PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Das Schweitzeriſche Von Milch und Honig flieſſende Canaan, Und hoch-erhabene Berg-Land;
Mit ſeinen himmliſchen Vorthei - len, auch irrdiſchen Segen und Be - quemlichkeiten beſchrieben; Und wie dieſe ſichtbare Sachen und leibli - che Geſchaͤffte nur Schatten-Bilder ſeyen geiſtlicher Verrichtungen / Paradiſiſcher Vorrechten und ewiger Guͤter.
BERN,Gedruckt und zu finden in der Obern Druckerey beyEmanuel Hortin,1731.
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Hochgeehrte / Wohl-Ehr - wuͤrdige, Ehrengeachte, Fuͤr - geliebte Herren Vorſtehere im Geiſt - und Weltlichen Regiment der Sanen-Landſchafft, wie auch deß Oberen und Underen Simmenthals. ES iſt billich, daß ich Euch mit dieſer Ehrerbietung als mit der Zuſchrifft dieſes Trac - taͤtleins begegne; Sintemal die mir vergangenen Som̃er von Euch erwieſene Gunſt-Gewogenheit, Freundſchaffts-Liebe und ſonder - bahre Hoͤfflichkeit, fuͤrnemlich aber das ſehnliche Anhalten etwelchera 2heils -4heilsbegieriger Hertzen unter Euch, (daß eint-und andere an ihrem Ort gehaltene Predigt zu mehrmaliger Erfriſchung deß Angehoͤrten, in Druck kom̃en moͤchte) Anlaß dar - zu gegeben hat. Wuͤnſche von GOtt dem Vatter durch unſeren HErren JEſum CHriſtum, daß Euch der Eingang ins geiſtliche Ca - naan, ſo der Suͤnd und Heucheley verſchloſſen iſt und bleibt, durch den Mittler und Heyland der Welt ge - oͤffnet werde, auf daß ihr unge - hindert zu JEſu dem wahren, him̃ - liſchen Weinſtock und Feigenbaum nahen, und der Fruͤchten ſeiner Lie - be im rechten neuen Leben, Frieden deß Gewiſſens und Freude deß Her - tzens genieſſen, mithin wiederum mit GOtt Gemeinſchafft haben moͤ - get, damit Jhr nicht von den Men - ſchen zwar hochgeehrt, angeſehen, vor GOTT aber ein Greuel ſeyet, Luc. 16: 15. Von auſſen emen ein - gebildeten Him̃el weltlicher Hoheit,Ehre5Ehre und Gluͤckſeligkeit, innwen - dig aber in der Angſt-Pein und Ver - dam̃ung deß Gewiſſens eine wahre Hoͤlle habet. Ach Chriſtus er greiffe Euch alle Morgen mit ſeiner Krafft - Hand, ſtaͤrcke, erwecke und treibe Euch durch ſeinen guten Geiſt, daß Jhr in Eueren hochwichtigen Aem - teren GOttes Ehre, den Fortgang ſeines Reichs, deren Undergebe - nen geiſt-und leibliche Wohlfahrt, anbey Euerer eigenen Seelen Er - rettung behutſamlich allenthalben ſuchet, nur mit GOtt in dem Sohn ſeiner Liebe immer lebendiger, inni - ger, wahrhafftiger durch die Heili - gung deß Geiſtes vereiniget zu wer - den, mit dem unumgaͤnglichen dar - zu noͤhtigen Ernſt, daß ihr lieber alles andere daruͤber verſchmaͤhet und vergeſſet, als daß Jhr an ſo groſſer Seligkeit zu kurtz kommen, der Porten deß Himmelreichs ver - fehlen, und vor den Augen Euerer Gerichts-und Gemeind-Angehoͤ - rigen zuſchanden werden ſoltet.

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Bey ſothanigem Sinn und heili - gen Reſolution wird es Euch nie - mals weder an Weißheit, noch Muth und Hertzhafftigkeit mang - len: Der getreue Hoheprieſter, der Koͤnig aller Koͤnigen, und hoͤch - ſte HErr aller Herrſchenden, wird Euch den Zutritt zu GOtt immer - dar offen behalten, daß Jhr mit al - ler Freymuͤhtigkeit das erforderli - che Licht, Krafft und Freudigkeit auß ſeiner reichen Fuͤlle holen koͤn - net. Sehet alſo wirds Euch leicht ſeyn eine Zierd deß Landes und der Kirchen zu ſeyn, als ſchoͤne Pal - men-Baͤume im Sieg uͤber alles Boͤſe zu ſtehen, Fleiß anzulegen die Mauren Zions und ihre Pallaͤſte zu erhoͤhen, daß Euch die vorige Jahr erſtattet werden, und Jſrael froͤlich ſeye in dem HErren ſeinem GOtt, wann Er den Spath-Re - gen als die letſte Pfingſten herab ſenden wird, Joel. 2. und das neue Volck das gebohren wird, ſeinenRuhm7Ruhm erzehlet, daß Ers ſeye, der getreue Schoͤpffer, daß Ers thue. Jn dieſem ſeligen Wandel mit GOtt iſt kein Tod, oder Unruh, oder Fluch, oder Quaal und Verdam̃niß mehr, ſondern ein Wachsthum und Uber - fluß deß Guten ins Unendliche: GOtt gibt Staͤrcke genug den Un - vermoͤgenden, und machet ſie zu unbeweglichen Pfeilern ſeiner Ge - rechtigkeit, die ſich durch kein Anſe - hen der Perſon oder Eigennutz und Ehre erſchuͤttern laſſen, ſondern ge - rade zu auf GOtt allein und ſeine unvermeidliche Gericht ſchauen, und mit hell-lautern Augen um ſich ſehen, GOtt allein zu gefallen. Ja ſolchen Regenten und Lehreren ſchencket der H. Geiſt auß ſeiner un - ermuͤdeten Treue und Begierd ih - rer Verklaͤrung in Chriſto eine ernſthaffte Vorſichtigkeit, daß ſie ihre Rechnung, ſo ſie abzulegen haben, taͤglich uͤberſchauen, durch - gehen, damit JEſus die Freud ha -a 4be8be Sie als getreue Haußhalter zu kroͤnen. Es ſeye demnach ein auß - gemachte mit GOtt verabgeredte Sachbey Euch obſchwebenden Her - ren Vorgeſetzten im weltlichen Re - giment, daß Jhr und Euer Hauß dem HErren dienen wollet, und thun was Jhme wohlgefaͤllt; Diß wird ja auch Euer heilige Schluß ſeyn, Jhr Fuͤhrer und Hirten der Seelen, daß Jhr Chriſtum mit un - ablaͤſſigem Sehnen angelegenlichſt erbetten wollet, daß Jhr nichts re - det, als was Jhr ſelbs erfahren genoſſen, gethan und geuͤbet; auch alles alſo redet, wenn, wie, wo und was Chriſtus haben will, auf daß ein jeglicher zum Volck friſch ſagen doͤrffe: Seyd meine Nach - folger, gleichwie ich Chriſti bin. Dieſes wird ein Zeichen ſeyn, daß der Geiſt der Herrlichkeit auf Euch ruhet, wie auf Joſua und Eſra, und daß Jhr Maͤnner ſeyet von GOtt beruffen, und außgeruͤſtet EuerVolck9Volck auß der Einoͤde der geſaͤtzli - chen Frommkeit und Heuchel-Chri - ſtenthums und auß dem Babel deß verworrenen und verhuͤrſcheten Seelen-Zuſtands ins wahre gelob - te Land deß Koͤnigreichs GOttes, darinn Gerechtigkeit, Fried und Freud im H. Geiſt zu haben iſt, ein - zufuͤhren. 1. Tim. 4: 16. Alsdann habt ihr die Verſicherung, daß Euer Land, Volck und Gemeinden das anmuͤhtigſte Eden und geſeg - neſte Canaan ſeyn werde, da Myr - then anſtatt der Dornen wachſen: Alſo, daß Berg und Huͤgel fuͤr Euch her laut ruffen und frolocken wer - den mit Freuden-Geſang, und alle Baͤume auf dem Felde mit den Haͤnden klappen, und es mit dem Evangelio gelingen wird, darzu es der HErr der Heerſcharen ſendet, daß JEſus Name und Seligkeit wie Strome von Milch, Honig, Oel und Wein durchs gantze Land flieſ - ſen, und alle Einwohner voll wer -a 5den10den der Herrlichkeit GOttes. Der GOTT aber der Hoffnung erfuͤlle Euch mit aller Freud und Fried im Glauben, auf daß Jhr voͤllige Hoff - nung habet durch die Krafft deß H. Geiſtes. JEſus ſpreche ſelbs ein kraͤfftiges, unwiderruffliches Amen. Wuͤnſchet auß hertzlicher Zunei - gung mit aller ſchuldigſten Erkennt - lichkeit, Hochſchaͤtzung und tieffſter Ehrerbietung Hochgeehrte, Wohl-Ehrwuͤrdige, Ehrengeachte, Fuͤrgeliebte Herren Vorſtehere im Geiſt-und Weltlichen Regi - ment der Sanen-Landſchafft und deß Obern und Undern Sim̃enthals.

Dero

Zu underthaͤnigem Gehorſam / Treu und Liebe bereitwillig - ſter Diener Samuel Lucius, Pred. deß Ev. J. C.

Vor -11

Vorrede.

Mein Werthgeehrter Leſer!

ERwarte hier nicht eine Beſchreibung deß gantzen Schweitzerlands mit ſei - nen Luſt-Gefilden, Fiſch-und Schiff - reichen Seen, weiten Korn-Feldern, luſtigen Wein-Huͤglen, Kraut-und Obs-Gaͤr - ten, klaren Bruͤnnen, lautern Waſſer-Baͤchen und kommlichen Stroͤmen, anmuhtigen Luſt-Waͤl - dern, gruͤnen Wieſen und uͤberall wohl-ange - bauten Lande, der nehrhaffteſten Speiſe an Brodt und Fleiſch, auch allerhand Geflugel und Wild - prett, alles wohl-geſchmackt und ſo voller Nah - rungs-Safft, daß mans kaum ſo gut in Euro - pa findet, von Saltz-Quellen, Berg-wercken, und andern Reichthuͤmmern nichts zu melden; Zumal diß alles einen zimlich groſſen Tractat er - forderte, wann darbey fuͤrnemlich gezeigt werden ſolte, wie alle dieſe Geſchoͤpffe ſamt allen denen Aemtern, Verrichtungen, Handthierungen der Burger in Staͤdten und der Bauren in Flecken und Doͤrffern nur Schildereyen ſeyen von denen Guͤtern, Schaͤtzen, Haͤndeln und Aemtern im unvergaͤnglichen Reich Chriſti, deſſen ſich der Re - gent in ſeinem Stand, der Burger in ſeinem Kauffladen und Werckſtatt, der Landmann beyſeinen12Vorrede. ſeinen Reben und Ackerbau, bey aller ſeiner Feld - Arbeit im Vieh-Weiden, Holtzen, Zaunen, Fiſchen, Hetzen, Jagen zu erinnern haͤtte: Nein ſo weit will mich dißmahl nicht außlaſſen, ſonder innert den Schrancken deß Sanen-Lands und Sieben-oder Simmenthals bleiben. Der An - laß darzu iſt ein Liebes-Beſuch, welchen auf freundliche und edelmuͤhtige Einladung im Heu - monat dieſes 1730. Jahrs deß Schloſſes Rou - gemont, Rothberg oder Roͤtſchmund, gethan ha - be. Da hab ich den 7. in Sanen geprediget in einer ſo volckreichen Verſammlung, dergleichen ich in keiner Stadt geſehen zu haben mich entſin - ne. Gelobet ſeyſt Du guter JEſu, daß Du die - ſes durch Deine leitende Gnaden-Hand ohne mein eigen Geſuch oder Anerbietung alſo geregiert, denn Du weiſſeſt, daß es mir eine unvergleich - liche Freude und uͤber alle koͤnigliche Hoheit, Reichthum, Ehre und Luſt iſt in groſſen Gemein - den, ſonderlich heilsbegierigen Seelen von Dei - ner liebeswuͤrdigſten Vollkommenheit, Weiß - heit, Allgenugſamkeit, Gnad, Treu und Guͤ - te zu zeugen, und unzehliche Hertzen zu deiner Liebe anzureitzen; Ja ich will Dir in der Ewigkeit dancken, daß Du mir dieſe Himmels-ſuͤſſe Erquickung gegoͤnnet haſt, Amen Hallelujah! Der Text war Joh. 15: 7. da ich geredt von dem unerſaͤttlichen Ankleben deß Glaubens und der Liebe an JEſum mit verliebtem Andencken, Anſchauen, Jnnenbleiben und allemal unverweiltem Wiederkehren, wo man außgeſchweiffet, wie eine verlockte Daube zu denen Felßritzen und Dauben -Hauß,13Vorrede. Hauß, wie eines Kinds nach ſeinem Her - umſchwaͤrmen und Beſudlen auf der Gaſ - ſen zu ſeiner Mutter, eines Huͤndleins zu ſeinem Meiſter, eines Schaͤffleins zu ſeinem Hirten, einer Braut zu ihrem Braͤutigam, und das ſo lange treiben, biß das Hertz ein Altar deß H. Geiſtes wird, allda das Feuer der Liebe Chriſti Tag und Nacht glimmet und flammet, alſo daß, nachdem man durch manchen Schaden gewitziget worden, und Lehrgelt genug gegeben; Das immer - waͤhrende Gebaͤtt, 1. Theſſ. 5: 17. und das ſtets unabgezogene, unverruckte Jnneblei - ben, 1. Cor. 6: 17. und 7: 35. in Chriſto lehrnet, wie ein Fiſch im Waſſer, der Sol - dat in der Feſtung, das Glied am Leib, Noah in der Arch, Hanna im Tempel, die Rebe am Weinſtock, und wie JEſus im Vatter, Joh. 17. ſo ihr in mir bleibet. O ein hoͤchſtſeliger Befelch! O ein uͤber - himmliſches Beding! Wo man erwigt wer die Jhr ſeyen, und wer dagegen der Mir ſeye. Wann JEſus nur einen Tag im Jahr erlaubte bey Jhm zu ſeyn, wie der Hoheprieſter ins Allerheiligſte, ſolten wir uns billich das gantze Jahr darauf freuen; Aber bleiben was iſt das? So / O ein er - wuͤnſchtes Beding! Wann JEſus nur ſeinen Mund auffthut, ſo brudelt gleich ein Strom von Liebe und Seligkeit hervor. Jſt14Vorrede. Jſt ſo viel geſagt als: So ihr die Erſtlinge deß himmliſchen Freuden-Reichs ſorgfaͤl - tig bewahret, ſo werdet ihr die volle Ernd auch haben. Und ſo meine Wort in euch bleiben. Deut. 6. Prov. 3. Pſ. 119. Jeſ. 8: 20. 59 : 21. Joh. 5: 38. Phil. 4: 8. Col. 3: 16. 1. Joh. 2: 14. Chriſti Gebott und Verheiſſungen im Verſtand und Willen, als ſchoͤne paradyſiſche Gewaͤchſe und cry - ſtalline Baͤchlein oder Spring-Brunnen im Garten, als Perlen, Goldſtuͤck und Edelgeſteine im Beutel, als die Bunds - Lade im Tempel, als wichtige Guͤlt-Brief - fe im Kaſten, als goͤttliche Handſchrifften auß dem Himmel im Hertzen, als Tape - zereyen, kunſtliche Schnitz-und Bildwerck im Pallaſt, als eine Guarniſon, Salve - garde, koͤnigliche Leibhut in der Reſidentz, womit uns JEſus ein unvergeßliches An - dencken einſchaͤrffen will an alles was Er gethan und gelehret hat, mit unablaͤſſiger Hinaußmuſterung aller Schlangen-Wor - ten, aller Einraunungen der Vernunfft und Anmuhtung der Welt, welche allzu - mal das Bleiben der Worten Chriſti in uns ſehr ſchwer machen; indem ſie feind - lich lauren, wo ſie etwa ein gut Wort Chriſti wegſtehlen und vereitlen koͤnnen, daß es weder GOtt noch uns keine Frucht bringe; Hingegen verſaumen ſie keine Ge -legen -15Vorrede. legenheit niemals, denen ſchlaͤfferigen Chri - ſten ihren verfluchten, hoͤlliſchen Saamen einzuſtreuen zu Hervorbringung friſcher Suͤnden, als der Speiſe deß Satans, dem die himmliſche Kluͤff und Saam-Koͤrner der Worten Chriſti, ſamt allem was da - rauß wachſet an Gnad und Tugenden, ſo ſehr zuwider ſind, daher er nur alles zu verwuͤſten und auß Sinn und Wille her - außzureiſſen trachtet.

Demnach es nun ſo viel Streit und muͤh - ſames Anhalten koſtet, ſo ſind auch zwey herrliche Verheiſſungen darauf geſetzet, darvon die erſte eine noͤhtige Zubereitung iſt zu der andern.

1. Das Gebaͤtt auß dem erneuerten Wil - le, ſo ein Außfluß iſt deß H. Geiſtes, ein Auffſteigen deß angezuͤndeten himmliſchen Rauchwercks, ein Odem holen und Ein - ziehen der goͤttlichen Lufft deß neuen Gna - denreichs; Ein Auffſchlieſſung der Begier - den als geiſtlich-verwelckter Blumen nach dem himmliſchen Gnaden-Thau, Regen und Sonnen-Waͤrme; Ein goldener Schluͤſſel zu denen durch den Suͤnden-Fall verſchloſſenen Schatz-Cammern der hoch - heiligen Dreyeinigkeit; Eine vertraute Hinzuwendung deß Gemuͤths zum hoͤch - ſten Gut, und Durſt nach ſeiner Gemein - ſchafft Jhm zu leben und zu ſterben nachaller16Vorrede. aller Hertzens-Luſt. So werdet ihr bit - ten was ihr wolt. O eine wunderbare Glori! dardurch ein hoͤll-wuͤrdiger Suͤn - der ein goldene Rauch-Pfann und Davi - diſches Saͤitenſpiel deß H. Geiſtes wird. 1. Joh. 3: 22. 5 : 14, 15. Apoc. 8. Job. 22: 27, 28. Pſ. 145: 19. Joh. 14: 13. Und es wird euch widerfahren / welches die

2. Seligkeit und ein Frucht und Kron der erſten iſt, nemlich der Gnade deß Ge - baͤtts〈…〉〈…〉 davon das Wort Geneſis kommt: Alſo wird das Erſte Buch Moſis genennt, weilen es von der Schoͤpffung der ſichtbaren Welt und von dem Urſprung der Gnaden-Welt handelt. Demnach leh - ret uns diß Wort〈…〉〈…〉, es wird geſche - hen / daß die gnadenreiche Gedancken, hei - liger Begierden und goͤttlicher Tugenden und Wercke, ſo auß den Worten Chriſti vermittelſt der himmliſchen durchs Gebaͤtt herbeygelockten Gnaden-Wolcken und Lie - bes-Straalen im Hertzen auffgehen, nicht nur ſo Einbildungen ſeyen, wie die tolle Welt fabelt, beſondern weſentliche, unver - gaͤngliche neue Geſchoͤpffe, die zuvor nicht geweſen, ſondern erſt auß dem eingepflantz - ten Wort, durch allmaͤchtige Wuͤrckung deß H. Geiſtes in der baͤttenden Seel her - vorgewachſen, und iſt tauſend mal mehr Realitaͤt und Weſen darinnen, als in allenleib -17Vorrede. leiblichen Dingen die Gnaden-Gaben des H. Geiſtes werden nicht nur Gleichniß-weiſe Fruͤchte genennt, Gal. 5: 22. Eph. 5: 9. ſondern es ſind in der That wuͤrckliche Fruͤch - te, die aus dem neuen Geiſt und neuen Hertz wachſen, tauſendmal weſentlicher als alle, alle Fruͤchte, ſo aus der groben, finſtern, lebloſen Erden wachſen: Dieſe eſſen die ſterb - liche Thier, jene iſſet unſer Heiland JEſus Chriſtus GOtt und die H. Engel, Cant. 5: 1. und 4: 12, 13. Das ſichtbare und leibli - che iſt nur die Schale und der Schatte, die Productionen oder Wuͤrckungen des H. Geiſtes in dem nunmehro unſterblichen neugeſchaffenen Geiſt, Pſ. 51: 12. Eph. 2: 10. Phil. 1: 11. ſind wahr, weſent - lich Gold, Blum, Frucht, Brodt, Wein, Kleid, Brunn, Stern, Sonn, Licht, Loͤw, Lamm, Daube, Adler; jenes verwel - cket und vergehet, dieſe als der Kern und das Weſen bleiben ewig in der unſichtba - ren ewigen Licht-Welt. Wie reich wird dann ein in Chriſto bleibender, ſein Wort bewahrender, glaͤubig betender, aus, mit, vor und in GOtt! wie gewaltig wird der juͤngſte Tag einen jeden beſchaͤmen, der es jetzt nicht ſehen noch mercken will. Hier gibt JEſus unſer vollkommene himmliſche Leh - rer eine goͤttliche Lection ſo vielen aufge - weckten in unſern Zeiten, welche in ihrenbKlaͤg -18Vorrede. Klaͤgten gleichſam verſchmurren; die Kin - der kommen bis an die Geburt und iſt kei - ne Krafft da zu gebaͤhren; ſie klagen immer - dar, ſie haben einen guten Willen, ſie wol - len nach GOttes Wille heilig leben, ſie koͤn - nen aber nicht recht beten um dasjenige Heil, wornach ihr Hertz ſehne, und wann ſie ſchon beten, ſo helffe es doch wenig oder gar nichts, allein ſie ſolten wol zuſehen, ob es ihnen nicht hauptſaͤchlich daran feh - le, daß ſie nicht in Chriſto bleiben und ih - rer Natur alle ungezaͤumte Freyheit laſſen und alles unnoͤthige Ausſchweifen geſtatten; Jtem, ob nicht Chriſti Wort durch Millio - nen unnuͤtze Einfaͤll und gantz fremde Wort aus dem Angedencken vertrieben werden.

Den 9. predigte wieder in Satten uͤber 1. Cor. 16: 22. da von der Natur, Ei - genſchafften, Kennzeichen, Fruͤchten, Nutz - barkeit, Nothwendigkeit, Seligkeit und Billigkeit, der Liebe JEſu handelte, auch den graͤuelichen Abgang und Erkaltung derſelben, ſamt dem entſetzlichen Schaden und unendlichen Fluch, ſo auf den Man - gel dieſer heiligen Liebe gelegt, mit beyge - fuͤgten treibenden Gruͤnden, unſere Lebens - Zeit in der ſeligen Liebe JEſu gantz zuzu - bringen, hergenommen von allen denen Lieblichkeiten, ſo in H. Schrifft Chriſtozuge -19Vorrede. zugeeignet werden. Ach daß ich tauſend Haͤnde, Federn und Zungen haͤtte, alle dieſelbige nach Wuͤrde zu beſchreiben, aber es iſt alles an JEſu unausſprechlich, un - vergleichlich, unausdencklich, gut, heilig, ſchoͤn, lieblich und ſelig: O wie iſt er ſo unendlich wehrt aller Liebe. Der Liebe / 1. Der Hochſchaͤtzung wegen ſeiner Vollkom - menheiten in ſich ſelbſt, 2. Der Erkentlich - keit wegen ſeiner Wohlthaten, 3. Der zar - teſten Zuneigung wegen ſeiner Leutſeligkeit.

Gleich darauf hielte ich noch eine Pre - digt an ſtatt der Kinder-Lehr, weil es ſich nicht anders ſchicken wolte, darinnen der Urſprung dieſer Liebe, wie man am naͤch - ſten darzu komme, was ſelbige erwecke, wie ſie zu erlangen und zu vermehren ſeye, ſamt denen manigfaltigen Hindernuͤſſen und Abfuͤhrungen, und wie dieſe alle am leichteſten und kuͤrtzeſten zu uͤberwinden ſeyen, ja wann die Liebe etwa verletzt, wie ſie geheylet werden moͤge, gezeiget worden: HErr JEſu, du biſt kommen ein Feuer an - zuzuͤnden auf Erden, und was wolten wir lieber, als daß es ſchon brennete; ach daß viele hundert Hertzen in dieſer großmaͤchti - gen Gemeind von dieſer himmliſch-ſeligen Liebe entzuͤndet, wie heilige Lichter in ſo ſuͤſſer Flamme vor Dir und dem Vatter Tag. und Nacht leuchteten! ja Amen!

b 2GOtt20Vorrede.

GOtt erhalte, ſegne und heilige den lieben Pre - diger in dieſer gewaltig groſſen Gemeind; JE - ſus vergelte ihm und ſeinem gantzen Hauſe zeit - lich und ewig alles das Gute, ſo er an mir ge - than, und die Freude, ſo er mir um des Namens Chriſti willen vergoͤnnet hat. GOtt erfuͤlle ſein Hertz mit lebendiger Glaubens-Krafft zu recht ſeliger Vergnuͤgung und zu Troſt-voller Uber - gab der lieben Seinigen, damit er die Wunder ſeiner Vorſorg erfahre bis ans Ende. Dieſer Herr Joh. Walther iſt ein unverdroſſener, arbeit - ſammer, beliebter Aufſeher; der das Beſte ſeiner Kraͤffte und die Bluͤhte ſeiner Lebens-Jahren zum Beſten dieſer ſeiner Heerd aufgeopffert; dem - nach zu erwuͤnſchen waͤre, daß er als ein wol-me - ritirter Mann von unſern Gnaͤdigen Herren vor - aus und eheſtens conſideriret werden moͤchte.

Den 10. predigte in der Lauenen, welche Pre - digt vielleicht vollſtaͤndig gedruckt wird. Habe da auch ſonderbare Freundſchafft und Gutthaͤtig - keit genoſſen. GOtt vermehre denen lieben Wohl - thaͤtern ihren Saamen und mache wachſen die Fruͤchte ihrer Gerechtigkeit. Dem damahligen Herrn Vicario daſelbſt wuͤnſchet mein Hertz, dem - nach er ſich herbey machet dem Herrn zu dienen, daß er ſeine Seele bereit halte zur Anfechtung und ſie zum Leyden ſchicke, wie eine Braut zur Hochzeit; ja daß er ſich in den ſanfften, niedri - gen, demuͤthigen, heiligen Sinn JEſu Chriſti alle Tag und Stund aufs neue einhuͤlle und ſein Hertz durch Widerwaͤrtigkeit reinigen laſſen, ſo wird er in Canaan gluͤcklich anlangen und ſehr willkommen ſeyn.

Den 11. predigte ich im Gſteig uͤber Luc. 21: 36. da gelehret

(1.) Wel -21Vorrede.

(1.) Welche allen Bekehrten und Gehei - ligten hoͤchſt erfreulich, allen traͤgen aber und im Gnaden-Werck der neuen Geburt ſaumſeligen Welt-Dienern grauſam foͤrch - terliche Umweltzung unter allen Creaturen, ſonderbahr unter denen Menſchen bey Ein - reiſſung dieſes Welt-Gebaͤudes vorgehen werde.

(2.) Die Seligkeit einiger 1. in Befreyung von allem boͤſen, entfliehen, 2. in Beſitzung alles guten, beſtehen. Entfliehen, wie Noah der Suͤnd-Fluth, Loth dem Schwefel-Feuer, die erſte Chriſten der Zerſtoͤhrung Jeruſa - lems, die Jſraeliten dem Wuͤrg-Engel, Jo - tham dem Abimelech, David dem Saul, wie Chriſtus denen Phariſaͤern, ja der Suͤnd, Satan, Tod, Hoͤll, Grab und der gantzen Welt in die hoͤchſte Herrlichkeit entrunnen. Jſt hiemit eine Gleichniß hergenommen von einigen wenigen Uberbliebenen, Rom. 11. die in ruinirenden und alles verheerenden Straff-Gerichten noch entrinnen, wie in Feuer - und Waſſers-Noth, Krieg, Hun - ger, Peſtilentz, Mord, wilden Thieren, Schiff-Bruch, Erd-Bidem, Einfall der Haͤuſern und Einſencken der Bergen, dar - von gantze Staͤdt und Doͤrffer uͤberſchuͤttet werden, und nur ſehr wenige davon kom - men. Apoc. 3: 10. Niemand aber wird dem Rach-Schwerdt des Allmaͤchtigen ent -b 3gehen,22Vorrede. gehen, als wer der Suͤnd entgehet, welche des Teufels Strick iſt, 2. Tim. 2: 26. ſo er dem Menſchen angeworffen und ihne darbey faſſen und auffhalten kan, daß er bey ihm bleiben und ihm Geſellſchafft leiſten muß im Zorn-Feuer und mit dem Suͤnden-Strick der Welt-Luſt, 1. Joh. 2: 15, 16. 2. Petr. 1: 4. Wird Satan durch den Anti-Chriſt in der letzten groſſen Verfolgung fahen alle die, welche alle die ſubtile Strick eben ſo wol als die groben nicht mit rechtſchaffenem, redlichem Ernſt von ſich geworffen und ſich nicht durch und durch haben heiligen laſſen von GOtt, 1. Theſſ. 5: 23. und mit dem Sinn und Willen Chriſti bey ruhiger Gnaden - Zeit vom H. Geiſt bewaffnen; man muß dem Feind bey Zeiten alle ſeine Wercke darwerffen, weit von ſich wegthun, damit er am Tage der Vergeltung nicht das ge - ringſte von dem ſeinen an uns finde, daran er Anſprach habe; ja daß auch kein Zun - der zum letzten Feuer in uns ſey.

Wo nun das boͤſe hinweg iſt, da kommt das gute an deſſen ſtatt: beſtehen vor dem Sohn des Menſchen. Schließlich

a. Nichts als Seligkeit, Freud, Cron und Lohn von GOtt erwarten in ſeiner Zu - kunfft und Offenbahrung ſeiner Gerechtig - keit vom Himmel, 2. Theſſ. 1. Rom. 2. Matth. 25.

b. Jm23Vorrede.

b. Jm Gericht als ein Kern-Chriſt und Kind GOttes erfunden werden, angethan mit Chriſti Unſchuld und mit dem Glantz des H. Geiſtes, alſo daß man JEſu un - beſchaͤmt in die Augen ſehen darff, 1. Joh. 2: 28. 3 : 21. 4 : 17.

(3.) Die Ausruͤſtung zu dieſer Seligkeit, würdig geachtet werden, daß man nicht zu leicht erfunden werde, Dan. 5. Das Gewicht der Gnad und des Reichs GOt - tes in ſich habe, Rom. 14: 17. Luc. 17: 21. nicht nur den Schein, 2. Tim. 3: 5. wie die Thoͤrichten, Matth. 25. Spreuer, Pſ. 1. Matth. 5. daß man mit allen de - nen Qualitaͤten ausgeruͤſtet ſeye, welche darzu erfordert werden, daß man entflie - he, worzu einem ſtarcke Dauben-Fluͤgel muͤſſen gewachſen ſeyn vom H. Geiſt, Pſ. 55: 7. daß einen das Feuer nicht beſenge, wann die gantze Welt im Brand ſtehet, weßwegen man das Welt - Bild nicht an - beten muß, Dan. 3. Ap. 14: 9. daß man beſtehe vor dem Sohn des Menſchen, mithin alſo beſchaffen ſeye, daß JEſus mit Ruhm ſeine Wahrheit, Gerechtigkeit, und Heiligkeit einem ein gut Zeugniß geben, von aller Plag uͤber die ungeheiligten frey und ledig erkennen, und alle Seligkeit zu - ſprechen koͤnne, alſo daß Teufel und Welt ſein Urtheil billigen muͤſſen, es ſeye gantzb 4recht,24Vorrede. recht, daß er denen den Himmel gebe, die aus Liebe zu Jhm die Erden verlaͤugnet und darnach getrachtet, daß ſie im Stand ſeyen GOtt zu ſchauen und mit ſeinem Hauß - Geſind der heiligen Englen und Maͤnner umzugehen, die wuͤrdiglich gewandelt ha - ben, GOtt der ſie beruffen zu ſeinem Reich und Herrlichkeit, 1. Theſſ. 2: 12. Matth. 3: 8. die ihre Sachen darnach angeſtellt, ihr Datum darauf geſetzt, und gelebt haben wie es Bruͤdern Chriſti und Erben des Himmelreichs anſtaͤndig iſt; darum ſchickt es ſich wahrlich nicht anders als daß ſie mit JEſu im Paradys wandeln und die neue Welt ererben, 1. Theſſ. 5: 8, 9. Luc. 20: 35. Col. 1: 12. 1. Joh. 3: 3. Apoc. 3: 4. 7 : 14, 15.

(4.) Die Mittel, daß man alſo moͤge aus - geruͤſtet werden, werden getreulich vom Richter ſelbſt angezeigt. So wachet nun und betet allezeit. Wachen / Marc. 13: 34, 35. Matth. 24: 42, 43. Luc. 12: 35 -- 37. Darzu iſt Buß, Glaube, Hoff - nung, Liebe, ein ernſthaffter Fleiß alles gu - ten, und grimmiger Haß alles boͤſen kurtz - um noͤthig allezeit, weilen der Feind auch alle Zeit lauret, wo er Stricken lege und Schaden zufuͤge; wir auch nicht wiſſen wann der HErr kommt, und wann dis alles ge - ſchehen wird, anbey nicht ſagen koͤn - nen, daß uns der HErr nicht habe zuvorgeſagt,25Vorrede. geſagt, daß dieſe Ding unvermuthet daher kommen und die Sichern in ihrer Sicher - heit verſchlingen werden, eben wie Sodo - ma und die erſte Welt, Luc. 17. Matth. 24. Beten um Vergebung der Suͤnden und um die Krafft des H. Geiſtes, der uns allein geſchickt macht zu einem heiligen Wandel und gottſeligen Wercken untade - lich vor GOtt im Friede erfunden zu wer - den, 2. Petr. 3. Folglich wuͤrdig zu ent - rinnen und zu beſtehen. Allezeit, weilen wir nichts ſind ohne JEſu. Glauben und Liebe muͤſſen ſtets durchs Gebet ernehret werden, wo ſie als reiffe Fruͤchte von Chri - ſto ſollen eingeſammelt werden, zumal, wann ein Frucht oder Zweig nicht ohne Unterlaß Safft aus dem Stammen ſauget, einſchmur - ren und verdorren muß, Joh. 15: 6. und wo man ausſchweifet in Welt-Begierden und vom Anhang an JEſu nachlaßt, da ſteht man in Gefahr vom Feind auf ſeinem Grund und Boden erdappet und gefangen oder toͤdtlich verwundet zu werden; Sum - ma, es iſt nicht richtig ſich im minſten von JEſu entfernen, es gehet alleweil etwas an der Erleuchtung, Freudigkeit des Gewiſ - ſens, Heiligung, Seligkeit und Schmuck auf des Lammes Hochzeit ab; wo man nicht gar drauſſen ſtehen muß mit allen Nachlaͤßigen. Wen der HErr nicht imb 5war -26Vorrede. warten, eilen, ſehnen, beten und Zuruͤſtung auf ſeine Zukunfft antrifft, der wird zu Schanden werden, und mag nicht beſtehen vor Jhm, als ein Ubertretter dieſes ſeines allerhoͤchſten Befehls, Luc. 18: 1. Rom. 12: 12. 1. Theſſ. 5: 17. Matth. 26: 41. Jndeſſen gedencken wir leider wenig an den boͤſen Tag, Eph. 6: 13. beſorgen kein Un - gluͤck, vergeſſen den Tag GOttes, als ob er nicht zum Gericht kommen, und wir vor Jhme erſcheinen muͤßten, wir leben in den Tag hinein, da iſt keine Zubereitung, Wach - barkeit, kein Glaub, Hoffnung, keine bren - nende Gebeter, ſondern Bauch-Sorg, Welt-Freud, Sicherheit, Apoc. 18: 7, 8. 1. Theſſ. 5: 2, 3. GOtt klopffet offt an mit ſeinen Drohungen und Gerichten, aber wir achtens nicht, mercken nicht auf die Feinde, ruͤſten uns nicht GOtt entgegen Jhne zu empfangen durch einen Enochi - ſchen und Noachiſchen Wandel in ſeiner Gegenwart, wie wollen wir denn beſtehen, wann uns das Ubel einmal trifft! Sage mir doch mein lieber Nachbar, was gibt dir dein Gewiſſen vor ein Zeugniß der Gunſt und Huͤlff Chriſti halben? wann der Rich - ter jetzt erſcheinen, wie wuͤrdeſt vor Forcht und Angſt erſtarren! ach! inzwiſchen den - ckeſt du nicht daran, oder nur kaltſinnig obenhin. Daher mag keine hertzliche Zu -ver -27Vorrede. verſicht zu Chriſto bey dir tieff einwurtzeln, deßwegen mache dir nur keine andere Rech - nung, als daß all dein Heulen, Verzweif - lung, Laugnen, Verbergen, Fliehen um - ſonſt ſeyn werde; du wirſt vom Ubel ſchnell verſtrickt in die Hoͤll geſchleppt, am juͤng - ſten Gericht zur Lincken geſtellt, ein Heuch - ler erfunden und verdammt werden, wann deine Seel dermaleins ausfahrt und erwa - chet, wirſt du wuͤnſchen zu entfliehen, aber all zu ſpat, du wirſt ruffen und ſchreyen, aber die Gnaden-Pforte iſt verſchloſſen.

Und was allermeiſt zu bejammern iſt, daß Bekehrte ſelbſt in einen tieffen Schlum - mer gerathen, im him̃liſchen Lauff und geiſtli - chen Kampff ſo gar faul und traͤg worden, daß ſie meiſt Lufft-Streiche thun, ſchlei - chen, ſtill ſtehen, zuruck gehen; O wie we - nige ſind ausgeruͤſtet auf den boͤſen Tag! wie wenige koͤnnen Chriſti Erſcheinung lieb haben und Jhn mit Freuden bewillkommen! wie vieles wird der Herr finden, das wir nicht gethan, wie Ers befohlen: Deßwegen wir ja hohe Urſach haben uns zu foͤrchten, und wie vielen fehlets noch an dem ſtets anhaltenden, eyfrigen Gebet, dannenher der Glaub noch ſo ſchwach iſt.

Darum wachet auf und betet allezeit; jetzt blaſen die Zions-Waͤchter hie und da Laͤrmen; die Mitternacht iſt nicht mehr weit,da28Vorrede. da das Geſchrey gehoͤret wird: Siehe der Braͤutigam kommt / gehet aus Jhm ent - gegen. Zuvor aber gehet ein ander Ge - ſchrey, nemlich, der Teufel iſt zu euch hin - ab kommen und hat einen groſſen Zorn, weil er weißt, daß er wenig Zeit hat, Apoc. 12: 12. Wann ein leiblicher Feind vor - handen, iſt gleich alles in Waffen, warum nicht hier, wer im Wahn-Glaub, Welt - Sinn und Eigen-Lieb truncken eingeſchlaf - fen, dem bleibet das ſo nahe Heyl GOttes und die grauſame Anſchlaͤg des Satans ver - borgen; darum ſag ich noch einmal:

Ach wachet, wachet auf es ſind die letz - ten Zeiten!

Es hat mich deſto mehr gefreut eine Ermah - nungs-Rede, nach der mich ſo gnaͤdig dahin fuͤh - renden Hand meines GOttes an dieſe Gemeind zu thun, weilen mein theurer Freund und von Ju - gend auf Hertz-vertraute Schul-Geſpan Herr Niclaus Macaͤ ſeligen Gedaͤchtniß nach ſeinem un - gemein fuͤrtrefflichen Talent 7. Jahr lang mit groſ - ſem Fleiß, Eyfer und GOttes-Forcht daſelbſt gearbeitet, er wird auch ſtehen in ſeinem Theil am Ende der Tagen: GOtt laſſe ſein und ſeiner Nach - fahren Arbeit in vielem Segen ſeyn, und gebe der lieben, ſchoͤnen Gemeind, daß, wie ſie ſehr fleiſ - ſige Hoͤrer ſind, alſo auch Thaͤter des Worts ſeyn moͤgen, ſo wird gewiß ihre Seligkeit ſehr groß ſeyn, Jac. 1: 25. Sonderlich wuͤnſchet dieſes ſelige Gut mein Hertz ihrem dißmaligen Pfarrherrn Herrn Sam. Zimmerli, der mich mit ſeiner anmu -thigen29Vorrede. thigen Leutſeligkeit und freudiger Aufnahm erqui - cket hat; JEſus mache ſeine Wohnung zu ſeinen Huͤtten. Er laſſe ſeine ſtete Gegenwart, ſeinen angenehmſten Zeit-Vertreib im verborgenen ſeyn, daß der Segen des Gebets ſich ingeheim mitthei - le, zu Pflantzung eines himmliſchen Luſt-Hofs an dieſem wilden Ort, welches ohnfehlbar geſchehen wird zu ſeiner ewigen Freude, wann nur ſein lu - ſtiges Gemuͤth in GOtt geſammelt bleibet und im Gebet ausharret, worzu der H. Geiſt taͤglich Krafft darreichen kan, will und wird. Anbey dancke ich auch dem daſigen frommen Herrn Obmann Chriſtian Reichenbach vor deſſen Beehrung: Die durch Chriſtum erworbene Gnade GOttes bele - be ſein Hertz und Seele.

Gegen den Mittag lenckete ich mich vom Fuß der Wallisbergen zuruck und begabe mich auf Zwei - ſimmen und predigte dort auf Anhalten Herrn Statthalters Stockers und Herm Landsvenner Murers den 12. uͤber Apoc. 22: 14. da das Volck groſſen theils ſtehend zuhoͤrte, da ihnen vorſtellte:

1. Welches die Gebote Chriſti ſeyen; Marc. 1: 15. Matth. 5: 6, 7. Luc. 6: 12. werden zuſammen gefaſſet in das Gebot der Sinnes-Aenderung, Selbſt-und Welt-Ver - laͤugnung, des Glaubens, der Liebe GOt - tes und des Naͤchſten, der taͤglichen Auf - nehmung ſeines Creutzes, des unablaͤßigen Gebets, der Demuth, Sanfftmuth, Gei - ſtes-Armuth, der Gedult, der Abſterbung, der reinen, lautern, hertzlichen Liebe, auch ge - gen Tod-Feinde, der Abgeſchiedenheit undKuͤnſch -30Vorrede. Kuͤnſchheit auch in denen geheimſten Ge - dancken. Summa das Gebot der Nach - folge Chriſti in ſeinem Sinn, Thun und Leben, und ſich in dieſer Nachfolg vom Thier, von der Hur und den falſchen Propheten unbefleckt zu bewahren, und alle ihre Ver - fuͤhrungen, Anfaͤlle, Verſuchungen und Stuͤrme zu uͤberwinden, in allen Dingen nicht ſich ſelbſt ſuchen, ſondern GOttes Eh - re und der Menſchen Nutz und Heyl, wie JEſus gethan hat; das ſind ſolche Haupt - und Kern-Gebote, ſo alleſamt, wie geſagt, in Buß, Glauben, Liebe oder alltaͤglichen Reinigung, Heiligung und Vereinigung mit GOtt beſtehen.

2. Wie ſich ein Juͤnger Chriſti gegen die - ſe Gebot verhalte? Er thut ſie. Die H. Schrifft weißt und lehret nichts anders: Entweder das iſt uns armen, ſchwachen, ſuͤn - digen Menſchen unmoͤglich, es muͤßte einer wol verzweiflen?

Antw. Schwer ja unmoͤglich iſts denen, die ſich nicht wollen bekehren, helffen, bey - len, guts thun, erloͤſen, die Suͤnden be - nem̃en und abthun laſſen, Joh. 5: 40. Act. 13: 46. unmoͤglich wirds zuletzt denen, ſo heute nicht gehorchen, die Buß aufſchieben, dem H. Geiſt widerſtreben, ihr Hertz ver - haͤrten, Hebr. 3. Pſ. 81: 11 -- 17. Jeſ. 48: 18. Prov. 1. Wann der Menſch GOt -tes31Vorrede. tes Anerbieten ausſchlagt, nicht zur rechten Stund annimmt, und die Zeit ſeiner Heim - ſuchung nicht will erkennen, ſo will GOtt hernach auch nicht, Num. 14: 40 -- 45. Luc. 14: 24. Joh. 7: 34. unmoͤglich iſts denen, die beyden ſo widerwaͤrtigen Herren, GOtt und dem Mammon dienen wollen, den Belial Chriſto an die Seite ſetzen, und gleichwie es einem Voͤgeli unmoͤglich iſt ſich uͤber die hohe Baͤum und Thuͤrne zu erſchwin - gen, wann es ſich wehret gegen dem, ſo ihm den Strick aufloͤſen will, eben ſo unmoͤglich iſts allen, die nicht alles um Chriſti willen aus Liebe zu Jhme, wollen fahren laſſen, ſeine Gebot zu thun. JEſus ſagts ſelbſt, Luc. 14: 33. weßhalben es mich nicht be - fremdet, daß einige Wein-Saͤuffer ſollen geſprochen haben, das ſeye allzuſcharff gepre - diget, wer auf dieſe Weiſe ſelig wurde. Nie - mand. Arme Seelen! wer euch ein ander Evangelium predigen wurde, der wurd ſamt euch als ein verfluchter in die Hoͤllen-Grub fallen. Erweget nur die Spruͤche und ſe - het, daß nichts ins Himmel-Reich komme, als eine neue Creatur und dero wol anſte - hende Fruͤchte. Gal. 6: 15. Matth. 7: 21, 24, 26. Rom. 2: 9, 10, 13. Joh. 5: 29. 2. Cor. 5: 10. Apoc. 22: 12. Freylich kan kein Dorn-Buſch Trauben tragen, es gibt nichts draus, bis er zum Wein-Stock wird,als -32Vorrede. alsdann gehets natuͤrlich zu, deßwegen muſt du dich von erſt um die Buß, Glauben und neue Geburt Tag und Nacht bekuͤmmern, den H. Geiſt vom Vater erbitten und JE - ſum in dein Hertz hinein zu kommen noͤ - thigen, da wirſt du ſehen, obs nicht durch ſeine allmaͤchtige Gnad moͤglich ſeye, Joh. 15: 5. Rom. 8: 3, 37. 6 : 5, 6, 22. 5 : 21. Phil. 4: 13. Wer aber nicht will, dem iſt weder zu rathen noch zu helffen, 1. Tim. 1: 19. Wem es hingegen ein Eckel von Chriſti Geboten nur zu hoͤren, zu leſen, zu ſchwaͤ - tzen, und hat hertzliche Luſt ſie fein ordent - lich zu thun, dem iſt unermaͤßliche Huͤlffe von dem allerwahrhafftigſten und allerge - treuſten GOtt zugeſagt, welches du Jhm im Glauben vorhalten und Jhne nicht laſ - ſen wirſt, bis daß Er dich ſegne, Act. 3: 26. Pſ. 18: 29, 30. 68 : 36. Jeſ. 35. und 40: 31. 42 : 16. Jer. 31: 33. 32 : 39 -- 41. 33 : 6 -- 9. Ezech. 36: 25 -- 31. Hoſea 14. Luc. 15. 1. Petr. 2: 25. Sagſt du: Es iſt aber gar ein hart verdrießlich melan - coliſch Ding um die Gebote Chriſti? Antw. nichts minders, es iſt ein ſanfft Joch, ja es iſt der rechte Freuden-Himmel GOttes auf Erden; Mercke dann

3. Wie ſich ein Thaͤter des Worts bey ſeinem wircklichen Gehorſam gegen denen Geboten Chriſti befinde? Nicht uͤbel, ey ja wol nicht, be -ſondern33Vorrede. gantz vergnuͤgt, friedſam, ruhig und froͤlich. Der H. Geiſt bezeuget uns allen durch ſei - nen Schreiber, Joh. Selig ſind die ſeine Gebote thun, welche Seligkeit auch Johan - nes in ſehr hohem Grad geſchmecket hat: ja, ja, ja es iſt Himmels gnug, wer JEſum liebt! hier koͤnte ich armer Wurm Sonnen - klar beweiſen, wie alle Worte Chriſti, Ge - bot eben ſo wol als Verheiſſungen unend - lich koſtbare, paradiſiſche Geſchencke ſeyen, deren das geringſte aller Welt Reichthum und Herrlichkeit weit uͤberwaͤge, ja daß das kleinſte Dupfu davon mehr wehrt ſeye als Himmel und Erden; es waͤre mir auch, ſo ungeſchickt als ich immer bin, gar ein leich - tes Ding zu zeigen, wie alle Worte meines HErrn JEſu auf lauter gutes, Freud, Heil und Seligkeit abziehlen, uns ſchon in die - ſem Jammerthal das allervergnuͤgteſte, gna - denreichſte, ſeligſte Leben zu verſchaffen; es kan auch unmoͤglich anders ſeyn, dann wie koͤnte doch aus JEſu Hertz als aus dem un - ergruͤndlichen Meer aller Treue und heilig - ſten Liebe anders kommen als das allerbe - ſte und erwuͤnſchteſte: Will nicht ſagen daß ein redlicher Thaͤter der Geboten Chriſti mit einer goͤttlichen Authoritaͤt bekleidet werde, welche die groͤſte Herren auf Erden etwel - cher maſſen reſpectiren muͤſſen, 1. Cor. 14: 25. Pſ. 76: 13. & 149: 8. Marc. 6: 20. cAct.34Vorrede. Act. 24: 25. alſo hat ein Thaͤter des Wil - lens Chriſti unſichtbaren Reichthum, Anſe - hen, Freuden und Herrlichkeit, welche GOtt erſt recht offenbaret, wenn alles ſichtbare vergangen ſeyn wird, 1. Joh. 2: 17. Col. 3. Demnach iſt ein Vollbringer des Geſe - tzes Chriſti ſchon zuvor ſelig, ehe es recht angeht. Und fein deutlich von der Sach zu reden, ſo kan kein Menſch Chriſti Ge - bote thun, er ſeye denn zuerſt ſelig gemacht, das iſt, er aͤndere Sinn, nahe zu Chriſto, laſſe ſich von ihme waͤſchen in ſeinem Blut zur Vergebung der Suͤnden und empfahe den H. Geiſt zu ſeinem Erneuerer und Re - gierer, Tit. 3: 4 -- 8. Der Diſtelſtrauch muß von erſt in einen Feigen-Baum verwan - delt, die Reben in den Wein-Stock einge - propffet ſeyn und ſeines Saffts theilhafftig werden, ehe ſie gute Fruͤchte tragen koͤnnen: Jſt nun derjenige nicht ſelig, der mit GOtt dem Vater verſoͤhnet, ſein Kind und Erb mit Chriſto vereiniget, alles theil und ge - mein mit ihm hat, mit dem H. Geiſt der Gnaden und des Gebets, des Glaubens, der Kindſchafft, der Heiligung und der Herr - lichkeit geſalbet und verſigelt iſt: Jch mei - ne ja Paulus habe allerdings recht, wann er lehret von erſt, wie der Menſch ſelig ge - macht werde, hernach wie er als ein ſolcher wandlen und als ein durch wunderthaͤtigeGOt -35Vorrede. GOttes Krafft verwandelter und gut ge - machter Baum im Stand guter Wercken erfunden werden ſolle: wodurch dann die Gewißheit und der Genuß dieſer Seligkeit im̃er mehr anwachſet, Joh. 13: 17. Pſ. 1: 3. 15. u. 65: 5. 119 : 1, 2. Luc. 1: 45. Matth. 5: 3 -- 12. Eph. 2: 8. Durch die thaͤti - ge Liebe bekommt dieſer Glaubens-Baum der zum voraus geſchenckten Seligkeit Raum ſich weiter im Menſchen auszubrei - ten und den alten unſeligen Suͤnden-Baum, der nur Fluch und Tod traͤget, zu unter - drucken und zu vertreiben, daß er zuletzt vollends verdorre; im Gegentheil der ge - recht, heilig und ſelig gemachte Menſch herr - lich gruͤne und voller guter Fruͤchten han - ge, Marc. 11: 20. Pſ. 52: 10. 92 : 13 -- 15. Joh. 15: 2. Phil. 1: 11.

4. Wo kommen endlich ſolche Erfuͤller der Geboten GOttes hin? was nimmt GOtt mit ihnen vor? Sie haben Macht zum Baum des Lebens und moͤgen durch die Porten eingehen in die Stadt. Wir wollen hier nicht ausſchweiffen zu reden von denen verſchiedenen Graden in der kuͤnffti - gen neuen Welt, da die meiſte Kirchen-Leh - rer das Paradis vor den erſten und nidrig - ſten Grad der Seligkeit halten; das himm - liſche Jeruſalem aber und ſonderlich den Tempel darinn vor den allerhoͤchſten; alleinc 2ich36Vorrede. ich dencke die heilige Engel lachen unſer mehrmalen, wann ſie uns ſo gar kindiſch hoͤren ſprechen von den Dingen der ewigen Seligkeit. Paulus beſtrafft einige deßwe - gen, Col. 2: 18. Er haͤtte uns den beſten Bericht koͤnnen darvon geben, wann ers noͤthig geachtet haͤtte; es ſeye dann daß et - wa andere meinen, ſie haben eine beſſere Zung und Feder als Paulus, dem es unausſprech - lich war, 2. Cor. 12. beſſer iſts ſich zur Be - ſitzung der kuͤnfftigen Welt taͤglich geſchick - ter machen laſſen vom H. Geiſt und es auf unſere ſelbs eigene Erfahrung verſparen. Mithin will ich mit meiner Erklaͤrung hie - nieden bleiben und ſehen wie und wem ſich der Himmel auf der Erden eroͤffne und in welcheſen Menſchen Hertz datz neue Jeru - ſalem von GOtt aus dem Himmel herab fahre; ſintemal wir junge Leut unter uns haben, welche bemuͤhet ſind Chriſti Gebot zu thun, denen moͤchte die Weile wol zu lang werden bis nach ihrem Tod zu war - ten, um Theil zu haben am Baum des Le - bens, und ins Heiligthum GOttes einzu - gehen.

Der Baum des Lebens iſt Chriſtus, das darf niemand widerſprechen, was aber die - ſes vor ein wunderherrliches Leben ſeye, ſo im Sohn iſt und bekehrten Suͤndern, die GOtt folgen zu Aufhebung deß Suͤnden -Tods37Vorrede. Tods mitgetheilet wird, das weiß niemand in ſeinem tiefſten Grund als GOtt ſelbs; al - les was an und in JEſu iſt, iſt gantz und gar ein weſentlich vollkommen Leben, lau - tere Unſchuld, Freud, Wahrheit, Wonne, Luſt, Friede, Vergnuͤgen, Ruh, Weisheit, und Heiligkeit. Ein Leben, darinn GOtt ſelbs unendlich ſelig iſt und ſeinem Sohn ge - geben hat zu haben in Jhm ſelber, Joh. 5: 26. Und als ein mitheilendes ewiges, hoͤch - ſtes Gut alle und jede neugeborne und ge - horſamme darmit zu uͤberſchwemmen und einzunehmen; Und eben wegen dieſer Mit - theilung wird JEſus genennt ein Brunn, Fuͤrſt und allhier ein Baum des Lebens; worinnen Er von den Baͤumen der Erden unterſcheiden iſt, zumal dieſe, ſonderlich der Wein-Stock, nichts als elend Holtz ſind, unmoͤglich das Leben zu geben und zu er - halten; JEſus aber hat in ſich ſelbs eine un - ausdenckliche Fuͤrtreflichkeit, dagegen alles ſichtbare und creatuͤrliche weniger als ein Schatten iſt, und da Er in ſich ſelbs ein un - zugaͤnglich Liecht und Leben ware, iſt Er durch ſeine Menſchwerdung, Leiden, Tod und Erhoͤhung uͤber alle Himmel ein Baum und brauchbares Leben worden, alſo daß Er ſeine Aeſte uͤber Himmel und Erden und alle ihre Heer-Schaaren, Engel und Men - ſchen ausbreitet, Matth. 28: 18. Col. 1. undc 3ſeine38Vorrede. ſeine Herrlichkeit ſehen laſſet als der einge - borne vom Vater voller Gnade und Wahr - heit als edelſter Fruͤchten, Joh. 1: 14.

Uber (〈…〉〈…〉) dieſen Baum des Lebens oder GOtt Menſch iſt im Rath der Hhh. Recht, Macht, Gewalt und Anſprach zu - erkennt worden allen denen, die ſeine Ge - bot thun, die Jhm der Vater gegeben hat um von ſeinem Obſt abzubrechen und nach aller Hertzens-Luſt ſich ſatt zu eſſen, Joh. 12: 49. eben, wie wann ein Koͤnig einem henckermaͤßigen Ubelthater Recht und Macht gebe uͤber alle Vorrechten und Glo - rien ſeines Cron-Printzens, ja was das koͤſtlichſte iſt, an ſeinem koͤniglich weiſen, edlen und hohen Geiſt Theil zu nehmen, un - ter dieſem glorioſen Beding, wer nur Luſt habe ſeiner Ordre nachzukommen. 〈…〉〈…〉Authoritet, Majeſtet, Tuͤchtigkeit, Vermoͤ - gen, Freyheit, Bottmaͤßigkeit, Luc. 23: 7. Macht nach Gefallen zu handlen, Hebr. 13: 10. Joh. 1: 12. welches alles in dem Wort Ausweſenheit; wie eigentlich das griechiſch lautet, begriffen iſt: Die Bewahrung der Geboten Chriſti iſt ein Merckmal und un - betrieglich Beweißtum dieſer Ausweſenheit und der Einzug in das neue Jeruſalem iſt die Frucht davon, eben wie man Koͤnigs Kinder, ſo aus dem Weſen des Koͤnigs ge - boren und ſeiner Natur theilhafftig ſind,mit39Vorrede. mit ſonderlichem Pracht einhohlet, zeigt demnach diß Wort an, daß ſo viel ein Menſch Chriſti habe, ſo viel neuen Weſens aus Chriſto, ſo viel und ſo weit ſeye er im Stand und befugt ſeiner Gaben zu genieſſen. Die alte Natur des erſten Adams, wird vom Schwert des Cherubs abgehalten und iſt ſchlechterdings untuͤchtig von dieſem Baum zu eſſen, der im Paradyſe GOttes gruͤnt. Es muß darzu eine Ausweſenheit oder neue Natur aus dem andern Adam Chriſto ſeyn, der Faͤhigkeit, Geſchicklichkeit, Muth und Staͤrcke habe ſich mit den Cherubin in ein Gefaͤcht einzulaſſen und durchzutringen ins Paradys: Es muͤſſen neue Fuͤſſe ſeyn, dich dahin zu tragen, Jeſ. 35. Act. 3. neue un - ſchuldige Haͤnde die Frucht abzubrechen, neue Augen ſie zu ſehen, ein neuer Mund und Gaumen ſie zu koſten und dieſes ge - ſchiehet ſo offt die Seel ein Gebot Chriſti heiliglich erfuͤllet und etwa in einem Kampff obſieget, welchen Segen und Seligkeit aus und an dem Baum des Lebens nicht nur die Apoſtel und Maͤrtirer in Flammen, Ver - folgung, Toͤden und Kerckern gefunden, erfahren und genoſſen haben, 1. Joh. 1: 1, 3. 2. Cor. 13: 3. Gal. 2: 20. Phil. 1: 21. Sondern es erkennens und gebrauchens bis auf dieſe Stund alle die ihr eigen Leben haſſen, Joh. 12: 25. und das Gebot desc 4Glau -40Vorrede. Glaubens verſtehen und wahrnehmen, Joh. 11: 25, 26. 40. 14 : 19. wie aber dieſe Ver - heiſſung in der Ewigkeit in vollem Nach - druck ſolle erfuͤllet werden, ſtehet zu gewar - ten: welche Engels Zunge kans ausreden, da gehorſame Juͤnger und wirckliche Thaͤ - ter voll GOttes ſeyn werden unſterblich von Chriſti Unſterblichkeit, froͤlich von ſeiner Freude, reich von ſeinem Reichtum, ſchoͤn von ſeiner Schoͤnheit, ſelig von ſeiner Se - ligkeit. Ach wann ſchon hier Chriſtus al - les in allem iſt, Col. 3: 11. und ein glaͤu - biger mit aller Fuͤlle GOttes erfuͤllet wird, Eph. 3: 19. was wirds dann dort ſeyn! wann wir die Geheimniſſe des Himmel - Reichs, ſo auf Erden geſchehen, nicht faſ - ſen, wie wollen wir faſſen was im Himmel geſchiehet, Joh. 3: 12.

Sie moͤgen durch die Pforten einge - hen in die Stadt: Wer durch die enge Thuͤ - re〈…〉〈…〉 im Buß-Kampf eingetrungen und ſich mit einer heiligen Gewalt hineinge - zwengt hat, der mag hernach frey als ein triumphirender Sieges-Held durch die wei - te| Stadt-Pforten〈…〉〈…〉 einziehen, folg - lich gehen die Bewahrer der Geboten Chri - ſti in GOttes heilige Reſidentz-Stadt ein als Freunde, Joh. 15: 14. als Bruͤder, Joh. 20: 17. als Kinder, Rom. 8: 17. als Braut, Cant. 1: 4. Hoſea 2: 21, 22. als41Vorrede. als gerechte, Pſ. 118: 20. Jeſ. 26: 2. als begnadete (〈…〉〈…〉eſt part. paſs. in forma chaldaica.) Pſ. 149: 9. Dieſe Stadt iſt der Hauffen der auserwehlten, beruffenen, gerechtfertigten und geheiligten. Die Pfor - ten ſind die Wunden Chriſti und die Evan - geliſche Verheiſſungen. Das eingehen iſt der Genuß aller Privilegien und Freyheiten des Gnaden-Reichs: bey der Pforten des Gnaden-Reichs empfahen die Gaͤſte das Hochzeit-Kleid zum koͤniglichen Freuden - Feſt, nachwerts bey der Pforten des Schau - Reichs das Himmels-Kleid. JEſus ſagt dem Weib:〈…〉〈…〉. Reiſe in den Frieden hinein als ins Reich und Reſidentz des groſſen Koͤnigs, Luc. 7: 50. Dieſes eingehen iſt eine ſtets anwachſende Offen - bahrung Chriſti und der unſaͤglichen Guͤ - tern ſeines Himmel-Reichs, ſo denen wi - derfahrt, die ihm gehorchen, Joh. 10: 9. 14 : 21, 23. Diß geſchiehet hier auf Erden heimlich im Glauben und Nachfolg Chri - ſti; am Ende der Welt wirds geſchehen of - fenbarlich vor dem Angeſicht aller Creatu - ren mit unbeſchreiblicher Solennitaͤt, da - gegen der Einzug des groͤſten Monarchen und alle Triumphe der Kaͤyſer ein ſchlech - tes Kinder-Spiel ſind, Matth. 25: 10. Pſ. 45: 16. Die Apoſtel und heilige Engel thun dieſe Thore allen auf, die abgewaſchen undc 5gehei -42Vorrede. geheiliget ſind durch den Namen des HErrn JEſu und durch den Geiſt unſers GOt - tes, 1. Cor. 6: 11. Pſ. 24. allen neuge - bornen, Joh. 3: 3 - Und keinen anderen, dann der allweiſeſte Schoͤpffer hat eine ſehr hohe Maur 144. Ellen dick um die Stadt gezogen, daruͤber niemand kommen kan. Und die Engel die auf den 12. Thoren Schilt-Wache ſtehen, verſtatten keinem Menſchen den Eingang, es ſeye dann daß er die Gebote GOttes halte. Selig und uͤberſelig, wer als ein Thaͤter der Geboten Chriſti dieſen Lebens-Baum ſtets innigſt umfaſſet, Prov. 3: 18. in der Gemein - ſchafft des Sohns GOttes bleibet und taͤg - lich weiter hinein gehet in das Liecht und Leben GOttes, und eine Gaſſen nach der anderen entdecket Halleluja. Beym Wort der Beſtraffung, ward der folgende 15. Vers auch erklaͤret.

An dieſem anſehnlichen Ort hat mich der kluge Herr Stadthalter Stocker beherberget mit hertz - licher Hoͤflichkeit und Wohlthun, GOtt vermeh - re aus Gnaden um JEſu willen ſeine Jahre und laſſe ihm Gnad widerfahren, auf daß er mit ge - heiligtem Gemuͤth zur Ehre Chriſti an dieſem Ort ſtehen in Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Weißheit, GOttes-Forcht und allen Tugenden lange an die - ſem nahmhafften Ort leuchten und ſich unter Chri - ſti Anfuͤhrung einen guten Schatz in die Ewigkeit ſammlen moͤge durch Verhinderung vieles boͤſenund43Vorrede. und Pflantzung vieles guten mit GOttes Bey - ſtand.

Es hat mich auch mein Hochgeehrter Herr Schultheiß Knecht geweſener Schultheiß zu Burg - dorff und damals regierender Caſtlan zu Zweyſim - men ins Schloß Blanckenburg zum Mittag-Mahl eingeladen, wovor ich billigen Danck und unter - thaͤnige Bezeugung alles Reſpects ſchuldig bin.

Nachmittag erhub ich mich von dannen auf Boltigen und predigte den 13. daſelbſt uͤber A - poc. 22: 16. und hat mich Herr von Bergen, ein mit ſchoͤnen Talenten begabter, munterer Pfarr-Herr mit ſonderbarer Hoͤflichkeit, Liebe und hertzlicher Aufwart recht beſchaͤmt; GOtt vergelte es ihm durch unſers heiligen JEſus Liebe und ſegne ihn und alle, die mir auf dieſer kurtzen Reiſe gutes gethan haben. Wie mir denn durch GOttes Guͤte viel Erquickung an Leib und Seel reichlich widerfahren in denen wenigen Tagen. GOtt ſey ewig Lob und Danck darfuͤr! Seine himmliſche Gnaden-Krafft eroͤffne auch dieſem trefflich begabten Mann das liebreiche Hertz JE - ſu ſeines Sohnes, daß er Schaͤtze der Sanfft - muth, der ſtillen Einkehr und Andacht und der lauteren Liebe GOttes und aller Menſchen auch der widerwaͤrtigſten daraus zu ſeiner tiefen Be - friedigung nehmen koͤnne. Hierzu ſegne ihm auch GOtt, der ſo vielmal ſich auf denen Bergen ge - offenbahret, ſein Auffenthalt im Berg-Land, daß er mit GOTT wie Moſes, und mit JEſu wie die drey Juͤnger hinauf ſteige und in geheiligtem Angedencken der Lehre und des Lebens Chriſti ſonderlich auch dieſe Wort practicire dem allerhoͤchſten Exempel nach:

Nach44Vorrede.
Nach der Stille, ohn Gewuͤhle
Hat mein Heyland ſelbſt getracht,
Und im Hauſe und nicht drauſſen
Dreyßig Jahre zugebracht,
Da er fleißig, ja das weiß ich
An GOtts Pforten hat gewacht,

Damit er allzeit ſtraalend und flammend von Liebe GOttes und einem himmliſchen Sinn zu ſei - ner anvertrauten Heerde zuruck kehre.

Kame ſelbigen Abend auf Daͤrſtetten zu mei - nem liebwehrten Herrn Gevatter, Herrn Gabriel Furer, an welchen JEſus der getreue Seligma - cher gedencket, und als ſeinen geliebten mit Creutz bezeichnet, damit Er ihne bewahre vor dem boͤſen Tag und weilen Creutz, Gnad und Liecht ſo ger - ne beyſammen hauſen; ſo kroͤnet der Vater der Erbarmungen ſeine Famillen mit geiſtlichem Se - gen in himmliſchen Guͤtern durch Chriſtum: GOtt halte ſein Hertz ſteif im Vertrauen an den heil - waͤhrtigen Namen JEſus, der unter harten Creutz - Schaalen den ewig erquickenden Kern alles Frie - dens, Heils und Lebens verbirget; Darum mein theurer Bruder im HErrn

Glaub nur veſte, daß das beſte
Uber dir beſchloſſen ſey,
Wann dein Wille nur iſt ſtille
Wirſt du von dem Kummer frey.

Habe auch zu Oberwyl auf Anhalten deß jun - gen Herrn Samuel Hortins, allwo mir eben - falls viel gutes widerfahren, geprediget, Er iſt der Gemeind, wegen ſeines gewiſſenhafften Fleiſ - ſes lieb und wehrt; GOTT erhalte ſein Hertz in Demuth und Nidrigkeit, daß er ſich gar keinesmenſch -45Vorrede. menſchlichen Lobſpruchs annehme, ſonder in al - len Dingen GOttes Urtheil foͤrchte, welches ſehr ſubtil iſt, und einen jeden genau underſuchet, ſich auch keines wegs nach der Menſchen Zungen richtet: Daß er doch nie vergeſſe, wie manchen ſauren Kampf er noch auszuſtehen habe, und wie vieles er noch erfahren muͤſſe, ehe er geuͤbte Sin - nen habe den Willen deß HErren zu pruͤffen, und alles wohl zu underſcheiden; Alſo mag dieſer ſchoͤn bluͤhende zarte Baum, wann er tieff in GOTT einzuwurtzeln ſuchet, noch wohl viele, koͤſtliche Fruͤchte in Chriſti Vereinigung bringen, deren ſich die Kirch zu erfreuen haben wird.

Es hat mir auch Herr Kocher, Pfarrer zu Er - lenbach aus rechtſchaffener Bruder-Liebe mehrma - len ſeinen Cantzel gleichſam auffgetrungen, da ich viel lieber haͤtte wollen Zuhoͤrer ſeyn ſeiner gelehrten, ſchmackhafften, evangeliſchen Predigen, alſo daß mich ſeine groſſe Demuth und Hertzlichkeit allzeit beſchaͤmt hatt: GOtt verſetze ſein gantzes Haus und noch viele von ſeiner Gemeind in das geſeg - nete Canaan der theuren Liebe Chriſti, und er - fuͤlle ſeine Seele mit ewigem Leben.

Letztlich hat auch Diemptigen in gleichem Be - zirck wohl um mich verdienet, daß ich ihrer zum beſten gedencke, zumaln ſie mich mehr als einmal genoͤhtiget haben, das Evangelium von JESU zu predigen in dortiger Kirch, und zwar aus Chriſt - licher Liebe zu heyls-begierigen Hertzen welche ſol - ches verlanget, und auch von mir ohne die ge - ringſte Verſaumniß meiner Angehoͤrigen in einer Wochen-Predigt geſchehen. Die Himmels-breite Gnaden Fluͤgel Chriſti ſammlen, bedecken, er - waͤrmen, beſchirmen, heiligen erquicken ebenfallsdort46Vorrede. dort die lieben im Pfarrhauß und der Gemeind, biß ſie den Urſprung alles Guten, aller Gnade und Herrlichkeit ſchauen im Paradys, allda ih - nen aller irrdiſche Abgang in dieſer Zeit unendlich erſetzt werden ſoll; Welche Erſatzung ſie ſchon hier im Willen GOttes genieſſen an geiſtlichen Segen durch Chriſtum dem ſie angehoͤren, und folglich nach Pauli Verſicherung alles ihr iſt. 1. Cor. 3: 22, 23. Dieſes melde auß Anlaß im Vorbeygang, nun komme ich wieder auf die in Boltigen und Daͤrſtetten gehaltene Predigten.

Will um beliebter Kuͤrtze willen dieſe beyde Text zuſammen nehmen. Jſt die allerletzte Predig JEſu Chriſti nach ſeiner Himmelfahrt: Der hier wiederum perſoͤn - lich redet, nach dem GOtt der Vatter, der H. Geiſt und die Kirch v. 14, 15. geredt haben, ſtimmet faſt mit deren uͤberein, ſo Er bey ſeiner Geburt durch den Engel hal - ten laſſen, Luc. 12: 10, 11. Alle haben ein ſuͤß Evangelium fuͤr durſtige Selen, ſo ſeufftzen nach ſeiner erſten, wie die Patriar - chen, Propheten und gerechte deß Alten Teſtaments und andern Zukunfft, wie ſei - ne betraͤngte Kirch am Ende der Tagen deß Neuen Teſtaments, alles iſt im Paradys geſchehen, Gen. 3. und hier v. 1, 2, 3. da heißts: Wer Ohren hat zu hoͤren, der hoͤ - re. JEſus redet und zeuget ſelbſt, ſein Geiſt / der Engel und die Gemein, alles vermahnt und rufft kurtz und hoͤchſt beweg -lich:47Vorrede. lich: Laſſet uns den Koͤnig und ſeine Ge - ſante hoͤren.

  • 1. Die himmliſche Commiſſion und Befelch JEſus.

JEſus befiehlt ſelbs und zeigt von wem die Verkuͤndiger guter Bottſchafft kommen. Jch JEſus habe meinen Engel geſant / Matth. 28: 19, 20. Eph. 4: 11, 12. Act. 26: 15 -- 18. Joh. 17: 18. und 20: 21. Groſſer Troſt bey der lebendigen, feurigen, ſchmackhafften Predig des Worts ſo aus eigener Erfahrung nach dem Sinn und Wil - le Chriſti in ſeinem Geiſt vorgetragen wird, daß man nicht meine, das gehe JEſum nichts an, Er ſeye nicht dabey. Nein! in dem ein GOtt ergebener Prediger auf die Cantzel ſteiget, ſo ſteiget der himmliſche Leh - rer und oberſte Prediger herab, oͤffnet und ruͤhret das Hertz mit groſſer Krafft und das ſind die beſten Prediger, da zu gleicher Zeit 2. auf der Cantzel ſtehen ein ſichtbareer, deſ - ſen Stimm in die Ohren ſchallet und ein unſichtbarer, deſſen Krafft die felſerne Hertz erſchuͤttert, meinen Engel mit der ange - nehmſten, herrlichſten Bottſchafft nicht von einer Erbſchafft von viel hundert tauſend Gulden ſondern einen unvergleichlich groͤſ - ſern Reichthum und Segen, der ewig waͤhrt, wann Himmel und Erden im Rauch auf - gehen; einen Botten mit meiner Libereyund48Vorrede. und Creditiv als meinen vertrauten Die - ner, Rom. 10: 15. geſandt mit meinem Geiſt darzu ausgeruͤſtet, brennend gemacht von meiner Liebe, 2. Cor. 5: 14. und gleich - ſam ausgeſtoſſen, Matth. 9: 38. Welches in dieſen letzten Tagen, wovon hier die Re - de iſt, GOtt auf eine bißher unerhoͤrte Wei - ſe thun wird und Prediger ſenden, die Wei - ſe, dapffer und heilig ſeyn ſollen, wie die Engele GOttes, Pſ. 68: 12. Jeſ. 66. Dan. 12: 3. Wann ein großmaͤchtiger Koͤnig ſeinen Ambaſſadoren oder Geſandten an euch ſchickte mit Anerbietung alles guten, ihr hieltets ja vor keine geringe Ehre; nun ſuchet euch der groſſe Koͤnig Himmels und der Erden in dieſem Thal heim, Er ladet euch ein: O was erfreuliche Wort hab ich an alle, die ſeine Gnad begehre! wann ein Engel oder ein gantzes Chor engliſcher Heer - Schaaren vom Himmel kaͤmen, wie wur - det ihr doch die Tag eures Lebens daran ge - dencken, die Predig kaͤme euch nie aus dem Sinn: Wann GOtt ſelbſt erſchiene, mit ei - ner ſolchen Majeſtaͤt wie auf Sinai, herab fahren, dieſen Tempel umgeben, mit einer ſtarcken Stimm aus den Wolcken ruffen und euch anreden wurde, welch ein Schre - cken und Erſtaunen wurd euch uͤberfallen! Aber nein, Er will nur ſchwache elendige Menſchen brauchen. O HErr JEſu wiebin49Vorrede. bin ich verwundert, daß du auch mich al - lerunwuͤrdigſten Suͤnden-Wurm erwehlet haſt zu einem geringen Diener, ja daß du mich von Mutter Leib an darzu ausgeſon - dert und biß auf dieſen Tag eine Mauer um mich her geweſen biſt; ach daß ich keine Ge - legenheit verſaume dich zu verherrlichen!

Jhr habt nun den ſendenden, den Geſand - ten, die Sendung ſelbſt. Folget der Zweck: worzu? zu bezeugen, iſt mehr als einfal - tig lehren, das Zeugniß und Teſtament GOttes darlegen, 1. Joh. 5: 5 -- 13. JE - ſum predigen und ſein Heil, Joh. 3. betheu - ren, als ob Chriſtus ſelbſt hier auf der Can - tzel neben mir ſtunde, und als ob er jetzt ruff - te bey mir, ach ich ſtehe neben Jhm vor eu - ren Hertzen; ja Chriſtus bittet euch: neh - met meine Gnad an in dieſen Worten deß Lebens; ach haſt du das Hertz, und du, daß du Jhm diß abſchlagen doͤrffeſt: hoͤret wie er euch zurufft: kommt zu mir alle Suͤn - der, ſehet meine Armen ſind ausgeſtrecket, mein Hertz ſtehet offen, wie billig waͤre ich euch zu empfahen, wann ihr woltet zn mir kommen, hier noͤthiget Er euch, ſchauet mich an und werdet ſelig aller Welt Ende, ſchaue ſein rothe Wunden, ſiehe wie er bluͤ - tet, wie ſeine Haͤnd und Fuͤſſe durchſtochen, wie er wimſelt, ſieheſt du wie er ſein Haupt laßt hangen, und vom Creutz herab rufft:dJch50Vorrede. Jch bitte dich ſo hoch ich kan, ſo hoch du deine Seele liebeſt, ich bitte dich um der Streichen willen, die ich deinet wegen er - duldet, ſchlag mir das nicht ab: was ſaget ihr dazu? wollet ihr von nun an euer vorig Le - ben verlaſſen, in ein neues Leben tretten, und Chriſti Freund werden oder nicht? ſa - get ja oder nein: heiſſet Jhn ſelber hinweg gehen, ich mag es nicht thun. GOtt der Vatter ſagt: Nimm doch meine Liebe an; wo wilt du ein groͤſſer Gluͤck finden, als wann du mein Kind ſeyn und den Him - mel erben kanſt, es ſoll alles verzogen ſeyn, ſaget ihr, wer wolte diß nicht annehmen: freylich, freylich: aber ach es iſt mir eben, als ob ihr nein ſagtet, wann ihrs nicht ge - rade jetzt thut. GOtt bietet dir o Suͤnder! ſeine Freundſchafft an, ſags frey heraus, wilt du nur noch dieſen Tag lieber GOttes Freund oder Feind ſeyn, Er ſucht den Frie - den, ich gehe von hinnen nicht, biß ich mei - nen Beſcheid erhalten, du, wilt du? und du, welcher iſt der ſagen will nein! der trette hervor, 2. Cor. 5: 20. Prediger ſind Zeu - gen JEſu Chriſti, mit Jhme eins und be - kannt, die aus eigener Erfahrung anderen ſagen koͤnnen, wie gut mans bey ihm habe, die das Evangelium nicht wie ein Papagey erſt andern nachſchwaͤtzen doͤrffen, Jer. 23: 22, 30. Joh. 15: 26. Act. 1: 8. 5 : 32. 10:51Vorrede. 10: 41. Luc. 24: 48. Jeſ. 43: 10. Apoc. 19: 10. Sie machen Chriſti Krafft und Er - loͤſung uͤber die Suͤnd, ſeine Gnad, Wir - ckung und Vollendung erhoͤhen und prei - ſen ſie jederman an in denen 7. Aſiatiſchen ja allen fuͤrgebildeten Gemeinden: was ich euch ſage, das ſag ich allen, wachet, hoͤret.

2. Die Engliſche Bottſchafft und Rela - tion oder Predig ſelbſt, Jch bin / Exod. 3: 14, 15. Der Jehova, Leben und Licht, Weg und Wahrheit. Wurtzel, Jeſ. 11: 1, 10. Rom. 15: 12. Apoc. 5: 5.

a Urheber deß natuͤrlichen und geiſtlichen Lebens, Joh. 1. durch die Schoͤpffung und Zurechtbringung, aus Jhm haben wir al - les gute, 1. Cor. 1: 30. 1. Chron. 29: 11 -- 14. Jhm ſind wir alles ſchuldig, Pſ. 68: 4, 19, 20, 21. Jeſ. 45: 24.

b Und alſo das Haupt ſeiner Kirch, da - von die Glieder alle ihre Nahrung und Wachsthum haben, Eph. 1: 22, 23. 4 : 15, 16. Act. 17: 28. Aus Jhm flieſſet aller Safft in die glaͤubige, Bluͤhte, Blaͤtter und Frucht, der H. Geiſt mit ſeinen Gaben, Summa alles gute, alle heilige Gedancken, Begierden, Worte, Wercke, Leiden, Tu - genden von Abel an biß auf den letzten ge - rechten zum juͤngſten Tage zu, Pſ. 1: 3. Jer. 17: 7, 8. mithin iſt JEſus das Leben, Weben, ſafftige Bluͤhen, Gruͤnen und Frucht -d 2barkeit52Vorrede. barkeit der gantzen Kirch, alle Glieder Al - ten und Neuen Teſtaments ſind in Jhm zuſammen gefaßt, Eph. 1: 10.

c. Jſt der Grund und Fundament, ſo den gantzen Kirchen-Baum tragt, in Jhme iſt der Gnaden-Bund und deſſen beyderſei - tige Erfuͤllung veſt, Rom. 11: 18. Pſ. 89: 29 -- 38. Davids Fels, Pſ. 18: 3. auf JEſu gruͤnden, bauen, ſteuren und verlaſ - ſen ſich alle Heiligen und wurtzlen in Jhm, Col. 1: 23. und 2: 7. werden durch Jhn auß aller Schande heraußgebracht, wach - ſen dem Himmel zu und werden erhoͤhet zu der erſten Ehre, darinn Adam ſtuhnd.

d Wie ſich die Wurtzel in die Erde ver - birget, gleicher maſſen hat ſich Ehriſtus allem Gewalt der Feinden entzogen und in Himmel verborgen, wie Er zuvor im Grab gelegen, und der Juden fernern Be - ſchimpffung entgangen.

e Wie die Wurtzel immer wieder friſche Zweige ſchieſſet, alſo iſt JEſus ein allmaͤch - tiger Uberwinder uͤber Welt, Suͤnd, Hoͤll, Tod, der alle Stuͤrme und Anfechtungen ſeiner Feinden gewaltig bemeiſtert, und nachdem Er ſich under alles aufs tieffeſte erniedriget, wie insgemein hohe Baͤum tieffe Wurtzen haben, iſt Er uͤber alles Ho - he und Erhabene hoch außgeſchoffen, Phil. 2: 7 -- 11. Ezech. 17: 23, 24. und hat ſeinCreutz -53Vorrede. Creutz-Panier uns zum Troſt auf dem Sieges - Plan außgehenckt, Jeſ. 66: 19. Es mag der Feind noch ſo grauſam wider die Baͤume wuͤten und gan - tze Waͤlder umhauen, ſo muß er dennoch dieſe Wurtzel laſſen bleiben, das Koͤnigreich Chriſti im Hertzen durch den H. Geiſt / wie in Egypten und under der Babyloniſchen, Perſiſchen, Griechi - ſchen und Roͤmiſchen Monarchey geſchehen, Rom. 9: 25, 29. 11 : 4, 5. und im letzten Wetter-Sturm deß Antichriſten, wird ſo viel von der Wurtzel uͤbrig bleiben, daß viele tauſende darauß auß - ſchieſſen werden, Jeſ. 60: 22. Pſ. 68: 2, 3. Pſ. 72: 7. Demnach iſt JEſus die Wurtzel Da - vids, maſſen ein jeder geiſtlicher David oder Liebling GOttes, der am Strom lebendigen Waſſers als ein Baum deß Lebens gepflantzet iſt, auß ihme herfuͤr gruͤnet, zwoͤlfferley Fruͤchte brin - get, und mit Geſundheits-Blaͤtter erfuͤllet wird.

Er iſt aber auch das Geſchlecht Davids Zweig und Wurtzel, Jeſ. 53. GOtt und der Samen, Rom. 1: 3, 4. der Erſtgebohrne GOttes und der Kirch, 2. Sam. 23. Pſ. 89: 28. 87 : 4, 5. Col. 1: 15, 18. Apoc. 1. Kinder / 1. Petr. 2. Diß iſt das Prophetiſche, Prieſterliche und recht him̃ - liſche Geſchlecht, Joh. 1: 12, 13. Pſ. 110. be - zeichnet, Apoc. 7. die Davids Glauben, Liebe, nachſchlagen, ſonderlich ſein Bild tragen, alſo heiſſet ſein Name Chriſtus in den Menſchen / Col. 1: 17. in dem Hertzen eines jeden, der ſein Mutter geworden, und ihn im Geiſt gebohren hat, Matth. 12: 50.

Der hell-leuchtende Morgen-Stern, der groſſe Lehrer der Gerechtigkeit JEſus Chriſtus, in weſſen Hertzen dieſer helle Morgen-Stern auff -d 3gegan -54Vorrede. gegangen, 2. Petr. 11: 19. der allein weißt recht wie man GOtt dienen ſolle, und darff nicht daß ihn jemand lehre, 1. Joh. 2. weilen er das Licht deß Lebens in ihm hat, ſo ihm alle Geheimniſſe Heil. Schrifft entdecket, daß er die Schoͤnheiten deß neu-auffbluͤhenden herrlichen Reichs weit und breit ſihet, wie ſich doch alles ſo ſehr veraͤnderet, und huͤpſch neu geworden, alles Unkraut außge - rottet, und die ehmalige finſtere Schlupff-Loͤcher der unreinen boͤſen Geiſter außgeraumt und geputzt ſind, Jeſ. 43: 19. 2. Petr. 3: 13. Diß iſt der Stern der Weiſen, ſo nach Bethlehem dem Brodt-Hauſe fuͤhret, Matth. 2. JEſus ſcheinet durchs Wort der Wahrheit und durch den Heil. Geiſt, Cant. 6: 10. Pſ. 112: 4. 2. Cor. 4: 6. Apoc. 2: 27.

3. Die Application deß H. Geiſtes, der Braut und aller Glaͤubigen Nachklang, v. 17. Der Geiſt und die Braut ſprechen: Komm! Und wer es hoͤret / der ſpreche: Komm! Und wen duͤrſtet / der komme / und wer da will / der nehme das Waſſer deß Lebens umſonſt. Der H. Geiſt treibet in den Zeugen JEſu ihren neugebohrnen Geiſt und die Braut deß Lam̃s, daß ſie ſich nach der Zukunfft deß Braͤutigams und nach der Bekehrung der Voͤlcker ſehnlich außſtrecken, mit bruͤnſtigem Verlangen, daß doch unzehliche Menge der Menſchen ihre Seelen keuſch machen im Gehorſam der Wahrheit durch den Geiſt, wei - len ſie einen unendlichen Vorraht ſehen von Licht, treibenden Leben und unvergleichlicher Herrlichkeit in dieſem Morgen-Stern, Wurtzel und Geſchlecht Davids; Da mangelt nichts als Kommen, Trin - cken, die Glaubens-Hand nur fein getroſt auß -ſtrecken,55Vorrede. ſtrecken, das Wort der Wahrheit in ſeiner un - verfaͤlſchten Lauterkeit annehmen, und das Waſ - ſer deß Lebens, ſo auß GOttes und deß Lamms Thron, wie ein tieffer Strom heraußfleußt, kei - ner laſſe ſich ſeine Ar muht und Duͤrfftigkeit abſchre. cken, fort mit allem Zweiffel, niemand gedencke, er wolle von erſt wuͤrdig gnug werden, ſondern komm nur getroſt, und nehme das umſonſt, was ihm GOttes Freundlichkeit anbietet und ſchencken will.

Alles rufft, der H. Geiſt und die Kirch, Jeſ. 55: 1 -- 3. JEſus heißt alle Durſtige kommen, Joh. 4. und 7: 37. Wer Frucht will tragen, muß dieſe Wurtzel ins Hertz laſſen durch den Glauben, Eph. 3: 17, 18. Phil. 1: 11. Suͤßholtz-Wurtzen loͤ - ſchenhefftig den Durſt; Wer die ſuͤſſe Liebe JEſu Chriſti im Hertzen ſchmeckt, dem verleidet die gan - tze Welt, und erſtirbet alle Fleiſches-Luſt, und bleibt nichts uͤbrig in der Seelen, als ein ſtetes Verlangen von dem Leben und Liebe JEſu ſatt zu haben und volle Genuͤge. Jn Jndien ſind Baͤu - me, auß deren Wurtzel Mehl gemacht und Brodt bereitet wird; Die Buͤrgſchafft und Vorbitt deß durch Leiden vollkommen gemachten Hohenprie - ſters nehret und vermehret die Kraͤfften deß neuen Menſchen, und ſtaͤrcket alle deſſen Glieder, wer aber dieſe paradyſiſche, ſehr fremd gewordene Koſt recht genieſſen will, der muß forthin nimmermehr an der Wurtzel der Gelt-Liebe ſaugen, 1. Tim. 6: 10. und deß Gutdunckens ſeines eigenen Hertzens, nebens einem neidigen erbitterten Gemuͤth gegen Bekehrte und von Chriſto freundlich Auffgenom - mene, Deut. 29: 18. Luc. 15: 2. Act. 13: 45. Hebr. 12: 15. dardurch der hoͤlliſche Durſt nurd 4immer -56Vorrede. immermehr entzuͤndet wird durch Gold-Raach - Ehr - und Sauff-Begierd.

Erforſche ein jeder ſein Weſen, der Morgen iſt kommen / Rom. 13. Joh. 12: 35. Tit. 2: 11. 3 : 4. und iſt doch Nacht / Eſaj. 21: 12. Secten, Zaͤnckereyen, Hochmuth, Wercke der Finſterniß, Auffhaltung der Wahrheit in Unge - rechtigkeit, 2. Theſſ. 2: 10, 12 Rom. 1: 18. Ge - wiſſens-Zwang, Abfall von GOtt, Haß Chri - ſti und ſeiner Glieder, da der groſſe Hauffe den Gerechten uͤberſchreyet: Mit wem halteſt du es nun? Jſt das auch dein Wunſch, wie der H. Geiſt, der Kirchen-Fuͤrſprech in ihr ſeuffzet? Begehreſt du erleuchtet zu werden, Eph. 5: 14. Duͤrſteſt du nach den Waſſern deß Lebens, nach GOttes Reich? Allermaſſen JEſus nicht verheiſſen dem Geitzhalß den Durſt mit Guͤtern, dem Ruhm - ſuͤchtigen mit aller Wiſſenſchafft und fleiſchlicher Weißheit, dem Rachgierigen mit Vertilgung ſei - ner Feinden, dem Tadelgern mit groſſem Beyfall, dem Wolluͤſtler mit mancherley Gemaͤchlichkeit und Fleiſches-Kitzel, dem hungerigen Rachen ſei - ne Seele zu fuͤllen? Nein, dieſe alle will er mit dem Hoͤllen-Pfuhl traͤncken, Apoc. 21: 8. 22 : 11, 18, 19, 15. Die ſagen: Komm Welt, Gelt, Fleiſch, ſchaffet mir Wolluͤſt: Weich JEſu mit deinem Wort und Geiſt, habe mein Hertz andern gegeben, die erhitzen, quaͤlen und toͤden, und die Noht der Erbſuͤnd unbeſchreiblich groͤſſer machen, ich haſſe dein Leben, Ruh und Liebe, Tod und Angſt.

Ein ewiger Troſt quillet hier vor Arme am Leib und am Geiſt, Matth. 5. Luc. 6. So gewiß ein rechter Durſt da iſt, ſo gewiß erlabet Er: JchJEſus57Vorrede. JEſus ſammle, locke euch: Ein jeder der meine Hirten-Pfeiffen hoͤret, der komme zu mir und trin - cke, Matth. 11: 28. der nur ein leer Gefaͤß hat, der ſtelle es under, einen leeren Sack, Hand, Mund, leer von aller eigenen eingebildeten Weißheit, Recht und Frommkeit, von aller eitelen Narren - Freud und Vernuͤgen, der ſirecke ſie auß und thue ſie auff nach Mir. Jch JEſus will euch geben, mehr als ihr begehret, ja biß ihr gnug habt, Pſ. 22: 27. 36 : 9. 65 : 5. Prov. 8. weſentliches Gut, ein Magazin der Guͤtern, Prov. 10: 3. habe Jch Gnade, Freude, ein Reich, ein Cron, es iſt al - les fuͤr den, der ſich von der Welt umwendet zu Mir, Jch ſtoſſe ihm alles ein, daß er wie ein ge - maͤſtetes Kaͤlblein auffſpringt, Mal. 4. Kan die Unruh nichts auf Erden ſtillen und befriedigen, als GOttes Gegenwart, Gnad und Geiſt, der oͤffne nur ſein Hertz im Gebett gegen Mir, Jch will ihm ſchoͤne Sachen drein ſteuren, mit geiſtlichen und himmliſchen Segen uͤberſchuͤtten, Geiſt, Licht, Freud und Leben darein gieſſen, wie man die Kin - derlein mit Weynacht-Gaaben erfreuet: Euere Seele ſoll in Wolluſt fett werden, ſonderlich an Meinem Hochzeit, da Jch euch uͤberſtroͤmen, mit Manna ſaͤttigen, und euern Mund mit Preiſen und Jubilieren anfuͤllen will, Jeſ. 25. 29 : 19. 30 : 29 55: 3. 61 : 10. Jer. 31: 12. Euere wegen deß Mangels deß Hochzeit-Kleids bekuͤmmerte Seele anthun mit dem goldenen hellglaͤntzenden Kleid meiner eigenen Gerechtigkeit, Heiligkeit und Herrlichkeit, daß ihr Mir euerem lieben Braͤuti - gam koͤnnet entgegen ziehen, mit Freuden und Lob-Geſaͤng in euerem Mund, mit Harffen GOt - tes und Palmen-Zweigen in euern Haͤnden.

d 5Sehet58Vorrede.

Sehet alſo: Jhr ſollt nichts bringen, nur neh - men, JEſus Chriſtus muthet nur an rechten Durſt, das iſt, Sinns-Aenderung und Glau - ben, daß Er nicht verachtet werde, und du nicht mehr nach der Welt duͤrſteſt, beſondern alles ver - ſchmaͤheſt, was dich in Seinem Dienſt und Liebe verhindern und davon abhalten will, dich ſelbs richteſt und verdammeſt, arm, ſchwach, bloß, jaͤmmerlich, unwuͤrdig, untuͤchtig und ein blin - der Thor in deinen eigenen Augen ſeyeſt.

Hier iſt der edelſte, gewuͤrtzte, koͤſtliche Lab - Tranck ab der heilſamſten Wurtzen zu trincken, das iſt die recht Engliſche Gifft - und Heil-Wurtz, wer Luſt hat und ſie etwas ſchaͤtzet: Vinum Aro - matites (gleich dem Claret oder Wein, ſo man in Puͤndten, zu Chur und Meyenfeld hat|) der Krafft gibt zu allen Chriſtlichen Tugenden: Deß - halben rufft uns JEſus zu: Jch will Mich in dich gieſſen, den Bach GOttes in dich leiten, Pſ. 23: 36, 65. Apoc. 7. Jch JEſus bin die Quell deß Heils, der offene Brunn, Jeſ. 12. Joh. 1: 16. Apoc. 1: 5. O wann duk wußteſt, Joh. 4: 10. was fuͤr Waſſer das iſt, du wurdeſts machen, wie die Helden Davids, 2. Sam. 23: 13 -- 17. 20. Diß Blut-Waſſer muͤſſen wir alle trincken; Halte nur deinen Mund an JEſu Seiten, Joh. 19: 34.

O daß du die Lieblichkeit dieſer Wurtzen gekoſtet haͤtteſt, ihre Tugenden, Hebr. 6. Wann du die Straalen und kraͤfftige Wuͤrckung dieſes goͤtt - lichen Lichts empfunden haͤtteſt! Laß dich doch auß der Finſterniß reiſſen! Ja komme du Licht deiner Außerleſenen zu allen, die Dich under uns noch nicht kennen, mithin | ein finſter Leben fuͤhren;Kom̃e59Vorrede. Komme zu deinen Geſchoͤpffen, die in der Finſter - niß deß Papſtthums und Heidenthums ſitzen, Zach. 14. Jeſ. 30: 26. Komm du Quell der Gaͤrten, Cant. 4. Loͤſche den Durſt aller, ſo nach Deiner Gemeinſchafft ſehnen; Komme mit deiner freu - denreichen Zeitung von deiner Zukunfft ins Fleiſch, und zum Gericht zu deiner Kirch, deiner betruͤbten Braut, der armen Wittwen, denen verlaſſenen Waͤyſelein, die keine geiſtliche Vaͤtter auf Erden haben, alſo ſeuffzet wahrlich dein Geiſt in allen neugebohrnen ſchon von langer Zeit her, wohne dann und wandle mitten under uns und ſtelle dich gegenwaͤrtig dar zur Verſicherung der geiſtlichen Hochzeit und Vermaͤhlung, Amen.

Hier will ich ein klein Muͤſterlein beyſetzen, um zu zeigen, wie der H. Geiſt in allen Worten H. Schrifft ſuche den Glauben in die Hertzen einzu - pflantzen, und allen Einwuͤrffen der Vernunfft zu begegnen.

Einw. O wie ſelig waren die Zeiten, da man JEſum ſelbs hoͤren koͤnnte! Da hatte man gut zu glauben, ich aber hoͤre nur Menſchen, ich kan nicht daran kommen, was ſie mir vorgeben. Antw. Jch JEſus habe ſie geſandt. Einw. Ja wanns etwa der H. Engel Gabriel waͤre oder ſonſt ein himmliſcher Thron-Fuͤrſt. Antw. Mei - nen Engel. Einw. Wann JEſus mir ſolte Buͤrg darſuͤr ſeyn, daß Er ſelbs darzu ſtehen wolle, was ſie mir Seinethalben anzeigen, daß ich mich dran laſſen koͤnnte. Antw. Zu bezeugen. Einw. Jch will wohl glauben, es ſeye ſein groſſer Ernſt, ja wenn Er mich meynte, daß ich gewiß wuͤßte, es gehe mich auch an. Antw. Euch an den Gemeinden. Einw. Es ſind aber gar zuhohe60Vorrede. hohe Gnaden und zu ſchwaͤre Pflichten, davon JEſus im Buch ſeiner Offenbahrung mit mir re - den laſſet, wie mag ich jemals darzu gelangen. Antw. Jch bin die Wurtzel. Einw. Ja wol freylich iſt aller Engel Schoͤnheit, aller Patriar - chen Gottſeligkeit, aller Propheten Erleuchtung, aller Apoſteln Heiligkeit, aller Blut-Zeugen Be - ſtaͤndigkeit, aller Glaͤubigen Gehorſam und Uber - windung aus, durch und zu GOttes Sohn; aber wie darff ich elender Suͤnden-Wurm gemeinſam mit einem ſo herrlichen GOtt umgehen, Jhm all mein Anligen im Vertrauen in ſeine Schoos werf - fen, ja wenn Er meines gleichen waͤre, ein Menſch wie ich, ſo doͤrfft ich ſchon freymuͤhtiger und offen - hertziger gegen Jhm ſeyn. Antw. Das Ge - ſchlecht Davids. Einw. Jch bin aber die Fin - ſterniß ſelbſt, es iſt Nacht bey mir, ſtoſſe an Steinen meiner Hertzens-Haͤrtigkeit, zerreiſſe al - le meine Vorſaͤtz an denen Dorn-Hecken deß miß - trauiſchen Zweiffelmuths und mancherley Sorgen, gerathe in Pfuͤtzen der Welt-Begierden und Flei - ſches-Luͤſten, wenn ich nur eine Latern haͤtte, die mir vorleuchtete und zuͤndete, oder daß der Tag einmal anbreche, damit ich den Weg fein deutlich ſehen koͤnnte zu ſo gutem Seligmacher und ſo leut - ſeligem Menſchen-Freund. Antw. Jch bin der helleuchtende Morgen-Stern. Einw. Wann ich den innern Gnaden-Zug fuͤhlete, und mir die goͤttliche Krafft angebotten wurde dem Licht nachzuſpuͤren. Antw. Der Geiſt ſpricht kom̃. Einw. Ja wann aber auch die Braut deſſen zufrie - den waͤre, mirs goͤnnete, mich nicht ſchaͤmete; Wie koͤnnten doch die Apoſtel und alle Heiligen ein ſo heßlichen abſchenlichen Suͤnder, als ich bin zueinen61Vorrede. einem Mit-Burger und Mitgenoſſen ihrer Freud und Glory immermehr annehmen. Antw. Und die Braut ſpricht komm. Einw. Jch habe noch Bruͤder, Freund und Verwandte, es iſt die Frag, ob ich ſie auch doͤrffte mitbringen. Antw. Wer es hoͤret, der ſpreche auch zu andern komm. Einw. Und wenn ſie ihre Luſt nur im Fleiſch und Welt haben, dieſem hohen Gut nichts nachfragen, ja wenn meine eigene Kinder ſelbs dahinden bleiben, darff ich denn in einen Weg al - lein kommen? Antw. Wen da duͤrſtet / der komme. Einw. Wird mir aber meine lange Verharrung in Suͤnden, abtruͤnnige Ubertret - tung, Groͤſſe und Menge meiner Miſſethaten nicht den Rigel ſtoſſen und ein Hinderniß machen? ſon - derlich wann ich durch meine uͤbele Gewohnheiten allerdings entwoͤhnt worden von allen goͤttlichen und geiſtlichen Guͤtern, ſo gar, daß meine Begierd darnach kein Durſt heiſſen kan, und mir nichts als ſchwaches Wollen uͤbrig geblieben. Antw. Wer da will / der nehme. Einw. Wie aber? wann ich unrein, duͤrr, unfruchtbar, verwelcket, ja gantz todt in Suͤnden bin. Antw. Waſſer deß Lebens. Einw. Wie waͤrs aber, ſo ich fein nichts Gutes in mir haͤtte, nicht ein eintzig recht heilig Werck, das Hertz und Leben davon leer, im Gegentheil voll Elends, Traͤgheit, Zerſtreuung, Unachtſamkeit waͤre, wie doͤrffte ichs wagen, und mir ſo unermeſſene Seligkeiten zueignen und ſo un - verſchamt zugreiffen, der ich mein Lebtag GOtt keinen lautern Dienſt gethan ohne das Meine zu ſu - chen, und mich dabey zu meynen, der ich JEſum nie geliebet, vielmehr nach deß Satans Willen ge - lebt; Ja nachdem mich unzehliche Wohlthaten,War -62Vorrede. Warnungen und Zuſpruͤche meines GOttes end - lich dahin gebracht, daß ich mich eines beſſern be - dacht, diene ich GOtt ſo gar ſchlecht, beleidige Jhn immer wieder, kan das Suͤndigen nicht laſ - ſen bleiben, und was das ſchlimmeſte iſt an mir, iſt das, daß ich GOtt nicht ehre mit rechtſchaffe - nem Glauben und Trauen, mache ihn, ſo viel an mir iſt, O Greuel! Zum Lugner; Bin noch uͤber diß gar unaͤrtig und liebloß bald gegen diß bald ge - gen jenem; Summa, Summarum: Es iſt fein durchauß keine Tugend an mir. Antw. Umſonſt.

Eins muß ich noch zum Lob deß hoͤchſten GOttes Himmels und der Erden erinnern / daß meiſtens der Himmel ſelbs zur Kirch geleutet / dann es ware eben im Heuet; Wann nun eini - che das abgemaͤyete und bey nahe duͤrre Graß einzufuͤhren ge - dachten / ſo kamen alsdann die Wolcken und netzten es wiede - rum / daß ſie es muͤßten ligen laſſen / zur Kirch gehen und Predigt anhoͤren. Erinnere abermalen / daß wann meine Predigten / ſonderbar diejenigen / ſo an fremden Orten gehal - ten worden / genau ſolten zu Papier gebracht werden / ſo muͤßte ein uͤberauß fertiger Excipient zugegen ſeyn / wie der ſel. Hr. Strom / ein junger / eiffriger Prediger zu der Son - nen-Wende geweſen / allermaſſen meine meiſte Sorg iſt / daß mein Hertz / ehe ich auf die Cantzel ſteige / von GOttes Liebe flamme / und mein Geiſt von der Klarheit deß H. Geiſtes um - geben werde / da dann tauſend Gedancken und Einfaͤlle wie ein Blitz ſich entzuͤnden / und wiederum friſchen Platz zu ma - chen verſchwinden; Alſo daß ich ſie eben ſo wenig als den Glantz deß Blitzes oder den Schein der Sonnen eigentlich be - halten koͤnnte; ja auch dasjenige / was in der Meditation uͤber die vorhabende Matery vorgekommen / bleibet gar ſu - perficiellement nur obenhin in der Gedaͤchtnuß / welches hier zu meiner Eutſchuldigung anzuſuͤhren noͤhtig befunden / wei - len immer angeklagt werde / meine geſchriebene oder gedruckte Predigten ſeyen anders als ſie auf der Cantzel vorgetragen worden.

Neben dem wird mirs ja niemand verargen / daß ich alles Jrrdiſche auf das Himmliſche ziehe / diß iſt eine Gaabe / die ich elender Tropff nicht von mir ſelber habe / ſondern meinGOtt63Vorrede. GOtt hat ſie mir gegeben / darum brauche ich ſie zu Seinem Lob und wende ſie in Einfalt meines Hertzens zu Vermehrung Seines Reichs an / daß JEſus hochberuͤhmt werde / zu dem End probiere ich aller Orten in Gefilden und auf Gebuͤrgen / in Staͤdten und Flecken auf alle erſinnliche Weiſe mit und oh - ne Gleichniſſe / wie ich nur meinem Koͤnig eine Seele ins Garn ſeiner Goͤttlichen Liebe hinein jagen koͤnne / und nehme der Menſchen Geſchaͤffte / wormit ſie taͤglich umgehen / zu Gehuͤlf - fen / nach Art der weiſen Morgenlaͤndern / wie Job. 12: 7. 8. ſagt: Frage doch das Vieh / das wird dichs lehren / und die Voͤgel under dem Himmel / die werden dirs ſagen: Oder re - de mit der Erden / die wird dichs lehren / und die Fiſche wer - den dirs erzehlen. Ja es konnten die Juden ſolche unbefuͤgte Tadel-Sucht beſchaͤmen / zumalen bey ihren Gelehrten die - ſer Lehrſatz giltet:〈…〉〈…〉 Alle Geſchoͤpffe von unden ſind geſtaͤmpffelt| mit dem Staͤmpf - fel von oben. Das iſt: GOtt hat allen ſichtbaren Dingen das Gepraͤg von geiſtlichen und himmliſchen Dingen auffge - truckt / und wer doͤrffte ſich erfrechen ſolches zu verneinen un - der uns Chriſten, die wir das Muſter unſers HErren der we - ſentlichen Weisheit deß Vatters im Evangelio zur Nachfolg vor uns haben / ſonderlich wo einem dieſe Gaabe vom Vatter der Lichtern mitgetheilet worden; Wann alle Gleichniſſen / (die mir entweder in Kinderlehren vaſt uͤber jede Frag / oder in denen Underweiſungen die Geheimniſſen und Pflichten deß Chriſtenthums klar und verſtaͤndlicher zu machen / oder ſonſt im Spatzierengehen und andern Begebenheiten deß menſchli - chen Lebens beyg efallen ſind) haͤtte auffzeichnen wollen / ſo waͤre wol ein zimlich groſſes Buch darauß worden / da auch wol in mancherley Gleichniß der gantze Lauff deß Chriſten - thums von Anfang biß zum End vollſtaͤndig haͤtte koͤnnen vor - geſtellet werden; Hoffe aber GOtt werde Maͤnner erwecken / welche zu ſonderdarer Beluſtigung der Wahrheits-Begierigen viele Ubereinkuͤnfften deß Jrrdiſchen mit denen Sachen deß Himmelreichs ans Licht bringen werden: Der ſelige Scriver ein Mann voll Erkaͤnntniß und Liebe JEſu hatte eine in ſeinen Zeiten außbundig ſchoͤne Gaabe darzu; GOtt aber wird weit ein mehrers thun in unſern kuͤnfftigen Zeiten um die Abend-Zeit wirds liecht ſeyn / Zach. 14: 7. Wie ich mercke / ſo erwachet dieſe edle Gaabe auch under uns Land-Leuten; Zum Exempel: Eben jetzt kommt einer auß meinen eigenen Zuhoͤre - ren zu mir / und bringt mir 4. Vohnen. 1. Eine ſchwartze;Dieſe64Vorrede. Dieſe / ſagt er: bildet mir ab meinen Suͤnden-ſtand / da meine Seele Hoͤllen-ſchwartz vor GOtt außſahe voller Finſterniß der Unwiſſen - heit meines Wegs / und der inneren ſchwartzen Geſtalt meiner See - len / voll Eigenlieb / Unglaub / Verachtung Chriſti / Fleiſches-luſt und Welt-ſinn / ſcheutzlich und abſcheulich. 2. Eine gelbe / friſch nach meiner Erweckung / da ich in der erſten Liebe ſtuhnd / flammete und brannte ich von Begierd JEſum zu verherrlichen / ware ſo hitzig und eifferig / meynte die Suͤnd uͤberwunden zu haben / ware allen wohl auff / wolte die gantze Welt bekehren / und gienge ein hertzliche Freu - de in mir auff ſehr lieblich. 3. Eine geſprengelte gelbe mit ſchwartzen Flecklein. Sagend / diß bildet mir meinen gegen - wertigen Zuſtand vor / ich bin in eine bedaurliche Lauigkeit und Un - empfindlichkeit Goͤttlicher Dingen gerahten / erſt jetzt fahe ich an mein innwendig Elend und Hertzenleyd zu fuͤhlen / meine Verderb - niſſen regen ſich haͤuffig / und wann ich leicht angeruͤhrt werde / ſo bricht der ſtinckende Eyter meiner Eigen-Liebe hervor; Ehe deſſen war ich reich / erleuchtet / froͤlich / bluͤhend / jetzt aber bin ich arm / blind / voll Angſt / Zweiffel und verdorret / wiewol der gelbe Grund deß Verlangens nach der Erloͤſung Chriſti und nach ſeiner reineſten Liebe im Hertzen bleibt. 4. Eine gantz Schnee-weiſſe / das iſt / ſagt er / was meine Seele ſuchet mit ſehnender Begierde Tag und Nacht / nemlich unſtraͤfflich zu ſeyn in der Heiligkeit fuͤr GOtt unſ. Vatter / und untadelich vor Chriſto im Frieden erfunden zu werden.

Schlieſſe mit nochmaliger Anwuͤnſchung alles Guten von GOtt an meine theur-geliebte Bruͤder / die Herren Prediger / welche mich ſo liebreich mit ihren Cantzlen regalirt / ohne daß mir ein Woͤrtlein deßwegen entfallen waͤre ſolches zu begehren / oder durch jemand anders begehren zu laſſen / mich dißfals in Empfindung meiner Un - tuͤchtigkeit goͤttlicher Regierung gaͤntzlich anheim gebende / wo es ihme immer belieben moͤchte mich zu brauchen. Nun ſeye GOtt gelobt in Ewigkeit / der ihnen ſolches ins Hertz gegeben hat / der H. Geiſt ziehe ſie kraͤfftiglich in die Gemeinſchafft GOttes und Chriſti / als in das wahre Hetligthum und unergruͤndliche Meer alles Gu - ten. Er lehre ſie / wie ſie pfiantzen und begieſſen ſollen / ſo wird auch das goͤttliche Gedeyen nicht außbleiben / alſo daß viele Hertzen von Welt und Suͤnd abgewendt und zu GOtt bekehret werden / welche von Eyffer / Andacht / Demuht / Glauben / Keuſchheit und beſtaͤndiger Außſtreckung nach dem Kleynod / dem Leben JEſu im Geiſt bluͤhen und gruͤnen werden / welche denn ihre Freude und Crone ſeyn wer - den am Tage Chriſti. Ach Bruͤder / welch eine Herrlichkeit! welch ein unendlicher Gewinn! ſintemal eine Seele mehr werth iſt / als die gantze Welt. Nun ſchmuͤcke euch JEſus mit viel Heil und Sieg / Er bedecke euch mit dem Schatten ſeiner Hand / und lege ſein Wort in euern Mund / auf daß der Himmel gepflantze und Zion gegruͤndet werde; GOtt regiere / den Fall Adams heile / und der Leuten viel ſchaffe / von denen es heiſſen moͤge: Chriſtus in uns / die Hoff - nung der Herrlichkeit. Ja komme bald / HErr JEſu / Amen. Hallelujah.

CAP. I.
1

CAPUT I.

§. 1.

Herrlicher Vorzug unſers Schweitzeriſchen Canaans vor dem gelobten Land; Anbey ei - ne ernſthaffte Wahrnung gleichem Straff-Ge - richt durch unverweilte Hertzens - und Lebens - Beſſerung zu entlauffen, ſich an anderer Scha - den zu ſpiegeln, und die Gnad beſſer zu ge - brauchen.

Wertheſte Freunde.

GOTT hat euer Land in etwelchen Stucken Canaan gleich gemacht, dieſes ware bergicht, hatte Waſ - ſer-baͤche, und lautere Brunn - quellen, ſo alles erfriſcheten, hochgruͤne, fette Weiden, es floſſe von Milch und Ho - nig; Diß alles hat euch der allmaͤchtige Schoͤpffer zugetheilt, ja noch wohl etwas mehrers, nemlich die Sonne der Evange - liſchen Bottſchafft von Chriſto hat ihr gol - denes Haupt uͤber euere ſo hohe GebirgeAerha -2Das Schweitzeriſche Canaan. erhaben, und euere Thaͤler heimgeſucht, alſo daß unſer verklaͤrter und vollkom̃en gemach - ter Hoheprieſter euch mit him̃liſchem Waſ - ſer, Honig und Milch erquickt; Da jenes Canaan ſchon ſo viele hundert Jahr ver - bannet iſt, under dem Fluch ligt, und Tuͤr - ckiſcher Tyranney und Aberglauben das allerungebauteſte mithin unfruchtbarſte Land, ungeſchlacht, oͤd, unbewohnt, und uͤberall verwuͤſtet, voll alter, zerbrochener Mauren und Gebaͤuen, von denen ſtreif - fenden Rotten der Araber jaͤhrlich abgefreſ - ſen und außgepluͤnderet, und wo vorzeiten huͤpſche gewaltige Staͤdte und Flecken ge - ſtanden ſind, da nach Joſephi Bericht ein Flecken im volckreichen Galilea 15000. Bauren hatte, daſelbs ſtehen jetzt etwa zwey oder drey ſchlechte Haͤußlin, und ſitzet al - les zumal in Finſterniß und Schatten deß Todes, nachdem ſie das helle Licht deß Evangeliums ſo lang mißbraucht haben. Sehet deßhalben wohl zu, daß euch nicht widerfahre, was Chriſtus ſeiner eigenen Wohnſtatt angedrohet: Wehe dir Caper - naum, die du biſt in den Himmel erhaben, du wirſt biß in die underſte Hoͤll hinunder geſtoſſen werden; Ey ſo mercket dann auf die von innen im Gewiſſen, und von auſ - ſen durch die Creaturen und das Evange - lium euch zuruffende Stimm Chriſti, derTag3Das Schweitzeriſche Canaan. Tag deß Heils umleuchtet euch, GOTT ruffet euch zu ſeinem Sohn, JEſus ſchreyet allen zu: Die Zeit iſt erfuͤllt, das Reich GOttes iſt nahe herbey kommen; Aende - ret Sinn, und glaubet dem Evangelio, das Paradys der allein ſeligmachenden Ge - meinſchafft Chriſti ſtehet euch offen, ſo ge - het dann da hinein, ehe es euch ewig ver - ſchloſſen wird; Waͤſchet euch, reiniget euch von allen eueren Suͤnden, ehe der Bach der unaußſprechlichen Wohlthaten Chriſti ſich verlaufft, und in ſeiner Krafft und Wuͤrckung gegen euch vertrocknet: JEſus reckt ſeine Hand auß, ach ergreiffet ſie oh - ne Verzug, und laßt euch herauß reiſſen auß dem Schlamm deß Verderbens im Fleiſch, auß dem Unglauben, Geitz, Hoch - muht, Faulheit und Wolluſt. JEſus breitet die Fluͤgel ſeines Evangeliums und Heiligen Geiſtes auß gegen euch; O laſſet euch doch eyligſt ſammlen von eueren auß - ſchweiffenden, zerſtreuten Sinnen in das einige Nohtwendige, daß ihr ſeinen Na - men foͤrchtet. Himmel und Erden leuten zuſammen, gehet doch ein in GOtt, als den Tempel deß neuen Jeruſalems, und ſaumet euch nirgends, damit ihr nicht zu ſpath kommet, wann die Predigt vorbey, JEſus nicht mehr auf der Cantzel der Ge - dult und Langmuht GOttes ſteht euch denA 2Weg4Das Schweitzeriſche Canaan. Weg zur Seligkeit zu lehren, und ſein Licht und Leben mitzutheilen, ſonder ſich auf den Richterſtuhl ſetzt, das wohl-verdiente Blut - Urtheil uͤber euch zu faͤllen: Laſſet die lieb - lich grunenden fetten Weyden auf den Ber - gen Jſraels nicht vergebens vor euern Au - gen ſtehen, die Evangeliſchen Verheiſſun - gen, Lehren und Gebotte, die Liebe und Erkanntniß GOttes, die unermuͤdete, goͤtt - liche Treu Chriſti, und ſein ewiges Leben.

§. 2.

Naͤhere Zueignung auf die Bergleute kei - ne Muͤhe zu ſparen allen den Nutzen auß H. Schrifft zu ziehen, worzu ſie gegeben iſt, und Ermahnung zur Himmliſch-geſinntheit, da reine Seligkeit und goͤttliche Ruhe zu finden, dahin uns JEſus ſo gerne fuͤhret.

BRauchet doch wenigſtens ſo viel Ver - ſtand und Barmhertzigkeit vor euere ewig-daurende Seelen, als ihr thut fuͤr euer Vieh, ihr ſperrets ja nicht in euere Staͤll ein, und laſſets da verderben, wann ihr gleich - wol ein ſafftige, ſchmackhaffte und geſunde Weyde in der Naͤhe wiſſet, warum wol - tet ihr dann euere armſeligen Seelen in dem Suͤnden-Stall deß Wahnglaubens der Jrrdiſch-geſinntheit, der Heucheley, deß Maul-Chriſtenthums, und der geiſtlichen Faullentzerey eingeſperrt halten, da ihr eine ſo ſelige Aue der Gnaden JEſum ſo nahe bey euch habt.

O ſo5Das Schweitzeriſche Canaan.

O ſo ſchreyet doch zu JEſu, wie das hungerige Vieh bloͤcket, damit er euch auß - treibe in die Frey-Lufft der Segen-reichen Regierung deß heiligen Geiſtes, der uns anfuͤhret und lehret, wie wir Chriſti Wort reichlich in uns moͤgen wohnen laſſen mit aller Weißheit, mithin ihr erfuͤllet und ge - ſaͤttiget werdet mit allem Willen GOttes; Kein gruͤnes Plaͤtzlein ligt euch zu hoch, zu gefaͤhrlich und mißlich, daß ihr nicht trachten ſoltet dahin zu kommen und das Graß abzuetzen, wanns je immer zu ma - chen iſt, warum woltet ihr dann ſo viele gute Worte H. Schrifft unbeſucht, uner - kannt und ungenoſſen ſtehen laſſen, und nicht trachten nach dem Reich GOttes und ſeiner Gerechtigkeit, nach der Erfuͤllung der Verheiſſungen GOttes in und an euch, geiſtliche Auffarth halten mit allen eueren Seelen-Kraͤfften, ſuchende was droben iſt, da Chriſtus iſt, ſitzend zur Rechten GOttes, urtheilende, es ſeye nichts vergebens in der heiligen Schrifft, darauß man nicht Troſt, Lehre, Underweiſung, Beſtraffung, Zuͤch - tigung in der Gerechtigkeit herholen koͤnne, mithin ſich alles darauß zu nutz machen; ſintemal auch die reinſte, ſauberſte Nah - rung der Schaͤfflein Chriſti in der himm - liſch-geſinnten abgeſchiedenen Erhabenheit uͤber alles ſichtbare erreichet wird, da manA 3alles6Das Schweitzeriſche Canaan. alles was under der Sonne iſt de haut en bas, von oben herunder, mit Geringſchaͤ - tzung anſihet.

O ja ein Schaͤffelein begehrt nicht hin - under, ſo lang es droben ſo koͤſtliche Wey - de findet; Je weiter ſich ein Chriſt im Geiſt und Gemuͤth von allem Menſchen-Getuͤm - mel entfernet, je tuͤchtiger iſt er himmliſche Dinge zu ſchauen und zu genieſſen, je ver - borgenere Niedlichkeiten deß Paradyſes werden ihme zum Gebrauch beygelegt. Wie ruhig weydet doch ein Lamm auf den ho - hen Gebuͤrgen, die Menſchen moͤgen in der Tieffe under einander ſpielen, ſauffen, freſ - ſen, zancken, geitzen, ſchreyen, und von allen boͤſen Geiſtern ſich rumpauſen laſſen, das Lamm geht derweilen ſeinen ſafftigen nehrhafften Kraͤutlein und Bluͤmlein nach in ſanfft-vernuͤgter Stille, lecket den mil - ten Honig-Thau, labet ſich mit Anmuht auß den daher rauſchenden friſchen Baͤch - lein; Wie vielmehr eine Seel, die nach manchem ſauren Tritt den fruchtbaren Huͤ - gel deß bloſſen Glaubens und den wonnig - lichen Berg der reinen Liebe erſtiegen, ſie laſſet der Welt ihren Schimmer in ihren dunckeln, neblichten Tieffenen, und ergoͤ - tzet ſich an der Guͤte ihres GOttes.

§. 3. Die7Das Schweitzeriſche Canaan.

§. 3.

Die erſtaunliche Anſtalten der Gottheit in JEſu Chriſto zur neuen Schoͤpffung und zu allen denen unendlichen Seligkeiten, ſo der neuen Creatur zubereitet ſind, und von der Theilhafftigkeit der Goͤttlichen Natur abhan - gen, ſollen uns noͤthigen, ein ſo groſſes Heil weniger als das Zeitliche zu verſaumen.

OJhr Lieben, ihr ſeyd Laͤm̃er der Hoch - heiligen Dreyeinigkeit, GOtt Vatter, Sohn, und H. Geiſt ſchauen auf euch und goͤnnen euch das Allerbeſte, kehret um, fol - get eurem getreuen allgenugſamen Hirten, und laſſet euch verſorgen von ihme: JEſus hat durch ſein Blut und Todt graßreiche Wieſen und ſehr weite und gute Weyd - Bergen an ſich gebracht, und ſucht jetzt al - lenthalben groß und klein Vieh ſothane Auen ſeiner Lieblichkeit abzuetzen; Strenget euer Hertz an Tag und Nacht JEſu ohne Auff - ſchub nachzugehen, und ſein Gutes in Licht, Gnad, Staͤrcke, Wahrheit und himmli - ſchem Weſen, in Vernuͤgen, Ruhe und Freud zu genieſſen; JEſus muß elendige Menſchen haben, an denen Er die erwor - bene Fruͤchte ſeines Bluts und heiligen Geiſtes anlege; Eben ſo mehr ſeyd ihr ſol - che hoch-weiſe Geſchoͤpffe, die ſich in ſolche goldene Gnaden-Zeit zu ſchicken wiſſen, als daß ihr dieſe in alle Ewigkeiten unbe - ſchreibliche Seligkeit andern uͤberlaſſet. A 4Wann8Das Schweitzeriſche Canaan. Wann in einem groſſen Flecken oder Land ein jeder Einwohner zwar ein Schaaff haͤtte von hoch - edelm Werth, haͤtte aber kein Graͤßlein ſelbiges zu erhalten; Es waͤre aber ein groſſer Koͤnig, der ſeinen Kron-Erb außgeſandt haͤtte, mit vieler Gefahr, Muͤhe, Schweiß und Arbeit, auch Ver - gieſſung ſehr vielen ſeines ſelbs eigenen koͤniglichen Bluts, ein weit, ſtaͤts gruͤnend, unverwelcklich Reich einzunemmen, und lieſſe durch ſeine He - rolden in bedeutetem Flecken außtrompeten, daß wer ein Schaaff hergeben wurde, das herrliche Reich zu beſetzen, deſſen Schaaff ſolte nicht nur geſund, ſtarck, Schnee-weiß werden, und von Silber und Gold durch einander glaͤntzende Wol - len kriegen, ja gar von deß Koͤnigs Biſſen eſſen, auß ſeinem Becher trincken, und in ſeiner Schoos ſchlaffen, ſonder ein jeder Land-Mann, der dem Koͤnig ein ſolche Luſt gemacht, der ſolle eine Graffſchafft oder Hertzogthum zur Vergeltung bekommen, wormit der Koͤnig ſein hohes Ver - nuͤgen gegen ſothane Willfahrung zu bezeugen, gleich Anfangs ſeiner Regierung bey ſich beſchloſ - ſen habe: Es waͤren aber die meiſte Einwohner doll-kuͤhne und dumm-fuͤrſichtige Leute, die dem Koͤnig nicht gar zu wohl traueten, lieſſen lieber ihre Schaaff crepiren, verdaͤrben; wurden an - bey aller der hohen Gunſt und darauß flieſſenden groſſen Beſchenckungen verluͤrſtig, und noch dar - zu als ungehorſame Verraͤchter der koͤniglichen Gnad in eine gar abſcheuliche Gefaͤngniß geworf - fen, darinnen verwahret zu verbleiben, biß auf den Tag der offenbahren Vergeltung. GOtt iſt der Koͤnig, deſſen Kron-Erb unſer HErrChri -9Das Schweitzeriſche Canaan. Chriſtus iſt, das Reich, welches Er ero - bert, iſt das himmliſch Reich der Gnaden, die Einwohner deß Fleckens ſeyd ihr, das Schaaff iſt euer unendlich empfindlicher ewig-bleibender Geiſt, vor den ihr weder in euch ſelbs noch in einicher Creatur kein ewiges Leben und Krafft, kein wahre Nah - rung und Heil findet, deſſen Ubergab und Einlifferung an den Koͤnig iſt die Sinnes - Aenderung und der Glaub an GOtt durch JEſum Chriſtum, die Weyde ſamt der darauß entſpringenden muntern Schoͤnheit iſt die Heiligung durch das Wort der Wahrheit mit der daran hangenden Freud im Gewiſſen und Frieden im H. Geiſt, worauf erfolget die ewige Erbſchafft und Koͤnigreich, welches GOtt bereitet hat de - nen, die Jhm folgen; Die Mißtraͤuiſchen ſind diejenigen under euch, (ach HErr JE - ſu! daß es keine ſeyen oder doch ſehr wenig,) ſo nicht bekehrt, nicht erleuchtet, nicht ge - rechtfertiget und geheiliget werden, oder die bey nahe bekehrt, bey nahe gerechtiget, bey nahe gereiniget