de ſchieſſen ihre Aͤſte oben zwantzig und mehrere Fuͤſſe hoch. Man nennet ſie hier und anderswo Bambous, und bedienet ſich ihrer zu Bedeckung derer Haͤuſer / Hecken machen und dergleichen mehr. An beyden Seiten wachſen lange und ſchmale Baͤnder / welches die Blaͤtter ſeynd.

Die Pardons wachſen wie die Cacaoyers, doch mit ungleich duͤnnern Stamm.

Eben ſo wachſen auch die Criſia, wiewol merck -Y 3lich342Beſchreibunglich duͤnner und niedriger / zumahlen ſie kaum den vier - ten Theil ſo hoch ſchieſſen als die Pardons, und theilet ſich der Stamm auch in vierl / fuͤnff und mehr ſtarcke Staͤmme / daraus insgeſamt Wein gezogen wird.

Es werden auch wol 10. 12. und mehrere Jahre er - fordert / ehe daß ein Palmbaum ſein rechtes Wachs - thum erlanget / und dann giebet er kaum 20. 30. aufs hoͤchſte 40. Kannen Wein; nichts deſtoweniger brin - get man taͤglich Palmenwein auf den Strand / und zwar ſo haͤuffig / daß es zu verwundern / folglich leicht zu urtheilen / es muͤſſen dieſe Baͤume bey vielen tauſen - den im Lande wachſen / anders es bald ſolte geſchehen ſeyn. Gemeiniglich bezahlet man vor ein Faß von 20. Kannen einen halben Thaler / wiewol an gewiſſen Ort und Zeiten um die Helffte weniger als an andern.

Nach den Palmenbaͤumen folgen unſtreitig die Cacaoyers; deren Vortrefflichkeit denen meiſten be - kandt / maſſen in denen Oſt Jndiſchen Reiſe-Beſchrei - bungen weitlaͤufftig davon zu leſen. Hier zu Lande wiſſen die Mohren nicht recht damit umzugehen / und zu Nutz zu machen / als deſſen Fruͤchte einer Art Nuͤſſe / ſehr lieblich und angenehm / imgleichen die darinn be - findliche Mandel und Safft.

Es ſchieſſet dieſer Baum hier zu Lande 30. 40. bis 50. Fuß hoch. Seine Aͤſte und Blaͤtter ſeynd denen Pal - menbaͤumen nicht ungleich / es ſey denn etwas dicker / aber nicht ſo lang / auch zu unterſchiedlicher Arbeit allzu unbequem und untuͤchtig. Am Ende des vierten oder fuͤnfften Jahres bekommt er ſeine Frucht / und haͤlt ſich friſch bis ins 50. und mehreren Jahren.

Es giebet auch wilde Cacaoyers ſonſten Palmiſten genennet / deſſen Fruͤchte auch von denen Mohren / nichtaber343des Landes Gvinea. aber Weiſſen genoſſen werden. Jhr Stamm iſt un - gemein dicker als der zahme / ſonderlich in der Mitten / da er von entſetzlicher Dicke / nach oben aber als unten (welches wunderbarlich) allmaͤhlich ſchmaͤler iſt. Oben auf dem Gipffel waͤchſet eine gewiſſe Frucht / oder viel - mehr das Marck aus dem Stamme / in Niederteutſch Palmyſt-Kohl: das iſt Kohl von Palmiſten / weil es an Geſchmack dem Kohl ziemlich nahe kommt.

Die Pomerantzenbaͤume ſind ungemein haͤuffig im Lande Axim, ſowol ſuͤſſe als ſaure Frucht tragende / jene ſeynd ziemlich gut / und haben wir einige in un - ſern Garten zu Elmina, welcher gantz voll davon iſt / dergleichen ſtattliche Fruͤchte / die denen Chineſiſchen nicht viel nachgeben ſolten.

Sonſten ſiehet man in andern Mohren-Laͤndern wenig oder gar keine Pomerantzenbaͤume / ohngeach - tet es dem Herrn Foquenbrog beliebet zu ſchreiben / daß ihrer eine unglaubliche Menge laͤngſt dem Fluß Boutry zu finden; es hat ſich derſelbe hierinn ſehr be - trogen / zumahlen ich perſoͤnlich / und zwar unterſchied - liche mahle bey dieſem Fluß geweſen / niemahls aber einen einigen zu ſehen bekommen; indem auf Geſtaͤnd - niß der Mohren / niemahls dergleichen allda geſehen worden. Zwar giebet es einige etwas hoͤher uͤber den Berg nahe an unſerer Veſtung / mit nichten aber ein einiger an gedachtem Fluß.

Citronenbaͤume / Brambaes allhie genennet / wach - ſen im gantzen Lande / fuͤrnemlich zu Mouree, allwo man ſie auspreſſet / und jaͤhrlich / Fals es kein unge - mein duͤrres Jahr geweſen / mehr als zwey hundert Tonnen Citronen-Supp machet. Vor 4. oder 5. Thaler kan man eine gantze Tonne Citronen-SuppY 4oder344Beſchreibungoder auch kleine Citronen in Wein-Eßig eingemacht kauffen. Beydes iſt in Holland ſo bekandt und wehrt gehalten / daß es unnoͤthig iſt mich lange dabey aufzu - halten.

Von denen Papayers haben ihrer viele geſchrie - ben / wiewol ohne eigentliche und behoͤrige Unterſu - chung / wenn ſie nemlich behaupteu wollen / es haͤtten dieſelbige weder Aͤſte noch Blaͤtter / wuͤchſen auch nicht hoͤher als ein Menſch. Jſt dahero nichtes mehr noͤ - thig zu ihrer Uberfuͤhrung und Beweißthum ihrer ir - rigen Meynung als die wahrhafftige Art / Geſtalt / und Natur dieſes Baumes zu beſchreiben.

Sein Stamm iſt einige Fuß dick / ſchwammicht / oder vielmehr wie lauter Strohhalme / denen er nicht ungleich; inwendig hohl / folglich gar leicht vermittelſt einer Axt mittendurch zuhauen. Gleich Anfangs waͤch - ſet die Frucht oben auf dem Stamm da er noch ohne Aͤſte iſt / hernach aber wenn er etwas aͤlter wird / be - kommt er nach oben einige Sproͤßlinge / lauter jungen Staͤmmen nicht unaͤhnlich / an welchen ebenfals auch Fruͤchte hangen. Jmgleichen kommen oben aus den Stamm ſowol / als dieſen Zweiglein noch andre ſehr kleine Aͤſte / wie Schilffhalme vorne etwas gebogen / und innwendig hohl / an deren Ende ſehr ſchoͤne / breite / und zierlich geſpaltene Blaͤtter wachſen / denen Re - ben-Blaͤttern ziemlich nahe kommend / ohne daß ſie et - was kleiner.

Einige ſchieſſen bis 30. Fuß hoch / folglich mit kei - nes Menſchen Hoͤhe zu vergleichen. Jhre Frucht heiſ - fet eigentlich Papai, ohngefehr die Helffte ſo groß als Cacaoyers Nuͤſſe / gemeiniglich laͤnglich rund / aus - wendig gruͤn / und inwendig weiß / wenn ſie aber etwaslange345des Landes Gvinea. lange lieget / wird ſie inwendig gantz roht / mit vielen weiſſen Koͤrnlein als ihrem Saamen dadurch ſie ge - pflantzet werden. Sie ſchmecken wie Kuͤrbiſſe und noch viel ſchlechter.

Laͤngſthin unſerm Lande giebet es dieſer Baͤume ſehr viel / von zweyerley Gattung / als Maͤnn - und Weiblein / wenigſtens alſo genennet / weil jene keine Frucht tragen / ſondern allezeit mit weiſſen langen Blumen haͤuffig gezieret / eben wie dieſe auch die Weib - lein haben / wiewol nicht ſo lange / noch ſo haͤuffige.

Es haben einige bemercket / daß die Weiblein viel beſſere und haͤuffigere Frucht tragen wenn ſie bey den Maͤnnlein ſtehen. Jhr koͤnnet hievon glauben mein Herr was ihr wollet / und habet euch desfals keiner Ke - tzerey zu befuͤrchten.

Was die Piſangs betrifft und deren zwey Sorten als Bakovens und Bananiers, iſt allbereit von an - dern ſo viel Schreibens und Redens davon gemachet / daß es unnoͤthig ſcheinet ſolches zu wiederholen / es ſey denn nur zu beſtaͤtigen was jene davon gemeldet ha - ben / daß nemlich des Bakovens Fruͤchte inſonderheit einen angenehmen Geſchmack haben / und jaͤhrlich nur einmahl Fruͤchte traͤget / denn nachgehends der Stam̃ abgehauen wird / allwo nach Beſchaffenheit des Hie - bes 5. oder 6. friſche junge Staͤmme hervorſchieſſen.

Der Stamm (dafern er alſo zu nennen) iſt ohnge - fehr zweymahl ſo hoch als ein Menſch. Und haben diejenige nicht ſehr geirret / welche glauben daß unſere erſten Eltern mit dieſes Baumes Blaͤttern ſich bede - cket / eines Theils weil ſelbige hiezu lang und breit ge - nung ſeyn / andern Theils in heiliger Goͤttlicher Schrifft derer Feigen-Blaͤtter gedacht wird / dieſeY 5aber346Beſchreibungaber Jndianiſche Feigen genennet werden; nichts de - ſtoweniger muß man auch geſtehen / daß ſie zu einem Kleide oder Decke ſich uͤbel ſchicken wuͤrden / zumahlen ſie kaum mit dem Finger beruͤhret alſofort zerreiſſen / folglich einem lebendigen Menſchen ſchlecht zu Nutz kommen doͤrfften.

Uberdem giebet es hier zu Lande unterſchiedliche an - dere Frucht-tragende Baͤume / weilen aber theils ihre Fruͤchte ſehr unbekandt ſeynd / theils auch ſehr wenig gegeſſen werden / will ichsdabey bewenden laſſen / und nur ſo viel ſagen / daß deren einige ſowol dem aͤuſſerli - chen Anſehen als Farbe nach mit denen Hollaͤndiſchen Pflaumen / weiſſen und blauen / ſehr uͤberein kommen / dabey aber unangeneh[ɯ]zu eſſen / zumahlen ſie unge - mein ſuͤß / weichlicht und gantz trucken ſeynd.

Der kleinen Cormantinſchen Aepffel muß ich nicht vergeſſen / (nach dem Ort genannt / wo ſie am meiſten wachſen /) welche ſchier ſo groß als eine Nuß mit der Schaale / gelblicht von Haut / etwas in roth fallend; inwendig haben ſie 4. groͤſſe platte Kerne / da rings herum das roth und weiſſe Fleiſch herum ſitzet / ſuͤß und ſehr durchdringend von Geſchmack / doch etwas mehr ſauer als ſuͤß. Eine koͤſtliche und kuͤhlende Frucht / ſo die Krancken ſehr erqvicket / ſonderlich die mit der Colic oder rothen Ruhr behaffiet ſeyn / in Anſehung ſie ſtarck zuſammen ziehet. Jn Wein und Zucker gekocht / oh - ne daß ſie einem Krancken ſehr dienlich und heilſam / ſeynd ſie annehmlicher als Tamarinden.

Granataͤpffel habe ich einige geſchen im Garten zu Elmina und Mouree, ehe ſie aber recht reiff werden / fallen ſie ſchon abe / oder fangen an zu faulen / ſo daß man nichts davon zu gewarten.

Der147des Landes Gvinea.

Der Wein-Berge zu Mouree muß ich auch mit wenigen gedencken; ich ſage nicht ohne Urſach zu Mouree, weil ſie an keinem andern Orte zu finden. Sie tragen des Jahrs zweymahl Trauben / gemei - niglich im Monat Auguſto und Januario. Man koͤnte derſelbigen eine groſſe Anzahl haben / fals der Stock zu gewiſſer Zeit durch erfahrne Leute beſchnitten wuͤrde / da es aber von einem unwiſſenden Mohren geſchiehet / werden die Trauben nicht halb reiff / ſon - dern verdorren oder verfaulen vor der Zeit / dannen - hero zu beſorgen / es werde auf ſolche Art in kurtzen al - ler Weinſtock zu nichte gehen und umkommen.

Die Trauben ſeynd gantz blau und ſehr lieblich / auch zimlich groß / wiewol nicht ſo ſafftig als in Hol - land / und zweiffle ich nicht / ſie ſolten bey gebuͤhren - der Wahrnehmung wo nicht beſſer / doch zum wenig - ſten eben ſo gut als in Holland werden / aldieweil ſie itzund wuͤrcklich ſchon beſſer als daſige.

Dieſes iſt zu verwundern / daß ſie an keinem an - dern Ort als zu Mouree wachſen wollen / ſintemah - len mans oͤffters verſuchet / um ſelbige zu Elmina und anderswo zu pflantzen / gleichwol aber niemahls etwas ausrichten koͤnnen.

Die Portugieſen ſeynd / ſo viel mir bewuſt / die er - ſten geweſen / welche vor einigen Jahren aus Braſi - lien eine Reben-Pflantze ins Land gebracht / da nun - mehro die Fruͤchte ſo koͤſtlich und lieblich / daß zu wuͤn - ſchen / man koͤnte ſie an mehreren Oertern pflantzen und erziehen / ſintemahl anitzo auſſerhalb dem Kauff - mann zu Mouree, weder unſer General, noch dieje - nige / ſo an deſſen Tafel zu ſpeiſen die Ehre haben / et - was davon zu genteſſen / ja unter hundert Schiffen /die348Beſchreibungdie nach Gvinea reiſen / kaum eines dieſelbige einmahl zu ſehen bekommt.

Dieſes ſind alſo alle Frucht-tragende Baͤume von Gvinea, nemlich auf der Seite / welche die Gold - Seite genennet wird; will demnach von einigen wil - den Baͤumen etwas hinzu thun / vorhero aber noch ei - nes zweyten Jrrthums den Herrn Foqvenbrog uͤber fuͤhren / da er faͤlſchlich melden wollen / es ſey we - der Baum / Blatt noch einiges Kraut bey Elmina und einigen Meilen daherum zu ſpuͤhren; welches doch mit der Warheit gantz nicht uͤbereinkommt / aller - maſſen ohne diejenigen Baͤume ſo rund um Elmina auf denen Bergen ſtehen / ſich laͤngſt dem kleinen Bach friſches Waſſers / welcher nur eine halbe Stunde von hier / viele groſſe und ſchoͤne Baͤume finden; folglich das Anſehen hat / ob ſey dieſer Autor in Anſehung die - ſes Landes allzu partheyiſch geweſen. Zwar ſeynd ſie zu Elmina nicht ſo haͤuffig als in andern Oertern / bey weiten aber ſo gar von Baͤumen nicht entbloͤſſet / daß man ſo veraͤchtlich davon zu ſchreiben Urſach haͤtte.

Damit ich nun auf mein voriges komme / iſt dieſes Land mit groſſen und kleinen Baͤumen an einem Ort mehr / am andern weniger angefuͤllet / durch deren Menge und viele Schatten hieſige ungeſunde Lufft ein merckliches gebeſſert wird / ſo daß diejenige / welche Luſts halber das Land durchreiſen / hierunter ihr voll - kommenes Vergnuͤgen empfinden / und derer Reiſen Unluſten dadurch vergeſſen.

Einige ſind von ſich ſelbſt ſo ſchoͤn gewachſen / daß keine Kunſt dergleichen hervor bringen koͤnte / angeſe - hen einige ſo dick und von dem vielen groſſen Laub ſo ſchatticht werden / daß ſie die trefflichſten Spatzier -Gaͤn -349des Landes Gvinea. Gaͤnge vorſtellen / den Augen und Gemuͤth derer Rei - ſenden nicht unvergnuͤglich.

Jch erinnere mich / ehemahls im Oleario und an - dern mehr geleſen zu haben / daß einige Baͤume zu fin - den / unter deren Schatten 2000. Menſchen gemaͤh - lich ſitzen koͤnnen. Andere / davon der Vater Kirche - rus (welcher meiner Meynung nach lautere War - heit ſchreiben muͤſte) meldet / unter deſſen Frucht oder Schale von der Frucht (ich glaube / es ſey von einer Caſtanie geweſen) ein Hirte mit ſeiner gantzen Heer - de Nacht-Lager halten konte; ſelbige muß in Warheit nicht klein geweſen ſeyn / folglich nicht unbillig als ein Wunderwerck der Natur anzuſehen; wiewol dieſes alles noch bey weiten nicht zureichet bey die hieſige / in - dem ich etliche gefunden / da nicht nur zwey / ſondern zwantzig tauſend Menſchen unter ſitzen koͤnten / wenn ſie / wohl zu verſtehen / einer nach dem andern kaͤmen. Dafern nun obgedachte Autores es alſo nehmen / ha - be ich weiter nichts einzuwenden / bin auch der gewiſſen Meynung / mein Herr werde alsdenn nicht unglau - biſch ſeyn.

Jch will mich aber hiebey nicht laͤnger aufhalten / ſondern nur dieſes ſagen / daß es ungemein hohe und dicke Baͤume giebet / wie ihr ſolches leichtlich abneh - men koͤnnet aus denen ehemahls beſchriebenen groſſen Schiffen / da man ſolches Schiff aus einem Stuͤck von geraden und gleich dicken Holtz zimmerte / welches doch gar ſelten geſchiehet / daß ſolche groſſe Baͤume ſo gerade wachſen / und dennoch / laſſet euchs nicht befrem - den / kaum die Helffte des Baums ausmachen.

Ja ich habe einige geſehen / deren Gipfel man mit keinem Hand-Gewehr abreichen konte / man nennetdie350Beſchreibungdieſelbige Capoquiers, weil darauf eine gewiſſe laͤng - lich runde Art wachſet / Capoc genennet / ſehr dienlich zu Betten und Kuͤſſen / da zumahlen die Feder-Bet - ten alhier viel zu heiß ſeyn.

Das Holtz des Baums iſt leicht und ſchwammigt / zu nichts anders als zu obbemeldten Schiffen tuͤchtig.

Jch glaube gewiß / es muß der Baum / welchen unſere Leute am Ende des 15. Jahr-hundert auf der Printzen-Jnſul gefunden / von 24. Klaffter dick / eben - fals ſolch ein Capoqvier geweſen ſeyn. Eben der - gleichen einen giebet es zu Axim, welcher von zehen Menſchen nicht mag umreichet werden / nicht daß ſein Stamm ſo dick / ſondern dieſer rund herum mit vielen Schoßlingen umgeben iſt.

Daferne wir Catholiſche Pfaffen hier zu Lande haͤtten / koͤnten wir ſelbige reichlich hiemit verſehen zu Auferbauung kleiner Capellen / ja ſelbſt die Stacheln damit der Baum uͤbrig angefuͤllet / koͤnten ſie zur Zuͤch - tigung und Zaͤhmung derer fleiſchlichen Begierden gebrauchen / folglich die unnoͤthigen Ausgaben vor Diſciplinen ſpahren. Allein die Geiſtlichen bey Sei - te / und mercket nur dieſes / daß an ſchoͤnen Baͤumen kein Mangel / deren Holtz zu unterſchiedlicher Arbeit dienen koͤnte; Erſtlich zwar giebet es im Lande Ante, gegen der kleinen Brandenburgiſchen Veſtung Aco - da oder Dorothea, imgleichen hinter unſerer Ve - ſtung / die Gedult genannt / zu Apam ſehr ſchoͤnes gel - bes Holtz / welches zu Verfertigung unterſchiedlicher Seſſeln und Tafeln nuͤtzen kan.

Folgends bey dem Fluß Gabon ſchoͤnes rothes und geldes / eben zu dergleichen Sachen dienlich / ohne daß hieſelbſt ein Kunſt-erfahrner Mann unterſchiedlichesHoltz /351des Landes Gvinea. Holtz / zu den Schiffen gehoͤrig / faͤllen koͤnte / als zu Steuer / Ruder / kleine Maſten / und andere noͤthige Dinge mehr.

Damit ich aber meiner Beſchreibung von Baͤu - men ein Ende mache / iſt noch uͤbrig zu erinnern / daß die Mohren uͤberall einige Baͤume haben / die ſie vor heilig halten / und unter welchen ſie ihren Goͤtzendienſt verrichten / gemeiniglich ſolche / wo die Natur ſcheinet alle Kraͤffte zu ihrem Wachsthum angewendet zu haben.

Weilen aber allbereit Erinnerung gethan habe von dem Goͤtzendienſt derer Mohren / wird unnoͤhtig ſeyn / ſelbiges alhie zu wiederholen / dannenhero mich von den Baͤumen zu den Feld-Fruͤchten wende / und vom Getreide Milhio genennet / den Anfang mache.

Die meiſten halten das Milhio vor Tuͤrckiſch Korn / welches in Holland ſo bekandt / daß es der Muͤhe un - wehꝛt iſt / eine weitlaͤufftige Beſchreibung hinzu zuthun.

Zweymahl des Jahrs wird es geſaͤet und geerndtet / die erſte Erndte geſchiehet gemeiniglich im Monat Au - guſto, und die andere am Ende des Jahres / wiewol ſie nicht ſehr reich iſt / angeſehen alsdenn die Mohren nicht viel ſaͤen / weil ſie eines zulaͤnglichen Regens nicht verſichert ſeynd / ohne welchem aber das Milhio nicht wohl fortkommet.

Zu wuͤnſchen waͤre / man brauchte bey der Einernd - te des Hollaͤndiſchen Korns eben ſo wenig Muͤhe / als bey dieſem Milhio, da zumahlen ein oder hoͤchſtens zwey Menſchen eben ſo einen groſſen Strich Landes bearbeiten und bebauen koͤnnen / als ſonſten bey uns mit dem Pflug geſchehen muß / nachgehend geſchwin - de und in kurtzer Zeit mit Milhio zuſaͤen.

Wenn352Beſchreibung

Wenn es nun wohl gewachſen / ſtehet ſein Halm anderthalb oder gar zweymahl hoͤher als ein Menſch / in ſich habende 1. 2. 3. ja vier andere Halme / deren je - der 3. bis 400. Koͤrner haͤlt / dergeſtalt daß hieſiges Milhio unweit mehr giebet als das Korn in Europa.

Gleich nach verrichteter Erndte kauffet man in Frie - dens Zeit tauſend Halm vor einen Thaler / bisweilen an einigen Oertern den dritten oder vierten Theil wohl - feiler / ſolche tauſend nun geben zum wenigſten fuͤnff Seſter oder anderthalb Saͤck.

Die Koͤrner ſeynd weiß und roth / der weiſſe zwar dem Anſehen nach ſchoͤner / die rothe aber an Guͤte viel beſſer. Wenn es gantz fein geſtoſſen / und von al - len Kleyen wohl geſaͤubert iſt / giebet es zimlich gutes Brod / aus Mangel des Sauerteigs aber etwas ſchwer. Dafern es wohl gemahlen / geſiebet / gekne - tet / und nach Europæiſcher Art gebacken wuͤrde / glau - bet nur / es wuͤrde ein gutes Brod ſeyn / da einem es aber hieran ſowol als am Sauerteig fehlet / kan es ohn muͤglich anders als kleberich und ſchwer ſeyn. Das iſts / was das Milhio oder Tuͤrckiſche Korn betrifft.

Von der zweyten Gattung / bey uns klein Milhio, und bey den Portugiſen Maiz genennet / deſſen Koͤr - ner dem Coriander Saamen nicht ungleich / wird auch Brod gebacken / und kommt mit dem Hollaͤndi - ſchen Rocken-Brod gaͤntzlich uͤberein / gut von Ge - ſchmack und ſehr nahrhafft. Es waͤchſet eben wie das groß Milhio, ausgenommen daß ſein Halm nicht ſo dick wird / auch keine Blaͤtter hat wie das groß Milhio, folglich von denen Raub-Voͤgeln mehr angefochten / und wol um die Helffte theurer / inſonderheit weil es auch ſo haͤuffig nicht geſaͤet wird als erſteres.

Klein353des Landes Gvinea.

Klein und groß wird durchs gantze Land / wiewol ſehr wenig zu Axim geſaͤet / dahero es hier am theu - erſten. Hingegen bringet das Land Ante bey Frie - dens-Zeiten eine unglaubliche Menge / ſo daß wie ich ſelbſt geſehen / 1000. Halm vor 6. 7. 8. bis 9. Ta - kou, deren jeder 4. Hollaͤndiſche Stuͤver ausma - chet / verkauffet worden / folglich ein gantzer Sack uͤber einen Gulden nicht zuſtehen kommt / ſo daß da - ſelbſt unter allen Eß-Waaren das Milhio am wohl - feilſten / in Krieges-Zeit aber / ſo hier als uͤberall / oder auch bey unfruchtbahren Jahren / ungemein theurer iſt / ſo daß in theurer Zeit vor tauſend Halm auch eine Untze in Gold habe bezahlen geſehen / welches denn ein 40. Gulden Hollaͤndiſch betraͤgt. Jnſonderheit ſeynd die faulen und nachlaͤſſigen Mohren an ſolcher Theu - rung offtmahlß ſelbſt Schuld / angeſehen ſie nicht mehr ſaͤen / als ſie ohngefehr zu ihrem eigenen Genieß noͤthig haben; uͤber dem auch die unzaͤhlbar jaͤhrlich ankommende Engliſche Schiffe mit ihren Sclaven ſelten mit gnugſamer Proviſion verſehen / von unſern Schiffen einen groſſen Vorrath von Milhio fuͤr ihre Sclaven uͤbernehmen / welches denn jaͤhrlich einige tauſend Saͤcke ausmachet.

Gemeiniglich ſteigt es im Preiß vom Februario bis zur Erndte / von 1. bis 4. Thaler vor das tauſend Halm.

Nach dem Milhio folget der Reiß / welcher nicht uͤberall gefunden wird / inſonderheit wenig oder gar nicht im Gold-Lande / wie auch gegen Axim und An - te; nach dem Ober-Lande hingegen ſo haͤuffig / daß man eine gantze Schiffs-Landung das . zu einen Stuͤ - ver / und dazu noch gantz geſaubert einkauffen koͤnnte. ZDer354BeſchreibungDer ungeſcheelete koſtet ohngefehr noch einmahl ſo viel zu Axim, Ante, Abokrou, und Ancober.

Es kommt denen zu Axim trefflich wohl zu ſtatten / daß ihr Land zum Reiß noch ſo tuͤchtig iſt / denn damit erſetzen ſie den Mangel des Milhio.

Dann giebet es eine gewiſſe Frucht oder Wurtzel / Jammes genannt; daraus die Einwohner den beſten und groͤſten Vortheil ziehen. Selbige waͤchſet in der Erde nicht anders als Ruͤben / ohngefehr zwey Span - nen lang und dick. Jhre Blaͤtter ſeynd lang und gruͤn / denen Tuͤrckiſchen Bohnen nicht ungleich / mit kleinen Stacheln. Es laſſen ſie die Mohren an Reb - Stoͤcken herauffſchieſſen / dabey ſie abnehmen koͤnnen / wenn die Frucht zeitig und aus der Erde muͤſſe genom - men werden.

Jnwendig ſeynd ſie gantz weiß wie der Schnee / werden gekocht und gebraten / und von Schwartzen ſo - wol als Weiſſen an Statt Brodts gegeſſen. Der Geſchmack iſt ſo gar uneben nicht / ſondern kommen denen Hollaͤndiſchen Aepffeln Aardakkers genannt / ziemlich nahe / ausgenommen daß ſie nicht ſo ſuͤß / und viel feſter und truckner von Fleiſch ſeynd.

Jm Lande von Ante wachſen ſie ſehr haͤuffig / und haͤuffiger zu Sabou, von wannen taͤglich in der rech - ten Zeit einige tauſend in andre Laͤnder verfuͤhret wer - den. Die Aufkaͤuffer zu Mouree kauffen das hun - dert vor drey Thaler / und verdienen anderswo ein merckliches darauf.

Die zweyte Frucht ſo in der Erde waͤchſet heiſſet Pa - taten, und haben gruͤne und laͤnglichte Blaͤtter wie die Jammes. Man ſchneidet nur einige kleine Aeſte davon ab und ſetzet ſelbige in die Erde / da denn in we -niger355des Landes Gvinea. niger Zeit Pataten ſich anfinden / gleichwol aber um jungen Jammes zu bekommen / muß man von der Frucht ſelbſt etwas in die Erde pflantzen.

Sie ſeynd laͤnglich rund / gemeiniglich ſo groß wie die Hollaͤndiſche groſſe Ruͤben. Jnwendig gantz weiß / ſo wie die Jammes, werden auch eben ſo gekocht und gebraten / und an Statt Brods genoſſen / fuͤrnemlich zu Fida, allwo die Mohren ein groſſes Leckerbißlein davon machen. Und gewiß nicht unbillig / zumahlen ſie ungleich beſſer als die Jammes, mit denen Hol - laͤndiſchen gebratenen Caſtanien gar wohl uͤberein - kommen. Die meiſten ſind nach dem Lande Ante in Sabou zu finden / von dem man in Wahrheit ſagen kan / daß es in Gegenhaltung anderer Laͤnder an kei - nem Guten einigen Mangel ſpuͤre.

Man will vor gewiß erzehlen / daß ehe die Portu - gieſen hieher gekommen / die Mohren von nichts an - ders als obgedachten zwey Fruͤchten / nebſt einigen Wurtzeln von Baͤumen ſich genehret / da zur Zeit noch nichts wiſſende vom Milhio, welches die Portu - gieſen auch zuerſt herein gefuͤhret. Jnſonderheit was mich dieſes ſo viel mehr glaubend machet / finde ich ge - gen Gvinea wenig oder faſt gar kein Milhio, und daß die Einwohner von dieſen zwey Fruͤchten / ſonderlich Jammes leben.

Nachdem ich alſo die vier vornehmſten Arten von Fruͤchten beſchrieben / die zum Unterhalt des menſch - lichen Lebens noͤthig ſeynd / iſt noch uͤbrig zu melden / was denn vor welche mehr im Lande befindlich. Die - ſes ſeynd insgemein unterſchiedliche Art Bohnen / deren einige unſern Hollaͤndiſchen Garten-BohnenZ 2ſehr356Beſchreibungſehr gleich ſeynd / ſowol was ihre aͤuſſerliche Geſtalt / als auch ſonſten ihren Geſchmack betrifft.

Die zweyte Art faͤllt etwas groͤſſer / hat Ehlen-lan - ge Huͤlſen / und bleich-rothe Frucht.

Die Dritte iſt faſt wie die Hollaͤndiſche Princeſſe Boontjes, ohne daß ſie dunckel-roth / ſonſten uͤberaus koͤſtlich / nahrhafft und lecker iſt.

Durchgehends wachſen ſie wie in Holland die Welſche-Bohnen / da man ſie entweder beſtecket / oder laͤngſt einer Hecke auffſchieſſen laͤſſet.

Folgende hingegen wachſen gantz anders / als er - ſtens die kleinen Bohnen Jojootjes genannt / welche mit ſchmalen langen Huͤlſen eben ſo kriechen wie die Patates.

So finden ſich auch gantz kleine auf Baͤumen / die ſo hoch als in Holland die Kruͤſelbeer-Staude / welche ſchier eben ſo aus den Schlauben genommen werden als in Holland die gruͤnen Erbſen / dannenhero eine Qvantitaͤt erfodert wird / fals man eine gute Schuͤſ - ſel voll verlanget / wiewol ſie nicht ſehr lieblich und an - genehm von Geſchmack.

Noch eine andre Art Gobbegobben genannt / waͤchſet unter der Erden zwey und zwey in einer Huͤl - ſen zuſammen / oberhalb der Erde mit einem ſehr klei - nen Blat hervor ragende. Die allerſchlechteſte von allen / gleichwol nicht weniger darum gegeſſen.

Eben auf dieſe Weiſe wachſen noch andre in der Erde / welche nur vor wenigen Jahren bekandt wor - den / unter dem Nahmen Bohnen von Angola, weil ſelbige von da hieher gebracht worden. Ein ſehr an - genehmes und leckeres Eſſen / wenn ſie wie Caſtanien in der Brat-Pfanne gebraten werden.

Die357des Landes Gvinea.

Die letzte Art findet ſich auch in der Erde / und iſt die beſte / kan aber vor keine Bohne angenommen werden / eines Theils weil ſie keine Huͤlſen hat / und zweytens auf Bohnen Art weder gekocht noch zube - reitet werden. Fuͤglicher koͤnnte man ſie Erd-Nuͤſſe nennen / weil ſie rohe gegeſſen / eben ſo ſchmecken wie die Hollaͤndiſche Nuͤſſe; gemeiniglich aber werden ſie in Stuͤcken geſchnitten / eingeweichet / und durch ein Lin - nen herausgepreſſet / giebet ein gewiſſes Waſſer / we[l -]ches mit Reiß gekochet / hier zu Lande an Statt ſuͤſſer Milch / mit ein wenig Zucker / Zimmet und Butter ge - geſſen wird / deſſen man auch einen Unwiſſenden leicht - lich uͤberreden ſolte.

Was nun ſolche Fruͤchte die zur Schleckerey gehoͤ - ren betrifft / giebet es ihrer ſehr wenig / und zwar erſt - lich die Ananas, welche von einigen ſehr hoch und le - cker gehalten / folglich ſehr weitlaͤufftig beſchrieben wird. Meines Erachtens darff ich wol ſagen / ohne ſie zu verachten / daß ich niemahls dergleichen geruͤhm - te Lieblichkeit / noch die geringſte Niedlichkeit darinn gefunden. Gleichwol will ich mir die Muͤhe neh - men etwas ausfuͤhrlicher hievon zu reden / damit ihr urtheilen koͤnnet / ob ſich alles der Wahrheit gemaͤß verhalte.

Nebſt Liſchooten und andern Scribenten mehr - koͤnnet ihr hieruͤber Simon de Vries nachleſen in ſei - nen curieuſen Anmerckungen (wie er ſie titulirt) uͤber die wunderbahre Sachen in Oſt - und Weſt-Jn - dien. Es fuͤhret derſelbige hierinn an einige Autores, und wird ſich anitzo ausweiſen / ob ſie recht oder un - recht gerathen / wenn ich folgende wahrhafftige und eigentliche Beſchreibung werde hinzugethan haben /Z 3ſowol358Beſchreibungſowol was ihre natuͤrliche / innerliche Beſchaffenheit / aͤuſſerliche Geſtalt als auch Wachsthum / und die Pflantze ſelbſt betrifft.

Dieſe nun hat einige Verwandſchafft mit derjeni - gen / ſo man bisweilen bey Liebhabern findet unter dem Nahmen Joubarbe, ausgenommen das die Ananas - Blaͤtter gerader in die Hoͤhe ſtehen / auch nicht ſo breit und dicke ſeyn wie der Joubarbe, imgleichen auf bey - den Seiten derer Blaͤtter kleine / doch ſehr ſpitzige Sta - cheln ſich finden / uͤberdem auch dunckel-gelb mit ein wenig gruͤn von Farbe iſt / da hingegen die Joubarbe uͤber die Maſſen ſchoͤn gruͤn iſt.

Zwiſchen den Blaͤttern / ehe noch die Frucht kom̃t / waͤchſet ein Knopff oder Buſch einer Fauſt dick / gantz gruͤn / mit einen ſchoͤnen rothen Blumen-Krantz / und kleinen Blumen rings herum gezieret / uͤberaus ver - gnuͤglich anzuſehen. Die Farbe dieſes Buͤſchleins veraͤndert ſich allgemach / aus einer Anfangs ſchoͤn gruͤnen mit kleinen gelben Bluͤmlein / bey mehr und mehrer Reiffung in eine gantz gelbe. Will man nun dieſe Ananas genieſſen / ſchneidet man auf einmahl die Rinde und Blaͤtter / welche gleichſam rund um die Frucht eingefaſſet / gantz abe; der Blumen-Krantz oder wenigſtens ein Theil davon / bleibet feſt daran ſitzen / ohngeachtet die Ananas vollkommen zeitig / wie - wol mit gantz geenderter rothen / und angenommener gelben Farbe. Rings um den Ananas ſchieſſen klei - ne Schoͤßlein hervor / welche man aufs neue pflantzet / um andere Ananas zu haben. Sehet dieſes mag ge - nung von der Pflantze ſeyn.

Die Frucht Ananas ſelbſt iſt ohngefehr einerSpan -359des Landes Gvinea. Spannen lang und dick / wiewol unterſchieden / wie alle andre Fruͤchte / einige klein einige groͤſſer.

Den Geſchmack belangend / kommen bey Herr de Vries angezogene Autores gantz uͤberein / und habe dawider nichts einzuwenden / ausgenommen daß ſie zuweilen keine leckere Frucht heiſſen kan / angeſehen dieſelbige haͤuffig genoſſen / einen groſſen Eckel verur - ſachet. Hingegen mit Zucker / Zimmet und Wein / wie Erdbeeren / ſehr lieblich und geſund iſt; allein aber iſt ſie viel zu hitzig / folgends ein groſſes Verſehen von Monardo, wenn er ſelbiger eine kalte Eigenſchafft zuſchreibet. Sie erhitzet ungemein ſtarck / ſo gar daß wenn man ſie haͤuffig zu ſich nimmt / vermittelſt ihres herben und ſauren Safftes / zu einem Blutſpeyen veranlaſſet wird. Nichts deſto weniger ob gleich ihre ſcharffe Feuchtigkeit die Gurgel und Zahnfleiſch blu - tend machet / iſt es ein ungereimtes Maͤhrlein / wenn einige vorgeben / daß ſie ſo ſtarck beiſſe / daß ſie in einer halben Stunde ein Meſſer in Stuͤcken freſſe / welches doch ſo wenig wahr / daß wenn man nicht nur eine halbe Stunde / ſondern halbes ja gantzes Jahr dazu brauchen wolte / dennoch ſolche Wuͤrckung nicht fin - den wuͤrde. Zwar iſt es nicht zu leugnen / daß es durch die Schaͤrffe ziemlich ſtumpff werden doͤrffte / allein dieſes ſehen wir ebenfals bey Zertheilung einer Limon, Pomerantzen / Bakovens und Bananes, ſon - derlich derer letzten ehe ſie noch recht zeitig; folgends nicht als etwas ſonderliches dieſe Rauhigkeit der Ana - nas zuzueignen.

Ehe ich noch dieſe Materie endige / muß ich obige Autores noch eines groben Fehlers uͤberfuͤhren / da nemlich Linſchoote meldet es wachſe die AnanasZ 4ober -360Beſchreibungoberhalb der Erde eines Klaffters hoch / andere halb unter der Erde / und folglich beyderſeits einen groſſen Schnitzer begehen / indem die Pflantze gemeiniglich uͤber anderthalb Fuß / der Stamm uͤber einen halben Fuß nicht hoch iſt / folgends uͤberhaupt nur zwey Fuß ausmachet / welches noch weit von einem Klaffter / oder noch weniger mit dem Wachsthum unter der Er - de ſich reimet.

Wieder Vermuthen habe ich mich ſo lange bey dem Ananas verweilet; Meynenthalben mag einer kom - men und ſagen daß dieſe Frucht in Aſia und America gantz anders ausſehe; genung daß ich von unter - ſchiedlichen glaubhafften Leuten / und des Orts ge - reiſeten vernommen daß kein Unterſcheid dazwiſchen zu finden.

Nachdem Ananas, wil ich von den Waſſer - Melonen wiewohl nicht ſo weitlaͤufftig handeln / ohngeachtet ſie viel koͤſtlicher und angenehmer feyn. Jnnwendig wenn ſie noch gantz klein / ſind ſie weiß und auswendig gruͤn / ſo bald ſie aber beginnet zu reiffen / bekommt ſie aͤuſſerlich weiſſe Flecken und verlieret in etwas ihre gruͤne Farbe / innwendig wer - den ſie roth und weiß / da dann bey zunehmender Roͤ - the ihre Reiffe und Zeitigkeit zu erkennen; wann ſie vollkom̃en zeitig / haben ſie einen lieblichen angenehmen Geſchmack / vielen Safft und Erfriſchungs-Krafft.

Sie ſind auch viel geſunder und dienlicher ei - nem mit dem Fieber behaffteten Menſchen als die Ananas.

Man bedienet ſich ſelbige an Statt Salates oder Gurcken / denen ſie einiger maſſen gleich ſeyn / in - dem ſie eben ſolche Koͤrner haben / welche wenn ſiezei -361des Landes Gvinea. zeitig ſeynd / ſchwartz werden / und zu verpflantzen dienlich.

Sie wachſen auch eben ſo wie Gurcken / wiewohl mit etwas andern Blaͤttern / und ſeynd noch einmahl ſo groß als unſere Melonen in Holland / wuͤrden auch in ſchrecklicher Anzahl zu haben ſeyn / fals die Moh - ren nicht zu faul und nachlaͤßig waͤren / nun aber von einigen wenigen unſerer vornehmſten Leuten beybe - halten und gepflantzet / dem gemeinen Mann nicht viel zu Nutz kommen.

Gemeiniglich fallen ſie am beſten im Julio und Auguſto, und koͤnnen bey guten Wetter des Jahres zweymahl geſammlet werden.

Dieſes ſeynd demnach alle friſch befindliche Fꝛuͤchte / nichts deſto weniger kan ich folgende nicht vorbey ge - hen / nach deren Erinnerung ich mit Warheit ſagen darff / nichtes von allem ſo Boͤſem als Gutem ausgelaſ - ſen zu haben.

Vors erſte iſt der Malagvette, bey den Hollaͤndern Gvinæiſcher Pfeffer genannt / und dem meiſten Leuten zur Gnuͤge bekandt / ſelbiger waͤchſet auf kleinen Ge - ſtraͤuchen in rothen Huͤlſen / von ferne nicht unver - gnuͤglich anzuſehen. Jn dieſen Huͤlſen iſt der Ma - lagvette verborgen / eines von andern durch ein weiß umgebenes Haͤutlein in 4. oder 5. Ordnungen abgetheilet. Wiewohl er noch auf eine andre Art waͤchſet / eben ſo wie die Schwertel-Blumen.

Noch eine andre Frucht waͤchſet auf Geſtaͤude / und iſt dem Anſehen als Geſchmack nach dem Cardo - mom nicht ungleich / folglich mich unterſtehe eines vor das andre zu halten.

Z 5Tief -362Beſchreibung

Tieffer im Lande gegen Benin giebet es auch Pfeffer mit dem Oſtindiſchen einerley Krafft.

Uberdem iſt hieſiges Land mit einer andren Art Pfeffer Piment, in Europa aber Spaniſch Pfeffer genannt / uͤberaus angefuͤllet / ſelbiger waͤchſet auf kleinen Geſtaͤude / dem Hollaͤndiſchen Kraͤuſelbeer - Strauch nicht unaͤhnlich / wiewohl etwas niedriger.

Und ſeynd dieſes Piments zweyerley Arten groß und klein / beyderſeits alſobald gruͤn / nachgehends a - ber die kleinen ſchoͤn roth / die groſſen roth und ſchwartz / durchgehends dem Auge nicht unangenehm / ſonſten ſehr hitzig und weit mehr als der Pfeffer / ſonderlich der kleine / welcher nur den vierdten Theil ſo groß als der andre / hingegen aber ſein Geſtrauch darauf er waͤchſet / wol ſechs mahl hoͤher und breiter iſt.

Piment in Wein-Eßig oder auch Citronen-Supp gethan / wird von vielen ſehr geſund und ſtaͤrckend ge - halten / ſonderlich mit Citronen-Supp.

Sonſten giebet es keine ſolcher Kraͤuter die in Eu - ropa bekandt ſeyn / es ſey denn Eſtragon und Taback / eines als das andere / ſonderlich des letzteren ſehr viel; wiewohl ſo heßlich ſo ſchlecht / daß es einen nur wenig eckelhafften Menſchen unmoͤglich iſt bey denen Moh - ren zu dauren wenn ſie dieſes garſtige Kraut rauchen / zumahlen es unnatuͤrlich ſtincket / gleichwol die Mohren ſelbſt im geringſten nicht hindert.

Einige unter dieſen brauchen ſehr lange Pfeiffen von mehr als 6. Fuß aus einen Schilffhalm mit Leim und Erde gemacht / darin ſie 2. oder 3. Hand voll Ta - back ſtopffen / und ohn Abzuſetzen ausrauchen mit gar geringer Muͤhe / zumahlen die Pfeiffe bis an die Erde reichet / folglich ſelbige zu halten entohniget ſeyn.

Je -363des Landes Gvinea.

Jedoch rauchen dergleichen Taback nur diejenige Mohren ſo etwas tieff im Lande wohnen / denn dieſe ſo unter unſerm Regiment / und mit den Weiſſen viel ver - kehrende / lauter Portugieſiſch oder Braſilianiſch Gut brauchen / welches in etwas ertraͤglicheꝛn und wenigern Geſtanck verurſachet.

Beyderſeits Geſchlechte ſo Mannes als Weibes Perſonen / ſeynd ungemeine Liebhaber davon / ſo gar daß ſie die geringſte Schwuͤrigkeit machen / den letzten Heller davor auszugeben / ja viel lieber hungern / wel - ches denn bißweilen eine ſolche Theurung im Taback verurſachet / daß ſie vor ein Klaffter Portugieſiſch Gut / ſo noch kein Pfund ausmachet / einen Gulden / Eſter - lin oder Thaler in Silber Geld vor dergleichen lum - penen Waare bezahlen.

Seynd demnach mein Herr unſere Taback - Schmaucher vielmehr Lobens werth die einen guten Verginiſchen Taback oder Verginiſche Blaͤtter ge - brauchen / andere aber was rechte dumme unwiſſende Leute unter uns ſeynd / und mit dem lumpenen Amers - forter Gut ſich behelffen / wolte ich wuͤnſchen daß ſie zur Straff ihrer verkehrten und verderbten Natur Zeit ihres Lebens keinen andern Taback haͤtten als dieſen Mohren Taback / den Sonntag und Feſt-Ta - ge aber mit Braſilianiſchen zu frieden ſeyn muͤſten / doch mit dem Beding daß ſie von aller braven Taback - Schmaucher Compagnie ausgeſchloſſen ſeyn muͤ - ſten. Dieſes oben hin geſagt / es waͤchſet demnach hieſiger Taback in Pflantzen zwey Fuß hoch / mit zwey bis drey Qveer-Haͤnde langen und einer Hand brei - ten Blaͤttern / die Blumen ſeynd weiß wie kleine Gloͤck -lein /364Beſchreibunglein / ſo nach Erreichung ihres vollkommenen Wachs - thum den Saamen ſetzen.

Endlich muß ich noch einiger Frucht gedencken / wel - che auf ſehr hohen Baͤumen / groß und offt groͤſſer wie eine Nuß waͤchſet / mit eben dergleichen Schaale / innwendig in unterſchiedliche Theile abgeſondert / de - nen einige roth / andere weiß ſeyn. Worauf nicht nur die Mohren ſondern auch unterſchiedliche Weiſſe ſehr vernarret ſind. Wir nennen ſie Kool und die Mohren Bouſi, man zerkaͤuet dieſelbige im Munde und ſpeyet ſie nach ausgezogenem Safft wieder her - aus.

Selbige ſeynd ſehr herbe / rauch und ſchier bitter / ſo gar daß man genoͤthiget wird den Mund zu zumachen wenn man ſie kauet / ſonſten von keiner andern Wuͤr - ckung als daß ſie ſtarck den Urin treiben / ohne daß andre vorgeben der Palmen-Wein ſchmecke gut dar - auf / nichts deſtoweniger laſſe ich ſie gerne ungegeſſen / gemeiniglich nimmt man ſelbige mit etwas Saltz und Malagvette.

Haͤtte es bey mir geſtanden / wuͤrde ich dieſe Frucht Betel oder Anca von Africa beſſer genennet haben / welches etwas anders als Kohl gelautet / indem ſich alle dasjenige was ich noch zur Zeit von dem Gebrauch des Betels oder Anca bey denen Jndianern gehoͤret treff - lich wol mit dieſem vermeynten Kohl ſchicket / theils ih - ren Geſchmack / theils ihrer Wuͤrckung nach.

Jch koͤnte zwar anitzo gegenwaͤrtiges fuͤglich ſchlieſ - ſen / wenn mich nicht erinnerte noch etwas wichtiges in meiner Beſchreibung vom Lande Gvinæa ausge - laſſen zu haben / dannenhero will ich damit ihr nicht gedencken moͤget / als ob ich ſo gar unbeſonnen ohneWitz365des Landes Gvinea. Witz und Verſtand mit meiner Beſchreibung zu Werck gienge / zum Beſchluß meines Brieffes und der gantzen Gvinæiſchen Landes-Beſchreibung auch noch eine ungeheure Qvantitaͤt Saltz vorlegen / damit ihr und euer gantzes Haus einige hundert Jahre auskom - men koͤnnet / Was meynet ihr mein Herr? iſts nicht genung Saltz.

Unglaublich iſts was die Mohren in Gvinæa aus dem Saltz-kochen vor groſſen Gewinſt ziehen / ſo daß im Fall es beſtaͤndiger Friede im Lande waͤre / diejenigen ſo davon leben / in kurtzem ſehr reiche und ungewoͤhn - lich bemittelte Leute werden ſollten / angeſehen das gantze Land hier allein ihr Saltz holen muß / folglich nicht unſchwer zu begreiffen / es muͤſſe das Saltz ſehr theuer ſeyn; dahero die gemeine Leute gezwungen an ſtatt Saltzes / eines gewiſſen ſaltzichten Krautes ſich zu bedienen / in Anſehung ihr Vermoͤgen ſich dahin nicht erſtrecket / daß ſie jenes kauffen koͤnnen.

Ja man giebet etwas weiter im Lande hinten Ardra von wannen die meiſten Sclaven kommen / bisweilen einen / bisweilen gar zwey vor eine Hand voll Saltz; gedencket wie gut kauff allhie das Menſchen Fleiſch ſeyn muß.

Mercket nun weiter wie ſie damit umgehen. Ei - nige laſſen das See-Waſſer in kupffernen Becken ſo lange kochen bis es ſincket und zu Saltz wird / weil aber ſolches lange Zeit und groſſe Koſten erfordert geſchiehet es nur in denen Oertern / wo das Land ſo hoch daß weder See noch anderer ſaltzigten Fluͤſſe daruͤber gehen koͤnnen: Hergegen wo das Land oͤffters unter Waſſer komt / machen ſie groſſe Hoͤlen und ſammlen das Waſſer / da denn das ſubtileſte allgemach vermit -telſt366Beſchreibungtelſt der Sonnen-Hitze verrauchet (welches wider die Meynung eines gewiſſen Autoris; allein man muß wiſſen / daß weil hieſiges Land viel Saltz und Salpeter bey ſich fuͤhret / eine kleine Qvantitaͤt Waſſers viel beſſer Saltz in weniger Zeit giebet als eine groſſe) und in kurtzem vieles Saltz darreichet.

Jn andern Oertern haben ſie Saltz-Gruben / all - wo durch Hitze der Sonnen das Waſſer ſo eintruck - net / daß ſie keines Kochens / ſondern einig und allein des Auffſammlens noͤthig haben. Diejenigen nun welche die Mittel nicht haben ſolche Becken ſich anzu - ſchaffen / oder auch ihr Geld nicht anlegen wollen / aus Furcht / es doͤrffte dergleichen Becken durch lan - ges Kochen und uͤber dem Feuer ſtehen gar bald ver - derben / nehmen irrdene Toͤpffe derer ſie 10. oder 12. einer an den andern mit Thon in duppelter Reyhe feſt machen nicht anders als ob ſie in einander gemauret waͤren; alsdenn machen ſie indem darunter befindli - chen Ofen ein groſſes Feuer / und unterhalten ſelbi - ges mit vielen Holtz. Welches ihre gewoͤhnlichſte Art iſt deren ſie ſich bedienen / gleichwol aber doch nicht ſo viel Saltz und in ſo kurtzer Zeit bekommen.

Es iſt aber ſehr fein und weiß durchs gantze Land (ausgenommen zu Acra) und fuͤrnemlich in Fantin, allwo es dem Schnee nichtes an Farbe nachgiebet. Und hiemit habe ichs gethan / doͤrffte aber bey gelege - ner Zeit wenn ich Luſt zum Schreiben bekaͤme / noch eines und das andre vom Lande Ardra inskuͤnfftige eroͤffnen; unterdeſſen gebe euch doch keine gewiſſe Verſicherung darauf / wol aber daß ich warhafftig bin der Eurige ꝛc.

Ende des ſechszehenden Briefes.
Sie -367des Landes Gvinea.

Siebenzehendes Send - Schreiben.

Gegenwaͤrtiges als ein Anhang des vorigen ſoll gleich Anfangs von einer Schlange zu Axim 22. Fuß lang gefangen / handeln / imgleichen von einer nicht viel kuͤrtzern zu Boutry. Von einem ſonderli - chen Scharmuͤtzel / zu Mouree zwiſchen ei - ner Schlangen und zwey Jgeln. Noch ei - ner andern Begebenheit an eben dieſem Ort / da eine Schlange einen Mohren gantz blind machte / vermittelſt ihres Gifftes. Von Tieger-Thieren und einen jungen Menſchen durch dieſe zerriſſen. Von der Tieger-Jacht des Autoris, wie er ſelbiges gefaͤllet. Beſchreibung des Jach-Hals / wunderbahrliche Begebenheit mit einem zu Elmina gefaͤlleten Elephanten / was ſich dabey zugetragen / endlich von einer ge - wiſſen Spinne bey den Mohren Ananſe ge - nennet / von welcher nach ihrer Meynung die erſte Menſchen gebildet.

Mein Herr!

JCh habe in meinen vorigen zu unterſchiedlichen mahlen verſprochen / mit mehrern Umſtaͤnden von gewiſſen Thieren zu reden / inſonderheit von unſer Tieger und Elephanten-Jagt / dem ich gegenwaͤrtigeswid -368Beſchreibungwidmen will / vorhero aber etwas weniges von Schlan - gen ſagen.

Vor ohngefehr eilff Jahren fingen und toͤdteten die Mohren zu Axim eine Schlange / welche 22. Fuß lang war und mitten durchgeſchnitten in ihrem Eingeweyde eine groſſe Hindinn oder Hirſch-Weib - lein verborgen hatte.

Schier um eben ſelbige Zeit fing man eine andre zu Boutry, welche einen Mohren im Leib und ſchier eben die Laͤnge hatte.

Als einſten meine Leute zu gewiſſer Zeit etwas tieff ins Land hinter Moureë gereyſet / fanden ſie eine Schlange von 17. Fuß / und ungemeiner Dicke / lie - gend nahe einen Waſſer-Graben / ohne Zweiffel um ſich zu erluſtigen / nebſt zweyen ſehr groſſen und dieſer nicht viel nachgebenden Jgeln / zwiſchen welchen es zu einen hefftigen Treffen geriethe / ſo daß ſie von beyden Theilen mit aller erſinnlicher Gewalt einander anſie - len / die Schlange mit ihrem Giffte um ſich und auf die Jgeln werffend / dieſe hingegen mit ihren zwey Spannen langen Stacheln ſich uͤber die Schlangen heruͤber tummelnd / und alſo lange Zeit ein Schau - ſpiel meinen Leuten vorſtellete / ohne dieſer wegen der Hitze ihres Scharmuͤtzels gewahr zu werden. Wan - nenhero ſelbige meine Leute zu ihren Flinten griffen / und nach gegebener guten Ladung auf dieſe drey feind - liche Partheyen losbrenneten / ſo gluͤcklich / daß alle drey auf dem Platz blieben / und nach Mouree ge - bracht wurden / allwo ſie von ihren Cameraden ge - geſſen / und bey groſſer Freude und Luſtigkeit verzeh - ret wurden.

Als wir unſere Veſtung zu Mouree etwas aus -beſſern369des Landes Gvinea. beſſern lieſſen / trug es ſich zu / daß unſere Arbeits-Leute eine groſſe Schlange hinter einem Stein-Hauffen wahrnahmen / und um ſelbiger maͤchtig zu werden / einige Steine abraͤumeten / ſo lange bis dieſelbige mit dem halben Schwantz zwiſchen den Steinen hervor - kam. Nun fande ſich unter allen ein Maͤurer der ſo verwegen war / daß er die Schlange bey dem Schwantz ergreiffend meynte ſie alſo hervor zu ziehen / allein weil es nicht wolte angehen / ſchnitte er ſie ſoweit er vor den Steinen konnte / mitten durch / in Mey - nung ſie koͤnnte nunmehro keinen Schaden thun / nahm deswegen noch mehrere Steine hinweg / ohne die geringſte Sorge / kaum hatte jene ſo viel Raum ge - wonnen daß ſie ſich umdrehen konnte / warff ſie dem Maͤurer das Gifft uͤber das gantze Geſicht / da dieſer ſie mit der Hand zu ertappen Willens / ſo daß er von Stunden an gantz blind wurde; bis er nach einigen Tagen gleichwol ſein Geſicht wieder bekame / wie ich unterſchiedliche Mohren geſehen / welche von irgend einer Schlangen geſtochen ſeynde / erſchrecklich auflief - fen / folgends aber der Geſchwulſt allgemach ſich ver - lohren / daß derhalben glaube derer Schlangen Gifft unterſchiedlich zu ſeyn / ſintemahlen einige toͤdlich / an - dere nur leichte Wunden verurſachen / noch andre als inſonderheit zu Fida, gar nicht ſchaden koͤnnen.

Von der letzten Art iſt dieſe / welche man in des Herrn General-Directoris Saale aufgehangen ſiehet / 14. Fuß lang / und mit bloſſen Haͤnden von ei - nem unſerer Sclaven von Ardra oder Fida, im Gar - ten zu Elmina gefangen / ohne daß er einen Stock oder ichtes anders in Haͤnden gehabt / nichts deſto - weniger lebendig dieſelbe aufs Schloß gebracht. Un -A ater370Beſchreibungter dem Leibe fanden wir zwey Fuͤſſe / nicht anders als rechte Voͤgel-Fuͤſſe / deren ſie ſich wie mir einbilde im ſpringen und aufrichten bedienet. Dieſes mag alſo genung ſeyn von Schlangen / nachdem ich allbe - reit in meinen vorigen von den zwey letzteren geſpro - chen habe. Anitzo will ich noch derer Tygerthiere gedencken.

Dieſe machen nun das groͤßte Lermen und Ungluͤck im gantzen Lande / und zwar mit unbeſchreiblicher Vermeſſenheit. Vor einigen Jahren hatte ſich ein junger Menſch unſerm Kauffmann zu Saconde ge - hoͤrig / gegen Abend etwas zu weit von unſern Haͤu - ſern vergangen / da er denn von einem Tygerthiere in viele Stuͤcke zerriſſen worden.

Zu derſelbigen Zeit / und an eben dem Orte fande ſich auch ein Mohr / in Willens mit ſeiner bey ſich fuͤhren - den Axte etwas Holtz zu faͤllen / welchem ebenfals ein Tygerthier begegnete und anfiele. Weil aber gedach - ter Mohr ein ziemlich fertiger und geſchickter Kerl war / ſetzte er ſich in Poſitur, und wehrete ſich mit ſei - ner Axte ſo tapffer / daß nach langen fechten er Mei - ſter von dem Tyger bliebe und ſelbigen niedermachte / jedoch ſo gar ungezeichnet nicht davon kam / ſintemah - len ſein gantzer Leib ſo zerfetzet und zerriſſen war / als ob man ihm haͤtte das Fell gar abziehen wollen.

Jm Jahr 1693. als ich Commendant in obiger Veſtung war / hatte mir ein Tyger zu unterſchiedli - chen mahlen des Nachts einige Cabrettes (ſo nen - net man die Schaafe oder Hammel) wie auch mei - nem Nachbar dem Engliſchen Kauffmann niederge - machet; wurde auch endlich ſo verwegen / daß er ein - mahl des Nachmittags um 3. Uhr dichte an unſereHaͤu -371des Landes Gvinea. Haͤuſer kam / und zwey Cabretten zerriſſe. Jch er - blickte ihn zeitig genung / nahme derowegen ſowol als mein Buͤchſenmeiſter / zwey Engellaͤnder / und einige Mohren / jeder eine gute Flinte / und verfolgten ihn mit geſamter Hand / ſo lange bis wir ihn darauf einho - leten / gleichwol nicht verhindern konnten / daß er ſich in ein kleines dickes Gehoͤltze retirirte / welches wir von Stunden an rings umgaben. Waͤhrender Zeit nun daß er ſich verborgen hielte / wagte ſich mein Buͤchſen - meiſter ins Gehoͤltz / um zu ſehen wo er ſich verſtecket / kam aber nach Verlauf einer halben Viertelſtunde wie unſinnig zuruͤck gelauffen / mit Hinterlaſſung des Hutes und derer Pantoffeln / anbey von dem Tyger weidlich zerkratzet / gleichwol zu allem Gluͤck noch ent - wiſchet / ſintemahlen es durch die abfallende Zweiglein der Baͤume erſchrocken / dem Buͤchſenmeiſter Gele - genheit gegeben ſein Leben zu retten / nichts deſtoweni - ger aber blieb es noch im Walde.

Endlich wolte das Warten einem Engellaͤnder auch zu lang fallen / nahm derowegen ein Hertz und machte ſich mit ſeinem Schieß-Gewehr ins Holtz / um ihn nach Moͤglichkeit von der Stelle zu jagen. Das Thier wur - ihn viel zu fruͤhzeitig gewahr / und ließ ihn gantz nahe an - kommen / bis es mit unglaublicher Gewalt auf ihn zu - ſprang / und mit den Vorderfuͤſſen bey dem Schul - terbein / mit dem Ruͤſſel aber in der Seiten ertappete / ſo daß es ohnfehlbar den guten Engellaͤnder in tau - ſend Stuͤcken wuͤrde zerriſſen haben / fals ich auf deſſen ungemeines Geſchrey nicht mit einigen Mohren waͤ - re zu Huͤlffe gekommen / wodurch es gleichwol ſeine vermeynte Beute loß lieſſe. Jmmittelſt war der En - gellaͤnder ſo uͤbel angekommen / daß er den halben TagA a 2gantz372Beſchreibunggantz von ſich ſelbſt war / theils wegen des gifftigen Biſſes / theils wegen des unglaublichen Schreckens den er empfunden.

Die Mohren wurden bey ſo ungluͤcklichem jagen dergeſtalt zaghafft / daß ſie allen Muth daruͤber verloh - ren / und einjeder den ihm anvertrauten Poſten ver - lieſſen; folgends das Thier Gelegenheit bekam Reiß - aus zu nehmen / darinn es denn nicht ſaͤumete / wiewol bey ſeiner Flucht eine laͤcherliche Begebenheit ſich er - aͤugnete.

Es hatte der Unter-Kauffmann von der Engliſchen Veſtung / lange vorher verſprochen (denn dieſes war nahe dabey) er wolte mir zu Huͤlffe kommen / wenn der Tyger wuͤrde aus dem Walde lauffen / kam dan - nenhero dieſer Engellaͤnder mit ſeiner Flinte anmar - ſchiret / in Willens ſeinem Verſprechen gehoͤrige Fol - ge zu leiſten. So bald ihn das Tygerthier alleine vor ſich ſahe / naͤherte es ſich zu ihm / und machte daß jener an Statt zu uns zu kommen / mit verdoppelten Schritten wieder zuruͤck nach der Veſtung eilete / aus Furcht und uͤbermaͤßiger Eile aber uͤber einen Stein fiele / ohngefehr einen halben Muſqveten-Schuß von der Veſtung / da das Thier ihm auf den Hacken war: Die Furcht hielte uns etwas zuruͤck / indem wir einer ohnfehlbahren grauſamen Zerfleiſchung des armen Engellaͤnders gewaͤrtig waren / wiewol es gantz an - ders lieffe. Jndem das Thier bey ſeiner Heran - naͤherung / an Statt daß es ihn beruͤhren ſolte / ſich zur Seiten wegwendete / und alſo bey Verfolg ſeiner Flucht uns aus den Augen kam.

Vermuthlich hat es ihm nichts anhaben wollen / aus Furcht vor uns / indem wir ſelbiges mit entſetzlichemGe -373des Landes Gvinea. Geſchrey verfolgten / um ſo viel moͤglich ſelbiges da - durch furchtſam zu machen; denn ſchieſſen konnten wir nicht / weil der Engellaͤnder zu nahe / und dieſen ſo leicht als jenes haͤtten beſchaͤdigen koͤnnen; oder viel - leicht mag es gedacht haben / (daß ich ſo rede) Ehre ge - nung zu ſeyn / daß es allbereit einen Engellaͤnder in den Klauen gehabt / folglich damit zufrieden und beſſer be - funden / das Haaſen-Panier zu ergreiffen.

Das iſt alſo das Ende von unſerer Jagt / inskuͤnff - tige ſoll mir die Luſt wol vergehen dergleichen mehr vor - zunehmen; ſintemahlen ich unterſchiedliche Gefahr ſelbſt von denen Mohren ausgeſtanden / in Anſehung daß dieſe ſo ungeuͤbte Schuͤtzen / an Statt des Tyger - thiers gar leichtlich mich haͤtten uͤbern Hauffen ſchieſ - ſen koͤnnen.

Nichts deſtoweniger kam das Thier nach etlichen Tagen wieder / und lieſſe ſich gar nicht abſchrecken / toͤdtete auch von neuen einige Cabrettes, dannenhe - ro ich ein anders Mittel erſinnen muſte / um ſelbiges auf die Art wie zu Ante zu faͤllen / mercket derohalben folgendes. Jch ließ 6. groſſe Pfaͤhle hauen / und da - von einen Umkreiß ohngefehr 12. Fuß lang und 4. breit machen / auf welche ich ebenfals ſolche Pfaͤhle legen / und oben darauf mit ohngefehr 100. . ſchwer Steine beſchweren lieſſe damit es oben nicht heraus kuͤnnte. Nachgehends machte ich vor gedachtem Um - kreiß eine zweyfache Pforte / nebſt vier unterſchiedli - chen Abſchnitten; darinnen ich zwey Schweine ſtelle - te / die Pforte aber nicht anders aufſtellete als die in den Hollaͤndiſchen Mausfallen / ſo daß der Tyger ohn - moͤglich konte hereinkommen und ſich der Schweine bemaͤchtigen / ohne daß die Thuͤr hinter ihm zufallenA a 3muſte /374Beſchreibungmuſte / dennoch aber denen Schweinen wegen gedach - ter Abſchnitte nichts abhaben konte.

Es gelunge mir dieſer Anſchlag ſo wohl / daß den dritten Tag nach Verfertigung dieſer Invention, mitten in der Nacht den Tyger gefangen bekam / wel - cher an Statt wie ich mir vermuthete eines ungeheu - ren Geheules / ſein Gebiß exercirte und ſich aufs na - gen legte / um wo moͤglich aus dem Gefaͤngniß her - auszukommen / waͤre auch ohnfehlbahr angegangen / fals er noch eine halbe Stunde Zeit gehabt / denn die Thuͤre und Pfahle waren allbereit halb durchfreſſen als ich dazu kam und ihn in ſeiner Arbeit ſtoͤrete; nahm deswegen ohne langes Bedencken / oder langes zielen meine Flinte mit 3. Kugeln geladen zur Hand / ſteckte dieſelbige zwiſchen die Pfaͤhle hindurch / alſofort kam der Tyger und biſſe darauf mit der groͤßten Gewalt / wodurch ich Gelegenheit gewann ihn auf einmahl todt zu ſchieſſen / jener aber vor den ſo offt begangenen Dieb - ſtahl das Leben einbuͤſſen muſte. Wir fanden hernach daß er ſo groß wie ein Kalb / und mit groſſen Klauen ſo - wol als ſehr ſcharffen Zaͤhnen verſehen war.

Nachdem wir alſo dieſes Thier gefaͤllet / machten wir uns acht Tage nach einander tapffer luſtig; ſinte - mahlen es im Lande von Ante die Gewohnheit iſt / daß wer einen Tyger faͤnget / die Freyheit hat acht Tage lang allen zu Marckt kommenden Palmwein vor nichts wegzunehmen; folgends auch wir dieſer Gewohnheit nachkommende / uns gantzer acht Tage mit denen Mohren tapfer luſtig und froͤlig erzeigten / ſo daß dieſe des Schieſſens / Tantzens und Sprin - gens kein Ende finden konnten.

Das Land Axim, und Ante iſt noch mehr / mitdie -375des Landes Gvinea. dieſen Tygerthieren uͤber die maſſen angefuͤllet. Sie kommen des Nachtes nicht allein vor / ſondern auch in unſere Veſtungen / angeſehen ſie ohnſchwer uͤber eine Maur von 10 Fuß hoch ſpringen koͤnnen.

Ehe ich noch ſchlieſſe die Materie, muß ich diejeni - ge wiederlegen ſo davor halten es tragen die Tyger ungemein groſſen Abſcheu vor dem Feuer / folglich koͤn - ne man dieſelbigen mit bloſſen Feuer ohne ichtes an - ders von ſich jagen. Zwar habe ich vor dieſem eben dergleichen falſche Einbildung geheget / nunmehro aber bey Unterſuchung und Befindung des Gegen - theils dieſelbige gaͤntzlich geaͤndert.

Es hatte nemlich ein Tyger mir ſchon etliche mahl zugeſprochen / als ich ihn ſchuͤchtern zu machen ein groſſes Feuer zunaͤchſt bey meinen Schaafen des Nachts anſtecken lieſſe / uͤberdem auch zu mehrerer Verſicherung befahle / es ſolten meiner Leute 5. bey dem Feuer mit geladenem Gewehr Wache halten; nichts deſtoweniger aller dieſer Vorſorge ohngeach - tet holete der Tyger ein Schaaf zwiſchen meinen Leuten (weil ſie eingeſchlaͤffert) hinweg und ſprang offtermahls um das Feuer herum. Endlich auf langes ſchreyen des armen Schaafes erwachten meine Leu - te / und wolten dem Tyger eins verſetzen / allein dieſer hatte ſchon laͤngſt das Feld gewonnen.

Wannenhero zu beweiſen ſtehet / daß dieſer gar nicht des Feuers halben ſcheu ſey / imgleichen daß nach Ausſage derer Mohren / niemahls an Menſchen ſich mache / wenn er des Viehes habhafft werden kan; ſon - ſten er ſo leicht einen meiner Leute als meiner Schaafe haͤtte anpacken koͤnnen.

Nach ihm folget an Grauſamkeit der Jackhals,A a 4oder376Beſchreibungoder wilde Hund / von welchem ſchon oben in der Be - ſchreibung vom Lande Acra Erinnerung geſchehen. Jm Jahr 1700. habe ich das Gluͤck gehabt einen zu ſehen / welchen des heutigen Koͤniges von Cormantin ſeine Unterthanen getoͤdtet / und die Hoͤfflichkeit hat - ten ihn auf unſer Schloß zu bringen. Es war der - ſelbige ſo groß wie ein Hammel / etwas hoͤher von Fuͤſ - ſen / kurtz und geſprengelt von Haaren / ungemein dick und ſtarck von Fuͤſſen in Anſehung ſeines Leibes / folg - lich von der uͤbrigen Leibes Staͤrcke unſchwer zu ur - theilen; hatte uͤber dem einen ſehr groſſen platten und breiten Kopff / einen Finger - und etwas breitere Zaͤh - ne / ſo daß alle ſeine ſo geruͤhmte Staͤrcke einig in dem Ruͤſſel zu ſuchen / und im Fuͤſſen / an welchen entſetzlich groſſe Klauen ſtehen.

Von der groſſen Vermeſſenheit dieſes Thiers will ich nur ein Exempel anfuͤhren ſo zu Acra geſchehen / da es einſtens in eines Mohren Haus gekommen / und eine Mohrin daraus geholet / ſelbige auf den Ruͤcken nehmend / in Meynung mit ſeiner Beute durchzuge - hen / weilen aber die Mohrin ein erſchreckliches Ge - ſchrey machte / ſo daß einige Mohren daruͤber auf - wachten / geſchahe es daß ſie noch gerettet wurde / wie - wol nicht ſonder Schaden / ſintemahl an dem einen Bein dabey ſie das Thier mit ſeinen Klauen ergriffen und feſt gehalten / ſie eine jedoch leichte Wunde hatte.

Nun kommen wir zu den Elephanten von denen wir oben erinnert / daß ſich dieſelbige nicht leicht an die Menſchen machen / hingegen wo ſie angefallen ſeynd / ungemein boͤſe und hitzig werden. Beydes wird klaͤrlich aus zwey folgenden Exempeln zu erſehen ſeyn / und wie ſchwer dieſelbe zu toͤdten.

Zu377des Landes Gvinea.

Zu Axim hat es ſich zugetragen daß ein Mohr nach Gewohnheit auf die Elephanten-Jacht gegan - gen / und nach allbereit erlegeten einigen noch auf einen andern (Elephanten) loßbrennete / zu allem Un - gluͤck aber verfehlete / wodurch der Elephant ſo erhitzet wurde / daß er dem Mohren zu Leibe eilete / ihn mit Fuͤſſen trate / und ſein Gewehr in Stuͤcken zer - brach.

Eben ſo kan auch folgendes zu einer guten Lehre ei - nem jeden dienen / um inskuͤnfftige nicht ſo vermeſſen und verwegen zu ſeyn.

Jm Jahr 1700. Monats Decembris kam des Morgends um 6. Uhr nahe bey Elmina ein Elephant gegangen / laͤngſt dem Lande fein langſam bis an den Berg S. Jago herummaſchiren. Nun waren eini - ge Mohren ſo verwegen daß ſie ohn einiges Schieß - oder Hand-Gewehr gleichſam ihn zu bewillkommen entgegen giengen. Der Elephant lieſſe ſich rings umgeben von dieſen / und machte ſich zugleich mit ihnen fort bis wie geſagt an den Berg S. Jago oh - ne die geringſte Furcht ſpaͤhren zu laſſen / kaum war er an beſagten Berg angelanget / ſo fande ſich einer von unſeren Officirern welcher nebſt einen Mohren Berg ab mit einen Schieß-Gewehr auf ihn zu kam / und ihm mit einer groſſen Kugel recht uͤber dem Au - ge einen ziemlichen Streich verſetzte. Nichts deſto weniger lieſſe ſich der Elephante weder durch die - ſen noch unterſchiedlicher andern Mohren gethane Schuͤſſe / zu einigen Zorn bewegen ſondern blieb bey ſeinen bißherigen langſamen Schritten nicht anders als wenn er denen naͤchſt um ſich ſehenden Mohren au - genblicklich eines verſetzen wolte wiewol es dabey blieb.

A a 5Er -378Beſchreibung

Erſchrecklich war es anzuſehen / da es ſchiene er wolte unſere Leute ſtets uͤberfallen / er ſpitzte ſeine ungeheure Ohren ſo hoch als er konte / und gieng endlich mit langſamen Schritten in unſern Gar - ten / da er ſich vielleicht eines beſſeren Tractaments verſahe.

Wie nun dieſes eine ſeltſame Begebenheit daß man ſolch ein ungeheures Thier ſo in der Naͤhe ſehen konte / entſchloſſe ich mich nebſt dem Herrn General / in Gefolge vieler andern weiſſen in den Garten zu ge - hen. Wir fanden ihn mitten im Garten allwo er vor unſerer Ankunfft bereits nur 4. oder 5. Cacao - yers hernieder geriſſen / und noch in unſerm Beyſeyn um uns dieſer Luſt nicht zu berauben / oder zu Be - zeugung ſeiner Staͤrcke, mit 5. oder 6. andern fer - tig wurde / indem es ſchiene ihm gar nicht ſauer an - zukommen eben ſo wenig als wenn ein groſſer erwach - ſener Kerl ein 4jaͤhriges Kind uͤbern Hauffen ſtoſſen ſoll. Wehrender ſolcher Arbeit wurden mehr als 100. Schuͤſſe auf ihn gethan / dadurch er ungememein vieles Blut verlohr / ſo daß es das Anſehen hatte ob waͤre ein Ochs daſelbſt geſchlachtet worden. Jedoch regte er ſich nicht von der Stelle / ſondern ſpitzte nur im - mer ſeine Ohren und machte die Leute furchtſam als ob er ſie augenblicklich zu Leibe wollte.

Uber dergleichen Poſſen fand ſich ein trauriger Zufall. Es machte ſich nemlich ein gewiſſer Mohr der ſeiner Staͤrcke zu viel zutrauete gantz ſachte hin - ter den Elephanten / ergriffe ihn bey dem Schwantz und wolte ihn abſchneiden; Dieſer aber nicht zuge - bend daß man bey Lebe-Zeiten ihm den Schwantz nehmen ſolte / ſchlug den Mohren mit ſeinem Ruͤſſelzur

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379des Landes Gvinea. zur Erden und ſchlepffete ihn hinter ſich her / ſetzte ihm zwey oder dreymahl den Fuß auf den Leib / und gleich als waͤre dieſes nicht genug den Mohren ums Leben zu bringen / bohrete noch vermittelſt ſeiner Zaͤhne zwey oder drey Loͤcher darein / in deren jedes man eine gan - tze Hand ſtecken koͤnte / lieſſe ihn weiter ohnberuͤhret liegen / und von zweyen ankommenden Mohren ohnge - hindert vor der Naſe wegnehmen / ohne das geringſte Boͤſes ihnen zuzufuͤgen.

Aus dieſen obigen Exempeln erhellet demnach klaͤrlich genung daß ſie keinem Menſchen nicht ſo leichte Schaden thun / hingegen gereitzet ſeynde ſehr zornig werden / inſonderheit wenn ſie geſchoſſen und nicht recht wohl getroffen werden / welches letztere doch ſehr fehlen kan / in Anſehung daß vorerwehnter mehr als 300. Schuͤſſe ausgehalten ohne ſich dawi - der zu ſetzen. Wie nun zwar alle nicht auf einer - ley Art ſterben / moͤchte ich dennoch niemanden ra - then ſo verwegen zu ſeyn und auf einen Elephanten zu ſchieſſen / ſintemahlen bey dieſen ſo viele Schuͤſſe nicht das geringſte vermochten; ohngeachtet daß einige ſich einbilden den rechten Handgriff gelernet zu ha - ben wie man einen Elephanten uͤbern Hauffen ſchieſſen muͤſſe / folgends lauter Eiſerner Kugeln ſich bedienen / weilen die Bleyerne nicht durchdringen ſondern auf ihrer Haut platt werden / oder die groͤſſern von ihren Beinen abſpringen. Nun kan dieſes nicht gelaͤugnet werden / denn bey dem Tode des Elephanten fanden wir unter ſo vielen Kugeln nur zwey welche ihm durch den Kopff gegangen waren / indem ſie theils zwiſchen der Haut und dem Beine ſaſſen / theils auch und zwar die kleineſten nicht anders als von einer Mauer zuruͤckge -380Beſchreibunggeſprungen. Es muͤſſen auſſer Zweiffel dieſelbige nicht groß genung geweſen ſeyn weil mir ein Engel - laͤndiſcher Kauffmann (mit Beſtaͤtigung vieler an - dern) erzehlet daß da er einſten in einem Kahne auf den Fluß Gamby einen Elephanten verfolget er ſel - bigen auf einmahl todt geſchoſſen haͤtte / gleichwol aber unſere Leute nicht zu beſchuldigẽ / ob haͤtten ſie nicht recht getroffen / iſt auch wider die Vernunfft / ſinte - mahlen unter ſo vielen Schuͤſſen zum wenigſten ein oder andrer an behoͤrigen Ort wird gekommen ſeyn / wie ſolches nach dem Todt des Elephanten augenſchein - lich zu ſehen geweſen.

Nachdem nun den Mohren (wie oben gemeldet) keine 16. Schritte von uns der Elephante umgebracht hatte / und ohngefehr noch eine Stunde in dem Garten geweſen / tummelte er ſich einige mahl herum nicht anders als wolte er auf uns alle loßziehen / wan - nenhero wir mit aller Eyl uns aus dem Garten mach - ten / und ein jeder auf Salvirung ſeines Lebens bedacht war / die meiſten lieffen auf dem Berg S. Jago, der Meynung daſelbſt in Sicherheit zu ſeyn (wie es denn wuͤrcklich war) daferne ſie hinkommen koͤnten / allein der Elephant verfolgte keinen Menſchen auſſer - halb dem Garten / welches ein groſſes Gluͤck vor uns war / anders er ohnfehlbar unter ſo vielen Menſchen ein grauſames Blut-Bad haͤtte anrichten koͤnnen / und zwar um ſo viel beſſer weil wir ihm ohngeachtet aller Geſchwindigkeit nicht haͤtten entgehen / ja ſelbſt fuͤrchte ich mit keinem Pferde haͤtten entlauffen koͤnnen. Demnach wir alſo (wie geſagt) die Flucht ergrif - fen / durch die Vorder-Thuͤre des Gartens / ging der Elephant nach der Hinter-Thuͤre / und weil erver -381des Landes Gvinea. vermuthlich wegen ihrer Enge oder andern Hinder - niß nicht konte durch kommen / warff er ſie uͤber den Hauffen / wiewohl ſie anderthalb Ziegel dick war / ſo ich von ferne mit groſſem Vergnuͤgen anſahe / in - dem es ſchiene gar keine Gewalt dabey zu gebrauchen / ſondern ſelbige kaum zu beruͤhren.

Hierauf wendete er ſich an ſtatt deſſen daß er durch die gemachte Breche gehen ſollte / nach der Hecke des Gartens und gieng uͤberzwerg hindurch gantz lang - ſam bey dem Berge S. Jago bis an den Fluß / allwo er ſich badete und das haͤuffige Blut abwuſche / zu - gleich von der empfundenen groſſen Hitze ſo vie - ler Kugeln ſich kuͤhlete und in etwas erholete.

Bald nach genommener Erfriſchung machte er ſich weiter unter einige Baͤume an dem Ufer des Fluſſes befindlich. Hier geriethe er uͤber unſere Ey - mer ſo wir zum Waſſerſchoͤpfen daſelbſt halten / und raͤchere ſich daran / indem er ihrer 5. oder 6. nebſt dabey gelegenen Nachen in Stuͤcken zerſchmetterte.

Wehrender dieſer Zeit fing man an von neuen auf ihn loß zu brennen / ſo lange bis er zur Erden fallen muſte / da man eylends herzu lieff und ihm ſeinen Ruͤſſel abſchnitte / welcher von ſolcher Laͤnge und Haͤrte war / daß die Mohren wol 30. Muͤtzen mach - ten und dennoch kein Ende ſahen. Vermuthlich muß es ihm ſehr wehe gethan haben da man ihm den Ruͤſſel abſchnitte / weil er anfieng uͤberlaut zu heulen welches daß einige mahl war daß er dasmahl gethan hatte / worauf er unter beſagtem Baum ſeinen Geiſt aufgab / zur Beſtaͤtigung deſſen was ſonſten von denen Mohren geſagt wird / daß ſo bald ein Elephant ſeinen herannahenden ohnfehlbaren Todt mercket / al -lezeit382Beſchreibunglezeit daferne er noch ſo viel Kraͤffte uͤbrig hat / ſich unter einen Baum oder in einen Wald lege.

Zwar will ich dieſes vor keine unſtreitige Warheit ausgeben; wiewohl es zu drey unterſchiedlichen mah - len in Elmina geſchehen / imgleichen auch gegen Ga - bon, (davon ich unten Gelegenheit nehmen werde zu reden) ein Elephant in einem ſchoͤnen Gehoͤltze todt ge - funden ward.

Kaum war er geſtorben / ſo fielen die Mohren Hauf - fenweiſe uͤber ihn her und ſchnitte einjeder ſo viel er kon - te. Folglich dieſen Tag ſo vor Schwartze als Weiſſe ein herrliche fette Mahlzeit gabe.

Er war nicht ſehr groß / zumahlen ſeine Zaͤhne nur 34½. . wogen: hatten alſo die Luſt dergleichen Thier / und ein Theil ſeiner natuͤrlichen Staͤrcke in der naͤhe zu ſehen / wurde auch dieſe Luſt um ein merckliches groͤſſer ſeyn geweſen / falls nicht das Ungluͤck mit dem Mohren dazwiſchen kommen waͤre / wiewohl er ſelb - ſten Schuld daran war. Nichts deſtoweniger wur - den wir hiedurch veranlaſſet zu erwegen in was Ge - fahr wir uns gewaget / da wir ſo nahe dem Elephanten geweſen / denn im Fall er nur einmahl recht boͤſe ge - worden / ohnfehlbar ihrer vielen das Leben gekoſtet haͤtte / und vermuthlich uns am allererſten / indem wir nicht ſo leicht zu Fuß als die Mohren / auch viel - leicht unter Weges alle nach einer Pforte zueylende von jenen waͤren verhindert worden / folglich einer vor dem andern nicht haͤtten koͤnnen entkommen / dan - nenhero wir ſchluͤßig wurden / hinfuͤhro ſo vermeſſen nicht zu ſeyn / wolte auch keinem Menſchen in der Welt rathen der etwas ſein Leben lieb haͤtte / ſich ſo nahe an ei - nen Elephanten zu machen.

Es383des Landes Gvinea.

Es faͤllt mir hiebey ein was mir zu Mouree be - gegnet / dannenhero noch folgendes hinzu zu ſetzen nicht vorbey gehen kan. Als ich einſten des Abends in mein Schlaff-Zimmer zur Ruhe ging / fande ich ei - ne erſchreckliche groſſe Spinne an der Mauer ſitzen / ließ dahero wegen ſolcher ungewoͤhnlichen Groͤſſe mei - nen Unter-Kauffmann und zweene Beyſitzer herzuho - len / um dieſe Spinne ſo viel genauer zu unterſuchen. Sie war ſehr lang von Leibe und ſpitzig von Kopff / nach vornen viel groͤſſer als hinten / gar nicht rund wie ſonſten andre Spinnen / von Fuͤſſen derer ſie zehn hatte / rauch und ſo dick als eines Menſchen-Finger.

Die Mohren nennen ſie Ananſe, und glauben ſie habe die erſte Menſchen gebildet / ſo gar daß einige / denn die meiſten ſeynd durch oͤffters Umgehen uñ Han - deln mit denen Weiſſen eines beſſern uͤberfuͤhret / von dieſer naͤrriſchen Einbildung nicht abzubringen / und noch eines der groͤſten Zeichen von der Mohren ihrem Unverſtand iſt / wannenhero ſolches nicht habe vorbey gehen wollen.

Nehmet Gegenwaͤrtiges an alseinen Anhang oder Vollkommenheit meiner Gvineiſchen Beſchreibung ſintemahlen ihr davon hinfuͤhro nichts zu gewarten ha - bet. Ubrigens ſeyd verſichert daß es mir eine groſſe Ehre ſeyn ſoll / wenn ich heiſſen kan /

Mein Herr der Eurige.
Ende des ſiebenzehenten Briefes.
Acht -384Beſchreibung

Achtzehentes Send - Schreiben.

Darinnen kuͤrtzlich gehandelt wird von Qvahon einem ſehr reichen und Gold - vermoͤgenden Lande / vom Koͤnigreich La - dingcour und Lampi, deren Koͤnige und Unterthanen von dem zu Aqvamboe de - pendiren. Welches Land ſehr groſſen Vor - rath vom Viehe hat / groſſe Handlung trei - bet mit Sclaven / guten Acker-Bau und Fiſch-Fang hat. Von dem ſchoͤnen Fluß Rio Volta. Vom Koͤnigreich Lampi oder Coto, wie ohnmaͤchtig daſſelbige iſt / gleichwol ſtets Krieg mit denen von Popo fuͤhret; wie ſandigt / ohne Berge und gantz unfruchtbar es ſey / was es vor Handlung in Sclawen fuͤhret / wie die Einwohner guter Art und Natur / anbey aber arm / und bloß von gemachter Beute leben / nebſt daſelbſt befindlichen unglaublichen Menge derer Goͤtzen. Von dem kleinen Popo ei - nem unfruchtbahren Lande; deſſen Ein - wohner von Acra vertrieben / wie ſie gute Soldaten und mit denen zu Offra und Fida ſchwere Kriege gefuͤhret; ſonſten ebenfalls von der Beute und dem Sclawen-Handel leben; uͤberdem aber betriegeriſche Leuteſeyn /385des Landes Gvinea. ſeyn / nebſt Erzehlung einiger Exempel; wie vor dieſem die Handlung daſelbſt ſehr floriret / und was eine unſaͤgliche Men - ge Ratzen daſelbſt gefunden werden. Von dem groſſen Popo vormahls unter Fida ge - gehoͤrig / nun aber deſſen Joch durch viele Kriege ſich entlediget / in welchen ſie obge - ſieget: wie ſelbiges eine Jnſul und an Le - bens-Mitteln ſchlechten Vorrath habe; was mit den Sclaven daſelbſt zu thun ſey / und vor dieſem unſere Compagnie ein Kauff-Haus da gehalten / und wie das gan - tze Land unter Ardra begriffen. Wo das Land Fida ſeinen Anfang nehme / wie die - ſes von den Meers-Wellen gar offte be - ſchaͤdiget und mit Exempeln beſtaͤtiget wird: ſehr hefftiger Strohm vor Fida welcher die Schiffe aufhaͤlt; treffliche An - nehmligkeit bey dem Anfang des Landes Fida, ſeine Groͤſſe / Fruchtbarkeit / und Be - ſchreibung von Fida, wie die Einwohner gut geſinnet / hoͤfflich / ſo wohl gegen Frem - de als ſich ſelbſt / was ſie vor Complimen - ten brauchen / wie Arbeitſam und worinn ihre Arbeit beſtehe; was ihre Weiber thun: wie ſtarck ſie eſſen und trincken / dagegen vor ein wenigen Lohn / ſchwere Arbeit ver - richten / groſſe Handlung in Sclawen zu Fida, wie ſie viele Weiber nehmen und deß -B bfalls386Beſchreibung. falls ſehr eyferſuͤchtig ſeyn / ſchwere Straf - fe des Ehebruchs / inſonderheit mit des Koͤ - niges Weibern begangen / welche man nicht anruͤhren / einige aber gar nicht ſehen muß / wie viele Weiber der Koͤnig habe / de - ren er ein gutes Theil in auswaͤrtige Laͤn - der verſchicket / ohne daß die Zahl dadurch verringert / wie auch die Weiber nicht viel um die Ehre geben den Koͤnig zum Gemahl zu haben / die Aelteſten alles erben / ja ſelbſt von ihres Vatern Frauen. Der Koͤnig ſeine eigene Tochter heyrathe / und wie unglaub - lich viel Kinder hier anzutreffen. Die Ein - wohner zu Fida ſehr geneigt ſeyn zum Steh - len / welches mit einigen Exempeln darge - than / wie trefflich in Kleidung ſie zu Fida einhergehen / gleichwohl nur vom Koͤnigl. Gebluͤte roth tragen doͤrffen / beqveme Trachten / derer Weiber alle mit geſchor - nen Koͤpffen aufziehend und wie koͤſtlich ſie in ihrer Kranckheit opffern; den Todt un - gemein fuͤrchten / ſo daß in Beyſeyn des Koͤ - nigs man nicht davon ſprechen muͤſſe / eben ſo wenig als in andrer vornehmer Leute Ge - genwart; artige Begebenheit dißfalls des Autoris; wie ſie keinen Unterſcheid oder Ab - theilung der Zeit machen / und die Rechen - Kunſt gruͤndlich verſtehen; wie auch endlich ihre Weiber in Zeit der gewoͤhnlichen Mo -nath -387des Landes Gvinea. nathlichen Reinigung gantz unrein gehal - ten / wie ihre Kinder und mit was Inſtru - menten beſchnitten werden / und letzlich daß ſie ſehr groſſe Liebhaber vom Spielen ſeyn.

Mein Herr!

NAch richtiger Erhaltung eines Briefes vom 25. und des darinn befindlichen Compli - ments, wegen meiner Beſchreibung von Gvinea, bildete ich mir ein / ihr wuͤrdet nunmehro vollkommen damit zu frieden ſeyn; fande mich aber ſehr betrogen da ich etwas weiter leſend / euer inſtaͤndiges Begehren in - nen wurde / wie doch dieſe Laͤnder beſchaffen / allwo un - ſere Compagnie die Sclaven aufkauffte? und alſo eine ausfuͤhrliche Beſchreibung von dem gantzen Lande mir anmuthen zu ſeyn Meynet ihr daß dieſes etwas ge - ringes ſey? oder muͤſſet ihr noch dabey ſchertzen / als ob der Muͤßiggang ſonderlich hier zu Lande der Geſund - heit allzunachtheilig / folgends hoͤchſt-noͤthig ſey die Ar - beit nicht zu ſcheuen / eben als wenn ich ohne derglei - chen nichtes anders zu thun haͤtte / und meine Zeit mit ſchlaffen zubraͤchte. Nein in Wahrheit weit gefehlet; denn ein etwas munterer Geiſt findet allezeit Arbeit / und muͤßig gehen iſt nur vor tieffſinnige / und voll Gril - len ſteckende Koͤpffe / die nicht wiſſen ob und warum ſie leben. Dannenhero will ich um zu zeigen daß ich unter dieſen Orden nicht gehoͤre / eurem Verlangen Statt geben / und nicht nur dieſes eroͤffnen was ich ſelbſt in Gvinea geſehen / ſondern auch was ſonſten in andern Laͤndern da ich niemahlen geweſen / anmerckens wuͤrdiges ſich befindet / doch ſo / daß ich im letzteren vorB b 2die388Beſchreibungdie gruͤndliche Wahrheit nicht Buͤrge ſeyn will / wie - wol von braven und glaubwuͤrdigen Leuten die merck - lichſten und wichtigſten Sachen mir habe erzehlen laſ - ſen / folglich nicht hoffe daß der Wahrheit etwas un - aͤhnliches mit unterlauffen ſolle.

Jch will es demnach ſo vortragen wie ichs gehoͤret / ohne das geringſte von den meinigen hinzu zuthun / es muͤſte denn hieher nicht gehoͤren / und meine Zeithero gehaltene Ordnung unterbrechen wollen / ſonſten ſoll alles ungeaͤndert bleiben. Nun iſt zu wiſſen / daß alle dasjenige was die Laͤnder zwiſchen Ardra, laͤngſt den Gvineiſchen Golfo bis an den Fluß Gabon imglei - chen gegen Abend von dem kleinen Gold-Fluß bis an Cabamonte betrifft / nicht von mir kommet; Ubriges alles hingegen Vermoͤge meiner eigenen Erfahrung / vor unſtreitige Wahrheit anzunehmen. Mache dem - nach den Anfang von dem Strich Landes in Gvinea den ich ſelbſt gereiſet.

Zuvor aber muͤſſet ihr ohnſchwer euch erinnern / daß ich in meinem fuͤnfften Send-Schreiben die Beſchrei - bung von dem Gold-Lande mit dem Dorff Ponni ge - endiget / wiewol noch etwas tieffer aus dem Lande / und zwar aus dem Lande Quahon, etwas Goldes hieher gebracht wird / allwo ſonderlich im letzten hinter dem Lande ſo ich beſchrieben eine groſſe Qvantitaͤt ge - fuuden wird; weilen aber wenig Wiſſenſchafft davon habe / und die Einwohner meiſtentheils zu Acra durch Aquamboe ihre Handlung fuͤhren / will ich mich da - bey nicht aufhalten / ſondern gegen das Meer mich wenden / und von dem Strich Landes zwiſchen Ponni und Rio Volta melden / daß es ohngefehr 30. Mei -len /389des Landes Gvinea. len lang und von Mohren aus Acra, Lampi und A - quambou bewohnet iſt.

Die von Lampi haben ihren eigen Koͤnig / unter dem Nahmen Koͤnig von Ladingcour, beyderſeits aber ſowol Herren als Unterthanen (dafern ſie alſo zu nennen) ſtehen vollkommlich unter dem Gehorſam des von Aquambou, und muͤſſen ſich in allem nach jenen richten, ſo gar / daß im Fall ſie den geringſten Ver - druß denen zu Aquambou anthun / ſelbige dergeſtalt abgeſtraffet werden / daß ſie viele Jahre daran dencken / und dennoch uͤber die Schaͤrffe ſich nicht beklagenmuͤſ ſen. Bisweilen laͤſſet ihnen der Koͤnig zu Aquam - boe nach eigener Luſt und Belieben den Kopff vor die Fuͤſſe legen / gleichwol muͤſſen ſie nicht ſauer dazu aus - ſehen daß alſo dieſer Koͤnig eine ſo unumſchrenckte Ge - walt fuͤhret uͤber dieſe / als uͤber ſeine eigene Unterthanen.

Sonſten iſt das Land ſehr fruchtbahr und volck - reich / mit allerhand Viehwerck reichlich verſehen / Kuͤhen / Schweinen / Hammeln und Huͤhnern / ꝛc. welche die Mohren allhie in groſſer Anzahl und zwar wohlfeil genung aufkauffen / und nachgehends hoͤher ins Land verfuͤhren.

Uberdem handeln ſie mit Sclaven / welche die Moh - ren auch von dieſen erkauffen / die meiſten aber von den Engliſchen / Frantzoͤſiſchen und Portugieſiſchen Schif - fen abgenommen werden; Bisweilen fallen gute Ge - winnſte dabey vor / ſonderlich um das Dorff de Lay herum.

Bisweilen aber geſchiehet es auch / daß bey aufhoͤ - rendem Kriege innerhalb dem Lande hier kein Sclave mehr zu ſinden / folglich die Handlung ſehr ungewißB b 3und390Beſchreibungund die wenigſte Zeit man ſich daſelbſt aufhaͤlt / ſo daß hierauf kein ſonderlicher Staat zu machen.

Sonſten ſeynd die Einwohner mit dem Land-Bau und Fiſch-Fang ebenfals ſehr beſchaͤfftiget / wiewol ſie wenig im Meer fiſchen / angeſehen das Land ſehr hoch lieget / folglich zum anlaͤnden gantz ungeſchickt / derge - ſtalt / daß man zuweilen mit keinen Nachen fortkom - men kan; doch wird dieſer Mangel an See-Fiſchen durch die haͤuffige friſche Revier Fiſche uͤberfluͤßig er - ſetzet.

Die Graͤntz-Scheidung hieſiges Landes machet der Fluß Rio-Volta, welchem die Portugieſen wahr - ſcheinlich dieſen Nahmen gegeben / weil er ſich mit un - gemein ſtarckem und ſchnellen Strohm in das Meer ergieſſet.

Ein Fluß der ſehr ſchoͤn und breit mit ſolcher Ge - walt ins Meer faͤllet / daß man es bisweilen 3. oder vier Meilen vom Strande hoͤren kan. Wie weit der - ſelbe ins Land hineingehet kan ich eigentlich nicht ſagen; ſondern daß es vermoͤge ſeines ſchnellen Strohms unterſchiedliche groſſe Baͤume mit wegreiſſe / welche hernach bey dem Mund zuſammen geſtopffet / machen daß das Waſſer erſchrecklich hoch wird / folgends in ſteter Unruhe iſt / daß man nur zwey mahl des Jahres mit einem Nachen drauf fahren kan / gemeiniglich vom April bis an den Novembr. weil alsdenn das Waſ - ſer ſtill iſt / in dem es gleich vor dem Regenwetter iſt / und der Fluß wegen Mangel des Waſſers nicht ſo hefftig iſt. Hingegen nach dem Regenwetter darff ſich kein Mohre unterſtehen heruͤber zu fahren / angeſehen ſie ſonſten gewohnet ſich am Lande zu halten / anitzo aber wegen beſagten erſchrecklich hohen Waſſers ſolchesnicht391des Landes Gvinea. nicht thun koͤnnen. Viermahl bin ich mit einem Schiff daruͤber gefahren / da man allezeit einen auf die Maſt klettern lieſſe / um zu ſehen ob wir bald bey den Mund des Fluſſes waͤren / jener aber welcher hinauf - geſtiegen / allezeit ſagte / daß wir entweder nahe dran / oder ein wenig nach Seite ab nach Morgen oder A - bend waͤren; welches von denen unerfahrnen Schiffs - Capitains vor gantz richtig angenommen / und von mir nie widerſprochen wurde.

Allein da ich in einem Nachen von Fida kam im Jahr 1699. ließ ich den Nachen ſo nahe ans Land ge - hen / als es moͤglich und die groſſen Waſſerwogen es zulaſſen wolten; dennoch aber ohngeachtet wir nahe da - bey waren konten wir weder Mund noch die geringſte Oeffnung von dem Fluß finden / folgends vor wahr annehmen was meiner Haus-Bedienten einer ſagte / welcher die Reyſe zu Lande gethan hatte / daß dieſer Fluß bey dem Einlauff in das Meer ſehr breit und auch ſehr hoch ſey; Weſtwerts aber ein Stuͤck Landes qveer durch den Fluß liege / welches nur eine kleine Oͤffnung lieſſe: folglich leicht zu begreiffen / es muͤſſe das Waſſer durch dieſe Enge ſo viel hefftiger und ſchleuniger her - durchfallen / als wenn ſonſt der Fluß ſeiner Breite ge - maͤßigten Mund haͤtte. Wiewol genung hievon.

Das Land Coto, meiſtentheils auch Lampi ge - nennet / faͤnget gegen Oſten bey dieſem Fluß an / ſo daß das Dorff Coto oder Verhou, vormahlige Re - ſidentz der Koͤnige von Coto, allwo ich ihn geſehen / und im Jahr 1698. muͤndlich geſprochen / nur 14. Meilen davon lieget.

Selbiges iſt ein ſehr ohn maͤchtiges Koͤnigreich / und wird noch taͤglich durch die Zeit-herigen Kriege mitB b 4denen392Beſchreibungdenen von Popo mehr und mehr geſchwaͤchet / davon noch kein Ausgang zu hoffen / weil ſie meiſtens einander gewachſen; fals ſie nicht Friede machen / oder einer von beyden ein ſtaͤrckeres Land auf ſeine Seite bringet.

Wiewol die von Aquamboe, welche dieſe beyde ungetrennet behalten wollen / ſolches ſchon zu verhin - dern wiſſen / indem ſie den Schwaͤchſten allezeit zu Huͤlffe kommen. Als das Aquamboe noch von zweyen Koͤnigen beherrſchet wurde / (wie oben gemel - det) hielte es der alte Koͤnig mit denen von Popo, und der juͤngere mit denen von Coto, ſo daß ſie allezeit von Aquamboe Huͤlffs-Voͤlcker hatten.

Nun wirds die Zeit geben wie ſie nach Abſterben des alten Koͤniges werden aus einander kommen; Jm Jahr 1700. nahmen die von Popo der Zeit ſo wahr daß ſie die von Coto uͤberfielen und ſie aus ihrem Lan - de jagten; doch iſt kein Zweiffel es werde ſie der Koͤnig von Aquamboe wieder zu ihrem Lande helffen / die von Popo hergegen im Zaum halten.

Das Land Coto iſt dem Gold-Lande in allen Stuͤ - cken entgegen. Denn hier giebet es viele Berge / dorten aber nicht einmahl Baͤume zu finden auſſerhalb Pal - miſten oder wilden Cacaoyers, daran es keinen Man - gel hat.

An Viehwerck fehlet es auch nicht / wiewol es doch nicht ſo haͤuffig iſt als die Einwohner noͤthig haben; fri - ſcher Fiſche hat man auch genung / allein der Seefi - ſche keinen einigen / weil die See zwiſchen hier und Ardra durchgehends ſehr ungeſtuͤhm und unruhig iſt.

Die beſte Handlung beſtehet in Sclaven / derer ſie zuweilen eine ziemliche Anzahl aufbringen koͤnnen /wie -393des Landes Gvinea. wiewol nicht ſo viel daß man ein gantzes Schiff damit beladen koͤnnte.

Die einwohner ſind hoͤfflich und guter Art / ſinte - mahlen ich unterſchiedliche Hoͤffligkeit ſelbſt von dem Koͤnige genoſſen / welcher nachdem ich ihm ſagte / ich waͤre Willens nach abgelegter meiner Verrichtung zu Fida, die Ruͤckreiſe zu Lande zu thun / ſich erbote / er wolte auf der Graͤntze ſeines Landes mich beſuchen kommen / und nebſt allen ſeinen Bedienten bis jenſeit des Fluſſes begleiten / damit ich keines Uberfals von Moͤrdern oder Dieben / welche ſich haͤuffig Beute zu machen / einfuͤnden / mich zu beſorgen haͤtte.

Bedanckte mich dahero vor dergleichen guͤtige Er - bietung / und wuͤrde es auch obnfehlbar angenommen haben / ohnangeſehen daß die von klein Popo, welche mir auch ein ſicheres Geleit bis auf ihre Graͤntze ver - ſprochen / durch ihre Geſandten mich abratheten / un - ter dem Vorwandt es wuͤrde zu beſorgen ſtehen / daß ich von Dieben ſchon wuͤrde angefallen werden ehe ich ſo weit kaͤme.

Wiederriethen mir demnach dieſe Geſandten wie - wol mit ſchwachen Gruͤnden / und gleichwol ſuchten ſie unter der Hand mich zum Lande reiſen zu uͤberreden; da ich denn ihr boͤſes Vorhaben gar bald innen wur - de / darinnen beſtehend / daß ſie mir das Leben und mit demſelbigen alles was an und um mich hatte neh - men wolten / gleichwol nachgehends zu ihrer Entſchul - digung einwenden konten / ſie haͤtten mir die Landreiſe jederzeit wiederrathen.

Dieſes war die einige Urſach daß ich mein Vor - haben aͤnderte / welches ſonſten unterſchiedliche Ge - legenheit wuͤrde gegeben haben / viele merckwuͤrdi -B b 5ge394Beſchreibungge Sachen zu bemercken / und nachgehends ſelbige an euch wiſſen zu laſſen.

Damit ich nun wieder auf die Einwohner von Co - to komme / und inſonderheit ihre Religion / Regiment / und uͤbrige Lebens-Art / finde ich ſchier einerley zu ſeyn mit denen ubrigen Mohren / ausgenommen daß allhie eine unſaͤgliche Menge von Goͤtzen anzutreffen ſey. Jhre Sprache haben ſie mit denen zu Acra auf weni - gen Unterſcheid gemein / ſeynd uͤbrigens wegen Man - gel der Nahrung und Handlung ſehr arm / ſo daß ſehr wenig reiche unter ihnen ſich finden. Jhren groͤſten Gewinn machen ſie von denen Leuten / wel - che ſie hin und wieder im Lande aufkauffen / und hernach an die Europaͤiſche Schiffe verhandeln. Sehet das iſt ihr einiger Pflug und Acker damit ſie ſich behelffen muͤſſen. Mehr weiß ich nichts davon zu ſagen.

Von hier bis klein Popo ſeynd ohngefehr 10. Mei - len / und iſt dieſes letztere faſt eben ſo ein Land wie das vorige / gantz eben ohne Berge / ohne Baͤume / und ungemein ſandicht / ſo gar daß man in allen zu - bereiteten Speiſen Sandes genung findet. Wel - ches ich ſeit den drey Tagen die ich daſelbſten zu - brachte zur Gnuͤge empſinden muſte / indem ich wegen angeregter Urſache nichts genieſſen koͤnte / ohnan - geſehen der Koͤnig mit vielen Speiſen mich verſehen lieſſe / ſondern genoͤthiget wurde auf dem Schiff mich ſatt zu eſſen.

Daher kommt es daß das Land ſo gar unfrucht - bahr iſt / und die Einwohner von denen zu Fida ſich an allen muͤſſen verſorgen laſſen.

Sie ſeynd das einige Uberbleibſel vom KoͤnigreichAcra395des Landes Gvinea. Acra hinter unſerer daſelbſt gelegenen Veſtung / dar - aus ſie vor dieſem vom Koͤnig zu Aqvambou vertrie - ben worden. Da ſich denn diejenigen / welche noch entkommen allhie niedergelaſſen haben / und ſonder Zweiffel ſtets werden bleiben muͤſſen ohne die geringſte Hoffnung jemahlen wieder in ihr Land zu kommen.

Von ihren Kriegen mit denen zu Coto haben wir allbereit erinnert / ſonſten haben ſie zwar nicht viele Mannſchafft / ſeynd aber durchgehends tapffre Sol - daten / und hatte vor dieſem einen recht gebohrnen Sol - daten zu ihrem Koͤnige Nahmens Aforri des itzt re - gierenden Koͤniges Bruder / welcher vermittelſt ſeiner Hertzhafftigkeit die gantze Weit erzitternd mach - te / inſonderheit hat er ſich einen unſterblichen Nahmen gemacht als der Hidalgo d’Offra ſich wider den Koͤ - nig von Groß-Adra ſeinen rechtmaͤßigen Herren aufflehnete / deſſen Joch abſchuͤttete / und unſern Ober-Kauffmann Nahmens Holwerf um den Hals brachte.

Darauf kam der Koͤnig von Ardra um derglei - chen gottloſes Vornehmen zu raͤchen / und erſuchte obgedachten Koͤnig Aforri er moͤchte ihm mit ſeiner Mannſchafft zu Huͤlffe kommen / welches dieſer ſo fort bewilligte und bey dem erſten Anblick die von Offra auf das Haupt ſchluge / ihr gantzes Land verheerete und verwuͤſtete / uͤberdem auch den Auffruhrer ſelbſt in die Haͤnde ſeines Koͤniges lieferte. Gleichwohl mit dieſem herrlichen Sieg nicht zu frieden / gieng er auf Erſuchen ſeines Koͤniges auf die von Fida loß / und ſchlug ſein Laͤger ohne einigen Zeit Verluſt auf ih - rer Graͤntze. Muſte aber aus Mangel des Pulvers mit dem Angriff ſo lange warten bis der Koͤnig vonArdra396BeſchreibungArdra gethanen Verſprechen nach ihm ſolches zuge - ſandt / wie er denn eine zimliche Anzahl unter ſtarcken Geleite an ihn uͤbermachte / welches von denen aber zu Fida ausgekundſchafftet / mit aller erdencklichen Macht uͤberfallen / das Geleit niedergemacht und das Pulver genommen wurde. Wannenhero der Koͤnig Aforri ſolches vernehmend / mit groſſer Klug - heit eylends wieder in ſein Land kehrete / angeſehen er aus Mangel des Pulvers ſich in keinen Stande ſahe dem Feinde zu widerſtehen / wenn ihn dieſer wie vermuthlich den andern Morgen mit ſeiner gantzen Macht wuͤrde angegriffen / und vielleicht uͤber den Hauffen geworffen haben.

Wie nun die Fidenſer ſeinen Ruͤck-Marſch ver - nommen / hielten ſie nicht rathſam ihn zu verfolgen / ſondern waren von Hertzen zu frieden daß ſie eines ſo ſchrecklichen Feindes uͤberhoben. Gleich bey ſeiner Ankunfft in ſeinem Lande hoͤrete er daß die von Coto geſonnen geweſen denen Fidenſern zu Huͤlffe zu kom - men / falls er noch laͤnger Halte in jener ihrem Lande ge - machet: hieruͤber wurde er ſo entruͤſtet / daß er alſo - fort mit unglaublicher Hertzhafftigkeit auf die von Co - to loß zohe / und welches er einig ſuchte ſich mit ihnen in ein Hand-Gemenge einließ / ohngeachtet jene groſſen Vortheil vor dieſem hatten / wurde deßwegen ſo tapffer empfangen daß er in kurtzer Zeit viel Volcks verlohre / hiedurch aber ſo raſend toll wurde / daß er ohne einiges Nachdencken mitten in den Feind einlieffe / auch ſo weit eindrunge daß ihm das Zuruͤckkehren un - moͤglich / folglich nach einem Heldenmuͤthigen Wi - derſtand nebſt vielen ſeiner Soldaten das Leben ein - buͤſſete.

Der397des Landes Gvinea.

Der itzt regierende Koͤnig hat bey weiten nicht ſolch einen Heldenmuth / ſondern iſt viel ſtiller als ſein Bruder / wiewohl er deſſen Todt an denen zu Coto zim - lich gerochen / und ſelbige allezeit uͤberfallen wenn ſie am ſchwaͤchſten geweſen / auch endlich gar wie kurtz zu - vor erwehnet / aus ihrem Lande verjaget.

Es leben die Einwohner von Popo eben wie die von Coto, theils von der Beute die ſie machen / theils von denen Sclaven ſo ſie verkauffen. Doch ſeynd dieſe letztere viel beſſer daran / angeſehen ſie mehr Hertz im Leibe haben / auch mehrere Beute machen / folg - lich auch ſtaͤrckere Handlung mit Sclaven treiben / wiewohl einige Monath erfodert werden ehe ſie eine Schiffs-Ladung zuſammen bringen koͤnnen.

Jm Jahr 1697. koͤnte ich in dreyen Tagen ſo ich ſelbſt zubrachte nicht mehr als 3. Sclaven aufkauf - fen / jedoch verſicherten ſie mich / falls ich noch eine 3. Tage verzoͤgern wollte / mir beynahe ein paar hun - dert zu verſchaffen. Zwar lieſſe ich mir ihren Vor - trag nicht mißfallen / gieng aber alſofort auf mein Schiff unter dem Vorwand einige Waaren ſo ſie verlangeten hervor zu ſuchen / und nach gelichteten An - ckern zu ſeegel nach Fida, da ich bey meiner An - kunfft hoͤrete daß ſie allbereit mehr als 200. Sclaven zuſam̃en geſuchet / in Ermangelung aber andrer Kauff - Leute an die Portugieſen verhandelt haͤtten.

Es iſt aber ſehr betriegeriſch Volck / ſo daß ſie den ankommenden Kauff-Leuten allerhand vorſchwatzen / ſie haͤtten ſo viele Sclaven zu verkauffen / nur um ihn aufs Land zu bringen / da ſie dann bey deſſen Er - folg nicht ſaͤumig ſeyn ihn zu bereden er moͤchte doch bey ihnen bleiben / ja gar nicht weglaſſen / er habe denneini -398Beſchreibungeinige Monath bey ihnen zugebracht / und von ihnen ſich weydlich beſchneiden und beſtehlen laſſen.

Jedennoch betriegen ſie keine Nation mehr als die Portugieſen / gleichwohl reiſen dieſe allezeit dahin / in Anſehung daß ihre Waare ſo ſchlecht iſt / daß ſie an - der waͤrts keine Sclaven davor kauffen koͤnten.

Jm Jahr 1698. lag ein Daͤhniſch Schiff zu Po - po ſchon eben ſo lange Zeit um 500. Sclaven zu erhandeln als ich zu Fida mich aufgehalten / um 2000. zu kauffen / da denn jene an die gute Daͤhnen ſo ſtatt - liche Beweißthuͤmer ihrer Betriegereyen ſehen lieſſen / daß ich fuͤrchte / es werden hinfuͤhro die Daͤhnen das Wiederkommen vergeſſen.

Ein oder zwey Jahr vorher hatten ſie mit einem Engliſchen Schiffe faſt eben ſo gehandelt / uͤberdem noch einige Waaren geſtohlen; dieſer aber wuſte bey ſeiner Wiederkunfft / ſo nach meiner daſigen Anweſen - heit erfolgete / ſeinen Schaden trefflich einzuholen / kaum hatte er ſein Ancker fallen laſſen / kamen ihrer viele vornehme Leute / unter andern des Koͤniges Sohn ſelbſt an Boort / welche er in Ketten und Eiſen legte / auch nicht ehender loß lieſſe / bis ſie ihm ſeinen Verluſt reichlich bezahlet hatten.

Unter dem abgelebten Koͤnige dieſes itzigen Bruder florirte die Handlung umweit mehr / weil nemlich jener es ſeine vornehmſte Sorge ſeyn lieſſe / folglich nicht zugegeben haͤtte daß das geringſte Ubels einem Europaͤer waͤre angethan worden / Zeit ſeiner Regie - rung ladete eins von unſerer Compagnie-Schiffen / mehr als 500. Sclaven in Zeit von eilff Tagen / itzt glaube ich ſchwerlich daß dergleichen jemahlen zu ver - muthen ſtehet / weil die von Popo nunmehro ſo verder -bet /399des Landes Gvinea. bet / daß ſie ihre Betruͤgereyen unmoͤglich laſſen koͤn - nen.

Ein mehreres von ihrer Gewohnheit oder Lebens - Art zu ſagen halte ich unnoͤthig zu ſeyn; genung daß ſie von Acra gekommen / folglich der Religion und Regierung nach ſehr wenig oder gar nicht unterſchte - den. Jm uͤbrigen fande jch Zeit meines daſigen Auf - fenthalts eine ſo unglaubliche Menge von Ratzen daß ich der Chriſtlichen Liebe gemaͤß hielte dieſe gute Leu - te zu warnen / ſie moͤchten ſich doch dieſe Thiere vom Halſe ſchaffen / ſonſten ſie bey deren Vermeh - rung in Sorgen ſtehen muͤſten Landes vertrieben zu werden.

Vier Meilen hievon lieget gegen Oſten das Koͤ - nigreich von Groß-Popo, deſſen Koͤnig vormahls un - ter dem Gehorſam derer Fidenſer geſtanden. Nun - mehro aber von dem heutigen Koͤnig als er nach ſeinem Bruder (welcher ins Elend vertrieben wurde) durch Huͤlffe des Koͤniges zu Fida auf den Thron kam / zur Danckbarkeit genoſſener Wollthaten deſſen Gehor - ſam entzogen worden. Zwar fande ſich jener An - fangs hoch beleidiget / brachte derohalben eine anſehn - liche Macht auf die Beine vermittelſt derer eben zu der Zeit angelegenen Frantzoͤſiſchen Schiffen welche ihm mit Volck und Gewehr an die Hand giengen / und ſchickte dieſelbige nach Popo um den Feind auf - zuſuchen / wehrender Zeit da die Frantzoſen auf ſelbige von der See-Seite einen Anfall thun muſten: weil aber Popo eine rechte Jnſul mitten auf einem Fluſſe gelegen / konten die Fidenſer ſo wol als Frantzoſen nichtes ausrichten ohne gewiſſe Floͤſſe die ſie anſchaffen muſten. Nun hatten ſich die von Popo in ſolche gu -te Ge -400Beſchreibungte Gegenwehr geſetzet / daß ſie nicht nur ihre Feinde abhielten / ſondern gar in die Flucht trieben / oh[ne]Verluſt eines einigen Menſchen / angeſehen ſie au[ſ]ihren Haͤuſern auf die Fidenſer feureten / ohne daß ſie konten geſehen werden / folglich eine groſſe Menge Volcks ſo Fidenſer als Fꝛantzoſen zu Schanden mach - ten / die uͤbrige aber in ſolche Unordnung brachten daß ſie mit Hinterlaſſung ihres Gewehrs davon lieffen / haͤt - te aber keiner davon kommen koͤnnen / falls die von Po - po ihren Sieg verfolget / und dem Feinde nachgeſetzet / indem die Frantzoſen bey weitem nicht ſo behende zu Fuß als die Mohren.

Hat alſo der Koͤnig zu Fida ſeit dieſer ungluͤckli - chen Schlacht / ſich nicht unterſtehen doͤrffen mit ſeinen Leuten etwas zu unternehmen / ſondern durch Geld geſuchet einige Laͤnder auf ſeine Seite zu bringen / wiewohl er bis dato ohngeachtet vieler ſchweren Un - koſten wenig damit ausgerichtet / weil er von allen Seiten hintergangen wird / ſo daß er genoͤthiget den Koͤnig zu Popo in ruhigem Beſitz ſeiner Jnſul zu frie - den zu laſſen.

Sonſten haben die zu Popo faſt keine andre Woh - nungen als das Dorff wo der Koͤnig wohnet und wie geſagt auf einer Jnſul gelegen / imgleichen auch wenig Mannſchafft / wannenhero ſie von denen Fi - denſern ſtets ſo eingeſchrencket werden daß ſie kaum ihr Land bebauen koͤnnen / folglich oͤffters Hungers ſterben muͤſten / falls von andern Laͤndern die behoͤri - ge Lebens-Mittel nicht hinzu gefuͤhret wuͤrden / und zwar meiſtentheils von Fida, ohngeachtet dieſes ihre geſchworne Feinde / auch vom Koͤnige ſelbſt bey Ver - luſt des Lebens verboten worden / gleichwohl in Anſe -hung401des Landes Gvinea. hung derer guten Gewinſte ſo ſie mit denen zu Popo machen / wenig darauf gegeben wird.

Sie handeln auch mit Sclaven / und verkauffen dieſelbige in Ermangelung derer Schiffe an die Ein - wohner von klein Popo. Jedennoch beſtehet ihre beſte Handlung in Fiſchen / welche ſie in ihren Fluͤſſen haͤuffig fangen / und anderswo verkauffen laſſen.

Wir hielten daſelbſt auch ſchon einige Jahre ein gewiſſes Haus oder Wohnung / haben es aber nach Abſterben daſigen Kauffmanns wiederum verlaſſen / weil ſeit dem Kriege mit Fida die Handlung ſehr ſchlecht geweſen / ſo daß wir auch gar keine Handlung dahin fuͤhren.

Billig kan man dieſes Popo vor das erſte im Lande Ardra rechnen / indem ihre Sprache faſt eines iſt / das Regiment aber anders eingerichtet / davon ich aus - fuͤhrliche Nachricht bey der Beſchreibung von Fida geben will.

Es faͤnget demnach das Land Fida gegen Oſten bey Popo an / und iſt deſſen Fluß und Hafen vier bis 5. Meilen weiter hierunter / allwo man anlaͤndet.

Der Hafen iſt ſehr gefaͤhrlich wegen der grauſamen Ungeſtuͤhme des Meers ſo ein gantzes Jahr dauret / daß man augenblicklich bey dem anlaͤnden gedencket herum geworffen zu werden. Fuͤrnemlich im Monat April. Maj. Junius und Julius, da das Meer ſo hoch wird / daß man ohne Lebens Gefahr in den Hafen nicht einkommen kan.

Wie denn zu der Zeit auch viel Ungluͤcks geſchie - het; viele Leute ertrincken / viele Kauff-Waaren ge - hen verlohren / denn die Ungeſtuͤhme des Meers kom̃t ſo ſchleunig und ſo hefftig / daß der Nachen im Au -C cgen -402Beſchreibunggenblick zerſcheitert wird / folglich alle darinn Befindli - che dem Tode nahe ſeynd / ausgenommen die Riema - dors oder Ruderknechte / welche ſich meiſtentheils mit dem ſchwimmen / ſo ſie meiſterlich gelernet / herdurch helffen und davon bringen.

Jm Jahr 1698. muſten ihrer 5. Perſonen ohne die Sclaven zu rechnen / in meiner damahligen Anweſen - heit jaͤmmerlich um ihr Leben kommen / nemlich ein Portugieſiſcher Capitain, ein Schreiber und 3. En - gellaͤndiſche Matroſen / ohne noch zwey andre Capi - tains, ſo vor todt ans Land getragen / und kurtz dar - auf geſtorben.

Dieſer Ancker-Grund hat mir oder vielmehr der Compagnie 2000. . unterſchiedliche mahle geko - ſtet / doch haben die Engellaͤnder / als mit ſolchen guten Ruderknechten nicht verſehen / unweit mehr verlohren.

Hiebey findet ſich noch dieſes Ungemach / daß eben um dieſe Zeit der Strohm des Fluſſes ſo ſchnell von Oſten herunter kommt / daß weder Kahn noch Na - chen oder einiges anderes Bey-Schifflein dagegen aufkommen kan / ſondern die darinn Befindliche ih - ren Hacken auf den Grund werffen muͤſſen / damit ſie nicht herumgeriſſen werden. Durch dergleichen Ungemach muͤſſen die Schiffe noch eins ſo lange lie - gen bleiben / als es noͤthig die gekauffte Sclaven ein - zuſchiffen. Hat man aber das Gluͤck bey dem anlan - den auch gleich wieder abzuſchiffen / iſts ſo zu ſagen nicht anders als wenn man aus der Hoͤlle in den Him - mel kommt; denn nachdem man der ſo augenſcheinli - chen Gefahr entkommen / und eine halbe Meile vom Strande ſo ungemein ſchoͤne Landſchafften zu ſehen bekommt / kan es nicht fehlen man muͤſſe hertzlich dar -uͤber403des Landes Gvinea. uͤber erfreuet ſeyn / nicht nur wegen uͤberſtandener Ge - fahr / ſondern weil man nunmehro den Genuß eines ſo herrlichen Landes / welchen der erſte Anblick ſchei - net darzubieten empfinden ſoll.

Jch habe mich hieſelbſt zu drey unterſchiedlichen mahlen acht Monat aufgehalten / nicht daß einige Ge - ſchaͤffte zu verrichten hatte / denn in Zeit von einem Monat ich mein Schiff abfertigen / ja ſelbſt innerhalb 15. Tagen mit meiner Ladung fertig werden konnte / ſondern daß ich eine Jagt abwarten muſte / mit der ich zuruͤck reiſen wolte / folglich zu meiner Abreiſe unter - ſchiedlicher Anſtalt noͤthig hatte.

Jnnerhalb gedachter Zeit habe ich mich aͤuſſerſt be - muͤhet die rechte Groͤſſe des Koͤnigreichs Fida zu er - forſchen / konnte dennoch nichts gruͤndliches deshal - ben gewahr werden. Dieſes iſt gewiß / daß es ſich laͤngſt dem Meer ein 9. oder 10. Meilen erſtrecke / in der Mitte 6. oder 7. Meilen Landwerts einfalle / und nachgehends zu beyden Seiten in Geſtalt zweyer Ar - me ſich ausbreite / ſo daß es an einen Ort 10. bis 12. Meilen / am andern aber ungleich weniger breit iſt / folglich nichts gewiſſes von ſeiner Groͤſſe zu ſagen habe.

So viel gewiſſer koͤnnet ihr glauben daß das Land ſo bewohnet und volckreich / daß in einem Dorff zum Exempel wo der Koͤnig oder ſeiner Vice-Koͤnige einer wohnet / ſo viel Menſchen anzutreffen als ſonſt in ei - nem gantzen Koͤnigreich. Und ſolcher Doͤrffer gie - bet es unterſchiedliche / ohne unzaͤhlbahre kleine / welche keinen Muſqueten Schuß von einander liegen / denn die auſſerhalb den groͤſten Doͤrffern wohnen / koͤnnen nach ihrem Gefallen bauen wo ſie wollen; daß alſo eine jede Familie in einem beſondern Dorff zuſammenC c 2woh -404Beſchreibungwohnet / mit deren Vermehrung auch das Dorff groͤſſer wird.

Dieſe demnach unzaͤhlbare Menge von kleinen Doͤrffern / deren Haͤuſer faſt durchgehends oben gantz rund entweder mit aufgeworffener Erde / oder einer Hecke umgeben ſind / die ungemeine Anzahl un - terſchiedlicher ſchoͤner Baͤume / welche nach der Schnur ſcheinen geſetzet zu ſeyn / machen das aller - ſchoͤnſte Geſicht von der Welt / und vergnuͤgen das Auge der Reyſenden. Und zwar um ſo vielmehr / weil keine Berge oder Huͤgel ſolches verhindern / wiewol das Land allgemach hoͤher lieget / ohne daß man es mercken kan / bis man ein oder zwey Meilen fortgegan - gen und ſich umkehret / da man die erſinnlich ſchoͤnſten Thaͤler ſiehet / ſchoͤner als ſie in der gantzen Welt anzu - treffen. Sonſten iſt das Land die mehreſte Jahrs Zeit uͤber gruͤn / da man allezeit dreyerley Arten Korn / Bohnen / Patates und andere Feld-Fruͤchte mehr an - trifft / welche ſo nahe bey einander geſaͤet / daß an den meiſten Oertern nur ein kleiner Fußſteig uͤbrig iſt: denn die Mohren ſeyn mit ihrem Lande ſo geitzig / daß ſie alles beſaͤen und bepflantzen was ein wenig frucht - bar iſt / ſelbſt auch die Hecken um ihre Haͤuſer nicht ein - mahl ledig ſtehen laſſen / und zwar mit ſolcher Emſig - keit / daß ſie den einen Tag die Fruͤchte einſamlen / den andern wieder von neuen einſaͤen / folglich dem Lande keine Ruhe goͤnnen.

Es hatte mich die Schoͤnheit dieſes Landes ſo weit verfuͤhret / daß ich ſchier zu Ende kommen ehe ichs mich verſahe / will demnach von demſelbigen um ſeiner Annehmlichkeit halber ein ſonderliche Beſchreibung geben / und ſelbige in drey Theile abtheilen / das erſtevon405des Landes Gvinea. von der Natur und Sitten derer Einwohner zu Fida; das zweyte von ihrem Regiment und Religion; das dritte von denen daſelbſt befindlichen Thieren und Fruͤchten. Vom erſteren ſoll gegenwaͤrtiger Brief / und von den zwey andern die zwey folgende Briefe handeln. Vorhin aber laſſet euch deren Weitlaͤuff - tigkeit / inſonderheit des itzigen nicht verdrießlich ma - chen. Mir ſollen ſie im ſchreiben keinen Verdruß er - regen / und ſolte euch das Leſen zu lang / oder die dazu gehoͤrige Zeit zu koͤſtlich fallen / doͤrfft ihr ſie nur in Stuͤcken reiſſen.

Das erſte demnach von dieſer Beſchreibung anbe - langend / muß ich geſtehen daß die Einwohner von Fi - da allen andern Mohren mit denen ich jemahls zuthun gehabt / weit vorgehen / ſowol in Tugenden / als auch Laſtern / wie ihr ſolches aus folgenden / dafern ihr die Muͤhe nehmen werdet es zu leſen / klaͤrlich erſehen werdet.

Jhre Hoͤffligkeit muß ich ſonderlich ruͤhmen / als ſie uns vom kleinſten bis zum groͤſten / mit aller er - dencklichen Hoͤffligkeit und Ehren-Bezeugungen be - gegneten. Die anderen Mohren plagen uns ohn - aufhoͤrlich mit Geſchencken geben / dieſe hingegen ver - langen niemahls das geringſte / es ſey denn ein wenig Brandtwein / wuͤrden auch viel lieber uns einige Ge - ſchencke darreichen / als daß ſie ſelbige von uns anneh - men ſolten / ohne daß wenn wir mit ihnen gehan - delt / ſie gerne wegen geleiſteter Dienſte wollen beloh - net ſeyn / ſonſten aber halten ſie ſich an ihre alte Gewon - heit ohne im gerinſten davon abzuweichen / welche kein vernuͤnfftiger Menſch verwerffen mag.

Selbſt unter ſich / inſonderheit Geringere gegenC c 3ihre406Beſchreibungihre Obere ſeynd ſie dermaſſen hoͤflich und ehrerbietig / daß mich anfaͤnglich nicht genung verwundern koͤn - nen. Wenn irgend ein Geringer den Vornehmen beſuchet / oder von ohngefehr auf der Straſſe begegnet / faͤlt er alſobald auf die Knie vor ihm / und kuͤſſet die Er - de dreymahl / klopffet ſich hernaͤchſt ziemlich ſtarck in die Hand und wuͤnſchet ihm einen guten Morgen oder guten Abend, welchem der andre entweder ſtehend oder ſitzende antwortet / mit eben dergleichem wiewol gelinderem Schlagen einen guten Tag bietet / oder auch fals er ſehr hoͤfflig iſt / mit dieſen Worten; es iſt genung. Jnzwiſchen bleibet der andere ſo lange ſi - tzen oder liegen auf der Erde / bis dieſer davon gegan - gen / fals er keine eilfeytige Verrichtungen hat; ſonſten er um Urlaub bittet / und kriechende zuruͤck gehet; ſinte - mahl es vor ein groß Verbrechen gehalten wird in Beyſeyn ſeines Obern zu ſitzen. Mit eben dergleichen Ehr-Bezeigung begegnet der juͤngſte Sohn dem aͤl - teren / die Kinder ihren Eltern / Frauen ihren Maͤn - nern; keiner von dieſen allen wuͤrde von ſeinem Oberen etwas annehmen oder ſelbigen uͤberreichen / als auf den Knien und mit beyden Haͤnden; welches nicht weni - ger ein Zeichen der Unterthaͤnigkeit iſt / da ſie auch im Reden eine Hand vor den Mund halten / um vermit - telſt ihres Athems den Vornehmern nicht zu incom - modiren.

Wenn zwey Perſonen gleiches Standes einander entgegen kommen / fallen ſie beyderſeits auf die Knie / klopffen luſtig in die Haͤnde / und geſegnen einan - der mit Anwuͤnſchung eines guten Morgends / desglei - chen auch die nachfolgende Bediente thun / welches nicht unangenehm zu ſehen iſt.

Ge -407des Landes Gvinea.

Geſchiehet es daß ein hoher vornehmer Mann nie - ſet / fallen alle Gegenwaͤrtige nieder auf die Knie / kuͤſ - ſen die Erde / ſchlagen die Haͤnde zuſammen / und wuͤn - ſchen ſich allerley Gutes.

Empfanget jemand eine Gabe von dem Geringern / muß dieſer nach beſchehener Annehmung des Ge - ſchencks / in die Haͤnde ſchlagen / die Erde kuͤſſen / und mit der groͤſten Unterthaͤnigkeit Danck abſtatten. Kurtz ich glaube daß kein Ort in der Welt zu finden / allwo die Untern gegen ihre Obern mehrere Ehre und Scheu tragen / als im Koͤnigreich Fida; worinnen ſie den Gvineiſchen Mohren gantz zuwider / welche ohne Unterſcheid zwiſchen Menſchen zu machen / nicht an - ders als das dumme Vieh unter einander leben.

Der Arbeit und ihrem Thun nach ſeynd ſie nicht weniger von einander unterſchieden / indem die Gvi - neiſchen gerne muͤßig gehen / dieſe hingegen ſowol Weiber als Maͤnner / der Arbeit ſo embſig obliegen / daß nach angefangener und unternommener Sache ſie nicht ehen der ruhen koͤnnen / bis ſie zum Ende ge - bracht / auch jederzeit um was zu verdienen gerne Ar - beit ſuchen.

Auſſerhalb den Ackerbau / deſſen allein der Koͤnig nebſt einigen Vornehmen uͤberhoben iſt / ſpinnen ſie Baumwolle / machen ſchoͤne Kleider / Calabaſſes, hoͤltzerne Schiffe / ſchmieden auch Aſſagays, und treiben dergleichen Kuͤnſte mehr / welche in andern Lan - den entweder gantz unbekannt / oder wenigſtens in ſolcher Vollkommenheit nicht ſeynd als zu Fida.

Weil nun die Maͤnner in ihrer Arbeit ſo embſig / laſſen ſich die Frauens auch nicht muͤſſig finden / ſondeꝛn brauen Bier / bereiten unterſchiedliche Eß-Waaren /C c 4mit408Beſchreibungmit welchen ſowol als ihres Mannes Arbeit ſie zu Marckte ſitzen / ſo daß Mann und Weib recht um die Wette arbeiten / wer den groͤſten Gewinſt vor ſich brin - gen koͤnne / dahero ſie uͤberfluͤſſig gut und reichlich le - ben koͤnnen / an Statt daß die Gvineiſchen Mohren ſolche gute Biſſen nicht bezahlen / folglich ſelbige ent - behren muͤſſen.

Dieſe hingegen ſo groſſe als kleine das beſte vor ih - ren Mund kauffen ſo lange ſie Geld haben / und bey deſſen Entrathung auffs neue wieder an die Arbeit ge - hen. Jedoch iſts unmoͤglich ſelbige mit leerem Ma - gen zur Arbeit anzuſtrengen / wiewohl ich ihnen nicht ungleich geben kan / indem ſie vorher empfinden muͤſſen / warum daß ſie arbeiten.

Jedennoch ſind ſie mit einem wenigen Lohn zu frie - den / wenn ſelbige unſere Waaren vom Strande des Meeres bis in das Dorfftragen muͤſſen / alwo der Koͤ - nig reſidiret und wir unſer Haus haben. Vor ohn - gefehr 3. Meilen Weges geben wir ihnen jede Reiſe zwiſchen 8. und 12. Schilling / nachdem die Packen ſchwer ſeynd und von der gemachten Ordnung geſe - tzet iſt / ſehet wie gut Kauff dieſer Leute ihre Leiber zu Dienſte ſtehen.

Sie koͤnnen 200. Pfund auf dem Haupte fort tragen / und dabey ſo geſchwinde gehen / daß ob ſie gleich noch ſo ſchwer beladen / wir dennoch wiewol gantz frey und ledig ihnen nicht nachfolgen koͤnnen / ohne ſehr muͤ - de dabey zu werden.

Diejenigen ſo groſſe Mittel haben / treiben ſtarcke Handlung mit Sclaven und andern Kauff-Waa - ren / auſſerhalb dem Acker-Bau ſo ihre Weiber und Sclaven beſtellen muͤſſen.

Ja409des Landes Gvinea.

Ja ihre Handlung mit Sclaven iſt ſo groß / daß ſie Monathlich tauſend auffbringen koͤnnen / nemlich wenn zu Jakin 3. Meilen von hier unter Groß-Ar - dra gehoͤrig / koͤnnen Schiffe liegen / denn ſonſten die Kauffmannſchafft gehemmet iſt; angeſehen der Koͤnig zu Groß-Ardra, deſſen Land die meiſten Scla - ven durch paſſiren muͤſſen / zu mehrerem Vortheil ſeines eigenen Landes / alle Zugaͤnge nach Fida ſper - ren laͤſſet / mit dem ernſtlichen Verboth keinen einigen Sclaven nach Fida zu bringen / deſſen abgeſagter Feind er iſt: Jedoch laſſen ohngeachtet dieſes Verbots die Unterthanen darum nicht nach ins Geheim mit ih - nen zu handeln / nicht viel drauff gebend ob ihre Koͤ - nige Freunde oder Feinde ſeyn. Jſt demnach leicht zu erachten daß man alsdenn nicht ſo viel Sclaven daſelbſt finden werde / als wenn der Koͤnig von Ardra ſeinen Unterthanen mit denen zu Fida eine freye Handlung geſtattet.

Ubrigens kommen ſie in ihren Sitten auſſerhalb der Religion mit denen uͤbrigen Mohren ſchier gantz uͤberein / ohne daß ſie wie in allem ſo auch im Wei - bernehmen ihnen uͤberlegen ſeyn / denn indem die Mohren von Gvinea mit 8. oder 10. auffs hoͤchſte 20. zu frieden; haben dieſe von Fida wol 40. bis 50. ihre fuͤrnehmſte Haupt-Leute bis 3. oder 400. ja einige wol tauſend / und der Koͤnig gar 4. bis 5000.

Die meiſten deinen zu nichtes anders als die Feld - Arbeit vor ihre Maͤnner zu thun / die ſchoͤnſten aber muͤſſen das Haus verwahren / da ſie ebenfalls nicht muͤßig gehen / ſondern uͤberdem ihren Maͤnnern auffwarten und ſie verſorgen muͤſſen; ſintemahlenC c 5die410Beſchreibungdie Mohren ſo etwas vermoͤgend ſeynd / laſſen keinen fremden Menſchen in ihre Haͤuſer allwo ſie mit ihren Frauen wohnen.

Und ſeynd dabey ſo eyferſuͤchtig daß ſie auf den ge - ringſten Argwohn ihre Weiber an die Europaͤer ver - kauffen um anderwerts ſelbige zu verfuͤhren / auch nicht ſolche Kuplereyen mit ihren Weibern treiben wie die zu Gvinea ſondern hier viel ſchaͤrffer damit umgegangen wird / indem derjenige ſo bey einer fremden Frauen ſchlaͤffet / ein Mann des Todes iſt / falls der beleydigte ein bemittelte Perſon iſt / ja ſelbſt ſeine gantze Familie oͤffters darunter leyden muß / und in die Sclaverey verwieſen wird. Des Koͤni - ges Weiber muß kein Menſch beruͤhren und falls es durch ein Verſehen geſchehe / mit Verluſt der Freyheit oder gar des Kopffs ſein Verbrechen buͤſſen. Dannen - hero diejenige ſo in des Koͤniges Behauſung auffwar - ten von weiten ruffen und die Weiber warnen damit ſie ſich in acht nehmen / weil andre Fremde in der Naͤhe waͤren.

Eben darum laͤſſet ſich auch der Koͤnig noch jemand Vornehmes im Koͤnigreich von niemand anders als Weibern bedienen / ohne daß jemanden erlaubet waͤ - re ins Haus hinein zu treten / er habe denn etwas ſon - derliches zu thun oder zu verrichten / zu welcher Zeit dennoch die Weiber in ein ander Zimmer gebracht werden.

Wenn auch auf dem Dache einige Leute arbeiten / muͤſſen ſie ohnaufhoͤrlich ſchreyen / damit die vornehm - ſte Weiber des Koͤniges ſich innen halten moͤgen / weil auch dieſe zu ſehen ſtraffbahr iſt. Gehen des Koͤniges Weiber aufs Feld hinaus (wie es denn taͤg -lich411des Landes Gvinea. lich mit hunderten geſchiehet) und einen Menſchen be - gegnen / fangen ſie von ferne an zu ruffen / bey ſeite! bey ſeite! verberget euch / da denn dieſer einen Abweg nehmen und auf die Knie fallen muß / ſo lange bis jene vorbey gegangen ohne ſich zu unterſtehen herum zu - ſehen. Bisweilen verhandelt der Koͤnig ein zwantzig ſolcher Weiber falls ſie das geringſte verſehen / und oͤffters der Rede nicht werth iſt; nichts deſtoweni - ger vermindert ihre Zahl niemahls in Anſehung daß die vornehmſte Haupt-Leute welche uͤber das Serrail zu Fida die Aufſicht haben taͤglich andere in deren Stelle anſchaffen / ſo bald ſie irgend ein ſchoͤnes Weibes-Bild erblicken / fuͤhren ſie dieſelbe zum Koͤnige / und darff ſich niemand dawider ſetzen.

Gefaͤllet ſie dem Koͤnige wol / haͤlt er zwey oder drey mahl ſeinen Beyſchlaff mit ihr / nach deſſen Verrich - tung ſie einſam und ſtille wie eine Nonne leben muß / folglich dergleichen junge Maͤgdlein nicht viel drum geben wenn ſie zu ſolcher Ehre gefordert werden und viel lieber den Todt als ein ſolches Leben ſich oͤffters wuͤnſchen.

Vor zwey Jahren wolten eben dieſe Haupt-Leu - te ein ſolches ſchoͤnes Maͤgdlein vor dem Koͤnig bringen / es entwiſchte aber dieſelbige unter der Hand indem ihr vor ſo eingezogenem Leben grauete / und weil ſie ſich verfolget ſahe / ſprang ſie aus Ver - zweiffelung in einen tieffen Brunnen darinnen ſie auch umkahm.

Wenn der Vater von der Familie zu ſterben kommt / erbet der aͤlteſte Sohn die gantze Verlaſſen - ſchafft / ſelbſt auch ſeine Weiber / welche er alle zu ſich nimmet / ohne ſeiner eigenen Mutter / welcher er einHaus412BeſchreibungHaus allein einraͤumt und mit allen Nothwendigkei - ten verſehen laͤſſet; falls ſie durch ſich ſelbſt nicht beſte - hen kan. Und wird dieſes ſo wol bey Koͤniglichen und Voꝛnehmen / als gemeinen und geringen Leuten durch - gehends in acht genommen.

Der heutige Koͤnig hat zwey ſeiner eigenen Toͤchter geheyrathet / weil er aber kurtze Zeit mit ihnen ge - lebet und weniger Wolluſt genoſſen / bildet er ſich ein es haͤtte ihn GOTT wegen ſeiner Blut-Schan - de ſtraffen wollen / wannenhero er einen Eyd gethan ſolches hinfuͤhro niemahls mehr zu thun. Zeit mei - ner Anweſenheit wurde eine ſeiner Toͤchter an einen Engellaͤndiſchen Kauffmann ausgeſtattet / nur damit er wieder ſein gethanes Geluͤbde nicht handeln doͤrffte / und ſich auffs neue zu verſuͤndigen / weil ich nun ſehr frey mit ihm umgieng / fragte ich ihn deßwegen und er - kannte ihn Schertz-weiſe einer Geld-Straffe verfaͤllig zu ſeyn / daß er ſelbige mir nicht zuerſt auffgetragen haͤt - te / da er mir das Geld williglich einhaͤndigte mit dem Verſprechen / er wolte ſelbige annoch verſchaffen / wann ich ſie begehrte / ohngeachtet ſie allbereit ver - heyrathet / und ſolte ihm nur ein Wort koſten / ſo wollte er ſie wieder zu ruͤck bekommen.

Was duͤncket euch mein Herr ſeynd dieſes Koͤniges Toͤchter nicht gut kauff? Das uͤbelſte iſt / daß man mit ſolcher Heyrath nicht viel gewinnet / ſonſten es nur bey mir geſtanden / ſchon vor langer Zeit mein Gluͤck zu machen.

Jſt demnach gar leichtlich zu ſchlieſſen / es muͤſſen die Fidenſer bey ſo groſſer Menge derer Weiber auch ei - ne groſſe Anzahl von Kindern haben; wie es denn in der That unglaublich iſt / was und wie vieler KinderVa -413des Landes Gvinea. Vater ein einiger Menſch ſey / ſintemahlen die Maͤn - ner jung und vermoͤgend / die Weiber aber fruchtbar genung ſeyn. Ja ich habe einige Maͤnner gekandt / welche mehr als 200. Kinder hatten / da ich durch zwey Exempel beſtaͤtiget keinen Zweiffel dran hegete / das erſte von einem Koͤniglichen Hauptmann Nah - mens Agoei der unſer Dollmetſcher ſchon einige Jah - re her geweſen.

Dieſen fragte ich einſten in Beyſeyn eines meiner Schiffs Steuer-Leute und meines Beyſitzers / wie vieler Kinder Vater er waͤre? darauf er nur zur Antwort gabe mit tieff geholtem Seufftzer / er waͤre ungluͤcklich genung daß er ihrer nicht mehr haͤtte als 70. ich fragte weiter / ob er denn ſchon viel verloh - ren haͤtte / eben ſo viel war ſeine Antwort als noch im Leben ſeynd / hielte alſo ein 140. Kinder noch vor allzu wenig / woraus ihr abnehmen koͤnnet / wie vie - le diejenige haben muͤſſen welche reich an Kindern ſeynd.

Der Koͤnig als hierbey gegenwaͤrtig zeigte mir einen ſeiner Unter-Koͤnige welcher mit einer maͤchtigen Armee von Kindern / Kindes-Kindern und ihren Sclaven ſeinen Feind angefallen und ſelbigen uͤber den Hauffen geworffen / noch dieſes hinzu thuende / daß obiger Vice-Koͤnig mehr als 2000. Kinder und Kindes-Kinder zehlen konte / ohne die Toͤchter und Ver - ſtorbenen mit zu rechnen.

Dencket einmahl waͤre dieſes nicht ein herrliches Volck um eine neue Welt anzulegen und zu bevoͤl - ckern / dafern eine ſich finden ſollte.

Jſt demnach nicht zu verwundern falls obbeſagtes der Warheit gemaͤß iſt / wie denn nicht zu zweiffelndazu -414Beſchreibungda zumahl ſaͤmmtlich anweſende vornehme Leute des Koͤniges Rede beſtaͤtigten / daß dieſes Land ſo Volck - reich / noch daß ſo viel Sclaven allhie taͤglich zu ver - kauffen.

Jch habe nunmehro weitlaͤufftig genung gehan - delt von dem Heyrathen deren zu Fida, anitzo will ich von ihrer Redligkeit / in Bewahrung fremder Guͤter etwas gedencken. Hieruͤber lieſſe ſich der Koͤnig folgender Maſſen gegen mich aus / gleich bey meiner erſten Ankunfft: es waͤren ſeine Unter - thanen nicht ſo wie die von Groß-Ardra oder da herum liegenden Laͤndern / welche auf die geringſte Unbilligkeit die ſie meyneten von denen Europaͤern empfangen zu haben / dieſelbige durch Gifft hinrichteten / nein der - gleichen ſetzte er hinzu / habet ihr allhie nicht zu fuͤrchten / jedoch rathe ich eure Kauff-Waaren genau in acht zu nehmen / denn es ſcheinet ob ſeyn meine Unterthanen zum Stehlen gebohren / und alles hinweg zunehmen was ſie nur bekommen koͤnnen. Nun war ich - ber dergleichen offenhertzige Geſtaͤndniß trefflich wol zu frieden mir einbildende / ohne vorhergehende Erin - nerung meiner Waare halben geſichert genung zu ſeyn / ſo daß die Fidenſer obgleich noch ſo behende Diebe mir nichtes anhaben ſolten; allein ich machte die Rechnung ohne den Wirth und erfuhre nachge - hends / daß ſie die aller ſchlauheſte und liſtigſte Diebe un - ter der Sonnen waͤren.

Drey oder Vier der Vornehmſten will ich aus - nehmen / die uͤbrige klein und groſſe / reiche und arme ſeynd durchgehends Diebe / und wiſſen ſo behende und kuͤnſtlich zu ſtehlen / daß ſie wie ein gewiſſer Frantzoͤſi - ſcher Kauffmann ihnen vorgeworffen ſich beſſer aufdie415des Landes Gvinea. dieſes Handwerck verſtunden als die Beutelſchneider zu Paris.

Mercket hievon die Urſach / als derſelbige gantz Reiſefertig und nunmehro alle ſeine Kauffmannſchafft nebſt guten Vorrath von Huͤnern auf die Reiſe in ſeiner Proviant-Kammer eingepacket des Abſehens des Morgends fruͤhe ſolches an Boort tragen zu laſſen; allein ſo hat man ihn dieſer Muͤhe uͤberho - ben / denn als er bey ſeine Proviant-Kammer des Morgends herzu kahm / fande er weder Waaren noch Huͤner / und konte nicht bedencken / da ſie ſo gut verſchloſſen / ſonſten auch keine Oeffnung zu ſe - hen war / wie dieſe ſchlauhe Gaͤſte herein gekom - men / wiewohl ichs hernach mit meinem Schaden erfuhre.

Zwar koͤnnen es die Gvineiſche auch zimlich wol allein bey weitem nicht ſo wie dieſe Fidenſer. Ja ich glaube ſicher daß kein Schiff unter was Nahmen es immer wolle daſelbſt ankommen / dem ſie nicht ein guten Theil der Waare abſtehlen / denn weil wie ge - ſagt des Koͤniges Dorff 3 Meilen vom Strande lieget / dieſe aber unſere Waaren ſo weit tragen muͤſſen / haben ſie die erwuͤnſchte Gelegenheit zu ſtehlen / ohne daß wir ſolches verhindern koͤnnen / und wenn wir auch an ſtatt des Argus eine Wache mit hundert Augen haͤtten / ſintemahlen ſie uͤber dem Diebſtall betrof - fen / und zur Rede geſetzet / wol ſo vermeſſen ſeyn / zu fragen ob wir gedaͤchten / daß ſie eine ſolche Eſels - Laſt ſo weit vor geringes Geld tragen wolten / wenn ihnen nicht frey ſtehen ſollte etwas davon zu nehmen.

So geſchahe noch zu meiner Zeit daß die Engellaͤn - der ihre kleine Gefaͤſſe voll Bonſies (welches von hie -ſigen416Beſchreibungſigem Gelde) in Saͤcke eingemachet hatten / um vor denen Mohren es geheim zu halten / nur damit dieſe ihnen nichtes abnehmen ſollten / kaum waren ſie auf den Weg kommen / ſo hatten ſie die Saͤcke zer - ſchnitten / wo die kleine Tonnen drinnen waren / ein Eyſen zwiſchen die Staͤbe geſtecket und alſo die Bon - ſies heraus gezogen / und dergleichen Schelmenſtreich haben ſie mehr als tauſend / welche hier zu erzehlen allzu lang fallen doͤrfften.

Nur will ich ſo viel ſagen daß ſich keiner einbilden muͤſſe / daß man ſolcher Boßheit vorbeugen koͤnte / denn gehetman bey dem Koͤnig und klaget daruͤber / ſo hat man weder Recht noch nichtes vom Seinigen zu gewarten / ja wenn der Koͤnig ſchon befehlen wuͤr - de / dergleichen Boͤſewichte und Verbrecher aufzu - ſuchen / wuͤrde dennoch niemand ſich unterſtehen doͤrffen dieſen Befehl zu vollfuͤhren / angeſehen man den aͤlteſten Sohn des Koͤniges ſcheuet / als welcher insge - mein ſein gewiſſes von der Beute ziehet / folglich dieſe Lotter-Buben ſchuͤtzen muß.

Eben ſo wenig muß man glauben die Waaren wohl verwahret zu ſeyn / wenn ſie im Magazin wohl verſchloſſen / Nein mit Nichten / anfaͤnglich dachte ich auch alſo / da ich aber wehrender einer Nacht vor mehr als 600. Gulden an Waaren beſtohlen wuͤrde / konte ich meine Meynung bald aͤndern / daß demnach kein beſ - ſer Mittel dazu / als wenn man gar auſſerhalb ihrem Lande iſt.

Die Schloͤſſer von meinen Magazin waren da - mahls gantz unverletzet und unverſehret / hatte auch den Schluͤſſel in ſichere Haͤnde geliefert / konte da - hero gleich im Anfang nicht draus kommen / wie esmuͤſte417des Landes Gvinea. muͤſte zugegangen ſeyn; nachgehends aber fande ichs leyder mehr als zu wohl / da ſie oben in dem Dach wel - ches von Rohr und mit Leim uͤberwoꝛffen um des Feueꝛs Gefahr nicht ſo gar unterworffen zu ſeyn / ein Loch ge - macht / und mit einem langen Hacken alle dieſe Kauff - Waaren heraus geholet.

Jn obiges Frantzoſen aber ſeinem Magazin hatten ſie das Loch ſo groß gemacht daß ein gantzer Kerl her - durch ſteigen konnte. Jn Summa man mag ſich huͤten wie man wolle / man entgehet ihren diebiſchen Haͤnden doch nicht. Doch genung hievon / und laſſet uns noch mit wenigem von einer andern Materie hoͤren ehe daß wir zur Beſchreibung ihres Regiments und Re - ligion ſchreiten.

Jn ihren Kleidungen ſeynd die Fidenſer ungleich praͤchtiger als die Gvineeſer / wiewol ſie kein Gold oder Silber tragen / davon ſie auch keinen Verſtand haben / ſondern 5. oder 6. Roͤcke uͤber einander / von unterſchiedlichem Gezeuch; daß oberſte iſt 10. bis 12. Ehlen lang / welches ſie ſehr kuͤnſtlich um den Leib in Falten zu ſchlagen wiſſen. Roht muß niemand tra - gen er ſey denn vom Koͤnigl. Gebluͤte. Ebenfals tra - gen auch die Frauensleute unterſchiedliche Paans oder Roͤcke uͤber einander / wiewol keiner uͤber anderthalb oder zwey Ehlen lang iſt; vorne binden ſie ſelbige mit zwey Knoͤpffen zu / und haben alſo wenig Muͤhe das - jenige zu bedecken / was die Schamhafftigkeit nicht entdecken will.

Nur das iſt laͤcherlich anzuſehen / wenn alle die Moh - ren ſowol Manns - als Weibes-Perſonen / klein und groß mit geſchornem und unbedecktem Haupt einher - gehen / es mag regnen / ſtuͤrmen / oder die Sonne ſchei -D dnen /418Beſchreibungnen / ohne das gerinſte Ungemach zu empfinden / und ſo es wahr iſt / daß man ſehr hart wird wenn man mit bloſſem Haupt gehet / muͤſſen dieſe gewiß ſehr hart ſeyn / weil ſie ſich niemahls bedecken. Dannenhero die alten Leute viel juͤnger ſcheinen als ſie in der That ſeynd / um ſo vielmehr / weil ſie ihren Bart gantz kahl wie das Haupt abſcheeren. Falls auch die Mohren von Gvi - nea von einer Kranckheit uͤberfallen / ſehr emſig ihre Geſundheit wieder ſuchen zu erlangen / theils durch Artzneyen / theils durch Opffer-Gaben; ſo thun es wahrlich dieſe noch vielmehr / inſonderheit in dem opf - fern / damit ſie gantze Tage zubringen.

Jhre Artzneyen ſeynd mit denen Gvineiſchen einer - ley / und was ihre Opffer betrifft / haben dieſe durchge - hends einen offenen Ort in ihren Haͤuſern mit etwas Rohr oder andern lumpenen Sachen umgeben / allwo ſie ohne Aufhoͤren zur Erhaltung ihrer Geſundheit / oder auch eines andern Gluͤcks opfern.

Vor dem Tode fuͤrchten ſie ſich dergeſtalt / daß ſie nicht davon moͤgen ſprechen hoͤren / aus Furcht ſie moͤchten denſelbigen ſo viel mehr beſchleunigen; Ja es muß in Beyſeyn des Koͤniges oder eines andern vor - nehmen Herrn / kein Mohr ſich unterſtehen vom Tode das geringſte zu gedencken / falls er nicht dasjenige da - von er geſprochen ſich auf den Hals ziehen wolte.

Bey meiner erſten Dahinreiſe ging es mir ſehr ar - tig / denn als ich nunmehro zu meiner Abreiſe fertig / den Koͤnig ſo mir ohngefehr 1000. . ſchuldig blieb / frag - te wer mich bezahlen wuͤrde wenn er zum ſterben kaͤme? blieben alle Anweſende auf ergangene Frage ſtumm und ſtill / der Koͤnig aber ſo etwas Portugieſiſch konte und mich wohl verſtanden hatte gab mir kurtz zur Ant -wort419des Landes Gvinea. wort / ich haͤtte davor nicht zu ſorgen / genung daß er niemahls ſterbe / ſondern allezeit lebendig bliebe. Nun merckte ich wol daß ich mich verſehen / nahm deswegen Abſchied und machte mich aus dem Staube: Fragte aber die mir nachfolgende Capitains, warum ſie auf meine Frage ſo beſtuͤrtzt worden? und erhielte zur Ant - wort / daß kein Menſch bey Verluſt des Lebens ſo oͤf - fentlich vom Tode in des Koͤniges Anweſenheit ſpre - chen muͤſte / bevoraus da es deſſen eigene Perſon angin - ge. Dismahl lieſſe ichs mit Stillſchweigen vorbey gehen / hernach aber bey meiner zweyten und dritten Wiederkunfft / da ich mit dem Koͤnige und ſeinen Hof - Bedienten freyer ſprechen konte / habe ich ſie offters mit ihrer Bangigkeit vor dem Tode aus gelachet / und ſie offters zum lachen bewogen / ſonderlich den Koͤnig ſelbſt als einen guten Schlucker / da ich einem ſeiner Haupt - leute mit lachendem Munde mit den Todt draͤuete; jedoch iſts gewiß daß kein Mohr davon ſprechen darff.

Sie haben keine Abtheilung in der Zeit / folglich wiſ - ſen auch die Mohren nicht zu ſagen wie alt ſie ſeynd / hal - ten auch keine Feyertage / noch Eintheilungen in Stun - den / Tage / Wochen / Monat und Jahre. Sondern wiſſen wenn es Zeit iſt zu ſaͤen / aus dem Lauf des Mon - den / und daß um den dritten Tag ohnfehlbahr Marckt - Tag iſt.

Jm rechnen ihrer Kauffmannſchafft ſeynd ſie uͤber - aus gelaͤuffig / und viel geſchwinder im Kopffe den Ubeꝛſchlag machen zu koͤnnen als wir mit der Feder und wenn es auch auf einige tauſend anlieffe / folglich weit beſſer mit dieſen als mit andern Mohren zu rechnen iſt / welche ſehr grob und ungehoͤbelt.

Nehmet nicht uͤbel mein Herr daß ich die noͤthigeD d 2Ord -420BeſchreibungOrdnung nicht in acht genommen / wenn ich ſo viele unterſchiedliche Dinge unter einander miſche / ich habe mir nicht die Zeit genommen ſelbige in Ordnung zu bringen / darum nehmet es wie es mir vorkommt / und wollet ihr es ordentlicher haben ſo thut es nach eurem Belieben / zumahlen ihr bey Erhaltung deſſelbigen der vollkommene Herr daruͤber ſeyd. Anbey troͤſtet euch daß gegenwaͤrtiger Brief bald ein Ende haben werde.

Die Frauensleute ſeynd in Zeit ihrer monatlichen Reinigung ſo unrein gehalten / daß ſie alsdenn in des Koͤniges / noch in jemands vornehmen Behauſung ſich nicht wagen doͤrffen / falls ſie nicht mit dem Tode oder ewiger Sclaverey ihr ungehorſames Verbrechen buͤſſen wollen.

Jhre Kinder beſchneiden ſie / und fraget man wo - her dieſe Beſchneidung komme / iſt gleich die Anwort / ſie haͤtten ſie durch muͤndliche Mittheilung von ihren Vor-Eltern behalten / ohne zu wiſſen warum ſie es thun / noch weniger was es bedeute. Zwar wiſſet ihr wol daß man nur das maͤnnliche Geſchlecht beſchneide / hier aber koͤnte auch das weibliche beſchnitten werden; doch will ich weiter nichts davon melden / weil ihr ein Medicus ſeyd / den Leſer aber zu dem Herrn Arnold Overbeek verweiſen / da er von den Hottentotten bey dem Vorgebuͤrg der guten Hoffnung geſchrieben.

Jn der Zeit da ſie die Kinder beſchneiden kommen ſie nicht uͤberein / einige verrichten es im 4ten / 5ten / andere im achten oder zehnten Jahre.

Jhre Seitenſpiele ſeynd viel angenehmer als die Gvineiſche / und gebrauchen ſie ſich derſelbigen mit mehrerer Gelaſſenheit / zumahlen ſie in Betruͤbniß niemahls ſpielen.

Uber421des Landes Gvinea.

Uber dem ſeyn ſie auch groſſee Doppeler und Spie - ler / indem ſie alle ihr Geld daran wagen / und bey Verluſt ihres Haab und Gutes / es machen wie die Chineſer / da ſie Frau und Kind / ja ſich ſelbſt verſpielen.

Bey Beſchreibung ihrer Luſt-Spiele will ich mich nicht lange aufhalten / weil ich mir nicht getraue damit zu recht zu kommen / ſondern gedencke zu ſchlieſſen / mit der aufrichtigen Verſicherung daß ich bin ꝛc.

Ende des achtzehenten Briefes.

Neunzehentes Send - Schreiben.

Darinnen kuͤrtzlich gehandelt wird von dem Regiment zu Fida, und von denen hieſelbſt wenig vorfallenden Gerichts-Sa - chen. Wie der Mord / und Ehebruch mit des Koͤniges Weiber begangen beſtraffet / andere Verbrecher aber mit einer Geld - Straffe gebuͤſſet werden. Von dem Schwur ſo man zu ſeiner Recht fertigung und Unſchuld / auch wie man ſelbigen able - gen muͤſſe. Vom Alter des Koͤniges / ſeiner Natur / Verhoͤr-Zimmer / ſeines Hauſes Bedienungen / ſeinen Einkuͤnfften / und Zoll-Einnehmern. Wie viel der Koͤnig von dem vertauſchen oder verkauffen eines Sclavens bekommt; was Gewinſt er von denen verkaufften Fiſchen und von jedemD d 3Schif -422BeſchreibungSchiffe ziehet. Vom Reichthum des Koͤ - niges / wie er viele erhalten muß / und groſ - ſe Ausgaben hat. Kein Menſch ſich unter - ſtehen darff den Koͤnig ſpeiſen / oder ſein Schlaff-Zimmer zu ſehen / auſſerhalb ſei - nen Weibern. Was er vor Geſchencke an die Europaͤer thut; wie er von ſeinen Un - terthanen geehret / nicht anders als ein hal - ber Gott; wie er gekleidet / geſinnet / mit Kindern geſegnet / wie dieſe geartet / und wie der itzige Koͤnig auf den Thron gekom - men. Uble Gewohnheiten derer zu Fida bey dem Abſterben ihrer Koͤnige. Wie des Koͤniges Befehle von ſeinen Weibern aus - gerichtet / wobey disfals eine artige Bege - benheit. Von ihrer Goͤtzen unglaublicher Menge / deren artige Erklaͤrung von einem Mohren gegeben worden. Von ihrer Re - ligion und Aberglauben; was ſie vor Mey - nung von dem wahrhafftigen GOtt hegen; welches ihre vornehmſte Goͤtzen ſeyn; erſtlich die Schlange / an welche der Koͤnig inſon - derheit vieles opfert. Von dem Haus ih - res erſten Goͤtzen / wo ſolches gelegen / wie groß und auf was Weiſe es gefunden wor - den. Von den vorigen Opfer-Gaben wel - che die Koͤnige an dieſer Schlangen Be - hauſung zu ſchicken pflegten / nunmehro aber und warum abgeſchaffet; von demEin -423des Landes Gvinea. Einkommen des Koͤniges aus ſolchem Schlangen Dienſt; wie die Mohren die darunter vorgehende Betriegereyen zwar wol wiſſen / aber ſich nichts doͤrffen mercken laſſen / und warum; wie diejenigen ſo dieſer Schlangen ichtes boͤſes zugefuͤget zum Feuer verdammet werden; traurige Be - gebenheit desfals eines Engellaͤnders / noch eine andre mit einem Mohren von Gvinea; von der ungeheuren Menge de - rer Schlangen in der Europaͤer Behau - ſungen; wie der Koͤnig den Autorem be - ſchencket / um eine gewiſſe Schlange zu naͤhren. Wie dieſe Schlangen denen Men - ſchen nichtes boͤſes anthun / und die Moh - ren nicht uͤbel moͤgen davon ſprechen hoͤ - ren / imgleichen was ſie thun wenn eine ſtir - bet. Sehr luſtige Begebenheit zwiſchen einem Schwein und einer Schlangen / wel - ches ſehr vielen Schweinen den Hals koſte - te. Wie die Baͤume die zweyte Ordnung ihrer Goͤtzen ausmachen; das Meer aber die dritte. Jn was Gelegenheit man dieſe Goͤtzen anruffe und ihnen opfere. Die Prie - ſter und Prieſteriñen hier ſehr hoch geachtet ſeynd / daß man die letzteren Gottes-Kin - der nennet / und von ihrem groſſen Anſe - hen. Was ſie vom Teuffel / Geiſtern und der Hoͤlle halte / darinn ſie noch kuͤrtzlichD d 4um424Beſchreibungum ein merckliches beſtaͤtiget worden. Un - terredung eines Capitains von Fida mit ei - nem Prieſter Auguſtiner Ordens.

Mein Herr!

MEin letzteres Schreiben welches den an euch zu ſenden mir die Ehre gegeben / hatte ich in 3. Theile getheilet / um ſo viel beſſer die Eigenſchafft des Landes Fida zu erkennen zu geben. Von dem er - ſten habe ich in vorhergehendem gemeldet / von dem zweyten ſoll gegenwaͤrtiges handeln / nemlich von dem Regiment und Religion derer zu Fida; wiewol mich bey dem erſteren nicht gar lange aufhalten werde / ſin - temahlen nichts ſonderliches dabey vorfaͤllet.

Beſtehet demnach das Regiment in Policey oder Kꝛieges-Sachen bey dem Koͤnige und ſeinen Hoff Be - dienten; in andern Verbrechen aber wird der Rath aus einigen Groſſen beſtehend vom Koͤnige zuſammen gefodert / die That vorgeſtellet / mit Begehren es moͤchte ein jeder ſeine Meynung eroͤffnen was der Miſſethaͤter vor eine Straffe verdienet. Jſts daß dem Koͤnige dieſelbe behagt / wird mit der Vollfuͤhrung des Urtheils nicht geſaͤumet / im Gegentheil aber de - nen Raͤthen Uhrlaub gegeben / und der Schuldige nach des Koͤniges Gutd[]ncken abgeſtraffet.

Mit dem Tode zwar ſehr wenig / es ſey denn der Mord oder Ehebruch mit des Koͤniges oder ſonſt vor - nehmen Mannes Weibern begangen / weil wie geſagt die Mohren ſich viel zu ſehr fuͤr dem Tode fuͤrchten / folglich darinnen ſehr behutſam ſeyn; Dennoch aber ohngeachtet deſſen von Zeit zu Zeit ſich einige Todes -ſchul -425des Landes Gvinea. ſchuldige finden / wie ich denn ihrer 4. in Zeit von 5. oder 6. Jahren wahr genommen.

Die zwey erſte waren zwey Mohren wegen Mord - That auf einerley Art geſtraffet. Sie wurden le - bendig aufgeſchnitten / das Eingeweyde ausgeriſſen / verbrennet / und nachgehends der ubrige Leib mit Saltz eingeſtreuet / mitten auf dem Marckt auf eine hohe Stange geſtellet / da ich ihn bey meiner erſten Hinrei - ſe geſehen.

Vor 4. Jahren wurde ein Mohr gefaͤnglich einge - bracht / wegen begangenen Ehebruch mit einer von des Koͤniges Weibern / welche beyde man auf dem Ge - richt-Platz ſtellete zu einem Ziel darnach viele groſſe Herren mit ihrem Aſſagai ſich exercirten / und alſo unertraͤgliche Schmertzen ausſtehen lieſſe; Nachge - hends die Geburts-Glieder abſchnitte / verbrannte / und beyde Miſſethaͤter in einen tieffen Graben Haͤnde und Fuͤſſe gebunden ſetzte / bald darauf mit dem zur Hand ſtehenden ſied-heiſſen Waſſer allgemach in klei - nen Geſchirren begoſſe / und nach halb ausgeſchoͤpfften Waſſer endlich auf einmahl mit dem gantzen groſſen Gefaͤß dieſe Ungluͤckſelige zwey uͤberſchuͤttete / bis der Graben voll Waſſers wurde.

Zwey Jahr darauf entdeckte man einen Mohren welcher noch ſehr jung ſeynde / in des Koͤniges Be - hauſung in Frauens-Kleidern ſich aufgehalten / und unter dem Vorwand mit unterſchiedlichen Weibern des Koͤniges zugehalten. Endlich aber aus Furcht es moͤchte offenbahr werden / mit einem Weibe ſchluͤßig worden / durchzugehen / anbey aber nicht vergnuͤget ſeynde dergleichen Schand-Flecken dem Koͤnige anzu - hangen / noch etwas von des Koͤniges KoſtlichkeitenD d 5mit426Beſchreibungmit zu nehmen / damit ſie in fremden Laͤndern dahin ſie gedachten ſo viel beſſer zu recht kommen koͤnten. Als nun dieſe genommener Abrede Zufolge beſchaͤfftiget waren ihꝛe Reiſe-Buͤndel zu machen / kame es eben aus / und wurde der Mohr mit einem Weibe feſt genommen / denn mehr konte man ohngeachtet unleydlicher Mar - ter aus dem Mohren nicht bringen / welche unter dem Weibern des Koͤniges mehr ſchuldig waͤren / folglich nur er alleine mit dieſem Weibe zum Feuer verdam - met. Da nun dieſer ſahe daß die Koͤnigl. Weiber ſo emſig waren zu Vollziehung ſeines Urtheils das Holtz herbey zu tragen / konte er des Lachens ſich nicht enthalten / und oͤffentlich zu ſagen daß eben dieſe welche ſeinen Leib zu verbrennen ſo geneigt ſchienen / auch vor - hin zu andern Sachen er nicht ungeneigt viel weniger widerſpenſtig gefunden haͤtte / weil er aber keine nicht nennete / blieb es alleine bey obigen zwey Perſonen.

Sehet mein Herr wie der Koͤnig mit groſſer Stren - ge diejenige wiſſe abzuſtraffen ſo ſich an ihm vergrif - fen / wiewohl er gegen andre die um Recht und Ge - richt bey ihm flehentlich offtmahls anhalten / ziemlich harthoͤrig iſt.

Andre Miſſethaten oder Verbrechen werden ge - meiniglich mit einer Geld-Straffe gebuͤſſet / ſo der Koͤnig ohne Rathpflegung mit ſeinen Raͤthen vor ſich behaͤlt / ausgenommen einen ſeiner Lieblingen Nah - mens Karter welchen man nicht unfuͤglich des Koͤni - ges Augapffel nennen kan / ſintemahlen dieſer ohne je - nem nichts fuͤrnimmt. Es war Zeit meines Daſeyns dieſer Karter der Capitain auf Seiten derer Euro - paͤer / oder wie man hier ſagt weiſſer Capitain, weil erdie427des Landes Gvinea. die Auffſicht haben muß uͤber die vorgehende Kauff - mannſchafft zwiſchen Mohren und Weiſſen.

Wird jemand eines Verbrechens beſchuldiget / ohne mit gnugſamen Beweiß denſelben zu uͤberfuͤhren / muß er bey Verlaͤugnung der That ſich mit einem Eyde rechtfertigen / in Ergreiffung derer Fetiches wie zu Gvinea, oder muß / welches noch gewoͤhnlicher ſich an einen dem Koͤnigl. Pallaſt nahe gelegenen Fluß tragen laſſen / von welchem man fuͤrgiebt / alle diejenige ſo ſchul - dig ſeynd auf den Grund zu ziehen / und zu erſaͤuffen / (einer Probe ſo ſonſten von unverſtaͤndigen Leuten bey den alten Hexen vor gewiß und unſtreitig angenommen wird) die unſchuldige aber frey und un - verſehret laſſe heraus gehen / falls ſie ſchwimmen koͤn - nen / da ich denn niemahls gehoͤret jemanden hiedurch uͤberzeuget worden zu ſeyn / angeſehen ſie durchgehends wohl ſchwimmen koͤnnen / und alle ſo hinein geworf - fen werden / augenblicklich wieder heraus kom̃en nebſt Erlegung eines gewiſſen Geldes / welches ich vor die eintzige Urſach halte / ſo man bey dieſer Probe zum Abſehen hat.

Die Unter-oder Vice Koͤnige machen es bey ihrem Regiment eben ſo / und verdammen offtermahls die al - lergroͤbſte Ubelthaͤter zu einer Geld-Straffe / nur damit ſie auch etwas davon bekommen.

Weiter kan ich nichts merckliches von ihrem Regi - ment melden / dannenheꝛo zur Betrachtung des Koͤnigl. Hauſes ſchreite.

Der heutige Koͤnig iſt einige 50. Jahr alt / dabey aber frifch und eben ſo munter als ein junger Mann von 35. Jahren. Sonſten der hoͤfflichſte und freygebigſte als ich noch einen unter den Mohren ge -fun -428Beſchreibungfunden / ſo daß er nichts liebers ſiehet als wenn wir et - was von ihm zu bitten haben. Und wuͤrden wir alles von ihm erlangen koͤnnen / falls nicht die verdrießlichen Fuchsſchwaͤntzer ihm jederzeit in den Ohren liegen / um etwas ſparſamer zu ſeyn / nicht ſo wol in Abſicht deſſen Nutzens als ihres eigenen Vortheils / denen er allbereit anfaͤnget in vielen Stuͤcken Gehoͤr zu ge - ben wie ichs denn ſelbſt empfunden / daß er nun - mehro lange nicht ſo freygebig als vor dieſem / ja ſelbſt in Handlungs-Sachen ſo verdrießlich daß wir kaum mit ihm zu rechte kommen koͤnnen. Anfaͤnglich war er ſehr hoͤfflich gegen uns / itzund aber muͤſſen wir thun was er will / und ihm vor ſeinen Sclaven die aller - beſten und am meiſten gangbahre Waaren gerne dahin geben / welches denen Kauff-Leuten ſehr nachtheilig. Denn da wir ihm den dritten oder vierdten Theil vor ſeine Sclawen mehr geben muͤſſen als einem andern / bleiben uns die uͤbrige Waaren auf dem Halſe ſitzen und koͤnnen derſelbigen ohne groſſen Verluſt nicht loß werden; an ſtatt daß wir dieſelbigen viel leichter und mit mehreren Gewinſt ver - handeln koͤnten / falls er noch ſo geſinnet waͤre als bey meiner erſten und zweyten Reiſe.

Seine Hoffſtadt iſt ſehr ſchlecht und keines Redens werth / ſintemahlen er auſſerhalb ſeinen Weibern kei - nen zur Auffwartung laͤſſet.

Jm gantzen Jahr gehet er uͤber zweymahl nicht aus / alsdann ſein Gefolge praͤchtig genung / inſon - derheit die Weiber ſo in tauſenden ihn begleiten / durch - gehends ſehr herrlich gezieret. Und kan man zu der Zeit die ſchoͤnſte ſeiner Weiber / welche ſonſten einiger Maſſen verſchloſſen / in koͤſtlichem Geſchmeide vonGold /429des Landes Gvinea. Gold / Corallen und noch viel koͤſtlicher als Golde zu ſe - hen bekommen.

Von Mannes-Leuten hat er keinen Menſchen bey ſich / ſondern laͤſſet denen Vornehmen etwas zuvor andeuten / er wolle um ſich zu erluſtigen an dem und den Ort einfinden / allwo dieſe ſich ebenfalls einſtellen / doch ſehr in acht nehmen muͤſſen / da mit ſie dem Frauen - Volck nicht zu nahe kommen / welches ſie nur obenhin anſchauen muͤſſen.

Die uͤbrige Jahres-Zeit bleibet er zu Hauſe / und bringt ſeine Zeit mit dem Weiber-Volck zu / ausge - nom̃en des Morgends wenn er in die Audientz-Kam - mer gehet um von ſeinen Capitains zu vernehmen ob nichts vorgefallen / und dem zu folge gehoͤrige Befehle zu urtheilen.

Nach deſſen Verrichtung er in ein andres Zimmer gehet den Europaͤiſchen Kauff-Leuten gewidmet / um uͤber Handlungs-Sachen Unterredung zu pflegen. Wie ich denn offte bey muͤßiger Zeit gantze Tage hierinnen mit ihm zugebracht / in allerhand Spielen (davon er ein groſſer Liebhaber) um einen Ochſen / um ein Schwein / Schaaffe / allein niemahls um Waaren noch um Geld / worinn ich ſelten zu kurtz kame / angeſehen wenn ich gewann mir alſobald der Ge - winnſt nach Hauſe geſchicket wuꝛde / hingegen wenn ich verlohre er ſo hoͤfflich war / daß er nie etwas anneh - men wolte.

Jn dieſem Saale oder Zimmer giebet es zwey Fuß - Schemel einer breit und mit Tapeten bedecket / nebſt einem laͤnglichen runden Stuhl nach Landes-Art verfertiget vor dem Koͤnig. Der andre enger und mit Stroh-Decken bedecket / vor die nechſt dem Koͤni -ge430Beſchreibungge ſitzende Europaͤer / allwo ſie wenn ſie mit dem Koͤ - nige zu reden haben / mit bloſſem Haupt ſolches verrich - ten / nicht weil ſie es thun muͤſſen / ſondern weil ſie ſehen daß dem Koͤnige damit gedienet.

Bey der Thuͤre des Saales wird uns der Degen abgefodert / weil der Koͤnig niemand gerne mit Gewehr vor ihm ſiehet.

Jn Warheit ich muß bekennen / daß es nicht un - annehmlich iſt mit dem Koͤnige umzugehen / und wenn es auch gantze Tage daurete / in Anſehung er in Compagnie ſehr luſtig uͤberdem an koͤſtlichem Eſſen und Trincken es nie ermangeln laͤſſet. Es darff a - ber niemand aus des Koͤniges Geſchirre trincken / ſon - dern er behaͤlt das Seinige allezeit vor ſich / und trincket niemahlen aus einem da ein ander den Mund angeſe - tzet / es muͤſte denn von Metall ſeyn / welches ſich durchs Feuer laͤutern und reinigen laͤſſet.

Die Koͤnigl. Taffel iſt in Beyſeyn derer Euro - paͤer noch zimlich reguliret. Die vornehme Hoff - Bedtente liegen rund um die Taffel auf der Erde ſo lange der Koͤnig zugegen / da dann nach verrichteter Mahlzeit und aufgehobener Taffel derer Europaͤer alle uͤbrige Speiſen dieſen vornehmen Herrn gereichet werden / welche dieſelbe mit groſſen Appetit zu ſich nehmen / ſelbſt wenn es auch ihrem Geſchmack zu wider / und ſie zu Hauſe ein viel beſſeres haͤtten / einig und allein zu bezeugen / daß ſie des Koͤniges Koſt nicht ver - achten.

Er hat dreyerley Bedienungen zu vergeben / erſt - lich zwar die Unter - oder Vice-Koͤnigs Stelle / unter dem hieſigen Nahmen Hidalgos oder Governa - dors, die erſte und nechſte dem Koͤnige / in ihrer Re -gie -431des Landes Gvinea. gierung und Aufzug / eben ſo und bisweilen noch praͤch - tiger als der Koͤnig ſelbſt / zweytens folget derer Capi - tains Stelle unter dem Nahmen Capitaines Gran - des, meiſtentheils Unter-Koͤnige oder uͤber ein oder an - der Land geſetzet:

Drittens ſeynd die gewoͤhnliche Capitains, deren eine unglaubliche Zahl / und gleichwol einjeder mit be - ſonderer Bedienung verſehen iſt. Denn da giebet es Marckt-Capitaine, welche die Aufſicht uͤber dem Marckte fuͤhren / Sclawen-Capitain, gefangen Ca - pitain, Land-Capitain, in Summa es iſt nichts zu bedencken daruͤber nicht ein gewiſſer Capitain vom Koͤ - nige beſtellet.

Uberdem aiebet es noch andre Capitains, welche den bloſſen Nahmen ohne Bedienung fuͤhren / in - zwiſchen aber dem Koͤnige ein ehrliches vor dieſe Ehren - Stelle entrichten muͤſſen / nichts deſto weniger vor eine groſſe Gewogenheit und Gnade des Koͤniges achten. Die Einkuͤnffte des Koͤniges ſind in Anſehung des Landes ſehr groß / und glaube ich daß mehr als tauſend Zoͤllner im Lande ſeynd / welche den Schoß in Nah - men des Koͤniges einfodern / von den Maͤrckten / Wegen und Stegen ſo eine unglaubliche Summa zuſammen bringt. Nicht das geringſte wird im gan - tzen Lande verkaufft ohne dem Koͤnig Zoll zu geben / und wuͤrde dieſer ein erſchreckliches Geld ſammlen / falls er alles bekaͤme / und nicht das beſte die Herrn Einnehmer vor ſich behalten / folglich der Koͤnig kaum den vierdten Theil zu genieſſen bekommt.

Jm Sclaven-Handel ſeynd drey beſtellete Einneh - mer / da von jedem Sclaven der entweder vertauſchet oder verkaufft wird dem Koͤnig ein Thaler gehoͤret / al -lein432Beſchreibunglein dieſe machen es nicht beſſer als die andre alle / und vergleichen ſich mit denen welche uns die Sclawen heimlich verkauffen / folglich bekommt der Koͤnig nichts / hergegen in dem Sclaven-Handel da wir mit Bouſies (einer hieſigen Muͤntze) bezahlen / ſiehet er ſich beſſer vor / wenn er von jedem Sclaven 3. Thaler ziehet und das Geld in ſeinem Beyſeyn ausgezahlet wird / folgends nicht betrogen werden kan; wiewohl ſich alle - zeit Liſt uͤber Liſt findet / wenn einige Herren des Nachts kommen / von einigen Sclawen die Bouſies einfodern / und alſo dennoch den Koͤnig hinter gehen / welches wir nicht verhindern doͤrffen / in Anſehung daß wir dieſer Leute weiter benoͤthiget ſeynd.

Billig ſollte auch der Koͤnig die Helffte von allem Zoll und gefaͤlligen Geld-Buͤſſen im gantzen Lande bey allen ſeinen Vice-Koͤnigen haben / allein ich glau - be er wuͤrde vollkommen vergnuͤgt ſeyn / falls er nur den vierten Theil bekaͤme.

Es giebet ſonſten zwey ſchoͤne Fluͤſſe zu Fida, einer flieſſet nahe bey gedachten Popo, der andre bey Jakim, beyderſeits ſo Fiſchreich daß der Koͤnigl. Zoll mehr als 100. Sclaven ausmachet / wiewohl es nicht die Helffte iſt von dem was die Zoll-Bediente empfangen.

Zu denen gedachten Einkuͤnfften muß man hinzu rechnen / daß jedes Schiff der Handlungs halber an - hero kommend ſo wol vor Zoll als andre Unkoſten 1500. Thaler geben muß / deren bißweilen in ei - nem Jahr mehr als 50. kommen / zuweilen aber auch weniger. Mit einem Wort falls der Koͤnig nicht ſo hintergangen wuͤrde / muͤſten die Einkuͤnffte ſehr groß / folglich er ein maͤchtiger Herr ſeyn / in Anſe -hung433des Landes Gvinea. ſehung dieſes Landes; denn in Gegenhaltung derer Orientaliſchen oder andrer Koͤnige er doch nur vor einen Bettler zu halten. Allein es gehet hier wie uͤber - all / einjeder nimmet was er kriegen kan / ſo daß es ſchei - net / es ziehen diejenige das beſte Fett von ihren Ehren - aͤmtern die ſie beſitzen / ohne daß dieſer der ſie vergiebet vielen Nutzen davon hat.

Ohngeachtet dieſer mercklichen Einkuͤnffte / hat der Koͤnig nimmer genung / in Anſehung er nicht nur taͤg - lich groſſe Ausgaben thun muß / um Popo herunter zu bringen / oder auch das Land Offra ihm unterthaͤnig zu machen / ſondern auch ſeine Hoffhaltung fuͤhren / taͤglich denen Goͤtzen reichlich opfern / und mehr als 4000. Perſonen mit allen Nothwendigkeiten verſe - hen muß / uͤberdem auch ſeine Unterthanen ohngeach - tet er ſie vor ſeine Sclaven haͤlt / reichlich belohnen muß wenn er ihrer noͤthig hat.

Die vornehmſten Bedienten des Hofes kommen taͤglich bey ihm zum Eſſen / wenigſtens in ſeiner Ge - genwart / denn ihn ſelbſt hat kein Menſch die Freyheit ſpeiſen zu ſehen / als ſeine Weiber. Jch glaube ſol - ches daher zu ruͤhren / daß man dem gemeinen Mann einbilden wollen / Koͤnige ſeyn etwas mehrers als Men - ſchen / folglich als Goͤtter zu ehren und zu fuͤrchten / wel - che keines Eſſens noch Trinckens noͤthig haͤtten; wiewol der Koͤnig oͤffentlich trincket in Beyſeyn aller Men - ſchen. Eben darum muß auch kein Menſch wiſſen wo der Koͤnig ſchlaͤfft / denn als ich einſten ſeinen Lieb - ling den Hn. Karter fragte wo der Koͤnig dieſe Nacht ſchlaffen wuͤrde? hoͤrte ich an ſtatt der Antwort eine an - dre Frage / wo denn Gott ſchlieffe? mit dem Zuſatz / daß man eben ſo wenig wiſſen koͤnte wo der Koͤnig ſchlaffen wuͤrde.

E eHie -434Beſchreibung

Hievon glaube ich die Urſach zu ſeyn / nicht nur dem Koͤnig ſo viel mehr Ehre und Anſehen bey ſeinen Unter - thanen zu Wege zu bringen / ſondern auch im Fall eine Empoͤrung oder ſonſten feindlicher Einfall im Lande vorfiele / den Koͤnig nicht finden zu koͤnnen / damit er in wehrender Zeit Gelegenheit haͤtte ſich davon zu machen.

Ohne dergleichen gedachte groſſe Ausgaben / be - ſchencket er noch die Europaͤer ſehr reichlich / und bis - weilen oͤffters / inſonderheit wenn er mercket daß es dieſen nicht unangenehm iſt / und desfals eine gehoͤrige Erkenntligkeit ſpuͤren laſſen.

Taͤglich verſorget er ihre Tafel mit Hammeln / Schweinen / Huͤhnern / Ochſenfleiſch / Brodt / Fruͤch - ten / Bier / in Summa mit allen behoͤrigen Nohtwen - digkeiten / und zwar ſo haͤuffig / daß ſie es mit allen An - gehoͤrigen nicht verzehren koͤnnen.

Zeit meines Daſeyns waren die Hollaͤnder inſon - derheit trefflich wohl gelitten; der Koͤnig ſchickte ihnen obgedachte Erfriſchungen vor allen andern / offters in doppelter Portion. So bald aber die Schiffs-Herren dahin gehandelt haben / hoͤre ich daß nunmehro unſere Nation nicht ſo hoch angeſehẽ; in dem es dieſe Schiffs - leute verſehen / und ſich in dieſe Leute nicht wohl haben ſchicken koͤnnen; ſo daß ſie als keine unverſtaͤndige Leute von der Zeit an unſere Nation verachtet. Wannenhe - ro ich befuͤrchte ſie moͤchten mit der Zeit die Sclaven - Handlung gaͤntzlich verderben / und Urſach ſeyn daß man die Sclaven ins kuͤnfftige noch einmahl ſo theuer wird bezahlen muͤſſen. Doch ich will mich hierbey nicht laͤnger aufhalten / weil allbereit im ſiebenden Send - Schreiben meine Meynung hieruͤber eroͤffnet / damit ichs nicht verderbe bey denen Schiffs-Herren / welcheſich435des Landes Gvinea. ſich zum wenigſten eben ſo geſchickt duͤncken laſſen als unſere Kauffleute / Sclaven zu erhandeln. Jedennoch will ich anitzo erinnern / wie und was Art ſolcher Scla - ven-Handel zu Fida geſchehe / weil ſo offt davon ge - ſprochen worden.

So bald demnach unſer Kauffmann angekommen / muß er zu allererſt dem Koͤnig und Groſſen des Landes die hier genennte Coutumes bezahlen / ſo bisweilen ein tauſend Guͤlden Gvineiſch Geld ausmachet / nach dem die Waaren von Wehrt ſeyn. Alsdenn wird ihm erlaubet zu handeln und zu wandeln / auch oͤffent - lich im gantzen Lande ausgeruffen und kund gemachet / daß er nemlich die Freyheit erhalten.

Ehe wir aber mit jemanden uns in Handlung ein - laſſen koͤnnen / muͤſſen wir vorher alle Sclaven des Koͤ - niges einkauffen / und ſelbige gemachtem Preiß nach bezahlen / gemeiniglich den dritten oder vierten Theil hoͤher als andere / darauf wir nach eigenem Gefallẽ wie und mit wem wir wollen / ungehindert Kauffmann - ſchafft treiben koͤnnen. Geſetzt aber daß keine Scla - ven zu Fida waͤren / ſo muß der Kauffmann denen Ein - wohnern ſeine Waaren ohngefehr 200. Sclaven wehrt anvertrauen / um ſolche weiter ins Land zu ſenden / und auf dem Marckte Sclaven zu erkauffen / oͤffters ein paar hundert Meilen weit; denn das iſt zu wiſſen / daß man hier mit Menſchen rechten Marckt-Tag haͤlt / nicht anders als bey uns mit Hunden oder andren Thieren.

Zwar bilden ſich viele unter uns ein / daß Vaͤter ihre Kinder / Maͤnner ihre Frauen / und ein Bruder den andern verkauffte / allein weit gefehlet / denn dergleichen niemahls es ſey denn bey dringender hoher Noth / oderE e 2vor -436Beſchreibungvorhergegangenem Verbrechen geſchiehet: die meiſte Sclaven ſo uns zugefuͤhret werden ſeynd Gefangene im Kriege gemachet / welche der Uberwinder als eine ge - machte Beute verhandelt / um ſeinen Vortheil zu ma - chen. Kommen ſie nun in Fida, werden ſie alleſamt ins Gefaͤngniß geleget / nachgehends zum Verkauff auf einen groſſen Platz gantz nackend ohne einigen Un - terſcheid des Geſchlechts hingeſtellet / allwo ſie bis zum geringſten Glied ihres Leibes von unſern Barbierern unterſuchet / die Gutbefundene bey Seite gefuͤhret / an - dre aber welchen etwas mangelt / unter die Untaugli - che hier Macrons genennet / geſtellet werden / welche entweder uͤber 35. Jahr / an Arm oder Beinen zerſtuͤm - melt / einen Zahn verlohren / oder Striche uͤber die Au - gen / oder auch ſonſten eine garſtige Kranckheit am Halſe haben. Nach ſo gemachtem Unterſcheid zwi - ſchen denen guten Sclaven und denen Macrons, zaͤh - let man jene / ſchreibet die Nahmen auf / derer ſo ſie gelie - fert / und ſetzet das Wapen der Compagnie mit einem heiſſen Eyſen denen auf die Bruſt welche man ausge - ſuchet / damit man die Unſrigen von denen Engliſchen und Frantzoͤſiſchen Sclaven / welche mit jener ihrem Wapen eben ſo gezeichnet unterſcheiden koͤnne / denn ſie ſitzen alle zuſammen in einem Gefaͤngniß / und daß auch die Mohren an Statt der ausgeſuchten guten Sclaven uns keine andre geben moͤgen / ſo ſie meiſter - lich gelernet haben. Jch glaube ihr werdet dieſes wol vor etwas grauſames und unbarmhertziges halten / al - lein es iſt kem ander Rath / doch ſchonen wir dieſelbige inſonderheit das Weiber-Volck ſo viel als moͤglich / daß wir das gluͤende Eyſen nicht ſehr tieff eindruͤcken

Sonſten braucht es gar nicht lange Zeit um dieſenScla -437des Landes Gvinea. Sclaven-Handel zu vollfuͤhren / ſintemahlen der Preiß feſt geſetzet / und die Weibesleute den 4. oder 5ten Theil weniger gelten als Mannsleute. Die groͤſte Uneinig - keit ſo ſich findet zwiſchen uns und denen Herren folcher Sclaven / iſt daß ſie zur Bezahlung ſolche Waaren verlangen / die wir ihnen nicht geben wollen / inſonder - heit die Bouſies, welche allbereit geſaget eine gewiſſe hieſige Muͤntze zu ſeyn / und von den Mohren ſehr ge - liebet. Allem Streit aber abzuhelffen / theilen wir mit einander unſere Waaren; da dieſe ſo wirmit Bouſies bezahlen / der Compagnie viel hoͤher zu ſtehen kom - men als jene gegen Waaren erhandelt. Nach getrof - fenem Vergleich mit dem Herrn der Sclaven / ſchi - cken wir ſie wieder ins Gefaͤngniß / und erhalten ſie auf unſere Unkoſten / des Tages mit 2. Stuͤver und der gewoͤhnlichen Todt-ſchuldigen Koſt / Waſſer und Brodt: darauf ſie bey erſter Gelegenheit an Boort ge - bracht werden. ; zuvor aber von ihren Herren gantz nackend ausgezogen / und eben ſo zu Schiff liegen muͤſ - ſen / ſo Manns - als Weibesperſonen / wo nicht der Schiffherr ſo viel Mittleyden hat / daß er ihnen etwas zuwerffe / damit ſie ihre Schaam bedecken koͤnnen.

Vermuthlich werdet ihr euch wundern / wie dieſe Sclaven zu Schiffe leben koͤnnen / wenn ihrer 6. bis 700. beyſammen / allein bildet euch feſtiglich ein / daß vermoͤge dem guten Regiment derer Schiffsherren / alles ſo richtig und ordentlich zugehe / daß mans nicht glauben ſolle / daß unſere Schiffe allezeit gleich rein und ſauber ſeyn / an Statt daß Frantzoͤſiſche / Engli - ſche und Portugieſiſche allezeit heßlich und unrein.

Sie bekommen des Tages dreymahl zu eſſen / und noch ziemlich gute Speiſen / wenigſtens viel beſſere alsE e 3ſie438Beſchreibungſie zu Haufe gehabt haben / ſchlaffen zwey und zwey / die Mannsleute und Weibsleute von einander ent - ſchieden / folglich leicht zu gedencken wie ſie zuſammen gepreſſet ſeyn muͤſſen.

Mit einigen ſo gar weit von hier entfernet / giebet es zuweilen viel Muͤhe / denn dieſe gute Leute bilden ſich ein / bloß darum gekauffet und weggefuͤhret zu werden / damit man ſie maͤſte / und nachgehends genieſſen koͤnne.

Welche Art von Sclaven / falls zu allem Ungluͤck ihrer viel im Schiffe / ſo boshafftig iſt / daß ſie einen Bund mit einander ſtifften / mit Zuziehung der andern Sclaven / ſich Meiſter vom Schiffe zu machen / die Eu - ropaͤer umzubringen / und das Schiff ſtranden zu laſ - ſen / damit wie ſie ſagen uns nicht zur Speiſe die - nen moͤgen. Wie mir denn dieſes zwey mahl be - gegnet; das erſtemahl war ich ſehr ungluͤcklich / da ich am wenigſten daran gedachte / wiewol ich in Zeiten vorkame / als ich nebſt den Schiffs Meiſter den Urhe - ber ſolcher Haͤndel uͤbern Hauffen ſchieſſen lieſſe / und folglich die uͤbrigen in guten Frieden behielt. Das zweyte mahl kam es weiter / wiewol durch eigenes Ver - ſehen des Schiffsherrn; es hatte dieſer ein gewiſſes Ancker von einem Engliſchen Schiff / ſo er aufgefiſchet / in ein Loch neben der Sclaven Schlaff-Stelle hinge - ſtecket / daran hatten dieſe Buben ſchter alle ihre Eyſen mit einem Hammer in Stuͤcken geſchlagen / ohne daß wir es gemercket / herauf aufs Verdeck gemachet / und die unſerige ſtarck angefallen / auch einige verwundet; ſo daß ſie ohnfehlbar Meiſter vom Schiffe worden / falls nicht ein Engliſches und ein Frantzoͤſiſches Schiff zur Seiten durch gethanen Canon Schuß gemer - cket / es muͤſte bey uns etwas widriges vorgehen / folg -lich439des Landes Gvinea. lich alſofort einige Leute in ihre Beyſchifflein abgeſe - tzet / und uns zu Huͤlffe geſendet haͤtten / da denn die Sclaven alſobald zur Raiſon und herunter ins Schiff gebracht wurden / gleichwol ein zwantzig dabey umkommen waren.

Die Portugieſen ſeynd noch ungluͤcklicher gewe - ſen / und haben auf ſolche Art in Zeit von 4. Jahren ſchon 3. Schiffe verlohren.

Dieſes mag nun genung ſeyn vom Sclaven Han - del / ich komme anitzo auf mein voriges von dem Koͤnige zu Fida.

Jnſonderheit daß er ſo gefuͤrchtet und geehret / nicht anders als wenn er ein halber Gott. Alle insgeſamt was Standes oder Wuͤrden ſie auch ſeyn / fallen vor ihm auf die Knie / oder legen ſich in Beyſeyn auf die Er - de. Kommen ſie des Morgends ihm eine gute Zeit zu entbieten / fallen ſie vor dem Hauſe nieder / kuͤſſen die Erde drey mahl / und brummen unter dem Bart einige Worte hervor gleichſam den Koͤnig anbetende. End - lich kriechen ſie an der Erde bis ins Haus / und wieder - holen daſelbſt nochmahls ſelbige Ehr-Bezeigungen.

Wenn ſie mit ihm ſprechen / zittern und beben ſie / wiewol es nicht lange dauret / denn ſo bald ſie aus dem Zimmer getreten / geben ſie nicht viel darum was ihnen der Koͤnig befohlen / angeſehen ſie mit einer Noth-Luͤ - gen noch allezeit davon kommen koͤnnen.

Der Koͤnig ſelbſt gehet alle Tage herrlich und koͤſt - lich in Gold und Silber gewircktem Seiden geklei - det / inſonderheit wenn er die Europaͤer beſucht welches er ohne von jemanden geſehen zu werden / fuͤglich thun kan / ſintemahlen ihre Haͤuſer rund um ſeinen Hof her - umliegen / dafern man ſeine Wohnung alſo nennen mag.

E e 4Un -440Beſchreibung

Unſer hier ſtehendes Haus welches der Koͤnig uns zu gute hat bauen laſſen / iſt ziemlich groß / mit 3. groſ - ſen Packraͤumen und ſieben Zimmern nebſt innwen - digen ſchoͤnem Hof-Platz / und rund herum mit einer Gallerie gezieret. Hergegen aber ſeyn die uͤbrige Eu - ropaͤiſche Haͤuſer uͤber alle maſſen ſchlecht und unge - maͤchlich.

Er hat nicht mehr als 4. Kinder / auſſerhalb den gantz kleinen 8. Soͤhnen und einer Tochter / welche noch zu Hauſe ſeyn. Durchgehends ſehen obige viere wohl aus / inſonderheit aber der Aelteſte / der ſchoͤnſte Mohr den ich mein Lebetage mit Augen geſehen / nur Jammer und Schade daß in einem ſo ſchoͤnen Leibe eine ſo ſchwartze Seele wohne. Von Rechts wegen ſoll er dem Vater auf den Thron folgen / allein hoffent - lich werden diejenigen ſo ihn waͤhlen / dieſen vorbeyge - hen / in Anſehung daß er ſo tuͤckiſch und boshafftig iſt / daß das gantze Land ſeinet wegen viel ausſtehen muß.

Uberall und auf allen Wegen hat er gewiſſe Leute - Faͤnger ausgeſetzet / um alle voruͤber Reiſende ſo ſchwartze als weiſſe zu berauben und zu pluͤndern / ja auch ſeinen eigenen Vater nicht zu verſchonen.

Er macht es nicht anders wie die Eulen / und gehet bey Tage niemahls aus / ſondern des Nachts / da er mir oͤffters die Ehre gegeben und mich beſuchet hat. Des Tages aber muͤſte er ſich vor allen ſehen laſſen / und uͤber dem vor ſeinem Vater erſcheinen / welches ihm viel zu verkleinerlich.

Der zweyte aͤhnet ſeinem Vater vollkoͤmmlich / in - dem er dieſem an Ehrbarkeit wenig nachgiebet / ſo daß die meiſten Groſſen bey ihm und an ſeinen Hofe ſich fin - den laſſen; folglich zu befoͤrchten es werde nach Ab -ſter -441des Landes Gvinea. ſterben des Vatern zu einem einheimiſchen Kriege hin - auslauffen; indem die meiſten auf dieſen zweyten drin - gen werden / und zu ihrem Koͤnige verlangen / welches der Aeltere nicht geſtatten wird / ſondern mit aller Macht / ja ſelbſt mit Zuziehung auswaͤrtiger Huͤlffe dawider ſeyn. Und werden die Europaͤer auch nicht die Haͤnde in Schooß legen koͤnnen / ſondern dafern ſie klug ſeynd mit dem Zweyten es ſuchen zu halten. Eben wie es mit dem heutigen gegangen / da ohngeachtet ei - nes aͤltern Printzens welcher in der Regierung folgen ſolte / dieſer vermittelſt derer Hollaͤnder / Frantzoſen und Portugieſen Bewerbung zu dem Thron gekommen / dem aͤlteren Bruder zum Trutz / welcher aus dem Lan - de verjaget wurde / wannenhero jener bis dato denen Europaͤern noch ziemlich geneigt iſt.

Nun muß ich auch von der boͤſen verwerfflichen Gewohnheit derer zu Fida bey Abſterben ihres Koͤni - ges etwas melden. So bald der nur verblichen / raubet und ſtiehlet einjeder ſeinem Naͤchſten was er zur Hand bekommt / ohne die geringſte Scheu / ſelbſt wenn aller Welt Augen auf ihn gerichtet / ohne daß jemand Ge - walt haͤtte ſich zu raͤchen / nicht anders / als waͤre mit dem Koͤnige alle Gerechtigkeit mit abgeſtorben. Solch ſtehlen nun dauret ſo lange bis man einen neuen Koͤ - nig erwaͤhlet / da denn alſofort oͤffentlich geboten hin - fuͤhro alles Stehlens ſich zu enthalten / und ſo gleich auch aufs genaueſte in allen Stuͤcken dieſem Gebote nachgelebet wird.

Geſetzt auch daß die Vornehmſten des Landes ſich uͤber der Wahl eines neuen Koͤniges nicht vergleichen koͤnnen / laſſen ſie nichts deſtoweniger eben dergleichen Verbot publiciꝛen / um nur den gemeinen Mann glau -E e 5bend442Beſchreibungbend zu machen / daß allbereit ein neuer Koͤnig erwaͤh - let / und dem ſo oͤffentlichen Diebſtahl zu ſteuren.

Gemeiniglich aber dauret es nicht lange mit der Wahl / ſondern es bemaͤchtiget ſich alſobald der aͤlteſte Sohn nach Abſterben ſeines Vatern des Throns / und macht ſich vollkommen Meiſter vom gantzen Hof / und hinterlaſſenem Weiber-Volck ſeines Vatern / da er denn ſo weit gekommen ſeynde / weiter nichts zu befuͤrch - ten / in Anſehung daß alsdenn der gemeine Mann nicht zugeben wuͤrde denſelbigen wieder abzuſetzen / eben ſo wie es Abſolon mit ſeinem Vater den David machte.

Wiewol von Seiten derer ſo es mit dem zweyten Sohn halten / gemeiniglich vorgebeuget wird / daß es ſo weit nicht kommt / ſondern vorhin ſchon geſorget wird / damit dieſer von dem Koͤniglichen Thron und Stuhl Beſitz nehme vor dem Aelteſten.

Vermuthlich wird es euch nicht entfallen ſeyn / was oben geſagt worden / daß nemlich der Koͤnig ſo viele Weiber habe / und derer ſich zuweilen in Vollfuͤhrung des gegen Verbrecher erkañten Urtheils bediene / welche er mit 3. bis 400. einem ſolchen der ſich an ſeiner Ma - jeſtaͤt vergriffen / auf den Hals ſchicket ſein Haus zu pluͤndern / ja gar wol niederzureiſſen / denn weil es bey Lebens Straffverboten des Koͤniges Weiber zu be - ruͤhren / haben ſie freye Macht zu ſchalten und zu walten.

Hiedurch geſchahe eine ſehr artige Begebenheit noch vor meiner Ankunfft in Fida, ſo ich nicht verber - gen kan. Es wurde nemlich ein Mohr den ich ſehr wohl kenne / und mir nachgehends groſſe Dienſte ge - than / heimlich gewarnet / daß man ihn bey dem Koͤnige eines gewiſſen Verbrechens halber angegeben / wel - cher ſchon Befehl ertheilet ſein Haus zu pluͤndern undzu441des Landes Gvinea. zu verheeren. Wie er nun nicht lange Zeit hatte dem Koͤnige ſeine Unſchuld vorzuſtellen / ſo wurde er ſchluͤſ - ſig weil er ſich unſchuldig wuſte / in ſeinem Hauſe zu blei - ben / und des Koͤniges Weiber abzuwarten / an ſtatt daß ſonſten mit dieſer Straffe Angeſehene / ihre Haͤu - ſer und Guͤter verlaſſen muͤſſen. Es dauret nicht lan - ge ſo fanden ſich die Weiber ein / und traffen dieſen gu - ten Herrn wider alles Vermuthen im Hauſe an / wan - nenhero ſie ihm augenblicklich befohlen zu weichen / da - mit ſie in ihrer Arbeit nicht geſtoͤret wuͤrden. Dieſer aber an ſtatt dem Koͤnigl. Weiber-Volck Gehoͤr zu ge - ben / fuͤhrte ſie bey zwey tauſend . Schieß-Pulver / mit grauſamen ſchweren / falls ſie nicht zuruͤck und wieder nach Hauſe gingen / er ſo fort Feuer darin ſtecken und ſie alleſamt in die Lufft wolte ſpringen laſſen. Welches ihnen gar nicht gelegen ſiele / und flohen des - wegen aus Furcht er moͤchte ſeinen Droh-Worten nach kommen eilends davon / um ſich wegen des unge - woͤhnlichen Begegnens bey dem Koͤnige zu beklagen: allein der Mohr kam ihnen zuvor / und wuſte ſich bey dem Koͤnige ſo gruͤndlich mit ſo vielem Beweiß zu rechtfertigen / daß der Koͤnig gar leichtlich deſſen Un - ſchuld erkante / folglich er der ſo augenſcheinlichen Ge - fahr entronnen.

Es mag nun dieſes von einer Sachen die billig das Stillſchweigen verdienet geſprochen ſeyn / darum will ich anitzo meinem Verſprechen zu Folge von der Reli - gion derer Fidenſer handeln.

Vorhin habt ihr vernommen / daß die meiſte Bos - heiten mit einer dem Koͤnige oder ſonſt vorneh - men Herrn erlegte Geld-Summa gut gemachet werden / anitzo werdet ihr ſo viel mehr befin -den /444Beſchreibungden / daß dieſes das einige Abſehen ſey bey ihrer gan - tzen Religion.

Jn Wahrheit bilde ich mir nicht ein daß ein Volck in der Welt zu finden / welches dem Aberglauben mehr nachhaͤnge als eben dieſes. Denn falls die alten Hey - den ſich ruͤhmen 30000. Goͤtzen gehabt zu haben / ſo glaubet ſo viel mehr / daß dieſe zu Fida noch ein mahl ſo viel haben.

Jch fragte einſten obgedachten Mohren von wel - chem ich die Begebenheit mit den Koͤnigl. Weibern er - zehlet / weil ich ihn vor den beſten und ehrlichſten hielte; wie ſie ihren Gottesdienſt hielten / und wie viel Goͤtzen ſie haͤtten / worauf er mir lachend antwortete er wuͤſte es ſelbſt nicht / mit der Verſicherung / daß mir kein Menſch hierinnen voͤllige Nachricht geben wuͤrde; denn was mich anbelanget / ſetzte er hinzu / habe ich ihrer ſehr viel / und glaube daß andre ebenfals nicht weniger haben. Weil ich nun ſagte mir nicht mehr als drey von ihren Goͤttern bekandt zu ſeyn / anbey erſuchte er moͤch - te mir von andern noch einigen Bericht geben; antwor - tete er / es waͤren ihre Goͤtter nicht zu zaͤhlen / folglich ihm ohnmoͤglich ſolches zu ſagen; denn / war ſein Ver - folg / ſo offt jemand unter uns was Wichtiges unter - nimmt / ſuchet er alſobald einen beſonderen Gott zu gluͤcklicher Ausfuͤhrung ſeines Vornehmens / und in ſolchen Gedancken von Hauſe ausgehend / haͤlt er das - jenige vor ſeinen Gott was ihm zuerſt ins Auge faͤllt / ein Hund / eine Katze / oder anders Thier / ja ſelbſt auch lebloſe Dinge / als Steine / Holtz und dergleichen; dem er von Stunden an etwas opffert und darreichet / mit Verſprechen / fals er ſein Vornehmen gluͤcklich und wohl gelingen lieſſe / wolle er ihn jederzeit vor ſeinenGott445des Landes Gvinea. Gott auf und annehmen. Geſchiehet es nun daß es zum guten Ausgang gediehen / da giebet es dann einen neuen Gott / dem er taͤglich opfert. Findet ſich aber das Gegentheil / ſo verwirfft er ihn als einen undienli - chen und untauglichen Gott: folglich koͤnnen wir fuhr er weiter fort / nach eigenem Belieben Goͤtter an und wieder abſetzen / indem wir die eigene Erfinder und Meiſter ſeynd deſſen welchem wir opffern. Nun iſt dieſer Gottesdienſt in der Welt nichts neues / ſintemah - len die erſten Menſchen dergleichen gepflogen / wiewol ich mich nicht unterſtehen doͤrffte zu ſagen wie dieſe Meynung nach Fida gekommen ſey.

Jch hoͤrte dieſen Mohren mit Vergnuͤgen zu / wie emſig er von dieſen Landes-Goͤttern ſprechen konnte; nachdem ich aber etwas laͤnger mit ihm umginge und freyer reden konte / merckte ich alſobald / daß er im Her - tzen auf alle ſolche Gottheiten nicht viel gaͤbe / ſintemah - len er von Kindheit auf unter den Frantzoſen / derer Sprache er vollkommen maͤchtig / die Grundſaͤtze der Chriſtlichen Religion gehoͤret / was nemlich von dem einigen lebendigen GOtt zu halten / und wie man ihm dienen muͤſſe / ſo daß er auch einig dieſem die Unterhal - tung der gantzen Welt zuſchriebe / und nicht denen er - dichteten Gottheiten zu Fida. Verrichtete auch ſeinen Gottesdienſt nur blos ſeinen Angehoͤrigen zu Gefallen / vor welchen er ſein Hertz nicht ausſchuͤtten dorffte / aus Furcht er moͤchte ſich etwas boͤſes auf den Hals ziehen / woran es auch nicht gemangelt haͤtte. Darum ob er wol an einen wahren ſelbſtaͤndigen Gott glaubte / war er dennoch ſo kleinglaͤubig / daß er nichtes gerne daruͤ - ber verliehren wolte.

Zwar haben ſeine Landes Leute ebenfalls auch eini -gen446Beſchreibunggen Vorſchmack von dem weſentlichen GOtt / und glauben durchgehends / daß ſein allmaͤchtiges Weſen die gantze Welt erſchaffen / folglich ihren falſchen Gott - heiten weit vorgehe; dennoch aber beten ſie ihn nicht an / noch opffern / oder thun ſonſten andre Ehr-Bezeigun - gen / und wenden dieſes zur Urſach ein: Es ſey GOtt viel zu groß und hoch / daß er ſich um der Menſchen Kleinigkeiten bekuͤmmern ſolle; ſondern habe ihre Goͤt - ter zu Verwalteren geſtellet / zu denen als der zweyten / dritten / vierten / ꝛc. Perſon nach GOtt / ſie ihre Zu - flucht nehmen ſolten; wobey ſie feſte halten / ſtill und ru - big ohne weitere Bekuͤmmerniß leben.

Sonderlich ſeynd drey Gottheiten im gantzen Lande bekand / die erſte ſeynd gewiſſe Schlangen. Die zwey - te ſehr hohe Baͤume / ſo rechte Meiſter-Stuͤcke der Natur. Die dritte und geringſte das Meer. Sehet das ſeynd Goͤtter / ſo von denen Einwohnern oͤffent - lich als Gottheiten verehret werden. Glaubende es habe eine jede ihre beſondere Bedienung / nicht anders als gewiſſe Bediente eines Printzen / wiewol mit die - ſem Unterſcheid / daß das Meer und die Baͤume gar nichtes zu thun haben mit dem was denen Schlangen anvertrauet / wol aber dieſe dem Meer und den Baͤu - men ins Amt fallen koͤnnen / ja dieſelbige in Verſaͤu - mung ihrer Pflicht beſtraffen und beſſere Ordre ſtel - len koͤnnen.

Wenn es ſehr geregnet oder ſehr duͤrre / unfrucht - bare Zeiten ſeyn / ruffen und beten ſie dieſelbige an / zu allen ihrem Regiment / und Erhaltung ihres Viehes / ja in allen vorfallenden Nothfaͤllen erbitten ſie um Schutz und Huͤlffe dieſe ſelbſt geſchmiedete Gottheiten. Jn welchem Abſehen denen Schlangen reichlich ge -opffert447des Landes Gvinea. opfert wird / ſonderlich vom Koͤnige / welcher auf Er - ſuchen derer Geiſtlichen oder ſonſten groſſer Herren durch die Geiſtlichen gewonnen / gar offters etwas an - ſehnliches der Schlangen verehren muß. Wiewol ich glaube unter dieſem Nahmen das meiſte denen Geiſt - lichen zufaͤllet / ſo ſich damit luſtig machen.

Gemeiniglich beſtehet es in Geld-Gaben / ſeidenen Stoffen / unterſchiedlichen Kauff-Waaren von Eu - ropa und Africa, allerhand groß und kleinem Vieh / und ſonſten dem leckerſten Eſſen und Trincken.

Worinn ſie dem Koͤnig ſo offt anliegen / und das Schencken anmuthen ſeyn / daß ers nunmehro bald muͤde wird / und ſich zu weigern anfaͤnget. Wie denn ſolches Zeit meines Beyſeyns geſchehen.

Denn da ich einsmahl ihn ſehr zornig fande / fragte ich ihn um die Urſach / da er denn mir zur Antwort ga - be und rund heraus ſagte / er haͤtte dieſes Jahr der Schlangen ſolche koͤſtliche Geſchencke und Opfer gethan als er nie gewohnet geweſen / um eine gute Erndte zu haben / nun kaͤme einer ſeiner Unter-Koͤnige und foderte abermahl was neues / mit Bedrohen eines un - fruchtbahren Jahres im Nahmen derer Geiſtlichen; da er von nun an ſich feſte vorgenommen das gantze Jahr uͤber nichtes mehr zu opffern / weil es die Schlan - ge immerhin koͤnnte bleiben laſſen / fals ſie ihm keine gu - te Erndte geben wolte / ſintemahlen er nicht geſonnen waͤre noch mehr zu verliehren / in Anſehung allbereit ſeine Feld-Fruͤchte gaͤntzlich verdorben.

Nun konte ich mich des Lachens nicht enthalten / da ich hoͤrte / daß fals er noch etwas zu hoffen / er nicht unge - neigt waͤre noch ein neues Geſchencke zu geben / andern aber zu gute nichtes mehr uͤbrig hatte: folglich der ge -dachte448Beſchreibungdachte Vice-Roy unverrichteter Sachen Abſchied nehmen muſte / zu eigenem ſowol als derer Geiſtlichen groſſem Mißvergnuͤgen / welche ihn abgeſand / und allbereit die Rechnung gemacht hatten.

Es iſt gedachtes Schlangen-Haus nur zwey Mei - len von des Koͤniges Dorff entlegen / und unter einem Baum auf einer Hoͤhe ſehr ſchoͤn gebauet. Allwo nach ihrer Meynung der Koͤnig aller Schlangen / nicht anders als der rechte Großvater ſich aufhaͤlt / in Groͤſſe eines Menſchen Dicke und Laͤnge.

Und muß die ſehr alt ſeyn / weil ſie ſelbige vor langen Jahren gefunden zu haben behaupten / da ſie nemlich wegen Bosheit derer Menſchen aus einem fremden Lande zu ihnen gekommen / und mit groſſen Freuden waͤre aufgenommen worden / ſo daß ſie ſelbige mit der groͤſten Ehr-Bezeigung in einer ſeidenen Decke nach dieſem Hauſe getragen / und bis heutigen Tag aufbe - halten haͤtten.

Vermuthlich muß dieſe Schlange eben dergleichen Einfaͤlle gehabt haben / als vor dieſem die Heydniſchen Gottheiten / welche zuweilen um der Lufft Veraͤnde - rung zu genieſſen / von einem Land zum andern herum - reiſeten / ſo daß man ſelbige nachgehends anbinden muſte / fals man ſie behalten wolte. Zweiffels ohne werden die unſchuldige Leute / welche die Schlange ver - laſſen / nicht hieran gedacht / ſonſten wuͤrden ſie deren Flucht wol verhindert haben. Doch was halte ich mich lange bey Muthmaſſungen auf / da ich ſo viel wuͤrckliche Sachen noch zu melden habe.

Es haben auch die Koͤnige vor dieſem die Gewohn - heit gehabt alle Jahr eine Wallfahrt nach dieſem Schlangen-Hauſe zu thun / und zwar mit groſſerPracht449des Landes Gvinea. Pracht und reichen Beſchenckungen / ſintemahlen ſie nicht nur der Schlangen anſehnliche Opffer-Gaben darreichten / ſondern auch unter die Groſſen ihres Ge - folges unterſchiedliche Koͤſtligkeiten austheileten; folg - lich dieſe Wallfahrt ein merckliches gekoſtet.

Der Jetzige aber hat ſolches gaͤntzlich abgeſchaffet / und ſchon ſeit einigen Jahren eingeſtellet. Und hat man mir erzehlet / daß das letzte mahl ein gewiſſer Fran - tzoͤſiſcher Capitain Nahmens Ducas dabey geweſen / welcher zu groſſer Schande derer Europaͤer ſo naͤr - riſch geweſen / daß er ſich mit einer Tyger-Haut und an - dern Narrenpoſſen behangen hat / und dem Koͤnige in ſolcher Kleidung bis zu dem Schlangen Haus gefol - get / um ſelbigen in ſeinem Goͤtzendienſt ſo viel mehr zu ſtaͤrcken. Dafern es ſich nun alſo verhaͤlt / iſt es viel unverantwortlicher / als was dorten der Naaman von Syrien ſeinem Koͤnig im Tempel von Rimmon zu Gefallen thate. Denn dieſer obwol kurtz zuvor Be - kehrter / hatte einen Heyden zum Herrn / und bate den Propheten um Erlaubniß zu thun was er vorhaͤtte; allein dieſes gehoͤret nicht hieher.

So haͤlt demnach der heutige Koͤnig die vorige Wallfahrten nicht mehr in eigener Perſon / ſondern laͤſſet es durch einige ſeiner Weiber verrichten / welches bey weitem nicht ſo hoch zu ſtehen kommt / und die einige Urſach iſt daß der Koͤnig ſelbſt es bleiben laͤſſet.

Da nun aber gedachter Schlangen-Dienſt ſo viel dem Koͤnige zu ſtehen kommt / iſt auch der daraus erfol - gende Gewinnſt nicht geringe. Weil nemlich alle Jahr von Maj. an wenn der kleine Milhio geſaͤet / ſo lange bis er eines Menſchen Hoͤhe erlanget / der Koͤnig ſo wol als die Geiſtlichen guten Vortheil daraus ziehen. DennF fdie450Beſchreibungdie Einwohner als blinde unerfahrne Leute / bilden ſich ein / daß waͤhrender gedachten Zeit die Schlangen zur Abend - und Nacht-Zeit die ſchoͤnſten juͤngſten Dir - nen ſo ihnen am beſten gefallen / beſchleichen und ſie im Kopff verwirrt machen; ſo daß die Eltern gezwungen ſeyn dieſelbige in ein beſonder dazu erbautes Haus brin - gen zu laſſen / allwo ſie bis zu ihrer Geneſung einige Monat verbleiben muͤſſen / wehrender Zeit aber von ihren Eltern mit allen Nothwendigkeiten verſehen wer - den / und zwar ſo reichlich daß die Geiſtlichen mit da - von leben koͤnnen.

Bey Verlauff der geſetzten Zeit / und Endigung ih - rer Gefangenſchafft / wenn ſie von der niemahls gehab - ten Kranckheit befreyet / bekommen ſie Urlaub heraus zu gehen / nach vorher geſchehener Entrichtung vor ihre Geneſung und bisherige Obſicht / nachdem es die El - tern thun koͤnnen / gemeiniglich 50. Gulden vor jede Tochter / derer Anzahl in der Gefangenſchafft ſich jaͤhrlich auf einige tauſend belaͤufft. Denn in jedem Dorff iſt ſolch ein Haus / und bisweilen nach der Groͤſſe deſſelben wol zwey oder drey. Zwar hat es den Nah - men als ob dieſes Geld denen Geiſtlichen / und zu ih - rem Gottesdienſt gehoͤre / allein wiewol ich nicht leug - nen kan / daß jene nicht auch ihr Theil daran haben ſol - len / bilde ich mir doch feſtiglich ein / es muͤſſe der Koͤnig das meiſte und ſehr anſehnliche Summen daraus ziehẽ.

Als ich das erſte mahl Handlungs halber zu Fida mich aufhielte / wolte man mir vor gewiß ſagen / daß al - ſofort eine junge Tochter unſinnig wuͤrde wenn ſie von der Schlange beruͤhret wuͤrde; doch waͤre es nur eine heilige und geiſtliche Unſinnigkeit / eben ſo als wenn man ſehe die Faſtnachts-Bruͤder / oder diejenigen wel -che451des Landes Gvinea. che der Goͤtzen und Oraculn ihren Willen offenbahr - ten. Jedennoch frage ich gar nicht nach dergleichen heiligen Toliheit / denn ſie brechen und verderben alles was in den Weg kommt / thun auch an ſtatt daß ſie heilige Verrichtungen thun ſolten / lauter Teuffels Werck / indem ſie nicht eher ruhen / bis ſie nach beſag - tem Hauſe gebracht worden.

Eben ſo hat man mich glaubend machen wollen / daß die Schlange Macht haͤtte eine junge Tochter aus ei - nem wohl verſchloſſenen Hauſe weg und mit ſich zu ent - fuͤhren; welchem ich nicht widerſprechen kan / dafern man die gehoͤrige Jnſtrumente einer ſolchen jungen Dirne mitgiebet / um die Thuͤr zu eroͤffnen.

Gleichwol habe ich nicht ruhen koͤnnen / ehe und be - vor ich gewiß waͤre wie doch ſolche Betruͤgereyen ſich practiciren lieſſen / wiewol ich niemahls zu meinem Zweck kommen waͤre / fals obbeſagter Mohr mir nicht folgendes zur Nachricht gegeben: Daß nemlich die Geiſtlichen ſich angelegen ſeyn lieſſen die Frauen und jungen Dirnen alle aufzuzeichnen welche noch von der Schlangen unberuͤhret waͤren / da ſie denn bey gelege - ner Zeit dieſelbige insgeheim zuſprechen / entweder mit vielen Drohworten oder Verheiſſungen dazu bringen / daß ſie ihnen zuſagen muͤſſen / bey erſter Gelgenheit al - les zu thun was jene von ihr begehren wuͤrden / und alleine uͤber die Straſſe gehend / helle mit allen Kraͤff - ten zu ſchreyen / als haͤtte ſie die Schlange beſeſſen / folg - lich befehliget in obiges Haus zu gehen.

Bevor nun jemand zu Huͤlffe kommen kan / iſt die Schlange laͤngſt weggelauffen / und die Tochter gleich - wol raſend / ſo daß die Eltern ſich muͤſſen gefallen laſ - ſen ihre Tochter nach dem Hauſe zu ſchicken.

F f 2Bey452Beſchreibung

Bey Entledigung ihrer Gefangenſchafft wird von den Geiſtlichen ihnen ſcharff verboten / nichts zu ſa - gen wie ſie zu dieſer Gefangenſchafft gekommen / nicht anders als haͤtte die einige Schlange hieran Schuld / mit dem Bedrohen / falls ſie etwas anders ſich wuͤrden mercken laſſen / zu dem Feuer ſolten verdammet wer - den. Wozu es denn an Macht und Grauſamkeit gar nicht fehlet / ihr Bedrohen zu vollfuͤhren / im fall es durch dieſe Leute auskaͤme.

Es erzehlte mir hiebey der obige Mohr eine ſehr ar - tige Begebenheit / welche ihm mit ſeiner Weiber einer begegnet. Es haͤtte nemlich dieſe auf Anſuchen derer Geiſtlichen ſich geſtellet als waͤre ſie gantz toll und haͤtte alles in Stuͤcken gebrochen. Er hingegen haͤtte ſol - ches gantz andersverſtanden / und weil er wol wuſte wo dieſe Unſinnigkeit herruͤhrte / ſie bey der Hand gefaſſet / nicht anders als wolte er ſie nach dem beſagten Hauſe hin leiten / wie er aber an den Ort gekommen wo recht gegen uͤber die Brandenburgiſchen kurtz zuvor wegen Erhandlung einiger Sclaven in Fida ſich ein - gefunden / haͤtte er ſie mit einem mahl herein geriſſen / und denen Brandenburgiſchen zum Verkauff darge - ſtellet. Kaum hatte ſein Weib dieſen Handel geſpuͤ - ret / waͤre ſie augenblicklich ihrer Tollheit befreyet / dem Mann zu Fuſſe gefallen / und flehentlich um Verzei - hung angehalten / mit dem Verſprechen / niemahls hinfuͤhro wieder in Tollheit zu verfallen. Darauff er dieſes mahl gegen gethanes Verſprechen ſie noch uͤber - ſehen / indem ſie der Unſinnigkeit und der Schlange ent - lediget; er aber ſonſt gehoͤriger Unkoſtẽ entohniget waͤre. Jch muß geſtehen / daß dieſes ein verwegenes Werck ge -weſen /453des Landes Gvinea. weſen / denn er ohnfehlbar haͤtte ſterben muͤſſen / falls es die Geiſtlichen zu wiſſen bekommen.

Zeit meines Anweſens zu Fida, ließ der Koͤnig ſelbſt ſeine eigene Tochter von der Schlangen ange - fochten / (er ließ es ſage ich / wie ſolches aus folgenden erhellen wird) und nach den Gefangen-Hauſe gefuͤh - ret werden / allwo ſie einige Zeitlang bleiben muſte / wiewol nicht ſo lange als ſonſten gewoͤhnlich / und ihr zu Liebe uͤbrige alle auch viel eher herausgelaſſen wurden.

Kaum war der Tag ihrer Entledigung hereinge - brochen / wurde ſie mit groſſer Pracht aus dem Ge - faͤngniß abgeholet / vor den Koͤnig gefuͤhret nebſt allen den jungen Toͤchtern ſo nebſt ihr waren heraus ge - kommen / und itzo rund um ſie herumſaſſen. Sie war gantz nackend / ausgenommen daß ſie zwiſchen den Bei - nen eine ſeidene Decke hatte / ſo mit Conte de Terra und Agrie, zwey unterſchiedlichen Corallen bedecket / von deren Wehrt ich allbereit mehrmahlen gehandelt.

Zeit ihres Daſeyns machte ſie auf unterſchiedlichen Klang derer Seitenſpiele / unterſchiedliche Bewegun - gen und Narrenpoſſen / welches die Mohren noch vor ein Uberbleibſel ihrer Tollheit hielten / und der zu fruͤhen Herauslaſſung ihrer Gefangenſchafft Schuld gaben,

Darauf fanden ſich alle Vornehmen des Landes ein / und brachten ihr koͤſtliche Geſchencke ſo lange ſie noch vor dem Vater ſaße / welches weil alle dieſe nicht an einem Tage ſich einſtellen konten / ſondern wol 3. bis 4. Tage daurete / auf ein anſehnliches Stuͤck Gel - des hinaus lieff; folglich des Koͤniges Tochter gantz anders begegnet wurde / ſintemahlen andre noch groſ - ſes Geld dazu geben muͤſſen / wenn ſie ſich frey wiſſen wollen / dieſe hergegen noch Geld dazu bekam.

F f 3Ob454Beſchreibung

Ob nun gleich unterſchiedliche Mohren um dieſe Betruͤgereyen zur Gnuͤge wiſſen / laſſen ſie dennoch ſich nichts mercken / ſondern ſtellen ſich ſo wol vom Koͤnige als denen Geiſtlichen nichts zu ſpuͤren / und ſol - ches nicht unbillig in Anſehung ihrer eigenen Sicher - heit / indem ſie ohnfehlbar des Todes ſeyn muͤſten / fals das Gegentheil ſie ſich aͤuſſern lieſſen.

Wie ich denn auf meiner letzten Reiſe zu Fida der - gleichen Exempel geſehen. Da ſich ein gewiſſer Mohr von Gvinea, aber zu Fida wohnhafft / Nahmens Ca - pitain Tam, welchen der Koͤnig in Anſehung ſeiner guten Dienſte und ehrbaren Lebens mit der Capitains und Dollmetſcher Stelle von denen Englichen begna - diget / mit einer gewiſſen Perſon aus Fida verheyra - thet / welche ſich ebenfals an einem Tage ſtellete von der Schlangen gebiſſen gantz raſend zu ſeyn; dieſer aber um der Fidenſer Gewohnheit nichts wiſſend / an ſtatt daß er ſelbige ins Schlangen-Haus bringen laſſen ſol - te / ſie in Eyſen ſchmieden ließ / und ſie dadurch ſo erzuͤr - nete / daß ſie (nicht ſo wie kurtz erwehnte Frau) den armen Mann bey der Geiſtlichkeit angabe / welche weil dieſer nicht von Fida gebuͤrtig / und alſo nicht einerley Religion mit ihnen war / weder angꝛeiffen noch oͤffent - lich verklagen durfften / ſondern heimlich mit Gifft hin - richten lieſſen. Zwar ſtarb er nicht augenblicklich / verlohre aber gaͤntzlich auf einmahl ſeine Sprache / und wurde lahm an allen ſeinen Gliedern; welches noch viel klaͤglicher iſt als der Todt ſelbſten. Jch muſte dar - uͤber wegreiſen / und weiß alſo nicht ob er wieder gene - ſen; genung iſts daß ihr hiebey lernen koͤnnet / wie man niemahls der Geiſtlichkeit ſich wideꝛſetzen muͤſſe.

Sehet das ſind die unterſchiedliche Betruͤgereyenderer455des Landes Gvinea. derer Geiſtlichen in Anſehung ihres Schlangen - Dienſtes. Daruͤber ſie ſo eiffrig und feſte halten / daß wenn jemand unverſehens der Schlangen mit einem Stock oder Schlag wuͤrde zu nahe kommen / ohnfehl - bahr des Todes ſeyn / und das Verbrechen auf einem Scheiterhauffen buͤſſen muͤſte.

Vor einigen Jahren als die Engliſchen begunten nach Fida zu handeln / geſchahe desfals eine ſehr trau - rige Begebenheit. Es hatte nemlich der Capitain, wie er mit einigen Leuten an Land geſtiegen / und einige Waaren ausgeladen des Nachts in ihrem Hauſe eine groſſe Schlange gefunden / und dieſelbe ohne weiteres Nachdencken todt geſchlagen / auch weil ſie meynten ein gutes Werck gethan zu haben vor das Haus geworffen / ohne ichtes boͤſes desfals vermuthen ſeynde. Als nun folgenden Morgends die Mohren ihrer gewahr wurden / forſchten ſie ungeſaͤumet wer derjenige waͤre ſo ſich ſo freventlich vergriffen haͤtte / da denn die Engellaͤnder ſo ehrgeitzig / und ehe ſie noch be - fraget / der That geſtaͤndig waren; woruͤber das Volck ſo erbittert wurde / daß ſie die Engellaͤnder haͤuffig uͤberfielen / dieſelbige niedermachten / und alle deren Haͤuſer nebſt allen Kauff-Waaren insgeſamt ver - brenneten.

Dieſes aber verdroß die Engelſchen ſo ſehr daß ſie Fida gaͤntzlich verlieſſen / und ihre Handlung anders wohin verlegeten. Die Mohren hingegen als nach einiger Zeit die Engelſchen ſich wieder daſelbſt einfan - den / wurden ſchluͤßig allen Europaͤern einige Schlan - gen ſehen zu laſſen / mit dem Erſuchen / man moͤchte dieſen als ihren Goͤttern kein Boͤſes thun / ſo daß man ſeit der Zeit von keinem Ungluͤck mehr gehoͤret / ſinte -F f 4mah -456Beſchreibungmahlen wenig Europaͤer nach Fida hinkommen / ſo nicht allbereit wiſſen daß man hieſelbſt die Schlangen goͤttlich verehre.

Wiewohl ich nicht zweiffle es wuͤrde einem andern Europaͤer falls er eine Schlange umbraͤchte nicht viel beſſer gehen als denen Engelſchen / dafern er nicht das Gluͤck haͤtte / eylends in des Koͤnigs Hauſe ſich zu retiriren und gruͤndlich darzu thun daß es Unverſe - hens geſchehen. So glaube ich koͤnte er noch mit ei - ner Geld-Straffe an die Geiſtlichkeit loß kommen / wenn er den todten GOtt auf ſolche Weiſe befriedi - get haͤtte / jedoch waͤre mir nicht gar wol zu Muthe / an - geſehen / die Geiſtlichen den gemeinen Mann gar leicht - lich aufwieglen koͤnnen / und zu einer Gewaltſamkeit verleiten / folglich iſt das ſicherſte in ſolchen Faͤllen ſich vorzuſehen.

Zeit meines Daſeyns war ein ſicherer Mohr von Aqvambou welcher eine Schlange auf ſeinen Stock nahme / und weil er ſie mit der Hand nicht antaſten durffte / dieſelbe unbeſchaͤdigt auſſerhalb der Thuͤre wegtruge: Dieſes erblickten ohngefehr zwey oder drey Mohren / und machten alſobald ein ſolch ungeheures Lermen / als ſie ſonſten bey Feuers-Brunſt oder an - dern groſſen Ungluͤck zu thun gewohnet / wann ſie ein Hauffen Volcks beyſammen ruffen wollen / daß in einem Augenblick eine ungemeine Anzahl mit groſ - ſen Keulen / Degen und Aſſagays zuſammen lieff / wel - che den armen Mohren bald auf die Seite gebracht haͤtten / im Fall nicht der Koͤnig von ſeiner Unſchuld be - nachrichtiget eylends einige Vornehme herzu geſchicket und ihn der Gefahr entriſſen haͤtte.

Alles dieſes lehret uns wie wir uns huͤten muͤſſenund457des Landes Gvinea. und den Schlangen ja kein Leyd zu fuͤgen / ohngeach - tet ſie uns zum oͤfftern beſchwerlich fallen / wenn ſie taͤg - lich mit 5. oder 6. zugleich uns beſuchen / ſonderlich bey groſſer Hitze / da ſie als Geſchoͤpffe der Finſterniß / der Sonnen-Licht gleichſam nicht vertragen koͤnnen / ſondern in unſeren Haͤuſern uͤber Stuͤhle / Baͤnck und Tiſche / ſelbſt auch die Bette herum kriechen / und uns im Schlaffe Geſellſchafft leiſten / ſo gar daß bey Be - findung einer guten Gelegenheit unterhalb dem Bette / wenn unſere Bedienten ſo nachlaͤßig ſeynd und nicht zum oͤfftern daſſelbe veraͤndern / ein 8. oder 10. Tage Herberge halten / ſo lange bis ſie ihre Junge ausgehe - cket / wie denn dieſes zum oͤfftern geſchehen.

Doch kan man falls man dieſelbige im Hauſe mer - cket / und ihrer gern entohniget ſeyn wolte / nur jeman - den von Landes Einwohnern herbey ruffen / und ſelbi - ge auſſerhalb dem Hauſe tragen laſſen. Jm Fall ſie aber auf dem Boden ſich aufhalten (wiewohl hieſige Haͤuſer nur ein Geſchoß hoch ſeynd) koſtet es viel Muͤ - he dieſelbige loß zu werden / denn ſie die Mohren hier nicht gern wegnehmen; folglich man warten muß / bis ſie von ſich ſelbſt Abſchied nehmen.

Einsmahls kam eine und legte ſich recht auf mei - nen Tifch da ich taͤglich drauff ſpeiſete / und bliebe ohngefehr 15. Tage lang / fintemahlen ich keinen Men - ſchen finden konte der ſie haͤtte wollen herunter nehmen / ohngeachter es von mir ſelbſt gar leichtlich haͤtte geſche - hen koͤnnen / wiewohl ich nachgehends ſehr reichlich desfalls beſchencket wurde.

Denn als ich auf eine Zeit gewiſſe vornehme Leute von Fida zur Mahlzeit hatte / und waͤhrenden Eſſen ein Diſcurs von Schlangen einfiele / kehrete ich michF f 5um458Beſchreibung. um und ſahe nach derjenigen ſo uͤber unſern Koͤpffen auf dem Tiſch lage / mit Vermelden daß ich beſorget waͤre es muͤſte dieſe von Hunger ſterben / weil ſie all - bereit 15. Tage gefaſtet / daferne ſie nicht bald Abſchied nehmen wuͤrde. Dar auf mir ein ſicherer Herr ant - wortete es wuͤſte die Schlange ſchon ihr beſcheiden Theil aus gegenwaͤrtigen Schuͤſſeln zu nehmen / ohn - geachtet ich ſolches nicht gewahr wuͤrde. Dieſes nun macht ich mir trefflich zu Nutze / denn als ich folgenden Morgen bey dem Koͤnig kam / ſagte ich zu ihm in Bey - ſeyn vieler andere / daß einer von ihren Goͤttern ſo kuͤhn geweſen / und zu meiner Taffel ohngeladen ſich einge - funden haͤtte / folglich nicht unbillig waͤre daß man mich bezahlete / anders ich genoͤthiget wuͤrde / denſelben zu verjagen. Der Koͤnig bezeugete hieruͤber ein gnaͤdi - ges Gefallen / und ſagte / ich moͤchte die Schlange gantz zu frieden laſſen / ſo wolte er uns beyde mit gehoͤri - gen Nothwendigkeiten verſehen; wie es denn auch wuͤrcklich geſchahe / da ich bey meiner Anheimkunfft einen trefflichen fetten Ochſen geſchickt bekame / zur Bezahlung deſſen was die Schlange verzehret. Jn Warheit ich muß geſtehen daß auf ſolche Art alle Gottheiten des gantzen Landes unterhalten wollte / maſ - ſen ich nicht wuͤrde zu kurtz kommen.

Das beſte iſt daß dieſe Schlangen dem Menſchen nichts uͤbels thun; man mag ſie entweder im Finſtern treten oder von ihnen gebiſſen werden / hat man vor dem Stich ſo wenig ſich zu fuͤrchten / als ob man von einer Motte gebiſſen wuͤrde. Uberdem auch die Mohren uns uͤberreden wollen / es ſey gar geſund wenn man von ih - nen gebiſſen wird / angeſehen hernach man kein giffti - ges Thier mehr zu beſorgen haͤtte. Allein ich geſtehehier -459des Landes Gvinea. hieꝛinn etwas unglaubiſch zu ſeyn / ſintemahlen ich ſelbſt das Gegentheil an den Mohren geſehen / folglich ſie uns ſo viel wenigere Verſicherung deßfalls geben koͤnnen.

Wir haben unterſchiedliche mahl ſehr artige Schlachten halten ſehen / von dieſen und andern gifftigen Schlangen / deren ebenfalls hie zu Lande un - glaublich viel ſeynd. Jch glaube die Gifftigen koͤnnen es nicht gar wol vertragen / daß man den andern ſo viel Ehre anthue / und beneyden alſo das Gluͤck derer an - dern / indem ſie ſich mit groͤſſerem Fuge ſolche Ehre - Bezeugungen anmaſſen wollen / in Anſehung daß ſie vor jenen mit Gifft zu ihres Leibes Beſchuͤtzung ver - ſehen.

Jedoch muͤſſet ihr euch einbilden / es haben derglei - chen Streitigkeiten unter den Thieren bloß zu der Zeit Platz gehabt da ſie noch reden konten. Seit dem ha - ben die gifftige Schlangen einen ſo unverſoͤhnlichen Haß wider die andre getragen / daß ſie dieſelbige auf al - lerhand Art und Weiſe verfolgen / wiewohl ſie allezeit unterliegen / ſintemahlen es eine groſſe Schande waͤre daß ein Gott gegen eine ſo veraͤchtliche Creatur das Reißaus nehmen muͤſte. Wiewohl jene die Gifftige gar leichtlich die Oberhand behalten wuͤrden / als ungleich groͤſſer und bewaffneter ſeynde / wenn nicht dieſe durch ihre ungemeine viele Verehrer und Anbeter beſchuͤtzet wuͤrden / welche alſobald die Gifftige mit dem Tode abſtraffen / daß ſie ſich wider eine Gottheit auf - gelehnet.

Es ſeynd aber dieſe vor Goͤtter gehaltene Schlan - gen weiß / gelb und braun / unteremander Wellen wei - ſe gemiſchet / die groͤſten eines Armes lang und dick.

Sie460Beſchreibung

Sie freſſen uͤberaus gerne die Ratzen wie ich denn offte geſehen daß ſie auf die Ratzen alſo heraus lauffen / und wenn ſie eine erhaſchet / laͤnger als eine Stunde zubringen ehe ſie dieſelbe herunter ſchlingen koͤnnen. Ja man ſolte dencken es waͤre gantz unmoͤglich daß ſie ſelbige durch den Rachen bringen koͤnten / wenn ich nicht geſehen haͤtte daß bey Verzehrung ihres Raub - Gutes ſich ihr Rachen allmaͤhlig erweitere.

Zuweilen lauffen die Ratzen einer Schlange dicht vorbey / weñ dieſe unter dem Dach eines Hauſes ſtill lie - gen / da die Schlange ohnmoͤglich ſo geſchwinde ſich loß machen / und die Ratze erhaſchen kan; ſo daß es ſcheinet als merckten dieſes die Ratzen / ſintemahlen ich geſehen daß ſie des Abends mehr als hundert mahl die Schlange vorbey lauffen / und dieſelbige gleichſam vexiren bis die Schlange vor Verdruß laut anfaͤn - get zu ſchreyen / und mit aller Gewalt ſuchet hervor zu kommen / alsdenn aber keine Ratze mehr zu ſehen.

Waͤre es daß man der Anſprach und Beſuchungen derer zu Fida gerne loß ſeyn wolte / darff man nur ver - aͤchtlich von Schlangen anfangen zu ſprechen / alſo - bald ſtopffen ſie die Ohren zu und nehmen Reißaus / doch geſchiehet dieſes nurbey denen Europaͤern / ſonſten wollte ichs einem Mohren nicht rathen / falls er in groſſe Gefahr ſich nicht ſtuͤrtzen wollte.

Geſchiehet es daß ein Haus und mit demſelben ei - ne Schlange im Feuer aufgienge / ſtopffet ebenfalls einjeder die Ohren zu / und wirfft etwas Geld dahin / um zu erkennen zugeben / daß es viel zu grauſam ſey an - zuhoͤren / und daß dieſes Geld zu Befriedigung des ver - brandten Gottes ſolle angewendet werden / weilen man vor deſſen Erhaltung nicht ſorgfaͤltiger geweſen / glau -ben

[figure]

461des Landes Gvinea. ben dabey feſtiglich / daß dieſe Schlange ohngeachtet zu Aſche verbrandt / bald werde wieder kommen und ſich an denen Urſachern ihres Todes raͤchen.

Es hat Herr Nicolas Poll im Jahr 1697. als er des Sclaven-Handels halber zu Fida ſich auſhielte / das Gluͤck gehabt folgendes Luſt-Spiel anzuſehen. Es hatte nemlich ein Schwein von einer Schlan - gen gebiſſen ſeynd / dieſelbige Augenblicklich mit den Zaͤhnen ergriffen / und um ſich zu raͤchen vollkoͤmmlich herunter geſchlucket ohne daß die Mohren von weiten ſolches erſehende / zur Errettung ihres GOttes zeitig genung herbey kommen konten. Darauf verſamm - leten ſich alſo fort die Herren Geiſtlichen und beklagten ſich bey dem Koͤnige: Das arme Schwein konte ſich nicht verantworten / und war gleichwohl durch die That genungſam uͤberzeuget / dahero die Geiſtlichen ſo unbeſonnen bey dem Koͤnige anhielten er moͤchte im gantzen Lande einen Befehl publiciren laſſen / daß alle Schweine ſollten umgebracht werden ohne einiges Nachſinnen ob der Unſchuldige mit dem Schuldigen gleiche Straffe tragen koͤnne.

Nichts deſtoweniger wurde der Befehl uͤberall kundt gemachet / und hoͤrte man im gantzen Lande ein er - ſchreckliches Geſchrey / eines Theils kamen die Mohren gewaffnet mit tauſenden zuſammen um ihres Koͤniges Befehl zu vollfuͤhren / andern Theils in nicht geringe - rer Anzahl diejenige / welche Schweine hielten und die - ſe arme Thiere vertheidigen wolten / wiewohl vergeblich und umſonſt. Denn die Metzeley hatte ihren Fort - gang und muſten die armen Thiere in groſſer An - zahl ſterben / ſo daß ſie nicht eines beym Leben gelaſſen haͤtten / falls nicht der Koͤnig welcher nicht ſo gar Blut -duͤr -462Beſchreibungduͤrſtig / und von andern Liebhabern des Schweinen - Fleiſches angemahnet ein Gegen Befehl haͤtte ausge - hen laſſen / man ſollte nunmehro von dem Blut-Bade abſtehen / ſintemahlen man allbereit genung unſchul - dig Blut vergoſſen haͤtte / und auf eine andre Art ihre Gottheit muͤſte zu frieden ſtellen. Es war auch bey meiner letzten Reiſe zu Fida ſattſam zu mercken daß man der armen Thiere eine groſſe Menge auf die Schlacht-Banck geliefert / angeſehen dieſelbige ſehr theuer waren.

Sehet was ich inſonderheit von denen vornehmſten Gottheiten zu Fida habe berichten koͤnnen. Bey de - nen andern als viel geringern werde ich mich nicht lan - ge aufhalten.

Oben habe ich geſaget daß die zweyte Gottheit die Baͤume ausmachen / welchen man bey einfallender Kranckheit / inſonderheit im Fieber / zur Geneſung des Krancken unterſchiedliche Opffer aufopffert / in der fe - ſten Einbildung daß bey deꝛgleichen Zufaͤllen nichts beſ - ſers ſey als an die Baͤume ſich zu halten / doch der Schlangen nicht zu vergeſſen / als welches nicht ſcha - den kan wenn es nicht hilfft; ſo daß man dieſe Goͤtzen - Diener gar leichtlich wie die von Athen uͤberreden koͤnte / einem fremden Gott zu dienen von dem ſie nur ichtes Gutes zu hoffen haͤtten. Sonſten brauchen ſie noch andre Wege ihre Geſundheit zu erlangen / wenn ſie unterſchiedlichen geringern Goͤttern opffern / Men - ſchen ſchlachten und das Fleiſch genieſſen / (wie ſolches vor zwey oder drey Jahren in der Kranckheit des Koͤ - niges geſchehen) oder auch mehr ungeziemende Din - ge verrichten ſo viel zu lang ſeyn Stuͤck-weiſe zu er - zehlen.

Ebener463des Landes Gvinea.

Ebener Maſſen wird auch dem Meer geopffert wenn es ſehr unruhig und hinderlich iſt unſre Waaren an Land zu bringen / oder auch lange Zeit keine Schiffe angekommen / welche ſie mit groſſer Ungedult erwar - ten. Alsdenn bringen ſie ſehr reiche Opffer-Gaben dem Meer / wiewohl die Geiſtlichen auf ſolche Opf - fer nicht viel halten / weilen ſie keinen Theil daran haben.

So hatte auch ein gewiſſer Koͤnig von Groß-Ar - dra groſſe Opffer gethan an das Meer / und von ſei - nen Leuten gehoͤret (denn nach ihrem Geſetze war es ihm nicht erlaubet perſoͤnlich dabey zu ſeyn) alles waͤre Vergebens geweſen / darauf er ſo erbittert wurde / wie der Xerxes welcher das Meer mit Ruthen ſtreichen lieſſe / weil es ſeiner Flotte ſo viel Schaden gethan haͤtte.

Ehe ich ſchlieſſe / muͤſſen wir noch diejenige beſehen welche den Goͤtzendienſt verwalten. Dieſes ſeynd nun theils Manns theils Weibes-Leute / welche beyderſeits unter den Mohren ſo hoch angeſehen / daß ſie niemahls am Leben geſtraffet werden wenn ſie noch ſo viel ver - brochen haben; wiewohl der heutige Koͤnig dieſes Ge - ſetz mit Bewilligung ſeiner vornehmſten Bedienten nicht in acht genommen. Wie denn ſolches die hoͤch - ſte Noth erfodert / ſintemahlen ein gewiſſer Geiſtlicher mit ſeinem Bruder einen Anſchlag auf das Reich und des Koͤniges Perſon ſelbſt gemachet / und dahero ſo wol der Bruder als der Geiſtliche beyderſeits gleich ſchuldige auf Befehl des Koͤniges das Leben laſſen muſten.

Die Weiber derer Geiſtlichen ſeynd wenigſtens eben ſo hoch angeſehen als ihre Maͤnner / und wenn es auch bloſſe Sclavinnen waͤren; zumahlen ſie ſichden464Beſchreibungden Nahmen derer Kinder GOttes zu legen. An ſtatt daß ſonſt andre Weiber ihren Maͤnnern auf - warten muͤſſen / nicht anders ob waͤren ſie ihre Scla - ven / ſo brauchen dieſe hingegen eine gantze unum - ſchrenckte Gewalt uͤber ihre Maͤnner / ſchalten und walten mit ihren Guͤtern nach ſelbſteigenem Woll - gefallen / und ſeynd deſſelbigen Reſpects von ihnen gewaͤrtig / welchen dieſe vorhin ehe ſie noch zu dieſer Wuͤrde gekommen und noch im Sclaven-Stande wa - ren / den Maͤnnern erzeigen muͤſten / das iſt auf Knien gekrochen und bedienet zu werden.

Dahero auch die Mohren in etwas gewitziget nicht gerne eines geiſtlichen Frau zur Ehe nehmen / auch gar nicht es ſey denn mit groſſer Muͤhe geſtatten daß eine von ihren Weibern an einen Geiſtlichen gerathe; doch koͤnnen ſie nicht gaͤntzlich dawieder ſeyn im Fall dergleichen Begebenheit ſich zutruͤge / ſofern ſie nicht eine erſchreckliche Rechenſchafft ablegen / und vor ſol - che Menſchen wollen angeſehen ſeyn / die den Lauff der goͤttlichen Ordnung hinderten.

Endlich muß ich noch hinzuſetzen daß ſie auch von der Hoͤlle dem Teuffel und Geſpenſtern einigen Be - griff / und faſt einerley Meynung haben / mit einigen einfaͤltigen Leuten unter uns / es ſey die Hoͤlle unter der Erde / alſo die Gottloſe und Verdammte mit dem Feuer wuͤrden abgeſtraffet.

Vor drey oder vier Jahren fande ſich eine alte Zaͤuberinn / welche ſie in dieſer Meynung beſtaͤtigte / und unterſchiedliche Dinge von der Hoͤlle zu erzeh - len wuſte. Sie haͤtte daſelbſt ſo viel bekandte Leute angetroffen unter andern den letzten Capitain von de - nen Weiſſen ſo vor Herrn Karter geweſen / und un -leyd -465des Landes Gvinea. leidliche Qvaal in der Hoͤlle anitzo ausſtehen muͤſte. Kurtz zu ſagen / ſie hatte ſo viel in der Hoͤllen angemer - cket / daß ſie mit dem Herrn Franciſco de Qvevedo ſich in einen Wettſtreit haͤtte einlaſſen koͤnnen / wel - cher unter beyden das meiſte geſehen; wiewol ich glau - be es wuͤrde dieſe alte Vettel gewonnen haben / da zu - mahlen ſie perſoͤnlich und leiblich ſagte in der Hoͤlle geweſen zu ſeyn / Herr Qvevedo aber nur im Traum einige Geſichte geſehen.

Zeit meiner Anweſenheit zu Fida hielte ſich hieſelbſt ein gewiſſer Geiſtlicher von S. Thoma Auguſtiner Ordens auf / um die Mohren nach Moͤglichkeit zu dem rechten Glauben zu bringen / wiewol alle Muͤhe und Arbeit vergebens war / angeſehen der einige Punct von den vielen Weibern ihnen viel zu tieff im Hertzen ſaſſe; ſonſten in dem uͤbrigen vielleicht beſſer mit ſich haͤtten handeln laſſen / wenn dieſer einige Knoten nicht ein zu harter Biſſen geweſen.

Es erſuchte einſten obiger Geiſtlicher den Koͤnig / er moͤchte ihn doch einmahl ſehen die Meſſe leſen; welches der Koͤnig nicht ausſchluge / und bey ſeiner Wieder - kunfft auf beſchehene meine Nachfrage wie ihm die Meſſe gefallen / mir zur Antwort gabe: es waͤre recht ſchoͤn anzuſehen / allein er hielte es doch mit ſeinem Fetiche.

Als auch nachgehends dieſer Auguſtiner in einer vornehmen Geſellſchafft eines Hoff-Bedienten ſich befande / welches ein ſehr ſchlauher Mann war / fing jener an mit Drohworten heraus zufahren / fals die Einwohner zu Fida noch laͤnger ſo leben wuͤrden wie Zeithero / ohne ſich zu bekehren / wuͤrden ſelbige un - umgaͤnglich alle zur Hoͤllen und ewigen Feuer fahren;G gdar -466Beſchreibungdarauf jener der Hof-Bediente antwortete: Es ha - ben unſere Vaͤter / Gros - und Aͤltervaͤter eben ſo ge - lebet wie wir anitzo leben / und haben ihren Goͤttern eben ſo gedienet wie wir noch heutiges Tages gewoh - net ſeynd; Muͤſſen nun jene darum brennen / was Raths? wir ſeynd nicht beſſer als unſere Vorfahren / und begehren dahero auch nichts beſſers. Hiemit mu - ſte der gute Auguſtiner vor dieſes mahl zufrieden ſeyn / und konte leichtlich die Rechnung machen / es wuͤrde zu Fida nicht viel zu thun geben / ſo daß er mich um Beurlaubung bey dem Koͤnig erſuchte / und ſelbige auch ſo gleich erhielte.

Waͤre es daß die Mohren leſen / oder unſere Schrifften verſtehen koͤnten / ſolte ich bald auf die Ge - dancken kommen / es haͤtte dieſer Capitain die Chro - nick von Frießland geleſen / allwo faſt eben dergleichen Unterredung zwiſchen einem Biſchoff und Koͤnig von Frießland zu finden.

Nunmehro iſts hohe Zeit daß ich meinen Brief ſchlieſſe / und nach ertheilter Begꝛuͤſſung inniglich wuͤn - ſche zu ſeyn.

Mein Herr! der Eurige / ꝛc.
Ende des neunzehenten Briefes.

Zwanzigſtes Send - Schreiben.

Von denen vierfuͤßigen Thieren zu Fida; Ochſen / Kuͤhen / Pferden / Ziegen / Schweinen; von Voͤgeln / als Huͤhnern /En -467des Landes Gvinea. Enten und weiſſen Hahnen / nebſt beyge - ſetzten Preiß eines jeden ins beſondere. Von dreyerley Arten Land-Fruͤchten / welche in groſſer Anzahl gefunden werden / dem ohn - geachtet aber zum oͤfftern eine groſſe Hun - gersnoth in Fida einfaͤllet. Die uͤbrige Erd-Fruͤchte ſeynd Patatten, welche ſehr haͤuffig / Jammes und Bohnen ꝛc. Von Baum-Fruͤchten / von der Fruchtbarkeit des Landes Fida, wie ſelbiges ſehr dienlich waͤ - re zu allerhand Bepflantzungen / Baum - wolle / Zucker und Indigo hervorzubringen. Wie maͤchtig die Fidenſer und wie ſie zu kriegen pflegen / was ihre Waffen / und worinn ſie beſtehen. Wie das groſſe Ardra viel maͤchtiger als Fida. Von dem Kriege zwiſchen groß Ardra und einem Koͤnig des feſten Landes; woher derjenige Krieg ent - ſtanden / welcher ſchier das halbe Land Ar - dra verheeret / und ein ſehr groſſes Blut - badt unter den Einwohnern verurſachet hat. Von Jakin, unter groß Ardra gehoͤrig / von Offra oder klein Ardra, allwo vor die - ſem unſere Compagnie ein Haus gehabt. Von der Abreiſe des Authoris von Fida, und Ankunfft in den Fluß Gabon, von der Meerenge zu Gvinea, daſelbſt befindlichen Fluͤſſen und Jnſuln / als Rio Formoſa oder ſchoͤneꝛ Fluß / ſonſten auch Rio Benin geneñet. G g 2Rio468BeſchreibungRio Elrei, Camarones, alt und neu Calbary: Die Jnſuln ſeynd Fernando po El principe oder Printzen-Jnſul / und Coriſio in groß uñ kleine abgetheilet. Rio de Gabon ein ſehr beruͤhmter breiter und ſchoͤner Fluß / in wel - chem zwey Jnſuln / welche von denen Euro - paͤern oͤffters und warum beſuchet werden / was daſelbſt vor Handlung / wie ſehr we - nige Einwohner / und dennoch ſelbige in drey Ordnungen abgetheilet / wie arm und hochmuͤthig ſie dabey ſeynd / den Brandt - wein ſehr lieben / und nicht wol mit ihnen zu handeln ſey. Wovon der Koͤnig lebe. Wie die Einwohner durchgehends wol von Leibe / worinn ihre Arbeit beſtehe / und wie die herumliegende Gegend ſehr un - fruchtbar / der Fluß aber ſehr Fiſchreich ſey. Von einem Fiſch Nord-Caper allda ſehr haͤuffig. Von Buͤffel-Ochſen / Ele - phanten und wilden Schweinen / welche ſich im Lande ebenfalls aufhalten. Von der Elephanten und wilden Schwein-Jacht unſeres Autoris. Von einem gefundenen Bein-Geruͤſt eines Elephanten. Beſchrei - bung derer Buͤffel-Ochſen / wie einer von unſern Leuten von dieſen Thieren umge - bracht / und wie die Mohren dieſelbige toͤd - ten koͤnnen. Von der Abreiſe unſers Au - toris von Gabon und ſeiner Ankunfft zuCabo469des Landes Gvinea. Capo Lobez di conſalvez, alda eine treffli - che Laͤndung und ſehr geſchickt zum friſchen Waſſer und Holtz ein zu nehmen. Was da - ſelbſt vor Handthierung vor gehe; wie haͤuf - fig die Fiſche ſeyn. Von der Abreiſe unſe - res Autoris von Cabo Coop und der An - kunfft unterhalb der Jnſul S. Thomas, wie dieſe. Jnſul beſchaffen / imgleiche Ilha Anna - boa allwo der Autor nach zwey-taͤgiger Reiſe anlaͤndet / nachgehends laͤngſt der Mittel-Linie fortſegelt / und groſſe Kaͤlte empfindet. Endlich oberhalb dem Lande zu Aſſine ankommt / da ein gewiſſer Koͤnig von Ludovico dem Koͤnig in Franckreich / Lud - wig Hannibal Koͤnig von Aſſyrien genen - net / ſich aufhaͤlt / anitzo aber nichts mehr als ein geringer Sclave iſt. Wie der Autor ſeine Reiſe fortſetzet nach dem Gold-Lande / und wie das Schiff auf welchen der Autor ſich befande / eines andern nicht privilegir - ten oder unfreyen Schiffes ſich bemaͤchtig - te; Endlich aber zu Elmina anlanget / und zugleich mit Endigung ſeiner Reyſe / ge - genwaͤrtigen Brief / und die Beſchrei - bung des gantzen Landes Gvinea endiget.

Mein Herr!

SEit meinem Letzteren welches an euch zu ſchreiben die Ehre genommen / iſt kein Schiff aus EuropaG g 3anhe -470Beſchreibunganhero kommen / folglich mir nichts neues von euch zu Geſichte gekommen; dahero ich geſonnen meine Be - ſchreibung von Fida im vorigen Briefe angefangen / weiter fort zuſetzen / und demnaͤchſt eine kleine Reiſe - Beſchreibung anzuhangen / welche ich im Jahr 1698. von Fida nach Rio de Gabon, Cabolooper, Anna - boa und Elmina, allwo ſich dieſelbige endet / verrich - tet habe.

Den Anfang will ich von denen zu Fida befindli - chen / und zwar erſtlich zahmen vierfuͤßigen Thieren machen / als Ochſen / Kuͤhen / Ziegen / Schafen und Schweinen / welche zwar eben ſo geſtaltet wie die zu Gvinea, doch aber ungleich fetter und koͤſtlicher von Geſchmack ſeyn / weil es alda treffliches Weide-Land / und vollkommen ſo ſchoͤnes Gras giebet als in Europa.

Und ſind ſie nicht theuer; zumahlen man einen Och - ſen oder Kuh vor 10. Thaler / einen guten Hammel vor zwey / eine Ziege vor einen / und ein Schwein vor zwey Thaler erkauffen kan.

An Pferden fehlet es auch nicht / doch ſind ſie lange nicht ſo ſchoͤn als dieſe von welchen in der Beſchreibung des Landes Gvinea gehandelt wordẽ. Jch kauffte ihrer 5. oder 6. das Stuͤck zu 40. Guͤlden / als ich uͤber das Land gedachte nach Elmina zuruͤck zu reiſen / muſte ſie aber zu Fida zuruͤck laſſen / weil ſie mir zu nichtes dieneten.

Das Gefluͤgel iſt ſchier eben wie in Gvinea und be - ſtehet in Welſchen-Hahnen / Enten und Huͤhnern / de - rer letzten eine groſſe Anzahl zu finden / fehr fett und koͤſtlich / aber ziemlich klein / das Stuͤck vor 6. Stuͤver / nachdem unſere Kauff-Waaren allhie guͤltig ſeyn / wiewol ſie in der That nicht mehr als die Helffte von Werth zu rechnen.

Wol -471des Landes Gvinea.

Wolte jemand mit dieſer Art und vor geringen Preiß ſich luſtig machen / darff er nur einen Kaſten mit langen Pfeiffen mitnehmen / ſo kan er vor jede Pfeiffe zwey / bisweilen vier Stuͤver bekommen; folg - lich vor drey Pfeiffen das beſte Huhn welches nur zu finden iſt / haben.

Sonſten giebet es um Fida herum nicht viel groſ - ſes Wild / ſondern etwas weiter im Lande finden ſich Elephanten / Buͤffel-Ochſen / Tygerthiere / und un - gemein viel Hirſche. Zwar findet man auch die letz - ten zu Fida ſelbſt / aber ſehr wenig / angeſehen das Land ſehr bewohnet / uͤberdem aber eine gewiſſe Art kleiner Haſen ſich ſehen laͤſſet.

An wilden Vogelwerck hingegen iſt ein groſſer Vorrath im Lande / als Gaͤnſen / Enten / Schnepffen / und mehr als zwanzigerley Voͤgel / durchgehends gut zu eſſen / und trefflich von Geſchmack / dabey auch ſehr wohlfeil.

Man darff dahero nur einem oder andern Mohren des Abends anſagen / daß er Morgends fruͤhe auf die Jagt gehe / und gewiß verſichert ſeyn / daß man gegen Mittag ein oder zwey ſtattliche Schuͤſſeln Wildpraͤt bekommen werde / die man mit lumpenen 12. Pfeiffen bezahlen kan / ſo ohn fehlbar / daß man ohne die gering - ſte Sorge Gaͤſte laden kan auf ein Gericht Wildge - praͤt / ehe noch ſelbiges gefangen worden.

Turteltauben ſind ſo haͤuffig / daß mein College als ein guter Schuͤtz / ſich erboten / taͤglich in Zeit von 6. Stunden hundert zu ſchieſſen.

Uber dieſe Art Voͤgel welche zu eſſen dienlich / gie - bet es noch andere theils Raubvoͤgel / theils auch an -G g 4dre472Beſchreibungdre mehr welche man zur Luſt auffuͤttern kan; wie - wol dieſe nicht ſo haͤuffig ſeynd als in Gvinea.

Die Kron-Voͤgel derer Abbildung ihr in dem uͤber - ſendeten Kupffer geſehen / kommen von hier / und hat man deren noch eine andre folgende Art: ohngefehr ſo groß wie ein Huhn / kurtz von Hals und Klauen / ober - halb den Augen nicht anders wie ein Menſch mit Au - genbranen verſehen / kurtz und dick von Schnabel; die Federn ſeynd blau und ſchwartz / ſonſten ſtarck in Klau - en und Schnabel / folgbar ſehr fertig zum rauben.

Jedoch will ich von Voͤgeln nichts mehrers hinzu - thun / damit nicht noch einmahl obiges wiederhole / ſon - dern will anitzo zu denen Feld-Fruͤchten ſchreiten / de - rer es dreyerley Gattung giebet / die erſte iſt das groß Milhio, deſſen Koͤrner zwar nicht ſo groß wie in Gvi - nea, aber eben ſo lieblich von Geſchmack ſeyn. Dieſe Mohren brauchen es nicht an ſtatt des Brodtes / ſondern zum Bierbrauen / daß alſo nicht viel davon ge - ſaͤet wird.

Zweytens iſt das kleine Milhio oder Maiz eben ſo wie in Gvinea, mit deſſen Bauung und Zubereitung die Einwohner zu Fida meiſtentheils ihre Zeit zubrin - gen. Sie pflantzen es zweymahl im Jahr / wiewol zu einer Zeit mehr als zu der andern. Wenn die rechte Zeit iſt zu pflantzen / ſo ſtehet (wie oben geſaget) das gantze Land ſo voll / daß kaum ein enger Fußſteig frey bleibet / folglich eine grauſame Menge geſammlet wird. Nichts deſtoweniger findet ſich bey dem Aus - gang des Jahres der Mangel / an ſtatt ſich der Uber - fluß hervorthun ſolte / entweder weil das Land ſehr volckreich / oder auch an anderwertige Laͤnder viel ver - handelt wird / als nach denen zwey Popo und benach -bar -473des Landes Gvinea. barten Oͤrtern / daher es kommt / daß ſie zuweilen bey ſchlechten Jahren groſſe Hungers-Noth ausſtehen muͤſſen / ſo gar daß auch frey-gebohrne Leute ſich vor Sclaven verkauffen / damit ſie nur nicht Hungers ſter - ben moͤgen / andere ihre Sclaven loslaſſen / damit ſie nicht ſo viele ernehren doͤrffen. Eben um dieſe Zeit kam ein Engliſcher Capitain nach Fida, und beladete ſein Schiff mit lauter Sclaven gantz frey und ohne Geld / ohne ichtes von ſeinen Waaren dagegen abzuſetzen / indem die Mohren frohe waren daß ſie was zu eſſen erhielten / womit jener zu allem Gluͤck ſich reichlich ver - ſehen hatte; darauf er die Seegel wehen lieſſe und nach den Portugieſiſchen Eylanden fortſchiffete / all - wo er neu Proviant einkauffte.

Drittens hat man noch eine Art Milhio, welche nicht gleich dem andern auf kleinen Geſtraͤuchen waͤch - ſet / ſondern ſchier wie der Haber in Holland. Die Koͤrner ſind dunckel-roth / und nicht eher vollkommen zeitig / bis daß ſie ein 7. oder 8. Monat in der Erde ge - legen. Man genieſſet dieſelbigen nicht / ſondern mi - ſchet ſie mit dem groſſen Milhio zu dem Bier / um wie die Mohren davor halten / ſelbiges ſo viel ſtaͤrcker und nahrhaffter zu machen.

Die Mohrinnen machen hieraus ein uͤberaus koͤſt - liches Bier / welches ſo kraͤfftig daß es dem beſten Bie - re in Holland nichtes weichet. Dahero es auch viel theurer iſt als das andre / denn ſo man vor eine Maaß von dem gemeinen 3. Stuͤver bezahlet / muß man vor das letztere einen Thaler geben.

Das erſtere iſt das gewoͤhnlichſte Getraͤnck / ſelbſt unter den Sclaven / welche das hieſige Waſſer nicht trincken wollen / weil es aus ſehr tieffen Brunnen ge -G g 5ſchoͤ -474Beſchreibungſchoͤpffet wird / die zwantzig bis 30. Arm tieff und uͤber 7. oder acht Fuß nicht breit ſeynd / ſo daß weil die Son - ne niemahls darein wuͤrcken kan / das Waſſer ſehr hart / und wie Eyß ſo kalt iſt / folglich in dem warmen Lande ſehr ungeſundt; denn im fall man ſelbiges nur wenige Tage nach einander trincket / faͤllet man ohn - fehlbar in ein Fieber. Dahero thun die Europaͤer am beſten / wenn ſie halb ſtarck / halb geringes Bier zuſam - men miſchen / ſo dann laͤſſet es ſich wohl trincken mit Geſchmack und mehrerer Geſundheit.

Back-Ofen findet man im gantzen Lande nicht / weil ſie die Mohren nicht brauchen / ſondern ihr Brodt ko - chen; und bedienen ſich gemeinlich derer Pattaten an ſtatt des Brodts / welches ſie zu allem Fleiſch zueſſen. Wie denn dieſe Frucht ſo haͤuffig iſt in dem einigen Fida, daß ich zweiffle ob im gantzen Lande mehr zu fin - den ſey.

Desgleichen auch Jammes, doch aber nicht in ſol - cher Vielheit und gutem Geſchmack als in Gvinea, folglich nicht ſchr geſuchet.

Nicht weniger hat man auch unterſchiedliche kleine Bohnen in ziemlicher Anzahl / davon die Mohren Kuchen backen mit Oͤhl / welche gantz leicht als diejeni - gen ſo bey uns gebacken / und von denen ſo es gewohnet / mit groſſem Appetit gegeſſen werden. Man nennet ſie Arraes.

Zwiebeln und Jngber giebet es nicht viel / wird da - hero nur bey denen Vornehmſten gefunden.

Uberdem finden ſich eben die Feld-Fruͤchte ſo wir in Gvinea haben / wannenhero mich nicht laͤnger dabey aufhalten / ſondern von Baum-Fruͤchten etwas mel - den will.

Die475des Landes Gvinea.

Die vornehmſten hievon ſind Citronen / Limonien / Pomerantzen / Backovens, Bananes, Piment, und mit einem Wort alle die ſo ich in der Beſchreibung von Gvinea angefuͤhret; ausgenommen den vielen Tamarinden und andern Frucht-tragenden Baͤu - men / welche nicht nur in unſern Laͤndern gantz unbe - kandt / ſondern auch ihre Fruͤchte ſo ſchlecht und geringe ſind / daß ihrer nicht noͤthig weitlaͤufftig zu gedencken.

So giebet es auch ſehr viele Palmbaͤume / wiewol wenig Wein daraus gezogen wird / ſondern einig und alleim um des Oͤhls halber gepflantzet werden. Auch mangelt es nicht an gewiſſen Palmbaͤumen / ſo man hollaͤndiſch Pardon-Baͤume nennet / davon der Wein gemacht wird; doch fragen die Einwohner nicht viel darnach / und trincken lieber Bier / folglich nehmen ſie die Baͤume nicht in acht / ſondern hauen ſie abe und brauchen ſelbige an ſtatt Bau Holtzes / weil es ſehr dauerhafft iſt.

Auſſer obbeſagten Fruͤchten aber giebet es keine mehr / und iſt nur zu beklagen / daß ein ſo ſchoͤnes Land nicht mit mehreren verſehen iſt; ſintemahlen es uͤberaus fruchtbar / und von arbeitſamen Leuten bewohnet iſt; folglich an nichts fehlet als an Gras und Getraͤyde / da ich verſichert bin / daß nicht nur alle Africaniſche / ſon - dern auch unterſchiedliche Europaͤiſche Fruͤchte treff - lich hervorwachſen ſolten.

Wie ich denn verſuchet / und Kohl geſaͤet / rothe und weiſſe Ruͤben / Peterſilien und dergleichen mehr / ſo durchgehends trefflich hervorgeſchoſſen und reiff geworden wie in Europa. Nur jammer und ſchade / daß nicht mehr Europaͤer allhie wohnen wie in Gvinea, denn ſo wuͤrde man die ſchoͤnſten Gaͤrten koͤnnen an -legen.476Beſchreibunglegen. Nicht weniger auch trotz einem Lande in der Welt viele Zucker-Roͤhre zu ſetzen / imgleichen auch In - digo; welcher ohne dem haͤuffig genung / und wo nicht beſſer / doch wenigſtens eben ſo gut iſt als der Aſiatiſche oder Americaniſche. Die Einwohner faͤrben damit alle ihre Kleider / wiſſen aber nicht wohl damit umzu - gehen / und verderben an einem Kleide 4 mahl mehr In - digo als das Kleid wehrt iſt / und wir zu dergleichen Kleinigkeiten noͤthig haben.

Dies iſts was ich von der angenehmen Gegend um Fida, deſſen Sitten / Landes-Gebraͤuchen / Viehe und Fruͤchten ſagen koͤnnen; anitzo will ich noch von ih - ren Waffen / und ihrer Art zu kriegen / etwas melden.

Den Krieg anbelangend / koͤnten ſie ſich formidable genung machen; ſintemahlen es ein leichtes waͤre in wenig Zeit 200000. Mann auf die Beine zu bringen; jedoch hat man ſich nicht viel zu fuͤrchten / da ſie ohnge - achtet aller ihrer Macht keinen tauſend gewaffneten und geuͤbten Maͤnnern zu wiederſetzen ſich getrauen / vielweniger ſelbige anzufallen / es muͤſten denn Gvi - neiſche Mohren ſeyn.

Die Urſach hievon iſt dieſe / erſtlich bekuͤmmern ſie ſich nicht viel um Krieg noch Kriegs-Ubungen / ſon - dern laſſen es einig und allein bey dem Handel und Ackerbau bewenden.

Zweytens haben ſie niemahls wohl erfahrne uud verſuchte Generals-Perſonen / ſondern vertrauen bey eraͤugnetem Nothfall ihre gantze Armee einem uner - fahrnen / ungeuͤbten Menſchen an.

Drittens kan zu einer Urſach dienen ihre ungemei - ne Furcht vor dem Tode / dagegen ſie ſo naͤrriſch ban -ge477des Landes Gvinea. ge ſeynd / daß ſie allbereit auf die Flucht ſich machen ehe ſie den Feind zu ſehen bekommen.

Zudem die gantze Armee hat wie geſaget / ein gemeiner Mann vollkommlich zu befehlen / denn die Generals und Capitains ſind viel zu bange daß ſie ſich ins Feld wagen ſollen / es muͤſten denn einige ſich fin - den / die ein Hertz im Leibe und Luſt zum Kriege haben / alsdenn ſtehet es mit ihren Sachen ein wenig beſſer. Hingegen aber ſehr ſchlecht wenn gemeine Leute das Commando haben / denen die uͤbrigen kein Gehoͤr ge - ben wollen / und wenn das rechte Treffen angehen ſoll / je ehe je lieber mit der Flucht ihr Leben zu retten ſuchen / ſo daß ſie gemeinlich eher zu Hauſe ſeyn als die Sol - daten / inſonderheit wenn ſie behende zu Fuß ſeynd / ohne einige Bekuͤmmerniß / ob die gantze Armee im Stich bleibet oder nicht; genung iſts daß er ſich troͤſten kan / ſie werde es ebenfals nicht lange machen / und ſeinem Exempel gar bald folgen.

Hieraus koͤnnet ihr abnehmen was dieſe Leute vor Hertz im Leibe haben / ein fremdes Land zu uͤberfallen / wiewol ſie ſchlimm genung ſeynd ihr eigenes zu beſchuͤ - tzen / da ſie es auf den letzten Mann ankommen laſſen / und alſo das Sprichwort wahr machen / ein Hund iſt nirgends boͤſer als in ſeinem Lager.

Jedoch iſt dieſes nicht nur denen zu Fida, ſondern des gantzen Landes Ardra Einwohnern gemein / da ſie mit ihrer eigenen Macht niemahls Krieg fuͤhren / ſon - dern dazu Mohren in Gvinea aufkauffen / und inſon - derheit zu Aqvambou als dem naͤchſt anliegenden Lande / dafern aber die von Coto mit denen zu Popo wohl ſtuͤnden / wuͤrden ſich dieſe ſonder Zweiffel derſel - bigen vor allen andern bedienen / weil ſie ſo viel naͤher ſeynd.

Jhre478Beſchreibung

Jhre Waffen / ſowol der Fidenſer als Ardrenſer, beſtehen in ſchlechten Geſchuͤtz / Bogen und Pfeilen / ſehr ſchoͤnen Saͤbeln und uͤberaus ſchweren aber treff - lich gearbeiteten Aſſagay. Doch brauchen ſie mei - ſten theils nur ſchlechte Keulen von anderthalb Ellen lang / und 6. Daumen breit / welche gantz rund und am Ende mit einem groſſen Kopff drey finger dick uñ ei - ner Hand breit verſehen / derer einjeder 5. oder 6. traͤget.

Das Holtz daraus ſie beſtehen iſt ungemein feſt und ſchwer / nichts deſtominder wiſſen ſie damit ſo behende umzugehen / daß ſie ſelbige einige Schritt von ſich und auf ihren Feind anwerffen koͤnnen / und zwar mit ſol - cher Gewalt / daß ſie alles zerbrechen und zerſchmet - tern was ſie treffen / ſo daß die Mohren hievor mehr be - fuͤrchtet ſeynd als vor dem Schieß-Gewehr.

Dieſes demnach iſt das merckwuͤrdigſte im Lan - de Fida. Nun koͤnte ich zwar noch einige Kleinig - keiten hinzuthun / den Unterſcheid zwiſchen Ardra und Fida betreffend; allein es ſcheinet alles der Muͤhe un - wehrt und keines Erinnern noͤthig zu ſeyn / wannen - hero mich nicht dabey aufhalten / ſondern bloß von Ar - dra etwas hinzuthun will.

Der Koͤnig von groß Ardra mit Zurechnung aller hiezu gehoͤrigen Laͤnder / iſt zum wenigſten zwanzigmal vermoͤgender als der zu Fida, und gleichwol nicht ſo behertzt / daß er dieſen mit Krieg uͤberziehe / ohngeachtet (wie allbereit gemeldet) eine ſtets waͤhrende Feind - ſchafft unter ihnen iſt.

Doch aber giebet es tieffer im Lande noch maͤchtigere Koͤnigreiche als dieſe zwey letztere / wiewol ich wenig Nachricht davon habe / ohne daß bey meiner Zeit ein gewiſſer Geſandter von einem dieſer Koͤnige an den zugroß479des Landes Gvinea. groß Ardra abgefertiget worden / mit dieſem Vermel - den im Nahmen ſeines Koͤniges; er moͤchte (der Koͤ - nig zu groß Ardra) hinfuͤhro beſſere Ordre ſtellen / und mit ſeinen Unterthanen / welche taͤglich bey ſeinem Koͤ - nige mit neuen Beſchwerungen uͤber deſſen tyranni - ſches Regiment einkaͤhmen / gelinder umgehen / anders ſein Koͤnig genoͤthiget wuͤrde ſich dieſer Leute wider ſeinen eigenen Willen anzunehmen / und den erbetenen Schutz zu leiſten.

Allein der Koͤnig von groß Ardra kehrte ſich nicht viel an dieſe heilſame Erinnerung / ſondern ließ zu meh - rerem Verdruß den Geſandten ums Leben bringen. Darauf wurde jener wie billig / ſo erbittert / daß er ſchleunig eine Armee von einer Million Koͤpffe (denn ſo ſtarck hielt man ſie zu Fida) ins Koͤnigreich Ardra herein marchiren ließ; und weil es brave Leute und gute Soldaten waren / in kurtzer Zeit ſchier die Helffte des Koͤnigreichs unter ſich brachte / nachdem er unzaͤh - lich viele Einwohner niedergemachet / wiewol man die rechte Zahl nicht weiß / ſondern mit dem Korn im Fel - de zu vergleichen pflegte.

Es haben mir die Fidenſer erzehlet / daß dieſe Leute in ihren Kriegen jederzeit gewohnet waͤren ihren nie - dergeſchlagenen Feinden die Geburths-Glieder abzu - ſchneiden / und mit ſich zu nehmen; auch keinem erlau - bet ſey / ſeinen Feind gefangen zu nehmen / bevor er hun - dert dergleichen ſchoͤne Kamms haͤtte. Es ſcheinet ſel - biges Vorgeben fabelhafftig zu ſeyn / dahero ichs auch vor keine unumſtoßliche Warheit verkauffe / genung iſts daß mans mir unter einem Eyde zugeſchworen / und daß die Niederlage erſchrecklich groß geweſen / bis endlich der General damit vergnuͤgt ſeynde / von freyenStuͤ -480Beſchreibung. Stuͤcken ſich zuruͤckgezogen: der gewiſſen Meynung er wuͤrde nach ſo wohl genommener Rache von ſeinem Koͤnige auf das freundlichſte bewillkommet werden / alleine weit gefehlet / denn der Koͤnig ließ ihn gleich bey ſeiner Ankunfft / an einem Baum aufknuͤpffen / weil er ſeinem Befehl nicht nach gekommen und den Koͤnig von groß Ardra nicht mit ſich gebracht haͤtte / als an welchem inſonderheit und nicht an deſſen Unterthanen er ſich raͤchen wollen. Mercket hiebey / was der Koͤ - nig von groß Ardra ſich vor ein Ungluͤck auf den Hals geladen / und wie dieſe heydniſche Leute ſo ſteiff und ſtrenge uͤber dem Voͤlcker-Recht halten / indem ſich die - ſer Koͤnig mit dem Blut ſo vieler tauſend Menſchen nicht genuͤgen lieſſe / ſondern uͤberdem den Urſacher des Todes auf die Seite haben wolte.

Ob er es nachgehends noch zu Wege gebracht / kan ich nicht wiſſen / ſintemahlen nichts weiters davon ge - hoͤret habe / doch glaube ich er werde ſich mit ſo haͤuf - fig vergoſſenem Blut haben ausſoͤhnen laſſen. Es hatte alſo dieſes Volck ein ſolch Schrecken weit und und breit unter die Mohren gebracht / daß ſie ohne zit - tern und beben ihren Nahmen nicht hoͤren kunten / da - hero ſie tauſenderley unerhoͤrte Dinge von ihnen zu er - zehlen wuſten.

Vier Meilen von Fida nach Morgen lieget das Land Jakin, welches (wie allbereit erinnert) unter groß Ardra gehoͤrig / und noch heutiges Tages davon regieret wird.

Ein wenig herunter und tieffer im Lande lieget das Land Offra, von denen Europaͤern klein Ardra ge - nennet. Hieſelbſt hat unſere Compagnie lange Jah - re ihr eigenes Kauff-Haus und Kauffmann gehalten /und481des Landes Gvinea. und zwar mit nicht geringem Nutzen. Seit dem man aber unſern Kauffmann ums Leben gebracht / und die Popenſer das gantze Land verheeret / haben wir das Wiederkommen vergeſſen / von der Zeit an iſt auch ſchier das gantze Land unbebauet liegen blieben / und ſtehet zu beſorgen es werde noch in langen Jahren nicht beſſer gehen / ſintemahlen der Koͤnig zu Fida und zu Ardra ſtets gegen einander / und beyde gerne Meiſter davon ſeyn wolten / folglich ihre Vice-Koͤnige einfuͤh - ren / wenn nur einer oder ander ſo behertzt waͤre / den Anfang zu machen. Sie moͤgen aber diſputiren und zancken ſo lange ſie wollen / ich endige dieſe Be - ſchreibung um den Anfang meiner Reyſe zu machen.

Setzte mich demnach bey Fida auf ein Schiff / Stadt und Land genennet / im Jahr 1698. den 14. Aug. und ſeegelte nach dem Fluß Gabon, allwo wir nach eilf Tagen gluͤcklich anlangeten. Unter Weges hatten wir zie mlich ſtarcken Wind / kamen aber ſchlecht damit fort / weil es nur ein Seiten-Wind war.

Ehe ich nun von dem Fluß Gabon melde / muß ich noch von dem Gvineiſchen Buſen (denn ſo nennen ihn die Europaͤer) beyfuͤgen / und iſt dieſer von Ardra bis Cabo Lopez Meilen lang. Zwiſchen bey - den ſolchen Oertern finden ſich ſehr ſchoͤne Fluͤſſe / auf welchen wir unſere Handlung vermittelſt unſerer Jag - ten ziemlich fortſetzen / es beſtehen aber die Kauff-Waa - ren ſo wir daher abholen / meiſtens in Elephanten Zaͤh - nen / derer es daſelbſt eine groſſe Menge giebt. Die Handel-Plaͤtze ſind Rio formoſa, oder der ſchoͤne Fluß / ſonſten auch Rio de Benin genennet / von einem maͤch - tigen Koͤnigreich gleiches Nahmens. Folgends Riod Elrei, oder der Koͤnigs-Fluß. Camarones, alt undH hneu482Beſchreibungneu Calbary. Von dem erſten Fluß hoffe ich nech - ſtens eine ausfuͤhrliche Beſchreibung zu erhalten / wel - che euch gegebener Verſprechung nach nicht ſaͤumig ſeyn werde zuzuſchicken.

Uberdem finden ſich 4. Jnſuln in dem Gvineiſchen Buſen / als El Principe oder die Printzen-Jnſul / Ilha Fernando Po & Coriſco, welches in groß und klein Coriſco abgetheilet iſt.

Zu groß Coriſco hat unſere Compagnie lange Jahre ziemlich ſtarcke Handlung getrieben nunmehro aber wegen geringer Gewinſte und der weiten Entle - genheit ſelbiges Land verlaſſen / und die Handlung gaͤntzlich aufgehoben.

An und vor ſich ſelbſt ſind beyde recht ſchoͤne und an - genehme Jnſuln / und ſo niedrig / daß man von weiten dencken ſolte es waͤren die daſelbſt haͤuffige Baͤume ins Meer gepflantzet / welches nicht unangenehm zu ſehen.

Fernando Po wird von einem grauſamen und un - gezaͤumten Volcke bewohnet / ſo daß man Handlungs halber ſich gar nicht dahin trauen koͤnne / mehr weiß ich nichts davon zu ſagen.

El Principe oder Printzen-Jnſul / ſtande beym Ausgange des 15. Jahrhundert unter einem ſehr ver - moͤgenden Kauffmann von Amſterdam / muſte aber wegen der Uneinigkeit unſer eigenen Leute / und unter - ſchiedlichen Verraͤtherey derer Portugieſen / von uns verlaſſen werden. Nachgehends haben dieſe letztere eine ſchoͤne Veſtung daſelbſt angeleget / und ziemlich ſtarck bevoͤlckert.

Sonſten iſts ein ſchoͤnes und fruchtbares Land / da - hero die Portugieſen viele Fruͤchte davon einſammlen / ſo daß ſie nicht nur alle anlegende Schiffe mit gnugſa -men483des Landes Gvinea. men Proviant verſehen / ſondern auch vor ihre eigene einen ziemlichen Uberſchuß behalten koͤnnen.

Wannenhero auch alle Schiffe welche auf den Sclaven-Handel ausgeweſen / hier anlegen um ſich zu erholen / ausgenommen unſerer Compagnie Schiffe / aus Furcht wie ich glaube / damit die Herren der Schif - fe hieſelbſt keine verbotene Handlung zum Nachtheil der Compagnie fuͤhren moͤgen; Jnzwiſchen aber kan man vor die Sclaven keine beſſere Erfriſchung und Ein - kauff derer benoͤthigten Sachen bekommen / als zu An - naboa, welches der vornehmſte Ort iſt / da denn leicht zu urtheilen / inſonderheit denen ſo es verſucht haben / was Nutzen und Gewinſt unſere Compagnie hiebey genieſſen wuͤrde.

Gewiß iſts / daß man weder ſo viel todte noch krancke Sclaven bekommen wuͤrde / falls man ſie zu gewiſſer Zeit mit Nothwendigkeiten und allerhand Erfriſchun - gen verſaͤhe. Allein man macht denen Herren der Compagnie ein gantz anders weiß / und kan ich die Urſach hievon nicht finden. Eben ſo wenig als wenn man unſern Schiffen verbietet in die Portugieſiſchen Jnſuln zu lauffen / davon ich keine gruͤndliche Urſach weiß / auch vielleicht nicht wiſſen muß / folglich ohne weitere Saͤumniß auf den Fluß Gabon komme. Sel - biger nun iſt 15. Meilen von Cabolopez de Gonſal - vez, oder vom Ende des Gvineiſchen Meer-Buſens / und ſo beruͤhmt / daß er keinem Menſchen ſo in dieſem Theil Africæ geweſen / unbekandt iſt; wie er denn in der That uͤberaus ſchoͤn / und bey ſeinem Munde uͤber zwey Meilen breit iſt.

Drey oder vier Meilen / von deſſen Muͤndung lie - gen zwey Eylande mitten im Fluß / eines unter demH h 2Nah -484BeſchreibungNahmen des Koͤnigs / das zweyte des Printzen Jnſul / wiewol ſie heute zu Tage ziemlich verwuͤſtet ſeynd / ſin - temahlen der Koͤnig ſowol als Printz einander nicht getrauet / folglich ſelbige verlaſſen haben / und nunmeh - ro beyderſeits auf einen Arm dieſes Fluſſes ſich nieder - gelaſſen / deren ſelbiger Fluß ſehr viel hat.

Kleine Schiffe und Fahrzeuge koͤnnen einige Meilen weit herauf kommen / doch kan ich nicht eigent - lich ſagen wie breit er ſey / noch weniger wie tieff er ins Land gehe.

Es kommen allhie (wie allbereit gemeldet) unzaͤh - lich viel Schiffe an / nicht nur wegen des Sclaven - Handels / ſondern weil daſelbſt treffliche Gelegenheit iſt / um dieſelbe auszubeſſern und zu zuruͤſten. Welche nun geſonnen das letztere zu thun / bringen ihre Stuͤcke / Ancker und Seeglen ꝛc. nach der Printzen-Jnſul in Verwahrung / und nehmen die Zeit wahr wenn das Waſſer anlaufft / daß ſie vermittelſt deſſelben ſo nahe an die Jnſul anlegen als es immer moͤglich / nachge - hends bey ſchleunigem Ablauff des Waſſers / trucken liegen / und alſo fuͤglich ihren Zweck erhalten koͤnnen. Jedoch koͤnnen ſich die recht groſſen Schiffe nicht all - zuwohl trauen / aus Furcht ſie moͤchten bey dem ablauf - fenden Waſſer auf trucknem Boden Schaden neh - men. Dahero kam es / daß eines unſerer Schiffe wel - ches eben zu meiner Zeit daherum kreutzete / ſich nicht dahin wagen wolte / ſondern viel lieber an unſer Schiff ſich anhangen / da es auf dieſe Art viel beſſer bis auf den unterſten Boden konte gereiniget werden / als wenn es auf trucknem Lande gelegen.

Die beſte Handlung ſo auf dieſem Fluß getrieben wird / beſtehet in Elephanten Zaͤhnen / Wachs undHo -485des Landes Gvinea. Honig / und kan man gute Vortheile machen / wenn in kurtzer Zeit keine Schiffe da geweſen: Doch trifft ſich dieſes gar ſelten / denn die Seelaͤnder kommen mit ihren nicht beurlaubeten oder nicht privilegirten Schiffen des Jahres unterſchiedliche mahl dahin / um unter dem Fuͤrwand ihre Schiffe zu ſaubern mit Holtz und Waſſer zu verſehen / ihre Handlung zugleich mit zu trei[b]en / dahin ihr meiſtens Abſehen gerichtet / ſinte - mahlen ſie Waſſer und Holtz genung zu Cabolopez eben ſo gut als hier bekommen koͤnnten.

Die Fremdlinge muͤſſen ſich verwundern uͤber den ungleichen Grund des Fluſſes / ſintemahlen derſelbe an einem Ort 10. Arme / am andern 15. anderswo 5. und wieder etwas weiter 12. tieff iſt / nicht anders als waͤren lauter Felſen und Klippen im Grunde.

Der Strohm iſt ſo hefftig und ſo ſtarck / daß man auch mit dem allerbeſten Winde gegen denſelben nicht aufkommen kan / folglich nothwendig warten muß bis die Fluth wiederkommt.

Jch habe dieſes ſelbſt erfahren / denn bey dem Mund des Fluſſes blieben wir gantz unbeweglich ſtehen / und hatten groſſe Noth daß wir ohngeachtet aller unſerer vollen Seegel wider den Strohm es halten konten / ſon - dern kamen mehr hinter - als vorderwerts / und muſten die Fluth abwarten.

Die Bewohner dieſes Fluſſes wiewol ihrer ſehr we - nig / ſeynd in drey Abtheilungen eingetheilet / die erſte haͤlt es mit dem Koͤnige / die zweyte mit dem Printzen / die dritte mit keinem von beyden / ſondern leben ſtill und ungehindert vor ſich / ohne einen Oberherrn zu erken - nen. Die zwey erſtere liegen ſich immer in den Haa - ren / doch nicht oͤffentlich im freyen Felde / denn eineH h 3rech -486Beſchreibungrechte Armee auf die Beine zu bringen / ſeynd ſie viel zu ohnmaͤchtig / ſondern ſchwermen des Nachts herum / und ſuchen einer den andern zu uͤberumpeln und zu be - rauben / da ſie entweder mit der gemachten Beute oder einer dichten Haut voll Schlaͤge wieder nach Hauſe kehren.

Es iſt dieſe Hand voll Volcks das allerarmſeligſte und elendeſte was ich jemahlen geſehen habe / dabey aber zu ihrem groſſen Ungluͤck ungemein hochmuͤthig und trotzig / uñ gleichwol nichts laͤcherlicher als wenn ſie auf Befragen worauf ſich ihre Hoffart gruͤndet nichts zu antworten wiſſen. Niemand iſt bey ihnen in eini - gem Anſehen / der nicht einen teutſchen Nahmen fuͤh - ret; damit kommen ſie alſobald angeſtochen wenn un - ſere Schiffe angelaͤndet und geben ihren Nahmen von ſich / um wie ſie meynen bey denen unſrigen ſich ſo viel beliebter zu machen / wie ſie denn gerne leyden moͤgen daß wir ſie bey dieſem Nahmen ruffen. Es ſcheinet als ſey es denen Mohren ſaͤmtlich angebohren / daß ſie gerne / und zwar ſehr haͤuffig den Brantwein ins Leib gieſſen / allein dieſe gehen uͤbrigen allen die bis hieher kenne / weit weit vor / ſintemahlen ſie alle ihr Haab und Gut darinn verpraſſen / auch oͤffteꝛs vor einen Elephan - ten Zahn lauter Brantwein zur Bezahlung anneh - men / welcher ſchon verzehret ehe ſie noch vom Schiff ſteigen.

Bekommt irgend der eine etwas mehr zu trincken als der andre / und etwas in den Kopf / ſo gehet es an ein rauffen und balgen / ohne Koͤnig / Printzen oder Geiſtli - chen zu reſpectiren; denn dieſe Letzteren verſtehen ſich eben wol dazu / und wiſſen das Fauſt-Recht trefflich zu gebrauchen / aus Beyſorge / man moͤchte ſie als vorein -487des Landes Gvineaeinfaͤltige Zuſchauer ausſchelten / ſtreiten dannenhero dieſe tapfere Helden ſo heldenmuͤthig / das Huͤte / Pa - rucke und Rock daruͤber ins Waſſer faͤlt.

Wie? doͤrfft ihr vielleicht ſagen / tragen dieſe arme Tropffen auch Huͤte und Parucken ꝛc. Ja freylich wie anders / doch auf wunderbarliche Art. Vor einiger Zeit trieb man allhie groſſen Handel mit alte Parucken / ſo daß man davor alles bekommen konte was man auch verlangete / als Wachs / Mehl / Affen / Papageyen / und allerhand Eß-Waaren.

Nun aber ſeit 3. oder 4. Jahren ſeynd ſo viel Kauff - leute dahin kommen / daß der geringſte Boots-Geſelle ſchweren ſolte er koͤnne nicht den geringſten Profit von ſeinen Peruqven machen / wenn ſie ihm auch nichts koſteten.

Das beſte iſt daß dieſe Leute ungemein gern Brant - wein trincken; folglich nicht ſehr zaͤrtlich ſeyn / ſondern alles wegtrincken wie es vor den Mund kommt wenn auch ſchon die Helffte Waſſer mit ein wenig Spani - ſcher Seiffe untermiſchet waͤre / nur damit oben ein wenig Schaum ſich zeigen moͤge / wie ich denn perſoͤn - lich dabey geweſen / als man dergleichen Getraͤncke vor dieſe Leute zugerichtet / da die einfaͤltige Tropffen den Schaum von der Spaniſchen Seiffe vor etwas koͤſtliches / und eine Tugend des Brantweins ausga - ben / auch Himmel hoch deſſen ſonderliche Guͤte zu er - heben wuſten / folglich gerne einen Vorrath ſich ange - ſchaffet / wenn irgends eine Zeit einfiele da er nicht ſo gut zu bekommen waͤre.

Jch hatte mir bey meiner Ankunfft vorgenommen einige Elephanten Zaͤhne und etwas Wachs vor un - ſere Compagnie zu erhandeln / und zu dem Ende un -H h 4ter488Beſchreibungterſchiedliche Kauff-Waaren mitgebracht / allein ich fande mit dieſen Leuten ſo viel Schwuͤrigkeit / daß ich alle Gedult daruͤber verlohre / und gar nicht mit ihnen konte zu recht kommen / ſondern einem andern Schiffe welches eben dazumahl von unſerer Compagnie Or - dre bekommen allhie zu handeln / alles Meinige ab - ſtande / mit groſſen Freuden / daß ich noch ſo gut Kauff abgefertiget wurde / ſintemahlen mir dieſe Leute ſo viel unertraͤglicher ſchienen / weil ich jederzeit gewohnet mit denen Mohren zu Fida zu handeln / welche ungleich beſſere und ſehr hoͤffliche Menſchen / auch die Handlung ungleich groͤſſern Gewinſt allhie auswirfft. Jene armſelige halten einen den gantzen Tag auf ehe man einen Elephanten Zahn Kauffſchlagen kan / gehen 5. oder 6. mahl heraus und wieder herein / nicht anders als ſtuͤnden ſie auf dem Fiſch-Marck / ehe ſie des Kauffs einig werden.

Ohngeachtet aber ſie den Brantwein hefftig lieben / trincken ſie dennoch nicht / bevor wir ihnen eine Ver - ehrung gethan / indem ſie wenn wir etwas damit ſaͤu - men / bey dem Brantwein trotziglich fragen doͤrffen / ob wir gedaͤchten daß ſie vor nichts trincken ſolten / nicht anders als muͤſte man ſie ohne den Brantwein zu geben noch mit einem Recompens regaliren. Jedennoch aber ſtehet es nicht zu aͤndern / und muͤſſen alle diejenige welche hiehin handeln ſich dieſes gefallen laſſen / ſonſten wuͤrden ſie nicht einen Elephanten Zahn bekommen. Daß demnach die Kauffteute groſſe Gedult mitbrin - gen muͤſſen / wenn ſie einige Gewinſte machen wollen.

Nachdem ich alſo meine Handlung dem andern Schiffe abgeſtanden / kamen einige fremde Mohren an Boort / welchen ich Brantwein anerbote / um ſel -bige489des Landes Gvinea. bige mit ihren Waaren auf unſer andre Schiffe zu ver - weiſen; allein ſie wolten vor beſchehener Verehrung keinen Tropffen zu ſich nehmen / ſondern machten ſich bald zuruͤck / weil ſie merckten daß ich hiezu nicht groſſe Luſt hatte. Nachgehends erfuhren ſie daß ich nicht han - deln wuͤrde / kamen dahero ſchleunig zuruͤck / um den an - getragenen Brantwein zu verſuchen / allein ich ant - wortete daß ich keine Zeit uͤbrig haͤtte / folgends ſie zum zweyten mahl Abſchied nehmen muſten / ohne ichtes ge - noſſen zu haben.

Zwar ſeynd ſie behende und dienſtfertig genung uns bey unſerer Ankunfft zu beſchencken / allein weit hurti - ger an ſtatt der Jhrigen weit beſſere von uns einzu - nehmen / fragen auch wol gar wenn wir etwas verzoͤ - gern / wo das Geſchenck ſey ſo man ihnen ſchuldig / man ſolle ihnen das Jhrige wiedergeben / welches ſie auch ohne die geringſte Weigerung annehmen / gleichfals wenn unſere Geſchenck nicht beſſer ſeynd als das Jhri - ge. Mit einem Wort es ſind dieſe Menſchen bloß dem aͤuſſerlichen Anſehen nach von denen unvernuͤnfftigen Thieren unterſchieden.

Jhre Kleidung iſt eben dieſelbige wie derer andern Mohren / doch aber ſehr ſchlecht und zerriſſen. Uber dem daß unſere Leute mit alten Roͤcken / Hemden / al - ten Hoſen ꝛc. oͤffters mit ihnen tauſchen / und denn in ſolchen Habit ſich was ſonderliches duͤncken laſſen. Von ihren Sitten und uͤblichen Gebraͤuchen weiß ich nichts zu ſagen / doch kan man ſich leicht die Rechnung machen / wenn man nach einem oder andern Muſter davon urtheilen ſoll.

Jhre Religion glaube ich habe auch nicht viel auf ſich / dennoch aber eben ſo viel Aberglauben bey ſich alsH h 5derer490Beſchreibungderer uͤbrigen Mohren / indem ſie viele Goͤtzen und fal - ſche Gottheiten verehren / wegen Kuͤrtze meiner damah - ligen Anweſenheit aber nicht erfahren koͤnnen wer ſie ſeynd / und was ſie davon halten. Die wenige Scheu ſo ſie vor einander haben / kan auch Beweiß genung ge - ben / daß ihr Regiment in ſchlechtem Stande / ſo daß ſchier ein jeder ſein eigen Herr iſt / und nichts um ihren Koͤnig / weniger noch um ihren Printzen geben; folglich dieſe Herren nur den bloſſen Nahmen fuͤhren / ohne die geringſte Autoritaͤt oder Anſehen zu haben.

Der heutige Koͤnig laͤſſet ſich das Wohlſeyn ſeines Hauſes trefflich angelegen ſeyn / uñ arbeitet taͤglich mit dem Schmiede-Handwerck etwas zu verdienen. An - dern Theils iſt er nicht ſaͤumig hin und wieder einige Gewinſte zu machen / wenn er ſeine Weiber denen Eu - ropaͤern Zeit ihres Daſeyns vor einen billigen Preiß abſtehet. Sonſten iſt er nicht ein Haar beſſer als der ge - ringſte von ſeinen Unterthanen.

Meiſtentheils ſeynd ſie groß / ſtarck / und ziemlich ge - ſchickt von Leibe. Jhr Haar reiben ſie mit Elephanten und Buͤffel-Ochſen Schmaltz / nebſt einer gewiſſen rothen Farbe / dadurch ſie ungemein ſtincken. Jnſon - der heit haben die Weiber einen ſo heßlichen Geruch / daß man nebſt ihnen ohne in Ohnmacht zu fallen / nicht dauren kan. Nichts deſtoweniger unterlaſſen ſie nicht dieſelbige dem erſten den beſten vor ein Billiges darzu - bieten / auch wol vor ein ſchlechtes Meſſer eine Zeitlang abzuſtehen; wie wol man ſehr verderbten Geſchmack ha - ben muͤſte / fals man ſich mit dieſen heßlichen Creatu - ren einlaſſen wolte.

Sie leben wie ich glaube meiſtens von dem Fiſchfang und Jaͤgerey / denn um den Landbau bekuͤmmern ſieſich491des Landes Gvinea. ſich gar wenig / ſintemahlen Zeit meiner Anweſenheit nicht ein einiges Korn von Milhio geſehen habe / ſon - dern daß ſie gantz gruͤne Bananes gegeſſen / welche ſie am Feuer gebraten. Der Jammes, Pataten, und Bohnen giebet es ſehr wenig.

Wie denn zwar das Land bey dem Munde des Fluſ - ſes bis an die Printzen-Jnſul nicht allzu fruchtbar ſchei - net / gleichwol aber nicht zu leugnen iſt / daß ſie viel Fruͤchte und Baͤume haben / und ihre Nahrung mei - ſtens in Pataten beruhet / welche ſie mit dem Wildpraͤt und Fiſchwerck eineſſen.

Der Fluß hat uͤberaus koͤſtliche Fiſche / ſo daß wir oͤffters darinnen gefiſchet / und ſolchen guten Fang ge - than / daß wir die gantze Reiſe damit auskom̃en koͤnnen.

Sie haben eine trefflich Invention die Fiſche zu erhaſchen / wenn ſie in einen Kahn ſteigen / und laͤngſt dem Ufer wegfahren / bey dem erſten Anblick eines Fi - ſches mit einem Aſſagay auf ihn zu werffen / und ſo ge - wiß / daß es ſelten mißlinget.

Vor dem Mund des Fluſſes ſiehet man taͤglich eine gewiſſe Art groſſer Fiſche / ſo von uns Noordkapers ge - nennet werden / wiewol man ſelbige vor eine gewiſſe Art Wallfiſche annehmen koͤnte / zumahlen ſie dieſen ſehr aͤhnlich. Selbige ſeynd ohngefehr 40. Fuß / biswei - len auch laͤnger geſehen worden / und kommen ſo nahe bey unſere Schiffe / daß man ſie mit einem langen Stock abreichen koͤnte fals ſelbige ſtill ſtuͤnden. Jch glaube man koͤnte in kurtzer Zeit eine gute Tagreyſe ablegen / fals man ſie vor ein Schiff ſpannen / und an ſtatt der Pferde treiben koͤnte. Jedoch muß der Neptunus auch eine Luſt haben wenn er dieſe Fiſche oben auf ſchwimmen ſiehet / in Geſellſchafft ein oder zweyer jun -gen492Beſchreibunggen Fiſche / welche oͤffters wenn ſie die alte verfolgen wollen gantz uͤber das Waſſer hervorkommen. Sie blaſen auch das Waſſer ſehr hoch / ſo daß es von weitem einem Seegel nicht unaͤhnlich ſiehet / ſintemahlen das Waſſer ſchoͤner hervor ſpruͤtzet als aus der Waſſer - kunſt zu Fontainebleau, folglich nicht unangenehm zu ſehen wenn viele dieſer Fiſche beyſammen.

Uberdem giebet es um dieſen Fluß herum trefflich ſchoͤnes Wildpraͤt / inſonderheit von Elephanten / Buͤf - fel-Ochſen und wilden Schweinen.

Nachdem wir nun das unſrige auf der Printzen - Jnſul verrichtet / und unſer Schiff geſaͤubert / ſegelten wir den Fluß herunter / um bey dem Mund des Ha - fens an den in niederteutſch bekandten Sandpünt oder Südhœk Ancker zu werffen / und mit friſchen Waſſer uns zu verſehen / welches hier viel beſſer als Cabolo - pez. Ohngefehr eine halbe Meile davon erblickten wir auf dem Ufer des Fluſſes einen Elephanten / wel - cher uns von weitem gantz langſam war nachgefolget / bis dahin wo wir geſonnen liegen zu bleiben. So bald wir angekommen erſuchte ich den Schiff-Steuer - mann / er moͤchte nebſt einigen meiner Leute uns mit der Chaluppe an Land ſetzen. Worauff wir alſofort dem Elephanten nachſetzten / muſten aber da wir ihn uͤber eine Stunde verfolget / unverrichteter Sachen wie - der umkehren / weil er in einen Wald und uns aus dem Geſichte lieff.

Mir ſchauret die Haut wenn ich noch daran geden - cke in was Gefahr wir uns wagten / da wir ohnfehlbar ohngeachtet unſer nur 10. oder 12. waren / und kaum die Helffte mit Feuer-Roͤhren verſehen / den Elephanten angegriffen haͤtten / fals er haͤtte ſtehen wollen / in Mey -nung493des Landes Gvinea. nung wir wuͤrden ihn mit zwey oder drey Musqveten Kugeln niedermachen; allein nach der Zeit habe ich ge - ſehen / wie zwey bis 300. Menſchen ſolches kaum be - werckſtelligen konten / folglich wir GOtt nicht gnugſam dancken moͤgen / daß der Elephant fortgelauffen / ſinte - mahlen ohnfehlbar ein ziemliches von unſerer Mann - ſchafft haͤtte ins Gras beiſſen muͤſſen / und vielleicht kei - ner davon gekommen waͤre.

Auf unſern Ruͤckwege begegneten uns 5. auf ein - mahl / allein ich glaube ſie haben uns nicht einmahl ge - wuͤrdiget daß ſie boͤſe wuͤrden / lieſſen uns alſo ungehin - dert vorbey marchiren / und waren wir froh daß da ſie ſo viel ſtaͤrcker als wir / uns ohngeſeegnet davon lieſſen.

Wir blieben hier drey Tage liegen / und lieſſe ich mich alle Morgen an Land ſetzen / um mit jagen mir eine Luſt zu machen / weil ich ſonſten nichts zu verſaͤumen hatte / doch huͤtete ich mich beſſer vor den Elephanten / ſinte - mahlen ich von der letzteren Begebenheit an verſchwo - ren / Zeit Lebens keinen zu verfolgen / ſondern giengen allein auf die wilde Schweine loß / derer wir den zwey - ten Tag das Gluͤck hatten ohngefehr ein 300. Stuͤck beyſammen zu finden. Wir ſetzten ihnen alſofort mit aller Eilfertigkeit nach / jedoch kamen ſie mit ihren vier Fuͤſſen weiter als wir mit zweyen und uns bald aus dem Geſichte / ausgenommen einem / welchem wir den Weg abſchnitten / und ſo nahe auf den Leib lieffen / daß es ſchie - ne es wuͤrde dieſes vor alle andre bezahlen muͤſſen. Es ſahe nunmehro keine Ausflucht mehr als in ein neben - ſeitiges kleines Gehoͤltz / dahin wir ſeilbiges mit gleich - maͤßiger Behendigkeit verfolgten / und nunmehro ſchien in unſern Haͤnden zu ſeyn.

Gleichwol aber ging es durch / und zwar auf folgen -de494Beſchreibungde Art. Mitten im Walde fande ſich in einem wohl er - bauten Haͤuslein ein Gerippe von einem Elephanten / welch ſo ungewoͤhnliches Geſicht uns von dem wilden Schwein in etwas abriſſe / und zugleich jenem das Le - ben rettete.

Nach beſchehener Unterſuchung fande ſich ſolches Gerippe gantz und unverletzet / lieſſe alſo die Zaͤhne aus - brechen / welche 70. ſchwer waren / nachgehends auch die Fuͤſſe meſſen / welche oben 3. Fuß / unten aber 4. Fuß lang lang waren. Jmgleichen hielte auch der Kopf 4. Fuß in der Laͤnge / und uͤbrige Glieder nach ge - hoͤriger Maß / ſo daß ihr ohngefehr urtheilen koͤnnet wie groß dieſes Thier in ſeinem Leben muͤſſe geweſen ſeyn.

Da wir nun alſo die zwey erſten Tage mit der Ele - phanten und wilden Schweins Jagt zugebracht / ohne ichtes gefangen zu haben / wolten wir es am dritten Ta - ge mit denen letztern noch eins verſuchen / kamen des - wegen vor anbrechendem Tage an Land / und fanden an ihrer (nemlich wilder Schweine) Stelle hundert und mehrere Buͤffel-Ochſen. Wir faſſten alſobald ein Hertz / und uͤberfielen eine Heerde von ohngefehr 18. bis 20. Stuͤck / feurten auch tapffer unter ſie / wiewol ich nicht glaube daß wir einen getroffen; ſintemalen ſie un - beweglich ſtehen blieben / und ſehr boͤſe nach uns umſa - hen / gleichwol aber weil ſie ohnbeſchaͤdiget / uns in gu - ten Frieden gehen lieſſen. Es waren dieſelbige in ge - woͤhnlicher Ochſen Groͤſſe / und roͤthlich von Farbe; auf dem Haupt haben ſie zwey aufrecht etwas hinterwerts ſtehende Hoͤrner / wenn ſie lauffen ſolte man meynen daß ſie lahm waͤren / jedoch kommen ſie ziemlich ge - ſchwinde fort.

Die Mohren ſagten uns es ſetzten die Thiere mit un -ge -495des Landes Gvinea. gemeiner Bosheit auf einen Menſchen an / fals ſie ge - ſchoſſen und nicht toͤdtlich verwundet wuͤrden / werffen dieſelbige zur Erde / und treten ſie endlich mit Fuͤſſen todt.

Wir konten dieſes ſo viel leichter glauben / weil vor ohngefehr 10. Jahren eben an dieſem Ort einige von unſern Leuten auf der Jagt geweſen / deren einer allzu - hitzig ſeynde auf einen ſolchen Buͤſſel-Ochſen losbren - nete / bald darauf aber von dem Thiere erhaſchet / und ohnfehlbar das Leben eingebuͤſſet haͤtte / fals nicht je - mand von denen uͤbrigen zu Huͤlffe gekommen / und auf den Buͤffel-Ochſen Feuer gegeben / an ſtatt aber die - ſen zu treffen / ſeinen eigenen Cameraden verwundet hatte / ſo daß er zur Erden ſinckend / ſein noch uͤbriges Leben vom Buͤffel-Ochſen ſich muſte nehmen / und mit grauſamen Fuͤſſe-treten bis an ſein Ende jaͤmmerlich zurichten laſſen.

Jhr koͤnnet leicht gedencken wie froh wir bey derglei - chen Erzehlungen geweſen / daß wir die Buͤffel-Och - ſen ſo gutes Muths angetroffen / und wie wir einhellig ſchluͤſſig worden / Zeit Lebens auf keine Elephanten oder Buͤffeln Jagt zu gehen.

Die Mohꝛen wiſſen ſich beſſer in acht zunehmen / und vermittelſt ihrer Vorſichtigkeit aller ſolcher Gefahr zu zu entgehen. Sie ſpuͤren nemlich vorhero aus / an welchem Ort dieſe Buͤffeln des Abends zuſamen kom - men / und ſteigen alsdenn auf einen groſſen Baum / da - von ſie alſofort bey erſtem Anblick auf das Thier Feur geben. Jſts daß es faͤllet / und ſonſten in der Naͤhe kei - ne andre gemercket werden / ſteigen ſie herunter / und ſchleppen ihre Beute mit ihren Gehuͤlffen fort; im Ge - gentheil bleiben ſie ſtille auf dem Baum ſitzen bis es wie - der fortgelauffen / und nunmehro[k]eine Gefahr verhan -den /496Beſchreibungden / folglich eine ziemliche Anzahl ſolcher Buͤffeln nie - dermachen.

Jhr Fleiſch iſt trefflich gut / ſchmackhafftig / und ziemlich fett / ſintemahlen hier um obbeſagte Sandpünt trefflich ſchoͤne Weyde iſt.

Sehet mein Herr / was ich in Zeit von 16. Tagen / die ich hier zugebracht / geſehen und erfahren habe. Un - ſer Schiff welches herumkreutzete und Holtz laden ſol - te / kam nunmehro mit voller Ladung zu uns / und lieffen wir in Geſellſchafft aus dieſem Fluß / und legten uns 3. Tage hernach vor Ancker bey Cabo Lopez di Con - ſalvez, bey uns Capoloop genannt. Von dieſem iſt allbereit Erinnerung geſchehen / daß es am Ende des Gvineiſchen Meer-Buſens / und zwar einige Minu - ten Suͤdwerts / Gabon aber gerade unter der Mit - tags-Linie liege. Gegen Mittag graͤntzet es ans Land Angole, und erſtrecket ſich einige Grade in Suͤden oder Mittag.

Die Schiffahrt belangend / iſt ſie wenigſtens eben ſo ſtarck als zu Gabon, ſintemahlen die meiſten welche auf den Sclaven Handel ausgeweſen hier anlegen / um friſch Waſſer und Holtz einzunehmen / an wel - chem ſowol als an uͤbrigem das Land groſſen Vorrath hat. Zu dem Ende haben die Einwohner ſchon vorher das Holtz klein gehauen / und geben ein gantz Klaffter um eine eiſern Stange. Das Waſſer hat man umſonſt / und koſtet nichts als die Arbeit daß man es holet / wel - ches mit gar leichter Muͤhe geſchiehet / weil es nicht gar weit vom Meer entfernet. Zwar giebet man ein drey oder 4. Meſſer nebſt einer Bouteille Korn-Brannt - wein an den Koͤnig / daß man die Freyheit habe Waſ - ſer zu holen / allein dieſes geſchiehet aus keiner Schul -dig -497des Landes Gvinea. dig - ſondern einer bloſſen Hoͤffligkeit / ſintemahlen kein Schiff ſoklein iſt welches nicht die Freyheit haͤtte ohne Geld und umſonſt Waſſer zu holen. Jnzwiſchen kan man ja vor ihre Muͤhe etwas wenigs gebẽ / als daß man gar des Holtzes entbehren ſolte / wenn dieſe Leute keines mehr faͤllen wuͤrden; ſo daß es mehr zu unſern eigenen Beſten gereichet.

Die meiſte Handlung zu Cabo-loop, als auch Rio de Gabon beſtehet in Elephanten Zaͤhnen / Wachs und Honig / welches haͤuffig daſelbſt zu finden / doch aber wegen Vielheit der Schiffe auf eines jeden Por - tion wenig auswirfft. Dennoch aber hat eine von un - ſern Jagten in dieſem Jahr bey nahe 4000. . Ele - phanten Zahn und Wachs / bisweilen auch mehr ge - laden.

So lange nun die Schiffe zu Cabo loop liegen / ſo lange wohnen auch die Leute daſelbſt in ſehr ſchlecht er - bauten Haͤuſern / auſſer der Zeit aber wohnen ſie etwas tieffer herunter auf einem Fluß Olibette genannt. Die Vornehmſten im Lande eigenen ſich die Titul von Koͤnigen / Printzen / Admiralen zu / wiewol ſie auſſer dem Nahmen nichts aufweiſen koͤnnen / wie allbereit von denen zu Gabon erinnert. Denn zwiſchen dieſen letzteren und denen zu Cabo loop eine ſolche Gleich - heit und Uberein kommſt anzutreffen / daß ich gar kei - nen Unterſcheid wuͤſte / wenn nicht jene zu Cabo loop in etwas hoͤfflicher und geſcheuter waͤren.

Und ſo glaͤube ich mehrere Weitlaͤufftigkeit disfals gantz unnoͤthig zu ſeyn; nur dieſes muß ich noch ſagen / daß allhie eine ſchoͤne Rheede vor die Schiffe iſt / fals man nur die Vorſichtigkeit brauchet denen Sandbaͤn - cken nicht zu nahe zu kommen / welches aber gantz undJ igar498Beſchreibunggar keine Gefahr hat bey ſchoͤnem Wetter / weil man bey hohem Waſſer uͤberhin ſeeglen kan / welches wir ebenfals gethan haben.

Zuvor habe ich gemeldet daß der Fluß Gabon ein ſo Fiſch-reiches Waſſer / allein bey weitem nicht mit die - ſem zu vergleichen; ſintemahlen eines von unſern Schif - fen welches daherum kreutzete / auf einmahl eine ſolche Menge mit dem Netze beſchlug / daß man 10. Schiffe damit reichlich haͤtte verſehen koͤnnen.

Nachdem wir nun drey Tage allhie zugebracht / lich - teten wir endlich unſre Ancker / und giengen unter See - gel / in Meynung unter Weges bey der Jnſul Anna - boa anzulegen / allein der Strohm des Waſſers / wel - cher in dieſer Jahres Zeit ſehr krum / und ſtarck von Norden her gehet / triebe uns ſo weit weg / daß wir un - terhalb der Jnſul S. Thomas ankamen / welche denen Portugieſen zuſtaͤndig / und mir Gelegenheit geben wird eines und das ander hievon zu erwehnen. Zuvor aber muß ich nicht vergeſſen / daß wir mit unſerm wohl beſeegeltem und geruͤſtetem Schiffe nur einen halben Grad Nord-werts gekommen / hergegen ein andres von unſerer Compagnie, welches ich mit Sclaven befrachtet zu Fida, und ſchon 3. Wochen vor uns ab - gereiſet / ſchon zum dritten mahle bey Cabo loop vor Ancker lage / indem es bis anderthalb Grad Suͤdwerts geweſen / nachgehends aber von dem ſchleunigen und hefftigen Strohm in einer Nacht / (welches unglaub - lich) bis uͤber die Linie gegen Gabon uͤber fortgetrie - ben worden.

Jſt demnach die Jnſul S. Thomæ, (und nicht wie es einige ausſpreche S. Thomas, welche in America gelegen / und denen Daͤhnen zugehoͤret) unter dererHol -499des Landes Gvinea. Hollaͤnder Botmaͤßigkeit geweſen; allein nachgehends haben wir dieſelbige verlaſſen muͤſſen / theils wegen un - aufhoͤrlichen Verraͤthereyen derer Portugieſen wo - durch ſie unſere Leute endlich muͤde machten / theils auch wegen des vielen ſterben unter den unſrigen; ſintema - len daſelbſt ſo ungemein viele das Leben eingebuͤßet / daß ſelbige Jnſul bis dato den Nahmen von derer Hollaͤn - der Kirchhoff in Europa fuͤhret. Ja es bezeugen die Portugieſen ſelbſt / daß ohngeachtet ſie der heiſſen Lufft beſſer gewohnet / dennoch das Land ſehr ungeſund ſey / ſo daß ebenfals der Jhrigen ſehr viel darinn umkom - men / und wenig darinnen alt werden.

Meines Erachtens glaube ich / habe die erſchreckliche Hitze hieran die meiſte Schuld / welche ſchier das gantze Jahr durch waͤhret; denn weil die Spitze dieſer Jn - ſul recht unter der Mittags-Linie lieget / iſt leicht zu ſchlieſſen was eine uͤbermaͤßige Hitze das gantze Jahr uͤber ſeyn muͤſſe.

Uberdem iſt das Land an ſich ſehr hoch und bergigt / zwiſchen welchen allezeit ſelbſt in der groͤſten Mittags Hitze ein dicker ſtinckender Nebel iſt / der die umſtehen - de Lufft nothwendig dick und ungeſund machen / folg - lich viele Kranckheiten verurſachen muß. Drittens komt noch hiezu das oͤfftere Aderlaſſen derer Portugie - ſen / wenn ihrer einige 40. bis 50. mahl im Jahr Blut abzapffen laſſen / ſo daß ſie gantz bleich / nicht anders wie todte Menſchen ausſehen / und aller Kraͤffte berau - bet ſeynd / inſonderheit da ſie wegen boͤſer Beſchaffen - heit des Landes / ſo bald kein friſches Blut wieder be - kommen.

Sonſten iſts ein ſehr annehmliches und fruchtbah - res Land / davon die Portugieſen viel zu ruͤhmen wiſ -J i 2ſen /500Beſchreibungſen / daß es unterſchiedliche Fluͤſſe ſuͤſſes Waſſers / und koͤſtlichen Ackerbau habe / Korn / Zucker und Baum - wolle hervorbringen / imgleichen auch mit allerhand Fruͤchten / fruchtbahren Baͤumen / und inſonderheit ſol - chem Viehwerck angefuͤllet iſt / daß an Groͤſſe und Schoͤnheit im gantzen Gvinea keine beſſere zu finden.

Und gewiß muͤſſen dieſe Leute etwas voraus haben / daß ſie Zeit ihres Lebens einiger Gluͤckſeligkeit ſich ruͤh - men koͤnnen / weilen allda zwey Moͤnchen Kloͤſter / ei - nes vom S. Peter, das andre vom Auguſtiner Orden / ja ſelbſt ein Biſtthum anzutreffen. Jch meyne daß dieſes Beweißthum genung ſey / es muͤſſe beſagte Jnſul nicht nur gut / ſondern auch angenehm ſeyn / ſin - temahlen dieſes gewiß / daß gedachte geiſtliche Vaͤter ſich keine geringe Oͤrter zu ihrem Auffenthalt auserſe - hen / ſondern ſolche / allwo ſie nebſt denen Seelen auch unterſchiedliche Guͤter gewinnen koͤnnen.

Allein genung von der Jnſul S. Thomæ, mit allen ihren Moͤnchen und Pfaffen / gewiß iſt / daß alle frem - de Schiffe wenn ſie wegen boͤſen Windes auf die Prin - tzen-Jnſul nicht kommen koͤnnen / durchgehends hier anlegen / um die benoͤthigte Erfriſchungen einzunehmẽ.

Weil wir nun (wie geſagt) nach der Jnſul Anna - boa nicht kommen konten / ſing uns der Muth an zu ſin - cken / daß wir gar nicht hingelangen doͤrfften / weil es noch viel ſchwerer iſt bey S. Thomæ als Cabo loop zu landen. Gleichwol hatten wir das Gluͤck daß wir Wind und Waſſer mit uns bekamen / und nach zwey - taͤgiger Reiſe vor dieſer Jnſul / welche in der Welt ſo beruͤhmt iſt / Ancker werffen konten.

Es finden ſich hier ſehr viele Schiffe ein / nicht nur dererjenigen welche nach Gvinea gehandelt haben /ſon -501des Landes Gvinea. ſondern auch nach Oſt-Jndien gehen / imgleichen An - gole, wenn nemlich die Jndiſche Schiffe zu weit hin - unter in den Gvineiſchen Meer-Buſen lauffen: denn man muß wiſſen / daß ſie ſchier das gantze Land vor den Gvineiſchen Meer-Buſen rechnen. Hingegen denen von Angole lieget recht in ihren cours, dieſe ſo reich mit Fruͤchten und Viehwerck verſehene Jnſul / worin ohngeachtet ſie viel kleiner als S. Thomæ oder Prin - tzen-Jnſul / und nicht viel groͤſſer als eine halbe Meile ins Runde iſt / dennoch beyden es weit zuvorthut. Die meiſte Zeit findet ſich eben wie zu S. Thomæ ein ſehr di - cker Nebel / gleichwol iſt nach Auſſage derer Portugie - ſen ſelbige lange nicht ſo ungeſundt.

Die Urſach weiß ich nicht zu ſagen / ſintemahlen die Lufft ohne Zweiffel eins iſt / in Anſehung das Annaboa ohngefehr nur anderthalb Grad weiter in den Mit - tag lieget.

Das Land an ſich iſt eben wie zu S. Thomæ hoch und uneben / allwo auf dem erhabenſten Ort ſich ein kleiner See mit koͤſtlichem ſuͤſſen Waſſer finden ſoll / von dem die Portugieſen viel Ruͤhmens machen / daß es daſelbſt ſo kalt ſeyn ſoll als in Holland in der allerkaͤlte - ſten Herbſt-Lufft; allein wer weiß zu ſagen obs wahr iſt. Die Flaͤche des Landes bebauen die Portugieſen ſelbſt bis halb auf die Berge / weil es zum Korn-Bau trefflich beqvem iſt. Unten wenn man auf die Jnſul komt / ſcheinet ſie ſehr unfruchtbar zu ſeyn / ohngeachtet daß uͤberall ſchoͤne Frucht-bringende Baͤume zu ſehen / als Cacacoyers, Pomerantzen / Citronen / Bakovens. Bananiers, Palmen und andere Baͤume mehr / deren Fruͤchte auch ſehr wohlfeil / da man vor hundert Ca - caoyers Nuͤſſe einen Thaler bezahlet / und vor ein tau -J i 3ſend502Beſchreibungſend Pomerantzen oder Citronen eben ſo viel / vor die uͤbrigen aber nach Proportion.

Vieh als Schweine / Hammeln / Ziegen und Huͤh - ner / ſind nicht weniger gut Kauff zu bekommen / ja ſelbſt vor einen alten Rock oder abgenuͤtztes Linnen / ſo daß man mit einem Wort fuͤglich dieſe Jnſul das war - hafftige Amalthee oder Horn des Uberfluſſes nennen koͤnne / davon die Alten ſo viel gedichtet.

Die Einwohner dieſer Jnſul ſeynd ſchwartz / und halbe Chriſten / derer Nahmen ſie auch wiewol unbil - lig fuͤhren / wenn ſie nur ein Vater unſer oder Engel - ſchen Gruß / die Beichte herſagen / und ihren Pfaffen etwas opfern koͤnnen / meynen ſie allbereit vollkommene Chriſten zu ſeyn.

Die Portugieſen gehen mit ihnen um als ihren Sclaven / weil ſie von ſolchen herſtammen / welche jene hierein gefuͤhret / um das Land zu bevoͤlckern. Sonſten ſeynd es durchgehends die aͤrgſten Schelme und Boͤſe - wichter die mit betruͤgen und ſtehlen wo ſie immer koͤn - nen / ihren Unterhalt ſuchen. Jhre Weiber fuͤhren eben - fals ein gottloſes Leben / und ſcheuen ſich gar nicht die ankommende Europaͤer zu verfuͤhren / ohngeachtet ſie nach Auſſage des Herrn Foqvenbrog, von unge - meiner Heßligkeit ſeynd.

Das Oberhaupt dieſes loſen Geſindels iſt ein weiſſer Portugieſe / unter dem Nahmen eines Governadors.

Und war derjenige ſo zu meiner Zeit dieſe Ehrenſtelle bekleidete / ein ſo vornehmer Herr / daß wenn ich ihm einen Thaler gegeben an ſtatt eines Allmoſens / er kein Bedencken wuͤrde getragen haben ſelbigen anzuneh - men / ohngeſcheuet ſeiner anſehnlichen Wuͤrde / noch ſei - nen vornehmen Unterthanen dadurch etwas zu nahe zu treten.

Auch503des Landes Gvinea.

Auch hatte er dabey ſo wenigen Reſpect, daß wenn ich gewollt haͤtte / ſie ihm wuͤrden den Kopff in Stuͤcken geſchlagen / und die gantze Jnſul in unſere Haͤnde ge - liefert haben / ſintemahlen dieſer arme Tropff von ei - nem Portugieſiſchen Hidalgo welchem dieſe Jnſul ge - hoͤrete hieher verſchicket ware / um in ſeinem Nah - men den dritten Theil aller Einkuͤnffte vom gan - tzen Lande einzuſamlen / und vorſich ſelbſt etwas ger - ne zuſammen ſcharren wolte / folglich an ſtatt des drit - ten Theils die Helffte ſich zueignete / und endlich ſolchen Haß bey den Einwohnern auf ſich lude / daß ſie ſeiner gern loß / und ihr Land in andern Haͤnden ſehen moͤchtẽ.

Wiewol ichs keinem rathen wolte / es ſey denn daß zuvor alle daſige Mohren weggebracht / ſonſten wuͤr - den ſie bey der geringſten vorfallenden Zwiſtigkeit mit ihrem Herrn ſich in die Gebuͤrge retiriren dahin kein Europaͤer kommen kan / folglich dieſen ſo viel Leyds an - thun / daß ſie bald das Land verlaſſen wuͤrden / eben wie es uns vor dieſem gegangen da wir es noch im Beſitz hatten / welches denn die einige Urſach iſt / daß wir ge - zwungen das Land mit dem Ruͤcken anzuſehen. Nebſt dieſem Herren Governador fande ich zwey weiſſe Pfaffen / welche zum wenigſten nicht viel mehr gelernet als die ihnen anvertraute Gemeine / auch uͤberdem ein ſo herrliches Lob hatten / ſie koͤnten mehr Brantwein oder ander hitziges Getraͤnck / als ich Wein vertragen. Kurtz ich bilde mir ein daß alle ihre Weißheit in der Capuciner Kutten verborgen / denn von dieſem Orden gaben ſie ſich aus / wiewol ich zweiffle ob ſie leſen oder ſchreiben konten / zum wenigſten habe ich kein Buch in ihren Haͤnden geſehen / konte auch auf Befragen ob ſie keine brauchten / kein einiges zu Geſichte bekommen;J i 4viel -504Beſchreibungvielleicht moͤgen ſie meine ketzeriſche Haͤnde geſcheuet haben.

Sie erſuchten uns in ihre zwey Kirchen herein zuge - hen / und fanden wir ſelbige ſehr groß und geraume / daß viermahl ſo viel Menſchen herein konten als auf der gantzen Jnſul waren. Bey dem Eintritt beſpruͤtzten ſie uns haͤuffig mit Weyhwaſſer / und bezeugten damit ſel - biges gut Kauff zu haben.

Nachgehends baten ſie mich um eine Flaſche Wein zu ihren Meſſen / und verſprachen nach derer Erlan - gung ohne mein Begehren / vor mich eine Meſſe zu hal - ten / damit ich eine gluͤckliche Reyſe haͤtte. Womit ich Abſchied nahm / und dieſe zwey geiſtl. Vaͤter verließ.

Wir ſahen unter Weges einige kleine Stuͤcke / und vernahmen auf Befragen wer ſie ihnen geſchencket / daß ſie einem Frantzoͤſiſchen Caper zugehoͤrten / wel - cher ſeit 8. oder 10. Tagen ge[ſtra]ndet / davon der Schiffs-Capitain mit ſeinen Leuten noch auf der Jn - ſul waͤren.

Es hatten dieſe See-Raͤuber in Gvinea, Gold / Sclaven und Elephanten Zaͤhne genommen / zwey Ta - ge vorhero aber war ein Engliſches Schiff Slooter Galley genannt / von der Jnſul abgefahren / deſſen Capitain Thomas Kent, dieſen Vergleich mit jenen war eingegangen / er wolte ſie mit aller ihrer Beute auf die Frantzoͤſiſche Jnſuln liefern / fals ſie ihm etwas von der Beute abſtehen wolten. Nun glaubten die Frantzoſen es wuͤrde dieſer Engellaͤnder ehrlich und redlich mit ihnen umgehen / trugen deswegen alles Jh - rige / und gingen ſelbſt insgeſamt auſſerhalb dem Ca - pitain, und noch zweyen / welche in folgenden Tagen nach kommen ſolten / zu Schiffe. So bald aber dieſedem505des Landes Gvinea. dem Schiff naͤherten / empfing man ſie mit einigen Ku - geln / und befohle ihnen / fals ſie ihr Leben retten wolten / zuruͤck zu bleiben / ſo daß ſie gezwungen waren dem En - gliſchen Schiff mit ihrem genommenen Gute betruͤbt nach zu ſehen.

Was duͤncket euch mein Herr / haͤtten ſie wol ein beſſer Tractament verdienet? Meines Erachtens ha - ben die Engellaͤnder groß Gleich / und wuͤrde ichs nicht beſſer gemacht haben / fals ich in ihrer Stelle geweſen. Nach dem wir alſo auf Verguͤnſtigung des Herrn Ge - nerals hier einige Tage zugebracht / lichteten wir unſe - re Ancker / und ſetzten unſere Reyſe laͤngſt der Linie fort / ohne einen Grad weder Suͤdlich noch Nordlich zu wei - chen. Zwar hatte ich mir eingebildet eine groſſe Hitze hieſelbſt anzutreffen / allein ich muſte das Gegentheil / und ſolche Kaͤlte erfahren / daß ohngeachtet meiner gu - ten Kleidung / ſelbige ſchier nicht ausſtehen konte. Die Bootsleute / als ſolcher Arbeit und Reyſe Beſchwerden nicht ungewohnet / unterlieſſen nicht einen Rock mehr anzulegen. Weil mir nun dieſes ſehr fremde vorkam / ſagte der Schiffs-Capitain es waͤre um dieſe Jahres - Zeit allemahl ſo kalt / nemlich im September, ohnge - achtet die Sonne in dieſem Monat durch die Linie ge - het / folglich gerade uͤber den Kopff ſtehet; allein die Lufft iſt jederzeit ſo dick und neblicht / imgleichen der Wind ſo hefftig / daß man der Sonnen Hitze nicht ſehr empfin - det. Weil wir nun einige Tage unſere Reyſe con - tinuiret / glaubten wir die noͤthige Hoͤhe erreichet zu haben / ſeegelten alſo nach dem Lande zu / welches wir kurtz darauf bey Qvaqva entdeckten. Doch hatten wir ausdruͤcklichen Befehl an keinem Ort uns zu verwei - len / und muſten alſo weiter laͤngſt dem Lande bis nachJ i 5Aſſi -506BeſchreibungAſſiné, davon die Frantzoſen ſeit einiger Zeit Meiſter waren / und zwar durch folgende laͤcherliche Begeben - heit / welche ich zu erzehlen nicht nachlaſſen kan. Der Autor des Europaͤiſchen Mercurii, erzehlet in ſeinem erſten Theile des 1701ſten Jahres von einem Moh - ren Koͤnig welcher ſich zum Chriſtlichen Glauben be - kehret / folgen des.

Sehet abermahl einen heydniſchen Koͤnig zum Chriſtenthum gebracht / ich meyne den Ludwig Han - nibal Koͤnig von Syrien (worinnen er ſich verſehen / denn es iſt Aſſiné) in Africa, wo das Gold herkommt. Dieſer nachdem er lange Zeit zu Paris unterwieſen / und von dem Biſchoff zu Meaux getauffet worden / in Beyſeyn des Koͤniges als ſeines Tauffzeugen / em - pfing darauf die Communion von dem Cardinal von Nouilles am 27. Febr. 1701. und opferte zu derſelbi - gen Zeit an die Jungfrau Maria eine Tafel welche er zur Schutz-Goͤttin aller ſeiner Laͤnder angenommen / unter dieſem Geluͤbde / er wolte bey ſeiner Heimkunfft aͤuſſerſt befliſſen ſeyn / das gantze Koͤnigreich zu bekeh - ren. Wannenhero dieſer Mohren Koͤnig den 24. fol - genden Monats abreiſete / um zu Port Lovis unter dem Geleite zwey oder dreyer Kriegs-Schiffe und dem Commando des Ritters Damon. So weit ge - dachter Autor.

Nun wird nicht unbillig ſeyn etwas weniges von dem Herkommen dieſes Koͤniges zu gedencken / und was ſich mit ihm mehr zugetragen. Vor einigen Jah - ren waren die Frantzoſen gewohnet / alle die Sclaven welche in ihre Schiffe kamen nach America hin uͤber zu fuͤhren / und daſelbſt vor Sclaven zu verkauffen. Un - ter dieſen war nun auch unſer Ludwig Hannibal -wel -507des Landes Gvinea. welcher an Verſtand und Geſchickligkeit vor dieſer Nation etwas ſchiene voraus zu haben / folglich nicht verkauffet / ſondern nach Franckreich an Hoff gefuͤh - ret ward / allwo der loſe Geſelle ſich vor den Sohn und Nach folger des Koͤniges zu Aſſiné ausgabe / auch ſolch Gehoͤr bey dem Hofe fande / daß ihn der Koͤnig reich - lich beſchenckte / und wieder zuruͤck in ſein Vaterland ſchickte auf vor erwehnte Art. So bald er nun an - gelanget / an ſtatt daß er der Koͤnig ſeyn ſolte / war er nichtes mehr als ein gemeiner Sclave / gieng deswegen alſobald bey ſeinen alten Herren einen Caboceer in Aſſiné, gedachte auch an nichts weniger als an die Be - kehrung ſeiner unterthanen / ſondern begabe ſich alſo - fort wieder zum Heydenthum.

Jhr koͤnnet hieraus leichtlich abnehmen / wie es die Frantzoſen muͤſſe verdroſſen haben / von einem Mohren ſo um die Fichte gefuͤhret zu ſeyn / inſonderheit da ihnen ihr Anſchlag mißlunge / vermoͤge welchen ſie durch Huͤlffe dieſes Koͤniges gedachten in Gvinea feſten Fuß zu ſetzen. Ohne daß der gute Wille des Koͤniges von Franckreich einen heydniſchen Printzen zu bekehren vergebens und umſonſt war / nicht weniger auch der Biſchoff von Meaux und Cardinal von Nouilles fruchtlos ſich bemuͤhet hatten / folglich dem gantzen Hoff eine ziemliche Naſe angedrehet.

Sehet mein Herr / wie es unter den einfaͤltigen un - ſchuldigen Mohren auch nicht ermangele an liſtigen und verſchlagenen Koͤpffen / die einen ſo beruͤhmten und ſcharffſichtigen Hoff als in Franckreich betrie - gen koͤnnen. Jch glaube nicht es werde derſelbigewegen508Beſchreibungwegen ſeiner Leichtglaͤubigkeit lange Zeit hernach Reue getragen / und den Koͤnig von Syrien wol tau - ſendmahl verfluchet haben Doch was bekuͤmmern wir uns um ihr ſchmaͤhlen / laß ſie ſchelten / wir fahren weiter / und Aſſiné fuͤruͤber / bis wir an das Land Gvinea kommen / alwo eines von unſern Schiffen der Beſchuͤtzer genant kreutzete / und unter Com - mando des Capitain Hinkens ein nicht beurlau - betes Seelaͤndiſches Schiff den groſſen Apollo anhielte / zunechſt der Brandenburgiſchen Veſtung tapffer angriffe / und endlich nach kurtzem doch hel - denmuͤthigen Widerſtand ſich vollkommen Meiſter machte / und als eine ſtattliche Beute zu Elmina aufbrachte.

Nun mein Herr / allhie hoͤret meine Reyſe auf / und mit dieſer meine Briefe / ſintemahlen ihr den letz - ten von Gvinea empfanget. Hinfuͤhro aber (wie ge - ſaget) von andern Oertern einige zu hoffen habet. Nur bitte ich mit bisherigen vergnuͤget zu ſeyn / mit der Verſicherung / daß ich nichts der Wahrheit zu - widerlauffendes geſchrieben / ſondern alles ſo ich mit ſelbſt-eigener Erſahrenheit beſtaͤtigen koͤnnen. Solte mir dieſes Gluͤck verſprechen doͤrffen / daß es euch nicht unangenehm geweſen / wuͤrde mich die gehabte Muͤhe keines Weges gereuen / vielmehr aber zu einer vollkommenen Belohnung aller meiner Muͤhe von mir angenommen werden.

Mercket demnach wie von Hertzen geſinnet ſey derjenige / welcher jederzeit mit hoͤchſtem Vergnuͤgen ſuchen wird euch einige Gefaͤlligkeit zu erweiſen / auchnichtes509des Landes Gvinea. nichtes ungethan zu laſſen womit er den Nahmen ver - dienen koͤnne /

Meines Herrn Unterthaͤnigen und gehorſamſten Dieners / Gvillaume Boſman.
Ende des zwanzigſten oder letzten Briefes. ſo vom Autore geſchrieben.

Ein und zwantzigſtes Send - Schreiben.

Eine Beſchreibung von Rio formoſa ſonſten Benin genannt / was dieſer Fluß vor unterſchiedliche Arm mache / wie die Portugieſen hieſelbſt einen Ort zur Hand - lung / nebſt einer Kirche haben / was der Koͤ - nig von Benin fuͤr groſſe Einbildung von ſich ſelbſt habe. Wo der Ort gelegẽ allda wir unſere Handlung foꝛtſetzen. Von See-Raͤu - bern aus Uſa. Von dem ſumpffigten und moraſtigen Erdreich welches um den Fluß befindlich; wie er zwar ſchoͤn / aber ſehr und warum ungeſund ſey; wie die Leute auf un - ſern Schiffen haͤuffig hie ſterben. Von der Gottloſigkeit fuͤnffer Boots-Geſellen / und was ſich nachdenckliches dabey zugetragen. Wie das Land ſehr eben / und mit vielenBaͤu -510BeſchreibungBaͤumen bepflantzet; welches des Koͤniges Schiffe ſeyn; wie das Benin nicht ſehr volck - reich / und wie die drey Doͤrffer da wir unſere Handlung fuͤhren / heiſſen und beſchaffen ſeyn / und unter was Commendanten ſte - hen. Noch von dem 4ten Dorff / allwo einer von unſern Commendanten ums Leben ge - bracht worden / wie man ſeinen Todt gero - chen; wie die Einwohner von Benin wacke - re und ſehr belebte Leute ſeyn / mit denen man fuͤglich zurechte kommen koͤnne / fals man nicht nach der Strenge / ſondern gelin - de mit ihnen umgehet / inſonder heit weil ſie auf ihre Gewohnheiten ein vieles geben; Wer die Handlung bey ihnen beſtellet; wie ſie gegen Fremde ſehr hoͤfflich / unter ſich ſelbſt aber ziemlich politiſch ſeyn; auch ihre Regenten dem Geitz ſonderlich ergeben. Auſſer dem Koͤnige finden ſich dreyerley Gattung vornehmer Standes-Leute; wer die erſten und vornehmſten / wer die zwey - ten / was dieſe vor ein Ehren-Zeichen tra - gen / und ſelbiges bey Lebens-Straffe nicht verliehren muͤſſen / was hiebey vorgegan - gen; welches die dritten ſeyn. Was der ge - meine Leute Arbeit und Handwerck ſey. Die Reichen ein herrliches Leben fuͤhren / und gegen den Armen ſehr mildthaͤtig ſeyn. Wie ſowol Manns - als Weibes-Perſonenge -511des Landes Gvinea. gekleidet. Einjeder nach eigenem Belie - ben ſo viel Weiber nehmen kan als er ſelbſt will und ernehren kan / wie dieſes zugehe. Die Maͤnner ſehr eyfferſuͤchtig auf ihre Frauen / und vollkommen Regiment uͤber dieſe fuͤhren. Wie Ehebruch auf dreyerley Art geſtraffet werde. Von ſchwangern Weibern und Kindbetterinnen. Wie die Maͤnnliches Geſchlechts dem Koͤnige zuge - hoͤren; die Maͤgdlein ſowol als Knaben be - ſchnitten werden. Von der Speiſe die man der Kindbetterin darreichet. Wie man die Zwilling vor ein gutes Zeichen halte / ohne zu Arebo, allwo die Einwohner bey ſolcher Gelegenheit grauſame Unmenſchligkeiten begehen / deren einige Exempel angefuͤhret werden. Von dem geheiligten Holtz; was ſie vor Meynung davon hegen. Wie ſehr viele Kinder anzutreffen; die Frauen in monatlicher Reinigung vor unrein gehal - ten; hieſige Mohren ſich vor dem Tode nicht ſo ſehr fuͤrchten als andere. Was ſie vor Artzeneyen in ihrer Kranckheit gebrauchen: die Aertzte wenig achten / und wie ſie mit den Todten umgehen. Wer die Erben ſeyn / und wenn die Erbſchafft dem Koͤnige an - heimfaͤllet. Offentliche gemeine Weiber. Was ſie vor eine Regierung fuͤhren / und wie ſie den Diebſtahl beſtraffen. Wie ſiegar512Beſchreibunggar nicht zum ſtehlen geneigt. Von der Straffe eines Mords und dem darinn ge - machten Unterſcheid. Fuͤnfferley Gattun - gen ihres Eydes. Wie ihre Geld-Straffen vertheilet werden. Was ſie vor muſicali - ſche Jnſtrumente brauchen / und wie ſie nach der Harffe trefflich ſchoͤn dantzen koͤn - nen / ſonſten aber zum anderwertigen ſpie - len nicht geneigt. Wie ihre Religion ſehr unordentlich und verworren / auch jeder ſei - nen eigenen Geiſtlichen habe. Was ſie von GOtt halten / und ihre daruͤber vorfal - lende Meynungen. Sie dienen ihren Goͤ - tzen / und ſelbſt dem Teuffel / bloß in anderer Geſtalt; von Erſcheinung derer Geiſter; taͤglichen und jaͤhrlichen Opffern. Was ſie vom zukuͤnfftigen Leben glauben / und was eine Menge Goͤtzen und Feyertage ſie halten; von ihrem Sonntage / wie ſie den Sterbe-Tag ihrer Vaͤter feyerlich bege - hen / die Zeit eintheilen. Was ſie vor Krie - ge / und wie unordentliche Kriege ſie fuͤh - ren / meiſtentheils ſehr wanckelmuͤthig und veraͤnderlich. Was ſie vor Gewehr brau - chen. Was allerhand zahme und wilde Thiere anzutreffen / inſonderheit die groſſe Babouins oder ſolche ungeheure Affen / ſo die Menſchen anfallen. Was eine groſſe Menge von Voͤgeln / aber wenig Fiſche /doch513des Landes Gvinea. doch ſehr viele Feld - und Baum-Fruͤchte zu finden. Was man zu der Farbe brauche. Von Einkuͤnfften des Koͤniges / worinn die - ſelbige beſtehen; Beſchreibuug der Stadt oder des Fleckens Benin, wie ſelbig ziemlich lang und ſchoͤn gebauet / durchaus keine Fremde leiden moͤge. Von denẽ vornehmen Herren welche am Hoff leben. Wie man Landes Eingeborne vor Sclaven nicht ver - kauffen / noch die Sclaven obgleich frem - de / auſſerhalb dem Koͤnigreich verfuͤh - ren koͤnne / womit die gemeinen und Hand - wercks-Leute umgehen. Was fuͤr ſchoͤne Straſſen in der Stadt ſeyn. Wie die Wei - ber in groſſer Dienſtbarkeit leben / und ge - gen die Europaͤer ausgenommen die Por - tugieſen ſehr freundlich und geſpꝛaͤchig ſeyn. Beſchreibung des Koͤnigl. Hofes und des Corallen-Feſtes wobey der Koͤnig ſelbſt zu - gegē. Wie unſer Autor bey dem Koͤnig ſeine Audience gehabt; un wie dieſer letztere aus - ſehe. Von dem Kriege zwiſchē einem Are von Rou und dem Koͤnig / ſo die Stadt Benin verheeret hat / ſo daß ſie anitzo faſt von kei - nem Menſchen bewohnet wird / folglich ſehr wuͤſte iſt. Vom Beſchluß des Briefes.

Mein Herr!

ZU Bezeugung meines Gehorſahms will ich eu - ren Befehlen nachkommen / und die BeſchreibungK kvom514Beſchreibung. vom Fluß Benin uͤberſenden / wiewol ich nicht verſi - chern kan / ob alles in gehoͤriger Ordnung geſchehen werde / genung daß ich mein Beſtes thun werde / folg - lich ihr damit zufrieden ſeyn werdet.

Ohngefehr 50. Meilen von Ardra nach Oſten zu / findet ſich Cabo formoſa, und gleiches Nahmens ein Fluß / welcher aber gemeiniglich Rio de Benin ge - nandt wird / von dem groſſen Koͤnigreich Benin, wel - ches daherum lieget.

Wenn man vom Abend herkommt / kan man ihn fuͤglich ſehen / weil das Land ſehr niedrig und voller Buͤſche iſt / von Ardra bis an beſagtem Fluß. Doch iſt er nach Abend ziemlich hoch und eben / nicht anders als ein gehauener Felſen; hergegen nach Morgen ſehr platt und niedrig. Bey dem Mund ohngefehr eine Meile breit / und nachgehends an unterſchiedlichen Oͤrtern breiter / auch ſchmaͤhler.

Jnſonderheit hat er ſehr viele Abtheilungen und zer - ſtreute Arme / deren einige ſo breit / daß ſie einen a par - ten Fluß ausmachen koͤnten / zumahlen ein jeder von be - ſonderer Nation bewohnet wird / welche unter ihrem beſondern Koͤnig ſtehet.

Wannenhero man auch ohne Wegweiſer ſich auf den Fluß nicht getrauen darff / weil wegen der vielfaͤl - tigen Canaͤle und Arme man leichtlich irren koͤnte.

Kaum iſt man ein anderthalb Meile darauf fortge - kommen / ſo finden ſich zwey groſſe Arme / welche ohn - gefehr eine halbe Meile von einander liegen / auf deren einen die Portugieſen ein Kauff-Haus nebſt einer Kir - chen nahe bey dem Dorff Awerri haben / welches ſeinen eigenen Koͤnig hat / und von dem von Benin vor einen Nachbahren und Bundesgenoſſen gehalten wird / wie -wol515des Landes Gvinea. wol dieſer letztere nach keinem Menſchen fraget / ſon - dern feſte ſich einbildet er ſey der maͤchtigſte Koͤnig in der gantzen Welt / wenigſtens der Gvineiſchen / davon ihm doch nur ein hundert Meilen auſſerhalb ſeiner Grentze bekandt ſeyn / denn weiter iſt er nicht ge - kommen / und ſchweiget dahero gerne ſtille wenn man von mehr entferneten Oertern anfaͤnget zu reden / weil er nichts davon zuſagen weiß.

Der gewoͤhnlichſte Handlungs-Platz auf dieſem Fluß iſt Arebo, uͤber 60. Meilen von ſeiner Muͤn - dung. So weit und noch weiter koͤnnen wir mit unſern Schiffen ankommen / indem mehr als hundert Arme / und unzaͤhliche kleine Fluͤſſe vorbey lauffen / deren eini - ge zuweilen ziemlich breit ſind.

Jhr koͤnnet zwar aus obbeſagtem abnehmen / wie weit dieſer Fluß ſeine Breite behalte / nicht aber wo er ſich endige / ſintemahlen ich ſelbſt dieſes niemahls erfah - ren / vielweniger von einem Mohren erlernen koͤnnen wo er herkomme und ſeinen Aufang nehme. Wiewol ich ſicher glaube daß man in alle benachbarte Laͤnder vermittelſt ſo vielfaͤltiger Abtheilungen kommen koͤnne; angeſehen ich unterſchiedliche Leute von Ardra, Cal - bary und mehreren Oͤrtern geſehen habe / welche der Handlung halber hieher gekommen / unter Weges aber von denen See-Raͤubern genommen / und hieſelbſt vor Sclaven verkauffet worden.

Es wohnen dieſe See-Raͤuber gleich bey dem Mund des Fluſſes / und ſind unter dem Nahmen Corſairen von Uſa, zur Gnuͤge bekandt / ſonſten durchgehends ſehr arme Leute / welche bloß von vorfallender Beute ihr Leben unterhalten. Wie ſie denn uͤberall herum - ſchwaͤrmen / um etwas zu ertappen / auch nichtes ſcho -K k 2nen516Beſchreibungnen was ihren vorkommt / Menſchen und Vieh / Waa - ren und alles wie es Nahmen haben mag. Welches ſie an lauter Eß-Waaren anlegen / und dem erſten Mann wieder verkauffen / damit ſie nur einige Lebens - Mittel / womit ſie uͤberaus ſparſam verſehen anſchaf - fen moͤgen.

Zwar haben mir die Portugieſen ſagen wollen / daß man auch zu Fuß gehen koͤnne von hier auf Calbary, doch aber weit beſſer ſey zu Waſſer dahin zu reiſen / und daß man von hier uͤber alle die Fluͤſſe welche hieherum zu finden / mit einem kleinen Schifflein fahren koͤnne / als Rio Lagos, Elrei, Camarones und andre mehr / ja ſelbſt Rio Volta, wiewol mir dieſes letztere ziemlich unglaublich vorkommt / die uͤbrige aber ſo viel leichter zu beſchiffen ſeyn / weil ſie hier in der Naͤhe und nicht weit von einander liegen.

Von dem Mund gedachten Fluſſes bis auf einige Meilen weiter hinauf iſt das Land ſehr niedrig und ſumpficht. An dem Strande ſtehen viele Baͤume von unterſchiedener Groͤſſe / und iſt das Land durch ſo viele Abtheilungen des Fluſſes als in lauter Jnſuln ab - getheilet. Sonſten giebet es an unterſchiedlichen Oͤr - tern vieles haͤuffiges Schiffrohr / welches durch die Sturmwinde oder Travados beweget / nicht anders als ein unruhiges Meer anzuſehen / und weil man un - ter Weges offtmahls ſich darin verirret / muß man ei - nen gantz andern Weg ſuchen oder zu Verhuͤtung deſſen einen Wegweiſer mit ſich nehmen.

An und vor ſich ſelbſt iſt der Fluß ſehr angenehm / aber auch ſehr ungeſund / welches allen Fluͤſſen im gan - tzen Lande gemein zu ſeyn ſcheinet / weil wie ich glau - be die haͤuffige gifftige Duͤnſte / inſonderheit hieher -um517des Landes Gvinea. um wegen des moraſtigen Landes davon Urſach ſeyn.

Uberdem findet ſich noch ein ander Ungemach / wel - ches nicht beſſer als das erſte / einige tauſend Muͤcken / auf portugieſiſch Muſqvitos genandt. Denn das Land voller Baͤume ſtehet / darunter ſich dieſes Ungeziefer ſo haͤuffig aufhaͤlt / daß man inſonderheit des Nachts groſſen Verdruß findet / ſintemahlen ſie wie gantze Ar - meen auf die Menſchen fallen / und ſo gewaltig ſtechen / ſo daß man des Morgends gantz bund und gar unkennt - lich ausſiehet. Hiedurch nun daß man keine Ruhe haben kan / und die Lufft ſehr ungeſund iſt / ſterben unſere Leute ſehr haͤuffig; wie ihr wiſſet / daß auf meiner erſten Rey - ſe wir die Helffte unſerer Mannſchafft eingebuͤſſet / und auf der itzigen nicht viel mehr uͤbrig oder wenig - ſtens kranck ſeyn / folglich eine groſſe Furcht unter den Bootsleuten / und einjeder vor ſein Leben beſorget iſt.

Ja es iſt ſo weit mit dieſen gekommen / daß ihrer fuͤnffe darum gewuͤrffelt wer zu Benin ſterben oder davon kommen wuͤrde; da denn der aͤlteſte von meinem Hausgeſinde welchen ſie mit ins Spiel gezogen / die hoͤchſten Augen (eilff) geworffen / und welches das mei - ſte zu verwundern / anitzo noch wuͤrcklich am Leben iſt / an ſtatt daß die uͤbrige 5. ſchon alle in Benin geſtorben.

Sonſten iſt der Ort auſſerhalb beſagtem Ungemach ſehr angenehm / und zur Handlung trefflich gelegen / nicht allein wegen des ſehr ſchoͤnen Fluſſes / ſon - dern auch Anmuths-vollen Gegend / (wenn man nem - lich ein wenig von dem Fluß entfernet) ſintemahlen das Land gantz eben und ohne Berge iſt / ausgenommen daß es unvermerckt hoͤher anlieget / folglich das Auge uͤber die maſſen vergnuͤget. Wozu noch komt die groſſeK k 3Men -518BeſchreibungMenge derer Baͤume / welche ſo gerade neben einander ſtehen / als ob ſie nach der Schnur mit groſſem Fleiß ge - pflantzet waͤren. Die Einwohner nun ſowol vom Lan - de als dem Fluſſe haben ihre beſondere Koͤnige / welche durchgehends Unterthanen des Koͤnigs zu Benin ausgenommen dem zu Averri allwo die Portugieſen wohnen / und die Corſairen zu Uſa, welche den Koͤnig niemahls gehorſahmlich erkennen wollen. Zwar ſeynd es vor ſich freye Leute / allein vom Koͤnige nicht anders als Sclaven tractiret / welches ſie vor keine Schande rechnen / im Gegentheil hoffaͤrtig ſeynd mit dem Nahmen Koͤniglicher Unterthanen.

Ohngeachtet aber eine erſchreckliche Anzahl von Menſchen hieſelbſt befindlich / muß man dennoch ge - ſtehen / daß in Anſehung des groſſen Landes und Ver - gleichung mit Ardra, noch viel zu wenig ſeyn / maſſen auch die Doͤrffer ſehr weit von einander entlegen / ſo - wol ſelbſt im Lande / als auch bey dem Fluß.

Anitzo giebet es nur drey beruͤhmte Handlungs - Plaͤtze oder Doͤrffer wo wir mit unſern Schiffen hin - kommen / an welchen wir unſere Waaren abſetzen / und an die weit aus dem Lande ankommende Mohren wieder verkauffen.

Das erſte Dorff nennet ſich Boudedou, von ohn - gefehr 50. Haͤuſern oder beſſer zu ſagen Huͤtten; ſinte - mahlen die Mauren aus lauter Schilffrohr und Blaͤttern beſtehen. Das Regiment verwaltet daſi - ger Vice-Koͤnig nebſt einigen Vornehmen die ihm zugeſellet werden / und ſaͤmtlich die Regierung fuͤhren / die anliegende Laͤnder aber unter dem Nahmen und Anſehen eines Koͤniges beherrſchen. Wiewol ihre Gewalt ſich nicht weit erſtrecket / ſondern bey unter -ſchied -519des Landes Gvinea. ſchiedlichen Kleinigkeiten / als buͤrgerliche Streitigkei - ten und Gerichts-Sachen abzuthun / oder Schoß im Nahmen des Koͤniges den Unterthanen anzubefehlen / aufhoͤret. Dahero ſie in wichtigen und Hals-Sachen kein Urtheil faͤllen doͤrffen / ſondern dem Hofe kund thun / und von dem abwarten muͤſſen wie ſie ſich zu ver - halten haben.

Das andre heiſſet Arebo, und lieget etwas weiter auf dem Fluß / ein ſehr ſchoͤnes / groſſes und in die Laͤn - ge liegendes Dorff / welches ziemlich volckreich / und mit eben dergleichen / doch ungleich groͤſſern Haͤuſern als zu Boudedou, bebauet / auch ebener Geſtalt Dorff und dazugehoͤriges Land von einem Vice-Koͤnig re - gieret wird.

Vor einigen Jahren hielte man daſelbſt zwey Fa - cteurs, in beſondern Wohnungen / deren einer der Engliſchen / der andre unſerer Compagnie zugehoͤ - ret / und hatte einjeder ſeine Kauffleute und Buͤrgen / auf portugieſiſch Mercados oder Fiadors genannt / wiewol die letzteren auch Commiſſarien heiſſen / anitzo aber ſind die Engliſchen / weil ſie in ſehr langer Zeit hieher nicht gehandelt / folglich ihre Behauſung in den Grund verfallen / mit unſern Kauffleuten zuſammen getreten.

Das dritte Dorff nennet man Agaton, ſo vor die - ſem der beruͤhmteſten Handels-Plaͤtze einer geweſen / anitzo aber iſts durch den Krieg ſo zuruͤck gekommen / daß es faſt gantz zerſtoͤret lieget; es iſt gebauet auf einen Felſen welcher in den Fluß hervorſtehet / und faſt an kei - nem Lande feſt iſt.

Wenn man der heutigen Zerſtoͤrung nach ſchlieſ - ſen ſoll / muß es ein groſſes Dorff geweſen ſeyn / vielK k 4ſchoͤ -520Beſchreibungſchoͤner und geſunder als alle andre / dahero heutiges Tages die Mohren mit allen Kraͤfften es wieder ſuchen aufzubauen. Rund herum ſtehen die ſchoͤnſte Art von fruchtbaren Baͤumen / und iſt mit vielen kleinen Doͤrf - fern gleichſam umzingelt / deren Einwohner allezeit um den fuͤnfften Tag auf hieſigen Marckt ſich einfin - den. Die Stadt oder Dorffſchafft von groß Benin lieget nur eine Tagreyſe von Agaton, und iſt die ge - woͤhnliche Reſidentz des Koͤniges / davon wir unten handeln werden.

Zuvor aber muß ich nicht vergeſſen / daß ich noch von einem Dorff da wir vor dieſem unſere Handlung getrieben / Erinnerung thue / ſelbiges heiſſet Meiborg, vermuthlich von einem unſerer Kauffleute gleiches Nahmens / der an daſigem Ort gewohnet. Denn vor - hin hatte unſere Compagnie ihre Bedienten und Be - haufung daſelbſt / und hat der letztere Kauffmann von unſerer Compagnie N. Beeldſnyder geheiſſen / ſehr tyranniſch mit den Leuten umgegangen / folglich groſſe Verfolgung ausſtehen muͤſſen.

Uberdem trug es ſich zu / daß er in eine von des Gou - verneurs Frauen verliebet / die Vermeſſenheit hatte ſelbiger fleiſchlich beyzuwohnen; wodurch ihr Mann ſo erbittert wurde / daß er gedachten Beeldſnyder we - gen ſo greßlichen Unternehmens zu ſtraffen nicht unter - laſſen konte; gehet deswegen mit gewaffneten Leuten zu ihm ins Haus / in Meynung ihn zu ermorden / weil er aber veꝛmittelſt moͤglicher Gegenwehr Gelegenheit hat - te zu entwiſchen / kam er voller Wunden auf eines un - ſerer Schiffe gelauffen. Kaum war er darinn angekom - men ſo zoge man die Seegel auf / und entriſſe ihn alſo bevorſtehender Gefahr; wiewol er wegen einer ſehrge -521des Landes Gvinea. gefaͤhrlichen Wunde kurtz darauf ſeinen Geiſt auf - gabe.

Dieſes wolte der damahlige Director von unſerer Compagnie, mit allem Ernſt raͤchen / ehe er noch recht die Sache eingenommen; ſchickte dannenhero ein gantz Schiff voller Soldaten von Mina nach Benin, um wie ers nennere dieſen grauſamen Mordt nach aller Schaͤrffe zu belohnen. Kaum waren auch die Solda - ten ausgeſtiegen / ſo kamen ſie der mithabenden Ordre in allen Stuͤcken nach / ja ſelbſt mehr als ihnen befoh - len / ſintemahlen ſie durchgehends alles was ihnen nicht entlauffen konte / entweder gefangen nahmen oder gar ums Leben brachten.

So bald der Koͤnig von Benin dieſes und die Urſa - che der Mordthat vernommen / ließ ers nicht bey unter - nommener Rache unſers Directoris bewenden / ſon - dern ließ auch den Thaͤter vor ſich fodern / und ohnge - achtet dieſer nichts verwuͤrcket / als daß er die Ehre ſei - nes Hauſes gerettet / folglich gute Entſchuldigung vor ſich hatte / ihn mit allen ſeinen Kindern und Kindes Kin - dern umbringen / einig und allein zu bezeugen daß er an dieſen veruͤbten Mordt kein Theil haͤtte / ſondern wider ſein Wiſſen und Willen geſchehen waͤre. Die Leiber dieſer armen Ungluͤckſeligen wurden auf den Miſt geworffen / um aller Welt zu einem veraͤchtlichen Schauſpiel zu dienen / und endlich von denen wilden Thieren zerriſſen zu werden / ihre Haͤuſer wurden nie - dergeriſſen / mit ernſtlichem Befehl ſelbige niemahls wieder aufzubauen. Hiedurch wurdeu wir bewogen weil ſich der Koͤnig unſer ſo trefflich annahm / noch bis heutigen Tag unſre Handlung daſelbſt zu continuirẽ.

Die Einwohner von Benin ſeynd durchgehendsK k 5ſehr522Beſchreibungſehr hoͤfflich und dienſtfertig / von denen alles ſehr leicht - lich zu erhalten / fals man ihnen guͤtig begegnet; als - denn ſie mit gedoppelter Freygebigkeit die ihnen bezeig - te Hoͤffligkeit erſetzen / auch ſelten einem etwas abſchla - gen werden / ohngeachtet ſie deſſen ſelbſt hochbenoͤthiget ſeynd.

Doch wollen ſie ebenfals hoͤfflich und guͤtig bege - gnet ſeyn / und koͤnnen nicht leiden daß man ſie ſauer an - ſehe; denn ſo wuͤrde man mit aller Macht auch nicht das geringſte von ihnen erhalten / ohngeachtet alles Ernſtes und Bedrohungen die man vergeblich anwen - den wolt. Was ihre Handlung betrifft / ſeynd ſie uͤber die maſſen richtig und accurat, wuͤrden auch nie - mahls von ihren Gebraͤuchen im geringſten nachlaſſen; daher wenn man ihnen hierinn zu fuͤgen weiß / trefflich wohl zu recht kommen kan / angeſehen ſie ihrer Seiten nichts ermangeln laſſen um nach Moͤglichkeit ein gu - tes Vernehmen unter einander zu ſtifften.

Das uͤbelſte iſt / daß ſie ein wenig langſam in ihrer Handlung ſeyn / dahero es offtermahls zu geſchehen pfleget / daß ohngeachtet ihres guten Vorraths von E - lephanten Zaͤhnen / dennoch ein 8. oder 10. Tage vor - bey ſtreichen / ehe man eins mit ihnen werden kan. Je - doch wiſſen ſie dieſes mit ſo viel Hoͤffligkeit zu bemaͤn - teln / daß man uͤber ihre Schlaͤffrigkeit unmoͤglich ey - fern koͤnne.

Zweytens muß man bey der Ankunfft ſehr viele Kauff-Waaren auf Borg ihnen geben / davon ſie ſich neue Paans oder Roͤcke machen laſſen / und bisweilen ſo lange auf die Bezahlung warten / daß man ohne dieſe abzureiſen gezwungen / theils wegen einfallen der Jah - res-Zeit / theils auch wegen Mangel gehoͤriger Lebens -Mit -523des Landes Gvinea. Mittel / inſonderheit wenn das Sterben unter unſere Leute dazu komt. Jedoch finden wir bey unſer Wieder - kunfft ohnfehlbar richtige und vollkommene Bezah - lung.

Diejenigen welche an der Regierung ſitzen / haben ihre eigene Leute welche die Handlung fortſetzen unter oberwehnten Nahmen derer Mercadors und Fia - dors, auch vor rechtmaͤßige Kauffleute uͤberall ange - ſehen werden / weil ſie nemlich die Portugieſiſche Spra - che wiewol ziemlich ſchlecht reden koͤnnen / und um die - ſes einige zu æſtimiren ſeynd / ſonſten nicht anders als der Schaum des gantzen Volcks anzuſehen / welche ihren Landes Leuten in keinem Stuͤcke gleich / folglich nicht unter ſelbige zu rechnen ſeyn.

So bald man ankommt / muß man an dieſe Herren und welche in der Regierung ſitzen / einige Gelder der Gewohnheit nach entrichten / wiewol es ſo wenig / daß es der Rede nicht wehrt iſt.

Unter ſich ſcheinen auch die Einwohner von Benin ſehr ehrerbietig zu ſeyn / angeſehen ſie im Begegnen einander viel Hoͤffligkeit bezeugen; wiewol es durchge - hends eine angenommene Verſtellung iſt / denn ſie einander nicht ein Haar trauen / auch in ihren Ver - richtungen / inſonderheit aber Handlungen ſo vorſich - tig ſeynd / damit kein Menſch hinter ihre Heimlich - keiten komme / der ſie als reiche vermoͤgende Kauffleute bey der Regierung anbringen doͤrffte / von der ſie gar leichtlich eines oder andern Verbrechens beſchuldiget werden koͤnten / um ſich dieſer ihres Vermoͤgens eini - ger maſſen theilhafftig zu machen / auch wenn ſie gantz unſchuldig waͤren. Zumahlen es hie nicht beſſer als anderswo / nach dem in Holland ſehr gemeinen Spꝛich -wort /524Beſchreibungwort / (wenn man einen Hund ſchlagen will / findet man leicht einen Stecken dazu: oder wenn man den Hund erſauffen will / ſaget man daß er toll geweſen.) Dannenhero ſtellen ſich diejenigen welche nicht mit in der Regierung ſeyn / allezeit armſeliger als ſie in der That ſind / damit ſie nur den geitzigen Haͤnden derer Gouverneurs entkommen moͤgen. Sehet demnach warum ſie einander ſo politiſch und hoͤfflich begegnen / damit ſie nemlich keine Feindſchafft ſich auf den Hals laden / vermoͤge welcher man ſie vor wohlhabende Leu - te ausſchreyen doͤrffte / folglich ihre Freundſchafft nie - mahls aufrichtig / ſondern nur zum Schein und lauter Heucheley iſt.

Sonſten giebet es auſſerhalb dem Koͤnige noch drey vornehme Standes-Perſonen. Jener herrſchet mit unumſchrenckter vollkommner Gewalt / ſein Wille iſt das Geſetz und die Regul ſeiner Unterthanen / und darff ſich dieſem kein Menſch widerſetzen. Nach ihm aber folgen drey Perſonen / welche die erſte nechſt dem Koͤ - nige folgende Ordnung ausmachen / und Hommes grandes das iſt großmaͤchtige Herren genennet wer - den. Selbige ſeynd ſtets um den Koͤnig / muͤſſen auch von allen vorhero angeſprochen werden / welche bey dem Koͤnig etwas zu verrichten / maſſen ſie die rechte Unterhaͤndler / welche dem Koͤnig etwas an - und auch deſſen Antwort wieder zuruͤck bringen: Wiewol ſie nichts mehr ſagen als was er wiſſen muß / inzwiſchen ſchalten und walten ſie nach eigenem Willen. Beſte - het demnach die gantze Koͤnigliche Regierung in ihren Haͤnden / um ſo viel mehr weil keinem Menſchen er - laubet iſt den Koͤnig ſelbſt zu ſehen / noch weniger zu ſprechen / auſſerhalb ſehr wenigen welchen man dieſe Gnade vergoͤnnet.

Die525des Landes Gvinea.

Die zweyte Ordnung beſtehet aus denen welche man Are de Roë oder Straſſen-Koͤnige nennet / de - ren einer auf das gemeine Volck / der andre auf die Sclaven acht haben / der dritte die Kriegs-Sachen / ein ander das Viehwerck / Land-Fruͤchte uud derglei - chen mehr beſorgen muß / in Summa faſt nichtes zu nen - nen woruͤber nicht eine beſondere Aufſicht geſtellet.

Aus dieſen Are de Roë, werden Vice-Koͤnige und Gouverneurs erkohren / und uͤber die Laͤnder ſo unter Koͤniglicher Botmaͤßigkeit liegen geſtellet. Doch ſtehen ſie unter den Hommes grandes, welchen ſie Rechenſchafft von ihren Bedienungen geben muͤſſen. Sintemahl ſie dieſe allein der Recommendation obi - ger dreyen Herren zu dancken haben / wenn ſie von dem Koͤnige zum Zeichen ihrer Wuͤrde mit einem Schnur Corallen an ſtatt eines Orden-Bandes begnadiget werden / welchen ſie allezeit um den Hals tragen muͤſ - ſen bis an ihr Ende / ohne jemahls denſelben abzulegen. So gar / daß wenn einer oder andrer ſo ungluͤcklich waͤre und ihn verloͤhre / oder ſich abſtehlen lieſſe / ohnfehl - bar des Todes ſeyn muͤſſe ohne einige Gnade.

Wie ich denn zwey Exempel erzehlen will / deren ei - nem ich perſoͤnlich beygewohnet. Es hatte nemlich ein gewiſſer Mohr das Ungluͤck / daß ihm ſeine Schnur Corallen genommen / und folglich das Leben daruͤber einbuͤſſen muſte. Nun war derjenige ſo ihn geſtohlen / eben ſo ungluͤcklich geweſen / wie er es nachgehends be - kennet / und noch drey andre Perſonen / welche zwar um die Sache gewußt / aber nicht alſofort offenbahret / daß alſo 5. Menſchen vor eine lumpene Corallen - Schnur / welche keine zwey Stuͤver wehrt geweſen / ihr Leben laſſen muſten.

Noch526Beſchreibung

Noch ſeltſamer war dieſes was ſich im Jahr 1700. zutruge. Jm Dorff Budedou waren nebſt mir zwey Portugieſiſche Schiffe / deren eines vor mir abreiſete / das andre hingegen ſchier zwey Monat nach meiner Abreiſe zuruͤckbleiben muſte / um ſeine ausſtehende Schulden einzufodern. Weil aber der Schiffs-Ca - pitain groſſe Muͤhe desfals hatte / entſchloß er ſich ſei - nen groͤſten Schuldner / einen Fiador auf dem Schiff zu arreſtiren / welcher ſich hefftig dawider ſetzete / und in Meynung zu entkommen / mit denen Portugieſen Handgemein wurde. Ein Schiff-Matroß faßte ihn bey ſeinen Corallen-Band und riß ihn in Stuͤcken daß er ins Waſſer fiele; wodurch der Fiador ſo erhitzet wurde / daß er endlich aus dem Gefechte austrat / und ſich williglich als einen Gefangenen darſtellete. Bald darauf fand er obigen Matroſen ſchlaffend / nahm des - wegen ein Schieß-Gewehr / und verwundete ihm das Haupt ſo ſchwer / daß er augenblicklich verſchied. Gleichwol war er hiemit noch nicht zufrieden / ſondern zerfetzte den entſeelten Leib mit einem Meſſer an unter - ſchiedlichen Orten. Endlich nahm er das Meſſer und warff es von ſich / mit dieſen Worten: Sehet nunmehro habe ich mich vollkommen nach meinen Wunſch gerochen / nun gilt es mir gleich wie man mit mir umgehe; denn ſo bald ich meine Corallen verlohren bin ich des Todes alſobald ſchuldig geweſen / darum ha - be ich anitzo nichts mehrers auch nichts wenigers zu gewaꝛten. Gleichwol aber durfften ihm die Portugieſen nichts thun und ihn mit der den Moͤrdern gehoͤrigen Straffe belegen / ſondern uͤberlieferten ihn daſigem Commendanten / und dieſer weiter ins Koͤnigs Haͤn - de; welcher ihn weil das Schiff allbereit abgeſegelt / inein527des Landes Gvinea. ein hartes Gefaͤngniß legen ließ / ſo lange bis ein ander Portugieſiſch Schiff ankaͤme / in deſſen Beyſeyn und auf welchen er ſeine Straffe ausſtehen ſolte.

Doch habe ich dieſes Jahr denſelben Mohren geſe - hen / da eben bey meiner Abreyſe zwey Portugieſiſche Schiffe angekommen bey dem Koͤnig anzuhalten man moͤchte ihm vor den veruͤbten Mordt anthun was Rechtens waͤre. Wie es aber weiter gegangen / kan ich nicht wiſſen / angeſehen ich kurtze Zeit darauf ver - reyſet / doch glaube ich feſtiglich / daß er mit dem Leben nicht davon gekommen.

Es hat auch einig und allein der Koͤnig die obige Corallen-Baͤnder in ſeiner Verwahrung / und bey Lebens-Straffe offtmahls verbieten laſſen keinen der - gleichen nachzumachen / oder ander als des Koͤniges zu tragen. Sie ſind von Stein gemacht bleich-roht / uͤberaus glatt und glaͤntzend / einem rothen Marmor der mit Flecken gezieret nicht ungleich.

Aus obbeſagtem allen koͤnt ihr nun fuͤglich ſchlieſ - ſen / daß die dritte Ordnung hieſiges Koͤnigreichs aus Fiadors beſtehe / ſintemahlen kein Menſch dergleichen Corall zu tragen befugt iſt der nicht ein oder andre Bedienung hat / dieſem aber wie geſaget / vom Koͤnige ſelbſt die Corallen zuſtellet werden.

Auſſerhalb denen Fiadors koͤnnen auch nicht un - billig noch dreyerley Art Menſchen in eben dieſe Ord - nung oder Claſſe gebracht werden. Die erſten ſeynd Mercadors oder Kauffleute; die zweyten die Salla - dors oder Vorbitter; und drittens die Veilles oder Alten / welche mit dieſem Ehren-Titul beleget werden.

Ob nun noch mehr dergleichen Ehren-Aͤmter in dieſem Koͤnigreich anzutreffen / kan ich nicht wiſſen /folg -528Beſchreibungfolglich gehe ich weiter und komme auf die gemeinen Leute. Unter dieſen nun ſind die Arbeitſamen ſparſam geſaͤet / fals ſie nicht die hoͤchſte Armuth darzu zwinget. Darum laſſen ſie ihre Weiber und Sclaven tapffer arbeiten / entweder ackern / Wolle ſpinnen / oder Klei - der machen / ſie ſelbſt aber bekuͤmmern ſich bloß um die Handlung. Daher kommt es daß ſie ſchier von kei - nem andern Handwerck wiſſen als Schmieden / Zim - merleute und Lederbereitern / worinnen ihre gantze Kunſt beſtehet / denn Stoffen wiſſen ſie nur zu nen - nennen / und iſt durchgehends ihre Arbeit ſo grob und unfoͤrmlich / daß in Europa ein Jung der kaum ei - nen Monat bey ſeinem Meiſter geweſen / ſie ſehr be - ſchaͤmen ſolte.

Sonſten koͤnnen ſich dieſe Leute einander trefflich wohl aufnehmen fals ſie bemittelt. Angeſehen dieſe nichts als Kuͤhe - Hammel - und Huͤhnerfleiſch ge - nieſſen / an ſtatt Brodts aber der Jammes ſich bedie - nen / welche ſie aufkochen gantz klein zerſtoſſen und Ku - chen daraus machen / darauf ſie ſich unter einander offt zu Gaſte laden / und das uͤbrige ihren beduͤrffti - gen Naͤchſten zuwerffen.

Geringe Leute hingegen muͤſſen mit Fiſchen vorlieb nehmen / welche ſie im Rauch trucknen wenn ſie zuvor eingeſaltzen worden / und nicht ungleich dieſen was wir in Holland Raf en Reekel nennen. Jhr Brodt be - ſtehet ebenfals aus Jammes, Bananes und Boh - nen; ihr Getraͤnck iſt Waſſer und auch Palmenwein / niederteutſch Wein Pardon, da nicht viel rares dran iſt. Die Reichen trincken ebenfals auch Waſſer oder Brantwein / wenn dieſer zu haben.

So wird auch vom Koͤnige und denen Hommesgran -529des Landes Gvinea. grandes, imgleichen denen Gouverneurs eine ge - wiſſe Anzahl armer Leute unterhalten in ihren Reſi - dentien, deren einige fals ſie geſchickt ſind ihre Koſt zu gewinnen / zur Arbeit angeſtrenget / im Gegen - theil aber bis an ihr Ende verpfleget werden / damit jene den Namen der Barmhertzigen erlangen moͤgen.

Sie moͤgen einander trefflich gerne beſchencken / maſſen ſie auch denen Europaͤern ein mehreres zuwerf - fen als dieſe noͤthig haben / ja es greiffen ſich einige der - maſſen an / daß ſie gar aus allen Kraͤfften kommen / um bey denen Fremden ſich in Anſehen zu bringen

Jhre Kleidung iſt auch viel beſſer und geſchickter als derer Gvineſer. Die Reichen tragen unten auf dem Leibe ein weiß Linnen von feiner Wolle ohnge - fehr 3. Ehlen lang und anderthalb breit / welches ſie an ſtatt der Schlaffhoſen brauchen. Uber dieſem tra - gen ſie noch ein feiners ebenfals von weiß Wollen-Lin - nen / bisweilen 30. Ehlen lang / welches ſie artig rund um den Leib in Falten zu ſchlagen wiſſen. Endlich ha - ben ſie uͤber dieſen zweyten Rock eine ſeydene oder von andern Stoff eine Scherpe / zwey oder drey Ehlen lang und einer halben breit / an deren Ende eine Spitze oder Frange hanget / denen Gvineiſchen nicht un - gleich. Der Oberleib iſt meiſtentheils nackend. Und dieſes iſt ihre Kleidung wenn ſie ausgehen. Da - heim aber haben ſie nichts als einen groſſen Paan an ſtatt der Schlaffhoſen / daruͤber hangen ſie einen groſ - ſen gemahlten und von Linnen gewebten Rock / nicht anders wie einen Mantel.

Gemeine Leute ſeynd auch faſt eben ſo gekleidet / bloß daß ihr Linnenzeug bey weiten nicht ſo fein / ſon -L ldern530Beſchreibungdern ein jeder nach ſeinem Vermoͤgen darinnen ſich auffuͤhret.

Die Frauen derer Vornehmen / tragen groſſe Pa - ans von Wolle unterſchiedlicher Farbe / und ſehr artig zuſammen gewebet. Sie ſind aber nicht ſehr lang / ſondern eben ſo zugebunden wie der Frauens zu Fida, doch mit dieſem Unterſcheid / daß die letztern den Paan vorne offen tragen / die andre aber an der Seite oder hinten. Den Oberleib bedecken ſie gemeiniglich mit ſehr ſchoͤnem Gezeug / nicht anders als mit einer Scherpe ohngefehr drey Ehlen lang / wie die Frauens zu Gvinea. Um den Hals tragen ſie auf einen Fa - den unterſchiedliche Corallen. Gemeine Frauens - leute haben von Kupffer oder auch polirten Eyſen gemachte Armbaͤnder / einige tragen ſie auch um die Fuͤſſe / und ſtecken ihre Finger voller meßingen Ringe. Nicht weniger Unterſcheid findet ſich zwiſchen der Klei - dung armer und reicher Frauensleute / als wir unter den Mannsleuten angemercket haben / daß nemlich in dem Gezeug oder Linnen welches dieſe letztere tra - gen / eines feiner das andre grober iſt.

Jhre Kinder gehen ſchier gantz nackend bis ins 12. und 14. Jahr / haben auch nichts an den Leib als eini - ge Schnuͤre von Corallen / die ſie an ſtatt derer Guͤrtel gebrauchen.

Die Mannsleute kraͤuſeln oder machen ihre Haare niemahls auf / ſondern laſſen ſie wie die Natur ſie ge - geben / ohne daß ſie zuweilen 2. oder drey groſſe Lo - cken drein ſchlagen / an welche ſie einen groſſen Co - rallen anhangen. Dagegen aber ſind die Frauens - leute ſo viel ſorgfaͤltiger / und machen unterſchiedliche kleine und groſſe Locken darein / welche ſie mit vielerGe -531des Landes Gvinea. Gedult oben auf dem Haupt in richtige Ordnung ein - theilen. Einige haben ihrer mehr als zwantzig / nach dem ſie viel oder wenig Haare haben / andre ſchmieren ſie mit Nußbaum-Oͤhl ein / welches die ſchwartze Far - be allgemach benimmt / und eine etwas roͤthliche verur - ſachet; weil dieſe ſehr hoch bey ihnen æſtimiret wird / ohngeachtet ich und meines gleichen wenig huͤbſches darinn finden kan.

Die Maͤnner moͤgen ſo viel Weiber nehmen als ſie nehren koͤnnen / doch geſchiehet ſolches ſo von Groſſen als Geringen ohne einige Weitlaͤufftigkeit / bloß daß jene der Braut Anverwandten mit einem beſſern Au - ge aufnehmen als dieſe.

Sehet wie ſie es mit ihrem Heyrathen ferner hal - ten. Hat irgends ein junger Menſch ſich in ein jung Maͤdgen verliebet / ſo entdecket er ſolches an einem ih - rer vornehmſten Anverwandten / welcher zu ihren El - tern hingehet und um die Tochter Anſuchung thut / und faſt niemahls vergeblich / fals ſie nicht an jemand anders verſprochen. Darauf nach beyderſeitigem erhaltenen Jawort / die Ehe geſchloſſen / und alſofort vom Braͤutigam unterſchiedliche ſchoͤne Kleider / Hals - und Armbaͤnder an ſeine Braut geſchencket werden / womit die Hochzeit ein Ende hat / wenn zu - vor beyder[e]its Anverwandten vergnuͤget und wohl aufgenommen ſeynd. Doch iſt laͤcherlich / daß man kei - ne Mahlzeit anrichtet / weder im Hauſe der Verlob - ten noch ſonſten wo / ſondern gewiſſe Speiſe zurichtet / und ſelbige denen Anverwandten ins beſondere nach Hauſe zuſchicken laͤſſet.

Die Maͤnner ſind ungemein eyferſuͤchtig und arg - woͤhnlich uͤber ihre Weiber / doch nicht ſo ſehr aufL l 2uns532Beſchreibunguns als die andre Mohren / ſintemahlen ſie gerne ge - ſtgtten daß wir mit ihnen lachen / ſchertzen und kurtz - weilen / wenn wir in gehoͤrigen Schrancken der Ehr - bahrkeit bleiben. Ja ſie haben ſolch Vertrauen zu uns / daß wenn wir ſie beſuchen / und ihre Geſchaͤffte nicht zulaſſen wollen bey uns zu verbleiben / ſie uns gantz allein bey ihnen laſſen / anbey auch befehlen ſie moͤchten uns Zeit ihrer Abweſenheit mit allerhand Luſtbarkeit die lange Weile vertreiben. Hingegen wuͤrden ſie niemahls einem Mohren erlauben ſich auch nur bey ihre Weiber zu naͤhern / woruͤber ſie ungemein ſorgfaͤltig halten.

Die vornehmen Frauens ſeynd von denen gerin - gern bloß darinn unterſchieden / daß dieſe ihrer taͤgli - chen Arbeit ungeſche[u]et nachgehen / jene aber in einem ſteten Gefaͤngniß zu Hauſel ſitzen / um keine Gelegen - heit zu einiger Untreue zu haben.

Geſchiehet es daß jemand beſuchet wird von einem Mohren wenn er eben bey ſeiner Frauen ſitzet / ent - ſchleichet dieſe alſobald in ein andres Zimmer / um nicht geſehen zu ſeyn. Kommt aber von den Unſrigen einer / bleiben jene ſtill ſitzen / weil ſie wiſſen daß es ih - ren Maͤnnern nicht zuwider iſt / und ſuchen auf aller - hand Art und Weiſe ſelbige zu erluſtigen / je mehr ſie uͤberfuͤhret daß alle ihr Gluͤck von jener ihrem abhaͤn - gig / und daß jene vollenkommene Meiſter uͤber ſie ſeynd.

Der Ehebruch wird auf dreyerley Art geſtraffet: erſtlich unter gemeinen Leuten ſuchet derjenige welcher von ſeiner Frauen einige Untreue argwohnet / ihren Galanen zu entdecken und auf der That ſelbſt zu er - tappen. Denn ohne dergleichen Beweiß kan er nichtsan -533des Landes Gvinea. anfangen / hingegen aber alle ſeine Sclaven / Bou - ſies, Elephanten Zaͤhne nebſt uͤbrigen Kauff-Waa - ren an ſich ziehen / und vollkommen Meiſter daruͤber machen / wenn er ihn bey ſeiner Frauen erhaſchen kan. Was die Frau betrifft / laͤſſet er ihr tapfere Streiche geben / und jaget ſie auſſer dem Hauſe / um ihr Heyl anderwerts zu ſuchen. Welche weil ſie nicht leichtlich einen andern Mann bekommt / inſonderheit in dem Lande wo ihr Verbrechen bekandt iſt / ſich in ein entle - genes fremdes Land fortmachet / da ſie ſich vor eine Wittwe ausgiebet / um ſolcher Geſtalt wieder zu hey - rathen / oder ſonſt ihren Unterhalt zu gewinnen.

Das gilt aber unter gemeinen Leuten / denn bey den Reichen iſt zwar auch eben dergleichen Recht ge - braͤuchlich / doch laſſen die Anverwandten der Frauen es niemahls ſo weit kommen daß ſie verſtoſſen werde / ſondern erbieten ſich zu einer anſehnlichen Summa, um den Mann wieder zu beſaͤnfftigen und Behaltung ſeiner Frauen anzuſtrengen. Welches denn dieſer ſelten ausſchlaͤget / ſondern dieſelbige wieder annimmt und ehrlich machet / auch mit mehreren Liebes-Zeichen ihr ferner beywohnet als vor dieſem. Diejenigen aber welche in der Regierung ſitzen / verfahren noch ſchaͤrf - fer mit ihren untreuen Ehegatten. Denn ſo bald ſie jemanden auf der That finden / muß es ſowol der Ehe - brecher als Ehebrecherin mit dem Tode entgelten / und nachgehends auf einen Miſt-Hauffen den wilden Thieren vorgeworffen werden. Daher kommt es daß wegen ſo harten Verfahrens ſo wenig Ehebruch vorgehet / ohngeachtet hieſige Einwohner gleich denen andern Mohren zur Unzucht ſehr geneigt ſeynd / wie es zur Gnuͤge erhellet aus ihren garſtigen unzuͤchti -L l 3gen534Beſchreibunggen Reden die ſie in ihren Zuſammenkuͤnfften wie - wol verbluͤmter Weiſe hervorzubringen wiſſen / und in ſolchem Abſehen vor verſtaͤndige Leute gehalten werden.

Geſchiehet es daß eine Frau ſchwanger iſt / muß ſie niemanden die Hand geben bevor ſie in Kindbette ge - legen / und ſo bald ſolches geſchehen fals ſie einen jun - gen Sohn zur Welt gebracht / dem Koͤnige ſelbigen darbieten laſſen / als welchem er eigenthuͤmlich zuge - hoͤret / daher auch alle Menſchen Koͤnigliche Sclaven heiſſen; fals aber das Gegentheil und eine junge Toch - ter ſich findet / behaͤlt ſie der Vater / und kan mit ihr machen / und ſie bey gehoͤrigen Alter verheyrathen wo und wem er will.

Wenn nun das Kind ein 8. oder 15. Tage alt wor - den / beſchneidet man ſelbiges / es ſey Knaͤblein oder Maͤgdlein; denen erſten ſchneidet man ein wenig von der Vorhaut abe / denen letzteren aber von dem / was bey den Anatomiſten oder Zergliederungs-Kunſt Verſtaͤndigen die Venus-Burg genennet wird. Uberdem ſchneidet man auch unterſchiedliche mahl den Knaͤblein uͤber den Leib / wiewol denen Maͤgdlein noch mehr als jenen / doch ſo daß hiebey ein jeder ſeinen frey - en Willen hat; denn ob es zwar leicht zu gedencken / daß dergleichen Zerfleiſchungen dieſen unſchuldigen Geſchoͤpfen groſſe Schmertzen verurſachen / findet ſich dennoch keiner der es darum nachlieſſe / weil es vor eine groſſe Zierde gehalten wird.

So bald nun das Kind 7. Tage alt iſt / ſtellen deſſen Eltern ein groſſes Mahl an / um ihren Anverwandten die groſſe Freude zu bezeugen / weil ſie davor halten daß alsdenn das groſſe Ungluͤck ſchon uͤberſtanden / laſſenauch /535des Landes Gvinea. auch / damit der boͤſe Feind ihm keinen Schaden zufuͤ - gen koͤnne / hin und wieder auf die Erde gekochtes Fleiſch legen / um denſelbigen nicht zu erzuͤrnen.

Waͤre aber eine Frau zweyer Zwillinge geneſen / wird ſolches vor ein gluͤckliches Zeichen angenommen / auch alſobald dem Koͤnige zuwiſſen gethan / der ſich darauf mit allerhand muſicaliſchen Jnſtrumenten luſtig erzeiget. Weil aber der Man beſorget es moͤch - te ſeine Frau die Zwillinge nicht ſaͤugen koͤnnen / ſo be - muͤhet er ſich um eine Saͤugamme / welche ihm bey ab - gelegtem eignen Kinde / das ſeinige naͤhren koͤnne.

Dagegen findet ſich das Widerſpiel in dem eintzi - gen Dorff Arebo des gantzen Koͤnigreichs Benin, allwo man grauſamlich umgehet mit einer ſolchen Frauen; ſintemahlen ſowol Mutter als Kind alſofort ums Leben gebracht / nachgehends dem Teufel aufgeopf - fert wird / welcher nach ihrer Meynung in dem nechſt gelegenen Gehoͤltz ſich aufhaͤlt; doch kan der Mann im Fall er bemittelt iſt ſeine Frau retten / und an deren Stelle eine Sclavin opfern / vor die Kinder aber iſt kei - ne Erloͤſung uͤbrig.

Jm Jahr 1699. kam eine Frau eines Mercadors Ellaroë oder gemeiniglich Mof genannt / von zweyen Kindern ins Kindbette. An ſtatt dieſer nun opferte der Mann eine Sclavin; und habe ich nach der Zeit dieſe Frau unterſchiedliche mahl geſehen und geſpro - chen / da ſie bey Erblickung einiger Kinder und Erin - nerung des armſeligen Zuſtandes derer ihrigen ſie in haͤuffige Thraͤnen ſich auslieſſe. Folgendes Jahr darauf truge ſich eben dergleichen zu mit eines Geiſt - lichen Frauen; zwar rettete er dieſe / aber ſeine zwey Kinder nebſt einer Sclavin opferte er mit eigenerL l 4Hand.536BeſchreibungHand. Nach Verlauf eines Jahrs und etwas dar - uͤber / bekomt dieſe Frau wieder Zwillinge. Nun weiß ich nicht wie ſich der Geiſtliche hiebey verhalten / wie - wol ich fuͤrchte es werde ihr dieſe Fruchtbarkeit das Le - bengekoſtet haben.

Jnzwiſchen ſeynd die Maͤnner bey herannahenden Gebaͤhrungs-Zeit ihrer Weiber / vermittelſt ſo trauri - ger Zufaͤlle dermaſſen beſorget / daß ſie ſelbige in andre Laͤnder verſchicken / wodurch ich glaube daß ſie endlich ſolche Unmenſchligkeit nachlaſſen werden.

Das Gehoͤltz davon oben Erinnerung geſchehen / davon ſie glauben daß der Teufel ſich darinnen aufhal - te / wird bey ihnen ſo heilig gehalten / daß ſie auch kei - nem fremden Mohren / vielweniger ihren eigenen Frauen den Eingang geſtatten. Wenn auch jemand auf einen Fußſteig geriethe der nach dieſem Gehoͤltz fuͤh - rete / muß er ſelbigen gantz zu Ende gehen / ohne ſich zu unterſtehen ſelbigen Weg zuruͤck zu gehen. Und bil - den ſich feſtiglich ein / daß wenn man dieſes Geſetz uͤber - ſchritte / und die Zwilling nebſt einer Sclavin an ſtatt der Mutter nicht aufopferte / ohnfehlbar ein groß Un - gluͤck uͤber das gantze Land kommen wuͤrde. Nichts deſtoweniger bin ich unterſchiedliche mahl in dieſem Gehoͤltz auf der Jagt geweſen / und auf halben Weg ſeynde mit Fleiß wieder umgekehret / um dieſen Leuten ihre irrige Meynung aus dem Sinn zu reden; maſ - ſen auch hiedurch unterſchiedliche in Zweiffel geriethen / weil ſie ſahen daß mir desfals nichts boͤſes begegnete. Wiewol die Geiſtlichen bald eine andre Ausflucht wu - ſten / und ſagten ich waͤre ein Europaͤer / folglich von ih - ren Goͤtzen oder beſſer zu ſagen Teufel nicht angeſehen /man537des Landes Gvinea. man wuͤrde gar bald was anders ſehen / im Fall ſich ein Mohr dergleichen unterſtanden haͤtte.

Die Weiber ſind trefflich fruchtbar / und haben ſehr viele Kinder / deren durchgehends eine groſſe Anzahl hie anzutreffen / maſſen jene wenn ſie noch zum Kin - der gebaͤhren tuͤchtig von ihren Maͤnnern ſehr geliebet / hingegen widrigen Fals ſehr verachtet werden.

Auch werden die Weibesleute Zeit ihrer monatli - chen Reinigung ſo unrein gehalten / daß ſie nicht ein - mahl in ihr eigen Haus bey ihre Maͤnner kommen doͤrffen / auch ſo gar nichtes angreiffen / entweder in Zubereitung derer Speiſen oder Såuberung des Hauſes. Ja ſie muͤſſen nicht einmahl in ein oder an - der Haus herein ſehen / viel weniger gehen / ſondern allein in einer kleinen Huͤtte ſo lange bleiben bis es uͤber iſt / alsdenn ſich waſchen und wieder zu ihren Maͤn - nern kommen / um der gewoͤhnlichen Arbeit aufs neue abzuwarten.

Fraget man ſie woher ſie wiſſen daß man die Kinder beſchneiden muͤſſe / oder daß man die Frauensleute vor ſo unrein halte / bekommt man gemeiniglich zur Ant - wort / es ſey eine gemeine von ihren Vor-Eltern auf ſie hergebrachte Gewonheit / welche der Mohren allge - meine Antwort iſt in allen Religions-Fragen.

Doch haben dieſe wie es ſcheinet nicht ſo viel Furcht vor dem Tode als ſonſt uͤbrige Mohren / angeſehen ſie gerne davon ſprechen hoͤren / ja ſelbſt ſich daruͤber erge - tzen / wenn ſie ihren Goͤttern die Urſach ihres kurtzen oder langen Lebens zuſchreiben moͤgen. Jnzwiſchen aber laſſen ſie es an erſinnlichen Mitteln nicht fehlen / um ihr Leben zu verlaͤngern; denn ſo bald jemand in Kranckheit verfaͤllet / nimmt er ſeine Zuflucht zu demL l 5Geiſt -538BeſchreibungGeiſtlichen / welcher zugleich der Artzt iſt / eben wie in Gvinea, und alſofort zu ſeinen Artzney-Mitteln aus gruͤnen Kraͤutern greiffet; dafern aber nichts anſchla - gen will / ſchreiten ſie zum opfern. Geſchiehet es aber daß der Krancke geneſen / muß der Geiſtliche alles al - lein gethan haben / im Gegentheil aber wenn alle Muͤ - he vergebens angewand worden / und mit dem Kran - cken ſich nicht beſſern will / giebet man dem Geiſtlichen ſeinen Abſchied und laͤſſet einen andern kommen von dem man beſſere Hoffnung hat.

Dannenhero ſind ſowol Geiſtliche als Aͤrtzte die ihre Sachen verſtehen / bey denen Krancken in groſſen An - ſehen; ſo bald aber die Geneſung erfolget / weder Me - dici noch Geiſtliche etwas geachtet / ſo daß dieſe letzte - re / wenn ſie ſonſt keine Mittel haben / lauter Bettler ſeynd / um ſo vielmehr / weil einjeder ſeine Opfer ſelbſt opfert und denen Goͤtzen dienet / ohne eines Geiſtlichen dabey noͤthig zu haben.

Da nun aber jemand ableibig wird / waͤſchet man den Leichnam ſein ſauber abe / und wenn es ein Eingebohrner aus der Stadt Benin, doch aber in der ferne ſtirbet / laͤſſet man denſelben auf einer eyſernen Platte trucknen / nachgehends in einer Todten-Kiſte welche wohl mit Leim vermacht iſt / mit erſter Gelegen - heit nach Benin bringen / um daſelbſt zur Erden beſtaͤti - get zu werden. Allein es gehet bisweilen ein gantzes Jahr zu Ende ehe ſich dergleichen Gelegenheit findet / folglich bleiben ſolche Coͤrper lange Zeit uͤber der Erde ſtehen / wie ich denn unterſchiedliche Exempel davon ge - ſehen im Dorff Arebo.

Die naͤchſte Anverwandten des Verſtorbenen als Frauen und Sclaven / tragen Leyd um ihn / indemeini -539des Landes Gvinea. einige das Haar / andre den Bart / ja den halben Kopf ſcheeren laſſen / und alſo 15. Tage zubringen. Jhr Geheul und Weinen richten ſie nach dem Thon derer Jnſtrumenten ein / und ruhen unterſchiedliche mahle / um ſo viel beſſer trincken zu koͤnnen. So bald demnach der Coͤrper verſcharret / gehet einjeder nach Haus / oh - ne daß die naͤchſten Anverwandten / welche ihn betrau - ren muͤſſen / noch einige Monat mit dem weinen an - halten.

Mit der Erbſchafft halten ſie es folgender Geſtalt: So bald jemand Vornehmes ſtirbt nimmt der aͤlteſte Sohn die gantze Verlaſſenſchafft in Beſitz / doch ſol - cher Geſtalt / daß er einen Sclaven an den Koͤnig und an jeden von den dreyen Hommes grandes abſtehen muß / mit dem Erſuchen man moͤchte ihm erlauben ſei - nes Vatern Guͤter zu erben. Worauf der Koͤnig al - ſobald in ſein Begehren williget / und ihn vor den recht - maͤßigen Erben erkennet: An ſeine Bruͤder darff er nichts herausgeben / fals es nicht ſein guter Wille / und ſeine Mutter ſofern ſie noch im Leben / unterhaͤlt er nach Standes-Gebuͤhr / giebet ihr auch alles was ſie bey Lebzeiten des Vatern genoſſen. Vor ſich nimmt er die uͤberbliebenen Frauen ſeines Vatern / im Fall ſie ihm behagen und keine Kinder haben / denn ſonſten nimmt er ſie zwar auch zu ſich nebſt ihren Kindern / aber bloß zur Arbeit / und nicht zum Beyſchlaff.

Dafern aber der Verſtorbene keine Kinder nachlaͤſ - ſet / erbet der Bruder / und da auch dieſer nicht zugegen / die naͤchſten Verwandten die gantze Verlaſſenſchafft: ſolten auch dieſer keine zufinden ſeyn / faͤllet das Gut an den Koͤnig.

Die Regierung anbelangend / habe ich oben allbe -reit540Beſchreibungreit erwehnet daß ſie bey dem Koͤnig und dreyen Hom - mes grandes beſtehe / wiewol ich glaube der Koͤnig fuͤhre den bloſſen Titul / die andren hingegen die Macht und Gewalt. Ein jedes Land hat ſeinen beſon - deren Herrn / welche alle unter dieſen dreyen ſtehen / und ohne deren Vorbewuſt ſich nichts unternehmen doͤrff[e]n.

Nun mercket auch wie man die Miſſethaͤter inſon - derheit Diebe ſtraffe / deren es doch wenig giebet; ange - ſehen die hieſige Mohren bey weitem nicht ſo ſtehlen als anderswo: jedoch trifft es ſich dann und wann daß ein Dieb ertappet wird / da er nicht nur alles wieder - geben muß / ſonden auch eine gewiſſe Geld-Buſſe be - zahlen; dafern es aber ein armſeliger Teufel iſt / laͤſ - ſet man es bey dem Wiedergeben bewenden / wenn man an ſtatt der Geld-Straffe ihn tapfer mit Schlaͤ - gen zugedecket. Wenn ein Regierungs-Herr beſtoh - len worden / muß der Dieb haͤngen. Wiewol dieſes wie geſaget ſo ſelten geſchiehet / daß ich mich keines Exempels beſinnen koͤnte.

Wie nun wenig Diebſtaͤhle in hieſigem Lande vor - gehen / ſo und noch vielweniger Mordthaten hoͤret man. Wenn irgend einer den andern es ſey mit was Gewehr es wolle / umbringet / muß er ohnfehlbar ſter - ben / es waͤre denn daß er des Koͤnigs oder ſonſt vor - nehmen Herrn Sohn waͤre: denn ſo wird er nur Lan - des verwieſen und bis auf die Graͤntze begleitet. Weil man aber von dergleichen verwieſenen Leuten niemals einen wieder zu ſehen bekommen / glauben die Moh - ren daß ſelbige unter Weges nach der Graͤntze nieder - gemachet werden. Schlaͤget auch einer den andern mit der Fauſt oder ſonſten ohne Blut vergieſſen todt /ſo541des Landes Gvinea. ſo daß es ſcheinet kein hefftiger Todt zu ſeyn / kan derje - nige damit ſein Leben retten / wenn er den Todten ehr - lich begraben / und an ſeine Stelle einen Sclaven ſter - ben laͤſſet / ſo daß er dieſem wenn er als ein Opfer ge - wuͤrget wird die Stirne kniend beruͤhren / und nachge - hends den dreyen Hommes grandes ein gut Stuͤck Geldes darbieten / alsdenn er in vollkommene Freyheit geſtellet / und die naͤchſten Anverwandten zufrieden ſeyn muͤſſen.

Vom Ehebruch und deſſen Straff habe ich oben Er - innerung gethan. Die uͤbrige Miſſethaten ſie moͤgen Nahmen haben wie ſie wollen / werden mit Geld - Straffen gebuͤſſet / welche nach der Groͤſſe oder We - nigkeit des Verbrechens gemaͤßiget ſeynd. Der aber kein Geld zu bezahlen hat / muß ſich die Haut tapfer voll ſchlagen laſſen.

Wenn auch jemand einer That beſchuldiget / und nicht gnugſam uͤberfuͤhret werden kan / muß ſich der Beſchuldigte vermittelſt eines Eydes purgiren / wel - ches auf 5. unterſchiedliche Arten geſchiehet. Die 4. erſten werden in buͤrgerlichen und geringen Sachen in acht genommen / der fuͤnfſte und letzte aber iſt allein in Hals-Sachen gebraͤuchlich / als Verraͤtherey / Zu - ſammen-Verbindung auf des Koͤniges Leben / und dergleichen grobliche Verbrechen. Zu dem letzteren werden lauter vornehme Leute hinzugelaſſen / und gleichwol auch dieſe nicht ohne beſondere Erlaubniß des Koͤniges.

Die erſte Art iſt / daß man den Beſchuldigten zu den Geiſtlichen hinfuͤhret / und ſelbigem mit einer Fe - der vom Huhne die wohlgeſchmieret iſt / die Zunge durchſtechen laͤſſet. Dafern nun die Feder gar leichtdurch -542Beſchreibungdurchgehẽt / iſts ein Zeichen der Unſchuld / und heilet das gemachte Loch von ſich ſelbſt ohne Schmertzen zu; im Gegentheil aber wenn man mit der Feder nicht durchkommen kan / muß er ohn alles Einreden ſchul - dig und zu gebuͤhrender Straffe verdammet ſeyn.

Die zweyte Art iſt / daß der Geiſtliche 7. oder 9. Federn eines Huhnes in die Erde ſtecket / und nachge - hends der Beſchuldigte eine nach der andern heraus - ziehen muß; gehen dieſelbige leichtlich heraus / ſo iſt er unſchuldig / im Gegentheil aber ſchuldig fals ſie nicht leichtlich folgen.

Die dritte Art iſt / daß man dem Beſchuldigten un - terſchiedliche Saͤffte von gewiſſen Kraͤutern vor die Augen haͤlt: ſo er dieſelbige ohn einiges Ungemach ver - tragen kan / haͤlt man ihn vor unſchuldig / hingegen der auferlegten Geld Straffe wuͤrdig / fals ihm die Augen roth oder entzuͤndet werden.

Die vierdte Art iſt / daß der Geiſtliche einen meßin - gen gantz gluͤenden Armband nehme / und damit drey - mahl des Beſchuldigten Zunge beruͤhre / daraus man nachgehends von ſeiner Schuld oder Unſchuld ſchlieſſet / nachdem ſie ſehr oder wenig verletzet.

Jch habe alle dieſe 4. Proben Zeit meines Daſeyns belebet / aber niemahls geſehen daß einer unſchuldig zu ſeyn erkandt worden / welches in Wahrheit nicht zu bewundern. Denn wie ſolte man die Zunge eines Menſchen mit gluͤenden Eyſen beruͤhren koͤnnen oh - ne dieſelbezu verletzen.

Die fuͤnffte aber und letzte Art habe ich niemahls mit angeſehen / weil es kaum in 20. Jahren geſchiehet / folglich weiß ich nichts als vom hoͤren ſagen / und daß es folgender Geſtalt geſchehe: So bald jemand einesVer -543des Landes Gvinea. Verbrechens beſchuldiget wird / und ſich ſelbiger ver - mittelſt eines Eydes vertheidigen will / haͤlt man bey dem Koͤnige um Erlaubniß an / und fuͤhret nach deſſen Erhaltung den Beſchuldigten bey einen gewiſſen Fluß / der wie man davorhaͤlt / dieſe Krafft haben ſoll / daß er alle diejenigen ſo unſchuldig ſeynd / gar gelinde an das Land fuͤhre / wenn ſie auch gar nichtes ſchwimmen koͤnnen / im Gegentheil aber auf den Grund reiſſe wel - che ſchuldig / ohngeachtet ſie Meiſter im ſchwimmen waͤren; ſo gar / daß wenn ſie hiedurch zu entkommen gedaͤchten / ihren Todt ſo viel ſchmertzhaffter machten. Wenn nun das Waſſer gantz ſtille / ſo wirfft man ſie herein / alsdann es alſobald truͤbe und unruhig gleich - ſam in den Abgrund ſich ſtuͤrtzet / ſo lange bis der Her - eingeworffene zu Grunde / darauf es wieder gantz ru - hig wird / als ob es noch mehrere begehrete.

Was meynet ihr / mein Herr / woltet ihr auch wol ſolchen Verſuch eingehen? mich belangend / wuͤrde ich mich gar nicht dazu verſtehen / aus Furcht / ich moͤch - te / ohngeachtet aller meiner Unſchuld / zu Grunde ge - hen / dafern ich nicht ſchwimmen koͤnnte. Und ſol - cher Meynung / glaube ich / werden ihrer mehr ſeyn.

Die Geld-Straffen nun / ſo von ſolchem Miſſethaͤ - ter im Gericht erleget ſind / werden dergeſtalt verthei - let / daß erſtlich der Beleidigte zu Frieden geſtellet / nachgehends der Gouverneur, als gegenwaͤrtig / ſei - nen gehoͤrigen Theil bekomme / und mit dem uͤbrigen die drey Hommes grandes erfreuet werden / denn der Koͤnig / welcher hierum gar nichts weiß / keinen Hel - ler davon genieſſet. Jm Fall aber dieſe drey Herren mit dem uͤbrigen Gelde nicht zu Frieden ſeyn / ſchicken ſie ſelbiges wieder zuruͤck / und laſſen dem Gouver -neur544Beſchreibungneur entbiethen im Nahmen des Koͤniges / es ſey die Geld-Straffe zu gering / folglich haͤtten ſie nicht er - kandt was Rechtens waͤre; ſagen auch gar dabey / wie viel noch zu ihrer vollkommenen Befriedigung fehle; Zwar wiſſen diejenige / an welchen dieſer Befehl erge - het / gar zu wohl / daß ſich der Koͤnig hierum nicht be - kuͤmmere / ſondern einig und allein von dieſen 3. groſ - ſen Herren komme / dennoch aber ſind ſie verpflichtet / zu gehorſahmen / und ihrem Begehren in allen Stuͤ - cken Genuͤgen zu thun / in Anſehung daß / bey deſſen Ermangelung / dieſe ſo maͤchtige Herren ihnen einen zimlichen Poſſen anderswo reiſſen koͤnten.

Ehe ich von ihrer Religion etwas erwehne / muß ich mit wenigen ihre Muſicaliſche Jnſtrumenten beruͤh - ren. Dieſe beſtehen inſõnderheit in groß und kleinen Trommeln / ſchier eben ſo gemacht / wie bey den uͤbri - gen Mohren in Gvinea gebraͤuchlich / oben mit einer Haut oder Leder uͤberzogen / und werden auch eben ſo geſchlagen wie ſonſten. Auſſer dieſen haben ſie kleine eiſerne Kloͤcklein / auf welchen ſie ſpielen / und calabaſ - ſen mit Bouſus umgeben / ſo ſie an ſtat der Caſtagnet - ten gebrauchen / allein durchgehends ein unangenehm Gethoͤn machen. Auch haben ſie ein gewiſſes Jn - ſtrument / einer Harffe nicht ungleich / mit 7. oder 9. Saͤiten / von Schilff-Rohr gemacht / darauf wiſſen ſie artig zu ſpielen / und dabey zu ſingen / auch ſo ge - ſchickt nach dem Tact zu tantzen / als ich noch in Gvi - nea nicht geſehen / ſo daß man mit Vergnuͤgen zuhoͤ - ret und zuſiehet; Dahero ſie auch den Ruhm haben / daß ſie die beſte Taͤntzer und Taͤntzerinnen / welche im gantzen Lande anzutreffen. Zu Axim tantzen ſie auch zwar auf eben dieſe Weiſe / wenn ſie jaͤhrlich einge -545des Landes Gvinea. gewiſſes Feſt begehen / allein es fehlet ſehr viel daß es nicht ſo ſchoͤn laͤſſet als zu Benin.

Zum ſpielen haben ſie von Natur keine Luſt / und bemuͤhet ſich kein Menſch von ſeinem Naͤchſten etwas Geld zu gewinnen / ſondern wenn ſie bisweilen mit klei - nen Bohnen ſpielen / gehet es doch um kein Geld / nur blos die Zeit zu vertreiben.

Jhre Religion iſt dermaſſen laͤcherlich und ver - worren / daß ich nicht weiß wo ich anfangen ſoll ſelbige zu beſchreiben.

Durchgehends wollen ſie angeſehen ſeyn / daß ſie ſo - wol Gott als den Teufel verehren / und zwar beyder - ſeits unter menſchlicher Geſtalt / ja wol gar unter ge - wiſſen Thieren / als Elephanten-Zaͤhn / unterſchiedli - chen Fuͤſſen / oder gantzen Gerippen von Thieren / tod - ten Koͤpffen und dergleichen. Bisweilen muß auch dasjenige / was die Natur ungewoͤhnliches hervor - bringet an ſtatt eines Gottes dienen / welchem ſie opf - fern / einjeder vor ſich nach eigenem Gefallen ohne die Geiſtlichen dazu zu ruffen.

Zu bedauren iſt es daß ſich dieſe Leute an ſolche laͤp - piſche Dinge halten / da ſie noch ein ziemliches Licht von GOtt und ſeinem Weſen haben / einmuͤthig beken - nende / daß er allmaͤchtig / allgegenwaͤrtig / alles ver - mittelſt Goͤttlicher Vorherſehung regiere und erhalte / allwiſſend und unſichtbar ſey: dahero ſie als etwas unbilliges zu ſchelten wiſſen / wenn man GOtt unter einer gemachten Geſtalt anbeten wolte / weil es gantz unmoͤglich dasjenige gebuͤhrend vorzuſtellen was man niemahls geſehen. Aus der Urſach bilden ſie bloß ihre Goͤtzen in unterſchiedlicher Geſtalt ab / welche ſieM mals546Beſchreibungals Lieutenants des wahrhafftigen GOttes anſe - hen / ohne zu wiſſen wer ſie eigentlich ſeynd / und glau - ben nur daß dieſe die rechte Mittler und Unterhaͤnd - ler zwiſchen GOtt und Menſchen ſeyn: und dieſes ſind ihre Goͤtzen.

Auch haben ſie vom Teufel ſolch Erkaͤnntniß / daß ſie alles Boͤſe Teufel nennen / folglich ihm dienen muͤſ - ſen damit dieſer ihnen nichtes Boͤſe zufuͤge. Jedoch haben ſie keine andre Bildniß darunter ſie ihn vor - ſtellen / als diejenige von ihren Goͤtzen / und beſtehet alſo der unterſcheid in ihrer Abſicht / ſintemahlen ſie vor eben demſelben Bilde bald GOtt / bald dem Teu - fel opfern / folglich einer Sache auf ſehr entſchiedene Art ſich bedienen.

Von Geſpenſten und Erſcheinungen ihrer abge - ſtorbenen Verwandten wiſſen ſie viel zu ſagen / wie - wol es gar ſelten geſchiehet / es ſey denn im Traum wenn ſie ſchlaffen / und von dem Geiſt ermahnet wer - den daß ſie opfern ſollen / damit ſie auch alſofort bey kaum anbrechendem Tage fertig ſeyn / und ſolten ſie auch die Opfer-Gaben leihen / ſich einbildende in groſ - ſes Ungluͤck zu gerathen fals ſie ſolches unterlieſſen. Bisweilen lachen wir desfals mit ihnen / und ſagen es waͤren lauter Traͤume / das ſie gerne ſelbſt geſtehen / mit der Antwort es waͤre eine alte Gewohnheit ihrer Vor-Eltern / die ſie beybehalten muͤſten. Sehet was vor eine treffliche Beſcheinigung ihrer Thorheit.

Die Opfer-Gaben die ſie bringen haben wenig zu bedeuten / und beſtehen in einigen gekochten Jammes, wobey ſie ein wenig Oehl vor ihre Goͤtzen hinſetzen; Bisweilen wenn es hoch kommt iſts ein Huhn davondoch547des Landes Gvinea. doch der Goͤtze nur das Blut bekomt / das Fleiſch aber ſie ſelbſt verzehren.

Was aber vornehme Leute ſeynd / die nehmen ein Opfer-Thier / und laſſen groſſe Unkoſten drauf gehen / ſchlachten unterſchiedliche Kuͤhe / Hammeln und andre Thiere mehr / ſtellen alsdenn ein groſſes Feſt an / und machen ſich einige Tage mit ihren Freunden luſtig / die ſie noch dabey reichlich beſchencken.

Den Ort kuͤnfftiger Gluͤck - oder Ungluͤckſeligkeit / bilden ſie ſich ein an irgends einem Ort in der See. Den Schatten eines Menſchen nennen ſie Paſſadoor oder Geleitsmann / und glauben daß dieſer dermahl - eins zeugen werde / ob man gut oder boͤſe gelebet. Jene kommen in dem Ort aller Gluͤckſeligkeit zu hohen und vornehmen Ehren-Aͤmtern / und fuͤhren ein erwuͤnſch - tes Leben. Dieſe aber muͤſſen an eben dem ſelbigen Ort vor Hunger und Elend ſterben; folglich ſowol Gluͤck - als Ungluͤckſelige an einem Ort nach dem Tode und dieſer ihrer Meynung gelangen.

Jhre Goͤtzen oder die lumpene Sachen dadurch jene vorgeſtellet werden / findet man uͤberall im gantzen Hauſe ausgeſetzet / ohne was noch hinter dem Hauſe in denen kleinen Huͤtten ſtehet / allwo ſie ihre Opfer-Ga - ben darreichen.

Ehe ich weiter gehe muß ich noch ein weniges von ihren Feſt-Tagen hinzuthun. Dieſer haben ſie eine ſo groſſe Anzahl / daß ſie den Papiſten nichts nachge - ben. Jhr vornehmſtes Haupt-Feſt iſt das Coral - len-Feſt / welches ſie im Monat Maji begehen / und dem der Koͤnig ſelbſt perſoͤnlich beywohnet. Jch ha - be das Gluͤck gehabt ſelbiges in dieſem Jahr in derM m 2Stadt548BeſchreibungStadt Benin mit groſſer Pracht anzuſehen; dahero will ich unten bey Beſchreibung der Stadt Benin aus - fuͤhrlicher davon melden.

Jhr Sonntag faͤlt allezeit auf den 5. Tag / und wird ſehr heiliglich gefeyret. Die Vornehmen opffern Kuͤhe / Hammeln / Ziegen; und gemeine Leute ſchlach - ten Hunde / Katzen / Huͤhner und dergleichen Viehe. Beyderſeits laſſen ſie es den Armen wiſſen was ſie ge - ſchlachtet / damit ein jeder dieſen heiligen Tag feyerlich begehen koͤnne.

Auch halten ſie jaͤhrlich das Erinnerungs-Feſt von dem Abſterben ihrer Vaͤter und Muͤtter mit groſſen Unkoſten / damit allezeit derer Nahme in friſchem Ge - daͤchtniß bleibe.

Die Zeit theilen ſie in Jahre / Monat / Wochen und Tage / jedes unter beſondere Nahmen / und rechnen 14. Monat auf ein Jahr.

Dieſes mag alſo genung ſeyn von ihrer Abgoͤtterey / anitzo wollen wir weiter gehen.

Von ihren Kriegen will ich nicht weitlaͤufftig ſeyn / weil ſie gar wenig davon verſtehen / ohngeachtet ſie im - mer zu von Raͤubern und denen welche auſſer des Koͤ - nigs Bottmaͤßigkeit ſtehen / angefochten werden. Jn Wahrheit es ſolte einem uͤbel werden / wenn ſie ge - zwungen zu Feld zu ziehen / und man ihre groſſe Unord - nung ſiehet / ohne General, ohne Officirer, einen je - den nach eigenem Willen ſchalten und walten / ohne ei - nigem Menſchen Gehoͤr oder Folge zu leiſten.

Daruͤber ſindt ſie noch ſo verzagt / daß ſie niemahls ſchlagen wuͤrden fals ſie nicht durch die hoͤchſte Nothdazu549des Landes Gvinea. dazu gezwungen / auch viel lieber davon lauffen als ih - rem Feinde den Kopf zu bieten / es waͤre denn Sache daß ſie nicht davon kommen koͤnten / alsdenn ſie ſich zwar wehren / aber mit ſolcher Zaghafftigkeit und Un - ordnung / daß ſie entweder ihr Gewehr bald niederle - gen / oder ſich gefangen geben.

Jhr Gewehr beſtehet in Saͤbeln oder Coutelas, kleinen Stoß-Degen / Aſſagays, Bogen und vergiff - teten Pfeilen. Jhre Schilder ſind von ſehr duͤnnen / leichten Bambouſen gemacht / und koͤnnen keiner Macht widerſtehen / folglich mehr zum Zierath als zur Gegenwehr tauglich ſeyn.

Nunmehro wird es Zeit ſeyn von hieſelbſt befindli - chen Gethieren auch etwas hinzu zuthun: wie ſie denn an zahmen als Pferden / Kuͤhen / Hammeln / Hun - den / Katzen und Huͤhnern keinen Mangel haben / ſin - temahlen ſelbige trefflich gut und wolfeil zu bekommen ſeynd. Zwar iſts Rindvieh uͤberaus klein / nichts deſtoweniger aber dasjenige was gegeſſen wird von ſehr leckerem Geſchmack / ſo daß die Mohren inſonder - heit das Hund - und Katzenfleiſch (welches ſie ſo gerne genieſſen als ichtes anders) nicht gnug zu ruͤhmen wiſſen.

So fehlet es auch nicht an Wilden / zumahlen das gantze Land voller Elephanten ſtecket / ja gar wie ſie behaupten wollen / voller Loͤwen und Tygerthiere / wie - wol ich dieſes letztere mir ſchwerlich einbilden kan / in - dem ich niemahlen eine Tyger - oder Loͤwenhaut geſe - hen / geſchweige ein gantzes Thier. Es muͤſte denn ſeyn daß die Mohren aus Furcht vor dieſen Thieren ſichM m 3nicht550Beſchreibungnicht getrauten auf die Jagt zu gehen / folglich keine Haut aufweiſen koͤnten.

Auch giebet es eine groſſe Menge wilder Hunde / dafern man ihnen glauben kan / inſonderheit von denen Babovins oder groſſen Affen / welche keinen Men - ſchen ſcheuen anzufallen / und wenn ihrer wenig / groſſen Schaden anthun.

Sonſten hat man allerhand Arten von Affen / und ſo viel Wildwerck / daß ein guter Jaͤger ſich reichlich von der Jagt naͤhren koͤnte. Unter den Vierfuͤßigen ſeynd die Hirſche und wilde Schweine am haͤuffigſten.

Von Voͤgeln ſeynd inſonderheit Faſanen / Reb - huͤhner / gruͤne und blaue Turteltauben / Rohrvoͤgel / Schnepffen / Taucher / Waſſerhuͤhner / und eine ge - wiſſe Art Kronvoͤgel. Weil aber die Mohren ſchlech - te Jaͤger und Schuͤtzen ſind / bekommt man wenig auf die Tafel / ohne was ſie mit dem Netz fangen. Bis - weilen wiewol ſehr ſelten / machen ſie noch einen Hirſch oder wildes Schwein mit ihren Aſſagays todt.

Der Fluß iſt gleichfals ſehr Fiſch-reich / und wird das gewoͤhnlichſte Fiſchwerck von einem gewiſſen Ort Boca lamare oder Mund des Meers genannt / hieher zum auftrocknen oder raͤuchern gebracht / doch wird das Saltz ſehr geſparet / folglich der meiſte Theil gar - ſtig von Geſchmack und Geruch.

Jhre Saat-Fruͤchte beſtehen inſonderheit in dem groſſen Milhio, denn kleines haben ſie gar nicht. Jenes iſt ſehr gut Kauff / und wenig geachtet. Dahero auch nur wenig geſaͤet / ohngeachtet es im Lande gut Gedeyen hat.

Sie551des Landes Gvinea

Sie laſſen unterweilen durch die Frauens von Ar - dra ein gewiſſes Bier davon kochen / denn ſie ſelbſt wiſ - ſen damit kein Beſcheid / welches ſehr hitzig und wi - derlich zu trincken.

Pattaten finden ſich wenig / dagegen aber eine ſo er - ſtaunende Menge von Jammes, daß die Einwohner ſich meiſtentheils damit erhalten. Sie gebrauchen die - ſelbe an ſtatt Brodts / und laſſen ſich hoͤchſt angelegen ſeyn zu rechter Zeit zu ſaͤen und einzuerndten.

Von Bohnen haben ſie zweyerley Arten / welche denen Pferde-Bohnen nicht ungleich / heßlich von Ge - ſchmack und ſehr ungeſund.

Reiß habe ich niemahls geſehen glaube auch nicht daß er in Benin wachſe / ohngeachtet das Land ſehr ſumpfficht nach dem Fluß herum / folglich Reiß darauf zu bauen ſehr dienlich ſcheinet.

Jhre Baum-Fruͤchte ſind mehrentheils Cacos - Nuͤſſe / Cormantinſche Aͤpfel / Bakovens, Bananes und wilde Feigen / nebſt andern noch zur Zeit unbekan - ten und ſehr geringem Obſt mehr.

Das Theil des Landes welches von dem in etwas abgelegen / iſt ungemein fruchtbar / bringet dahero in Uberfluß und Vortreffligkeit alles eingeſaͤete reichlich hervor. Hingegen aber zunaͤchſt dem Fluß ſind die ſte - te ſchwere Ausduͤnſtungen / welche die Saat allemahl erſticken.

Jn der Mahlerey wiſſen die Mohren unterſchied - liche ſchoͤne Sachen zu zubereiten als gruͤne / blaue / ſchwartze / rothe und gelbe Farben. Zu der blauen neh - men ſie das hieſelbſt ſehr haͤuffige Indigo, zu den uͤbri -M m 4gen552Beſchreibunggen aber gebrauchen ſie das Holtz gewiſſer Baͤume / welches ſie kochen laſſen.

Neben denen machen ſie auch Seiffe / und viel beſſer als an einem Ort des Landes Gvinea, ſo daß die Moh - ren uͤberaus reinlich in ihrer Kleidung / weil dieſe Seif - fe ſchoͤn weiß machet. Jhr wiſſet daß man ſie in Gvi - nea aus Palmen-Oͤhl / Bananes-Blaͤtter und Holtz - Aſche machet / und faſt eben ſo wird ſie auch hier ge - macht / wenigſtens mit gar geringem Unterſcheid.

An Wolle-Baͤumen / oder ſolche Pflantzen die Baumwolle tragen / koͤnnet ihr leichtlich uꝛtheilen / muͤſ - ſe auch kein Mangel ſeyn / weil nicht nur alle Einwoh - ner damit bekleidet / ſondern auch auſſerhalb Landes unterſchiedliche davon gewebete Kleider verſchicken.

Bishieher habe ich alle dasjenige beantwortet was ihr von Benin zu wiſſen begehret: Nun wird nichts uͤbrig ſeyn / als daß ich von denen Koͤnigl. Einkuͤnff - ten / und ob man hier auch Steuer geben muͤſſe / noch mit wenigem rede.

Das erſtere anlangend / muͤſſet ihr wiſſen daß die Einkuͤnffte ein groſſes austragen / angeſehen das Land ſehr groß / und mit ſehr vielen Gouverneurs ange - fuͤllet iſt / deren ein jeder ſchon weiß wie viel Saͤcke mit Bouſies (einer hieſigen Muͤntze) er jaͤhrlich an den Koͤnig liefern muͤſſe / welches ein groſſes betraͤget / folglich ich keine gewiſſe Rechnung davon uͤberſenden kan. Andre hingegen etwas geringere / geben dem Koͤnige an ſtatt des Geldes / Kuͤhe / Hammeln / Huͤh - ner / Jammes, Kleider / ja mit einem Wort alles was er zu ſeiner Hofhaltung noͤthig hat / ohne daß er einenHel -553des Landes Gvinea. Heller doͤrffte ausgeben / und leget alſo alles Geld be - ſonders was er einbekomt / ohne ſelbiges zu beruͤhren.

Sonſten aber giebet man eigentlich zu reden keine Verzinſungen oder Zoͤlle wegen der eingefuͤhrten Waaren / ſondern zahlet an dem Ort wo man han - deln wolle vor das gantze Jahr eine gewiſſe Summa Geldes an den Befehlshaber ſelbigen Orts / welcher dem Koͤnige die Helfſte davon abtraͤget / folglich die - ſer dadurch wiſſen kan wie viel ihm jaͤhrlich einkommen muͤſſe / ſintemahlen hierinn wenig Veraͤnderung vor - gehet.

Mit denen Europaͤern ſiehet man ſehr durch die Finger / angeſehen alle die Unkoſten ſo wir vor eins un - ſerer Schiffe ſowol an den Koͤnig als die uͤbrige Hom - mes grandes die an daſigem Ort zu befehlen haben wo wir handeln / bezahlen muͤſſen / imgleichen auch an Mercadors, Fiadors und andre mehr nur 60. Flo - rin ausmachet / vermittelſt deren Entrichtung uns vollkommene Freyheit zu handeln und wandeln gege - ben wird.

Jhr habt mir ſchon letztens angelegen ich moͤchte euch eine Beſchreibung von der Stadt Benin aufſe - tzen fals ich daſelbſt hinreyſete. Nun habe ich ſie zwey - mahl geſehen und genau betrachtet / wil dahero ſelbige nach ihrer eigentlichen Beſchaffenheit umſtaͤndlich be - ſchreiben / damit ihr ſehen moͤget ob dasjenige was Herr Dapper desfals aufgezeichnet / mit der Wahrheit uͤber - einkomme oder nicht.

Das Dorff Benin (denn ſo wie es anitzo ausſiehet / verdienet es nicht den Nahmen einer Stadt zu tragen) welches die gewoͤhnliche Reſidentz des Koͤnigs / undM m 5von554Beſchreibungvon der das gantze Land und Fluß ſeine Benennung bekommen / lieget ziemlich tieff im Lande / und ohnge - fehr 10. Meilen von Agatton. Das Land iſt in daſi - ger Gegend ſehr eben und gleich / ſo daß das Dorff wel - ches ebenfals in einer Ebene befindlich / wenigſtens in die vier Meilen ſich ausbreitet. Es giebet darinnen ſehr lange und breite Straſſen / in welchen taͤglich zwey - mahl Marckt gehalten / Vieh / Baumwolle / Elephan - ten-Zaͤhne und Europaͤiſche Waaren nebſt allem Lan - des Einwachs feil geboten wird.

Vor dieſem da es noch ſo volckreich / war es herrlich gebauet / wie denn ſolches noch zu ſehen an denen halb zerſtoͤreten Haͤuſern / anitzo aber ſtehen die Haͤuſer ſehr weit von einander abgeſondert. Doch ſind ſie noch leidlich und von ziemlicher Groͤſſe aufgebauet / die Mauren ſind von Thon. Denn man im gantzen Lande keinen Stein ſo groß wie eine Fauſt finden kan. Die Daͤcher beſtehen aus Schilffrohr / Stroh und Blaͤtter. Sonſten kommen ſie der Bau-Kunſt nach ſehr nahe bey die zu Axim, und zwar nicht uneben.

Die Einwohner dieſes Dorffs ſind alle Landes - Eingebohrne / und leyden nicht daß irgends ein Frem - der bey ihnen wohne.

So finden ſich unterſchiedliche reiche Leute unter ih - nen / welche ſich hier eingefunden / und taͤglich mit an Hofe ſeyn / ohne ſich wegen Ackerbau oder Handlung zu bemuͤhen / ſondern laſſen dieſe Arbeit ihren Frauen und Sclaven anheim geſtellet ſeyn / welche in die be - nachbahrten Doͤrffer gehen und allerhand Waaren einkauffen / oder gehen auch vor andre auf Arbeit aus /und555des Landes Gvinea. und muͤſſen dennoch den meiſten Theil ihres Gewin - ſtes an den Herrn uͤbergeben.

Alle die Sclaven ſind Fremde / ſintemahlen es nicht frey ſtehet ihre Landes eingebohrne Leute vor Sclaven zu verkauffen / denn dieſe ſind gantz frey / und haben bloß den Nahmen Koͤniglicher Unterthanen.

Noch weniger darff man auch auſſerhalb dem Koͤ - nigreich die Sclaven fuͤhren ſo man allda erkauffet / ſondern nothwendig zuruͤck laſſen / wiewol es mit den Sclavinnen ein gantz anders iſt / maſſen dieſe einjeder verkauffen darff wo / wie und an welchen er will.

Was der Groſſen ihre Verrichtungen ſeyn / habe ich allbereit oben erinnert. Gemeine Buͤrgers-Leute gehen Straß auf und nieder / ſo lange bis ſie irgends vernehmen was vor Schiffe auf dem Fluß angekom - men / alsdenn ſie alſofort an Boort lauffen / um etwas von den mitgebrachten Waaren zu erhandeln. Da - fern aber keine Schiffe angelanget / ſchicken ſie ihre Sclaven nach Rio Lagos, und laſſen viele Fiſche aufkauffen / um ſelbige tieffer im Lande mit mercklichem Gewinſt wieder loßzuſchlagen.

Handwercksleute bleiben bey ihrer Arbeit / und be - kuͤmmern ſich weder um Hof noch Handlung. Andre geben ſich zum Ackerbau oder ſolcher Hanthierung da - bey ſie ihr Brodt gewinnen koͤnnen.

Die Weiber halten die Straſſen ſauber und rein ohngeachtet ſie wie geſagt / ſehr lang und breit ſeyn / doch wird wie in Holland von einem jeden bloß vor ſeiner Thuͤr gefeget und geſaͤubert.

Es werden auch die Weiber im gantzen Koͤnigreichnicht556Beſchreibungnicht ſo ſclaviſch und veraͤchtlich gehalten als zu Be - nin, taͤglich muͤſſen ſie zu Marck gehen / vor ihr Haus und Kinder ſorgen / die Kuͤche und Land beſchicken / ja mit einem Wort / ſo viel thun / daß ſie keinen Augen - blick Ruhe haben / nichts deſtoweniger alles dieſes mit Luſt und Freuden verrichten.

Auf die Europaͤer halten ſie ſehr viel / inſonderheit die Hollaͤnder / doch koͤnnen ſie die Portugieſen im Her - tzen nicht vertragen.

Den Koͤniglichen Hof muͤſſen wir nicht vergeſſen / welcher den groͤſten Theil des Dorffs in ſich begreifft. Selbiger lieget nun in einer groſſen Ebene gantz allein von keinen Haͤuſern umgeben / hat auſſerhalb ſeiner ungemeinen Weitlaͤufftigkeit nichtes beſonders in ſich. Gleich bey dem Eingang komt man auf eine ſehr lange Galerie, welche auf 58. Dielen an ſtatt derer Pfeiler ruhet / ſo ohngefehr 11. oder 12. Fuß hoch ſeynd; Und oben mit ſchlechten Brettern welche nicht geſaͤget oder geſchnitzet / ſondern bloß gehauen / bedecket wird. Von dieſer Galerie kommt man an eine Mauer von Erde / in welcher drey Thuͤren eine in der Mitten und zu je - der Seite eine anzutreffen; uͤber der mittleren ſtehet ein hoͤltzerner Thurm wie ein Schornſtein / bis in die 70. Fuß hoch aufgefuͤhret. Oben in dieſem Thurm ſiehet man eine eherne Schlange mit dem Kopf nach unten zu aufgehangen / welche ſo kuͤnſtlich gegoſſen / und einer lebendige Schlange ſo aͤhnlich / daß man ſelbige fuͤglich unter die Raritaͤten des Landes Benin zehlen koͤnne. Durch obbeſagte Pforte gehet man auf einen viereckigten Platz / der ohngefehr eine viertheil Meile lang / und rund umher mit leimichten oder irrdenenMau -557des Landes Gvinea. Mauren eingeſchloſſen iſt / wiewol dieſe nicht ſehr hoch ſind. Von dieſem Platz kommt man abermahls auf eine der vorigen gantz gleiche Galerie, ohne die Mauer und beſagten Thurm. Vor einiger Zeit hat das Donnerwetter dieſe Galerie ſehr beſchaͤdiget / und faſt die Helffte herunter geſchmiſſen / gleichwol hat man nicht noͤthig geachtet ſelbige wieder zu erbauen. Auf jedem Ende findet ſich eine Thuͤre / durch welche man abermahls auf eine Galerie geleitet wird / wiewol von denen zwey erſteren gaͤntzlich unterſchieden / denn was dorten die Dielen / das verrichten hier ausgehauene Bilder / die aber ſehr grob und garſtig ausſehen / ſo daß man nicht fuͤglich unterſcheiden koͤnne / ob es Men - ſchen oder Thiere ſeyn ſollen / ohngeachtet derjenige ſo mich herumfuͤhrete / Kauffleute / Soldaten / Jaͤger und dergleichen daraus machen wolte. Hinter einem weiſſen Vorhang zeigen ſich eilff Menſchen Haͤupter von Meßing / aber ebenfals ſehr ſchlecht gegoſſen deren jeder einen Elephanten-Zahn tragend dem Koͤnig an ſtatt eines Goͤtzen dienen muß. Gehet man durch ei - ne beſagter Thuͤren von dieſer Galerie herunter / findet man abermahls einen groſſen Platz und nochmahlige vierdte Galerie, hinter welche des Koͤnigs Hof lieget. Und iſt uͤber dieſer letzten Galerie eben ſo ein Thurm und Schlange auf die Mauer aufgeſetzet wie bey der vorigen. Das erſte Zimmer da man hereinkommt iſt der Koͤnigl. Audientz-Saal / allwo ich das Gluͤck gehabt den Koͤnig perſoͤnlich zu ſehen / und auch mit denen Hommes grandes ſprechen zu hoͤren / da er auf einem elffenbeinern Bette ruhete unter einem Him - mel von Jndianiſchen Linnen.

Er ſahe ſehr freundlich und leutſelig aus / ohngefehr40. Jahr558Beſchreibung40. Jahr alt. Jch ſtande damahls nach Landes Gewohnheit ein 30. Schritte von ihm / nachgehends aber erſuchte ich man moͤchte mir erlauben etwas naͤ - her zu treten / um den Koͤnig ſo viel beſſer in Augen - ſchein zu nehmen / welches der Koͤnig mit lachendem Munde eingieng / wiewol es wider die Landes Ge - wohnheit war / und machte mich alſo nach erhaltenem wincken mit der Hand / bis 10. Schritte nahe bey ihn. Jm gantzen Saale war niemand auſſerhalb dem Koͤ - nig / beſagten dreyen Hommes grandes und einem Mohren welcher einen bloſſen Saͤbel in der Hand hielte.

Hat man ichtes dem Koͤnige anzubringen / muß man es dieſen dreyen Herren anvertrauen / welche dem Koͤnige Bericht / und deſſen ertheilte Antwort wieder - bringen / ſo daß ſie nichtes zu thun haben als hin und wieder zu lauffen / ohne daß man wiſſen / koͤnne / ob ſie es dem Koͤnige recht verdolmetſchen und in gehoͤriger Form vorbringen. Zur lincken Hand des Koͤniges waren 7. ſchoͤne hell-glaͤntzende Elephanten-Zaͤhne auf elffenbeinern Fußſtaͤllen wider eine koͤſtliche Tapete ge - ſetzet / ſintemahl der Koͤnig wie man mir ſagte / gewoh - net waͤre ſolcher Geſtalt ſeine Haus-Goͤtzen auszu - zieren. Jch ſchenckte ihm dazumahl einen ſehr ſchoͤnen ſeidenen Schlaffrock / welcher ihm wie ich nachgehends hoͤrete / ſehr lieb geweſen; denn Zeit mei - ner Anweſenheit ich ſolches nicht erkennen konte / weil man ihn mit ichtes anders bedecket dem Koͤnige dar - reichte / folglich er ſelbigen nicht eher als nach meinem Abſchiede betrachten konte: Wie man denn ſiehet daß dem Koͤnige nichts ohnbedecket uͤberreichet werde / daes559des Landes Gvinea. es unten und oben mit Matten verſehen / und von vie - len vor und hinten gehenden Mohren mit weiſſen Stoͤcken in der Hand begleitet wird. Alle diejenigen ſo ſich auf dem Wege finden laſſen / muͤſſen eilends ſich aus dem Staube machen / fals ſie nicht eine gute Tracht Schlaͤge zum Lohn haben wollen. Einig und allein damit man die Geſchencke nicht vergifften / folg - bar den Koͤnig ums Leben bringen moͤge.

Weil auch das Corallen-Feſt eben dazumahl ein - fiele als ich noch an Hofe mich aufhielte / kan ich nicht nachlaſſen ſelbiges meiner Beſchreibung hinzu zufuͤ - gen / ohngeachtet wenig ſonderliches darinnen vor - faͤllet / auſſer daß dieſes der einige Tag im gantzen Jahr da ſich der Koͤnig oͤffentlich ſehen laͤſſet. Und gehet derſelbige bis in den zweyten Hof in aller praͤchtig - ſter und koͤſtlicher Kleidung / allwo man einen ſehr ſchoͤnen Himmel und Ruhebette vor ihn aufgeſchla - gen. Seine Frauen nebſt einer groſſen Anzahl ſei - ner Bedienten ſtehen alle aufs trefflichſte geſchmuͤcket angethan um ihn herum / und fangen bald darauf die Procesſion an. Erſt ſtehet der Koͤnig auf und gehet zu denen Goͤtzen um zu opfern / womit das Feſt un - ter erſchrecklichem Zuruffen des Volcks ſeinen An - fang nimmt. So bald der Koͤnig eine viertheil Stun - de ſich hiemit verweilet / begiebet er ſich wieder auf vo - rige Stelle / und wartet laͤnger als zwey Stunden / damit die uͤbrigen auch ihre Andacht verrichten koͤn - nen / alsdenn gehet er wieder nach ſeinem Zimmer. Darauf bringet man den Tag mit allen Luſt - und Froͤligkeiten zu Ende / der Koͤnig theilet unterſchied - liches Fleiſch und Vin Pardon aus / worinnen ihmandre560Beſchreibungandre groſſe Herrn nachfolgen / ſo daß den gantzen Tag nichts als lauter Freude und Ergetzlichkeit im gantzen Dorff Benin zu ſpuͤren. Jedoch habe ich nie - mahls erfahren koͤnnen was der Entzweck dieſes Fe - ſtes / und was es bedeuten ſolle; denn die Mohren mir nichtes offenbahren wollen / und auf mein Befragen geantwortet ſie wuͤſten nichts davon zu ſagen.

Jm Anfang habe ich erwehnet in was traurigen Zuſtande anitzo das Dorff Benin ſich befinde / indem es nemlich meiſtentheils gaͤntzlich ruiniret. Und zwar iſts um ſo viel mehr zu bedauren / weil es eine uͤberaus anmuthige Gegend / allwo man wegen An - muths voller Ebene / unzaͤhlig viele Baͤume abſehen kan / welche vermittelſt ihres haͤuffigen Schattens / die Menſchen gleichſam zu ihrer Erqvickung her - auslocken. Jnſonderheit hat das Dorff und benach - bartes Land einig und allein ſeinen Untergang zu dancken zweyen Koͤniglichen Bedienten welche eigent - lich Rois de Rue heiſſen / die der Koͤnig umbringen laſſen / weil wie er vorwandte / ſie ihm nach den Leben geſtanden haͤtten / ob wol die gantze Welt eines beſ - ſern uͤberfuͤhret gar wohl wuſte / daß es einig um ih - res groſſen Geldes willen geſchehen / ſo der Koͤnig ger - ne zu ſich reiſſen wollen. Waͤre auch dem dritten auf welchen der Koͤnig ebenfals ein Auge hatte nicht viel beſſer ergangen / dafern nicht dieſer von dem gemei - nen Volck ſehr geliebet / folglich in Zeiten benachrich - tiget den Ruͤcken gewendet / und mehr als drey Vier - theil von den Einwohnern mit ſich aus dem Dorff ge - zogen haͤtte. Darauf der Koͤnig ſolches merckend / ein ziemliches Heer aus der Nachbarſchafft verſam -lete /561des Landes Gvinea. lete / und dieſes denen Fluͤchtlingen nachſetzen lieſſe / war aber ſo ungluͤcklich / daß er viel zu fruͤh die boͤſe Zeitung vom ungluͤcklichen Auszug hoͤrete und ſein zer - ſtuͤmmeltes Volck mit vielen Schlaͤgen nach Hauſe bekahm. Dennoch aber ließ ers dabey nicht bewen - den / ſondern wagte es noch einmahl / wiewol mit eben dergleichen Gluͤck als das vorige: ſo gar daß der Fluͤcht - ling ſo viel erhitzter und muthiger gerades Weges auf Benin zukame / ſelbiges pluͤnderte und verheerete / ohne das geringſte zu verſchonen / ausgenommen den Hoff des Koͤniges / bis er von ſelbſten mit guter Beute wie - der abzoge. Nachdem hat er in zehn Jahren die Ein - wohner von Benin durch die unterſchiedliche Pluͤnde - rungen ſehr arm und Krafftloß gemacht / bis endlich durch Vermittelung derer Portugieſen / er mit dem Koͤnig einen Frieden eingegangen / nachdem ihm die - ſer alles vorgelauffene vergeben und vergeſſen muſte / wie er ihn den unterſchiedliche mahl gebeten wieder an Hof zu kommen / daß er bey ihm wohnen ſolle. Doch hat er es niemahls wagen wollen / ſondern wohnet anitzo 2. oder 3. Tagreyſen von Benin, allwo er an Pracht und Hofſtaat dem Koͤnige nichtes nachgiebet.

Nachdem ſind zwar einige Buͤrger wieder zuruͤck gekommen / auch von dem Koͤnige nicht nur freundlich willkommen geheiſſen / ſondern auch mit Ehren-Aͤm - tern begnadiget worden / um hiedurch die uͤbrigen ſo viel mehr an ſich zu ziehen / allein bis dato hat es wenig fruchten wollen / weil ſie am guten Ort leben / folglich zu befuͤrchten ſtehet / es werde hinkuͤnfftig Benin we - nigſtens der groͤſte Theil noch lange Zeit unbewohnet bleiben.

N nSe -562Beſchreibung

Sehet demnach mein Herr was ich von Benin zu ſagen weiß. Vom Rio de Calbary kan ich voritzo nichtes melden / weil ich nicht bin hingekommen wegen des haͤuffigen Wegſterbens unſerer Leute. Doch hoffe ich ins kuͤnfftige Gelegenheit zu haben / euch hierinnen zu willfahren. Zu Rio de Gabon, Ca - bolopez di gonſalves, ſeyd ihr ſelbſt geweſen / dar - um will ich auch hievon und von unſerer Ankunfſt in Gvinea, nebſt allen dem was unſere Verrichtung da - ſelbſt geweſen / nichtes hinzuthun. Wuͤnſche nur daß meine gegenwaͤrtige Anmerckungen ſo ich uͤberſende / euch einiger maſſen vergnuͤgen moͤgen / ich aber die Ehre haben / zu heiſſen

Meines Herrn Demuͤthigſter und gehorſamſter Diener / David von Nyendaal.
Ende des ein und zwantzigſten Briefes.

Zwey und zwantzigſtes Send-Schreiben.

Von der Abreyſe des Autoris von El - mina und deſſen Ankunfft zu Acra, von wannen er nach Cabo lopez di Gonſalves gehet / und von hier laͤngſt der Linie nachGvi -563des Landes Gvinea. Gvinea ſeegelt und bey dem Berg Cabo ankomt; daſelbſt ſteiget er aus / und wird von den Einwohnern ſehr hoͤfflich empfan - gen. Von dem Koͤnig / ſeinen Kindern / und was er vor eine groſſe Anzahl von Wei - bern habe. Wie daſige Einwohner ſehr ar - beitſam; was ſie vor Fruͤchte / Thiere und Fiſche haben. Wie ſelbige ſo viele Weiber nehmen koͤnnen als ſie wollen. Was ſie vor Kleidung / Religion / Krieg und Ge - wehr haben. Von dem Caep Mont; wie der Autor hier ab und zu Cabo Mizu - rado ankomt allwo er ausſteiget. Wie ei - nige Einwohner von denen Engellaͤndern gepluͤndert worden / und was daſelbſt vor Haudlung im Schwange. Von dem Ort / deſſen Einwohner daſelbſt. Wie das Weibs - volck alle Arbeit verrichtet / das Manns - volck hingegen muͤßig gehet. Einige En - gellaͤnder gefangen bekommen. Und end - lich ein ſchoͤner Fluß daſelbſt befindlich. Wornach der Autor ab und vor Rio Junk bey dem Dorff Corra anfaͤhret / allwo er an Land gehet und alles beſchreibet was er daſelbſt geſehen; inſonderheit eine Frau vier Kinder auf einmahl gebiehret. Von hier reyſet er nach Rio Seſtro welches er beſchreibet / nebſt dem Dorff / daſigem Koͤ - nig und ſeinen Unterthanen. Wie der ReißN n 2ſo564Beſchreibungſo haͤuffig / was vor Handlung / und was Ceremonien in Begrabung derer Tod - ten gebraͤuchlich. Nachdem verlaͤſſet der Autor dieſen Ort / und leget bey San - guin an / allda er mit den Einwohnern / und denen von Boffoe und Botterra welche zum ſtehlen ſehr geneigt ſeynd / handelt. Wie der Capitain von Botterra an Boort komt / und wie derſelbige geſonnen gewe - ſen. Nechſt dem ſchiffet der Autor nach Se - ſtro Crou einem ſehr ſchoͤnen Dorff / und von hier Wappo und Cabo das Palmas vorbey nach Druwin, allwo er einige Handlung thut. Was dieſe letztere vor ſpi - tzige Zaͤhne haben / ſehr wild ſeyn und ger - ne Menſchenfleiſch eſſen. Wie Rio S. An - dries ſo groß und tieff / daß kleine Schiffe weit herauf koͤnnen. Die Einwohner ſehr unbaͤndig / das Land hingegen ſehr ſchoͤn und fruchtbahr ſey; Daſelbſt der Autor ab - faͤhret und vor Cabo Lahoe Ancker wirfft / allwo ein groſſes Dorff und ſehr breiter Fluß / die Einwohner ſehr geſpraͤchig / und zur Handlung ſehr geſchickt ſind / und was ihre Lebens-Mittel ſeyn. Endlich der Au - tor ſich fortmachet und vor den Graben ohne Grund nach Aſſiné ſeegelt; daſelbſt aber ſich nicht aufhaͤlt / wie die darinn be - findliche Frantzoͤſiſche Beſatzung beſchaf -fen565des Landes Gvinea. fen. Zuletzt Cabo Apollonia voruͤber in Axim anſchiffet / und hiemit ſeine Reyſe beſchlieſſet.

Mein Herr!

ERhaltenem Befehl zu Folge / will ich in gegen - waͤrtigem handeln von unſerer Reyſe / von beſon - deren Laͤndern und Plaͤtzen dahin wir unſere Hand - lung getrieben / doch weil ich bey einigen nur kurtze Zeit mich aufgehalten / werde ich von ihren Sitten und Ge - braͤuchen ſo ausfuͤhrliche Beſchreibung nicht abſtatten koͤnnen als ich wol gewuͤnſchet haͤtte eurem Verlan - gen ein Genuͤgen zu thun. Genug daß es mir nie - mahls am Willen / ſondern allezeit an Gelegenheit er - mangelt hat.

Nachdem wir alſo wie ihr wiſſet von euch Abſchied nahmen / zogen wir ſelbige Nacht unſere Seegel auf / und kamen nach zweytaͤgiger Reyſe in Acra an / von wannen wir nachdem wir laut empfangener Ordre das unfrige verrichtet / abermahls unter Seegel nach Cabolopez di Gonſalves giengen / auch daſelbſt gluͤcklich anlangeten den

Jch will von dieſem Cabo nichts hinzuthun / weil ihr ſelbſten da geweſen / ſeit dem wir dahingehandelt ha - ben. Wir reyſeten hier abe nach Weſten laͤngſt der Li - nie / ſo lange bis wir die gehoͤrige Hoͤhe hatten von Gvinea.

Den 28. Novemb. Abends um 10. Uhr ſahen wir Land / und fanden des Morgends daß wir nur ohnge - fehr 10. Meilen oberhalb Cabo-Monte waren. Das Land ſchiene ſehr niedrig und eben zu ſeyn bis Cabo. auch viele Doͤrffer darinnen zu liegen / allein es kamN n 3kein566Beſchreibungkein einiger Mohr bey uns an Boort / folglich fanden wir uns genoͤthiget weiter nach der Caep hinunter zu fahren / allwo wir auch den dritten Tag gluͤcklich an - legten. Jch lieſſe alſo meine Kauff-Waaren in einen kleinen Kahn bringen / und gieng zu Fuß ſelbſt mit / um zu ſehen ob wir nicht einige Elephanten-Zaͤhne erhan - deln koͤnten deren es hie zu Lande viele giebet. Kaum hatte ich den Fuß an Land geſetzet / ſo fande ſich der gan - tze Strand voller Mohren / und hieſſen mich ſehr hoͤff - lich willkommen / fuͤhrten mich auch in ihre Wohnun - gen welche unter dem Strande lagen / allwo drey klei - ne Doͤrffer zuſammen gelegen / welche alles in allem keine 30. Haͤuſer ausmacheten. So bald ware ich nicht in dieſe koͤſtliche Doͤrffer hereinkommen / ſo brach - te man mir einige Kannen Wein entgegen mit der Bitte ich moͤchte ſo lange verziehen bis ihr Koͤnig an - kaͤme / dagegen ich nichts einwendete / folglich ihro Ma - jeſtaͤten nach Verlauff einer Stunde mit einigem Ge - folge ankommen ſahe. Dannenhero gieng ich auſſer - halb dem Dorff ihm entgegen / um meine Pflicht-maͤſ - ſige Ehrerbietung zu bezeugen.

Der Koͤnig empfing mich ſehr hoͤff ich / und gieng demnach mit ihm wieder ins Dorff / fragte nachge - hends da wir von unterſchiedlichen Sachen geſpro - chen / dieſen groſſen Koͤnig / was ihm duͤnckte / ob ich eine gute Handlung zu hoffen haͤtte? darauf er antwor - tete vor dieſesmahl gar ſchlecht mit Elephanten-Zaͤh - nen verſehen zu ſeyn / ſo daß ich uͤber zwey nicht finden wuͤrde. Er ſchiene ſchon bey Jahren zu ſeyn / weil ſein Haar gantz weiß war. Sein Nahme war Jan Cabo-Monte, nach dem hieſigen kleinen Lande. Er hatte einen braunen Mantel umgehangen / und einewol -567des Landes Gvinea. wollene Muͤtze aufgeſetzet / ſo daß ſein gantzer Aufzug fals er haͤtte verkauffet werden ſollen / keine zwantzig Gulden gelten koͤnnen.

Man ſagte mir daß er 16. Kinder 12. Soͤhne und 4. Toͤchter haͤtte / von denen erſteren haͤtte er einem jeden eine gewiſſe Herrſchafft zugeeignet / oder beſſer zu ſa - gen ein geringes Doͤrfflein mit acht oder zehen Huͤt - ten / denn Haͤuſer kan man ſie nicht nennen. Die Toͤchter hingegen muͤſſen ſorgen ſo gut ſie koͤnnen / wo - mit ſie ſich nehren koͤnnen / und brauchen dahero un - zuͤchtige Mittel und Wege. Auch ſagten mir die Mohren er haͤtte ohngefehr 400. Weiber / mit wel - chen allen er in einem Dorff lebete 3. Meilen vom Meer und an dem Ufer des Fluſſes gelegen.

Es iſt aber dieſes ein uͤberaus ſchoͤner und herrli - cher Fluß nahe dem Strande / ohne daß er ſich ins Meer ergieſſe / es ſey denn alle Jahr einmahl wenn er durch die groſſe Platzregen aufſchwillet. Es gehet auch derſelbige tieff ins Land / und behaupten die Moh - ren er falle in den Rio Sierra lione welcher ſehr weit von hier entfernet.

Die Einwohner von Cabo-Monte ſind unge - mein arbeitſam / und beſtehet ihre Arbeit in Reiß ſaͤen / Saltz kochen / welches ſie alles vor ihren Koͤnig / als deſ - ſen Sclaven verrichten.

Jhre Feld Fruͤchte ſind etwas weniges von groß Milhio, Jammes und Patates, nebſt einer unglaub - lichen Menge von Reiß. Jhre Baum-Fruͤchte kom - men mit denen Gvineiſchen / als Bananas, Bakovens und Annanas gaͤntzlich uͤberein.

Von zahmen Vieh haben ſie ſehr wenig; indem man weder Kuͤhe noch Schweine zu ſehen bekomt /N n 4im -568Beſchreibungimgleichen auch ſehr wenige Hammeln und Huͤhner / dagegen aber ſo viel koͤſtlicher von Geſchmack iſt / was ſich daſelbſten finden laͤſſet.

An wilden Thieren als Elephanten / Tygerthieren / Buͤffel-Ochſen / Hirſchen und dergleichen haben ſie keinen Mangel / eben ſo wenig als an Fiſchen / zumah - len der Fluß ſo voller Fiſche / daß ſie mit ihren Netzen die einem rechten Fiſchgarn nicht ungleich / faſt nie - mahlen umſonſt arbeiten.

Weiber moͤgen ſie nehmen ſo viel ſie immer wollen und ernaͤhren koͤnnen / wiewol dieſe ihren Maͤnnern nicht viel koſten / weil ſie auf ihre Arbeit ſehr emſig und fleißig ſeyn. Dahero ſie auch insgemein friedlich mit einander leben / und von denen Maͤnnern nicht viel dar - auf geſehen wird / ob dieſe ihre Ehe keuſch und unbefle - cket halten.

Jhre Kleider ſind nicht ungleich einem Hemde mit weiten Ermeln / und hangen ihn uͤber die Knie / oder beſſer zu ſagen / nicht anders als ein Uber-Rock anzuſe - hen. Dagegen haben die Frauensleute mitten um den Leib ein Stuͤck ſeines Gezeuges ſehr eng zuſammen ge - bunden / und brauchen keine Ober-Binde wie die in Gvinea: imgleichen auch keine Hoſen-Baͤnde / ſon - dern gehen zuweilen gantz nackend / ohne die geringſte Scheu oder Schaam zu haben.

Einſtens fragte ich nach ihrer Religion, worinn dieſelbige hauptſaͤglich beſtuͤnde / und erhielte zur Ant - wort / in vollkommenen Gehorſam gegen ihren Koͤnig und Oberherren / im uͤbrigen bekuͤmmerten ſie ſich um nichts.

Da ich nun weiter fragte / ob ſie mit ihren Nachba - ren niemahls in Krieg verfielen / anworteten ſie ſolchesſehr569des Landes Gvinea. ſehr ſelten zu geſchehen / indem ſie bey dergleichen Vor - faͤllen lieber guͤtlich die Sache beylegten als die Waf - fen ergriffen / ſo daß ſie ihre Pfeile und Bogen die ſie tragen / mehr zu einem Schmuck gebrauchen als Waf - fen damit jemanden anzugreiffen oder ſich in Gegen - wehr zu ſetzen gedaͤchten.

Von Cabo-Mont weiß ich alſo nichtes mehr zu ſa - gen / als daß es ein ſehr hoher Berg ſey / und von ferne ſcheine als waͤre es eine ſehr hohe Jnſul / von dem feſten Lande gantz abgeſondert. Die Gegend da herum iſt uͤber die maſſen angenehm / und dem Schein nach ſehr fruchtbar; das Land ſelbſt von Cabo-Mont erſtrecket ſich in Weſt-Suͤd-Weſt / und Weſt-Nord-Weſt / in uͤberall gleichmaͤßiger und ſchoͤner Ebene.

Wir reyſeten demnach hier ab / und kamen den 25. vor Cabo Miſurado, welches ebenfals ein zimlich ho - her Berg / wiewol nicht ſo hoch als zu Cabo Mont iſt; ſie liegen beyde ohngefehr ein zehen Meilen von ein - ander.

Wir warffen hieſelbſt Ancker / aber es kam kein ei - niger Mohr zu uns / ſo daß ich genoͤthiget wurde / an Land zu gehen / da wir alſobald / nach einer kleinen Weile / unterſchiedliche Mohren ankommen ſahen / die ich fragte / warum ſie nicht eher auf unſer Schiff kom - men wollen / und zur Antwort bekahme / es haͤtten vor ohngefehr 2. Monat zwey groſſe Engliſche Schiffe hieſelbſt angeleget / und dergeſtalt uͤbel gehauſet / daß ſie alle ihre Canoas verheeret / ihre Haͤuſer gepluͤndert / und einige aus ihnen als Sclaven mit gefuͤhret / ſo daß ſie ſeit dem gezwungen / tieffer ins Land zu fliehen / alwo ſie meiſtentheils noch ſich aufhielten. Daß demnach wir unverrichteter Sachen wieder abziehen muſten /N n 5nach -570Beſchreibung. nachdem wir in zwey Tagen nicht mehr als drey hun - dert Pfund Elephanten-Zaͤhne erhandelt hatten.

Das Land / ſo zwiſchen dieſen beyden Capo lieget / iſt ebenfals wie voriges ſehr gleich und eben. Zwey Meilen von dieſem letzteren ſiehet man gegen Abend zwey Dorffſchafften liegen / deren jedes aus 20. Haͤu - ſern beſtehet / und gewiß das artigſte iſt / was ich auf der gantzen Reyſe gefunden; Ein jedes Haus hat drey zierlich gebauete Zimmer / welche oben wie die Heu-Boden in Holland auf dem Lande gedecket ſind; Jn jedem Hauſe leben ohngefehr 50. oder 60. Perſo - nen an Maͤnnern / Weibern und Kindern / welches alles durch einander hinlieget. Jhre Weiber ſind artig und ſchoͤn / uͤber deren Leib die Maͤnner / wie ſie ſagten / vollkommen zu gebieten haͤtten / daß ſie nach ihrem Willen alles mit ihnen machen koͤnten / was ſie wolten. Sonſten waren auch die Einwohner ſehr hoͤfflich / inſonderheit zwey alte Maͤnner / als ihre Ca - pitains, denen wir / nach Landes Gewohnheit ſieben Pfund Meßing geben muſten / dabey aber waren ſie von denen Engelaͤndern ſo furchtſam gemacht / daß ſie auf kein Schiff ſich getraueten / ja alſobald ſpohren - ſtreichs wieder umkehreten / ſo bald ſie jemand gewaff - net auf dem Lande erblickten.

Die Maͤnner arbeiten ſehr wenig / ſondern laſſen dieſes ihren Weibern uͤber / glaubende genung gethan zu haben / wenn ſie etwas gehandelt / folglich das uͤbri - ge vom Tage im Palm-Wein ſauffen muͤſſe zuge - bracht werden / welcher hier in groſſer Menge zu finden.

Jn ihrer Religion kommen ſie mit ihren Nachbah - ren zu Cabo Mont vollkommen uͤberein / indem ſievor571des Landes Gvinea. vor nichtes als Eſſen / Trincken und Froͤligkeit ſorgen. Jmgleichen auch in ihrer Kleidung / Feld Fruͤchten und Gethieren gar nicht von jenen unterſchieden ſeyn. Ubrigens leben ſie / wie ſie ſagen / in Ruhe und Friede mit ihren Nachbahren / haͤtten auch keine Feinde als die Engelaͤnder / deren ſie drey gefangen hielten / und feſtiglich entſchloſſen waͤren / eben ſo viel dazu gefan - gen zu nehmen / als obige zwey Engliſche Schiffe von ihren Leuten mitgenommen haͤtten. Vermuthlich doͤrffte es dieſen Engelaͤndern nicht alzuwohl gehen / und gar leichtlich ihren Freunden aufgeopffert werden / die gefangen weggefuͤhret.

Nun muß ich noch etwas weniges von dem Fluß hinzuſetzen / ſelbiger flieſſet ins Meer / und iſt bey ſei - nem Anfang ohngefehr 5. oder 6. Fuß tieff / ſo daß man bey ſtillem Wetter mit einem Bey-Schifflein fuͤglich einlauffen koͤnne; und gehet er von hier bis drey Meilen in Weſten / von hier an biß in Rio Seſtre, da - hin man taͤglich mit kleinen Canoas zu Marckt faͤhret / entweder mit Fruͤchten oder Elephanten-Zaͤhnen / denn nach Rio Seſtre kommen ungleich mehrere Schiffe als hie her.

Wir verlieſſen dieſe Cap den 22. und ſegelten laͤngſt dem Lande bis 5. Meilen von Cap Miſurado, alwo man an dreyen Oertern unterſchiedliches Land ſpuͤhret / das erſtere iſt nicht ſehr hoch / das letztere et - was hoͤher / und das mittlere am aller hoͤchſten. Und habe ich hie kein Dorff / keinen Mohren bemercket / ſon - dern drey Meilen weiter nach Morgen / alwo wir we - gen der groſſen Meer-Stille Ancker werffen muſten / ſahen wir gegen Abend etwas Licht ſchimmern / dar - aus wir muthmaſſten / es muͤſſe daſelbſt ein Dorff lie -gen /572Beſchreibunggen / deſſen Einwohner vielleicht Luſt haͤtten zu han - deln / blieben derohalben bis den dritten Tag vor An - cker liegen / weil wir aber ſahen / daß kein Menſch zu uns kam / verfolgten wir unſere Reyſe bis Nachmit - tag / da wir vor Rio Junk ankamen / und vor Ancker lagen bis auf den Abend / da wir ebenfals weder Moh - ren noch Canoas zu ſehen bekommen.

Das Land daherum iſt gantz gleich und eben / aus - genommen dreyen tieff im Lande liegenden Bergen / zwey liegen Weſt-werts von Rio Junck, und ſchei - nen gantz rund zu ſeyn / der dritte aber iſt viel hoͤher / hat in der Mitten eine groſſe Oeffnung.

Rio Junck ſlieſſet ins Meer / bey deſſen Mund am Ufer vier ſchoͤne und hohe Baͤume ſtehen / inſonderheit aber die zwey erſteren / welche ſehr ſchoͤn laſſen / denn die andre ſind ſchon etwas vertrocknet. Das Land iſt ſchier durchgehends zertheilet und geſpalten / ſonder - lich giebet es zwey groſſe Spaltungen Oſtwerts / eine Meile von Rio Junck, dabey man hieſiges Lands Un - fruchtbarkeit erkennen koͤnne / imgleichen auch aus den vielen Steinen und Felſen / damit der Strand ange - fuͤllet iſt / ſo daß die Meeres Wellen unaufhoͤrlich mit groſſer Hefftigkeit dawider anſchlagen. Es lieſſe ſich auch hin und wieder Feuer ſehen / welches die Mohren anſtecken / wenn ſie einige Schiffe vermercken / weil aber kein Menſch zu uns kam / glaube ich / es muͤſſen Doͤrffer oder Saltz-Huͤtten geweſen ſeyn. Das Land liget von Suͤd-Weſt nach Nord-Weſt.

Dannenhero machten wir uns weiter 3. Meilen in Weſten nach Rio Seſtre, alwo wir eine Canoa voller Mohren begegneten / welche uns erſuchten bey ihrem Dorff / mitten in einem angenehmen Gehoͤltze gelegen /an -573des Landes Gvinea. anzuhalten / das wir auch williglich eingingen / weil ſie ſagten / mit vielen Elephanten-Zaͤhnen verſehen zu ſeyn. Es nennet ſich ſelbiges Dorff Corra, und iſt denen Schiff-Leuten zeithero ziemlich unbekandt gewe - ſen. Weil nun das Meer daſelbſt ungemein unruhig iſt / daß man weder mit einem Bey-Schifflein noch einem Kahn fuͤglich ankommen kan / ſtiege ich in eine Canoa, und lieſſe mich durch die Mohren an Land ſe - tzen / ohngeachtet die Canoa voll Waſſer lieff / nicht ſowol aus Luſt das ſonſt unbekandte Land in Augen - ſchein zu nehmen / als Begierde eine gute Handlung zu treffen.

So bald war ich nicht ausgeſtiegen / da fragte ich meinen Schiffmann den Mohren / wo ſein Dorff waͤre / darauf er mich eine gute viertel Meile ins Ge - hoͤltze herein fuͤhrte / und zwey kleine Doͤrffer ſehen lieſſe / da man Saltz machte / eines von 12. und das an - dere von 6. kleinen und jaͤmmerlich aufgebaueten Haͤu - ſern. Die Einwohner hatten mit dem Saltz ma - chen viel zu thun / und ſahen durchgehends ohne mei - nen Geleitsmann ſehr wild aus / ſo daß ich glaube / daß ſie niemahls mehr weiſſe Leute geſehen hatten.

Jch konte mit dieſen Leuten nichts ſprechen / und mein Geleitsmann / der mein Dollmetſcher ſeyn ſolte / war ſo unerfahren / daß ich Muͤhe hatte / ihm durch Reden und Zeichen verſtehen zu geben / was ich wolte. Wie wild aber dieſe Leute ausſahen / ſo kamen ſie mir noch ſehr hoͤfflich vor / denn ſo bald ich ihr Land beſe - hen / gleichwol keine Elephanten-Zaͤhne bemercket hat - te / machte ich mich reyſe-fertig / wurde aber von einem alten Mann / vermuthlich ihrem Oberhaupt / angehal - ten / nicht eher weg zu reyſen / bevor ich mit ihm gegeſ -ſen574Beſchreibungſen hatte / wozu ich mich wegen zimlichen Hunger nicht lange noͤthigen lieſſe / ſetzte mich derohalben an der Tafel / und wurde von gedachtem Alten auf ſein allerbeſtes tractiret / biß nach aufgehobener Tafel er mir meinen Abſchied erlaubete / doch mit dieſem Vor - behalt / ich ſolte Ubermorgen wieder zu ihm kommen.

Unterweges traff ich ohngefehr eine Frau mit vier Kindern an / fragte derohalben meinen Dollmetſcher / ob ſie auf einmahl von dieſe vier Kinder waͤre ſchwan - ger geweſen / darauf er mir mit ja antwortete / folglich dieſer Frauen eine Gabe zu bieten veranlaſſete. Nach - gehends machte ich mich wieder in mein Canoa, um bey unſere Chaloupe zu kommen / und ließ dem guten Alten vor alle Hoͤffligkeit dancken / mit dieſem Be - ſcheid / fals er Luſt haͤtte etwas zu erhandeln / moͤchte er zu Rio Seſtre ſich finden laſſen / alwo wir einige Ta - ge wuͤrden ſtill liegen.

So bald ich auf unſer Schiff kommen / zogen wir unſer Segel auf / nach Rio Seſtre alwo wir den drit - ten Decembr. gluͤcklich anlangeten. Selbiges Land iſt gegen der See Seite ſehr gleich / und hat hinter Rio Seſtre zwey hohe Berge liegen / deren einer einen hal - ben Circul oder Bogen am Himmel formiret.

Zwo Meilen von hier nach Weſten findet man zween groſſe Felſen / und eben ſo weit auch Weſtwerts ragt eine groſſe Spitze hervor ins Meer / ſo daß man dieſe Gegend leichtlich erkennen koͤnne.

Aus dem Meer ſchiffet man in den Fluß / deſſen Muͤndung voller Klippen lieget / nichts deſto weniger aber weil ſie 5. bis 6. Fuß unter Waſſer liegen / mit geladenen kleinem Fahr-Zeuge leichtlich zu paſſiren iſt /ohne575des Landes Gvinea. ohne zwo / welche hoch uͤber dem Waſſer ſtehen / und man dichte voruͤber fahren muß.

Das Dorff ſelbſt lieget neben dem Strande auf ei - ner Hoͤhe / und begreiffet ohngefehr ein 60. Haͤuſer in ſich / welche zierlich gebauet / und einige ſo hoch auf - gefuͤhret / daß man ſie drey Meilen aus der See abſe - hen koͤnne. Meiſtentheis ſind ſie auf ſelbige Art als zu Cabo Miſurado gebauet / ohne daß dieſe mehrere Geſchoß haben.

Der Rio Seſtre iſt ein uͤberaus ſchoͤner und an - nehmlicher Fluß / von beyden Seiten mit ſchoͤnen Baͤumen gezieret / mit unter lauffenden vielen Baͤ - chen / die ſich herein ſchleichen. Jnſonderheit aber ge - ben ihm die viele anliegende Doͤrffer das beſte Anſe - hen / und vor allen des Koͤniges / welches ohngefehr 3. Meilen von dem Mund des Fluſſes abgelegen / aus 30. Haͤuſern beſtehet.

Es ſagte dazumahl der Koͤnig / albereit zimlich bey Jahren ſeynde / daß alle daſige Einwohner von ihm herſtammeten / welches leichtlich zu glauben / angeſe - hen ihrer nicht gar viele. Er fuͤhret einen Europaͤi - ſchen Nahmen faſt wie alle andere Vornehme des Lan - des / und nennet ſich Peter / ein ſehr angenehmer und hoͤfflicher Alter / worinnen ihm ſeine Unterthanen zimlich nach kommen / uͤberdem auch ſehr arbeitſam / und zum Land-Bau nebſt der Handlung ſehr geneigt ſind. Von ihren Kleidern / Fruͤchten und Vieh - werck iſt nichts noͤthig hinzu zu ſetzen / weil ſie darinnen von obgemeldten Laͤndern nicht unterſchieden.

Sonſten hat es das Anſehen / ob lebten dieſe Leute in ſtetem Frieden / ſintemahlen man nirgends vom Kriege reden hoͤret / es ſey denn von einem kleinenSchar -576BeſchreibungScharmuͤtzel / welches unlaͤngſt zwiſchen ihnen und andern Mohren vorgefallen / da einige tieff aus dem Lande gekommen / und ohnverſehens ihr Dorff in Brandt ſtecken wollen / wenn ſie nicht den meiſten Theil gefangen bekommen / und vor Sclaven verkauf - fet / folglich dem Krieg bald ein Loch gemacht haͤtten.

Sie ſind im uͤbrigen ſehr arbeitſam / und inſonder - heit im Reiß ſaͤen ſehr emſig / dariñ ihr meiſtes Thun be - ſtehet. Dahero auch ſo viel Reiß bey ihnen waͤchſet / daß man in kurtzer Zeit eine gantze Schiffs-Ladung ſamm - len koͤnnte.

Die nun etwas vornehmer ſeyn wollen / legen ſich auf die Handlung / kauffen und verkauffen Reiß / Ma - laget und Elephanten-Zaͤhn / wiewol ſie von denen letzteren ſchlechten Vorrath haben / folglich kaum un - ter ihre Handlung mit zu rechnen.

Es faͤllt mir hiebey ein wie ſie ihre Todten begra - ben / und kan mit Stillſchweigen ihre Ceremonien nicht vorbeygehen / um ſo viel weniger / weil Zeit mei - nes Daſeyns eine alte Frau begraben wurde / da ich alle die Leichen-Gewonheiten mit angeſehen. So bald hat - te die gute alte Frau ihren Geiſt nicht aufgegeben / ſo bedeckte man ſie mit einem Gewand / und fanden ſich alle Nachbahren des gantzen Dorffs groß und klein um den Coͤrper herum / ein jeder mit etwas Blaͤttern von Bananas in der Hand verſehen ſeynde / damit die Alte von der Sonnen Hitze nicht verletzet oder incom - modiret wuͤrde.

Die Maͤnner ſchienen allemahl raſende Menſchen zu ſeyn / lieffen mit aller Macht um das Haus herum / und machten ein ſo erſtaunendes Geſchrey / daß fals ſie noch etwas Leben in ſich gehabt haͤtte / nothwendigdas577des Landes Gvinea. das bißgen Leben druͤber einbuͤſſen muͤſſen. Die Frauens um den Coͤrper herumſtehende / gaben ihren Maͤnnern nichts nach / und fingen mit vollem Halſe greßlich anzuſchreyen / ſo daß ich nicht wiſſen kan wer es am beſten gekonnt hat. Dieſe unvergleichliche Muſic daurete 24. Stunden ohne Aufhoͤren / nach - dem ruheten ſie etwas aus; und brachte man ein Ca - noa vor die Thuͤre / in welches der Coͤrper eingeleget wurde mit ein wenig Reiß und Palmenwein / damit die gute Frau unter Wegs nicht Hunger oder Durſt leiden doͤrffte / und fuͤllete endlich den Canoa mit un - terſchiedlichen gruͤnen Laub an.

Darauf gienge das Geſchrey von neuen wieder an / und daurete eine gute halbe Stunde / bis 10. ſtarcke tapffere Kerle hervortraten / welche den Canoa zuſamt dem Coͤrger aufnahmen und aufs Waſſer ſetzten / um ſelbige an den Ort ihrer Geburth zu fuͤhren und ſie daſelbſt zur Erden zu beſtaͤtigen. Jch bildete mir ein ſie wuͤrde ſolches ohnfehlbar in ihrem letzten Willen angeordnet haben / man ſagte mir aber / dieſes eine all - gemeine Gewonheit zu ſeyn / daß ein jeder an dem Ort wo er gebohren / auch muͤſte beerdiget werden / wenn es auch noch ſo weit waͤre; denn hierinn muͤſte der Ab - gelebte keine Unkoſten ſparen / oder bey deſſen Unver - moͤgenheit von denen hinterlaſſenen Freunden hierin - nen ein Vorſchuß geſchehen.

Drey Tage hernach kamen diejenigen / welche mit zu Grabe geweſen waren / ſaͤmtlich zuruͤck / und brachten jeder einen Hammel und groſſe Qvantitaͤt von Pal - menwein mit ſich / um einen Zerrem zum Andencken der Verſtorbenen zu halten. Nun haͤtte ich gerneO odas578Beſchreibungdas Ende geſehen / und bliebe deswegen allezeit bey ih - nen / kaum aber hatten ſie mich gemercket / ſo erſuchten ſie mich Compagnie mit zu machen / und dieſes Feſt zu begehen. Weil ich nun den gantzen Tag gefaſtet / lieſſe ich mich nicht lange noͤthigen / inſonderheit da mir das Fleiſch noch ziemlich wohl ausſahe / und und tranck mit ihnen ſo lange bis alles verzehret war / da ich gegen die Anverwandten mich bedanckte / und nach Hauſe eilete. Folgenden Morgen kamen alle die An - verwandten nebſt damahligen Anweſenden mir auf den Hals / mit Befragen was ich wol gedaͤchte / ob ich denn umſonſt ohne einigen Entgelt haͤtte eſſen wollen? Kurtz es halff kein Bitten / kein Sagen / ich muſte ei - nem jeden ins beſondere mit einem Geſchencke mir vom Halſe ſchaffen / ſo daß ich nach geſchloſſener Rechnung befande / man hatte dieſes Begraͤbniß aus meinem Beutel gefuͤhret. Setzte derohalben mir zur Lehre ein Denckzeichen in mein Schreibtaͤffelein / von nun an Zeit Lebens bey keiner alten Frauen zu Grabe zu gehen.

Sehet demnach was mir von Rio Seſtro bewuſt iſt; Zwar haͤtte ich gerne etwas weiter auf den Fluß mich gewaget / und das Land genauer in Augenſchein genommen / fals wir waͤren alleine geweſen / und je - mand anders die Handlung haͤtte abwarten koͤnnen. So waren aber alle Tage ſo viel Engellaͤnder die ohn - fehlbar meiner Handlung groſſen Eintrag gethan haͤt - ten / fals ich mich etwas entfernet haͤtte.

Endlich wurde die Handlung ſo ſchlecht / daß wir den XI. Decembr. genoͤthiget wurden abzuſeeglen /nach -579des Landes Gvinea. nachdem wir nur acht Tage daſelbſt uns verweilet hatten.

Es iſt ſelbiges Land ſehr ungleich / voller Berge und Thaͤler / von Nord-Weſt nach Suͤd-Weſt gelegen. Drey Meilen von Rio Seſtro findet ſich ein hoher Fel - ſen / auf welchem ein ſchoͤner Baum ſtehet. Man nen - net dieſe Gegend klein Seſtro, und anderthalb Seiten Weſt-werts ſiehet man einen groſſen Strich weit ins Meer hervor ragen / imgleichen zur Seiten eine ſehr hohe Klippe / die von oben gantz weiß / und von ferne ei - nem Schiff in vollen Seegel nicht unaͤhnlich iſt.

Eine Meile weiter hinunter vor dem Dorff San - gvin wurffen wir Ancker / fanden aber in der Hand - lung wenig zu thun.

Zeit unſeres Daſeyns kamen die Mohren von Bof - foe und Botterra an Boort / und hatten ein Canoa mit Malaget geladen / davor ſie lauter Annabaſſen haben wolten / ſo daß ich in zwey Tagen alles verkauffte was ich davon hatte.

Sonſten finde ich unter dieſen und uͤbrigen Moh - ren keinen Unterſcheid / es ſey denn daß ſie mehr zum ſtehlen geneigt ſind / indem ſie glauben erlaubt zu ſeyn / daß man alles ſtehlen koͤnne was in den Weg komt / da - ferne man nur behende damit umgehe. Daß man al - ſo genaue Acht auf ihre Finger haben muͤſſe / weil ih - nen alles anſtehet / und alles ohne Geld kauffen wollen.

Man kan auch das Land Sangvin gar leichtlich er - kennen / weil es nach Oſten ſehr hohe Baͤume ſtehen hat / die von weitem einen gantzen Gehoͤltz aͤhnlich ſcheinen.

O o 2Ohn -580Beſchreibung

Ohngefehr eine Meile von Sangvin Oſt-werts lie - get Boffoe, wegen ſeiner Sand-Baͤncke welche ſehr ſpitz und eben ins Meer ausſtehet / leichtlich zu erken - nen / um welche rund herum ungemein viele groß und kleine Felſen liegen.

Nachdem kam ein Mohr an Boort / der ſich James nennete / und vor den Capitain von Boffoe ausgab / ein wenig verdorben Engliſch und Portugieſiſch durch einander ſprechende. Es ſchiene ſelbiger gar viel auf das Weibervolck zu halten / weil er die gantze Zeit von nichts anders zu reden wuſte / daß er nemlich 10. haͤtte / und zuweilen ſeinem Sohn Joſt welchen er bey ſich hatte eine uͤberlieſſe. Wir ſtelleten ihm zwar vor es waͤre dieſes eine Schande / und in der gantzen Welt nicht uͤblich / er fieng aber hertzlich an daruͤber zu lachen / ſagende man muͤſte ſich an dergleichen Kleinig - keiten nicht binden laſſen.

Endlich nahmen wir Abſchied und verlieſſen Bof - foe. Unter Weges traffen wir 3. Meilen von Boffoe ein Dorff an / welches nahe am Strande lage / Botterra genannt / und eine halbe Meile weiter nach Weſten eine groſſe Klippe im Meer / auch noch eine dergleichen eine Meile unterhalb Botterra, bis man endlich das Land gleiches Nahmens erblicket / welches ſehr hoch lieget und vieles Gebuͤrge hat. Wir wurffen nicht ein - mahl Ancker / ſondern ſeegelten gar langſam vorbey / ſo daß mir waͤhrendem ſeegeln etwas Gryn oder Ma - laget einkaufften / folglich keine Gelegenheit hatte von dem Lande noch deſſen Einwohnern einige Nachricht zu erhalten / wiewol ich wenig Unterſcheid zwiſchen die - ſen und den Boffoern mir einbilden kan.

An -581des Landes Gvinea.

Anderthalb Meilen von Botterra findet ſich das Dorff Sino, an ſeinem groſſen Felſen / der gar weit ins Meer auf einem Sande lieget / leichtlich zu erkennen. Hinter dieſem Dorff gehet ein ſehr ſtarcker Fluß nach Bericht derer Mohren ſehr weit ins Land / und iſt nicht viel kleiner als Rio Seſtro. Ein mehreres habe ich von dieſer Gegend nicht erfahren koͤnnen / weil ich da - ſige barbariſche Sprache gar uͤbel verſtehen konnte. Das Land lieget nach Oſt-Suͤd-Oſt und Weſt - Nord-Weſt.

Darauf verfolgten wir unſeren Cours, und kamen den 20. Decembr. vor Seſtro Crou, ein ſehr niedri - ges und plattes Land / mit einem ſehr ſchoͤnen Dorff / welches dem zu Mina nichtes nachgiebet / ſondern noch viel groͤſſer und weitlaͤufftiger iſt. Hinter dem Dorff iſt das Land am hoͤchſten / und mit vielen wiewol Blaͤt - ter-loſen Baͤumen beſetzet. Auf dem Strande liegen zwey groſſe Felſen ohngefehr eine halbe Meile von ein - ander / dabey man dieſe Gegend leichtlich abmercken kan. Die Einwohner ſchienen hoͤfflich und belebt ge - nung zu ſeyn / auch viel ordentlicher als die etwas hoͤher wohnenden. Nur Schade daß man ihre Sprache nicht verſtehen kan / damit man von ihren Sitten und Gewohnheiten etwas erinnern koͤnnte. Sonſten ha - ben ſie dieſelbige Fruͤchte und Thiere als in andern Oͤr - tern / nicht weniger auch Mangel an Fiſchen als die zu Gvinea.

Nachdem wir alſo auch hier das unſrige verrichtet / machten wir uns weiter nach dem Dorff Wappo 3. Meilen von SeſtroCrou. Selbiges iſt wegen ſeiner hohen ſehr weit aus einander ſtehenden BaͤumenO o 3gnug -582Beſchreibunggnugſam kaͤnntlich / welche man hinter dem Dorffe auf einem ziemlich hohen Berge von weiten ſehen kan. Jhre Gipfel ſcheinen von ferne gantz roth zu ſeyn. Vor dem Dorff Wappo lieget auch ein groſſer Felſen / welcher vom Lande gantz abgeſondert / folglich einer rechten Jnſul aͤhnlich iſt. So bald wir nur vorbey ge - ſchiffet / konten wir kein Land mehr ſehen. Es lieget ſelbiges nach Oſt-Suͤd-Oſt und Weſt-Suͤd-Weſt. Sonſten aber ſo weit als wir ſehen koͤnnen ſehr gleich und eben bis Cabo das Palmas. Hier findet ſich eine groſſe Spitze Landes weit ins Meer geſtrecket / von weiten gleichſam ein Meerſchwein abbildend. Jmglei - chen auch ein ſchoͤnes Dorff zwiſchen vier groſſen Baͤumen / ſo wir vor Palmenbaͤume hielten.

Zwar gaben wir das gewoͤhnliche Zeichen um die Mohren an Boort zu rufſen / ſahen aber keinen Men - ſchen ankommen; ſuchten dahero mit aller Macht die Hoͤhe von der Cap zu gewinnen / als eine offters ge - ſaͤhrliche Sache / wenn man dem Lande ſehr nahe iſt. Doch kamen wir gluͤcklich voruͤber in der Nacht vom 25. Decemb. und ſetzten unſere Reyſe fort bis Drou - win, weil wir weder Mohren noch Doͤrffer ſpuͤreten. Zwiſchen der Caep Palm und Drouwin lieget das Land ſehr hoch und eben / ohngefehr 26. Meilen lang nach Nord-Oſt und Suͤd-Weſt.

Den 26. Abends lieſſen wir unſer Ancker fallen vor Drouwin, und folgenden Morgen bekamen wir mit anbrechendem Tage drey Canoas mit Elephanten - Zaͤhn / nachdem ich ſelbige theuer genung bezahlet / uͤber - dem auch diejenigen ſo ſie brachten reichlich beſchencket hatte.

Jch583des Landes Gvinea.

Jch habe aber Zeit Lebens keine ſo begierige und wil - dere Leute geſehen als dieſe / weil ſie alles geſchenckt ha - ben wolten was ſie mit Augen ſahen / und wenn man ſie etwas unglimpflich anredete / alſofort vom Schiff weg und nach dem Lande flohen / ſo daß wir unſeren Handel ohne nachdencklichem Verluſt allhie nicht fuͤh - ren koͤnnen.

Jhre Zaͤhne waren ſo ſpitzig und ſcharff als derer Wallfiſche / dahero man mir geſaget ſie waͤren groſſe Liebhaber vom Menſchenfleiſch wenn ſie es bekommen koͤnnten; ſo daß ich keinem Menſchen rathen wolte an Land ſich zu wagen, fals er in den Magen dieſer Wil - den nicht wolte begraben ſeyn.

Es laͤſſet ſich ſonſten das Land leichtlich erkennen / theils wegen ſeiner Hoͤhe und vielen Berge / theils auch inſonderheit wegen ſeiner vier groſſen Dorffſchafften / die man eine halbe Meile von einander liegen ſiehet. Hinter dieſem einen Oſt-werts befindlichen / ſtehet eine ſehr hoch hervor ragende Spitze vom Berge / welche gleichſam in etwas gekruͤmmet wieder nach unten ge - het / und mitten drinnen einen Fluß Nahmens S. An - dries fuͤhret / der ſich ins Meer ergieſſet: von dieſem ſagen die Mohren daß er nach Weſten lauffe / auch ſo breit und tieff ſey / daß man mit Schiffen um Kauff - mannſchafft zu treiben / darauf fahren koͤnne / im Fall man vor daſigen Mohren geſichert waͤre / welche als die aͤrgſte Boͤſewicht und Schelme des gantzen Landes auf alle vorbey fahrende aufpaſſen / ſo daß man ſich wohl vorzuſehen / dafern man nicht von dieſen Schelmen uͤberrumpelt und grauſamlich tractiret ſeyn will. Nur dieſes iſt zu bedauren / und nicht weniger zu beneiden /O o 4daß584Beſchreibungdaß dieſe Unmenſchen uͤberfluͤßig mit aller Nothdurfft verſehen ſind / in dem ſie nicht allein Milhio, Jammes, Bakovens und Bananas, ſondern auch kurtz zu ſagen alles was im gantzen Lande anzutreffen / haͤuffig haben / ſowol Kuͤhe / Hammel / Huͤhner und dergleichen / als auch aller hand Wildwerck / ſo daß an zureichlichen Un - terhalt des Lebens kein Mangel zu ſpuͤren; folglich um ſo viel mehr zu beneiden / weil ſie nichtes an andre dar - von uͤberlaſſen wollen / ohne ihr lumpenes Spitzen - werck / welches ſie theuer genung wiſſen anzubringen.

Es giebet noch heutiges Tages Leute welche in Zweiffel ziehen wollen / daß wuͤrckliche Menſchen in der Welt waͤren ſo Menſchenfleiſch genieſſen / weil ſie ſa - gen / daß ſolche Art Leute einig und allein der Rede nach von denen unvernuͤnfftigen Thieren unterſchieden waͤ - ren / welches aber nicht zu behaupten / ſintemahlen GOtt einem Menſchen eine vernuͤnfftige Seele gege - ben / vermittelſt welcher er erkennen koͤnnte was ihm nuͤtz - oder ſchaͤdlich ſey. Uber dem wollen ſie auch nicht zugeben daß man ſolche Leute wilde Menſchen nennen koͤnnte / ſondern das waͤren allein wilde / die dem un - vernuͤnfftigen Vieh gleich in Holtz und wuͤſten Waͤl - dern von allen menſchlichen Umgang abgeſondert / nach keinem Goͤtt - oder weltlichen Geſetz lebeten. Nun waͤ - ren aber ſolche Leute nirgends anzutreffen / folglich auch noch niemahls Wilde weder geweſen / noch jemahls zu verhoffen. Allein es hat dieſer Vernunfft-Schluß wenigen Grund / ſintemahlen die Erfahrung ſelbſt leh - ret / daß wuͤrckliche Anthropophages oder Menſchen - freſſer ſeyn / uͤberdem auch aus dem Alterthum und ſehr vielen Autoribus ohne die unſrigen zu erweiſenſte -585des Landes Gvinea. ſtehet. Es erhellet ja dieſes klaͤrlich aus unſerm von Nord-Holland / ohngeachtet ſelbiger Autor von ſeinem Zweck etwas abweichet / genung daß dieſes was er von denen Baſilianern und benachbarten Laͤndern angemercket / eine ausgemachte Wahrheit iſt. Und was haben wir weiter Zeugniß noͤthig / da ihr es ſelbſt erfahren mit denen hinter Ardra wohnenden Mohren / die ſich einbildeten bloß darum von uns gekaufft zu wer - den / daß wir ſie genieſſen wollen / gewiß wuͤrden ſie der - gleichen Meynung nicht hegen / fals ſie nicht uͤberzeuget waͤren es muͤßten hier oder da Menſchenfreſſer zufin - den ſeyn. Zweytens ſtehet zwar nicht zu leugnen / daß ſolche wilde Leute als man ſie beſchreibet nirgends anzutreffen / doch wird man mir geſtehen muͤſſen / daß ein ſolch groſſer Unterſcheid unter den Voͤlckern und Nationen anzutreffen / daß eine in Gegenhaltung der andern nicht unfuͤglich die Wilde heiſſen kan / nicht weil ſie keine vernuͤnfftige Seele haben / ſondern weil ſie aus Mangel einer ehrbaren und vernuͤnfftigen menſchli - chen Geſellſchafft den Gebrauch ihrer Venunfft ver - liehren. Und wie? hat man nicht Exempel genung daß Leute in ihrer Jugend einige Jahre in Waͤldern zu zu - bringen genoͤthiget ſeynde / dermaſſen wild und unbaͤn - dig geworden / daß ſie auch andre Menſchen als ihnen gefaͤhrliche Geſellſchafft geſcheuet / und vor ihnen ge - lauffen ſind. Doch genung hievon / ein jeder mag hie - von glauben was ihm gefaͤllig.

Wir verlieſſen dieſe wilde Unmenſchen den 29. und giengen mit vollem Seegel aus Suͤd-Oſt nach Suͤden. Bis wir nach Rookloven einem rechten Abgrund kamen / derer mehr als 16. drey StundenO o 5weit586Beſchreibungweit zu finden / und bey heiterer Lufft uͤber 6. oder 7. Stunden zu ſehen ſind. Von Doͤrffern und Mohren war nichts zu ſehen: das Land erſtrecket ſich von Drou - win bis Cabo Lahoe in die 27. Meilen lang.

Den 30. langeten wir vor Cabo Lahoe an / einem ſehr abhaͤngigen und See-werts uͤberaus niedrigem Land. Das Dorff hingegen iſt ſehr groß und ſchei - net laͤngſt dem Strande eine Stunde lang zu ſeyn. Zwiſchen den Haͤufern ſiehet man ſchoͤne Palmbaͤume wie zu Axim; mit welchem es fehr uͤbereinkomt / ohne daß es groͤſſer iſt / auch nicht ſo hoch lieget / und in der Mitten des Dorffs keine Veſtung hat als in Axim.

Hinter dieſem Dorff ohngefehr 3. Stunden weiter ins Land finden ſich ſehr hohe Berge / und eine Stunde von Cabo Lahoe nach Abend ein ziemlich groſſer Fluß / welcher in Rio S. Andries ſich entladet / ſon - ſten aber tieff ins Land hineindringet / gegen Abend her - gegen bald ſich endiget.

Es ſcheinet auch als ſeynd hieſige Mohren guter Art / mit denen man leichtlich zurecht kommen kan / ohne daß ſie anitzo ihre Elephanten-Zaͤhne allzuhoch ausbrin - gen wollen. Doch ſind die viele nicht beurlaubete Engliſche und Hollaͤndiſche Schiffe ſonderlich die er - ſteren hieran Schuld / welche Zeithero die Handlung ziemlich geſchwaͤchet.

An Lebens-Mitteln findet man eben dieſelbige ſo zu Drouwin ſind / wiewol an ſich beſſer und wohlfeiler. Mehr weiß ich von dieſer Gegend nicht zu ſagen / ohne daß die Mohren vorgaben / wie ſie allhie ſehr ſtarck waͤ - ren / und einen Capitain zu ihrem Oberhaupt haͤtten.

So587des Landes Gvinea.

So bald wir nun das unſrige gethan lichteten wir unſer Ancker / und ſeegelten nach Jaqve la hoe ohnge - fehr 3. Stunden von Cabo Lahoe, welches Land von gleicher Laͤnge. Weil aber die Mohren ſagten kei - ne Elephanten-Zaͤhne feil zu haben / wurden wir ſchluͤſ - ſig bis zu dem Graben ohne Grund zu ſchiffen / welcher ohngefehr 4. Stunden weiter lieget / und von ſeiner un - glaublichen Tieffe den Nahmen fuͤhret.

Das Land zwiſchen Cabo Lahoe bis unterhalb Jaqve la hoe iſt ſonſten auf der Land-Carte unter dem Nahmen Qvaqva-Kuͤſt fattſam bekandt / kan aber nicht wiſſen woher dieſer Nahme ſeinen Urſprung fuͤh - re / er muͤſte denn von daſiger Sprache ſo von einigen dem Geraͤuſch des Schilffrohrs verglichen wird / her - genommen ſeyn. Wiewol ich dieſer Meynung nicht bin / ſintemahlen unter dieſer und derer uͤbrigen Moh - ren Sprache wenigen Unterſcheid finden kan. Bey ihnen heiſſet das Land Adouv und die Einwohner A - douvſe, allein wir bleiben bey dem in der Land-Carte gebraͤuchlichem Nahmen Qvaqvaſe.

Vermuthlich wird euch nicht unwiſſend ſeyn / wie geſchickt und behende dieſe Leute ſchwimmen und tau - chen koͤnnen. Jch habe offtermahls mit Verwunde - rung zugeſehen / wenn ſie an Boortgekommen / und ir - gends ein Schnur Corallen oder dergleichen von mir in See geworffen / wie einer oder der ander von ihnen mit ungemeiner Behendigkeit ins Waſſer ſprunge / und das hereingeworffene heraus holete / ohngeachtet es allbereit tieff herein geſuncken / ſo daß es ihnen ſelten fehlet / fals ſie das gefundene vor ihre Muͤhe behalten doͤrffen. Von hieraus fuhren wir die gantze Nacht /und588Beſchreibungund kamen mit anbrechendem Tage vor Aſſiné, wel - ches wie ich glaube ſieben Stunden von obigen Gra - ben entfernet / und nach Suͤd-Oſten lieget.

Es giebet allhier keine Elephanten-Zaͤhne / ſondern allein Gold zu kauff / wozu wir keine Ordre hatten / folglich ohne weiteren Auffenthalt von Aſſiné abſee - gelten.

Jnzwiſchen kam ein Canoa an Boort / davon ich den Mohren fragte was die Frantzoſen machten / und ob ſie ſich gut mit einander vertruͤgen? darauf er mir antwortete / es waͤren alle Caboceros nebſt ihrem gan - tzen Anhang allbereit von Aſſiné weggezogen / und ei - ne Stunde hoͤher von dieſem Dorff wohnen gegangen / allwo ſie bis dieſe Stunde ſich aufhielten / und die ge - ringſte Kauffmannſchafft mit denen Frantzoſen nicht geſtatten wolten / als welche nur ein ſchlechtes Haus auf dem Strande innen haͤtten / ſo ſie mit Palliſaden umgeben / und 5. Stuͤcken Geſchuͤtzes beſetzet / doch laͤgen anitzo nur 8. Mann zur Beſatzung in einer ſol - chen mit vielem Kriegs-Geraͤth verſehen Behau - ſung / welches die Frantzoͤſiſche Schiffe hieſelbſt abge - ſetzet haͤtten. Weil ſie auch oͤffters groſſen Mangel an Waſſer ſpuͤreten / gleichwol aber die Mohren ſol - ches zu holen ihnen nicht geſtatten wolten / beſorge er / es wuͤrden die Frantzoſen ſich nicht lange halten koͤnnen / ſondern eheſtens dieſe Gegend verlaſſen muͤſſen / fals nicht eine anſehnliche Macht aus Europa ihnen zu Huͤlffe kaͤme. Ob nun dieſes ſich alſo verhalte oder nicht / wird die Zeit lehren; wiewol ich nicht glauben kan / daß die Frantzoſen ſo uͤbel daran ſeyn / als ſie dieſer Mohr abgemahlet.

Von589des Landes Gvinea.

Von Aſſiné bis Cabo Apollonia ſind ohngefehr 10. Stunden gegen Oſt-Suͤd-Oſt. Zwiſchen bey - den ſiehet man unterſchiedliche groſſe und kleine Doͤrf - fer. Doch weiß ich von allen nichts zu ſagen / weil nie - mand zu uns gekommen / mit dem ich haͤtte ſprechen koͤnnen.

Sonſten lieget dieſe Cap ſehr niedrig und eben / hat hinter ſich drey ſehr hohe Berge / dabey ſie leicht zu er - kennen / wiewol es kaum verdienet Cap genennet zu werden / in Anſehung daß man ſelbige unvermerckt voruͤber ſegeln wuͤrde / fals ſie nicht beſagte drey Berge haͤtte.

Cabo Apollonia iſt von Axim ohngefehr 7. Stunden entlegen / wiewol es andere weiter halten. Das Land ſo dazwiſchen lieget iſt ſehr niedrig und mit vielen Palmenbaͤumen beſetzet. Jmgleichen hat der Strand was annehmliches wegen ſeiner ſonderlichen Ebene und Breite / ſo daß man mit vieler Vergnuͤg - lichkeit in Kutſchen und Wagen ſpatziren fahren koͤn - te / fals es an ſolchem Fahrzeuge nicht ermangelte.

Wo nun dieſer Strand ſich endiget / findet man eine ſtarcke halbe Stunde von Axim den Rio Cobre. Weil ihr aber von dieſem Lande und hieſiger Gegend gruͤndlichere Nachricht ſelbſt erfahren / wird mir hof - femtlich erlaubet ſeyn / hieſelbſt ſtill zu ſtehen / und mei - ner Beſchreibung ein Ende zu machen / nach demuͤ - thiger Bitte / ihr wollet mit bisherigem vergnuͤgt / an - bey aber gewiß verſichert ſeyn / daß ich alles anmer - ckens-wuͤrdige mit groͤſter Sorgfaͤltigkeit aufgezeich -net /590Beſchreibung des Landes Gvinea. net / der ich mich zu deſſen beharrlichen Gewogenheit treulich anbefehle / mit der aufrichtigen Verſiche - rung / daß ich bin

Meines Herrn Demuͤthigſter und gehorſamſter Diener /
Jean Snoek.
Ende des zwey und zwantzigſten und letzten Briefes.

About this transcription

TextReyse nach Gvinea
Author Willem Bosman
Extent652 images; 141694 tokens; 14327 types; 987139 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

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EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationReyse nach Gvinea oder ausführliche Beschreibung dasiger Gold-Gruben/ Elephanten-Zähn und Sclaven-Handels/ nebst derer Einwohner Sitten/ Religion/ Regiment/ Kriegen/ Heyrathen und Begräbnissen/ auch allen hieselbst befindlichen Thieren/ so bishero in Europa unbekandt gewesen Willem Bosman. . [8] Bl., 590 S., [14] Bl., [3] gef. Bl. : 2 Frontisp. (Ill. und Portr., Kupferst.), 17 Ill. (Kupferst.). Heyl und LiebezeitHamburg1708.

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Universitäts- und Landesbibliothek Halle ULB Halle, Ob 3911 (1)

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Reiseliteratur; Belletristik; Reiseliteratur; core; ready; china

Editorial statement

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