PRIMS Full-text transcription (HTML)
〈…〉〈…〉L. DAVID.
[I]
Leben David’s,
erſten Malers Napoleon’s.
Aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſetzt von E. S. Mit David’s Bildniſſe.
Quedlinburg und Leipzig.Verlag von Gottfr. Baſſe. 1827.
[II][III]

Vorrede.

Da die Kunſt jetzt den Verluſt des beruͤhmten Mannes betrauert, der ein halbes Jahrhundert hindurch den Zepter der Malerei fuͤhrte, ſo ha - ben wir geglaubt, daß das Publicum die Ge - ſchichte ſeines Lebens, als Kuͤnſtler und Staats - mann, ſeiner Werke, und der Beruͤhrungen, in welchen er mit ausgezeichneten Perſonen ſeiner Zeit geſtanden hat, nicht ohne Jntereſſe leſen wuͤrde. Als Maler hat David ſchon bei ſeinen Lebzeiten den Tadel neidiſcher und mittelmaͤßiger Koͤpfe durch ſeine Werke zum Schweigen ge - bracht. Gegen ſeinen Ruf als Geſetzgeber hat ſich der Partheigeiſt auf gehaͤſſige Weiſe erho - ben, und noch laſſen ſich Stimmen dagegen hoͤ - ren. Um hieruͤber Licht zu verbreiten und der Wahrheit die Ehre zu geben, hielten wir es fuͤr noͤthig, ihn auf ſeiner oͤffentlichen Laufbahn zu begleiten. Man wird den republikaniſchen Ge - ſetzgeber durch die Erinnerung an GriechenlandIVVorrede.und Rom, welche den Maler zu den ſchoͤnſten Jdeen begeiſterten, irre geleitet, den freien Buͤr - ger von heuchleriſchen und ſchaͤndlichen Prahl - haͤnſen betrogen, kurz man wird einen Mann erblicken, den die Natur fuͤr die Kunſt, aber nicht fuͤr die Politik geſchaffen hatte.

Vorbericht des Ueberſetzers.

Der Verfaſſer des in Bruͤſſel 1826 bei Grig - non ꝛc. erſchienenen Originals von Davids Le - ben, iſt unſtreitig ein Mann von Geiſt, klarer Einſicht und Beſonnenheit. Dies zeigt er durch die Behandlung ſeines Gegenſtandes. Er tritt ganz in den Hintergrund und ſtellt uns ohne vieles Raiſonnement ſeinen Helden in deſſen Handlungen dar. Dennoch hat er ſich die Sache ſehr leicht gemacht, und der Titel: Davids Leben, verſpricht zu viel. David, als Kuͤnſt - ler und Staatsmann, dieſer Titel waͤre paſſen - der geweſen. Von Davids Eltern, Geſpielen, Erziehung, von ſeinen Verhaͤltniſſen als Freund,VVorbericht.Braͤutigam, Lehrer, Gatte, Vater, Geſellſchaf - ter, von ſeinen religioͤſen Anſichten, mit einem Worte, von ſeinem innern Leben, wie es ſich nach außen in Haus und Schule activ und paſ - ſiv geſtaltet, erfaͤhrt man wenig oder gar nichts. Deſto mehr lernt man ihn als Kuͤnſtler und als leidenſchaftlichen Republicaner kennen, dem die Revolution, wie ſo manchen Andern, den Kopf verdreht hatte, welchen ſie ihm nicht auf der Guillotine nahm. Der Ueberſetzer, welcher ſich ſtreng an das Original gehalten, und ſich zur Verdeutſchung des Werkchens nur im Auftrage des Herrn Verlegers entſchloſſen, ſtimmt ganz in den Tadel ein, welchen die Frau von Genlis Davids politiſchen Anſichten und Handlungen ge - zollt. Er war in einem unverzeihlichen Jrrthum befangen, daß er faſt allein den Koͤnigen das Elend der Voͤlker zuſchrieb, und den Koͤnigsmord als eine verdienſtliche Handlung pries und dafuͤr ſtimmte. Wie ſehr verſuͤndigt man ſich nicht an der Wahrheit und Gerechtigkeit, wenn man den Koͤnigen ihren Mangel an Allwiſſenheit und den ſchrecklichen Mißbrauch zur Laſt legt, welcher zum Ungluͤck der Nationen davon gemacht wer - den kann. Gott, der einzige wahre Richter un -VIVorbericht.ſerer Thaten, wird dagegen den Beherrſchern der Voͤlker dereinſt nur das Unrecht zurechnen, was ſie entweder wiſſentlich veruͤbten, oder als ſchwache, ſinnliche, der Taͤuſchung und dem Jrr - thum unterworfene, Sterbliche, verhuͤten konn - ten, und nicht verhuͤteten. Waͤre Ludwig XVI. wirklich ein Tyrann geweſen, die Nation haͤtte es nicht gewagt, ihn hinzurichten. Und ſo ſind meiſtens die Koͤnige nur unſchuldige Opfer ihrer Menſchlichkeit. David ſagt S. 94: Die Men - ſchen ſind nur das, was die Regierung aus ih - nen macht. Durch dieſen Ausſpruch erklaͤrt er die Voͤlker offenbar ſelbſt fuͤr unmuͤndig, alſo ei - nes Herrſchers beduͤrftig, und dennoch will er das Koͤnigthum uͤberall verbannt und eine Volks - regierung eingefuͤhrt wiſſen. Dies iſt ein offen - barer Widerſpruch. Es gibt nur ein Mittel, alle Regierung entbehrlich zu machen und wirk - lich frei zu werden, und dies iſt, daß Jeder fuͤr ſich einen Menſchen, naͤmlich ſich ſelbſt regiert und beſſert, und der ihm von Gott gegebenen Vernunft gemaͤß nach Vollkommenheit ſtrebt. Eine Volksregierung in dieſem Sinne iſt ohne Zweifel die einzige, welche zum Heil fuͤhrt. So lange aber Jeder es nur auf Andere, undVIIVorbericht.nicht auf ſich ſelbſt anlegt, ſo lange nicht Jeder die Vorſchrift Chriſti befolgt: Was du nicht willſt, daß dir geſchieht, das thue auch Andern nicht, ſo lange faſt Jeder nur darauf denkt, ſo viel als moͤglich auf Koſten Anderer zu genie - ßen und ſo wenig als moͤglich zu thun, ſo lange alſo beinahe Jeder ein Tyrann im Klei - nen iſt, wo er es vermag: ſo lange iſt es ſuͤndlich, an aͤußere Freiheit nur zu denken, ſo lange muͤſſen die Voͤlker unter Vormundſchaft ſtehen, und zwar unter einer Vormundſchaft, die der Zufall der Erſtgeburt in einer gewiſſen Fa - milie herbeigefuͤhrt. Dies iſt zur Ruhe der Welt nothwendig. Wo keine Vernunft herrſcht, muß immer der Zufall entſcheiden, wie man auch oft im gemeinen Leben bei einer zweifelhaften oder bedenklichen Handlung dem Looſe die Aus - fuͤhrung oder Unterlaſſung derſelben uͤberlaͤßt. Waͤre das perſoͤnliche Verdienſt zum Herrſchen berufen, ſo muͤßte das Volk reif genug ſeyn, ſich uͤber den Begriff des Verdienſtes uͤberhaupt ſowohl, als daß es bei einem beſtimmten Jndi - viduo mehr, als bei jedem andern, Statt finde, zu vereinigen, was bei einer großen Nation, die ſo viel Unmuͤndige zaͤhlt, nicht ausfuͤhrbar,VIIIVorbericht.und daher von ſehr uͤblen Folgen iſt, wie auch die Geſchichte aller Wahlreiche beſtaͤtigt. Weit entfernt alſo, in den Haß einzuſtimmen, den David gegen das Koͤnigthum hegte, muß der Vernuͤnftige, der es weiß, was die Erziehung aus dem Menſchen macht, und wie Prinzen ge - woͤhnlich erzogen werden, ſich im Namen der Menſchheit freuen, daß der Gewalt und Graͤuel - thaten der Koͤnige nicht weit mehr ſind, als die Geſchichte uns auffuͤhrt, und er wird von gan - zem Herzen fuͤhlen, wie wahr es iſt, was C. v. E. im Geſellſchafter von Gubitz Jahrg. 1824. S. 447 ſagt:

Den uͤberzeugendſten Beweis fuͤr einen un - erſchoͤpflichen Fonds von Guͤte in der menſchli - chen Natur geben die Koͤnige. Von ihrer Ge - burt bis zum Tode arbeiten die beiden Schooß - kinder der alten Schlange, Luͤge und Schmeiche - lei, daran, ſie zu verderben; und doch gibt es noch ſo viele gute Fuͤrſten!

[1]

Davids Leben.

David. 1[2][3]

Johann Ludwig David wurde im Jahre 1748 in Paris geboren*)Andere Schriftſteller nennen das Jahr 1750; das iſt ein Jrrthum.. Er war 9 Jahr alt, als ſein Vater ſtarb. Der Unterricht, wel - cher der Wahl eines Standes vorherzugehen pflegt, und bei dem ſich gewoͤhnlich die natuͤr - lichen Anlagen des Menſchen entwickeln, nahm ſeine Jugendjahre ganz in Anſpruch; er genoß dieſelben alſo wenig. Denn er fand an den Schulwiſſenſchaften und gelehrten Studien keinen beſondern Geſchmack. Eine entſchiedene Neigung fuͤr die Kunſt ließ ihn alles Uebrige vernachlaͤſ - ſigen. Seine Mutter wollte einen Baumeiſter aus ihm machen. Er ließ aber auch gegen die - ſes Fach großen Widerwillen blicken, weil es ihm zu trocken ſchien, und lebte deshalb in ei - nem beſtaͤndigen Hader mit ihr, da ihr ſein ihm angebornes Talent fuͤr die Malerei ein Dorn4Lebenim Auge war. Er ſetzte daher ſeine Studien nur gezwungen fort.

Hinderniſſe ſchlugen ſeinen Muth nicht nie - der. Treu ſeiner Neigung zugethan, beſiegte er endlich den Widerſpruch der Seinigen, der ſo ſehr am unrechten Orte war.

Die Zeit nahte heran, wo er den Schul - unterricht aufgeben ſollte, wiewohl er von dem - ſelben keinen Vortheil gezogen hatte. Sein Leh - rer in der Redekunſt ſagte ihm einſt, ohne es zu ahnen, ſeine Beſtimmung vorher. Er traf ihn naͤmlich uͤber einer zu dem Unterrichte eben nicht paſſenden Beſchaͤftigung, denn waͤhrend alle ſeine Mitſchuͤler auf denſelben aufmerkſam wa - ren, zeichnete er eine Flotte. Jch ſehe wohl, ſagte ſein Lehrer ſpoͤttiſch, indem er das Papier anſah, daß aus Jhnen ein beſſerer Maler als Redner wird. Er zielte damit auf einen Feh - ler Davids, den derſelbe damals an den Sprach - organen hatte.

Er beſtand immer hartnaͤckiger auf ſeinem Kopfe, auch ſahen ſeine Verwandte am Ende wohl ein, daß es ihnen bei ſeiner Ausdauer nicht gelingen wuͤrde, ihn zu einem andern Be - rufe zu noͤthigen.

5Davids.

Je aͤlter er wurde, je mehr befeſtigte ſich ſein Entſchluß. Standhaft in ſeinen Grundſaͤtzen, von ungezaͤhmtem Charakter und ruhmſuͤchtig, wie er war, ging er, ungeachtet ſeiner Jugend, ſchon mit dem Gedanken um, dereinſt durch ſei - ne Werke Epoche zu machen. Bisher war die Natur ſeine Lehrmeiſterin geweſen, ſie allein hatte bei ſeinen erſten Verſuchen den Griffel gefuͤhrt. Dies war jedoch zu ſeiner Ausbildung nicht hin - reichend; David bedurfte eines Meiſters, der ſei - ne Schritte leitete, ihm Unterricht ertheilte, und die Eingebungen der Natur den Regeln der Kunſt unterwarf.

Seine Mutter hatte endlich, in der Ueber - zeugung, daß er in der That fuͤr die Kunſt, insbeſondere zum Maler geboren ſey, alle Ge - danken, dem Berufe ihres Sohnes ferner entge - gen zu ſeyn, fahren laſſen. Sie verſtand ſich daher dazu, ihm einen Meiſter zu geben und glaubte denſelben in Boucher, dem erſten Maler des Koͤnigs, zu finden.

Dieſer Kuͤnſtler, welcher mit der Familie Davids nahe verwandt war, haͤtte es gern ge - ſehen, wenn ſein junger Vetter in ſeine Fußſtap - fen getreten waͤre. Sein hohes Alter hinderte6Lebenihn aber, dem Unterrichte ſelbſt vorzuſtehen. Vielleicht war dies ein großes Gluͤck fuͤr David, die Kunſt, ja ſelbſt fuͤr Frankreich. Denn Bou - cher ſtand an der Spitze einer Schule, welche den Geſchmack verderbt hatte, und war ſogar der Stifter derſelben. An die Stelle der Na - tur und der reinen Formen der Griechen und Roͤmer hatte er ſeltſame Gebilde und Farben geſetzt, deren Urbild nur in ſeiner Phantaſie lag. Die Kunſt war unter ihm, mehr als je, auf unbegreifliche Jrrwege gerathen.

Boucher trug daher einen Unterricht, deſ - ſen er ſich ſelbſt nicht mehr unterziehen konnte, Vien, einem Freunde von ihm, auf. Dieſer Kuͤnſtler hatte ſich die Ehre erworben, nach Rom geſandt zu werden. Hier, in der Betrach - tung einer herrlichen Natur und in dem Studio der vollkommenſten Muſter, ſchoͤpfte er dieſe gruͤndliche Kenntniß des Schoͤnen, wovon er er - fuͤllt war, und die er in Frankreich von neuem ins Leben rufen ſollte. Damals war Vien Ma - ler des Koͤnigs, Mitglied der koͤniglichen Maler - akademie, und ſeit 1750 Profeſſor. Durch Bei - ſpiel und Unterricht ſtrebte er, die Kunſt auf den rechten Weg zuruͤckzubringen, und er ward der7Davids.Stifter einer Schule, aus welcher ſo viele gro - ße Maler hervorgehen ſollten, die, indem ſie die entartete franzoͤſiſche Schule verdraͤngten, den Rang und den Ruhm derſelben von neuem ſicherten.

Vien verſprach Davids Verwandten, ſich des Unterrichts deſſelben mit allem Eifer anzu - nehmen. Der junge Zoͤgling zeigte einige Um - riſſe vor, die ihm allein ſein Genie eingegeben, denn er hatte niemals weder Unterricht genoſſen, noch einen Meiſter zu Rathe gezogen. Vien ge - rieth daruͤber in Erſtaunen und ſagte: Er kann ſich von heute an der Malerei widmen, denn er verſteht ſich auf das Geheimniß der Kunſt.

Jn der Schule dieſes Goͤnners machte David reißende Fortſchritte, ſein Geſchmack laͤu - terte ſich, und nach Verlauf einiger Jahre wagte er es, ſich um den großen Preis fuͤr Rom zu bewerben.

Er hielt es nicht fuͤr noͤthig, Vien deshalb zu Rathe zu ziehen, und ſchritt ohne deſſen Vor - wiſſen an das Werk. Dieſer kam indeß hinter das Geheimniß, worin der junge Kuͤnſtler ſeine Arbeit huͤllte. David, noch immer in der Mei - nung, ſeinem Gegner eine Ueberraſchung zu be -8Lebenreiten, ſtellte im Jahre 1772 ſein Gemaͤlde, den Kampf der Minerva mit Mars im Beiſtande der Venus darſtellend, dem Ur - theile der Academie anheim.

Unter ſeinen Mitbewerbern waren Kuͤnſtler von großem Rufe. Dennoch wurde ihm einſtim - mig der erſte Preis von der Academie zuerkannt. Vien brachte es indeß dahin, daß ihm nur der zweite ertheilt wurde. Vielleicht wollte er ihn fuͤr ſeine Verheimlichung und Kuͤhnheit beſtraft wiſſen, und David mußte ſich damit begnuͤgen.

Dieſe ſtrenge Behandlung ſchadete indeß der Liebe und Achtung, welche ſie gegen einan - der hegten, nicht im Mindeſten, ſie ſchienen da - durch nur um ſo enger verbunden zu ſeyn. Das ehrenvolle Urtheil, welches David oft uͤber die Werke ſeines Lehrers faͤllte ſowohl, als meh - rere nicht geringe Beweiſe der Theilnahme, die derſelbe ſeinem Schuͤler fortwaͤhrend zu erkennen gab, laſſen daruͤber keinen Zweifel uͤbrig. Vien hat ſeitdem wiederholt erklaͤrt, ſein ſchoͤnſtes Werk ſey David.

Jm Laufe des Jahres 1773 fand eine neue Preisbewerbung Statt. Die Aufgabe war: Die Kinder der Niobe von der Diana9Davids.und Apollo mit Pfeilen getoͤdtet. Da - vid wollte daran Antheil nehmen und glaubte mit ſeinem Vorhaben diesmal gegen Vien nicht zuruͤckhalten zu muͤſſen. Die im vergangenen Jahre erlittene Strafe ſchwebte ihm noch zu friſch im Gedaͤchtniſſe, aber diesmal war er min - der gluͤcklich. Die Stimmen der Richter waren getheilt. Einige erklaͤrten ſich fuͤr ihn, aber die Meiſten hatte er gegen ſich. Das Urtheil wur - de geſprochen und David erhielt den Preis nicht. Wie dem auch ſeyn mag, er fand in dieſem Aus - ſpruch eine offenbare Zuruͤckſetzung, die er ſeinen Richtern nicht vergeben konnte. Ja, ſein Gemuͤth litt darunter in ſo hohem Grade, daß er ſich der Verzweiflung uͤberließ und ſeinem Leben ein Ende machen wollte.

Er wohnte im Louvre bei Sedaine. Dieſer wegen ſeiner ihm eigenen Herzensguͤte bekannte und deshalb uͤberall gern geſehene Gelehrte, hatte David ſo lieb gewonnen, als waͤre er ſein eige - ner Sohn, und ſie kamen faſt taͤglich zuſammen. Sedaine hatte David ſeit zwei Tagen nicht ge - ſehen. Er glaubte aus dem Zimmer deſſelben Klagetoͤne zu vernehmen. Er eilt zur Thuͤr, ſie iſt verſchloſſen. Er ruft ſeinen jungen Freund10Lebenbeim Namen, bittet, beſchwoͤrt ihn, zu oͤffnen, vergebens, keine Antwort!

Jn voller Verzweiflung, weil er glaubt, David habe ſich das Leben genommen, laͤßt Se - daine die Verwandten deſſelben rufen.

Unterdeß laͤuft er zu Doyen, einem Mitgliede der Academie, welcher damals gerade die Ka - pelle des heiligen Gregorius bei den Jnvaliden malte. Kein einziger von allen Rich - tern hatte ſich Davids ſo eifrig angenommen, als er, und er war demſelben bis zur Leiden - ſchaft zugethan. Sedaine theilte Doyen ſeine Beſorgniß und ſeinen Verdacht mit, und bewog ihn ohne Schwierigkeit, mit nach der Wohnung der jungen Malers zu gehen.

Das Zimmer war noch immer verſchloſſen, und kein Geraͤuſch ließ ſich vernehmen. Beide ruͤttelten gewaltſam an der Thuͤr, ſie widerſteht ihren Bemuͤhungen, die Stille dauert fort.

Da rief Doyen mit lauter Stimme: Da - vid! willſt Du Deinen Neidern gewonnen Spiel geben? Glaube mir, ſie werden ſich uͤber Deinen Tod herzlich freuen. Oeffne die Thuͤr und laß Deinen ungluͤcklichen Vorſatz fahren.

Dieſe Worte eines Kunſtrichters, deſſen11Davids.theilnehmende Geſinnungen fuͤr ihn David nicht in Zweifel zog und Sedaines Bitten bringen ihn zu ſich ſelbſt. Außer Stande, ihnen zu ant - worten, ſchleppt er ſich muͤhſam nach der Thuͤr, die er ſeinen Freunden oͤffnet. Er war entſtellt und blaß wie der Tod, denn er hatte ſeit drei Tagen keine Nahrung zu ſich genommen, und haͤtte Sedaine nicht ſein Aechzen gehoͤrt, ſo waͤre es um ihn geſchehen geweſen.

Durch die theilnehmende Sorgfalt ſeiner Freunde und Verwandten, welche dieſer Vorfall herbeigezogen hatte, wurde er beim Leben erhal - ten. Mit der Wiederkehr ſeiner Koͤrperkraͤfte wuchs auch ſein Eifer und ſein Muth und bald gewann der Durſt nach Ruhm in ſeiner Seele wieder die Oberhand. Der Eiferſucht der Kuͤnſt - ler, welche ſein Urtheil geſprochen, zum Trotz, bewarb er ſich zum dritten Male um den Preis.

Diesmal war der Tod Seneca’s der Gegenſtand. Sobald das Gemaͤlde fertig war, unterwarf es David, wie fruͤher, dem Ausſpru - che der Academie. Seine Gegner trugen den Sieg davon, denn der Preis wurde einem Kuͤnſt - ler in Rom zu Theil, und Davids Gewaͤlde nicht einmal erwaͤhnt. Dieſer wiederholte Unfall12Lebenſchlug aber ſeinen Muth nicht nieder, er ſpornte ihn vielmehr zu neuem Eifer an.

Die Elenden haben mich zur Verzweif - lung bringen wollen, rief er aus. Meine Ra - che ſoll in meinen Werken beſtehen. Das naͤch - ſte Jahr, dies ſchwoͤre ich, ſollen ſie mir den Preis ertheilen.

Er hielt Wort. Das Jahr darauf mel - dete er ſich zur Concurrenz, und vollendete die Aufgabe, die Liebe des Antiochus und der Stratonice. Die Richter, welche es vielleicht ſchon unter einander verabredet hatten, ihm den Preis, wie auch ſein Werk beſchaffen ſey, nicht zuzuerkennen, fuͤhlten ſich beim An - blick dieſes herrlichen Meiſterſtuͤcks unwillkuͤhrlich von Bewunderung hingeriſſen. Sie vergaßen ih - ren Groll, und es war unter ihnen daruͤber nur eine Stimme, daß er den Kranz verdient habe. Derſelbe wurde ihm ehrenvoll zuerkannt, und mehrere Kuͤnſtler erhielten den Auftrag, ihm ſei - nen Sieg anzukuͤndigen. Bei dieſer Nachricht verlor er die Beſinnung. Als er wieder zu ſich gekommen war, rief er aus: Seit vier Jahren athme ich jetzt zum erſten Male wieder.

Von nun an verzichtete David auf die13Davids.Concurrenz in der Academie, denn er war mit dieſem Erfolge zufrieden.

Nach einer in unzaͤhligen Widerwaͤrtigkei - ten und Hinderniſſen verlebten Jugend, thut ſich fuͤr David ein weiterer Spielraum und eine gluͤcklichere Laufbahn auf. Schon hat er die Graͤnze uͤberſchritten, in welcher gewoͤhnliche Maler ihr Ziel erblicken, und nun ſchreitet er auf dem Pfade fort, den Vien dem Genie ge - oͤffnet, indem er ihn noch erweitert und mit Glanz uͤberſtrahlt.

Seit mehrern Jahren hatte er den Wunſch gehegt, in Rom die alten Denkmaͤler und Werke großer Meiſter zu ſtudiren, welche er bisher nur vom Hoͤrenſagen kannte. Ein zufaͤlliger Umſtand ſchien ſein Vorhaben beguͤnſtigen zu wollen. Vien wurde im Jahre 1775 Director der fran - zoͤſiſchen Schule in Rom. Er that ſeinem Schuͤ - ler den Vorſchlag, ihn nach dieſer Hauptſtadt der Kuͤnſte zu begleiten. David war keinen Au - genblick unſchluͤſſig, er nahm von ſeinen Ver - wandten Abſchied und reiſte nach Jtalien. Da - mals hatte er das 27ſte Jahr erreicht.

Bei ihrer Ankunft in Parma beſuchten Meiſter und Schuͤler die dortige Hauptkirche, de -14Lebenren Kuppel von Correggio gemalt iſt. David vergaß bei ihrem Anblick alle Gemaͤlde der fran - zoͤſiſchen Schule, welche er bisher bewundert hatte. Vien, der dies bemerkte, ſagte zu ihm:

Nun, David, glauben Sie jetzt, daß dieſe Malerei den Jhnen bekannten Werken unſerer franzoͤſiſchen Schule den Rang ſtreitig machen darf? Nicht ſo hitzig, Freund! beruhigen Sie Sich! Laſſen Sie es bei der Bewunderung bewenden und ſparen Sie Jhren Enthuſiasmus fuͤr Rom auf. Dort vergleichen Sie und es ſteht bei Jhnen zu entſcheiden und eine Wahl zu treffen.

Endlich erreichten ſie das von David ſo ſehnlich erwartete Ziel ihrer Reiſe! Der Anblick dieſer alten Stadt, welche ſo viele Jahre hin - durch der Schauplatz von Kriegen, und noch ge - raumere Zeit der Zufluchtsort der Kuͤnſte und Wiſſenſchaften war, die Betrachtung ihrer Obe - lisken, Amphitheater, Saͤulen, Grabmaͤler, als eben ſo viele Truͤmmer ihres fruͤhern Glanzes, machte auf das Gemuͤth des jungen Kuͤnſtlers einen tiefen Eindruck. Hier mitten unter dieſen erhabenen Denkmaͤlern der Vorzeit, den Meiſter - ſtuͤcken eines Praxiteles und Phidias, eines Ra -15Davids.phael und Michel-Angelo fuͤhlte David ſich ſelbſt gedemuͤthiget. Er ſchaͤmte ſich nicht, es zu ge - ſtehen. Sein Streben gewann ploͤtzlich eine an - dere Richtung und ſein Genius erhob ſich zu ei - nem neuen Flug. Das Studium der Antike nahm ihn von nun an ganz in Anſpruch. Jch will, rief er aus, ich will, daß meine Werke fortan den Charakter des Alterthums an ſich tragen, und waͤre es moͤglich, daß ein Athenien - ſer wieder auferſtaͤnde, ſo ſollte er bekennen muͤſſen, ſie ſchienen ihm die Arbeit eines griechi - ſchen Malers zu ſeyn.

Von nun an nahm er Raphael und Mi - chel-Angelo zum Muſter. Er beſuchte Roms Pallaͤſte, die Saͤle des Vatican, zeichnete alles, was ihm ins Auge fiel, und legte des Abends bei Licht die Ausbeute des Tages in eine Map - pe. Auf dieſe Weiſe entſtanden nach Verlauf einiger Jahre, die er in dieſer Stadt zubrachte, ſeine Studien in fuͤnf großen Baͤnden, ein eben ſo ſeltenes als nuͤtzliches Werk, welches er bis an ſeinen Tod aufbewahrt hat. Er ſchoͤpfte aus dieſer koſtbaren Sammlung lebenslang Stoff fuͤr ſeine Arbeiten und ſie war fuͤr ihn eine un - verſiegbare Quelle der untruͤglichſten Regeln.

16Leben

Außerdem verſuchte er ſich auch in Copien; unter andern fuͤhrte er Valentins ſchoͤnes Ge - maͤlde das heilige Abendmahl aus, wel - ches Kenner dem Original gleich ſchaͤtzen. Da - mals hatte er das dreißigſte Jahr erreicht.

Jn Rom machte er die Bekanntſchaft des jungen Pecoul, ein Sohn des koͤniglichen Bau - meiſters zu Paris, welche zu engerer Freund - ſchaft gedieh, und ſpaͤter eine verwandtſchaftli - che Verbindung zwiſchen ihnen herbeizog. Sie hatten fortwaͤhrend die groͤßte Hochachtung fuͤr einander.

Zu dieſer Zeit malte er auch zwei Acade - mieſtuͤcke von ausgezeichnetem Werth, die nach der Natur aufgenommen ſind: das Grab - mal des Patroclus, ein Skizzengemaͤlde, und einen in der Manier der Academie ausge - fuͤhrten heiligen Hieronymus. Sein Ruf ſtieg bei jedem Werke von ihm. Das Bildniß des Grafen Potocki zu Pferde in Le - bensgroͤße wurde ungefaͤhr zu derſelben Zeit von David ausgeſtellt.

Dieſe verſchiedenen Arbeiten beſchaͤftigten ihn die erſten vier Jahre ſeines Aufenthalts in Rom. Nachdem er im fuͤnften die Werke der17Davids.groͤßten Meiſter copirt hatte, faßte er den Ent - ſchuß, vor ſeinem Abgange von Rom ein aus - fuͤhrlicheres Werk zu liefern, und er unternahm das Gemaͤlde: die Verpeſteten, ſonſt auch der heilige Rochus genannt.

Dieſes Stuͤck hat noch einen leichten An - ſtrich der von David abgeſchwornen franzoͤſiſchen Schule, aber es iſt der Natur ſo treu gemalt, daß es zu leben ſcheint. Beſonders iſt ein Peſt - kranker im Vordergrund in Stellung und Aus - druck ſo ſchoͤn, als Davids Pinſel je etwas her - vorgebracht. Dies Gemaͤlde wurde in Paris im Jahre 1781 ausgeſtellt, und fand den Beifall aller Kenner. Spaͤter gereichte es dem Saal des Krankenhauſes zu Marſeille zur Zierde, wo es ſich noch jetzt und zwar im Pfoͤrtnerzimmer (à la consigne?) befindet.

Roms Einwohner ſowohl, als die ausge - zeichnetſten Maler dieſer Stadt, draͤngten ſich in Davids Werkſtaͤtte, um ſeine neueſte Schoͤp - fung zu bewundern. Unter ihnen war auch der alte Pompejus Batoni*)Dieſer beruͤhmte Maler, welcher mit Recht der Wie - derherſteller der neuern roͤmiſchen Schule genannt wird, wurde zu Lucques im Jahre 1708 geboren. Er hatte die al -, das Haupt der Aca -David. 218Lebendemie von St. Luc. Dieſer ſtaunte uͤber ein ſo außerordentliches Talent und uͤberhaͤufte David mit vielen ihn aufmunternden Lobſpruͤchen.

Sie ſind ein Franzoſe, und haben dies gemalt? rief er aus. Seit 50 Jahren woh - ne ich in dieſer Stadt, kenne die Werke der Ma - ler aller Nationen, welche ſie in Rom ausge - fuͤhrt haben, aber keiner kommt Jhnen bei. Dieſer liegende Peſtkranke hat ganz die Manier des Michel-Angelo, ja er iſt ſeiner wuͤrdig; ich bitte Sie, bleiben Sie bei uns; der Kunſt zu Liebe muͤſſen Sie es ſchon thun. Kehren Sie nicht nach Frankreich zuruͤck, dort verlernen Sie wieder.

David, welcher entſchloſſen war, den rei - nen Geſchmack fuͤr die Kunſt in ſeinem Vater - lande wieder ins Leben zu rufen, befolgte, ſo ſehr ihm auch die Lobſpruͤche des Greiſes ſchmei -*)ten Muſter ſorgfaͤltig ſtudirt, und ſeine Stuͤcke waren eben ſo ſchoͤn als ausdrucksvoll. Er hat viele Gemaͤlde fuͤr die Kirchen und Kapellen verfertigt. Die bekannteſten ſind der heilige Celſus und der Untergang Simons des Magikers. Er wurde mit Ehren und Reichthuͤmern uͤberhaͤuft. Der Kaiſer Joſeph erhob ihn in den Adelſtand. Dieſer große Meiſter ſtarb zu Rom im Jahre 1787.19Davids.chelten, dieſen Rath nicht, und kehrte nach Frankreich zuruͤck.

Jm Jahre 1780 vollendete er ſeinen Be - liſaire und erwarb ſich dadurch den Zutritt zur Academie als außerordentliches Mitglied. Er fand an dem Kurfuͤrſt von Trier einen Kaͤufer fuͤr dies Gemaͤde, welches endlich in Lucian Bo - napartes Gallerie gerieth, deſſen vorzuͤglichſte Zierde es iſt.

Die ungezwungene und edle Ausfuͤhrung, der ſchoͤne Kopf des roͤmiſchen Generals, wel - cher als Blinder Almoſen zu empfangen genoͤ - thiget iſt, die Stellung des Soldaten, der unter ihm gedient, und ihn erkennt, der junge Fuͤhrer, die einzige Stuͤtze ſeiner geſunkenen Groͤße, er - fuͤllen das Gemuͤth mit Ruͤhrung und Ehrfurcht. Die kaͤlteſten und ſtrengſten Tadler mußten die - ſem Gemaͤlde ihren Beifall zollen.

David ging, um ſich ſelbſt von dem Ur - theil des Publikums uͤber dies Gemaͤlde zu uͤber - zeugen, incognito in den Saal, wo es ausge - ſtellt war. Man erkannte ihn ſogleich und ei - nige Zuſchauer nahmen ihn aus freien Stuͤcken auf die Arme und trugen ihn im Triumph vor ſein Gemaͤlde. Mit ruhiger Faſſung gab er ſich20Lebendieſer ruͤhrenden Huldigung ſeiner Mitbuͤrger dankbar hin. Da er Sedaine unter den Anwe - ſenden bemerkte, ging er durch die Menge auf ihn zu, und warf ſich ſeinem Freunde, der vor Freude weinte, in die Arme.

Sie haben das ſchoͤnſte Lob erhalten, ſagte ihm dieſer, das einen Kuͤnſtler aufmun - tern kann. Ein ſolcher Empfang haͤtte Sie be - rauſchen koͤnnen und ich fuͤrchtete es. Aber die ruhige Haltung, welche Sie waͤhrend Jhres Tri - umphs nicht verließ, buͤrgt mir dafuͤr, daß Sie noch mehrere zu verdienen ſtreben werden.

Von der Zeit an verbreitete ſich Davids Ruhm durch ganz Frankreich; man ſprach faſt nur von ſeinen Werken. Die jungen Kuͤnſtler ſtroͤmten nach Paris, ſeinen Rath einzuholen. Alle brannten vor Begierde, ſich unter einem ſol - chen Meiſter auszubilden, und von ihm gelobt zu werden, war ihr einziges Streben. Man riß ſich, ſo zu ſagen, um ſeinen Unterricht und machte ihm die glaͤnzendſten Anerbietungen. So vielen Bitten konnte er nicht widerſtehen. Er eroͤff - nete daher dieſe Schule, welche Zoͤglinge aus allen Laͤndern zaͤhlte, und aus der ſo viel be - ruͤhmte Maler hervorgegangen ſind.

21Davids.

Bei jeder Preisaufgabe der Academie zu Rom erhielt ein Schuͤler Davids den erſten Preis. Er bekam zur Belohnung ein Quartier im Louvre. Sein Ruhm ſtieg aufs hoͤchſte bei allen Nationen Europas.

Bis jetzt, wo David das 33ſte Jahr er - reicht hatte, war ſein Streben nur auf den Fortſchritt der Kunſt und ſeinen Ruhm gerichtet geweſen. Es ſchien ihm nun Zeit, eine dauer - hafte Verbindung zu ſchließen, welche ihn naͤher an die buͤrgerliche Geſellſchaft feſſelte, und ſei - nem Schickſal eine beſtimmtere und gluͤcklichere Wendung gab.

Jn Jtalien hatte er, wie ſchon angefuͤhrt worden, den jungen Pecoul kennen lernen. Die - ſer junge Mann ſchrieb ſeinem Vater oft von da aus, wie befreundet er mit David ſey, und wie ſehr er wuͤnſche, daß eine ſeiner Schweſtern ihn zum Gemahl erhalten moͤge. Er gab David, bei deſſen Abreiſe von Rom, einen Empfehlungs - brief an ſeinen Vater mit, der auf dieſen Wunſch Bezug hatte. David vergaß dieſen Brief abzu - geben, vielleicht war er auch durch ſeinen Eifer fuͤr die Malerei von dieſem Beſuche abgehalten worden.

22Leben

Da er ſich indeß mit Pecoul, dem Vater, wegen des im Pallaſt des Louvre zu beziehenden Logis beſprechen mußte, fiel ihm der Brief ein. Er ſuchte nun ſeine Nachlaͤſſigkeit wieder gut zu machen und ging zu Pecoul. Laͤchelnd empfing dieſer ſeinen ſpaͤten Beſuch. Dann ſagte er zu ihm, in einem anſcheinend empfindlichen Tone: Herr David, ich koͤnnte Jhnen Jhren Mangel an Eifer zum Vorwurf machen. Seit zwei Jahren haben Sie einen Brief an mich abzu - geben, deſſen Jnhalt Jhnen nicht unbekannt iſt, und es waͤre mir doch angenehm geweſen, wenn Sie einiges Verlangen bezeigt haͤtten, ein Mit - glied meiner Familie zu werden.

David gerieth in Verwirrung und ſuchte ſich ſtammelnd zu rechtfertigen. Er empfand, wie ſchmeichelhaft fuͤr ihn die Vorwuͤrfe waren, gab ſeinen Dank zu erkennen und brachte ſein geringes Vermoͤgen und die Nothwendigkeit, ſich ganz ſeiner Kunſt zu widmen, zur Entſchuldigung vor. Doch zog er auch in Betracht, daß wenn er die Gelegenheit, ſich mit dieſer Familie zu verbinden, vorbeigehen ließe, er es vielleicht nicht wieder ſo gut treffen wuͤrde. Darum ſagte er fein genug mit Bezug auf dieſen Gegenſtand:23Davids. Jch haͤtte gern neben dieſem Zimmer hier noch ein kleines Schlafgemach.

Warum denn ein kleines? verſetzte Pe - coul. Sie ſollen ein großes haben, wie es ſich fuͤr einen Ehemann ſchickt. Denn, mit einem Worte, Sie muͤſſen heirathen, und Sie ſollen meine Tochter haben. Sie wollen fuͤr die Kunſt leben, nun gut, arbeiten Sie fuͤr den Ruhm; ich will es uͤber mich nehmen, Jhr aͤußeres Gluͤck zu gruͤnden. Speiſen Sie heute Abend mit mei - ner Familie, damit Sie Jhre Zukuͤnftige kennen lernen.

David war, ungeachtet ſo annehmlicher Vor - ſchlaͤge, noch immer unſchluͤſſig. Der Gedanke an eine Veraͤnderung ſeines Zuſtandes und an die Unruhe eines Haushalts verhinderte ihn, ſo - gleich ſein Wort zu geben, und er wollte vorher ſeinen Freund daruͤber zu Rathe ziehen.

Er ging zu Sedaine und theilte ihm den Vorſchlag Pecouls mit. Dieſer hatte auch mannbare Toͤchter und im Stillen den Wunſch gehegt, David eine davon zu geben. Er ſchwieg aber daruͤber, da er denſelben ſo unentſchloſſen ſah, denn er wollte ſeine Verwirrung nicht ver - mehren, und zollte vielmehr als uneigennuͤtziger24LebenFreund Davids, der ſein Gluͤck wuͤnſchte, Pe - couls Plan ſeinen ganzen Beifall.

Schlagen Sie den großmuͤthigen Antrag nicht aus, ſagte er zu ihm. Vermoͤgen, gu - ter Name, Rechtſchaffenheit, Alles, was das Gluͤck einer Verbindung bedingt, finden Sie in dieſer Familie.

David war nun entſchloſſen. Er kehrte zu Pecoul zuruͤck, der ſich ausnehmend freute, ei - nen ſchon ſo beruͤhmten Kuͤnſtler zum Schwie - gerſohn zu bekommen. Nach Verlauf einiger Wochen wurde Demoiſelle Pecoul Davids Gattin.

Nicht lange nach ſeiner Verheirathung bat ihn eine Hofdame, die Frau von Noailles, ihr einen Chriſtus zu malen. Anfaͤnglich ent - ſchuldigte ſich David, weil er ſich nie in dieſer Art Malerei, welche fuͤr ihn wenig Anziehendes hatte, geuͤbt habe. Frau von Noailles drang aber ſo ſehr in ihn, daß er nachgeben mußte. Er vollendete das Werk aber mit wenig Eifer und einem gewiſſen Widerwillen. Bloße Gefaͤl - ligkeit vermochte ihn dazu. Dies Gemaͤlde wur - de erſt im Salon, dann in der Kapuzinerkirche beim Vendomeplatz ausgeſtellt. Obwohl David ſelbſt nur wenig Werth auf daſſelbe legte, ſo25Davids.zog doch der Ruf des Meiſters eine ſo große Menge Zuſchauer in die Kapelle, daß Frau von Noailles ſich genoͤthiget ſah, das Gemaͤlde da wieder wegnehmen zu laſſen.

Es war das erſte Werk Davids in dieſer Gattung und blieb auch das letzte, denn der Gegenſtand ließ ihn zu kalt. Ja, er bereute in der Folge, ſeine Kunſt an einem Charakter verſucht zu haben, den er nie begriffen hatte, weshalb er auch Raphael ſo ſehr bewunderte. Es war ihm ein Raͤthſel, wie dieſer große Kuͤnſtler ſich davon ſo bis zur Begeiſterung ergriffen fuͤhlen konnte. Es that ihm leid, den Bitten der Frau von Noailles nachgegeben zu haben und es ſchien, als wenn jede Erinnerung daran ihm laͤ - ſtig waͤre. Bewaͤhrte Kenner tadelten dies Ge - maͤlde und David, weit entfernt, ihr Urtheil zu beſtreiten, gab ihnen vollkommen recht.

Seit langer Zeit außerordentliches Mitglied der Academie, wuͤnſchte er nun in dieſelbe or - dentlich aufgenommen zu werden, und verfertigte, um dieſe Ehre zu erlangen, den Tod Hectors. Er ſtellte auch ſein Gemaͤlde Hector und Andromache aus, deſſen Entſtehung in dieſe Zeit faͤllt. Es ſchildert den Augenblick, wo die -26Lebenſer ſtolze Trojaner ſeinen Pallaſt und die Mau - ern Jlions verlaͤßt, um zum Kampfe gegen die Griechen auszuziehen. Er ſteht in voller Ruͤ - ſtung aufrecht da, den Schutz Jupiters und ſei - ner Hausgoͤtter fuͤr ſeinen Sohn und ſeine Ge - mahlin anflehend. Andromache ſtuͤtzt ſich in tie - fen Schmerz verſenkt auf den Helden. Jhr Kummer druͤckt ſich auf dem Geſicht aus, wel - ches ſich an Hectors Bruſt lehnt. Das Antlitz des Kriegers verkuͤndet den innern Sturm ſeiner Seele und den heftigſten Kampf zwiſchen ſeiner Liebe und der Pflicht.

David wurde einſtimmig von der Academie aufgenommen.

Als er dieſe neue Wuͤrde empfangen, hielt er es zu ſeiner voͤlligen Ausbildung fuͤr noͤthig, noch einmal nach Rom zu gehen, und dort die Meiſterſtuͤcke, welche etwa ſeiner Aufmerkſamkeit waͤhrend ſeines erſten Aufenthalts entgangen, und die er jetzt mehr zu wuͤrdigen im Stande war, zu ſtudiren. Ein wichtiges Hinderniß ſetzte ſich der Ausfuͤhrung dieſes Vorhabens in den Weg, naͤmlich der damit verbundene Koſten - aufwand. Oft hatte er gegen Pecoul von die - ſem Wunſche etwas verlauten laſſen. Dieſer27Davids.brachte ihn endlich zum offnen Geſtaͤndniß, und treu ſeinem Verſprechen, ſeinem Schwiegerſohn die Mittel zur Bahn des Ruhms zu erleichtern, ſchaffte er das noͤthige Geld zur Reiſe deſſelben herbei.

David verließ mit ſeiner Gattin, zum gro - ßen Bedauern aller Kuͤnſtler und ſeiner Schuͤler, Paris. Doch begleitete ihn der liebſte unter ih - nen, welcher durch Talent und Auffuͤhrung die - ſen Vorzug rechtfertigte. Es war der junge Drouais, ein aͤußerſt hoffnungsvoller Kuͤnſtler, deſſen Verluſt die Kunſt lange betrauert hat. Er ſtarb im 24ſten Jahre und das Andenken an ihn, wird die franzoͤſiſche Schule nie aufge - ben. Sein Gemaͤlde die Canaaniterin hatte er zur Preisaufgabe nach Rom geſandt, und er - hielt dafuͤr den erſten Preis. Dieſes Stuͤck und der ermordete Marius, ein Gemaͤlde von demſelben Kuͤnſtler, befinden ſich jetzt im Muſeum zu Paris.

Er war aus einer vornehmen und reichen Familie und mit der Leidenſchaft fuͤr die Kunſt und den Ruhm geboren. Seine Großmuth und Uneigennuͤtzigkeit waren außerordentlich. Er theilte ſein Vermoͤgen mit allen ſeinen Freunden. Sei -28Lebennen Mitſchuͤlern in der Malerei wird der Ge - danke an ſeine Tugenden unvergeßlich ſeyn, und ſie erinnern ſich noch jetzt in ihrem Alter meh - rerer Zuͤge aus ſeinem Leben. Mit Vergnuͤgen denken ſie noch an die Huldigung, welche ihm bei ſeiner Ruͤckkehr von Rom widerfuhr, als ſie ihn in ihrer Freude daruͤber im Triumph nach der Wohnung ſeiner Mutter trugen.

Jn Paris hatte David das Gemaͤlde, den Schwur der Horatier angefangen. Er beſchloß, es in Rom ſelbſt unter einem Volke zu vollenden, dem durch eine lange Reihe von Jahrhunderten ſelbſt das Andenken an dieſe drei, ihr Vaterland rettenden Helden entſchwunden war.

Dieſes Stuͤck iſt in altem Styl ausgefuͤhrt und beſonders durch den Adel und die Einfalt der Darſtellung und die Reinheit und Sorgfalt der Zeichnung, ſo wie durch den maͤnnlichen Ausdruck im Charakter der drei Helden bemer - kenswerth. Man erblickt in dieſem Gemaͤlde aber noch eine nicht minder anziehende Neben - ſcene. Die in Kummer und Unruhe verſenkten Gattinnen der drei Krieger bilden hinter denſel - ben das treffendſte Gemaͤlde der Verzweiflung29Davids.und des ſich dahin gebenden Schmerzes. Das Coſtuͤme iſt mit der groͤßten Kunſt behandelt und unter allen Gemaͤlden dieſes großen Malers hat vielleicht keins ein ſo natuͤrliches Colorit. Es iſt eins von Davids ſchoͤnſten Werken. Er hat in dieſer erhabenen und bedeutenden Scene Cor - neille, wo nicht uͤbertroffen, doch wenigſtens er - reicht.

Bei der Ausſtellung dieſes Gemaͤldes war der Zulauf erſtaunlich. Die Cardinaͤle, Gelehr - ten, alle Staͤnde, wetteiferten, Davids Schoͤp - fung zu bewundern. Die Dichter beſangen ihn, eine Menge Sonette wurde an ihn gerichtet. Selbſt ganze Haufen kleiner Knaben beſtreuten den Platz vor ſeiner Wohnung mit gruͤnem Laub.

Das Haupt der Academie, der alte Pom - pejus Batoni, welcher David ſchon bei dem Anblick ſeines Gemaͤldes die Peſtkranken gelobt hatte, wollte auch den Schwur der Horatier ſe - hen, und begab ſich ungeachtet ſeines hohen Al - ters dahin. Als er das Werk und den Maler erblickte, zeigte er ſeine Freude unverhohlen, und brach von neuem in Lobeserhebungen gegen den - ſelben aus.

Dies Gemaͤlde verdient noch mehr Lob,30Lebenals das andere, ſagte er zu ihm. Jch ſage es noch einmal: bleiben Sie in Rom, Sie ſol - len mein Nachfolger werden; ich glaube, dieſe Herren, hier wandte er ſich an die mit ihm hereingekommenen Kuͤnſtler, werden daruͤber nicht empfindlich ſeyn. Keiner hat, wie Sie, den gegruͤndeten Anſpruch, unſerer Schule vorzu - ſtehen, wenn ich ſterbe.

David dankte dem guten Greis, und be - harrte, ſo geruͤhrt er auch war, auf dem Ent - ſchluſſe, nach Frankreich zuruͤckzukehren.

Der Ruf dieſes Gemaͤldes drang bis zum Papſt. Er bezeigte ein lebhaftes Verlangen, es zu ſehen; die Hofſitte ließ es indeß nicht zu, daß dieſer Hoheprieſter einem bloßen Privatmanne einen Beſuch abſtattete. David wurde eingela - den, das Gemaͤlde nach dem Vatican zu ſenden; es war aber ein Eigenthum des Koͤnigs von Frankreich, auf deſſen Befehl er es gemalt hatte, und ſollte ſeiner Beſtimmung ohne Aufſchub fol - gen. Die Neugier des Papſtes wurde alſo nicht befriedigt, er bekam es nicht zu ſehen. Der Kar - dinal Bernis nahm es uͤber ſich, David deshalb beim heiligen Vater zu entſchuldigen, indem er der Wahrheit gemaͤß ſagte, daß das Gemaͤlde31Davids.bereits eingepackt ſey, um nach Paris zu gehen.

David nahm nun fuͤr immer von Rom und Jtalien Abſchied und reiſte nach Frankreich zuruͤck. Der Schwur der Horatier, ein Werk, das alle fruͤhere Gemaͤlde Davids unendlich uͤber - trifft, wurde in Paris mit Entzuͤcken aufgenom - men, und alle Kuͤnſtler bezeugten einſtimmig dem Manne die ſchuldige Ehrfurcht, welcher den Zepter der Kunſt trug. Man ließ die alte Ma - nier gaͤnzlich fahren, und folgte dem neuen Cha - rakter, den David der Kunſt einzupraͤgen ge - wußt. Bildhauer, Kupferſtecher und Baumei - ſter bildeten ſich nach Davids Manier. Der Geſchmack in Moͤbeln, Kleidung, Zierrathen, Stickereien erfuhr eine gaͤnzliche Umwandlung.

Doch theilte, wie es gewoͤhnlich zu geſche - hen pflegt, nicht Jedermann dieſe Begeiſterung. Einigen bejahrten Koͤpfen mißfiel dieſer Wechſel, und ſie thaten das Jhrige, dem Eindringen einer ſolchen, ihnen laͤſtigen Geſchmacksumwaͤlzung Wi - derſtand zu leiſten.

An der Spitze dieſer Gegner von Davids Schule ſtand der General-Baudirector Herr von Angivilliers. Er verſagte dem Gemaͤlde den32LebenBeifall, welchen Jedermann ihm zollte, ja er wagte ſogar, es bitter zu tadeln.

Er hatte es fuͤr den Koͤnig im kleinen Maßſtabe beſtellt, und David das Gemaͤlde, wie alle Kuͤnſtler unter gleichen Umſtaͤnden thun, im großen ausgefuͤhrt. Er wurde bei ſeiner Ankunft vom Director nicht ſo aufgenommen, wie er es wohl erwarten konnte. Dieſer ver - ſagte ihm ſogar die Erlaubniß, einen Gypsab - druck vom Gladiator zu nehmen, der den Schuͤ - lern Davids zum Modell dienen ſollte, unter dem Vorwande, daß ein Kuͤnſtler, wie er, nicht ſchlechte Stuͤcke copiren muͤſſe. Er ſuchte ſich an David zu reiben und beſchuldigte ihn der Unfolgſamkeit.

Warum haben Sie Sich nicht des Jhnen von mir vorgeſchriebenen Maßſtabes bedient? fragte er ihn.

Dieſer Scherereien muͤde, erwiederte Da - vid: Weil es mir nicht angemeſſen ſchien. Ue - brigens iſt die Sache nicht zu aͤndern, Sie muͤß - ten denn mein Gemaͤlde mit einer Scheere ab - ſchneiden, und allenfalls kann ich auch, wenn es ſeyn muß, auf die Bezahlung verzichten.

Der Graf von Artois, Bruder des Koͤnigs33Davids.wuͤnſchte ein Gemaͤlde zu beſitzen. Damals war dieſer Prinz der groͤßte Verehrer des ſchoͤnen Geſchlechts am Hofe. Man kann dies ſchon aus den Gegenſtaͤnden ſchließen, deren Ausfuͤh - rung er den Malern uͤbertrug. Vincent mußte fuͤr ihn den Rinaldo und die Armide malen, und David erhielt den Auftrag zu einem Gemaͤlde, die Liebe des Paris und der Helena vorſtellend. Dieſer bemuͤhte ſich, das Gemaͤlde eines Prinzen wuͤrdig zu machen, der in Frankreich fuͤr den Stern der Ritterſchaft galt, und es gelang. Kein Maler vor ihm hatte die Liebe in ſolcher Erhabenheit dargeſtellt. Beim Anblick dieſer lieblichen Umriſſe, dieſer be - zaubernden Formen und dieſes lebhaften und in - nigen Ausdrucks fuͤhlt ſich jeder Zuſchauer un - willkuͤhrlich hingeriſſen. Das Coſtuͤm und die Verzierung iſt einfach und geſchmackvoll. Der ſchoͤne Paris mit ſeiner phrygiſchen Kopfbedek - kung und der Laute in einer Hand, die andere auf Helenens Arm, ruhend, erinnert an die Schilderung, welche Homer von ihm macht. Man ſagt indeß, daß der Meiſter ſelbſt auf dies Stuͤck, ungeachtet ſeiner Vortrefflichkeit, keinen großen Werth gelegt habe.

David. 334Leben

David fuͤhrte bald darauf ein Werk ernſte - rer Art aus. Herr von Trudaine beſtellte bei ihm ein Gemaͤlde, Socrates Tod darſtel - lend. Der Gedanke, den Philoſophen uͤber die Unſterblichkeit der Seele reden zu laſſen, ohne daß er ſich durch den Giftbecher, der ihm ge - reicht wird, darin unterbrechen laͤßt, iſt mit der groͤßten Wahrheit ausgefuͤhrt. Ein ſehr gluͤck - licher Einfall Davids war es, daß er den Knecht der Elf den Kopf wegwenden laͤßt, als Socrates das toͤdtliche Getraͤnk in Empfang nehmen will.

Jm Jahre 1789 war die Revolution aus - gebrochen. Der Koͤnig trug David die Ausfuͤh - rung eines Gemaͤldes auf, deſſen Gegenſtand Brutus ſeyn ſollte, als er, nachdem er ſei - ne Soͤhne zum Tode verurtheilt, nach Hauſe zu - ruͤckkehrt. David ließ in ſeinem Gemaͤlde die von dem Koͤrper getrennten Koͤpfe von den Lic - toren tragen; aber politiſche Ruͤckſichten bewo - gen ihn ſpaͤter, dieſe Koͤpfe zu bedecken, wie man ſie nun erblickt.

Jn den Beurtheilungen, welche dieſes Werk erfuhr, ſuchte man zu beweiſen, daß David ge -35Davids.gen die Einheit der Handlung bei dieſem ſchoͤnen Trauerſtuͤck gefehlt habe. Die durch Saͤulen verurſachte Scheidung ſchien zwei Scenen her - beizufuͤhren und dieſe beiden Scenen, ſagte man, bildeten zwei Gemaͤlde. Man muß indeß ein - raͤumen, daß eine ſolche Trennung ein ſinnreiches Mittel war, um der Mutter und den Schwe - ſtern die enthaupteten Koͤrper, welche die Licto - ren ihren Verwandten zuruͤckgaben, bemerkbar zu machen. Das Anziehende des Gemaͤldes ge - wann durch den Schmerz dieſer Frauen, und alles knuͤpft ſich auf dieſe Weiſe an die Haupt - handlung. Dies Stuͤck wurde gewiſſermaßen in einem Wurf vollendet. Der Hintergrund hat ganz das Zarte und Durchſichtige der Teniers.

Den 25ſten September 1790 verehrte Da - vid der Nationalverſammlung ein Gemaͤlde, Lud - wig XVI. vorſtellend, wie er den 14ten Februar d. J. in den Sitzungsſaal eintritt, und der Na - tion verſpricht, die von ihr zu gebende Conſtitu - tion zu lieben! aufrecht zu erhalten und zu ſchuͤtzen.

Jn demſelben Jahre hatte er auf Befehl und unter dem Schutz dieſer Verſammlung ein36LebenGemaͤlde angefangen, deſſen Gegenſtand die merkwuͤrdige Sitzung war, in welcher die Stellvertreter der franzoͤſiſchen Nation, da ſie aus ihrem gewoͤhnlichen Berathſchlagungszim - mer vertrieben waren, in das Ballhaus von Verſailles fluͤchteten, und hier den Eid leiſteten, ſich nur dann zu trennen, wenn ſie Frankreich eine Conſtitution gegeben. Sinnreich hatte er in demſelben ein Fenſter angebracht, durch welches man das Schloß Verſailles in dicke Wolken ge - huͤllt erblickt, aus denen der Blitz faͤhrt. Die - ſes ſchoͤne Gemaͤlde, eins der beſten Davids, wurde im Jahre 1792 ausgeſtellt. Es iſt nicht vollendet, und nach dem Kupferſtich zu urthei - len, der davon verfertigt worden, iſt es ſehr zu bedauern, daß der Meiſter verhindert wurde, die letzte Hand an daſſelbe zu legen.

David wurde bald dem Privatleben entzo - gen und in die Stuͤrme der Revolution geriſſen; man ſieht ihn daher nun mehr als Geſetzgeber, wie als Maler und nur in Beziehungen beſchaͤf - tigt, in welchen die Kunſt mit der Politik ſteht. Er war einer der erſten Directoren des dem Re - giment von Chateauvieux am 15ten April 179237Davids.gegebenen Feſtes. Die Mannſchaft deſſelben war nach den Geſetzen ihres Landes wegen Ungehor - ſam von ihren eignen Officieren verurtheilt, man betrachtete ſie aber als Opfer des Despotismus. David, welcher mit allen Haͤuptern der republi - kaniſchen Partei in Verbindung trat und ſchon Mitglied des Wohlfahrtsausſchuſſes zu Paris war, wurde im September 1792 von der Na - tionalverſammlung zum Deputirten dieſer Stadt ernannt. Der Kuͤnſtler, deſſen Phantaſie der Gedanke an einen Brutus und Scaͤvola ent - flammt hatte, deſſen ſtolzes Talent nach der Unabhaͤngigkeit der ſtrengſten Republiken ſtrebte, nimmt nun an den Beſchluͤſſen dieſer Verſamm - lung Theil.

Nach der Belagerung von Lille brachte der Stellvertreter Goſſuin den 8ten October 1792 folgendes Decret der Nationalverſammlung in Vorſchlag:

Die Stadt Lille habe den Dank des Va - terlandes verdient.

Sie muͤſſe daher eine dreifarbige Fahne mit der Aufſchrift: Der Stadt Lille, die dank - bare Republik, zum Geſchenk erhalten.

38Leben

Vorlaͤufig waͤre ihr zur Entſchaͤdigung fuͤr die bei der Belagerung gelittenen Einwohner und zum Wiederaufbau der zu Grunde gegange - nen Gebaͤude eine Summe von zwei Millionen zu bewilligen.

David beſtieg (am 26ſten October) den Rednerſtuhl und ſagte:

So ſehr auch die Fahne nebſt Jnſchrift, welche der Buͤrger Goſſuin fuͤr die Einwohner der Stadt Lille in Vorſchlag gebracht, denſelben zum Ruhme gereicht, werden Sie ohne Zweifel mit mir einig ſeyn, daß ein ſolches Denkmal zu vergaͤnglich iſt, um den kuͤnftigen Geſchlech - tern und der Welt zu erkennen zu geben, wie ſehr die Republik den Muth, die Uneigennuͤtzig - keit und den großmuͤthigen Patriotismus der Stadt Lille zu wuͤrdigen weiß.

Jch ſchlage vor, in dieſer Stadt ſowohl, als in Thionville ein großes Monument, entwe - der eine Pyramide oder einen Obelisk von fran - zoͤſiſchem Granit aus den Steinbruͤchen von Rhe - tel, Cherbourg oder der vormaligen Provinz Bre - tagne zu errichten.

Jch trage darauf an, daß dieſe beiden39Davids.Denkmaͤler nach dem Beiſpiel der Aegypter und anderer alten Nationen aus Granit aufgefuͤhrt werden, weil dieſes der dauerhafteſte Stein iſt, um der Nachwelt das Andenken an den Ruhm zu erhalten, womit ſich die Einwohner von Lille ſowohl, als von Thionville bedeckt haben.

Jch wuͤnſche auch, daß die Stuͤcke der marmornen Fußgeſtelle von den in Paris zer - truͤmmerten Statuen, zu Zierrathen bei dieſen Monumenten benutzt werden.

Jch glaube, und Sie werden mit mir ein - verſtanden ſeyn, daß die Nationalverſammlung, der Billigkeit und dem Ruhme aller Republika - ner Frankreichs gemaͤß, die Namen aller in der Vertheidigung ihres Heerds gefallenen Buͤrger beider Staͤdte auf die Monumente in Erz ein - graben laſſen muß.

Jch ſchlage ferner vor, dem Felix Wimp - fen und den andern Officieren, Soldaten und Einwohnern von Lille, welche ſich waͤhrend der Belagerung ausgezeichnet haben, eine Buͤrger - oder Mauerkrone zuzuerkennen, und ihre Namen nach ihrem Tode gleichfalls den Monumenten einzugraben.

40Leben

Jch bringe auch in Vorſchlag, daß die Nationalverſammlung nach der Sitte der Alten beiden Staͤdten einen Zunamen beilege, der den Ruhm, den ſich ihre Vertheidiger erworben, be - zeichnet. Und um jedem Jndividuo, weß Al - ters und Geſchlechts, ein unvergaͤngliches Anden - ken an dieſe beiden Belagerungen zu geben, ſtelle ich anheim, fuͤr jeden Einwohner beider Staͤdte eine Denkmuͤnze aus Erz ſchlagen zu laſſen. Dies Erz kann aus den fuͤnf zertruͤmmerten Sta - tuen genommen werden, und es muß ausdruͤck - lich verboten ſeyn, dieſe Medaille als aͤußere Zierde zu tragen.

Jch wuͤnſche, daß der Gebrauch der Denk - muͤnzen auch auf alle bereits vergangene glorrei - che oder gluͤckliche Begebenheiten der Republik, ſo wie fuͤr die zukuͤnftigen Anwendung finden moͤge, und zwar nach dem Beiſpiel der Griechen und Roͤmer, welche uns durch ihre Muͤnzenreihe - folge das Andenken merkwuͤrdiger Begebenheiten und großer Maͤnner erhalten und zugleich von dem Fortſchreiten der Kuͤnſte unter ihnen Kennt - niß gegeben haben.

Unſre franzoͤſiſchen Kuͤnſtler waren unter41Davids.den erſten, welche die Vaterlandsliebe begeiſterte und mehrere von ihnen verließen ihre friedliche Werkſtaͤtte, um ſich ganz den Anforderungen der Republik zu widmen; viele haben ſich an die Graͤnze begeben, denn der Ruhm des Freiſtaats galt ihnen mehr als ihr eigener. Die Verſamm - lung kann daher, meines Beduͤnkens, ihre Er - kenntlichkeit nicht wuͤrdiger ausdruͤcken, als wenn ſie dieſe Kuͤnſtler im Namen der Republik be - ſchaͤftigt, ihren Ruhm allen Laͤndern zu verkuͤn - den, und ihre Werke auf die ſpaͤteſte Nachwelt kommen zu laſſen.

Einer Feuersbrunſt verdankt die Stadt Lon - don ihre gegenwaͤrtige Groͤße, Shoͤnheit und Re - gelmaͤßigkeit ihrer Straßen; mir ſcheint es da - her nothwendig, die Staͤdte Lille und Thionville von neuem nach einem Plane aufbauen zu laſ - ſen, in welchem auf den ſchicklichſten Platz, fuͤr die daſelbſt zu errichtenden beiden Monumente von Granit, Bedacht genommen werden muͤßte.

Die Verſammlung gab dieſem Vorſchlag, welcher dem oͤffentlichen Unterhaltungs-Ausſchuß zugeſandt wurde, ihren Beifall.

Jn der Sitzung vom 11ten November42Lebenbrachten die Zeichenkuͤnſtler die Aufhebung der Academie in Vorſchlag. Dieſes, von David unterſtuͤtzte Geſuch wurde gleichfalls der oͤffentli - chen Unterhaltungs-Comite zugefertigt.

Ein Schriftſteller, welcher die Geſchichte dieſer Verſammlung herausgegeben und ſelbſt Mitglied derſelben war, ſagt uͤber David in ſei - nen Denkwuͤrdigkeiten: David fuͤhrte damals uͤber die Kunſt die Oberherrſchaft, und er ver - diente es, denn kein Anderer glich ihm an Ta - lent. Seine Schuͤler zeichneten ſich durch ihren Eifer fuͤr das Vaterland vor allen Andern aus, und die Meiſter ihrer Werke trugen den Stem - pel davon. Sie unterſchieden ſich auch durch das Coſtuͤm des Mittelalters, welches man ein - mal zur Nationaltracht erheben wollte. Es iſt David zum Vorwurf gemacht worden, daß er einige Kuͤnſtler aus Neid verfolgt habe. Mir iſt davon nichts bekannt. Eine kleine Anzahl davon war dem Ariſtokratismus mehr aus Dank - barkeit als Neigung zugethan, denn die Revolu - tion herrſchte damals in allen Werkſtaͤtten.

Als Patriot mag David ihr Gegner ge - weſen ſeyn, aber ſein hervorragendes Talent als43Davids.Kuͤnſtler erhob ihn uͤber eine kleinliche Mißgunſt. Eine zufaͤllige Haͤßlichkeit an der Wange und ſein rauhes Weſen ſprach nicht zu ſeinem Vor - theil; aber bei naͤherer Bekanntſchaft mußte man ihm Aufrichtigkeit und Herzensguͤte zugeſtehen*)Memoiren uͤber die Generalverſammlung und das Di - rectorium, Theil 1. S. 74..

An einem andern Orte ſagt dieſer Schrift - ſteller: Das Antike, was ſchon durch Davids Schule auf die Kuͤnſte uͤbergegangen war, trat auch in Ruͤckſicht auf die Kleidung der Frauen, den Hauptſchmuck beider Geſchlechter, ja ſelbſt die Moͤbeln und Geraͤthſchaften, an die Stelle des Gothiſchen, Altfraͤnkiſchen und der geſchnoͤr - kelten und unreinen Formen, welche die Sclave - rei der Hoͤfe eingefuͤhrt hatte. Wiewohl bei den Moͤbeln oft die Bequemlichkeit der gefaͤlligen Form zum Opfer gebracht wurde, ſo fand ſich doch bei dem Putz der Frauenzimmer beides ver - eint. Was von dieſer Hinterlaſſenſchaft der Griechen und Roͤmer fuͤr unſer Clima und unſre Sitten nicht paſſend war, iſt ſeitdem verſchwun - den, und von der im Grunde zu aͤngſtlichen44LebenNachahmung iſt nur das Gute und Vernuͤnftige beibehalten und von Frankreich aus auf ganz Europa uͤbergegangen.

Topino-Lebruͤn, ein Schuͤler Davids aus Marſeille, welcher ſchon als Kind nach Paris gekommen, um dort die Malerkunſt zu ſtudiren, hatte bei dieſem Meiſter reißende Fortſchritte ge - macht, und war in kurzer Zeit einer ſeiner be - ſten Zoͤglinge geworden. Er war von Charak - ter ſanft, freimuͤthig und rechtſchaffen. Das Talent dieſes jungen Malers, welcher ein eben ſo eifriger als aufrichtiger Patriot war, er - weckte die ſchoͤnſten Hoffnungen. Bei dem Aus - bruch der Revolution gerieth ſein heißer Kopf in Feuer; ſeine Freiheitsliebe nahm einen ſcheuen und duͤſtern Charakter an. Er war im Begriff, die Malerei aufzugeben und ſich ganz den oͤffent - lichen Angelegenheiten zu widmen, aber David, welcher ein wahrhaftes Talent in ihm erkannte, beſtimmte ihn, eine Reiſe nach Jtalien zu ma - chen.

Er war in Toscana, als David von ihm einen von Florenz (den 81ſten October 1792) datirten Brief erhielt, worin er ſich uͤber die45Davids.Verfolgungen beklagt, welche die franzoͤſiſchen Kuͤnſtler zu Rom erlitten.

David las in der Sitzung vom 21ſten No - vember dem Convent dieſen Brief vor, der fol - genden Jnhalts iſt:

Buͤrger!

Sie koͤnnen von neuem dem Vaterlande nuͤtzlich ſeyn, wenn Sie es im Auslande in Achtung ſetzen und zwei franzoͤſiſche Buͤr - ger von den Flammen der Jnquiſition er - retten, und ich biete Jhrem Eifer dazu die Gelegenheit dar.

Die Buͤrger Rater und Chinard*)Dieſe beiden aus Lyon gebuͤrtigen Kuͤnſtler ſtudirten zu Rom erſterer die Baukunſt, der andere die Bildhauerkunſt. Rater war der Sohn des beruͤhmten Baumeiſters dieſes Na - mens, dem die Stadt Lyon einen großen Theil ihrer ſchoͤn - ſten Gebaͤude und anſehnliche Erweiterungen verdankt. Spaͤ - ter begab ſich der junge Rater, fuͤr die Sache der Freiheit fechtend, nach Lyon, wo er die Belagerung dieſer Stadt aushielt. Er zeichnete ſich bei der Artillerie aus und trug viel zur Vertheidigung der Feſtung bei. Chinard erhielt im Jahre 1786 zu Rom den erſten Preis in der Bildhauerkunſt, eine Ehre, welche bisher keinem Franzoſen zu Theil gewor - den war. Er hat eine große Anzahl ſehr geſchaͤtzter Buͤſten und Statuen hinterlaſſen. Bei der Ausſtellung im Jahre46Lebenkehrten in der Nacht vom 22ſten auf den 23ſten nach Hauſe zuruͤck, als ſie von Haͤ - ſchern uͤberfallen, gebunden und nach den Gefaͤngniſſen des Gouvernements abgefuͤhrt wurden. Einige Tage nachher wurden ih - nen mehrere Chinardſche Modelle und ein mit einer franzoͤſiſchen Kokarde verſehener Hut, welchen er indeß nicht zu tragen pflegte, aus ſeiner Werkſtaͤtte geholt. Die weggenommenen Gruppen ſind: Die Freiheit, welche Frankreichs Ge - nius kroͤnt; Jupiter, auf die Ariſto - kratie Blitze ſchleudernd und die Religion, welche in ſitzender Geſtalt den Genius Frankreichs haͤlt und deren Fuͤße auf Wolken ruhen. Jhr mit Strahlen umgebener Kopf zeigt an, daß ſie das Licht der Welt iſt. Nun haben die Herren Geiſtlichen in der ganzen*)1806 bemerkte man zwei Buͤſten von ihm, die der Kaiſerin Joſephine und des Prinzen Eugen Beauharnais. Er nahm an den Bildhauerarbeiten des Triumphbogens auf dem Car - rouſſel Theil, und ſtarb zu Lyon als Mitglied der Acade - mie daſelbſt im Jahre 1813.47Davids.Stadt das Gericht verbreitet, Chinard ver - ſpotte die Religion, habe ſie mit Fuͤßen getreten u. ſ. w. Man hat die beiden Ge - fangenen nach dem Schloß zum heiligen Engel (Saint-Ange) gebracht, wo ſie in Schmutz verkommen, und die Jnquiſition macht ihnen den Proceß.

Von Chinard hoͤrt man nichts und Rater, ſagt man, ſey todt. Sie ſtanden beide unter der Nationalgarde zu Lyon; Chinard als Kapitain. Sie ſollten augen - blicklich nach ihrem Standort abgehen, und dies iſt gewiß in den Augen ihrer Henker ihr groͤßtes Verbrechen.

Ein Freund der beiden Verhafteten, Hr. Chaſet, erhielt Befehl, den 16ten Oc - tober vor dem Jnquiſitionsgericht zu er - ſcheinen; er wurde mit der Galeere bedroht, wenn ſeine Ausſage mit den Chinard be - ſchuldigenden Zeugen nicht uͤbereinſtimmte; er war ſchwach genug, dieſem Verlangen zu entſprechen, und er durfte Rom nicht ver - laſſen, um ſich zu beſchweren. Ueber Ra - ter hat man ihm keine Fragen vorgelegt.

48Leben

Sie wiſſen, daß die Franzoſen hier ſeit langer Zeit ſchaͤndlich behandelt werden. Mehrere ſind auf ſchimpfliche Weiſe ver - wieſen, andere eingekerkert u. ſ. w. und nun kommt dieſe Geſchichte hinzu. Man ver - breitet ſchon Geruͤchte uͤber Chinard, die im Publico den Gedanken an ein Auto-da - fé erwecken; daher iſt bei den National - Beſchwerden die groͤßte Eile erforderlich. Sie werden beſſer wiſſen, als ich, was zu thun iſt.

Jch ſchreibe mit dieſer Poſt an den Praͤſidenten des Convents; ich bitte um Nachricht uͤber dieſe Sache, denn er muß davon unterrichtet ſeyn .... Ach! mein lieber Meiſter! haͤtten wir in Rom einen Geſandten wie in Toskana, ſo wuͤrde ſein thaͤtiger Eifer den ungluͤcklichen Patrioten manche Drangſale erſpart haben.

Sie werden Sich wundern, daß Sie noch keinen dieſe Sache betreffenden Brief erhalten haben; aber unſre Freunde zit - tern, und von Tyrannen bewacht, wagt es Niemand, von Rom aus zu ſchreiben. Jch49Davids.ſelbſt habe meine Abreiſe nur beſchleunigt, um im Namen aller Patrioten, welche ich uͤber das Schickſal ihrer Bruͤder bekuͤmmert zuruͤckgelaſſen, Beſchwerde zu fuͤhren.

Der Convent entſchied, daß wegen Befrei - ung dieſer Kuͤnſtler auf der Stelle an den roͤ - miſchen Hof geſchrieben werden ſolle.

Den 26ſten November machte der Buͤrger Romme im Namen des oͤffentlichen Unterhal - tungs-Ausſchuſſes einen Bericht an den Con - vent, worin er die Ueberfluͤſſigkeit des Poſtens eines Directors der franzoͤſiſchen Academie der Maler -, Bau - und Bildhauerkunſt zu Rom zu zeigen ſuchte und ſchlug vor, zu verordnen:

Daß dieſer Poſten aufgehoben und dieſe Stiftung unter die Aufſicht des franzoͤſiſchen Agenten geſtellt und

Dieſe Schule nach den von der franzoͤſi - ſchen Nation angenommenen Grundſaͤtzen der Frei - heit und Gleichheit eingerichtet werde.

David nahm das Wort:

Jch trage darauf an, daß der Mi - niſter der auswaͤrtigen Angelegenheiten dem franzoͤſiſchen Agenten am roͤmiſchen HofeDavid. 450Lebenden Befehl ertheile, die Denkmaͤler der Lehnsherrſchaft und der Sclaverei, welche noch in dem franzoͤſiſchen Academiegebaͤude zu Rom vorhanden ſind, wegnehmen zu laſſen. Jch verlange die Vernichtung der Buͤſten Ludwig des 14ten und des 15ten, welche noch in den Zimmern des erſten Stocks ſtehen, und dieſe Zimmer moͤgen den Zoͤglingen zur Werkſtaͤtte dienen.

Carra erwiederte hierauf: Wir wollen Kellermann*)Dieſer General commandirte damals die franzoͤſiſche Alpen-Armee, und war im Begriff, Jtalien mit Krieg zu uͤberziehen. die Sorge uͤberlaſſen, alle Denkmaͤler des Stolzes und der Knechtſchaft zu zerſtoͤren und mit den Zeichen der Prie - ſterherrſchaft in den Staub zu treten; unſre jungen Kuͤnſtler, welche die Liebe zur Kunſt nach Rom fuͤhrte, duͤrfen wir nicht der Rache eines Prieſters oder den Dolchen ſeiner Haͤſcher ausſetzen.

David verſetzte: Jch muß bemerken, daß der Papſt zu Rom keine unumſchraͤnkte51Davids.Gewalt ausuͤbt. Dieſe Stadt iſt in meh - rere Gerichtsbezirke getheilt, als den von Spanien, Portugal, Frankreich u. ſ. w. Sie bietet den Kuͤnſtlern auf gewiſſe Weiſe ein Vaterland und eine beſondere Gerichts - barkeit dar, deren Schutz ſie anrufen koͤnnen. Werden ſie unterdruͤckt, ſo iſt dies die Schuld ihres Reſidenten; ſie koͤnnen dieſe Buͤſten zum Feuer verdammen, und ich ſtehe dafuͤr, daß das Volk ihnen Beifall zuklatſchen wird.

Dieſe Bemerkungen wurden der vollziehen - den Gewalt uͤbergeben.

Der Miniſter der auswaͤrtigen Angelegen - heiten, Buͤrger Lebruͤn, kuͤndigte den 2ten De - cember dem Convent an, daß die Buͤrger Rater, Chinard und andere in den Gefaͤngniſſen der Jnquiſition befindlich geweſene Kuͤnſtler auf Be - fehl des Papſtes ohne Urtheil in Freiheit geſetzt worden waͤren, und ihnen die Erlaubniß ertheilt ſey, in Rom zu bleiben. Dieſer Miniſter hatte ſeit dem 23ſten September ſeine Beſchwerden an den Hof zu Rom gehen laſſen, welcher ſich auch bereitwillig gefunden, ihnen abzuhelfen.

52Leben

Den 5ten Januar beſtieg David die Red - nerbuͤhne und ſagte:

Stellvertreter der Nation!

Meine Vorſchlaͤge ſollen nur den Frie - den und die Vereinigung bezwecken. Vaͤ - ter des Vaterlandes! Die Kinder eines je - den Departements ſind, eins ſowohl, als das andere, euere Soͤhne. Jhr habt das Verdienſt der Stadt Lille belohnt, und das war recht, habt Thionville den Dank des Vaterlands zuerkannt und mit Recht. Alle Welt bezeugt, was Paris fuͤr das Vater - land gethan, darum erlaßt fuͤr ſie ein glei - ches Decret.

Man rief mit einem Munde aus: Es iſt erlaſſen!

Jn allen, den großen Proceß, welcher jetzt den Convent beſchaͤftigte, betreffenden Punkten, trat David der Mehrheit der Stimmen bei.

Den 20ſten wurde der Abgeordnete Michel Lepelletier de Saint-Fargeau, welcher wie Da - vid geſtimmt hatte, im Pallaſt Egalité (koͤnig - lichen) von einem ehemaligen Gardiſten, Na - mens Pâris, in einem Speiſehauſe ermordet.

53Davids.

Robespierre hielt im Convent ſeinem Colle - gen eine Lobrede und bewirkte ein Decret, worin dieſem die Ehre, im Pantheon begraben zu wer - den, zuerkannt wurde. Den 24ſten war ſein feierliches Leichenbegaͤngniß, dem der ganze Con - vent folgte.

Tags darauf erſchienen die Wittwe, die zwei Bruͤder und die achtjaͤhrige Tochter Lepel - letiers vor den Schranken des Convents, um demſelben ihren Dank fuͤr das ehrenvolle Be - graͤbniß abzuſtatten.

Ein Bruder des Verſtorbenen ſagte:

Buͤrger!

Hier ſtelle ich Jhnen die Tochter Michel Lepelletiers, Jhres Collegen, vor. Darauf nahm er das Kind auf die Arme, zeigte ihm den Praͤ - ſidenten des Convents und ſagte ihm: Das iſt jetzt Dein Vater, meine Nichte ... Dann rief er, ſich zu den andern Abgeordneten, und zu den anweſenden Buͤrgern wendend, aus: Volk! dies iſt Dein Kind. Er ſprach dieſe Worte mit unſicherer Stimme und ein tiefes Stillſchweigen herrſchte in der Verſammlung.

Einſtimmig wurde Suſanne Lepelletier durch54Lebenein Decret vom Convent als Tochter angenom - men.

Hierauf nahm David das Wort und ſagte:

Noch von dem Schmerz durchdrungen, den wir alle bei dem Leichenbegaͤngniß unſers Colle - gen, deſſen entſeelte Huͤlle Sie ſo ehrenvoll be - ſtattet, empfunden, bringe ich in Vorſchlag, ein marmornes Denkmal zu errichten, welches die Geſtalt Lepelletiers, wie Sie dieſelbe auf dem Zuge zum Pantheon erblickten, auf die Nachwelt bringt, und ich wuͤnſche, daß auf die Verferti - gung dieſes Werks ein Preis geſetzt werde.

Dieſer Vorſchlag wurde angenommen.

Es iſt bereits der unguͤnſtigen Geſinnungen des Hofs zu Rom in Hinſicht, der in dieſer Stadt befindlichen franzoͤſiſchen Patrioten und beſon - ders der Kuͤnſtler, Erwaͤhnung gethan. Die Frei - laſſung Raters und Chinards ließ erwarten, daß aͤhnliche Verfolgungen unterbleiben wuͤrden. Aber die Ausfuͤhrung des von David in Vorſchlag ge - brachten Decrets zur Wegnahme des koͤniglichen Wappens von der Academie und dem Pallaſt des Geſandten zu Rom, diente einem großen Fre -55Davids.vel zum Vorwand. Den 13ten Januar wurde der Poͤbel gegen die Franzoſen aufgehetzt. Die Geiſtlichen gaben das Signal zum Blutbad. Der Geſandte Baſſeville wurde auf der Straße angefallen, als er im Begriff war, ſich nach der Academie zu einer Geſellſchaft von Freunden und Patrioten zu begeben, die ſich woͤchentlich einmal zu verſammeln pflegte. Er kehrte ei - ligſt in ſeine Wohnung zuruͤck, wo er ermordet wurde. Faſt alle Kuͤnſtler und Penſionnairs der franzoͤſiſchen Schule erfuhren ein gleiches Schick - ſal, und diejenigen, welche ihm entgingen, fluͤch - teten, nachdem ſie das paͤpſtliche Gebiet durchzo - gen, nach Toscana.

Sie beſchwerten ſich unverzuͤglich in Paris. Faſt alle junge Maler ſchrieben an den Mann, welchen ſie als ihren Vater betrachteten, an den Kuͤnſtler, der ihnen, ehe er die geſetzgebende Laufbahn betreten, als der Beſchuͤtzer der Kuͤnſte erſchien.

Als die Sitzung vom 4ten Februar begann, betrat David den Rednerſtuhl und ſagte mit be - weglicher Stimme: Jch ſchlage vor, daß der Nationalconvent den oͤffentlichen Unterhaltungs -56Lebenausſchuß beauftrage, ihm ſofort einen Bericht uͤber die den Penſionnairs der franzoͤſiſchen Aca - demie zu Rom zu bewilligenden Unterhaltungs - ſumme abzuſtatten, die ihnen bei der Ruͤckkehr in ihr Vaterland auszuzahlen iſt; ich wuͤnſche, daß bei der Beſtimmung dieſer Summe die Grundſaͤtze der fruͤheren Regierung in Hinſicht der Penſionnairs Anwendung ſinden moͤge. Jch bin der Meinung, und Sie Buͤrger, werden es mit mir ſeyn, daß es nicht mehr als recht und billig ſey, dieſe Verpflichtungen zu halten.

Davids Vorſchlaͤge wurden auf der Stelle angenommen.

Den 20ſten machte Felix Lepelletier dem Convent eine Buͤſte ſeines Bruders zum Ge - ſchenk, welche von demſelben mit großem An - theil aufgenommen wurde.

Buͤrger! ſagte David, ich habe die Buͤ - ſte, welche Jhnen verehrt worden, genau betrach - tet. Sie iſt ſehr gut gearbeitet und vollkom - men aͤhnlich. Der Kuͤnſtler iſt ein junger Mann Namens Fleuriot; ich wuͤnſche, daß er auf eine fuͤr ihn ſchmeichelhafte Weiſe aufgemuntert, und ſein Name in das Buch der Nation getragen57Davids.werde. Zweitens wuͤnſche ich fuͤr die Buͤſte Le - pelletiers die Stelle neben der des Brutus, und daß der Praͤſident ihr den Kranz aufſetze, wel - cher ſich auf dem Haupte Lepelletiers bei ſeiner Beſtattung befand.

Die Verſammlung nahm den Vorſchlag Davids an.

Der Patriotismus begeiſterte damals alle Gemuͤther. Die Franzoſen jeden Standes und Alters brachten der Republik ihren Zoll. Von allen Seiten ſah man Buͤrger mit freiwilligen Gaben herbeieilen, um die Kriegskoſten beſtrei - ten, oder die Hinterbliebenen der im Kampfe fuͤr das Vaterland gefallenen Krieger unterſtuͤtzen zu koͤnnen.

Den 6ten Maͤrz ſprach David zum Con - vent folgendes: Jch habe den Anftrag, Buͤr - ger, dem Vaterlande im Namen des Buͤrgers Wicar, eines ſehr verdienſtvollen Kuͤnſtlers, wel - cher ſeit 7 Jahren in Florenz wohnt, fuͤr eine Summe von 600 Livres zu danken, welche zur Unterſtuͤtzung der Wittwen und Weiſen von Lille beſtimmt worden; auch ſtatte ich meinen Dank fuͤr das militaͤriſche Ehrenzeichen des Buͤrgers58LebenLespinaſſe, eines gleichfalls ſehr ausgezeichneten Kuͤnſtlers, ab.

Die ehrenvolle Anerkennung wurde decre - tirt.

Obgleich Deputirter des Convents und Mitglied der oͤffentlichen Unterhaltungs-Comité und des Jnſtituts, ließ David ſeinen Pinſel doch nicht unbeſchaͤftigt. Zum Beweis hiervon dient, daß er dem Convent am 29ſten Maͤrz ſein Ge - maͤlde: Der Tod des Michael Lepelle - tier uͤbergab, uͤber welchem er nur zwei Mo - nate gearbeitet hatte.

Er beſtieg die Tribune und ſagte folgen - des:

Stellvertreter der Nation!

Jeder von uns iſt dem Vaterlande fuͤr die Gaben, womit ihn die Natur ausgeſtattet, ver - antwortlich, ſey die Art und Weiſe verſchieden, der Zweck muß fuͤr Alle ein und derſelbe ſeyn. Der wahre Patriot muß jede Gelegenheit zur Aufklaͤrung ſeiner Mitbuͤrger eifrig ergreifen; und ihnen unaufhoͤrlich erhabene Zuͤge des Hel - denmuths und der Tugend vor Augen legen.

Hiernach habe ich geſtrebt, indem ich jetzt59Davids.dem Nationalconvent das Gemaͤlde Michael Le - pelletiers, der feiger Weiſe ermordet worden, als Huldigung darbringe.

Es war der Wille des hoͤchſten Weſens, welches ſeine Gaben unter ſeine Kinder verſchie - den austheilt, daß ich meine Empfindungen und Gedanken durch das Organ der Malerei ausdruͤ - cken ſollte. Das herrliche Talent der das Herz ergreifenden Rede, die aus den Lippen der Soͤhne der Freiheit unter uns ertoͤnt, iſt mir von ihm verſagt. Voll Ehrfurcht fuͤr ſeine Rathſchluͤſſe beuge ich ſchweigend meine Knie und ich werde mein Tagewerk nicht verloren ach - ten, wenn einſt der Greis von ſeiner zahlreichen Familie umgeben in die Worte ausbricht: Kommt, meine Kinder, ihr ſollt den Stellvertreter der Nation ſehen, welcher von Allen zuerſt fuͤr die Sache der Freiheit ſtarb. Seht wie heiter ſeine Zuͤge ſind. So ſtirbt man fuͤr ſein Vaterland und im Bewußtſeyn ſeiner Unſchuld. Seht ihr den Degen uͤber ſeinem Haupte? er ſchwebt nur an einem Haare. Das ſoll euch ſagen, meine Kinder, welch ein Heldenmuth Michael Lepelle - tier und ſeine edlen Collegen beſeelen mußte, um60Lebenden, der uns ſo lange unterdruͤckte, zum Tode zu verurtheilen; denn bei der geringſten Erſchuͤt - terung, wenn dieſes Haar zerriß, wurden ſie alle hingerichtet. Seht ihr dieſe tiefe Wunde? Jhr weint, meine Kinder, ihr wendet eure Blicke ab? Aber betrachtet auch dieſen Kranz, es iſt der Kranz der Unſterblichkeit. Das Va - terland bewahrt ihn fuͤr jeden ſeiner Soͤhne auf. Sucht ihn zu verdienen, die Gelegenheit dazu kann großen Seelen nicht fehlen. Wenn der - einſt ein Ehrgeiziger nach der Dictatur, dem Tri - bunat oder ſonſtiger Gewalt ſtrebt, ſo kaͤmpft und fallt, wie Michael Lepelletier, ehe ihr darein williget, dann wird der Kranz der Unſterblich - keit euer Lohn ſeyn.

Jch bitte daher den Convent, die Huldi - gung meines ſchwachen Talents anzunehmen, und ich werde mich uͤberſchwenglich belohnt ach - ten, wenn es dieſelbe nicht verſchmaͤht.

Lauter Beifall ertoͤnte auf dieſe Rede und Davids Geſchenk wurde angenommen.

Der Buͤrger Sergent trug darauf an, die - ſes Gemaͤlde zur Vertheilung an die Voͤlker, welche den Schutz und die Bruderliebe der fran -61Davids.zoͤſiſchen Nation in Anſpruch naͤhmen, auf Ko - ſten der Republik in Kupfer ſtechen zu laſſen.

Dieſer Vorſchlag wurde auf der Stelle decretirt. Der Buͤrger Geniſſieux ſagte hierauf: Wir muͤſſen Uebelwollenden keine Gelegenheit geben, zu behaupten, daß die Freiſtaaten den Koͤ - nigen an Großmuth nachſtaͤnden. Noch ſind Davids Gemaͤlde Brutus und die Hora - tier in Aller Andenken, und bis jetzt hat der Meiſter den Ehrenſold dafuͤr zu fordern.

David. Laſſen Sie das, ſchreiten wir zur Tageſatzung; von mir ſey die Rede nicht.

Der Praͤſident. Buͤrger David, Sie ſind hier Stellvertreter der Nation, und Geniſ - ſieux fuͤhrt das Wort.

Geniſſieux. Die edle Uneigennuͤtzigkeit Davids iſt ein Grund mehr, in ihn zu dringen, daß er wenigſtens den Erſatz der gehabten Aus - lagen annimmt.

Mathieu. Es gibt Gegenſtaͤnde, die zu ein und derſelben Zeit nicht vermengt werden ſollten. Jn dem Augenblick, wo David dem Convent ein Gemaͤlde darbringt, welches dem Patriotismus eines Volksvertreters geheiligt iſt,62Lebenmuß man ſich nicht mit der Bezahlung ſeiner andern Werke befaſſen. Hat David vor Aus - bruch der Revolution uns die geheiligten Geſtal - ten des Brutus und der Horatier vor die Augen gezaubert, ſo traͤgt er die Belohnung da - fuͤr in ſeinem Herzen. Und wenn ihm das Va - terland eine Schuld zu entrichten hat, ſo haben wir ja einen Staatsbeamten, der damit beauf - tragt iſt, den die Unſterblichkeit erlangenden Ta - lenten die Buͤrgerkrone aufzuſetzen. Dieſer Ge - genſtand gehoͤrt fuͤr ihn.

Hierauf nahm David das Wort und ſagte: Wenn mir die Nation eine Schadloshaltung ſchuldig zu ſeyn glaubt, ſo bitte ich, dieſe Sum - me den Wittwen und Waiſen der im Kampfe fuͤr die Freiheit gefallenen Krieger zukommen zu laſſen.

Die Verſammlung brach bei dieſen Worten in laute Beifallsbezeugungen aus und Mathieu’s Vorſchlag, David die Buͤrgerkrone zuzuerkennen, wurde decretirt.

Die Abtheilung des Louvre hatte in Paris dem Vaterlande die meiſte Mannſchaft geliefert. Jn der Sitzung vom 29ſten Maͤrz trat eine63Davids.Compagnie Kanoniere aus dieſer Abtheilung zur Eidesleiſtung vor die Schranken des Convents.

David ſagte bei ihrem Eintreten: Es iſt jetzt das neunte Mal, daß Freiwillige aus der Section des Louvre dieſe Hallen betreten; ich trage auf ein Decret an, daß dieſelbe ſich um das Vaterland ſehr verdient gemacht.

Dieſer Vorſchlag wurde decretirt. Jn der anhaltend ſtuͤrmiſchen Sitzung vom 3ten April 1793 ſagte Petion, indem er Marat ſcharf ins Auge faßte: Es iſt jetzt Zeit, die verwegenen Boͤſewichter aus unſerm Kreiſe zu verbannen, welche uns zur Schande gereichen, und um de - rentwillen wir unaufhoͤrlich den Dolchen der Moͤrder ausgeſetzt ſind.

Jhr, ihr ſeyd Moͤrder! rief Marat wuͤ - thend.

Ein allgemeines Geſchrei des Unwillens un - terbrach ſeine Worte.

David nahm ſich Marats an, und ſprang ploͤtzlich mitten in den Saal:

Jch beſchwoͤre euch, mich zu toͤdten, rief er, ich bin auch ein rechtſchaffner Mann. Die Sache der Freiheit wird ſiegen!

64Leben

Es entſtand eine lebhafte Bewegung im Gefolge dieſer Anrede.

Petion. Das Benehmen Davids was beweiſt es? nichts, als das Vertrauen eines Redlichen, der in ſeinem Wahn von Boͤ - ſewichtern getaͤuſcht wird. Du wirſt es gewahr werden, David.

David. Nimmermehr.

Als die Sitzung vom 16ten Juni eroͤffnet wurde, zeigte David an, daß ein junger Kuͤnſt - ler, welcher ein Modell des Generals Dampierre angefertigt hatte, dem Convent ein Geſchenk machen wolle. Er wurde vor die Schranken ge - laſſen, und die Verſammlung nahm ſein Aner - bieten an.

Sie bewilligte uͤberdem dieſem jungen Kuͤnſt - ler, auf Davids Vorſchlag, die Summe von tau - ſend Livres zur Schadloshaltung fuͤr drei Buͤſten dieſes Generals, wovon er eine zum Pantheon liefern, die andere in dem Archiv aufſtellen und die dritte der Gemahlin Dampierres ſenden ſollte.

Den 23ſten Juni wurde in Paris das Buͤrgerfeſt gefeiert. Der Convent trug David auf, demſelben beizuwohnen. Er ſollte uͤberdies65Davids.ſich von dem Geiſte mehrerer Kompagnien Ka - noniere unterrichten, welche im Begriff waren, Paris zu verlaſſen, um nach der Graͤnze abzu - gehen.

Den 24ſten ſprach David zur Verſamm - lung:

Buͤrger! Jch habe mich des Auftrags ent - ledigt, den Sie mir ertheilt haben; ich befand mich mitten unter unſern Bruͤdern, den braven Kanonieren; ich habe mit den treuen Seelen ge - ſprochen, die den falſchen Einfluͤſterungen ehr - geiziger Menſchen kein Gehoͤr geben werden. Sie erriethen die Urſach meiner Anweſenheit un - ter ihnen, und weit entfernt, dies uͤbel aufzu - nehmen, freuten ſie ſich daruͤber. Ach! Buͤrger, wie vermag ich es, die lebhaften Regungen die - ſes edlen Volks zu ſchildern, das den Tod dem Verrath an dem Vaterlande vorzieht.

Jch ſah Deine Thraͤnen fließen, großmuͤ - thiges Volk! ſchaͤme Dich ihrer nicht, ſie ge - reichen Deinem Ruhm zur Ehre. Auch Achilles weinte, auch die Roͤmer thaten es, nur die Kan - nibalen, mit welchen man ſich vergleichen wollte, hatten keine Thraͤne.

David. 566Leben

Ja, Freunde, ſo ſind die Buͤrger von Paris. Es herrſcht unter ihnen eine unerſchuͤt - terliche Einigkeit, und alle Kuͤnſte des Despotis - mus und der Anarchie werden daran ſcheitern. Sie athwen nur fuͤr die Liebe zur Gleichheit und fuͤr den Gehorſam gegen das Geſetz, die einzigen Buͤrgen des Gluͤcks der Voͤlker, dies iſt der Geiſt der Kanoniere, es iſt der Geiſt Frank - reichs.

Vergebens iſt es, ſagten ſie mir, wenn treuloſe Menſchen, die jede Bewegung ausfor - ſchen, um ſie zu mißbrauchen, alle Leidenſchaf - ten erſpaͤhen, um ſie in das Schlimme zu ver - kehren, alle Unordnungen, um ſie zu vergroͤßern, uns unter den Umſtaͤnden, worin ſich Frankreich befindet, Haß und Mißtrauen gegen die Buͤr - ger anderer Departements einfloͤßen wollen. Dieſe Buͤrger ſind Franzoſen, ſie ſind Republi - caner, unſere Bruͤder; ihre Seele iſt von der Vaterlandsliebe erfuͤllt, welche alle Einwohner von Paris entflammt. Richten Sie ihren Marſch gegen uns, wir wollen ihnen entgegen eilen, nicht um mit ihnen zu kaͤmpfen, ſondern ſie in unſere Arme zu ſchließen. Wir werden ihnen67Davids.ſagen: Bruͤder und Freunde, unſere Herzen ſind einig, ſie verſtehen ſich; unſer Verlangen iſt das Eure, wir wuͤnſchen wie Jhr Freiheit, Gleich - heit, die Republik, Geſetze, die aus dem Volke ſtammen und das Ende der Anarchie. Laßt uns unſre Waffen vereinigen, die Feinde Frankreichs ſtehen am Rhein und der Moſel, der Fanatis - mus befleckt die Loire und die Vendee mit dem Blute der Vaterlandsvertheidiger; laßt uns in Maſſe unſern Bruͤdern beiſtehen, und ſie raͤchen, das Vaterland verlangt es.

So, Buͤrger-Stellvertreter! ſprachen die edlen Republicaner. Der Ruf: Es lebe die Republik und der Nationalconvent! er - toͤnte von allen Seiten. Die Ariſtokratie wur - de bleich; die Zwietracht loͤſchte ihre Fackel aus und floh davon.

Nachdem ich mich meines Auftrags bei den tapfern Kanonieren entledigt, begab ich mich auf das Marsfeld. Hier aͤnderte ſich die Sce - ne. Die ſtolzen Soͤhne des Gottes, welchen man daſelbſt verehrt, fand ich hier nicht; es waren alte Republicaner und Matronen, welche durch ihr Beiſpiel ihren Kindern die Tugend68Lebenlehrten. Dreimal bewegte ſich der Zug um den Altar des Vaterlandes, es wurden Hymnen der Freiheit geſungen, dreimal wiederholte das Volk dieſe ſeinem Herzen ſo theuren Toͤne. Der Maire der Stadt Paris hielt an das Volk eine Anrede, und dieſes, ſeine Stellvertreter ſegnend, antwortete mit dem Ruf: Es lebe der Na - tionalconvent! Es lebe die Freiheit! Fuͤr immer lebe die Republik!

Ein lebhafter Beifall ertoͤnte auf dieſen Bericht und die Verſammlung decretirte ſeine Aufnahme in das Geſetzbuͤlletin.

David erhielt von der oͤffentlichen Unter - haltungscomite den Auftrag, dem Convent uͤber das am 10ten Auguſt zu feiernde Feſt, deſſen Anordnung ihm uͤbertragen war, Bericht abzu - ſtatten. Am 11ten Juli uͤbergab er daher der Verſammlung ein umſtaͤndliches Programm uͤber dieſe Feierlichkeit.

Er, der die Vernunft auf die Werke des Genies uͤbertrug, der durch die Einfalt ſeiner Jdeen der franzoͤſiſchen Schule den gemaͤßigten und edlen Charakter wiedergab, den ſie ſo lan - ge Zeit verlaͤugnet hatte, dieſer David, der mit69Davids.einem Worte der verſtaͤndigſte Kuͤnſtler war, zeigte ſich als einer der leidenſchaftlichſten Mit - glieder des Convents. Die Ruͤckkehr zu den Sitten der Alten, dies Traumbild ſeiner Seele, ſchien ihm verwirklicht zu ſeyn. Seine gluͤhende Einbildungskraft und die ſein ganzes Weſen er - fuͤllende Vorliebe fuͤr die Sache des Vaterlandes verblendete und verwirrte ſein Urtheil. Jn Ma - rat erblickte er Phocion und in Robespierre ei - nen zweiten Marius. Jener war ein ſchwarz - gallichter Tyrann und dieſer ein wuͤthender Volks - aufwiegler, deſſen haͤßliche Zuͤge eine blutduͤrſtige Seele bedeckte. Er nannte ſich den Freund des Volks, welches durch ſeine kriechenden Schmeicheleien getaͤuſcht, ihm dieſen Namen bei - legte. Der Vertheidiger des Blutbads im Sep - tember (1792) fiel durch den Dolch eines jun - gen Maͤdchens, die in der Ueberzeugung, ihrem Vaterlande einen Dienſt zu leiſten, Marat im Bade ermordete.

Den 14ten Juli druͤckte eine Deputation, deren Sprecher Guirault war, dem Convent das Bedauern der Nation aus.

O Frevel! ſagte er, eine meuchelmoͤr -70Lebenderiſche Hand hat uns den unerſchrockenſten Ver - theidiger der Nation genommen, der ganz fuͤr die Sache der Freiheit lebte. Unſre Blicke ſu - chen ihn noch hier unter Euch, Repraͤſentanten des Volks. O! ſchrecklicher Anblick! er liegt auf einer Bahre. Wo biſt du, David? Du haſt der Nachwelt das Bild Lepelletiers uͤbergeben, der fuͤr das Vaterland ſtarb. Es bleibt Dir noch ein Gemaͤlde uͤbrig

Ja, ich werde es liefern, ſprach David mit geruͤhrter Stimme.

Der Convent erklaͤrte hierauf, daß alle Mitglieder der Leiche Marats beiwohnen ſollten, und David wurde zum Commiſſair ernannt, um das Leichenbegaͤngniß anzuordnen.

Den 17ten Juli ſagte er zur Verſamm - lung:

Kraft Eures Decrets ſoll die ſterbliche Huͤlle Marats heute Abend um fuͤnf Uhr, un - ter den Baͤumen, wo er ſeine Mitbuͤrger zu un - terweiſen pflegte, beſtattet werden. Einfach ſoll ſein Grabmal ſeyn, wie es ſich fuͤr einen unbe - ſtechlichen Republicaner ziemt, der in einer eh - renvollen Duͤrftigkeit ſtarb. Aus einem Keller -71Davids.gewoͤlbe zeigte er dem Volke ſeine Freunde und ſeine Feinde; er kehre als Todter dahin zuruͤck und ſein Leben diene Euch zum Muſter. Cato, Ariſtides, Socrates, Timoleon, Fabricius und Phocion, deren Leben mich mit Bewunderung erfuͤllt, ich war Euer Zeitgenoſſe nicht; aber Marat habe ich gekannt, und ihn wie Euch be - wundert; die Nachwelt wird ihm Gerechtigkeit widerfahren laſſen.

Die Verſammlung wohnte um fuͤnf Uhr Abends dem Leichenbegaͤngniß bei.

Den 11ten Auguſt ſchlug David der Ver - ſammlung vor, die Lade der Conſtitution und das Gebund der Einigkeit, wovon er eine Zeich - nung entwerfen wollte, in den Sitzungsſaal brin - gen zu laſſen.

Den 20ſten decretirte der Convent auf Da - vids Vorſchlag, daß eine Denkmuͤnze von Erz von 2 Zoll im Durchmeſſer geſchlagen werden ſolle, um das Andenken der am 10ten Auguſt Statt gehabten bruͤderlichen Vereinigung zur An - nahme der Conſtitution zu verewigen.

David hielt das Verſprechen, Marat zu malen, welches er dem Convent gegeben. Er72Lebenhatte den Moment gewaͤhlt, wo Marats Blut, nachdem er den Stich erhalten, in großer Men - ge aus der Wunde ſtroͤmt und er in ſeiner Ba - dewanne ausgeſtreckt liegt. Dieſes Gemaͤlde iſt mit taͤuſchender Wahrheit ausgefuͤhrt und kann in Hinſicht der Aehnlichkeit und des Ausdrucks zu Davids vorzuͤglichſten Werken gezaͤhlt werden.

Der Meiſter ſelbſt ſchien dieſes Stuͤck, ſo wie den ſterbenden Lepelletier allen uͤbrigen vorzuziehen. Wenn man bedenkt, wie ſtreng er uͤbrigens die meiſten ſeiner Werke beur - theilte, muß man dieſen beiden Gemaͤlden einen ſehr hohen Werth beilegen.

Den 20ſten Vendemiaire Jahr 2 (den 11ten October 1793) zeigte David dem Convent an, daß er das Gemaͤlde: der Tod Marats fertig habe, er wuͤnſche nun dieſes ſowohl als den ſterbenden Michael Lepelletier in ſeiner Wohnung oͤffentlich auszuſtellen, und bitte daher, ihm das letztere auf einige Zeit aus dem Sitzungsſaale zukommen zu laſſen. Die Ver - ſammlung bewilligte dies Geſuch.

David war, wie mehrere Deputirte des Convents, Mitglied des Jacobiner-Clubs. 73Davids.Er wohnte oft den Sitzungen deſſelben bei, aber, nach den Annalen dieſer Zeitepoche zu urtheilen, ſcheint er wenig Theil an den Arbeiten deſſelben genommen zu haben.

Den 17ten Brumaire Jahr 2 beſtieg Da - vid die Rednerbuͤhne des Convents und ſagte: Die Koͤnige, welche ſich nicht an die Stelle der Gottheit in den Tempeln zu ſetzen vermochten, hatten ſich die Vorhallen derſelben angemaßt. Hier ſtellten ſie ihr Bildniß auf, damit das Volk, ehe es in das Heiligthum dringe, auch ihnen Anbetung zollen moͤchte ꝛc. Wiederholte Beifallsbezeugungen unterbrachen hier den Red - ner, er fuhr fort:

Jch ſchlage alſo vor, dieſes Denkmal auf den Platz der neuen Bruͤcke (Pont-Neuf) zu er - richten, es ſtelle das Bild des Rieſenvolks, des franzoͤſiſchen dar.

Dieſes Bild, von hoher Bedeutung durch den Charakter der Kraft und Einfalt, trage in großer Schrift auf ſeiner Stirn das Wort: Licht, auf der Bruſt die Worte: Natur, Wahr - heit; auf ſeinen Armen: Kraft, Muth. Auf der einen Hand ſtehe die Freiheit und die74LebenGleichheit, beide an einander geſchloſſen und im Begriff, die Welt zu durchſchreiten, zum Zeichen, daß ſie nur im Geiſt und in der Kraft des Volks Ruhe finden moͤgen! Dieſe Bildſaͤule der Nation halte aufrecht ſtehend in der andern Hand die ſchreckliche Keule, mit welcher die Al - ten den Hercules bewaffneten. Uns kommt es zu, dieſes Denkmal zu errichten. Die Voͤlker, welche die Freiheit liebten, thaten ein Gleiches.

Nach dieſer Rede, waͤhrend welcher David oft durch lauten Beifall unterbrochen wurde, las er den Entwurf eines Decrets zur Errichtung dieſes Denkmals vor, welcher angenommen wurde.

Wie ſchon bemerkt worden, hatte David die letzten Augenblicke Marats mit aufrichtiger Theilnahme in einem Gemaͤlde geſchildert. Jn der Sitzung vom 24ſten Brumaire erſchien er auf dem Rednerſtuhl und beklagte mit vieler Waͤrme den Verluſt dieſes Ungeheuers. Er ſagte:

Buͤrger!

Das Volk wollte ſeinen Freund wieder ha - ben. Seine klagende Stimme ließ ſich verneh -75Davids.men. Es nahm meine Kunſt in Anſpruch, die Zuͤge ſeines treuen Freundes wieder zu ſehen. David! rief es, ergreife deinen Pinſel, raͤche unſern Freund, raͤche Marat; daß ſeine uͤber - wundenen Feinde beim Anblick ſeiner entſtellten Zuͤge erbleichen. Bringe ſie dahin, das Schick - ſal desjenigen zu beneiden, den ſie ermorden lie - ßen, weil ſie ihn nicht beſiegen konnten. Jch vernahm die Stimme des Volks und ich that, was es verlangte.

Kommt herbei, Muͤtter, Wittwen, Wai - ſen, bedruͤckte Soldaten, Euch alle hat er mit Gefahr ſeines Lebens beſchuͤtzt; tretet naͤher und betrachtet Euren Freund. Der fuͤr Euch wachte, iſt nicht mehr. Seine Feder, das Entſetzen der Verraͤther, entfaͤllt ſeiner Hand! O Schrecken, unſer unermuͤdete Freund iſt todt! Er iſt dahin, Euer Freund, der den letzten Biſſen mit Euch theilte; er ſtarb, ohne zu hinterlaſſen, wovon er beerdigt werden konnte. Nachwelt! du wirſt ihn raͤchen, du wirſt unſern Enkeln ſagen, welche Reichthuͤmer er haͤtte beſitzen koͤnnen, wenn er nicht die Tugend dem Gluͤcke vorgezogen! Menſch - heit, du wirſt denen, die ihn Blutſaͤufer nann -76Lebenten, zu erkennen geben, daß dein geliebtes Kind, daß Marat dir niemals Thraͤnen koſtete.

Dich ſelbſt rufe ich an, abſcheuliche Ver - laͤumdung! ja, eines Tags, und dieſer Tag iſt nicht mehr fern, wirſt du mit deinen Haͤnden deine abgezehrten Schlangen erdruͤcken, und, dein eigenes Gift verſchluckend, vor Wuth ſterben. Dann wird die Ariſtokratie, von allen Kraͤften verlaſſen, im Gefuͤhl ihrer Schmach ihr Antlitz bedecken.

Und du, Marat, aus deinem Grabe her - aus wird deine Aſche ſich freuen, du wirſt dei - ne ſterbliche Huͤlle nicht beklagen; dein ruhm - volles Tagewerk wird erfuͤllt ſeyn, und das Volk, dein Werk zum zweiten Male kroͤnend, wird dich auf ſeinen Armen ins Pantheon tragen.

Euch, meine Collegen, weihe ich die Ar - beit meiner Hand; Eure Blicke werden, wenn ſie auf der Todtenfarbe und dem mit Blut be - fleckten Koͤrper Marats ruhen, das Andenken an ſeine Tugenden erwecken, die unwandelbar auch die Eurigen ſeyn muͤſſen.

Buͤrger, als die knechtiſche Furcht noch die oͤffentliche Meinung verblendete, wurde Mi -77Davids.rabeau das Pantheon zuerkannt. Die Kraft und die Tugenden der Nation haben jetzt dies Blendwerk vernichtet. Die Wahrheit iſt erſchie - nen und vor ihrem Anblick verſchwand der Ruhm des Freundes der Koͤnige. Moͤge das Laſter und der Betrug aus dem Pantheon ver - ſchwinden; die Nation vergoͤnne dort demjenigen die Ruhe, welcher ſie nie getaͤuſcht hat.

Jch gebe meine Stimme fuͤr Marat zum Pantheon.

Granet trug darauf an, Mirabeau daraus hinwegzunehmen und Marat an ſeine Stelle zu ſetzen.

Der Praͤſident Laloy erwiederte hierauf: Marat muß an keines Andern Stelle kommen.

Der Convent erließ das folgende Decret:

Art. I. Marat, dem Freunde und Stellvertreter des Volks, wird die Ehre des Pantheons zuerkannt.

Art. II. Der oͤffentliche Unterhaltungs - Ausſchuß ſoll den Plan der Feierlichkeit vorlegen.

Art. III. Die von David gemalten, der Nation geſchenkten, Bildniſſe Lepelletiers78Lebenund Marats erhalten ihre Stelle in dem Si - tzungsſaal der Volksrepraͤſentanten.

Art. IV. Sie ſollen unter Davids Lei - tung von einem durch ihn zu erwaͤhlenden Kuͤnſt - ler in Kupfer geſtochen werden.

Art. V. Der Nationalſchatz ſoll zur Dis - poſition des Miniſters des Jnnern eine ſich bis auf 24000 Livres belaufende Summe zur De - ckung der Stecher - und Druckkoſten ſtellen.

Art. VI. Von jedem Kupferſtich ſollen tauſend Exemplare an die Volksrepraͤſentanten und die Departements vertheilt werden; der Ue - berſchuß wird in dem Archiv niedergelegt.

Art. VII. Wenn 3000 Exemplare abge - zogen worden, ſind die Platten ein Eigenthum Davids.

Art. VIII. Die Gemaͤlde duͤrfen, ſobald ſie einmal in dem Sitzungsſaal des Convents aufgeſtellt ſind, unter keinem Vorwande von den nachfolgenden Geſetzgebern herausgenommen wer - den.

Wenn Robespierre gegen Marat Schonung bewies, wenn es ſelbſt den Anſchein hatte, als billige er deſſen Rede und Schrift, ſo geſchah79Davids.dies, weil er ihn fuͤr ein zu ſeinen Abſichten taugliches Jnſtrument und fuͤr das Organ hielt, durch welches er zum Volke ſprechen und ſich deſſen verſichern konnte; wenn aber David im Ernſt glaubte, wie dies alle, von uns angefuͤhrte Thatſachen beweiſen, Marat ſey ein redlicher Volksvertreter, ein zweiter Fabricius, ſo kann man dieſen Jrrthum nur der Ueberſpannung ſei - ner republikaniſchen Jdeen zuſchreiben.

Tags darauf ſprach David in der Sitzung vom 25ſten Brumaire uͤber die Kunſt und ihren Einfluß auf die buͤrgerliche Geſellſchaft, als ein Mann, der ſein Fach verſteht.

Buͤrger, ſagte er, Euer oͤffentlicher Un - terhaltungs-Ausſchuß hat die Kunſt aus jedem Geſichtspuncte betrachtet, der ſie zur Erweite - rung der Fortſchritte des menſchlichen Geiſtes geſchickt macht. Er hat gezeigt, wie ſehr dieſelbe geeignet iſt, glaͤnzende Muſter der Thatkraft ei - nes großen Volks, das durch Vernunft und Phi - loſophie geleitet, die Herrſchaft der Freiheit, Gleichheit und der Geſetze auf Erden erneuert, aller Welt vor Augen zu ſtellen und den kuͤnfti - gen Geſchlechtern vorzuhalten. Die ſchoͤnen80LebenKuͤnſte muͤſſen alſo ein maͤchtiger Hebel fuͤr den oͤffentlichen Unterricht ſeyn.

Die Kuͤnſte bezwecken die Nachahmung der ſchoͤnſten und vollkommenſten Werke der Na - tur; ein dem Menſchen angebornes Gefuͤhl zieht ihn zu dem gleichen Gegenſtand. Nicht um das Auge zu ergoͤtzen, haben die Denkmaͤler der Kunſt dieſes Ziel zu erreichen geſtrebt, nein, die Seele zu durchdringen und auf den Geiſt einen der Wirklichkeit angemeſſenen tiefen Eindruck zu machen. Stehen die Zuͤge des Heldenmuths und der Buͤrgertugend den Blicken eines Jeden im Volke offen, ſo werden ſie ſein Gemuͤth er - greifen und in ihm alle Triebfedern des Ruhms und der Aufopferung fuͤr das Vaterland in Be - wegung ſetzen. Der Kuͤnſtler muß daher das menſchliche Herz kennen, er muß die Natur ge - nau beobachtet haben, er muß mit einem Wort, Philoſoph ſeyn. Sokrates war ein geſchickter Bildhauer, J. J. Rouſſeau ein unverwerflicher Componiſt, der unſterbliche Pouſſin warf die erha - benſten Lehren der Philoſophie auf die Leinwand. Sie alle bezeugen, daß der Genius der Kunſt die Fackel der Vernunft zur Fuͤhrerin bedarf.

81Davids.

Wenn der ausuͤbende Kuͤnſtler von dieſen Wahrheiten durchdrungen ſeyn muß, um wie viel mehr der Kunſtrichter. Jhre Comite war der Meinung, daß zu einer Zeit, wo die Kuͤnſte ſich mit den Sitten neu gebaͤren, allein den Kuͤnſt - lern das Urtheil uͤber die Werke des Genies ge - buͤhre. Dies hieße ſie aber auf dem Gleiſe fort - ſchlendern laſſen, das ſie zur Zeit des von ih - nen vergoͤtterten Despotismus betreten hatten. Nur große Seelen, die das Gefuͤhl des Wah - ren und Erhabenen, welches das Studium der Natur gewaͤhrt, in ſich tragen, vermoͤgen der Kunſt einen neuen Aufflug zu geben.

Er brachte hierauf ein Namensverzeichniß von Gelehrten, Kuͤnſtlern und Beamten aller Art zur Bildung eines Nationalgeſchwornenge - richts, in Hinſicht auf die Kunſt, zum Vor - ſchlag. Der Convent nahm dieſe Liſte an, und decretirte, daß ſie behufs des oͤffentlichen Urtheils daruͤber gedruckt werden ſolle.

Den 5ten Frimaire erſchien ein Kuͤnſtler Namens Dutaillis vor den Schranken des Con - vents. Er war nach Rom gegangen, um dort die Malerkunſt zu ſtudiren. Nachdem er amDavid. 682Leben13ten Januar Zeuge von Baſſevilles Ermordung geweſen, mußte er ſeine Gefaͤhrten erwuͤrgen und ſeine eigene Wohnung pluͤndern ſehen. Drei Monate hatte er in einem Kerker geſchmachtet, und ſprach jetzt, von Allem entbloͤßt, die Groß - muth des Convents an.

David verwandte ſich fuͤr ihn und bewirkte, daß ihm vorlaͤufig eine Unterſtuͤtzung von 1200 Livres zu Theil wurde.

Den 28ſten Frimaire trug David bei der Verſammlung darauf an, eine Menge, die Kunſt betreffende Commiſſionen zu ſtreichen, welche die Gelder der Republik fuͤr unnuͤtze und werthloſe Dinge verwandt hatte.

Er ſchlug auch vor, die Commiſſion des Muſeums, deren Mitglieder entweder nur dem Namen nach Maler, oder unpatriotiſche Kuͤnſt - ler waren, die von den vormaligen Miniſtern ernannt worden, auf einen andern Fuß einzurich - ten. Dieſe Maaßregeln wurden angenommen.

Jn der Sitzung vom 5ten Nivoſe trug David einen Entwurf zur Anordnung eines Fe - ſtes uͤber die Einaahme der Stadt Toulon vor. Es iſt nicht genug, ſagte er, die Siege der83Davids.Vaterlandsvertheidiger zu beſingen, man muß ſie auch feiern. Der Augenblick iſt gekommen, wo der Convent Frankreich zeigen muß, daß ſeine Dankbarkeit gegen die tapfern Soldaten, keine Graͤnze kennt, und daß ſeine Verheißungen nicht leere Worte ſind.

Er verlas einen Entwurf zum Decret. Das Feſt ſollte zur Ehre des 14ten Armeecorps der Republik gefeiert, jedes auf einem Triumph - wagen ſtehend, und die Seetruppen ſollten durch ein großes Schiff dargeſtellt werden.

Den 8ten Nivoſe zeigte man dem Convent die heldenmuͤthige That eines dreizehnjaͤhrigen Kriegers der Vendee-Armee, Namens Barra, an. Er hatte waͤhrend des ganzen Feldzugs Wun - der der Tapferkeit gethan. Mitten im Treffen von Freibeutern (Chouans?) umgeben, welche ihn mit dem Tode bedrohten, wenn er nicht: Es lebe der Koͤnig! riefe, war er unter ih - ren Bajonnetten mit dem Ausruf: Es lebe die Republik! gefallen. Dieſer Knabe er - naͤhrte ſeine Mutter von ſeiner Loͤhnung. Kind - liche - und Vaterlandsliebe erfuͤllten ſeine ganze Seele.

84Leben

Einſtimmig wurde ihm von den Stellvertre - tern die Ehre des Pantheons zuerkannt, und David erhielt den beſondern Auftrag, ſein Ta - lent zur Verſchoͤnerung dieſes Feſtes in Anſpruch zu nehmen.

Solche Thaten ſchildere ich mit Freuden, ſagte er, und ich danke dem hoͤchſten Weſen fuͤr die Gabe, welche mir zu Theil wurde, den Ruhm der Helden der Republik zu verherrli - chen.

Die Verſammlung klatſchte David Beifall zu und uͤbertrug ihm das Geſchaͤft, des andern Tages einen Entwurf zu dieſer Feierlichkeit vor - zulegen.

David, der bereits Mitglied der allgemei - nen Sicherheitscomite war, wurde den 16ten Nivoſe zum Praͤſidenten des Convents ernannt, und nahm als ſolcher ſchon den 17ten den Eh - renſitz ein.

Jn der Sitzung vom 22ſten traten mehrere Abgeordnete des aufruͤhreriſchen (bouillonnais?) Volks in voller Wuth vor die Schranken und ſagten: Repraͤſentanten, wir beſtehen auf Ge - nugthuung fuͤr das Unrecht, was wir erlitten,85Davids.und verlangen, daß Eure Grundſaͤtze ausgefuͤhrt, und Eure Geſetze gehandhabt werden; wir for - dern die Beweiſe von der Freundſchaft, welche die franzoͤſiſche Nation uns verſprochen, und die Vortheile einer fuͤr uns ſo ſchaͤtzbaren Neutra - litaͤt.

David ſagte hierauf zu dieſer Deputation: Repraͤſentanten des Volks (bouillonnais)! Der Nationalconvent, treu ſeinen Verpflichtungen, die er nie verlaͤugnet, wie den Geſetzen der Gerech - tigkeit, welche ihm zur Richtſchnur dienen, wird ohne Ruͤckſicht auf irgend ein Volk, wie auch deſſen politiſche Stellung ſeyn mag und unter keinem Verhaͤltniß von ihnen abweichen.

Dies ſind die Grundſaͤtze der franzoͤſiſchen Volksrepraͤſentanten, in ihnen liegt die Antwort auf Eure Beſchwerde. Der Nationalconvent wird ſie durch die betreffende Comite genau un - terſuchen laſſen, und bewilligt Euch die Ehre, der Sitzung beizuwohnen.

Die Beſchwerde wurde dem Wohlfahrts - ausſchuß zugeſtellt.

Den 24ſten Nivoſe hielt David wieder ei - nen, die Kuͤnſte betreffenden Vortrag. Er ſagte:86Leben Der Nationalverſammlung, als der Stifterin einer Republik, deren Grundpfeiler die Freiheit und Gleichheit ſind, den Vertretern eines Volks, welches keinen andern Vorzug anerkennt, als den Talent und Tugend ertheilen, ihnen gebuͤhrt es vor allen, die Kuͤnſtler aufzumuntern, welche ihre Kraͤfte zur Verewigung der von den Koͤ - niglich-Geſinnten veruͤbten Mordthaten verwen - den.

Die Buͤrger Ricard und Devaux haben die Gemaͤlde Lepelletiers und Marats nach meinen Originalen gezeichnet. Jch trage auf eine ehrenvolle Erwaͤhnung der Arbeiten dieſer Kuͤnſtler zu Protocoll an. Jch wuͤnſche auch, daß der Convent die Wahl unſers Collegen Bat - telier billige, der den Buͤrger Ricard zum Di - rector der Malerſchule und der Porcellanmanu - factur zu Sèves vorgeſchlagen hat.

Dieſe Antraͤge wurden decretirt.

Es iſt ſchon oben erwaͤhnt worden, daß David die Aufhebung der Commiſſion des Mu - ſeums und ein Decret bewirkt, wonach dieſes ſchaͤtzbare Jnſtitut eine beſſere Einrichtung erhal - ten ſollte.

87Davids.

Jn der Sitzung vom 27ſten Nivoſe ſagte er: Buͤrger! ich habe Jhnen die Gebrechen der getroffenen Wahlen nicht verhehlt, und um beſ - ſere einzuleiten, Kuͤnſtler in Vorſchlag gebracht, welche groͤßtentheils Opfer des academiſchen Stolzes wurden, der ihnen mit Verachtung be - gegnete und ſie von den Sitzungen ausſchloß. Die Liſte davon iſt gedruckt und das Publicum alſo im Stande, daruͤber zu urtheilen.

Sollte irgend ein Kuͤnſtler oder Mann von Talent, deſſen Name nicht auf dieſer Liſte befind - lich iſt, ſich deshalb beeintraͤchtigt glauben; ſo koͤnnen wir ihm ſagen: Mein Freund, du biſt ein Kuͤnſtler, und es iſt nicht unſre Abſicht ge - weſen, dir die Bahn zu verſchließen; das ehren - volle Amt, uͤber die ſchoͤnſten Erzeugniſſe der Kunſt die Aufſicht zu fuͤhren, ſteht dir ja noch immer offen.

Und findet etwa ein Mitglied der alten Commiſſion des Muſeums es unrecht, daß er davon ausgeſtoßen worden, ſo diene ihm zur Antwort: Mein Freund, du haſt Talent! zeige es durch deine Arbeiten; verſchoͤnere das Mu -88Lebenſeum, deine Werke koͤnnen dir die Wiederauf - nahme erwerben.

Ja, Buͤrger, glaubt es mir, das Muſe - um iſt kein Magazin von Gegenſtaͤnden des Luxus und der Eitelkeit. Es kann eine Schule von hoher Bedeutung werden, in welcher der junge Franzoſe bei dem Anblick der Werke des Genies in ſein Jnneres ſchauen, und hier die Kunſt oder Wiſſenſchaft, zu welcher ihn die Na - tur berufen, erkennen moͤge.

Eine ſtraͤfliche Nachlaͤſſigkeit hat den Denk - maͤlern der Kunſt großen Nachtheil zugefuͤgt; die Meiſterſtuͤcke Raphaels, Dominichino’s, Cor - reggio’s, des Malerphiloſophen le Pouſſin und unzaͤhliger Anderer moderten unter den Haͤnden von Jgnoranten, welchen ſie anvertraut waren, im Staube. Ungeſchickte Pinſel zerſtoͤrten die Harmonie der Meiſterſtuͤcke Claude-Lorrains mit ihrem verderblichen Glanze. Dies war auch der Fall bei den bewundernswuͤrdigen Werken Ver - nets, die ihnen antik genug erſchienen, um einer Ausbeſſerung zu beduͤrfen, ſo daß Kenner heut zu Tage vergebens in ihnen den alten Meiſter wieder erkennen wollen. Jch wuͤrde nicht fertig89Davids.werden, Buͤrger, wollte ich Euch alle Gegenſtaͤn - de der Kunſt, welche aus Nachlaͤſſigkeit dem Verderben ausgeſetzt worden, aufzaͤhlen.

Als die Siege unſerer Legionen, inmitten der von der Geburt der Freiheit unzertrennlichen Weſen, die Freude in Eure Herzen und auf Euer Antlitz riefen, da ruhten auch Eure Blicke guͤnſtig auf den ſchoͤnen Kuͤnſten, die eben ſo ſehr den Frieden, als die Freudenfeſte des Krie - ges, zu verſchoͤnern vermoͤgen. Die Liebe zum Vaterland und zur Buͤrgertugend, welche Eure Bruſt erweiterte, erweckte auch die Ueberzeu - gung in Euch, daß große Thaten und Bege - benheiten ewiger Denkmaͤler beduͤrfen. Laßt uns das Reich der Kunſt fernerhin aus dieſem ho - hen Standpunkt betrachten. Dieſer erhabene Jmpuls gab dem Decrete, das unſern vierzehn Armeen an ein und demſelben Tage einen Tri - umph bewilligte, von dem das Volk die Zierde, ſo wie der Gegenſtand war, ſeine Entſtehung.

Hierauf verlas David einen Decretsentwurf uͤber die definitive Einrichtung des Nationalmuſe - ums, und das zu beſtimmende Gehalt ſeiner Mitglieder, der auch angenommen wurde.

90Leben

Den 1ſten Pluvioſe zeigte David dem Con - vent an, daß die Gensdarmen, welche ihm als Garde gedient hatten, von der Vendee zuruͤckge - kommen waͤren.

Die Verſammlung verſtattete ihnen den Zu - tritt und ſie wurden bei ihrer Ankunft in dem Saale mit lautem Beifall empfangen.

Der Commandant nahm das Wort:

Stellvertreter der Nation, ſagte er, uns fehlen die Worte, um unſre Dankbarkeit fuͤr die Huld auszudruͤcken, die der Convent, mitten un - ter ſeinen ungeheuren Arbeiten, gegen uns be - wieſen. Unſre Bruͤder haben uns einen Lorbeer - kranz uͤberreicht, von dem wir hoͤchſtens nur ein kleines Blatt verdient haͤtten. Erlaubt, daß ich ihn hier niederlege, damit er an alle die, wel - che ſich der Gabe wahrhaft wuͤrdig gemacht, gleichmaͤßig vertheilt werden moͤge. Unſre Zahl iſt klein; als wir auszogen, war ſie groͤßer; aber ſollen wir unſre Bruͤder bedauern? Jhnen wurde der Ruhm, fuͤr das Vaterland zu ſterben. Es bleibt uns nur noch eine Bitte uͤbrig, ſie wird den Wohlthaten, welche wir von Euch empfan - gen, die Krone aufſetzen; erlaubt, daß zwei von91Davids.uns als Schildwache an der Thuͤr des Convents ſtehen.

David erwiederte ihnen hierauf:

Raͤcher des Vaterlandes, die Jhr das Koͤ - nigthum und den Aberglauben in der Vendee in den Staub getreten, welch Schauſpiel bietet Jhr den Vertretern des Volks, ja der ganzen Repu - blik dar. Gibt es einen ſchoͤnern Beweis, wel - cher Opfer ihr fuͤr das Vaterland faͤhig ſeyd, als dieſe Wunden, dieſe ehrenvollen Naben, wel - che Euch ſchmuͤcken?

Greiſe, Eure Kinder ſind Eurer wuͤrdig. Soldaten! Jhr ſeyd des Vaterlandes wuͤrdig, und Jhr, Vaͤter, Muͤtter, Gatten, Kinder, die Jhr in dieſen Kriegern die theuerſten Gegen - ſtaͤnde Eures Herzens erblickt, und ſie hieher begleitet habt, Jhr ſeyd gluͤcklich zu preiſen, da Jhr diejenigen, welche mit ſo vielem Rechte die Vertheidiger des Vaterlands ſind, in Eure Ar - me ſchließen koͤnnt.

Freunde! die Tugend uͤberlebt das Ver - brechen; Jhr lebt noch, aber die Vendee iſt nicht mehr.

Ein ſolcher Triumph kommt nur freien92LebenBuͤrgern zu; Sclaven, verkriecht Euch, Jhr vermoͤgt nicht ein Gleiches zu thun.

Der Convent nimmt Euch mit freudigem Herzen auf und ladet Euch zur Ehre der Si - tzung ein.

An demſelben Tage legte David ſeine Praͤ - ſidentſchaft, die er 13 Tage verwaltet hatte, nieder.

Den 21ſten Pluvioſe klagte David einen Bildhauer Namens Liénard, welcher die Werke Anderer nachgegoſſen, deshalb im Convente an, und verlangte, daß der oͤffentliche Unterhaltungs - Ausſchuß beauftragt werde, ein Geſetz in Vor - ſchlag zu bringen, wonach das Eigenthum der Kuͤnſtler auf gewiſſe Weiſe ſicher geſtellt werde, damit nicht die Wespen, wie er ſich ausdruͤckte, den Honig der Bienen aufzehrten.

Den 4ten Germinal trug er dem Convent eine Beſchwerde des Volksvereins von Dinant vor, der uͤber ein patriotiſches Geſchenk von 500 Livres, von welchem er keine Erwaͤhnung gefun - den, einige Unruhe bezeigte.

Mein Verfahren, ſagte David, wird dem Volksverein wenigſtens die Ueberzeugung93Davids.geben, daß ſeine Beſchwerde nicht uͤbergangen iſt.

Der Convent beauftragte die Commiſſion der patriotiſchen Beitraͤge, dieſe großmuͤthigen Buͤrger zufrieden zu ſtellen.

Als der Convent am 18ten Germinal Nach - richt von dem Tode des Stellvertreters Beauvais erhielt, ſagte David:

Jch trage darauf an, das Haus, in wel - chem unſer College ſtarb, mit einer Jnſchrift zu verſehen, die ſeine Tugenden ſchildert, um wel - che ein Palmzweig in Stein gehauen werden muͤßte.

Dieſer Vorſchlag wurde der oͤffentlichen Unterhaltungscomite zugeſandt.

Den 19ten Prairial verlas David im Con - vent ein langes Programm, welches er zur Feier des hoͤchſten Weſens angefertigt hatte, und das angenommen wurde.

Wir haben den Heldentod des jungen Barra angezeigt. Agricola Viala, noch juͤnger wie dieſer, hatte ungefaͤhr zur naͤmlichen Zeit in der Schlacht von Avignon ein eben ſo ruͤh - rendes Beiſpiel der Aufopferung fuͤr das Vater -94Lebenland gegeben. Der Convent entſchied, daß bei - den an demſelben Tage die Ehre des Pantheons zu Theil werde.

Den 3ten Thermidor uͤbergab David dem Convent einen Entwurf zu dieſem Feſte. Die Rede, welche ihm zur Einleitung diente, iſt fuͤr dies Werk zu lang; wir begnuͤgen uns daher, mehrere Stellen derſelben auszuheben.

Die Menſchen, ſagte er, ſind nur das, was die Regierung aus ihnen macht; dieſe Wahrheit beſtaͤtigt die Geſchichte aller Zeiten. Der Despotismus ſchwaͤcht und verdirbt die oͤffentliche Meinung, oder vielmehr, ſie kann gar nicht Statt finden, wo er herrſcht. Eifrig ver - bannt er jede Tugend; er laͤßt, ſeine Herrſchaft zu ſichern, den Schrecken vor ſich hergehen, huͤllt ſich in das Gewand des Religionseifers, und bedeckt ſich mit der Dummheit. Auf jedem Schritte begleitet ihn mit falſchem, ſchielendem Blicke der Verrath, der Mord, und die Ver - wuͤſtung; hinter ſich ſchleppt er die Sclaverei und die Graͤuel der Finſterniß, welche er auf al - len ſeinen Wegen verbreitet. Jm Dunkel nur ſpinnt er ſein Unheil und ſchmiedet Ketten fuͤr95Davids.ſeine Opfer. Jn ſeinen muͤßigen Stunden er - baut er, ſinnreich, die Menſchen zu quaͤlen, ſeine Kerker; er ſinnt auf Martern und weidet ſeine Augen an den ſeiner Wuth geopferten Leichna - men. Unter dem grauſamen Joch des Despo - tismus verlieren die Menſchen, entwuͤrdigt und von aller Moral entbloͤßt, ſelbſt die erhabene Ge - ſtalt, welche ihnen die Natur aufdruͤckte; uͤber - all verbreitet er Kleinmuth, Verſunkenheit und erniedrigende Schmach; die Stimme des Vater - landes ruft ihnen vergebens. Sie ſind verwor - fen, feig und treulos, wie ihre Regierung. O ſchreckliche Wahrheit! ſo war der Franzoſe einſt.

Laßt uns, Repraͤſentanten des Volks, von dieſem Abgrund, welchen Jhr ausgefuͤllt habt, unſre Blicke abwenden. Weiden wir unſere Au - gen an einem unſerer wuͤrdigern Schauſpiel.

Der Redner ſchilderte hierauf den Tod des Agricola Viala; dann fuhr er fort:

Und ihr, ihr, die ihr vorgebt, der Ewige habe euch das Recht ertheilt, die Welt zu be - herrſchen, ſagt, wo ſind denn Eure Helden? Laßt ſie kommen! Wollt ihr unſern jungen Re - publicanern dieſe veraͤchtlichen, im Schooße der96LebenWolluͤſte erzogenen Hoͤflinge vergleichen? Dieſe verweichlichten Schlemmer, deren verdorbene Seele nicht einmal den Gedanken der Tugend zu denken vermag, deren Arme nur Zwitter, nur ſchamloſe Pfaͤnder ihrer ehebrecheriſchen Liebe tragen? Dieſe Hoͤflinge, welche ihre Feigheit und Anmaßung mitten in das Lager bringen, beim erſten Anblick der Gefahr die Flucht er - greifen, und ihre Schande in den Armen der Unzucht zu verbergen ſtreben? Ach! man muͤßte lange ſuchen, wollte man an Euren Hoͤ - fen 11 - und 13jaͤhrige Helden finden. Ja, es gibt ein Volk, welches ganz in ihre Fußſtapfen treten wird.

Und Jhr, junge Republicanerinnen, ver - nehmt die Stimme des Vaterlandes; verachtet das Gold und die Diamanten; ſchmuͤckt Euch nicht mit praͤchtigen Kleidern, ſondern mit den Tugenden Eures Geſchlechts, und Jhr werdet nur um ſo ſchoͤner ſeyn. Hat Euch das Schick - ſal einen Gatten beſtimmt, ſo bedient Euch der Macht, welche die Natur Euch gab, ſein Leben zu verſchoͤnern; ſtreut Blumen auf den Pfad, den Jhr zuſammen wandelt. Eure Muͤtter ha -97Davids.ben Helden das Daſeyn gegeben; folgt ihrem Beiſpiele. Der Sieg wird Euch Eurer wuͤrdige Maͤnner zuruͤckgeben; unter ihnen trefft Eure Wahl. Huͤtet Euch, die mit Ruhm gekroͤnten und mit ehrenvollen Narben geſchmuͤckten Krieger gering zu achten. Sie haben ihrem Vaterlande in dem ehrenvollſten Kriege Dienſte geleiſtet; moͤ - gen ſie dann an Eurer Seite die Annehmlichkei - ten eines friedlichen Lebens genießen.

So ſprach David. Jn ſeinem patriotiſchen Eifer hoffte er fuͤr Frankreich in allem Ernſt die Ruͤckkehr der lacedaͤmoniſchen Sitten.

Uebrigens kann dieſe Rede gewiſſermaaßen als das politiſche Teſtament Davids betrachtet werden. Denn es war die letzte, welche er vom Rednerſtuhl ſprach.

Unter den Decemvirs, welche den Convent unterdruͤckt hatten, brach die Uneinigkeit aus. Er ſchuͤttelte ihr Joch ab, und der 9te Thermi - dor ſah den Fall ſeiner Ketten und den Um - ſturz der Henkergeruͤſte.

Der Sturz Robespierres zog den einer Menge ſogenannter Republicaner nach ſich, wel - che dieſen Namen mit Unrecht fuͤhrten. DochDavid. 798Lebentraf dies Schickſal auch David. Er hatte in Marat einen Phocion zu erblicken geglaubt, und an ihm ſeinen Pinſel verſchwendet, ja, er hatte Robespierre mit Socrates verglichen, und ihm verſprochen, den Kelch mit ihm zu theilen.

Der Stellvertreter Lecointre von Verſailles, ein uͤberſpannter Kopf, der indeß den Muth ge - habt, Robespierre der Tyrannei anzuklagen, und zur Feier des hoͤchſten Weſens die Rolle eines hohen Prieſters geſpielt hatte, beſchuldigte nach dem 9ten Thermidor die Mitglieder des Wohl - fahrtsausſchuſſes der Theilnahme an dieſer Ty - rannei.

Den 13ten Thermidor beſtieg Andreas Duͤ - mont den Rednerſtuhl und griff Davids Perſon insbeſondere an.

Wollt Jhr es dulden, ſagte er, daß ein Verraͤther, ein Mitſchuldiger dieſes Catilina, noch eine Stelle in Eurem Sicherheitsausſchuß einnehme? Ertragt Jhr es, daß David die - ſer Eigenmaͤchtige, dieſer Tyrann der Kuͤnſte, der eben ſo feig als boshaft iſt, daß dieſer ver - aͤchtliche Menſch, der in der merkwuͤrdigen Nacht vom 9ten bis 10ten Thermidor ſich hier nicht99Davids.zu zeigen wagte, noch ungeſtraft an einem Orte weile, wo er uͤber der Ausfuͤhrung der Verbre - chen ſeines Meiſters, des Tyrannen Robespierre, bruͤtete? Man muß auch dieſe Schatten des Boͤ - ſewichts, deſſen ſich Frankreich nun entledigt hat, verſchwinden laſſen. David iſt nicht der Einzige, welcher an Robespierre verkauft war; noch iſt der Hof dieſes Cromwel nicht vernichtet. Seine Helfershelfer, auf deren Zuͤgen das Verbrechen zu leſen iſt, werden bald entlarvt ſeyn; hier ſchwoͤre ich, ſie bis auf den Tod zu verfolgen, aber fuͤr jetzt beſchraͤnke ich mich auf die For - derung, daß der Verraͤther David ſofort aus dem Ausſchuß geſtoßen, und zur Wahl eines An - dern an ſeine Stelle vorgeſchritten werde.

David war hierbei nicht zugegen. Benta - bole ſtellte vor, daß der Convent ſehr ungerecht handeln wuͤrde, ein Mitglied in ſeiner Abweſen - heit, und ohne es vorher gehoͤrt zu haben, zu verurtheilen.

Die Verſammlung decretirte indeß die Wie - derbeſetzung der Stelle Davids, als er ſelbſt in den Saal trat; ſie verſchob daher die Entſchei - dung, um ihn vorher zu hoͤren.

100Leben

Jch kenne den Jnhalt der gegen mich an - gebrachten Beſchuldigungen nicht, ſagte er, aber niemand kann mich haͤrter anklagen, als ich ſelbſt. Es iſt unglaublich, auf welche Weiſe dieſer Elende (Robespierre) mich getaͤuſcht hat. Durch ſeine Heuchelei brachte er es allein zu Stande, und, Buͤrger, auf andere Art waͤre es ihm auch nicht gelungen.

Jch glaube zum oͤftern durch meine Frei - muͤthigkeit Eure Achtung erworben zu haben. Wenn dem ſo iſt, ſo bitte ich Euch, mir zu glauben, daß der Tod mir nicht ſo ſchmerzhaft ſeyn kann, als was ich in dieſem Augenblick empfinde. Ja, ich ſchwoͤre es, welchen Schwur ich auch ſchon in dieſer traurigen Kataſtrophe erfuͤllt zu haben glaube, von jetzt an mich auf keinen Menſchen wieder, ſondern allein auf mei - ne Grundſaͤtze zu verlaſſen.

David, rief ein Mitglied aus, hat Ro - bespierre bei den Jacobinern, wo er den Auf - ruhr predigte, in die Arme geſchloſſen.

Goupilleau von Fontenay nahm das Wort:

Jch fordere David auf, ſich zu erklaͤren, ob er nicht in dem Augenblick, als Robespierre101Davids.die Rednerbuͤhne verließ, nachdem er ſeine Rede oder vielmehr ſeine Anklage-Akte ausgeſprochen, ihn mit den Worten umarmt habe: Leerſt du den Kelch, ſo werde ich ihn mit dir theilen.

Nicht um Robespierre zu empfangen, ging ich ihm entgegen, ſagte David; nein ich wollte nur den Rednerſtuhl beſteigen, um darauf anzu - tragen, daß die Stunde des Feſtes vom 10ten ausgeſetzt werde*)Dies war das Feſt zur Ehre Barras und Viala’s.. Jch habe Robespierre nicht umarmt, ihn nicht einmal beruͤhrt, denn er ſtieß Jedermann zuruͤck. Als Couthon ihm be - merklich machte, daß ſeine Rede den Gemein - den zugeſandt werden ſolle, ſagte ich; dies hieße den Saamen der Zwietracht in der ganzen Re - publik ausſtreuen. Dies raͤume ich ein. Ro - bespierre rief hierauf aus: es bliebe ihm nichts uͤbrig, als den Kelch zu trinken, und da ſprach ich zu ihm: ich trinke ihn mit dir. Jch bin nicht der Einzige, den er getaͤuſcht hat. Viele Buͤrger hielten ihn, wie ich, fuͤr rechtſchaffen.

Thibaudeau, ein College Davids bei dem102Lebenoͤffentlichen Unterhaltungs-Ausſchuß, trug dar - auf an, dieſe Angelegenheit den beiden Comite’s zuzuſenden.

Tallien ſetzte ſich dagegen, und ſagte: die Ehre des Nationalconvents erfordere, daß, wenn ein Mitglied auf die Weiſe wie David angeklagt worden, nur eine foͤrmliche Genugthuung Raum finden koͤnne. Er machte ihm zum Vorwurf, im Sicherheitsausſchuß eine zweideutige Rolle geſpielt zu haben, und erklaͤrte, daß, ſo lange David ſich nicht voͤllig gerechtfertigt habe, kein Stellvertreter neben ihm den Platz behaupten koͤnne.

Jch war ſchon ſeit acht Tagen krank, verſetzte David, und den neunten nahm ich ein Brechmittel, das mir viel Unbequemlichkeit ver - urſachte, und mich den ganzen Tag, ſo wie die Nacht hindurch die Stube zu huͤten zwang; ich konnte alſo erſt des andern Morgens in die Verſammlung kommen.

Ein Mitglied fragte ihn, warum er in ſeinem Entwurf des zu gebenden Feſtes die dritte Morgenſtunde fuͤr den Anfang deſſelben in Vor - ſchlag gebracht habe. Er bemerkte hiebei, daß103Davids.eine ſolche Stunde das Vorhaben Robespierre’s zu beguͤnſtigen geſchienen, und das groͤßte Un - heil habe herbeifuͤhren koͤnnen.

David erwiederte hierauf: Bei allen Fe - ſten, deren Programm ich angefertigt, hat man mir ihre zu lange Dauer zum Vorwurf gemacht. Deshalb that ich den Vorſchlag, die Feierlich - keit vom 10ten ſchon um 3 Uhr Morgens be - ginnen zu laſſen. Als der Wohlfahrtsausſchuß mir aber bemerklich machte, daß dies von ge - faͤhrlichen Folgen ſeyn koͤnne, ſchlug ich die neunte Stunde des Morgens fuͤr den Anfang des Feſtes vor.

Lecointre aus Verſailles trug auf ein De - cret an, daß David von jeder Comite ausge - ſchloſſen werden muͤſſe.

Die beiden Comite’s fuͤr die oͤffentliche Wohlfahrt und Sicherheit, ſagte hierauf Da - vid, hatten ſich verſammelt. Robespierre ver - las eine Rede, in welcher ich meinen Namen erwaͤhnen hoͤrte. Jch hielt dies fuͤr einen Scherz von ihm, und man kann mir glauben, daß ich wahrhaftig nicht wenig erſtaunt war, des an - dern Tages meinen Namen hier im Convente104Lebenvom Rednerſtuhl[nen]nen zu hoͤren. Glaubt mir uͤbrigens, Buͤrger, daß er ſich mehr um meine Gunſt beworben, als ich mich um die ſeine.

Goupilleau von Fontenay ſagte, David habe die Rede Robespierre’s im Convente und dann wieder bei den Jacobinern angehoͤrt, und behauptete, daß wenn er nur von ihm getaͤuſcht worden, er nicht zu demſelben nach zweimaliger Anhoͤrung ſeiner Anklageacte geſagt haben wuͤrde:

Leereſt Du den Kelch, ich theile ihn mit Dir.

Legendre unterſtuͤtzte Thibaudeau’s Antrag, dieſe Angelegenheit den Comite’s der oͤffentlichen Wohlfahrt, Sicherheit und der Geſetzgebung zu - zuſtellen, und dieſer Vorſchlag wurde angenom - men.

Als den 15ten Thermidor der Repraͤſen - tant Lebon durch ein Decret arretirt worden war, entſchied der Convent, ohne den Bericht ſeiner Comite’s einzuholen, daß David vorlaͤufig in Arreſtzuſtand geſetzt werden ſolle.

Vier Monate nachher, den 7ten Nivoſe, ſtattete Merlin von Douai im Namen der drei105Davids.Comite’s uͤber die von der[Re]gierung als Mit - ſchuldige Robespierre’s angeklagten Mitglieder Bericht ab. Auf ſeinen Vorſchlag erließ der Convent ein Decret, daß keine Unterſuchung uͤber das Betragen Davids ſtattfinden koͤnne.

Der Volksvertreter Bailleul ſagte Tags darauf:

Jhr habt geſtern decretirt, daß gegen David keine Unterſuchung eingeleitet werden ſolle; eine nothwendige Folge hievon iſt ſeine voͤllige Freilaſſung, auf welche ich hiemit ausdruͤcklich antrage.

Letourneur bemerkte: Es befindet ſich ein Schreiben der Schuͤler Davids im Buͤreau, wel - ches das naͤmliche Verlangen ausdruͤckt.

Dieſes Schreiben wurde hierauf vorgelegt und der Convent decretirte nun, daß David un - verzuͤglich in Freiheit geſetzt werden ſolle.

Ein Repraͤſentant trug darauf an, daß man auch hinzufuͤgen moͤge, er koͤnne als Mit - glied des Convents wieder eintreten.

Die ganze Verſammlung erwiederte: Das iſt recht.

Von dieſem Tage an nahm David alſo106Lebenwieder an den Sitzungen des Convents Theil. Froh, daß ſein großes Talent ſeine Anklaͤger zum Schweigen gebracht, und ihn von der ihm drohenden Gefahr befreiet hatte, nahm er an den oͤffentlichen Angelegenheiten keinen thaͤtigen Antheil mehr, ja er enthielt ſich auch als Re - praͤſentant alles Einfluſſes auf die Kuͤnſte.

Den 20ſten Pluvioſe, Jahr 3, decretirte der Convent, daß die Ehre des Pantheons kei - nem Buͤrger zuerkannt, auch keine Buͤſte im Convent oder an einem oͤffentlichen Orte aufge - ſtellt werden duͤrfe, als zehn Jahre nach ſeinem Tode und hob jedes hiermit in Widerſpruch ſte - hende Decret auf.

Demzufolge wurden am 21ſten Pluvioſe, als die Sitzung eroͤffnet wurde, die Buͤſten Ma - rats, Lepelletiers, Dampierres und Beauvais, ſo wie die beiden Gemaͤlde Davids, Lepel - letiers und Marats Tod ſchildernd, aus dem Saale weggenommen und es blieb nur die Buͤſte von Brutus.

Nach den Begebenheiten des 1ſten und 2ten Prairial, Jahr 3, wurde eine große An - zahl Repraͤſentanten angeklagt, an dem Aufruhr107Davids.gegen den Nationalconvent Theil genommen zu haben. Unter ihnen befand ſich David. Da ſich keine Stimme zu ſeinem Vortheile erhob, wurde er den 9ten Prairial arretirt, und in Luxemburg ins Gefaͤngniß geſetzt, wo er drei Monat blieb. Den 4ten Fructidor darauf (21ſten Auguſt) erhielt er die Erlaubniß, unter Aufſicht einer Wache in ſeine Wohnung zuruͤck - zukehren. Endlich wurde er durch die Amneſtie vom 4ten Brumaire, Jahr 4 (den 26ſten Oc - tober 1795) voͤllig in Freiheit geſetzt.

Hiermit endigt ſich die oͤffentliche Laufbahn Davids und der Geſetzgeber trat ins einfache Privatleben zuruͤck. Das Directorium trat an die Stelle des Convents. Derſelbe beſtand aus 750 Mitgliedern, welche theils zum geſetzgeben - den Corps uͤbergingen, theils, wie David, zum Privatleben zuruͤckkehrten.

Er beſchraͤnkte ſich nun auf ſeine Werk - ſtaͤtte, widmete ſich ganz ſeiner Schule, und bil - dete waͤhrend dieſer Zeit eine große Menge Schuͤler, welche ſpaͤter Meiſter wurden. Schon brachen ſie ſich verſchiedene Bahnen und trugen die Reinheit und den Geſchmack ihres Meiſters108Lebenauf ihre mannichfaltigen Werke uͤber. Der reine, markige und ſeelenvolle Pinſel Gerards, die Fein - heit und Anmuth Guérins, das Kraftvolle und Strenge in den Gemaͤlden von Gros, und die kuͤhne und ſchimmernde Farbengebung Girodets ſchienen in Davids Genie vereinigt zu ſeyn.

Waͤhrend ſeiner Verhaftung hatte ſein Pin - ſel ihm Troſt gewaͤhrt. Obgleich jeden Augen - blick mit dem Tode bedroht, entwarf er die Skizze von zwei Gemaͤlden. Das eine ſtellte den Homer dar, wie er dem geruͤhrten Volke den 24ſten Geſang der Jliade vortraͤgt. Waͤhrend die Großen ihm mit Verachtung begegnen, bietet ihm das Volk einen Theil ſeiner maͤßigen Koſt zur Nahrung an. Das andere war der Kampf der Sabiner und Roͤmer nach dem Raub der Sabi - nerinnen. Dieſer Gegenſtand hatte fuͤr Da - vid mehr Reiz als der vorige, und als er wie - der auf freien Fuß geſtellt wurde, fuͤhrte er ihn aus.

Dies gleich den Horatiern echt roͤmi - ſche Gemaͤlde fuͤhrte ihn oft zu dieſem letzteren zuruͤck. Hier erhob er ſich zu einer edlen Stren -109Davids.ge gegen ſich ſelbſt. Vielleicht, ſagte er, habe ich bei den Horatiern zu viel Kunſt in den Gliedern verſchwendet. Jn den Sabi - nern glaube ich dieſelbe geſchickter und mit mehr Geſchmack verborgen zu haben. Dieſes Gemaͤl - de wird mehr griechiſch ſeyn.

David faͤllte in der Folge uͤber einen ſei - ner ausgezeichnetſten Schuͤler ein Urtheil, das einen aͤhnlichen Gedanken ausdruͤckt. Er hat, ſagte er, mehr Talent, als zur Kunſt erfor - derlich iſt. Er wuͤrde groͤßern Ruhm erlangen, wenn er weniger Theorie und etwas mehr Ge - ſchmack beſaͤße.

Jn dieſem Gemaͤlde: die Sabiner, in welchem ſich der reinſte Geſchmack neben der ſtrengen Feile des Alterthums und einem hohen Grade von Kraft offenbart, ſchien David das ſchoͤne Jdeal der Griechen erreicht zu haben. Dieſes bewundernswuͤrdige Stuͤck wurde anfangs auf das Bitterſte getadelt; aber jetzt hat es vom Publiko ſowohl als von Kennern die Stelle erhalten, welche ihm die leider fuͤr ſeinen Mei - ſter ſchon begonnene Nachwelt anweiſen wird. Wenig Gemaͤlde ſind ſo oft copirt und in Kupfer110Lebengeſtochen, als dies. Die ſchoͤnen Koͤpfe des Romulus und Tatius befinden ſich in allen Schulen, wo ſie den Zeichnern zum Studio und zum Muſter dienen.

David wurde jetzt in der Ausfuͤhrung ſei - ner groͤßern Werke durch andere Arbeiten unter - brochen. Alle Welt wollte von ihm gemalt ſeyn, und er hat zu verſchiedenen Zeiten ſehr ausgezeichnete Portraits geliefert.

Herr Desmaiſons beſtellte bei ihm mehrere Familienſtuͤcke, Herr Alphons Leroy, ein be - ruͤhmter Arzt, ſeine Schwiegereltern, Herr und Frau Pecoul, der Graf Clermont-d’Amboiſe, Frau von Bréhan, Frau Vaſſal, die ganze Familie Théluſſon, die Herren Lecouteux, Frau Hocquart und eine unzaͤhlige Menge Andere be - ſchaͤftigten ſeinen Pinſel. Mit beſonderem Fleiß, deſſen Quelle die Dankbarkeit war, fuͤhrte er die Portraits des Herrn und Frau Lavoiſier aus.

Nach ſeiner geſetzgeberiſchen Laufbahn malte David eine Veſtalin in halber Figur, eine Pſyche, ein Studiengemaͤlde, den Schwur der Horatier in kleinerem Maßſtabe, noch111Davids.einen Béliſaire etwas veraͤndert. Alle dieſe Gemaͤlde, wiewohl ſie ſeinen laͤngſt erworbenen Ruhm nicht erhoͤhten, wurden ſehr geſucht. Eine Menge von Fremden meldete ſich, um von ihm gemalt zu werden; aber er wollte vor - zugsweiſe den Wuͤnſchen ſeiner Mitbuͤrger ent - ſprechen, und auch dieſes vermochte er wegen der Menge der Beſtellungen nicht.

Nur auf wiederholte dringende Bitten ent - ſchloß er ſich zu einer Arbeit fuͤr einen ruſſiſchen Fuͤrſten, und verſuchte ſich auf deſſen Verlangen im lieblichen Styl. Er malte Phaon und Sappho. Sappho ſpielt, von Amors Hand geleitet, auf den Saiten einer Lyra, deren Toͤne Phaons Herz ruͤhren und ſeine Gleichguͤltigkeit verbannen ſollen. Dieſes in Frankreich wenig bekannte Gemaͤlde wurde bald nach ſeiner Voll - endung nach Rußland geſandt, wo der Fuͤrſt Yuſupoff, fuͤr den es David gemalt hatte, ſo gluͤcklich war, es aus dem großen Brande Moskaus zu retten.

Die Ungeduld einer ihrer Schoͤnheit halber beruͤhmten Frau iſt Schuld, daß wir ein Ge - maͤlde von David nicht beſitzen, welches er, wie -112Lebenwohl ungern, in einer Anwandlung von Laune liegen ließ. Er hatte das Gemaͤlde der Frau Recamier angefangen. Sie ſaß in einer Stel - lung, die alle Reize der Schoͤnheit zu entfalten vermochte, aber durch andere Arbeiten zerſtreut, konnte er damit nicht ſo ſchnell fertig werden, als die Dame es wuͤnſchte. Hoffte ſie nun einen andern Kuͤnſtler zu anhaltenderem Eifer zu bewegen, oder wuͤnſchte ſie zwei Portraits von ſich zu haben, genug, ſie wandte ſich ſpaͤ - ter auch an einen vorzuͤglichen Schuͤler Davids. Dieſer, der die bereits angefangene Arbeit ſeines Meiſters, welche er in deſſen Werkſtaͤtte geſehen hatte, kannte, theilte ihm aus Hochachtung fuͤr ihn, dies Verlangen mit. David rieth ihm, demſelben zu entſprechen; und als Frau Reca - mier ſich wieder bei ihm einfand, um zu ſitzen, ſagte er zu ihr: Madam, die Damen haben ihre Launen; die Kuͤnſtler auch. Sie werden erlauben, daß ich einmal der meinigen folge, und Jhr Portrait ſo laſſe, wie es jetzt iſt. Alle Bitten, es zu vollenden, waren vergeblich.

Nicht lange vor dem 18ten Fructidor, zu einer Zeit, wo die Koͤniglich-Geſinnten den Pa -113Davids.trioten Gefahr drohten, faßte Bonaparte, da - mals Obergeneral der Armee in Jtalien, den ruͤhmlichen Vorſatz, David den Verfolgungen, welchen er in Paris ausgeſetzt war, zu entzie - hen und an ſeine Perſon zu knuͤpfen. Julien, einer ſeiner Adjutanten, welcher ſpaͤterhin in Aegypten umkam, wurde, wie es heißt, beauf - tragt, dieſen Vorſchlag ſeines Generals dem Kuͤnſtler zu eroͤffnen. Er bot ihm an, in ſein Lager zu kommen, ſich den politiſchen Stuͤrmen zu entziehen, und Schlachtſtuͤcke zu malen; aber David konnte ſich von Paris nicht trennen.

Nachdem der General Bonaparte die Voͤl - ker Jtaliens der Freiheit unterworfen, und den Friedenstractat von Campo-Formio unterzeichnet hatte, kam er nach Paris zuruͤck. Als er es verlaſſen, war ſein Name nur Wenigen bekannt, aber der hoͤchſte Ruhm begleitete ihn bei ſeiner Ruͤckkehr. Nachdem er Mitglied des National - inſtituts geworden war, bildete er einen Kreis von Gelehrten, Beamten und einigen Generalen um ſich her. Er wuͤnſchte ſeinen Collegen beim Jnſtitut, David, zu ſehen, den er noch nicht getroffen hatte. Von dem General-SecretairDavid. 8114Lebendes Directoriums, Lagarde, erhielt er eine Einla - dung zum Mittagseſſen. Bonaparte erwiederte hierauf: Jch werde kommen, aber David muß von der Geſellſchaft ſeyn. Lagarde ging nun ſelbſt zu dem Maler, um ihn einzuladen, und dieſer kam.

Er war, wie Jedermann, begierig, mit dem Ueberwinder Jtaliens in Geſpraͤch zu gera - then. Auch wollte er ihm fuͤr das Anerbieten, welches ihm dieſer gemacht, bei ſeiner Armee einen Zufluchtsort zu ſuchen, ſeinen Dank ab - ſtatten. Sobald Bonaparte David in Lagarde’s Salon anſichtig ward, knuͤpfte er ein Geſpraͤch mit ihm an. Er ſprach hierbei den Wunſch aus, von David gemalt zu werden.

Jch werde Sie auf dem Schlachtfelde, den Degen in der Hand, malen, rief David.

Nein, verſetzte Bonaparte; nicht mehr mit dem Degen gewinnt man Schlachten; ma - len Sie mich, wie ich ruhig auf einem wilden Pferde ſitze.

David hatte mehrere Gemaͤlde angefangen, deren Vollendung er nicht ausſetzen konnte, und auch Bonaparte fehlte es, wichtiger Geſchaͤfte115Davids.halber an Zeit, ihm zu ſitzen. Das Por - trait wurde nicht angefangen; aber der Gedanke deshalb nicht aufgegeben.

Nach dem 18ten Brumaire, Jahr 8, als Bonaparte erſter Conſul der Republik geworden war, machte ihm David ſeine Aufwartung. Es war um die Zeit, wo jener gewoͤhnlich zu fruͤh - ſtuͤcken pflegte. Da man gerade die Behoͤrden der Nation nach der neuen Conſtitution organi - ſirte, ſagte der erſte Conſul zu ihm, er habe es fuͤr beſſer gehalten, ihn bei ſeiner Kunſt zu laſſen, als ihm eine Stelle zu geben.

Dies iſt mir ganz recht, verſetzte David. Zeit und Erfahrung haben mich gelehrt, daß meine Stelle in meiner Werkſtaͤtte iſt. Jch fuͤhle fortwaͤhrend große Neigung zu meiner Kunſt; ich widme mich ihr mit Eifer; ich will ihr ganz angehoͤren. Ueberdem, Stellen wechſeln! und ich hoffe, daß meine Werke mich uͤberleben werden.

Als der erſte Conſul das kleine Schloß Luxemburg verließ, um nach den Tuilerien zu ziehen, gab er David den Auftrag, die ſchoͤne antike Buͤſte des Junius Brutus, welche er aus116LebenJtalien mitgebracht hatte, in der Galerie dieſes Palaſts aufzuſtellen.

Der Zug Bonaparte’s uͤber den großen St. Bernhard rief die Erinnerung an den vor 2000 Jahren geſchehenen Uebergang des kar - thagiſchen Generals zuruͤck. Auch Frankreich hatte ſeinen Hannibal, hieß es.

Bei ſeiner Ruͤckkehr von Marengo fiel es Bonaparte wieder ein, ſich von David malen zu laſſen, und er ließ ihn zu ſich kommen. Lu - cian Bonaparte, damals Miniſter des Jnnern, war bei ihm.

Womit beſchaͤftigen Sie ſich gegenwaͤrtig? fragte der erſte Conſul.

Jch arbeite an einem Gemaͤlde, den Paß von Thermopylaͤ darſtellend.

Das taugt nicht; Sie ſollten Jhre Kunſt nicht an Ueberwundene verſchwenden.

Aber, Buͤrger-Conſul, dieſe Ueberwunde - nen waren eben ſo viel Helden, welche fuͤr das Vaterland ſtarben, und haben ungeachtet ihrer Niederlage uͤber ein Jahrhundert lang die Per - ſer von Griechenland verſcheucht.

Jmmerhin! Der einzige Name Leonidas117Davids.iſt bis auf uns gekommen; alles Andere fuͤr die Geſchichte verloren.

Alles! ... Nur nicht dieſer edle Wider - ſtand gegen eine zahlloſe Armee. Alles! .... Nur nicht das Opfer, deſſen Werth ein Name nicht zu erhoͤhen vermag. Alles! ... Nur nicht die ſtrengen Sitten und Gebraͤuche der Lacedaͤmo - nier, deren Andenken den Soldaten zu erneuern, ſo heilſam iſt.

David ließ indeß das Gemaͤlde fuͤr jetzt liegen, ohne, wie die Folge zeigen wird, deſſen Vollendung aufzugeben. Der erſte Conſul ver - langte von ihm gemalt zu werden. David ver - ſprach ihm, unverzuͤglich zum Werke zu ſchrei - ten, und bat ihn, die Stunde der Sitzung zu beſtimmen.

Wozu dies? verſetzte Bonaparte, dem ein ſolcher Zwang unangenehm geweſen waͤre. Meinen Sie denn, daß die großen Maͤnner des Alterthums, deren Gemaͤlde wir noch beſitzen, dazu geſeſſen haben?

Aber ich male Sie fuͤr unſer Jahrhundert, fuͤr Jhre Zeitgenoſſen, die Sie geſehen haben,118Lebendie Sie kennen; dieſe werden wuͤnſchen, Sie aͤhnlich zu finden.

Aehnlich? Beſteht denn die Aehnlichkeit in der Accurateſſe, mit welcher man die Geſichts - zuͤge und etwa eine kleine Erbſe auf der Naſe auf die Leinewand traͤgt? Den Charakter der Phyſiognomie, das, was ihr Leben gibt, muß man malen.

Das Eine ſchließt das Andere nicht aus.

Gewiß hat Alexander dem Apelles nicht geſeſſen. Niemand fraͤgt darnach, ob die Por - traits großer Maͤnner aͤhnlich ſind. Wenn nur ihr Geiſt in ihnen lebt.

Sie lehren mich die Kunſt zu malen.

Sie ſcherzen; wie verſtehen Sie das?

Nein, im Ernſt; ich habe die Malerkunſt noch nicht aus dieſem Geſichtspunkte betrachtet. Sie haben Recht. Nun, Sie ſollen nicht ſitzen, ich will Sie doch malen, ich werde es ſchon machen.

Lucian ſagte nach dem Herausgehen aus dem Cabinet des erſten Conſuls, indem er die119Davids.Rede wieder auf das Gemaͤlde den Paß von Thermopylaͤ brachte, zu David:

Mein Lieber! Er (Bonaparte) mag nur Nationalſtuͤcke leiden, weil er eine Rolle darin ſpielt. Er hat es gern, wenn man von ihm ſpricht; das iſt ſeine ſchwache Seite.

David lieferte nun das ſchoͤne Bild des erſten Conſuls, wie er zu Pferde den St. Bernhard hinaufklimmt. Er ſitzt in Ruhe auf einem wilden Roſſe. Dies Gemaͤlde zeichnet ſich durch die Wuͤrde und Kraft der Darſtellung, in welcher das Jdealiſche der Wahrheit keinen Eintrag thut, beſonders aus. Bonaparte hat ſeine natuͤrliche Groͤße und iſt in einen langen Mantel gehuͤllt, der vom Winde bewegt wird. Der Kuͤnſtler hat ihn in befeh - lender Stellung gemalt, welche dieſem großen Feldherrn ſo angemeſſen iſt. Unten am Ge - maͤlde befindet ſich Bonaparte’s Name vor denen Hannibals und Carls des Großen, den einzigen Eroberern, die an der Spitze ihrer Armeen einen gleichen Uebergang zu wagen im Stande waren, auf einen Felſen eingegraben.

David hatte das Stuͤck gegen das Ende120Lebendes Jahres 9 vollendet, und ſtellte es vor dem erſten Conſul auf. Dieſer heftete ſchweigend eine ganze Weile lang ſein Auge auf das Bild, dann wandte er ſich zu dem Maler und uͤber - haͤufte ihn mit Beifall und Lobeserhebungen. Hierauf warf er einen Blick auf die Soldaten, welche in Wolken gehuͤllt auch den Berg erſtei - gen, und der Perſpective gemaͤß in einem ſehr kleinen Maßſtabe erſcheinen, und ſagte laͤchelnd: Aber, Buͤrger David, was ſollen denn dieſe kleinen Maͤnner da unten? Das Hufeiſen meines Pferdes iſt ja ſo groß, wie ſie, und ſcheint ſie mit einem Schlage zerſtampfen zu wollen.

Die Bemerkung war nicht ganz am un - rechten Orte.

Der Geſandte des Koͤnigs von Spanien, Marquis Musquès, bat David, im Namen ſeines Monarchen, um ein Gemaͤlde des erſten Conſuls. Er entwarf alſo eine Copie dieſes Portraits zu Pferde, welches mit dem Original am Schluß des Jahres 9 nebſt dem Gemaͤlde Davids, der Kampf der Sabiner gegen die Roͤmer, nach der Entfuͤhrung der121Davids.Sabinerinnen, darſtellend, oͤffentlich ausge - ſtellt wurde.

Spaͤter machte David noch drei andere Copien des Portraits zu Pferde. Die eine er - hielt das Nationalmuſeum zu Paris, und die letzte beſtimmte er zur Zierde ſeiner Wohnung. Er ſchaͤtzte dieſe vor allen andern, ja hoͤher als das Original ſelbſt, weil er waͤhrend der Arbeit mehrere Bemerkungen eines verſtaͤndigen Kunſt - richters benutzt hatte.

Jm Jahr 1814 nahmen die Preußen das Original aus dem Schloſſe St. Cloud, wo es ſich befand, hinweg, und ſtellten es im Muſeo zu Berlin auf, wo es noch zu ſehen iſt.

Dieſe oͤftern Copien, eine Menge Portraits und eine große Anzahl Unterrichtsſtunden, wel - che David nicht zuruͤckweiſen konnte, nahmen waͤhrend des Conſulats ſeine ganze Zeit in An - ſpruch.

Jm Brumaire des Jahres 9 gaben David und ſeine Schuͤler dem Senator Vien, ihrem Meiſter, ein Feſt. Die Geſellſchaft beſtand aus 120 Perſonen. Das Portrait des Buͤrgers Vien war in dem Saal, in welchem er in Em -122Lebenpfang genommen wurde, aufgeſtellt; uͤber ſeinem Platze am Tiſche erhob ſich ein Thronhimmel von Guirlanden; eine Lorbeerkrone ſchwebte uͤber ſeinem Haupte, auf ihr befanden ſich die Worte: Dem Vien, die dankbaren Kuͤnſte.

David brachte die Geſundheit ſeines Mei - ſters und deſſen Gattin mit folgenden Worten aus:

Dem Buͤrger Vien, unſerm Meiſter! Moͤchte er, als ein zweiter Diagoras, die Werke ſeiner fuͤnften Generation im Saale der Aus - ſtellung glaͤnzen ſehen!

Der Madam Vien, deren Tugend, An - muth und Sorgfalt wir die Erhaltung des Va - ters der Malerei bis jetzt verdanken und ferner verdanken werden! *)Mit einem ausgezeichneten Talent fuͤr die Malerei verband Madam Vien alle Reize der Schoͤnheit. Als Vien einſt die Blumen, welche ſie malte, mit Bewunderung be - trachtete, brach er in die Worte aus: Sie ſtreut ſie auf meinen Lebensweg.

Vien konnte die Huldigung, welche man ſeinen großen Talenten zollte, nicht anders als123Davids.ſchmeichelhaft ſeyn; aber da er ſeine Schuͤler mehr wie ſeine Kinder betrachtete; ruͤhrten ihn die aufrichtigen und lebhaften Beweiſe ihrer Liebe gewiß mehr, als alle Zeichen ihrer Be - wunderung und Ehrfurcht. Seine muntern und kraftvollen Antworten ſchildern Vien treffender, als alles, was man daruͤber ſagen kann. Der Buͤrger Gautherot hielt eine Rede an ihn, wo er die großen Verdienſte, welche er ſich um die Malerei erworben, ihm ins Gedaͤchtniß rief: Ja, meine Kinder, erwiederte der Greis, als ich dieſe Kunſt ergriff, ſah ich, daß ſie auf fal - ſchem Wege war. Jch ſagte: das muß ſich aͤndern, und es kann gehen; ich habe gekaͤmpft, Stand gehalten, und es iſt auch gegangen.

Der aͤlteſte Sohn Davids hatte auf dieſen Gegenſtand ganz artige Verſe gemacht. Auf die Reden und Gluͤckwuͤnſche folgte ein italieni - ſches Concert; aber nichts vermochte dieſem Feſte mehr Frohſinn und Herzlichkeit zu verleihen, als das von aller Anmaßung entfernte liebenswuͤr - dige Benehmen des gefeierten Greiſes.

Als Napoleon Kaiſer wurde und die Kroͤ - nung ſtattfinden ſollte, trug er David, den er124Lebenzu ſeinem erſten Maler ernannt hatte, die Aus - fuͤhrung von vier großen Gemaͤlden auf, welche dem Thron-Saal zur Zierde gereichen ſollten, naͤmlich:

  • 1. Die Kroͤnung Napoleons.
  • 2. Die Vertheilung der Adler.
  • 3. Die feierliche Einſetzung des Biſchofs in der Notre-Dame-Kirche.
  • 4. Den Eingang Napoleons in das Rath - haus.

Als der Kroͤnungstag beſtimmt war, ließ Napoleon den Gouverneur von Paris und den Oberzeremomenmeiſter Grafen Seguͤr kommen, und befahl ihnen im Beiſeyn Davids, ſich mit demſelben wegen der Wahl des Orts, von wo aus er dieſe erhabene Feierlichkeit am beſten uͤberſchauen koͤnnte, zu beſprechen.

David waͤhlte ſeinen Platz in der uͤber dem Haupt-Altar befindlichen Emporkirche. Hier hatte er ſo zu ſagen unter ſeiner Reißfeder: Na - poleon und deſſen Gemahlin, den Papſt mit deſſen Gefolge, die Großwuͤrdentraͤger und vor - nehmſten Staatsbehoͤrden, nebſt den Deputirten der Departementer.

125Davids.

Der Oberceremonienmeiſter wollte aber aus irgend einem Mißverſtande David dieſen Platz nicht einraͤumen; es erhob ſich zwiſchen ihnen ein lebhafter Streit, der ſehr ernſthaft haͤtte werden koͤnnen, in welchem endlich der Maler uͤber den Hofmann den Sieg errang.

David hatte[ei]nen Plan vom Schiffe der Notre-Dame-Kirche entworfen, und bezeichnete mit Huͤlfe eines Programms, worauf ſich die Namen aller im Gemaͤlde anzubringenden Per - ſonen befanden, die verſchiedenen Gruppen, wel - che ſich ſeinen Augen darſtellten, mit Punkten.

Von ſeinem Gegenſtand noch erfuͤllt, ging er zu Hauſe, wo er die Skizze zu dem Werke entwarf. Dieſer Entwurf war achtzehn Zoll breit und zwoͤlf Zoll hoch. Das Gemaͤlde hat eine Breite von dreißig Fuß, ſeine Hoͤhe betraͤgt neunzehn Fuß. Es iſt das groͤßte bis jetzt vor - handene Gemaͤlde; denn die Hochzeit Canaans von Paul Veroneſe, welches vor dieſem Kroͤ - nungsgemaͤlde alle andere an Groͤße uͤbertraf, iſt nur dreißig Fuß breit und ſechzehn hoch.

Ein ſolches Werk erforderte eine anhaltende und muͤhſame Arbeit, und es gehoͤrte zu ſeiner126LebenVollendung ein ungeheurer Aufwand von Kraft. Drei ganze Jahre hindurch war David an ſeine Werkſtaͤtte gefeſſelt. Selten brach er davon ab, und dies nur, um den Bitten der Großen des Reichs, den fremden Fuͤrſten und den beruͤhmten Frauen dieſer Zeitepoche, welche von ihm ge - malt zu ſeyn wuͤnſchten, zu entſprechen.

Aber zu den in der Natur der Sache lie - genden Schwierigkeiten dieſes großen Werks ge - ſellten ſich zufaͤllig noch eine Menge andere. Es war nicht leicht, den Zweck deſſelben mit den Wuͤnſchen eines jeden Jndividuums zur vereini - gen. Maͤnner, verſchiedenen Ranges, wollten alle auf ihre Weiſe gemalt ſeyn. Die Hofleute verlangten vorn an zu ſtehen, und ſchrieben dem Maler die Stellung vor, in welcher er ſie auf - treten laſſen muͤſſe. Alle dieſe Zumuthungen machten die Aufgabe des Kuͤnſtlers ſehr ſchwie - rig und kritiſch, und verruͤckten den anfangs von ihm entworfenen Plan auf eigene Weiſe.

Von Seiten des tuͤrkiſchen Geſandten mußte er ein anderes Hinderniß beſtehen. Dieſer hatte nicht nur den Einwurf gemacht, daß ſeine Re - ligion ihm verbiete, ein chriſtliches Gotteshaus127Davids.zu betreten, ſondern er wollte auch nicht mit im Gemaͤlde aufgefuͤhrt ſeyn, und man mußte ihn lange bitten, ehe er ſeine Einwilligung gab.

Das erſte Jahr verfloß allein uͤber der Anfertigung von den verſchiedenen Portraͤts der im Gemaͤlde aufzufuͤhrenden Perſonen. Andere Abhaltungen, die zu angenehm fuͤr David wa - ren, um ſie ſich zu verſagen, trugen zur Verzoͤ - gerung dieſer Arbeit auch vieles bei.

Mehrere beruͤhmte Kuͤnſtler aus allen Laͤn - dern, welche der Ruf von Davids Werk nach Paris gezogen hatte, baten um den Zutritt zu ſeiner Werkſtaͤtte, und er konnte, ohne Eigenſinn zu verrathen, ſo ſchmeichelhaftem Andringen nicht widerſtehen. Der erſte Bildhauer der neuern Zeit, Canova, machte waͤhrend ſeines Aufent - halts in Paris oft von dieſer Erlaubniß Ge - brauch. Camucini, damals der vorzuͤglichſte italieniſche Maler, fand Vergnuͤgen, David ar - beiten zu ſehen. Ehe er Paris verließ, um nach Rom zuruͤckzukehren, nahm er von David Ab - ſchied. Er fand ihn von mehreren Schuͤlern umgeben, und ſagte im Abgehen: Adieu, vor -128Lebentrefflichſter Maler, trefflicher Schuͤler! (à dio il più bravo pittore di scholari ben bravi).

Canova ſchlug David nach ſeiner Ankunft in Rom der Academie zum außerordentlichen Mitglied vor. Dieſe, mehreren beruͤhmten frem - den Kuͤnſtlern widerfahrene Ehre, zeichnete ſich dadurch insbeſondere aus, daß die Mitglieder der Academie aus Hochachtung fuͤr den franzoͤſiſchen Maler die ſonſt dabei uͤbliche Stimmenſammlung unterließen, und ihn zugleich, mit einem Munde zum Ehrenmitglied ausriefen.

Canova erhielt den Auftrag, ihm dieſen bei ſeiner Wahl Statt gehabten Umſtand zu melden.

Napoleon bezeigte viel Ungeduld, das Ge - maͤlde die Kroͤnung beendigt zu ſehen und ließ ſich oft erkundigen, wie weit David damit gekommen ſey.

Nach dreijaͤhriger anhaltender Arbeit, waͤh - rend welcher, wie leicht zu denken iſt, der Mei - ſter manche kleine Widerwaͤrtigkeiten zu beſtehen hatte, ging er ſelbſt zu Napoleon, um ihm an - zukuͤndigen, daß ſein Werk beendigt ſey. Der Kaiſer beſtimmte einen Tag, an welchem er das129Davids.Gemaͤlde, ehe es oͤffentlich ausgeſtellt wuͤrde, ſe - hen wolle.

Unter dem Vortrab mehrerer Kavallerie - Abtheilungen und eines zahlreichen Muſikcorps begab ſich der Kaiſer zur beſtimmten Zeit, von der Kaiſerin begleitet, im Gefolge ſeiner ganzen Familie, der Beamten ſeines Hauſes und ſeiner Miniſter in die Werkſtaͤtte ſeines erſten Malers, der ihn in dieſelbe einfuͤhrte.

Dies Werk iſt zu bekannt, als daß es ei - ner Beſchreibung deſſelben beduͤrfte, die doch nur ungenuͤgend ausfallen wuͤrde. Man wußte ſchon, ehe es beendigt war, im Publico, welche Scene es darſtellen ſollte. Bitterer Tadel war ſchon von dem Munde derjenigen gefloſſen, die als Freunde oder Schuͤler ſich in Davids Werkſtaͤtte gedraͤngt hatten. Es wurde ihm vorgeworfen, daß er die Kaiſerin zur Heldin des Gemaͤldes erhoben habe. Man ſagte, es iſt nicht die Kroͤ - nung Napoleons, ſondern die Joſephinens. Man konnte aber wohl annehmen, daß, da der Mei - ſter nicht den Augenblick, wo Napoleon die vom Altar genommene Krone ſich ſelbſt aufſetzte, und den Moment, wo dieſer das Haupt der KaiſerinDavid. 9130Lebenmit dem Diadem ſchmuͤckte, zugleich darſtellen konnte, er die Wahl zwiſchen beiden Scenen dem Kaiſer uͤberlaſſen haben muß, zu deſſen Ruhme das Denkmal gereichen ſollte.

Auch trug Napoleon ſelbſt beim Anblick dieſer Anlage der Hauptſcene, kein Bedenken, dem Kuͤnſtler ſeinen Beifall zu zollen. Drei Vier - telſtunden lang betrachtete er ſchweigend das Gemaͤlde nach allen ſeinen einzelnen Theilen, dann ſagte er:

Gut, ſehr gut, David; Sie haben mich zum franzoͤſiſchen Ritter gemacht, ſo wuͤnſche ich es. Jch weiß Jhnen Dank, daß Sie der Nachwelt einen Beweis meiner Liebe fuͤr dieje - nige zu erkennen geben, die mit mir die Laſt der Regierung traͤgt.

Es erfolgte eine augenblickliche Stille. Na - poleon ſtand mit bedecktem Haupte da, Joſephi - ne rechts neben ihm, David zu ſeiner Linken, der ganze Hof war hinter ihnen, das Gemaͤlde befand ſich ungefaͤhr gegenuͤber. Napoleon trat, ſich nach David hinwendend, zwei Schritte vorwaͤrts, nahm ſeinen Hut vom Kopfe, neigte ſich vor ihm, und ſagte mit lauter Stimme:131Davids. David, empfangen Sie meinen Gruß, (je vous salue). Von dieſer Ehrenbezeugung geruͤhrt, verſetzte der Maler: Sire! ich nehme ihn im Namen aller Kuͤnſtler an, und preiſe mich gluͤck - lich, derjenige zu ſeyn, an den Sie ihn richten.

Jeder beeiferte ſich nun, David ſein Com - pliment zu machen und der Zug bewegte ſich wieder fort.

Dies Gemaͤlde zog die Bewunderung aller Fremden, welche nach Paris kamen, auf ſich. Der Koͤnig von Wuͤrtemberg betrachtete es einſt im Beiſeyn des Meiſters. Der Lichtglanz, wel - cher auf die Gruppe faͤllt, worin ſich der Papſt und der Cardinal Caprara befinden, ſetzte ihn in Erſtaunen. Er ſagte: Jch habe nicht geglaubt, daß Jhre Kunſt ſolche Wunder thun koͤnne. Die Mittel, Schatten und Licht hervorzubringen, ſind von geringer Wirkung in der Malerei. Zu ſolch einem Effect muͤſſen Sie einen Sonnen - ſtrahl auf Jhrer Palette gehabt haben.

Sire! Jhre Bemerkungen und die ſchmei - chelhafte Art, wie Sie mir dieſelbe zu erkennen geben, verraͤth den Kenner. Jhre Majeſtaͤt ver - ſtehen Sich alſo auf die Malerei?

132Leben

Ja, zuweilen thue ich etwas darin; meine Bruͤder finden auch daran Geſchmack. Der, welcher vor Jhnen ſteht, hat etwas darin ge - leiſtet. O! ſeine Werke ſind nicht die eines Koͤ - nigs, es koͤnnte ſie wohl ein Kuͤnſtler gemalt haben. Herr David, ich darf nicht hoffen, eine Copie dieſes Gemaͤldes zu erhalten; aber um mich einigermaßen dafuͤr zu entſchaͤdigen, ſo ſe - tzen Sie mich an die Spitze der Subſcribenten fuͤr den davon erſcheinenden Kupferſtich. Ver - geſſen Sie es nicht.

Man kann nicht laͤugnen, daß dies Gemaͤl - de einige Maͤngel beſitzt. Man hat den ins Graue fallenden Ton, der in den Galerien herrſcht, getadelt, auch wird ihm einige Verworrenheit in der ganzen Anlage des Hintergrundes zum Vor - wurf gemacht, aber laͤßt ſich wohl bei einem ſo ausgedehnten Werke in jedem einzelnen Theile deſſelben gleiche Vollkommenheit erwarten? Und konnte auch der Maler, welchem uͤberdies das heutige Coſtuͤm Feſſeln anlegte, wenn er ſeiner Aufgabe treu bleiben und ſich dem Tadel ſeiner Zeitgenoſſen nicht ausſetzen wollte, einem ſo ernſten, Ruhe erfordernden und majeſtaͤtiſchen133Davids.Gegenſtande Lebendigkeit und Feuer verleihen? Konnte er bei einem Werke, in welchem die Vernunft und die Wahrheit ſeinen Pinſel leiten mußten, die Poeſie zu Huͤlfe rufen? Uebrigens vermag ein und derſelbe Menſch nicht in jedem Styl Vortreffliches zu leiſten, und dieſer war fuͤr David nicht.

Der Altar und die kleinen Umgebungen deſ - ſelben ſind nicht minder bemerkenswerth, wie alles andere Zubehoͤr. Napoleons Geſtalt hat einen erhabenen Ausdruck und eine taͤuſchende Wahrheit. Die Stellung Joſephinens iſt uͤber - aus einnehmend und voll Grazie. Das Bild des Papſtes hat ganz das Anſprechende, Fromme, was ſeinem Geſicht und ſeiner Figur eigen iſt. Der Meiſter hatte anfangs beide Haͤnde des Papſtes auf die Knie gelegt. Napoleon, wel - cher der Meinung war, daß die vorhergegangene Handlung des Segens dadurch zu entfernt an - gedeutet wuͤrde, rieth David, dieſen Mangel, wo moͤglich, zu heben. Er folgte dieſem Rath und aͤnderte es dahin ab, daß der Papſt den rechten Arm erhob, wodurch die Segensſpre - chung naͤher bezeichnet wurde.

134Leben

Obgleich dies Gemaͤlde viel Tadel erfahren, ſo iſt doch die richtige Stellung der Figuren zu bewundern. Alle Hauptperſonen ſind beſonders aͤhnlich. Der Meiſter hat ſich ſelbſt in der uͤber dem Altar befindlichen Emporkirche gemalt, wo er in Begleitung zweier Schuͤler die Zeich - nung der Scene entwarf. Kurz, das Werk ent - haͤlt ein Denkmal zum Ruhm dieſer Zeitepoche, welches die Art und Weiſe, wie dieſe Feierlich - keit begangen wurde, beſſer als alle Schriften auf die Nachwelt bringen wird.

David ſchien den Tadel der Kunſtrichter hieruͤber, wie er es bei ſeinen fruͤheren Werken gethan, nicht immer gleich gut aufzunehmen. Er ſuchte ſich vielmehr faſt gegen alle Maͤngel, welche man ihm vorwarf, zu rechtfertigen. Wahr iſt es aber auch, daß Neid und Mißgunſt dieſelben ſehr uͤbertrieben.

Als eines Tages einige neugierige Zuſchauer dies Gemaͤlde in der Werkſtaͤtte Davids betrach - teten, fluͤſterte einer ſeinem Nachbar ins Ohr: der Maler habe die Kaiſerin Joſephine auf laͤ - cherliche Weiſe verjuͤngt. Er glaubte von Da - vid nicht verſtanden worden zu ſeyn. Dieſer135Davids.verſetzte aber, indem er ihm den Ruͤcken wandte: Gehen Sie hin, und ſagen Sie es ihr.

Der Papſt wuͤnſchte vor ſeiner Abreiſe nach Rom ein Portrait von ſich, und David zoͤgerte nicht, ihm zu willfahren. Eine beruͤhmte Schrift - ſtellerin, die Frau von Genlis, ſagt daruͤber in ihren Memoiren:

Jch wollte mich ſelbſt uͤberzeugen, ob das von David angefertigte Bild des Papſtes ſo ſchoͤn und aͤhnlich ſey, wie man mir geſagt; es gefiel mir außerordentlich. Aber, die Koͤnigin von Neapel (nachher Koͤnigin von Spanien) ver - ſicherte mir, daß die Figur des Papſtes in dem Kroͤnungsgemaͤlde, welches damals auch in Davids Werkſtaͤtte zu ſehen war, noch weit ſchoͤner ſey. Jch bedauerte es, nicht dahin ge - hen zu koͤnnen, weil ich Davids Verfahren und ſeine politiſchen Meinungen in meinem Abriß der Lebensklugheit (Précis de conduite) ſehr geta - delt hatte, und es ſchien mir wahrſcheinlich, daß David meinen Beſuch nicht annehmen wuͤrde. Die Koͤnigin hatte die Gnade, mir zu ſagen, ſie naͤhme es auf ſich, mich zu ihm zu fuͤhren. 136LebenDies geſchah auch des andern Tages. David empfing mich ohne allen Groll; ich lobte dage - gen von ganzem Herzen, nicht das ganze Ge - maͤlde, welches in mancher Hinſicht zu tadeln iſt, aber die Figur des Papſtes, die in der That Bewunderung verdient.

Dies Portraͤt bewog den Papſt zu den dringendſten Bitten, daß David ſich in Rom haͤuslich niederlaſſen moͤge.

Das zweite Gemaͤlde, welches dem Thron - ſaal zur Zierde gereichen ſollte, war die Ver - theilung der Adler, welche auf dem Mars - felde Statt hatte. Dieſes Werk, obgleich Da - vids wuͤrdig, erhoͤhte ſeinen Ruf eben nicht. Die beiden andern, vom Kaiſer vorgeſchriebenen Gemaͤlde wurden nicht ausgefuͤhrt. Der Maler zeichnete bloß die Skizze von ihnen, welche er fuͤr ſich behielt.

Er verfertigte noch ein zweites Portraͤt des Papſtes und des Cardinals Capra - ra von derſelben Groͤße, welches lange Zeit im Cabinet des Meiſters blieb. Erſt vor zwei Jahren kaufte es Herr Hyacinth Didot, in deſ - ſen Beſitz es ſich noch gegenwaͤrtig befindet.

137Davids.

Der Marquis Douglas verlangte von ihm ein Portrait Napoleons. David malte dieſen in ganzer Figur nach ſeiner natuͤrlichen Groͤße. Er ſteht in ſeinem Cabinet, und iſt im Begriff daſ - ſelbe zu verlaſſen, nachdem er bis tief in die Nacht gearbeitet, was durch die faſt niederge - brannten Kerzen angedeutet wird. Von allen Gemaͤlden Napoleons wird dies am meiſten ge - ruͤhmt. Napoleon fand es unvergleichlich, und ſagte zu dem Meiſter: Sie kennen meine Weiſe, mein lieber David; des Nachts arbeite ich fuͤr das Wohl meiner Unterthanen und des Tags fuͤr ihren Ruhm.

David fertigte hievon vier Copien an, eine davon blieb lange Zeit in ſeinem Cabinet, bis ſie das Eigenthum des Herrn Huybens zu Pa - ris wurde.

Er malte Napoleon auch im Kaiſerornat. Dies Gemaͤlde war fuͤr den Koͤnig von Weſt - phalen Prinz Hieronymus beſtimmt. Der da - von gelieferte Kupferſtich wird ſehr geſchaͤtzt.

Mehrere Schriftſteller behaupten, David habe ſich durch ſeinen rauhen Charakter und ſein offenes Benehmen die Ungnade Napoleons138Lebenzugezogen. Jndeß beweiſen alle ſeine Verhaͤlt - niſſe in Beziehung auf den Kaiſer das Gegen - theil. Als Stifter einer großen Monarchie ſuchte dieſer Fuͤrſt dieſelbe durch den Schutz emporzu - heben, welchen er den Wiſſenſchaften und Kuͤn - ſten angedeihen ließ. Es iſt ſchon angefuͤhrt worden, daß er David zu ſeinem erſten Maler erneinnte; ſpaͤter ſchickte er ihm das Patent als Co[m]mandant der Ehrenlegion.

Napoleon ließ ihn einſt zu ſich kommen, und ſagte ihm, er habe den Plan, die ſaͤmmtli - chen Gemaͤlde Davids im kaiſerlichen Muſeo zu vereinigen.

Jtalien, ſagte er, beſitzt die Galerie von Rubens; Frankreich ſoll mir die Galerie Davids verdanken.

David gab dem Kaiſer fuͤr dieſe Eroͤffnung, wie natuͤrlich, ſeinen Dank zu erkennen. Hier - auf ſagte er:

Sire, ich glaube, es iſt nicht wohl moͤg - lich, dieſe Sammlung zu veranſtalten; meine Gemaͤlde ſind zu zerſtreut und in den Haͤnden ſo reicher Liebhaber, daß ſie ſich nicht davon trennen werden. So weiß ich zum Beiſpiel,139Davids.daß der Eigenthuͤmer von Socrates Tod, Herr von Trudaine, einen großen Werth auf den Be - ſitz dieſes Gemaͤldes legt.

Mit Gold laͤßt ſich dies ſchon zwingen, verſetzte der Kaiſer; bieten Sie ihm 40000 Francs und gehen Sie, wenn es nicht anders iſt, bis zu 60000.

Dies Gemaͤlde war fuͤr 6000 Francs be - ſtellt, Herr Trudaine hatte aber, um dem Mei - ſter ſeine Zufriedenheit damit zu bezeugen, 10000 Francs dafuͤr bezahlt.

Der Eigenthuͤmer ſchlug das Anerbieten von 40000 Francs aus; ein zweites Gebot von 50000 Francs wurde eben ſo wenig angenom - men.

Dieſe Weigerung iſt ſchmeichelhaft fuͤr mich, ſagte David, ich darf aber nicht abſte - hen; ich habe Befehl vom Kaiſer. Er hat mir bis zu einem Gebote von 60000 Francs Voll - macht gegeben.

Jch kann ſie nicht annehmen, und bitte Sie, dem Kaiſer zu ſagen, daß ich Jhr Werk fuͤr keinen Preis losſchlage; ſoll ich ihm dies Opfer bringen, ſo ſey es unentgeltlich.

140Leben

David ſtattete von dieſer Unterredung Be - richt ab. Napoleon ſtand von ſeinem Stuhl auf und ſagte verdrießlich: Jch muß wohl das Eigenthum achten; ich kann dieſen Enthuſiaſten nicht zwingen, uns ſeine Geliebte abzutreten.

Dieſe erſte Schwierigkeit bewog den Kai - ſer, ſeinen Plan aufzugeben.

Wie bereits angefuͤhrt, hatte David im Jahre 8 (1800), durch die ihm vom erſten Con - ſul aufgetragenen Arbeiten abgehalten, ſein Ge - maͤlde den Paß von Thermopylaͤ nicht vollendet. Er ließ es aber nur liegen, um es ſpaͤter wieder vorzunehmen. Er geſtand ſogar in der Folge, daß er damals noch nicht ganz mit ſich einig geweſen ſey, wie er den Gegen - ſtand behandeln ſolle, auch war die mit dem erſten Conſul daruͤber gepflogene Unterhaltung nicht geeignet, ihm Muth zu machen. Erſt im Jahre 1811 gewann er Muße genug, ſich wie - der an dieſe Arbeit zu machen; und er beendigte ſie mit ungewoͤhnlicher Schnelligkeit.

David wollte durch dieſes große Werk alle Hiſtorienmaler der Vorzeit uͤbertreffen; und das141Davids.Gemaͤlde Leonidas im Paß zu Thermo - pylaͤ wurde ſein Meiſterſtuͤck.

Die Scene ſtellt den Moment vor, wo Leo - nidas ſich zum Kampfe bereit macht. Ein jun - ger Krieger naht ſich, um ihm anzukuͤndigen, daß dreihundert von den Jhrigen zum Tode ent - ſchloſſen waͤren, indem ſie das Eindringen der perſiſchen Armee verhindern wollten. Leonidas Stellung hat etwas Uebermenſchliches, ſein Kopf iſt vortrefflich. Seine Phyſiognomie druͤckt alle Regungen einer ſtolzen Seele aus, die ſich ohne Zaudern dem Tode weiht; eine ſanfte Melan - cholie und die Verachtung des Lebens zeigt ſich auf den Lippen des Helden.

Einige andere eben ſo ruͤhrende Nebenſce - nen erhoͤhen das Jntereſſe, welches der Haupt - gedanke einfloͤßt. Erblickt man den Enthuſias - mus dieſes Blinden, welcher ſeinen Fuͤhrer bit - tet, ſeine Streiche zu leiten, oder die Selbſtver - leugnung des jungen Sparters, der in den Ar - men ſeines Lehrers den Schwur leiſtet, ſich ſei - ner und ſeines Unterrichts wuͤrdig zu beweiſen, ſo fuͤhlt man ſich auf das innigſte geruͤhrt.

Beim Anblick dieſes erhabenen Gemaͤldes142Lebenbrach ein dieſes Namens wahrhaft wuͤrdiger Dichter, auch ein Freund der Kunſt und der Frei - heit, in einer ruͤhrenden Elegie, die auf das Herz des Leſers einen ſchmerzlichen und tiefen Eindruck macht, in folgende Strophen aus:

Jch ſeh Leonidas. O Vaterland! o Muth!
Jch denk es mir. Dreihundert Helden ſtarben.
Hier iſt der enge Paß, wo ihre Leiche ruht,
Wo ſie ſich ew’gen Lorbeer kuͤhn erwarben.
Dreihundert! warum Thraͤnen? o! ſo weint ich nie!
Denn achtzehntauſend Franken endeten wie ſie
*)Je vois Léonidas. O courage! ô patrie! Trois cents héros sont morts dans ce détroit fameux; Trois cents! quel souvenir! .... Je pleure .... et je m’écrie: Dix-huit mille Français ont expiré comme eux.
*).
  • (Caſimir Delavigne, zweiter meſſeniſcher Geſang (mes - sénienne) uͤber die Zerſtoͤrung des Muſeums und der Denkmaͤler.)

Dieſes Gemaͤlde war ſchon lange beendigt, als die Nachricht von dem Ungluͤck der franzoͤ - ſiſchen Armee in Paris erſcholl. Das franzoͤſi - ſche Kaiſerreich, das ſeine ſiegreichen Waffen in allen Hauptſtaͤdten Europas aufgepflanzt hatte,143Davids.mußte nun die Entheiligung ſeines eigenen Bo - dens fuͤrchten, und nach Verlauf einiger Monate drangen die Feinde ein. Das Geruͤcht davon verbreitete ſich in Paris. David ſtellte nun ſeine Arbeiten ein, und war nur darauf bedacht, die Werke von ihm, welche er ſelbſt beſaß, ſo wie eine Menge andere Gegenſtaͤnde der Kunſt vor der Habgier der Sieger zu retten. Er ſchickte ſie nach der weſtlichen Kuͤſte, wo er ſie treuen Haͤnden anvertraute. Er war fuͤr ihre Erhal - tung uͤberaus beſorgt. Der Mann, welcher funfzehn Jahre hindurch der Beſchuͤtzer ſeiner Werke geweſen, legte die hoͤchſte Gewalt nieder. Paris wurde mit feindlichen Soldaten uͤber - ſchwemmt, aber ihre Generaͤle, ja die Monar - chen ſelbſt, ſchienen ſo erſtaunt, ſich in Frank - reichs Hauptſtadt zu befinden, und ſo beſorgt, wie ſie wieder herauskommen ſollten, daß ſie noch das oͤffentliche, ſowohl, als das Privatei - genthum achteten. So geſchah es, daß die Preußen nur, wie bereits erwaͤhnt, aus dem Schloße Saint-Cloud das Bildniß des er - ſten Conſuls zu Pferde mit hinweg nah - men.

144Leben

Es iſt bekannt, daß Napoleon, nachdem er ſich ein Jahr lang in ſeinem kleinen Reiche, der Jnſel Elba, aufgehalten hatte, im Jahre 1815 nach Frankreich zuruͤckkam, und ſeine Krone wieder erlangte. Als er in Paris ange - kommen war, wuͤnſchte er das Gemaͤlde des Leonidas zu Thermopylaͤ, wovon er viel gehoͤrt, zu ſehen, wiewohl er den Gegenſtand getadelt hatte. Er ging daher zu David.

Jch kenne es, ohne es geſehn zu haben, ſagte er zu ihm, denn ich habe ſehr viel Ruͤh - mens davon machen hoͤren.

Er erwartete den Angriff der Perſer und die Vertheidigung der ſtolzen Republicaner Lace - daͤmons dargeſtellt zu ſehen; aber dies Gemaͤlde enthielt nur die Vorbereitungsſcene zum Kampf. Napoleon ſuchte, von ſeiner erſten Jdee erfuͤllt, das Schlachtgewuͤhl ſelbſt, aber vergebens. Da - vid ließ ſich nun auf die Entwickelung ſeines Gegenſtandes ein. Napoleon bezeigte ſeine Zu - friedenheit daruͤber und ſagte vor dem Weg - gehen:

David! Fahren Sie fort, Frankreich durch Jhre Werke zu verherrlichen. Jch hoffe, daß145Davids.die Kriegsſchulen Copien von dieſem Gemaͤlde erhalten; ſie werden den jungen Leuten die Tu - genden ihres Standes zuruͤckrufen.

Napoleon dachte damals nicht mehr an den anfaͤnglich uͤber dieſen erhabenen Gegenſtand hingeworfenen Tadel. Es war das letzte Werk, das David in Frankreich ausfuͤhrte. Durch ſein Meiſterwerk rief dieſer große Maler ſeinem Va - terlande ein Lebewohl zu.

Die Schlacht von Mont-Saint-Jean fiel ungluͤcklich fuͤr Frankreich aus. Napoleon dankte zum zweiten Mal ab; und Paris war von Neuem der Sammelplatz feindlicher Armeen.

Fuͤnf Monate verſtrichen. David beſchaͤf - tigte ſich wieder in ſeiner Werkſtaͤtte, als das Geſetz vom 12ten Januar 1816 erſchien.

David war alſo genoͤthigt, Frankreich zu verlaſſen, und die verſchiedenen Laͤnder in Euro - pa in Gedanken muſternd, faßte er endlich den Entſchluß, ſich nach den Niederlanden zu bege - ben. Dort fand er die Sitten, Meinungen und Sprache ſeines Vaterlandes und eine das Gaſt - recht uͤberaus ehrende Regierung.

David war ſieben und ſechzig Jahr alt,David. 10146Lebenals er das Land ſeiner Geburt verließ, dem er fuͤr immer Lebewohl ſagte. Das Alter hatte ſeinen Muth nicht geſchwaͤcht; er fuͤhlte ſich noch voll Kraft. Um ſich wegen ſeines Exils zu raͤ - chen, faßte er den Entſchluß, daſſelbe durch ſeine Werke ehrenvoll zu machen, und er widmete ſich wieder ſeiner Kunſt.

Der Koͤnig von Preußen hatte ihm in Bruͤſſel die dringendſten Antraͤge machen laſſen, daß er ſich in Berlin haͤuslich niederlaſſen moͤch - te, wo er als Director der Kunſt fuͤr die Mo - narchie angeſtellt werden ſollte. Der preußiſche Geſandte am franzoͤſiſchen Hofe Graf Goltz ſchrieb ihm:

Auf Befehl des Koͤnigs, meines Monar - chen, habe ich die Ehre, Jhnen zu melden, daß Se. Majeſtaͤt bei dem Wunſche, einem ſo be - ruͤhmten Kuͤnſtler, als Sie ſind, einen beſtaͤndi - gen Aufenthalt zu geben, es gern ſehen wuͤrde, wenn Sie Sich in Seiner Hauptſtadt, wo Se. Majeſtaͤt fuͤr Jhre Subſiſtenz Sorge tragen werden, haͤuslich niederlaſſen wollten. Da Jhre147Davids.Abreiſe nach Bruͤſſel mich verhindert hat, Jh - nen die Abſicht meines Monarchen perſoͤnlich zu erkennen zu geben, ſo veranlaſſe ich Sie hie - durch, ſich deshalb unverzuͤglich an Se. Durchl. den Herrn Fuͤrſten von Hardenberg zu wenden, und demſelben Jhre Wuͤnſche zu eroͤffnen. Jch uͤberſende Jhnen hiebei auf jeden Fall einen Paß, mit welchem Sie Sich, wenn Sie es wuͤnſchen, nach Berlin begeben koͤnnen, wo Sie eine Jhren Talenten wuͤrdige Aufnahme finden werden. Sollten Sie Sich deſſelben indeſſen nicht bedienen, ſo erſuche ich Sie, mir ihn unter der Adreſſe an den Director der preußiſchen Mi - litairpoſt Herrn Conrad zu Sedan zuruͤckzuſen - den. Genehmigen Sie ꝛc.

Unterzeichnet: Der Graf Goltz.

Der beruͤhmte Alexander von Humboldt, ein College Davids beim Jnſtitut, war mit Goltz uͤber dieſen Gegenſtand einverſtanden und ſchrieb ihm am naͤmlichen Tage:

Mein Herr und ſehr verehrter Herr College!

Der preußiſche Geſandte zu Paris Graf148LebenGoltz, ein Freund von mir, hat aus der Staatscanzellei des Herrn Fuͤrſten von Harden - berg ein Schreiben erhalten, worin es heißt:

Da ein beruͤhmter Kuͤnſtler, Herr David, ſich auf der Liſte der Landesverwieſenen befindet, ſo glaubt Se. Majeſtaͤt der Koͤnig von Preußen dem Fortſchritt der Kunſt einen großen Dienſt zu leiſten, wenn er Herrn David veranlaßt, ſich in ſeiner Hauptſtadt Berlin haͤuslich niederzu - laſſen, und wuͤrde der Koͤnig ihm den Aufent - halt daſelbſt ſo angenehm als moͤglich zu ma - chen ſuchen. Se. Majeſtaͤt wuͤrde denſelben bei der Errichtung eines neuen Muſeums und uͤber die zur Vervollkommnung der Kunſt in allen Zweigen derſelben erforderlichen Mittel zu Ra - the ziehen.

Der Graf Goltz wird Jhnen, mein Herr, mit der heutigen Poſt deshalb ſchreiben. Da ihm aber bekannt iſt, mit welchem Wohlwollen Sie mich als einen der aufrichtigſten Bewunde - rer Jhrer unſterblichen Werke beehren, ſo hat er mich erſucht, ſeine Bitte zu unterſtuͤtzen.

Sie werden in meinem Vaterlande einen Koͤnig antreffen, der als erleuchteter Goͤnner der149Davids.Kunſt, den Werth Jhrer großen Arbeiten zu ſchaͤtzen weiß; eine Regierung, die alle uͤbernom - mene Verpflichtungen heilig erfuͤllt, und wie ich meinen Landsleuten nachruͤhmen muß, den Sinn fuͤr die Kunſt, den edlen Enthuſiasmus, welcher unter guter Leitung, der Schule ihren alten Glanz zu geben vermag, und Jhr Wirkungs - kreis wird um ſo groͤßer ſeyn, da Sie eine ganz neue Schoͤpfung erwartet.

Jch weiß es, mein Herr, Sie wohnen jetzt unter einer Regierung, deren weiſe Maͤßi - gung die Fortdauer des allgemeinen Wohls ver - buͤrgt; aber bei dem Gedanken, David in der Hauptſtadt meines Koͤnigs zu wiſſen, bin ich mit Leib und Seele Preuße.

Wie auch Jhr Entſchluß ausfallen moͤge, ſo erſuche ich Sie, auf der Stelle an den Herrn Fuͤrſten von Hardenberg zu ſchreiben, und ihm das Vertrauen zu beweiſen, was er in jeder Hinſicht verdient. Legen Sie ihm ohne Scheu die Bedingungen vor, unter welchen Sie Sich in Berlin niederlaſſen wollen. Preußen kann Jhnen kein glaͤnzendes Gluͤck bieten; Sie wer - den aber daſelbſt das lebhafteſte Verlangen, Jh -150Lebennen Jhr Leben angenehm zu machen und jene Ruhe des Gemuͤths finden, welche zu Geiſtesar - beiten erforderlich iſt.

Jch habe die Ehre zu ſeyn ꝛc. (Unterzeichnet:) Der Baron Alexander von Humboldt.

Davids Gattin war krank geworden. Er ſchrieb den 28ſten Maͤrz an den Fuͤrſten von Hardenberg, gab ihm ſeinen Dank und ſein Bedauern zu erkennen, und bat ihn, die Wie - derherſtellung ſeiner Frau abzuwarten.

Der Fuͤrſt von Hardenberg antwortete ihm

Mein Herr!

Jch habe Jhr Schreiben vom 28ſten Maͤrz erhalten und dem Koͤnig die Urſach, weshalb Jhre Reiſe verzoͤgert worden, gemeldet; ſie iſt zu gerecht, als daß Se. Majeſtaͤt Jhren Ent - ſchluß nicht billigen ſollten. Se. Majeſtaͤt hofft, daß die Wiederherſtellung Jhrer Gattin Jhnen die baldige Antretung Jhrer Reiſe moͤglich ma - che, und ſo lebhaft auch der Wunſch Sr. Ma -151Davids.jeſtaͤt iſt, Sie in ſeiner Hauptſtadt zu wiſſen, ſo habe ich doch den Auftrag, Jhnen zu ſagen, daß die Ausfuͤhrung deſſelben allein Jhrem Gut - duͤnken uͤberlaſſen bleibt.

Sie koͤnnen alſo, mein Herr, ganz ruhig die Beendigung der Krankheit Jhrer Gattin ab - warten, und muͤſſen keinesweges durch eine uͤbereilte Reiſe, eine Jhnen ſo koſtbare Geſund - heit gefaͤhrden. Jch ſchmeichle mir, daß wenn Jhre Unruhe gehoben iſt, ich recht bald das Vergnuͤgen haben werde, Sie unter uns zu ſe - hen, wo Sie eine Jhrem Geſchmack entſprechen - de Stellung, und eine ruhige und ehrenvolle Exiſtenz finden werden. Se. Majeſtaͤt wird Jh - nen alle Mittel erleichtern, deren Sie zu Jhrer Niederlaſſung beduͤrfen moͤchten und ich werde mich freuen, mit Jhnen gleich nach Jhrer An - kunft in Berlin, welche ich mir zu melden bitte, deshalb perſoͤnlich Ruͤckſprache nehmen zu koͤn - nen.

Genehmigen Sie ꝛc. (Unterzeichnet:) Fuͤrſt von Hardenberg.

152Leben

So lauteten die Vorſchlaͤge, welche der Koͤnig von Preußen David durch ſeine Raͤthe machen ließ. Er konnte ſich das Vergnuͤgen nicht verſagen, die daruͤber ſprechenden Briefe mitzutheilen; ſie waren zu ehrenvoll fuͤr ihn, um unterdruͤckt zu werden.

Das angefuͤhrte Hinderniß, naͤmlich die Krankheit ſeiner Gattin, wußte mit der Zeit verſchwinden. Es war natuͤrlich, daß David ſich von ihr, ſo lange ſie krank war, nicht tren - nen wollte; aber war dies ein Grund, das ihm gemachte Anerbieten ganz auszuſchlagen? Er konnte es vorlaͤufig annehmen und die Wieder - herſtellung ſeiner Gattin zur Bedingung machen. Dieſe Entſchuldigung diente alſo nur zum Mit - tel, um Zeit zu gewinnen; denn er war mit ſich einig, die ihm angebotene Zuflucht nicht anzu - nehmen, und wollte ſein Talent einer Nation nicht zu Gute kommen laſſen, welche ſich als der erbittertſte Feind ſeines Vaterlandes bewie - ſen.

Der preußiſche Geſandte am Hofe des Koͤ - nigs der Niederlande, Fuͤrſt von Hatzfeld, wollte die im Namen ſeines Souverains gemachten153Davids.Anerbietungen muͤndlich unterſtuͤtzen. David war aber nicht zu Hauſe, als er bei ihm vorfuhr. Tags darauf ging er zum Geſandten; der Fuͤrſt erinnerte ihn an die erhaltenen Briefe und ſagte: Warum wollen Sie die Einladung meines Koͤ - nigs nicht annehmen? Er legt ſehr viel Werth auf Jhre Niederlaſſung in Berlin. Wie hoch belief ſich Jhr Gehalt unter Napoleon?

Jch hatte 12000 Francs.

O! der Koͤnig wird Jhnen mehr geben; es iſt die Abſicht Sr. Majeſtaͤt, Sie als Direc - tor der Kunſt anzuſtellen, und Sie werden alle, mit dieſem Poſten verbundene Vortheile und Ehre genießen; gehen Sie nach Berlin; ſtiften Sie dort eine Malerſchule, und werden Sie Director derſelben; die Erkenntlichkeit des Koͤ - nigs wird unbegraͤnzt ſeyn, wenn Sie die Stelle annehmen.

Mein hohes Alter, die Kraͤnklichkeit mei - ner Frau, meine Liebe zur Unabhaͤngigkeit, die Guͤte, mit welcher mich die hollaͤndiſche Regie - rung beehrt, und auf der andern Seite das Verlangen, ſo ſchmeichelhaften Wuͤnſchen zu ent - ſprechen, ſind wohl geeignet, mich in einige Ver -154Lebenlegenheit zu ſetzen; ich bitte um einige Tage Be - denkzeit.

Sein Entſchluß war, wie man weiß, laͤngſt gefaßt; aber ehe er eine entſcheidende Antwort ertheilte, wollte er doch die Geſinnungen ſeiner Mitverwieſenen daruͤber erforſchen. Zwei von ihnen fragte er deshalb um Rath; zeigte ihnen die erhaltenen Briefe, und erzaͤhlte ihnen die mit dem Fuͤrſten gehabte Unterredung. Jeder derſelben ſprach ſeinem Charakter gemaͤß; Cam - baceres munterte David zur Annahme der Stelle auf; Sieyes rieth ihm das Gegentheil und ſagte: Warum wollten Sie, frei, unabhaͤngig, geehrt und in guten Vermoͤgensumſtaͤnden, wie Sie ſind, alle dieſe Vorzuͤge hier aufgeben?

Dieſer Rath entſprach Davids geheimen Wuͤnſchen und er befolgte ihn. Des andern Tages ging er zum Geſandten, ihm ſeinen Ent - ſchluß zu melden und ſagte ihm: Jch empfinde ganz den Werth der mir ſo ehrenvollen Guͤte Jhres Monarchen. Die Beweiſe derſelben ge - hoͤren zu den angenehmſten Ereigniſſen meines Lebens und die Nachwelt wird den Koͤnig von Preußen, als Freund der Kunſt und Goͤnner155Davids.Davids in ſeinem Exile kennen lernen. Haben Ew. Durchlaucht die Gnade, Se. Majeſtaͤt mei - nes innigſten Dankes zu verſichern. Jch bin alt, ſchon 67 Jahr; vergoͤnnen mir Se. Ma - jeſtaͤt die Ruhe, deren ich mich unter einer mei - nen Grundſaͤtzen angemeſſenen Regierung erfreue.

Die Fuͤrſtin Hatzfeld machte in Begleitung ihrer drei Toͤchter einen abermaligen Verſuch. Sie ging zu David gerade zu einer Zeit, wo ſich die Graͤfin L., eine beſondere Freundin des Koͤnigs, in derſelben Abſicht bei ihm einfand.

Die Fuͤrſtin ſagte zu ihr: Seyn Sie will - kommen, daß Sie Jhre Bemuͤhungen mit den Unſrigen vereinigen. Herr David iſt unerſchuͤt - terlich. Schildern Sie dem Koͤnig ſeinen Wi - derſtand, und ſagen Sie ihm, daß alle unſere Muͤhe vergeblich geweſen iſt.

Endlich kam der Bruder des Koͤnigs, unter dem Namen eines Fuͤrſten von Mansfeld, zu Da - vid und ſagte ihm: Er haͤtte Befehl, ihn in ſeinem Wagen mit nach Berlin zu nehmen. Er verſuchte alles Moͤgliche, um ihn auf der Stelle zur Reiſe zu bewegen.

Nun, Herr David, ſagte er zu ihm,156Leben Sie werden endlich wohl nachgeben muͤſſen! Entſchließen Sie Sich, mit mir die Reiſe zu machen.

Darauf wandte er ſich nach dem Portrait des Generals Gerard in ganzer Figur, welches David angefangen, und das ſich auf der Staf - felei befand:

Jch hoffe, Jhr erſtes Portrait in Berlin wird das meinige ſeyn; malen Sie mich wie dieſen General; Jhre Anweſenheit wird uns er - ſtaunliche Freude machen.

David verharrte immer feſt bei ſeinem Ent - ſchluß.

Sein Pinſel blieb nicht lange muͤßig. Nachdem er das Portrait des Generals Gerard beendigt, was das erſte Gemaͤlde in ſeinem Exil: Amor, der beim Aufgang der Sonne Pſyche verlaͤßt, welches eben ſo viel Bewunderung als Tadel erregte.

David war keinesweges mit dem, was man an dem Amor tadelte, einverſtanden und behaup - tete, daß, da das Publicum ſeine Jdee nicht er - griffen, er es dem Urtheil der Nachwelt an -157Davids.heimſtellen muͤſſe, welchen Rang dieſes Gemaͤlde unter ſeinen Werken verdiene.

Hierauf malte er den Grafen von Turen - ne in großem Maaßſtabe. Fuͤr den baieriſchen Grafen von Schoͤnborn verfertigte er den Ab - ſchied Telemachs von der Eucharis. Dies aͤußerſt anmuthige Gemaͤlde iſt in Hinſicht des Colorits allen andern vorzuziehen. Man kann der Reinheit der Zeichnung und dem ge - faͤlligen Ton, welcher im Ganzen herrſcht, ſeine Bewunderung nicht verſagen.

Unter den Gemaͤlden, welche David in ſein Exil mitgenommen, befand ſich auch die Kroͤ - nung Napoleons. Der Meiſter hatte daſ - ſelbe, um es leichter fortbringen zu koͤnnen, vor ſeiner Abreiſe in drei Stuͤcke geſchnitten. Schon in Frankreich hatte er eine Copie deſſelben an - gefangen und war zweifelhaft, ob er ſie aus - fuͤhren ſolle, weil das Gemaͤlde eine anhaltende und muͤhſame Arbeit erforderte. Da indeß die Herren Lajard und Comp. in Montpellier Da - vid erklaͤrten, daß ſie es kaufen wuͤrden, wenn er es vollende, ſo entſchloß er ſich, es wieder vorzunehmen.

158Leben

Es war mit Schwierigkeiten verknuͤpft, ei - ne Werkſtaͤtte von der Groͤße zu erhalten, daß die Leinewand ausgeſpannt werden konnte. Die Stadtobrigkeit von Bruͤſſel ergriff dieſe Gelegen - heit, David einen Beweis zu geben, wie viel Werth ſie darauf lege, ihn in ihren Mauern zu beſitzen, und dieſe Unternehmung ihrerſeits zu beguͤnſtigen. Sie bot ihm einen der großen Saͤle im Rathhauſe, den ſogenannten Chri - ſtusſaal dazu an. Hier vollendete er dieſe Copie nach zehnmonatlicher Arbeit. Mehrere nicht unbedeutende Veraͤnderungen machen ſie ſchaͤtzbarer als das Original. Von ihr iſt auch auf Davids Vorſchrift der Kupferſtich ange - fertigt.

Die Herren Lajard und Compagnie bezahl - ten dem Meiſter fuͤr dies Gemaͤlde die Summe von 75000 Francs. Die Kaͤufer ließen daſſelbe in London fuͤr Geld ſehen, und, wie man hoͤrt, ſind ſie Willens, es auch den Bewohnern der neuen Welt zu zeigen, und es in Philadelphia auszuſtellen.

Hierauf malte David den jungen Prinzen von Gâvre, dann die Portraits von zwei Mit -159Davids.verwieſenen, Sieyes und Ramel, und der Ge - mahlin des Letztern. Er malte auch die Fraͤu - lein Juliette von Villeneuve, eine Nichte Jo - ſeph Bonapartes, vormaligen Koͤnigs von Spa - nien und die beiden Toͤchter dieſes Fuͤrſten. Das geringſte Verdienſt dieſer Portraͤts iſt ihre auffallende Aehnlichkeit.

David lebte in Bruͤſſel wie in Paris. Seine Kunſt, der Umgang mit einigen Freunden und das Theater nahmen ſeine Zeit in Anſpruch. Jn letzteres ging er faſt jeden Abend, und er war immer einer der erſten Zuſchauer. Er hatte einen beſtimmten Platz im Orcheſter. War er nicht da, ſo blieb dieſer aus Achtung gegen Da - vid unbeſetzt, und wenn Jemand ihn aus Unkun - de einnehmen wollte, ſo rief man von allen Seiten: Das iſt Davids Platz. Wenn in einem Stuͤck, wie dies oft geſchah, von ir - gend einem großen Maler die Rede war, ſo wandte das Publicum dies immer auf David an, und es entſtand ein außerordentliches Bei - fallklatſchen.

Selbſt der Koͤnig Wilhelm wußte den Auf - enthalt dieſes großen Malers in ſeinen Landen160Lebennach Verdienſt zu ſchaͤtzen, und bewies dies bei mehrern Gelegenheiten. Ja einige Mal, wo er David begegnete, und dieſer ihn nicht bemerkt hatte, gruͤßte er ihn freundlich zuerſt.

Obgleich David den oͤffentlichen Unterricht aufgegeben hatte, ſo geſtattete er doch mehreren belgiſchen Kuͤnſtlern den Zutritt in ſeine Werk - ſtaͤtte, um ihren Geſchmack zu bilden und ihnen Lehrſtunden zu geben, namentlich den Herrn Odevaere, Maler des Koͤnigs der Niederlande, und den Herren Navet, Paelinck, Moll und Michael Stapleaux. Er gab ſich beſonders viel Muͤhe, den letztern zu unterrichten, dem er per - ſoͤnlich wohlwollte, und deſſen Talent er vervoll - kommnete.

Allgemein glaubte man, David habe nun ſeine Laufbahn als Maler beendiget, als mit einemmal im Jahre 1824 ſein großes Gemaͤlde, den von der Venus und den Grazien entwaffneten Mars vorſtellend, erſchien, das er im 76ſten Jahre ausgearbeitet hatte.

Der Andrang der Zuſchauer, der allgemei - ne Ausruf der Bewunderung, das ſtumme Er - ſtaunen mehrerer Kuͤnſtler beim Anblick dieſes161Davids.außerordentlichen Gemaͤldes und alle die Lob - ſpruͤche, welche es erhielt, beweiſen zur Genuͤge, daß dieſes Werk eines 76jaͤhrigen Greiſes ſei - nen fruͤhern Arbeiten nicht nachſteht. David ſtellte dieſes Meiſterſtuͤck ſeines Exils in Bruͤſſel oͤffentlich aus, und beſtimmte den geringen Ein - laßpreis zur Unterſtuͤtzung der Greiſe in den Hospitaͤlern der heiligen Gertrud und Urſula.

Hierauf ließ er es durch ſeinen Schuͤler Michael Stapleaux auch in Paris oͤffentlich aus - ſtellen, was dem Meiſter eine Summe von 45000 Francs einbrachte.

Jm Jahre 1813 hatte David zu Paris ein Gemaͤlde entworfen, das Alexander dar - ſtellen ſollte, wie er in Apelles Werkſtaͤtte kommt, als dieſer eben die Campaspe, eine Geliebte dieſes Eroberers, malt, und ſie ihm zur Gattin gibt. Er fing in Bruͤſſel von neuem wieder daran zu arbeiten an, vollendete es aber nicht. Die Skizze iſt in ſeinem Kabinett geblieben.

Die vormaligen Schuͤler Davids ließen, um ihrem Meiſter einen Beweis ihrer Erkennt - lichkeit zu geben, eine Ehrenmedaille auf ihnDavid. 11162Lebenſchlagen. Galle, der die Kunſt, den Stempel zu Denkmuͤnzen zu ſchneiden, in Frankreich erneuert hat, erhielt den Auftrag dazu. Er unterzog ſich dieſer Arbeit mit beſonderm Fleiß. Alle ſtrebten nach dem Gluͤck, dieſelbe David in ſeinem Exil uͤberreichen zu koͤnnen. Doch wurde nur einer unter ihnen auserwaͤhlt, naͤmlich Gros, der die - ſen Vorzug wohl verdiente. Dieſe Huldigung war fuͤr David von hoͤherem Werth und ruͤhrte ihn mehr als alle uͤbrigen, die er in ſeinem Le - ben erhalten hatte. Er zeigte die Denkmuͤnze allen ſeinen Freunden, und gab ſie allen Frem - den, die ihn auf ihrer Reiſe durch Bruͤſſel be - ſuchten.

Die Stadt Gand bewies David eine glei - che Ehrenbezeigung, da er den Ertrag der Aus - ſtellung von mehreren ſeiner Gemaͤlde in dieſer Stadt den Armen daſelbſt hatte zufließen laſſen. Die Einwohner derſelben ſandten ihm im Sep - tember 1825 eine ſchoͤne goldene Denkmuͤnze zu. Ein Freund Davids und Mitglied der General - ſtaaten des Koͤnigreichs, der Herr von Hulthem, erhielt den Auftrag, ſie ihm einzuhaͤndigen. Da - vid erſuchte die Stadt, als Gegengeſchenk vier163Davids.ſchoͤne Zeichnungen von ſeiner Hand anzunehmen, die er ihrem Bevollmaͤchtigten uͤbergab.

Dieſer unverſaͤlſchte Beweis der Dankbar - keit, den die vorzuͤglichſten franzoͤſiſchen Kuͤnſt - ler demjenigen zollten, welchen ſie ihren Meiſter und Vater nannten, und der von den Einwoh - nern einer anſehnlichen Stadt einem Manne dar - gebracht wurde, welcher ſeit zehn Jahren die Wiederherſtellung der flammaͤndiſchen Schule be - abſichtigte, erweckte in Frankreich ein lebhaftes Jntereſſe fuͤr ihn, und man bedauerte oͤffentlich ſeinen Verluſt.

Die Frau von Genlis druͤckt ſich in ihren Memoiren daruͤber folgendermaßen aus:

Welcher Freund der Kunſt wuͤnſcht nicht einen Greis, der unſerer franzoͤſiſchen Schule immer zum Ruhm und zur Ehre gereichen wird, wenn ſein Genie auch nur das unnachahmliche Gemaͤlde den Schwur der Horatier her - vorgebracht haͤtte, ſeinem Vaterlande wiedergegeben zu ſehn. Jch geſtehe es, ich habe ihn zur Zeit ſeiner Verirrungen ſtreng getadelt; aber er iſt ungluͤcklich, ein Verwieſener, ihn druͤckt die Laſt der Jahre, ſeine Kraft iſt gebrochen, ich be -164Lebentrachte an ihm jetzt nur ſein Ungluͤck und ſein ausgezeichnetes Talent. Jedesmal, wenn ich Gelegenheit habe, die vortrefflichen Werke ſeiner Schuͤler zu bewundern, werde ich an ihn erin - nert; ja die zahlreichen Meiſterſtuͤcke Gérards, Girodets, Guérins und de Gros, ſcheinen den Wunſch ſeiner Zuruͤckberufung auszuſprechen; und der Ruhm, der Lebenswandel und Charakter dieſer vortrefflichen Kuͤnſtler dieſelbe als ein hei - liges Recht zu fordern.

Die Geſundheit Davids nahm von Tage zu Tage ab; er ſagte zu ſeinen Freunden:

Meine Einbildungskraft iſt noch ſo leben - dig und friſch, wie in meiner erſten Jugend; ich bin im Stande, mit derſelben Leichtigkeit alle Jdeen zu erfaſſen; wenn ich ſie aber auf die Leinwand bringen will, dann verſagt mir meine Hand den Dienſt.

Er entſagte daher ſeiner Kunſt; ſeine Freunde freuten ſich uͤber dieſen Entſchluß, weil ſie glaubten, daß das ſitzende Leben und die Luft in ſeiner Werkſtaͤtte ſeiner Geſundheit ſcha - de. Er machte ſich von der Zeit an mehr Be - wegung, und erſchien oft auf den oͤffentlichen165Davids.Spatziergaͤngen. Am liebſten ging er nach dem Park. Aber ſeine unbezwingliche Leidenſchaft fuͤr die Malerei fuͤhrte ihn faſt taͤglich in ſeine Werkſtaͤtte zuruͤck, die nicht weit von ſeiner Wohnung in der vormaligen biſchoͤflichen Reſi - denz zu Bruͤſſel in der Biſchofsſtraße befindlich war. Obgleich es ihm an Kraft, zu malen, fehlte, ſo fand er doch Vergnuͤgen daran, aller - hand Umriſſe mit ſchwarzer Kreide auf die Mau - ern, ja ſelbſt auf die in der Werkſtaͤtte befind - lichen Moͤbeln zu zeichnen. Wenn er ſich auf einige Augenblicke ſtark genug fuͤhlte, ſo nahm er ſeinen Pinſel; fand er aber, daß er ſeine Gedanken nicht ausdruͤcken konnte, dann warf er ſeine Palette weg und rief ſchmerzlich aus: Meine Hand will nicht!

Jm Sommer 1825 zu Anfang des Juli wurde er krank, aber nachdem er ſich einige Tage in einem Zuſtande befunden, der fuͤr ſein Leben fuͤrchten ließ, genas er wieder.

Nicht lange nach ſeiner Wiederherſtellung wurde ſeine Gattin vom Schlage geruͤhrt. Sie war eine verdienſtvolle und ſanfte Frau; ſie lebte nur fuͤr das Gluͤck ihres Gatten; und166Lebenhatte ihn in ſeinen gluͤcklichen Tagen ſowohl als in ſeinem Exil nie verlaſſen. Dieſes Ereig - niß vermehrte die Trauer im Hauſe. Davids Kinder, welche in Paris wohnten, kamen ab - wechſelnd nach Bruͤſſel, um ihren Vater in ſei - nem hohen Alter zu pflegen und ſein Schickſal zu mildern. *)Davids Kinder ſind: Julius David, vormaliger Unterpraͤfect. Nach der Auf - loͤſung des Kaiſerthums ging er nach Smyrna, um dort in der alten und neugriechiſchen Sprache Unterricht zu erthei - len. Hier ſchrieb er mehrere nuͤtzliche und von den Helle - nen ſehr geſchaͤtzte Werke. Er vermaͤhlte ſich mit einer jungen Griechin von ausgezeichneter Schoͤnheit und kehrte zur Zeit des zu Smyrna von den Tuͤrken veruͤbten Blutba - des mit ihr nach Frankreich zuruͤck. Eugen David, vormaliger Cuͤraſſierhauptmann, Ritter der Ehrenlegion. Die Frau Baronin Meunier, Gemahlin des Generallieu - tenants dieſes Namens; und die Baronin Jeanin, deren Gemahl ebenfalls Generallieutenant iſt.

Jm Herbſt 1325 war David ſo wohl, wie er ſich ſeit langer Zeit nicht gefuͤhlt hatte. Er ſagte zu Jedermann: Jch werde wieder jung, ich will nur wieder malen.

Er hielt Wort; und unternahm das Ge -167Davids.maͤlde: der Zorn Achilles, deſſen Figuren in natuͤrlicher Groͤße, aber nur zur Haͤlfte dar - geſtellt ſind; und was zum Erſtaunen iſt, es gelang ihm. Er ſagte zu Allen, die dies Ge - maͤlde zu ſehen kamen: Das iſt mein Feind; der bringt mich ums Leben.

Er hatte die Hauptfiguren vollendet, als er in den erſten Tagen des Decembers einen Ruͤckfall bekam, der wenig Hoffnung fuͤr ſein Leben uͤbrig ließ, und ihn verhinderte, die letzte Hand an das Werk zu legen; aber Herr Mi - chael Stapleaux wurde fuͤr wuͤrdig geachtet, die Arbeit ſeines Meiſters fortzuſetzen und David geſtattete ihm, das Gemaͤlde in ſeiner Gegenwart zu vollenden.

Sein Leben verlaͤngerte ſich nur unter un - ſaͤglichen Schmerzen. Faſt war es erloſchen, als Herr Stapleaux ihm eine Probe des von dem Gemaͤlde Leonidas zu Thermopylaͤ angefertigten Kupferſtichs uͤberreichte, um ſeine Bemerkungen daruͤber einzuholen, und ſolche Herrn Laugier zu Paris, welcher den Stich unternommen hatte, einzuſenden. David ließ die Rolle vor ſich ausbreiten, verlangte ſeinen168LebenStock und bezeichnete damit ſeinem Schuͤler meh - rere Stellen. Dabei ſtammelte er muͤhſam fol - gende Worte: Zu dunkel .... zu hell .... das Licht nicht gehoͤrig verſchmolzen .. ... die Schattirung iſt zu unrein ..... doch ..... der Kopf des Leonidas iſt gut. Der Stock entfiel ſeinen Haͤnden und ſein Haupt neigte ſich auf die Bruſt. Sein letzter Blick war auf ſein Meiſterſtuͤck gerichtet, ſein letzter Gedanke die Kunſt, und ſein letzter Seufzer fuͤr ſein Vaterland.

Er ſtarb den 29ſten December 1825, um 10 Uhr Morgens, umgeben von ſeinen Kindern, ſeinem Schuͤler Michael Stapleaux, ſeinen Aerz - ten und allen ſeinen Hausgenoſſen.

Herrn Stapleaux ſchenkte er ſeinen Glie - dermann und eine Zeichnung, welche die Schaͤndung Lucretiens durch den letz - ten der Tarquinier darſtellt. Er hatte ſie waͤhrend ſeiner Krankheit wenige Tage vor ſei - nem Tode angefertigt. Es iſt ſein letztes Werk. Jn ſeinem Teſtament hat er zum lebenslaͤngli - chen Unterhalt ſeiner Bedienten eine hinlaͤngliche Summe beſtimmt. Er wurde in Gegenwart169Davids.des Herrn Stapleaux, der waͤhrend ſeiner Krank - heit oft ſein Aechzen und Wehklagen gehoͤrt hatte, ſecirt. Sein Koͤrper wurde einbalſamirt, und den 5ten Januar zur Beſchauung fuͤr ſeine Freunde ausgeſtellt.

Den 7ten brachte man ihn nach der Kir - che der heiligen Gudula, wo ſeine ſterbliche Huͤlle ein Denkmahl erwartet.

Der Leichenzug ging durch die Hauptſtra - ßen der Stadt. Er beſtand aus Kuͤnſtlern, Ge - lehrten, Magiſtratsperſonen und Buͤrgern aller Staͤnde, die ſich freiwillig eingefunden hatten, ihm die letzte Ehre zu erweiſen. *)Der Zug, welcher Davids Leiche nach einem der Ge - woͤlbe in der heiligen Gudula-Kirche begleitete, wo ſie bis zu ſeinem feierlichen Begraͤbniß niedergeſetzt iſt, beſtand aus folgenden Perſonen: 1. Die Zoͤglinge der koͤniglichen Maler - und Bildhauer - Academie, welche Lorbeerkronen und Palmenzweige trugen. 2. Die Zoͤglinge der Herren Stapleaux und des Bildhauers Rude, welche mit Kronen von Jmmortellen und Lorbeer - guirlanden geſchmuͤckte Fahnen in der Hand hatten. Auf jeder Fahne war eine Jnſchrift, welche eins von Davids beruͤhmteſten Gemaͤlden bezeichnete, als z. B. Leonidas, die Sabiner, Brutus, die Horatier, Mars und Venus ꝛc.

170Leben

Dies war der Mann, der unter allen Kuͤnſtlern unſerer Zeit unſtreitig die erſte Stelle verdient. Er iſt todt, aber in ſeinen Werken wird er immerdar fortleben. Diejenigen, fuͤr*)3. Das aus funfzig Hautboiſten beſtehende Muſikcorps der Garniſon, welche in Zwiſchenraͤumen Trauermaͤrſche blieſen. 4. Kam der von ſechs ſchwarzen Pferden gezogene Lei - chenwagen, auf welchem der Sarg ſtand. Jedes Pferd wurde von einem Bedienten in tiefer Trauer geleitet. Jn dem Augenblicke, wo der Zug ſich aus dem Sterbehauſe be - wegte, hatte Herr Stapleaux die Palette und die Pinſel ſeines Meiſters, mit einer Lorbeerkrone und Jmmortellen geziert, auf den Sarg gelegt. Der Wagen war mit Zy - preſſenguirlanden umwunden, deren aͤußerſtes Ende die Pro - feſſoren der Maleracademie anfaßten. 5. Herr Eugen David, vormaliger Oberofficier in Frank - reich, in Begleitung des Herrn Merlin von Douai, Ramel, Henneſſy, einem der Directoren des Muſeums und der koͤ - niglichen Maleracademie und eines Geiſtlichen der St. Gu - dula-Kirche, Herrn Michel. 6. Den Traghimmel (poêle) trugen drei Schuͤler Da - vids, die Herren Navez, Paelinck und Stapleaux, und die Herren Rude, Vangeel und Bodumont. Den Degen, wel - chen David als Mitglied des Jnſtituts fuͤhrte, trug eben - falls Herr Stapleaux, dem dieſer Vorzug von der Familie des Verſtorbenen eingeraͤumt war. 7. Davids Kammerdiener in tiefer Trauer, welcher die Uniform ſeines Herrn als Mitglied des Jnſtituts nebſt deſ -171Davids.welche ſein Vaterland ihm ſtets dankbar ſeyn wird, das ſind die Zoͤglinge, welche er gebildet hat. Sie ſind in ganz Europa zerſtreut, aber die beruͤhmteſten beſitzt Frankreich und unter ihnen ſind einige ihm ſogar zur Seite geſtellt worden.

Man hat Davids Gemaͤlden eine zu große Annaͤherung an das bas-relief, Mangel an Ausdruck und ein Colorit vorgeworfen, das, ob - gleich wahr im Einzelnen, doch im Ganzen nicht immer anſprechend ſey. Jn wie weit dieſer Ta - del gegruͤndet iſt oder nicht, wollen wir hier nicht entſcheiden. Das Urtheil ſeiner Zeitgenoſ - ſen uͤber die meiſten ſeiner Werke iſt dem der Nachwelt ſchon vorausgeeilt. Es ſey uns ge -*)ſen Ordensinſignien, als Commandant der Ehrenlegion trug. Hierauf folgte eine große Anzahl Perſonen jeden Stan - des und Alters, theils zu Fuß, theils zu Wagen in an - daͤchtiger Stille. Die Freunde des Verſtorbenen und die Kuͤnſtler aus Bruͤſſel umgaben den Leichenwagen und den Traghimmel mit Fackeln in der Hand, und nach Beendi - gung der Feierlichkeit theilten die Anweſenden die Guirlan - den von Palmzweigen und Cypreſſen, welche dem Leichen - wagen zur Zierde gedient, unter ſich aus.172Lebennug, zu bemerken, daß kein Kuͤnſtler beſſer ver - ſtand als er, die Natur aufzufaſſen und darzu - ſtellen, und ſeinen Gemaͤlden Leben und Bewe - gung zu ertheilen, und Keiner in einem ſo ho - hen Grade die Schoͤnheit des Pinſels mit der Reinheit der Zeichnung verband. Kurz, er ver - dient mit vollem Recht ein philoſophiſcher Maler zu heißen, wie er Pouſſin immer gern zu nennen pflegte. Raphael hat mehr Grazie; die venetianiſchen Colorite hoͤhern Glanz. Die Schoͤnheit von Raphaels Gemaͤlden beſteht in dem himmliſchen Ausdruck ſeiner Koͤpfe; Cor - reggio zeichnet ſich durch die Rundung ſeiner Umriſſe, und Michel Angelo durch die rieſen - hafte Geſtaltung der Maſſen und die Kraft der Zeichnung aus. David hingegen druͤckte ſeinen Gemaͤlden, ohne im mindeſten zu kuͤnſteln, oder etwas zu uͤbertreiben, zuerſt wieder den ruhig erhabenen Charakter auf, den Scopas, Apelles und Protagoras den ihrigen zu geben verſtan - den; ja, die uͤbernatuͤrliche Schoͤnheit der alten Statuen ſchien in Davids Bildern wieder auf - zuleben.

Caſimir Delavigne, ein Dichter, aus deſ -173Davids.ſen zweitem meſſeniſchen Geſange wir ſchon eine Stelle angefuͤhrt haben, ſagt darin:

Fuͤhrt David ſein Jahrhundert zur Natur zuruͤck
Und eifern ſeine Schuͤler kuͤhn mit einem ſolchen Meiſter:
O laß’s geſchehn; denn wißt, nur Segen, reiches Gluͤck
Entkeimt auf dieſem Wege fuͤr das Band der Geiſter!
Der Lorbeer Davids gruͤnt und um ihn bluͤhen
Die Reiſer friſch in immer gruͤnem Flor,
Und alſo ſteigt, wenn Strahlen ſengend gluͤhen,
Zum Schutz der Kunſt ein Lorbeerhain empor
*)David a ramené son siècle à la nature: Parmi ses nourrissons il compte des rivaux ... Laissons-la s’élever cette école nouvelle! Le laurier de David de lauriers entouré, Fier de ses rejetons, enfante un bois sacré Qui protège les arts de son ombre éternelle.
*).
Ende.
[174][175]

Verzeichniß aller Gemaͤlde und Zeichnungen Davids.

[176][177]
  • Der Kampf der Minerva gegen Mars im Beiſtande der Ve - nus.
  • Die Kinder der Niobe von Dianens und Apollos Pfeilen getoͤdtet.
  • Der Tod Senecas.
  • Die Liebe des Antiochus und der Stratonice, oder Antio - chus krank aus Liebe zu ſeiner Stiefmutter Stratonice.
  • Das Deckengemaͤlde nebſt Wandverzierungen im Salon der Fraͤulein Guimar, in der Montblancſtraße zu Paris.
  • Eine Copie von Valentins heiligem Abendmahl.
David. 12178Verzeichniß der Werke
  • Die Leichenbeſtattung des Patroclus, Skizzengemaͤlde.
  • Ein heiliger Hieronymus, in der Manier der Academie.
  • Der Kopf eines Philoſophen.
  • Beliſaire und das ihn begleitende Kind, in halber Figur.
  • Das Bild des Grafen Potocki zu Pferde, in natuͤrlicher Groͤße.
  • Der heilige Rochus, eine Madonna, ein Kind und Peſt - kranke in der Pfoͤrtnerei (à la consigne) zu Marſeille.
  • Beliſaire, in natuͤrlicher Groͤße.
  • Beliſaire, verkleinerte Wiederholung des Vorhergehenden. Es iſt in der Galerie des Luxemburg, zu Paris.
  • Ein Chriſtus, natuͤrliche Groͤße.
179Davids.
  • Hector und Andromache.
  • Andromache und Aſtyanax auf Hectors Leichnam weinend, faͤlſchlich der Tod Hectors genannt.
  • Der Schwur der Horatier, großes Gemaͤlde mit ganzen Figuren in natuͤrlicher Groͤße. Es iſt zu Luxemburg.
  • Der Schwur der Horatier. Wiederholung des Vorigen mit drei Fuß hohen Figuren. Dies Gemaͤlde gehoͤrt Herrn Fir - min Didot dem Aeltern.
  • Die Liebe des Paris und der Helena, mit ganzen Figu - ren von drei Fuß Hoͤhe; jetzt in der Galerie von Luxemburg.
  • Die Liebe des Paris und der Helena. Wiederholung des Vorigen mit einigen Veraͤnderungen.
  • Der Tod des Socrates, oder Socrates im Begriff, den Schierlingsbecher zu nehmen, Staffeleigemaͤlde mit zwei und drei - viertel Fuß hohen Figuren. Es gehoͤrt dem Marquis von Verac.
  • Eine Veſtalin, Gemaͤlde in halber Figur.
180Verzeichniß der Werke
  • Die verlaſſene Pſyche, ein Studiengemaͤlde; in halber Figur.
  • Brutus, nach der Verurtheilung ſeiner Soͤhne, nach Hauſe zuruͤckkehrend, großes Gemaͤlde, gegenwaͤrtig in der Galerie zu Luxemburg.
  • Ludwig XVI., welcher in den Sitzungsſaal der conſtituiren - den Verſammlung tritt. Es iſt nicht bekannt, wo dieſes Ge - maͤlde geblieben iſt.
  • Der Schwur im Ballhauſe, mit Tuſche gezeichnet. Es gehoͤrt Davids Familie.
  • Die letzten Augenblicke Michael Lepelletiers, Staffeleige - maͤlde von einer Figur in natuͤrlicher Groͤße. Es iſt ein Eigen - thum von Davids Familie.
  • Portrait der Suſanne Lepelletier von St. Fargean. Waiſe von Michael Lepelletier und Adoptiv-Tochter der franzoͤſiſchen Na - tion.
  • Der ſterbende Marat, Staffeleigemaͤlde von einer Figur in natuͤrlicher Groͤße. Es gehoͤrt Davids Familie.
181Davids.
  • Der junge Barra, welcher auf ſeiner dreifarbigen Kokarde ſtirbt. Dieſes intereſſante Gemaͤlde hat die Familie Davids.
  • Der Kampf der Sabiner mit den Roͤmern nach der Entfuͤh - rung der ſabiniſchen Jungfrauen, im großen Maaßſtabe ausge - fuͤhrt, es befindet ſich in der Galerie von Luxemburg.
  • Phaon und Sappho in natuͤrlicher Groͤße fuͤr den Fuͤrſten Yuſupoff gemalt, es iſt noch in Rußland.
  • Portrait des erſten Conſuls Bonaparte zu Pferde. Von dieſem Gemaͤlde ſind fuͤnf Exemplare vorhanden, welche ſich in den verſchiedenen Hauptſtaͤdten Europas befinden.
  • Die Kroͤnung des Kaiſers Napoleon. Es iſt das groͤßte aller bekannten Gemaͤlde, gegenwaͤrtig im Louvre aufbewahrt.
  • Die Vertheilung der Adler, zum Gegenſtuͤck des Vorigen beſtimmt, wird auch im Louvre aufgehoben.
  • Der Kaiſer Napoleon in ſeinem Cabinet. Hiervon hat der Meiſter vier Copien angefertigt. Das Original iſt in England.
  • Portrait Napoleons im Kaiſerornat. Dies Gemaͤlde wurde182Verzeichniß der Werkefuͤr den Prinz Hieronymus Bonaparte, Koͤnig von Weſtphalen, be - ſtimmt.
  • Leonidas zu Thermopylaͤ. Dies Meiſterſtuͤck Davids iſt in der Galerie des Schloſſes Luxemburg.
  • Amor, welcher beim Aufgang der Sonne Pſyche verlaͤßt. Die Figuren ſind von natuͤrlicher Groͤße. Dies Gemaͤlde befindet ſich in der Galerie des Herrn Grafen Sommariva.
  • Telemach und Eucharis, Staffeleigemaͤlde mit halben Fi - guren. Es iſt in der Galerie des Grafen von Schoͤnborn zu Muͤnchen.
  • Wiederholung des Vorigen mit einigen Veraͤnderungen. Es gehoͤrt Herrn Firmin Didot dem Juͤngern.
  • Eine Wiederholung der Kroͤnung Napoleons. Zu Bruͤſſel waͤhrend des Meiſters Exil angefertigt.
  • Der Zorn Achilles gegen Agamemnon, Staffeleigemaͤlde mit halben Figuren. Es war in der Sammlung des Herrn Par - mentier zu Enghien und iſt im Jahre 1825 verkauft.
183Davids.
  • Wiederholung des: Der Zorn Achilles, mit großen Veraͤn - derungen. Die Krankheit Davids hinderte ihn, es voͤllig auszu - arbeiten; aber Michael Stapleaux hat es in ſeiner Gegenwart vollendet.
  • Alexander, der bei ſeinem Eintritt in Apelles Werkſtaͤtte die - ſen damit beſchaͤftigt findet, die Campaspe, eine Geliebte jenes Er - oberers, zu malen und ſie ihm zur Gemahlin gibt. Dieſes Ge - maͤlde, welches die Familie Davids beſitzt, iſt nicht ganz been - digt.
  • Eine alte Zigeunerin, welche einem jungen Maͤdchen wahr - ſagt. Staffeleigemaͤlde mit halben Figuren. Es gehoͤrt Herrn Julius David.
  • Der von der Venus und den Grazien entwaffnete Mars. Davids Meiſterſtuͤck waͤhrend des Exils. Es gehoͤrt ſeiner Familie.
  • Das nicht beendigte Portrait der Madame Recamier, Da - vids Familie gehoͤrig.
  • Der Papſt Pius VII. und der Cardinal Caprara, in ei - nem Rahmen. Dies Portrait gehoͤrt Herrn Hyacinth Didot.
  • Portraͤt des Herrn Desmaiſons, Oncle des Meiſters.
184Verzeichniß der Werke
  • Desgleichen von Herrn Pecoul, Schwiegervater des Mei - ſters.
  • Desgl. von Madame Pecoul, Schwiegermutter des Mei - ſters.
  • Desgl. des Herrn Leroy, Arzt.
  • Desgl. des Grafen von Clairmont d’Amboiſe.
  • Desgl. der Graͤfin v[on]Bréhan.
  • Desgl. des Herrn und Frau Vaſſal.
  • Desgl. des beruͤhmten Phyſikers Lavoiſier, in ſtehender Figur.
  • Desgl. der Madame Lavoiſier.
  • Desgl. der Madame von Sorcy.
  • Desgl. der Madame Devilliers.
185Davids.
  • Desgl. der Familie Theluſſon.
  • Desgl. der Madame Lecouteux (in einer Feuersbrunſt ver - brannt).
  • Desgl. der Madame Hocquart (auch dies iſt verbrannt).
  • Desgl. der Frau von Verninac, geb. Lacroix.
  • Desgl. des Herrn Pennerin Vilandois.
  • Desgl. des Herrn Blau hollaͤndiſchen Geſandten in Frank - reich.
  • Desgl. des Herrn Meyer, hollaͤndiſchen Geſandten in Frank - reich.
  • Desgl. des Herrn Seriſiat.
  • Desgl. der Frau Seriſiat.
186Verzeichniß der Werke
  • Desgl. des Herrn Eſteve, Schatzmeiſter des Hauſes von Napoleon.
  • Desgl. des Grafen Français (aus Nantes).
  • Desgl. des Herrn und Madame Mongez, in einem Rah - men.
  • Desgl. des Baron Alquier Mitglied des Convents und vormaliger Geſandte.
  • Desgl. der Frau Graͤfin Vilain XIV. aus Bruͤſſel und ihrer Tochter.
  • Desgl. des Grafen Turenne, Bruſtbild.
  • Desgl. des Grafen Turenne, eine Wiederholung des Vori - gen in ſitzender Figur.
  • Desgl. General Gerard in ſtehender Figur.
  • Desgl. des jungen Prinzen von Gâvre.
187Davids.
  • Desgl. des Grafen Sieyes in ſitzender Figur.
  • Desgl. der Madame David, Gattin des Meiſters.
  • Desgl. des Herrn Ramel, Mitglied des Convents, vorma - liger Finanzminiſter der franzoͤſiſchen Republik.
  • Desgl. der Madame Ramel geb. Pankoucke.
  • Desgl. des Papſtes Pius VII. gegenwaͤrtig in der Galerie von Luxemburg.
  • Desgl. der beiden Toͤchter Joſeph Bonapartes.
  • Desgl. der Fraͤulein von Villeneuve, Nichte von Joſeph Bonaparte.
  • Die Portraits von Eugen David und ſeiner Gattin, im Kleinen mit ſchwarzer Kreide, von ihrem Vater einige Tage vor ſeinem Tode gezeichnet.
  • Eine Zeichnung, welche Alexander den Großen in Apelles188Verzeichniß der WerkeWerkſtaͤtte darſtellt. Sie gehoͤrt dem erſten Maler des Koͤnigs von Frankreich, Herrn Gros, einem Schuͤler Davids.
  • Desgl. des Homer, der den 24ſten Geſang ſeiner Jliade dem geruͤhrten Volke vortraͤgt.
  • Desgl. des Agamemnon, die Briſeis aus Achilles Zelte ent - fuͤhrend. Sie gehoͤrt Herrn Firmin Didot dem Juͤngern.
  • Desgl. des Zorns Achilles, ſie gehoͤrt Herrn Fremiet zu Mons.
  • Desgl. der Gemahlin des Germanicus, welche von ihrer Toch - ter begleitet, die Aſche ihres Gemahls nach Arles bringt. Sie gehoͤrt Herrn Stapleaux.
  • Desgl. des Orpheus, der auf der Leier ſpielend vom Pluto und Proſerpina ſeine Gemahlin zuruͤckfordert. Sie gehoͤrt Herrn Stapleaux.
  • Zwei Zeichnungen, welche den Tod der Amazonen vorſtel - len und in verſchiedener Manier behandelt ſind. Dieſe beiden Stuͤcke hat auch Herr Stapleaux.
189Davids.
  • Athalie und Joas, eine ſchoͤne Zeichnung, welche der Mei - ſter dem Chemiker Herrn Drapiez zum Zeichen ſeiner Hochachtung geſchenkt hat.
  • Eine Zeichnung des Ganymedes, der den Adler Jupiters mit Nectar traͤnkt. Sie gehoͤrt Herrn Doctor Chalupt, dem letz - ten Arzte Davids.
  • Eine Zeichnung, die Schaͤndung der Lucretia durch den Letz - ten der Tarquinier darſtellend. Es iſt das letzte Werk von Da - vids Hand. Er hat es ſeinem Schuͤler Michael Stapleaux zum Zeichen der Freundſchaft geſchenkt.
  • Einige Monate vor ſeinem Tode hatte David Herrn Van Hultem, fuͤr die Stadt Gand, vier große Zeichnungen, verſchiedene Gegenſtaͤnde darſtellend, eingehaͤndigt.
  • N. B. Die Familie Davids beſitzt noch mehrere Mappen voll Entwuͤrfe und koſtbarer Zeichnungen von der Hand dieſes großen Meiſters.
Ende.

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Graf von Segur’s (Mitglied der franzoͤſiſchen Akademie, Pair von Frankreich) Denkwuͤrdigkeiten oder Erinnerungen und Anekdoten.

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Der geiſtreiche Verfaſſer des beruͤhmten Werks: Napoleon und die große Armee in Rußland erzaͤhlt uns hier auf eine hoͤchſt unterhaltende Weiſe alles das Denkwuͤrdige, was ſich waͤhrend ſeines Lebens, das gerade in die wichtige Zeitepoche, von Ludwig XV. bis auf die heutigen Tage fiel, zugetragen hat und wovon er zum Theil auf ſeinen verſchiedenen hohen Poſten ſelbſt Augenzeuge war. Wir finden hier eine Menge Details und einzelne Zuͤge, die jedes Zeitalter treffend charakteriſiren. Das Ganze iſt zugleich mit ſo viel Witz und Laune verwoben, daß es eine aͤußerſt intereſſante Lectuͤre gewaͤhrt. Die Ueberſetzung iſt ſchoͤn und fließend, dafuͤr buͤrgt ſchon der Name des Ueberſetzers. Das 2te Baͤndchen erſcheint binnen vier Wochen.

Die heilige Feier des Abendmahls.

Ein Erbauungsbuch fuͤr wahre Chriſtusvereh - rer im Geiſte und in der Liebe. Von Heinr. Muͤller, Prediger zu Wollmirsleben. 8. Sau - ber cartonnirt. Preis 18 Gr. oder 1 fl. 21 Kr.

Rathgeber fuͤr alle Diejenigen, welche an Verſchleimung des Halſes, der Lungen und der Verdauungswerkzeuge leiden. Nebſt Angabe der Mittel, wodurch dieſe Krankheiten, ſelbſt wenn ſie eingewurzelt ſind, ſicher geheilt werden koͤnnen. Vierte verbeſſerte Auflage. 8. Preis 8 Gr. oder 36 Kr.

Die Vortrefflichkeit dieſer Schrift iſt ſelbſt von den groͤßten Aerzten Deutſchlands anerkannt; daher ſie ſich ei - nes außerordentlichen Abſatzes zu erfreuen hat.

About this transcription

TextLeben Davids, ersten Malers Napoleons
Author Louis-Joseph-Aimé Thomé de Gamond
Extent211 images; 29155 tokens; 6248 types; 208463 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationLeben Davids, ersten Malers Napoleons Louis-Joseph-Aimé Thomé de Gamond. E. S. (ed.) . [1] Bl., VIII, 89 S. : Ill., Portr. BasseLeipzigQuedlinburg1827.

Identification

Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Berlin SBB-PK, Nt 1495

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Biographie; Belletristik; Biographie; core; ready; china

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-09T17:35:13Z
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Holding LibraryStaatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
ShelfmarkBerlin SBB-PK, Nt 1495
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