PRIMS Full-text transcription (HTML)
[1][2]
[figure]
[3]
Kuͤrzliche Anweiſung zu COMPLIMEN - TEN und hoͤflicher CONDVITE, fuͤr Perſonen Buͤrgerlichen Standes,
BeyGeburten, Gevatterſchafften, Kindtauffen, Anwerbungen, Verloͤbniſſen, Hochzeiten,Gaſtereyen, Geburts - Nahmens - und Neu-Jahrs-Tagen, Kranckheiten, Abſterben, und Begraͤbniſſen. Nebſt einem wohl-eingerichteten Trenchier-Buͤchlein, in moͤglichſter Deutlichkeit verfaſſet.
Franckfurt und Leipzig,1736.
[4][5]

Vorrede.

Geneigter Leſer!

BEy dem Anbruch des neu - en Jahrs uͤberreiche ich dir auch einen annehmli - chen Zeit-Vertreib, in die - ſen wenigen Bogen, worinnen du theils dein Gemuͤthe beluſtigen, theils auch etwas nuͤtzliches daraus erlernen kanſt. Man findet offt Gelegenheit zu ſolchen Verrichtun - gen, dabey wir mehrere hoͤfliche Worte, als bey dem gemeinen Le - ben ſonſt, brauchen und vortragen muͤſſen. Da hoͤret man dann das allgemeine Klagen und Lamentiren: Ja was ſoll ich jetzt ſagen? ich kan nicht complimenti ren; ich ha - be nicht darauf ſtudi rt und ge - lernet. Und dergleichen Kummer liegt manchem die ganze Nacht durch in Sinn und Gemuͤthe, daß er weder ruhen noch raſten kan. Ergaͤbe[6]gaͤbe was rechtes darum, wenn ihm jemand etwas in das Ohr bließ, und eine gute Anleitung gaͤbe, mit Manier und ohne Auslachen durch - zukommen. Bey ſolcher Sorge darfſt du nur dieſe Boͤgen durch - blaͤttern, ſo wirſt du Anleitung ge - nug finden, wie du dich bey verſchie - denen Gelegenheiten auffuͤhren, und vieles Lob verdienen ſolſt. So kurz alles abgefaſſet, ſo gewiß bin ich, daß die allzugroſſe Weitlaͤufig - keit, Buͤrgerlichen Perſonen eckel - hafft und verdrießlich faͤllt, und du wirſt auch in dieſem wenigen ſo viel antreffen, daß du lange Zeit anwen - den muſt, daſſelbige gaͤnzlich zu faſ - ſen. Bediene dich alſo deſſen mit Nutzen, und bleibe ferner gewogen

Dem Verfaſſer.

Erſte[7]

Erſte Abhandlung. Von der Hoͤflichkeit insgemein und uͤberhaupts.

ES iſt heutiges Tages bey der ganzen erbarn Welt nichts angenehmers und belieb - ters, als die Hoͤflichkeit: Denn durch ſelbige machet man ſich faſt alle Menſchen zu Freun - den; dahingegen die Grobheit und die unbeſcheidene Auffuͤhrung einen Men - ſchen bey Hohen und Niedern, Gelehrten und Ungelehrten, verhaßt und ganz ver - aͤchtlich machet. Die Hoͤflichkeit fuͤhret ihren Nahmen und Urſprung vom Hof - Leben, woſelbſt man untereinander mehr Ehrerbietung und Manier im Re - den als ſonſt, unter dem gemeinen Mann, im Buͤrgerlichen Leben, gebrauchet: Und diejenige, welche offt mit Hofleuten umzu - gehen pflegen, bezeugen mehr, als zurA 4Ge -8Genuͤge, daß man auch, mit der Zeit, das unbeſcheidene Weſen ablegen, und mit der ſo beliebt-als belobten Hoͤflichkeit verwechslen koͤnne.

Auſſer dem Hofleben kan man auch vieles von der Hoͤflichkeit ſehen und hoͤren, bey den Gelehrten, wenn ſelbige, von ernſthafften Sachen, mit Vernunfft und Klugheit, reden, und ſich nicht durch Je - mands Widerſpruch, zum Zorn und ra - ſender Hitze verleiten laſſen. Denn klu - ge Leute bringen, ſo wohl Frage als Ant - wort, mit einer beſcheidenen Sanfftmut vor, und halten ſich verſichert, daß ſie auch, aus allen Beantwortungen ihres Gegen - partes, etwas gutes und nuͤtzliches lernen und profitiren koͤnnen.

Wie aber nicht alle Gelehrte eben von vornehmen Geſchlecht und Gebluͤte ent - ſproſſen, ſondern auch offt der gemeinſten Leute Kinder zu groſſer Weisheit und Hoͤflichkeit gelanget; ſo findet man auch unter vielen Perſonen, Buͤrgerlichen Standes, einen guten natuͤrlichen Ver - ſtand, der ſich, zu Begreiffung vielerſchweh -9ſchwehren Dinge, geſchickt bezeiget, und leicht von ſich mercken laͤßt, daß ihm auch die Erlernung der Hoͤflichkeit nicht un - moͤglich ſeye: Ungeachtet dargegen viele andere, mit Sorg und Muͤhe, Fleiß und Schweiß, es darinnen nicht einmahl zu einem guten Anfang bringen und erzwin - gen koͤnnen.

Das Vornehmſte darbey iſt, daß man auf die Zeit, Ort und die Perſonen, mit welchen man umgehet, fleißig Acht habe: Denn je vornehmer ſelbige gegen mir ſind, deſto hoͤflicher, ehrerbietiger und be - ſcheidener muß ich mich, gegen ſelbige, be - zeigen und auffuͤhren; und es leidet der ſchuldige Reſpect keine Entſchuldigung, zumal wenn ich ſolche mit der Unwiſſen - heit bedecken, und dadurch bey vorneh - men Leuten meine Gunſt verſchertzen wol - te. Und ich wuͤrde meine Schwachheit ſelbſt entdecken, wenn ich jemand in einer Kirche complimentirete, und darnach von weltlichen oder Liebes-Sachen, mit ſelbigem diſcurrirte. Desgleichen muß die Beſchaffenheit der Zeit manchen ſchoͤ - nen Diſcurs auf die Zunge legen, welcheA 5ein10ein kluger Menſch von ſelbſt leicht erſehen und erwehlen kan.

Bey der Hoͤflichkeit muß die allzugroſ - ſe Bloͤdigkeit den Wander-Stab neh - men und weichen: Ein kluger Menſch darf, bey ihme noch unbekandten oder vornehmen Leuten, die Augen nicht zur Erde kehren, aus Schrecken ſtammlen und erzittern; ſondern muß mit beſcheide - ner Manier und Geberden, die Leute freundlich anſchauen, und alle unanſtaͤn - dige Furcht verlaſſen; jedoch muß er dar - neben nicht auf eine allzugroſſe Freyheit gerathen, und in ſeinen Reden ſolche miß - faͤllige Affecten bezeigen, welche nach der Charletanerie ſchmecken; auch unter dem Reden nicht mit denen Haͤnden, den Leu - ten unter der Naſe, herum fahren, ſie bey den Kleidern, Ermeln, oder Knoͤpfen faſ - ſen und ſolche berum drehen, auch nicht beſtaͤndig den Fuß ſtreiffen, dem Frauen - zimmer nicht immer ins Angeſichte, und zumal mit verliebten Blicken, ſehen; die Augen nicht ſtets gegen den Himmel, und eben auch nicht immerhin zur Erden wen - den; ſondern in allen dergleichen Din -gen11gen die Mittel-Straſſe, als das erſte Kennzeichen der wohlanſtaͤndigen Hof - lichkeit gehen.

Jn den Kirchen kan ſich ein unhoͤflicher Menſch nicht eher und mehr verrathen, als wenn er wenig Achtung gegen die Predigt bezeiget, hin und her ſpatziert, ſchlaͤffet, mit andern beſtaͤndig ſchwaͤtzet, dem Frauenzimmer verliebte Blicke gie - bet, die Tobacks-Doſe und Sack-Uhr immer hervor ziehet, um dadurch ſeine Prahlerey ſehen zu laſſen; noch vor dem Schluß der Predigt und des Gottesdien - ſtes aus der Kirchen lauffet, und ſich noch darzu uͤber den Prediger hefftig mequiret, oder ſeine Redens-Arten durch die Hechel ziehet, und alſo beym Ein - und Ausgang kein Vatter Unſer betet, noch vielweniger aber die gewoͤhnliche Benediction und Ertheilung des Segens erwartet.

Jn andern aͤuſſerlichen Sachen erken - net man einen unhoͤflichen Menſchen, aus ſeiner liederlichen Kleidung, wenn er al - ler Orten damit herum fahret, Stuͤhl und Baͤncken damit abwiſchet, ſolchesA 6auch12auch ſtarck und dichte mit Bier-Thraͤnen befeuchtet, die Knoͤpfe daran ſterben und abgehen, und das ganze Gewand denen Schaben und Staube zum Raube laͤſſet. Andere tragen ſich zwar noch in beſſern Staat, und koſtbarn Tuchen, oder Zeu - chen, entdecken aber dadurch ihre Unhoͤf - lichkeit, da ſie ein jedes Stuͤck ihrer Mon - tur von einer andern und unterſchiedenen Farbe tragen, und alſo denen Papageyen gleichen, welche mit verſchiedenen bunten Federn geſchmuͤcket ſind. Wodurch ſchon viele, weil ſie ſolches zum oͤfftern veraͤn - dert, ins Verderben und an den Bettel - ſtab gerathen ſind.

Ein hoͤflicher Menſch haͤlt ſich immer ſauber in der kleinen Montur, bey reinli - cher Waͤſche, gepuderten Haaren oder Peruquen, und geputzten Schuhen; hat auf der Gaſſe einen manierlich-gleichen Gang, weder zu langſam, noch zu ge - ſchwinde, damit nichts gezwungenes dar - aus koͤnne gefolgert werden. Traͤget De - gen, Hut und Stock mit einer wolanſtaͤn - digen Manier, und nimmt ſich in derglei - chen Dingen ſo wol und fuͤrſichtig in Acht,da -13damit er keinem Urſache zum Gelaͤchter geben moͤge.

Wenn ein hoͤflicher Menſch jemand auf der Gaſſe begegnet, dem er Reſpect und Ehrerbietung ſchuldig iſt: ſo nimmt er den Hut manierlich ab, neiget denſelben gegen die Mitte ſeiner Bruſt, machet al - ſo ein anſtaͤndiges Reverence, und ſetzet denſelben allmaͤhlich wiederum auf, wenn er etliche Schritte der Perſon vorbey ge - kommen iſt, welche er mit dem Reverence beehren wollen. Bey vornehmen Leuten bezeiget er ſeine Aufwartung nicht mit Ausſireifen der Fuͤſſe, welches grob und Baͤuriſch laͤſſet, ſondern mit Beugung des Ober-Leibs, und ziehet den rechten Fuß ein wenig zuruͤcke. Welche aber, bey Abſtattung ihres Beſuchs die Zimmer al - ler Orten voll anſpuͤrzen, zu ihrer Kurz - weil und Zeitvertreib, ihre Waden, und Schuhe mit denen Spaniſchen Roͤhren klippeln, mit den Stuͤhlen in dem Zimmer hin und her ruͤcken, oder ſich mit den Ar - men, nach Art der Bauren, auf den Tiſch legen, ſich oͤffters in den Spiegeln be - ſchauen, und ſich ſolcher geſtalt in ihre ei -A 7gene14gene Perſon verlieben: Von denen wird man ſchwerlich glauben, daß ſie hoͤflich und wohl erzogen ſind; ſondern ihnen vielmehr das Zeugnuͤs ihrer groben Un - beſcheidenheit ſchrifftlich geben und ver - faſſen laſſen.

Weil ein hoͤflicher Menſch gerne etwas lernet, um ſich bey der galanten Welt mehr und mehr beliebt zu machen, ſo wird er bey Zuſammenkuͤnfften und Geſell - ſchafften, wie auch bey Beſuchung ver - trauter Freunde, fleißig zuhoͤren, was ſelbige vernuͤnfftig erzehlen und vorbrin - gen, und mit ſeinen Zwiſchen-Reden nicht plumper Dings hinein fallen; Zumahlen wenn man von Sachen redet, welche den Horizont ſeiner Vernunfft uͤberſteigen, oder wovon er eigentlich noch nicht genug informrt und berichtet iſt: Denn da kan man ſich, bey verſtaͤndigen Leuten, am allererſten zum Gelaͤchter machen, wenn man aus Zeitungen und andern Bege - benheiten etwas erzehlen will, und hat kei - nen Jnbegriff noch Kaͤnntnuͤs der Sache, oder der fremden Woͤrter, von welchen man redet. Da wird das Franzoͤſiſche,Latei -15Lateiniſche und Welſche offt ſo zerhackt und geſtuͤmmelt, daß die Faſen davon moͤchten herunter hangen. Jnſonderheit aber muß man nicht wenig lachen, wenn die jungen Purſche, oder auch das weibli - che Geſchlecht, mit ihrem campabel ſo offt angeſtochen kommt, mit welchem Wort ſich auch jene Jungfer ſo weit vergangen, daß, als ſie ein Student nach Hauſe zu be - gleiten erbote, ſie ſich dagegen, daß ſie die - ſer Ehre nicht campambel waͤre, entſchul - diget. Jn dieſem Stuck thut ein beſchei - dener, hoͤflicher Menſch beſſer, wenn er andere reden und ſich in rechter Benen - nung der fremden Woͤrter den Vorgang machen laͤſſet: Denn ſolcher geſtalt kan er nach und nach ſich in dergleichen Dingen immer beſſer informiren, und zur andern Zeit vernuͤnfftiger davon ſprechen. Je - doch, wenn er ja eine Sache gruͤndlich weiß, darf er ſchon mit Manier und Be - ſcheidenheit ſeine Meinung davon hoͤren laſſen: Denn aus einer vernuͤnfftigen Rede und Beurtheilung wird des Men - ſchen Witz und Verſtand erkennt; dahin - gegen andere, welche gar, als ſtumme Hoͤlzer, in denen Geſellſchafften ſitzen,ſich16ſich ſelbſten verrathen, daß ſie mit den groͤ - ſten Jgnoranten uͤber einen Leiſt geſchla - gen ſind.

So annehmlich nun das Reden eines hoͤflichen Menſchen in denen Geſellſchaff - ten iſt; ſo verdruͤßlich faͤllt hingegen eines Plauderers immerwaͤhrendes Geſchwaͤ - tze, wozu ihme gemeiniglich die lauſigte Prahlerey den Sporn in die Seite ſetzet. Manche ruͤhmen ſich ihrer langen und ſehr weit gethanenen Reiſen, vergeſſen aber dabey ihres armen Schnapſacks, den ſie ſo offt mit Bettel-Brod ſpicken und im Lande fechten muͤſſen. Viele prei - ſen ihre Kriegs - und Helden-Thaten, ſa - gen aber kein Wort, daß ſie ſo lange auf der Marode gelegen, oder zum oͤftern ih - ren ehrlichen Abſchied auf die Sohlen ſchreiben laſſen. Viele weiſen ihre Waf - fen noch, welche unzehlichmal mit dem Feuer-heiſſen Blut ihrer Feinde gefaͤrbet worden; da wol auf der ganzen Klinge die Figur des ewigen Friedens geſto - chen, und ſelbige zum Gefechte niemals aus der Scheide gekommen. Und wenn es bey dergleichen Prahl-Hannßen zurLetze17Letze kommt, ſo ruͤhmen ſie ſich, wie der Heroſtratus, ihrer boͤſen Thaten, oder Raubereyen, und entſchuldigen ſolche da - mit, ſie haͤtten nur gefunden, und nicht geſtohlen.

Aufgeraͤumte Gemuͤther ſind wuͤrck - lich gleichſam die Seele einer froͤlichen Compagnie und Geſellſchafft: Denn ihr ſcharfſinniger Verſtand bringet manchen artigen Scherz hervor, der erſtlich die Anweſende zum Gelaͤchter, darneben aber auch zur Bewunderung ſeiner Geſchick - lichkeit beweget. Vor allen wird ſich aber hierin ein kluger und hoͤflicher Menſch huͤ - ten, daß er GOttes, ſeines heiligen Worts, und ſeiner Diener ſchonet, und ſich nicht der zeitlich - und ewigen ſchweh - ren Straf-Gerichten ſchuldig machet, weil ehrliche und fromme Gemuͤther ſich daran aͤrgern und hertzlich daruͤber ſeuf - zen, welches wuͤrcklich einem ſolchen fre - chen Laͤſterer nicht gut iſt. Naͤchſt dieſem ſiehet ein hoͤflicher Menſch darauf, daß er manchmal nur das Laſter, nicht aber die Perſon, inſonderheit das Frauenzimmer, in ſeinem Scherz, beruͤhre, weil man ſichda -18dadurch viel Feinde, und auch mit denſel - ben ſeinen ſelbſt-eigenen Schaden und Ungluͤck, zu verurſachen pfleget. Viele vergehen ſich in Geſellſchafften ſo weit, daß ſie ganz allein reden, und keinem an - dern ein Wort laſſen und vergoͤnnen wol - len, welches ſehr verdrießlich faͤllt, und ei - nem vernuͤnfftigen Menſchen die Wahr - heit des Sprichwortes vor Augen leget: Ein Waͤſcher wolle immer dar Recht haben. Manche koͤnnen ihren Mund und Lippen nicht oͤfnen, ſie ſchuͤtten denn aus ſelbigen einen ganzen Strom voller Saͤu-Poſſen und Laͤſterungen heraus, und beweiſen vor allen anweſenden Per - ſonen, von was fuͤr einem ſchoͤnen Geiſt ihr laſterhafftes Herze belebet und bewoh - net werde.

Wenn ein hoͤflicher Menſch in Geſell - ſchafften von einer ernſthafften Sache re - det, und ſolche nach ihrem Werth und Verdienſt vertheidiget, ſo gebrauchet er ſich darinnen alles moͤglichen Glimpfs und Beſcheidenheit, hoͤret anderer Leute Einwuͤrffe und Gegenrede gelaſſen an, und benimmt ihnen ihre widrige Mei -nung19nung mit aller Manier und beliebten Sanfftmut. Die aber von dergleichen Sachen mit allzugroſſer Hefftigkeit re - den, ſich biß auf den Schaum und Gei - fer daruͤber ereifern, mit den Haͤnden auf den Tiſch ſchlagen, und ſich gegen ihren Gegen-Part gar zum Rauffen fertig ma - chen, oder doch wenigſtens zu ihrer Pro - bation Schaͤnd - und Laſter-Worte aus - ſtoſſen, die beweiſen Sonnen-klar, daß ſie grob und Baͤuriſch erzogen, und nie zu ei - ner wohl-anſtaͤndigen Hoͤflichkeit gewoͤh - net worden ſind. Vernuͤnfftige Leute fliehen ſolcher ungehobelten Menſchen Gegenwart und Geſellſchafft, und man ſiehet aller Orten ſolcher Staͤncker Ferſen lieber, als ihre Zaͤhen.

Wichtige Sachen, welche in die ge - heimſten Staats-Cabinete groſſer Her - ren gehoͤren, bringet ein hoͤflicher Menſch, nicht ſo leichte auf die Bahn; ſondern uͤberlaͤſſet deren Einſicht und Beurthei - lung, hocherfahrnen Politicis und Staats-Perſonen, welche dazu ernennet und beſtellt ſind. Viele unbeſcheidene Leute aber reden von ſelbigen ganz freyund20und ungeſcheut, auf den Bier-Baͤncken und offenen Schencken, und vermeſſen ſich manchmal ſo viel davon zu wiſſen, als ob man ſie gar dabey mit zu Rath gezogen, oder wenigſtens ihnen die groͤſten Ge - heimnuͤſſe in Vertraulichkeit eroͤffnet haͤt - te. Woruͤber ſich ſchon mancher ver - ſchnappt, und in groſſes Ungluͤck, oder ſchwehre Verantwortung, geſtuͤrzet.

Ein hoͤflicher Menſch laͤſſet andere Leu - te auch reden, und zwar ausreden; oh - ne, daß er ihnen begehret in die Rede zu fallen, und Anlaß zu einer andern Mate - rie zu geben. Viele unhoͤfliche Plaude - rer ſind aber ſo grob und unbeſcheiden, daß ſie keinem Menſchen lange zuhoͤren, ſondern an alle vernuͤnfftige Diſcourſe ih - ren geſchwaͤzigen Schnabel wetzen und reiben wollen. Kommt aber eine Mate - rie vor, welche ihren Verſtand uͤber - ſteiget, ſo ſtellen ſie ſich doch, als wenn ſie auch davon was wuͤſten, verfallen aber dabey auf ſolche laͤcherliche Streiche und Thorheiten, die ihre Unvernunfft auf das genaueſte zu erkennen geben. Sie koͤn - nen auch nicht unterlaſſen, aller Leute Re -den,21den, Fragen und Antworten zu corrigi - ren und zu meiſtern, wie jener Buͤrger in einer Compagnie gethan, als jemand ſich an den Tiſch ſezen wolte und fragte: ob dieſer Stuhl oder Sitz vacant (oder leer) waͤre? den er ſo gleich mit denen Worten corrigren und beſiraffen wolte: Er habe ſein Lebetag nicht gehoͤret, daß die Stuͤhl verdammt waͤren. Woruͤber er aber von denen anweſenden Gaͤſten nicht wenig belachet, und lange Zeit hernach damit entſetzlich geſchraubet worden. Oder ſie beſtraͤffen manche bra - ve Leute, bey ihren Erzehlungen, gleich - ſam, als wenn ſelbige der Sachen zu viel thaͤten, und ſich ſolches in der That nicht alſo verhielte; welches doch manchen Haß und Picanderie verurſachet, ſo daß man ſolchen groben und ungeſchliffenen Geſellen billig gram und feind werden muß.

Ein hoͤflicher Menſch bedencket das Sprichwort; de abſentibus & mortuis nil, niſi bene, daß man von Abweſen - den und denen Verſtorbenen nichts, als alles gute, reden ſoll, ſehr wohl:Dar -22Darum wird er von denenſelben in Geſell - ſchafften mit aller Ehre und Reputation ſprechen, weil er glaubet, daß man in an - dern Geſellſchafften, da er nicht zugegen iſt, ebenfalls von ihme, mit aller Liebe und Beſcheidenheit, reden wird. Ein ungeſcheuter Orbilius aber bedienet ſich offt der Abweſenheit gewiſſer Perſonen zu ſeinem Vortheil, deſto freyer und malhonetter von ihnen zu reden, kommt aber daruͤber offt in den groͤſten Verdruß, zumal wenn jemand in der Geſellſchafft zugegen iſt, der des Beleidigten guter Freund iſt, und entweder dem Beleidig - ten Freund ſolches wieder zutraͤget, (wel - ches dann recht und billig) oder den Ehr - abſchneider alſobald daruͤber zur Rede ſetzet, da es manchmahlen von den Wor - ten zu denen Klingen kommt, und der be - gangene Frevel mit Blut gewaſchen und vertilget wird. Die aber von denen Tod - ten uͤbel ſprechen, geben ſich als offenbahre Luͤgner zu erkennen, da ſie ſich deſto un - verſchaͤmter darinn vergehen, weil ſie wiſ - ſen, daß ſich dieſelben nicht mehr verant - worten, und ihre calumnien beſtraffen koͤnnen.

Ein23

Ein hoͤflicher Menſch wird ſich immer - hin befleiſſen, in Geberden, Worten und Wercken gegen dem Frauenzimmer ſich ehrerbietig und beſcheiden aufzufuͤhren, wobey er ſich ſehr wohl in acht nimmt, daß er nicht etwann durch verliedte Re - den, zumahl gegen Ehfrauen, ſeine ver - liebte paſſionen und Neigungen verra - then moͤge. Was aber geile ungeſchlif - fene Boͤck und Huren-Hengſten ſind, de - nen wird der Mund nicht aufgehen, es fahren denn die ſchaͤndlichſte Schand - und Huren-Reden hauffenweis heraus, wodurch manches honettes Frauenzim - mer ſchamroth und biß auf den Tod geaͤr - gert wird, ſo, daß man mit dergleichen Schandflecken zur Thuͤre eilen und ſie zum Haus hinaus werffen ſolte.

Ein tugendhafftes Frauenzimmer, wel - ches mit ihren keuſchen Ohren keine gro - ben unzuͤchtige Reden anhoͤren kan, wird ſolche auch vor denen allzugroſſen Schmeichlungen und Vergoͤtterungen zuſchlieſſen, welche ihnen mancher verlieb - ter Leander vorzuſchwatzen pfleget. Einhoͤfli -24hoͤflicher Menſch wird ſich darinnen wohl beſcheiden, und ſich in ſolchen unerlaubten Praͤdicaten maͤßigen, weil er wol weiß, daß er dadurch das eine Frauenzimmer ſchamroth, die uͤbrigen Perſonen dieſes Geſchlechtes aber gegen ihn nur verbit - tert machen wuͤrde.

Vor die ſchickliche Materie, in Geſell - ſchafften zu diſcuriren, wird kein vernuͤnf - tiger Menſch viel ſorgen doͤrfen, indem ſich ſolche, von ſelbſten genug eraͤugnen werden. Nur falle man nicht auf etwas, das einen groͤſſern Verſtand, als den ſei - nigen erfordert; ſintemalen er ſich in Ver - achtung ſetzen wuͤrde, wenn er etwas vor - bringen, und hernach, wegen ſeiner Un - wiſſenheit bald einpacken muͤßte. Wer in Politiſchen Sachen wol beleſen, der wird von dem bevorſiehenden Frieden, und denen ſich etwan dabey eraͤugnenden Schwierigkeiten, genug zu reden finden; er muß es aber, wegen des vielleicht anwe - ſenden Frauenzimmers, nur nicht zu lan - ge machen, weilen ſelbiges nicht viel von dergleichen Materie verſtehet, und ſolchergeſtalt25geſtalt ſich der Gelegenheit, ihre Reden mit einzumiſchen, beraubet ſehen wuͤrde.

Man muß ſeine Reden nicht mit Ge - walt eindringen, und einen andern gleich - ſam ſeine Worte vom Mund wegneh - men. Wenn ein hoͤflicher Menſch etwas fraget, wird es allezeit mit voraus gebet - tener Erlaubnuͤs geſchehen. Und ſo er um etwas befragt wird, wird er ebenfalls mit gleicher Hoͤflichkeit antworten, oder ſich damit entſchuldigen, daß er von der Sache nicht ſo weit, als das Verlangen[d]es andern erfordere, informirt ſey. Wann die erſte Bahn zum Diſcours,[ſ]chicklich gebrochen, ſo werden ſich unter[d]er Hand Puncten genug aͤuſſern, wel -[c]he zur angenehmen Unterredung reichen Anlaß und Gelegenheit geben koͤnnen.

Es wird dabey aber ein hoͤflicher Menſch ſich wol fuͤrſehen, daß er nicht et - was vorbringe, wobey ein anderer zu[ſ]chweigen, und er nur allein zu reden habe. So wuͤrde ſich ein Soldat bey einem Handelsmann ſchlecht recommandiren,[w]enn er nur vom Kriegs-Leben, vom mas -Bſacri -26ſacriren, hauen, ſtechen, und Beute ma - chen reden, und derer Commercien, deren Flor und Fortgang, deren vielen Gattun - gen der Kauffmanns-Waaren, und der - ſelben Preiße, vergeſſen ſolte. Man muß Anlaß nehmen, von ſolchen Sachen zu re - den, womit andere, mit welchen wir zu diſcurriren die Ehre haben, umgehen; und kan man ſich bey denſelben viele Hoch - achtung erwerben, wenn man ihnen eini - ge Vortheile zeiget, deren ſie ſich in ihrem Gewerbe mit mercklichen Nutzen bedie - nen koͤnnen.

Die Hiſtorien, und deren Erzehlung, ſind bey vernuͤnfftigen Geſellſchafften der angenehmſte Zeitvertreib; Zumal wenn ein kluger Menſch ſolche vorbringt, welche etwas moraliſches in ſich halten, und an - dere daraus etwas vor ſich erlernen koͤn - nen. Man ſetzet ſich dadurch in jeder - manns Gunſt, zumal wenn man ſolche nicht etwan ſo drehet und verkuͤnſtelt, als wenn man andere dadurch ziehen und ſel - bige ihren Fehlern vergleichen wolte. Re - det ein kluger Menſch von Kriegs-Sa - chen, ſo pfleget er ſich dabey ſo aufzufuͤh -ren,27ren, daß er keine Parthey, mit allzugroſ - ſer Hefftigkeit, ergreiffen und ſich andere zu Feinden machen wird. Und wenn groſ - ſe Herren des Reiches und unſers Vatter - Landes harte Feinde ſind, ſo muß man von ſelbigen dennoch mit allem Reſpect und Ehrerbietung reden; angeſehen ſol - ches ihre hoͤchſte Wuͤrde erfordert, zu wel - cher Sie das allſehende Aug GOttes er - hoben und verordnet; andern theils kan ſich ein unbeſonnener Menſch unvermu - thet in das groͤſte Ungluͤck ſtuͤrtzen, denn wenn der Friede wieder erfolget, ſo wird faſt in den erſten und vornehmſten Pun - cten auf die Auslieferung, oder doch ſchwehre Beſtraffung, ſolcher Laͤſterer gedrungen, die ſich erfrechet haben, ihre Zungen an denen Geſalbten des HErren zu waͤtzen.

Gemeine Buͤrgers - und Land-Leute pflegen von der Beſchaffenheit ihrer taͤg - lichen Handthierung und Hausweſens zu reden: Nur ſollen ſie dahin ſehen, einan - der nicht irre zu machen, durch den Unter - ſchied ihrer Gewerbe, ſo wenn ein Toͤpfer einem Weber von ſeinem Laimen, TonB 2und28und Brenn-Zeug immer vorſchwatzen wolte, wuͤrde er nur alleine reden, und der andere ſchweigen muͤſſen. Jm Ge - gentheil wuͤrde der Weber ein gleiches er - fahren, wenn er von Lein - und Hanf, vom Weber-Stuhl und Garn-Spul, vom Unterſchied des Garns, zetteln, tretten, durchſchieſſen und ſchlagen reden wolte: Das Frauenzimmer bleibet bey ihrem ge - woͤhnlichen Diſcurs vom Flachs, guten Leg - und Brut-Hennen, zuweilen plau - dern ſie auch vieles von ihren guten Maͤus-Katzen, die ſie manchmal einander lehnen, und dieſe arme Geſchoͤpfe verfol - gen laſſen. Vornehmere Standes-Per - ſonen fuͤhren ihre Diſcurſe vom Schmuck und Putz, auch von der immerwaͤhrenden Mode der Kleider und Reif-Roͤcke, die man jetzo leider! ſo entſetzlich weit traͤget, daß ſie jener Pater groſſen Glocken verglei - chet, unter welchen ein ſchlechter beinigter Schwengel oder Coͤrper verborgen ſte - cket. Andere fuͤhren eine ganze Muſter - Rollen ihrer Galanen und Aufwaͤrter bey ſich, die ſie in vertraulichen Geſellſchaff - ten einander ſehen, dabey aber ihre un - ſchuldige Anbeter und Liebhaber ziemlichhart29hart uͤber die Zunge lauffen laſſen Andere aber reden nichts anders als von der edlen Freyheit des ledigen Standes, bey welchem man keiner ſo verhaßten Sclaverey unterworffen ſey; unerachtet man wol weiß, daß ihr einziges heimli - ches Sehnen nach der Veraͤnderung ih - res Eheloſen Lebens gehet, und das alte Sprichwort wahr bleibet:

Ach trau nur keiner Jungfer nicht,
ſo offt ſie was vom Cloſter ſpricht:
und ſtellt ſie ſich gleich noch ſo keuſch,
ſo hat ſie dennoch Blut und Fleiſch.
und denckt: haͤtt? ich nur einen Mann,
ſo waͤrs mit mir ſehr wohl gethan.

Dieſes ſchoͤne Geſchlecht, welches mei - ſtentheils ſehr in ſich ſelbſt verliebet iſt, ſo ſie durch ihr oͤfteres Spiegel-ſchauen zu erkennen geben, kan auch wol leiden, wenn man ſie mi[t]mehrern und groͤſſern Ehren - Tituln ehret, als ihnen gehoͤrt und gebuͤh - ret: allein es laͤſſet warlich ſehr ſchlecht und miſerabel, wenn ich heute einem ſchoͤ - nen Maͤgdgen ſo viele affectirte Compli - menten und Ehrenbezeugungen mache, und ſehe ſelbiges doch des folgenden Ta -B 3ges,30ges, entweder an denen Brunnen Waſ - ſer ziehen, oder das Kehricht gar auf den Miſt tragen.

Ein hoͤflicher Menſch richtet ſein Com - pliment nach moͤglichſter Kuͤrze, darneben aber auch ſo ein, daß es natuͤrlich, und nicht affectirt noch gezwungen heraus kommt: Wer ſich der an die Hand ge - gebenen Complimenten in den Romainen gebrauchen will, der wird, wenn er ſeinen eingefaßten Pack und Sack mit Noth und Jammer ausgeleeret, bald darnach zu erkennen geben, woher er dieſe gelehrte Capriolen erlernet; ſintemal ſie hernach ſo ſtockern, daß es ſcheinet, ihre Reden flieſ - ſen ihnen vom Mund und ihren Lippen, wie Pech; und wenn ſie ſich darinn genug verrathen haben, ſo nehmen ſie entweder bald Abſchied, oder werden unvermuthet gar unſichtbar. Uberdiß wird die Weit - laͤufigkeit und die Ausſch weifungen der Complimenten aufrichtigen Perſonen ſo eckelhafft und verdrießlich, daß ſie manchmalen gar davon gehen, und ſolche Prolixiſten alleine ſtehen laſſen, ihre Com - plimenten in den Wind zu reden.

Die31

Die Ehre und Wuͤrde eines vernuͤnff - tigen Menſchen erfordert nothwendig auch die billig daran hafftende Praͤdicate und Tituln, womit ſie vor andern diſtin - guiret und beehret werden ſollen. Nur waͤre zu wuͤnſchen, daß ſie bey dem Glei - chen, und der loͤblichen Ordnung blieben, und nicht hoͤhere Tituln begehreten, als ih - nen in der That gehoͤret und gebuͤhret. Wenn mancher Gaſt-Wirth vorher mit dem Erbarn zufrieden geweſen, ſo will er vorjetzo Wol-Ehrenveſt und Groß - geacht haben. Kaufleute wollen mit Wol - und Hoch-Edlen Nahmen pran - gen; Schulmeiſtere auf dem Land præ - tendiren Edel und Hoch-Wolgelahrt, anderer Staͤnde ihre Exceſſen zu ge - ſchweigen, die man ſich ſelbſten vorſtellen kan. Jn Briefen, Memorialien und ſchrifftlichen Vorſtellungen aber, denen Staͤnden der Welt Jhre gewoͤhnliche Praͤdicate zu geben, will in moͤglichſter Kuͤrze ſolche mit eingeflſoͤet haben.

I Dem Roͤmiſchen Kayſer.

Allerdurchleuchtigſter, Grosmaͤchtig - ſter und Unuͤberwindlichſter Kayſer ꝛc. B 4Aller -32Allergnaͤdigſter Herr. Auch ſonſt im Text: Ew. Kayſerl. und Koͤnigl. Cathol. Majeſtaͤt.

II Denen Koͤnigen.

Allerdurchlauchtigſter, Großmaͤchtig - ſter Koͤnig: allergnaͤdigſter Herr. Jm Text: Ew. Koͤnigl. Majeſtaͤt.

Weil aber der Zeit verſchiedene ge - croͤnte Haͤupter zugleich Churfuͤrſten des Reichs ſind; ſo ſetzet man bey Selbigen; Allergnaͤdigſter Koͤnig, Churfuͤrſt und Herr, und im Text: Ew Koͤnigl. Majeſt. und Churfuͤrſtl. Durchleucht.

III. Denen Churfuͤrſten.

Durchlauchtigſter, Großmaͤchtigſter Churfuͤrſt, gnaͤdigſter Herr. Sonſt aber Ew. Churfuͤrſtl. Durchleucht.

IV. Herzogen und Fuͤrſten.

Durchlauchtigſter Herzog, Durch - lauchtigſter Fuͤrſt, Gnaͤdigſter Fuͤrſt und Herr. Sonſten Ew. Hochfuͤrſtlichen Durchl.

V. Denen Grafen.

Hochgebohrner Graf, Gnaͤdigſter Graf und Herr. Jm Text: Ew. Hoch - graͤfliche Excellenz oder Gnaden.

VI. De -33

VI. Denen Freyherren und Barons.

Hochwohlgebohrner Herr, Gnaͤdiger Herr. Jm Text: Ew. Hochfreyherrl. Gnaden.

Dieſes Praͤdicat gebuͤhret auch denen Generalen, Oberſten, Geheimden Raͤ - then, Reichs-Hof-Raͤthen, Canzlarn, Vice-Canzlarn und Abgeſandten, denen man im Text Ew. Excellenz giebt.

VII. Denen Edelleuten.

Wolgebohrner Herr, Gnaͤdiger Herr. Jm Text: Ew. Hoch-Wolgebohrn. Gn.

Koͤnigl. und Fuͤrſtl. Hof - und - Cam - mer-Raͤthe, wie auch die Profeſſo - res auf Univerſitæten und vorneh - men Gymnaſiis fuͤhren mit allem Recht den Titul Hoch-Edelgebohr - ner oder Hoch-Edler, Hochgeehrte - ſter Herr, und ſonſt im Text: Ew. Hoch-Edlen.

Doctores und Advocaten, Rectores, und beruͤhmte Kuͤnſtler, haben ge - meiniglich Wol Edler, Geſtreng und Hochgelehrt, Wol-Edel und Veſt, Edel und Großgeachter. Jm Text aber Ew. Wol-Edlen.

B 5Was34

Was aber ſonſt unter Kaufleuten und Buͤrgern vor Titulaturen gebraucht wer - den, pfleget man die Erſtern ebenfalls, Edel, Wol-Ehrnveſte, Hochgeacht und Wolfuͤrnehme; die Letzere aber Erbare und Fuͤrnehme oder Wolgeachte zu titu - liren. Wiewol ſich die wenigſten hierin - nen an eine loͤbliche Ordnung binden, ſon - dern ihre Schmeichlungen durch die Ti - tuln weiter gehen laſſen, weil ſelbige, wie ſie ſagen, ihnen nichts koſten, und ſich manchmal dadurch mehr zu erhalten ge - trauen.

Gegen geiſtliche Perſonen gebraucht man ſich, wegen ihr wichtigen Wuͤrde, auch beſondere Tituln; alſo tituliret man

Den Roͤmiſchen Pabſt,

Allerheiligſter, in GOtt Hochwuͤrdig - ſter Vater, Allergnaͤdigſter Herr. Son - ſten Ew. Paͤbſtl. Heiligkeit.

Einen Cardinal,

Durchlauchtigſter und Hochwuͤrdig - ſter Vater, Gnaͤdigſter Herr. Sonſten Ew. Eminenz.

Geiſtliche Churfuͤrſten.

Durchlauchtigſter und Hochwuͤrdig -ſter35ſter Churfuͤrſt, gnaͤdigſter Herr. Sonſt Ew. Churfuͤrſtl. Durchl.

  • NB. Wenn aber derſelbe nicht aus Fuͤrſtlichem Hauſe entſproſſen, be - kommt Er nur Ew. Churfuͤrſtl. Gnaden.

Patriarchen und Erz-Biſchoͤffe, in - gleichen Biſchoͤffe ſo Fuͤrſten ſind:

Hochwuͤrdigſter, Durchlauchtigſter Fuͤrſt, gnaͤdigſter Fuͤrſt und Herr. Son - ſten aber Ew. Hochfuͤrſtl. Durchl.

Sind ſie aber keine Fuͤrſten, ſondern aus andern vornehmen Haͤuſern, ſo bekommen Sie.

Hochwuͤrdigſter, in GOtt Vater, gnaͤdigſter Herr. Sonſt aber Ew. Fuͤrſtl. Gnaden und ſolchen Titul fuͤhren auch die gefuͤrſteten Aebte und Praͤlaten: An - dere Praͤlaten, Dom-Dechante und Dom-Herren, werden Hochwuͤrdig, Hoch-Ehrnwuͤrdiger Vater, tituliret; ſonſten aber ſezt man im Text: Ew. Hoch - wuͤrden und Gnaden.

Die Evangeliſche Herren General-Su - perintendenten, und Doctores der Heil. Schrifft.

Hochwuͤrdiger, in GOtt Andaͤchti -B 6ger,36ger, Hochachtbar und Hochgelehrter. Sonſt aber Ew. Hochwuͤrden: Andere Superintendenten, Stadt-Pfarrer und Jnſpectoren.

Hoch-Ehrwuͤrdiger und Hochgelehr - ter, Jnſonders Hochgeehrteſter Herr. Sonſt Ew. Hoch-Ehrwuͤrden.

Die andere Stadt - und Land-Geiſtli - che aber: Wohl-Ehrwuͤrdiger, Groß - achtbar und Wolgelahrter. Sonſt Ew. Wol-Ehrwuͤrden. Beym Frauenzim - mer kan man mit keinem Prædicat beſſer, als mit dem Wort Tugend-belobt zu rechte kommen, das gefaͤllet ihnen am al - lermeiſten, ſie moͤgen tugendhafft ſeyn oder nicht.

Zweyte Abhandlung. Von Geburten, Gevatter - ſchafften und Kind-Tauffen.

EHleute ſind, bey allem ihrem gluͤcklichen Fortgang und geſeg - neter Nahrung, nicht ſo froͤlich und vergnuͤgt; als wenn ihnen GOtt auch den erfreulichen Eh - und Kinder -Segen37Segen ſchencket, und ihr Haus mit ſchoͤ - nen Liebes-Fruͤchten zieret und fuͤllet. Zu - mal wenn ſelbige von GOtt bey Geſund - heit und langem Leben erhalten werden, daß ſie ſelbige, zu ihrem Troſt und Freu - de, groß und tugendlich erziehen koͤnnen. Nur geſchiehet offt ihre Geburt mit uner - leidlichen Schmertzen, wobey dann ein fleißiges Gebet und treuer Beyſtand gu - ter Freundinnen vonnoͤthen iſt. Daher ein ſorgſamer Haus-Vatter, der ſeine Eh - gemahlin herzlich liebet, zeitlich nach der Heb-Amm oder Kinder-Muhme ſchicket, bey ſeiner hochſchwangern Liebſten allen moͤglichen Fleiß und Beyſtand zu Erleich - terung ihrer Geburt, anzuwenden, wel - ches dieſe um ſo geneigter und williger thun wenn er ihnen was in die Haͤnde ſtoͤſ - ſet, und ihren Fleiß gleichſam zum Vor - aus wirbet und bezahlet.

Man ſchicket gemeiniglich auch bey dergleichen Zuſtand, noch zu andern gu - ten Freundinnen, welche vorhin mit der Greiſtenden vielmals umgegangen, wel - che der Haus-Vatter dienſtlich erſuchen laͤſt, weilen es an dem ſey, daß ſeine LiebſteB 7vor -38vorjetzt ſolte ihrer getragenen Buͤrde ent - bunden werden, ſo moͤchten ſie die Guͤte haben, derſelben in dieſer ſchwehren Ar - beit huͤlfliche Hand zu leiſten, unter Ver - ſicherung ſeines dancknehmigen Herzens, in allen angenehmen Gegen-Dienſten. Worauf die Frauens-Perſonen ſich we - gen des guten in ſie geſezten Vertrauens bedancken, und zugleich Verſicherung ge - ben, nichts an ihrem wenigen Vermoͤgen erwinden zu laſſen. Wann ſelbige dann perſoͤnlich gekommen, pfleget ſie der Kindes-Vater alſo zu empfangen.

Sie nehmen nicht unguͤtig, daß mein Vertrauen auf Sie geſezet, und Sie an - hero bemuͤhen laſſen. Jhre geneigte Be - reitwilligkeit troͤſtet mich ſchon, daß mei - ne Liebſte durch Dero Beyſtand und gu - ten Zuſpruch bald gluͤcklich entbunden, und mit einem froͤlichen Anblick wird er - freuet werden. Worauf ſelbige gemei - niglich antworten:

Der Herr wird nicht Urſache haben ſich dißfalls zu entſchuldigen, ſondern ich vielmehr mich zu erfreuen, Jhnen in er - wuͤnſchter Gelegenheit zu dienen. JnHoff -39Hoffnung, daß der Hoͤchſte der Frau Lieb - ſten Arbeit ſegnen, die Schmerzen erleich - tern, und durch einen froͤlichen Anblick Jhr werthes Haus vermehren werde.

Jſt denn das Kind gluͤcklich und ge - ſund zur Welt gebohren, kan dem erfreuten Vatter kuͤrzlich gra - tulirt werden:

Jch gratulire Jhnen zur ſchleunigen Vermehrung ihres wertheſten Hauſes; der Hoͤchſte ſtaͤrcke der Frau Liebſten ver - lohrne Kraͤfften, und erhalte ſelbige ſamt dem lieben Kind in beſtaͤndiger Gnade, daſſelbe zu ihrer beeden Freude groß und ſelig auferziehen zu koͤnnen.

Worauf der Kinds-Vater kuͤrzlich antwortet:

Jch dancke vor ihren wolgemeinten Wunſch, und fuͤr ihre an meiner Liebſten erwieſene gute Dienſte. Verſichere aber allezeit derſelben ſo zu gedencken, daß die Vergeſſenheit den dafuͤr ſchuldigen Danck in meinem Herzen niemal verloͤ - ſchen wird.

Gluͤck -40

Gluͤckwunſch des Manns an die Kindbetterin.

Mein Schatz, ich bin von Herzen er - freut, daß ſie ſo ſchnell und gluͤcklich ent - bunden, und mit einem geſunden Soͤhn - lein erfreuet worden: GOtt erſetze dieſe 6. Wochen durch ihre entgangene Kraͤff - ten, und erhalte ſie nebſt ihrem ſchoͤnen Spitzweck bey erwuͤnſchter Geſundheit / damit wir beede das Vergnuͤgen haben / ſelbigen zu unſerer Freude gluͤcklich aufzu - ziehen.

Antwort der Kindbetterin.

Jch dancke mein Schatz vor ihren hertz - lichen Wunſch und freue mich uͤber ſein junges Ebenbild, wenn ſie beede der Hoͤchſte geſund und vergnuͤgt erhaͤlt, will ich der daruͤber ausgeſtandenen Schmer - zen gerne vergeſſen.

Notification der gluͤcklichen Geburt an gute Freunde.

Nebſt Vermeldung eines ſchoͤnen Gruſſes von meinem Herrn und Frauen, habe die Ehre Jhnen zu berichten, daß vorwenig41wenig Stunden meine Frau gluͤcklich ent - bunden, und von dem lieben GOtt mit einem jungen Sohn (Tochter) erfreuet worden iſt.

Antwort darauf.

Dieſe Nachricht iſt eine der angenehm - ſten, welche ich haͤtte vermuthen koͤnnen. Jch begleite ſelbige mit dem hertzlichen Wunſch, daß GOtt die Frau Mutter und das liebe Kindlein in unverruckten Segen und beſtaͤndigem Wolſeyn erhal - ten und ihr Vergnugen in viele andere Wege gruͤnen laſſen wolle.

Eines Freundes Compliment an den Kindes-Vater.

Jch habe die Ehre Theil an dem Ver - gnugen zu nehmen, welches Jhnen durch die gluͤckliche Geburt Jhres lieben Soͤhn - gens, anheute begegnet. GOtt erhalte daſſelbe und die Frau Mutter zu ihrem immerwaͤhrenden Troſt und Vergnuͤgen, und laß es auch, allen getreuen Freunden zur Freude, vollkoͤmmlich wachſen und zu - nehmen.

An42

An die Sechswoͤchnerin oder Kind - betterin.

Madame, ich gratulire ihnen, daß ſie ihre getragene Buͤrde ſo gluͤcklich an das Licht gebohren, und ihren Schatz mit ei - nem angenehmen Erben erfreuet haben. Der Hoͤchſte gebe ihnen die verlohrne Kraͤfften, und dem lieben Kind beſtaͤndi - ge Geſundheit, daß Sie ihren Vorgang mit Vergnuͤgen vollfuͤhren moͤgen.

Wie nun nach dieſer erſtern Freude man gemeiniglich an die Heil. Taufe und die dabey noͤthige Pathen oder Gevattern dencken muß: So thun Perſonen Buͤr - gerlichen Standes am allerbeſten, wenn ſie bey ihres gleichen bleiben, und nicht zu hohen Perſonen oder vornehmen Fa - milien kommen: es ſey dann, daß eine oder andere zu hohen Ehren gekommene Per - ſon dem Kindes-Vatter nahe verwandt, da mans manchmalen gerne ſiehet, wenn man in ſolchem Stuͤck das Vertrauen zu ihnen nehmen darf. Denn ſonſt ſcheine[t]es, man habe dabey das Abſehen nur au[f]ein anſehnliches Pathen-Geſchencke: wi[e]jener Kinds-Vatter ſich gegen ſeine erbetten[-]43tene Frau Gevatter erklaͤret: Sie doͤrf - te ſich ſeinerwegen die geringſte Un - koſten nicht machen, ſondern nur ſei - nem Kind ein ſchoͤnes Andencken ge - ben.

An vielen Orten werden mehr, als ein Gevatter oder Pathe, erbetten, deren ge - meiniglich 3. oder 4. ſind. Anderer Or - ten aber nur einer oder zwey, welche denn noch etliche Chriſtliche Perſonen zur Tau - fe mit in die Kirche erbitten laſſen; wie - wol ſolches nicht von allen und jeden will gebilliget werden. Die Gevatter-Brie - fe, welche manchmal in einer ziemlichen Anzahl ausgefertiget und an weite Orte verſchicket werden, fallen vielen klugen Perſonen verdaͤchtig, daß ſie nach dem honetten Bettel riechen: Wie jener Schulmeiſter erwaͤhnet, welcher geſagt: auf ſolche Art kaͤme man, mit leichter Muͤhe, zu dem ſchoͤnen ganzen G[o]l - de und Thalern.

Ein kluger Kinds-Vatter richtet hier - inn ſein Herz auf Gottesfuͤrchtige und er - bare Perſonen, die den allgemeinen Ruffund44und Ruhm eines tugendhafften Wan - dels haben. Alldieweil, wenn die El - tern ſterben ſolten, ſolche ihre Pathen zu GOttes Ehre erziehen muͤſſen; und ſie - het alſo nicht auf gute Compagnie - und Sauff-Bruͤder, die in Geſellſchafften her - nach, des ſchuldigen Reſpects, offtmal vergeſſen, auch manchmalen denen Ge - vattern ihre wenige Unkoſten vorruͤchen. Bedenckt alſo vorher reiflich, wo ihn ſein Herze und der Trieb ſeines Gemuͤthes hintraͤgt, ſo daß ers jenem Tagloͤhner nicht nachthut, welcher ſich bey Erbittung eines vornehmen Gevatters damit ent - ſchuldiget: es haͤtte ihn eben der Weg - hingetragen.

Es laͤſſet allerdings nicht wol und loͤb - lich, Kinder, die den Begriff ihres Chri - ſtenthums noch nicht inne haben, auch noch nicht bey dem Heil. Abendmahl ge - weſen, zu Gevattern zu erwaͤhlen. Und geſchiehet es gemeiniglich aus einem eit - len Abſehen, zumal bey vornehmen Leu - ten, daß derſelben Eltern dem Kinds - Vatter, n[e]bſt dem Kinde, deſto ehender helfen und foͤrdern ſolle. So iſt auch nichtkluͤg -45kluͤglich gehandelt, wenn ich auſſer Noth Gevattern von einer wiedrigen Religion waͤhle, da ich, unter meinen eigenen Glau - bens-Genoſſen, daran keinen Mangel, ſondern einen reichen Uberfluß habe.

Mancher Orthen ſezet es unter denen verſchiedenen Gevattern Streit, weſſen Nahmen das Kind am erſten bekommen und tragen ſolte. Der Orten aber, wo nur ein Gevatter erwaͤhlet wird, iſt der Streit nicht vonnoͤthen, und geſchiehet es manchmal aus Hoͤflichkeit, daß nach des Gevatters Nahmen auch das Kind des Vatters Nahmen darzu bekommt. Wo - durch den Zaͤnckereyen vorgebeuget wird, die ſich bey denen vielen Gevattern zu er - eignen pflegen.

Bloͤden Kinds-Vaͤttern, die ihre Kin - der ſelbſten gerne uͤber Tauffe hielten, nur daß ſie niemand anreden duͤrften, iſt nichts erwuͤnſchters, als wenn ſich Perſonen ſelbſt zu Gevatterſchafften anbieten, und dadurch ihren Ehrgeitz zu erkennen geben. Sie pflegen zwar zu ſagen: Das Heil. Werck bringe lauter Segen nach ſich:aber46aber wenn ſolche Leute manchmal in die Abnahm gerathen, zehlen ſie auch ihre vie - le Gevatterſchafften unter die uner - ſchwingliche Unkoſten, welche ihnen die Schwing-Federn genommen, und gleich - ſam ins Abnehmen gebracht haben: Ver - ſchweigen aber, daß ſie ſich zum oͤfftern ſelbſt angebotten, und mancher Gevatter - ſchafft haͤtten entuͤbriget ſeyn koͤnnen.

Wenn jemand einen Gevatter-Brief empfaͤngt, ſo muß er keinen Unwillen dar - uͤber vermercken laſſen, ſondern denſel - ben gerne annehmen, und fein bald eroͤf - nen, damit es das Anſehen habe, als ob ihm dieſe Ehre zur herzlichen Freude und Vergnuͤgen gereiche. Dem Uberbrin - ger deſſelben reichet er ein kleines Tranck - Gelde, und ſchicket ihn ſo dann mit freundlicher Begruͤßung, an ſeine Ge - vatter-Leute wieder zuruck. Wo aber dergleichen Erſuchung, oder Gevatter - Gewinnung muͤndlich geſchiehet, da ge[-]hen viele Exceſſen und Grobheiten fuͤr Mancher Kinds-Vatter laufft und ren[-]net eine Gaſſe wol zehenmal durch, ehe e[r]ſich das Herz nimmet, in das Haus zu ge[-]hen47hen, wohin ihn die Kind-Betterin, (viel - leicht aus gewiſſer Urſache?) gewieſen hat. Viele bringen ihre Bitte ſo ver - wirrt und laͤcherlich vor, daß man noth - wendig daruͤber ſcherzen, und des heiligen Abſehens faſt vergeſſen muß. Andere, ha - ben ihren Vortrag mit einem ganzen Re - giſter von Bibliſchen Spruͤchen angefuͤl - let, und halten ihre Gevattern ſo lange da - mit auf, daß ſie ungedultig daruͤber wer - den, und ihn ſchweigen heiſſen muͤſſen, weil ſie ſchon wiſſen, was er haben will, und daſſelbige mit wenig Worten haͤtte ſagen koͤnnen. Es gibt auch nicht weni - ge, welche bey dem Fruͤh - und Bewill - kommungs-Trunck, ſich ſo berauſchen, daß ſie den Weg nach Hauſe kaum mehr finden, und der Kindbetterin nicht genug ruͤhmen koͤnnen, was fuͤr Ehre ſie durch dieſe Gevatterſchafft eingeleget, und wie ſcharf man ihnen, auf Geſundheit der Mutter und des lieben Kindes, zugetrun - cken habe. Andere, welche ſich uͤber ſol - chen freundlichen Empfang nicht zu freu - en haben, beſchwehren ſich im Gegentheil, daß man ſie kaum uͤber der Achſel ange - blicket, und gefraget, wer er denn ſey? Wo -48Woher er dann Bekanntſchafft habe? Warum er nicht bey ſeines gleichen blei - be? Man haͤtte der Gevatterſchafften zu - viel, und erſt verwichene Woche wieder ſchoͤne Ding gethan. Dieſe machen zu Haus dann einen ſolchen Schrecken, daß man ſich auf die Ankunfft der Gevat - tere fuͤrchtet, und der Mutter fuͤr Angſt und Bangigkeit die Milch in den Bruͤ - ſten verſauren moͤchte. Solche bittere Gevattern beweiſen, durch dergleichen Zwang, dem lieben GOtt keinen Dienſt, ſondern ihr unwilliges Liebes-Werck iſt GOtt dem HErrn ein Greuel, den er ge - wiß zu ſeiner Zeit ſcharf ahnden und be - ſtraffen wird.

Wenn mehr, als ein Gevatter erweh - let wird, und ſelbige ſodann zuſammen kommen, koͤnnen ſie einander kuͤrzlich dar - uͤber folgender Geſtalt complimentiren:

Mein Herr (meine Jungfer) ich freue mich nicht wenig, daß vorheute die Ehre haben ſolle, in dero hochwerthen Geſell - ſchafft Gevatter zu ſtehen. Sie werden mit meiner Wenigkeit zu frieden ſeyn, undmich49mich fernerhin Dero guͤtigen Wolgewo - genheit wuͤrdigen.

Wann die Gevatter-Leute ankom - men, und hoͤflich empfangen werden, koͤn - nen ſie gegen die Kindbetterin und deren Mann, vermelden:

Liebe Frau Gevatterin (Herr Gevat - ter) Jch bin ihnen verbunden, daß ſie mich, bey ihrem von GOtt beſchehrten Ehe-Segen, vor andern zu einem ordent - lichen Tauf-Zeugen erſehen und erbetten haben. Jch werde mich alles Fleißes be - ſtreben, mich dieſes guten Vertrauens wuͤrdig zu machen, und es an der Liebe gegen meinen lieben Pathen, als des ge - neigten Willens gegen ſie, in keine Wege ermangeln laſſen. GOtt gebe nur ſeine beſtaͤndige Gnade zu ihrer langen Erhal - tung.

Wenn die Heil. Tauf vollbracht, koͤn - te der Gevatter obigen Worten noch hin - zufuͤgen; daß der liebe GOtt, dem lieben Kind mit dem Wachsthum der Jahre, auch die Gnade ſchencken und verleihen wolle, ſeines Tauf-Bundes ſich fleißigCzu50zu erinnern, und vor Suͤnden zu huͤten; damit es als ein Kind GOttes groß und gluͤckſelig koͤnne erzogen werden.

Nach vollbrachter Taufe, wird das gewoͤhnliche Tauf-Mahl angeſtellet, da denn nicht allein die Gevattern, ſondern auch andere Freunde und Pathen der uͤbrigen Kinder, eingeladen und mit zu Tiſch gezogen werden. Wenn ſelbige nun erſchienen, ſchencken ſie der Kind - betterin etwas auf das Bette, nebſt nach - folgenden Compliment.

Jch gratulire von Herzen zu den Jun - gen Erben, und dancke zugleich fuͤr Dero freundliche Einladung bey gegenwaͤrti - gen Tauf-Mahl, bitte auch, meine freye Ankunfft und Erſcheinung nicht uͤbel zu nehmen, der ich Jhnen zur geringen Er - kaͤnntlichkeit ein kleines Andencken bey - fuͤgen, und mich Dero fernern Wolge - wogenheit treulich empfehlen wollen.

Die Kindbetterin kan darauf ant - worten:

Jch erkenne mich verbunden, daß ſi[e]uns die Ehre goͤnnen, und ſich bey unſern angeſtellten ſchlechten Tauf-Mahl einfin - den wollen, woraus ich ihre aufrichtigLie -51Liebe und Freundſchafft mercke; und dan - cke zugleich fuͤr Dero herzlichen Wunſch, als das beygelegte Praͤſent, welches ich alſo mit Dero Erlaubnuͤs annehmen, und zu ihrem Andencken vor mein Kind ver - wahren werde, in Hoffnung, daß ſie mir ſolches nicht zur Unhoͤflichkeit deuten werden.

Nach geendigter Mahlzeit kan der Gevatter folgendes Abſchieds - Compliment gebrauchen:

Jch bin nunmehr hoͤchſtens verbunden, vor die mir erwieſene Ehre und aufge - wandte groſſe Unkoſten, welche in alle an - dere Wege wiederum zu erſetzen befliſſen ſeyn werde: wuͤnſche anbey vom Herzen, daß der liebe GOtt die Frau Gevatter nebſt meinem lieben Pathen, die ſechs Wochen durch, ſtaͤrcken, und derſelben auch einen geſunden und vergnuͤgten Vorgang verleihen wolle, damit ich Ge - legenheit haben moͤge, mich allezeit uͤber ihr ungekraͤncktes Wolſeyn herzlich zu er - freuen.

Antwort darauf:

Der Herr (Frau) Gevatter hat nichtC 2Ur -52Urſach, vor unſere geringe Aufwartung zu dancken, ſondern wir vielmehr zu bit - ten, mit dieſer ſchlechten Bewirthung vor lieb zu nehmen. Wie denn vor Dero geneigte Bewerckſtelligung der Heil. Handlung Jhnen nochmals ſchuldigen Danck erſtatten, und ihnen alles Vergnuͤ - gen von Grund des Herzens anwuͤnſchen, auch uns ſaͤmtlich deren fernern Geneigt - heit recommendiren wollen.

Wenn Frauen die Woͤchnerin in den Wochen beſuchen und einkehren, koͤnnen ſie folgende Formul ge - brauchen:

Madame, ſie werden mir erlauben, bey Jhnen einzuſprechen und meinen Beſuch abzuſtatten, um mich dabey zu erkundi - gen, wie ſie ſich nebſt ihrem kleinen Soͤhn - lein (Toͤchterlein) befinden. Wuͤnſche, daß der liebe GOtt ſie ſaͤmtlich in Gna - den erhalten, und ihnen ins beſondere die verlohrne Kraͤfften wieder reichlich erſe - zen wolle.

Antwort der Sechswoͤchnerin.

Jch erkenne mich verbunden, fuͤr ihre Guͤte, mich in meinem ſtillen Zimmerheim -53heimzuſuchen und durch deren Zuſpruch die Zeit zu verkuͤrzen. Wie mir Dero werthe Gegenwart jedesmal ſehr lieb und angenehm geweſen, ſo verſichere, daß mich ſelbige dermalen gedoppelt erfreuet. Weswegen ſolche auch in keine Vergeſ - ſenheit ſtellen, ſondern bey erreignender Gelegenheit gefliſſenſt er wiedern werde.

Wann Dienſt-Boten ſich des Zuſtan - des einer Kindbetterin erkundigen muͤſſen, koͤnnten ſie ſich folgender Worte gebrauchen:

Jch habe die Ehr an Herrn N. und Frau N. von meiner Herrſchafft eine freundliche Begruͤßung zu vermelden, und zugleich anzufragen, wie ſich die Frau Sechswoͤchnerin mit dem lieben Kleinen befindet, mit herzlichen Wunſch, daß al - les erfreuliche Wolergehen bey denenſel - ben continuiren moͤge.

Antwort.

Vermeldet eurem Herrn und Frau, nebſt freundlichen Gegengruß, auch mei - nen ergebenſten Danck vor Dero guͤtige Sorge und Nachfrage. Wie wir nun ſaͤmtlich GOtt fuͤr ſeine reiche Gnade undC 3Erhal -54Erhaltung zu dancken haben, ſo wuͤnſchen auch wir denenſelben alles Vergnuͤgen und gedeihliche Wohlergehen von Her - zen an.

Wenn die Kindbetterin aus den Sechs-Wochen in die Kirche gehet, kan ihr Mann ſolcher geſtalt Gluͤck wuͤnſchen:

Jch gratulire meinem Schatz von Her - zen zu dem froͤlichen Vorgang. Sie er - bitte uͤber ſich, und ihr liebes Kind, in der Kirche, GOttes reichen Segen, wel - chen ich hiemit auch treulich anwuͤnſche, und euere gluͤckliche Zuruck-Kunfft mit Freuden erwarte.

Desgleichen koͤnte auch jemand an - ders derſelben folgendes Compli - ment machen:

Jch gratulire zu dem froͤlichen Kirch - gang und in die friſche Lufft, wuͤnſche daß ſolche ihnen und dem lieben Kind zur Ge - ſundheit dienen, und ſie beederſeits der Hoͤchſte in beſtaͤndiger Gnade erhalten moͤge.

Wenn55

Wenn aber das Kind bereits in denen 6. Wochen verſtorben, muͤſte das Compliment ohnmaßgeblich ſo eingerichtet ſeyn:

Jch gratulire zu ihrem gluͤcklichen Vorgang, wolte zwar wuͤnſchen, daß ſelbiger durch ihres ſeligen Kindes Leben froͤlicher geſchehen koͤnnte; jedoch weil es der Hoͤchſte ſo gefuͤget, und ſie dagegen gnaͤdig erhalten; ſo wuͤnſche ihnen, daß ſie derſelbe mit Geſundheit und allem Vergnuͤgen ſegnen, und des Kindes ab - gekuͤrzte Jahre ihrer Lebens-Zeit reich - lich zuſetzen wolle.

Dritte Abhandlung. Von Anwerbungen und Ver - loͤbniſſen.

DJe Anwerbungs-Complimenten geſchehen theils bey groſſen und vornehmen Patronen, wenn man bey denenſelben um Dienſte und Be - foͤrderung, oder andere Gnade und Wol - that anhaͤlt; da man nach uͤberreichterC 4Sup -56Supplique, dann und wann bey ihnen die unterthaͤnige Auſwartung wieder ma - chet, und ſich bey ihnen durch wiederhohl - te Bitte in gnaͤdige Erinnerung ſetzet. Theils aber geſchehen ſolche vor denen eh - lichen Verloͤbniſſen, wenn eine Manns - Perſon ſeine bißher gefuͤhrte ledige Le - bens-Art veraͤndern, und ſich in ehlichen Stand begeben will, da ſelbiger entweder ſelbſt oder ein anderer in ſeinem Nahmen, um die vorhin auserſehene Braut ordent - lich anwirbet. Wobey dann ebenfalls wiederum vieles zu erinnern vorkommt, welches man theils zu beobachten, theils aber abzuſtellen und ſich wol vorzuſehen hat.

Die Anwerbung muß mit Klugheit und Beſcheidenheit geſchehen, daß man nicht zu viel von ſeinem Stand und groſ - ſen Mitteln prahle: weil gemeiniglich ein hinckender Bote nachzukommen, und aus dergleichen Beruͤckungen boͤſe Ehen zu entſtehen pflegen: Wie jener eine wol - bemittelte Jungfrau in ſeine Heimat be - logen, unter theuerſter Verſicherung, daß er 3. Haͤuſer habe, ſelbiger hernach aber drey geflochtene Vogel-Haͤuſer auf denTiſch57Tiſch geſtellet, und den Vorwurff ſeines Betrugs biß an ſein Ende hoͤren muͤſſen. Die Warheit dringet bey dieſem Stuck am beſten durch, und hat ſchon manchen Vortheil ausgewuͤrcket, da Vatter und Mutter, als auch die Braut ſelbſt geſe - hen, daß das Herz und Gemuͤthe ihres Freyers mit Warheit und teutſcher Red - lichkeit erfuͤllet geweſen.

Bey Leibe ſoll kein Anwerber eine all - zugroſſe Bloͤdigkeit an ſich mercken und ſpuͤhren laſſen: indem man dadurch gleich verhaßt werden und durch den Korb fallen kan. Ein beherzter Freyer weichet auch auf den erſten Repuls und Abſchlag nicht gaͤnzlich zuruͤcke, ſondern ſchicket daruͤber noch mehrere gute Freunde an, die was nuͤtzliches vor ihm reden koͤnnen. Er ſoll beherzter ſeyn, als jener Junggeſell, wel - eher ſagte, er wolte gerne heurathen, wenn ihn nur eine ſchoͤne Jungfer ſelbſt anre - dete, und ſeiner Bloͤdigkeit bevor kaͤme.

Vor allem ſoll ein Freyer des Gebets fleißig pflegen und abwarten: Denn wie GOtt um alle Ding gebetten ſeyn will;C 5ſo58ſo erheiſchet er ſolches auch bey dieſem wichtigen Vorhaben; damit ihm der Hoͤchſte eine vernuͤnfftige Eh-Frau be - ſchehren moͤge, mit welcher er in Lieb und Leid, biß an ſein Ende, leben und ſter - ben koͤnne. Ehe er aber zur Anwerbung ſchreiten will, ſoll er der Perſon, welche er heyrathen will, ihre Neigung, natuͤrliche Eigenſchafften und Tugenden erforſchen, ſo er durch Perſonen erfahren kan, welche mit ſeiner Geliebten nahe verwandt, oder ſonſt oͤffters mit derſelben umgegangen ſind: Denn es iſt gar ein langer Kauff um das Heyrathen, und eine uͤbel erwaͤhlte Mariage verurſacht ein immerwaͤhren - des Seufzen und Wehklagen; ja, man hat leider Exempel, daß manche ehrliche Maͤnner daruͤber gar in Deſperation und Verzweiflung gefallen. Jedoch hat er auch die Klugheit dabey zu gebrauchen, daß er nicht alles von den Leuten annehme und glaube: Denn wie ein jeder Menſch gure und boͤſe Leute hat, von denen er theils gelobet, theils geſchaͤndet wird; ſo wird es einer ehrlichen Jungfrau, zu ſol - cher Zeit, auch nicht an Laͤſter-Maͤulern und Verleumdern fehlen, welche ihr dasGluͤck59Gluͤck mißgoͤnnen, und ſie daran hindern wollen.

Reinlichkeit und fleißige Haus-Arbeit iſt bey Verheurathung am allermeiſten zu ſuchen: Denn wer nach Reichthum heu - rathet, der waͤhlet ſich einen Dornſtrauch, an welchem ihn mancher Vorwurff em - pfindlich in die Hand ſticht. Zumal, wenn er, um des Gelds willen, ein Auge zuge - than, und entweder die Heßlichkeit des Angeſichts, oder einen andern Haupt - Fehler, uͤberſehen muͤſſen. Solche Frauen begehren nicht Hand anzulegen, ſondern laſſen ihr Geld arbeiten, und ſehen auch ſchlecht auf das Haus-Weſen, wenn ſie gleich mercken, daß es damit nothwen - dig zu Grunde gehen muͤſſe. Sie beſor - gen keine Reinlichkeit, ſondern laſſen alles im Staube und Moraſt ſincken und mo - dern, welches man beſonders in ihren Haͤuſern an den Fenſtern ſiehet, welche ſo dicke mit Staub und Koth bewachſen, daß man kaum die Nacht-Waͤchter da - durch hoͤren kan.

Nach Schoͤnheit heurathen, iſt zwarC 6die60die allergemeinſte Art des maͤnnlichen Geſchlechtes: und es iſt auch das Frauen - zimmer begieriger, nach ſchoͤnen als heßli - chen Angeſichtern. Jedoch leget ſolche dabey gemeiniglich den Kummer in das Gemuͤthe, es doͤrften auch andere Belie - ben zu dieſer Schoͤnheit tragen, welche ſie fuͤr ſich allein gewaͤhlet; und der un - ſchuldigſte Blick kan zu einer herzfreſſen - den Eiferſucht unvermuthet eine Gele - genheit geben, welche ſich mercklich ver - groͤſſert, wenn man ſehen muß, daß die Auffuͤhrung der ſchoͤnen Weiber eben ſo verdaͤchtig beſchaffen, daß ſie den gefaß - ten Argwohn und billigen Eifer ſelbſt be - ſtaͤrcken muͤſſen. Mancher heurathet nach Schoͤnheit, iſt auch ſo gluͤcklich, daß er mit derſelben auch den Fleiß und Embſig - keit verknuͤpfft gefunden; allein es man - gelt dem guten Menſchen der gute Ver - ſtand / die tumme Einfalt leuchtet aus allen Worten und Wercken hervor; greifft alles verkehrt und hinter ſich an; iſt vergeſſen, daß ſie nicht mehr weiß, was was man beſtellt oder verborgt, iſt alſo ganz blind und unbeſonnen, und verdirbt in einem Tage mehr, als der fleißige Manndie61die ganze Woche erwirbet und fuͤr ſich bringet, wodurch denn in kurzer Zeit manches ſchoͤnes Haus-Weſen verder - ben und zu Grunde gehen muͤſſen.

Ungleiches Alter bringet im Heura - then auch ſchlechtes Vergnuͤgen. Ein alter Greiß will ſich an einem jungen fri - ſchen Maͤgdlein und ihrer Hitze nicht al - lein waͤrmen, ſondern er hoffet auch, noch einen Leibes-Erben mit derſelben zu er - zeugen, wann nur die Krafft darzu in de - nen Apothecken zu bekommen waͤre. Jn - zwiſchen muß er ſich vieler Brillen-Glaͤ - ſer gebrauchen, um auf alle Blicke, Tritt und Schritt ſeines jungen Weibgens zu ſehen, und nicht in eine allzugroſſe Schwaͤgerſchafft zu gerathen. Wenn aber alte Muͤtterlein mit ihrem Geld und Guͤtern ſich junge Bettwaͤrmer kauffen, werden ſie ſich ſchlecht recommandiren, wenn ſie ihren jungen Maͤnnern, mit dem kalten Schnabel, immer um die Goſche fahren und lecken wollen.

Die Tugend iſt der allerbeſte und groͤ - ſte Schatz bey dem Heurathen. Ein tu -C 7gend -62gendhafftes Frauenzimmer uͤbertrifft, mit ihrem Glanz, alle andere dieſem ſchoͤ - nen Geſchlechte ſonſt beywohnende Voll - kommenheiten. Und derjenige iſt ſehr gluͤckſelig zu preiſen, dem der Hoͤchſte ein tugendhafftes Weib goͤnnet und beſcheh - ret. Die Tugend begreifft alles in ſich, was nur nuͤtzliches und vortheilhafftes bey Ehleuten genennet werden mag. Da - gegen hat man aber offtmalen zu klagen, daß ſich theils Jungfern, ſeit der Heu - raths-Zeit, ſo fromm und tugendlich an - geſtellet, daß man ihnen alles gutes zuge - trauet: So bald ſie aber in den Stand der Ehe getretten, haben ſie das Fell um - gewandt, und ſich ſo zornig, geil und un - keuſch, vernaſcht und verſchwenderiſch aufgefuͤhrt, daß ſie den Maͤnnern ſo aͤr - gerlich worden, daß ſie ſich der Schlaͤge gebrauchen, und ſolche Veraͤnderung wieder vertreiben muͤſſen. Anderer Um - ſtaͤnde hierbey zu geſchweigen.

Ein kluger Freyer gebraucht ſich gar kluͤglich der Beſcheidenheit. Er bringt ſeinen Vortrag und Anwerbung mit Manier und hoͤflichen Geberden vor, undſiehet63ſiehet ſich wohl fuͤr, bey Leibe nicht her - aus zu brechen, daß er nebſt der Braut auch ein anſehnliches Heurath-Gut ſuche. Derjenige thut wol, der ſich fleißig an die Mutter machet, und ſich um derſelben Beyſtand embſig bemuͤhet. Denn dieſe koͤnnen bey denen Toͤchtern und ihren Maͤnnern das beſte thun und ausrichten; zumal wann ſich der Freyer nichts in die Haͤnde brennen, ſondern ein ſchoͤnes Praͤſent, nach dem andern, an ſie erge - hen laͤſſet; angeſehen man durch Ge - ſchencke und ſchmeichlende Aufwartung von dieſem Geſchlecht alles erhalten kan.

Es iſt nicht allezeit gut jemand zu einer gewiſſen Frauens-Perſon zu rathen, die - weil manchmal ſolcherley Ehen umſchla - gen, und man ſodann nichts anders, als Teuffels Danck verdienet. Noch mehr haben aber diß zu befuͤrchten diejenige, welche in eines andern Nahmen die An - werbung gethan, wie mir, als dem Ver - faſſer, dergleichen einmal ſelbſt begegnet, da eine Ehe wie unter Hunden und Ka - tzen erfolget, und die Frau mit den Beu - len, blauen Flecken, blutigen und ausge -riſſenen64riſſenen Haare, mir etlichmal zu Hauſe gelauffen, und entſetzlich geſchmaͤhet, als wenn ich ſie an einen ſolchen boͤſen Mann und Moͤrders-Dieb gekuppelt und ver - bunden haͤtte: Da ſie doch vorhin einan - der laͤnger als Jahr und Tag gekennet, und die Neigungen gegen einander haͤt - ten unterſuchen und pruͤfen ſollen, ob ſie wol oder uͤbel zuſammen taugen, und ich die Braut vorhero, Zeit meines Lebens, mit keinem Auge geſehen, noch weniger aber geſprochen habe.

Jn dieſem Stuck iſt nicht beſſer, als wenn zwey verliebte Perſonen, ihre Nei - gungen gegen einander ſelbſt zu erkennen geben, und einige Zeit einander erkennen lernen: Es mag hernach die Ehe nun wol oder uͤbel anſchlagen, ſo doͤrfen ſie doch niemand fluchen, und die Schuld ihres Elendes zumeſſen, als ihnen-ſelbſt. Denn es pfleget gemeiniglich im Ver - ſprechen das Prahlen auf der rechten Seite zu gehen, da eines das andere mit leeren Worten betruͤget, und bey Letze nichts als Schulden und Partiten her - aus kommen, welche ſolche Leute, nochbey65bey ihren jungen Jahren, an den Bettel - Stab bringen, oder ſie gar auf andere boͤſe Dinge verleiten, daß ſie manchmal einen andern Gang gehen und eines ſchmaͤhlichen Todes ſterben muͤſſen. Tu - gendhaffte Gemuͤther aber, die bey der edlen Warheit bleiben, werden in ihrem redlichen Abſehen, lauter Segen von GOtt ſpuͤhren, und bey ihrer getroffenen Ehe gluͤcklich leben und fortkommen, ſo lange ſie der unermuͤdeten Guͤte und Fuͤr - ſorge GOttes trauen.

Die Anwerbungs-Complimenten ſol - len kurz, deutlich und nicht mit hohen Worten geziert und ausgeſchmuͤcket ſeyn, weil ſie nach der Schulfuͤchſerey ſchme - cken, und denen Leuten verdruͤßlich fallen. Der ganze Jnhalt der Anwerbung iſt, daß der Freywerber, nach abgelegter Be - gruͤßung, denen Eltern vermeldet: Er ſey von dieſem oder jenem abgeſchi - cket, ihnen zu entdecken, wie derſel - bige eine ehrliche Liebe und Hochach - tung gegen Jhre Jungfer Tochter trage: und weil ihn ſeine Geſchaͤffte dahin trieben, den ehlichen Stand zuer -66ergreiffen, ſo ſey er von ihme befehli - get, in ſeinem Nahmen um ihre Jung - fer Tochter gezi mend anzuſuchen, in der guten Hoffnung / daß Sie darein genebmigen, und ihm keine abſchlaͤg - liche Reſolution und Antwort erthei - len werden.

Weilen nun dergleichen Anwerbungen gegen Vatter und Mutter ganz geheim geſchehen; braucht man ſelten foͤrmliche Orationen und Anreden; ſondern fragt nur, nach einigen gewechſelten Diſcurſen: ob die Jungfer Tochter nicht zugegen, und ob ſie noch nicht willens, ihren ledigen Stand zu veraͤndern? indem man eine anſtaͤndige Perſon fuͤr ſelbige wuͤſte. So dann wird ſich bald das Noͤthige von ſelb - ſten ergeben, daß man mit ſeiner Anwer - bung loßbrechen, und ſeinen vorgeſezten Zweck erreichen kan. Zu beſſerer der Sa - chen Erlaͤuterung aber wollen wir einige Formuln der Anwerbungen hier bey - fuͤgen.

Anwerbung eines Freywerb[e]rs an Vatter und Mutter.

Hochwertheſte! Jch habe die EhreJhnen67Jhnen kuͤrzlich zu vermelden, daß der Er - bare N. N. Burger und Bierbraͤuer all - hier, ſich im Nahmen GOttes entſchloſ - ſen, in den Stand der Heil. Ehe zu tret - ten: und wie er bereits gegen Sie, als De - ren ganz hochwerthes Hauſe, eine lange Zeit her ſonderbahre Neigung und Hoch - achtung getragen, und nichts mehrers ge - wuͤnſchet, als durch das Band einer naͤ - hern Freundſchafft mit ihnen genauer ver - einiget zu werden: ſo hat Er ſich, nach vorhero fleißig gepflogenem andaͤchtigen Gebet, dero aͤlteſte Jungfer Tochter, als die Erbar und Ehren-Tugend-belobte Jungfer N. N. zu ſeinem kuͤnfftigen Ehe - Gemahl wohlbedaͤchtlich auserſehen, und mich befehliget, um dieſelbe, bey Jhnen, gebuͤhrliche Anſuchung zu thun, nicht zweiflend, daß bey meinem ehrlich - und billigmaͤßigen Begehren mit einer geneh - migen Antwort werde erfreuet werden. Jch verſichere aus ſeinen eigenen Wor - ten, daß er ſolche Liebe und Gunſt Lebens - lang mit allem Kindlichen Reſpect erken - nen, Dero Jungfer auch eine ſolche lieb - reiche und getreue Beywohnung erwei - ſen und leiſten werde, daß es ihnen aller -ſeits68ſeits zur Freude und unbeſchreiblichen Wolgefallen gereichen ſoll. Jn welcher guten Hoffnung ich auch meines wenigen Orts mich deren guͤtigen Wolgewogen - heit demuͤthig empfehle.

Anwerbung des Freywerbers an die Jungfer Braut ſelbſt

Erbare und Ehren-Tugend-belobte Jungfer!

Sie wollen mir hochgeneigſt erlauben, daß mir die Freyheit nehme, Jhnen dermalen beſchwehrlich zu fallen, es hat mich deswegen angegangen und erſucht der N. N. Buͤrger und Bierbraͤuer all - hier, welcher auf ihre annehmliche Per - ſon und tugendlichen Wandel eine beſon - dere Reflexion und Hochachtung geworf - fen, ſo, da er mit GOtt entſchloſſen, ſich zu verehlichen, er dißfalls einzig und allein wuͤnſchet, das Gluͤck zu haben, Sie als ſeine kuͤnfftige Ehliebſte zu kuͤſſen und zu verehren. Da es hierinn nun lediglich auf ihre hochgeneigte Entſchlieſſung an - kommt, dieſen guten Freund gluͤcklich zu machen; als hat er mich befehliget, in ſeinem Nahmen, bey Jhnen um dasjeni - ge troͤſtliche Ja-Wort gebuͤhrend anzu -ſuchen,69ſuchen, welches ſelbſt zu begehren, Jhm die Bloͤdigkeit nicht erlaubt noch zugelaſ - ſen. Jch trage die gute Hoffnung, Sie werden dieſe unftrafbare Neigung nicht mißbilligen, ſondern mit ihrer unſchaͤtz - barn Gegen-Gunſt belohnen, und mich mit ihrem erfreulichen Ja-Wort zuruͤcke ſenden. Welches meinen Principal un - beſchreiblich erfreuen, und zu unverruck - ter Treue und bruͤnſtiger Liebe gegen Sie entzuͤnden wird. Jch aber werde, fuͤr ihre hochgeneigte Reſolution Zeit Lebens zu allen Danck und gefaͤlligen Dienſten, mich bereitwilligſt finden laſſen.

Antwort des Vatters auf dem Vor - trag des Freywerbers.

Wertheſter Freund!

Jhre beſondere Hochachtung, welche Sie zu unſerm Haus tragen, verbindet uns zu allem ſchuldigen Danck; erkennen uns zugleich verpflichtet, daß ſie ſolche Muͤhwaltung wegen unſerer Tochter uͤber ſich genommen, und fuͤr den Herrn N. N. um ſelbige bey uns angeſuchet. Da uns nun die guten Qualitaͤten dieſes gu - ten Freundes ſchon lange und zur Genuͤge bekannt, ſo ſolten wir Jhnen hierauf einever -70vergnuͤgliche Antwort billigſt ertheilen. Weilen aber die Ehe-Sachen ſehr wich - tig, und ohne Beyrath guter getreuer Freunde nicht wohl zu ſchlieſſen ſind, wir auch uͤber diß ſelbſt vorher uns deswegen mit unſerer Tochter beſprechen muͤſſen; ſo werden Sie uns einige Tage zur Be - denck-Zeit goͤnnen, binnen welchen wir die Sache verabreden, und ſodann nicht ermangeln wollen, Jhnen unſere gefaßte Reſolution zu eroͤfnen. Bitte inzwiſchen wolermeldeten Herrn N. N. unſerer un - veraͤnderten Hochachtung zu verſichern, uns aber ſaͤmtlich befehlen wir ihrer fer - nern Wolgewogenheit.

Antwort der Jungfer auf die beſche - hene Anwerbung.

Mein Herr! Jch ſolte faſt waͤhnen, daß ſie durch deren gethanen Vortrag mit mir zu ſcherzen belieben, da ich mir nicht vorſtellen kan, wie Herr N. N. et - was annehmliches an mir gefunden, und mich deswegen zu ſeiner kuͤnfftigen Ehe-Liebſten ſolte auserſehen haben; Al - lein, da ich ihres redlichen Gemuͤthes ver - ſichert bin, ſo nehme ich ſolches immittel[ſ]an, und dancke gegen die mich tragendNe -71Neigung und Gewogenheit. Sie wer - den aber wol begreiffen, daß ein Frauen - zimmer, welche unter der Gewalt ihrer Eltern ſtehet, bey ſolchen Antraͤgen, ihre voͤllige Reſolution nicht ſo gleich von ſich geben kan; ſondern vorhero die Einwilli - gung derſelben ſuchen und beſorgen muß, als deren Willen und Befehl ich mich in allen Stuͤcken gedorſamſt unterwerffe. So werden Sie mir erlauben, dißfalls einige Bedenck-Zeit zu nehmen, nach de - ren Verflieſſung Sie die Entſchlieſſung entweder von meinen lieben Eltern ſelbſt, oder durch einen andern vertrauten Freund vernehmen ſollen.

Weilen aber nicht alle Anwerbungen mit dergleichen guͤnſtigen Beantwortun - gen angenommen, ſondern viele mit einem Repuls zuruck geſchicket werden. Jndem manche Eltern theils erhebliche, theils unerhebliche Urſachen vorbringen, war - um ſie ihre Toͤchter noch nicht von ſich laſ - ſen und verheurathen koͤnnen: So ſollen hernach auch einige Formuln der Ab - ſchlaͤglichen Antwort folgen, und wie ſich ein Freywerber darbey bezeigen und auf -fuͤhren72fuͤhren ſolle. Waͤren aber der Jungfer Eltern bereits verſtorben, und felbige unter der Aufſicht eines Vormundes oder Curators, und der Braͤutigam wolte bey ſelbigem ſeinen Liebes-Vortrag ſelbſten thun; ſo koͤnte er folgender Geſtalt ein - gerichtet werden.

Anwerbung des Braͤutigams an der Braut Vormund.

Hochgeehrter Herr!

Sie erlauben mir Jhnen kuͤrzlich zu vermelden, was maſſen mein dermaliger Zuſtand mich treibet, in meinem Haus - Weſen eine vernuͤnfftige Gehuͤlfin zu ſu - chen und in den Stand der Heil. Ehe zu tretten; ſo habe, nach vorher gepflogenen andaͤchtigen Gebet und reifer Uberle - gung, zu denen annehmlichen Qualitaͤten und tugendlicher Conduite der Jungfer N. N. als Dero Curandin eine ſonderliche Liebe und Neigung verſpuͤhret, ſo, daß mich recht gluͤcklich ſchaͤtzen wuͤrde, ſolche als meine liebſte Braut heimzufuͤhren. Weswegen ich mich auch erkuͤhnet, ge - genwaͤrtig bey Jhnen als deren Herrn Vormund (oder Curator) um ſelbigege -73geziemende Anſuchung zu thun, und um Jhre hochgeneigte Einwilligung zu bit - ten, wie nicht weniger Dero alles be - ſtes darbey wuͤrckende guͤtige Vorſprache zu ſuchen, mein billiges Geſuch und Bit - ten zu befoͤrdern. Jch werde ſolche Ge - neigtheit Zeit Lebens mit ſchuldigen Danck erkennen, und mich gegen Jung - fer N. N. dergeſtalt verhalten, wie es einem vernuͤnfftigen und getreuen Ehe - gatten zuſtehet, in welcher Abſicht ich mich auch einer troͤſtlichen Gewaͤhrung ver - ſichere, und mich Dero hochwertheſten Wolgewogenheit beſtens empfehle.

Beantwortung des Vormunds auf obige Anwerbung: Wertheſter Herr und Freund!

Jch gratulire von aufrichtigen Herzen zu Jhrer ruͤhmlichen Reſolution und Veraͤnderung, unter guter Hoffnung, daß ſolche von dem Hoͤchſten mit erſprieß - lichen Segen werde becroͤnet werden. Daß ſie aber dabey ihre Affection auf meine Curandin geworffen, ſchaͤtze mir fuͤr eine deſto groͤſſere Ehre, weil ich verſichert bin, daß ſie ihr beſtes Gluͤ - cke mit Jhnen treffen wird. Sie addresſi -Dren74ren ſich alſo nur ſelbſt an dieſe, weil ſie von mir hierinnen keinen Befehl, ſon - dern nur einen guten Rath anzunehmen ſchuldig iſt. Solte ich aber darinnen, oder auch anderſeits, zu ihrem Vergnuͤ - gen etwas beytragen koͤnnen, ſo werde zu ihren angenehmen Dienſten keines weges ermangeln.

Solte die Braut ſelbſten zur Hand ſeyn, und von dem Vormund geruf - fen werden, koͤnte der Braͤutigam bey ſelbiger die Anwerbung ſelbſt, und zwar folgender Geſtalt, anbringen:

Schoͤnſte Jungfer!

Jch weiß die Farbe meines Geſichts verraͤth mein Herze, welches zu bloͤde iſt, ihnen etwas zu entdecken, welches daſſelbe bißhero ſchon lange empfindlich geruͤhret. Alleine ihre angebohrne Leut - ſeligkeit und Sanfftmuth ruͤhren mich noch mehr, mit dem verborgenen Fun - cken hervorzubrechen. Jch habe mich nemlich im Nahmen des Hoͤchſten ent - ſchloſſen, meinen bißherigen freyen und ledigen Stand zu veraͤndern, und eineehliche75ehliche Gehuͤlfin zu ſuchen. Wann nun gegen Dero annehmliche und tugend - haffte Perſon eine geraume Zeit hero ei - ne beſondere Hochachtung getragen, ſo werden ſie nicht wundern, daß ſich ſol - che endlich und dermalen in eine unta - delhaffte Liebe verwandelt, welche keines hoͤhern Gluͤcks, als ihrer unſchaͤtzbaren Gegen-Liebe verlanget gewuͤrdiget zu werden. Sie verbannen demnach alle Kaltſinnigkeit und erfreuen mein ſchuͤch - ternes Herze mit ihrem troͤſtlichen Ja; ſo werde Zeit Lebens meine getreue Lie - be, mit einer ganz ausnehmenden Ehr - furcht und Veneration vergeſellſchafften.

Das Frauenzimmer kan ſolche An - werbung alſo beantworten.

Mein Herr!

Jch weiß nicht, ob ſie mit mir ſcher - zen, oder mit dieſen Worten mir eine wahrhaffte Aufrichtigkeit ihres Herzens vorſtellen wollen: Denn da ich von mir verſichert bin, daß mich die Natur eben mit keiner ſolchen Anmuth beſchencket, welche jemand zur bruͤnſtigen Liebe ge - gen mich entzuͤnden koͤnte; ſo will ich je - doch hierinnen ihrem aufrichtigen Her -D 2zen76zen mehr trauen, und ihren abgelegten Liebes-Antrag als bekannt annehmen. Mein Ja-Wort werden ſie mir noch ſo lange borgen, biß ich mit meinem Herrn Vormund und andern nahen Verwand - ten, daruͤber zu Rath gegangen, und ihre Genehmigung erhalten habe. Hat GOtt und das Gluͤk nun unſere Verbindung be - ſchloſſen, ſo werde ich keine ſtraͤfliche Reni - tenz darinn beweiſen, ſondern durch mei - ne Gegen-Gunſt ihr Vergnuͤgen befrie - digen. Sie bemuͤhen ſich demnach kuͤnf - tigen Montag die gefaßte Reſolution bey meinem Herrn Vormund abzuholen, und erhalten mich dieſe Zeit biß dorthin, in Dero fernerweiten Wolgewogenheit.

Wenn der Freywerber, eine vergnuͤg - te R[e]ſolution und Antwort erhalten, kan er dem Braͤutigam ſolche fol - gender Geſtalt hinterbringen.

Mein Herr!

Jhr Befehl und meine Verrichtung ſind von einem gluͤcklichen Geſtirn be - leuchtet und zu erwuͤnſchter Krafft ge - bracht worden. Sie koͤnnen ſich nun - mehr verſichert halten, daß ſie die Jung -fer77fer N. N. als ihren angenehmen Schatz kuͤſſen und beſitzen ſollen. Wuͤnſche da - bey von Herzen, daß dieſe ehliche Ver - bindung, durch undenckliche Jahre, von dem Hoͤchſten mit allem Segen und er - ſprießlichen Gedeyhen moͤge gecroͤnet werden. So Sie bey anderer Gele - genheit mich tuͤchtig finden ſolten; Jh - nen angenehme Dienſte zu erweiſen; ſo ſtehet meine Dienſtfertigkeit allezeit in Bereitſchafft, ihre Befehle zu vollziehen.

Wann der Braͤutigam ſeine Schwie - ger-Eltern das Erſtemal beſuchet, kan er folgendes Compliment gegen Sie ablegen:

Liebwertheſte Schwieger-Eltern! Sie entſchuldigen die Freyheit, die letzlich be - gangen, welche aber jedoch ihren er - wuͤnſchten Zweck erreichet. Jch dancke nochmal fuͤr ihre geneigte Entſchlieſſung, und verſichere anbey, daß zu keiner Zeit ermangeln werde, allen Kindlichen Re - ſpect nnd Ehrerbietung gegen ſelbige zu tragen; wie ich mich dagegen Jhrer hoch - geneigten Liebe und Gewogenheit, als einD 3gehor -78gehorſamer Sohn, demuͤthig will em - pfohlen haben.

Die Schwieger-Eltern koͤnnen daſ - ſelbe folgender geſtalt beant - wotten:

Geliebteſter Tochter-Mann! Er darf ſeinen untadelhafften Liebes-Trieb keine Freyheit nennen, und ſolchen zu entſchul - digen ſuchen. Weil derſelbe von dem Himmel beguͤnſtiget worden, haben wir es uns fuͤr ein Gluͤcke geachtet, daß ſie ein Auge auf unſer Haus werffen, und ſich eine Braut daraus erwehlen wollen. Der Hoͤchſte ſegne dieſe angefangene Verbin - dung in Zeit und Ewigkeit, und goͤnne uns das Vergnuͤgen, viele Segens - Fruͤchte von euch zu ſehen und zu kuͤſſen. Wie wir dabey ebenfalls verſichern, uns ihnen beeden, wit Huͤlf und Liebe zu kei - ner Zeit zu entziehen.

  • NB. Eines gleichen Compliments kan ſich auch der Braͤutigam, doch nur mit weniger Veraͤnderung, gegen ſeine verſprochene Braut gebrau - chen, wenn er ſelbige zum erſten - mal beſuchet.
Es79

Es pfleget ſich aber nicht ſelten zu bege - ben, daß manche Freywerber fuͤr ihre Herren Principalen, in ihrem Anbringen und Geſuch, mit einer langen Naſen abziehen muͤſſen, und koͤnte mancher eine ganze Kammer mit denen Koͤrben erfuͤl - len, welche er vom erbarn Frauenzimmer erhalten, die manchmal zum voraus wiſ - ſen, was fuͤr eine ſchoͤne Lebens-Art dieſe Gern-Hochzeiter gefuͤhret, und wie viel heimliche Zeugen ihrer verbottenen Liebe ſie unter denen Findlingen in den Way - ſen-Haͤuſern herum lauffen haben. Sind ſie aber Wittwer, ſind die Repulſe in groͤſſerer Quantitaͤt zu beſorgen: Denn da ſcheuet man gemeiniglich die vielen Kinder, deren Hauffen ſich um ein merck - liches vergroͤſſern koͤnte, wenn man nur 5. biß 6. Jahr hauſete. Man ſcheuet die verhaltene viele Schulden, welche nicht eher ausbrechen, als biß einige Tage nach der Hochzeit, da denn die Liebe den Betrug entſchuldigen und die bemittelte Schwieger in einen ſauren Apfel beiſſen muß. Oder man erfaͤhret noch bey Zeiten, wie ſchlecht und faſtD 4bar -80barbariſch ſie ihren erſten Weibern be - gegnet, daß ſie denſelben niemalen ein gutes Wort gegeben, ſie Hunger und Kummer leiden, und in ihrem Elend ſeufzen und ſchmachten laſſen; ja wann ſie daruͤber geklaget, ſie in ihren Noͤthen dergeſtalt mit der Karbatſche getroͤſtet und charmiret, daß ihnen die gruͤne, braune und blaue Flecken, auf dem Rucken, wie die Sterne am Himmel, geſtanden, und manche gute Troͤpfin ſolche gar mit unter die Erden nehmen muͤſſen. Da pfleget man vor dem ze - hendſten Wittwer das Creutz zu machen, und wann man in ihrem Nahmen, eine Anwerbung thut, ſo weiß man ſo vieler - ley Ausfluͤchte zu finden, welche dem Freywerber den Abſchlag ſo klar und deutlich vor Augen ſtellen, als wenn man ſelbigen mit den bunteſten Farben entworffen und abgeſchildert haͤtte.

Weil nun der Freyer - und ihrer Wer - ber Anwerbungen bereits in verſchiede - nen Exempeln angefuͤhret worden: ſo wollen wir nun etliche Formuln derje - nigen einſchalten, wenn der Freywerbereine81eine abſchlaͤgige Antwort, oder, ſo zu reden, einen Korb, bekommt, welche gemeiniglich mit ſcheinbaren Gruͤnden und Entſchuldigungen geſchmuͤckt zu ſeyn pflegen.

Antwort des Vatters, wenn er dem Freyer ſeine Tochter nicht ge - ben will:

Lieber Herr und guter Freund!

Jch dancke demſelben fuͤr die gute Nei - gung und Gewogenheit, ſo ſie zu meinem Kind, und meinem ganzen Hauſe, tra - gen, und ſolche auch ſo aufrichtig entdecket haben. So gerne ich nun wuͤnſche, Jhnen in ihrem Geſuch eine angenehme Reſolution zu ertheilen; ſo ſehr bedaure ich ihre genommene Bemuͤhung: Denn meine Tochter iſt eines theils zum ver - nuͤnfftigen Eh-Leben noch zu jung, und beſitzet die darzu erforderliche Erfahren - heit noch nicht; andern theils brauche ich ſelbige noch einige Jahre zu meiner eigenen Haußhaltung, damit ſie der Zeit etwas mehrers lernen und begreiffen moͤ - ge, welches alſo ihnen offenherzig anzei - gen wollen, unter Verſicherung, daß von ihrer geſchehenen Werbung nichtD 5das82das Mindeſte offenbahret und bekandt werden ſolle, damit ihnen nichts zum Tort und Beſchimpfung gereichen moͤge. Bin ich aber faͤhig anderwaͤrts ihnen einen gefaͤlligen Dienſt zu erweiſen, ſo doͤrfen ſie ihr Verlangen gegen mich nur mercken laſſen, ſo werde mit allem Ver - gnuͤgen erweiſen, daß eine ſonderbahre Hochachtung gegen Dero wertheſte Per - ſon trage. Jch bin anbey verſichert, daß GOtt anderwaͤrts vor ſie getreulich ſor - gen, und ſie mit einer ſchoͤnen und tu - gendhafften Perſon berathen wird.

  • NB. Es kommt der Hoͤflichkeit gemaͤſ - ſer, wenn der Vatter, auf bedun - gene Bedenck-Zeit, dem Freyer den Repuls entweder ſchrifftlich, oder durch einen andern guten Freund, muͤndlich behaͤndigen und bedeuten laͤſſet: Denn muͤndliche Abſchla - gung gegen den Freyer, kan die Liebe in einen toͤdtlichen Haß ver - wandeln, weil er meynet, es ſey ſeine Perſon dadurch am meiſten gravirt, und dichtet auf alle Zeit und Gelegenheit, ſich, wegen der er - wieſenen Beſchimpfung, zu raͤchen. Jedoch83Jedoch vorſtehende Formul waͤre gegen den Freyer oder vermeinten Braͤutigam ſelbſt gerichtet; folget nun die abſchlaͤgige

Antwort des Vatters auf die Anſu - chung eines Freywerbers.

Mein Herr! Jch bedauere, daß Jh - nen auf ihren beſcheidenen Vortrag kei - ne gewaͤhrige Reſolution und Antwort geben noch ertheilen kan: Denn es noͤ - thigen mich verſchiedene Umſtaͤnde, in dieſe Werbung nicht zu geheelen; weil mein Kind ziemlich ſchwach, und alſo nicht geſchickt ſey, einer ſo groſſen und ſchwehren Haushaltung gebuͤhrlich fuͤr - zuſtehen. Zudem iſt ſolche bißhero auf dem Land in lauter Einfalt erzogen, und nie zum praͤchtigen Stadt-Leben gewoͤh - net worden, dahero ſie ſchlechten Staat machen, und wol vielen Leuten zum Ge - laͤchter werden duͤrfte, und zu dem bin ich von meiner Tochter verſichert, daß ſie von dem Land-Leben Zeit ihres Le - bens, nicht tretten und weichen wird. Der Herr wird dieſe wichtige Entſchul - digung nicht mißbilligen, ſondern ſolche ſelbſt vernuͤnfftig erkennen. Jch wuͤn -D 6ſche84ſche indeſſen, daß der Hoͤchſte ander - waͤrts ihren Herrn Principal mit einer anſtaͤndigeren Parthie beſorgen, und ih - re genommene Bemuͤhung nicht frucht - loß laſſen wolle; Der ich mich zu allen andern angenehmen Dienſten bereitwil - ligſt erklaͤre, und mich derſelben beharr - lichen Wolgewogenheit freundlichſt em - pfehle.

Der Freywerber kan auf die abſchlaͤg - liche Antwort folgendes Compli - ment machen:

Mein Herr! Jch bin Jhnen verbun - den, daß ſie mich bey meinem Geſuch nicht lange, durch leere Promeſſen, auf - ziehen, ſondern mir rund aus ihre herz - liche Meinung eroͤfnen wollen. Jch tra - ge den geringſten Zweifel nicht, daß GOtt democh vor Herrn N. N. ſorgen und dem - ſelben eine anſtaͤndige Liebſte beſcheren werde. Sie behalten nur das Vorge - gangene bey ſich in Geheim: Denn wo das wenigſte davon ſolte unter die Leute kommen, muͤßte es bloß von Jhnen her - ruͤhren, welches der Herr N. N. ſehr em - pfindlich aufnehmen wuͤrde. Jch habehie -85hiemit die Ehre mich in Dero fernern Wolgewogenheit zu empfehlen.

Dem Gern-Braͤutigam koͤnte der Freywerb er ſeinen Korb folgen - der geſtalt uͤberbringen:

Mein Herr! Jch bedaure, daß ihre mir aufgetragene Heuraths-Geſchaͤfften nicht nach Wunſch und Verlangen ver - richten, und ſie mit einer genehmigen Antwort troͤſten koͤnnen; indem die El - tern ihres erſehenen Ehe-Schatzes, ver - ſchiedener Urſachen willen, Bedencken getragen, ſich mit ihrem Begehren zu conformiren. Doch faſſen Sie ſich hier - innen, und haben die gute Hoffnung, daß Jhnen von dem Hoͤchſten vielleicht ein groͤſſeres Gluͤck aufgehoben ſeye, wel - ches ſie weit mehr erfreuen doͤrfte; Wo - zu ich von Herzen allen erſprießlichen Fortgang wuͤnſche, und meine fernere Dienſte zu deren geneigten Befehlen wil - ligſt ſacrificire.

Der ungluͤckliche Braͤutigam koͤnte alſo antworten:

Wertheſter Herr und Freund! Jch dancke vor ihren geneigten Willen und angewendete viele Bemuͤhungen. UndD 7ob86ob ſie zwar in dieſem Geſchaͤffte nicht voll - koͤmmlich durchgedrungen, ſo bin ich ſchon verſichert, daß ſolches, ihrer ſeits, kei - nesweges aus einiger Saumſeligkeit, ſondern vielmehr, aus ſonderbahrem Schickſal des Himmels, alſo geſchehen, welcher bereits in andere Wege vor mich ſorget, und meiner Wenigkeit eine vor - theilhafftere Parthie vorbehalten hat. Jch erkenne mich ſchuldig, ihre Bemuͤh - ung durch alle angenehme Gegen-Dien - ſte zu erwiedern, wie ich mich dann hie - mit, zu Dero fernern Gewogenheit und getreuen Freundſchafft, angelegentlichſt empfehle.

Vierdte Abhandlung. Von Complimenten bey denen Hochzeiten.

MAnn die Anwerbungen, Ver - ſprechungen, und Verloͤbniſ - ſe, nach Wunſch und Begeh - ren, ihren gluͤcklichen Fortgang erlan - get; ſo folget darauf die Prieſterliche Trauung und das ſo genannte Hochzeit -Mahl,87Mahl, welches der beeden Verlobten groͤſter Ehren-Tag genennet wird. Die - ſe ſtellen nun kluge Braut-Leute, mit Bey-Rath ihrer Eltern, oder naͤchſten Verwandten, zu einer bequemen Zeit an, welche entweder im Fruͤhling, oder im Herbſt, einzufallen pfleget; weil man, zu ſolchen Zeiten, einen gnugſamen Vor - rath, an den ſchoͤnſten Blumen, wie auch an denen niedlichen Speiſen, findet, und die geladene Hochzeit-Gaͤſte nach Stand und Wuͤrde, zu ergoͤtzen, ſich auch ſelbſt dadurch eine Ehre zuzuziehen, be - ſonders wenn ſelbige in einen geraͤum - lichen Gaſt-Hof verleget wird, woſelbſt man ſchoͤne Zimmer hat, und die Gaͤſte insgeſamt ſich auch mit einem angeneh - men Proſpect vergnuͤgen koͤnnen.

Bey Hochzeiten hat man inſonderheit auch auf der anweſenden Gaͤſte ihr Ge - ſinde fleißig acht zu geben, daß man de - nenſelben, am Eſſen und Trincken, nichts abgehen laſſe; ſintemal ſelbige unter vie - le Leute kommen, und entweder mit allen Ehren, oder wiedrigenfalls, auch ſchimpf - lich von der Braut-Leute ihrer bezeigtenCal -88Calmaͤuſerey reden. Welches inſon - derheit bey denen[M]uſicanten oder Spiel - Leuten zu beobachten, we[l]che die Braut - Leute erbaͤrmlich ausrichten und herum trommeln koͤnnen, wenn man ſelbige nicht rechtſchaffen mit Speiſe, Bier und Wein verſiehet: Denn ſie haben manchmal ei - nen groſſen Anhang und Nachlauff von ihren Weibern und Kindern, die ſich mehr dabey begraſen, und ſich ſo ſtarck anſauffen, daß ihnen der Gropf und Binzger zerſpringen moͤchte, und ſich nicht ſchaͤmen, vom Anfang biß zum En - de dabey zu bleiben; ſo, daß ſich die an - dern Cameraden, mit Recht und Bil - ligkeit, beſchwehren, und ihren Ver - druß daruͤber mercken laſſen muͤſſen, weil ihnen gemeiniglich ihre Gebuͤhr darun - ter abgehet.

So ſchoͤn es lautet, wenn bey Hoch - zeiten alles nach Ordnung und ſattſamer Genuͤge zugehet; ſo ſoll man ſich doch wol vorſehen, daß man niemand zum Trincken mit Gewalt forcire und zwin - ge, es ſey ſolches gleich im Wein, oder aber im Bier, welches lezere Getraͤnckeman -89mancher Orten gar wolfeil im Preiß, und alſo deſto weniger geachtet und geſcho - net wird: Denn wer kein groſſer Lieb - haber vom Trincken iſt, der wird ſich durch dergleichen Zwang an ſeiner Ge - ſundheit ſehr ſchaden, und viele Zeit her - nach, mit Schmerzen, an ſolche Hoch - zeiten gedencken. Hingegen darf es de - nen verſoffenen Wein-Schlaͤuchen, an ihrem beliebten Reben-Safft, auch nicht fehlen, weil ſie ſich viele Wochen be - reits auf eine Hochzeit freuen, und ſich auf ſelbiger einen ſchoͤnen rothen Kamm ſauffen, daß ſie mit deren Milch-Baͤur - innen ihren gefegten Milch-Kruͤgen in die Wette glaͤnzen. Uberhaupts aber ſtehet doch dem Braͤutigam oder dem Ehren-Vatter wol an, wenn ſie manch - mal die Gaͤſte zum Trincken freundlich anmahnen, damit der Wein in denen Glaͤſern nicht warm werde; zumal wenn man ſie verſichern kan, daß der Wein von ſo guter Art ſey, welcher ihnen an ihrer Geſundheit keine Hindernuͤs noch Schaden bringen wuͤrde; welches man - chen Gaſt zum Beſcheid auf eine und an - dere Geſundheit veranlaſſen kan.

Theils90

Theils Orten iſt der Gebrauch, daß der Braͤutigam aufwarten, und die Gaͤ - ſie bedienen muß. Welches zweyfels - ohne demſelben ziemlich kirret, und in - niglich zu ſchmerzen pfleget; zumal wenn er ſich ſo verliebt ſtellet, daß ſeine Au - gen ſcheinen auf der Braut ihren Bu - ſen angehefftet zu ſeyn. Wiewol es auch nicht ohne, daß ſich ſelber daruͤber bil - lig zu beſchwehren hat, weil es doch gleich - wol ſein Ehren-Tag, an welchem man ihn bedienen, und der uͤbel-anſtehenden Aufwartung, hin und herlauffens, ein - ſchenckens und dergleichen Billen uͤber - heben ſolte: indem man Leute genug hat, welche um die Gebuͤhr, dieſe Be - muͤhung gerne uͤber ſich nehmen, weil ſie dabey den Kragen nach Wunſch und Begehren waſchen und anfuͤllen koͤnnen.

Die Einladung geſchiehet auf zweyer - ley Weiſe, ſchrifftlich, an Entfernte, durch die ſo genannten Hochzeit-Briefe; und dann muͤndlich, durch die gewoͤhn - liche Hochzeit-Lader: Die Hochzeit - Briefe werden gemeiniglich durchSchul -91Schulmeiſter oder andere Schreiberey - Verſtaͤndige geſchrieben, indem ſich ver - ſtaͤndige Leute um dergleichen Arbeit nicht viel reiſen, weilen die meiſte fuͤr einen Hochzeit-Brief nicht mehr als einen Ba - tzen oder fuͤnff Kreutzer zahlen wollen. Bey der muͤndlichen Einladung pfleget das Braut-Paar, nebſt der Braut El - tern denen naͤchſten Freunden und Ver - wandten, wie auch denen vornehmſten Jnwohnern des Orts, Obrigkeitlichen und geiſtlichen Perſonen, Amt-Leuten und dergleichen, ſelbſt mit ihrer Auf - wartung zu beehren, und perſoͤnlich ih - re Einladung zu wiederhohlen; wiewohl es beſſer iſt, wenn man vornehmere Per - ſonen, ſchrifftlich einlaͤdet, unerachtet ſie ſich eben an dem Ort, befinden, weilen ſie eine beſondere Hochachtung daraus ſchlieſſen und abnehmen.

Die Eingeladene pflegen ſich vor die Einladung zu bedancken, und entweder ihre Erſcheinung entweder zu verſichern, oder wiedrigen falls ſich deswegen zu ent - ſchuldigen, doch aber aus Hoͤflichkeit ein Hochzeit-Geſchencke zugleich zu uͤberſen -den.92den. Die aber perſoͤnlich erſcheinen, und eine warhaffte Klugheit bezeugen wollen, vermeiden auf alle Weis und Wege die Strittigkeiten wegen des Rangs und Oben-Anſitzens. Solche ehrgeitzige Leute kan man nicht beſſer befriedigen, als wann man ſie an einer Tafel einander gegen uͤber ſetzet, da denn ein jeder mei - net, er habe die Ehre vor dem andern. Hoͤfliche Leute, ſetzen ſich gerne etwas un - ten an, damit ſie alle Beneidung vermei - den moͤgen, welche ſonſt auf ſie koͤnte ge - worffen werden. Doch muß man vor allem das Frauenzimmer in acht nehmen, und ſelbige im Rang beehren: weil es ihnen ſchon angebohren: inzwiſchen darf man ſelbiges gleichwol nicht enge ein - ſchlieſſen, weil die meiſten, des guten Trancks wegen, oͤffters aufſtehen, und zur Erleichterung ihrer eingeſchluckten Hitze, einen Abtritt und Kuͤhlung ſuchen muͤſſen.

An ſolchen hochzeitlichen Ehren-Taͤ - gen pfleget man an theils Orten einen Vorſchneider zu erwehlen; anderer Or - ten aber verrichten ſolches Amt die be -ſtell -93ſtellten Aufwaͤrter: Wiewol man auch denen Herren Geiſtlichen oder Schul - Dienern oͤfters dieſe Ehre auftraͤget. Welche dann vieles in acht zu nehmen haben, damit ſie nichts wider die Hoͤf - lichkeit begehen und von denen Anwe - ſenden durchgehechelt werden. Jns be - ſondere ſoll ſich ein Vorſchneider huͤten, daß er nicht die groͤſten und beſten Stuͤ - cke vor ſich ſelbſt liegen laſſe, nichts ver - ſchuͤtte oder von der Gabel in die Schuͤſ - ſel, oder wol gar vom Tiſch herab fallen laſſe, keine Glaͤſer umſtoſſe und der Neben - ſitzenden Kleider bemackele; die Finger nicht mehr als die Gabel gebrauche, wel - ches denen meiſten Gaͤſten eckelhafft vor - kommen wuͤrde.

Die Hochzeit-Gaͤſte haben ſich auch bey dergleichen ſolennen Mahlzeiten wol fuͤrzuſehen, daß ſie nicht wider die Hoͤf - lichkeit handeln, damit ſie nicht belacht werden. So wird ein hoͤflicher Menſch im Eſſen nicht ſo begierig ſeyn, die Schuͤſ - ſeln mit den Fingern ausſtreichen und die Teller ablecken, ja ſonſt ſich dabey ſtellen, als wenn er etliche Tage den Ma -gen94gen zuſamm geſchnuͤret und darauf ge - faſtet haͤtte. Viele eſſen aber faſt gar nichts, ſondern ſammlen die Stuͤcken der aufgetragenen Gerichten alle auf ei - nen Hauffen, und binden ſolche endlich in groſſe ungeheure Buͤndel, womit ſie auf ihrem Teller prangen, und fuͤr den - ſelben faſt nicht mehr uͤber die Tafel ſe - hen koͤnnen: Bey denen blitzet der Geitz durch die Finger, daß ſie ihr Geld nicht vergebens ausgeben, ſondern Sich und die Jhrigen, die ganze Woche durch von dem kalten Eſſen naͤhren und erhalten wollen.

Ein hoͤflicher Menſch, wenn er bey Hochzeiten im Trunck mehr, und uͤber ſeine Gewohnheit, gethan, wird ſeinen Weg bald nach Hauſe nehmen, und ſich nicht durch mehrers Trincken, oder viel - mehr Sauffen, ſo beſchwehren und uͤber - laden, daß ers, wie ein Hund, muͤſſe wieder von ſich geben: Da hingegen viele dabey ſitzen und ſchwitzen, daß ih - nen die Tropfen uͤber die Stirn in die Glaͤſer rinnen, ſchreyen und ſ. v. ſpeyen, daß ſie jederman zur Laſt und Beſchwehr -lich -95lichkeit werden. Bey dieſem lezern Schand-Laſter ſchaͤmen ſie ſich nicht, ſondern ſind froh, daß ſie den angebruͤh - ten Magen geleeret, und alſo wieder friſch aufdammen koͤnnen. Da waͤhrets denn biß in die ſpaͤte ſinckende Nacht hin - ein, daß ſie denen Braut-Leuten, dem Wirth und andern, welche ihre Ruhe wuͤnſchen, hoͤchſt-verdrießlich fallen, wie auch denen inwohnenden Nachbarn, nicht anders vorkommen, als wie die Nacht - Raben, die ſich bey Tage ſchaͤmen, nach Hauſe zu gehen, damit ihre Truucken - heit nicht jedermann kund und offenbar werde.

Haben ſich die Braut-Leute gegen die Muſicanten oder Spiel-Leute raiſonable zu bezeigen; ſo ſtehet ſolches nicht min - der auch den Hochzeit-Gaͤſten an: Denn ſolcher geſtalt werden ſie beherzt zum Auf - ſpielen, und doͤrfen nicht ſo offt auf der hohen Quint das Geld her! Geld her! kniſtern, noch ſich vor der Zeit mit ih - ren Jnſtrumenten aus dem Staube ma - chen, wie manche gethan, wenn ſie das Geld gezehlet, und gemercket, daß esnicht96nicht viel ausgeworffen habe. Ein glei - ches muß man auch bey dem Koch oder Koͤchin, und denen Aufwaͤrtern in acht nehmen, denen es wiedrigen falls am Durchziehen nicht fehlet, da ſelbige man - chen ehrlichen Mann als einen Knicker und Calmaͤuſer uͤber die Zungen ſpringen laſſen. Jedoch darf man auch nicht zu freygebiſch damit ſeyn, denn andere wuͤr - den ſolches anſehen, als muͤßten ſie es eben auch ſo nachmachen, und alſo ih - ren Beutel ohne Noth, nur durch die Einlagen und Trinck-Gelder leeren. Wie jener Metzger-Purſche gethan, der de - nen Spiel-Leuten faſt alle Reihen einen halben Gulden eingeleget, welches die andern nachgethan, und ſich nicht haben wollen ſchimpffen laſſen. Er hat aber allezeit ſeinen halben Gulden heimlich wieder bekommen, hat alſo dadurch ſei - nem Beutel, wie auch denen Spielleuten einen angenehmen Gefallen und Dienſt gethan.

Wann das Hochzeit-Mahl vorbey, ſo gehet es gemeiniglich zum Tanz, wel - ches ſonſten der jungen Leute groͤſteLuſt97Luſt und Ergoͤtzlichkeit zu ſeyn pfleget: je - doch pfleget der Wein auch betagtere Perſonen zu ermuntern, daß ſie nach dem Klang der Spiel-Jnſtrumenten mit denen Fuͤſſen unter dem Tiſch klappern, wie die Polacken mit ihren Stiefelgen. Dem Braut-Paar muß man hierinnen die Ehre laſſen, weil ſie die Haupt-Per - ſonen der ganzen Geſellſchafft an ihrem hochzeitlichen Ehren-Tag ſind. Sind vornehme Perſonen zugegen, ſo darf man ſelbigen auch nicht vortretten, denn ſolches waͤre wider den ihnen ſchuldigen Reſpect, und verrieth des andern Unver - ſtand; dabey hat man auch noch vieles zu beobachten, daß man nicht immerhin auf dem Tanz-Boden bleibe, als wenn man mit Vogel-Leim dahin geklebet wor - den. So ſoll man auch nicht mit einem Frauenzimmer die ganze Zeit uͤber alleine tanzen, welches derſelben beſchwehrlich, andern aber aͤrgerlich fiel. Man ſoll auch daſſelbige in denen teutſchen und polni - ſchen Taͤnzen nicht ſo hart ſchwencken und gleichſam an andere werffen: Denn wenn eine Jungfer etwan mit vier Fuͤſſen tanzete, koͤnte es leicht geſche -Ehen,98hen, daß ihr, vor ſtarcker Bewegung und Erſchuͤtterung, zwey kleine Fuͤſſe vor die Fuͤſſe fielen, und bey der ganzen Ge - ſellſchafft eine groſſe Beſtuͤrzung ent - ſtuͤnde.

Wenn die Kurzweil des Tanzens mit Einbruch der ſpaten Nacht ſich auch ge - endet, und man dem Frauenzimmer des - wegen das gebuͤhrende Compliment ge - macht; ſo begleitet ein hoͤflicher Menſch ein erbares Frauenzimmer entweder ſelbſt nach Hauſe; oder wenn ſie ſol - ches nicht annehmen ſolte, iſt er doch be - dacht, derſelben mit einer annehmlichen Nacht-Muſic aufzuwarten, um ihren ſanfften Schlummer, auf die gehabte Bemuͤhung, deſto vergnuͤgter zu machen.

Nach Abhandlung dieſer vorgaͤngi - gen Puncten, iſt es noͤthig, die Com - plimenten ſelbſt durchzugehen; Dieſelbe geſchehen nun durch die ſo genañten Hoch - zeit-Lader oder Hochzeit-Bitter, welche ſchon ihre alte Weid-Spruͤchlein ha - ben, ſo daß die Alten die Junge ange - nommene darinnen lehren und abrichten,und99und ſich alſo an andere angewieſene ma - nierliche Formularen wenig oder gar nichts kehren, noch vielweniger binden werden.

Einladung eines Hochzeit-Laders ge - gen einen Hochzeit-Gaſt: Nach vorgaͤngiger Begruͤßung:

Jch habe den Herrn zur hochzeitlichen Froͤlichkeit einzuladen: Beede Verlobte ſind der Erbare N. N. Burgers und Fleiſchers ehlich erzeugter Sohn; der hat ſich in ein Chriſtl. Ehe-Verloͤbnis ein - gelaſſen mit der gleichfalls Erbarn und Tugendſamen Jungfer N. N. des Er - barn und Weiſen Herrn N. N. Gericht - Schoͤpfens und Bierbraͤuers, ſel. hin - terlaſſener Jungfer Tochter: Die bee - den Herrn Ehren-Vaͤtter ſind der Erbar und Kunſtreiche N. N. beruͤhmter Gold - und Silber-Arbeiter, nebſt dem Erbarn N. N. Burger und Gaft-Wirth zum rothen Loͤwen; Der hochzeitliche Ehren - Tag iſt den N. des Monats N. veſt ge - ſtellet, und nach der Prieſterlichen Co - pulation iſt die Mahlzeit im Wirths - Haus zum guldnen Adler, auf die Per - ſon 52. Kreutzer und weilen die beed. E 2Ver -100Verlobte als auch die beeden Ehren - Vaͤtter den Herrn vor andern, bey an - geſtellter Froͤlichkeit ihres hochzeitlichen Ehren-Tages ſehen und wuͤnſchen, ſo bin befehliget, inſtaͤndigſt bey ſelbigem um einen Gaſt anzuhalten, und dißfalls keine Entſchuldigung anzunehmen.

Gemeine Antwort des Eingeladenen.

Jch dancke vom Herzen vor die guͤtige Einladung, die er an meine Wenigkeit, im Nahmen der hochwerthen Verlobten und der Herren Ehren-Vaͤtter, able - gen wollen. Wie nun die Ehre habe den HErrn Braͤutigam ſchon lange zu kennen, und ſeine Freundſchafft zu ruͤh - men, bin ich demſelben mehr als dieſe kleine Gefaͤlligkeit ſchuldig. Derowe - gen werde nicht ermangeln, ſo wohl bey derſelben Trauung, als nachfolgenden Hochzeit-Mahl, mich einzufinden, und mich nebſt andern anweſenden Gaͤſten uͤber dieſe vollzogene Ehe froͤlich zu er - zeigen. Dem Herrn aber dancke vor ſei - ne gehabte Bemuͤhung, wogegen ich demſelben wiederum zu angenehmen Dienſten verſpreche.

Ent -101

Entſchuldigte ſich der Geladene, daß er unmoͤglich erſcheinen koͤnte; ſo koͤnte er ſtatt des Verſprechens nur ſagen: Er bedaure nur, daß er ſeiner vielen und wichtigen Geſchaͤffte halber ſolcher Ehre nicht theilhafftig werden koͤnne. Er wuͤn - ſche jedoch zu dieſem Ehlichen Verbind - nuͤs allen gedeyhlich - und erfreulichen Segen GOttes, und bitte gegen die hochwerthe Verlobte ſeine Dienftfreund - liche Begruͤßung zu vermeldten: ſtatte auch zugleich dem Hochzeit-Bitter ſeinen Danck ab, vor die gehabte Bemuͤhung.

Wer ſich entſchuldigen will, mag wol zuſehen, daß er ſolche Urſachen darzu vorwende, daß ſie einen Schein der pu - ren Unmoͤglichkeit haben: Dergleichen ſind wichtige Amts-Verrichtungen, ho - he Trauer, und unumgaͤngliche Reiſen, wie auch gefaͤhrliche Kranckheiten der Seinigen, welche keinen froͤlichen Ge - dancken erlauben, wenn ſie uns zumal nahe ans Herz gehen; oder auch end - lich mit ſeiner eigenen Unpaͤßlichkeit. Jener entſchuldigte ſich aufs beſte mitE 3der102der Frauen nahen Geburts-Zeit; als er aber derſelben vermeldete, wie er zur Hochzeit geladen worden, und ſie der Luſt kam, ſolcher beyzuwohnen, muſte er und ſie miteinander dabey erſcheinen, und wurd alſo aus der wichtigen Ent - ſchuldigung ein Gelaͤchter.

Einladung an einen Brautfuͤhrer.

Hochgeehrter Herr! Demſelben habe im Nahmen des Herrn N. N. nebſt deſſen verlobten Braut, Jungfer N. N. zu hin - terbringen, die Ehre, wie ſie mit GOtt entſchloſſen, kuͤnfftigen Montag ihr ge - troffenes Ehe-Verloͤbnuͤs durch Prie - ſterliche Copulation und Einſegnung zu vollziehen; zu welchem Ehren - und Kirch - gang auch Sie aufs freundlichſte von beeden Verlobten gewunſchen, ein - geladen, und inſonderheit von der Jung - ſer Braut erſucht und erbetten werden, Selbige in die Kirche zu fuͤhren. Sie werden dieſe Ehre ſich nicht allein zu beſondern Vergnuͤgen, ſondern auch zu groſſen Danck, und Bezeugung vie - ler angenehmen Gegen-Dienſten gerei - chen laſſen. Wie ich mich denn auchmei -103meines wenigen Orts dero beſtaͤndigen Gewogenheit beſtens empfehle.

Weilen nun gemeiniglich die Naͤch - ſten Freunde der Braut dazu erwaͤhlet und geladen werden; ſo hat man nicht leichtlich eine abſchlaͤgliche Antwort dar - auf zu gewarten; weil ſichs dergleichen Perſonen fuͤr eine ſonderbare Ehre ſchaͤ - zen, die Jungfer Braut mit ihren ge - puzten Degen, (oder wie die Bauern - Kerls, mit ihren breit n Huniſchen Saͤbeln) zur Kirche und Straſſe zu fuͤh - ren. Und alſo koͤnte ein ſolcher Braut - fuͤhrer auf die beſchehene Einladung der - geſtalt antworten:

Mein Herr! Jch bin verbunden f[ür]die Ehre, welche mir das hochwertheſie Braut-Paar durch die freundliche Ein - ladung zu ihrem hochzeitlichen Ehren - Tag, erweiſen laſſen. Noch mehr Ver - gnuͤgen ſchoͤpfe ich aber, daß ſie mich gar ſo viel wuͤrdigen wollen, die Jungfer Braut zur Kirche zu fuͤhren, weil ich daraus ihre beſondere Gewogenheit ge - gen meine wenige Perſon erkenne und abnehme. Und da ich alſo zu dieſer Eh - re um ſo viel begieriger, ſo werde nichtE 4erman -104ermangeln, durch goͤttliches Fuͤgen, mich ſchuldigſt einzufinden, und die aufgetra - gene Wuͤrde ruͤhmlichſt zu bekleiden. Jn - zwiſchen bitte an das hochwerthe Braut - Paar meinen ergebenſten Reſpect, und ſchuldigen Danck, zu vermelden, welchen Lezern ich auch ſo gleich, vor des Herrn gehabte Bemuͤhung abgeſtattet haben will.

Hat der Braͤutigam beſonders gute und vertrauliche Freunde, ſo koͤn - te er ſelbige perſoͤnlich alſo ſelbſt laden:

Mein Herr Bruder! Derſelbe wird den Entſchluß meiner Veraͤnderung und meine bereits getroffene Verloͤbnuͤs ver - nommen haben, zu deren Vollziehung wir den kuͤnfftigen Dienſtag geliebtes GOtt ausgeſetzet. Weil nun jederzeit bey demſelben eine aufrichtige Liebe und Freundſchafft gegen mich verſpuͤhret, ſo habe auch die ungezweifelte Hoffnung, es wird derſelbe, an meinem Ehren-Tag, durch deſſen angenehme Gegenwart, mich ſo viel vergnuͤgt - und gluͤcklicher machen; jemehr ich wuͤnſche, daß das veſte Bandunſe -105unſerer unverruͤckten Liebe und Freund - ſchafft dadurch jederman vor Augen ge - legt werde, und ich dagegen, zu deſſen angenehmen Gegen-Dienſten, all moͤg - lichſten Fleiß und Bemuͤhung anzuwen - den ſuche.

Beantwortung deſſelben.

Gluͤcklicher Herr Bruder! Deſſen Vergnuͤgen hat mich allezeit ſo ſehr, als mein eigenes, erfreuet; und da ich, bey Erforderung, mein Blut und Leben fuͤr ſelbigen gelaſſen haͤtte; warum ſolte ich nicht das Vergnuͤgen nehmen, mich bey deſſen hochzeitlichen Ehren-Mahl froͤlich zu erzeigen? Jch wuͤnſche von Herzen, daß dieſe gluͤckliche Verbindung, von dem Hoͤchſten, viele Jahre hindurch, mit reichem Segen moͤge becroͤnet und ge - ſchmuͤcket werden, und die kuͤnfftige le - bendige Zeugen ihrer reinen Liebe bewei - ſen, daß mein Wunſch und ihre Bitte nicht vergeblich geweſen.

  • NB. Hat aber jemand eine wichtige Reiſe vor, welche ſich dann nicht verſchieben noch aufhalten laͤſſet: ſo kan er ſolches als eine Entſchuldi -E 5gung106gung vermelden, welches er aber herzlich bedauere.

Wenn die Jungfer dem Braͤutigam die Braut-Waͤſche bringet, kan ſie ſich folgender Worte be - dienen:

Hochwerther Herr Hochzeiter! (oder Herr Braͤutigam!) Jch habe die Ehre, daß Dero Jungfer Braut ſich Jhnen, durch meine Wenigkeit gehorſamſt em - pfehlen, und die ſchlechte Braut-Waͤſche hiemit uͤberreichen laͤſſet, mit Bitte ſolche guͤtigſt anzunehmen, und ſelbige noch fer - ner in ihrer beſtaͤndigen Liebe und Gewo - genheit zu erhalten.

Beantwortung derſelben:

Die Jungfer uͤbernehme die Bemuͤh - ung auch meiner ſeits, mein ergebenſtes Compliment an meine Liebſte zu vermel - den, nebſt Bezeugung meines ſchuldigen Dancks, fuͤr das Uberſchickte, welches derſelben allezeit zu Ehren und unver - welcklichen Andencken tragen werde; wie ich mich denn gleichfalls ihrem unſchaͤtz - baren Andencken gehorſamſt empfehle. Die Jungfer nehme aber, vor ihre Be -muͤh -107muͤhung, mit dieſem kleinen Andencken vorlieb, biß ihnen vielleicht zur andern Zeit was beſſers und angenehmers ſchen - cken kan.

Der Braͤutigam muß ſich wol in acht nehmen, daß er das Tranck-Geld nicht zu klein beſchneide; ſintemal er daruͤber von dergleichen Menſchern greulich durch die Hechel der Lauferey gezogen wird. Es doͤrfte ſolches die Braut auch ſelbſt uͤbel aufnehmen, und dencken, die Braut - Waͤſche waͤre ihm nicht ſchoͤn und koſtbar genug, weil er die Muͤhe mit ſo ſchlechten Præſent belohnet.

Mancher Orten iſt es gebraͤuchlich, daß der Braͤutigam ſeiner Braut einen raren Blumen-Strauß, Vornehmere aber, ei - nen koſtbaren Schmuck zum Præſent uͤber - ſendet: Da denn das Uberreichungs - Compliment eben auf die Art, nur mit Veraͤnderung in Benennung des koſt - baren Schmucks, gebrauchet werden kan.

Wenn ſich die Hochzeit-Gaͤſte nun ent - weder vor der Trauung, oder nach der - ſelben im Gaſt-Hauſe einſtellen, da hoͤ -E 6ret108ret man offt ſeine Wunder, was fuͤr Gluͤckwuͤnſchungs-Complimente dabey paſſiren und vorgehen. Mancher nimmt ein ganzes Regiſter von den Segens - Wuͤnſchen aus dem Alten Teſtament, von Abraham, Jſaac und Jacob, zu - ſammen, und haͤlt den Braͤutigam ſo lange damit auf, daß er vor Angſt ver - ſchmelzen moͤchte, und andere Gaͤſte mit ihren Gluͤckwuͤnſchungen eine ziemliche Weile ſtehen bleiben muͤſſen. Andere bringen dieſelbige ſo ungereimt vor, wie die Kinder, die nicht recht leſen koͤnnen, ſondern immer gatzen oder ſtockern, daß man meinet, es ſey ihnen die Zunge ver - ſchwollen. Dieſes iſt alles unnoͤthig, weil ein Braͤutigam zu ſolcher Zeit nicht einen oder zwey alleine, ſondern alle an - kommende Hochzeit-Gaͤſte mit ihren Gluͤckwuͤnſchungen anhoͤren, und ſelbige wiederum mit ſeiner verpflichten Danck - ſagung abfertigen muß: Daher ſollen auch die Gluͤckwuͤnſchungs-Complimen - ten ganz kurz eingerichtet werden, wo - von nachfolgende Formul zum Exempel dienen kan:

Hochwertheſter Herr Braͤutigam! wei -109weilen ſie mir die Ehre der Einladung zu deren hochzeitlichen Ehren-Tag erwie - ſen, ſo habe Dero Befehl zu Folge ge - horſamlich erſcheinen wollen, mit Bitte meine Freyheit nicht unguͤtig zu vermer - cken. Wuͤnſche anbey, daß der Hoͤchſte ihr angefangenes Vorhaben, zu Dero immerwaͤhrendes Vergnuͤgen, mit himmliſchen Segen, in undenckliche Jah - re hin croͤnen und ſchmuͤcken wolle.

Des Braͤutigams Antwort:

Jhre angenehme Gegenwart verbin - det mich ſo wol, als auch ihr herzlich-wol - meinender Wunſch, zu ſchuldigen Danck. Sie belieben ihnen dieſe Bemuͤhung nicht mißfallen zu laſſen, andern theils aber mit dem wenigen vorlieb zu nehmen, was des Himmels Segen beſchehret. Wo - mit ich mich zu Dero fernern Wolgewo - genheit gefliſſenſt empfehle.

Waͤren einige Hochzeit-Gaͤſte von vornehmen Stande, koͤnte wol ſtatt des Worts angenehme, hohe, und ſtatt belieben, geruhen; ſtatt der Wohl - gewogenheit, Gnade, geſezet und veraͤndert werden. Und eben auf ſolche Art kan auch das Gluͤckwuͤnſchungs -E 7Com -110Compliment bey der Braut angebracht, und von derſelben wieder beantwortet werden.

Wenn jemand dem Hochzeit-Mahl nicht beywohnen koͤnte und gleich - wol ein Hochzeit - oder ſo genanntes Haus-Geſchenck uͤberreichen wol - te; koͤnte er ſein Compliment fol - gender Geſtalt einrichten:

Werthgeſchaͤzter Herr! So gerne ich geſehen haͤtte, daß mir meine Geſchaͤff - te das Vergnuͤgen gegoͤnnet, ihrem Hochzeitlichen Ehren-Feſt beyzuwohnen, ſo ſchmerzlich iſt mir gefallen, daß ich deſ - ſelben ſo unvermuthet beraubet worden. Jch wuͤnſche alſo von Herzen, daß der Hoͤchſte ihre vollzogene Ehe zu allen Zei - ten wolle begluͤckt und geſegnet ſeyn laſ - ſen; und bitte dieſes geringe Angeden - cken mit ſo geneigtem Herzen anzuneh - men, als mit aufrichtigen Herzen ich ih - nen ſolches uͤberreiche; mit Bitte, mich fernerhin in Dero Gunſt und Wolge - wogenheit zu erhalten. Wie ich denn meines Orts Sie aller angenehmen Dienſte und Gefaͤlligkeiten verſichere.

Des111

Des Braͤutigams Antwort:

Mein Herr! Es hat mich nicht wenig gekraͤncket, daß bey meinem Hochzeitli - chen Ehren-Tag ihre mir ſo angenehme Gegenwart entbehren muͤſſen: Doch da es Dero wichtige Geſchaͤffte nicht verſtat - ten wollen, ſo erſtatte ich dagegen meinen ſchuldigen Danck vor Dero wolmeynen - den Wunſch, welches der Hoͤchſte auch ihrer Seits reichlich erfuͤllen wolle. Jhr ſchoͤnes Andencken, ſo ſie mir zugleich uͤberreichen, anzunehmen, iſt zwar eine Unhoͤflichkeit, jedoch weil ſie es ſo befeh - len, ſo erkenne mich dafuͤr zu allem ſchul - digſten Danck verbunden, werde ſolches auch zu ihrem unvergeßlichen Angeden - cken, angelegentlichſt verwahren.

  • NB. Wenn man aber die Hochzeit - Geſchencke durch Dienſt-Boten oder andere Perſonen uͤberſchicket, braucht man ſolcher Complimenten nicht: ſintemal ſich ſelbige mit ihrer Kuͤchen - und Stall-Oratorie auch nicht ſtarck verkoſten; ſondern es bey dem einfaͤltigen Vortrag be - wenden laſſen. Doch muß man ſelbigen an Eſſen und Trinckennichts112nichts abgehen laſſen, auch bey de - ren Fortgehen des Trinck-Geldes nicht vergeſſen, will man anderſt nicht hoͤren, daß ſie ſchnoͤde von uns reden, und die neuen Eheleute der Calmeuſerey beſchuldigen.

Naͤchſt dieſem haͤtte man noch einen ganzen Schwarm dergleichen Compli - menten anzuhaͤngen, welche nach der Trauung an Braut und Braͤutigam, an derſelben Eltern, Geſchwiſterte und nahe Verwandte, wegen der neuen Freundſchafft, abzulegen haben wuͤrde: Weilen ſelbige aber insgemein ſehr kurz und in wenig Worten beſtehen, wird ſich ein vernuͤnfftiger Menſch darinn von ſelbſt zu beſcheiden wiſſen, weil es fuͤr ih - me nicht noͤthig und zum Begriff dieſer wenigen Bogen zu weitlaͤufig werden wuͤrde.

An vornehme Perſonen, welche man ſonſt niemalen zu ſprechen die Ehre ge - habt, und ſie doch dermalen gegenwaͤr - tig ſehen, und gelegentlich ſprechen kan, kan man es mit folgenden Worten wa - gen:

Hoch -113

Hochgeneigter Herr und Patron! da vorhin niemals das unſchaͤzbare Gluͤk ge - habt, demſelben meine demuͤthige Auf - wartung zu machen, ſo bin vorheute bey dieſer angenehmen Gelegenheit, um ſo mehr daruͤber erfreuet. Wie ich dann gehorſamſt bitte, ins kuͤnfftige meiner Wenigkeit dero zwar unverdiente, doch preißwuͤrdigſte Guͤte und Gewogenheit zu ſchencken.

Beantwortung.

Es iſt mir in der Warheit nicht wenig lieb und gefaͤllig, den Herrn vorheute ken - nen zu lernen, und werde mirs zur Ver - gnuͤgung rechnen, wenn ich ſelbigem was angenehms erweiſen kan.

Wenn ſich jemand neben einen vor - nehmen Mann ſezen ſolte, koͤnnte er gegen ſelbigen dieſes Compliment gebrauchen

Ew. Excellenz verzeyhen mir die Kuͤhn - heit, neben ſelbige mich zu ſezen, welche Ehre lange nicht wuͤrdig bin: doch werde mit dero gnaͤdigen Erlaubnis die Ehre haben, Jhnen vorheute unterthaͤnig auf - zuwarten, wie denn Dero hochſchaͤzbarenWol -114Wolgewogenheit mich allezeit gehor - ſamſt empfehle.

Beantwortung.

Der Herr hat nicht Urſache, ſich deß - wegen ſo ſehr zu entſchuldigen, ich habe von ihrer guten Conduite bereits gehoͤret, und iſt mir lieb, daß ſie mir vorjezo die Zeit verkuͤrzen wollen.

Manchesmal muß man die Gaͤſte zum Eſſen und Trincken aufmuntern, welches ſich ſelbſt leicht erglebet, wenn man nur fraget: ob es vielleicht nicht ſchmecken wolle? worauf die Antwort oder Ent - ſchuldigung alſobald erfolgen wird.

Bey vielen jungen Purſchen, welche gerne tanzeten, ſtehet der Ochs am Ber - ge, wenn ſie ein Frauenzimmer anreden und zum Tanzen auffuͤhren ſollen. Wie jener tumme Feix eine artige Jungfer zum Tanz forderte: Nun Jungfer Altreißen-Magd, will ſie nicht ein paar Hopſaſa mit mir machen? wel - ches freylich mehr Spaß und Gelaͤchter, als die Spiel-Leute mit ihren Jnſtru - menten, gemacht und verurſacht hat. Man darf ja keine Oration deswegen ab -legen:115legen: Denn weil dieſes huͤpfende Ge - ſchlecht eher zum Tanzen geneigt iſt, als man ihnen dazu pfeiffet: ſo darf man auch deſto weniger Worte brauchen, ſelbiges zur Luſt zu bereden; ſondern es kan das ganze Compliment in dieſer kurzen An - frage beſtehen:

Schoͤne Jungfer! darf ich mir die Freyheit nehmen, ſie um einen kleinen Tanz anzuſprechen? ich werde fuͤr ſolche erlangte Ehre mich ihnen verbunden er - kennen.

Will ſelbige tantzen, ſo wird ſie alſo - bald antworten:

Mein Herr! ich erkenne ihre Hoͤflich - keit mit ſchuldigen Danck, bitte aber, Ge - dult mit mir zu haben, wenn ichs darin - nen ihrer Geſchicklichkeit nicht gleich ma - chen werde.

Wolte ſie aber nicht tantzen? iſt der gemeine Widerſpruch dieſer:

Jch dancke ihnen vor die angebottene Ehre; bitte aber mich dißfalls zu entſchul - digen, die[w]eilen das Tanzen niemals ge - lernet, und ſie darinnen ſchlecht vergnuͤ - gen wuͤrde. Jedoch hat ſich ein Frauen - zimmer wol vorzuſehen, daß es nicht je -mand116mand einen Tanz verſage, und doch her - nach mit andern tanzen wolte: denn ſonſt duͤrfte ſie ſich nur einen Verdruß erwe - ken; es ſey denn, daß ſie um ein Menuet angeſprochen worden, welches ſie nicht koͤnnte; ſo doͤrfte ſie mit andern, ohne Be - ſorgnis, teutſch tanzen.

Wenn man mit dem Frauenzimmer getanzet, kan man ſich gegen ſelbiges folgender geſtalt bedancken:

Mademoiſelle, Jch bleibe ihnen vor die mir vergoͤnte Ehre verbunden, daß ſie meine Wenigkeit wuͤrdigen und mit mir tanzen wollen. Bitte mit meiner ſchlech - ten Wiſſenſchafft darinnen vor lieb zu nehmen, und meine begangene Fehler guͤtig zu uͤberſehen.

Beantwortung.

Jch habe mehr Erkaͤnntlichkeit vor ihre gehabte Bemuͤhung, und daß ſie vor an - dern mir die Ehr erwieſen, mich zum Tanz zu fuͤhren; ihre Geſchicklichkeit iſt zu ruͤh - men, und keine Fehler darinnen zu tadeln, nur bitte die Meinigen guͤtig zu entſchul - digen.

Com -117

Compliment an einen, neben welchem ein Frauenzimmer ſizet, ſelbiges zum Tanz aufzufordern:

Sie werden mir, mein Herr nicht uͤbel deuten, um Erlaubniß zu bitten, dieſe ſchoͤne Jungfer zum Tanz zu fuͤhren; ſolte ich Sie aber dadurch an ihrer angeneh - men Unterredung geſtoͤhret haben, ſo bitte meinen Fehler zu pardoniren.

Beantwortung deßelben:

Mein Herr, Sie thun ganz wohl dar - an, ich haͤtte ſelbiges ſchon vorgenom - men, wenn nicht durch gegenwaͤrtiges Geſpraͤch daran waͤre verhindert worden; ich wuͤnſche, daß ſie ſich mit dem ange - nehmen Frauenzimmer wohl divertiren moͤgen.

Wenn nun auch dieſe Luſt meiſtens gebuͤſſet und die Z[e]it, wiederum nach Haus zu kehren vorhanden iſt, koͤnte man alſo von einem Frauenzim - mer Abſchied nehmen:

Schoͤne Jungfer! ich wuͤnſche auf ihre gehabte Bemuͤhung eine angenehmeRuhe.118Ruhe. Jch dancke ſowohl vor die Ehre ihrer geleiſteten Compagnie, als auch, daß ſie mich, mit mir zu tanzen, wuͤrdigen wollen. Was ich ſolte dabey gegen ſie verſehen haben, bitte geneigt zu entſchul - digen, und mich fernerhin in dero unſchaͤz - barn Gewogenheit zu erhalten.

Beantwortung.

Mein Herr! Jch wuͤnſche ihnen eben - falls eine ſanffte Ruh, uud danke vor ihre annehmliche Unterhaltung. Hoffe aber zur andern Zeit die Ehre zu haben, ihrer vergnuͤglichen Geſellſchafft zu genieſſen.

Will jemand ein Frauenzimmer nach Hauſe begleiten, koͤnte er ſich derge - ſtalt die Erlaubnis darzu aus - bitten:

Sie machen, ſchoͤne Jungfer, ihren er - gebenſten Diener ſo gluͤcklich, ſelbe nach Hauſe begleiten zu doͤrfen, allem beſorg - lichen Anſtoß dadurch vorzukommen.

Erlaubet ſie ſolches, wird ſie ant - worten:

Es iſt mir aber von Herzen leid, wenn ſich der Herr meinetwegen bemuͤhen ſolte,weil119weil es ihnen aber ſelbſt beliebig, ſo bleibe fuͤr ihre geneigte Erklaͤrung verbunden.

Wo nicht? ſo ſagt ſie:

Jch werde nicht ſo unhoͤflich ſeyn ihnen eine Bemuͤhung zu machen. Jch wohne ganz nahe, und werde den Weg alleine finden. Dancke aber inzwiſchen vor ihr geneigtes Anerbieten, und wuͤnſche ihnen eine geruhſame Nacht.

Nach Heimbegleitung kan man bey der Thuͤre ihr folgendes Compliment machen?

Nun bin ich vor ihre guͤtige Erlaubniß hoͤchſtens verbunden, wuͤnſche ihnen eine vergnuͤgte Ruhe, und mir die Ehre ihres guͤtigen Angedenckens, wovor ihr erge - denſter Diener verbleiben werde.

Beantwortung:

Jch dancke nochmals vor ihre Bemuͤ - hung, die ſich meinetwegen machen, und von einer andern angenehmẽ Geſellſchaft entfernen wollen. Jch werde ihre be - zeigte Hoͤflichkeit zu ruͤhmen wiſſen, und wuͤnſche daß ſie ebenfalls wohl nach Hau - ſe kommen, und vergnuͤgt ſchlaffen moͤ - gen.

Manch -120

Manchmahlen wird man von dem Frauenzimmer erſucht, mit hinauf in das Zimmer zu gehen, wodurch ſie den Eltern denjenigen gleichſam praͤſentiren will, von welchem ſie ſoviel Ehr und Hoͤflichkeit ge - noſſen. Und dieſes nimmt mancher fuͤr eine gute Vorbedeutung, fernerer und ge - nauerer Bekandtſchafft, an, zum wenig - ſten verſpricht er ſich dadurch einen oͤff - tersmahligen und freyern Zutritt. Wel - ches manchmalen zu deſſen groͤſten Un - gluͤk ausgeſchlagen, und waͤre beſſer ge - weſen, er waͤre niemals dahin gekommen, ſo haͤtte er nicht die Glocke, zum Klang ſeines eigenen Verderbens gezogen. Doch muß, ſo man hinauf gehet, auch ein Compliment, an die Eltern gemacht, und die genommene Freyheit mit dem Befehl der Jungfer Tochter, entſchuldiget wer - den.

Wann nun Mahlzeit und Tanzen zu Ende gegangen, und die ſaͤmtliche Hoch - zeit Gaͤſte ſich wiederum nach Hauſe, und zum Anfbruch gefaſt machen: ſo pfleget der Hochzeit-Bitter, im Nahmen derBraut -121Braut-Leute, denen Gaͤſten zu dancken, und ſolche zugleich auf den folgenden Tag mit einzuladen. Welches alſo geſchehen koͤnte:

Hoch - und werthgeſchaͤzte An - weſende!

Jch bin vergnuͤgt die Ehre zu haben, denenſelben ſaͤmtlich, im Nahmen des wertheſten Braut-Paars, den verbind - lichſten Danck abzuſtatten, daß ſie ihnen die Ehre erzeigen und an ihrem hochzeit - lichen Ehren-Tag erſcheinen wollen. Sie laſſen nur dabey inſtaͤndigſt bitten, mit bezeigter geringen Bewirth - und Auf - wartung dermahlen vor gut zu nehmen, und den darbey vorgeweſenen Abgang nicht ihnen alleine zuzuſchreiben. Auf morgenden Tag werden Sie ſaͤmtlich wiederum auf das freundlichſte eingela - den und gebetten, guͤtigſt zu erſcheinen, und mit einer ſchlechten Bewirthung vor - lieb zu nehmen. Dieſe beſondere Liebe und Gefaͤlligkeit werden Sie bey aller Gelegenheit, durch andere angenehme Dienſte erwiedern, und ich, unter deren fernern Gewogenheit ihr jederzeit gefliſ - ſenſter Diener verbleiben.

FHier -122

Hierauf koͤnte jemand im Namen der ſaͤmtlichen Gaͤſte alſo antworten: Hochwerthes Braut-Paar!

Wir haben ihre guͤtige Einladung zu deren Hochzeit-Tage zu ruͤhmen, wie nicht weniger auch die untadelhaffte Be - wirthung zu preißen, wodurch alles nach ſartſamen Vergnuͤgen in acht genommen und bewirthet worden, ſo, daß ſie wegen einiges Mangels die geringſte Entſchul - digung nicht, wir hingegen aber unſern ſchuldigen Danck fuͤr alle erwieſene Ehre und Hoͤflichkeit, hiemit abzuſtatten haben. Wegen der weitern Einladung auf mor - genden Tag, erinnern wir uns billig, daß wir vorheute ſchon Muͤhe und Beſorg - nis genug verurſachet, und es eine hand - greifliche Unhoͤflichkeit ſeyn wuͤrde, ge - dachte Beſchwehrnus morgenden Tages nochmahlen zu wiederholen. Dieweil es aber gleichwohl ihr eigenes Belieben iſt, ſo erkennen wir ſolches als einen Be - fehl, dem wir alſo nachzukommen nicht ermangeln werden. Solten ſich Einige noch dieſen Abend in etwas luſtig machen wollen, ſo bitten wir, Sie wollen ſich in -deſſen123deſſen von ihrer angenehmen und benoͤ - thigten Ruhe nichts abhalten laſſen.

An die Braut-Leute, deren Eltern und naͤchſte Verwandte pflegen die Anweſen - de Gaͤſte bey ihrem Abſchied, eines nach dem andern, noch ihren Danck ins beſon - dere abzuſtatten, welches aber hiermit ein - zurucken zu weitlaͤufftig fallen wuͤrde, wei - len ſich jedes darbey der moͤglichſten Kuͤrze bedienet.

Wenn die Braut nach des Braͤutig - gams Hauſe mit heimgehen, und ihre Eltern verlaſſen muͤſte, koͤnte ſie fol - gender Geſtalt von denſelben Ab - ſchied nehmen:

Vielgeliebte Eltern! Jch bin ihnen vor die preißliche Liebe welche ſie mir von Ju - gend auf bis anher, zu meinem hochzeitli - chen Ehren-Tag, in uͤberreicher Maas erwieſen, verbindet mich meinen kindli - chen Dank davor abzuſtatten; unter Ver - ſicherung daß ſelbige niemal aus dem Au - gen ſezen, ſondern die ganze Zeit meines Lebens mit allem Kindlichen Reſpect und Ehrerbietung erkennen werde. Und da ich ſie jetzo verlaſſen, und meinem SchazF 2in124in ſeine Vehauſung folgen muß, ſo nehme ich doch euer unvergeßliches Angedenken in meinem Hertzen tief verſchloſſen, mit dahin. Wuͤnſche ihnen alſo eine ange - nehme Ruhe, und bitte, ihre fernere vaͤt - terlich - und muͤtterliche Gewogenheit ge - gen mich nicht zu verſchlieſſen, ſondern mir dero wolmeinenden Rath und kraͤf - tigen Troſt, zu aller Zeit und Gelegenheit guͤtig angedeyhen zu laſſen.

Der Eitern Beantwortung:

Geliebte Tochter! Du wirſt es leicht - lich an unſern Minen und Gebehrden mercken koͤnnen, wie ſchmerzlich uns faͤl - let, dich von uns zu laſſen, da wir dich zu unſerm Troſt noch gerne laͤnger bey uns gewunſchen und behalten haͤtten: Doch weil es die guͤtige Vorſorge des Hoͤch - ſten alſo gefuͤget, und wir wiſſen, daß du einen vernuͤnfftigen und beſcheidenen Eh - mann bekommeſt, der dir mit aller Liebe und Ehrerbietung begegnen wird: So wuͤnſchen wir dir zu deiner get roffeuen Veraͤnderung allen goͤttlichen Seegen und erſprießliches Wolgedeyen, welches dein Haus zahlreich machen und vermeh - ren wolle, damit wir auch in unſerm Al -ter125ter noch an dir unſere Freude und Ver - gnuͤgen haben moͤgen. An unſrer ge - treuen Liebe darſſt du nicht zweiflen, weil ſelbige auch biß in das Grab gegen dich gruͤnen und bluͤhen ſoll. Gehe hin im Frieden!

  • NB. Eben dergleichen Abſchieds-Com - pliment koͤnte der Braͤutigam an ſeine Eltern ablegen, und ſie ihme ſolches ebenfalls ſo, doch mit weniger Veraͤn - derung, wiederum beantworten.

Des andern Morgens, pfleget man de - nen Braut-Leuten, bey Anwuͤnſchung eines gluͤckſeligen Morgen, wegen der paßirten geſchlachten Nacht, einigen Scherz mit unterzumengen, und koͤnte das Compliment an den Braͤutigam fol - gender geſtalt eingerichtet werden:

Mein Herr Hochzeiter! Jch nehme mir die Freyheit, zu vernehmen, ob ſie die ver - wichene Nacht wohl geruhet, und die ſchoͤne Morgen-Roͤthe, uͤber ihren ſuͤſſen Schlummer, vorbeyſtreichen laſſen, deſ - ſen ſie, nach ihrer angenehmen Bemuͤh - ung, benoͤthiget geweſen. Jch wuͤnſcheF 3daß126daß dieſe Erſtlinge ihrer ehlichen Liebe mit reichen Fruͤchten erſcheinen, und ſie noch viele Jahre zu dero innigſten Vergnuͤgen mit ihrer geliebteſten Conſortin, continui - ren moͤgen.

Deßen Beantwortung:

Jch dancke mein Herr, vor ihren ange - nehmen Beſuch, und kan ſie verſichern, daß die Begierde zur Ruhe, alle andere Sehnfucht, mit einem ſuͤſſen Schlummer uͤberzogen, es muͤſte denn der Traum auch eine Activitæt der Liebe gewuͤrckt haben, ſo meine Geliebte beſſer wird beantwortẽ koͤnnen. Ubrigens bin ich verbunden vor ihren wohlmeinenden Wunſch, und wuͤn - ſche in allen ihren Vergnuͤgungen auch einen erwuͤnſchten und gluͤklichen[S]ucceß.

Gratulation an die Braut:

Madame! ich ſtehe billig an, ob ihnen die Ehre der Jungfern nochmalen zule - gen ſoll, weilen ihre ſonſt gewoͤhnliche An - nehmlichkeiten gleichſam in einer Ver - wirrung erblicke. Doch wie deme auch ſey: ſo gratulire zur gluͤcklich zuruͤck geleg - ten Nacht, und wuͤnſche, daß der ſuͤſſe Anfang der ehlichen Liebe, auch ferner - hin einen geſegneten Fortgang gewinnenmoͤge,127moͤge, und die zahlreichen Fruͤchte ihren erſprießlichen Wachsthum ſattſam er - weiſen koͤnnen. Der Hoͤchſte laſſe Sie, mit deren Herrn Liebſten, durch viele und ſpate Jahre, in vollkommener Zufrieden - heit und erwuͤnſchtem Vergnuͤgen bey - ſammen leben.

Deſſen Beantwortung:

Mein Herr! Sie haben gewiß eben - falls wenig Stunden geſchlaffen, weilen ihnen die truͤbe Augen, meine ſchlaͤfferige Minen, als eine Verwirrung mein er An - nehmlichkeiten, vorſtellen. Jch weiß ſonſt uͤber nichts, als die kurze Stunden dieſer Nacht zu klagen. Dero Betittelung aber ſehe vorheute nicht anders als ein Prognoſticon an, deren Erfuͤllung ſich erſt nach denen Tobias-Naͤchten aͤußern ſo[ll]Ubrigens bin vor den angehaͤng[ten]Wunſch verbunden, und wuͤnſche auch ihrer ſeits alles erfreuliche Gluͤck und be - harrliches Wolergehen.

Die Einladungs-Complimenten des Hochzeit-Bitters, wegen Erſcheinung des andern Tages, bleiben bey ihrem alt - gewohnten Schlendrian, davon ſichF 4kei -128keiner ſo leichte bringen laſſen wird; und da wird ſich jederman leicht darauf zu erklaͤren, und erſtlich die geſtrige verur - ſachte Unruhe und Bemuͤhung zu ent - ſchuldigen wiſſen, worauf er dann ſa - gen kan, ob er kommen wolle, oder we - gen wichtiger Geſchaͤffte nicht erſcheinen koͤnte, und es alſo nicht noͤthig ſeyn, des - wegen ein halb duzent Complimenten herzuſezen, weil man ſich dabey gemeini - glich der moͤglichſten Kuͤrze bedienet; je - doch gemeiniglich die Braut-Leute we - gen der naͤchtlichen Kurzweil vexiret, ih - nen auch manchmalen laͤcherliche Docken und Figuren ſchencket.

Wann dann beym Schluß des Eſ - ſens, am andern Hochzeit-Tag, der Braut-Diener eine Schuͤſſel zum Schencken auftruͤge, koͤnte er die anweſende Gaͤſte folgender ge - ſtalt anreden:

Allerſeits hochwertheſte Anwe - ſende!

Sie nehmen nicht uͤbel, wann ich, durch Uberreichung gegenwaͤrtiger Schuͤſſel, ſie an etwas erinnere, woran ſie wohl eher, als ich, werden gedacht ha -ben.129ben. Dieweil wir von dem wertheſten Braut-Paar waͤhrend ihrer hochzeitli - chen Ehren-Tage, ſo viele Liebe und Wolthaten genoſſen, will die Schuldig - keit erfordern, unſer ſeits nach uͤblicher Gewohnheit, unſern Danck durch einige Geſchenck und Praͤſente, an den Tag zu legen, welches auch zu einem beſtaͤndigen Zeugnuͤs ihrer Liebe und geneigten An - gedenckens dienen wird. Jn Aufſezung derſelben lege dieſes wenige zu einem An - dencken bey, mit Bitte das wertheſte Braut-Paar wolle ſich den geneigten Willen mehr, als den geringen Werth der Gabe gefallen laſſen. Jch wuͤnſche eine reichliche Nachfolge und empfehle mich denenſelben zur beſtaͤndigen Liebe und Gewogenheit.

Die Ubrigen, welche ſchencken, koͤnnen ſich dieſes kurzen Com - pliments bedienen:

Zur Bezeugung meiner Hochachtung gegen das hochzuehrende Braut-Paar, und danckbaren Erkaͤnntlichkeit vor viel - faͤltig genoſſene Wolthaten, lege dieſes kleine Andencken mit bey, und bitte ſol - ches guͤtig an - und aufzunehmen.

F 5Wenn130

Wenn die Schencke von geſammten Gaͤſten geendiget, koͤnte der Braͤu - tigam folgende Danckſagung dafuͤr abſtatten:

Hochwertheſte Anweſende!

Die Ehre und beſondere Gewogen - heit, ſo ſie mir und meiner Liebſten durch Dero willfaͤhrige Erſcheinung bey un - ſerm hochzeitlichen Ehren-Tag, wie auch nicht minder, durch ihre gegenwaͤrtige reiche Praͤſente und Geſchencke, erwie - ſen; verbinden mich ihnen zu aller Danck - nehmigen Erkaͤnntnuͤs. Und ob es zwar der Hoͤflichkeit zuwieder; ſo nehme ſol - che doch auf Dero Befehl an: werde aber gegenſeits mich alles Fleißes dahin beſtreben, durch andere angenehme Dienſte es gegen einen jeden ins beſon - dere zu verſchulden. Biß dorthin ich mich in Dero allerſeitige Gewogenheit beſtens empfehle.

Bey Sammlung zu der an etlichen Orten ſo genannten Windel-Schnur koͤnte das Compliment alſo einge - richtet ſeyn:

Sie nehmen nicht Ubel, daß ich ſel -bige131bige mit einer kurzweiligen Erinnerung beſchwehrlich falle: Jch halte dafuͤr, das werthe Braut-Paar habe dieſe verwi - chene Nacht einer verdeckten Bemuͤhung gepflogen, welche in drey viertel Jah - ren deſſen einen lebendigen Zeugen her - vor bringen wird: Weswegen Selbige bey Zeiten zur Anſchaffung ihrer Win - del-Schnur bedacht ſeyn muß. Erſuche demnach ſelbige ſamt und ſonders, ſie belieben nach eigenen Gefallen darzu et - was beyzutragen, damit bey derſelben noͤthigen Erfordernuͤs ſich kein Abgang oder Mangel ereignen moͤge.

Wann nun ſolcher geſtalt alles vor - bey, und die Hochzeit-Tage mit froͤli - chem Vergnuͤgen geſchloſſen worden; ſo dencket man auf die Abnehmung des Jungfern-Kranzes bey der Braut, wel - ches theils Orten von verehlichtem Frau - enzimmer, anderer Orten von naͤchſten Freunden zu geſchehen pfleget. Am be - ſten iſts, der Braͤutigam verrichte ſol - ches ſelbſt, ſintemal er ſchlechte Muͤhe damit haben, ſondern ſich vielmehr mit Vergnuͤgen erinnern wird daß derF 6Kranz,132Kranz, am erſten Hochzeit-Tage ſchon, enſetzlich gewackelt habe. Hiemit giebt es nun wieder ſpaßhaffte Complimen - ten, deren Beantwortung in einer bloſſen Verſtellung, beſtehet, und welches ein jeder, nach ſeinen eigenen Genie und muntern Geiſte, einrichten kan. Viele aber, welche eines ſtillen Humeurs ſind, laſſen ſolches gar unterwegens, weilen ſie dergleichen Dinge vor albern, und zuͤchtigen Perſonen vor unanſtaͤndig hal - ten. Jedoch nur mit zweyen Exempeln zu dienen, koͤnte man die Braut alſo daruͤber complimentiren:

Madame! Sie haben, wie ich ſehe, einen weiten Sprung von der Claſſe der Jungfern, zu den Orden der Weibergen gethan; weswegen ſie auch den billigen Verluſt verſchmerzen, und ihren ehma - liegen Ehren-Kranz mit der Weiber - Haube verwechslen muͤſſen. Sie laſſen ſich nur dieſe Veraͤnderung nicht gereuen, ſondern erweiſen bald durch ihre frucht - bare Kennzeichen, daß ihnen die ange - nehme Verwechslung wol angeſchlagen, welches von Grund meines aufrichtigen Herzens wuͤnſche.

Beant -133

Beantwortung:

Mein Herr! Jch ſchwaches Werck - zeug bin viel zu wenig, der Gewalt zu wiederſtehen, mit welcher man mir, bey Beraubung meines Jungfern-Kranzes, vorjezo begegnet. Allein ich muß mich mit Gedult ſpeiſen, und mich mit den Exempeln anderer troͤſten, denen eben dergleichen Gewaltthaͤtigkeit wiederfah - ren, und doch von jedermann geliebet und geehret werden. Jch dancke vor deſſen wolmeinenden Wunſch, und wuͤnſche ih - nen ebenfalls alles vergnuͤgliche Wol - ergehen.

Und diß waͤren die noͤthigſten Com - plimenten bey denen Hochzeiten, deren man ſich kuͤrzlich, und ohne verhaßte Weitlaͤufigkeit, bedienen und gebrau - chen koͤnte. Viele Leute gibts zwar, die bey ihrer alten einfaͤltigen Weiſe bleiben, und ſich nichts weiſen laſſen, haben aber nichts, als Spott davon, daruͤber ſie aber endlich ſo verbittert werden, daß ſie alle dergleichen Hochzeiten und andere ſolenne Gaſtmahl verabſcheuen, und ſich,F 7Zeit134Zeit ihres Lebens nicht mehr dabey zu er - ſcheinen, verreden und verſchwoͤhren.

Fuͤnffte Abhandlung. Von Complimenten bey Ga - ſtereyen.

WEnn gute und vertraͤuliche Freunde, einander gerne ſehen und ſprechen, ſo pflegen ſelbige einander fleißig zu beſuchen, und legen dadurch ihre Sehnſucht an den Tag, welche ſie in ihrem Herzen zu aufrichtigen Freunden tragen, deren Entbehrung ih - nen hoͤchſt-ſchmerzlich, ihre angen[e]hme Gegenwart aber ſehr troͤſtlich und erfreu - lich fiele. Jſt nun beeder Herzen ein Herz, ſo iſt auch beeder Seckel eine faſt gemeinſchafftliche Vereinigung; ein auf - richtiger Freund goͤnnet dem andern ſo viel gutes, als ſich ſelbſt: er nimmt den Biſſen, ſo zu reden, aus dem Mund, und ſpeiſſet ſeinen Freund damit; Er haͤlt ſeines Freundes Gluͤck und Ungluͤck fuͤr ſein eigenes, und nimmt an alle dem Theil, was ſeinem Freunde begegnet, esſchlage135ſchlage daſſelbe gleich zur Traurigkeit, oder froͤlichem Vergnuͤgen, aus.

Wann ſchon vor uralten Zeiten die Leute ſich mit ihren guten Freunden, eine beſondere Froͤlichkeit machen wolten; ſo ſtelleten ſie ein Mahl an, luden ihre Freunde darzu ein, und bezeigten uͤber deren perſoͤnlichen Gegenwart, ihr herz - liches Vergnuͤgen. Und dieſe ruͤhm - liche Gewohnheit, hat ſich noch biß auf den heutigen Tage, in ihrem Stand und Werth erhalten, wenn der Sachen da - bey nur nicht zu viel und zu offt geſchicht: Denn man hat leider! gar viele betruͤbte Exempel, daß manche anſehnliche Haͤu - ſer und Familien zu Grunde gegangen, und in die aͤuſſerſte Armuth gerathen: da ſie ſich durch viele und theils koſtbare Gaſtereyen ruinirt, und andern die Koͤh - le unnoͤthiger Weiſe geſchwancket haben.

Wenn aber vernuͤnfftige Perſonen Gaſtereyen, zum Tractament ihrer guten Freunde, anſtellen wollen, brauchen ſie ſich darinnen der loͤblichen Ordnung, Zeit, Ziel, und Maas. Und wie ſich derSpen -136Spenditor zu huͤten hat, daß ers in nichts dabey verſehe: ſo haben auch die - ſe, welche darzu eingeladen werden, eben - falls verſchiedenes in Obacht zu nehmen, damit ſie nichts verſehen, und daruͤber einer groben Unhoͤflichkeit moͤgen beſchul - diget werden.

Wenn ein hoͤflicher Menſch zu einem Gaſtmahl erbetten und eingeladen wird; ſo ſchlaͤgt er ſolches ſo leichte nicht aus; bezeiget auch darinnen keinen Anſtand, wenn ſchon der Spenditor dem Stande nach etwas geringer, als er waͤre. Wenn hingegen mancher arme Schlucker ſich mit einbildiſchen Gedancken ſpeiſet, ſo wird er alle hoͤfliche Einladungen, ver - ſchlagen, und ſich mit ſeiner bereits ein - genommenen Saͤttigung, entſchuldi - gen; ohnerachtet man weiß, daß ſich der Hunger Haus-hoch bey ihme aufbaͤu - met, und ſchon ein halbes Jahr das Gras auf ſeinen Heerd gewachſen ſeye. Was aber ein ſolcher, wegen ſeiner beduͤrffti - gen Einbildung und hohen Gedancken unterlaͤßt, das erſezt ein verdrießlicher Schmarotzer gedoppelt: Denn derglei -chen137chen Kuchenſchmecker beſuchen ihre Freunde gemeiniglich zwiſchen 11. und 12. Uhr, und dencken, ſolcher geſtalt wuͤr - de man, wenn ſie ſich ſtelleten, fortzuge - hen, ihnen doch ein Ehren-Wort vergoͤn - nen, und ſie beym Eſſen bleiben heiſſen, da denn ihre Reſolution ſogleich braun gebraten iſt, und ſich keiner den Rock dar - uͤber zerreiſſen laͤſſet. Solche Leute ſind wie die unverſchaͤmten Bettler, denn die - ſe gehen auch um Eſſens-Zeit, fuͤr die Thuͤ - ren zu bettlen, und troͤſten ſich, daß man zu ſolcher Zeit ſie deſto weniger abſchaffet.

Ein hoͤflicher Menſch wird ſich bey ei - nem Gaſtmahl und Zuſammenkunfft gu - ter Freunde, ja nicht um die Ober-Stel - le zancken, ob ihm ſchon ſolche etwan, nach ſeiner Ehr und Wuͤrde, gebuͤhrete: zumal weil ſolches an einem Privat-Ort geſchiehet: woſelbſt ſeine Reputation, in dieſem Stuck, keinen Schaden leidet. Die vornehmſte Stelle iſt, wo ein kluger beſcheidener Menſch ſitzet, und wenn es auch bey dem Ofen ſeyn ſolte. Einen Narren aber wuͤrde man doch in ſeiner ſchoͤnen Qualitaͤt erkennen, wenn auchſein138ſein Sitz mit guldener Decke uͤberzogen waͤre.

Nichts iſt ſchoͤners bey Gaſtereyen, als eine manierliche Auffuͤhrung, daß man ſich nicht veraͤchtlich, und andern Anweſenden dadurch einen Eckel mache. Dergleichen eckelhaffte Auffuͤhrungen ſind, die Speiſen mit den Haͤnden neh - men, Teller und Schuͤſſeln abſuppern, oder mit den Fingern ausſtreichen und ſo dann mit der Zunge lecken, welches ſehr graueriſch laͤßt, und denen Anweſenden den ganzen Appetit benehmen und ver - derben kan.

Wenn einem jeden ſein eigen Glas oder Bouteille vorgeſezt wird, geſchicht es zu dem Ende, daß er, nach Erforder - nuͤs ſeines Appetits, trincken kan, und nicht erſt damit auf einen andern war - ten muͤſſe. Wenn es aber aus Geſund - heit trincken (welches gemeiniglich das Erſte iſt) gehet, ſo thut er ſolches vors er - ſte auf Geſundheit der ganzen anweſen - den Compagnie; ſo dann nimmt er her - nach die Ordnung, nach eines jedenRang,139Rang, in Obacht, und trincket deren Ge - ſundheit ins beſondere. Jſt aber Frauen - zimmer gegenwaͤrtig? ſo gibt er demſel - ben darinnen den ihr gehoͤrigen Vorzug; woruͤber ſich kein kluger und verſtandiger Menſch beſchwehren wird. Schließlich nimmt er auch die rechte Zeit in acht, wie - derum nach Hauſe zu gehen, und nicht ſo lange zu bleiben, daß es ſchiene, als wolle er, mit dem Haus-Patron, der letzere ſeyn; welches gar verdruͤßlich faͤllt, wenn man ſich ſo gar lange aufhaͤlt, und den Goͤnner auf die Gedancken bringt, er muͤſſe einen ſolchen Unhold gar zum Haus hinaus ſchwoͤren laſſen.

Weilen aber bey angeſtellten Gaſte - reyen, nicht nur lauter gute und vertraͤu - liche Freunde, ſondern auch oͤfftermals vornehme Perſonen, Geiſt - und weltli - chen Standes, darzu eingeladen wer - den: ſo erfordern dergleichen Perſonen, auch eine hoͤflichere, als ganz gemeine, Art, zu ihrer Einladung, worzu wir eini - ge Exempel zur dienlichen Anleitung an - hero ſezen wollen.

Ein -140

Einladungs-Compliment an einen vornehmen Mann zum Gaſt - Mahl.

Ew. Hoch-Edelgebohrnen habe, nach ſo vielen Merckmahlen Jhrer unveraͤn - derlichen Gewogenheit gegen mich, ge - horſamſt bitten und erſuchen wollen, die hohe Guͤte zu haben, und heute auf eine geringe Mittags - (Abend) Mahlzeit hochgeneigt vorlieb zu nehmen. Solche hohe Guͤte und Wolgewogenheit werde mit allen ergebenſten Danck erkennen, und mich aͤuſſerſten Fleiſſes beſtreben, mich derſelben, zu allen Zeiten, immer wuͤrdiger zu machen.

Durch einen abgeſchickten Boten koͤnte ſelbiges ſo vorgetragen werden:

Ew. Hoch-Edelgebohrnen laͤſſet ſich mein Herr N. N. gehorſamſt empfehlen, und bittlich erſuchen, Sie wollen dem - ſelben die hohe Ehre erweiſen, und heute Abends auf eine Suppe mit ihme hoch - geneigt vorlieb nehmen. Er wird dieſe hohe Ehre mit allem ſchuldigen Reſpect erkennen, und ſich befleiſſen, in Derohohen141hohen Gewogenheit ſich beſtaͤndig zu er - halten.

  • NB. Geſchaͤhe dergleichen Einladung an einen vornehmen Geiſtlichen, muͤßte man im Titul, Hoch-Ehr - wuͤrden, oder Wol-Ehrwuͤrden, ſtatt des Hoch-Edelgebohrnen, ge - brauchen.

Waͤre es nun daß ein ſolcher vorneh - mer Gaſt zu kommen zuſagete; koͤn - te der Haus-Wirth ſich folgender geſtalt bedancken:

Ew. Hoch-Edelgebohrnen (Hoch - Ehrwuͤrden) haben mich durch Dero guͤ - tige Entſchlieſſung ungemein erfreuet, welche einen doppelten Danck deswegen in meinem Herzen wuͤrcket. Wie nun dieſer Ehre mit beſonderer Begierde ge - waͤrtig bin; ſo ſehr werde ich dabey ge - fliſſen ſeyn, einem ſo vornehmen Gaſt nach erforderlicher Wuͤrde, zu bedienen und aufzuwarten.

Solte derſelbe aber nicht kommen, koͤnte der Haus-Wirth ſich folgen - der Worte bedienen:

Jch bedaure zwar von Herzen, daß, da ich mir lange mit dieſer ſuͤſſen Hoff -nung142nung geſchmeichelt, ich dennoch dermal dieſer hohen Ehre nicht theilhafftig wer - den kan. Jch will jedoch aber, mit Dero guͤtigen Erlaubnis, dieſe Ehre zu einer andern Zeit hoffen, und Dero Befehl darzu in ſchuldigen Reſpect erwarten; wie mich denn hiemit zu fernerer hohen Gewogenheit demuͤthig empfehle.

Perſoͤnliche Einladung an andere gu - te Freunde zu einem Gaſtmahle.

Mein Herr! Weilen vor heute mir ei - nige gute Freunde verſprochen, bey mir auf eine geringe Abend-Mahlzeit zu er - ſcheinen; ſo habe ſie ebenfalls dienſt - freundlich erſuchen wollen, demſelben auch guͤtigſt mit beyzuwohnen, und mit der wenigen Aufwartung vorlieb zu neh - men.

Bey Frauenzimmer kan man eben dergleichen Complimenten zur Ein - ladung gebrauchen, wenn nur der Titul und ſonſten etwas weniges geaͤndert wird.

Wolte143

Wolte der Eingeladene kommen, wuͤrde er auf das Einladungs-Com - pliment folgender Geſtalt ant - worten:

Mein Herr! Jch erkenne mich verbun - den, daß ſie mich ſo freundlich, zu ih - rer bevorſlehender Abend-Mahlzeit, ha - ben laden wollen. Jch werde ihr Begeh - ren als einen Befehl ehren, und ſolchen durch meine Erſcheinung ſchuldigſt befol - gen, um mich des Vergnuͤgens einer ſo angenehmen Geſellſchafft theilhafftig zu machen. Jnzwiſchen recommendire ich mich Dero fernern Liebe und Gewogen - heit.

Wolte er aber nicht kommen, koͤnnte er ſich folgender maſſen entſchul - digen:

Mein Herr! Es iſt mir wuͤrcklich von Herzen leid, daß der Ehre und des Ver - gnuͤgens dieſer angenehmen Geſellſchafft, dermahlen nicht theilhafftig werden kan; weil ich mich bereits anderwaͤrts ver - ſprochen: hoffe aber ein andermal die - ſe Ehre deſto vollkoͤmmlicher zu genieſſen. Jndeſſen dancke vor deſſen Bemuͤhung, und befehle mich ihrer fernern Wolge - wogenheit.

Wenn144

Wenn die Gaͤſte nach und nach an - kommen, und ihre kurzen Compli - menten abgeleget; kan der Haus - Wirth jeden derſelben kuͤrzlich alſo empfangen:

Jch freue mich von Herzen, daß ſie mein Bitten genehmigen, und mir die Ehre ihres wertheſten Zuſpruchs goͤnnen wollen. Jch bitte zum voraus, mit dem wenigen vorlieb zu nehmen, unter Ver - ſicherung, daß zur andern Zeit den an - ſcheinenden Mangel foͤrderſamſt erſezen werde.

Man kan auch an die bereits anwe - ſende Gaͤſte ein kurzes Compliment machen, obngefehr folgenden Jnhalts:

Jch erfreue mich, hier eine ſo angeneh - me Geſellſchafft zu finden, und mit ſelbi - ger die Zeit vergnuͤgt zu paſſiren; wie mich denn uͤbrigens in Dero ſaͤmtlichen Gewogenheit beſtens empfehle.

Sonſt pflegen aber die Ankommen - de gemeiniglich der Verſammlung ein Reverence zu machen, welche ih -nen145nen eben auch wiederum mit der - gleichen Art begegnet.

Wenn man bey Gaſtmahlen Gele - genheit ſiehet, mit jemand bekannt zu werden, kan man mit dieſem Com - pliment den Anfang dazu machen:

Jch rechne es als unter die vornehm - ſten Stuͤcke meines Vergnuͤgens, alhier das erſtemal die Ehre zu haben, in Dero wertheſte Bekandtſchafft zu kommen. Sie haben die Guͤte, und ſchreiben mich in die Zahl ihrer ergebenſten Diener, wo - fuͤr bey allen Gelegenheiten meine erge - benſte Dienſte beweiſen werde.

Von Complimenten gegen vorneh - me Perſonen iſt bereits oben pag. 67. gemeldet worden. Jn Geſundheit trincken ſind ſolche aber nie ge - braͤuchlich, ſondern man gebraucht nur die wenigen Worte: Sie er - lauben mir Dero wertheſte Geſund - heit ꝛc.

GAb -146

Abſchieds-Compliment eines Gaſtes, nach dem Gaſt-Mahl an den Haus - Wirth, oder Wirthin:

Jch bin Jhnen, mein Herr! nunmehro verbunden, vor die viele Liebe und Hoͤf - lichkeit, welche bey einer andern Gelegen - heit moͤglichſt zu revangiren befliſſen ſeyn werde. Sie pardonniren, wenn da - bey einige Fehler habe unterlauffen laſſen, und erhalten mich in Dero fernern Wol - gewogenheit.

Beantwortung deſſelben.

Sie haben, mein Herr! nicht Urſa - che, ſich ſo ſehr zu bedancken, weil eben ihnen heute bey mir nicht viel gutes ge - ſchehen; ſie haben die Guͤte, und ent - ſchuldigen vielmehr meine ſchlechte Be - wirthung, welche ich zur andern Zeit, bey der Ehre ihres Wiederſehens, moͤglichſt verbeſſern werde. Jch empfehle mich in - zwiſchen Dero geneigten Andencken.

Ein Gaſt kan von dem andern fol - gender Geſtalt Abſchied nehmen:

Jch dancke Jhnen ſchoͤnſtens vor gelei - ſtete Compagnie, und bitte, meine be -gange -147gangene Fehler guͤtigſt zu uͤberſehen, mich aber dagegen beſtaͤndig in dero Wolge - wogenheit zu erhalten, worum dieſelbe inſtaͤndigſt erſuche und bitte.

Beantwortung.

Jch habe ebenfalls ihnen Danck zu ſa - gen vor die geleiſtete Geſellſchafft: Weil ich aber von ihnen keinem Fehler mich zu erinnern weiß, ſo bitte nur meine bezeigte Freyheit nicht unguͤtig zu vermercken, der ich inzwiſchen wuͤnſche vergnuͤgt zu leben.

Sechſte Abhandlung. Von Complimenten bey Ge - burts-Namens - und Neu-Jahrs - Tagen.

ES iſt denen Menſchen gemeini - glich der Tag ihrer Geburt ſo an - genehme und lieblich, daß ſie lie - ber alles andern, als deßelben vergeſſen wuͤrden. Zumal, wenn ihnen das Gluͤk gefuͤget, in einem guͤnſtigen Planeten und Himmels-Hauß, das Licht der Welt zumG 2erſten -148erſtenmal zu erblicken. Denn daraus ſchlieſſen ſie ihr Gluͤck und oder Ungluͤck, ihren beywohnenden Verſtand und Klug - heit, ihre Tugend und Laſter, und meynen, ſie thaͤten nichts anders, als was ihnen ihr Geburts-Geſtirn zu vollbringen inſpiri - rete, wider daſſelbe koͤnne ſein menſchli - ches Vermoͤgen nichts thun. Hat nun das Gluͤk, nach ihrer Meynung ſie ſo hoch erhoben, daß ſie vor vielen andern, an Ehr und Herrlichkeit, praeeminiren und her - vor leuchten; ſo wird dem gluͤklichen Ge - burts - und Gedaͤchtnuͤs-Tage, faſt goͤtt - liche Ehre angethan. Man ſtellet praͤch - tige Gaſtmahle an, und laͤdet eine ganze Compagnie der beſten Freunde, die dem gluͤklichen Patron felicitiren, darnach aber viele Becher, auf deſſen fernere Gluͤcks - Jahre, ausleeren muͤſſen. Man ſchrei - bet Carmina und Gratulations-Gedichte, laͤßt ſolche noch darzu mit einer charman - ten Muſique begleiten: da werden die Comparationes und Vergleichungen der zahlreichen Jahre, dieſes gluͤcklichen Pa - trons, mit dem Alter des grauen Neſtors gemachet, und ſonſt ein Haufen alberes Zeuges mit eingeſchmiert, daß derrein ge -fallene149fallene Schnee vom Himmel daruͤber er - ſchwarzen moͤchte.

Dergleichen Exceße gehen auch bey denen Nahmens - und Neu Jahrs Ta - gen vor: Wobey man gar noch anſehn - liche Geſchenke bringet, um ſich durch ſel - bige, bey ſolchen Goͤnnern ein faſt unver - geßliches Andenken zu ſchaffen: Da doch heute dergleichen Carmina geleſen, mor - gen aber von denen Maͤgden in den Fleiſch Korb geleget, und mit Blut beſu - delt werden. Viel beſſer iſts, wenn ein kluger Menſch, an dergleichen merckwuͤr - digen Taͤgen, gegen ihre Patronen und Goͤnner, die Gluͤckwuͤnſchungen, muͤnd - lich und zwar kurz und deutlich verfaſſet, herſagete: Denn ſolcher geſtalt legte er mehr Ehre ein, und verſtieß ſich nicht ſo hart in die vergebliche Unkoſten, welche er doch bezahlen, und daruͤber manchmahl, etliche Wochen lang, dem Hunger eine Mittelwache nach der andern thun muß.

Aber die Gluͤkwuͤnſchungen, welche wegen des Geburts-Tages abgeleget werden ſollen, muͤſſen eben ſelbigen inſte - henden Tag geſchehen: Denn etliche Ta -G 3ge150ge oder Wochen darnach erſt mit aufge - zogen kommen, waͤre, meines Erachtens eben ſo ekelhafft, als wenn ich jemand ei - nen laulichen Thée zum trincken[o]fferirte, weilen ſolche Perſonen der angenehmen Zeit bereits halb wieder vergeſſen.

Der Jnhalt aber eines dergleichen Gluͤckwunſches ſoll kuͤrzlich darinn beſte - hen, daß ſich der Client freue, daß der Pa - tron das Gluͤck habe, den Geburts-Tag wiederum zu erleben; wobey man GOtt vor deſſen gnaͤdige Erhaltung, dancket, und zugleich wuͤnſchet, daß der Hoͤchſte ſelbigen noch viele Jahre den lieben Sei - nigen zum Troſt, denen nahen Angehoͤri - gen zur Freude, ſich und andern Clienten aber zum Schuz und troͤſtlicher Hofnung gnaͤdig erhalten wolle.

Wenn man einem vornehmen Mann zu ſeinem Geburts-Tag Gluͤck wuͤnſchen wolte, koͤnte es folgen - der geſtalt geſchehen:

Ew. Wolgeb. (Hochedelgeb. ) erlau - ben gnaͤdig, daß mich der Kuͤhnheit unter - fange Jhnen an Dero hoch-erfreulichenGe -151Geburts-Feſt meinen unterthaͤnigen Gluͤkwunſch abzuſtatten. Die hohe Gnade, welche von Ew. Wolgeb. ſchon geraume Zeit hero ganz unverdient genieſ - ſe, treibet mich zur inbruͤnſtigen Bitte ge - gen dem Hoͤchſten, Selbige, wie bißhero, als auch hinfuͤro noch lange und undenk - liche Jahre, in deſſen Protection und gnaͤ - dige Erhaltung zu befehlen. Damit ſie dem gantzen Vatterland zu Nuz, ihren hohen Angehoͤrigen zum reichen Troſt und Vergnuͤgen, deren ſaͤmtlichen Clienten, und mir inſonderheit, zum gnaͤdigen Schuz, bis an ihr ſpates Alter, in allen hohen Flor und geſegneter Proſperita[et]gruͤnen und bluͤhen moͤgen. Der ich mich, Ew. Wolgeb. Gnade und hohen Gewo - genheit fernerhin unterthaͤnig empfehle.

  • NB. Dergleichen Gluͤkwunſch koͤnte man auch am Nahmens-Tag vorbringen, außer daß man nur des Nahmens - nicht aber des Geburts-Tags Mel - dung darbey thue.

An einen vor nehmen Geiſtlichen koͤnte folgender geſtalt der Gluͤkwunſch zuG 4ſeinem152ſeinem Geburts-Tag abgeleget werden:

Ew. Hoch Chrwuͤrden zu Dero gluͤk - lich erlebten und hocherfreulichen Ge - burts Feſt gehorſamſt zu gratuliren, neh - me mir die[E]hre, mit angehaͤngten herz - lichen Wunſch, der große Segens GOtt wolle Ew. Hoch-Ehrwuͤrden noch viele Jahre, in erfreulicher Geſundheit und al - lem hoͤchſtgedeylichen Wolergehen erbal - ten, damit ſich ihre Heerde unter ihrem ge - treuen Hirten und Prieſter, noch ferner der ſeligen Weide des goͤttlichen Wortes getroͤſten, ich aber, nebſt andern Clienten mich ihres hochgeneigten Patrocinii und Wolwollens beſtaͤndig erfreuen moͤge.

  • NB. Die Beantwortungen werden ſolche Herren ſelbſten geben, und keine An - weiſung darzu noͤthig haben.

Ein Kind koͤnte ſeinem Vatter (Mut - ter) folgende Gratulation ablegen:

Herzvielgellebter Vatter (Mutter) ich bin nicht wenig erfreuet, daß anheute das Gluͤk habe, demſelben zu ſeinem gluͤklich - erlebten Geburts-Tag meinen kindlichenGluͤk -153Gluͤkwunſch abzuſtatten, und meiner Schuldigkeit gemaß, den Hoͤchſten fer - ner um deßelben gnaͤdige Erhaltung de - muͤthigſt anzuflehen; damit ich ſo gluͤklich werde, den herzlich-geliebten Vatter (Mutter) auch in ihrem grauen und ſpa - ten Alter, durch meinen kindlichen Gehor - ſam, zu lieben, zu ehren und zu bedienen, und ſodann deſſen vaͤtterlichen Segen zu meinem zeitlich - und ewigen. Wolerge - hen erlangen moͤge.

Beantwortung.

Liebes Kind, ich bedancke mich deines wolgemeinten kindlichen Wunſches: und wie ich nicht zweifle, daß derſelbe aus dei - nem getreuen und redlich-geſinnten Her - zen gefloſſen, ſo wuͤnſche auch, daß eben daſſelbe GOtt mit dem Licht ſeiner Weiß - heit, Froͤmmigkeit und allen wolgefaͤlli - gen Tugenden erfuͤllen moͤge, und du mit dem Wachsthum deiner Jahre, auch an Erkaͤnntnuͤs des Guten zunehmeſt, und ſowol mich, als alle andere Menſchen da - durch erfreuen koͤnneſt.

Gluͤkwunſch an ein Frauenzimmer an ihrem Geburts-Tag.

G 5Schoͤne154

Schoͤne Jungfer, nachdem gantz un - vermuthet in Erfahrung gebracht, daß ſie heute ihren gluͤklich-erlebten Geburts - Tag begehen: ſo habe zu ſelbigem meinen ergebenſten Gluͤkwunſch abſtatten und demſelben in wolmeinender Aufrichtig - keit beyfuͤgen wollen, daß ſie dergleichen noch viele und undenkliche Jahre in voll - kommener Zufriedenheit, (jedoch zugleich auch in einem andern Stand) feyerlich begehen, und ihre Angehoͤrige dadurch er - freuen moͤgen.

  • NB. Die Beantwortungen ſind ganz kurz, und alſo leicht einzurichten, ſo, daß ſie eben keiner Anweiſung noͤ - thig haben.

Desgleichen ſind auch die Gluͤckwuͤn - ſche an denen Nahmens-Taͤgen, wel - che aber gemeiniglich mit Geſchencken, oder ſo genannten Angebinden begleitet werden, deren denn in dem Compliment mit gedacht werden muß. Wie hierbey einige Exempel zum Muſter dienen und den geneigten Leſer anweiſen koͤnnen.

So155

So koͤnte ein Mann ſeiner Frauen an ihrem Nahmens-Tag folgender Geſtalt gratuliren, und ſelbige anbinden:

Lieber Schatz! Jch habe eine ganz unbeſchreibliche Freude, daß ſie ihren werthen Nahmens-Tag anheute wieder in Geſundheit und froͤlichem Vergnuͤ - gen anbrechen geſehen. Wie mich der - ſelbe nun an unſere erſte Bekanntſchafft und ſuͤſſes Vergnuͤgen erinnert, ſo wuͤn - ſche, daß ihr der Hoͤchſte dieſe Zufrie - denheit noch viele Jahre wolle wieder - fahren laſſen, und ſie zu meinem Troſt geſund und in allem geſegneten Wol - ſtand erhalten. Diß wenige Praͤ - ſent nehm ſie, als ein Zeichen mein[er]ehlichen Liebe, zu einem unvergeßlichen Andencken an, und laß mir ferner den Anmuths-Zucker ihrer getreuen Liebe, in vollkoͤmmlichen Vergnuͤgen genieſſen.

Beantwortung.

Liebſtes Kind! Wenn dieſer wolmei - nende Wunſch aus aufrichtigem Herzen hergefloſſen, wie ich gar nicht zweifele: ſo erfreut er mich mehr, als koſtbare Ga - ben von Gold und Silber. Denn erG 6ver -156verſichert mich meines Schatzes unver - aͤnderter Liebe, und wuͤnſchet mir zur oͤfftern Wiederhohlung meines Vergnuͤ - gens, noch laͤngere Jahre, meinen Nah - mens-Tag froͤlich zu begehen, wofuͤr dem - ſelben herzlich dancke. Der Hoͤchſte ge - be auch Jhm alles Vergnuͤgen, und er - halte Jhn mir zum beſtaͤndigen Troſt bey erwuͤnſchter Geſundheit und langem Leben; Fuͤr das ſchoͤne Angebind ſage ſchuldigen Danck, ich werde ſolches fleiſ - ſig auf meiner Bruſt, ſein Angedencken ſelbſt aber Zeit meines Lebens, im Herzen tragen.

Ein Diſcipel koͤnte ſeinem Herrn Præ ceptori alſo zum Nahmens-Tag gratulir en:

Hochzuehrender Herr Magiſter! Jch habe heute die Ehre Jhnen zu ihrem froͤ - lich eingetrettenen Nahmens-Licht gehor - ſamſt zu gratuliren, und Jhnen hiemit ein geringes Angebind, zur unwuͤrdigen Belohnung ihres ruͤhmlichen Fleißes, zu uͤberreichen. Jch wuͤnſche vom Grund meines aufrichtigen Herzens, daß der Hoͤchſte Sie noch viele und lange Jahrein157in ſeiner Gnade beſtaͤndig erhalten, und Jhnen vornehme Goͤnner und Befoͤrde - rer erwecken wolle, die Sie mit einem wohlſtaͤndigen Amt erfreuen und ihre ge - treuen Fleiß mit herzlichem Vergnuͤgen becroͤnen moͤgen.

Und eben ſolcher Geſtalt kan ein Dienſtbot ſeiner Herrſchafft, ein guter Freund dem andern gratuliren, da eben kein Geſchencke dabey ſeyn muͤſſen, wie dergleichen tauſenderley Exempel paſſiren und vorgehen. Gemeine Leute die ſel - ten nach denen Namens-Taͤgen in den Calendern ſehen, werden ſich auch nicht in Buͤchern nach denen darzu gehoͤrigen Complimenten umſehen; ſondern ſagen entweder gar nichts, oder doch nur ihr alt gewoͤhnliches Sprichwort, wie bey denen Geburts-Taͤgen: Jch gratulir zum Borzeles-Tag!

Die Gluͤckwuͤnſchungen an denen Neu-Jahrs-Taͤgen ſind wol am aller - aͤlteſten, und auch faſt bey allen Nationen gebraͤuchlich: angeſehen man dadurch ei - nem das Gluͤck das ganze Jahr hindurchG 7wol -158wolmeynend anwuͤnſchet; nur iſt das ſehr laͤcherlich, daß theils Orten die Leute von allerhand Stand, und Aemtern, auch ſo gar die Kinder auf den Gaſſen herum lauffen, das Neue Jahr den Leuten wuͤn - ſchen, und ſo dann ihren Wunſch hernach bezahlt haben wollen. Welches ſchon viele ehrliebende Gemuͤther gewaltig ge - aͤrgert, weil ſolche unverſchaͤmte Sachen nach dem Bettel-Sack ſchmecken. Al - lein es wird daſſelbige doch nicht unter - bleiben, weilen es ſchon ſehr alten Her - kommens, und die Leute ſagen, ſie haͤt - ten es nicht aufgebracht; ſo wolten ſie es auch nicht abbringen. Es waͤre derglei - chen Ehren-Sammlung ein groß Theil ihrer angewieſenen Einkuͤnffte, und da ſie das ganze Jahr den Leuten durch ihre Verrichtungen dienen und aufwarten muͤſſen, waͤren ſie nicht zu verdencken, wenn ſie zu ſolchen Zeiten auch eine kleine recreation begehreten, welches ja in ei - nes jedweden ſelbſt-eigenen Belieben ſtuͤnde. So ſpielen auch die Muſican - ten und Spiel-Leute verſchiedene Naͤchte durch, biß an den liechten hellen Tag, zu ſolcher Zeit, erſtlich ſchoͤne geiſtliche Lie -der159der auf ihren Jnſtrumenten, denen aber ſogleich ein halb dutzent luſtige Spruͤnge und Taͤnze auf dem Hall und erſten Schall folgen; ſo dann tritt ihr erwaͤhlter Ora - tor auf, der um 15. Kreutzer einen gan - zen Hopfen-Sack voll Ehren-Titul den Leuten zum Fenſter hinauf ſchreyet, und bey denen Nachbarn ein gar horribles Gelaͤchter erwecket, weil man mercket, daß er die Praͤdicata nach dem Pfund verkauffet, und den Leuten einen guten Ausſchlag damit gibt. Aus ſolchen Ab - ſichten kan man leichtlich mercken, daß ſolche Leute keine wohlmeinende, ſon - dern wohlbezahlende Wuͤnſche anzu - bringen, und ihren lieben Nutzen, nicht aber ihres Naͤchſten Gluͤck und erſprieß - liche Wolfahrt, dadurch zu befoͤrdern, ſuchen. Andere gute Freunde aber, wenn ſie einander zu ſolcher Zeit begegnen, ſe - zen alle Complimenten und derſelbigen weitlaͤufige Umſchweiffungen beyſeits, und pflegen einander nur mit dieſen we - nigen Worten zu felicitiren: Proſit das Neue Jahr!

Es erfordert jedoch aber die Nothwen -dig -160digkeit, wann man mit etwas vorneh - mers, als ſeines gleichen, umzugehen hat, daß man demſelben mit einer mehrern, als gememen Art, von Gluͤckwuͤnſchun - gen begegne: Weil es ſonſt wider den Reſpect waͤre, den man ihnen ſchuldig iſt, und ſie dergleichen Fehler einem lan - ge koͤnnen ins Wachs drucken.

Einem vornehmen Mann koͤnte man, als ſeinem Patron, folgenden Gluͤckwunſch abſtatten:

Ew. Wolgebohrnen (Hoch-Ehrwuͤr - den) wuͤnſche ich, als deren unterthaͤni - ger Knecht, zu gegenwaͤrtig gluͤcklich ein - getrettenen Neuen Jahr, allen geſegne - ten Anfang, zu Dero ſelbſt beliebigen und gedeyhlichen hohem Wolergehen. Der grundguͤtige GOtt wolle Ew. Wol - gebohrnen wie in dieſem, ſo auch in vie - len noch hernach folgenden Jahren Sie und ihr geſamtes hohes Haus, mit ſei - ner reichen Gnade und himmliſchen Se - gen becroͤnen, und Sie zum Vergnuͤ - gen des ganzen Staats, biß in ihr ſpaͤ - teſtes Alter, bey erfreulicher Geſund - heit erhalten. So wird mein Gluͤck auch ihren geſegneten Wachsthum ſpuͤh -ren,161ren, weil ſelbiges nur unter ihrer hohen Gewogenheit zu gruͤnen und zu bluͤhen pfleget, zu welcher ich mich denn noch - mals, mit Dero guͤtigſten Erlaubnuͤs, ganz gehorſamſt empfehle.

An ein Frauenzimmer koͤnte es fol - gender Geſtalt ausfallen:

Wertheſte Jungfer! Jch erfreue mich die Ehre zu haben, derſelben vor heute zum gluͤcklichen Antritt des Neuen Jahrs zu gratuliren, nebſt herzlichen Wunſch, nicht nur dieſes, ſondern noch viele nach - folgende unter reichem Segen des Him - mels, gluͤcklich zuruck zu legen, und ſo viel Vergnuͤgen aus deſſen untadelhafften Vorſorge zu erlangen, als ſie ſich ſelbſt wuͤnſchen und erbitten moͤgen. Ver - aͤndern ſie in dieſem Jahr, durch goͤtt - liche Fuͤgung, vielleicht ihren bisherigen Stand, ſo behalten ſie doch nur ihr guͤ - tiges Angedencken unveraͤndert, gegen mich, als deren aufrichtigen Freund und Diener.

Beantwortung:

Jch dancke, mein Herr, vor Dero wohl - gememten Wunſch, und reciprocire auchihres162ihres Orts, alles dasjenige Vergnuͤgen, ſo ſie mir in reicher Maaſſe angewun - ſchen, weil ihre angenehme Perſon deſ - ſen allen wuͤrdig iſt. Wie ich nun dar - an nicht zweifele, ſo nehme mir die Eh - re, mich in Dero ferneres geneigtes An - gedencken demuͤthigſt zu empfehlen.

NB. Ehleute nehmen ſich nicht leicht ſo viel Zeit, einander beſondere Gluͤck - wuͤnſche abzuſtatten, weilen ſelbige ge - meiniglich bey der alten Mode (geſun - den Leib, langs Leben, Fried und Einigkeit, erſprießlichen Nabrung, und alles was dir nutz und gut iſt, an Seel und Leib) bleiben. Bey vie - len iñ die Liebe erloſchen, die wuͤnſcheten einander gerne den Kirch-Hof, wenn nur GOttes Wille dabey waͤre. Allein ſol - che Leute ſtreiten mit dem Erdboden, und keines derſelben begehrt zum erſten hin - unter; verzehren alſo mit der Zeit ihre Kraͤfften und Geſundheit, und da ſie ſich immer mit einer andern vergnuͤglichern Perſon ſchmeicheln, kommt das Alter und die Jahre der ungeſtalten Figur, und macht aus ſolchen Leuten laͤcherliche Bil -der,163der, die ihre vormalige Anmuth, durch unnoͤthige Sorg und Kuͤmmernuͤs, mit ſolchen greulichen Larven-Geſichtern ver - tauſchet und verwechslet haben. Wie - der andere bringen gegen einander, im wuͤnſchen, alles dasjenige auf einmal und in einem Klumpen, fuͤr, was ſie das ganze Jahr uͤber auf dem Herzen wider einander gehabt; zumal wenn ſie ein an - ders Herze wuͤnſchen, und eine Veraͤn - derung des ehmaligen ſuͤndlichen Lebens, da koͤnte mancher nur ſeiner Wunder nicht genug hoͤren, was da vor ſchoͤne Acten und verborgene Schandthaten heraus ſpringen, die man dergleichen Perſonen nimmermehr zugetrauet haben wuͤrde. Wuͤrden es aber ein paar ver - nuͤnfftige Eheleute ſeyn, die eine recht - ſchaffene ehliche Liebe und Treue gegen einander truͤgen; ſo wuͤrden ſie ſich derge - ſtalt mit einem wohlgemeinten Wunſch, zum Antritt des Neuen Jahrs begegnen: Neu-Jahrs Wunſch des Manns an ſeine Frau:

Lieber Schaz! Jch wuͤnſche ihr vom Herzen Gluͤck zu dieſem in GOttes Se - gen angetrettenen Neuen Jahr. DerHoͤch -164Hẽchſte laß, mit dem Alten Jahr, auch alle Verdrießlichkeiten aus dem Hauſe weichen, und uns in ſteter Freude und Vergnuͤgung leben, und miteinander wol verſtehen. So wird GOtt einen Wohlgefallen an unſerer Einigkeit, und wir viel Vergnuͤgen an ſeinem reichen Segen haben.

Beantwortung:

Jch gratulire ihm, liebes Herze, eben - falls zu dieſem Neuen Jahr, und wuͤnſch ihm ſo vieles Vergnuͤgen, als mein ge - treu-aufrichtiges Herze Bluts-Tropffen enthaͤlt: Damit ich zu meinem Troſt nicht nur dieſes, ſondern noch viele nach - folgende Jahre in vergnuͤgter Liebe und Zufriedenheit mit ihm leben moͤge.

Neu-Jahr-Wunſch eines Kindes an die Eltern.

Hochwertheſte Eltern! Da wir durch GOttes unermuͤdete Guͤte und Erbar - mung das Alte Jahr nunmehr gluͤcklich zuruͤck geleget, und heute das Neue un - ter deſſen Segen angetretten haben: ſo erinnert mich meine kindliche Pflicht und Schuldigkeit, Jhnen zu deſſen geſegne -ten165ten Anfang Gluͤck zu wuͤnſchen. Der liebe GOtt gebe ihnen in dieſem, und noch viel hernachfolgenden Jahren, er - freuliche Geſundheit und erwuͤnſchtes Vergnuͤgen; er wehre allem Ungluͤck und Ungemach durch ſeinen maͤchtigen Schuz, und lege ihrem Gewerbe Han - del und Wandel, ſeinen beſtaͤndigen rei - chen Segen zu, damit ich auch den Troſt haben moͤge, unter ihrer Chriſt-ruͤhmli - chen Vorſorge, groß und tugendhafft erzogen zu werden. Jn deſſen unge - zweiffelter Hoffnung ich mich Jhrer fer - nern vaͤtterlichen Liebe und Gewogenheit demuͤthigſt empfehle, und Zeit meines Lebens unter allem ſchuldigen Reſpect und kindlichen Gehorſam ihr getreues Kind verbleiben und erſterben werde.

Beantwortung.

Wir dancken dir wegen deines wol - meinenden kindlichen Wunſches, und wuͤnſchen dir GOttes Geiſt und Weis - heit; zu dem Wachsthum deiner Jahre auch den Wachsthum in der Erkaͤnnt - nis GOttes und allen Chriſtlichen Tu - genden; damit ſo wol wir, als alle deine und unſere Freunde, uns uͤber deinenGehor -166Gehorſam und Tugend-artigen Leben freuen, und du einmal zu Ehren wirſt kommen und gelangen koͤnnen.

Gegen einen Jnformator koͤnnte ein hoͤflicher Diſcipel ſich mit folgen - dem Gluͤck Wunſch heraus laſſen: Mein Herr Jnformator!

Jch habe zu dem gluͤcklichen Beſchluß des Alten und geſegneten Anfang des Neuen Jahrs ihnen von Hertzen zu gra - tuliren, und wuͤnſche, daß der Hoͤchſte in dieſem Jahr ihre ihme wohlgefaͤllige Arbeit, Fleiß und Studia kraͤfftiglich ſegnen, ihre gute Abſichten mit einem er - wuͤnſchten froͤlichen Ausgang begleiten, und ſie bald, als einen getreuen Arbei - ter in ſeine heilige Kirchen-Erndte ſen - den wolle, worinnen ſie ihm und dem geſammten Vatterlande viel nutzliche und erſprießliche Dienſte leiſten koͤnnen. Mich aber ſelbſt ſuche, mit deren Er - laubnis, in dero fernere Liebe und Ge - wogenheit gehorſamſt zu empfehlen.

So koͤnte auch ma ncher Dienſtbotſeine167ſeine Schuldigkeit in acht nehmen, und ſeiner Herrſchafft zum Antritt des Neuen Jahrs Gluͤck wuͤnſchen: Aber da laſſen ſich gar viele gar mit keinem Auge ſehen; geſchweige erſt, daß ſie ſelbigen, nebſt der Gratulation, erſt eine ſchoͤne Mu - ſcaten-Nuß zum Angedencken, uͤberrei - chen, und ſich durch ſolche Kleinigkeiten, einen guten Willen machen ſolten. Da ſie doch andern theils mit ihren Kerln und Anhaͤngen, um dieſe Zeit, mit al - lerhand Narren-Figuren und Kinder - Poſſen, viel Geld verſplittern, und offt den Schurz mit allerhand Flecken beſe - tzen, damit ſie nur beym Loͤffeln der Zeit ihr Recht thun koͤnnen. Ein rechtſchaf - fener Dienſtbot aber koͤnte der Herr - ſchafft folgendes Compliment am Neue[n]Jahre machen:

Mein Herr (meine Frau:) ich bin erfreut, daß Sie das Alte Jahr nun - mehr, durch GOttes Segen, gluͤcklich zuruck geleget, und das Neue mit Ver - gnuͤgen angetretten haben. Jch wuͤnſche von Herzen, daß ſie nicht allein dieſes, ſondern noch viel folgende Jahre, in erfreulicher Geſundheit und froͤlichemVer -168Vergnuͤgen, auch unter Spuͤhrung des reichen Segens GOttes, erleben und zuruck legen moͤgen. GOtt gebe ihnen alles, was ihr Herze wuͤnſchet und be - gehret, und wegere ihnen nichts, was zu dem beſten an Leib und der Seele gereichen und gedeyhen mag.

Andere gute Freunde koͤnten obnge - fehr einander alſo zum Neuen Jahr feliciti ren:

Geliebter Freund! Es iſt mir ſehr lieb und angenehm, daß ich ihn heute ſo fruͤhzeitig erblicken, und meinen ſchuldi - gen Gluͤck-Wunſch zum angetrettenen Neuen Jahr ablegen kan. Der liebe GOtt nehme auch dieſes, und noch meh - rere Jahre denſelben in ſeinen gnaͤdigen Schutz, behuͤte ihn fuͤr allem Ungluͤck, und uͤberſchuͤtte ihn und die Seinigen, mit reichem Segen und allem erſprieß - lichen Wolergehen. So werde mich mit Vergnuͤgen freuen, wenn es ihm jederzeit wolgehet, und ſeine freund - ſchafftliche Liebe und Gewogenheit, ge - gen mich, unveraͤndert bleibet.

  • NB. Diß koͤnte auch gegen Frauen - Zimmer geſchehen, nur daß manbey169bey dem Titul einige Veraͤnderung mache, und nichts vom Manns - Volck darinnen gedencke, woruͤber ſich die meiſten mit gekruͤmmlen Mund und hoͤniſchen Geberden aͤrgern, ob ſie ſchon, in der heim - lichſten Stille, einen gantzen Kram voller Liebſten und Verehrer haben.

Siebende Abhandlung. Von Complimenten bey Kranck - heiten, Abſterben und Be - graͤbnuͤſſen.

WEnn ſich rechtſchaffene und auf - richtige Freunde uͤber ihres Neben-Menſchens Vergnuͤ - gen und Wohlfahrt freuen; ſo pſlegen ſich ſelbige auch, im Gegentheil, uͤber deſſen zugeſtoſſene Unfaͤlle, zu betruͤben, und Theil an ihren Schmertzen zu neh - men. Beſonders in Kranckheiten, da ſie theils der Schmertzen ihrer Freunde, theils aber der beſorgliche Verluſt kraͤn - cket, den ſie durch den vielleicht erfolgendẽ Tod, ihres geliebten Freundes erleiden, und ſich ſeines angenehmen UmgangsHberaubt170beraubt ſehen muͤſten. Jn ſolchen Faͤl - len bezeugen die Freunde und nahe An - verwandten einander ihr Chriſtliches Beyleid, und legen an den Tag, wie ſchmertzlich ihnen der Schmertze ihrer getreuen Freunde falle, und tief zu Her - tzen dringe.

Die Beſuchung der Krancken, iſt ei - ne Chriſtliche Tugend, und wird unter die vornehmſten Stuͤcke des vernuͤnffti - gen GOttes Dienſtes geſezet: Jedoch muß man dabey verſchiedenes beobach - ten, und nicht wider die Erbarkeit, noch weniger aber wider die Vernunfft han - deln. Z. E. Wann ein lediger Menſch, wolte ein kranckes Frauen-Zimmer be - ſuchen, wuͤrde er ſich eine ſchlechte Re - putation dadurch erwerben, weilen ſich krancke Perſonen offtmals, aus innigli - cher Angſt entbloͤſſen, und ſo wuͤrde die natuͤrliche Schamhafftigkeit, ſeinen be - gangenen Fehler ſelbſt beſtraffen muͤſſen. Man kan ſich ſolcher krancken Perſonen, ihres Zuſtandes oder Beſſerung, ſchon durch andere Perſonen und Dienſt-Bo - ten erkundigen.

Wer171

Wer aber ſpaͤhe iſt, und nicht allein vor krancken Leuten, ſondern ſo gar auch vor den Haͤuſern, darinnen ſie liegen, einen Scheu und Eckel hat, der thut beſſer, er laſſe dergleichen Beſuch unter - wegen, als daß er ſeine Geſundheit, oder wol gar das Leben ſelbſten in au - genſcheinliche Gefahr ſetze. Denn man hat Exempel genug, daß manche Kran - cke beſuchet, haben ſich aber bald wieder retirirt, und ſich zu Hauſe geleget, da ſie denn der Tod auf ihrem Lager uͤber - eilet, und ſie zum Grabe befoͤrdert, da die andern wieder geneſen, und ihr Le - ben, als eine Beute, davon getragen haben. Jn anſteckenden Kranckheiten iſt kein Menſch verbunden, den andern zu beſuchen, auſſer die Geiſtlichen und Medici; ſintemal man ſo wol ſich, als alle Angehoͤrige, in die augenſcheinlich - ſte Todes-Gefahr ſezet.

Bey Patienten ſoll man nicht zu lange bleiben, noch ihnen, durch vieles Reden, den Kopf warm und verdrießlich machen; welches man von denſelben deutlichH 2mercken172mercken kan, wenn ſie ſich oͤffters um - wenden, und uns ihre Beſchwerlichkeit zu verſtehen geben. Zumal wenn man kommt, und fragt: Ob ſie ſchon auf den Geiß-Marckt wollen? Ob ſie ihr Te - ſtament ſchon gemacht, und uns darin - nen wol bedacht haben? Denn dadurch ſtellen ſie ſich ihre Kranckheit noch gefaͤhr - licher fuͤr, und ihr Gemuͤthe faͤllt in einen unbeſchreiblichen Kummer, welcher ih - nen bald die Thuͤr des finſtern Grabes duͤſterlich vor Augen ſtellet.

So bald ſichs mit dem Patienten zur Beſſerung anlaͤſt, muß man dißfalls ſeine Gratulation abſtatten: Da hinge - gen, nach deſſen erfolgtem Abſterben, das daruͤber bezeigte Chriſtliche Mitlei - den, bey denen naͤchſten Anverwandten, abgelegt werden muß: Wobey man ſich aber in behoͤrigen Schrancken halten, und die Qualitaͤten des Verſtorbenen nicht gar zu hoch heraus ſtreichen und preiſen ſoll; Angeſehen dem Verbliche - nen nichts dadurch gedienet, und die Betruͤbnuͤs der Hinterlaſſenen nur deſto mehr vergroͤſſert wird. Doch ſoll manſeine173ſeine Condolenz mit ſolchen Minen und Geberden vorbringen, aus welchen man deutlich mercken kan, daß wir durch des Verſtorbenen toͤdtlichen Hintritt im Herzen empfindlich geruͤhret worden.

Jedoch, beliebter Kuͤrtze willen, ſchrei - ten wir zu dergleichen Complimenten ſelbſt, und wollen mit denſelben dieſe wenige Bogen beſchlieſſen. Wenn man in Erfahrung gebracht, daß jemand erkrancket, kan man bey dem Beſuch, ſich folgender Worte gebrauchen.

Jch habe, mein Herr! nicht ohne Betruͤbnuͤs vernommen, daß ſich derſelbe nicht wol auf befinde, habe demnach meine Schuldigkeit zu ſeyn erachtet, mich gegenwaͤrtig ihres Zuſtandes zu erkundigen; mit hertzlicher Anwuͤnſchung einer baldigen und vollkommenen Ge - neſung; bitte nur, die Freyheit meines Beſuches mir nicht uͤbel zu nehmen.

Antwort des Patienten.

Jch bin vor ihre Chriſtliche Liebe und Bemuͤhung verbunden, und dancke fuͤr ihren wolgemeinten Wunſch. Weil aber alles, ſo Leben als Tod, in denH 3Haͤnden174Haͤnden GOttes ſtehet und beruhet: ſo uͤberlaſſe mich in Gedult und ſtiller Ge - laſſenheit ſeinem allerheiligſten Willen.

Bey dem Abſchied kan man ſich der - geſtalt beurlauben:

So will ich Jhnen nun nicht laͤnger beſchwehrlich fallen, ſondern nur noch herzlich wuͤnſchen, daß ihnen GOtt bald wiederum helffen wolle, damit bey mei - nem anderweitigen Beſuch, ihnen zur vollkommenen Geneſung gratuliren koͤn - ne.

Beantwortung.

Jch dancke ihres guͤtigen Wunſches, und wuͤnſche ihres Orts immerhin ge - ſund und vergnuͤgt zu leben; da ich meiner ſeits mein Creuz ſo lange gedultig tra - gen will; ſo lange es GOtt gefaͤllet.

  • NB. Wenn man ſich durch Dienſt - boten nach dem Befinden der Krancken erkundigen laͤſſet, fallen die Worte noch kuͤrzer; weil man ſich bey denſelben keiner hoͤflichen Complimenten verſiehet.
Compli -175

Compliment an den Herrn Geiſtli - chen, wenn man ſelbigen zum Patienten hohlet:

Ew. Wol Ehrwuͤrden laͤſt ſich mein Herr N. N. ſchoͤnſtens empfehlen, und ihnen nicht ohne herzliche Betruͤbnuͤs vermelden, daß der Hoͤchſte ſeine Liebſte mit einem ſtarcken Schlag-Fluß heim - geſuchet: Und weil ſich dieſelbe in ſehr gefaͤhrlichen Umſtaͤnden befindet, ſo laͤſt er Sie erſuchen, der Patientin mit ih - rem prieſterlichen Amt und kraͤfftigen Troſt beyzuſtehen.

  • NB. Desgleichen koͤnte auch an den Herrn Medicum geſchehen, nur daß man ſtatt des prieſterlichen Amtes, die Worte kraͤfftige Ar - zeney-Mittel, ſeze.

Wenn der Patient voͤllig wie der ge - neſen, koͤnte man ſelbigem alſo darzu gratuliren:

Jch erfreue mich vom Herzen, Sel - bigen wiederum bey voͤlliger Reſtitution und vergnuͤgtem Wolſtande zu ſehen;H 4wuͤnſche176wuͤnſche vom Herzen, daß ſolche von einer beſtaͤndigen und immerwaͤhrender Dauer ſeyn moͤge.

Beantwortung:

Jch bleibe Jhnen vor ihre wolgemein - te Gratulation verbunden, und wuͤnſche vom Herzen, daß auch Sie, ihres Orts, jederzeit ſich bey erfreulicher Geſundheit und geſegneten Wolſtand, zu Freude und Vergnuͤgen der Jhrigen, beſtaͤndig befinden moͤgen.

Bey Verſtorbenen hilfft kein Com - pliment mehr: Sie hoͤren keine Klage, und ſehen keine Thraͤnen; drum man ſei - ne Betruͤbnis und Mitleiden, gegen die hinterlaſſenen naͤchſten Anverwandten abſtattẽ muß. Weñ nun ein guter Freund nach dem Willen des Hoͤchſten den Weg alles Fleiſches gehen muͤſſen; ſo koͤnte man gegen deſſen hinterlaſſene Ehliebſte folgende Condolenz abſtatten:

Hochwertheſte Frau! Jch bin in mei - nem Herzen vollkommen uͤberzeugt, daß ſie durch das fruͤhzeitige Abſterben ihres ſeel. Liebſten in die aͤuſſerſte Betruͤbnis geſezet worden: und ich komme ihnenaufrich -177aufrichtig zu bezeugen, daß ich ebenfalls, als ein getreuer Freund, meinen Antheil an ihrem ſchmerzlichen Kummer, habe. Jedoch werden ſie ſich hierinnen gedultig faſſen, und bedencken, daß der Hoͤchſte ihnen diß Creutz zu dem Ende zugeſchi - cket, damit er ſie zu ſeiner Zeit deſto troͤſtlicher wieder erfreuen koͤnne. Wel - ches ich ihnen vom Grund meines auf - richtigen Herzens wuͤnſche, unter Ver - ſicherung, daß ich zu keiner Zeit mit mei - nen Dienſten ermanglen werde, wenn zu Dero Vergnuͤgen etwas beytragen kan.

Beantwortung:

Jch dancke fuͤr ihr bezeigtes Chriſtli - ches Mitleiden und wohlgemeinten Wunſch; und wolte GOtt! daß ich mich ſo troͤſtlich in mein klaͤgliches Schickſal faſſen, und ſo bald zu frieden ſtellen koͤnte. Aber die Vorſtellung meines Elendes ſcheinet faſt alle nachdruͤckliche Troſt - Gruͤnde zu uͤberwaͤgen: Und bitte nur GOtt, daß er in dieſer Betruͤbnis, mir ſeinen Goͤttlichen Troſt und Beyſtand nicht entziehen wolle; weil er keinen Menſchen verlaſſen, der je auf ihn gehof -H 5fet,178fet, ſo will mein Vertrauen gegen ſelbi - gen auch nicht ſincken laſſen. Ubrigens wuͤnſche, daß GOtt ſie, ſammt den lieb - werthen Jhrigen, vor dergleichen ſchweh - ren Betruͤbnis und Trauer-Faͤllen, gnaͤ - diglich bewahren wolle.

  • NB. Auf ſolche Art kan man auch ge - gen die hinterlaſſene Kinder, Ge - ſchwiſterte und andere nahe Ver - wandten ſeine Condolenz bezeigen und ablegen. Zeit waͤhrenden Auf - enthalts muß man ihnen immer mit erbaulich - und troͤſtlichen Worten die bittere Vorſtellung ihres Elen - des verſuͤſſen, und bey dem endli - chen Abſchied ſeinen troͤſtlichen Zu - ſpruch wiederholen, auch denen hin - terbliebenen die abgekuͤrzten Jahre der ſelig Verſtorbenen anwuͤnſchen, ſo erlangt man dadurch ihre Freund - ſchafft und Gewogenheit.

Gemeine Formul oder Compliment der Leichen-Bitter.

Die Frau N. N. laͤſſet ſich ſchoͤnſtens gegen Herrn N. N. empfehlen, und dem - ſelben hinterbringen, wie es dem allwei -ſen179ſen GOtt gefallen vorgeſtern zu Nachts ihren liebſten Ehemann, nach einem gar kurzen Lager, aus dieſem Leben, in die frohe Ewigkeit abzufordern. Wann nun deſſen erblaſter Leichnam, Morgens, G. G. Chriſtlicher Gewohnheit nach, ehr - lich zur Erden beſtaͤttiget werden ſoll: ſo ergehet derſelben inſtaͤndiges Geſuch und Bitten an Sie, ſie wollen dem ſelig Ver - ſtorbenen, als ihrem ehemaligen guten Freund, die letzte Ehre erweiſen, und ihn zu ſeinem ſtillen Ruhe-Kaͤmmerlein be - gleiten. Die Frau N. N. nebſt allen ihren Angehoͤrigen, verſichern ſolche Ge - faͤlligkeit, GOtt gebe bey freudigern Be - gebenheiten, gefliſſenſt zu erwiedern, und GOtt unausgeſezt zu bitten, daß er ſie, nebſt dero ganzen Haus vor dergleichen Trauer-Faͤllen, durch undenckliche Zei - ten, gnaͤdig bewahren wolle.

Beantwortung:

Er ſey ſo geneigt, und gruͤſſe Frau N. N. ſammt ihren lieben Angehoͤrigen, von meinetwegen, und vermelde denſel - ben, daß mir der fruͤhzeitige Todes-Fall ihres geliebteſten Ehe-Schazes ſehr em - pfindlich zu Herzen gegangen. Und wieH 6ich180ich an denſelben einen getreuen und auf - richtigen Freund verlohren, ſo nehme ich an dieſer ihrer Betruͤbnis deſto meh - rern Antheil, ließ ihnen aber ſaͤmmtlich GOttes reichen Troſt und gedultige Faſ - ſung in dieſem harten Trauer-Fall, von Herzen anwuͤnſchen. Jch werde, mei - nes Orts, nicht ermanglen, ihr Chriſtli - ches Begehren zu befolgen, und den ſe - lig Verſtorbenen, zu ſeinem Ruhe-Bett - lein, unter mitleidigen Thraͤnen, zu be - gleiten.

  • NB. So kan auch das Compliment an diejenige, nur mit Veraͤnderung weniger Worte, gemacht werden, welche in der Klage, oder im Leide, mit gehen ſollen. Welche dann bey ihrer Ankunfft ſich dieſer kurzen Condolenz gebrauchen koͤnten:

Jch bezeuge Jhnen ſaͤmmtlich mein herzliches Mitleiden, Jhnen dermalen in ſolchem betruͤbten Zuſtand zu dienen; wuͤnſche aber vom Herzen, daß der liebe GOtt ſie mit ſeinem reichen Troſt kraͤff - tig ſtaͤrcken und aufrichten, und ſie hin - fuͤhro mit anderweitiger Freude und Vergnuͤgen ergoͤzen wolle. Wegen des,zu181zu meiner Wenigkeit, geſezten guten Vertrauens, mich in die Zahl der be - truͤbten Klaͤger zu waͤhlen, ſtatte meinen ergebenſten Danck ab, und nehme mir die Ehre, mich deren fernern Gewogen - heit beſtens zu empfehlen.

  • NB. Die Condolenzen, welche gegen Kinder, wegen ihrer verſtorbenen Eltern, und gegen Eltern wegen ihrer verſtorbenen Kinder abgele - get werden, koͤnnen ebenfalls ſo ein - gerichtet, und nur in Veraͤnderung der Nahmen, etwas umgewendet werden.

Wenn die Leiche vorbey, und die Leichen-Begleitere von denen Leid - tragenden Abſchied nehmen wolten, koͤnte ſich jedes derſelben fol - genden Compliments ge - brauchen:

Jch befehle Sie nochmalen der uner - meßlichen Gnade GOttes, und wuͤn - ſche ihnen die reiche Fuͤlle des Goͤttlichen Troſtes, welche ſie kraͤfftig ſtaͤrcken und ihre bebende Herzen, durch nachfolgen - des Vergnuͤgen, wiederum erfreuen moͤge.

H 7Beant -182

Beantwortung:

Jch bin vor ihre guͤtige Begleitung, und die lezte bewieſene Ehre, gegen mei - nen ſelig verſtorbenen Liebſten: (Vatter, Mutter, Bruder:) ſehr verbunden, welche mir zu groſſen Troſt gereichet; und wuͤnſche herzlich, daß Sie der liebe GOtt, ihres Orts, fuͤr ſolcherley Be - truͤbnis gnaͤdig behuͤten, und bey allem vergnuͤgten Wolergehen erhalten wolle.

An vielen Orten pfleget man Leich - Mahlzeiten zu halten, wozu man die Leichen-Begleitere folgen - der Geſtalt koͤnte einla - den:

Jch bleibe ihnen, vor die mir und den Meinigen erwieſene Liebe und Gefaͤllig - keit, verbunden, und verſichere ſolche in freudigern Begebenheiten, mit ver - gnuͤgten Herzen, zu erwiedern. Nur bitte dermalen noch, mir die Ehre zu er - weiſen, und auf eine ſchlechte Suppe mit uns vorlieb zu nehmen, wodurch die kuͤmmerliche Trauer-Stunden, durch deren troͤſtlichen Zuſpruch, ehender pas - ſiren koͤnte.

Wol -183

Wolte jemand bleiben, ſo koͤnte er alſo antworten:

Wenn ich wuͤſte, daß ihnen nicht be - ſchwerlich fiele, ſo wolte mir die Ehre nehmen, annoch auf ein halb Stuͤnd - gen, bey ihnen zu verweilen; bitte aber meine hierunter gebrauchte Freyheit mir nicht uͤbel zu deuten.

Wo nicht? doͤrffte er ſagen:

Jch will ihnen nicht ferner beſchwer - lich ſeyn, dancke jedoch vor deren wol - meinende Einladung, und wuͤnſche ih - nen nochmals allen reichen goͤttlichen Troſt in ihrer tieffen Trauer, und em - pfehle mich zu deren fernern Gewogen - heit.

Kurz -184

Kurzgefaſtes Trenſchier-Buͤchlein, derer im Buͤrgerlichen Stande gewoͤhnlichſten Speiſen.

Das gebratene Huhn.

DRehe die Schuͤſſel nach zierlicher Aufhebung und Einſchlagung der Meſſer, daß es mit dem Halß zu deiner Rechten komt, hernach lege die Gabel hinten qver uͤber das Huhn, ſtoß das Meſſer die Schneide unter ſich ge - kehrt beym Halſe, die Gabel aber hinten ein, und wende es um, daß der Ruͤcken oben kommt, ziehe die Gabel hinten her - aus, imbrochire ſie aufs neue durch den Ruͤckgrad denen Fluͤgeln gleich etwas ſchrege dem Hipauf zu, wenn du ſolchen wohl gefaſt, ſo hebe das Huhn auf, ziehe das Meſſer heraus, loͤſe Schnabel und Schenckel, und zerſchneide wie folget:

1. Loͤſe
Credentzmeſſer damit Fiſche in Suppen liegend oder Broſamen am Tafeltuch auf Zunemen.

11. Der Wetzſtahl.

7. Der Eyerhalter. 8. Markpfrime. 9. Marklöflein. 10. Oſtrienmeſſerlein.
Das gebratene-Hun.

Das geſottene-Hun.
3. 4. Ein185
  • 1. Loͤſe mit Ober - und Gegenſchnitt den Halß.
  • 2. Scheide den Ober - und Gegen - ſchnit am rechten Schenckel.
  • 3. Dergleichen am rechten Fluͤgel.
  • 4. Wende das Huhn mit Huͤlffe des Meſſers, daß der Steiß in die Hoͤhe kommt, und verfahre gleichfals wie mit der rechten Seite geſchehen. Wende und
  • 5. Loͤſe das Ziehbeinlein.
  • 6. Das rechte und linke Bruſt Fleiſch.
  • 7. Hebe das Achſelbein aus, wende das Huhn mit Huͤlffe des Meſſers, daß der Steiß in die Hoͤhe koͤmmt, und
  • 8. Mache die Spalt-Schnitte auf beyden Seiten, wende es wie zuvor.
  • 9. Stoſſe die Rippen auf beyden Sei - ten entzwey.
  • 10. Thue den Hipauf von der Gabel.
  • 11. Lege das uͤbrige nieder, und ver - theile den Rumpff.

Vorlegung.

  • 1. 2. Einen Fluͤgel nach dem andern bey Frauenzim̃er, bey Manns-Per - ſonen aber gehen die Schenkel vor.
3. 4. Ein186
  • 3. 4. Ein Spalt-Schnitt nach einan - der mit etwas Bruſt.
  • 5. 6. Einen Schenkel nach dem andern.
  • 7. Das Zieh-Beinlein nebſt etwas von der Bruſt
  • 8. Das uͤbrige Bruſt-Fleiſch.
  • 9. Der Rumpff.
  • Die Tuͤtſche iſt: Citronen-Scheib - lein, Capern, eingemachte Gurcken, Truͤſenet, u. d. gl.

Das gekochte Huhn.

Kan wie das gebratene auf der Gabel trenchiret werden, weil es aber offt ſehr weich gekocht, und an der Gabel nicht feſte haͤlt, ſo ſetze es mit dem Halſe gegen dich, imbrochire mit der Gabel in die Bruſt zwiſchen das Zieh - und Achſel-Bein ſchieff durch den Ruͤckgrad, zaͤhme es auf und loͤſe

  • 1. Den Halß.
  • 2. Den rechten Schenckel und Fluͤgel.
  • 3. Auf der linken Seite auch alſo.
  • 4. Das Zieh Beinlein
  • 5. Das Bruſt-Fleiſch auf beyden Sei - ten.
  • 6. Hebe die Achſelbeine aus.
7. Stoß187
  • 7. Stoß die Rippen entzwey.
  • 8. Lege den Bruſt-Knochen von der Gabel.
  • 10. Imbrochire aufsneue in die Spalt - Schnitte und brich ſolches zn einer Seite ab.

Vorlegung.

  • 1. 2. Einen Schenkel nach den andern.
  • 3. 4. Einen Fluͤgel nach den andern.
  • 5. 6. Einen Spalt Schnitt nach dem andern mit etwas Bruſt-Fleiſch.
  • 7. Das uͤbrige Bruſt-Fleiſch ſo weit es reichen will.
  • 8. Das Zieh - und Achſel-Beinlein mit dem Hinterſtuͤck vom Rumpff.
  • 9. Das andere Rumpfſtuͤck und Halß;
  • Zu jedem Teller von allem womit es ge - macht.

Junge Huͤner und Tauben.

Werden nachdem der Gaͤſte wenig oder viel in 3. oder 4. Theile getheilet: nemlich, ſetze die Gabel auf die Bruſt und thue einen langen Schnitt, oder hernach einen Creutz-Schnitt.

Die Vorlegung iſt entweder die Helfte oder:

1. Ein188
  • 1. Ein Vordertheil.
  • 2. Ein Hintertheil.

Das Rebhun.

Wird wie das gebratne Huhn tren - chirt, werden auch wohl gar, wie bey jun - gen Huͤhnern zu geſchehen pfleget, nur in 4. Theile getheilet; ordentlich aber bey Gaſtereyen wie folget:

  • 1. Loͤſe den Halß.
  • 2. Den rechten Schenkel und Fluͤgel.
  • 3. Den Linken
  • 4. Loͤſe das Zieh-Beinlein.
  • 5. Das Bruſt-Fleiſch auf beyden Seiten
  • 6. Spalte den Steiß unter den Hip - auf biß an die Gabel.

Vorlegung.

  • 1: Einen Fluͤgel ſamt den Zieh-Bein - lein.
  • 2. Einen Fluͤgel nebſt ein wenig Bruſt - Fleiſch.
  • 3. Den Steiß mit etwas Bruſtfleiſch.
  • 4. Einen Schenckel nach dem andern, das uͤbrige nach Belieben.
  • Die Tuͤtſche iſt, eingemachte Berbis - oder Johannis-Beerlein.
Der
Rephûn.
Faſam.
189

Der Capaun.

Wird wie das gebratne Huhn aufge - haben und zergliedert, ſchneide

  • 1. Den Halß ab.
  • 2. Den Ober - und Contra-Schnitt am rechten Schenckel.
  • 3. Dergleichen am rechten Fluͤgel.
  • 4. Den Pfaffen-Schnitt unter den - ſelben.
  • 5. Mit der lincken Seite verfahre auch alſo.
  • 6. Loͤſe das Zieh-Beinlein.

Das uͤbrige wie bey dem gebratenen Huhn.

Vorlegung.

  • 1. 2. Einen Fluͤgel nach dem andern mit etwas Bruſt.
  • 3. 4. Einen Spalt-Schnitt nach dem andern mit den Pfaffen-Schnitten.
  • 5. Das Zieh-Beinlein mit etwas Bruſt.
  • 6. Die Achſel-Beinlein und etwas Bruſt.
  • 7. 8. Einen Schenckel nach dem an - dern.

Das uͤbrige nach belieben.

Die190

Die Tuͤtſche iſt, eingemachte Johan - nis Beerlein.

Der Welſche Hahn.

Weil dieſer auf der Gabel ſchwer zu halten, ſo ſtelle ihn mit dem Halſe gegen dich, und weil er auf den Zieh-Beinlein ſehr fett, ſo ſchneide

  • 1. Das Fette mit halben Mond - Schnitten von Zieh-Bein und tra - ge es auf einen Teller. Nachmahls drehe ihn, daß der Halß zu deiner Rechten kommt, ſtoß die Kracken ab, imbrochire die Gabel zwiſchen den Achſel-Beinen ſchieff in den Ruͤckgrad wie beym gebratenen Huhn, hebe ihn auf, und
  • 2. Loͤſe den Halß ab.
  • 3. Den rechten Schenckel mit Ober - und Contra-Schnitt.
  • 4. Den rechten Fluͤgel nebſt den Pfaf - fen-Schnitt.
  • 5. Das rechte Bruſt-Fleiſch mit hal - ben Mond-Schnitten. Lege ihn mit Huͤlffe des Meſſers auf die rech - te Seiten, und verfahre
  • 6. Auf der lincken Seite mit denSchen -
    [figure]
    Welſcherhan.
    Aûerhan.
    191Schenckel, Fluͤgel, Pfaffenſchnitte und Bruſt-Fleiſche wie auf voriger geſchehen.
  • 7. Hebe die Achſel-Beine aus.
  • 8. Stoſſe die Rippen entzwey.
  • 9. Lege den Bruſt-Knochen ab.
  • 10. Zertheile den Ruͤckgrad, imbro - chire in die Spalt-Schnitte, und
  • 11. Brich ſolche zu beyden Seiten ab.

Vorlegung.

  • 1. 2. Einen Fluͤgel nach dem andern mit etwas Bruſt-Fett.
  • 3. 4. Ein Bein nach den andern mit etwas Bruſt-Fett; die Keulen wer - den bey den groſſen Feder-Vieh meiſtentheils getheilet, und jede auch beſonders mit etwas Bruſt-Fleiſch und Bruſt-Fett vorgelegt.
  • 5. 6. Ein Spalt-Stuͤcke nach dem andern mit etwas Bruſt-Fleiſch.
  • 7. 8. Die Pfaffen-Schnitte nebſt den Achſel-Beinen.
  • 9. Das Bruſt-Fleiſch und Bruſt - Fett in etliche Teller.

Das uͤbrige nach Belieben.

Die Tuͤtſche iſt: ein Triſenet, einge -machte192machte Citronen Scheibgen, Johan - nis-Beerlein oder Hahnebutten.

NB. Wenn aber die Compagnie klein wird nur eine Seite trench[i]ret, und de[r]Hahn auf die angeſchnittene Seite gele - get, es muß aber der Halß und das Fet[t]auf einer Seite bleiben.

Der Birck - und Auerhahn.

Wird meiſtens mit den Fluͤgeln, Halß und Schwantz aufgetragen, und weil er ſchon aufm Bauche liegt, ſo imbrochire wie beym gebratenen Huhn, haͤnge das Meſſer zur Gabel und hebe mit einer an - dern Gabel den Halß, Fluͤgel und Schwantz auf einen Teller, und ſetze ſol - chen bey Seite. Sonſten wird er wie das gebratene Huhn trenchiret, nur daß man bey den Fluͤgeln anfaͤngt, will man ſich auch einer Variation bey dem Schnit - ten bedienen, ſtehets jeden frey.

Vorlegung.

  • 1. 2. Ein Fluͤgel nach dem andern mit etwas Bruſt.
  • 3. Das Zieh-Bein mit etwas Bruſt.
  • 4. 5. Einen Schenckel nach den an - dern.
6. 7. Die
Jndianiſcher oder Birckham.
Capaun.
193
  • 6. 7. Die Spalt Schnitte nach ein - ander mit etwas Bruſt.
  • 8. Die Bruſt und Achſelbeine.
  • Das uͤbrige nach Belieben.

Die Tuͤtſche iſt: eingemachte Stachel - oder Berbis-Beeren.

Die Wachteln und Cram - ments-Voͤgel.

Werden, wann gnug in der Schuͤſſel, gantz vorgelegt, bey ſpuͤrenden Mangel aber nimm eine lange Gabel, ftecke deren 3. daran, und ſchneide dieſelben von oben biß unten entzwey.

Die Ganß.

Stelle ſolche mit dem Steiſſe gegen dich, lege die Gabel auf die Bruſt, ſchnei - de die Haut am Steiß mit einem Creutz - Schnitt auf, haͤnge das Meſſer zur Ga - bel, nimm das Gefuͤllte heraus auf einem Teller, wenn es Aepffel oder Caſtanien, ſo es aber Beyfuß, laß ihn darinnen, drehe die Schuͤſſel, daß der Halß zu dei - ner Rechten kommt, hernach imbrochire auf der Gabel wie beym gebratenen Huhn, und zergliedere ſolche

J1. Schnei -194
  • 1. Schneide den Halß ab.
  • 2. Den rechten Schenckel.
  • 3. Den rechten Fluͤgel nebſt dem Pfaffenſchnitte, wie beym Wel - ſchen Hahne. NB. Wenn anderſt die Ganß ſchoͤne fett iſt.
  • 4. Wende die Ganß und verfahre auf der lincken Seite gleichfals wie auf voriger geſchehen.
  • 5. Loͤſe das Zieh-Bein, weil es aber ſehr am Hipauf, muß es fein tief mit einem langen Schnitte gefaſſet werden.
  • 6. Das rechte und lincke Bruſt-Fleiſch mit langen und halben Mondſchnit - ten, das uͤbrige alle wie beym ge - bratenen Huhn.

Vorlegung.

  • 1. Einen Spalt-Schnitt nebſt den Zieh-Bein.
  • 2. Den andern Spalt-Schnitt mit etwas Bruſt-Fleiſch.
  • 3. 4. Einen Fluͤgel nach dem andern nebſt den Pfaffen-Schnitten.
  • 5. 6. Einen Schenckel nach dem an - dern.

NB. So aber die Ganß recht groß iſt,theile

[figure]
Die Ganß.

Ente.

195[t]heile die Schenckel und lege vor, einen Dieg nach dem andern, und einen Gral - len-Schenckel nach dem andern mit et - was zu klauben.

  • 7. Das Bruſt-Fleiſch in etliche Teller.
  • 8. Das kleine Rumpff-Stuͤcke ſamt dem Achſel-Bein.

Zu jedem Teller lege Gefuͤlltes, oder gieb den Beyfuß mit ſamt den Bruſt - Knochen herum.

Die Tuͤtſche iſt: eingemachte Gurcken, Capern oder Oliven.

Zu mercken iſt, daß an der Ganß die Seiten-Bißgen, Spalt-Schnitte und Bruſt nebſt den obern Schenckeln vor das beſte gehalten werden, und muß man nach befinden der Perſohnen die Stuͤcke vergeringert oder vermehrt vorzulegen wiſſen.

Die Endte.

Setze ſie mit dem Halſe vor dich, lege die Gabel auf die Bruſt, ſtoß das Meſſer in die rechte Seite, wende ſie herum, daß ſie auf der Bruſt zu liegen koͤmmt, im - brochire wie beym gebratenen Huhn, he - be ſie mit verwendter Hand durch den Arm und ſchneide

J 21. Den196
  • 1. Den Hals ab.
  • 2. Den rechten Schenckel.
  • 3. Den rechten Fluͤgel.
  • 4. Auf der lincken Seite gleichfals alſo.
  • 5. Loͤſe das Zieh-Bein.
  • 6. Das rechte und lincke Bruſt-Fleiſch mit langen Schnitten auf beyden Seiten, 2. oder 3. Stuͤcke auf je - der Seite.
  • 7. Hebe die Achſel-Beine aus.
  • 8. Mache die Spalt-Schnitte auf beyden Seiten.
  • 9. Stoß die Rippen dichte an dem Bruſt-Knochen auf beyden Seiten entzwey.
  • 10. Thue den Bruſt-Knochen von der Gabel und
  • 11. Zertheile den Rumpff.

Vorlegung.

  • 1. 2. Einen Schenckel nach den an - dern.
  • 3. 4. Einen Fluͤgel und Spalt - Schnitt nach den andern.
  • 5. Das Bruſt-Fleiſch in etliche Teller. Das uͤbrige nach Belieben.

Die Tuͤtſche iſt: Capern oder Oliven.

Der
Spanferckel.
Haas.
197

Der Haaſe.

Stelle ihn, daß die rauchen Laͤuſſer zu deiner Rechten, lege die Gabel hinten qver uͤber die Lenden, hacke mit dem Meſ - ſer die rauchen Beine von den Laͤuffern, und gieb ſie auf einen Teller vor, damit die Haare davon nicht an das Fleiſch kommen: druͤcke alsdenn das Kuͤchen - Bißgen, welches die aͤuſſerſten 4. Rippen ſind, ab, halt mit dem Meſſer hinten wieder, und imbrochire den einen Gabel - Zincken biß an das Hefft in des Ruͤck - grads-Loͤchlein, den andern aber laß un - ten weg gehen, bringe den Haaſen gleich vor dich, und mache

  • 1. Uber den Ruͤck-Grad auf beyden Seiten einen langen Schnitt nebſt etlichen Qver-Schnitten und loͤſe das Fleiſch herunter.
  • 2. Zertheile den Ruͤckgrad in 2. oder 3. Stuͤcken. NB. Bey Hofe ge - ſchiehet es mit ſamt den Fleiſch.
  • 3. Imbrochire aufs neue in das Ruͤck - grads-Loͤchlein und ſchneide
  • 4. Das Ober-Fleiſch vom lincken und rechten Marcks-Knochen.
J 35. Nach198
  • 5. Nach Umwendung des Haaſens hebe die Marcks-Beinlein mit Ober - und Contra-Schnitt aus, und
  • 6. Spalte endlich das Schloß oder Mutter-Bein von einander.

Vorlegung.

  • 1. Das Ruͤcken-Fleiſch mit dem Ruͤck - grad in etliche Teller.
  • 2. Ein Marcks-Bein nach dem andern.
  • 3. Ein Mutter-Bein nach dem andern mit der Niere, das Ubrige nach Belie - ben.

Die Tuͤtſche iſt: Capern, Oliven und braune Butter.

Das Span-Ferckel.

Setze es mit dem Kopf zur lincken Hand, lege das Meſſer auf den Ruͤcken, imbrochire die Gabel in beyde Naſen - Loͤcher, und heb es mit dem Meſſer un - ten beym Halß ein wenig auf, ſchneide den Kopf ab, trage ihn auf einen Teller, ſchneide das Wangen-Fleiſch alſobald auf beyden Seiten entzwey, doch ſo, daß es hangen bleibt, biege die untern Kin - backen aus, ſpalte den Kopf, und ſetzeihn199ihn aufgericht auf den Teller, ziehe die Gabel heraus, und imbrochire forn im Ruͤckgrad, lege es mit Huͤlffe des Meſ - ſers auf den Ruͤcken, und loͤſe

  • 1. Das rechte Hinter - und Forder - bein mit Ober - und Contra Schnitt, wende, es um und verfahre
  • 2. Auf der lincken Seiten auch alſo.
  • 3. Schneide den Bauch mit einen Creutz-Schnitte auf, ſtelle das Meſ - ſer zur Gabel, nimm das Gefuͤllte mit einem Loͤffel heraus auf den Teller, ſetze es wieder gerade vor dich, und ſtoß
  • 4. Die Rippen vom Ruͤckgrad auf ei - ner Seiten ab.
  • 5. Zertheile den Ruͤckgrad, und
  • 6. Die Rippen.

Vorlegung.

  • 1. Das Fleiſch ſo beym Halſe geſtan - den.
  • 2. Die Helfte wo der Ruͤckgrad dran iſt in etliche Teller.
  • 3. 4. Die Hinterfuͤſſe einen nach dem andern.
  • 5. 6. Die Foͤrderfuͤſſe einen nach dem andern.
J 47. Die200
  • 7. Die Rippen in etliche Teller.

Zu jeden Teller aber muß etwas vom Gefuͤllten geleget werden.

NB. Der Kopf wird nur auf Begeh - ren oder auf Hochzeiten der Braut præ - ſentiret.

Die Tuͤtſche iſt: Capern und kleine Gurcken.

Der Kalbs-Kopf.

Wird auf zweyerley Art zugerichtet, die erſte iſt, daß die Hirn-Schale ſchon geoͤffnet, und die Zunge ſo ausgenommen bereits uͤber der Schnautze lieget; die andere iſt, daß er an Gehirne und Haut noch zu und die Zunge darinnen aufgetra - gen wird. Kommt dir dieſe letztere Art fuͤr, ſo drehe ſolchen mit den Nacken ge - gen dich, lege das Meſſer auf die Schnau - tze, und imbrochire den einen Gabel - Zincken in das Gurgel-Bein, den an - dern aber darneben und mache

  • 1. Einen Creutz-Schnitt uͤber den Kopf.
  • 2. Loͤſe die Haut aufwerts.
  • 3. Eroͤffne mit der Meſſer-Spitze die Hirnſchale, haͤnge das Meſſer zurGabel,
    [figure]
    Kalbs-Kopff.
    Schweins-Kopff.
    201Gabel, nimm einen Loͤffel und thue das Gehirn auf einen abſonderli - chen Teller.
  • 4. Loͤſe das rechte Ohr und Auge.
  • 5. Das Wangen-Fleiſch oder Vor - ſchneider-Bißlein.
  • 6. Auf der lincken Seite verfahre glei - chergeſtalt, wende mit Huͤlfe des Meſſers den Kopf, daß die Unter - Kinbacken in die Hoͤhe kommen.
  • 7. Thue einen langen Schnitt durch die Haut, und einen Qver-Schnitt an der Schnautze.
  • 8. Loͤſe ſie zu beyden Seiten.
  • 9. Hebe die Unter-Kinbacken aus.
  • 10. Schneide die Zunge mit einem Creutz-Schnitt und lege ſie ab.
  • 11. Stich den Jaͤcken zu beyden Sei - ten.
  • 12. Schneide die Schnautze ab.
  • 13. Biege die obere Kinbacken, dar - inne die Milch-Zaͤhne, von einan - der, und lege ſie bey Seite.
  • 14. Stecke das Meſſer bey der Gabel hinein, brich das Genick vollends entzwey, und gib die Beine von der Tafel. Waͤre die Hirnſchale aberJ 5bereits202bereits geoͤffnet, und die Zunge lege uͤber der Schnautzen, ſo nimm die - ſe gleich Anfangs auf einen Teller und theile ſie in 4. oder mehr Stuͤ - cke, thue etwas Gehirn darzu und præſentire ſie gleich den Vornehm - ſten, im uͤbrigen kanſt du verfahren wie bereits gelehret worden.

Vorlegung.

  • 1. 2. Die Augen eins nach dem an - dern mit etwas Kinbacken-Fleiſch.
  • 3. 4. Die Jaͤcken mit etwas Kinba - cken-Fleiſch.
  • 5. 6. Ein Ohr nach den andern mit etwas Kinbacken-Fleiſch.
  • 7. 8. Die Milch-Zaͤhne mit etwas Wangen-Fleiſch.

Das Ubrige nach Belieben, es muß aber zu jeden Teller etwas Bruͤhe und Gehirn getragen werden.

NB. Wann die Zunge nicht præſenti - ret worden, betheilet ſie gleich Anfangs 4. Teller, mit Zulag etwas Gehirn und Kinbacken-Fleiſch.

Der Schweins Kopf.

Setze ihn mit dem Ruͤſſel zu deiner lin -cken

[figure]
Nierenbraten.

Ruͤckgradts-Braten.

203cken Hand, lege das Meſſer hinten qver vor, und imbrochire die Gabel in beyde Naſen-Loͤcher, faſſe ihn mit der Salviet - te beym Ohr, und wende ihn auf die rech - te Seite, ſchneide

  • 1. Die ſchwartze Haut ſubtil weg, und
  • 2. Etliche feine Schnittgen von den Wangen, kommſt du damit nicht aus, ſo kanſt du auf der andern Sei - te auch alſo verfahren, endlich auch, wanns noͤthig, hinten um den Halß die Haut abſcheelen, und etliche fla - che Stuͤckleins abſchneiden, oder auch wohl gar die Ohren loͤſen und etliche zarte Stuͤcklein herunter ſchneiden, welches aber nicht leicht geſchicht, ſo man auskommen kan.

Vorlegung.

Lege etliche Stuͤcklein auf den Teller und gieb ſie herum, darzu die Tuͤtſche: welche Eßig und Pfeffer, oder Senff ſeyn kan.

Der Nieren-Braten.

Stelle ſolchen mit dem Stoß zu dei - ner lincken Hand, imbrochire den einenJ 6Gabel -204Gabel-Zincken in das Ruͤckgrads-Loch, ſchneide

  • 1. Die lappichte Haut mit den drey aͤuſſerſten Rippen ab.
  • 2. Die Rippen nach einander ſamt dem Ruͤckgrad nach Anweiſung der Gelencke.
  • 3. Theile die Nieren ſamt den Braten in etliche Teller, man kan auch die Nieren zuvor ausſchneiden, und abſonderlich theilen.
  • 4. Imbrochire die Gabel bey Endi - gung der Niere aufs neue in den Stoß.
  • 5. Loͤſe das Schwaͤntzgen vom Ruͤck - grad.
  • 6. Das inwendige Fleiſch von der Roͤhre mit halben Mondenſchnit - ten.
  • 7. Brich das Mutter-Bein von der Roͤhre und ſchneide das Ubrige mit halben Mondenſchnitten ab.
  • 8. Das Eiß-Bein mit etwas Fleiſch.
  • 9. Wende um und verfahre auf der andern Seite auch alſo.

Vorlegung.

  • 1. Die Rippen da die Nieren ſitzt nach und nach.
2. Das
Schöps-Keul.
Hamen oder Schuncken.
205
  • 2. Das Unter-Beinlein nebſt etwas Fleiſch.
  • 3. Das Ubrige nach Belieben.

Die Tuͤtſche iſt: rothe Ruͤben oder Salat.

Die Schoͤps-Keule.

Stelle ſie mit dem Stoß zur rechten Hand, imbrochire mit den einen Gabel - Zincken forn in das Ruͤckgrads-Loch, ſchneide

  • 1. Die lappichte Haut nebſt den zwey aͤuſſerſten Rippen ab.
  • 2. Loͤſe den duͤrren Knochen, imbro - chire aufs neue und theile
  • 3. Den Ruͤckgrad mit einem langen Schnitt vom Stoſſe, wende ihn um und zertheile ihn nach Anwei - ſung der Gelencke, imbrochire die Gabel aufs neue in den Stoß, daß die Roͤhre zwiſchen die Zincken kommt.
  • 4. Loͤſe das Schwaͤntzgen mit etwas Fleiſch vom Ruͤckgrad.
  • 5. Schneide das Fleiſch mit halben Monden-Schnitten von der Roͤh - re, wende den Stoß um und ver - fahre
J 76. Auf206
  • 6. Auf der andern Seite auch alſo.
  • 7. Beuge das Mutter-Bein von der Roͤhre, ſchlag dieſe, wenn du kanſt, manierlich auf, und ſtoß ſie von der Gabel.

Vorlegung.

Was am beſten gebraten zu erſt: Ei - gentlich ſoll mit dem Ruͤckgrad vom Stoſſe an, immer 2. Gelencke an einan - der, angefangen und alſo fortgefahren werden, biß der Ruͤckgrad alle iſt, man koͤnte auch von der Keule etwas beylegen, ſo man gedaͤchte auszukommen; ſo dann vollends das Keulen-Fleiſch, welches zu den Knochen fein einzutheilen.

Die Tuͤtſche iſt: kleine Gurcken.

Die Lamms - und Kaͤlber - Bruſt.

Setze dieſe mit dem Halß zu deiner lin - cken, und weil ſie meiſtentheils gefuͤllt, ſo nimm dich wohl in acht, daß du das Ge - fuͤllte nicht zerkruͤmelſt, imbrochire die Gabel aufs Schulterblatt, und loͤſe

  • 1. Daſſelbe von der Rippen,
  • 2. Schneide das Fleiſch mit halben Monden-Schnitten davon, undſtoß
    [figure]
    Hirſch oder Rehkeûle.
    Forellen Hecht und andere Fiſche.
    207ſtoß die Roͤhre ab, imbrochire in den Halß, und ſchneide
  • 3. Den Knorpel an Rippen ab.
  • 4. Zertheile die Rippen, wann der Braten groß, koͤnnen die Rippen von Ruͤckgrad abgedruckt werden, und alsdann wird der Ruͤckgrad mit ſeinem Fleiſche auch getheilet.
  • 5. Loͤſe den Bruſt-Kern, und ſo der Halß wohl und nicht zu braun ge - braten, ſind etliche Bogen-Schnit - te davon zu ſchneiden.

Vorlegung.

  • 1. Den Bruſt-Kern.
  • 2. Eine Rippe nach der andern mit dem Gefuͤllten.
  • 3. Was am ſchoͤnſten gebraten.

Das Ubrige nach Belieben.

Die Tuͤtſche iſt: kleine Gurcken oder Johannisbeer-Safft.

Die Reh-Hirſch - und Schweins-Keule.

Setze ſie mit den Schenckel zu deiner lincken, imbrochire die Gabel uͤber die Roͤhre, ſchneide das Fleiſch halbe Mon - den weiß, und dann mit einem langenSchnit -208Schnitte ab, ſo es noͤthig, kan man auf der andern Seite auch alſo verfahren.

Vorlegung.

Was am braunſten gebraten lege zu erſt vor, auſſer dem iſt bey dieſen in Vor - legen alles gleich.

Die Tuͤtſche iſt: Johannis - oder Ber - bis-Beerlein, manchmal auch braune Butter.

Der Ruͤckgrads-Braten.

Wird wie der Ruͤcken am Haaſen trenchiret, ohne daß er in der Schuͤſſel liegen bleibt.

Vorlegung.

Was am ſchoͤnſten gebraten, zu erſt.

Die Tuͤtſche iſt: wie bey vorſtehenden.

Der Schincken.

Dieſem iſt die Haut, ehe er aufgetra - gen wird, bereits abgeloͤſet, und darunter mit Zimmt, Neglein und Salbey beſteckt; ſetze ihn demnach mit dem Knochen zur lincken Hand, wickle die Haut mit der Gabel zierlich auf, imbrochire die Gabel durch die Haut neben den Knochen, und ſchneide am Ende das Schwartze forn laͤnglich rund weg, fahre fort duͤnneStuͤck -209Stuͤcklein in Form eines halben Mon - den, ſo viel du noͤthig haſt, biß ans Bein abzuſchneiden, dergleichen auf der andern Seite auch geſchehen koͤnte, und ſo ſie endlich etwas zu groß wuͤrden, koͤnte nur in der Mitten ein langer Schnitt durch geſchehen. Waͤre der Schincken aber ſehr fett, iſt es auch erlaubet mit 2. hal - ben Mondſch nitten in der Mitten anzu - fangen, und nach dem ein Oval-Stuͤck - gen heraus, kan auf beyden Seiten alſo fort gefahren werden, der Rand und Bo - den aber muß am Schincken gantz blei - ben, und alſo nur ausgehoͤhlt werden.

Vorlegung.

Lege 2. oder 3. Stuͤcke auf den Teller, nebſt etwas Saltz und Pfeffer aufm Rand, und giebs ſo herum.

Der gebratene Fiſch.

Stelle ihn mit dem Kopf zur lincken, imbrochire die Gabel neben den Kopf ein, hebe ihn auf den Bauch, und

  • 1. Mache einen langen Schnitt auf den Ruͤcken zu beyden Seiten vom Kopfe biß zum Schwantze.
2. Stich210
  • 2. Stich die Graͤte beym Kopf und Schwantz entzwey.
  • 3. Hebe ſie mit der Gabel heraus, und gieb ſie vor.
  • 4. Theile hernach den Fiſch 3. oder 4. mahl, nachdem er groß iſt.
  • Vorlegung.
  • 1. Den Kopf.
  • 2. Das Mittelſtuͤck.
  • 3. Den Schwantz. Die Tuͤtſche iſt: Eßig, geriebene Born-Kreſſe oder Senff.

Die Krebſe.

Trage 3. bis 4. nachdem ſie groß und du Vorrath haſt, mit der Gabel bey den Scheeren auf den Teller, ege Pfeffer, Saltz - und Butter darzu, und gieb ſie herum.

Der Karpfen.

Weil dieſer ſchon getheilet, kommt es nur auf die Vorlegung an, welche wie fol - get geſchiehet.

  • 1. Den Kopf mit den halben Gebuͤnd - lein und etwas Rogen.
  • 2. Das Mittelſtuͤck nebſt voriger Zu - lage.
3. Den211
  • 3. Den Schwantz.

Der Rogen wird beygelegt ſo weit er langet.

Der Hecht.

Wird wie der Brat-Fiſch zertheilet und vorgelegt; die Leber muß von einan - der geſchnitten und den erſten zwey Tel - lern beygelegt werden. Seind die Hech - te aber klein, ſo theile jeden halb und gieb

  • 1. Das Foͤrderſtuͤck mit der Tuͤtſche, iſt Senff oder Butter.
  • 2. Das Hinderſtuͤck auch alſo.

Die Artiſchocken.

Imbrochire die Gabel oben und mit - ten in den Kern, druͤcke mit dem Meſſer die unterſten Blaͤtter nieder, ſchneide die groͤſten mit einem Creutzſchnitte durch, thue das Rauhe heraus, trage ſie mit dem Loͤffel auf den Teller, und uͤbergieb ſie mit etwas Bruͤhe.

Die Paſteten.

Mache von der groſſen Paſtete den Te - ckel rings herum loß, lege den Teckel auf einen Teller, und zerlege das darinnen liegende nach ſeiner Art mit etwas Bruͤ -he;212he; waͤre die Paſtete von guten Teige, koͤnte jeden Teller ein Stuͤckgen darzu ge - leget werden, wo aber dieſes nicht, ſo lege den Teckel, wann du mit dem Vorlegen fertig, wieder druͤber.

Die kleinen Paſtetgens werden mei - ſtenstheils nur nach Anzahl der Perſonen aufgetragen, und ein Stuͤck nach dem an - dern auf den Teller uͤbergeben.

Die Torten.

Werden nach Anzahl der Perſonen, daß weder was mangele, noch uͤberblei - be, zerſchnitten, und ein Stuͤck nach dem andern praͤſentiret.

Das Obſt und Confect.

Das Obſt kan man mit der Schuͤſſel praͤſentiren, damit ein jeder ſelbſt nehme; waͤre ſolche aber zu groß oder zu ſchwer, koͤnnen etliche Stuͤck mit der rechten Hand auf den Teller gelegt und uͤber - reichet werden. NB die Weintrauben und Nuͤſſe aber gehoͤren auf den Teller herum zu geben.

Das213

Das Confect wird mit dem Loͤffel, Meſ - ſer oder Haͤnden, jedes nach ſeiner Art auf den Teller gelegt, und alſo herum ge - geben. NB. das Vornehmſte und Beſte gehoͤret oben auf.

Die Butter und Kaͤſe.

Muß eher als Kuchen, Obſt und Con - fect vorgeleget werden, dabey jedoch noͤ - thig, daß man erſt die Butter, hernach aber den Kaͤſe herum gebe, weil oͤffters welche ſeynd, ſo nicht beydes eſſen koͤnnen.

ENDE.

About this transcription

TextKürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes
Author N. N.
Extent249 images; 27972 tokens; 5932 types; 204846 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationKürzliche Anweisung zu Complimenten und höflicher Condvite, für Personen Bürgerlichen Standes N. N.. . 213 S., [11] teilw. gef. Bl. : Frontisp., 11 Ill. (Kupferst.). s. e.FrankfurtLeipzig1736.

Identification

Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Berlin SBB-PK, Np 16212

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Anstandsliteratur; Gebrauchsliteratur; Anstandsliteratur; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:33:33Z
Identifiers
Availability

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported License.

Holding LibraryStaatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
ShelfmarkBerlin SBB-PK, Np 16212
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.