Der Feinde Heer
Stand wie geſtern. Er,
Oudinot drang vor bis Groß-Kunitz
Und ſtand noch bis Binnewitz. —
Macdonald ſtand im Rücken von Strehla,
Marmont im Centrum bei Burka. —
Links ihm zur Seite ſtand Bertrand,
Beim Ort, Nieder-Gurkau genannt. —
58 Bei und hinter Klix ſtand Lauriſton, Ney. —
Als Reſerve die Garden und Reiterei
Von Latour -
Maubourg. —
Wir hatten neunzig, der Feind hundert ſiebenzig tauſend
Mann. —
Man kann
Zahl der Todten, Verwundeten, Gefangenen ſchwer zählen.
Zehntauſend Mann ſollten, ſo ſagt man, den Welſchen
fehlen. —
Jn aller Früh,
Morgens drei Uhr, ſtellten die
Heersfürſten des Bundes im Schlachtfeld ſich ein. —
Bei der Morgenröthe erſtem Schein
Sah auch Napoleon man in ſeiner Garden großem
Quadrat
Eine Rede halten, wie oft er that. —
Bei Jenkowitz ſpäter, auf der Erde liegend, Er dejeunirte,
Während eine Granate über Jhm parabolirte
Und rumpirte. —
Dann verweilte Er ganz nah
Bei Nieder-Kaina,
Um zu beobachten die Bewegung des Ney.
Er ſprach dabei
Mit Fürſt Neufſchatel, Berthier voll Freud’,
59 Der trug Neufſchateller Heerkleidung heut. —
Die Krieger des Bundes und der Franzoſen
Sahn den ganzen Morgen ſich an. — Es koſen
Beide mit einander, indem ſie begrüßen
Sich mit verſchied’nen Kanonenſchüſſen. —
Nicht auf Wiener, noch Peraus Flügeln,
Sondern der Schlachtordnung — ſpielte Geſchütz. — Feſt zügeln
Sah man das Centrum durch Bonapart’,
Weil der Angriff zu mörderiſcher Art
Wäre geweſen,
So lange Ney, — auserleſen,
Die Umgehung zu vollführen, —
Dieſelbe nicht ſchon im Stande war zu effektuiren. —
Saint Prieſt und Eugen
Griffen ſich an auf Daranitz Höhn.
Kartätſchen flogen. — Oft mußte man wiſchen
Rein der Kanonen Seele. — Durch Riſchen
Sah man eine Partei nach der andern
Wandern. —
Mit achter Ruſſiſcher Diviſion wußte brav ſich zu wehren
Oberſt Rören.
Jm gefahrvollſten Moment
Sandte Prinz Eugen das Wolhyniſche Regiment.
Er ſelbſt folgte als Convoi
Mit der Diviſion Schachowskoy.
60Zum Vortheil der Ruſſen entſchied ſich hier Kampf —
Da plötzlich im dichten Pulverdampf
Kam von Fürſt Gorczakof an ein Bote,
Der brachte Eugen die meldende Note
Des Jnhalts: er wolle ſenden einen Theil
Seiner Truppen ihm, dem bedrängten Gefährten zum Heil. —
Prinz Eugen ſandte darauf
Zwei Regimenter ab, brach auf
Dann mit fünf andern in eigner Perſon. —
Unterdeſſen hatte Gorczakof ſchon
Anderweitig erhalten Soutien.
Wiedererkämpft ward das Terrain
Von Mehltheur. — Sieger
Blieben auf dieſem Flügel die Ruſſiſchen Krieger.
Auf dem rechten
Flügel wich ab hiervon das Fechten. —
Nämlich auf dieſem Flügel, hier,
Hatte Ney früh mit Maiſon’s Truppen und vier
Jhm ſelbſt zugehörenden Diviſionen,
Unter dem heftigſten Feuer der Kanonen,
Den Uebergang über Spree bei Klix erſtritten. —
Unterwärts hatte die Spree überſchritten
Beim Orte Leichnam: Lauriſton. —
Napoleon
Sandte an Ney
61 Einen Zettel, geſchrieben mit Stift von Blei;
Es hieß drin: Ney ſolle in Beititz anlangen
Um zehn Uhr, dahin gehe des Kaiſers Verlangen. —
Nun war Ney bereits aus eigner Regung
Nach der Richtung von Beititz in Bewegung. —
Barclay ſetzte dem Angriff entgegen Damm,
Deſſen ungeachtet nahm ein Beititz Diviſion Souham.
Den Verbündeten konnte dies bringen große Gefahr,
Weil hierdurch war
Die Verbindung zwiſchen Barclay und Blücher mitten
Durchſchnitten.
Blücher ſah ſich hierdurch im Rücken bedroht! —
Er, Barclay’s Freund in der Noth,
Eilte herbei, ſpäter auch Kleiſt,
Beider Hülfe ſich thätig erweiſt.
Major Alvensleben ſtellt ſich Beititz ſo nah,
Daß er vom Feind ſchon die Augen ſah.
So konnt’ Letzt’rer nicht prorumpiren
Und ſich auf Ebene deployiren. —
Eine Kleiſt’ſche Abtheilung
Kam ebenfalls zur Verſtärkung. —
Einige Zeit ſpäter
Folgte Gen’ral Röder. —
Der Genannten feſtem Zuſammenbleiben
Gelang es Souham wieder aus Dorf zu vertreiben. —
62 Ney,
Wie ruhmwürdig derſelbe gewiß ſonſt ſei,
Beging den militairiſchen Schnitzer,
Daß er dem Souham nicht ward Unterſtützer
Und, zumal als dieſer aus Beititz geſchlagen,
Unterließ ſchnell neuen Angriff zu wagen. —
Ney verlor dadurch viertauſend Wunde,
Außerdem eine koſtbare Stunde,
Jn der, jetzt darf man’s wohl offen geſtehn,
Blücher’s Umwicklung konnt’ vor ſich gehn. —
Von Buchwald
Kamen hierauf bald
Lauriſton’s Schaaren. —
Wie wir auch oben ſchon erfahren,
Ueberſchritt Lauriſton Spree bei Leichnam. —
Er kam
Sodann nach Bröſa. —
Bröſa und Gottesmelda
Mußte trotz Feuern von ſtarkem Geſchütz
Aufgeben Czaplitz. —
Maiſon eroberte von Klix
Aus, zwiſchen zehn und elf Uhr, Malſchwitz,
Wandte ſich ſodann nach Pliskowitz
Und nahm es gleichfalls gegen 2 Uhr in Beſitz. —
63 Jn Doberſchütz
Behauptete ſich Major Streit
Mit Tapferkeit, das läßt ihm ſelbſt Neid.
Man ſah ihn feſt und ritterlich ſtehn,
Bis ihm erſt Ordre ward, rückwärts zu gehn.
Durch die Thaten am Vormittag
Hatte Napoleon den Hauptſchlag,
Der vom Centrum ausgehen ſollte, vorbereitet. —
Marmont und Bertrand ſchreitet
Vor. Soult commandirt
Des Bertrand Heertheil, das Angriff vollführt. —
Der ſo eben genannte Theil der Armee
Geht bei Nieder-Gurkau über die Spree.
Blücher von links, rechts und vorn angegriffen war,
Selbſt ſeinem Rücken droht Gefahr.
Es ſchien
Als wenn das Feuer ſeiner Batterien
Den Feind hielte in Zaum.
Doch währte dies dreiviertel Stunden kaum,
Da hatten die Ruſſen, Kampfgenoſſen
Preußens, ihr ſämmtliches Pulver verſchoſſen.
Brigade Klüx ging dem Feinde entgegen,
Doch auch ſie wich der Kraft, die ihr überlegen.
Schwer verwund’t ward Franquemont, Neuffer Gen’ral,
64 Getroffen ward Sicard und zwar lethal.
Jn immer dichtern engeren Kreiſen
Langen an mit tödtendem Eiſen
Napoleon’s Maſſen. —
Morand muß Spree verlaſſen.
Lauriſton kommt drohend herbei von Buchwald,
Nach Barſankwitz Garde, man nennt ſie die alt’. —
Zu fich redet Blücher: Auf Ehre und Leben,
Jch muß die bisher’ge Stellung aufgeben,
Zurück muß ich gehn, es ſchmerzt mich unſäglich.
Zu Hülf’ mir zu eilen, iſt, weiß ich, unmöglich! —
Doch York, der ſich Stellvertreter geſetzt,
Kommt helfend herbei. Jndeſſen anjetzt
Jſt Hülfe zu ſpät. Er ſieht retiriren
Blücher, von Kreckwitz Höh’n Feind kanonieren.
Drei Uhr ſchlug’s. — Man kam überein,
Daß Rückzug muß angetreten ſein.
Es geſchah derſelbe mit ſtoiſcher Ruh,
Der Feind ſah bewundernd ganz nah dabei zu.
Um den Abmarſch zu decken: Steh’ feſt, linker Flügel,
Zur Rückendeckung! — Verhängt ſei der Zügel,
Spreng’ vorwärts, Du Ruſſiſche Cavallerie!
Du ſämmtliche reitende Artillerie! —
Gen’ral Uwarow macht’s ſo, wie’s eben gemeint,
65 Hält ab ſo, daß nachſetzt mit Schnelligkeit Feind.
Rückwärts geht Blücher nun über Purſchwitz,
Jhm ſchließt ſich an York. Er kam von Kreckwitz.
Barclay dirigirt ſich über Groditz.
Dort ſtellt noch einmal auf Höh’n der ſich auf,
Hinderte ſo, daß nicht etwa im Lauf
Früher als er, in Weißenberg ſei:
Ney. —
Kleiſt
Führte Papagie, die Nachhut jetzt heißt. —
Preußens Fahnen weh’n
Auf Würſchen’s Höh’n. —
Von Lauriſton, Reynier, Ney attaquiri,
Bis gegen Abend ſich Kleiſt defendirt.
Feſt ſtand Reg’ment Colberg bis gegen acht.
Bei Weißenberg nahmen die Preußen Biwacht.
Gefangen war Keiner, auch fehlt’ kein Geſchütz,
Genüber von Würſchen nahm Dolffs ſeinen Sitz.
Der Ruſſe in Ordnung ſich retirirt,
Von Maubourg wird Fürſt Obolensky genirt.
Standhaft ficht Letzt’rer (Preuß’ zollt ihm Applaus!)
Und Hauptcorps aus Engpaß ſich wickelt heraus. —
Nach Hochkirch und Löbau geht vorwärts man jetzt,
Saint Prieſt als Nachhut Steindörffel beſetzt.
566Zu Mengelsdorff ruht Alexander bei Nacht,
Friedrich Wilhelm zu Reichenbach ſorgend noch
wacht.
Zu Purſchwitz mit Garden da blieb Bonapart’.
Vorm Schlafengeh’n rief er: Es iſt doch ſehr hart,
Nicht Erfolg, nicht Gefang’ner durch Metzelei heut!
Keinen Nagel wollen mir laſſen die Leut’!