PRIMS Full-text transcription (HTML)
ÜBER ENTWICKELUNGSGESCHICHTE DER THIERE.
BEOBACHTUNG UND REFLEXION
ZWEITER THEIL.
MIT VIER KUPFERTAFELN.
KÖNIGSBERG1837.BEI DEN GEBRÜDERN BORNTRÄGER.

Nachricht.

Der Druck dieses Bandes wurde bereits im August des Jahres 1829 begonnen, ruhete dann, aus Mangel an Manuscript, 5 volle Jahre, und konnte endlich in der 2ten Hälfte des Jahres 1834 bis zum 38sten Bogen gefördert werden.

Eine Abhandlung, mit welcher der, jetzt in St. Petersburg lebende, Herr Verfasser den Band zu schlieſsen gedachte, die Vorrede und die Erklärung der Abbildungen, haben wir bis zum heutigen Tage nicht erlangen können, sind auch seit 15 Mona - ten ohne alle Antwort geblieben; daher haben wir die Hoffnung, den Schluſs des Werkes zu erlangen, aufgeben müssen, und hal - ten uns verpflichtet, diesen 2ten Band auf Verlangen mehrerer Käufer so auszugeben, wie er hier vorliegt.

Die Verleger.
[1]

III. Vorlesungen über Zeugung und Entwickelung der organischen Körper gehalten vor Aerzten und angehenden Naturforschern als Einleitung zu einem tiefern Studium der Entwickelungsgeschichte.

II. A[2][3]

§. 15. Aufstellung der Aufgabe.

Zwei Verhältnisse sind es vorzüglich, welche die Klage über die Unvollkommen -a. Organi - sches Leben. heit unsrer Kenntniſs vom Leben immer rege erhalten, die Unmöglichkeit den Lebensproceſs des Organismus aus irgend einer Einzelheit herzuleiten, und die Unfähigkeit der Physiologen den Moment seines Anfanges genau nachzuweisen. Was ist denn eigentlich das Leben des organischen Körpers? fragt man und er - wartet eine Lösung der Frage, welche das Leben aus etwas Anderem herleite, wo möglich aus einer scharf begrenzten Einzelheit. Erklärungen, welche das Leben etwa auf einen fortgehenden Oxydationsproceſs oder einen electrischen Proceſs zurückführen, pflegen daher bei Laien viel Glück zu machen, weil man glaubt, einen solchen einzelnen, auch in der unorganischen Natur zu beobachten - den Proceſs vollständig zu kennen, und weil mit dem ersten Atom hinzutretenden Sauerstoffes das Leben beginnen und bei völliger Sättigung aufhören müſste. Alle Erklärungen dieser Art findet aber der Physiologe bald höchst unvollkommen, nur Eine einzelne Richtung des Lebens berührend, und er lernt einsehen, daſs überhaupt das Leben nicht aus etwas Anderem erklärt, sondern für sich aufge - faſst und aus sich begriffen werden muſs. Auch rückt die Zeit immer näher, wo selbst der Physiker gestehen muſs, daſs er bei seinen Versuchen die einzelnen physischen Vorgänge aus dem Gesammtleben der Natur nur herausreiſst und sich dadurch den Anfang künstlich schafft. Schon wissen wir, daſs kein chemischer Proceſs ist ohne einen galvanischen, kein galvanischer ohne eine magnetische Thätigkeit, daſs Licht und Wärme sich gegenseitig bedingen, und es ist zu hof - fen, daſs, eben so wie jetzt der Physiologe die complicirten Erscheinungen des or - ganischen Lebens den physischen anpaſst, man einst die physischen Erscheinun - gen mit denen in lebenden Organismen vergleichen und aus ihnen verstehen lernen wird. Dann wird wahrscheinlich die Klage über die Dunkelheit der Lebensver - richtungen aufhören. Man wird sich gewöhnen, diese in ihrem gegenseitigenA 24Verhältnisse zu betrachten, wie sie sind, ohne erzwungene oft lächerliche Erklä - rungen und Zurückweisungen auf Einzelheiten in der unorganischen Natur.

b. Des Le - bens Anfang im Indivi - duum.

Mehr noch sieht man aber die Kenntniſs des organischen Lebens als un - vollständig an, weil man den Moment seines Anfanges in jedem einzelnen Orga - nismus nicht genau nachzuweisen im Stande ist. Die Zeugung und Entwickelung eines lebendigen Körpers fand man deshalb von je her besonders geheimniſsvoll und wunderbar. Sie ist es aber nicht mehr als irgend eine andere Lebenserschei - nung, denn wir gewöhnen uns nur zu sehr an den Glauben, daſs wir das voll - kommen verstehen, was wir mit unsern Sinnen oft wahrnehmen, und nur was nicht unmittelbar vor unsern Augen oder unter unsern Händen geschieht, glauben wir, sey uns unverständlich. Auch wer sonst nur wenig auf die Pflanzenwelt achtet, hat sich wohl nach der Lösung des Geheimnisses gesehnt, wie aus dem Saamenkorne ein neuer Baum aufschieſst. Daſs aber ein Baum jährlich Knospen treibt und aus diesen Knospen Aeste hervorwachsen, regt selten die Wiſsbegierde des Nicht-Naturforschers auf und doch ist der Unterschied fast nur der, daſs jene Entwickelung in der Erde von uns nicht geschen, diese über der Erde vor unsern Augen vorgeht. Eben so findet man es nicht wunderbar, daſs jeder Mensch, den wir um uns erblicken, jedes Thier und jede Pflanze sich er - nährt und wenigstens einige Zeit des Lebens hindurch wächst. Die Ernährung ist aber nichts als eine stete Umbildung. Der Mensch von heute ist schon nicht ganz mehr der Mensch von gestern. Das Wachsthum ist Ernährung mit Bildung neuer Körpermasse in der That eine fortgesetzte Zeugung, und die Zeugung ist nichts als der Anfang eines individuellen Wachsthums. Das Wachsthum finden wir nun ganz begreiflich, aber eben der Anfang ist es, den wir gern er - kennen möchten. Vor allen Dingen suchen wir einen recht bestimmten Anfang, eine scharfe Grenze zwischen Seyn und Nichtseyn. Ist aber in der Natur wirk - lich ein solcher absoluter Anfang irgendwo bemerklich? Ist sie nicht ewige Ver - änderung, und liegt es nicht vielleicht blos in der geistigen Anlage des Menschen, daſs er einen absoluten Anfang sucht?

c. Ob es im Moment der Befruchtung neu beginnt?

Man hat in der That Scharfsinn und Phantasie bis zum Uebermaaſs ange - strengt, um diesen Moment aufzuspüren. Vor allen Dingen schien es am glaub - lichsten, daſs im Augenblicke der Befruchtung das neue Wesen wie durch einen electrischen Schlag, oder durch Vereinigung zweier heterogener Stoffe, wie ein chemischer Niederschlag oder durch irgend ein magisches Kunststück entstehen müsse. Allein wie scharf man auch die Microscope wählte, wie sehr man auch das Auge anstrengte, man sah gleich nach der Befruchtung nichts, was man nicht vorher gesehen hatte. Erst einige Zeit später war das neue Pflänzchen oder das5 neue Thier erkennbar und schon im Wachsen begriffen. Vorher war aber doch schon etwas, das zwar nock kein eigenes Leben besaſs, der ersten Form des wer - denden Thieres oder der Pflanze aber doch ähnlich war, und nur als Umbildung dieses Theiles zeigte sich der selbstständige organische Körper.

Man muſste daher auf den Gedanken kommen, der Anfang falle vielleichtd. Ob die Nachkom - men schon in den Ael - tern lebten? nicht mit der Befruchtung zusammen, sondern die Frucht sey schon vorher in den Aeltern vorhanden und gelange jetzt nur in Verhältnisse, in welchen sie rascher fortwachse. In diesem Falle konnte man ihr Daseyn entweder im mütterlichen oder im väterlichen Körper suchen. Im mütterlichen Körper höherer Thiere sind allerdings in bestimmten Organen, den Eierstöcken, Theile enthalten, in wel - chen nach der Zeugung die neuen Individuen sich finden und die man in ihnen sich vorgebildet dachte. Diese Theile heiſsen überhaupt Eier. Sie lassen vor der Befruchtung kein eigenes Leben erkennen. Im männlichen Zeugungs - stoffe der Thiere hatte man hingegen nach der Erfindung der Vergröſserungsgläser eine überaus groſse Menge kleiner, offenbar selbstständig beweglicher, also leben - diger Körperchen entdeckt, eine Beobachtung, die für diejenigen Naturforscher, welche nach einer Praeformation suchten, sehr willkommen war. Diese Thier - chen sollten die augenscheinliche Brut der gröſseren Thiere seyn, in deren Zeu - gungsorganen sie sich finden. Allein nun blieb wieder die Zeugungsgeschichte dieser Thiere zu enträthseln. Hatte man sich einmal am Wunderbaren erhitzt, so wurden alle Schwierigkeiten, wenn auch auf Kosten des gesunden Menschen - verstandes, leicht überwunden. Man warf von entgegengesetzter Seite die ungeheure Anzahl der Thierchen des männlichen Zeugungsstoffes ein; allein die Vertheidiger erwiderten, es wäre sehr glaublich, daſs im Augenblicke der Be - fruchtung Millionen derselben sich mörderisch herumbissen, bis ein Uebrigblei - bender in das Bläschen des weiblichen Eierstockes als glücklicher Sieger einzöge. Schade nur, daſs die Cercarien, so nannten die Zoologen die Thierchen im männlichen Zeugungsstoffe, gar keine Organe zum Beiſsen und überhaupt nicht die entfernteste Aehnlichkeit mit den höheren Thieren haben, sondern aus einem kleinen vordern Knöpfchen und einem langen zugespitzten Anhange bestehen, ohne alle weitere Gliedmaſsen. Nach kurzem Flor wurde diese Hypothese daher auch vergessen und ruhte über ein halbes Jahrhundert, als in neuester Zeit zwei sehr genaue Beobachter, Prévost und Dumas, sie modificirt wieder ins Leben riefen, nach langen und sorgfältigen Untersuchungen der Saamenthierchen. Nicht das ganze Huhn, oder das Rind wird aus der Cercarie gebildet, sagten sie, sondern nur das Nervensystem, das Uebrige wächst dann aus dem weib - lichen Zeugungsstoffe hinzu. In der That hat das Rückenmark, vereint mit dem6 Hirne in allen Thieren, in denen es vorkommt, einige Aehnlichkeit mit den Cer - carien, wenn auch in mehr als millionenfacher Vergröſserung. Mit vielem Ver - trauen war schon der erste Theil ihrer Arbeit durch den Druck bereits bekannt gemacht, als dieselben Beobachter ähnliche Thierchen in den Zeugungsorganen der Schnecken und den Muscheln fanden. Da weder Schnecken noch Muscheln ein Rückenmark und Hirn, sondern ein Nervensystem haben, welches von der Form der Cercarien gar sehr abweicht, so kostete es den Verfassern einige Red - nerkünste, um in einem Nachtrage zu ihrer Zeugungstheorie zu erklären, sie wollten nicht so verstanden seyn, als ob aus dem in das Ei gedrungenen Saamen - thierchen unmittelbar das Nervensystem würde. Das Eindringen derselben veranlasse nur gleichsam eine vorbereitende Bildung. Mit dieser Erklärung hat - ten sie aber selbst ihre Hypothese nicht gleichsam, sondern wirklich gestürzt*)Annales des scienses. Tom. VII. p. 454..

e. Ob mit den ersten Individuen einer Form alle Nach - kommen zu - gleich er - zeugt wor - den sind?
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Ueberhaupt wird die Aufgabe, die man sich einmal aufgestellt hatte, den definitiven Anfang der Bildung anzugeben, nicht gelöst, wenn man die Praeexi - stenz in den Körpern der Aeltern annimmt, denn man muſs nun weiter fragen: wann, wie und warum bildet sich hier der Anfang der Nachkommenschaft? Es lag sehr nahe, daſs man, um diese beschwerlichen Fragen zu beantworten, oder vielmehr um ihnen auszuweichen, alle lebenden Körper bis in die letzte Genera - tion mit den ersten Individuen sogleich geschaffen dachte. Im Eierstock des Huhns sollten alle Küchlein, denen es das Daseyn geben kann, schon völlig aus - gebildet liegen, und in den Eierstöcken jedes dieser Embryonen wieder die ge - sammte Nachkommenschaft und so immer fort, nur so unendlich klein, daſs sie unsern Werkzeugen unerreichbar sind. Sie warten da auf die günstigen Verhält - nisse zur Ausbildung. In jedem organischen Körper mit vereinten Geschlechtern, oder weiblichen Geschlechts, (wenn wir nämlich nach dem Gesagten diejenigen Naturforscher nicht berücksichtigen, welche die Keime im Vater suchten,) dachte man sich also den ganzen Inbegriff aller Nachkommen, so daſs wer eine Mandel verspeist, nicht blos Einen Mandelbaum im Keimzustande verzehrt, son - dern die vielen Billionen und Trillionen, die in diesen wieder eingeschachtelt sitzen. Obgleich diese Hypothese an Unsinn grenzt, so hat sie doch sehr ausge - zeichnete Naturforscher zu Vertheidigern gehabt, und sie ist ein redendes Bei - spiel von den Verirrungen, in die man gerathen kann, wenn man consequent statt der Beobachtung Annahmen gelten läſst. Wäre diese Ansicht begründet, so müſste nothwendig einst eine Zeit kommen, wo der Gärtner keine Früchte von seinen Apfelbäumen ziehen würde, und der Schäfer keine Lämmer von seiner7 Heerde, wo auch der Mensch selbst ohne Nachkommen bleiben würde, und alles Leben auf der Erde aufhörte, weil das im ersten Schöpfungsacte Entstandene nun ausgebildet wäre. Der Schöpfer müſste sein Werk, das, trotz der vielen Wun - der, doch so unvollkommen war, daſs es ein Ende fand, nachdem alles Anfangs Gebildete ausgewachsen war, wieder von neuem beginnen. Vergeblich wandte man ein, daſs nach dieser Hypothese eine Eiche zu den in ihr enthalte - nen Eichbäumen der sechsten Generation sich verhalten müſste wie die Masse des Erdballs zu der Muttereiche. Wie also gar zur 600ten oder 6000ten? Warum nicht? sagten die Vertheidiger dieser sogenannten Einschachtelungstheorie. Wir erkennen daraus nur, wie sehr wir uns über die Kleinheit, in welcher die Natur wirken kann, verwundern müssen. Allein die Natur giebt dem Beobach - ter derselben nur Stoff zur Bewunderung der Einfachheit, mit der sie wirkt, und zur Verwunderung über die Geneigtheit, mit der der menschliche Witz ein ihm wunderbar scheinendes Phänomen durch unendlich gröſsere und unbegreiflichere Wunder erklärt.

Ich habe Ihnen die entgegengesetzten Beantwortungen über die Haupt -f. Wie wir zur Beant - wortung dieser Fra - gen Materia - lien sammeln wollen. frage in Bezug auf Zeugung und Entwickelung der organischen Körper angedeutet, um dadurch Gesichtspunkte für den fernern Vortrag hinzustellen. Zugleich habe ich aber ein Paar von den zur Einsicht in die Zeugung erfundenen Hypothesen mit wenigen Worten näher bezeichnet, um Sie darauf aufmerksam zu machen, daſs solche dem langsamen Gange der Beobachtungen vorgreifenden Versuche zur Einsicht es sind, welche die Zeugungsgeschichte so märchenhaft und wunderbar erscheinen lassen; denn wenn auch ähnliche Hypothesen von den meisten Phy - siologen längst als vorübergegangen betrachtet werden, so geht doch eine dunkle Sage von ihnen im Munde Aller umher, welche nicht durch ihren Beruf selbst auf die nähere Beobachtung dieses Verhältnisses hingewiesen sind, und diese dunkle Sage hindert in der Auffassung einer einfachern und richtigern Ansicht und in der Unterscheidung des wirklich Beobachteten von der Ergänzung derselben.

Sie werden sich leicht denken, daſs die vereinten Bemühungen vieler Beobachter Stoff zu einem sicherern Urtheil geliefert haben muſs. An Bestrebun - gen hat es wenigstens nicht gefehlt, und wenn auch die Beobachtung in diesem Felde mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hat und viele Lücken noch auszu - füllen sind, so ist wenigstens unläugbar so viel gewonnen, daſs man aus der Beobachtung die Irrigkeit jener Extreme in den Vorstellungen über die Zeugung und Entwickelung nachweisen kann. Denn es ist hier, wie bei der Untersuchung aller übrigen thierischen Verrichtungen, vor allen Dingen leichter nachzuweisen welche Vorstellungen, die man, dem langsamen Gange der Beobachtung vorgrei -8 fend, als Möglichkeiten hingestellt hat, irrig sind, als vollständig den wahren Hergang der Zeugung und Entwickelung einzusehen und aus den mannigfachen Variationen das Wesentliche aufzufinden. Allein ich zweifle auch keinesweges, daſs wir thatsächliche Kenntniſs genug besitzen, um das Verhältniſs dieser Seite des organischen Lebens zu andern zu erkennen und zum Theil wenigstens die Mittel nachzuweisen, welche die Natur anwendet, um einen neuen Organis - mus zu gestalten. Mehr aber kann die Physiologie als Kenntniſs des Lebens eigentlich nirgends erreichen. Die anhaltenden Untersuchungen über Ent - wickelungsgeschichte sind aber zum Theil noch so neu, zum Theil sind die frü - heren durch angenommene Ansichten so getrübt, daſs man behaupten darf, ihre Ergebnisse seyen selbst den Aerzten im Allgemeinen noch wenig bekannt, den Nichtärzten aber fast völlig fremd.

Ich möchte daher wohl den Versuch wagen, durch eine Darstellung des Beobachteten Sie zu einer tiefern Einsicht in die Zeugungs - und Entwickelungs - geschichte der organischen Körper zu führen und zu zeigen, wie dieselben we - der vorgebildet sind, noch auch, so wie man sich gewöhnlich denkt, aus unge - formter Masse in einem bestimmten Momente plötzlich anschieſsen. Die Schwie - rigkeit über einen Gegenstand zu sprechen, der der Sphäre unsrer Schul - und Universitätsbildung, die sich die allgemein menschliche nennt, so ganz fremd ist, fühle ich wohl, und ich fürchte nicht ohne Grund, daſs es mir unerreichbar seyn wird, so verständlich zu werden als ich wünsche, besonders weil das Hypothe - tische Ihnen bis jetzt geläufiger seyn dürfte als das Factische. Muſs ich doch so - gar voraussetzen, daſs Ihnen der Bau des Vogeleies unbekannt ist, denn obgleich unter meinen verehrten Herrn Zuhörern wohl keiner ist, der nicht wüſste, daſs Gänsegeschnatter einmal das Capitol gerettet haben soll, so ist, auſser den Medi - cinern, wohl keiner, der mit dem Inhalte eines Gänseeies bekannt wäre, und ein tüchtiger deutscher Schulmann würde überhaupt nicht wissen, daſs das Geflügel Eier legt, wenn er’s nicht aus dem Plinius oder Phädrus hätte.

Die Entwickelungsgeschichte der Vögel ist es, die durch die vortheilhafte Gelegenheit zur fortgesetzten Untersuchung die Basis unsrer Kenntniſs der Erzeu - gung und Ausbildung der Thiere geworden ist. Was wir von der Ausbildung der übrigen Thiere wissen, ist für die meisten Klassen, besonders aber für die Säugethiere, zu denen ja auch der Mensch in physischer Hinsicht gehört, so ver - einzelt, daſs es nur durch die Vergleichung mit der Entwickelung der Vögel ver - ständlich wird. Diese Vergleichung ist aber auch für unsern Zweck nothwendig, damit wir einsehen, was in der Entwickelungsgeschichte der Vögel für die thie -ri -9rische Entwickelungsgeschichte überhaupt gilt und was nur dieser Thierklasse eigenthümlich zukommt.

Ich werde nun, damit Sie selbst Stoff zum Urtheil erlangen, und nicht die Ueberzeugungen und allgemeinen Lehren, zu denen wir gelangen, als eine Tra - dition aufzunehmen haben, sondern nach Ihrer eigenen geistigen Ausbildung zu modificiren im Stande sind, den Weg einschlagen, der dazu am meisten geeignet scheint. Ich werde zuerst die Entwickelungsgeschichte der Vögel vortragen, dann das Wesentlichste aus der Bildungsgeschichte anderer Thierklassen kürzer gefaſst hervorheben und mit der Ausbildung der Vögel vergleichen, um endlich zur Beleuchtung der Hauptfrage über das Wesen der Zeugung und der Entwicke - lung des Embryo überzugehen, mit dem Bestreben, das Sichere, Unabweis - bare, den darauf gegründeten Ansichten voranzuschicken, ohne überall einen streng chronologischen Weg einzuschlagen, sondern nach einer solchen Anordnung, wie ich sie für die Verständlichkeit vortheilhaft halte. Aus diesem Grunde werde ich auch nicht mit der ersten Spur der Eier der Vögel beginnen, sondern mit der Be - schreibung des gelegten, noch nicht bebrüteten Eies, weil Jedermann die be - quemste Gelegenheit hat, solche Eier zu untersuchen, um an ihnen die einzelnen Theile kennen zu lernen*)Meinen Lesern rathe ich auch recht nachdrücklich, beim Lesen der folgenden Paragraphen ein Paar Eier zu öffnen. Man breche oben einen Theil der Schaale weg und sehe zuerst den Inhalt des Eies an, dann breche man die gesammte Schaale, wo möglich, in zwei Hälften aus einander und lasse den ganzen Inhalt des Eies in ein Gefäſs mit Wasser fallen, das tief genug ist, um das Ei darin wenden zu können..

Da viele von Ihnen Aerzte sind, so darf ich annehmen, daſs es für Sie vor - zügliches Interesse haben muſs, die Entwickelung des Menschen mit der der Vögel durch die verbindende Brücke der übrigen Säugethiere verglichen zu sehen. Ich nehme dabei an, daſs die meisten von Ihnen die menschliche Frucht so kennen, wie unsere gewöhnlichsten anatomischen Handbücher sie geben. Ich darf ferner annehmen, daſs Ihr Wunsch nicht allein darauf gerichtet ist, für die Hauptfrage über die Art und Zeit der Entstehung des organischen Körpers und seines Lebens sich eine Ueberzeugung zu gewinnen, sondern auch die Bildungsweise der ein - zelnen Organe kennen zu lernen, weil ihre Bildungsweise so viel Licht auf ihre physiologische Bedeutung wirft.

II. B10

§. 2. Bau des gelegten, noch nicht bebrüteten Vogeleies.

Alle Eier von Vögeln sind einander überaus ähnlich gebaut. Die Unter - schiede beruhen nur auf Verschiedenheiten der Form, auf gröſserer oder geringe - rer Dicke der Schaale, auf verschiedenen Quantitätsverhältnissen in den einge - schlossenen Theilen, und auf geringen Abweichungen in der chemischen Be - schaffenheit derselben. Da nun gar keine wesentlichen Unterschiede sich finden, die Eier der Hühner aber in jeder Hinsicht am meisten bekannt und die chemische Beschaffenheit nur an ihnen genau untersucht ist, so wollen wir das Hühnerei als den Repräsentanten aller Vogeleier kennen lernen.

a. Eischaa - le, Testa. Taf. III. Fig. 3 a.
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Wir finden zu äuſserst eine ziemlich harte und spröde kalkige Eischaale (Testa)*)Die Eischaale wird auch Putamen und zuweilen Cortex im Lateinischen genannt.. Daſs diese nicht aus einer gleichmäſsig und ununterbrochen zu - sammenhängenden Lage von Kalkmasse besteht, ist schon daraus ersichtlich, daſs jedes Ei, wenn es eine Zeitlang liegt, allmählig etwas von seinem Gewichte ver - liert, indem ein Theil der Flüssigkeit des Eiweiſses verdünstet. Noch gröſser ist der Verlust in der Brutwärme. Man pflegt daher mit Recht die Schaale porös zu nennen. Wenn man sich aber die Porosität so vorstellt, als ob die Schaale von offenen Kanälen durchzogen sey, und sich dabei auf die Ansicht mit unbewaffne - tem Auge und durch das Microscop, oder auf das Hervortreten von Luftblasen unter der Luftpumpe beruft, so halte ich diese gewöhnlichste Vorstellung für un - richtig. Zuvörderst sieht man zwar schon mit unbewaffnetem Auge äuſserlich Gruben und unter dem Microscope viele hellere Stellen in der übrigens undurch - sichtigen Eischaale, nirgends aber Löcher, durch welche das Licht ungebrochen durchginge**)Ich weiſs sehr wohl, daſs diese erste Bemerkung für sich allein nicht beweisend ist, denn die Kanäle könnten so schief durch die Schaale gehen, daſs sie deshalb unter dem Microscope nicht bemerkt würden; allein die Behandlung mit Salpetersäure und am meisten die erst un - ten (§. 4) zu besprechende Entstehungsweise der Kalkschaale lassen über die Abwesenheit von offenen Kanälen keinen Zweifel.. Ferner wird der Mangel offener Durchgänge auf folgende Weise erwiesen. Wenn man ein Stück Kalkschaale, von der man die unterliegende Schaalenhaut vollständig entfernt hat, in verdünnte Salpetersäure legt, so bleibt, nachdem die erdigen Theile aufgelöst sind, immer ein vollständig zusammenhän - gendes, mit kleinen Zotten besetztes, ziemlich festes Blatt aus thierischem Stoffe zurück, welches keine Löcher zeigt. Die Kalkmasse liegt also in einer zusam -11 menhängenden Haut aus thierischem Stoffe, und nur der Kalk läſst Lücken, nicht aber der thierische Stoff*)Genauer angegeben ist das Verhältniſs so: Wenn die Eischaale eine Zeitlang der verdünn - ten Salpetersäure ausgesetzt worden ist und schon viele Luftblasen sich entwickelt haben, so löst sich ein continuirliches festes Blatt, das unter dem Microscope kleine Vorragungen (Zot - ten) erkennen läſst, von der innern Fläche ab. Ich habe den Versuch zu oft wiederholt und zu sorgsam die Schaalenhaut entfernt, um zu glauben, daſs dieses Blatt eine übersehene, frei aufliegende Schicht der letztern sey. Sie ist ein Theil der Schaale, die jetzt nur noch die halbe Decke behält. Aus dem Ueberreste löst sich nun allmählig auch der Kalk auf und es bleibt dann nur ein ganz dünner, nicht als Blatt zusammenhängender, schleimähnlicher Stoff zurück. Die Kalkschaale enthält also eine feste, aus thierischem Stoffe gebildete Hant mit Zotten und darüber noch etwas thierischen Stoff, von dem sich nicht bestimmen läſst, ob er mit jener Haut und ihren Zotten ursprünglich zusammenhing, und durch die Wirkung der Salpetersäure, die viele Luftblasen entwickelt, abgerissen ist, oder ursprünglich von ihr ge - trennt war.. Beim Verdünsten muſs also die Feuchtigkeit, wie in vielen andern Verhältnissen, durch dieses vom unterliegenden Eiweiſse feucht erhaltene Blatt und seine Zotten hindurchgehen. Denselben Weg muſs die Luft nehmen, wenn die Luftblasen, die man aus einem Eie, das, unter Wasser lie - gend, einem verminderten Luftdrucke ausgesetzt wird, aufsteigen sieht, wirk - lich aus dem Innern des Eies kommen**)Es ist nämlich noch nicht erwiesen, daſs die Luft, die sich in Blasen erhebt, nicht dem Ei vorher äuſserlich anhing. Dieses Anhängen läſst sich wenigstens von der zuerst aufsteigen - den Luftmenge annehmen.. Bei starker Verdünnung der Luft mag auch der vermehrte Druck von innen Zerreiſsungen der nicht verkalkten Stellen der Schaale erzeugen; denn nach sehr starkem und plötzlichem Auspum - pen sieht man Luftbläschen an einzelnen Stellen wie fortlaufende Strahlen auf - steigen. Daſs nicht ursprünglich offene Kanäle da sind, machen auch diejenigen Eier wahrscheinlich, in denen der Embryo abstirbt und der Inhalt faul wird. In ihnen ist die Luft zuweilen so stark zusammengepreſst, ohne einen Ausweg zu finden, daſs beim Aufbrechen der Schaale der Inhalt mit einem lauten Knall weit umhersprützt. Ob in solchen Fällen vielleicht die weichen Theile der Schaale mit den öligen Bestandtheilen, die in den Eiern sich finden, getränkt sind und deshalb die Luft nicht durchlassen, mag ich mit Bestimmtheit nicht entscheiden. Offenbar aber ist es, daſs der Luft keine offenen Durchgänge sich in solchen Eiern darbieten. Sie verbreiten keinen Geruch. Andere faul gewordene Eier verbreiten einen sehr starken Geruch und werden rasch leichter.

In chemischer Hinsicht besteht die Schaale des Hühnereies nach Prout***)Philosophical Transactions 1822 und Schweigger’s Neues Journal für Chemie und Physik. N. F. Bd. VIII. S. 64. aus kohlensaurem Kalke mit etwas kohlensaurem Talk, zusammen imB 212Betrage von 0,97; ein wenig phosphorsaurem Kalk mit etwas phosphorsaurem Talk 0,01; einer thierischen, Schwefel enthaltenden Substanz 0,02; und einer Spur von Eisen.

b. Schaalen - haut, Mem - brana testae. Taf. III. Fig. 3. b.
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Dicht unter der Schaale liegt eine weiſse, dünne, aber doch ziemlich feste Haut, die Schaalenhaut (Membrana testae)*)Diese Haut hat viele Namen erhalten: Membrana testacea; Membrana putaminis; Membrana ovi propria; Membrana succingens; Membrana ovi liquores amplectens; Pellicula. Im Deut - schen häbe ich den Namen Schaalenhaut beibehalten, weil er ganz allgemein eingeführt und für das Vogelei nicht unpassend ist. Die physiologische Bedeutung würde durch die Benen - nung: Aeuſsere Haut des Eiweiſses oder Oberhaut des Eies, wohl noch treffender bezeichnet werden.. Sie läſst zwei Blätter unter - scheiden, die mit Ausnahme des stumpfen Endes dicht an einander kleben. Das innere Blatt ist einfach und nach innen zu, wo es an das Eiweiſs grenzt, glatt, das äuſsere Blatt aber, in welchem sich wieder mehrere (wenigstens zwei) Schichten unterscheiden lassen, liegt eng an der Schaale an und zeigt, wenn man es von dieser trennt, eine rauhe Oberfläche, indem kleine Verlängerungen von der Schaalenhaut in die Schaale eingehen, welche bei der künstlichen Trennung abreiſsen und mit einem Theile wie zarte Zotten auf der Schaalenhaut sitzen blei - ben. Diese Verlängerungen verknüpfen also die nicht verkalkte Schaalenhaut mit der in der Schaale enthaltenen Haut aus thierischem Stoffe. (Siehe oben bei a.) Am stumpfen Ende des Eies sind beide Blätter der Schaalenhaut, im Augenblicke wo das Ei gelegt wird, nah an einander liegend. Nach dem Legen entfernen sie sich aber hier immer mehr und es sammelt sich zwischen beiden eine Quantität Luft an der sogenannte Luftraum.

Die Schaalenhaut hat zwar einzelne unregelmäſsige hellere Streifen, aber keine Spur von Gefäſsen. In chemischer Hinsicht verhält sie sich wie verdich - tetes Eiweiſs.

c. Eiweiſs, Albumen. Fig. S. b c d e. Aeuſseres Eiweiſs, Alb. externum. Fig. 3. b c.
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Im Innern der Schaalenhaut befindet sich eine beträchttiche Menge Ei - weiſs (Albumen)**)Auch das Weiſse vom Ei, Albor ovi. , an welchem man keine eigenthümliche Textur erkennt. Deutlich ist es indessen, daſs die äuſsere Schicht desselben flüssiger ist, während das mehr nach der Mitte liegende Eiweiſs eine festere Consistenz hat. Deswegen flieſst, wenn man in die Schaale eine etwas gröſsere Oeffnung schlägt, ein Theil des Eiweiſses ab, ein anderer bleibt zurück und bildet, den Dotter umgebend,Mittleres Eiweiſs, Alb. medium. c d. eine schwache Wölbung, als Beweis, daſs er einige Consistenz hat. Dieses Ei - weiſs behält auch, wenn man den ganzen Inhalt eines Eies aus einem weit geöffneten Ei unter Wasser so ausgieſst, daſs der Rand der Schaale das Eiweiſs13 nicht verletzt, ziemlich seine Form und sinkt nur wenig zusammen, weil es etwas schwerer ist als das Wasser*)Bei vielen Schriftstellern heiſst dieses Eiweiſs das innere, weil sie das dritte Eiweiſs nicht besonders aufzählen.. Nachdem man es ausgegossen hat, sieht man ihm noch den Rest des flüssigen Eiweiſses nachfolgen. Man kann aber in dem dichten Eiweiſs wieder ein innerstes Eiweiſs unterscheiden, welches viel dichterInnerstes Eiweiſs, Alb. internum, s. tertium. d e. und zäher ist als das übrige, die Hagelschnüre so wie mit einer sehr dünnen Schicht die Dotterkugel zunächst umgiebt und an ihnen so fest hängt, daſs es fast gar nicht vollständig zu entfernen ist. Das mittlere Eiweiſs verlängert sich nach dem spitzen Ende zu und hängt hier unmittelbar an der Sehaalenhaut, ohne zwischenliegendes äuſseres Eiweiſs, an. Wenn man nun den Inhalt des Eies aus - gieſst, so verlängert sich dieser angeheftete Theil sehr stark, ehe er abreiſst. Weil er sich so dabei schnurförmig ausdehnt, hat ihn Treddern**)Treddern Dissertatio sistens ovi avium historiae et incubationis prodromum. Jenae 1808. in 4. das Band des Ei -Band des Ei - weiſses. Li - gamentum albuminis. Fig. 3. d. weiſses (Ligamentum albuminis) genannt. Ich finde aber keine besondere Structur in ihm und einen ganz ununterbrochenen Uebergang in das gesammte mittlere Eiweiſs, weshalb ich dieses sogenannte Band nur für das zugespitzte und angeheftete Ende des mittlern Eiweiſses halte. Eine ähnliche schwächere Anhef - tung geht an das innere Blatt der Schaalenhaut vom stumpfen Ende des Eies. Eine besondere Haut, oder fester geronnene, abgesonderte Schicht an der Ober - fläche des mittlern Eiweiſses, die man unter dem Namen Haut des EiweiſsesMittlere Haut des Ei - weiſses, Membrana albuminis. (Membrana albuminis) beschrieben hat, finde ich im frischen Eie nicht, wohl aber erhält dieses Eiweiſs eine festere Begrenzung, wenn man es in Wasser liegen läſst. So oft man eine so gebildete äuſsere Begrenzung wegnimmt, so oft bildet sich eine neue, wie Purkinje sehr richtig bemerkt, als sicherer Beweis, daſs diese scheinbaren Häute sich erst durch die Berührung mit dem Wasser er - zeugen.

Die chemische Untersuchung lehrt, daſs das Eiweiſs des Hühnereies 0,85 Wasser, 0,12 Eiweiſsstoff, 0,027 Speichelstoff und 0,003 schwefelsaure und salz - saure Salze enthält (nach Bostock)***)Prout hat a. a. O. nur die entfernteren Bestandtheile angegeben, die ungemein in der Quan - tität wechseln. Er fand sie durch Verbrennung. Es fehlen also die wäſsrigen und flüchtigen Theile. Die übrigen erhielt er in folgendem Verhältnisse: Schwefelsäure 0,00015 0,00029 Phosphorsäure 0,00045 0,00048 Chlor 0,00087 0,00094 Kali und Natron (zum Theil kohlensauer) 0,00272 0,00293 Kalk - und Talkerde (eben so) 0,00025 0,00032. Auſser den Alkalien in Salzen ist14 gewöhnlich noch ein Theil der Alkalien ungebunden, weshalb das Eiweiſs alka - lisch reagirt.

d. Dotter - kugel, Glo - bus vitella - rius. Fig. 2 c. Fig. 3. f.
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In dem Eiweiſse schwebt die gelbe Dotterkugel. Sie besteht aus dicklicher Dottersubstanz, welche von einer dünnen Haut, der Dotterhaut, umgeben wird. Ihre Form ist nicht völlig kugelig, sondern ellipsoidisch, indem ihre längste Axe wie die längste Axe des Eies gerichtet ist. Auch ist sie nicht ganz in der Mitte des Eies, sondern, da sie leichter als das Eiweiſs ist, so erhebt sie sich etwas in ihm gegen den Theil der Schaale, welcher bei irgend einer Lage des Eies oben liegt. In der Mitte der obern Fläche des Dotters erblickt man durch die Dotter - haut durchschimmernd einen weiſsen kreisförmigen Flecken, den Hahnentritt oder die Narbe. Von der Dotterkugel aus sieht man nach beiden Enden des Eies in das Eiweiſs zwei weiſse gedrelite Stränge hineinragen, welche die Hagelschnüre hei - ſsen. Wir wollen jetzt diese Theile einzeln ins Auge fassen und mit den letzteren anfangen.

e. Hagel - schnüre, Chalazae. Fig. 3. e.
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Die Hagelschnüre (Chalazae)*)Grandines; Tractus albuminosi; Appendices albuminis. Bei den letzteren Benennungen ist auſser dem weiſsen Strange auch das dritte Eiweiſs mit eingeschlossen. Ligamenta suspenso - ria vitelli. haben ihren Namen davon erhalten, daſs man beim ersten Anblick in jedem Ende des Eies zwei Reihen zusammen - hängender rundlicher Körperchen, die durch ihre weiſse Farbe sich bemerklich machen, zu erblicken glaubt. Eine nähere Betrachtung zeigt aber bald, daſs man hier gedrehte Schnüre vor sich hat und daſs die weiſsen Klümpchen nichts sind, als Windungen dieser Schnüre. Gewunden sind nämlich die Schnüre im - mer, wenn auch nicht immer auf dieselbe Weise. Entweder ist jede Schnur nur in sich gewunden, so daſs sie selbst grade ist wie ein Seil, und man spiralförmige Streifen, die Andeutungen der Windungen, nur an ihrer Oberfläche sieht. Sie ist aber auch dann nicht so gleichförmig dick wie ein Seil, sondern einzelne Stellen sind dicker. Oder jede Schnur ist auch selbst wie ein Pfropfenzieher um einen mittlern nicht ausgefüllten Cylinder gedreht. In diesem häufigern Falle besonders erscheinen die dem Auge am meisten zugekehrten Abschnitte als klum - pige Massen, wenn man ihren Zusammenhang in der Tiefe nicht gleich be - merkt**)Nicht selten sieht man auch auf jeder Seite zwei gesonderte weiſse Stränge, einen graden, nur in sich gewundenen, und einen meistens dünnern, der wie ein Pfropfenzieher in einiger Entfernung sich um den andern windet. Seltener sind auf einer Seite der Eier zwei Hagel - schnüre, die sich nicht um einander winden und mehr oder weniger von einander abstehen.. Diese Schnüre werden aber nicht wie Seile aus zusammengedrehten***)Vor dem Verbrennen ist aber ein Theil des Schwefels und Phosphors im ungesäuerten Zu - stande da.15 Fäden, sondern aus einer verdrehten Haut gebildet; denn nach der Dotterkugel zu breitet sich jede Schnur trichterförmig in eine Haut mit auseinanderlaufenden Falten aus, welche bald früher, bald später sich an die Dotterhaut anlegt. Man kann die beiden Trichter bei gehöriger Vorsicht bis ziemlich weit über die Dot - terkugel verfolgen, und wenn es auch in den meisten Fällen nicht gelingt, den einen Trichter über die ganze Dotterkugel weg bis in den Trichter der andern Seite zu verfolgen, so leidet es doch keinen Zweifel, daſs beide nur Theile einer gemeinschaftlichen Haut sind, welche die Dotterkugel umgiebt, (denn nirgends findet man ein bestimmtes Ende der Haut eines Trichters,) und nur in der Mitte so eng an die Dotterhaut angedrückt ist, daſs man sie in den meisten Fällen hier nicht abtrennen kann. Da nun die Trichter selbst nur die nicht verdrehten Enden der Hagelschnüre sind, so sind die letzteren die verdrehten Enden einer Haut, welche die Dotterkugel umgiebt. Man hat sie die Haut der Hagelschnüre (Mem -Haut der Ha - gelschnüre, Membrana chalazifera. brana chalazifera) genannt*)Hagelhaut; Hageltragende Haut; Erste Oberhaut des Dotters.. Es kommen Eier vor, wo diese Haut we - niger eng an der Dotterkugel anliegt und die Trichter sich sehr ausbreiten, ehe sie die Dotterkugel berühren. In solchen Fällen pflegt der Theil der Haut, der die Trichter bildet, nicht so durchsichtig, wie gewöhnlich, sondern weiſs, wie ein mattgeschliffenes Glas zu seyn. Ich habe ein Huhn besessen, das lauter Eier legte, in welchen die beiden sehr weiten und weiſsen Trichter den gröſsten Theil der Dotterkugel verhüllten. In andern Fällen sieht man von dem Trichter einer Hagelschnur zu dem Trichter der andern auf jeder Seite eine weiſsliche, bald schmalere, bald breitere Binde verlaufen, welche, wenn sie auf beiden Seiten sich findet, wie ein Ring oder künstlicher Horizont die Dotterkugel umgiebt. Man hat diese Binde den Gürtel des Dotters (Zona) genannt. Ich halte ihn wederGürtel, Zona. für einen selbstständigen Theil, noch für constant. Vielmehr scheint er mir eine ähnliche Metamorphose der Haut der Hagelschnüre, wie jene oben erwähnten weiſsen Trichter, wofür auch der groſse Wechsel in der Breite, in der Stelle des Vorkommens und im ganzen Vorkommen selbst spricht**)Wie Purkinje habe auch ich mehr als ein Mal eine weiſse Binde grade über den Hahnen - tritt verlaufend gesehen.. Auch habe ich ihn viel häufiger vermiſst, als gefunden. Zufall mag es seyn, daſs, während diejenigen Schriftsteller, welche auf diesen Gürtel ein Gewicht legen und ihm eine beson - dere Bestimmung zuschreiben, ihn in frisch gelegten Eiern beobachteten, ich ihn häufiger in Eiern sah, die wahrscheinlich längere Zeit gelegen hatten, am häu - figsten nämlich im Monat August in angekauften Eiern, von denen um diese Zeit16 ein groſser Theil nicht ganz frisch zu seyn pflegt. Dasselbe hat Purkinje beobachtet.

Viel ist darüber gestritten worden, ob die Hagelschnüre hohl sind, oder nicht. Es kann nämlich keinem Zweifel unterworfen werden, daſs während der Bebrütung die Dotterkugel an Umfang zunimmt und die Masse des Dotters flüssiger wird, während das Eiweiſs an Flüssigkeit verliert. Es geht also wohl Flüssigkeit aus dem Dotter in das Eiweiſs über. Da war es denn einigen Beobachtern wahrscheinlich, daſs die Hagelschnüre wie Saug - adern oder ähnliche Kanäle die Flüssigkeit dem Dotter zuleiteten. Um diese Ansicht geltend zu machen, hat man behauptet, das dem Dotter zugekehrte Ende der Hagelschnüre münde durch eine Oeffnung der Dotterhaut in die Dotter - kugel ein und das abgekehrte Ende löse sich in Franzen auf, die als Saugfasern wirken. Allen diesen Angaben kann ich nicht beistimmen. Zuvörderst muſs man den Trichter der Hagelschnur von der Dotterhaut unterscheiden. Zwar ist der Trichter oft klein, und es liegt dann auch seine Spitze nahe an der Dotter - kugel, doch kann man die Dotterhaut immer wenigstens im Umfange einer Linie abtrennen, und man sieht deutlich unter dem Microscope, daſs die Dotterhaut hier keine Oeffnung hat. Der Trichter ist allerdings hohl, seine Spitze geht nothwen - dig in die Hagelschnur ein und läſst eine feine Sonde zuweilen eine Linie weit fort - schieben*)In den meisten Fällen läſst sich ohne Abtrennung des dritten Eiweiſses auch die feinste Sonde nicht in die Hagelschnur einführen., allein bald verliert sich alle Höhlung. Ferner kann man allerdings die Haut der Hagelschnur etwas aufdrehen, wenn man sich die groſse Mühe nicht verdrieſsen läſst, das zähe, eng anliegende innerste Eiweiſs schichtenweise sorg - sam zu entfernen, aber meistens wird man kaum ein Paar Linien weit den Strang aufdrehen, weil die Haut sehr dicht verschnürt ist und im natürlichen Zustande keine Höhlung hat. Nur wenn die Hagelschnur kurz und in grader Linie ge - dreht ist, kommen einzelne kleine Stellen vor, wo die Haut, aus der sie besteht, so wenig verschnürt ist, daſs im Innern eine kleine Lücke bleibt. Doch sind diese Stellen sehr beschränkt. Eben so wenig sehe ich am abgekehrten Ende Saugfäden. Dieses ist vielmehr unregelmäſsig kolbig und nur das anhängende Ei - weiſs mag den Schein von solchen Fäden angenommen haben, indem man die eigentliche Hagelschnur aus ihm herauszog. Die Hagelschnüre sind also wohl nicht die Kanäle, durch welche die dünnen Theile des Eiweiſses in den Dotter dringen. Vielmehr sind sie die allerschwierigsten Wege, welche sich das Eiweiſs wählen könnte; denn da die Dotterhaut in dieser Gegend sicher nicht durchbohrtist,17ist, so müſste die Flüssigkeit auch hier durch die genannte Haut hindurchdringen, wie im übrigen Umfange der Dotterkugel, und müſste sich auſserdem noch einen schwierigen Weg durch die verschnürte Hagelschnur bahnen, während sie im übrigen Umfange des Dotters nur durch die sehr dünne Dotterhaut und die mit ihr verschmolzene Haut der Hagelschnüre vom Eiweiſs getrennt ist*)Ueber den vermeintlichen hohlen Gang in den Hagelschnüren siehe noch ein Wort unter den Anhängen..

Man hat den Hagelschnüren noch eine zweite Bestimmung zugeschrieben, und zwar mit etwas mehr Recht, die Bestimmung, die Dotterkugel in einer eigen - thümlichen Lage zu erhalten. Wie man nämlich auch das Ei drehen mag, so liegt doch, so lange die Längenaxe des Eies horizontal bleibt, der Dotter so in ihm, daſs der Hahnentritt die Mitte der obern Wölbung einnimmt. Man findet also, wenn man ein Ei aufmacht, den Hahnentritt oben. Dreht man nun das geöffnete Ei ein wenig, so sieht man, daſs die Dotterkugel im Verhältniſs zur Eischaale sich nach der entgegengesetzten Richtung dreht, im Verhältniſs zur übrigen Welt seine Lage beibehält. Man vermuthete schon lange, daſs die Ha - gelschnüre dieses bewirkten, glaubte aber ehemals, die äuſsern Enden der Hagel - schnüre wären an die Eischaalenhaut angewachsen und hielten die Dotterkugel wie an zwei Seilen befestigt. Allein diese erste Vorstellung ist ohne Zweifel falsch; denn wären die Hagelschnüre an die Schaalenhaut befestigt, so müſsten sie sich aufdrehen lassen, wenn man das Ei in einer der frühern Drehung der Hagelschnüre entgegengesetzten Richtung um seine Axe drehte, was aber nie ge - lingt. Ferner sieht man leicht ein, daſs grade bei dieser Einrichtung die freie Be - weglichkeit der Dotterkugel sehr beschränkt wäre, da doch die Hagelschnüre ein gewisses Maaſs der Drehung nicht überschreiten könnten. Endlich überzeugt man sich auch leicht durch die Ansicht, daſs die Hagelschnüre die Schaalenhaut nicht erreichen. Man hat daher jetzt eine andere und zwar folgende Vorstel - lung. Das äuſsere Eiweiſs ist flüssig. In ihm kann also die Dotterkugel mit dem zähern mittlern und innern Eiweiſse schwimmen. Die Hagelschnüre, eng um - geben vom innersten Eiweiſse, ragen wie zwei Zapfen nach beiden Enden des Eies in das Eiweiſs hinein und bewirken, daſs die Axe, die man von ihnen aus durch die Dotterkugel ziehen kann, zu der Axe des gesammten Eies dasselbe Ver - hältniſs behalten muſs. Dadurch wird es völlig unmöglich, daſs der Hahnentritt nach dem stumpfen oder spitzen Ende des Eies hinrollen kann. Damit aber der Hahnentritt immer oben liegt, sagt man weiter, sind die Hagelschnüre nicht ganz in die Mitte der Dotterkugel angefügt, sondern sie sind dem Hahnentritte etwasII. C18näher. Wenn man durch die Befestigungsstellen der Hagelschnüre eine Ebene legte, so würde diese die Dotterkugel in zwei ungleiche Hälften theilen, von de - nen die kleinere zu der gröſsern sich verhalten würde wie 4 zu 5. Der vorher beschriebene Gürtel soll diese Grenze bezeichnen und die Dotterkugel zugleich durch sein Umfassen so halten, daſs die gröſsere Abtheilung stets nach unten zu sinken strebt. Da nun die Dotterkugel auf den Hagelschnüren mit dem umgeben - den dritten Eiweiſse wie auf zwei schwebenden Zapfen ruht, so wird sich die kleinere Hälfte mit dem Hahnentritte stets nach oben kehren. In der Mitte der kleinern Hälfte aber befindet sich der Hahnentritt. Ich halte auch diese An - sicht nicht für ganz richtig in allen Theilen. Unleugbar ist es zwar, daſs die Hagelschnüre die Längenaxe der Dotterkugel in der Axe des Eies halten, allein die Lage des Hahnentrittes nach oben kann von ihnen allein nicht bedingt, höch - stens in den meisten Fällen durch sie befördert werden. Es sind nämlich die Hagelschnüre allerdings häufig dem Hahnentritte näher angefügt, als dem entge - gengesetzten Punkte. Doch ist es auch keinesweges selten, daſs der Abschnitt, in welchem der Hahnentritt sich befindet, der gröſsere ist, und ich habe Hühner er - nährt, die nur solche Eier legten. Dennoch lag der Hahnentritt auch in diesen Eiern oben. Ueberhaupt ist nichts im Ei so wechselnd, als die Hagelschnüre*)Schon in diesem Umstande liegt ein Beweis, daſs die Hagelschnüre nicht sowohl eine wichtige und nothwendige Bestimmung haben, als vielmehr die unvermeidlichen Folgen eines Bildungsherganges sind, von dem wir später hören werden. (Vergl. §. 4.). Es kommen einzelne Fälle vor, wo an dem einen Ende auch nicht eine Spur von einer Hagelschnur sich zeigt. Einmal fand ich die eine Hagelschnur nur zwei Linien vom Hahnentritte und um wenig mehr als einen Quadranten von der an - dern Hagelschnur entfernt. Der Hahnentritt lag dennoch fast ganz oben und nur so viel von der Mitte ab, als ihn die benachbarte Hagelschnur hinderte, die mit ihrem freien Ende sich an die Schaale drückte. Sind dieses auch nur sehr seltene Fälle, so sind geringere Unregelmäſsigkeiten in den Befestigungspunkten eben so wenig selten, als im Bau der Hagelschnüre. Sehr selten kommt es dagegen vor, daſs der Hahnentritt nicht nach oben liegt. In der Regel wird man, wenn in einem aufgebrochenen Ei der Hahnentritt nicht oben erscheint, bemerken, daſs das dickere Eiweiſs an dem Bruchrande der Schaale sich reibt und also nicht un - gehindert sich drehen kann. Eben so liegt auch zuweilen der Hahnentritt an dem in eine mit Wasser gefüllte Schaale gegossenen Ei nicht nach oben, weil wegen zu wenigen Wassers, oder aus andern Gründen, das Eiweiſs am Boden der Schaale eine Friction erleidet. Bringt man ein solches Ei zum Schweben, so kehrt sich19 fast immer der Hahnentritt nach oben und wenn es nicht geschieht, so ist die Dotterkugel selbst unregelmäſsig gebildet. Nach allem diesem kann die bestimmte Stellung des Hahnentrittes von den so wechselnden Hagelschnüren nicht abhängen. Der Grund, weshalb der Hahnentritt die obere Lage behält, liegt wohl vorzüglich und zunächst in der Dotterkugel und zwar in einer Höhlung derselben, von der wir sogleich mehr hören werden.

Die Dotterhaut (Cuticula vitelli) ist eine ganz einfache*)Membrana vitelli. Wolff spricht von zwei Blättern der Dotterhaut, einem innern und einem äuſsern. Unter dem innern Blatte versteht er die Keimhaut, die im Umfange fest an der Dot - terhaut anklebt. Dutrochet hat in einer frühern Arbeit (Mémoires de la société méd. d’émulation T. VIII. p. 1 et seq. Meckel’s deutsches Archiv f. Phys. Bd. V. S. 536) eine erste und zweite Dotterhaut beschrieben. Die erste ist dieselbe, die er später (Journal de physique Tom. 88. p. 120. Meckel’s deutsches Archiv für Phys. Bd. VI. S. 381) die hagel - tragende Haut (Membrana chalazifera) nennt; die zweite ist die gewöhnlich sogenannte Dot - terhaut. durch -f. Dotter - haut, Cuti - cula vitelli. Fig. 3. f. Fig. 2. c. f. sichtige sehr dünne Haut. Sie besteht aus einem einzelnen Blatte, das wie eine Oberhaut die Dottermasse überzieht. Sie ist ein fast kugeliger Sack, ohne irgend eine sichtbare Oeffnung und ohne Spur von Gefäſsen. Ueber dem Hahnentritt ist sie besonders dünn und durchsichtig, auch etwas stärker gewölbt. Im übri - gen Umfange liegt eine dünne Schicht weiſslicher Dotterkörner ziemlich eng an ihrer innern Fläche an, doch ohne eingewachsen zu seyn (wie im frühern Zu - stande), denn man kann sie abwischen.

Die Dottermasse selbst oder die Dottersubstanz**)Das Gelbe vom Ei; Eigelb. ist gelb gefärbt, vong. Dotter, Vitellus. Fig. 2. c. d. einem hellen Schwefelgelb bis zur Pomeranzen-Farbe wechselnd. Im unbebrü - teten Ei ist sie nicht flüssig, sondern nur sehr weich, mit Wasser eine milchige Auflösung bildend. Sie besteht im Allgemeinen aus Körnchen, die durch etwas ungefärbtes und ungeformtes Eiweiſs verbunden sind. Die Körnchen, von denen die gelbe Farbe der Dottersubstanz herrührt, sind von verschiedener Art. Einige sind gröſser und ziemlich regelmäſsig kugelig. Sie haben einen Durch - messer von 0,005 bis 0,0125 Linien und bestehen wieder aus kleineren, weniger gesonderten Körnchen. Ueberaus viel zahlreicher ist eine ungeheure Menge ganz kleiner Körnchen, die selbst unter sehr starker Vergröſserung wie Punkte erschei - nen, ohne scharf bestimmbare Formen. Der Gröſse nach in der Mitte stehend sind andere, nicht regelmäſsig runde, meist längliche, hellere Massen, denen man ungeachtet ihrer Helligkeit deutlich anzusehen glaubt, daſs sie nicht hohle Bläschen sind, in welchem Falle sie auch regelmäſsiger seyn müſsten. Sie sind nicht zu verwechseln mit glänzend hellen Oeltröpfchen, die in allen Dottern sichC 220finden, und sehen vielmehr aus wie kleine Klümpchen Eiweiſs. Eine vierte Art von Körpern ist rund, kleiner als die erste Art und enthält im Innern ein einzel - nes kleineres rundes Körnchen oder Bläschen. Diese vierte Art von Körpern finde ich meist nur in der Umgegend der Centralhöhle und auch da nicht in allen Eiern*)Die verschiedenen Arten der Dotterkörnchen sind sehr gut abgebildet in Gruithuisen’s Beiträgen zur Physiognosie Tab. III. Die dritte Art von Körnchen, welche weiſslich und un - regelmäſsig ist, fehlt aber..

Centralhöh - le. Fig. 2. d.
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Im Innern des Dotters ist nämlich ein Raum, der nicht von gewöhnlicher Dottermasse ausgefüllt ist, sondern nur eine eiweiſshaltige Flüssigkeit mit einer geringen Quantität einer sehr weichen, weiſsen, kleinkörnigen Masse enthält. Von dieser Centralhöhle erhebt sieh ein hohler Gang nach dem Hahnentritte**)Häufig erreicht er den Hahnentritt nicht ganz.. Ich zweifle nicht, daſs in der Höhlung der Grund liegt, warum der Dotter sich stets so dreht, daſs der Hahnentritt nach oben sieht. Zuvörderst schien mir die Centralhöhle selbst, so unregelmäſsig auch ihre Form ist, ihren Mittelpunkt nicht im Mittelpunkte der Dotterkugel, sondern dem Hahnentritte etwas näher zu ha - ben. Ferner macht aber auch der hohle Gang das Uebergewicht der entgegen - gesetzten Seite entschieden. Diese also sinkt nach unten und der Gang ist nach oben gerichtet. Der Gang aber geht immer auf den Hahnentritt zu; sogar in dem oben (§. 2. e.) erwähnten Ei, wo der Hahnentritt so nahe an der einen Hagel - schnur sich befand, endete der Gang unter jenem, und dem entsprach die Stellung des Dotters. Die Bildungsgeschichte des Eies macht es überdies wahrscheinlich, daſs die Centralhöhle und der Hahnentritt in ihrer Entwickelung sich gegenseitig bedingen, und schon hierdurch wird es einleuchtender, daſs sie auch in der Stellung zunächst einander bestimmen***)Es ist auffallend, daſs Purkinje, der zuerst die Centralhöhle in seiner Gratulations - schrift an Blumenbach ausführlich beschrieben hat, nachdem man sie seit dem Bellini - schen Problem (Comment. Bononienses. Vol. II. ) ziemlich vergessen hatte, dennoch die Stellung der Dotterkugel von den Hagelschnüren ableitet. Ich habe diesen Punkt so ausführlich be - handelt, weil er fast der einzige ist, in welchem ich von Purkinje abweiche, obgleich ich auch in diesem Abschnitte das Vorgetragene nur nach eigener Untersuchung gebe, mit Aus - nahme der chemischen Notizen.. Die Centralhöhle und der Kanal sind von einer Lage kleinerer und weiſserer Körnchen ausgekleidet, als die übrige Dottermasse enthält.

Die Hauptbestandtheile des Dotters sind Eiweiſsstoff 0,17, Wasser 0,54, und Oel oder flüssiges Fett 0,29. Wenn man ihn verbrennt, so bleibt etwas21 phosphorsaure Kalkerde und Soda zurück nebst einem gallertartigen Stoffe und einer Spur von freier Phosphorsäure*)Die entfernteren Bestandtheile des Dotters sind nach Pront a. a. O.:Schwefelsäure 0,00005 0,00021Phosphorsäure 0,00350 0,00400Chlor 0,00028 0,00044Kali und Natron (zum Theil kohlensauer) 0,00027 0,00051Kalk und Talkerde (eben so) 0,00061 0,00068Eine geringe Menge Eisen. NB. Schwefel und Phosphor kommen aber auch im ungesäuerten Zustande vor..

Der wichtigste Theil der Dotterkugel endlich ist der schon öfters erwähnte,h. Hahnen - tritt, Cica - tricula. Fig. 2. c. nach oben liegende weiſse und runde Flecken, den man im gemeinen Leben den Hahnentritt oder die Narbe**)Ich werde den Ausdruck Narbe nicht weiter für diesen Theil gebrauchen, da ich die Stelle, an welcher der Eierstock sich öffnet um den Dotter austreten zu lassen das Stigma nicht anders zu benennen weiſs, als Narbe. Den Ausdruck Hahnentritt behalte ich bei, weil er zu allgemein verbreitet ist, um ihn zu vermeiden. Er umfaſst also Keim und Keimschicht, wie sie im Vogelei erscheinen. In der That bedür - fen wir auch eines Wortes, welches die gesammte Ansicht dieses weiſsen Fleckens ohne wei - tere Bestimmung der Theile, die die Ansicht erzeugen, umfaſst. Das fühle ich sehr leb - haft in diesem Augenblicke, wo ich über das verschiedene Aussehen derselben auf einige Be - merkungen des Anhanges verweisen will. Diese Stelle wird auch der Flecken, Macula ovi, und von Harvey gemeinschaftlich mit der über dem Hahnentritt gewölbten Dotterhaut Ovi oculus genannt. (Cicatricula) zu nennen pflegt. Bei genaue - rer Untersuchung läſst er zwei über einander liegende Theile erkennen, einen oberflächlichern und einen tiefern. Jener ist in frischen, normal gebildeten Eiern eine runde Scheibe von bis 2 Linien Durchmesser und etwa Linie Dicke, die sich mit gehöriger Vorsicht abheben läſst. Aus ihr entwickelt sich der Embryo. Unter ihr liegt noch eine zweite, mehr unregelmäſsige Masse, die in den Dotter tiefer eingesenkt und so unbestimmt gegen ihn begrenzt ist, daſs man sie nicht rein ausheben kann.

Pander nennt jenen ersten scheibenförmigen Theil seiner Dünne wegeni. Keim, Blastos. die Keimhaut oder das Keimblatt (Blastoderma)***)Pander’s Keimhaut ist neuerlich auch Membrana germinativa genannt.. Ich habe ihn Keim (Blastos) genannt, weil aus ihm zwar das künftige Thier wird, er aber jetzt nicht die Beschaffenheit hat, die uns sonst veranlaſst, einen Theil mit dem Worte Haut zu belegen†)Der Hauptgrund aber, der mich bestimmt, Pander’s Benennung Keimhaut mit einem an - dern Worte zu vertauschen, liegt darin, daſs ich einen Namen zu wählen wünschte, der auf denselben Theil in allen organischen Körpern paſst. Er ist in vielen Fischeiern sehr dick beim Hecht ist seine Mitte wie ein Berg erhoben, weshalb die Benennung Keimhaut nur auf den Umfang angewendet werden kann. Der Ausdruck Keim dagegen paſst für alle Thiere und. Er hat nämlich so wenig Consistenz in sich, daſs er,22 ungeachtet seiner nicht unbedeutenden Dicke, sehr leicht zerbröckelt, und besteht aus dicht zusammengedrängten, kleinen, weiſslichen Körnchen, die durch we - nigen, ungeformten Stoff schwach zusammengehalten werden. Meistens ist die Mitte des Keimes schon vor der Bebrütung jedoch nur wenig heller als der Umfang.

k. Keim - schicht, Stratum proligerum.
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Die weiſsgelbe Masse unter dem Keime nennt Pander den Kern des Hah - nentrittes (Nucleus blastodermatis), ein Ausdruck, den man auch ver - meiden möchte, da er der unwesentlichste Theil ist. Ich nenne ihn die Keim - schicht (Stratum proligerum), weil er aus einer ungeformten, nicht regel - mäſsig und selbstständig gebildeten Schicht von weiſslichen Kügelchen besteht, auf welcher der Keim ruht, und weil der Ausdruck Keimschicht auf das Ver - hältniſs dieser Masse im frühern Zustande, wo er den Keim vorzubereiten scheint, gleichfalls paſst (vergl. §. 3. f.) und überhaupt nichts bedeutet, als der Theil des Dotters, der mit dem Keim in nächster Beziehung steht. Die Keim - schicht ist nicht nur ohne bestimmte Grenzen in den Dotter eingesenkt, sondern klebt auch an den Rand des Keimes an. In der Mitte aber steht sie von ihm ab und in diesem Abstande ist etwas Flüssigkeit mit einigen Klümpchen weiſsen Stoffes. Die Mitte der Keimschicht ist viel dicker und ragt daher wie ein ZapfenHügel der Keim - schicht, Cu - mulus proli - gerus. in den Dotter hinein. Wir nennen ihn den Hügel der Keimschicht, Cumulus proligerus*)Kern des Hahnentrittes, Nucleus cicatriculae, nach Pander. .

Nachdem wir nun den Bau eines gelegten, aber noch nicht bebrüteten Eies und seine einzelnen Theile kennen gelernt haben, wollen wir seiner Bildungs - geschichte und der Entstehungsweise dieser einzelnen Theile bis zum Augenblicke des Legens nachforschen.

§. 3. Bildung des Vogeleies im Eierstocke.

a. Dotter - kugel. Taf. III. Fig. 1. c.
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Schon lange bevor ein Vogel ausgewachsen ist, sieht man in seinem Eier - stocke kleine Bläschen, deren Inhalt anfänglich ziemlich hell und flüssig ist. Diese Bläschen wachsen je nach der Gröſse des Vogels zu dem Umfange von Hirse - körnern oder Erbsen heran, machen die Oberfläche des ursprünglich flachen†)Pflanzen. Die Keimkörner der niedern Thiere und Pflanzen sind nichts anderes, und man hat also jetzt nur zu sagen, der Keim ist bald ein Körnchen, bald ein Hügel (Fische), bald ein hohler Sack (Schnecken), bald eine kleine Platte (Vogel).23 Eierstockes hügelig und bleiben dann in dieser Gröſse bis zur Paarungszeit. Sie sind die künftigen Dotterkugeln. So wie nämlich die Paarungszeit heranrückt, schwellen die meisten sehr an, immer aber bleiben einige unentwickelt für die Zukunft aufbewahrt. Die anschwellenden erhalten zugleich einen dickern Inhalt, der bald milchig aussieht, sich darauf immer mehr gelb färbt und als Dotter zu erkennen giebt. Die vergröſserten Dotterkugeln treten dabei viel weiter aus der Fläche des Eierstockes hervor und ziehen ihre nächste Umgebung, einen Theil des Eierstockes nämlich, aus der übrigen Masse hervor. Wenn nnn eine Dotterkugel schon groſs ist, so hängt der hervorgezogene Theil nur vermittelst eines dünnen Stieles mit dem übrigen Eierstocke zusammen. Der ganze Eierstock sieht, wenn recht viele vergröſserte Dotterkugeln an ihm hängen, wie eine Traube mit gro - ſsen reifen Beeren aus, da der verbindende Mitteltheil des Eierstockes unbedeu - tend gegen die Dotterkugeln ist. Um sich davon eine Vorstellung zu machen, denken Sie sich nur, daſs der Dotter eines Huhns und so jedes andern Vogels schon im Eierstocke zu dem Umfange gelangt, den er im gelegten Ei haben soll. Wo viele Eier nach einander gelegt werden, ist freilich nur immer eine Dotterkugel ganz groſs, während die übrigen noch nachwachsen. Indessen ist doch die ganze Masse der reifenden Eier ungeheuer im Verhältniſs zu der Gröſse des unreifen Eierstockes. Die gröſseren Dotterkörner aus unreifen Dotterkugeln zertheilen sich im Wasser sehr schnell in kleinere Körnchen; zuweilen sah ich dabei eine Haut als Hülle des groſsen Dotterkorns zurückbleiben meistens konnte ich jedoch kein solches Häutchen bemerken. Hiernach scheint es, daſs bei der Aus - bildung des Dotters neue Dotterkörner sich durch Auflösung der früheren bilden.

Schon wenn die Dotterkugeln noch ganz kleine weiſsliche Blasen sind, fin - det man jede von einer eigenen, fast sphärischen Hülle umgeben, die wir Kapselb. Kapsel, Theca. Fig. 1. b. det man jede von einer eigenen, fast sphärischen Hülle umgeben, die wir Kapsel (Theca) nennen wollen. Diese Kapsel wächst nun mit dem Dotter zugleich und wird beim Hervortreten des Dotters an die Wand des Eierstockes angedrängt. Sie besteht nicht aus einer ganz einfachen Haut, sondern aus zwei eng mit einander verbundenen Schichten. Die innere ist dicker, mit sammetartig unebener, nach innen gekehrter Fläche, und in ihr sind viele kleine hellere Stellen. Sie hat über - haupt Aehnlichkeit mit solchen Häuten, welche die Anatomen Schleimhäute nen - nen; die hellen Stellen scheinen aber offene Mündungen von Blutgefäſsen zu seyn, so daſs die Dotterkugel durch unmittelbaren Zutritt des Blutes ernährt zu werden scheint*)Hierüber gedenke ich nächstens iu Meckel’s Archiv für Anatomie und Physiologie etwas ausführlicher zu sprechen.. Bis in die Dottersubstanz wird das Blut aber nicht dringen24 können, da man in der Dotterhaut keine Lücken bemerkt. Die äuſsere Schicht der Kapsel ist viel dünner und besteht aus einem gleichmäſsig verdichteten Zell - gewebe.

c. Narbe, Stigma. Fig. 1 2.
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Wenn der Dotter anfängt aus der Fläche des Eierstockes in Form einer Beere herauszuragen, so zeigt sich auf dem vorspringenden Theile dieser Beere ein bogenförmiger weiſser Streifen. Er entsteht dadurch, daſs hier die Kapsel schon ursprünglich, oder doch sehr früh an die Haut des Eierstockes angeheftot ist. Auch geht kein Blutgefäſs in diese Narbe (Stigma) ein, vielmehr sieht man die zahlreichen und weiten Blutgefäſse, mit denen jede Beere sowohl in der äu - ſsern Haut, als in der Kapsel reichlich versehen ist, am Rande der Narbe auf - hören, oder netzförmig in einander übergehen. Da die Narbe also nicht durch Blutgefäſse ernährt wird, so verliert sie an Festigkeit und bekommt eine Geneigt - heit aufzureiſsen. Am Rande der Narbe ist aber die Kapsel mit der Haut des Eierstockes vollständig verwachsen. Nun sieht man leicht ein, daſs, wenn der Andrang von innen immer stärker wird, die Narbe ihm bald nicht mehr wider - stehen kann, zuletzt aufreiſsen muſs und die Dotterkugel herausfallen läſst, aber ohne Kapsel, indem diese, die an den Rand der Narbe angewachsen war, mit dem Eierstocke durch Blutgefäſse verbunden ist, mit der Dotterkugel aber nir - gends zusammenhängt, zurückbleibt. Ein solches Aufreiſsen, befördert, wie es scheint, durch eine vitale Auflösung der Mittellinie in der Narbe, erfolgt nun wirklich, wenn das Ei gelegt werden soll. Die Hauptveranlassung dazu giebt die Befruchtung, welche eine so starke Spannung hervorbringen muſs, daſs die Narbe nicht mehr widersteht. Die meisten Vögel legen auch in der That nur Eier, nachdem sie befruchtet worden sind. In sehr productiven Vögeln machen sich die Dotter aber auch selbst frei, und bekanntlich legen die Hühner, die eben die productivsten Vögel sind, Eier, auch wenn sie entfernt von einem Hahne ge - halten werden, obgleich etwas später, als wenn sie befruchtet worden sind. Dasselbe ist bei anderem Hausgeflügel wenigstens nicht selten. Einzelne Bei - spiele hat man von vielen Vögeln.

d. Kelch, Calyx. Fig. 1 1. 2 3.
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Wenn der Dotter herausgetreten ist, sieht die zurückgebliebene Beere, die ihn einschloſs, wie ein hohler Kelch (Calyx) aus. Die äuſsere Wand des Kelches*)Fig. 1. a. nämlich wird von der hervorgedrängten Wand des Eierstockes gebil - det (welche noch einen ganz dünnen Ueberzug von einem Luftsacke hat); die Höhlung ist nichts als die aufgerissene, viel dickere Kapsel**)Ebend b. ; der Rand***)Ebend. c. (im Durchschnitte). In dieser Figur muſs man sich die Dotterkugel wegden - ken, um den Kelch zu haben.ist25ist aber nicht kreisförmig, sondern zweilippig, wie sich leicht denken läſst, da er durch die aufgerissene Narbe gebildet wird. Zwischen der äuſsern Wand und der Kapsel ist etwas aufgelockerte Masse*)Fig. 1. zwischen a und b. , die dem Eierstocke selbst angehört, und der Stiel (Petiolus)**)Ebend. 1., in welchen die Kapsel nicht hineinragt, enthält nur diese Masse. Bald nachdem der Dotter ausgetreten ist, verschrumpft der Kelch, da nichts da ist, was ihn ausgedehnt erhält, und in wenigen Tagen zieht er sich wieder in die Masse des Eierstockes zurück, eine kaum merkliche Spur für einige Zeit zurücklassend. Zuweilen, aber lange nicht immer, ist die Höhlung des zurückgezogenen Kelches von der Gröſse eines Stecknadelknopfes noch lange im Eierstocke kenntlich und ist dann von einem gelben Saume umgeben, so daſs er groſse Aehnlichkeit mit jenen Narben hat, die im Eierstocke der Säugethiere nach dem Austritte des Eies zurückbleiben, eine Zeitlang offen sind und gelbe Körper genannt werden. In andern Fällen verwachsen die Lippen des Kelches mit einander, noch ehe er ganz klein geworden ist.

Wir müssen aber nun, ehe wir die Dotterkugel auf dem fernern Wege verfolgen, ihre Beschaffenheit vor dem Austritte näher kennen lernen, um zu wissen, was für die Bildung des gesammten Eies der Eierstock hergiebt und was nicht.

Schon ehe der Dotter seine völlige Reife im Eierstocke erlangt hat, läſste. Dotter - hant, Cuti - cula vitelli. Fig. 1. c. sich eine dünne Haut erkennen, die ihn ganz umgiebt und nirgends mit der Kap - sel verwachsen ist. Es ist die Dotterhaut. Sie umhüllt den Dotter beim Austritte eben so, wie später im gelegten Ei, hat aber jetzt kein Eiweiſs um sich. Wenn der Dotter reif ist, läſst sich an ihr keine Organisation erkennen; sie scheint vielmehr eine dünne Oberhaut und unterscheidet sich von ihrem spätern Zustande im gelegten Ei nur dadurch, daſs an ihrer innern Fläche eine dichtere Schicht von Dotterkügelchen enger anliegt. In unreiferen Dotterkugeln ist die Dotterhaut dicker; es sind viele Körnchen in ihr eingewachsen und bilden eine innere Schicht von ihr. In ganz kleinen Eiern ist statt einer dünnen Oberhaut eine dicke, ganz aus kleinen Kügelchen bestehende Schicht, und es scheint daher, daſs diese dicke Schicht sich erst allmählig in die bekleidende oberhautähnliche Dotterhaut und jene Lage von Dotterkügelchen theilt, welche man im gelegten Ei, durch wei - ſsere Farbe ausgezeichnet, die ganze Masse des Dotters überziehen sieht***)Vergleiche oben §. 2. f. . So viel ist gewiſs, daſs, wenn die Dotterkugel nur noch die Gröſse einer Erbse hat,II. D26die körnige Haut, welche den Dotter zunächst umgiebt, noch nicht einmal eine glatte äuſsere Fläche hat*)Diejenigen Beobachter, welche die Schaalenhaut schon im Eierstocke gesehen zu haben glauben, müssen entweder die Kapsel oder die ursprünglich körnerreiche Dotterhaut dafür angesehen haben. Die Schaalenhaut fehlt dem Ei sogar in der obern Hälfte des Eileiters, worüber die Untersuchung gar keinen Zweifel übrig läſst..

f. Keim - schicht, Stratum pro - ligerum. Fig. 1. c.
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In der Dotterkugel ist ferner schon sehr lange vor der Reife, an einer Stelle der Oberfläche, doch am häufigsten in der Nähe des Kelch-Stieles, zuwei - len aber auch dicht an der Narbe, oder an irgend einer Stelle des Kreises, der durch die kleine Axe des Dotters bestimmt wird, nie an den Enden der Längenaxe, ein weiſser Flecken zu sehen, der meist durch die Kapsel und den ganzen Kelch durchschimmert. Da auf dem Dotter des gelegten Eies auch ein weiſser Flecken ist, so war es sehr natürlich, daſs man den Flecken auf dem Dotter, so lange er noch im Eierstocke liegt, für denselben hielt, und ihn auch den Hahnentritt nannte. Das ist auch in gewisser Hinsicht richtig. Nur ist der Flecken auf dem noch nicht ausgetretenen Dotter kein wirklich gesonderter Theil, sondern nur eine Modification des Dotters, die durch keine bestimmte Grenze vom übrigen Dotter, und namentlich der oberflächlichen weiſsen Schicht desselben, geschieden wird. Ich betrachte sie daher nur als eine besondere Schicht des Dotters und habe sie bereits in der Beschreibung des gelegten Eies Keimschicht (StratumKeimschei - be, Discus proligerus. Hügel der Keim - schicht, Cu - mulus proli - gerus. proligerum) genannt. An der Oberfläche dehnt sie sich scheibenförmig aus (Keimscheibe, Discus proligerus). Die Mitte aber ist verdickt, und diese mittlere Erhabenheit ragt nach innen gegen den eigentlichen Dotter vor, als - gel der Keimschicht (Cumulus proligerus)**)Im Dotter des Vogels liegt keine Nöthigung, beide Abschnitte, die nicht scharf von einander abgegrenzt sind, besonders zu benennen, allein die Eier von andern Thieren machen es räth - lich, diese Abschnitte auch im Namen zu scheiden. Hierüber mehr bei Vergleichung der Entwickelung verschiedener Thierklassen..

g. Keim - bläschen, Vesicula prolifica. Fig. 1 bei e.
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Die Keimschicht hat in der Mitte eine ganz kleine helle Stelle, die fast wie ein Nadelstich aussieht. Bei näherer Betrachtung aber findet sich ein sehr klei - nes, höchst zartes Bläschen, mit heller Flüssigkeit gefüllt, mitten im Hügel der Keimschicht liegend und bis in den Mittelpunkt der Keimscheibe vorragend. Dieses Keimbläschen (Vesicula prolifica s. Ves. Purkinji) ist schon sehr früh im Dotter bemerkbar, denn wenn die Dotterkugel nur noch eine halbe Linie im Durchmesser hat, ist schon das Keimbläschen in ihr sichtbar, und in Eiern von der Gröſse einer Erbse ist es fast eben so groſs wie in ausgewachsenen Dottern. Ja nach Untersuchungen in andern Thieren wird es wahrscheinlich,27 daſs dieses Bläschen zuerst da ist und das übrige Ei sich darum bildet. Ob es auch im Huhn vor dem ersten Entstehen der Dottermasse auftritt, muſs noch un - entschieden bleiben, weil die Dicke der Kapsel und der Dotterhaut die Unter - suchung hindert. So viel ist aber gewiſs, daſs es verhältniſsmäſsig um so gröſser ist, je weniger die Dotterkugel sich entwickelt hat. Es ist ferner gewiſs, daſs es in der ersten Zeit mehr in der Mitte des Dotters liegt und sich dann der Oberfläche nähert: eine Wanderung, die im Huhne schon sehr früh erfolgt, in manchen an - dern Thieren aber erst spät. Ja wenn ich nicht irre, so rückt es auch in dem schon reifenden Vogeldotter immer mehr durch die Keimschicht hindurch gegen die Oberfläche. In dieser Wanderung könnte wohl der Grund für die Bildung der Centralhöhle und ihres Kanales liegen. In dem Froschei, wo die Wanderung der Bläschen spät erfolgt, ist dieses freilich augenscheinlicher als im Vogelei. Der Inhalt des Keimbläschens ist zwar eine ganz durchsichtige Flüssigkeit, in derselben schwimmen aber doch sehr kleine und helle Körnchen.

So haben wir nun alle Theile des Dotters, so lange er im Eierstocke sichh. Folgen der Be - fruchtung. befindet, kennen gelernt, und es wird Zeit seyn, daſs wir der Entwickelung des Eies, bis es gelegt wird, folgen; doch beleuchten wir vorher noch die Frage, welche Wirkung die Befruchtung hat.

Nach der Paarung reiſst die Narbe des Kelches auf und läſst den Dotter austreten. Da aber, wie schon bemerkt wurde, dieses Austreten bei Hühnern häufig und auch bei andern Vögeln in seltenen Fällen ohne Paarung eintritt, so ist für dasselbe die Paarung nicht unumgänglich nothwendig, sondern nur förderlich. Hiernach darf man den Austritt der Dotterkugel als Folge einer gewissen Reife betrachten. Diese Reife wird bei sehr productiven Vögeln auch ohne Paarung er - reicht, obgleich stets langsamer, bei den meisten tritt aber die Reifung ohne Be - gattung nicht ein, und man sieht also, daſs in den meisten Fällen der weibliche Vogel allein die Eier nicht bis zu voller Reife bringt. Um die Zeit des Austrittes schwindet aber auch das Keimbläschen, und da seine Wand sehr dünn ist, so bleibt von ihm nichts übrig als ein ganz kleines Tröpfchen Flüssigkeit. Das Ver - schwinden des Keimbläschens scheint ebenfalls durch die Befruchtung befördert zu werden, erfolgt aber, wenn diese ausbleibt, auch ohne sie, denn schon im Ei - leiter findet man das Keimbläschen nie mehr, die Befruchtung mag erfolgt seyn oder nicht. Purkinje stellt daher die Frage auf, ob das Keimbläschen nicht etwa durch den Eileiter zerdrückt werde? Ich glaube diese Frage verneinen zu dürfen; denn für’s Erste habe ich nun schon zwei Mal in völlig reifen, dem Aus - tritte ganz nahen Dotterkugeln von Vögeln das Keimbläschen nicht finden kön - nen, obgleich die Lücke in der Keimschicht, in welcher das Keimbläschen sei -D 228nen Sitz hat, noch zu erkennen war, aber, wie es mir schien, kleiner und mit unregelmäſsigem, zerrissenem Rande, als ob das Keimbläschen so eben geschwun - den, die Lücke aber noch nicht ausgefüllt wäre. Das Schwinden des Keimbläs - chens scheint hiernach in nächster Beziehung mit dem Austritte des Eies zu ste - hen, welches der Ausdruck einer gewissen Reife ist und nur mittelbar von der Befruchtung abhängt*)Hierzu kommt noch ein viel wichtigerer Grund aus andern Thieren (siehe unten §. 8), wo das Keimbläschen früher schwindet..

Eine unmittelbare Folge hat aber die Befruchtung in der Bildung des Kei - mes, der sich nie ohne vorhergegangene Befruchtung zeigt. Da diese Bildung im Eileiter erfolgt, so werden wir später darauf zurückkommen (§. 4. f.).

§. 4. Weiterbildung des Eies im Eileiter.

d. Eileiter.
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Endlich folgen wir der Dotterkugel des Huhns auf ihrem fernern Wege. Dieser Weg ist in allen Vögeln ein einzelner auf der linken Seite liegender Ei - leiter, dem nur zuweilen ein unentwickelter auf der rechten Seite gegenüber liegt. Der ausgebildete Eileiter der linken Seite ist ein ziemlich langer und daher ge - wundener Kanal, im Innern von einer Schleimhaut gebildet, äuſserlich mit einer Muskelschicht bedeckt und an einem muskelreichen Gekröse hängend. Das vor - dere Ende ist sehr dünn und geht mit trichterförmiger, schief abgeschnittener Oeff - nung in die Bauchhöhle. Dieser sogenannte Trichter geht nach hinten in einen langen darmförmigen Abschnitt mit vielen innern Falten über, den wir den Ei - leiter im engern Sinne nennen wollen. Darauf folgt eine kurze gerundete muskel - reiche Abtheilung, welche Eihälter heiſsen mag, da das Ei längere Zeit in ihm verweilt. Er ist im Innern mit vielen und groſsen Zotten besetzt. Zuletzt folgt der engere Eiergang, der offen in die Kloake eingeht**)Die vier hier bezeichneten Abschnitte wurden von den Alten unter verschiedenen Namen auf - geführt, als: Infundibulum, Oviductus, Uterus und Vagina. In neuerer Zeit ist man mehr gewohnt, das Ganze Eileiter zu nennen und in demselben vier Gegenden zu unterscheiden..

b. Aufnah - me der Dot - terkugel.
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In allen Thieren scheint die Reife des Eies oder das stärkere Andrängen der Dotterkugel gegen den Kelch, wodurch die Narbe desselben endlich sich öff - net, eine besondere Erregung im weiblichen Geschlechtsapparate hervorzubrin - gen, indem in allen Thieren, wo ein vom Eierstocke getrennter Eileiter da ist, dieser mit seiner offenen, in die Bauchhöhle gehenden Mündung, sich dem Eier -29 stocke nähert und, wenn er ihn erreichen kann, sich an ihn anlegt, um so die heraustretende Dotterkugel aufzunehmen. Im Vogel wird nicht der ganze Eier - stock umfaſst, sondern nur derjenige Kelch, der das reifste Ei enthält. Es scheint sogar, daſs dieses Anlegen der trichterförmig erweiterten Ausmündung des Eileiters in die Bauchhöhle sich so eng an den Kelch legt, daſs er gleichsam an ihm saugt und dadurch den Austritt des Eies befördert. Es ist nämlich keinem Zweifel unterworfen, daſs der Eileiter die Fähigkeit hat, sich in seinen einzelnen Theilen zu bewegen, und dadurch etwas Fremdes gewissermaſsen einzuschlür - fen und dann weiter zu bewegen, was am auffallendsten in Fröschen ist, wo we - nigstens viele Eier zuerst in die Bauchhöhle fallen und dann vom Eileiter aufgeso - gen werden. In einem Huhne fand ich auch den Trichter des Eileiters in sich der Queere nach gerunzelt, indem er einen Kelch umfaſst hielt. Er legt sich also nicht bloſs an, sondern zieht sich in sich selbst zusammen.

So schlürft sich der Eileiter des Huhns die Dotterkugel ein, welche von der Dotterhaut umschlossen ist und die Keimschicht enthält, deren Keimbläschen aber schon verschwunden ist.

Nun treibt der Eileiter die Dotterkugel durch seine ganze Länge hindurch,und Fortlei - tung dersel - ben. wobei er dieselbe umfaſst und sich so in sich zusammenzieht, daſs das Ei nicht in gerader Linie fortschieſst, sondern bei der Fortbewegung immer um seine Axe gedreht wird. Die Bewegung des Eies ist also eine schraubenförmige. Da die Dotterkugel im Eierstocke so liegt, daſs die Keimschicht fast immer dem Stiele des Kelches zugekehrt ist, da ferner die trichterförmige Mündung des Eileiters den Kelch von der Seite umfaſst, so tritt die Dotterkugel in solcher Lage in den Eileiter ein, daſs die Keimschicht nicht vorn oder hinten ist, sondern an der Seite. Vorzüglich wird aber diese Stellung dadurch bedingt und mehr gesichert, daſs diejenige Axe, die von der Keimschicht durch den Mittelpunkt des Dotters geht, auffallend kürzer ist als die senkrecht auf dieser Axe stehende*)Hiernach wird es auch verständlicher, warum die Keimschicht, wenn sie nicht in der Nähe des Stieles vom Kelche ist, sich zuweilen in der Narbe zeigt. Sie bleibt nämlich im kleinsten Kreise des Dotters. In ganz kleinen Eiern von der Gröſse eines Hirsekornes habe ich diese längliche Gestalt nicht mit Sicherheit zu erkennen vermocht. Sollte sie schon da seyn, so könnte man vielleicht sagen, daſs das Keimbläschen gegen die nächste Stelle der Oberfläche des Eies sich bewegt und eben deshalb die Centralhöhle, als ursprünglicher Sitz des Keim - bläschens, der Keimschicht (einer Wirkung des Keimbläschens) näher liegt, als der entge - gengesetzten Seite.. Letztere wird daher bald in die Längenrichtung des Eileiters gestellt werden, wie auch der Dot - ter eingetreten seyn mag. Wenn nun das Ei schraubenförmig im Eileiter fort - gedreht wird, so beschreibt die Keimschicht, aus der sich jetzt der Keim zu lösen30 anfängt, schraubenförmig zusammenhängende gröſste Kreise, während der Mit - telpunkt des Dotters immer in der Mitte bleibt.

c. Eiweiſs - bildung.
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Der Eileiter erhält von dem Augenblicke an, wo er sich auschickt das Ei aufzunehmen, einen stärkern Zufluſs von Blut, wie man schon an der dün - nern, trichterförmigen Bauchmündung durch etwas vermehrte Röthung erkennt. Am übrigen Eileiter sieht man mehr eine Verdickung der Masse und auf der innern Fläche einen Erguſs von Eiweiſs, der besonders stark an der Stelle ist, an wel - cher sich das Ei eben befindet. Es ist offenbar, daſs der Reiz des durchgehen - den Eies besonders den Erguſs von Eiweiſs bedingt, da man, wenigstens wenn das Ei in der untern Hälfte des eigentlichen Eileiters sich befindet, nur in seiner Umgebung Eiweiſs sieht. Der Eileiter wird in der That so aus einander getrieben, daſs die Falten völlig ausgeglichen werden und aus ihnen das Eiweiſs ausgepreſst wird. Es ist mir leider, so viele Hühner ich auch diesem Wunsche geopfert habe, noch nicht geglückt, das Ei im Anfange des Eileiters zu finden, durch den es ziemlich rasch hindurch zu gehen scheint. Purkinje fand es hier und sah, wie das Eiweiſs nach vorn und nach hinten in einen runden Strang sich auszog, un - gefähr nach der Form, die das innerste Eiweiſs hat, aber ohne Hagelschnüre. Im mittlern Theile des Eileiters sah ich das Ei schon ganz in seiner ausgebildeten Form, das spitze Ende vorausgehend, noch ohne Spur von einer äuſsern beklei - denden Haut. Das Eiweiſs klebt vielmehr eben so fest an der Wand des Eileiters, als in sich und am Dotter. Es schien überall von gleicher Consistenz. Von Ha - gelschnüren konnte ich ebenfalls auch noch keine Spur finden, obgleich das Ei - weiſs ganz durchsichtig war.

d. Bildung der Schaa - lenhaut.
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Das Eiweiſs hat eine groſse Neigung zu gerinnen, und man wird finden, daſs immer, wo es an irgend einen andern Körper grenzt, eine dünne geronnene oberflächliche Schicht sich bildet, wie wir schon oben (§. 2. c.) zeigten. Hier - auf muſs auch die Bildung der Schaalenhaut und der Haut der Hagelschnüre be - ruhen. Beide scheinen mir eigentlich dem Eiweiſse anzugehören und die Häute der äuſsern und der innern Fläche desselben zu seyn. Beide werden erst im letz - ten Theile des eigentlichen Eileiters und im Eihälter sichtbar. Da sich um das Ei, so lange es im Eileiter sich befindet, immer neue Schichten Eiweiſs anlegen, so kann sich keine äuſsere Haut bilden. Diese scheint im Ende des Eileiters zu entstehen, wo ich sie deutlich sah, und sich zu verstärken, indem das Ei aus dem Eileiter in den Eihälter durch den etwas verengten Uebergang gedrängt wird; denn im Eihälter, wo ich das Ei sehr oft sah, fand ich immer schon die Schaalen - haut gebildet.

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Auffallender ist es, daſs auch die Haut der Hagelschnüre nicht gesehene. Bildung der Hagel - schnüre und ihrer Haut. wird, so lange das Ei im Eileiter sich befindet. Noch im hintern Ende des Eilei - ters fand ich das Eiweiſs völlig durchsichtig ohne Hagelschnüre, und wenn das Ei erst kurze Zeit in dem Eihälter liegt und die ersten Kalkkrystalle der Schaale sich zeigen, sind die Hagelschnüre noch sehr kurz und nur bei sorgfältiger Beob - achtung kenntlich. Deutlicher und länger sind sie, wenn die Kalkschaale ihrer Vollendung nahe ist. Ich gestehe, daſs das Fehlen dieser Haut im Eileiter mich lange zweifelhaft gelassen hat, ob sie denn wirklich die innere Abgrenzung des Eiweiſses gegen die Dotterkugel sey: eine Ansicht, die so ganz natürlich und un - abweisbar aus allen Verhältnissen derselben hervorzuleuchten scheint. Ist die Haut der Hagelschnüre die innere Begrenzung des Eiweiſses, so können ihre ver - schnürten Enden, die Hagelschnüre selbst, nicht füglich anders erzeugt werden, als vor der Bildung der Kalkschaale, zu einer Zeit nämlich, wo eine Kraft, wel - che auf Bewegung des Eies wirkt, auf die Enden des Eiweiſses besonders wirken kann, sey es durch unmittelbares Drehen dieser Enden, oder auch nur durch Halten derselben. Die Haut der Hagelschnüre steht nämlich zu der Dotterkugel in einem Verhältnisse, das wir uns am besten versinnlichen, wenn wir uns eine mit Wasser gefüllte Blase in einem häutigen Cylinder, etwa ein entleertes Darm - stück, gesteckt denken. Lassen wir nun das Ganze sich nach einer Richtung um seine Axe schwingen, wobei wir aber die Enden des Darmes festhalten, so wer - den diese Enden immer mehr verschnürt werden. Eben so werden sie verschnürt, wenn wir die Mitte, wo sich die Blase findet, halten und dagegen drehende Kräfte auf die Enden wirken lassen, oder wenn wir das eine Ende halten und an dem andern allein drehen, wobei denn die Mitte nach derselben Richtung, aber nur in halb so viel Umkreisen sich drehen wird. Alle diese Verhältnisse gelten noch, wenn wir statt eines wirklichen Haltens nur ein Zurückbleiben, sey es auch nur durch die Nachgiebigkeit des anhängenden Eiweiſses, annehmen. Ein jedes Hinderniſs gegen die Drehung wirkt als ein relatives Halten, was wohl an sich so klar ist, daſs es unnöthig erscheint, die Sache noch anschaulicher zu ma - chen. Wenn wir aber das Ganze drehen, und die Enden durch nichts gehindert werden sich eben so zu drehen wie die Mitte, so kann gar keine Verschnürung entstehen.

Es ist nun keinem Zweifel unterworfen, daſs das Ei im Eihälter stark ge - dreht wird. Man kann die Drehung in einem gleich nach der Tödtung geöffneten Huhne sehen, und die Drehung ist zuweilen so gewaltsam, daſs das stumpfe Ende des Eies nach der Kloake der Mutter hingekehrt wird, wie nicht nur von Pur - kinje, sondern auch von mir mehrfach beobachtet ist. Dennoch glaube ich32 nicht, daſs das Drehen des Eies im Eihälter allein die Chalazen erzeugen könne, weil es zuvörderst nicht die innere Haut des Eiweiſses von der Dotterkugel ab - ziehen könnte, um die Hagelschnur daraus zu bilden, und weil das Eiweiſs mit Ausnahme der letzten Zeit eine ziemlich gleiche Consistenz hat und kein flüssiges Eiweiſs nach auſsen liegt. Bei dieser gleichmäſsigen Zähigkeit des Eiweiſses muſs eine Kraft, welche zunächst drehend auf die Schaale wirkt, die Dotterkugel bald mit bewegen. Wenn überdieſs die Bewegungen im Eihälter gleichmäſsig seyn sollten, so würde jeder Theil im Ei sehr bald die seiner Entfernung von der Axe zukommende Geschwindigkeit haben und gar keine Drehung mehr erleiden. In der Ueberzeugung, daſs die Verschnürung der Hagelschnüre früher erfolgt, be - stärkt mich folgende Beobachtung. Ein Ei, das mit ganz weicher, unvollendeter Schaalenhaut gelegt war, untersuchte ich in Bezug auf die Chalazen und sah zu meiner Verwunderung nur an dem einen Ende einen ganz kleinen Anfang dersel - ben, am andern aber war das Eiweiſs durchaus durchsichtig, ohne Spur der ver - schnürten weiſsen Hagelschnur. Das Ei blieb so mehrere Stunden liegen, und nach Verlauf derselben sah ich auch in dem früher völlig durchsichtigen Ende eine ganz vollständige Hagelschnur. Ich schlieſse hieraus, daſs zum Weiſswerden und zur vollständigen Absonderung der innern Fläche des Eiweiſses einige Zeit er - fordert wird, daſs aber dennoch diese Fläche vollständig verdreht seyn kann, ohne weiſs zu werden. Ein Ei wird nämlich mit weicher Schaale gelegt, wenn es zu kurze Zeit im Eihälter verweilt hat. Diese Zeit hat im vorliegenden Falle nicht hingereicht zum Undurchsichtigwerden und zum Selbstständigwerden der innern Fläche des Eiweiſses. Das Verdrehen der innern Fläche war aber schon vollständig erfolgt, wie die nachfolgende Erscheinung der Hagelschnur lehrte. Hiernach wäre meine Ansicht von der Bildung der Hagelschnüre folgende. Die innere Fläche des Eiweiſses hat, wie überhaupt die Grenze des Eiweiſses, eine Neigung zum Gerinnen. Wenn nun das Ei im Anfange des Eileiters fortge - schraubt wird, so verdreht der spiralförmig sich zusammenziehende Eileiter die dünnen säulenförmigen Verlängerungen des Eiweiſses, da er sie jetzt unmittelbar mit fassen kann. Die innere Fläche des Eiweiſses wird also mit verdreht und zu - gleich verlängert, von der Dotterkugel gleichsam abgesponnen; denn wenn sie auch ursprünglich nur an der Dotterkugel lag, so muſs sie sich doch immer mehr davon nach beiden Enden abziehen (indem sie sich zugleich verlängert), wenn die Enden des Eiweiſses vom Eileiter gefaſst werden, gleichviel ob sie dabei für sich gedreht oder nur gehalten werden, während die Dotterkugel gedreht wird. Die innere Fläche des Eiweiſses kann aber bei dieser Vorstellung doch nie die äu - ſsere Fläche desselben erreichen, wie denn auch nie die eigentliche Hagelschnurdie33die Schaalenhaut erreicht. Allmählig kommt aber immer mehr Eiweiſs hinzu und das Verdrehen der ersten säulenförmigen Enden (des später mehr gesonderten drit - ten Eiweiſses) kann jetzt weniger unmittelbar, sondern nur durch die Zähigkeit des Eiweiſses bewirkt werden.

Wenn im Eihälter die Schaale sich zu bilden anfängt, ist im Anfange das Eiweiſs noch von ziemlich gleicher Zähigkeit. Es sind die werdenden Hagel - schnüre mit dem sie zunächst umgebenden innersten Eiweiſse von dem übrigen Eiweiſs noch gar nicht abgegrenzt. Aus diesem Grunde muſs bei der Drehung die Verschnürung zunehmen. Wäre aber die Drehung im Eihälter gleichmäſsig, so würde bald jeder Theil die Geschwindigkeit der Bewegung erhalten, welche sei - ner Entfernung von der Axe, um welche die Drehung geht, entspräche, und alles relative Lagenverhältniſs der Theile im Ei würde von jetzt an unverändert bleiben. Weil man aber in der letzten Zeit vom Verweilen des Eies im Eihälter das dritte Eiweiſs vom mittlern mehr gesondert findet*)Sehr oft ist das dritte Eiweiſs mit der enthaltenen Hagelschnur ganz zurückgebogen, so daſs das freie Ende der Befestigung an der Dotterkugel nahe liegt. und eben so zwischen Schaale und dem übrigen Eiweiſse sich ein mehr flüssiges, oder das äuſsere Eiweiſs zu zeigen anfängt, so vermuthe ich, daſs die Bewegungen des Eihälters ungleich und ruck - weise sind, (wofür auch schon die verwandten Bewegungen des Fruchthälters der Säugethiere sprechen,) daſs also die Schaale, auf welche die Bewegung zunächst wirkt, am Eiweiſse zerrt und dadurch die Sonderungen veranlaſst werden. Ich will damit keinesweges läugnen, daſs im Eiweiſs selbst eine Neigung liegen mag, die flüssigen Theile mehr nach auſsen zu sammeln, jenes Verhältniſs würde aber die Sonderung erleichtern, würde es auch anschaulich machen, warum das mittlere Eiweiſs an beiden Enden in der Axe des Eiweiſses, also an der Schaalenhaut fester anhängend bleibt. Daſs auch die Neigung der Dotterkugel, einen bestimmten Theil nach oben zu richten, auf die Drehung der Hagelschnüre Einfluſs hat, will ich hier nur erinnern, ohne es näher durchzuführen, da dieser Umstand wohl nur wenig Einfluſs hat und ich schon zu lange bei diesem Gegenstande verweilt habe, weil ich ihm einige Wichtigkeit zuschreibe**)Wie der Leser aus einer spätern Stelle in dem Leuchtkugeln überschriebenen Abschnitte ersehen wird..

Das Ei verweilt ziemlich lange im Eihälter, meistens gegen 24 Stunden. f. Bildung der Schaale.Hier wird nun auch, wie schon im Vorbeigehen öfters bemerkt wurde, die Ei - schaale gebildet. Aus den groſsen Zotten des Eihälters wird nämlich eine Flüs - sigkeit ergossen, die weiſs und zähe ist, wie Kalkmilch in verdünntes EiweiſsII. E34gegossen. Mit Hülfe dieser Flüssigkeit bildet sich jetzt eine ziemlich feste Haut und in derselben erscheinen Kalkkrystalle, die zuvörderst einzeln und weit von einander getrennt sind, dann an Zahl zunehmen und nicht mehr zu unterscheiden sind. Diese Kalkkrystalle lagern sich nicht auf die Haut auf, sondern liegen in ihr, so daſs man, wenn sie anfangen einander zu erreichen, unter dem Micro - scope eine dünne Schicht organischer Masse über und unter der Kalklage abtren - nen kann. Der Kalk wird also nicht eigentlich von auſsen angesetzt, vielmehr scheint die Schaalenhaut den ergossenen Stoff aufzusaugen und die festen Theile nach auſsen abzusetzen, die flüssigen Theile aber auszuscheiden unter ihrer innern Fläche, wo sie als äuſseres Eiweiſs sich sammelt, wodurch die Verbindung des frühern Eiweiſses mit der Schaalenhaut immer mehr sich löst*)Einige Beobachter läugnen das äuſsere Eiweiſs im eben gelegten Ei völlig. Ich habe allerdings zuweilen das äuſsere flüssige Eiweiſs im eben gelegten Ei noch nicht völlig abge - grenzt gefunden, obgleich in andern Eiern die Sonderung sehr deutlich war. Ich glaube mich aber nicht zu irren, wenn ich behaupte, daſs, je härter die Schaale wird, um so flüssi - ger unter ihm das Eiweiſs werde, noch ehe es völlig von dem tiefern abgesondert wird..

g. Bildung des Keimes.
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Auf dem Wege, den das Ei im Eileiter zurücklegt, bildet sich der Keim, wenn das Ei befruchtet war. Da vor der Aufnahme desselben in den Trichter das Keimbläschen zu schwinden scheint, so liegt die Vermuthung nahe, daſs un - mittelbar aus dem Inhalte des Keimbläschens der Keim gerinnt. Diese Vermu - thung erhält noch dadurch mehr Gewicht, daſs das Keimbläschen, so viel ich habe beobachten können, beim Reifen des Dotters immer mehr aus der Keim - schicht emportaucht und gegen die Dotterhaut vorragt. Wenn er reiſst, wird sein Inhalt also zwischen Keimschicht und Dotterhaut sich ergieſsen.

Dennoch scheint der Keim nicht eine unmittelbare Bildung des Keimbläs - chens, denn zuvörderst wird aus dem Inhalte des Keimbläschens in unbefruch - teten Eiern kein Keim. Wenn solche Eier gelegt werden, so besteht der Hah - nentritt nur aus einer unregelmäſsigen, gegen den Dotter nicht scharf begrenzten, weiſsen Masse, die sich nicht in Form einer zusammenhängenden Platte abheben läſst. Es ist also nur eine Keimschicht da und sie unterscheidet sich nur von der Keimschicht des unreifen Dotters durch gröſsere Ausdehnung und eine ungleich - mäſsige Vertheilung der weiſsen Substanz, die kleine, wenig zusammenhängende Inselchen bildet. Daraus schon wird es wahrscheinlich, daſs die Flüssigkeit des Keimbläschens sich mit der Keimschicht verbunden hat, hier jedoch ohne eine gesonderte Bildung hervorzurufen. In befruchteten Eiern, die ich im Eileiter fand, schien mir die Keimschicht verdickt, in sich mehr zusammenhängend ohne gesonderten Keim, aber doch zwei Schichten andeutend. Erst im Eihälter konnte35 ich einen Keim von einer unten liegenden Keimschicht abtrennen. Hiernach glaube ich, daſs der Inhalt des Keimbläschens sich mit der ursprünglichen Keim - schicht verbindet, und daſs, wenn eine Befruchtung erfolgt ist, in dieser Masse eine Sonderung in einen aufliegenden, in sich mehr zusammenhängenden und schärfer begrenzten Keim, und eine unten liegende Keimschicht erfolgt.

Nachdem der Bau des Eies vollendet ist, wird es ziemlich rasch durch denh. Geburt des Eies. Eiergang in die Kloake getrieben, auf welche Bewegung ohne Zweifel die Zusam - menziehungen des musculösen Eihälters austreibend wirkt. Aus der Kloake wird das Ei endlich völlig zur Welt gebracht.

§. 5. Veränderungen des Eies während der Bebrütung.

Ein jedes Ei entwickelt sich nur unter dem Einflusse einer bestimmtena. Bebrü - tung. Wärme. Das Hühnerei fordert eine Wärme von etwa 28 33°. Jede künstlich erzeugte Wärme kann zwar dazu dienen, die Natur aber giebt dem Ei die Wärme durch den Trieb der Mutter, auf ihren Eiern zu sitzen, und der Trieb der Mut - ter wird hervorgerufen theils durch eine psychische Thätigkeit, ein Gefühl, daſs die Eier einst ein Theil von ihr waren, welchem Verhältniſs sie nur allmählig entwachsen können, und ein körperliches Bedürfniſs, hervorgerufen durch ver - mehrte Wärmeerzeugung. Bei einigen Vögeln ist der geistige Trieb stärker es sind diejenigen, die schon im Vorgefühl der kommenden, oder vielleicht rich - tiger im Gefühl der im Eierstocke sich bereits entwickelnden Eier eine künstliche Wiege für sie bauen, wie die Singvögel und die Raubvögel; bei andern ist es mehr das körperliche Bedürfniſs es sind diejenigen, welche kein Nest bauen, wie die Hühner und die meisten Schwimmvögel. Die ersteren kennen ihre Eier, den letzteren sind alle Eier für den Anfang gleichgültig. Sehr merkwürdig aber ist es, daſs auch bei den letzteren das mütterliche Gefühl später erwacht. Manche Hühner vertheidigen die Eier, auf denen sie einige Zeit gesessen haben, mit gro - ſser Hartnäckigkeit. Sie werden in psychischer Hinsicht erst während des Brü - tens Mütter, welche nun für die Eier Sorge tragen, die sie vorher liegen lieſsen*)Wie überall in der Natur, ist auch hier Gradation Hühner, welche noch keinen Trieb zum Brüten haben, lassen ihre Eier liegen. Ist aber eine brütende Henne in der Nähe, so legen sie gewöhnlich ihre Eier zu den bereits bebrüteten und die Bruthenne steht willig auf, um ihnen Platz zu machen und die Eier unter ihre Pflege zu nehmen. Sie wird nun Mutter dieser Eier. Eine Bereitwilligkeit, an welche die Existenz unsers europäischen Kuckucks geknüpft ist.. E 236Noch merkwürdiger aber ist es, daſs umgekehrt das psychische Bedürfniſs, die Jungen zur Entwickelung zu bringen, auch die körperliche Fähigkeit dazu er - zeugt. Singvögel, denen man die Eier wegnimmt, legen neue, was sie ohne diese Veranlassung nicht gethan haben würden, und Hühner, denen man ein - zeln die Eier vor dem Auskriechen der Küchlein wegnimmt, behalten nicht sel - ten 8 bis 10 Wochen lang die erforderliche Brütwärme, die sie verloren haben würden, wenn nach 3 Wochen sämmtliche Küchlein ausgeschlüpft wären*)Ich kann mich nicht enthalten, hier eine für mich sehr interessante Erfahrung mitzutheilen. In einem Stalle, der einer brütenden Henne zum Aufenthalte augewiesen war, trieben auch einige Enten ihr Wesen, die sich häufig im Wasser einer benachbarten Wanne badeten. Der nicht gedielte Stall wurde dadurch einem Sumpfe gleich, und auch das Stroh, aus welchem das Nest des Huhnes geformt war, wurde allmählig durchweicht. Das Nest war deshalb auch kalt und die Entwickelung der Eier ging sehr langsam vor sich. Ich lieſs nun aus trocknem Stroh ein neues Nest machen. Als ich wenige Stunden darauf unter den Leib der Henne griff, um ein Ei wegzunehmen, fuhr ich erschreckt mit der Hand zurück, weil ich im ersten Augen - blicke das Gefühl hatte, als ob das Stroh brenne. Von der Unmöglichkeit eines Brandes so - gleich überzeugt, untersuchte ich das Nest nochmals mit der Hand und fand es ganz ungemein heiſs. Die Eier lieſsen sich anfühlen wie Eier, die in der Brütmaschine eine Hitze von mehr als 36° R. erlangt haben. Diese übermäſsige Hitze nahm allmählig ab und in weniger als 24 Stunden hatte das noch völlig trockne Nest die gewöhnliche Wärme. Ich schlieſse hieraus, daſs die Wärmeproduction des mütterlichen Körpers sich auf dem feuchten Neste vermehrt hatte. Diese Vermehrung ist aber gerade dem gewöhnlichen Ein - flusse der Feuchtigkeit entgegengesetzt, weshalb es mir scheint, daſs der Trieb, den Eiern trotz des Verlustes durch das verdünstende Wasser die gehörige Wärme zu geben, hier die Wärmeerzeugung des Körpers vermehrt hatte..

Doch ich darf hier mich nicht weiter in das Brütgeschäft einlassen, da ich für das vorgesteckte Ziel nur die Veränderungen des Eies, nachdem es gelegt wor - den ist, ins Auge zu fassen habe.

b. Verdün - stung.
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Nachdem ein Ei gelegt worden ist, verliert es immer an Gewicht, es mag bebrütet werden, oder nicht. Im letztern Falle ist der Verlust rascher, nach Been - digung der Bebrütung hat das Ei nach Prout’s Beobachtungen 0,16 seines Ge - wichtes verloren und es schwimmt jetzt auf dem Wasser, obgleich es, nachdem es gelegt war, stets untersank**)Nach Prout (Philosophical Transactions 1822) hat das Ei vor der Bebrütung ein specifisches Gewicht von 1,08 bis 1,09.. Es ist also der zum Auskriechen reife Em - bryo lange nicht so schwer, als der ursprüngliche Inhalt des Eies.

Aber auch ohne bebrütet zu werden erleidet das Ei fortwährend einen Ge - wichtsverlust, der zwei Jahre hindurch im Durchschnitte täglich ¾ Gran beträgt, in der ersten Zeit aber beträchtlicher, über einen Gran täglich, später unbedeu - tender ist***)Ebenfalls nach Prout a. a. O.. Der Gewichtsverlust zeigt sich auch in unbefruchteten Eiern. 37Er ist also kein Lebensact, sondern eine rein physische Verdünstung, die nur un - terbleibt, wenn man durch einen Ueberzug von Firniſs oder auf ähnliche Weise die Verdünstung hindert. Hiermit soll aber nicht behauptet werden, daſs, wenn sich das Küchlein entwickelt, das Leben desselben auf die Verdünstung gar kei - nen Einfluſs habe, besonders in der letzten Zeit.

Das Verdünsten des Eiweiſses hat eine merkwürdige und für die Entwicke -c. Erzeu - gung von Luft. lung des Küchleins sehr wichtige Folge. Das Eiweiſs nämlich, das an Masse ver - liert, zieht sich zusammen. Da es am spitzen Ende fester anhängt, so zieht es sich vom stumpfen Ende mehr ab. Ihm folgt das zunächst anliegende innere Blatt der Schaalenhaut. Es würde also zwischen beiden Blättern am stumpfen Ende ein leerer Raum entstehen, wenn sich hier keine Luft ansammelte. Diese zeigt sich aber gleich nach dem Beginne der Verdünstung und zwar nur in Eiern mit harter Schaale in Eiern mit unvollendeter Schaale nicht. Die letzteren fallen viel - mehr zusammen, wenn die Verdünstung wirkt. So entsteht also der Luftraum*)Der Luftraum wird auch Luftblase genannt, eine unpassende Benennung, da der Raum we - der in der Gestalt einer Blase gleicht, noch auch von einer eigenen Haut umschlossen ist. in den gewöhnlichen hartschaaligen Eiern als Folge der Verdünstung. Die Luft könnte man als von auſsen eingedrungen annehmen, wenn das stumpfe Ende der Schaale hinlänglich weite Poren hätte. Allein die chemische Untersuchung spricht dagegen, indem die Luft des Luftraumes beträchtlich reicher an Sauerstoff - gas ist, als die atmosphärische Luft, denn ihr Sauerstoffgehalt wechselt von 0,25 bis 0,27**)Dieses Maaſs fand Hr. Doctor Dulk. Schon Bischoff hatte auf den Sauerstoffreichthum der Luft in den Eiern aufmerksam gemacht (N. Journal für Ch. u. Ph. N. R. B. IX. S. 446) und die Menge desselben zu 0,22 bis 0,245 angegeben. Weil diese Anzeige etwas kurz war, bat ich Hn. Dr. Dulk die Untersuchung zu wiederholen. Das Resultat dieser Untersuchung ist für die Entwickelungsgeschichte und die gesammte Physiologie so wichtig, daſs ich es für Pflicht halte, die von ihm mir gewordene gütige Mittheilung hier in einem Anhange voll - ständig bekannt zu machen.. Es muſs also die Luft aus den Theilen des Eies selbst stammen. Entweder kann die Feuchtigkeit des Eiweiſses, indem sie, durch die weichen vom Kalke nicht ganz ausgefüllten Theile der Schaale verdünstet, die in ihr ent - haltene Luft nicht mitnehmen, und diese sammelt sich nun zwischen beiden Blät - tern der Schaalenhaut am stumpfen Ende an, wo wegen Zusammenziehung des Eiweiſses ein leerer Raum entsteht, oder es tritt unmittelbar aus dem nicht ver - dünsteten Eiweiſse Luft aus, weil der Druck, unter welchem das Eiweiſs früher war, sich verringert hat, indem am stumpfen Ende ein leerer Raum sich zu bil - den anfängt. Immer muſs die ausgeschiedene Luft, wenn sie früher dem Eiweiſs beigemischt war, sauerstoffreicher seyn, als die atmosphärische, da Flüssigkei -38 ten, wenn sie Luft aufnehmen, ein gröſseres Verhältniſs von Sauerstoffgas ent - halten, als die atmosphärische Luft. Endlich bleibt noch die Möglichkeit zu be - rücksichtigen, daſs die Luft durch chemische Zersetzung aus dem Inhalte des Eies abgesondert seyn könnte, da, wenn die Schaale undurchdringlich ist, der Eintritt der Luft in das Eiweiſs schwer verständlich wird*)Prout fand, wie wir bemerkt haben, die chemische Qualität des Dotters und des Eiweiſses sehr wechselnd. Diese Verschiedenheit könnte wohl auf einer langsamen Zersetzung beru - hen, die auch in unbebrüteten Eiern erfolgt, und es verlohnte sich wohl der Mühe, daſs ein Chemiker eben gelegte Eier genau mit Eiern vergliche, die schon einige Zeit gelegen haben. Die Abwesenheit des Luftraumes in weichschaaligen Eiern macht jedoch die Entstehung der Luft durch chemische Zersetzung unwahrscheinlich..

d. Abge - schlossen - heit des Eies gegen die Auſsenwelt.
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Wir können aber aus dem Sauerstoff-Reichthum der Luft, wie sie auch entstanden seyn mag, weiter schlieſsen, daſs wenigstens bei dem gewöhnlichen Drucke der Atmosphäre dieser kein freier Durchtritt durch die Schaale gestattet ist, wodurch sich die oben (§. 2. a.) gegebene Darstellung vom Bau der Schaale bestätigt. Auch scheint die Luft im Luftraume immer etwas weniger comprimirt, als die atmosphärische.

Hiernach bereitet sich das Ei des Vogels nicht nur durch das Verdünsten die für die Athmung des Embryo nothwendige Atmosphäre selbst, und zwar eine sauerstoffreichere, als die allgemeine atmosphärische Luft ist. Das Ei ist sogar durch seine Schaale gegen die äuſsere Luft verschlossen, um seinen Sauerstoff - Reichthum nicht einzubüſsen. Es ist nun auch begreiflich, wie Ermann durch mehrjährige Untersuchungen folgende Resultate finden konnte:

1. Während der Bebrütung in verschlossenen Gefäſsen findet keine Ab - sorbtion weder der atmosphärischen Luft noch des Sauerstoffgases Statt; auch wird kein Gas dabei erzeugt.

2. Eier erleiden während der Bebrütung den nämlichen Gewichtsver - lust, als diejenigen, worin sich ein Junges ausbildet!! (Dieſs ist sehr wichtig, und durchaus wahr.)

3. Das Ueberfirnissen des stumpfen Theils des Eies, wodurch während der ganzen Bebrütung das Eindringen der Luft in diese Region verhindert wurde, schadete der Entwickelung des Fötus nicht im mindesten; zum Beweis, daſs die Luft, die sich in der Regel daselbst ansammelt, keinen wesentlichen Respira - tionsproceſs einleitet**)Den Nachsatz erlauben wir uns doch zu bezweifeln. Er geht in der That nicht unmittelbar aus den Beobachtungen hervor, wie wir zeigen zu können hoffen..

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4. Unbefruchtete Eier in Sauerstoffgas ausgebrütet zeichneten sich in kei - ner Hinsicht von denen aus, die in atmosphärischer Luft derselben Temperatur ausgesetzt wurden.

5. Unbefruchtete Eier in Sauerstoffgas während der Bebrütung gesperrt, erscheinen nach 21 Tagen eben so frisch, als wenn man sie in atmosphärischer Luft bebrütet hätte. *)Isis 1818. S. 122 aus einem Briefe Ermann’s an Oken. Bei der Abfassung des Textes durfte ich nur so viel von den Ermannschen Untersuchun - gen berücksichtigen, als durch die Isis öffentlich bekannt geworden war. So eben erhalte ich noch vor Abgang des Manuscriptes die Erlaubniſs, auch von den mir durch die Güte des Beobachters selbst mitgetheilten, zu groſsem Verluste für die Wissenschaft noch immer nicht gedruckten beiden Abhandlungen, über die Resultate jener Untersuchungen, Gebrauch zu machen, und ich eile die erhaltene Erlaubniſs in dieser Anmerkung zum Vortheil meiner Le - ser zu benutzen. Vor allen Dingen brauche ich kaum darauf aufmerksam zu machen, daſs ich im ersten Theile dieses Werkes, wenn ich auch nirgends über den Ursprung der Luft im Ei besonders handle, doch stillschweigend voraussetze, daſs sie von auſsen durch das stumpfe Ende der Schaale ein - gedrungen sey. Ich hatte um so weniger einen Zweifel über diesen Ursprung in mir aufstei - gen lassen, je bestimmter die mir bekannten Beobachter sich hierüber aussprachen. Es war zwar die in der Isis gegebene kurze Nachricht über Ermann’s Untersuchungen mir keines - weges unbekannt geblieben, allein eines Theils lieſsen sie sich mit jener augenommenen An - sicht über den Eintritt der Luft nicht vereinigen, und sie schienen mit einem ganz allgemeinen Naturgesetze, daſs kein organisches Leben ohne Wechselwirkung mit der Luft bestehe, nicht vereinbar, andern Theils war seit jenem vor 18 Jahren von Ermann an Oken geschriebe - nen Briefe nichts über seine Beobachtungen bekannt geworden, und es war mir ein dunkles Gerücht zu Ohren gekommen, daſs der Beobachter jetzt selbst glaube, nur der Anfang der Entwickelung könne ohne Zutritt der atmosphärischen Luft erfolgen. Ich glaubte deshalb jene Mittheilungen in der Isis ganz auf sich beruhen lassen zu müssen, besonders da mein Augenmerk nur auf die Form der Entwickelung, nicht auf ihre äuſsern Bedingungen ge - richtet war. Indessen war mein Wunsch, mehr über jene Untersuchungen zu erfahren, sehr lebhaft, und ich benutzte meine Anwesenheit bei der Versammlung der Naturforscher zu Berlin dazu, um Hn. Prof. Ermann selbst um Belehrung zu bitten. Ich erfuhr nun, daſs er seine Ueberzeugung keinesweges habe ändern können, indem sehr anhaltende und mit mög - lichster Berücksichtigung aller Störungen angestellte Versuche ihm gezeigt hätten, daſs Eier in den verschiedensten und völlig irrespirabeln Gasarten sich entwickeln können. Be - kannt gemacht seyen diese Beobachtungen noch nicht, weil der Beobachter noch einen Som - mer hindurch sie durch neue habe vermehren wollen, bis jetzt ihm aber noch nicht die ge - hörige Muſse zu einer solchen, alle Aufmerksamkeit für eine lange Zeit hindurch ganz in An - spruch nehmenden Untersuchung geworden sey. Hr. Prof. Ermann hatte zugleich die Güte, mir zwei Abhandlungen mitzutheilen, die er vor 18 und 20 Jahren der Akademie der Wissenschaften in Berlin vorgetragen hatte. Die eine dieser Abhandlungen, die zweite der Zeit nach, untersucht mehr physiologisch die Allgemeingültigkeit der Nothwendigkeit eines Hinzutrittes der atmosphärischen Luft für die Entwickelung des Eies, und geht darauf hinaus, zu zeigen, daſs frühere Beobachtungen und Erfahrungen über diesen Gegenstand nicht auf alle Verhältnisse gehörige Rücksicht genommen haben, um volle Beweiskraft zu besitzen. Die andre Abhandlung, der Zeit nach die frühere, ist es eigentlich, welche uns hier wichtig

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Diese Beobachtungen lehren theils die Abgeschlossenheit des Vogeleies von der äuſsern Atmosphäre, vielleicht nur mit Ausnahme des Endes der Bebrütung;denn*)ist. Sie enthält nicht nur die genaue Angabe der eingeschlagenen Methode der Untersuchung und die speciellen Beweise für die in der Isis mitgetheilten Resultate, die hier als indirecte Beweise für den Abschluſs des Eies gegen die Atmosphäre aufgeführt sind, sondern auch eine Reihe directer Beobachtungen, vom Ausbilden der Küchlein in Eiern, die in abgeschlossener, nicht erneuerter atmosphärischer Luft und in irrespirabeln Gasarten der Brütwärme ausge - setzt waren. Die Resultate lassen sich kurz so zusammenfassen. 1) In abgeschlossener, nicht erneuerter atmosphärischer Luft gelang es sehr oft, die Küch - lein bis zum 18ten oder 19ten Tage zu entwickeln. 2) In reinem Wasserstoffgas wurden 2 Kibitzeier und 3 Hühnereier bebrütet. Bei der Er - öffnung fanden sich ein Hühnchen und ein Kibitz so weit entwickelt, daſs der Dottersack schon zum Theil in der Leibeshöhle aufgenommen war. Beide Vögelchen lebten und schie - nen gesund. Die drei andern Eier waren nicht befruchtet und zeigten auſser der Verdünstung gar keine Veränderung. Ein zweiter Versuch wurde mit 4 Hühnereiern gemacht. Am 22sten Tage geöffnet, enthielten alle völlig ausgebildete Küchlein, deren Dottersack vollständig in den Leib getreten war. Aber die Küchlein waren sämmtlich todt. Ein dritter Versuch mit 5 Hüh - nereiern zeigte am 22sten Tage zwei Embryonen, die am 6ten, einen der am 8ten, und einen vierten der am 11ten Tage abgestorben war; das 5te Ei hatte ein völlig reifes aber todtes Hühnchen. 3) In kohlensaurem Gas wurden zuvörderst 10 Finkeneier bebrütet und nach 14 Tagen geöff - net. Fünf Embryonen waren früher abgestorben, ein 6ter sehr weit entwickelt und vier fast ganz reif, da der Dottersack zum Theil in den Leib aufgenommen war. Uebergehen wir einen zweiten Versuch, der wegen des gewählten hygrometrischen Mittels nicht gelungen war, so finden wir in einem dritten von mehreren Hühnereiern einige früher abgestorben, eins aber so weit entwickelt, daſs schon die Schaale angepickt zu seyn schien. 4) In möglichst reinem Stickgas wurden 3 Eier bebrütet. In zweien hatten die Embryonen sich bis zum 19ten oder 20sten Tage entwickelt, im dritten Ei war der Embryo früher abge - storhen. Selbst in Stickgas, das von nitrösem Gase nicht ganz rein schien, hatten Hühner - eier bis zum 14ten Tage sich entwickelt. Nur Physiker vom Fach werden die Vorsichtsmaſsregeln vollständig zu würdigen wissen, welche Hr. Prof. Ermann angewendet hat, um jede Täuschung zu vermeiden, theils um die Gasarten möglichst rein zu erhalten und mit ihnen ohne Vermischung mit atmosphärischer Luft die Glocken zu füllen, in welchen die Eier bebrütet werden sollten, theils um ein luft - dichtes, den Eiern durch die Ausdünstung nicht schadendes Mittel zum Verkitten zu erhal - ten, vorzüglich aber um die Feuchtigkeit, die während der Bebrütung sich aus den Eiern entwickelt, durch ein hygroscopisches Mittel zu entfernen, ohne die Glocke zu öffnen. Ich konnte nur die Ausdauer, mit der alle diese Schwierigkeiten überwunden wurden, und die Erfindungsgabe des Physikers bewundern, mit der die früheren Erfahrungen benntzt wur - den, um die Versuche umzuändern. Wenige Gegenstände haben meine Aufmerksamkeit so sehr gefesselt, als diese Untersuchungen. Von der einen Seite schien es mir unmöglich, einen Einwand gegen sie zu finden, und wenn Ermann selbst in jenem Briefe an Oken noch die Absicht erneuerter Bestätigung zu erkennen giebt, so lag diese wohl nur in dem Wunsche, die Hühnchen auch wirklich auskriechen zu sehen. Von der andern Seite schie - nen die Resultate mit allen bisherigen Erfahrungen in schreiendem Widerspruche zu stehen. Ein thierisches Leben ohne Wechselwirkung mit der Luft! Ja eine sehr deutlich verschie - dene Färbung in den Schlagadern und Blutadern vom Chorion des Vogels und doch keine Athmung! Besonders muſste dieser scheinbare Mangel an Athmung mir auffallend und an - stöſsig seyn, da das bisherige Resultat meiner Untersuchungen über Entwickelungsgeschichtemich41denn bis zum völligen Auskriechen hat Ermann kein in irrespirabeln Gasarten bebrütetes Ei gebracht, theils, daſs die Verdünstung, und also auch die Erzeu - gung einer athembaren Luft im Ei ein rein physischer, vom Leben nicht beding - ter Vorgang ist. Ja die Natur bedient sich dieser Verdünstung, um einen gehö - rigen Vorrath von Luft zu erzeugen, bevor das Küchleiu deren bedarf. So lassen alle Vögel ihre Eier eine Zeitlang liegen, bevor sie sie bebrüten.

In der ersten Zeit beim Hühnchen fünf Tage hindurch oder ein wenig länger bleibt der Embryo vom Luftraume entfernt. Nach dieser Zeit wird er durch einen höchst einfachen Mechanismus gegen den Luftraum hingewälzt. Be - vor wir aber diesen verstehen können, müssen wir noch andere Veränderungen im Ei ins Auge fassen.

Wenden wir uns zuerst an das Eiweiſs, so finden wir dieses während der Bebrütung im Allgemeinen fester werden. Doch sieht man im Anfange am stum -e. Verände - rungen des Eiweiſses. pfen Ende viel flüssiges Eiweiſs sich ausammeln, vielleicht weil der immer leichter werdende Dotter sich mehr nach oben gegen die Schaale erhebt, das flüssige Eiweiſs verdrängt und das festere Eiweiſs sich nach dem spitzen Ende hin zusammenzieht, das flüssige also nach dem stumpfen Ende weichen muſs. Auch scheint jenes flüs - sigere Eiweiſs am stumpfen Ende nach den chemischen Untersuchungen von*)mich belehrt hatte, daſs die sogenannte Entstehung und Bildung des Embryo nichts anders als ein Wachsthum sey, und daſs zwischen dem Leben des Embryo und des gebornen Thiers nur relative Unterschiede beständen. Daſs viele Embryonen in den Ermann’schen Ver - suchen frühzeitig abgestorben waren, gab mir nicht den geringsten Einwurf gegen die Schlüsse, da ich nur zu oft erfahren hatte, wie viele Küchlein bei künstlicher Bebrütung auch in atmosphärischer Luft nicht bis zum Auskriechen gelangen. So befand ich mich in einem peinlichen Dilemma. Von der einen Seite muſste ich die Gültigkeit der Versuche durchaus anerkennen, von der andern aber muſste ich das Resultat durchaus läugnen. Ein merkwürdiger Beweis, wie leicht wir aus einer Beobachtung durch eingeschobene Sup - position mehr folgern, als in ihr liegt. Erst später fiel mir die Möglichkeit bei, daſs das Ei sich das respirable Gas selbst bereiten könne, wovon meine Leser schon oben die Be - stätigung gehört haben. Es ist nach den Untersuchungen des Hn. Dr. Dulk nicht mehr zu zweifeln, daſs das Ei schon vor dem Bedarf des Embryo eine Quantität sauerstoff - reiche Luft bereite. Da im weitern Verlauf der Bebrütung die Veranlassung zur Erzeugung fortbesteht, so wird auch immerfort neue Luft bereitet. Während der gröſsern Hälfte der Bebrütung wenigstens nimmt das Ei gar keine Luft von auſsen auf, und es bedarf ihrer nicht, wie Ermann erwiesen hat. Ob in der letzten Zeit des Embryonen-Lebens nicht durch die Schaale Luft eindringt, wie die sich ablösende Schaalenhaut vermuthen läſst, müssen noch spätere auf diese Frage gerichtete Untersuchungen lehren. Aus Ermann’s Beobachtungen scheint fast hervorzugehen, daſs das Küchlein, wenigstens in dem Augenblicke, wenn es mit dem Schnabel in den Luftraum dringt, hier eine reinere Luft verlangt, als es in den abge - schlossenen Eiern vorfindet. Dagegen ist die Verdünstung des Eiweiſses, wie Ermann’s Versuche lehren, für die ganze Zeit der Bebrütung nothwendig, denn ohne sie kann sich im Ei keine Luft absondern.II. F42Prout Oel aus dem Dotter aufzunehmen*)Am angeführten Orte. Prout irrt jedoch, wenn er glaubt, daſs nach dem siebenten Tage das dünnere Eiweiſs am stumpfen Ende keine Mischung erlitten habe, indem er annimmt, der Dotter sey noch von der Dotterhaut umgeben. Die Haut, welche jetzt den Dotter um - giebt, ist aber nicht die ehemalige Dotterhaut, sondern die Keimhaut. Die Dotterhaut ist aufgelöst, und die Flüssigkeit, welche sich zwischen ihr und der Keimbaut angesammelt hatte, mischt sich nothwendig nach dem Schwinden der Dotterhaut mit dem Eiweiſse des stumpfen Endes. Die Aehnlichkeit mit Molken schreibe ich der Vermischung der eben erwähnten se - rösen Flüssigkeit mit dem Eiweiſs zu.. Späterhin bemerkt man nur noch das feste Eiweiſs, und zwar immer mehr in einen Klumpen gesammelt, am spitzen Ende des Eies. Es hat den gröſsten Theil seines Wassers und seiner Salze verloren.

f. Verände - rungen des Dotters.
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Die Dotterkugel dagegen, in der Masse des Eiweiſses schwebend, nimmt vom Anfange an Wasser und Salze aus dem Eiweiſse auf. Sie schwillt davon an, und erhebt sich innerhalb des Eiweiſses, so daſs sie schon am 5ten Tage dicht unter der Schaale liegt. Die Dottersubstanz wird flüssiger, zuerst unter dem Keime, dann allmählig in der ganzen Dotterkugel, und sieht endlich wie eine Emulsion aus. Es scheint, daſs bei der Vergröſserung des Dotters, in welcher nicht nur sein Umfang, sondern auch sein absolutes Gewicht sehr merklich wächst, die einzelnen Dotterkörner, wenigstens die Dotterkörner der ersten und gröſsten Art, sich wie Schwämme voll Feuchtigkeit saugen, daſs dann in ihnen die enthaltenen Körnchen (§. 2. g.) mehr ausgebildet werden, ungefähr wie bei einem Kugelthier, und endlich die Dotterkörner platzen und die enthaltenen Körnchen des zweiten Grades mit der aufgenommenen Flüssigkeit ausgieſsen. Das Deutlicherwerden der enthaltenen Körnchen glaubte ich zu bemerken, und das Aufplatzen scheint Eichwald im bebrüteten Ei beobachtet zu haben**)Disquisitio physiologica in Ovum humanum. Casani 1824. 4. p. 8., wie ich es im Eierstock sah. Die Stoffe, die der Dotter aufnimmt, verliert er allmäh - lig wieder an den Embryo, der um so mehr aus ihm zieht, je gröſser er wird. Die Folge hiervon ist, daſs der Dotter, nachdem er gegen die Mitte der Brütezeit sehr in Masse zugenommen hatte, wieder anfängt abzunehmen und am Schlusse der Brütezeit in beträchtlich geringerer Menge da ist, als beim Beginnen der - selben.

g. Bildung neuer Sub - stanzen während der Brütung.
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Indessen nicht alle chemischen Bestandtheile, welche der Embryo am Ende der Bebrütung besitzt, lassen sich als in den ursprünglichen Theilen des Eies be - reits vorhanden nachweisen, obgleich es keinem Zweifel unterworfen ist, daſs der Embryo sich nur aus den Substanzen des Eies bilden kann. So sehen wir zwar den Phosphor allmählig im Eiweiſse abnehmen, und dagegen im Dotter sich meh - ren und dann als Phosphorsäure mit Kalk verbunden in den Knochen des Embryo43 sich sammeln; allein der Phosphor nimmt im Dotter rascher zu, als ihn das Ei - weiſs verliert, und woher die groſse Menge Kalk stammt, ist auf chemischem Wege noch viel weniger nachzuweisen, denn das Eiweiſs und der Dotter enthalten nur wenig von dieser Substanz, und an der Schaale ist weder durch das Gewicht eine merkliche Abnahme erwiesen, noch lieſse es sich auch physiologisch begrei - fen, wie aus der völlig leblosen Schaale etwas aufgelöst und in den Dotter geführt werden kann. Eine chemische Auflösung kann die Schaale noch weniger erfah - ren. Wir müssen also, nachdem die Chemiker viele vergebliche Versuche ge - macht haben, die in dem Embryo enthaltene Kalkmasse in den Substanzen des Eies aufzufinden, annehmen, daſs das bildende Leben diesen Stoff aus den Be - standtheilen des Eiweiſses und Dotters auf eine den Chemikern nicht verständliche Weise sich allmählig bereite, nicht, wie die Chemiker an todten Stoffen können, bloſs ausscheide. Eben so mehrt sich der geringe Vorrath von Eisen unaufhörlich während der Bebrütung. Aus keinem andern Verhältnisse kann die Physiologie mit so viel Sicherheit die Fähigkeit des lebenden thierischen Körpers erweisen, Stoffe, die uns chemisch einfach scheinen, neu zu erzeugen, als aus der Geschichte der Entwickelung des Hühnchens*)Ausführlicher siehe die chemische Veränderung der Theile des Eies in der angeführten Ab - handlung von Prout. .

Der Dotter bleibt nicht immer von der einfachen Dotterhaut umschlossen,h. Schwin - den der Dot - terhaut. die ihn zu Anfang umgab. Es wächst nämlich allmählig der Keim mit seiner Pe - ripherie um den Dotter herum. Wir erinnern uns zwar (§. 2. h.), daſs im geleg - ten Ei der Keim von der Dotterhaut abstand. Dieses Verhältniſs hört aber bald auf, ja in einigen Eiern (vielleicht sind es solche, die sich im Leibe der Mutter weiter entwickelt haben als gewöhnlich,) klebt der Keim mit seiner Peripherie schon vor der Bebrütung an der Dotterhaut. Bei den meisten erfolgt diese An - heftung wenige Stunden nach dem Beginne der Bebrütung. Die Anheftung ist bald so innig, daſs man beim Abtrennen der Keimhaut (wir werden gleich - ren, daſs diese der peripherische Theil des Keimes ist,) keine bestimmten Grenzen findet. Die Keimhaut wächst so rasch, daſs sie am Ende des zweiten Tages schon die Hälfte der Dotterkugel umgiebt, am fünften Tage dieselbe aber ganz umhüllt hat. Bei dieser Ausdehnung ist immer ein breiter Rand eng an die Dot - terhaut angeheftet, während der gröſsere, mittlere Theil etwas absteht und in dem Zwischenraume zwischen Dotterhaut und Keimhaut sich etwas Flüssigkeit ansammelt. Wegen der peripherischen Anheftung hielt man die Keimhaut bis zu den neuen Würzburger Untersuchungen für einen zu der Dotterhaut gehörigenF 244Theil und nannte sie das innere Blatt der Dotterhaut*)Daſs diese Ansicht in gewisser Hinsicht begründet ist, werden wir nachträglich sehen.. Die eigentliche Dotter - haut wird im abgelösten Theile immer heller und dünner und schwindet endlich mit der mit ihr vereinten Haut der Hagelschnüre. Dieses Schwinden der Dotter - haut bringt nun plötzlich den unterdessen gebildeten Embryo in den Luftraum. Der Embryo nämlich liegt oben auf dem Dotter. Ihm gegenüber ist die Stelle, welche die Keimhaut zuletzt erreicht, indem sie den Dotter umwächst. Hier klebt sie also auch noch an der Dotterhaut. An der Dotterhaut klebt wieder das Eiweiſs, das im Umfange der Dotterkugel auf eine sehr dünne Schicht vermindert und namentlich über der obern Gegend derselben ganz geschwunden ist. Das Ei - weiſs, das sich schon sehr verdickt hat, klebt ferner auch an dem spitzen Ende der Schaalenhaut. Wenn nun die Dotterhaut über dem Embryo (bei f. Taf. III. Fig. 2.) aufreiſst, so rollt sich auch die dünne Schicht Eiweiſs, die die Dotter - kugel umgab, zurück und läſst die Keimhaut frei, mit Ausnahme des untersten Theiles, wo die Keimhaut an der noch nicht ganz geschwundenen Dotterhaut und durch diese am Eiweiſs anklebt. Das Eiweiſs aber, das bisher in einer kleinen Spannung durch die Dotterhaut gehalten ist, zieht sich in sich zusammen, zieht also den untern Theil der Dotterkugel gegen das spitze Ende der Schaale und rollt hierdurch die Dottermasse so herum, daſs der Embryo gegen den Luftraum ge - kehrt wird.

i. Umände - rungen des Keimes. Keimhaut, Blastoder - ma, und Em - bryo.
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Indem der Keim sich allmählig ausbreitet und um den Dotter herum wächst, bildet der eine Theil von ihm, der die Mitte einnimmt, sich zum Em - bryo aus, der übrige bei weitem gröſsere Theil ist dünn und hautförmig. Wir nennen ihn deshalb die Keimhaut (Blastoderma). Die Keimhaut ist zwar ge - wissermaſsen eine Ausbreitung des Embryo und hängt mit ihm zusammen, ja ein groſser Theil der Keimhaut wird zuletzt in den Embryo aufgenommen; diese Keimhaut enthält auch Blutgefäſse, welche Stoffe aus dem Dotter aussaugen und in den Embryo führen zur Ernährung desselben, und bildet schon in dieser Hinsicht ein Ganzes mit dem Embryo. Indessen ist sie doch als ein dünnes Blatt von dem Embryo merklich verschieden, und so können wir wohl das Verhältniſs am richtig - sten ausdrücken und auffassen, wenn wir sagen: Der Keim bildet sich während seiner Vergröſserung in zwei Theile aus, die unter sich sehr verschieden im An - sehn sind, im Lebensprocesse aber doch zusammengehören, die Mitte wird zum Embryo, die viel breitere Peripherie zur Keimhaut. Die Art und Weise, wie sich der Embryo ausbildet, werden wir bald genauer untersuchen (§. 6). Jetzt45 kommt es uns nur darauf an, die Weise, wie sich beide abgrenzen, kennen zu lernen.

Der Keim liegt, wie wir wissen, ursprünglich oben auf dem Dotter ink. Umbil - dung der Keimhaut in den Dotter - sack, Sac - cus vitella - rius. Taf. IV. Fig. 4. Fig. 5. Form einer Platte. Würde er nun, überdeckt von der Dotterhaut, ganz gleich - mäſsig fortwachsen, so würde er bald den Dotter in Form eines gleichmäſsigen Sackes umhüllen. So ist aber die Vergröſserung des gesammten Keimes nicht. Vielmehr wird die Grenze zwischen der Mitte, die zum Embryo sich umformt, und dem Umfange, der Keimhaut nämlich, immer enger. Die Folge davon ist, daſs bald, und zwar schon am 4ten Tage, nur eine enge Communication zwischen dem Embryo und dem unter ihm liegenden Sacke der Keimhaut besteht. Weil dieser Sack den Dotter bald ganz umschlieſst, wird er der Dottersack (Saccus vitellarius)*)Auch Dotterblase; Darmsack; Darmblase; Vesicula intestinalis; Vesica vitellaria. genannt. Die Dotterhaut umschlieſst also jetzt, bevor sie schwindet, den Dottersack, der durch die aufgenommene Flüssigkeit noch grö - ſser ist, als ursprünglich die Dotterkugel war, ferner den sehr viel kleinern Em - bryo mit dem sogleich zu beschreibenden Amnion und dem Harnsacke. Sie kön - nen sich diesen sehr einfachen Vorgang am besten versinnlichen, wenn Sie sich denken, vor Ihnen stünde die ursprüngliche Dotterkugel etwa tausendfach ver - gröſsert, mithin als ein ziemlich ansehnlicher Sack, und Sie schnürten nun entwe - der durch Umfassen mit der Hand oder mit einem Bindfaden einen kleinen Theil des Sackes von dem übrigen viel gröſsern ab, jedoch nur so weit, daſs die Höh - lung beider Abschnitte noch durch eine Oeffnung mit einander verbunden blieben. Die gröſsere Abtheilung (b in der Abbildung) würde dann den Dottersack vor - stellen, die kleinere (a) den Embryo, und der offene Kanal (c) aus einer Ab - theilung in die andere wäre der Nabel.

Diese bildliche Darstellung würde in der That die richtigste Vorstellung nicht nur von dem Verhältnisse des Embryo zum Dottersacke geben, sondern auch eben so einfach als wahr zeigen, wie sich das Verhältniſs ausbildet. Gerade so wird in der Mitte des Keimes eine längliche Stelle zuvörderst gewölbter und da - durch von dem übrigen Keime abgegrenzt. Dann krümmt sich der Rand dieser Stelle nach unten und das ganze abgegrenzte Feld erhebt sich in Form eines Schildes. Während nun innerhalb dieses Schildes eine Menge anderer Verände - rungen erfolgen, um den Embryo zu gestalten, die wir später ins Auge fassen werden, neigt sich der Rand immer mehr nach unten und er verengt sich, bis er schon am 4ten Tage nur noch einen länglichen Uebergang aus dem Embryo in den Dottersack frei läſst. Es ist also der Vorgang ganz so, wie wir ihn am Sacke46 uns bildlich vorstellten, und es fehlt nichts als das Werkzeug für die Abschnürung, die Hand oder der Bindfaden. Die Natur vollführt diese Operation ohne ein sol - ches äuſseres Hülfsmittel nach einer innern Veränderung, die durch das Wort Abschnürung vollkommen bezeichnet wird. Wirklich hat, wie in jener bild - lichen Darstellung, der Embryo eine Höhlung, die von der innern, ursprünglich untern Fläche des Keimes gebildet wird und durch einen engen Kanal in den Dottersack übergeht.

l. Spaltung des Keimes in Blätter. Taf. I. II. Taf. IV. F. 6.
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Durch den Umstand allein, daſs mehrere Metamorphosen gleichzeitig bei der Gestaltung des Embryo vor sich gehen, wird ihre Auffassung etwas schwie - riger, wenn auch die Metamorphosen an sich ganz verständlich sind. So muſs ich Sie nun bitten, so bald Ihnen die Vorstellung von dieser ganz einfachen Ab - schnürung geläufig ist, sich eine gleichzeitige Spaltung des gesammten Keimes in mehrere Schichten zu denken. Er trennt sich in zwei Hauptblätter, eine ober - flächlichere und eine tiefere, beide scheiden sich wieder in zwei Schichten, wel - che sich aber nicht völlig von einander trennen. Aus dem oberflächlichern Blatte bilden sich die animalischen Theile des Embryo, aus dem tiefern die vegetativen oder plastischen. Hiernach wollen wir beide Hauptblätter das animalische und das vegetative benennen*)Das animalische Blatt ist das seröse Blatt Pander’s, das vegetative Blatt besteht aus Pan - der’s Gefäſsblatt und Schleimblatt. Die verschiedenen Schichten, welche sich im Keime bilden, sind zuerst in den Würzburger Untersuchungen gehörig ins Auge gefaſst worden, und nur unter den dort gewählten Namen waren sie den Physiologen bekannt geworden. Aus diesem Grunde schon bemühte ich mich bei Erzählung der Entwickelungsgeschichte des Hühnchens, wie sie im ersten Theile sich fin - det, die Würzburger Namen beizubehalten, zum Theil aber, wie man leicht erkennen wird, mit Widerstreben des Stoffes. Die Benennungen Schleimblatt und Gefäſsblatt scheinen mir sehr glücklich gewählt, weil sie die Bedeutung dieser Schichten vollständig aussprechen. Dagegen war mir die Benennung des serösen Blattes unbequem, erstens weil dieses Blatt nur in seinem peripherischen Theile ein bloſser Ueberzug bleibt, im Embryo dagegen die wichtig - sten Theile bildet, in diesem und später zum Theil sogar im Amnion in zwei Schichten sich scheidet, und zweitens weil er offenbar für sich den Gegensatz zu den beiden andern Schich - ten bildet, da aus ihm der ganze animalische Leib des Embryo wird. Deshalb konnte ich nicht umhin, als ich von der Bildung der Banchhöhle sprach, zu sagen, daſs der Keim sich hier in zwei Lagen, eine animalische und eine plastische, trennt (Erster Theil S. 42), und im 4ten Scholion, wo ich nachweise, wie die Primitivorgane der Wirbelthiere im Keime durch die primäre Sonderung sich bilden, war es ganz unvermeidlich, dieses obere Haupt - blatt als den Gegensatz der beiden andern zu behandeln. So mag es denn hier gleich von vorn hinein als das bezeichnet werden, was es ist, als das animalische Blatt. Wir wer - den uns durch diese Benennung eine Menge Umschreibungen und Demonstrationen ersparen, wenn wir zur Vergleichung der Entwickelungsgeschichte der Wirbelthiere unter sich und mit den niedern Thieren übergehen. Unser vegetatives Blatt also enthält eine Schleimhaut - schicht und eine Gefäſsschicht, das animalische Blatt ist aber übereinstimmend mit Pan -. Von der Ausbildung des Embryo an sich sprechen47 wir aber später besonders. Für jetzt interessirt uns nur das Verhältniſs des Em - bryo zu den andern im Ei enthaltenen Theilen.

Nennen wir nun den ganzen Inbegriff der Verbindung des eigentlichenm. Verbin - dung des Embryo mit andern Thei - len des Eies durch den Nabel. Taf. IV. Fig. 6. Embryo mit den auſser ihm liegenden Theilen den Nabel (Umbilicus), so müssen wir an diesem, wenn sich das animalische Blatt von dem vegetativen im ganzen Keime trennt, einen äuſsern und einen innern unterscheiden können. Der äuſsere Nabel, den man gewöhnlich schlechtweg den Nabel nennt, und den ich zur bestimmtern Unterscheidung den Hautnabel benennen will, ist die Grenze des Embryo gegen die andern Theile, die seine ehemalige Peripherie bildeten, inner - halb des animalischen Blattes. Der innere Nabel dagegen ist der Uebergang aus den innern vegetativen Theilen des Embryo in das vegetative Blatt des Dotter - sackes. Man nennt ihn gewöhnlich den Dottergang*)Auch Ductus vitelli intestinalis; Peduncutus; Apophysis. (Ductus vitellarius),Taf. IV. Fig. 6. c′. weil er einen offenen Gang aus der Höhle des Darmes vom Embryo in die Höhle des Dottersackes bildet. Er ist also ein Darmnabel. Das vegetative Blatt des Dottersackes läſst wieder zwei untergeordnete Schichten unterscheiden, eine Ge - fäſsschicht und eine Schleimhautschicht. In dem erstern allein sind Blutgefäſse, im andern nicht. Jene Blutgefäſse gehen in die Blutgefäſse des Embryo über. Man nennt die Schlagader Dottersackschlagader (Arteria vitellaria) und die Blutader die Dottersackblutader (Vena vitellaria)**)Beide heiſsen auch, besonders in andern Thierklassen, Nabelgekrösgefäſse (Vasa omphalo - mesenterica), weil sie aus dem Gekröse kommen und durch den Nabel gehen..

Der Dottersack wird in der letzten Zeit nur von der vegetativen Schichth. Bildung des Amnions. Taf. I. u. II. Fig. IV. V. VI. VII. VIII. und 5 8. gebildet, indem die animalische allmählig schwindet. Schon lange vorher hat sich die letztere etwas abgelöst, und ist eine eigene Metamorphose eingegangen zur Bildung einer Blase, die den Embryo zunächst umgiebt, und die man das Amnion***)Früher wurde diese Haut gewöhnlich Amnios genannt. In neuerer Zeit hat man aber zur bessern Uebereinstimmung mit dem Worte Chorion häufiger die von uns beibehaltene Endigung auf on angenommen. Sonst kommt auch der Name Indusium vor. oder auch wohl das Schaafhäutchen nennt. Die Entstehung dieser Blase erfolgt sehr früh, am dritten und vierten Tage, zu der Zeit, wo die Keim - haut sich in die beiden Hauptblätter trennt. Indem sich nämlich der Rand des*)der’s serösem Blatte der ersten Zeit. Es theilt sich später in seiner Mitte in zwei Schich - ten, von denen ich die untere, wie es mir scheint, ganz passend die Fleischschicht, die obere aber die Hautschicht genannt habe. Von dieser Scheidung wird weiter unten, wenn wir auf die Entwickelungsgeschichte des Embryo übergehen, in besserem Zusammenhange aus - führlich die Rede seyn. Dort werde ich auch die gewählte Benennung für beide Schichten des animalischen Blattes beleuchten (Vergl. §. 6. i.)48 Embryo nach unten neigt, um der Nabel zu werden, bleibt der gröſste Theil der Keimhaut in der ursprünglichen Lage; da aber der gesammte Rand des Embryo im ganzen Umfange ununterbrochen in die Keimhaut übergeht, kann doch, wenn dieser Rand sich nach unten neigt, um sich zu verengern, nicht die ganze Keim - haut in ihrer ursprünglichen Lage bleiben, sondern die nächste Umgebung von jenem Rande des Embryo wird durch den sich herabbiegenden Rand des Embryo auch nach unten gezogen*)Ich muſs hier besonders bitten, bei Durchlesung dieses Abschnittes die am Rande angezoge - nen Abbildungen wiederholt zu vergleichen., und der herabgezogene Theil, der nothwendig ein länglicher (zugleich etwas breiter) Ring seyn muſs, weil auch der Rand des Em - bryo ein länglicher Ring ist, geht überall in einem ziemlich scharfen Winkel in den Theil der Keimhaut über, der seine Lage nicht verändert hat. Dieser Win - kel muſs auch im ganzen Umfange sich finden und also ein länglicher Ring seyn, in so fern man eine vorspringende Kante einen Ring nennen kann. Sie sehen leicht ein, daſs, wenn wir nun die Dotterhaut, die jetzt noch da ist, wegnähmen, und diese Metamorphose von oben betrachteten, wir in eine Grube hineinsehen würden, deren Rand von jener Kante gebildet würde. Im Innern der Grube - hen wir den Embryo, jedoch nicht frei umher schwimmend, sondern mit seinem Rande unmittelbar nach allen Seiten mit dem Boden der Grube, durch diesen mit - telbar mit der Wand und durch diese Wand mit dem Rande der Grube zusammen - hängen; denn der Embryo ist ja die umgewandelte Mitte des Keimes, und ein Theil der Keimhaut bildet eben diese Grube**)Von dieser Grube zeigen uns die Figuren 6′6″ und 7′ der zweiten Tafel Queerdurchschnitte. Hier ist f der Rand der Grube im vegetativen und g im animalischen Blatte. Die Figuren IV. V. VI. zeigen Längsdurchschnitte derselben Grube; r ist der vordere, s der hintere Rand der Grube im vegetativen, t und u im animalischen Blatte. Wie die Dotterhaut, die hier durch eine punktirte Linie angedeutet ist, über die Grube wie ein schlecht schlieſsender Deckel weggeht, machen dieselben Abbildungen sehr anschaulich. Ausführlicher siehe über Bildung des Amnions mit steter Hinweisung auf die Abbildungen im ersten Theile S. 47 50 und S. 66.. Sie sehen ferner leicht ein, daſs, wenn dieser Rand der Grube sich immer mehr verengern sollte, sie sich in eine geschlossene Höhle, oder, da die Grube von einer Haut gebildet wird, in eine geschlossene Blase verwandeln müſste. Diese Umwandlung erfolgt aber in der That, und die neu entstandene Blase heiſst das Amnion und enthält etwas Flüssig - keit, das Fruchtwasser (Liquor amnii)***)Auch Schaafwasser., die sich allmählig in der Grube angesammelt hat.

Aber49

Aber nicht beide Hauptblätter der Keimhaut bilden das Amnion. Im An - fange freilich, wenn der Rand des Embryo seine Wanderung nach unten beginnt, liegen das animalische und das vegetative Blatt noch ziemlich an einander, aberFig. 5. 6′. Fig. IV. V. so wie es immer bestimmter nach unten rückt, trennen sich beide Blätter rasch von einander und die Trennung schreitet von der Wirbelsäule des Embryo fort. Das vegetative Blatt sinkt überall tiefer als das animalische, und würde, wenn wir es aus dem Innern des Dotters betrachten könnten, puffig aussehen und wie eine Blase den vordern und hintern Theil des Embryo verdecken; nur seine Mitte, die Wirbelsäule nämlich mit Ausnahme ihrer Enden, würde sichtbar bleiben, weil hier das vegetative Blatt am animalischen eng anliegt. Eine solche Ansicht haben wir nun wirklich, wenn wir den Embryo in diesem Zustande im Wasser liegend, so daſs nichts zerstört wird, von unten aus mit dem Microscope be - trachten. Diese Ansicht hat Wolff bewogen, die scheinbare Blase das falsche Amnion zu nennen. Ich habe sie die Kappe (Involucrum) genannt, ausKappe, In - volucrum. Gründen, die ich sogleich anführen werde. Vorher mache ich nur die Bemer - kung, daſs die Kappe, oder Wolff’s falsches Amnion, nach der ganzen gegebe - nen Darstellung nichts ist als die oben beschriebene Grube, von unten angesehen und nur in so fern verschieden, als das tiefere vegetative Blatt vom animalischen Blatte später absteht, weshalb die Kappe stärker gewölbt erscheint, als die Grube, von oben angesehen, vertieft ist. Die Kappe ist, eben weil sie nur die tiefere Schicht jener Grube ausmacht, nicht eine geschlossene Blase, sondern lieſse sich eher mit einer Mulde*)Die aber in der Mitte der Wölbung eine Rinne hat, wenn wir sie von unten betrachten, oder in der Mitte der Vertiefung eine Erhebung, wenn wir sie, nach Wegnahme des anima - lischen Blattes, von oben anschen. Jene Rinne und diese Erhebung sind natürlich oinerlei und nichts als die Anheftung des vegetativen Blattes an den Stamm der Wirbelsäule vom Embryo. vergleichen, auf welcher die Dotterhaut wie ein über sie weggehender Deckel liegt. Nun hörten wir aber so eben, daſs die Grube sich oben schlieſst, um das Amnion zu bilden. An diesem Schlusse hat jedoch die Kappe keinen Antheil, denn die Trennung zwischen dem animalischen und vegetativen Blatte geht vom Embryo fort bis an den Winkel, wo der herabgezogene Theil der Keimhaut in den übrigen, nicht aus der Lage gezogenen übergeht, d. h. bis an den Rand der Grube und endlich noch weiter. Von dem Augenblicke an näm -Fig. 6″. 7′. VI. lich, wo beide Blätter in diesen Winkel getrennt sind, wird der Winkel in dem vegetativen Blatte schwächer und glättet sich allmählig ganz aus, so daſs der frü -Fig. 7″. 8. VII. VIII. her herabgeneigte Theil ganz unmerklich in den jetzt mehr herabgesunkenen äu - ſsern Theil übergeht. Die ganze Ansicht der muldenförmigen Kappe ist also nun geschwunden, wenn wir den Embryo von unten betrachten. Das animalischeII. G50Blatt dagegen bildet seit dem Augenblicke seiner Trennung vom vegetativen Blatte den Winkel viel schärfer aus. Dieser wird dadurch eine ringförmige Falte, und weil die Falte immer mehr gegen die offene Mitte wächst, wird der Eingang in die Grube immer mehr verschlossen, bis endlich das Amnion vollständig wird. Das Amnion wird hiernach blos aus dem animalischen Blatte gebildet. Im An -Fig. 7′ g. Fig. VII. t u. fange nimmt das vegetative Blatt in so fern Antheil (nach dem Obigen), als es eine untere Bekleidung bildet, dann löst sich, wie gesagt, diese Bekleidung, welche nur auf dem untern zuerst gebildeten Theile des Amnions war, und das Amnion liegt frei da. Es ist aus diesem ganzen Vorgange augenscheinlich, wie nun das Amnion durch den Nabel des Embryo in die Haut des Embryo übergeht, denn der Hautnabel ist ja nichts als der allmählig nach unten gestellte und ver - engte Rand des Embryo, der sich von der Keimhaut nicht löst, der Uebergang des Embryo in das animalische Blatt.

Hiermit glaube ich die Bildung des Amnions mit möglichster Deutlichkeit gezeigt zu haben. Es ist wahrlich ein ganz einfacher Vorgang eine Einhül - lung des Embryo in einen Theil des animalischen Blattes der Keimhaut, woran vor der Trennung des animalischen Blattes vom vegetativen auch dieses Antheil nimmt. Hiermit ist im Grunde alles gesagt und dieser Ausdruck ist zugleich der richtigste. Ich habe ihn nur in so viele einzelne Worte und Reden aufgelöst, weil man so leicht falsche Vorstellungen mit nimmt, welche in jenen Einzelheiten hoffentlich ihre Widersprüche finden werden.

Haben Sie nun von der Bildungsweise des Amnions die richtige Ansicht gewonnen, so füge ich nur noch hinzu, daſs dieselbe Metamorphose zwar noth - wendig im ganzen Umkreise des Embryo erfolgt, aber nicht im ganzen Umfange gleichzeitig. Zuerst wird der Embryo an seinem vordern Ende geschlossen, oder, übereinstimmender mit unsrer so eben gegebenen Darstellung gesagt, sein vor -Kopfkappe. derer Rand stellt sich zuerst nach unten, um vorderer Rand des Nabels zu werden. Taf. I. Fig. III. IV. V. r p. Hier ist also auch zuerst ein Herabsinken des zunächstliegenden Theiles der Keimhaut, und zwar schon am zweiten Tage. Betrachtet man nun das Ganze von unten, so wird das vordere Ende des Embryo durch diese Herabsenkung ver - hüllt. Den verhüllenden Theil nennt Wolff die Kopfkappe (InvolucrumTaf. I. F. V. r p. capitis). Die Trennung des animalischen Blattes vom vegetativen erfolgt auch am vordern Ende zuerst, also erhebt sich auch hier zuerst vom Rande der Grube das animalische Blatt in Form einer Falte. Am dritten Tage ist diese Falte schonKopfscheide. Taf. II. Fig. VI. p r t. sehr groſs und jetzt kann man die Umhüllung des Kopfes wohl eine Kopfscheide (Vagina capitis) nennen, da der Kopf auch von oben verdeckt wird. Etwas später als am vordern Ende sieht man dieselbe Metamorphose am hintern Ende. 51Wir bemerken eine Schwanzkappe (Involucrum caudae), die zu einerSchwanz - kappe, Schwanz - scheide. Fig. V. q s. Fig. VI q s u. Schwanzscheide (Vagina caudae) auf dieselbe Weise sich umgestaltet*)Wolff hat die Verhüllung des Kopfes in allen Stufen der Ausbildung Vagina capitis und die Verhüllung des Schwanzes involucrum caudac genannt. Meckel nennt sie Kopfscheide und Schwanzscheide. Obgleich ich die Namen vermehrt habe, glaube ich doch die Darstellung klarer und einfacher gemacht zu haben.. Sehr bald darauf erfolgt dasselbe an den Seiten, und man kann diese Bildung zur voll - ständigen Consequenz Seitenkappen und in der Weiterbildung Seitenscheiden nennen. Nun sind aber auch Kopfkappe, Schwanzkappe und Seitenkappen gar nicht mehrSeitenkap - pen, Seiten - scheiden. Fig. 6′ 6″ l f. Fig. 7′ 7″ l f g. von einander getrennt, sondern nur Theile einer allgemeinen Senkung der Keimhaut um den Nabel des Embryo, jener Senkung, welche Wolff das falsche Amnion genannt hat. Eben aus diesem Grunde habe ich dafür den Namen der Kappe gewählt**)Den Ausdruck Kopfkappe gebraucht schon Pander für Wolff’s Vagina capitis. Ich habe diese Benennung nicht nur beibehalten, sondern auch die ganze Bildung, von der die Kopf - kappe der Anfang ist, Kappe genannt. Die Benennung falsches Amnion läſst man am be - sten ganz eingehen, weil Pander sie für etwas Anderes gebraucht, als Wolff, und des Letz - tern falsches Amnion zu vielfachen Miſsverständnissen Veranlassung gegeben hat.. Die Kopfkappe ist nichts als der zuerst erscheinende Abschnitt der Kappe. Es ist also wohl zu merken, daſs Kopfkappe, Schwanzkappe und Seitenkappen nur Gegenden und zwar gar nicht abgegrenzte Gegenden der allge - meinen Kappe sind. Eben so sind Kopfscheide, Schwanzscheide und Seiten - scheiden, wenn man nur auf das animalische Blatt Rücksicht nimmt, Gegenden des werdenden Amnions.

Aus der Geschichte vom Entstehen des Amnions geht hervor, daſs diesero. Seröse Blase. Taf. III. Fig. 4. k k Sack, anfänglich nach oben, mit dem übrigen Theile des animalischen Blattes der Keimhaut zusammenhängen muſs. Da nämlich das Amnion durch den Schluſs einer kreisförmig verwachsenden Falte vollständig wird und das untere Blatt dieser Falte in den Sack des Amnions, das obere Blatt aber in den nicht für das Amnion ver - brauchten Theil des obern Blattes der Keimhaut geht, so muſs nach erreichtem Schlusse, welcher mit einer Vernarbung endet, in dieser Narbe das Amnion an dem obern oder animalischen Blatte der Keimhaut hängen.

Wir können für den nicht in Embryo und Amnion umgewandelten TheilFig. VII. t u. Fig. 7″ g. des animalischen Blattes der Keimhaut die Pander’sche Benennung seröses Blatt benutzen, da dieser Theil immer dünn bleibt und keine weitere Umbil - dung, als seine allmählige Auflösung, die vor der Beendigung des Fötuslebens erfolgt, erfährt, er auch einen besondern Namen haben muſs, weil er, so bald das Amnion vollendet ist, allmählig im ganzen Umfange bis zum Rande der Gefäſs - schicht der Keimhaut sich von dem vegetativen Blatte trennt und in ihm weit ab -G 252steht. Das vegetative Blatt allein also bildet jetzt unmittelbar den Dottersack (siehe oben im Anfange des Abschnittes n), und aus dem animalischen Blatte ist auſser dem animalischen Theile vom Leibe des Embryo das Amnion geworden, das den Embryo umhüllt und eine geschlossene seröse Blase oder Hülle (Vesica serosa)*)Falsches Amnion bei Pander. , welche Amnion und Dottersack umschlieſst, anfänglich oben am Amnion anhängt, bald aber von ihm sich löst und dann in den Verhältnissen der früher geschwundenen Dotterhaut steht. Es bleibt eine Lücke zwischen der serö - sen Hülle und beiden eingeschlossenen Säcken. In diese Lücke geht die Lücke zwischen Hautnabel und Darmnabel über, da jener in das Amnion und dieser in den Dottersack übergeht. Die Lücke zwischen Hautnabel und Darmnabel ist aber eine Oeffnung der Bauchhöhle des Embryo, ein Bauchnabel könnte man sagen jene Lücke zwischen der serösen Hülle auf der einen und Amnion und Dottersack auf der andern Seite, steht also mit der Bauchhöhle in Verbindung, und ist eine auſserhalb des Leibes liegende Bauchhöhle, so wie der Dottersack eine auſserhalb des Leibes liegende Verlängerung des verdauenden Kanales oder der Darmhöhle ist. Diese Bemerkung kann Ihnen aber erst völlig verständlich werden, wenn wir später die Bildungsgeschichte des Embryo näher betrachten. Ich erwähne der Bauchhöhle des Embryo hier auch nur, um zu bemerken, daſs was aus der Bauchhöhle desselben hervorwächst, in jene Lücke kommen muſs. Ein solcher Theil ist der Harnsack, zu dem wir jetzt übergehen.

p. Harn - sack, Saccus urinarius. Taf. II. Fig. VI. VII. VIII. m.
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Auſser dem Amnion bildet sich nämlich noch eine Hülle um den Embryo aus einem Sacke, der aus dem Leibe desselben hervorwächst und dessen Bildungs - geschichte folgende ist. Aus dem hintersten Ende des Speisekanales, der werden - den Kloake, stülpt sich schon am dritten Tage eine rundliche Aussackung nach unten hervor, wächst am vierten und fünften Tage aus dem Nabel und zwar zwi - schen Hautnabel und Darmnabel langsam hervor, und kommt daher in den Raum zwischen Amnion, Dottersack und seröse Hülle. Es wächst diese Ausstülpung nach rechts aus dem Leibe heraus. Am 5ten Tage hat der herausgetretene Theil schon die Gröſse einer Erbse, und der Uebergang in die Kloake ist in einen dünnen hohlen Stiel ausgezogen. Diesen Sack nennen wir den Harnsack (Saccus uri - narius), weil er nicht nur aus der Kloake kommt, in welche die Harnwege übergehen, wie bei den Säugethieren in die Harnblase, sondern weil er in der zweiten Hälfte der Bebrütung wirklich Harn aufnimmt, der in dem Sacke in53 weiſslichen klumpigen Massen sich zeigt*)Der wesentliche Grund für die Wahl der Benennung Harnsack liegt in den Verhältnissen, die dieser Sack zu den Eihäuten der Säugethiere hat. Man nannte ihn im Vogel früher Cho - rion, indem man ihn damals nur in seiner spätern Form vollständig kannte. Als man seine Entstehung als eine Hervorstülpung aus der Kloake erkannte, nannte man ihn Allantois, oder Allantoides, weil ein längst so henannter Sack des Eies der Säugethiere mit der Harnblase und durch diese mit der bei Säugethieren bald verschwindenden Kloake in Verbindung steht, und man aus einzelnen Beobachtungen schon mit Sicherheit schlieſsen konnte, daſs die Allan - tois der Sängethiere aus der Kloake hervorwächst. Allein abgesehen davon, daſs der Name Membrana allantoides nur auf die wurstförmige Gestalt, die der bezeichnete Sack in den Huf - thieren hat, paſst und nur für diese erfunden wurde, so ist auch die Allantois der Säuge - thiere nur auf den spätern Zustand dieses Sackes angewendet, wo sich die Gefäſsschicht davon abgehoben hat. Tausendjährige Beschreibungen geben die Allantois als gefäſslos an. Will man nun die frühere Form, die dieselbe Haut hat, wo sie von einer Gefäſsschicht beklei - det ist, Allantois nennen, so bleibt keine Gefäſsschicht für das Chorion übrig und man tritt wieder mit mehr als tausendjährigen Beschreibungen des Chorions in Widerspruch, welche mit dem Namen Chorion eine gefäſsreiche Haut bezeichnen, die aus der Verwachsung der Gefäſsschicht des Harnsackes und einer gefäſslosen äuſsern Haut des Eies der Sängethiere sich bildet, wie man est neuerlich gelernt hat. Eben diese Widersprüche mit dem längst Be - kannten waren Schuld, daſs man Dutrochet’s und Cuvier’s Beschreibungen der Eihäute nicht allgemein verstanden hat. Nun haben wir aber in der ganzen Entwickelungsgeschichte unzählige Beispiele, daſs Theile, die noch eine Metamorphosc erleiden, ehe sie die bleiben - den Verhältnisse erlangen, während des Verharrens in der frühern Form eigene Namen erhal - ten haben, und wer etwas ausführlich die Entwickelungsgeschichte vortragen und die einzel - nen Verhältnisse mit Bestimmtheit entwickeln will, fühlt die Unvermeidlichkeit dieser vielen Namen, weil wir eine falsche Vorstellung geben, wenn wir die Theile nach dem was sie wer - den sollen, aber noch nicht sind, benennen. So spricht man von Hirnblasen und Aortenwu[l]st und hundert andern Dingen. Wir können z B. die Dottervene nichf Pfortader nennen, weil die Pfortader nicht aus ihr allein besteht, und weil sie mit ihrem Centralende mehr ist als Pfortader. Ja der ganze Dottersack ist ja nur ein Theil des Darmes, muſs aber nothwendig einen besondern Namen erhalten. So schien es mir auch nothwendig, für den aus der Kloake. Der Stiel heiſst Harngang (Ura - chus).

Der Darmkanal hat von Anfang an zwei Schichten, eine innere aus einer Schleimhaut und eine äuſsere aus einer Gefäſsschicht gebildete. Diese Schichten müssen also auch im Harnsacke seyn, und man kann sie leicht in der frühern Zeit wahrnehmen. Später vereinigen sie sich bei der schnellen Ausdehnung des Harn - sackes so innig, daſs man sie nicht so deutlich unterscheiden kann. In der äuſsern Schicht bildet sich das Gefäſsnetz weiter aus, welches aus zwei Arterien das Blut empfängt. Diese Arterien heiſsen Nabelschlagadern (Arteriae umbilicales) und sind zwei Aeste der Aorta, die der Harnsack bei seinem Hervorwachsen mit heraushebt. Durch eine Vene, die Nabelvene (Vena umbilicalis), geht das Blut aus dem Harnsacke in den Leib des Embryo zurück, indem die Vene sich mit dem Stamme der Körpervenen des Embryo kurz vor dem Eintritte in das Herz ver - bindet.

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Diese Gefäſse haben ihren Namen davon, daſs sie durch den Nabel gehen. Denselben Weg muſs freilich Alles nehmen, was den Embryo mit seinen Anhän - gen verbindet, also auch die Dottersackgefäſse, weshalb man die jetzt beschrie - benen zur bestimmtern Unterscheidung die Harnsackgefäſse nennen sollte.

Nachdem der Harnsack auf der rechten Seite aus dem Leibe des Embryo hervorgewachsen ist, breitet er sich, das Amnion überdeckend, zwischen diesem und der serösen Hülle immer mehr aus. Er muſs bei seiner fernern Ausdehnung auch den Dottersack umwachsen, und zwar, da er ein geschlossener Sack ist, so umwachsen, als wenn man eine aufgeweichte und zusammengedrückte Schweins - blase um einen Körper wickelte. Die eine Hälfte des Sackes muſs nämlich nach innen liegen, und die umwickelten Theile (hier Amnion und Dottersack) zunächst umgeben, die andere Hälfte, durch die zusammengedrückte Höhle des Sackes ge - trennt, muſs nach auſsen liegen. Auf der innern Hälfte des Sackes nimmt das Gefäſsnetz allmählig ab, und auch die rechte Nabelarterie verschwindet allmählig, während das Gefäſsnetz in der äuſsern Hälfte des Sackes immer mehr sich ausbil -*)tretenden Sack einen eigenen Namen zu wählen, der von dem spätern Zustande als Allantois und Chorion verschieden ist. Der Name für seinen frühern Zustand durfte aber so gewählt werden, daſs er auf alle Klassen der Wirbelthiere paſst. Nun steht dieser Sack in allen Wirbelthieren, in denen er vorkommt, mit den Harnwegen in Verbindung; in der Flüssig - keit, die er enthält, ist Harnstoff, es mag dieser aus den falschen Nieren oder aus den wahren Nieren stammen, oder im Sacke selbst bereitet werden. Der Sack ist eine auſser dem Leibe liegende Harnblase, wie der Dottersack ein auſser dem Leibe liegender Theil des Darmkanals. Deshalb nannte ich ihn Harnsack, da der Ausdruck Harnblase schon ver - geben war. Der Analogie wegen habe ich nun auch den Ausdruck Dotterblase vermieden. Carus tadelt den Ausdruck Harnsack als widerwärtig, allein da man zwei Jahrtausende hin - durch die Ausdrücke Harn und Harnblase nicht widerwärtig gefunden hat, warum sollte es das Wort Harnsack mehr seyn? Ich gebe gern zu, daſs die Benennung Athemblase, welche Carus allgemein eingeführt wünscht, viel Empfehlendes hat. Namentlich zeigt sich hier schon in der Benennung das Verhältniſs dieser Ausstülpung zu den Kiemen. In einer gewis - sen Periode des Embryonenlebens der Wirbelthiere tritt entweder das eine oder das andere Athmungsorgan auf. Aus diesen Gründen habe ich auch versucht zu der Benennung Athemblase überzugehen allein ich bin vergeblich bemüht gewesen, sie durchzuführen, weil der Harn - sack nur in seiner spätern Metamorphose entweder Athmungsorgan wird und auch dann nur mit einer Hälfte, oder auch aus einem ganz andern Theile nur bilden hilft. Vom Men - schen muſste ich nach der versuchten Benennungsweise sagen, daſs die Athemblase verschwin - de, ohne jemals zum Athmen gedient zu haben. Auch hat Oken mit mehr Vortheil das Chorion der Säugethiere Athemblase genannt. So kehrte ich wieder zu der Benennung Harnsack zurück, die den Vorzug hat, daſs sie ein ursprünglich allen Thieren gleiches Ver - hältniſs bezeichnet. Nach der gewählten Benennungsweise können nun auch die Ausdrücke Chorion und Allan - tois für die Verhältnisse bleiben, die sie ursprünglich bezeichnet haben. Sie sind Weiterbil - dungen aus dem Harnsacke.55 det und die linke Nabelarterie so zunimmt, daſs sie zuletzt der alleinige Stamm der Schlagadern wird.

Die äuſsere Hälfte des Harnsackes ist Athmungsorgan des Embryo. Zu -q. Chorion. vörderst kommt durch die oben (§. 5. h) erwähnte, durch Zerreiſsung der Dot - terhaut bewirkte Drehung der Dotterkugel der Embryo und mit ihm ein Theil des Harnsackes an den Luftraum, dessen athembares Gas ohne Zweifel durch das in - nere Blatt der Schaalenhaut und die seröse Hülle, so lange diese besteht, hin - durch auf das Blut wirkt. Indem der Harnsack sich rasch ausdehnt, schwindet auch die seröse Hülle. Der Harnsack umwächst das ganze Ei und kommt daher endlich mit sich selbst in Berührung. Wir können uns dieses leicht versinn - lichen, wenn wir zu der bildlichen Darstellung mit der Schweinsblase zurückkeh - ren. Ist diese Blase sehr groſs im Verhältniſs zu dem Körper, um den ich sie wickele, so wird sie sich, nachdem der Körper ganz umwickelt ist, zum Theil selbst überdecken. Im lebendigen Harnsacke des Hühnchens verwachsen solche Ueberdeckungen. Die ursprüngliche Form wird dadurch ganz verändert. Die nach innen liegende Hälfte wird nämlich immer dünner und legt sich an das Am - nion und den Dottersack an*)Dutrochet nennt diese innere Hälfte die mittlere Haut, Membrana media. ; die äuſsere Hälfte verwächst zu einer in sich ge - schlossenen, alle Theile des Eies umgebenden blutreichen Hülle. Diese Hülle klebt nun auch immer fester an die Schaalenhaut an, die sich etwas mehr von der Ei - schaale zu lösen scheint. In diesem Zustande heiſst die Verbindung von der äu - ſsern Hälfte des Harnsackes mit der Schaalenhaut das Chorion**)Gefäſshaut.. Die Schlag - adern desselben führen dunkles, die Venen helles Blut. So ist die Athmung in dieser Haut wohl nicht zu bezweifeln. Ich vermuthe, daſs sie jetzt im ganzen Umfange athmet.

Ueberblicken wir nun die Veränderungen, die allmählig im Ei bis zumr. Ueber - sicht der Veränderun - gen während der Bebrü - tung. Auskriechen des Küchleins erfolgen, so sehen wir nach dem Obigen, daſs das Eiweiſs allmählig bis auf einen ganz kleinen Rest, der dem Dottersacke anklebt, schwindet, theils durch Verdünsten, theils durch Uebergang in den Dotter; daſs sich dadurch eine Quantität Luft im stumpfen Ende sammelt; daſs die Masse des Dotters zuerst zunimmt, dann wieder durch Uebergang in den Embryo abnimmt; daſs die Haut, welche ursprünglich den Dotter umgab, mit der Haut der Hagel - schnüre schwindet, dagegen der Keim in der Mitte sich zum Embryo in der Peripherie zur Keimhaut ausbildet, welche den Dotter umwächst; daſs die Grenze zwischen Embryo und Keimhaut sich zu einem Nabel verschnürt und die Keimhaut nun einen56 dem Embryo anhängenden Dottersack bildet, der durch den Dottergang mit dem Embryo in Verbindung steht. Er besitzt Blutgefäſse, welche Dottersackgefäſse heiſsen und längs dem Dottergange in die Gefäſse des Gekröses übergehen. Der Dottersack enthält aber bald nur noch das tiefere vegetative Blatt der Keimhaut. Das animalische Blatt der Keimhaut hat sich in zwei umgebende Blasen oder Hül - len ausgebildet, das Amnion und die seröse Blase. Beide sondern sich von einan - der, die letztere löst sich auf und nur die erstere erhält sich bis zur Reife des Embryo, schlieſst aber um diese Zeit viel weniger Fruchtwasser ein, als früher, weil das Fruchtwasser in der letzten Zeit stark abnimmt. Auch ist aus dem In - nern des Embryo, und zwar aus seinem vegetativen Theile ein gefäſsreicher Sack hervorgewachsen, der Harnsack, der ihn und seine Anhänge (Dottersack und Amnion) als ein gedoppelter Sack allmählig umwächst. Die äuſsere Hälfte dieses Sackes wird reich an Blutgefäſsen, welche der Athmung dienen, umgiebt alle in - nern Theile des Eies, verwächst in sich zu einer geschlossenen Blase und hängt an der Schaalenhaut an. Er heiſst in diesem Zustande Chorion. Seine Blutgefäſse heiſsen Nabelgefäſse.

Es ist also bereits während der Bebrütung das Eiweiſs mit der Haut der Hagelschnüre und der Dotterhaut geschwunden. Von der Keimhaut ist der peri - pherische Theil des animalischen Blattes ebenfalls verloren gegangen. Vom Harn - sacke ist die innere Hälfte unkenntlich geworden, die äuſsere ist aber als Chorion in voller Blüthe. Der Dottersack hat mit der Masse des Dotters abgenommen, auch der Inhalt des Amnions ist wie der Dotter zum Theil vom Embryo verzehrt Dagegen ist der Embryo mit seinem noch offenen Nabel in steter Zunahme begrif - fen, und so kann man wohl sagen, daſs während der ganzen Bebrütung der Em - bryo immer mehr die übrigen Eitheile beherrscht und in sich aufnimmt.

s. Trennung des Embryo von den an - dern Eithei - len. Enthül - lung.
78

Am Schlusse der Bebrütung wird diese Herrschaft vollendet, der Dotter - sack geht nämlich in den Nabel des Embryo ein und lagert sich in seine Bauch - höhle, wo der Rest des Dotters, nach dem Auskriechen immer noch zur Ernäh - rung dienend, nach einigen Wochen ganz verzehrt ist. Es wird also der ganze Dottersack Theil des Embryo. Nach dem Eintritt des Dottersackes, der unge - fähr am 19ten oder 20sten Tage der Bebrütung erfolgt ist, verengt sich der Nabel rasch, die Blutbewegung durch die Nabelgefäſse und die Athmung durch das Chorion werden unvollkommner. Das Küchlein strebt daher durch die Lunge zu athmen, indem es mit dem Schnabel in den Luftraum dringt, oder sogleich die Schaale von innen sprengt. Hat das Küchlein eine Athmung durch die Lungen erreicht, so hört die Blutbewegung durch die Nabelgefäſse bald völlig auf, der Nabel schlieſst sich ganz und trennt das Thier von seinen Anhängen. Jeneskriecht57kriecht nun aus und läſst seine Hüllen, Amnion, Chorion mit der Schaalenhaut und der Eischaale zurück.

Vergleichen wir nun noch zum Schlusse das unbebrütete Ei mit dem Küch - lein und dem Ei nach dem Auskriechen, so finden wir:

1) daſs die Fruchtstoffe, Dotter und Eiweiſs, in das Küchlein zur Bildung desselben übergegangen sind. Etwas vom wäſsrigen Theile des Eiweiſses ist je - doch durch Verdünstung verloren gegangen, und ein andrer Theil, zur Bildung des Fruchtwassers verwendet, ist auch nicht ganz aufgenommen;

2) daſs sämmtliche Hüllen, welche das Ei ursprünglich hatte, Dotterhaut, Haut der Hagelschnüre, Schaalenhaut und Schaale, nicht in den Embryo auf - genommen sind;

3) daſs aus dem Keime sich der Embryo durch eine fast unendliche Ver - gröſserung gebildet hat;

4) daſs aber auch von dem vergröſserten Keime ein Theil nicht zum Leibe des Küchleins geworden ist, nämlich der peripherische Theil vom animalischen Blatte, als Amnion und seröse Hülle, und ein aus dem Innern stammender, also mehr centraler als peripherischer Theil des vegetativen Blattes der Harnsack.

Von allen Theilen aber, die nicht zum Leibe des Küchleins geworden sind, trennt es sich beim Auskriechen.

§. 6. Allgemeine Bildungsweise des Vogel-Embryo.

Wir haben bisher den Embryo als bestehend angenommen, um die Ge - schichte der sogenannten Eihäute im Zusammenhange betrachten zu können. Es wird Zeit seyn, daſs wir jetzt zu dem wichtigsten Theile unsrer Betrachtungen, zu der Bildungsgeschichte des Embryo, übergehen. Doch fassen wir zuerst die allgemeinen Verhältnisse seiner Bildungsweise und seines Lebens ins Auge!

Um diese recht zu verstehen, müssen wir aber den Bau des ausgewach -A. Primäre Sonderung. a. Alle Wir - belthiere bestehen aus heterogenen Schichten. senen Thieres, das dadurch werden soll, ganz durchschauen und vor allen Dingen die allgemeinen Verhältnisse dieses Baues auffassen, ohne uns durch die zahllosen Einzelheiten zerstreuen und verwirren zu lassen. Für diesen Zweck bitte ich Sie, einigen vorläufigen Betrachtungen über den Bau nicht allein der Vögel, sondern überhaupt der Wirbelthiere Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Alle Thiere näm - lich, welche nicht zu den Insecten und Würmern gehören, das heiſst also die Fi - sche, die Amphibien, die Vögel und die Säugethiere, stimmen in den wesentlich -II. H58sten Verhältnissen ihres Baues mit einander überein. Man hat daher in neuerer Zeit angefangen, diese Thiere mit einem gemeinschaftlichen Namen zu bezeich - nen, indem man sie Wirbelthiere nannte. Fragen wir nun nach den wesent - lichsten Differenzen innerhalb des Leibes der Wirbelthiere, so werden wir diese nicht in einzelnen beschränkten Organen finden, wie etwa im Herzen, dem Hirne oder dem Magen, weil sich bald ergiebt, daſs solche beschränkte Organe mit an - dern zusammenhängen, die man als ihre Fortsetzungen oder als Modificationen von ihnen ansehen kann. Der Magen geht an einem Ende in die Speiseröhre, am andern in den Darm über und ist in manchen Wirbelthieren von beiden kaum zu unterscheiden, das Herz verlängert sich in die Gefäſse, das Hirn setzt sich in das Rückenmark fort, und beide bilden zusammen nur ein Ganzes, das aus Nervenmark besteht. Wie wichtig also auch jene einzelnen Theile für das Leben seyn mögen, nicht sie allein bilden die Hauptverschiedenheiten, da sie in ähnliche Theile sich fortsetzen. Faſst man aber den Inbegriff solcher sich ähnlichen Theile zusam - men, so erkennt man, daſs sie ein fortlaufendes Ganzes durch die gesammte Länge des Leibes bilden. Es giebt mehrere solcher Inbegriffe von ähnlichen und unter sich zusammenhängenden Theilen, die alle durch das ganze Thier hindurch ge - hen. Sie müssen sich also wie Schichten bedecken und einschlieſsen. Diese un - ter sich verschiedenen Schichten bilden die durchgreifenden Unterschiede im Kör - per, und da sie sehr früh und vor allen andern Vorgängen im Keime des Hühn - chens sich sondern, so wollen wir sie vorher im ausgebildeten Thiere aufsuchen und dann von ihrer Ausbildung sprechen. Um aber den Typus im Bau eines Vo - gels zu erkennen, muſs man durchaus auf alle Wirbelthiere zugleich Rücksicht nehmen.

a. Stamm.
78

In allen Wirbelthieren findet man eine Reihe von Knorpeln oder Knochen, die eng verbunden sind und zusammen eine nach hinten zugespitzte und nach vorn im Kopf endende Säule bilden. Ja in einigen Fischen, wie in den Lampreten und andern Knorpelfischen, ist nur eine continuirliche, nicht in einzelne Abschnitte gegliederte Säule. Diese Säule heiſst, sie mag gegliedert seyn oder nicht, das Rückgrath oder der Stamm der Wirbelsäule*) Stamm der Wirbelsäule, weil die Anatomen gewohnt sind, unter der Benennung Wir - belsäule die Summe der Wirbel mit Inbegriff der Bogen, die in ausgewachsenen Menschen mit den Wirbelkörpern verwachsen sind, zu bezeichnen. Der Stamm der Wirbelsäule oder das Rückgrath, wovon wir hier sprechen, umfaſst nur die Summe der Wirbelkörper.. Ihre einzelnen Theile (die Wir - belkörper) sind durch die Knochenhaut, die im Grunde mit zu den Knochen ge - hört, so verbunden, daſs sie immer in Einer (geraden oder gebogenen) Linie59 bleiben müssen und sich weder von einander zu entfernen, noch einander zu - hern vermögen. Zwar können sie, um nicht einen steifen Balken zu bilden, sich auf jeder Seite etwas gegen einander neigen, dann müssen sich aber eben so weit die entgegengesetzten Ränder entfernen und die Mitten bleiben immer in gleichem Abstande. Durch solche Einrichtung ist dieser Stamm nicht nur fähig der Stamm des gesammten Knochengerüstes zu seyn und alle übrigen Knochen sind fester mit ihm verbunden, als nach der Peripherie zu, sondern er bildet auch in der That die mittlere Axe für die ganze Organisation des Thieres, wie wir sogleich sehen werden, und für die Entwickelung des gesammten Körpers, wie sich bald erge - ben wird.

Der Stamm des Thieres liegt horizontal, wenn wir uns das Thier in hori -β Rücken - theil. zontaler Stellung denken, welche auſser dem Menschen allen andern Thieren zu - kommt. Was in dieser Stellung über dem Stamme liegt, wollen wir den Rücken - theil, und was unter ihm liegt, den Bauchtheil*)Ich sage Rückentheil und Bauchtheil, weil Illiger mit den Ausdrücken Rücken - seite und Bauchseite nur die Flächen meint, wie es im Bedürfnisse der systematischen Zoologie liegt und die Zusammensetzung dieser Wörter gut ausdrückt. Für den gesamm - ten Inhalt dieser Seiten bedürfen wir auch eines Wortes, um den Bau der Wirbelthiere darzustellen. Ich hätte die Ausdrücke Rückenhälfte und Bauchhälfte gebraucht, wenn ich nicht diese Ausdrücke sehr passend für die Hälften des Rückentheils und Bauchtheils hätte verwenden können. Auch sind die gewählten Bezeichnungen andern Benennungen, wie z. B. Hintertheil, die Illiger aufgenommen hat, analog gebildet. nennen.

Ueber dem Stamme liegt in einer engen, aber langen Höhle der Central -Nerven - röhre. theil des Nervensystems, dessen vorderes verdicktes Ende man Hirn, und dessen längern und dünnern Theil man Rückenmark nennt. Im Innern des Hirns aller Wirbelthiere sind zusammenhängende Höhlen. Aber auch in der Mitte des Rückenmarkes ist eine enge Höhle, die mit den Hirnhöhlen in Verbindung steht und nur beim Menschen im Alter undeutlich wird, aber in seiner Kindheit so wie in andern Thieren das ganze Leben hindurch bestimmt da ist. Wir können da - her Hirn und Rückenmark zusammen als eine Röhre mit sehr dicken Wänden und enger Höhlung uns denken. Das vordere Ende dieser Röhre wäre dann noch in einzelne Abtheilungen (die Hirntheile) aufgeschwollen. Das Ganze ist eine Röhre von Nervenmark und soll Nervenröhre**)Ich hätte lieber den Ausdruck Markröhre (von Nervenmark) gewählt, wenn derselbe nicht schon für die innern Höhlungen der Knochen gebraucht würde. So schien mir das Wort Nervenröhre noch das beste. heiſsen.

Umschlossen wird diese Nervenröhre von einer Reihe Knochen oder Knor -Fleisch - schicht des Rücken - theils. pel, welche obere Wirbelbogen oder Wirbelbogen schlechtweg heiſsen. MeistensH 260sind diese Wirbelbogen mit den Wirbelkörpern, die den Stamm der Wirbelsäule bilden, wenn er getheilt ist, verwachsen. Daſs aber die Verwachsung nicht nothwendig ist, lehren erstens alle diejenigen Thiere, in welchen der Stamm eine continuirliche, nicht gegliederte Säule ist, denn in ihnen bleiben die Wirbelbogen immer getrennt, ferner auch einige andere Thiere, welche ein in einzelne Knochen getheiltes Rückgrath haben*)So die Schildkröten, das Krokodill, mehrere Fische in ihren vordern Wirbeln., so wie alle Embryonen von Wirbelthieren. Die Wirbelbogen, obgleich unter sich nur im Kopfe verwachsen, wo sie den Schädel bilden, und zuweilen im Becken, im übrigen Rumpfe aber von einander als Kno - chen fast immer getrennt, werden doch auch hier durch Bandmasse (fibröse Häute) zusammengehalten. Die sogenannten Bänder der Anatomen sind aber nichts als Uebergänge der Knochenhaut von einem Knochen zum andern. Betrachten wir nun die Knochenhaut im Ganzen, so sehen wir, daſs auch sie eine Röhre bildet, welche unten in den Stamm übergeht und durch ihn erst vollständig wird, nach oben in einen Kamm ausläuft. In der Wand dieser Röhre sind die Wirbelbogen enthalten. In ihrer Höhlung liegt, umschlossen von ihr, der Centraltheil des Nervensystems oder die Nervenröhre. Auf dieser knöchernen Röhre hingegen fin - det sich eine Lage Muskeln zur Bewegung der Wirbelbogen. Diese Muskellage grenzt äuſserlich an eine andere, die der Bauchhälfte des Thieres angehört. Um - fassen wir einmal die Muskeln und Knochen, da sie in der That nicht vollkom - men geschichtet sind, sondern die Knochen zum Theil in die Muskelschicht ein - greifen, zusammen unter dem Namen der Fleischschicht, so bildet diese Fleisch - schicht im Rückentheile eine Röhre, welche nach unten erst durch den Stamm des Leibes vervollständigt wird und an den Bauchtheil sich anlegt.

Haut.
82

Ueber der Fleischschicht liegt endlich noch die Haut, die in die Haut des Bauchtheiles ohne Grenze übergeht.

γ. Bauch - theil.
82

Unterhalb des Stammes, (wir denken uns das Thier immer mit dem Rum - pfe und Kopfe in horizontaler Lage,) liegt eine ansehnliche Höhle, welche nur in Säugethieren durch das Zwerchfell in eine Brust - und Bauchhöhle getrennt wird. In dieser gemeinschaftlichen, oder in zwei gesonderte Abtheilungen getrennten Höhle liegen diejenigen Organe, welche zur Ernährung und Umbildung des thie - rischen Körpers dienen, von den Blutgefäſsen freilich nur die Stämme, da die Zweige sich in alle Theile des Leibes verbreiten, in die Muskeln so gut wie in die Knochen und in das Rückenmark. Unter dem Halstheile des Rückgraths ist zwar in den meisten Thieren die Höhle nur eng, aber die vegetativen oder plastischen (d. h. die bildenden) Organe ziehen sich am Halse als Speiseröhre und Luftröhre61 fort und endigen sich am Kopfe in der Mund - und der Nasenhöhle. Mund - und Nasenhöhle sind in der That für den Kopf dasselbe, was für den Rumpf Brust - und Bauchhöhle sind, nur daſs die beiden ersteren nie völlig getrennt werden*)Die Fische haben eben so wenig eine wahre Nasenhöhle, als eine wahre Brusthöhle. Die Nase der Fische besteht nur aus den beiden Nasengruben, die auch in den Embryonen an - derer Wirbelthiere sich bilden, bevor eine Nasenhöhle von der Mundhöhle geschieden wird..

Diese plastischen Organe und Blutgefäſsstämme, die auf der untern FlächeFleisch - schicht des Bauchtheils. des Rückgraths sich finden, werden nun auch von knöchernen Bogen umgeben, die am Kopfe die Nasenhöhle und weniger vollständig die Mundhöhle umschlie - ſsen. Sie führen hier verschiedene Namen, als: Zungenbein, Flügelbein (oder Flügelfortsatz), innere Wand des Oberkiefers u. s. w. Am Rumpfe nennt man sie Rippen, wenn sie lang und mit dem Rückgrath beweglich verbunden sind, dagegen untere Wirbelbogen, wenn sie klein und unbeweglich sind. Wenn näm - lich die plastischen Organe nicht bis an das hintere Ende des Rückgraths reichen, so sind die unteren Knochenbogen hinter der plastischen Höhle nur klein, immer unbeweglich und umfassen nur die hinteren Enden der Blutgefäſsstämme. Ein sol - cher über die plastischen Organe nach hinten hinausragender Theil heiſst immer ein Schwanz, er mag dünn seyn, wie gewöhnlich, oder dick, wie im Wallfische und in den eigentlichen Fischen. Er enthält immer eine Fortsetzung des Wirbel - stammes, obere Wirbelbogen und, wenn er nicht ganz kurz ist, auch untere Wirbelbogen.

Nun ist zwar zu bemerken, daſs nicht in allen Wirbelthieren in sämmt - lichen Gegenden der untern Körperhälfte sich solche Knochenbogen finden, allein es giebt keine Gegend, welche sie nicht in einigen Thieren enthielte. In der eigentlichen Bauch - oder der Hinterleibsgegend sind z. B. bei sehr vielen Thieren Rippen, obgleich sie bei Säugethieren fehlen. Ja es giebt mehr Wirbelthiere mit Bauchrippen, als ohne dieselben. Am Halse sind zwar die Rippen nicht sehr häufig, allein sie kommen doch bei manchen Thierformen vor, und in einigen, wie z. B. in den Schlangen, ist der Hals kaum vom übrigen Rumpfe verschieden. Wo nun auch die Rippen in einzelnen Gegenden nicht ausgebildet sind, da werden sie doch zum Theil ersetzt, theils durch eine faserige Haut, welche sonst die eigentlichen Knochen enthält, man kann daher das Verhältniſs so ansehen, als ob die Entwickelung der Knorpel und Knochen nur unterblieben wäre; theils finden sich kurze seitliche Verlängerungen der Wirbel die sogenannten Queerfort - sätze, die so gelagert sind, daſs, wenn sie gehörig verlängert wären, sie die Höhle umschlieſsen würden. Wo wirkliche Rippen sich zeigen, sind sie nichts als ab -62 gelöste Verlängerungen dieser Queerfortsätze. Weil aber die Rippen nur durch den Einfluſs der plastischen Höhle modificirte untere Wirbelbogen sind, so wollen wir sie unter der letztern allgemeinen Benennung mit begreifen.

So wie die oberen Knochenbogen von einer Muskellage bedeckt sind, eben so die unteren, sie mögen ausgebildet seyn, oder nicht. Fassen wir nun auch hier Knochen und Muskeln nebst Zubehör in den gemeinschaftlichen Ausdruck Fleisch - schicht zusammen, so haben wir auch im Bauchtheile eine röhrenförmige Fleischschicht.

Haut.
83

Auch sie ist von einer Schicht Haut bedeckt.

(Animali - sche Abthei - lung.)
83

Diese durch den Stamm oben ergänzte und an den Rückentheil angren - zende Fleischschicht bildet mit ihm zusammen und der beide umgebenden Haut die Abtheilung des Körpers, welche die Physiologen die animalische nennen, die - jenige nämlich, welche vom Willen des Thieres regiert wird und ihm eine deut - liche Empfindung giebt, diejenige, welche mit Hirn und Rückenmark durch Nerven unmittelbar verbunden wird.

(Vegetative Abtheilung.)
83

Eingeschlossen von dieser Abtheilung ist die vegetative oder plastische, die nur unter dem Wirbelstamme liegt, also zum Bauchtheile des Thieres gehört, nur mit wenigen Ausgängen (Mund, Nase, After, Geschlechtsöffnung) versehen. Sie ist ohne Einfluſs des Willens thätig und giebt im gesunden Zustande keine deutlichen Empfindungen. In ihr ist die Symmetrie sehr verwischt, ja in der Mitte ist dieselbe kaum kenntlich. Alle diese Eigenthümlichkeiten nehmen aber ab, je mehr sie sich der animalischen Abtheilung nähert oder ganz mit ihr ver - einigt. Nun wird aber die vegetative oder plastische Abtheilung ganz umschlos - sen von der animalischen. Sie muſs daher, wenn sie Oeffnungen haben soll, mit jener in Verbindung kommen und sie durchbohren. An diesen Oeffnungen also und in der Nähe derselben haben die vegetativen Apparate auch Empfindung, freie Bewegung und Symmetrie, eben weil die Oeffnungen der animalischen und der vegetativen Abtheilung gemeinschaftlich sind.

Schleim - hautröhre.
83

Werfen wir jetzt einen Blick auf die vegetativen Apparate, um sie unter einer einfachern Form auffassen zu können! Eine Schleimhaut bildet überall die innere Wand derselben. Diese Wand läuft wie ein Rohr durch den ganzen Darm hindurch, ist im Magen sackförmig erweitert, in der Speiseröhre wieder verengt, im Munde nochmals erweitert, immer also ein Rohr, nur nicht von gleicher Weite. Die Nasengänge gehören mit dazu. Nicht nur gehen sie hinten ganz offen in die Mundhöhle über (in manchen Thieren sogar in sehr kurzer Entfer - nung hinter der Mundspalte), sondern die Entwickelungsgeschichte zeigt auch, daſs die Nasengänge durch hervorgewachsene Knochenblätter allmählig abge -63 schnürte Theile eines ursprünglich für Mund - und Nasenhöhle gemeinschaftlichen Raumes, der Rachenhöhle, sind. Doch wir wollen nicht vorgreifen! In die Speicheldrüsen, in die Leber, in das Pankreas gehen verästelte Röhren aus der Hauptröhre. Denken wir uns diese Aeste kleiner und immer kleiner, so werden sie endlich nur unbedeutende Ausstülpungen des Rohrs der Schleimhaut seyn und zuletzt ganz schwinden. Für den Athmungsapparat gilt dasselbe, und im Vogel, von dem wir doch jetzt vorzüglich sprechen, ist es auch augenscheinlich für den Harn - und Geschlechtsapparat, mit Ausnahme des Eierstockes. Daſs in Säuge - thieren die Harn - und Geschlechtswege gesondert sind davon später! So läſst sich also auch die Schleimhaut als eine Röhre mit Erweiterungen oder Aus - stülpungen denken.

Aber die Schleimhaut macht nirgends allein die plastischen Organe, überallGefäſs - schicht. liegt noch eine andere Schicht auf ihr, die sehr reich an Gefäſsen ist. In den Drüsen ist sie die eigentliche Substanz des Organes mit den Gefäſsen, am Darme und den Athmungsorganen enthält sie eine Schicht von Gefäſsen mit einer Muskel - schicht. Sie läſst sich also auch als Röhre betrachten, welche die Röhre der Schleimhaut einschlieſst. Allein über dem Darme ist diese Röhre nicht sogleich geschlossen, sondern es zieht sich die Gefäſsschicht durch das Gekröse bis an die Wirbelsäule hinauf und enthält hier noch die Aorta und die Hohlvene*)Man sieht leicht, daſs ich mit dieser Gefäſsschicht nicht das seröse Blatt des Bauchfelles meine. Dieses seröse Blatt ist eine innere Oberhaut, welche entsteht, weil hier die Orgape an einen unausgefüllten Raum grenzen.. Wei - ter nach vorn aber gehört unterhalb der Schleimhautröhre das Herz zum Inbegriff dieser Theile. Die in die animalische Abtheilung gehenden Aeste der Aorta und Hohlveue lassen wir vorläufig unberücksichtigt.

b. Diese Schichten sind sämmt - lich röhrig und bilden die Primitiv - organe der Wirbel - thiere.
84

Denken wir uns nun aus Gründen, die sich später (dieser §. o.) rechtfer - tigen werden, die Extremitäten jetzt noch ganz weg, so besteht der Körper der Wirbelthiere, vereinſacht gedacht, aus folgenden durchgehenden Theilen oder Schichten:

  • I. dem Stamme, der solide ist und die Auſsenwelt nirgends erreicht;
  • II. dem Rückentheile, welcher zusammengesetzt ist aus:
    Taf. III. Fig. 4.
    84
    • 1) einer vollständigen innern Nervenröhre,
    • 2) einer diese umkleidenden, durch den Stamm ergänzten Röhre von Fleisch,
    • 3) der einen Hälfte seiner Hautröhre, welche die Fleischröhre bedeckt und von allen Schichten des Rückentheils allein die Auſsenwelt berührt;
64
  • III. dem Bauchtheile, welcher besteht aus:
    • 1) einer vollständigen Schleimhautröhre, welche die innere Fläche des Bauchtheiles bildet,
    • 2) einer sie bekleidenden Röhre einer Gefäſsschicht, die überdieſs sich bis an den Stamm erhebt, und an seine untere Fläche sich anlegt,
    • 3) einer durch den Stamm zu einer Röhre ergänzten Fleischschicht, die früher genannte umgebend, aber nicht unmittelbar, sondern getrennt durch einen Raum, den man die Bauchhöhle nennt,
    • 4) der andern Hälfte einer Hautröhre, welche die Fleischröhre bedeckt und die Auſsenwelt unmittelbar berührt.

Hieraus folgt also, daſs bei einem senkrechten Durchschnitte durch das Wirbelthier die einzelnen Schichten, aus denen es besteht, eine Ansicht gewäh - ren müssen, wie die vorliegende Figur sie zeigt (Taf. III. Fig. 4). Die beiden durch den Stamm ergänzten, gegen einander liegenden Röhren der Fleischschicht (b und c) müssen die Form der Ziffer 8 haben, deren Mitte der Stamm (a) ein - nimmt. Im obern Kreise dieser 8 ist die Röhre von Nervensubstanz (d), im un - tern Kreise ist zu innerst ein kreisſörmiger Durchschnitt der Schleimhaut (f), umgeben von einer Gefäſsschicht, die sich bis unter den Stamm (a) verlängert (e). Das Ganze wird umgeben von der Haut (h). Alle diese Schichten sind also, wie hier der Durchschnitt zeigt, röhrig, wenn wir den Stamm sowohl zur obern als zur untern Fleischschicht rechnen. Die Fleischschicht nämlich bildet eine Dop - pelröhre, eine Rückenröhre und eine Bauchröhre.

Diese Röhren enthalten alle einzelnen Organe, und da sich die letzteren, wie wir bald hören werden, aus ihnen allmählig herausbilden, so wollen wir sie Primitivorgane nennen. Die Primitivorgane sind also die so eben aufgezählten röhrigen Schichten, mit dem Unterschiede nur, daſs die Schleimhautröhre für sich allein gar keine Umbildungen eingeht, sondern immer nur in Verbindung mit dem sie umgebenden Theile der Gefäſsschicht. Wir müssen daher beide Schich - ten als Ein Primitivorgan zusammenfassen und können für dasselbe das längst ge - brauchte Wort Darmkanal gebrauchen. Dagegen geht der Theil der Gefäſs - schicht, welcher sich von der Schleimhautröhre entfernt, eigenthümliche Bildun - gen ein, und es fehlt leider an einem ganz passenden Worte, um dieses Primitiv - organ damit zu bezeichnen. Der eine Theil derselben, der über dem Darme in Form zweier Blätter sich befindet, heiſst das Gekröse. Es ist jedoch nicht derein -65einzige, denn das Herz ist ein durch starke Umwandlung unkenntlich gewordener ähnlicher Theil eine unter dem vordern Abschnitt des Darmkanals vorragende selbstständige Verlängerung der Gefäſsschicht. In Ermangelung einer andern gangbaren Benennung wollen wir deshalb die gesammte selbstständige Verlänge - rung der Gefäſsschicht das Gekröse nennen und uns erinnern, daſs es als Primitiv - organ mehr umfaſst, als im gewöhnlichen Sprachgebrauche.

Es bildet sich von diesen Primitivorganen die animalische Abtheilung des Leibes:

  • die beiden Fleischröhren mit dem Stamme,
  • die Nervenröhre,
  • die gemeinschaftliche Hautröhre;

die plastische Abtheilung aber:

  • der Darmkanal, aus einer Schleimhautschicht und einer Gefäſsschicht be - stehend,
  • das Gekröse oder der selbstständige Theil der Gefäſsschicht.

Bekanntlich ist die animalische Abtheilung des Leibes symmetrisch aus zweic. Symme - trie in den Röhren. gleichen Hälften, einer rechten und einer linken, gebaut*)Die Ausnahmen von dieser Symmetrie sind sehr selten, wie in den Schollen und der Nase einiger Cetaceen. Doch sind auch diese Ungleichheiten nur Veränderungen einer ursprüng - lichen Symmetrie.. Die plastische Ab - theilung ist, wie wir bemerkten, nur an ihren Enden symmetrisch, aber doch so, daſs die rechte Hälfte als eine Modification der linken betrachtet werden kann. So muſs man den Gallengang als in der Mitte liegend sich denken, und die rechte Hälſte der Leber als eine vermehrte, die linke als eine verminderte Hälfte anse - hen. Vor allen Dingen bitte ich aber vorläufig, um in der folgenden Demonstra - tion keinen Anstoſs zu finden, auch den vegetativen Theil sich symmetrisch vor - zustellen, weil er in sehr früher Zeit in der That symmetrisch ist.

Wegen der Symmetrie im Bau der Wirbelthiere können wir uns alle Pri -d. Die Röh - ren lassen sich daher als verwach - sene Platten denken. Taf. IV. F. 1. mitivorgane derselben als aus zwei Hälften verwachsen denken. Wenn wir näm - lich ein Wirbelthier von oben herab in der Mittelebene bis in die Nervenröhre spalten würden, ohne mit dem Schnitte die untere Wand der Nervenröhre zu tref - fen, und es dann eben so von der untern Fläche aus in der Mittelebene bis in die Darmröhre spalten (nachdem diese symmetrisch in die Mitte gestellt ist), ohne die obere Wand des Darmes einzuschneiden und die durch die Spaltung erhalteneu Theile aus einander legen wollten, so würde das ganze Thier in zwei gleicheII. I66Rückenhälften und zwei gleiche Bauchhälften zerfallen, die noch unter sich zu - sammenhängen würden, wie in vorliegender Figur 1. der Tafel IV.

Das Gegenüberliegende enthielte dann nur Gleichnamiges, nämlich die Hälften der aufgespaltenen Röhren, die uns als Platten erscheinen würden, weil die Halbröhren, aus denen sie bestehen, durch das Auseinanderbeugen platt wer - den würden. Wir hätten nämlich in jeder Rückenhälfte eine Platte für Hirn und Rückenmark, oder kürzer eine Markplatte (a b), davon abstehend eine Fleisch - platte des Rückentheils mit der bekleidenden anliegenden Haut, die wir zusam - men zur Unterscheidung von einer ähnlichen Platte im Bauchtheile die Rücken - platte (f g) nennen wollen. In jeder Bauchhälfte hätten wir eben so eine Fleisch - platte mit der bekleidenden eng anliegenden Haut, und diese beiden Schichten nennen wir zur Unterscheidung von den ähnlichen Theilen des Rückens die Bauch - platte (f h). Beide Bauchplatten und Rückenplatten würden durch den, bei - den angehörigen, in der Mitte liegenden, Stamm verbunden werden und gemein - schaftlich mit den Markplatten die animalische Abtheilung bilden. Getrennt von der Bauchplatte (durch die ebenfalls gespaltene Bauchhöhle) und nur anhängend am Stamme, hätten wir ferner auf jeder Seite eine Gekrösplatte (i k) und eine Darmplatte (k l). Die Darmplatte würde nach dem Obigen aus einer Schleim - hautschicht und einer Gefäſsschicht, die Gekrösplatte aber nur aus der Fort - setzung der Gefäſsschicht bestehen. Alle diese gegenüberliegenden Hälften würden mit den gleichnamigen der andern Seite noch zusammenhängen, wenn wir nämlich den Stamm als gemeinschaftliches Glied der Rücken - und Bauch - platten betrachten.

Das Uebereinanderliegende würde aber heterogen seyn, und zwar so, daſs das am meisten Aufliegende das am meisten Animalische, d. h. in sich Lebendige, das Unterste, das am meisten Vegetative, d. h. Bildende, Lebendigmachende wäre, und die Zwischenglieder wären Abstufungen dieses Gegensatzes.

e. Alle Plat - tenpaare, aus denen die Röhren bestehen, lassen sich auf 2 Paar Hauptplat - ten zurück - führen: die Rückenplat - ten und die Bauchplat - ten. Taf IV. Fig. 2.
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Denken wir uns ferner die Lücken weg, so daſs jede Markplatte eng an - läge an der Rückenplatte und mit ihr nur eine gemeinschaftliche Platte bildete, so würde diese Platte eine gesammte Rückenhälfte enthalten, oder eine Rückenplatte im weitern Sinne seyn. Eben so wollen wir die unter sich verbundenen Darm - platten zwischen die Gekrösplatten hineinschieben und beide mit den Bauchplatten eng verbinden! Dann erhalten wir zwei Bauchplatten im weitern Sinne, die nichts sind als die beiden gesammten Bauchhälften. Ein so umgewandeltes Wirbelthier würde vierschneidig seyn, und ein senkrechter Queerschnitt müſste die Form eines liegenden Kreuzes haben, wie die Figur 2. anschaulich macht.

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Wir können aber die Form noch mehr vereinfachen und die Art der Aus -f. Noch mehr verein - facht bilden alle Platten zusammen Eine Platte mit hetero - genen Schichten. Taf. IV. F. 3. bildung wird es rechtfertigen, wenn wir uns die Bauchplatten im weitern Sinne noch mehr flach gestellt denken und die Rückenplatten im weitern Sinne, die oh - nehin stets viel kleiner sind, noch kleiner werden, gleichsam in sich einsinken lassen. Dann wird die Hautbekleidung der Rückenplatten nicht nur ohne Absatz in die Hautbekleidung der Bauchplatten, sondern nach innen auch in die Mark - platten, die jetzt auch nur eine Bekleidung bilden, übergehen. Wir haben dann überhaupt nur Eine allgemeine Platte, und was früher gesonderte Platten darstellte, bildet jetzt nur einzelne Schichten dieser allgemeinen Platte. Wir haben ganz unten eine Schleimhautschicht, darüber eine Gefäſsschicht, über dieser eine Fleischschicht und ganz oben eine Schicht, welche aus der Haut und den Mark - platten gebildet ist.

Noch einfacher können wir uns diese Platte nur dadurch denken, daſs wirg. oder end - lich ohne deutliche Schichtung. die Differenzen der Schichten immer mehr abnehmen lassen, bis sie gar nicht mehr bemerklich sind.

So ist aber die ursprüngliche Form des Vogels in der That. Wir sindh. Eine sol - che Platte ist ursprüng - lich der Keim des Vogeleies. nämlich durch diese vorausgeschickten Betrachtungen der Entwickelungsweise des Embryo der Vögel näher gerückt, als Sie vielleicht vermuthen. So wie wir uns das Thier immer mehr vereinfacht dachten, um die Grundform seiner Bildung zu erkennen, so entwickelt es sich allmählig, jedoch in umgekehrter Reihenfolge.

Wir können, so vorbereitet, die Darstellung der Entwickelungsweise desi. Dieser Keim son - dert sich der Dicke nach in Schich - ten, der Breite nach in Höfe. Taf III. F. 8. Taf. IV. F. 7. Vogel-Embryo sehr kurz fassen, denn wir kehren nun wieder zur Entwicke - lungsgeschichte des Hühnchens zurück, nachdem wir, nur um die allgemeinen Organisationsverhältnisse aufzufassen, unsern Blick auf alle Wirbelthiere ausge - dehnt hatten. Wir wollen also wieder von dem gelegten noch nicht bebrüteten Ei ausgehen. Sie erinnern sich, daſs in ihm der Keim eine kleine, runde, aus wenig zusammenhängenden Körnern bestehende Scheibe ist (§. 2. i.). Während der Bebrütung löst sich nicht nur diese Scheibe mehr vom Dotter und der Keim - schicht ab, sondern sehr bald verliert sich auch die Gleichmäſsigkeit in der Scheibe, während sie, wie wir bereits früher (§. 5. h.) bemerkten, rasch sich vergröſsert und den Dotter umwächst, an der Dotterhaut anhaftend. Die obere Fläche wird glatter, in sich zusammenhängender; die untere, dem Dotter zuge - kehrte weicher, unebener. Doch sind es anfänglich noch keine gesonderten oder auch nur trennbaren Blätter, vielmehr sind es jetzt nur die Flächen des Kei - mes, welche diese Verschiedenheit zeigen, gerade so wie Polypen an ihrer äu - ſsern und der innern, verdauenden Fläche denselben Gegensatz zeigen. Die Mitte zwischen beiden Flächen ist in unserm Keime wie im Polypen eine indifferenteI 268Masse. Obgleich dieser Gegensatz in beiden Flächen des gesammten Keimes be - steht, so entwickelt sich doch ein ähnlicher in der Breite des Keimes, seine Mitte nämlich wird heller*)Der durchsichtige Hof (Area pellucida) bei Wolff. Harvey und Malpighi hielten diese durchsichtige Stelle von Anfang an oder wenigstens nach der Erscheinung des Embryo für das Amnion und benannten sie so. Im Appendix hält Malpighi ihn auch mitunter für das Chorion, indem er in der Kopfscheide den Anfang des Amnions erkennt. Er kommt aber zu keiner bestimmten Ansicht. Haller hatte Malpighi’s erste Ansicht angenommen, nannte diese Gegend aber auch Nidus pulli in den Beschreibungen. Malpighi’s Benen - nung Colliquamentum, die man gewöhnlich als Synonyme hierher zieht, geht doch wohl mehr auf die Flüssigkeit unter dem Keime, von der Malpighi glaubte, daſs sie in einem eigenen Sacke eingeschlossen sey doch auch wieder ohne zu einer Bestimmtheit im Irr - thume zu kommen. Den Namen Fruchthof gab Pander in der deutschen Arbeit; in der lateinischen ist die Wolff’sche Benennung beibehalten., die Peripherie dunkler**)Area opaca nach Pander.: ein Gegensatz, der oft schon vor dem Legen eingeleitet war.

Taf. IV. Fig. 7. †)In der angezogenen Abbildung ist die Hautschicht weiſs, begrenzt durch einen schwarzen Strich, die Fleischschicht dunkel, die Gefäſsschicht roth und die Schleimhautschicht gelb in Uebereinstimmung mit den Abbildungen der drei ersten Tafeln.
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Der Gegensatz beider Oberflächen entwickelt sich weiter, und man kann nun von einer obern und einer untern Schicht sprechen; jene wollen wir die Hautschicht***)Ich habe lange einen Namen für diese Schicht gewählt und wieder verworfen. Die Benen - nung sensible Schicht würde den Charakter derselben am besten ausgesprochen haben. Dann müſste ich aber auch die folgenden Schichten nach ihrem vitalen Charakter benamen. Ich versuchte die zweite Schicht die irritable zu nennen. Theils würde jedoch schon diese Benennung den Physiologen gezwungen geschienen haben, da man nur die Theile irritabel nennt, welche auf einwirkende Reize (irritamenta) sich selbst bewegen, nicht aber dieje - nigen Theile, welche nur durch andere bewegt werden, wie die Knochen; theils fand ich beim Weitergehen noch gröſsere Schwierigkeiten, wenn ich der Gefäſsschicht auf analoge Weise einen Namen geben wollte. Ich habe daher vorgezogen, alle Schichten nach den Thei - len zu benennen, in welche sie sich bei der Entwickelung ausbilden, oder aus welcher man sie darstellt, wenn man, wie hier, umgekehrt das Wirbelthier auf seine ursprüngliche Form reducirt. Eine nicht zu vermeidende Unbequemlichkeit ist es, daſs wir kein Wort haben, welches die Indifferenz von Haut und Centraltheil des Nervensystems in sich schlieſst. Da diese Schicht aber doch ursprünglich mehr den Charakter einer bekleidenden Haut hat, so mag sie darnach heiſsen., diese die Schleimhautschicht nennen. Die Masse, die zwischen beiden liegt, hängt zum Theil mehr an der untern Schicht, zum Theil mehr an der obern an. So entwickeln sich allmählig zwei innere Schichten, eine untere und eine obere. In der untern von ihnen werden die Körner heller, lösen sich in Bläschen auf, und endlich fängt der Inhalt dieser Schicht zum Theil an zu flieſsen. Sie wird eine Gefäſsschicht. In der obern werden die Körner dunkler, sie wird eine Fleischschicht****)Die ausführliche Darstellung aller dieser Sonderungen im Keime siehe in §. 1. des ersten Bandes, wo die Schichten nach Pander Blätter genannt werden. Vergl. besonders die An -.

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Die beiden innern Schichten reichen nicht so weit, als die beiden einschlie - ſsenden, welche beide bis an die äuſserste Grenze des Keimes gehen. Die Gefäſs - schicht geht nur bis ungefähr in die Mitte des peripherischen dunkeln Theiles vom Keime. Da nur in der Gefäſsschicht sich die ersten Gefäſse erzeugen, so zer - fällt nothwendig der Peripherie nach der dunkle Theil der Keimhaut in einen in - nern Hof, der bald sehr reichlich mit Gefäſsen besetzt erscheint und den wir da -T. III. F. 8. i h. Taf. IV. Fig. 7. d m. T. III. F. 8. h. T. IV. F. 7. m. Taf. III. F. 8. h g. Taf. IV. Fig. 7. m e. her den Gefäſshof (Area vasculosa)*)Area umbilicalis bei Malpighi. Figura venosa bei Haller. Wolff gebraucht zuerst die Benennung Geſäſshof, Area vasculosa, die ich beibehalten habe. Im Deutschen kommen auch die Benennungen Aderfläche, Aderhof, Gefäſsraum vor. nennen wollen. Er ist durch eine sehr weite Grenzvene (Vena terminalis)**)Sinus terminalis bei Pander, weil einige Zeit hindurch die Venenhaut nicht zu erkennen ist. Sonst auch Circulus venosus, Blutkreis; Endvene. von dem gefäſslosen Theile, dem Dotterhofe (Area vitellaria)***)Von der Farbe so benannt. Der Name Schleimhof wäre den übrigen Namen analoger, schien mir jedoch zu ungeschickt. Aus den Schriftstellern ist mir keine Benennung für diesen Abschnitt erinnerlich., geschieden. Der Dotterhof besteht nach dem Gesagten nur aus zwei Schichten, der Hautschicht und der Schleimhaut - schicht. Im Gefäſshofe kommt noch die Gefäſsschicht hinzu.

Eben so theilt sich aber auch der durchsichtige Theil des Keimes in zweik. Der in - nerste Hof ist der Em - bryo. Abtheilungen, die Mitte und die Peripherie. Nachdem sich zuvörderst der ganze durchsichtige Hof erhoben hatte, erhebt sich die Mitte desselben stärker, in Form eines länglichen Schildes, und ist der zukünftige Embryo. Der peripherischeTaf. IV. Fig. 7. a c. Theil, den wir den Fruchthof (Area germinativa) nennen, sinkt aber wie -T. III. F. 4. i. Taf. IV. Fig. 7. c d. der nieder in die Ebene des Gefäſshofes. Der Embryo ist also jetzt ein noch we - nig verschiedener Theil des Keimes. Die Fleischschicht erstreckt sich nicht bis über den Embryo hinaus.

Von dem Augenblicke an nun, wo sich die Mitte in Form eines Schildesl. Im Em - bryo fixirt sich eine Axe. erhebt, nennen wir alles Uebrige des Keimes, das dieses Schild umgiebt, oder den Inbegriff der drei Höfe, die Keimhaut (Taf. IV. Fig. 7. c e), von der wir schon oben (§. 5. i. k.) gesprochen haben, das Schild aber, obgleich es jetzt noch sehr dünn ist, den Embryo. Er ist, wenn auch schildförmig, doch gleich Anfangs länglich,****)merkung zu S. 20. Ich glaube an Deutlichkeit und Einfachheit des Vortrages zu gewinnen, wenn ich jetzt nur solche Sonderungen in der Dicke des Keimes Blätter nenne, die sich auch räumlich trennen, und habe daher, im Anfange wenigstens, nur ein animalisches und ein vegetatives Blatt. Sonderungen des Keimes, die nur in der Verschiedenheit des innern Baues hestehen, aber an einander haften, nenne ich Schichten. Theile des Keimes, welche sich ab - grenzen, um sich in Theile des Embryo umzuwandeln, habe ich von Anfang an Platten ge - nannt. Von ihnen handelt der Abschnitt m. 70 und seine Längenaxe macht einen rechten Winkel mit der Längenaxe des Eies. In diesem werdenden Embryo zeigt sich bald die Längendimension noch mehr vorherrschend, und das Erste was in ihm erkennbar wird, ist ein in der Axe des Schildes sich erhebender Wulst, der Primitivstreifen (Nota primitiva)*)Ausführlicher im ersten Bande §. 1. f i. .

m. Durch einen Schluſs über und ei - nen andern unter der Axe verwan - deln sich die Schichten in Röhren.
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Von diesem aus erheben sich zu beiden Seiten zwei andere Wülste, wobei der Primitivstreifen selbst unkenntlich wird und in seiner Mitte eine sehr dünne aus dunkeln Kügelchen bestehende Linie erscheint. Diese Linie, die Wirbel - saite (Chorda spinalis), ist die Mitte des Stammes und wird von einer heller werdenden Peripherie umgeben. Die beiden seitlichen Wülste, die mehr nach oben vorragen als die Mitte, sind die beiden Rückenhälften oder Rückenplattenα. im Rük - kentheile als die Rücken - platten, (Laminae dorsales)**)Primitivfalten, Plicae primariae nach Pander, Spiegelplatten bei Burdach. Malpighi nennt sie mit dem Wirbelstamme zusammen Carina. im weitern Sinne. Sie enthalten nur die Hautschicht und die Fleischschicht. Ihre oberen Kämme erheben sich, neigen sich von bei - den Seiten gegen einander und verwachsen, den Rücken bildend. Nachdem der Rücken sich geschlossen hat, oder frühestens während des Schlusses, löst sich der eingeschlossene Theil der Hautschicht von der Fleischschicht ab, nimmt rasch an Dicke zu und bildet so den Centraltheil des Nervensystems in Form einer etwas zusammengedrückten Nervenröhre. Später sondert sich diese Nervenröhre wieder in die scheidenförmig umgebenden Häute und zwei unten zusammenhängendeund Mark - platten; Markplatten. Der übrige Theil der Hautschicht wird die Haut des Rückentheils, so wie aus der Fleischschicht die Rückenröhre der Fleischschicht sich bildet.

β. im Bauch - theile als Bauchplat - ten,
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Etwas später, als die Rückenhälften sich nach oben erheben, neigen sich die breiteren Bauchhälften oder Bauchplatten (Laminae ventrales***)Fasciae abdominales bei Wolff, welcher glaubte, daſs sie nicht über den Hinterleib hinaus gingen. Auch benennt Wolff nur die Bauchplatten im engern Sinne, oder den ani - malischen Theil so. Visceralplatten bei Burdach. im weitern Sinne nach unten. Sie nehmen den ganzen Umfang des Embryo ein. Ihre Senkung geht aber viel langsamer vor sich, und während derselben erfolgt die schon früher (§. 5. l.) erwähnte Spaltung des gesammten Keimes in ein anima - lisches und ein vegetatives Blatt. Die Spaltung geht vom Embryo aus und setzt sich von ihm erst in die Keimhaut fort. Nur in der Gegend des Stammes trennen sich beide Blätter nicht von einander, im übrigen Umfange des Embryo sind sie aber sehr bald getrennt. Die Lücke zwischen beiden Blättern ist die Bauchhöhle im weitesten Sinne, nämlich eine Höhle zwischen den animalischen und vegeta - tiven Theilen eine Lücke, die ursprünglich fast so lang ist als das ganze71 Thier, indem nur das vorderste Ende des Darmkanales (die Rachenhöhle) und das hinterste Ende desselben an die umgebenden animalischen Theile angeheftet bleiben*)Ueber die Bildung der Bauchhöhle siehe das Ausführlichere im ersten Bande S. 40 44. S. 64 67..

Ursprünglich waren es also die beiden gesammten Bauchhälften oder dieGekrösplat - ten, Bauchplatten im weitern Sinne, die sich gegen einander zu neigen anfingen, dann trennt sich das animalische Blatt die Bauchplatte im engern Sinne von dem vegetativen Blatte. Wenn nun zwischen beiden eine einigermaſsen ansehnliche Lücke entstehen soll, so müssen nothwendig die beiden seitlichen Hälften des ve - getativen Blattes sich rascher neben einander neigen und früher sich erreichen, als die Hälften des animalischen Blattes oder die Bauchplatten im engern Sinne. So ist es in der That. Zuerst erreichen sich in der Mittellinie zwei riemenförmigeTaf. II. F. 6′ 6″ h i. Streifen, die in der Gefäſsschicht zu beiden Seiten des Wirbelstammes, von dem, wie gesagt, das vegetative Blatt sich nicht ablöst, sich verdicken, ihre unteren Ränder dann gegen einander neigen und verwachsen lassen. So wie sich die un - teren Ränder der verdickten Riemen an einander neigen, löst sich die Schleimhaut - schicht, die bisher überall an der untern Fläche der Gefäſsschicht eng anlag, hier ab, und die beiden unteren Ränder der so eben beschriebenen Riemen erreichen ein - ander, indem sie die Schleimhautschicht vom Stamme der Wirbelsäule lösen und entfernen, wodurch also jetzt zwischen dem Stamme und der Schleimhautschicht diese beiden riemenförmigen Theile der Gefäſsschicht sich allein finden. Wir nen - nen beide riemenförmigen Theile der Gefäſsschicht die Gekrösplatten (Laminae mesentericae), denn, was sich so eben gebildet hat, ist nichts anders als das Gekröse, dessen beide Blätter in der Mitte ihrer Ausdehnung sehr bald rasch wachsen. Den Schluſs beider Blätter nennen wir mit Wolff die Naht (Sutura) des falschen Amnions**)Die Lücke zwischen beiden Gekrösplatten, bevor sie an einander wachsen, nennt Wolff Apertura Amnii spurii. .

Da die Naht nicht einen Theil der Schleimhautschicht mit einklemmt, son -und Darm - platten. dern vor sich wegschiebt, da ferner die Gekrösplatten an ihren unteren Rändern inTaf. II. F. 6′ 6″ i k. die übrige Ausdehnung der Gefäſsschicht sich fortsetzen, so ist auch jetzt noch die Schleimhautschicht überall an die Gefäſsschicht angeheftet. Bald nachdem nun die Naht des Gekröses sich gebildet hat, werden eben so wie vorher, nur inner - halb der Gefäſsschicht, zwei andere Riemen, aus der Gefäſsschicht und Schleim - hautschicht zugleich bestehend, zu beiden Seiten der Naht selbstständig. Sie verdicken sich, grenzen sich durch einen immer schärfer werdenden Winkel von72 dem übrigen vegetativen Blatte ab, neigen dann diese unteren Winkel immer mehr gegen einander, bis beide endlich verwachsen, indem zugleich die schmalen Platten selbst, die wir Darmplatten (Lam. intestinales) nennen, sich zu Halbkanälen krümmen. So entsteht aus beiden ein Rohr, welches der Darm - kanal ist.

Während dieser Vorgänge neigen sich auch die Bauchplatten im engern Sinne mit ihren ursprünglich äuſseren, jetzt unteren Rändern einander immer mehr, und es wird also auch die animalische Abtheilung des Leibes geschlossen.

So werden also die schon früh im Keime sich bildenden Schichten in Röh - ren umgewandelt, und es wird die oben entwickelte Grundform aller Wirbelthiere erzeugt, von welcher ein jedes einzelne Wirbelthier eine besondere Modifica - tion ist.

n. Der un - tere Schluſs ist zugleich eine Ab - schnürung.
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Ich habe vorläufig, um die wesentliche Uebereinstimmung in der Bildung des Rückentheiles und des Bauchtheiles erkennen zu lassen, noch nicht auf einen Unterschied aufmerksam gemacht, der in der Art, wie sich beide schlieſsen, her - vortritt. Dieses mag hier nachträglich geschehen. Nur der Rückentheil, der sich viel früher schlieſst, als der Bauchtheil, verwächst wirklich in seiner ganzen Länge in einer Naht, indem zwei Kämme sich gegen einander neigen. Im Bauch - theile verwachsen auch die Gekrösplatten in einer Naht, jedoch nur in der Mitte des Embryo, da an seinem vordersten und hintersten Ende, wo das vegetative Blatt sich vom animalischen nicht entfernt, die Gefäſsschicht sich gar nicht zu einer selbstständigen Gekrösplatte ausbildet. Darmplatten und Bauchplatten schlieſsen sich aber nicht in einer wirklichen Naht, vielmehr verengt sich ihre Pe - ripherie von allen Seiten her gleichzeitig, indem die ursprüngliche Peripherie des Embryo, durch welche er in die Keimhaut übergeht, sich zuvörderst nach unten neigt und dann immer enger wird: ein Vorgang, den wir schon früher mit der Benennung einer Abschnürung treffend bezeichnet zu haben glauben (§. 5. i.). Wir haben dabei gehört, daſs auf solche Weise die ursprüngliche Peripherie sich in eine Verengerung verwandelt, die man überhaupt den Nabel nennt, daſs dieser Nabel also der Uebergang des Embryo in die Keimhaut ist, daſs, weil dieser Uebergang jetzt verengt ist, die übrige Keimhaut nun in Form von Säcken an dem Embryo hängt. Es ist uns ebenfalls schon früher klar geworden, daſs wegen der Trennung beider Blätter sowohl im Embryo als in der Keimhaut der Nabel ein doppelter ist, ein innerer und ein äuſserer. Der innere Nabel oder der Dotter - gang ist der Uebergang aus dem vegetativen Theile des Embryo und namentlich seinem Darme in den Dottersack, dem in einen Sack verwandelten vegetativen Blatte der Keimhaut. Dieser Uebergang ist schon sehr früh eng. Der äuſsereNa -73Nabel ist innerhalb des animalischen Blattes der Uebergang aus dem Embryo in die Keimhaut. Der dem Embryo zunächst liegende Theil vom animalischen Blatte der Keimhaut bildet sich aber zu einem Sacke um den Embryo herum aus zu dem Amnion*)Die gesammte Uebersicht der Umwandlung des Keimes in den Embryo und seine Anhänge habe ich in der Taf. IV. Fig. 7 darzustellen versucht.. Der äuſsere Nabel ist also ein Uebergang des Embryo in das Amnion. Er zieht sich ebenfalls in einen kurzen, aber viel weitern Kanal aus. Lange Zeit hindurch ist es nur die Hautschicht, welche den äuſsern Nabel bildet. Zuletzt, wenn schon der Dottersack in den Leib getreten ist, erreicht auch die Fleischschicht des Embryo den Nabel. So bildet sich also auch für diese Schicht ein Nabel, den man einen Fleischnabel nennen könnte. Innerhalb des Hautnabels liegt auſser dem Dottergange noch ein hohler Uebergang aus der Kloake in den Harnsack, der Harngang (Urachus)**)Auch Harnschnur. genannt.

Vollständig verwächst der Nabel im Vogel erst, nachdem der Dottersack in den Leib eingetreten ist, und dieser Schluſs des Nabels ist zugleich die Tren - nung des Embryo vom Amnion und dem zu einem Chorion umgewandelten Harn - sacke (§. 5. s.).

Man wird leicht einsehen, daſs die Abschnürung an der Bauchfläche, wie sie sich im Vogel zeigt, nur eine Modiſication eines Schlusses durch Zusammen - neigen von beiden Seiten ist, und daſs ich, um die Gleichmäſsigkeit der Ausbil - dung der Wirbelthiere einleuchtend zu machen, wohl vorläufig die Bauchbildung als den einfachen Gegensatz der Rückenbildung darstellen durſte (dieser §. un - ter m.). Sollten Sie jedoch auf die Modification, die sich in der Nabelbildung offenbart, mehr Gewicht legen wollen, so brauchte ich bloſs, der spätern Dar - stellung vorgreiſend, zu bemerken, daſs bei vielen Wirbelthieren, den Knochen - fischen und Batrachiern zum Beispiel, gar keine wahre Nabelbildung ist und die Bauchplatten des Embryo sogleich den ganzen Dotter umwachsen, ohne vorher - gehende Abschnürung. Jene Embryonen sind aber vom Anfange an groſs im Ver - hältniſs zu der Dottermasse. Die Embryonen der Vögel und Säugethiere sind im Anfange sehr klein. Sie können den Dotter nicht so bald umgeben. Nur indem sie früher sich nach unten zu schlieſsen anfangen, als sie den Dotter zu umgeben vermögen, entsteht der Vorgang, den wir Abschnürung genannt haben, und erst später tritt bei den Vögeln der anfänglich abgeschnürte allmählig kleiner gewor - dene Dottersack in den Leib ein und wird nun von den Bauchplatten umgeben, wie bei den Fischen gleich Anfangs. Die Nabelbildung also, statt ein Einwurf gegen die Uebereinstimmung in der Ausbildung des Rücken - und Bauchtheils zuII. K74seyn, ist vielmehr eine Folge und also eine Bestätigung derselben. Die Bauch - bildung kann hinter der Rückenbildung nicht zu weit zurückbleiben, und es er - scheint daher eine Abschnürung, wenn der Dotter nicht bald genug umfaſst wer - den kann. Geschlossen wird der Bauch aber nicht eher vollständig, als bis der Embryo der andern Theile des Eies nicht mehr bedarf.

o. Jene durch dop - peltes Zu - sammenrol - len der Schichten der primä - ren Sonde - rung erzeug - ten Röhren sind die Pri - mitivorgane des Embryo.
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Wir haben früher gesehen, daſs, wenn wir nur die wesentlichsten Unter - schiede im Bau der Wirbelthiere ins Auge fassen, alle weniger hervorstechenden Unterschiede aber schwinden lassen, der Leib der Wirbelthiere aus mehreren röh - renförmigen Primitivorganen besteht, von denen jedes einen wesentlichen Cha - rakter hat. Wir fanden eine Röhre für die Aufnahme und Umwandlung fremden Stoffes aus der Auſsenwelt der Darmkanal mit seinen Anhängen, eine umge - bende und nach oben verlängerte Röhre für die Bewegung des neu aufgenommenen Stoffes, das Gekröse eine Doppelröhre für die Bewegung des Thieres selbst, die Fleischschicht, eine Röhre für sein inneres Leben, sein Begehren und Em - pfinden die Nervenröhre; und ganz nach auſsen eine Röhre zur Abgrenzung gegen die Auſsenwelt die Haut. (Vergl. diesen §. a.) Darauf haben wir ge - funden, daſs im Keime sich Schichten über einander bilden, die allmählig einen verschiedenen Charakter annehmen, und da diese Schichten die ersten Differenzen sind, die im Keime auftreten, so wollen wir die Erzeugung derselben die primāre Sonderung nennen (unter i.). So eben (m.) haben wir endlich noch gehört, daſs eine besondere Art der Umwandlung, von der wir später bemerken werden, daſs sie nur den Wirbelthieren zukommt durch ein Zusammenwachsen über und unter einer Axe diese Schichten in Röhren verwandelt, jedoch so, daſs zugleich die Schichten sich bis in die Nähe der Axe in zwei Hauptblätter trennen, daſs nur das obere Blatt mit seinen zwei Schichten an dem Schlusse nach oben Theil hat, den Schluſs nach unten aber alle Schichten erfahren, daſs endlich die Gefäſsschicht sich zum Theil von der Schleimhautschicht trennt, ohne daſs diese irgendwo un - bedeckt bliebe, und es ist nun kaum mehr nöthig hinzuzufügen, daſs die dadurch entstandenen Röhren eben diese Primitivorgane sind, denn wir haben sie schon so benannt.

p. In allen Primitiv - organen ist eine Central - linie und eine Schluſs - linie. Taf. III. Fig. 4 und 5.
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Aber fragen könnten Sie, was denn jene Axe sey, die wir die Wirbel - saite genannt haben? Sie ist nicht der gesammte Wirbelstamm, sondern nimmt nur die Mitte desselben ein, da die Wirbelkörper erst allmählig um die Wirbel - saite sich herum bilden. Sie ist nur die (später verschwindende) Axe des Stam - mes und eben deshalb auch die Axe für die gesammte Bildung des Embryo, denn von ihr aus schreiten alle einzelnen Bildungen fort. Schon das Zusammenrollen nach oben und nach unten beurkundet dieses Verhältniſs. Dadurch wird sie,75 während sie ursprünglich nur die mittlere Axe in einer Fläche war, zur mittlern Axe eines Körpers, indem das Peripherische in der Fläche hier auch das Obere und Untere des Körpers bildet. Durch diese Umbildungsart bleibt die Axe auch die Mitte einer andern neu entstandenen Fläche, der Mittelebene des Körpers. Diese Fläche aber ist nicht organisch repräsentirt, sondern sie ist nur ein räum - liches Verhältniſs, und es liegt eben in dieser besondern Weise der Umbildung der primären Sonderung, daſs die Mittelebene durch alle Primitivorgane durchgeht. Einige liegen über, andere unter der allgemeinen Axe. Da aber alle Primitiv - organe durch einen Schluſs erst zu Röhren geformt werden, so ist in jedem Primi - tivorgane eine Schluſslinie, in welcher die Verwachsung erfolgte. Es ist diejenige Linie, welche in jedem Primitivorgane dem Rücken und dem Bauche am meisten zugekehrt und von der Axe am weitesten entfernt ist (wie Taf. III. Fig. 5. uns zeigt, wo für alle Primitivorgane, die wir hier im Durchschnitte sehen, die Schluſslinien nach m und n hin liegen). Die Haut hat sogar zwei Schluſslinien. Alle diese Schluſslinien waren nicht nur ursprünglich peripherisch, sondern für jedes einzelne Primitivorgan mehr peripherisch, als der übrige Inbegriff desselben. Dagegen ist in jedem Primitivorgane auch eine Centrallinie, welche der Axe des gesammten Thieres oder der allgemeinen Centrallinie am meisten zugekehrt ist. Diese Linie war für alle einzelne Primitivorgane nie peripherisch, sondern ur - sprünglich central. Sämmtliche Centrallinien liegen in der Mittelebene über ein - ander und nicht sehr weit von einander. (In Taf. III. Fig. 5. liegen die Durch - schnitte sämmtlicher Centrallinien in der Linie α β). Nur die Haut hat als Pri - mitivorgan keine Centrallinie, weil die Centrallinie, die ihr zukam, so lange sie bloſs horizontale Schicht war, jetzt als Centrallinie der Nervenröhre von der spä - ter abgetrennten Haut entfernt ist.

Bedenken Sie nun, daſs alle Primitivorgane nur von einander gelösteq. Dor Pri - mitivstrei - fen enthielt sämmtliche Central - linien. Schichten sind, welche ursprünglich unter sich zusammenhingen, so wird es Ihnen einsichtlich, daſs der Primitivstreifen eben nichts anders seyn kann, als der Inbegriff aller dieser Centrallinien, und daſs also der Primitivstreifen unkenntlich werden muſs, wenn die Schichten sich mehr von einander lösen. Während nun die Wirbelsaite weniger ist, als der Stamm der Wirbelsäule, nämlich nur seine Centrallinie, ist der Primitivstreifen mehr als der Stamm, da er die Cen - trallinien aller übrigen Primitivorgane enthält und den Primitivstreifen mit seiner nächsten Umgebung, aus welchen die Wirbelkörper werden.

r. Die Ex - tremitäten bilden eine äuſsere Fleisch - schicht.
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Bei jener Entwickelung der wesentlichsten Verhältnisse im Bau der Wir - belthiere, die uns auf die Primitivorgane führte, habe ich auf die Extremi - täten keine Rücksicht genommen, theils um die Uebereinstimmung im Bau derK 276Rücken - und der Bauchtheile besser hervorheben zu können, theils um deutli - cher zu zeigen, wie die ersten Vorgänge im Embryo auf die Ausbildung dieser Hauptverschiedenheiten gerichtet sind. Im Embryo erkennt man aber in der That die Extremitäten nicht, wenn die Rückenhälften schon ganz und die Bauchhälften schon gröſstentheils vereinigt sind. Jetzt wollen wir nachträglich auch auf die Extremitäten Rücksicht nehmen. Denken wir uns einmal die vorragenden Theile der Extremitäten, nämlich die Hände, Unterarme, Ober - arme, die Füſse, Unterschenkel, Oberschenkel in sich selbst hineingescho - ben, wofür ich die Rechtfertigung erst später geben werde, so wird nichts übrig bleiben, als die Anheftung der Extremitäten an den Rumpf. Diese Anheftung geschieht theils durch Knochen, theils durch Muskeln mit ihren Sehnen, die wir wieder zusammen mit dem Ausdrucke Fleisch begreifen wollen. Bei allen Wir - belthieren sind zwar höchstens zwei Paar Extremitäten am Rumpfe, allein die Muskeln, die zu ihnen gehen, sind bei sehr vielen so weit ausgedehnt, daſs sie zusammenstoſsen. Hiernach würden die Extremitäten mit ihren Wurzelgliedern eine äuſsere Fleischröhre bilden, welche die beiden Fleischröhren des Rumpfes einschlieſst und für das Verhältniſs des Thieres zu seiner Umgebung bestimmt ist, indem durch die Entwickelungen aus dieser Röhre das Thier fähig wird, seinen ganzen Körper in oder auf einem Elemente zu bewegen. Dasselbe räumliche Ver - hältniſs ist zwischen den Kiefern und dem Kopfe, mit der geringen physiologi - schen Modification, daſs die Kiefern, den Mund umgebend, zum Fassen und Verkleinern der Speisen dienen*)Nur um die Extremitäten nicht aus der Gesammtübersicht auszulassen, wollte ich sie hier nicht übergehen. Ich fühle aber sehr wohl, daſs sich die Verhältnisse ihres Baues nicht noch kürzer fassen lassen, als im ersten Theile (s. Seite 181 197) geschehen ist, und fürchte vielmehr, daſs selbst jene Darstellung für Diejenigen zu kurz seyn wird, die nicht den bis - herigen Versuchen, das Typische in der Skeletbildung aufzufinden, gefolgt sind. Mehr werde ich von dem Wunsche erfüllt, denselben Gegenstand einmal noch ausführlicher zu be - handeln und mit Abbildungen zu begleiten, als ihn noch kürzer zu fassen..

Die erste Anlage der Extremitäten in den Embryonen der Wirbelthiere rechtfertigt diese Ansicht ganz, denn sie erscheint auf jeder Seite als eine sehr lange Leiste**)Ich habe seit der Herausgabe des ersten Bandes sehr deutlich gesehen, daſs am dritton Tage die vordere und hintere Extremität jeder Seite zusammenhängen und zusammen nur Eine Leiste oder, um von der angenommenen Benennung nicht abzuweichen, Eine Platte bilden, die vorn und hinten in einen höhern Wulst sich erhebt. Die ursprüngliche Ausdehnung nach oben und unten bis zur Mitte des Rückens und des Bauches beruht mehr auf einer Einsicht von der Nothwendigkeit, als auf unmittelbarer Ansicht durch Beobachtung. Hierüber noch ein Wort in einem Anhange.. Die Grenzen von der Basis dieser beiden Leisten nach oben und nach unten lassen sich zwar nicht genau angeben, allein eben weil man nirgends ein bestimmtes Aufhören sieht, darf man vermuthen, daſs sie, sehr dünn wer -77 dend, auf der einen Seite bis zu den Kämmen der Rückenplatten und auf der an - dern Seite bis zu den äuſseren Rändern der Bauchplatten reicht, eine Ausdehnung, welche auch die spätere Ausdehnung der Wurzelglieder der Extremitäten nach - weist. Hiernach würden die Extremitäten in der That zuvörderst eine äuſsere Fleischröhre bilden, welche beide Hauptröhren des Rumpfes einschlieſst und selbst nur von der Haut eingeschlossen wird. Allein diese äuſsere Fleischröhre wird erst kenntlich, wenn die Rückenplatten sich vereint haben. Sie ist das Primitivorgan für die Extremitäten.

Diese äuſsere Fleischröhre kann hiernach eben so wie die Haut keine Cen - trallinie, sondern nur zwei Schluſslinien haben, denn mit einer Linie würde sie zwar an dem Schluſs des Rückens und mit einer andern an dem Schluſs des Bauches Theil haben, aber keine Linie wäre in ihr zu finden, welche der Axe des gesammten Kör - pers anläge und in dem Primitivstreifen mit enthalten gewesen seyn könnte. Wir brauchen bloſs zu einer frühern Darstellung (dieser §. unter f.) zurückzukehren, um uns klar zu machen, worin das begründet liegt.

Legen wir in der vorliegenden Figur die Fleischschicht der Rückenplatten a b″ und eben so die Fleischschicht der Bauchplatten a c″ ganz flach aus einander, so erscheint sie uns in a b und a c. Dann werden die Extremitätenplatten b c″ die Lage von b c haben, da sie, im Queerdurchschnitte betrachtet, von der Schluſslinie des Rückens bis zur Schluſslinie des Bauches reichen.

[figure]
78

Aus dieser Figur ist ersichtlich, daſs innerhalb des Keimes, vor Erhebung der Rückenplatten, die Extremitätenplatten ihrer Lage nach die Fortsetzungen der Rückenplatten seyn würden, wenn sie irgend vorhanden seyn sollten. Das Daseyn der Extremitätenplatten ist für diese Zeit freilich nicht erweisbar. Da sie aber sich später gar nieht bilden könnten, wenn nicht auf irgend eine Weise ihre Anlage da wäre, so können wir wohl sagen, daſs durch das Zusammenrollen nach oben und nach unten die Fleischschicht des Keimes a c so getrennt wird, daſs ein Theil a b nach oben zur Bildung der Rückenwand a b erhoben, ein anderer a c zur Bildung der Bauchwand a c nach unten geführt und ein dritter für beide be - kleidend zur Bildung der Extremitäten verwendet wird. Die Extremitätenplat - ten, für welche ursprünglich auch die Rückensaite die Centrallinie war, verlie - ren daher bei der Umbildung zum Primitivorgan ihre Centrallinie, gerade so wie die Haut. Diese beiden Primitivorgane nun, die Haut und die äuſsere Röhre der Fleischschicht, die in ihrer Bildungsweise übereinstimmen, indem sie von ihrer ursprünglichen Centrallinie abgeschnitten werden, haben auch in ihrer physiolo - gischen Bedeutung Uebereinstimmung, da sie es sind, welche sich unmittelbar auf das Verhältniſs des Thieres zur Auſsenwelt beziehen. Mit der Haut wird die Auſsenwelt empfunden, mit den Extremitäten bewegt sich das Thier gegen die Auſsenwelt, während ihre innern abgegrenzten Theile die Nervenröhre, so wie die Rücken - und Bauchröhre der Fleischschicht, sich auf das Thier selbst bezie - hen. Die ursprünglichen Extremitätenplatten entwickeln sich sehr bald, jede in zwei von einander sich sondernde leistenförmige Erhabenheiten (die vordere und hintere Extremität); und aus jeder tritt dann eine Wucherung hervor (der vorra - gende Theil der Extremität). Diese sondert sich wieder in mehrere Abschnitte. Das führt uns zu der zweiten Form der Ausbildung, zu der wir jetzt übergehen.

B. Morpho - logische Sonderung.
103

Ein ausgebildetes Wirbelthier besteht nämlich nicht wirklich aus gleich - mäſsigen, in einander geschichteten Röhren. Wir haben den Bau der Wirbel -s. Die ein - zelnen Or - gane sind Abschnitte der Primi - tivorgane. thiere auf den allgemeinen Charakter von mehreren um einen Stamm gesammelten und einander einschlieſsenden Röhren nur dadurch zurückgeführt, daſs wir uns die einzelnen Modificationen wegdachten, und dabei erkannten wir, daſs eine jede Röhre eine ursprüngliche und wesentliche Verschiedenheit von den andern Röhren zeigt. In der Wirklichkeit bestehen aber diese Primitivorgane wieder aus hete - rogenen Abschnitten, die einen geringern Grad von Verschiedenheit unter sich haben. Diese Abschnitte, die man Organe zu nennen pflegt, theilen den allge - meinen Charakter der Röhre, der sie angehören, unterscheiden sich aber durch untergeordnete Besonderheiten von den andern Abschnitten. So ist in der Schleimhautröhre bei Luft athmenden Wirbelthieren ein Eingang (die Nase) und79 ein Nebenast (der Athmungsapparat) zum Verkehr mit der Luft, der andere Ein - gang zur Aufnahme und sein Kanal zur Verarbeitung der Speise bestimmt. In diesem Kanale selbst ist ein Theil verengt und bloſs leitend, die Speiseröhre; ein anderer, der Magen, ist erweitert und vernichtet die Eigenthümlichkeit der Spei - sen; noch andere Stellen sind aus der Röhre herausgestülpt und verästelt. Sie heiſsen Drüsen (Speicheldrüsen, Leber, Pancreas) und übergieſsen den Speise - brei mit umändernden Säften. Solche Abschnitte von einem gewissen Grade von Eigenthümlichkeit kommen in allen Hauptröhren vor. So sehen wir die Nerven - röhre vorn zu einem Hirne verdickt, hinten zu einem Rückenmarke verdünnt. Eben so sind auch im Hirne wieder untergeordnete Abtheilungen.

Alle diese Abschnitte, die durch gröſsere oder geringere Eigenthümlichkeitt. Sie ent - stehen durch morpholo - gische Son - derung. von andern Abschnitten derselben Hauptröhre sich unterscheiden, sind bei der Bildung der Primitivorgane noch nicht da, sondern es treten erst später in den einzelnen Gegenden der letzteren die Besonderheiten auf. Diese Umwandlung nenne ich die morphologische Sonderung, weil sie das gleichmäſsige Primitivorgan in heterogene Formen theilt.

So, glaube ich, müssen wir zuvörderst den Unterschied dieser beidena. Zeitli - ches Ver - hältniſs der primären und mor - phologi - schen Son - derung. Sonderungen auffassen. Nun wollen wir erst hinzufügen, daſs genau genommen kein einziges Fundamentalorgan als ganz gleichmäſsige und vollständige Röhre auch nur kurze Zeit besteht. Die morphologische Sonderung tritt zwar immer später auf, als die primäre; denn bevor die Schichten geschieden sind, ist keine Spur von Theilung in Organe, aber wohl beginnt der Anfang der morphologi - schen Sonderung, ehe aus den Schichten, welche die primäre Sonderung erzeugt hatte, vollständige Röhren geworden sind. So sieht man, schon wenn der Rücken sich schlieſst, das vordere Ende etwas verdickt und man kaun schon die Bildung des Kopfes, und also auch des Hirnes, einigermaſsen erkennen, wenn auch seine hintere Grenze sich nicht bestimmen läſst, allein die Abgrenzung einer Haut - schicht (aus der ja Hirn und Rückenmark werden) war bereits deutlich. Der Speisekanal ist zwar schon in den Abschnitten geschlossen, welche nachher durch später eintretende Individualität sich scheiden, allein er ist noch nicht in seiner ganzen Länge fertig, sondern in der Mitte noch ungeformt, wenn die Enden schon anfangen sich umzuformen. Dieses mag hinreichen, um in der Dar - stellung des Einzelnen nicht irre zu werden.

Für die Ausbildung der verschiedenen Organe aus den Primitivorganen, oder jenen zu Röhren umgewandelten primären Schichten, gelten gewisse allge - meine Regeln, die wir kurz berühren wollen.

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v. Allmäh - liges Indivi - dualisiren durch die morphologi - sche Sonde - rung.
103

Zuvörderst erhalten alle einzelnen Organe ihre Besonderheit erst allmählig, so daſs sie, je weiter zurück man sie in ihrer Ausbildung betrachtet, um so we - niger von ihrer spätern Eigenthümlichkeit zeugen. So nimmt in allen verästelten Organen die Verästelung zu. Sie sind im Anfange abgerundete kegelförmige Vorra - gungen, dann theilen sie sich an der Spitze und die Vertheilung schreitet allmählig weiter vor. So sind ferner alle verengten Theile irgend eines gröſsern Apparates im Entstehen (im Verhältniſs zu den verwandten Theilen) weiter und alle erweiterten Theile sind früher enger, als im spätern Zustande. Der Magen z. B. ist, wenn er kenntlich wird, nicht viel weiter als der Darm. Dagegen sind die Ausführungs - gänge der Speicheldrüsen, der Leber, die Luftröhrenäste u. s. w. ungeheuer weit in der ersten Bildung. Auch die Schnabelspitze, der Unterschenkel, die Fuſswurzel und jeder andere im ausgebildeten Thiere verdünnte Theil ist Anfangs sehr dick. Es haben also mit Einem Worte alle einzelnen Organe früher eine rohere unbe - stimmtere Form, und die Wirksamkeit der fortgehenden morphologischen Sonde - rung zeigt sich in der fortgehenden Ausbildung dieser Form. Hierdurch wird es nicht nur anschaulich, wie die Primitivorgane die Summe aller einzelnen Organe sind, in die sie sich umbilden, sondern es wird auch unsere gewählte Darstel - lung gerechtfertigt, nach der wir alle Primitivorgane als ursprünglich gleichmä - ſsige Röhren zu betrachten verlangten, wenn auch die morphologische Son - derung zum Theil in ihnen beginnt, bevor sie als Röhren vollkommen vollendet sind.

w. Variatio - nen in der äuſsern Form der morphologi - schen Son - derung.
103

Alle Ausbildung der einzelnen Organe beruht also auf einem modificirten Wachsthume in einem gröſsern oder geringern Theile seiner Ausdehnung, und nur in der äuſsern Erscheinung sind Verschiedenheiten. Ist der Abschnitt eines Fun - damentalorgans, welcher durch vermehrte Entwickelung nach dem Umfange sich verändert, von ansehnlicher Länge, so erscheint uns eine solche Veränderung als eine Verdickung oder Vergröſserung, so die Bildung des Hirns und des Schädels. Ist dagegen ein vermehrtes Wachsthum in die Länge, bei geringer Entwickelung nach der Peripherie, so erscheint uns der Erfolg als Verdünnung, wie die Bil - dung der Speiseröhre und des Rückenmarkes. Ist eine stark vermehrte Entwicke - lung nur auf eine kleine Stelle eines Fundamentalorganes beschränkt, so erscheint uns eine solche Entwickelung als ein selbstständiges Hervorwachsen, obgleich sie im Grunde nichts ist als eine auf beschränkter Stelle sich äuſsernde Vermehrung des allgemeinen Wachsthums. Diese Wucherungen sind aber entweder hohl, so daſs die innere Fläche des Fundamentalorganes in sie eingeht, oder nicht. Im er - stern Falle bezeichnet man sie am deutlichsten mit dem Ausdrucke Hervorstülpungoder81oder Aussackung, im letztern Falle kann man sie ein Hervorwachsen nennen, wenn die werdende Höhe bedeutend im Verhältniſs zur Basis ist, wie z. B. bei der Entwickelung der Dornfortsätze, oder bei dem allgemeinen Ausdrucke Wuche - rung stehen bleiben, wenn die Basis ansehnlich ist.

In diesen Modificationen der morphologischen Sonderung zeigen die einzel - nen Primitivorgane durchgreifende Verschiedenheiten, denn wir werden bald se - hen, daſs die Eigenthümlichkeit jedes einzelnen Primitivorganes seiner morpholo - gischen Sonderung einen bestimmten Charakter giebt. (§. 6 ee. und folg.) Vor - her wollen wir aber noch einige allgemeine Verhältnisse dieser Art von Sonderung ins Auge fassen.

Ueberall hat die gemeinsame Entstehungsweise der Primitivorgane auch aufx. Allgemei - ne Einwir - kung der Bil - dungsweise der Primitiv - organe auf die morpho - logische Son - derung. die fortgehende Ausbildung der einzelnen Besonderheiten aus ihnen den gröſsten Einfluſs. So scheint in allen Primitivorganen die Centrallinie zu fernern Bildungen nicht geneigt zu seyn und alle besondere Bildung von der Centrallinie zur Schluſs - linie weiter vorzurücken, nach demselben Wege, welchen auch bei der Entstehung der Primitivorgane selbst die Entwickelung nahm. Auch bei den Ausstülpungen, die doch ursprünglich aus dem Primitivorgane heraus gerichtet sind, bemerkt man diesen Einfluſs, so daſs paarige Hervorstülpungen, wenn sie nur nicht der Centrallinie sehr nahe hervortreten, wie aus der Medullarröhre die Sinnesorgane, sondern der Schluſslinie näher sind, wie etwa die beiden ursprünglichen Leber - gänge oder die Lungenäste, bald an der Schluſslinie selbst zusammenstoſsen und einen mittlern Stamm erhalten. Nennen wir nun den Weg, den irgend ein grö - ſserer oder kleinerer Theil bei seiner Ausbildung zurücklegt, seinen Bildungsbo - gen, so ist dieser Bildungsbogen für alle Theile, die gar nicht aus der Wand desBildungs - bogen. Primitivorganes hervortreten, ein unmittelbarer Abschnitt des Bogens von der Centrallinie zu der Schluſslinie innerhalb des Primitivorganes, oder ein ursprüng - licher Bildungsbogen. Organe, die aus der Ebene des Primitivorganes hervor - treten, haben zuvörderst eine abweichende Richtung, allein dieselbe schlieſst sich allmählig immer mehr an die Richtung des ursprünglichen Bildungsbogens an. Selbst Bildungen, die aus einem Primitivorgane durchbohrend in ein ande - res dringen, erfahren diesen Einfluſs, wenn auch in geringerm Maaſse, so daſs alle Bildungsbogen nach den beiden Schluſslinien gerichtet sind.

Auch scheint es mir, daſs alle paarigen Organe, welche symmetrisch ihren Ort verandern, nach den Schluſslinien wandern; nicht umgekehrt*)Ausführlicheres über diese Verhältnisse siehe im ersten Theile S. 170 u. s. w..

II. L82
y. Morpho - logische Ele - mente.
104

So viel über die morphologische Sonderung in Bezug auf das Verhältniſs von der Centrallinine zur Schluſslinie in jedem Primitivorgane. Dieses Verhältniſs be - ruht, wie Sie wissen, wieder auf einem ursprünglichen Verhältnisse von der Mitte zur Peripherie, welches die Schichten der primären Sonderung in Röhren umwandelte und jetzt bei der morphologischen Sonderung noch fortwirkt. Die Mitte für die Entwickelung der Wirbelthiere ist aber nicht ein Punkt, sondern eine Linie eine Axe für die gesammte Bildung. Betrachten wir jetzt auch das Allgemeine der morphologischen Sonderung in Bezug auf die Ausdehnung inner - halb dieser Axe!

Wir haben bisher nur von Abtheilungen gesprochen, die man Organe nennt, deren Umfang bald groſs bald klein ist, und die in morphologischer Hin - sicht keinesweges einerlei Bedeutung haben. Sie wissen aber, daſs noch andere, unter sich mehr gleiche Abtheilungen, wenigstens in der animalischen Hälfte des Leibes deutlich sind. Das Knochensystem zerfällt in hinter einander liegende Wirbel. Diese bestehen aus einem Mittelkörper mit obern und untern Bogen, denn wir haben schon gelernt die untern Bogen als den Gegensatz der obern zu betrachten, wenn sie auch nicht immer mit den Mittelstücken, den Wirbelkör - pern, ein ununterbrochenes Ganze bilden (§. 6 a.). Aehnliche Abtheilungen zeigt das (animalische) Nervensystem. Einem Abschnitte des Centraltheils gehören im - mer ein Paar nach oben und ein Paar nach unten gegen die Schluſslinien des Rückens und des Bauches sich erstreckende Nerven, welche mit einander ver - einigt sind, ehe sie mit dem Centraltheile in Verbindung stehen. Es bildet also auch das Nervensystem eine Reihe von Ausbreitungen in der Form von Ziffer 8, welche durch den Centraltheil zu einem Ganzen an einander gereiht sind. Die benachbarten obern Nervenbogen und eben so die benachbarten untern Nervenbo - gen sind aber auch unter einander durch hinüberlaufende Fäden verbunden, so wie die Wirbel, oder die morphologischen Elemente des Knochensystems durch die schiefen Fortsätze zwar nicht unter einander verwachsen, aber doch an ein - ander gefügt und durch das Periosteum wirklich verbunden sind. Eben so bilden die Blutgefäſse Bogen nach oben und nach unten von einem Stamme ausgehend, die Zwischenwirbel - und Zwischenrippengefäſse nämlich, wenn auch die letztern in verschiedenen Regionen verschiedene Namen erhalten haben und zuweilen für mehrere Wirbelabschnitte einen gemeinschaftlichen Stamm bilden, wie die Wir - belschlagadern. Auch diese Gefäſse, besonders die Venen, verbinden sich durch Anastomosen. Zwischen den Wirbeln ist nicht nur Knochenhaut, sondern auch die tiefste Muskellage liegt nur zwischen den einzelnen Wirbeln. Die mehr oberflächlichen Muskellagen verbinden freilich mehrere Wirbel, aber83 sie scheinen mir deshalb den Verbindungsmitteln in andern organischen Systemen zu entsprechen.

Aus solchen hinter einander liegenden Wiederholungen besteht also zuvör - derst die animalische Abtheilung des Leibes. Die Kunstsprache hat keine Be - nennung für diese einzelnen Glieder. Am nächsten liegt wohl das Wort Wirbel, allein dieses bezeichnet nur den Antheil, den das Knochensystem an einem solchen Abschnitte hat. Ich schlage daher die Benennung: morphologisches Element vor, und bezeichne damit, dem Gesagten gemäſs, einen Wirbel mit einem benachbar - ten Zwischenwirbelraume und allem was dazu gehört. Hiernach besteht der ganze Leib der Wirbelthiere aus einer Summe von morphologischen Elementen. Da aber jedes morphologische Element einen Abschnitt der verschiedenen allge - meinen Systeme enthält, so hat ein jedes solches System, oder in Bezug auf Entwickelungsweise, jedes Primitivorgan seinen Antheil an den morphologischen Elementen. Der Wirbel ist (mit seinem obern und untern Bogen) das morpholo - gische Element für das Knochensystem. Ein doppelter Nervenring mit einem Abschnitte von dem Centraltheile des Nervensystems ist das morphologische Ele - ment des (animalischen) Nervensystems. So hat das Gefäſssystem seine morpho - logischen Elemente, und zwar um so unverkennbarere und gleichmäſsigere, je weiter wir in der Entwickelungsgeschichte zurückgehen. Wir dürfen also wohl mit der Bemerkung schlieſsen, daſs jedes Primitivorgan seine besondern morpho - logischen Elemente hat, obgleich diese nie ganz von einander gesondert gefunden werden.

Ferner mache ich auch darauf aufmerksam, indem ich Sie ersuche, immers. Morpho - logische Ab - schnitte. noch auf den Bau der ausgewachsenen Wirbelthiere Ihre Aufmerksamkeit zu rich - ten, daſs diese morphologischen Elemente weder in der Länge des ganzen Thie - res sich völlig gleich sind, noch auch nach einem Ende in irgend einem Ver - hältnisse stetig zu - oder abnehmen. Sie zeigen vielmehr gruppenweise gewisse Besonderheiten, welche allen Gliedern dieser Gruppe zukommen. So bilden ei - nige Wirbel mit sehr starker Entwickelung ihrer obern Hälfte den Kopf, und andre mit vorzüglich verkümmerter Entwickelung der untern Hälfte den Hals. Dann folgen andere mit starker Entwickelung der untern Hälfte, die den Rumpf bilden und unter sich wieder nicht ganz gleich sind, so daſs sie besonders in - hern Formen der Wirbelthiere wieder in zwei untergeordnete Abschnitte zerfallen, und endlich bilden noch andere Wirbel, deren obere und untere Entwickelung ziemlich gleich schwach zu seyn pflegt, den Schwanz. Um auch dieses Verhält - niſs mit einem Ausdrucke zu bezeichnen, nenne ich diese Gruppen morphologi - scher Elemente von einer gewissen Eigenthümlichkeit; morphologische Abschnitte. L 284Sie können einen gröſsern oder geringern Umfang haben, je nachdem eine be - stimmte Modification sich mehr oder weniger ausdehnt oder in ihr neue Gegen - stände sich entwickeln. So zerfällt der Leib der Wirbelthiere immer wenigstens in einen Kopf und einen Rumpf, und beide Hauptabschnitte haben die Anlage zu 2 Paar Extremitäten. Nicht so allgemein sind der Hals und der Schwanz. Der Rumpf selbst wieder scheidet sich, jedoch nur in Säugethieren vollständig, in Brust und Hinterleib.

aa. Bil - dungsweise der morpho - logischen Elemente u. Abschnitte.
104

Was nun die Ausbildung dieser Verhältnisse anlangt, so werden die mor - phologischen Elemente im Embryo sehr früh fixirt, und sobald nur Knochen und weiche Theile, Nerv und bewegliche Faser sich zu scheiden anfangen, geschieht es in den Absätzen, die wir so benannt haben. Die Differenzen unter ihnen bil - den sich sehr spät aus, so daſs im ersten Anfange nur der Unterschied bemerkt wird, daſs die vordern morphologischen Elemente im Allgemeinen breiter sind, als die hintern. Die Unterschiede aber, welche den einzelnen Gruppen derselben eine gewisse Individualität geben, entwickeln sich viel später. Der Kopf z. B. ist anfänglich gegen den Rumpf gar nicht begrenzt und die Brust hat eben so we - nig ihren Charakter, da sie nicht das Herz und die Lungen enthält und nach un - ten nicht geschlossen ist. Es sammeln sich also erst allmählig die ursprüng - lich sehr ähnlichen morphologischen Elemente in heterogene morphologische Abschnitte.

bb. In wel - chem Ver - hältnisse die morphologi - schen Ele - mente u. Ab - schnitte zu den Orgauen stehen.
104

Fragen Sie nun, in welchem Verhältnisse die morphologischen Elemente und morphologischen Abschnitte zu den Organen stehen, so kann ich darauf nur erwidern: in einem sehr verschiedenen. Ich müſste von Ihnen sehr miſsverstan - den seyn, wenn Sie auch nur einen Augenblick geglaubt hätten, daſs die mor - phologischen Elemente und Abschnitte noch auſser den Organen im Körper - ren. Da wir jeden Theil, der in Bezug auf seine Gestaltung oder seine Verrich - tung eine gewisse Eigenthümlichkeit hat, ein Organ nennen, so ist dieser Begriff sehr schwankend und hat in morphologischer Hinsicht gar keinen bestimmten Werth. Aus diesem Grunde eben scheint es nothwendig, die Begriffe von mor - phologischen Elementen und Abschnitten in eine wissenschaftliche Morphologie einzuführen. Einige Organe bestehen nur aus einem einzigen morphologischen Elemente, andere aus einem ganzen Abschnitte. Zugleich enthalten einige das einfache oder mehrfache morphologische Element nur innerhalb eines Primitivor - ganes, andere innerhalb mehrerer Primitivorgane. So gehört der Augapfel nur Einem morphologischen Elemente an, das Hirn aber nimmt einen ganzen Ab - schnitt ein, der wieder in mehrere Elemente zerfällt. Die Leber ist, trotz ihrer ansehnlichen Masse, nur die Entwickelung Eines morphologischen Elementes,85 während die kleine Schilddrüse zweien morphologischen Elementen anzugehören scheint.

Nach welchen Gesetzen die ursprünglich wenig verschiedenen morpho - logischen Elemente sich in die Mannigfaltigkeit der Organe umwandeln, ist eine wohl kaum noch ins Auge gefaſste, aber doch für eine wahre, eindringende Er - kenntniſs des organischen Baues ganz unabweisbare Aufgabe; denn es muſs einst erforscht werden, welche allgemeinen Verhältnisse alle Einzelheiten bestimmter Thierformen erzeugen. Nur einen kleinen Fingerzeig erlaube ich mir zu geben, indem ich darauf aufmerksam mache, daſs das Nervensystem an seinem vordern Ende sich in seinen einzelnen Abschnitten oder morphologischen Elementen mehr individualisirt, nach hinten weniger, denn nach vorn haben wir die verschiede - nen Abtheilungen des Hirnes und die Sinnesorgane, nach hinten ein fast gleich - mäſsiges Rückenmark; daſs dagegen der Darmkanal sich nach hinten mehr in Ab - theilungen individualisirt, denn vorn enthalten Mundhöhle und Speiseröhre meh - rere ziemlich gleich bleibende morphologische Elemente, nach hinten aber wer - den die Abschnitte heterogener. Es scheint mithin jedes Fundamentalorgan, in der Region, in welcher es am meisten vorherrscht, auch eine höhere morpholo - gische Sonderung zu erfahren.

Ich habe bei der Feststellung des Begriffes von den morphologischen Ele -cc. Morpho - logische Ele - mente in der vegetativen Abtheilung. menten auf die vegetative Abtheilung des Leibes vorläufig nicht Rücksicht genom - men, sondern jene Elemente in der animalischen Abtheilung nachgewiesen und sie dann stillschweigend auch in der vegetativen angenommen. Wir dürfen die Frage jedoch nicht umgehen, in wie weit dieses geschehen durfte? Ich glaube in jenem Verfahren Recht gehabt zu haben. Zwar sind die morphologischen Ele - mente im Darmkanale des erwachsenen Wirbelthiers, besonders in der Mitte des - selben, nicht mehr kenntlich, indessen sind sie an den Enden doch durch die mehrfachen Paare von hinzutretenden Nerven und Blutgefäſsen noch angedeutet. Je jünger aber das Thier ist, um desto deutlicher sind diese Abtheilungen. So machen die Kiemenspalten mit ihren fünf Gefäſsbogen eine fünffache Gliederung der Rachenhöhle ganz offenbar. Die Mitte des Darmes ist, je weiter wir im Embryonenleben zurückgehen, um so mehr dem Anfangstheile desselben ähnlich und läſst schon deshalb die Anlage zu einer Gliederung vermuthen. Diese wird aber durch gewisse Verhältnisse noch kenntlicher gemacht. Sie wird unter andern durch die erste Gefäſsvertheilung angedeutet, am bemerklichsten bei den Säuge - thieren. So lange in den Embryonen derselben der Darmkanal in dem gröſsten Theile seiner Länge noch offen ist, ziehen sich an den Rändern desselben zwei Ve - nen hinauf, die erst beim Eintritt in die sogenannte Fovea cardiaca zu einem86 gemeinschaftlichen Stämmchen zusammenmünden. Diese Venen nehmen fast in gleichen Abständen Aestchen auf*)Spätere Untersuchungen haben mich belehrt, daſs die zahlreichen und fast parallelen Gefäſse, die ich in der Epistola de ovi mammal. et hominis generi Fig. VII a abgebildet habe, Venen sind, die auf jeder Seite in ein kurzes Stämmchen zusammenlaufen. Die entsprechenden Arte - rien sind weniger sichthar.. Während sich aber der Nabel durch Verenge - rung der offenen Bauch - und Darmhöhle mehr ausbildet, geht diese Regelmäſsig - keit bald verloren, indem die kurze Verbindung beider Venen sich zu dem gemein - schaftlichen Stämmchen der Dottersackvene rasch ausdehnt und jene 2 Venen nur als untergeordnete Aeste derselben erscheinen, die immer mehr netzförmig sich vertheilen. Da nun überdieſs eine andere Gruppe von Thieren, die Gruppe der Gliederthiere, uns zeigt, daſs der Darmkanal, je reiner der allgemeine Typus aus - geprägt ist, um so mehr auch Gliederung offenbart**)Man denke nur an Nereis, Lumbricus, Hirudo. , und dadurch den Beweis liefert, daſs diesem Primitivorgane überhaupt die Gliederung nicht fremd ist, so glaube ich mit Recht behaupten zu können, daſs auch in den Wirbelthieren dem Darmkanale und der gesammten plastischen Abtheilung des Leibes die Gliederung in ursprünglich gleiche morphologische Elemente nicht absolut fehlt, sondern nur in geringerm Grade beigegeben ist, sich aber allmählig immer mehr verliert.

dd. Die ve - getative Ab - theilung wird bei fer - nerer Umbil - dung unsym - metrisch.
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Eben so verliert sich auch allmählig die Symmetrie der vegetativen Abthei - lung des Leibes, besonders in der Mitte ihrer Ausdehnung. So lange nämlich der Darmkanal noch ein ganz gleichmäſsiges Primitivorgan ist, liegt er nicht nur eng an der animalischen Abtheilung an, sondern ist auch völlig symmetrisch. So sind, um ein auffallendes Beispiel hervorzuheben, in sehr jungen Embryonen der Säugethiere selbst die beiden herumschweifenden Nerven ganz gleich unter sich, vollkommen seitlich gelegen und erst allmählig werden sie so umgeformt, daſs die eine mehr vorn, die andere mehr hinten liegt und die rücklaufenden Aeste so ver - schieden scheinen. Beim Eintritt der morphologischen Sonderung entfernt sich überhaupt der Darmkanal, mit Ausnahme seiner beiden Enden, von der animali - schen Abtheilung, und es entwickelt sich in ihm dann ein unsymmetrisches La - gerungsverhältniſs aus dem symmetrischen. So wandern diejenigen Organe, wel - che mehr aufnehmend sind, nach rechts, diejenigen aber, welche mehr fortbe - wegend sind, nach links. Hierdurch wird bewirkt, daſs die erstern nach rechts ziehen, die andern nach rechts stoſsen. Es scheint nämlich dieser Lagerungsver - änderung ein allgemeines Gesetz zum Grunde zu liegen, daſs alle lebendige Stö - rung in den Wirbelthieren nach rechts gerichtet ist, sie mag auſserdem eine Rich - tung nach vorn oder nach hinten haben. ***)Ausführlich wird hierüber gehandelt im ersten Theile S. 213 u. folg.Die Wesenheit der plastischen87 Abtheilung des Leibes besteht eben darin, den Stoff aus der Auſsenwelt aufzuneh - men, ihn in organisch-lebendigen Stoff umzuwandeln und diesen fortzubewegen. Wenn die organische Bewegung überhaupt eine vorherrschende Richtung nach rechts hat, so werden eben durch diese Richtung nothwendig diejenigen Organe, gegen welche die Bewegung gerichtet ist, oder welche mehr aufnehmend sind, allmählig nach rechts, die Organe aber, von welchen die Strömung ausgeht, all - mählig nach links gestellt werden, wie die Erfahrung in der That zeigt.

Hiermit hätten wir schon ein auffallendes Beispiel von dem Einflusse, denee. Die We - senheit jedes Primitivor - ganes be - stimmt die Art seiner morphologi - schen Um - bildung. die Wesenheit eines Primitivorganes auf seine allmählige Ausbildung ausübt. Verfolgen wir diesen Gesichtspunkt weiter, so finden wir bald, daſs das ur - sprüngliche Verhältniſs eines Primitivorganes, die ihm seine Wesenheit giebt, auch die Art seiner morphologischen Umbildung bestimmt. Wir bemerken so - gleich, daſs nur aus der Medullarröhre und dem Darmkanale hohle Wucherungen oder Ausstülpungen sich bilden, während die andern Primitivorgane nur solide Wucherungen erleiden. Medullarröhre und Darmkanal stimmen aber darin über - ein, daſs sie die beiden innersten, eingeschlossenen Primitivorgane sind. In beiden sind jedoch nur die nach auſsen gerichteten Wucherungen hohl, die nach innen gerichteten solid. Es ist aber hier die innere Fläche, welche immer an der Wucherung Antheil nimmt.

So scheinen, wenn wir die einzelnen Primitivorgane durchgehen, um zu er -ff. Morpho - logische Um - bildung der Medullar - röhre. kennen, wie ihr allgemeiner Charakter auf ihre morphologische Sonderung ein - wirkt, die sogenannten Hirnganglien der neuern Anatomen nach innen gerichtete solide Wucherungen der Medullarröhre. Die nach auſsen gerichteten Wucherun - gen desselben Primitivorganes sind von zweierlei Art. Einige drängen die Fleisch - schicht vor sich her die Hirnblasen. Sie haben einen gröſsern Umfang und bleiben meistens hohl, obgleich sie allmählig an Höhlung verlieren, wie überhaupt die gesammte Nervenröhre. Andere sind bestimmt, die Nervenröhre in nähere Verbindung mit der Haut und dem vordern Ende der Schleimhaut zu bringen. Dies sind die Sinnesorgane. In die Fleischschicht muſs hier von der einen oder der andern Seite eingedrungen werden. Die Hervorstülpungen aus der Medullar - röhre, die das Bedingende und Wesentliche für die Erzeugung der Sinnesorgane sind, nehmen nur einen sehr kleinen Umfang derselben ein. Sie sind im Anfange stets hohl, werden aber später häufig solid, indem die Wand der Hervorstülpung sich verdickt. So wird der Augapfel von der Höhlung des Hirns abgesondert durch Ausfüllung der Sehnerven und das innere Ohr durch Ausfüllung der Gehörnerven. Die hohle Ausstülpung der Nervenröhre zur Bildung der Nase wird der Riechkol - ben genannt, wenn sie hohl bleibt, wie in den meisten eigentlichen Vierfüſsern88 unter den Säugethieren, oder Riechnerv, wenn sie sich verschlieſst, wie in den höchsten Wirbelthieren, den Affen, und in den niedern Klassen der Wirbelthiere fast allgemein.

gg. Umbil - dung des Darmkanals.
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Die nach innen gerichteten Wucherungen aus dem Darmkanale, wie die ver - schiedenen Falten, sind eben so wenig hohl, als die nach innen gerichteten Wu - cherungen der Nervenröhre, indem die äuſsere Wand des Darmkanals an ihnen keinen Antheil nimmt. Dagegen werden die nach auſsen gerichteten Hervorbil - dungen von der Gefäſsschicht und Schleimhautschicht gemeinschaftlich gebildet. Sie sind nicht nur im Anfange hohl, sondern sie bleiben auch hohl. Hierin offen - bart sich also ein merkwürdiger Unterschied zwischen den Ausstülpungen der Me - dullarröhre und des Darmkanales, und dieser Unterschied beruht auf einem Unter - schiede in der Wesenheit beider Primitivorgane. Die Medullarröhre scheint nur hohl zu seyn, weil ihre Höhlung eine unmittelbare Folge ihrer Bildungsweise ist. So wie aber die gesammte Medullarröhre allmählig an Höhlung verliert, oder ganz solid wird, so auch ihre Ausstülpungen. Dagegen ist das Hohlseyn dem Darmka - nale wesentlich und alle Ausstülpungen desselben beharren auch im Hohlseyn. So liegt es auch im Charakter des Darmkanals, als eines Theiles der, ursprüng - lich dem Dotter zugekehrten, Nahrung aufnehmenden Fläche des Thiers, daſs er später, wenn der Dotter nicht mehr allein hinreicht, oder schon verzehrt ist, aus der Auſsenwelt Nahrung aufnimmt. Durch die allgemeine Art der Ausbildung der Primitivorgane wird aber der Darmkanal von der Auſsenwelt ganz abgeschlossen. Er muſs also, um mit derselben in Berührung zu kommen, die andern Primitiv - organe durchbohren, und zwar nicht bloſs bis zur Berührung mit der Haut, wie die Sinnesorgane, sondern durch die Haut hindurch. Hierauf beruht die Bildung der Mund - und Afterspalte, so wie der vorübergehenden Kiemenspalten*)Daſs für die Bildung dieser Spalten ein Hervordringen der Schleimhaut besonders wirksam ist, kann man im Embryo des Frosches freilich deutlicher nachweisen, als im Embryo des Vogels. Ich erinnere mich, daſs auch J. Müller an einer Stelle, die ich nicht gleich wieder finden kann, das ursprüngliche Verschlossenseyn des Mundes bezweifelt. Ich habe jedoch mich bei Säugethieren, Vögeln, Fröschen und Fischen auf das Vollständigste hiervon überzeugt..

hh. Umbil - dung des Ge - kröses.
108

Dagegen sind die gesonderten Bildungen aus der isolirten Gefäſsschicht oder dem Gekröse keine Ausstülpungen, insofern nicht eine innere Fläche dieses Pri - mitivorganes, wie die Lücke des Gekröses sie empfänglich darbieten könnte, daran Antheil nimmt. Diese Lücke, der Raum zwischen beiden Gekrösplatten (Taf. II. Fig. 6 8 n.), füllt sich vielmehr sehr bald aus. Einige Bildungen werden aber in so fern hohl, als ein Kanal von Schleimhaut sich später in sie verlängert undAus -89Ausführungsgänge bildet, wie für die vorübergehenden und bleibenden Nieren. Anſserdem sind alle in so fern hohl, als sich in ihren Organen, durch histologische Sonderung, (von der wir bald hören werden), hohle Gänge oder Gefäſse für das Blut bilden. Ein solches durch histologische Sonderung hohl gewordenes Organ ist das Herz. Zu den Bildungen der Gefäſsschicht gehören ferner diejenigen, wel - che vorzüglich aus Verzweigungen von Blutgefäſsen bestehen und die Weber Blutdrüsen nennt, die Nebennieren, Schilddrüsen, die Thymus, die Milz. Ihre Bildung scheint dadurch bedingt, daſs das Blut in verschiedenen Richtungen sich vertheilt und sich dann wieder sammelt, während im Herzen nur eine groſse unge - theilte Strömung ist. Ihnen fehlen die Ausführungsgänge. Aehnlich scheint mir die erste Bildung der vorübergehenden Nieren, die aber bald ausführende Kanäle erhalten. Auch die bleibenden Nieren so wie die zeugenden Geschlechtsorgane stammen wohl aus diesem Primitivorgane.

Was aber die Umgestaltung des Primitivorganes selbst, abgesehen von sei - nen einzelnen Wucherungen, anlangt, so scheint es nothwendig, diese besonders ins Auge zu fassen, da ich annehmen darf, es werde Ihnen schwer seyn, in dem ausgewachsenen Wirbelthiere dasjenige Primitivorgan wieder zu erkennen, das ich das Gekröse genannt und als eine durch die ganze Länge des Thiers hindurch gehende Röhre, aus einer Gefäſshant gebildet, dargestellt habe (§. 6. o.). In diesem Primitivorgane erhält die Substanz zwischen den Gefäſsen keine weitere Ausbildung, sondern bleibt im Wesentlichen ungeformter thierischer Stoff, oder das, was die Anatomen Zellgewebe zu nennen pflegen. Sie sehen nun, daſs in Gegenden, wo sehr viele Gefäſse vom Zellgewebe zusammengehalten werden, wir bleibend eine Gefäſsschicht erkennen werden, daſs aber in Gegenden, wo nur ganz einzelne Gefäſse übrig bleiben, wir nachher nicht eine Gefäſsschicht, son - dern einzelne Gefäſsstämme im Zellgewebe sehen werden. Der Unterschied ist nur ein relativer, das Ansehn weicht aber sehr ab. Im vordern Theile, wo bei der Ausdehnung des Halses und dem Zurückweichen und Umbilden des Herzens die Blutgefäſse sich in wenige und ziemlich lange Stämme sammeln, erkennen wir später nicht mehr das ursprüngliche Verhältniſs. Die starke Entwickelung des Herzens und das Zusammenrücken seiner einzelnen Abschnitte hat ebenfalls viel zur Veränderung der röhrigen Form beigetragen. Nach hinten macht das Zu - sammenwachsen der Lücke des Gekröses, daſs später die Hauptstämme der Schlag - und Blutadern hier nur in einer unförmlichen Masse Zellgewebe liegend gefunden werden. Durch das Herabsteigen des Darmkanals von der Wirbelsäule wird aber ein anderer Theil des Primitivorganes weit hervorgezogen und erscheint als ein blattförmiges Gekröse. Man pflegt zwar in der beschreibenden Anatomie das Ge -II. M90kröse als aus zwei Blättern des Bauchfelles bestehend, zwischen denen Gefäſse und Zellgewebe in Form eines Blattes enthalten sind, zu beschreiben. Morphologisch richtiger würde man sagen: das Gekröse ist eine Gefäſshaut, die auf beiden Flä - chen einen Ueberzug vom Bauchfelle hat, denn das Peritonaeum ist, wie alle serösen Häute, nichts als ein Ueberzug für eine innere Höhle. Eine solche Be - schreibung wäre mit der Bildungsweise übereinstimmend.

ii. Umbildung der verschie - denen Röh - ren der Fleisch - schicht.
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Noch entschiedener sind alle Wucherungen der aus der Fleischschicht gebil - deten Primitivorgane solide, indem die innere Fläche dieser Primitivorgane an der Wucherung keinen Antheil nimmt, wenn auch einige später in sich hohl werden, oder dadurch, daſs Verlängerungen aus dem Speisekanale in sie eindringen, wie die sogenannten Sinus der Nase im Kopfe der warmblütigen Wirbelthiere und die Luftsäcke der Vögel im Rumpfe. Ferner ist zu bemerken, daſs die Fleischschicht wohl keine Entwickelungen nach innen hat. Die Sattellehne und das Hirnzelt, be - sonders das knöcherne, haben allerdings das Ansehn, als ob sie nach innen gehende Wucherungen des knöchernen Theiles der Fleisschicht wären, allein sie werden nicht durch einige selbstständige Entwickelung der Fleischschicht erzeugt, sondern dadurch, daſs das Hirn absatzweise in Blasen anschwillt, diese Blasen dann zu - sammenrücken und hierbei das vordere Ende der Medullarröhre gleichsam zusam - mengeknickt wird. Die Sattellehne und das Hirnzelt wird daher schon sehr früh, nach vollendetem Zusammenrücken der einzelnen Abschnitte des Hirns in ihrer ganzen Höhe aus weicher Substanz gebildet. Die Verknöcherung erfolgt aber deshalb erst später, weil überhaupt der Verknöcherungsproceſs ein späterer ist. Allgemein sind dagegen die Entwickelungen der aus der Fleischschicht gebildeten Primitivorgane nach auſsen. Die Fleischröhren des Rückens und des Bauchtheiles wuchern besonders in der Mittelebene, es treten in allen Thierklassen die Dorn - fortsätze, in den Fischen besonders noch die Flossenträger und die Strahlen der Mittelflossen hervor, so wie mancherlei Stacheln und Kämme in der Mittellinie des Bauches und Rückens auf derselben Metamorphose beruhen.

Die äuſsere Fleichröhre wuchert eben so zur Ausbildung der Extremitäten. In der Entwickelung dieser Theile ist besonders ein allmähliges Individualisiren deutlich und sie bildet daher mehr selbstständige Organe, während die Wuche - rungen der andern Fleischröhren nur untergeordneten Rang haben. Allein diese Fortbildungen haben eine ganz andere Richtung als die übrigen, die von der Cen - trallinie nach der Schluſslinie fortgehen. Die äuſsere Fleischröhre hat gar keine Centrallinie (§. 6. r.). Ihre Wucherungen gehen daher von einer Gegend zwischen den Schluſslinien des Rückens und Bauches aus und von da sowohl nach beiden Schluſslinien zur Bildung der Wurzelglieder, als auch nach auſsen zur Bildung der91 vorragenden Theile*)Vergleiche die Seite 77 eingedruckte Figur, we der Punkt, von dem die Bildung auszugehen scheint, mit a bezeichnet ist.. Die ursprünglich wohl ziemlich gleichmäſsige**)Wenigstens in den höhern Wirbelthieren. In den niedern Wirbelthieren sind die Extremitäten von Anfange an mehr von einander geschieden, weil hier die innern Fleischröhren mehr vorherr - schen. Siehe die Anhänge. Fleisch - röhre der Extremitäten erhebt sich hiernach in zwei Leisten, dann in vier längliche Hügel. Ein jeder Hügel sondert sich mittelst eines werdenden Gelenkes in ei - nen Wurzeltheil und einen vorragenden Theil. Der vorragende Theil sondert sich in Landthieren wieder durch mehrfache Gelenke. Doch werden wir die Entwik - kelungsweise der Extremitäten, deren wir hier nur erwähnen, um das Schema derselben ins Auge zu fassen, näher untersuchen, wenn wir die Entwickelung der Organe im Einzelnen verfolgen (§. 7. g.).

Was endlich das äuſserste Primitivorgan oder die Haut anlangt, so hat diesekk. Umbil - dung der Haut. in ihrer morphologischen Ausbildung wenig Selbstständigkeit, denn meistens wird sie durch die Entwickelung der Fleischröhren bedingt. Indessen sind doch die Karunkeln auf der Stirn oder der Nase einiger Vögel, die von den Rücken - und Afterflossen einiger Fische (wie der Gattung Zeus) auslaufenden Fäden selbstständige nach auſsen gehende Verlängerungen der Haut in der Mittelebene. Auſser diesen finden sich aber eben so vereinzelte nach innen gerichtete Entwickelungen die Hautdrüsen. Die äuſsere Fläche der Haut nimmt an diesen zuletzt genannten Bil - dungen Theil, und wir können sie daher mit Recht als nach innen gerichtete Ein - stülpungen ansehen. Sie sind bald in der Mittelebene, wie beim Babyrussa und dem Moschusthiere, bald an der Seite, wie am Leibe vieler Insectenfresser (besonders der Spitzmäuse) an der Schläfe des Elephanten, am Nacken des Kameels. Von anderer Art scheinen mir die innerhalb der Haut sich erzeugenden Bildungen, die Schuppen, Haare und Federn. Sie sind eine Art von fester Ausscheidung, die mehr oder weniger nach auſsen hervortritt, und scheinen zuerst einer andern Form von Umwandlung, der histologischen, anzugehören***)Indem sich in der Haut die Wärzchen bilden, deren Product die Federn sind., zu der wir jetzt übergehen wollen.

Schon im Verlaufe der zuletzt angestellten Betrachtungen haben wir Blutge -C. Histolo - gische Son - derung. fäſse, Nerven und Muskeln erwähnen müssen und wurden dadurch auf die dritte Form der Sonderung geführt. Um diese zu verstehen, müssen wir uns zuvörderst erinnern, daſs wir in der bisherigen Darstellung der Entwickelung nicht auf die Entstehung der Verschiedenheit des Gewebes, welche theils in den verschiedenen Primitivorganen, theils in den einzelnen Organen sich zeigt, Rücksicht genommen haben. Es mag jetzt geschehen.

M 292
ll. Histolo - gische Ele - mente.
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Wir wissen, daſs der Embryo beim ersten Auftreten aus fast ganz homoge - ner Masse besteht, die theils aus dunklen oder hellen Kügelchen oder Bläschen, theils aus heller, bloſs aus geronnener und nicht weiter geformter Masse zusam - mengesetzt wird. So ist auch jedes einzelne Organ Anfangs in sich fast ganz ho - mogen und erst später erscheinen in ihm Fasern, Blätter oder hohle Gänge. Die Fasern werden unter sich verschieden, und überhaupt treten die Besonderheiten des innern Gewebes auf.

Da die neuern Anatomen die Lehre von den Verschiedenheiten des Gewebes mit den Namen der Histologie im Gegensatze zur Morphologie, der Untersuchung der äuſsern Gestaltung, belegt haben, so wollen wir die im Embryo auftretende Scheidung in mannigfaches Gewebe die histologische Sonderung nennen. Sie ist eben so wenig als die früher betrachteten Formen der Sonderung eine Neubildung, sondern nur eine Umänderung des schon Bestehenden, und zwar eine Scheidung des Gleichartigen in verschiedene histologische Elemente.

mm. Zeitli - ches Verhält - niſs der hi - stologischen und morpho - logischen Sonderung.
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Im Allgemeinen tritt die histologische Sonderung später ein als die morpho - logische, doch sind beide keinesweges der Zeit nach völlig geschieden, sondern gehen gemeinschaftlich fort. Ja die Absonderung der Knorpel wird schon sehr früh kenntlich, schon wenn der Rücken sich schlieſst. Indessen nähert die Schei - dung des Knochensystems sich sehr der primären Sonderung, was ich schon frü - her angedeutet habe und hier nicht weiter durchführen will, da es uns zu weit ableiten würde.

nn. Blutbil - dung.
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Die Sonderung von Festem und Flüssigem gehört offenbar nur in diese Kate - gorie also auch die Blutbildung. Die Blutbildung ist Flüssigwerden von einem Theile des Organismus. Der flüssig gewordene Theil des Organismus bewegt sich zuvörderst gegen die Axe des Embryo; das Blut hat also zuerst eine venöse Strömung (was freilich in den sogenannten kaltblütigen Wirbelthieren leichter er - wiesen wird als im Vogel), wird aber, so wie dieses Zuströmen entschiedene Bah - nen erhalten hat, auf andern Bahnen auch wieder zur Peripherie zurückgestoſsen. Auf diesen Bahnen sondert sich eine feste Wand von dem Blute als seine Hülle ab, und solche Wände sind die Gefäſshäute. Blut und Gefäſsbildung zeigen sich zuerst, und einige Zeit hindurch allein, in derjenigen Schicht, die wir davon die Gefäſs - schicht genannt haben. Allmählich äuſsert sich aber dieselbe Metamorphose auch im gesammten Embryo. Die flüssig gewordenen Theile gehen überall in die Bah - nen, welche das Blut innerhalb der Gefäſsschicht sich gebildet hatte, und das in die andern Schichten des Embryo eindringende Blut kommt aus den Arterien der Gefäſsschicht. So ist denn bald das Gefäſssystem nicht mehr in einer einzelnen dünnen Schicht enthalten, sondern es durchzieht, vielfach verästelt, den ganzen93 Embryo und einen groſsen Theil seiner Häute. Es bilden sich Blutgefäſse in allen verschiedenen Schichten und allen einzelnen Theilen, so weit diese wahrhaft le - bendig sind, und die Blutgefäſse müssen daselbst noch zwischen den jedem Organe etgenthümlichen histologischen Elementen sich finden. Wie die ursprüngliche röhrige Gefäſsschicht, die ein Primitivorgan bildete, allmählig ihre Gleichför - migkeit verliert, haben wir so eben (unter hh. ) berührt. Aus dem jetzt Hinzu - gefügten wird es Ihnen aber klar geworden seyn, wie bei weitem nicht alle Gefä - ſse aus dieser Schicht stammen, sondern alle an den Stellen selbst, an denen sie sich bleibend zeigen, entstanden sind. Es finden sich sogar in späterer Zeit wahre Gefäſshäute, welche keinesweges morphologische Sonderungen aus der ursprüng - lichen Gefäſshaut sind. So bildet sich allmählig eine Gefäſshaut um die gesammte Nervenröhre und ihre Verlängerungen in die Sinnesorgane und eine andere Gefäſs - schicht in der Haut.

Recht deutlich wird das Wesen der histologischen Sonderung durch die Artoo. Muskel - bildung wie die Muskeln entstehen. Verfolgt man die Muskeln in ihrer Ausbildung, rück - wärts bis zu einem Zustande, wo man kaum noch die Anlage zur Muskelbildung erkennen kann, so findet man äuſserst weiche, von der Umgebung kaum geson - derte, nicht genau geſormte, sondern absatzweise erweiterte und verengte, also paternosterförmige, verhältniſsmäſsig ziemlich dicke Fäden. Sie sind entweder in ihrer ganzen Länge vollständig, oder noch gar nicht sichtbar, wachsen also nicht aus andern Muskeln hervor oder von einem Knochen zum andern, sondern entste - hen in der Masse, die zwischen diesen Knochen liegt. Ihre Fäden scheinen auch nicht dadurch gebildet, daſs die Kügelchen, die schon früher in diesem Bildungs - gewebe sich fanden, oder gar die Blutkügelchen, wie Home glaubte, sich in Rei - hen stellen, sondern die Fäden haben sich neu aus dem ungeformten Stoffe geson - dert; denn immer findet man zwischen den Fäden noch die frühern Kügelchen. Und je weiter zurück man die Muskelſasern verfolgt, desto ähnlicher findet man sie am umgebenden Bildungsgewebe, bis man sie von diesem nicht mehr unter - scheiden kann. Eben deshalb erscheinen sie zuerst paternosterförmig, indem die Faserbildung im ersten Momente von der Bildung der elementaren Kügelchen wenig verschieden ist. Diese Hervorbildung einer neuen Art des Gewebes ist es, was wir histologische Sonderung nennen. Ich zweifle nicht, daſs jede zuerst sichtbare Muskelfaser sich später wieder spaltet und also eigentlich ein werdendes Bündel ist, denn die ersten deutlichen Fasern sind sehr dick, viel dicker als die spätern.

Eben so wenig sind die einzelnen Nerven wirkliche Auswüchse aus der Ner -pp. Nerven - bildung. venröhre. Sie werden vielmehr mit Ausnahme der Sinnesnerven, die man eben94 deſshalb als Theile des Hirnes selbst betrachten sollte, durch bistologische Son - derung als zusammenhängende Fäden in den andern Primitivorganen gebildet, in dem animalischen Hauptblatte zu animalischen Nerven, in dem vegetativen Blatte zu Nerven des vegetativen Systems.

So wiederholt überhaupt die histologische Sonderung dieselben Differenzen, welche die primäre Sonderung gegeben hatte, und daher kommt es, daſs die Ner - venröhre nicht alleiniger Nerv, sondern nur der vorherrschende Nerv ist, daſs in der Gefäſsschicht nicht allein Gefäſse sich bilden, wenn sie auch die Stämme ent - hält, daſs die Fleischicht nicht allein bewegende Muskelfasern hat, sondern diese auch in der Gefäſsschicht um den Darmkanal für die unwillkürliche Bewegung, und im Herzen sich bilden. Ja die wesentlichen Differenzen der Primitivorgane selbst werden erst durch histologische Sonderung vollständig ausgebildet. Aber auch die morphologische Sonderung wiederholt dieselben Differenzen auf ihre Weise. Sie macht, daſs in der Nervenröhre der vordere Theil, das Hirn, den allgemeinen Charakter dieses Primitivorganes viel höher ausbildet, als der hintere Theil oder das Rückenmark, dagegen die Fleischschicht sich im Rumpfe mehr aus - bildet. Die Gefäſsschicht findet in der Brust, der Darmkanal im Hinterleibe die höchste Ausbildung, obgleich alle diese Primitivorgane durch die ganze Länge des Leibes gehen.

D. Gegen - seitiges Ver - hältniſs der drei Formen der Umbil - dung.
111

Ueberblicken wir nun das gegenseitige Verhältniſs der drei Formen der Um - bildung, so können wir doch das Allgemeinste davon, wenn wir uns erinnern, daſs die Primitivorgane nicht ursprünglich Röhren sind, sondern aus Schichten zu Röhren werden, so aussprechen:

Die primäre, die morphologische und die histologische Sonderung wiederholen dieselben Differenzen, die erste über einander, die zweite hinter einander und die dritte in einander.

Die Folge davon ist, daſs diese Differenzen nicht absolut, sondern nur relativ im Körper geschieden sind, indem dieselben Differenzen, welche als Hauptunter - schiede in den Primitivorganen des Körpers sich entwickeln, als untergeordnete Differenzen in den einzelnen Theilen wiederholt werden. Dieser Satz, hier nur in Bezug auf die Wirbelthiere ausgesprochen, muſs das richtige Verständniſs der Entwickelungsgeschichte begründen, indem er einsichtlich macht, wie die Primi - tivorgane sich zu den organischen Systemen und einzelnen Organen, die unsere Anatomie annimmt, verhalten. Es schien mir daher nothwendig, ihn der Bil - dungsgeschichte der einzelnen Theile voranzuschicken. Um ihn verständiich zu machen, glaubte ich mir erlauben zu müssen, von den Vögeln aus Blicke auf den95 Bau der übrigen Wirbelthiere zu werfen. Eine nähere Erläuterung dieses Satzes scheint mir hier aber überflüssig, da ich ihn so ausführlich eingeleitet habe.

§. 7. Entwickelungsweise der einzelnen Theile des Vogels.

Vielmehr gehe ich jetzt, nachdem wir die allgemeinen Formen der Umbil -a. Vorbe - merkung. dung kennen gelernt haben, zu der Bildungsgeschichte der einzelnen Theile des Vogels über. Das zuletzt Vorgetragene wird dabei durch Verfolgung in die ein - zelnen Vorgänge anschaulicher werden. Wir werden aber auch für die Darstel - lung der Entwickelung der einzelnen Theile den Vorzug haben, uns kürzer fassen zu können, indem wir von den allgemeinern Gesichtspunkten aus diese untersuchen und die in frühern Betrachtungen gewonnenen Ausdrücke für die verschiedenen Arten der Bildung anwenden werden. Auch nehme ich an, daſs es Ihnen nicht sowohl anf eine Ausführlichkeit im Einzelnen und auf eine genaue Bestimmung der Zeit*)In diesen beiden Hinsichten verweise ich den Leser auf den ersten Theil., als vielmehr auf eine lebendige Erkenntniſs der Art ankommt, wie sich die Theile des Vogels aus dem frühesten Zustande, wo der Embryo nur aus gleichmäſsigen Primitivorganen besteht, hervorbilden. Auf die Entstehungsweise der Primitivorgane werde ich dabei nicht mehr zurückkommen, weil der Anfang der Entwickelung für alle Theile gemeinschaftlich ist, und eben um diesen hier aus - lassen zu können, habe ich ihn früher so ausführlich betrachtet. Ist Ihnen die früheste Metamorphose, wie ich hoffe, einsichtlich geworden, so werden Sie jetzt selbst die Geschichte jedes Theils bis zu dem unbefruchteten Keim zurück - führen können. Einige Wiederholung wird sich allerdings nicht vermeiden las - sen, da ich, um die morphologische Sonderung an sich und einige ihrer allgemein - sten Gesetze verständlich zu machen, schon früher von der Umbildung in Organe gesprochen habe. Indessen werden wir auch bei diesen Wiederholungen jetzt von einem andern Gesichtspunkte ausgehen. Damals folgten wir der Umwandlung des Keimes in die Primitivorgane, und der Primitivorgane in die einzelnen Organe spä - terer Zeit, um zu sehen, was aus jenen wird. Es war eine Geschichte der Pri - mitivorgane. Jetzt gehen wir von dem ausgebildeten Organismus aus und fragen: wie sind seine verschiedenen Theile geworden? Wir werden also die Geschichte der organischen Systeme und einzelnen Organe verfolgen.

Auch werden wir hier nur die Entwickelungsgeschichte der Vögel berück - sichtigen und später erst die Uebereinstimmungen und Unterschiede zwischen der Entwickelung der Vögel und anderer Thierklassen aufsuchen.

96
b. Das Kno - chensystem überhaupt.
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Das gesammte Skelett der Vögel bildet sich in den Primitivorganen der Fleischschicht.

α) Histologi - sche Ausbil - dung.
112

Alle Knochen sind vorher knorpelig und dem Knorpelzustande geht wieder ein anderer voran, wo die zukünftigen Knorpel aus zusammengedrängten, dunk - len Körnchen bestehen. Das Knochensystem ist überhaupt vom Anfange an nur das festere Gerüste des Leibes und die erste Anlage dazu ist eben nichts als eine der - bere Ausbildung der Kügelchen an denjenigen Stellen, welche einst Knochen wer - den sollen, innerhalb der ursprünglich weichen, aus kleinen Kügelchen oder Bläs - chen und ungeformtem Stoffe bestehenden, ziemlich gleichartigen Masse des Em - bryo. Das Hellerwerden ist mit einer Auflösung der Kügelchen verbunden und ein Uebergang in den ersten ganz weichen Knorpelzustand. Die Peripherie bildet sich dann zur Knorpelhaut aus, während das Innere allmählig ein festerer Knor - pel wird. Jeder Knorpel ist gleich Anfangs ganz da, nicht etwa zur Hälfte, aber unförmlich und bekommt später seine bestimmte Gestalt mit Vorragungen. Ein stärkerer Zufluſs von Blut und ein Rauhwerden einer Gegend des Knorpels geht seiner Verknöcherung voran. Die Verknöcherung schreitet in jedem einzelnen Knorpel von der Mitte nach der Peripherie fort. Indessen finden sich bekanntlich sehr häufig mehrere Verknöcherungspunkte in einem einzelnen Knorpel. So lange diese mehrfachen Verknöcherungen einander noch nicht erreicht haben, pflegt man zu sagen, der Knochen bestünde aus mehreren einzelnen Knochen; ein Aus - druk, der meistens nicht richtig ist, indem der Knorpel, d. h. also der Knochen im weichen Zustande, ein ungetheiltes Ganzes bildet. Einige Knochen freilich sind wirklich aus mehreren einzelnen Knochen zusammengewachsen, wie das Kreuz - bein. Die innern Höhlungen der Knochen fehlen im Knorpelzustande völlig und sind nur eine Folge der Verknöcherung. Sie enthalten, wenn sie sich entwickeln, Knochenmark. Nach der Geburt dringen aber in mehr oder weniger von diesen Höhlen Luftsäcke ein und das Mark schwindet.

Die Gelenke werden mit den Knorpeln zugleich und zwischen ihnen durch histologische Sonderung erzeugt. Am deutlichsten läſst sich dieser Vorgang an den Fingern und Zehen beobachten. Wenn das Endglied der Extremität eine dünne Platte ist, sieht man in ihm so viele dunkle Strahlen entstehen, als sich Finger oder Zehen bilden sollen, im Flügel des Hühnchens drei, im Fuſse vier, selten fünf. Diese Strahlen nehmen allmählig an Dunkelheit und Dicke zu, wäh - rend die zwischen ihnen liegende Masse immer dünner und durchsichtiger wird und daher das Ansehn einer Schwimmhaut gewinnt. In den Strahlen ist anfäng - lich gar keine Gliederung. Diese tritt aber mit der Verknorpelung ein, so daſs zwischen den fester gewordenen Massen der Knorpel Tröpfchen Flüssigkeit sichsamm -97sammeln. Die äuſsere Begränzung dieser Flüssigkeit ist die Synovialhaut, und eine gemeinschaftliche dunkle Scheide, die über die Knorpel und die Wasserbläschen fortgeht, wird die Knochenhaut. Knorpel und Gelenke bilden sich also durch hi - stologische Sonderung innerhalb einer gleichmäſsigen Grundlage. Denselben Vor - gang beobachtet man, wenn auch wegen der geringern Durchsichtigkeit nicht so deutlich, in der Gelenkbildung der obern Theile der Extremität.

Was die Reihenfolge in der Ausbildung des Skelettes anlangt, so sehen wirβ Reihen - folge in der Ausbildung des Knochen - systems. die erste Ansammlung dunklerer Körner früher als irgend eine andere Bildung in der Axe des Embryo, wo sie einen dünnen Faden bilden, den wir Wirbelsaite (Chorda vertebralis)*)Die Wirbelsaite habe ich in der Darstellung der Entwickelungsgeschichte des Hühnchens (im er - sten Theile dieses Werkes) und in der Epistola de ovi mammal. genesi Rückensaite (Chorda dorsalis) genannt. Ueber den Vorzug der Benennung Wirhelsaite siehe die Vorrede zum ersten Theile. nennen. Die nächste Umgebung (die Scheide der Wirbelsaite) wird dabei hell. Es ist also in der Axe eine histologische Sonderung. Die Wirbelsaite wird dann hell und nimmt allmählig an Dicke zu, bis sie den Durchmesser einer ganz dünnen Darmsaite erreicht, erleidet aber weiter keine Metarmorphose und wird um die Mitte des Embryonenlebens von den um sie her - umwachsenden Wirbelkörpern ganz umschlossen und dadurch zerstört**)Ausführlicher über die Wirbelsaite siehe Theil I. S. 15. 125.. Bald nachdem die Wirbelsaite entstanden ist, zeigen sich innerhalb der Rückenplatten die Wirbelbogen in zwei getrennten Hälften, also paarige Flecken. Die ersten erscheinen schon am Schlusse des ersten Tages der Bebrütung. Darauf bilden sich die Körner-Häufchen für die Knorpel der untern Bogen und zuletzt für die Knor - pel der Extremitäten. Zugleich ist die Verknorpelung vorn etwas früher als hin - ten, so daſs in der Wirbelsäule die Schwanzwirbel später und die hintersten zuletzt sich zeigen, die Knorpel der vordern Extremität früher da sind, als die entspre - chenden Knorpel der hintern. Indessen ist diese Reihenfolge nicht so vollständig, daſs die Knorpel des Kopfes sich am frühesten bildeten. Die ersten Wirbelbogen sieht man hinter dem Kopfe in der Gegend, in der auch zuerst die Kämme der Rückenplatten sich an einander legen***)Vergl. Erster Theil. S. 17. 22. 23.. Beides scheint mir daher zu rühren, daſs das vordere Ende der Rückenfurche schon jetzt etwas von dem Einflusse des allerdings noch nicht selbstständigen Hirnes erfährt, einem Einflusse, der die Sei - tenwände dieser Furche hier aus einander treibt und bewirkt, daſs überhaupt die innere Fläche desselben, (der Hintertheil der werdenden Markplatten) die Fleisch - schicht in der Entwickelung überwiegt und zurückhält. Die Reihenfolge inII. N98der Verknöcherung stimmt nicht ganz mit der Reihenfolge in der Verknorpelung, denn die langen Knochen der Extremitäten verknöchern zuerst*)Theil I. S. 110 u. S. 125.. Doch kann man auch nicht sagen, daſs regelmäſsig die von der Axe entfernten Knochen zuerst ver - knöcherten, denn ich habe mit Bestimmtheit und gegen die gewöhnliche Meinung gefunden, daſs in den Wirbelkörpern früher Verknöcherungen sich finden als in den Wirbelbogen**)Theil I. S. 125.. Die erstern sind nur so versteckt, daſs sie schwerer aufge - funden werden. Vielmehr scheint das Gesetz für den Fortschritt der Verknöche - rung auf einem doppelten Verhältnisse zu beruhen, der Fortschritt der Verknorpe - lung aber auf einem einfachen. Die Verknorpelung geht nämlich nach der Rich - tung der Bildungsbogen oder der allgemeinen Richtung der Ausbildung im Stamme, also von der Axe zur Peripherie und in den Extremitäten von dem Wurzelgelenke in das Wurzelglied und in den vorragenden Theil. Die Verknöcherung folgt ei - nes Theils demselben Gange, andern Theils verknöchern aber auch diejenigen Knorpel rascher, die gerade in stärkerer Entwickelung begriffen sind, wenn die Fähigkeit zu verknöchern nicht bloſs von dem einzelnen Knorpel, sondern auch von der ganzen Ausbildung, namentlich von der Menge des vorräthigen Blutes ab - hängt. Nun geht aber dem Momente, wo die Verknöcherung eintritt, die stärk - ste Entwickelung der Mittelglieder der Extremitäten vorher, und zwar ist sie im Vogel lebhafter in der Extremität als in der vordern, weshalb die erstere noch frü - her verknöchert.

c. Stamm der Wirbel - säule.
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Die Wirbelsaite bildet sich, wie wir bemerkten, nicht zu dem gesammten Stamme der Wirbelsäule aus. Zwar vergröſsern sich die beiden Hälften der An - lage zu den Wirbelbogen auch nach unten***)Theil. I. S. 74., doch scheinen sie nicht allein den Wirbelkörper zu bilden. Vielmehr glaube ich erkannt zu haben, daſs hier un - terhalb der Wirbelsaite sich für jeden Wirbelkörper ein eigenes Körnerhäufchen und also ein eigener Verknorpelungspunkt erzeugt, der bald die obern Bogen er - reicht. Ich habe zwar diesen Vorgang noch nicht in allen einzelnen Momenten verfolgen können, weil man die erste Verdunkelung nur in dünnen Schichten er - kennt, in dieser Gegend aber der Embryo nicht nur am dicksten ist, sondern auch die Wirbelsaite die Ansicht verdeckt, die früheste Bildung der Wirbelkörper sich also nur durch sehr sorgfältige Zerstörung und Aufopferung vieler Embryonen der ersten Zeit beobachten lieſse; indessen spricht schon die spätere Verknöche - rungsweise für diesen Fortgang der Verknorpelung, freilich ohne ihn zu bewei -99 sen*)In den Fischen ist die Verknorpelung der Wirbelkörper über und unter der Wirbelsaite ganz augenscheinlich und unläugbar.. Daſs die Wirbelkörper ihren eigenen Verknöcherungspunkt haben, ist schon oben bemerkt.

Die obern, oder schlechthin sogenannten Wirbelbogen bilden sich aus zweid. Obere Wirbelbo - gen. Hälften, indem in beiden Rückenplatten gegenüberliegende Häufchen von dunk - len Körnern entstehen, die eine ganz kurze Zeit hindurch unregelmäſsig sind, sehr bald aber ziemlich regelmäſsig viereckig werden. Diese beiden Hälften der Wir - belbogen erheben sich allmählig in die Kämme der Rückenplatten, erreichen ein - ander von beiden Seiten aber erst am fünften Tage, lange nachdem die Rückenplat - ten sich vereinigt haben. Durch ihre Vereinigung wird der Wirbelbogen vollständig, und nun erst wächst aus der Vereinigungsstelle für jeden Wirbel ein Dornfortsatz hervor. Schon vor der Vereinigung nämlich ist der Wirbelbogen aus dem körni - gen Zustande in den knorpeligen übergegangen. Die Verknöcherung schreitet eben so gegen die Dornfortsätze fort. Die Ausbildung des Schädels, als der Summe der vordersten Wirbelbogen, ist im Allgemeinen dieselbe und wird nur durch die starke Ausdehnung des Hirnes modificirt. Die gewöhnliche Angabe, daſs die Schädeldecke lange häutig bleibe, ist nämlich dahin zu deuten, daſs der Theil, welcher in den Rückenwirbeln die Mitte des Bogens und den Dornfortsatz bildet, hier sehr ausgedehnt und verdünnt ist. Die vollständige Durchsichtigkeit dieser sogenannten Haut kommt eben von ihrer knorpeligen Beschaffenheit. Es scheint wenigstens der gröſste Theil des Schädels in der innern Organisation ein Ganzes, und nur durch Gestaltung äuſserlich in morphologische Elemente getheilt. Dage - gen sind die Wirbel des Kreuzbeins anfänglich eben so getrennt wie die andern Wirbel, und nur der Einfluſs der hintern Extremität scheint ihre endliche Ver - wachsung zu bedingen**)Vergl. Theil I. S. 17. 64. 74. 84. 94..

In den untern Wirbelbogen (wir haben uns früher [§. 6. a.] über diesen Aus -e. Untere Wirbelbo - gen. druck verständigt) scheinen Queerfortsätze und Rippen ein Ganzes zu seyn, so lange sie nur aus körniger Masse bestehen, und erst später durch ein Gelenk sich zu trennen, sobald der Knorpelzustand sich auszubilden anfängt. Daſs die Rippen sich stärker entwickeln als die untern Bogen in andern Gegenden des Leibes, hängt mit der allgemeinen Metarmorphose zusammen, welche den Leib in verschiedene morphologische Abschnitte sondert, von denen einige stärker sich ausbilden als andere; denn daſs die Entwickelung der Rippen nicht selbstständig ist, sondern dem allgemeinen Wachsthume sich unterordnet, geht schon daraus hervor, daſs die Bauchenden der Rippen, je jünger der Embryo ist, um so mehr nach vorn ge -N 2100richtet sind. Da nämlich der Nabel die ursprüngliche Peripherie des Leibes ist, so wachsen die gesammten Bauchplatten und eben so die Verknorpelungen inner - halb derselben allmählig nach dem Nabel hin. Dieser aber ist anfangs sehr weit. So ist das Brustbein im ersten Drittheil der Brütezeit noch ungemein kurz. Die Rippen sind also nach vorn gerichtet. So wie das Brustbein sich immer mehr gegen den Nabel verlängert, so zieht es die Bauchenden der Rippen auch mehr nach hinten*)Noch auffallender ist die Lagenveränderung der Rippen in den Säugethieren, da in den Vögeln auch im erwachsenen Zustande derjenige Theil des Brustbeins, an welchen sich Rippen setzen, kurz ist. Dieses Verhältniſs haben vielleicht Diejenigen nicht lebhaft genug vor Augen, die über die Deutung des Skelettes Licht zu verbreiten suchen. Es scheint mir, daſs man nicht immer sich daran erinnert, daſs das Skelett selbst nur ein Ausdruck der Gesammtorganisation ist, son - dern ihm stillschweigend zu viel Selbstständigkeit zuschreibt.. Die tiefern Gesichtsknochen bilden sich in dem vordersten Ende der Bauchplatten und sind also die untern Wirbelbogen des Kopfes**)Theil I. S. 25..

f. Schwanz.
122

Ueber die Schwanzbildung wollen wir hier nur noch bemerken, daſs im er - sten Momente kein Schwanz da ist, indem die verdauende Höhle eben so weit reicht als die Wirbelsäule, daſs dann aber der Darmkanal sich etwas zurückzieht und allmählig noch mehr die Wirbelsäule über das Ende des Darmkanales sich verlängert und in dieser Verlängerung bald die Wirbelabtheilungen des Schwan - zes sich zeigen. Man kann also mit Recht sagen, daſs der Schwanz mit seinen Knochen, Muskeln u. s. w. hervorwächst oder eine Wucherung der animalischen Abtheilung des Leibes über die vegetative ist.

g. Extremi - täten.
122

Die Extremitäten des Rumpfes sind Wucherungen einer auf den Bauch - und Rückenplatten liegenden Schicht, die man an den beiden ersten Tagen nicht er - kennt, wohl aber schon am Uebergange in den dritten Tag. Wir haben sie des - halb schon als eigenes Primitivorgan betrachtet (§. 6. r.) und die äuſsere Fleisch - röhre genannt, ohne damit bestimmen zu wollen, ob dieses Primitivorgan so früh da war als die andern, oder sich später gesondert hat. Wir bemerkten auch, daſs, nachdem man eine ganz kurze Zeit hindurch auf jeder Seite einen Wulst in der ganzen Länge des Rumpfes beobachtet hat, jeder Wulst sich in zwei getrennte Leisten, eine vordere und eine hintere sammelt, indem die Mitte unkenntlich wird, daſs von der Basis dieser Leisten aus eine Entwickelung nach oben, nach unten und zugleich nach auſsen fortschreitet. Die Entwickelung nach oben und nach unten erzeugt den Rumpftheil der Extremität (Schulter und Becken). Der Ausgangs - punkt dieser Entwickelung ist das Wurzelgelenk (Schulter und Hüftgelenk). Ver - gleiche den Holzschnitt S. 77, wo d der Ausgangspunkt der Entwickelung ist. Die Entwickelung nach auſsen erhebt den Kamm jeder Leiste zuerst in ein Blatt. 101Das Blatt theilt sich dann in einen Stiel und eine Platte (Mittelstück und Endglied). Im Stiele bildet sich innerlich ein Gelenk und äuſserlich ein nach auſsen gerichte - ter Winkel (das Mittelgelenk). Während früher der ganze vorragende Theil nach auſsen und etwas nach hinten gerichtet war, ist jetzt nur die obere Abtheilung des Stiels (das obere Mittelstück) nach auſsen gerichtet, das untere aber richtet sich immer mehr nach unten und etwas nach innen, so daſs die Bänder der an Breite rasch zunehmenden Platten einander entgegengekehrt werden. Bis hier - her ist die Entwickelung beider Extremitäten einander gleich, mit dem Unter - schiede jedoch, daſs die hintere immer in der Entwickelung etwas zurückbleibt. Daſs nun in den breiter gewordenen und dabei fast runden Platten des Endgliedes dunkle Strahlen sich bilden, und in den Strahlen Knorpel und Gelenkblasen sich erzeugen, haben wir so eben (§. 7. a. a.) gehört. Es bleibt nur noch hinzuzufü - gen, daſs die Knorpelkerne gegen die Bänder vorschreitet, so daſs zuerst die Knor - pel der Mittelhand - und Mittelfuſsknochen, dann die erste Gliederreihe, darauf die zweite u. s. w. sich bilden. Wir wollen ferner noch darauf aufmerksam ma - chen, daſs der später bemerkliche Längenunterschied der Strahlen Anfangs nicht da ist, denn wenn auch der erste und letzte Strahl in jeder Platte um ein Unbedeu - tendes kürzer ist, so hängt dieser Unterschied nur von der allgemeinen Gestaltung der Platte ab. Daſs dagegen die Zahl der Strahlen vom Anfang an die bleibende ist, haben wir ebenfalls schon bemerkt, wir fügen aber noch hinzu, daſs in der Mittelhand und dem Mittelfuſse sich eben so viele Knorpel erzeugen, als Finger oder Zehen da sind, indem jene Theile an den Strahlen Antheil haben. Erst sehr viel später verwachsen die vier Knorpel des Mittelfuſses und die drei Knorpel der Mit - telhand zu einem Knochen. Bald entwickelt sich in den Extremitäten ein Ge - gensatz innerhalb der Uebereinstimmung; die Mittelgelenke kehren sich nämlich einander zu, so daſs nun die vordern Endglieder nach vorn, die hintern nach hinten gerichtet werden. Dann werden die Endgelenke selbstständig und zeigen densel - ben Gegensatz; das vordere bildet einen vorspringenden Winkel nach vorn, das hintere nach hinten. Die Spitze des Flügels richtet sich also nun nach hinten, die Spitze des Fuſses nach vorn. Auch fängt die hintere Extremität, die früher gleiche Länge mit der vordern hatte, rascher zu wachsen an. Der Daumen der hintern Extremität beginnt nach hinten abzuweichen. In beiden Extremitäten wachsen die Finger oder Zehen aus der verdünnten Haut der Platte hervor, und diese bildet nun eine Art Schwimmhaut, die besonders an der hintern Extremität ansehnlich ist. Zuletzt erscheinen die Nägel*)Theil I. S. 63. 74. 84. 94. 108. In Bezug auf die Benennung der Theile vergl. S. 181 197., und die Schwimmhaut bleibt endlich als bloſse102 Spannhaut in den Hühnern zurück; in den Schwimmvögeln wird sie gröſser und heiſst Schwimmhaut.

h. Kiefern.
123

Aehnlich ist die Bildung der Kiefern und wesentlich nur dadurch ab - weichend, daſs ihre Enden nicht so abstehen vom Kopfe, wie die Endglieder der Rumpf-Extremitäten vom Leibe. Zur Bildung des Oberkiefers zeigt unter dem Auge eine Verdickung eine beginnende Wucherung an. Beide Wuche - rungen (die Oberkieferhälften) verlängern sich gegen die Nasengruben. Zwischen die Nasengruben tritt dagegen eine Vorragung von der Stirngegend der soge - nannte Stirnfortsatz herab, eine Verlängerung der Wirbelsäule, wie sie hin - ten im Schwanze ist. Dieser Stirnfortsatz ist anfangs breit, jedoch von den beiden Hälften des Oberkiefers getrennt (es ist also doppelter Wolfsrachen da), dann schlieſst er sich an sie an, nicht mit der Spitze, sondern mit zwei kleinen, seit - lichen Vorragungen, und die Mitte wächst zu einer dünnen Spitze aus*)Theil I. S. 78, 84. 95.. Der Un - terkiefer entwickelt sich aus den vordersten Kiemenbogen durch eine Wucherung der äuſsern Fläche, so als wenn am Leibe die Extremitäten, statt ſrei hervorzu - wachsen, an die Rippen sich anklebten**)Im Grunde würde man sich wohl noch richtiger ansdrücken, wenn man sagte, auf den beiden vordern Kiemenbogen bildet sich die hintere Kopf-Extremität, denn die vermehrte Wucherung sieht man dentlich an beiden. Nun findet man den Knorpel des Unterkiefers allerdings nur im ersten Kiemenbogen, so lange diese sich noch unterscheiden lassen, allein so wie wir zu den Extremitäten auch ihre Muskeln rechnen, sollten wir es auch mit dem Unterkiefer thun, und dann liegt er wohl auf den beiden ersten Kiemenboger. Ihre Gemeinschaft in der Wucherung ist augenscheinlich.. Die untere Schicht aber, die in die - ser Region die Bauchplatten fortsetzt, erzeugt das Zungenbein, eine Wiederholung der Rippen.

i. Das Ner - vensystem. Peripheri - scher Theil desselben.
125

Das Nervensystem der Vögel, so wie überhaupt aller Wirbelthiere, besteht aus zwei Abtheilungen, einer vegetativen und einer animalischen. Die animalische Abtheilung läſst uns wieder einen Centraltheil und peripherische Fäden erken - nen. Der Centraltheil wird gebildet durch eine Abblätterung von der innern Fläche der Rückenplatten im weitern Sinne des Wortes, also durch primäre Son - derung. Die peripherischen Fäden der animalischen Abtheilung bilden sich hin - gegen durch histologische Sonderung in der Fleischschicht und eben so die ge - sammte vegetative Abtheilung in dem vegetativen Hauptblatte. Dabei ist wohl nirgends ein Verwachsen oder Zusammenschmelzen ursprünglich getrennter Theile. Zwar sieht man mehrere Tage hindurch keine Nerven-Insertionen an der Seite des Rückenmarkes. Allein da das letzte scheidenlose Ende der Nerven ungemein zart seyn muſs, so wird es kaum möglich seyn, beim Abtrennen des noch eng an der Wand seines Behältnisses anhaftenden Rückenmarkes diese Fäden zu erkennen. Hat man doch die Nervenanfügung an das frei liegende Rückenmark der Petromy -103 zonten so lange übersehen, bis Carus sie entdeckte! Das enge Anliegen des Rückenmarkes in der ersten Zeit macht uns auch die Möglichkeit, ja die Noth - wendigkeit der ursprünglichen Verbindung klar. Bedenkt man nämlich, daſs das Rückenmark am zweiten Tage nicht viel mehr, als die innere Fläche der ver - wachsenen Rückenplatten ist, daſs auch am dritten Tage, wo es doch schon eine selbstständige Organisation hat, seine äuſsere Fläche noch so eng an der Wand an - klebt, daſs sie ohne gewaltsame Mittel sich nicht löst, so sieht man leicht ein, daſs, wenn in der Entwickelung eine Nothwendigkeit liegt, zwischen zweien Wirbeln ein Nervenpaar zu erzeugen, dieses Nervenpaar oder die erste Spur seines Werdens bis an das Rückenmark reichen muſs. Ja man überzeugt sich leicht, daſs bei dem gewaltsamen Abtrennen des Rückenmarkes von der Wand die Nervenwurzeln unkenntlich werden müssen, denn nur durch das Zurücktreten des Rückenmarkes von der Wand seines Behältnisses werden diese Wurzeln ausgezogen und man könnte in gewisser Hinsicht sagen, daſs sie früher gar nicht da sind*)Wenn man nämlich nur den Theil der Nerven seine Wurzel nennen will, der zwischen dem Knochen und dem Rückenmarke in späterer Zeit enthalten ist.. Eben so wenig bedarf das plastische Nervensystem einer Anknüpfung an das animalische, da das vegetative und das animalische Hauptblatt unter der Wirbelsäule sich gar nicht von einander trennen, eine histologische Sonderung also von Anfang an zusammenhän - gende Fäden in beiden erzeugen kann.

Die Ablösung der innern Fläche der Rückenplatten erfolgt erst, nachdemk. Central - theil des Ner - vensystems. der Rücken geschlossen ist**)Erster Theil S. 28. 154. oder im Momente des Schlusses. Ich habe diesen Gegenstand noch - mals untersucht, doch erkenne ich das Rückenmark der Vögel als selbstständig erst nach dem Schlusse.. Der Centraltheil des Nervensystems ist daher auch eine geschlossene Röhre, welche wir als Primitivorgan aufgeführt und die Medul - larröhre (§. 6. o.) genannt haben. Daſs diese Röhre auch nach dem Rückenkamme hin keine Lücke hat, lernte ich vorzüglich dadurch, daſs ich von unten, also von dem Wirbelstamme aus, in den Rückenkanal eindrang und die Nervenröhre als einen zusammenhängenden Ueberzug von den Wirbelbogen abtrennte. Allein diese Nervenröhre enthält jetzt noch mehr als den Centraltheil selbst; sie enthält zugleich seine Hüllen, die sich noch nicht gesondert haben. Sobald nämlich die Rückenplatten sich an einander geschlossen haben, werden ihre innern Flächen etwas dunkler und die Körnchen in ihnen werden gröſser. Wenn nun diese in - nere Fläche sich ablöst, um eine Röhre zu bilden, so sieht man im ganzen Um - fange dieser Röhre eine Menge ansehnlicher Körnchen oder Kügelchen in eine un - geformte Grundmasse eingesenkt. Die Nervenröhre unterscheidet sich also auch104 schon im Gewebe sehr früh von der umgebenden Fleischschicht, wo die Körnchen viel kleiner und weniger gesondert bleiben, sie unterscheidet sich auch von der Anlage zu Knorpeln dadurch, daſs die Körnchen viel heller bleiben. Hier haben Sie also ein recht auffallendes Beispiel, wie in den Primitivorganen aus einem ursprünglich gleichmäſsigen Gewebe das jedem derselben eigenthümliche sich all - mählig ausbildet. Da nun dieselbe Differenzirung des Gewebes die Nervenfäden in der Fleischschicht erzeugt, so möge dieses Beispiel Ihnen zum Verständniſs ei - ner früher ausgesprochenen Lehre dienen, daſs die primäre und histologische Son - derung dieselben Differenzen in verschiedenen räumlichen Verhältnissen wiederho - len (§. 6. qq.). Nicht lange besteht die Gleichheit im Gewebe der Nerven - röhre, denn bald wird die äuſsere Fläche derselben glatter, gleichmäſsiger, wäh - rend die innere körnerreicher wird. Die äuſsere Fläche löst sich darauf und bildet eine marklose Hülle, welche sich später in die einzelnen Hüllen sondert. Das In - nere dagegen nähert sich immer mehr der Natur des Nervenmarkes. Doch dieses bildet keine gleichmäſsige Röhre, sondern ist nach den Seiten am meisten verdickt, so daſs man jetzt nicht sowohl einen regelmäſsigen Cylinder, als eine Vereinigung zweier Blätter hat. An der Centrallinie, d. h. nach dem Wirbelstamme zu, fand ich diese Blätter stets zusammenhängend, obgleich die Verbindungsstelle viel dün - ner ist, als die anstoſsenden Seitentheile. An der gegenüberliegenden Schluſslinie ist dagegen, so wie die Markplatten sich von ihrer Hülle sondern, eine Spalte, und die Markplatten liegen hier im gröſsten Theile der Länge des Rückenmarkes mit ihren obern Bändern nur aneinander, im Hirne dagegen klaffen sie an einzelnen Stellen weit auseinander, an andern ist die Decke ganz ununterbrochen, wie vor der Trennung von der Hülle.

l. Rücken - mark.
127

Wir müssen daher von den einzelnen Abtheilungn besonders handeln. Die Nervenröhre theilt sich in zwei Hauptabschnitte, das Hirn und das Rückenmark. Eine solche Scheidung beginnt schon vor dem Schlusse der Rückenplatten, indem der vordere Abschnitt weiter ist als der hintere. Beide sind um diese Zeit von ziemlich gleicher Länge, doch ist die Grenze nicht genau bestimmt. Während nun das Hirn in heterogene Theile sich ausbildet, bleibt das Rückenmark ziemlich gleichmäſsig und wächst mit dem ganzen Leibe stark in die Länge. Der hintere, im Rumpfe liegende Theil wird allmählig dicker als der vordere oder Halstheil. Die Verdickung des Rumpftheiles tritt aber besonders an zweien Stellen hervor, welche den Extremitäten entsprechen, eben so wie in der äuſsern Fleischröhre die Wucherung aus einer ursprünglich gleichmäſsigeu Leiste sich nach vorn und hin - ten concentrirt. Die Markblätter des Rückenmarkes liegen früher der ganzen Länge nach mit ihren obern Bändern aneinander ohne verwachsen zu seyn. Nachder105der Mitte des Embryonenlebens verwachsen diese Bänder, später jedoch an der Stelle, wo die vordere Verdickung des Rückenmarkes ist und gar nicht an der hin - tern. Diese Verwachsung liegt anfänglich ganz oben und das Rückenmark bildet überhaupt hier einen scharfen Kamm, weil beide Blätter nach oben verdünnt sind. Später senkt sich die so gebildete Naht immer mehr nach unten in die Höhlung des Rückenmarkes hinein*)Im Rumpfe erfolgt dieses sehr spät, im Halse früher.. Der Grund hiervon scheint mir in einer stärkern Wucherung der Seitentheile des Rückenmarkes zu liegen, durch deren Ausdeh - nung die obern Kanten der Blätter nach innen gerollt werden. Eben so wird auch und zwar schon früher die dünne blattförmige Verbindung der untern Rän - der nach oben geschoben. Da zugleich das Rückenmark an Masse zunimmt und von den Wänden der einschlieſsenden Rückenplatten zurücktritt, so sehen Sie leicht, daſs nicht nur der Kanal im Rückenmarke sich verengern, sondern daſs er auch vierschneidig werden muſs. Allmählig nimmt aber bei fortgehendem Zu - sammenrollen des Rückenmarkes die Höhlung noch mehr ab, es bleibt endlich nur ein ganz enger Kanal übrig und die ehemaligen Schneiden des Kanals sind gröſstentheils mit grauer Masse angefüllt. Die untern Stränge des Rücken - markes sind viel früher verdickt (und also strangförmig) als die obern, die länger blattförmig bleiben. Man hat lebhaft gestritten, ob die graue oder die weiſse Masse des Rückenmarkes früher sich bildet, und welche zu der andern hinzutritt. Es scheint mir, daſs keine von beiden Behauptungen richtig ist. Die Markplat - ten des Rückenmarkes sind ursprünglich weder so weiſs und gefasert wie später die weiſsen Stränge, noch auch so grau wie die graue Masse. Sie befinden sich in einem Indifferenzzustande und bestehen einige Zeit ganz ohne Faserung. Dann sieht man eine Abtheilung in vier Hauptstränge, die sich besonders von der innern Fläche aus kenntlich macht. Später mehrt sich die Zahl der Stränge und noch später sieht man in den Strängen Faserungen. Von Anfange an aber ist die innere Fläche weicher, durchsichtiger, weniger ausgebildet, als die äuſsere. Wenn nun die innere Höhle vierschneidig wird, so hat sie überall eine Bekleidung von wei - cherer und weniger ausgebildeter Masse. Bei fortgesetztem Zusammenrollen und Vermehrung dieser Masse erscheint sie endlich beim Durchschnitte als graues Kreuz, denn die innere ungeformte halbdurchsichtige Masse wird grauer, wäh - rend die äuſsere weiſser wird. Bemerken müssen wir endlich, daſs das Rückenmark in der frühesten Zeit an den Verbindungsstellen mit den Nerven durchaus nicht angeschwollen ist, später finden sich kleine Erweiterungen an den - selben, die endlich wieder undeutlich werden.

II. O106
m. Hirn.
128

Je weiter wir in der Entwickelung zurückgehen, um desto mehr ist das Hirn dem Rückenmarke ähnlich. Sehr würde man aber irren, wenn man glaub - te, daſs das Hirn aus dem Rückenmarke hervor - und in die Schädelhöhle hinein wachse. In der That hat man diese Ansicht verfochten, nachdem man erkannt hatte, daſs das Hirn als vorderes Ende des Rückenmarkes betrachtet werden kann. Wenn aber das Hirn das vordere Ende des Rückenmarkes ist, so könnte man mit eben so viel Grund das Rückenmark ein hinteres Ende des Hirnes nennen und dar - aus folgern, das Rückenmark müsse aus dem Hirne hervorwachsen. Ja diese Ansicht würde sogar noch etwas richtiger als die obige seyn, da in der That das Rückenmark langsamer eine verhältniſsmäſsige Gröſse erreicht, als das Hirn. Der richtigste Ausdruck für das gegenseitige Verhältniſs von Hirn und Rücken - mark ist aber, daſs sie beide Modiſicationen eines Primitivorganes sind. Das zeigt die Entwickelung dentlich und eben deshalb haben wir den etwas schwer - fällig scheinenden Namen Medullarröhre aufnehmen müssen. Beide Hauptab - schnitte im Centraltheile des Nervensystems entstehen in den Räumen, die sie später inne haben, aus einem gleichmäſsigen Ganzen, aus welchem eine morpho - logische Sonderung erst allmählig die Verschiedenheiten entwickelt.

Die erste Eigenthümlichkeit, die in dem vordern Ende der Medullarröhre sich offenbart, ist ihre gröſsere Weite, die nächste ist die Neigung, in einzelne Abschnitte sich zu sondern, welche jeder für sich eine Erweiterung erfahren und zwischen denen daher Verengerungen bleiben. Solche Erweiterungen haben die Beobachter Hirnbläschen (Vesiculae cerebrales) genaunt*)Auch wohl Hirnzellen (Cellulae cerebrales.). Diese Bläs - chen werden nicht von der Nervenröhre allein gebildet, sondern auch von der umgebenden Rückenröhre, die eben dadurch im vordern Ende des Thieres zur Schädelhöhle wird. Nachdem zuerst ein vorderes rundliches Bläschen von dem viel längern hintern Raume sich abgegrenzt hatte, theilt sich fast gleich darauf auch dieser, und man hat nun drei Bläschen, ein vorderes, ein mittleres und ein hinteres, welches sich gegen das Rückenmark allmählig zuspitzt**)Theil I. S. 23.. Die vor - dere Blase wird das groſse Hirn, die hintere das kleine Hirn mit dem verlänger - ten Marke, und die mittlere die sogenannte Vierhügelmasse mit einem entsprechen - den Theile der Hirnschenkel. Das vordere Bläschen theilt sich aber bald in zwei Abtheilungen, indem die vorderste und obere (wegen anfangender Krümmung des Embryo freilich nach unten gerichtete) Wand sich rasch hervorstülpt. Sie stülpt sich aber doppelt oder zu beiden Seiten neben der Mitte hervor, so daſs diese im107 Verhältniſs zu den Seitentheilen eingesenkt bleibt. Die hintere Region der ersten Hauptbläschens bleibt unpaarig und grenzt auch etwas von den vordern gedoppel - ten ab. Auch sondert sich die hintere Hauptblase in zwei, eine vordere kürzere und eine hintere längere. So sind also fünf Bläschen aus den ursprünglichen dreien entstanden*)Theil I. S. 30. 6[1].. Das vorderste ist durch die mittlere Einsekung gespal - ten. Seine Höhlung enthält die beiden später sogenannten Seitenventrikel, und seine Wandung die Hemisphären. Das zweite Bläschen umfaſst den Raum, den man später die dritte Hirnhöhle nennt. Es hat jetzt noch eine eben so vollkom - mene Decke, als die andern Abtheilungen. Das dritte Bläschen umfaſst den Vier - hügel**)Es ist für die Darstellung des Hirnbaues, besonders aber der Entwickelungsgeschichte aller Thierklassen besser, dieses Wort in der einfachen Zahl zu gebrauchen, nicht in der mehr - fachen. und seine Höhlung ist die zukünftige Wasserleitung, die bald die Weite eines sehr ansehnlichen Hirnventrikels hat. Das vierte Bläschen wird das kleine Hirn und das fünfte das verlängerte Mark. Aus diesen fünf morphologi - schen Elementen wird das Hirn gebildet, denn die vorübergehende Dreizahl der primären Hirnbläschen scheint nur anzudeuten, daſs gewisse Abgrenzungen ein wenig später kenntlich werden.

Noch haben aber diese Bläschen wenig von den Eigenthümlichkeiten, die sie erhalten sollen, weswegen wir sie auch nicht nach den Theilen, die aus ihnen werden, benennen können, ohne uns zu verwirren und zu falschen Vorstellungen zu verleiten. So hat das zweite Bläschen noch keine Sehhügel in seinem Innern, durch welche es später besonders charakterisirt wird. Wollte ich das dritte Bläs - chen nach dem Vierhügel benennen, so müſsten Sie mich ebenfalls miſsverstehen, da man unter diesem Namen nicht einen Theil der Hirnschenkel mit begreift, der aus dieser Zelle sich hervorbildet. Wir können auch den Ausdruck Bläschen nicht für die ganze Entwickelung beibehalten, da einige sehr bald den Charakter einer Blase einbüſsen, indem sie z. B. ihre Decke verlieren. Es scheint mir daher am passendsten eine Bezeichnung zu wählen, welche nicht nur für alle Umwand - lungen des Vogelhirnes auwendbar ist, sondern auch die Vergleichung der ver - schiedenen Hirnformen sehr erleichtern muſs. Ich nenne daher die fünf hier auf - gezählten Bläschen nach der Reihe von der ersten zur letzten: das Vorderhirn, Zwischenhirn, Mittelhirn, Hinterhirn, und Nachhirn. Sie bilden fünf morpho - logische Elemente des Hirnes, die im Anfange der zweiten Periode der Entwicke - lung noch bloſse Bläschen sind. Die Höhlungen aller Bläschen communiciren mit einander, und man kann daher mit Recht sagen, daſs das Hirn in der ersten Pe -O 2108riode eine längliche, in fünf Abschnitte getheilte Erweiterung der Medullarröhre ist. Alle Bläschen liegen ursprünglich ziemlich in einer Linie hinter einander, machen jedoch vorn eine Krümmung, da das vorderste Ende des Embryo sehr früh umgebogen ist. Auch stehen sie in so fern nicht in gleicher Beziehung zu einander, als das vorderste Doppelbläschen eine Erweiterung oder eine Art Aus - sackung, nicht von dem ganzen Umfange der Medullarröhre, sondern nur von der obern Wand ihres vordern Endes ist, woraus folgt, daſs das urſprüngliche vorderste Ende der gesammten Medullarröhre hinter diesem Doppelbläschen zu - rückbleibt, und eine unmittelbare Verlängerung des Zwischenhirnes nach unten wird. Dieses Ende verengt sich später allmählig mehr, wird durch die allge - meine Krümmung die das Hirn erfährt, nach dem Rückenmark hin zurückge - bogen und bildet sich zum Trichter und Hirnanhange*)Theil I. S. 30. 65. 86. 104..

Die fünf Abtheilungen des Hirnes erleiden in der zweiten Periode der Ent - wickelung eine mehrfache Veränderung, deren Verständniſs dadurch erschwert wird, daſs sie gleichzeitig vor sich gehen. Zuvörderst erinnern wir uns, daſs, nachdem in der gesammten Medullarröhre die äuſsere Hülle sich von den Mark - platten getrennt hat, die letztern in der ganzen Länge des Rückenmarkes in einer schmalen Spalte von einander klaffen. Im Hirne ist die Umänderung nicht so gleichmäſsig. Das Zwischenhirn öffnet sich mit einer kleinen Spalte im vordern Theile seiner Decke**)Theil I. S. 75.. Im Hinterhirne und Nachhirne liegen die Markplatten aber so weit auseinander, daſs eine groſse für beide Zellen gemeinschaftliche Lücke in der Decke sich zeigt***)Theil I. S. 64. 75.. Die Markplatten sind hier nicht wirklich auseinander gewichen, sondern sie scheinen sich in dieser Form von der indiffe - renten Medullarröhre gesondert zu haben, denn an der häutigen Decke bleibt noch eine Lage von Nervenmasse zurück, welche mit den Markplatten des Hirnes kein Continuum bildet, und allmählig schwindet. Im Vorderhirne und Mittel - hirne glauben andere Beobachter auch Längenspalten gesehen zu haben. Mir wurden sie nicht dentlich, vielmehr schien es mir, daſs längliche Einsenkungen, die in beiden Abtheilungen sich in der Mittellinie der Decke bilden, nur das An - sehen von Spalten erzeugen†)Theil I. S. 76. 85. 104.. Gewiſs ist es, daſs die Uebergänge von Vorder - hirne zum Zwischenhirn und vom Zwischenhirne zum Mittelhirn, so wie vom Mit - telhirne zum Hinterhirn, nicht aufgespalten sind, sondern auch nach der Sonde - rung der Hülle geschlossene kurze Cylinder bleiben.

109

Während das Hirn so in drei Zellen in der Decke sich öffnet und in zwei Zellen eine mittlere Einsenkung erhält, krümmt sich der Embryo stärker; die Reihe der Hirnbläschen bildet nun einen Bogen, dessen Mitte das Mittelhirn ein - nimmt, welches in seiner Entwickelung allen übrigen voranschreitet. In Folge dieses Bogens bekommt der Trichter oder das Vorderende der gesammten Cen - tralorgane seine Richtung nach hinten. Der einfache Bogen bildet sehr bald mehrere Winkel, indem das Hirn sich an einzelnen Stellen gleichsam einknickt. Nach oben bildet sich ein vorspringender Winkel zwischen dem Rückenmarke und dem Nachhirne, und dieser Winkel ragt äuſserlich als Nackenhöcker vor. In entgegengesetzter Richtung bildet sich ein Winkel zwischen Nachhirn und Hin - terhirn, wieder in der ersten Richtung ein Winkel zwischen dem Mittelhirne und Zwischenhirne. Der Winkel zwischen dem Vorderhirne und Zwischenhirne ist nur an der Decke kenntlich, da der unterste Saum der Markblätter in das Vorder - hirn gar nicht eingeht, sondern im Trichter und Hirnanhange endet*)Theil I. S. 85..

Wir müssen nämlich immer gegenwärtig behalten, daſs das Hirn aus den - selben Markplatten gebildet wird, aus denen auch das Rückenmark besteht. Diese Platten sind nun absatzweise zu den Bläsehen ausgebuchtet und sehr dünn. Nur der untere Rand, eine Fortsetzung des untern Rückenmarkstranges, ist schon sehr früh etwas dicker. Er nimmt dann allmählig an Dicke zu und gewinnt das Ansehen eines Hirnschenkels**)Theil I. S. 30. 65. 76.. Man kann also nun zwei untere Stränge, die Hirnschenkel, und von ihnen sich erhebende Blätter unterscheiden. Jede Ab - theilung des Hirnes hat ihren Antheil an dem Hirnschenkel mit seiner blattför - migen Ausbreitung jeder Seite. So lange der Hirnschenkel nur noch der kaum unterscheidbare Saum der Markplatten ist, findet er in der hintern Wand des Trichters sein Ende. So wie er sich verdickt, erreicht er auch die vordere Wand desselben. Indem er noch mehr an Dicke zunimmt, geschieht dieses nur da - durch, daſs immer mehr Substanz aus den Markplatten von der Centrallinie nach der Schluſslinie hin eine Verdickung erfährt. Eine Folge davon ist, daſs nun der Hirnschenkel bis in das Vorderhirn reicht, da das letztere eine Entwickelung des vordern Endes der Nervenröhre mit Ausnahme ihres untern Randes ist. Hier - durch kann es Ihnen verständlich werden, in wie fern, wie die spätere Ausbil - dung des Hirnes anzudeuten scheint, das Vorderhirn das Ende vom Centraltheile des gesammten Nervensystems ist. Die untern Stränge des Rückenmarkes gehen nämlich, sobald sie eine gewisse Ausbildung erlangt haben, allerdings in das Vor - derhirn über, nicht aber die Centrallinie der Medullarröhre und was ihr zunächst110 liegt. Im Vorderhirne endet der Hirnschenkel nun unter einem Kolben, und die - ser Kolben wird der gestreifte Körper (Streifenhügel)*)Theil I. S. 86..

Die so eben geschilderten Metamorphosen des Hirnes erfolgen während der zweiten Periode des Embryonenlebens oder während des dritten bis fünften Ta - ges. Noch immer haben die Abtheilungen des Hirnes den Charakter von Bläs - chen, da die Höhlung im Verhältniſs zur Wand groſs ist. Sie liegen aber nicht mehr hinter einander, sondern bilden Winkel. In Folge dieser Winkel nimmt das Mittelhirn den vorragenden Gipfel des ganzen Hirnes ein. Diese Abtheilung ist zugleich am stärksten entwickelt und überragt ihre Nachbarn, das Zwischen - hirn und das Hinterhirn. Fügen wir noch hinzu, daſs im Nachhirne sich Faltun - gen zeigen**)Theil I. S. 64. 74. Ob diese Faltungen oder Kräuselungen in den Wandungen des Nachhirnas andeuten, daſs hier mehrere wenig gesonderte Elemente mit einander verschmelzen, oder ob sie mit den Faltungen übereinstimmen, die man später in der Decke andrer Hirntheile bemerkt, lasse ich noch unentschieden., so dürfte das Wichtigste für diese Periode bemerkt seyn, denn von dem Hervorstülpen der Sinnesorgane aus dem Hirne sprechen wir später.

In der dritten und längsten Periode nimmt die Präponderanz des Mittel - hirnes, nachdem sie am 6ten Tage am höchsten gestiegen war, wieder ab***)Theil I. S. 102. 117.. Der gesammte Embryo streckt sich grader; damit ist ein stärkeres Zusammenknicken der hintern Theile des Hirnes verbunden, so daſs der Winkel zwischen Rücken - mark und Nachhirn, so wie zwischen Nachhirn und Hinterhirn schärfer wird. Das Mittelhirn sinkt nach hinten von seiner Höhe herab, wenn wir das Hirn auf seine Basis gestellt denken. Dagegen entwickelt sich das Vorderhirn so stark, daſs es allmählig das Zwischenhirn überdeckt. Zugleich wird seine mittlere Ein - senkung immer stärker und wird das, was man die strahlige Scheide wand des Vogelhirnes nennt†)Theil I. S. 118.. Die Seitenwände des Vorderhirnes bilden die Hemisphä - ren, so wie die gespaltene Höhlung des Vorderhirnes die Seitenventrikel dar - stellt, die jetzt über der dritten Hirnhöhle liegen. Der hintere für beide Höh - lungen gemeinschaftliche Eingang scheint mir eine Ausdehnung der Spalte in der Decke des Zwischenhirnes††)Theil I. S. 118..

Wir wissen nämlich, daſs die Decke des Zwischenhirnes in ihrer vordern Hälfte aufgespalten war; in der hintern bilden sich wieder zwei Abschnitte. Der erste erhebt sich bei Annäherung des Vorderhirnes in ein kegelförmiges Gewölbe und ist die zukünftige Zirbel, die ihre bleibende Form dadurch erhält, daſs in111 der letzten Zeit des Embryonenlebens Vorderhirn und Hinterhirn gegen das kegel - förmige Gewölbe des Zwischenhirnes andrängen, seinen Gipfel hoch erheben und seine Basis verdünnen, welche nun von den Anatomen die Schenkel der Zirbel genannt werden, die im Vogel ungemein lang und dünn sind*)Theil I. S. 120. 130.. Der hinterste Abschnitt der Decke bleibt flach, gewinnt daher das Ansehen eines Querbandes und wird die sogenannte hintere Hirncommissur, die ja nichts anderes ist, als eine Decke über dem Eingange zur Wasserleitung, welche letztere wieder die ver - engte Höhlung des Mittelhirnes ist.

Die Decke des Mittelhirnes sinkt nämlich immer mehr nieder, während dieser Hirntheil mehr nach der Seite, zuletzt nach unten sich ausdehnt. Dadurch wird seine Höhlung niedriger, hat jedoch einige Zeit hindurch noch zwei seit - liche Erweiterungen und ist eine wahre Hirnhöhle. Indem auch diese durch An - häufung der seitlichen Nervenmasse schwinden, wird die Höhlung dieses Hirn - theiles zu der kanalförmigen Wasserleitung, und die nach unten gerückten Seiten - theile sind das, was man gewöhnlich die Vierhügel, Carus aber die eigent - lichen Sehhügel nennt**)Theil I. S. 117. 119. 129. 134..

Im Hinterhirne rücken die beiden Platten, die hier an der Schluſslinie ge - trennt waren, gegen einander und verwachsen, indem sie sich falten, von vorn nach hinten zu. So bekommt das Hinterhirn eine Decke, die in der Mitte stark gewölbt ist, die allmählig immer mehr von der früher offenen Höhlung überwölbt. Sie ist der Wurm des kleinen Hirnes, so wie die Decke der Verengerung zwi - schen Mittelhirn und Hinterhirn das Marksegel ist***)Theil I. S. 85. 121. Da das Marksegel das vordere verkümmerte Ende des Wurmes ist, so kann man sagen, daſs in dieser Hinsicht die Decke des kleinen Hirnes nie ganz fehlt.. Das Nachhirn erhält zwar keine so ausgedehnte Decke, allein der Uebergang in das Rückenmark wird doch früher geschlossen, als das Rückenmark selbst. Das Nachhirn umfaſst also das sogenannte verlängerte Mark und enthält eine nach oben nicht ganz überdeckte Höhlung, die Rautengrube. Die ganze Entwickelungsweise zeigt nämlich, daſs die sogenannte vierte Hirnhöhle eigentlich aus zweien mit einander communici - renden Höhlungen besteht, von denen die vordere dem kleinen Hirne angehört, die hintere aber dem verlängerten Marke.

So viel von den äuſsern Formveränderungen, welche uns zeigen, was aus den einzelnen morphologischen Elementen des Hirnes wird. Die wichtigsten der übrigen gleichzeitigen Veränderungen sind die Zunahme der Hirnmasse überhaupt, die Bildung von Hirnganglien und die sich entwickelte Faserung des Hirnes.

112

Die Zunahme der Hirnmasse findet sich im ganzen Umfange dieses Thei - les, schreitet aber doch von der Centrallinie nach der Schluſslinie fort. Darauf beruht auch die oben besprochene Bildung des Hirnschenkels, der nur dem un - tern Strange der gesammten Nervenröhre entspricht. Dieser Hirnschenkel nimmt fortwährend an Masse zu. Ueber ihm bildet sich, mehrere Tage später, auch ein verdickter Strang aus, aber nur in den hintern Theilen des Hirnes, im Nachhirne, Hinterhirne bis zum Mittelhirne. Dieser Strang ist der sogenannte Schenkel des kleinen Hirnes. Doch reicht er nirgends bis in die Decke des Hir - nes. Die Decke bleibt vielmehr blattförmig und sie legt sich in einzelnen Gegen - den in der spätern Zeit, wenn der verhärtete Schädel ihrer Ausdehnung Schran - ken setzt, in Falten, die äuſserlich angesehen Hirnwindungen genannt werden. Solche Windungen sind vorübergehend im Mittelhirne, bleibend im Hinter - hirne*)Theil I. S. 102. 121.. Das Vorderhirn erhält im Vogel nur wenige sehr seichte Faltun - gen. Durch die Zunahme der Hirnmasse wird die gesammte innere Höhlung in allen einzelnen Abtheilungen verengt.

Die Hirnganglien sind nach innen gerichtete Wucherungen der Hirnmasse. Schon am 4ten oder 5ten Tage erscheinen die Streifenhügel**)Theil I. S. 86. 104. als Ganglien des Vor - derhirnes, bald darauf die Sehhügel als Ganglien des Zwischenhirnes***)Theil I. S. 105., viel später Ganglien im Mittelhirne, welche bald mit der Hirnwand verschmelzen und nicht deutlich hervorragen. Sie bilden den Markkern der Vierhügel†)Theil I. S. 121.. Noch weniger vorragend sind die Ganglien des Hinterhirnes. Am stärksten wachsen die vordersten Ganglien, so daſs sie die Höhlung des Vorderhirnes fast ganz ein - nehmen. Auch die Sehhügel erheben sich so sehr, daſs allmählig die blattför - mige Ausbreitung des Zwischenhirnes immer unkenntlicher wird. Zum Theil wenigstens legt sich auch die Wand mehr an die Ganglien an, wodurch das Zwi - schenhirn zuletzt ganz das Ansehen einer Zelle verliert und man nur zwei An - schwellungen und eine Spalte zwischen ihnen sieht.

Bis zum siebenten Tage habe ich keine deutliche Faserung im Hirne zu erkennen vermocht. Allmählig entwickelt sich diese in den Hirnschenkeln, in den Commissuren, in den blattförmigen Ausbreitungen, die im Allgemeinen von den Schenkeln aus nach der Schluſslinie zu sich fasern. Man würde sich durch - aus irren, wenn man annähme, daſs eine Faser aus der andern hervorwächst, oder wenn man glaubte, daſs die Faserung die Richtung, in welcher sich dieHirn -113Hirntheile auseinander entwickelt haben, nachwiese. Näher scheint die Fase - rung mit dem Form-Verhältnissen als mit den Entwickelungsverhältnissen zusam - menzuhängen. So wird jeder Hirntheil, der sich wulstförmig erhebt, in der Län - genrichtung dieses Wulstes gefasert, er mag übrigens eine Queerrichtung oder eine Längenrichtung in Bezug auf das ganze Hirn haben.

Drei Sinnesorgane, wenigstens die Organe des Gesichts, des Gehörs undn. Sinnes - organe. des Geruchs werden gebildet, indem Theile der Nervenröhre und zwar aus dem vordern Abschnitte derselben, dem Hirne, sich nach auſsen hervorstülpen und andere Bildungen von auſsen ihnen entgegenkommen.

Das Auge bildet sich am frühesten. Schon am zweiten Tage entwickelto. Auge. sich das Zwischenhirn nach auſsen in Form zweier Hügel. Diese Hügel drän - gen nach beiden Seiten gegen die äuſsere Fläche des Embryo an und erscheinen von hieraus angesehen als helle Kreise von einem dunkleren Saume umgeben. Der dunkle Saum ist die von einem Nervenblatte gebildete Auskleidung dieser Hervorstülpung*)Theil I. S. 24. 30. Huschke hat gegen diese Darstellung Zweifel erhoben. Da ich mich von der seinigen noch nicht überzeugen konnte, die Beantwortung der Zweifel aber nur sehr aus - führlich seyn kann, so muſs ich sie auf eine andere Gelegenheit versparen.. Bald wird die Verbindung mit der Zelle des Zwischenhirnes enger und man unterscheidet jetzt eine nach auſsen gelegene Blase und einen ver - engten Kanal von ihr bis zum zweiten Hirnbläschen oder Zwischenhirne. Dieser Kanal ist der noch hohle Sehnerve. Man kann nicht sagen, daſs der Sehnerv aus dem Sehhügel käme, denn es zeigt sich noch gar kein Sehhügel. Noch we - niger aber läſst sich ein unmittelbarerer Zusammenhang mit dem zukünftigen Vierhügeln oder dem Mittelhirne nachweisen, welches bedeutend hinter der Ur - sprungsstelle des Sehnerven liegt, so daſs ein Zusammenhang nur durch differente Theile bewirkt wird. Vielmehr scheint sich das innere Ende der Röhre des Seh - nerven ganz gleichmäſsig nach allen Seiten in die untere Hälfte des Zwischenhirnes auszudehnen und zwar in die Wand seiner Seite. Man sieht nämlich auf dem Boden der innern Fläche des Zwischenhirnes zwei Löcher, welche zuvörderst nah an einander liegen und von denen jedes in den Sehnerven seiner Seite führt**)Theil I. S. 30. 65. 76. Es scheint mir nicht überflüſsig, hier zu bemerken, wie wenig die Entwickelungsgeschichte dafür spricht, daſs das Mittelhirn vorherrschendes oder gar alleiniges Centralorgan für den Gesichissinn sey. In keiner Thierklasse ist der Uebergang der Fasern des Sehnerven in das Mittelhirn oder den Vierhügel so deutlich als in ausgebildeten Vögeln, und doch geht auch bei diesen Thieren in frühester Zeit der Sehnerve in das Zwischenhirn über.. Bald rücken beide Oeffnungen noch näher zusammen, bis sie zu einer einzigen verschmelzen. Endlich füllt sich auch diese aus und wir haben nun eine völlige Vereinigung beider Sehnerven. Da in diesen bald eine Faserung deutlichII. P114wird, so kann nun die Faserung jedes Sehnerven in beide Seitenhälften des Zwi - schenhirnes übergehen*)Theil I. S. 85. 105. 120.. Erst später kommt durch ein früher schon dargestell - tes Zusammenrücken der einzelnen Hirntheile das Mittelhirn der Austrittsstelle der Sehnerven näher und die Faserung kann unmittelbar in dasselbe übergehen. Der Sehnerv verliert seine Höhlung, indem er sich zuvörderst nach innen faltet und allmählig an Substanz gewinnt.

Die nach auſsen gestellte und durch die Verengerung des Sehnerven abge - schnürte Blase aber bleibt in Hinsicht auf ihre Wandung hohl und ist der Aug - apfel. Ihr flüssiger Inhalt wird immer dicker und gerinnt theils an der Stelle, wo der Augapfel an die äuſsere Fläche des Embryo grenzt, zu der festern Krystall - linse, nach innen von dieser Stelle aber zu dem weichen Glaskörper. Der Theil der Medullarröhre, welcher aus dem Zwischenhirne bis in diese Blase hervorge - trieben ist, wird die Netzhaut, die nach auſsen eine Oeffnung erhält, wie das Mittelhirn selbst in seiner Schluſslinie. Die Netzhaut sah ich zuerst bis an die Linse hinreiehen, dann aber von derselben sich abziehen mit Zurücklassung des Strahlenblättchens**)Theil I. S. 105.. Die äuſsern Häute des Augapfels sind eben so eine Son - derung von der Netzhaut, wie die Hirn - und Rückenmarkhäute von ihren Mark - platten. Ich glaubte mit Sicherheit zu erkennen, daſs Gefäſshaut und harte Augeu - haut Anfangs nur Eine Haut bilden, welche sich später in diese beiden Lagen spaltet, ganz eben so wie auch Hirn und Rückenmark ursprünglich nur eine Hülle haben, die sich in harte Haut und Gefäſshaut trennt. Augenscheinlich wird es durch die Entwickelung des Auges als einer nach auſsen getretenen Hirnblase, warum die Häute des Hirnes mit den Häuten des Auges correspondiren. Die harte Augenhaut ist eine unmittelbare Verlängerung der harten Hirnhaut, die Ge - fäſshaut der weichen Hirnhaut, so wie die Netzhaut des Hirnes selbst. Nur die Ausfüllung der Sehnerven läſst die Gefäſshaut in diesem Uebergange sich nicht vollständig entwickeln.

Die Netzhaut ist, so lange sie noch wenig von den andern Häuten sich ge - sondert hat, eine gleichmäſsige Blase. Dann bildet sich eine nach innen vorsprin - gende Falte, die sich rasch vergröſsert***)Erster Theil. S. 65. 77. 122.. Die Gefäſshaut geht im Anfange in diese Faltung nicht ein, ist aber unter ihr ungefärbt, so daſs man von auſsen, auch ohne Zergliederung, einen weiſsen Streifen in der sonst schwarzen Gefäſshaut durch die dünne äuſsere Haut (Sclerotica) des Auges durchscheinen sieht, den115 man lange für eine Spalte in der Gefäſshaut gehalten hat. Später schwindet dieser weiſse Streifen und die Gefäſshaut geht mit ihrer innern Fläche nicht nur in die Falte der Netzhaut ein, sondern durchbricht sie auch und bildet im Innern des Augapfels den Kamm, der dem Vogelauge fast eigenthümlich ist*)Im ersten Theile habe ich S. 77. 87. u. s. w. der gewöhnlichen Ansicht widersprochen, welche den weiſsen Streifen für eine Lücke in der Gefäſshaut hält, aber auch die Darstellung von Huschke in seiner übrigens trefflichen Commentatio de pectinis in oculo avium potestate nicht angenommen, nach der die Gefäſshaut hier schon früh nach innen gestülpt ist. Man hat spä - ter theils meiner Darstellung lebhaft widersprochen, theils sie unbeachtet gelassen, indem man von der Spalte im Auge wie von der ausgemachtesten Thatsache redet. Ich bin dennoch nicht im Stande, an meiner Darstellung zu ändern. Es sey mir erlaubt, hier etwas mehr ins Einzelne zu gehen. Wenn ich an einem Hühnchen von der zweiten Hälfte des dritten Tages das Hirn der Länge nach aufspalte, so sehe ich von innen den Eingang in das Auge (den künftigen Sehnerven) weit offen, als längliche Oeffnung, ohne Einfaltung. Die Höhle des Augapfels, die nach der Unterfläche des Kopfes etwas verlängert ist, zeigt mir auch keine Falte, noch viel weniger eine Spalte, sondern sie wird von einer geschlossenen Blase gebildet. Am vierten Tage sehe ich eine aus zwei Hälften bestehende Einfaltung in dem hohlen Eingange zum Augapfel; diese Einfaltung setzt sich in dem Augapfel fort, und indem unterdessen Pigment abgesetzt ist, sicht man nur hier einen ungefärbten Streifen. Am deutlichsten ist jedoch das Verhältniſs am Schlusse des 5ten Ta - ges. Oeffnet man ein erhärtetes Auge aus dieser Zeit, so ist die Falte der noch dicken Netzhaut ungemein deutlich. Die Mitte der vorspringenden Ränder der Falte ist dünn, zeigt aber deut - liche Continuität; dicht neben dem verdünnten Streifen ist die Netzhaut verdickt (immer noch auf dem vorspringenden Rande der Falte) zu zwei Wülsten. Nimmt man nun die Netzhaut weg, so sieht man die dunkle Gefäſshaut unbedeckt. Man erkennt, schon wenn die Falte queer durch - schnitten wird, daſs sie jetzt noch nicht in diese eingeht. Allein sie hat unter der Falte kein Pigment und zeigt vielmehr einen ziemlich scharf begränzten weiſsen Streifen. Man könnte des - halb glauben, daſs hier eine wahre Lücke ist, trennt man jedoch die Sclerotica von der Gefäſs - haut, so läſst sich diese Trennung aben so gut unter den hellen Streifen bewirken, als an andern Stellen, und die Gefäſshaut bleibt ein Continuum. Freilich läſst die Gefäſshaut zwei Schichten erkennen, von denen die innere das Pigment enthält, die äuſsere nicht. Jene innere fehlt nun in dem weiſsen Streifen und man kann sie in kleinen Stückchen von den Rändern desselben ab - kratzen. Sie ist ohne allen Zweifel das Tapetum oder Pigment in seinem Zellgewebe. Daſs die äuſsere ungefärbte Schicht die eigentliche Gefäſshaut ist, zeigt ihr Aufhören an der Linse, so wie ich die Sclerotioa nicht verwechselt haben kann, da diese ununterbrochen in die Hornhaut überging. Später dringt aber auch das Tapetum gegen die Spalte ein, und endlich in den letz - ten Tagen des Embryonenlebens ist der Kamm als Verlängerung der Gefäſshaut durch die Falte hervorgetreten, wobei entweder das innere Blatt der Netzhaut in diese Bildung mit eingeht, oder durchbrochen wird.. Die Hornhaut ist ursprünglich nur ein Theil der harten Haut, die anfänglich an der Gefäſshaut und der Linsenkapsel eng anliegt, sich erst spät von diesen Theilen entfernt und dadurch die vordere Augenkammer erzeugt**)Theil I. S. 77. 130.. Die vordere Augenkammer füllt sich mit einer Flüssigkeit, die wahrscheinlich in einem dünnen umhüllten Sack (die Haut der wäſsrigen Feuchtigkeit) eingeschlossen ist, wie sich eine ähnliche Flüssigkeit und die Spinnewebehaut da erzeugen, wo harte Haut und GefäſshantP 2116vom Centraltheile des Nervensystems weiter von einander trennen. Die Regenbo - genhaut scheint eine spätere Absonderung vom äuſsern Rande der Gefäſshaut. Sie behält immer eine offene Pupille*)Theil I. S. 122.. Der Augapfel ist in der Mitte der Bebrütung ungemein groſs.

Die Bildung des Thränenkanals glaubte ich in einer Ausstülpung der Rachen - höhle, die zuerst nur wenig vor der Eustachischen Röhre liegt und sehr bald nach dieser sichtbar wird, zu erkennen, doch habe ich bisher noch nicht den ge - sammten Vorgang verfolgt.

Was die äuſsern Theile des Auges anlangt, so sieht man leicht, daſs die Augenhöhle ihre Gestaltung erhalten hat, indem die Hervorstülpung aus dem Hirne, welche das Auge bildet, bis in die Knochenregion eingedrungen ist. Doch erhält die Augenhöhle ihre Tiefe erst, wenn sich die äuſsere Fleischschicht ausbil - det. Die Augenlieder sind eine Entwickelung der Haut. Um den Augapfel herum erhebt sich die Haut als ein ringformiger Wulst. Dieser Wulst verlängert sich gegen den vorragenden Theil des Augapfels, so, daſs zuerst eine elliptische Lücke und dann endlich eine enge Spalte übrig bleibt. Diese Augenliederspalte schlieſst sich in den Embryonen der Vögel nie vollständig**)Theil I. S. 122. 130. 134.. Die Nickhaut ist ebenfalls eine Hautfalte. Auffallend war es mir, daſs die Muskeln und die Sehne zur Bewegung derselben schon am fünften Tage deutlich sind.

p. Ohr.
159

Das Ohr ist eine am Ende des zweiten Tages hervortretende Ausstülpung aus dem hintern Theile des Hirnes. Es schiem mir aus der Grenze zwischen Hin - terhirn und Nachhirn hervorzukommen. Von auſsen erscheint das Ohr fast eben so wie das Auge. Man sieht einen hellen Kreis umgeben von einem dunkleren Ringe. Das Ohr kommt aber der äuſsern Fläche nicht so nahe, als das Auge. Daher wird die Ausstülpung bald unkenntlich, indem sie von Knorpelmasse eng umschlossen wird. Wie sich hier die herausgestülpte Blase in das Labyrinth um - formt, ist noch nicht näher bekannt. Daſs aber der Hörnerv eben so durch eine Abschnürung sich bildet wie der Sehnerv, ist augenscheinlich. Aus der Rachen - höhle wächst dem Ohr eine von Schleimhaut umkleidete Ausstülpung entgegen und bildet die Ohrtrompete und ohne Zweifel die Trommelhöhle. Diese Ausstül - pung beginnt so wie die erste Kiemenspalte sich geschlossen hat, und an derselben Stelle. Von der Verwachsung der ersten Kiemenspalte bleibt einige Zeit eine Queerfurche an der innern Fläche. Das obere Ende dieser Queerfurche zieht sich allmählig in Länge aus, während der übrige Theil sich ausglättet, und ist nun schon117 Ohrtrompete. Daſs die Ohrtrompete Anfangs sehr weit ist wie in den Reptilien, später länger wird, aber dem Keilbeine doch nur anliegt, wie in den Säugethie - ren, und zuletzt erst als Eigenthümlichkeit für die Vögel vom Keilbeine umschlos - sen wird, wollen wir nicht unbemerkt lassen. Das äuſsere Ohr bildet sich durch eine Entwickelung der Haut, die als wulstiger Rand beginnt, wie die Augenlieder, aber da die Ohrblase nicht ganz bis an die äuſsere Fläche reicht, ihr entgegen durch darunter liegende Substanz, die zur äuſsern Fleischschicht gehört, eine Ein - stülpung bildet, den äuſsern Gehörgang nämlich. Die Stelle dieser Einstülpung ist allerdings der Raum zwischen dem ersten und zweiten Kiemenbogen, doch glaube ich mit Bestimmtheit wahrgenommen zu haben, daſs vorher dieſe ehema - lige erste Kiemenspalte vollständig geschlossen war*)Es ist auch nicht abzusehen, wie sich das Trommelfell ohne den vorhergegangenen Schluſs bil - den sollte. Ueber Herrn Prof. Huschke’s Darstellung von der Entwickelung des Auges und des Ohrs gedenke ich an einem andern Orte ausführlich zu sprechen., obgleich man äuſserlich noch keine Vertiefung wahrnimmt.

Es tritt ferner aus dem Vorderhirne auf jeder Seite eine Ausstülpung hervor,q. Nase. der Riechkolben, der nur bis an die Schädelwand reicht**)Diese Ausstülpung ist jedoch nur eine relative, indem der übrige Umfang des Vorderhirnes, wäh - rend es sich formt, von der Schädelwand sich zurückzieht, der Zapfen aber, den wir Riechkol - ben oder Riechnerven nennen, anhaftend bleibt und nur sehr wenig sich löst. Es wäre nämlich eine falsche Vorstellung, wenn man glaubte, daſs der Riechkolben erst später sich hier an den Schädel anlegte und nun mit den einzelnen durch die Lamina cribrosa gehenden Nerven - fäden verwüchse. Auch die andern Ausstülpungen für die Sinnesorgane bilden sich, wenn die Markblätter noch eng an der Umgebung haften.. Wo er diese be - rührt, sieht man zuvörderst ohne Veränderung der äuſsern Bekleidung von auſsen einen dunkeln Ring um einen hellen Kreis, indem man in den hohlen Riechnerven gerade hineinsieht; sehr bald aber bildet sich an der Stelle, an die der Riechkol - ben auſtöſst, äuſserlich ein Grübchen, die Riechgrube. Sie ist das eigentliche Riechorgan, zu welchem der Nasengang erst später durch Ausbildung des Gau - mens und Oberkiefers hinzutritt (§. 7. v.). Der Riechkolben verlängert sich, ver - liert ziemlich früh seine Höhlung und ist nun der sogenannte Riechnerv oder der Stamm der in der Schleimhaut der Nase liegenden Nervenfäden.

Eine Vergleichung der Entwickelungsgeschichte dieser drei Sinnesorgane lehrt, daſs das Auge eine Hervorstülpung aus der Medullarröhre durch die Fleisch - schicht hindurch bis an die Haut, das Ohr eine Entwickelung aus der Medullar - röhre bis in die Knochenregion der Fleischschicht und die Nase eine Entwickelung aus dem Hirne bis an die Knochenregion ist. Für das Auge bildet die Haut nur noch einige Decken, für das Ohr bildet sie eine Einstülpung um die mittlere Ab -118 theilung des Ohrs zu erreichen. Die Ohrblase (das häutige Labyrinth) wird von der Knochenmasse eng umschlossen. Diese Umschlieſsung ist das knöcherne La - byrinth. Für die Nase müssen wir das Analogon der Blase im Innern des Schädels suchen. Es ist die Spitze des Riechkolben oder der Bulbus olfactorius in den - jenigen Thieren, bei denen der Riechkolben zu einem Riechnerven wird. Dem Ohre wächst noch eine Ausstülpung aus der Rachenhöhle entgegen. Hieraus schon lieſse sich vermuthen, daſs der Thränengang auf ähnliche Weise sich bildet.

r. Zunge.
161

Ich habe nicht finden können, daſs für die Bildung der Zunge sich ein Theil des Hirnes hervorstülpt. Vielmehr sah ich nur, daſs die Zunge aus der untern Wand der Rachenhöhle sich allmählig erhob, wo die hinter der Mundspalte lie - genden untern Wirbelbogen (die Wiederholungen der Rippen) sich von den um - gebenden Kieferbogen lösen, um das Zungenbein zu bilden. Hiernach wäre die Zunge ihren organischen Verhältnissen nach wesentlich von den übrigen Sinnes - organen verschieden, wenn sich nicht nachweisen läſst, daſs zu ihrer Bildung auch ein hohler Nerv beiträgt. Sollte sich vielleicht ein Ast des fünſten Nervenpaares aus dem Hirne hervorstülpen? Man darf wenigstens die Beobachter auf diese Frage aufmerksam machen. Ich vermuthe, daſs sie mit Nein wird beantwortet wer - den, theils weil ich keine solche Ausstülpung finden konnte, theils weil der Ge - schmack nur eine Modification der allgemeinen Perceptionsfähigkeit des verdauen - den Kanals ist.

s. Verdau - ungsapparat überhaupt.
161

Von der Ausbildung des Verdauungsapparates ist schon bei Betrachtung der allgemeinen Formen der Umgestaltung so viel gesagt worden, daſs ich auf das be - reits Vorgetragene mich berufen kann.

Ich erinnere, daſs die untere, dem Dotter zugekehrte Fläche des Keimes allmählig die Natur einer Schleimhaut annimmt, daſs durch das Zusammenneigen der Bauchplatten diese Schicht in der ganzen Länge des Embryo eine innere Röhre bilden würde, wenn die Darmplatten sich in Form einer Naht zusammen legten (§. 6. i. m.). So ist die Darmbildung aber nicht ganz, vielmehr schnürt sich der Embryo zugleich von allen Seiten von der übrigen Keimhaut ab, und zwar tritt diese Abschnürung am vordern Ende zuerst auf (§. 6. n.). Am vordern Ende also bekommt der Embryo zuerst eine untere Wand, und die Schleimhaut muſs hier in Form einer blinden Grube die innere Fläche des Embryo bilden. Indem die Ab - schnürung weiter fortschreitet und zugleich der Embryo wächst, wird diese Grube länger ausgezogen und erhält die Form einer Röhre, die nach vorn geschlossen ist, nach hinten aber offen in das Innere der Dotterkugel übergeht. Bald bricht aber auch am vordern Ende eine Oeffnung unterhalb des Schädels durch. Diese Oeffnung ist die Mundspalte, so wie das ganze Rohr der vordere Theil des Speise -119 kanals oder Darmkanals ist. Da dieses Rohr sich allmählig mehr verlängert und also immer mehr von dem Darmkanale gebildet wird, so ist es ganz passend, den vordern schon in ein Rohr verwandelten Theil des Darmkanals, er mag mehr oder weniger umfassen, mit Rathke den Munddarm zu nennen. Die hintere in die Dotterkugel übergehende Oeffnung nennt man gewöhnlich nach Wolff Fovea cardiaca, was man bald Magengrube, bald Herzgrube übersetzt hat. Da aber diese Oeffnung zu dem Herzen gar keine Beziehung hat, und auch zu dem Magen keine bleibende, indem sie immer weiter nach hinten vorrückt, so scheint mir die Benennung: Vorderer Eingang in den Darmkanal Aditus anterior ad in - testinum weniger zu Miſsverständnissen Veranlassung zu geben*)Ueber die Bildung des Munddarmes siehe im ersten Theile S. 17. 26. 27. 46. 59. wo aber die von Rathke erst später aufgestellte Benennung: Munddarm, noch nicht gebraucht ist..

Am Ende des zweiten Tages fängt die Abschnürung an auch am hintern Ende zu wirken. Es bildet also auch hier die Schleimhaut eine blinde Grube, die sich zu einer Röhre verlängert, später hinten durchbricht und den Aſter bildet. Nach vorn geht sie offen in die Höhle der Dotterkugel über. Diesen Uebergang nennt Wolff Foveola inferior, das untere Grübchen. Wir wollen ihn den hin - tern Eingang in den Speisekanal Aditus posterior nennen, so wie das hier gebildete Darmstück mit Rathke den Afterdarm**)Im ersten Theile handeln Seite 37. 49 u. folg. vom Afterdarme, ohne diesen Ausdruck anzu - wenden..

Es wäre eine sehr falsche Vorstellung, wenn Sie glaubten, daſs an diesen Eingängen die beiden gebildeten Darmstücke wie in den Leib des Embryo gesteckte Trompeten plötzlich aufhörten. Da die Schleimhaut, aus welcher die Darmstücke gebildet sind, früher die ganze untere Fläche des noch völlig offen ausgebreiteten Embryo einnahm, so muſs auch jetzt, da nichts verloren gegangen, zerrissen oder aufgelöst ist, eine Fortsetzung der Schleimhaut unter dem Embryo fort vom Munddarme zum Afterdarme reichen. Sie hat nur darin ihre Verhältnisse geän -Taf. I. u. II. Fig. III. VIII. dert, daſs sie durch Ausbildung der Gekrösplatten von der Wirbelsäule entfernt worden ist***)Theil I. S. 43.. Dieses verbindende Mittelstück bleibt, so lange der Munddarm nur kurz ist, ziemlich flach ausgebreitet. So wie aber beide Darmstücke sich verlängern, wird zuvörderst das verbindende Mittelstück durch Entwickelung der Gekrösplatten von der Wirbelsäule entfernt und zugleich bildet es sich in eine Rinne um, indem zu beiden Seiten ein Streifen der Schleimhautschicht in Verbindung mit der anliegenden Gefäſsschicht sich aus der übrigen Fläche etwas abgrenzt und nach unten richtet. Diese Streifen sind schon Darmplatten von uns genannt. So ha -120 ben wir denn am dritten Tage drei Abtheilungen, einen Munddarm, einen viel kürzern Afterdarm und zwischen beiden einen offenen Halbkanal, den man die Darmrinne*)Wolff nennt das unvollendete Darmstück zwischen Munddarm und Afterdarm auch Mittel - darm (Intestinum medium.). Mit dem Ausdrucke Fistula intestinalis bezeichnet er aber eine theils erwähnte, theils weiter unten zu besprechende Lücke zwischen beiden Gekrös - platten. nennen kann**)Theil I. S. 44. 45. 46. 57..

Aus der gegebenen Darstellung geht schon hervor, daſs die beiden Eingänge mit ihren obern Rändern unmittelbar in die Darmrinne übergehen müssen. Allein da die Keimhaut überall weit über den Embryo hinausreicht, die ganze untere Fläche der Keimhaut von der Schleimhautschicht gebildet wird, da ferner Mund - darm und Afterdarm nur durch Abschnürung von dieser Haut geformt werden, so ist es ganz offenbar, daſs die Eingänge in die genannten Darmstücke nichts sind als Uebergänge und daſs ihre Wand sich von allen Seiten in die Schleimhautschicht des gesammten Keimes fortsetzt. Der zunächst angrenzende Theil der Keimhaut ist aber derjenige, der am dritten Tage und am Anfange des vierten die Kappe (§. 5. n.), oder Wolff’s falsches Amnion bildet. Man kann also auch sagen, daſs der Darm von allen Seiten in die Kappe übergeht.

Während aber die Darmbildung bis zu der beschriebenen Stufe ihrem Schlusse sich nähert, hat sich die Keimhaut sehr vergröſsert und umschlieſst endlich den ganzen Dotter. In dieser Form haben wir sie den Dottersack genannt. Die Ein - gänge in die bereits gebildeten Darmstücke gehen also in den Dottersack über, und wir hätten diesen Ausdruck gleich Anfangs gebrauchen können, statt zu sagen, daſs sie am dritten Tage in die Dotterkugel sich öffneten, wenn nicht allmählig, ohne daſs die Verhältnisse der Darmstücke darauf Einfluſs gehabt hätten, der Dot - tersack sich erst gebildet hätte.

Sie werden aber nun leicht ersehen, daſs mit dem Fortschreiten der Abschnü - rung beide Darmstücke sich gegen einander verlängern, ihre Eingänge sich - hern und zuletzt nur einen einzigen Uebergang aus dem Darm in den Dottersack bilden. Am Schluſs des vierten Tages ist gewöhnlich noch ein kleiner Theil des Darmes rinnenförmig gegen den Dottersack offen, am fünften Tage verwandelt sich diese Rinne in eine rundliche Lücke. Es ist dieselbe, die wir schon den Darmnabel (§. 5. m.) genannt haben. Nach dem fünften Tage zieht sie sich in einen engen Kanal aus, der unter dem Namen Dottergang bekannter ist***)Theil I. S. 46. 59. 69. 80..

Dies wäre die Geschichte von der Bildung des Speisekanals als eines Ganzen. Er wächst aus einem Munddarme und einem Afterdarme zusammen. Er wächstaber121aber auch in seitlicher Hinsicht aus zweien Darmplatten zusammen, denn mit Aus - nahme der beiden äuſsersten Enden sondert sich immer beim Vorrücken beider Eingänge der ihnen benachbarte Theil des vegetativen Blattes, der zum Darme werden soll, in zwei wie Hohlkehlen gekrümmte Darmplatten ab, so daſs ich glaube in den einleitenden Bemerkungen das Verhältniſs bezeichnend angegeben zu haben, indem ich sagte, daſs zwei Darmplatten sich gegen einander neigen um den Darm zu bilden, daſs diese aber nicht wirklich in einer scharf ausgebildeten Naht mit einander verwachsen, sondern daſs eine allseitige Abschnürung den Uebergang in den Dottersack verengt (§. 5. m. n.). Sie werden sich dabei erin - nern, daſs die Darmplatten nicht etwas ganz Neues und Isolirtes sind, nicht wie Sie wohl hie und da aus Miſsverständniſs angegeben finden, zwei Platten, die aus der Wirbelsäule herauswachsen, sondern selbstständiger werdende Theile des ve - getativen Blattes, das von Anfang an da war*)Wolff hat zuerst diese Entwickelungsweise erkannt und vollständig aus einander gesetzt in der gröſsten Meisterarbeit, die wir ans dem Felde der beobachtenden Naturwissenschaften kennen, in seiner Abhandlung: De formatione intestinorum. Sie findet sich im 12ten und 18ten Bande der Novi Commentarii Acad. Petropolitanae. Meckel hat diese Arbeit über - setzt und als ein besonderes Buch unter dem Titel: C. F. Wolff über die Bildung des Darm - kanals im bebrüteten Hühnchen. Halle 1812. 8. begleitet mit einer Vorrede, welche die Ueberein - stimmung in der Entwickelung der Säugethiere und Vögel untersucht, herausgegeben. Auf dieses Buch verweise ich hiermit zur weitern Belehrung über die Entwickelung des Darmes nicht nur, sondern der frühern Entwickelungsgeschichte überhaupt. Fast alles, was in dieser Darstellung mir nicht richtig scheint, habe ich besonders bemerkt, um Miſsverständnisse zu vermeiden. Ein ungünstiges Geschick hat es gewollt, daſs gerade die Hauptsache in diesem Buche, die Ent - deckung von der Bildungsweise des Darmes, von Physiologen meistens miſsverstanden ist. Man hat Wolff die Ansicht untergelegt, daſs aus der Wirbelsäule die beiden Darmplatten heraus - wüchsen und sich an einander legten. Wolff sagt aber an sehr vielen Stellen mit den bestimm - testen Ausdrücken, daſs die Darmplatten Theile seines Amnion spurium sind. Sein Amnion spu - r[ium]ist aber unsere Kappe, ein Abschnitt des vegetativen Blattes der Keimhaut. In dem gan - zen Werke finde ich nur eine einzige Stelle, welche zu einem Miſsverständniſs allenfalls hätte Veranlassung geben können, welche aber durch so viele andere Stellen ihre Erläuterung erhält. Ich mag diese einzelnen Stellen hier nicht anführen, da ich mir vorbehalte. auf eine Kritik des ersten Theiles von diesem Werke, die sich in der Isis v. J. 1829 findet, zu antworten, um Wolff von der gemachten Anschuldigung zu befreien, und ich bei Abfassung des vorliegenden Manu - scriptes noch nicht weiſs, ob ich die Antwort meinem Buche selbst anhänge, oder in die Isis rücken lasse..

Oken hat diese Darstellung der Darmbildung getadelt, und er glaubt, man müsse den Vorgang so ansehen, als ob beide Darmenden in den Embryo hinein - wüchsen. Allein abgesehen davon, daſs überhaupt der Embryo nicht aus aller - lei Einzelheiten zusammengesetzt wird, sondern diese aus seiner Einheit entwik - kelt, mache ich besonders darauf aufmerksam, daſs das vordere und hintere Ende des Darmes schon ursprünglich den entsprechenden Stellen des Embryo anhaftenII. Q122und dort verharren. Die Mitte des Darmes, die wir später entfernt von der Wir - belsäule ſinden, lag ursprünglich auch dicht unter ihr und entfernt sich erst spä - ter. Es trennt sich also der vegetative Theil des Embryo vom animalischen, statt nach jener Ansicht sich ihm zu nähern. Daſs ein Theil des Darmes aus der Lei - beshöhle hervor - und dann wieder in dieselbe zurücktritt, ist ein sehr viel späterer Vorgang, von dem wir sogleich sprechen werden. Allerdings bekommt der Dottersack zwei Zipfel, wenn wir den Dottersack und den Darm als ein Ganzes betrachten. Aber diese Zipfel die beiden Darmenden bilden sich im Vo - gel (wie im Säugethier und Reptil) nur dadurch, daſs der oberste Theil des Dot - tersackes sich durch eine Verengerung vom übrigen viel gröſsern Theile, dem eigentlichen Dottersacke, abschnürt. Da ferner ein ganz ähnlicher Vorgang im animalischen Blatte den Hautnabel erzeugt, so glaube ich mit dem Ausdrucke Ab - schnürung die Wesenheit des Vorganges am treffendsten bezeichnet zu haben*)In wie weit dabei auch von einem Hineinwachsen, aber in einem viel geringern Maaſse gespro - chen werden kann, habe ich im ersten Theile S. 46 aus einander gesetzt. Aber eben dieses Hin - einwachsen ist mehr ein Hineinstülpen durch die Abschnürung, indem wirklich ein Theil der Kopfkappe die untere Wand des Munddarmes wird. Oken sagt auch in Bezug auf die Dar - stellung im ersten Theile: Daſs die Därme in ihrer Mitte kein Loch haben, und mithin sich nicht im Blinddarme schlieſsen können, dächten wir, wäre eine Sache, die man einem neuern Physiologen nicht mehr vorzusagen nöthig haben sollte. Ein Loch, das aus der gesammten Frucht herausführt, ist freilich nicht da. Auch ist davon nirgends gesprochen, so wie überhaupt das Wort Loch geflissentlich vermieden ist, weil man dabei zu leicht an Aufhebung einer Con - tinuität denkt. Aber von Oeffnungen des Darmes, von Uebergängen und Eingängen aus dem Dottersacke in den Darm und umgekehrt, ist öfter gesprochen worden. Und warum nicht? Es bilden doch offenbar Dottersack und Darm zusammen den Verdauungsapparat des Embryo. Wenn ich nun den abgeschnürten Theil Darm nenne, warum soll ich denn, um von der Continuität der Höhlung zu sprechen, nicht sagen dürfen, daſs der Darm gegen den Dottersack eine Oeffnung oder einen Eingang hat, so gut wie der Magen gegen die Speiseröhre oder umgekehrt eine Oeff - nung oder einen Eingang hat? Oder soll keine Continuität der Höhlung da sein? Ich weiſs wohl, daſs auch in neuer und selbst in neuester Zeit von Herrn Dr. Plagge (in Hecker’s Annalen der Heilkunde 1829. Febr.) die Behauptung aufgestellt ist, der eigentliche Darmkanal nähme als ein von Anfang an geschlossener Kanal seinen Ursprung aus der Fovea cardiaca. Allein da es nicht meine Absicht seyn konnte, auf eine Widerlegung aller Behauptungen einzugehen, so habe ich nur solche Meinungen beleuchtet, welche noch bei Kennern des Faches gelten. Diese schienen mir aber über das Nichtgeschlossenseyn des Darmes einig. Auch ist nichts leichter einzuschen. Oken kann jene Meinung Anderer unmöglich verfechten wollen, da sie gegen alle seine Ansichten wäre. Es ist in der That schwer, den gemachten Vorwurf zu verstehen. Bezieht er sich etwa darauf, daſs ich den Darmkanal nicht auſserhalb der Bauchhöhle entstehen lasse? Dann ist die Natur strafbar, nicht ich. Und nun der Blinddarm! Von diesem habe ich doch nichts gesagt.. Der abgeschnürte Theil des Dottersackes ist der Darm.

Der Darmkanal ist bis auf die Zeit, wo Munddarm und Afterdarm zusam - menstoſsen, noch ziemlich gerade und hat wenig Verschiedenheit in seinen ein - zelnen Abschnitten. Deshalb nennt Wolff ihn bis zu dieser Zeit den Urdarm,123 Intestinum primitivum. Er hat in seiner ganzen Länge zwei Schichten, eine innere aus einer Schleimhautröhre bestehende, und eine äuſsere aus der Ge - fäſsschicht gebildete. Ueber ihm setzt sich die Gefäſsschicht durch das Gekröse bis zur Wirbelsäule fort. Das Gekröse wird durch die beiden Gekrösplatten ge - bildet, welche mit ihren obern Rändern an der Wirbelsäule angeheſtet bleiben, während ihre untern Ränder sich zuerst nach unten stellen und dann einander - hern, die Schleimhaut von der Wirbelsäule entfernend, und zuletzt über ihr mit einander verwachsen. Den kurze Zeit bestehenden Zwischenraum zwischen bei - den Gekrösplatten habe ich die Lücke des Gekröses genannt*)Diese Lücke ist es, welche Wolff wenigstens so lange als die Schleimhaut noch anliegt Darm - rinne Fistula intestinalis nennt, weil er sie von der Höhlung des Darmes nicht unter - scheidet. Das ist sein Hauptversehen..

Ferner erinnern wir aus dem Frühern, daſs schon vor der Darmbildung das animalische und das vegetative Blatt der Bauchplatten mit Ausnahme der beiden äuſsersten Enden sich von einander entfernt haben und daſs dadurch an jeder Seite von Herz und Darm eine rinnenſörmige Lücke gebildet wird, welche beide zusam - men die Leibeshöhle bilden**)Eine solche rinnenförmige Lücke, die Hälfte der Bauchhöhle, nennt Wolff Fistula abdo - minalis, war Meckel mit Unterleibsrinne übersetzt..

Der so gebildete Speisekanal ist das Primitivorgan nicht nur für den gesamm - ten Verdauungsapparat, sondern auch für den Athmungsapparat und einen Theil des Harn - und Geschlechtsapparates. Werfen wir jetzt einen Blick auf die ein - zelnen Theile!

Das vorderste Ende, das vom dritten Tage an zu einem weitern Trichtert. Rachen - höhle. sich gestaltet, wird um diese Zeit wohl am besten mit dem Namen der Rachen - höhle bezeichnet. Bald aber bilden sich Unterkiefer und Oberkiefer aus, die Höhle wird dadurch in ihrem vordersten Ende nach unten und vorn verlängert, und diese Verlängerung ist die Mundhöhle. Indem beide Oberkieferhälften und die Seiten -u. Mund - höhle. äste des Stirnfortsatzes unterhalb der Nasengrube zusammenwachsen und sich auch nach hinten zu einer Wand (dem Gaumen) mit den entsprechenden Theilen der andern Seite verbinden, werden die Nasenhöhlen von der Mundhöhle abgeschie -v. Nasen höhlen. den. Die Nasenhöhlen sind anfänglich sehr kurz, werden aber durch Verlänge - rung des Gaumens allmählig länger, doch reicht ihr hinterer Ausgang nicht viel über die Mitte der gesammten Decke der Mund - und Nasenhöhle hinaus. Im hintern Theil der Rachenhöhle bilden sich am dritten Tage auf jeder Seite drei Spalten, die man wegen ihrer Uebereinstimmung mit ähnlichen bleibenden Spal - ten der Fische Kiemenspalten nennen muſs. Im Vogel-Embryo verharren sieKiemenspal - ten. aber nicht lange. Schon am dritten oder vierten Tage pflegt die erste zu verwach -Q 2124sen, während sich eine hinterste vierte bildet. Am fünften Tage oder spätestens am sechsten Tage pflegen sich auch die übrigen zu schlieſsen, die zweite Spalte zuletzt. Die schmalen Theile der Seitenwand, die zwischen diesen Spalten lie - gen, nennen wir Kiemenbogen, so lange die Spalten bestehen.

w. Speise - röhre.
171

Etwas später als die Rachenhöhle gewinnt der hinter ihr liegende Abschnitt einige Eigenthümlichkeit durch sehr rasche Verlängerung und Verengerung. Es ist die Speiseröhre. Der Kropf ist eine viel spätere, nach rechts gerichtete Aus - sackung der Speiseröhre. Im Primitivorgane scheint der Abschnitt, der später zur Speiseröhre werden soll, überaus kurz zu seyn, ein Verhältniſs, das freilich im Säugethier sich vollständiger nachweisen läſst.

x. Magen.
171

Der Magen ist auch anfänglich von dem übrigen Darmkanale nicht verschie - den. Allmählig tritt eine Erweiterung auf, aber nicht gleichmäſsig im ganzen Umfange. Sie ist stärker nach dem Rücken zu und bald ein wenig nach links. Indem aber diese stärkere Wölbung zunimmt, dreht sie sich immer mehr nach links und endlich etwas nach unten. Der Magen ist anfänglich ein einfacher Sack, und es schien mir, daſs er erst später sich in den Vormagen und einen Muskelma - gen sondert, die den körnerfressenden Vögeln eigenthümlich sind.

y. Darm.
171

Der Darm ist im Augenblicke, wo er sich bis auf den Darmnabel schlieſst, sehr kurz. Dann verlängert er sich rasch und bildet zwei Windungen, eine ent - hält den Zwölffingerdarm, eine andere gegen den Nabel gerichtete den übrigen Darm. Der weite und enge Darm sind in der ersten Zeit gar nicht verschieden und ihre Grenze wird nur durch das Heraussacken der Blinddärme bezeichnet, und erst in der zweiten Hälfte des Embryonenlebens ist der erstere durch gröſsere Weite merklich unterschieden. Jene Grenze ist nicht die Stelle, wo Munddarm und Af - terdarm zusammentreten, vielmehr mündet sich der Dottergang mitten in den en - gen Darm ein, wo bei manchen Vögeln ein Rest von ihm zurückbleibt, der mit dem Namen eines Diverticulum bezeichnet wird. Der dünne Darm nimmt be - sonders an Länge und Windungen zu, findet daher keinen Raum mehr in der Bauchhöhle, es treten einige Windungen aus derselben heraus in den Hautnabel und liegen sogar zum Theil weit auſserhalb des röhrig ausgezogenen Hautnabels. In der letzten Zeit wächst der Darm weniger in die Länge, dagegen vergröſsert sich die Bauchhöhle rasch. Der Darm tritt nun wieder ein und nimmt den unter - dessen verkleinerten Dottersack mit, der innerhalb der Bauchhöhle nach der Ge - burt noch rascher sich verkleinert, bei einigen Vögeln aber, z. B. der Nachtigall, nie ganz verschwinden soll.

125

Das hinterste Ende des Darmkanales bildet sich zur Kloake aus, welchez. Kloake. sich in den Harnsack und in die Bursa Fabricii verlängert.

Die Leber ist eine Ausstülpung aus dem Darme. Wenn der Munddarm bisaa. Leber. zu einer gewissen Länge entwickelt ist, erheben sich aus ihm zwei stumpfe hohle Zapfen nach auſsen und unten. Diese Zapfen umfassen den an der untern Wand vom hintern Ende des Munddarmes liegenden Venenstamm. Die Hervorstülpung hat im Anfange eine sehr breite Basis, die aber rasch enger wird. Sie wird ohne Zweifel vorherrschend durch die Schleimhaut des Darmes bewirkt, denn anfäng - lich sieht man die unterdessen dicker gewordene Gefäſsschicht gar nicht erhoben. Die Ausstülpungen der Schleimhaut verästeln sich in die Gefäſsschicht hinein und nun erst erhebt sich diese in Form eines Hügels. Beide Ausstülpungen rücken einander immer näher, so daſs bald an der Basis beide jetzt viel enger geworde - nen Eingänge aus dem Darme in diese Ausstülpungen zusammenrücken und von nun an ein gemeinschaftlicher Kanal sich aus dem Darmkanale hervorzieht, wäh - rend sich die Spitzen der ersten Ausstülpungen weiter verästeln. Jene zwei Aus - stülpungen sind die beiden Hauptäste des Leberganges, der gemeinschaftliche später ausgestülpte Stiel ist der Lebergang selbst, aus welchem sich viel später die Gallenblase durch eine neue Ausstülpung bildet, wodurch ein Theil des Le - berganges zum Gallengange wird. Die Gefäſsschicht hat an Masse unterdessen sehr zugenommen und bildet das Parenchyma der Leber, die eingeklemmte Vene aber verzweigt sich in das Parenchyma, wird also für die Leber arteriös, mit einem Worte zur Pfortader. Auf der vordern Seite flieſst das Blut aus der Leber wieder in die Vene zurück und bildet die Lebervenen. Anfänglich sind die Lebervenen unmittelbare Verlängerungen der Pfortader. Allmählig werden die Uebergänge immer enger und mehr verzweigt.

Aehnlich ist die Entwickelung des Pankreas, jedoch ohne wesentlichenbb. Pankreas. Einfluſs auf das Gefäſssystem, indem an der Stelle seiner Ausstülpung kein gro - ſses Blutgeſäſs liegt. Auch ist das Pankreas nur eine einseitige Ausstülpung aus dem Darme. Indessen sah ich öfter in der ersten Zeit der Entwickelung eine ähnliche Ausstülpung auf der andern Seite des Darmes, die aber bald zu schwin - den scheint.

Eben so sind die Speicheldrüsen verästelte Ausstülpungen aus der Mund -cc. Speichel - drüsen. höhle. Weber und Rathke haben sie in dieser Entwickelung vollständig ver - folgt, und ich habe wenigstens so viele Stuſen dieser Ausbildung in den Vögeln gesehen, um diese Ueberzeugung auch zu der meinigen zu machen.

Auch der gesammte Athmungsapparat ist eine Ausstülpung aus dem Speise -dd. Ath - mungsappa - rat. kanale. Dicht hinter der letzten Kiemenspalte sicht man am dritten Tage zu bei -126 den Seiten eine kleine Erhöhung. Die anatomische Untersuchung zeigt, daſs sie hohl ist. Beide erheben sich zu länglichen Säckchen und rücken zugleich nach unten, bis sie eine gemeinschaftliche Basis erhalten, die sich rasch in einen hoh - len Stiel verlängert, wodurch die Säckchen schnell nach hinten geschoben wer - den. Jedes Säckchen hat noch vor der Vereinigung zu einem gemeinschaftlichen Stiele sich in zwei Abschnitte, ein kleines Stielchen und ein Säckchen, etwas ge - sondert. Dieses Säckchen jeder Seite ist eine Lunge, sein Stielchen ist der Luft - röhrenast, und der gemeinschaftliche Stiel ist die Luftröhre.

So ist also der gesammte Athmungsapparat ein Theil des Darmkanales, der hinter der letzten Kiemenspalte sich hervorstülpt. Er ist physiologisch ein Luſt - darm zu nennen.

In der weitern Ausbildung sieht man jede Lunge in zwei Abtheilungen sich scheiden, von denen die eine sich vielfach in Röhren zerspaltet und aus jedem Röhrchen neue röhrenförmige Aestchen mit keulenförmig abgerundetem Ende her - vortreibt. Diese Abtheilung wird die insbesondere sogenannte Lunge. Beide Lungen erheben sich während dieser Theilung ihrer Höhle gegen die Rückenwand des Brustkastens und heften sich hier an. Die andere Abtheilung jeder Lunge theilt sich auch, aber jeder Ast hat von Anfange an eine ansehnliche Weite und daher mehr das Ansehen eines Sackes. Diese Abtheilung verlängert sich mit sackförmigen Erweiterungen in alle Höhlen des Leibes bis in die Knochen, und ist das, was man die Luftsäcke im Vogel zu nennen pflegt. Sie ist eine untere blasige Lunge, wie die obere eine röhrige Lunge ist.

In der Luftröhre bilden sich mehrere Schichten und in einer derselben Knorpelringe, die zuletzt Knochenringe werden. Der Eingang in die Luftröhre erweitert sich etwas und wird zum Luftröhrenkopfe*)Theil I. S. 60. 70. 80. 96. 112. 128. 152..

ee. Gefäſs - system. Hi - stologische Ausbildung.
172

Erst jetzt, nachdem die meisten Theile in Hinsicht ihrer Entwickelung un - tersucht sind, können wir die Ausbildungsgeschichte des Gefäſssystems daran knüpfen. Das Gefäſssystem der Vögel, so wie aller andern Wirbelthiere, be - steht aus einem Herzen und verzweigten Kanälen, in denen Blut enthalten ist. Da das Herz selbst offenbar nur der mittlere Theil aller Kanäle ist, so haben wir überhaupt Blut und einschlieſsende Kanäle.

Es ist keinem Zweifel unterworfen, daſs das Blut sich früher bildet als die Kanäle. In allen lebendigen Theilen des Organismus, welche neuen flüssigen Stoff anziehen und in ihre Masse umwandeln, löst sich auch fortwährend ein Theil ihrer Masse in Flüssigkeit auf, welche sich von diesen Theilen fortbewegt,127 wie wir schon bei einer frühern Gelegenheit bemerkt haben. Eine solche Ver - flüssigung ist in der ersten Zeit des Embryonenlebens nur in derjenigen Schicht bemerklich, die wir die Gefäſsschicht genannt haben. Die so erzeugte Flüssig - keit ist eine kurze Zeit hindurch ungefärbt, wird dann gelblich und endlich roth, wodurch sie sich als wahres Blut zu erkennen giebt. Daſs später im Leibe des Embryo die Blutbildung auf dieselbe Weise erfolgt, sieht man am deut - lichsten in den vorragenden Rändern der Bauchplatten und der Extremitäten. Wenn die Enden der letztern noch blattförmig sind, bildet sich nahe am Rande und parallel mit ihm eine bogenförmige Anhäufung von Blut, die bald in doppelt so viel Kanäle abflieſst, als Finger sich erzeugen. Zum Wesen des Blutes gehört nämlich nicht allein, daſs es flüssig ist und roth wird, sondern auch die Bewe - gung nach einem bestimmten Ziele. Auf dem Wege, den eine Quantität Blut eingeschlagen hat, folgt bald neues Blut, und so werden die durch die erste Blut - masse erzeugten hohlen Gänge bleibende Bahnen, die in die festere Substanz ein - gegraben und nichts weiter sind, als Lücken in dieser Substanz. Sehr bald be - kommen die hohlen Gänge dichtere Wandungen*)Theil I. S. 81.. Allmählig aber nimmt diese Verdichtung so zu, daſs die Grundmasse des ganzen Körpers nur weich dagegen erscheint, und dann haben wir Gefäſse in Zellgewebe eingesenkt, wie im spätern Alter, wo nur noch in den äuſsersten Enden der Blutbahnen die Gefäſswände so dünn sind, daſs sie von dem sogenannten Parenchyma der Theile (dem Bil - dungsgewebe) nicht wesentlich sich unterscheiden.

Daſs die Gefäſswände nicht das Bedingende, sondern die Folge der Blutbe -Morpholo - gische Aus - bildung. wegung sind, lehrt die Entwickelungsgeschichte sehr auffallend auch dadurch, daſs in keinem organischen Systeme des Körpers die Veränderungen so groſs sind, als in der Vertheilung der Blutgefäſse. Tritt in einzelnen Organen eine sehr kräf - tige Entwickelung auf, so wird die Blutströmung zu ihnen stärker und unterge - ordnete Gefäſsstämmchen werden dann so ausehnlich, daſs die gesammte Blut - bewegung eine veränderte Richtung erhält. Den gröſsten Einfluſs auf die Ver - änderungen des Gefäſssystems hat aber die Entwickelung der Athmungsorgane, und hiernach kann man mehrere Zeiträume im Leben des Vogels unterscheiden, von denen jeder eine eigenthümliche Form der Blutbewegung hat. In jeder Pe - riode sind aber wieder kleine Umwandlungen, welche die Umgestaltung in die ſolgende einleiten. Diese verschiedenen Hauptformen und Umwandlungen wol - len wir einzeln beschreiben.

Die erste Periode nehmen wir an bis zur Ausbildung eines ersten vollstän -ff. Erste Pe - riode. Entstehung des Gefäſs - systems. digen Kreislaufes. Sie umschlieſst die beiden ersten Tage. Am Anfange ist128 noch gar keine Blutbildung kenntlich. Sie zeigt sich aber am zweiten Tage und zwar, wie bemerkt wurde, nur in der Gefäſsschicht. Von der Gefäſsschicht ist der gröſste Theil in der Keimhaut enthalten, nur ein kleiner liegt im Bereiche des Embryo. Indem der vordere Theil des Embryo in der ersten Hälfte des zwei - ten Tages sich schlieſst, wird hier viel von der Gefäſsschicht zusammengedrängt. Man sieht daher zwischen dem Vorderende der Bauchplatten zuvörderst zwei ge - bogene längliche etwas dunkelkörnige Massen, die zuerst nur an der äuſsersten Spitze wie zwei gegen einander gekehrte S zusammenstoſsen, dann vorn immer mehr zusammenrücken, weil sich mehr vom Embryo schlieſst, nach hinten aber in zwei Schenkel auslaufen, in Form eines umgekehrten[]*)Theil I. S. 28.. Da die Continui - tät der Gefäſsschicht nicht aufgehoben ist, so steigt von dieser verdickten Stelle eine aus zwei Blättern der Gefäſsschicht gebildete Fortsetzung bis zu dem dar - über liegenden Munddarme hinauf und umschlieſst ihn. Diese Fortsetzung ist die nach unten vorragende Verlängerung der Gefäſsschicht, deren wir früher (§. 6.) bei Untersuchung der Primitivorgane gedachten. Sie ist eine Art Gekröse für das Herz, denn jene[]förmige Verdickung wird zum Herzen, indem die innere Masse gegen die Mitte des zweiten Tages flüssig wird. Zugleich verlängert sich dieser Theil und ist nun ein geschlängelter, nach hinten zweischenkliger Kanal, der sich langsam zusammenzieht und seinen flüssigen, noch nicht gefärbten In - halt hin und her bewegt. Wir nennen ihn in diesem Zustande den Herzkanal, weil er von der spätern Form des Herzens wesentlich verschieden ist und mehr enthält als dieses. Der Stoſs des Herzkanals geht nach vorn und treibt hier all - mählig das Blut aus seiner vordern Spitze in zwei Bogen um das vorderste Ende des Speisekanals herum, nach oben gegen den Boden des Schädels. Von hier muſs es nach hinten getrieben werden, wie der Erfolg lehrt**)S. 31. 32. 33.. Während nun der im vordern Ende des Leibes zusammengedrängte Stoff der Gefäſsschicht flüssig wird, sieht man dieselbe Verflüssigung im übrigen Umfange der Gefäſsschicht. Alles so Verflüssigte strömt gegen den Embryo, und zwar gegen seinen vordern Eingang, und weil die Strömung innerhalb der Gefäſsschicht sich befindet, so gelangt sie in den Herzkanal. So ist also allerdings die venöse Strömung wohl die ursprüngliche. Indessen besteht sie nur sehr kurze Zeit allein, und wenn man häufig glaubt, daſs längere Zeit hindurch nur Venen im Embryo und seiner Keimhaut seyen, so beruht diese Vorstellung auf einem Irrthume von Wolff, der sämmtliche Gefäſse des ersten ausgebildeten Kreislaufes, durch einen in der That auffallenden Irrthum, für Venen hielt.

Je129

Je weiter vom Embryo entfernt das erste Blut erzeugt wird, um desto lang - samer scheint es zu flieſsen. So sammelt es sich besonders am Rande der Gefäſs - schicht an und bildet hier einen tiefen Graben, den Blutkreis, aus dem es nur langsam ausflieſst. Im Gefäſshofe zeigt sich das Blut zuerst roth, denn während man im Herzkanale noch ungefärbtes Blut sieht, ist es in dem Blutkreise und dem Gefäſshofe schon etwas geröthet. Dagegen glaubte ich zu bemerken, daſs im Herzkanale etwas früher die Verflüssigung sich findet, als in der Keimhaut, was schon durch die stärkere Ansammlung desselben Stoffes begreiflich wird. Indes - sen möchte ich hierauf auch kein Gewicht legen, da die erste Verflüssigung im Gefäſshofe seiner Dunkelheit wegen kaum kenntlich seyn kann*)Doch halte ich es entschieden für einen Irrthum, wenn man rothe isolirte Blutinseln im Ge - fäſshofe zu erkennen glaubt. Sie sind nur Schein, indem durch Oeffnung des Eies die Blutbe - wegung gestört ist und das Blut an einzelnen Stellen sich sammelt. Immer haben solche rothe Inseln Ableitnngen, die man bei Untersuchung im warmen Wasser erkennt, und immer wird man bei dem Anschein von Blutinseln das Herz gefüllt und in Bewegung sehen. Daſs das Herz - blut einige Zeit ungefärbt erscheint, mag daher kommen, daſs aus dem Gefäſshofe ihm nur we - nig Blut, oder zuerst vielleicht mehr Serum zuflieſst.. Durch den Fruchthof, in welchem die Gefäſsschicht am dünnsten ist, scheint sich das von auſsen kommende Blut nur langsam durchgraben zu können, denn die hintern Zipfel des Herzkanales, gegen welche alle Strömung gerichtet ist, bleiben einige Zeit noch dunkel und müssen also nur wenig Blut aufnehmen. Bald aber wer - den auch sie hell, und nun flieſst alles Blut aus den hintern Zipfeln in den Herz - kanal ein und aus dem vordern Ende desselben durch die zwei Bogen wieder ab**)Theil I S. 28. 31. 33. 34.. Diese zwei Bogen werden bald für den vermehrten Andrang zu schwach, und da zugleich die Spitze des Herzens sich zurückzieht, überdies auch die Ge - fäſsschicht, wie alle Primitivorgane die Einwirkung der Sonderung in die von uns sogenannten morphologischen Elemente erfährt, so entwickelt sich ein zwei - tes Paar von Bogen, gleichsam ein zweiter Wirbel für diese Sphäre, später ein drittes Bogenpaar und endlich beim Uebergange des zweiten Tages in den dritten ein viertes. Alle diese Bogen laufen innerhalb der Gefäſsschicht um die Rachen - höhle nach oben, die Bogen einer Seite gehen in einen Kanal zusammen und es verbinden sich diese beiden Kanäle zu einem gemeinschaſtlichen Stamme, der nothwendig auch innerhalb der Gefäſsschicht seyn muſs, aber da liegt, wo die Gefäſsschicht am Wirbelstamme anhaftet, d. h. über dem Darme. Jener Arte - rienstamm nämlich ist die Aorta, die beiden Kanäle, die ihn bilden und die vier Gefäſsbogen einer Seite aufnehmen, nennen wir die Aortenwurzeln. Daſs die Aorta schon durch die ersten Gefäſsbogen erzeugt wird, braucht kaum bemerktII. R130zu werden, doch scheint dieses sehr allmählig zu geschehen, so, als ob sich das Blut seine Bahn ausgraben müſste, weil man eine Zeitlang die Aorta nicht er - kennt und noch weniger Verästelungen*)Theil I. S. 34. 35. 53..

Noch ehe der vierte Gefäſsbogen gebildet ist, was am Anfange des dritten Tages erfolgt, ist die Aorta schon ganz ansehnlich und spaltet sich in der Mitte vom offenen Theile des Embryo in zwei Hauptäste**)Diese Hauptäste der Aorta hatte Wolff für Venen angesehen, daher seine Meinung, daſs am dritten Tage nur Venen vorhanden wären ein Versehen, das bei einem so anhaltenden Beobachter schwer zu begreifen ist. Vielleicht findet es seine Erklärung darin, daſs bei schwach - gewordenem Kreislaufe in dieser Zeit das Blut in den Arterien nach jedem Herzschlage fast eben so viel zurückflieſst, als es fortgestoſsen wurde; vielleicht auch in dem Umstande, daſs bei plötz - licher Erhitzung der stockende erste Kreislauf des Hühner-Embryo eine ganz umgekehrte Rich - tung annehmen kann. Ich habe das Umkehren des Kreislaufes in der ersten Zeit meiner Beob - achtungen, wo ich den Kreislauf dadurch länger zu erhalten suchte, daſs ich auf den in einem Uhrglase liegenden Embryo mit einem Theelöffel heiſses Wasser tröpfelte, zweimal gesehen. Das Umkehren der Bahn war volltsändig und sehr deutlich zu beobachten. Die Bewegung ging aus den Arterien in das Herz, und aus dem Herzen sah ich das Blut in alle Zweige der vordern Venen sich verbreiten, und es ging fast zwei Minuten so fort. In beiden Fällen war das ange - wendete Wasser zu heiſs und plötzlich aufgegossen. In späterer Zeit, wo ich nie wärmeres Was - ser anwendete, als die Brütmaschine giebt und meine Vorkehrungen mehr darauf gerichtet wa - ren, die Abkühlung des Embryo aufzuhalten, sah ich nie etwas Aehnliches., von denen jeder wieder einen stärkern Ast in rechtem Winkel in die Keimhaut abgiebt (die künftige Dot - tersackschlagader), der sich dort netzförmig vertheilt und einen schwächern im obern Winkel der Gekrösplatten***)Doch auch Verwundungen können einen Rückfluſs des Blutes in den Arterien erzeugen, was häufig genug geschieht. bis in das hintere Ende schickt.

Während sich so die arteriöse Hälfte des Kreislaufes ausbildet, ist die venöse auch weiter vorgeschritten. In der ganzen Keimhaut mehren sich, so weit die Gefäſsschicht reicht, die venösen Strömungen und sie vereinigen sich in zwei Hauptstämme. Einer sammelt das Blut aus der hintern Hälfte des Gefäſshofes, steigt am linken Rande des Embryo hinauf und geht in den linken Schenkel des Herzkanales über. Ein anderer sammelt das Blut aus dem vordern Theile des Blutkreises und des Gefäſshofes und geht ebenfalls in den linken Schenkel des Her - zens. Der rechte Schenkel des Herzens bleibt länger dunkel, als der linke, in - dessen empfängt er bald auch von vorn eine Vene, die mit der eben beschriebe - nen vordern Vene der linken Seite übereinstimmt, jedoch schwächer ist. Nie sah ich die rechte vordere Vene ganz so stark, als die linke. Zuweilen geht aber die rechte Hälfte des Blutkreises fast ganz unmittelbar in diese Vene über und nur die linke Hälfte in die linke vordere Vene; dann erscheinen beide ohne genaue Vergleichung fast gleich, und der Beobachter sieht zwei vordere Venen. In die -131 sem Falle zeigt sich auch die rechte vordere Vene schon am Schlusse des zweiten Tages, weshalb sie hier mit erwähnt werden muſs. Wenn aber der Blutkreis in zwei groſsen Bogen sich nur in die linke vordere Vene ergieſst, so wird die rechte später sichtbar, das Blut aus der rechten vordern Hälfte der Keimhaut sammelnd, und sie bekommt erst allmählig schwache Zuflüsse aus dem Blutkreise*)Theil I. S. 36..

Man ersieht schon aus dieser Darstellung, daſs die Herzschenkel nichts sind als Venen, oder wenigstens dazu werden, denn allerdings läſst sich in der ersten Periode gar keine Grenze zwischen ihnen und dem übrigen Herzen bestimmen. Es enthält nämlich der Herzkanal der ersten Zeit in der That mehr als das eigent - liehe Herz. Er ist der gemeinschaftliche Centraltheil des gesammten Gefäſssy - stems und kanalförmig wie die übrigen Gefäſse. Nicht nur sein hinteres, son - dern auch sein vorderes Ende wird zu Gefäſsen, das hintere zu einem Venen - stamme, das vordere erst zu einem, dann zu mehreren Arterien-Stämmen, wie der Verfolg zeigen wird. Beim Entstehen war der Herzkanal, wie wir bereits hörten, geschlängelt, seine Gesammtrichtung war aber doch gerade und er lag unter dem Hirne, eben so weit nach hinten reichend als dieses. Rasch aber ver - ändert er seine Lage und Gestalt. Durch die zunehmende Krümmung des Em - bryo wird der an der untern Fläche liegende Herzkanal verkürzt, denn seine Schenkel, die in dem Uebergange der Kopfkappe in dem vordern Eingange des Speisekanals liegen**)Theil I. S. 38., können nur langsam mit der Verengerung des Nabels zu - rückweichen, zugleich aber verengt sich aus eigenem Triebe der vordere Theil dieses Kanales, während die Mitte sich erweitert. Dadurch nimmt das vordere Ende mehr den Charakter eines Arterienstammes an, aus dem die vier Gefäſsbo - gen abgehen. Der hinter ihm liegende Theil treibt nun die noch nicht verwach - senen Bauchplatten aus einander und ragt nach rechts hufeisenförmig ausgebogen und in der Mitte am meisten erweitert, wie ein Bruch hervor, ist aber doch an der untern Fläche noch von einem häutigen Ueberzuge, der beide Bauchplatten zusammenhält und ein durch die Umschlieſsung des Embryo umgewandelter Theil der Keimhaut ist, bedeckt***)So ist der zwischen Wolff und Haller geführte Streit, ob das Herz in früher Zeit frei her - vorrage oder umschlossen sey, zu schlichten. Es ist kein geschlossener Thorax da, dieser bil - det sich erst indem die Bauchplatten von den Seiten und zugleich von vorn nach hinten ver - wachsen, und das Herz liegt überdies gar nicht im Thorax. Aber ganz frei ist es auch nicht, indem, in Folge der Abschnürung, am vordern Ende ein Theil der Hautschicht die untere Wand des Embryo bildet. Die Umbeugung der Hautschicht in die Keimhaut reicht nicht ganz so weit nach hinten, als die Umbeugung der Schleimhautschicht. In diesem Zwischenraume liegen die. Die Gegend, in welcher das Herz jetzt liegt, istR 2132aber keinesweges der künftige Brustkasten, sondern der Hals, denn die Stelle, an welcher die vordere Extremität sieh entwickelt, liegt weit hinter dem Raume, den das Herz am Schlusse des zweiten Tages einnimmt*)Wie in den Fischen bleibend..

gg. Zweite Periode. Kreislauf oh - ne gesonder - tes Athmungs - organ. Keimhautge - fäſse.
184

So wäre denn die erste ausgebildete Form des Gefäſssystems, mit welchem die zweite, vom dritten bis zum Schlusse des fünften Tages reichende beginnt, folgende. Im Blutkreise hat das Blut eine vorherrschende Richtung nach vorn und geht in zwei groſsen Strömen entweder in eine oder zwei vordere Venen der Keimhaut über. Die vordern Venen nehmen zugleich Blut aus der vordern Hälfte der Keimhaut, namentlich aus der Kopfkappe auf, die linke, gröſsere geht in den linken Herzschenkel über. In den rechten geht eine schwächere, die merk - lich später entsteht, wenn sie nicht durch den Blutkreis unmittelbar gebildet wird. Auſserdem ist eine (linke) hintere Vene der Keimhaut da, die aus dem hintern Theile der Keimhaut das Blut sammelt und mit ihren äuſsersten Reisern allmählig immer mehr mit dem Blutkreise in Verbindung tritt. Der Blutkreis hat also auch eine schwächere Strömung nach hinten, als nach vorn. Auſserdem erhält aber der Blutkreis auch im ganzen übrigen Umfange schwache Abflüsse, denn überall haben sich allmählig Rinnen gebildet, und da diese Rinnen zusammen - geflossen sind, so sind sie untergeordnete Reiser der gröſsern Venenstämme ge - worden und durchziehen netzſörmig die ganze Keimhaut, so weit die Gefäſs - schicht reicht. Es bildet sich später auch eine rechte hintere Vene, die in den rechten Herzschenkel geht, aber Anfangs sehr viel kleiner ist, als die entsprechen - de der linken Seite, und den Blutkreis nicht erreicht**)Theil I. S. 54..

Es geht also alles Venenblut in die beiden Herzschenkel ein, aber viel mehr durch den linken, als durch den rechten. Im Herzen wird es durch eine gemein - same Expansion eingeschlürft, dann durch eine Contraction nach vorn und durch drei bis vier Paar Gefäſsbogen nach oben gegen die Wirbelsäule getrieben. Die Bogen jeder Seite sammeln sich hier in eine Aortenwurzel, und beide Aortenwur - zeln bilden endlich die Aorta, die sich sehr bald in zwei Hauptäste spaltet, von denen jeder wieder an der Seite der Wirbelsäule einen schwächern Ast bis in das hintere Ende des Leibes, und einen stärkern seitlichen in die Keimhaut ab -***)Herzschenkel. Wer aber in die Abschnürung und die Schichten der Keimhaut einige Einsicht gewonnen hat, sieht leicht ein, daſs auch diese Schenkel nicht ganz entblöſst seyn können. Die Abbildungen auf unsrer ersten und zweiten Tafel werden dieses versinnlichen.133 sendet. Jenen kann man nach Analogie von Venen, deren bald Erwähnung ge - schehen wird, die hintere Wirbelarterie, diesen die Keimhautarterie nennen. Beide Arterien der Keimhaut verästeln sich nun vielfach und erreichen mit ihren letzten Enden den Blutkreis*)Theil I. S. 33. 37.. So ist also der Kreislauf vollständig, aber nur ein einfacher, indem das Blut auf seiner Bahn nicht durch ein gesondertes Ath - mungs-Organ geführt wird. Die Arterien der Keimhaut sind so stark, daſs sie nicht bloſs zur Ernährung derselben, sondern auch zur Umänderung des Blutes be - stimmt scheinen. Ich vermuthe daher, daſs schon jetzt eine Art von Athmung Statt findet, allein nicht in einem gesonderten Organe.

Hiermit haben wir die erste Form des Gefäſssystems, aber auch schon seine früheste Umgestaltung beschrieben, da wir der Zunahme der Venen und Arterien während des dritten Tages erwähnten.

Um die fernere Ausbildung des Gefäſssystems leichter verstehen zu können, erinnern wir uns zuvörderst, daſs in der zweiten Periode die Keimhaut sich zu ei - nem Dottersacke umbildet. Sämmtliche Keimhautgefäſse sind also Dottersackge -Dottersack - gefäſse. fäſse (Vasa vitellaria)**)Oder Gekrös-Nabelgefäſse Vasa omphalo-mesenterica, wie man die übereinstim - menden Gefäſse der Säugethiere genannt hat.. Neben diesem Gefäſssysteme bildet sich im zwei - ten Zeitraume auſser der Aorta ein Gefäſssystem im Körper des Embryo aus. Bei - den Abschnitten gehört das Herz mit gleichem Rechte an***)Zur vollständigen Darstellung aller Veränderungen des Gefäſssystems im Vogel würde wenig - stens eine ganze Tafel erfordert werden und damit hätte man doch nur die Geschichte dieses Systems in Einer Thierklasse dargestellt. Eine geringere Anzahl würde zum Verständnisse immer noch die Phantasie des Lesers und Beschauers in Anspruch nehmen. Ich glaubte daher auch mit einer einzigen dem dringendsten Bedürfnisse zu genügen, wenn ich sie so wählte, daſs sie den allgemeinen Embryonen-Typus in Bezug auf das Gefäſssystem ausdrückte. Diese Aufgabe habe ich in Fig. 10. Taf. IV. zu lösen versucht. Obgleich nun in der Erklärung der Abbildungen noch ausführlich über sie gesprochen wird, so will ich doch gleich hier auf sie verweisen, weil die Darstellung des Blutlaufes in der zweiten Periode und besonders am Schlusse derselben bei Ver - gleichung dieser Figur leichter gefaſst werden wird. Nur muſs bemerkt werden, daſs, um den Blutlauf im Embryonenzustande darzustellen, ich es für nöthig hielt, nicht einen scharf be - stimmten Zeitmoment zu wählen, sondern z. B. sämmtliches Paar Arterienbogen, die aus dem Herzen kommen, aufnahm, obgleich, wenn die Nabelvenen deutlich werden, die vordern Ar - terienbogen schon geschlossen sind. Man sieht also bei a b das Herz; aus diesem kommen 5 Paar Arterienbogen; c ist die hervortretende Kopfschlagader; d die Wirbelschlagader, für welche noch ein Theil der Arterienwurzel bis e verwendet wird; f. Theilung der Aorta in die Nabelar - terien; g. vordere Wirbelvene; h i hintere Wirbelvene aus der Schwanzvene h kommend; k der venöse Queerstamm; l, l die Nabelvenen oder in diesem Zustande noch die untern Venen des Hin - terleibes; m die Hohlvene; n die Dottersackvene, die als zum Pfortadersysteme gehörig und um dieses zu bezeichnen, nicht angelegt ist, so wie einige Gekrösvenen, die sie als Zweige aufnimmt; o der gemeinschaftliche Venenstamm; p die Dotter-Arterie..

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In Bezug auf die fernern Veränderungen der Dottersackgefäſse bemerken wir, daſs der Gefäſshof sich allmählig immer weiter über den Dotter ausdehnt, daſs der Blutkreis eine Wand erhält und zur Grenzvene (Vena terminalis) wird, daſs die Arterien und Venen sich gleichmäſsiger vertheilen. Während frü - her in der vordern und hintern Gegend der Keimhaut viel mehr Venen waren, als Arterien, die letztern aber in der Mitte der Keimhaut vorherrschten, vergröſsern sich jetzt untergeordnete Seitenäste der hintern Venen so, daſs sie die Fortsetzun - gen der Stämmchen werden, daher bald neben den beiden seitlichen Arterien ent - sprechende Venen liegen. Nur kurz vor der Einsenkung in den Embryo weichen sie aus einander, da die Venen in den vordern Eingang des Embryo zu den Herz - schenkeln gehen*)Von dieser Periode giebt Pander eine sehr schöne Abbildung in seinen Beiträgen u. s. w. Taf. III.. Aber auch dieser Unterschied wird allmählig geringer, in - dem der vordere Eingang weiter nach hinten rückt. Dadurch ziehen sich die Herz - schenkel immer mehr vom übrigen Herzen ab und spinnen zwischen sich und dem Herzen einen Kanal aus, den wir den gemeinschaftlichen Venenstamm nennen wol - len, weil sich in der That alle Venen in diesen Stamm sammeln. Die Herzschen - keln erscheinen dann als bloſse Zweige dieses Stammes. Der Venenstamm wird kurz vor diesen Zweigen von den beiden hervorwachsenden Leberhälften umfaſst. Hinter dieser Stelle verlängert sich das Stämmchen auch noch weiter, worauf die fortgehende Schlieſsung des Darmes und die Entwickelung des Gekröses einen noth - wendigen Einfluſs ausübt. So entsteht allmählig eine einzige im Gekröse verlau - fende Dottersackvene oder Dottervene (Vena vitellaria), von welcher die ur - sprünglichen vordern und hintern Venen der Keimhaut nur Zweige sind, die sich aber von den andern spätern Zweigen nicht auffallend unterscheiden, da Nebenrei - ser groſs geworden sind und die ganze Vene sich gleichmäſsiger vertheilt hat. Eben so sind die beiden Arterien der Keimhaut zu einem gemeinschaftlichen Stämmchen geworden, die Dottersackschlagader oder Dotterschlagader (Arteria vitellaria). Die frühern Keimhautschlagadern erscheinen nämlich als Aeste eines Stämmchens, das im Gekröse liegt.

Im Anfange dieser Periode waren im Körper keine andern Gefäſse zu bemer - ken, als die Aorta und die Gefäſsbogen, die zur Bildung derselben gehören. Es versteht sich von selbst, daſs die ersten Anfänge der Blutbahnen, sowohl der arte - riellen als der venösen, in dem nicht mehr hinlänglich durchsichtigen Embryo un - sichtbar bleiben. In der That ist nur der Fruchthof dünn genug, um in ihm die erste Bewegung eines ungefärbten Stoffes zu bemerken. Man hat also auch im135 Embryo jedem sichtbaren rothen Blutstrome einen hellen und deshalb unsichtba - ren vorhergehend zu denken.

Ich glaube verständlicher zu werden, wenn ich zuerst die Ausbildung derKörperve - nen. Taf. IV. Fig. 10. Körpervenen, dann des Herzens und endlich der Arterien beschreibe. Von erste - ren bemerke ich zuvörderst, daſs sie sich sämmtlich in den allgemeinen, so eben beschriebenen Venenstamm ergieſsen, und zwar zwischen der Leber und dem Herzen*)Es ist zwar nicht möglich, allen Miſsverständnissen, zu welchen die Darstellung Veranlassung geben kann, vorzubeugen, doch will ich hier noch besonders darauf aufmerksam machen, daſs es keinesweges meine Meinung ist, als bohrten sich die Körpervenen Löcher in den gemeinschaft - lichen Venenstamm ein. Ich bediene mich des obigen Ausdruckes nur, weil sie später sichtbar werden, und es versteht sich von selbst, daſs schon vorher, ehe die Wand des Stammes eine ge - wisse Festigkeit erhält, Blutrinnen in dasselbe verliefen, die nun stärker werden. Anders ist es, wenn sich der Uebergang durch ein Gefäſsgeflecht bildet. Ein solches kann allerdings später sich ausbilden, es können dann einzelne Gänge gröſser werden und früher bestaudene Venen zu einem Stamme verbinden. So scheinen die hintern Körpervenen allmählig zu einem Stamme ver - bunden zu werden..

Während nämlich die beiden Leberhälften den Venenstamm umfassen, ver - zweigt sich der letztere in die Leber, und so wird für den Embryo ein Pfortader - system von den übrigen Körpergefäſsen abgegrenzt, aber jetzt noch lange nicht geschieden, weil das Blut aus dem Dottersacke noch in einem starken Strome durch die Leber hindurch in den Venenstamm geht und die Verzweigung in die Leber nur kurze Aestchen dieses Stammes sind. Die Dottersackvene macht aberFig. 10. 22. noch am Schlusse dieser Periode das Pfortadersystem fast allein aus. Nur sehr schwache Reiser kommen aus den übrigen Verdauungsorganen hinzu.

Von den Körpervenen erkennt man zuerst zwei vom Kopfe kommende und an beiden Seiten des Halses herabsteigende. Sie nehmen das Blut aus dem Hirne und dem Halse auf und biegen sich dann plötzlich und fast in rechtem Winkel nach innen, um den gemeinschaftlichen Venenstamm zu erreichen. Sie sind dieEbendas. g. vordern Wirbelvenen (Venaevertebrales anteriores). Zuerst überzieht ein fast gleich verbreitetes Netz die innere Fläche des Schädels, dann sammelt sich das zurückfliesende Blut allmählig immer mehr in den mittleren und seitlichen Ein - faltungen der harten Hirnhaut. Es entstehen hier also gröſsere Venenäste, die unmittelbare Wurzeln dieser Wirbelvene sind und erst in der folgenden Periode sich als die sogenannten Blutleiter zu erkennen geben. Mit jeder vordern Wirbel - vene zeigt sich am Ende der zweiten Periode eine kleine Flügelvene verbunden. Auch wird die Drosselvene aus Aestchen der Wirbelvene entstanden erst gegen das Ende dieser Periode deutlich und selbstständig genug, um einen besondern Namen136Ebendas. i. zu führen. Von hinten bahnt sich das Blut zuvörderst auf jeder Seite einen Weg am obern Rande der Gekrösplatten, wo die Primordial-Niere an das Gekröse und die Bauchwand angeheftet ist. Dieses Gefäſs wird rasch gröſser, in dasselbeEbendas. h. senken sich auf jeder Seite Venen aus dem Schwanze der hintern Extremität, der Beckengegend, der Kloake, dem hintern Ende der falschen Niere und dem Schwanze ein, die ich zusammen die hintern Körpervenen nennen will. Es nimmt ferner im ganzen Verlaufe viele seitliche Zweige aus der falschen Niere, so wie aus jedem Zwischenwirbelraume ein Aestchen auf und verbindet sich mit der vordern Wir - belvene seiner Seite vor dem Eintritte derselben in den gemeinschaftlichen Stamm. Dieses Venen-Paar bildet also den Gegensatz zu den vordern Wirbelvenen, weshalb ich es die hintern Wirbelvenen (Venae vertebrales posteriores) nennen will*)Die Bildungsgeschichte der Körpervenen ist hier, wenn auch kürzer, doch vollständiger er - zählt, als im ersten Theile. Namentlich war mir bei Abfassung desselben die Entstehung der Nabelvene nicht klar. So habe ich S. 71 (wenn hier nicht ein Druckfehler mehrere Zeilen ausge - lassen hat) die Subcostalvenen (Vena azyga et hemiazyga) mit den Hauptästen der Nabelvene verwechselt. Was ich dort Subcostalvenen nenne, ist einerlei mit dem was ich hier hintere Wir - belvenen nenne. Doch finde ich auf S. 71 eine Verwechselung der Subcostalvenen mit den Hautästen der Nabelvene, die ich mir nur durch das Auslassen mehrerer Zeilen erklären kann., da es eben so an den Wirbeln anliegt. Sie nehmen in der ersten Zeit alles Blut aus dem hintern Theile des Körpers auf, so wie die vordern Wir - belvenen aus dem vordern. Die vordere und die hintere Wirbelvene jeder Seite verbinden sich zu einem venösen Queerstamme (Truncus venosus transver - sus) (Fig. 10. k.) und beide Queerstämme gehen in das Herz. Die hintere Hohlvene ist erst später bemerklich als ein Aestchen des gemeinschaftlichen Venenstammes.

Ebendas. m.
192

Diese hintere Hohlvene ist noch am Schlusse der zweiten Periode sehr kurz. Sie wird sichtbar, indem sich die Primordial-Nieren verkürzen. Man sieht dann aus der innern Fläche des vordern Endes jeder Primordial-Niere einen Blutstrom hervortreten. Beide laufen zusammen in ein Stämmchen, das, wie der Erfolg lehrt, die hintere Hohlvene wird. Am Schlusse dieser Periode ist sie zwar schon weit, aber noch sehr kurz, sie geht an der obern Wand der Leber vorbei und wird hier ein Zweig des allgemeinen Venenstammes.

Ebendas. l, l.
192

Auch bildet sich allmählig noch ein venöser Strom im untern Rande jeder Bauchplatte und beide treten erst nahe am Herzen zusammen. Indem aus dem hin - tersten Ende des Körpers, wo für diese Venen sich neue Rinnen bilden, der Harn - sack hervortritt, geht das Blut aus demselben auch in sie über. Wir nennen sie die untern Venen des Hinterleibes und wollen schon vorläufig von ihnen bemerken, daſs aus ihrer Vereinigung in der folgenden Periode die Nabelvene wird. Sie sindaber137aber jetzt noch etwas anderes, denn sie verzweigen sich vom vierten Tage an mit vielen Aesten in die Bauchplatten.

Die Veränderungen des Herzens sind sehr mannigfach und besonders schwerHerz. mit wenigen Worten anschaulich zu machen. Im Anfange dieser Periode ist es noch ein ziemlich weit nach vorn liegender hufeisenförmig nach rechts ausgeboge - ner Kanal mit einem arteriösen vordern und einem venösen hintern Ende*)Unter dieser Gestalt nennt Malpighi das Herz Circulus s. Annulus. . Wäh - rend der zweiten Periode rückt der gesammte Herzkanal mehr nach hinten, jedoch das arteriöse Ende mehr als das venöse. Auch stellt sich das letztere mehr nach links. Dadurch nimmt die Krümmung zu. Ihre Wölbung richtet sich anfäng - lich mehr nach rechts, und dann bewegt sie sich, immer mehr einen stumpfen, ja zuletzt einen spitzen Winkel bildend, nach hinten und unten. Zugleich bewegt sich in der letzten Zeit das venöse Ende mehr nach der Mitte und dem Rücken zu, wodurch es über den vorragenden mittlern Theil zu liegen kommt. Während dieser Krümmungen und Ortsveränderungen geht eine andere und wichtigere Me - tamorphose darin vor sich, daſs der ursprüngliche Herzkanal sich in heterogene Abtheilungen sondert. Das vordere und hintere Ende ziehen sich kanalförmig aus, die Mitte erweitert sich. Aus dem hintern Theile wird nämlich der gemeinschaft - liche Venenstamm, von dem wir früher schon hörten; der vordere Theil wird ein Arterienstamm, aus dem sämmtliche um den Schlund verlaufende Arterienbogen kommen; der mittlere Theil wird zu den Herzkammern, die jetzt aber noch eine gemeinschaftliche Höhlung bilden. Wir haben hier ein recht auffallendes Beispiel, wie schwer es in der Darstellung der Entwickelungsgeschichte wird, alle Theile mit passenden Namen zu belegen, da sie ihre Form und Verrichtung oft sehr rasch verändern. So hat im Anfange dieses Zeitraumes der Venenstamm völlig das An - sehen einer gleichmäſsigen Vene, dennoch wird allmählig ein Theil von ihm zum Herzen, nämlich zu der venösen Abtheilung desselben. Umgekehrt erscheint lange die Basis des Arterienstammes als ein Herztheil und wird endlich doch in zwei Arterienſtämme umgewandelt. Doch wollen wir versuchen, die Geschichte der nun auftretenden Abtheilungen des Herzens während des zweiten Zeitraumes einzeln durchzugehen.

Sobald der Herzkanal im Anfange der zweiten Periode der Entwickelung sich in drei Abtheilungen zu sondern anfängt, wird der früher einfache Pulsschlag in drei, rasch auf einander folgende Pulsschläge umgewandelt. In dieser Hinsicht scheinen also drei Abtheilungen die Natur des Herzens anzudeuten. In Hinsicht der äuſsern Gestaltung hat aber die hintere Abtheilung ganz das Ansehen eines Ve -II. S138nenstammes, besonders da sie sich rasch verlängert, nachdem die beiden Leber - hälften aufgetreten sind. Der Uebergang in die mittlere Abtheilung ist verengt. Dicht an dieser Verengerung stülpen sich aus dem Venenstamme zwei kleine seitli - che Aussackungen hervor, die allmählig zunehmen und dunkler werden, indem eine Muskelbildung in ihrer Wand sich zu entwickeln beginnt. Zuerst ist das Ende des Venenstammes zwischen beiden Ausbeugungen von dem übrigen Stamme gar nicht verschieden. Allmählig erweitert es sich, und der Pulsschlag, früher durch den ganzen Venenstamm gehend, fängt an sich auf diese Stelle zu concen - triren. So entsteht also aus dem Ende des Venenstammes die jetzt noch ungetheilte Vorkammer des Herzens. Die Aussackungen sind die beiden Herzohren, und aus dem zwischen ihnen liegenden Theile des Venenstammes wird der mittlere Baum oder der Venensach (Sinus), an dem mit dem Schlusse der zweiten Periode nur eine leise Andeutung von einer Abtheilung in zwei Höhlungen zu bemerken ist.

Die Verengerung zwischen diesem venösen Theile des Herzens und dem fol - genden zieht sich allmählig in einen kurzen, durch Durchsichtigkeit ausgezeich - neten Kanal aus. Man hat ihn den Ohrkanal (Canalis auricularis) genannt.

Die mittlere Abtheilung des Herzkanales bekommt am frühesten eine musku - löse Structur. Sie enthält anfänglich nur eine einfache Höhlung. Indessen springt doch sehr früh von der convexen Fläche der ganzen Länge nach eine niedrige Falte nach innen vor. Da nun die Herzkammer im Anfange nur eine einfache Wölbung nach rechts bildet, so sieht man leicht ein, daſs, wenn diese Falte groſs genug wäre, um die Höhle des Herzens zu theilen, man zwei lange Kammern haben würde, von denen die eine nach der Bauchfläche, die andere nach der Rückenfläche zu lie - gen würde. Nun vergröſsert sich zwar diese Falte während des ganzen zweiten Zeitraumes, das Herz aber verändert sich zugleich, indem die Wölbung spitzer wird und sich nach hinten und unten dreht, zugleich rückt die Vorkammer nach vorn und oben. Aus allen diesen Momenten folgt nun, daſs die Höhlungen, wel - che durch die Entwickelung der Falte abgegrenzt werden, nicht lange, wenig ge - krümmte, sondern kürzere, stark gekrümmte Kanäle werden, daſs der nach un - ten liegende allmählig immer mehr nach links, der oben liegende mehr nach rechts gestellt wird. Diese Falte wird im Verlaufe des zweiten Zeitraumes noch keine Scheidewand. Beide Höhlungen sind also noch nicht völlig getrennte Kammern, indessen ist ihre Communication zuletzt doch schon sehr eng, und die werdende Scheidewand theilt schon lange das aus der Vorkammer kommende Blut in zwei Ströme.

Die vordere Abtheilung hat zu Anfange, wie die hintere, auch das Ansehen eines ziemlich langen Kanals erhalten, der von rechts nach der Mitte sich hinüber139 krümmt und hier nach beiden Seiten sich in die Gefäſsbogen vertheilt. Wir nen - nen diesen Kanal den Arterienstamm im Gegensatze zu dem Venenstamme. Bald aber erweitert sich das der Herzkammer zunächst liegende Ende, nur nicht auf ähnliche Weise, wie der Venenstamm, sondern dadurch, daſs die beiden aus der Herzkammer kommenden Blutströme sich hier um einander winden. Sie furchen allmählig den früher ziemlich gleichmäſsigen Kanal in zwei sich um einander dre - hende Gänge aus. Daher die äuſserliche Erweiterung, die diesem Theile den Na - men des Aortenwulstes (Bulbus Aortae)*)Auch Aortenzwiebel. erworben hat. Er ist von den Herz - kammern durch eine Verengerung geschieden, welche Haller das Fretum (die Enge) nennt. Sobald die Erweiterung deutlich ist, bleibt die Pulsation dieser vor - dern Abtheilung auf die Erweiterung beschränkt und die Spitze pulsirt nicht. An - fänglich sind beide innerlich ausgefurchten Gänge noch in der Höhlung zusammen - hängend. Indem sie weiter auseinander weichen, tritt allmählig Bildungsmasse zwischen sie und zuletzt sieht man im Queerdurchschnitte in der Nähe der Herz - kammern beide Kanäle deutlich von einander abstehen. Der eine kommt aus der rechten Kammer, und windet sich von rechts nach unten und links, der andere kommt aus der linken Kammer und dreht sich von links nach oben und rechts. So nähern sie sich zuletzt. Am äuſsersten nach vorn gerichteten Ende laufen sie aber noch in einen gemeinschaftlichen Kanal zusammen. Aus diesem vordersten noch ungetheilten Abschnitte des Arterienstammes gehen nun sämmtliche Gefäſs - bogen des Kiemenapparates ab.

Hier müssen wir nun aber die Betrachtung der vier Paar Gefäſsbogen anrei -Körperarte - rien. hen, die wir aus dem Beginne dieser Periode kennen. Zwischen ihnen bilden sich im Anfange des dritten Tages drei bis in die Rachenhöhle dringende Spalten. Bei allmähligem Zurückweichen des Herzens und des Arterienstammes wird der erste Gefäſsbogen dünner und schon am vierten Tage unkenntlich. Dagegen bil - det sich ein fünfter nach hinten, so wie zwischen ihm und dem vierten Bogen eine neue vierte Kiemenspalte während die erste sich verschlieſst. Endlich wird auch der zweite Gefäſsbogen nicht mehr mit Blut angefüllt, und so hat man denn am Schlusse dieser Periode auf jeder Seite drei Gefäſsbogen, die aus dem Arterien - stamme abgehen und die Arterienwurzeln bilden. Von diesen drei Bogen bleibt aber auf der linken Seite der letzte viel schwächer als die andern, weil die im Ar - terienstamme sich trennenden Blutströme so gerichtet sind, daſs beide an ihm vor - beischieſsen. Dieses Verhältniſs hat die Folge, daſs der letzte Bogen der linken Seite in der nächsten Periode ganz schwindet***)Theil I. S. 53. 56. 73. 83..

**)Theil I. S. 34. 37. 53 58. 72. 81.
**)S 2140

Während die beiden vordern Gefäſsbogen sich verlieren, verschlieſst sich doch nicht der ihnen zugehörige Antheil der Aortenwurzel. Nachdem dieser aus den verschwundenen Bogen nicht mehr mit Blut angefüllt wird, erhält er dasselbe aus den hintern, unterdessen weiter gewordenen Gefäſsbogen. Das Blut läuft alsoFig. 10. e d. in ihm nach vorn, oder in entgegengesetzter Richtung mit der übrigen Aorten - wurzel. Auch entwickelt sich schon vor dem Schlusse des ersten Bogens aus dem Uebergange desselben in die Aortenwurzel eine kleine Arterie, die nun als die nach vorn gerichtete Verlängerung der Aortenwurzel erscheint. Aus der Aor - tenwurzel und dieser Verlängerung wird die (vordere) Wirbelschlagader. Man kann also die Wirbelschlagader als eine umgekehrte nach vorn gerichtete Aorta definiren, die zu der Zeit ausgebildet wird, wo die Aorta selbst eine paarige Wurzel hat. Sie werden zugeben, daſs auch im erwachsenen Zustande dieser Charakter sich deutlich in ihr offenbart. Die Kopfschlagader ist dagegen eine Verlängerung der untern unmittelbar aus dem Aortenwulst kommenden Hälfte der vordern Gefäſsbogen*)In Taf. IV. Fig. 10. ist c die hervortreibende Kopfschlagader, d die Wirbelschlagader, welche länger wird, indem ein Theil der Aortenwurzel bis e unmittelbar zur Wirbelschlagader sich um - wandelt. Ich will hier ausdrücklich bemerken, um Miſsverständnissen vorzubeugen, daſs ich im ersten Theile S. 57. die Kopfschlagader als unmittelbare Verlängerung der Aortenwurzeln an - sah. Das Gefäſs, in welchem ich das Blut aus der Aortenwurzel in umgekehrter Richtung flie - ſsen sah, ist aber, wie mich spätere Untersuchungen an Säugethieren belehrt haben, die Wirbel - schlagader. Ausführlicheres hierüber soll in einer andern Schrift mitgetheilt werden, in wel - cher ich über meine neuesten Untersuchungen über die Entwickelung der Säugethiere berichten werde. Ich erkenne nun nach Analogie der Säugethiere und sogar der Fische, daſs auch im Vogel das Gefäſs, welches unmittelbar aus der Wurzel der Aorta wird, die Wirbelschlagader ist. Der Irrthum wird durch die spätere Umwandlung verständlich, da im Vogel die Wirbel - schlagader und die Kopfschlagader in sehr nahe Beziehung kommen..

Was den Stamm der Aorta anlangt, so sieht man sehr bald aus ihm in der ganzen Länge des Thiers für jeden Zwischenwirbelraum ein Aestchen abgehen. Am Anfange dieses Zeitraumes sah man die Aorta sehr weit nach vorn in zwei Aeste gespalten. Ziemlich bald aber ist der Stamm sehr viel länger und verläuft zwischen den dicker und undurchsichtiger gewordenen Primordial-Nieren.

Wie diese Umänderung bewirkt ist, ob an den seitlichen Aesten sich die Primordial-Nieren entwickelt haben und die mittlere Fortsetzung des Stammes nur stärker geworden ist, nachdem sie schon früher da war, oder ob der unge - theilte Abschnitt der Aorta sich verlängert hat, und die früher deutlichen Seiten - äste (die hintern Wirbelschlagadern) eben dadurch mehr nach hinten gerückt und nichts anders sind, als die bleibenden Seitenäste der Aorta, die sogenannten Darm - beinschlagadern (Arteriae iliacae), oder endlich ob die rasche Verlängerung141 des Aortenstammes durch Verwachsung der beiden hintern Wirbelarterien be - wirkt ist, habe ich noch nicht bestimmen können.

So viel ist gewiſs, daſs der Stamm der Aorta sehr bald bis gegen das hin - tere Ende der falschen Nieren erkannt wird, und daſs es sich hier in die beiden Darmbeinschlagadern theilt, welche kleine Reiser an den hervorbrechenden Harn - sack schicken.

Der Kreislauf ist also am Schlusse der zweiten Periode folgender: Aus dem Dottersacke dringt das Blut durch den Nabel in den Leib des Embryo ein. Die Dottervene nimmt zuerst Gekrösvenen auf, verbindet sich dann mit dem Stämm - chen der Nabelvenen und vertheilt sich zum Theil in die Leber, zum Theil geht sie unmittelbar auf das Herz zu. Es tritt noch ein Büschel kurzer Lebervenen und eine kurze und weite Vene (künftige hintere Hohlvene) aus den Primordial - Nieren hinzu, woraus sich dann ein Stämmchen zusammensetzt, das wir den hin - tern Venenstamm genannt haben. Der hintere Venenstamm verbindet sich darauf mit zwei seitlichen venösen Queerstämmen, die von vorn und hinten durch vor - dere und hintere Wirbelvenen Blut erhalten, zu einem gemeinschaftlichen Venen - stamme, dessen vorderes Ende werdende Vorkammer ist.

All dieses Blut nun geht durch eine ungetheilte Vorkammer in eine Kam - mer, die es in zwei Ströme scheidet und durch zwei Kanäle austreibt, aber wieder vereinigt und durch drei Paar Gefäſsbogen in zwei Aortenwurzeln schickt. Beim Uebergange in die Aortenwurzel geht die Kopfschlagader und aus der Aortenwur - zel selbst die Wirbelschlagader in den vordersten Theil des Leibes. Beide Aor - tenwurzeln umschlieſsen, indem sie sich nach hinten wenden, die Speiseröhre. Ueber dieser vereinigen sie sich in einen Aortenstamm, welcher seitliche Zweige in jeden Zwischenwirbelraum sendet, gröſsere Aeste in die Primordial-Nieren giebt und endlich in zwei Hauptäste sich spaltet, die den hintern Theil des Lei - bes versorgen und mit ihren letzten Zweigen auf dem Harnsacke sich endigen. Diese Aeste sind sämmtlich paarig. Auſser ihnen giebt die Aorta nur noch die jetzt unpaarige aber zweiästige Dottersackschlagader ab, welche am Ende dieses Zeitraumes noch immer als bedeutender Ast erscheint, wenn auch nicht mehr als die Hauptfortsetzung der Aorta.

Das Charakteristische dieses Kreislaufs ist, daſs das Blut auf seiner Bahn nicht durch ein gesondertes Athmungsorgan geführt wird. Ob es im Dottersaeke oder in den Kiemenbogen eine der Wirkung der Athmung ähnliche Veränderung erleidet, ist schwer mit Sicherheit zu bestimmen. Was die Dottersackgefäſse an - langt, so sind sie es wohl vorzüglich, welche dem Blute neuen tropfbaren Stoff zuführen. Es ist daher wahrscheinlicher, daſs das Blut mehr hier die der Ath -142 mung entgegengesetzte Umänderung erfährt, daſs es mehr carhonisirt werde. Dagegen ist es nicht ganz ohne Wahrscheinlichkeit, daſs das Blut, indem es durch die Kiemenbogen geht, durch Einfluſs des Fruchtwassers von seinem Kohlenstoffe verliert. Zuvörderst ist die Bildung von Kiemenspalten und Kiemenbogen auch für die Bildung des Athmungsapparates der Fische und der Froschlarven der An - fang und könnte also wohl auch den Aufang der Athmung für diese Thiere be - dingen. Ferner aber ist es sehr auffallend, daſs die Kiemenspalten in demselben Maſse verschwinden, als sich aus dem Harnsacke ein Athmungsorgan ausbildet, und auf jeden Fall hat die Bildung der Kiemenspalten die Folge, daſs alles Blut, was aus dem Herzen hervorgetrieben wird, nur durch wenig Bildungsstoff von dem Fruchtwasser getrennt wird. Aber auch wenn das Blut durch die Kiemen - bogen hindurch Kohlenstoff absetzt, wird dieser Absatz wegen der geringen Ver - theilung von Gefäſsen nur sehr gering seyn und nur eine schwache Spur von Ath - mung erzeugen, wie schon die Froschlarven beweisen, an denen die Blutgefäſse dieser Gegend in wenigen Tagen eine mehr als zehnfache Vertheilung erleiden und dem umgebenden Wasser viel unmittelbarer ausgesetzt werden, wenn sie zum Athmen dienen sollen.

h h. Dritte Periode. Kreislauf durch ein äu - ſseres Ath - mungsorgan.
197

In der dritten Periode verrichtet der schnell gewachsene Harnsack die Dienste eines äuſsern Athmungsorganes. Zweige der beiden Hauptäste der Aorta, die an den Harnsack gehen, haben sich so vergröſsert, daſs sie in dieser Periode als die unmittelbaren Fortsetzungen der Aorta erscheinen. Sie heiſsen die Harn - sack-Nabelschlagadern oder gewöhnlicher die Nabelschlagadern schlechtweg. Eben so vergröſsern sich die Harnsack-Nabelvenen oder Nabelvenen schlechtweg. Da aber die Nabelvenen, je mehr sich der Nabel verengt, um so mehr in ihrem gemeinschaftlichen Stamme wachsen, so erscheinen die beiden ursprünglichen Nabelvenen mit dem Anfange dieser Periode auch schon als Aeste derselben, und man pflegt daher auch nur von Einer Nabelvene zu sprechen. Ja es nimmt auch der rechte Ast der Nabelvene rasch ab und wird endlich ganz unkenntlich, wo - durch denn der linke Ast als unmittelbare Fortsetzung des Stammes erscheint und man mit Recht sagen kann, daſs die Nabelvene an der linken Seite des Nabels in den Leib eingeht. Sie hat aber zwei Aeste, die von rechts und links aus dem Harnsacke kommen und sich vereinigen ehe sie den Nabel erreichen. Zu bemer - ken ist noch, daſs die Vertheilung der Nabelvenen durch Aeste aus ihrem in den Bauchplatten liegenden Theile in diese Bauchwand (weshalb wir diese Theile auch die untern Körpervenen genannt haben) während des 5ten und 6ten Tages noch zunimmt, dann aber bald unkenntlich wird. Diese Vertheilung hat nie so weite Kanäle als in den Säugethieren. Häufig schwindet auch allmählig die rechte143 Nabelarterie und man sieht dann in der letzten Hälfte der dritten Entwickelungs - periode nur Eine linke Nabelarterie in voller Thätigkeit. Doch findet man hierin auffallende Differenzen. Mir schien es, daſs, wenn der Harnsack sich ganz um die rechte Seite des Amniums herum geschlagen hat, die rechte Nabelarterie vor dem Auskriechen fast ganz geschwunden war, daſs sie aber um so stärker noch besteht, je mehr von diesem Sacke sich auch nach links geschoben hat*)Vergl. die Erklärung zu der Abbildung Fig. 1. 9. Taf. IV..

Wir wissen, daſs die Nabelvene sich mit der Dottervene vor dem Eintritte der letztern in die Leber verbindet, müssen aber hinzusetzen, daſs, während in der vorigen Periode die Nabelvene als Nebenast der Dottervene erschien und diese vorherrschend den hintern Venenstamm bildete, jetzt, bei der raschen Zu - nahme der Nabelvene, diese als Stamm erscheint und die Dottervene als Ast von ihr sich darstellt. Da ferner im Verlaufe der dritten Periode die hintere Hohlvene sehr an Stärke wächst, so macht sie zuletzt der Nabelvene den Vorrang streitig, und der Theil des hintern Venenstammes, der von der Vertheilung in die Leber bis zur Einmündung der hintern Hohlvene reicht, sieht zuletzt nicht mehr wie eine Abtheilung des Stammes aus, sondern scheint ein verbindender Kanal und wird nun mit dem Namen des venösen Ganges (Ductus venosus) belegt, und die hintere Hohlvene bildet den Stamm. Die Zunahme der hintern Hohlvene beruht nicht allein auf dem allgemeinen Wachsthume des Leibes und der damit verbundenen Zunahme der Blutmenge, während der Harnsack in den letzten Ta - gen sich wenig vergröſsert, sondern auch auf der gröſsern Ausdehnung ihres Ge - bietes. Sie nimmt nämlich nicht nur das Blut aus den neu auftretenden Ge - schlechtstheilen und den wahren Nieren auf, sondern sie erhält auch immer mehr Zweige aus den Primordial-Nieren und nimmt bald auch die Blutadern aus dem Becken und den hintern Extremitäten auf, welche früher in die hintere Wirbel - vene gingen, und von uns früher mit dem gemeinschaftlichen Ausdrucke hintere Körpervenen**)Oben, unter g g, we von den Körpervenen die Rede ist. bezeichnet sind. Diese Umänderung scheint dadurch bewirkt zu werden, daſs in den Primordial-Nieren sich rasch ein starkes Gefäſsnetz zwi - schen den Zweigen der hintern Wirbelvene und der hintern Hohlvene bildet. Durch dieses Netz stehen daher schon früher die hintern Körpervenen mit der Hohlvene in Verbindung. Indem nun die falschen Nieren sich verkürzen, und auch die hintern Wirbelvenen abnehmen, haben nur einige dieser Verbindungen sich zu verstärken, um die hintern Körpervenen in so unmittelbare und gleich - mäſsig fortlaufende Verbindung mit der hintern Hohlvene zu bringen, daſs jene als die Anfänge von dieſer erscheinen.

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Die kleiner gewordenen hintern Wirbelvenen werden nun mit ihren vor - dern Enden das, was man gewöhnlich das unpaarige Venensystem (Vena azyga) zu nennen pflegt.

Mit dem gemeinschaftlichen Venenstamme, der zwischen der Leber und dem Herzen liegt, gehen noch die wesentlichsten Veränderungen vor. Wir erin - nern uns, daſs am Anfange dieser Periode der gemeinschaftliche Venenstamm auſser dem hintern Venenstamme zwei seitliche Queerstämme aufnahm. Im Verlaufe der letzten Hälfte der dritten Periode wird immer mehr von dem vordern Ende des Venenstammes in die Vorkammer des Herzens umgewandelt, bis end - lich sowohl der mittlere Stamm, als die beiden Queerstämme mit drei gesonder - ten Einmündungen in die Vorkammer übergehen. So hört also der gemeinschaft - liche Venenstamm ganz auf, eine Vene zu seyn und ist in den Venensack der Vor - kammer umgewandelt. Da aber die hintern Wirbelvenen gar sehr abnehmen und nur wenig Blut aus dem hintern Theile des Körpers aufnehmen, die Drossel - venen und vordern Wirbelvenen nebst Zubehör dagegen sehr zunehmen, so er - scheinen die venösen Queerstämme fast nur als die Fortsetzungen derselb en. Sie heiſsen nun, sobald sie isolirt in das Herz eintreten, die vordern Hohlvenen, da sie das Blut aus der vordern Hälfte des Körpers aufnehmen, wenn auch die Ver - bindung mit den Venen des Hinterleibes durch das System der unpaarigen Vene nicht ganz aufgehört hat.

Der hintere Venenstamm war zusammengesetzt aus der Dottersackvene, mit welcher sich die Nabelvene verband, den Lebervenen und der hintern Hohlvene. Da aber im Verlaufe dieser Periode die Dottersackvene ein bloſser Ast der Nabel - vene wird, und die Lebervenen unmittelbar in die hintere Hohlvene treten, so wird dieser hintere Venenstamm bald nur aus der Nabelvene und der hintern Hohlvene zusammengesetzt. Ja, da diese in den letzten Tagen gar sehr zunimmt, so erscheint schon jetzt der hintere Venenstamm als Fortsetzung der hintern Hohl - vene und nicht der Nabelvene. Der Uebergang der Nabelvene von ihrer Verthei - lung in die Leber bis zur Verbindung mit der hintern Hohlvene wird, wie bereits bemerkt worden, der venöse Gang (Ductus venosus) genannt. Er ist bestimmt, in der vierten Periode ganz zu schwinden.

Bevor wir aber von der letzten Form sprechen dürfen, haben wir noch an - dere Veränderungen des Gefäſssystems in der dritten Periode kennen zu lernen.

Die gemeinschaftliche Vorkammer des Herzens wird allmählig durch Ent - wickelung der Scheidewand und Zunahme der Herzohren in eine gedoppelte Höh - lung gesondert. Aber zwischen beiden bleibt bis zum Auskriechen noch Com - munication. Die rechte Vorkammer nimmt alle drei so eben beschriebenen Ve -nen -145nenstämme auf, die linke dagegen das Blut aus den in der Entwickelung begriffe - nen Lungen.

Die Herzkammern werden schon mit dem Beginne dieser Periode vollstän - dig geschieden. Die rechte windet sich immer mehr um die linke.

Die beiden Gänge, die sich schon während der zweiten Periode aus dem gemeinschaftlichen Arterienstamme am Ursprunge desselben gesondert, und ihm dadurch das Ansehen eines Aortenwulstes gegeben hatten, trennen sich auch nach vorn immer mehr und weichen zuletzt auch äuſserlich von einander, und das An - sehn des Aortenwulstes geht dadurch verloren. Der eine von diesen nun geson - derten Kanälen, aus der rechten Kammer kommend, ist der Stamm der Lungen - schlagader, der andere, aus der linken Kammer aufsteigende, ist der Stamm der Aorta geworden. So hat sich also der gemeinschaftliche Arterienstamm in zwei gesonderte Arterienstämme umgewandelt, und jene von uns gewählte Benennung ist vollkommen gerechtfertigt.

So lange der gemeinschaftliche Arterienstamm ein ungetheilter war, ver - sorgte er sämmtliche im Kiemenapparate gelegene Gefäſsbogen mit Blut. Nach - dem er sich in zwei Stämme gespalten hat, müssen die Gefäſsbogen von beiden Kanälen einzeln versorgt werden. Wir erinnern uns aber, daſs der Embryo drei Paar Gefäſsbogen in diese Periode herüber genommen hat. Der Aortenstamm geht in die beiden vordern und den mittlern Gefäſsbogen der rechten Seite, der Stamm der Lungenschlagader aber in den hintersten Bogen der linken, und in den mittlern der rechten Seite. Der hinterste Bogen der linken Seite schwindet ganz. Da ferner die Gefäſsbogen jeder Seite in eine Aortenwurzel zusammenlau - fen, so ist doch hier noch eine Vermischung des Blutes der Aorta und der Lun - genschlagader. Es nimmt aber im Verlaufe der dritten Periode diese Verbindung immer mehr ab. Im Anfange sind die Arterien, die in die Lungen gehen, nur kleine Nebenäste der Bogen, welche mit dem Stamme der Lungenschlagader in Verbindung stehen, und das meiste Blut geht auf beiden Seiten in die Aorten - wurzeln. Allmählig fordern die Lungen mehr Blut, ihre Schlagadern werden stärker und erscheinen als die unmittelbaren Fortsetzungen der beiden bezeichne - ten Bogen, wodurch sie eben zuletzt als die unmittelbaren Aeste des Stammes der Lungenschlagader auch in der äuſsern Gestalt sich zu erkennen geben. Die Ue - bergänge dieser Bogen in die Aortenwurzeln werden dagegen enger. Solche Ue - bergänge aus der Lungenschlagader in die Aorten werden Botalli’sche Gänge ge - nannt. Es sind ihrer im Embryo des Vogels nach dem Gesagten zwei vorhan - den, die zuletzt eine sehr ungleiche Länge haben, wie wir sogleich sehen werden.

II. T146

Sie wissen, daſs die beiden vordern Bogen dieser Periode (welche die bei - den dritten Bogen der vorigen sind) mit der Kopfschlagader und der Wirbelschlag - ader, zu welcher die Armschlagader hinzutritt, in Verbindung stehen. Füge ich nun hinzu, daſs im Verlaufe dieser Periode die genannten Bogen immer mehr gerade, d. h. ohne einen Winkel zu bilden in die genannten Arterien übergehen und als ihre Stämme erscheinen, daſs dagegen der Theil der Aortenwurzeln, der sie auf jeder Seite mit dem folgenden Bogen verband, schwindet, so übersehen Sie sogleich, daſs aus den genannten Bogen die beiden Stämme (Trunci ano - nymi) der Kopf - und Armschlagadern geworden sind. Auſser ihnen stand der Stamm der Aorta nur noch mit dem mittlern Bogen der rechten Seite in Verbin - dung. Dieser nimmt immer mehr Blut auf, verstärkt dadurch auch die Aorten - wurzel rechter Seite, die nun mit dem Stamme und dem weitern Verlaufe dieses Gefäſses ein so unmittelbares Continuum bildet, daſs alles zusammen die Aorta genannt wird. Auf dieser Seite bleibt nur ein kurzer verbindender Gang (Ca - nalis Botalli), aus der äuſsern Hälfte des letzten Gefäſsbogens (der mit seiner innern Hälfte in die rechte Lungenschlagader umgewandelt ist) in den Stamm der Aorta übrig. Anders ist das Verhältniſs auf der linken Seite. Der Theil der Aortenwurzel, welcher zwischen dem vordern und mittlern Bogen liegt, schwin - det auch hier. Da aber der mittlere Bogen dieser Seite sein Blut immer mehr in die Lunge sendet, so erhält die Aortenwurzel nur den geringen Ueberschuſs von Blut, der in den Botalli’schen Gang dieser Seite oder in die äuſsere Hälfte des zur linken Lungenarterie umgewandelten mittlern Gefäſsbogens tritt. Da ferner auch der letzte Gefäſsbogen dieser Seite früh geschwunden ist, so erscheint bald die linke Aortenwurzel nur als ein dünnes Gefäſs und eben deshalb als unmittel - bare Fortsetzung des Botallischen Ganges ihrer Seite, und wir haben daher auf der linken Seite einen viel längern aber engern Botalli’schen Gang, als auf der rechten.

In dieser Periode kommt also Blut, das der Athmung unterworſen worden war, durch die Nabelvene in den Körper. Es vermischt sich mit Blut aus dem Dottersacke und den Verdauungsorganen, und geht in dieser Vermischung zum Theil in die Leber, zum Theil mischt es sich mit dem aus dem übrigen Körper kommenden Blute, und geht mit dem aus der Leber zurückkehrenden Blute in das Herz. Hier wird es zwar in zwei Ströme getheilt, von denen der schwä - chere in die Lungenschlagader, der stärkere in die Aorta übergeht, aber von jenem erstern läuft noch ein Theil in die Aorta über, der andere, durch die Lunge getriebene, vermischt sich in der Vorkammer wieder mit dem übrigen Blute. So ist der Kreislauf durch die Lunge nur ein eingeschobener Theil des allgemeinen147 Kreislaufes und er kann das Blut nicht durch Athmung umändern, da die Luft in der Lunge nicht erneuert werden kann. Die Athmung erfolgt vielmehr im Harnsacke, wie man an der höhern Röthe des Blutes in den Nabelvenen erkennt, doch ist es nur ein Theil des Blutes, das durch dieses Organ getrieben wird, der Theil, welcher durch die Nabelarterien abgeführt ist. Die Physiologen nen - nen einen solchen Kreislauf einen unvollständig doppelten.

Mit dem Auskriechen beginnt ein vollkommen doppelter Kreislauf und hier -ii. Vierte Periode. Athmung durch ein in - neres Ath - mungsorgan. durch charakterisirt sich die vierte und letzte Periode des Lebens der Vögel, das Leben auſserhalb des Eies. Indem die Lungen sich mit Luft anfüllen, ist der An - drang des Blutes durch die Lungenschlagadern sehr stark. Es geht nun aus ihnen kein Blut mehr in die Botallischen Gänge, diese schlieſsen sich daher rasch. Bald werden auch beide Vorkammern durch eine Scheidewand vollständig geschieden und es geht alles Körperblut durch die rechte Hälfte des Herzens in die Lungen zur Athmung und aus diesen durch die linke Hälfte des Herzens in den gesammten Körper zur Ernährung. Die Physiologen nennen diesen Kreislauf einen vollkom - men doppelten. Ja im erwachsenen Vogel kommt das Blut auch auf seinem Wege zur Ernährung nochmals durch die Luftsäcke, die fast im ganzen Leibe vertheilt sind, in Wechselwirkung mit der Luft.

Dagegen hat die Athmung durch den Harnsack aufgehört; Nabelarterien und Nabelvene schlieſsen sich. Die Dottersackschlagader ist ein ganz untergeordnetes Aestchen der Pfortader geworden, weil andere Aeste vom verdauenden Apparate stärker geworden sind, und schwindet endlich ganz. Nach hinten steht die Pfort - ader mit den hintern Körpervenen und also mit Zweigen der hintern Hohlvene in Verbindung durch eine am Dickdarme verlaufende bisher noch nicht genannte Vene, die ich schon ziemlich früh in der vorigen Periode sah und von der es mir schien, als ob sie um diese Zeit mehr bestimmt wäre, das Blut aus dem Gekröse nach hinten zu leiten, als umgekehrt*)Die erste Bildung dieser Vene ist mir noch nicht ganz klar.. Das vordere Ende der Pfortader wird aber, wie gesagt, durch Schwinden des Ductus venosus von der hintern Hohlvene geschieden.

Ich habe schon der Primordial-Nieren als auf die Umwandlung des Gefäſs -kk. Primor - dial-Nieren. systems sehr wesentlich einwirkender Organe erwähnen müssen. Es gehen näm - lich den wahren und im spätern Alter bleibenden Nieren vorübergehende, ver - wandte Organe vorher, welche man Primordial-Nieren, falsche Nieren, auch für die Vögel insbesondere die Wolffischen Körper genannt hat.

Daſs sie aus den Gekrösplatten, wo diese von der Wirbelsäule hinabsteigen,Taf. II. Fig. 6 8. m. sich hervorbilden, ist offenbar, allein die Art der Umbildung, welche die Ge -T 2148krösplatte erfährt, um zur Primordial-Niere zu werden, kann ich nicht mit Si - cherheit angeben, und obgleich sehr ausgezeichnete Beobachter*)Rathke, Müller, Jacobson. in neuerer Zeit grade diese Theile zum Gegenstande ihrer genauen Untersuchungen gemacht ha - ben, so ist meine Ungewiſsheit über die erste Bildungsweise nicht gehoben**)Ich habe in der Vorrede zum ersten Theile dieses Werkes schon erklärt, daſs meine Unter - suchungen aus der spätern Zeit des Embryonen-Lebens nicht beendet waren. Es leuchtel jedem kundigen Leser ein, daſs diese Bemerkung besonders von der Darstellung der vorübergehenden und bleibenden Nieren, sowie des Geschlechtsapparates galt. Auch später habe ich diese Lücke nicht nach Wunsch ausfüllen können, wozu ich um so weniger Nöthigung fand, da ich Rathke und J. Müller mit diesen Untersuchungen beschäftigt wuſste. Leider aber stimmen beide Beobachter in manchen wesentlichen Punkten nicht überein. Im laufenden Jahre habe ich, als ich den vorliegenden Band vollendete, einige Zeit dieser Untersuchung gewidmet, allein indem ich mein Augenmerk vorzüglich auf die erste Bildung richtete, muſs ich bekennen, daſs meine Hoffnungen nicht befriedigt wurden. Was aber meine Ansicht von der ersten Ausbildung durch Verzweigung von Gefäſsen anlangt, so glaube ich sie nicht aufgeben zu dürfen, so hoch ich auch Müller’s Widerspruch (Entwickelung der Genitalien) achte. Es ist nämlich offenbar, daſs, wenn das animalische Blatt sich vom vegetativen löst, zwei Arterien (wir haben sie die hintern Wirbel - arterien genannt) grade da liegen, wo gleich nach erfolgter Trennung die Primordial-Nieren sich zeigen. Ferner habe ich in etwas späterer Zeit, in welcher die Primordial-Nieren ganz roth erscheinen, wenn ich durch aufgegossenen Weingeist oder Salz das Blut zum Gerinnen brachte, dasselbe nicht im Bildungsstoffe ergossen gefunden, wie Müller zu vermuthen scheint, sondern in eigenen Kanälen. In jungen Embryonen von Säugethieren sieht man sie noch viel deutlicher. Allein diese Kanäle sind verschieden von den secernirenden Gängen. Noch etwas später glaubte ich deutlich zu erkennen, daſs die queerlaufenden Blutgefäſse mit den se - cernirenden Beutelchen wechseln. Diese Bemerkung in Verbindung mit dem sehr raschen Auf - treten der hintern Wirbelvene bestimmt mich zu der im Texte gegebenen Darstellung. Diese Organe sind Drüsen, und man sieht bald der ganzen Länge nach für jede Primordial-Niere einen langen Ausführungsgang, der in die Kloake mündet. Man pflegt ihm den Namen des falschen Harnleiters zu geben. Da ich nun von andern Drüsen am Darmkanale deutlich erkannt hatte, daſs ihre Ausführungsgänge Aus - stülpungen der innern Fläche des Darmes, so wie die ganzen Drüsen Wucherun - gen der Darmwand sind, so lag die Vermuthung nahe, daſs auch der Ausfüh - rungsgang der Primordial-Nieren aus der Kloake nach vorn gestülpt werde, allein man sieht ihn nicht von hinten nach vorn sich verlängern, sondern man findet ihn entweder gar nicht, oder in seiner ganzen Länge. Man muſs daher glauben, daſs er durch histologische Sonderung entsteht, indem die Substanz am obern Winkel der Gekrösplatten in einem Streifen zu einem zarten Rohre sich verflüssigt. Die Fische, wo dieser Kanal nie mit dem Darme in Verbindung steht, machen eine solche Bildungsweise noch wahrscheinlicher. Aber diese Verflüssigung scheint durch ein anderes Verhältniſs eingeleitet zu werden, durch eine Metamorphose in den Blutgefäſsen, deren Art ich freilich im Einzelnen nicht mit Sicherheit an - geben kann.

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So viel ist gewiſs, daſs so lange das vegetative Blatt noch an dem animali - schen haftet und die Sonderung erst eingeleitet ist, ein Blutgefäſs, der nach hinten laufende Zweig jedes Hauptastes der Aorta (die hintere Wirbelarterie) jederseits grade in der Gegend verläuft, in der bald darauf die Primordial-Niere sich zeigt, jetzt aber noch nichts von jenem Organe zu erkennen ist. Es ist ferner gewiſs, daſs bald nach dem Erscheinen der Primordial-Nieren, wenn die Gekrösplatten sich herabgebogen haben, fast an derselben Stelle, nur wenig mehr nach auſsen, die hintern Wirbelvenen liegen. Es ist ferner augenscheinlich, daſs während des ganzen Bestehens der Primordial-Nieren sie nicht nur sehr reich an Blutgefä - ſsen sind, sondern auch die auffallenden Veränderungen dieser letztern in ihnen sich ereignen, von denen wir bei Gelegenheit des Gefäſssystems gesprochen haben. Es sind ferner die Kanäle, welche das Blut enthalten, grade in der ersten Zeit (wenige Tage nach dem Auftreten der Organe) verhältniſsmäſsig sehr weit. Ich glaube daher, daſs eine Veränderung in den Gefäſsen das Ursprüngliche ist, und daſs auf diese die Bildung der secernirenden Kanäle folgt. Es wäre dann die Bil - dungsweise der Primordial-Nieren der Bildung der Visceraldrüsen grade entge - gengesetzt, da in diesen die Ausführungsgänge sich zuerst bilden, dann sich ver - zweigen und allmählig die verzweigte Drüse mit dem erforderlichen Gefäſsnetze versehen wird, in den Gekrösplatten aber zur Erzeugung von Drüsen (wenn näm - lich der falsche Harnleiter nicht aus der Kloake hervorgestülpt wird), schon we - gen Mangel der Schleimhaut, die im Darmkanale überall das Bedingende ist, ein entgegengesetzter Weg eingeschlagen wird.

Daſs die hier liegenden hintern Wirbelarterien bald schwinden, und dage - gen die Aorta in der Mitte unter der Wirbelsäule sich ungetheilt verlängert und den Primordial-Nieren nur Seitenäste giebt, scheint offenbar. Allein auf welche Weise dies geschehe, ob die Arterien über dem Gekröse zusammenrücken und da ihre Wände noch auſserordentlich zart sind, zu Einem Kanale verschmelzen, oder ob der mittlere Kanal eine unmittelbare Verlängerung des Stammes der Aorta ist, wurde mir, wie ich schon früher sagte, nicht deutlich, und eben deshalb kann ich nicht genau bestimmen, durch welche Metamorphose die Entstehung der Pri - mordial-Nieren eingeleitet wird. Beides fällt gewiſs ganz zusammen.

Es wäre möglich, daſs jede der genannten Arterien in kurzen Absätzen Aeste abgiebt, welche rasch umbiegend zu Venen werden und dann einen Venen - stamm mit eben solchen zahlreichen Aesten bilden. Damit hätten wir die einfach - ste Art von der Bildung der hintern Wirbelvene, und das rasche Schwinden der hintern Wirbelarterien wäre vielleicht mehr scheinbar, indem sie von den Pri - mordial-Nieren überdeckt würden. Wenn nun unter jedem solchen Uebergangs -150 bogen der organische Stoff sich verflüssigt, was schon durch die Umwandlung ei - nes arterischen Stromes in einen venösen veranlaſst werden kann, oder umgekehrt eine solche Umwandlung veranlaſst, so würden wir eine Menge hinter einander liegender hohler Säckchen haben, deren Inhalt, wenn er zur Bewegung einen Impuls hat, in einen gemeinschaftlichen Kanal zusammenflieſsen wird. So ist aber das Ansehen der Primordial-Nieren in den ersten Tagen allerdings. Mir schien es am vierten Tage, als ob immer zwischen zwei Säckchen ein Blutgefäſs queer hinüber ginge, um dann in die hintere Wirbelvene einzugehen, obgleich diese später viel weniger Zweige aus der Primordial-Niere aufnimmt. Wenn sich der Embryo verblutet hat, erscheinen nothwendig, da die Wand der Gefäſse sehr dünn ist, diese Zwischenräume, in denen die Queervenen liegen, hell. Die Pri - mordial-Nieren haben um diese Zeit die ganze Länge der Bauchhöhle und rei - chen von der Kloake bis in die Gegend des Herzens.

Später verkürzen sie sich, indem sie zugleich breiter werden, und die hoh - len Säckchen sich zu hohlen gewundenen Kanälen ausziehen, wie Müller und Rathke überaus schön dargestellt haben. Sie secerniren um diese Zeit ohne Zweiſel die Flüssigkeit, welche in dem Harnsacke sich ausammelt, was bei den - jenigen Säugethieren, in denen der genannte Sack sehr schnell wächst, noch augenscheinlicher gemacht werden kann. Durch die Verkürzung werden die Aus - führungsgänge, die man falsche Harnleiter genannt hat, nach hinten frei liegend. Ungefähr in der Mitte des Embryonenlebens, nehmen die Drüsen an Masse ab, nachdem sie andere Verbindungen im Venen-Systeme erzeugt haben und verlieren sich, wie es scheint, spurlos bald nach dem Auskriechen*)Ausführlicher von Rathke und Müller, von letzterem in seiner Bildungsgeschichte der Geni - talien, von ersterein in den Abhandlungen zur Bildungs - und Entwickelungs-Geschichte der Thiere..

ll. Bleiben - der Harnap - parat.
203

Unterdessen sind aber auch die bleibenden Nieren entstanden. Man sieht sie am sechsten Tage als eine Wucherung der Gekrösplatten nach auſsen von den Primordial-Nieren. Sie nehmen nie die ganze Länge der Bauchhöhle ein, sind lange nicht so blutreich als die Primordial-Nieren, nehmen aber später an der Gefäſsmetamorphose derselben Antheil. Sie zeigen gekräuselte Ränder und sehr früh sah Müller in diesen Rändern längliche Bläschen, die nach der Mitte in ver - dünnte Stiele sich verlängern. Diese Bläschen sind die Tubuli uriniferi, die sich später verdünnen und verzweigen, und mit ihren Stämmchen in den Harn - leiter übergehen. Ob sie aber durch histologische Sonderung oder durch Ausstül - pung aus der Kloake sich bilden, ist mir weder durch Rathke noch durch Mül -151 ler klar geworden*)Eine verwandte Bläschenform haben einige Zeit auch die letzten Enden der Luftwege, die doch durch Ausstülpung entstehen.. Eigene Untersuchungen besitze ich hierüber nicht. Indem die Primordial-Nieren abnehmen, vergröſsern sich die bleibenden Nieren.

Was endlich die Ausbildung des Geschlechtsapparates anlangt, so müssenmm. Ge - schlechts - Apparat. wir vor allen Dingen bemerken, daſs unter allen Theilen des Körpers dieser zu - letzt sich zeigt und zu seiner vollen Entwickelung bekanntlich sehr viel später ge - langt als alle andern. Dann ist ferner hervorzuheben, daſs die Apparate für beide Geschlechter im Anfange ganz gleich gebaut sind, und daſs aus dieser Gleichheit heraus erst allmählig der geschlechtliche Gegensatz sich entwickelt. Wollen wir den Vorgang aber etwas näher kennen lernen, so haben wir die eigentlich zeugen - den Organe, d. h. diejenigen, die den männlichen und weiblichen Zeugungsstoff (Saamen und Dotterkugeln) bereiten, von dem ausleitenden Apparate zu unter - scheiden und gleich Anfangs zu bemerken, daſs beide Abschnitte getrennt von einander entstehen.

Die zeugenden Organe sind ohne Zweifel Wucherungen der vegetativen Ab -Zeugende Organe. theilung des Leibes, und zwar der Gekrösplatten. Sie zeigen sich nach dem ersten Drittheile des Embryonenlebens als längliche etwas flache Körperchen, ohne be - stimmte Organisation an der innern Seite der Primordial-Nieren. Anfänglich sind sie in allen Individuen gleich und immer paarig. Bald aber werden einige flacher und kürzer, andere rundlich, die ersten sind Eierstöcke, die letzteren Hoden. So ist also die Verschiedenheit des Geschlechtes eine erst später eintretende. Kaum haben die Eierstöcke sich als solehe zu erkennen gegeben, so bleibt auch der rechte Eierstock in seiner Entwickelung zurück, während der linke sich weiter bildet, bis endlich der erste ganz unkenntlich wird. Das Schwinden des rechten Eierstok - kes tritt nach den verschiedenen Familien der Vögel zu sehr verschiedenen Zeiten ein: beim Huhne z. B. schon früh, bei Raubvögeln viel später, so daſs, wie Müller bemerkt, noch kurz vor dem Auskriechen der rechte Eierstock nicht viel kleiner ist als der linke. Die Entstehung der Eier beruht auf einer histolo - gischen Sonderung, die erst spät nach dem Auskriechen im Eierstocke sich äuſsert.

Die Ausbildung der Hoden ist verwandt und doch in anderer Hinsicht ent - gegengesetzt. Es entwickeln sich beide Hoden, jedoch wird der rechte oft gröſser. Aus der länglich runden Form gehen sie in eine bohnenförmige über. In ihnen bilden sich ebenfalls innere Theile durch histologische Sonderung, aber diese in - nern Theile sind nicht Blasen, sondern aus der Substanz des Hodens hervordrin - gende Kanäle, die Saamen-Kanälchen (Vasa seminifera). Die hervortreten -152 den Enden derselben (Vasa efferentia) gehen durch die äuſsere Schicht der Primordial-Nieren, und erreichen einen Ausführungsgang, der nach Müller nichts anders als der schon lange entstandene und noch in Thätigkeit begriffene falsche Harnleiter, nach Rathke aber ein ganz selbstständig anfgetretener Gang ist, der dem Eileiter des Weibchens entspricht.

nn. Fortlei - tender Ge - schlechts - Apparat.
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Man sieht nämlich schon sehr früh einen Gang fast in der Länge der ganzen Bauchhöhle vom Herzen bis zur Kloake am äuſsern Rande der Primordial-Nieren zwischen ihr und dem Uebergange in die innere Fläche der Bauchplatten verlau - fen. Mir schien es, als ob dieser Gang durch eine Art Abblätterung dieser Ueber - gangsstelle auftrete, so nämlich, daſs ein schmaler Streifen sich von der Bauch - wand löst, aber doch mit seinen Rändern anhaftend bleibt, wodurch natürlich ein Kanal entsteht. Dieser Kanal wäre daher anfänglich ganz angeheftet. All - mählig aber löst er sich immer mehr und entfernt sich von der Bauchwand. Sein vorderes Ende könnte nicht anders als unmittelbar in die Bauchhöhle übergehen, wenn diese Darstellung der Entstehung richtig ist*)Ich will aber nicht behaupten, daſs er immer offen bleibt.. Anfänglich ist auf jeder Seite ein solcher Kanal, bald aber bleibt der rechte in der Entwickelung zurück, verschlieſst sich später auch gegen die Kloake und nach vorn, wodurch denn zu - letzt ein geschlossener Sack übrig bleibt, der meist auf der rechten Seite in er - wachsenen Hühnern noch zu erkennen ist und das Ansehen einer Hydatide hat. Allein der linke Kanal entfernt sich immer mehr von der Bauchwand und zieht sich dadurch das Gekröse hervor, welches in der ganzen Länge des Eileiters ver - läuft. Dieser linke Gang ist nämlich der Eileiter, seine Mündung wird der Trich - ter (obgleich er nach Rathke einige Zeit verschlossen ist). Am hintern Ende erweitert sich schon im Embryonenleben eine Stelle, und wird zum Eihälter.

Es ist nun die Frage, ob ähnliche Kanäle auch im männlichen Geschlechte erscheinen und diese es sind, in welche die Vasa efferentia eingehen unter allmähligem Schwinden der Primordial-Nieren, wie es bei Säugethieren sicher der Fall ist, oder, wie Müller nach sorgsamen Untersuchungen glaubt, der Ka - nal, der im Männchen die Vasa efferentia aufnimmt, kein andererer ist, als der falsche Harnleiter, der hiernach im Männchen nicht schwände. Rathke da - gegen erwartet (Meckel’s Archiv 1832) einen vom falschen Harnleiter verschiede - nen Saamenleiter. Ich glaube, nicht nur der Analogie wegen, sondern nach dem was ich gesehen habe, mich für Rathke’s Ansicht entscheiden zu müssen**)Obgleich ich, wie schon oben bemerkt wurde, noch nicht Zeit gewinnen konnte, um die Beob - achtungen Rathke’s und Müller’s vollständig durch eigene Ansicht zu verfolgen, so glaube ich doch mich überzeugt zu haben, daſs auch im Männchen neben jeder Primordial-Niere nach auſsen.

Die153

Die letzte, aber jährlich wiederkehrende Entwickelung im Geschlechts-Ap - parate besteht endlich darin, daſs im Eierstocke die Dotterkugeln und im Hoden der befruchtende Stoff sich ausbilden und zeugungsfähig werden.

Ueberblicken wir noch zum Schlusse die ganze Lebensgeschichte des Vogels,oo. Rück - blick auf die Entwicke - lungs-Ge - schichte der Vögel. so finden wir, daſs diese in zwei ganz verschiedene Seiten zerfällt, in die Entwi - ckelung des Individuums für sich, und in die Entwickelung für das Geschlecht. Die letztere wird zwar schon früh eingeleitet, allein sie schreitet erst dann rasch fort, wenn die Entwickelung des Individuums fast vollendet ist, oder kaum merk - lich fortschreitet, erneut sich aber jährlich. Mit dem Aufhören des geschlechtli - chen Lebens ist auch das Individuum verblüht.

Da die Geburt aus den Eihüllen sehr viel später erfolgt, als der Austritt des Eies aus dem mütterlichen Körper, so müssen für die Entwickelung des Indivi - duums alle Lebensfunctionen wenigstens zwei der Zeit nach sehr ungleiche Perio - den zeigen, indem sie zuerst nur durch den Inhalt des Eies, also durch Das, was der mütterliche Körper gegeben hat, bedingt werden, und erst nach der Enthül - lung die Wechselwirkung mit der Auſsenwelt eintritt.

In Bezug auf das sensorielle Leben können wir diese beiden Perioden als Schlafen und Wachen bezeichnen, da während des Lebens im Eie nur die nieder - ste Form, die wir Gemeingefühl nennen, sich offenbart. Dieses Gemeingefühl erzeugt zwar auch Bewegungen, aber nur bewuſstlose, und scheint mit dem später in täglicher Periodicität wiederkehrenden Schlafzustande übereinzustimmen.

In der Verdauung lassen sich drei Perioden unterscheiden, indem zuerst nur Dottersubstanz, dann Fruchtwasser aufgenommen wird, und zuletzt erst Nah - rung aus der Auſsenwelt.

Athmung und Blutbewegung haben wir schon in vier Perioden dargestellt, die man mit den Ausdrücken: Blutbildung, einfacher Kreislauf, unvollkommen doppelter und vollkommen doppelter Kreislauf, bezeichnen kann.

Alle solche Perioden sind aber nicht absolut geschieden, sondern in einander übergehend, und in der einen werden immer die Vorbereitungen für die folgende kenntlich.

**)ein Kanal liegt, der, verschieden vom falschen Harnleiter, zum Saamenleiter wird. Zuvörderst sieht man in früherer Zeit, wo die Geschlechter noch nicht verschieden sind, in allen Individuen neben den Primordial-Nieren einen Kanal. Ich habe früher vorzüglich durch Queerschnitte von seinem Daseyu mich überzeugt und darin die angegebene Entstehungsweise zu erkennen geglaubt. Nun scheint mir aber dieser Kanal derselbe, der später, wenn die Primordial-Niere sich ver - gröſsert hat, ihr aufliegt und der falsche Harnleiter mehr tief zu liegen. Da ich endlich einmal diesen Band in die Druckerei schicken muſs, so habe ich mir für das nächste Jahr eine genauere Untersuchung vorbehalten, da ich, was dieses Jahr mir zeigte, nicht einmal unter sich in Har - monie bringen kann.

II. U154

§. 8. Entwickelungsgeschichte der Reptilien.

Wir haben die Entwickelungsweise der Vögel in allen wesentlichen Ver - hältnissen ziemlich vollständig kennen zu lernen uns bestrebt, theils um dadurch eine möglichst zusammenhängende Uebersicht der Veränderung Einer Thierform an sich zu erlangen theils auch um verwandte Formen der Entwickelung mit desto mehr Kürze vergleichen zu können, und aufzufinden, was für die Ent - wickelung einzelner Klassen individuell und was für alle Wirbelthiere allge - mein gilt.

a. Schild - kröten.
207

Wir führen die andern Formen der Entwickelung nach der gröſsern oder geringern Aehnlichkeit mit den Vögeln auf. Zunächst an die Vögel reihen sich in Bezug auf den Bau des Eies die Schildkröten. In diesen Thieren ist, wie in den Vögeln, der Eierstock mit Ausnahme der frühesten Jugend traubig, indem die Eier, wenn sie heranwachsen, im Verhältniſs zu dem Eierstocke sehr an - sehnlich sind und jedes Ei den benachbarten Theil des Eiertsockes in Form einer gestielten Beere hervorzieht, die nur nicht so lang herabhängt als im Vogel. Das unbefruchtete Ei besteht ebenfalls aus der Dotterkugel, die innerhalb einer ein - fachen Dotterhaut eine allmählig gelb werdende Dottersubstanz, eine Keimschicht und ein Keimbläschen enthält. Jede Dotterkugel liegt ohne organische Verbin - dung innerhalb einer aus zwei Häuten gebildeten Kapsel. Das Ei kann also auch nur durch Aufreiſsen der Kapsel in einer ansehnlichen Narbe entleert werden und läſst einen gestielten Kelch zurück, wie im Vogel. Auffallender ist der Un - terschied, daſs in der weiblichen Schildkröte zwei Eierstöcke die beschriebene Beschaffenheit haben, im Vogel aber nur Ein Eierstock zur Entwickelung kommt, obgleich in frühester Zeit, im Embryonenzustande nämlich, auch im Vogel zwei Eierstöcke sich zu bilden anfangen (§. 7. ll.). Die Schildkröte hat nun für ihre zwei Eierstöcke auch zwei Eileiter, die erst in der Kloake sich be - gegnen. Diese Eileiter beginnen auch mit trichterförmigen Bauchmündungen, allein die einzelnen Abschnitte in ihnen sind nicht so verschieden unter sich, als im Huhne. Sie nehmen die Eier auf, und indem diese sich durch die Eileiter hin - durch bewegen, bildet sich um die Dotterkugel herum ebenfalls Eiweiſs mit ei - ner äuſsern Haut desselben (oder einer Schaalenhaut) und einer Kalkschaale. Das Eiweiſs ist aber in viel geringerer Menge da, und die Hagelschnüre fehlen ganz (wie schon Berthold bemerkt hat), weshalb ich doch eine vollständige Abwesenheit einer innern Haut des Eiweiſses, die wir im Vogel die hageltragende Haut genannt haben, nicht behaupten will. Die Schaale ist viel poröser als im155 Vogel, so daſs man auf der innern Fläche sehr deutlich die ansehnlichen Gruben sehen kann, in welche Verlängerungen der Schaalenhaut eingehen. Auch ist die Schaale immer brüchiger und häufig wenigstens dünner, als bei Vogeleiern von derselben Gröſse. Im eben gelegten Eie der europäischen Schildkröte fand ich noch keinen Embryo, auch der Keim erschien mir lange nicht so bestimmt aus - gebildet, als im Vogel, obgleich deutlich auf dem Dotter eine weiſsere Masse auf - lag. Von den ersten durch mich untersuchten Eiern konnte ich freilich nicht mit voller Sicherheit wissen, ob sie befruchtet waren, doch sprach die Wahr - scheinlichkeit dafür, denn die Schildkröte war gefangen worden, indem sie ihre Eier einzuscharren beschäftigt war. Später aber haben bei mir Schildkröten Eier gelegt, die sich ausbildeten. Auch von dieser zeigten die gleich nach dem Legen geöffneten keinen ausgebildeten Keim, der doch nach einigen Tagen da war. Hiernach zweifle ich nicht, daſs der Keim sich erst nach dem Legen vollständig ausbildet. Auf diese Möglichkeit weist das sehr späte Auftreten eines erkennba - ren Embryo hin. Carus fand (Hecker’s Annalen 1829 Febr. S. 150.) vom 14ten Juni bis zum ersten Juli die Entwickelung nur bis zur Bildung eines Gefäſsehofes vorgeschritten, und ich sah an der europäischen Schildkröte sechs Tage nach dem Legen den Rücken des Embryo noch nicht einmal vollständig geschlossen. Erst am achten Tage war dieser Schluſs erfolgt. Auch aus den von Tiedemann gesammelten Angaben über die Zeit, welche vom Legen der Eier bis zum Aus - kriechen des Jungen verstreicht, geht hervor, daſs die Brütezeit länger währt als bei Vögeln. Zu der Entwickelung bedürfen die Eier der Schildkröten nur der Wärme des Erdbodens.

Was nun die Art der Entwickelung anlangt, so habe ich an Schildkröten -Taf. IV. Fig. 8. Eiern aus der frühern Zeit gesehen, daſs auch hier der Embryo sich bildet, indem der Keim sich in ein animalisches und ein vegetatives Blatt spaltet, daſs aus jenem zwei Rückenwülste und zwei Bauchplatten sich ausbilden. Das Lagerungsver - hältniſs ist jedoch in so fern verschieden, als sich die Rückenwülste beim Schlie - ſsen so sehr nach unten drängen, daſs die Wirbelsaite tief unter die Ebene der Bauchplatten zu liegen kommt. Damit hängt zusammen, daſs die Bauchplatten, wenigstens im Rumpftheile, nah an der Schluſslinie der Rückenplatten angefügt scheinen. Im Grunde aber ist die nächste Umgebung der Wirbelsaite beiden Plattenpaaren gemeinschaftlich, und die freien Theile der Rückenwülste sind über - aus schmal im Verhältniſs zu den sehr breiten Bauchplatten. Dieses Verhältniſs scheint das Bedingende für die Verschiedenheit zwischen Vogel und Schildkröte*)In Taf. IV. Fig. 8. sicht man den Durchschnitt der Rückenplatten bei a und den Durchschnitt der Bauchplatten bei b. Die darunter stehende Figur 9. soll aus dem Knochenbau der Sänge -;U 2156denn eine andere Differenz läſst sich aus der ersten herleiten. Das Funda - mentalorgan für die Entwickelung der Extremitäten löst sich nun nicht von der obern (äuſsern), sondern von der untern (innern) Fläche des Keimes ab. Lei - der habe ich diese Entwickelung nicht weiter verfolgen können, weil alle Eier die über zehn Tage alt waren, verdarben, allein man kann sich das spätere Ver - hältniſs gar nicht anders entstanden denken. Hiernach wird es mir wahrschein - lich, daſs das Fundamentalorgan für die Extremitäten eine erst später eintretende Sonderung aus der Fleischschicht des Keimes ist, und daſs diese Sonderung auf derjenigen Fläche erfolgt, an welcher Rücken - und Bauchplatten zugleich An - theil haben. In Schildkröten haben beide an der untern Fläche Antheil, in den andern Wirbelthieren an der obern. Bei der weitern Entwickelung müssen sich aber die vorragenden Theile der Extremitäten vorn und hinten da hervorschie - ben, wo die ungemeine Breite der Bauchplatten aufhört. Die Rückenplatten scheinen nämlich am sechsten und achten Tage die Bauchplatten nach vorn zu überragen, was wohl dahin zu deuten ist, daſs diese nur im Rumpfe die unge - wöhnliche Breite haben.

Von der spätern Entwickelung wissen wir aus einzelnen Nachrichten, vor - züglich aber aus den Beobachtungen von Tiedemann*)Fried. Tiedemann: Zu Samuel Thomas v. Sömmerings Jubelfeier. Heidelberg 1828. 4to. S. 23 u. folg., daſs der Embryo von einem Amnion umhüllt wird, welches durch einen Hautnabel in die Haut des Embryo übergeht, daſs ein gefäſsreicher mit der Harnblase verbundener Harn - sack sich ausbildet, der nach rechts liegt**)So lehrt die Abbildung Fig. 3. a. a. O., wenn auch der Verfasser dieser Stellung nicht beson - ders erwähnt., ohne jedoch wie im Vogel-Eie den Embryo mit seinen Anhängen ganz zu umhüllen. Ein Dottersack hängt vermit - telst eines Dotterganges am Darme und läſst schlieſsen, daſs das erste Verhältniſs des Embryo zur Dotterkugel eben so ist, wie im Vogel. Auch tritt der Dotter - sack beim Schlusse des Embryonenlebens durch den Nabel in den Leib der jun - gen Schildkröte ein. Der Nabel befindet sich innerhalb des sogenannten Bauch - schildes, welches eben deshalb mehr als das Brustbein der Vögel und Säugethiere enthalten muſs.

Der Embryo ist eben so gekrümmt wie der Embryo der Vögel. Auch seine innere Organisation zeigt groſse Uebereinstimmung. Er enthält die vorüberge - henden Nieren, auch noch in späterer Zeit zwei Botalli’sche Gänge, ein sehr gro -*)thiere anschaulich machen, daſs in den gewölbten Platten bei a in Fig. 8. auch wohl die An - fänge der Bauchplatten enthalten sind.157 ſses Hirn u. s. w. Aus diesen einzelnen Momenten läſst sich schlieſsen, daſs die ganze Entwickelungsweise auſser der abweichenden Ausbildung der Fleischschicht sehr übereinstimmend mit der des Hühnchens seyn muſs.

Zunächst an die Schildkröten reihen sich diejenigen Eidechsen und Schlan -b. Eierlegen - de Schlangen und Eidech - sen. gen, welche Eier legen, die längere Zeit hindurch auſserhalb des Leibes der Mutter durch die Wärme des Erdbodens bebrütet werden. Diese Eier sind wie - der von zweierlei Art, entweder hartschaalig oder weichschaalig. Die ersteren, zu denen die Eier des Krokodills gehören, haben eine feste Kalkschaale, wie die Eier der Vögel und Schildkröten. Viel häufiger sind die Eier mit weicher, le - derartiger Schaale, wie die der meisten europäischen Eidechsen, der meisten Nat - tern und der Pythonen. Verfolgen wir an ihnen die Hauptmomeute der gesamm - ten Entwickelungsgeschichte!

Auch hier sind paarige Eierstöcke und Eileiter: ein Verhältniſs, das über - haupt in den Wirbelthieren mit Ausnahme der Vögel und weniger Fische allge - mein ist. Die Eierstöcke der Schlangen sehen nicht traubig, sondern fast pater - nosterförmig aus. Indessen ist dieser Unterschied nur in der äuſsern Form be - gründet und beruht darauf, daſs im Leibe der Schlangen alle Theile sehr in die Länge gezogen sind. Denkt man sich nun die Anheftung des Eierstockes der - gel sehr verlängert, so muſs er eine Form annehmen, wie er sie in den Schlangen in der That besitzt. Doch ist im Innern des Eierstockes noch ein hohler Gang. Die Eierstöcke der Eidechsen zeigen den Uebergang, indem sie zwischen beiden Formen die Mitte halten. Der gesammte Eierstock jeder Seite ist viel länger als in den Vögeln, und die Eier mit den umgebenden Kapseln treten weniger hervor, so daſs sie keinen deutlichen Stiel aus dem Eierstocke hervorziehen. In der Sub - stanz des Eierstockes liegen, in eigene Kapseln eingeschlossen, die unreifen Eier oder Dottermassen, die in den Schlangen viel mehr in die Länge gezogen sind, als in den Eidechsen und Vögeln. Der Dotter ist von einer Dotterhaut einge - schlossen, ursprünglich durchsichtig wie festes Eiweiſs, mit einem sehr ansehn - lichen, dem bloſsen Auge leicht kenntlichen Keimbläschen. Allmählig vergrö - ſsern sich im Herbst einige Dottern, indem sie wachsfarben und weniger durch - sichtig werden. Nun sieht man das Keimbläschen von auſsen entweder gar nicht, oder nur undeutlich durchschimmern; öffnet man aber den Dotter, so findet man es vor. Im Frühlinge werden diese Dotter goldgelb und völlig undurchsich - tig. Man sieht aber das Keimbläschen wieder, weil es an der Oberfläche liegt. Ich schlieſse daraus, daſs es von innen nach auſsen hervordringt. Zwar scheint in kleinen, ganz durchsichtigen Eiern das Keimbläschen auch oberflächlich zu liegen, aber entweder täuscht hier die Durchsichtigkeit, oder die wahre Dotter -158 masse bildet sich erst allmählig über der ursprünglichen, und diese ist die Substanz, welche später nur die Mitte inne hat. Der reife Dotter hat eine deutliche Keim - schicht bekommen und zieht die Umgebung nur wenig, gleichsam in einen Kelch ohne Stiel, hervor. Es entwickelt sich ein starkes Gefäſsnetz in diesem Kelche (besonders bei den Eidechsen), und es bildet sich eine lange schmale Narbe, die das Ei austreten läſst, sobald die weite Mündung des Eileiters sich anlegt. Diese Dottern werden jedoch nicht wie bei den Vögeln einzeln weggeführt, sondern alle, welche in einem Sommer zur Entwickelung kommen sollen, reifen fast zugleich, während noch viele andere unentwickelt bleiben. Die ersteren werden schnell nach einander von den beiden Eileitern aufgenommen und verweilen gemeinschaft - lich ein Paar Wochen im hintern Theile der Eileiter, welche hier noch weniger in differente Abtheilungen zerfallen, als in den Schildkröten.

In den Eileitern werden die Dottern zuvörderst mit äuſsern Theilen beklei - det. Sie erhalten eine dünne Lage eines fast flüssigen Eiweiſses*)Häufig wird den Schlangen-Eiern das Eiweiſs ganz abgesprochen., um das Ei - weiſs bildet sich eine zarte Schaalenhaut und ein dicker Ueberzug, der aus einem zähen, weiſsen, ausgeschiedenen Stoffe gerinnt. Er läſst sich sehr leicht in zwei Lagen theilen, ist offenbar der Schaale des Vogeleies analog, und unterscheidet sich nur durch den Mangel, oder, was wahrscheinlicher ist, durch den sehr ge - gringen Vorrath von Kalk. Hagelschnüre fehlen. Die Dotterhöhle ist groſs und mit einer nicht unbedeutenden Menge von Eiweiſs gefüllt. Das Keimbläschen ist geschwunden. Statt der Keimschicht sieht man einen groſsen hautförmigen Keim, der sich allmählig über den ganzen Dotter ausdehnt und Höfe bemerken läſst, wie im Vogel. Ein Luftraum fehlt sowohl jetzt, als später.

Im Keime bildet sich ein Fruchthof, in diesem ein Embryo, den ich an Eidechsen in frühester Zeit auch ohne Amnion gesehen habe, wie den Embryo des Vogels am ersten Tage und der Schildkröte mehrere Tage hindurch. In die - sem Embryo waren Rückenplatten, die erste Anlage von Bauchplatten und eine Wirbelsaite zu erkennen, wie im Hühnchen in der ersten Periode. Die Bildungs - stätte ist nicht, wie Emmert angiebt, bei den Eidechsen das stumpfe Ende des Eies, sondern die Mitte wie im Vogel, doch liegt der Embryo zuweilen, beson - ders in späterer Zeit, dem stumpfen Ende näher.

Darauf umhüllt sich der Embryo auf die bekannte Weise mit einem Am - nion, er nimmt an Krümmung zu und legt sich mit seiner linken Seite auf den unterdessen gebildeten Dottersack, auf welchem der Gefäſshof mit seiner Grenz - vene im Verhältniſs zum Dotterhofe kleiner ist, als im Vogel, aber auch allmäh -159 lig sich ausdehnt. Aus dem Herzen treten ganz eben so wie im Vogel allmählig fünf Paar Gefäſsbogen hervor, die in 2 Aortenwurzeln übergehen und zwischen denen eben so allmählig von vorn nach hinten vier Paar Kiemenspalten sich ent - wickeln, von welchen sich zwar die vorderste früher schlieſst als die hinteren, die aber einige Zeit hindurch alle zugleich offen sind, wie auch alle fünf Gefäſs - bogen zugleich Blut führen. Das Herz hat während dieser Zeit ungemeine Aehn - lichkeit mit dem Herzen des Hühnchens, doch verweilt es länger auf den einzel - nen Stufen. Eben so die erste Anlage der Extremitäten. Der Mund und der Af - ter bilden sich auch eben so, wie im Hühnchen. Dasselbe gilt von dem Dotter - gange, den Primordial-Nieren und ohne Zweifel von den übrigen Theilen. Auch der Harnsack tritt am hintern Ende hervor und verlängert sich nach rechts, mit einem schönen Gefäſsnetze versehen. Das Hirn entwickelt dieselben Abthei - lungen wie im Vogel, und man kann eine Eidechse mit einem kleinen Vogel ver - wechseln, so lange der Schwanz nicht deutlich hervorgewachsen ist. Dieser rollt sich nach rechts auf, doch schien mir der Kopf etwas weniger übergebogen als im Vogel.

Die Entwickelung der Schlangen, die ich weniger in der ersten Periode zu beobachten Gelegenheit gehabt habe, weicht nur darin merklich von der Ent - wickelung der Eidechsen ab, daſs sie schon ungemein früh, vielleicht gleich An - fangs, sehr lang sind und ihr ganzer Leib sich sehr früh spiralförmig aufrollt, während in den Eidechsen nur das Schwanzende so aufgerollt ist: ein Verhältniſs, das man im Vogel wegen Kürze seines Schwanzes nicht beobachten kann. Auch bekommen die Schlangen keine Extremitäten.

Alle diese Entwickelungen erfolgen innerhalb des Eileiters, wo das Ei ohne Zweifel durch seine weiche Schaale die ausgeschiedene Feuchtigkeit ein - saugt. Erst wenn der Harnsack eine ansehnliche Gröſse hat und die zweite Ent - wickelungsperiode, wie wir sie nach dem Vogel bestimmt haben, vollendet ist, werden die Eier gelegt. Sie bedürfen jetzt nicht nur eines mäſsigen Grades von Wärme, nach deren geringerer oder schwächerer Einwirkung sie sich langsa - mer oder schneller entwickeln, sondern auch einer feuchten Umgebung, da durch die weiche Schaale die Verdünstung so rasch erfolgt, daſs an freier Luft die Eier in wenigen Stunden ausgetrocknet sind. Aus diesem Grunde legen auch die Eidechsen und mehr noch die Schlangen ihre Eier an feuchte Stellen. Es scheint sogar, daſs die Eidechsen-Eier so viel Feuchtigkeit von auſsen aufnehmen, daſs sie allmählig gröſser werden. Wenigstens waren bei Emmert sowohl als bei mir die zuletzt erhaltenen Eier gröſser als die frühern. Indessen ist auch zu berücksichtigen, daſs die ältern und gröſsern Eidechsen im Allgemeinen später160 Eier legen werden, als die jüngern. Die Schlangen-Eier sind bei der Geburt so feucht, daſs sie an einander kleben, die Eidechsen-Eier nicht.

Die Entwickelung der Eier auſserhalb des mütterlichen Körpers entspricht der dritten Periode des Vogel-Embryo. Obgleich im Allgemeinen noch viele Uebereinstimmung bleibt, so treten doch in dieser Periode auch schon sehr we - sentliche Unterschiede in der Entwickelung hervor. Das Eiweiſs schwindet, und zwar rascher als bei Vögeln, wie es denn überhaupt immer in geringerer Menge da war und keine Hagelschnüre enthielt. Doch erhält sich bei den Eidechsen ein kleiner Rest am spitzen Ende des Eies sehr lange, vielleicht bis zur Geburt. In den Schlangen scheint es schon während des Aufenthaltes im Leibe der Mutter gröſstentheils verzehrt zu werden. Dagegen sammelt sich immer mehr festes Ei - weiſs im Innern der Dotterhöhle. Ein Luftraum bildet sich nicht, wahrschein - lich weil die Schaale die Luft durchdringen läſst. Der Dottersack wird allmäh - lig vom Gefäſshofe im gröſsten Theile seines Umfanges überzogen. Er nimmt dann rasch ab und ein kleiner Rest schlüpft bei der Geburt durch den Nabel in die Bauchhöhle. Die Dottergefäſse sind wie die des Vogels. Der Harnsack, in wel - chem sich die enthaltene Flüssigkeit mehrt, umwächst allmählig den gröſsten Theil des Eies und legt sich mit der äuſsern Hälfte ein Chorion bildend an die Schaalenhaut an. Die Blutgefäſse dieses Chorions sind nicht so stark verzweigt als im Vogel, wahrscheinlich weil das Reptil nicht so lebhaft athmet als der Vo - gel. Es verharren beide Nabelarterien bis zur Geburt, aber nur eine Nabelvene, welche wenigstens in den Schlangen erst jenseit der Leber sich mit der Hohlvene vereint. Im Embryo der Eidechsen nimmt die Schwanzlänge schnell zu, wäh - rend auch der Leib sich verlängert, der Hals aber nie so lang wird als am Em - bryo des Vogels. Dadurch geht schon die äuſsere Aehnlichkeit verloren. Kleine Höckerchen der Haut lassen nicht Federn hervortreten, sondern verhärten zu Schildchen. In den blattförmigen Enden der Füſse entwickeln sich Zehen, in eine Schwimmhaut geschlossen, wie im Vogel, aber die Zahl dieser Zehen ist gleich Anfangs fünf. Ihre Länge ist ziemlich gleich, erst indem sie aus der Schwimmhaut hervorwachsen entwickelt sich die Ungleichheit derselben, die immer zunimmt. Aus der vordern Extremität wird statt des Flügels ein Fuſs. So treten überhaupt, sowohl äuſserlich als innerlich, die Differenzen durch eine Verschiedenheit in der Umbildung hervor, wobei manche Umänderung in beiden Thierklassen übereinstimmend erfolgt, in der einen aber viel später als in der an - dern, manche Umänderung aber in der einen Thierklasse ganz ausbleibt, wes - halb sie in dieser Hinsicht Zeitlebens in einem embryonischen Zustande gegen die andere verharrt. So bestehen die mehrfachen Gefäſsbogen aus der Aorta in denEi -161Eidechsen und Schlangen viel länger als in den Vögeln, ja die beiden Aortenwur - zeln verharren das ganze Leben hindurch, wenn auch die rechte viel stärker wird als die linke. Eben so bleibt die Herzkammer ohne vollständige Scheidewand, die der Vogel doch schon im Anfange dieser Periode erhält. Die Reptilien verharren also in Hinsicht des Kreislaufes in einem embryonischen Zustande, indem er bei ihnen ein unvollkommen doppelter bleibt. Dagegen erlangen die Vögel äuſsere Begattungsglieder (mit sehr wenigen Ausnahmen) gar nicht. In dieser Hinsicht verharren also die Vögel in einem embryonischen Zustande gegen die Reptilien.

Merkwürdig ist es, daſs viele Schlangen, wie es scheint alle giftigen,c. Lebendig gebärende Schlangen und Eidech - sen. auſserdem aber auch die Gattung der Blindschleichen, vielleicht die Boen, die Gattung Acrochordus nnd einige Eidechsen, wie die Gattung Seps, ihre Eier bis zur völligen Beendigung des Embryonenlebens d. h. bis zum Hervorbrechen aus den Eihäuten im Eileiter behalten*)Herr Professor Leuckart hat Alles, was bisher über das Lebendiggebären der Reptilien be - kannt geworden ist, gesammelt, und mit eigenen Beobachtungen reichlich vermehrt in einer Abhandlung Ueber lebendig gebärende Amphibien mitgetheilt, welche er mir zu übersenden die Güte hatte. Diese lehrreiche Abhandlung bildet den Anfang eines Werkes, dessen Titel ich leider nicht angeben kann, da es noch nicht vollendet scheint. Mir wenigstens ist nur jene Ab - handlung bekannt geworden. Diese Bemerkung, im Jahre 1829 niedergeschrieben, gilt noch jetzt 1834.. Man pflegt sie daher lebendig-gebärende zu nennen. Noch merkwürdiger aber ist es, daſs einzelne Arten einer Gattung le - bendige Junge zur Welt bringen, während andere Eier legen, obgleich jene im ausgebildeten Zustande fast gar keine Eigenthümlichkeit im Bau zu erkennen ge - ben, wodurch sie sich von den andern Arten unterscheiden. So bringt Coluber laevis lebendige Junge zur Welt, obgleich die meisten übrigen Nattern Eier le - gen. Unsere safranbauchige Eidechse, Lacerta crocea, die der gröſsern hier lebenden Art (Lacerta agilis) so ähnlich ist, daſs man sie häufig verwech - selt hat, ist ebenfalls lebendig gebärend.

Dieser Unterschied in der Entwickelungsgeschichte ist indessen so groſs nicht, als man im gemeinen Leben wohl glaubt, da auch die Jungen der lebendig gebährenden Reptilien bis zur Geburt in einem Ei eingeschlossen sind, ja häufig sogar von den Eihäuten umgeben geboren werden, und dieselben erst einige Stun - den oder Tage nsch der Geburt durchreiſsen, wie ich an den Blindschleichen selbst gesehen habe, was indeſs schon früher an Blindschleichen und Vipern beob - achtet war. Zuweilen erfolgt jedoch auch die Zerreiſsung der Häute im Leibe der Mutter. Es fallen also Geburt und Enthüllung des Embryo nur ungefähr zu - sammen. Erinnern Sie sich nun, daſs in den Eiern, welche diejenigen Schlangen und Eidechsen, die ich selbst untersuchen konnte, legen, schon Embryonen sichII. X162befinden, so sehen Sie leicht, daſs diese nur früher gebärende sind. Sie werden sich dann nicht wundern, wenn ich hinzufüge, daſs in der Entwickelungsweise der Embryonen keine Verschiedenheit bemerkt wird.

Wohl ist aber in der Bildung der äuſsern Eihüllen ein sehr auffallender Un - terschied. Die Eier der lebendig gebärenden Schlangen und Eidechsen sind von einer ganz dünnen Oberhaut umgeben, von der ich nicht weiſs, ob sie ursprüng - lich einfach ist, oder erst aus zwei Blättern (einem Repräsentanten der Schaalen - haut und einem Repräsentanten der Schaale) verwächst. Das erstere ist wahr - scheinlicher, und so läſst sich denn schlieſsen, daſs das ganze Secretum der Ei - leiter immerſort und ohne Niederschlag von den Eiern aufgenommen wird. Auch nehmen diese sehr auffallend an Gröſse zu. In den eierlegenden Reptilien gerinnt dagegen ein Theil des Secretums zu einer weichen, ziemlich dicken Schaale und zwar geht die Schaalenbildung bis zur Geburt fort, so daſs die Eier unserer Nat - tern sogar bei der Geburt an einander kleben. Eine Folge dieser Schaalenbildung ist, daſs die Frucht durch eine dicke leblose Schicht von dem Eileiter der Mutter abgeschieden ist, wie ein fremder Körper auf sie wirkt und als solcher ausgestoſsen wird, wogegen die andern Früchte mit der Mutter in lebendiger Wechselwirkung bleiben und zuletzt vielleicht nur ausgestoſsen werden, weil der Nabel der Em - bryonen sich schlieſst, die Eihäute leblos werden, und die Eier nun auch hier als fremde Körper wirken.

Da man überhaupt durch die ganze Thierreihe hindurch erkennt, daſs dick - schaalige Eier niemals im Leibe der Mutter vollständig entwickelt werden, und alle Eier, welche im Leibe der Mutter zur Reife kommen, einen sehr zarten Ueberzug haben, so läſst sich wohl daraus schlieſsen, daſs die Athmung vermit - telst des Harnsackes, die im Hühnchen durch die verschiedene Färbung des Blu - tes in den Nabelarterien nur zu deutlich und in den Reptilien wegen der Ueberein - stimmung aller Verhältnisse des Harnsackes mehr als wahrscheinlich ist, bei dick - schaaligen Eiern den freien Zutritt der atmosphärischen Luft fordert, daſs aber, wenn das Ei nur eine dünne Oberhaut hat, die nothwendige Umänderung des Blu - tes im Embryo durch die dicht anliegenden Gefäſse des mütterlichen Körpers be - wirkt werde. So sieht man in der That in den Eileitern der Vipern die Blutge - fäſse zunehmen, wenn der Harnsack der Eier sich ausdehnt.

Noch muſs ich bemerken, daſs ungeachtet der Uebereinstimmung im übri - gen Baue in den Eierstöcken derjenigen lebendig gebärenden Eidechsen und Schlangen, welche ich untersuchen konnte, das Keimbläschen vor der Befruch - tung sich anders zeigte, als in den eierlegenden. Es enthält schon in den letztern viel mehr, dunklere und gröſsere Körnchen, als in den Keimbläschen der Vögel. 163Allein diese Körnchen sind noch sehr viel zahlreicher und dunkler in dem Keim - bläschen der lebendig gebärenden Reptilien. Sie bilden hier in der That eine dünne gelbliche Dotterschicht, welche unter der Oberhaut des Keimbläschens liegt*)Abgebildet in meinem Sendschreiben: De ovi mammalium et hominis genesi und zwar im zusammengefallenen Zustande..

Ich zweifle nicht, daſs man unter den sogenannten lebendig gebärenden und eierlegenden Reptilien mancherlei Abstufungen in früher und später Gebärende finden wird, und daſs nicht alle eierlegenden Reptilien diese Eier bei derselben Ausbildung des Harnsackes von sich geben werden. Aber ich glaube, daſs die Dicke der Schaale hiermit in Uebereinstimmung gefunden werden wird, und ich zweifle, daſs dickschaalige Eier im Leibe der Mutter die enthaltenen Embryonen zur Reife bringen können, besonders wenn sie keinen eingeschlossenen Luftraum haben, wie die Hühnereier, und der Luftraum kann sich wieder nicht ohne Ver - dünstung bilden. Geoffroy glaubt**)Memoires du Musecum d’histoire naturelle Vol. IX. p. 3., daſs man eierlegende Schlangen künstlich in lebendig gebärende verwandeln könne. Er erzählt, das Herr Florent Pré - vost es dahin gebracht habe, das Eierlegen der Schlangen nach Willkühr zu be - schleunigen und zu verzögern. Die Verzögerung sey dadurch bewirkt worden, daſs man die Schlangen gehindert habe, sich im Wasser zu baden. Durch das Baden im Wasser werde die abgehende Haut macerirt. Jene trocken gehaltenen Schlangen hätten sich daher nicht häuten können, seyen dadurch in ihren Bewe - gungen gehindert gewesen und hätten deshalb ihre Eier nicht legen können. So sey es an Coluber Natrix unter drei Versuchen einmal, und an Coluber lae - vis immer gelungen, die Eier so lange im Leibe zurück zu behalten, daſs diese Schlangen endlich lebendige (d. h. wohl völlig ausgebildete) Junge zur Welt ge - bracht hätten.

Ich gestehe, daſs mir diese Angaben sehr verdächtig vorkommen. Zuvör - derst sehen wir aus den Beobachtungen von Leuckart und Andern (a. a. O.), daſs Coluber laevis im natürlichen Zustande lebendig gebärend ist. Es bliebe also nur das Eine Exemplar von Coluber Natrix übrig. Sollte hier kein Irrthum sich eingeschlichen haben, so würde ich glauben, daſs die Entziehung des Wassers die Secretion im Eileiter vermindert hat und dadurch die Schaalen der Eier dünner geblieben sind als gewöhnlich***)So hatten die Eier, welche Rossi durch Verstopfung des Eileiters im Leibe von Hühnern und Putern einige Zeit sich entwickeln lieſs, keine Schaalen, sondern nur dünne Hänte. S. Memoires de Turin Vol. VI.. Denn, wie durch die dicke Schaale im Leibe der Mutter die Athmung lange unterhalten werden könnte, istX 2164eben so wenig einsichtlich, als die Nothwendigkeit der äuſsern Bewegung für die Contractionen der Eileiter, und die Unmöglichkeit der Bewegung wegen ausgeblie - bener Häutung*)Bei einem meiner Zuhörer, Herrn Dr. Grube, hat eine trocken gehaltene Coluber Natrix Eier gelegt. Leider erfuhr ich dies zu spät, um die Eier und die Ausbildung der Embryonen zu untersuchen. Die von mir lebendig gehaltenen Schlangen habe ich alle früher geöffnet..

§. 9. Entwickelung der Säugethiere.

a. Früh - gebärende Säugethiere.
217

Mit diesen beiden Bemerkungen machen wir den Uebergang zu den Säuge - thieren, einer Thierklasse, welche von einem Verhältnisse in ihrer Entwickelungs - geschichte ihren Namen hat, indem alle Mitglieder derselben, nachdem sie aus dem Leibe der Mutter geboren sind und die Eihüllen abgelegt haben, als Nah - rungsstoff die Muttermilch aufnehmen, welche in besondern Organen des müt - terlichen Körpers (den Brüsten oder Milchdrüsen) bereitet wird. Die Zeit der Geburt fällt aber nicht bei allen auf dieselbe Entwickelungsstufe des Embryo. Man muſs daher auch unter den Säugethieren frühgebärende und spätgebärende unterscheiden. Der erstern giebt es nur wenige und sie zeigen wieder unter sich in der Entwickelungsweise bedeutende Verschiedenheiten, während die andern viel zahlreicher sind, und wenn auch ihre Embryonen bei der Geburt nicht alle gleichweit gebildet sind, doch alle äuſserlich fast die bleibende Gestalt und sämmt - liche Organe, mit Ausnahme des Geschlechtsapparates, in fast ausgebildetem Zu - stande besitzen. Alle können sich nach der Geburt frei bewegen. Die Früchte der frühgebärenden Säugethiere sind dagegen zu einer selbstständigen Bewegung noch nicht fähig, wenn sie aus der weiblichen Geschlechtsöffnung hervortreten.

Die frühgebärenden Säugethiere sind also als die Uebergangsformen, die spätgebärenden als der eigentliche Stamm dieser Klasse zu betrachten. Von jenen müssen wir zuvörderst sprechen, weil sie den Vögeln näher stehen. Es kann aber nur kurz geschehen, theils weil mehrfacher Versuche ungeachtet, eine zu - sammenhängende Kenntniſs ihrer Entwickelungsgeschichte uns noch ganz abgeht, theils weil mir eigene Untersuchungen über diese Thiere fehlen.

b. Mono - tremen.
217

Die auffallendste Abweichung zeigen die neuholländischen Monotremen, das Schnabelthier und das Stachelthier. Zwar ist es nur das Schnabelthier (Ornitho - rhynchus), an welchem man diese auffallenden Abweichungen von der Ent - wickelungsweise anderer Säugethiere bemerkt hat, allein bei der nahen Verwandt - schaft der Stachelthiere (Echidna) darf man kaum zweifeln, daſs beide auch in dieser Hinsicht übereinstimmen werden. Vom Schnabelthiere ging schon165 lange die Sage, daſs es Eier lege und diese bebrüte. In neuerer Zeit sind endlich solche Eier von Naturforschern gesehen, beschrieben und abgebildet*)Geant und Geoffroy in den Annales des sciences naturelles Tom. XIII. p. 157. Tab. III. Fig. 4.. Sie sind länglich und haben eine feste Kalkschaale. Zwar ist es immer noch nicht ganz gewiſs, daſs die beschriebenen Eier dem Schnabelthiere angehörten, denn man hat noch nicht die Embryonen darin beobachtet, und es wäre immer noch mög - lich, daſs man Schildkröten-Eier für die Eier des Schnabelthieres angesehen hat, da in der That jene abgebildeten Eier ungemeine Aehnlichkeit mit den Eiern der Schildkröten haben. Indessen nach der Behauptung der Eingebornen, daſs das Schnabelthier Eier lege und auf ihnen sitze, hat man wenig Grund, jene Eier nicht für Eier des Schnabelthieres zu halten.

Durch das Legen hartschaaliger Eier treten die Monotremen doch nicht völlig aus der Reihe der Säugethiere heraus, da Meckel an den erwachsenen Weibchen die Milchdrüsen fand. Die Monotremen wären hiernach Säugethiere, die ihre Eier sehr früh gebären, was für alle hartschaaligen Eier Regel ist, und erst viel später die aus dem Eie geschlüpften Jungen säugen. Sie würden, wie im gesamm - ten Bau, so auch in der Entwickelungsweise, zwar den allgemeinsten Verhältnissen nach den Säugethieren angehören, doch starke Uebergänge zur Klasse der Vögel zeigen. Auch läſst der weibliche Geschlechtsapparat, der aus zwei Eileitern ohne wahren Fruchthälter besteht, eine Frühgeburt vermuthen. Die harte Schaale und eine so ungemein frühe Trennung von der Mutter, wie diese Schaale sie bedingt, finden wir freilich bei andern Säugethieren eben so wenig, als eine Zwischenzeit zwischen der Geburt und dem Säugen**)Vor dem Abgange des Manuscriptes finde ich in den Philosoph. Transactions for the year 1832 eine treffliche Untersuchung über den weiblichen Geschlechtsapparat des Orni - thorhynchus, von Owen, aus welcher ich das hierher Gehörige kurz mittheilen will, weil es die Annäherung der Genitalien an die Form, welche sie in Vögeln und Reptilien haben, noch mehr nachweist, als dies von Geoffroy geschehen war. Owen fand in 5 Exemplaren immer nur den linken Eierstock gehörig ausgebildet. Zur Zeit der Reife hat er ungemeine Aehnlichkeit mit dem nicht ganz reifen Eierstocke der Vögel, oder noch mehr der Schildkröten. Der Inhalt des Graaf’schen Bläschens war dunkel, näherte sich also wohl mehr der Natur des Dotters als des Eiweiſses. (Vergl. unten §. 9. h.) Das Verhältniſs des Trichters zu den Eierstöcken ist dem der Säugethiere analog, indem der Trichter sich am Rande einer durch die Fledermausflügel ge - bildeten Tasche öffnet, wie die Abbildungen Tab. XV XVI a. a. O. deutlich zeigen. Die ab - führenden Kanäle (Eileiter u. s. w.) stehen zwischen denen der Schildkröten und Vögel auf der einen und denen der Säugethiere auf der andern Seite in der Mitte, denn Eileiter und Eihälter sind mehr geschieden als in den Vögeln, aber weniger als in den gewöhnlichen Säugethieren. Die ersteren scheinen bestimmt, ein gröſseres Ei zu leiten, als in den spätgehärenden Säuge - thieren. (Man darf daher vermuthen, daſs sie den gesammten Inhalt der Kapsel der Eierstöcke als Ei aufnehmen, wie in den Vögeln und Reptilien.) Der Eihälter ist mit starken Längsfalten besetzt und hat eine dicke Schleimhaut, wie in den Vögeln. Wahrscheinlich secernirt er eine nicht unbedeutende Quantität eines consistenten Eiweiſses und auch wohl den Stoff zur Schaale..

166
c. Beutel - thiere
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Frühgebärend sind nämlich auch die Beutelthiere und wahrscheinlich in ver - schiedenem Grade. Bekanntlich haben diese Thiere bei aller Mannigfaltigkeit in der Bildung der Zähne, des Verdauungsapparates überhaupt und der Füſse das Uebereinstimmende, daſs die Milchdrüsen der Weibchen in einem am Bauche an - gehefteten Beutel sich befinden, in dessen Wand zwei bewegliche Knochen stecken, durch deren Hülfe der Beutel willkürlich geöffnet und geschlossen werden kann. Bei einigen Arten ist der Beutel nicht vollständig, sondern statt seiner ist auf je - der Seite der Milchdrüsen nur eine schwache Hautfalte, in welcher der Beutelkno - chen nicht fehlt. Es ist nicht zu bezweiſeln, daſs bei diesen die Embryonen in mehr ausgebildetem Zustande geboren werden, als bei den andern. Die Beutel - thiere mit ausgebildetem Zitzenbeutel sind nämlich schon lange ein Gegenstand der Verwunderung und der Untersuchung für die Naturforscher gewesen, da man die Embryonen ungemein klein und wenig ausgebildet an den Zitzen hängend ge - funden hat, an die sie sich so fest ansaugen, daſs die Brustwarze tief in den Schlund hinein ragt und der Embryo eben dadurch in seiner hängenden Stellung gehalten zu werden scheint. So hängend bilden sich die Embryonen allmählig aus, während der Zitzenbeutel geschlossen gehalten wird. Erst wenn sie so weit ausgebildet sind wie die gebornen Jungen der gewöhnlichen Säugethiere, öffnet sich der Zitzenbeutel, und die Bewohner desselben verlassen ihn zuweilen und keh - ren theils in Augenblicken der Gefahr, theils wenn sie saugen wollen, in ihn zu - rück. Man sieht hieraus, daſs in diesen Thieren die Periode des Säugens viel weiter ausgedehnt ist als in den gewöhnlichen Säugethieren, daſs die letzte Hälfte nur der Säugezeit anderer Mammalien entspricht, die erste aber die gewöhnliche Entwickelung im Fruchthälter ersetzt.

Es treten nun die Fragen entgegen: wie kommen die Früchte in den Zitzen - beutel, und wie namentlich an die Zitzen? Bis wie weit entwickeln sie sich in dem insbesondere sogenannten Geschlechtsapparate?

**)Owen ist zwar nicht geneigt, eine feste Schaale für diese Thiere anzunehmen, weil ein hartes Ei nicht durch das Becken gehen würde; allein ein Ei, wie es Grant darstellt, würde nicht zu groſs seyn, und Beschreibung und Abbildung, wie Owen sie selbst vom Eihälter giebt, stim - men durchaus mehr mit denselben Theilen in Thieren, welche hartschaalige Eier legen, als in Thieren mit dünner Eihülle. Beide Eihälter öffnen sich in den weiten Harnleiter und dieser in eine Kloake, die mehr dem Verdauungsapparate als dem Geschlechts - und Harnapparate anzu - gehören scheint. Was die Milchdrüsen anlangt, so hat Owen, auſser einer anatomischen Un - tersuchung, welche ihre Bestimmung wohl vollständig nachweist, noch einen Brief eines in Neu - Süd - Wales stationirten Lieutenants Manle mitgetheilt, der ein säugendes Weibchen mit den Jungen im Hause hatte. Als man der gestorbenen Mutter den Balg abzog, floſs Milch aus den Milchdrüsen. Derselbe Officier fand im Leibe (wo?) eines andern Schnabelthieres ein noch wei - ches Ei. Auch in der Echidna fand Owen Milchdrüsen.

167

Es ist nämlich vernünftiger Weise nicht zu zweifeln, daſs die Frucht in den innern Geschlechtstheilen zuerst gebildet werde. Die Beutelthiere haben zwei Eierstöcke, die im Wesentlichen mit den Eierstöcken anderer Säugethiere über - einzustimmen scheinen, deren Bau wir bald näher kennen lernen werden. Lei - der habe ich nicht Gelegenheit gehabt, diese Eierstöcke in frischem Zustande zu untersuchen, ich weiſs daher nicht, ob in den Dottern oder den Graaf’schen Bläs - chen eine Besonderheit sich zeigt. Die Eileiter finde ich in ihrer hintern Hälfte bedeutend mehr erweitert, als in den gewöhnlichen Säugethieren. Diese Erwei - terung stimmt mit dem Eihälter der Monotremen, den ich schon deshalb nicht für übereinstimmend mit dem Fruchthälter der spätgebärenden Säugethiere halten möchte. In den Beutelthieren folgt nämlich auf die Eileiter noch ein Theil, den man gewöhnlich für den Fruchthälter nimmt, der aber doch von der ausgebilde - ten Form desselben in den gewöhnlichen Säugethieren bedeutend abweicht. Er zeigt uns nämlich auſser einem mittlern Theile zwei weite Seitenkanäle, die eben - falls in die Scheide einmünden. Der mittlere Theil ist durch eine Längsfalte wieder in zwei Gänge getheilt und mündet zwischen den beiden Seitengängen in die Scheide. Ich werde erst später zeigen können, daſs diese Form, die man einen Uterus contortus genannt hat, als ein in der Entwickelung gehemm - ter Fruchthälter von gewöhnlicher Form zu betrachten ist. Dieses Verhältniſs angenommen, wird es Sie weniger wundern, daſs der Zitzenbeutel als ein zweiter Fruchthälter dem Emhryo dient. Eben deshalb muſs man aber auch wahrschein - lich finden, daſs die Embryonen gradezu in ihn hineingeboren werden, wobei ohne Zweifel die Scheide sich nach vorn krümmt und die Zitzenknochen die Oeffnung des Beutels nach hinten ziehen. Andere Wege aus den innern Ge - schlechtstheilen in den Zitzenbeutel hat man wenigstens nicht finden können.

Wie die Eier oder Embryonen im Zitzenbeutel einen festen Sitz erhalten, läſst sich nach ganz neuen Beobachtungen von Morgan*)Transactions of the Linnean society. Vol. XVI. einigermaſsen ver - muthen. Dieser fand nämlich, daſs vor der Periode des Säugens die Zitzen nicht vorragen, sondern, daſs jede in eine kleine Höhle zurückgezogen sich befindet. Es ist wahrscheinlich, daſs die Embryonen mit dem Munde in diese Höhlen hin - eingedrängt werden, wenn nicht etwa das ganze Ei hierher gelangt und der Em - bryo erst hier von den Eihüllen sich löst.

Darüber ist man nämlich noch ganz ungewiſs, wie lange der Embryo in den Eihäuten eingeschlossen bleibt und ob er mit ihnen oder ohne sie in den Zi - tzenbeutel kommt. Man hat schon an Känguruhs von 56 Pfd Gewicht enthüllte168 Embryonen von nur 21 Gran, und an kleineren Beutelthieren sogar von einem Grane gefunden; allein zu glauben, daſs sie nie Eihüllen haben, wäre zu jetzi - ger Zeit wohl unpassend. Geoffroy glaubt sogar eine Spur vom Fruchtkuchen an Embryonen von 5 Linien Länge dicht am Bauche gesehen zu haben. Auch die Nabelgefäſse, welche Blainville früher vergeblich gesucht hatte, erklärt Rudolphi gefunden zu haben. An dem Daseyn solcher Gefäſse in früher Zeit ist vernünftiger Weise nicht zu zweifeln, allein den Embryo wenigstens, wel - chen ich im Berliner anatomischen Museum als von einem Didelphis aufgestellt sah, konnte ich nicht für einen solchen erkennen, da er nicht die Fuſsbildung dieser Thiergattung hatte. Ob die Verwechselung vor oder nach der Untersu - chung Statt gefunden, weiſs ich nicht*)Rudolphi hat diesen Embryo später in den Abhandlungen der Berliner Akademie 1828 abbilden lassen. Wer diese Abbildung aufmerksam betrachtet, wird mit mir zweifeln, daſs bei einem so weit entwickelten Beutelthiere der Daumen des Hinterfuſses von den andern Zehen sich noch nicht unterscheiden sollte. Den Daumen sieht man doch ganz deutlich in viel weni - ger entwickelten Embryonen von Beutelthieren.,

Auf jeden Fall fehlt noch vieles, um die Entwickelungsgeschichte der Beu - telthiere, mit der anderer Thierformen vollständig zu vergleichen.

d. Spätgebä - rende Säuge - thiere.
222

Wenden wir uns jetzt zu den spätgebärenden Säugethieren, die den eigent - lichen Stamm dieser Klasse bilden, während die frühgebärenden nur Uebergänge zu andern darstellen, so finden wir in der äuſsern Form und dem Baue des Eies viel mehr Mannigfaltigkeit als in der Entwickelungsweise der Embryonen selbst. Diese letztern stellen wir vorläufig zurück, um sie später kurz mit der Bildungs - geschichte des Küchleins vergleichen zu können.

Die Geschichte des gesammten Eies und seiner verschiedenen Formen wer - den wir aber ausführlicher zu untersuchen haben, wenn wir ein sicheres Ver - ständniſs bei den widersprechenden Angaben und der abweichenden Benennungs - art einzelner Theile, wie wir sie in den Schriftstellern verschiedener Zeiten fin - den, erlangen wollen. Ich halte es dabei für passend, dasjenige voranzuschicken, was man seit Jahrhunderten und zum Theil seit Jahrtausenden weiſs, dann zu der Untersuchung übergehe, wie diese Theile sich bilden und die Resultate der neuesten Forschungen bei dieser Darstellung mitzutheilen. Hierdurch erlange ich den Vortheil zuvörderst nur von Verhältnissen zu sprechen, die den Medicinern unter Ihnen völlig geläufig sind und auch den übrigen Herren Zuhörern mehr oder weniger bekannt seyn werden.

e. Was man von ihrem Eie seit lan - ger Zeit wuſste.
222

Die ältere Kenntniſs, wie sie z. B. in den gewöhnlichen anatomischen Handbüchern des vorigen Jahrhunderts gegeben wird, bezieht sich nur auf den spätern Zustand der Frucht.

Man169

Man weiſs vor allen Dingen seit langer Zeit, daſs die Jungen der gewöhn - lichen Säugethiere in dem Fruchthälter, der sogenannten Gebärmutter oder dem Uterus des mütterlichen Körpers, sich entwickeln, daſs sie hier von weichen blutreichen Hüllen, den Eihäuten umgeben sind, daſs der Embryo vermittelst eines runden Stranges, der aus dem Nabel abgeht, und deshalb Nabelstrang oder Nabelschnur (Funiculus umbilicalis) heiſst, mit diesen verbunden ist. Im Nabelstrange sind bei allen Säugethieren zwei Nabelarterien und entweder nur eine Nabelvene, wie im Eie des Menschen und der meisten andern Säugethiere, oder zwei Nabelvenen, wie im Ei der Wiederkäuer, die aber auch hier gleich beim Eintritte in den Leib sich zu einem Stamme vereinigen.

Vom fernsten Alterthume her unterschied man allgemein zwei Häute unter den Hüllen des Säugethier-Eies, das Amnion und das Chorion. Jene Haut kannte man als gefäſslos, aus einem Blatte bestehend, den Embryo in einem weiten, ab - stehenden Sacke umgebend, doch so, daſs es sich auf der äuſsern Fläche des Na - belstranges, als Ueberzug nach dem Nabel des Embryo fortzieht, und in seine Haut übergeht. In Verbindung mit der Haut des Embryo bildet also das Am - nion einen in sich selbst eingestülpten Sack, zu welchem der Embryo in demsel - ben Verhältniſs steht, wie das Herz zum Herzbeutel. Im Innern dieses Sackes ist das Frucht - oder Schaafwasser.

Das Chorion dagegen soll als ein gefäſsreicher und einfacher, nicht einge - stülpter Sack das Amnion mit dem Embryo und der Nabelschnur umgeben. Die Gefäſse des Chorions sind Verlängerungen der Nabelgefäſse. Allein die äuſsere Fläche des Chorions ist in keinem Säugthier-Ei völlig glatt. Entweder liegt, wie beim Menschen und den Raubthieren, auf einem beschränkten Theile dieser Haut eine dicke Masse auf, die die netzförmigen Enden der Nabelgefäſse in Zotten oder Flocken vertheilt enthält; einen solchen Theil nannte man einen Mutter - kuchen, Placenta, in neuester Zeit Fruchtkuchen; und ihm gegenüber ist eine ähnliche Bildung an der innern Wand des Fruchthälters. Oder man findet auf sehr langen Eiern viele solche Mutterkuchen zerstreut, die man Cotyle - dones nannte und denen gegenüber man immer entsprechende Wucherungen auf der innern Fläche des Fruchthälters bemerkt. Es war leicht einzusehen, daſs diese Cotyledonen nichts seyen, als die auch in dem einfachen Fruchtkuchen un - terscheidbaren lappigen Abtheilungen, von einander getrennt, und auf das lange Ei, wie es bei Wiederkäuern immer ist, vertheilt. Eine dritte Form von Eiern, die auch lang ist, und bei den Pferden, Schweinen und andern nicht wiederkäuenden Hufthieren vorkommt, zeigte aber auch keine Cotyledonen, sondern man fand das ganze Ei, mit Ausnahme seiner äuſsersten Enden, mit kurzen, an GefäſsnetzenII. Y170reichen Zotten bekleidet. Es wäre nicht schwer gewesen, auch in dieser Form das Verhältniſs zu den andern wieder zu finden, denn jeder Cotyledo vom Ei der Wiederkäuer besteht wieder aus einer sehr groſsen Anzahl von Zotten, und wir haben also auf den Eiern der nicht wiederkäuenden Hufthiere diese Zotten nur vereinzelt und über den gröſsten Theil des Eies vertheilt. Die Zotten hielt man aber gewöhnlich für bloſse Verlängerungen von Gefäſsen, weil sie beim Menschen sehr dünn sind.

So weit wären nun die Eier übereinstimmend gefunden worden, und auch das Verhältniſs zum Vogel-Ei lag offen da. Das Amnion ist dieselbe Haut, die wir schon aus dem Vogel unter diesem Namen kennen, der Nabelstrang ist offen - bar ein verlängerter, in eine Schnur ausgezogener Nabel. Auch das Chorion konnte man als übereinstimmend mit dem Chorion des Vogel-Eies, wie es sich in der letzten Zeit der Bebrütung zeigt, betrachten. Nur hat dieses Chorion des Vogels, wenn man nur die äuſsere Umhüllung so nennt, wie wir (§. 5. q.) ge - than haben, noch eine Lage unter sich, die mit dem äuſsern Chorion ursprüng - lich einen zusammenhängenden Sack bildete und auch später, wo diese untere Lage freilich ärmer an Blutgefäſsen geworden ist, bleibt doch der Uebergang un - verkennbar. Es muſste also die Frage entstehen: Ist es mit dem Chorion der Säu - gethiere eben so? und als man durch diese Frage geleitet hier und da mehrere Blätter im Chorion unterschied und auch die Art, wie das Chorion der Vögel ge - bildet wird, kennen lernte, muſste man sich fragen: wie denn das Chorion der Säugethiere und namentlich des Menschen gebildet werde, da es doch Niemandem gelingen wollte, zu irgend einer Zeit einen gefäſsreichen Sack bei Säugethieren aus der Kloake hervorwachsen zu sehen, oder auch nur unter dem gefäſsreichen Blatte des Chorions ein anderes davon abstehendes Blatt (die andere Hälfte des Sackes) wie beim Vogel (vergl. §. 5. p. q. r.) zu finden, abgesehen davon, daſs im Chorion des Menschen Gefäſse doch nur so weit sich zeigen wollten, als der Fruchtkuchen reicht. Der Fruchtkuchen war offenbar etwas den Säugethier - Eiern Eigenthümliches, das im Vogel-Ei fehlte. Dagegen sah man in den Säuge - thier-Eiern keine Hagelschnüre, kein Eiweiſs, keine Schaalenhaut und keine Schaale. Daſs der Dottersack fehlte, schien sich von selbst zu verstehen. Die Dotterkugel hielt man eben für eine Eigenthümlichkeit der Vögel, der Eidechsen und vielleicht anderer Thiere.

Hierzu kommt noch, daſs man schon früh auffallende Verschiedenheiten im Bau der Eier verschiedener Ordnungen von Säugethieren bemerkte.

Im Ei aller Hufthiere fand sich ein ansehnlicher Sack, so lang als das ganze Ei, welcher äuſserst zart und völlig gefäſslos war, vom Chorion weit ab -171 stand und durch einen hohlen Gang, den Urachus oder Harnstrang, in die Harn - blase überging. Man nannte den Sack nach seiner Form Allantois, Allan - toides, oder nach seinen Verbindungen die Harnhaut.

Im Ei des Hundes und anderer Raubthiere sah es wieder ganz anders aus. Hier war ein langer sehr gefäſsreicher Sack, der eben deshalb ganz geröthet er - schien, auch mit dem Nabel in Verbindung stand, aber (wie man gewöhnlich glaubte) nur durch Gefäſse. Man nannte ihn die Erythrois. Ganz verwirrt muſste man werden, als man im Hunde-Embryo wohl einen offenen Urachus fand, aber keine Harnhaut erkennen konnte, dagegen hier unter dem Chorion wirklich ein abstehendes, auch Gefäſse enthaltendes Blatt entdeckte, wie im Vo - gel, eine Membrana media. Ging man nun vom Hunde zurück zu den Huf - thieren, so fand sich, daſs bei denen, die nicht wiederkäuen, wie das Pferd und das Schwein, in der ersten Hälfte der Entwickelung auch ein innerer gefäſsrei - cher Sack war, der durch den Nabel hindurch mit dem Darme in Verbindung stand, aber lange nicht so ausgedehnt sich zeigte, als im Hunde, und nach beiden Enden in sehr dünne Zipfel auslief.

Das Ei des Menschen gab in seiner frühern Form neue Probleme, ein klei -f. Was man in neuerer Zeit über das Säugethier - Ei und seine Entwicke - lung beob - achtet hat. nes Bläschen, das Nabelbläschen (Vesicula umbilicalis), zeigte sich zwi - schen Chorion und Amnion gelegen und hing durch einen langen Stiel mit dem Nabel zusammen. Viele Anatomen konnten es jedoch gar nicht finden und hiel - ten es für krankhaft. Zwischen Amnion und Chorion, wo sie von einander ab - stehen, fand man ferner in ganz jungen Früchten ein unverständliches Häutchen, das man die mittlere Haut (Membrana media) nannte und für die Allan - tois zu halten geneigt war. Daſs in späterer Zeit dem Fruchtkuchen von Seiten des Fruchthälters ein anderes Gebilde gegenüber liegt, wie in Wiederkäuern Ute - rin-Cotyledonen, den Foetal-Cotyledonen gegenüber sich finden, war den Beob - achtern nicht entgangen, allein es wurde mit Bestimmtheit nachgewiesen, daſs in der ersten Zeit der Entwickelung des menschlichen Eies der ganze Fruchthäl - ter von einer dicken Schicht geronnenen Stoffes ausgekleidet war, der hinfälligen Haut, Membrana decidua Hunteri, ja daſs diese Schicht nicht einmal un - mittelbar mit ihrer innern Fläche das Ei umgebe, sondern in sich selbst einge - stülpt sey und in dem eingestülpten Theile, der umgeschlagenen Haut (Decidua reflexa), das Ei wie in einem offenen Sacke sich befinde*)Hunter, Anatomia uteri humani gravidi. Lond. 1774., wovon kein ande - res Säugethier etwas zeigte.

Y 2172

Was die Ausbildungsweise des Eies anlangt, so hatte man schon im 17ten Jahrhunderte in den Eierstöcken der Säugethiere mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen gesehen und ausführlich beschrieben, und nannte sie nach einem Beobachter der - selben: Graaf’sche Bläschen. Da derselbe Anatom ganz kleine Eier in den Eilei - tern (Muttertrompeten) eines Kaninchens und etwas gröſsere im Fruchthälter ge - funden hatte, so zweifelte er nicht, jene im Eierstocke gefundenen Bläschen seyen die Eier, sie würden nur weiter geführt und entwickelten sich im Fruchthälter. Allein er konnte nicht verhehlen, daſs die im Eileiter gesehenen Bläschen viel kleiner waren als die im Eierstocke gefundenen*)Graaf, De mulierum organis. 1672.. Dieser Schwierigkeit un - geachtet, und obgleich mehrere Beobachter weder in den Eileitern, noch im Fruchthälter bald nach der Befruchtung etwas Anderes finden konnten als Flüssig - keit, obgleich bald nachher ein oder mehrere Graaf’sche Bläschen entleert und in eine feste Masse, das Corpus luteum, umgewandelt gefunden worden, er - hielt sich doch die Graaf’sche Ansicht unter mehrfachen Einwürfen als die ein - fachste und scheinbar natürlichste.

Indessen forderte der Gegenstand dringend eine neue gründliche Untersu - chung. Haller verband sich zu diesem Zwecke mit seinem Schüler Kuhle - mann, und beide untersuchten Schaafe sehr häufig und von Tag zu Tage mehrere, fanden aber zu ihrer und der anatomischen Welt Verwunderung vor dem 12ten Tage gar nichts, dann etwas Schleim, der sich mehrte, am 17ten die ersten Spu - ren des Eies, und am 19ten schon ein sehr groſses Ei mit dem Embryo.

Andere Thiere untersuchte Haller theils allein, theils mit einem andern Schüler, Ith, aber auch mit demselben Erfolge. Im Hunde wurde bis zum 10ten Tage kein Ei gesehen**)Haller, Opera minora Vol. II. N. XXXII..

Hiernach muſste man sich zu der Ueberzeugung wenden, die Graaf’schen Bläschen gäben für die Fortpflanzung nur eine Flüssigkeit her, aus welcher viel später das Ei in seiner ganzen Ausdehnung sich forme, wie durch ein von innerer Nothwendigkeit gebotenes Gerinnen.

Aber auch bei dieser Ueberzeugung konnte man nicht mit Ruhe beharren, da ein Engländer, Cruikshank, am Ende des vorigen Jahrhunderts die Eier der Kaninchen schon am dritten Tage nach der Befruchtung in den Eileitern fand***)Philosophical Transactions 1797, und Reils Archiv Bd. II. und man dadurch wieder zu der Graaf’schen Meinung zurückzukehren Veranlassung hatte, wofür auch eine gewisse Aehnlichkeit (wenn auch nicht173 Uebereinstimmung) der Graaf’schen Bläschen mit den Dotterkugeln der Vögel zu sprechen schien. Im ersten und zweiten Decennium des jetzigen Jahrhunderts be - wiesen Oken*)Oken’s und Kieser’s Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Physiologie 1807. 4. und Meckel**)Wolff: Ueber die Bildung des Darmkanals im Hühnchen, übersetzt mit einleitender Abhand - lung von Meckel 1812. 8., daſs der Embryo der Säugethiere in der That einen Dottersack habe, daſs das Nabelbläschen des Menschen und die Erythrois anderer Thiere nichts anders sein könnten und daſs diese Theile in früherer Zeit offen mit dem Darme communicirten, wie der Dottersack der Vögel. Auch die andern Theile der Eihüllen zeigten eine Uebereinstimmung. Die Evidenz des Be - weises wurde jedoch nicht allgemein anerkannt. Dutrochet und Cuvier führ - ten die Analogie zwischen dem Säugethier-Ei und dem Vogel-Ei noch weiter durch, und bewiesen insbesondere, daſs die Allantois wie beim Vogel in Gemein - schaft mit einer äuſsern Eihaut das Chorion bilde, Cuvier zweifelte aber (wie schon früher Emmert und später Fleischmann) an der offenen Communication des Nabelbläschens und der Erythrois mit dem Darme. Auch hatten beide die Entstehungsweise der Allantois nicht auffinden können. ***)Cuvier, Mèmoires du Musèum d’histoire naturelle Vol. III. (1817). Dutrochet zuletzt in Mem. de la socièté médicale d’émulation. Vol. IX. (1826).Ich verfolgte später jene Bildungsweise der Allantois und des Chorions näher in ihrem Fortschreiten nach den verschiedenen Formen, die sie annimmt, um zu beweisen, daſs die Ver - schiedenheit des Chorions durch den Fruchthälter bedingt werde†)Baer, Ueber die Gefäſsverbindung zwischen Mutter und Frucht. 1828. Gratulationsschrift zu Sömmerrings Jubelfeier.. Wie aber die äuſsere Eihaut entstehe, hatten Dutrochet und Cuvier ganz unberührt gelassen, eben so wie Prévost und Dumas, welche nicht nur wieder das Ei des Hundes in den Eileitern gefunden, sondern die Aehnlichkeit des jüngern Säuge - thier-Embryo mit dem Vogel-Embryo in vielen Einzelheiten nachgewiesen hat - ten††)Annales des sciences naturelles. Tome III. p. 113. (1834).. Da ich das Ei im Graaf’schen Bläschen als sehr kleine Dotterkugel aufge - funden hatte†††)Baer, De ovi mammalium et hominis genesi Epistola 1827. XV. Dieses Vorkommen des Eies innerhalb des Graaf’schen Bläschens ist seitdem von Sharpey, Thomson (Edinb. new philos. Journal 1830. Oct.) und Seiler (Die Gebärmutter und das Ei des Menschen. 1832.) bestätigt worden. Auch darin findet es seine Bestätigung, daſs seit der Erscheinung meiner Schrift mehrere Naturforscher glauben, das Ei schon früher gesehen und als solches erkannt zu haben. Herr Dr. Plagge hat zur Begründung seiner Ansprüche eine besondere Abhandlung in Meckel’s Archiv für Anat. u. Physiol. Jahrg. 1829. S. 193 202. ein - gerückt, in welcher er nachzuweisen sich bestrebt, daſs nicht nur von ihm das wahre Ei oder, war ich geneigt zu glauben, die äuſsere Eihaut sey eine ursprüng - liche aus dem Eierstocke mitgenommene. Bald darauf aber gelang es mir an Huf -174 thieren zu beobachten, daſs diese Haut ganz eben so, nur später, sich bildet, wie die äuſsere Eihaut des Vogels, so wie die Ausbildung des Eies der Hufthiere mit†††)die Dotterkugel der Säugethiere schon richtig gesehen und beschrieben sey, sondern auch vor - her von Andern. Er hofft, ich werde von meinem Wahne zurückkommen, wenn ich das Buch der Geschichte aufgeschlagen haben werde. Bis dahin hält Herr Dr. Plagge mir das Buch der Geschichte vor, und sucht, in Ermangelung von Graaf’s Schriften†)Das Buch der Geschichte hat bei Herrn Dr. Plagge doch ansehnliche Lücken!; aus Palfyn’s Traité des monstres zu beweisen, daſs Graaf nicht die bekannten, nach ihm benannten Bläschen für die Eier gehalten habe, sondern die wahren Dotterkugeln in ihnen. Da ich Graaf’s apera omnia doppelt beſaſs, so habe ich mir die Freiheit genommen, ein Exemplar Herrn Dr. Plagge zu übersenden, nachdem ich die Stellen angestrichen hatte, welche zeigen, daſs Graafden ge - sammten Inhalt der Kapsel geradezu Ovulum nennt. Ich muſs um Verzeihung bitten, daſs das Buch so viele Striche erhalten hat. Ferner sollen Home und Bauer das Ei im Eierstocke ge - sehen haben. Diese Beobachter sagen: das Ei bilde sich im gelben Körper; der gelbe Körper aber soll sich nie in oder aus einem Graaf’schen Bläschen entwickeln, sondern auſserhalb des - selben. Einmal soll Herr Bauer die Eröffnung des gelben Körpers und das Austreten des Eies geschen haben, allein an einem noch jungfräulichen, ja nur sechsmonatlichen Schweine!! (Lectures on comparative anatomy Vol. III und Meckel’s d. Archiv für Physiologie Bd. V. S. 417. In dieser deutschen Uebersetzung, welche Autorität Herr Dr. Plagge allein kannte, steht sogar: sechswöchentlich.) Ueberhaupt ist in diesem Aufsatze des Wunderbaren so viel, daſs es nur durch die merkwürdige Unwissenheit des Herrn Home verständlich wird. Wir wollen doch seinen Bericht etwas näher ins Auge fassen! Daſs er das Ei irgendwie im Eierstocke geschen habe, geht aus keiner Stelle hervor. Nicht einmal die Gröſse dieses Eies wird ungefähr angegeben, noch viel weniger die Verhältnisse unter denen man es sah. Daſs eine befruchtete Sau Eier aus dem Eierstocke ausschüttet, ist mir sehr unwahrscheinlich††)Daſs im menschlichen Weibe corpora lutea ohne vorhergegangene Schwangerschaft vorkommen, habe ich selbst gesehen. Selten mögen sie ohne Begattung sich finden. Bei Thieren muſs ich die Er - öffnung der Kapseln ohne vorherige Paarung bezweifeln, weil ich nie die Spuren an zahlreich von mir geöffneten Thieren gesehen habe.. Daſs Home und Bauer gerade auf eine solche Sau treffen und sie ganz im Momente des Ausschüttens öffnen, ist so unendlich unwahrscheinlich, daſs man wenigstens annehmen müſste, Home’s Messer habe die Geschlechtslust des Thieres erregt! Da es völlig unmöglich ist, daſs man die Eröffnung eines gelben Körpers und das Ei selbst in der Bauchhöhle einer geöffneten Sau sehen kann, ein solcher lebendiger Act an einem ausgeschnittenen und unter das Mikroskop gebrachten Eier - stocke doppelt und an einem Eierstocke eines Ferkels dreifach unmöglich ist, so halte ich die ganze Erzählung für ein Mährchen, oder eine sehr grobe Selbsttäuschung. Wer mehr Glauben hat, mag ihn in Anwendung bringen! Auch haben die Engländer auf diesen Bericht gar keinen Werth gelegt, aber wohl die Deutschen, von denen Menzel nicht mit Unrecht sagt: Wenn die Deutschen einmal ins Verehren kommen, so fragen sie jar nicht mehr: Wen? oder: Was? In Bezug auf die Ansprüche des Dr. Plagge selbst habe ich schon in Heusinger’s Zeit - schrift Bd II. mich dahin ausgesprochen, daſs es mir scheint, derselbe habe ein unentwickeltes, durch ein benachbartes Corpus luteum zusammengedrücktes Graaf’sches Bläschen, wie ein Paar dergleichen auf unserer Taf. IV. Fig. II. abgebildet sind, für das Ei gehalten; denn Plagge sagt in seiner frühern Abhandlung (Meckel’s deutsches Archiu für Physiologie Bd. VII. ) das Corpus luteum bilde sich zwischen dem Ei und dem nächst liegenden Graaf’schen Bläschen. Dieses Ei soll ferner drei Linien im Durchmesser erhalten und drei Kreise zeigen, welche die drei nachherigen Häute, das Chorion, die Allantois und das Amnion zu seyn scheinen. Die einzige ursprüngliche Haut, die Oberhaut, so wie die Keimhaut, später zur Nabelblase werdend,175 der anderer Säugethier-Eier als übereinstimmend nachzuweisen und vollständig aufzufinden, wodurch Haller und Kuhlemann irre geführt waren*)Diese Beobachtungen theilte ich 1830 der Akademie zu Paris und 1831 der Akademie zu Berlin mit, bin aber seitdem, obgleich die Abbildungen schon vor vier Jahren gestochen sind, nicht dahin gelangt sie erscheinen zu lassen. Ich hoffe dieses nächstens thun zu können..

Mit dieser kurzen, auf Vollständigkeit durchaus nicht Anspruch machenden historischen Skizze**)Nicht einmal auf vollkommene Wahrheit kann unsere Skizze Anspruch machen, da bekanntlich Needham schon weiter gesehen hatte, als seine Nachfolger. Allein jeder Kundige weiſs, daſs, wenn man alle Schwankungen erzählen wollte, daraus nothwendig ein starker Band werden würde. Ich habe nur die allgemein verbreitete ältere Kenntniſs berücksichtigt, weil es mir darauf ankam, von dem, was jeder Mediciner weiſs, oder wovon er wenigstens gehört hat, wie von der Ery - throis u. s. w. eine Brücke zu der spätern genetischen Darstellung zu bauen, und ich hoffe, daſs diejenigen Leser, die eben nicht Anatomen aus der neuen Schule sind, mir für diese paar Seiten danken werden, weil ohne sie ihnen das Verständniſs der genetischen Darstellung nicht unbe - deutende Schwierigkeiten machen würde. Nur diesen Zweck im Auge behaltend, habe ich das Verwirrende möglichst ausgelassen und den historischen Bericht der nachfolgenden Darstellung mehr angeführt. So hat Cuvier eigentlich nicht bewiesen, daſs das Chorion aus einer äuſsern Haut und der Allantois werde. Vielmehr nennt er die äuſsere Haut selbst Chorion und sucht es aus dem Bau reiferer Eier zu erweisen, daſs die Gefäſse durch die Allantois (oder was wir Harn - sack nennen) dahin gelangen. Dutrochet dagegen läugnet eine gemeine umschlieſsende Haut ganz und hat deshalb sogar Kämpfe mit Cuvier begonnen. Nach ihm ist das Chorion nur ein Theil des Harnsackes. Dazu kommt, daſs er im Menschen die Decidua für das Chorion, d. h. für die Allantois angesehen hat. Er ist daher häufig gar nicht verstanden. Die allmählige Ausbil - habe ich Sie gleich in die Kenntniſs unserer Zeit hinüber -††)würden also allein fehlen! Der zweiten Abhandlung in Meckel’s Archiv für Anat. und Physiol. Jahrg. 1829. hat Herr Dr. Plagge Abbildungen beigegeben, ohne weitere Erklärung. In Taf. VI. Fig. 2. wird Jedermann eine kürzlich geöffnete Kapsel erkennen, aus der das Ei längst weg ist, und was auſserdem von der Gröſse einer Kirsche abgebildet ist, für etwas Krankhaftes oder Unver - ständliches erklären. In Fig. I. sieht man einen Eierstock mit mehreren vorragenden fast auflie - genden Graaf’schen Bläschen, wie sie sich nie im Eierstocke der Kuh finden. Auf einem dersel - ben erblickt man ein schwarzes Fleckchen, das wahrscheinlich das Ei bedeuten soll. Es war nicht schwer, nach Erscheinung meiner Schrift ein solches Fleckchen zu zeichnen, es ist aber von einem Gefäſskreise umgeben, wie er sich bei aller Wandelbarkeit der Gefäſse der Graaf’schen Bläschen doch nie findet. Früher war ich zweifelhaft, ob Herr Dr. Plagge nicht wirklich die Dotterkugel der Kuh gesehen habe, jetzt nicht mehr. Prévost und Dumas scheinen dagegen im Hunde das Ei gefunden zu haben, ohne es da - für zu halten, was es wirklich ist, denn nicht nur sagen sie in der Abhandlung, in der sie be - merken, zweimal dunkle Körperchen innerhalb der Graaf’schen Bläschen gesehen zu haben (Annales des sciences naturelles T. III. p. 135.), diese seyen von den Eiern durch ge - ringere Durchsichtigkeit verschieden gewesen, weswegen die Verfasser es für nöthig halten, daſs nochmals das Verhältniſs der Graaf’schen Bläschen zu den im Fruchthälter gefundenen Eiern untersucht werde, sondern Dumas erklärt in dem Artikel Oeuf des Dictionnaire classi - que (gedruckt 1827): aus der Kapsel trete ein elliptisches, durchsichtiges mit Flüssigkeit gefülltes Bläschen, offenbar nach bloſser Vermuthung, da ein solches Bläschen sich nicht findet. Nach Erscheinung meier Schrift beschreibt freilich Prévost (Annales des sciences naturelles Tome XVI. [an 1829] p. 160) richtig die Dotterkugel aus der Kuh, als ein undurchsichtiges Kügel - chen. In neuester Zeit hat auch Herr Coste die Dotterkugel der Säugethiere gesehen.176 führen und Ihnen von vorn herein anzeigen wollen, wohin die genetische Dar - stellung führen wird, an die ich mich jetzt wende, nämlich zu den Resultaten:

  • 1) daſs alle Säugethier-Eier schon vor der Befruchtung als kleine Dotterkugeln da sind;
  • 2) daſs alle ursprünglich mit einander in der Art ihrer Ausbildung und der Zahl ihrer Theile übereinstimmen;
  • 3) daſs diese Theile, nur mit gewissen Abweichungen, die durch den Frucht - hälter bedingt werden, dieselben sind, wie im Ei der Vögel;
  • 4) daſs aber in einigen Eiern gewisse Theile, in andern andere früh aufhören zu wachsen und dadurch die spätere Differenz hervorgebracht wird;
  • 5) daſs endlich diese verschiedene Beständigkeit der einzelnen Theile verbunden mit der verschiedenen äuſsern Gestalt, die wieder vom Fruchthälter abhängt, die Verschiedenheiten der Säugethier-Eier erzeugt.
g. Weibli - cher Ge - schlechtsap - parat dersel - ben.
238

Der Geschlechtsapparat der spätgebärenden Säugethiere unterscheidet sich von den bei Vögeln und Reptilien vorkommenden Formen vor allen Dingen durch vollständige Trennung von dem verdauenden Kanale. Unter allen Säugethieren zeigen nur die frühgebärenden Monotremen in einer Kloake ihre Verwandschaft mit den niedern Thierklassen. Es kommt zwar auch bei einigen normalen Säuge - thieren vor, daſs von Auſsen gesehen Darm und Geschlechtswege nur eine gemein - schaftliche Oeffnung zu haben scheinen, allein näher untersucht, zeigt es sich, daſs in solchen Thieren bloſs die Scheidewand zwischen beiden Wegen, wo sie nach hinten ausläuft, nicht an der allgemeinen Behaarung Theil hat, keinesweges aber eine gemeinschaftliche Höhle (Kloake) da ist. Dagegen sind die Harn - und Geschlechtswege im Ausgange immer mit einander verbunden.

Taf: IV. Fig. 13.
238

Die Eierstöcke der Säugethiere (und wir meinen, wenn nicht das Gegentheil gesagt wird, hier immer die spätgebärenden oder normalen) sind auf beiden Sei - ten entwickelt, sie sind wie bei Vögeln und Schildkröten solide (d. h. ohne innere Höhlung), eben so aus einem Keimlager (Zellstoff) und eingesenkten Kapseln be - stehend, welche letztere hier (in Verbindung mit ihrem Inhalte) Graaf’sche Bläs - chen genannt werden*)In Fig. 13. Taf. VII. stark vergröſsert; a das Keimlager, b Ueberzug des Bauchfells, c d die Kapsel.. Die äuſsere Haut des Eierstockes scheint uns nur ein verdichtetes Keimlager und wird noch vom Bauchfelle überzogen. Sowohl dasKeim -**)dung des Chorions und die Entwickelung des Harnsackes hat keiner von beiden verfolgt. Cuvier stellt es sogar a. a. O. S. 107. in Frage, ob der Harnsack der Säogethiere allmählig heranwachse, oder vom Anfange an die Form habe, die man später findet. So lang waren die Geburtswehen für die Kenntniſs der Säugethier-Eier! Ich glaube in der That zuerst die Bildungsgeschichte des Chorions und der Allantois gezeigt zu haben. Aber immer noch nennt man diese Darstellung fast allgemein eine Hypothese. Das Verständniſs muſs kommen, wenn auch langsam.177Keimlager als die Kapseln sind, aber derber als in den genannten Thieren. Zum Theil aus diesem Grunde und zum Theil weil die Kapseln kleiner sind, und ihr Inhalt zur Zeit der Paarung lange nicht so sehr sich mehrt, als bei den Vögeln, kommt es, daſs ein Eierstock von Säugethieren niemals ganz so das Ansehen einer Traube hat, als der reife Eierstock eines Vogels. Die reifen Kapseln treten zwar auch aus dem Keimlager, die Masse desselben zur Seite drängend, mehr hervor, als die unreifen, nie aber ziehen sie das zu feste Keimlager in einen wirklichen Stiel heraus. Sie haben also in dieser Hinsicht mehr das Ansehen von noch unent - wickelten Eierstöckeu von Vögeln und Reptilien. Indessen zeigen die Formen, welche die Eierstöcke in den einzelnen Familien annehmnn, eine allmählige Stu - fenfolge bis zu der im Menschen vorkommenden Form, wo alle äuſsere Unebenhei - ten schwinden und das an Masse vorherrschende Keimlager einen länglich runden etwas flach gedrückten Körper bildet. Bei Nagern und Insektenfressern ragen die Kapseln noch weit genug vor, um dem Eierstocke die Form einer Maulbeere zu geben. Etwas weniger sind sie in Schweinen vorragend, noch weniger in Raub - thieren und Wiederkäuern, in denen nur die reifen Kapseln mit einem Theile ihres Umfanges die Oberfläche des Keimlagers sich erheben. Am tiefsten sind nächst dem Menschen die Kapseln in dem Eierstocke der Affen eingesenkt. Man sieht, daſs auch die Zahl der vorräthigen Kapseln oder die Productionsfähigkeit des Thiers auf die Form des Eierstockes Einfluſs hat. Wie das Keimlager, so sind auch die Kapseln fester in dem Eierstocke der Säugethiere als der Vögel. Sie werden ebenfalls von einer doppelten Haut gebildet, einer äuſsern, sehr dünnen, aus flachgedrücktem Zellstoff bestehenden, und einer innern, dickern, die bei star - ker Vergröſserung Unebenheiten und ein weiches Gewebe mit verdünnten Stellen zeigt. In ihr endigen viele Blutgefäſse, wie feine Injectionen zeigen. So sind also die Kapseln denen des Vogels ähnlich gebaut (§. 3. b.). Immer aber ist die Narbe, durch welche eine solche Kapsel sich öffnet, sehr viel kürzer als in Vögeln und Amphibien. Wenn man sie vor der Eröffung erkennt, so sieht sie wie ein kleiner unregelmäſsiger Flecken aus. Nach der Eröffung ist der Eingang immer sehr klein, meist gerissen, zuweilen etwas spaltförmig, doch immer kurz.

Wie bei den früher besprochenen Thierklassen sind auch bei den Säugethieren die das Ei fortleitenden Organe von den Eierstöcken getrennt. Die beiden Eileiter nämlich, hier gewöhnlich Muttertrompeten oder Fallopische Röhren genannt, mün - den mit trichterförmigen Oeffnungen frei in die Bauchhöhle. Dies ist wenigstens die Grundform, die freilich einige Variationen erleidet. Die Eileiter sind nämlich durch eine Falte des Bauchfelles, die sehr deutliche Muskelfasern enthält, an den Fruchthälter befestigt und mehr von der Bauchwand gesondert als dieselben TheileII. Z178in Vögeln und Reptilieu. An die obere oder Rückenwand derselben Falte (das breite Mutterband, Ligamentum latum, jetzt bisher: Fruchthälter-Gekröse, Mesometrium, genannt) sind die Eierstöcke angeheftet. Im vordern Rand der Falte liegt auf jeder Seite der Eileiter. Dieser aber ist bei ausgewachsenen Säuge - thieren immer länger als der Rand der Falte. Deswegen krümmt er sich mit sei - nem trichterförmigen Ende nach innen und oben zurück. Diese Umbeugung ist schon im Menschen deutlich und hat die Folge, daſs an der Umbeugungsstelle die Falte eine beutelförmige Vertiefung hat. In den meisten Thieren ist dieser Beutel sehr viel tiefer. Am Rande des Beutels mündet der Trichter aus, der also vor - züglich nach dem Rücken und nach dem Eierstocke zugekehrt ist. Solche Beutel, die das erste Glied des Daumens aufnehmen können, sieht man z. B. beim Schwein und den Wiederkäuern. Wenn aber der Beutel noch ansehnlicher wird, so muſs er nothwendig den Eierstock selbst verhüllen. Er bildet dann einen nach hinten geöffneten Sack um den Eierstock. So ist es im Hunde und den gewöhnlichen Raubthieren mit einem Blinddarme. Wenn der Beutel auf diese Weise sackförmig sich zusammengezogen hat, so ist nothwendig die Mündung des Trichters ge - gen die innere Höhlung des Beutels gekehrt und man kann sie äuſserlich nicht er - kennen. Bei Robben und den Raubthieren ohne Blinddarm ist der Sack so weit geschlossen, daſs man nur noch eine ganz kleine Oeffnung gewahr wird, durch welche der Sack des Eierstockes mit der Bauchhöhle communicirt, wobei also im - mer noch der Trichter ebenfalls in Communication mit der Bauchhöhle bleibt. In einigen Thieren aber schlieſst sich auch diese Oeffnung, und nun communicirt der Trichter, der immer in der Wand des Sackes bleibt, nur mit seiner innern Höhlung*)Diese völlige Verschlieſsung habe ich jetzt bei einem Marder und einem Hermelin gesehen, nachdem ich früher gegen andere Angaben geglaubt hatte (Heusinger’s Zeitschrift Bd. II. ), die Verschlieſsung werde nie vollständig. Auch jetzt bin ich noch etwas zweifelhaft, ob jene völlige Verschlieſsung, die ich nur zweimal sah, als normal zu betrachten ist, ohne jedoch das Gegen - theil behaupten zu wollen. Soviel bleibt gewiſs, daſs in der Regel eine Oeffnung, die sich im Zobel sogar in einen Kanal auszicht, noch kenntlich bleibt, in Bären und Robben aber viel wei - ter geöffnet ist, und das niemals der Eileiter bei dieser Bildung fehlt, oder von den Hörnern des Fruchthälters nicht verschieden ist, wie man geglaubt hat..

Wir werden sehen, daſs durch diese Einrichtung die Fortleitung der Eier gesichert wird.

Die Eileiter der Säugethiere sind sehr viel enger als der Eileiter der Vögel, aber sonst eben so von einer mit langen Falten versehenen Schleimhaut ausgekleidet. Es ist ein Vorurtheil, wenn man glaubt, die Mündung des Trichters sey bei ihnen allgemein mit Läppchen oder Franzen besetzt, wie beim Menschen. Diese fehlen179 häufiger, als sie da sind, und scheinen vorzüglich bei den auf die ganze Sohle auf - tretenden Thieren groſs zu seyn, wie beim Bären, wo sie länger sind als im Menschen.

Eine Erweiterung, dem Trichter gegenüber, gleich dem Eihälter im Eilei - ter der Vögel, fehlt den Eileitern der Säugethiere. Sie sind sogar nach dem Fruchthälter hin am meisten verengt. Es vertritt vielmehr dieser selbst die Stelle des Eihälters. Weil er aber in seinem Bau bedeutend abweicht und dadurch fähig wird die Frucht lange zu bewahren und zu ernähren, so haben wir für ihn die besondere, schon früher eingeführte Benennung des Fruchthälters beibe - halten.

Allgemein ist die Muskelschicht in ihm stark entwickelt, und auch der Theil der groſsen Falte des Bauchfelles, der diesem Theile anhängt, hat eine ansehn - liche Muskelschicht von deutlichen Längefasern und Queerfasern. Doch scheint die Muskelschicht in diesem Fruchthälter-Gekröse (Mesometrium) um so schwächer, je weniger dick sie im Fruchthälter selbst ist und je mehr dieser ein darmförmiges Ansehen hat. Es ist nämlich zu allgemein bekannt, als daſs ich länger dabei verweilen sollte, daſs der Fruchthälter von der birnförmigen, ge - schlossenen Form, die er im Menschen hat, durch die langgezogene Form in den Quadrumanen, eine mehr dreieckige bei den Faulthieren und Zahnlosen zu einer gespaltenen, so daſs lange darmförmige Aeste nur einen kleinen Mittelkörper ha - ben, und endlich zu einer völligen Theilung in zwei Fruchthälter (bei Haasen) in den verschiedenen Thieren übergeht.

So ähnlich auch die Graaf’schen Bläschen in den Eierstöcken der Säuge -h. Ei im Eierstocke. Taf. IV. Fig. 18. thiere den Kapseln im Eierstocke der Vögel und Reptilien sind, so ist der Inhalt doch verschieden.

In diesen Kapseln (Taf. IV. Fig. 13. c. d.) liegt bei den Säugethieren vor der Eröffnung eine durchsichtige eiweiſsreiche Masse von einer sehr zarten Hülle (e) umgeben, die aber nicht so dünn ist, wie die reife Dotterhaut der Vögel, son - dern einige Dicke und ein körniges Gefüge hat, wie die Dotterhaut der Vögel lange vor der Reife (§. 3. e.). Ich habe sie deshalb Körnerhaut (Membrana granulosa) genannt, obgleich ich eine ursprüngliche Uebereinstimmung mit der Dotterhaut anerkenne. In so weit steht der Inhalt der Kapsel zu dem Eier - stocke noch in demselben Verhältnisse wie beim Vogel, und man könnte ihn das Ei nennen.

Allein nicht dieser ganze Inhalt wird zur Frucht, denn er ist nicht die Dot - terkugel, sondern mehr. Zwar enthält die Flüssigkeit innerhalb des erwähnten Häutchens ziemlich viele Kügelchen und unterscheidet sich darin von dem EiweiſsZ 2180der Vögel, aber die Kügelchen sind weniger zahlreich und viel weniger gefärbt, als in den Dotterkugeln aller bisher erwähnten Thiere. Dagegen befindet sich in dieser Substanz ein ungemein kleines Kügelchen (h), das bei Hunden, wo ich es am gröſsten und deshalb mit bloſsen Augen sichtbar fand, je nach der Reife nur einen Durchmesser von $$\frac {1} {20}$$ $$\frac {1} {30}$$ Linie*)E. H. Weber vermuthet (Anat. d. Menschen Bd. IV. S. 464.) in diesen Angaben einen Schreib - fehler, der jedoch nicht da ist. Das Maaſs ist natürlich von der Dotterkugel allein gegeben, die Keimscheibe ist viel gröſser und schon dadurch wird das Auffinden erleichtert. Weber zweifelt nämlich, ob man dergleichen sehen könne. Nun kommt aber bei kleinen Gegenständen. viel auf den Grad der Färbung an. Auf einer Kupfertafel sehen wir Pünktchen, die viel kleiner als $$\frac {1} {20}$$ Linie sind. Uebrigens will ich gern glauben, daſs im Augenblicke der Befruchtung diese Dotterkugeln noch etwas gröſser werden, (die gemessenen wurden aus trächtigen Thieren ge - nommen), doch gewiſs nicht über $$\frac {1} {20}$$ Linie im Durchmesser. hat. In diesen Thieren und ih - ren nächsten Verwandten ist es auch lebhaft gelb gefärbt. Weniger gefärbt fand ich es bei allen andern untersuchten Thieren. Diese Dottermasse ist von einer ziemlich dicken und festen Haut umschlossen, die von der Dottermasse deutlich gesondert ist. Auch scheint die Dottermasse nicht das ganze Bläschen auszufül - len, denn beim Zerreiſsen mit der Nadel glaubte ich mit Bestimmtheit eine innere kleine Höhlung zu erkennen. Diese kleine Dotterkugel hat zu der allgemeinen Flüssigkeit des Graaf’schen Bläschens dasselbe Lagerungsverhältniſs, wie das Keimbläschen zu der Dottersubstanz im Ei der Vögel und Reptilien; denn sie liegt auch nicht unmittelbar in jener Flüssigkeit, sondern wird von einer fest an - hängenden körnigen Masse umhüllt, die heller als der Dotter selbst, aber bedeu - tend dunkler als die umgebende Flüssigkeit ist (g). Diese Masse ist offenbar der Keimschicht des Vogel - und Reptilien-Eies analog und hat die Form eines um - gekehrten breitrandigen Hutes, indem eine ansehnliche, flache Keimscheibe und ein Keimhügel, in dessen Höhlung die Dotterkugel liegt, sich unterscheiden las - sen. Vermittelst der Keimscheibe, die an der früher erwähnten Hülle vom In - halte des Graaf’schen Bläschens anliegt, wird die Dotterkugel auch gegen diese Haut angedrängt, so daſs sie, wenn die Kapsel sich öffnet, nothwendig heraus - gedrängt wird**)Man muſs daher, wenn man die Dotterkugeln und besonders solche, die mit unbewaffnetem Auge wenig oder gar nicht sichtbar sind, untersuchen will, die Kapseln unter Wasser in einem kleinen Gefäſse, etwa einem Uhrglase, öffnen und dann den ausgetretenen Inhalt mit dem Mi - kroskope durchsuchen.. Das Verhältniſs des Keimhügels zu der Keimscheibe fand ich in den verchiedenen Familien verschieden.

Man sieht aus dieser ganzen Darstellung, daſs die Dotterkugel der Säuge - thiere zu dem übrigen Inhalte der Kapsel in demselben Lagerungsverhältnisse181 steht, wie das Keimbläschen im Ei der Vögel und Reptilien*)Coste berichtet jedoch, in dieser Dotterkugel der Säugethiere noch ein Keimbläschen ge - funden zu haben. Ich habe die Untersuchung noch nicht wieder vornehmen können. Schon vor 4 Jahren sah ich allerdings in einem Schaaf-Ei, 45 Minuten nach der Befruchtung, etwas Helles, das ich aber für die durchscheinende Dotterhöhle hielt. Das Ei lag noch im Eier - stocke.. Es scheint in der That ein höher entwickeltes Keimbläschen, das, statt ganz kleiner fast durchsichtiger Körnchen, wie das Keimbläschen des Vogel-Eies, groſse, ausge - bildete und gefärbte Dotterkörner enthält, wogegen die umgebende Masse, die im Vogel beim Reifen des Eies zum Dotter wird, hier nicht viel über die Beschaf - fenheit einer bloſsen Lymphe hinausgeht. Erinnern wir uns nun, daſs in den Keimbläschen der spätgebärenden Eidechsen und Schlangen (§. 8. c.) eine deut - liche, gelbliche Schicht von Dotterkörnern bemerkt wurde, so hat man eine all - mählige Gradation und kann nicht zweifeln, daſs die Dotterkugel der Säugethiere eine höhere Entwickelung des Keimbläschens ist. In jenen Thieren hat das Keim - bläschen nur eine blasische Schicht von Dottersubstanz, in diesen ist es zu einer Dotterkugel mit kleiner Höhlung geworden.

Mit dieser höhern Entwickelung mag es zusammenhängen, daſs während das Keimbläschen der spätgebärenden Reptilien, so viel ich beobachten konnte, beim Austritte des Eies aus dem Eierstocke eben so sich auflöst, wie das Keim - bläschen der Vögel, die Dotterkugel der Säugethiere fortbesteht und sich zum Ei entwickelt, wogegen die umgebene Masse hier verloren geht**)Ausführlicher habe ich von dem Ei im Eierstocke gehandelt in dem Sendschreiben: De ovi mammalium genesi, und in Heusinger’s Zeitschrift für Physiologie Jahrg. 1827. S 568. u. folg..

Ich habe nach diesen Erfahrungen die Frage aufgeworfen: ob nicht die stärkere Entwickelung der Dottersubstanz im Keimbläschen mit dem längern Ver - weilen des Embryo im mütterlichen Körper in ursachlichem Verhältnisse steht***)Meckel’s Archiv für Anat. und Physiologie. 1827. S. 675.? habe aber später eine Beobachtung gemacht, die mir Zweifel erregt. Im Störe nämlich ist der Inhalt des Keimbläschens auch sehr consistent, ein wirk - licher Körper und stark gefärbt, zwar nicht gelb, sondern nach der Färbung des gesammten Eies dunkelbraun. Sollte der Stör etwa seine Jungen im Leibe aus - bilden? Es hat nicht viel Wahrscheinlichkeit, da ihre Anzahl sehr groſs und die Wege zum Austritte sehr weit und wenig geeignet scheinen, die Brut zurück - zuhalten.

Zur Paarungszeit vergröſsern sich ein oder mehrere Kapseln, je nach deri. Fortlei - tung des Eies. Productionsfähigkeit des Thiers, und drängen schon deshalb gegen die Oberfläche182 des Eierstockes. Nach der Befruchtung vermehrt sich diese Wucherung rasch, bis die Kapseln sich eröffnen, was bei einigen Säugethieren schon nach wenigen Stunden (beim Schaaf), zuweilen aber, wie beim Hunde, besonders für die spä - ter sich öffnenden Kapseln erst nach mehreren Tagen geschieht*)Einmal fand ich in einem Hunde acht Tage nach der Befruchtung eine Kapsel noch nicht ge - öffnet, aber doch im Reifen begriffen.. Diese Eröff - nung scheint besonders dadurch veranlaſst, daſs die innere Schicht der Kapseln stark wuchert, sich von der äuſsern mehr löst und nun, im Raume beschränkt, den Inhalt der Kapsel gegen die dem Drucke nachgebende Narbe drängt. Zu - gleich aber veranlaſst die Befruchtung eine Turgescenz des Eileiters mit vermehr - tem Blutandrange auf derjenigen Seite, wo eine Kapsel reift, oder auf beiden Sei - ten, wenn in beiden Eierstöcken sich dergleichen finden. Die Eileiter krümmen sich bei dieser Turgescenz noch mehr gegen die Eierstöcke, die Beutel vertiefen sich und nähern sich der Form der umschlieſsenden Säcke, wenn sie dieselbe nicht schon früher hatten, und der Trichter umfaſst, indem er sich in sich selbst faltet, in der Regel wenigstens, den gesammten Eierstock, nicht eine einzelne Kapsel, wie beim Vogel und den Reptilien; doch ist bei den durch einen Sack umhüllten Eierstöcken die Oeffnung des Trichters zuweilen so eng, daſs man glauben möchte, er ginge von einer Kapsel zur andern über, worin er von dem Sacke leicht unterstützt wird. In diesen Thieren kann man natürlich das Um - fassen nicht sehen, allein bei andern ist es schon oft beobachtet, und ich kann nach zahlreichen Erfahrungen versichern, daſs das Umfassen länger währt als man ge - wöhnlich glaubt, in Schweinen bleibt der Eierstock in der Regel gegen vier Wo - chen lang umfaſst, in Schaafen fast eben so lange**)Ich habe daher dieses Umfassen bei Untersuchung jüngerer Embryonen sehr oft gesehen. Die Queerfalten, in welche sich der Eileiter legt, waren mir besonders merkwürdig. Sie zeigen, daſs er sich wirklich an den Eierstock ansaugt..

k. Gelber Körper. Corpus lu - teum Taf. IV. Fig. 22.
248

Bei der Entleerung wird zuweilen in die Höhlung der Kapseln Blut ergos - sen. Immer wuchert die innere Haut derselben rasch fort, und indem sie sich verdickt, füllt sie nicht nur den entstandenen leeren Raum aus, sondern, da sie ein Sack ist, so drängt sich der die Narbe umgebende Theil über die Oberfläche des Eierstockes hervor***)Im Durchschnitte abgebildet Taf. IV. Fig. 12. a. Die übrigen gelben Körper dieser Abbildung sind theils völlig ausgebildet, theils schon verschrumpft.. Sie ist in diesem Zustande stark geröthet, und der vorragende Theil bildet daher ein blutrothes Knöpfchen. Er behält einige Tage hindurch die Oeffnung. Darauf vernarbt diese, es ist dann noch ein Rest der innern Höhlung da, der sich aber auch bald füllt und statt des Graaf’schen Bläs -183 chens hat man nun einen festen etwas vorragenden Körper, den man den gelben Körper (Corpus luteum) genannt hat, weil beim Menschen, auch in einigen Säugethieren, wie in der Kuh, seine Farbe bald gelb wird. In vielen Säugethie - ren bleiben diese Massen jedoch während der ganzen Tragezeit stark geröthet, im Kaninchen sind sie nur weiſslich. In der letzten Zeit der Schwangerschaft neh - men sie ab und erst nach der Geburt werden sie klein und unansehnlich. Man sieht leicht, daſs die Festigkeit des Keimlagers den geöffneten Kelch nicht zusam - mensinken und verschrumpfen läſst, wie bei Vögeln und Reptilien, und deshalb die Kapsel so lange wuchert, bis die Lücke ausgefüllt ist. In der That nehmen in den Vögeln die entleerten Kapseln zuweilen die Form des gelben Körpers der Säugethiere an, besonders wenn die Narbe, wie zuweilen geschieht, wieder ver - wächst. Aber auch wenn die Narbe nicht verwächst, zeigt der verschrumpfte und ganz klein gewordene Kelch, indem er sich gelb färbt, eine auffallende Aehnlichkeit mit einem nicht geschlossenen, in der Bildung begriffenen, aber sehr kleinen, gelben Körper der Säugethiere. (Vergl. Taf. III. Fig. 1. No. 4.)

Bei Eröffnung der Kapsel zerreiſst jedesmal die den Inhalt umschlieſsende allgemeine Körnerhaut, weil die Narbe zu eng ist, um das Ganze auszulassen. Es gehen also Stücke derselben mit dem eiweiſsähnlichen Inhalte ab und nur die kleine Dotterkugel kommt unversehrt in den Eileiter. Die letztere ist sogar noch von ihrer Keimschicht umgeben, die sich nur langsam zu lösen scheint, denn ich fand sie noch in dem Eileiter am Eie haften. Da die Keimschicht im Verhältniſs zum Eie eine ansehnliche Ausdehnung hat, so ist das letztere mit dieser Umge - bung leichter kenntlich als ohne sie. Hierin liegt ohne Zweifel der Grund, war - um die Eier in den Eileitern einige Zeit nach dem Eintritte noch schwerer zu fin - den sind, als gleich nach demselben, besonders wenn die Eier schon ursprüng - lich wenig gefärbt waren. Dennoch ist es auf keine Weise zu bezweifeln, daſs die Dotterkugeln, ohne aufgelöst zu werden, durch den Eileiter bis in den Frucht - hälter geführt werden. Die Eier der Kaninchen haben Graaf und Cruik - shank mehrmals in den Eileitern gesehen. Die ziemlich gefärbten und deshalb als dunkle Pünktchen kenntliehen Eier des Hundes haben Prévost, Dumas und ich eben daselbst gesehen. Ich fand sie nur etwas vergröſsert und aufgelockert gegen die Form, die sie im Eierstocke hatten. Eben so fand ich das Ei eines Schaafes vor dem Ende des ersten Tages. Die Keimschicht war sehr aufgelockert und verringert.

Schon im Eileiter wird, während das Ei durchgeht, etwas mehr Feuchtigkeit ergossen, als gewöhnlich.

184
l. Beschaf - fenheit des Eies wenn es in den Fruchthälter kommt.
249

So kommt es in den Fruchthälter. Es ist noch immer eine bloſse Dotter - kugel, doch scheint der Dotter schon etwas Feuchtigkeit aufgesogen zu haben, da er weniger gefärbt ist. Die Haut, die den Dotter umgiebt, ist zwar ziemlich dick, doch, wie der Erfolg lehrt, nur Oberhaut zu nennen. Es liegt wenigstens bei Hunden und Schaafen noch ein ganz unregelmäſsiger Stoff darauf, den man für einen Rest der Keimschicht ansehen muſs. Unter der Dotterhaut ist wahr - scheinlich ein Keim, denn die Dottersubstanz klebt nicht an der Oberhaut an, und das Mikroskop läſst auch erkennen, daſs an der Oberfläche die Dotterkörnchen continuirlich zusammenhängen. Das ist der Charakter eines Keimes. Ich zweifle daher nicht, daſs die Eier der Säugethiere, entweder gleich beim Eintritt in den Fruchthälter oder bald darauf, einen selbstständigen Keim haben. Ob er schon anfänglich den ganzen Dotter umgiebt, ist durch die Untersuchung zu bestimmen wohl kaum möglich; doch ist gewiſs, daſs, so wie der Dotter genug verflüssigt ist, um den Keim deutlich zu sehen, (im Schweine nach 8 Tagen, im Kanin - chen etwas früher, im Hunde ungefähr auch so, obgleich bei diesem mit vielem Schwanken in der Zeit), er mit Einschluſs der Keimhaut eine geschlossene Blase ist. Bei der geringen Quantität Dottersubstanz läſst sich vermuthen, daſs er ziem - lich von Anfange an eine Blase seyn werde*)Man hat es Herrn Coste zum Verdienst angerechnet, diese Form des Keimes zuerst erkannt zu haben, allein ich habe bereits in Heusinger’s Zeitschrift Bd. II. S. 174. mich dafür aus - gesprochen, aber freilich als über ein Verhältniſs, das schwerlich mit Bestimmtheit sich nach - weisen läſst..

m. Verflüs - sigung des Dotters.
250

Die Dottersubstanz nämlich verflüssigt sich allmählig, indem das Ei Feuch - tigkeit einsaugt und dadurch gröſser wird, und ich glaube nicht zu irren, wenn ich behaupte, daſs jedes Dotterkörnchen Feuchtigkeit einsaugt und eben dadurch sich in mehrere kleinere und hellere Körnchen auflöst. So viel ist gewiſs, daſs man, sobald der gröſste Theil des Dotters genug aufgelöst ist, um den Keim als Sack sehen zu lassen, man an der Fläche dieses letztern helle Dotterkörnchen, in kleine Häufchen vertheilt, anhaftend findet, und zuweilen glaubte ich zu sehen, daſs ein solches Häufchen von einem sehr zarten Strich umgeben sey, als ob je - des Häufchen noch von einer gemeinschaftlichen Masse zusammengehalten würde**)Diese Beobachtung ist nener als die früher von mir bekannt gemachte, wo ich keine Spur von einer Hülle gefunden hatte..

Die Eier werden in der ersten Zeit im Fruchthälter durch Contractionen desselben frei umher bewegt. Die dahin wirkenden Contractionen des Frucht - hälters, unterstützt von Contractionen des Mesometriums, kann man an ebenaus -185ausgeschnitenen, tragenden Fruchthältern ungemein deutlich sehen. Ich habe sie an Schweinen, Schaafen, Hunden und Kaninchen beobachtet. In dem Fruchthälter des Schweines dauern sie, wenn man ihn in warmes Wasser hält, wohl zwei Stunden.

Der Reiz, den das Ei auf die innere Fläche des Fruchthälters ausübt, er -n. Bildung der äuſsern Eihaut und des Eiweiſs es zeugt einen Andrang des Blutes nach der Schleimhaut desselben; die Gefäſsnetze in ihr werden voller, zugleich aber wird eine Flüssigkeit ergossen, welche reich an Eiweiſs ist. In der That unterscheidet sich diese Flüssigkeit von dem Ei - weiſs, womit das Vogel-Ei umgeben wird, nur darin, daſs sie reicher an Was - ser ist und deshalb als Flüssigkeit sich zeigt. Unterdessen hat aber der Frucht - hälter, wohl durch die stärkere Turgescenz veranlaſst, wenn er mehrere Eier enthält, zwischen ihnen sich stärker zusammengezogen.

So werden die einzelnen Eier mit ihrem Eiweiſs von einander getrennt, die Stellen aber, in denen das Ei liegt, werden durch die ergossene Feuchtigkeit ausgedehnt, und so bilden sich gleichsam Nester für die Eier.

Das Ei besteht nur noch aus der Dotterkugel, die immerfort aus dem um - gebenden Eiweiſs die flüssigen Theile anzieht und dadurch rasch wächst, sobald der Dotter flüssig ist.

Indem das raschere Wachsthum des Eies beginnt, das Eiweiſs dadurch an Flüssigkeit verliert, umgiebt es sich bald mit einem Häutchen, das ganz dicht am Eihälter anliegt. Diese Bildung ist völlig wie in Vögeln, und das Häutchen ist also die äuſsere Eihaut (Membrana ovi externa)*)Das heiſst der Schaalenhaut des Vogel-Eies analog. So habe ich diese Haut der Säugethier - Eier auch früher genannt. Allein da doch keine wirkliche Schaale sich bildet, scheint es mir besser, die Haut im Allgemeinen äuſsere Eihaut und für die Vögel eine besondere Schaalenhaut zu nennen. Diese äuſsere Eihaut ist Burdach’s Exochorion, eine Name, den man annehmen kann, wenn es sicher ist, daſs sich überall auch im Menschen ein zweites Blatt anlegt. Doch kann dieser Name immer nur für die Säugethiere und einige Reptilien gelten. Dieselbe Haut ist in den niedern Thieren, bildet daselbst aber kein wahres Chorion., und nun erst ist das Ei vollständig und plötzlich viel gröſser als vorher.

Ich habe die Bildung der äuſsern Eihaut in Schweinen und Schaafen nach allen Momenten verfolgt. Bis zum dreizehnten Tage sieht man bei jenen in der Regel keine Spur davon. An diesem Tage ist auch noch nichts nach Eröffnung des Fruchthälters zu erkennen. Allein wenn man den geöffneten Fruchthälter in kaltem Wasser liegen läſst, so bemerkt man an seiner innern Fläche ein unge - mein dünnes Häutchen anliegend, das ungefähr so aussieht, wie der Ueberzug, den jede Masse Eiweiſs im Wasser erhält und nur in ganz kleinen Stückchen sich abtrennen läſst. Am nächsten Tage erkennt man schon das Häutchen, wennII. A a186man in den Fruchthälter eine sehr kleine Oeffnung schneidet, allein es zerreiſst nothwendig und fällt zusammen, wenn man den Fruchthälter auch noch so we - nig auseinander biegt. In zwei Tagen bekommt es indessen so viel Consistenz, daſs man nun das Ei mit seiner äuſsern Eihaut herausnehmen kann.

Aus dem Gesagten wird es leicht einsichtlich, woher es kam, daſs Hal - ler das Ei plötzlich so groſs fand.

Freilich hätte er den innern Theil des Eies, den Dotter mit seiner Hülle nicht übersehen sollen. Allein dieser hat unterdessen in den Hufthieren eine Me - tamorphose erlitten, welche ihn sehr leicht unkenntlich machen konnte. Er zieht sich nämlich so sehr in die Länge, daſs er dadurch einem überaus zarten FadenTaf. IV. Fig. 27. gleich wird. Im Schweine beginnt die Verlängerung am 11ten oder 12ten Tage, und am 13ten oder 14ten hat zuweilen der Dotter schon 20, die unglaubliche Länge von 30 Zoll erreicht. Ich würde in der That diese Verlängerung selbst nicht glauben, wenn ich sie nicht auſserordentlich oft, wohl in hundert Eiern gesehen und wenn ich nicht den Mechanismus gefunden zu haben glaubte, durch welchen das Ei ausgezogen wird. Der Fruchthälter aller Hufthiere hat nämlich innere Vorragungen, in den Wiederkäuern jene napfförmigen Höcker, in den Dickhäutern zahllose Falten von verschiedener Gröſse, welche tief in die enge Höhlung hinein ragen und bei den Bewegungen des Fruchthälters den verlänger - ten Dottersack fassen und gleichsam ausspinnen*)Eben diese Vorragungen machen es auch völlig unmöglich, die äuſsere Haut unverletzt zu er - halten, so lange sie noch sehr zart ist.. Die ausgesponnenen Fäden liegen aber nicht grade ausgestreckt, sondern sind sehr mannigfach gewunden und gekrümmt. Eine Folge davon ist, daſs das gesammte Ei, wenn die äuſsere Haut gebildet ist, bei weitem nicht die Länge des für die Messung grade ausge - streckten Dotters oder Dottersackes hat. Daſs diese langen Enden (Taf. IV. Fig. 27.) in Bezug auf ihre Entstehung mit den Hagelschnüren verwandt sind, ist eben so offenbar, wie die Verschiedenheit, die darin liegt, daſs sie aus der Dot - terkugel selbst hervorgezogen sind.

Doch ich sehe, daſs der Wunsch, Ihnen gleich von vorn herein das Räth - sel zu lösen, wie es gekommen, daſs Haller das Ei, welches er mit so viel Ausdauer in Schaafen suchte, so lange nicht finden konnte und dann plötzlich ein sehr groſses Ei traf, mich ganz von meinem Gegenstande ab - und in eine Ein - zelheit verlockt hat, welche mehr in spätere Vorträge gehört, in welchen wir die Differenzen des Eies der Säugethiere und die Art wie die einzelnen Formen sich ausbilden, verfolgen wollen. Jetzt kommt es nur darauf an, das Gemeinsame187 same aller Eier der Säugethiere und ihr Verhältniſs zum Ei der Vögel zu finden.

Ich wurde aber in den Abstecher verführt, indem ich berichtete, wie ich die Entstehung der äuſsern Eihaut in den Hufthieren verfolgt habe. In den kur - zen und vom Fruchthälter eng umschlossenen Eiern des Hundes und des Kanin - chens bin ich noch nicht so glücklich gewesen, diesen Vorgang zu sehen, und da ich an diesen Eiern, so lange sie lose im Fruchthälter liegen, zwei einander ein - schlieſsende Säcke erkannte, später, wenn sie vom Fruchthälter eng umschlos - sen sind, ebenfalls zwei in einander liegende Säcke, von denen der äuſsere deut - liche, schnell wachsende Zotten hat, so war ich geneigt zu glauben, die äuſsere aus dem Eierstock mit herüber gekommene Haut sey eben die spätere äuſsere Eihaut, die jetzt Zotten bekomme, in welchem Falle dann Dotterhaut und äuſsere Eihaut hier identisch seyn würden. Allein, da bei aller Verschiedenheit in der äuſsern Form die constituirenden Theile des Eies der Säugethiere sonst gleich sind, könnte man es wohl wahrscheinlicher finden, daſs in den genannten Eiern die äuſsere Haut ebenfalls sich neu bilde, freilich um eine sehr geringe Quantität flüssigen Eiweiſses. Eben diese geringe Quantität und die enge Umschlieſsung des Fruchthälters macht die Beobachtung der allmähligen Ausbildung fast unmög - lich, und ich habe, nachdem ich sehr viele Eier von Hunden aus dieser Periode untersucht habe, nur zu dem Resultate gelangen können, daſs die zottentragende Haut ungemein eng am Fruchthälter anlag, wie die äuſsere Eihaut der Hufthiere. Daſs aber, auch wenn sich keine neue äuſsere Eihaut in den genannten Eiern fin - det, die Differenz doch nur sehr gering ist, läſst sich leicht zeigen.

Wir hörten so eben, daſs sich die äuſsere Eihaut der Hufthiere grade so bilde wie im Vogel, nämlich als Ueberzug über eine Quantität Eiweiſs. Ein Un - terschied besteht nur darin, daſs in den Säugethieren das Eiweiſs bedeutend mehr Wasser enthält. Wir erinnern uns ferner, daſs das Ei des Hundes, wenn es in den Fruchthälter kommt, wie alle andere Säugethier-Eier eine äuſsere Haut hat, die wir Oberhaut genannt haben. Wenn nun diese Oberhaut das flüssige Eiweiſs hinlänglich durchlassen sollte, so daſs es sich unter ihr sammelt, so kann sich gar keine Oberhaut für daſs Eiweiſs bilden; es hat ja schon eine Bekleidung. Da nun für das Ei der Raubthiere und der Nager in der That nur wenig flüssiges Ei - weiſs erzeugt wird, da ferner ihr Fruchthälter so gebaut ist, daſs er frühzeitig das Ei umschlieſst, so wäre es wohl möglich, ja ich finde es wahrscheinlich, daſs dann diejenige Haut, welche das Ei als Oberhaut mitnimmt, äuſsere Haut des Eies wird, oder eigentlich bleibt. Es käme also nur auf den Beweis an, daſs sich wirklich Eiweiſs unter der Oberhaut sammelt. Dieser Beweis ist aber leicht ge -A a 2188führt. Zuvörderst steht in den Eiern der Raubthiere und Kaninchen, so bald sie einige Zeit im Fruchthälter gelegen haben, die Oberhaut entschieden weiter vom innern Sacke ab, als in den Eiern der Hufthiere. Wenn man ferner ein Ei vom Hunde oder Kaninchen, so