PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Die christliche Mutter
in der Erziehung und in ihrem Gebete von W. Cramer,
Domkapitular und Regens des bischöflichen Priester-Seminars.
„Eine der höchsten Gnaden ist für den Menschen eine gute Mutter.“ (Ein Kirchenfürst.)
Mit Erlaubniß der Obern.
Nein-Ertrag für den Bonifacius-Verein.
Vierzehnte Auflage.
A. Laumann in DülmenKatholische Verlags-Buchhandlung.
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Einleitung.

Von achtbarer Seite ersucht, in dem „Katholischen Mis- sionsblatte“ ein Wort zu bringen über jene, in neuerer Zeit leider mehrfach abhanden gekommene ehrwürdige und schöne Sitte, wonach katholische Mütter nach der Geburt eines Kindleins ihren ersten Kirchengang in einer gewissen, von der Kirche geregelten feierlichen Weise anstellen, gaben wir diesem Ansinnen um so lieber Raum, als wir schon seit Langem uns sehr nachdrücklich angeregt fanden, ein Wort an die christlichen Mütter überhaupt zu richten. Der „erste Kirchengang“ aber schien zu diesem Gegenstande einen vortrefflichen Eingang zu bilden.

So begaben wir uns denn mit wahrer Herzensfreude an die Arbeit. Je weiter wir aber darin fortschritten, desto mehr gewann die Ueberzeugung von der großen Be- deutung dieses Gegenstandes Boden und Frische und es trat immer bestimmter die Anregung auf, das zunächst für's Missionsblatt Ausgearbeitete in einem besondern Schriftchen herauszugeben, um es einem weitern Leserkreise zugänglich zu machen. Als daher von verschiedenen Seiten um eine solche Separat-Ausgabe des in einer Reihe von Nummern des Missionsblattes Gebrachten angelegentlich ersucht wurde, so entschlossen wir uns dazu um so leichter.

Es wird daher im Allgemeinen das im Missionsblatt Gebrachte hier wiedergegeben. Da aber der enge Raum des gedachten Blattes nicht überall die erwünschliche Aus- führlichkeit gestattete. Etliches hierher Gehörige auch schon in frühern Jahrgängen von uns besprochen war, so ist hier manches etwas weiter ausgeführt, Anderes neu hinzugefügt.

Zur richtigen Würdigung des Werkchens sei noch bemerkt, 4 daß der Abfassung desselben nicht so sehr der Zweck zu Grunde lag, die Ausgabe der Mütter überhaupt und all- seitig darzustellen, als vielmehr hauptsächlich nur die Seite ihrer Aufgabe hervorzuheben, welche sie als christ- liche Mütter betrifft, also die religiöse Heranbildung des Kindes und auch diese zumeist nur für die Jahre der zartesten Kindheit. Eine solche Einschränkung nämlich war durch den Wunsch, dem Werkchen eine möglichst große Verbrei- tung anzubahnen, nahe gelegt. Manche Mütter sind nicht in der Lage, umfangreichere Bücher zu lesen; selbst der Kostenpunkt kommt bei einigen in Betracht. Bei kürzerer Fassung also durfte auf einen desto größeren Leserkreis ge- rechnet werden, was in diesem Falle um so schwerer in die Wagschaale fällt, als es sich um einen Punkt handelt, der überhaupt und besonders in unsern Tagen so tief in's Leben einschneidet.

Will es ja doch in unsern Tagen so fast scheinen, als habe Alles sich verbündet, den Menschen Religion und Glauben zu rauben. Während von der einen Seite die ganze Art, wie sich mehr und mehr die äußern Lebensver- hältnisse gestalten, darnach angethan ist, den Menschen gegen Gott und das Höhere gleichgültig und davon ab- wendig zu machen, so gewinnt leider von der andern Seite der höllische Plan, jede Einwirkung der Kirche und der Geistlichkeit aus der Schule zu verbannen und so der Ju- gend den Einfluß einer religiösen Anleitung vorzuenthalten, immer mehr an Ausdehnung und an Aussicht auf Ver- wirklichung. Was bleibt da, wenn es sich um die erste christliche Heranbildung der Jugend handelt, noch übrig, als das Haus und das christliche Walten der Familie und in ihr besonders der Mutter, welcher in den meisten Fällen insbesondere die zarte Jugend des Kindes fast ausschließ- lich anheimgegeben ist? Wie viel liegt daher grad in unsern Tagen daran, daß sie eine wahrhaft christliche Mutter sei und ihre Kinder grade in den Jahren, wo einerseits die gottentfremdete Welt ihren verpesteten Einfluß an ihnen noch nicht geltend machen kann, und andererseits das so empfängliche und bildsame kindliche Herz dem er- ziehenden Einflusse so reichliche Empfänglichkeit bietet, in den Geist wahrer christlicher Gottesfurcht und Frömmigkeit 5 tief einführe! Dadurch werden die Herzen der Kinder in jenen ersten Jahren ihres Lebens, wo sich das ganze Men- schenwesen so recht eigentlich setzt, eine gewisse christliche Durchwürzung und Durchfärbung erfahren, welche leicht für's ganze Leben, auch unter den spätern verderblichen Einflüssen einer bösen Welt vorhält; und es hat daher das Wort eines noch lebenden Kirchenfürsten, welches wir zu unserm Motto gewählt haben, grad in unsern Tagen die vollste Wahrheit: „Eine der höchsten Gnaden für den Menschen ist eine gute Mutter.“

Dazu kommt, daß der Geist unserer Zeit in so hohem Grade darnach angethan ist, Jünglinge, welche von Gott den Beruf zum geistlichen Stande erhalten haben, ihrem Berufe untreu und abwendig zu machen und so jenen Mangel an Priestern – ein Uebel, unter dessen traurigen Folgen schon so manche Theile der katholischen Welt seufzen – immer mehr herbeizuführen. Darf aber von einem Knaben oder Jünglinge, der von Gott mit dem erhabenen Priesterberufe begnadigt ist, nicht mit Grund gehofft wer- den, daß er demselben treu bleiben und zur Zeit ein guter Priester sein werde, wenn er das Glück hat, daß durch eine wahrhaft christliche Mutter in seiner zarten Jugend mit dem Geiste wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit zugleich auch der Priesterberuf gewahrt und genährt wird? So ruhet denn auch von dieser Seite die Hoffnung der heil. Kirche und der christlichen Welt vielfach auf den christlichen Müttern; und da wir vom Herrn den Beruf erhalten haben, angehenden Priestern in ihrer letzten Vorbereitung zu ihrem h. Stande zur Hand zu gehen, so war es ganz insbesondere dieser letztgedachte Umstand, welcher an der obengedachten Anregung, das vorliegende Werkchen heraus- zugeben, wesentlich Theil hatte.

Die lebendige Ueberzeugung aber, daß die der christlichen Mutter vom Herrn anvertraute Aufgabe ihre erwünschte Lösung nur finden könne, wenn der Segen der göttlichen Gnade sie und ihr Wirken begleitet und sie es also ver- steht, diese Gnade sich in entsprechender Art durch Gebet und fromme Uebung zu vermitteln, vermochte uns, für die wichtigsten Anliegen einer christlichen Mutter besondere Gebete zu verfassen und sie zum Schlusse anzufügen.

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Wie glücklich würden wir uns schätzen, wenn diese unsere Arbeit ihr Scherflein dazu beitrüge, solche kostbaren Zwecke zu fördern! – So wolle denn der Herr dem Büchlein rings in die christlichen Familien hinein gnädig den Weg bahnen und seine Lehre im Herzen und Leben der Mütter wirksam machen.

Münster, am Octavtage der „Unschuldigen Kinder“ 1872.

Der Verfasser.
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Vorwort zur elften Auflage.

Seit wir in den ersten Tagen des Juni d. J. die achte Auflage mit etlichen Worten begleiteten, ist eine neunte und zehnte Auflage derselben in kurzen Zwischen- räumen gefolgt und schon wieder vergriffen. Also in sieben Monaten zehn Auflagen! Sollten wir's verhehlen, daß uns das um der guten Sache willen zu einer überaus großen Freude gereicht? „Werden ja nun,“ so sagen wir in Wiederholung der Worte der achten Auflage „viel tausend Mütter, indem sie unser Werkchen lesen, vertraut mit einem Gegenstande, welcher über die allerwichtigste und heiligste Angelegenheit ihres Lebens handelt; gern und freudig geben wir uns der Hoffnung hin und flehen ohne Unterlaß darum zum Herrn, daß die Lesung nicht ohne Frucht bleiben und durch treue Beobachtung der im Büchlein gegebenen Winke und Ermahnungen der Segen einer wahrhaft christlichen Erziehung in desto vollerem Maße sich über die lieben Kin- der verbreiten möge, um so mehr, wenn die guten Mütter, was wir zuversichtlich hoffen, auch fleißig den zweiten Theil des Büchleins brauchen und in ihren Berufsangelegenheiten sich oft betend vor dem Herrn finden lassen,“ und, setzen wir hinzu, dadurch über ihre mütterlichen Bestrebungen eine desto reichere Fülle der göttlichen Gnade herabziehen. Dazu kommt, daß die anerkennenden Stimmen über unser Werkchen sich gemehrt haben, wie denn viele hochachtbare Mütter uns ihre dankbare Anerkennung persönlich kund gegeben haben, zu desto freudigerer Zuversicht, daß der Zweck, den wir durch Abfassung unseres Werkchens ver- folgten, in reichem Maße Erfüllung finde. Dem Herrn, von dem alle gute Gabe kommt, sei Preis und Dank!

Münster, am Rosenkranzfeste 1872.

Der Verfasser.
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Vorwort zur dreizehnten Auflage.

„Wir bitten den Herrn, daß Er auch diese elfte Auf- lage in die Hände der christlichen Mütter einführen wolle u. s. w.“ – so schlossen wir unser Vorwort zur elften Auflage Anfangs Oktober v. J. Auch diesmal sind unsere Wünsche über alles Verhoffen hinaus erfüllt worden: Auf die elfte Auflage ist bald eine zwölfte gefolgt und auch sie ist schon wieder vergriffen, so daß unser Büchlein in nahezu 30,000 Exemplaren in allen Theilen Deutschlands verbreitet ist. Ein unaussprechlicher Trost für uns! Dürfen wir uns ja nunmehr der Hoffnung hingeben, daß, wenn eben so viel tausend Mütter unser Büchlein benutzen, seine Lehren beherzigen und befolgen, seine Gebete verrichten, daraus Heil und Segen sich ergießen werde über noch viel mehr tausend Kinder. So möge denn nun diese drei- zehnte Auflage den Kreis seiner Leserinnen noch weiter ausdehnen und jenen Segen und Trost mehren!

Unterdeß haben wir – mehrseitig uns ausgesprochenen Wünschen folgend – ein ähnliches Werkchen für Väter verfasset und wird dasselbe in der allernächsten Zeit unter dem Titel: Der christliche Vater erscheinen. (5 Sgr.) Da es auf manche Punkte in Betreff der Erziehung der Kinder eingeht, welche in der „christlichen Mutter“ nicht, oder nicht so eingehend behandelt sind, so glauben wir es auch den Müttern empfehlen zu dürfen, um so mehr, da seine Anschaffung leicht zugleich für die Väter Anlaß sein würde, es zu benutzen. Muß Eltern nicht Jedes willkom- men sein, was dazu beitragen kann, das, was ihnen das Theuerste ist, das Wohl ihrer Kinder zu fördern?

Münster, am Feste der h. Monika,

4. Mai 1873.

Der Verfasser.
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Der erste Kirchengang.

Die neuere Zeit, welche sich von Gott und Re- ligion, d. i. von der Wahrheit, vielfach losgesagt hat, weiß nicht mehr von der wahren Bestimmung des Menschen und läßt den Wahn herrschen, als ob Alles nur dahin zu zielen habe, daß das ganze Leben hier auf Erden möglichst ausgestattet sei mit Lust und Ehre und daher auch mit irdischen Gütern. Die heil. Kirche dagegen und die ihr von Gott anheim gegebene Wahrheit lehrt, daß das Leben des Menschen und Alles in der Welt nur dahin zu zielen habe, daß der Mensch nach seiner wahren Bestimmung als Kind Gottes Ihm diene und so Ihn verherrliche und selig werde. Auch vom ehe- lichen Verhältnisse gilt das. Die höchste Aufgabe der Eheleute ist, daß sie in ihrem Ehestande und durch ihn Gott dienen und ihr Heil wirken, und insbesondere, daß sie die Kinder, womit der Herr ihre Ehe segnet, vor Allem dazu anleiten, daß auch sie Gott dienen und ihr Heil wirken.

Darum lässet die h. Kirche nach der Anordnung ihres Herrn ihre Kinder in das eheliche Verhältniß nicht so ohne Weiteres eintreten, sondern sie heiligt und weihet zuvor dieses Verhältniß durch das vom Herrn in ihr geordnete Sakrament der Ehe. Durch dasselbe werden nach dem erhabenen Vorbilde der Einigung Christi mit Seiner h. Kirche Mann und Frau geheimnißvoll auf's Engste mit einander ver- 10 knüpft, so daß sie gewissermaßen aufhören, zwei zu sein; „sie werden Zwei in Einem Fleische sein“; und in Kraft desselben h. Sakramentes senket sich sofort und fortan über die also geeinten Eheleute, so viel sie sich empfänglich erweisen, jegliche Gnade des Herrn, welche Noth thut, auf daß das eheliche Verhältniß ein wahrhaft christliches sei, und sie, „zusammenkommen, nicht wie die Heiden, welche Gott nicht kennen, sondern, wie es Kindern der Heiligen zusteht.“

Nun hat das also geweihete und geheiligte ehe- liche Verhältniß den Segen des Herrn empfangen; die Gattin ist Mutter geworden. In Mutter- freuden hält sie das Söhnchen, das Töchterlein in ihren Armen. Das Wort des Herrn ist an ihr wahr geworden: „Ein Weib, so es gebieret, hat Traurigkeit, weil ihre Stunde gekommen ist; hat sie aber das Knäblein geboren, so gedenkt sie nimmer ihrer Nöthen ob der Freude, daß ein Mensch geboren ist.“ Aber ihre Freude soll noch voller werden.

Die Kirche eilt zur Mutter, nimmt das Knäb- lein aus ihren Armen, auf daß es an ihrer Hand im Bade der Wiedergeburt von dem unseligen Erbe der Stammeltern befreiet wiedergeboren werde zum Kinde Gottes. Und so empfängt es dann die be- glückte Mutter von der h. Kirche, und indem sie ihren Glaubensblick auf dem Lieblinge ruhen lässet, schauet sie, wie ihr Kind nun auch ein Kind Gottes ist, angethan mit all' der Herrlichkeit, welche sich ziemet für das Kind eines so großen Vaters, von Ihm, wie von ihr, ja mehr noch geliebt, ausge- 11 stattet mit dem ehren- und gnadenvollen Anrechte, zur Zeit Erbe zu werden all' Seiner himmlischen Herrlichkeit und Freude.

Ist das nicht dazu angethan, das Herz einer Mutter, so es anders vom Glauben erleuchtet ist, zur höchsten Freude zu erheben?

Und welch' ein Beruf, der ihr nun geworden! Das Kostbarste, was es für Gott selbst außer Ihm gibt, Sein Kind, in welchem das Bild Seiner gött- lichen Majestät sich spiegelt, gibt Er (freilich auch dem Vater, aber so fast mehr noch) der Mutter anheim, daß sie fortan Seine Gehülfin sei in dem großen Werke der Heranbildung dieses Seines Kindes zu jener Herrlichkeit und Seligkeit, welche Er ihm für alle Ewigkeit zugedacht hat, und auf daß sie theilhaft werde der Freude, welche da liegt in dem Bewußtsein, einen Menschen also beglückt zu haben ewiglich. Welch' ein Beruf! Und daher welche Würde, die ihr dadurch übertragen worden, die Mutterwürde!

Siehe da die Lage einer christlichen Ehefrau, nachdem sie Mutter geworden! Wird – ja muß ihre Seele nicht voll dankbarer Freude sein? Wird das Bewußtsein ihrer Mutterwürde und der hohen Aufgabe, welche ihr dadurch aufgelegt ist, ihr Herz nicht zugleich heben und zu heiligem Ernste stimmen?

Und wenn nun, nachdem auch die Wehen im Geleite des Neugeborenen glücklich überstanden und die Herstellung erreicht worden, der Gang zum Gotteshause wieder gestattet ist, was liegt näher, als daß dieser erste Kirchengang nicht in der 12 gewöhnlichen Art, sondern in gewisser feierlicher Weise geschehe? Wird nicht, wenn sie das Haus dessen, der sie mit Wohlthaten und Gnaden über- häuft hat, nun wieder betritt, der Dank gegen Ihn mit erneuerter vermehrter Innigkeit in ihrem Herzen sich regen? Wird sie diesen Dank im Hause des Herrn nicht aus der ganzen Innigkeit ihrer Seele aussprechen? Wird nicht das Bewußtsein ihrer Mutterwürde und Mutterpflicht lebendiger sich er- heben und auffordern, hier, an den Stufen des Altares, vor dem Angesichte des Herrn das heilige Gelöbniß niederzulegen, alle Obliegenheiten ihres Mutterberufs fortan gewissenhaft und treu erfüllen zu wollen? Und wie nahe liegt's, daß sie hier an heiliger Stätte mit erneuerter und vermehrter Innigkeit und Zuversicht den Liebling ihres Herzens dem Herrn und Seiner heiligen Mutter empfehle und den Segen der göttlichen Gnade herabflehe über sich und über ihren Mutterberuf und über Alles, was sie fortan im schwierigen Werke der Erziehung zu thun habe.

Lauter Fassungen und Uebungen, welche sich bei einer wahrhaft christlichen Mutter, wenn sie nun ihren ersten Kirchengang macht, so fast ganz von selbst ergeben. Aber unsere h. Kirche, die so gern in allen Angelegenheiten des höhern Lebens ihren Kindern beispringt, um als die erleuchtete und vom Herrn hochbegnadigte Mutter ihre frommen Uebungen zu unterstützen und zu fördern, sie hat auch die christliche Mutter in der gedachten geweiheten Stunde ihres Lebens nicht allein lassen wollen; sie gesellet sich in der Person ihres Dieners 13 ihr zu, damit sie gleichsam an ihrer Hand den ersten Kirchengang machend die heiligen Uebungen desselben desto gottgefälliger und ersprießlicher vollführe.

An der Thüre der Kirche wird die Mutter, die ihren ersten Kirchengang macht, vom Diener der Kirche in Rochet mit Stola empfangen. Die hei- liche Kirche hat bei ihr das Auge so fast nur ge- richtet auf die Würde und Aufgabe, welche sie durch die Geburt des Kindleins als dessen Mutter hat; daher gleich beim ersten Begegnen der Wunsch, daß Gottes Gnade über sie komme, um fortan ihres Berufes würdig zu wandeln. Indem nämlich die Kirche durch den Priester die Mutter mit Weih- wasser besprengt, spricht sie: „Es besprenge dich der Herr mit dem Thaue der himmlischen Gnade. Amen.“ Als wolle sie sagen: Wie die Tropfen des von mir geweihten Wassers, den Thautropfen ähnlich, über dich kommen, so möge auch die gött- liche Gnade wie linder Thau für deinen Mutter- beruf über dich kommen. – Dann wird der Mutter – und auch dabei hat die h. Kirche die Mutter- würde im Auge – ein brennendes Licht in die Hand gegeben, gleichsam als Mahnung: „Lasse fortan das Licht“ des christlichen Glaubens und eines echt christlichen Wandels „leuchten“ vor deinem Kinde, „auf daß es deine guten Werke sehe“ und sie nachahmend „den Vater im Himmel preise“; in die andere Hand wird das Ende der Stola ihr dargereicht, zum Zeichen, daß sie sich fortan in der Erziehung ihres Kindes und auch jetzt auf's innigste der heiligen Kirche anschließen wolle. „Auch jetzt“: Im innigsten Anschlusse an die h. Kirche macht sie 14 ihren ersten Kirchengang und dessen Uebungen. Daher die Worte bei Ueberreichung der Stola: „Trete hinein in den Tempel Gottes, bete“ – dankbar „an den Sohn der seligen Jungfrau Maria, welcher dir die Fruchtbarkeit der Nachkommenschaft verliehen hat.“

Und in den Lesungen und Gebeten, welche die heilige Kirche nunmehr beim Hingange zum Altare durch ihren Priester im Namen der Mutter aus- spricht, kommt verschiedentlich und immer von Neuem das Dreifache zum Ausdruck, was in solchem Falle im Herzen der Mutter mit Recht vorausgesetzt wird: Der Dank für die erfahrene göttliche Huld, der Entschluß, das Kind christlich zu erziehen und das Flehen um den dazu erforderlichen göttlichen Beistand.

Auf dem Wege zum Altare wird der 120. Psalm gesprochen: „Ich habe meine Augen erhoben zu den Höhen“ (des Himmels, zum Herrn), von woher mir Hülfe kommt; meine Hülfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat,“ der also mächtig ist zu jeglicher Hülfe. Diese Worte legt die h. Kirche gewissermaßen der Mutter in den Mund, theils in dankbarer Erinnerung an die nunmehr in ihrem Kinde erfahrene „Hülfe“ des Herrn, theils in der zuversichtlichen Hoffnung, sie fernerhin für sich und für ihr Kind zu erfahren. Dann flehet im folgenden Verse die Kirche selbst für die Mutter: „Nicht wolle der Herr wanken lassen deinen Fuß, nicht möge Er schlummern in deiner Hut! Nein,“ so wendet sie sich dann an die Mutter, „nein, Er schlummert nimmer, Er 15 schläft nicht, der Sein Volk beschützt. Der Herr behütet dich, der Herr ist dein Schirm zu deiner Rechten. Tags wird dir die Sonne nicht lästig fallen, noch zur Nachtzeit der Mond. Vor jeglichem Uebel wird dich der Herr behüten, behüten wird der Herr deine Seele, behüten wird er deinen Eingang und deinen Ausgang von nun an immer- dar. Ehre sei dem Vater...“

Nunmehr findet das Anliegen der Mutter Aus- druck im h. Vater unser, welches ihr die Kirche für ihre Person und in Betreff ihres Kindes in den Mund legt. „Herr, erbarme dich unser, Christe, erbarme dich unser, Herr erbarme dich unser! Vater unser u. s. w.“ Die Mutter betet es in ihrem und des Kindes Namen in Andacht mit! „Vater unser“, mein und meines Kindes Vater; „geheiligt werde dein Name“; sei gepriesen für alle Huld und Gnade, welche du, da du mich hast Mutter werden lassen, mir, – und in der Geburt und Wiedergeburt meinem Kinde erwiesen hast. O möchte doch durch mich und mein Kind fortan allimmerdar dein heiliger Name verherrlicht werden! Verleihe es durch deine Gnade! „Zu- komme dein Reich!“ Verleihe, o Vater, mir und meinem Kinde, daß wir stets vollen Antheil an den Segnungen deiner heiligen Kirche erlangen und so zu immer würdigern Mitgliedern derselben gedeihen; „dein Wille geschehe“ allimmerdar an mir und meinem Kinde und auch von mir und durch mich von meinem Kinde! „Unser tägliches Brod gib uns heut!“ Im Zeitlichen gib und ordne Alles zu meines Kindes und meinem Heile. „Ver- 16 gib....“, was ich bisher verbrochen habe. „Führe uns“ – mich und mein Kind – „nicht in Ver- suchung, sondern erlöse uns vom Uebel. Amen.“

An das h. Vater unser schließen sich folgende Wechselgebete, wodurch die h. Kirche die Gnaden- hülfe und den Schutz des Herrn auf die Mutter für ihren Mutterberuf herabfleht:

P. „Mache selig deine Dienerin,

D. Die auf dich, o Gott, hoffet!

P. Sende ihr Hülfe von deinem Heiligthume,

D. Und von Sion aus beschütze sie.

P. „Nichts vermöge der“ (böse) „Feind wi- der sie,

D. Und der Sohn der Bosheit“ (der Teufel) „lege es nicht darauf an, ihr zu schaden.“

P. Herr, erhöre mein Gebet,

D. Und mein Rufen komme zu dir!

P. Der Herr sei mit euch!

D. Und mit deinem Geiste!“

Lasset uns beten!

„Allmächtiger ewiger Gott, der du durch die Geburt der seligsten Jungfrau Maria die Schmer- zen der Gebärenden, welche gläubig sind, in Freude verwandelt hast, siehe gnädig herab auf diese deine Dienerin, welche, um dir Dank zu bringen, freudig zu deinem Tempel, eilt und verleihe, daß sie durch die Fürbitte der h. Jungfrau Maria nach diesem Leben mit ihrem Kinde eben so“ (freudig, wie jetzt zum Tempel) „zu den Freuden der ewigen Selig- keit gelangen möge. Durch Christum unsern Herrn. Amen.“

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Welch' ein treffliches Gebet! „Durch die Geburt“ Jesu sind „die Schmerzen der Gebärenden, welche glauben, in Freude verwandelt“: denn die gebo- ren werden, die werden nun auch wiederge- boren zu Kindern Gottes und zur reichsten Erb- schaft des göttlichen Vaters. Ohne diese Wieder- geburt wäre eines Kindes Geburt nur Grund zu Leid und Trauer. – „Die, um dir Dank zu bringen, froh zum Tempel eilt“: „Froh“; wir vernahmen die vielfachen Ursachen ihrer Freude; „Dank zu bringen“ dafür, ist auch Zweck ihres heutigen Ganges. „Verleihe, daß sie ebenso mit ihrem Kinde zu den Freuden der ewigen Se- ligkeit gelange“, d. h. verleihe, daß sie ihre Mutter- pflichten treu erfülle und ihr Kind also in christ- licher Gottesfurcht und Frömmigkeit erziehe, daß sie zur Zeit sammt ihrem Kinde in den Tempel deiner himmlischen Herrlichkeit eingehen möge, „ebenso“ wie heut, voll Freude, daß, wie sie, auch ihr Kind, und zwar auch durch ihre Vermittlung ewig also glücklich sein soll.

Die Verlesung des Anfanges des Evangeliums vom h. Johannes: „Im Anfange war das Wort ...“ bildet den Schluß der Einführung, zur Mah- nung für die Mutter, daß die durch das Evange- lium mitgetheilten Lehren des menschgewordenen Sohnes Gottes fortan Grundlage und Regel bilden sollen, gleichwie für den eigenen Wandel, so auch für das große Werk der Erziehung des Kindes. Und zum Zeichen ihrer Bereitwilligkeit dazu und ihrer Verehrung gegen die Lehre des Herrn küsset die Mutter das vom Priester ihr dargereichte Buch 18 bei den Anfangsworten des Evangeliums und em- pfängt darauf den Segen der h. Kirche: „Der Segen Gottes des Vaters, des Sohnes und des h. Geistes komme über dich herab und bleibe immer- dar! Amen!“

Ein ernstwichtiger Segen! Durch ihn erflehet und spendet die h. Kirche der Mutter die Gnaden- hülfe des Herrn für ihren Mutterberuf, auf daß sie denselben in Kraft der himmlischen Hülfe nach Gottes h. Willen, zur Ehre des Herrn und zum Heil ihres Kindes vollführen möge.

Und so entlässet nun die h. Kirche die Mutter, gleichsam eingeweihet, gesegnet und begnadigt für ihre hohe Aufgabe, die sie an ihrem Kinde zu voll- ziehen hat. In der That, so stellt sich dieser ganze Akt der kirchlichen Einführung beim „ersten Kirchen- gange“ dar als eine feierliche, von der Kirche voll- zogene Einführung der Mutter in ihren mütter- lichen Beruf. Freilich wird diese Gelegenheit auch benutzt, um Gott, wie wir hörten, in feierlicher Art den gebührenden Dank zu bringen. Als vor- herrschend ist doch der Zweck gerichtet auf den mütterlichen Beruf; die Mutter soll – so will es die Kirche – bei dieser Gelegenheit sich ihrer hoch- wichtigen Aufgabe als Mutter bewußt werden; sie soll sich und ihr Kind und Alles, was sie an ihm thun wird, dem Herrn empfehlen; sie soll in das wichtige Wert von der h. Kirche eingeführt und eingesegnet werden; sie soll es fortan an der Hand der Kirche vollführen.

Wie sehr steht es also zu bedauern, wenn dieser schöne Akt von christlichen Müttern versäumt wird! 19 Heißt das nicht, sich und dem Kinde die Segnungen der h. Kirche vorenthalten, und sich des heilsamen Einflusses dieser erbaulichen Handlung berauben? Möchte daher der schöne Brauch wieder recht all- gemein werden! Mögen alle Mütter, welche ihn ausführen, es mit solchen Gesinnungen und in solcher Weise thun, wie wir es angedeutet haben. Gewiß es wird ein Segen sein für Mütter und Kinder.

Beruf und Heranbildung der Mutter.

Ernst fasset unsere h. Kirche – wir vernahmen es – den Beruf der christlichen Mutter auf; da- her führet sie unter Gebet und Segnungen bei ihrem ersten Kirchengange dieselbe feierlich in den- selben ein. Sie soll fortan zunächst den jungen Menschen, ihr Söhnchen oder Töchterlein in das von Christo dem Herrn bereitete Heil, und daher in den Geist wahrer Gottesfurcht und Frömmig- keit einführen an ihrer (der Kirche) Statt und in ihrem Namem. Was die Diener der h. Kirche bei den Erwachsenen, das soll in gewissem Be- trachte die Mutter in den ersten jugendlichen Jahren an dem Kinde thun und also recht eigentlich eine Dienerin der h. Kirche sein. Erhabener Beruf! Fassen wir ihn ein wenig näher in's Auge.

Dem leiblichen Leben nach ist das Kind in seinen ersten Jahren fast ausschließlich auf die Mutter angewiesen. Seine körperlichen Organe sind noch zu zart, als daß es seine leibliche Nahrung, wie 20 die Erwachsenen, unmittelbar aus der Hand der Natur empfangen könnte. Die Mutter em- pfängt zuvor von der Natur die Nahrung für ihr Kindlein und vermöge der weisen Einrichtung des Schöpfers wird die also genommene Nahrung zum Theil durch die besondern Organe ihres Körpers zu einer für das zarte Kind geeigneten Nahrung zugerichtet und dann dem Kindlein gespendet; es ist die Muttermilch. Das Kind liegt an der Mutterbrust und saugt begierig die Spende der- selben, seine Nahrung, in sich auf. Und so ge- deihet es seinem leiblichen Leben nach und wächset heran gewissermaßen in den Armen seiner Mutter, an der Mutterbrust.

Aber das Kindlein hat ein anderes Leben em- pfangen – in der h. Taufe; es ist das übernatür- liche Leben der heiligmachenden Gnade, wodurch es ein Kind Gottes ist. Wie nun der Herr die Nahrung für das natürliche (leibliche) Leben in der äußern Natur niedergelegt hat, so hat er die Nah- rung für das übernatürliche Leben hauptsächlich der Kirche anheimgegeben. Sie nährt und fördert dasselbe durch ihre Lehre, durch ihre Gnadenmittel, durch ihre Leitung. Aber sie thut es, so lange dieses höhere Leben im Kinde noch zart und un- entwickelt ist, nicht unmittelbar, sondern vorwiegend durch die Mutter. Auch hier ist das Kind nicht fähig, das was zum Gedeihen und Wachsthum seines übernatürlichen Lebens, oder was dasselbe sagt, was für seine Heranbildung zu Gottesfurcht und Frömmigkeit der h. Kirche anheimgegeben ist, unmittelbar zu empfangen; es muß ihm von der 21 Mutter so zubereitet, wie es für sein zartes Alter passet, geboten werden; die Mutter muß die hei- ligen Lehren und Weisen und Tugenden des christ- lichen Lebens in kindlich-herablassender Weise, ge- wissermaßen als nährende Milch dem Kinde bie- ten, auch in diesem Sinne soll das Kind in seinen jugendlichen Jahren gewissermaßen an der geistigen Mutterbrust ruhen, und es soll seinem übernatürlichen Leben nach gedeihen und heran- wachsen in den Armen seiner Mutter – an der Mutterbrust.

In der That, die Mutter vertritt an ihrem Kinde in den ersten Jahren recht eigentlich die Stelle der h. Kirche. Die Aufgabe, welche die Kirche vom Herrn empfangen hat, den Menschen das christliche Heil zu vermitteln und sie daher zur christlichen Gottesfurcht und Frömmigkeit an- zuleiten, soll in den ersten, zartesten Jahren des Menschen insbesondere, ja fast ausschließlich durch die christliche Mutter gehandhabt werden. Die christ- liche Mutter ist die Dienerin der Kirche an ihrem Kinde. Wehe, wenn sie ihre Aufgabe nicht erkennt und erfüllt!

Kaum darf man hoffen, daß ein Mensch, welcher nicht früh durch seine Mutter zu echt christlichem Geiste herangebildet wurde, je ein wahrhaft guter Christ werden möge. Wie der Mensch überhaupt das von Christo bereitete Heil nicht erlangt, wenn es ihm nicht von der Kirche gespendet wird, so bleibt er fast immer mehr oder weniger dessen be- raubt, wenn die Mutter es versäumt, ihn schon als Kind in dasselbe einzuführen.

Aber wohl dem Kinde, welches eine wahrhaft 22 christlich-fromme Mutter hat, die es versteht und sich angelegen sein lässet, ihm von zartester Kind- heit an den christlichen Geist einzuhauchen und zur Uebung aller christlichen Tugenden es anzuleiten. Fast mit Sicherheit läßt sich voraussehen, daß auf diesem von einer solchen Mutter gelegten Funda- mente sich später das Gebäude der christlichen Fröm- migkeit hoch ausbauen, daß das Kind ein wahrhaft guter Christ sein und zum ewigen Heile gelangen werde. Wie groß ist die Zahl der Heiligen, welche ihre wunderbare Heiligkeit und die hohe Stufe ihrer himmlischen Herrlichkeit nächst Gott eben dem heilsamen Einflusse zu verdanken haben, den eine fromme Mutter in ihrer zarten Jugend auf sie geübt hat. Ja wie viele unter den Heiligen hatten eben Heilige zu Müttern, – der Hauptgrund ihrer eigenen Heiligkeit. – Welch ein Segen daher für das Kind, eine echt christliche, wahrhaft fromme Mutter zu haben!

Die christliche Mutter ist die Dienerin der Kirche; waltet sie ihres Amtes würdig, so geht Segen von ihr aus auf das Kind und auf die menschliche Gesellschaft. Darum läßt die h. Kirche es sich auch in jeder Art angelegen sein, daß, so viel an ihr, wahrhaft christliche Mütter herange- bildet werden, welche würdig ihre Stelle an den Kindern vertreten möchten. Ja Gott selbst wollte, da Er der Mutter einen so hohen und wichtigen Beruf an ihren Kindern gegeben hat, sie auch, so viel an Ihm, dafür tauglich machen. Wer kann es verkennen, daß die Personen des weiblichen Ge- schlechtes eine gewisse natürliche Anlage zur Gottes- 23 furcht und Frömmigkeit und insbesondere zu den- jenigen Tugenden, welche für die rechte Behandlung und Erziehung zarter Kinder von Bedeutung sind, im Allgemeinen in viel reicherem Maaße, als männliche Personen, vom Herrn empfangen haben, so daß es ihnen in mancher Hinsicht leichter wird, die christliche Frömmigkeit und jene Tugenden zu üben, und darin Fortschritte zu machen. Ohne Zweifel hat der Schöpfer der weiblichen Natur diese Einrichtung gegeben ganz insbesondere mit Rücksicht auf den mütterlichen Beruf. Da der jugendliche Mensch in den ersten Jahren seines Lebens, in den Jahren, wo sein Herz für den Ein- fluß der Erwachsenen am empfänglichsten sich er- weiset, ganz vorzüglich, ja fast ausschließlich auf die Mutter angewiesen ist, welche, während der Vater seinen Geschäften nachzugehen hat, so fast den ganzen Tag das Kind um sich hat; da eben deßhalb so viel daran liegt, daß der Einfluß der Mutter ein guter und sie daher vom Geiste echter Gottesfurcht und Frömmigkeit beseelt sei, so hat der Herr auch selbst durch die natürliche Ein- richtung des weiblichen Wesens der Mutter die Uebung der Frömmigkeit und der für eine Mutter nöthigen Tugenden desto leichter machen, desto näher legen wollen. Um so mehr wehe der Mutter, wenn es ihr daran fehlt!

Aber auch die h. Kirche läßt es sich, wie schon angedeutet, auf's Angelegentlichste am Herzen liegen, wahrhaft christlich-fromme Mütter heranzubilden. Wer kennte nicht die mannichfaltigen Bestrebungen, Einrichtungen, Vereine und Genossenschaften in 24 unserer h. Kirche zum Besten der Jugend, um sie überhaupt in echt christlicher Gesinnung und be- sonders in unverletzter Unschuld zu erhalten? So fern sich diese auf christliche Jungfrauen beziehen, hat die Kirche dabei ganz insbesondere die Heran- bildung derselben für jenen Beruf im Auge, wel- cher der großen Mehrzahl der Jungfrauen zur Zeit zufallen wird, den mütterlichen Beruf. Sie möchte echt christliche Mütter heranbilden.

Daher insbesondere ihre Wachsamkeit und Sorge, wenn nun der erste Schritt zu dem ernstwichtigen Berufe geschehen, wenn die Jungfrau Braut ge- worden ist. Ach vielleicht ist die Gefahr, nunmehr an dem kostbarsten Gute und Schmucke ihrer Seele, an der Unschuld Schaden zu nehmen, desto größer geworden. Die Kirche erkennt in der ganzen Größe das Unglück, welches darin liegt, wenn eine Jungfrau ihren Brautstand mißbraucht zu Leicht- sinn und Ausschweifung und an ihrer Unschuld schiffbrüchig wird. Wie könnte sie in einer solchen Unglücklichen, bei welcher mit der Lauterkeit des Herzens und Lebens nur zu bald die gesammte christliche Tugendhaftigkeit wankend und zu Schan- den wird, noch eine wahrhaft gute Mutter erhoffen? Daher der hohe Ernst ihrer Mahnungen, ihrer Warnungen, ihrer Rügen auf der Kanzel, im Beichtstuhle und wo immer sich Gelegenheit bietet; daher der Aufwand aller möglichen Mittel, um es zu erwirken, daß ihre Bräute in unverletzter Un- schuld und mit reinem Herzen am Traualtare er- scheinen. Ist das der Fall, so werden sie – die Kirche hofft es zuversichtlich und freudig – zur 25 Zeit gute Mütter sein. Haben wir nicht eben in dem Leichtsinn des verlobten Standes die Ursache zu beklagen, warum zuweilen die Ehen so unglück- lich, so gottentfremdet sind und daß darin die Elternpflichten so arg vernachlässigt werden?

Der ernste Zeitpunkt, wo die Jungfrau Ehe- gattin werden soll, rückt heran. Mit mütterlicher Angelegentlichkeit tritt daher die Kirche an sie heran, Alles aufbietend, daß der ernste Schritt nicht ohne die gewissenhafteste Vorbereitung geschehe. Sie hat es ihren Dienern zur Pflicht gemacht, die christ- lichen Bräute vor dem Antritte des ehelichen Standes zu sich zu bescheiden, um sie zu solcher Vorberei- tung anzuregen und ihnen zugleich eine eingehende Unterweisung über die Pflichten und Obliegenheiten des ehelichen Standes zu geben. Und da sind es ganz insbesondere die Elternpflichten, welche der Pfarrer ihnen darlegt, und deren treue Erfüllung er mit allem Nachdruck ihnen einschärft.

Nun ist der Augenblick da: Die Braut soll an den Traualtar hintreten, um zu ewigem Bunde dem Bräutigam die Hand zu reichen. Aber nicht so ohne Weiteres lässet die h. Kirche dieselbe zur h. Stätte hintreten. Hat sie schon im Braut- examen zu gewissenhafter Vorbereitung auf die ernste Handlung und daher zu frommen Uebungen angeregt, so soll nun am Vorabende des Ver- mählungstages, am Morgen desselben die Braut mit ihrem Bräutigam zum Richterstuhle der Buße und demnächst zur h. Communion gehen, um dann rein von jeglicher Sünde und in Vereinigung mit dem göttlichen Erlöser am Traualtare zu erscheinen.

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Und während sie den ernsten Schritt thut, steht die h. Kirche ihr zur Seite. In ihrer Gegenwart soll das h. Bündniß geschlossen werden, auf daß es zu einem h. Sakramente werde und ihren Segen empfange. Also durch ein h. Sakrament lässet die h. Kirche im Auftrage des Herrn die Braut in den Ehestand treten, auf daß durch die geheimnißvolle Wirkung desselben die Ehe geheiligt und gleichsam der geheiligte Boden sei, aus dem die Kinder in heiliger Weise entsprießen möchten; und daß durch die gnadenvollen Wirkungen dieses h. Sakramentes die Eltern und vorab die Mütter in den Stand gesetzt würden, die von Gott ge- schenkten Kinder in wahrhaft christlicher Weise zu erziehen.

So hält es die h. Kirche mit dem ehelichen Stande, und mit dem darin begriffenen mütter- lichen Berufe. Er ist ihr heilig. Daher ihre Sorge und ihr Bestreben, dahin zu wirken, daß er von den Eheleuten, insbesondere von der Ehefrau heilig gehalten, heilig angetreten und heilig geführt werde.

Wohl der Jungfrau und der Gattin, welche diese Vorbereitung an der Hand der Kirche treu und nach ihrem Willen vollführt! Kommt die Zeit, wo die h. Pflichten des Mutterberufs zu er- füllen sind, so wird sie als eine wahrhaft christ- liche Mutter sich erweisen, und groß wird der Segen sein, der von ihr ausgeht. Das war die Schule, in welcher jene Mütter herangebildet sind, welche unsere h. Kirche als Heilige verehrt, eine 27 h. Elisabeth, eine h. Hedwig, eine h. Monika, eine h. Paula und so viele Andere.

Aber wird es nicht – besonders in unsern Ta- gen, von Vielen verschmähet, also in der Schule der h. Kirche und an ihrer Hand zu einem so wichtigen und folgenschweren Stande und Berufe sich vorzubereiten? Wo ist der Geist der Gottes- furcht und Frömmigkeit bei so manchen Jung- frauen? Ach all ihr Sinnen und Trachten ist in Putzsucht, eiteln Tand und Vergnügen aufgegangen. Kein Eifer im Gebet, im Besuch der Kirche, im Empfange der hh. Sakramente; Verletzung der heiligsten Pflichten gegen die Eltern; eitele, nichtige Vergeudung der Zeit. Und wie steht's um die Unschuld des Herzens? Ach, an ihr hat man längst Schiffbruch gelitten.

Und dann die Zeit des verlobten Standes: Wird sie nicht mißbraucht zu den abscheulichsten Sünden?! Während man Alles aufbieten sollte, um durch desto größern Eifer in allem Guten sich zu einem so wichtigen Stande vorzubereiten, häuft man Sünde auf Sünde.

Und wie erscheint man dann endlich am Trau- altare? Ach, der Leichtsinn des Brautstandes reicht auch in den Vermählungstag hinein; keine Spur von jenem h. Ernste, der hier ziemte. Ja em- pfängt man nicht gar in Folge der vorangegangenen ungültigen Beicht und unwürdigen Communion das h. Sakrament der Ehe unwürdig? Entsetzlich! Mit einem dreifachen Gottesraube, mit dreifacher Tod- sünde in den Ehestand treten!

Wie kann da Gottes Segen im Ehestande wal- 28 ten?! Wie soll man da insbesondere erwarten, daß eine solche Person eine gute Mutter sein werde? Ach, die Erfahrung bestätigt es, nach solchen Vor- gängen haben die unglücklichen Kinder einer solchen Ehe Mütter, welche, anstatt ihnen den Geist der Gottesfurcht und Frömmigkeit einzuflößen, vielmehr durch Wort und Beispiel Schuld werden an ihrem Verderben.

Nothwendige Vorbedingungen.

Die christliche Mutter ist an ihren kleinen Kin- dern die Dienerin der Kirche. Wie diese die Auf- gabe hat, ihre Genossen ihrer von Gott ihnen gege- benen Bestimmung entgegenzuführen, so die Mut- ter in Betreff ihrer Kinder: Sie soll (mit dem Va- ter) also auf dieselben einzuwirken suchen, daß sie, so viel an ihr ist, ihre Bestimmung erreichen. Der Mensch hat – wenn wir wollen, – eine doppelte Bestimmung, eine Bestimmung für dies irdische Leben und eine Bestimmung für die Ewigkeit, eine irdische und eine überirdische, höhere. Im Grunde gibt es freilich nur eine Bestimmung, die über- irdische; sie zu erreichen, dazu soll auch die irdische dienen. Die Aufgabe der Eltern, und zunächst der Mutter ist es demnach, das Kind von früh an für diese doppelte Bestimmung heranzubilden. Gewiß soll sie daher dem Kinde von früh an, so viel an ihr ist, die entsprechende Anleitung geben in Allem, was für seine irdische Bestimmung, für sein zeit- liches Fortkommen und für seine Zukunft in der menschlichen Gesellschaft nothwendig oder nützlich 29 ist. Aber noch viel mehr soll sie ihr Kind dazu anleiten, daß es seine ewige Bestimmung erreiche, daß es also zu einem würdigen Mitgliede der h. Kirche heranwachse und so einst würdig er- scheine, ein Mitglied des Reiches Gottes im Him- mel zu sein.

Das ist also recht eigentlich die Aufgabe, die höchste Aufgabe der Mutter, daß sie (freilich im Verein mit dem Vater) ihre Kinder zu wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit führe. Alles, was sonst noch einer guten Mutter für ihre Kinder am Herzen liegen kann und soll, ist im Vergleich hierzu nur höchst untergeordneter Art; so viel das Leben in der Ewigkeit länger und daher wichtiger ist, als das kurze Leben hier auf Erden, so viel steht die Heranbildung ihrer Kinder für die Ewig- keit, also zur Gottesfurcht und Frömmigkeit, höher, als ihre Heranbildung für die Zwecke dieses Lebens.

Also, ihre Kinder von frühester Jugend an zu einer wahren Gottesfurcht und Frömmigkeit anzu- leiten und zu erziehen, das ist in der That die höchste Aufgabe, der eigentliche Beruf einer christ- lichen Mutter, der wichtigste Punkt in der christ- lichen Erziehung. Hat eine Mutter sich auch alle erdenkliche Mühe gegeben und es verstanden, ihre Kinder für das Leben in der Welt auf's Beste zu erziehen, hat sie ihnen alle möglichen Kenntnisse und Fertigkeiten und Geschicklichkeiten vermittelt, so daß sie in der Welt wohl aufzutreten wissen, daß sie das, was dem Stande und den Verhältnissen derselben entspricht, auf's Beste verstehen; hat sie 30 es aber versäumt oder es nicht verstanden, dem Herzen ihrer Kinder zugleich den Geist echter Gottesfurcht und Frömmigkeit einzupflanzen, so müssen wir sagen, sie hat ihre Aufgabe nicht ge- löset, sie hat ihrem Berufe nicht entsprochen, sie ist keine gute Mutter an ihren Kindern gewesen; wie schwer wird ihre Verantwortung vor dem Richter sein! Und ihre Kinder, mögen sie auch für die Welt noch so geschickt und tüchtig sein, und in der Welt noch so hoch gehalten werden, sind dennoch unaussprechlich zu bedauern; was sie auch durch ihre Mutter erlangt haben, das Beste, das We- sentlichste, das Rechte ist ihnen vorenthalten worden.

Gottesfurcht und Frömmigkeit, das ist das Erste und Höchste, was die Mutter ihren Kindern von frühester Jugend an vermitteln soll; Gottesfurcht und Frömmigkeit, das soll die kostbare Mitgift der christlichen Mutter für ihre Kinder sein. Darin liegt das Höchste, das Wesentlichste der Berufs- aufgabe der Mutter ausgesprochen. Soll sie die- selbe aber in erwünschter Weise lösen, so thuen vor Allem zwei Stücke Noth, die wir daher zunächst in's Auge fassen müssen. Das erste ist, daß die Mutter vom Geiste wahrer Gottesfurcht und Fröm- migkeit beseelt sei; und das zweite, daß sie eine wahre Liebe zu ihren Kindern trage. Also zu- nächst:

Die Gottesfurcht und Frömmigkeit

der Mutter. – Die Mutter muß, um ihre Kinder recht und gut erziehen zu können, selbst wahrhaft gottesfürchtig und fromm sein.

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Kann ich denn einem Andern geben, was ich selbst nicht habe? Wie soll denn eine Mutter ihren Kindern den Geist der christlichen Frömmigkeit ein- hauchen, wenn sie ihn selbst nicht hat? Oder, wer kann einem Andern Anweisung oder Anleitung ge- ben in einer Sache, welche er selbst nicht versteht? Nehmen wir die geringfügigsten Dinge, oder ein Handwerk, ein Kunst, eine Wissenschaft, – um Andere darin anzuleiten, muß man – Jeder weiß es – sie erst selbst gelernt haben. Sollte es mit der Gottesfurcht und Frömmigkeit anders sein? O nein, da ist es nur noch viel mehr der Fall, wie in allen übrigen Dingen: Man muß sie, um Andere zu ihr anzuleiten, zuvor selbst sich angeeignet haben. Doch die Sache ist so wichtig, wir müssen nothwendig ein wenig näher in sie ein- gehen.

Zuvor wird es wohl einer Mutter, welcher der Geist christlicher Frömmigkeit abgeht, überhaupt am Herzen liegen, ihre Kinder dazu anzuleiten? Nie- mand thut etwas Rechtes für eine Sache, welche ihm gleichgültig ist. Siehe da den Grund, warum manche Eltern, oder bleiben wir bei den Müttern, warum manche Mutter sich so wenig oder gar nicht darum kümmern, daß ihre Kinder gottes- fürchtig und fromm werden. Alles lernen in man- chem Hause die Kinder von der Mutter, häusliche Beschäftigungen, Geschicklichkeiten, Artigkeiten; nur, was zu einem echt christlichen, gottgefälligen Leben gehört, Religion und christliche Tugend, Eifer zum Gebete am Morgen, am Abende, bei Tische; Liebe und Eifer für Kirche und Gottesdienst, die Uebungen 32 des katholischen Lebens – das lernen sie nicht, davon hören oder sehen sie zu Hause von der Mutter wenig oder gar nichts. Warum? Es liegt der Mutter selbst nichts daran. *)Vor nicht langer Zeit traf ich auf einem Spazier- gange mit einem wackern Knaben zusammen; ich ließ mich mit ihm in ein Gespräch ein und vernahm, daß er schon 6 Jahre alt sei, ich fragte ihn, ob ihm die Mutter schon vom lieben Gott und dem Himmel, vom göttlichen Heilande erzählt habe? Der Knabe wußte davon noch nichts. „Ob er das Vater unser, Ave Maria schon beten könne?“ – Nein! – „Ob er sich segnen (das Kreuzzeichen machen) könne?“ - Nein. „Armer Knabe“, dachte ich, „schon 6 Jahre alt, und verstehst von all diesem noch nichts. Was für Eltern müssen das sein! Was für eine Mutter!“ – Ich schärfte dem Knaben ein, er möge seiner Mutter sagen, ein Geistlicher habe ihm gesagt, er solle sie bitten, daß sie ihm das Kreuzzeichen, das h. Vater unser und Ave lehre. Später hab' ich, da ich mir den Namen hatte sagen lassen, den betreffenden Pfarr- geistlichen aufmerksam gemacht.

Also, soll man von der Mutter erwarten, daß sie ihren Kindern eine religiöse Anleitung gebe, so muß sie selbst von lebendiger Gottesfurcht beseelt sein. Nur dann wird sie sich fernerhin dazu ver- stehen, die Mühe und Anstrengung, welche damit verbunden ist, zu übernehmen. Immer nämlich ist, besonders auf die Dauer, die gute Erziehung der Kinder mit manchen Beschwerden und Opfern verbunden; es kostet leicht von Tag zu Tag viel- fache Selbstverläugnung, wenn eine Mutter es sich nach Gebühr will angelegen sein lassen, ihre Kin- der in der rechten Weise zu entsprechender Be- 33 schäftigung, zum Besuche der Schule und der Kirche zum Gebete anzuleiten, oder über ihr Thun und Lassen gebührend zu wachen, in Betreff ihres Um- ganges ein wachsames Auge zu haben, sie in der rechten Weise zu belehren, zu ermahnen, zu rügen, zu bestrafen. Und doch ist das alles und so man- ches Andere erforderlich, wenn das Kind gut wer- den soll. Dazu versteht sich aber auf die Dauer nur eine echt christliche Mutter. Der Mutter, welche nicht in wahrer Frömmigkeit befestigt ist, wird leicht Alles zu viel; sie liebt das bequeme, behagliche, angenehme Leben; das will sie sich auch durch ihre Kinder nicht stören lassen; daher kümmert sie sich um dieselbe nicht mehr, als Noth thut.

Kann man aber nur von einer wahrhaft christ- lich-frommen Mutter erwarten, daß sie sich mit der religiösen Heranbildung ihrer Kinder befasse, so kann auch nur ihre Wirksamkeit Erfolg haben. Nur eine wahrhaft und herzlich fromme Mutter vermag es, eine Sprache zu reden, welche das kindliche Herz versteht und welche in dasselbe ein- dringt. Je mehr ihr Herz von Liebe zu Gott be- seelt ist und von dem Wunsche, daß auch ihr theures Kind den Herrn lieben und Ihm dienen möge, desto leichter lasset sie sich zu ihrem Kinde herab, desto mehr findet sie Ausdruck und Weise, um in kindlichem Tone verständlich zum Kinde zu sprechen, und desto mehr dringt ihr Wort in das Herz des Kindes ein. Was zu Herzen gehen soll, das muß vom Herzen kommen. Wie tief senken sich daher die Belehrungen und Ermahnungen einer wahr- haft frommen Mutter in das zarte Kinderherz, 34 um für das ganze Leben als ein Segen vorzu- halten!

Aber ach, wie kalt und eindruckslos sind die Worte einer Mutter, deren Herz Gott entfremdet ist, wenn sie anders noch über Gott und Religion zum Kinde spricht! Und sie lassen das Herz des Kindes kalt.

Ferner ist die rechte und gute Erziehung eine schwere Aufgabe. Wie soll man erwarten, daß alle Eltern, hier, daß alle Mütter die Regeln und Grundsätze der richtigen Erziehung kennen und ver- stehen? Aber ist die Mutter vom Geiste echter Gottesfurcht beseelt, so wird das vom Glauben und durch die Gnade erleuchtete Herz ihr durchweg für die Erziehung den rechten Weg zeigen, und ihr frommes Leben wird für das Kind eine Schule sein, in welcher es am Ende richtiger, als durch alle Regeln und Grundsätze angeleitet wird. Daher dann auch die Erfahrung, daß ein Kind, welches wahrhaft fromme Eltern hat, auf die Dauer nicht so leicht entartet; während nicht selten andere Kin- der, die vielleicht ganz nach der Regel erzogen werden, aber das gute Beispiel entbehren, in hohem Grade mißrathen. Dazu kommt, daß das Kind, namentlich in den früheren, zarteren Jahren, viel weniger, am Ende noch gar nicht empfänglich ist für religiöse Belehrung und Ermahnung in Wor- ten; aber desto besser versteht es die Sprache des Beispiels der Mutter. Und es macht leicht und so gern Alles nach, was es an und von der Mut- ter sieht. Gott selbst hat diesen Nachahmungstrieb und zwar in so hohem Grade im Kindesherzen 35 hergestellt, damit das Kind desto mehr von der Mutter lerne, was es lernen und verstehen muß, indem Er voraussetzte, daß die Mutter nur Gutes vor ihren Kindern zu Tage legen würde. So wird denn, wenn die Mutter in wahrer Frömmig- keit besteht, ihr tägliches gottgeweihtes Walten und Thun für das zarte Kind eine Schule sein, worin es die Weisen und Uebungen des christlichen Lebens gewissermaßen schon eher lernt, als es sie verstehen kann, um dann, wenn es sie versteht, desto sicherer sie zu vollführen, und dem heilsamen Beispiele der Mutter zu folgen.

So lernt das Kind von zartester Jugend an von der Mutter und an ihrem frommen Beispiele Gott und den Heiland lieben, es lernt voll Ehr- furcht und Vertrauen zum Herrn seine Hände fal- ten, es lernt Kirche und Gottesdienst schätzen und gern besuchen; es lernt Barmherzigkeit gegen die Armen; es lernt Arbeitsamkeit, Ordnung, Rein- lichkeit, diese kräftigen Stützen christlicher Gottes- furcht; es lernt Milde, Sanftmuth, Freundlichkeit; es lernt Wahrhaftigkeit im Reden und welche Tu- genden immer sonst noch im Leben der Mutter hervortreten.

Glückliches Kind daher, welches eine wahrhaft fromme Mutter hat! Ihr Leben und ihr Bei- spiel ist seine Schule, worin es so fast, ohne es zu wissen und ohne Mühe in alle Weisen des christlichen Lebens eingeweihet und eingeführt wird. Und was in dieser Schule des Beispiels gelernt wird, wie senkt sich das so tief in das ganze Men- schenwesen, um zu einem unverwüstlichen Funda- 36 mente zu werden, auf dem christlicher Geist und christliches Leben sich sicher und hoch aufbauet.

Schwerlich wird dagegen ein Kind wohl gedeihen, welches in seiner zarten Jugend den Einfluß einer guten Mutter und den Segen ihres gottgefälligen Lebens nicht erfahren hat. Vielmehr wird sich, wenn die Mutter gegen Gott und Tugend gleich- gültig ist und ein kaltes Herz hat, diese Kälte und Gleichgültigkeit auch dem Kinde mittheilen, und was wird vermögend sein, die Eisrinde, welche sich um sein zartes Herz bildet, wieder aufzulösen? Wie wird es zur Zeit gelingen, dem Kinde ein Interesse zu vermitteln für Gott und Religion und Tugend, für etwas, wovon es zu Hause wenig oder nichts gehört und gesehen hat, was ihm in den Jahren, wo das Herz seine Färbung er hält und der Wille Richtung nimmt, fremd ge- blieben ist? Namenloses Unglück für ein Kind, eine Mutter zu haben, welche sich aus Gott und Religion und aus einem christlichen Leben nichts macht!

O, wenn alle christlichen Mütter das begriffen, wie unendlich viel daran liegt, daß sie aufrichtig gottesfürchtig und wahrhaft fromm sind, welch ein Antrieb müßte es für sie sein, aus allen Kräften dahin zu streben! So viele Kinder der Herr ihnen gegeben hat, so vielfach dringt der Aufruf dazu an ihr Herz. Denn alle diese Kinder werden nur dann wahrhaft gut, wenn die Mutter es ist; sie werden nur insofern gut, als die Mutter es ist. Je mehr die Mutter in echter, gediegener Frömmigkeit fort- geschritten ist, desto mehr ist sie befähigt, ihre Kin- der gut zu erziehen, zu desto höheren Stufen kann 37 sie dieselben heranführen. Sind nicht so manche Heilige, wovon wir schon Erwähnung thaten, Be- leg dafür? Sie hatten heilige Mütter; und diesen hatten sie es nächst Gott zu danken, daß sie Heilige wurden.

Auf denn, christliche Mütter, werdet euch bewußt der Erhabenheit eures mütterlichen Berufes, der nichts Geringeres zur Aufgabe hat, als die von Gott anvertrauten Kinder zu Gott zu führen; und eingedenk, daß es unmöglich ist, diese Aufgabe zu erfüllen, ohne daß ihr selbst Gott euerm Herrn von ganzem Herzen anhanget und dienet, bietet Alles auf, um immer mehr fortzuschreiten in der wahren Liebe zu Gott, in der treuen Erfüllung Seines h. Willens, in allen christlichen Tugenden. Das sei der Gegenstand euerer eifrigsten Gebete, daß der Herr euch mehr und mehr Gnade dazu gebe.

Die Liebe.

Aber wozu denn hierüber viele Worte? Wo wäre denn eine Mutter, die ihre Kinder nicht liebte? Liebe, – die innigste, zärtlichste Liebe der Mutter zum Kinde ist ja die natürliche Mit- gift ihrer Mutterschaft. Nur bei der äußersten Entartung eines Mutterherzens würden wir sie vermissen; es wäre geradezu Unnatur. Von dieser – natürlichen – Mutterliebe ist hier nicht die Rede. Wir sprechen von der Liebe der christlichen Mutter zu ihrem Kinde, in sofern sie eine Vorbedingung ist für die Erfüllung ihres Mutterberufes an ihren Kindern. Dazu reicht 38 diese blos natürliche Liebe nicht aus; dazu bedarfs einer höhern, der christlichen, der übernatür- lichen Mutterliebe. Von ihr sprechen wir.

Die blos natürliche Mutterliebe reicht, wenn es sich um die Erfüllung der Pflichten handelt, welche die christliche Mutter in Betreff ihrer Kinder hat, nicht aus. Ja sie ist, sofern sie für sich allein und nicht zur höhern christlichen Liebe veredelt ist, nur zu leicht ein Hinderniß an der Erfüllung der Mutterpflichten, die Ursache, daß dieselben gar nicht, oder nicht gebührend erfüllt werden. Oder würde es schwer sein, Beispiele zu finden, daß Mütter sich durch ihre blos natürliche Liebe zu ihren Kin- dern abhalten lassen, das an ihren Kindern oder für dieselben zu thun, was doch für ihr wahres Wohl nothwendig ist? Wie oft geschieht es, daß Mütter, obwohl sie in jener natürlichen Weise ihre Kinder fast unmäßig lieben, dennoch gerade das an ihnen versäumen, was sie allein wahrhaft glück- lich machen kann und sie in einer Weise groß ziehen, welche zu ihrem Verderben führt. Muß das nicht von allen Müttern gesagt werden, welche nur das zeitliche Wohlergehen derselben im Auge haben und nur dafür sich bemühen? Welche, um ihren Kindern zeitlichen Gewinn, ein Unter- kommen u. s. w. zu verschaffen, dieselben der augen- scheinlichsten Gefahr aussetzen, in schwere Sünde zu fallen, ihre Unschuld, ihren Glauben zu ver- lieren?

Ihrer unzeitigen Liebe wegen verstehen sich auch manche Mütter nicht dazu, ihre Kinder überhaupt in der rechten Art zu strafen, in Zaum und 39 Schranken zu halten, ihnen etwas zu versagen, so sehr es auch Vernunft und Klugheit gebietet; sie lassen ihnen in Allem ihren Willen, sie gestatten ihnen, was zu ihrem Verderben dient, sie nähren durch ihre unzeitige Willfährigkeit in ihnen allerlei Unarten und Fehler. Könnten wir da, wo wir in Leichtsinn und Sünde verkommene und unglücklich gewordene Menschen kennen oder finden, überall ihre Entartung bis auf die letzte Ursache verfolgen, wie oft würden wir diese Ursache in den Müttern derselben finden, eben gerade in ihrer unzeitigen Liebe zu ihnen.

O ja, jene natürliche, durch den h. Glauben und durch die Gnade nicht geregelte und geheiligte und daher unzeitige Liebe der Mütter ist bei un- zähligen Menschen der Grund zu ihrem zeitlichen und ewigen Unglücke.

So wahr es daher ist, daß eine innige Liebe zu den Kindern als ein nothwendiges Erforderniß für die Erfüllung des Mutterberufs hingestellt werden muß ( sie muß ja der Mutter den Muth, die Ge- duld, die Ausdauer, den Eifer zur Uebernahme all der Beschwerden, Opfer und Mühen, welche damit verbunden sind, geben), so sehr thut es auch Noth, daß diese Liebe, damit sie diese Zwecke erfülle, den übernatürlichen Charakter habe, eine christliche, über- natürliche sei. Sie kommt aus der Gnade und aus dem Glauben. Alle jene Eigenschaften, welche wir an der natürlichen Mutterliebe finden, diese Innigkeit, diese Hingebung, diese Opferwilligkeit, hat auch die übernatürliche Mutterliebe zu eigen, nur veredelt, gewissermaßen verklärt, nur in noch 40 höherem Grade. Nimm einen Obstbaumstamm und pflanze ihm ein edles Propfreis ein; je fri- scher und kräftiger der wilde Stamm war, desto fröhlicher und kräftiger wird das edle Pfropfreis sich auf ihm entwickeln, desto herrlicher der edle Obstbaum sich entfalten und Frucht tragen. Ein solcher kräftiger Stamm ist die natürliche Mutter- liebe; durch die Gnade und durch den Glauben zur übernatürlichen Liebe veredelt, wird sie die Vor- züge der natürlichen Liebe, nur auch veredelt und erhöhet, erweisen.

Die wahrhaft christliche Mutter nämlich erkennet in ihrem Kinde, da sie es mit dem Auge des Glau- bens betrachtet, auch das Kind Gottes. Wie es in der natürlichen Geburt aus ihr geboren und dadurch ihr Kind ist, so ist es in der h. Taufe aus Gott wiedergeboren und dadurch Gottes Kind. Es ist nicht weniger, ja noch viel mehr Gottes Kind, als ihr Kind. Alle Liebe daher, welche die christliche Mutter zu Gott ihrem Herrn trägt, die wendet sich kraft Seiner Gnade auch auf Sein Kind, und da sie dasselbe auch als ihr Kind liebt, so vereinigt sich nun mit dieser ihrer natürlichen Liebe jene höhere übernatürliche, sie er- höhend, sie verklärend.

Nicht allein; die christliche Mutter erschauet in ihrem Kinde ein Brüderchen, ein Schwesterchen Jesu Christi, des Gottmenschen, ja den Liebling Seines heiligen Herzens. Sie weiß, wie sehr Je- sus, der große Kinderfreund, die Kinder, auch ihr Kind, liebe, wie theuer es Ihm ist. So sehr sie daher ihren Heiland liebt, so sehr, um so viel 41 mehr liebt sie um Seinetwillen und in Ihm ihr Kind mit erhöhter und veredelter Mutterliebe.

Ihr Glaube sagt es ihr, daß ihr Kind ein Glied ist in jener großen Gemeinschaft der Heiligen; daß daher der ganze Himmel, Maria, die Himmels- königin an der Spitze und mit ihr die Auser- wählten allesammt sich für ihr Kind interessiren, es als ihr Brüderchen und Schwesterchen lieben, voll Theilnahme für dasselbe, voll Verlangen nach seinem Heile. Sie weiß, daß auch jene erhabenen himmlischen Geister, die h. Engel sich dieser Liebe der Auserwählten zu ihrem Kinde anschließen, ja! daß Einer aus ihrer Zahl der ganz besondere Freund und Beschützer ihres Kindes ist. Wird es nicht, muß es nicht den Liebling ihres Herzens ihr unaussprechlich viel theurer machen?

Ihr Glaube lässet sie in ihrem Kinde das Ebenbild Gottes schauen, welches, in der h. Taufe mit der heiligmachenden Gnade ausgestattet, das Bild des höchsten Gottes in sich trägt und daher in den Augen Gottes unaussprechlich schön und herrlich ist; er lässet sie in ihm einen Erlöseten Jesu Christi, des Sohnes Gottes finden, für wel- chen der Gottmensch auch Sein kostbares Blut vergossen und welchen Er um diesen theuren Preis erlauft hat; – er lässet in ihm einen Tempel des h. Geistes erkennen, der vermöge der heiligmachen- den Gnade geheimnißvoll in dem Kinde wohnt und waltet; – er lässet in ihrem Kinde einen Erben des Himmels sehen, bestimmt, einst ewig an den Freuden und Wonnen des großen Vaterhauses Theil zu haben. Muß das alles ihr das Kind 42 ihres Herzens nicht unaussprechlich kostbar, ja hoch und hehr erscheinen lassen? O ja! Und ihr Auge wird fortan mit einer gewissen Ehrfurcht auf dem Lieblinge ihres Herzens ruhen und das wird ihr Mutterherz mit h. Freude erfüllen und mit Hülfe der Gnade die Liebe desselben wundersam erhöhen und zugleich verklären, und mit der tiefsten Inn- brunst dieser geheiligten, übernatürlich erhöhten Liebe wird sie ihr Kind in ihre Arme schließen, an ihr Herz drücken.

Das ist die Liebe, welche nach Gottes h. Willen die christliche Mutter zu ihrem Kinde haben soll, welche ihrem Berufe entspricht. Darum ist Er auch selbst bereit und darauf bedacht, durch besondere Gnadenspendung diese übernatürliche Liebe ihr zu vermitteln und immer höher zu fördern. Das ist eine von den Gnadenwirkungen des h. Ehesakra- mentes; und wenn die christliche Mutter fortan durch Gebet, durch Beiwohnung der h. Messe durch Beicht und Communion oder durch sonstige Uebung eine Erneuerung und Mehrung der gött- lichen Gnade erwirket, da ist es eben auch und ganz besonders die Mutterliebe, welche durch die Wirkungen dieser Gnade erneuert und gemehrt wird. Die Liebe einer christlichen Mutter wurzelt im tiefsten Grunde in der Gnade und gewinnt aus ihr Bestand und Wachsthum und wird ganz ins- besondere durch sie zu einer übernatürlichen. Ja und eben jene Gesichtspunkte, welche, wie wir sahen, zur Nährung und Mehrung der Mutterliebe der Glaube bietet, erhalten schließlich durch diese 43 Gnade ihr rechtes Licht, ihre volle Wirksamkeit und Frucht.

Siehe da die Mutterliebe, von welcher wir hier reden, die Liebe einer christlichen Mutter. Sie ist das Werk, die Schöpfung Gottes im Mutterherzen. Er, welcher diesem Herzen jene Macht der natür- lichen Mutterliebe eingepflanzt hat, ist es auch, welcher durch Seine Gnade und Wahrheit sie übernatürlich verklärt, erhöhet und mehrt. Und erregt das Werk der Natur, die natürliche Mutter- liebe, mit ihren großen Wirkungen unsere Be- wunderung und Verehrung, wie viel herrlicher, schöner und größer ist das himmelentstammende Werk der Uebernatur, die übernatürliche Mutter- liebe! Und wie so viel mächtiger und herrlicher sind ihre Wirkungen und Früchte!

„Stark, wie der Tod, ist die Liebe“ – dieser Ausspruch des h. Geistes findet seine Bewährung schon bei der natürlichen Mutterliebe, aber wie erst bei der übernatürlichen! Ja, jemehr eine Mutter von echt christlichem Geiste beseelt ist, jemehr daher die Liebe zu ihrem Kinde den übernatürlichen Cha- rakter trägt, desto mehr ist es wahr: Keine Mühe und Arbeit, keine Beschwerde und Unannehmlichkeit, kein Opfer ist ihr zu groß, zu schwer für ihr Kind. Welche Last ihr dasselbe bereite, welche Entbehrungen es ihr auflege, und ob sie um seinet- wegen nicht Ruhe habe bei Tag und bei Nacht, sie verliert nicht den frohen Muth, sie harret un- verdrossen aus; nimmer erliegt sie in Ungeduld und Verdruß. Für ihr Kind lässet sie sich Alles gefallen, für ihr Kind thut sie Alles, leidet sie Alles, 44 opfert sie Alles; selbst das Leben würde sie für dasselbe einsetzen. Was der h. Apostel von der christlichen Nächstenliebe überhaupt sagt, wie ist es voll und ganz erst wahr von der christlichen Mut- terliebe: „Sie läßt sich nicht erbittern, sie ist ge- duldig, sie trägt Alles, sie übersteht Alles, sie ist gütig, sie sucht nimmer das Ihrige.“

Des Kindes Leid ist ihr Leid, sie nicht ruhen lassend, bis sie es erleichtert, bis sie es abgewendet habe; des Kindes Freude und Beglückung ist das stete Ziel ihrer Wünsche und Bestrebungen, ist ihre Freude und Beglückung. Das ist überhaupt wahr, aber es ist ganz insbesondere und hauptsäch- lich wahr von dem höhern Wohl und Wehe des Kindes.

Die wahrhaft christliche Mutter erkennet und schauet in ihrem Kinde – wir sagten es schon - das Kind Gottes, ihr vom großen Vater anver- trauet; sie soll es Ihm zuführen, sie soll, so viel an ihr, bewirken, daß es einst zu Ihm in's Himm- lische Vaterhaus gelange. Grad die übernatürliche Liebe zum Kinde bewirkt, daß sie das wirklich thue. Vermöge ihrer ist es der höchste Gegenstand ihrer Sorge und Bemühung, ihr Kind zu einem voll- endeten Kinde Gottes heranzubilden, es vor dem größten Uebel, der Sünde und dem ewigen Ver- derben zu bewahren, es zu dem höchsten Glücke, zur Herrlichkeit und Seligkeit des Himmels zu führen.

Nichts liegt der christlichen Mutter mehr am Herzen, als daß das Kind vor der Sünde bewahrt bleibe, daß es, wenn es gesündigt, wenn es Fehler 45 an sich hätte, davon befreiet werde. So Blanka, die gottselige Mutter des heiligen Königs Ludwig: Als derselbe nach seiner Taufe ihr wieder zuge- tragen wurde, nahm sie ihn in ihre Arme, drückte einen Kuß auf seine Brust und sprach: „Kind, du bist jetzt eine Wohnung des h. Geistes; o möge diese Wohnung nie durch eine Sünde entweihet werden!“ Als er heranwuchs, suchte sie ihm einen großen Haß gegen die Sünde einzuprägen und sprach gar oft wiederholentlich zu ihm: „Mein Sohn, lieber wollte ich dich des Thrones, ja des Lebens beraubt, als mit einer Todsünde befleckt sehen.“ Wir kennen die Frucht dieser heiligen Mutterliebe: Der Sohn wurde ein Heiliger.

Kein Leid, kein Schmerz, kein Uebel, – das ist die Ueberzeugung der christlichen Mutterliebe - kann auch nur von fern sich messen mit dem Leid, dem Schmerze, dem Uebel, welche Sünde und Verkehrtheit über das Kind bringen würde. Daher liegt dieser wahren Mutterliebe nichts so fern, als unzeitige Zärtlichkeit und Schonung, da, wo es sich um die Verhütung oder Forträumung der Sünde handelt. Daher nimmt die christliche Mutter nicht Anstand, an ihrem Kinde eine strenge Zucht zu üben, ihm Manches vorzuenthalten, es zu strafen, ja selbst körperliche Züchtigung an ihm zu voll- führen, so oft sie darin das einzige Mittel erkennt, das Kind vor Sünde zu bewahren oder es zu bessern. Ist ja ihre Liebe zum Kinde ein Aus- fluß jener Liebe, die im Herzen Gottes gegen die Menschen waltet. Hält dieselbe den Herrn ab, uns, wo es Noth thut, zu züchtigen und zu stra- 46 fen? Im Gegentheil: „Die Gott lieb hat,“ sagt der Apostel, „die züchtigt Er und hält streng jeg- lichen Sohn, dessen Er sich annimmt.“

Es ist dieselbe erleuchtete Liebe, welche die christ- liche Mutter vermag, über ihr Kind zu wachen, um, so viel an ihr, Alles von ihm fern zu halten, was es in Gefahr bringen würde, an seiner Seele Schaden zu nehmen, sei es im Hause oder außer demselben, seien es leichtfertige Reden, böse Bei- spiele, gefährlicher Umgang, bedenkliche Belusti- gungen oder was immer. Je vollkommner die Liebe, desto sorgsamer, desto eifriger diese Wach- samkeit.

Daß das Kind in wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit heranwachse, das ist der höchste Wunsch eines jeden von der übernatürlichen Liebe beseelten Mutterherzens. Je größer und inniger daher diese Liebe, desto eifriger auch ihre Bestrebungen, das Kind von frühester Jugend an durch Wort und Beispiel zu allem Guten, zu immer vollkommnerer Erkenntniß der religiösen Wahrheiten, zum Gebete, zur Liebe gegen Gott, zu wahrer Nächstenliebe und zu jeglicher Tugend anzuleiten. Wie nämlich der Mutter eben wegen ihrer Liebe das zeitliche Wohl ihres Kindes am Herzen liegt, so auch und noch viel mehr, unendlich mehr, das Heil seiner Seele, und daher, daß es in einem gottgefälligen Leben bestehe und gedeihe. Weiß sie ja auch, daß ohne Gottesfurcht und Frömmigkeit nicht einmal hier auf Erden wahres Wohlsein zu Stande kommen könne.

Ruft so die Liebe die eifrigsten und angelegent- 47 lichsten Bemühungen der Mutter für das Wohl des Kindes wach, so ist sie es auch, die den Eifer des Gebetes für das Kind rege hält und mehrt. Was nämlich die Mutter für ihr Kind auch thue, es genügt ihr dennoch nimmer; ein viel reicheres und höheres Glück, als sie ihm vermitteln kann, wünscht sie ihrem Kinde. Darum führet die wahre Liebe die Mutter immer von Neuem zum Throne Gottes, um für ihr und Sein Kind alles das zu erflehen, was ihrer Liebe für dasselbe erwünscht erscheint.

Genug! Das Gesagte reicht hin, um zu zeigen, welche hohe Bedeutung im Berufe der Mutter die wahre, erleuchtete, christliche Liebe habe. Sie ist die Bedingung, daß die Pflichten dieses Berufes überhaupt, daß sie in rechter Weise, daß sie desto vollkommener und erfolgreicher erfüllt werden. Auch von ihr kann man sagen, was der h. Geist von der „Weisheit“ sagt: „Mit ihr ist mir Alles Gute zugleich gekommen.“ Und jemehr die Mutter- liebe jenen wahrhaft höhern, christlichen, über- natürlichen Charakter hat, desto reichlicher wird sie die angedeuteten heilsamen Wirkungen erweisen.

Liegt darin nicht eine kräftige Aufforderung für jede Mutter, diese übernatürliche Liebe zu ihren Kindern in sich zu üben, zu nähren, zu vervoll- kommnen? Sie thut es schon durch jede Uebung des christlichen Lebens. Kann die Mutterliebe, wovon hier Rede war, überhaupt nur bei einer wahrhaft christlichen Mutter zu Stande kommen, so wird durch jeden Fortschritt in der christlichen Frömmigkeit auch sie Zuwachs und höhere Voll- 48 kommenheit gewinnen. Aber auch unmittelbar wird sie genährt und gefördert durch die Beherzigung der Glaubenswahrheiten, welche wir oben in Er- wähnung gebracht haben. Sie sollten also der oftmalige Gegenstand des Andenkens, des Nach- denkens, der Beherzigung der christlichen Mutter sein. Dieselbe sollte sich gewöhnen, ihr Kind recht oft mit dem Blicke des Glaubens zu betrachten. Alles was dieser Glaubensblick an ihrem Kinde oder in Betreff desselben erschauen läßt, ist in so hohem Grade geeignet, das Kind ihrem Herzen so viel theuerer zu machen.

Insbesondere aber sollte die Mutter zum Herrn stehen, daß Er ihr solche Liebe verleihe; daß Er durch Seine Gnade ihre natürliche Liebe überna- türlich verklären und dieselbe in ihr zu immer höherer Vollkommenheit führen möge. Doch wir kommen noch darauf zurück.

Die Mitgift.

Wenn der Sohn, die Tochter, zu reiferen Jah- ren herangewachsen, das elterliche Haus verlassen, um ein eigenes Familienwesen anzutreten, da wer- den sie von der sorgsamen Liebe der Eltern mit dem, was zum Beginne eines eigenen Hauswesens Noth thut, nach Kräften ausgestattet; das ist eine Mitgift. Von dieser Mitgift ist hier nicht die Rede. Wir haben ja das zarte, junge Kind im Auge und den Einfluß der Mutter auf dasselbe. Aber es gibt noch eine andere Mitgift welche von 49 den Eltern, insbesondere von der Mutter auch schon dem zarten Kinde vermittelt wird.

Wenn am Taufmorgen das Kindlein heimge- tragen wird, da empfängt es die gläubige Mutter mit dankgerührtem Herzen. Sie schauet in ihrem Kinde nun auch das Kind Gottes; als solches ist es hervorgegangen aus seiner Wiedergeburt in der heiligen Taufe. Und vermöge dieser Wiedergeburt ist es ausgestattet mit den kostbarsten Gütern des Himmels, mit der heiligmachenden Gnade und mit allen Vorzügen und Anrechten derselben. Das ist die Mitgift des himmlischen Vaters, das ist die Mitgift der geistigen Mutter des Kindes, der heil. Kirche, für das Leben in der heiligen Kirche, für das Leben in der Ewigkeit, für das ewige Leben.

Aber auch von der leiblichen Mutter (wie vom leiblichen Vater) hat das Kind eine Mitgift er- halten und bringt sie mit auf die Welt. Das sind die Eigenschaften der Mütter, ja vielleicht ihre Eigenthümlichkeiten. Sie gehen in geheimniß- voller Weise von der Mutter auf das Kind über.

Betrachte dieses Kind! Ist es nicht das Eben- bild seiner Mutter? Dieselbe Gesichtsbildung, dieselben Augen, dieselbe Stirn, dieselben Züge; und wenn es heranwächset, welche Aehnlichkeit in Größe und Körperbildung, im Gange und Be- nehmen! Es ist als ob sich die Mutter ihrem Körper nach im Kinde verjüngt habe. Aehnlich, nur meist noch weit mehr, gehen auch die geisti- gen Eigenschaften der Mutter auf das Kind über, besonders die Eigenschaften ihres Herzens. Lasset 50 die Mutter recht sanft und milde und freundlich, gütig und barmherzig sein, lasset sie auf Ordnung und Reinlichkeit halten, lasset sie gewissenhaft, wahrheitsliebend, redlich sein, und ihr werdet leicht in ihren Kindern, wenn ihr sie näher beobachtet, von frühester Jugend an einen natürlichen Zug zu all diesen schönen Eigenschaften hin wahrnehmen. Ja, ist die Mutter von den Gesinnungen aufrich- tiger Gottesfurcht und Frömmigkeit durchdrungen, so wird das Kind leicht eine gewisse natürliche An- lage zur Frömmigkeit mit auf die Welt bringen. Siehe da die Mitgift der Mutter an ihr Kind; eine kostbare Mitgift.

Aber auch im Gegentheil: Auch die Verkehrt- heiten der Mutter vererben sich auf die Kinder. Verfolgt man, wo man an Kindern mit wehem Herzen oft schon so früh so vielerlei Unarten und eine Neigung zu den manchfachsten Verkehrtheiten erfährt, die Spur, so wird man nur zu oft die traurige Entdeckung machen, daß der tiefste Grund und die eigentliche Quelle dieser Fehler und Un- arten in der Mutter (vielleicht auch mit ihr im Vater) sich finden. Die Mutter ist eigensinnig, reizbar, zornmüthig; das Kind auch. Sie ist eitel und putzsüchtig; das Kind auch. Sie ist lügenhaft, sie ist genußsüchtig; so auch ihr Kind. Die Mutter hat die Makel der Unlauterkeit an ihrer Seele; und ach, das Kind neigt gleichfalls schon früh dahin. Die Mutter ist unredlich, unehrlich, sie streckt ihre Hand nach fremdem Gut aus, und das Kind ver- fällt in denselben Fehler. So ist es. Als ob die Mutter den Samen, die Keime ihrer Fehler in 51 das zarte Herz ihres Kindes hinübergepflanzt habe, so sehr treten dieselben Fehler im zarten Herzen und Leben des Kindes zu Tage; ein Hang zu denselben, eine Neigung dazu ist ihm ange- boren. Auch eine Mitgift der Mutter an ihr Kind; eine unselige Mitgift.

Die Thatsache ist unbestreitbar. Belege für sie lassen sich in jedem Hause finden. Freilich diese angebornen Fehler oder Tugenden sind noch keine wahren Tugenden oder Fehler; das Kind ist durch die ersten an sich noch nicht wohlgefällig vor dem Herrn und wegen der letztern an sich nicht miß- fällig vor Ihm. Aber wie sehr tragen diese natür- lichen angeerbten Tugenden und Fehler dazu bei, daß der Mensch zur Zeit zur wahren christlichen Tugend komme und daß er es recht weit darin bringe, oder, daß er um so leichter jenen Fehlern anheimfalle und tiefer in dieselben versinke.

Es ist wahr, es wird schließlich Niemand, wel- cher der Sünde und dem Laster anheimfällt, sich vor Gott mit der Heftigkeit seiner natürlichen, vielleicht von den Eltern ererbten, Neigungen ent- schuldigen können; war doch der Herr bereit, ihm, sofern seine angebornen Neigungen ihm die Mei- dung der Sünde schwerer machten, auch größere Gnade zur Ueberwindung derselben zu geben, wenn er sich nur in gebührender Weise darum bewarb. Jeder kann mit der Gnade Gottes sein Heil wirken. Aber zeigt nicht die traurige Erfahrung, daß Menschen, welche angeborene böse Neigungen haben, sich von denselben nur zu leicht hinreißen und überwinden lassen? Und so ist es gleichfalls 52 ein Erfahrungssatz, daß angeborene Anlagen zur Tugend so viel sicherer die Uebung der Tugend zur Zeit erwarten lassen, wie sie denn auch wesent- lich dazu beitragen mögen, daß man einen höheren Grad darin erreiche.

Welch ein Vorwurf daher für eine Mutter, wenn sie ihre Verkehrtheiten, Fehler und Sünden in ihren Kindern gewissermaßen abgeprägt findet! Welch' eine Bitterkeit, wenn sie, wie es nur zu leicht der Fall ist, mit der Zeit von den Unarten und Fehlern ihrer Kinder selbst so viel Hartes und Unangenehmes zu erfahren hat und sich sagen muß: Du selbst bist Schuld daran! Du hast selbst diese Zuchtruthe für dich gewunden. Und welcher Gram, wenn dann die von ihr ererbten Fehler in den Kindern zur Leidenschaft heranwachsen und dieselben wie in zeitliches, so in das ewige Verderben zu stürzen drohen!

Auch hierin liegt eine ernste Mahnung und Verpflichtung für die christliche Mutter (auch für den Vater), daß sie es sich angelegen sein lasse, sich alles dessen, was tadelhaft, verkehrt und böse ist, zu enthalten, daß sie sich ihrer Fehler mehr und mehr entledige, damit sie nicht ihren Kindern eine so traurige Mitgift in's Leben bereite; – es liegt der kräftigste Antrieb darin, sich jeglicher Tugend und alles wahrhaft Guten zu befleißigen, damit die Anlage zu demselben Guten, zu denselben Tugenden das Erbtheil der Kinder von ihrer Mut- ter sei.

In der That ist diese Uebertragung der Fehler und Tugenden der Mutter auf das Kind nicht 53 allein und nicht zunächst dem Einflusse, welchen die Mutter durch ihr Wort und Beispiel auf das Kind ausübt, zuzuschreiben, sondern auch jener geheimniß- vollen Einrichtung des Schöpfers, vermöge deren die Mutter ihrem Kinde von ihrem innersten We- sen mittheilt, gleichwie sie ihm durch die Mitthei- lung des Blutes, so in ihren Adern rinnt, und durch die Spende ihrer Mutterbrust das leibliche Leben vermittelt. Ja, und mit jener Mittheilung ihrer körperlichen Bestandtheile vollzieht sich auch geheimnißvoll die Mittheilung der Verfassung ihres Herzens, der Beschaffenheit ihrer Seele überhaupt und insbesondere derjenigen Beschaffenheit, welche während der Zeit, wo jene körperliche Mittheilung sich vollzieht, stattfindet. Und so geschieht es denn, daß die Mutter selbst schon vor der Geburt ihres Kindes jenen merkwürdigen Einfluß auf die Her- zensverfassung und Gemüthsbeschaffenheit desselben ausübet, den die Erfahrung so oft bestätigt. Die Gesinnung, die Herzensverfassung, welche die Mut- ter in der Zeit, welche der Geburt des Kindes vorhergeht, in sich nährt, geht nicht selten in der auffälligsten Art auf das Kind über. *)Man hat Beispiele, daß, wenn Mütter in dieser Zeit z. B. sich eines Diebstahls schuldig machten, das Kind zur Zeit einen unwiderstehlichen Hang zum Stehlen zeigte. – Bei einem jungen Manne trat ein Hang zu frommen Uebungen und ein Zug inniger Frömmigkeit in sehr auffälliger Weise zu Tage, wäh- rend seine Angehörigen sämmtlich eine große Gleich- gültigkeit gegen Gott und Religion bewiesen; er wurde später Ordensmann. Erst hintennach erfuhr man, daß die Mutter desselben in der Zeit vor seiner Geburt sich mit dem Gedanken getragen, sie werde bald ster- ben und sich daher durch einen großen Eifer in re- ligiösen Uebungen zum Tode vorzubereiten suchte (wie sie denn auch wirklich starb); und das Räthsel war gelöset.

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Welch eine ernste Verpflichtung also für christ- liche Mütter, diese Zeit, die Wochen und Monate vor des Kindes Geburt heilig zu halten. Wie sehr sollen sie vor jeder unordentlichen Gemüthsbewe- gung, vor jeglicher Verkehrtheit sich hüten! Wie soll es ihnen am Herzen liegen, sich in wahrer christlicher Frömmigkeit zu üben, eifrig zu sein im Gebete, in Beiwohnung der h. Messe und des Gottesdienstes, im Empfang der h. Sakramente, in jeglichen guten Werken, insbesondere in Werken der Barmherzigkeit!

So wird es in den Legenden von den Müttern mancher Heiligen erzählt. Schon vor der Geburt weiheten sie diese ihre Kinder nach dem Zuge ihres frommen Herzens dem Herrn und begleiteten diese Widmung mit den mannichfaltigsten guten Werken und mit vielem Gebet und Flehen für ihre Kinder. Und so geschah es, daß sie denselben eine gewisse Anlage zur Heiligkeit und einen Reich- thum der kostbarsten für sie vermittelten Gnaden gewissermaßen mit auf die Welt gaben. Und es wird einst offenbar werden, wie sehr diese kostbare Mitgift, der vortrefflichen Mütter dazu beigetragen habe, daß ihre Kinder zu so hohen Stufen der Heiligkeit gelangten und welchen reichen Antheil an den Tugenden und Vollkommenheiten und den 55 großen Werken dieser Heiligen ihre heiligen Mütter haben. Es wird ewig ihr Ruhm und ihre Selig- keit sein.

Wer sieht nicht ein, welch große und heilige Verpflichtungen in dem Gesagten für die christliche Mutter begriffen liegen, Verpflichtungen, deren treue und gewissenhafte Erfüllung so wesentlich für das Wohl und Wehe der Kinder für Zeit und Ewigkeit entscheiden hilft. Das ist es auch, was uns vermocht hat, diesen Punkt, der sonst so zarter Natur ist, trotz einer gewissen Scheu, hier zur Sprache zu bringen; er greift so wesentlich in das Wohl und Wehe der Kinder ein. Wolle Gott, daß wir es nicht vergeblich gethan haben! Möge es dazu beitragen, daß die christlichen Mütter um so eifriger es sich angelegen sein lassen, ein wahrhaft christliches Leben zu führen, jegliche Sünde und sündhafte Neigung aus ihrem Herzen und Leben fortzuräumen, in jeglicher Tugend sich zu üben, auf daß sie allesammt ihren Kindern die kostbare Mitgift der Anlage zu allem Guten vermitteln mögen. *)Um jeglichem Mißverständnisse vorzubeugen, fügen wir folgende Bemerkung bei: Wenn wir in dem hier Gesagten den von den Eltern ererbten natürlichen Anlagen oder Dispositionen zu gewissen Tugenden oder Fehlern so große Bedeutung beilegen, so sind wir selbstredend weit entfernt, dadurch jener verwerf- lichen Ansicht der Ungläubigen (der Materialisten), welche von einer unsterblichen Seele, von Gott und Gnade nichts wissen wollen, auch nur im Mindesten das Wort reden zu wollen, als ob eben die Tugenden und Laster nichts seien, als das Zutagetreten gewisser natürlichen, im tiefsten Grunde in der Beschaffenheit des Körpers wurzelnden Dispositionen. Wie schon angedeutet worden, so liegt der eigentliche tiefe Grund der Tugenden und Fehler in der unsterblichen Seele und in ihrem Verhältniß zur göttlichen Gnade. Den- noch hat die – mehrfach vielleicht von den Eltern ererbte – Beschaffenheit der natürlichen Seite des Menschen, auch selbst seines Leibes auf die Seele bei der Uebung des Guten oder des Bösen oft einen be- deutenden, hindernden oder fördernden Einfluß, so daß vermöge der natürlichen, ererbten Anlagen zum Guten oder zum Bösen das Gute oder das Böse im Allgemeinen so viel leichter und eher geschieht, so viel sicherer erwartet oder gefürchtet werden darf. Wer sieht also nicht, welch große Bedeutung diese ererbten Anlagen haben, obwohl es im tiefsten Grunde stets der von der Gnade unterstützte Wille ist, der in Be- nutzung der Gnade das Gute, in Nichtbenutzung der- selben das Böse thut. Und wie der Mensch auch bei den günstigsten natürlichen Anlagen ohne die Gnade dennoch nichts wahrhaft Gutes vermag, so kann er mit der Gnade auch die ungünstigsten, schlimmsten natürlichen Neigungen überwinden.Darum wird auch Niemand seine Sünden einst vor Gott mit der Heftigkeit und Macht seiner angebornen bösen Neigungen entschuldigen können; Gott war be- reit, ihm mit Seiner Gnade beizustehen, um sie zu überwinden; er durfte nur um diesen Gnadenbeistand sich gebührend bewerben. Immer ist es schließlich und im tiefsten Grunde des Menschen eigene Schuld, wenn er sündigt und verloren geht. Aber wenn dabei nicht verkannt werden kann, daß etwa bei einem Kinde ge- wisse böse Neigungen der nächste Anlaß zur Sünde und so zum Verderben gewesen sind, bleibt es dann nicht für die Mutter ein unsäglich bitterer Vorwurf, sich sagen zu müssen: Diese heftigen bösen Neigungen hatte oder hat es durch mich.

Die Weihe.

Nimm diese Pflanze, diese Blume; soll sie wach- sen und gedeihen, so kommt's ganz wesentlich darauf an, daß die Atmosphäre (der Dunstkreis, die Luft) 56 die entsprechende Beschaffenheit habe. So gedeihen gewisse Blumen, vielfach die schönsten, nur unter 57 dem milden, sonnenwarmen südlichen Himmel. Und wird nicht im Frühjahre Alles verkümmern und krüppelhaft bleiben und vergehen, wenn unablässig der kalte Nordwind wehet und Nässe und Kälte waltet, und der Sonne milder Strahl sich nicht geltend machen kann und heilsame Bestandtheile für die Luft sich nicht lösen? So muß auch im Hause eine entsprechende Atmosphäre herrschen, soll anders das Gute im Kinde gedeihen. Der Herr hat in der h. Taufe mit dem übernatürlichen Le- ben die Keime der herrlichen Himmelspflanzen, des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe und aller darin begriffenen Tugenden in das zarte Kindes- herz gleichsam eingepflanzt; dort sollen sie wachsen mehr und mehr und sollen sich zur Blüthe ent- falten und Früchte zur Reife bringen für's ewige Leben. Das elterliche Haus ist das Gehege, dem diese Himmelspflanzung des Kindesherzens in den ersten Jahren fast ausschließlich anheimgegeben, worin sie geborgen ist, und so kommt denn Alles darauf an, daß hier im elterlichen Hause die rechte Atmosphäre sei, mit andern Worten, daß im elter- lichen Hause ein echt christlicher Geist herrsche, daß in allen Beziehungen und Verhältnissen des Fa- 58 milienlebens das Walten und die Herrschaft eines wahrhaft katholischen Lebens zu Tage trete. Und daß Solches der Fall wirklich sei, ist namentlich für die erste Jugend des Kindes, für die Jahre der eigentlichen Kindheit – so fast vor Allem Sache der Mutter.

Das ist Gottes gnädiger Wille, eine solche, ich möchte sagen echt christliche Atmosphäre sollte in jeglichem Hause herrschen, auf daß darin jene kost- baren Keime der Tugenden des christlichen Lebens sich entfalten, wachsen und erblühen und zur reich- sten Frucht sich entwickeln möchten und das kind- liche Herz eine wahrhaft christliche Weihe em- pfange.

Denken wir uns ein Kind, welches von seiner zartesten Jugend an in einer solchen echt katho- lischen Familie stände, in einem Hause lebte, wo Alles vom Geiste katholischer Gottesfurcht und Frömmigkeit beseelt wäre, welches nie irgend etwas zu sehen und zu vernehmen hätte, was diesem Geiste widerspricht, dem vielmehr in dem Betragen, im Reden, im Thun und Lassen der Angehörigen, selbst in der Ausstattung des Hauses der Ausdruck echt katholischen Sinnes und wahrer Frömmigkeit entgegenträte; würden wir es nicht so fast für un- möglich halten müssen, daß ein solches Kind nicht zu gleichem Sinn und Leben heranwüchse? Das ist die Atmosphäre eines echt christlichen Hauses; sie trägt unendlich viel bei zur glücklichen, wahrhaft christlichen Entwickelung des Kindes, sie ist es, welche dem zarten Herzen des Kindes in Wahrheit 59 eine gewisse Weihe, die Weihe des christlichen Lebens verleihet.

Also auf, christliche Mutter, schaffe, so viel an dir ist, eine solche Atmosphäre um deine Kinder. Es ist vor allem deine Sache. Ist ja das Kind – wir wiesen schon früher darauf hin – in seinen ersten, entscheidungsvollsten Jahren haupt- sächlich, ja vielfach so fast ausschließlich auf die Mutter angewiesen. Ihr Verhalten, ihr Reden und Thun, ihre Art und Weise, ihr Beispiel, ihr sämmtliches Walten im Hause, das schaffet für ihre Kleinen die Atmosphäre. Wohl ihr und dem Kinde, wenn sie es versteht, dieselbe wahrhaft christkatholisch, d. i. wahrhaft heilsam für ihre Kinder zu gestalten. Eine jede wahrhaft christliche Mutter thut's.

Schon das Haus selbst hat durch ihre Vermit- tlung eine christliche Ausstattung. Da findet man in den verschiedenen, wenigstens in den Haupt- räumlichkeiten des Hauses religiöse Bilder, ein Crucifix, vielleicht eine Statue der Mutter Gottes und anderer Heiligen; da findet man Weihwasser- brünnchen, vielleicht auch geweihete Kerzen u. s. w. Das Kind sieht, wird aufmerksam, fragt, hört von der Mutter die Bedeutung, lernt, und nimmt durch Sehen und Hören heilsamen religiösen Eindruck in sich auf und wird früh an katho- lisches Leben gewöhnt; eine Weihe seines kindlichen Herzens.

Mehr aber noch ist es das christliche Leben der Mutter selbst, was jene heilsame Atmosphäre schafft. Das Kind merkt, daß die Mutter betet, zur Kirche, 60 zur Predigt, zur h. Beicht, zur h. Communion. geht; es sieht die Mutter vor und nach dem Essen andächtig ihre Hände falten und beten; und das alles wird ihm, eben weil's die Mutter thut, von früh an ehrwürdig, und es fühlt sich zu allem diesem gleichfalls angetrieben, und thut und macht es nach, so viel es kann.

Oder, das Kind sieht, wie die Mutter so arbeit- sam ist, wie sie auf Reinlichkeit und Ordnung hält, wie sie bei Beschwerden, Unannehmlichkeiten und Leiden so ruhig ist, so geduldig, nie hört es aus ihrem Munde ein verdrießliches Wort, noch weni- ger Zorn und Flüche. Es sieht, wie die Mutter so theilnehmend, so milde und freundlich ist gegen Alle im Hause; wie sie auch gegen andere Leute so gut ist, ihnen gern Gefallen thut und hilft, wie. sie die Armen unterstützt; und siehe, lauter stumme Predigten für das Kind, es macht gern der Mut- ter das alles nach, es wird, ohne daß die Mutter vielleicht nur ein Wort darüber sagt, zu allen diesen Tugenden angeregt; die Keime dieser Tugenden, welche Gott ihm in's Herz gelegt hat, fangen an zu wachsen und gedeihen.

Und so in Allem. Das ganze Schalten und Walten einer wahrhaft christlichen Mutter ist in der That für das Kind wie eine günstige, gesegnete Atmosphäre, worin die von Gott in seinem Herzen grundgelegten Keime fröhlich aufsprießen und reiches Wachsthum gewinnen und ihm von früh an Hoch- schätzung und Liebe zur Religion und Tugend ein- geflößt wird. Es ist die christliche Weihe des Kindesherzens. Ja, der Einfluß, den das 61 allseitig christliche Verhalten einer Mutter auf ihr Kind ausübt, senkt sich tief in das ganze Wesen desselben ein, um so fast unverwüstlich darin zu wirken, und ist in mancher Hinsicht so viel höher anzuschlagen, als Ermahnungen und sonstige Ein- wirkungen auf das Kind. Glückliches Kind, das ihn an sich erfahren hat! Ein Glück, eine Gnade, womit nichts auf Erden sich messen darf.

Die Einführung in die christliche Wahrheit.

Wenn das Kind auf die so eben erwähnte Art im elterlichen Hause vom christlichen Geiste allseitig gleichsam angewehet wird, so lebt es sich unwill- kürlich in denselben hinein; sein Herz empfängt, so fast ohne es zu wissen, eine christliche Ver- fassung.

Aber auch unmittelbar sucht die Mutter dahin thätig zu sein, das Kind in das christliche Leben einzuführen. Sie thut es vor Allem durch Ein- führung des Kindes in die christliche Wahrheit.

Eingedenk, daß Gott dem Herrn der erste und höchste Antheil an ihrem Kinde gebühre und daß Er es ihr anvertrauet habe, um es für Ihn zu erziehen, ist die Mutter schon früh darauf bedacht, sein Herz und seinen Sinn auch durch Lehre und Anleitung auf Gott und das Höhere hinzulenken. *)Unlängst lasen wir einen Brief, worin eine brave christliche Jungfrau, welcher die kleineren Kinde einer hochadeligen Familie anvertrauet sind, sich über ihren kleinsten Pflegling in folgenden Worten äußert: „Das kleine Kindchen wird so niedlich; es kann schon so schön seine Händchen falten, wenn ich des Morgens sein Gebetchen mit ihm mache; und dabei horcht es mit einem ganz ernsten Gesichtchen auf jedes Wort, welches ich ihm vorsage und fängt auch an, mir einige Worte nachzusprechen.“ Sollen wir's verhehlen, – diese Worte haben uns recht gerührt. O, dachten wir, wenn's so rings die Mütter mit ihren Kindern hielten, um schon in den zartesten Jahren anzufangen, sie zu Gott hinzuleiten. – Wir glaubten es uns auch nickt versagen zu sollen, aus dem Briefe einer jungen Mutter (unserer früheren Schülerin), der wir die erste Auflage dieses Werkchen's zugeschickt hatten, Folgendes mitzutheilen: „...Eine besondere Freude empfand ich beim Durch- lesen des Büchleins darüber, daß ich mit Manchem, was dasselbe den Müttern an's Herz legt, schon den Anfang gemacht hatte. Erlauben Sie, daß ich Eini- ges anführe: So kann sich unsere kleine Maria (sie ist jetzt ein Jahr und acht Monate alt) schon allein segnen und das kleine Gebetchen „Lieber Gott, mach mich fromm, daß ich in den Himmel komm“ beten. Auch betet sie für Mama, Papa, Großpapa und Großmama und Onkel. Und wenn ich sie frage: „Mariechen, wo ist der liebe Gott?“ dann sagt sie: „Oben im Himmel; wenn Mariechen artig ist, top (komm) in Himmel in.“ Wo sie nur ein Crucifix sieht, da will sie den lieben Gott küssen. – Wir freuen uns so darüber. „Auch mein Mann“ (ein Beamter) „steht mir hierin treulich zur Seite; so läßt er sie, wenn er sie Abends mal zu Bette bringt, ihre kleinen Händchen falten und beten, auch des Mittags vor und nach Tische“... „Auch meiner guten Mutter verdanke ich so Vieles, da sie mich von Kind an zu allem Guten angehalten hat. Noch jetzt bete ich noch jeden Morgen nur mit etlichen Zusätzen die gute Meinung, die sie mich als Kind beten gelehrt hat“... „Wie drängt es mich jetzt oft, zu Gott zu beten, daß er die kleine Maria und das Kind, daß ich unterm Herzen trage, in der Unschuld erhalten wolle. Ach ja, wenn ich das kleine unschuldige Wesen so in der Wiege schlummern sehe, da muß ich oft weinen und es schaudert mich bei dem Gedanken an die Gefahren, denen es vielleicht noch ausgesetzt wird. Dann muß ich zu Gott flehen, daß Er helfe, mit meinem Manne vereint die Kleinen zu guten Menschen heranzubilden. Hierin soll nun auch das liebe Büchlein mir dienlich sein; ich werde es fleißig gebrauchen“...

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Es ist in der That etwas Wundersames um die Empfänglichkeit der Kinder für Gott und das Höhere. 63 Selbst wenn sie noch nicht das rechte oder volle Verständniß für die Lehren der h. Religion haben, ist es, als ob in dem Innersten ihres Wesens eine Saite anklinge, wenn man ihnen von Gott, vom lieben Heilande, vom Himmel und himmli- schen Dingen erzählt; so hingebend und so fromm nehmen sie es auf und auf ihrem kindlichen Ge- sichtchen malt es sich, welchen Eindruck es auf ihr Herz gemacht hat. Es sind gewissermaßen die von Gott selbst im Kinde gespannten Saiten, welche bei solchen Gelegenheiten anklingen.

Darum ist auch der Grundsatz so verwerflich, man müsse die Kinder in den Jahren ihrer zarten Jugend nicht mit solchen Dingen behelligen, weil sie dieselben ja doch noch nicht verstehen könnten. Sie verstehen dieselben freilich nicht so, wie die Erwachsenen; aber sie verstehen viel mehr davon, als man gewöhnlich annimmt; sie verstehen genug davon, um es mit Nutzen zu hören und zu lernen. Und der größte Vortheil ist, daß auf solche Art 64 schon früh, daß in den Jahren, wo die Richtung des menschlichen Herzen stets für's ganze Leben so wesentlich bestimmt wird, die kindlichen Herzen für Gott und das Höhere gewonnen werden. Das volle Verständniß werden sie dann auch schon ge- winnen. Dagegen wie schwer ist es, Kinder, welche schon zu reiferen Jahren herangewachsen sind, ohne von Gott und göttlichen Dingen zu hören, zu sehen, oder zu ihnen angeleitet zu werden, noch dahin zu bringen, daß sie für Gott und das Höhere wahrhaft ein Herz haben. Sie lernen und verstehen vielleicht, aber das Herz bleibt kalt dabei.

Das Kleine wächset nun heran; es entwickelt sich zu einer gewissen Selbstständigkeit; es lernt sprechen, – es kann allein gehen. Gern verfolgt die Mutter diese ansteigenden Stufen der Ent- wickelung des natürlichen Lebens ihres Kindes mit entsprechenden Belehrungen und Anleitungen für das höhere Leben. Sie sagt dem Kinde manches vom lieben Gott, sie erzählt ihm vom lieben Hei- lande. *)Wie er auch Gott sei und uns zu Liebe Mensch geworden und ein Kind gewesen sei; wie Er geboren, wie Er sich als Kind und Knabe zu Hause gegen Mutter und Vater benommen, wie Er ihnen in ihren Arbeiten geholfen habe; insbesondere, daß Er zu jeder Zeit, auch wo Er schon Seine göttliche Lehre ver- kündete und so große Wunder wirkte, die Kinder so lieb hatte, sie zu sich rief, sie umarmte und herzte und segnete und so viel Schönes von ihnen und zu ihnen sagte; wie Er dann für uns am Kreuze gestorben, aber wieder auferstanden und nun im Himmel sei, und uns so gern helfen wolle, daß wir dorthin zu Ihm kommen und mit Ihm ewig glücklich seien.

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So, wenn die Mutter etwa in der Stube, oder am Feuer, oder im Sommer vor der Thür bei ihrer Arbeit dasitzt und das kleine Kind ist um sie, mit seinem Spiel oder auch mit seiner Arbeit beschäftigt; oder es steht vor ihr, die Händchen in ihren Schooß gelehnt, oder an ihrem Kleid oder an ihrer Arbeit spielend. Siehe, wie hängt das Kleine mit Aug und Mund an der Mutter, wenn sie dabei von jenen lieben Sachen ihm erzählt! - Oder es ist Sonntag, da setzt sich am Nachmittage oder Abende oder am Morgen, wenn die Andern zur Kirche sind, die Mutter mit ihrem Kleinen zu solcher Unterhaltung hin; oder sie nimmt in freier Stunde dasselbe an die Hand, geht mit ihm in den Garten oder hinaus in die freie Natur; da wird das Kind aufmerksam gemacht auf all das Schöne, was dem Aug' begegnet, und wie es der liebe Gott und Vater sei, der das alles, – und Alles so schön – gemacht habe, diese Pflanzen und Blumen und Früchte, diese Vöglein und Thiere, diese ganze Welt.

Kann es schwer sein, davon und Solches zum Kinde zu reden? Sicher nicht, wenn die Mutter selbst für alles dies ein Herz hat. Und dann redet sie eine Sprache, welche das Kind gar wohl versteht und welche das Gesagte tief in's kindliche Herz senkt, viel tiefer meist, als der förmliche Unterricht in der Schule, besonders, wenn die Mutter es versteht, sich der Art des kindlichen Geistes anzuschließen.

Das Kind, noch wenig gewöhnt an eigentliches Denken und wenig geübt darin, nimmt am Leich- 66 testen und Besten das, was es erfassen soll, durch Sinneneindrücke auf. Daher benutzt die einsichtige Mutter auch gern solche äußere Eindrücke, um ihr Kind zur Erkenntniß der höhern Wahrheiten, der christlichen Lehren, zu führen. Sie zeigt ihm Bil- der, auf welchen oder durch welche das, was sie ihm sagen will, dargestellt ist; sie erklärt ihm die Bilder und was sich auf und an denselben findet und das Kind erfaßt es leicht und schnell. Daher nimmt sie es, auch wo es noch jung und zart ist, zuweilen mit in die Kirche, besonders vor oder nach festlichen Veranlassungen. Versteht das Kind auch nicht viel von dem was es thut, sieht oder hört, so empfängt es doch vom Ganzen einen für das kindliche Gemüth heilsamen Eindruck. Be- sonders, wenn die Mutter ihm sagt, das sei ein heiliger Ort, da wohne der liebe Heiland, da müsse man sich recht fromm verhalten, und wenn sie darauf hält, daß es in der Kirche recht fromm kniee oder stehe und seine Händchen falte. Da wird sie dann vor der Rückkehr dem Kinde so Manches in der Kirche zeigen, Bilder und Sta- tuen und Altäre und Kanzel und Beichtstühle, oder zu Weihnachten das Krippchen, zu Ostern das Grab u. s. w., bald das Eine, bald das Andere.

Und was dann in der Kirche gesehen worden, das wird zu Hause erklärt, und das bietet Gele- genheit und Stoff zu den heilsamsten Mittheilungen der Mutter an das Kind, und zu den nützlichsten Aufklärungen auf die Fragen, welche das Letztere aus der Kirche mit nach Hause bringt.

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Welch einen schönen Anlaß und welches Hülfs- mittel zugleich zu solchen religiösen Mittheilungen der Mutter an ihr Kind bieten da insbesondere die Feste und Festzeiten des Kirchenjahres. Kann es denn für eine Mutter schwer sein, in den Ta- gen vor dem Feste oder am Festtage selbst, we- nigstens im Allgemeinen, zu sagen und zu erklären, was dieses Fest zu bedeuten habe? Und thut sie es, so wird das Kind nach und nach, Weihnachten, in der Charwoche, Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten u. s. w., in lebendiger, frischer Weise in die Geschichte des Herrn und in die Geheim- nisse Seines Lebens eingeweihet; es wird an den Festen der h. Jungfrau mehr und mehr vertraut mit der Mutter des Herrn und in ihre Verehrung eingeführt. Und wie viel Stoff zu den nützlichsten Erzählungen würden der Mutter die täglich im Kalender verzeichneten Heiligen bieten, wenn sie es sich angelegen sein ließe, selbst recht fleißig die Le- ben dieser Heiligen zu lesen!

Außerdem wird es an Anknüpfungspunkten mancher Art nicht fehlen und eine Mutter, welche selbst ein Herz hat für Gott und Religion und ihre Pflicht, das Kind früh zu Gott hinzuleiten, zu würdigen versteht, wird solche leicht finden und sie benutzen.

Oder wird sie sich damit entschuldigen können, daß sie nicht Zeit dazu habe, sich also mit ihren Kleinen zu beschäftigen, oder daß sie das nicht ver- stehe? Bedarfs denn dazu so viele Zeit, wenn die Mutter so, wie wir es hier angedeutet haben, sich mit ihrem Kinde abgibt? Der große Vortheil, 68 welchen solche religiöse Mittheilungen der Mutter an das Kind mit sich führen, ist nicht dadurch be- dingt, daß dieselben gar so oft stattfinden oder gar so viel Zeit darauf verwendet wird; ja das „zu oft oder zu lange“ könnte sogar schädlich sein; sondern es liegt darin, daß das Kind eben aus dem Munde der Mutter diese für dasselbe so wichtigen Dinge – schon früh – vernehme und kennen und darauf halten lerne, und also die Mutter bei ähnlichen Gelegenheiten, wie wir sie eben nannten, darüber spreche. Und dazu hat jede Mutter Zeit; es kommt ganz allein auf den guten Willen an.

Aber sie versteht es nicht?! – Was wäre da denn zu verstehen? Wenigstens das, was sie weiß, kann die Mutter ihrem Kinde doch sagen. Und wäre das auch noch so wenig, es schafft un- berechenbaren Segen. Und könnte die Mutter, wenn sie wenig versteht, sich nicht bemühen, um ihrer Kinder willen durch Lesen oder Anhören von Predigten und christlichen Lehren mehr zu lernen? Ist das nicht am Ende ihre Pflicht?

Der Kern der Sache und der eigentliche Vor- theil liegt nicht zunächst und am meisten in dem Mehr oder Weniger religiöser Kenntnisse, welche das Kind so von der Mutter erlangt, als vielmehr darin, daß das Kind eben recht früh, schon sofort beim Erwachen seines Bewußtseins und dann mehr und mehr, also schon längst vor der Zeit, wo es in die Schule kommt, von Gott und dem Höheren erfahre, auf daß sich sein zartes Herzchen in seinen ersten Regungen dafür erschließe; daß es eben aus 69 dem Munde der Mutter (oder des Vaters) davon vernehme, auf daß die angeborene Ehrfurcht und Liebe gegen die Mutter sich auch auf das, was es aus ihrem Munde höre, übertrage. Beides etwas, so nicht hoch genug zu schätzen ist.

Armes Kind, das in diesen zarten, entscheidungs- vollen Jahren zu Hause und bis es in die Schule kommt, von Gott und göttlichen Dingen so zu sagen nichts erfährt, nichts sieht, nichts hört. Da sein kindliches Herz für Gott und das Höhere ver- schlossen und kalt geblieben ist, wird es nun später sich noch wahrhaft und nach Gebühr dafür erschlie- ßen? Da es von Vater und Mutter, deren Ver- halten in jenen zarten Jahren die einzige Norm und Maßgabe ist, nie etwas von Gott, vom gött- lichen Heilande, von Maria, von Kirche und Got- tesdienst u. s. w. vernimmt, sieht oder hört, wird ihm da dies Alles nicht völlig gleichgültig bleiben, weil es ja dem Vater, der Mutter auch gleichgül- tig ist?

Unersetzlicher Ausfall! Unersetzlicher Schaden!

Freilich soll das, was wir hier angedeutet ha- ben, im Allgemeinen zum Vollzug kommen, - und es ist eine ganz wesentliche Bedingung der rechten, echt christlichen Entwicklung des Kindes, – so muß (wir wiederholen es) die Mutter selbst vom Geiste echter Gottesfurcht und Frömmigkeit beseelt sein. Ohne dies ist es eben gar nicht möglich. Eine wahrhaft christliche Mutter aber wird das alles so fast von selbst thun; sie wird es um so mehr, um so besser und daher mit desto 70 reicherem Erfolge thun, je mehr sie eben eine wahr- haft christliche Mutter ist.

Wie viel – wir müssen es immer wiederholen – wie viel liegt also daran, daß unsere Mütter wahre, echte, christliche Gottesfurcht und Frömmig- keit zu eigen haben! Möchten das alle Mütter erkennen, und daher aus allen Kräften das er- streben, ohne welches sie zu ihrem eigenen und ihrer Kinder Verderben ihrer heiligsten Verpflich- tung untreu werden müssen!

Das Vorgehen gegen die Fehler der Kinder.

Mehr als einmal wiesen wir darauf hin, wie durch die Huld des Herrn und in Kraft des Heils- werkes Jesu Christi bei der in der h. Taufe sich vollziehenden Wiedergeburt die Seele des Kindes, sein Herz gleichsam umgeschaffen worden in einen herrlichen Himmelsgarten, in welchem die freigebige Hand des Herrn die gewissermaßen dem Urgrunde Seines eigenen Wesens entnommenen kostbaren Keime aller jener großen Grundtugenden des christ- lichen Lebens und die Samenkörner jeglicher Tu- gend und alles dessen, woraus eine immer höhere Aehnlichkeit des göttlichen Wesens ersprießen mag, tief eingesenkt hat. Den Eltern und in den ersten Jahren ganz vorwiegend der Mutter hat dann der Herr diese wahrhaft göttliche Schöpfung, diesen Gottesgarten anheimgegeben, daß sie ihn hege und pflege.

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Aber ach, neben und zwischen diesen himmlischen Keimen und Samenkörnern finden sich auch die Keime und der Samen des Unkrauts, das traurige Erbe der Stammeltern, ach, vielleicht auch der eigenen Eltern des Kindes. „Und als die“ (Gottes-) „Saat wuchs, da ließ sich auch das Unkraut sehen.“ Es sind die bösen Neigungen der erbsündig ver- derbten menschlichen Natur, welche nach dem an- betungswürdigen Rathschlusse Gottes durch die Taufe nicht beseitigt, sondern unter dem in der Taufe verbürgten Beistande der Gnade vom Men- schen selbst – zu seinem desto größern Heile - durch Kampf und Streben überwunden werden sollten. Und leicht ist die Macht dieser bösen Nei- gungen, insofern sie ihren Grund in der Erbsünde haben, noch gemehrt und erhöhet durch den hohen Grad der Entwickelung, welche dieselben in dem Herzen der Eltern in Folge ihrer Sünden und Verkehrtheiten zur Zeit, als das Kind von ihnen geboren ward, zu eigen hatten.

So treten denn die Auswüchse dieses im Kin- desherzen begriffenen Unkrauts schon früh, schon im zarten Kinde in allerlei Unarten und Verkehrt- heiten und Fehlern zu Tage. Wer wüßte es nicht? Kann es insbesondere der Mutter, wo anders sie nicht von jener verkehrten Liebe zu ihrem Kinde verblendet ist, entgehen? Und daher ist es ihre Pflicht, und ein ganz wesentlicher Theil der Auf- gabe ihres Mutterberufes, daß sie – und zwar von der frühesten Jugend ihres Kindes an darauf bedacht sei und es sich angelegen sein lasse, gegen diese Fehler desselben mit entschiedenem 72 Ernste und mit weiser Vorsicht und mit unermüd- licher Liebe vorzugehen. Wo nicht, so werden diese Fehler mit dem Kinde heranwachsen, um zum Verderben des Kindes nicht allein der üppige Grund von Sünden aller Art zu werden, sondern auch das Wachsthum und Gedeihen jener göttlichen Keime und Samenkörner auf's Wesentlichste zu be- hindern, ja ganz und gar zu Schanden zu machen.

Möchten doch alle Mütter es einsehen und ge- bührend würdigen, wie wichtig, ja wie nothwendig es ist, daß sie dieses Vorgehen gegen die Fehler ihrer Kinder schon in der frühesten, zartesten Ju- gend derselben beginnen und schon die ersten Jahre der Kindheit dazu benutzen, um das Kind in rechter Weise zur Ablegung seiner Fehler zu vermögen! Handelte es sich, wenn das Kind fehlt, eben nur um vereinzelte, gewissermaßen zufällige Fehltritte, so würde die Sache vielleicht weniger Bedenken haben. Aber es handelt sich um Fehler, welche tief im Herzen des Kindes ihre Wurzel haben, um Fehler, denen böse Neigungen zu Grunde liegen, welche, wenn man ihre Auswüchse gewähren lässet, nur zu sehr an Wachsthum und Kraft gewinnen und mehr und mehr jenen unseligen Hang zu den entsprechenden Fehlern, sündhafte Gewohnheiten, Leidenschaften erzeugen.

Nie setzt sich ein Fehler im Menschenwesen so leicht und in so hohem Grade fest, als eben in der frühesten Kindheit; kein Fehler wird schwerer überwunden und ist schwieriger auszurotten, als der, welchen man sich als Kind angewöhnt hat. Wer kennt nicht das Sprichwort: „Jung gewohnt, 73 Alt gethan?“ Lasset ein Kind in seinen ersten Jahren hin mit seinem Eigensinn, mit seiner Starrköpfigkeit, mit seinem Ungehorsam, mit seiner Mißgunst und Eigennützigkeit, mit seinem tückischen und boshaften Wesen, mit seiner Grausamkeit ge- gen Thiere, mit seiner Naschhaftigkeit und Ge- fräßigkeit, mit seiner Eitelkeit und Putzsucht, mit seiner Lügenhaftigkeit u. s. w.; und alle diese Feh- ler werden in ihm heranwachsen und gewissermaßen mit ihm verwachsen, und zur andern Natur werden und im Knaben und Mädchen schwer mehr zu überwinden sein und sich leicht in's ganze spätere Leben hineinziehen, als giftige Wurzeln, welche das Unkraut der Sünde immer von Neuem ersprießen lassen und das Wachsthum echt christlichen Wesens auf's Wesentlichste behindern – nur zu leicht zum zeitlichen und ewigen Verderben.

Und doch hätte dieses Unkraut in den Jahren der Kindheit so leicht ausgerottet werden können! Also ernstwichtige Pflicht und Aufgabe ganz ins- besondere der Mutter, weil sie mehr Gelegenheit hat, am Ende es auch besser versteht, in den zarten Jahren den entsprechenden Einfluß auf ihr Kind auszuüben.

Daher soll sie Acht haben auf die Fehler ihrer Kleinen. Vielleicht tritt der eine oder andere Feh- ler besonders an ihnen hervor. Und dann nicht lange zugesehen und gewartet! Nicht denken, das Kind ist noch so jung, es versteht nichts davon; später werde ich schon Sorge haben. O nein! je früher, desto besser; nur früh gelingts. Es thut nicht Noth, daß das Kind die Häßlichkeit des 74 Fehlers schon einsehen könne; genug, wenn es weiß, es darf das nicht thun, die Mutter, (der Vater) will's nicht haben, und dann sich desselben entwöhnt und von ihm loskommt, vor ihm bewahrt bleibt. Also die Mutter lasse die Kinder – vielfach selbst dann schon, wenn sie noch kein Selbstbewußtsein (Verstand) haben – mit keinem Fehler hin! Sie sage es dem Kleinen mit aller Liebe und Mütter- lichkeit, etwa: Das darfst du nicht; das mußt du nicht; das ist nicht recht; oder: Das ist dem lieben Gott mißfällig; dann bist und wirst du kein gutes Kind; oder: Dann geht's dir nicht gut; dann kommst du nicht in den Himmel u. s. w. Hilft das nicht, so wird die Sprache ernster; es tritt nach und nach die Drohung einer Strafe hinzu; hilft auch dies nicht, so erfolgt die Strafe, gelin- der oder strenger, für einmal oder wiederholt und anhaltend, wie es der Erfolg erheischt.

Eine wahrhaft christliche Mutter erkennt es als h. Pflicht, ihre Kinder früh ihrer Fehler zu ent- wöhnen und scheuet daher, wenn es zu diesem Zwecke nothwendig ist, auch die Strafe, ja selbst harte Strafe und körperliche Züchtigung nicht. Wenn sich ihr natürliches Gefühl, das Gefühl der Mut- terliebe dagegen sträubt, so weiß sie, daß sie sich dadurch nicht leiten lassen darf, daß es Gottes Wille, und also Pflicht ist, dasselbe zu überwinden, wo immer das wahre Wohl des Kindes es erheischt. Das ist echte, erleuchtete, christliche Liebe, wenn eine Mutter ihr Kind straft, um es von seinen Fehlern zu befreien.

Freilich wird die wahre Mutterliebe die Mut- 75 ter dahin vermögen, daß sie ihr Kind so viel als möglich durch mildere Mittel zur Besserung zu bringen suche; aber führen diese nicht zum Ziele, so scheuet sie auch die strengern Mittel, die Strafe, nicht. Ist das nicht in Wahrheit Grausamkeit gegen das Kind, wenn eine Mutter aus weichlicher Scheu, dem Kinde vorübergebend wehe zu thun, dasselbe mit seinen Fehlern hinläßt und auf solche Art Schuld wird, daß es mit seinen Fehlern heran- wachse und dadurch sein wahres Glück behindert und ihm viel Uebels bereitet wird. Wer hat größere Liebe zu den Menschen, als Gott selbst? Und dennoch, wie scharf züchtigt Er sie nicht selten! „Die ich liebe“, sagt Er selbst, „die züchtige ich scharf.“

Je hartnäckiger ein Fehler am Kinde hervortritt, desto nachdrücklichere Mittel sind oft anzuwenden, desto beharrlicher müssen diese Mittel verwandt werden. Was will es sagen, wenn die Mutter hier und dort das Kind auf seine Fehler aufmerk- sam macht, oder es dafür bestraft, dann aber die Sache wieder gehen lässet; oder wenn sie diesmal und ein anderes Mal straft, dagegen wieder andere Male, vielleicht viel öfter den Fehler ungerügt und un- gestraft hinlässet. Freilich ist das folgerichtige und beharrliche Vorgehen gegen die Fehler der Kinder nicht selten eine Aufgabe, welche große Selbstver- läugnung und schwere Opfer in Anspruch nimmt. Es ist meist viel bequemer, die Kinder mit ihren Fehlern gehen zu lassen. Aber die Mutter bedenke, daß ohne Mühe und Opfer ein christliches Leben überhaupt nicht möglich ist, und daß es hier, wo 76 es sich in solchem Grade um das Wohl des Kindes handelt, doppelt heilige Pflicht ist, sie zu über- nehmen und unter ihnen zu beharren.

Manche Mütter sind nun zwar gegen die Fehler ihrer Kinder nicht gleichgültig, sie gehen gegen die- selben vor; aber in welcher Art? Fast immer lassen sie – besonders bei größern Unarten und Fehlern der Kinder zu Verdruß, zu Zorn und auf- gebrachtem Wesen sich hinreißen. Und nun ist es ein Strom zornmüthiger Worte und Ausdrücke, den sie über die Kinder ergießen, ohne daß eine angemessene Strafe erfolgte; oder es erfolgt freilich eine Strafe, aber wie aus Zorn, so auch voll von Zorn, und daher nur zu leicht im Uebermaße, selbst bis zur Grausamkeit.

Wie traurig! Nützen kann solches Vorgehen selbstredend dem Kinde nicht im Mindesten, nimmer- mehr es zu gründlicher Ablegung seiner Fehler vermögen. Aber wie sehr schadet es ihm! Denn wo bleibt die Achtung vor der Mutter, wenn das Kind sie also in Zorn und Wuthausbrüchen sehen muß? Wo die zarte Liebe des Kindes, wenn die Mutter so grausam über dasselbe losfährt? Und doch sind Achtung und Liebe so nothwendige Be- dingungen einer gedeihlichen Erziehung! Dazu kommt noch das böse Beispiel – von einer Seite, wo ein durchaus gutes Beispiel heilige Pflicht ist!

O möchten doch alle Mütter bedenken, wie streng gerade sie verpflichtet sind, ihren Kindern gegen- über den Zorn beherrschen zu lernen! Mag das nach Umständen recht schwer sein, besonders, wenn die Mutter von Natur zum Zorn geneigt ist, so 77 ist ja der Herr auch bereit, größere Gnade zu ge- ben, um siegreich in Sanftmuth und Geduld zu bestehen. Also nur oft, immer von Neuem den Vorsatz erneuert! Immer von Neuem um die Hülfe der göttlichen Gnade geflehet!

Eine gute Mutter ist bei den Fehlern der Kin- der, so sehr sie auch dieselben fortzuschaffen sucht, doch auch duldsam und vorsichtig; sie vergißt nie, daß es eben Kinder sind, die fehlen, und daß daher ihre Schuld nicht so groß ist. Aber durch solche Nachsicht läßt sie sich keineswegs bestimmen, von einem ernsten Vorgehen gegen ihre Fehler abzu- stehen. Nur geht sie wider dieselben mit Ruhe, Besonnenheit und Ueberlegung vor, bald belehrend, bald warnend, bald strafend, aber nie im Zorn. Und je mehr sie ihre Kinder bei ihren Fehlern mit solcher Ruhe zurechtweist oder züchtigt, desto sicherer kommt sie zum Ziele. Die Kinder begrei- fen es mehr und mehr, daß nur Abscheu gegen ihre Fehler die Mutter leite; sie lernen selbst ihre Fehler verabscheuen, so daß nicht allein die Furcht vor Strafe, sondern auch dieser Abscheu sie vom Bösen abhält und ihre Besserung dadurch desto ge- sicherter ist, wie denn auf solche Art auch ihre Liebe zur Mutter unverletzt bleibt *)Es scheint uns heilsam, hier etliche Fehler besonders hervorzuheben:An erster Stelle komme der Eigensinn, welcher bei Kindern so gern sich geltend macht, gegen welchen eine gute Mutter von frühester Kindheit an mit Ent- schiedenheit auftritt. Sie gewöhnt ihr Kind an Ge- horsam gegen ihren und des Vaters Willen. Was einmal – freilich wohlüberlegt – gesagt und ge- boten ist, daran wird festgehalten, das muß das Kind thun, es gehe, wie es wolle, und müßte es auch durch die nachdrücklichsten Strafen dazu vermocht werden. Wehe, wenn ein Kind merkt, daß es ihm hilft, daß es damit zum Ziele kommt, wenn es auf seinen Kopf besteht! Der Eigensinn, dies große Uebel und Hinder- niß alles Guten, wird in ihm groß wachsen, besonders, wenn das Kind von Haus aus schon Neigung zu solchem Eigensinn verräth. Leicht ist die Gefahr, sich durch unzeitige Liebe zu schädlicher Nachgiebigkeit ver- leiten zu lassen, bei der Mutter am größten. Daher, christliche Mutter, sei auf der Huth! Es ist Pflicht, da wo es sich um Brechung des Eigensinns handelt, die natürlichen Gefühle zu überwinden. Sei versichert, dein Kind wird's dir zur Zeit Dank wissen. Frühe Gewöhnung an Gehorsam ist Bedingung und Bürg- schaft für den Gehorsam gegen Gott, d. h. für ein christliches und also auch glückliches Leben.Demnächst kommt die Eitelkeit und Putzsucht, besonders bei Mädchen. Wie nachtheilig und verderb- lich tritt dieser Fehler bei Erwachsenen auf. Abge- sehen von dem Verluste an Zeit und Vermögen, welche derselbe mit sich zu führen pflegt, wirkt er höchst ver- derblich auf's Herz, macht, daß dasselbe in dem eiteln Tande nichtigen Putzes aufgehe, den Sinn für Gott und Höheres mehr und mehr einbüße, und ist leicht, leider auch nur zu oft der Grund, daß man das kostbare Gut der Unschuld verliere und den traurig- sten sittlichen Verirrungen anheimfalle. Und wie oft wird der Grund zu diesen Fehlern schon in den Jah- ren der Kindheit – von der eigenen Mutter des Kindes gelegt. Sie lässet das Kind mit seiner ihm angebornen Eitelkeit hin, ja nährt und fördert dieselbe gradezu. Oder ist es nicht reiche Nahrung für die- selbe, wenn das Kind wahrnimmt, wie oft und mit welcher Angelegentlichkeit die Mutter von Kleidung und Putz spricht, wie viel Gewicht sie darauf legt, wie viel Umstände sie dafür macht, wie sehr sie sich darin gefällt? Oder, wenn die Mutter so viel We- sens macht mit dem Anzuge des Kindes, so viel Sorge und Kosten und Zeit darauf verwendet und zwar mit einer Wichtigkeit, als sei das bei Weitem die Hauptsache.Kein vernünftiger Mensch zweifelt, daß es Aufgabe und Pflicht der Mutter ist, ihre Kinder auch in Be- treff der Kleidung zur Ordnung und Reinlichkeit, ja selbst zu einer gewissen Nettigkeit (um so zu sagen) anzuhalten und anzuleiten. Ordnung und Reinlichkeit in der Kleidung, ja bis zu einem gewissen Grade etwas hübsches und Schönes im Anzuge kann einen heilsamen Einfluß selbst auf die sittliche Verfassung des Herzens üben, während Unordnung und Unrein- lichkeit nur zu leicht der Unsittlichkeit Vorschub leistet. Aber eben so sehr ist es Pflicht, alles das zu meiden, was die Eitelkeit und Putzsucht in den Kindern gradezu fördert. Dahin gehört, was wir eben schon erwähnten; oder, wenn die Mutter gar so viel We- sens mit dem Anzuge der Kinder macht, als sei das eine Hauptsache; wenn sie so unmäßig viel Zeit und Kosten darauf verwendet; wenn sie das Kind in sei- nem Anzuge oder Kleidungsstücke so viel anerkennt, erhebt und bewundert, insbesondere, wenn sie es gradezu darauf ablegt, das Kind in ungewöhnlicher, auffälliger Weise herauszuputzen und vor andern Kindern auszuzeichnen, und so selbst mit ihren Kindern Eitelkeit treibt. Heißt das nicht, das arme Kind mit vollen regeln in das Unwesen der Eitelkeit hinein- fahren? Wem es beschieden ist, in einer größern Stadt zu wohnen, der findet nur zu oft Gelegenheit, solchen Kindern zu begegnen, welche von ihren thörich- ten Müttern also aufgeputzt sind. Man könnte sich versucht finden zu glauben, es seien Commödianten- kinder. Was für ein Geist wird durch solche Schau- spieleranzüge in den Kindern genährt? Der christ- liche gewiß nicht. – Und wie wenig ist dabei oft der zarten und christlichen Züchtigkeit und Scham- haftigkeit Rechnung getragen! – O christliche Mütter, seid doch nicht so grausam gegen eure Kinder! Nähret doch nicht so geflissentlich das Unwesen der Eitelkeit in ihnen – zu ihrem Verderben! Behauptet in der Art, euere Kinder zu kleiden, bei aller Rücksicht auf die Anforderungen des Standes doch eine gewisse Be- scheidenheit und Mäßigung! Weiset euere Kinder früh darauf hin, daß der wahre und schönste Schmuck des Menschen darin bestehe, daß er ein sün- denreines, mit christlichen Tugenden ausgestattetes Herz habe.Wehe, wenn ihr selbst mit eueren Kindern Eitel- keit treibet, indem ihr sie so unmäßig zieret, um vor Andern mit ihnen zu glänzen! Heißt das nicht, das wahre Wohl euerer Kinder, indem ihr das Uebel der Eitelkeit in ihnen nähret, auf's Spiel setzen, um euere Eitelkeit zu befriedrigen? heißt das nicht, der Seele eurer Kinder schaden, um eurer Eitelkeit zu schmei- cheln? In der That, das ist so ewas von der Art jener Mütter, welche ihre Kinder – opfernd – in die glühenden Arme des Moloch werfen!Kommen wir zu einem andern Fehler, der gleich- falls in der Kinderwelt nur zu sehr vertreten ist; es ist die Lügenhaftigkeit. Brauchen wir die Häß- lichkeit und Verderblichkeit dieses Fehlers erst aus- einanderzusetzen? Wahrheitsliebe und Abscheu vor Lügen gehört wesentlich zu dem echt christlichen Geiste; nie wird Jemand, dem es mit seinem Christenthum aufrichtig ernst ist, sich dazu verstehen, zu lügen. So viel Jemand sich wenig oder nichts daraus macht, so viel zeigt er dadurch, daß es noch sehr bei ihm fehle. Würde wohl die h. Jungfrau auch nur zur geringsten Lüge sich verstanden haben? Eher zur Hingabe ihres Lebens! – Dazu kommt, daß das Lü- gen der abschüssige Weg ist zu vielen andern Fehlern. – Also, christliche Mutter, tritt bei deinen Kindern gegen diesen Fehler ein! Lasse das Verderben dessel- ben nicht über selbe kommen! Kinder kommen leicht zum Lügen und, wenn man sie damit lässet, zur ver- derblichen Gewohnheit desselben. Also warne dein Kind; belehre es zur Zeit über die Häßlichkeit des Lügens. Halt streng darauf, daß es stets und in Allem die lautere Wahrheit sage! Wo nicht, so folgt Rüge und Strafe. Suche es, wo es wirklich oder doch wahrscheinlich gelogen hat, zum Bekenntniß zu bringen; bekennt es aufrichtig und mit Leid, so tritt Milderung, vielleicht selbst Nachlaß der Strafe ein. – Fern sei es, daß du selbst deinen Kindern das Beispiel des Lügens gebest oder gar sie zum Lügen anleitest und veranlassest!Gottes Segen über jedes Haus, in dem man die Lüge haßt und meidet!Vielleicht leidet ein und anderes Kind an einer reizbaren, heftigen Natur; es geräth leicht in Zorn, wird aufgeregt, schimpft, flucht, tobt u. s. w. Läßt man's damit, so wächset der Jähzorn in ihm heran, der in der Reibe der Hauptsünden steht, d. i. jener Fehler, welche die besonders ergiebigen Quellen von Sünden und zwar von Sünden recht schlimmer Art zu sein pflegen. Wie schwer wird er überwunden, wenn er bereits im Menschen herange- wachsen und zur andern Natur geworden ist! Und wie störend greift er in das eigene Wohl und meist in das Wohlsein Vieler ein!Merkst du also, christliche Mutter, daß dein Kind an diesem Fehler leide, so säume nicht, von früh an denselben zu zügeln und es davon zu befreien. Belehre, ermahne, rüge, strafe – immer von Neuem nach Maß der Heftigkeit des Fehlers. Ruhe nicht, bis es dir mit Gottes Hülfe gelungen. – Freilich, wenn du selbst an diesem Fehler littest, wenn das Kind, das zum Zorne geneigt ist, vielleicht nur zu oft deine Zornausbrüche wahrnehmen oder gar an sich erfahren muß, wie soll dann ihm Hülfe von dir werden? Ach, du stößest es in seinen Fehlern nur tiefer hinein, festigst es darin. Wehe!Vielleicht hängt mit dem letzten Fehler ein anderer zusammen – ein gewisses liebloses, selbstsüch- tiges Wesen. Dasselbe tritt zu Tage den Geschwistern gegenüber: das Kind ist eigennützig, es gönnt den Geschwistern nichts, es entzieht ihnen gern das Ihrige; es ist ungefällig; es kränkt dieselben durch Wort und That, kann sich mit ihnen nicht vertagen u. s. w. Oder jenes verkehrte Wesen gibt sich kund andern Kindern oder den Mitmenschen überhaupt gegenüber: das Kind hat keinerlei Theilnahme für fremde Noth, es gibt und hilft andern Kindern nicht, wo es kann, es hadert und zankt leicht mit ihnen, schimpft sie aus, entzweiet, rauft sich mit ihnen u. s. w. Lauter Aus- wüchse jener Selbstsucht und Lieblosigkeit der verderb- ten menschlichen Natur. Läßt man sie im Kinde ge- währen, tritt man nicht dagegen ein, so wächset in ihm jener Egoismus heran, den man heut bei so Vielen findet, und es bleibt ohne jene Tugend, welche zur Grundverfassung des christlichen Lebens gehört, ohne wahre Nächstenliebe. Wie viele Ursache, ihren Mangel in der Welt zu beklagen! Und doch ist man ohne wahre Nächstenliebe kein rechter Christ und hat nicht die Hoffnung des Heiles. Der Grund dieser traurigen Erscheinung liegt nur zu oft schon im Kin- desalter: die Mutter hat das Kind mit seinen manch- fachen Verstößen gegen die Liebe hingelassen und es ist nicht an Liebe gewöhnt.Christliche Mutter, halte es für einen der wichtig- sten Punkte in der Erziehung, deine Kinder durch Belehrung, Ermahnung, Warnung, Rüge, Strafe und durch Gebet dahin zu bringen, daß sie Alles meiden und ablegen, was wider die Liebe verstößt, zunächst den Geschwistern und Hausgenossen, dann aber überhaupt allen Menschen gegenüber. Lasse sie an dir das Beispiel echter, herzlicher Nächstenliebe er- fahren!

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Gewisse Fehler walten im Kinde mit einer Hart- näckigkeit, welche alle Bemühungen der Mutter zu 79 Schanden zu machen scheint. Soll sie da den Muth aufgeben und die Sache gehen lassen, wie 80 sie eben geht? Das sei fern! Was thut nicht eine Mutter, wenn ihr Kind an einem körperlichen 81 Fehler leidet? Alles bietet sie auf, um es davon zu befreien; alle Mittel wendet sie, so viel an ihr 82 ist, an, alle Aerzte nimmt sie in Anspruch. Und die so viel schlimmern Fehler an der Seele sollte 83 sie gewähren lassen? O nein! Sie kann von dem Verlangen, von der Hoffnung, ihr Kind davon befreit zu sehen, nicht lassen. Hilft ihr Bemühen allein nicht, so nimmt sie den Vater zu Hülfe; sie beräth sich mit einsichtigen Freunden, mit den Geistlichen; sie sucht deren Beistand. Und führt Alles nicht zum Ziele, so ist ja der Herr ein mäch- tiger Helfer. Zu Ihm nimmt sie, wie zu jeder Zeit, so nun um so angelegentlicher ihre Zuflucht, zu Ihm stehet sie in unablässigem Gebete, daß Er mit mächtiger Gnade zu Hülfe eile und den bösen Sinn des Kindes breche und es von seinen Fehlern befreie. „Was bei den Menschen un- möglich ist“, spricht der Herr, „das ist bei Gott möglich.“

Die Huth der h. Scham und Unschuld.

Freunde auserlesener Blumen, welche in der Lage sind, solche in größerer Zahl zu halten, ha- ben wo möglich ein Treibhaus. In demselben werden insbesondere fremde Blumen und Pflanzen, 84 welche an ein wärmeres Klima gewohnt sind, in den kälteren Jahreszeiten aufbewahrt, um sie vor den schädlichen Einflüssen des Wetters und über- haupt zu schützen, um sie in der Obhut des Treib- hauses und durch die dort herrschende Wärme zu hegen und ihr Wachsthum zu fördern.

So eine Art Treibhaus sollte nun insbesondere durch die Vermittlung der Mutter jedes christliche Haus sein – zum Schutze, zur Obhut, zur För- derung des Wachsthums – für eine der kostbarsten, schönsten, duftreichsten Blumen. Sie stammt aus fernem Himmelsland; Jesus unser Herr hat sie vom Himmel her auf die Erde gebracht und sie gepflanzt in den blumenreichen Garten seiner heil. Kirche. Da hat sie nun geblüht von Anbeginn, um durch ihre Schönheit und mit ihrem reichen Dufte wie das Herz Gottes, so tausend und tau- send Menschenherzen zu erfreuen. Sie ist von zarter Natur; nur zu leicht wird sie verletzet vom kalten Hauche der Welt und von ihren argen Ein- flüssen, daß ihre Schönheit welke und ihr Duft schwinde und sie elendiglich vergehe. Darum be- darfs auch für sie gleichsam eines Treibhauses, einer schützenden Obhut; das christliche Haus soll dieses Treibhaus sein, die christliche Mutter ihre Obhut.

Welche ist diese kostbare Himmelsblume? Es ist die h. Reinigkeit, die Tugend der Keuschheit. Wer kännte und schätzte nicht ihren Werth, wer fühlte sich nicht angezogen durch ihre Schönheit, wer nicht erfreuet durch den Duft, den sie um sich verbreitet. Ist sie es ja, welche in dem Herzen, das von ihr 85 geheiliget ist, den höchsten Frieden schaffet; sie ist das feste, sichere Fundament des wahren Lebens- glückes, sie die Bürgschaft für Gottes Liebe und Gnade, sie die sicherste Gewährschaft des ewigen Himmelsglückes. Und wo ist eine Tugend, die so reiche Segnungen nach allen Seiten um sich ver- breitete, als die Tugend der Keuschheit? Aber sie ist eine gar zarte Tugend, ganz einer zarten Blume ähnlich, welche durch jede unzarte Berührung, durch jeden kalten Hauch des Wetters verletzt wird. Darum soll nach Gottes h. Willen auch das christ- liche Haus ihr zur Obhut und zum Schutze dienen; da soll sie sicher geborgen sein; da soll vor Allem durch die Sorgfalt der christlichen Mutter Alles fern gehalten werden, was ihr schaden, was sie verletzen mag; da soll sie gehegt und gepflegt wer- den. Daher unsere Ueberschrift: Die Huth der h. Scham und Unschuld.

Ach, draußen in der Welt ist's für unsere zarte Himmelsblume vollends in unsern Tagen gar schlecht bestellt, da drohen ihr tausend Gefahren, da werden ihr tausend Nachstellungen bereitet, da wehen Stürme, da herrschet Kälte, da schleichet das Gezücht von allerlei Ungeziefer, da geht die h. Unschuld, die Keuschheit nur zu leicht zu Grunde. Wehe, wenn auch im Schooße der Familie für sie nicht Schutz und Obhut mehr wäre, wenn auch im Heiligthume des christlichen Hauses ihr Gefahren bereitet wür- den! Nein, der christliche Vater und fast noch mehr die Mutter hat Sorge und ist darauf be- dacht, daß hier im Hause eine h. Zucht walte – 86 stets und überall, im Reden, im Verhalten, in den Verhältnissen.

Eine h. Zucht herrscht in Beziehung auf die Gespräche. Kein zweideutiges, unanständiges Wort darf hier laut werden; unpassende Scherze und Lieder kennt man nicht; nie bilden unan- ständige Dinge und Vorfälle den Gegenstand der Gespräche.

Unanständige Reden, Scherze, Lieder sind schon an sich verwerflich und sündhaft; unanständige Dinge sollen, nach der Ermahnung des h. Apostels, von Christen nicht einmal genannt, viel weniger soll darüber gesprochen werden. Aber wie groß ist ferner der Schaden, das Verderben, welches solche Reden und Scherze in den Redenden und Hören- den zu Wege bringen! Sie sind eine wahre Pest, sie sind Samenkörner der Unzucht, durch leicht- sinnigen Menschenmund ausgestreuet in die Her- zen, um in unreinen Gedanken, Gelüsten, Werken aufzusprießen. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß in tausend und tausend Seelen, welche nun im Laster der Unkeuschheit zu Grunde gehen, der Grund dieses Verderbens durch unanständige Reden gelegt worden ist. Schaffe die unkeuschen Reden und Scherze von der Erde fort, und Tausende, die im Dienste der Unzucht so unglücklich sind und werden, werden das hohe Gut der Keuschheit nie verlieren, werden unter ihrem Segen zeitlich und ewig glück- lich sein. „Böse Reden“, spricht der h. Geist, „verderben gute Sitten.“ Welch ein unbarmherzi- ges Gericht wird daher über die ergehen, welche sich solcher Reden unmittelbar oder mittelbar (da- 87 durch, daß sie dieselben nicht verhinderten, wo sie konnten und sollten) schuldig machen!

Solche unanständige Reden, Scherze, Unterhal- tungen, Lieder werden in einem christlichen Hause nicht geduldet, sondern auf's Sorgfältigste vermie- den und verhütet. Die Mutter hält es für hei- lige Pflicht, in diesem Punkte eine sorgfältige Wach- samkeit im Hause zu üben und mit Ernst und Strenge darauf zu halten, daß kein unanständiges Wort gehört werde. Sie hat auf die Dienstboten und Tagelöhner ein wachsames Auge, daß sie nicht, wie es leider nur zu oft der Fall ist, in Gegen- wart der Kinder unvorsichtige oder unehrbare Re- den führen. Geschieht das, so wird es mit Ernst und Nachdruck gerügt, und solche Dienstboten oder Tagelöhner, welche auf Ermahnungen nicht achten, werden so bald wie möglich aus dem Dienste, aus der Arbeit entlassen. Wie manches Kind (wie mancher jüngere Dienstbote) verliert durch den Leichtsinn und durch die Schlechtigkeit solcher Men- schen seine Unschuld, sein kostbarstes Gut! *)Von einer Hansfrau auf dem Hofe N. an der Grenze des Münsterlandes erzählte bei ihrer Beerdigung der Pfarrer: Es war ein neuer Knecht auf den Hof ge- kommen. Obwohl man bei der Dingung vom Dienst- boten ein Hauptgewicht darauf legte, daß dieselben gottesfürchtig und fromm wären, so hatte man sich doch diesmal versehen. Der neue Knecht hatte ein loses Maul, das gar reichlich überfloß von liederlicher Rede. Und wie es denn solchen Unholden eigen ist, daß sie ihr schmutziges Maul bei keiner Gelegenheit halten können, so ließ der Gedachte auch selbst bei Tische Proben seiner schändlichen Redeweise verneh- men. Die Hausfrau ließ es hinlänglich bemerkbar werden, daß dergleichen hier im Hause, zumal in Ge- genwart der Kinder, nicht bräuchlich sei. Vergebens. Von Neuem schmutzige Worte. Da trat sie ruhig hinter den Stuhl, auf dem der Lose saß, und voll- führte rechts und links zwei Ohrfeigen an dessen un- gewaschenem Haupte, daß es sausete. Das half. War das auch ein wenig derb, so hat auch unser Herr einst über gewisse Leute die Geissel geschwungen und wir glauben, Er würde es noch thun über manche der Unholde, worüber hier Rede ist. Jedenfalls ist es Pflicht, gegen solches Unwesen ernstlich vorzugehen.

Wehe dem Hause, in welchem derartige Reden sogar in Gegenwart der Hausfrau ungestört ge- führt werden dürfen, ja wo der Hausherr, die Hausfrau selbst leichtsinnig oder schlecht genug wären, um einzustimmen.

Es ist ferner in einem christlichen Hause Regel, daß über gewisse unzüchtige Vorfälle in der Ge- meinde überhaupt, und zumal in Gegenwart der 88 Kinder oder jüngeren Hausgenossen, nicht gesprochen werde. O, warum wird doch im Sprechen keine größere Vorsicht gebraucht?! Die Kinder sind lei- der oft in diesem Punkte so vorwitzig; sie horchen so aufmerksam auf, wo über schlüpfrige Gegen- stände Rede ist, sie haschen jedes Wort auf, sie denken darüber nach, sie fragen und sprechen weiter darüber bei ihres Gleichen, und so wird eine zu Hause gehörte unvorsichtige Aeußerung bei ihnen nur zu leicht die Quelle eines großen Verderbens. „Ein kleiner Funke“, sagt der Apostel, „welch einen großen Brand entzündet er oft!“*)Für Mütter auf dem Lande (oder welche es sonst be- trifft) haben wir noch die Warnung beizufügen, daß sie doch um jeden Preis darauf bedacht seien, gewisse Vorgänge mit dem Viehe (die Begattung etwa der Kühe, der Pferde u. s. w.) den Augen der Kinder zu entziehen. Welch eine unbegreifliche Rücksichtslosigkeit hat in diesem Punkte nicht selten Platz! Mit der größten Gleichgültigkeit läßt man es zu, daß so etwas unter den Augen der Kinder stattfinde; ja man ver- anlaßt es sogar, indem man die Kinder dabei zu hülfe nimmt. Wie ist es möglich?! Sieht man denn nicht, daß Solches geradezu darnach angethan ist, um das Schamgefühl auf die nachtheiligste Art zu verletzen und gefährliche Versuchungen und Sünden wider die h. Reinigkeit herbeizuführen? Es ist unbe- greiflich, wie es Eltern geben kann, die das nicht einsehen; es ist eine Rücksichtslosigkeit, welche wegen der nur zu leicht daraus sich entwickelnden üblen Fol- gen nicht genug bedauert werden kann. Darum euch, christliche Mütter, sei's an's Herz gelegt, in diesem Punkte die zarteste Rücksicht und Vorsicht walten zu lassen; es ist insbesondere euere Sache und heilige Pflicht für euch; etwaige Mühe und Unbequemlichkeit kann euch unmöglich davon dispensiren. Um jeden Preis sollt ihr zu verhüten suchen, daß solche Dinge nicht in Gegenwart der Kinder geschehen, so viel möglich selbst dann nicht, wenn sie schon mehr er- wachsen sind.

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Die christliche Mutter hält ferner auf Züchtigkeit und Ehrbarkeit in der Kleidung. Es ist hier nicht Rede von Kleidern, welche an sich unanständig sind. Solche Kleider, die in ihrem Schnitte, in ihrer ganzen Art unanständig sind, unanständige Moden wird eine gewissenhafte Mutter im Hause nicht dulden. Hier ist Rede von jener Unsitte, wonach in manchem Hause zu gewissen Zeiten, z. B. am Morgen oder im Sommer, wenn es heiß ist, oder bei gewissen Arbeilen, die Unvoll- 90 ständigkeit der Kleider die gute Sitte und den An- stand verletzt. Mit Strenge soll daher die Mutter darauf halten, daß die Kinder nie ihr Schlafgemach verlassen, ohne wenigstens in sofern angekleidet zu sein, daß Anstand und Schamhaftigkeit nicht ver- letzt werden, daß sie sich vernünftiger Weise nicht zu schämen haben, auch von Fremden gesehen zu werden. Wie sehr steht's zu bedauern, wenn die kleinen Kinder Morgens, man möchte sagen halb- nackt, mit unbedeckten Füßen, im bloßen Hemde u. s. w. im Hause herumlaufen oder außerhalb des Hauses gesehen werden. Ist das geeignet, ihrer Gesundheit zu schaden, so ist es noch viel schlimmer, daß auf solche Art alle Zartheit des Schamgefühls, die so wichtig ist, nach und nach abgestreift wird. – So auch im Sommer; nie kann größere Be- quemlichkeit oder Annehmlichkeit, oder sonst etwas berechtigen, den Kindern die Ablegung ihrer Kleider in einer Art, welche den Anstand verletzt, zu ge- statten. *)Es muß überhaupt auch in Betreff der Erwachsenen wünschenswerth erscheinen, daß, wie es gewöhnlich bei Mannspersonen der Fall ist, auch die weiblichen Per- sonen in einem Hause gleich am Morgen vollständig, d. i. so wie sie den Tag über erscheinen, gekleidet ihr Schlafgemach verlassen möchten; wenn das aber viel- leicht nicht immer sich ausführen lässet, so ist es den- noch Pflicht, gleich am Morgen so gekleidet zu er- scheinen, daß es Anstand und Schamhaftigkeit nicht verletze, daß man vernünftiger Weise sich nicht zu schämen habe, auch von Andern, als den Mitgliedern des Hauses, gesehen zu werden. Auch hier kann im Sommer nie größere Bequemlichkeit oder Annehm- lichkeit das Recht und die Befugniß geben, sich auf eine Weise zu kleiden, daß es wider die heilige Scham- haftigkeit sei, in leichter Umhüllung, in unanständiger Weise. Ohne Zweifel sind dies Winke, die in man- chem Hause alle Berücksichtigung verdienen, Winke, deren Vernachlässigung oder Beiseitsetzung viel Böses im Gefolge hat.

So wichtig es ist, daß die h. Reinigkeit, die Tugend der Keuschheit, die Unschuld unverletzt er- 91 halten werde, so strenge soll die h. Zucht nach allen Seiten hin gehandhabt werden; daher kommen wir zu der Forderung, daß alle zu enge gefährliche Ge- meinschaft der verschiedenen Geschlechter im Hause auf alle Weise verhütet werde. Die christliche Mutter wird um jeden Preis dafür sorgen, daß ihre Kinder verschiedenen Geschlechtes, d. i. Mäd- chen und Knaben, nicht in der nämlichen Stube, oder gar im selben Bette zusammen schlafen, eben so nicht die Kinder mit den Dienstboten des an- dern Geschlechtes. Ist solches Zusammenschlafen immer, auch schon bei ganz kleinen Kindern be- denklich, so ist es vollends unverantwortlich, dasselbe noch zu gestatten, wenn die Kinder schon zu den Jahren des Verstandes gekommen sind. Gott weiß es, wie viel Unheil hiervon seinen Ausgang nimmt. Wie ist es doch möglich, daß manche El- tern in diesem Punkte so rücksichtslos, so schrecklich leichtsinnig zu Werke gehen, als hätten sie keinen Verstand oder kein Gewissen! – Ebenso gewissen- los und leichtsinnig ist es, wenn Eltern ihre schon heranwachsenden Kinder noch immer bei sich oder auch nur in der nämlichen Stube mit sich schlafen lassen. – Jeder, welcher nur in etwa ernst und 92 gewissenhaft diesen Punkt betrachtet und bedenkt, in welche Gefahren die Unschuld der Kinder in dieser Hinsicht gerathen, wie leicht sie für immer Schiffbruch leiden könne, wie sehr jedenfalls das Schamgefühl verletzt werde, der muß anerkennen, daß es eine heilige und strenge Pflicht für Eltern sei, alles Mögliche zu thun, es in jeder möglichen Art zu überlegen und keine Mühe und kein Opfer dafür zu scheuen, daß die Kinder nach ihrem Ge- schlechte getrennt in verschiedenen Betten und an verschiedenen Stellen schlafen; und sollte man dürf- tigkeitshalber selbst genöthigt sein, Andere zu sol- chem Zwecke um Beisteuer angehen zu müssen. - Wahrlich eine Sache, die man, ihrer Wichtigkeit wegen, rings von den Dächern predigen möchte. *)Gewissenhafte Herrschaften werden eben so Sorge ha- ben, das Knechte und Mägde ihre Schlafstätten in gehöriger Entfernung von einander haben und sie ihnen auch sonst nicht Gelegenheit und Anlaß zu ge- fährlicher Gemeinschaft geben. Jedenfalls ist es Pflicht für sie, hierin alle mögliche Rücksicht zu nehmen, um, so viel immer in ihren Kräften steht, Gefährliches zu hindern. Derjenige, welcher das über diesen Punkt Gesagte übertrieben und unzeitig nennen möchte, kennt nicht die Verheerungen, welche die Vernachlässigung dieser Rücksichten in jungen Seelen zu Wege bringen mag. Es ist im günstigsten Falle eine, dennoch bedenkliche Gedankenlosigkeit, aber nur zu oft schnöder Leichtsinn und frevelhafte Rücksichtslosig- keit und Gewissenlosigkeit, wenn man das Ge- sagte nicht einsehen will und sich nicht darum kümmert.

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Wie wenig wird ferner in manchen Häusern das Schamgefühl respektirt und gehegt; wie manches geschieht und wird zugelassen, wodurch dasselbe mehr und mehr abgestumpft wird. Wir würden An- stand nehmen, darüber hier zu sprechen, wenn wir nicht das Bewußtsein hätten, daß die Wichtigkeit der Sache uns dazu ein Recht gebe. So ist es übel, wenn die Mutter es nicht verhindert, daß die kleinen Kinder beim Sitzen, Liegen, Spielen allerlei unanständige Entblößungen sich erlauben; denken sie auch nichts dabei, das Schamgefühl wird von früh an dadurch abgestumpft. Auch in der Art, die kleinen Kinder zu stillen (ihnen die Mut- terbrust zu bieten), sollte vielfach von den Müttern der h. Scham mehr Rechnung getragen werden. Hierher gehört auch, wenn die Mütter ihre Kinder nicht anleiten und anhalten, daß sie beim Verrichten ihrer Nothdurft sich zurückziehen, wo sie nicht ge- sehen werden, daß sie es nicht so offen und vor den Augen der Menschen thun. Wie viel Scham- losigkeit und Rücksichtslosigkeit herrscht in dieser Hinsicht nicht selten bei Erwachsenen; es ist ganz unbegreiflich, es ist ein trauriges Zeichen, wie sehr in Vielen jenes h. Schamgefühl erstorben ist. Und doch ist gerade diese h. Scham, dieses Schamgefühl von Gott in die Menschennatur hineingelegt, daß es gehegt und zu lebendiger Aeußerung gefördert, wie ein Damm sei, wider das Andringen der Un- lauterkeit, eine Umzäunung der h. Unschuld, eine Abwehr alles dessen, was der Reinheit der Seele gefährlich oder nachtheilig ist. Ist die Umzäunung hinweggerissen, dieser Damm fortgeschwemmt, ist 94 die Scham aus dem Menschen verschwunden, so steht er aller Schande der Unlauterkeit offen, so ist er zu Allem fähig und kommt, wo die Gelegen- heit es bringt, leicht zu Allem. Eben darum ist es von unendlicher Nichtigkeit, daß dieses heilige Schamgefühl bei den Kindern nicht verletzt werde; daß es geschont, gehegt, gefördert, daß es recht zart erhalten werde und daß man daher im Hause Alles in Wort und That vermeide, was ihm ge- fährlich oder nachtheilig sein könnte.

Möchte doch das hier Gesagte überall die ge- bührende Berücksichtigung finden; auf daß die heil. Unschuld, die Keuschheit in den christlichen Familien eine Zufluchtsstätte, in der Fürsorge der Mutter eine schützende Obhut finde! Jemehr in der Welt in unsern Tagen die Unzucht herrscht und alles höhere Leben zu vernichten und alles wahre Le- bensglück zu stören drohet, – desto mehr herrsche in unsern Häusern die heilige Zucht! Dann wird es, so Gott will, wahr werden, daß mehr und mehr in einem solchen Hause ein keusches Geschlecht wohne, keusche, ehrbare Eltern, un- schuldige Kinder und sittsame Dienstboten, und es wird auf ein solches Haus Anwendung finden, was der h. Geist spricht: „O wie schön ist ein keusches Geschlecht im Tugendglanze! denn un- sterblich ist sein Andenken, und bei Gott und Men- schen ist es anerkannt; ist es gegenwärtig, so ahmt man ihm nach, entzieht es sich den Augen, so sehnt man sich darnach und ewig triumphirt es mit der Siegeskrone und trägt den Preis für 95 die Kämpfe unbefleckter Reinigkeit.“ (Buch der Weish. 4, 1-2.)

Die Anleitung.

Ein Gärtner hat durch eine besondere Gunst der Umstände überaus kostbaren Samen zu den selten- sten, herrlichsten Blumen erhalten. Nun hat er denselben dem Boden seines Gartens anvertraut; schon keimt er; schon sprießen die zarten Pflänzchen aus der Erde hervor. Wird er fernerhin unbe- kümmert um dieselben sein? O nein! Er hat große Sorge um sie; er sieht nach ihnen täglich von Neuem, leicht wiederholt am Tage. Nicht ge- nug, daß er mit großer Sorgfalt Alles von ihnen fern zu halten sucht, was ihnen schädlich und ge- fährlich sein würde, so hegt und pflegt er dieselben, wie und so viel er kann, damit sie wohl gedeihen und sich ganz nach ihrer Art zu voller Schönheit und Herrlichkeit entwickeln.

Ein treffender Fingerzeig für christliche Mütter! Was sind die seltensten und schönsten Blumen ge- gen jene Pflänzlinge, welche Gott selbst in des Kindes Herz eingefügt hat?! Samenkörner gleich- sam von Himmelsauen her; – Keime, durch die unendliche Huld des Herrn aus Seinem hochherr- lichen, anbetungswürdigen Wesen selbst in's Men- schenwesen gelegt, auf daß sie da mehr und mehr zur Herrlichkeit der christlichen Tugenden sich ent- faltend den armen Menschen einführen in immer größere Aehnlichkeit mit Gott. An ihnen soll die Mutter eine Gärtnerin sein.

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Mit aller Sorgfalt daher, wir hörten es bereits, mit aller Umsicht sucht die Mutter das Herz des Kindes von dem Unkraut zu entledigen, welches den Bestand und das Wachsthum dieser göttlichen Tugendkeime zu gefährden oder zu behindern drohet; mit zarter Vorsicht sucht sie dieselben vor Allem, was ihnen nachtheilig sein möchte, zu schützen und zu hüten.

Aber sie thut noch mehr. Läßt ja der Gärtner es nicht damit sein Bewenden haben, daß er das Beet, auf dem seine kostbaren Blumen stehen, von allem Unkraut reinigt und sie vor üblen Einflüssen schützt; nein, er hegt und pflegt seine Lieblinge, so viel er kann; er versäumt nichts, was dazu bei- tragen mag, daß dieselben desto schöner heranwachsen und sich entfalten. So also auch die christliche Mutter. Sie lässet es sich, – wie es auch ihre heilige Pflicht ist, – mit aller Sorgfalt angelegen sein, die christlichen Tugenden im Herzen und Le- ben ihrer Kinder zu nähren und groß zu ziehen. Hat der Herr auch die Keime dieser Tugenden in's Kindesherz gesenkt, so thut es ja doch, sollen sie zu der entsprechenden Entfaltung kommen, Noth, daß das Kind, sobald es zu den Jahren der Ver- nunft kommt, in die Gnade Gottes eingehe und zur Entwickelung und Vollendung jener Tugenden mitwirke. Und das ist es, wozu die Mutter das Kind zur Zeit anregen, wozu sie ihm Anleitung geben soll. Ohne diese Anregung und Anleitung wird das von Gott im Kinde grundgelegte Gute schwerlich zur Entwickelung, sicher nicht zur vollen Entfaltung kommen. Es wird sein, wie ein kost- 97 bares Samenkorn, was nicht aufgeht, wie eine Pflanze, die nicht Leben hat.

Feinde des Glaubens haben aus dem Umstande, daß ohne Anregung und Anleitung von Außen der Glaube, die Religiösität, die Liebe zu Gott, die Gewissenhaftigkeit, die Keuschheit und die sonstigen christlichen Tugenden nicht zu Stande kommen, den Schluß ziehen zu dürfen geglaubt, daß alle diese Tugenden nichts, als eitel Angewöhnung von den Eltern oder Andern seien. Die Thoren! Wenn denn die Sorgfalt und Mühe des Gärtners, wenn die heilsamen Einflüsse des Bodens und der Luft, Regen und Sonnenschein bewirken, daß der Keim sich entfaltet und zu einer herrlichen Blume heran- wachset, ist es da der Gärtner, ist es Boden und Luft, Regen und Sonnenschein, wodurch dieselbe hergestellt ist? Würde alles das die Blume her- vorgerufen haben, wenn der Keim nicht schon im Boden gelegen hätte? Aehnlich liegen auch Keime der christlichen Tugenden schon im zarten Kindes- herzen, von Gottes Gnaden; aber mancherlei heil- samer Einfluß von Außen, insbesondere von Seite der Eltern, der Mutter, ist nothwendig, damit sie nach Gebühr wachsen und gedeihen.

Also wieder eine hohe und schöne Aufgabe für die Mutter! Sie soll ihrem Kinde zur Hand gehen, daß so viel an ihr, die Tugenden, welche der Herr in ihm grundgelegt hat, vom ersten An- fang seines Bewußtseins in ihm zur Uebung kom- men, oder was dasselbe ist, sie soll ihrem Kinde Anleitung geben, daß es, sobald es zum Bewußt- sein kommt und also anfängt, als Mensch, in freier 98 Selbstbestimmung zu handeln, in seinem Handeln und Leben sich sofort und fortan als Christ, als Kind Gottes erweise, daß es also christlich, d. i. so wie es den Lehren unserer h. Religion entspricht, denken und urtheilen und sinnen, wünschen und fürchten, reden und handeln lerne, daß es vom ersten Beginne an sofort an Gott glaube, auf Ihn hoffe. Ihn liebe; daß es von Anfang an seine Mitmenschen liebe und Güte und Sanftmuth und Mitleid und Erbarmen gegen sie erweise; daß es von Anfang an bescheiden und demüthig sei und die christliche Geduld übe, und sich beherrschen und überwinden lerne, und sich an Arbeit und Fleiß gewöhne; daß es vom ersten Beginn wahrhaft sei und treu und aufrichtig, daß es das Eigen- thum Anderer achte und redlich und ehrlich sei, und was sonst noch zum christlichen Leben gehört.

Oder soll die Mutter, so lange das Kind noch klein ist, um alles dieses sich nicht kümmern? Soll sie ihre Kinder zunächst eine Zeit lang, vielleicht bis in recht hohe Jahre hinein so hinleben lassen, wie sie eben leben wollen, ohne es sich am Herzen lie- gen zu lassen, daß sie sofort und immerdar als Christen leben? Etwas Ungereimteres und zu- gleich Verkehrteres als das, kann es nicht geben. Also man wollte zunächst eine Zeit lang das Nie- dere im Kinde, seine Natur, welche verkehrt und voll böser Neigungen ist, heranwachsen und groß werden und das Höhere in ihm, die Kindschaft Gottes, die christlichen Tugendkeime ohne Pflege liegen lassen? Der natürliche, vielfach böse Mensch der Heide, sollte heranwachsen und der übernatür- 99 liche Mensch, das Kind Gottes, der Christ sollte unentwickelt und klein und winzig bleiben! Wird dann, wenn endlich später auch dieser, der Christ, gepflegt und zu einem christlichen Leben angeleitet werden soll, derselbe nicht gegen den unterdeß groß und stark gewordenen natürlichen, verkehrten Men- schen in der traurigsten Weise im Nachtheile sein und leicht immer im Nachtheile bleiben? So der Ismael, der Sohn der Magd im Hause Abrahams; als Isaac, der Sohn der Verheißung, geboren wurde, war jener schon herangewachsen; und was geschah? „Und Ismael verfolgte den Isaac.“ (Gal. 4, 29.) – Und ist es nicht Gottes Wille, daß der Mensch sein ganzes Leben Ihm und seinem Dienste weihe? Daß Sein Kind, wozu Er den Menschen in der Taufe hat wiedergeboren werden lassen, von frühester, zartester Jugend an, sobald sein Bewußtsein erwacht, als solches, als Christ sich erweise und lebe, christlich denke und sinne und rede und handele? Der Herr liebt die Erstlinge; grad diese zarten Erweisungen christ- licher Frömmigkeit im Kinde, wie sind sie so kost- bar vor Ihm! O, welch eine Verkennung der Sache und der Wahrheit, keine Sorge zu haben, daß das Kind vom ersten Beginne an seines höch- sten Vorzuges, ein Kind Gottes, ein Christ zu sein, sich würdig erweise! Sehen wir auf die Kinder der Hohen und Großen dieser Welt: Welche Sorge, welches Bemühen, daß die Kinder, sobald sie nur Vorstand haben, sich in Allem so benehmen, wie es der Weise, welche in diesen Kreisen herrscht, den Regeln des Anstandes, der guten Sitte ent- 100 spreche. Und christliche Mütter sollten nicht Sorge haben, daß ihre Kinder, die zugleich Kinder des höchsten Fürsten im Himmel sind, von Anfang an und schon als kleine Kinder sich so benehmen, wie es der Weise, die im Reiche Gottes herrscht, wie es den Regeln des christlichen Glaubens ent- spricht?!

Grad die ersten Jahre der Kindheit, die ersten Jahre nach der Zeit, wo im Kinde das Selbstbe- wußtsein erwacht ist, sind so wichtig und entschei- dungsvoll für's ganze Leben. Und sie sollte man hingehen lassen, ohne das Kind anzuleiten, daß es schon in ihnen sich als Christ verhalte? Wie sehr steht zu fürchten, wie oft ist es der Fall, daß eben, weil man nicht schon als Kind auch als Christ lebte, ein frisches, das ganze Menschenwesen durch- dringendes und beherrschendes christliches Leben nie zu Stande kommt.

Es bedarf wohl kaum der Erinnerung, daß wir, während wir der Anregung des christlichen Lebens schon im zartesten Kindesalter das Wort reden, unmöglich im Sinne haben können, daß dieses christliche Leben beim Kinde schon ähnlich auftrete, wie bei den Erwachsenen. Das hieße ja, Unmög- liches fordern. Aber eben darum, weil Kinder noch nicht nach Art der Größeren Gott dienen und ein christliches Leben führen können, soll beson- ders die Mutter die Vermittlerin für das Kind sein und ihm den Weg zeigen, wie es schon als Kind Christ sein und die Tugenden des christlichen Lebens üben möge. Es hat das oben erwähnte Beispiel von der Muttermilch Platz. Wie der 101 Herr Sorge getragen hat, daß die von der Natur gebotenen und ohne Weiteres für das Kind noch nicht genießbaren Speisen zuvor bei der Mutter sich zur Milch, d. i. zu einer dem kindlichen Körper entsprechenden Nahrung, gestalten; so soll die Mut- ter auch die Obliegenheiten und Weisen des christ- lichen Lebens in einer für das zarte Alter des Kin- des angemessenen Art dem Herzen des Kindes nahe legen und es dazu anleiten.

Eine Aufgabe für die Mutter, welche freilich Aufmerksamkeit und aufrichtiges Bemühen in An- spruch nimmt, aber keineswegs irgendwie zu schwer erscheinen kann. Freilich eine Mutter, welche selbst noch nicht einmal ernstlich angefangen hat, ein christliches Leben zu führen, wird diese Aufgabe nie zu lösen im Stande sein. Darum haben wir ja auch wahre christliche Frömmigkeit als eine der nothwendigsten Erfordernisse zu einer guten Er- ziehung aufgestellt. Aber für eine wahrhaft christ- liche Mutter ist diese Aufgabe nicht zu schwer. Führen wir, um das einzusehen, nur einige Weisen ihrer Lösung uns vor:

Der Glaube. – Die Mutter unterweiset ihr Kind, wie wir schon dargelegt haben, schon früh in kindlicher Weise in den Lehren der h. Religion. Schon das wecket und fördert die Entwickelung des Glaubens. Aber nun gewöhnt sie das Kind, daß es nach dem, was es auf solche Art von Gott und Religion weiß, in seinem Urtheile über den Werth und Unwerth der Dinge, in seinem Reden und Thun sich richte. Das Kind erfährt zeitliche Leiden und Uebel; die Mutter: „Noch schlimmer 102 ist die Sünde. Das Kind erfährt irdische An- nehmlichkeiten und Freuden; die Mutter: „Die Freude eines guten Gewissens, die Freude des Be- wußtseins, Gutes gethan zu haben, ist noch größer.“ Oder, sie erinnert zur Zeit das Kind, daß Gott bei ihm ist, es sieht, daß Gott gütig, daß Er hei- lig, gerecht u. s. w. ist; sie erinnert an die großen Werke der göttlichen Liebe u. s. w. Lauter Uebungen des Glaubens. – Sie leitet das Kind an zum Bitten um Glauben.

Die Hoffnung. – Die Mutter erzählt dem Kinde gern, wie viel Gutes, Großes und Schönes der Herr Jesus den Seinen bereitet und in der Kirche zurückgelassen habe; wenn es größer wird, dann wird es an all demselben Theil haben und dadurch immer besser, frömmer, schöner an seiner Seele werden; dann wird die Mutter es mitnehmen in die h. Messe, wo es so viel Gutes erlangen kann; zur Zeit wird es in der Schule so viel Schönes vom Heilande und Seiner Kirche lernen; es wird einmal selbst den lieben Heiland empfangen dürfen. – Wenn es recht fromm ist, dann wird der liebe Gott und der göttliche Heiland es gar sehr lieben; welch ein Glück! – und sie werden ihm Gutes thun. Dann wird die liebe Mutter des Herrn, die Himmelskönigin, es lieb haben, und alle lieben Engel und Heiligen mit ihr, und sie werden ihm, wenn es sie anruft, alles Gute und Schöne erflehen; und welch ein Heil, endlich, wenn es stirbt! Dann wird der liebe Heiland seine Seele abholen, daß sie bei Ihm im Himmel ewig alle erdenkliche Freude und Seligkeit genieße. – 103 Dann: Wenn du nun recht fromm betest, recht ge- horsam bist u. s. w., so hat der liebe Gott dich lieb, dann dürfen wir hoffen, daß du einst in den Himmel kommst. – Oder, wenn das Kind fehlt (lügt, nascht, ungehorsam ist u. s. w.): „O, Kind, thu das doch nicht! Was muß der liebe Gott, der liebe Heiland sonst von dir denken. Wirst du dann in den Himmel kommen können? Kin- der, die lügen, die ungehorsam sind... – wo- hin werden die einst kommen? in den Himmel nicht!“

Die Liebe. – Wie manches ist im täglichen Leben, was dem Kinde Freude und Lust macht; gern weiset die Mutter immer von Neuem darauf hin, daß alles Gute von Gott kommt, daß das Kind Ihm danken müsse. – Die und die haben Andern Gutes gethan; die Mutter: „O Kind, wie viel mehr Gutes thut uns und auch dir der liebe Gott!“ – Dann spricht sie zum Kinde von der Güte Gottes, von seiner Barmherzigkeit, daß Er unser Vater ist; und von Jesus, wie Er auch aus Liebe zu ihm (dem Kinde), Mensch ge- worden und so viel gelitten und Sein Leben hin- gegeben habe, und nun noch immer aus Liebe im h. Sakramente wohnt und wirkt. „O, nie kannst du Ihn genug wiederlieben!“ – Dies und jenes macht dem Kinde Freude, es hält dasselbe so hoch, es wünscht es so sehr, weil es so schön ist; die Mutter: „O, Kind, wie viel schöner ist der liebe Gott und der göttliche Heiland! Er verdient mehr als Alle und Alles geliebt zu werden, welche Freude, welch Glück für dich, Ihn einst zu sehen, 104 Ihn zu besitzen!“ – Erzählungen von Heiligen, besonders von jugendlichen Heiligen, welche Gott sehr geliebt haben. – Das Kind muß oft Gott bitten, daß Er ihm Gnade gebe, Ihn immer mehr zu lieben.

Die Nächstenliebe. – Die ist es ganz be- sonders, wozu die Mutter ihr Kindlein anleitet. Vor Allem muß es – das verlangt die Mutter – gegen Alle im Hause eine solche Liebe haben; es wird ernstlich und beharrlich angehalten in Be- ziehung auf die Geschwister, Dienstboten und son- stige Hausgenossen Alles zu meiden, was die Liebe verletzt; Unfreundlichkeit, Zorn, Zank, Streit, Kränkungen, Eigensinn u. s. w.; es muß Allen mit Liebe begegnen, mit Freundlichkeit, Zuvor- kommenheit, Gefälligkeit, es muß gegen alle herz- liche Theilnahme beweisen, Mitleid, gern helfen und von dem, was es hat und bekommt, gern mittheilen. Aber ähnlich auch außer dem Hause; die Mutter erinnert immer wieder daran, hält streng darauf. Unzeitige Tadelreden über Andere werden, wie das Kind sie im Hause nicht hört, auch bei ihm nicht geduldet. Es darf sich nicht mit andern zanken und streiten; es muß vertrag- sam sein; es wird gewöhnt zu Mitleid und Er- barmen über Nothleidende und Arme; die Mutter gibt ihm Gelegenheit, ihnen zu helfen und zu ge- ben; sie leitet es an, selbst durch Ersparniß und sonst darauf bedacht zu sein, daß es in den Stand gesetzt werde, zu helfen und zu geben. Das Bei- spiel der Mutter selbst verleihet allem Diesem Le- ben und Wirksamkeit.

Welch ein Segen für das Kind, wenn also die 105 christliche Nächstenliebe mit ihm großwächset; wenn Selbstsucht und Eigennutz schon früh in ihm ge- brochen wird! Warum ist in der Welt vielfach Alles in Egoismus aufgegangen, ohne Liebe und herzliche Theilnahme? Man hat die Liebe nicht als Kind kennen und üben gelernt.

Das wären etliche Proben der Anleitung, wie man sie von einer christlichen Mutter erwarten muß. Und ähnlich in den andern Punkten. Es wird streng darauf gehalten, daß das Kind stets pünktlich gehorsam sei; daß es in Allem die Wahr- heit sage; daß es sein Wort halte; daß es recht bescheiden, zurückhaltend sich erweise; – es wird angeleitet, seine kleinen Unannehmlichkeiten und Leiden geduldig zu tragen; es wird an Reinlich- keit, Ordnung, Arbeit gewöhnt: „Der liebe Gott,“ sagt die Mutter, „will zwar, daß die Kinder auch spielen, aber doch nicht, daß sie immer spielen, sie sollen auch arbeiten, fleißig sein, und sich an Ar- beit gewöhnen *)Es kann nicht genug bedauert werden, daß so manche Eltern, insbesondere aus den höhern Klassen, dieses so fast gänzlich aus dem Auge lassen. Sie lassen es geschehen, daß ihre Kinder in den frühern Jahren alle ihre Zeit so fast ausschließlich dem Spiele und dem Vergnügen widmen; kaum eine Spur von An- leitung und Gewöhnung zur Arbeit. Und die Folge? Später, in der Schule, im Leben scheuen sie die Ar- beit, weil sie nicht daran gewöhnt sind, und es treten die üblen Folgen der Scheu vor Arbeit und ernster Anstrengung, der Nachlässigkeit und Trägheit in der Schule, in den Studien, im Haushalt, im Dienste u. s. w., in der traurigsten Weise zu Tage. Es ver- steht sich wohl von selbst, daß die Art und das Maß der Arbeiten dem kindlichen Alter entsprechen und den Kindern recht viel Zeit zum Spielen gelassen werden muß; aber dennoch müssen sie es früh lernen, etliche Zeit entsprechender kindlichen Arbeit zu widmen und sich an Arbeit, als Pflicht, gewöhnen.; also nun hübsch rüstig an's Werk!“

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Zur Zeit treten Lehrer und Lehrerin der Mut- ter in der Erziehung ihres Kindes helfend zur Seite. Was ist natürlicher und billiger, als daß die Mutter sie als wie Hausfreunde halte und ihrem Kinde Hochachtung gegen sie einflöße, ohne welche sie ja keinen heilsamen Einfluß ausüben können; daß sie zu ihren Kindern nie mit Gering- achtung von ihnen spreche; daß sie dem Kinde ein Interesse für das, was es in der Schule thut und lernt, beweise, es darüber befrage, darüber spreche.

Die christliche Mutter leitet ihr Kindlein an zum Gebete, sobald und so viel es dessen fähig ist. Aehnlich, wie die oben erwähnte Jungfrau lehret sie ihr Kindchen seine Händchen falten und spricht ihm kindliche Gebetsworte, vor. Wie schön, wenn mit dem Mutter- und Vaternamen die Namen Gottes, Jesu, Mariä die ersten wären, welche der kindliche Mund lallen lernte! Jedenfalls lernen die Kinder, so bald es möglich ist, von der Mutter das heilige Kreuzzeichen machen, das h. Vater unser und Ave und andere kindliche Gebetchen beten und, wo möglich, ein kurzes kindliches Morgen- und 107 Abendgebet. Und das müssen sie dann jeden Mor- gen und Abend beten. *)Manche Mütter lassen ihre Kinder in ihrer Gegenwart Morgen- und Abendgebetchen machen. Gewiß eine gar schöne Sitte. Gern gedenke ich ihrer aus meiner Jugend und wie heilsam es das kindliche Herz beein- flußte, wenn allabendlich die gute Mutter uns Kinder zu Bette führte und dort uns mit ihr unser Abend- gebetchen machen ließ.

Die Mutter nimmt ihr Kleines gerne zuweilen mit zur Kirche, damit es Kirche und Gottesdienst kennen und lieben lerne und damit es Sinn für Kirche und Gottesdienst daraus schöpfe. – Das Kleine lernt, so viel möglich, die Feste und ihre Bedeutung kennen und wird angeregt und ange- leitet, sie, so gut es kann, zu feiern. – Es kommt die Zeit, wo das Kleine die Kirche besuchen muß. Die Mutter hält es dazu an, daß es recht regel- mäßig hingehe, früh genug komme; sie erinnert und ermahnt es recht oft, hübsch artig zu sein in der Kirche und recht fromm und andächtig zu beten. – Es ist zur h. Beicht angenommen; es bereitet sich vor. Die Mutter nimmt den regsten Antheil; sie unterrichtet das Kind, wie es seine Beichte recht mache, sie ermahnt es, sie hilft ihm. – Und wo sonst wichtigere Vorfälle im religiösen Leben des Kindes vorkommen, welche sein Herz in höherem Grade in Anspruch nehmen, da geht die Mutter gern mit ähnlichem Interesse in diese Gelegenheit desselben ein und knüpft nützliche Anleitung und Unterweisung an.

So und ähnlich hält es die christliche Mutter 108 in Betreff der Anleitung ihrer Kinder zu einem christlichen Leben, auf daß dieselben schon früh als Christen leben, und nach allen Seiten sich als Christen erweisen. Und nicht hoch genug kann die heilsame Wirkung davon angeschlagen werden. Kaum etwas gibt eine solche Bürgschaft, daß das Kind auch in seinem spätern Leben ein echt christ- liches Leben führen, daß es zum Heile gelangen werde, als, wenn es also von einer frommen Mutter schon gleich vom ersten Beginne an dahin angeregt und angeleitet wird, als Christ zu leben und in Glaube, Hoffnung, Liebe und in allen christlichen Tugenden zu bestehen.

Wohlan denn, christliche Mutter, vermittle deinen Kindern diese unschätzbare Wohlthat! Es wird deine eigene Freude und dein Trost sein.

Gottes Wort an die christliche Mutter.

Gewiß ist es geeignet, den Nachdruck unserer Mahnungen zu erhöhen, wenn wir in Folgendem eine Sammlung der Hauptstellen der h. Schrift, worin der h. Geist sich an die Eltern *)Wenn die gedachten Stellen vorwiegend an die Väter gerichtet sind und fast überall nur von den Söhnen die Rede ist, so bedarf es wohl kaum der Erwähnung, daß dieselben auch für die Mütter und Töchter ihre volle Geltung haben; ist ja eben kein wesentlicher Unterschied zwischen den Pflichten des Vaters und der Mutter oder des Sohnes und der Tochter. ausspricht, folgen lassen.

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1) Beginnen wir mit den Worten des Herrn, welche Er an Heli richtete, weil er – nicht die gute Erziehung überhaupt vernachlässigt, – sondern von unzeitiger Liebe abgehalten, seine Söhne nicht nach Pflicht bestraft hatte; tritt ja hierin der ganze Ernst und die strenge Verantwortlichkeit der Eltern- pflichten zu Tage. So heiße es 1. Kön. 3, 11: Und der Herr sprach zum Samuel: „Ich werde! Alles an dem Heli erfüllen, was ich ihm und seinem Hause gedrohet habe – wegen der Vergehungen seiner Söhne; denn, obwohl er wußte, daß seine Söhne sich unwürdig betrugen, so hat er sie den- noch nicht bestraft.“ Wie furchtbar ging die Drohung in Erfüllung! Die beiden Söhne kamen im Kriege um, die Arche kam in Feindeshand, Heli fiel im Schrecken dieser Nachricht rücklings vom Stuhle und starb.

2) Daran schließe sich das schöne Wort des ehrwürdigen alten Tobias, dieses hochvortrefflichen Vaters, das er auf seinem Sterbebette zu seinem so vortrefflich erzogenen Sohne gleichen Namens und zu seinen Enkeln sprach: „Dienet dem Herrn mit aufrichtigem Herzen und bemühet euch, zu thun, was Ihm wohlgefällig ist. Weiset euere Kinder an, daß sie stets thun, was recht ist, daß sie Al- mosen geben, Gott vor Augen halten und Ihn preisen zu aller Zeit.“ Tob. 14, 11.

3) Einen außerordentlich rührenden Zug aus dem Familienleben des treuen Dieners Gottes Job theilt uns das erste Kapitel des h. Buches gleichen Namens mit, welches uns einen Blick eröffnet in die wahrhaft väterliche Sorgfalt, womit dieser 110 fromme Vater sich das Seelenheil seiner Kinder angelegen sein ließ. „Wenn,“ heißt es (Job 1,5), „die Tage des Gastmahls“ (welches seine sieben Söhne und drei Töchter der Reihe nach sich gegen- seitig bereiteten) „um waren, so sandte Job zu ihnen“ (beschied sie zu sich) „und heiligte sie (suchte sie durch Ermahnung und religiöse Ceremonien zur Reue und Buße wegen ihrer Sünden und zu er- neuetem Eifer im Dienste des Herrn zu vermögen) „und machte sich des Morgens früh auf und brachte Brandopfer“ (Sühnopfer) „für einen Jeden; denn, sprach er, es möchten meine Söhne gesündigt und in ihrem Herzen Gott gesegnet“ (d. h. durch Ver- sündigung in ihrem Herzen Gott entsagt. Gott ge- wissermaßen den Abschied gegeben) „haben.“ Welch ein schöner Wink für die christliche Mutter, daß auch sie für die Sünden ihrer Kinder Gebet und Opfer vor Gott bringe!

4) Auch die h. Schrift ist überzeugt, daß ein Haupterforderniß zu einer guten Erziehung darin besteht, daß die Eltern (die Mutter) selbst wahr- haft gut, „gerecht“ seien. „Der Gerechte, welcher in heiliger Einfalt wandelt, wird glückliche Kinder hinterlassen.“ Sprichwörter 20, 7. – „Der Mann“ (der Vater, wie die Mutter) „wird aus seinen Kindern erkannt.“ Jesu Sirach 11, 30.

5) Wiederholt ermahnt die h. Schrift auf's Angelegentlichste die Eltern, sich der guten Erziehung ihrer Kinder mit Sorgfalt anzunehmen. „Unter- weise deinen Sohn,“ heißt es Sprichwörter 29, 17, „so wird er dir Freude bereiten und deiner Seele Wonne gewähren.“„Unterrichte deinen Sohn,“111 heißt es eben daselbst 30, 13, nämlich in allem Guten, „und gib dir Mühe mit ihm, auf daß du nicht den Kummer habest, seine Schande zu sehen“ (d. i. sonst wird er entarten zu deinem Kummer). Und 41, 8-9: „Die Kinder der Sünder werden Kinder des Gräuels und ihre Erbschaft vergeht.“„Freue dich nicht über gottlose Kinder“ (so viele Vorzüge sie auch sonst haben) „habe deine Lust nicht an ihnen, wenn keine Gottesfurcht in ihnen ist: ein Kind der Gottesfurcht ist besser, als tausend andere. Besser ist kinderlos sterben, als gottlose Kinder hinterlassen.“ Jesu Sirach 16, 1, 3, 4. – Und 22, 3: „Ein ungezogener Sohn gereicht dem Vater“ (und der Mutter) „zur Schande; eine verständige Tochter ist ein Erbtheil für ihren Mann.“

6) Mit großem Nachdrucke warnt die h. Schrift vor jener aus unzeitiger Liebe oder Gleichgültigkeit erwachsenden schädlichen Nachgiebigkeit, welche den Kindern in Allem ihren Willen lässet: „Verzär- tele deinen Sohn, so wirst du dich vor ihm zu fürchten haben; spiele mit ihm“ (d. h. lasse es an dem rechten Ernste der Erziehung fehlen) „so wird er dich betrüben.“ Jesu Sirach 30, 9.

7) Früh soll man damit beginnen, die Fehler und Unebenheiten der Kinder zu zügeln und zu beseitigen; so Jesu Sirach 30, 8, 11, 12: „Ein nicht gezähmtes Pferd wird unlenksam; so wird auch ein Sohn, dem man seinen Willen lässet, widerspänstig.“„Lasse ihm nicht seinen Willen in seiner Jugend und sei nicht gleichgültig ge- gen seine“ (verkehrten) „Gesinnungen.“In 112 der Jugend beuge seinen Nacken und schmeidige seine Lenden, so lang er ein Kind ist; wo nicht, so wird er hartnäckig und nicht auf dich achten; und du wirst Seelenkummer von ihm haben.“ - Und 7, 25: „Hast du Söhne, so unterweise und beuge sie von Jugend an; hast du Töchter, so hab' Sorge, daß sie ihren Leib rein bewahren und zeige kein“ (ausgelassen) „lachendes Gesicht vor ihnen.“

8) Auch der wohlgeordneten strengen Zucht redet die h. Schrift das Wort: So Jesu Sirach 39, 1: „Wer seinen Sohn liebt, hält ihn be- ständig in Zucht (unter der Ruthe), daß er schließ- lich Freude an ihm erlebe.“ Und Sprichwörter 13, 24: „Wer die Ruthe spart, hasset seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat, hält ihn beständig in Zucht;“ – 19, 18: „Züchtige deinen Sohn, damit du nicht die Hoffnung“ (auf ihn) „ver- lierest;“ – 29, 15: „Ruthe und Strafe machen weise; der Knabe aber, dem sein Wille gelassen wird, macht seiner Mutter Schande.“

9) Daran schließt sich dann die Ermahnung, nicht in Zorn und Aufgeregtheit zu strafen: „Und ihr Väter, reizet euere Kinder nicht zu Zorn“ (durch Zorn und Aufregung), „erziehet sie in der Lehre und Zucht des Herrn.“ Eph. 6, 4. – „Ihr Väter reizet euere Kinder nicht“ (ohne Noth) „zu Unwillen, daß sie nicht kleinmüthig werden.“ Colos. 3, 21.

113

Die Mutter eines Priesters.

Wie hoch pflegt eine Mutter beglückt zu sein in der Erhebung und in dem Glücke ihres Sohnes! Der Sohn hat ein Amt bekommen, oder er ist durch eine Heirath in eine wohlhabende, angesehene Familie eingetreten, oder es ist ihm sonst eine Auszeichnung zu Theile geworden: Welche Freude für die Mutter, wie beglückend! Vollends, wenn sie das Bewußtsein hegen darf, daß ihr Sohn sein Glück auch ihr zu verdanken habe, daß die Art, wie sie ihn erzogen hat, der Weg gewesen zu seiner jetzigen Erhebung.

Wie hoch daher die Beglückung einer christlichen Mutter, welche einen Sohn hat. der Priester ge- worden ist! Denn betrachten wir die priesterliche Würde mit dem Auge des Glaubens, so gibt es eine höhere Würde auf Erden nicht. Leider ur- theilen wir meist nur zu sehr blos nach dem Scheine; vielleicht tritt uns in manchen Priestern, welche wir kennen, das Bewußtsein und die Ab- prägung der priesterlichen Würde wenig in's Auge, sie wollen uns als ganz gewöhnliche Menschen er- scheinen, sind's auch vielleicht, weil sie, von der Hoheit ihres Berufes nicht durchdrungen, kein wahr- haft priesterliches Leben führen. So geschieht's denn, daß man von der priesterlichen Würde, die doch hoch ist, wie der Himmel, nur eine geringe Vorstellung hat, ja sie geringschätzt.

Und dennoch – sie ist hoch wie der Himmel. Ist ein kostbarer Edelstein darum weniger kostbar, weil der, welcher ihn besitzt, ihn nicht zu schätzen 114 weiß und ihn mind hält? Betrachten wir die priesterliche Würde im Lichte des Glaubens, wie erhaben erscheint sie dann. Ist denn nicht der Priester der ganz besonders vertraute Diener Jesu Christi, des höchsten Herrn und Königs, vor dem sich alle Kniee beugen, betrauet mit dem erhabenen Auftrage, das von Ihm auf Erden begründete und der h. Kirche anheimgegebene Heil an die Menschen zu bringen, und daher ausgestattet mit wahrhaft göttlichen Vollmachten, also daß sein Wort Macht hat, Brod und Wein in Christi Fleisch und Blut zu wandeln, Macht den Fluch der Sünde zu lösen und arme Sünder in Kinder Gottes umzugestalten? „O große Würde,“ ruft ein Heiliger aus, „o wun- derbare Vollmacht, o erhabenes, bange Ehrfurcht einflößendes Amt!“„Der Herr“, ruft der heil. Bernhard den Priestern zu, „der Herr hat euch höher gestellt, als Könige und Kaiser, höher, als Engel und Erzengel, höher, als die himmlischen Herrschaften.“ Einst im Himmel, wo man den Herrn Jesum Christum in Seiner ganzen Herr- lichkeit schauet, da wird man es erst voll zu schätzen wissen, was es heißt, Priester zu sein, d. i. Diener und Stellvertreter dieses erhabenen Herrn.

Wie hoch wird daher dort die Ehre und Herr- lichkeit auserwählter Priester sein, wenn dann zu- gleich das Ehrenzeichen des Priesterthums, das unauslöschliche Zeichen, im Vollglanze an ihnen erstrahlet!

Dazu kommt der große Segen, welcher von einem wahrhaft guten Priester ausgeht. Lasset 115 einen solchen Priester eine Reihe von Jahren als Seelsorger in einer Gemeinde wirken, und das Gute, was er auf der Kanzel, im Beichtstuhle, am Krankenbette, in den Schulen, in den Familien, durch Wort und That, durch sein Beispiel, durch, sein Gebet, durch all sein seelsorgerliches Thun - vielfach ungesehen – wirkt, läßt sich gar nicht be- schreiben, es entzieht sich jeglicher Berechnung. Ein wahrhaft würdiger Priester und Seelsorger ist - im schönsten Sinne des Wortes – ein Wohlthäter der Menschheit. Wie groß wird also einst sein Lohn sein! „Sie werden glänzen“, sagt die heil. Schrift, „wie die Sterne am Firmament in alle Ewigkeit.“

Kann es also für eine Mutter, wenn sie anders die Dinge im Lichte des Glaubens betrachtet, ein größeres Glück geben, als einen Sohn zu haben, dem diese hohe und segensreiche priesterliche Würde übertragen ist, als die Mutter eines Prie- sters zu sein? Wir nehmen nicht Anstand, die Worte, welche einst das Weib von Maria zum Herrn sprach: „Selig der Leib, der dich ge- tragen hat, selig die Brust, so du gesogen!“ auch auf sie zu wenden: Selig die Mutter eines Priesters!

Und wenn der Segen, welcher von einem guten Priester ausgeht, so groß ist, wird dann nicht auch die Mutter, welche der Kirche diesen frommen Priester herangebildet und gegeben hat, an dem- selben und also auch an dem Lohne desselben Theil haben?

Wie beglückend wird es einst in der Ewigkeit 116 schon für eine Mutter sein, wenn sie ihren Sohn in dem Glanze seiner priesterlichen Würde, ange- than mit dem Ehrenzeichen des Priesterthums, in seiner wunderbaren Erhebung erblickt! Aber sie wird auch Theil haben an dem Lohne für all das Gute, was ihr priesterlicher Sohn in den Tagen seiner irdischen Wirksamkeit vollbracht hat, da auch sie dazu beigetragen hat, indem sie durch ihre fromme Erziehung den ersten Grund zu seiner priesterlichen Frömmigkeit und so zu seiner gesegneten Wirksamkeit gelegt hat. „Wer einen Propheten aufnimmt im Namen des Pro- pheten“, sagt der Heiland, d. h. wer sich seiner annimmt eben darum, weil er ein Prophet ist, wer ihm also behülflich ist, daß er sein Amt verwalten, also die Menschen ermahnen und belehren und zum Heile führen könne, „der wird den Lohn eines Propheten empfangen“, d. i. er wird einen ähn- lichen Lohn empfangen, als der Prophet selbst für seine Bemühungen zum Heile der Menschen empfängt, weil er dem Propheten dazu behülflich gewesen, dazu beigetragen hat.

Wird sich daher im Herzen einer wahrhaft christ- lichen Mutter nicht der Wunsch regen, einen solchen geistlichen Sohn zu haben, eines Priesters Mutter zu sein! Je mehr Jemand in der wahrhaft christ- lichen Frömmigkeit fortgeschritten und von ihrem Geiste beseelt ist, in desto helleres Licht tritt ihm das über die Hoheit der priesterlichen Würde Ge- sagte, desto größere Hochschätzung derselben, desto mehr Ehrfurcht gegen sie. So auch bei einer recht christlichen Mutter je gediegener daher, je größer 117 ihre Frömmigkeit, desto näher liegt ihr der gedachte Wunsch, desto inniger wird er sich in ihrem Her- zen regen. Ja es könnte nach Umständen als ein bedenkliches Zeichen für die christliche Verfassung eines Mutterherzens gelten, wenn dasselbe die Re- gungen eines solchen Wunsches nie in sich ver- spürte, wenn derselbe ihr fremd wäre, ja, wenn sogar eine Mutter den Gedanken, daß einer ihrer Söhne in den geistlichen Stand treten sollte, als an sich! *)Anders wäre es freilich, wenn sie triftige, auch vor der christlichen Vernunft gültig Gründe hätte, das nicht zu wünschen. unliebsam abwiese; wir würden uns nie dazu verstehen, sie für eine echt christliche Mut- ter zu halten; so sehr sie auch vielleicht sich selbst dafür erachten und den Schein der Frömmigkeit um sich verbreiten möchte.

Auch noch aus einem andern Gesichtspunkte müssen wir das behaupten. Ein ganz wesentlicher Bestandtheil einer echten katholischen Frömmigkeit ist die Liebe zur h. Kirche. Der echte, treue Katholik hat ein Herz für seine h. Kirche, ihr Wohl liegt ihm am Herzen; voll Hochschätzung gegen sie und voll Verlangen, daß das ihr vom Herrn anver- traute Heil mehr und mehr verbreitet und an die Menschen gebracht werde, betet er unablässig für sie, daß der Herr ihr darin zur Seite stehe; gern bringt er auch selbst Opfer, um dazu beizutragen. Was aber ist für die h. Kirche, wenn es sich darum handelt, daß ihr Heil eine möglichst große Ver- breitung finde, von größerer Bedeutung, als wahr- haft gute, fromme und tüchtige Priester. Darum 118 flehet sie ja selbst unablässig zum Herrn nach dem Worte Jesu: „Bittet den Herrn der Ernte, daß Er Arbeiter in Seinen Weinberg sende;“ denn, „das Volk ist“ (vielfach auch heut) „wie eine Heerde ohne Hirten,“ in Gefahr zu Grunde zu gehen. Und das ist einer der angelegentlichsten Gegenstände des ständigen Gebetes für jeden guten, erleuchteten Katholiken.

Muß dieser Punkt denn nicht auch einer katho- lischen Mutter, wenn sie anders ein rechtes, leben- diges Glied der h. Kirche ist, am Herzen liegen? Und wie nahe liegt dann wieder der Gedanke an ihre eigenen Söhne, der Wunsch, daß es doch ge- schehen möchte, den einen oder andern von densel- ben der h. Kirche schenken zu können, ihn als Priester zu sehen, damit er als Diener der heil. Kirche an ihrer großen Aufgabe mitwirke. Auch hier müssen wir hinzusetzen, daß mit Recht an der Echtheit oder doch an der rechten Durchbildung eines echt katholischen Geistes bei einer Mutter gezweifelt wird, wenn solche Gedanken und Wünsche ihr fremd sind.

Wie trifft das besonders in unserer Zeit zu! Wie sehr ist die ganze Art und die Richtung unserer Zeit darnach angethan, die Herzen Gott und dem Höhern zu entfremden und die Menschen immer mehr in lauter irdischen Bestrebungen auf- gehen zu machen! Wie könnten aber aus Kreisen, wo diese Richtung sich geltend gemacht hat, noch jugendliche Herzen mit Priesterberuf hervorgehen, mit Sinn und Neigung für einen Stand, dessen Interessen der heutigen Welt so fremd, ja nur zu 119 oft gradezu unliebsam und verhaßt sind? Daher denn schon vielfach die Klage über Priestermangel. Mehr als eine Diöcese findet nicht mehr den jährlichen Zuwachs an Priestern, den sie sehen muß, wenn den Bedürfnissen der Gemeinden ent- sprochen werden soll. Und es läßt sich mit Grund fürchten, daß die gegenwärtig noch besser gestellten Diöcesen nur zu bald ihnen in diesem Priester- mangel zur Seite treten werden. Und die Folgen? Wer ermisset sie? Welch ein Unglück für die Gemeinde, vollends zu unserer Zeit, wenn sie der geistlichen Hülfe überhaupt entbehren muß oder auch nur ihrer nicht völlig sich erfreuet!

Ist das nicht geeignet, die christliche Mutter auf ihre Söhne hinzuweisen? Ist es nicht wie ein lauter Flehruf, den die heutige, guter Priester so sehr bedürftige und doch an ihnen mehr und mehr arme Zeit an jedes echt katholische Mutterherz richtet, daß sie ihre Söhne, daß sie diesen oder jenen aus ihren Söhnen ihr als Priester geben möge?

Aber – und diese Frage hat sich leicht schon längst aufgedrängt, – sei es, daß man bei einer guten, katholischen Mutter den Gedanken und Wunsch, einen Sohn als Priester zu sehen, billig voraussetzen darf, was thut es zur Sache? Steht es denn in ihrer Macht, die Erfüllung dieses Wunsches zu bewirken?

Wir beantworten diese Frage und kommen da- durch dem eigentlichen Zwecke dieser Zeilen näher. Wir sagen: Ja! Eine Mutter kann gar viel zur Erfüllung jenes Wunsches beitragen.

120

Zuvor haben wir nicht Anstand zu nehmen, fol- genden Satz auszusprechen: Schon, daß eine Mutter, durchdrungen von dem Bewußtsein des großen Glückes, einen geistlichen Sohn zu haben, eines Priesters Mutter zu sein, den Wunsch dar- nach lebendig in sich trägt und nährt, schon das gibt in etwa Grund zu hoffen. Wird sie nun nicht insbesondere in ihren Gebeten das Verlangen ihres Herzens dem Herrn vortragen?

Mehr als einmal hat eine fromme Mutter zum Herrn geflehet, daß Er ihre Ehe mit einem mit Priesterberuf ausgestatteten Sohne segnen möge; und ihr Gebet ist erhört; – oder die fromme Mutter hat, in der Hoffnung, daß das Kindlein, so Gott ihr geschenkt, ein Söhnchen sei, schon im Voraus es dem Herrn zum Opfer gebracht, daß es zur Zeit Priester werden möge und hat dann nicht aufgehört, für diesen hohen Zweck recht viel zu beten und viel gute Werke zu üben; und siehe, zur Zeit trat der priesterliche Beruf im Knaben oder Jünglinge zu Tage.

Gehen wir weiter. Das Kind, der Knabe wächset hoffnungsreich heran; schöne Geistesgaben sind bei ihm mit vortrefflichen Eigenschaften des Herzens verpaart: dabei ein frommer, eingezogener Sinn. Die Mutter sieht's mit Freuden; still regt sich in ihrem Herzen der Gedanke: „Sollte er nicht zum geistlichen Stande berufen sein? O, wenn er doch Priester werden wollte!“ – Genug für sie; sie empfiehlt diesen ihren Herzenswunsch dem Herrn immer von Neuem. Aber nicht allein. Sie benutzt gewisse Gelegenheiten, um in leichter 121 Weise, vielleicht selbst scherzend, ihrem Lieblinge den Gedanken an das Geistlichwerden näher zu legen. *)Sie nimmt etwa den Kleinen (wir wollen ihn Joseph nennen) mit zur Kirche; er sieht den Pfarrer, den Kaplan am Altare, auf der Kanzel u. s. w. Zu Hause: „Unser Joseph hat den Pfarrer gesehen; nun will er auch geistlich werden.“ Es sind Fremde da, die sich für den Kleinen interessiren; die Mutter: „Sag ihnen mal, Josephchen, was du werden willst; er will Pfarrer werden.“ Joseph kommt in die Schule; er bekommt ein neues Buch: „Potz tausend, wenn unser Joseph nun einmal das Studiren an- fängt, wie bekommt er dann erst Bücher. Und was für schöne Sachen wird er dann lernen!“ – Oder es wird dem Kleinen an die Hand gegeben, sich einen Altar, eine Kanzel zu machen, u. s. w.; – oder, es wird zur Zeit Sorge getragen, daß er zur h. Messe dient und bei gottesdienstlichen Verrichtungen Dienste leistet; – oder zu Hause wird gern über die Geist- lichen gesprochen in einer Weise, welche geeignet ist, dem Knaben Achtung und Liebe gegen sie einzuflößen; – vielleicht gestatten es die Verhältnisse, mit den Ortsgeistlichen in geselligen Verkehr zu treten; sie kommen zuweilen zum Besuche in's Haus; der Kleine tritt ihnen näher, wird mit ihnen bekannt; vielleicht auch Nahrung für die Neigung zum Priesterstand. Alles dies haben wir selbstredend nur beispiels- halber angeführt, um anzudeuten, wie es die Mutter einem Söhnchen gegenüber, welches sie für den geistlichen Stand nicht ungeeignet erach- tet, etwa halten möge, um den Beruf zu wecken und zum Bewußtsein zu bringen.

Es versteht sich von selbst, daß das alles in keiner Weise gesucht oder gemacht sein muß, es muß sich so fast von selbst machen. – Es geschieht auch nicht zu oft, es geschieht mehr nur bei Ge- legenheiten und in einer so leichten Art, daß jeder 122 Schein von andringlichem Zureden oder Ueberreden fern liege. Könnte es ja nur eben so bedenklich, als unstatthaft erscheinen, wenn eine Mutter von dem unzeitigen Wunsche, ihren Sohn im geistlichen Stande zu sehen, sich verleiten ließe, in zudring- licher Art ihn dahin zu vermögen. *)Vollends unstatthaft aber und geradezu unverantwortlich würde es sein, wenn Eltern einen Sohn, welcher sich nach Beginn oder Vollendung seiner Studien, gradezu abgeneigt erklärt oder zeigt, geistlich zu werden, den- noch – aus welcher Ursache immer – gewisser- maßen dazu drängten und nöthigten. Da ist um je- den Preis Abstand zu nehmen. Würden ja die El- tern, welche ihrem Sohne eine Art von Nöthigung anthäten, nur zu leicht ihn und viele Andere unglück- lich machen und der Kirche Schmach zufügen. Ist Beruf zum geistlichen Stande wirklich vorhanden, so ge- nügen bei einem Sohne, der überhaupt im rechten Geiste erzogen ist, gelegentliche, leichte, mehr hin- geworfene Aeußerungen, um ihn zu wecken.

Wir sagten, bei einem Sohne, der überhaupt im rechten Geiste erzogen ist, und damit ständen wir beim Allerwesentlichsten, was die christliche Mutter zu thun hat, daß ihr Sohn, wenn er priesterlichen Beruf hat, demselben folge und Priester werde; sie soll von früh an ihn zu wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit anleiten. Der Knabe, der Jüngling muß von aufrichtiger Gottesfurcht beseelt sein und ein echt frommes Herz haben, das ist eine noth- wendige Bedingung, damit der Beruf zum geist- 123 lichen Stande, wenn er wirklich da ist, in's Be- wußtsein trete und zum Durchbruch komme; eine nothwendige Bedingung, damit dieser Beruf treu gehütet und zur Ausführung gebracht werde. Wer kann zweifeln, daß mancher Knabe und Jüng- ling von Gott dem Herrn, der für Seine heilige Kirche Sorge trägt, den Beruf zum geistlichen Stande erhalten habe. Aber es fehlt die Mutter, welche die zarten Keime der Gottesfurcht von früh an in ihm nährte; Sie kommen nicht zur Ent- wickelung; daher bleibt auch der edle Keim des Priesterberufs unentwickelt; er kommt nicht, oder nicht gebührend zum Bewußtsein. – Oder dieser Beruf war schon hervorgetreten, der Knabe hatte sich entschlossen, geistlich zu werden. Aber da die Mutter es nicht verstanden hat oder es sich nicht hat angelegen sein lassen, einen recht christlichen Sinn und Wandel in ihm grundzulegen und zu entwickeln, so geräth er an den höhern Schulen, im Verkehr mit leichtsinnigen jungen Leuten auf die Abwege des Leichtsinns und der Sünde, und der Beruf zum geistlichen Stande wird wankend und zu Schanden. Wie oft ist das leider der Fall! Und wie sind es zuweilen grad die hoff- nungsreichsten Jünglinge, welche auf diese unselige Art der h. Kirche verloren gehen!

Also ein neuer Grund für die christliche Mut- ter, daß sie das, was sie schon an sich zu thun heilig verpflichtet ist, nun um so angelegentlicher thue, daß sie nämlich Alles aufbiete, um den Geist wahrer Frömmigkeit in ihren Kindern zu nähren, damit, wenn ein Sohn Beruf zum geistlichen 124 Stande hat, derselbe zur Entfaltung gedeihe, bestehe und zum Ziele komme.

Und ist es das nicht auch, worauf es im geist- lichen Stande vor Allem ankommt, daß die, so Priester werden, wahrhaft gute und fromme Prie- ster seien? O, Priester, welche ein wahrhaft priesterliches Herz haben, welche in echter, probe- haltiger Frömmigkeit bestehen und, so Gott will, von Jugend auf bestanden haben, ja, sagen wir's nur, Priester, denen eine innig-fromme Mutter den Geist der Frömmigkeit von früh an eingehaucht hat, – sie thun unserer Zeit Noth, sie sind es, durch welche der Herr auch unserer Zeit, so sehr sie auch dem christlichen Heile sich verschlossen zu haben scheint, noch das Heil, das volle christliche Heil bringen mag. O, der Abgang wahrer, voller priesterlicher Frömmigkeit – er ist es, der das Wirken der Geistlichen unfruchtbar bleiben lässet; leichtfertige, schlechte Geistliche sie sind das Verderben der Welt.

O darum, christliche Mütter, mit welchem Nach- drucke richtet unsere Zeit und richtet unsere heilige Kirche, voll Erbarmens über unsere Zeit, den Auf- ruf an euch: Auf, auf, christliche Mütter, werdet eingedenk eures hohen Berufes; erziehet wahrhaft christliche, in echter, christlicher Frömmigkeit fest begründete Söhne, auf daß aus ihnen die Reihen würdiger Priester ihre Ergänzung finden! Priester thuen Noth, der Zahl nach, mehrere, immer mehrere Priester; aber mehr noch thuen wahrhaft gute Priester Noth! Sie allein bringen der Welt das Heil. O Mütter, erkennet euren Beruf! 125 Bildet sie heran, solche gute, würdige Priester und schenket sie der Kirche, schenket sie der hülfsbedürf- tigen Welt!

Der Ruf ist auch an dich gerichtet, christliche Mutter, die du dieses liesest. Ueberhöre ihn nicht. Hege und pflege in deinem Söhnchen von frühester Jugend an die zarten Keime der Gottesfurcht und Frömmigkeit; vollends, wenn die Aussicht, daß es zur Zeit Priester sein werde, sich dir schon eröffnet hat. Da soll sich deine Brust heben in dem Ge- danken: Der Herr hat mir die Aufgabe gestellt, einen Priester zu erziehen! Und ihr sollst du nun all deine Kraft weihen nach den Andeutungen, welche wir gegeben haben.

Höre nicht auf, in deinen Gebeten diesen Sohn dem Herrn unablässig mit allem Nachdruck zu em- pfehlen, besonders in der h. Messe, bei deinen h. Communionen. Empfiehl ihn der h. Jungfrau, dem h. Engel, dem Namenspatron und allen heil. Priestern. Insbesondere, wenn er nun hinaus muß, um an den höhern Lehranstalten seine Vor- bereitungen zu machen. Ach, von wie großen Ge- fahren ist er da leicht umrungen, von Gefahr, dem Leichtsinne, der Sünde, der Ausschweifung in die Arme zu fallen, von Gefahr, seinem priesterlichen Berufe untreu zu werden. Habe daher mit dem Vater Sorge, so viel du kannst, ihn in dieser Zeit sicher zu stellen; vertraue ihn, wo möglich, einer guten Knabenerziehungsanstalt oder einer zuverläs- sigen Familie an! Bei all dem aber bete und flehe unablässig desto inbrünstiger für ihn.

126

Die Mutter in ihrem Gebete.

Eine Mutter, welche von echt christlicher Ge- sinnung beseelt ist und daher ihren Mutterberuf gebührend zu würdigen versteht, wird stets eifrig im Gebete sein. Eben ihr mütterlicher Beruf bietet ihr die manchfachste und nachdrücklichste Veranlas- sung zu solchem Gebetseifer, die reichste Nahrung für ihr Gebet. Die wahrhaft christliche Mutter ist eifrig im Gebete. Kann sie anders? Das Be- wußtsein von der Wichtigkeit und Verantwortlichkeit ihrer Mutterpflichten, wie auch die Liebe zu ihren Kindern und das Verlangen, sie zu beglücken, und dabei die Ueberzeugung, wie sehr in beiden Rück- sichten der Beistand Gottes Noth thue, das alles führt die christliche Mutter immer von Neuem zum Gebete.

Wie erhaben ist der Beruf einer Mutter! Wie Vieles gehört dazu, damit sie allen Anforderungen desselben entspreche! Und wie groß meist die Schwierigkeit ihrer treuen und heilsamen Er- füllung! Welche Menge von Opfern und Be- schwerden, leicht von Tag zu Tag, und, wenn der Kinder viele sind, durch eine lange Reihe von Jahren! In der That, eine solche Aufgabe über- steigt menschliche Kräfte weit. „Bei den Menschen ist das unmöglich.“ Also Gott muß helfen. Zu Ihm nimmt daher die rechte Mutter ihre Zuflucht in all den verschiedenen Beziehungen ihres Berufs. Sie flehet zu Gott um Gnade für sich; sie flehet zu Ihm um Gnade für ihre Kinder.

127

Sie flehet um Gnade für sich, daß der Herr ihr helfe, den verschiedenen Anforderungen ihres Berufes zu entsprechen. Sie flehet um die Gnade eines wahrhaft christlich frommen Lebens, dieser nothwendigsten Vorbedingung einer guten Erziehung. Sie flehet um Weisheit, um die rechten, Gott wohl- gefälligen und für die Kinder zum Heil führenden Wege in der Erziehung stets klar zu erkennen, um insbesondere einzusehen, wie sie jedes ihrer Kinder nach seiner besondern Beschaffenheit, nach seinen besonderen Fähigkeiten, nach seinen besonderen guten oder bösen Eigenschaften nun auch besonders be- handeln müsse. Sie flehet um die Gnade einer wahren, übernatürlichen, erleuchteten Liebe zu ihren Kindern, ähnlich der der gottsel. Blanka, und um Mehrung dieser Liebe. – Sie flehet, um Muth und Kraft und Opferwilligkeit und Ausdauer, um in den oft, so großen Beschwerden mit den Kin- dern rückt zu erliegen, um in Allem, was zur guten Erziehung Noth thut, bis zum Ende zu ver- harren.

So betet die Mutter für sich; bald mehr um dieses, bald mehr um das Andere, bald um alles dieses zumal, bei ihrem Morgen- und Abendgebete, bei ihren h. Kommunionen, bei ihren sonstigen Andachten. Vielleicht stellt sie in dieser wichtigen Angelegenheit zu Zeiten fromme Uebungen an, sie verrichtet besondere gute Werke, namentlich Werke der christlichen Barmherzigkeit u. s. w.

Sie betet mit großem Vertrauen; denn sie weiß, daß der Herr durch das h. Sakrament der Ehe 128 und indem Er durch den Segen der Mutterschaft sie in den mütterlichen Beruf einsetzte, ihr ein ge- wisses Anrecht gegeben hat auf alle Gnaden, welche sie für diesen Beruf bedarf, bereit, sie ihr zu ge- ben, so viel sie dieselben würdig betend begehre.

Und was ist die Frucht solchen Betens? Immer reicher ergießet sich der Strom der göttlichen Gnade über eine solche Mutter; sie wird tüchtig für ihren Beruf und erfüllet seine Obliegenheiten in einer Weise, welche für ihre Kinder ein Segen, für sie aber eine Quelle immer neuer Verdienste ist. O, warum wird die Bedeutung des Gebetes von so manchen Müttern so wenig erkannt? Man betet nicht, darum ist man – durch seine Schuld - nicht im Stande, die Mutterpflichten zu erfüllen, daher so viele Versäumnisse, so viele Mißgriffe und Fehler in der Erziehung, in Folge deren man mit den Kindern zu Grunde geht.

Die Mutter fleht zu Gott um Gnade für ihre Kinder. – Sie bittet zunächst den Herrn, daß Er das, was sie an ihren Kindern thut, durch Seine Gnade segnen wolle. Was sie auch an den Kindern thue, sie ist überzeugt, daß es dennoch seinen Zweck nicht voll erreiche, wenn nicht der Segen der göttlichen Gnade hinzukomme. Darum liegt es ihrem Herzen nahe, Alles, was sie in der Erziehung ihrer Kinder thut, mit einem flehenden Aufblicke zu Gott zu begleiten. Mit Gott fängt sie all ihr Werk an den Kindern an; Ihm em- pfiehlt sie es, wenn sie es vollbracht hat, auf daß Er es erhalte, daß Er es segne und an den Kin- dern wirksam mache.

129

Die Mutter betet für ihre Kinder. Gott ist reich an jeglicher guten Gabe und erhört die, welche zu Ihm flehen, so gerne. Die h. Geschichte bietet die Belege dafür, daß Mütter durch beharrliches Flehen die kostbarsten Gaben und Gnaden für ihre Kinder errungen haben. Haben wir nicht auch darin den Grund zu suchen, warum so manchen Eltern der Trost, ihre Kinder wahrhaft gut und glücklich zu sehen, vorenthalten bleibt, warum so manche Kinder in allerlei Uebeln an Leib und Seele sich finden und ach, elendig zu Grunde gehen? Die Eltern, die Mütter beten nicht oder nicht in gebührender Weise für ihre Kinder; daher bleiben diesen all jene Gaben und Gnaden, welche ihnen nach dem Rathschlusse Gottes eben durch das Gebet der Eltern vermittelt werden sollten, vorenthalten.

Die christliche Mutter betet für ihre Kinder. Das Geber für ihre Kinder nimmt in ihrem Ge- betsleben leicht die erste Stelle ein. Sie betet, daß der Herr sie vor der Sünde, vollends vor der schweren Sünde behüte; daß Er sie von ihren Feh- lern befreie; daß er jenen kostbaren Keimen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe und allen in ihnen begriffenen Tugenden Wachsthum und Ge- deihen bereue; daß Er sie zum Heile führe. Die rechte Mutter begleitet mit ihren Gebeten ihr Kind zur Schule, in den christlichen Unterricht, zur heil. Beicht und zur Zeit zur h. Communion, auf daß überall die an sich noch so unzulänglichen Bestre- bungen desselben durch den Segen der göttlichen Gnade ihm zum Heile gereichen.

130

Gehen wir hier ein wenig über die Jahre der Kindheit hinaus. Wenn das Kind von körperlichen Leiden und Krankheiten heimgesucht ist, oder sogar Todesgefahr drohet, da pflegen leicht selbst weniger fromme Mütter zum Gebete ihre Zuflucht zu nehmen; wie viel mehr also die wahrhaft christliche Mutter. Aber viel mehr noch flehet sie zum Herrn, wenn die Seele ihrer Kinder in Gefahr ist, in Gefahr, in schwere Sünde zu fallen, in Ge- fahr, ewig verloren zu gehen. Vollends, wenn sie durch ihren Einfluß nichts mehr über das Kind vermag. Wie flehet da, wie schreiet ihr beklemmtes Herz angstvoll zum Herrn! So betete und flehete die h. Monika für ihren verirrten Augustinus - unter vielen Thränen Jahre lang; und wie glor- reich war der Erfolg!

Die heutige Welt ist leider nur zu sehr darnach angethan, christliche Mütter in eine ähnliche Lage zu versetzen; wie viele gibt's der Söhne, wie manche Töchter, welche sich, vom Einflusse der Welt ver- locket, dem Leichtsinne und der Sünde in die Arme geworfen haben. Ach, hätten sie Mütter, ähnlich einer Monika, wir dürften noch hoffen. Doch nun? – Sie gehen elend zu Grunde. Ihre Mütter verstehen nicht zu beten. Welchen Ge- fahren sind die Kinder – fast immer mit zu- nehmenden Jahren in steigendem Verhältnisse - ausgesetzt, vollends, wenn die Umstände es mit sich bringen, daß der Sohn, die Tochter der Huth des Hauses entlassen und in die Fremde geschickt wer- den muß! Für die christliche Mutter ein Grund, ihr Gebet zu verdoppeln; nun hört sie nicht auf, 131 den Herrn zu bitten, daß Er den Sohn, die Tochter mit Seinem mächtigen Schutze umgeben, daß Er sie unversehrt in Glaube und Unschuld wieder heimführen möge.

Und je wichtiger und entscheidungsvoller die Umstände sind, worin die Kinder geführt werden, je mehr daher der Schutz und der Beistand des Himmels für sie Noth thut, desto größer ist der Eifer und die Inbrunst der mütterlichen Gebete.

So geschieht's denn, daß die Mutter aus den Gebetsübungen gar nicht herauskommt. Wo sie immer im Gebete vor Gott sich findet, am Mor- gen oder am Abende, in der Kirche oder daheim, bei der h. Messe, bei der h. Communion, an den Sonn- und Festtagen, auf dem Kreuzwege, bei Wallfahrten – überall treten ihre Kinder im Geiste an sie heran, überall sind sie ein Haupt- gegenstand ihrer Bitten und Anliegen. – Und ihre guten Werke, ihre Beschwerden, ihre Leiden – sie opfert dieselben dem Herrn auf für ihre Kinder. Ihr Mutterherz läßt Ihr nicht Ruhe, bis sie, besonders zu Zeiten, besondere gute Werke für ihre Kinder unternommen hat.

Vor Allem ist es Jesus der Herr, an den sich die Andacht der christlichen Mutter für ihre Kin- der wendet. Er ist ja der Freund der Kinder. In Sein liebevolles Herz schließet sie dieselben ein.

Und, wo sie Gott geweihete Seelen kennt, auf deren Gebete sie besonders Vertrauen setzen zu dürfen glaubt, die sucht sie zum Gebete für ihre Kinder zu vermögen; vor Allem die Heiligen des Himmels, die h. Jungfrau oben an, und die Schutz- 132 engel der Kinder, und deren Namenspatrone, und alle heiligen und unschuldigen Kinder.

Siehe da die christliche Mutter in ihrem Ge- bete! Und wer berechnet den Segen, den solches Beten und Flehen der Mutter über das Kind bringt? Gewiß, man kann den heilsamen Einfluß der erziehenden Thätigkeit einer guten Mutter auf ihr Kind kaum zu hoch anschlagen. Dennoch wird die Mutter durch eifriges Gebet leicht noch mehr zum Seelenheile des Kindes beitragen. Das kann unbedingt keinem Zweifel unterliegen, daß ohne Gebet alle Bemühungen der Mutter für ihr Kind auf die Dauer nur zu leicht völlig leer aus- gehen werden.

Welch ein Antrieb zum Gebete und zu einem desto größern Eifer im christlichen Leben. Je besser die Mutter ist, desto mehr gilt ihr Gebet vor Gott, desto reicher zieht es die Segnungen der göttlichen Gnade auf die Kinder herab. Auch in dieser Hin- sicht ist das Wort wahr: „Eine der größten Gnaden für den Menschen ist eine wahrhaft gute Mutter.“

Selig daher das Kind, welches eine solche Mut- ter hat! Und wir möchten's durch die ganze Welt dahin rufen und es allen Müttern mit allem Nach- drucke, dessen wir fähig sind, an's Herz legen: Betet doch, betet ohne Unterlaß, betet mit allem Eifer für euere Kinder!

133

Die Erzbruderschaft der christlichen Mütter.

Nachdem wir nun im Vorhergehenden die Hauptpunkte, welche für eine wahrhaft religiöse und gute Erziehung der Kinder Beherzigung verdienen, erörtert haben, dürfen wir das ganze nicht beschließen, ohne auf einen Verein auf- merksam gemacht zu haben, welcher den nämlichen Zweck verfolgt, wie unser Büchlein; es ist die „Erzbruderschaft der christlichen Mütter.“ Ein wahrhaft zeitgemäßer, ein herrlicher Verein! Es ist wahr, es gibt der Vereine heut so viele, daß man in wohlbegründeter Furcht vor dem Uebermaß so fast unwillkürlich eine gewisse Scheu fühlen mag, wenn dann noch wieder von einem neuen Verein die Rede ist. Und dennoch können wir dem in Rede stehenden nicht warm genug das Wort reden, und wir möchten an alle Mütter die Aufmunterung richten, doch einem Verein, welcher der Art und den Bedürfnissen un- serer Zeit in so hohem Grade entspricht, wo möglich bei- zutreten.

Lassen wir zunächst eine beredte Anwaltin des schönen Vereins, die vor einigen Jahren zu unserer h. Kirche zu- rückgekehrte, jetzt in Mainz lebende Gräfin Hahn-Hahn über denselben reden: *)In Nr. 42 der „Monika“. Wochenblatt zur Verbesserung der Fa- milien-Erziehung; Stadtamhof bei Regensburg; – wöchentliche Sei- ten; Preis halbjährlich 7 Sgr. k Pfg.: bei der Post zu bestellen.

„Es war im Mai des Jahres 1850 als in der Stadt Lille in Frankreich einige fromme Mütter voll Sorgen um ihre Kinder sich besprachen, um gemeinsam für ihre ver- schiedenen Anliegen zu beten, sie dem Schutze der h. Got- tesmutter zu empfehlen und in dieser Intention das Opfer der h. Messe darbringen zu lassen. Aus diesem so ganz einfachen und schlichten Vorgang, in einem Winkel von Frankreich, ist der Gebetsverein der „Christlichen Mütter“ hervorgegangen, der jetzt, nach zwanzig Jahren, wie mit zärtlichen Mutterarmen den Erdball umspannt, denn in 134 Nordamerika, in Brasilien, in Ostindien, in der Türkei, nicht blos in Europa, bestehen canonisch eingeführte Filialen.
Zuerst kam die Kunde der gemeinsam betenden Mütter von Lille nach Paris. Was daher einige Frauen in Lille gethan und so viel Trost und Kraft daraus geschöpft hat- ten, daß sie ihre andächtige Vereinigung fortsetzten: das geschah jetzt im größeren Maßstab, unter zahlreicher Be- theiligung in Paris. Da sich nun mehr und mehr Mütter dem ersten Kern anschlossen: so gab sich bald das Bedürf- niß kund, einerseits die Vereinigung dauernd zusammen- zuhalten – durch gewisse Statuten; und andrerseits sie so fruchtbringend und anregend wie möglich zu machen – durch Vorträge über die Pflichten, die Würde, die Stellung, die Lebensaufgabe der Mutter.
Nach und nach meldeten sich noch viele auswärtige Mit- glieder zum Anschluß, daß man sehr bald in anderen Städten Filialen gründete und so lebhaft war die Bethei- ligung, daß schon im Jahr 1856 der Verein in Paris zur Erzbruderschaft erhoben und mit zwölf vollkommenen Ab- lässen im Jahr durch päpstliches Breve begnadigt wurde. Von der Erzbruderschaft gingen nun nach und nach in alle Weltgegenden die Affiliationsurkunden aus, welche die canonische Einführung eines Zweigvereins begründen und bezeugen.
Zehn Jahre später wurde der erste Verein in Deutsch- land zu Mainz gegründet. Seitdem hat nun der Verein einen recht erfreulichen und trostreichen Fortschritt ge- wonnen, denn es beginnt die Theilnahme für die Christ- lichen Mütter, die Frage nach ihnen, an verschiedenen Orten zu erwachen und die Gründungen mehren sich.
Nun ja! es ist ein Verein mehr zwischen zahllosen Vereinen! – dies erwidert man vielleicht. Freilich wäre er der Zahl nach zu entbehren, das räume ich gern ein; aber nicht dem Wesen, nicht dem Ziel nach. Denn wir dürfen uns nicht darüber täuschen: die Familie ist mit Zerfall bedroht. Glaubensfeindschaft herrscht bereits - oder soll in nächster Zukunft herrschen – in der Volks- schule, in den Werkstätten, in den höheren Bildungsanstalten, in der Tagespresse u. s. w. Ist der Glaube aus den 135 Herzen gerissen, so fallen die Grundsätze, die in ihm wur- zeln, so verschwinden die Tugenden, welche die Früchte der guten Grundsätze sind, so wird die Gesinnung erniedrigt und jeder Sünde Thür und Thor geöffnet.
In dieser Richtung bewegt sich heutzutage die Welt. Sie hat einen unseligen Einfluß auf die Familie. Männer, die durch Beruf oder Amt oder Stellung oder Geschäft in steter Berührung mit dieser Richtung sind, verlieren durch die Gewohnheit den klaren Blick und das freie Ur- theil und lassen sich in dem Maße von ihr einnehmen und umgarnen, als ihnen mehr oder minder die Selbstständig- keit fehlt, die auf den Grundsätzen des katholischen Glau- bens beruht. Diese Männer sind Ehegatten und Väter. Werden sie ihre Kinder wahrhaft christlich erziehen?
Die Mutter ist durch Stellung und Pflichten dem Welt- verkehr ferner gerückt, als der Vater; sie wahrt daher leichter, sicherer Glauben und christliche Sitten. Und so hat sie es auch mit ihren Kindern gehalten, hat sie beten gelehrt, hat ihnen von Gott und vom gekreuzigten Heiland erzählt, hat sie unterrichtet oder ihren Katechismus über- hört. Aber nun werden sie älter, nun besuchen sie die Schulen, in denen der mütterliche Geist nicht weht; nun treten sie in Berührung mit jugendlichen Genossen, nun hören und sehen sie ja Vieles, was ihre Eitelkeit, Selbst- gefälligkeit und Genußsucht anreizt. Die Mutter sieht es. Mit einem Löwen würde sie kämpfen; aber mit der Welt?! Vorstellungen, Bitten haben Zeit und Stunde; das Kind ist leicht nicht geneigt, sie anzuhören, sie zu wür- digen; auch schwächt die Wiederholung den Eindruck ab, langweilt sogar. Arme Mutter! sie kann unmöglich ihr liebes Kind der Welt und deren Gefahren überlassen, die des Lebens Glück und Würde in der Zeit und das Heil der Seele für die Ewigkeit bedrohen! Was kann sie thun? – Sie kann beten. Aber ach! wie sinkt ihr das Herz, wenn sie an die Sündfluth von Gefahren denkt, und an ihr armes schwaches Gebet. Sei getrost, du arme Mutter und tritt ein in die Bruderschaft der „Christlichen Mütter“. Da findest du Hülfe und Unterstützung, da hast du Ge- nossinnen deiner Sorgen, da beten mit dir und für deine Kinder 120,000 Mütter täglich das kleine Gebet, das du 136 als Mitglied dann auch für sie und ihre Kinder beten wirst, da wird einmal im Monate das hochheilige Opfer für dich und deine Anliegen dargebracht, in der h. Com- munion vereinigt sich das göttliche Herz Jesu mit deinem kummervollen Herzen, und ein frommer Priester gibt die Belehrung über deine oft so verwickelten Pflichten, Ermah- nungen, die deinen Muth heben und dir wieder und immer wieder vorstellen, daß du eine ganz himmlische Aufgabe hast, eine Aufgabe, welche dein Heiland mit dir theilt: das Reich Gottes auf Erden auszubreiten und Seelen zu retten für's ewige Leben.“

So weit die edle Gräfin. So wollen denn unsere Leserinnen es vor Gott überlegen, ob sie dem vortrefflichen Vereine beizutreten sich nicht entschließen. Die Bedingungen, welche wir hier unten folgen lassen, sind nicht schwer und verpflichten ja auch nicht unter Sünde. Auch Mütter, welche an Orten leben, wo die Bruderschaft nicht errichtet ist, können Mitglieder sein; sie brauchen auch zur Gewin- nung der Ablässe selbstrebend an den üblichen Versamm- lungen nicht teilzunehmen; auch die monatliche Com- munion wird nicht streng gefordert, wie auch die Leistung eines Geldbeitrages dem Vermögen anheimgegeben ist. Man hat sich also einfach in einem Briefe an einen Direktor *)Wir nennen hier mehrere solche Direktoren: In Münster Pastor Fecke (die Bruderschaft in der Kirche zum h. Martinus errichtet); in Mainz der hochw. Bischof, so auch in Regensburg; in München Dompfarrer Weber; in Bamberg Kaplan Dr. Körber. Man kann sich auch an „den Vorsteher der Erzbruderschaft der christlichen Mütter“ zu Paris, P. Theod. Ratisbonne wenden. irgend eines Zweigvereins zu wenden; derselbe schreibt dann als Mitglied ein und schickt die Statuten.

Die Statuten geben wir in Folgendem ihrem Haupt- inhalte nach:

„Eine der heiligsten Pflichten christlicher Mütter – sagt § 1 der Satzungen – ist die Erziehung ihrer Kinder nach dem Willen Gottes und im Geiste seiner h. Kirche, durch welche sie für das Reich Gottes wiedergeboren sind. Zu dieser Erziehung empfangen die Eltern besondere Gna- den durch das h. Sakrament der Ehe. Diese Gnaden zu bewahren, durch Mitwirkung im Gebet, durch Wort 137 und Beispiel, durch gemeinsame Erbauung und Fürbitte zu mehren, ist der Zweck des kirchlichen Vereines christ- licher Mütter.

Durch denselben schließen sie sich innig an das unbe- fleckte Herz der Gottesmutter, der reinsten und höch- sten aller Mütter und treten zugleich unter sich in eine Gemeinschaft ihrer Anliegen, Sorgen und Gebete, um so die Fülle des göttlichen Segens für ihre Kinder und ihre Familien desto sicherer zu erlangen.

Zur Aufnahme in den Verein oder die Bruderschaft - sagt §. 2 – eignen sich katholische Mütter, seien es Ehe- frauen oder Wittwen, jeden Standes, welche einen christ- lichen Lebenswandel führen und den Vereinszweck er- füllen wollen.

§. 3, 4, 5 und 6 handeln von der Vorstandschaft und Verwaltung des Vereins. Es steht an der Spitze eines jeden förmlichen Zweigvereins ein geistlicher Direktor. Ferner wird eine Präsidentin, eine Vicepräsidentin und Secretärin und 12 andere Mitglieder des Bruderschafts- rathes gewählt. – Die Präsidentin hat den Vereinsrath zusammenzuberufen und die Versammlungen anzuzeigen. Sie hat die Gnadenerweisungen aufzuzeichnen, welche die göttliche Barmherzigkeit den Gebeten der Bruderschaft er- theilen dürfte. Sie nimmt alle erbaulichen Mittheilungen an, welche ihr in dieser Beziehung die christlichen Mütter machen werden, um daraus ihren Jahresbericht anzu- fertigen.

§. 6 sagt: Familienmütter, die an Orten leben, in welchen die Bruderschaft nicht kirchlich eingeführt ist, können sich auch an einem anderen Orte, wo die Bruder- schaft besteht, einschreiben lassen, um an den Gebeten und guten Werken der christlichen Mütter Antheil zu nehmen.

§. 7 bestimmt die Kirche für die Bruderschaft.

§. 8. Die kirchlichen Versammlungen finden einmal im Monate statt, wenn thunlich an einem Tage, an wel- chem den Mitgliedern ein vollkommener Ablaß gewährt ist.

Es wird eine h. Messe nach der Meinung der Mitglie- der gelesen und eine Betrachtung oder Erbauungsrede ge- halten. Schließlich finden gemeinsame Gebete statt, um 138 die allgemeinen Anliegen des Vereins, sowie beson- dere der einzelnen Mitglieder dem göttlichen Herzen Jesu und dem Herzen der hochgebenedeiten Mutter zu em- pfehlen.

§. 9 bezeichnet die Obliegenheiten der Mit- glieder:

  • a) Gewissenhafte Erziehung der eigenen Kinder im Geiste Jesu Christi und seiner h. Kirche;
  • b) Verrichtung des täglichen Vereinsgebetes;
  • c) Theilnahme an den Vereins-Versammlungen, so oft es geschehen kann;
  • d) Empfang der h. Communion, wo möglich einmal im Monat, nach der Meinung des Vereines; oder falls die Communion nicht möglich, andächtiges Anhören der h. Messe mit der geistigen Communion in der gleichen Meinung. Wünschenswerth ist es, daß die h. Communion bei der Messe am Versammlungs- tage in der Vereins-Kirche gemeinschaftlich empfangen werde.

Nach §. 10 zahlt jedes wohlhabende Mitglied bei der Aufnahme einen größeren freiwilligen Beitrag und fortan ein jährliches Opfer.

So viel aus den Satzungen.

Der auf diesen Satzungen errichteten Bruderschaft hat der h. Vater unterm 18. September 1858 an zwölf be- stimmten Tagen oder in deren Octave einen vollkommenen Ablaß verliehen, welcher nach dem Breve vom 22. Juni 1869 auch von auswärtigen Mitgliedern gewonnen werden kann. Außerdem ist den Mitgliedern auch für die Todes- stunde ein vollkommener Ablaß gewährt.

Das kurze tägliche Gebet lautet:

O Maria, unbefleckte Jungfrau und schmerzhafte Mutter, sprich von unsern lieben Kindern zum anbetungswürdigen Herzen Jesu, der seiner Mutter nichts abschlägt. Bitte für sie;

Heilige Schutzengel, bittet für sie!

Heiliger Joseph, du mächtiger Beschützer, bitte für sie!

Heiliger Johannes, du vielgeliebter Jünger des Herzens Jesu, bitte für sie!

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Heilige Anna, du Mutter Maria, bitte für sie!

Heiliger Aloysius, bitte für sie!

Heilige Monika, bitte für sie!

Vollkommene Ablässe.

6. Januar: Heil. Dreikönigstag. 2. Februar: Maria Lichtmeß. 19. März: h. Joseph. April: Freitag der sieben Schmerzen. 4. Mai: h. Monika. 21. Juni: h. Aloysius. 26 Juli: h. Anna. 28. August: h. Augustinus. Septem- ber: Sonntag Unserer lieben Frau der 7 Schmerzen. Oktober: Schutzengelfest. November: Octav von Allerseelen. December: Unbefleckte Empfängniß.

Die Ablässe werden gewonnen, wenn die Mitglieder nach reumüthiger Beicht und Communion in der Kapelle der Bruderschaft oder an Orten, wo eine solche nicht vor- handen ist, in jeder andern Kirche oder Kapelle ein andäch- tiges Gebet in der Meinung des heil. Vaters verrichten. Diese Ablässe können auch an einem beliebigen Tage in der Octav jener Feste und ferner an jedem von dem Direk- tor der Bruderschaft für die monatliche Versammlung be- stimmten Tage, auch wenn er außer der Octav fällt, ge- wonnen – und alle ohne Ausnahme den Abgestorbenen zugewendet werden. – (Breve vom 22. Juni 1869.)

Endlich verleiht der h. Vater einen vollkommenen Ablaß in der Todesstunde allen Mitgliedern, welche reumüthig die h. Sakramente der Buße und des Altars empfangen oder, sofern sie dies nicht mehr können, mit reumüthigem Herzen andächtig den Namen Jesu mit dem Munde oder auch nur im Herzen anrufen. (Breve vom 7. Mai 1862.) *)Würde eine Mutter andere verwandte, befreundete oder geistes- verwandte Mütter kennen, welche auch geneigt sein möchten, in den Verein einzutreten, so wäre es am einfachsten, wenn eine von ihnen im Namen Aller an den betreffenden Direktor schriebe und die Na- men der übrigen meldete. Gewiß würde auch auf Wunsch einer der Pfarrgeistlichen die Einschreibung vermitteln.

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Die christliche Mutter
in der Erziehung und in ihrem Gebete von W. Cramer,
Domkapitular und Regens des bischöflichen Priester-Seminars.
„Eine der höchsten Gnaden ist für den Menschen eine gute Mutter.“ (Ein Kirchenfürst.)
Mit Erlaubniß der Obern.
Nein-Ertrag für den Bonifacius-Verein.
Vierzehnte Auflage.
A. Laumann in DülmenKatholische Verlags-Buchhandlung.
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Zur sonntäglichen Nachmittags-Andacht

eignen sich sehr wohl die Gebete Seite 154–167; ferner S. 171–172; – 179–180; – 185–186; dann 190 bis 200; nach den Umständen auch S. 167–170; – 188 bis 190.

Schön und empfehlenswerth wäre es dann auch, jedes- mal am Sonntag-Nachmittage, auch nur während der Andacht – freilich nicht während der etwaigen gemein- schaftlichen Gebete – einen von den Abschnitten S. 3 bis 132 ganz oder zum Theile zu lesen. Dadurch würde das dort Gesagte immer wieder aufgefrischt.

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Gebete für die wesentlichen Verhältnisse und Anliegen des mütterlichen Berufes. *)Wir glauben uns hier nicht so strenge in den Schranken, welche wir im Vordergehenden einhielten, (indem wir nur das zarte Kin- desalter im Auge hatten) halten, sondern die Mutter auch in ihrem Gebete für ihre schon erwachsenen Kinder berücksichtigen zu sollen.

Gebet am Jahrestage der Verehelichung. **)Wahrhaft christliche Eheleute gehen gern am Jahrestage ihrer Ver- ehelichung, oder am Sonntage vor oder nach demselben wo möglich gemeinschaftlich zu den hh. Sakramenten, um so die entsprechenden Uebungen desto besser anstellen zu können und die Gnade des h. Sa- kramentes der Ehe zu erneuern. Welch schöne Sitte! – Könnte man nicht wenigstens an diesem Tage in solcher Meinung einer h. Messe beiwohnen? Wie sehr thut den Eheleuten bei den wichtigen Obliegenheiten, in den Beschwerden und Gefahren ihres Standes der Segen und die Gnade des Herrn Roth, damit sie im Ehestande nicht zu Grunde gehen, sondern ihr Heil wirken! Daher eben das h. Sakrament der Ehe; daher die jährliche Erneuerung der Gnade desselben so empfehlenswerth.

O mein Gott und Herr, an diesem Tage war es, wo ich in Deinem h. Hause am Traualtare hingeknieet das heil. Sakrament der Ehe empfing und unter dem Segen dessel- ben in meinen ehelichen Stand eintrat. Dürfte ich ihn ohne Dank und heilsame Uebung vorübergehen lassen? Nein, o Herr, von ganzem Herzen danke ich Dir, daß Du mich durch ein h. Sakrament in den Ehestand eingeführt und meine eheliche Verbindung geheiliget und mir den Schatz Deiner Gnade eröffnet hast, damit ich im Stande wäre, den Anforderungen des christlichen Ehestandes zu entsprechen und in unverbrüchlicher Treue, in Liebe, in pflichtmäßiger Untergebenheit gegen meinen Mann und in standesmäßiger Keuschheit allimmerdar zu verharren, 144 die von Dir geschenkten Kinder in Deiner Furcht und Zucht zu erziehen, und so mein Heil zu wirken. Ich danke Dir für alle Gnaden, welche ich seitdem in Kraft dieses h. Sa- kramentes empfangen habe; ich danke Dir für den Schutz und für die Hülfe und für alles Gute, so Du mir und den Meinigen gespendet hast. Sei ewiglich gelobt und ge- priesen!

Habe ich denn in freier Mitwirkung mit Deiner Gnade die Obliegenheiten meines Standes treu erfüllt? Habe ich als eine wahrhaft christliche Ehefrau gelebt? Ach, nur zu Vieles habe ich mir vorzuwerfen! (Denke ein wenig nach.) O mein Gott, von ganzem Herzen bereue ich es. Sei mir gnädig! Verzeihe mir in Deiner unendlichen Barmherzigkeit und um Jesu, Deines Sohnes willen! - Fest steht mein Vorsatz: Mit erneuertem Eifer will ich mich fortan bestreben, alle Pflichten, welche ich als christ- liche Ehefrau und Mutter habe, treu und gewissenhaft zu erfüllen. Wie darf ich sonst hoffen, bei Dir in Gnade zu sein und mein Heil zu wirken? Aber, o Herr, was nützen mir alle Vorsätze, wenn Du nicht Gnade gibst, sie aus- zuführen? So erneuere denn, o Herr, am heutigen Tage den Segen des h. Sakraments; lasse die Gnaden desselben mir von Tag zu Tag reichlich zufließen; durch sie angeregt und gekräftigt, werde ich darauf bedacht und im Stande sein, meines Berufes würdig zu wandeln.

Auch meinen Mann empfehle ich Deiner Huld und Gnade. Verleihe uns, daß wir, durch das h. Sakrament so innig vereint, auch in herzlicher Liebe und in treuer Gottesfurcht allimmerdar befunden werden, damit unser ehelicher Stand, wie er es soll, ein Bild sei von der innigen Vereinigung Christi mit Seiner h. Kirche und uns führe zum ewigen Leben.

Lasse Dir auch, o Herr, die Kinder, die Du uns gegeben, empfohlen sein! Segne sie, behüte sie, begnadige sie, da- mit sie zu Deinem h. Wohlgefallen gedeihen. Stehe mir bei, daß ich sie ganz für Dich erziehen möge.

Heilige Jungfrau und Mutter Maria, h. Joseph und alle heiligen Eheleute und Eltern, bittet für mich! Amen.

145

Gebet beim ersten Kirchengange.

Ich danke Dir, o Gott, daß es mir durch Deine Gnade wieder vergönnt ist, in Deinem h. Hause zu erscheinen; ich danke Dir für den Schutz und für die Hülfe, so Du mir hast angedeihen lassen. Insbesondere bringe ich Dir den innigsten Dank dar für alle Huld und Gnade, welche ich in meinem Kindlein von Dir erfahren habe. Dein Geschenk ist es; Du hast es im h. Sakrament der Wieder- geburt zu Deinem Kinde hergestellt und es mit allen Aus- zeichnungen Deiner Kinder ausgestattet und ihm die Schätze der h. Kirche, ja den ganzen Reichthum der himmlischen Herrlichkeit, und die Aussicht aus das höchste, auf ein ewiges Glück eröffnet.

O Du unendlich freigebiger Gott, Du Gott der Liebe und der Erbarmung, sei gelobt und gepriesen für Alles, was Du an meinem Kinde gethan hast. – Du hast es mir anheimgegeben, daß ich fortan alle Pflichten einer christlichen Mutter an ihm vollführe und es dadurch für Dich und den Himmel erziehe. Mein Herz ist bereit, o Herr, mein Herz ist bereit. Ader wie werde ich diese vielfach so schweren Mutterpflichten erfüllen können, wenn Du mir nicht beistehst mit Deiner Gnade? So stehe mir denn bei. Erfülle mein Herz mit Deinem h. Geiste und gib mir Eifer, Weisheit und Kraft, auf daß ich das große Werk der Erziehung zu Deinem heiligen Wohlgefallen und zum Heile meines Kindes und zu meinem eigenen Heile vollführe.

In Vereinigung mit der heiligen Mutter meines Herrn und mit der Gesinnung womit sie sich und ihr göttliches Kind im Tempel Dir, o Gott, opferte, bringe auch ich heut mich und mein Kind Dir zum Opfer dar. Verleihe gnä- dig, daß mein Kind, wie es jetzt Dein ist, ewig Dein ver- bleibe; verleibe, daß ich fortan ganz dafür lebe, mein Kind Dir zu erhalten und es zu Dir zu führen! – Heilige Jungfrau Maria, hehre Gottesmutter, mit welchem Danke und mit welchen gottgeweiheten Gesinnungen hast Du Dein göttliches Kind im Tempel geopfert! Ich vereinige mich mit Dir, und empfehle mein Kind und Alles, was ich 146 fortan für dasselbe thun werde, Deiner mächtigen Fürbitte. Amen. *)Wie schön, wenn die Mutter auch hier dem h. Meßopfer beiwohnt und bei demselben und durch dasselbe dem Herrn ihren Dank und ihre Anliegen darbringt!

Gebet am Morgen.

Gütigster Gott, Du hast diesen Tag mir geschenkt, daß ich in treuer Erfüllung meiner Pflichten Dir dienen und mein Heil wirken soll. So stehe mir denn dazu bei mit Deiner Gnade! Vor Allem hilf mir, daß ich meine wich- tigsten und heiligsten Pflichten, welche ich gegen meine Kinder habe, dem mit Sorgfalt und Treue erfülle und insbesondere ihnen in meinem ganzen Thun und Lassen mit einem guten Beispiel vorgehe. Segne Alles, was ich heut zu ihrer Heranbildung sagen oder thun werde.

Meine Kinder aber, o Gott, nimm in die Obhut Deiner Liebe und Gnade. Beschütze sie in Gefahren und behüte sie vor allem Uebel! Bewahre sie vor Sünde! Erfülle ihr kindliches Herz mit Deiner h. Liebe und erwecke und stärke sie mit Deiner Gnade, auf daß sie Dir treu dienen und wie an Alter, so an Tugend und Gnade bei Dir zu- nehmen mögen.

Ihr h. Schutzengel und Namenspatrone meiner Kin- der, euch empfehle ich sie; nehmet euch ihrer an, bittet für sie. Amen.

Gebet am Abend. **)Unterlaß es nicht, christliche Mutter, am Abende, wenn auch nur in Kürze, dem Gewissen zu erforschen, besonders, ob du deine Pflichten als Mutter heut treu erfüllt hast. (War dein Beispiel musterhaft? Hast du nichts für die Kinder Anstößiges gesagt, gethan? Hast du sie nach Pflicht im Auge gehabt? Sie nicht zu sehr ohne Aufsicht gehen lassen? Sie gebührend zur Kirche, zur Schule angehalten? Warst du darauf bedacht, auch selbst sie heilsam zu belehren, sie an Gott und Höheres zu erinnern? Hast du auf ihre Fehler sie auf- merksam gemacht, sie nach Pflicht gemahnt, gewarnt, gestraft? Hast du dich dabei von Zorn und Verdruß hinnehmen lassen, in Auf- regung und Uebermaß gestraft? Hast du sie angeleitet und ange- halten zum Beten, zur Liebe gegen Gott und die Menschen, zum Ge- horsam, zur Wahrhaftigkeit, zur Bertragsamkeit, zur Arbeit, zur Reinlichkeit und Ordnung? Betest du nach Pflicht für sie?...) – Bereue, wenn du gefehlt; thue Abbitte vor Gott; entschließe dich und versprich's dem Herrn, morgen treuer zu sein.

Dank sei Dir, o Gott und Vater, für alle Gnade und Wohlthat, welche Du auch heut mir und meinen Kindern 147 huldreich gespendet hast. Alle gute Gabe kommt ja von Dir; Du waltest über uns voll Erbarmung. Wehe mir, daß ich so undankbar bin und Dich, den besten Vater, so oft beleidige! Verzeihe gnädig! Insbesondere vergib mir, was ich heut in meinem mütterlichen Berufe verbrochen habe!.... Was bleibt mir, als um Gnade zu flehen? Sei mir gnädig! Möchte ich doch mehr und mehr die Heiligkeit meiner Mutterpflichten erkennen und sie mit Ge- wissenhaftigkeit erfüllen! Ja, Herr, ich will's. Von Neuem verspreche ich es Dir. Komm mit Deiner reichen Gnade mir zu Hülfe. Entzünde mein Herz immermehr mit Deiner h. Liebe und mit wahrer Liebe zu meinen Kindern, auf daß ich stets voll h. Ernstes sei, sie für Dich und zu ihrem Heile zu erziehen.

Für diese Nacht aber, o Vater, laß Dir meine Kinder empfohlen sein. Deine Hand beschirme sie in ihrer nächt- lichen Ruhe; verscheuche den Feind von ihrer Lagerstätte, lasse Deine h. Engel bei ihnen sein. O gib nicht zu, daß die Nacht ihnen Anlaß werde zur Sünde; erhalte sie in Unschuld und unbefleckter Reinigkeit! Heilige Jungfrau, heiliger Joseph, ihr hh. Engel und Auserwählten, lasset meine Kinder euch befohlen sein! Amen.

Gebete einer christlichen Mutter bei der heil. Messe. *)Je wichtiger so oft die Anliegen einer Mutter sind, je größere Gna- den sie für sich, zur Erfüllung ihrer Mutterpflichten, oder für ihre Kinder bedarf, desto mehr sollte es sich ihr nahe legen, oft, immer von Neuem zum h. Meßopfer ihre Zuflucht zu nehmen. Da steht sie, mag sie für sich und ihre Kinder nun für empfangene Gnaden und Wohlthaten zu danken oder um neue zu flehen haben, nicht allein vor dem Herrn, wegen ihrer Armseligkeit und Unwürdigkeit nur zu sehr in Gefahr, nicht in Gnaden angesehen zu werden; da tritt, wenn sie mit Glauben und Vertrauen nahet, Jesus für sie ein und zwar durch Sein h. Opfer, um es als Dank- oder Bittopfer für sie und ihre Kinder dem Vater zu weihen, wie sie denn selbst Sein heil. Opfer nehmen und es dem Himmel darbieten mag. O welcher Segen für Mütter und Kinder! – Möchten das alle Mütter recht würdigen! – Nie schön, wenn die Mutter zuweilen, recht oft, einer h. Messe beiwohnte in der Meinung, dadurch die Gnaden für sich zu erlangen, welche sie für die gute Erziehung ihrer Kinder nothwendig hat; oder ein anderes Mal in der Meinung, daß Gott Alles, was sie und mit ihr der Vater, die Geistlichen, die Lehrer und Lehrerinnen an ihren Kindern thuen, segnen und wirksam machen wolle; oder wieder ein anderes Mal, um ihre Kinder in die Gnade des Herrn, in Seinen Schutz, in Seine Hülfe zu empfehlen; oder auch, um für dieses oder jenes Kind, welches wegen eines Fehlers, den es an sich hat, wegen einer wichtigen Handlung (es kommt in die Schule, es geht zur h. Beicht, es bereitet sich zu seiner ersten h. Kommunion, es hat das elterliche Haus zu verlassen u. s. w.) oder sonst einer besonderen Gnade bedarf, dieselbe vom Herrn zu erflehen. Gewiß, das würde dem Herrn hoch genehm sein, das würde Seinen liebvollen Absichten so ganz entsprechen und es würde den Strom der Gnaden, der dem h. Opfer entquillt, in die Familien hinüberleiten znm Heile für El- tern und Kinder. Oder wird wohl leicht Einer beim h. Opfer dem Herrn, dem großen Kinderfreunde, mehr genehm sein, als eine christ- liche Mutter, welche um ihrer Kinder willen gegenwärtig ist? - Darum folgt hier eine Reihe voll Gebeten, in welchen die wesentlich- sten Gebetsanliegen einer Mutter ihren Ausdruck finden. Selbst- redend können dieselben zu jeder Zeit und auch bei andern Gelegen- heiten, aber wohl kaum irgendwo besser, als bei der h. Messe ver- wendet werden, sei es, daß man sie im Anfange der h. Messe, beim Offertorium, oder beim Canon und nach der h. Wandlung zwischen seine sonstigen Meßgebete einfüge.

I. Für sich selbst, um die für den Mutterberuf erforderlichen Gnaden zu erflehen.

Zum Eingange der h. Messe.

O Gott, ich erscheine hier in Deinem h. Hause, um Gnade zu erstehen für meinen mütterlichen Beruf. Ich 148 bin nicht im Stande, die Pflichten desselben zu Deinem Wohlgefallen und zum Heile meiner Kinder zu erfüllen, wenn Du mir nicht hilfst. Du hast mir Deinen Gnaden- beistand zugesichert im heil. Sakramente der Ehe. Wäre ich nur desselben würdiger! Ach Herr, ich erkenne meine Unwürdigkeit und daß ich Deiner Gnaden nicht werth bin. Darum komme ich zum Altare Deines göttlichen Lohnes, um im Vereine mit dem h. Opfer, welches Er auf dem- selben auch für mich vollbringt, nicht ganz unwürdig zu erscheinen und Erhörung zu finden, wenn ich um Deinen 149 göttlichen Beistand in meinem Berufe und um Gnade für meine Kinder flehe. So verleihe mir denn, daß ich diesem h. Opfer mit wahrer Andacht und mit Segen beiwohne. Amen.

Zum Offertorium. *)In der Zwischenzeit, besonders zum Canon und nach der Wandlung können die Gebete unten S. 154 bis 162 genommen werden.

Allmächtiger ewiger Gott, in Vereinigung mit dem Prie- ster weihe auch ich Dir diese Gabe von Brod und Wein- und lege mit ihnen zugleich das Anliegen meines Herzens, mein Verlangen und mein Flehen nach Gnade zur heil- samen Erfüllung meiner Mutterpflichten im Geiste auf den Altar. O Gott, ich erkenne es, daß, gleichwie die Gabe des Brodes und des Weines so auch meine Gebete vor Dir gering und ohne Werth sind; aber da es durch Deine Huld und Macht geschieht, daß Brod und Wein in das Dir unendlich wohlgefällige Opfer des Fleisches und Blu- tes Deines göttlichen Sohnes umgewandelt wird, so lasse im Vereine mit diesem h. Opfer auch mein Anliegen vor Dir Gnade und Erhörung finden. Darum flehe ich zu Dir im Geiste der Demuth und mit zerknirschtem Herzen und unter Anrufung der allerseligsten Jungfrau Maria und des h. Joseph, wie auch sämmtlicher auserwählten Mütter und aller Heiligen. Amen.

Zur Consekration.

O Jesu, Du würdigest Dich mit unendlicher Liebe aus das Wort Deines Dieners auf den Altar herniederzukommen, um in Brodes- und Weinsgestalt das erbarmungs- und gnadenreiche Opfer, welches Du auf Golgatha vollzogen, zu unserm Heile erneuert vor uns darzustellen, damit wir seiner Segnungen und Gnaden theilhaftig würden.

In tiefster Demuth bete ich Dich an, gnadenvoll gegen- wärtiger Herr und Heiland; Lob und Preis Dir und Danksagung aus dem wärmsten Grunde meines Herzens für so viel Huld und Gnade! – So nimm mich denn, o Jesus, mit meinem Anliegen und mit meinen Bitten 150 auf in Dein b. Opfer, und lasse sie durch Deine Verdienste Gnade und Erhörung finden, auf daß ich an meinen Kin- dern, Deinen Lieblingen, eine wahrhaft gute Mutter sein möge. Amen.

Nach der Consekration.

O Gott, nun erhebt sich mein Herz mit Vertrauen und Zuversicht zu Dir; denn es ist Dein göttlicher Sohn, welcher mich vor Dir vertritt und mein Flehen im Ver- eine mit dem Opfer Seines h. Fleisches und Blutes Dir darbringt. Es ist kein anderes Opfer, als jenes, welches er einst am Kreuze, in Gehorsam gegen Dich bis zum Tode vollbrachte, vor Dir unendlich wohlgefällig. So möge denn mein Anliegen in Vereinigung mit diesem h. Opfer und um Seinetwillen Gnade bei Dir finden! Verzeihe mir gnädig, was ich bisher durch Untreue in den Verpflichtungen meines Standes verbrochen habe; erwecke mich, daß ich fortan mit erneuetem Eifer sie er- fülle. Gib mir alle jene Gnaden, welche ich zur guten Erziehung meiner Kinder bedarf, ein musterhaftes Leben, Liebe, Weisheit, Geduld, Sanftmuth, Ausdauer, Eifer im Gebete für meine Kinder. Verleibe, o Herr, die Gnade, meine Kinder so zu erziehen, daß es Dir zur Ehre, ihnen zum Heile, mir zum ewigen Leben gereichen möge. Amen.

Vater unser.

Vor und bei der Communion.

Das Gebet zu Jesus dem Kinderfreunde, S. 158.

Zum Schlusse.

Gebet zum h. Geiste um Seine 7 Gaben. S. 180; und die Gebete S. 160 bis 162.

151

II. Gebete bei der h. Messe, wenn die Mutter sie für ihre Kinder hört.

Zum Eingange der h. Messe.

O Gott, die Liebe zu meinen Kindern und das Ver- langen nach ihrem Heile führt mich heut zum Altare und zum Opfer Deines göttlichen Sohnes. So sehr mir auch das Wohl meiner Kinder am Herzen liegt und so sehr ich mich auch bemühen mag, sie gut zu erziehen, so werden dennoch alle meine Bemühungen ohne Frucht und rechten Segen bleiben, wenn Du nicht hilfst und mit Deiner Gnade meine Kinder heimsuchst. Darum flehe ich zu Dir. Und da mein Gebet und Flehen armselig und unwürdig vor Dir ist, so vereinige ich es in dieser h. Messe mit dem Opfer Deines göttlichen Sohnes, meines Herrn, und dringe selbst dieses h. Opfer Dir für meine Kinder dar. Gib mir Gnade, das ich es mit wahrer Andacht thue und für meine lieben Kinder reichen Gnadensegen erwirken möge. Amen. *)Auch hier zwischenein die Gebete unten S. 162 bis 172.

Zum Offertorium.

Gott, himmlischer Vater, die geringen Gaben von Brod und Wein werden Dir vom Priester dargebracht, damit Du selbst aus ihnen ein vor Dir wohlgefälliges Opfer be- reiten mögest. Es nahet der h. Augenblick, wo in der Kraft des h. Geistes am Worte Deines Priesters die wun- derbare Wandlung geschehen und dann Dein göttlicher Sohn unser Opferpriester und unser Opfer sein wird. So führe ich denn im Geiste meine Kinder zu dieser ge- heiligten Stätte, damit der Segen dieses gnadenvollen Opfers über sie kommen möge. Lasse sie durch die Ver- dienste dieses heiligen Opfern Vergebung ihrer Sünden und Gnade finden, vor Sünde bewahrt zu bleiben. Gleich- wie durch Deine göttliche Macht hier Brod und Wein in das h. Fleisch und Blut Jesu Christi verwandelt wird, so 152 erweise in Kraft dieses h. Opfers die Macht Deiner Gnade auch an meinen Kindern, auf daß ihr Herz mehr und mehr umgestaltet werde zur Vollkommenheit christlicher Gesinnung und Tugend, und zu einem wohlgefälligen Opfer vor Dir. Sie sind ja auch Deine Kinder; so segne sie denn und erfülle sie mit Deiner Gnade, damit sie Deiner würdig seien. Verleihe, daß sie Dir mit lebendigem Glauben und mit kindlicher Liebe anhangen und Deinen heiligen Willen zur Richtschnur ihres Lebens haben und von ihm nicht abweichen, sondern auf Deinen Wegen wandelnd für Zeit und Ewigkeit wahrhaft glücklich seien. Amen.

Ihr Heiligen Gottes, h. Jungfrau Maria, h. Joseph, ihr h. Schutzengel meiner Kinder und ihr h. Namens- patrone derselben und alle h. Kinder unterstützet mein Gebet, und flehet, daß die Früchte dieses h. Opfers sich reichlich über meine Kinder ergießen. Amen.

Zur Consekration.

Göttlicher Heiland, der Du einst segnend und gnaden- spendend im h. Lande unter den Menschen wandeltest, wiederum bist Du, vom Himmel herabgekommen, mir nahe in der geheimnißvollen Gegenwart unter der Brodes- und Weinesgestalt und in der gnadenvollen Erneuerung Deines h. Opfers. So benutze denn auch ich, wie einst jene Müt- ter im h. Lande, diese gnadenvollen Augenblicke, um Dir, göttlicher Freund der Kinder, im Geiste alle meine Kin- der zuzuführen. O Herr Jesu, was Du einst an den Kindern jener Mütter thatest, indem Du sie in Deine Arme schlossest und ihnen Deine Hände auflegtest, das wollest Du durch die Gnaden und Segnungen dieses h. Opfers auch an meinen Kindern huldreich vollführen. Amen.

Nach der Consekration.

Gott, himmlischer Vater, wie Du einst, als Dein gött- licher Sohn, mein Heiland auf Erden wandelte und wirkte, vom Himmel her gesprochen hast: „Dieser ist Mein ge- liebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe“, so schauest Du auch jetzt mit Wohlgefallen auf Ihn herab, da 153 Er zur Ehre Deines h. Namens und zum Wohle Deiner Kinder Sein h. Opfer geheimnißvoll erneuert. Indem ich mich daher Seinem h. Opfer anschließe, so erscheine ich mit Zuversicht vor dem Throne Deiner Barmherzigkeit, um Dir meine Kinder zu empfehlen. Lasse sie Deinen mäch- tigen Schutz erfahren in allen Gefahren des Leibes und der Seele. Bewahre sie vor Sünde und vor Allem, was ihrer Seele Schaden bringen mag. Ordne gnädig alle zeitlichen Verhältnisse zu ihrem Besten. Erhalte sie in unverletzter Unschuld, erhalte sie in Deiner Gnade! Ver- leibe, daß sie nach dem Vorbilde des göttlichen Heilandes zunehmen, wie an Alter, so an wahrer Weisheit und an Tugend und Gnade bei Dir und bei den Menschen. O Gott, mächtig in Deiner Gnade, sei in Kraft dieses heil. Opfers Deines Sohnes also mit meinen Kindern, daß sie stets mein Trost und meine Freude seien hier auf Erden, meine Krone in der Ewigkeit und daß Du, großer Vater, an ihnen Wohlgefallen habest als an Deinen geliebten Kindern. Amen.

Vater unser. (Für die Kinder.)

Zur h. Communion.

O Herr, Jesu Christe, Du Sohn des lebendigen Gottes, noch einmal wende ich mich an Dich; Du hast nach dem Willen des Vaters und in Mitwirkung des heil. Geistes durch Deinen Tod der Welt das Leben bereitet: so bitte ich Dich denn durch dies Dein hochheiliges Fleisch und Blut, daß Du meine Kinder von allen ihren Vergebungen und von allem Uebel befreien und verleihen wollest, daß sie stets treu an Deinen Vorschriften halten und von Dir niemals getrennt werden mögen. Amen.

Zum Schlusse.

Gebet... Seite 162 u. s. w.

154

Verschiedene Gebete der christlichen Mutter.

A. Für sich selbst.

Gebet um die Gnade eines guten Beispiels.

O Gott, wie sehr hat das Wort Deines göttlichen Sohnes: „Lasset euer Licht leuchten!“ auch für mich Gel- tung! Es ist dein h. Wille, daß ich meinen Kindern in Allem mit dem Beispiele eines Dir wohlgefälligen Lebens vorgeben soll. Wie könnten sie sonst selbst gut werden. Darum flehe ich (durch die Verdienste Deines h. Opfers) zu Dir um Beistand zu einem wahrhaft christlichen Leben. Spende mir reichlich Deine Gnade, damit ich im Stande sei, in all meinem Reden, Thun und Lassen Alles zu ver- meiden, was des christlichen Namens unwürdig ist. Hilf mir, daß ich alle Tugenden des christlichen Lebens üben und zu immer größerer Vollkommenheit gelangen möge, da- mit mein Leben ein Vorbild und Muster für meine Kinder sein möge. – Wie wunderbar hast Du, o Herr, in Deinen Heiligen gewirkt! So nimm Dich auch meiner in Gnaden an! Zwar bin ich so großer Gnaden nicht werth; aber Du bist ein gnädiger Gott; Du liebest meine Kinder; sie sind ja auch Deine Kinder. Um ihretwillen und um Jesu, Deines Sohnes willen, erhöre mein Gebet. Amen.

Gebet um die wahre übernatürliche Liebe.

O Gott, Du Vater meiner Kinder, da Du mir dieselben hast anvertrauen wollen, so hast Du meinem Herzen einen Antheil an jener Liebe eingepflanzt, welche Dein göttliches Herz zu meinen Kindern trägt; und Du bist bereit, in Kraft des h. Ehesakramentes durch Deine Gnade diese natürliche Mutterliebe zu verklären und zu erhöhen, auf daß sie zum Heile meiner Kinder Deiner heiligen Liebe 155 gleiche. So flehe ich denn im Vertrauen auf die Wir- kungen dieses h. Sakramentes, durch die Verdienste Deines göttlichen Sohnes, durch Seine Liebe zu den Kindern und durch die Fürbitte aller auserwählten Mütter um diese Gnade. Lasse nicht zu, daß ich, von jener natürlichen Liebe verblendet, das versäume, was zur guten, christlichen Er- ziehung meiner Kinder erforderlich ist. Bewahre mich vor unzeitiger Nachsicht und Schonung! Gib mir Muth und Kraft, daß ich die Züchtigung, wo sie Noth thut, nicht scheue, sondern sie nach Pflicht und in der rechten Art vollführe.

Erleuchte mich, o Gott, daß ich mit gläubigem Blicke allimmerdar meine Kinder betrachtend es lerne, mehr und mehr mit jener Liebe sie zu lieben, welche Du, großer heil. Vater, gegen sie trägst; daß ich sie liebe als Deine Kinder, ausgestattet mit der Schönheit und Vortrefflichkeit der heilig- machenden Gnade, als Brüder und Schwestern Jesu Christi, erkauft durch Sein h. Blut; als Tempel des h. Geistes; als Genossen jener erhabenen Gemeinschaft der heiligen, berufen, einst in Deinem h. Hause ewig Theil zu haben an Deiner Herrlichkeit und Seligkeit.

So verleibe denn, o Gott, daß durch diese Wahrheiten und durch Deine Gnade die h. Liebe zu meinen Kindern in mir zur Vollkommenheit gedeihe, damit es mir zu jeder Zeit über Alles am Herzen liege, sie immer mehr zu Deinen würdigen Kindern heranzubilden, und sie zu wahrer Gottes- furcht und Frömmigkeit zu erziehen, auf daß sie Deinen h. Namen verherrlichen und selig werden. Erfülle mich mit Eifer für das Heil ihrer Seelen! Erwecke und stärke mich, daß mir keine Mühe zu schwer, kein Opfer zu groß sei und daß ich in Wirken und Leiden und Beten uner- müdlich ausharre, wo immer es sich handelt um das Seelen- heil meiner Kinder. Herr, gib mir jene h. Liebe, womit Du die Herzen so vieler heiligen Mütter erfüllt hast; durch Jesus Christus. Amen.

156
Gebet um Weisheit. *)„Salomon aber,“ so erzählt die h. Schrift (3. B. d. Kön. 3.) „liebte den Herrn; und der Herr erschien ihm zur Nachtzeit im Schlafe und sprach: Begehre, was du willst, das ich dir geben möge. Und Sa- lomon sprach: Du hast mich, mein Herr und Gott, zum Könige ge- macht anstatt meines Vaters David; ich aber bin noch jung und un- erfahren; so gib denn Deinem Diener ein gelehriges Herz, daß er Dein Volk zu regieren und zu unterscheiden wisse zwischen Gut und Bös; denn wer vermöchte ohne dieses das Volk zu regieren, dieses große Volk?! Und der Herr sprach zu Salomon: Weil du solches begehrt hast, und hast um Weisheit gebeten, so hab' ich dir gethan nach deinem Worte und dir ein weises und verständiges Herz gege- ben.“ Welche Aufforderung für die christliche Mutter zu ähnlicher Bitte. Wird der Herr nicht auch sie erhören?

Wie groß, o Gott, und wie wichtig ist der Beruf, den Du mir gegeben hast, und wie schwer seine Aufgabe: Ich soll die Kinder, welche Du mir anvertrauet hast, ein jedes nach seiner Art erziehen und sie zur Ablegung ihrer Fehler und zur Uebung der christlichen Tugenden anleiten. O mein Gott, ich bin unwissend und unvermögend. Wie soll ich zu jeder Zeit den rechten Weg erkennen, der zum Ziele führt, wenn Du nicht hilfst? So sende denn, o Gott des Lichtes und der Erkenntniß, von Deinem himmlischen Throne einen Strahl Deiner göttlichen Weisheit in mein Herz, gleich wie Du einst dem Salomon auf sein Flehen ein weises und einsichtsvolles Herz gegeben hast, auf daß er sein Volk heilsam regieren könne. Erleuchte mich, auf daß ich erkenne, wie ich meine Kinder, ein jedes nach seiner Art, behandeln muß, damit sie von ihren Fehlern befreiet und vor dem, was ihnen nachtheilig und gefährlich ist, bewahrt werden; zeige mir die Mittel und Wege, sie wahr- haft gut zu erziehen; führe mich, daß ich gleich fern bleibe von schädlicher Nachsicht und unzeitiger Strenge; gib mir das rechte Wort, wenn ich sie belehre, rüge und ermahne; zeige mir Deinen h. Willen, wenn ich ihnen zu rathen habe. So laß mich das Werk der Erziehung vollführen, wie an Deiner Hand, der Du Deine Kinder mit unend- licher Weisheit auf den besten Wegen ihrem Heile entgegen- zuführen weißt.

O heiliger Geist, Du Spender der Gnaden und Gaben 157 verleihe mir die Gabe der Weisheit und des Rathes zum Besten meiner Kinder. Amen.

Vater unser und Ave.

Gebet um Starkmuth.

O Gott, Du weißt es, wie leicht ich unter den Beschwer- den, Entbehrungen und Anstrengungen, welche die Erzieh- ung der Kinder mit sich führt, zaghaft und ungeduldig werden möge. Und wehe mir, wenn ich dadurch mich ver- leiten ließe, das, was ich doch für das Wohl meiner Kin- der thun muß, zu versäumen oder nur nachlässig zu thun! So erfülle mich denn mit Muth und Kraft, daß ich die Beschwerden meines Berufes willig übernehme und mit Geduld ertrage. Lehre mich, in ihnen das Kreuz zu ver- ehren, welches Dein h. Wille mir zu meinem Heile aufge- legt hat, auf daß ich es täglich aufnehme und es meinem Heilande, der so viel mehr für das Heil der Seelen litt, gern nachtrage. Richte meinen Blick auf die kostbare Frucht so vieler Mühen, welche ist das Wohl meiner Kin- der für Zeit und Ewigkeit und für mich ein unaussprech- lich großer ewiger Lohn – So verleihe denn, daß ich ohne Scheu vor Mühe und Entbehrung an meinen Kindern und für sie stets Alles thun möge, was zu ihrer guten Er- ziehung nothwendig oder nützlich ist. – O h. Geist, Du Geist der Stärke, verleihe mir die Gabe der Stärke. Amen.

Vater unser und Ave.

Gebet um Sanftmuth.

Göttlicher Heiland, der Du drei Jahre lang mit Deinen Jüngern, wie ein Vater mit seinen Kindern ver- kehrt hast, wie viel hattest Du durch ihre Armseligkeit, durch ihre Unvollkommenheiten und Fehler zu leiden, wie geeignet war nicht selten ihr Verhalten, Dich zu Ungeduld und Zorn zu reizen! Und dennoch, wie warst Du gegen sie stets so nachsichtig, so duldsam, so sanftmü- thig und milde! Nie kam ein unfreundliches, hartes, kränkendes Wort über Deine Lippen. – O möchte ich Dir ähnlich sein im Verhalten gegen meine Kinder! Ich muß es, wenn ich Deine Jüngerin sein und mein Heil wirken will. So laß mich „von Dir lernen, sanftmüthig zu sein.“158 Wenn sich bei den Unarten und Verkehrtheiten der Kinder Unwillen, Zorn und Ungeduld in mir reget, so hilf mir, diese Regungen zu beherrschen, auf daß ich sie nicht in Wort und That an den Tag lege. Halte mich aufrecht, daß ich ruhig und besonnen bleibe, so oft ich meine Kin- der rügen oder bestrafen muß. Denn „der Zorn wirkt nicht, was vor Dir gerecht ist.“ Du sanfmüthigster Jesus, erbarme Dich meiner! Amen. *)Je mehr eine Mutter zum Zorne geneigt ist, je leichter sie sich dazu hinreißen läßt, desto mehr muß sie es an jedem Morgen sich ernstlich vornehmen, auf ihrer Huth zu sein und zu kämpfen, desto inständiger muß sie zum Herrn um Beistand flehen, besonders Morgens und auch sonst; um so den Zorn, dieses großes Uebel bei einer Mutter, beherrschen zu lernen.

Vater unser und Ave.

Gebet zu Jesus dem Kinderfreund. **)„Einmal,“ so erzählt das h. Evangelium, „wurden“ (von den Müt- tern) „Kinder zu Jesus gebracht, daß Er ihnen die Hände auflege und für sie bete. Die Jünger aber“ (welche ihrem ohnehin so viel belästigten Meister diese neu Mühe ersparen wollten) „wiesen sie mit rauhen Worten ab. Da Jesus das bemerkte, legte Er ihnen seine Mißbilligung an den Tag und sprach: Lasset die Kleinen zu Mir kommen und wehret es ihnen nicht; denn für Solche ist das Himmel- reich. Und Er schloß sie in Seine Arme, legte ihnen Seine Hände auf und segnete sie.“ Konnte Er auf eine rührendere Art Seine Liebe zu den Kindern an den Tag legen? Aehnliche Züge Seiner Liebe zu den Kindern erzählt das Evangelium auch an an- dern Stellen. Und haben wir nicht Grund, anzunehmen, daß Jesus die christlichen Kinder, welche nicht mehr wie die jüdischen in der Erbsünde haften, welche als christliche Kinder so innig mit Ihm ver- bunden sind, noch so viel mehr liebe? Also, christliche Mutter, Ihm, dem großen Freunde deiner Kinder schließe dich innig an!

(Besonders bei der h. Messe, bei der h. Communion oder sonst vor dem h. Sakramente.)

O Jesus, wie groß war einst Deine Liebe zu den Kin- dern! Sie ist es noch heut. Ja, Deine Liebe zu den christlichen Kindern ist noch so viel größer. So liebst Du, göttlicher Herr, auch meine Kinder mehr als ich, und bist ihr göttlicher Freund. O wie trostreich und erhebend für mich! Sei gelobet und gepriesen! – So verleihe mir denn, göttlicher Heiland, die Gnade, daß ich in Allem mich so gegen meine Kinder verhalte und Alles so an ihnen thue, wie es dem Verlangen Deines h. Herzens und Deinem Wohlgefallen entspricht. Gib mir, daß ich sie ganz für 159 Dich erziehe und sie aus allen Kräften anleite, Dich mehr und mehr zu erkennen, Dich zu lieben und nach Deiner Lehre und nach Deinem h. Beispiele ihr ganzes Leben ein- zurichten, auf daß sie Deine wahren Jünger und Jüngerinnen seien und durch Dich das Heil erlangen. O Jesu, in Kraft des h. Sakramentes, durch welches Du mich in den ehe- lichen Stand und in den mütterlichen Beruf eingeführt hast, und durch die Gnaden Deines h. Opfers verleihe mir, daß ich alle Obliegenheiten einer christlichen Mutter auf's Treueste und Eifrigste erfülle. Laß mein Leben ein Mu- ster werden für meine Kinder; durchdringe mein Herz mit jener Liebe, welche Dein göttliches Herz gegen meine Kin- der trägt; gib mir Weisheit, gib mir Starkmuth, gib mir Geduld und Sanftmuth, gib mir Eifer zum Gebete für meine Kinder. Dein göttlicher Segen komme über Alles, was ich an meinen Kindern thue. Amen.

Gebet zum heiligen Geiste um Seine sieben Gaben.

O h. Geist, Du Urquell und Spender aller Gnaden und Gaben, zu Dir nehme ich meine Zuflucht. Wie sehr bedarf ich Deiner Gnade im Werke der Erziehung! So schenke mir dieselbe in immer reicherer Fülle!

Schenke mir die Gabe der Weisheit, damit ich in der Erziehung meiner Kinder vor Allem und über Alles das Heil ihrer Seelen im Auge habe und in Allem die besten Mittel und Wege erkenne, sie zu wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit zu erziehen und zum ewigen Heile zu führen. Amen. *)Wenn es die Zeit erlaubt, so bete man nach jedem Gebete ein Vater unser und Ave, mit dem Zusatze nach dem Worte Jesus: „Der mir den Geist der Weisheit (des Verstandes, der Wissenschaft....) verleihen wolle.“

Schenke mir die Gabe des Verstandes, damit ich durch Dich in die rechte Erkenntniß der Lehren unserer h. Re- ligion einführt, im Stande sei, meine Kinder in den- selben heilsam zu unterweisen und sie in einen innig- religiösen Sinn einzuführen. Amen.

Schenke mir die Gabe der Wissenschaft, wodurch ich das, was zu wissen und zu kennen für mein und meiner Kin- der Wohl ersprießlich ist, erkennen und verstehen möge, 160 damit ich befähigt sei, die nothwendigen und nützlichen Unterweisungen in Allem meinen Kindern zu vermitteln. Amen.

Schenke mir die Gabe des Rathes, damit ich im schwie- rigen Geschäfte der Erziehung zu allen Zeiten den rechten Weg finde, die rechten Mittel wähle und die rechten Weisen einhalte, um alles, was dem h. Willen Gottes entspricht, an meinen Kindern zu vollführen zu ihrem wahren Heile für Zeit und Ewigkeit. Amen.

Schenke mir die Gabe der Stärke, damit ich unter den Beschwerden und Entbehrungen meines mütterlichen Be- rufes nicht erliege, sondern mit freudigem Muthe aus- harre; damit ich mich niemals von unzeitiger Liebe zu meinen Kindern verleiten lasse, zu ihrem Schaden und Verderben, ihrer zu schonen, sondern mit christlichem Stark- muthe da, wo es Noth thut, Strenge und Züchtigung an ihnen handhabe. Amen.

Schenke mir die Gabe der Gottseligkeit, und entzünde durch Deine Gnade in meinem Herzen das Feuer der heil. Liebe, damit ich treu im Dienste meines Herrn und voll Eifer in der Uebung der christlichen Tugenden und aller guten Werke durch das Beispiel eines vollkommenen christ- lichen Lebens meinen Kindern vorleuchte und meine Lehren und Ermahnungen durch die Salbung wahren Gottesfurcht und der Gnade an ihnen wirksam sein mögen. Amen.

Schenke mir die Gabe der Furcht des Herrn, und durch- dringe mein Herz mit Abscheu gegen die Sünde und mit heiliger Scheu vor jeglicher Beleidigung meines Herrn, damit ich nicht durch meine Sünden den Kindern Aergerniß bereite und Schuld werde, daß das größte Uebel, die Sünde und ihr Verderben über sie komme. Amen.

Gebet zur h. Jungfrau Maria.

O allerseligste Jungfrau Maria, Du „wunderbare Mutter,“ zu Dir nehme ich meine Zuflucht, da ich vom Herrn des mütterlichen Berufes gewürdigt bin. O möchte ich auch als Mutter Dir ähnlich und Deiner Liebe nicht unwürdig sein! 161 Erflehe mir, Du heilige und mächtige Mutter, diese Gnade. Durch Deine mächtige Fürbitte möge es mir vergönnt sein, daß ich mit Gewissenhaftigkeit, mit Treue und Ausdauer alle Pflichten, welche ich als christliche Mutter habe, all- immerdar erfülle. – Welch ein gottgefälliges, heiliges Leben war es, daß Du, h. Mutter, an der Seite Deines hell. Bräutigams mit Jesu, Deinem göttlichen Sohne, in Gebet und gottgeweihter Arbeit und in guten Werken in der Hütte zu Nazareth führtest! O lasse es das Vorbild für mein Familienleben sein! Flehe den Geist der Gottes- furcht und Frömmigkeit über unser Haus herab, damit in ihm meine Kinder zu allem Guten gedeihen. Amen.

Gebet zum h. Joseph. *)Möchten doch alle Eltern nebst der h. Jungfrau auch den h. Joseph als Patron der christlichen Familien innig verehren!

H. Joseph, Du treuer Gefährte der h. Mutter, Deiner jungfräulichen Braut, der Du sie und ihr göttliches Kind mit solcher Hingebung und Sorgfalt beschützet und Dein ganzes Leben ihnen geweihet hast, ich bitte Dich, sei auch mein und meiner Kinder Beschützer und Fürsprecher bei Jesu, Deinem erhabenen Pflegesohne. Erflehe mir die Gnade, daß ich die Pflichten gegen meine Kinder, ähnlich, wie Maria und Du gegen Jesus, erfüllen möge. H. Joseph, bitte für mich! Amen.

Gebet zu den h. Schutzengeln. **)Nach der Lehre unserer h. Kirche ist die Ueberzeugung, daß den Kin- dern die heiligen Schutzengel zur Seite stehen, wohlbegründet. Muß sie nicht der christlichen Mutter eine ganz besondere Verehrung gegen diese Schutzengel ihrer Kinder einflößen? Liegt es nicht nahe, die- selben gewissermaßen als Freunde des Hauses zu halten und zu ver- ehren, und demnach in allen Anliegen, welche die Kinder betreffen zu ihnen insbesondere seine Zuflucht zu nehmen?

O h. Schutzengel, ihr himmlischen Freunde meiner Kin- der, vertrauensvoll wende ich mich an euch. Die der Herr meiner Sorgfalt anvertrauet hat, die sind ja auch der Gegenstand eurer Liebe und Sorge. So erflehet mir denn die Gnade, daß ich gleiche Gesinnungen, wie ihr, gegen meine Kinder trage und es mir vor Allem, wie euch, am 162 Herzen liege, sie für Gott und den Himmel zu erziehen. O möchte ich eine solche Mutter an meinen Kindern sein, daß ich eurer Liebe und Freundschaft nie unwürdig er- scheine! Das erflehet mir! Amen.

Gebet zu den h. Namenspatronen der Kinder. *)Auch sie sollten billig von der Mutter besonders verehrt und ange- rufen werden; sind sie ja bei der heil. Taufe von der h. Kirche und vom Herrn gleichsam dazu angewiesen, wie die Vorbilder, so auch die besondern Fürsprecher der Kinder zu sein. Daher auch die Vor- schrift, dem Kinde eben den Namen eines (oder einer) Heiligen bei- zulegen

Heilige Namenspatrone meiner Kinder, h...., nehmet euch auch meiner, ihrer Mutter, an; bittet für mich, damit ich durch eure Fürbitte die Gnade erlange, durch Wort und That einen heilsamen Einfluß auf meine Kinder zu üben, auf daß sie in treuer Nachahmung eurer Tugenden zu wahrhaft guten Mitgliedern der h. Kirche heranwachsen und einst in eure glückselige Gesellschaft aufgenommen werden mögen. Amen.

B. Für die Kinder.

Gebet der Mutter um Segen und Gedeihen für ihre Bemühungen an den Kindern.

O Gott, ohne den Segen Deiner Gnade wird Alles, was ich zur guten Erziehung meiner Kinder thue, dennoch keine rechte Frucht bringen. Ob ich auch „pflanze und be- gieße“, so wird „das Gedeihen“ fehlen, wenn Du es nicht „gibst“. „Vergebens bauen die Bauleute“, sagt Dein Pro- phet, „wenn der Herr nicht bauen hilft; und wenn der Herr das Haus nicht bewacht, so wacht der Wächter um- sonst.“ Darum flehe ich zu Dir, o Herr, gib dem, was ich durch Lehre und Ermahnung, durch Warnung und Strafe, durch Wachsamkeit und Anleitung an meinen Kindern thue, das „Gedeihen“; hilf mir über dieselben „wachen“, daß sie vor allem Uebel an Leib und Seele bewahrt bleiben; hilf mir „bauen“, daß das Gebäude der Tu- 163 gend und Vollkommenheit in ihnen eine feste Grund- lage habe und sich mehr und mehr erhebe. Begleite huld- reich all mein Wort und Werk mit Deiner Gnade, auf daß es zum wahren Wohle meiner Kinder gereiche. Durch Jesum Christum. Amen.

Gebet um Schutz für die Kinder in ihren Gefahren.

O Gott, wie vielen und großen Gefahren sind meine Kinder ausgesetzt, an Leib und Seele Schaden zu nehmen, ja zu Grunde zu gehen! Und wie unzureichend ist der Schutz, den ich ihnen angedeihen lassen kann. Ja, Herr, „vergeblich wache ich über sie, wenn Du nicht wachen willst.“ Wenn sie aber „unter Deinem hülfreichen Schutze wohnen, o Allerhöchster, und weilen unter Deiner Obhut, Du Gott des Himmels“, wie ruhig darf ich dann sein. So empfehle ich denn, o Herr, meine Kinder in Deinen mächtigen Schutz und Schirm. Halte gnädig von ihnen fern, was für ihre Gesundheit und Unversehrtheit, oder für ihr Leben gefährlich oder schädlich ist; lasse sie ihrem Leibe nach wohl gedeihen. Vor Allem aber schütze sie in den Gefahren ihrer Seele. Wehre mit mächtiger Hand von ihnen ab, was einen nachtheiligen Einfluß auf ihr jugend- liches Herz üben und zu Verkehrtheit und Sünde Anlaß werden mag. Bewahre sie vor der Sünde! Sende „Deine h. Engel, daß sie meine Kinder behüten auf allen ihren Wegen, daß sie dieselben auf ihren Händen tragen, um nicht anzustoßen.“ O allmächtiger Gott und Vater, führe meine Kiinder durch die Gefahren und Stürme dieses Le- bens also hindurch, daß sie sicher einst anlangen im Hafen des Heils. Amen.

Gebet, daß der Herr die Kinder vor der Todsünde bewahre.

O Gott, wie zahlreich und wie groß sind in der jetzigen Welt für meine Kinder die Gefahren der Sünde und des Verderbens! Und nimmer liegt es in meiner Macht, sie davor 164 sicher zu stellen. Du mußt helfen, Du mußt schützen, Du mußt retten und zum Siege führen. So rüste Dich denn, o Herr, mit der Kraft Deiner Gnaden, und eile mit großer Macht zu Hülfe, damit das Ungeheuer der Todsünde sich keinem meiner Kinder nahe. Du weißt es, o Herr, wie sehr ich meine Kinder liebe; aber lieber will ich, daß Du sie durch den Tod mir nehmest, als daß sie durch schwere Sünde in den Tod der Seele verfallen und für Dich ein Gegen- stand des Abscheu's und des Hasses werden. Darum bitte ich Dich, Du Vater meiner Kinder, eile, wenn längeres Leben sie in dieses Unglück stürzen würde, mit ihnen hin- weg aus diesem Leben, auf daß ich, für dies kurze Erden- leben sie missend, in Deinem Hause sie wiederfinden möge, um ewig sie mit Dir und in Dir zu besitzen. Erhöre mich, o Herr, erhöre mich. Durch Jesum Christum unsern Herrn. Amen.

Ave Maria.

Gebet für die Kinder um den Geist wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit.

O Gott, „alle gute Gabe kommt von Dir“. Nur durch Dich sind wir „vermögend, Gutes zu denken“; „Du wirkest das Wollen und das Vollbringen.“ Du hast meine Kin- der in der h. Taufe zu Deinen Kindern umgeschaffen und die Keime der Tugenden in ihr Herz gelegt; aber auch das Gedeihen kommt nur durch Dich. So nimm Dich denn meiner Kinder in Gnaden an. Verleihe, daß sie ganz aus dem Glauben leben. Erhebe ihr Herz zu himm- lischen Gedanken und Begierden. Entzünde in ihnen das Feuer Deiner h. Liebe, auf daß sie Dir anhangen. Dich vor Augen halten und Deine Gebote stets treu erfüllen. Nähre in ihnen den Geist des Gebetes, auf daß sie eifrig seien im Gebete und zum Gottesdienste und recht beten lernen und reich werden an Gnade. Erhalte sie in unver- letzter Unschuld und Herzensreinigkeit. Du bist „mächtig, o Gott, eine jegliche Gnade in überfließendem Maße zu schenken“; so suche denn meine Kinder mit Deiner Gnade heim, daß sie in aufrichtiger und herzlicher Gottesfurcht 165 und Frömmigkeit befestigt werden und zunehmen und zum ewigen Heile gelangen. Amen.

Gebet um Gnade für die Kinder zur Erfüllung ihrer Standespflichten.

Allqütiger Gott, verleihe meinen Kindern die Gnade, daß sie die Pflichten, welche sie als Kinder gegen ihre Eltern haben, gewissenhaft und treu erfüllen. Es ist Dein heiligster Wille, daß ein Jeder Dir diene zunächst und zumeist durch die treue Erfüllung seiner Standespflichten. Nichts verlangst Du daher von meinen Kindern mehr, als, daß sie ihren Eltern mit Ehrfurcht, Liebe und Unterthänig- keit begegnen; nur dann können sie Dir gefallen, nur dann zu guten Menschen heranwachsen. So flöße denn, o mildester Vater, meinen Kindern die Gesinnungen der Ehrfurcht und Liebe ein, erwecke sie, daß sie mit dankbarem Herzen ihren Eltern stets mit Ehrerbietigkeit begegnen und mit willigem Gehorsam sich in Allem ihnen unterwerfen. Ertödte in ihnen Eigensinn und Eigenwillen; lehre sie, den Willen ihrer Eltern stets willig und treu zu erfüllen auf daß sie es dadurch lernen, auch Dir zu gehorchen. - Einen reichen Segen für Zeit und Ewigkeit hast Du mit der treuen Erfüllung des vierten Gebotes verbunden; lasse, o Herr, diesen Segen reichlich über meine Kinder kommen. Amen.

Gebet für die Kinder um die Gnade der Keuschheit.

O allerheiligster Gott, der Du die Reinigkeit und Un- schuld liebest, verleihe meinen Kindern die kostbare Gnade der h. Reinigkeit. Wehe, wenn das Laster der Unkeusch- heit über sie hereinbräche! Wie unglücklich würden sie sein – leicht für Zeit und Ewigkeit. Herr behüte sie; halt mit mächtigem Arm dies Ungethüm von ihnen fern! Ohne Deine besondere Gnade können sie die Keuschheit nicht bewahren. O Gott, schenke ihnen diese Gnade! Durch sie sei ihr Herz wie eine Heiligthum, unentweihet von jeglichem unreinen Gedanken und Sinne; durch sie sei ihr Auge züchtig, Ohr und Mund jeglicher Ungebühr 166 in Wort und Rede unzugänglich und verschlossen. Durch Deine Gnade erfülle sie mit Abscheu gegen Jegliches, was der h. Ehrbarkeit zuwider ist, und lasse sie nach Leib und Seele in unverletzter Lauterkeit bestehen, aus daß sie all- immerdar reine Hände zu Dir erheben und ihr Leib ein unentweihter Tempel des h. Geistes verbleibe. O Gott, Du Liebhaber reiner Seelen, laß meine Kinder zu Deinen Lieblingen gehören; lasse den Segen und das Heil, so nach Deiner gnädigen Anordnung in Zeit und Ewigkeit die h. Reinigkeit begleitet, auch über meine Kinder kommen. Amen.

Heilige Jungfrau Maria, Du keuscheste Mutter, Du Vorbild und Fürsprecherin reiner Seelen, h. Joseph, Du keuschester Bräutigam der h. Jungfrau, h. Aloysius, Du Engel im Fleische, und all ihr h. Jünglinge und Jung- frauen und Kinder und alle Heiligen, helfet mir mit eurer kräftigen Fürbitte, auf daß der Herr, wie einst euch, so auch meinen Kindern die Gnade unverletzter Unschuld und Keuschheit gebe. Amen.

Gebet für die Kinder um die Gnade wahrer Nächstenliebe. *)Wie vielfach fehlt es im gewöhnlichen Leben an dieser christlichen Nächstenliebe, welche doch eine Grundtugend des christlichen Le- bens ist. Möchten doch alle Mütter diese Tugend in ihrer Kindern hegen und daher zunächst zu herzlicher Liebe gegen die Geschwister anleiten; besonders oft um die Gnade der christlichen Nächstenliebe für sie zu Gott stehen.

Du Gott der Liebe, der Du alle Menschen als Deine Kinder liebest und uns so heilig geboten hast, daß auch wir uns untereinander aufrichtig lieben sollen, flöße auch meinen Kindern den Geist der Liebe ein. Ertödte in ihnen die Selbstsucht und Eigenliebe; erweitere ihr Herz, daß sie um Deinetwillen alle Menschen aufrichtig lieben. Verleihe ihnen, daß sie alle mit ihren Geschwistern in Eintracht, Frieden und Liebe verharren, damit sie, nachdem ihnen die Uebung der Liebe im Familienkreise zur andern Natur geworden ist, zur Zeit dieselbe gegen alle Menschen er- weisen. Durch Jesum Christum. Amen.

167
Gebet für die Kinder um die Gnade der Wahr- haftigkeit.

Du Gott der Wahrheit, der Du alle Lüge hassest, be- wahre meine Kinder vor dem schändlichen und verderblichen Fehler des Lügens, der sie in Deinen Augen verabscheu- ungswürdig machen und zu vielen Fehlern führen würde. Flöße ihnen Abscheu ein gegen jegliche Lüge; lehre sie die Wahrheit lieben, auf daß sie stets und in Allem Wahrheit reden und aufrichtig seien. Amen.

Gebet für die Kinder in ihren Schuljahren.

O Gott, Du Vater des Lichtes, siehe gnädig herab auf meine Kinder, welche jetzt die Schule besuchen. Welch eine kostbare Gelegenheit zu heilsamer Entwickelung des Ver- standes und Herzens und zur Sammlung nothwendiger und nützlicher Kenntnisse, für ihr zeitliches und ewiges Wohl ist ihnen geboten! Verleihe denn, daß sie dieselbe treu und mit Eifer benutzen. Halte ihren jugendlichen Leichtsinn und ihre Flüchtigkeit in Schranken; rege sie an, zu ernstem Fleiße. Stehe ihnen bei, daß sie Alles wohl erfassen und behalten. Insbesondere suche sie heim mit Deiner himmlischen Erleuchtung, damit sie die Lehren der h. Religion wohl erfassen; erwecke ihr kindliches Herz, daß es die christlichen Wahrheiten lebendig in sich aufnehme und sich ganz an dieselben hingebe. – Beschütze sie vor dem nachtheiligen Einflusse böser Kinder; führe sie zusam- men mit solchen Kindern, welche heilsam auf sie einwirken mögen. – Segne die Geistlichen und Lehrer und Alle, welche auf meine Kinder einwirken, daß ihr Einfluß heil- sam und erfolgreich sei. Lohne ihnen, was sie an meinen Kindern thuen. – So lasse, o Herr, diese Schule eine Vorschule für die ewige Auserwählung werden. Amen.

Gebet für das Kind, wenn es zur h. Beicht geht. *)Nach der Lehre der h. Kirche ist die Gnade der Buße, d. i. die Gnade wahrer Reue und Buße und Besserungswilligkeit auch eine Frucht des h. Meßopfers. Wie legt es sich dadurch der christlichen Mutter nahe, einer h. Messe beizuwohnen oder bei der h. Messe, der sie bei- wohnt, die Meinung zu machen, durch dieselbe für das Kind diese Gnade zu seiner h. Beicht zu erflehen. Je mehr das Kind, um zu rechter Reue zu kommen, der Gnade bedarf, desto mehr sollte die Mutter sie ihm erflehen.

Heiliger, barmherziger Gott, lasse Dir mein Kind em- pfohlen sein, welches nun zur h. Beicht zu gehen im Be- 168 griffe steht. Von Dir kommt die Gnade der Buße; nur durch sie vermögen wir es, unsere Sünden wahrhaft zu bereuen, um Verzeihung zu finden. So senke denn diese Gnade reichlich in das Herz meines Kindes, damit es den jugendlichen Leichtsinn überwinde und sich ernstlich vor- bereite, seine Sünden herzlich bereue, aufrichtig beichte und im h. Sakramente Vergebung finde. Lasse mein Kind durch die Einwirkung des Beichtvaters und durch diese h. Uebung einen heilsamen Eindruck und einen Antrieb erfahren, fortan desto treuer in einem rechten christlichen Leben sich zu üben. Amen.

O heil. Engel, begleite mein Kind zu dieser heil. Beicht. Amen.

Gebet für das Kind, während seiner Vorbereitung zu seiner ersten h. Communion.

Göttlicher Heiland, die Zeit naher, wo Du auch meinem Kinde die unbegreifliche Gnade erweisen willst, in Deinem h. Sakramente zum ersten Male bei ihm einzukehren. Un- endlich ist die Liebe, mein Gott und Heiland, welche Du auch zu meinem Kinde trägt; darum willst Du zu ihm kommen und in seiner Seele Wohnung nehmen, um es durch die h. Liebe ganz mit Dir zu vereinen und mit Deinen kostbarsten Gnaden zu bereichern und zum höchsten Heile zu führen. O Jesu, wer ermisset Diene Huld?! Sei ewiglich gelobet und gepriesen! – Möchte doch mein Kind die Größe der ihm bevorstehenden Begnadigung und Be- glückung erkennen! Erleuchte es und führe es zu dieser Erkenntniß und erwecke es, daß es zu einer solchen Gnade sich würdig vorbereite. Suche Deinen Diener, der es vor- bereitet, heim mit Deiner Gnade, damit sein Unterricht die Kinder zu heilsamer Erkenntniß der christlichen Wahr- heiten führe und sein Wort und seine Anleitung sie zu einem wahrhaft christlichen Sinn und Leben vermöge. O 169 Jesu, bewirke doch, daß mein Kind diese Zeit der Vor- bereitung so benütze, daß es wahrhaft würdig bei seiner ersten heiligen Communion erscheine und zu Deinem Wohl- gefallen und zu seinem Heile Dich, göttlicher Herr, zum ersten Male in seine Seele aufnehme. Amen.

Gebet, daß Gott die Lebensverhältnisse der Kinder zu ihrem Besten lenken möge.

Alles, o Gott, ruhet in Deiner Hand; „Deine Macht waltet von einem Ende der Erde bis zum andern und ordnet Alles gar wohl.“ Du ordnest Alles so, daß es, so viel an Dir, dazu diene, die Menschen zu dem Ziele wahrer Lebensheiligkeit, wozu Du sie geschaffen hast, zu führen, damit sie Deinen h. Namen verherrlichen und zeitlich und ewig wahrhaft glücklich seien. Und Du kennest, allwissen- der Gott, die Wege, auf welchen meine Kinder am Sicher- sten und am Besten zu diesem ihrem wahren Heile gelangen mögen. Darum stehe ich zu Dir, führe sie gnädig auf diese Wege. Möge in Allem nur Dein H. Wille an ihnen geschehen! Dein h. Wille allein ist ihr Heil. Lasse nicht zu, daß ich selbst durch unzeitige, irdische Rücksichten ver- leitet und verblendet sie auf Wege leite, die trotz allem Scheine schließlich zu ihrem Verderben führen. Halte sie, daß sie nicht selbst, durch jugendlichen Leichtsinn verlockt, auf solche Wege sich verirren! Du, o großer, unendlich weiser, unendlich liebevoller, unendlich mächtiger Vater meiner Kinder, Du wollest sie führen; Du führst stets zum Heile.

Insbesondere flehe ich zu Dir, Du wollest es nach der Weisheit und Macht Deiner Wege ordnen, das ein jedes meiner Kinder zu dem Lebensstande gelange, wozu Du sie berufen hast. In diesem von Dir bestimmten Berufe allein liegt ihr volles Heil. O darum lasse es nicht zu, daß meine Kinder, von Sünde und verkehrter Neigung hinge- nommen, denselben verfehlen. Gib und erhalte ihnen einen lebendigen Glauben, befestige sie in Deiner h. Furcht und in wahrer Frömmigkeit; dann werden sie durch Deine Gnade zur Zeit ihren Beruf erkennen; dann werden sie unbeirrt sich demselben hingeben und Du wirst mit ihnen sein. Erhöre mich, o Herr, erhöre mich. Durch Jesum Christum. Amen.

170
Gebet für Kinder, die an hartnäckigen Fehlern leiden. *)Es geschieht zuweilen, am Ende nicht selten, daß sich bei den Kindern, besonders bei den Erwachsenen, gewisse Fehler herausstellen, welche zu beseitigen der Mutter (resp. dem Vater) bei aller Sorgfalt und Mühe nicht gelingt. Vielleicht ist, wenn es sich um erwachsene Söhne oder Töchter handelt, die Mutter selbst nicht ohne Schuld; weil sie früh, wo es Zeit war, gegen die Fehler ihrer Kinder nicht eingetreten ist, so sind dieselben größer und hartnäckiger geworden. Was denn nun? Soll die Mutter die Waffen strecken? Die Sache aufgeben? Das sei fern! Muß ihr denn nicht Alles daran liegen, daß ihre Kinder von ihren Fehlern, worin die Gefahr ihres Verderbens liegt, loskommen? Und dazu bleibt, wenn auch Alles fehlschlägt, dennoch ein Mittel, das inständige, beharrliche, flehentliche Gebet für solche Kinder. O, wenn alle Mütter, der h. Monika ähnlich, das Mittel gebührend verwendeten! Wie manches Kino, das nun in seinen Feh- lern heranwachst, wie manche Söhne und Töchter, die nun dem Ver- derben entgegeneilen, würden durch das Gebet der Mutter die Gnade erhalten, von ihren Fehlern und Verirrungen loszukommen zu ihrem Heile, zur unaussprechlichen Freude der Mutter!

Allmächtiger Gott, reich an Gnade, der Du „die Herzen der Menschen lenkest, wie Wasserbäche,“ höre gnädig mein Flehen für meinen Sohn (meine Tochter). Du weißt es, wie sehr der Zustand seiner (ihrer) Seele mein Herz mit Kummer und Sorge erfüllt. Ach, meine Bestrebungen bleiben an ihm (ihr) ohne Erfolg. Was bleibt mir also, als zu Dir meine Zuflucht zu nehmen? Du bist ein starker Gott, „mächtig, jegliche Gnade in überfließendem Maße zu geben,“ und durch Deine Gnade auch die härtesten Herzen zu rühren. Wie oft hast Du durch die Wirkungen Deiner Gnade auch die verkommensten Sünder zur Umkehr vermocht; wie oft hast Du insbesondere die Bitten frommer Mütter erhört und um ihretwillen ihren Kindern die Gnade wahrer Besserung verliehen. So verschmähe denn auch mein Flehen nicht. Es ist unwürdig, ich bekenne es, ich habe vor Dir gesündigt und trage vielleicht selbst einen Theil der Schuld an den Fehlern und Verirrungen meines Sohnes (meiner Tochter). Aber, o barmherziger Gott, verzeihe mir, da ich nun meine Sünde herzlich bereue; laß Gnade für Recht ergehen. Durch Deine unermeßliche Barmherzigkeit, durch die Verdienste Deines göttlichen Sohnes, meines Heilandes, durch die Fürbitte der aller- 171 seligsten Jungfrau Maria, der h. Monika und aller Hei- ligen bitte ich Dich, suche meinen Sohn (meine Tochter) heim mit Deiner Gnade, damit er seinen (sie ihren) Fehler erkenne, ihn herzlich bereue und fortan in Allem nach Deinem h. Willen und Wohlgefallen wandelnd das Heil erlange.

O Maria, Du Mutter der Barmherzigkeit, Du Zuflucht der Sünder, h. Monika, Du siegreiche Beterin für Deinen Sohn, und alle Heiligen unterstützet durch euere mächtige Fürbitte mein Gebet, auf daß es Erhörung finden möge. Amen.

Gebet für die Kinder um die sieben Gaben des h. Geistes.

Heiliger Geist, komm gnädig herab auf meine Kinder und schenke ihnen die Gabe der Weisheit, damit ihnen die Gnade Gottes und das Heil ihrer Seele zu jeder Zeit höher gelte, als alles Andere und sie ihren Blick stets auf die Ewigkeit gerichtet halten.

O h. Geist, schenke meinen Kindern die Gabe des Ver- standes, damit sie die Lehren unserer h. Religion immer besser zu ihrem Heile verstehen lernen und eifrig seien, durch fleißige Anhörung des göttlichen Wortes und durch Lesung guter Bücher in heilsamer Erkenntnis; der christlichen Wahr- heiten fortzuschreiten.

O h. Geist, schenke meinen Kindern die Gabe der Wissen- schaft, damit sie mehr und mehr einen Schatz nützlicher Kenntnisse sich sammeln, wie es für ihr eigenes Heil und für das Wohl ihrer Mitmenschen zuträglich ist.

O h. Geist, schenke meinen Kindern die Gabe des Rathes, damit sie im Lichte dieser Gnade zu jeder Zeit das, was dem h. Willen Gottes und ihrem Heile entspricht und da- für zuträglich ist, erkennen und auch erwählen mögen.

O h. Geist, schenke meinen Kindern die Gabe der Stärke, damit sie in Kraft derselben, ungebeugt von den Beschwer- den des Guten und unaufgehalten von den Hindernissen desselben, muthig und stark auf dem Wege des Heiles ver- harren. Amen.

O h. Geist, schenke meinen Kindern die Gabe der Gott- seligkeit; erfülle ihr Herz ganz mit der heiligen göttlichen 172 Liebe, auf daß sie stets eifrig sein mögen in allen guten Werken, einzig darauf bedacht und bemühet, in Allem Gottes h. Willen zu vollführen.

O h. Geist, schenke meinen Kindern die Gabe der Furcht des Herrn, damit sie, die Sünde als das größte und einzig wahre Uebel erkennend, dieselbe über Alles verabscheuen und nichts so sehr fürchten mögen, als durch Sünde den Strafen der göttlichen Gerechtigkeit anheimzufallen und das Wohlgefallen des Herrn zu verlieren. Amen.

Die Kreuzwegandacht der christlichen Mutter für ihre Kinder.

Göttlicher Heiland, den ganzen Reichthum der Liebe Deines h. Herzens hast Du uns geoffenbaret in jenen heil. Stunden Deines bittern Leidens und Sterbens. Grausam gegen Dich hast Du den Leidensweg betreten, während Deine menschliche Natur davor im Innersten erbebte. Die Liebe zum Vater und zu uns hat über die Schauder Deiner Natur gesiegt; das Verlangen nach unserm Heile hat Dich vermocht, Dich in alle Schmach und Qual hinzugeben bis zum Tode am Kreuze. So ist Dein Leiden und Sterben für uns die Quelle des Heils und des ewigen Lebens ge- worden. Durch Dich empfangen wir Vergebung unserer Sünden, durch Dich jegliche Gnade, um alle himmlischen Güter und den vollen Reichthum des ewigen Heiles zu er- langen. Dank Dir und Liebe und ewiger Preis! – Im Geiste betrete ich jetzt den Weg Deines Leidens, um das- selbe zu verehren und durch die Verdienste desselben für meine Kinder die Gnaden zu erflehen, in Kraft deren auch sie von allen Sünden befreiet und befähigt werden mögen, Deine Liebe zu erkennen, Dich von ganzem Herzen wieder zu lieben und durch treue Haltung Deiner Gebote reichlich des Heiles theilhaftig zu werden, welches Du auch für sie erworben hast. – Ach, meine Sünden lassen mich so un- würdig vor Dir erscheinen, nicht werth, das Erflehete zu erlangen. Verzeihe mir; ich bereue sie von ganzem Herzen. Hilf durch Deine Gnade, auf daß diese Andacht Dir wohl- 173 gefallen möge. Lasse die Ablässe dieser Andacht mir und meinen Kindern zu Theil werden! Amen.

Heilige Maria, Du Mutter der Schmerzen, o begleite mit Deiner mächtigen Fürbitte mein Flehen für meine Kinder. Amen.

1. Station. Jesus wird zum Tode verurtheilt.

V. Wir beten Dich an, Herr Jesu Christe, und preisen Dich, R. Denn durch Dein h. Kreuz hast Du die Welt erlöset. *)Wird bei jeder Station wiederholt.

Betrachte, wie Jesus vor dem Richter steht, das Haupt mit Dornen gekrönt, am ganzen h. Leibe von Geisseln zer- schlagen, von den vorangegangenen Unbilden im Garten, die Nacht hindurch und bei Caiphas, Pilatus und Herodes und von Seelenschmerzen bis zum Tode erschöpft. Nun wird über Ihn, den Heiligsten, den Besten, das Todesurtheil gesprochen; wie ein Verbrecher will Er sterben, um das Urtheil ewiger Verdammniß von uns abzuwenden. Bitte Ihn, daß Er durch dies ungerechte, grausame Urtheil Deine Kinder vom ewigen Verderben errette.

Gebet. O Jesu, um unsertwillen lässest Du das un- gerechteste Urtheil über Dich ergehen; durch dasselbe flehe ich zu Dir, daß Du das Urtheil der ewigen Verdammniß von allen meinen Kindern abwendest. – (Vater unser und Ave. Ehre sei dem Vater... V. Gekreuzigter Herr Jesu, R. Erbarme Dich unser. Die Seelen der Abgestorbenen laß durch Deine Barmherzigkeit ruhen in Frieden. Amen. **)Wird bei jeder Station wiederholt.

2. Station. Jesus nimmt das Kreuz auf.

Betrachte, wie Jesus bereitwillig das schwere Kreuz auf- nimmt, obwohl Er bis zum Tode ermattet ist und weiß, wie viel Er an ihm leiden soll und daß Er an ihm ster- ben muß. Aber dadurch bereitet Er uns das Heil; genug für Ihn, Seine Schmach und Qual nicht zu scheuen. Bitte Ihn, daß Er deinen Kindern die Gnade gebe, Sein Joch stets willig aufzunehmen und ein wahrhaft christliches Le- ben zu führen.

174

Gebet. Jesus, der Du bereitwillig das schwere Kreuz aufgenommen hast, segne durch Deine Gnade meine und der Geistlichen und Lehrer Bemühungen an meinen Kin- dern, sie zu einem gottgeweiheten Sinn und zu einem christ- lichen Leben anzuleiten, auf daß sie Dein Joch willig auf- nehmen und ausharrend tragen. Amen.

3. Station. Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuze.

Das Kreuz ist für Jesus zu schwer. Er bricht unter ihm zusammen. Bis zum Erliegen hat Er es aus Liebe zu unserm Heile tragen wollen. Bitte Ihn, daß Er Deine Kinder in den Gefahren ihrer Jugend schütze und auf- recht halte.

Gebet. O Jesu, der Du das schwere Kreuz bis zum Erliegen getragen hast, durch die Verdienste dieses Falles wollest Du milde meine Kinder in den vielfachen Gefahren ihrer Jugend an Leib und Seele beschirmen, damit sie nicht zum Falle kommen. Herr behüte sie, halte sie auf- recht, führe sie glücklich zum Ziel. Amen.

4. Station. Jesus begegnet Seiner h. Mutter.

Betrachte Jesus, wie Ihm, da Er das Kreuz wieder aufgenommen bat, Seine h. Mutter begegnet. Wie schnei- det Sein Anblick ihr in's Herz. Wer fasset ihren Schmerz?! Ach, welch ein Leid für Jesus, Seine h. Mutter in solchen Schmerzen zu sehen! Er liebt sie so sehr. Bitte den Herrn, daß Er durch diesen Schmerz Seiner kindlichen Liebe deinen Kindern eine wahre Liebe zu dir und dem Vater einflößen und zu treuer Erfüllung ihrer kindlichen Pflichten verhelfen wolle.

Gebet. Göttlicher Heiland, Du bester und liebevollster Sohn Deiner h. Mutter, durch die liebevolle Theilnahme, welche Du im Anblicke ihrer Schmerzen empfunden hast, verleihe meinen Kindern die Gnade, die Pflicht der kind- lichen Liebe und des Gehorsams gegen ihre Eltern treu zu erfüllen, damit der Segen des vierten Gebotes und Dein Wohlgefallen an ihnen voll werde. Amen.

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5. Station. Jesus läßt sich von Simon das Kreuz nachtragen.

Betrachte, wie Jesus unter dem Kreuze wankt, jeden Augenblick in Gefahr, von Neuem zu fallen. Ach, Er ist bis zum Tode ermattet und das Kreuz so schwer. Ein Mensch muß Ihm helfen, es weiter zu tragen. Durch diese Beschwerde Seines Kreuztragens bitte Ihn um Gnade für deine Kinder, damit sie die Beschwerden eines christlich frommen Lebens muthig übernehmen und tragen.

Gebet. O Jesu, der Du für uns das schwere Kreuz getragen hast, erwecke die Herzen meiner Kinder zu Deiner Nachfolge; flöße ihnen einen h. Muth ein, aus Liebe zu Dir alle Beschwerden eines frommen Lebens willig auf- zunehmen; gib ihnen Kraft zur Ausdauer. Amen.

6. Station. Jesus reicht Veronika das Abbild Seines h. Gesichtes.

Betrachte die Jammergestalt deines Herrn; Sein heil. Gesicht, von allen erfahrenen Mißhandlungen entstellt, ist vom Blute, so aus der Dornenkrone quillt, überronnen. Die edle Frau, welche mitleidsvoll Ihm ein Tuch darreicht, daß Er Sein Antlitz trockne, empfängt es von Ihm zurück mit dem Abdruck desselben. Theueres, heilbringendes An- denken! Bitte den Herrn, daß Er den Herzen deiner Kinder das Andenken Seines Leidens und eine innige Andacht zu demselben einprägen wolle.

Gebet. O Jesu, von jeder hast Du Deinen Auser- wählten eine herzliche Andacht zu Deinem bittern Leiden durch Deine Gnade geschenkt und sie dadurch zur h. Liebe und zu allem Guten erweckt; verleihe auch meinen Kin- dern diese Gnade; lehre sie, Dich in Deinen Leiden zärt- lich zu verehren! Entzünde durch dasselbe ihre kindlichen Herzen immermehr zur Inbrunst heil. Liebe und zu allem Guten. Amen.

7. Station. Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuze.

Betrachte, wie jammervoll der Herr unter dem Kreuze am Boden liegt. Das Gewicht unserer Sünden hat Ihn 176 niedergeworfen. O, welch ein Uebel ist die Sünde, welche Gott am eigenen Sohne also straft! Bitte den Herrn, daß Er deine Kinder vor dem Uebel der Todsünde gnädig behüte.

Gebet. O Jesu, hingeworfen unter der Last unserer Sünden, erbarme Dich meiner Kinder. Ach, wie sehr sind sie in Gefahr, in den drohenden Versuchungen des Lebens zu erliegen und in schwere Sünden zu fallen. Daher flehe ich zu Dir, durch die Verdienste Deines Falles unter dem Kreuze bewahre sie vor diesem Unglück! Lasse nicht zu, daß sie jemals Deine Gnade verlieren. Erhalte sie in Deinem Namen. Amen.

8. Station. Jesus beweint von edlen Frauen.

Betrachte, wie der Anblick des Herrn, als Er genöthigt wird, das Kreuz wieder aufzunehmen, und nur mit äußer- ster Noth Seine wankenden Schritte weiter führt, theil- nehmende Frauen bis zu lauten Thränen rührt. Jesus sieht mitten in Seiner Noth mit Huld und Liebe auf sie. Bitte Ihn, daß Er auch den Herren deiner Kinder Liebe und Theilnahme für ihre leidenden Mitmenschen einflößen wolle.

Gebet. Leidenvoller Heiland, der Du in Deinen Schmerzen mit Huld die Theilnahme jener Frauen ange- sehen hast, durch Deinen jammervollen Anblick bitte ich Dich, erwecke auch in den Herzen meiner Kinder mehr und mehr den Geist jener Liebe, welche nach Deinem h. Wort das Merkmal der Deinen sein soll; verleihe, daß sie voll Theilnahme seien bei jeder Noth ihrer Mitmenschen und durch Wort und That und Gebet sie zu lindern bereit und bemühet seien. Lasse sie, Herr, in den Deinen Dich lieben und Dir hülfreich sein. Amen.

9. Station. Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuze.

Betrachte, wie Jesus nun, der Todesstätte nahe, ganz erschöpft unter der Wucht des Kreuzes zusammensinkt und in Schmerzen daliegt. All seine Kräfte hat er eingesetzt im Werke unsers Heiles. Bitte Ihn, Er möge durch die Verdienste dieser Seiner Anstrengungen deinen Kindern die Gnade des Eifers in Seinem Dienste verleihen.

177

Gebet. O Jesu, alle Deine Kräfte hast Du eingesetzt bis zum Erliegen, um das Werk unsers Heiles zu voll- enden; so stehe ich denn zu Dir, Du wollest durch die Ver- dienste dieses dritten Falles meine Kinder gnädig bewahren vor der Schande und dem Uebel der Lauigkeit und Träg- heit in Deinem Dienste. Erwecke sie durch Deine Gnade zu einem h. Eifer, daß sie zu aller Zeit und unermüdlich alle ihre Kräfte Leibes und der Seele verwenden für das große Geschäft ihres Heiles und zur Ehre Gottes. Amen.

10. Station. Jesus wird Seiner Kleider beraubt.

Man ist an der Todesstätte angelangt. Erbarmungslos fallen die Henker über Jesus her; gewaltsam entkleiden sie Ihn. All Seine Wunden werden losgerissen und bluten von Neuem; die Dornenkrone, gestoßen und gerüttelt, er- neuert alle ihre Schmerzen. In Blut und Wunden, nackt steht Jesus da! O Entsetzen! Diese Schmach und diese Schmerzen – für uns geduldet – opfere dem Herrn auf für deine Kinder, daß Er durch sie die Schmach und das Verderben der Unlauterkeit von ihnen fern halte.

Gebet. O mein für mich von Schmach und Schmerz umrungener Heiland, tief gerührt bete ich Dein Erbarmen und Deine Liebe an und flehe im Hinblick auf so viel Leid mit Zuversicht für meine Kinder um eine der kostbarsten Gnaden. Ja, Herr, durch Deine für Dich so qualvolle Entblößung bitte ich Dich, schließe meine Kinder ein in die Obhut Deiner Gnade, auf daß sie geschützt und sicher seien vor der Schande und dem Verderben der Unlauter- keit; durchdringe und erfülle sie ganz mit der Gnade der h. Keuschheit, damit sie dieselbe lieben und unverletzt be- wahren und ihres vollen Segens theilhaft werden. Amen.

11. Station. Jesus wird an's Kreuz genagelt.

Betrachte, wie grausam man mit dem Herrn verfährt. Bereitwillig legt er sich auf's Kreuz und reicht Seine Hände und Füße dar; man treibt große Nägel durch die- selben, um Ihn an's Kreuz zu heften. Wie dröhnt der Hammerschlag! Wie zuckt der Schmerz durch Seine Glieder! Er ist am Kreuze befestigt. – Bitte Ihn, Er möge durch 178 die Verdienste dieser Annagelung in Deinen Kindern die verkehrte Natur mit ihren bösen Neigungen ersterben lassen. Gebet. Göttlicher Heiland, lasse durch die Macht Deiner Gnade in meinen Kindern den alten Menschen, die ver- kehrte Natur mit ihren bösen Neigungen, wie an's Kreuz geheftet, ersterben; ertödte in ihnen insbesondere jene un- ordentliche Sinnlichkeit, die Quelle so vieler Sünden. Amen.

12. Station. Jesus leidet und stirbt am Kreuze.

Betrachte deinen göttlichen Heiland, wie Er nun am Kreuze dahängt, rings verwundet, aus allen Theilen Seines h. Leibes blutend, von den Menschen verstoßen und verhöhnt, selbst vom Vater verlassen. Wer ermisset Seine Schmerzen?! Das ist der hohe Preis, um den Er unsere Seele erkauft und vom ewigen Verderben errettet hat. O, wie kostbar ist un- sere Seele! Empfiehl dem Herrn die Seelen Deiner Kinder.

Gebet. O Jesu, „nicht um Gold und Silber, son- dern durch Dein kostbares Blut“, durch Dein bitteres Lei- den, um den Preis Deines theuren Lebens hast Du unsere Seelen erkauft. Und solche Dir so kostbare Seelen hast Du mir in meinen Kindern anvertrauet; o Herr, so hilf mir, sie zu schützen, sie zum Heile zu führen. Lasse den theuern Preis, den Du auch für sie eingesetzt hast, an ihnen nicht verloren sein. Führe sie zum ewigen Leben! Amen.

13. Station. Der h. Leib Jesu im Schooße der h. Mutter.

Betrachte, wie der h. Leib Jesu entseelt und von der Fußsohle bis zum Scheitel mit Wunden bedeckt in den Armen der h. Mutter liegt. Um unsertwillen ist Er zur Leiche geworden. Wie würde es dir sein im Anblicke der Leiche, eines Freundes, der, während er nach dem Drange seiner Liebe dich und deine Kinder aus drohender Todes- gefahr rettete, selbst dem Tode anheimgefallen wäre? Jesus ist dieser Freund. Bitte Ihn für dich und deine Kinder um die Gnade gebührender Dankbarkeit und Gegenliebe.

Gebet. O Jesu, Du großer, unendlich edler Freund, der Du Dich auch für mich und meine Kinder in den Tod hingegeben hast, auf daß wir, vom ewigen Tode errettet, das Leben hätten; lasse nicht zu, daß wir jemals kalt und 179 gleichgültig gegen solche Liebe seien und undankbar ihrer vergessen. Verleihe mir und meinen Kindern die Gnade, daß wir Dich von ganzem Herzen wieder lieben und Dir stets in unverbrüchlicher Treue anhangen und im Himmel ewig Dich preisen mögen. Amen.

14. Station. Der h. Leib Jesu wird in's Grab gelegt.

Betrachte den Leib des Herrn im Grabe. Das große Werk, welches Ihm vom Vater aufgetragen worden, war nun vollbracht; auf's Vollkommenste hatte Er den Willen des Vaters vollzogen. Nun nahet die Glorie der Aufer- stehung, die Herrlichkeit des Himmels. Bitte den Herrn, daß Er auch deinen Kindern die Gnade gebe, ihren Lebens- weg glücklich zu vollenden, damit auch sie einst im Grabe ruhen, glorreicher Auferstehung und ewiger Herrlichkeit entgegenharrend.

Gebet. Göttlicher Heiland, durch Deine hehre Grabesruhe bitte ich Dich, Du wollest meine Kinder durch die mancher- lei Gefahren und Versuchungen dieses Lebens führen zu einem seligen Ende, zu glorreicher Auferstehung und zum ewigen Leben. Amen.

Schlußgebet.

Lasse Dir, o allerheiligste Dreifaltigkeit, meine Andacht gefallen! Erfülle gnädig die Bitten, welche ich in derselben für meine Kinder dargebracht habe. Nimm Dich ihrer in Gnaden an nun und alle Zeit! O allmächtiger, allgütiger Gott, laß keines von ihnen verloren gehen! Verleihe, daß sie allesammt mir zugesellt einst zu Dir in den Himmel kommen. Amen.

5 Vater unser und Ave für die Ablässe.

Der Rosenkranz der christlichen Mutter.

I. Für sich selbst.

1. Der mir die Gnade eines guten Beispiels für meine Kinder geben wolle.

180

2. Der mir Weisheit zu einer heilsamen Erziehung schenken wolle.

3. Der mich vor unzeitiger Nachsicht und vor allem auf- gebrachten Wesen bewahren wolle.

4. Der mir Eifer und Ausdauer für die gute Erziehung meiner Kinder schenken wolle.

5. Der meine Bemühungen für meine Kinder segnen wolle.

II. Für die Kinder.

1. Der meine Kinder in allen Gefahren Leibes und der Seele beschützen wolle.

2. Der meine Kinder von ihren bösen Neigungen *)Oder nach Umständen nehme man für „von ihren bösen Neigungen“: „von ihrer Neigung zum Lügen“, – „zum Naschen“„von ihrem Eigensinn und Ungehorsam“„von ihrer Trägheit und Nachlässig- keit im Lernen“„von ihrer Ausgelassenheit“„von ihrer Un- vertragsamkeit“„von ihrem Leichtsinn“„von dem Geiste der Unlauterkeit“„von ihrem Hange nach sinnlichem Vergnügen“ - „von ihrer Gleichgültigkeit gegen Gott und Religion u. s. w.“ be- freien wolle.

3. Der meinen Kindern den Geist der Gottesfurcht und Frömmigkeit **)Oder nach Umständen statt „den Geist der Gottesfurcht und Fröm- migkeit“: „die Gnade des Glaubens“„die Gnade der göttlichen Liebe“„die Gnade des Eifers zu Gebet und Gottesdienst“„die Gnade der Demuth und Bescheidenheit“„die Gnade der Mäßig- keit“„die Gnade einer wahren Nächstenliebe“„die Gnade der Barmherzigkeit gegen die Armen.“ geben und vermehren wolle.

4. Der meinen Kindern den Segen des vierten Gebotes vermitteln wolle. ***)Das will sagen: Der meine Kinder zur treuen Erfüllung ihrer Pflichten gegen die Eltern erwecken und begnadigen wolle, damit der Segen des vierten Gebotes ihnen zu Theile werde. Diese Pflichten sind ja für die Kinder die allerwichtigsten, in ihrer Erfüllung ist für sie alles Gute begriffen; so vollkommen sie diese Pflichten der Hochachtung, der Liebe und des Gehorsams gegen die Eltern erfüllen, so gut sind sie jetzt vor Gott, so begründet ist die Hoffnung daß sie auch in ihren übrigen und in den späteren Lebensbeziehungen gut sein werden, so viel wird der Segen wahrer christlicher Tugend- haftigkeit überhaupt über sie kommen. Was könnte also die Mutter Kostbareres für ihre Kinder erflehen, als die Gnade, das vierte Ge- bot treu und vollkommen zu erfüllen? Ohne die Gnade Gottes können ja die Kinder es nicht erfüllen.

5. Der meine Kinder vor dem Unglücke der Todsünde bewahren wolle. †)Zur Abwechselung oder bei besondern Anlässen, z. B. wenn die Kin- der zur h. Beicht gehen sollen: „Der meinem Sohn (meiner Tochter) die Gnade der Buße (einer wahren Reue) und einer würdigen Beichte verleihen wolle.“ – Zur Zeit des Communion-Unterrichtes: „Der meinen Sohn (m. T.) zur heilsamen Erlernung der h. Religion er- wecken und erleuchten wolle;“„der m. S. (m. T.) die Gnade einer würdigen Vorbereitung zur ersten h. Communion verleihen wolle.“ – In den Tagen vor der ersten h. Communion: „Der das Herz meines Sohnes (meiner Tochter) durch Seine Gnade zu einer wür- digen Wohnung für Sich zubereiten wolle.“ – Bei Entlassung eines Sohnes, einer Tochter aus dem elterlichen Hause (in die Fremde u. s. w.): Der meinen Sohn (m. T.) in der Obhut Seines Schutzes und Seiner Gnade unverletzt erhalten wolle.“ – In Betreff der Standeswahl: „Der meinem Sohn (m. Tochter) durch das Licht und den Beistand Seiner Gnade zu seinem (ihrem) wahren Berufe verhelfen wolle“, u. s. w.

181
Gebete der Mutter bei der h. Beichte. *)An die sonstigen Beichtgebete anzuschließen oder zwischen dieselben einzufügen.

Zum Vorbereitungsgebete.

Ach nur zu sehr habe ich es bisher fehlen lassen an der gewissenhaften und vollkommenen Erfüllung jener heiligsten Verpflichtungen, welche ich als Mutter gegen meine Kinder habe. So verleihe denn, o Herr, daß ich diese meine Fehler und Vergehungen recht erkenne, sie herzlich bereue und Verzeihung derselben erlange. Möge diese h. Beicht durch Deine Gnade ganz insbesondere dazu dienen, daß ich neu erweckt und begnadigt werde, fortan meine Mutter- pflichten nach Gebühr heilig zu halten, und sie mit aller Gewissenhaftigkeit und Treue zu erfüllen. Durch Jesum Christum. Amen. **)Bei der Gewissenserforschung unterlaß doch nicht, dich insbesondere auch über die Pflichten gegen deine Kinder zu erforschen (eine kurze Anleitung dazu oben, S. 165), sie zu bereuen und zu beichten.)

Zum Reuegebet.

O Gott, meine Sünden sind um so schlimmer und straf- barer vor Dir, weil ich durch sie meinem Mutterberuf un- treu geworden bin. Da Du mir die Kleinen, Deine Kin- der, anvertrauet hast, damit ich sie für Dich erziehen möge, so verlangst Du um so mehr von mir, daß ich zuvor ein vor Dir wohlgefälliges Leben führen soll, weil ich nur so die Kinder zu Deiner h. Furcht und Liebe anleiten kann; Du willst insbesondere, daß ich ihnen in Allem mit dem Beispiele eines wahrhaft christlichen Lebens vorleuchten soll. 182 Aber ach, wie sehr habe ich es daran fehlen lassen. Wegen meiner Kälte gegen Dich, wegen meiner Nachlässigkeit in Deinem Dienste, wegen meiner Sünden ist auch meine Lehre und Ermahnung und Anleitung ohne Kraft und Wirkung an meinen Kindern und ohne den Segen Deiner Gnade geblieben. Und wie viel Verkehrtes, Unchristliches und Böses haben sie von Tag zu Tag an mir wahrnehmen müssen – zum Schaden ihrer Seele! Ueberdies sind sie arm geblieben an Gnade, weil ich das Gebet für sie ver- nachlässigt, oder nur so wenig, so lässig für sie gebetet habe und mein Gebet so unwürdig war! O mein Gott, wie wird es mir einst vor Deinem Richterstuhle ergehen, wenn ich dann erkennen muß, daß ich denen, welche Du mir an- vertrauet hast, um sie zu allem Guten anzuleiten, Anlaß zur Sünde und Verkehrtheit geworden. Und wehe mir, wenn die, welche ich zum Himmel führen sollte, durch meine Schuld verloren gingen!

Und wie beschämt muß ich vor Dir stehen! Wie theuer sind Dir meine Kinder; wie liebst Du sie! Was hast Du nicht Alles für sie gethan! Deinen eingebornen Sohn hast Du für sie hingegeben; und Dein göttlicher Sohn hat nicht Anstand genommen, für sie die größten Leiden zu übernehmen und selbst in den Tod zu gehen; Er hat in Seiner h. Kirche alle Heilsgüter und alle Schätze der Gnade hinterlassen; ja Er ist stets bereit, in der h. Com- munion Sich selbst ihnen zu schenken, um sie zum Heile zu führen. Und ich habe diese vor Dir so kostbaren, von Dir so geliebten Seelen gering geachtet, verwahrloset, ja zu ihrem Verderben beigetragen! O, ich Undankbare! Wie habe ich Dein göttliches Vaterherz beleidigt und betrübet!

Auch aus Liebe zu mir hast Du mir den Beruf einer Mutter gegeben. Welche kostbare Gelegenheit bietet er mir, durch die Erfüllung meiner Pflichten an den Kindern mir Dein göttliches Wohlgefallen, die reichsten Verdienste und den höchsten Himmelslohn zu erwerben, ja ewig an Deiner göttlichen Freude, die Du in der Beglückung Deiner Kin- der verkostet, Theil zu nehmen, wenn auch ich dazu beitrüge, daß meine Kinder zur ewigen Glückseligkeit gelangten. Und ich habe den Absichten Deiner Vaterhuld so wenig entsprochen!

O Gott, ich habe gesündigt vor Dir. Aber jetzt bereue 183 ich durch Deine Gnade meine Sünden von ganzem Herzen. Gern bin ich bereit, fortan mich zu bessern. Meine Mut- terpflichten sollen mir heilig sein. Keine Mühe und An- strengung will ich scheuen, sie auf's Treueste zu erfüllen. Und um es zu können, will ich darauf bedacht sein, mein Leben überhaupt zu bessern und meinen Kindern mit einem guten Beispiele vorzugehen. Ich will sie durch Wort und That zum Guten anleiten. So verzeihe mir denn gnädig, was ich bisher verbrochen habe; siehe auf Deinen göttlichen Sohn, meinen Heiland, und um Seinetwillen vergib mir meine Sünden! Stehe mir bei mit Deiner Gnade, daß ich meine guten Vorsätze fortan treu halten möge. Amen.

Zum Gebete nach der h. Beicht.

Vollherzig, o Gott, darf ich mich wieder Deiner Vater- huld erfreuen; auch die Sünden wider meinen Beruf als Mutter hast Du mir gnädig vergeben und mir Gnade ge- boten, um sie fortan desto sicherer meiden und meine Pflich- ten als Mutter desto besser erfüllen zu können. Von Neuem gelobe ich es daher vor Dir, daß ich der Besserung mich ernstlich befleißigen will. Wie es eine meiner heiligsten Verpflichtungen ist, meinen Kindern eine wahre christliche Mutter zu sein, so soll das auch mein ernstliches Streben sein. Eben darum will ich desto eifriger fein, mich in wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit zu üben, damit ich im Stande sei, meine Pflichten als Mutter zu erfüllen. Auf's Sorgfältigste will ich mich hüten, daß meine Kinder in meinem Reden, Thun und Lassen nicht etwas Dir, o Gott, Mißfälliges wahrnehmen; vielmehr will ich in Allem ein gutes Beispiel ihnen vor Augen stellen. Ich will es mir am Herzen liegen lassen, sie zur Ablegung ihrer Fehler zu vermögen und zu allem Guten sie anzuleiten. Ohne Unterlaß will ich für sie beten.

O Gott, Du hast mir nun wieder den guten Willen gegeben; so gieb mir denn auch das Vollbringen. Ohne Deine Gnade vermag ich nichts. Hilf mir denn! Mache mich durch Deine Gnade immer mehr jenen h. Müttern ähnlich, welche ihre Kinder zu Heiligen erzogen haben. Amen.

(Hier bete, so viel die Zeit es erlaubt, einige von den Gebeten S. 174-194.)

184
Gebete der Mutter bei der h. Communion.

Zu den Vorbereitungsgebeten.

Göttlicher Heiland, Du hast in diesem h. Geheimnisse Deiner Liebe uns eine Quelle der reichsten Gnaden hinter- lassen; aus ihr sollen wir schöpfen, um unsers christlichen Berufes würdig, als wahre Kinder Gottes leben und das Heil der Kinder Gottes erlangen zu können. Daher komme auch ich zu Dir. Wie sehr bedarf ich es, den Reichthum Deiner Gnaden zu empfangen, um alle Pflichten einer christlichen Mutter nach Gebühr zu erfüllen. So komme denn, o Jesus, Du Freund der Kinder, komm in meine Seele und bereichere mich mit Deiner Gnade, damit ich in Kraft dieser Gnade fortan desto mehr im Stande sei, meine Kinder, Deine Lieblinge, ganz nach Deinem h. Willen und Verlangen zu erziehen. Ohne die Erleuchtung und Kraft Deiner Gnade vermag ich's nicht. So komme mir denn zu Hülfe, o Herr, damit ich im Lichte Deiner Gnade den rechten Weg der Erziehung erkenne und durch ihre Kraft stark und ausdauernd sei, ihn in Allem einzuhalten. Erneuere durch diese h. Communion in mir die Gnaden, welche Du im h. Sakrament der Ehe mir eröffnet hast; mache mich zu einer wahrhaft christlichen Mutter, damit ich nur das wahre Wohl meiner Kinder im Auge haben und gern Alles für sie thun möge. Amen.

Zu den Gebeten nach der h. Communion.

O Jesus, nun in meiner Seele wahrhaft gegenwärtig und auf's Innigste mit mir vereint, Du bist zu mir ge- kommen, um durch Deine h. Gegenwart meine Seele zu heiligen und mich durch die h. Liebe inniger mit Dir zu vereinigen; Du bist gekommen, um mich mit Gnaden zu bereichern und mich in den Stand zu setzen, daß ich ein Dir wohlgefälliges Leben zu meinem Heile möge führen können; Du bist auch, göttlicher Kinderfreund, zu mir ge- kommen um meiner Kinder willen. Sie liegen Dir am Herzen, Du trägst das liebevollste Verlangen, daß sie zu würdigen Gliedern Deiner h. Kirche heranwachsen und einst das ewige Heil finden möchten. So willst Du durch diese 185 h. Communion mich, die Mutter, begnadigen, damit ich sie, Deine Lieblinge, zu diesem Ziele führen möge. So erfülle denn Deine liebevolle Absicht an mir! Mache durch Deine mächtige Gnade mich zu einer wahrhaft guten Mut- ter an meinen Kindern; statte mich reichlich aus mit allen Eigenschaften und Tugenden einer guten Muter; segne Du all mein Thun an ihnen!

O Herr, wäre es mir vergönnt gewesen, in jenen gna- denreichen Tagen, wo Du durch Deine sichtbare Gegenwart das h. Land beglücktest, in demselben zu leben und wie Martha und Maria Dich in meinem Hanse aufzunehmen, was würde mir wohl mehr am Herzen gelegen haben, als gleichwie jene Mütter, meine Kinder Dir vorzuführen, auf daß Du sie segnetest. Könnte ich's heut unterlassen, wo Du – noch gnadenvoller – der Gast meiner Seele bist? Ach nein, göttlicher Heiland, mein Herz drängt mich, in diesem heiligsten und gnadenvollsten Augenblicke alle meine Kinder im Geiste Dir vorzuführen und sie Deiner göttlichen Huld und Gnade zu empfehlen. So nimm Dich denn ihrer in Gnaden an! Ohne Dich kann ich nichts für das wahre Wohl meiner Kinder thun; was ich auch thue, das wird ohne Dich erfolglos bleiben. Lasse Dich also gnädig zu mir herab und stehe mir zur Seite im Werke der Erzieh- ung! Behüte meine Kinder vor der Sünde! Erfülle mein Herz mit Deiner h. Liebe und mit Deinem Geiste, auf daß sie in Allem nach Deiner Lehre und nach Deinem Beispiele wandeln. Führe sie zum ewigen Leben. Amen.

Gebet der christl. Mutter für ihren Mann. *)Gewiß wird jede gute christliche Ehefrau für ihren Mann, der ja mit ihr durch geheimnisvolle Bande auf's Innigste vereinigt ist, überhaupt recht fleißig beten, namentlich, wenn er gewissen Fehlern und Verkehrtheiten ergeben ist, also für das Heil seiner Seele. Hier aber haben wir die Mutter im Auge, insofern sie als Mutter ihrer Kinder für ihn, als deren Vater betet.

Gott, himmlischer Vater, wie mir, so hast Du auch meinem Manne die Kinder anvertraut; gemeinschaftlich ist unser Beruf. Und nur dann kann der Zweck desselben, eine gute Erziehung der Kinder, erreicht werden, wenn wir 186beide unsere Pflichten gegen dieselben aufrichtig zu er- füllen bemühet sind. So verleihe denn, o Gott, meinem Manne die Gnade, daß er die Heiligkeit und Wichtigkeit seines väterlichen Berufs recht erkenne; erwecke ihn, daß er es sich aufrichtig am Herzen liegen lasse, sie vollkommen zu erfüllen. Möge er doch vor Allem mit dem Beispiele eines treuen christlichen Lebens den Kindern vorleuchten! Darum, o allmächtiger Gott, begnadige ihn, auf daß er seine Fehler ernstlich bekämpfe und sie überwinde; behüte ihn, daß er in den Zerstreuungen seines Lebens Deiner nicht vergesse, in den Gefahren des Lebens nicht zu Grunde gehe; flöße ihm ein die Gesinnungen eines lebendigen Glaubens, der Hoffnung und der Liebe; gib ihm Eifer zum Gebete und zum Gottesdienste und zu den Uebungen eines echt christlichen Lebens. Mache, o Herr, daß er ein wahr- haft christlicher Vater für unsere Kinder sei. Amen.

Gebet um die Gnade der standesmäßigen Keuschheit. *)Mit Recht findet dieses Gebet Platz unter den Gebeten einer christ- lichen Mutter. Denn kommt es, damit die Erziehung wohl gelinge, vor Allem darauf an, daß die Mutter echt christliche Frömmigkeit übe, weil nur dann das so nothwendige gute Beispiel und der Segen der göttlichen Gnade – beide ganz unentbehrlich – stattfindet, so ist es ja eben ein keusches Herz und Leben, worin allein solche Fröm- migkeit gedeihet. Daher Gottes h. Wille, daß auch Eheleute in ihrem Stande züchtig und ehrbar leben. Finde hier das ernste Wort des h. Engels Raphael an den jüngern Tobias Platz (B. Tobias 6, 17 ff.): „Welche so in den Ehestand treten,“ und so darin leben, „daß sie Gott von sich und von ihrem Herzen ausschließen, und ihrer Wollust also pflegen, wie Roß und Maulesel, die keinen Verstand haben, über die hat der Teufel Gewalt“ (das bezieht sich auf die sieben Männer der Sara, welche sämmtlich in der Nacht nach der Verehelichung plötzlich starben; „ich habe gehört,“ sagte Tobias (6, 14), „daß ein böser Geist sie getödtet hat“ (und der Engel bestätigte das). „Du aber, fährt der Engel fort, „nimm die Jungfrau (Sara) zu dir in der Furcht des Herrn, mehr aus Liebe zu den Kindern, als aus Lust.“ Und also sprach Tobias zu seiner Gemahlin Sara: „Wir sind Kinder der Heiligen und dürfen nicht so zusammenkommen, wie die Heiden, welche Gott nicht kennen.“ Sollen aber christliche Ehe- leute so zusammenkommen, wie es „Kindern der Heiligen“ d. i. Chri- sten geziemt, sollen sie in standesmäßiger Menschheit leben, so bedür- fen sie einer besondern Gnade. „Und da ich wußte.“ heißt es im Buche der Weisheit (8, 21) „daß ich nicht enthaltsam (keusch) sein könnte, wenn der Herr es nicht verleihet, so trat ich zum Herrn und flehete (um diese Gnade) mit der ganzen Inbrunst meines Herzens.“ Daher obiges Gebet. Möge es oft „mit der ganzen Inbrunst des Herzens“ verrichtet werden.

O Gott, Du Liebhaber reiner Seelen, „von dem jegliches vollkommene Geschenk kommt,“ auch ich „trete zu Dir hin 187 und flehe mit ganzer Inbrunst meines Herzens“ um die Gabe und Gnade der standesmäßigen Keuschheit, denn „ich weiß, daß ich nicht keusch zu leben vermag, wenn Du es nicht verleihest.“ O, so schenke mir denn diese Gnade! Wie kostbar ist vor Dir das züchtige und ehrbare Zusam- menleben der Eheleute, welche ein reines Herz haben! Auf ihnen ruhet Dein Wohlgefallen; sie erfahren den Segen Deiner besten Gaben und Gnaden; von ihnen gehet Heil und Segen aus über die Kinder. „O, wie schön ist ein keusches Geschlecht!“ – So lasse denn nicht zu, daß ich im ehelichen Zusammenleben mich zügellos den sinnlichen Ge- lüsten in die Arme werfe, „wie Roß und Maulesel, die keinen Verstand haben,“ laß nicht zu, daß ich die h. Scham mit Füßen trete, „wie die Heiden“ und so „Dich von mir und meinem Herzen ausschließend dem Teufel über mich Gewalt einräume.“ Nein, o Herr, o nein! „Lasse uns zusammenkommen so, wie es Kindern der Heiligen ge- ziemt,“„in der Furcht des Herrn, mehr aus Liebe zu den Kindern, als aus Lust.“ – Du hast mir huldreich An- spruch auf solche Gnade gegeben im h. Sakrament der Ehe, Du bist bereit, sie mir zu schenken, wenn ich nach Gebühr bei Dir flehend darum anhalte. Siehe, Herr, ich flehe darum; so gib sie mir! Durch diese Gnade hast Du zu aller Zeit in Deiner h. Kirche jene h. Eheleute gebildet, die selbst im Ehestande ein enthaltsames Leben führten. Durch sie werde auch ich stark sein, die unordentliche Sinnlichkeit zu zügeln; durch sie gekräftigt werde ich treu verharren in den Schranken, die Du gesetzt hast; von ihr erleuchtet und geweihet werde ich den Zweck des ehelichen Standes stets im Auge haltend mir nie erlauben, was ihm nicht entspricht; von ihr gestärkt werde ich enthalt- sam sein, so viel es Dein h. Wille ist. Du starker Gott, „bei dem Alles möglich ist,“ erhöre mich!

188

O h. Jungfrau Maria und Du jungfräulicher Bräuti- gam derselben, h. Joseph, und ihr h. Eheleute allzumal, bittet für mich. Amen.

Gebet im gesegneten Stande.

Allmächtiger, allgütiger Gott, Schöpfer und Erhalter aller Wesen, der Du nach dem Rathschlusse Deiner Weis- heit und Güte meinen ehelichen Stand gesegnet hast, wie viele Ursache habe ich, Dir zu danken, daß Du mich wür- digest, mitthätig zu sein zur Ausführung Deiner väterlichen Absichten, nach welchen Du wieder einen Menschen in's Dasein rufest, bestimmt, Deinen heiligen Namen zu ver- herrlichen und befähigt, in Dir zeitlich und ewig glücklich zu werden. O möchte ich doch diese Aufgabe recht erfassen und von meiner Seite Alles dazu beitragen, daß dieselbe erreicht werde.

So segne denn, o mein Gott, mich und das Kind, wel- ches ich schon jetzt Dir weihe. Du hast es mir gegeben, und ich gebe und schenke es Dir wieder. Nimm dieses theure Pfand in Deine väterliche Obhut und stehe mir bei, auf daß ich Alles, was einen nachtheiligen Einfluß auf dasselbe üben könnte, nach Kräften vermeide. Behüte mich vor bösen Neigungen und ungeordneten Begierden, vor Zorn und Ereiferung, vor Eitelkeit und vor Allem, was vor Dir sündhaft ist. Flöße meinem Herzen ein die Ge- sinnungen wahrer Frömmigkeit und lenke alle meine Nei- gungen zum Guten und zu dem, was Dir wohlgefällt, damit also schon jetzt das sich entwickelnde Herz meines Kindes zu allem Guten hingeneigt werden möge.

Sei Du, o Gott, mein Schutz und Schirm, auf daß nichts Nachtheiliges mir widerfahren möge. Führe gnädig, o mein und meines Kindes Vater, Deine Werke in mir zur Vollendung und verleihe, daß ich zur Zeit Deinen Namen preisen möge, in der „Freude, daß ein Mensch zur Welt geboren“ sei. Durch Jesum Christum. Amen.

Gebet um die Gnade des Priesterberufs.

Göttlicher Heiland, wie sehr liegt Dir das Heil der Menschen am Herzen und wie groß ist daher Dein Ver- 189 langen nach guten Priestern. Daher ermahnest Du uns und sprichst: „Bittet den Herrn der Ernte, daß Er Ar- beiter in Seinen Weinberg sende!“ O Jesu, könnte ich, Dieser Deiner Worte eingedenk, mich des Verlangens er- wehren, einen Sohn in die Reihen der Priester eintreten zu sehen? Und welch eine Gnade für meinen Sohn und für mich! So flehe ich denn zu Dir, o Herr, daß Du, wenn es Deinen Rathschlüssen nicht widerstreitet, meinen Sohn erweckest, ihn mit dem priesterlichen Berufe begna- digst und in die Zahl Deiner Priester aufnehmest. „Du lenkest die Herzen der Menschen wie Wasserbäche,“ Du konntest aus einem Saulus einen Paulus machen, „Dir ist Alles möglich.“ Erweise denn, Du Mächtiger, die Kraft Deiner Gnade; erhöre mein Flehen! Ach Herr, ich erkenne es, daß ich solcher Gnade nicht würdig bin. Aber Du bist reich an Gnade auch für Unwürdige; sei es auch für mich! Alles will ich, wenn ich die Erfüllung meiner Bitte hoffen darf, aufbieten, um den also berufenen Sohn, so viel an mir ist, zu einem würdigen Priester zu erziehen und daher ihn in wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit zu begründen. Amen.

Ihr auserwählten Mütter, die ihr das Glück und die Gnade hattet, der Kirche würdige Priester zu geben, un- terstützet mein unwürdiges Gebet. Amen.

Gebet für einen Sohn, der Priesterberuf hat.

O Gott, der Du mich Unwürdige der unschätzbaren Gnade gewürdigt hast, meinen Sohn mit dem priesterlichen Berufe zu begnadigen, mit dankbarem Herzen flehe ich zu Dir, daß Du das gute Werk in ihm erhalten und zur Vollendung führen wollest. Ach wie leicht wird dieser hohe priesterliche Beruf durch eigene schuld zu Schanden! Wie groß und zahlreich sind für Knaben und Jünglinge die Gefahren, demselben untreu zu werden! Daher bitte ich Dich, o Gott, schütze meinen Sohn in diesen Gefahren, führe ihn, daß er ohne Wanken die gefährliche Laufbahn vollende und das hohe Ziel, dem er entgegengeht, stets un- verrückt im Auge habe. Suche ihn heim mit den kost- barsten Segnungen Deiner Gnade, damit eine wahrhaft 190 christliche Frömmigkeit in ihm gedeihe. Unterstütze seine wissenschaftlichen Bestrebungen, damit er reich an Wissen- schaft und Verstand und fähig werde, die hohe Aufgabe seines Berufs dereinst in ersprießlicher Art zu lösen. Mir aber stehe gnädig bei, daß ich an einem solchen Sohne die Pflichten meines Berufes desto treuer und eifriger erfülle und, soviel ich kann, durch Wort und That dazu beitrage, daß er zu einem guten Priester heranwachse. Segne denn, Allgütiger, mein schwaches Streben, mit dem Gedeihen Deiner Gnade. Amen.

Ihr h. Mütter, die ihr h. Priester erzogen und daher nun ewig Theil habt an allem Guten, was sie gethan, und an ihrer Glorie und Seligkeit; und ihr heiligen und auserwählten Priester, bittet für mich und erflehet mir die Gnade, daß ich nach Kräften meinen Sohn zu einem guten Priester heranbilde. Flehet auch für meinen Sohn, daß der Herr ihm die Gnade der Beharrlichkeit geben und verleihen wolle, daß er einst würdig in die Zahl der Prie- ster eintrete. Amen.

Litanei der christlichen Mutter.

Herr, erbarme Dich meiner!

Christe, erbarme Dich meiner!

Herr, erbarme Dich meiner!

Christe, höre mich! Christe, erhöre mich!

Gott Vater vom Himmel, erbarme Dich meiner!

Erbarme Dich meiner!
27

Du großer Vater, von dem alle Vater- und Mutterschaft ausgeht,

Gott, Du himmlischer Vater meiner Kinder,

Der Du meine Kinder mehr liebest als ich, ihre Mut- ter, sie lieben kann,

Der Du willst, daß sie bei Dir ewig selig werden,

Der Du auch für sie Deinen eingebornen Sohn dahin- gegeben hast,

Der Du Deine Engel zu ihrem Schutze sendest,

Der Du sie meiner Liebe und Sorge anvertraut hast,

Der Du willst, daß ich sie Dir erhalte und für Dich erziehe,

Der Du mir in diesem Werke der Erziehung helfen und beistehen willst,

191

Der Du mich darüber einst zur strengen Rechenschaft ziehen wirst,

Der Du die treue Erfüllung der Mutterpflichten un- aussprechlich belohnen willst,

Gott Sohn, Erlöser der Welt,

Der Du für uns Mensch geworden bist, O Jesu, der Du selbst zum Kinde geworden das zarte Alter der Kinder geheiligt hast,

O Jesu, Du liebevollstes Kind,

O Jesu, Du bester Sohn Deiner heil. Mutter und Deines Pflegevaters,

O Jesu, Du dankbarster und gehorsamster Sohn Deiner h. Eltern,

O Jesu, Du Freund der Kinder,

Der Du die Kleinen zu Dir kommen ließest, um sie zu herzen und zu segnen,

Der Du über Alle, welche den Kindern Anlaß zum Bösen sein würden, Wehe gesprochen hast,

Der Du Alles, was um Deinetwillen an den Kindern geschieht, als an Dir geschehen erachtest,

Der Du meine Kinder geliebet und Dich selbst für sie dahingegeben hast,

Der Du auch für sie Deine h. Kirche mit allen Gna- dengütern ausgestattet hast,

Der Du mich durch das h. Sakrament der Ehe für meinen Mutterberuf geweihet und begnadiget hast,

Der Du mir in Deiner h. Kirche für diesen Beruf reichliche Gnaden bereitet hast, Gott h. Geist,

Der Du durch Deine Gnadenwirksamkeit in der h. Taufe meine Kinder zu Kindern Gottes umgeschaffen hast,

Ohne dessen Gnade ich meine Pflichten an den Kindern nicht heilsam erfüllen kann,

Ohne dessen Gnade meine Kinder nicht gut werden und sein können,

Du Geist der Weisheit und des Verstandes,

Du Geist des Rathes und der Stärke,

Du Geist der Gottseligkeit und der Furcht des Herrn,

Du Geist der Wissenschaft und aller Gnaden,

Der Du oft schon in Kindern wunderbare Gnaden wirksam gemacht hast,

27192

H. Dreifaltigkeit, einiger Gott, erbarme Dich meiner!

H. Maria, bitte für mich!

Du Gottesgebärerin, bitte ꝛc.

Bitte (bittet) für mich!
27

Mutter Christi,

Du reinste Mutter,

Du keuscheste Mutter,

Du liebenswürdige Mutter,

Die bewunderungswürdige Mutter,

Die Du Deinen göttl. Sohn im Tempel geopfert hast,

Die Du mit Ihm nach Aegypten geflüchtet bist,

Die Du ihn drei Tage mit Schmerzen gesucht hast,

Die Du Ihm die Brautleute zu Cana empfohlen hast,

Die Du Ihn am Kreuze hast leiden und sterben gesehen,

Die Du Ihn nach Seinem Tode in Deinen Armen gehalten hast,

Die Du Ihn willig dem Vater zum Opfer gebracht hast,

Die Du durch Seine Auferstehung und Himmelfahrt hoch erfreuet worden,

Die Du nun mit Ihm im Himmel verherrlicht bist,

H. Joseph,

Dem Gott daß Kostbarste, Seinen eigenen Sohn, an- vertrauet hat,

Der Du Deinen göttlichen Pflegesohn auf's Sorgfäl- tigste beschützet und gepflegt hast,

Der Du das Glück hattest, mit Ihm so viele Jahre zu leben und zu arbeiten,

Der Du in Seinen Armen Deinen Geist ausgehaucht hast,

Ihr hh. Schutzengel und Freunde meiner Kinder, die ihr stets das Angesicht des himmlischen Vaters schauet,

Die ihr von Gott gesendet seid zum Schutze meiner Kinder,

Die ihr voll Liebe zu meinen Kindern stets darauf be- dacht seid, sie zu schützen und zu führen,

O selige Anna, du begnadigte Mutter des Samuel,

Die du dieses Kind der Gnade durch dein Flehen dir von Gott errungen hast,

Die du es dem Dienste des h. Zeltes geweihet hast,

H. machabäische Mutter, du Märtyrin des alten Bundes,

193

Du Heldin und Muster wahrer Mutterliebe,

Die du mit unerschüttertem Muthe deine sieben Söhne für das Gesetz des Herrn in den Tod hingegeben hast,

H. Anna, hehre Mutter der allerseligsten Jungfrau,

Die du durch dein gottgeweihtes Dulden und Beten die Gnade einer solchen Mutterschaft erlangt hast,

Die du von Gott mit dem begnadigtesten Kinde bist gesegnet worden,

Die du deine h. Tochter zu aller Tugend und Voll- kommenheit angeleitet hast,

Die du ihr mit dem Beispiel des gottesfürchtigsten Lebens vorgeleuchtet hast,

Du Patronin christlicher Ehefrauen und Mütter,

H. Joachim, du frommer Gemahl der h. Anna, du Vater der h. Jungfrau Maria,

Ihr hh. Mütter der Apostel, die ihr euere Söhne dem göttlichen Heilande hingegeben und Seinem Dienste geweihet habet,

H. Felicitas, die du, gleichwie die machabäische Mut- ter, deine sieben Söhne freudig für Jesus in Marter und Tod hingegeben hast,

Alle ihr hh. Mütter, welche ihr euere Kinder lieber in Martern sterben, als ihren Glauben verleugnen sehen wolltet,

H. Paula, du Muster h. Mutterliebe,

H. Monika, die du durch dein beharrliches Beten und Flehen deinen Sohn Augustinus für Gott gewonnen hast, H. Elisabeth, die du mit solcher Sorgfalt deine Kinder erzogen hast,

Alle heiligen und auserwählten Mütter,

Die ihr durch Gebet und fromme Werke die Gnade der Mutterschaft erworben habet,

Die ihr mit der vollkommensten Sorgfalt die vom Herrn euch geschenkten Kinder durch Wort und Bei- spiel zur wahren Lebensheiligkeit erzogen habet,

Die ihr durch die treue Erfüllung eurer Mutterpflichten auch selbst zur Heiligkeit und zur höchsten Herrlich- keit im Himmel gelangt seid, Alle h. Engel,

27194

Alle h. Patriarchen und Propheten, bittet für mich!

Alle h. Apostel und Märtyrer, bittet ꝛc.

Alle h. Bischöfe, Priester und Bekenner, bittet ꝛc.

Alle h. Jungfrauen und Wittwen, bittet ꝛc.

Alle heiligen und unschuldigen Kinder, bittet ꝛc.

Sei mir gnädig, verschone mich, o Herr!

Sei mir gnädig, erhöre mich, o Herr!

Von allem Uebel, erlöse mich, o Herr!

Von Gleichgültigkeit gegen meinen mütterl. Beruf, erlöse ꝛc.

Von Vernachlässigung meiner Mutterpflichten, erlöse ꝛc.

Von Geringschätzung des Seelenheils meiner Kinder, erlöse ꝛc.

Von unzeitiger Liebe und Nachsicht, erlöse ꝛc.

Von Zorn und auffahrendem Wesen, erlöse ꝛc.

Von jeglichem bösen Beispiele, erlöse ꝛc.

Von Ungeduld und Zaghaftigkeit, erlöse ꝛc.

Vom Geiste der Unkeuschheit, erlöse ꝛc.

Durch die Verdienste Deines Lebens, Leidens und Sterbens, erlöse ꝛc.

Durch Deine Liebe zu den Kindern, erlöse ꝛc.

Durch die Sorgfalt, womit Du Dich der Kinder ange- nommen hast,

Durch den reichen Lohn, den Du denen verheißen hast, welche sich um Deinetwillen der Kinder annehmen, erlöse ꝛc.

Durch die Erbarmungen Deines göttl. Herzens, erlöse ꝛc.

Durch die Fürbitte Deiner h. Mutter, erlöse ꝛc.

Durch die Fürbitte aller auserwählten Mütter, erlöse ꝛc.

Ich Sünderin! Ich bitte Dich, erhöre mich!

Ich bitte Dich, erhöre mich!
27

Daß Du mir die Gnade verleihen wollest, die Hoheit meines mütterlichen Berufs gebührend zuerkennen!

Daß Du mir zur rechten Erkenntniß der Heilichkeit und Wichtigkeit der Pflichten gegen meine Kinder verhelfen wollest!

Daß Du mir im schweren Werke der Erziehung Ein- sicht und Weisheit schenken wollest!

Daß Du mein Herz zur rechten Liebe gegen meine Kinder lenken wollest!

Daß Du mich zum Eifer im Gebete für meine Kinder erwecken wollest!

Daß Du meine Lehren und Ermahnungen segnen wollest,

195

Daß Du mir die Gnade geben wollest, meinen Kindern in Allem mit einem guten Beispiele vorzugehen,

Daß Du Dich meiner Kinder in Gnaden annehmen wollest,

Daß Du sie vor allem Leichtsinn und vor dem Uebel einer Todsünde gnädig bewahren wollest,

Daß Du den Geist wahrer Gottesfurcht und Fröm- migkeit in ihnen begründen und erhalten wollest,

Daß Du die h. Liebe in ihnen vermehren wollest,

Daß Du ihnen den Schatz unverletzter Unschuld er- halten wollest,

Daß Du die Nachstellungen des bösen Feindes an ihnen zu Schanden machen wollest,

Daß Du sie vor den bösen Einflüssen der Welt be- wahren wollest,

Daß Du die Bemühungen der Geistlichen und Lehrer an ihnen segnen wollest,

Daß Du sie in Deiner Gnade erhalten wollest,

Daß Du sie zum ewigen Leben führen wollest,

27

O Lamm Gottes, das Du hinwegnimmst die Sünden der Welt, verschone mich, o Herr!

O Lamm Gottes, das Du hinwegnimmst die Sünden der Welt, erhöre mich, o Herr!

O Lamm Gottes, das Du hinwegnimmst die Sünden der Welt, erbarme Dich meiner, o Herr!

Christe, höre mich! Christe erhöre mich!

Herr, erbarme Dich meiner!

Christe erbarme Dich meiner!

Herr, erbarme Dich meiner!

Vater unser. Ave.

Gebet.

O Gott, dessen Barmherzigkeit unermeßlich und dessen Güte unendlich ist, ich danke Deiner mildesten Majestät für alle Gaben und Gnaden, welche Du meinen Kindern und mir in ihnen bisher verliehen hast, und da Du den Flehenden ihre Bitte gewährest, so flehe ich unablässig zu Deiner Vaterhuld, daß Du mich und meine Kinder nim- mer verlassen und uns zu deu ewigen Belohnungen ver- helfen wollest. Durch Jesum Christum. Amen.

196
Gebet zum h. Herzen Jesu.

O heiligstes Herz Jesu, Du Sitz der vollkommensten Liebe, Du Inbegriff aller Vollkommenheiten, würdig, daß alle Herzen Dick auf's Höchste verehren, Dich lieben, Dir anhangen; auch ich bringe Dir meine innigste Verehrung dar; ich liebe Dich von ganzem Herzen und wünsche nichts mehr, als daß ich Dich immer mehr lieben möge, um Dir mein ganzes Herz und Leben zu weihen.

O göttliches Herz, das Du Dich mit solcher Liebe und Sorgfalt der Menschen angenommen und Alles, was zu ihrem Heile dienlich war, für sie gethan und geordnet und Dich für sie in Schmach und Qual und in den Tod hin- gegeben hast, erwecke auch in meinem Herzen die Gesinnungen der Liebe, auf daß auch ich bereit sein möge, für das Wohl meiner Mitmenschen Opfer und Mühe zu übernehmen. Insbesondere flöße meinem Herzen gegen meine Kinder eine Liebe ein, die der Deinigen gleiche, auf daß ich ganz für sie lebe und, wie Du, Alles aufbiete, sie zum Heile zu führen.

In Dein liebevolles Herz, o Jesu, empfehle und be- schließe ich meine Kinder. Umfange sie, Du Sitz der Liebe, mit Deiner Liebe, schließe sie in dieselbe ein, halte sie, daß Niemand sie aus Deinen Armen reiße. Du kennest die Gefahren, denen sie ausgesetzt sind, die Feinde, die ihnen Verderben drohen. Habe Mitleid mit ihnen! Nach der Menge Deiner Erbarmungen eile ihnen zu Hülfe.

O heiligstes Herz meines Herrn, Du Inbegriff aller Tu- genden und Vollkommenheiten, tilge an meinen Kindern Alles, was Dir an ihnen mißfällt; zerstöre in ihnen die Sünde und vergib ihnen alles Böse, was sie wider Dich gethan haben. Was immer Dir gefällt, das flöße ihnen aus Deinem allerheiligsten Herzen ein. Heilige und besitze sie zu Deinem heiligsten Wohlgefallen und zu Deiner Liebe. Verleihe ihnen die Gnade, in Deiner Liebe zu beharren. Wenn sie nur in Deiner Liebe verbleiben, so schalte im Uebrigen mit ihnen nach Deinem Wohlgefallen; nur ver- wirf sie nicht von Dir. Zu Dir flehe ich, Dich rufe ich an als die einzige Hoffnung meines Lebens; laß mich und meine Kinder Deinen allmächtigen Schutz erfahren. Stehe 197 uns bei, einem Jeden nach seinem besondern Bedürfnisse, besonders in der Stunde unsers Todes; dann rufe uns zu Dir, auf daß unser Herz mit Deinem anbetungswürdigen Herzen auf ewig in Liebe und Seligkeit vereint sei. Amen.

C. Gemeinschaftliche Gebete. *)Wir haben es im Lehrtheile empfohlen, daß die Mutter die Kinder in ihrer Gegenwart oder mit sich Morgens und Abends beten lasse. Hier Gebete dafür. Laß also, o christliche Mutter, die Kleinen um dich hinknieen, etwa vor einem Crucifixe, und dann bete mit ihnen. Es ist gut, diese Gebete zuweilen mit den Kleinen durchzu- gehen, um sie ihnen etwas zu erklären. Dann beten sie dieselben andächtiger.

Morgengebet.

Gott, himmlischer Vater, Du hast uns heut wieder frisch und gesund erwachen lassen. Du hast uns diesen neuen Tag geschenkt. Du willst so gern, daß wir, Deine Kinder, recht fromm und glücklich werden mögen; darum hast Du uns diesen Tag geschenkt; wir sollen auch heute wieder recht fromm und gut sein. Du hast uns auch diese Nacht vor allem Uebel gnädig behütet. O Vater, herzlich danken wir Dir durch Jesum, unsern lieben Heiland. Amen.

Nun wollen wir auch heute gute Kinder sein; wir wol- len uns in Acht nehmen und nichts Böses thun; wir wollen uns hüten vor Ungehorsam gegen unsere Eltern, vor Naschen und Lügen, vor Zank und Streit mit andern Kindern; wir wollen gegen unsere Eltern immer folgsam sein; fleißig lernen und arbeiten, andächtig beten, oft an Dich, o Gott, denken. Dann sind wir Dir wohlgefällig, guter Vater; dann freuest Du Dich über uns, lieber Hei- land. Dann hilfst Du uns, daß wir immer bessere Kinder werden. Dann kommen wir einst zu Dir in den Himmel. Wie große Freude werden wir da bei Dir haben! O ja, wir wollen fromme Kinder sein. Aber, lieber Vater, wir können es nicht; Du mußt uns helfen. O so hilf uns 198 denn! Stehe uns bei; dann werden wir unser Versprechen halten. Amen.

O Jesu, göttlicher Heiland, wie hattest Du einst auf Erden die Kinder so lieb! Auch jetzt liebest Du gute Kinder so sehr. Wie warest Du einst als Kind so gut und fromm, so gehorsam gegen die Eltern, so andächtig in der Kirche, so fleißig in der Schule und bei der Ar- beit. O so hilf uns doch, daß wir auch so gute Kinder seien. O Jesus, ich habe Dich von Herzen lieb! Mache, daß ich Dich noch mehr liebe. Amen. – Vater unser...

O Maria, Mutter des lieben Heilandes, du bist auch unsere Mutter; o so bitte doch deinen lieben Sohn für uns und mache, daß wir gute Kinder werden, wie Jesus es einst bei dir war. – Gegrüßt seist du...

O hh. Schutzengel, hh. Namenspatrone, ihr heiligen Kinder und alle Heiligen, bittet für uns! Machet, daß wir so leben, daß wir einst zu euch kommen. Amen.

O Gott und Vater, wir bitten Dich auch für unsere lieben Eltern. O gib auch ihnen heute Gnade zu allem Guten; beschütze sie; schenke ihnen, was gut für sie ist. Lohne ihnen Alles, was sie an uns thun. Auch für alle Andern, die wir lieben, bitten wir, und für alle Christen, ja für alle Menschen. Gib ihnen allen, o Gott, was gut und heilsam für sie ist; bewahre sie vor allem Uebel. Amen.

Abendgebet.

O Gott, himmlischer Vater, dieser Tag ist wieder zu Ende. Du hast uns heut am Leben und gesund erhalten; Speise und Trank und, was uns heut Freude gemacht hat, und was wir Gutes empfangen haben, Alles ist Deine Gabe, gütigster Vater. Du hast uns Gnade gegeben, das Gute zu thun und das Böse zu meiden. O bester, gütig- ster Vater, wir sagen Dir herzlich Dank. Der beste Dank ist, wenn wir recht gut und fromm sind. Das wollen wir sein. Amen.

Aber ach, sind wir denn auch heut immer gut und fromm gewesen? (Kleine Pause.)

Ach, wir haben auch heut wieder Fehler und Sünden 199 begangen! Und haben Dich, liebster Vater, und Dich göttlicher Heiland, damit beleidigt. O, wie undankbar sind wir gewesen! Lieber Vater, vergib es uns! Verzeihe, göttlicher Heiland! Es thut uns herzlich leid. Wir ver- sprechen es Dir von Neuem: Morgen wollen wir uns besser in Acht nehmen. Hilf uns doch, daß wir Wort halten. Amen.

Nun legen wir uns zur Ruhe. Behüte uns, himmli- scher Vater. Laß Deine lieben Engel an unserm Bette wachen, daß sie uns vor allem Uebel bewahren. Vater unser.

O heilige Jungfrau Maria, du Hülfe der Christen, auch in deinen Schutz und Schirm befehlen wir uns. Verlaß uns nicht! Empfiehl uns deinem Sohne. Zeige, daß du unsere Mutter bist. Ave Maria.

Wir bitten Dich auch, Gott, himmlischer Vater, für Alle, welche wir lieben, für unsere lieben Eltern, für unsere Brüder und Schwestern, für unsere Verwandten; wir bitten Dich für alle Christen, besonders für die, welche in Noth und Gefahr sind; auch für die armen Seelen im Fegfeuer und für alle Menschen. Hilf Allen; mache, daß Alle in den Himmel kommen. Amen.

Beim Weihwassernehmen: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des h. Geistes. Amen. Im Namen Jesu schlaf ich ein. O Jesus, Maria, Joseph, o laßt mich euch empfohlen sein. Amen.

Vor dem Essen.

O Gott, die Speisen, die wir nun geniessen, sind Deine Gaben; wir danken Dir dafür. Segne sie und gib uns Gnade, daß wir sie genügsam, mäßig und mit dankbarem Herzen empfangen. Durch Jesum, unsern Herrn. Amen. Vater unser, Ave Maria.

Nach dem Essen.

Wir danken Dir, o Gott, für Deine Gaben, welche wir nun gekostet haben; wir danken Dir für alles Gute, was 200 wir ohne Unterlaß von Dir empfangen. – Durch die Spei- sen hast Du uns neue Kräfte zu Deinem Dienste gespen- det; hilf uns denn durch Deine Gnade, daß wir sie treu dazu verwenden. Durch Jesum, unsern Herrn. Amen. Vater unser. Ave Maria.

Die Seelen der Abgestorbenen laß durch Deine Barm- herzigkeit ruhen in Frieden. Amen.

201

Inhalts-Verzeichniß.

  • I.

    • Einleitung 3
    • Vorwort zur elften Auflage 7
    • Vorwort zur dreizehnten Auflage 8
    • Der erste Kirchengang 9
    • Beruf und Heranbildung der Mutter 19
    • Nothwendige Vorbedingungen 28
    • Gottesfurcht und Frömmigkeit 30
    • Die Liebe 37
    • Die Mitgift 48
    • Die Weide 55
    • Die Einführung in die christliche Wahrheit 61
    • Das Vorgehen gegen die Fehler der Kinder 70
    • Die Huth der h. Scham und Unschuld 83
    • Die Anleitung 95
    • Gottes Wort an die christliche Mutter 108
    • Die Mutter eines Priesters 113
    • Die Mutter in ihrem Gebete 126
    • Die Erzbruderschaft der christlichen Mütter 133
  • II.

    • Gebet am Jahrestage der Verehelichung 143
    • Gebet beim ersten Kirchengange 145
    • Gebet am Morgen 146
    • Gebet am Abend 146
    • Gebete der Mutter bei der h. Messe für sich selbst 147
    • Gebete bei der h. Messe für die Kinder 151
  • Gebete der Mutter. A. Für sich selbst.

    • Um die Gnade eines guten Beispiels 151
    • Um die wahre übernatürliche Liebe 154
    • Um Weisheit 156
    • Um Starkmuth 157
    • Um Sanftmuth 157
    • Zu Jesus dem Kinderfreund 158
    • Zum h. Geiste um Seine 7 Gaben 159
    • Zur h. Jungfrau Maria 160
    • 202 Zum h. Joseph 161
    • Zu den h. Schutzengeln 161
    • Zu den h. Namenspatronen 162
  • B. Gebete für die Kinder.

    • Um Segen und Gedeihen für die Erziehung 162
    • Um Schutz in den Gefahren 163
    • Um Bewahrung vor der Todsünde 163
    • Um den Geist der Gottesfurcht und Frömmigkeit 164
    • Um Gnade zur Erfüllung der Standespflichten 165
    • Um die Gnade der Keuschheit 165
    • Um die Gnade wahrer Nächstenliebe 166
    • Um Wahrhaftigkeit 167
    • In den Schuljahren 167
    • Wenn das Kind zur h. Beicht geht 167
    • Während der Vorbereitung zur h. Communion 168
    • Daß Gott ihre Verhältnisse zum Besten lenke 169
    • Bei hartnäckigen Fehlern 170
    • Um die 7 Gaben des h. Geistes 171
    • Kreuzwegandacht 172
    • Der Rosenkranz 179
    • Bei der h. Beichte 181
    • Bei der h. Communion 184
    • Nach der h. Communion 184
    • Gebet für den Ehemann 185
    • Um standesmäßige Keuschheit 186
    • Gebet im gesegneten Stande 188
    • Um die Gnade des Priesterberufs 188
    • Für einen Sohn, der Priesterberuf hat 189
    • Litanei der christlichen Mutter 190
    • Gebet zum h. Herzen Jesu 190
  • C. Gemeinschaftliche Gebete.

    • Morgengebet 197
    • Abendgebet 198
    • Vor dem Essen 199
    • Nach dem Essen 199
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[1]
Der christliche Vater
wie er sein und was er thun soll nebst einem Anhange von Gebeten für denselben
von W. Cramer, Domcapitular und Regens des Bischöflichen Priester-Seminars.
Mit Erlaubniß der Obern.
Zum Besten des Bonifacius-Vereins.
Zweite Auflage.
A. Laumann inDülmenKatholische Verlags-Buchhandlung.1874.
[2]
3

Vorrede zur zweiten Auflage.

So theuer uns auch die Hoffnung war, daß unser Christl. Vater in Betreff seiner Verbreitung ähnliche Erfahrungen machen möge, wie die christ - liche Mutter *)Nunmehr in 14 Auflagen und in 35,000 Exem - plaren verbreitet., so wagten wir dennoch kaum zu erwarten, daß bei einer so starken ersten Auflage (5000) schon nach einem halben Jahre eine neue nothwendig sein würde. Um so erfreulicher die Auf - gabe, der so bald nothwendig gewordenen zweiten Auflage ein Wort zum Geleite mitzugeben. Was könnte dasselbe besser zum Inhalte haben, als zuvor den Ausdruck des freudigsten Dankes gegen den Herrn, in dessen Obhut und Segen wir unser Büch - lein von Anfang an so angelegentlich empfohlen hatten und dem, als dem Geber alles Guten, wir auch gern seine schnelle Verbreitung zuschreiben; - dann die herzliche Erneuerung des am Schlusse der Vorrede zur ersten Auflage ausgesprochenen Wun - sches, auch für diese zweite Auflage, daß nämlich auch sie recht bald ihre Leser, ihr Inhalt aber treue Nachachtung und dem Gebetstheile nach eifrige Be - nutzung finden möge. Und so Gott empfohlen!

Münster am Oktavtage des Festes             der hh. drei Könige 1874.

Der Verfasser.
4

Aus der Vorrede zur ersten Auflage.

... Es giebt dem Herrn sei's gedankt! auch heut noch so manche Väter, welche von einem leben - digen Glauben und von den besten Gesinnungen beseelt, die hohe Bedeutung ihres väterlichen Berufes erkennen und des besten Willens und aufrichtigen Bestrebens sind, allen Obliegenheiten eines wahrhaft christlichen Vaters zu genügen. An sie richten wir insbesondere unser Wort; ihnen wird es willkommen sein; ist es ja darauf berechnet, in einem der wichtigsten Punkte ihrer Lebensaufgabe ihnen desto größere Klarheit und Sicherheit zu vermitteln und die Erfüllung ihrer heiligsten Pflichten ihnen näher zu legen und zu erleichtern. Gern geben wir uns dabei der Hoffnung hin, daß unser Wort mit Gottes Gnade, welche wir und mit uns Andere über dasselbe herab - gerufen haben und herabrufen, auch Manche aus der Zahl derjenigen Väter, welche ihren väterlichen Beruf bisher nicht christlich auffaßten und daher bei all ihrer Liebe zu ihren Kindern denselben dennoch nicht zum wahren Wohle derselben handhabten, zur Besinnung bringen werde und zur Einsicht, daß ihr so herzliches Verlangen, ihre Kinder zu beglücken, nie Erfüllung finden könne und werde, wenn sie dieselben nicht zu einem echt christlichen Leben anzuleiten sich angelegen sein lassen. Welch eine kostbare Frucht, wenn unser Wort dazu beitrüge, sie zu christlichen Vätern zu machen und so den Kindern derselben das unschätzbare Gut einer christlichen Erziehung zu vermitteln.

Jemehr wie wir bereits in unserer Christ - lichen Mutter bemerkt haben die glaubensfeind -5 lichen Bestrebungen unserer Zeit darauf gerichtet sind, der Jugend den Einfluß der h. Kirche und damit Glauben und christliche Gesittung vorzuenthalten, desto dringender legt sich jedem gläubigen Herzen der Wunsch nahe, daß in den Familien der christliche Geist hei - misch bleibe und kraft seiner die Erziehung einen wahrhaft christlichen Charakter habe und daher, wie die Mütter, so auch die Väter wahrhaft christliche seien; dann werden sie ihre Kinder in christliche Ge - sinnung und in ein christliches Leben einführen und ihnen, wenn sie in die böse Welt hinaus müssen, Glau - ben und christliche Sitte als eine kostbare, schützende, rettende und beglückende Mitgift zum Geleit geben.

Aber grad die Väter sind vermöge ihrer ganzen Lebensstellung am Meisten den unseligen, Glauben und christliche Sitte gefährdeten Einflüssen der Jetzt - zeit ausgesetzt und daher in Gefahr, der Gesinnung und dem Leben nach an ihrem christlichen Charakter Schaden zu nehmen, um so nicht allein ihr eigenes Heil in Gefahr zu bringen, sondern auch unfähig zu werden, ihren Kindern eine christliche Erziehung, also die wesentlichste Bedingung ihres wahren Wohles, angedeihen zu lassen.

Daher gehörte es wesentlich zu unserer Aufgabe, in diesem unserm Werkchen ganz insbesondere auch Fingerzeige zu geben, wie der Vater trotz der ge - dachten bösen Einflüsse seinen christlichen Charakter behaupten und in echt christlichem Geiste bestehen möge.

Auch diesmal machen wir eine kleine Zugabe von Gebeten für den christlichen Vater . Ohne Segen von oben kann das große Geschäft der Er - ziehung ein rechtes Gedeihen nicht finden. Dieser Segen muß aber durch Gebet errungen werden.

6

So möge denn auch der Christliche Vater ähn - lich wie die Christliche Mutter sich die Wege bah - nen in die Hände der Väter rings im deutschen Va - terlande! Mögen seine Belehrungen, Winke und Rath - schläge in deren Herzen eine gute Stätte finden, um zu einem reichen Segen für die guten lieben Kinder zu gedeihen. Der Herr gebe ihm das Geleite.

Münster in der Pfingstwoche 1873.

Der Verfasser.
7

Der Vatername.

Vater eines der ersten Worte, welche vom kindlichen Munde gelallt werden, gewissermaßen die Erstlinge der kostbaren Gabe der Sprache zur Ehre dessen, dem Dasein und die Sprache zu verdanken, des Vaters im Himmel und auch des irdischen Vaters.

Vater welch ein ehrwürdiger Name! Von Ewigkeit her wurde er genannt, zum Ausdruck des geheimnisvollen Verhältnisses zwischen den beiden er - sten Personen der Gottheit. Als aber Gott die Menschen in's Dasein gerufen, da redeten sie Ihn an mit dem Namen Vater! ; Er war es, Er hatte sie zu Seinen Kindern gemacht und als Seine Kin - der mit den höchsten, mit wahrhaft göttlichen Gaben sie ausgestattet.

Und als durch die Sünde dieser höchste Vorzug der Kindschaft Gottes ihnen abhanden gekommen war und nun Gott selbst in der zweiten Person der Gott - heit auf die Erde herniederkam, um ihnen das ver - lorene Heil wieder zu bringen, da war eben die Wiederherstellung jenes gnadenvollen Verhältnisses der Kindschaft Gottes die kostbare Frucht des Lebens und Wirkens, Leidens und Sterbens des Erlösers: So Viele an ihn glaubten, denen gab Er Macht, Kinder Gottes zu werden. Gott war und ist wieder im Vollsinne des Wortes Vater aller der - jenigen, welche in der h. Kirche wiedergeboren sind zu Kindern Gottes.

8

Als Vater lehrte Ihn der göttliche Erlöser wie - der kennen; so nannte Er Ihn: Euer himmlischer Vater; euer Vater, der im Himmel ist; so sollten nach Seiner Anleitung die, welche sich gläubig Ihm angeschlossen hatten, Ihn anreden, wenn sie sich be - tend an Ihn wendeten: Vater unser, der Du bist im Himmel. Gott der Vater der Menschen! So Viele wiedergeboren sind aus dem Wasser und dem h. Geiste, sie sind Seine Kinder, Er ihr Vater.

Mit welchem Rechte gebührt Ihm dieser Titel! Ist Er es nicht, dem alle Menschen im tiefsten Grunde Dasein und Wesen verdanken? Und wenn sie in der Wiedergeburt die übernatürliche Kindschaft Gottes erlangt haben, ist Er es nicht, der in der Person des h. Geistes sie neugeschaffen hat? Er ist es, der das von Ihm geschenkte natürliche und über - natürliche Leben fristen und zu höherer Vollendung führen muß, wenn es bestehen und zur Vollkommenheit gedeihen soll. In Wahrheit der Vater der Men - schen, Seiner Kinder.

Aber Er hat die Vaterschaft und den erhabenen Vaternamen nicht für sich allein behalten wollen. Wie Er in allen Menschen das Bild seines gött - lichen Wesens abgeprägt und sie zu Seinen Eben - bildern überhaupt geschaffen und hergestellt hat, so sollte nach den Nachschlüssen Seiner göttlichen Weis - heit und Liebe auch Seine Vaterschaft ihr Bild in der Menschheit haben; eine gewisse Anzahl unter den Menschen sollte Antheil haben an den Vorzügen und Vorrechten Seiner väterlichen Würde; auch sie sollten Väter sein und Kinder haben. Wie Ihm, so sollten die Kinder auch ihnen ihr Dasein zu ver - danken haben; gleichwie Er den Kindern, da Er sie9 zu Seinen natürlichen und übernatürlichen Edenbil - dern schuf, einen Antheil an Seiner göttlichen We - senheit schenkte, so sollten auch die Väter ihren Kin - dern einen gewissen Antheil, wie an ihrer leiblichen, so auch an ihrer geistigen Beschaffenheit übermitteln; wie Er durch fortwährende Gnadenwirksamkeit Seine Kinder zu immer höhern Stufen der Vollkommenheit und so zum ewigen Heile zu führen sucht, so sollten auch die Väter durch heilsamen Einfluß an diesem Werke der Heiligung und einstigen Beseligung Theil haben; wie Er in alle Ewigkeit das beseligende Bewußtsein hat, daß alle die, welche bei Ihm und mit Ihm ewig unendlich selig sind, ihr Glück und ihr Heil Ihm zu verdanken haben, so sollten auch einst im Himmel die menschlichen Väter das ähnlich beseligende Bewußtsein haben, durch treue Erfüllung der Vaterpflichten geholfen zu haben, ihren Kindern das Glück des Himmels zu vermitteln.

Also ist jeder menschliche Vater das Bild des großen Vaters im Himmel, Sein Stellvertreter auf Erden, von Gott dazu gesetzt. Alle Vaterschaft, sagt der Apostel, ist von Gott. Was er von der weltlichen Obrigkeit sagt, das ist in noch viel höherm Grade wahr in Betreff eines Vaters und von der Vaterwürde: Sie ist von Gott; Gott hat sie ange - ordnet. Ist aber der Vater ein Bild des großen Vaters im Himmel und Sein Stellvertreter, so hat er auch Theil an den Vorrechten der göttlichen Va - terschaft: Er steht über seinen Kindern, er ist ihr Herr und Gebieter; er hat Anspruch und Recht auf Ehre, Gehorsam und Unterwürfigkeit von Seiten der Kinder; ähnlich, wie Gott, ihrem himmlischen Vater, schulden die Kinder auch ihm Ehrfurcht, Liebe und10 Gehorsam; sie sind im Gewissen verpflichtet, ihm solche zu leisten. Auch für die Väter hat das Wort des Herrn Geltung in Beziehung auf ihre Kinder: Wer euch hört, der hört Mich; wer euch verachtet, der verachtet Mich. Konnte der große himmlische Vater die menschlichen Väter, Seine Stellvertreter auf Erden, höher ehren, als daß Er in Seinen h. Ge - boten dem Gebote, welches sich auf sie bezieht, den nächsten Platz nach den Seine göttliche Person be - treffenden Geboten eingeräumt hat? Und nicht allein, auch dadurch hat Gott die Väter (und Mütter) geehrt, daß das sie betreffende Gebot das einzige ist, welches Er mit einer ausdrücklichen Verheißung be - gleitet hat: Du sollst den Vater (und die Mutter) ehren, auf daß es dir wohl gehe.

Was ist erhebender, als die Aussprüche der heil. Schrift, worin der Herr in der manchfachsten Weise den Kindern, welche gegen ihren Vater (und Mutter) sich nach Pflicht erweisen, Seine himmlischen Seg - nungen verspricht? Aber auch, was ergreifender, er - schütternder, als der Fluch, den Er ausspricht über Kinder, welche die dem Vater (der Mutter) gebührende Ehre verletzen und ihr zuwider handeln? Und haben diese Aussprüche des Herrn nicht in der h. Geschichte die vielfältigste Bestätigung gefunden? Die reichste Beglückung für gute Kinder; dagegen die strengsten Strafgerichte über ungerathene Söhne und Töchter. Und was so die h. Geschichte darlegt, das findet der aufmerksamere Beobachter unablässig, immer von Neuem bestätigt durch die tägliche Erfahrung.

Was folgt daraus? Das folgt daraus: Wenn Gott, wie Er es hier durch Wort und That beweiset, ein solches Gewicht legt auf die treue Erfüllung der11 Pflichten der Kinder gegen ihre Eltern, gegen ihre Väter, wie hoch muß dann in Seinen Augen die väterliche Würde stehen, wie erhaben erscheint dann der Vatername, von Gott selbst also mit Ehren umgeben!

Und wie ehrwürdig erscheint endlich die Vater - schaft und der Name Vater , wenn wir mit un - serm Blick eindringen in das Herz des Vaters! Wie hat der Herr es eingerichtet? Ganz nach Sei - nem Vaterherzen. Sein Vaterherz trägt eine unendliche Liebe gegen Seine Kinder, und in der Liebe, ein unermeßliches Verlangen, sie zu beglücken, und eine unbegrenzte Bereitwilligkeit, dafür Alles zu thun, und ein unaufhörliches, unermüdliches Walten, um die Kinder zum wahren Wohle zu führen. Siehe da die Ausstattung, welche der Herr jedem Vater - herzen gegeben hat, die Mitgift. Aehnlich ist jedes unverdorbene Vaterherz gegen die Kinder ganz von selbst, unwillkührlich. Oder fände man wohl einen Vater, dessen Herz, wenn Gott ihn nun in die Va - terwürde einsetzt und ihm ein Kindlein schenkt, nicht unwillkührlich den Drang der innigsten Liebe zu die - sem seinem Kinde in sich verspürte und nicht Ver - langen trüge, dies sein Kind zu beglücken und nicht bereit wäre, dafür Alles zu thun?! Alle Welt würde den einen unnatürlichen Vater nennen, dem es an solcher Herzensverfassung gebräche. Nur bei einem hohen Grade von Rohheit und Verkommenheit wäre es möglich. Siehe da das Vaterherz.

Wer aber hat das menschliche Herz so eingerichtet und geordnet, daß es, wenn der Mensch Vater wird und ist, sich von solchen Gefühlen und Gesinnungen alsbald beseelt findet? Es ist die Ausstattung des12 großen himmlischen Vaters an Seine Gleichbilder und Stellvertreter auf Erden, die Mitgift aus Seinem großen Vaterherzen an ihr Vaterherz.

Wie ehrwürdig lasset solche Verfassung des Vater - herzens den Vaternamen erscheinen! Gott selbst, der das Vaterherz gestaltet, hat ihn so ehrwürdig gemacht.

Will der Vatername nicht also ehrwürdig er - scheinen, begegnet man vielmehr einer gewissen Miß - achtung und Verachtung desselben, so hat das leider seinen Grund in der Art, wie die hohe Würde bei manchen Vätern der schmählichsten Entweihung und Entehrung preisgegeben ist; ohne Gefühl und Sinn für ihre väterliche Würde und für die hohe Aufgabe ihres Berufes, unbekümmert um die Pflichten dessel - ben, ja denselben auf die schnödeste Weise zuwider handelnd lassen sie alle jene schönen Zuge, die das Bild eines guten Vaters bietet, an sich vermissen und bieten nur das häßliche Zerrbild eines entarteten Vaters.

Aber lassen wir einen Vater der Idee seiner väterlichen Würde entsprechen, führen wir uns einen Vater vor, der in seinem Leben das Bild eines wahr - haft guten Vaters zur Darstellung bringt, wer könnte ihm seine innigste Anerkennung, seine Hoch - achtung vorenthalten? Wie ist bei Kindern eines solchen Vaters der Vatername so hochgeachtet, so ehr - würdig, so geschätzt, so geliebt! Ihr ganzes Herz bewegt sich im Gedanken an den Vater; von ihm getrennt, tragen sie heiße Sehnsucht nach ihm; seine Gegenwart, sein Blick, sein Wort ist ihnen Beglückung. Sein Andenken steht unverwüstlich in ihrem Herzen, selbst dann noch, wenn er längst im Grabe ruhet. 13Giebt's denn wollthuendere, labendere Erinnerungen, als die an einen wahrhaft guten Vater?

O ja, ehrwürdig ist der Vatername. Ihn braucht man daher, um in allen Verhältnissen und Kreisen des Lebens das Gute, das Vortreffliche, das Vor - zügliche, das Beste zu bezeichnen. Welch ein ehrendes Zeugniß für einen Hausherrn, wenn sein Gesinde aus dem Zuge des Herzens ihn Vater nennt! Welch ein Lob, wenn's von dem Vorsteher einer An - stalt, einer Gemeinde heißt: Er ist den Genossen der Anstalt, der Gemeinde ein Vater. Und giebt's für einen Fürsten, König und Kaiser einen schönern Ruhm, als wenn ihm der Name Landesvater mit Recht gegeben werden mag?

Oder gehen wir in geistliche Kreise: Während der Priester eines seiner wichtigsten Aemter verwaltet, wo die ganze Liebe und Sorgfalt seines Herzens in Anspruch genommen wird, und die Gläubigen den höchsten Beweis ihres Vertrauens zu geben pflegen, da nennt man ihn mit dem Vaternamen Beicht - vater . Wenn ein Seelsorger sich einer Seele mit besonderer Sorgfalt annimmt, um sie auf den Wegen der Vollkommenheit weiter zu führen, da heißt er ihr geistlicher Vater . Pfarrer und Bischöfe, welche ihres hohen und wichtigen Amtes mit beson - derer Liebe und Sorgfalt walten, heißen Väter der Gemeinden, der Diöcesen. Ja selbst für den höchsten Würdenträger in der h. Kirche, für ihr Oberhaupt, für den eigentlichen Stellvertreter Jesu Christi hat sich kein schönerer, treffenderer Name gefunden, als der Name Vater ; Papst heißt Vater ; unser ganzes Herz bewegt sich, wenn wir sagen: Unser heiliger Vater.

14

So ehrwürdig ist der Vatername auf Erden. Wird er's nicht auch im Himmel sein? Herrlich werden einst an den Auserwählten ewiglich erglänzen jene geheimnißvollen Ehrenzeichen, welche sie in der h. Taufe, in der h. Firmung, und wenn sie Priester waren, in der h. Priesterweihe empfingen, die Ehren - zeichen der Kindschaft Gottes, der Ritterschaft Jesu Christi, des Priesterthums. Wer möchte zweifeln, daß in einer ähnlichen Art auch die Vaterwürde an den Auserwählten, so Viele aus ihnen auf Erden dieselbe bekleidet haben, zu ihrer ewigen Ehre und Glorie hervorstrahlen werde?

Siehe, christlicher Vater, das bist du: Vater; diesen ehrwürdigen Namen, von Gott und von Men - schen mit Ehren umgeben, hochgeachtet auf Erden, geehrt im Himmel, ihn trägst du; er wird, wenn du ihn würdig trägst, auch deine Ehre sein, deine Beglückung, dein Heil für Zeit und Ewigkeit.

Auf denn, so erfülle sich dein Herz mit Erhebung in dem Bewußtsein deiner väterlichen Würde; dein Vatername er sei dein Stolz; dich seiner zu aller Zeit und in jeder Art würdig zu erweisen, das sei dir h. Ehrensache!

15

Der Vaterberuf.

Seine Aufgabe.

Ehrwürdig ist der Vatername. Namen, die von Gott stammen, sind der Ausdruck des Wesens ihrer Träger. Das ist es, was wir hier in's Auge fassen, das Wesen der Würde des Vaters, seinen Beruf, seine Aufgabe.

Des Vaters Aufgabe ist wie seine Würde, von Gottes Gnaden; Gott hat ihn, da Er ihm seine Kinder gab, zum Vater gemacht. Die Kinder sind Gottes Geschenk. Er hat uns gemacht, sagt der Psalmist, wir haben uns nicht selbst gemacht. Sie sind Gottes Eigenthum; Er ist unser Gott, heißt es ferner, wir aber sind Sein Volk, Schafe Sei - ner Weide. Und: Dem Herrn gehört die Erde und Alles, was auf ihr ist. Deine Kinder, o Vater, sind Gottes Kinder, viel mehr und in einem viel höhern Sinne, als sie deine Kinder sind. Liebst du sie, Er liebt sie noch viel mehr. Hast du Sorge für sie, Er hat noch mehr Sorge für sie. Sie ge - hören in aller Weise so viel mehr Ihm, als dir. Er hat sie dir anvertrauet.

Wozu hat Er sie dir anvertrauet? Frag, wozu hat er sie geschaffen? Die Antwort ist be - kannt, sie sollen heranwachsen und gedeihen zu wahr - haft guten Menschen, auf daß sie zur Zeit zu eigenem Wohle und zum Besten ihrer Mitmenschen treu und gewissenhaft ihrem Berufe auf Erden entsprechen und durch ihr Leben auf Erden sich den Eingang in das Reich Gottes im Himmel, in die ewige Seligkeit erringen. Welch eine Aufgabe! An ihrer Erfüllung16 hängt das Wohl des Menschen auf Erden, an ihrer Erfüllung hängt sein Wohl für die ganze Ewigkeit.

Dazu hat dir nun der Herr deine Kinder gegeben und anvertrauet, daß du ihnen behülflich sein sollest zur Erfüllung dieser Aufgabe. Du sollst dazu bei - tragen und ihnen behülflich sein, daß sie wahrhaft gute Menschen werden, daß sie für den von Gott gegebenen Beruf tüchtig werden und ihm in aller Treue sich hingeben, auf daß ihr Leben auf Erden nicht allein ihre zeitliche Wohlfahrt begründe, son - dern ihnen auch den Himmel verschaffe.

Das alles hat der Herr in deine Hand gegeben und zwar so sehr, daß deine Kinder, wenn du nicht an ihnen und für sie bist und thust, was du nach Gottes Absicht und Rathschluß sein und thun sollst, so fast sicher ihre von Gott gegebene Bestimmung gar nicht erreichen. Sie werden keine gute Men - schen, wenn du nicht das Deinige dazu thust; sie werden ihren Beruf auf Erden nicht erreichen und seine Aufforderungen nicht entsprechen, wenn du sie nicht dazu anleitest; sie werden nicht wahrhaft glück - lich auf Erden, sie werden leicht nicht in den Him - mel kommen, wenn du nicht Gottes Willen an ihnen erfüllest. Man kann in Wahrheit sagen: Die Kin - der sind in deine Hand gegeben.

Es gibt Ausnahmen von der Regel: Kinder, an welchen der Vater seine Pflicht nicht gethan hat, ja, an denen er seiner Pflicht gradzu entgegen gehandelt hat, werden dennoch gute Menschen und gelangen zum Heile. Gott selbst tritt mit besondern Gnaden und durch gnadenvolle Fügungen ein und ersetzt und gleicht aus, was der Vater ihnen vorenthalten oder an ihnen verdorben hat. Aber das sind Ausnah -17 men, sogar sehr seltene. Regel bleibt es, daß Kin - der, an welchen der Vater (und mit ihm die Mutter) die Pflicht nicht erfüllt hat, nicht wahrhaft gute Men - schen werden, nicht oder nicht in gebührender Weise zum Heile gelangen. Die Rathschlüsse des Herrn sind für den schwachen menschlichen Verstand viel - fach unerforschlich. Fragt man, warum der Herr, was er doch an einzelnen verwahrlosten Kindern thut, nicht an allen, ja in der Regel nicht thue, so ist eine sichere Auskunft darüber oft genug nicht vergönnt; aber Thatsache ist es, daß in der Regel das, was die Eltern ihren Kindern vorenthalten, was sie an ihnen verdorben haben, ihnen überhaupt vor - enthalten und verdorben bleibt.

Tritt nicht beim einzelnen Menschen etwas Aehnliches zu Tage? Handelt es sich darum, daß er ein guter Mensch sei und werde, daß er seinen Beruf erreiche und erfülle, daß er zeitliches und ewiges Wohl erlange, so muß in allen diesen Be - ziehungen ohne Zweifel Gott das Meiste thun - durch Seine Gnade, durch gnadenvolle Fügungen und Einwirkungen. Aber dennoch muß auch der Mensch überhaupt und in jedem einzelnen Falle mit Hand an's Werk legen; er muß, wenn es sich um die Voll - führung eines guten Werkes, um Ueberwindung der Versuchung, um Befreiung von Fehlern, um Er - ringung von Tugenden handelt, überall die von Gott ihm verliehenen Kräfte, Gaben und Fähigkeiten ein - setzen und benutzen; erst dann, und nur so viel, als er es thut, pflegt Gott das Seinige zu thun, mit Seiner Gnadenhülfe ihm beizustehen und das Man - gelnde zu ersetzen. Aber auch selbst das thut Er meist nur dann und in so fern, wenn und in so18 fern der Mensch durch Gebet und sonstiges frommes Thun Ihn dazu zu vermögen sucht. Hilf dir sagt das Sprichwort, so wird Gott dir helfen, d. i. setze das Deinige ein;*)Freilich, auch dazu bedarf der Mensch der Gnade. dann darfst du hoffen, daß Gott, wenn du Ihn bittest, auch das Seinige thun werde. Läßt es aber der Mensch daran fehlen, benutzt er die von Gott ihm gegebenen Gaben und Gnaden und Gelegenheiten nicht, um von seinen Fehlern los zu kommen, um die Tugenden zu er - ringen und das Heil zu erwerben, so tritt Gott nicht ersetzend und gutmachend für ihn ein, ob Er's auch könnte; der Mensch bleibt in seinen Fehlern stecken, bleibt ohne Tugend, geht verloren.

So liegt es im geheimnißvollen Rathschlusse der unendlichen Weisheit Gottes, Seiner Heiligkeit und Liebe. Der Mensch soll dahin geht dieser Rath - schluß er soll, so viel möglich, selbst der Urheber seines Heiles sein, ähnlich, wie Gott, was er ist und hat, aus sich hat und ist; sein Glück soll dadurch desto größer werden. Aber ganz ähnlich liegt's im Rathschlusse des Herrn, daß auch das Wohl des einen Menschen durch die heilsame Einwirkung des Andern, der Andern bedingt sei. Gott schuf die Menschen so, daß sie nicht als vereinzelte Wesen neben ein - ander stehen, sondern auf's Innigste, wie die Glieder des Leibes, mit einander verbunden sein, ein großes Ganze bilden sollten. Handelte es sich für den Ein - zelnen darum, seine Bestimmung und sein zeitliches und ewiges Wohl zu erreichen, so sollte es ihm nicht allein anheimgegeben sein, sondern, damit es in desto reicherem Maße geschehe, sollten auch die Andern, also Viele dazu beitragen, dazu mitwirken; wie19 denn hinwiederum der Einzelne den Andern darin behülflich sein sollte.

Wir errathen die gnädige Absicht Gottes leicht. Sollte dadurch, daß Viele dafür thätig wären, das Heil des Einzelnen voller werden, so bezweckte der Herr ohne Zweifel dadurch zugleich, daß ein Band heiliger Liebe mehr und mehr Alle innig umschlinge und einst in Ewigkeit die Auserwählten das beseligende Bewußtsein tragen möchten, zum Wohle und zur Be - glückung so vieler Andern beigetragen zu haben.

Wie dem auch sei, die Wahrheit steht fest, das Wohl des einen Menschen ist auf manchfache Weise bedingt durch einen gewissen heilsamen Einfluß der Andern, so sehr, daß derselbe ohne diesen das für ihn Erwünschliche gar nicht oder nur in viel gerin - gerem Maße erreiche. Unterlassen und versäumen es die Betreffenden, diesem oder jenem in nothwen - diger oder erwünschlicher Art Gabe, Hülfe, Erleich - terung, Trost, Unterstützung, Belehrung, Anleitung, heilsamen Einfluß u. s. w. zuzuwenden, so bleibt demselben das alles vorenthalten; er bleibt in seiner Noth, er erlangt nicht das erwünschte Heil. Der Herr tritt nicht ersetzend ein.

Wohl nirgends ist das aber in so hohem Grade der Fall, wie bei den Kindern. Sie sind in jeglicher Weise angewiesen auf den heilsamen Einfluß des Vaters, der Mutter. Sind diese nicht darauf bedacht, das Ihrige zu thun, um sie zu guten Menschen zu machen, sie zum Heile zu führen, so werden sie nur zu leicht überhaupt keine gute Menschen, gelangen nicht zum Heile. Fraget jene unglücklichen Menschen, welche zu keinem rechten Lebensberufe gelangt sind, oder den Anforderungen ihres Berufes nicht ent -20 sprechen, vielleicht in Sünde und Laster dahin leben, welche daher ein wahres Lebensglück nicht gefunden haben, vielmehr ein elendes Dasein führen, fraget sie, woher dies alles? Fast immer wird die Antwort auf einen Vater, auf eine Mutter zurückführen, welche ihre Pflicht an ihnen nicht gethan haben. Ja, wäre es vergönnt, in der jenseitigen Welt dieselbe Frage an jene Unseligen zu stellen, welche dem ewigen Verderben anheimgefallen sind ach, wie Viele unter ihnen würden die Hauptschuld ihres Verderbens auf den Vater, die Mutter wälzen!

Siehe also, o Vater, deine Aufgabe! Da es im Plane der göttlichen Weisheit und Liebe lag, den Menschen als unmündiges Kind in's Dasein zu setzen, auf daß, wie das leibliche Leben, so auch das geistige und höhere Leben sich aus kleinen und ge - ringen Anfängen zu immer höhern Stufen der Voll - endung entwickele, so bedurfte der junge Mensch für die Zeit der Entwicklung seines leiblichen und geistigen Lebens einer Stütze und Hülfe, eines Führers und Erziehers, um in heilsamer Weise jene von Gott ihm zugedachten Stufen der Vollendung zu erreichen, ähnlich, wie das junge zarte Bäumchen der Stütze, und Pflege bedarf.

Daher hat Er dem Menschen für die Zeit seiner Kindheit und Jugend die Eltern, besonders den Vater, zur Seite gegeben. Da der jugendliche Mensch selbst noch nicht im Stande ist, das, was zur Erhaltung und Fristung des Lebens Noth thut, sich zu verschaffen, so soll es ihm vom Vater verschafft werden; da der jugendliche Mensch, noch unwissend und unerfahren, nicht weiß, was seines Berufs und Heiles ist, so soll der Vater, reicher an Kenntniß und Erfahrung,21 ihm die rechten Wege zeigen und auf sie hinlenken; da der jugendliche Mensch, gleichwie am Körper, so auch am Geiste und Willen schwach und unselbstständig durch eigene Wahl und Bestimmung schwerlich den rechten Weg einhalten mag, so soll der Vater, gereift durch Erfahrung, gefestigt in guten Grundsätzen und stark im christlichen Geiste, ihm ein Führer sein auf dem rechten Wege und ihm, daß er ihn einhalte, eine h. Gewalt anthun.

So ist das Kind, der Jüngling, die Jungfrau überall und in allen Beziehungen auf den Vater (die Mutter) angewiesen; sie werden fast immer das, was der Vater aus ihnen macht. Kann es daher eine höhere, wichtigere und verantwortlichere Aufgabe geben, als die, welche der Vater an seinen Kindern hat?

Die Ausstattung.

Darum hat denn auch der Herr, da er diese Ordnung eingeführt und Seine Kinder für die erste Zeit ihres Lebens in so hohem Grade den Eltern anheimgegeben hat, auf die manchfachste Weise Sorge getragen, den Eltern die Erfüllung ihrer wichtigen Aufgabe auf jede Art möglich zu machen. Daher hat Er im Herzen des Vaters und der Mutter jene starken und mächtigen Regungen der Vater - und Mutterliebe grundgelegt, auf daß sie durch dieselben, wie unwillkürlich, erweckt würden, sich ihrer Kinder mit aller Sorgfalt anzunehmen; was aber nun schon das natürliche Gefühl der Liebe den Eltern nahe legen mußte, das hat der Herr ihnen durch Wort und That auf's Nachdrücklichste an's Herz gelegt und zur heiligsten Pflicht gemacht. Wie ergreifend sind Seine Drohungen wider pflichtvergessene Eltern! Wie22 groß die Belohnungen, welche Er guten Eltern in Aussicht stellt! Drohungen wie Verheißungen sollten zu desto treuerer Erfüllung der Elternpflichten anregen.

Dem entsprechend hat der Herr die Herzen der Kinder so eingerichtet, daß schon ein gewisser natür - licher Trieb sie dahin vermöge, den Eltern in ihren erziehenden Bestrebungen überall gewissermaßen auf halbem Wege entgegenzukommen. Daher dieses Ge - fühl der Liebe und Anhänglichkeit gegen Vater und Mutter in jedem kindlichen Herzen, diese Empfäng - lichkeit und dies gläubige, offene Herz für Alles, was die Eltern sagen und thun, dieser Trieb, ihnen Alles nachzumachen, diese Willigkeit, ihren Befehlen zu fol - gen. Alles Fassungen, welche Gott dem Kindesherzen eingepflanzt hat. Und auch hier ist Gott den natür - lichen Trieben durch Vorschrift und Gebot zu Hülfe gekommen. Wie nachdrücklich hat Er den Kindern Ehrfurcht, Liebe und Gehorsam gegen die Eltern zur Pflicht gemacht! Und wie hat Er zu aller Zeit durch Lohn und Strafe, an guten oder schlechten Kindern vollführt, auf die augenscheinlichste Weise, nicht selten in erschütternder Art diesen Seinen Geboten Nach - druck gegeben!

Hatte der Herr bei allen diesem auch zunächst das Wohl der Kinder im Auge, welches in so hohem Grade durch die treue Erfüllung ihrer Pflichten gegen die Eltern bedingt ist, so wollte Er dadurch doch auch zugleich den Eltern zu Hülfe kommen, auf daß sie desto sicherer ihre Aufgabe an den Kindern voll - führen könnten.

Siehe also, o Vater, wie viel Gott, deinem Herrn, daran liegt, daß du deine Aufgabe an deinen Kin - dern nach Seinem h. Willen vollführest! Muß die -23 selbe dir nicht um so wichtiger erscheinen, je mehr dein Gott gethan hat, um die Erfüllung derselben zu sichern?

Erhabenheit des väterlichen Berufs. Strafe und Lohn.

Bedarf es noch mehr, um den Vätern ihren Beruf werth und heilig zu machen, so können wir hinweisen auf die Erhabenheit dieses Berufes. Oder, was könnte Gott einem armen Menschen Kostbareres und Besseres anvertrauen, als einen Menschen.

Einen Menschen! Hast du es schon je in seiner Tiefe erfaßt, was denn ein Mensch ist? Der Mensch ist das herrlichste Werk der Hand des Herrn: Alles hatte Gott durch einen einfachen Akt Seines h. Wil - lens in's Dasein gerufen; Er sprach: Es werde! und es war da. Als Er aber den Menschen in's Dasein rufen wollte, da traten zuvor die anbetungs - würdigen Personen der allerheiligsten Dreieinigkeit gewissermaßen in einen h. Rath zusammen: Lasset Uns den Menschen machen! Und so schuf Gott den Menschen nach Seinem Bilde, nach Seinem Gleichnis; schuf Er ihn. Siehe, o Vater, dieses herrlichste Werk Seiner Hände hat er dir anvertraut, so vielfach, als Er dir Kinder geschenkt hat.

Und wie theuer sind Ihm deine Kinder! Sie sind ja auch Seine Kinder, viel mehr und in viel höherem Sinne, als sie deine Kinder sind. Er liebt sie mehr, als du. Mit ewiger Liebe hat Er sie geliebt. Er hat Seinen Sohn für sie hingegeben. Und wie sehr liebt sie der göttliche Sohn, der große Kinderfreund. Er hat sein Leben für sie hingegeben. Und der h. Geist! Er hat in der heiligen Taufe Besitz von ihnen genommen, um in ihnen als in24 Seinen Tempeln zu wohnen und zu wirken. Siehe, diese so hochgeliebten Kinder hat der dreieinige Gott dir, o Vater, anvertraut, das Theuerste, was Er hat. Du sollst Ihm helfen, diese deine und Seine Kinder zum wahren Heil zu führen; Er hat dich in diesem hochheiligen Werke zu Seinem Mitarbeiter erwählet. O ehrwürdiges Amt, Gottes Mitarbeiter zu sein am Heile Seiner Kinder!

Und um was handelt es sich? Es handelt sich um das Wohl deiner Kinder. Handelte es sich blos um das zeitliche Wohl der Kinder, wie wichtig er - scheint schon das! Wie viel liegt daran, daß der Mensch hier auf Erden ein wahres Lebensglück finde. O gewiß, wenn es sich in der Erziehung bloß darum handelte, so würde dieselbe jedem nur halbwegs guten Vater schon höchst wichtig erscheinen müssen. Nun aber handelt es sich um ein ewiges Wohl und Wehe. Es ist in die Hand des Vaters gegeben, durch eine gute Erziehung seine Kinder von dem furchtbarsten, ewigen Verderben zu retten, ihnen das Höchste, ein unendliches, ewiges Glück zu vermitteln. Kann eine größere, höhere Aufgabe gedacht werden? Darum hat auch der Herr Jesus nicht Anstand ge - nommen, die größten Leiden und Qualen zu über - nehmen, ja sich dem schmählichsten Tode hinzugeben, da es sich darum handelte, die Menschen von jenem Verderben zu retten und sie zu diesem Heile zu füh - ren. Auch für die Seele eines jeden Kindes ist dieser unendlich kostbare Preis, dieses Lösegeld von unend - lichem Werthe entrichtet worden. O wahrhaft erha - bene, unendlich wichtige Aufgabe des Vaters an sei - nen Kindern!

25

Was daher auch ein Vater an sonstigen Geschäf - ten hier auf Erden zu vollführen hat, keines kann sich auch nur von fern messen mit seiner Aufgabe an seinen Kindern. Es ist in der That das wich - tigste Geschäft, die höchste Aufgabe seines Lebens.

Von ihrer treuen und gewissenhaften Erfüllung hängt daher auch mehr als von allem Andern sein eigenes Wohl für Zeit und Ewigkeit ab. Welch 'eine Fülle der schönsten Genugthuungen wird guten Eltern fast immer schon auf Erden von ihren wohl - erzogenen Söhnen und Töchtern bereitet! Sind nicht gute Kinder die Freude, die Ehre, der Reichthum derselben, ihr höchstes Glück! Aber im Gegentheil, welches Wehe auf Erden kann sich messen mit dem Wehe, dem Kummer, dem Grame, so leichtsinnige Eltern fast immer von ihren durch ihre Schuld miß - rathenen Kindern erfahren?

Das ist die von der göttlichen Gerechtigkeit her - gestellte Ordnung, das Vorspiel dessen, was den Eltern die Ewigkeit bringt. Wie schwer wird die Verantwortung eines Vaters sein, der in der Stunde seines Gerichtes bekennen muß, daß er die höchste und wichtigste Aufgabe, so Gott ihm auf Erden ge - stellt hatte, verkannt und vernachlässigt habe und durch diese Säumniß, durch die Gewissenlosigkeit, womit er der heiligsten Pflicht seines Lebens, seiner Vaterpflicht zuwider gehandelt hat, durch Wort und Beispiel Schuld gewesen, daß die, welche er zu guten Menschen erziehen sollte, schlecht geworden, daß die, welchen er ein Führer zum Heil hätte sein sollen, verloren gegangen sind! Und, sofern er seine große Sünde nicht durch wahre Buße getilgt hat, welch 'ein Gericht! Und welche Verdammniß! Ist das26 nicht allein schon eine Hölle, wenn ein solcher Va - ter, was nur zu sehr zu fürchten steht, dort am Orte der Qualen seine Kinder um sich hat, um aus ihrem Munde jene schrecklichen Vorwürfe, Ver - fluchungen und Verwünschungen zu vernehmen?!

O Vater, bedenke das und lasse es dein höchstes Streben sein, ein guter Vater au deinen Kindern zu sein. Wer fände Worte, den Lohn eines guten Vaters in der Ewigkeit auch nur annähernd darzu - stellen? Immer will es uns scheinen, daß der Herr jenes Wort, womit Er Seine treuen Diener einst auf Seinem Richterthrone empfangen wird: Wohl dir, guter und getreuer Knecht mit ganz besonderer Liebe und Huld zu Vätern (und Müttern) sagen wird, welche ihre Kinder gut erzogen, welche also denen, die Er so sehr, die Er unendlich liebt, den Kindern, so großes, das größte Heil vermittelt haben; welche beitragen zur Erfüllung des höchsten Verlangens Seines h. Herzens, daß doch die Seelen, wofür Er Sein kostbares Blut vergossen und Sein Leben hin - gegeben hat, zur ewigen Seligkeit gelangen möchten.

O ja! Und unaussprechlich groß wird der Lohn sein, den Er ihnen zurichtet, Er, der nicht einen Trunk Wassers unbelohnt lassen will. Würde nicht das allein schon ein Himmel für solche Väter sein, ihre Kinder dort im Himmel um sich zu haben, sie unend - lich glücklich zu sehen und dabei das Bewußtsein haben zu dürfen, zu diesem ihrem Glücke so viel bei - getragen, ja es mit Gottes Gnade recht eigentlich begründet zu haben! Wahrhaftig, da ist das schöne Wort im Vollsinne wahr, was der h. Augustinus von allen Auserwählten sagt: Jeder freuet sich über das Glück des Andern, wie über das eigene;27 so viel Genossen, so viel Himmel, der Vater freuet sich über das Glück seiner Kinder, wie über das eigene; so viel Kinder, so viel Him - mel. Und wahrhaft glücklicher Vater, wenn dann die Kinder vor dem ganzen Himmel Zeugniß geben, daß sie ihr Himmelsglück nächst Gott dem Vater (der Mutter) zu verdanken haben!

So vereinigt sich denn Alles, um den Vätern ihre Pflichten gegen ihre Kinder heilig erscheinen zu lassen und sie zur treuesten Erfüllung derselben auf's Nachdrücklichste anzuregen.

28

Der christliche Vater.

Unser Büchlein trägt den Titel: Der christliche Vater; auf dem christlich liegt der Nachdruck. Christlich, wahrhaft christlich, muß der Vater sein, soll er seine Aufgabe lösen.

Wir haben uns die Aufgabe des väterlichen Be - rufes vorgeführt. Der Vater soll mit der Mutter das Kind heranbilden, daß es seine von Gott ihm gegebene Bestimmung erreichen möge. Diese Bestim - mung aber ist eben eine christliche. Kaum war das Kind und zwar nach christlicher Anschauung in einem äußerst bedauernswerthen Zustande geboren, da hat der Herr, durch Seine h. Kirche jenen Akt der höchsten göttlichen Huld und Gnade an ihm voll - ziehend, es zu seinem Kinde angenommen und um - gestaltet, und es demnächst, unendlich geadelt und mit den höchsten Vorzügen ausgestattet, dem Vater und der Mutter anheimgegeben, daß sie, auch Seine Stelle an ihm vertretend, Sein und ihr Kind heranbildeten, so wie es einem Kinde Gottes ziemet und daß es zu einem würdigen Mitgliede der h. Kirche, zu einem guten katholischen Christen heranwachse.

Also das Kind christlich zu erziehen, das ist die dem Vater (nebst der Mutter) von Gott gestellte Aufgabe. Sie kann nur ein wahrhaft christ - licher Vater lösen. Geht einem Vater echt christ - liche Gesinnung ab, hat sein Leben nicht einen wahr - haft christlichen Charakter, ja, wäre er sogar im Glau - ben wankend oder gar schiffbrüchig geworden, so mag er im Uebrigen alles Mögliche an seinen Kindern29 und für sie thun, seine eigentliche, von Gott ihm gestellte Aufgabe, seine eigentliche Lebensaufgabe, er - füllt er nicht, kann er nicht erfüllen; das Beste und Höchste, dasjenige, was den eigentlichen und durch Nichts zu ersetzenden Grund ihres wahren Heiles für Zeit und Ewigkeit enthält, bleibt seinen Kindern vorenthalten oder wird ihnen nicht in er - wünschlicher Weise zu Theile der Geist wahrer christlicher Gottesfurcht und Frömmigkeit.

Die christliche Mutter reicht allein nicht aus.

Man beruft sich vielleicht auf die Mutter. Ist sie eine wahrhaft christliche Mutter, so wird's wohl um das Kind stehen, selbst wenn dem Vater der echt christliche Geist abgeht. Es ist wahr, die Mutter hat namentlich in den früheren zarteren Jahren des Kindes vorwiegend die Aufgabe, den christlichen Sinn und Geist demselben einzuhauchen und es in das christliche Leben einzuleiten. Und so wird für ein Kind, das nicht das Glück hat, einen wahrhaft christlichen Vater zu haben, ein großer Ersatz darin liegen, eine gute Mutter zu haben. Aber dennoch nie wird die Erziehung des Kindes in wahrhaft gedeihlicher Weise und in dem vollen Maaße des göttlichen Willens gelingen, wenn der christlichen Mutter nicht ein wahrhaft christlicher Vater zur Seite steht, um mit ihr Hand an's Werk zu legen. Nicht der Mutter, wie auch nicht dem Vater hat der Herr das Kind anvertrauet, sondern der Mutter und dem Vater, Beiden vereint. Vater und Mutter, Mann und Weib bilden ein geheimnisvolles Ganze schon von Natur aus. Darum, sagt das Wort des Herrn, wird der Mensch Vater und Mutter ver -30 lassen und seinem Weibe anhangen und sie werden Zwei in Einem Fleische sein. Noch inniger ge - staltete der Herr diese Einigung dann im h. Sa - kramente der Ehe; da wurde geheimnißvoll und in Gnaden der Mann der Ehegattin und diese dem Manne geeint in einer geheimnißvoll-innigen, un - auflöslichen Verbindung. Beide sind fortan nicht mehr Zwei, sondern Eines, Ein Ganzes, Zwei in Einem Fleische.

So entsprach es dem Rathschlusse des Herrn. Dieses durch die geheimnisvolle Wirkung des Sakra - ments in so inniger Verbindung und Einigung be - schlossene und zugleich übernatürlich geweihete und begnadigte Verhältniß zwischen Mann und Frau sollte nach dem Rathschlusse der göttlichen Weisheit der hei - lige Boden sein, aus dem neue Menschen ersprießen, aber auch, auf welchem dann auch diese neuen Men - schen zu wahrhaft guten Menschen, zu Christen, zu würdigen Gliedern des Reiches Gottes auf Erden und so auch im Himmel heranwachsen sollten.

Nicht die Mutter allein, nicht der Vater allein, sondern Beide zusammen, Beide in Vereinigung sollten dem Kinde das Leben geben, aber dann auch das Kind dem von Gott ihm gestellten Ziele entgegen führen, Beide vereint sollten das Werk der christ - lichen Erziehung vollführen. Mag daher eine christ - liche Mutter sich die gute, christliche Erziehung der Kinder noch so sehr angelegen sein lassen, steht der Vater ihr darin nicht zur Seite, macht mit ihr nicht auch er, von echt christlichem Geiste beseelt, einen ent - sprechenden heilsamen Einfluß an den Kindern gel - tend, so wird die Erziehung schwerlich und kaum je in erwünschter Weise gelingen; so viel auch eine wahr -31 haft gute Mutter leisten, so sehr sie auch das, woran es der Vater fehlen lässet, ersetzen mag, voll und ganz wird wenigstens ohne ganz besondere Gnade von oben dieser Ersatz doch schwerlich jemals sein.

Sehen wir uns in der ganzen Natur um; überall hat der Schöpfer für die einzelnen Pflanzen oder Thiere einen gewissen Kreis heilsamer Einflüsse ge - schaffen, welche das volle Gedeihen und Wachsthum derselben bedingen. Fehlt auch nur einer von diesen Einflüssen, oder findet er nicht in entsprechender Weise statt, so wird in der Entwickelung der Pflanze, des Thieres ein gewisser Mangel, ein gewisses Stocken, ein gewisses Zurückbleiben, etwas Unvollendetes, viel - leicht selbst Verkrüppeltes zu Tage treten.

Eine ganz ähnliche Bewandtniß hat es in unserm Falle. Wie für das Leben des Kindes, so hat der Herr auch für dessen fernere Entwicklung ein Eltern - Paar geordnet; nicht Vater oder Mutter allein, son - dern Vater und Mutter. Die Einflüsse von Beiden müssen vereint dem Kinde zukommen, an ihm geltend werden, soll es anders das werden, was es nach Gottes Idee und Willen zu werden bestimmt ist. Hat der Schöpfer die weibliche Natur der Mutter mehr und vorherrschend ausgestattet mit den für eine gedeihliche Erziehung erforderlichen oder zuträglichen Eigenschaften des Herzens, so sind in Kraft dessel - ben göttlichen Schöpferwillens in der männlichen Natur des Vaters jene Eigenschaften des Geistes und Willens, welche einen guten Erfolg der Er - ziehung bedingen, meist so viel reichlicher vertreten. Indem also Beide, Mutter und Vater das vom Herrn ihnen Gegebene im Werke der Erziehung gleich - sam zusammentragen und vereint zur Geltung bringen,32 so werden eben in diesem Vereine alle Einflüsse wirksam, welche der große, allweise Vater für eine gedeihliche Erziehung grundgelegt hat.

Das ist überhaupt und in allen Beziehungen wahr, es ist aber ganz insbesondere wahr in Betreff der christlichen Heranbildung des Kindes. Auch die christliche Frömmigkeit erhält von den Eigenthümlich - keiten des männlichen oder weiblichen Geschlechts eine gewisse Färbung und tritt daher auch meist anders auf beim Vater, als bei der Mutter. Vielleicht tritt in der Frömmigkeit der Mutter nach der Eigenthüm - lichkeit der weiblichen Natur, Herz und Gemüth, und daher eine gewisse Innigkeit und Herzlichkeit hervor, während in der Frömmigkeit des Mannes das Ver - ständige, Thatkräftige, vielleicht selbst ein wenig auf Kosten der Herzlichkeit, vorherrscht. Je mehr nun Beide, Vater und Mutter, in der rechten Weise das Kind beeinflussen, die Mutter mit ihrer Herzlichkeit, der Vater mit seiner Verständigkeit und Manneskraft, desto mehr wird die christliche Frömmigkeit im Kinde zu einer gewissen Allseitigkeit und Vollendung gedei - hen. Steht aber die Mutter (oder auch der Vater) allein, so wird nur zu leicht eine gewisse Einseitigkeit in der nachteiligsten Weise statthaben und die Erzie - hung nicht in erwünschter Weise gelingen. *)So ist es auch schon aus diesem Gesichtspunkte höchst bedauernswert, wenn Kinder durch den Tod früh ihren Vater oder ihre Mutter verlieren! Wie sehr steht zu fürch - ten, daß ihre Erziehung eine einseitige und mangelhafte sein werde! Freilich hier und in solchem Falle darf gehofft werden, daß Gott, der Vater der Wittwen und Waisen, vielfach ersetzend eintreten werde.

33

Auch der Vater muß wahrhaft christlich sein.

Es leuchtet, so Gott will, aus dem Gesagten ein, daß, wenn es sich um die rechte und volle christliche Erziehung der Kinder handelt, der Vater mit der Mutter vereint an dieser großen Aufgabe wirken und sein Theil zu ihrer glücklichen Lösung beitragen muß. Wir nennen sie eine große Aufgabe. Ist sie es nicht? Handelt es sich dabei ja um das Höchste und Wichtigste, was es für einen Menschen giebt, um sein zeitliches und ewiges Wohl. Was man auch sage, und wie man's auch versuchen und treiben mag, immer kommt man schließlich auf den einen Punkt zurück, daß der Mensch nur auf dem Wege eines wahrhaft christlichen Lebens das wahre Glück für Zeit und Ewigkeit finden möge. Ist es also wahr, das der Mensch der Regel nach nur dann zu einem rechten christlichen Leben komme, wenn er schon als Kind, also, wie wir sahen, im Vereine mit der Mutter vom Vater dazu angeleitet wird, wie groß erscheint dann die Aufgabe des Vaters, seine Kinder nach bestem Willen und Vermögen zur christ - lichen Frömmigkeit anzuleiten! Heißt das ja nichts anders, als den Grund legen zu ihrem wahren Glücke für Zeit und Ewigkeit, ja die Bedingung desselben erfüllen.

So groß und wichtig aber diese Aufgabe des Vaters und so strenge und verantwortlich demgemäß die Pflicht ist, ihre Erfüllung sich auf's Gewissen - hafteste angelegen sein zu lassen, so groß und hei - lig erscheint nun auch die Verpflichtung des Vaters, selbst ein wahrer, guter Christ zu sein. Denn nie wir sagten's schon oben nie wird er jene große Aufgabe nach Pflicht und34 Gebühr lösen oder lösen können, wenn er nicht selbst von christlicher Gesinnung beseelt ist, wenn er nicht selbst ein wahrhaft christliches Leben führt.

Führen wir uns auf einen Augenblick einen Vater vor, bei welchem das nicht der Fall ist; er ist gleich - gültig gegen Gott, Religion und Tugend, lässig im Gebete; man sieht ihn zu Hause kaum je beten. Er ist kein Freund vom Kirchengehen; Sonntags eine kleine Messe das ist Alles; Predigten selten oder nie gehört; Beichten und Communionen höchst spar - sam, kaum einmal im Jahre; Gespräche über reli - giöse Dinge nie, oder nur höchst selten in einer Weise, welche anstatt zu erbauen, nachtheilig wirket. Dabei dann was unter solchen Voraussetzungen kaum anders sein kann, mancherlei Verkehrtheit im Verhalten und Betragen: Ausbrüche von Ungeduld und Zorn, Unfreundlichkeit und Härte, Lieblosigkeit im Unheil über Andere, in Gesinnung und That; Haß und Feindschaft gegen Andere; allerlei Unord - nung im täglichen Leben, Unaufrichtigkeit, Lug und Trug; Unordnung im Essen, Unmäßigkeit im Trinken. Wie soll ein Kind, das unter solchen Umständen und Einflüssen aufwächset, zu echt christlicher Gesinnung und Aufführung gelangen, vollends, wenn die Mutter nicht besser ist, wenn sie es ähnlich hält und treibt? Muß unter solchen Eltern das Kind nicht so fast nothwendig entarten und schlecht werden?

Wie traurige Belege liefert unsere Zeit dafür! Welche Entartung vielfach bei Knaben und Mädchen, bei Jünglingen und Jungfrauen! Keine Spur von christlicher Frömmigkeit; die größte Gleichgültigkeit und Kälte gegen religiöse und kirchliche Uebungen; ja offen kundgegebene Verachtung der Religion, Zweifel35 und Unglauben. Und dabei welche sittliche Entartung! Welches Aufgehen in Lebensgenuß und Vergnügen, welche Hingegebenheit an Sünde und Ausschweifung! Gewiß traurig und betrübend im höchsten Grade; aber nicht verwunderlich, wenn man sieht, wie es Vater und Mutter halten und treiben. Unglück - liche Kinder, welchen von denen, die Gott ihnen als Führer zum Heile gegeben hat, die wesentlichste Be - dingung desselben, christliche Gottesfurcht und Fröm - migkeit, vorenthalten wird! Und entsetzliche Verant - wortung solcher Eltern!

Aber setzen wir den Fall, daß die Kinder, wäh - rend es um den Vater in der eben gedachten Weise bestellt ist, doch eine gute Mutter haben und von ihr eine christliche Erziehung erfahren. Der Umstand, daß in diesem Falle der Wirksamkeit der Mutter die vorher als so wesentlich erkannte Ergänzung der väter - lichen Mitwirkung vorenthalten bleibt, wird allein schon zur Folge haben, daß die christliche Erziehung des Kindes nicht gedeihlich von statten gehe. Aber dabei wird es keineswegs sein Bewenden haben. Ein solcher Vater wird überdies, daß er der Mutter nicht helfend und fördernd zur Seite steht, auch auf's Manchfachste ihre Wirksamkeit behindern und stören und hemmen, ja, er wird gradzu nachtheilig auf das Kind einwirken und das, was die Mutter aufbauet, wieder zerstören.

Liegt so viel, liegt Alles daran, daß das Kind von früh an im elterlichen Hause heilsame religiöse Eindrücke empfange, daß ihm Religion und Tugend als das Wichtigste gelte und ehrwürdig erscheine, daß es gewöhnt werde, Alles im Lichte des Glaubens zu sehen und zu beurtheilen, daß es aus dem Glauben36 leben lerne, so wird das alles, so sehr auch eine gute Mutter dahin wirkt, dennoch recht und vollaus nicht zu Stande kommen, wenn das Kind wahrnimmt, daß das, was die Mutter ihm als ehrwürdig und wichtig darstellt und an's Herz zu legen sucht, dem Vater gleichgültig ist, daß er sich daraus wenig oder gar nichts macht, wenn es aus seinem Munde nie etwas davon vernimmt. Und wie erst, wenn es sogar merken müßte, daß der Vater dagegen nicht blos gleichgültig, sondern gradzu eingenommen, abgeneigt wäre? Vollends, wenn es aus seinem Munde dahin gehende Worte und Redensarten zu hören bekäme?

Oder es handelt sich um Anleitung des Kindes zum christlichen Leben. Die Mutter läßt sich dieselbe angelegen sein. Belehrend, ermunternd, anleitend, durch Wort und Beispiel sucht sie das Kind früh zu gewöhnen an regelmäßiges Beten am Morgen und Abende, an den Besuch der Kirche, an die Anhörung des göttlichen Wortes, und zur Zeit an den Empfang der hh. Sakramente; sie warnt vor Sünde und leitet das Kind an zum Kampfe dagegen; sie sucht es ein - zuführen in die Uebung der christlichen Tugenden. Aber ach, wie sehr wird der Erfolg ihrer schönen Bestrebungen durch den Vater beeinträchtigt! Oder läßt sich erwarten, daß das Kind für alle jene so wichtigen und wesentlichen christlichen Uebungen und Bestrebungen recht vollherzig werde gewonnen werden oder bleiben, wenn es am Vater wenig oder nichts von ihnen wahrnimmt, ja wenn es sieht, daß diesel - ben dem Vater gleichgültig sind? Der Eindruck dieser Wahrnehmung wird desto verderblicher wirken wegen jenes dem Kinde in Betreff seiner Eltern angebornen Nachahmungstriebes, welcher in Beziehung auf den37 Vater wegen seines größern Ansehens namentlich beim Heranwachsen des Kindes leicht eine noch größere Macht übt. Nur zu leicht wird daher das Kind, un - willkührlich nach und nach trotz aller Anleitung und Aufmunterung der Mutter lässig werden im Gebete, wenn es den Vater nie beten sieht oder merkt, daß der - selbe sich aus dem Beten nicht viel mache; der Vater ist so säumig im Kirchenbesuch und macht nicht viel daraus; was Wunder, daß das Kind es nach und nach eben so hält; der Vater verschmähet es, Pre - digten zu hören, der Vater geht aus der Predigt; allmählich tritt der Sohn in seine Fußstapfen. Warum gehen die Kinder dieses Hauses so selten zu den hh. Sa - kramenten, während doch andere so eifrig darin sind? Nun, sie haben's vom Vater gesehen und gelernt. Ein bekanntes Wort: Beispiele ziehen. Mögen die Worte der Mutter noch so sehr anregen und be - wegen, das Beispiel des Vaters zieht.

So wird auch die Scheu vor gewissen Sünden und Verkehrtheiten nach und nach beim Kinde ab - sterben, wenn es dieselben am Vater bemerkt; bald wird's auch selbst sie begehen. Und die christlichen Tugenden; wird wohl ein Kind auf die Dauer sie üben und anstreben, wenn es dieselben am Vater vermisset?

So begreift es denn, ihr Väter, bedenket es, wie groß und unersetzlich der Schaden ist, den ihr euren Kindern bereitet, wenn ihr nicht nach Pflicht in christ - licher Gesinnung bestehet, wenn ihr kein wahrhaft christliches Leben führet. Dann bleibt das, was mehr als alles Andere das Wohl eurer Kinder bedingt, ohne welches sie gar nicht zum wahren Heile gelangen können, durch eure Schuld ihnen vorenthalten. Ja38 durch euer schlechtes Beispiel gebt ihr gradzu ihnen Anlaß zum Verderben! Wie werdet ihr's einst vor dem verantworten, der euch in solcher Huld und zu eurem eigenen Besten die Kinder, Seine Kinder anvertrauet hatte. Wie furchtbar wird einst euer Gericht, wie schrecklich euere Strafe sein!

Ernst dieser Verpflichtung.

Dem Gesagten zufolge kommt zu den vielfachen kräftigen Beweggründen zu einem christlichen Leben, welche der h. Glaube einem Jeden bietet, bei einem Vater als einer der kräftigsten noch hinzu die Rück - sicht auf seine Kinder. Es ist eine seiner heiligsten Verpflichtungen, die sein Heil so fast vor Allem be - dingt, daß er seine Kinder zu wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit erziehe, und er kann es nicht, ohne selbst in wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit befestigt zu sein. So viele Kinder ihm also der Herr gegeben hat, so vielfach ist seine Verpflich - tung zu einem wahrhaft christlichen Leben erhöhet und verstärkt.

Wohl dem Kinde, dessen Vater dieser Verpflich - tung nachkommt! Dessen Vater im Vereine mit der Mutter an dem großen, unendlich wichtigen und fol - genreichen Werke seiner religiösen und sittlichen Heran - bildung thätig ist. Der heilsame Einfluß, den die fromme Mutter auf dasselbe übt, wird auf's Reich - lichste erhöhet durch die Wahrnehmung, daß auch der Vater auf Gottesfurcht und Frömmigkeit hält. Nun ist alles, was es hört, was es sieht, was es erfährt, christlich, es steht im Einklange mit den Lehren und Vorschriften des h. Glaubens. Die h. Religion, die h. Kirche, ihre Lehren, ihre Vorschriften, ihre Weisen,39 die Tugenden des christlichen Lebens sind ihm und werden ihm mehr und mehr ehrwürdig und heilig; sie sind's ja der Mutter, dem Vater. Was mit diesen h. Lehren und Vorschriften und Weisen im Wider - streit steht, das ist ihm und wird ihm mehr und mehr verabscheuenswerth, das verabscheuet, das fliehet, das meidet es; Vater und Mutter halten's ja eben so. Von früh an wird's ihm so fast zur andern Natur, christlich zu denken, zu sinnen, zu urtheilen, zu reden, zu handeln, die Uebungen des christlichen Lebens treu und eifrig zu machen, die christlichen Tugenden zu üben; Vater und Mutter thun es ja, und ihr Leben ist sein Spiegel, ihr Beispiel übt jene mächtige An - ziehungskraft, die Gott ihm gegeben. O ja, es wäre so fast ein Wunder, wenn ein Kind, das neben einer wahrhaft christlichen Mutter auch einen wahrhaft christlichen Vater hat, nicht brav und gut, nicht wohl - erzogen und glücklich würde! Glückliches Kind daher, das neben einer solchen Mutter einen solchen Vater hat!

Ist es also eine der höchsten Gnaden für ein Kind, eine gute Mutter zu haben , so findet dieselbe ihre Vollendung, ihre Krönung darin, daß es neben der guten Mutter einen guten Vater habe. Schon durch eine wahrhaft gute Mutter ist die gute Heran - bildung des Kindes in hohem Grade gesichert; aber wie erst, wenn noch ein wahrhaft christlicher Vater hinzukommt, die heilbringenden Bestrebungen der Mutter zu unterstützen!

O christliche Väter, wer giebt uns, es euch mit dem ganzen Nachdrucke an's Herz zu legen, wie viel daran liege, daß ihr wahrhaft christliche Väter seid?

40

Das Bild des christlichen Vaters.

Obwohl im bisherigen verschiedene Züge dieses Bildes bereits vorgeführt wurden, so entspricht es doch in aller Art der hohen Bedeutung der Sache, dasselbe in vollendeter Weise hier vorzuführen.

Die Skizze.

Wer ist ein christlicher Vater? Darauf zuvor im Allgemeinen die ganz einfache Antwort: - Ein christlicher Vater ist ein Vater dann, wenn er ein rechter (katholischer) Christ ist. Wer ist also ein rechter katholischer Christ? Die Antwort kennt Jeder: Ein rechter katholischer Christ ist der, welcher in treuer Mitwirkung mit der Glaubensgnade die Lehren der h. Religion und zwar so wie unsere h. Kirche sie lehrt und auslegt, nicht allein ohne Wanken gläubig annimmt und freudig festhält, sondern auch ernstlich darauf bedacht ist, seine Gesinnungen, sein Reden und Thun, sein ganzes Leben nach den Lehren und Vorschriften seines Glaubens zu regeln. Also im Herzen Glaubenszuversicht und im ganzen äußern Leben das christkatholische Gepräge. Nicht das macht den rechten katholischen Christen, daß man die Lehren der h. Religion im Wesentlichen kenne und eben auch gelten lasse, im Uebrigen aber in Gesinnung und Leben sich wenig oder gar nicht daran störe; sondern, daß man diese Lehren im Leben wirksam werden lasse, daß man sie nach außen hin in Wort und That bekenne, daß das ganze äußere Verhalten41 dieselben kundgebe und als einen echten katholischen Christen erkennen lasse.

So soll's Jeder halten, so muß es Jeder halten, ob er Vater sei oder nicht; es ist die Bedingung, um ein katholischer Christ nicht bloß zu heißen, sondern zu sein, um also als katholischer Christ das Heil zu finden. Aber ein Vater soll's und muß es um so mehr so halten um seiner Kinder willen, weil es eine Bedingung ist, damit auch die Kinder wahre katholische Christen werden und zum Heile gelangen. Thut er's, so ist er ein wahrhaft christ - licher Vater. Freilich hat der christliche Vater nun auch noch die Erfüllung der besondern Pflichten eines Vaters gegen seine Kinder sich angelegen sein zu lassen; aber als guter Christ wird er auch das von selbst thun; gehören ja diese besondern Pflichten auch zu den Pflichten des christlichen Glaubens und zwar zu den heiligsten derselben.

Das wäre also im Entwurf (in einer Skizze) der christliche Vater: Ein Vater, in welchem den Kin - dern das Bild eines guten katholischen Christen lebendig vor Augen steht, an dem sie es wahrnehmen, wie ein katholischer Christ ist, wie er denkt, wie er urtheilt, wie er sinnt, was er liebt, was er verabscheuet; was er wünscht, was er fürchtet, was er hofft, was er fliehet; wie er redet, wie er schweigt, was er meidet, was er thut, wie er's thut.

Leuchtet nicht schon daraus auf's Klarste ein, welche Bedeutung es hat, daß der Vater ein wahrhaft christ - licher Vater sei. Ein doppelter Vortheil ist damit verbunden; deuten wir ihn hier blos an. Zuvor nämlich lernen nun die Kinder auf die einfachste Weise die h. Religion, ihre Lehren und Vorschriften42 und die verschiedenen Beziehungen des rechten christ - lichen Lebens kennen; dieselben werden ihnen ja täg - lich vom Vater (und von der Mutter) in lebenden Bildern anschaulich vorgeführt. Wie viel besser ver - steht das Kind das, als den bloßen Unterricht, die christliche Lehre. Eben daher braucht man ja auch in Schulen gern Bilder, auf denen die Kinder das, was man ihnen lehrend erklären will, mit ihren Au - gen sehen; nun verstehen sie's viel leichter und besser.

Fernerhin aber werden die Kinder, da man ja die christliche Religion nicht blos kennen und glauben, sondern auch üben soll, durch jenes täglich sich vor ihren Augen entfaltende christliche Thun und Leben des Vaters (der Mutter) auf eine eben so einfache Weise in das christliche Thun und Leben gleichfalls eingeführt, wiederum viel besser, als durch bloße belehrende Anweisung. Wie viel leichter und besser bringt Jeder, vollends das Kind zu Stande, was ihm tatsächlich gezeigt und vorgemacht wird, als was blos eine mündliche Erklärung findet. Hier aber kommt noch hinzu, daß die Kinder von Haus aus (Gott selbst hat's ihnen so in's Herz gelegt) einen großen Trieb haben, dem Vater (wie der Mutter) das nachzumachen, was sie an und von ihnen wahr - nehmen.

Daher wir wiederholen es auch hier wäre es so fast verwunderlich, wenn ein Kind, das täglich im Schalten und Walten seines Vaters das Bild eines guten katholischen Christen vor Augen hat, nicht auch ein guter katholischer Christ würde; wie es denn von der andern Seite fast eben so sehr zu fürchten steht, daß ein Kind, dem in seinen jugendlichen Jah - ren dieses Bild eines guten katholischen Christen im43 Vater und der Mutter nicht vor Augen steht, kein guter katholischer Christ werden möge.

Indem wir dies schreiben, erhebt sich in unserm Herzen mit der ganzen Lebendigkeit und auf's Er - greifendste das Bewußtsein, welche wahrhaft unermeß - liche Bedeutung es habe, daß die Väter wahrhaft christlich seien. Und jemehr demselben das traurige Bewußtsein zur Seite steht, daß leider so manche Väter es nicht sind, desto mehr drängt's, hier, ehe wir das Bild des Vaters im Nähern zeichnen, ein Wort der Mahnung vorauszuschicken.

Ein Zwischenakt.

Du liebst deine Kinder; mit deinem ganzen Her - zen verwachsen ist der Wunsch, sie glücklich zu sehen. Und dennoch, wir sagten's wiederholt, wird dir das nie gelingen, wenn du sie nicht zu guten Christen machst, nie! Sei versichert, so viel du sie nicht zu guten Christen machst, so viel legst du den Grund zu Störungen ihres Glückes, ach, nur zu leicht zu ihrem Unglücke, zu ihrem ewigen Unglücke. Also zu guten Christen mußt du die Kinder machen, willst du sie glücklich machen.

Aber auch das wird dir nie gelingen, wenn du nicht selbst ein guter katholischer Christ bist; nie! Kann denn ein Handwerker, der sein Handwerk nicht übt und auch nichts Rechtes davon versteht, einen Lehrling zu einem Meister in dem Handwerk heran - bilden? Oder kann Jemand einen jungen Menschen zum Meister in einer Kunst heranbilden, die ihm selbst fremd ist? Noch viel, viel weniger kann ein Vater sein Kind zu einem guten Christen heranbilden, wenn er's selbst nicht ist.

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So also, o Vater, steht deine Sache: Du sollst dein Kind glücklich machen und du willst es, es ist dein tiefster Herzenswunsch; du kannst und wirst es nicht glücklich machen, wenn du nicht machst, daß es ein guter Christ werde; und das kannst du nicht machen, wenn du nicht selbst ein guter Christ bist oder ernst zu sein suchest. So steht deine Sache; ob du's glaubst oder nicht, ob du's aus dem Sinne schlägst, es ändert an der Sache nichts; so ist's - so bleibt's: Das Glück deines Kindes, deiner Kin - der, es hängt davon ab, ob du ein guter katholischer Christ bist.

Bist du es? Ach nein! Eine böse, unselige Jugend liegt hinter dir voll Leichtsinn und Sünde. Sie hat Sturm gelaufen gegen dein christliches Herz, gegen dein Gewissen, ach vielleicht selbst gegen deinen Glauben. Du hast dich der Sünde in die Arme geworfen, der Unlauterkeit, der Unmäßigkeit. Du hast das Unglück gehabt, mit leichtsinnigen, losen jungen Leuten in Verkehr zu treten. Du warst Sol - dat, und hast vom Soldatenleben viele üble Einwir - kung erfahren. Die Kriegsjahre, welche du mit durch - gemacht, haben leicht auch Hand gelegt an die Reste deiner Gewissenhaftigkeit und Gläubigkeit. Endlich ist die Sündfluch schlechter Bücher und Blätter auch an dich gedrungen; o wie haben diese Schriften, die du gelesen, diese schlechten Blätter, welche du gehal - ten, deine Seele und dein Leben mit ihrem Gifte erfüllt!

So ist denn dein Leben überdies durch ein Uebermaß irdischer Bestrebungen Gott und dem - heren entfremdet voll geworden von Sünden man - cher, selbst der traurigsten Art. Sie lasten noch45 allzumal auf deinem Gewissen; denn noch nie hast du es dir ernstlich angelegen sein lassen, durch eine Buße und Beichte, wie sie einem solchen Le - ben entspricht, dich mit Gott zu versöhnen. Du stehst in der Ungnade deines Gottes.

Und wie steht's nm dein Christentum? Ist nicht über alle diese steten sündhaften Verirrungen und Ausschweifungen deines Lebens, über all die losen und leichtfertigen Reden und Beispiele, von welchen du umgeben gewesen, über all die schlechten Bücher und Schriften, welche du gelesen, dein Glaube wan - kend geworden? Wehe, wenn du ihn sogar ganz verloren und dem Unglauben dich in die Arme ge - worfen hättest!

Oder bist du noch nicht in solche Tiefe versunken, wie übel steht's dennoch mit deinem Christenthum! Wie liegt dir Alles, was Gott, Religion und See - lenheil betrifft, so fern, wie ist's dir so fremd, wie bist du so gleichgültig dagegen! Du betest nicht, oder dein Beten ist eitel Hersagen angelernter Formeln. Du liebst nicht Kirche und Gottesdienst; wie ungern gehst du hin, wie selten; und wie bist du, so du einmal anwohnst, so ohne alle Theilnahme des Her - zens. Beichten und Communiziren du hast Scheu davor, du umgehst es, wie immer möglich. Und wenn du dennoch hinzutrittst, ach, die Feder sträubt sich, den Gedanken zum vollen Ausdruck zu bringen. Und dein tägliches Leben wie voll von Unordnung, Verkehrtheit und Sünden so mancher Art von Zorn und Ungeduld, von Härte und Unfreundlichkeit gegen Weib und Kind und Gesinde! Dazu die Unmäßigkeit im Essen und Trinken, die Verletzung der h. Reinigkeit; und nicht auch Un -46 redlichkeit, Lug und Trug im Handel und Wandel und ungerechtes Gut?

Und du bist Vater! Arme Kinder, die ihr einen solchen Vater habet! Wer soll euch nun zu guten katholischen Christen heranbilden? Und doch werdet ihr ohne dies nie wahrhaft glücklich werden. Werdet ihr anders werden, werdet ihr zur Zeit besser sein, als euer Vater? O, wie sehr steht zu fürchten, daß sein Beispiel mehr über euer jugendliches Herz vermögen wird, als alle Lehre und Anleitung, die ihr vielleicht anderswoher noch findet. Mit blutendem Herzen sehen wir's kommen, auch ihr werdet mit der Zeit in die traurigen Fußtapfen eurer Väter ein - treten, auch ihr werdet in Leichtsinn und Sünde ab - irren, auch ihr werdet ein unchristliches Leben führen; auch ihr werdet euren Glauben verlieren. Ihr werdet unglücklich sein! Arme Kinder!

O Vater, rührt dich denn nicht das Loos deiner Kinder?

O so habe Erbarmen! Werde, was du sein mußt, um sie glücklich zu machen, werde, was du bis dahin nicht warst, von Stunde an kannst du es wer - den ein guter Vater.

Wie auch das Leben, so hinter dir liegt, sei, wie voll von Sünden, und wie du auch jetzt beschaffen sein mögest, wie verkommen auch, o wolle es nur aufrichtig, wolle ein guter christlicher Vater werden! Schaue hin auf deine Kinder, sag's dir: Sie können ewig nicht wahrhaftig glücklich werden, wenn ich nicht zuvor ein guter christlicher Vater werde! Und dann möge deine Liebe zu den Kin - dern, dein Verlangen nach ihrem Glücke die ganze Macht an deinem Herzen entfalten, um den Entschluß47 in dir zur Reife zu bringen: Ja, ich will ein guter Vater werden.

Sei versichert, ein solcher Entschluß wird Freude im Himmel hervorrufen, einem solchen Entschlusse wird jener große Vater im Himmel mit Barmher - zigkeit und Gnade entgegen kommen. Sei versichert, so sehr Ihm das Heil deiner Kinder und dein Heil am Herzen liegt, so sehr er daher Verlangen trägt, daß du ein guter Vater werden mögest, so sehr ist er geneigt und bereit, an dir Barmherzikeit zu üben und dir alle deine Sünden zu vergeben, wenn du Ihn mit reu - müthigem Herzen darum anflehest; so sehr ist er bereit, mit jeglicher Gnade dir du Hülfe zu kommen, damit du wieder ein guter Christ und ein wahrhaft christ - licher Vater werden mögest. Wahrhaftig, wenn über einen Sünder, der Buße thut, Freude ist im Himmel, so wird über einen Vater, der Buße thut, um fortan ein guter christlicher Vater zu sein, doppelte, ja so vielfache Freude sein, als er Kinder hat; ja als er Kindeskinder hat oder haben wird; ist ja seine Ret - tung ihre Rettung, sein Heil ihr Heil! Also auf, fortan sei ein guter christlicher Vater!

Darin ist ja auch dein eigenes Wohl und Heil begriffen für Zeit und Ewigkeit. Oder sage, hast du es denn in deinem bisherigen Thun und Treiben gefunden, wonach dein Herz verlangt? Gestehe es nur: Nein! Willst du der Wahrheit Zeugniß geben und den innersten Grund deiner Seele offen legen, so mußt du bekennen, daß du den wahren Frieden der Seele durch dein bisheriges unchristliches Leben nicht gefunden hast.

Christlicher Glaube und christliches Leben das ist der von Gott für uns geordnete Weg48 des Heiles für Zeit und Ewigkeit; auf ihm erwächset der Friede, nur auf ihm, auf ihm wahres Lebensglück, auf ihm das Heil. Ihr werdet auf ihm Ruhe finden für eure Seelen . Außer ihm und in jeder Abirrung von ihm, in Sünde und Verkehrtheit liegt Störung des Friedens und wahren Lebensglückes, ja mehr und mehr Zer - störung desselben, Wehe, Bedrängniß, Leid, Verder - ben. Trübsal und Bedrängniß über die Seele eines Jeden, der Böses thut.

Also ein wahrer Christ mußt du sein, um selbst wahrhaft glücklich zu sein, und, um deine Kinder glücklich zu machen; denn wenn du ein guter Christ bist, dann wirst du zugleich ein guter Vater sein, und deine Kinder glücklich machen; denn du wirst nicht nur überhaupt die Vaterpflichten an ihnen er - füllen, sondern dann auch insbesondere das Bild eines guten katholischen Christen in dei - nem ganzen Leben vor deinen Kindern entfalten und dadurch mit Gottes Gnade sicher bewirken, daß auch sie gute Christen und also glücklich werden; denn jeder wahre, gute Christ ist glücklich.

Das volle Bild.

Führen wir denn das Bild eines solchen christ - lichen Vaters in seinen einzelnen Zügen nun - mehr uns vor, wie es sich den Blicken der Kinder darstellt.

Vor Allem leuchtet es aus all seinem Reden und Thun und an seinem ganzen Verhalten hervor, daß er ein treuer Sohn der heil. katholischen Kirche ist, daß all ihre Lehre und all ihre Vorschrift und all ihre Weise ihm heilig ist; daß er fest stehe im ka -49 tholischen Glauben, wie er ihn auch, wo es Noth thut, ohne Scheu bekennet.

Dann sehen die Kinder die Fast - und Abstinenz - tage der h. Kirche vom Vater nach Pflicht beobachtet; sie sehen ihn mit Ehrfurcht das heil. Kreuzzeichen machen; sie sehen ihn das Weihwasser und von der Kirche geweihete Dinge in Ehren halten; er ver - schmähet es nicht, mit religiösen Bildern das Haus und seine Räume auszustatten. Er ist sie sehen's tagtäglich ein Freund des Gebetes. Gebetet wird bei Tische vor und nach dem Essen; gebetet wird am Morgen, am Abende; und leicht bei mancher andern Gelegenheit. Die Sonn - und Festtage werden in Ehren gehalten; da ruhet alle Arbeit, welche nicht von der Noth geboten ist; da liebt man's, in der Kirche zu weilen, nicht etwa blos bei einer kleinen Messe, nein recht viel, bei Hochamt und Predigt, selbst an Nachmittagen. Gern ist, was an kirchlicher Feier und Festlichkeit der Verlauf des Kirchenjahres mit sich führet, gern ist das in Predigten zur Sprache Gekommene, gern sind kirchliche Angelegenheiten Ge - genstand der häuslichen Unterhaltung; wie denn über - haupt der Vater ein Herz hat für die h. katholische Kirche und ihre Geschicke und für ihr Oberhaupt, den h. Vater, und für Alles, was die h. Kirche be - trifft. Darüber wird gern gesprochen; die Kinder hören darüber aus seinem Munde, was ihnen frommt; er deutet ihnen die Dinge und die Vorfälle des Ta - ges, er gibt ihnen heilsame Belehrung, Deutung und Winke. Mehr als einmal im Jahre sehen die Kinder den Vater zur h. Beicht und Communion gehen und mit welchem h. Ernste er diese h. Hand - lungen hält und vollführet.

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In seinem Hause wird den Pfarrgeistlichen die gebührende Ehre gezollt; die Kinder sehen und mer - ken es, daß der Vater sie ihrer Würde gemäß achtet und ihre Stellung in Ehren hält. Aehnliches tritt zu Tage in Betreff der Lehrer und Lehrerinnen; Aehnliches in Betreff der weltlichen Obrigkeit, nach dem Grundsatze: Ehre dem Ehre gebühret.

Die Familie hat ihre Geschichte; in ihr treten Ereignisse freudiger oder trauriger Art zu Tage. Sie empfangen die Weihe der h. Religion, der h. Kirche. Gern wird Alles mit Gott begonnen nach Maaß der Wichtigkeit mit größerer oder geringerer Angelegentlichkeit mit Gebet, mit from - mer Andacht, selbst mit kirchlicher Feier.

So empfängt im Bereiche und Verlaufe des Fa - milienlebens Alles die Weihe des h. Glaubens, eine religiöse Färbung, nicht in gemachter, künstlicher Art, nicht in widerwärtiger, pietistischer Weise, son - dern ganz einfach und einfältig nach dem Zuge des lebendig-gläubigen, katholischen Geistes.

Und mit dieser religiösen Richtung und katholi - schen Färbung des Familienlebens geht ein entsprechen - des sittliches Streben Hand in Hand. Das ganze Leben ist katholisch in Gesinnung, in Wort und Werk.

Da ist vor Allem das Verhältniß des Vaters zur Mutter, oder zu den Kindern, oder zu den Dienst - boten ein wahrhaft christliches, ein Verhältniß der Liebe, der Eintracht und des Friedens, getragen von Sanftmuth und Ruhe und Gelassenheit, gewürzt durch Entgegenkommen, durch Dienst und Gefällig - keit. Oder wenn, wie es menschliche Schwachheit und Uebereilung schon mit sich führen mag, nun und dann etwas vorfällt, so ist es wie leichtes Ge -51 wölk, das rasch vorübereilend den hellen Schein der Friedenssonne kaum trübt. Aehnliches wohl war's, was dem h. Sänger jene schönen Worte in den Mund legte: Siehe, wie ist es so gut und so wohlthuend, brüderlich vereint zu wohnen; wie wohlriechende Salbe auf dem Haupte des Hohenpriesters Aaron, welche herabträufelt auf sein Barthaar, herab auf die Brä - mung seines Gewandes, wie der Thau von Hermon, der sich senkt auf den Berg Sinai.

Liebe dies auszeichnende Merkmal eines wah - ren Christen, ist überhaupt hier heimisch; keiner ist von ihr ausgenommen. Der Vater hat die Kinder sehen Proben davon immer von Neuem - er hat ein Herz für Alle; daher keine lieblose Reden über Andere, keine Tadelsucht, keine Anschwärzung, keine Verkleinerung; fern ist Neid und Mißgunst, Abneigung, Haß und Rachsucht; fern Kränkung und Beleidigung des Nächsten. So viel an ihm, findet das Wort des Apostels seine Erfüllung: Haltet, so viel an euch, Frieden mit allen Menschen!

Und nicht allein. Es gehört zur Ordnung des Hauses, daß man den Nachbarn und Nebenmenschen gern zu Gefälligkeiten und Dienstleistungen bereit sei; die Armen und Hilfsbedürftigen finden hier ein ge - neigtes Ohr; ihrer wird gern gedacht; ihnen stießet Hülfe und Gabe manchfach und nach Kräften zu. Muß noch hinzugefügt werden, daß in diesem Hause Verstöße wider die christliche Zucht und Ehr - barkeit, Unmäßigkeit und Völlerei ungekannt sind und nicht geduldet werden?

Wir kommen zum Schlusse. Der Vater so war unsere Voraussetzung, ist ein guter und wahrer katholischer Christ und eben daher ein wahrhaft guter52 Vater; ähnlich die Mutter. Was ist die Folge? Der Geist, welcher Vater und Mutter beseelt, durch - dringt nach und nach das ganze Haus; und dieser Geist fördert mehr und mehr wie beim Vater und bei der Mutter, so auch bei den Kindern jene kostbaren Früchte, welche der h. Apostel (Galater 5, 22-23) als Früchte des h. Geistes zeichnet, sie sind, sagt er, Liebe, Freude, Friede, Geduld, Milde, Güte, Langmuth, Sanftmuth, Treue, Mäßigkeit, Enthalt - samkeit, Keuschheit.

Sie erfüllen mit ihrem süßem Duft das ganze Haus; sie erfreuen durch ihren Wohlgeschmack das Herz, sie fördern durch ihre süße Nahrung in dem Herzen und Leben der Kinder das Wachsthum echt christlichen Geistes und jeglicher christlichen Tugend; sie sind ein süßer Wohlgeruch vor dem Herrn und Seine Huld und Gnade waltet über solchem Hause und über seinen Bewohnern.

Glückliche Kinder, die in solchem Hause aufwach - sen! Glückliche Kinder, die einen solchen Vater haben!

Wie soll das geschehen?

Aber sinnen wir damit dem Vater, dem Manne nicht zu viel an? Ist eine Frömmigkeit, wie sie im vorstehenden Bilde entfaltet ist, nicht am Ende Sache der Frauen, der Mütter, vom Manne nicht zu er - warten?

Nichts liegt uns ferner, als dem Vater etwas anzusinnen, was für ihn unmöglich oder nur mög - lich wäre um den Preis einer gewissen Verläugnung seines männlichen Charakters. Wir tragen vielmehr in unsern Anforderungen an den christlichen Vater seiner männlichen Eigenart alle schuldige Rechnung,53 und wünschen und erwarten von ihm nichts anders und nichts mehr, als was sein christlicher Charakter von ihm als Vater in Anspruch nimmt, nichts, wo - durch er seinem männlichen Charakter etwas zu ver - geben, dessen er sich als Mann gewissermaßen zu schämen hätte; im Gegentheil, Alles, worum es sich hier handelt, wird vielmehr sein männliches Wesen adeln, erst den rechten Mann, wie er nach Gottes Idee sein soll, herstellen.

Worum handelt es sich denn, wenn wir an einen Vater die Anforderung stellen, daß er ein wahrhaft christlicher Vater sei? Zuvor und zumeist darum, daß er gläubig sei, daß er die Lehren unserer heil. Religion, so wie die h. Kirche sie lehret, also die von Gott geoffenbarten Wahrheiten gläubig annehme und halte. Was könnte darin eines Mannes Un - würdiges oder für einen Mann Unmögliches liegen? Würde man wohl der Ansicht huldigen, daß Je - mand, der die Religion mit kaltem Verstande be - trachte und einsichtig genug sei, sich nicht mehr dazu verstehen könne, sie für wahr zu halten? Wie ist es denn geschehen, daß zu allen Zeiten Männer, welche sich durch Talent und Wissenschaft auf's Höchste auszeichneten, und auf's Vollkommenste im Stande waren, die Gründe für und gegen zu prüfen und zu würdigen, keinen Grund gefunden haben, die Leh - ren unserer h. Kirche zu bezweifeln, sondern sie mit freudiger, gläubiger Zuversicht angenommen haben? Es ist wahr, es giebt und gab zu aller Zeit auch Viele durch hohen Verstand und Geistesgabe Ausgezeichnete, welche sich für berechtigt hielten, den Glauben von sich zu werfen; aber feien wir ver - sichert, daß das nicht an ihrem hohen Verstande lag54 und weil sie etwa damit die Nichtigkeit des Glau - bens eingesehen hätten; es lag vielmehr daran, daß sie wegen des Mißbrauchs ihrer hohen Gaben, wegen ihrer sündhaften Entartung den Sinn für die Lehren des Glaubens und die Gnade des Glaubens ver - loren haben.

Worum handelt es sich bei einem christlichen Vater? Darum, daß er gewisse Uebungen des christ - lichen Lebens mache, daß er nach Maaßgabe seiner persönlichen und häuslichen und sonstigen Verhältnisse zeitweilig dem Gebete, dem Besuche der Kirche, der Beiwohnung der h. Messe, der Anhörung der Pre - digt, dem Empfange der h. Sakramente sich widme, und so seinen Kindern das Beispiel eines treuen ka - tholischen Lebens vor Augen stelle.

Was könnte darin eines Mannes Unwürdiges, einem Manne nicht Zustehendes gefunden werden? Wir haben ja zugegeben, daß das alles nicht einmal ganz so, wie die Mutter es übt, zu geschehen habe, obwohl auch das nach Umständen ganz in dcr Ordnung, ganz empfehlenswerth sein würde; aber wir können immerhin in den gedachten Stücken unsere Anforderungen etwas mildern, ohne fürchten zu müssen, daß der Vater dadurch seinen wahrhaft christlichen Charakter einbüße; mag immerhin der Vater in den gedachten Stücken seine männliche Ei - genart nur in der rechten Weise zur Geltung bringen. Aber einzusehen, daß derartige, durch den Geist unserer h. Religion oder durch ausdrückliche Vorschrift der h. Kirche aufgelegte Uebungen für einen Vater irgendwie ungeeignet, ja seiner männlichen Ehre zu nahe tretend seien, nein, es geht über unsere Begriffe. Vielleicht ist leider die Zahl derer, welche55 wir zu den wahrhaft christlichen und in solchen Ue - bungen gebührend eifrigen Vätern rechnen dürfen, nicht grad so groß; aber das unterliegt keinem Zwei - fel, daß grad unter denen, welche zu dieser Zahl ge - hören, die echten, wahren Männer zu finden seien. Wer würde wohl jenen Führern des Centrums im Abgeordnetenhause zu Berlin die echte, volle Man - neswürde streitig zu machen sich erkühnen; schauet ja die ganze katholische Welt auf sie als auf eine Zierde ihrer Männerwelt; selbst die Gegner können ihnen die Anerkennung nicht versagen. Nun wohl, von ihnen ist es bekannt, daß sie wie überhaupt treue und eifrige Glieder der h. Kirche, insbesondere in allen jenen hh. Uebungen eifrig sind. *)Einer aus ihnen ging nach dem Tode seiner ihm so hochtheuern Frau und, so lange ihre Leiche nicht zu Grabe bestattet war, jeden Morgen zur h. Communion, um dort sich Trost und Kraft zu schöpfen in seinem großen Leide. Oder wäre es für den Mann nach der Art seiner Lebens - stellung nicht möglich, sich durch den gebührenden Eifer in den religiösen Uebungen als einen wahrhaft christlichen Vater zu erweisen? Wer das behaupten wollte, würde ohne Weiteres widerlegt durch den Um - stand, daß es ja in allen Klassen und Ständen wirklich Väter gab und giebt, welche es also hal - ten. Wodurch könnte es auch geschehen, daß das einem Vater unmöglich wäre? Das hieße ja grad so viel, als es sei ihm unmöglich, ein wahrhaft christliches Leben zu führen. Beides ist ganz dasselbe. Ein wenig beschwerlich wir geben es zu kann das Eine oder Andere hier und dort dem Vater wer - den, und eine gewisse Anstrengung, Mühewaltung56 und Aufopferung in Anspruch nehmen. Aber wer sich dadurch berechtigt hält, davon abzustehen, der hat überhaupt auf alles christliche Heil zu verzichten; es ist nur zu erringen um den Preis von Mühe und Anstrengung; das Himmelreich, sagt der Herr, leidet Gewalt und nur die, welche Gewalt brauchen, reißen es an sich.

Worum handelt es sich endlich bei einem christ - lichen Vater? Darum, daß er das, was der heil. Glaube mißbilligt und verbietet, gewissenhaft zu mei - den suche; darum, daß er darauf bedacht sei, die Pflichten des christlichen Lebens zu erfüllen, seine Tugenden zu üben. Nun, das muß ja eben jeder Christ thun, wenn er sein Heil wirken will. Thut aber ein Vater das, so ist er eben dadurch ein guter christlicher Vater; er thut also eben nur, was er als Christ thun muß. Ist ihm das nicht möglich? Ist es ihm denn nicht möglich, als Christ zu handeln? Wer also kann sich davon entschuldigen? Wer Un - möglichkeit vorschützen?

Doch seien wir gerecht!

Die Forderung also, daß jeglicher Vater ein wahrhaft christlicher Vater sei, kann nicht bemängelt werden; behaupten wollen, jene Frömmigkeit, wie wir sie für einen Vater in Anspruch nehmen, lasse sich nicht wohl zur Ausführung bringen oder sie stehe dem Manne nicht wohl an, heißt wider Vernunft und Glauben streiten.

Dennoch kann es nicht verkannt werden, daß die Uebung einer solchen Frömmigkeit, wie sie für einen Vater in Anspruch genommen werden muß, für den - selben nach Umständen ihre besondern Schwierigkei -57 ten haben kann und in Wirklichkeit recht oft hat. Wir haben hier nicht jene allgemeinen Schwierigkei - ten im Auge, welche das wahrhaft christliche Leben immer und für alle mit sich führt; vielmehr sprechen wir hier von gewissen besondern Schwierigkeiten, welche eben mehr oder weniger ausschließlich für den Vater bestehen. Sie liegen theils in seiner männ - lichen Eigenart, theils in der besondern Aufgabe und in den Verhältnissen seines Lebens.

Wird die Muter schon durch ihr natürliches Wesen zur Frömmigkeit hingezogen, so ist das beim Vater oft weniger der Fall. Bei ihm herrscht durch - weg mehr der kalte Verstand vor; er hat das, was die Mutter auch nach dem Zuge ihres Gefühles thut, mehr in Berechnung des Verstandes und im Pflicht - gefühl zu thun. Es ist leicht so viel schwerer. - Er findet im Allgemeinen in den Uebungen des christlichen Lebens nicht so große Genüge, wie die Mutter; wiederum etwas, was ihm dieselben er - schwert. Er ist fast immer in viel höherm Grade von der Arbeit und den Geschäften des Lebens, von ihren Sorgen und Zerstreuungen in Anspruch ge - nommen; dadurch wird's oft schwer genug, die Rich - tung auf Gott, den Sinn für's Höhere, den Eifer des christlichen Lebens zu behaupten. Dazu kommt, daß das Leben des Mannes an Gefahren und Ver - suchungen der manchfachsten Art so viel reicher zu sein pflegt, als das doch vorwiegend in viel engerm Kreise beschlossene Leben der Mutter! Wird's ihn nicht hinreißen zu gar zu häufigem Lebensgenuß, zu unzeitigem Wirthshausbesuch, zur Unmäßigkeit im Trinken, zu Verstößen wider die christliche Gerech - tigkeit, zu Verstößen gegen die Keuschheit? Und58 dann die Gefahren für seinen Glauben! Liegen sie schon in einem bei ihm zu fürchtenden unzeitigen Vorherrschen des kalten Verstandes, dann noch mehr in dem nachtheiligen Einflusse, welchen der noth - wendige oder nahegelegte Verkehr mit glaubensgleich - gültigen, glaubenslosen Menschen, oder die ihm so viel näher liegende Lesung schlechter Zeitungen und Schriften ausübt.

Lauter Umstände, welche es nur zu leicht mit sich bringen, daß Männer nach und nach, mehr und mehr gegen Gott und gegen das Höhere gleichgültig, in religiösen Uebungen immer lässiger werden, sich von ihnen mehr und mehr zurückziehen; daß sie in eitel-irdischem Sinn, in weltlichen Bestrebungen ganz aufgehen; daß sie sich an Verkehrtheiten und Sünden mancher Art hingeben; daß sie an ihrer Gläubigkeit Schaden nehmen, ja ihren Glauben verlieren. Was also zu thun?

59

Ausführung des Bildes.

Sind die gedachten Schwierigkeiten und Gefah - ren unüberwindlich? Wir erwiedern: Es gibt - dem Herrn sei Dank recht viele Väter, welche, obwohl den gedachten Schwierigkeiten und Gefahren, sogar in hohem Grade, ausgesetzt, dennoch wahrhaft christliche Väter genannt werden dürfen. Es kommt hier, wie am Ende stets und überall, wenn man ein wahrhaft christliches, zum Heile bringendes Leben führen will, nur darauf an, daß man ernsten und festen guten Willen habe; dann lassen sich mit Got - tes Gnade Gefahr und Schwierigkeit überwinden. Also, was zu thun?

Mehre nicht ohne Noth die Schwierigkeiten.

Vielleicht führen Noth und unabweisbare Ver - anlassungen für manchen Vater, ohne daß er's än - dern kann, Arbeiten, Geschäfte, Sorgen und Zerstreu - ungen so vielfältig herbei, daß ihm kaum Zeit und Ruhe bleibt, sich den Kindern und ihrer Erziehung in erwünschter Weise zu widmen. So sehr das zu bedauern steht, so darf dennoch mit Grund gehofft werden, daß für den Fall, wo die Noth Solches mit sich bringt und es sich nicht wohl ändern läßt, der Herr selbst durch die Wirkungen Seiner Gnade Er - satz leisten und an den Kindern das, was ihnen von den Vätern abgeht, ausgleichen werde.

Aber das läßt sich nicht mit Grund für den Fall hoffen, wenn der Vater ohne Noth und ohne ent - sprechend wichtige Ursachen gewissermaßen muthwilliger60 Weise, aus unordentlicher Hingebung an die Welt, aus ungeregelter Habsucht, aus Ehrgeiz oder sonst in unzeitiger Weise sich mit Arbeiten, Geschäften und Zerstreuungen überhäuft. An ihm wird solche un - zeitige Hingebung an die Welt und an das Irdische die ganze nachtheilige und verderbliche Einwirkung vollführen; es wird seine eigene Seele zu Grunde richten und insbesondere der Anlaß werden, daß die wichtigste Aufgabe seines Lebens, die gute Erziehung der Kinder, vernachlässigt, oder nicht in gebührender Weise vollführet werde.

Der gewissenhafte Vater ist darauf bedacht - und er muß es seine Arbeiten und Geschäfte, so viel an ihm, auf ein bescheidenes Maaß, wie es der Nothwendigkeit und dem Bedürfnisse und billigen Wünschen entspricht, zu beschränken und beschränkt zu halten.

Wird's nicht so mit jedem wichtigen Geschäfte gehalten? Hat man ein wichtiges, folgenreiches Ge - schäft, so sucht man Alles zu beseitigen oder fern zu halten, was den glücklichen Fortgang des Geschäfts und Unternehmens hindern oder gar fraglich machen kann; hingegen sucht man Alles so zu ordnen, daß es demselben zuträglich sei. Und eben, weil das recht am Herzen liegt, so gelingt's auch bis zu einem ge - wissen Grade. Giebt es nun aber ein Geschäft, ein Unternehmen, welches sich an Wichtigkeit und Fol - genreichthum mit der Aufgabe des väterlichen Berufs auch nur von fern messen könnte? So darf also, ja muß mit Recht erwartet werden, daß man auch hier, ja hier noch viel mehr, es also halte.

Oder, worum handelt es sich denn zum großen, ja zum größten Theile bei jenen überhäuften Arbeiten61 und Geschäften? Nicht wahr, um das Wohl der Kinder; für sie erwirbt man, für sie arbeitet man und führt sein Geschäft; ihre Unterhaltung, ihr stan - desmäßiges Fortkommen, ihr zeitliches Wohlergehen hat man im Auge. Wohl; aber wenn ihr zeit - liches Wohlergehen so sehr am Herzen liegt, soll das Heil ihrer Seele, ihr ewiges Wohlergehen nicht so viel mehr am Herzen liegen! Wenn man also an die Bestrebungen für ihr zeitliches Wohl sich also hingiebt, daß man darüber mehr oder weniger un - fähig wird, ihr ewiges Wohl zu begründen, kann das denn recht sein! Heißt das nicht grausam sein gegen die Kinder? Und so verhält es sich in der That. Indem man so ganz aufgeht in zeitlicher Bestrebung, behält man nicht mehr Zeit oder Fähigkeit, für das Seelenheil der Kinder gebührend zu wirken, dafür das Erwünschte und Nothwendige einzusetzen.

Christlicher Vater, halt Maaß in deinen äußern Beschäftigungen! Wirf dich nicht so ganz in's Aeußere! Verwickele dich nicht so unzeitig in jegliche Unterneh - mung! Trag Sorge, deine Arbeiten und Beschäfti - gungen, so viel an dir, dahin zu regeln, daß dir noch Zeit bleibe, mit deinen Kindern dich abzugeben; daß dir Zeit und Ruhe bleibe, das, was für dich selbst zum Bestande und Fortgange des christlichen Lebens erforderlich und heilsam ist, in gebührender Weise zu thun, damit du ein christlicher Vater sein mögest. Sei darauf bedacht, daß bei aller Arbeit und Be - schäftigung das tägliche Gebet, der Besuch der Kirche, der Empfung der hh. Sakramente und sonstige christ - liche Uebung Platz und die rechte Berücksichtigung finde!

62

Gehe den Gefahren aus dem Wege.

a.) Die Gefahren für den Glauben.

Zu den schlimmsten Gefahren für jeden Christen, und also insbesondere für den christlichen Vater, rech - nen wir die, welche den Glauben zu schädigen, oder gar zu untergraben drohen. Ist er ja das Funda - ment des christlichen Lebens und dadurch die Bedin - gung alles wahren Heiles für den Menschen in Zeit und Ewigkeit. Wie trostlos ist das Leben des Men - schen auf Erden ohne Glauben! Wie schrecklich seine Aussichten für die Ewigkeit! Wer nicht glaubt, der wird verdammt werden, spricht der Herr. Sein Wort ist Wahrheit.

Daher das höchste Unglück für einen Menschen, wenn er an seinem Glauben Schaden nimmt, wenn er im Glauben schiffbrüchig wird; die größte Sünde, wenn er die Treue bricht im Glauben und an der h. Kirche. Und widerfährt ein solches Unglück einem Vater, so ist ja der Erziehung der Kinder der Boden genommen, so ist eine christliche Erziehung, die Be - dingung des wahren Glückes der Kinder für Zeit und Ewigkeit unmöglich geworden. O Familienun - glück ohne Gleichen, wenn der Vater seinen Glauben verliert, ja auch nur wankend und irre sich darin machen läßt!

Und doch wie groß ist die Gefahr dazu in un - sern Tagen für manchen Vater, wenn er immerfort mit Menschen verkehrt, welche im Glauben wan - kend geworden, welche ungläubig sind, welche über Religion und Glauben spotten, die Lehren und Ge - bräuche der h. Kirche lächerlich machen; wenn er Bücher liefet, welche von Menschen ähnlicher Art, von ungläubigen, sittlich verkommenen Subjekten ge -63 schrieben sind; wenn er Zeitungen und Blätter hält, welche nicht müde werden, Tag um Tag wider die h. Kirche, wider ihre Lehren und Weisen mit Lug und Verläumdung, mit Hohn und Spott aufzutreten; vollends wenn er dabei jenes lose Wirths - und Gasthaus-Leben führt voll Sinnlichkeit und Ueber - maaß und Völlerei. In der That, da bedürfte es so fast eines Wunders, um den Glauben zu bewah - ren, um nicht in demselben zu Schanden zu werden. Sind das ja zugleich eben so viele schlüpfrige Pfade zur Sünde und Ausschweifung, und eben dadurch um so mehr Wege zum Verluste des Glaubens, zum Irr - und Unglauben.

O christlicher Vater, sei eingedenk deiner Kinder und im Hinblick auf sie werde immer von Neuem inne, welch ein kostbares Gut für dich, ihren Vater, der Glaube ist; ist er ja die nothwendigste Be - dingung, damit durch dich ihnen werden könne, was der Herr durch dich ihnen hat vermitteln wollen, das hohe Gut eines echt christlichen Sinnes und Lebens, die Bedingung ihres Glückes. O darum hüte doch ein Gut, worin für deine Kinder, wie für dich, im eigentlichsten Sinne alles Heil für Zeit und Ewig - keit begriffen liegt. Gehe also, so viel immer mög - lich, dem aus dem Wege, was den Glauben bedrohet. Meide den vertrauten Verkehr mit solchen Menschen, die keinen Glauben, die den rechten Glauben nicht haben, so viel du kannst. Verschmähe jedes Buch, jede Zeitung, jede Schrift, worin Ausfälle wider die h. Kirche, wider Religion und gute Sitte enthalten sind.

Wähne doch nicht, daß das alles dir nicht scha - den könne und werde. Bist du schon nicht mehr fest64 in deinem Glauben, so wird's dir sicher schaden und nur zu leicht dich um allen Glauben bringen. Aber auch selbst da, wo du noch so fest in deinem Glau - ben stehest, wird solcher Umgang und solche Lesung dir schaden. Sie werden, wenn auch nach und nach, aber sicher an deiner Seele und an ihrem Glaubens - leben eine ähnliche Wirkung vollführen, wie der kalt - wehende Nordwind im Frühjahre an der Natur: Ihr Wachsthum wird gehemmt, die schon zu Tage tre - tenden Keime und Sprößlinge kommen nicht weiter, und an manchem Baum, der schon in Blüthe stand, wird all die reiche Hoffnung des Blüthenschmucks zerstört.

O wie Viele, die einst so gläubig und daher so gut waren, haben auf diesem Wege ihren Glauben verloren! Sollen wir zweifeln, daß Manche unter denen, welche in neuerer Zeit in so unseliger Weise von der Kirche sich losgerissen haben, nie dazu wür - den gekommen sein, wenn sie die Lesung gewisser Ta - gesblätter und Zeitschriften und Bücher nach Pflicht vermieden hätten? Auch sie haben geglaubt, das könne und werde ihnen nicht schaden; aber sie ha - ben allmählich das Gift eingesogen, und schließlich hats ihnen Tod und Verderben gebracht. Drum, christlicher Vater, laß dich warnen!

b) Das Wirthshausleben.

Wenn hier unter den Stücken, die zu meiden, auch das Wirths - und Gasthausleben eine Stelle findet, so bedarf es kaum der Bemerkung, daß es nicht von fern unsere Meinung sein könne, den Be - such eines anständigen Wirths - oder Gasthauses über - haupt zu mißbilligen. Oder was wäre an sich daran65 zu mißbilligen, wenn ein Vater die Ruhe und Er - holung, deren er unter den Anstrengungen des täg - lichen Lebens bedarf, in einem anständigen Wirths - hause, im Kreise von Freunden und Bekannten auch bei freilich mäßigem Genusse geistiger Ge - tränke sucht? Es ist eben nur das Uebermaaß und die Ausschreitung in diesem Punkte, so Tadel verdient, und wovor gewarnt werden muß. Unter den ver - schiedenen nachtheiligen Folgen, welche damit verbun - den zu sein pflegen, ist nicht eine der geringsten die, daß der Geist christlicher Gottesfurcht und Frömmig - keit darunter so wesentlich leidet und demnach an einem Vater für die Kinder das, was für sie das Wichtigste und Nothwendigste ist, mehr oder weniger abhanden kommt.

Ist es vielleicht insbesondere der Sonntag, welcher solchem unzeitigen Wirthshausleben gewidmet wird, wo bleibt da die Weihe und der Segen dieses Tages, wodurch der Bestand und das Gedeihen des christ - lichen Geistes und Lebens so wesentlich und in so hohem Grade bedingt ist. Oder was könnte, wenn von Erbauung und religiöser Erhebung durch gottes - dienstliche Feier und durch Gottes Wort dann über - haupt noch die Rede sein kann, von diesen Ergeb - nissen des Sonntags noch übrig bleiben, wenn ein so namhafter Theil des Morgens und ein noch nam - hafterer Theil des Nachmittags, vielleicht bis tief in die Nacht hinein auf solche Weise verbracht wird? Auf diese Art geht das religiöse Leben auch am Sonntage leer aus, ja es wird durch die nachtheili - gen Einflüsse, welche sich im Wirthshause geltend zu machen Pflegen, gradzu geschädigt. Was Wunder, daß dasselbe, da es im Laufe der Woche auch so66 wenig oder gar keine Nahrung findet, mehr und mehr verkümmert, um schließlich zu ersterben. Niemand, der anders die Sache zu beurtheilen versteht, zweifelt daran, daß in dem Mangel an rechter und würdiger Sonntagsfeier bei einer namhaften Zahl von Men - schen ein Hauptgrund ihrer religiösen und sittlichen Verkommenheit liegt und daß die würdige Sonntags - feier und ihr Segen durch nichts mehr zu Schanden gemacht wird, als durch jenes unselige Wirthshaus - leben. *)Da wir hier den Vater im Auge haben, wie sehr behelligt derselbe durch ein solches ungeordnetes Wirths - hausleben auch den Segen des Sonntags für die Seinigen, für die Kinder! Unmöglich kann denselben der Sonntag auf die Dauer recht heilig erscheinen und geweiht sein, wenn die Erfahrung ihnen denselben mehr und mehr als einen Tag herausstellt, an dem der Vater großen - oder größtentheils im Wirthshaus sich findet, an dem der Va - ter am Wenigsten zu Hause zu finden ist, an dem der Vater des Mittags und Abends in einer gewissen Aufre - gung geistiger Getränke, gar im angetrunkenen oder betrun - kenen zustande heimkehrt, an dem der Vater erst so spät am Abende, erst in der Nacht zurückkommt. Das greift dann unmittelbar und als böses Beispiel nachtheilig in ihr kindliches Herz ein; aber es behindert und störet auch die volle Erbauung, die innige Erquicklichkeit und den rechten Segen des Sonntags für sie. Wie sehr könnte und sollte z. B. grad am Sonntage die Mittags - und Abendtafel zu einer erquicklichen Scene des christlichen Familienlebens und zu einem Sammelplatze christlicher Sonntagsfreude sich gestalten, wenn Vater und Mutter und Kinder, nun den Arbeiten und Armseligkeiten des Alltagslebens enthoben, geweihet durch die Eindrücke der kirchlichen Feier und der Andacht und durch die Ruhe und das Außergewöhnliche des Tages gehoben bei einem - diesmal bessern gemeinschaftlichen Mahle sich zusam - menfindend in trauter Unterhaltung und in gegenseitigem Austausche ihrer Gedanken und Gefühle sich ersprächen? Und wie wohlthuend und heilsam würde das sein! Nun aber ist leicht grad die Sonntagstafel am meisten gestört, am wenigsten erquicklich, da der Vater so lange im Wirths - haus verharret oder die Spuren einer gewissen Unmäßig - keit an sich finden lässet. Nun sind die Abende der Sonn - tage die langweiligsten und unangenehmsten, da der Vater fehlt, da der Vater erst so spät heimkehrt und die Mutter in dem Leid darüber auch nicht recht froh sein kann. In der That traurig!

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Aber auch abgesehen vom Sonntage, läßt sich der Mann überhaupt zu oft und zu lange und in unzeitiger Weise in den Wirthshäusern finden, so kann der gute christliche Geist dabei unmöglich Bestand haben. Das ist insbesondere ein sehr ge - fährlicher und schlüpfriger Weg, um nach und nach in das unselige Laster des Trunkes zu gerathen; durch das so oft, ja regelmäßig wiederkehrende Wirthshaus - sitzen und Trinken entsteht mehr und mehr ein Be - dürfniß, die Neigung zum Trinken, die Trunksucht. Und schon das Bedürfniß selbst, der Umstand, daß Manche gradzu Sclaven des Wirthshauses sind und zu den bestimmten Zeiten nicht daraus fortbleiben können, ist etwas des Christen Unwürdiges, wobei das rechte christliche Leben nicht gedeihet. Ueberdies sind nur zu leicht alle Eindrücke, welche in solchen Kreisen zu walten pflegen, wenig dazu angethan, dem guten christlichen Sinne Vorschub zu leisten; im Gegentheil, Alles, was da geschieht, Alles, was da gehört, gesehen, vernommen wird, Gespräche, Lieder, Zeitungen u. s. w., übt nur zu oft einen gradzu lähmenden, nachtheiligen Einfluß und ist geeignet, durch die oftmalige Wiederholung das Herz dem Höhern immer mehr zu entfremden. Und wenn68 dann gar, wie es an größern Orten leider nicht selten ist, jeder Tag, den Gott kommen lässet, im Wirths - haus seinen Abschluß findet, wenn dieser Abschluß dann fast eben so oft in tiefer Nachtstunde seinen Platz hat, wie sollte dabei das rechte christliche Wesen und Leben auf die Dauer bestehen können?

Und nun, christlicher Vater, wie hast du es bisher in diesem Punkte gehalten? Leicht hat sich auch in deinem Leben Unordnung und Uebermaaß in dieser Hinsicht eingeschlichen. Wir sind daher in der Lage, dir ansinnen zu müssen, daß du entschieden darauf bedacht seiest, in das Geleise der rechten, christ - lichen Ordnung wieder einzulenken. Wo nicht, so werden wir nur zu sehr zu fürchten haben, daß du nach und nach mehr und mehr dich selbst untauglich und unfähig machest, einer deiner heiligsten Verpflich - tungen, der gegen deine Kinder, zu genügen.

Nichts liegt uns mehr fern, als das für dich erforderliche oder erwünschliche Vergnügen, die - thige Erholung dir irgendwie streitig zu machen, wir würden vielmehr nach Umständen selbst dazu anregen und aufmuntern. Aber geh 'einmal recht ruhig und vorurtheilsfrei über diesen Punkt mit dir zu Rathe! Da wäre sogar die Frage zu empfehlen, ob du denn nothwendig so ausschließlich das für dich erwünsch - liche Vergnügen und deine Erholung im Wirthshause suchen müssest? Es gibt so viele Männer in ähn - licher Lage, wie du, welche man so viel seltener, wenn überhaupt noch im Wirthshause trifft, ohne daß darin eine Beeinträchtigung ihrer Zufriedenheit und wahren Lebensfreude läge. Ja alle Einsichtigen und Lebens - erfahrenen sind darüber einverstanden, eine wesentliche Beeinträchtigung und Schmälerung des vollen Lebens -69 genusses und der wahren Lebensfreude eben darin finden zu müssen, daß man es so sehr und so aus - schließlich in Wirthshäusern und Gesellschaften sucht. Gewöhnte man sich meinen sie, lernte man's, die Erholung und Erheiterung mehr im häuslichen Kreise, im Verkehre mit den Kindern oder auch mit Freunden und ausgewählten Bekannten zu suchen, man würde sie mehr und mehr und desto erquicklicher daselbst finden.

Aber wir wollen darüber hier nicht streiten; wir wollen nicht widersprechen, wenn behauptet wird, daß das doch am Ende nicht Jedermanns Sache sei, daß für Manche der Besuch eines anständigen Wirths - hauses, der Verkehr mit dort befindlichen Gesellschaf - ten nicht wohl entbehrlich sei. Huldigest also auch du dieser Ansicht, wohl! Nur beobachte dann Maaß und Schranke. Das ist etwas, worin nicht mehr Ansicht und Meinung Raum hat, das ist Pflicht des christlichen Lebens. Pflicht ist es, dich zu hüten, daß dir der Wirthshausbesuch nicht zum Bedürfnisse, zur Leidenschaft werde, daß du nicht Sclave des Wirthshauses werdest. Daher dürfen wir es dir mit allem möglichen Nachdrucke an's Herz legen, daß du den unbedingt regelmäßigen, täglichen Besuch meidest und es über dich gewinnest, ein und anderes Mal vielmehr daheim zu bleiben. Gewinnst du das nicht mehr über dich? Dann sollst du dich fragen, ob das nicht ein Stück Schande sei? Jedenfalls ist dein Wirthshausbesuch dann für dich um so bedenklicher.

Pflicht ist es, darauf bedacht zu sein, nicht gar zu lange im Wirthshause zu verweilen, am Wenig - sten im Laufe des Tages. Liegt nicht in der That etwas Unwürdiges darin, vielleicht sogar regelmäßig70 ganze Stunden des eigentlichen Tages im Wirths - hause zu versitzen? Pflicht ist es, vollends für einen Familienvater, daß er die Unsitte, bis in die Nacht hinein im Wirthshaus zu sitzen, entschieden von sich fern halte. Nichts frißt das wahre christliche Leben mehr an, wie das.

Doch ziemlich unnütze Ermahnungen, wenn Je - mand sich nicht entschließet, in diesem Punkte sich eine feste Regel zu machen, um an ihr zu halten und ohne die allerwichtigsten Gründe nicht davon abzuge - hen; eine Regel in Betreff der Zeit: Nur so und so lange im Wirthshause, in der Gesellschaft zu verweilen; nie über die Stunde hinaus, nie; dann und dann sicher zu Hause zu gehen und sich durch Nichts halten zu lassen; eine Regel in Be - treff des Maßes der zu genießenden geistigen Ge - tränke: So und so viel nur! Unerbittlich nur so viel! Nie mehr! Unter keiner Bedingung, auf keine Veranlassung, auf kein Zureden mehr! Aber das geht ja nicht an! das ist ja unmöglich! erwiederst du vielleicht. Sagst du: Das ist doch recht schwer! so geben wir es dir nach Umständen zu. Insbesondere wird's schwer für dich, es also zu halten, wenn dir die Unordnung, das Uebermaß schon zur Gewohnheit geworden. Aber unmöglich nein! Denk einmal nach, werther Freund, wie oft vielleicht schon in deinem Leben hast du dich zu noch Schwererem verstanden und es zu Stande gebracht, wenn du einsahest, es müsse eben so, es handele sich um dein Wohl.

Nun, hier handelt es sich um dein Wohl in einem sehr hohen Grade; hier handelt es sich zugleich um das Wohl deiner Kinder. Wir haben's ja dargelegt,71 ein Wirthshausleben, wie das deinige bisher war, führt gar sehr die Gefahr mit sich, dich um deinen rechten christlichen Geist und deine Kinder um den Segen einer christlichen Erziehung, dich und sie in's Verderben zu bringen. Es ist deine Pflicht, dasselbe in's rechte Geleise zurück zu führen, es handelt sich um dein und deiner Kinder Heil. Das braucht Gewalt; nur die Gewalt brauchen, gewinnen's .

Also Folgendes stehe für dich fest: Nicht gar so lange im Wirthshause zu verweilen, am Wenigsten im Laufe des Tages. Halte es als des Christen unwürdig, fast regelmäßig ganze Stunden des Tages im Wirthshause zu versitzen. Und am Abende: Nie in die Nacht hineinzusitzen! Nichts ist demoralisi - render, als das. Lasse es dir angelegen sein, in dieser Hinsicht eine gewisse Regel zu haben; eine Regel in Betreff der Zeit: So und so lange nur im Wirthshause, in der Gesellschaft zu verwei - len; nie über die Stunde hinaus! Dann und dann sicher zu Hause zu gehen und dich durch Nichts hallen zu lassen. Eine Regel in Betreff des Maßes der zu genießenden geistigen Getränke: So und so viel! Unerbittlich nur so viel! Nie mehr, unter keiner Bedingung, auf keine Veranlas - sung, auf keine Zureden!

Halst du es nicht so, dann wird das Wirthshaus und die Gesellschaft für dich nur zu leicht, ja so fast mit Gewißheit zur Gefahr, zum Verderben auf die Dauer. Für dich und du bist Vater für deine Kinder! Hab Erbarmen mit deinen Kindern!

c) Laß es nicht an der Uebung fehlen.

Es handelt sich um die wesentlichste Bedingung einer rechten, den Absichten Gottes entsprechenden72 Kindererziehung, darum, daß der Vater ein wahr - haft christlicher sei und im rechten christlichen Geiste und Sinne bestehe. So viel daran liegt, so viel soll der Vater es sich angelegen sein lassen, alles das fern zu halten resp. zu meiden, was ihm die Behauptung der Frömmigkeit schwieriger macht, was dieselbe in Gefahr stellt.

Aber beim besten Willen wird das nicht immer in solchem Grade geschehen können, daß nicht dennoch in dieser Hinsicht manche Schwierigkeit und Gefahr für den Vater bleibe; es thut Noth, mit verhältniß - mäßigem Eifer die Mittel in Anwendung zu bringen, welche geeignet sind, trotz solcher Gefahren und Schwie - rigkeiten den Geist der christlichen Frömmigkeit im Herzen und Leben des Vaters zu erhalten, zu festigen und zu fördern, so daß er mehr und mehr den Ge - fahren und Schwierigkeiten trotze. Bekannte Mittel, die in jedem christlichen Leben, soll es anders Bestand und Fortschritt finden, Platz haben müssen. Aber es lohnt sich, ja es thut Noth, sie hier in Kürze insbesondere den Vätern vorzuführen und es ihnen zum Bewußtsein zu bringen, wie die treue und eifrige Verwendung dieser Mittel, während sie zur Ver - nachlässigung derselben vielleicht am Meisten geneigt sind, grad für sie von ganz besonderer Wichtigkeit und Bedeutung ist.

1. Um was handelt er sich?

Diese Frage oft an sich zu stellen, das ist das erste Mittel. Wofür der Mensch etwas thun soll, daran muß ihm etwas liegen. Wer wird Mittel anwenden für eine Sache, woran ihm wenig oder nichts liegt? Welcher Vater wird also treu und eifrig73 sein in der Anwendung der Mittel zur christlichen Gottesfurcht und Frömmigkeit, wenn ihm an dieser nicht viel, wenn ihm nichts daran liegt? Wie wenig liegt Manchem daran!

In der That liegt Alles daran. Im Grunde die einzige Aufgabe, welche Gott dem Menschen auf Erden gegeben hat, daß er sich in Gottesfurcht und Frömmigkeit übe und so sein zeitliches und ewiges Heil gründe. Alles, was sonst auf Erden noch Be - deutung und Wichtigkeit hat, sollte nach Gottes Ab - sicht und Willen nur Mittel sein zu jenem großen Zwecke. Wenn das kurze Menschenleben auf Erden abgelaufen ist und der langen, endlosen Ewigkeit Platz gemacht hat, da hat Jegliches, was auf Erden dem Menschen immer am Herzen liegen mag, Be - deutung und Werth für immer verloren; nur Eins hat da Bedeutung und Werth behalten Gottes - furcht und Frömmigkeit; wer sie geübt hat, ist ewig glücklich, wer sie nicht geübt hat, ewig unglücklich.

Und haben wir einen Vater im Auge, so kommen noch die Kinder, ja leicht Kinder und Kindeskinder hinzu; jenachdem er Gottesfurcht und Frömmigkeit übt oder nicht übt, werden aller Voraussicht nach auch sie selbe üben oder nicht üben, also wie er ewig glücklich oder unglücklich sein.

Wie viel liegt also bei einem Vater daran, daß er in wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit bestehe! Alles liegt daran. Es handelt sich ja um sein und seiner Kinder zeitliches und ewiges Wohlergehen.

Das, christlicher Vater, rufe dir also oft, immer von Neuem in's Bewußtsein, damit du in deine zeit - lichen Bestrebungen, in den Sorgen und Zerstreuun -74 gen des Lebens nicht gar zu sehr aufgehest. Frag dich oft und sag dir: Worum handelt es sich denn bei meinen zeitlichen Angelegenheiten, bei meinen Ge - schäften, Arbeiten und Sorgen? Um was anders, als um mein und meiner Kinder Wohl, darum, dieses, jenes Gute zu erringen, dieses, jenes Uebele abzuwenden. Nun aber giebt es nichts auf der Welt, wodurch mein und meiner Kinder Wohl in solchem Grade bedingt wäre, als die Uebung christlicher Gottes - furcht und Frömmigkeit; nichts, wodurch so vieles und großes Uebel über mich und meine Kinder ge - bracht wird, als durch Vernachlässigung dieser Uebung, durch Gleichgültigkeit und Sünde.

Und die Folgerung: So ist's billig, daß nichts mir so sehr am Herzen liege, als treue und beharr - liche Uebung der christlichen Gottesfurcht und Fröm - migkeit.

Was thut dazu Noth? Die Antwort giebt uns die fernern Mittel:

2. Bete!

Bete namentlich am Morgen und am Abende. Das muß heilige Regel sein. Wer selbst am Morgen und Abende nicht wenigstens ein kurzes Gebet ver - richtet (zu andern Zeiten des Tages wird der's noch viel weniger thun), der beweiset dadurch schon, daß das religiöse Leben in ihm, wenn nicht schon erstor - ben, doch am Ersterben ist; aber eben in Folge dieser Versäumniß wird dasselbe nach und nach sicher mehr und mehr ersterben und der Mensch ganz in irdi - schen Bestrebungen und in Sünde aufgehen. Oder muß er, wenn er nicht einmal am Beginn und Schluß des Tages ein wenig zur Besinnung kommt, um sich seiner höhern Bestimmung und der ewigen Wahr -75 heiten bewußt zu werden, und dann am Tage noch weniger dessen eingedenk ist, nicht nach und nach allen Sinn für's Höhere verlieren? Und dann seine Gna - denarmuth! Unser h. Glaube lehrt uns, daß der Mensch, während er, um sein Heil zu wirken, die Sünde meiden und seine Pflichten erfüllen muß, weder zu dem einen noch zum Andern im Stande ist ohne die Hülfe der göttlichen Gnade. Im Allgemeinen liegt's im göttlichen Rathschlusse, daß der Mensch diese Gnadenhülfe nur empfangen soll, wenn er in gebührender Weise Ihn darum bittet. Darum soll der Christ insbesondere jeden Morgen den Herrn um die Gnaden bitten, deren er bedarf, um heut in den Versuchungen zu bestehen, um heut Alles gut und gottgefällig zu vollführen. Thut er's nicht, so werden ihm nur zu leicht diese Gnaden fehlen und die Folge? Er wird in der Versuchung wanken und fallen; der Tag wird leer bleiben von wahrhaft guten, vor Gott und für die Ewigkeit gültigen Werken, es wird leicht ein Tag werden, welcher, anstatt dem Himmel näher zu führen, weiter von ihm zurückdrängt, der Hölle näher führt. Und wie erst, wenn's also Regel ist?! Wenn kaum je ein Morgen oder Abend durch Gebet geweihet wird?!

Und ist, wie wir vernahmen, vielfach für die Männer, für die Väter die Gefahr, vom Irdischen verstrickt zu werden, größer, werden sie leicht mehr und heftiger von Versuchung angefochten, thut ihnen dann das Gebet am Morgen und Abende nicht doppelt Noth? O es unterliegt keinem Zweifel, daß in der Unterlassung und Versäumniß dieser doch so einfachen und leichten Uebung ein Hauptgrund mitliegt, warum so oft bei Männern, bei Vätern so wenig christlicher76 Sinn, so wenig christliche Frömmigkeit sich findet - zum großen Schaden, zum Verderben für die Kinder.

Wir nannten die pünktliche Verrichtung des Mor - gen - und Abendgebetes eine so einfache und leichte Uebung. Ist sie es nicht? Am Morgen beim Auf - stehen, beim Ankleiden, und indem man vielleicht auf einige Augenblicke hinkniet oder wenn man will ste - hend sich bewußt werden, was man denn heut soll, sich dazu, zu christlichem Wandel von Neuem kurz entschließen, und darauf den Herrn vielleicht durch ein andächtiges h. Vater unser und unter Anrufung der h. Jungfrau und der Heiligen um seinen Gna - denbeistand bitten; eben so am Abende, ehe man sich zur Ruhe begiebt, in Danksagung, Abbitte und Empfeh - lung an Gottes Schutz eine entsprechende Gebetsübung machen; könnte das schwer erscheinen? Oder dürfte man Mangel an Zeit dazu vorschützen? Wo ist denn Jemand, der nicht täglich die Zeit fände, die für ihn erforderliche Nahrung zu sich zu nehmen? Nun hat aber das tägliche Gebet für das höhere Leben so ziem - lich dieselbe Bedeutung, wie die tägliche Nahrung für das leibliche Leben; ohne dasselbe verkümmert es, um allmählich zu ersterben.

O christlicher Vater, bei den um deinetwillen und um deiner Kinder willen so viel, Alles daran liegt, im rechten christlichen Geiste zu bestehen, laß es dir eine heilige unverbrüchliche Regel sein, stets am Morgen und Abende zu beten. Es ist das noth - wendige Mittel dazu. Muß nicht schon der Hinblick auf deine Kinder und wie sehr auch ihnen Gottes Gnade Noth thut, an und für sich dich dazu vermögen?

Ja wir möchten noch weiter gehen. Vor etlichen Jahren hielt ein namhafter Jesuitenpater in einer77 größern Stadt vor einer größern Zahl von Männern aus den angesehenen Ständen eine Reihe sogenannter Conferenz-Vorträge, die einen großen Eindruck mach - en. Im Schlußvortrage, welcher zur Aufgabe hatte, Mittel zur Hand zu geben, um das durch die Con - ferenzen gewirkte Gute zu erhalten und fruchtbar zu machen, erklärte er: Einen der ersten Plätze unter diesen Mitteln nehme die tägliche Beiwohnung der h. Messe ein. Wir haben nicht in Erfahrung ge - bracht, wie viel Nachachtung des Paters Wink ge - funden hat; aber gut, willkommen geheißen haben wir ihn von ganzem Herzen.

Warum wohnen vielfach der täglichen heiligen Messe so wenig Männer bei? Thut es ihnen weniger Noth, als den Frauen? Wir haben gesehen, daß es ihnen wegen der größern Schwierigkeiten und Gefahren ihrer Heilswirkung noch viel mehr Noth thäte. Oder sind sie nicht in der Lage? Haben sie nicht Zeit? Manche freilich nicht. Aber wie Viele hätten gar wohl die Zeit dazu, würden sie wenigstens sehr leicht finden können, wenn sie vielleicht nur eine halbe Stunde früher aufstehen wollten, ja nicht einmal das, wenn sie es nur ein wenig darauf ablegten. Was würde das für ein Segen sein für ihr Tagesleben! Wie würde das an sich und in Kraft der Segnungen des h. Opfers den christlichen Geist nähren und auf - recht halten! Wie reich würde das die Gnade des Himmels auf das tägliche Leben und Thun herab - ziehen! Zu welchem Segen auch für die Kinder sich gestalten, um so mehr, wenn dabei dem auf dem Altare gegenwärtigen und sich zum Opfer weihenden Kinderfreunde die Kinder empfohlen würden!

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3. Gedenke, daß du den Sonntag heiligst.

Hier brauchen wir mit Fleiß Gottes eigenes Wort. Dürfte nicht geglaubt werden, daß der Nach - druck, mit welchem der Herr die Feier des h. Tages eingeschärft hat, Sein Gedenke! fast vor Allen an die Männer, an die Väter gerichtet sei? Wem thut eine rechte Sonntagsfeier mehr Noth? Wenn, wie oben gesagt, die ganze Lebensverumständigung der großen Mehrzahl von Männern darnach angethan ist, das Herz unmäßig vom Höhern abzulenken und an's Irdische zu fesseln, und in mancherlei Verirrung ab - zulenken, welche Bedeutung hat dann grad für sie der Sonntag und daß an ihm nach Gottes Willen nun einmal alle irdische Arbeit und Beschäftigung ruhe und das Bewußtsein der höhern Bestimmung und seine Weihe am Herzen zur Geltung komme und Herz und Willen wieder zu h. Regungen und Ent - schließungen hinaufgetragen und das erforderliche Maß der Gnade wieder ergänzt werde?

Wie aber, wenn nun der Mann, der Vater auch diesen Tag nicht solcher Erneuerung weihet, auch an diesem Tage nicht lässet von seinem irdischen Sinn und Streben, auch am Sonntage seinen Geschäften und Sorgen nachhängt und um Gebet, Gottesdienst, um Gottes Wort und christliche Uebung sich wenig oder gar nicht kümmert? Wird dann nicht, muß nicht nothwendig der christliche Charakter mehr und mehr zu Schanden werden und die Seele zu Grunde gehen?

O christlicher Vater, halte den Sonntag nach Gottes h. Willen und Absicht. Halte dich überzeugt, daß es nothwendig ist, um dein eigenes Heil zu wirken, nothwendig, um deinen Kindern ein christ -79 licher, d. i. ein guter Vater zu sein. Wer könnte zweifeln, daß das schon um des Beispiels willen h. Pflicht für dich sei. Auch für die Kinder liegt eine Bedingung ihres Heiles darin, daß sie früh es lernen und gewöhnt werden, den Sonntag nach Got - tes h. Willen zu feiern. Werden sie es, wenn sie sehen, wie leicht es der Vater mit dem Sonntage nimmt? Doch das wollten wir nur nebenbei er - wähnen. Hier handelt es sich um die würdige Sonn - tagsfeier nur in so fern, als sie ein Mittel, eines der wesentlichsten Mittel für den Vater ist, um im rechten christlichen Geiste zu bestehen und zu gedeihen. O, in der That, darin allein schon, daß ein Vater den Sonntag nach Gottes Willen und Anordnung hält, liegt eine in hohem Grade sichere Bürgschaft dafür, daß er ein wahrhaft christlicher, d. i. guter Vater an seinen Kindern sein und eine wahrhaft christ - liche Erziehung ihnen angedeihen lassen werde.

Also wiederum heilige Regel sei's: Am Sonn - tag ruhet jegliche Arbeit, jegliches Geschäft, so nicht die Noth gebietet! Er ist der Ruhetag des Herrn, spricht Gott, an ihm sollst du kein Geschäft thun. Heilige Erbauung zu finden und neue Anregung und Erweckung und Gnade zum Guten und so wie - der gerüstet zu werden und tüchtig für das große Geschäft der Heilswirkung, das sei es, was am Sonn - tage über Alles am Herzen liege. Daher treue an - dächtige Anwohnung der h. Messe, Anhörung des göttlichen Wortes, Betheiligung an den kirchlichen Gottesdiensten, erbauliche Lesung und Uebung, so viel es die Umstände immer gestatten. Und darf und soll daneben auch die Erholung und das Vergnügen Platz80 finden, nie wird dabei das rechte Maß überschritten oder die rechte christliche Weise verleugnet.

Wohl dem Hause, worin's der Vater und dann auch das ganze Haus also mit dem Sonntage hält. Der Geist echter christlicher Gottesfurcht und Fröm - migkeit wird in ihm mehr und mehr festen Bestand gewinnen und heimisch werden und die kostbarsten Segnungen des Himmels werden sich über dasselbe verbreiten! *)Es versteht sich so fast von selbst, daß in einem Hause, in welchem eine würdige Sonntagsfeier zur Regel geworden ist, auch die Feste der h. Kirche ihre gebührende Begehung finden. Welche reiche Nahrung und welche Förderung des guten katholischen Sinnes und Lebens liegt aber in einem solchen Anschlusse an die h. Kirche in der Art, wie sie ihr Kirchenjahr begeht und ihre Feste feiert! Zugleich, welche kostbare Mitgift für die Kinder, wenn sie in solchem Hause dann von zartester Jugend an in das Jahr der h. Kirche und in die Feier ihrer Feste thatsächlich eingeführt werden!

Nunmehr bliebe uns, da es sich um die Haupt - mittel zum Fortbestande und Gedeihen echt christlichen Geistes handelt, nur noch eins übrig, welches im gewissen Betrachte die Krone der übrigen ist:

4. Steh auf und !

So sprach der Engel zum Elias, als er auf der Flucht vor der grausamen Königin Jezabel ermüdet unter einem Wachholderstrauche eingeschlafen war. Er brachte ein wunderbares Brod mit sich; dann weckte er ihn und sprach: Steh auf und , denn du hast noch einen weiten Weg zu machen.

Wie oft gehst du zur h. Communion? Wenn man an Sonn - und Festtagen diejenigen sieht, welche81 am h. Tische sich einfinden, so ist fast regelmäßig die Zahl der weiblichen Personen ganz unverhält - nißmäßig überwiegend. Männer finden sich unter ihnen, wenn überhaupt noch doch in sehr ge - ringer Zahl. Wir wollen das nicht zu strenge be - urtheilen. Wir wollen zugeben, daß es der Frau schon mehr, wie dem Manne, nahe liegen mag, zu den hh. Sakramenten zu gehen; daß man dem Manne ein oder anderes Mal weniger schon zu Gute zu hal - ten sich geneigt finden mag. Aber dieses weniger findet doch nur zu oft in einem Grade statt, und das Erscheinen des Mannes am Communiontische gehört mitunter so sehr zu den seltenen Dingen, daß es recht sehr zu bedauern steht und geeignet ist, bange Befürchtung zu wecken, zumal, wenn es Väter sind, wobei man solche Bemerkung zu machen hat.

Woher denn diese Erscheinung? Findet sie in der Art und Lage der Väter ihre Erklärung und Entschuldigung? Darf man's von ihnen vielleicht nicht erwarten, daß sie öfter zur h. Communion kommen? Nenne man uns Gründe!

Haben sie es vielleicht nicht nothwendig, öfter die h. Communion zu empfangen? Wir haben oben vernommen, daß die Männer, wenn es sich um ein wahrhaft christliches Leben handele, mit mehr Schwie - rigkeiten zu kämpfen haben, größeren Gefahren aus - gesetzt sind, und leicht härtere Kämpfe bestehen müssen, als die Frauen. So haben sie denn auch Anregung, Ermuthigung und Gnade dazu nöthig, mehr, als Frauen. Wo könnten sie solche Anregung, Ermuthi - gung und Gnade reichlicher finden, als eben in dem würdigen Empfange der hh. Sakramente der Buße und des Altars! Keiner, der anders in den Wegen82 des christlichen Lebens erleuchtet ist, verkennt es, daß eine der wesentlichsten Ursachen, warum manche Män - ner so wenig Herz und Sinn haben für Gott und das Höhere, so sehr an die Welt und Sünde verkauft sind, eben in der großen Seltenheit ihrer h. Beichten und Communionen liege. Nun ermattet das höhere Leben, weil ihm die h. Speise, die der göttliche Hei - land eben für es hinterlassen hat, so lange vorent - halten, weil sie so selten empfangen wird; nach und nach erstirbt es ganz. Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset, spricht der Herr, und Sein Blut nicht trinket, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben.

Das leibliche Leben muß, soll's nicht ermatten und erliegen, durch täglich neuen Genuß der Nah - rung gefristet werden; auch das höhere Leben bedarf der Stärkung durch die Nahrung der göttlichen Gnade; diese Nahrung hat der Herr aber insbesondere im h. Sakramente des Altars bereitet; da soll der Christ sie suchen und empfangen. Versäumt er es, so wird ihm die nothwendige Gnade zur Heilswirkung fehlen; der Herr wird sie ihm vorenthalten, da er das von ihm zu diesem Zwecke geordnete Mittel nicht anwendet.

O ihr Väter, möchtet ihr's doch erkennen, wie sehr zur Erlangung und Behauptung einer wahren christlichen Frömmigkeit die h. Communion Noth thut, wie sehr es also grad für euch wünschenswerth ist, daß ihr oft die h. Speise empfanget, weil sie das Mittel zu jener christlichen Frömmigkeit ist, welche für euch, für die gute Erziehung eurer Kinder eine so große Bedeutung hat. *)Auch hier muß gesagt werden, daß ein gebührender Eifer im Empfange der h. Communion für einen Vater um so mehr als Pflicht erscheint wegen der Obliegenheit, den Kindern in diesem wichtigen Punkte ein gutes Beispiel zu geben. Werden die Kinder öfter zur h. Communion gehen, wenn der Vater darin so lässig ist?

83

Und warum denn nicht? Warum denn nur so selten zur h. Communion gehen? Ist es euch viel - leicht nicht möglich, öfter hinzuzutreten? O, bekennt es nur, es liegt fast immer einzig an euerm guten Willen. Wer ernst will und es sich angelegen sein lässet, der findet sicher nach Verlauf von etlichen Wochen oder höchstens einigen Monaten die Zeit, welche zur h. Beicht und Communion in Anspruch genommen wird. Recht besehen und aufrichtig ge - sprochen liegt der eigentliche Grund jener Seltenheit stets in einem Mangel an Liebe zum Herrn, an Eifer für das Seelenheil, welcher dann durch die Seltenheit der Communionen noch ärger wird.

Also auch hier werde und sei es h. Regel, daß, wie die Mutter, auch der Vater recht oft, immer von Neuem die h. Speise empfange. Das wird den Geist christlicher Frömmigkeit immer von Neuem wieder in ihm nähren und kräftigen und denselben immer höher fördern; das wird ihm Schutz und Kraft bieten in den Gefahren und Schwierigkeiten, die seine Le - bensverhältnisse für das christliche Leben mit sich füh - ren; das wird vor Allem dazu beitragen, ihn zu einem wahrhaft christlichen Vater zu machen.

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Die Thätigkeit des christlichen Vaters.

Lange haben wir beim vorigen Theile verweilt, aber nicht zu lange. Arbeiteten wir ja am Funda - ment; das mußte, wo es sich um einen Bau handelt, der in die Ewigkeit hineinragt, sicher und fest sein. Christlich muß der Vater sein, darauf kommt Alles an. Auf den Familien darüber sind alle Einsichtigen einverstanden ruhet zumal in un - sern Tagen nächst Gott das Heil der Welt, auf der Mutter, auf dem Vater. Wird aber gefragt, welche Eigenschaften den Vätern, wie den Müttern vor allem Noth thun, damit sie das Heil anbahnen, so werden alle Erleuchteten sagen: So wichtig auch für den guten und rechten Fortgang der Erziehung manche andere Eigenschaften sind, die erste, höchste, wichtigste und nothwendigste ist, daß wie die Mutter, so auch der Vater wahrhaft christlich sei.

Und ist es uns gelungen, es in etwa gebührend zum Bewußtsein zu bringen, welche Bedeutung für den rechten Fortgang der Erziehung insbesondere die echt christliche Gesinnung des Vaters habe, so wird man es der Sache durchaus entsprechend finden, daß wir so eingehend darauf hingearbeitet haben, die Väter dahin zu vermögen, daß sie wahrhaft christliche Väter seien. Es reichte nicht hin, ihnen blos zu sagen, wie wichtig das sei und sie dazu zu ermuntern; es mußte bestimmt und im Einzelnen dargelegt werden, was zu meiden, was zu thun sei, um im rechten christlichen Geiste zu bestehen und fortzuschreiten.

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Nunmehr kommen wir an die Handhabung des väterlichen Berufes, an die Frage, was der christliche Vater denn zu thun habe, um das Werk der Erzie - hung heilsam zu vollführen? Wir haben es uns nicht zur Aufgabe stellen können, eine vollständige Lehre von der christlichen Erziehung zu geben; dann würde ja unsere Arbeit zu einem umfangreichen Buche anwachsen, welches anzuschaffen und zu lesen am Ende nur Wenige im Stande sein würden. Nur einige Punkte, die im Werke der Erziehung leicht vor - wiegend für den Vater als besonders wichtig er - scheinen, möchten wir hervorheben. Das reicht bei unserer Voraussetzung auch hin; ist nämlich nach un - serer Voraussetzung die Hauptsache, ein echt christlicher Geist, beim Vater da, so wird derselbe kraft eigener Ueberlegung und im Lichte der ihm zur Seite stehen - den göttlichen Gnade im Wesentlichen den rechten Weg in der Erziehung ohne Zweifel schon von selbst finden. *)Dennoch können wir nicht umhin, den Vätern auch die Lesung unsers Werkchens die christliche Mutter (14. Auflage) bestens zu empfehlen. Im Wesentlichen hat das dort Gesagte auch für den christlichen Vater Geltung. Auch bei ihm muß, soll das Werk der Erziehung wohl gelingen, jene natürliche Liebe zu den Kinden durch den Glauben und durch die Gnade geweihet und verklärt sein (Seite 35); auch bei ihm kann man von jener Mit - gift (S. 45) sprechen, dahin, daß auch des Vaters Wesen und Eigenschaften als ein Segen oder Unsegen auf die Kinder übergehen; auch er hat sein Theil dazu beizutragen, daß im Hause jene Weihe (S. 53) herrsche, welche den guten Erfolg der Erziehung so wesentlich bedingt; und handelt es sich bei der Mutter um die Einführung der Kinder in die christliche Wahrheit (S. 57), so ist das ohne Zweifel eine gemeinschaftliche Aufgabe der Mutter und des Vaters. Aehnliches gilt von dem Vor - gehen gegen die Fehler der Kinder (S. 65), von der Huth der h. Scham und Unschuld (S. 78), von der Anleitung (S. 88), endlich vom Gebete der Mut - ter (S. 116.) Indem wir in diesem unserm Werkchen von den noch übrigen Punkten in Betreff der guten christ - lichen Erziehung die wesentlichsten hervorheben, so bilden beide Werkchen der christliche Vater und die christliche Mutter in gewissem Betrachte ein Ganzes. Recht sehr möchten wir daher um der guten Sache willen wünschen, daß die Väter auch das letztere, und die Mütter auch das erstere Werkchen lesen möchten.

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1. Sammelt euch Schätze.

Das lautet ja fast, als wollten wir, indem wir das christliche Erziehungsgeschäft besprechen, einen Punkt oben an stellen, welchem nach christlichen Grund - sätzen nicht die erste Stelle gebührt, nämlich die Sorge des Vaters für das zeitliche Fortkommen der Kinder, die Ansammlung einer reichen Mitgift an die Kinder.

Doch nein! Erklären wir uns! Allerdings betrifft das was wir sagen zunächst die Thätigkeit und die Bemühungen des Vaters für das zeitliche Fortkommen seiner Kinder. Sie bildet ja unzweifel - haft (auch nach christlichen Grundsätzen) einen Theil seiner väterlichen Aufgabe. Ihm hat es der Herr aufgegeben, das zu erwerben, was nothwendig oder wünschenswerth ist, um den Kindern in entsprechender Weise Nahrung und Kleidung zu verschaffen, um sie Nützliches und Nothwendiges lernen zu lassen, um sie in den Stand zu setzen, zur Zeit selbst ein standes - mäßiges Auskommen zu finden. Doch dazu bedarf es für einen christlichen Vater wohl kaum der Er - munterung und Ermahnung; er findet sich dazu von selbst angeregt. Wir haben auch nichts dawider zu87 erinnern, wenn ein Vater es sich angelegen sein läs - set, dahin zu kommen, daß er zur Zeit seine Kinder mit einer reichen Mitgift ausstatten könne, wenn er darüber nur das Wichtigste, die Sorge für sein und der Kinder Seelenheil nicht unzeitig aus dem Auge lässet. Das ist ohne Zweifel die kostbarste und die das Glück der Kinder am Meisten bedingende und sichernde Mitgift, wenn Vater und Mutter Sorge ge - tragen haben, den Kindern von früh an einen reichen Schatz von christlicher Gottesfurcht und Frömmigkeit zu vermitteln. Wie im Gegentheil jede auch noch so reiche Mitgift und Ausstattung, welche Kinder von ihren Eltern empfangen, zu theuer erkauft ist, wenn über deren Erwerb der echt christliche Geist bei Eltern und Kindern Schaden genommen hat. Es wäre nicht schwer, aus dem Leben die zahlreichsten Belege für die Wahrheit herbeizuführen, daß nicht diejenigen die Glücklichsten sind, welche die reichste Mitgift, sondern vielmehr die, welche die beste, eine wahrhaft christliche Erziehung von ihren Eltern empfangen haben.

Also nicht von Schätzen für die Kinder ist hier Rede, sondern von Schätzen, welche die Väter eben durch ihre Bestrebungen für das zeitliche Fortkommen ihrer Kinder für sich selbst sammeln sollen und zwar durch die Art, wie sie dieselben vollführen.

Beginnen wir mit einer Erzählung: Wir kannten einen Mann, der selbst keine Kinder hatte. In einer Predigt ergriff ihn in ganz eigenthümlicher Weise das vom Prediger verwendete Wort des Herrn: Wer ein solches Kind aufnimmt in Meinem Namen, der nimmt Mich auf; es ließ ihm keine Ruhe und es verfolgte ihn der Gedanke, vielleicht habe Gott eben darum ihm leibliche Kinder vorenthalten, auf daß er sich armer,88 verlassener Kinder annehme. Bald reifte der Ent - schluß, dem Winke zu folgen. Die Frau war von ganzem Herzen einverstanden. Nicht lange, da zog das erste Kind, ein Waisenkind, ein; ihm folgte bald ein zweites, und schließlich hatte er sechs verwahrlo - sete oder verwaisete Kinder. Niemand, der's nicht gewußt oder an der zu großen Verschiedenheit der Gesichtsbildung es gemerkt hätte, würde auf den Ge - danken gekommen sein, daß das lauter fremde Kin - der seien; so sehr hielt der Pflegvater sie als seine eigenen Kinder: Mit solchem Eifer ging er, um für die zahlreiche Familie zu erwerben, seinen Arbeiten und Geschäften nach; und es wurde für die Kinder angeschafft, ausgegeben, Sorge getragen ganz und gar so, wie es von einem Vater nur immer für eigene Kinder geschehen mag.

Welchen Eindruck, christlicher Vater, macht diese Erzählung auf dich, der du aus Erfahrung weißt, was ein Kind, was zwei, drei, was gar sechs kleine Kinder an Arbeit, Mühe, Sorge, Aufopferung von Tag zu Tag in Anspruch nehmen Jahre lang? Wir irren schwerlich, wenn wir in diesem Eindrucke insbesondere einen Gedanken voraussetzen, den Ge - danken: Welchen Schatz von Verdiensten sammelte sich dieser Vater, wie groß wird sein Lohn sein!

Freilich, der Gedanke drängt sich im Anhören unserer Erzählung vor; auch wir hatten ihn mehr als einmal. Denn rechnet man zusammen, was so viele Kinder dem Pflegevater täglich kosteten, welche Mühewaltungen und Anstrengungen sie ihm täglich verursachen, und wie hoch sich das alles im Laufe des Jahres belief; und bedenkt man dann, daß der Herr nicht einen Trunk Wassers, in Liebe gereicht,89 unbelohnt lassen will, wie hoch war dann das Verdienst jenes Vaters, wie groß sein Lohn, da er also in Liebe zum Herrn und zu den Kindern jahrelang täglich so Vieles that und gab!

Nun wohl! Machen wir einmal die Anwendung: Thust du, o Vater, weniger für deine leiblichen Kin - der, als jener Edle für seine Pflegekinder? O nein, du thust ganz dasselbe, leicht noch mehr. Welche Aus - gaben heut, morgen, übermorgen! Und gar im Laufe eines Jahres, im Laufe mehrerer Jahre! Und wie viel Arbeit, Mühewaltung, Anstrengung, Entbehrung, Op - fer ebenso von Tag zu Tag, im Jahre, in Jahren!

Kann man also nicht, wie von jenem Pflegevater, auch von dir sagen: Welch ein Schatz von Verdien - sten und welcher Lohn!? Oder macht es vielleicht einen Unterschied, daß es bei dir die eigenen, leib - lichen Kinder sind, für welche du das alles thust und dir gefallen lässest? Sind sie dem Herrn weniger werth, als jene angenommenen Kinder? Oder wiegt das, was du an ihnen und für sie thust, weniger schwer vor ihm? O nein!

Alles das ist ganz dasselbe bei dir, wie bei jenem Vater. Aber nun weiter! Was ist es denn eigentlich, was jenem Pflegevater das hohe Verdienst bereitet? Das was er an den Kindern thut? Freilich, aber im tiefsten Grunde doch nur darum, weil er es thut aus Liebe zum göttlichen Heilande, aus christlicher Liebe zu den Kindern. Da sind wir also an dem Punkte, zu dem wir steuerten: Thust auch du, christlicher Vater, das, was du an deinen Kindern und für sie thust, in gleicher Weise aus Liebe zum göttlichen Herrn, aus christlicher Liebe zu deinen Kindern? Dann stehst du jenem edlen90 Pflegevater völlig gleich, und wir dürfen auch bei dir sagen: Welch ein Schatz von Verdiensten! Welcher Lohn!

In der That, auf solche Weise wird so fast das ganze Thun und Lassen, das ganze tägliche Leben eines Vaters zu einem ununterbrochenen Werke der Barmherzigkeit. Was ist denn ein Werk der Barm - herzigkeit? Was anders, als etwas, wodurch man dem Nächsten, besonders in der Noth, zu Hülfe kommt, und zwar aus christlicher Liebe? Nun geht aber so fast das ganze tägliche Leben eines Vaters auf in Arbeiten, Sorgen, Bemühungen für seine Kinder, um sie zu speisen und zu tränken , um sie, wenn sie krank sind, wieder herzustellen, um sie zu be - kleiden , um sie zu beherbergen , um sie zu belehren , zu berathen , zu trösten , zu dulden , um ihnen so oft zu verzeihen . Thut also ein Vater das alles im Geiste der über - natürlichen Liebe zu Gott und zu seinen Kindern, so reihet sich in seinem Leben ein Werk der Barm - herzigkeit an das andere.

Wie hoch hält der Herr die Werke der Barm - herzigkeit! Wie reichen Lohn für Leib und Seele, für Zeit und Ewigkeit hat Er ihnen zugesagt!

Siehe also, christlicher Vater, so bist du in der kostbaren Lage, dein Leben, deine Zeit und deine Ewigkeit mit diesem Segen der christlichen Barmher - zigkeit zu erfüllen. Es thut nur Noth, daß du das alles, was du ohnehin täglich für deine Kinder und an ihnen thuest, nun thuest nicht blos nach und aus dem Zuge deiner natürlichen Liebe zu den Kindern, nicht bloß aus Noth, sondern in den Gesinnungen91 der Liebe zu Gott, in christlicher Liebe zu deinen Kindern.

Du sollst deine Kinder als von Gott, deinem Herrn, gegeben und anvertrauet erachten, und was du an Arbeit, Sorge und Entbehrung durch sie hast, das sollst du als von Gott dir auferlegt betrachten, als den von Gott dir gegebenen Beruf und so nun Alles thun und übernehmen und tragen, mit bereit - willigem Herzen aus Liebe zu Gott und zu deinen Kindern. In der That, dann ist all dein täglich Thun ein Gotteswerk und ein Werk der Barmherzigkeit an deinen Kindern. Und jegliches Werk der Barmher - zigkeit, welches in das Leben eines Menschen einge - fügt wird, ist ein ständiger Ruf zum Herrn um Gnade und Barmherzigkeit für den, der es vollbracht hat. Siehe da, wie reich dein Leben werden kann durch deine Kinder! Desto reicher, je größer ihre Zahl, je größer die Mühe und Sorge und Last, so sie dir bereiten.

Ist das nicht auch ganz und gar dazu angethan, dich mit so viel Mühe und Anstrengung, welche dir deine Kinder bereiten, zu versöhnen und vor Unmuth und Ungeduld zu bewahren? Nirgends findet mensch - liche Mühe reichern Lohn, als wenn sie im Dienste dessen, der ein so reicher Vergelter ist, verwendet wird, verwendet wird zum Besten derer, welche Ihm so theuer, welche auch Seine Kinder sind. In der That, die einträglichste Arbeit auf Erden das ist die christlich vollführte Arbeit des Vaters, der Eltern für die Kinder.

Wie sehr steht es also zu bedauern, wenn Eltern, wenn Väter bei ihren Arbeiten, welche ihnen wegen ihrer Kinder obliegen, immer nur die Last und das92 Unangenehme im Auge haben und sie somit nur aus Noth und daher mit Verdruß und Widerwillen voll - führen! Während sie sich dieselben so zu einem schwe - ren Kreuze machen, lassen sie sich den herrlichen Lohn, den sie damit erringen könnten, entgehen, ja versün - digen sich obendrein. Wie bedauernswerh, wenn von der andern Seite Eltern, Väter bei diesen Arbeiten blos durch natürliche Rücksichten bestimmt werden, durch ihre natürliche Liebe zu den Kindern, durch zeit - liche Zwecke; nun haben sie dafür vor Gott und für die Ewigkeit keinen Lohn.

So hab denn Sorge, christlicher Vater, deine Ar - beiten und Bestrebungen zum Besten deiner Kinder von Tag zu Tag im christlichen Geiste zu vollführen. Freilich wird das im Grunde nur dann geschehen können, wenn du von christlichen Gesinnungen wahr - haft durchdrungen, wenn du eben ein wahrhaft christ - licher Vater bist. So legt sich das also auch von dieser Seite nahe.

2. Das Regiment.

Es fällt in die Augen, daß wir damit, nunmehr die Erziehung selbst in's Auge fassend, einen Punkt an die Spitze stellen, der im Werke der Erziehung eine hervorragende Bedeutung hat und ohne Zweifel ganz vorwiegend Sache des Vaters ist. Ist ja nach der Erklärung des göttlichen Vaters der Mann das Haupt des Weibes (1. Cor. 11, 3) und somit das Haupt der ganzen Familie, der Herr des Hauses; er soll also das Regiment führen, freilich ein christliches Regiment, wie er ja ein christlicher Vater ist, und als solcher denen, welche ihm unter - than sind und sein sollen, Liebe, herzliche, aufrichtige93 Liebe schuldig ist. Ihr Männer , ermahnt der Herr, liebet euere Frauen, wie Christus Seine Kirche liebet! Und welcher christliche Vater liebte nicht seine Kinder? Also ein durch Liebe gemildertes und geleitetes Regiment; aber immer ein Regiment. Der Vater soll es handhaben; er muß es handhaben, soll anders das Werk der Erziehung wohl von stat - ten gehen.

Wo ist ein Staat auf Erden, der nicht seine Obrigkeit hätte? Jedermann sieht, daß es ohne dies nicht geht. Es muß, soll Ordnung und Ruhe be - stehen und das Wohl des Landes gedeihen, ein Kai - ser oder König oder eine oberste Behörde mit ihrem Präsidenten an der Spitze stehen; also eine Obrigkeit. Ihr Wille, in der Anerkennung der bestehenden oder in Erlassung neuer Gesetze ist maßgebend für Alle; sie wacht über die Beobachtung derselben und be - steht darauf; sie übt über die Widerstrebenden Straf - gewalt. So die weltliche Obrigkeit in den Staaten und in den irdischen Angelegenheiten. Aehnlich ist in der Kirche ein Oberhaupt über Alle, und Ober - hirten in den einzelnen Bezirken und gleichfalls Ge - setz und Vorschrift, Überwachung und Strafe. Es kann nicht anders, es muß so sein, soll ein staat - licher oder kirchlicher Verein bestehen und seinem Zwecke entsprechend die Wohlfahrt der Mitglieder, der Untergebenen begründen und fördern.

Ganz dieselbe Bewandtniß hat es mit der Fa - milie. Soll ihre Wohlfahrt gedeihen, soll also, was ja den Haupttheil der Wohlfahrt einer Familie aus - macht, die Erziehung der Kinder wohl von statten gehen, so muß es in ihr ähnlich sein, es muß ein Regiment in ihr bestehen, sie muß ein Oberhaupt94 haben. Und in der That hat der Herr ein solches für sie eingesetzt; es ist der Vater. Er ist das Ober - haupt der Familie; von ihm also (sei es auch im Verein mit der Mutter) geht Gesetz, Regel und Ordnung aus; er wacht über die treue Ein - haltung derselben; er übt das Strafrecht. Eben so viele Punkte für unsere nächsten Erörterungen.

a) Gesetz, Regel und Ordnung.

Das Haus ist nach Gottes weisem Rathschlusse die Pflanzstätte für Kirche und Staat. Hier sollen die Kinder herangebildet werden und heranwachsen zu guten Menschen und zu guten Christen, um dann zur Zeit, das elterliche Haus verlassend, im Staate und in der Kirche dazustehen und zu wirken als würdige und nützliche Mitglieder.

So giebt es auch Pflanzstätten für den geistlichen Stand, die Seminarien*)Seminar heißt Pflanzstätte., von geistlichen Oberhirten gegründete Häuser, in welchen junge Leute, die den Beruf zum geistlichen Stande in sich finden, zu wür - digen und nützlichen Mitgliedern des geistlichen Stan - des herangebildet werden sollen. Das ist also der Zweck, die Aufgabe dieser Priesterhäuser, ihre Zög - linge zu guten Priestern heranzubilden und daher den Geist des Priesterlichen Berufs in ihnen zu hegen und zu pflegen und sie für die Aufgaben des priester - lichen und seelsorglichen Berufes geschickt und tüchtig zu machen, sie in ihren Beruf einzuführen.

Für diesen Zweck ist dann Alles in einem solchen Priesterhause eingerichtet: Vor Allem besteht für das - selbe eine bestimmte Regel für das tägliche Leben und95 Verhalten der Zöglinge, das Statut. Dasselbe ist, zur Zeit von den geistlichen Obern nach reiflichster Ueberlegung verfaßt, nach und nach an der Hand der Erfahrung zum Abschlusse gekommen; seine einzelnen Bestimmungen und Vorschriften zielen sämmtlich dahin, das tägliche Leben und die Beschäftigungen der Zöglinge so zu regeln, daß der Zweck des Se - minars möglichst vollkommen erreicht werde. In die - sem Statut ist daher Zeit und Stunde festgesetzt, wo die Zöglinge am Morgen aufzustehen, am Abende sich zur Ruhe zu begeben haben; fest steht die Zeit für Frühstück, Mittags - und Abendessen, für die täg - lichen Erholungen; es sind die täglich oder zeitweilig zu machenden religiösen Uebungen (Morgen - und Abendgebet, Betrachtung, h. Messe, Beicht und Com - munion u. s. w.) angegeben und für jede wie auch für Studium und seelsorgliche Anleitungen die be - stimmte Zeit festgesetzt; dazu kommen dann Regeln und Vorschriften in Betreff mancher anderer, das zusammenleben und den gegenseitigen Verkehr u. s. w. betreffenden Punkte. Das ist die Regel, das Statut; und der Vorstand des Seminars leitet das - selbe ganz nach den Bestimmungen dieses Statuts; er überwachet die Beobachtung dieses Statuts, er hat auf dieselbe durch Aufsicht, Ermahnung und nach Umständen durch ernstere Mittel hinzuwirken. So viel und so vollkommen das geschieht, so viel er es versteht, die Zöglinge dahin zu vermögen, daß sie treu und gewissenhaft nach dem Statut ihr ganzes Thun und Lassen regeln, so viel (es darf gehofft wer - den) wird der Zweck des Seminars an ihnen erreicht, so viel werden sie also zur Zeit als gute Priester und Seelsorger das Seminar verlassen. Ohne Statut,96 ohne Regel und Ordnung und ohne treues Halten daran würde das nimmer der Fall sein.

Wir nannten oben die Familien die Pflanzstätten für Kirche und Staat. Also Pflanzstätten, Semi - narien. Sollen auch sie ihren Zweck, würdige und nützliche Glieder für Staat und Kirche heranzubilden, erreichen, so müssen sie in ähnlicher Weise, wie die Priesterseminarien, ihr Statut, ihre Regel und Ord - nung haben und der Vater, der Vorstand der Fa - milie muß für treues Halten daran Sorge tragen.

Es bedarf kaum der Erwähnung, daß es unmög - lich unsere Meinung sein kann, für das Familien - leben eine Regel (ein Statut) in Anspruch zu neh - men, welche ähnlich, wie das Statut eines Seminars, bis in's Kleinste hin die Weise des täglichen Lebens für die Kinder bestimmte; würde ja, da das Familien - leben sich auch nicht von ferne so regelmäßig, wie das Leben in einem Seminar, verläuft, die Beobach - tung einer solchen Regel unmöglich sein. Aber dennoch eine gewisse Regel und Ordnung muß auch für das Leben in der Familie bestehen, soll an - ders eine gute Erziehung gelingen. Ohne sie wird nichts Rechtes gedeihen, ohne sie werden die Kinder weder gute Menschen (Glieder des Staates), noch gute Christen.

Eine gewisse Regel und Ordnung ist nun für die christliche Familie von selbst schon gegeben; das ist die Regel des göttlichen Willens. Sie steht für die christliche Familie unumstößlich fest, und der Vater hat vor Allem über ihre Einhaltung zu wachen. Was gegen den h. Willen Gottes, was Sünde ist, das wird nicht geduldet; was von Gott geboten, was Pflicht ist, auf dessen Uebung wird gehalten.

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Demgemäß ist von der Ordnung eines guten christlichen Hauses ausgeschlossen jegliche unchristliche Weise und Gewohnheit, die Gewohnheit zornmü - thiger Ereiferung, des Schimpfens und Fluchens; die häßliche Gewohnheit des Lügens; die Gewohnheit des bösen Tadels und der übeln Nachrede über An - dere; vollends jegliche lockere, leichtfertige, unzüch - tige Rede oder frivole Aeußerung über die Lehren und Gebräuche der h. Kirche.

Hingegen, was wahrhaft christlich, was Gottes h. Wille ist, das hat in der Ordnung eines christ - lichen Hauses Platz: Es wird vor und nach Tisch gebetet, desgleichen am Morgen und Abende; an Sonn - und Festtagen ruhet jegliche Arbeit*) Sechs Tage sollst du arbeiten, spricht der Herr, und alle deine Geschäfte thun; am siebenten Tage sollst du keine Arbeit thun, weder du, noch dein Sohn, noch deine Tochter u. s. w. , welche nicht durch die Noth geboten ist; da wird zur Bei - wohnung der h. Messe, der Predigt, der Andachten die Kirche besucht; zur Zeit gehen die Glieder des Hauses zur h. Beicht und Communion; an den Freitagen, am Aschermittwoch, am Grünendon - nerstag und Charsamstag, oder wo es sonst von der betreffenden kirchlichen Behörde verboten ist, wird hier nimmer Fleisch gegessen**)Auch wird an Fasttagen, wo es die kirchliche Vor - schrift also mit sich bringt, nur einmal Fleisch gegessen., eben so an den Fasttagen von den Fastenpflichtigen gefastet; und was sonst unter den Mitgliedern unserer h. Kirche in einer gewissen Allgemeinheit an Sitten, Gewohnheiten und Weisen besteht, das findet hier seine gebührende Be - rücksichtigung; fernerhin finden in der Ordnung98 eines christlichen Hauses auch die Werke der christ - lichen Liebe und Barmherzigkeit ihren Platz, wie denn aufrichtige Liebe und Theilnahme für die Mitmen - schen seine Glieder beseelet; wollen wir endlich die Reihe vollständig machen, so dürfen wir auch die Mäßigkeit und Nüchternheit, die Liebe zur h. Reinig - keit, die Sanftmuth, die Geduld, die Arbeitsamkeit, den Fleiß, die Reinlichkeit u. s. w. als Bestandtheile der christlichen Hausordnung bezeichnen.

Brauchen wir hinzuzusetzen, daß es lauter Segen und Heil für die Kinder ist, wenn diese christliche Ordnung und Regel im Hause herrscht, wenn sie mitten darin aufwachsen, wenn sie unwillkührlich sich in dieselbe hineingewöhnen und hineinleben? Werden sie nicht fast unwillkührlich und ohne es zu wissen, von selbst zu guten Menschen und Christen heran - wachsen? Aber arme Kinder, wenn solche Ord - nung nicht Platz hat, wenn sie sich unaufhörlich von Verletzungen des göttlichen Willens, von Verstößen wider christkatholische Vorschrift und Sitte und Ge - wohnheit umgeben finden! Bedarf's nicht so fast eines Wunders, wenn sie noch gut werden sollen?

Es ist nun freilich wahr, daß wir damit die Hauptsache schon berührt haben; denn daß in einem Hause eine solche christliche Ordnung und Regel herrsche und daß der Vater (mit der Mutter) ihre treue Einhaltung sich angelegen sein lasse, davon hängt vor Allem das glückliche Gelingen der Erziehung ab. Dennoch möchten wir unsere Regel für die christliche Familie noch weiter ausgedehnt haben.

Ist der Vater von Gott, dem höchsten Herrn, zum Haupte der Familie eingesetzt, so hat er auch die Vollmacht, bindende Vorschriften für die Glieder99 derselben, insbesondere für die Kinder zu machen, und dieselben haben, so viel sie nicht wider den Willen Gottes verstoßen, bindende Kraft für die Familien - glieder, ähnlich, wie Gottes Gebote. Vermöge dieser seiner von Gott ihm verliehenen Vollmacht soll dann der Vater für das tägliche Leben der Kinder, wie der Hausbewohner überhaupt, Alles das ordnen und fest - setzen, was dazu nothwendig oder nützlich ist, damit die Kinder zu guten Menschen und Christen gedeihen.

Da dürften wir nun manche Bestimmungen aus dem Statute der Priesterseminare herausheben und dringend für das Hausstatut empfehlen. Dahin ge - hört, daß die Stunde zum Aufstehen und zum Schla - fengehen, die Zeit zum Frühstück, zum Mittag - und Abendessen, die Zeit zum Arbeiten und die Zeit zur Erholung feststehe und möglichst treu*)Wir sagen, möglichst treu; wir wissen nur zu gut, daß Ausnahmen von der Regel zuweilen durch die Noth geboten sind; aber wir wissen auch, daß es wohl möglich ist, die Ausnahmen auf ein geringes Maaß be - schränkt zu halten, so daß doch durchweg die Regel bleibe. eingehalten werde. Hat das alles schon an sich Vieles für sich, so kann insbesondere der Nutzen und Segen eines so viel möglich geordneten und geregelten Le - bens und der frühen Gewöhnung der Kinder daran nicht hoch genug angeschlagen werden; das bringt namentlich eine Frische, eine gewisse Freudigkeit in's tägliche Leben, wodurch den sonstigen Bestrebungen desselben auf's Wesentlichste Vorschub geleistet wird. Gott, sagt der h. Augustinus, ist ein Gott der Ordnung; Alles, was von ihm ist, ist Ordnung; wer daher der Ordnung lebt, der lebt Gott. Meine Brüder, so ermahnt der h. Bernhard seine Ordens -100 genossen, ich ermahne euch im Herrn, seid eifrig darauf bedacht, die (vorgeschriebene) Ordnung zu hüten; und die Ordnung wird euch behüten.

Es ist nicht dem Belieben der Kinder (wie auch den übrigen Hausgenossen) überlassen, ob und wann sie etwa zum Vergnügen oder sonst aus dem Hause gehen oder wann sie dahin zurückkehren; der Vater (oder von ihm bevollmächtigt die Mutter) hat dazu Erlaubniß zu geben und die Zeit der Wiederkehr fest - zusetzen, wie denn insbesondere für die Abende der Zeitpunkt feststeht, wo unerbittlich Jeder im Hause sein muß und die Thüre geschlossen wird.

Ist es Sache des Vaters (mit der Mutter), den einzelnen Gliedern des Hauses ihre Arbeiten und Beschäftigungen anzuweisen, so ist er gern darauf bedacht, so viel es geschehen kann, jedem einzelnen, mit möglichster Berücksichtigung von Geschick und Neigung, irgend etwas Bestimmtes überhaupt ein für allemal oder zeitweilig zu übergeben, daß er sich dessen gänzlich anzunehmen habe; so wird's leicht desto besser gemacht, es wird sich in heilsamer Art eine gewisse Selbständigkeit entwickeln und am Ende auch für jedes Einzelne entsprechend gesorgt werden.

Nehmen wir noch hinzu, daß auch in Betreff der Art, wie und wie oft man am kirchlichen Gottesdienst teilnehmen, wie oft man zu den hh. Sakramenten gehen soll, vom Vater (mit der Mutter) Bestimmun - gen getroffen werden; desgleichen, daß auch in Rück - sicht auf Vergnügungen, Ausgänge u. dgl. im All - gemeinen eine gewisse Regel festgesetzt werde; daß es endlich feststehe, daß Söhne und Töchter überhaupt ohne Wissen und Willen des Vaters nichts von irgend welchem Belange thun, anfangen, unternehmen dürfen;101 so hätten wir damit in allgemeinen Zügen einen Ent - wurf für die Regel und Ordnung, für das Statut eines christlichen Hauses gegeben. Es wäre das Gesetz des Hauses, der Familie und die Aufgabe des Vaters, als ihres Hauptes,

b) über die treue Einhaltung desselben zu wachen.

Kehren wir noch einmal zu dem Vorstande eines Priesterseminars zurück, so wird derselbe ganz nach dem Maße, als ihm die Heranbildung guter Geist - lichen am Herzen liegt und als er in den einzelnen Bestimmungen des Statuts nothwendige und nützliche Mittel dazu anerkennt, es sich auch angelegen sein lassen, nach Kräften dahin zu wirken, daß dieselben von den Zöglingen treu und gewissenhaft beobachtet werden. In dem eben Gesagten haben wir nun das, was von Bedeutung ist, damit die Kinder zu guten Menschen und Christen heranwachsen, in einer Regel zusammen - gestellt; jeder gute und einsichtige Vater, dem die gute Erziehung der Kinder am Herzen liegt, wird daher auch auf's Angelegentlichste darauf bedacht sein, die Kinder zur treuesten Beobachtung alles dessen, was er ihnen als Gesetz und Ordnung vorgeschrieben hat, anzuhalten.

Das ist des Vaters Wille das Kind weiß es und eben daher, wie Jedes, was der Vater ohne Widerstreit gegen Gottes Willen will und ge - bietet, seine Pflicht. Es muß gehorsam sein; im Gehorsam des Vaters Willen erfüllen.

Gehorsam; in der treuen Uebung desselben liegt schon an sich der höchste Segen für das Kind. Wird ja dadurch im Menschen das, was ein so großes Hinderniß an der treuen Erfüllung des göttlichen102 Willens, an einem wahrhaft christlichen Leben ist, der Eigenwille gebrochen. Ist der Mensch schon früh, schon als Kind gewöhnt, seinen Willen im Gehorsam dem Willen des Vaters zu unterwerfen, so wird es ihm zur Zeit so viel leichter, sich dem Willen An - derer überhaupt, dem Willen seiner Vorgesetzten und dem Willen Gottes zu fügen. Macht also Gehorsam gegen die Gesetze des Staates den guten Bürger, macht Gehorsam gegen die Vorschriften der h. Kirche und Gottes den guten Christen, so erfüllt der Vater ganz insbesondere dadurch, daß er treue Einhaltung seines Willens, vollen Gehorsam vom Kinde fordert, es streng an Gehorsam gewöhnt, die Aufgabe seines väterlichen Berufes, die Kinder zu guten Menschen und Christen heranzubilden.

Das soll ihm also zu jeder Zeit am Herzen liegen. Sein Wille muß für das Kind maßgebend sein; es muß demselben unumstößlich feststehen, daß das, was der Vater einmal wir setzen voraus, wohl - überlegt festgesetzt, vorgeschrieben, befohlen hat, unbedingt und ohne Nachsicht geschehen muß. Nichts bewegt den rechten, einsichtigen Vater, dem Kinde gegenüber von seiner Willensmeinung, wenn dieselbe anders an sich nicht unstatthaft ist, abzustehen; am Allerwenigsten unzeitige Nachsicht gegen das Kind; unerschütterlich hält er daran fest, was er auch thun, und wie strenge Maßregeln er auch ergreifen müßte, das Kind zur Erfüllung desselben zu vermögen. Ohne Zweifel hat der Herr auch darum dem Willen des Mannes im Allgemeinen eine größere Entschiedenheit, Festigkeit und Kraft verliehen, als dem weiblichen Willen, damit kraft dessen die Väter ihren Kindern gegenüber in ihren Willensäußerungen fest ständen103 und denselben der für ihre gute Heranbildung so wichtige unbedingte Gehorsam gesicherter sein möchte, und damit, wenn vielleicht die Mutter vermöge der größern Weichheit ihres Herzens von den Bitten und sonstigen Versuchen und Kundgebungen des kindlichen Eigensinns sich verleiten ließe, dem Eigenwillen des Kindes nachzugeben, der Vater es verhüte und das Kind vor dem Schaden und Verderben solcher un - zeitigen Nachgiebigkeit schütze.

Es wird nicht selten die Klage laut, daß insbe - sondere von den mehr heranwachsenden Kindern der Gehorsam geweigert wird. So sehr in dieser Hin - sicht auch zugegeben werden mag, daß vielfach eine gewisse Entartung erwachsener Söhne und Töchter an dieser beklagenswerthen Erscheinung Schuld ist, so kann doch nicht geleugnet werden, daß die Eltern, insbesondere die Väter, denen die Handhabung des Gehorsams vorwiegend obliegt, nur zu oft Solches selbst angebahnt haben. Oder wie soll man sich wun - dern, wenn Söhne und Töchter, welche der Vater in der Zeit ihrer Kindheit mit ihrem Eigensinn und Eigenwillen durchzulassen pflegte, späterhin, wo mit der übeln Gewohnheit und dem darin großgezogenen Eigensinn zugleich ein desto größerer Trieb zur Selb - ständigkeit vom Gehorsam abhält, sich des Ungehor - sams, ja der Verachtung des väterlichen Willens schuldig machen? Das ist dann meist für die Väter und Mütter die Ursache einer sich immer von Neuem wiederholenden Kränkung, die Quelle der ärgsten Un - annehmlichkeiten, so sehr, daß das allein schon auf's Nachdrücklichste dahin vermögen sollte, die Kinder von früh an mit unerbittlicher Entschiedenheit zum Gehor - sam anzuhalten. In der That, Väter, welche es sich104 ernst angelegen sein lassen, von früh an ihre Kinder an Gehorsam und Unterwürfigkeit zu gewöhnen, ar - beiten dadurch, während sie ihren Kindern die größte Wohlthat bereiten, zugleich an ihrem eigenen Wohle: Ihre Kinder werden ihnen zur Zeit durch ihre Folg - samkeit reichen Trost und Freude bereiten.

So führt der Gehorsam schon an sich reichen Segen mit sich; dazu aber kommt noch, daß nach un - serer Voraussetzung auch in dem, was der Gehorsam den Kindern auflegt, in den Willensbestimmungen des Vaters das Beste der Kinder, der Weg ihres wahren Heiles begriffen liegt. Genug, nach dem Ur - theile aller Einsichtigen giebt es für das Kind keine größere Wohlthat, als wenn es von früh an gewöhnt wird an Gehorsam. Grund genug für den Vater, darauf bedacht zu sein, dem Kinde diese Wohlthat in möglichst reichem Maße zuzuwenden, sei es, daß er durch Festsetzung einer guten christlichen Hausord - nung und durch die Bestimmungen, welche er über - haupt dem Kinde in seinen einzelnen Beziehungen giebt, so viel möglich, das ganze Thun und Lassen desselben unter den Gehorsam zu stellen sucht, oder daß er mit Sorgfalt und Entschiedenheit über die treue Einhaltung dessen, was der Gehorsam auflegt, hält. Eben daher nimmt er nicht Anstand und hält er's für seine Pflicht, da, wo Lehre, Ermahnung und Warnung allein das Kind zum Gehorsam nicht ver - mögen, durch

c) Uebung des Strafrechts

seinem Willen Geltung zu verschaffen. Wo ist ein Sohn, spricht der heil. Paulus (Hebr. 12. 7), den sein Vater nicht züchtigte? Wenn also, 105setzt er hinzu, wenn Gott euch züchtigt, so behandelt Er euch als Seine Söhne, so erweist Er, will er sagen, sich gegen euch als Vater; die Er liebt, die züchtigt Er; Er schlägt (sucht mit Leiden heim) jeglichen Sohn, dessen Er sich annimmt, d. i. den Er gnädig im Guten voran und zum Heile zu führen sucht. Das könnte freilich, wie Widerspruch zu lauten scheinen: Die Gott liebt, die züchtigt Er. Und dennoch ist es volle Wahrheit. Der Apostel erklärt's im 11. Verse: Jegliche Züchtigung scheint zwar für den Augenblick vielmehr Anlaß zur Betrüb - niß, als zur Freude zu sein; nachher aber wird sie denen, welche durch sie (die Züchtigung) geübt , d. i. zur christlichen Vollkommenheit gefördert sind, die friedenvolle Frucht der Gerechtigkeit bringen . Das Wehe und das Leid, womit Gott Seine Kinder heimsucht, um sie vor der Sünde zu bewahren, um sie von ihren bösen Neigungen los zu machen, um sie zur christlichen Vollkommenheit oder in derselben weiter zu bringen, kommt gar nicht in Vergleich mit dem Leid und Wehe, was ohne dies die Sünde über sie bringen würde, nicht in Vergleich mit dem großen Heile, was Er ihnen dadurch bereitet. Ist also die Züchtigung das Mittel zu einem solchen Heile, so ist es Erweis der göttlichen Liebe, sie anzuwenden.

Darin ist also der große Himmelsvater das er - habene Vorbild für menschliche Väter. Die von Gott, durch Gottes Gebot, durch Vorschrift und Anordnung der h. Kirche oder vom Vater selbst nach reiflicher christlicher Ueberlegung festgesetzte Regel und Ordnung des Hauses, wie auch alles das, was der Vater ver - möge seiner so viel größern, durch Erfahrung gereiften Einsicht in den einzelnen Beziehungen für das Kind106 angeordnet und befohlen hat, das ist für das Kind der Weg, das Geleise, auf dem allein es zu einem guten Menschen und Christen, d. i. zum wahren zeit - lichen und ewigen Heile heranwächst und gedeihet. Was also in der Hand des Vaters dazu beiträgt, das Kind in diesem Geleise zu halten oder in das - selbe wieder zurückzuführen, das ist Wohlthat für das Kind, ist Förderung seines wahren Glückes, dessen Anwendung ist Bethätigung der Liebe.

Wenn also der böse, von den Eingebungen der verkehrten Natur, vielleicht auch von den schädlichen Einflüssen einer bösen Welt und selbst des bösen Feindes bestimmte und geleitete Wille des Kindes dasselbe aus diesem Geleise herauslenkt und sich durch die mildern Mittel der Belehrung und Ermahnung allein nicht wieder zurückbringen lassen will, so soll der Vater strengere, ja, wenn's Noth thut, selbst die strengsten Mittel, Züchtigung und Strafe, nicht scheuen, um den bösen Willen des Kindes zu zügeln, um seine Störrigkeit zu überwinden, um es wie gegen seinen Willen in das rechte Geleise zurück zu bringen.

Das ist dann freilich für den Augenblick Anlaß zur Betrübniß für Kind und Vater; das Kind seufzt, weint, schreiet, klagt, bittet, flehet; das natür - liche Gefühl der väterlichen Liebe sträubt sich, fühlt sich verletzt, das Vaterherz wird weich, gerührt durch das Klagen und Flehen des Kindes. Und dennoch muß das alles überwunden und die Zuchtruthe ge - schwungen werden. Wo nicht, so wird die augen - blickliche Schonung nebst dem Uebel des Ungehorsams auch jene Auswüchse der verkehrten Natur, ja diese selbst und ihre bösen Neigungen nähren und groß ziehen und so mit der Zeit Uebel und Wehe über107 die Kinder bringen, wogegen alles Leid der Züchti - gung und Strafe gering, ja wie nichts erscheint; wohingegen die zur rechten Zeit und in der rechten Weise ausgeführte Strafe den bösen Willen des Kin - des, seinen Eigensinn, seinen Trotz bricht und seiner Verkehrtheit Einhalt thut, und es in's Geleise des guten göttlichen und väterlichen Willens, d. i. auf die Bahn des Heiles zurück oder auf derselben weiter bringt, und so ihm die friedenvolle Frucht der Ge - rechtigkeit bereitet .

Demgemäß erscheint es als eine heilige Pflicht der Väter, zur Zeit und so viel es Noth thut und heilsam ist, die Kinder zu strafen. Mit Recht wird zum Nachweise dieser Pflicht hingewiesen auf die furchtbaren Strafen, welche der Herr über den Hohenpriester Heli verhängte, weil er seine beiden gleichfalls priesterlichen Söhne, welche durch die Art, wie sie die Tempelandacht versahen, dem ganzen Volke zum Aergernisse waren, nicht nach Gebühr bestrafte: Ich werde, so sprach der Herr in der nächtlichen Erscheinung zum jungen Samuel, auf daß er es an Heli berichte, ich werde gegen den Heli Alles in's Werk setzen, was ich über sein Haus geredet habe (schon vorher hatte der Herr durch einen Propheten ( Mann Gottes ), den er zu ihm sandte, den Heli gewarnt und ihm die strengsten Strafen angedrohet); denn ich habe ihm vorausgesagt, daß ich an seinem Hause ein Strafgericht vollziehen werde um der Sünde willen, daß er um das unwürdige Vorgehen seiner Söhne wußte und sie dennoch nicht bestrafte; nun werde ich beginnen und es voll - ziehen. Und bald darauf erfüllte sich das Wort des Herrn; Er ließ es zu, daß in einer Schlacht108 gegen die Philistäer Israel geschlagen wurde und eine überaus große Niederlage erlitt, und es fielen von Israel 30,000 Mann und die Arche Gottes gerieth in feindliche Gewalt und die beiden Söhne Heli's wurden getödtet . Als aber ein Bote dem 98jährigen Heli Solches berichtete, fiel er rücklings vom Stuhle, brach das Genick und starb. Kann es da noch zweifelhaft bleiben, wie strenge Pflicht es für die Väter sei, die Kinder zur Zeit und wo es Noth thut, zu strafen?

Wir sagen: Zur Zeit; Zweck der Strafe und Züchtigung ist eben, durch sie die Kinder im Geleise des Gehorsams zu halten oder darein zurück zu bringen. Kann dieser Zweck durch die milderen Mittel der Belehrung und Ermahnung erreicht wer - den, so hieße es, das Strafrecht mißbrauchen, wenn der Vater zur Züchtigung schritte. Wie oft fehlen die Kinder aus Unwissenheit, aus Unvorsichtigkeit und ohne allen bösen Willen; fast immer wird's da zum Ziele führen, wenn man die Kinder gehörig belehrt, sie zur Vorsicht und Bedachtsamkeit ermahnt; sie auch dann ohne Weiteres züchtigen und strafen, ist nicht blos unberechtigt, sondern wirkt auch meist schädlich auf das Gemüthsleben und auf die Ent - wickelung des Kindes ein, vollends, wenn das Kind von Natur scheu und wenig befähigt ist. In allen Fällen und wo immer das Kind durch liebevolle Be - lehrung und wenn auch nachdrückliche, doch väterliche Ermahnung, vielleicht unter dem Beistande einer Warnung zum rechten Handeln und Verhalten ge - führt werden kann, verdient das in jeglicher Weise den Vorzug vor dem strafenden Vorgehen.

109

Wir sagten: So viel es Noth thut und heilsam ist. Es ist die Rücksicht auf das Kind, welche die Hand des Vaters zur Züchtigung in Bewegung setzt, das Verlangen, das Kind durch die Züchtigung und Strafe von seinen Fehlern los und zu einem guten Sinn und Wandel hinzuführen; das allein hatte auch der große Vater und Herr im Auge, als Er den menschlichen Vätern das Strafrecht ein - räumte. Sich also zum Strafen verleiten oder viel - mehr hinreißen lassen von der durch die Unarten und Fehler der Kinder hervorgerufenen Ungeduld und zornmüthige Aufregung, durch eine augenblick - liche oder überhaupt genährte Widerwilligkeit und Abgeneigtheit gegen dieselben, also im Grunde durch die Rücksicht auf sich selbst, das heißt gleichfalls und in recht schlimmer Weise und zum großen Schaden der Kinder das Strafrecht mißbrauchen, das heißt, im Zuge und Dienste seiner eigenen verkehrten Natur gegen die verkehrte Natur des Kindes auftreten, das heißt, während man gegen einen Fehler des Kindes auftritt, selbst einen leicht viel größern begehen. Daß das nicht Segen schaffen kann, sieht Jeder leicht ein. Wie könnte das Segen schaffen, was aus so bösem Grunde stammt und in so übler Weise voll - führt wird.

Das pflegt nämlich der Fluch aller jener Züch - tigungen und Strafen zu sein, welche Väter solcher Art aus dem Zuge ihrer eigenen verkehrten Natur vollführen; sie werden nicht in der rechten, nicht in heilsamer Weise vollführt.

Gesetzt auch, die Art der Strafe wäre an sich nicht ungeeignet, entspräche vielmehr der Beschaffen - heit des Kindes und seines Fehlers, so wird der Va -110 ter unter der gemachten Voraussetzung sie schwerlich mit der nöthigen oder wünschenswerthen Ruhe voll - führen; sie wird vielmehr vollzogen in der Aufwal - lung des Zornes, leicht unter einem zahlreichen Geleite von bittern Vorwürfen, Schmähungen und Schimpfreden, mit unbesonnener, übermäßiger Härte, ja Grausamkeit, so daß das Maß des Verdienten weit überschritten wird und das eigene Kind vom Vater arg mißhandelt und unbilliger Weise aufs Empfindlichste gekränkt wird. Das Kind fühlt die Un - gerechtigkeit einer also ausgeführten Strafe, es wird in seinem Innersten verletzt, da es den eigenen Va - ter wie einen Feind also hart und grausam wider sich auftreten sieht, und die Wahrnehmung eines solchen unwürdigen leidenschaftlichen Auftretens des - selben versetzt der angestammten Hochachtung seines kindlichen Herzens gegen den Vater eine tödtliche Wunde, ja erfüllt es mit Verachtung und Wider - willen.

Das ist dann also eine Züchtigung, welche das Kind von seinen Fehlern nicht heilt, sondern es noch mehr, noch viel ärger verwundet; eine Züchtigung, welche nicht die friedenvolle Frucht der Gerechtigkeit , sondern arger sittlicher Verderbniß zur Folge hat.

Und doch, wie oft und vielfach hat man eine solche Weise der Bestrafung der Kinder grad von Seiten der Väter zu beklagen! Welche Verantwor - tung! Die von Gott gestellt sind zu Freunden und Vätern der Kinder, die werden zu ihren ärgsten Fein - den; denn wie sie in der Ausführung ihrer Strafen äußerlich als solche auftreten, so sind sie es in der That durch den unsäglichen Schaden und Nachtheil, den sie dadurch ihren Kindern zufügen. Ohne Zweifel111 hatte der h. Apostel das im Auge, als er (Phil. 6, 4) schreibt: Und ihr, Väter, hütet euch, eure Söhne zum Zorne zu reizen, sondern erziehet sie in der Zucht und Züchtigung des Herrn, also, will der Apostel sagen, haltet eure Söhne allerdings in Zucht, strafet sie auch, wenn's Noth thut, aber so wie der Herr, der auch im Strafen die Gerechtigkeit und die Barmherzigkeit und Schonung nicht verleugnet. Aehnlich im Briefe an die Colosser (3, 21): Ihr Väter, wollet doch nicht (nämlich durch unzeitiges Strafen) eure Söhne zum Unwillen und Verdruß wider euch aufreizen, damit sie nicht in Verzagtheit gerathen.

Wir machten oben die Voraussetzung, daß im gedachten Falle nur die Art der Ausführung, als voll Zorn und Aufregung, unzeitig und verderblich sei; aber wie leicht verpaart sich damit ein anderes Uebel, daß man nämlich auch nicht die rechten und an - gemessenen Strafen wählt und in Anwendung bringt. Wie vielfach wird auch hier gefehlt!

Das Kind muß gestraft werden. Aber nun giebt es eine gewisse Auswahl von Strafen. Freilich, hätte man nach der Verfahrungsweise mancher Eltern zu urtheilen, da müßte man des Meinens werden, es gebe nur eine Art von Strafen, die körperliche Züch - tigung: da werden die Kinder mit Ruthen, mit Peit - schen, selbst mit Stöcken geschlagen; da regnet es Faustschläge, Ohrfeigen, Rücken - und Rippenstöße, da werden die Ohren gezupft, die Haare gerupft, da wirft man nach Umständen den ersten besten Gegen - stand den fliehenden Kindern nach u. s. w. u. s. w.

Was nun die letztern Arten körperlicher Züchti - gung angeht, so sind wir der wohlbegründeten Ansicht112 und des wohlberechtigten Gefühles, daß dieselben des christlichen Vaters (der christlichen Mutter) durchaus unwürdig sind und auch wohl kaum anders, als während zorniger Aufregung sich bieten werden. So straft die christliche Ruhe und Besonnenheit nicht, zu - mal nicht das eigene Kind.

Die übrigen körperlichen Züchtigungen haben auch in christlichen Familien, also auch in der Hand des christlichen Vaters ihre Berechtigung; so die Strafen mit der Ruthe, mit einer Peitsche; wir würden nach Umständen selbst eine nur nicht allzu derb ausgeführte Ohrfeige, einen Faustschlag in den Rücken gutheißen dürfen. Leicht werden die Kinder oder eines und anders unter ihnen der Art sein, daß es ohne körperliche Züchtigung, wie man sagt, ohne Ruthe nicht wohl abgehen kann. Es giebt auch Fälle, wo es sich empfiehlt, daß eine Strafe auf der Stelle und kurz und gut abgemacht werde, wo sich also die genannten körperlichen Züchtigungen empfehlen.

Aber nun die Sache auf sie beschränken, sie eben für alle Fälle, an allen Kindern ohne Un - terschied anwenden, das heißt doch gradzu einseitig und unzeitig handeln, das heißt, den Kindern den Segen der Züchtigung nur zu sehr schmälern. Es giebt, wie wir schon erwähnten, eine gewisse Auswahl von Strafen. Es ist Strafe für ein Kind, wenn ihm gewisse Annehmlichkeiten, Dinge, die es liebt, woran es sich erfreuet, vorenthalten werden: Es darf zur Zeit nicht spielen; es darf nicht mit ausgehen; es wird ihm bis zu einem gewissen Maße das Mittags - und Abendessen vorenthalten; etwas Liebes, was es hat, oder was ihm in Aussicht stand, wird113 ihm entzogen; der Besuch an diesem Hause, der Ver - kehr mit diesen Kindern oder jungen Leuten, so an - genehm und ersehnt, wird zeitweilig untersagt u. s. w. Es ist Strafe, wenn ihm Unangenehmes aufge - legt wird: Es wird zeitweilig eingeschlossen oder doch allein gelassen; es muß eine ihm unangenehme und widerwärtige Arbeit thun; es muß ein schlechteres Klei - dungsstück tragen oder sonst eine Zurücksetzung und Demüthigung erfahren u. s. w.

Genug, fast immer stehen den Eltern verschiedene Strafen zur Auswahl, von denen einige viel mehr dem Zwecke der Strafe, der Besserung des Kindes entsprechen, sei es daß sie der Art des vorliegenden Feh - lers oder der Natur und Beschaffenheit des Kindes oder den Verhältnissen mehr angemessen sind. Oder wer könnte verkennen, daß für ein Kind, welches von Natur zart oder scheu und furchtsam ist, sich die hier zuletzt ge - nannten, überhaupt mildere Strafen mehr empfehlen, als körperliche Züchtigung; daß für Kinder, welche im Alter schon mehr vorgeschritten sind, die für kleinere Kinder vielleicht zu empfehlenden Strafen weniger passend und geeignet sind; daß für Fehler, die ihren Grund in ungeordneter Sinnlichkeit haben, Strafen, wodurch etwas Sinnlich-Angenehmes vorenthalten oder etwas Sinnlich-Unangenehmes zugewendet wird, hingegen für Fehler, welche in Stolz und Hochmuth wurzeln, Demüthigungen den Vorzug verdienen?

Wo ist denn ein Handwerksmann, der wenn er eine Arbeit unter Händen und eine Auswahl ent - sprechender Instrumente vor sich hat, jedesmal nach dem ersten besten griffe und nicht vielmehr jedesmal das auswählte, welches am geeignetsten ist, die Arbeit gut herzustellen. Und Eltern, Väter sollten, wenn114 es sich darum handelt, das wichtigste, kostbarste Werk, die gute Erziehung ihrer Kinder zu vollführen, da, wo sie als nothwendiges Mittel dazu Züchtigung und Strafe in Anwendung bringen müssen, zu den ersten besten Strafen greifen, und nicht vielmehr eine ver - nünftige und wohl überlegte Auswahl machen?

Freilich ist das alles, was wir hierdurch den - tern ansinnen müssen, in der beharrlichen und con - sequenten Durchführung nicht eben eine leichte Sache; es ist viel leichter und bequemer, die Kinder unge - straft zu lassen oder sie in den angedeuteten unzei - tigen Weisen zu bestrafen. Die rechte Ausführung des Strafamts nimmt meist eine große Hingebung an die Sache der guten Erziehung der Kinder, große Mühe, viel Nachdenken und Ueberlegung, eine nicht geringe Opferwilligkeit in Anspruch. Aber sie ist Pflicht, heilige Pflicht, und selbst Mitbedingung der ewigen Seligkeit für jeden christlichen Vater und auch hier gilt das Wort des Herrn: Nur die Ge - walt brauchen, reißen das Himmelreich an sich. Ueberdies ist die kostbare Frucht, welche die väter - liche Strafgewalt, wenn sie nach den gegebenen Win - ken gehandhabt wird, an den Kindern trägt, die frie - denvolle Frucht der Gerechtigkeit aller damit verbun - denen Mühen und Opfer werth; fast immer wird dem Vater schon hier auf Erden in seinen eigenen Kindern durch die Vortrefflichkeit derselben für jene Mühen und Opfer reicher Lohn bereitet, vollends in der Ewigkeit, während Väter, welche an ihren Kin - dern die pflichtmäßige Zucht überhaupt nicht oder nicht in gebührender Weise üben, sich in ihren entartenden Kindern selbst eine Zuchtruthe und Kummer und Gram in einem Maße bereiten, wogegen alle Mühe115 und Aufopferung der rechten christlichen Zucht gering erscheint. Und was wird ihr Loos sein in der Ewigkeit?

3. Die väterliche Fürsorge.

Denken wir uns eine Familie, in welcher der Vater den bis hierher gemachten Andeutungen und Winken zu entsprechen sich bemühet, so sind die Kin - der, so viel sie unter solcher Huth und unter solchem Einflusse stehen, in hohem Grade gesichert und wohl - geborgen. Aber doch nicht immer weilen und ver - harren die Kinder in dem also gesicherten Gehege des Familienlebens. Vielfach weilen und verkehren sie außer dem Hause; ja es kommt die Zeit, wo der Sohn, die Tochter aus dem häuslichen Kreise über - haupt oder für kürzere oder längere Zeit entlassen werden müssen. Da ergeben sich dann neue Obliegen - heiten des Vaters. Erörtern wir sie.

a) Die Aufsicht über die Kinder.

Es ist nicht wohl möglich, daß der Vater (die Mutter), die kleineren oder die heranwachsenden Kin - der stets unter unmittelbarer Aufsicht halte. Vielleicht führt Arbeit und Geschäft ihn von denselben hinweg und lässet ihn kürzere oder längere Zeit von ihnen ferne bleiben; oder die Kinder selbst befinden sich außerhalb des Hauses, sei es, um dies oder jenes zu besorgen, oder, um ihrem Vergnügen, der Erho - lung nachzugehen, Besuche zu machen u. s. w.

Auf solche Art erwachsen dann für die Kinder mancherlei Gefahren, leicht selbst recht schlimmer Art. Sie treffen mit Kindern oder gar erwachsenen Per - sonen zusammen, welche durch ihre Reden und durch116 ihr Verhalten ihnen Aergerniß bereiten, ja gradezu sie zum Bösen zu verleiten suchen; welche Gefahr für die Kinder, namentlich, wenn sie mit solchen in Verkehr treten; sie kommen an Orte, wo ihrer Un - schuld und ihrer Gläubigkeit Gefahr drohet; sie woh - nen bedenklichen Lustbarkeiten bei; sie unterhalten eine Freundschaft, einen Umgang, eine Bekanntschaft, welche bedenklicher Art ist.

Kinder sind unerfahren; wie leicht rennen sie, wenn nicht gewarnt, in die Gefahr mitten hinein; wie leicht gehen sie in ihr zu Grunde! Kinder sind leichtsinnig; ohne Bedacht und Sorge geben sie sich dem hin, was ihnen Verderben bringt. Kinder sind unselbständig, um so leichter werden sie hinge - nommen, verlockt und verführt.

Wird also ein Vater, der das alles, was er ja weiß, beherzigt, nicht auch in diesen Beziehungen Sorge haben für sein Kind, um es vor den drohen - den Gefahren, so viel an ihm ist, zu schützen und sicher zu stellen? Muß er's nicht? Erscheint es nicht als seine heilige Pflicht?

Es ist freilich nicht zu verkennen, daß in dieser Hinsicht auch beim besten Willen eine völlige Sicher - stellung des Kindes nicht erzielt werden kann; aber nur um so dringender erscheint die Pflicht, das Er - reichbare zu thun. Und bei aufrichtig-gutem Willen und wenn Mühe und Opfer für eine so wichtige Sache nicht gescheuet wird, kann fast immer recht viel erreicht werden, wie das Beispiel wahrhaft ge - wissenhafter Eltern beweiset. Freilich ist das in nicht wenigen Fällen nur möglich um den Preis ernstlicher, opfervoller und andauernder Mühewaltung; und da sich dazu manche Väter nicht verstehen, so lassen sie117 ihre Kinder ohne Aufsicht und so fast gänzlich nach eigenem Belieben gehen und thun, wie sie eben wollen. Wie manches Kind geht über dem Mangel an dieser pflichtmäßigen Wachsamkeit und Aufsicht des Vaters (der Mutter) zu Grunde!

Man pflegt in Betreff dieses Punktes darauf hinzuweisen, wie manche Väter mehr Sorge haben für ihr Vieh, als für ihre Kinder, für deren Seelenheil, indem sie wohl und zwar recht angelegentlich darauf bedacht seien, von jenem Gefahr, Schaden und Nach - theil abzuhalten, während sie ihre Kinder den größten Gefahren für ihr Seelenheil in unbegreiflicher Sorg - losigkeit hingeben. Wie berechtigt ist vielfach dieser Vergleich! Aber er wird auch zur Zeit zum Zeug - nisse wider sie auftreten, um das Urtheil der Ver - dammniß über solche Gewissenlosigkeit zu begründen.

Also das Erreichbare in dieser Hinsicht anzu - streben, das erscheint als h. Pflicht des christlichen Vaters. Und was dürfen wir zu dem Erreich - baren rechnen? Zunächst doch, daß der Vater (die Mutter), so viel an ihm, Kenntniß zu haben suche, wo das Kind, der Sohn, die Tochter sich befinden, wenn sie, vollends auf längere Zeit, außer dem Hause sich befinden, mit welchen Menschen sie verkehren.

Fernerhin soll er sich Kunde zu verschaffen suchen, was für Orte das sind, wo seine Kinder sich auf - halten, was für Menschen, womit sie verkehren, was für Unterhaltungen und Vergnügungen, denen sie nachhängen, was an diesen Orten, mit diesen Men - schen, mit diesen Vergnügungen getrieben wird. Läßt der Vater sich dieses, wie er's soll, am Herzen liegen, so wird es ihm an Mitteln und Wegen dazu nicht fehlen. Er wird nach Umständen den Sohn, die Tochter auffordern, Rechenschaft über das Betreffende118 zu geben; er wird selbst ihre Spur verfolgen können, um den Sachverhalt zu erfahren; er wird, wenn er mit der gebührenden Klugheit und Vorsicht vorgeht, Manches durch Andere erfahren können; vielleicht kommen ihm seine eigenen, früher gemachten Erfah - rungen zu Statten, um z. B. in Betreff der erwach - senen Kinder das Bedenkliche und Gefährliche gewisser Lustbarkeiten oder gar zu großer Freiheit oder des vertrauten Umgangs mit Personen des andern Ge - schlechts zu ermessen.

Demgemäß regelt sich dann endlich die Art und Weise, wie der Vater es in den vorliegenden Bezie - hungen mit den Kindern hält. Vor Allem kann es nicht dringend genug betont werden, daß die Kinder von frühester Jugend streng gehalten werden, Rechen - schaft darüber zu geben, wohin sie, wenn sie das Haus verlassen, gehen wollen, und daß sie nicht ohne Er - laubniß gehen. Sind sie von früh an daran gewöhnt, so darf auch in spätern Jahren die Einhaltung dieser Gewohnheit desto eher erwartet werden.

Was als für die Kinder in Rücksicht auf ihr Alter, auf ihre persönliche Beschaffenheit oder über - haupt gefährlich erkannt wird, das wird ihnen mit der entsprechenden Strenge untersagt der Verkehr mit diesen Kindern, der Besuch jenes Hauses, oder, wenn es sich um erwachsene Kinder handelt, der Um - gang mit dieser Person, die Betheiligung an dem und dem Vergnügen u. s. w. Und an diesem Ver - bote wird streng gehalten; es findet die entsprechende Ueberwachung statt, nach Umständen Nachfrage, Nach - forschung und Untersuchung.

Stellt sich heraus, daß der Sohn, die Tochter in diesem Punkte etwas verbrochen hat, so wird nach119 Maßgabe des Falles gegen dieselben vorgegangen - mit mehr oder weniger nachdrücklicher Warnung und Rüge, wofern nicht so sehr böser Wille, als Un - wissenheit, Mangel an Erfahrung und ein gewisser Leichtsinn vorliegt; mit Züchtigung und Strafe, selbst der strengsten Art, wofern mit bösem Willen, trotz vorheriger Warnung und Untersagung, in bewußtem Ungehorsam gehandelt worden ist. Wenn je, so thut hier Ernst, Festigkeit und Entschiedenheit und nach Umständen die äußerste Strenge Noth, besonders wo es sich um einen offenbar gefährlichen und verderb - lichen Umgang oder um die Betheiligung an sünd - haften Vergnügungen handelt.

Gar sehr kommt es dem Vater in dieser Hin - sicht zu statten, wenn überhaupt im Hause Regel und Ordnung herrscht und man ihr gemäß namentlich daran gewöhnt ist, zur bestimmten Zeit sicher zu Hause sein zu müssen. Jedenfalls wird, wofern gewisse Ausgänge zum Zwecke der Theilnahme an diesem oder jenem Vergnügen gestattet werden, genau die Stunde festgesetzt, wo man wieder zu Hause sein muß; und es wird mit unerbittlicher Strenge darauf gehalten.

Denken wir uns Fälle, wo der Vater dem Sohne oder insbesondere der Tochter etwas, das doch nicht ohne Gefahr ist, nicht wohl versagen kann, so wird er der Pflicht entsprechender Beaufsichtigung nie un - eingedenk sein, mag er solcher nun in eigener Person oder auf irgend einem andern sichernden Wege ge - recht werden.

Das sind einige Andeutungen in einer Sache, worin sich die einzelnen Fälle zu verschiedentlich ent - wickeln können, als daß man sie erschöpfend behandeln könnte. Dennoch reicht das Gesagte hin, um als120 Fingerzeig überhaupt und auch für Fälle, die hier nicht in Rede kommen, zu dienen.

Und möchten doch alle Väter und Mütter hier ihrer Pflicht genügen! Wie viel Sünden und Ver - irrungen der Kinder würden verhütet, wie manches Kind von dem Verderben, dem es nun anheimfällt, gerettet! Wie Viele sind eben dadurch, daß es die Eltern in ihrer Jugend an der pflichtmäßigen Wach - samkeit und Aufsicht und Strenge haben fehlen lassen, in die unseligsten Verirrungen gerathen, in Folge derer das Glück ihres ganzen Lebens zerknickt, über sie und Viele Unheil und Verderben gekommen und ihre Seele zu Grunde gegangen ist. Wehe den El - tern solcher Unglücklichen! Wahrlich, wird zu ihnen dereinst der Herr sagen mit den Worten des h. Johannes an jenen Bischof, dem er den ihm so werthen Jüngling anvertrauet hatte, daß er für ihn Sorge trage, und der diesen so unselig verwahrloset hatte, wahrlich, einem schönen Wächter habe ich meinen Sohn anvertrauet. Schreckliche Verantwor - tung und Strafe!

Darum auf, christliche Väter, seid eures Berufes eingedenk! Wachet und führet Aufsicht über die Kin - der, welche der Herr euch anvertrauet hat. *)Bei dieser Gelegenheit möchten wir aufmerksam machen auf einen Punkt, der nach unseren im seelsorg - lichen Berufe in leider nicht so seltenen Fällen für junge Leute, insbesondere für Knaben der Grund zu gar großen Uebeln und Sünden wird; es ist, daß dieselben in der Lage sind, über Geldmittel verfügen zu können in einer Art, welche für sie höchst gefährlich und nachtheilig ist, sei es, daß die Väter (oder die Mütter) in unzeitiger Güte oder Willfährigkeit ihnen im Uebermaße Geld zukommen lassen, oder, daß es jenen, da die Eltern das Geld nicht in genugsam gesichertem Verwahr beschlossen halten, mög - lich ist, vielleicht sogar ohne Mühe sich solches diebisch zu verschaffen. Fast immer haben wir die traurige Erfahrung gemacht, daß das die Veranlassung und der unselige Weg für junge Leute geworden, um nach und nach in der trau - rigsten Weise zu entarten um nach und nach zum Trunke, zur Ausschweifung, selbst zu Unredlichkeit und Diebstahl zu kommen; das Herz mußte Einem bluten, wenn man Solches wahrnahm, und mit dem größten Nachdruck ver - lautbarte sich der Wunsch: O könnte man es doch dem betreffenden Vater, der Mutter gebührend an's Herz legen, daß sie ihren Kindern, sowohl denen, die sie bei sich haben, als auch insbesondere denen, welche in der Fremde weilen, doch das Geld, wo möglich, ganz vorenthalten, oder sonst es ihnen, so viel es thunlich, nach dem strengsten Bedürf - nisse zumessen; daß sie doch die nöthige Vorsicht anwen - den, damit ihren Kindern der Zugang zu ihren Kassen und Taschen nicht möglich sei. Gelegenheit macht Diebe.

121

b) Der Sohn, die Tochter außer dem Hause.

Der Sohn, die Tochter verlassen das väterliche Haus und werden zeitweilig Genossen einer andern Familie in der Nähe oder vielleicht in weit gelegener Ferne; es handelt sich darum, das für den künftigen Beruf Erforderliche zu lernen und sich anzueignen, oder sich schon jetzt ihr Fortkommen selbst zu schaffen. Der Sohn tritt als Zögling an einer An - stalt ein, oder er findet als Lehrling in einem Han - delshause, in einer Werkstatt, als Dienstbote bei einer Herrschaft seine Stelle. Die Tochter verläßt das Haus, um in einer fremden Familie die erwünschte Weiterbildung zu erlangen, oder um als Dienst - mädchen bei andern zu dienen.

Einen Vater, wie wir ihn uns vorstellen, dem, wie es sein soll, vor Allem das Seelenheil seiner Kinder am Herzen liegt und der bis dahin Alles122 aufgeboten hat, um dasselbe zu sichern und zu för - dern, kann es unmöglich gleichgültig und unbesorgt lassen, wenn er sein geliebtes Kind, den Sohn, die Tochter aus seiner Nähe, aus seiner Aufsicht und aus seinem unmittelbaren Einflusse entlassen und in eine fremde Familie, vielleicht in eine fremde Stadt entsenden muß. Wie, wenn der Sohn, die Tochter dort nachtheiligen, verderblichen Einwirkungen preis - gegeben sein würde, dem Einflusse eines bösen Bei - spiels, eines unchristlichen, leichsinnigen, sündhaften Lebens, dem Einflusse leichtfertiger, unlauterer, fri - voler, Glauben und christliche Sitte verletzender und untergrabender Reden, ja sogar der Verleitung, Ver - lockung, Anreizung und Verführung zum Bösen?!

Und wie sehr steht das vielleicht zu fürchten, zu - mal in unsern Tagen! Ach, wie mancher Jüngling, wie manche Jungfrau, die bis dahin unter dem Ein - flusse eines wahrhaft christlichen Familienlebens so wohl gediehen waren und so gut und wohlgeartet das elterliche Haus verließen, haben unter den nach - theiligen und verderblichen Wirkungen der Verhält - nisse des Hauses, der Umgebung, denen sie außer - halb des elterlichen Hauses anheimgegeben waren, mehr und mehr ihren religiösen, frommen Sinn ein - gebüßt, sich dem Leichtsinne, der Sünde, der Aus - schweifung in die Arme geworfen, ihre Unschuld, ja ihren Glauben verloren und sind zur Zeit als ganz Andere in's elterliche Haus zurückgekehrt des höchsten Schatzes und Glückes ihres Lebens beraubt!

Kann also ein rechter, ein christlicher Vater (und mit ihm die Mutter) gleichgültig dabei bleiben, wenn er in der Lage ist, also sein Kind entlassen zu müssen? Kann er unbesorgt es seinem Geschicke überlassen? 123Unmöglich! Er wird vielmehr, wie es auch heilige Pflicht ist, darauf bedacht sein, sein Kind, wenn er nicht umhin kann, es aus seiner Nähe und Huth zu entlassen, so viel an ihm ist, vor drohenden Gefahren sicher zu stellen und alle mögliche Sorgfalt darauf ver - wenden, daß das Gute, was zu Hause in ihm grund - gelegt ist, bleibe und seine fernere Entwicklung finde.

Eigenthümlich! Wenn man sonst etwas Werthes und Theures einem Andern anheim giebt, da hat man alle Sorge, daß man es zur Zeit unverletzt und wohl - behalten wieder erlange, sucht sich z. B., wenn man ein Kapital bei einem Andern verzinslich anlegen will, auf jede Art zu überzeugen, ob derselbe hinläng - lich Sicherheit bieten könne; man entschließt sich nicht, ihm sein Geld zu leihen, wenn Gefahr da ist, daß es verloren gehe. Und das Kostbarste von Allem, die Kinder, giebt man dahin, ohne sich zu überzeugen, ob ihr Seelenheil nicht Gefahr dabei laufe, ja man giebt sie hin, während das offen zu Tage liegt. Welcher Leichtsinn! Welche Verantwortung!

Es ist wahr, oft genug ist es gar nicht leicht, ja, nur zu oft ist es den Eltern in solchen Verhält - nissen gradzu unmöglich, etwas Wesentliches für die Sicherstellung und zum Schutze der Kinder zu thun. Ein Haus, eine Condition, ein Dienstverhältniß, wo in Beziehung auf gute christliche Gesinnung und Sitte Alles wohl bestellt wäre oder auch nur billigem Wun - sche entspreche, läßt sich beim besten Willen kaum ausfindig machen; und doch muß der Sohn, die Tochter hinaus; es läßt sich nichts daran ändern.

Aber es kann leider nicht verkannt werden, daß nur zu oft, ja so fast muß man sagen, in den meisten Fällen in dieser Hinsicht eine unbegreifliche Gleich -124 gültigkeit und ein Leichtsinn sich geltend macht, der mit echter, christlicher Gesinnung durchaus unverein - bar, ja, gradzu gewissenlos ist. Fast immer sind nur die zeitlichen Rücksichten maßgebend; der Sohn, die Tochter können da und da viel für die Welt und in zeitlicher Hinsicht Nützliches, Vortheilhaftes lernen und sich aneignen, oder sie können daselbst viel ver - dienen; da und da, so und so öffnen sich günstige Aussichten für die Zukunft u. s. w.; genug, um seinen Entschluß zu fassen; man fragt nicht, ob Sohn und Tochter da und da nicht großen Gefahren für's Seelenheil ausgesetzt sein werden, der Gefahr, Un - schuld, gute christliche Sitte, ja den Glauben zu ver - lieren; man hat kein Auge dafür, man verschließt es gradzu dagegen.

Und die Folge? Freilich, der Sohn, die Tochter werden nun in diesen Verhältnissen, denen sie also rücksichtslos anheimgegeben worden, vielleicht recht sehr gelehrt, geschickt, gewandt für den Verkehr in der Welt; sie verdienen einen reichen Lohn; es eröffnen sich ihnen glänzende Aussichten für die Zukunft. Aber, zur Zeit findet es sich, daß über alles dieses der gute christliche Sinn ihnen abhanden gekommen, christliche Uebung und Tugendsamkeit ihnen fremd geworden ist; sie stehen im Dienste ihrer bösen Nei - gungen und Leidenschaften, sie haben ihre Unschuld verloren, sie haben am Kostbarsten, an ihrem Glau - ben Schiffbruch gelitten. Werden sie bei all ihren sonstigen Errungenschaften glücklich sein? Ach, sie werden nicht einmal auf Erden glücklich sein. Wie oft und wie sehr man's auch verkennt, so bleibt's doch ewig wahr, ohne das Fundament wahrhaft christ - licher Gesinnung und Gesittung wird jeglicher Aufbau125 irdischen Glückes, und würde er auch mit dem höchsten Aufwande irdischer Güter und Spenden aufgeführt, nur zu bald in sich selbst zerfallen und Leere und Jammer in den Herzen zurücklassen. Und dann die Ewigkeit! Ob wohl unter den Unglücklichen der Ewigkeit die Zahl derer gering ist, welche den Grund ihres ewigen Verderbens grad in jenen Jahren finden, wo ihre Eltern, gewissenlos und grausam, sie Ver - hältnissen und Lagen der oben geschilderten Art preisgaben?

Genug, das kann nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, daß die Pflicht des Vaters (und mit ihm der Mutter), für das Seelenheil der Kinder, so lange ihnen noch sichernde Selbstständigkeit abgeht, Sorge zu haben und dasselbe nach bestem Wissen zu schützen und zu sichern, auch dann nicht aufhört, wenn er dieselben aus seiner unmittelbaren Aufsicht entlassen muß. Kann er zur Sicherstellung nicht das Wün - schenswerthe erreichen, so hat er doch darauf bedacht zu sein, das Mögliche zu thun. So große Schwie - rigkeiten sich auch für eine gute Unterbringung der Kinder bieten, so zeigt doch die Erfahrung, daß ge - wissenhafte Eltern in dieser Hinsicht meist recht Vie - les erreichen. Aber sie lassen sich das auch angelegen sein; sie geben sich Mühe, sie ziehen Erkundigungen ein, sie forschen nach, sie scheuen keine Opfer. Eben, weil sie ihre Kinder wahrhaft lieben, weil ihnen das wahre Wohl derselben aufrichtig am Herzen liegt, weil ihnen das Seelenheil derselben über Alles hoch gilt, so scheint ihnen, wo es sich darum, um das Seelenheil der Kinder handelt, nicht leicht etwas zu schwer und zu viel; dabei macht die Liebe zu den Kindern sie erfinderisch. Und da sie in solchen, ihnen126 so wichtigen Angelegenheiten, auch zu Gott ihre Zuflucht nehmen, so ist auch der Herr mit ihnen, sei es, daß Er sie in Seinem Lichte das Rechte erkennen lasse oder daß Er die Umstände zu ihrem Gunsten füge.

So gewissenhafte Eltern, christliche Väter und Mütter. Und ob sie auch, da das Wünschenswerthe beim besten Willen nicht immer erreichbar ist, mit - unter in der Lage sind, mit dem billigen Wünschen wenigstens in etwa Entsprechenden vorlieb zu nehmen; dennoch nie werden sie (wie sie es auch nicht dürfen) durch die Rücksicht auf zeitliche Vortheile und Aus - sichten, und wären es auch die größten und glänzend - sten, sich bestimmen lassen, ihre Kinder in Häuser, in Verhältnisse u. s. w. hinzugeben, wo ihre Tu - gend, ihre Unschuld, ihr Glaube augenscheinlicher und offener Gefahr preisgegeben sein würde.

Und ist ein Sohn, eine Tochter aus dem väter - lichen Hause entlassen, so wird der wahre christliche Vater (mit der Mutter) stets, wie es wiederum Pflicht ist, ein Auge auf dieselben haben und, so viel es möglich, sich Kenntniß darüber zu verschaffen suchen, wie es um dasselbe, um seine Lage, um sein Ver - halten stehe. Stellt sich heraus, daß seine ur - sprünglichen Voraussetzungen sich nicht erfüllten, daß der Sohn, die Tochter dort übel berathen seien, daß ihrer christlichen Gesinnung und Sitte arge Gefahr drohe, da wird er nicht gleichgültig zusehen, da wird er, wenn er die Sache an sich nicht ändern kann, Alles aufbieten und selbst die größten Unannehm - lichkeiten und Opfer nicht scheuen, um, wo immer möglich und so bald möglich, sein Kind, damit er es aus der Gefahr rette, aus jenem Hause, aus diesen Verhältnissen fortzuschaffen.

127

Auch hier ist zuweilen das Erwünschte nicht, oder nicht sofort möglich; aber das Mögliche thut der Vater; und er muß es thun, es ist eben Pflicht, heilige Pflicht des väterlichen Berufes. Was thut Jedermann, der eine Summe Geldes bei einem An - dern stehen hat, wenn dasselbe in Gefahr ist, verloren zu gehen? Er ist darauf bedacht, er giebt sich alle mögliche Mühe, um sein Geld in Sicherheit zu brin - gen. Und wo es sich um so viel Kostbareres, um Kinder, um ihr zeitliches und ewiges Wohl handelt, sollte man es nicht so halten?

Leider wird's nur zu oft nicht also gehalten; Eltern lassen sich in dieser Hinsicht eine ganz unbegreifliche Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit zu Schulden kom - men; hintennach, wenn's zu spät ist, haben sie dann freilich unter den üblen Folgen zu leiden; ihre eigenen Söhne und Töchter sind ihre Buße; welches Herzen - leid, welche Erfahrnisse, welche Vorwürfe! Also habet Acht auf die, über welche ihr gesetzt seid !

c) Der Sohn (die Tochter) in der Wahl des Berufes.

Wir haben hier insbesondere den Sohn im Auge. Die seltenen Fälle, wo eine Tochter Beruf zum Or - densleben in sich findet, ausgenommen, werden den Töchtern für die Wahl ihres Berufes, ihrer schließ - lichen Lebensverhältnisse meistentheils die entsprechen - den Fingerzeige durch äußere Umstände nahegelegt; wir kommen darauf zurück. Zunächst denken wir also an die Söhne.

Also, was soll aus dem Kinde werden? Soll er studiren? Soll er ein Geschäft, irgend eine Kunst, ein Handwerk lernen? Welches? Soll er Soldat128 werden? Oder soll er einfach der Vollführung der gewöhnlichen häuslichen Arbeiten zu Hause oder in einem Dienstverhältnisse sein Leben widmen? - Fragen, welche sich dem rechten, um das Wohl sei - ner Kinder aufrichtig besorgten Vater so ganz von selbst bieten.

Es ist nicht zweifelhaft, daß es für jedes Kind, wir sagen hier, für jeden Sohn, eine Lebensweise (einen Stand, ein Geschäft, oder wie man's nennen mag) giebt, welche nach Maßgabe seiner körperlichen und geistigen Ausstattung, nach Maßgabe der ihm zu Gebote stehenden Mittel, nach Maßgabe der Um - stände und Verhältnisse, worin er steht, für ihn, die am meisten zu empfehlende, für ihn die beste und daher auch am Sichersten und Meisten zum wahren Wohle führende und somit die dem h. Willen Gottes am meisten, im Grunde einzig entsprechende ist. Das wäre der Beruf des Sohnes.

In dem Gesagten liegt bereits ausgesprochen, wie wichtig und bedeutungsvoll es sei, daß der Sohn seinen Beruf erkenne und demnächst ihn wähle, sich für ihn vorbereite, zur Zeit in ihn eintrete. Es ist der Stand, welcher dem göttlichen Willen und Rath - schlusse entspricht; für diesen Stand und Beruf hat Gott, der von einem Ende der Erde bis zum an - dern waltet und Alles auf's Vortrefflichste ordnet , ihn bestimmt, für ihn hat Er ihm die entsprechenden Gaben und Fähigkeiten, für ihn meist eine gewisse Neigung zukommen lassen und ihn dadurch und durch die sonstigen Verhältnisse in die Lage gesetzt, daß er das, was er für seinen Stand lernen, sich aneignen, zu eigen haben muß, die Kenntnisse und Fertigkeiten, die Ausbildung, die Mittel u. s. w., wirklich lernen,129 haben und sich aneignen könne. Läßt das schon mit Grund hoffen, daß er zur Zeit die Obliegen - heiten des betreffenden Standes in entsprechender Weise vollführen und in demselben die wünschens - werthe Zufriedenheit finden werde, so wird diese Hoff - nung noch mehr befestigt durch die wohlbegründete Erwartung, daß der Herr ihm in diesem von Ihm selbst gegebenen Berufe mit besondern Gnaden bei - stehen und insbesondere die äußern Umstände desselben in einer Weise ordnen und leiten werde, welche so - wohl für die gute Vollführung der Obliegenheiten dessel - ben, als auch für die wahre Zufriedenheit zuträglich ist.

Ist das alles geeignet, die hohe Bedeutung des Berufs darzulegen, so tritt dieselbe in das volle Licht durch den Umstand, daß der Beruf eines Menschen zugleich der sicherste, im Grunde der einzige Weg ist, um schon hier auf Erden zu einer wahren Zu - friedenheit zu kommen, um, so viel es hier möglich ist, wahrhaft glücklich zu sein; und der sicherste und beste Weg zur ewigen Seligkeit. Menschen, welche ihren Beruf verfehlt haben, pflegen sich in ihrem Stande unglücklich zu fühlen, und, da ihnen Lust und Liebe zu demselben und dessen Obliegenheiten abgeht, so macht sich in Betreff der Erfüllung dieser Obliegenheiten nur zu leicht eine Lässigkeit und Säum - niß geltend, welche ihr Gewissen auf's Bedenklichste beschwert und oft in der traurigsten Weise das Wohl Anderer behelligt; und so führet Verfehlung des Be - rufes in hohem Grade die Gefahr mit sich, schließlich zu Grunde zu gehen.

Unaussprechlich wichtig ist es daher, daß der Mensch seinen Beruf erkenne und wähle. Und wenn die betreffende Wahl und Entscheidung vielfach, ja130 in den meisten Fällen schon in jene Zeit des Lebens fällt, wo der Mensch weder die gehörige Reife des Verstandes, noch die hinlängliche Lebenskenntniß und Erfahrung hat, um richtig zu urtheilen und zu ent - scheiden, so soll, wie die Mutter, so insbesondere der Vater mit seinem reifern Verstande, mit seiner Le - benskenntniß und Erfahrung dem Sohne unterweisend und rathend zur Seite stehen. Liegt ja darin der Grund jenes weisen Rathschlusses Gottes, wonach Er das kindliche und jugendliche Alter unter die Ob - hut und Leitung der Eltern gestellt hat, auf daß diese ersetzen sollten, was dem Kinde noch abgeht.

Wird es daher den Kindern als h. Pflicht an's Herz gelegt, ihren Beruf und einen neuen Stand nicht zu wählen, ohne die Meinung der Eltern er - fahren und ihren Rath eingeholt zu haben, so sollen die Eltern, die Väter es sich am Herzen liegen lassen, über den Beruf ihrer Kinder klar zu werden, um guten Rath ertheilen zu können.

Mitunter ist das nicht schwer; der Beruf des Sohnes stellt sich gewissermaßen von selbst heraus. Es tritt von früh an eine entschiedene Neigung zu einem bestimmten Stande, Geschäfte, Handwerke u. s. w. im Sohne auf; ein gutes Zeichen für den Beruf dazu, vollends, wenn auch die entsprechenden Gaben, ein gewisses angebornes Geschick dafür, vielleicht sogar in ausnehmender Art sich zeigen, und in den sonstigen Verhältnissen kein Hinderniß liegt. Oder, Um - stände und Verhältnisse sind der Art oder gestalten sich so, daß es sich gewissermaßen von selbst versteht, daß z. B. der Sohn zur Zeit das Geschäft, das Handwerk, das Anwesen des Vaters fortsetze; wie - derum ein gutes Zeichen dafür, daß dies der Beruf131 des Sohnes sei, vorausgesetzt, daß derselbe nicht gradzu sich abgeneigt fühle und einen Widerwillen gegen diesen Stand in sich finde, oder daß ihm die erfor - derlichen Gaben und Fähigkeiten dazu nicht in auf - fälliger Weise abgehen.

Doch nicht immer liegt des Sohnes Beruf in solcher Bestimmtheit da; jene ausgeprägte Neigung tritt nicht zu Tage; oder, wenn auch vielleicht, so stehen unübersteigliche Hindernisse dem der Neigung Entsprechenden im Wege; auch Umstände und Verhält - nisse geben keine Entscheidung. Es muß überlegt, es muß Rath gepflogen werden, um den rechten Beruf des Sohnes zu finden.

Da wird nun viel gefehlt; daher so vielfach ver - fehlter Beruf mit all den unheilvollen Folgen für die Betreffenden und meist für Viele Andere.

Ein Fehler bei der in Rede stehenden Lei - tung der Standeswahl der Söhne seitens der Väter (Eltern) ist, daß sie sich dabei leiten lassen durch unzeitige, selbstsüchtige Rücksichten, durch mißverstan - dene Ehre, durch ungeordnete Gier nach zeitlichem Gewinn u. s. w. Dieser Vater wählt diesen Stand für seinen Sohn und lenkt seinen Lebensweg dahin ein, weil er ihm ehrenvoller scheint. *)Warum sonst die traurige Erscheinung, daß die Kin - der der höhern Klassen so fast ausschließlich auch in die in diesen höhern Regionen begriffenen Stände eingeführt werden, obwohl ihnen Alles, was dazu erforderlich ist, Lust und Liebe, Gabe und Fähigkeit u. s. w. völlig oder doch nur gar zu sehr abgeht? Daher auch so viele un - nütze Subjekte in diesen Ständen, sich und Andern zur Last und der menschlichen Gesellschaft zum Schaden. Warum denn nicht, wenn Lust und Gabe und Mittel für solche höhern Stände abgehen, den Sohn anregen und anleiten, irgend ein anständiges Geschäft oder Handwerk zu lernen? Wie viel zufriedener und glücklicher würde derselbe darin auf die Dauer sein! Und ist es denn Unehre für einen Menschen, ein Geschäftsmann, ein Handwerker zu sein? Giebt es nicht in der Klasse derselben gar Viele, welche unendlich achtenswürdiger sind, als manche Beamtete und Gelehrte?Ein132 anderer, weil ihm durch denselben vom Sohne am ersten und meisten Vortheil und Gewinn erwächset; so muß mancher Sohn fort und fort zu Hause oder in einer Fabrik, oder im Tagelohn arbeiten, und kommt nicht dazu, das für ihn erwünschte Geschäft oder Handwerk zu erlernen. Darüber also vergißt oder verschmähet man es, auf die Neigungen und Fähigkeiten des Sohnes, oder gar auf sein Seelenheil Rücksicht zu nehmen.

Das letztere führt uns auf einen anderen, gleich - falls verderbenbringenden Fehler bei der Leitung der Standeswahl, daß man nämlich dabei sich so fast ganz allein leiten lässet durch zeitliche Rücksichten, ohne das Seelenheil des Sohnes dabei im Auge zu haben. Man sucht sich einen Stand für den Sohn aus, man bestimmt diesen vielleicht mit einer gewissen Nöthigung für denselben, während sowohl die Vorbereitung zu demselben, als zur Zeit der Stand selbst nach aller Erfahrung überhaupt oder wegen der persönlichen Eigenthümlichkeiten des Soh - nes die offenbarsten und größten Hindernisse und Gefahren für das Seelenheil desselben in sich begreift. Höchstens könnte das (vorausgesetzt, daß nicht wegen gewisser Umstände, der Antritt eines Standes von vornherein unstatthaft und sündhaft ist) darin ent - schuldigt erscheinen, wenn eine gewisse Nothwendigkeit133 vorläge, diesen Stand zu wählen; nie da, wo noch Auswahl da ist.

Muß nicht im Grunde die Rücksicht auf das Seelenheil die Hauptrücksicht bei der in Rede stehen - den Wahl sein, wenigstens dahin, daß so viel möglich kein Stand gewählt werde, welcher dem Seelenheile gradzu Hinderniß und Gefahr drohet; daß bei der Wahl gern, so viel möglich, dem Stande der Vorzug gegeben werde, welcher am Meisten Schutz und För - derung des Seelenheiles bietet! Oder ist nicht, im Lichte des Glaubens betrachtet, das Leben des Men - schen auf Erden eine Vorbereitungsfrist für die Ewig - keit, mit Allem, was der Mensch ist und hat und um sich findet, dazu von Gott gegeben, daß er sich entwickele und ausbilde zur Würdigkeit für eine selige Ewigkeit? Wie das also die Hauptaufgabe des Le - bens überhaupt, so ist es auch die Hauptaufgabe der verschiedenen Lebensstände, und daher die Hauptrück - sicht bei der Wahl derselben, daß man prüfe und sehe, ob der betreffende Stand für die Erreichung jener Hauptaufgabe zuträglich oder hinderlich sei. Läßt also ein Vater das aus dem Auge, hat er bei der Standeswahl für den Sohn nur das Leben auf Erden und irdische Rücksichten im Auge, so wird der Sohn durch den also einseitig gewählten Stand nur zu leicht dem ewigen Verderben entgegengeführt. Was wird es ihm dann nutzen, ob er für die paar Jahre seines Lebens auch noch so viel Erdenglück genossen hätte? Aber derselbe wird auf die Dauer nicht ein - mal ein wahres Glück auf Erden finden; denn wah - res Glück blühet auch auf Erden nur dem, der seiner Bestimmung gemäß ein gottgefälliges Leben führt.

134

Man fehlt bei der Wahl des Standes für den Sohn, indem man zu wenig oder gar nicht Rücksicht nimmt auf die Neigung desselben. Hält man mit Recht eine gewisse Hinneigung zu diesem oder jenem Stande für ein Zeichen des Berufes zu demselben, so liegt darin zugleich eine gewisse Bürgschaft dafür, daß der Mensch in diesem Stande sich am leichtesten und meisten zufrieden finden und die Pflichten dessel - ben am besten erfüllen werde. Höchst bedenklich ist es in allen Fällen, den Sohn zu einem Stande zu drängen, dem er gradzu abhold ist.

Man fehlt bei der Wahl des Standes, indem man nicht gebührend die Gaben und Fähigkeiten des Sohnes, seine körperliche und geistige Beschaffenheit beachtet. Dadurch wird dann derselbe in einen Stand gebracht, für welchen ihm die entsprechende Begabung abgeht, für den er die nöthigen Kenntnisse und Fer - tigkeiten sich nicht erworben hat und nicht hat erwer - ben können, dessen Anforderungen er also nicht ge - wachsen ist. Wie übel für ihn und für Andere!

Es wird bei der Standeswahl dadurch gefehlt, daß man sich die Frage nicht in erwünschter Art beantwortet, ob der gewählte Stand auch hinlängliche Aussichten und Bürgschaften für das zeitliche Fort - kommen und für eine entsprechende Lebensstellung biete.

Je mehr es sich also bei der Wahl des künftigen Lebensstandes recht eigentlich um das Wohl des Soh - nes für Zeit und Ewigkeit handelt, je Mehreres dabei zu berücksichtigen steht und je schwieriger leicht ein gesichertes und richtiges Urtheil ist, desto ernster und verantwortlicher erscheint die Aufgabe des Va - ters, der eine solche Wahl leiten und vollführen soll, wichtig genug, um sie bei sich selbst in die ernsteste135 Erwägung zu ziehen, wichtig genug, um nach Umständen mit andern einsichtigen und theilnehmenden Personen die Sache zu überlegen, wichtig genug, um insbesondere dieselbe dem Herrn in vielem Gebete zu empfehlen, und Ihn zu bitten, daß Er Licht und Gnade gebe, den Stand zu erkennen, zu welchem Er den Sohn berufen hat, daß Er vor aller unzeitigen Rücksicht behüte und Gnade verleihe, um das als gottgefällig und gut Erkannte auch zu wählen und daran fest - zuhalten. Zeige, o Herr, was Du erwählet hast!

O würde diese Aufgabe christlicher Väter in ihrer Wichtigkeit und hohen Bedeutung recht begriffen und mit dem gebührenden Ernste und nach christ - lichen Grundsätzen vollführet, wie viel Leid und Un - heil würde dann manchem Sohne und Vielen erspart sein, wie viel mehr würden dann Alle den rechten, von Gott gegebenen Beruf finden und antreten, um den Segen davon an sich zu erfahren und über An - dere zu verbreiten!

Wir haben noch ein Wort hinzuzufügen in Be - treff eines besondern Falles der Standeswahl, wo es sich nämlich um den ehelichen Stand, also um die Unterbringung der Kinder durch Heirath handelt. Wir haben hier, obwohl das zu Sagende nach Um - ständen auch auf die Söhne Anwendung finden muß, doch vorwiegend die Töchter im Auge.

Auch hier hat man leider nur zu oft so sehr nur oder doch ganz vorherrschend die zeitlichen und irdischen Verhältnisse im Auge, daß man, vollends, wenn auf der andern Seite ein guter oder gar vor - züglicher Besitzstand, ein reiches Einkommen, ein namhaftes Vermögen vorliegt, oder wenn daselbst ein gewisses Ansehen, Ehre, Amt und Würde besteht,136 kaum mehr nach den religiösen und sittlichen Verhält - nissen der betreffenden Person fragt, ja in die Hei - rath einwilligt, sie sogar auf alle Weise in's Werk zu setzen sucht, selbst dann, wenn es feststeht, daß z. B. der betreffende junge Mann sittlich ausschwei - fend und übel berüchtigt ist, daß er sich aus Religion und Kirche nicht viel, gar nichts mache, seine reli - giösen Pflichten versäume, ja gradzu mit dem Glau - ben und der h. Kirche gebrochen habe. Daher dann auch nachher diese unglücklichen Ehen! Die Tochter ist freilich in einen guten Besitz gekommen, sie ist Frau in einem angesehenen Hause, die Gattin eines wohlhabenden, vielleicht hochgestellten Mannes, sie wohnt schön und vornehm, sie stellt in der mensch - lichen Gesellschaft etwas vor; aber ihr Mann ist leichtsinnig, ist ohne Religion und Tugend, giebt sich seinen bösen Neigungen hin, hat auf die Dauer für die Frau kein Herz, bereitet ihr Kummer und Gram; die Frau schleppt in ihrem schönen Hause unter ihren kostbaren Kleidern, in den Gesellschaften und Cirkeln ein unbefriedigtes, leeres, vielleicht selbst gramerfülltes, unglückliches Herz herum. Und wird sie unter solchen Verhältnissen nicht auch selbst Gott und dem Höhern entfremdet werden, ein Raub des Leichtsinns und der Sünde? Und mit ihr dann auch die Kinder! Welche Aussichten dann für die Ewigkeit?! Belege für das Gesagte bietet die Gegenwart in reicher Zahl. Ja, man hat es zu beklagen, daß selbst Eltern, denen man sonst eine gute und gläubige Gesinnung nicht absprechen kann, in diesem Punkte ganz ähnlich han - deln; sie geben z. B. ihre gleichfalls braven Töchter an junge Männer der oben geschilderten Art zur Ehe hin. Freilich schmeicheln sie sich dabei vielleicht137 mit der Hoffnung, der gedachte Mann werde durch den Einfluß ihrer braven Tochter zu bessern Gesin - nungen und auf geordnetere Wege zurückgeführt wer - den. Aber ach, wie leicht wird die Hoffnung zu Schanden! Wie leicht wird die Tochter, anstatt den Mann zu sich herüberzuziehen, vielmehr durch ihn und durch die Einwirkungen, welche sie von dem täglichen vertrauten Verkehre mit ihm erfährt, nach und nach zu ihm hinübergezogen, um schließlich sammt den Kindern mit ihm zu Grunde zu gehen. Es ist unmöglich, daß ein einsichtiger und wahr - haft christlicher Vater seine Einwilligung zu solcher Heirath gebe; und lägen auch im Uebrigen die glänzendsten Bedingungen vor; er wird die Seele und das wahre Glück seines Kindes nicht an solche zeitliche Vortheile verschachern.

138

Zwei vortreffliche Väter.

a. Abraham.

Insbesondere die zuletzt verhandelten Punkte legen es nahe, zweier vortrefflichen Väter Erwähnung zu thun, welche die h. Geschichte uns vorführt. Zu - nächst begegnet uns Abraham. Da er mitten unter einem abgöttischen, sittenverderbten Volke wohnte, so war es seine angelegentlichste Sorge, daß sein Sohn Isaac nicht aus dessen Töchtern eine Frau erhalte, damit er nicht selbst verdorben würde. Daher sendete er (1. B. Mos. 24) den obersten seiner zahlreichen Untergebenen, den treuen Elieser, daß er hinziehe in sein Geburtsland und aus der Zahl der Töchter seiner Verwandten, welche gläubig und wohlgesittet waren, eine Frau für seinen Sohn herbeiführe. Und wie ernst nahm er diese Sache! Mit einem Eide mußte Elieser ihm versichern, daß er den Auftrag im Sinne seines Herrn ausführen wolle: Leg deine Hand auf's Herz, sprach er zu ihm, auf daß ich dich beschwöre durch den Herrn, den Gott Himmels und der Erde, daß du eine Gattin für meinen Sohn holest nicht von den Töchtern der Chananäer, unter denen ich wohne, sondern in mein Vaterland und zu meiner Verwandtschaft dich begebest und dorther eine Gattin nehmest für meinen Sohn Isaac. Und Elieser führte den Auftrag seines Herrn in aller Treue aus und führte Bathuels Tochter, die edle Rebekka herbei. Gottes Segen ruhete auf dieser Ehe.

Ohne Zweifel gab es unter den Töchtern der Chanaaniter auch solche, welche sich durch Reichthum139 und Wohlhabenheit, durch Schönheit und andere Vor - züge auszeichneten; leicht würde es dem Abraham manche Vortheile und Annehmlichkeiten verschafft ha - ben, wenn er durch eine eheliche Verbindung seines Sohnes zu den Familien des Landes in näheres Verhältniß getreten wäre; aber über Reichthum und Ehre und sonstige Genüge galt ihm die Ehre seines Herrn und das Seelenheil seines Sohnes; es lag ihm über Alles daran, daß sein Sohn eine gottes - fürchtige und sittenreine Gattin erhalte.

Wollte Gott, daß alle Väter in diesem Punkte es also hielten! Wie viel glücklicher für Zeit und Ewigkeit würden dann oft die Ehen ihrer Kinder sein!

Daß du eine Gattin für meinen Sohn holest nicht von den Töchtern der Chanaanäer dieses Wort Abrahams führt uns insbesondere auf einen Punkt, welcher von der größten Bedeutung ist und nicht schweigend übergangen werden darf; es betrifft die sogenannten gemischten Ehen . Wir dür - fen mit Zuversicht es aussprechen, daß in diesem Punkte jeder wahrhaft christliche Vater es ganz so halten und machen wird wie Abraham: Es wird sein fester, unerschütterlicher Grundsatz sein, daß der Sohn eine katholische Gattin, die Tochter einen katholischen Gatten erhalte und nimmer - mehr sich vereheliche mit einer Person, welche sich zu einem andern Glauben bekennt. Ja, es ist, sofern anders der Vater ein wahrhaft christkatholischer Vater, ist und sich mit Herz und Leben zu seinem h. Glau - ben und zur h. Kirche bekennt, gradzu unmöglich, gleichgültig dagegen zu sein, welchem Glaubensbe - kenntnisse die angehören, mit welchen seine Kinder in140 das eheliche Verhältniß eintreten. Leider gestattet es uns der Raum nicht, hier diesen wichtigen Gegen - stand ausführlich zu behandeln; wir müssen uns auf einige Andeutungen darüber beschränken.

Gewiß giebt es kein innigeres Verhältniß auf Erden, als das Verhältniß zwischen Mann und Frau. Sie werden Zwei in Einem Fleische sein. Wie innig sollen demgemäß auch die Herzen der Eheleute vereinigt sein! Wird das möglich sein, wenn in dem Höchsten und Innersten des menschlichen Herzens, in der religiösen Ueberzeugung und Gesinnung keine Einheit, sondern Zwiespältigkeit besteht? Nie wird daher auch in einer gemischten Ehe das volle ehe - liche Glück zu Stande kommen. Sind die beiden Ehetheile gleichgültig gegen Religion und Glauben, so wird freilich die Verschiedenheit der Confession an sich nicht störend eingreifen; aber dann kann über - haupt von einem wahren ehelichen Glücke nicht Rede sein; solches kann und wird auf die Dauer immer nur da stattfinden, wo Religion und Glauben besteht. Ist das aber der Fall, so wird die Verschiedenheit der Confession bei Eheleuten stets mehr oder weniger störend in das eheliche Glück eingreifen. So sehr daher auch ein Vater, der sein Kind in eine gemischte Ehe eintreten lasset, wegen der etwa dabei vorfind - lichen günstigen Umstände das Wohl seines Kindes zu fördern scheint, immer ist es vollends auf die Dauer nur Schein. Man macht mit Recht aufmerksam auf den Umstand, daß der akatholische Ehetheil möglicher Weise früher oder später von dem angeblichen Rechte der Ehescheidung Gebrauch machend zu einer andern Ehe schreitet, was dem141 katholischen Theile nicht gestattet ist. Muß nicht durch einen solchen Schritt der Letztere unglücklich werden?

Doch das ist nicht das größte Uebel bei gemisch - ten Ehen. Bei denselben steht das Seelenheil des katholischen Theiles, wie auch der Kinder in der be - denklichsten Weise auf dem Spiele. Wie leicht mag es geschehen, daß der katholische Theil in diesem fort - gesetzten, täglichen und dabei so engen Verkehre mit dem akatholischen Ehetheile an seiner vollen Gläu - bigkeit, an dem ausgeprägt katholischen Geiste nach und nach Schaden nehme, sich nach und nach an Gleichgültigkeit und Lässigkeit in den Uebungen des katholischen Lebens hingebe, zumal, wenn diese von der andern Seite ungern gesehen, unzeitig oder gar lächerlich gefunden werden! Wer die Armseligkeit des menschlichen Herzens und die Schwäche des Willens kennt, der kann unmöglich die Gefahr ver - kennen, unter solchen Umständen selbst gegen Religion und Glauben überhaupt gleichgültig zu werden, ja davon abzufallen.

Und gehen selbst im günstigsten Falle bei solcher Ehe dem katholischen Theile nicht alle jene Anregun - gen und Förderungen des echt christlichen Lebens ab, welche Eheleute, die beide treuen katholischen Sinn tragen, in der Gemeinsamkeit ihres religiösen Lebens so reichlich finden!

Aber wie bedenklich gestaltet sich erst die Sache, wenn man bei solchen gemischten Ehen die Kinder in's Auge faßt! Wir machen die Voraussetzung, daß beim Antritte einer solchen Ehe die Vereinbarung getroffen worden, daß die Kinder sämmtlich katholisch werden sollen; ohne eine solche Vereinbarung ist dieselbe von vornherein unbedingt unzulässig und einer142 Verläugnung des Glaubens gleich, weshalb auch die h. Kirche solche Ehen von vornherein verboten hat und jede Betheiligung an ihrer Schließung entschieden ablehnt. Aber bietet jene Vereinbarung, so feierlich sie auch geschlossen und so aufrichtig auch die ent - sprechende Zusage gewesen sein mag, nun auch wirk - lich die Bürgschaft dafür, daß die Kinder zur Zeit katholisch erzogen werden? Wie, wenn der protestan - tische Theil, vielleicht von Verwandten, von Vorge - setzten, oder auf eine sonstige Art beeinflußt, oder von selbst seinem Versprechen untreu wird? Solche Fälle sind gar nicht so selten. Oder wenn Ver - setzungen in rein protestantische Gegenden führen, wo der katholische Theil für sich und Kinder weder einen katholischen Geistlichen, noch Kirche, noch Schule fin - det? Oder, es stirbt der katholische Theil vor der Zeit; nun sind die armen Kinder dem protestantischen Theile gänzlich anheimgegeben; vielleicht schreitet dieser noch überdies zu einer zweiten Ehe mit einer pro - testantischen Person. Woher sollen nun die Kinder wenn man sie nicht gar nöthigt, protestantisch zu werden eine katholische Erziehung bekommen?

O wie traurig gestaltet sich meist das Loos der Kinder in religiöser Beziehung in solchen gemischten Ehen! Was für Kinder oft, welche aus ihnen her - vorgehen! Und welche Wucht von Verantwortung wälzt sich dadurch auf das Gewissen der Person, welche durch ihren Leichtsinn die oft so traurigen Folgen solcher Ehen herbeigeführt hat, und vielleicht noch mehr auf das Gewissen der Eltern, welche sol - chem Leichtsinn nicht nach Pflicht entgegengetreten sind!

Aber auch selbst im günstigsten Falle, daß näm - lich die katholische Erziehung der Kinder nicht auf143 Hindernisse stößt, wird dennoch dieselbe kaum je wahr - haft und vollkommen gedeihlich von statten gehen. Mehr als einmal haben wir es im Vorhergehendem betont, daß, sofern die Erziehung in einer dem gött - lichen Willen entsprechenden, wahrhaft gedeihlichen Weise von statten gehen solle, Vater und Mutter vereint Hand an's Werk legen und in solcher Bereinigung ihre Kinder von früh an durch Wort uns Beispiel in das wahre katholische Leben einführen müssen. Selbst also unter der Voraussetzung, (welche in solchen Ehen leider gar zu oft nicht stattfindet) daß der katholische Ehetheil von einer entschiedenen katholischen Gesinnung beseelt sei, wird von einer solchen vollkommen gedeihlichen katholischen Erziehung nicht Rede sein können. Das erziehende Element ist ja nur zum Theil da; der eine, protestantische Ehe - theil setzt seinen Theil in die katholische Erziehung nicht ein; es bleibt also etwas fehlen.

Wie viel bleibt insbesondere fehlen, wenn das katholisch zu erziehende Kind eine nichtkatholische Mutter hat, und also in den Jahren, wo sein ganzes Wesen Richtung nimmt, auf deren Einfluß fast allein angewiesen ist. Wird sie, die Protestantin, ihm jenen katholischen Geist und Sinn einhauchen, es in das rechte katholische Leben einführen können? Und wenn in der Erziehung der Kinder das Beispiel der Eltern so fast das Meiste thun muß, welch ein Schaden für das Kind, wenn ihm grad in dem wichtigsten Punkte, im Glauben und religiösen Leben, das Beispiel we - nigstens von der einen Seite fehlt! Welche bedenk - liche Eingriffe in die Zuversicht des Glaubens und in die religiöse Ueberzeugung des Kindes macht leicht fortwährend der Gedanke, daß der Vater oder die144 Mutter diese Ueberzeugung nicht theilt, und das, was dem katholischen Herzen ehrwürdig und theuer ist, vielleicht für Wahn und Aberglauben hält.

O nein, eine entschiedene, allseitige und vollends innige katholische Heranbildung des Kindes gehört in gemischten Ehen so fast zu den unmöglichen Dingen. Und so bleibt dem Kinde vorenthalten, was für das Heil seiner Seele von der allergrößten Bedeutung ist.

Von welcher Seite man daher auch gemischte Ehen betrachten möge, so erscheinen sie fast immer als ein Uebel; Fälle, wo sie nicht als solche erschei - nen, gehören, wenn sie überhaupt denkbar sind, sicher zu den allerseltensten.

Man berufe sich nicht darauf, daß doch die Kirche in gewissen Fällen und unter gewissen Bedingungen solche Ehen gestatte. Sie mißbilligt dieselben grundsätzlich überhaupt; und wenn sie in einzelnen Fällen sie nicht gradzu verhindert und in gewisser Hinsicht gestattet, so thut sie es gewissermaßen mit schwerem Herzen, nur um größere Uebel zu ver - hüten; für ein Uebel hält sie aber solche Ehen.

Es liegt ja auch in der Natur der Sache. Oder sollte sich wohl eine Person, welche von echt katho - lischem Geiste beseelt ist und gute katholische Gesin - nung trägt, dazu verstehen, in das eheliche Verhältniß einzutreten mit einer Person, welche in dem, was ihr als das Höchste gilt, nicht übereinstimmt? O nein, das rechte katholische Herz sträubt sich dagegen. Findet aber eine Person einen solchen An - stand dagegen nicht in sich, so ist das leider ein Zeichen, daß sie in Betreff ihrer religiösen Gesinnung bereits entartet ist. In der gemischten Ehe aber wird solche Entartung dann nur noch weiter um sich greifen.

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Eben daher wird dann auch ein wahrhaft christ - licher Vater solche Ehen mißbilligen und nie die Hand dazu leihen, daß seine Kinder in dieselben ein - gehen, vielmehr es für h. Pflicht halten, um jeden Preis dieselben zu verhindern.

b. Tobias.

Dem großen Patriarchen Abraham steht schön zur Seite der hochehrwürdige Tobias. Als er in der assyrischen Gefangenschaft in die Nothwendigkeit versetzt war, seinen Sohn, den jüngeren Tobias, aus der Obhut des väterlichen Hauses zu entlassen und gen Rages im fernen Mederlande zum Gabelus zu senden, wie groß war da seine Sorgfalt, für den - selben einen zuverlässigen Führer zu schaffen, dem er ihn anvertrauen könnte und der ihm rathend und schützend zur Seite ginge! Gehe hin, sprach er zum Sohne, (Buch Tobias 5. Cap.) suche einen zuverlässigen Mann, daß er mit dir gehe. Tobias war ein Mann des Gebetes; so betete er ohne Zweifel, während der Sohn ging, daß der Herr einen guten Führer vermitteln möge. Wir wissen, wie der Herr den Engel Raphael entsendete, auf daß er dem Sohne seines treuen Dieners ein Führer sei. Als derselbe in der Gestalt eines vortrefflichen Jüng - lings zu ihm trat, sprach Tobias: Wirst du mei - nen Sohn zu Gabelus in Rages führen können? Nach der Rückkehr werde ich deinen Lohn dir geben. Dann entließ er die Abreisenden und sprach: So wandelt nun wohl; und Gott sei auf eurer Reise mit euch und sein Engel begleite euch! Und als nach der Abreise die Mutter weinte und klagte, trö - stete er sie mit den weissagenden Worten: Weine146 nicht; wohlbehalten wird unser Sohn anlangen und wohlbehalten zu uns heimkehren und unsere Augen werden ihn sehen; denn ich glaube, daß ein Engel Gottes ihm das Geleite giebt und Alles wohl ordnen werde, was ihn betrifft, so daß er mit Freude zu uns zurückkehren wird. Wir wissen, wie überreich diese Hoffnung erfüllt wurde.

Diese schöne Geschichte zeigt zugleich, wie Gott selbst sich der Kinder wahrhaft gottesfürchtiger Eltern, denen das Heil ihrer Kinder aufrichtig am Herzen liegt und die Ihm dieselben daher in vielem Gebete empfehlen, in Gnaden annimmt, besonders, wenn sie dieselben von sich entlassen müssen. Der Herr ist heut, wie damals, ewig derselbe. Wenn daher ein Vater (eine Mutter) da, wo das Kind aus dem Hause entlassen werden muß, selbst sorgfältig be - mühet ist, für die Sicherstellung desselben nach Kräf - ten zu wirken und fernerhin nicht abläßt, dem Herrn sein Kind im Gebete zu empfehlen, so wird der Herr sich eines solchen Kindes wenn auch nicht so wun - derbar, doch nicht weniger gnädig annehmen, wie des Tobias. Er hat Seinen Engeln deinetwegen be - fohlen, daß sie auf allen deinen Wegen dich beschützen, daß sie auf Händen dich tragen, damit du nicht etwa an einem Steine dich verletzest.

Indem wir diesen vortrefflichen Vater erwähnen, der in allen Beziehungen als das schönste Muster eines Mannes und Familienvaters erscheint, (wes - halb wir die unter den Büchern der h. Schrift be - findliche unaussprechlich anziehende Darstellung seines Lebens besonders den Vätern auf's Angelegentlichste zur Lesung empfehlen) so können wir es uns nicht versagen, das 4. Kapitel dieser seiner Geschichte her -147 zusetzen. Es enthält jene schönen Ermahnungen, welche Tobias seinem Sohne gab, als er glaubte, das Ende seines Lebens sei herangekommen: Höre, mein Sohn, die Worte meines Mundes, und lege sie wie eine Grundfeste in dein Herz. Wenn Gott meine Seele aufgenommen hat, so begrabe meinen Leib: und halte deine Mutter in Ehren alle Tage deines Lebens: denn du sollst gedenken, was und wie große Gefahren sie ausgestanden um deinetwillen in ihrem Leibe. Wenn aber auch sie die Zeit ihres Lebens vollendet hat, so begrabe sie neben mir. Und alle Tage deines Lebens habe Gott in deinem Herzen, und hüte dich, je in eine Sünde zu willigen, und die Gebote des Herrn unseres Gottes außer Acht zu lassen. Gib Almosen von deinem Vermögen, und wende von keinem Armen dein Angesicht ab: denn also wird geschehen, daß des Herrn Angesicht auch von dir nicht abgewandt werde. Wie du es kannst, also sei barmherzig. Wenn du viel hast, gib reichlich: wenn du wenig hast, suche auch das Wenige gern zu geben. Denn einen guten Lohn sammelst du dir auf den Tag der Noth; weil das Almosen von jeg - licher Sünde und vom Tode erlös't, und die Seele in die Finsterniß nicht kommen läßt. Almosen gibt großes Vertrauen vor dem höchsten Gott Allen, die es geben. Hüte dich, mein Sohn, vor aller Unkeusch - heit, begnüge dich mit deinem Weibe, und laß übri - gens nie etwas Lasterhaftes von dir hören. Laß die Hoffart niemals in deinem Sinne oder in deinen Worten herrschen, denn alles Verderben hat in der - selben seinen Anfang genommen. Wer dir etwas arbeitet, dem gib alsbald seinen Lohn, und laß ja deines Taglöhners Lohn nicht bei dir bleiben. Sieh,148 daß du niemals einem Andern thust, was du nicht willst, daß dir von einem Andern widerfahre. dein Brod mit den Hungrigen und Dürstigen, und be - decke mit deinen Kleidern die Nackenden. Setze dein Brod und deinen Wein auf das Begräbniß des Ge - rechten, aber und trink nicht davon mit den Sün - dern. Suche allzeit Rath bei einem Weisen. Lobe Gott zu aller Zeit, und bitte ihn, daß er deine Wege leite, und daß alle deine Anschläge in ihm verbleiben.

Fürchte dich nicht, mein Sohn, wir führen zwar ein armes Leben, aber wir werden viel Gutes erhalten, wenn wir Gott fürchten, und alle Sünden meiden, und Gutes thun.
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Ein Vater aus dem Münsterlande.

Im ersten Jahrgange des Missionsblattes (1852) wurde eine Reihe interessanter Mittheilungen gebracht unter dem Titel: Der rothe Bauer. Gegenstand derselben war ein durch und durch vortrefflicher Bauersmann im Münsterlande, dem der rothe Rock, womit er an den hohen Festen des Jahres nach alter Landessitte in der Stadt und in der Kirche erschien, bei der jüngeren Generation den Titel der rothe Bauer eingebracht hatte. Hören wir von dem vielen Schönen und Guten, was in den oben genannten Mittheilungen der Sohn desselben, ein Geistlicher, von seinem vortrefflichen Vater erzählt, hier das, was über ihn als Vater gesagt wurde.

Er war ein guter Pädagog (Erzieher), obschon er nur seinem gesunden Menschenverstande folgte und niemals in seinem Leben pädagogische Schriften ge - lesen hatte.Ich besaß ein sehr aufgeregtes Tempera - ment, ließ mich von jeder Gemüthsaffektion leiten und hinreißen. Mein Vater aber verstand es, meiner Lebhaftigkeit einen Zaum anzulegen und mich durch verschiedene Verdemüthigungen zu besänftigen. Wenn ich mit einem Knechte oder einem von meinen drei Brüdern im Streite lag, so mußte ich zuerst die Hand der Versöhnung anbieten, wenn ich mich nicht seinem Unwillen, den ich über Alles fürchtete, aussetzen wollte. War ich unwillig über irgend etwas und wollte ich dann weder essen noch reden, so hatten alle Unsrigen den strengen Befehl, sich darum nichts zu kümmern. Keiner durfte fragen, was mir fehle; keiner durfte mich150 zum Essen anhalten, sondern man mußte mich ganz ruhig gewähren lassen und sich durchaus nicht um mich kümmern. Gerade dies aber war für mich eine uner - trägliche Strafe und gar bald fing ich es dann zu be - reuen an, mich böse und unzufrieden gezeigt zu haben.

Körperliche Züchtigung brachte er fast nie zur Anwendung; er strafte mich so viel möglich, durch mich selbst, indem er z. B. denselben Fehler mir ge - genüber äußerte, wodurch ich ihn beleidiget hatte. Einst saß ich, am Feuer, als er vom Felde heimkam; man hatte grad zum ersten Male ein Fohlen vorgespannt, um es zu gewöhnen. Mein Vater meinte, ich würde große Lust haben, die Bezähmung des muthigen Thie - res anzusehen, und daher lud er mich ein, mit ihm hinzugehen. Ich aber war übler Laune, weil unsere Mutter mir nur ein sehr kleines Stück Weißbrod zum Butterbrod gegeben hatte. Ich antwortete also, ich hätte sehr wenig Lust zum Ausgehen und zöge vor, am Heerde sitzen zu bleiben. Der Vater merkte meinen Eigensinn und erwiederte: Wenn du keine Lust hast, mich zu begleiten, so bleibe ja daheim! Nachdem ich am Morgen, bald nachdem der Vater wie - der zum Acker gegangen war, für mein Zurückbleiben beim Feuer dadurch bestraft war, daß mir aus dem am Feuer stehenden Kessel heißes Wasser auf die Füße gerieth, wollte ich am Nachmittage gerne hinaus, und ich bat den Vater, der in der Küche mit dem Rei - nigen des Saatkorns beschäftigt war, er möchte mit mir zum Garten gehen, um von dem hohen Birn - baume einige Birnen herunter zu werfen. Er aber sprach: Ich könnte freilich noch wohl so viel Zeit erübrigen. Indeß habe ich gerade gar keine Lust, hin - auszugehen, wie du diesen Morgen auch mich nicht151 begleiten wolltest. So machte er mir den Eigen - sinn recht verächtlich.

Ein anderes Mal war ich auf der Diele in un - serer Kornscheuer recht lustig am Spielen. Da kam der Vater mit den Schlüsseln, um die großen Flügel - thüren wieder zu verschließen. Ich aber wollte noch nicht hinaus und bat mit Thränen, er möge wieder zurückgehen und mich noch nicht in meinem Spiele stören. Er aber legte mir die Gründe vor, warum er gerade jetzt die Thüren verschließen wolle, und lud mich nochmals ein, herauszukommen. Die Gründe wollte ich jedoch nicht respektiren und wiederholte mein Geschrei. Was that er? Er machte die Thüren wacker zu und ließ mich bis Abend ohne Speise und Trank sitzen. Das war mir anfangs nicht unangenehm und ich setzte mein Spiel fort. Aber nach einer Stunde, als man die kleine Glocke auf dem Dache des Wohnhauses zum Vesperbrode zog und mich auch das Brausen des Windes schreckte, wurde ich sehr unruhig und ver - suchte, hinauszukommen. Aber trotz aller Kraft-An - strengung konnte ich die schweren Thüren kaum in Bewegung setzen, geschweige öffnen; mein Weinen verscheuchte blos eine große Eule, die mit lautem Geschrei unter den Dachziegeln davon flog; kein Mensch kümmerte sich um den kleinen Gefangenen. Schon neigte sich der Tag und noch kein Retter er - schien. Meine Reue aus Angst und Schrecken erreichte den höchsten Grad. Da lernte ich das erste Mal in meinem Leben recht herzlich zu beten. Ich legte mich auf meine Knie und rezitirte alle Gebete, die ich konnte. Endlich erschien der Vater und öffnete die Thüre. Er schwieg, während ich ihm versprach, nie wieder seinem Willen entgegen sein zu wollen.

152

Es war überhaupt seine Weise, selten zu tadeln und selten positive Strafen und Züchtigungen anzuwen - den; er strafte mich durch mich selbst. In den langen Winterabenden hielt er mit uns eine Art Abendschule, welche auch die jüngern Dienstboten besuchten. Ein - mal zeigte ich keine Lust, auf die Stube zu gehen, um da zu lernen, und erklärte offen, ich zöge vor, bei den Knechten auf der Diele zu bleiben, wo ich Rüben für das Vieh zerschneiden half. Meine beiden Schwestern aber folgten mit großem Vergnügen dem Vater. Nach einer Weile hörte ich auf der Stube singen. Der Vater lehrte das Lied: Prinz Euge - nius, der edle Ritter ꝛc. Nun warf ich mein Messer bei Seite, griff zu meinem Schreibzeuge und wollte hinauf. Aber ich fand die Thüre verschlossen und konnte an der lauten Freude der Uebrigen nicht Theil nehmen. Traurig nahm ich Platz auf der Stuben - treppe und bereuete meinen Fehler. Als aber endlich die Andern herunterkamen und mir ihr schönes Bil - derbuch zeigten, welches der Vater am Nachmittage aus der Stadt mitgebracht und ihnen für ihre Lust am Lernen geschenkt hatte, da hätte ich vor Reue ver - gehen mögen. So war mein Eigenwille ohne Stock und Ruthe abermals hart bestraft.

Wie er meine Fehler nicht ungeahndet ließ, so verstand er es auch, mich angemessen zu belohnen, wenn ich es verdient hatte. Hatte ich mich mehrere Tage hindurch durch Folgsamkeit und Fleiß ausge - zeichnet, so wurde ich, und zwar ohne daß er es mir sagte, wofür ich den Lohn empfing, von ihm beson - ders mit Aufmerksamkeit und Freundlichkeit behandelt. Das war uns überhaupt die süßeste Belohnung, zu wissen, daß der Vater mit uns zufrieden sei und an153 uns Freude habe. In den Mittagsstunden oder am Abende machte er uns mit großer Geschicklichkeit allerlei Spielsachen. Bald verfertigte er uns einen kleinen Karren oder Wagen und Geschirr, um den kräftigen Hund davor spannen zu können; bald zog er uns Saiten über einen Holzschuh, um darauf Violine spielen zu können. Meinen Schwestern machte er Nähkistchen, Nadelköcher und Wiegen für ihre Puppen. Während der Arbeit hielten wir uns dann zu ihm und hielten die Bretter zum Sägen oder Bohren fest, oder wir gaben auch unser Votum (Gut - achten) über die zweckmäßige Einrichtung der Spiel - sachen ab. Dabei gab er uns mit der größten Freund - lichkeit und Bereitwilligkeit auf unsere unzähligen Fragen Antwort.

Hatten wir alle drei seine Aufmerksamkeit verdient, so durften wir auch alle drei bei der Anfertigung der Spielsachen und Geräthschaften zugegen sein. Wer aber seine Unzufriedenheit sich zugezogen hatte, der erhielt den Befehl, zurück zu bleiben und anderswo eine Arbeit zu verrichten. Wenn wir uns aber alle drei irgendwie verfehlt hatten, so ruhete gleich die zu unserm Vergnügen angefangene Arbeit; er that dann sehr kalt gegen uns, würdigte uns kaum eines Blickes und er schien dann sich um uns gar nicht zu be - kümmern. Es schwebt mir jetzt nach dreißig Jahren noch sehr lebhaft vor der Seele, wie glücklich wir uns fühlten, wenn wir seiner Zufriedenheit uns er - freueten, wie wehe es uns aber that, wenn er uns wegen eines Fehlers aus dem Herzen gestoßen zu haben schien.

Von unsern Leistungen in der Schule mußten wir jeden Sonntag Nachmittag durch Vorzeigen unserer154 Hefte Rechnung ablegen. Erschienen Lehrer und Lehrerinnen zum Besuche auf unserm Hofe, so muß - ten wir ihnen mit großer Freundlichkeit entgegen gehen und sie ehrerbietig einholen und gleich mit auf die Stube gehen, wo ein recht strenges Examen über Sitten und Leistungen abgehalten wurde. Erst dar - nach durften wir uns entfernen. Eben weil unsere Eltern eine große Liebe und Achtung gegen Lehrer und Lehrerinnen bewiesen, erschienen diese uns doppelt ehrwürdig.

Als ich später auf dem Gymnasium studirte, setzte der Vater dieselbe strenge Controle fort. Wenn ich in den Ferien zu Hause kam, wurde mir, ehe mir ein Stuhl angeboten und mein Gepäck abgenommen wurde, die Frage gestellt: Nun, wo ist dein Paß? Laß sehen, wie es auf demselben aussieht? Ich zog dann die Censur (d. i. Zeugniß) hervor, die er mit großem Ernste musterte und mit der vorhergehenden, von der er sich die Abschrift aufbewahrt hatte, ver - glich. Waren die Prädikate zu seiner Zufriedenheit, so war er ungemein froh und aufgeräumt. Einmal kam ich mit schwerem Herzen heim, weil die Censur also anfing: Betragen: gut; der Schüler ist aber einmal wegen eines Vergehens bestraft. Mit zit - ternder Hand reichte ich sie meinem strengen Richter dar; denn ich fürchtete, wieder zurückgewiesen zu wer - den. Glücklicher Weise aber verlas er sich; er las statt Vergehens Versehens, in welchem Worte er eine Entschuldigung für den begangenen Fehler zu finden glaubte, und daher kam ich noch ziemlich glück - lich davon. Meine Lehrer hatten mir längst meine Ehrfurcht vor meinem Vater abgemerkt, und wußten dieselbe sehr gut zu meinem Wohle dadurch zu be -155 nutzen, daß sie mir mit Anzeigen droheten, wenn ich im Fleiß nachließe oder sonst einen Fehler beging. Alle andern Strafen waren mir in Vergleich mit dieser Drohung gar nicht empfindlich. Auch nach dem Tode meines Vaters hielt mich diese Ehrfurcht oft aufrecht in Gefahren zur Sünde, indem ich be - dachte, daß mein Vater im Himmel um mein Be - tragen wisse.

Des Vaters liebste Erholung war das Spiel mit uns Kindern in den Mittags - und Abendstunden. Nürnberger Spielsachen waren uns unbekannt, aber wir hatten so gut unser hölzernes Pferd, unsern Wagen, unser Schaukelkissen, unsern Bogen, unsern Schmetterlingsfänger, als die Stadtkinder. In der Anfertigung und Gebrauchs-Anweisung dieser Dinge bestand für ihn eine süße Erholung. An allen Sonn - tag-Nachmittagen, wenn das Wetter günstig war, gingen wir mit ihm und der Mutter spazieren durch den Busch und die Kornfelder. Das nannten wir Rundgehen. Wie unser mit rothem Halsband ge - ziertes Küchenhündchen schwebten wir leichten Schrit - tes hin und wieder, während unsere Eltern bedacht - sam uns folgten und ihre Freude daran hatten, unsere tausend Fragen zu beantworten. Dann wur - den wir aufmerksam gemacht, nicht bloß auf Blumen und Vögel zu achten, sondern auch Gottes Güte und Liebe in den wogenden Saaten zu betrachten. Vater, fragte ich einst beim Spaziergange, warum läßt der liebe Gott doch den Halm so dünn, daß er kaum die schwere Aehre tragen kann? Er antwortete: Siehst du da nicht das Vögelchen? Siehe nur, es will aus der Aehre Körner picken, aber wenn es sich an dem Halme halten will, geht dieser nach unten und156 seine Schadlust wird vereitelt. Ja, ja, nun sehe ich es, daß Gott es weise eingerichtet hat. Der Boh - nenstrauch aber darf dicker sein, weil die Vögel diese Frucht nicht verschlucken können, erwiederte ich.

In ähnlicher Weise lernte ich von ihm, Gottes Weisheit an den Knoten des Halmes, an der Be - deckung der Körner in den Aehren und an tausend andern Beispielen der Natur bewundern. Das machte mir sichtbare Freude, die er mir durch folgendes Ge - spräch recht zum Bewußtsein brachte. Sag mir, mein Kind, sprach er, warum bist du so froh? Ich ant - wortete: Es ist ja so schönes Wetter, deß freuen sich die Vögelein, und ich sollte nicht froh sein? Wir werden eine gute Ernte und zu essen haben und auch den Armen mittheilen können. Darauf freue ich mich schon jetzt. An jeder Blume, an jedem Halme, an jeder Aehre glänzet die Güte und Weisheit Gottes, wie du mich lehrtest. Das zu wissen, macht mir Freude. Vater, wenn's hier schon so schön ist, wie viel schöner muß es im Himmel sein!

Als wir unter solchen Gesprächen an das Ende des Kampes (eingehägtes Ackerstück) gekommen waren, wo ein dicker Baumstamm lag, setzten wir uns da - rauf und Vater lehrte mich das Gebet: Dir dienen, Gott, ist Seligkeit. So leben, wie es dir gefällt, Bringt größere Zufriedenheit, Als alles Geld und Gut der Welt!

War nachher, nachdem die übliche Hausandacht vollendet war, noch Zeit und Muße übrig, so wurde auf dem Hofe ein allgemeines Spiel, woran Groß und Klein Theil nahm, gewöhnlich Ballspiel, ange - ordnet. Auf des Vaters Commando: Genug für heute! hatte Alles ein Ende.

157

Den vergnügtesten Abend brachte uns der Oster - tag mit seinem Osterfeuer. Das Holz, Dornen und Stroh wurde in den Zwischenstunden der letzten vier - zehn Tage mit großem Fleiß und Eifer zusammen - getragen und hoch aufgethürmt, damit man nach des Vaters willen am Ostersonntage keine Arbeit mehr damit habe. Sobald dann am Festtage die Oster - eier verzehrt waren, brachen wir auf. Der Vater nahm Gebet - und Gesangbuch, ich gewöhnlich den Holzschuh mit Feuer, der Baumeister die Forke, der Dieljunge kam gewöhnlich schwitzend mit einer aus - gerissenen Bohnenstange nachgetrabt. Der wollte auch das Seinige beitragen, daß unser Feuer recht hoch brenne und seine Genossen an den nachfolgen - den Tagen auf dem Schulwege darüber nicht spotten könnten. Sobald die knisternde Flamme aufloderte, ordnete der Vater die Kreisprozession an; er selbst ging vorauf und stimmte das Lied: Christus ist auf - erstanden an und sonstige allgemein bekannte Oster - lieder. Du hättest diese Feier mitmachen müssen, lieber Leser! um dir eine Vorstellung von unserer Freude und Erbauung machen zu können. Ich darf versichern, daß ich später noch nie Ostern erlebt habe, ohne recht lebhaft an diese Osterfreuden meiner Ju - gend zurückzudenken und zu wünschen, noch einmal wieder daran Theil nehmen zu können.

So sehr übrigens der Vater für angemessene Er - holungen und Vergnügungen war, da er wohl wußte, daß der Mensch ihrer bedürfte, und so sehr er daher auch darauf bedacht war und es verstand, den Sei - nigen auf die schönste Weise Erholungen und Er - heiterungen zu bereiten, so war er doch nie ein Freund von gewissen Lustbarkeiten, wie sie zur Zeit auf158 Tanzböden, bei Hochzeiten oder in den Fastnachts - tagen im Schwunge waren. Dennoch, obwohl er der Ansicht war, daß auch die besten Tanzlustbarkei - ten nicht viel taugen, trat er nicht unbesonnen und heftig dagegen auf; vielmehr suchte er zuvor, so viel an ihm war, die größte Gefahr derselben zu heben, um nach und nach ganz abzubrechen.

Hören wir schließlich, wie es mit dem religiösen Leben des vortrefflichen Vaters stand. Also berichtet der priesterliche Sohn:

In seiner Schlafstube stand ein weiß gescheuerter Tisch mit einem großen Crucifixe, das er selbst aus Kevelaer mitgebracht hatte. Ein Kniebänkchen oder Bet - schemel stand nicht vor dem Tische, sondern er warf sich mit den Knieen auf den steinernen Fußboden. Hier betete er jeden Abend mit müden Gliedern, nachdem er schon zuvor mit der ganzen Haushaltung das all - gemeine Abendgebet in der Küche verrichtet hatte, wenigstens eine starke Viertelstunde. Was seine Für - bitte für Andere betrifft, so verdient bemerkt zu wer - den, daß er immer ein besonderes Gebet für unsere Gemeinde sprach, die ihm so sehr am Herzen lag. Im Uebrigen war seine Betweise, wie er selbst, ganz natürlich und ungekünstelt, und er war dabei so in Andacht versunken, daß ihn dabei nichts stören konnte. Seine Schlafstube hatte er mit den Bildern geziert, die er zum Andenken von frühern Pfarrgeistlichen erhalten hatte; jeder der fünf Pfarrer, welche er über - lebte, hatte ihm einen werthvollen Kupferstich zum Andenken gegeben. Auch daneben ein Weihwasser - beckchen fehlte nicht; zwei sehr alte, vielgebrauchte, aber gut erhaltene Rosenkränze, von denen er be - hauptete, sie seien gegen hundert Jahre alt.
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An allen Vier-Hochzeiten wie auch an den da - zwischen fallenden Muttergottesfesten ging er zu den h. Sakramenten, so daß er es nie über sechs Wochen kommen ließ. Dazu bereitete er sich nicht allein durch Gebet recht ernstlich vor, sondern er hatte die Ge - wohnheit, dann jedesmal ein besonderes, recht reich - liches Almosen an eine dürftige Familie auszutheilen oder auch dem Pfarrer zur Austheilung einzuhän - digen. Wallfahrten machte er jährlich zwei, die eine nach dem h. Kreuze in Coesfeld, die andere nach Keve - laer. Leuten, die auf Wallfahrten nicht halten, pflegte er zu sagen: Ich bin ganz deiner Meinung, daß man sich auch hier sehr wohl beten könnte, aber, wenn man hier bleibt, geschieht es nicht! In mei - ner Jugend habe ich Andern auch wohl das dumme Sprichwort nachgesprochen: Menschen, die hier nicht arbeiten wollen, gehen nach Holland zur Arbeit, und Leute, die hier nicht beten wollen, gehen nach Keve - laer zum Gebete. Als ich aber nur einmal an die - sem Gnadenorte gewesen war, schämte ich mich, so beschränkt gewesen zu sein, gegen eine so h. Uebung je ein Wort gesprochen zu haben. Daß in neuerer Zeit die Gläubigen wieder Geschmack und Lust an dieser Religionsübung zeigten, war ihm eine ganz besondere Freude, und er wußte sehr wohl die Quelle dieser erfreulichen Erscheinung aufzufinden, da er, so oft darauf die Rede kam, sagte: Clemens August hat uns wieder wach gemacht! *)Interessant ist, daß unser Ehrenmann ein eben so tüchtiger Ackerwirth, als brav und fromm war und da - durch jenen Einwand zu Schanden machte, den Manche so gern geltend machen, als ob sich mit wahrer Fröm - migkeit Tüchtigkeit und Eifer für's Geschäft weniger ver - trage. So sehr er nämlich in Beziehung auf Mode und manche sonstige Dinge ein Freund des Alten war, so hul - digte er dennoch in der Ackerwirthschaft so sehr dem Fort - schritte, daß er nichts unversucht ließ, was der ökonomische Verein, dessen Mitglied er war, und ein in der Nachbar - schaft wohnender, einsichtiger Oekonom empfahl und jede Woche einmal den Vorlesungen des Letztern beiwohnte. Ueber Manches, was er auf solche Art versuchte und ein - führte, schüttelte Mancher den Kopf, um es bald ihm nach - zumachen.Hören wir schließlich noch etwas über sein Ende. Als er sein Testament gemacht hatte und seine Hand ihm den Dienst zur Unterschrift versagte, sprach er: Kinder, es ist vorbei; noch einige Tage, und ihr tragt mich hinaus; betet für meine arme Seele. Dann machte er das heil. Kreuzzeichen und ließ jedes seiner Kinder vor sich kommen, ihnen ein heilsames Wort zu sagen. Zu seinem Sohne, der sich zum geistlichen Stande vorbereitete (Schreiber des Obigen), sprach er unter Anderm: Sohn, strebe deinem frei gewählten Berufe nach; ehre deine Mutter und rathe deinen Schwestern. Am Beerdigungsmorgen sprach der Pfarrer in seiner Leichenrede: Wir stehen am Grabe eines Ehrenmannes, den ich selbst als einen Vater geliebt habe; treu haltend an guter alter Sitte gewann er durch das Beispiel der Tugend, der Genügsamkeit und Mäßigkeit, der Gerechtigkeit und Reinigkeit rings Ansehen und Ehre. Ich möchte wünschen, so sicher, wie er, die ewige Krone er - warten zu dürfen. Keiner steht hier am Grabe, der den Verstorbenen nicht geachtet hätte; die Meisten sind ihm zu großem Danke verpflichtet.

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Der Vater in seinem Gebete.

Unmöglich können wir unsere Erörterungen für den christlichen Vater schließen, ohne der Gebets - thätigkeit, welche der Vaterberuf mit sich führt, Er - wähnung zu thun; sie darf, ja sie kann in der Reihe der Bestrebungen, welche dem Vaterberufe entsprechen, nicht fehlen; der Vater darf eben nur ein wahrhaft christlicher Vater sein, um durch seinen väterlichen Beruf zum Gebete angeregt zu werden. *)Väter, wie es deren vor etlichen Jahrzehnten einen in Belgien gab, haben wir ja unter unsern Lesern nicht vorauszusetzen. Derselbe hatte einen Sohn und mit ihm viel Verdruß. Der Bube that zu Haus kein Gut, und außer dem Hause in allerhand Erziehungsanstalten auch nicht; er wurde nach kurzer Zeit überall davongejagt. So kam er denn eines schönen Tages wieder als Entlassener zum Vater zurück. Der Vater schlägt die Hände zusam - men und jammert und gebärdet sich gegen den wilden Buben, als wollte er ihm sein letztes Stündlein ankünden. Was soll er jetzt mit ihm anfangen? Er klagt seine Va - ternoth nach rechts und nach links, bis ihm endlich Je - mand den Rath gibt, er soll es versuchen, den Wildfang in die Erziehungsanstalt da und da hinzugeben, es seien dort Jesuiten, und man höre viel Gutes von dieser Erziehung. In der verzweifelten Lage nimmt er den Rath an, obwohl er kein Freund der Jesuiten war. Er führt also den Jun - gen zum geistlichen Vorstande der Anstalt, klagt ihm sei - nen Kummer, erzählt ihm die Bubenstreiche des Söhnleins, und er bitte also, er möge es doch in die Anstalt aufneh - men, er habe von derselben so viel Rühmliches gehört, daß er vertraue, man werde auch seinen Sohn noch zu - rechtbringen. Weil das Kind noch nicht zu alt war, meinte der Vorstand, man solle die Hoffnung nicht aufgeben, in - dessen möge der Vater nur recht einträchtig mit den Vor - gesetzten vorwärtsgehen, und soll inzwischen für das arme Kind recht fleißig beten. Kaum war das Wort: Beten über die Lippen des Rectors, als sich über das Angesicht des Vaters ein Zug ausbreitete, als hätte er bittere Man - deln zwischen den Zähnen. So öffnet er den Mund und spricht: Ich muß Ihnen schon sagen, Herr Rector, daß ich dringend wünsche, und es zur Bedingung mache, daß Sie meinen Sohn mit allen religiösen Sachen verschonen. Es ist mein Entschluß, ihm in dieser Beziehung keine Rich - tung zu geben; ist er alt genug, mag er sich nach eigener Ueberzeugung selbst den rechten Weg einschlagen. Jetzt war es an dem Herrn Rector, sein Gesicht bis zum Aus - druck der Verwunderung aufzuspannen und zu sagen: Mein Herr! da bitte ich, ihren Sohn nur wieder mit sich nach Haus zu nehmen; unter dieser Bedingung erklären wir uns für unfähig, an Ihrem Sohne was Gutes zu erzie - hen; denn offen gesprochen, wenn wir, wie Sie sagen, einige glückliche Erfolge in der Anstalt erzielt haben, ist es nur gelungen, weil wir uns bemühten, unsern Zög - lingen wahres Christenthum ins Herz zu pflanzen.

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Dürfen wir nun die Voraussetzung machen, daß unserm oben ausgesprochenen Wunsche gemäß unser Büchlein die christliche Mutter auch von den - tern werde gelesen werde, so könnten wir hier einfach darauf verweisen, was dort über diesen Punkt gesagt ist (die christliche Mutter im Gebete S. 116); denn ganz dasselbe gilt im Wesentlichen auch für den Vater. Aber da diese Voraussetzung leicht nicht allgemeine Erfüllung findet und es doch so wichtig ist, daß auch die Väter diesen Punkt beherzigen, so glaubten wir es nicht unterlassen zu dürfen, auch hier, wenn auch nur in aller Kürze, ein Wort darüber zu sagen.

Wer die Aufgabe des väterlichen Berufes nur halbwegs zu würdigen versteht, der wird gestehen, daß sie eine schwere sei und ohne einen besondern Bei - stand von oben nicht zu lösen sei. Dieses Beistandes bedarf's für den Vater, damit er es verstehe, seine Kinder gut zu erziehen, für die Kinder aber, damit das, was er an ihnen thut, Erfolg habe und fruchte. 163Solcher Beistand aber von oben muß erflehet werden; der Vater muß beten.

Er muß beten für sich, daß der Herr ihm beistehe, um seinen Kindern ein guter Vater zu sein. Wie nachdrücklich legt's dem Vater sein Vaterberuf an's Herz, zum Herrn zu flehen um die Gnade eines wahrhaft christlichen Lebens, um die Gnade, diese oder jene Sünde zu meiden, um die Gnade, seine christlichen Pflichten zu erfüllen, da ja das alles eine nothwendige Vorbedingung für das Gelingen der Er - ziehung ist! Dann hat auch er, wie die Mutter, Gott zu bitten um die rechte Einsicht, um die Gabe des Rathes, damit er in den oft schwierigen Fällen, welche im Werke der Erziehung begegnen, das Rechte treffe und insbesondere erkenne, wie er jedes seiner Kinder nach der besondern Beschaffenheit, nach seinen Fähigkeiten, nach seinen guten oder bösen Eigenschaften behandeln müsse; er hat zu flehen um die Gnade der rechten, übernatürlichen, erleuchteten Liebe zu seinen Kin - dern und der Ausdauer in den Opfern und Beschwer - den der Erziehung. Und wo wäre ein Vater, welcher die hohe Bedeutung und die Schwierigkeiten der guten Erziehung zu würdigen versteht, und sich nicht angeregt fände, um Hülfe und Beistand zu Gott zu flehen?

Er muß beten für seine Kinder. Je auf - richtiger er sie liebt, je mehr er wünscht, sie zum wahren Heile und daher zu einem echt christlichen Leben zu führen, desto mehr und inständiger wird er für sie beten. Denn was immer und so viel er auch an seinen Kindern und für sie thun mag, nie ver - gisset er, daß es dennoch nur dann recht fruchten und gedeihen werde, wenn der Herr in Seiner Gnade mit Hand an's Werk legt. Darum flehet er also zu Ihm,164 immer von Neuem. Ja, wäre es wohl möglich, daß ein rechter Vater überhaupt sei es am Morgen, am Abende, bei der h. Communion oder wo immer betete, ohne seiner Kinder zu gedenken?

Was er an seinen Kindern und für sie thut, das empfiehlt er im Gebete der Hülfe der göttlichen Gnade. Er betet, daß der Herr sie in der Gnade bewahre, daß Er sie vor schwerer Sünde behüte, daß Er sie von ihren Fehlern befreie; daß Er die christlichen Tugenden in ihnen gedeihen lasse, daß Er sie zum Heile führe.

Auch der christliche Vater begleitet gern, gleichwie die Mutter, mit seinem Gebete das Kind, wenn es zur h. Beicht, zur h. Communion geht; vollends, wenn es das elterliche Haus verlässet und in die Fremde zieht. Wie groß sind leicht die Gefahren, denen der Sohn, die Tochter da draußen ausgesetzt sind; um so inständiger steigt täglich das Gebet des Vaters um Schutz und Gnade für sie zum Himmel. Oder es handelt sich um die Standeswahl; welch ein dringender Anlaß, oft für den Sohn, die Tochter zu beten, daß eine gute Wahl getroffen werde! Oder es treten gewisse Unarten und Fehler an den Kindern hervor; der Sohn, die Tochter ist entartet, auf Irr - wege gerathen; des Vaters Einwirkung, seine Ermah - nungen, seine Warnungen, seine Strafen Alles vergebens. Das Vaterherz blutet, ohne helfen zu können. Aber es bleibt die Zuflucht zum Herrn, zum Gebete. Der Vater betet, flehet für sein unglück - liches Kind, er ringt mit dem Herrn im Gebete, und lässet nicht von Ihm, daß Er ihn erhöre.

So giebt's der Anlässe fast unzählbare, welche einen christlich gesinnten Vater zum Gebete rufen. Und er folgt dem Rufe. In allen seinen Gebeten findet165 das Flehen für seine Kinder Platz, um so mehr, je dringlicher und wichtiger der Anlaß. Wie die Mutter, so wendet auch der Vater sich in diesem Gebete gern an Jesus, den großen Kinderfreund. Er wendet sich an die Himmelsbewohner, damit sie sein Gebet unterstützen, an Maria, die Hülfe der Christen, an die Engel und Namenspatrone seiner Kinder, an die auserwählten Väter und Mütter.

Gewiß, auch aus diesem Grunde dürfen wir ein Kind glücklich preisen, das einen wahrhaft christlichen Vater hat; derselbe zieht durch sein Gebet und Fle - hen die reichste Fülle himmlischer Gaben und Gnaden auf dasselbe herab. Und so groß auch der Segen ist, den ein solcher Vater durch seine erziehenden Bestrebungen dem Kinde vermittelt, so ist dennoch leicht der Segen seiner Gebete für dasselbe noch größer; ja im Grunde erhalten alle seine sonstigen Bestrebungen für sein Kind durch das Gebet und vermöge der dadurch errungenen Gnaden erst ihre rechte Kraft und Wirksamkeit.

Durften wir daher in unserer christlichen Mut - ter sagen: Selig das Kind, welches eine solche Mutter hat (die eifrig für es betet); wie viel mehr dürfen wir dann ein Kind selig preisen, welches neben einer solchen Mutter auch einen Vater hat, wie wir ihn schilderten, einen Vater, der mit der Mutter für dasselbe betet! O in der That, ein Elternpaar, Vater und Mutter, vereint im Gebete für ihre Kinder das ist ein Schauspiel, auf dem das Auge des Herrn mit Wohlgefallen ruhet, ihr Gebet ein Ruf, dem Er nicht widersteht. Deshalb sagen wir's auch hier: O Väter, betet doch, betet ohne Unterlaß, betet mit allem Eifer für euere Kinder!

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Gebete

Gebet um die Gnade christlicher Gottes - furcht und Frömmigkeit.

O Gott, Du hast auch mich in's Dasein gerufen nur zu dem Zwecke, daß ich während meiner kurzen Lebensfrist auf Erden durch treue Erfüllung Deines h. Willens meine Seele heiligen und so Deinen h. Namen verherrlichen und ewig selig werden möchte. Schon hier auf Erden kann ich nur dann wahrhaft glücklich sein, wenn ich dieser meiner Bestimmung gemäß ein Leben nach Deinem h. Wohlgefallen führe. Und ich bin Vater. Du hast mir Kinder anvertrauet; sie sind Dein und Du hast sie mir anvertrauet, auf daß ich sie für Dich und in Deiner h. Furcht und zu christlichem Wandel erziehe. Wehe mir, wenn ich dieser Deiner gnadenvollen Absicht nicht entspräche und die Kinder durch meine Schuld entarteten! Wie groß würde meine Verantwortung, wie schrecklich die Strafe sein! Und dennoch kann ich meine Kinder nicht in Deiner h. Furcht und zu einem frommen Leben er - ziehen, wenn ich nicht selbst vom Geiste wahrer Got - tesfurcht und Frömmigkeit beseelt bin. O Gott, so verleihe mir denn die Gnade, daß ich diese ernsten Wahrheiten stets vor Augen halte; erwecke mich durch dieselben und hilf mir, daß ich es mir mehr, als Alles, am Herzen liegen lasse, ein wahrhaft Dir wohlgefälliges Leben zu führen, auf daß ich meine167 Seele rette und meinen Kindern ein wahrhaft guter Vater sei. Gieb mir die Gnade, daß ich gewissen - haft Alles meide und fliehe, was den rechten christ - lichen Sinn und Wandel behindert oder gefährdet; lehre mich treu und beharrlich thun und üben, was nothwendig oder nützlich ist, um im Guten zu beste - hen und fortzuschreiten.

O ihr Auserwählten und ihr heiligen Väter, bittet für mich. Amen.

Gebet um die Gnade des Glaubens.

O Gott, der Du alle jene Wahrheiten und Leh - ren, die zu unserm Heile nothwendig oder zuträglich sind, durch Deine Gesandten und durch Deinen ein - gebornen Sohn, unsern Herrn, geoffenbaret hast und durch die h. unfehlbare Kirche uns verkündest ver - mehre in mir die Gnade des Glaubens, auf daß ich alle diese Heileslehren mit zweifelloser Zuversicht gläubig aufnehme. Wenn ich in Gefahr bin, durch die Zuflüsterungen meiner stolzen Natur und durch das Reden und Beispiel einer glaubenslosen Welt im Glauben wankend zu werden, so richte Du mich auf und halte mich; lehre mich es erkennen, daß unser h. Glaube auf festen Gründen ruhet, und daß nur ein verkehrtes Herz noch zweifeln kann. Erwecke mich, daß ich das kostbare Gut des Glaubens mit schuldiger Sorgfalt behüte und es nach Pflicht ver - meide, glaubensfeindliche Schriften zu lesen, oder unzeitig mit Menschen, die an ihrem Glauben Scha - den genommen haben, zu verkehren, auf daß ich nicht angesteckt und nach und nach im Glauben schiffbrüchig werde. Vor Allem aber, o Herr, stehe mir bei, daß ich nach meinem h. Glauben lebe und mein ganzes168 Leben nach seinen Lehren ordne; dann wird durch Deine Gnade heller und heller das Licht des Glau - bens in mir leuchten und mein Herz mit Glaubens - zuversicht erfüllen.

Auch meine Kinder empfehle ich Dir; beschütze sie in den Gefahren des h. Glaubens; laß sie durch deine Gnade als treue Kinder unserer h. Kirche all - immerdar an allen ihren Lehren fest und unerschütter - lich halten. Amen.

Gebet um die Gnade der Mäßigkeit.

O Gott, der Du uns durch Deinen göttlichen Sohn und durch Deine Diener so nachdrücklich vor Unmäßigkeit und Trunkenheit warnest, und willst, daß wir als Christen wandeln, nicht in Völlerei , sondern als Nachahmer Jesu und Seines abgetödteten Lebens; verleihe mir die Gnade einer wahren christ - lichen Mäßigkeit. Halte mich, auf daß ich dem un - seligen Laster der Trunkenheit nicht verfalle. Wehe, wenn meine Kinder die Schmach dieser Verkehrtheit an ihrem Vater wahrnehmen müßten! O Gott, er - fülle mich mit Abscheu vor derselben und mit Furcht, damit ich mich nicht der Gefahr aussetze, nach und nach ein Trinker zu werden. Flöße mir einen h. Ernst ein, auf daß ich nie, dem Leichtsinn mich ergebend, die Schranken der christlichen Mäßigkeit überschreite, sondern bei jeglicher Gelegenheit ihren Anforderungen getreu verbleibe. Lehre mich jeglichen unzeitigen Be - such des Wirthshauses meiden, lehre mich den Verkehr mit leichtsinnigen Menschen fliehen. Beschirme mich, o Herr, in so vielen Gefahren, welche unsere genuß - süchtige Zeit und ihr unchristlicher Geist der Mäßig - keit bereitet, mit mächtigem Arm und erfülle mich169 mit dem Geiste der Mäßigkeit und Nüchternheit. Amen.

Gebet um Gnade wider unordentliche Hingebung an die Welt.

Göttlicher Heiland, der Du uns ermahnest, daß wir zuerst das Reich Gottes und die Gerechtigkeit desselben suchen sollen ; möchte ich dieser Deiner Mahnung doch stets nachkommen! Ach, ich gebe mich an meine Geschäfte und irdischen Angelegenheiten so leicht ganz und gar hin, so daß ich über dieselben Deiner vergesse, Gebet und christliche Uebung unter - lasse und immer mehr, Dir und dem Höhern ent - fremdet, ganz im irdischen Sinn verstrickt werde. Darf ich dabei noch hoffen, einst Antheil zu erlangen an den himmlischen Gütern, gegen welche ich gleich - gültig bin und nichts Rechtes thue? Habe ich nicht zu fürchten, durch dieses stete und übermäßige irdische Treiben meine Seele zu Grunde zu richten? Dann wehe mir, wenn ich zu spät es erkenne, wie thöricht ich war, mein Leben und die ganze Zeit und Kraft meines Lebens Dingen zu weihen, welche, durch den Tod so bald schon geraubet, in der Ewigkeit kei - nerlei Werth haben, und mich um das, was ewig mich beglücken sollte, nicht zu kümmern! O Herr, so reiße durch deine mächtige Gnade mein Herz von dieser unzeitigen Hingegebenheit an's Irdische los! Lehre mich es erkennen, daß alle irdischen Geschäfte und Bestrebungen nur Mittel sind, um Dir dadurch zu dienen und für die Ewigkeit dadurch Verdienste zu sammeln. Verleihe mir die Gnade, all mein tägliches Thun mit guter Meinung zu vollführen. Befestige mich in dem Eifer zum Gebete und zu christ -170 licher Uebung, auf daß ich nie um meiner irdischen Geschäfte willen das Gebet am Morgen und am Abende und bei Tische versäume; die Sonn - und Festtage sollen mir heilig sein; an ihnen soll alle Arbeit und jegliches Geschäft ruhen, damit ich mich ganz dem Gebete und der Theilnahme an der kirch - lichen Feier widmen könne. Bewahre mich, o Herr, vor Nachlässigkeit im Empfange der h. Sakramente, welcher für mich so nothwendig ist, um neue Auf - munterung und Gnade zu erlangen; erwecke mich zur Zeit durch Deine Gnade und führe mich zum Mahle des Heiles. So stehe mir bei, o Gott, damit ich so durch die irdischen Güter hindurch gehe, daß ich die ewigen nicht verliere . Amen.

Gebet*)Nichts schien uns im Wege zu stehen, im Folgen - den die von uns für die christliche Mutter verfaßten Ge - bete zu benutzen, so viel dieselben dem väterlichen Berufe entsprechen und nachdem die nöthigen Aenderungen ge - macht waren. am Jahrestage der Verehelichung. **)Wahrhaft christliche Eheleute gehen gern am Jah - restage ihrer Verehelichung, oder am Sonntage vor oder nach demselben wo möglich gemeinschaftlich zu den hh. Sa - kramenten, um so die entsprechenden Uebungen desto besser anstellen zu können und die Gnade des h. Sakramentes der Ehe zu erneuern. Welche schöne Sitte! Könnte man nicht wenigstens an diesem Tage in solcher Mei - nung einer h. Messe beiwohnen? Wie sehr thut den Ehe - leuten bei den wichtigen Obliegenheiten, in den Beschwer - den und Gefahren ihres Standes der Segen und die Gnade des Herrn Noth, damit sie im Ehestand nicht zu Grunde gehen, sondern ihr Heil wirken! Daher eben das h. Sakrament der Ehe; daher die jährliche Erneuerung der Gnade desselben so empfehlenswerth.

O mein Gott und Herr, an diesem Tage war es, wo ich in Deinem h. Hause am Traualtare hin - geknieet das heil. Sakrament der Ehe empfing und unter dem Segen desselben in meinen ehelichen Stand171 eintrat. Dürfte ich ihn ohne Dank und heilsame Uebung vorübergehen lassen? Nein, o Herr, von ganzem Herzen danke ich Dir, daß du mich durch ein heil. Sakrament in den Ehestand eingeführt und meine eheliche Verbindung geheiliget und mir den Schatz Deiner Gnade eröffnet hast, damit ich im Stande wäre, den Anforderungen des christlichen Ehestandes zu entsprechen und in unverbrüchlicher Treue und Liebe gegen meine Frau und in standes - mäßiger Keuschheit allimmerdar zu verharren, die von Dir geschenkten Kinder in Deiner Furcht und Zucht zu erziehen und so mein Heil zu wirken. Ich danke Dir für alle Gnaden, welche ich seitdem in Kraft dieses h. Sakramentes empfangen habe; ich danke Dir für den Schutz und für die Hülfe und für alles Gute, so Du mir und den Meinigen gespendet hast. Sei ewiglich gelobet und gepriesen!

Habe ich denn in freier Mitwirkung mit Deiner Gnade die Obliegenheiten meines Standes treu er - füllt? Habe ich als ein wahrhaft christlicher Ehe - mann und Vater gelebt? Ach, nur zu Vieles habe ich mir vorzuwerfen! (Denke ein wenig nach.) O mein Gott, von ganzem Herzen bereue ich es. Sei mir gnädig! Verzeihe mir in deiner unendlichen Barmherzigkeit und um Jesu, Deines Sohnes willen! Fest steht mein Vorsatz: Mit erneuertem Eifer will ich mich fortan bestreben, alle Pflichten, welche ich als christlicher Ehemann und Vater habe, treu und gewissenhaft zu erfüllen. Wie darf ich sonst hoffen,172 bei Dir in Gnade zu sein und mein Heil zu wirken? Aber, o Herr, was nützen mir alle Vorsätze, wenn Du nicht Gnade giebst, sie auszuführen? So er - neuere denn, o Herr, am heutigen Tage den Segen des h. Sakramentes; lasse die Gnaden desselben mir von Tag zu Tag reichlich[zufsließen]; durch sie angeregt und gekräftigt, werde ich[darauf]bedacht und im Stande sein, meines Berufes[würdig]zu wandeln.

Auch meine Frau empfehle ich Deiner Huld und Gnade. Verleihe uns, daß wir, durch das h. Sa - krament so innig vereint, auch in herzlicher Liebe und in treuer Gottesfurcht allimmerdar befunden werden, damit unser ehelicher Stand, wie er es soll, ein Bild sei von der innigen Vereinigung Christi mit Seiner heil. Kirche und uns[führen zum]ewigen Leben.

Lasse Dir auch, o〈…〉〈…〉 Kinder, die Du uns gegeben, empfohlen sein〈…〉〈…〉 sie, behüte sie, be - gnadige sie, damit sie[zu Deinem]h. Wohlgefallen gedeihen. Stehe mir bei,[daß]ich sie ganz für Dich erziehen möge.

Heilige Jungfrau und Mutter Maria, h. Joseph und alle heiligen Eheleute und Eltern, bittet für mich! Amen.

Gebet am Morgen.

Gütigster Gott, Du hast diesen Tag mir geschenkt, daß ich in treuer Erfüllung meiner Pflichten Dir dienen und mein Heil wirken soll. So stehe mir denn dazu bei mit Deiner Gnade! Vor Allem hilf mir, daß ich meine wichtigsten und heiligsten Pflichten, welche ich gegen meine Kinder habe, heut mit Sorg - falt und Treue erfülle und insbesondere ihnen in meinem ganzen Thun und Lassen mit einem guten173 Beispiele vorgehe. Segne Alles, was ich heut zu ihrer Heranbildung sagen oder thun werde.

Meine Kinder aber, o Gott, nimm in die Obhut Deiner Liebe und Gnade. Beschütze sie in Gefahren und behüte sie vor allem Uebel! Bewahre sie vor Sünde! Erfülle〈…〉〈…〉 kindliches Herz mit Deiner heil. Liebe und erwecke〈…〉〈…〉 stärke sie mit Deiner Gnade, auf daß sie Dir〈…〉〈…〉 dienen und wie an Alter, so an Tugend und[Gnade]bei Dir zunehmen mögen.

Ihr h. Schutzengel und Namenspatronen meiner Kinder, euch empfehle ich sie; nehmet euch ihrer an, bittet für sie. Amen.

Gebet am Abend. *)Unterlaß es nicht, christlicher Vater, am Abende, wenn auch nur in Kürze dein Gewissen zu erforschen, be - sonders, ob du deine Pflichten als Vater heut treu erfüllt hast. (War dein Beispiel musterhaft? Hast du nichts für die Kinder Anstößiges gesagt, gethan? Hast du nach Pflicht ein Auge auf sie gehabt? Sie nicht zu sehr ohne Auf - sicht gehen lassen? Sie gebührend zum Guten (zur Kirche, zur Schule) angehalten? Warst du darauf bedacht, auch selbst sie heilsam zu belehren, sie an Gott und Höheres zu erinnern? Hast du auf ihre Fehler sie aufmerksam gemacht, sie nach Pflicht gemahnt, gewarnt, gestraft? Hast du dich dabei von Zorn und Verdruß hinnehmen lassen, in Aufregung und Uebermaß gestraft? Hast du sie an - geleitet und angehalten zum Beten, zum Gehorsam, zur Wahrhaftigkeit, zur Vertragsamkeit, zur Arbeit, zur Rein - lichkeit und Ordnung? Betest du nach Pflicht für sie? ...) Bereue, wenn du gefehlt; thue Abbitte vor Gott; ent - schließe dich und versprich's dem Herrn, morgen treuer zu sein.

Dank sei Dir, o〈…〉〈…〉 und Vater, für alle Gnade und Wohlthat,[welch]〈…〉〈…〉heut mir und mei - nen Kindern huldreich〈…〉〈…〉 hast. Alle gute Gabe174 kommt ja von Dir; Du waltest über uns voll Er - barmung. Wehe mir, daß ich so undankbar bin und Dich, den besten Vater, so oft beleidige! Verzeihe gnädig! Insbesondere vergieb mir, was ich heut in meinem väterlichen Berufe verbrochen habe! .... Was bleibt mir, als um Gnade zu flehen? Sei mir gnädig! Möchte ich doch mehr und mehr die Hei - ligkeit meiner Vaterpflichten erkennen und sie mit Gewissenhaftigkeit erfüllen! Ja, Herr, ich will's. Von Neuem verspreche ich es Dir. Komm mit Dei - ner reichen Gnade mir zu Hülfe. Entzünde mein Herz immermehr mit Deiner h. Liebe und mit wahrer Liebe zu meinen Kindern, auf daß ich stets voll h. Ernstes sei, sie für Dich und zu ihrem Heile zu erziehen.

Für diese Nacht aber, o Vater, laß Dir meine Kinder empfohlen sein. Deine Hand beschirme sie in ihrer nächtlichen Ruhe; verscheuch den Feind von ihrer Lagerstätte, lasse Deine h. Engel bei ihnen sein. O gieb nicht zu, daß die Nacht ihnen Anlaß werde zur Sünde; erhalte sie in Unschuld und unbefleckter Reinig - keit! H. Jungfrau, h. Joseph, ihr hh. Engel und Aus - erwählten, lasset meine Kinder euch befohlen sein! Amen.

Gebet eines christlichen Vaters bei der heil. Messe. *)Je wichtiger oft die Anliegen eines Vaters sind, je größere Gnaden er für sich, zur Erfüllung seiner Vater - pflichten, oder für seine Kinder bedarf, desto mehr sollte es sich ihm nahe legen, oft, immer von Neuem zum h. Meß - opfer seine Zuflucht zu nehmen. Da steht er, mag er für sich und seine Kinder nun für empfangene Gnaden und Wohlthaten zu danken oder um neue zu flehen haben, nicht allein vor dem Herrn, wegen seiner Armseligkeit und Unwürdigkeit nur zu sehr in Gefahr, nicht in Gnaden an - gesehen zu werden; da tritt, wenn er mit Glauben und Vertrauen nahet, Jesus für ihn ein und zwar durch Sein h. Opfer, um es als Dank - und Bittopfer für ihn und seine Kinder dem Vater zu weihen, wie er denn selbst Sein heil. Opfer nehmen und es dem Himmel darbieten mag. O welcher Segen für Väter und Kinder! Möchten das alle Väter recht würdigen! Wie schön, wenn der Vater zuweilen, recht oft, einer b. Messe beiwohnte, in der Mei - nung, dadurch die Gnaden für sich zu erlangen, welche er für die gute Erziehung seiner Kinder nothwendig hat; oder ein anderes Mal in der Meinung, daß Gott Alles, was er und mit ihm die Mutter, die Geistlichen, die Lehrer und Lehrerinnen an den Kindern thun, segnen und wirksam machen wolle; oder wieder ein anderes Mal, um die Kin - der in die Gnade des Herrn, in Seinen Schutz, in Seine Hülfe zu empfehlen; oder auch, um für dieses oder jenes Kind, welches wegen eines Fehlers, den es an sich hat, wegen einer wichtigen Handlung (es kommt in die Schule, es geht zur h. Beicht, es bereitet sich zu seiner ersten heil. Communion, es hat das elterliche Haus zu verlassen u. s. w.) oder sonst einer besondern Gnade bedarf, dieselbe vom Herrn zu erstehen. Gewiß, das würde dem Herrn hoch genehm sein, das würde Seinen liebevollen Absichten so ganz ent - sprechen und es würde den Strom der Gnaden, der dem h. Opfer entquillt, in die Familien hinüberleiten zum Heile für Eltern und Kinder. Oder wird wohl leicht Einer beim heil. Opfer dem Herrn, dem großen Kinderfreunde, mehr genehm sein, als ein christlicher Vater, eine christliche Mutter, welche um ihrer Kinder willen gegenwärtig sind? Darum folgt hier eine Reihe von Gebeten, in welchen die wesentlichsten Gebetsanliegen eines Vaters ihren Ausdruck finden. Selbstredend können dieselben zu jeder Zeit und auch bei andern Gelegenheiten, aber wohl kaum irgendwo besser, als bei der h. Messe verwendet werden, sei es, daß man sie im Anfange der heil. Messe, beim Offertorium, oder beim Canon und nach der heil. Wandlung zwischen seine sonstigen Meßgebete einfüge.

I. Für sich selbst, um die für den Vaterberuf erforderlichen Gnaden zu erflehen.

Zum Eingange der h. Messe.

O Gott, ich erscheine hier in Deinem h. Hause, um Gnade zu erflehen für meinen väterlichen Beruf.

175

Ich bin nicht im Stande, die Pflichten desselben zu Deinem Wohlgefallen und zum Heile meiner Kin - der zu erfüllen, wenn Du mir nicht hilfst. Du hast mir Deinen Gnadenbeistand zugesichert im h. Sakra - mente der Ehe. Wäre ich nur desselben würdiger! Ach, Herr, ich erkenne meine Unwürdigkeit und daß ich Deiner Gnaden nicht werth bin. Darum komme ich zum Altare Deines göttlichen Sohnes, um im176 Vereine mit dem h. Opfer, welches Er auf demselben auch für mich vollbringt, nicht ganz unwürdig zu er - scheinen und Erhörung zu finden, wenn ich um Dei - nen göttlichen Beistand in meinem Berufe und um Gnade für meine Kinder flehe. So verleihe mir denn, daß ich diesem h. Opfer mit wahrer Andacht und mit Segen beiwohne. Amen.

Zum Offertorium. *)In der Zwischenzeit, besonders zum Canon und nach der Wandlung können die Gebete unten S. 182 u. s. w. genommen werden.

Allmächtiger, ewiger Gott, in Vereinigung mit dem Priester weihe auch ich Dir diese Gabe von Brod und Wein und lege mit ihr zugleich das Anliegen meines Herzens, mein Verlangen und mein Flehen nach Gnade zur heilsamen Erfüllung meiner Vater - pflichten im Geiste auf den Altar. O Gott, ich er - kenne es, daß, gleichwie die Gabe des Brodes und des Weines so auch meine Gebete vor Dir gering und ohne Werth sind; aber da es durch Deine Huld und Macht geschieht, daß Brod und Wein in das177 Dir unendlich wohlgefällige Opfer des Fleisches und Blutes Deines göttlichen Sohnes umgewandelt wird, so lasse im Vereine mit diesem h. Opfer auch mein Anliegen vor Dir Gnade und Erhörung finden. Darum flehe ich zu Dir im Geiste der Demuth und mit zer - knirschtem Herzen und unter Anrufung der allerseligsten Jungfrau Maria und des h. Joseph, wie auch sämmt - licher auserwählten Väter und aller Heiligen. Amen.

Zur Consekration.

O Jesu, Du würdigest Dich mit unendlicher Liebe auf das Wort Deines Dieners auf den Altar her - niederzukommen, um in Brodes - und Weinesgestalt das erbarmungs - und gnadenreiche Opfer, welches Du auf Golgatha vollzogen, zu unserm Heile erneuert vor uns darzustellen, damit wir seiner Segnungen und Gnaden theilhaftig würden.

In tiefster Demuth bete ich Dich an, gnadenvoll gegenwärtiger Herr und Heiland; Lob und Preis Dir und Danksagung aus dem wärmsten Grunde meines Herzens für so viel Huld und Gnade! So nimm mich denn, o Jesus, mit meinen Anliegen und mit meinen Bitten auf in Dein h. Opfer und lasse sie durch Deine Verdienste Gnade und Erhörung finden, auf daß ich an meinen Kindern, Deinen Lieblingen, ein wahrhaft guter Vater sein möge. Amen.

Nach der Consekration.

O Gott, nun erhebt sich mein Herz mit Ver - trauen und Zuversicht zu Dir; denn es ist Dein göttlicher Sohn, welcher mich vor Dir vertritt und mein Flehen im Vereine mit dem Opfer Seines h. Fleisches und Blutes Dir darbringt. Es ist kein anderes Opfer, als jenes, welches Er einst am Kreuze,178 in Gehorsam gegen Dich bis zum Tode vollbrachte, vor Dir unendlich wohlgefällig. So möge denn mein Anliegen in Vereinigung mit diesem h. Opfer und um Seinetwegen Gnade, bei Dir finden! Verzeihe mir gnädig, was ich bisher durch Untreue in den Verpflichtungen meines Standes verbrochen habe; er - wecke mich, daß ich fortan mit erneuetem Eifer sie erfülle. Gieb mir alle jene Gnaden, welche ich zur guten Erziehung meiner Kinder bedarf, ein muster - haftes Leben, Liebe, Weisheit, Geduld, Sanftmuth, Ausdauer, Eifer im Gebete für meine Kinder. Ver - leihe, o Herr, die Gnade, meine Kinder so zu erzie - hen, daß es Dir zur Ehre, ihnen zum Heile, mir zum ewigen Leben gereichen möge. Amen.

Vater unser.

Vor und bei der Communion.

Das Gebet zu Jesus dem Kinderfreunde, S. 184.

Zum Schlusse.

Die Gebete S. 166 bis 170; S. 182 bis 188 und S. 197 bis 206.

II. Gebete bei der h. Messe, wenn der Vater sie für seine Kinder hört.

Zum Eingange der h. Messe.

O Gott, die Liebe zu meinen Kindern und das Verlangen nach ihrem Heile führt mich heut zum Altare und zum Opfer Deines göttlichen Sohnes. So sehr mir auch das Wohl meiner Kinder am Herzen liegt und so sehr ich mich auch bemühen mag, sie gut zu erziehen, so werden dennoch alle meine Bemühungen ohne Frucht und rechten Segen bleiben,179 wenn Du nicht hilfst und mit Deiner Gnade meine Kinder heimsuchst. Darum flehe ich zu Dir. Und da mein Gebet und Flehen armselig und unwürdig vor Dir ist, so vereinige ich es in dieser h. Messe mit dem Opfer Deines göttlichen Sohnes, meines Herrn, und bringe selbst dieses h. Opfer Dir für meine Kinder dar. Gib mir Gnade, daß ich es mit wahrer Andacht thue und für meine lieben Kinder reichen Gnadensegen erwirken möge. Amen. *)Auch hier zwischenein die Gebete unten Seite 189 bis 194.

Zum Offertorium.

Gott, himmlischer Vater, die geringen Gaben von Brod und Wein werden Dir vom Priester darge - bracht, damit Du selbst aus ihnen ein vor Dir wohl - gefälliges Opfer bereiten mögest. Es nahet der heil. Augenblick, wo in der Kraft des heil. Geistes am Worte Deines Priesters die wunderbare Wandlung geschehen und dann Dein göttlicher Sohn unser Opferpriester und unser Opfer sein wird. So führe ich denn im Geiste meine Kinder zu dieser geheiligten Stätte, damit der Segen dieses gnadenvollen Opfers über sie kommen möge. Lasse sie durch die Verdienste dieses heiligen Opfers Vergebung ihrer Sünden und Gnade finden, vor Sünde bewahrt zu bleiben. Gleich - wie durch Deine göttliche Macht hier Brod und Wein in das h. Fleisch und Blut Jesu Christi verwandelt wird, so erweise in Kraft dieses h. Opfers die Macht Deiner Gnade auch an meinen Kindern, auf daß ihr Herz mehr und mehr umgestaltet werde zur Voll - kommenheit christlicher Gesinnung und Tugend, und180 zu einem wohlgefälligen Opfer vor Dir. Sie sind ja auch Deine Kinder; so segne sie denn und erfülle sie mit Deiner Gnade, damit sie Deiner würdig seien. Verleihe, daß sie Dir mit lebendigem Glauben und mit kindlicher Liebe anhangen und Deinen heiligen Willen zur Richtschnur ihres Lebens haben und von ihm nicht abweichen, sondern auf Deinen Wegen wandelnd für Zeit und Ewigkeit wahrhaft glücklich seien. Amen.

Ihr Heiligen Gottes, h. Jungfrau Maria, h. Jo - seph, ihr h. Schutzengel meiner Kinder und ihr heil. Namenspatrone derselben, alle hh. Väter und Mütter und alle hh. Kinder unterstützet mein Gebet, und stehet, daß die Früchte dieses h. Opfers sich reichlich über meine Kinder ergießen. Amen.

Zur Consekration.

Göttlicher Heiland, der Du einst segnend und gnadenspendend im heil. Lande unter den Menschen wandeltest, wiederum bist Du, vom Himmel herab - gekommen, mir nahe in der geheimnißvollen Gegen - wart unter der Brodes - und Weinesgestalt und in der gnadenvollen Erneuerung Deines h. Opfers. So benutze ich diese gnadenvollen Augenblicke, um Dir, göttlicher Freund der Kinder, im Geiste alle meine Kinder zuzuführen. O Herr Jesu, was Du einst an den Kindern, welche Dir zugeführt wurden, thatest, indem Du sie in Deine Arme schlossest, ihnen Deine Hände auflegtest, das wollest Du durch die Gnaden und Segnungen dieses h. Opfers auch an meinen Kindern huldreich vollführen. Amen.

181

Nach der Consekration.

Gott, himmlischer Vater, wie Du einst, als Dein göttlicher Sohn, mein Heiland, auf Erden wandelte und wirkte, vom Himmel her gesprochen hast: Die - ser ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe , so schauest Du auch jetzt mit Wohlgefallen auf Ihn herab, da Er zur Ehre Dei - nes h. Namens und zum Wohle Deiner Kinder Sein h. Opfer geheimnißvoll erneuert. Indem ich mich daher Seinem h. Opfer anschließe, so erscheine ich mit Zuversicht vor dem Throne Deiner Barmherzig - keit, um Dir meine Kinder zu empfehlen. Lasse sie Deinen mächtigen Schutz erfahren in allen Gefahren Leibes und der Seele. Bewahre sie vor Sünde und vor Allem, was ihrer Seele Schaden bringen mag. Ordne gnädig alle zeitlichen Verhältnisse zu ihrem Besten. Erhalte sie in unverletzter Unschuld, erhalte sie in Deiner Gnade! Verleihe, daß sie nach dem Vorbilde des göttlichen Heilandes zunehmen, wie an Alter, so an wahrer Weisheit und an Tugend und Gnade bei Dir und bei den Menschen. O Gott, mächtig in Deiner Gnade, sei in Kraft dieses heil. Opfers Deines Sohnes also mit meinen Kindern, daß sie stets mein Trost und meine Freude seien hier auf Erden, meine Krone in der Ewigkeit und daß Du, großer Vater, an ihnen Wohlgefallen habest als an Deinen geliebten Kindern. Amen.

Vater unser. (Für die Kinder.)

Zur h. Communion.

O Herr, Jesu Christi, Du Sohn des lebendigen Gottes, noch einmal wende ich mich an Dich; Du hast nach dem Willen des Vaters und in Mitwirkung182 des heil. Geistes durch Deinen Tod der Welt das Leben gerettet; so bitte ich Dich denn durch dies Dein hochheiliges Fleisch und Blut, daß Du meine Kinder von allen ihren Vergehungen und von allem Uebel befreien und verleihen wollest, daß sie stets treu an Deinen Vorschriften halten und von Dir niemals getrennt werden mögen. Amen.

Zum Schlusse.

Gebet ... Seite 188 u. s. w.

Gebet um Weisheit. *) Salomon aber , so erzählt die heilige Schrift (3. B. d. Kön. 3.), liebte den Herrn; und der Herr erschien ihm zur Nachtzeit im Schlafe und sprach: Begehre, was du willst, daß ich dir geben möge. Und Salomon sprach: Du hast mich, mein Herr und Gott, zum Könige gemacht anstatt meines Vaters David; ich aber bin noch jung und unerfahren; so gib denn Deinem Diener ein gelehriges Herz, daß er Dein Volk zu regieren und zu unterscheiden wisse zwischen Gut und Bös; denn wer vermöchte ohne dieses das Volk zu regieren, dieses große Volk?! Und der Herr sprach zu Salomon: Weil du solches begehrt hast, und hast um Weisheit gebeten, so hab 'ich dir gethan nach deinem Worte und dir ein weises und verständiges Herz gegeben. Welche Aufforderung für den christlichen Va - ter zu ähnlicher Bitte. Wird der Herr nicht auch ihn er - hören?

Wie groß, o Gott, und wie wichtig ist der Be - ruf, den Du mir gegeben hast, und wie schwer seine Aufgabe: Ich soll die Kinder, welche Du mir an - vertrauet hast, ein jedes nach seiner Art erziehen und sie zur Ablegung ihrer Fehler und zur Uebung der christlichen Tugenden anleiten. O mein Gott, ich bin unwissend und unvermögend. Wie soll ich183 zu jeder Zeit den rechten Weg erkennen, der zum Ziele führt, wenn Du nicht hilfst? So sende denn, Du Gott des Lichtes und der Erkenntniß, von Dei - nem himmlischen Throne einen Strahl Deiner gött - lichen Weisheit in mein Herz, gleich wie Du einst dem Salomon auf sein Flehen ein weises und ein - sichtsvolles Herz gegeben hast, auf daß er sein Volk heilsam regieren könne. Erleuchte mich, auf daß ich erkenne, wie ich meine Kinder, ein jedes nach seiner Art, behandeln muß, damit sie von ihren Fehlern befreiet und vor dem, was ihnen nachtheilig und gefährlich ist, bewahrt werden; zeige mir die Mittel und Wege, sie wahrhaft gut zu erziehen; führe mich, daß ich gleich fern bleibe von schädlicher Nachsicht und unzeitiger Strenge; gib mir das rechte Wort, wenn ich sie belehre, rüge und ermahne; zeige mir Deinen h. Willen, wenn ich ihnen zu rathen habe. So laß mich das Werk der Erziehung vollführen wie an Deiner Hand, der Du Deine Kinder mit unendlicher Weisheit auf den besten Wegen ihrem Heile entgegenzuführen weißt.

O heiliger Geist, Du Spender der Gnaden und Gaben, verleihe mir die Gabe der Weisheit und des Rathes zum Besten meiner Kinder. Amen.

Vater unser und Ave.

Gebet um Sanftmuth.

Göttlicher Heiland, der Du drei Jahre lang mit Deinen Jüngern, wie ein Vater mit seinen Kindern verkehrt hast, wie viel hattest Du durch ihre Arm - seligkeit, durch ihre Unvollkommenheiten und Fehler zu leiden, wie geeignet war nicht selten ihr Verhal - ten, Dich zu Ungeduld und Zorn zu reizen! Und184 dennoch, wie warst Du gegen sie stets so nachsichtig, so duldsam, so sanftmüthig und milde! Nie kam ein unfreundliches, hartes, kränkendes Wort über Deine Lippen. O möchte ich Dir ähnlich sein im Ver - halten gegen meine Kinder! Ich muß es, wenn ich Dein Jünger sein und mein Heil wirken will. So laß mich von Dir lernen, sanftmüthig zu sein . Wenn sich bei den Unarten und Verkehrtheiten der Kinder Unwillen, Zorn und Ungeduld in mir reget, so hilf mir, diese Regungen zu beherrschen, auf daß ich sie nicht in Wort und That an den Tag lege. Halte mich aufrecht, daß ich ruhig und besonnen bleibe, so oft ich meine Kinder rügen oder bestrafen muß. Denn der Zorn wirkt nicht, was vor Dir gerecht ist . Du sanftmüthigster Jesus, erbarme Dich meiner! Amen. *)Je mehr ein Vater zum Zorn geneigt ist, je leich - ter er sich dazu hinreißen läßt, desto mehr muß er es an jedem Morgen sich ernstlich vornehmen, auf seiner Hut zu sein und zu kämpfen, desto inständiger muß er zum Herrn um Beistand flehen, besonders Morgens und auch sonst; um so den Zorn, dieses große Uebel bei einem Va - ter, beherrschen zu lernen. Vater unser und Ave.

Gebet zu Jesus dem Kinderfreund. **) Einmal so erzählt das h. Evangelium, wur - den (von den Müttern) Kinder zu Jesus gebracht, daß Er ihnen die Hände auflege und für sie bete. Die Jün - ger aber (welche ihrem ohnehin belästigten Meister diese neue Mühe ersparen wollten) wiesen sie mit rauhen Wor - ten ab. Da Jesus das bemerkte, legte Er ihnen seine Mißbilligung an den Tag und sprach: Lasset die Kleinen zu Mir kommen und wehret es ihnen nicht; denn für Solche ist das Himmelreich. Und er schloß sie in Seine Arme, legte ihnen Seine Hände auf und segnete sie. Konnte Er auf eine rührendere Art Seine Liebe zu den Kindern an den Tag legen? Aehnliche Züge Seiner Liebe zu den Kindern erzählt das Evangelium auch au andern Stellen. Und haben wir nicht Grund, anzunehmen, daß Jesus die christlichen Kinder, welche nicht mehr wie die jüdischen in der Erbsünde haften, welche als christliche Kinder so innig mit Ihm verbunden sind, noch so viel mehr liebe? Also, christlicher Vater. Ihm dem großen Freunde deiner Kinder schließe dich innig an!

(Besonders bei der h. Messe, bei der h. Communion oder sonst vor dem h. Sakramente.)

O Jesus, wie groß war einst Deine Liebe zu den Kindern! Sie ist es noch heut. Ja, Deine185 Liebe zu den christlichen Kindern ist noch so viel größer. So liebst Du, göttlicher Herr, auch meine Kinder mehr als ich, und bist ihr göttlicher Freund. O wie trostreich und erhebend für mich! Sei gelobet und gepriesen! So verleihe mir denn, göttlicher Heiland, die Gnade, daß ich in Allem mich so gegen meine Kinder verhalte und Alles so an ihnen thue, wie es dem Verlangen Deines h. Herzens und Dei - nem Wohlgefallen entspricht. Gib mir, daß ich sie ganz für Dich erziehe und sie aus allen Kräften an - leite, Dich mehr und mehr zu erkennen, Dich zu lieben und nach Deiner Lehre und nach Deinem h. Beispiele ihr ganzes Leben einzurichten, auf daß sie Deine wahren Jünger und Jüngerinnen seien und durch Dich das Heil erlangen. O Jesu, in Kraft des h. Sakramentes, durch welches Du mich in den ehelichen Stand und in den väterlichen Be - ruf eingeführt hast und durch die Gnaden Deines h. Opfers verleihe mir, daß ich alle Obliegenheiten eines christlichen Vaters auf's Treueste und Eifrigste erfülle. Laß mein Leben ein Muster werden für meine Kinder; durchdringe mein Herz mit jener186 Liebe, welche Dein göttliches Herz gegen meine Kin - der trägt; gieb mir Weisheit, gieb mir Starkmuth, gieb mir Geduld und Sanftmuth, gieb mir Eifer zum Gebete für meine Kinder. Dein göttlicher Se - gen komme über Alles, was ich an meinen Kindern thue. Amen.

Gebet zur h. Jungfrau Maria.

O allerseligste Jungfrau Maria, Du wunder - bare Mutter , zu Dir nehme ich meine Zuflucht, da ich vom Herrn des väterlichen Berufes gewürdigt bin. Erflehe mir, Du heilige und mächtige Mutter, die Gnade, mich meines Berufes würdig zu erweisen. Durch Deine mächtige Fürbitte möge es mir ver - gönnt sein, daß ich mit Gewissenhaftigkeit, mit Treue und Ausdauer alle Pflichten, welche ich als christlicher Vater habe, allimmerdar erfülle. Welch ein gott - gefälliges, heiliges Leben war es, das Du, h. Mutter, an der Seite Deines h. Bräutigams mit Jesu, Dei - nem göttlichen Sohne, in Gebet und gottgeweihter Arbeit und in guten Werken in der Hütte zu Na - zareth führtest! O lasse es das Vorbild für mein Familienleben sein! Flehe den Geist der Gottes - furcht und Frömmigkeit über unser Haus herab, damit in ihm meine Kinder zu allem Guten gedeihen. Amen.

Gebet zum h. Joseph. *)Möchten doch alle Eltern nebst der heil. Jungfrau auch den h. Joseph als Patron der christlichen Familien innig verehren!

H. Joseph, Du treuer Gefährte der h. Mutter, Deiner jungfräulichen Braut, der Du sie und ihr187 göttliches Kind mit solcher Hingebung und Sorgfalt beschützet und Dein ganzes Leben ihnen geweihet hast, ich bitte Dich, sei auch mein und meiner Kinder Be - schützer und Fürsprecher bei Jesu. Deinem erhabenen Pflegesohne. Erflehe mir die Gnade, daß ich die Pflichten gegen meine Kinder, ähnlich, wie Maria und Du gegen Jesus, erfüllen möge. Heil. Joseph, bitte für mich! Amen.

Gebet zu den h. Schutzengel. *)Nach der Lehre unserer h. Kirche ist die Ueberzeu - gung, daß den Kindern die h. Schutzengel zu Seite stehen, wohlbegründet. Muß sie nicht dem christlichen Vater eine ganz besondere Verehrung gegen diese Schutzengel seiner Kinder einstoßen? Liegt es nicht nahe, dieselben gewisser - maßen als Freunde des Hauses zu halten und zu verehren, und demnach in allen Anliegen, welche die Kinder betref - fen, zu ihnen insbesondere seine Zuflucht zu nehmen?

O hh. Schutzengel, ihr himmlischen Freunde mei - ner Kinder, vertrauensvoll wende ich mich an euch. Die der Herr meiner Sorgfalt anvertrauet hat, die sind ja auch der Gegenstand eurer Liebe und Sorge. So erflehet mir denn die Gnade, daß ich gleiche Gesinnungen, wie ihr, gegen meine Kinder trage und es mir vor Allem, wie euch, am Herzen liege, sie für Gott und den Himmel zu erziehen. O möchte ich ein solcher Vater an meinen Kindern sein, daß ich eurer Liebe und Freundschaft nie unwürdig erscheine! Das erflehet mir! Amen.

Gebet zu den h. Namenspatronen der Kinder. **)Auch sie sollten billig von dem Vater besonders verehrt und angerufen werden; sind sie ja bei der heil. Taufe von der h. Kirche und vom Herrn gleichsam dazu angewiesen, wie die Vorbilder, so auch die besondern Für - sprecher der Kinder zu sein. Daher auch die Vorschrift, dem Kinde eben den Namen eines (oder einer) Heiligen beizulegen.

Heilige Namenspatrone meiner Kinder, h ...., nehmet euch auch meiner, ihres Vaters, an; bittet188 für mich, damit ich durch euere Fürbitte die Gnade erlange, durch Wort und That einen heilsamen Ein - fluß auf meine Kinder zu üben, auf daß sie in treuer Nachahmung eurer Tugenden zu wahrhaft guten Mit - gliedern der h. Kirche heranwachsen und einst in eure glückselige Gesellschaft aufgenommen werden mögen. Amen.

Gebet des Vaters um Segen und Gedeihen für seine Bemühungen an den Kindern.

O Gott, ohne den Segen Deiner Gnade wird Alles, was ich zur guten Erziehung meiner Kinder thue, dennoch keine rechte Frucht bringen. Ob ich auch pflanze und begieße , so wird das Gedeihen fehlen, wenn Du es nicht giebst . Vergebens bauen die Bauleute, sagt Dein Prophet, wenn der Herr nicht bauen hilft; und wenn der Herr das Haus nicht bewacht, so wacht der Wächter umsonst. Darum flehe ich zu Dir, o Herr, gieb dem, was ich durch Lehre und Ermahnung, durch Warnung und Strafe, durch Wachsamkeit und Anleitung an meinen Kin - dern thue, das Gedeihen ; hilf mir über dieselben wachen , daß sie von allem Uebel an Leib und Seele bewahrt bleiben; hilf mir bauen , daß das Gebäude der Tugend und Vollkommenheit in ihnen eine feste Grundlage habe und sich mehr und mehr erhebe. Begleite huldreich all mein Wort und Werk mit Deiner Gnade, auf daß es zum wahren Wohle meiner Kinder gereiche. Durch Jesum Christum. Amen.

189

Gebet um Schutz für die Kinder in ihren Gefahren.

O Gott, wie vielen und großen Gefahren sind meine Kinder ausgesetzt, an Leib und Seele Schaden zu nehmen, ja zu Grunde zu gehen! Und wie un - zureichend ist der Schutz, den ich ihnen angedeihen lassen kann. Ja, Herr, vergeblich wache ich über sie, wenn Du nicht wachen hilfst. Wenn sie aber unter Deinem hülfreichen Schutze wohnen, o Aller - höchster, und weilen unter Deiner Obhut, Du Gott des Himmels , wie ruhig darf ich dann sein. So empfehle ich denn, o Herr, meine Kinder in Deinem mächtigen Schutz und Schirm. Halte gnädig von ihnen fern, was für ihre Gesundheit und Unversehrt - heit, oder für ihr Leben gefährlich oder schädlich ist; lasse sie ihrem Leibe nach wohl gedeihen. Vor Allem aber schütze sie in den Gefahren ihrer Seele. Wehre mit mächtiger Hand von ihnen ab, was einen nach - theiligen Einfluß auf ihr jugendliches Herz üben und zu Verkehrtheit und Sünde Anlaß werden mag. Bewahre sie vor der Sünde! Sende Deine h. En - gel, daß sie meine Kinder behüten auf allen ihren Wegen, daß sie dieselben auf ihren Händen tragen, um nicht anzustoßen . O allmächtiger Gott und Vater, führe meine Kinder durch die Gefahren und Stürme dieses Lebens also hindurch, daß sie sicher einst anlangen im Hafen des Heiles. Amen.

Gebet, daß der Herr die Kinder vor der Todsünde bewahre.

O Gott, wie zahlreich und wie groß sind in der jetzigen Welt für meine Kinder die Gefahren der Sünde und des Verderbens! Und nimmer liegt es190 in meiner Macht, sie davor sicher zu stellen. Du mußt helfen, Du mußt schützen, Du mußt retten und zum Siege führen. So rüste Dich denn, o Herr, mit der Kraft Deiner Gnaden und eile mit großer Macht zu Hülfe, damit das Ungeheuer der Todsünde sich keinem meiner Kinder nahe. Du weißt es, o Herr, wie sehr ich meine Kinder liebe; aber lieber will ich, daß Du sie durch den Tod mir nehmest, als daß sie durch schwere Sünde in den Tod der Seele verfallen und für Dich ein Gegenstand des Abscheu's und des Hasses werden. Darum bitte ich Dich. Du Vater meiner Kinder, eile, wenn längeres Leben sie in dieses Unglück stürzen würde, mit ihnen hinweg aus diesem Leben, auf daß ich, für dies kurze Erdenleben sie missend, in Deinem Hause sie wiederfinden möge, um ewig sie mit Dir und in Dir zu besitzen. Erhöre mich, o Herr, erhöre mich. Durch Jesum Christum unsern Herrn. Amen.

Ave Maria.

Gebet für die Kinder um die Gnade der Keuschheit.

O allerheiligster Gott, der Du die Reinigkeit und Unschuld liebest, verleihe meinen Kindern die kostbare Gnade der h. Reinigkeit. Wehe, wenn das Laster der Unkeuschheit über sie hereinbräche! Wie unglücklich würden sie sein leicht für Zeit und Ewigkeit. Herr behüte sie; halt mit mächtigem Arm dies Ungethüm von ihnen fern! Ohne Deine beson - dere Gnade können sie die Keuschheit nicht bewahren. O Gott, schenke ihnen diese Gnade! Durch sie sei ihr Herz wie ein Heiligthum, unentweihet von jeg - lichem unreinen Gedanken und Sinne; durch sie sei ihr191 Auge züchtig, Ohr und Mund jeglicher Ungebühr in Wort und Rede unzugänglich und verschlossen. Durch sie erfülle sie mit Abscheu gegen Jegliches, was der h. Ehrbarkeit zuwider ist und lasse sie nach Leib und Seele in unverletzter Lauterkeit bestehen, auf daß sie allimmerdar reine Hände zu Dir erheben und ihr Leib ein unentweihter Tempel des h. Geistes verbleibe. O Gott, Du Liebhaber reiner Seelen, laß meine Kinder zu Deinen Lieblingen gehören; lasse den Segen und das Heil, so nach Deiner gnädigen Anordnung in Zeit und Ewigkeit die h. Reinigkeit begleitet, auch über meine Kinder kommen. Amen.

H. Jungfrau Maria, Du keuscheste Mutter, Du Vorbild und Fürsprecherin reiner Seelen, h. Joseph, Du keuschester Bräutigam der h. Jungfrau, h. Aloy - sius, Du Engel im Fleische, und alle ihr h. Jünglinge und Jungfrauen und Kinder und alle Heiligen, helfet mir mit eurer kräftigen Fürbitte, auf daß der Herr wie einst euch, so auch meinen Kindern die Gnade unverletzter Unschuld und Keuschheit gebe. Amen.

Gebet, daß Gott die Lebensverhältnisse der Kinder zu ihrem Besten lenken möge.

Alles, o Gott, ruhet in Deiner Hand; Deine Macht waltet von einem Ende der Erde bis zum andern und ordnet alles gar wohl. Du ordnest Alles so, daß es, so viel an Dir, dazu diene, die Menschen zu dem Ziele wahrer Lebensheiligkeit, wo - zu Du sie geschaffen hast, zu führen, damit sie Dei - nen h. Namen verherrlichen und zeitlich und ewig wahrhaft glücklich seien. Und Du kennest, allwissen - der Gott, die Wege, auf welchen meine Kinder am Sichersten und am Besten zu diesem ihrem wahren192 Heile gelangen mögen. Darum stehe ich zu Dir, führe sie gnädig auf diese Wege. Möge in Allem nur Dein heil. Wille an ihnen geschehen! Dein heil. Wille allein ist ihr Heil. Lasse nicht zu, daß ich selbst durch unzeitige irdische Rücksichten verleitet und verblendet sie auf Wege leite, die trotz allem Scheine schließlich zu ihrem verderben führen. Halte sie, daß sie nicht selbst durch jugendlichen Leichtsinn verlockt auf solche Wege sich verirren! Du, o gro - ßer, unendlich weiser, unendlich liebevoller, unend - lich mächtiger Vater meiner Kinder, Du wollest sie führen; Du führst stets zum Heile.

Insbesondere flehe ich zu Dir, Du wollest es nach der Weisheit und Macht Deiner Wege ordnen, daß ein jedes meiner Kinder zu dem Lebensstande gelange, wozu Du sie berufen hast. In diesem von Dir bestimmten Berufe allein liegt ihr volles Heil. O darum lasse es nicht zu, daß meine Kinder von Sünde und verkehrter Neigung hingenommen den - selben verfehlen. Gib und erhalte ihnen einen le - bendigen Glauben, befestige sie in Deiner h. Furcht und in wahrer Frömmigkeit; dann werden sie durch Deine Gnade zur Zeit ihren Beruf erkennen; dann werden sie unbeirrt sich demselben hingeben und Du wirst mit ihnen sein. Erhöre mich, o Herr, erhöre mich. Durch Jesum Christum. Amen.

Gebet für Kinder, die an hartnäckigen Fehlern leiden. *)Es geschieht zuweilen, am Ende nicht selten, daß sich bei den Kindern, besonders bei den Erwachsenen, gewisse Fehler herausstellen, welche zu beseitigen den Eltern bei aller Sorgfalt und Mühe nicht gelingt. Vielleicht ist, wenn es sich um erwachsene Söhne oder Töchter handelt, der Vater, die Mutter selbst nicht ohne Schuld; weil sie früh, wo es Zeit war, gegen die Fehler ihrer Kinder nicht eingetreten sind, so sind dieselben größer und hartnäckiger geworden. Was denn nun? Sollen sie die Waffen strecken? Die Sache aufgeben? Das sei fern! Muß ihnen denn nicht Alles daran liegen, daß ihre Kinder von ihren Feh - lern, worin die Gefahr ihres Verderbens liegt, loskom - men? Und dazu bleibt, wenn auch Alles fehlschlägt, dennoch ein Mittel, das inständige, beharrliche flehentliche Gebet für solche Kinder. O, wenn alle Väter und Müt - ter, der h. Monika ähnlich, das Mittel gebührend verwen - deten! Wie manches Kind, das nun in seinen Fehlern heranwächst, wie manche Söhne und Töchter, die nun dem Verderben entgegeneilen, würden durch das Gebet der Eltern die Gnade erhalten, von ihren Fehlern und Verirrungen loszukommen zu ihrem Heile, zur unaus - sprechlichen Freude des Vaters, der Mutter!

Allmächtiger Gott, reich an Gnade, der Du die Herzen der Menschen lenkest, wie Wasserbäche ,193 höre gnädig mein Flehen für meinen Sohn (meine Tochter). Du weißt es, wie sehr der Zustand seiner (ihrer) Seele mein Herz mit Kummer und Sorge erfüllt. Ach, meine Bestrebungen bleiben an ihm (ihr) ohne Erfolg. Was bleibt mir also, als zu Dir meine Zuflucht zu nehmen? Du bist ein starker Gott, mächtig, jegliche Gnade in überfließendem Maße zu geben, und durch Deine Gnade auch die härtesten Herzen zu rühren. Wie oft hast Du durch die Wirkungen Deiner Gnade auch die verkommensten Sünder zur Umkehr vermocht; wie oft hast Du ins - besondere die Bitten frommer Eltern erhört und um ihretwillen den Kindern die Gnade wahrer Besserung verliehen. So verschmähe denn auch mein Flehen nicht. Es ist unwürdig, ich bekenne es, ich habe vor Dir gesündigt und trage vielleicht selbst einen Theil194 der Schuld an den Fehlern und Verirrungen meines Sohnes (meiner Tochter). Aber, o barmherziger Gott, verzeihe mir, da ich nun meine Sünde herz - lich bereue; laß Gnade für Recht ergehen. Durch Deine unermeßliche Barmherzigkeit, durch die Ver - dienste Deines göttlichen Sohnes, meines Heilandes, durch die Fürbitte der allerseligsten Jungfrau Maria, der h. Monika und aller Heiligen bitte ich Dich, suche meinen Sohn (meine Tochter) heim mit Deiner Gnade, damit er seinen (sie ihren) Fehler erkenne, ihn herzlich bereue und fortan in Allem nach Deinem h. Willen und Wohlgefallen wandelnd das Heil erlange.

O Maria, Du Mutter der Barmherzigkeit, Du Zuflucht der Sünder, h. Monika, du siegreiche Be - terin für deinen Sohn und alle Heiligen unterstützet durch eure mächtige Fürbitte mein Gebet, auf daß es Erhörung finden möge. Amen.

Der Rosenkranz des christlichen Vaters.

I. Für sich selbst.

1. Der mir die Gnade eines guten Beispiels für meine Kinder geben wolle.

2. Der mir Weisheit zu einer heilsamen Er - ziehung schenken wolle.

3. Der mich vor unzeitiger Nachsicht und vor allem aufgebrachten Wesen bewahren wolle.

4. Der mir Eifer und Ausdauer für die gute Erziehung meiner Kinder schenken wolle.

5. Der meine Bemühungen für meine Kinder segnen wolle.

II. Für die Kinder.

1. Der meine Kinder in allen Gefahren Leibes und der Seele beschützen wolle.

195

2. Der meine Kinder von ihren bösen Neigungen*)Oder nach Umständen nehme man für von ihren bösen Neigungen : von ihrer Neigung zum Lügen , zum Naschen von ihrem Eigensinn und Unge - horsam von ihrer Trägheit und Nachlässigkeit im Lernen von ihrer Ausgelassenheit von ihrer Unvertragsamkeit von ihrem Leichtsinn von dem Geiste der Unlauterkeit von ihrem Hange nach sinn - lichen Vergnügen von ihrer Gleichgültigkeit gegen Gott und Religion u. s. w. befreien wolle.

3. Der meinen Kindern den Geist der Gottesfurcht und Frömmigkeit**)Oder nach Umständen statt den Geist der Gottes - furcht und Frömmigkeit : die Gnade des Glaubens die Gnade der göttlichen Liebe die Gnade des Eifers zu Gebet und Gottesdienst die Gnade der Demuth und Bescheidenheit die Gnade der Mäßigkeit - die Gnade einer wahren Nächstenliebe die Gnade der Barmherzigkeit gegen die Armen. geben und vermehren wolle.

4. Der meinen Kindern den Segen des vierten Gebotes vermitteln wolle. ***)Das will sagen: Der meine Kinder zur treuen Er - füllung ihrer Pflichten gegen die Eltern erwecken und be - gnadigen wolle, damit der Segen des vierten Gebotes ihnen zu Theile werde. Diese Pflichten sind ja für die Kin - der die allerwichtigsten, in ihrer Erfüllung ist für sie alles Gute begriffen; so vollkommen sie diese Pflichten der Hochachtung, der Liebe und des Gehorsams gegen die Eltern erfüllen, so gut sind sie jetzt vor Gott, so begrün - det ist die Hoffnung, daß sie auch in ihren übrigen und in den spätern Lebensbeziehungen gut sein werden, so vielwird der Segen wahrer christlicher Tugendhaftigkeit über - haupt über sie kommen. Was könnten also die Eltern Kostbareres für ihre Kinder erstehen, als die Gnade, das vierte Gebot treu und vollkommen zu erfüllen? Ohne die Gnade Gottes können ja die Kinder es nicht erfüllen.

196

5. Der meine Kinder vor dem Unglücke der Tod - sünde bewahren wollet*)Zur Abwechselung oder bei besondern Anlässen, z. B. wenn die Kinder zur h. Beicht gehen sollen: Der meinem Sohne (meiner Tochter) die Gnade der Buße (einer wahren Reue) und einer würdigen Beichte verleihen wolle. Zur Zeit des Communion-Unterrichtes: Der m. S. (m. T.) zur heilsamen Erlernung der h. Religion erwecken und erleuchten wolle; der m. S. (m. T.) die Gnade einer würdigen Vorbereitung zur ersten h. Communion verleihen wolle. In den Tagen vor der ersten h. Com - munion: Der das Herz meines Sohnes (meiner Tochter) durch Seine Gnade zu einer würdigen Wohnung für Sich zubereiten wolle. Bei Entlassung eines Sohnes (einer Tochter) aus dem elterlichen Hause (in die Fremde u. s. w.): Der m. S. (m. T.) in der Obhut Seines Schutzes und Seiner Gnade unverletzt erhalten wolle. In Betreff der Standeswahl: Der m. S. (m. T.) durch das Licht und den Beistand Seiner Gnade zu seinem (ihrem) wah - ren Berufe verhelfen wolle, u. s. w.

Gebet des christlichen Vaters für seine Frau.

O Gott, der Du nebst mir auch meiner Ehe - gattin die Kinder anvertrauet hast, höre an mein Flehen für sie. Wie groß ist der Einfluß, den sie als Mutter auf die Kinder üben mag; sei also mit ihr, auf daß sie unsern Kindern eine treue, wahrhaft christliche Mutter sei. Durchdringe sie ganz mit dem Geiste wahrer Gottesfurcht und Frömmigkeit, erfülle ihr Herz mehr und mehr mit Liebe zu Dir und zu den Kindern, auf daß sie dieselben für Dich erziehe und durch Wort und Beispiel zu einem wahrhaft christlichen Leben anleite und zum Heile führe. Stehe ihr bei, auf daß sie unter den Opfern und Beschwer - den ihres mütterlichen Berufes nicht erliege; suche sie heim mit dem Troste Deiner Gnade. Segne ihre197 Bemühungen an den Kindern, auf daß sie zu Dei - nem Wohlgefallen und zu ihrer und meiner Freude heranwachsen. Du bist ein reicher Vergelter; so lohne denn meiner Gattin Alles, was sie für die Kinder, welche ja auch Dein sind, unablässig thut, mit Gnade und ewigem Heile. Amen.

Gebet um die Gnade der standesmäßigen Keuschheit. *)Mit Recht findet dieses Gebet Platz unter den Gebe - ten eines christlichen Vaters. Denn kommt es, damit die Erziehung wohl gelinge, vor Allem darauf an, daß die Eltern echt christliche Frömmigkeit üben, weil nur dann das so notwendige gute Beispiel und der Segen der gött - lichen Gnade beide ganz unentbehrlich stattfindet, so ist es ja eben ein keusches Herz und Leben, worin allein solche Frömmigkeit gedeihet. Daher Gottes h. Wille, daß auch Eheleute in ihrem Stande züchtig und ehrbar leben. Es finde hier das ernste Wort des h. Engels Raphael an den jüngern Tobias Platz (Buch Tobias 6, 17 ff. ): Welche so in den Ehestand treten, und so darin leben, daß sie Gott von sich und von ihrem Herzen ausschlie - ßen, und ihrer Wollust also Pflegen, wie Roß und Maul - esel, die keinen Verstand haben, über die hat der Teufel Gewalt (das bezieht sich auf die sieben Männer der Sara, welche sämmtlich in der Nacht nach der Verehelichung plötz - lich starben); ich habe gehört, sagte Tobias (6, 14), daß ein böser Geist sie getödtet hat (und der Engel bestätigt das). Du aber, fährt der Engel fort, nimm die Jung - frau (Sara) zu dir in der Furcht des Herrn, mehr aus Liebe zu den Kindern, als aus Lust. Und also sprach Tobias zu seiner Gemahlin Sara: Wir sind Kinder der Heiligen und dürfen nicht so zusammenkommen, wie die Heiden, welche Gott nicht kennen. Sollen aber christliche Eheleute so zusammenkommen, wie es Kindern der Heili - gen d. i. Christen geziemt, sollen sie in standesmäßiger Keuschheit leben, so bedürfen sie einer besondern Gnade. Und da ich wußte, heißt es im Buche der Weisheit (8, 21) daß ich nicht enthaltsam (keusch) sein könnte, wenn der Herr es nicht verleihet, so trat ich zum Herrn und flehete (um diese Gnade), mit der ganzen Inbrunst mei - nes Herzens. Daher obiges Gebet. Möge es oft mit der ganzen Inbrunst des Herzens verrichtet werden.

O Gott, Du Liebhaber reiner Seelen, von dem jegliches vollkommene Geschenk kommt, auch ich198 trete zu Dir hin und flehe mit ganzer Inbrunst meines Herzens um die Gabe und Gnade der stan - desmäßigen Keuschheit, denn ich weiß, daß ich nicht keusch zu leben vermag, wenn Du es nicht verleihest . Schenke mir diese Gnade! Wie kostbar ist vor Dir das züchtige und ehrbare Zusammenleben der Ehe - leute, welche ein reines Herz haben! Auf ihnen ruhet Dein Wohlgefallen; sie erfahren den Segen Deiner besten Gaben und Gnaden; von ihnen gehet Heil und Segen aus über die Kinder. O wie schön ist ein keusches Geschlecht! So lasse denn nicht zu, daß ich im ehelichen Zusammleben mich zügellos den sinnlichen Gelüsten in die Arme werfe, wie Roß und Maulesel, die keinen Verstand haben, laß nicht zu, daß ich die h. Scham mit Füßen trete, wie die Heiden und so Dich von mir und meinem Herzen ausschließend dem Teufel über mich Gewalt einräume . Nein, o Herr, o nein! Lasse uns zusammenkommen so, wie es Kindern der Heiligen geziemt, in der Furcht des Herrn, mehr aus Liebe zu den Kindern, als aus Lust. Du hast nur huldreich Anspruch auf solche Gnade gegeben im h. Sakrament der Ehe, Du bist bereit, sie mir zu schenken, wenn ich nach Gebühr bei Dir flehend darum anhalte. Sieh, Herr, ich flehe darum; so gieb sie mir! Durch diese Gnade hast Du zu aller Zeit in Deiner h. Kirche jene hei - ligen Eheleute gebildet, die selbst im Ehestande ein199 enthaltsames Leben führten. Durch sie werde auch ich stark sein, die unordentliche Sinnlichkeit zu zügeln; durch sie gekräftigt werde ich treu verharren in den Schranken, die Du gesetzt hast; von ihr erleuchtet und geweihet werde ich den Zweck des ehelichen Stan - des stets im Auge haltend mir nie erlauben, was ihm nicht entspricht; von ihr gestärkt werde ich ent - haltsam sein, so viel es Dein h. Wille ist Du star - ker Gott, bei dem Alles möglich ist, erhöre mich!

O h. Jungfrau Maria und Du jungfräulicher Bräutigam derselben, h. Joseph, und ihr h. Eheleute allzumal, bittet für mich. Amen.

Litanei des christlichen Vaters.

Herr, erbarme Dich meiner! Christe, erbarme Dich meiner!

Herr, erbarme Dich meiner! Christe, höre mich!

Erbarme Dich meiner!
33

Gott Vater vom Himmel,

Du großer Vater, von dem alle Vaterschaft ausgeht,

Gott, Du himmlischer Vater meiner Kinder,

Der Du meine Kinder mehr liebst, als ich sie lieben kann,

Der Du willst, daß sie bei Dir ewig selig werden,

Der Du auch für sie Deinen eingebornen Sohn dahingegeben hast,

Der Du Deine Engel zu ihrem Schutze sendest,

Der Du sie meiner Liebe und Sorge anvertrauet hast,

Der Du willst, daß ich sie Dir erhalte und für Dich erziehe,

Der Du mich darüber einst zur strengen Rechen - schaft ziehen wirst,

Der Du die treue Erfüllung der Vaterpflichten unaussprechlich belohnen willst,

200

Gott Sohn, Erlöser der Welt,

Der Du für uns Mensch geworden bist,

O Jesu, der Du selbst zum Kinde geworden das zarte Alter der Kinder geheiligt hast,

O Jesu, Du liebevollstes Kind,

O Jesu, Du dankbarster und gehorsamster Sohn Deiner h. Eltern, O Jesu, Du Freund der Kinder,

Der Du die Kleinen zu Dir kommen hießest, um sie zu herzen und zu segnen,

Der Du über Alle, welche den Kindern Anlaß zum Bösen sein würden, Wehe gesprochen hast,

Der Du Alles, was um Deinetwillen an den Kindern geschieht, als Dir geschehen erachtest,

Der Du meine Kinder geliebet und Dich selbst für sie dahingegeben hast,

Der Du auch für sie Deine h. Kirche mit allen Gnadengütern ausgestattet hast,

Der Du mich durch das h. Sakrament der Ehe für meinen Vaterberuf geweihet und begnadiget hast,

Der Du mir in Deiner h. Kirche für diesen Be - ruf reichliche Gnade bereitet hast,

Gott h. Geist,

Der Du durch Deine Gnadenwirksamkeit in der heil. Taufe meine Kinder zu Kindern Gottes umgeschaffen hast,

Ohne dessen Gnade ich meine Pflichten an den Kindern nicht heilsam erfüllen kann,

Ohne dessen Gnade meine Kinder nicht gut wer - den und sein können,

Du Geist der Weisheit und des Verstandes,

Du Geist des Rathes und der Stärke,

Du Geist der Gottseligkeit und der Furcht des Herrn,

33201

Du Geist der Wissenschaft und aller Gnaden, er - barme Dich meiner!

Der Du oft schon in Kindern wunderbare Gnaden wirksam gemacht hast, erbarme ꝛc.

H. Dreifaltigkeit, ein einiger Gott, erbarme ꝛc.

Bitte (bittet) für mich!
33

H. Maria,

Du Gottesgebärerin,

Mutter Christi,

Die Du Deinen göttlichen Sohn im Tempel ge - opfert hast,

Die Du mit Ihm nach Aegypten geflüchtet bist,

Die Du Ihn drei Tage mit Schmerzen gesucht hast,

Die Du Ihn am Kreuze hast leiden und sterben gesehen,

Die Du Ihn willig dem Vater zum Opfer ge - bracht hast,

Die Du durch Seine Auferstehung und Himmel - fahrt hoch erfreut worden,

Die Du nun mit Ihm im Himmel verherrlicht bist,

H. Joseph,

Du Patron der christlichen Familien,

Der Du Deinen göttlichen Pflegesohn auf's Sorg - fältigste beschützet und gepflegt hast,

Der Du das Glück hattest, mit Ihm so viele Jahre zu leben und zu arbeiten,

Der Du in Seinen Armen Deinen Geist aus - gehaucht hast,

Ihr hh. Schutzengel und Freunde meiner Kinder, die ihr stets das Angesicht des himmlischen Va - ters schauet,

Die ihr von Gott gesendet seid zum Schutze mei - ner Kinder,

202

Die ihr voll Liebe zu meinen Kindern stets darauf bedacht seid, sie zu schützen und zu führen,

H. Joachim, du frommer Gemahl der h. Anna, du Vater der h. Jungfrau Maria,

Alle hh. Väter des alten Bundes,

Alle ihr hh. Väter, welche ihr eure Kinder lieber in Martern sterben als ihren Glauben ver - leugnen sehen wolltet,

Alle hh. Väter!

Die ihr mit der vollkommensten Sorgfalt die vom Herrn euch geschenkten Kinder durch Wort und Beispiel zur wahren Lebensheiligkeit erzogen habet,

Die ihr durch die treue Erfüllung eurer Vater - pflichten auch selbst zur Heiligkeit und zur höchsten Herrlichkeit im Himmel gelangt seid,

Alle h. Engel,

Alle h. Patriarchen und Propheten,

Alle h. Apostel und Märtyrer,

Alle h. Bischöfe, Priester und Bekenner,

Alle h. Jungfrauen und Wittwen,

Alle heiligen und unschuldigen Kinder,

33

Sei mir gnädig, verschone mich, o Herr!

Sei mir gnädig, erhöre mich, o Herr!

Erlöse mich, o Herr!
33

Von allem Uebel,

Von Gleichgültigkeit gegen meinen väterlichen Beruf,

Von Vernachlässigung meiner Vaterpflichten,

Von Geringschätzung des Seelenheiles meiner Kinder,

Von unzeitiger Liebe und Nachsicht,

Von Zorn und auffahrendem Wesen,

Von jeglichem bösen Beispiele,

Vom Geiste der Unkeuschheit,

Durch die Verdienste Deines Lebens, Leidens und Sterbens,

33203

Durch Deine Liebe zu den Kindern, erlöse mich, o Herr!

Durch den reichen Lohn, den Du denen verheißen hast, welche sich um Deinetwillen der Kinder an - nehmen, erlöse ꝛc.

Durch die Erbarmungen Deines göttlichen Herzens, erlöse ꝛc.

Ich Sünder! Ich bitte Dich, erhöre mich!

Ich bitte Dich, erhöhe mich!
33

Daß Du mir die Gnade verleihen wollest, die Hoheit meines väterlichen Berufes gebührend zu erkennen!

Daß Du mir zur rechten Erkenntniß der Heilig - keit und Wichtigkeit der Pflichten gegen meine Kinder verhelfen wollest!

Daß Du mir im schweren Werke der Erziehung Einsicht und Weisheit schenken wollest,

Daß Du mein Herz zur rechten Liebe gegen meine Kinder lenken wollest,

Daß Du mich zum Eifer im Gebete für meine Kinder erwecken wollest,

Daß Du meine Lehren und Ermahnungen segnen wollest,

Daß Du mir die Gnade geben wollest, meinen Kindern in Allem mit einem guten Beispiele vorzugehen,

Daß Du meine Kinder vor allem Leichtsinn und vor jeglicher Todsünde bewahren wollest,

Daß Du den Geist wahrer Gottesfurcht und Fröm - migkeit in ihnen begründen und erhalten wollest,

Daß Du ihnen den Schatz unverletzter Unschuld erhalten wollest,

Daß Du die Nachstellungen des bösen Feindes an ihnen zu Schanden machen wollest,

Daß Du sie vor den bösen Einflüssen der Welt bewahren wollest,

33204

Daß Du die Bemühungen der Geistlichen und Lehrer an ihnen segnen wollest, ich bitte Dich, erhöre mich!

Daß Du sie in Deiner Gnade erhalten wollest, ich bitte ꝛc.

Daß Du sie zum ewigen Leben führen wollest, ich bitte ꝛc.

O Du Lamm Gottes, das Du hinwegnimmst die Sünden der Welt, verschone mich, o Herr!

O Du Lamm Gottes ..., erhöre mich, o Herr!

O Du Lamm Gottes ..., erbarme Dich meiner!

Christe, höre mich u. s. w.

Vater unser. Ave.

Gebet.

O Gott, dessen Barmherzigkeit unermeßlich und dessen Güte unendlich ist, ich danke Deiner mildesten Majestät für alle Gaben und Gnaden, welche Du meinen Kindern und mir in ihnen bisher verliehen hast, und da Du den Flehenden ihre Bitte gewäh - rest, so flehe ich unablässig zu Deiner Vaterhuld, daß Du mich und meine Kinder nimmer verlassen und uns zu den ewigen Belohnungen verhelfen wollest. Durch Jesum Christum. Amen.

Gebet zum h. Herzen Jesu.

O heiligstes Herz Jesu, Du Sitz der vollkommensten Liebe, Du Inbegriff aller Vollkommenheiten, würdig, daß alle Herzen Dich aufs Höchste verehren, Dich lie - ben, Dir anhangen; auch ich bringe Dir meine innigste Verehrung dar; ich liebe Dich von ganzem Herzen und wünsche nichts mehr, als daß ich Dich immer mehr lieben, möge, um Dir mein ganzes Herz und Leben zu weihen.

O göttliches Herz, das Du Dich mit solcher Liebe und Sorgfalt der Menschen angenommen und Alles,205 was zu ihrem Heile dienlich war, für sie gethan und geordnet und Dich für sie in Schmach und Qual und in den Tod hingegeben hast, erwecke auch in meinem Herzen diese Gesinnungen der Liebe gegen meine Kinder, auf daß ich ganz für sie lebe und, wie Du, Alles aufbiete, sie zum Heile zu führen.

In Dein liebevolles Herz, o Jesu, empfehle und beschließe ich meine Kinder. Du kennest die Gefahren, denen sie ausgesetzt sind, die Feinde, die ihnen Ver - derben drohen. Habe Mitleid mit ihnen! Nach der Menge Deiner Erbarmungen eile ihnen zu Hülfe.

O heiligstes Herz meines Herrn, Du Inbegriff aller Tugenden und Vollkommenheiten, tilge an mei - nen Kindern Alles, was Dir an ihnen mißfällt; zer - störe in ihnen die Sünde und vergieb ihnen alles Böse, was sie wider Dich gethan haben. Was immer Dir gefällt, das flöße ihnen aus Deinem allerheiligsten Herzen ein. Wenn sie nur in deiner Liebe verbleiben, so schalte im Uebrigen mit ihnen nach Deinem Wohl - gefallen; nur verwirf sie nicht von Dir. Lasse sie auf ewig mit Dir in Liebe und Seligkeit vereint sein. Amen.

Gebet zum h. Herzen Maria.

O h. Herz Mariä, der Mutter Gottes und unserer Mutter, der Gegenstand des höchsten Wohlgefallens der anbetungswürdigsten Dreieinigkeit und würdig, von Engeln und Menschen verehrt und geliebt zu werden; o Herz, das Du am meisten dem h. Herzen Jesu gleichest, dessen vollkommenstes Ebenbild Du bist; Herz voll Güte und des innigsten Mitleids gegen unser Elend; Dir empfehle ich mich in der heiligsten An - gelegenheit meines Lebens, in der Erziehung meiner Kinder.

206

Dir, o liebevolles Herz Mariä, empfehle ich meine Kinder; durch Deine Fürbitte vermagst Du Alles. So flöße ihnen denn Liebe zu Deinen Tugenden ein und entzünde in ihnen jenes h. Feuer, von welchem Du allezeit entflammt warest. Wache über sie beschütze sie und sei ihnen stets eine milde Zuflucht und eine un - überwindliche Beste gegen die Anfälle des bösen Fein - des. Sei ihre Hülfe in der Noth, ihre Kraft in Be - drängniß, ihre Zuflucht in Versuchungen, ihr Beistand in Gefahren; sei ihnen eine Mutter: Versöhne sie mit Deinem Sohne, empfiehl sie Deinem Sohne, stelle sie Deinem Sohne vor! Stehe ihnen bei jetzt und zu al - ler Zeit, am meisten in der Stunde ihres Todes, o gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria. Amen.

Gebet zum h. Aloysius.

O h. Aloysius, der du in neuester Mitwirkung mit der Gnade ein wahrhaft engelgleiches Leben ge - führt hast und von unserer Kirche als Vorbild und Schutzpatron der Jugend verehrt wirst, ich empfehle dir auch meine Kinder; nimm dich ihrer am Throne Gottes an. Bitte für sie, damit auch sie in allen Ge - boten des Herrn wandeln und wie du, die Sünde has - sen und meiden. Erflehe ihnen die Gnade der Un - schuld und Herzensreinigkeit, die dein Leben zieret; be - wirke, daß sie so innig, wie du, den Herrn und Seine h. Mutter verehren und lieben mögen. O h. Aloysius, bitte für sie. Amen.

207

Inhalts-Verzeichniß.

  • Vorrede2
  • Der Vatername7
  • Der Vaterberuf15
  • Die Ausstattung21
  • Erhabenheit. Strafe und Lohn23
  • Der christliche Vater28
  • Auch der Vater muß wahrhaft christlich sein33
  • Ernst dieser Verpflichtung38
  • Das Bild des christlichen Vaters. Skizze40
  • Ein Zwischenakt43
  • Das volle Bild48
  • Wie soll das geschehen52
  • Doch seien wir gerecht56
  • Ausführung des Bildes59
  • Mehre nicht ohne Noth die Schwierigkeiten59
  • Gehe den Gefahren aus dem Wege62
      • a) Gefahren für den Glauben62
      • b) Das Wirthshausleben64
      • c) Laß es nicht an Uebung fehlen71
    • 1. Um was handelt es sich72
    • 2. Bete74
    • 3. Gedenke, daß du den Sonntag heiligst78
    • 4. Steh auf und 80
  • Die Thätigkeit des christlichen Vaters84
    • 1. Sammelt euch Schätze86
    • 2. Das Regiment92
      • a) Gesetz, Regel und Ordnung94
      • b) Wachsamkeit101
      • c) Strafe104
    • 3. Die väterliche Fürsorge115
      • a) Aufsicht115
      • b) Der Sohn, die Tochter außer dem Hause121
      • c) Der Sohn (die Tochter) in der Wahl des Berufes127
  • Zwei vortreffliche Väter138
  • 208Ein Vater aus dem Münsterlande149
  • Der Vater im Gebete161

Gebete.

  • Um die Gnade christlicher Gottesfurcht und Fröm - migkeit166
  • Um die Gnade des Glaubens167
  • Um die Gnade der Mäßigkeit168
  • Um Gnade wider unordentliche Hingebung an die Welt169
  • Am Jahrestage der Verehelichung170
  • Am Morgen172
  • Am Abend173
  • Bei der h. Messe für sich selbst174
  • Bei der h. Messe für die Kinder178
  • Um Weisheit182
  • Um Sanftmuth183
  • Zu Jesus dem Kinderfreunde184
  • Zur h. Jungfrau186
  • Zum h. Joseph186
  • Zu den h. Schutzengeln187
  • Zu den Namenspatronen187
  • Um Segen für die Erziehung188
  • Um Schutz für die Kinder189
  • Um Bewahrung vor Todsünden189
  • Um die Gnade der Keuschheit für die Kinder190
  • Um Lenkung der Kinder191
  • Um Gnade gegen hartnäckige Fehler der Kinder192
  • Der Rosenkranz (für sich; für die Kinder) 194
  • Für die Ehefrau196
  • Um standesmäßige Keuschheit197
  • Litanei199
  • Zum h. Herzen Jesu204
  • Zum h. Herzen Mariä205
  • Zum h. Aloysius206

About this transcription

TextDer christliche Vater wie er sein und was er thun soll
Author Wilhelm Cramer
Extent418 images; 102143 tokens; 9882 types; 657635 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDer christliche Vater wie er sein und was er thun soll nebst einem Anhange von Gebeten für denselben Wilhelm Cramer. . Katholische VerlagsbuchhandlungDülmen1874.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Theologie; ready; dtae

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.Anmerkungen zur Transkription:Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:Bogensignaturen und KustodenKolumnentitelAuf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.

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  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:33:51Z
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