PRIMS Full-text transcription (HTML)
SS. Anna et Maria.

Alle Tage deines Lebens habe Gott in deinem Herzen! (Tob. 4. 6.)

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Die Christliche Mutter.
Erbauungs - und Gebetbuch von Dr. Augustin Egger, Bischof von St. Gallen.
65. bis 70. Tausend.
Verlagsanstalt Benziger & Co. A. G. Typographen des hl. Apostol. Stuhles.Einsiedeln, Waldshut, Köln a. Rh. Straßburg i. E. New-York, Cincinnati, Chicago, bei Benziger Brothers
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IMPRIMATUR

Curiæ, die 9. Junii 1914

                                   GEORGIUS                                             EPP. CUR.

J. M. Balzer, Libr. Cens.

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Jésus, Marie, Joseph

Vorbemerkung.

Dieses Erbauungs - und Gebetbuch soll ein Seitenstück bilden zu dem vor einigen Jahren erschienenen Christ - lichen Vater . Wenn ich letzteres Buch damals auch den Müttern als Lektüre empfohlen habe, so sehe ich mich ver - anlaßt, hier diesen Wunsch zu wieder - holen. Dort ist manches gesagt, was auch die Mutter zu beherzigen hat, hier aber nur kurz angedeutet oder ganz übergangen wird, um für andere nicht weniger wichtige Belehrungen Raum zu gewinnen. Umgekehrt werden auch die Gatten und Väter in dem gegenwärtigen Buche mancher Bemer - kung begegnen, welche ihre Beachtung6 verdient. Soll die häusliche Erziehung in der heutigen Zeit ihr Ziel erreichen, so müssen Vater und Mutter dasselbe wissen und dasselbe wollen, im gleichen Geiste einträchtig zusammenwirken, und, was nicht das Letzte sein darf, eines Herzens und Sinnes sein im Gebete. Darum ist der Gebetsteil in beiden Büchern nahezu der gleiche.

Die Gnade Gottes möge die schwa - chen Worte zu fruchtbaren Samen - körnern machen und ihnen in den Herzen der Leser ein empfängliches Erdreich bereiten!

St. Gallen, den 21. Nov. 1897.

Augustinus Egger, Bischof.

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I. Selbsterkenntnis und Selbsterziehung.
Betrüglich ist die Anmut und eitel die Schönheit, ein Weib, das den Herrn fürch - tet, das wird gelobt werden.
(Sprichw. 31, 30.)
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Im Namen des Vaters & des Sohnes & des hl. Geistes. A.

1. Die christliche Mutter.

1.

Von der christlichen Mutter gelten die herrlichen Worte des weisen Sirach: Wie die aufgehende Sonne an Gottes hohem Himmel, so ist die Schön - heit des guten Weibes zur Zierde ihres Hauses. (Sir. 26, 21.)

Die Sonne ist für uns und die ganze Natur die Spenderin des Lichtes und der Wärme. Mit Freuden begrüßen wir ihre Ankunft am Morgen, wir nennen es schönes Wetter, wenn ihr Ange - sicht auf uns herniederleuchtet, und wenn sie es verhüllt, scheint die Natur zu trauern, es verstummt der Gesang der Vögel, keine Blüte öffnet ihren Kelch und10 auch über unser Gemüt scheint sich ein Schatten zu werfen. Wenn sie sich im Winter von uns wendet, erstarrt alles Leben unter Schnee und Eis, und mit Sehnsucht erwarten wir ihre Wieder - kehr im Frühling.

Aehnlich ist die Stellung der Mut - ter in der Familie. Wenn der Vater das Haupt der Familie ist, so ist die Mutter das Herz derselben. Sie ist der Mittelpunkt dieser Welt im Klei - nen, indem der Vater und die Kinder und alle Hausgenossen durch sie zur Einheit verbunden werden. Was ist eine Familie ohne die Mutter? Man möchte sagen ein Haus ohne Wohnstube, ein stockendes Uhrwerk, ein Körper ohne Pulsschlag. Ihr mütterliches Walten bringt Ordnung und Regelmäßigkeit in den Haushalt. Ihre Liebe und Sorg - falt, welche alle umfaßt, wirkt versöhnend und ausgleichend auf die Unebenheiten im Familienkreise, gießt Freude und Friede, Verträglichkeit und gegenseitige11 Anhänglichkeit in die Herzen der Ihri - gen, verklärt das ganze Familienleben wie wohltuender Sonnenschein.

Wenn die Mutter der Familie ent - rissen wird, oder auch nur zeitweilig abwesend oder krank ist, wie öde und langweilig ist es dann beim Tische und in der Wohnstube, wie oft stockt der Gang des Hauswesens, wie fühlen alle eine schmerzliche Lücke und sind trübe gestimmt, trüber als die äußere Natur, wenn die Sonne von Nebel und Ge - wölk verschleiert wird!

2. Die Sonne geht stille und ge - räuschlos ihren Weg, man merkt es kaum, was sie von einem Tag auf den andern in der Natur zu stande bringt, und doch ist sie es, welche die Blüten des Früh - lings hervorzaubert, welche die goldenen Saaten des Sommers und die köstlichen Früchte des Herbstes zur Reife bringt.

Ebenso still ist das Wirken der Mut - ter, die Oeffentlichkeit nimmt keine No - tiz davon, es wird auch in ihrer Um -12 gebung kaum beachtet. Aber die Früchte ihres Wirkens gehen weit über diesen engen Kreis hinaus, sie sind für Kirche und Vaterland, für die zeitliche und ewige Wohlfahrt von der größten Wich - tigkeit. Was Großes und Edles, Christ - liches und Heiliges in der Welt vor - handen ist, fand seine erste Pflege durch die christliche Mutter. Wohl ist es die Mutter nicht allein, welche das Werk der Erziehung zu besorgen hat, aber sie muß die Fundamente legen. Jahrelang ist sie fast einzig dabei thätig, das Herz des Kindes ist in ihrer Hand, sie kann es formen wie weiches Wachs, sie kann es lenken und leiten, wie eine Königin ihr Reich regiert. Und kommt die Zeit, in welcher auch andere eingreifen sollen, so muß die Hauptsache schon gethan sein, es handelt sich nur um den Wei - terbau auf dem Fundamente, welches die Mutter gelegt hat.

3. Nicht selten fallen die schönsten Werke, welche die Sonne geschaffen hat,13 gewaltsame Zerstörung anheim. Wenn die Saatfelder, die Weinberge und die Obstbäume in ihrem schönsten Schmucke dastehen, kommt unversehens ein Hoch - gewitter, um erbarmungslos alle diese Herrlichkeit zusammenzuschmettern. Lei - der muß auch die Mutter allzuoft ähn - liches erleben. Wenn sie unter Mühen und Sorgen ihre Kinder zu gläubigen und gottesfürchtigen Christen erzogen hat, so kommt die Welt, und sucht mit ihren Verführungskünsten wieder zu zer - stören, was die Mutter aufgebaut hat, und ihre Erfolge sind leider allzugroß.

Aber trotz aller Ungewitter hört die Sonne nicht auf, immer wieder neue Saaten und Früchte zur Blüte und Reife zu bringen, und die Wärme und die Fruchtbarkeit, die von ihr ausgehen, sind schließlich stärker als die zerstören - den Elemente. Aehnlich ist es mit der Mutter. Man könnte versucht sein, das Leben als einen Kampf zwischen der christlichen Mutter und der gottentfrem -14 deten Welt zu bezeichnen. So wenig sie scheinbar mit einander zu thun ha - ben, so sehr wirken sie thatsächlich ein - ander entgegen, liegen in einem förm - lichen Kriege gegeneinander. Oft muß die Mutter den Kürzeren ziehen. Wir sehen ja Scharen junger Christen, welche einst fromm und unschuldig gewesen, in der Welt untergehen. Aber im gro - ßen und ganzen wird die christliche Mut - ter doch der Welt überlegen sein. So lange in dem stillen Kreise der Fami - lien christliche Mütter walten, so lange werden christliche Generationen nach - wachsen, und was auch die Welt zu Grunde richten mag, die Völker mit christlichen Müttern werden christlich bleiben.

Das Wort des heiligen Augustin über seine Mutter gilt nicht bloß von dieser, sondern von hundert andern: Alles, was ich bin, verdanke ich mei - ner Mutter, sie hat mich nicht bloß für diese Welt geboren, sondern mir auch15 das Leben der Seele erlangt. Wie stünde es um das Reich Gottes, wenn die christliche Mutter nicht wäre! Es ist eine auffallende Erscheinung in der Geschichte der Kirche, daß die größten Heiligen, wie ein hl. Basilius, Gregor von Nazianz, Johannes Chrysostomus, Ambrosius, Gregor der Große u. s. w. heilige Mütter gehabt haben. Erheben wir uns im Geiste in den Himmel, fragen wir die Scharen der Auser - wählten, wem sie ihre Glückseligkeit ver - danken, so werden uns viele Werkzeuge der Gnade, viele wunderbare Wege des Heiles genannt werden, aber nichts wer - den wir so oft vernehmen, als die Na - men frommer Mütter.

4. In einem Punkte ist das Bild der Sonne für die Mutter nicht zutref - fend. Die Mutter ist mehr Planet als Sonne, da ihr Licht nicht ihr eigenes ist. Sie ist nicht selber die Quelle des Segens, der von ihr auf ihre Familie, auf ihre Kinder ausgehen soll. Christus16 muß die Sonne sein, in deren Lichte die Mutter wandelt, Er muß mit sei - ner Gnade und Wahrheit auf sie ein - wirken, sie muß für sich selbst eine wahre Christin sein, nur dann ist es ihr möglich, eine gute Mutter zu sein. Sie muß vor allem selber das sein, wozu sie ihre Kinder erziehen soll. Wenn die Er - ziehung, welche sie genossen hat, dieses nicht ganz zu stande gebracht hat, so muß sie diesen Mangel durch eigene Anstrengung zu ersetzen suchen. Darum wird hier zuerst in einem besonderen Abschnitt von der Selbsterkenntnis und Selbsterziehung gehandelt, und erst dann sollen die Pflichten der Gattin und Mutter erörtert werden.

2. Das Frauenherz.

1. Der heilige Gregor bezeichnet das Herz als die Triebfeder des Lebens, weil immer das Verlangen des Herzens es ist, was die Thätigkeit des Menschen17 anregt. Der Wunsch des Herzens, ir - gend ein wahres oder vermeintlichen Gut zu erlangen, oder ein Uebel fern zu halten, ist die bewegende Ursache aller Handlungen der Guten und der Bösen, die Quelle aller Begeisterung und Opferwilligkeit, aller Ausdauer in schwierigen Unternehmungen. Sobald das Herz aufhörte, zu wünschen und zu verlangen, würde auch die Thätigkeit erlahmen und das Leben stille stehen.

Der heilige Augustin hat das ei - gentliche Ziel für die Bestrebungen un - seres Herzens mit den Worten bezeich - net: Unser Herz ist unruhig, bis es ruhen wird in Dir, o Gott! Nur der Besitz eines vollkommenen und ewigen Gutes kann unser Herz sättigen und glücklich machen, und dieses Gut finden wir nur im Himmel und in Gott. Das Verlangen unseres Herzens muß dem höchsten Gute zugewendet sein, und wir dürfen keine Wünsche im Herzen unterhalten, die mit diesem Verlangen18 nicht im Einklang stehen, sonst täuschen wir uns selbst und gefährden unser ewiges Glück, indem wir ein trügerisches und vergängliches Glück suchen, ohne es zu finden.

Unruhig bleibt unser Herz, bis es ruhen wird in Gott. Auf Erden kann es also nimmer ruhen. Die heilige Hildegard sagt uns in einem Gleich - nisse, was wir während dieser Zeit der Unruhe mit dem Herzen anfangen sol - len. Sie vergleicht es mit einer Harfe, deren süße Akkorde zum Lobe Gottes ertönen und die Menschen erfreuen sol - len. Die Liebe soll das Herz erfüllen, sie soll sich in Wohlthun und Erbar - men gegen den Nächsten offenbaren, und das innere und äußere Leben zu einem Loblied auf den Allerhöchsten machen. Das Herz jedes Heiligen ist eine solche Harfe mit reinem und vol - lem Ton. Unsere Harfe ist leider arg mißstimmt durch die ungeordneten Be - gierden und Neigungen des Herzens. 19Es ist die erste Aufgabe für uns in diesem Leben, diese Harfe unseres Her - zens möglichst harmonisch zu stimmen, und je weiter wir es darin bringen, desto mehr Frieden werden wir hienie - den erlangen und desto mehr dürfen wir hoffen auf die einstige Ruhe in Gott.

Die Bildung des Herzens ist für alle wichtig, aber ganz besonders für die Frau. Von ihr kann man vorzugs - weise sagen, daß sie aus dem Herzen lebt. Die Gedanken ihrer Seele steigen in das Herz herunter und werden zu Gefühlen. Diese Gefühle wirken über auf ihre Reden und Handlungen, auf ihr ganzes Benehmen, selbst auf ihr Auge und ihre Gesichtszüge, sie geben ihrem ganzen Aeußern das Gepräge ihres Herzens, mag dieses nun gewinnend oder abschreckend sein. Die Frau lebt ans dem Herzen. Hier soll kurz der Grundzug berührt werden, welchen ihr der Schöpfer in das Herz gelegt hat.

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2. Bei der Erschaffung des Weibes sagte der Schöpfer: Lasset uns ihm (dem Adam) eine Gehilfin machen, die ihm gleich sei. (I. Mos. 2, 18.) Der heilige Paulus bestimmt dieses Verhältnis näher mit den Worten: Der Mann ist das Haupt des Weibes, wie Christus das Haupt der Kirche ist. So wie die Kirche Christo unterworfen ist, so auch seien es die Weiber ihren Männern in allem. (Eph. 5, 23. f.)

Ein Erklärer der heiligen Schrift bemerkt: Gott hat das Weib nicht aus den Füßen des Mannes genommen, als müßte es seine Sklavin sein, und nicht aus dem Kopfe, als sollte es über ihn herrschen, sondern aus der Brust, da - mit es ihm Gefährtin und Gehilfin sei, aus der Nähe des Herzens, weil die Liebe beide verbinden soll. Die Gattin tritt zum Mann in das Ver - hältnis der Abhängigkeit, sie nimmt seinen Familiennamen an, er übernimmt die Verwaltung ihrer Güter, sie darf21 nach außen nur einen Willen mit ihm haben und soll nach innen ihm unter - thänig sein. Sie verliert ihre Selb - ständigkeit zu Gunsten des Mannes.

Dieses Verhältnis ist aber für die Frau kein erzwungenes, der Schöpfer selber hat ihr die Hinneigung zu dem - selben in das Herz gelegt. Als einem katholischen Denker die Frage vorgelegt wurde, was das Weib sei, antwortete er: Das Weib ist ein Herz, um sich hinzugeben. Das ist der Grundzug sei - nes Wesens und bildet die natürliche Unterlage sowohl für den Heroismus weiblicher Tugenden, wie anderseits für die größte Verworfenheit. Der Psalmist vergleicht in einem anmutigen Bilde das Weib mit einem fruchtbaren Wein - stock an den Wänden des Hauses. (Ps. 127, 3.) Dem Weinstock, so schön er in dem Schmucke seiner Blätter, Blü - ten und Früchte prangt, haftet eine ge - wisse Unselbständigkeit an, er muß an einer Stütze hinaufranken können. Aehn -22 lich ist es mit der Stellung des Wei - bes. Es braucht einen festen Halt, an den es sich liebend anschließen kann. Hat es diesen gefunden, dann ist es fähig, eine bewunderungswürdige Ener - gie zu entfalten, Heldenthaten der Liebe, Geduld und Ausdauer zu vollbringen, wie sie uns die Geschichte und selbst die tägliche Erfahrung in Menge vor - führen.

3. Nicht alle Weiber sind berufen, Gattinnen und Mütter zu werden. Auch, diese haben ein Herz, sich hinzugeben. Es ist ein Vorrecht der katholischen Kirche, von Anfang an diesen Zug verstanden und richtig geleitet zu haben. Es ge - schah das in dem freigewählten jung - fräulichen Leben, welches in dem Or - densstande eine feste Gestaltung gefun - den hat. Die Seele, welche diesen Stand wählt, verleugnet nicht den angebornen Zug des weiblichen Herzens zur Hin - gebung, sondern sie folgt ihm in höherer und vollkommenerer Weise. Sie ver -23 zichtet nicht auf den irdischen Braut - kranz, um der Liebe zu entsagen, son - dern um diese einem höheren Bräuti - gam, Jesus Christus, zu schenken. Die Hingebung der Gattin wird von der Hingebung der christlichen Jungfrau weit überboten. Was jene opfert, das opfert diese auch und noch viel mehr dazu, die sinnliche Liebe, die Eingeb - ungen von Fleisch und Blut und alles, was irdisch ist. Sie verzichtet nicht bloß auf die Verwaltung des Vermögens, sondern auf das Eigentum selbst. Das einzige, was ihr bleibt, ist ihr Herz, aber nur, um es Christus in Entsag - ung, Armut und Gehorsam täglich aufs neue zu schenken. Wenn das Weib ein Herz ist, um sich hinzugeben, so hat es hier den Höhepunkt seiner Bestimmung erreicht. Freilich handelt es sich da nicht um einen allgemeinen Beruf. Chri - stus bemerkt ausdrücklich: Nicht alle fassen dieses Wort, sondern welchen es gegeben ist. Wer es fassen kann, der24 fasse es. (Matth. 19, 11.) Es handelt sich da um den besonderen Beruf einzelner. Wenn aber Weltkinder und Ungläubige in der freiwilligen Jungfräulichkeit etwas Unweibliches und Naturwidriges erblik - ken, so kommt das her von ihrem be - schränkten Gesichtskreis, der nicht über die Anschauungen von Fleisch und Blut hinausreicht.

3. Das Mutterherz.

1. Das Weib ist ein Herz, sich hin - zugeben, nicht bloß als Gattin, sondern auch als Mutter. Die Erwägungen hierüber im Anschluß an die vorher - gehenden lassen uns ersehen, daß das Herz des Weibes unter den Wunder - werken des Schöpfers nicht am wenig - sten seine Weisheit und Liebe offenbart. An die Mutterliebe muß in diesem Büchlein sozusagen auf jeder Seite ap - pelliert werden, und darum mögen hier einige allgemeine Bemerkungen am Platze25 sein über die natürliche, die christliche und die verkehrte Mutterliebe.

Ein Kind auf dem Schoße seiner Mutter fragte diese: Warum sehe ich mich in deinem Augenstern? Diese antwortete: Weil ich dich in meinem Herzen trage . In diesen einfachen Worten ist alles enthalten, was sich von der natürlichen Mutterliebe sagen läßt. Einen Anfang und gewissermaßen einen Schattenriß der Mutterliebe hat der Schöpfer selbst in die Tiere gelegt. Es ist allen bekannt, mit welcher Sorg - falt und Zärtlichkeit die Jungen von den Alten gepflegt und geschützt werden, bis sie sich selber helfen können. Der gött - liche Heiland hat es nicht verschmäht, seine eigene Liebe zu Jerusalem mit der mütterlichen Sorgfalt einer Henne zu vergleichen. Jerusalem, Jerusalem, wie oft wollte ich deine Kinder ver - sammeln, wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt! (Matth. 23, 37.)

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Der Mensch ist bei seiner Geburt hilfloser als die meisten anderen leben - den Wesen. Keines bedarf in so hohem Grade und so lange einer sorgsamen Pflege. Sehr lange Zeit kann das Kind nicht einmal andeuten, was ihm fehlt, es muß von einem wachsamen Auge und von einem liebenden Herzen erra - ten werden. Darum hat der Schöpfer das Mutterauge so scharfblickend ge - macht und das Mutterherz mit solcher Hingebung erfüllt. Wenn wir nur an die körperliche Pflege denken, welche das Kind jahrelang erfordert, an die öfteren Krankheiten desselben, so müssen wir die Bedeutung der Mutterliebe in dem menschlichen Haushalte bewundern. Das Leben der Mutter ist aber noch nach man - chen andern Seiten ein Opferleben, und sie wäre nicht fähig, alle die zahllosen Mühen und Sorgen bis zum Abschluß der Erziehung unverdrossen und hin - gebend auf sich zu nehmen, wenn nicht Gott sie ihr leicht gemacht hätte durch27 Einpflanzung der nie erschlaffenden Spannkraft hingebender Mutterliebe.

2. Die christliche Mutterliebe ist die Läuterung und Verklärung der natürlichen und in doppelter Weise über diese erhaben. Die natürliche Mutter - liebe ist auf in der Nähe liegende Ziel - punkte gerichtet. Sie ist besorgt für das augenblickliche Wohlbefinden des Kin - des und denkt wohl auch an seine ir - dische Zukunft, sein glückliches Fort - kommen in der Welt. Die Liebe der christlichen Mutter ist nicht gleichgül - tig gegen Wohlbefinden und zeitliche Wohlfahrt des Kindes, aber sie bleibt dabei nicht stehen. Ihr Auge ist auf ein höheres, auf das höchste Ziel gerichtet, für welches das Kind geschaffen ist, auf die ewige Seligkeit im Himmel. Ihr Kind zu diesem glückseligen Ziele zu führen, ist nicht die einzige, aber die wichtigste ihrer mütterlichen Sorgen. Sie will dieses Ziel um jeden Preis erreichen, indem das Wort des Herrn28 ihr als Leitstern dient: Was nützt es den Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber Schaden leidet? (Luk. 9, 25.) Sie ist überzeugt, daß die Erziehung für den Himmel auch eine Bedingung der Erziehung für das irdische Glück ist, weil der Herr selber die Versicherung gegeben hat: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und dieses alles wird euch hinzugegeben werden. (Matth. 6, 33.)

Der zweite Unterschied der christ - lichen Mutterliebe von der natürlichen liegt in der Gnade von oben, die ihr zur Verfügung steht. Die christliche Mutter hat in dem Sakramente der Ehe eine besondere Standesgnade er - halten, sie kann in den Gnadenmitteln ihrer Religion fortwährend neue über - natürliche Erleuchtung und Stärkung finden. So erfüllt sie ihre hohe und schwere Aufgabe nicht bloß durch die Liebe, welche der Schöpfer in ihr Herz gelegt hat, sondern kraft jener Welt -29 überwindenden Liebe, welche aus dem Herzen ihres Erlösers stammt.

Verkehrt ist die Mutterliebe, wenn sie ihr Auge von dem wahren Ziele der Erziehung abwendet und auf ein unrichtiges oder wenigstens unterge - ordnetes Ziel hinsteuert. Wenn sie den Himmel vergißt, unbekümmert um das Heil der Seele des Kindes ist, dann liebt sie im Kinde auch nur das ir - dische Geschöpf, ihre Liebe wird damit notwendig zu einer verkehrten Liebe, welche dem Kinde zum Verderben ge - reicht. Man nennt diese Liebe mit Recht eine blinde, weil sie nicht einsieht, wie sie selber durch Verzärtelung und Welt - sinn das Werk der Erziehung vereitelt und das Kind unglücklich macht.

3. Ein Sprichwort sagt: Etwas lieben muß der Mensch, sonst stirbt er. Das wird besonders gelten von dem Herzen, welches geschaffen ist, sich hin - zugeben. Wenn auch nicht alle berufen sind. Mütter zu werden, so darf auch30 in den Herzen dieser der Raum für die Mutterliebe nicht leer bleiben. Wie in der Jungfräulichkeit die Hingebung an einen Gatten durch eine edlere, höhere und umfassendere Hingebung ersetzt wird, so soll hier die Mutterliebe über die Bande von Fleisch und Blut empor - gehoben und zur opferwilligen Nächsten - liebe, zur christlichen Charitas erweitert werden. Die Braut Christi schöpft aus dem Herzen ihres Bräutigams einige Tropfen seines Opfergeistes und mit diesem geht sie hin, um die Elenden und Verlassenen als Kinder zu lieben, und für sie ihre Kräfte und ihr Leben schnell oder langsam hinzuopfern. Auch das ist Mutterliebe, aber nicht mehr die von Fleisch und Blut eingegebene, ihr Ursprung und ihr Ziel wie ihre Opfer sind höherer Art.

Das Weib ist ein Herz, sich hinzu - geben, auch dann, wenn es weder Gat - tin und Mutter, noch Ordensschwester ist. Sich hinzugeben, ist der Beruf des31 Weibes, der Zug seines Herzens, und wenn die Gelegenheit dazu fehlt, so ist sein Herz leer und unbefriedigt. Das begegnet sehr vielen in den niederen Schichten der Gesellschaft, aber auch nicht wenigen, die besser gestellt sind. Es gibt Frauenspersonen, die zu glücklich sind, um zufrieden zu sein. Sie sind nicht genötigt, ihre Kräfte im Kampfe des Lebens anzuspannen, Putz und Un - terhaltung sind fast ihre einzigen Sor - gen, ihre Arbeit wenig mehr als ein beschäftigter Müßiggang. Dieses zweck - lose Dasein, so beneidenswert es schei - nen mag, läßt den tiefsten Zug ihres Herzens, die Hingabe für eine edle Sache, unbefriedigt. Sie langweilen sich, weil bei allen Genüssen, die ihnen zu Gebote stehen, ihr Herz leer ausgeht. Und doch liegt die Befriedigung so nahe. Im Reiche Gottes soll es keine müßi - gen Existenzen geben. Die Liebeswerke stehen auf allen Gebieten in überreicher Auswahl zu Gebote, man greife zu und32 lerne für eine gute Sache Opfer brin - gen und man wird darin bald eine Be - friedigung finden, die dem Herzen bis - her gefehlt hat, und glücklicher macht, als alle eitlen Genüsse der Welt.

Uebler bestellt und zugleich viel zahl - reicher ist eine andere Klasse. Viele müssen bei irgend einer Arbeit jahrein jahraus sich wie Maschinenteile gebrau - chen lassen. Ihr Herz hat nichts davon und ist auch sonst verwaist und ver - lassen. Der Dienst der Hände wird kalt und karg besoldet, der Dienst des Her - zens wird von niemanden verlangt, das Herz, welches geschaffen ist, sich hinzu - geben, hat niemanden, der die Hingeb - ung annimmt, die Weinrebe findet keine Stütze, an der sie hinaufranken könnte. Mütter, die von Arbeiten und Sorgen fast erdrückt werden, Ordensschwestern, die unter der Last ihres Berufes früh - zeitig erliegen, die können sich hinge - ben und finden darin Befriedigung für den Zug ihres Herzens. Diese verlas -33 senen Seelen aber leiden unter dem Bewußtsein: Niemand bedarf meiner, niemand verlangt meine Hingebung, ich bin der ganzen Welt gleichgültig. Nichts kann schmerzlicher und nieder - drückender sein, als eine solche Verein - samung des Herzens. In dieser uner - träglichen Herzensqual wird gar leicht von zwei Dingen eines geschehen. Ent - weder biegen die Ranken des liebebe - dürftigen Herzens zurück auf das eigene Ich, das Weib wird zur unweiblichen Egoistin mit dem harten Herzen und der scharfen Zunge, eine Qual für ihre Umgebung und noch mehr für sich sel - ber. Oder diese Ranken, die nicht auf - wärts klimmen können, kriechen auf den Boden, umklammern selbst den Kot, das Weib geht unter in der Verwor - fenheit des Lasters. Da liegt der psy - chologische Grund es gibt natürlich auch noch andere für die Erniedrigung des weiblichen Geschlechtes in den Groß - städten.

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In der katholischen Kirche braucht weder das eine noch das andere zu ge - schehen. Jedes katholische Herz kann und soll den Frieden haben. Auch die Verlassensten können im religiösen Le - ben überflüssigen Ersatz finden für das, was die äußern Umstände ihnen ver - sagt haben. Auch der angeborne Zug der Hingebung, das Verlangen sich nütz - lich zu machen, braucht nicht müßig zu gehen. Die Kirche gleicht einem Haus, in welchem es für jedes Familienglied eine angemessene Arbeit, für jedes Herz ein heimisches Plätzchen gibt, an dem es sich wohl befindet und etwas leisten kann. Ein gesundes religiöses Leben, gut geleitete Vereine, die Gelegenheit, etwas, und sei es noch so wenig, für eine gute Sache zu thun, können auch die verlassensten Herzen aufmuntern und erwärmen, glücklich und stark machen. Jede Arbeiterin, jede Magd kann auf diese Weise auch unter schwierigen Verhältnissen einen festen sittlichen35 Halt und den Frieden des Herzens finden.

Erwägt man, wie das Christentum das Herz des Weibes in den verschie - densten Lagen des Lebens veredelt, er - hebt und beglückt, so möchte man sa - gen, das Wort Tertullians, die Seele sei von Natur aus eine Christin, habe beim Weibe doppelte Geltung. Sein Herz kann in unserer Religion vollen - dete Reinheit und Tugend, die volle Befriedigung seiner Bedürfnisse erlan - gen. Unsere Religion erweist sich dadurch als echt menschlich, d. h. den Bedürf - nissen des Herzens entsprechend, und zugleich als echt göttlich, d. h. mit ei - ner über Fleisch und Blut erhabenen Kraft ausgerüstet.

4. Die Tochter Evas.

1. Der Sündenfall hat über das menschliche Geschlecht zwei große Uebel gebracht, welche auch nach vollbrachter36 Erlösung auf uns lasten, das irdische Elend und die böse Begierlichkeit. Das Weib sollte an dieser traurigen Erb - schaft noch seinen besonderen Anteil be - kommen.

In Bezug auf die Leiden hat der Herr dem Weibe gleich nach dem Falle eine doppelte Strafe angekündigt, deren erster Teil also lautet: Du sollst un - ter der Gewalt des Mannes sein und er wird über dich herrschen. (I. Mos. 3, 16.) Es ist vielleicht nie ein anderes Strafurteil rücksichtsloser ausgeführt worden als dieses Wort des Herrn. Die Gehilfin des Mannes, als welche das Weib erschaffen wurde, ist auf lange Jahrtausende hin seine Sklavin gewor - den, die rechtlos und schutzlos seiner Willkür überlassen war. Die völlige Mißkennung der Würde des Weibes, die Verachtung, die Erniedrigung, die Mißhandlung des Weibes bilden einen hervorstechenden Zug des Heidentums.

Das Christentum hat außerordent -37 lich viel für die Erhöhung des Weibes aus seiner Erniedrigung gethan, aber es konnte nicht verhindern, daß das schwere Verhängnis, welches auf dem Weibe lastet, immer noch nachwirkt. Wie viele Thränen werden heute noch von Frauen geweint über gefühllose Härte, Untreue, Liederlichkeit, Pflicht - vergessenheit, rohe Mißhandlung von Seite ihrer Männer! Jeder Fehler des Mannes ist ein Stachel, der seine Spitze gegen seine Gefährtin wendet. So lange nicht alle Männer heilig sind, so lange wird es auch Gattinnen geben, die zu leiden haben.

Der andere Teil des Strafurteils über Eva lautet: In Schmerzen sollst du deine Kinder gebären. (I. Mos. 3, 16.) In diesem Hinweis auf die Schmerzen, durch welche das Weib zur Mutter wird, sind alle Leiden und Sorgen zusammenge - faßt, welche überhaupt auf der Mutter lasten. Die Androhung hat sich gleich an der ersten Mutter in erschütternder38 Weise erfüllt. Eines Tages stieß sie auf eine Leiche, die in ihrem Blute lag, die erste Beute de Todes auf dem Men - schengeschlechts. Es war ihr geliebter Sohn Abel und der Mörder war ihr Erstgeborner. Damit beginnt die lange Geschichte von den Leiden der Mütter, die so vieles und so Schauerliches zu erzählen weiß.

Früher wurde gesagt: Das Weib ist ein Herz, sich hinzugeben. Das ist die Bestimmung des Weibes nach den liebe - vollen Absichten des Schöpfers. Im Hinblick auf die Folgen des Sünden - falles muß man jetzt sagen: Das Weib ist ein Herz, um zu leiden. Opfern und leiden, das ist nunmehr die Auf - gabe des Weibes, das ist sein Beruf. Sollte es noch nötig sein, dieses zu be - weisen? Das Herz der Gattin und Mut - ter ist der Sammelpunkt aller Leiden und Sorgen des Familienlebens, kein Glied der Familie leidet, ohne daß sie mit ihm leidet, jede Störung und Un -39 ordnung im häuslichen Kreise, jeder Fehler des Gatten oder der Kinder wird zur Sorge und Unruhe, zum Schmerz, zur Bekümmernis für ihr Herz. Je besser ihr Herz, desto schwerer lasten die Sorgen auf ihm, ja wir können sagen, je glücklicher die Familie, desto bitterer der Schmerz. Fenelon hat das auffal - lende Wort gesprochen: Es gibt keine grausameren Schmerzen, als jene, welche die glücklichste Ehe bereitet. Dieses Wort findet seine Erklärung in dem Gesetze des Schmerzes. Nach diesem Gesetze müssen uns alle Dinge hinieden Schmerz bereiten, die einen, so lange wir sie haben, die andern, wenn wir sie ver - lieren.

Wenn die junge Braut den Kranz auf dem Haupte in festlichem Zuge an den Altar tritt, so mag sie voller Hoff - nung einer rosigen Zukunft entgegen - schallen. Sie kann auch glücklich werden, aber anders als sie vielleicht träumt. Denn in Wahrheit ist sie ein bekränz -40 tes Schlachtopfer, welches ein Opfer - leben beginnt. Das Weib ist ein Herz, um zu leiden. Wenn es das einsieht, und sich darein zu fügen und darnach sich zu benehmen lernt, dann kann es immer noch glücklich werden, aber nur als Christin im Herzen und im Leben.

2. Die zweite verhängnisvolle Folge des Sündenfalles ist die böse Begier - lichkeit. Vom Weibe hat die Sünde ihren Anfang genommen, sagt der weise Sirach (25, 33). Eva ist zuerst der Ver - führung erlegen und hat dann ihren Mann verführt. Damit ist auch das Herz des Weibes, welches der Schöpfer so edel gebildet hatte, der Unordnung und Verkehrtheit anheimgefallen. Die Harfe, welche nach der heiligen Hilde - gard das Herz sein soll, wurde arg zu - gerichtet, so daß sie mit ihren teils zerrissenen, teils falsch gestimmten Sai - ten oft die schrillsten Mißtöne verneh - men läßt. Das Frauenherz ist der41 Sammelpunkt unberechenbarer Wider - sprüche geworden.

Stellt man zusammen, was in der hei - ligen Schrift vom Weibe gesagt wird, so bekommt man zwei Bilder, die im schärfsten Gegensatze zu einander stehen. Auf der einen Seite wird das Weib mit den folgenden und ähnlichen Lobeser - hebungen gefeiert: Die Anmut eines fleißigen Weibes ergötzet ihren Mann und salbet seine Gebeine. Ihre Zucht ist eine Gabe Gottes. Ein verständiges und stilles Weib, eine wohlerzogene Seele ist mit nichts zu vertauschen. Gnade über Gnade ist ein fleißiges und schamhaftes Weib, und alles, was man schätzet, ist mit einer enthaltsamen Seele nicht zu vergleichen. Wie die aufgehende Sonne an Gottes hohem Himmel, so ist die Schönheit des guten Weibes zur Zierde ihres Hauses. Wie die glän - zende Lampe auf dem heiligen Leuchter, so ist die Schönheit ihres Gesichtes in den besten Jahren. Wie goldene Säu -42 len auf silbernen Gestellen, so stehen die Füße eines standhaften Weibes auf ihren Sohlen. Wie der Grund auf festen Stein gelegt ewig ist, so die Ge - bote Gottes in dem Herzen eines heili - gen Weibes. (Sir. 36, 16 ff.)

Diesen von Lob überfließenden Sätzen stehen andere Aussprüche gegenüber, welche die unergründliche Bosheit des Weibes in den grellsten Farben schil - dern. Ich wage nicht, sie hier anzu - führen, aus Furcht, sie könnten miß - braucht werden. Aber beide Schilderun - gen sind wahr, weil es Weiber von bei - den Arten gegeben hat und noch gibt, Frauen von bewunderungswürdiger Tu - gend und Heiligkeit, und wahre Unge - heuer von Verworfenheit und Bosheit. Die einen und die andern haben un - gefähr die gleichen guten und schlimmen Anlagen ihres Herzens von Eva er - erbt. Aber bei den einen hat das Un - kraut auf dem Acker ihres Herzens un - gehindert sich entwickelt, die guten Keime43 erstickt und schließlich so traurige Früchte gebracht. Bei den andern ist umgekehrt das Unkraut ausgerottet und der gute Same gepflegt worden. Wenn es vor - hin geheißen hat, das Weib ist ein Herz, um zu leiden, so kommt hier noch etwas Neues hinzu: Das Weib ist ein Herz, um zu entsagen, um sich zu über - winden. Beides gehört notwendig zu - sammen, wie es auch Christus verbun - den hat, als er sagte: Wenn mir je - mand nachfolgen will, so verleugne er sich selbst, und nehme sein Kreuz auf sich, und folge Mir nach. (Matth. 16, 24.)

In den nächsten Kapiteln müssen noch einige dunkle Falten des weiblichen Herzens naher beleuchtet werden. Hier folgt zum Schlusse noch eine tröstliche Erinnerung. Wie die Sünde vom Weibe ihren Anfang genommen hat, so sollte auch das Weib der Welt den Retter schenken. Eva ist die Mutter des sün - digen Geschlechtes, Maria die Mutter seines Erlösers. Von Eva ererbte das44 Weib das Los, zu leiden und zu ent - sagen. In beidem ist Maria sein er - hebendes Vorbild, im sittlichen Kampfe als die Schlangentöterin, wie sie schon im Anbeginn genannt wurde, und im Leidenskampfe als die Mutter der Schmerzen, die durch Leiden und Schmerz in die Herrlichkeit eingegangen ist.

5. Das schöne Geschlecht.

1. O wie schön ist ein keusches Ge - schlecht im Tugendglanze, unsterblich ist sein Andenken, und ewig trium - phiert es mit der Siegeskrone. (Weish. 4, 1. 2.) Die wahre Schönheit kann nicht bloß sinnlich sein, sie ist erst vor - handen, wenn die irdische Anmut von einem Strahle der ewigen Schönheit durchleuchtet wird. Wenn der Schöpfer dem Weibe äußere Vorzüge verliehen hat, deren Entfaltung übrigens gleich den Blüten des Frühlings bald vor - übergeht, so sind seine Absichten un -45 schwer zu erkennen. Schon Adam hat sie mit den Worten ausgesprochen: Der Mensch wird Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen. (I. Mos. 2, 24.) Den äußern Mitteln zu gefallen entspricht im Herzen die Sucht zu gefallen. Diese ist eine der schlimmsten Folgen des Sündenfalls, und ihre verhängnisvollen Irrwege müssen hier kurz angedeutet werden. Dem Bräutigam zu gefallen suchen, ist etwas Selbstverständliches, dem Gat - ten gegenüber ist es sogar Pflicht, der übrigen Welt darf das Weib als lie - benswürdig gelten, aber die Zunei - gung, welche es sucht und findet, muß immer durchdrungen und beherrscht sein von dem Gefühle, welches Achtung heißt. Wenn das Verlangen zu gefallen, diese Schranken überschreitet, so führt es die Seele auf ein klippenreiches Meer, auf dem viele Schiffbruch leiden und keine ohne Schaden wegkommt.

Bekanntlich sucht die Gefallsucht46 die natürlichen Vorzüge durch allerlei Mittel zu erhöhen, nötigenfalls zu er - setzen. Hauptsächlich geschieht das durch den Kleiderluxus, welcher mit der Ge - nußsucht bei dem männlichen Geschlechte einige Aehnlichkeit hat. Dort beugt man sich unter das Joch der Trink - sitten, hier unter die nicht weniger tyrannische Herrschaft der Mode. Die weibliche Eitelkeit gleicht einem un - heimlichen Dämon, dem die Seelen, die er in Besitz nimmt, alles opfern, Geld und Gut, die Annehmlichkeiten des Lebens und die Gesundheit, selbst Anstand und gute Sitte. Wenn die Mode gewisse Unschicklichkeiten in der Kleidung verlangt, so lassen sich na - mentlich in höheren Kreisen oft auch sonst anständige Frauen bei Bällen u. s. w. zu diesem Opfer herbei. Wie oft hört man von Martyrinnen der Eitelkeit, die selbst vor dem Opfer der Gesundheit nicht zurückschrecken! Nächst der Genußsucht ist die Mode die erste47 Feindin des Wohlstandes unter dem Volke. Die Magd will es der Herrin, die Arbeiterin der reichen Dame gleich - thun, sie hängen, was sie sauer ver - dienen und besser verwenden sollten, an eitle Flitter. Im Mittelstande ahmt man den Luxus der Reichen nach, selbst wenn man sich dafür Entbeh - rungen auflegen muß. Auch den Haus - halt läßt man durch diese Modesucht verwirren. Wenn immer möglich, muß ein vornehmes Besuchzimmer her, obschon man sonst kaum sich in der engen Behausung zu helfen weiß. Die Vornehmen opfern der Mode erstaun - liche Summen, die viel Elend lindern und die soziale Stimmung bei vielen Unzufriedenen verbessern könnten, wäh - rend sie jetzt nur Böses stiften, die Trägerinnen dieses Luxus zu eiteln Puppen machen und nach unten teils zur Nachäfferei aneifern, teils den Neid und die soziale Unzufriedenheit schüren. Die Ansprüche der Mode sind bereits48 so maßlos geworden, daß sich viele Männer dadurch von dem Eintritt in den Ehestand abschrecken lassen.

2. Die äußern Nachteile dieser unsin - nigen Modesucht sind groß, aber die innern sind noch beklagenswerter. Ab - gesehen davon, daß sie namentlich in den Städten manche dem moralischen Schiffbruche entgegenführt, hat sie eine nachteilige sittliche Wirkung, die ganz allgemein vorkommt. Wer zu sehr um das Aeußere besorgt ist, vergißt darüber das Innere, und so bekommt das ganze Seelenleben der eiteln Per - sonen eine grundverkehrte Richtung. Man sucht nicht bloß mit den Klei - dern zu gefallen, sondern auch mit seinen Reden und seinem Benehmen, seinem ganzen Auftreten. Das Be - wußtsein der Pflicht und die Stimme des Gewissens werden weniger beachtet, oft ganz beiseite gesetzt, dafür läßt man sich leiten von der Rücksicht auf die Außenwelt. Die eitle Seele wird49 zur Schauspielerin, die bei allem, was sie sagt und thut, die Wirkung nach außen im Auge hat. Sie wird un - aufrichtig und falsch, schmeichelt da und heuchelt dort, vielleicht ohne daß sie dessen nur bewußt wird, weil ihre nach außen verlorene Seele über ihren innern Zustand ganz im Unklaren ist. Während die christliche Seele bei allem nach dem Wohlgefallen Gottes strebt, berechnet die Eitelkeit ihr ganzes Beneh - men nach dem Wohlgefallen der Men - schen. Es kann diese weibliche Eitel - keit auch die Seele beherrschen, wo die äußern Mittel, sie zu befriedigen, nur sehr bescheiden sind.

Der Schaden und die Gefahr eines solchen Seelenzustandes müssen jedem Christen von selber einleuchten. Ich will hier nur die Nachteile für die Erziehung berühren. Eine eitle Mut - ter ist gar nicht fähig, ihr Kind christ - lich zu erziehen, sie kann nur das Ebenbild Gottes im Kinde in fast un -50 heilbarer Weise verunstalten. Der Geist der Eitelkeit läßt sich weder verbergen noch einschränken. Wer eitel ist, wird das auch im täglichen Leben und in der Erziehung nicht verleugnen kön - nen. Er macht die Eitelkeit zum Er - ziehungsgrundsatz. Das Kind wird zur Reinlichkeit und zu einem anstän - digen Benehmen angehalten der Leute wegen, es ist immer nett, oft wohl auch zu kostspielig gekleidet der Leute wegen, es muß in der Kirche sich tadellos verhalten, in der Schule fleißig lernen, auf dem Wege alle Ungezogenheiten meiden, damit Geistliche und Lehrer und jedermann in dem Kinde die Mutter loben, jugendliche Fehler wie Lügen, rohe Worte u. dgl. werden strenge gerügt und gestraft, weil man solche Dinge an seinen Kindern nicht in der Rede haben will. An sich wäre alles recht und gut, wenn nur der Beweggrund ein anderer, sagen wir ein christlicher wäre. So aber geht der51 Geist der Mutter ganz unvermeidlich auf das Kind über. Die eitle Rücksicht auf das Urteil und Gefallen der Men - schen wird zur verborgenen Triebfeder in der Seele des Kindes, und so edle Anlagen in derselben schlummern - gen, das Kind wird zu einem eiteln Wesen, zur Kokette erzogen. Vor ei - nigen Jahren berichteten die Blätter von der Tochter eines vornehmen Hau - ses, die auf dem Sterbebette lag und das Nahen des Todes fühlte. In diesem ernsten Augenblicke wandelte sie die Lust an, sich mit ihrem ganzen Leichenschmucke bekleidet noch selber zu sehen. Sie wurde mit demselben ange - than auf das Paradebett gelegt und dort vom Tode ereilt. Statt an Gott und ihre Seele zu denken, starb sie mit einem eitlen Blick auf ihr Totenkleid. Da sehen wir eine ausgereifte Frucht der Erziehungskunst einer eiteln Mutter.

Eine solche Erziehung wirkt na - mentlich in der heutigen Zeit viel ver -52 hängnisvoller, als man glauben möchte. Die christliche Erziehung begnügt sich nicht mit der äußern Zucht, die für sich allein bloße Dressur ist. Sie leitet das Kind an, den Beweggrund seines Verhaltens nicht außerhalb in den Menschen, sondern im Innern in Glau - ben und Gewissen, und über sich in Gott zu suchen. So wird der junge Christ unabhängig von der Welt und den Menschen, er trägt die Richtschnur seines Wandels in sich selbst, in seinem Gewissen und seiner Gottesfurcht. So erziehen aber kann die eitle Mutter nicht, und kein Unterricht und keine Seelsorge kann den Mangel ersetzen. Die Kinder erben den Geist der Mut - ter, sie wachsen auf als kleine Welt - diener, bei denen der christliche Geist, der Geist des Glaubens nie recht zum Durchbruch kommt. Daher die trauri - gen Erfahrungen, die mit so vielen, wie man meint, guterzogenen Kindern guter Familien gemacht werden. Jahre -53 lang ist man mit ihnen zufrieden und setzt auf sie die schönsten Hoffnungen, bis die Zeit der Probe kommt. Beim Eintritt in die Welt oder bei der Stan - deswahl lassen sie die Uebungen und Vorschriften ihrer Religion, das ganze Christentum, so leichten Herzens fahren wie ihr Kinderspielzeug, sobald ihre Herrin, die Welt, für die man sie er - zogen hat, auf diese Dinge keinen Wert mehr zu legen scheint. Der Bau der Erziehung war auf Sand gebaut. Eine eitle Erziehung muß notwendig eitle, d. h. unhaltbare Früchte bringen.

6. Das schöne Geschlecht.

(Fortsetzung.)

1. Betrüglich ist die Anmut und eitel die Schönheit, ein Weib, das den Herrn fürchtet, das wird gelobt werden. (Sprichw. 31, 30.) In dem Wort Eitelkeit liegen außer dem Begriff ei - ner sittlichen Schwäche noch der Neben -54 gedanke an Thorheit und Vergänglich - keit. Thöricht ist die Eitelkeit, weil sie für ihre Zwecke viel zu viel opfert und sie doch nicht erreicht. Das ist schon der Fall gegenüber der Welt. Diese ist viel mehr geneigt, zu benei - den als zu bewundern, und wer um ihre Gunst buhlt, wird sich auch ihre Bosheit gefallen lassen müssen. Präch - tige Kleider imponieren allfällig der Welt, wenn hinter ihnen ein großer Reichtum steckt, sonst sind sie in ihren Augen nur ein Theaterputz, über den sie spottet. Lächelnde Mienen und süße Worte und feine Manieren kom - men nicht besser an, die Welt ist ge - wohnt, sie als Falschheit hinzunehmen und mit gleicher Münze zu bezahlen. Wohl der größere Teil dieser Diene - rinnen der Mode bemüht sich, gesehen zu werden, ohne daß jemand sehen will, d. h. sie werden samt ihren Flit - tern nicht einmal beachtet.

Wer in der Welt die ihm gebüh -55 rende Geltung finden will, darf sich nicht mit dem Scheine behelfen, welchen die Welt gut genug kennt, weil sie selber lauter Schein ist, son - dern muß sich auf die Wahrheit stützen, welche die Welt achten muß, weil sie ihr fehlt. Wahr sei die Frau in ihrer Kleidung, sie ziere sich nicht über ihren Stand und ihr Vermögen hin - aus, eine standesgemäße, züchtige, eher bescheidene als kostbare Kleidung ist eine Empfehlung in den Augen aller Vernünftigen, und andern wird man doch kaum gefallen wollen. Wahr seien die Rede und das Benehmen, sie sollen auf dem Herzen kommen, wo - bei freilich nicht fehlen darf, daß das Herz ein gutes sei. So wird die Frau mit der Welt am erträglichsten aus - kommen, und wenn sie auch nicht glänzt, so wird sie doch geachtet werden. Ein wenig Weltverachtung ist das beste Mittel, bei der Welt das nötige An - sehen zu finden, während die Skla -56 vinnen der Welt von ihr innerlich verach - tet werden. Die Achtung ist dem Schat - ten vergleichbar, der vor dem flieht, der nach ihm hascht, aber dem folgt, der nicht auf ihn achtet.

Thöricht ist die Eitelkeit, weil sie nicht bekommt, was sie sucht, doppelt thöricht, weil sie wirkliche Güter für eine Einbildung opfert, nämlich das Glück ihres Herzens und ihrer Familie für einen trügerischen Schein von Glanz in der Welt. Ein französischer Schrift - steller schildert folgende Szene: Sehet da ein junges schönes Weib, auf sei - nen Fauteuil hingesunken, den Kopf in der Hand, wie eine Statue mit dem Ausdruck des höchsten Schmerzes. Warum weint sie? Hat der Tod ihr Kind weggerafft, oder ist von der Börse eine Unglücksbotschaft gekommen? Nichts von alledem. Ihr Gatte hat ihr einen Schmuck verweigert, und ver - kürzt um ihren Triumph beim näch - sten Balle, denkt sie eben an eine an -57 dere Dame, die glücklicher ist als sie ... Uebrigens wird auch sie diesen Schmck bekommen. Sie sagt es und schwört da - rauf ... Und in der That, sie bekommt ihn, aber wer bezahlt ihn? *)Pelletan.Dieses kleine Bild erlebt millionenfache Wie - derholungen. Wenn die Eitelkeit Ein - laß gefunden hat, so quält sie die Magd und Arbeiterin wie die hohe Dame mit ungeduldigen Begierden, mit Neid und Eifersucht, mit Aerger und Schmerz, und die Umgebung muß es mit entgelten, sobald Hindernisse entgegenstehen oder die Hoffnungen fehl - schlagen. Die Eitelkeit ist eine grau - same Friedenstörerin im Herzen, sie ist es auch in der Familie.

Die eitle Frau wird dem zur Last, dem sie zuerst und einzig gefallen sollte. Die aufgehende Sonne, als welche die Schönheit des guten Weibes in der heiligen Schrift gepriesen wird, sollte58 doch zuerst Licht und Wärme in der Nähe, d. h. im Schoße der eigenen Familie verbreiten. Freilich sind zu dieser Schönheit geschminkte Wangen und Haare und rauschende Kleider nicht genügend, da braucht es ein Herz, welches versteht, zu leiden und zu lie - ben, eine Hand, welche im Hause alles thut, und nimmer ruht, und den häus - lichen Herd allen Hausgenossen zum liebsten Aufenthalte macht, eine Zunge, welche von der Klugheit und Milde regiert wird und zur rechten Zeit zu schweigen weiß. Das ist die echte Schön - heit der Frau. Ihr wahrer Ruhm ist, daß ihre Kinder sie glücklich preisen und ihr Mann sie lobt. (Sprichw. 31, 28.) Findet sie diesen Ruhm in ihrer Nähe, so wird er ihr, so weit er überhaupt Wert für sie hat, auch außer diesem engen Kreise zu teil werden, ohne daß sie ihn mit Weltdienerei erkaufen muß.

Thöricht ist endlich die Eitelkeit, weil ihr Gegenstand vergänglich und59 hinfällig ist. Kurz ist das Leben, und die Blütezeit körperlicher Schönheit ist noch viel kürzer. Sei es auch, daß jemand ein paar Augenblicke finde, wonach die Eitelkeit verlangt, so folgt auf das Blühen rasch das Verwel - ken, bald wird die Welt ihre Augen wieder von ihr weg und andern zu - wenden und ihr zu verstehen geben, daß ihre Zeit vorüber sei. Aber wenn die äußern Vorzüge dahinwelken, die Leidenschaft im Herzen verwelkt nicht, sie lebt fort als nachteilige sittliche Verirrung und als Störerin des in - nern Friedens. Betrüglich ist die An - mut und eitel die Schönheit, ein Weib, das den Herrn fürchtet, das wird ge - lobt werden. (Sprichw. 31, 30.) Wa - rum sich lange abmühen um einen Schein, der von heute auf morgen zer - fließen wird? Es gibt eine Schönheit, die viel wohlfeiler zu haben ist, und die man noch behalten kann, wenn man alt geworden, weil sie ewig ist.

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2. Der hl. Apostel Petrus schreibt von den Weibern: Ihr Schmuck sei nicht der äußere in Haargeflechten, in Gold - gehängen oder in gesuchtem Anzuge, sondern der verborgene Herzensmensch in der Unvergänglichkeit eines stillen und sanften Geistes, der vor Gott ho - hen Wert hat. (I Petr. 3, 3. 4.) Die wahre Schönheit stammt von innen, von dem verborgenen Herzensmenschen. Auch dem Glase kann man den Schliff und die Farbe von Edelsteinen geben, nicht aber den innern Glanz. Und auch der echte Edelstein leuchtet erst in dem Feuer seiner Farben, wenn ein Sonnenstrahl auf ihn fällt. So ist es mit dem verborgenen Herzensmen - schen, welcher nach dem heiligen Pe - trus der Schmuck des Weibes sein muß.

Wenn ungeheuchelte Gottesfurcht und heilige Andacht das Herz der Jung - frau zu einem Altare weihen, wenn Bescheidenheit und Unschuld, Herzens -61 friede und Frohsinn aus ihren Blicken und Mienen leuchten, wenn sie als unbefangenes Kind vor den Menschen erscheint, und doch wieder unnahbar wie ein Engel, so daß in ihrer Nähe freche Zungen verstummen und freche Begierden sich scheu verbergen: so ist das die Schönheit des verborgenen Herzensmenschen, welche die Körper - hülle wie einen Schleier durchbricht. Diese Schönheit muß allen gefallen, ob sie nun aus gewöhnlichen oder fein - gebildeten Gesichtszügen herausschaue, ob ihr das Kleid einer Fürstin, der Ordensschleier oder der einfache Rock einer Arbeiterin als Umrahmung diene. Solche Schönheiten sind in den ersten Jahrhunderten vor die heidnischen Rich - terstühle getreten, der verborgene Her - zensmensch in ihnen hat die Angriffe des Henkers und Wüstlings zu Schan - den gemacht und die Doppelpalme des Martertums und der Jungfräulich - keit errungen. Die Kirche hat immer62 noch das Geheimnis dieser Schönheit des verborgenen Herzensmenschen und hoffentlich sind auch jetzt noch viele, welche dieselbe besitzen, in allen Ge - fahren dieses Lebens siegreich behaup - ten und unversehrt mit sich in das Grab nehmen. Wenn auch ihre Namen in der Welt nie genannt oder schnell vergessen werden, so gelten ihnen auf ewig die jubelnden Worte der heiligen Schrift und der Kirche: O wie schön ist ein keusches Geschlecht im Tugend - glanze, unsterblich ist sein Andenken, und ewig triumphiert es mit der Sie - geskrone. (Weish. 4, 42.)

Wie armselig erscheinen neben der Schönheit dieses verborgenen Herzens - menschen die eiteln Geschöpfe, welche mit körperlichen Reizen, die bereits zur Verwesung verurteilt sind und mit armseligen Flittern kokettieren, um an - gebetet zu werden, was meistens doch nicht geschieht, wenn sie es nicht selber vor dem Spiegel thun! Das sind63 Paradiesäpfel, die unter der lachen - den Oberfläche Moder verbergen, oder Lichtschwärmer, die um die Flamme kreisen, bis ihre Flügel verbrannt sind.

Der verborgene Herzensmensch ver - liert nichts an seiner Schönheit, wenn auch mit den Jahren die äußern Reize dahin - welken. Die Gattin und Mutter, welche Gott fürchtet und dem Manne zugethan und ergeben ist, welche Gebet und Arbeit gleich eifrig pflegt, deren Auge und Hand überall im Hause Ordnung hal - ten, die mit dem Schutzengel wetteifert in der Sorge für die Kinder, die un - erschütterlich auf Gott vertraut, im Verdrusse schweigt und ihre Thränen in der Ecke abwischt, für jedermann ein freundliches Gesicht und ein freund - liches Wort hat, bei allen häuslichen Sorgen auch des Armen nicht vergißt, ein solches Weib offenbart an sich auch die Schönheit des verborgenen Herzens - menschen, wenn auch der Ernst des Lebens vielleicht ihr die Züge einer64 Mater dolorosa aufzudrücken anfängt. Eine solche Gattin und Mutter ver - liert den Sinn für eitle Flitter, sie kleidet und benimmt sich, wie es ihr von dem verborgenen Herzensmenschen eingegeben wird, standesgemäß, einfach, wahr, ohne Sonderbarkeiten, aber auch ohne Weltdienerei, und wird es da - mit auch der Welt gegenüber am wei - testen bringen.

Es gibt selbst eine Schönheit der Greisin, aber nur durch den verborge - nen Herzensmenschen. Es kommt da - rauf an, wer die Furchen in ihr Gesicht eingegraben hat. Es fragt sich, ob Unzufriedenheit, Lieblosigkeit, Neid, Aerger und das ganze übrige Heer menschlicher Leidenschaften mit ihr alt und zähe geworden sind, oder ob sie als Christin in Gottesfurcht und Hin - gebung und Geduld die Arbeiten und Sorgen, die Leiden und Kämpfe ihres Lebenslaufes ausgehalten hat; und ob wohlwollende Liebe und Sorgfalt, ge -65 läuterte Hoffnung und Ergebung auch jetzt noch aus ihren Zügen herausleuch - ten. Eine solche Greisin ist schöner als ihre aufblühende Enkelin mit ih - rem noch unbeschriebenen Gesichte. Denn was diese erst in Gefahr und Kampf erringen muß, die Schönheit des ver - borgenen Herzensmenschen, das hat die Greisin erlangt, um es nicht mehr zu verlieren. Sie ist eine ausgereifte Frucht für das ewige Leben, welche auch in den Augen Gottes und der Himmelsbewohner als Schönheit gilt.

Was der verborgene Herzensmensch für die Erziehung zu bedeuten hat, muß jedermann einleuchten. Die Mut - ter kann dem Kinde nichts geben, was sie selber nicht hat. Wie der äußere Mensch, der Körper des Kindes aus dem Herzblute der Mutter aufgebaut wird, so muß am frommen Mutter - herzen die Seele des Kindes aufwachen zum Bewußtsein des Göttlichen, er - wärmt werden mit den Gefühlen hei -66 liger Andacht und Liebe. Nur der verborgene Herzensmensch vermag die - ses höhere Leben im Kinde anzufachen. Eine Mutter, deren Sinn in den Ei - telkeiten der Welt verloren ist, eine Mutter ohne religiöse Innerlichkeit und Wärme, ist zu dieser geistigen Le - bensmitteilung gar nicht fähig. Was sie dem Kinde Religiöses beibringt oder beibringen läßt, ist nur etwas Angelerntes, das nicht in die Tiefen der Seele dringt, um dort Wurzel zu fassen. Nur was lebendig ist, kann sich entwickeln und forterhalten. Eine Religion, die bloß angelernt ist, wird später mindestens so leicht vergessen, wie viele andere Schulkenntnisse. O hätten wir Mütter, die den Schmuck des verborgenen Herzensmenschen hoch - halten und anstreben, sie würden im stande sein, auch in einer verdorbenen Welt ein neues Geschlecht von Heili - gen zu erziehen.

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7. Das schwache Geschlecht.

1. Der heilige Apostel Petrus er - innert an die Schwäche der Weiber, um die Männer zu mahnen, daß sie vernünftig mit ihnen umgehen und sie trotz derselben in Ehren halten. Hier müssen diese Schwächen besprochen wer - den, um die Frauen selber vor denselben zu warnen. Es geschieht aber nicht ohne den tröstlichen Hinweis auf jenes Wort des heiligen Paulus: Das Schwache von der Welt hat Gott auserwählt, um das Starke zu beschämen. (I. Kor. 1, 27.) Schwach ist das Weib von Natur und durch die Sünde, stark kann und soll es werden durch die Gnade und die getreue Mitwirkung. Die Zahl der weiblichen Schwächen ist nicht ge - ring, und darum muß hier eine kleine Auswahl derselben genügen.

Unruhe und Unbeständig - keit. Bei dem weiblichen Geschlechte überwiegt das Gemütsleben gegenüber68 der Thätigkeit des Verstandes und Willens. Es lebt mit dem Herzen. Dieses wird leicht aufgeregt und da - rum durch Freud und Leid, Sorgen und Wünsche in fortgesetzter Unruhe erhalten. Selbst eine heilige Franziska von Chantal bekannte dem heiligen Franz von Sales: Es ist etwas in mir, das beständig zittert und nie zur Ruhe kommt. Bei einer wohlgeord - neten sittlichen Haltung ist diese Un - ruhe des Herzens nichts Schlimmes, sondern ist der Bestimmung und Auf - gabe des Weibes ganz angemessen und zuträglich. Wie der Leib dadurch lebt, daß das Herz ruhelos arbeitet und das Blut in Umlauf setzt, so dient diese Unruhe in einem christlichen Her - ren als Triebfeder, welche die Sorge um das Anvertraute wach erhaltet und zur Thätigkeit und treuen Pflichter - füllung anspornt.

Aber dabei bleibt es in vielen Herzen nicht. Während der Mann69 auch bei einer fehlerhaften Beschaffen - heit des Herzens und Gemütes eine gewisse Beständigkeit aufweist, wird vielfach dem Weibe unberechenbare Launenhaftigkeit nachgeredet. Der Bi - schof und spätere Kardinal Mermillod bemerkte einst in einem Vortrage: Die göttliche Offenbarung und die Erfahrungen der Welt stimmen in dem Urteil überein, daß das Herz des Wei - bes ein Ocean ist, unergründlich und uferlos zugleich, schon so oft erforscht, und immer noch unbekannt. Unver - sehens wechseln auf demselben glühende Hitze und eisige Kälte, völlige Wind - stille und die heftigsten Stürme, sanft gekräuselte Wellen und bergehohe Wo - gen, ein lachender Himmel und drohende Gewitternacht. Diese Unberechenbar - keit hat ihren Grund meistens in der Ei - genliebe, von welcher das Herz besessen ist. Der Egoismus spottet aller Berechnung der Vernunft und allen sittlichen Anforde - rungen, er bethört die Einbildungskraft70 die im Weibe besonders lebhaft ist, mit rasch wechselnden falschen Vorspiegelun - gen, er regt in der Tiefe des Herzens bald diese, bald jene verkehrte Neigung auf, und wird so zum Wettermacher für gewisse Weiberherzen, der bei wolken - losem Himmel urplötzlich ein Unge - gewitter heraufbeschwören kann. Eine Wetterregel für diese Stürme hat noch niemand ausfindig gemacht, weil es keine gibt. Selbst ein Sokrates hat nichts Besseres gefunden, als jedesmal dem Gewitter aus dem Wege zu gehen, wenn es losbrach.

2. Sentimentalität und Ner - vosität. Beides sind krankhafte Zu - stände, die heutzutage eine ganz be - denkliche Ausdehnung erlangt haben. Die Ursache liegt hauptsächlich in der heutigen Lebensweise und Erziehung. Es ist hinreichend bekannt, woher die vielen bleichsüchtigen, nervösen und früh - reifen Wesen kommen, welche der Auf - gabe des Weibes in keiner Lebensstellung71 gewachsen sind. In den untern Ständen können die Mängel der Erziehung und Lebensweise wenigstens zum Teil eine Entschuldigung finden, in den bessern Ständen wird manches, man möchte oft meinen, absichtlich, jedenfalls aber aus eigener Schuld verdorben. Man erzieht die Tochter zur Zierpuppe, die in allem verwöhnt und verzärtelt wird, die vie - les weiß und kann, nur das nicht, was sie sollte, die tändelt statt zu ar - beiten, die mit Klimpern und Lesen die Zeit vertreibt, nur an Putz und Vergnügen zu denken hat, und bei all dem die Langweile nicht los wird. Wenn sie statt zu arbeiten über den Romanen sitzt und sich in eine erträumte Welt hineinliest, wenn sie als verzär - teltes Kind die wirkliche Welt nicht kennen lernt, keine Ermüdung kennt, als die nach genossenen Lustbarkeiten; so ist sie auf dem bestem Wege, ner - vös, sentimental, träumerisch, unbrauch - bar für das Leben zu werden.

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Solche Leute sind zum Teil wirk - lich krank, aber noch viel mehr sind sie es in ihrer Einbildung, sie fühlen sich unglücklich, ohne zu wissen warum, die Umgebung sollte ihre Wünsche schon erfüllt haben, bevor sie ihnen einfallen, ein Verdruß, eine Kränkung bringt sie auf der Fassung, einer An - strengung sind sie nicht fähig, nicht einmal eines ernsten Entschlusses, das Leben ist eine Qual für sie, weil man sie nicht gewöhnt hat, seine Lasten zu tragen. Sie möchten durch dasselbe eilen wie ein Schmetterling, der von Blume zu Blume flattert. Unter den Härten, die das Leben nun einmal für alle hat, brechen sie mutlos zusammen.

Ein solch krankhafter Zustand ist bekanntlich nicht frei von sittlichen Ge - fahren, aber jedenfalls sind solche Leute ein Kreuz für sich selber mit ihren Einbildungen, ihrer innern Aufregung und Unruhe, und für ihre Umgebung durch ihr unerträgliches Benehmen. 73Es ist klar, daß die Folgen hievon für das eheliche und Familienleben, für die Erziehung und die körperliche und geistige Kraft des nachwachsenden Geschlechtes nur beklagenswerte sein können.

Ein solcher Zustand, und das mag noch als Trost dienen, ist selten von den Betreffenden selber verschuldet. Um so mehr sollen sie sich zusammen - nehmen, um so weit möglich ihre Schwächen zu heilen, um deren schlimme Wirkungen zu vermindern, um na - mentlich ihren Kindern durch eine vernünftige und christliche Erziehung ähnliche Leiden zu ersparen.

3. Maßlosigkeit. Die Aus - schreitungen der Leidenschaften kommen bei dem weiblichen Geschlechte seltener vor, wenn aber einmal das sittliche Gleichgewicht verloren ist, so sind sie um so maßloser. Weil das Gemüts - leben gegenüber dem Verstand und Willen überwiegt, so können Störun -74 gen desselben sehr weit führen. Eine Leidenschaft, heiße sie, wie sie wolle, sobald man sie ausbrechen läßt und den sittlichen Zügel aus der Hand ver - liert, kann wie ein böser Geist die Seele mit allen ihren Kräften in Be - sitz nehmen und bis zum Wahnsinn und zur Unheilbarkeit sich ausbilden. Niemand ist stolzer und ehrgeiziger, niemand unersöhnlicher, neidischer, ge - hässiger, selbst grausamer als das Weib, wenn eine dieser Leidenschaften in ihm zur Herrschaft gelangt ist. Niemand ist unbelehrbarer, unverbesserlicher als ein lasterhaftes Weib. So ist es z. B. allgemeine Ansicht, daß es nie von der Trunksucht geheilt werden könne, außer man mache ihm den Rückfall äußerlich unmöglich. Diese Maßlosig - keit der weiblichen Leidenschaften hat der weise Sirach im Auge, wenn er sagt: Die größte Bosheit ist Weiber - bosheit ... Alle Bosheit ist erträglich, nur nicht Weiberbosheit ... Kein75 schlimmerer Kopf als der Schlangen - kopf, kein größerer Zorn als Weiber - zorn. Besser wohnt man bei Löwen und Drachen als bei einem boshaften Weibe ... Alle Bosheit ist gering gegen die Bosheit des Weibes, das Los der Sünder werde ihr zu teil! (Sir. 25, 17 ff.) Widerstehe den An - fängen! Alle haben Grund, dieses Wort zu beherzigen, am meisten aber das schwache Geschlecht. Es ist befä - higet, mit seinem zartbesaiteten Ge - müte die liebenswürdigen Tugenden der Engel anzustreben, wenn es aber den Fall der Engel nachahmt, kann es in diabolische Bosheit und Verstockt - heit versinken.

Genug von den Schwachheiten, so viele ihrer auch sind! Nur noch die Bemerkung, daß sie heutzutage doppelt ernst zu nehmen sind, weil das Weib vielfach aus dem Kreise, den ihm Gott und die Natur angewiesen haben, her - ausgerissen und samt seinen Schwächen76 oft genug schutzlos mitten in eine ge - fahrvolle Welt hineingestellt wird. Lei - der ist nicht bloß die erste Mutter in in der Versuchung schwach gewesen, ihre Schwäche läuft vielen ihrer Töch - ter immer noch nach.

8. Das schwache Geschlecht.

(Fortsetzung.)

1. Wer wird ein starkes Weib fin - den? So fragt Salomon (Sprichw. 31, 10.) mit einem Blick aus die Schwachheiten des schwachen Geschlech - tes und mit halbem Zweifel. Aber diese Frage dient ihm doch nur als Ein - leitung zu einer erhebenden Schilde - rung der starken Frau, in welcher Kraft und Anmut und alle Tugenden ihres Geschlechtes in schönster Harmonie ver - einiget sind. Das Schwache von der Welt hat Gott auserwählt, um das Starke zu beschämen, (1 Kor. 1, 27.)

Es erregt gerechtes Staunen, wenn77 man erwägt, wie Frauenspersonen zum höchsten Heroismus befähiget wurden, nachdem die Gnade von oben das schwache Gefäß erfüllt hatte. Schon im alten Bunde rühmte man die See - lengröße einer Judith und Susanna; im neuen Bunde zählte man bald hun - derte, in denen der Starkmut beider vereiniget war und glänzende Triumphe feierte über das, was stark ist in der Welt. Wie Lämmer in der Mitte der Wölfe waren jene Jungfrauen, die man vor die Richterstühle und in die Höhlen des Lasters schleppte. Aber das Schwache hat das Starke beschämt, die wehrlosen Opfer haben gesiegt und die Bewunderung aller Zeiten und die ewige Herrlichkeit errungen.

Bald staunte die Welt über eine andere Art von Heroismus. Sie sah, wie die Töchter der berühmtesten Ge - schlechter Roms den glänzenden Luxus und das weichliche Leben verachteten, die Paläste ihrer Väter verließen, um78 in ärmlicher Zelle ein Leben der Ent - sagung zu führen. Sie haben in allen folgenden Jahrhunderten und bis heute unzählige Nachahmerinnen ihres Hel - denmutes gefunden und unter diesen eine lange Reihe von solchen, die Kro - nen zu opfern hatten.

In seiner Art noch bewunderungs - würdiger ist der Heroismus der Müt - ter. Man denke an die machabäische Mutter, von welcher die heilige Schrift erzählt: Ueberaus der Bewunderung und des Andenkens der Guten würdig ist die Mutter, die ihre sieben Söhne umkommen sah an einem Tage, und es starkmütig ertrug um der Hoffnung willen, die sie auf Gott hatte. Einen jeden derselben ermunterte sie in der vaterländischen Sprache kraftvoll und voll der Weisheit und fügte zu der weiblichen Gesinnung männlichen Mut. So rief sie dem Jüngsten, der zuletzt gemartert wurde, zu: Ich bitte, Kind, aufzuschauen, und Himmel und Erde79 und alles, was in ihnen ist, zu be - trachten, und zu erkennen, daß Gott dieses und das menschliche Geschlecht aus nichts gemacht hat. Darum fürchte dich nicht vor diesem Henker, sondern sei würdig deiner Brüder, und nimm, ihrer Leiden teilhaftig, den Tod an, damit ich dich in der Erbarmung (die wir erwarten) mit deinen Brü - dern wiederfinde. (II. Mach. 7, 20 ff.) Diese Mutter steht mit ihrem Helden - mut nicht vereinzelt da. In den Zei - ten der Märtyrer hat sie viele Nach - ahmerinnen gefunden, u. a. die hei - lige Felizitas und die heilige Sym - phorosa, welche beide eine ebenso große Schar von Söhnen mit dem gleichen Starkmute während ihrer Marter auf - munterten.

Es gibt auch einen Heroismus in Leiden. Als die heilige Elisabeth von Thüringen in rauher Winterszeit mit ihren vier kleinen Kindern aus ihrem fürstlichen Schlosse vertrieben wurde,80 mußte sie in einem Schweinstall über - nachten. Um Mitternacht hörte sie das Mettenglöcklein der Franziskaner, sie machte sich auf und wohnte der Mette bei und nach derselben ersuchte sie die Brüder, zum Danke gegen Gott ein feierliches Te Deum zu singen. Solche Seelengröße in einer solchen Lage übersteigt fast die menschliche Fas - sungskraft. Wo ist der Feldherr, der am Abend nach einer verlorenen Schlacht nicht beklommenen Herzens dasitzt? Die - ses junge Weib hat auf einmal alles verloren, aber ihr Glaube und ihr Gottvertrauen verleihen ihr den Hel - denmut, das Te Deum singen zu lassen. Ist das nicht bewunderungswürdiger Heldenmut!

2. Es gibt auch einen weiblichen Heroismus, der verborgen bleibt, weil er nicht in auffallenden Thaten, son - dern in einer langen Kette von un - scheinbaren Proben sich bewähren muß. Eine Arbeiterin oder Magd, welche in81 den schwierigen und selbst gefahrvollen Verhältnissen leben muß, in welche die heutige Zeit tausende von Frauens - personen hineinstößt, und die den from - men Sinn und das reine Herz durch alle Anfechtungen hindurch glücklich be - wahrt, ist eine starke Frau, wenn die - ses auch nirgends aufgeschrieben ist, als im Buche der Vergeltung. Nicht minder bewunderungswürdig ist die Starkmut, die man auch heute noch an mancher Gattin und Mutter beob - achten kann. Ihr Gatte ist mit Feh - lern behaftet, welche störend in das eheliche und hausliche Leben eingreifen. Um solche Leiden, welche oft ein le - benslängliches Martyrium bilden, mit christlichen Gesinnungen zu ertragen, braucht es auch den Mut und die Kraft einer Martyrin. Andere haben zeitlebens mit irdischer Not, selbst mit Nahrungssorgen zu kämpfen. Es ist zum Verwundern, wie schwache Geschöpfe unter der Last jahrelanger Sorgen und82 Anstrengungen niemals ermatten, nie - mals den Mut verlieren. Jeder Tag bringt neue Verlegenheiten und Schwie - rigkeiten, aber jeden Tag wehren sie sie sich aufs neue, bis sie daraus be - freit sind, ähnlich der Ameise, die in eine Sandgrube gefallen ist; in den Tagen der schwersten Heimsuchungen, in denen der Gatte mutlos wird, be - wahrt oft die Gattin den Mut und die Festigkeit und richtet den wieder auf, der ihre Stütze sein sollte. Und eine Mutter, die den Geist Christi hat, mit welchem Eifer, mit welcher Sorg - falt und Ausdauer ist sie besorgt um das Heil ihrer Kinder! Jahrelang Tag für Tag sind ihr Herz, ihr Auge, ihre Zunge unausgesetzt dieser Sorge geweiht, und keine Schwierigkeit, kein Mißerfolg vermag sie zu entmutigen, selbst wenn ihr nichts mehr übrig bleibt, als zu beten und zu weinen, wie der heiligen Monika. Solche Heldinnen der Tugend und Pflichttreue gibt es,83 Gott sei es gedankt, auch heute noch, und diese müssen helfen, in der Welt das Christentum fortzuerhalten.

Wie man von einem schwachen Ge - schlechte redet, so kann man auch von starken Frauen reden. Von Natur aus sind alle schwach, die Ungleich - heit beginnt damit, daß die einen sich willenlos an ihre natürlichen Schwachheiten hingeben, die andern die Mittel finden und benutzen, um das, was schwach ist in ihnen, stark zu machen.

3. In den Sprüchen Salomons wird die starke Frau mit einem Kaufmanns - schiff verglichen. (Sprichw. 31, 14.) Dieses Bild veranschaulicht uns in vortrefflicher Weise, wie die Schwäche des Weibes geheilt werden muß. Wenn der stolze Kauffahrer, beladen mit den Schätzen ferner Länder, glücklich in den heimischen Hafen einfährt, so ver - dankt er die günstige Fahrt vor allem zwei Ursachen, seiner Belastung und84 der guten Leitung. Ein leeres Schiff ohne Ladung darf sich nicht auf die hohe See wagen, es würde ein Spiel - ball der Winde und Wellen sein, könnte nicht die rechte Richtung einhalten und würde ebensowenig einen Sturm be - stehen können. Wenn ihm aber die Belastung einen gehörigen Tiefgang gibt, so vermag es die Wellen zu durch - schneiden und auch bei widrigen Win - den seinen Weg zu verfolgen.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Weibe. Dasselbe ist ein Herz, um zu leiden und zu opfern. Arbeit, Leiden und Opfer sind für dieses Herz so notwendig, wie für das Schiff die Ladung. Die Damen und Fräulein, die bloß Zierpflanzen zu sein scheinen, ohne Arbeit und ohne Sorgen, haben ihre Bestimmung verfehlt. Weil ihnen nichts fehlt, so fehlt ihnen alles, es fehlt die Hingebung und das Opfer für eine edle Sache, und darum ist das Herz nicht in seinem Elemente,85 es ist unbefriedigt und sittlich gefähr - det. Nichts ist gefährlicher für ein Frauenherz, als wenn es vom Glück verwöhnt wird. Der heilige Paulus sagt von der Witwe, was wohl vom Weibe überhaupt gilt: Die, welche in Wollüsten lebt, ist lebendig tot. (I. Tim. 5, 6.) Ohne Sorgen und Opfer gleicht das Weib einem Schiffe ohne Ladung. Dieses haltet die Seestürme nicht aus, und jenes wird von seinen eigenen müßi - gen Einbildungen und Grillen in Versu - chung geführt, und wird in den ihm nahenden Gefahren so schwach sein, daß der Apostel es zum voraus für verloren gibt, noch lebend als tot ansieht.

Auch dem Herzen des Weibes müssen Arbeit und Sorgen und Opfer einen gewissen Tiefgang geben. Es soll in der Hingebung, in Dulden und Entsagen seine Stärke offenbaren. Wenn das in der rechten Richtung und im rechten Geiste geschieht, dann haben wir eine starke Frau vor uns. Die86 sittlichen Gefahren gehen für sie auf ein Minimum zurück, die oben be - rührten Schwachheiten ihres Geschlech - tes überwindet sie, indem sie dieselben vergißt oder großmütig zu ihren übri - gen Opfern legt, und bei allen Opfern und Sorgen ist sie zufriedener als andere im weichlichen Wohlleben, weil sie der Bestimmung entspricht, für welche sie geschaffen ist.

Das Schiff bedarf nicht bloß der Belastung, sondern auch einer guten Leitung. Dasselbe ist auch mit dem Herzen des Weibes der Fall. Sein Steuerruder muß der Glaube, sein Steuermann Christus sein. Das führt uns zur Besprechung eines Ehrentitels, den das weibliche Geschlecht seit dem Beginn des Christentums beansprucht hat.

9. Das fromme Geschlecht.

1. Die Gottseligkeit, sagt der hei - lige Paulus, ist zu allem nützlich, und87 hat die Verheißung dieses und des künftigen Lebens. (I. Tim. 4, 8.) Die Verheißung des künftigen Lebens, die Bedingungen und Mittel, derselben teil - haftig zu werden, sind für alle die gleichen, und darum kann in Bezug auf das Ziel und das Wesen der Fröm - migkeit zwischen beiden Geschlechtern kein Unterschied gemacht werden. Denn ihr alle, sagt der gleiche Apostel, seid Kinder Gottes durch den Glauben, der in Christo Jesu ist. Da ist weder Mann noch Weib; denn ihr alle seid eins in Christo Jesu. (Gal. 3, 28.) Die Pflich - ten gegen Gott, die Erfordernde des Seelenheiles, die Notwendigkeit eines frommen Lebens und die segensreichen Früchte desselben sind für Mann und Weib nicht verschieden.

Wenn trotzdem von einem frommen Geschlechte geredet wird, so muß der Grund in dem diesseitigen Leben ge - sucht werden. Er liegt in der Verschie - denheit einerseits der Anlagen, welche88 der Schöpfer in beide Geschlechter ge - legt hat, und anderseits der Aufgabe, welche beide im Reiche Gottes auf Er - den zu erfüllen haben. Das Wesen der Frömmigkeit ist die Hingebung an Gott, das Weib ist ein Herz, sich hinzugeben. Es besteht somit schon eine natürliche Wahlverwandtschaft zwischen dem Her - zen des Weibes und der Frömmigkeit. Es ist fast selbstverständlich, daß es für religiöse Eindrücke sehr empfänglich ist, leicht zu religiösen Gefühlen angeregt wird, und geneigt ist, dieselben öfter und lebhafter zu betätigen und nach außen kund zu geben. Eine Frau ohne religiöse Gesinnungen macht den Ein - druck des Unweiblichen, man kann sa - gen des Unnatürlichen.

Dieser natürliche Zug des Frauen - herzens zu religiösen Gefühlen und Uebungen ist nicht zufällig da, er hat eine große Bedeutung für den irdischen Haushalt des Reiches Gottes. Die einen sind berufen für das beschauliche Le -89 ben als gottgeweihte Jungfrauen, die an - dern für das thätige Leben, hauptsäch - lich als Gattinnen und Mütter. Die erstern arbeiten in Entsagung und Buße an ihrer Selbstheiligung und ziehen mit ihren Gebeten und Opfern die Gnade des Himmels auf die Kirche herab. Die zweiten sollen in einer werdenden Ge - neration das heilige Feuer des Glaubens, der Andacht und Liebe entzünden. Beide Thätigkeiten sind für das Reich Got - tes von der höchsten Wichtigkeit, und es ist darum providentiell, daß das weibliche Geschlecht für diese religiöse Thätigkeit schon eine natürliche Bereit - willigkeit besitzt.

Mit dem Gesagten wird selbstver - ständlich den Männern die Bestimmung und die Verpflichtung zur Frömmig - keit nicht abgesprochen, und ebensowenig der Mangel derselben entschuldiget. Auch der Mann muß fromm sein, nur muß er das nicht gerade in der Art des Weibes kund geben, sondern so, wie es90 seiner Natur und seiner Bestimmung entspricht. Er kann und soll fromm sein, wenn auch mit weniger lebhaften Ge - fühlen, um so mehr mit Ueberzeugung und heiligem Ernste. Er kann und soll seine religiösen Gesinnungen zur Gel - tung bringen auf Gebieten, welche dem Weibe kaum oder gar nicht zugänglich sind, man denke nur an die Verteidig - ung der Wahrheit und des Rechtes in der Wissenschaft und Politik, an die Förderung des Reiches Gottes in der Presse und in den Vereinen.

Mann und Weib werden fromm sein, wenn sie einen lebendigen Glau - ben haben. Nun muß leider zugegeben werden, daß die Männerwelt sich viel - fach im religiösen Leben lau und gleich - gültig zeigt. Wenn aber auch die Frauen durchschnittlich frömmer sind, so ist das für sie durchaus kein Grund zur Selbst - überhebung. Die Männer sind den Ge - fahren in der Welt vielmehr bloßge - stellt als die Weiber. Die Erfahrung91 zeigt, daß diese letzteren in ähnlichen Gefahren ebenfalls schwach sind, und wenn es so weit kommt, daß sie wanken, so sinken sie gar bald noch tiefer als die Männer. Die frommen Frauen sollen für ihr Glück demütig Gott danken, und sich bemühen, nach dem Wunsche des hl. Paulus, sofern dieses nötig ist, auch ihren Mann zum Heile zu führen. (I. Kor. 7, 16.)

2. Blicken wir zurück auf die bi - blische Vergleichung der starken Frau mit einem Kaufmannsschiffe. Für das Schiff ist die Belastung notwendig, aber nicht genügend, es bedarf einer treibenden Kraft und einer sicheren Leitung. Das Herz des Weibes ist geschaffen für Opfer und Sorgen und findet nur in diesen Schutz gegen seine eigenen Schwachheiten. Aber diese Last würde es erdrücken, wenn es nicht Religion und Glaube zur starken Frau machen würden. Die Erinnerung an Gottes Gegenwart er - füllt das Weib mit heiliger Furcht92 Gottes, schärft sein Gewissen und er - haltet es in seiner Reinheit. Der Glaube an die Vorsehung tröstet und stärkt es in den Leiden und Widerwärtigkeiten des Lebens, der Ausblick auf die Ewig - keit erhebt es über die vergänglichen Dinge und bewegt es mit heilsamer Furcht und beseligender Hoffnung zur Treue und Allsdauer im Dienste Got - tes. Die Erkenntnis der eigenen Schwach - heit und der Glaube drängen es zur Uebung des Gebetes und zur Benutz - ung der Gnadenmittel, und wenn das geschieht, wird Christus auch in diesem Schiffe mit seiner Macht und Gnade zugegen sein. Wer ein reines Gewissen hat, auf die Vorsehung vertraut, auf den Himmel hofft, und durch die Gnade und Liebe mit Christus vereinigt ist, der ist stark im Leiden, stark in der Versuchung, stark bei allen natürlichen Schwachheiten.

Wenn das schwer beladene Kauf - mannsschiff gut geleitet wird, so mögen93 die Winde es angreifen, der kundige Schiffmann wird sie so in die Segel fangen, daß sie das Schiff nur schneller vorwärts treiben müssen, die Wellen mögen sich erheben, sie werden von dem Schiffe entzweigeschnitten und müssen es wider ihren Willen zum Ziele tra - gen, dem es unter seinem erfahrenen Führer unentwegt zusteuert. Wo ist ein Steuermann, der mehr Einsicht und Stärke hätte, als Christus! Wer diesen im Schiffe hat, der ist gut versorgt und braucht nichts zu fürchten, was ihn auch bedrohen mag. Die Gott - seligkeit hat auch die Verheißung dieses gegenwärtigen Lebens. Eine Frau mit Glauben und Gottesfurcht und einer er - leuchteten Frömmigkeit wird eine starke und zugleich eine glückliche Frau sein. Es wird dies schon im Worte angedeu - tet: Die Gottseligkeit macht sie selig in Gott. Sie wird den innern Frieden ha - ben, wie unruhig es auch um sie her - gehen mag. Je schwerer ihre Aufgabe94 ist, desto mehr werden ihre Kraft und ihr innerer Friede sich bewähren, desto freudiger wird sie auf die stürmische Fahrt zurückblicken, wenn ihr Schiff einst landen wird an den Gestaden des ewigen Lebens. Die Gottseligkeit ist zu allem nützlich, und hat die Verheißung dieses und des künftigen Lebens.

10. Das fromme Geschlecht.

(Fortsetzung.)

1. Durch Gottesfurcht und Fröm - migkeit sollen die Schwächen des Weibes überwunden werden. Aber nicht selten gewinnt die eine oder andere Schwach - heit die Oberhand zum Nachteil der Frömmigkeit, die dadurch zu einer man - gelhaften und selbst falschen werden kann. Ein Fehler, den schon der heilige Pau - lus zu rügen für nötig erachtete, hat bis heute nicht aufgehört, großes Un - heil zu stiften. Es ist das die Klei - derhoffart, welche gerade die Kirche,95 den Ort des Gebetes, den Schauplatz der heiligsten Geheimnisse ausersehen hat, um da zum großen Schaden für die Seele ihre Befriedigung zu suchen. Der heilige Paulus fügt seinen Er - mahnungen über öffentliche Gebete die Bemerkung bei: Ich will demnach, daß die Männer an allen Orten beten, und reine Hände aufheben, ohne Zorn und Streitsucht. Desgleichen sollen sich auch die Weiber in anständiger Kleidung mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit schmücken, nicht mit geflochtenen Haaren, oder Gold, oder Perlen, oder kostbarem Gewande, sondern was sich ziemt für Weiber, die Gottesfurcht an den Tag legen, durch gute Werke. (I. Tim. 2, 8. f.) Der hl. Johannes Chrysostomus redet die eitle Kirchenbesucherin mit folgen - den strengen Worten an: Kommst du als Putzdocke in die Kirche, um zu tanzen? Suchst du hier Hochzeits - oder andere sinnliche Freuden? Bist du ge - kommen, dich zur Schau auszustellen? 96Das ist nicht das Gewand einer Bit - tenden. Du bist gekommen, Gott um Verzeihung für deine Sünden anzu - flehen, wie kannst du dich auf so über - triebene Weise schmücken?

Dieser Punkt ist viel wichtiger, als manche glauben mögen. Abgesehen von dem Aergernis, das auf diese Weise leicht an heiliger Stätte andern gege - ben wird, hat die Eitelkeit im Gottes - hause eine ganze Verkehrung des innern Menschen zur Folge. Statt vor Gottes Angesicht zu beten, sucht die eitle Seele die Augen der Menschen auf sich zu ziehen. Nach außen verloren, bringt sie es nicht zur innern Sammlung und Andacht. Vor Gott ist sie mit ihrem eitlen Sinn ein Gegenstand des Ab - scheus, ähnlich jenem Pharisäer im Tem - pel. Wo andere Gnade und Erbauung und Trost schöpfen, wird sie leer ent - lassen, und wer an heiliger Stätte nicht recht beten kann, wird auch anderwärts dazu nicht fähig sein. Die Gnaden -97 schätze des Himmels sind für sie ver - schlossen, und was sie auch äußerlich mitmachen mag, ihr Herz bleibt gna - denleer und sie gehört nicht mehr zum frommen Geschlechte, sondern zu jenen, bei denen der Hochmut dem Falle vor - ausgeht.

2. Andere Steine des Anstoßes für die weibliche Frömmigkeit gibt es noch eine ganze Menge. Einer liegt für manche darin, daß sie das Mittel ver - wechseln mit dem Zwecke. Sie verrich - ten eine Menge mündlicher Gebete, sind sehr fleißig im Kirchenbesuch und im Empfang der heiligen Sakramente, treten in alle Bruderschaften, halten viel auf besondere Andachten, Wall - fahrten u. s. w. und meinen, das sei Frömmigkeit. Es kann auch vorkom - men, daß man sich mit solchen religiö - sen Uebungen abgibt, wenn man besser thäte, zu Hause seine Obliegenheiten als Gattin und Mutter zu erfüllen.

Die genannten Uebungen sind alle98 sehr lobenswert und ganz angemessene Betätigungen der Frömmigkeit. Aber fürs erste müssen dieselben den Ver - hältnissen, in welchen man lebt, angepaßt werden. Schon der hei - lige Paulus macht einen Unterschied zwischen Frauen und Jungfrauen. Eine Jungfrau, schreibt er, ist auf das be - dacht, was des Herrn ist, damit sie an Leib und Geist heilig sei. Die Ver - heiratete aber ist auf das bedacht, was der Welt ist, wie sie dem Mann ge - fallen möge. (I. Kor. 7, 34.) Der wahre Gottesdienst ist die Erfüllung des Wil - lens Gottes, und in diesem Sinne soll das ganze Leben mit allen Arbeiten und Leiden ein Gottesdienst, ein im - merwährendes Gebet sein. Das eigent - liche Gebet bildet nur einen Teil, frei - lich einen bedeutungsvollen, dieses un - unterbrochenen Dienstes Gottes. Wann Gott will, daß man arbeite, soll man arbeiten, und wo Er das Gebet ver - langt, soll man beten. Wem es um99 die Erfüllung dieses göttlichen Willens zu thun ist, wird denselben leicht er - kennen. Dieser Wille verlangt nicht das Gleiche von der Ordensperson, die sich dem Herrn geweiht hat, und von der Hausmutter, deren Streben zwar das gleiche Ziel hat, aber in der Be - thätigung zwischen Himmel und Erde geteilt sein muß. Manche wird sich in den äußern religiösen Verrichtungen auf das unbedingt Notwendige beschrän - ken müssen. In Bezug auf freiwillige Uebungen müssen alle dieselben ihren übrigen Verpflichtungen anpassen, oder was dasselbe sagen will, nach dem Wil - len Gottes einrichten. Thun sie mit gutem Willen, was ihren Verhältnissen angemessen ist, dann wird Gott mit ihnen zufrieden sein und ihnen seine Gnade nicht vorenthalten, sollten sie auch mehr der Martha als der Maria folgen müssen.

Fürs zweite ist zu bemerken, daß es nicht bloß darauf ankommt, ob man100 viel oder wenig betet, sondern ob man mit den rechten Gesinnungen betet. Der Herr hat im alten und neuen Bunde das bloße Lippengebet auf das schärfste verurteilt, dagegen dem Gebete, das mit Glauben und Demut, Ver - trauen und Andacht verrichtet wird, die tröstlichsten Verheißungen gegeben.

Manche verfallen in den scheinbar entgegengesetzten Fehler, indem sie fühl - baren Trost suchen und in religiösen Gefühlen gewissermaßen schwelgen wol - len. Auch das heißt den Zweck verges - sen und das Mittel mißbrauchen. Der Zweck der religiösen Uebungen ist die Verehrung Gottes und die Erlangung von Gnaden. Ob man fühlbar erquickt werde oder nicht, ist reine Nebensache. Des Genusses wegen soll man sich nicht zum Gebete wenden, wie man es we - gen Unlust und Trockenheit nicht un - terlassen darf. Die Wirkungen des Ge - betes im letzteren Falle werden meistens sogar heilsamer sein.

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3. Der Zweck der religiösen Ueb - ungen ist nach der einen Seite die Ver - herrlichung Gottes, nach der andern die Erlangung von Gnaden. Und welches ist der Zweck der Gnaden? Kein anderer, als uns besser und hei - liger zu machen. Die Frömmigkeit muß notwendig verbunden sein mit dem ernstlichen Bestreben, sich selber zu hei - ligen. Darum verlangt der hl. Pau - lus, daß die Weiber sich schmücken mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit und durch gute Werke. (I. Tim. 2, 9.) In gleichem Sinne sagt der hl. Petrus: Ihr Schmuck sei der verborgene Her - zensmensch in der Unvergänglichkeit ei - nes stillen und sanften Geistes, der vor Gott hohen Wert hat. (I. Petr. 3. 4.) Religiosität und Tugendhaftigkeit ge - hören zusammen, und wenn die letztere fehlt, so wird die angebliche Frömmig - keit zum Aergernis. Es gibt Frauens - personen, welche auf fromme Uebungen viel halten, aber trotzdem ohne Demut102 sind, überall ihrer Zunge freien Lauf lassen, der Verleumdungssucht und Lieb - losigkeit ergeben sind, und durch ihr unerträgliches Wesen das Kreuz ihres Mannes und ihrer Hausgenossen wer - den. Solche Personen bringen die Frömmigkeit in Verruf und fügen dem Reiche Gottes großen Schaden zu. Män - gel und Schwächen haben freilich alle, und die Gnadenmittel sind gerade für die Schwachen notwendig, auch beachtet man an den Frommen die Fehler viel mehr als an andern, aber alles das beweist nur, was sich auch sonst von selber versteht, daß die Frommen bestrebt sein müssen, die Demütigsten, die Ge - duldigsten und die Liebevollsten zu sein. Das ist einer der wenigen Punkte, in welchen Gott und die Welt miteinan - der übereinstimmen.

4. Die oben genannten Fehler sind sehr nachteilig, wo immer sie vorkom - men mögen. Aber es gibt zwei andere Uebel, die in der heutigen Zeit noch103 viel mehr schaden, weil sie verbreiteter sind, die Nachlässigkeit und die Lauheit. Es gibt Frauen, denen religiöse Ge - sinnungen nicht fehlen, die aber mit Arbeit überhäuft sind. Da kommt es leicht dazu, daß sie bei dem häuslichen Gebete zwei Herren dienen, d. h. unter dem Beten noch arbeiten wollen. Ihr Gebet wird so zerstreut, oberfläch - lich, gedankenlos, innerlich wertlos und äußerlich ein Aergernis für Kinder und Hausgenossen. Sie sind oft ver - hindert, die Kirche zu besuchen, das Wort Gottes anzuhören, verschieben allzu lange den Empfang der heiligen Sa - kramente, und bald zeigen sich die nach - teiligen Folgen. Sie verlieren den Geist des Glaubens, die Stärkung durch die Gnade bleibt aus, sie werden bald auch ohne Not ihre religiösen Pflichten ver - säumen, in den Sorgen, Leiden und Versuchungen des Lebens fehlen Licht und Kraft und Trost von oben, die Gott für alle bereit hat, die Ihn im104 Glauben darum bitten. Das Schiff ist ohne Steuermann und ohne Kompaß dem Winde und den Wellen überlassen. Statt daß der Glaube und das Leben aus dem Glauben über die Hindernisse des Seelenfriedens und des Seelenheiles triumphieren, werden sie von denselben erstickt oder wenigstens unfruchtbar ge - macht.

Noch schlimmer steht es, wenn das Uebel von Innen heraus kommt. Es gibt Frauen, welche durch die Erzieh - ung oder durch die Einflüsse der Welt, wohl auch durch ihre Lektüre lau ge - worden sind. Niemand ist übler daran, als eine laue Frau. Es gibt mit - unter Menschen, die krank sind, ohne daß sie wissen, was ihnen eigentlich fehlt. Sie klagen über Schwäche Un - lust zum Essen und Arbeiten, sonst fehlt ihnen, wie sie meinen, nichts. Aehnlich ist es mit diesen lauen Christinnen. Sie sind nicht ungläubig, keine großen Sün - derinnen, aber der Glaube ist ermattet,105 das Herz kalt, das Gewissen halb ein - geschlummert, der Wille ohne Kraft. Sie sind ohne Andacht beim Gebete, ohne Ernst bei der Reue, ohne Selbst - verleugnung im Leben; die religiösen Uebungen sind ihnen eine Last, die sie mit Unlust tragen und oft genug so - gar abschütteln. Sie wollen es weder mit Christus noch mit der Welt ganz verderben, bis eine ernste Probe ihre Schwache und Untreue gegen Christus offenbart. Wie bedenklich ein solcher Zustand ist, ergibt sich aus dem Worte des Herrn: Ich kenne deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist; o, daß du kalt wärest oder warm! Weil du aber lau bist, und weder kalt noch warm, so werde Ich anfangen, dich auszuspeien aus meinem Munde. (Offenb. 3, 15.)

Solche laue Christinnen gibt es in der heutigen Welt in allzugroßer Zahl. Die Folgen für ihre eigene Seele, für das christliche Familienleben und die Erziehung sind überaus beklagenswerte. 106Solche Weiber vermögen weder das Glück noch das Unglück zu ertragen. Im Glücke werden sie eitle Weltkinder und sind in den Versuchungen des Le - bens nicht stärker, als ihre Mutter Eva es im Paradiese war, im Unglück bre - chen sie zusammen unter der Last der Leiden, in beiden sind sie der Spiel - ball ihrer eigenen Schwachheiten. Die Gottseligkeit ist zu allem nützlich, sie hat die Verheißung dieses und des künftigen Lebens. (1. Tim. 4, 8.) Es kann keine starke Frau und noch weniger eine glückliche Frau geben, die nicht eine fromme Frau ist.

11. Das Weib und die Welt.

1. Was die Welt ist. Der hl. Augustin sagt, man müsse die von den Menschen verdorbene Welt nicht ver - wechseln mit der von Gott geschaffenen. Die Welt im letzteren Sinne ist ein Werk der göttlichen Allmacht und ver -107 kündet die Größe und Herrlichkeit ihres Schöpfers. Hier ist von der Welt im schlimmen Sinne die Rede, sie besteht aus Menschen, und zwar aus solchen, in welchen die Folgen des Sündenfalles ungehindert fortwirken, die den An - schauungen und Bestrebungen des Flei - sches folgen und in ihrer Gesamtheit als Gegenreich zum Reiche Christi er - scheinen. Von dieser Welt sagt der hl. Johannes, daß sie im Argen liege, daß alles in ihr Fleischeslust, Augenlust und Hoffart des Lebens sei. Christus selber sagt von ihr, daß sie Ihn und die Seinigen hasse, und daß der Satan ihr Beherrscher sei.

In der heiligen Schrift wird auf der einen Seite gesagt, Gott habe die Welt so geliebt, daß Er seinen einge - bornen Sohn für sie dahingegeben habe, Christus wird das Lamm Gottes genannt, welches die Sünden der Welt hinweg - nimmt, Er heißt der Heiland der Welt, welcher nicht gekommen ist, die Welt108 zu richten, sondern sie selig zu machen. Auf der andern Seite warnen uns die Apostel eindringlich vor der Welt, wir sollen ihre verderblichen Lüste fliehen, wir dürfen sie nicht lieben, uns ihr nicht gleichförmig machen, sollen im Gegenteil dieselbe überwinden.

Wie passen diese zwei Arten von Ausdrücken zusammen? Christus liebt die Welt, d. h. die unsterblichen See - len in der Welt, für die Er sein Blut vergossen hat, und die Er retten will. In diesem Sinne dürfen und sollen auch wir die Welt lieben, für sie beten, und zu ihrer Rettung thun, was wir können. Wenn uns aber die Apostel vor der gleichen Welt warnen, so hat das seine guten Gründe. Die Welt ist eine gefährliche Verführerin und wir sind schwach und kurzsichtig, darum müssen wir uns vor ihren Fallstricken sorgfäl - tig in acht nehmen.

Es ist nicht leicht, die Welt gehörig zu kennen und richtig zu beurteilen. 109Sagt man, sie sei ungläubig, so ist das zu einem großen Teil wahr, aber gleich - wohl dienen sehr viele der Welt, die Glauben haben, vielleicht den Unglau - ben sogar bekämpfen. Nennt man die Welt einen Pfuhl von Lasterhaftigkeit und Ungerechtigkeit, so ist das vielfach zutreffend, aber wir könnten von Glück reden, wenn die Welt nicht weiter reichte, als die offenkundige Sittenlosigkeit. Wer gehört zur Welt? Auch viele von de - nen, welche über die Welt klagen, viele, welche meinen, gute Christen zu sein. Die Weltkinder und die Diener Christi sind nicht so ausgeschieden, wie zwei Heere in der Schlacht es sind. Beide können in allen Ständen und Lebens - verhältnissen untereinander gemischt sein. Um die nötige Klarheit zu bekommen, muß man das Leben der Welt, den Geist der Welt, die Macht der Welt etwas näher betrachten.

Der Geist der Welt macht sich da - durch bemerkbar, daß ihm der Geist des110 Evangeliums, der Geist der Demut, der Selbstverleugnung, der opferwilligen Ergebung zuwider ist. Das Evange - lium der Welt heißt: erwerben, genießen, glänzen, wie ihr schon der Apostel Jo - hannes nachgeredet hat. Jedes Wort des Herrn ist für sie ein Vorwurf und ein Hindernis. Darum wurde der Geist der Welt wie von selbst zu einem Geg - ner Christi und seiner Lehre. Die Fin - sternis hasset das Licht. Daher die feind - liche Stellung des Weltgeistes zu allem, was Kirche und Christentum, Religion und Offenbarung heißt. Dieser Welt - geist kommt nun nicht bei allen Welt - kindern zur vollen Entwicklung. Na - mentlich bei vielen Weibern kommt es nicht weiter, als daß sie von dem Geiste der Lauheit, der Gefallsucht, der Ver - gnügungssucht, der Menschenrücksichten besessen werden. Dagegen Leute, welche dem Windzuge des Zeitgeistes mehr ausgesetzt sind, kommen schnell weiter. Ihr Glaube erkaltet und stirbt ab. Sie111 werden schrittweise nachlässige Christen, Zweifler, Ungläubige, oft grimmige Hasser des Christentums. Ihr Wandel ist abhängig von den Versuchungen und der Umgebung. So zeigt sich der gleiche Geist der Welt sehr verschieden in seinen unscheinbaren Anfängen und in seiner letzten Durchbildung.

Das Leben der Welt ist die An - wendung des Weltgeistes auf den Wan - del, wie der Wandel des Christen die Anwendung des Evangeliums auf das Leben sein soll. Hier sind besonders zu beachten die Versuchungen und Ge - fahren, welche die Welt dem Christen bereitet. Man denke an die bösen Bei - spiele in der Welt, an die bösen Ge - legenheiten, an die Macht der Ver - führung. Die Welt gleicht einem Netze von Fallstricken, in welchem fortwährend unzählige unvorsichtige Seelen gefan - gen werden. Die christliche Mutter wird, soweit es sich um ihre Kinder handelt, später neuerdings an diesen112 Gegenstand erinnert werden, und was ihre Person betrifft, so scheint mir der Geist der Welt für sie viel gefährlicher zu sein als das Leben der Welt.

Noch eine kurze Bemerkung über die Macht der Welt. Nach Christus herrscht im Reiche des Satans eine gewisse Ord - nung und Einheit, zugleich bezeichnet Christus ihn als Fürsten dieser Welt. Es hat nun den Anschein, als ob er die Vereinigung der Kräfte auch in dem sichtbaren Teile seines Reiches zu hand - haben wisse. Kaum gibt es eine Ein - richtung in der Welt, Schule, Presse, Staatsgewalt, Gewerbe und Verkehr, welche der Weltgeist nicht seinen In - teressen dienstbar zu machen sucht, und allzuoft dienstbar macht. Es ist z B. ein Schauspiel von gewaltiger, aber schauerlicher Größe, wie fortwährend Millionen und Millionen Schriften ab - surdester Art unter das Volk geworfen werden, um den Glauben und die gu - ten Sitten zu untergraben, wie fort -113 während Tausende und Tausende von Seelen in die Netze der Verführung gelockt und gefangen werden, mit welchem ungeheuren Aufwand von Mitteln dem Volke die Genußsucht eingeimpft und die leibliche Wohlfahrt untergraben wird Ueberschaut man diese Uebermacht, mit der die Welt den Geist des Evangeliums und das Leben nach demselben bekämpft, so möchte man sich fast wundern, daß es noch Stätten gibt, wo Glauben und Tugend zu gedeihen vermögen. Glück - lich alle, denen die Welt mit ihrem Geiste und ihrer Macht noch nicht nahe gerückt ist, aber ihre Zahl dürfte im - mer geringer werden.

2. Die Verführerin und ihre Opfer. Darüber mögen zwei Worte genügen, ein Wort des Mitleidens und eine Warnung. Die Welt naht sich dem weiblichen Geschlechte bald als Wolf und bald als Schlange. Letzteres setze ich voraus bei den Leserinnen, und da - rum gilt ihnen die Warnung, während114 das Mitleid über ihren Kreis hinaus - geht. Es ist bekannt, wie es heuzutage Verhältnisse gibt, in denen junge Per - sonen bald der Macht der Versuchung erliegen, bald von teuflischer Bosheit mit List oder Gewalt eigentlich geraubt werden, wie Schafe von den Wölfen geraubt werden. Tausende von Seelen, die vielleicht die edelsten Anlagen be - sitzen, die unter andern Umständen ihrem Geschlechte zur Ehre und zum aufmunternden Vorbilde geworden - ren, werden in den Sumpf des Lasters hineingezogen und gehen unter in Schande und Elend. Die Dinge liegen so, daß auch Fernstehende es nicht bei einem wohlfeilen Mitleiden bewenden lassen dürfen. Ueberall gibt es Seelen, welche aus Leichtsinn und Unerfahren - heit dem Wolfe selber in den Rachen laufen, wenn nicht andere sie belehren, warnen und in Schutz nehmen. Es ist ein sehr verdienstliches Werk, bei dem Wir - ken für Mädchenschutz sich zu beteiligen.

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Wäre der Versucher als Wolf in das Paradies gekommen, so hätte er wahrscheinlich nicht viel angerichtet. Als Schlange ist er leider allzu glück - lich gewesen. Aus demselben Grunde naht die Welt den Leserinnen als Schlange. Sie legt es nicht darauf an, sie in den Abgrund des Lasters hinab - zuziehen. Sie ist zufrieden, wenn es ihr gelingt, im Herzen des Weibes ei - nen kleinen Winkel zu erobern, welcher Welt heißt. Damit hat sie schon sehr viel gewonnen. Denn in diesem Winkel setzt sich der Geist der Welt fest und wird bald das ganze Weib regieren. Es wird der Welt zu gefallen suchen, es wird den Umgang der Welt lieben und suchen, es wird sich der Welt gleich - förmig machen, es wird also in allem das Gegenteil von dem thun, was die Apostel uns einschärfen. Wenn das Herz einmal von Gefallsucht und Men - schenrücksichten regiert wird, so wird auch jenes Wort des Heilandes sich er -116 wahren, daß niemand zwei Herren dienen kann. In welchem Maße das Weib eine Dienerin der Welt wird, in dem - selben Maße wird es aufhören, eine Dienerin Gottes zu sein, wenn auch äußerlich nicht viel geändert wird. Wenn eine Mutter den Geist der Welt in sich aufgenommen hat, so wird sie, mag sie es nun wollen oder nicht, denselben un - fehlbar auch ihren Kindern einpflanzen, und in diesen wird er ohne Zweifel sich um einige Grade weiter entwickeln. So - mit hat die Welt eine wichtige Er - oberung gemacht, wenn es ihr gelingt, von dem Herzen einer Mutter Besitz zu nehmen.

Bei Frauen beschränkt sich das, was für sie die Welt ausmacht, auf einen ziemlich engen Kreis, die Verwandten, Freundinnen, Nachbarinnen, die nächste Umgebung. Der Verkehr besteht in dem täglichen Umgang, in der Teilnahme an Vergnügen und Unterhaltungen, in der Rücksichtnahme auf die sog. öffent -117 liche Meinung. Vielleicht kann die Lektüre sich auch als Beeinflussung durch die Welt herausstellen. Wenn in dem Kreise, in dem die Frau sich bewegt, durchweg ein guter Geist herrscht, so fällt er nicht unter die Bezeichnung Welt und man braucht da vor nichts zu war - nen. Aber solche Kreise sind selten, vielleicht gar nicht zu finden. Mögen auch Glauben und Tugend unange - tastet bleiben, dem Nächsten, und meistens auch der Wahrhaftigkeit wird dieses Glück nicht leicht vergönnt sein. Eitel - keit und Lieblosigkeit spielen ihre Rolle, man urteilt anders über eine Person in ihrer Gegenwart, und anders, wenn sie abwesend ist. So werden Herz und Charakter verdorben, man wird unver - merkt eingebildet, lieblos und unauf - richtig wie die Welt, in der man sich bewegt. In der Regel wird aber der Schaden weiter greifen.

Das Weib steht in diesem Kreise, welcher für sie die Welt ausmacht, mit118 den gleichen Schwächen, die der Eva bei dem Baume der Erkenntnis Unheil brachten. Die Neugierde, das Verlan - gen. Neues zu vernehmen und mitzu - teilen, macht ihm den Verkehr mit der Welt zu einem süßen Bedürfnis. Die Eitelkeit, der Wunsch zu gefallen und Gunst zu finden, die Furcht vor dem Gegenteil, üben Einfluß auf das Benehmen und Reden. Das Herz, welches geschaffen ist, sich hinzugeben, ist bald geneigt, es auch in diesem Kreise zu thun, zu schweigen, nachzugeben, aus - zugleichen, selbst da, wo es sich um Grundsätze handelt, die Religion und Gewissen berühren. Der hl. Augustin macht darauf aufmerksam, daß es viel leichter sei, unter ausgesprochenen Geg - nern seiner Ueberzeugung treu zu blei - ben, als unter Andersgesinnten, die uns im übrigen gewogen sind. Er findet, daß letztere den Frommen Schaden brin - gen, auch wenn sie es gar nicht beab - sichtigen, und fügt bei: Es ist eine119 große Gnade, täglich mit solchen Leu - ten umzugehen und nicht von dem Wege der Gebote Gottes abzuweichen. Denn oft wird die Seele, die zu Gott gelan - gen will, gehemmt und auf dem Wege straucheln, gar bald wird ein guter Vorsatz nicht gehalten, um bei der Um - gebung nicht anzustoßen . (Aug. über Ps. 6.) Dieses Wort ist schon 1500 Jahre alt, aber heute noch so zutref - fend, als ob der Heilige die jetzige Welt vor Augen gehabt hätte. Das mensch - liche Herz und die Welt bleiben sich eben immer gleich.

3. Das ist die Welt, in der wir uns bewegen, deren Geist uns wie die Luft umgibt, die ihre Fangarme bis in unser Herz hineinstreckt, welches sel - ber ein Stück Welt ist. Wie vermögen wir den Einflüssen dieser Welt zu wi - derstehen? Zuerst muß die Welt aus dem eigenen Herzen vertrieben werden. Ist ein Herz von Gottesfurcht und De - mut erfüllt, so wird die Welt umsonst120 ihre Angel darnach auswerfen. So - dann muß man den Verkehr mit der Welt auf das Notwendige beschränken. Man behandle sie wie eine falsche Nach - barin. Man sucht mit dieser keinen Streit, erweist ihr die schuldige Auf - merksamkeit, nimmt ihre Komplimente als das, was sie sind, und befleißt sich im übrigen einer klugen Zurückhaltung. Wer die Welt näher beobachtet, wird sie weder lieben, noch fürchten, sondern verachten. Niemand ist falscher und undankbarer als die Welt. Wer auf dem Piedestal des Glückes steht, wird von ihr in das Gesicht angebetet, im Herzen beneidet und hinter dem Rücken gelästert, und bei einem Wechsel des Glückes sofort verlassen. Um eine ge - fallene Größe, um eine verblühte Schön - heit kümmert sich die Welt so wenig als um den Pfahl, an dem ein glän - zendes Feuerwerk losgebrannt worden war. Niemand ist thörichter als die Welt. Was sie hochschätzt, ist eitel und ver -121 gänglich, die meisten bekommen es gar nicht, niemand wird dadurch glücklich und zufrieden, und jedenfalls dauert das Glück nur einen Augenblick. Wer soll einer solchen Welt zulieb höhere und ewige Güter auf das Spiel setzen? Drittens muß man der Welt gegenüber entschieden auftreten. Man scheue sich nicht, wo es nötig ist, im Reden und Handeln seinem Glauben Zeugnis zu geben. Nichts ist niederträchtiger und verächtlicher vor Gott und der Welt als ein Christ, der sich seines Glaubens schämt. Wer aber aus seinen religiösen und sittlichen Grundsätzen kein Hehl macht und den Mut hat, sie im Leben zu zeigen der hat bald eine klare Stel - lung, ist allen weiteren Gefahren und Anfechtungen überhoben und erwirbt auch jene Hochachtung, welche selbst die Welt dem Mute der Ueberzeugung nicht versagen kann. Warum kommen die Welt und die Ordensschwester so glimpf - lich an einander vorbei, und warum122 ist der letztern die Welt weniger ge - fährlich, als andern Frauenspersonen? Schon ihr Kleid ist eine Art Glaubens - bekenntnis, und man weiß beiderseits, wie man zu einander steht.

Aber all das würde noch nicht ge - nügen, wenn nicht Einer uns zurufen würde: Vertrauet, ich habe die Welt überwunden. (Joh. 16, 33) Christus hat die Welt überwunden und mit sei - ner Kraft können auch wir sie besiegen. Wie aber bekommen wir seine Kraft? Dadurch, daß wir mit Ihm vereinigt sind. Christus selber sagt: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben: wer in Mir bleibt, der bringt viele Frucht; denn ohne Mich könnt ihr nichts thun. (Joh. 16, 5.) Von Natur aus sind wir Sprößlinge aus einer durch die Sünde verdorbenen Wurzel; jener Wurzel, aus welcher auch die böse Welt hervorge - gangen ist. Wenn wir der reinen, hei - ligen, göttlichen Wurzel, welche Christus ist, aufgepfropft werden, so wird seine123 göttliche Kraft und Gnade in uns wirk - sam sein. Von unserer Seite beruht diese Vereinigung mit Christus auf den drei göttlichen Tugenden, Glauben, Hoff - nung und Liebe. Durch diese werden wir aus Weltkindern zu Kindern Got - tes, welche ein übernatürliches Leben führen. Die folgenden Belehrungen über diese drei Tugenden sind das wich - tigste in diesem ganzen Büchlein. Denn sie sollen als Anleitung dienen, nicht bloß eine Mutter, sondern eine christ - liche Mutter zu sein.

12. Der Glaube.

1. Die Notwendigkeit des Glau - bens ist eine doppelte, er ist ein Bedürf - nis und ein Gebot. Für das irdische Dasein haben wir ein natürliches Licht in den Wahrnehmungen der fünf Sinne und in der Erkenntnis des Verstandes. Aber diese natürliche Erkenntnis ist schon in irdischen Dingen mangelhaft124 und unsicher. Sobald sich etwas nicht mit Händen preisen läßt, beginnt die Verschiedenheit der Ansichten. Die glei - chen Gesetze, Einrichtungen u. s. w. werden von den einen leidenschaftlich gepriesen, von den andern auf das schärfste verurteilt. Beide zusammen beweisen, daß die menschliche Erkenntnis nicht einmal in Bezug auf die sichtbare Welt zuverlässig ist. Um so weniger kann sie auf dem Wege in die unsicht - bare Welt unser Führer sein. Die Heiden, welche sich mit ihr behelfen mußten, glichen Wanderern, die in dunkler Nacht den rechten Weg nicht finden und in schreckliche Verirrun - gen hineingeraten. Wenn wir bes - ser daran sind als die Heiden, so ver - danken wir es Jesus Christus, der das Licht der ewigen Wahrheit vom Him - mel gebracht hat, wir verdanken es der katholischen Kirche, welche uns die Lehre Christi verkündet, wir verdanken es dem Glauben, der eine Gabe Got -125 tes ist und uns befähiget, die heil - bringende Lehre Christi und seiner Kirche festzuhalten.

Nachdem Gott sich gewürdiget hat, uns die ewigen Wahrheiten zu offen - baren, macht er es uns auch zur Pflicht, sie anzunehmen und zu glauben. Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen. (Hebr. 11, 6.) Wer nicht glaubt, der wird verdammt werden. (Mark. 16, 16.) Man sollte freilich meinen, ein solches Gebot des Glau - bens sollte gar nicht nötig sein. Denn im Hinblick auf unser Ziel in der un - sichtbaren Welt sind wir des Glau - bens so bedürftig, und er ist eine so große Wohlthat für uns, daß man erwarten sollte, alle Menschen würden mit Freude und Dankbarkeit diese Himmelsgabe hochschätzen und zu ih - rem Heile benutzen.

2. Die Macht des Glaubens wird in der heiligen Schrift mit erheben - den Worten geschildert. Der heilige126 Johannes ruft: Das ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube, (I. Joh. 5, 4.) Der Glaube besiegt die Täuschungen der Welt, indem er sie mit dem Lichte der Ewigkeit be - leuchtet, er besiegt die Menschenfurcht, indem er sie durch die Gottesfurcht verdrängt, er besiegt die Lockungen und Drohungen der Welt, indem er sie mit den Verheißungen und Dro - hungen der Ewigkeit weit überbietet.

Der Glaube verleiht uns den Sieg über uns selbst. Wir dürfen nicht unseren eigenen Neigungen und Be - gierden folgen, sonst wandeln wir den Weg der Sünde und des Verderbens, sondern wir müssen Gott gehorchen und dienen. Die Befähigung dazu finden wir im Glauben. Der Ge - rechte lebt aus dem Glauben. (Röm. 1, 17.) Der Glaube offenbart uns den Willen Gottes, er haltet uns die Beweggründe vor, denselben zu erfül - len, er zeigt uns die Mittel, um hie -127 für Licht und Kraft zu erlangen. Der Gerechte lebt aus dem Glauben. Wir alle wären Heilige, wenn wir vollkommen aus dem Glauben lebten.

Der Glaube verschafft uns eine gewisse Macht über Gott selber. Der himmlische Vater hat sich durch den Mund seines eingeborenen Sohnes verpflichtet, uns alles zu geben, um was wir immer mit Glauben bitten. (Match. 21, 22.) Christus hat im Evangelium die wunderbaren Heilun - gen abhängig gemacht von dem Glau - ben der Hilfesuchenden. Die Gesetze der göttlichen Erbarmung sind heute noch die gleichen und darum auch die Wirksamkeit des glaubensvollen Ge - betes.

Diese Macht über Gott, die Welt und uns selber hat freilich nur der lebendige Glaube. Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig. (II. Kor. 3, 6.) Wir müssen den Geist des Glaubens haben. Wir sollen über128 alle Dinge so urteilen, wie Christus im Evangelium geurteilt hat, wir sol - len nicht bloß glauben, sondern der Glaube muß für unser Denken, Reden und Handeln als Richtschnur dienen. Dann können wir aus dem Glauben leben, dann wird das Reich Gottes in uns sein. (Luk. 17, 21.) Wie die Welt nur dem gefährlich ist, der den Geist der Welt im Herzen hat, so kann das Reich Gottes um uns, die von Christus gestiftete Kirche, nur jenen Heil bringen, welche ihren Geist, d. h. den Geist des Glaubens im Herzen haben.

3. Wie soll der Glaube praktisch geübt werden? Zunächst müssen die religiösen Uebungen aus dem le - bendigen Glauben hervorgehen. Der Glaube muß den Antrieb geben, daß man betet, die Kirche besucht, die hei - ligen Sakramente empfängt, alle Mit - tel des Heiles benutzt. Bei jeder re - ligiösen Verrichtung soll im Anfange129 der Glaube erweckt werden, damit die Gesinnungen der Ehrfurcht, der An - dacht, der Demut, des Vertrauens im Herzen aufwachen, weil von diesen Gesinnungen der Wert unserer Got - tesverehrung abhängig ist. Der Ge - rechte lebt aus dem Glauben, immer und überall, ganz besonders aber im Umgange mit Gott.

Die christliche Mutter muß sich aber auch bemühen, ihren Stand und Beruf und ihr alltägliches Leben im Geiste des Glaubens aufzufassen. In ihrem Bewußtsein soll sie beständig den Himmel offen über sich haben, und ihre Aufgabe auf Erden im Lichte des Himmels betrachten. Nehmen wir zwei Beispiele, die für die christliche Mut - ter besonders wichtig sind.

Der Glaube an die Vorse - hung. Eine Gattin und Mutter, wenn auch ihre Verhältnisse nicht als unglückliche gelten, hat schwere Pflich - ten, viele Mühen, Sorgen und Küm -130 mernisse, manche drückenden Leiden. Ob sie diese Lasten mit Mut und Kraft übernehmen und tragen könne, hängt zum großen Teil davon ab, wie sie dieselben anschaut. Wer sie bloß irdisch auffaßt, bloß als Verschuldung der Menschen, als Zufall, als Fügung eines blinden Schicksals betrachtet, wird in dieser Anschauung wenig Trost und Aufmunterung finden. Ganz anders die christliche Mutter, welche mit der Ueberzeugung des lebendigen Glaubens bekennen und beten kann:

O himmlischer Vater, ich weiß, daß es keinen Zufall gibt, sondern, daß Du den Gang der irdischen Dinge mit unendlicher Macht, Weisheit und Güte leitest. Du nährest die Sper - linge und kleidest die Lilien, und auch mir und den Meinigen wird kein Haar ohne deinen Willen vom Haupte fallen. Darum betrachte ich es als deine weise und gütige Fügung, daß ich Gattin und Mutter bin, daß ich131 diese Pflichten und Sorgen auf mir habe, daß diese und diese Leiden mich treffen. Ich bin deine Dienerin, Du hast mir das irdische Tagwerk abge - messen und die Beschwerden meines Standes auf die Schultern gelegt. Ich beuge mich vor deinem heiligen Wil - len und nehme Freude und Leid mit kindlicher Ergebung an von deiner Hand. Auch das Ungemach, das von den Geschöpfen kommt, auch die Lei - den, die ich selbst verschuldet habe, be - trachte ich als Zulassung deiner Vater - güte. Du kannst und willst alles, auch wohlverdiente Züchtigungen, zu meinem Besten wenden, wenn ich nur nicht selber deine liebevollen Absichten vereitle.

Darum will ich getrost kom - men lassen, was kommt, weil es ja von Dir kommt. Jeden Tag will ich die Bürde aufs neue ergeben und ge - horsam tragen, gewissenhaft meine Pflichten erfüllen, weil Du sie mir132 auflegst, weil ich Dir Rechenschaft schuldig bin, weil Du mir beistehst und mir den Lebensweg vorgezeichnet hast. In jeder Not und Angst will ich mit dem königlichen Sänger rufen: Wer unter der Hilfe des Allerhöchsten wohnet, wird bleiben un - ter dem Schirme des Gottes des Him - mels. Er wird sagen zu dem Herrn: Du bist es, der mich aufnimmt, meine Zuflucht, mein Gott, auf Dich hoffe ich! (Pf. 90, 1.)

Das Ziel des Menschen. Je - der Christ weiß und bekennt, wozu der Mensch erschaffen ist, aber es genügt für keinen Christen, am wenigsten für die christliche Mutter, diese Wahrheit bloß im allgemeinen anzuerkennen. Sie soll stets im Bewußtsein lebendig bleiben und bestimmend auf das Le - ben, auf die Erziehung einwirken. So oft die christliche Mutter auf ihr Kind schaut, sollen Erwägungen, wie die fol - genden in ihrer Seele aufwachen:

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Dieses Kind ist geschaffen für das ewige Leben im Himmel. Mag es auf Erden ein wenig mehr Freuden oder Leiden erleben, es liegt wenig daran, weil beide schnell vorübergehen. Alles aber liegt daran, daß es das ewige Ziel nicht verfehlt. Von Ewig - keit her hat der gütige Gott ihm ei - nen Platz im Himmel vorgesehen, und an mir ist es, ihm zu demselben zu verhelfen. Was nützte es, wenn ich alles aufbieten würde, um es auf Erden an - gesehen, reich und glücklich zu machen? Wenn ich es auch zu stande brächte, so wäre es nur für einen Augenblick und ich würde wenig, jedenfalls nur kurzen Dank dafür ernten. Wenn ich ihm in den Himmel verhelfe, so wird es mir ewig dankbar sein. Ich darf nicht an die entsetzliche Möglichkeit denken, daß es einst vor Gericht mein Ankläger werde und in der Ewigkeit mir Vor - würfe mache. Nein, das darf nicht geschehen, koste es was es wolle. Die -134 ses Kind ist geschaffen, damit es Gott diene und dadurch in den Himmel komme. Gott will es und mit seiner Hilfe kann und will und werde ich es dorthin führen!

4. Hindernisse und Mittel des lebendigen Glaubens. Wo - her kommt es, daß auch unter denen, die glauben, der Glaube so verschieden ist? Er kann lau und schwach wer - den durch den verkehrten Geist der Welt, durch Lesen glaubensfeindlicher Bücher oder Umgang mit schlechten Menschen, durch die Zerstreuungen des Lebens, besonders aber dadurch, daß man nicht nach dem Glauben lebt. Jeder, der Böses thut, hasset das Licht. (Joh. 3, 19.) Wer den Glauben le - bendig erhalten will, muß zunächst diese Hindernisse vermeiden, dann aber noch einige andere Mittel benutzen, um den Glauben zu stärken: Er muß im Glauben wohl unterrichtet sein. Je unwissender ein Christ ist, desto schnel -135 ler erliegt sein Glaube den Anfech - tungen der Welt. Einer Mutter ist die Kenntnis der Glaubenswahrheiten doppelt notwendig, für sich und für ihre Kinder.

Ferner muß er fleißig das Wort Gottes anhören. Wer daran gehin - dert ist, muß diesen Mangel durch Lesung erbaulicher Schriften ersetzen. Ein noch wirksameres Mittel sind die sogen. Exerzitien oder geistlichen Uebun - gen. Mag ein Christ auch im Glau - ben wohl unterrichtet sein, wenn er nicht öfters auf die eine oder andere Weise an die ewigen Wahrheiten er - innert wird, so schlummert der Glaube ein, und man denkt und lebt wie die Kinder der Welt.

Der Glaube ist eine Gabe Gottes, und darum muß man diese Gabe dank - bar hochschätzen und demütig um die Gnade des Glaubens beten. Der Glaube ist aber auch eine Tugend, und darum muß man ihn üben, d. h.136 fleißig erwecken beim Gebete, in den Versuchungen und Leiden, ihn beken - nen in Wort und That, nach ihm leben. Je eifriger wir den Glauben üben, desto stärker wird er und desto mehr werden wir durch ihn gestärkt.

13. Die christliche Hoffnung.

1. Der hl. Bischof Zeno von Ve - rona sagt: Nimm die Hoffnung weg, und aller Fleiß erlahmt, alle Anstren - gung hört auf, alles ist tot. Der Landmann streut kein Saatkorn in den dürren Sand, wo er keine Ernte hof - fen kann; der Fischer wirft seine Netze nicht aus an Stellen, wo er seine Mühe erfolglos weiß; der Wanderer nimmt den letzten Rest seiner Kräfte zusammen, so lange er hofft, das er - sehnte Ziel zu erreichen, sieht er sich in seiner Hoffnung getäuscht, so bricht er kraftlos zusammen. Was unser Herz leistet für das Leben des Körpers,137 das bewirkt die Hoffnung im Leben der einzelnen Seele und der ganzen mensch - lichen Gesellschaft. Alles Sinnen und Trachten des Geistes, alle Arbeiten und Anstrengungen, man kann sagen jeder Schritt und Tritt, wie die schwer - sten Opfer und Ueberwindungen gehen aus der Hoffnung hervor, d. h. aus der Erwartung, damit ein Gut zu er - langen oder ein Uebel abzuwenden.

Wie die Hoffnung die Triebfeder aller Bewegung ist, so ist sie auch un - sere Stärke im Leiden. Das größte Unglück ist auszuhalten, so lange man hofft, aus demselben wieder herauszu - kommen. Unerträglich ist das Leiden nur für jene, welche keine Hoffnung mehr haben, also streng genommen, nur für die Verdammten in der Hölle.

In diesem Leben muß unsere Seele hoffen und streben, wie unser Leib atmen muß. Es fragt sich nur, wel - cher Art von Hoffnung wir folgen wollen. Es gibt trügerische Hoffnun -138 gen, Irrlichter, die Leichtgläubige in den Sumpf hineinführen, zeitliche Hoff - nungen, die mit der Zeit erlöschen, wie ein Kerzenlicht, ewige Hoffnungen, die niemanden betrügen und zu Schanden werden lassen. Falsch und trügerisch sind die Hoffnungen, welche den Menschen auf den Weg der Sünde verlocken. Die göttliche Weltordnung läßt nicht zu, daß durch die Sünde irgend jemals ein wahres Gut gewon - nen werden könne. Das erfuhren die gefallenen Engel und unsere Stamm - eltern, und wer sich durch eine falsche Hoffnung zur Sünde verleiten läßt, muß es unfehlbar bereuen, er hat höch - stens die Wahl zwischen freiwilliger Buße und gerechter Strafe.

Irdische Hoffnungen und Be - strebungen, die auf Reichtum, Ehre, Freuden, Familienglück gerichtet sind und nicht auf sündhafte Weise verfolgt werden, sind an und für sich nicht uner - laubt. Aber auch sie endigen als Täu -139 schung, wenn man sie zu hoch anschlägt. Die wenigsten bekommen, was sie hoffen und anstreben, und die, welche es be - kommen, werden nicht satt, weil ihr Herz für Höheres geschaffen ist, und würden sie glücklich, so dauerte das nur einen Augenblick; denn wenn die - ses scheinbare Glück nicht vorher wie - der dahinschwindet, so wird ihm nach kurzer Zeit der Tod unfehlbar ein Ende machen. So steht es mit den ir - dischen Hoffnungen der Glücklichen. Die anderen, d. h. die große Mehrzahl der Menschen, haben nichts von ihren ir - dischen Erwartungen und Wünschen, als daß sie ihre bedrängte Lage nur um so mehr fühlen. Die irdischen Güter und Freuden gleichen so einem Gastmahle, bei welchem die einen zu - schauen und hungern, die andern essen und nicht satt werden. Es ist darum eine eitle Selbstplage, wenn man sich allzusehr in irdische Hoffnungen und Bestrebungen verliert. Oder was hat140 man anderes von Dingen, die mit Mühe erworben, ohne Befriedigung besessen und mit Schmerzen wieder Verlassen werden? Wenn wir nichts Besseres hät - ten, so wäre dieses Leben düster und selbst seine Freuden verlören ihren Reiz. Darum neigt der heutige Un - glaube wieder jener Seelenstimmung zu, mit welcher das alte Heidentum untergangen ist, dem sog. Pessimismus, dem hoffnungslosen Weltschmerz.

2. Wie ganz anders erscheint das irdische Leben im Lichte der christlichen Hoffnung, wie getröstet fühlt sich die Seele mitten im Leiden, wenn diese Hoffnung in dasselbe eingezogen ist! Mag auch die Erde für uns ein Jam - merthal sein, mögen viele Leiden und wenig Freuden uns beschieden sein, die Hoffnung vermag uns darüber zu beruhigen. Sie lehrt uns, daß die Leiden von Gott kommen und auch zu Gott führen, sofern wir guten Willens sind. Sie sind Beschwerden141 auf einer Reise, die bald vorüber ist. auf der wir von der Hand Gottes ge - führt worden, und für deren kurzes Ungemach wir reichlich entschädiget werden, sobald wir das Ziel erreicht haben.

Für den Christen sind diese ver - gänglichen Dinge nicht die Hauptsache, für ihn gibt es noch andere Sorgen wichtigerer Art, um welche das Welt - kind sich wenig zu kümmern scheint, die es wenigstens zu vergessen sucht. Wohl verlangen wir nach dem Him - mel, aber wir haben das Bewußtsein, Sünder und des Himmels unwürdig zu sein. Wir erfahren alle Tage un - sere Schwäche und Unfähigkeit für das Gute, wir sind nicht vorbereitet auf die Ewigkeit und doch sind wir keinen Augenblick davor sicher, daß uns der Richter rufen wird, und können nur mit Furcht an die Rechenschaft den - ken. Darum können wir, so weit es auf uns ankommt, nur mit Beklom -142 menheit der Ewigkeit entgegenschauen. Von einem der größten Weisen der alten Heiden wird berichtet, er sei mit den Worten gestorben: In Zweifel habe ich gelebt, und in Aengsten sterbe ich, o Wesen aller Wesen, erbarme dich meiner!

Die heutigen Christen sind vielfach wie verwöhnte Kinder eines reichen Hauses, die ihr Glück nicht zu wür - digen wissen. Sie vergessen, wie elend und trostlos die Lage der Heiden war, und welche unschätzbare Güter uns in der christlichen Hoffnung geboten wer - den. Die Hoffnung wurde geboren auf dem Kalvarienberg. Dort wurde für die Sündeschuld aller Menschen ge - nug gethan, dort wurden uns alle Gnaden für unser Heil verdient. Wir brauchen nur zu wollen, so können wir von der Sündenschuld befreit und des Himmels würdig werden, wir kön - nen unsere Schwäche stärken durch den Gnadenbeistand dessen, der alles vermag,143 wir können trotz aller Gefahr und Un - sicherheit unser Heil so sichern, daß wir der Ewigkeit mit Beruhigung entge - gengehen und getrost auf den Himmel hoffen können. Leider kümmern sich viele Christen in gesunden Tagen all - zuwenig um die Erwerbung und Be - festigung dieser beglückenden Hoffnung. Sie warten, bis die Furcht vor einer unglückseligen Ewigkeit sie nötiget, sich der christlichen Hoffnung zuzuwenden, und manche warten noch langer, d. h. bis es zu spät ist. Wenn sie eine Ahnung hätten, welcher Trost und Friede die Seele beglückt, wenn ihr Gewissen ruhig ist, wenn sie mit Gott im Frieden lebt, wenn sie den Tod nicht zu fürchten braucht, wenn sie mit einem Worte wüßten, wie sehr die christ - liche Hoffnung als ein Vorgeschmack des Himmels die Seele erhebt und tröstet und beseliget, sie würden schon um dieses Vorgeschmackes willen sich der Hoffnung auf die ewigen Güter zuwenden.

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3. Wir begrüßen die seligste Jung - frau als die Mutter der heiligen Hoff - nung. Sie ist das als die Mutter desjenigen, auf dem alle unsere Hoff - nung beruht. Sie ist es als unsere Mutter, auf deren Fürsprache wir ver - trauen, weil sie uns als ihre Kinder liebt, und bei ihrem göttlichen Sohne alles vermag. Sie ist es endlich als unser Vorbild in der Hoffnung. Ihr Leben war reich an schmerzlichen Prü - fungen, in welchen ihre Hoffnung be - währt werden mußte. Auch in der dunkeln Nacht der schwersten Betrüb - nis und Verlassenheit ist die Leuchte der Hoffnung in ihrem Herzen nicht erloschen. So Schweres sie erduldete, sie hoffte und wankte nicht, bis der lichte Ostermorgen die Nacht der Lei - den verscheuchte und ihr die Erfüllung ihrer Hoffnung brachte.

Damit ist Maria das Vorbild für alle, besonders aber für die christliche Mutter geworden. Die Hoffnung145 scheint mit dem Mutterherzen wahl - verwandt zu sein. Das ganze Wir - ken der Mutter ist auf die Hoffnung gegründet, es wird angeregt, beseelt und geleitet von der Hoffnung. Das Kind, das sie erzieht, ist ein Mensch der Zukunft, das Ziel der Erziehung liegt in der Zukunft, es ist Gegen - stand der Hoffnung, aber auch der Furcht. Welches das höchste Ziel der Erziehung ist, wurde schon wiederholt bemerkt. Die Erziehung für den Him - mel ist gegenüber der Erziehung für die irdische Wohlfahrt gerade um so viel wichtiger, als das ewige Leben im Vergleich zum zeitlichen Leben län - ger ist. Zeitliche Wünsche und Hoff - nungen sind nicht ausgeschlossen, aber das eigentliche Ziel der mütterlichen Hoffnung muß der Himmel sein. Die christliche Mutter muß diese zwei Ar - ten von Hoffnung in Einklang bringen nach dem schon oft angeführten Wort des Herrn: Suchet zuerst das Reich146 Gottes und seine Gerechtigkeit, und dieses alles wird euch hinzugegeben werden. (Matth. 6, 33.) Man kann diese Worte als das eigentliche Evan - gelium der christlichen Hoffnung be - zeichnen. Suchet zuerst das Höchste und das Wichtigste, indem ihr Gott dienet und das ewige Glück im Him - mel erobert. Das müßten wir thun, was es auch kosten möchte, auch dann, wenn wir alles Irdische zum Opfer bringen müßten. Aber der Herr setzt hinzu: wenn ihr dieses thut wird dieses alles euch hinzugegeben werden. Wenn ihr Mir dienet und für eure Seele sorget, so dürft ihr für alles weitere ohne Kummer sein. Ich bin der Herr aller Dinge, und Ich werde für euch sorgen und euch zu - kommen lassen, wessen ihr auf Erden bedürftig seid. Wer zuerst das Reich Gottes sucht, bewahrt sich selbst vor selbstverschuldeten Uebeln, er wird Mut und Trost haben in den unverschul -147 deten Heimsuchungen, es ist ihm der Segen Gottes verheißen, an dem alles gelegen ist. Wer aber nicht zuerst das Reich Gottes sucht, darf auch auf das übrige nicht rechnen. Dieses su - chet zuerst ist das Gesetz, nach wel - chem den Menschen Segen oder Un - segen zu teil wird. Das ist besonders augenscheinlich in der Erziehung wahr - zunehmen. Wenn in dieser das Reich Gottes vernachlässigt wird, so wird den Eltern ihre Kurzsichtigkeit in der Re - gel mit dem bittersten Herzeleid heim - bezahlt. Wer dagegen die Kinder für Gott erzieht, der erzieht sie auch sich selbst zur Freude und zum Troste, wer sie für den Himmel erzieht, hat da - mit auch die Hauptsache gethan für ihre Wohlfahrt auf Erden.

Sehen wir, wie eine christliche Mutter, der es mit der Erziehung für den Himmel wirklich heiliger Ernst ist, die christliche Hoffnung üben soll. Sie wird nicht bloß für sich, sondern auch148 für das Kind zuerst das Reich Gottes suchen. Wie man bei dem Anblicke eines Königskindes schon an den künf - tigen König denkt, so betrachtet sie ihr Kind vor allem als Erbe des Him - melreiches und darnach richten sich ihre Wünsche und Bestrebungen. Wenn der Herr es in den Jahren der Unschuld zu sich ruft, so wird ihre natürliche Liebe den Verlust einer früh geknickten Hoffnung schmerzlich empfinden. Als Christin aber wird sie höher hinauf blicken. Sie hört im Geiste den Ruf des göttlichen Kinderfreundes an sich ergehen: Laß dieses Kleine zu mir kommen, und wehre es ihm nicht, denn seiner ist das Himmelreich. Und mit Großmut und Ergebung, wenn auch unter Thränen, bietet sie dem Herrn ihr Liebstes auf Erden an und unterwirft sich seinen Ratschlüssen. Ist das Kind nicht aller Gefahr enthoben und glücklich für die ganze Ewigkeit? Was wäre mit ihm geschehen, wenn149 es die ganze gefahrvolle Reise dieses Lebens hätte machen müssen? Wer weiß das? Nur derjenige, welcher für gut gefunden hat, das Kind in seiner Un - schuld von dieser Welt hinwegzuneh - men. Wenn einst seine Ratschlüsse offenbar werden, so wird Ihm die jetzt trauernde Mutter dafür danken, darum soll sie jetzt schon dieselben im Glauben und in der Hoffnung anbeten.

Die Hoffnung hat eine sehr unru - hige Schwester, welche sich von ihr nicht trennen läßt, nämlich die Furcht. Be - sonders das Mutterherz erhaltet sie in beständiger Unruhe, gleich den steigen - den und fallenden Wogen des Meeres. Je mehr sie hofft, desto mehr wird sie fürchten. Je mehr sie den Himmel zum Ziele ihrer Hoffnung macht und dem Kinde sichern will, desto mehr wird sie zittern vor den Gefahren und Hindernissen. Wird sie das Ziel er - reichen? Ist sie selber fähig, gut zu erziehen? Und sei es auch, werden150 nicht schlimme Einflüsse von außen ihre Bemühungen vereiteln? Wenn viele hundert junge Christen, die man gut erzogen glaubte, in den Gefahren der Welt Schiffbruch leiden am Glau - ben und an der Tugend, kann das nicht auch ihrem Kinde passieren? Wer kann diese Fragen auswerfen, ohne be - unruhiget zu werden? Menschlichen Trost wird man für derartige Aengsten kaum finden, die christliche Mutter muß sich mit ihrer Hoffnung nach oben erschwin - gen und im Himmel den wahren Trost suchen. Dort ist zur Rechten des Va - ters der göttliche Kinderfreund, der ihr Kind mit seinem Blute erlöst hat, der voll Liebe auf dasselbe niederschaut. In seiner Hand liegen alle Gnaden bereit, welche die Mutter braucht, um gut zu erziehen, und welche das Kind befähigen, mitten durch eine böse Welt hindurch zu seinem Ziele im Himmel zu gelangen. Die Mutter kann diese Gnaden auf sich und ihr Kind herab -151 ziehen, wenn Hoffnung und Vertrauen in ihrem Herzen leben, wenn sie die Gesinnungen ihrer Seele im heißen und anhaltenden Gebete ausspricht. An der Seite des Erlösers ist die Mutter der schönen Liebe, der Furcht und der heiligen Hoffnung, im Um - kreise sind alle Engel und Heiligen als Freunde Gottes und unsere Freunde, alle auf den ersten Hilferuf bereit, ihr Gebet und Flehen zu unterstützen. So hat die christliche Mutter das Ziel ihrer Hoffnung im Himmel, und dort sucht sie auch die Mittel, um für sich und das Kind das Ziel zu erreichen. Es handelt sich nicht darum, daß sie ungewöhnlich viele mündliche Gebete verrichte, wohl aber darum, daß sie die Gebetsstimmung beständig im Her - zen bewahre. Wenn sie demütig ihrer hohen Aufgabe, ihrer Armseligkeit und der Gefahren für ihr Kind bewußt ist, wenn sie lebhaft nach der Hilfe von oben verlangt, auf dieselbe ihre ganze152 Hoffnung setzt, so bilden diese Gedan - ken eine fortgesetzte Uebung der Hoff - nung, ein beständiges Gebet. In die - ser Weise betet ihr Herz überall, bei der Arbeit, wenn sie auf die Kinder schaut, sie belehrt und mahnt und straft, wenn sie nur an dieselben denkt. Wer so vertraut und hofft, der kann dann auch mit dem Psalmisten sagen: Auf Dich, o Herr, habe ich gehofft, und ich werde ewig nicht zu Schanden werden. (Ps. 30, 2.)

14. Die Liebe Gottes.

1. Alle Kreaturen, sagt Tauler, wollen wieder zurückkehren zu ihrem Ursprung, um in ihm ihre Ruhe zu finden. Nimm den Stein und wirf ihn in die Luft, er ruhet nimmer, er komme denn wieder zur Erde, von der er herkommt. Die Erde ist sein Vaterland, die Luft seine Fremde. Und würde er tausend Jahre in der153 Luft mit Zwang gehalten, ihm bliebe doch sein Zug zur Erde, und sobald er losgelassen würde, kehrte er zur ihr zurück. Ein ähnliches Streben liegt in unserer Seele. Der heilige Augustin bemerkt: Die Schwere, von der meine Seele gezogen wird, ist meine Liebe, und wohin diese mich zieht, da - hin strebe ich. Die Seele hat ihren Ursprung und ihre Heimat in Gott, und darum sagt der gleiche Heilige: Unser Herz ist unruhig, bis es ru - hen wird in Dir, o Gott!

Im Himmel wird dieses Streben erfüllt sein. Die Anschauung des le - bendigen Gottes entflammt die Seele mit feuriger Liebe, von deren unwider - stehlicher Gewalt wird die Seele zu Gott hingezogen und in der Vereini - gung mit Ihm findet sie ihre Ruhe und Seligkeit. Hienieden gleicht die Seele dem Steine, der mit Zwang von seinem Ursprunge zurückgehalten wird. Noch kann sie Gott nicht an -154 schauen und genießen, sondern Ihn nur im Glauben erkennen und in der Hoffnung, sich seines künftigen Be - sitzes freuen. Die Welt, die Sinne und die böse Begierlichkeit wissen nichts von Gott und suchen die Seele von Gott weg zu irdischen Dingen hinzu - ziehen. So ist hienieden die Liebe Gottes, die in ihrem Wesen ein Ge - nuß ist, eine Tugend, die nicht ohne Anstrengung geübt wird. Auch der Gerechte muß manche Ueberwindung üben, wenn er dem Zuge der Liebe zu Gott folgen will. Für die Welt - kinder und Sünder ist durch ihre ei - gene Schuld das höchste Gut wie mit einem dichten Nebel umhüllt, so daß sie es vergessen und in ihrem Herzen die Liebe zu Ihm durch eitle und sünd - hafte Bestrebungen erstickt wird.

Aber im Tode wird alle Täuschung und Verblendung aufhören. Die von den Banden der Sinnlichkeit befreite Seele strebt mit unwiderstehlichem Ver -155 langen Gott, ihrem Ursprung und ih - rem Ziele zu. Wird ihre Sehnsucht gestillt, so ist sie auf ewig unaussprech - lich selig in Gott und durch Gott. Wird sie aber von der göttlichen Ge - rechtigkeit als unwürdig in die Ferne geschleudert, so ist das ungestillte Ver - langen nach dem höchsten Gute die bitterste Quelle ihrer endlosen und trost - losen Qualen.

Die Liebe Gottes ist die Bedin - gung unseres Heiles. Alles andere rettet uns nicht, wenn sie uns fehlt. Und wenn wir nichts besitzen würden als diese Liebe, so könnten wir nicht verloren gehen. Alle guten Werke sind nicht verdienstlich für den Himmel, wenn sie nicht aus der Liebe hervor - gehen. Zur Anschauung Gottes ge - langen können wir nur, wenn wir im Besitze dieser Liebe in die andere Welt hinübertreten. Ohne sie gibt es kein Heil für uns. Ans der andern Seite ist die Macht der Liebe Gottes so groß,156 daß der größte Sünder noch im letzten Augenblicke, wenn ihm keine Gnaden - mittel zu Gebote stehen, doch noch se - lig wird, wenn er es zu einem Akte der vollkommenen Liebe Gottes bringt. Gott kann und will keine Seele ver - dammen, die mit einem Funken dieser Liebe vor ihm erscheint.

Daraus folgt, welchen Wert die Liebe Gottes für uns hat. Es ist durchaus notwendig, daß wir über dieselbe wohl unterrichtet seien, daß wir wissen, wie es in diesem Punkte mit uns steht, und daß wir keine Anstrengung scheuen, um sie zu besitzen und zu üben, zu bewahren und zu vermehren.

2. Warum und wie sollen wir Gott lieben? Gott hat uns befohlen. Ihn zu lieben, Er hat uns zuvor geliebt und mit Wohlthaten über - häuft, Er ist das schönste und vollkom - menste Wesen. Hätten wir auch das Gebot der Liebe nicht erhalten und Gott157 keine Wohlthaten zu verdanken, wir müßten Ihn lieben wegen seiner unendlichen Schönheit und Voll - kommenheit. Im Himmel wird die Anschauung seiner Herrlichkeit und Liebenswürdigkeit die erste Quelle un - serer Wonne sein. Aber wir schulden Ihm als dem höchsten Gute unsere Liebe schon, da wir noch im Glauben wandeln. Darum ist die Liebe Gottes das erste und größte Gebot. Es kann keine Pflicht geben, die höher und dringender wäre als die Liebe des höchsten und vollkommensten We - sens. Weil aber unsere Armseligkeit sich nicht leicht zu der Betrachtung seiner Vollkommenheiten zu erheben vermag, haben wir noch Gründe der Liebe, die leichter faßbar - sind, sie lie - gen in der Offenbarung seiner Liebe gegen uns, in seinen Wohlthaten. Wer die Worte Schö - pfer, Erlöser, Heiligmacher, Seligma - cher ein wenig überdenkt, wird Gründe158 genug erblicken, die ihn zur Liebe der Dankbarkeit verpflichten.

Auf die Frage, wie wir Gott lie - ben sollen, antwortet der heilige Au - gustin: Ohne Maß, d. h. über alles und so viel unser Herz, unsere Seele, unser Gemüt und unsere Kräfte ver - mögen. Doch darf man nicht meinen, daß der Wert der Liebe in Gefühlen und Empfindungen bestehe. Wir kön - nen über diese nicht gebieten, sie kön - nen eine Gabe Gottes, oft aber auch etwas rein Natürliches sein, und jeden - falls beurteilt Gott unsere Liebe nicht nach ihnen, sondern nach unseren Ge - sinnungen und unserem Willen.

Beachtenswert ist die Unterschei - dung zwischen der vollkommenen und unvollkommenen Liebe. In Bezug auf die Liebe gibt es unter den Christen Anfänger, und viele bleiben ihr Leben lang auf dieser Stufe. Das sind jene, welche ihre Liebe mehr auf die empfangenen und159 noch zu hoffenden Wohlthaten stützen, so daß ihre Liebe zu Gott zu einem guten Teile Selbstliebe ist. Das ist nur eine unvollkommene Liebe. Voll - kommen ist die Liebe, wenn sie Gottes unendliche Schönheit und Vollkommen - heit selber zum Beweggrunde hat, wenn man Gott liebt, sich über seine Herr - lichkeit freut, die Ausbreitung seiner Ehre und seines Reiches von Herzen wünscht und nach Kräften fördert, gleich - viel ob man für sich selber davon ei - nen Gewinn habe oder nicht. Diese vollkommene Liebe hat eine solche Macht über das Herz Gottes, daß er ihr hier seine Gnade und jenseits den Himmel nicht verweigern kann. Da - rum sollen wir sie so oft als möglich zu erwecken suchen. Die vollkommene und die unvollkommene Liebe schließen einander nicht aus, d. h. man kann beide miteinander besitzen und üben. Darum sollen wir mit der unvollkom - menen, die leichter zu erwecken ist, an -160 fangen, und dann in der vollkomme - nen so weit fortschreiten, als es mit der Gnade Gottes uns möglich ist. Der unterste Grad derselben ist vor - handen, wenn man um alles in der Welt Gott nicht mit einer schweren Sünde beleidigen will, der zweite dann, wenn man auch mit keiner läßlichen Sünde gegen ihn freiwillig sich ver - fehlt, der dritte endlich, wenn die Liebe uns antreibt, immer zu thun, was Gott wohlgefälliger ist, mag es auch die schwersten Opfer erfordern. Auf dieser Stufe stehen die Heiligen, auf der untersten müssen alle stehen, welche selig werden wollen, alle Christen sol - len sich befleißen, sich wenigstens auf die mittlere Stufe zu erheben.

3. Wie können wir die Liebe Gottes erhalten und vermeh - ren? Die Liebe ist uns in der hei - ligen Taufe eingegossen worden und bleibt immer in uns, wenn sie nicht durch eine Todsünde ausgelöscht wird. 161Das erste muß also sein, den Fall in eine schwere Sünde um jeden Preis zu vermeiden, und wenn dieses Un - glück doch vorkommt, so bald als mög - lich, die verlorene Gnade und Liebe wieder zu erlangen.

Da die Liebe eine Gabe Gottes ist, müssen wir oft um die Erhaltung und Vermehrung dieser Gnade beten und sie durch die religiösen Gnaden - mittel erneuern und stärken. Weitere Mittel sind die Erkenntnis Got - tes und der Umgang mit Gott. Die Liebe unter Freunden entsteht und besteht dadurch, daß sie mit einander umgehen, einander schätzen und lieben lernen. So steht es auch mit der Liebe Gottes. Die Heiligen, welche Gott am besten kennen und mit Ihm am fleißigsten umgehen, sind voll der feurigsten Liebe, während die Sünder und Weltmenschen, die nie an Gott denken, auch keine Liebe zu Ihm be - sitzen. Leider beherzigen die wenigsten162 Christen, was Großes und Unermeß - liches, was Gutes, Schönes und Lie - benswürdiges in dem Worte Gott ent - halten ist. Man liebt Gott zu wenig, weil man Ihn zu wenig kennt. Möch - ten doch wenigstens alle das gehörig überlegen, was im Katechismus von den Eigenschaften Gottes gesagt wird. Ebenso wichtig wie die Erkenntnis Gottes ist der Umgang mit Gott. Die Gelegenheit dazu haben wir beim Ge - bete und Gottesdienst und der Be - nutzung der Gnadenmittel. Die Haupt - akte bei diesem Umgang sind Anbe - tung, Danksagung, Reue und Bitte. Durch diese Akte zeigen wir, daß wir Gott lieben, und erfahren zugleich, wie sehr Gott uns liebt.

Aber nicht bloß in diesen heiligen Augenblicken sollen wir Gott lieben, das ganze Leben soll eine Ueb - ung dieser Liebe sein. Aeußer - lich braucht hiefür an dem täglichen Leben gewöhnlicher Christen nur wenig163 geändert zu werden. Die Liebe zu Gott verlangt, daß wir freiwillige Fehler vermeiden, und das sollte doch jeder Christ ohnehin wollen. Im übri - gen handelt es sich nur darum, das, was jedenfalls zu geschehen hat, durch die rechten Gesinnungen zuheiligen. Ar - beiten müssen wir einmal und manche Leiden können wir auch nicht abschüt - teln. Was hindert uns, jede Arbeit, jeden Schritt und Tritt durch die gute Meinung in ein Werk der Liebe zu Gott zu verwandeln? Zu solchen Uebungen der Liebe werden auch alle Leiden jeder Art, wenn wir sie mit Ergebung, Geduld und Vertrauen er - tragen. Dadurch werden sie wertvoll für den Himmel, während sie sonst unnütz, gar oft schädlich sind.

Auch die Nächstenliebe soll eine Uebung der Liebe Gottes sein. Wir sollen den Nächsten wegen Gott lieben, d. h. weil Gott es gebietet, weil auch der Nächste ein Ebenbild Gottes, er -164 löst und zum Himmel berufen ist. Christus sagt: Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder gethan habt, das habt ihr Mir gethan. (Matth. 25, 40.) Auch die Nächstenliebe erlangt ihren Wert einzig durch die Liebe zu Gott. Der heilige Paulus sagt: Wenn ich alle meine Güter zur Speisung der Armen austeilte, hatte aber die Liebe nicht, so nützte es mir nichts. (I. Kor. 13, 3.)

Der Schöpfer hat auch eine na - türliche Nächstenliebe in das Herz des Menschen gepflanzt. Sie hat aber durch die Sünde Schaden gelitten, und muß durch den Glauben und die Gnade zur übernatürlichen Liebe um - geschaffen werden. Die natürliche Liebe weiß nichts von Feindesliebe und Ver - söhnlichkeit, ist auch nur in geringem Grade opferfähig und kann durch die Selbstsucht ganz erstickt werden. Mei - stens kümmert sie sich auch nur um die irdische Wohlfahrt des Nächsten,165 nicht aber um das, was viel wichtiger ist, um sein ewiges Heil. Um von diesen Mängeln befreit zu werden, muß die Nächstenliebe christlich, über - natürlich, ein Ausfluß der Liebe Got - tes sein.

Die natürliche Liebe zeigt ihre größte Stärke als Gatten - und Mut - terliebe. Es hat das seine große Bedeu - tung für die Wohlfahrt des menschli - chen Geschlechtes und ist darum vom Schöpfer gewollt und angeordnet. Hätte er das Herz der Gattin und Mutter anders geschaffen, so würde das als ein großer Mangel empfunden werden. Aber trotzdem sind diese natürlichen Neigungen an sich weder genügend, noch tadelfrei. Die sinnliche Zunei - gung unter Gatten kann mit der Zeit erkalten und ist vielfach nicht fähig, eheliche Zwistigkeiten, Abneigung und Untreue zu verhindern. Die Mutter - liebe als Naturgabe ist in beständiger Gefahr, blind zu werden und den Lieb -166 ling unglücklich zu machen, während sie ihn beglücken will. Je edler und bedeutungsvoller diese Anlagen sind, desto weniger darf man sie ausarten lassen. Das Weib muß als Christin lieben, die natürliche Liebe muß zur übernatürlichen erhoben werden, sie muß ihre Richtschnur haben an der Lehre Christi und ihre Kraft schöpfen ans der Gnade Christi. Von der Be - thätigung dieser Liebe im einzelnen ist an andern Stellen dieses Büchleins die Rede.

Der Apostel Paulus schließt sei - nen Unterricht über die Liebe mit den Worten: Die Liebe hört nie auf, wenn auch die Weissagungen aufhören, wenn die Sprachen ein Ende nehmen, und die Wissenschaft vergeht. Jetzt aber bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei, aber das größte unter diesen ist die Liebe. (I. Kor. 13, 8. 13.) Die Liebe verlangt von uns hienieden ein Opferleben, die Hingabe an Gott, die167 Verleugnung unserer selbst. Jenseits wird sie die Quelle unserer Seligkeit sein, und wer auf Erden am meisten Opfer der Liebe gebracht hat, wird im Himmel durch seine Liebe am meisten verherrlichet und beseliget werden.

15. Das heiligste Herz Jesu.

1. Der kurze Inhalt alles bisher Gesagten ist der: Das Weib ist ein Herz, sich hinzugeben, zu leiden, zu opfern und zu entsagen. Das Weib ist geschaffen und berufen zu Hohem und Edlem, es soll einer höchst wichtigen Aufgabe für das Reich Gottes genügen. Um es hiefür zu befähigen, hat der Schöpfer die edelsten Anlagen in sein Herz gelegt. Aber infolge der Sünde ist sein Herz auch der Sitz großer Schwachheiten und Verkehrtheiten, es ist leicht zu täuschen, unbeständig und unberechenbar in seinen Wünschen und Begierden, ebenso zugänglich für die168 Lockungen der Welt, wie für die feige Furcht vor ihrem Urteile.

Das Herz des Weibes bedarf einer Stütze und Stärkung außer ihm, und alles weitere hängt davon ab, wo es dieselbe sucht. Es wurde soeben darauf hingewiesen, daß es in der Uebung der drei göttlichen Tugenden, des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe sich über die fleischlichen und sinnlichen Bestreb - ungen erheben und in der übernatürlichen Welt die Quelle seiner Kraft und das Ziel seines Strebens suchen müsse.

Es muß nun diesem Streben der Weg noch etwas näher bezeichnet wer - den. Als Christen, als Kinder der Kirche, können wir uns in Wahrheit rühmen, daß kein anderes Volk ist, dem Gott so nahe ist bei allen seinen Bit - ten. (V. Mos. 4, 7.) Wir müssen Gott nicht mit Zittern suchen auf dem Throne seiner unnahbaren Majestät, seine ganze unendliche Macht und Liebe hat Wohn - ung genommen in einem Herzen von169 Fleisch und Blut, in einem Herzen, welches fühlt wie wir, welches unsere Schwach - heiten kennt, welches uns liebt und be - mitleidet, welches sich für uns geopfert hat und voll Verlangen ist, uns zu retten und selig zu machen. Dieses Herz ist das heiligste Herz Jesu und dieses muß der Mittelpunkt unseres religiösen Lebens und die Quelle der Kraft für unser sittliches und Berufsleben bilden.

Das Herz Jesu ist für alle da. aber doch möchte man meinen, daß das Herz des Weibes besonders für den Umgang mit demselben geeignet sei. Christus hat im Evangelium nur wenige Worte mit Weibern gewechselt. Er konnte kurz sein, weil die Sprache des Her - zens genügte. Mit zärtlichem Wohl - wollen nahm er sich der Mütter an, die sich hinzudrängten, um ihre Kinder von ihm segnen zu lassen. Die reuige Sünderin zu den Füßen des Heilands brauchte nicht zu reden, der Herr schaute in ihr Herz und mit einem Wort ver -170 lieh er ihr Verzeihung und den Frie - den des Herzens. Ohne daß die Witwe zu Naim sich an den Herrn wandte, bemitleidete er die Trauer ihres Her - zens und beglückte es mit der seligsten Mutterfreude. Veronika, Magdalena und andere fromme Frauen haben auf dem Kreuzwege und unter dem Kreuze mit ihrer mutigen Liebe die Männer beschämt. Darum waren ihre Herzen auch die ersten, welche am Ostermorgen mit dem Jubel der Auferstehung er - freut wurden. Das Herz Jesu ist noch das gleiche wie damals, und wer Ihm naht mit den Gesinnungen der Frauen des Evangeliums, darf auch die gleichen Segnungen und Freuden von ihm er - warten.

2. Das heiligste Herz Jesu ist das erhabene Vorbild für alle, aber die Nachahmung desselben scheint dem Weibe besonders nahe zu liegen. Christus war erfüllt von der größten Liebe zum Va - ter und zu den sündigen Menschen. In171 dieser Liebe machte Er sein Leben und Sterben zu einem Opfer des Gehor - sams, der Hingebung und der Leiden. Nie folgte er dem Zuge eigener Neig - ungen, sondern dem Willen des Vaters. Ich thue allezeit so, sagte Er selbst, was Ihm wohlgefällig ist. (Joh. 8, 29.) Gleich - zeitig macht er sich zum Opfer für das Heil der Menschen. Eine größere Liebe als diese hat niemand, daß er sein Le - ben für seine Freunde hingibt. (Joh. 15, 13.) Christus ist also das erha - benste Vorbild gerade in dem, was schon wiederholt als der Beruf des Weibes bezeichnet wurde, in der Hingebung. Man lese das unter Nr. 2 und 3 die - ses Buches Gesagte nach, und man wird finden, daß sowohl die Jungfrau als die Gattin und Mutter nur das Bei - spiel Christi eifrig nachzuahmen brauchen, um sich auf die Höhe ihres Berufes zu erheben.

Der hl. Paulus spricht den Grund - gedanken der Verehrung des heiligsten172 Herzens Jesu mit den Worten aus: So sollt ihr gesinnt sein, wie auch Christus Jesus gesinnt war. (Phil. 2, 5.) Wie man eine Uhr nach der an - dern richtet, soll unser Herz mit dem Herzen Jesu gleichsam einen Schlag haben, soll im Lieben und Verabscheuen, im Wollen und Nichtwollen ganz mit Ihm übereinstimmen. Es kann für un - ser Herz kein Leiden, keine Aufregung und keinen Kampf geben, wo nicht das heiligste Herz uns durch sein Beispiel belehrt, aufmuntert und tröstet. So erhebend und schön dieser Gedanke ist, man wird mit der Ausführung bei allem Eifer nur langsam vorwärts kom - men. Die Verkehrtheiten des mensch - lichen Herzens sind zu zahlreich und zu tiefgewurzelt. Darum müssen wir es machen, wie ein Maler des Alter - tums, der den Grundsatz befolgte: Kein Tag ohne Linie , und durch die täg - liche Uebung der berühmteste Maler ge - worden ist. Kein Tag soll vergehen,173 an dem wir nicht an dem Bilde un - seres Herzens durch Ueberwindung und Opfer einen fehlerhaften Zug auslöschen, und eine Linie ziehen, welche das Ab - bild dem göttlichen Vorbilde wenigstens um etwas ähnlicher macht.

Der göttliche Heiland hat selber unserem Unvermögen, sein Beispiel nach - zuahmen, schonende Rücksicht getragen. Sein Herz ist das herrlichste Vorbild in allen Tugenden und wir sollen sie alle nachahmen. Aber doch hat Er nur zwei Vorzüge seines Herzens ausdrück - lich zur Nachahmung empfohlen. Ler - net von Mir, denn Ich bin sanftmütig und demütig von Herzen, so werdet ihr Ruhe finden für euere Seelen. (Matth. 11, 29.) Alle Tugenden sind Schwestern untereinander, und wo man eine oder zwei von einem Herzen Besitz nehmen läßt, werden auch alle übrigen ihren Einzug halten. Ein Weib, welches die Demut und Sanftmut des heiligsten Herzens Jesu eifrig nachahmt, wird174 von Tag zu Tag mehr jenen Schmuck erlangen, den der hl. Petrus von ihm fordert, die Schönheit des verborgenen Herzensmenschen in der Unvergänglich - keit eines stillen und sanften Geistes, der vor Gott hohen Wert hat. (I. Petr. 3, 4.) Ein sanftes und demütiges Weib ist liebenswürdig vor Gott und den Menschen, ist das Glück und der Se - gen ihrer Angehörigen, und welches auch seine irdischen Verhältnisse sein mögen, es wird Ruhe finden für seine Seele, weil es so ist, wie es nach Got - tes Willen und seinem Berufe sein soll.

3. Das heiligste Herz Jesu ist nicht bloß unser Vorbild, es ist auch die Quelle der Gnade. Christus sagt: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Re - ben. Wer in Mir bleibt, und Ich in ihm, der bringt viele Frucht; denn ohne Mich könnt ihr nichts thun. Wenn je - mand nicht in Mir bleibt, der wird wie eine Rebe hinausgeworfen und ver - dorret; man sammelt sie ein, wirft sie175 ins Feuer und sie brennt. Wenn ihr in Mir bleibet, und meine Worte in euch bleiben, so möget ihr bitten, was ihr immer wollt, es wird euch gegeben werden (Joh. 15, 5, ff.)

Ohne Christus fehlt uns alles. Nur durch Ihn erlangen wir die Vergebung der Sünden und die heiligmachende Gnade, welche uns zu Kindern Gottes und Erben des Himmels macht. Wir sind nur fähig zum Guten, wenn die göttliche Gnade uns erleuchtet und stärkt. Die Quelle für diese Gnade ist das Herz des Erlösers. Wie die Rebe aus dem Weinstocke lebt, der sie mit seinen Säften ernährt und befähigt, Blüten und Früchte hervorzubringen, so lebt unsere Seele aus Christus. Es wird uns keine Sünde vergeben, keine Gnade mitgeteilt, kein Gebet erhört, es wird keiner Seele der Himmel geöffnet, es sei denn durch die Verdienste und Gna - den unseres Erlösers. Die Heiligen sind nur heilig als Rebzweige an die -176 sem Weinstocke, d. h. durch die Gnade, die sie reichlich von Christus empfangen und eifrig benutzt haben. Wollen wir einen Fehler ablegen, eine Tugend er - langen, Versuchungen überwinden und Leiden geduldig ertragen, so müssen auch wir die Kraft bei Christus suchen.

Christus stellt hiefür die Beding - ung, daß Er in uns, und wir in Ihm seien. Die Rebe verdorrt, wenn sie vom Weinstocke getrennt wird, und ohne Christus ist auch die Seele eine solche hinausgeworfene Rebe, sie schöpft als - dann ihr Leben nicht aus den über - natürlichen Quellen unserer Religion, sondern führt bloß ein natürliches Le - ben, wie es bei den Heiden der Fall war. Ein dreifaches Band muß uns mit Christus in lebendige Verbindung bringen, der Glaube, die Gnade und die Liebe. Christus selber erleichtert uns diese dreifache Verbindung durch sein barmherziges Entgegenkommen. Um selig zu werden, müssen wir an seine177 Lehre glauben, und darum verkündet Er sie uns durch die von Ihm gestif - tete und geleitete Kirche. Die heilig - machende Gnade, die ebenfalls zur Se - ligkeit notwendig ist, und die wirkliche Gnade, ohne die wir nichts Gutes ver - mögen, bietet er uns an in den Gna - denmitteln, die Er seiner Kirche anver - traut hat. Was unser Herz zu Ihm als dem Gnadenspender hinzieht, das ist die Hoffnung. Die Liebe hat Er selber in unsere Herzen ausgegossen, hat ihr als Regel und Richtschnur seine Gebote gegeben, und wird nicht müde, sie immerfort aufzumuntern und zu stärken. Bewunderungswürdig ist, was Er aus Liebe zu uns bereits gethan hat, als Er auf Erden wandelte, was Er immer noch thut auf dem Altare, im Tabernakel, in den heiligen Sakra - menten, in unseren Herzen und als Fürsprecher beim Vater, und was Er in der Ewigkeit noch thun will als die Seligkeit der Seligen. Wer kann diese178 Liebe betrachten, ohne zur Gegenliebe entflammt zu werden!

Wer durch dieses dreifache Band mit Christus verbunden ist, der lebt in Christus, wie Christus in ihm lebt. Er muß nur sorgen, daß das Band nicht gelöst wird, daß er namentlich nie eine schwere Sünde begeht und noch weniger in ihr fortzuleben wagt. Dann ist er stark und glücklich, so gut man es auf Erden sein kann. Er ist stark im Ge - bete, denn Christus sagt ja: Ihr möget bitten, was ihr immer wollt, es wird euch gegeben werden. (Joh. 15, 7.) Er ist stark in den Versuchungen und Ge - fahren nach jenem Worte: Der in euch ist, ist mächtiger, als der in der Welt ist. (I. Joh. 4, 4.) Er ist stark und ge - tröstet im Leiden, denn er ist bei dem, der gesagt hat: Kommt zu Mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, und Ich will euch erquicken. (Matth. 11, 28.)

4. Es wurde oben beklagt, daß so wenige beherzigen, was Großes und179 Liebenswürdiges in dem Worte Gott enthalten ist. Dieselbe Klage muß hier in Bezug auf Jesus Christus wieder - holt werden. O daß doch alle Ihn kennen möchten! Die Erkenntnis des gött - lichen Heilandes würde die Herzen mit ge - heimer Gewalt zu seinem Herzen hin - ziehen, und dort würden sie alles finden, was ihnen zum Frieden und zum Heile dient. Aber unsere Schwäche und Nach - lässigkeit und vielfach auch äußere Um - stände stehen dem hindernd entgegen. Da müssen denn Dinge zu unserem Heile mitwirken, welche wir nicht un - gern als Uebel ansehen, die Leiden und Versuchungen. Nie vergißt man Gott leichter als in Zeiten ungetrübten Wohl - ergehens. Die Not lehrt beten. Die Jünger ließen den Heiland im Schiffe schlafen, bis der gefährliche Sturm ihnen den Hilferuf abnötigte: Herr, hilf uns, wir gehen zu Grunde! (Matth. 8, 25.)

Für diejenigen, welche Christus in ihrem Schifflein haben, d. h. welche180 durch den Glauben, die Gnade und die Liebe mit Christus vereinigt sind, ist es ein wahres Glück, wenn sie durch die Sorgen, Leiden und Versuchungen des Lebens recht oft genötiget werden, bei Christus Hilfe zu suchen. Die Be - drängnis treibt sie zu Christus und er - haltet sie bei Christus, und bei Ihm finden sie alles, was erforderlich ist, da - mit alles, auch das schwerste Leiden zum Besten gereicht. Darum schreibt der Apostel: Haltet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallet. (Jak. 1, 2.) Auf dem unruhigen Meere dieses Lebens ist vorgesorgt, daß diese Anfechtungen kaum jemanden feh - len. Sie werden allen denen zur Freude werden, welche Christum im Schifflein haben und nicht versäumen, in jedem Sturme ihn zu wecken, dann wird Er im Leben ihr Schutz und Schirm und im letzten Augenblicke ihre Rettung sein.

Eine christliche Mutter soll mit dem heiligen Paulus sagen können:181 Ich lebe, doch nicht ich, sondern Chri - stus lebt in mir. (Gal. 2, 20.) Wie der Weinstock in seinen Zweigen lebt, so soll Christus mit seiner Wahrheit und Gnade in ihr leben, sie heiligen, erleuchten, stärken und trösten zu ih - rem eigenen Heile und zum Heile der ihr anvertrauten Seelen.

Hienieden ist dieses Leben in Chri - stus nach demselben heiligen Apostel ein verborgenes. (Kol. 3, 3.) Es gleicht dem Leben des gesunden Baumes im Winter, der mit seinen kahlen Zwei - gen dem verdorrten Baume äußerlich ähnlich scheint. Wenn aber der Früh - ling und der Sommer kommen, so bleibt der verdorrte Baum in seiner Erstorbenheit, der gesunde offenbart das verborgene Leben in dem Schmucke seiner Blätter, Blüten und Früchte.

Auch für die christliche Mutter gleicht das irdische Leben der rauhen Winterszeit. Sie muß die Stürme mannigfacher Leiden und Prüfungen182 über sich ergehen lassen, sie selber ist nicht frei von vielen Gebrechen und Armseligkeiten, ihre Sorgen und - hen und Opfer wollen kein Ende neh - men, sie scheint kaum etwas vor der Mutter voraus zu haben, welche ein Weltkind ist. Aber auch dieser Win - ter geht vorüber und einmal kommt der Frühling des ewigen Lebens. Dem verdorrten Baum, der fleischlich den - kenden und lebenden Mutter, wird dieser Frühling kein neues Leben bringen, an der christlichen Mutter aber und ihren Kindern wird sich das Wort des Apo - stels erfüllen: Wenn Christus, euer Leben, erscheinen wird, dann werdet auch ihr erscheinen mit Ihm in Herr - lichkeit. (Kol. 3, 4.)

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II. Die Pflichten der christlichen Mutter.

Sie schaut auf den Wandel ihres Hauses. Es kommen empor ihre Kinder. (Sprichw. 31, 27.)
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Die tägliche Nachfolge der hl. Familie,[ist]ein beständiger Gottesdienst

16. Ein neuer Stand, ein neues Leben.

1.

Höre, Tochter, und schaue, und neige dein Ohr! und vergiß dein Volk und das Haus deines Vaters. Anstatt deiner Väter werden dir Söhne ge - boren. (Ps. 44, 11. 17.) Man kann diese von dem Psalmisten in höherem Sinne gebrauchten Worte auch auf die irdische Braut anwenden. Sorgenfrei lebte sie bisher im Schoße ihrer Fa - milie oder hatte mindestens nur für sich selbst zu sorgen. Jetzt heißt es: Vergiß das Haus deines Vaters. Sie verläßt Vater und Mutter und Angehörige, vertauscht sogar ihren bis -186 herigen Familiennamen, sie schließt ab mit einer Vergangenheit, auf die sie später wahrscheinlich als auf die glück - lichste Zeit ihres Leben zurückschauen wird. Bisher stunden ihr mehrere Wege durch das Lebens offen, jetzt hat sie unwiderruflich gewählt, hat ihr Schicksal mit unlösbaren Banden an einen Mann geknüpft, der sie entwe - der glücklich oder unglücklich machen wird. Anstatt deiner Väter werden dir Söhne geboren. Getrennt von der Familie, aus welcher sie hervor - gegangen, soll sie mit ihrem Gatten selber eine neue gründen und deren innere Führung übernehmen. Sie tritt in eine neue Wohnung und in neue Verhältnisse, sie übernimmt neue Pflichten, beginnt gewissermaßen ein neues Leben.

2. Wenn irgend einmal verdient bei diesem entscheidenden Wendepunkt im Leben jener Spruch volle Beher - zigung: Bedenke das Ende! Kurz ist187 das Leben, rasch enteilen die Jahre und ehe man sich's versieht, wird der geschlossene Bund von der rauhen Hand des Todes wieder gelöst. Das Leben hätte keine Bedeutung, wenn nicht dem Tode das Gericht folgte, wenn nicht das, was man für sich und seine Kinder gethan hat, in die Ewigkeit hinüberwirkte. Bedenke da - rum das Ende! Lebe von Anfang an so, wie du wünschen wirst gelebt zu haben, wenn das Ende kommt. Wenn möglich, soll jede Braut vor der Verehlichung einige Tage in der Einsamkeit den geistlichen Uebungen obliegen, durch eine Generalbeicht mit ihrer Vergangenheit abschließen, und im Lichte der ewigen Wahrheiten, die sie betrachtet, wohlüberlegte Vorsätze fassen für das Leben in dem neuen Stande.

3. Es ist eine Hauptsache, daß von Anfang an das Leben in den neuen Verhältnissen möglichst gut geordnet188 wird. Wie man anfängt, so wird man in der Regel fortfahren, je - denfalls später höchst selten etwas verbessern von dem, was anfänglich geübt wurde.

Das Gesagte gilt eigentlich von allem, was der Gattin und Mutter obliegt, aber ganz besonders wichtig ist es in Bezug auf die Tages - und Lebensordnung. Ein geistreicher Mann bemerkte einst: Unter den kleinen Feh - lern ist die Unpünktlichkeit einer der größten. Das Leben, namentlich das der Mutter oder Hausfrau, wird aus - gefüllt von einer Menge kleiner Ver - richtungen, die kaum der Beachtung wert scheinen. Aber diese scheinbaren Kleinigkeiten pflegen sich jeden Tag zu wiederholen, und wenn die Hausfrau nichts übersehen will, wenn sie alles zur rechten Zeit thun und für alles Zeit haben will, so muß sie die Zeit gehörig einteilen und nicht bloß ar - beiten, sondern auch geordnet arbeiten. 189Sie braucht eine bestimmte Tagesord - nung.

Diese Tagesordnung ist aber noch viel wichtiger und notwendiger für das Familienleben und die Erziehung. Die Familie ist ein Staat im Kleinen. Kein Staat und keine Genossenschaft kann bestehen ohne bestimmte Gesetze oder Regeln, denen alle sich unterord - nen müssen. Solche Gesetze braucht auch die Familie und das erste der - selben ist die Tagesordnung. Insbe - sondere muß das, was gemeinsam ge - schieht, z. B. das Essen, seine festge - setzte Zeit haben und diese von allen pünktlich eingehalten werden, sonst ist keine Ordnung im Hause, sondern nur Verwirrung, Zeitverlust und Unzufrie - denheit. Sodann ist es selbstverständ - lich, daß man die Kinder auch nicht zur Ordnung erziehen kann, wenn keine im Hause besteht.

Ebenso wichtig, wie für die täglichen Arbeiten und Verrichtungen ist eine190 pünktliche Tagesordnung für das re - ligiöse Leben, insbesondere die täglichen Gebete. Die gegenseitige Erbauung und die christliche Erziehung verlangen, daß dieselben gemeinsam verrichtet wer - den, was natürlich ohne pünktliche Be - obachtung der Tagesordnung nicht mög - lich ist. Auch in Bezug auf den Kirchenbesuch, den Empfang der hl. Sakramente, die gemeinsame erbauliche Lesung, das ganze religiöse Leben sol - len junge Eheleute von Anfang eine bestimmte Regel aufstellen und möglichst genau beobachten.

Kostet die Beobachtung der Tages - ordnung vielleicht anfänglich einige Mühe, so wird das bald besser wer - den. Was wir täglich thun, mag es gut oder böse sein, wird schnell zur Gewohnheit, und wie schlimme Gewohnheiten uns an die Sünde fes - seln, so beseitigen gute Gewohnheiten die Schwierigkeiten für die Uebung des Guten. Das erste Jahr ist darum191 für junge Eheleute ein wichtiges Jahr. Während desselben soll die häusliche Ordnung so eingerichtet werden, wie es die zeitliche Wohlfahrt und das Seelenheil aller Glieder der Familie verlangen, und sie soll so befestigt wer - den, daß sie für alle Zukunft stand haltet und nicht ohne Grund außer acht gelassen wird.

Es sind noch zwei besondere Gründe, warum die junge Gattin das erste Jahr benutzen soll, um die häusliche und namentlich die religiöse Tages - ordnung recht fest zu begründen. In der ersten Zeit sind die häuslichen Ar - beiten geringer als später, wenn die Familie sich vergrößert, und darum geht es im Anfang viel leichter, sich an eine bestimmte Regel und Ordnung zu gewöhnen. Sobald Kinder vor - handen sind, gibt es manche Störun - gen, welche zu Ausnahmen von der Regel nötigen und die Regel selber ge - fährden, wenn man sich nicht vorher192 recht in sie hineingelebt hat. Sodann bedarf die junge Frau zur Aufrecht - haltung der Haus - und Tagesordnung des Einverständnisses und der Mit - wirkung des Mannes, welche in der ersten Zeit leicht, später aber nur sel - ten mehr zu bekommen sind. Darum fange mit Ueberlegung und Entschlos - senheit im neuen Stande ein neues Leben an, schon am Anfange bedenke das Ende, und lebe vom ersten Tage an so, wie du am letzten wünschen wirst, gelebt zu haben.

17. Gatte und Gattin; Vater und Mutter.

1. Die gute Gattin wird auch eine gute Mutter sein, und die glückliche Gattin kann hoffen, auch eine glück - liche Mutter zu werden. In Bezug auf die Gattenpflichten und die Er - ziehung gibt es vieles, was Mann und Frau in gleicher Weise angeht,193 und was ich in dem Büchlein der christliche Vater bereits gesagt habe. Ich möchte die Leserinnen aus einem doppelten Grunde auf dieses Büchlein verweisen, einmal um hier Raum zu gewinnen für das, was die Frau be - sonders angeht, und sodann, weil es im Interesse der Sache selber gelegen ist, daß sie besagtes Büchlein kennen und benutzen. Vater und Mutter müs - sen ja das gleiche Ziel mit vereintem Zusammenwirken und größtenteils auch mit den gleichen Mitteln anstreben. Wenn die Mutter die Pflichten des Vaters kennt, so wird es ihr leichter sein, denselben zur Mitwirkung anzuregen und in Harmonie mit ihm die höchste Aufgabe ihres Lebens zu erfüllen.

2. Nichts auf Erden kann wich - tiger sein für die Gattin und Mutter, als die Beschaffenheit ihres Lebensge - fährten. Ueberglücklich ist sie, wenn ihr Mann zu denen gehört, welche die heilige Schrift als Gerechte preist. Sein194 Wandel ist eine Erbauung, sein Wort eine Erquickung, sein Umgang eine Stärkung und Unterstützung für sie. Ist er gläubig und fromm und ge - wissenhaft, besitzt er ein edles Herz und einen männlichen Charakter, dann hat sie eine feste Stütze an ihm, der sie getrost vertrauen kann. Dann er - füllt sich an ihrer Familie jener be - geisterte Segenswunsch der heiligen Schrift: Glückselig alle, die den Herrn fürchten, die da wandeln auf seinen Wegen. Denn von der Arbeit deiner Hände wirst du essen: Heil dir, es wird dir gut gehen! Dein Weib ist wie ein fruchtbarer Weinstock an den Wän - den deines Hauses, deine Kinder wie junge Oelbaumpflanzen um deinen Tisch her. Siehe, also wird der Mann gesegnet, der den Herrn fürchtet! Der Herr segne dich aus Sion, und lasse dir sehen das Glück Jerusalems alle Tage deines Lebens, und lasse dich die Kinder deiner Kinder sehen! (Ps. 127, 1 ff.)

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Die menschliche Schwachheit hat vorgesorgt, daß dieser glückselige Zu - stand nirgends ein vollkommener ist. Immer sind beide Teile schwache Men - schen, und jeder Fehler an Eheleuten ist auch eine Wolke an dem Himmel des ehelichen Glückes, ein Hindernis für die gute Erziehung. Aber wenn Glaube und Gewissen und guter Wille nicht wanken, wenn man, wie es Pflicht ist, Geduld mit einander hat und die gegenseitige Erbauung und Heiligung nicht aus dem Auge verliert, so wer - den diese menschlichen Gebrechen weder dem ehelichen Glück noch der christlichen Erziehung erheblichen Eintrag thun.

3. Leider gibt es Ehemänner in allzugroßer Zahl mit Fehlern, die viel ernster zu nehmen sind. Namentlich sind es deren zwei, welche heutzutage häufig vorkommen und viel Unheil anrichten, die Irreligiosität und die Trunksucht. Der Mann ist den schlim - men Einflüssen der Welt viel mehr196 ausgesetzt als die Frau und wenn er nicht sehr wachsam ist, so erliegt er denselben, wird nachlässig im Gebete und Kirchenbesuche, kann schließlich selbst zum Zweifler und Ungläubigen wer - den. Ebenso große Gefahren bedrohen seine Mäßigkeit und es ist allbekannt, wie viele in denselben als Verschwen - der und Trunkenbolde untergehen. Es ist schwer zu sagen, welches von diesen beiden Uebeln für ein Familie mehr zu beklagen sei. Die Trunksucht schafft namentlich in den niederen Standen mehr sichtbares Elend, über sie werden mehr Thränen geweint. Der Unglaube des Vaters bringt in der Regel we - niger Störungen in das Familienleben, aber wenn er Einfluß gewinnt, so greift er tiefer, indem er namentlich den Söhnen den religiösen und damit auch den sittlichen Halt entzieht und sie so zu einem Spielball der Lockun - gen und Gefahren der Welt macht.

Eine christliche Frau, die an einen197 irreligiösen oder trunksüchtigen Mann gebunden ist, befindet sich in einer beklagenswerten Lage. Der Mann sollte für sie eine Stütze sein, und er ist das Gegenteil, für ihr Herz eine Quelle schmerzlicher Kümmernisse und ein großes Hindernis für die Kinder - erziehung. Er sollte mit ihr aufbauen, und nicht bloß thut er das nicht, son - dern es ist die größte Gefahr, daß er wieder niederreiße, was sie aufbaut. Wird eine solche arme Mutter unter diesen Umständen noch etwas auszu - richten vermögen? Menschlich betrach - tet ist freilich alles zu befürchten, aber als Christin darf sie den Mut nicht aufgeben. Gottes Gnade ist allen menschlichen Hindernissen überlegen, und darum kann das Ziel auch unter den schwierigsten Umständen doch er - reicht werden. Und es handelt sich um das Heil unsterblicher Seelen, und darum muß es um jeden Preis erreicht werden.

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18. Gatte und Gattin; Vater und Mutter.

(Fortsetzung.)

1. Zunächst muß der Gattin und Mutter die fehlende Stütze ersetzt wer - den. Manche fühlen das Bedürfnis, ihr bekümmertes Herz vor Bekannten und Freunden auszuschütten und bei diesen Trost zu suchen. Der Trost besteht gewöhnlich darin, daß man der Klagenden Recht gibt und den Be - klagten heruntermacht. Aber was ist damit erreicht? Gar nichts, als daß man es der Gattin erschwert, die christlichen Gesinnungen gegen ihren Gatten zu bewahren, man senkt den Stachel der Abneigung in ihr Herz, macht sie unzufrieden mit ihrer Lage, und wenn sie mit diesem Troste heimkehrt, so fühlt sie sich erst recht unglücklich. Mit solchem Troste hat man schon oft den ersten Keil zwischen Eheleute hinein - getrieben, der dann zu unversöhn -199 lichem Zwiespalt, selbst zur Trennung führte. In solchen Fällen soll das Wort des Propheten beherzigt werden: Im Schweigen und in der Hoffnung wird euere Stärke sein. (Js. 30, 15.) Im Schweigen wird euere Stärke sein den Menschen gegenüber. Die Leiden der Gattin sollen so lange als mög - lich ein Geheimnis ihres Herzens blei - ben, hier ist geteilter Schmerz nicht halber Schmerz, und die Mitteilung an andere führt zudem zur Schwächung der Ehre ihres Hauses. Ist ihr Herz zu voll und zu gedrückt, um schweigend zu dulden, so gehe sie nicht zur ersten besten Frau Base, sondern klage ihre Not einem Ratgeber, von dem sie nicht einen giftigen Trost und verkehrte Räte zu gewärtigen hat.

Und in der Hoffnung, sagt der Prophet, wird euere Stärke sein. Wenn die Gattin an demjenigen eine drückende Last gefunden hat, der ihre Stütze sein sollte, so muß sie ihre Stütze200 höher oben suchen. Sie muß allen ihren Glauben und ihr Gottvertrauen zu - sammennehmen und damit vor Gott hin - treten, vor Ihm ihr Herz ausschütten, bei Ihm Hilfe suchen und von Ihm sich trösten lassen. Hat eine unglück - liche Gattin nicht religiösen Sinn ge - nug, um sich zu Gott zu erheben, so wird sie unter der Last erliegen und zusammenbrechen. Als echte Christin aber wird sie im Gebete, im Hause Gottes, an der Kommunionbank jenen Geist und jene Kraft erlangen, welche schon so manche schwergeprüfte Frau zu ei - ner heiligen Heldin gemacht haben.

Freilich bringen es nicht alle so weit, wie die heilige Elisabeth von Thüringen, welcher bereits früher ge - dacht wurde. Solcher Heldenmut ist nicht jedermanns Sache. Aber wer wirklich beten, d. h. aus dem Herzen mit Gott reden kann, wird bei Ihm eine Ermutigung und Stärkung fin - den, die er bei den Menschen verge -201 bens sucht. Jeder kleine Kummer soll die Gattin antreiben, nach oben zu schauen und zu beten, mit einem gro - ßen und schweren Kummer aber gehe sie in die Kirche und verlasse dieselbe nicht mehr, bis ihr Herz beruhigt und gefaßt ist. Im Schweigen und in der Hoffnung wird euere Stärke sein.

2. Sodann muß auch für die Be - kehrung des Mannes das Mögliche gethan werden. Soweit es sich um den Unglauben und die Irreligiosität der Männer handelt, fanden die Apostel schon in den ersten Zeiten Gelegenheit genug, den Frauen gute Räte zu ge - ben. So schreibt der hl. Petrus: Die Weiber sollen ihren Männern unter - than sein, damit auch die, welche dem Worte nicht glauben, ohne das Wort gewonnen werden, wenn sie eueren keu - schen, gottesfürchtigen Wandel sehen, (I. Petr. 3, 1.) Und der hl. Paulus ruft den Kleinmütigen, welche einen Erfolg nicht zu hoffen wagen, aufmunternd202 zu: Wie weißt du, Weib, ob du den Mann nicht zum Heile führen werdest? (I. Kor. 7, 16.) Diese apostolischen Worte bilden eine Wiederholung und Bestä - tigung der Mahnung des Propheten: Im Schweigen und in der Hoffnung wird euere Stärke sein. Mit Worten werden die Weiber ihre Männer nicht leicht bekehren können. Schon der hl. Petrus deutet dieses an, indem er von Männern redet, die dem Worte nicht glauben. Schon mancher Mann ist sogar durch das ungestüme Zureden der Frau nur halsstarriger geworden. Es braucht ein Mittel, welches in die Seele dringt und dort den guten Willen weckt. Ein solches Mittel ist von Seite Got - tes die Gnade, und von Seite der Menschen besteht es nach dem hl. Pe - trus darin, daß die Weiber den Män - nern unterthan sind und sie durch ihren keuschen, gottesfürchtigen Wandel er - bauen.

Der hl. Gregor von Nazianz gab203 der heiligen Olympias folgenden Rat: Schätze deinen Gemahl, wie das Auge deines Leibes. Liebe nur ihn, er sei deine Freude und dein Trost. Gib ihm nie Anlaß, auf dich zu zürnen; stehe ihm bei, tröste ihn in seinen Leiden und Betrübnissen. Rede mit ihm in aller Sanftmut und Zärtlichkeit; sei bescheiden in den Gegengründen, die du gegen seine Meinung vorbringst, und benütze dazu einen günstigen Au - genblick. Ahme jenen nach, welche - wen bezähmen wollen; statt Gewalt zu brauchen, schmeicheln und liebkosen sie ihnen. Habe Mitleid mit deines Man - nes Schwäche, und halte sie ihm nie - mals mit Bitterkeit vor. Es ist dir nicht erlaubt, dieses gegen den zu thun, welchen du allem in der Welt vorziehen mußt.

Es dürfte nicht leicht eine Gattin gegeben haben, welche diesen Rat eines Heiligen getreuer und mit mehr Glück befolgt hätte, als die heilige Monika. 204Monika wurde noch jung mit Patri - tius vermählt, der in Gesinnung und Leben ein Heide war. Ihr heiliger Sohn schildert nun ihr Verhalten als Gat - tin in folgender Weise: Sie be - mühte sich von nun an, ihn für Dich zu gewinnen, o Herr, indem sie zu ihm von Dir durch die Heiligkeit ihrer Sit - ten sprach, welche dazu dienten, ihre Schönheit in seinen Augen zu erhöhen und ihr seine Liebe und Hochachtung zu gewinnen. Ihre Geduld und Er - gebung hinsichtlich seiner Untreue war aber auch so groß, daß nie deshalb der geringste Zwiespalt zwischen ihnen entstand. Sie wartete, bis ihm deine Erbarmung den Glauben und die Keusch - heit zugleich gäbe. Da er aber unge - achtet seines aufmerksamen Wohlwol - lens für sie heftig und aufbrausend war, so hatte sie sich zum Gesetze ge - macht, ihm während der Aufwallungen seines Zornes nie weder durch Hand - lungen, noch selbst durch Worte zu wi -205 derstreben. Wenn aber die Ruhe auf den Sturm gefolgt, und er wieder zu sich gekommen war, dann wählte sie die Gelegenheit, ihn auf seinen Fehler aufmerksam zu machen, wenn er wirk - lich ohne Grund aufgebraust war. Mehrere vornehme Frauen, deren Gatten weit weniger heftig waren als der ihrige, sahen sich gleichwohl von ihnen miß - handelt, und zwar so, daß sie die Spu - ren der erhaltenen Schläge auf ihren Gesichtern trugen. In ihren vertrau - lichen Unterhaltungen beklagten sie sich über das rohe Benehmen ihrer Gatten. Meine Mutter entgegnete ihnen, daß sie vielmehr ihrer Zunge die Schuld beimessen sollten. Dann fügte sie, in - dem sie einen ernsten Rat in einen Scherz kleidete, hinzu, sie hätten schon damals, als man ihnen ihren Ehever - trag vorlas, diesen als die Urkunde ihrer Knechtschaft betrachten sollen. Sie sollten demnach ihren Stand nicht ver - gessen, und sich nicht gegen ihre Herren206 erheben. Eben diese Frauen, welche wußten, wie jähzornig ihr Mann sei, wunderten sich sehr, daß man nie wahr - genommen, ja, nicht einmal sagen hörte, Patritius habe seine Frau geschlagen, oder es sei auch nur einmal ein häus - licher Zwiespalt zwischen ihnen gewesen. Als meine Mutter vertraulich um den Grund gefragt wurde, legte sie ihr Ver - halten dar, wie es oben angegeben wurde. Diejenigen, welche sich bestreb - ten, ihr Beispiel nachzuahmen, befan - den sich besser dabei und dankten ihr dafür, während die anderen weitere Mißhandlungen zu erdulden hatten.

Aehnlich verhielt sich meine Mut - ter gegen ihre Schwiegermutter. Diese hatte sich durch die lügenhaften Ein - flüsterungen einiger Mägde gegen ihre Schwiegertochter einnehmen lassen. Aber bald wurde sie durch deren unermüd - liches Zuvorkommen und ihre unver - änderliche Sanftmut so sehr für sie ein - genommen, daß sie selber dem Patri -207 tius die Abscheulichkeit dieser bösen Zun - gen anzeigte, und ihn bat, gegen die - selben einzuschreiten, damit sie aufhören, Unruhe und Zwietracht in die Familie zu bringen. Der Vater verfuhr nach ihrem Willen und alsdann erklärte sie den Schuldigen, daß sie dies immer zu gewärtigen hätten, sobald sie, um ihr zu gefallen, falsche Anzeigen gegen ihre Schwiegertochter machten. Von dieser Zeit an wagte es keine mehr, und so lebten beide in der innigsten und voll - kommensten Freundschaft ....

Endlich hatte sie die Freude, ihren Gatten kurz zuvor, ehe er aus dieser Welt ging, deinem Gesetze, o Herr, zu gewinnen. Sobald er sich der Wahr - heit ergeben hatte, flossen die Thränen seiner Gattin nicht mehr über die Un - ordnungen, die sie in schweigender Er - gebung beweint hatte, da er noch kein Christ war . (Aug. Bekenntnisse, IX, 9.) So befolgte die heilige Monika die Mahnung des heiligen Petrus, sie war208 ihrem Manne unterthan, der dem Worte nicht glauben wollte, und er wurde ohne das Wort gewonnen, da er ihren keu - schen, gottesfürchtigen Wandel sah. Sie hat im Schweigen und in der Hoffnung ihre Stärke gesucht, und ihre Hoffnung ist nicht zu Schanden geworden.

3. Wenn es sich um die Bekehr - ung des Gatten handelt, so ist es we - nigstens nicht schwer zu sagen, was die Gattin thun soll, so schwer auch die Ausführung ist. Wenn aber eine Mut - ter die Kinder christlich erziehen soll, während der Vater sie nicht unterstützt, vielmehr für sie ein Hindernis ist, so ist es sogar schwierig, auch nur einen Rat zu geben. Schwierig ist schon das erste Erfordernis, welches darin besteht, das Ansehen des Vaters zu wahren. Die Mutter darf seine Fehler nicht recht - fertigen, aber auch sein Ansehen nicht herabsetzen. Wenn sie in ihrem Her - zen christliche Gesinnungen gegen den fehlenden Gatten hat, so werden die -209 selben sicher auch auf die Herzen der Kinder übergehen und diese so stimmen, daß sie das vierte Gebot nicht vergessen, wenn ihnen auch die Fehler des Vaters nicht verborgen sind.

Eine zweite Regel enthält eine schein - bare Abweichung von dem bisher Ge - sagten. Eine Gattin soll im übrigen Leben so weit als möglich schweigen, nachgeben und dulden, um den Gatten zu gewinnen. In der Erziehung würde diese Nachgiebigkeit Schwäche sein. Was zur christlichen Erziehung gehört, was das Seelenheil der Kinder erfordert, darauf muß sie mit aller Entschie - denheit bestehen. Eine Gattin kann für ihre Person vieles dulden, ohne daß das ihrer Seele schadet, aber eine Mutter darf in Bezug auf Erziehung, Schulunterricht und Unterbringung der Kinder nie etwas zugeben, was für Religion und Tugend und Seelenheil der Kinder eine Gefährde bringen kann. Der h. Augustin konnte bei aller Ver -210 ehrung gegen seine edle Mutter nicht verschweigen, daß sie in diesem Punkte zu schwach und zu nachgiebig gewesen sei, und so seine späteren Verirrungen mitverschuldet habe.

Eine dritte Regel möchte ich mit einem Worte des heiligen Paulus aus - drücken. Derselbe sagt lobend von dem Patriarchen Abraham: Er hat wider die Hoffnung an die Hoffnung geglaubt. (Rom. 4, 18.) Nach menschlichem Urteile hatte Abraham keine Nachkommenschaft mehr zu erwarten, aber er vertraute auf die Verheißung des Herrn, glaubte wider die Hoffnung an die Hoffnung und ist nicht zu Schanden geworden. So muß auch die christliche Mutter auf den Herrn hoffen, wo nach mensch - licher Anschauung wenig zu hoffen ist. Je trostloser ihre Lage ist, desto mehr hoffe sie wider die Hoffnung. Die christliche Hoffnung hat zwei überaus heilsame Wirkungen. Die erste übt sie aus auf das menschliche Herz. So211 lange eine unglückliche Mutter an der Hoffnung festhaltet, trotz allen Schwierig - keiten ihr Ziel zu erreichen, so lange hat sie auch Mut und Kraft zur Er - füllung ihrer Pflichten. Erst wenn sie die Hoffnung aufgibt, bricht sie mut - und kraftlos zusammen. Die Hoffnung hat aber auch Macht über das Herz des himmlischen Vaters. Gott kann gemäß seinen Verheißungen denjenigen nicht verlassen, der auf Ihn hofft, und je stärker seine Hoffnung ist, desto mehr wird Er ihm nahe sein. Drum, o christliche Mutter, lasse dich nicht be - irren durch die schwierige Lage, bete und arbeite, erfülle deine Pflichten so, als ob das Heil deiner Kinder nur von dir abhänge, und bete und ver - traue, als ob Gott alles thun müsse. Dann darfst auch du getrost mit dem Apostel Paulus sagen: Ich vermag alles in dem, der mich stärkt. (Phil. 4, 13.) Wer auf den Herrn hofft, wird ewig nicht zu Schanden werden.

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19. Die Hausfrau und Hausmutter.

1. In den Sprüchen Salomons wird die starke Frau mit folgenden Worten geschildert: Wer wird ein starkmütiges Weib finden? Wie von ferne, ja von den äußersten Grenzen kommend, ist ihr Wert. Es vertraut auf sie ihres Mannes Herz, und an Gewinn wird es nicht fehlen. Sie erweist ihm Gu - tes und nie Böses alle Tage ihres Le - bens. Sie erwirbt Wolle und Flachs, und arbeitet nach der Kunstfertigkeit ihrer Hände. Sie ist gleich einem Kauf - mannsschiff, welches weit her bringt sein Brot. Am frühen Morgen steht sie auf und gibt Zehrung ihren Haus - genossen und Speise ihren Mägden. Sie beschaut einen Acker und kauft ihn, von ihrer Hände Frucht pflanzt sie ei - nen Weinberg. Sie gürtet mit Kraft ihre Lenden und stärkt ihre Arme. Sie sieht und gewahrt, wie gut ihre Ge - schäftigkeit ist, und nicht erlöscht ihr213 Licht in der Nacht. An wichtige Dinge legt sie ihre Hand, und ihre Finger erfassen die Spindel. Sie öffnet ihre Hand dem Armen, und breitet ihre Arme nach dem Dürftigen aus. Sie fürchtet nicht für ihr Haus des Schnees Kälte, denn alle ihre Hausgenossen sind doppelt gekleidet. Decke und Kleid fer - tigt sie für sich, Linnen und Purpur sind ihr Gewand. Angesehen am Thore ist ihr Mann, wenn er sitzt bei den Räten des Landes. Linnen fertigt und verkauft sie, und Gürtel liefert sie dem Chananäer, Kraft und Anmut sind ihr Gewand, und lachen wird sie am letzten Tage. Ihren Mund öffnet sie zur Weisheit, und das Gesetz der Milde ist auf ihrer Zunge. Sie hat acht auf den Wandel ihres Hauses, und ißt ihr Brot nicht müßig. Ihre Kinder kom - men empor und preisen sie als die Glückseligste, und auch ihr Mann lo - bet sie: Viele Töchter haben sich Reich - tümer gesammelt, du hast sie alle über -214 troffen. Trügerisch ist die Anmut und eitel die Schönheit, eine Frau, die den Herrn fürchtet, die wird gepriesen wer - den. Gebet ihr von den Früchten ihrer Hände, und lobpreisen mögen sie am Thore ihre Werke. (Sprichw. 31, 10 bis 31.)

2. Versetzen wir uns in eine un - serer Familien und fragen wir, wie die Hausfrau obige Lobsprüche verdienen könne. Zunächst muß sie Kunstfer - tigkeit der Hände besitzen, d. h. alle Arbeiten verstehen, die im Hause vor - kommen, insbesondere das Kochen, Nähen und Waschen. Fehlt ihr eine dieser Fertigkeiten, so soll sie noch vor der Verheiratung dieselbe erwerben, sonst wird sie keine Hausfrau sein. Hat sie Dienstboten, so kann sie dieselben nicht regieren, wenn sie nichts versteht, ist sie allein, so wird der Haushalt nur dann gut stehen und den Mann be - friedigen, wenn sie in diesen Dingen kundig ist. Das zweite Erfordernis ist215 eine unermüdliche Thätigkeit. Sie soll die erste und die letzte bei der Arbeit sein, und keine Arbeit verschmähen. Noch in der Nacht soll ihre Lampe bren - nen, und in aller Frühe ist sie wieder da, den Hausgenossen Speise zu berei - ten. Immer ist ihre Hand beschäftigt, sei es mit wichtigen Dingen, sei es auch nur mit der Spindel. Sie ißt ihr Brot nicht müßig. Das dritte Erfordernis ist die Achtsamkeit auf alles. Sie hat acht auf den Wandel ihres Hauses . Jeder Gegenstand im Hause habe seinen be - stimmten Ort, und immer muß die Hausfrau wissen, wo jede Sache ist. Jeder Dienstbote und Hausgenosse habe seine bestimmte Arbeit, welche die Haus - frau abmißt, damit sie weder zu viel noch zu wenig sei. Das Leben im Hause bewege sich nach einer bestimmten Ta - gesordnung und die Hausfrau sei die erste, die sich darnach richtet, sie soll in ihrer Genauigkeit einer lebendigen Uhr gleichen. Ordnung verlängert den Tag,216 Unordnung verkürzt ihn. Niemand im Hause soll die Zeit unnütz verlieren, und sie soll am meisten mit derselben geizen. Für ihre geschwätzigen Nach - barinnen hat sie recht freundliche, da - für um so kürzere Worte. Wer den un - nützen Gebrauch der Zunge einstellt, gewinnt viel Zeit für die nützliche Be - wegung der Hände und Füße.

Wenn sie selber alles gut versteht, zuerst und zuletzt selber arbeitet und sorgfältig alles überwacht, dann wird sie von selbst zur Seele und zur Herrin des Hauses, die den ganzen Haushalt regiert. Alle Untergebenen sind gleich - sam nur ihre Hände, durch welche sie arbeitet, und diese fühlen nicht einmal einen Druck unter ihr, weil ihr Ver - ständnis von allem und ihr Beispiel und die Billigkeit ihrer Forderungen die Untergebenen mit dem pünktlichen Regiment aussöhnen. Wo der Haus - halt so geordnet ist, wird auch auf sie vertrauen ihres Mannes Herz . Denn217 an Gewinn wird es nicht fehlen . Seine Hausfrau gehört nicht zu jenen Damen, die keiner zu heiraten wagt, aus Furcht, daß seine Mittel ihren An - sprüchen nicht gewachsen seien. Wohl entfaltet auch sie einen gewissen Luxus mit Decken , Kleidern und Linnen , aber nicht zum Schaden des Hauses. Sie sündigt nicht auf die Kasse des Mannes hin, sondern sucht, so weit möglich, mit Gewinn von den Arbeiten ihrer Hände ihn zu erfreuen. Der schönste Schmuck ihres Hauses sind Ordnung und Reinlichkeit, wenn man nicht sagen will, daß eine solche Hausfrau selber ihn bilde.

3. In der Ueberschrift ist neben der Hausfrau auch die Hausmutter genannt worden. Die Frau muß als Herrin das Haus regieren, damit Ordnung herrscht und das Hauswesen seinen un - gestörten Gang geht. Aber sie soll nicht regieren wie ein General, sondern wie eine Mutter. Der Mann, die Dienst -218 boten und Hausgenossen, die Armen sind für ihr Herz Kinder, um deren Wohlfahrt sie mit mütterlicher Sorg - falt bekümmert ist. So viel an ihr ist, läßt sie es an nichts fehlen, wessen sie bedürfen. Sie müssen tüchtig ar - beiten, werden aber dafür gut verpflegt. Sie steht früh auf und gibt Nahrung den Hausgenossen, Speise den Mägden. Alle ihre Hausgenossen sind doppelt ge - kleidet . Sie ist haushälterisch und spar - sam, aber nur, um von dem Erspar - ten einen guten Gebrauch zu machen. Sie öffnet ihre Hand dem Armen, und breitet ihre Arme nach den Dürftigen aus . Sie überwacht nicht bloß die Ar - beit, sorgt nicht bloß für den Leib, sondern kümmert sich auch um Tugend und Seelenheil ihrer Untergebenen, hält sie an zu einem christlichen Leben und duldet nichts Ungeordnetes an ihnen. Sie hat acht auf den Wandel ihres Hauses .

Die strenge Hausfrau wird gefürch -219 tet, aber die Untergebenen werden sich dessen kaum bewußt, weil überall die besorgte Hausmutter im Vordergrund steht und mit dem Wohlwollen, welches sie schenkt und empfängt, die Furcht überflüssig macht. Wer wird ein stark - mütiges Weib finden? Wie von ferne, ja von den äußersten Grenzen gekom - men, ist ihr Wert .

20. Die Adventzeit.

1. Die machabäische Mutter sagte zu ihren Söhnen: Ich weiß nicht, wie ihr in meinem Leibe geworden seid; denn nicht ich habe euch Geist. Seele und Leben gegeben, und nicht ich selbst habe Glied an Glied ge - fügt, sondern der Schöpfer der Welt, der den Menschen bei seiner Erzeugung bildet, und der Urheber des Entstehens, aller Dinge ist. (II. Mach. 7, 22.) Die Menschen haben mit aller ihrer Wissenschaft noch nicht die Entstehung220 einer Milbe oder eines Gräsleins zu ergründen, und noch weniger die Na - tur bei diesem Vorgange nachzuahmen vermocht. In ein um so größeres Geheimnis ist die Entstehung des Men - schen, des Ebenbildes Gottes, gehüllt, ein Geheimnis, das trotz des Sünden - falles so ehrwürdig und erhaben ge - blieben ist, daß Christus dasselbe mit einer sakramentalen Würde und Gnade ausstatten wollte. Niemand hat mehr Grund, die Bedeutung dieses Geheim - nisses mit ernsten Gedanken zu er - wägen, als die christliche Mutter, weil sie die Arche sein soll, in welcher das - selbe verschlossen ist. Ihr Verhalten hat für das in ihrem Schoße keimende Leben die allergrößte Bedeutung. Es ist bekannt, wie groß die Macht der Vererbung ist, wie gewisse Krankheits - anlagen, gute und schlimme Eigen - schaften, selbst die Gesichtszüge von den Eltern auf die Kinder übergehen kön - nen. Hier soll nur einiges berührt221 werden, was von dem freien Willen der Eltern abhängt und durch diesen ver - bessert oder verschlimmert werden kann.

2. Wie im Frühlinge die zarten Pflanzenkeime und Blüten gegen die Einflüsse der Witterung sehr empfind - lich sind, so ist es mit der Knospe des Menschenlebens in der Zeit seiner ersten Entwicklung. Man schuldet dem Kinde schon vor seiner Geburt gewisse Rück - sichten, um es vor Schaden zu be - wahren. Ueberanstrengungen der Mut - ter, heftige Aufregungen, namentlich Zorn oder Schrecken können das Kind mit gewissen Schwächen und Gebre - chen belasten, die ihm lebenslänglich bleiben. Auch darf eine Bemerkung über den Genuß geistiger Getränke hier nicht unterbleiben. Die überein - stimmenden Beobachtungen, die man in den weitesten Kreisen und seit lan - ger Zeit gemacht hat, lassen ersehen, daß geistige Getränke nicht bloß denen schaden, welche sie genießen, sondern auch222 ihrer Nachkommenschaft. Das gilt von Vater und Mutter, und nicht bloß von eigentlichen Volltrinkern, sondern auch bei mäßigem Genuß. Der Al - koholgenuß der Eltern hat schon un - zählige mal die körperlichen und gei - stigen Kräfte der Kinder geschwächt, diese eigentlich vergiftet, schon bevor sie das Licht der Welt erblickten. Das Gesagte soll von der Mutter auch nach der Geburt beachtet werden. Es ist Thatsache, daß heftige Aufregungen, sowie geistige Getränke nicht selten die Muttermilch vergiften, und darum soll sie nach solchen Vorkommnissen dem Kinde nicht gereicht werden.

3. Zwei Herzen und ein Schlag. Das Kind ist in der wichtigsten Pe - riode seiner Entwicklung nicht bloß in leiblicher Hinsicht ganz abhängig von den mütterlichen Einflüssen, sondern auch in Bezug auf Herz und Gemüt. Wie die Pulsschläge des Mutterherzens auf das Kind hinüberwirken, so ist es223 mit den Gemütsbewegungen der Fall. Jeder Pulsschlag trägt etwas bei zur Entwicklung des zarten Körpers, und ähnlich wirken die Gemütsbewegungen auf das, was Herz, Gemüt, Tempe - rament genannt wird. Bekanntlich bringen die Kinder oft bedeutend ver - schiedene Gemütsanlagen mit auf die Welt. Die einen zeigen ein zorniges, eigensinniges, selbstsüchtiges Wesen, wäh - rend andere eine sanftere Gemütsbe - schaffenheit verraten. Man nennt diese Anlagen angeboren , also übertragen. Wenn man sich auch hüten muß, im einzelnen Fall vorschnell zu urteilen, so ist doch sicher, daß die Gemüts - stimmung und die sittliche Haltung der Mutter in dieser Sache von gro - ßer Bedeutung sind. Je weniger im Mutterherzen Stürme der Aufregung und Leidenschaft losbrechen, je mehr die Sonne des Friedens und der See - lenruhe in ihr Gemüt leuchtet, je mehr die edlern Stimmungen der Sanftmut,224 der Liebe und Geduld in ihrem In - nern vorherrschen, desto besser ist das für den jungen Weltbürger, weil es beiträgt, seinen Gemütsanlagen eine harmonische Einheit zu geben, ihnen ein edles Gepräge aufzudrücken.

4. Bekanntlich haben sehr viele Heilige heilige Mütter gehabt. Bei manchen Heiligen wundert man sich darüber, daß sie einen besonderen Zug zum Edeln und Heiligen schon im zartesten Alter kund gaben, in welchem er ihnen unmöglich durch irgendwel - chen Unterricht konnte beigebracht wor - den sein. Das eben Gesagte läßt er - messen, durch wen und wie diese frühe Hinwendung zum Heiligen in die zar - ten Geschöpfe gelegt wurde. Nur darf man nicht meinen, daß da natürliche Kräfte, menschliche Bemühungen für sich allein ausreichend seien. So weit die Geschichte uns Aufschluß gibt, ha - ben alle heiligen Mütter sich beflissen, diese wichtige Zeit durch Andacht und225 Frömmigkeit zu weihen und zu hei - ligen. Sie haben sich die heilige Elisa - beth, die Mutter des heiligen Johan - nes des Täufers, zum Vorbilde ge - nommen. Die heilige Elisabeth hat es an ihrer eigenen Mitwirkung nicht fehlen lassen, indem sie die Zeit in stiller Einsamkeit und heiligen Uebun - gen verlebte, aber geheiliget wurde ihr Kind erst, als sie mit ihm in die Nähe des menschgewordenen Wortes und seiner Mutter trat. Jede christ - liche Mutter soll diese heilige Mutter nachahmen, so gut es ihr möglich ist, indem sie sich der Zurückgezogenheit befleißt, fleißig betet, durch erbauliche Lesung ihre Seele mit heiligen Gedan - ken erfüllt, die heiligen Sakramente empfängt, damit Christus auch bei ihr einkehrt und ihr selber und durch sie dem Kinde Gnade und Heil zuwendet. Auch versäume sie nicht, sich und ihr Kind, ihre Sorgen und Aengsten recht oft Maria, der heiligsten aller Mütter,226 sowie der heiligen Anna und den übri - gen heiligen Müttern anzuempfehlen. Sie sind ja die besondern Patrone für die mütterlichen Sorgen und Anliegen.

Die Erweckung religiöser Gesin - nungen und die Benutzung der Gna - denmittel werden in mehrfacher Hin - sicht heilsam wirken. Frommer Sinn und frommes Gebet erheben die Seele nach oben, sie sonnt sich gleichsam im Lichte des Himmels, auf sie fällt der Tau der Gnade. Dies hilft ihr, schädliche Aufregungen zu unterdrücken, ihr Inneres in Ruhe und Frieden zu bewahren, ohne Sünde und gottselig zu leben, und so der Güte Gottes als Werkzeug zu dienen, um ihrem Kinde für Leib und Seele Segen zuzuwenden.

21. Geburt und Wiedergeburt.

1. Als Eva ihren Erstgeborenen erblickte, sagte sie mit Erstaunen und Freude: Ich habe einen Menschen er -227 halten, mit Gott. (I. Mos. 4, 1.) Es erwachte die Mutterliebe in ihrem Herzen und sie begrüßte den Neuge - borenen als Fleisch von ihrem Fleische. Die Mutterliebe ist das kostbarste na - türliche Gut, welches den neuen Welt - bürger beim Eintritte in diese Welt erwartet, und welches ihm nirgends fehlt, mag er in einer Hütte oder in einem Palast geboren werden. Diese Liebe ist um so größer und opferwil - liger, je mehr die Not des irdischen Daseins den hilflosen Sprößling be - droht. Es ist bewunderungswürdig, wie diese Liebe auch Mütter, die vor - her wenig von Entsagung und Ueber - windung wissen wollten, mit Eifer und Kraft und Ausdauer erfüllt, wo es sich darum handelt, ihr Kind zu ver - pflegen und seine Bedürfnisse zu be - friedigen. Diese Liebe kümmert sich nicht bloß um das augenblickliche Be - dürfnis, sie erlischt nicht, wenn das Kind sich selber helfen kann, wie ihr228 niederes Schattenbild im Naturtriebe der Tiere, sie ist ein seelisches Band, welches weder die Zeit, noch selbst der größte Schmerz und Undank zu zer - reißen vermögen, sie umspannt die ganze Zukunft und erglüht in dem beständigen Verlangen, das Kind glück - lich zu machen und zu sehen.

2. Die natürliche Mutterliebe, so sehr sie zu bewundern ist, trägt gleich - wohl keine guten Früchte, wenn sie nicht zur christlichen Liebe verklärt wird. Wenn die Mutter nur mit Eva sagt: Ich habe einen Menschen erhalten, und nicht an den Christen denkt, so läuft sie Gefahr, nur fleisch - lich zu lieben, nur für das Irdische zu erziehen, nicht zuerst das Reich Got - tes zu suchen und darum auch das übrige zu verlieren. Die Freude bei der Geburt des Kindes ist eine natür - liche, aber für die christliche Mutter wird die Freude erst vollkommen durch die Wiedergeburt in der heiligen Taufe. 229In der richtigen Auffassung dieser Wiedergeburt liegt ihr ganzes Erzie - hungsprogramm, aus ihr fließen alle ihre Hoffnungen und Wünsche, ihre Befürchtungen und Sorgen, auf ihr beruht das ganze Leben und Streben der christlichen Mutter. Von dem hl. Martyrer Leonidas, dem Vater des berühmten Origenes, wird erzählt, er habe diesen als kleines Kind in der Wiege oft ehrerbietig auf die Brust geküßt, um seine Hochschätzung für diesen Tempel des heiligen Geistes kund zu geben. Das muß auch die An - schauung der christlichen Mutter sein. Sie soll in dem Kinde nicht bloß das Fleisch von ihrem Fleische lieben, son - dern das Ebenbild Gottes, das Kind Gottes, den Tempel des heiligen Gei - stes, und ihre erste Sorge für das Kind muß auf die Bewahrung und Befestigung dieses Glückes gerichtet sein. Als Ludwig der Heilige, König von Frankreich, noch ein kleiner Knabe230 war, pflegte seine Mutter, die heilige Blanka, zu ihm zu sagen: Gott weiß, wie sehr ich dich liebe, aber lieber sähe ich dich sterben, als daß eine einzige schwere Sünde deine Seele befleckte. Die christliche Mutter erzieht ihre Kin - der nicht bloß zur äußern Tugend und Rechtschaffenheit ihr Streben geht höher, sie sollen innerlich gut, reinen Gewissens, durch den Besitz der Gnade Kinder Gottes und Erben des Him - mels sein und bleiben. Als man der edlen Anthusa ihren Neugebore - nen, den später so berühmten heiligen Johannes Chrysostomus in die Arme legte, sagte sie: Dieses Kind soll ein Heiliger werden! Anthusa lebte in den glänzendsten Verhältnissen, sie hätte ihren Sohn zu weltlicher Größe erziehen können, sie hat ihn zum Hei - ligen erzogen. Hat sie daran nicht gut gethan?

3. Geburt und Wiedergeburt. Bei der Geburt umfaßt die Mutter das231 Kind als ihr eigenes. Wenn es von der heiligen Taufe zu ihr zurückkehrt, so empfängt sie es als Kind Gottes, für welchen sie es zu erziehen hat. Sie gleicht der Mutter des Moses, zu welcher die Königstochter sagte: Nimm dieses Knäblein, und erziehe es mir, ich will dir deinen Lohn geben. (II. Mos. 2, 9.) Ursprung. Wesen und Ziel der christlichen Erziehung sind ganz anders und höher, als die Erziehung nach der bloß natürlichen Auffassung. Die christliche Mutter muß ihre Auf - gabe, ihr ganzes Leben und Wirken im Lichte des Glaubens auffassen, sie muß aus dem Glauben leben. Dazu genügt nicht, daß die Mutter nicht ungläubig sei. Sie muß einen leben - digen Glauben haben, in dessen Lichte sie wandelt, wie wir in der sichtba - ren Welt im Lichte der Sonne wan - deln. Alle ihre Wünsche für das Kind, ihre Worte und Handlungen, alles, was sie für das Kind thut, muß aus232 dem Glauben hervorgehen. Die Mut - ter kann aber nur dann die Erzie - hung christlich auffassen und betreiben, wenn sie sonst schon in ihrem ganzen Denken und Leben eine gute Christin ist. Darum ist in diesem Büchlein der Abschnitt über die Selbsterzie - hung an die Spitze gestellt worden. Diese ist für die Kindererziehung die unentbehrliche Voraussetzung. Wer mit derselben noch im Rückstande ist, soll sich durch die Mutterliebe und die Mutterpflichten zu neuem Eifer in der Selbstheiligung anspornen lassen, um sich selbst für den Beruf einer christ - lichen Mutter zu befähigen. Für manche ist es sehr zu empfehlen, na - mentlich die voranstehenden Belehrun - gen über die drei göttlichen Tugenden öfters zur Selbstprüfung, aber auch zur Selbstbesserung zu benutzen. Denn diese drei Tugenden bilden die Seele des christlichen Lebens, sie müssen auch der Erziehung den rechten Geist, das233 christliche Gepräge verleihen, wenn sie in Wahrheit eine christliche sein soll.

22. Der Anfang.

1. Nichts im menschlichen Leben bestätigt die Lehre von dem Sünden - fall und seinen Folgen so sehr, wie die Erfahrungen auf dem Felde der Erziehung. Wer sein Kind als einen Engel betrachtet, in dem es nur gute und keine verkehrten Anlagen und Neigungen gibt, und die Erziehung nach diesen Anschauungen einrichtet, der wird später ganz sicher sein eigenes Werk beklagen. Von jedem Kinde Adams gilt das Wort Davids: Siehe, in Ungerechtigkeit bin ich empfangen, und in Sünden hat mich empfangen meine Mutter. (Ps. 50, 7.) Und ebenso jenes Wort des Herrn: Der Sinn und die Gedanken des menschlichen Herzens sind zum Bösen geneigt von Jugend auf. (I. Mos. 8, 21.) Diese Worte der234 Offenbarung enthalten einen Funda - mentalsatz der christlichen Erziehung. Das Kind ist das Ebenbild Gottes, aber verunstaltet durch die Folgen der ersten Sünde, durch eine Unordnung und Verkehrtheit seiner Neigungen, welche zuerst durch die elterliche Erzieh - ung und nach und nach durch die Mit - wirkung des Kindes verbessert werden müssen. Die christliche Mutter liebt darum ihr Kind von ganzem Herzen, aber sie zeigt ihm ihre Liebe nicht da - durch, daß sie seinen Sinnen und seinen verkehrten Neigungen schmeichelt. Ihre Liebe schaut höher und werter, sie will das Ebenbild Gottes in ihm in seiner Reinheit wieder herstellen, sie will das Kind zeitlich und ewig glücklich machen. Das ist nur möglich, wenn die sitt - liche Unordnung in seinem Herzen und Fleische aufgehoben, wenn die guten Anlagen gepflegt, die schlimmen unter - drückt werden. So weit möglich wird sie dieses Ziel mit Liebe und Sanft -235 mut zu erreichen suchen, aber wenn es nicht anders geht, auch vor der An - wendung strenger Mittel nicht zurück - schrecken, damit nicht jene Drohung in der heiligen Schrift an ihr sich er - fülle: Verzärtle deinen Sohn, so mußt du dich vor ihm fürchten, spiele mit ihm, so wird er dich betrüben. Lache nicht mit ihm, damit du nicht trauern müssest. (Sirach 30, 8.)

Aus den schon angegebenen Grün - den verweise ich auch an dieser Stelle auf das in dem Buche der christliche Vater über die Erziehung Gesagte, und füge hier nur bei, was für die Mutter besonders zu beachten ist.

2. Wann soll die Erziehung be - ginnen? Gleich mit der Geburt. Manche meinen freilich, so lange das Kind noch nichts verstehe, so brauche es nur Pflege, und von Erziehung könne noch keine Rede sein. Aber das ist eine ganz unrichtige Anschauung. Wie in der Blumenknospe die ganze Blume mit236 allen Blättern. Staubfäden und übri - gen Bestandteilen enthalten ist, so ist im kleinen Kinde der ganze Mensch mit allen seinen natürlichen Anlagen und Neigungen zum Guten und Bösen schon vorhanden. Knospe und Kind enthalten nur in weniger entwickeltem Zustande, was später zur vollen Ent - wicklung gelangen wird. Gewisse Ver - kehrtheiten machen sich schon sehr früh bemerkbar. Der heilige Augustin er - zählt von einem Knaben, der schon an der Mutterbrust von Neid gegen seinen Milchbruder völlig entbrannte. Ge - wöhnlich sind eigensinniges und un - artiges Benehmen, ungestümes Ver - langen nach diesem oder jenem, z. B. geschaukelt oder getragen zu werden, die frühesten Kundgebungen dieser Art. Das Mittel, mit welchem das Kind seine Wünsche kund gibt, ist das Schreien, und ein instinktives Gefühl sagt ihm bald, was es mit diesem Mittel aus - zurichten vermag. Bekommt es gleich,237 wornach es schreit, so wird es von dieser Waffe den ausgiebigsten Gebrauch machen und bald der Tyrann seiner Mutter und seiner ganzen Hingebung werden. Unart und Eigensinn haben dann im ersten Stadium der Erziehung gesiegt, und es wird doppelte und drei - fache Mühe kosten, später zu verbessern, was man im Anfang gefehlt hat, wenn das überhaupt noch möglich ist.

Die Erziehung besteht überhaupt darin, das die Vernunft des Erziehers die ungeordneten Triebe des Kindes in Schranken hält und beherrscht, und damit muß schon am ersten Tage der Anfang gemacht werden. Dem Kind soll alle Pflege zukommen, deren es in seinem hilflosen Zustande bedürftig ist, und die Mutter wird leicht erkennen, wann das Schreien des Kindes ein wirkliches Bedürfnis anzeigt. Die erste Pflege des Kindes muß auch die erste Erziehung desselben sein, indem man dabei auf gute Ordnung haltet um238 das Kind schon früh an sie zu ge - wöhnen und sie ihm zur anderen Natur zu machen.

Die Mutter hüte sich, die Dienerin der Unarten und ungeordneten Begier - den des Kindes zu werden. Ihre Auf - gabe ist es, von Anfang an, die Nei - gungen des Kindes in vernünftiger Weise zu leiten. Auch das kleine Kind merkt bald aus dem Tone der Stimme, aus den Blicken, Mienen und Ge - bärden, ob die Mutter mit ihm zu - frieden ist oder nicht, und ob es mit seinem Ungestüm etwas ausrichtet oder nicht. Wie Unart und Eigensinn wach - sen, wenn man ihnen nachgibt, so treten sie zurück, wenn sie nichts erreichen und das eigensinnige Schreien kein Gehör findet. Ich kannte eine Bauern - familie, in welcher am Sonntage Vater und Mutter in der Pflege der kleinen Kinder abwechselten. Einmal war die Mutter unwohl und lag im Bette. Da konnte sie nun nicht begreifen, wie239 die Kinder unter der Aufsicht des Vaters so ruhig und stille waren, während sie in ihrer Gegenwart an einem fort schrieen, bald dieses, bald jenes ver - langten, so daß sie zu den nötigen Hausgeschäften kaum einige Augenblicke erübrigen konnte. Diese Kinder merkten instinktmäßig, bei wem ihr Schreien etwas ausrichte, und bei wem es umsonst sei, und richteten ihr Verhalten dar - nach ein. Wenn eine Mutter diesen Wink beachtet, so wird sie sich die Ob - sorge für die Kinder und deren Er - ziehung außerordentlich erleichtern. Noch viel wichtiger aber ist, daß damit für die sittliche Erziehung der folgenden Jahre ein gutes Fundament gelegt, eigentlich die Hauptsache schon gethan wird. Die Schwäche der Mutter in dieser ersten Zeit kann später oft durch viele Schläge nicht mehr gut gemacht werden, und der Mann leidet zeitlebens unter Tem - peramentsfehlern, die man an ihm als Säugling leicht hätte bezähmen können.

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3. Liebe und Ernst. Die treibende Kraft im Mutterherzen ist die Liebe. Diese befähiget die Mutter zu der Hin - gebung und den Opfern, welche die Pflege und Erziehung des Kindes er - fordern. Da scheint es nun auf den ersten Blick eine fast unnatürliche Zu - mutung, gegen das kleine hilflose Ge - schöpf mitunter Ernst und Strenge zu zeigen. Diese dürfen auch in der That nicht aus Aufregung und Zorn her - vorgehen, einen Mutterzorn soll es gar nicht geben, sondern auch der Ernst muß in der Liebe seine Wurzel haben. Freilich stammt er nicht aus der sog. Affenliebe, sondern aus der vernünf - tigen, christlichen Mutterliebe, welche sich über die bloße sinnliche Zuneigung erhebt, und es allen Ernstes auf die wahre Wohlfahrt und das ewige Heil des Kindes abgesehen hat. Wie man das Kind wascht und badet, auch wenn es sich dagegensträubt, weil es für den Körper zuträglich ist, so darf man sich241 nicht scheuen, dem Kinde wehe zu thun, wo es für die Seele notwendig ist. Die Mutter soll doch vernünftiger - und christlicherweise an dem Kinde nicht hätscheln und verzärteln, was ihm später verderblich sein wird. Wenn sie das Kind wahrhaft liebt, wird sie die an - gebornen Verkehrtheiten desselben als Uebel betrachten und bedauern, und aus Liebe zu ihm zu bessern suchen, mag das auch ohne einige Entschieden - heit und selbst ohne Züchtigungen nicht abgehen. Die Mutter darf nicht immer lächeln, sondern die gleiche Liebe, welche aus ihrem Gesichte lächelt, muß bisweilen ihren Mienen, ihrer Stimme und ihrem ganzen Verhalten, je nach Bedürfnis das Gepräge der Betrübnis, des Ernstes, der Entschiedenheit geben. Je früher sie das thut, desto besser für sie und das Kind.

23. Einige Mißgriffe.

1. Würde eine Frau für ihre Person vollkommen sein, so würde sie auch242 vollkommen sein als Mutter und Er - zieherin. Aber jeder Fehler, den sie an sich hat, wirkt auch nachteilig auf die Erziehung ein. Daher ist die Selbst - erziehung so unerläßlich, und so weit sie der Erziehung nicht vorausgegangen ist, muß sie dieselbe begleiten. Es folgen hier beispielsweise einige erzieherische Mißgriffe, welche ihre Wurzel in per - sönlichen Fehlern der Mutter haben.

Geschwätzigkeit. Was man einem Kinde befiehlt, muß ganz klar und deutlich gesagt werden, so daß es weiß, was man von ihm verlangt. Auch soll man diese Vorschriften auf das Not - wendige beschränken und nicht zu vie - lerlei befehlen. Eine geschwätzige Mutter wird dieser Regel nicht nachkommen, sie wird auch in der Kinderstube zu viel reden, und je mehr sie mahnt und befiehlt, desto weniger ausrichten. Denn zunächst werden die Kinder durch die vielen Worte verwirrt, wissen nicht, was sie eigentlich thun sollen, und243 bald gewöhnen sie sich an das bestän - dige Gerede, so daß es keinen Eindruck mehr macht.

Unbeständigkeit. Etwas befehlen und den Befehl wieder vergessen, drohen und die Drohung nicht ausführen, heute dieses und morgen etwas ganz anderes vorschreiben, heißt das Werk der Erziehung selber vereiteln. Ein Hauptzweck der Erziehung ist die An - gewöhnung an das Gute. Die Ange - wöhnung erfordert häufige Uebung und diese hat eine bestimmte Regel und deren genaue Handhabung zur Vor - aussetzung. Man sei sparsam mit seinen Forderungen, aber man halte sie beharr - lich fest, damit sie die gute Gewohnheit im Kinde zu stande bringen.

Jähzorn und Mißmut. Bei Fehlern der Kinder darf die Mutter nicht den Regungen des Zornes nach - geben, und noch weniger ihren Un - mut, der andere Ursachen hat, an den Kindern auslassen. Sie würde damit244 ihr Ansehen und die Liebe und das Zutrauen der Kinder schwächen und so sich selber die Aufgabe erschweren. Es kann freilich manches im Leben vor - kommen, was es der Mutter schwer macht, zu lächeln und heiter zu sein. Aber dann suche sie, statt die Kinder abzustoßen, dieselben an sich zu ziehen, indem sie etwa sagt: Ich bin betrübt, ich habe ein großes Kreuz, helfet mir beten, daß der liebe Gott es zum Besten wendet. So gewinnt sie die teilnehmende Liebe der Kinder, welche sicher die be - sten Früchte tragen wird.

2. Sehr viele Fehler werden be - gangen in Bezug auf Versprechungen, Lob und Belohnungen. Oft verspricht man dem Kinde dieses oder jenes, wenn es gehorsam, fleißig u. s. w. sei, und ahnt gar nicht, wie sehr man damit der sittlichen Erziehung entge - genwirkt. Man muß von Anfang an darauf halten, daß das Kind nicht bloß gehorcht, gleichviel aus welchem245 Grunde, sondern schon sehr frühe muß darauf gehalten werden, daß es dieses aus einem guten Beweggrund thut. Der nächste Grund ist der Wille der Eltern, daran muß sich die Gottes - furcht und die Rücksicht auf das eigene Heil anschließen. Das Gewissen muß so früh als möglich geweckt werden und den elterlichen Willen unterstützen, den es später ganz ersetzen muß. Auf dieses Fundament muß die christliche Erziehung die Sittlichkeit in dem Kinde bauen, wenn sie haltbar werden soll. Mit Versprechungen zieht man die Seele des Kindes von diesen höheren Beweg - gründen ab, es wird verleitet, das Gute zu thun wegen einem sinnlichen Genuß, wegen einem Apfel u. s. w., und wird so eigentlich dazu erzogen, die wahren sittlichen Beweggründe mit niedrigen sinnlichen Berechnungen zu vertauschen. Diese scheinbar unbedeutenden Anfänge können später bedenkliche Folgen haben. Ebenso schädlich wirkt es, wenn man246 dem Kinde zumutet, ordentlich und reinlich zu sein der Leute wegen. Hier verdrängt man durch die Eitelkeit, dort durch die Sinnlichkeit die sittlichen Be - weggründe im Kinde.

Belohnungen sollen dem Ge - sagten zufolge nicht zum voraus ver - sprochen werden. Als nachträgliche An - erkennung sind sie nicht gerade aus - geschlossen, sollen aber nicht zu häufig vorkommen. Auch suche man, sobald das Alter der Kinder es gestattet, mit den Geschenken nicht bloß ihrer Gaumen - lust und Eitelkeit zu schmeicheln, sonst bringt man ihnen die Meinung bei, daß es keine höheren und edleren Genüsse gebe.

Mit dem Lobe sei man sparsam, man spende es nicht vor andern Leuten, sonst befördert man die Eitelkeit. Auch sei man im Loben gerecht. Nicht selten lobt man das Kind wegen seinen natür - lichen Gaben und Talenten, weil es z. B. mit Leichtigkeit lernt, und das ist durch - aus gefehlt. Mitunter wird ein minder -247 begabtes Kind, das vielleicht mehr guten Willen hat, zurückgesetzt, während gerade da die Aufmunterung am besten an - gebracht wäre. Beschämungen sollen noch seltener sein als Belobungen, sonst wird das Ehrgefühl abgestumpft und damit in der Regel das ganze Werk der Erziehung vereitelt.

3. Unüberlegte Strafen. Das Strafen bildet einen Probierstein für die Erziehungskunst. Man sollte es verstehen, so zu strafen, daß die Strafen nach und nach seltener und schließlich ganz überflüssig werden. Ich will nur zwei Regeln anführen. Zunächst darf die Strafe von dem Kinde nie als Ungerechtigkeit empfunden werden. Man strafe nicht in jäher Aufregung, man strafe nicht, ohne untersucht zu haben, ob das Kind wirklich schuldig ist, man unterscheide wohl zwischen einem un - verschuldeten Versehen und einer schuld - baren Verfehlung. Oft wird ein Kind schwer gezüchtiget, wenn es aus Un -248 achtsamkeit etwas zerbricht, während man über eine eigentliche Ungezogen - heit vielleicht noch lacht. Vernünftige Eltern werden gerade umgekehrt ver - fahren.

Zweitens beobachte man unter den Strafen eine gewisse Stufenfolge, man fange an mit den leichtern und schreite nötigenfalls fort zu den schwerern, man strafe nicht mehr als notwendig ist, aber man stelle die Züchtigung nicht ein, bis der Zweck erreicht ist. Wenn eine traurige Miene der Mutter, ernstes Schweigen, oder ein paar zurechtwei - sende Worte von dem Kinde als Strafe empfunden werden, so danke man Gott und lasse es dabei bewenden. Hilft das nicht, so setze man das kleine Kind auf den Boden, das größere stelle man in den Winkel. Stufenweise schreite man zur Untersagung von Spiel und Unterhaltung, in seltenen Fällen auch zu einer Fastenoperation und endlich zur Rute. Die Anwendung derselben249 kann auch bei starrköpfigen Kleinen schon nötig und für die ganze Zukunft heilsam sein. Man züchtige nicht mehr als nötig ist, aber auch nicht weniger. Eine Mutter erhielt ihr dreijähriges Kind aus fremder Pflege zurück und entdeckte an ihm bald eine ausgespro - chene Starrköpfigkeit. Siebenmal züch - tigte sie es mit der Rute ohne Erfolg, und erst auf die achte Portion beugte das Kind seinen Nacken. Hätte die Mutter mit der siebenten Züchtigung aufgehört, so wäre sie die Besiegte ge - wesen.

Das um Verzeihung bitten lege man den Kindern nur selten und nur in ernsten Fällen auf, sonst wird es bloße Formsache. Dagegen ist es gut, die Strafe so weit thunlich dem Fehler anzupassen, z. B. Verschlungen beim Spiel strafe man durch Entzug des Spieles, Naschen durch Vorenthalten von Genußsachen, Tierquälerei durch körperliche Züchtigung u. s. w.

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4. Das Kind versteht es noch nicht. Dieses Wort enthält eine der schlimmsten Erziehungssünden, wenn man damit sagen will, daß man in der Gegenwart des Kindes sich mit seinen Reden und Handlungen nicht in acht zu nehmen brauche. Auch an - genommen, das Kind verstehe nicht alles, so hat es doch das Gefühls - und Ahnungsvermögen und das Gedächtnis, und was auf diese Eindruck macht, bleibt haften und geht mit der Zeit auch in das Verständnis über, und es ist schwer zu bestimmen, wie bald das geschehen wird. Die Eltern müssen von Anfang an reden und handeln, als ob die Kinder alles verstünden, sonst wer - den sie ihr angewöhntes Benehmen auch dann noch unüberlegt fortsetzen, wenn dasselbe für das Kind sicher nicht mehr paßt.

Die Erziehungsfehler der Mutter sind so zahlreich wie ihre eigenen Fehler und können hier nicht alle angeführt251 werden. Jede muß sich selber fleißig darüber erforschen. Wenn sie eine Zeit - schrift wie die Monika als Spiegel benutzt, wird sie manchen Fehler er - kennen und ablegen können, der sonst unbekannt geblieben wäre und großen Schaden angerichtet hätte.

24. Das betende Kind.

1. Die sittliche Erziehung muß von Anfang an geübt werden und fällt eine zeitlang mit der körperlichen Pflege zusammen. Die religiöse Erziehung dagegen kann erst etwas später begon - nen werden. Die Seele des Kindes erlangt die Empfänglichkeit für religi - öse Einwirkungen ungefähr in der Zeit, in welcher es sprechen lernt. Spre - chen heißt nicht bloß Laute von sich geben wie der Papagei. Das Wort ist auch bei dem Kinde schon das Mittel des gei - stigen Verkehrs, indem das gehörte Wort auf die Seele einwirkt, und das252 gesprochene Wort Vorstellungen der Seele zum Ausdruck bringt. Das erste Sprechen und die Anfänge der Seelenthätigkeiten hangen miteinander zusammen und für beide geht die An - regung von der Mutter aus. Darum reden wir von einer Muttersprache.

Aber nicht bloß die Sprache der Menschen soll das Kind von der Mut - ter lernen, sondern auch die Sprache des Himmels, das Gebet und die in - nern Gesinnungen, die in dem Gebete ausgedrückt werden. Für eine christ - lich gesinnte Mutter muß das die schönste und liebste ihrer Aufgaben sein. Ihr Kind ist ein Ebenbild Got - tes, ein Kind Gottes und ein Tempel des heiligen Geistes, der große und mächtige Herr des Himmels und der Erde ist der gütige und liebevolle Va - ter dieses Kindes, und sie muß das Kind lehren, mit seinem Vater auf dem Himmelsthron ehrerbietig und vertrauensvoll zu reden. Ist das nicht253 eine Arbeit, welche der Engel würdig wäre!

So lange das Kind die Sprache des Himmels noch nicht versteht, muß die Mutter um so eifriger für dasselbe im Gebete eintreten. Es ist ein Werk voller Geheimnisse, in einer Kindesseele das Licht des Glaubens, der Andacht und der Gottesfurcht anzufachen. Es übersteigt die menschlichen Fähigkeiten und ist ganz und gar von der Gnade abhängig. Die Gnade muß die Mut - ter für ihre Aufgabe befähigen und die Gnade muß auch in der Seele des Kindes wirksam sein. Die Men - schen sollen pflanzen und begießen, der Herr aber muß das Gedeihen geben. Dann denke man an die Zukunft, welcher das Kind entgegengeht, an die Versuchungen und Gefahren des Lebens, welche allzuoft wieder zerstören, was die Mutter ausgebaut hat. Ein neuer Grund für die Mutter, nicht mit müßigen Gedanken an der Wiege ih -254 res Kindes zu stehen, sondern von An - fang an fleißig seine Seele in eifri - gem Gebete dem Allerhöchsten zu wei - hen und auch vertrauensvoll der Mut - ter der schönen Liebe und dem Schutz - engel anzuempfehlen.

Wenn auch die Gnade die Haupt - sache ist, so ist doch die menschliche Mitwirkung keineswegs entbehrlich. Der Gärtner ist es auch nicht, der seinen Gewächsen Wachstum und Ge - deihen verleiht, aber doch sieht man es denselben an, ob sie von ihm sorg - fältig gepflegt werden oder nicht. So ist es mit der religiösen Erziehung. Die Mutter muß Eifer und guten Willen haben, und wenn sie dann die Sache noch mit einigem erzieherischen Verständnis angreift, so werden die Erfolge um so besser sein. Darum werden hier einige Winke darüber bei - gefügt. In der Offenbarungsgeschichte wird die Lehre vom Vater, vom Sohne und vom heiligen Geiste in stufen -255 weiser Aufeinanderfolge geoffenbart, und in ähnlicher Stufenfolge sollen sie auch dem Kinde bekannt gemacht werden, weil das seiner Fassungskraft am angemessensten ist. Auf jeder Stufe muß die Belehrung auf die praktische Einführung in das Gebet hinzielen.

2. Die Lehre von Gott als dem Schöpfer, der Himmel und Erde ge - schaffen hat, und von dem himmlischn Vater, der für alle sorgt und bestän - dig auf alle herabschaut, ist jene re - ligiöse Wahrheit, welche dem kindli - chen Verständnisse am nächsten liegt. Darum muß sie auch allen andern Glaubenslehren vorausgehen und auch mit ihr darf man sich nicht übereilen. Die Ahnung von Gott als einem un - sichtbaren Wesen wird in dem Kinde auftauchen, wenn es die Mutter und die Familie sich im Gebete mit Ehr - furcht an jemanden wenden sieht, der unsichtbar ist. Die Mutter muß diese256 Ahnung weiter entwickeln zu der kind - lichen Vorstellung von der Größe und Güte des lieben Gottes. Seine All - wissenheit muß sie besonders betonen, und wenn sie dann noch etwas vom Himmel und vom Schutzengel bei - gefügt hat, so genügt das für die erste Stufe der Belehrung. Von der Hölle und andern ernsten Dingen braucht man da noch nicht zu reden.

Aber Hand in Hand mit der Be - lehrung muß etwas anderes gehen, was noch wichtiger ist. Im Herzen des Kindes müssen die Gefühle der Ehrfurcht, der Dankbarkeit und Liebe gegen Gott erweckt werden, es muß beständig daran erinnert werden, daß Gott alles sieht, und man Ihn nicht betrüben dürfe. Erst wenn fromme Ahnungen und Gefühle in der Seele des Kindes aufdämmern, hat es einen Zweck, das Kind zum Beten anzulei - ten. Denn das Kind betet noch nicht, wenn es mit seinem Munde einige257 Gebetsworte aussprechen kann, sondern nur dann, wenn damit etwas Inner - liches zum Ausdruck kommt, mag es auch noch so kindlich einfältig sein. Die erste Uebung des Gebetes dürfte darin bestehen, daß man das Kind anhaltet, wenn andere beten, ruhig zu sein und ehrerbietig die Hände zu fal - ten. Ist das Kind zu mehr fähig, so soll die Mutter zu bestimmten Zei - ten ihm einige einfache, herzliche Ge - betsworte vorsprechen und sie vom Kinde ehrerbietig nachsprechen zu lassen. Vom Auswendiglernen kann da noch keine Rede sein. Dagegen soll die Mutter das Wenige, wofür das Kind empfänglich ist, bei jedem Anlasse und in den verschiedensten Wendungen wie - derholen. Es ist außerordentlich wich - tig, daß das Wort Gott für das Kind den Vollklang seiner Bedeutung bekomme, so daß es stets heilige Ge - sinnungen in ihm erweckt. Für eine fromme Mutter wird es eine erfreu -258 liche Arbeit, ein süßes Bedrüfnis sein, ihrem Kinde die Gesinnungen der Ehr - furcht, Dankbarkeit und Liebe gegen Gott und das Bewußtsein seiner Ge - genwart und Allwissenheit recht tief und unauslöschlich einzuprägen.

3. Die Lehre von dem menschge - wordenen Sohne Gottes Jesus Chri - stus setzt schon mehr Verständnis vor - aus und soll darum etwas später fol - gen. Sie wird das Kind tiefer er - greifen, wenn es auch die Wohlthaten, die wir Christus verdanken, einiger - maßen zu würdigen weiß. Dazu ist eine allgemeine Kenntnis der ernstern Wahrheiten, wie der Lehre von Sünde und Strafe notwendig. Auf das Kru - zifix soll man das Kind nicht verwei - sen, bevor es zwischen Christus und seinem Bilde zu unterscheiden weiß. Auch kommt es vor, daß das Kind gewisse Ausdrücke nicht versteht oder mißversteht, und so zu irrigen Vor - stellungen verleitet wird. Darum be -259 schränke man sich auf das Notwendige und behandle dieses möglichst oft und ein - dringlich. Am besten erteilt man diese Be - lehrung mit den Hauptzügen der Jugend - und Leidensgeschichte Jesu. Das Kind soll den Erlöser kennen und lieben lernen, es soll das Bewußtsein bekommen, daß es dem Erlösungstode Christi sein Heil verdanke, daß es durch Ihn Erhörung beim Vater finde, daß es seine Lehre glauben, seine Gebote befolgen müsse, um selig zu werden. Eine fromme Mutter wird das nicht bloß mit tro - ckenen Worten lehren, sondern wie eine Kohle von der andern Feuer fängt, so wird das Herz des Kindes am Mutterherzen voll Glauben und Liebe und Vertrauen zu Christus erwärmt und durchdrungen werden. Mit der Lehre von Christus soll auch die Verehrung der Mutter Gottes verbun - den werden. Am wirksamsten wird es auch auf dieser Stufe sein, wenn die Mutter herzliche Gebete zu Chri -260 stus und Maria in kurzen Absätzen vorbetet und vom Kinde nachbeten läßt. Auch kann man es jetzt anlei - ten, das Kreuzzeichen zu machen, ganz kurze Gebetssprüche, die vorher erklärt wurden, dem Gedächtnisse einzuprägen, an den Gebeten der Erwachsenen stille und, so weit sie verstanden werden, allmählich auch laut teilzunehmen. Nur halte man strenge daraus, daß andere in der Gegenwart des Kindes niemals un - ehrerbietig beten, und daß das Kind selber die Worte gehörig ausspricht, und immer möglichst gesammelt und andächtig dem Gebete obliegt. Das Gebet, wie es in vielen Familien geübt wird, und Mütter, die nicht aus dem Herzen zu beten verstehen, sind die beiden Haupt - ursachen, daß so viele ihr Leben lang nicht beten können, am Beten keine Freude haben, und darum das Gebet vernachlässigen.

4. Die erzieherische Verwendung der Lehre vom heiligen Geiste bleibt261 der nächsten Stufe vorbehalten. Hier muß dafür eine schon bisher mehrmals angedeutete Erziehungsregel noch stärker hervorgehoben werden. Manche Müt - ter, welche den besten Willen haben, ihre Kinder zur Religiosität und Fröm - migkeit zu erziehen, glauben dieses Ziel dadurch zu erreichen, daß sie die Kin - der recht früh und recht viel zu münd - lichen Gebeten anhalten. Sie versäu - men es aber, im Herzen des Kindes jene Gesinnungen und Gefühle zu er - wecken, welche es in den Gebetsworten kund geben soll. So wird dann das Gebet zu einer äußerlichen Uebung, die das Herz des Kindes kalt läßt, und deren innerer Wert gering ist, oder auch ganz fehlen kann.

Hier liegt die Lösung des Rätsels, wie heilige Mütter ihre Kinder zu Heiligen erzogen haben. Ihre eigenen Herzen erglühten von Gottesliebe und Gottesfreude, und mit jener süßen Be - redsamkeit, welche das Geheimnis der262 Mutter ist, haben sie die zarte Kinder - seele mit dem gleichen frommen und heiligen Sinn erfüllt. Dieser hat schon die stammelnden Worte des Kin - des zu jenem Gebete gemacht, von dem der Psalmist staunend singt: Aus dem Munde der Kinder und Säuglinge hast Du Dir vollkommenes Lob be - reitet. (Ps. 8, 3.) Dieser fromme Sinn ist mit dem Kinde gewachsen und groß geworden und hat später jene Früchte gebracht, die wir an den Heiligen be - wundern. Der erste Grund zu dieser Heiligkeit ist schon in der Wiege ge - legt worden.

Aus dem Gesagten ergibt sich deut - lich genug, wie wichtig die Zeit des zartesten Kindesalters für die religiöse Erziehung ist. Es ist die Frühlings - zeit, in der die religiösen Anlagen des Kindes aufwachen und sich ent - wickeln müssen, wenn sie nicht zurück - bleiben und verkümmern sollen. Die christliche Mutter wird darum diese263 kostbare Zeit unter Gebet und mit Aufbietung aller Sorgfalt wohl zu benutzen suchen. Sollte sie ihr Kind nicht selber besorgen können, so wird sie sich wohl vorsehen, welchem Kinds - mädchen sie ihr Kind anvertraut. Muß sie eine Kleinkinderschule in Anspruch nehmen, so wird sie leicht ermessen können, wie dieselbe beschaffen sein muß, um den religiösen Bedürfnissen ihres Kindes zu entsprechen.

25. Das Schulkind.

1. Mit dem Schulbesuch treten für die häusliche Erziehung mehrfache Aenderungen ein, die nicht übersehen wer - den dürfen. Für die Mutter beginn jetzt die sorgenvolle Zeit, die nicht so leicht mehr enden wird, in der sie ihr Kind nicht wie bisher beständig unter ihren eigenen Augen hat. Das Kind kommt in eine neue Umgebung und zeigt vielleicht in der Schule, beim Spiel264 mit andern Kindern, auf der Gasse Fehler und Schwächen, die man bis - her zu Hause weniger beobachtet hatte. auch kann es Mitschüler treffen, welche schon fluchen, lügen und allerlei Roh - heiten verüben. Die Mutter muß auf alles das ein aufmerksames Auge haben, den Umgang mit verdorbenen Kindern abschneiden, die Fehler des eigenen Kindes zu verbessern suchen.

Es muß hier auf eine Klippe auf - merksam gemacht werden, an welcher die Erziehungskunst schon mancher Mut - ter schweren Schaden gelitten hat. Es darf und soll der Mutter daran ge - legen sein, daß die Kinder anständig und reinlich gekleidet unter die Leute gehen, daß Geistliche und Lehrer mit ihnen zufrieden seien, daß sie sich über - all ordentlich betragen und von jeder - mann als wohlgesittet und gut erzo - gen angesehen werden. Es wäre sehr zu beklagen, wenn eine Mutter sich um diese Dinge nicht kümmern würde. 265Aber die Gefahr liegt sehr nahe, daß die Mutter allzusehr diese Menschen - rücksichten in die Wagschale legt, und nur darauf bedacht ist, daß ihr die Kinder keine Unehre machen, daß die Kinder und sie in den Kindern Lob und Anerkennung ernten. Das sind die kleinen, meistens kaum beachteten Anfänge jener Erziehung, durch welche die Kinder zu eiteln, gefallsüchtigen, ehrgeizigen Menschen gemacht werden, die bei allem sich nur um das Urteil und das Gefallen der Menschen küm - mern, aber für ihre Sittlichkeit keinen höhern Beweggrund und darum kei - nen innern Halt haben und im Leben mit ihrer Tugend die Probe nicht be - stehen. Aeußerlich kann bei dieser Er - ziehung alles in Ordnung sein, aber es fehlt der rechte Geist, und darum erzieht man nur Weltkinder und Welt - diener, keine Christen mit einer soliden Tugend. Diese muß auf der Gottes - furcht und dem Gewissen beruhen.

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Die christliche Mutter muß sich wohl hüten vor diesem Geiste der Weltdienerei. Er darf weder in ih - ren Gedanken noch in den Mahnun - gen an den Kindern irgendwie sich geltend machen. Sie muß sich selbst von dem echt christlichen Geiste leiten lassen und ihn bei den kleinsten Vor - kommnissen auch den Kindern einzu - prägen suchen. Die Mutter muß fol - gende Erwägungen selber hegen und auch den Kindern einpflanzen. Es ist notwendig, daß das Kind anständig, brav und fleißig sei, aber so soll es sein nicht der Menschen wegen, son - dern vor den Augen Gottes und da - rum auch zu Hause, wenn es ganz allein ist, auch in seinem Herzen, wo kein Mensch es beobachtet. Die kost - barste Zierde für ein Kind ist das Kleid der Unschuld, das Kleid der heiligmachenden Gnade. Besser wäre für ein Kind der Tod, als daß dieses Kleid, welches der Schmuck der Engel267 ist, durch eine Sünde verloren ginge. Auch die kleinste Sünde ist ein Flecken auf diesem Kleide und muß darum als großes Uebel verabscheut werden. Was würde es helfen, äußerlich an - ständig und ordentlich zu sein und bei den Menschen Gefallen zu finden, wenn die Seele befleckt und Gott mißfällig wäre? Jesus Christus hat eine solche Seele mit einem Grabe verglichen, wel - ches äußerlich schön geschmückt, inner - lich aber voll Moder ist. Er ist selber ein Kind geworden, um das Vorbild der Kinder zu werden. Das Kind Jesus suchte nur seinem himmlischen Vater zu gefallen, aber damit hat es auch das Wohlgefallen der Men - schen gefunden.

2. Mit dem Schulbesuch beginnt für das Kind auch der öffentliche Re - ligionsunterricht. In der vorherge - henden Zeit ist die Mutter fast durch - weg die einzige Religionslehrerin. Wenn jetzt die Arbeit geteilt wird, so darf268 sie doch nicht getrennt werden als ob reli - giöser Unterricht und Erziehung einander nichts angingen. Unterrichtet wird das Kind in der Religion nicht bloß, da - mit es etwas mehr wisse, sondern da - mit es darnach lebe, und das kann natürlich nicht in den spärlichen Un - terrichtsstunden erreicht werden, das ist die Aufgabe der häuslichen Erziehung. Sie muß mit dem Unterrichte Hand in Hand gehen, sonst ist ein guter Er - folg schwer zu hoffen.

Die christliche Mutter muß vor allem andern den Unterricht, welchen das Kind empfängt, selber kennen und gut inne haben. Man hat heutzutage eine Menge von großen und kleinen Erbauungsbüchern, religiösen Zeit - schriften ꝛc., welche, wie ich hoffe, mit Nutzen gelesen werden. Aber was die christliche Mutter zuerst lesen, und nicht bloß lesen, sondern erwägen und beherzigen soll, das wird immer noch allzu sehr vernachlässiget, nämlich der269 Katechismus und die biblische Ge - schichte. Zwei Mütter sollen das gleiche Kind zu einem guten Christen erzie - hen, die katholische Kirche im Unter - richte, die christliche Mutter zu Hause. Wie kann aber das geschehen, wenn die eine Erzieherin sich nicht um die andere kümmert, von ihr keine Notiz nimmt?

Die Mutter muß den Unterricht kennen zu ihrer eigenen Belehrung, weil sie vielleicht das eine oder andere wieder vergessen hat, sie muß sich mit ihm befassen zur Aufmunterung der Kinder und um ihren Fleiß zu kon - trolieren, das wichtigste aber ist, daß sie den Unterricht gut inne habe, um denselben in der Erziehung zu ver - werten.

Eine Mutter muß die Kinder fort - während mahnen, aber vielfach sind ihre Mahnungen einförmige Redens - arten, die zu dutzendmalen wiederholt werden und darum wenig Eindruck270 machen, sie sind vielfach Redensarten ohne Gehalt, wenigstens ohne christ - lichen Gehalt, wie sie auch unter Un - gläubigen gebräuchlich sind. Kann man so die Kinder im Geiste des Christentums erziehen? Würde die Mutter die biblische Geschichte kennen, so würde ihr eine Fülle von aufmun - ternden und abschreckenden Beispielen zu Gebote stehen, die sie mit dem be - sten Erfolge gebrauchen könnte. Würde die Mutter den Katechismus durch - gehen, so würde sie in der Lehre von den Eigenschaften Gottes, von den Ge - boten, von Gebet, Gnade, Sünde ꝛc. einen wahren Ueberfluß von Stoff finden, die Kinder je nach Bedürfnis zu belehren, aufzumuntern, zu war - nen. Dann erst wird der Religions - unterricht tief in die Seele des Kin - des dringen, dann erst auf das Leben überwirken, wenn es zu Hause wieder an das erinnert wird, was es im Un - terricht gehört hat, wenn Kirche und271 Haus zusammenwirken, wenn dem Un - terricht im Leben die Anwendung auf das Leben gegeben wird. Sonst mag der Religionslehrer erklären und die Mutter mahnen und schelten, wenn der Zusammenhang fehlt, können sie einander nicht unterstützen, und die Bemühungen beider werden zu einem großen Teile erfolglos sein.

3. Ueber die Erziehung zum Ge - bete müssen noch einige besondere Be - merkungen gemacht werden. Das Kind lernt im Religionsunterrichte die täg - lichen Gebete katholischer Christen, zu - erst kleinere, dann größere, welche von ihm lebenslänglich verrichtet werden sollen. Es ist nun Sache der Mutter, dafür zu sorgen, daß diese Gebete täg - lich mit möglichster Ehrerbietung und Andacht verrichtet werden. Soll der junge Christ später in der Welt drau - ßen beten und mit Nutzen beten, so muß er in diesen Jahren lernen, aus dem Herzen zu beten, er muß in die -272 sen Jahren an das Gebet gewöhnt werden; denn bis ins Alter wird er nur beten, wenn ihm das Gebet in der Jugend zur süßen Gewohnheit ge - worden ist. Das ist für unzählige von entscheidender Bedeutung. So lange der junge Christ betet, so lange ist er nicht verloren, dagegen ist die Vernachlässigung des Gebetes meistens der erste Schritt, mit dem er den Weg des Verderbens betritt.

Die Mutter soll die täglichen Ge - bete der größeren Kinder zu ihren ei - genen machen, dieselben so viel mög - lich mit ihnen gemeinsam verrichten. Das Tischgebet soll für die ganze Fa - milie gemeinsam sein und dabei sollen alle Erwachsenen den Kindern ein erbauliches Beispiel geben. In diesem Punkte wirkt das böse Beispiel beson - ders nachteilig. Im übrigen überlade man die Kinder nicht mit allzuviel Gebeten, aber man bestehe darauf, daß das, was gebetet wird, regelmäßig, er -273 baulich und andächtig geschieht. Auch darf man den Kindern Gebete nicht etwa als Strafe auferlegen. Es hieße das dem Kinde Abneigung gegen das Ge - bet einpflanzen, weil Strafen immer un - beliebt sind, während das Kind viel - mehr dazu gelangen soll, das Gebet zu lieben. Dagegen wird es sehr gut wirken, wenn man bei Heimsuchungen der Familie, Krankheiten von Ange - hörigen ꝛc. die Kinder zum Beten aufmuntert, mit ihnen betet, sie wohl auch zu einem Kirchenbesuche veran - laßt. Es wird nicht fehlen, daß die Kinder bei solchen Anlässen mit allem Ernste beten und für ihr religiöses Leben dabei nicht wenig gewinnen.

Hier muß noch besonders aufmerk - sam gemacht werden auf die Lehre von der Gnade des heiligen Geistes. Die heutige Welt glaubt nicht an die Gnade und kümmert sich nicht um die Gnade, und auch eine Unzahl von Gläubigen läßt sich von diesen An -274 schauungen der Welt beeinflussen. Da - her die Vernachlässigung des Gebetes und der übrigen Gnadenmittel. Wer die Gnade nicht hochschätzt und ver - langt, der läßt natürlich die Gnaden - mittel unbenutzt. Die Lehre von der Gnade ist an sich schon geheimnisvoll, und in der heutigen Zeit ist es be - sonders schwer, schwerer als bei jeder andern Glaubenslehre, sie dem Kinde so einzuprägen, daß sie als lebendige Ueberzeugung auf das Leben einwirkt. Und doch hängt davon das christliche Leben und das Heil der Seele ab. Da ist es überaus wichtig und durchaus notwendig, daß die Mutter dem Un - terricht nachhelfe und mitwirke, diese Grundlehre des Christentums in den Herzen ihrer Kinder zu befestigen. Sie lese nach und präge sich selber ein, was der Katechismus von der heilig - machenden Gnade und von der Gnade des Beistandes sagt, und benutze jeden Anlaß, um die Kinder daran zu erinnern.

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Es sind schon einige Gelegenheiten genannt worden, dem Kinde das Kleid der Unschuld, die Taufgnade in Er - innerung zu bringen, und eine from - me, gläubige Mutter wird deren im - mer neue finden. Die Lehre von der Gnade des Beistandes, welche uns erleuchtet, bewegt und stärkt, muß mit dem Gebete in Verbindung gebracht werden. Wenn ein Kind nach einem Fehler Besserung verspricht, sage die Mutter, daß es dazu die Gnade not - wendig habe und um dieselbe beten müsse. Beim Morgengebet: Betet, Kinder, damit euch Gottes Gnade hilft, den Tag ohne Sünde zuzubrin - gen. In Bezug auf den Katechismus: Betet um den heiligen Geist, der die Apostel erleuchtet hat, damit Er auch euch in alle Wahrheit einführe. Aehn - liche Erinnerungen an die Gnade und deren Erlangung durch das Gebet, zu denen einer eifrigen Mutter die An - lässe nie fehlen werden, erwecken, üben276 und befestigen den Glauben an die Gnade, machen diesen Glauben frucht - bar für das Leben, geben ihm eigent - lich erst den wahren Wert für das Heil der Seele. Ohne diesen prak - tischen Glauben an die Gnade können die Kinder keine wahren Christen ab - geben, und diesen praktischen Glauben den Kindern einpflanzen kann man nicht ohne die Mutter.

26. Das spielende Kind.

1. Das Spiel hat viel mehr Be - deutung für die Erziehung, als ge - wöhnlich angenommen wird. Schon sehr früh regt sich in dem Kinde der Thätigkeitstrieb und nicht bloß der Leib, sondern auch die Seele wird von demselben ergriffen. Insbesondere ist die Einbildungskraft sehr lebhaft und die Eindrücke, welche sie von außen empfängt, geben dem Thätigkeitstriebe seine Richtung. Was das Kind an -277 dere thun sieht, will es nachahmen, das Mädchen die Arbeiten der Mut - ter, der Knabe die Verrichtungen der Fuhrleute, Reiter, Soldaten, Hand - werker, mitunter auch der Pfarrer. Wir nennen das ein Spiel, aber für das Kind ist es eine Art Arbeit, an der seine Seele lebhafteren Anteil nimmt, als der Geist des Erwachsenen an seiner Handarbeit.

Als ich Kind war, sagt der hl. Paulus, dachte ich wie ein Kind. Wer erziehen will, muß dieses Denken des Kindes zu verstehen und zu behandeln wissen, auch beim Spiele. Das Spie - len ist für das Kind ein Bedürfnis und darum lasse man es spielen. Ein gesundes Kind kann nur ruhig sein, wenn es schläft. Auch schreibe man ihm keine Spiele vor, man kann ihm solche zur Auswahl bereit halten, aber gestatte ihm, seinem innern Zuge zu folgen. Hier solle das Kind frei sein, zum Gehorchen gibt es sonst noch Zeit und Anlässe genug.

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Alle verständigen Erzieher erklä - ren übereinstimmend, daß die Kleinen sich um so besser unterhalten, je einfacher, ja selbst je ungenügender das Spiel - zeug ist. Das mag manche Eltern überraschen, ist aber vollkommen rich - tig und auch leicht erklärlich. Was dem Spiele seinen Reiz gibt, das ist die Thätigkeit der kindlichen Einbildungs - kraft. Diese hat viel mehr Spielraum zur Bethätigung, wenn z. B. der Knabe auf einem Stocke als seinem Pferde reitet, und das Mädchen ohne Küche kocht, als wenn vornehme Kin - der schön geschnitzte Pferde und per - fekte Puppenküchen zur Verfügung ha - ben. Die letzteren verleiden ihnen viel schneller, weil die Einbildungskraft nichts mehr dabei zu thun hat. Vor - nehmes Spielzeug übersättigt, lang - weilt und legt den frühen Grund zu späterer Blasiertheit. Gewiegte - dagogen verlangen, man solle so weit möglich die Kleinen ihr Spielzeug279 selber herstellen lassen. Sie wissen mit Papier, Holzstücken, Tuchlappen, ungefährlichen Werkzeugen, besonders mit Sand oft sehr erfinderisch um - zugehen.

Im Spiele machen sich oft schon die Anlagen und Neigungen des Kin - des bemerkbar, darum mag man das Spiel beobachten, sich aber nicht ohne Grund in dasselbe einmischen, außer es sei eine Nachhilfe am Platze. Die erzieherische Thätigkeit dürfte sich beim Spiele der Kleinen auf folgende Punkte beschränken: Man gibt die Erlaubnis zum Spielen, man beugt Ungehörig - keiten und Schädigungen vor, das Spiel muß sich der Hausordnug - gen, z. B. zur Essenszeit aufhören, das Spielzeug muß seinen bestimmten Ort haben, an welchen es nach dem Gebrauch wieder gelegt werden soll.

2. Die Spiele der Schulkinder sind anderer Art als die der Kleinen. Für letztere ich das Spiel ihre Beschäfti -280 gung, eine körperliche und seelische Ar - beit. Die Schüler sind sonst schon beschäftiget, das Spiel nimmt für sie den Charakter der Erholung und Un - terhaltung an und ist meistens ein ge - meinsames. Das Spiel ist auch für sie ein Bedürfnis, und darum sollen ihnen Zeit und Gelegenheit hiezu unverkürzt zukommen. Am zuträglichsten für Leib und Seele sind Bewegungsspiele im Freien. Fehlt hiezu die Gelegenheit, so muß für einen Ersatz gesorgt wer - den. Denn die Zeit, in der die Kin - der nicht sonst beschäftiget sind, muß dem Spiel gehören, sie dürfen nie ganz müßig sein. Auch darf man es nicht verübeln, wenn die Kinder beim Spiel großen Lärm machen.

Beim Lernen und bei der Arbeit ist das Kind gleichsam in ein Joch gespannt. Dieses Joch wird ihm ab - genommen, wenn die Zeit zum Spiele kommt. Das Kind zeigt sich darum bei dem Spiele, wie es ist, und man281 kann aus seinem Verhalten ermes - sen, in wie weil die bisherige Erzie - hung ihr Ziel erreicht hat. Ist es beim Spiele roh und grob, oder zän - kisch und rechthaberisch, zornig und neidisch, kommt es nicht zur Zeit in das Haus, überhört es den Ruf der Mutter, so ist es ein Zeichen, daß bisher etwas versäumt oder wenigstens nicht beobachtet wurde, und daß es die höchste Zeit ist, das Versäumte nachzuholen. Man halte zuerst dem Kinde seinen Fehler in Güte vor, im Wiederholungsfalle aber gehe man mit aller Strenge vor, bis der Fehler über - wunden ist.

Auch sonst muß die Mutter da einigen erzieherischen Takt anzuwenden wissen. So begründet es ist, dem Spiele genügend Raum und Zeit zu geben, so ist doch das Spiel auf die - ser Stufe im Unterschied von den Kleinen ein Genuß, ein Vergnügen, und muß darum aus sittlichen Grün -282 den einer bestimmten Regel und Ord - nung unterworfen sein. Das Kind muß lernen, zur rechten Zeit aufzu - hören. Das ist ein bescheidener An - fang der sittlichen Entsagung. Es muß genau zu der festgesetzten Zeit zu Hause erscheinen. Es darf ihm in dieser Beziehung nichts geschenkt werden, wenn nicht Hausordnung und Gehorsam und damit die ganze weitere Erziehung in das Wanken kommen sollen.

3. Als ich ein Kind war, dachte ich wie ein Kind; als ich aber Mann ward, legte ich ab, was kindisch war. (I. Kor. 13, 11.) Dieses Wort geht in Bezug auf das Spiel stufenweise in Erfüllung. Anders spielen die Kleinen, anders die Schulkinder, und wieder an - ders die reifere Jugend. Bei dieser muß man das Wort Spiel allmählich mit den Ausdrücken Erholung, Ver - gnügen, Genuß ersetzen. Es ist klar, daß die richtige Leitung der reiferen Jugend in diesem Punkte keine leichte283 Sache ist. Den Vergnügen nachgehen und sich von gefährlichen Vergnügen ent - halten, genießen und sich erholen und dabei das rechte Maß einhalten, unter die Leute gehen und nicht alles mit - machen, sind Dinge, welche leider selbst viele Erwachsene nicht verstehen. Wie will man sie der unerfahrenen und lebenslustigen Jugend beibringen! Wenn die Kinder in dieses Alter kom - men, ist die Sache meistens schon ent - schieden durch die vorausgegangene Er - ziehung. Nur wer die Kinder vorher zur Einfachheit und Genügsamkeit er - zogen, sie zum Maßhalten und zur Selbstbeherrschung angeleitet, und die Zügel des elterlichen Ansehens fest in der Hand behalten hat, wird die Kin - der in diesem Alter gut leiten können. Einiges über diesen Gegenstand folgt in den nächsten Kapiteln. Ich verweise auch auf die Bemerkungen in dem Büchlein der christliche Vater, be - sonders auf Kapitel 26 und 30.

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27. Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper.

1. Der Leib des Menschen ist durch die Verbindung mit der unsterblichen Seele weit erhoben worden über die andern lebenden Wesen, die uns um - geben. Er ist sterblich, aber er wird wieder zum Leben auferweckt werden; er ist infolge der Sünde zu einem Sitze der bösen Begierlichkeit geworden, soll aber durch die Gnade ein Tempel des heiligen Geistes werden; er ist gebildet aus dem Staub der Erde, aber doch soll er der Seele für die höchsten und heiligsten Verrichtungen als Werkzeug dienen. Darum ist es für die zeitliche Wohlfahrt und das Seelenheil von Wich - tigkeit, wie der Leib namentlich in den Kinderjahren behandelt wird. Die Pflanzen und Blüten in der Natur sind nie empfindlicher als in der ersten Frühlingszeit, und das gleiche ist der Fall mit dem Gewächse des menschlichen285 Leibes. Es ist nicht anzunehmen, daß eine christliche Mutter mit Wissen und Willen Gesundheit und Leben des Kin - des irgendwie gefährde. So etwas wäre eine Verirrung der Natur und eine Sünde gegen das fünfte Gebot. Aber eine andere Frage ist, ob nicht vielfach aus Unkenntnis dem Leibe des Kindes geschadet werde.

Man klagt allgemein darüber, daß die körperliche Kraft und Gesundheit bei dem heutigen Geschlechte sichtlich im Rückgang begriffen seien. Man bezeichnet verschiedene Ursachen dieses Uebels, am öftesten aber nennt man die mangel - hafte oder verkehrte Ernährung und Pflege im Kindesalter. Die folgenden Bemerkungen werden glücklicherweise nicht alle Leserinnen angehen, aber sie dürfen hier nicht fehlen, weil den ge - rügten Mißbräuchen immerhin eine ge - wisse Allgemeinheit zukommt.

2. Essen und Trinken. Das Kind bekomme die Nahrung, welche ihm286 angemessen ist. Ein Arzt bemerkte mir, wenn man die Jugend wieder mit Milch und Habermus aufziehen würde, so würde man wieder ein gesundes und starkes Geschlecht erhalten. Auf die vielen Sünden, die in diesem Punkte unten und oben vorkommen, kann hier nicht näher eingetreten werden. Das Kind erhalte genügende Nahrung, aber nicht mehr als sein Magen verdauen kann. Alban Stolz redet von Müt - tern, welche ihre Kinder zum Schaden der Gesundheit förmlich überfüttern, und meint, im Zweifelfalle solle man dem Kinde eher zu wenig als zu viel Nahr - ung geben. Das Kind soll die Nahr - ung regelmäßig zur bestimmten Zeit bekommen. So verlangt es seine Ge - sundheit und die Gewöhnung an Ord - nung. Freilich muß diese Ordnung den Bedürfnissen des Kindes angemes - sen sein. Das Kind soll bei Zeiten lernen, nicht zu gierig und hastig, sondern mit Anstand zu essen. Es be -287 rührt das schon die sittliche Erziehung und gibt selbst dem Kinde etwas geistig Vornehmes. Als Diogenes einen Kna - ben gierig und ohne Anstand essen sah, gab er seinem Erzieher eine Ohrfeige mit der Bemerkung, er und nicht der Knabe habe Strafe verdient. Man gestatte gesunden Kindern nicht, in Be - zug auf die Speisen wählerisch zu sein. Wollen sie nicht essen, so können sie warten bis zur nächsten Essenszeit. Man sei äußerst sparsam mit der Ver - abreichung von Näschereien. Diese ver - derben den Magen, nehmen die Lust zu gesunder Nahrung, wecken den un - geordneten Hang nach sinnlichen Ge - nüssen. Man lehre das Kind, genüg - sam und zufrieden zu sein, erinnere es an die vielen Kinder, die nicht einmal den Hunger stillen können, führe es zur Einsicht, daß wir nicht leben, um zu essen, sondern essen, um zu leben. Kindern dürfen keine geistigen Getränke verabreicht werden außer auf ärztliche288 Anweisung. Die berufensten Vertreter der medizinischen Wissenschaft erklären geistige Getränke jeder Art, auch Bier und Most, als ein Gift für die Kin - der, welches namentlich auf das Gehirn und die Nerven nachteilig einwirkt. Gar viele Kinder müssen den Unverstand ihrer Eltern lebenslänglich mit lang - wierigen Nervenleiden, Fallsucht u. s. w. büßen. Unter Christen gehört zum Essen auch das Tischgebet. Auch das Kind soll bei Tische daran erinnert wer - den, von wem jede gute Gabe kommt, ihm danken lernen und hiezu nament - lich durch das Beispiel der Erwachsenen aufgemuntert werden.

3. Arbeit und Schlaf. Anfäng - lich schläft das Kind fast die ganze Zeit. Das Bedürfnis des Schlafes nimmt mit dem Wachstum allmählich ab, ist aber in der ganzen Kindes - und Ju - gendzeit größer als bei Erwachsenen. Was bei Kindern die Natur in Bezug auf den Schlaf verlangt, kann ihr ohne289 Nachteil nicht vorenthalten werden. Aber der Schlaf darf auch nie durch betäu - bende Mittel herbeigeführt werden. Es ist ganz gefehlt, wenn größere Kinder wegen Vergnügen, Unterhaltungen, The - aterbesuch um einen Teil ihrer Nacht - ruhe gebracht werden. Aber viel häu - figer und darum viel beklagenswerter ist der Uebelstand, daß ärmere Kinder im schulpflichtigen Alter für die Haus - industrie bis tief in die Nacht hinein angestrengt werden. Es ist das eine Versündigung gegen Gesundheit und Leben des Kindes, die durch gar nichts entschuldiget werden kann, nicht einmal durch Mangel und Not. Zuerst schaue man, ob nicht unnötige Ausgaben für Kleiderluxus und Wirtshausbesuch ge - macht werden, und dann beschneide man diese. Hilft das nicht, so bean - spruche man lieber die öffentliche Ar - menunterstützung, als daß man sich nährt vom Blute seiner Kinder. Wenn die Kinder neben der Schulzeit noch eine290 angemessene Erholung bekommen, so mag es angehen, sie kürzere Zeit für leichte häusliche Arbeiten oder auch für die Hausindustrie zu verwenden, aber un - ter keinen Umständen in die Nacht hin - ein und mit Verkürzung des Schlafes. Mir scheint, daß Eltern, welche von diesem sündhaften Mißbrauch nicht ab - gehen wollen, nicht mit Beruhigung zu den heiligen Sakramenten gehen können.

4. Kranke Kinder. Zunächst suche man die Krankheiten zu verhüten durch eine naturgemäße Pflege, zuträgliche Nahrung, frische Luft, angemessene Be - wegung, Reinlichkeit, Vermeidung jeder Verweichlichung, namentlich in der Klei - dung. Fehlt dem Kinde etwas, so muß selbstverständlich das Nötige zur Heilung gethan werden. Im übrigen aber ist die erzieherische Behandlung kranker Kinder keineswegs leicht. Oft macht man zu viel aus der Sache, schwatzt dem Kinde die Ohren voll, bis es glaubt, daß es krank sei, und legt so den Grund zu späterem291 wehleidigem Wesen und Gesundheits - skrupeln. Auch werden kränkliche Kin - der leicht verhätschelt und verwöhnt, indem man ihnen thut und sie selber thun läßt, was sie wollen. In Bezug auf Arbeiten, Hausordnung u. s. w. sind Rücksichten am Platze, nicht aber in Bezug auf Fehler. Solche dürfen auch bei kränklichen Kindern nicht ge - duldet werden, namentlich kein Unge - horsam; natürlich soll auch nichts Un - vernünftiges befohlen werden. Man lehre kranke Kinder schon früh, Leid und Schmerz in vernünftiger und christ - licher Weise zu ertragen. Das muß namentlich geschehen, wenn Kinder auf Lebenszeit mit irgend einem Uebel be - haftet sind. Solche Kinder muß man schon frühe durch religiöse Auffassung der irdischen Dinge mit ihrem Schick - sale versöhnen, eine für sie geeignete Stel - lung im Leben in Aussicht nehmen und sie darauf vorbereiten. Dann kön - nen sie doch zufrieden leben und wan -292 dern wahrscheinlich ruhiger und sicherer dem letzten Ziele entgegen, als die in irdischer Hinsicht Bevorzugten.

Andere Kinder besitzen bloße An - lagen zu gewissen Krankheiten, z. B. zu Nerven - oder Lungenleiden, die mei - stens ererbt sind. Solche Kinder können aufwachsen, in einem Berufe arbeiten und alt werden, ohne daß die Krank - heit zum Ausbruch kommt, wenn man sie von Jugend auf zu einer mäßigen und wohlgeordneten Lebensweise erzieht und die Wahl eines unpassenden Be - rufes verhütet. Das ist übrigens die allgemeine Aufgabe der körperlichen Er - ziehung auch bei den gesunden Kindern. Jedes Kind bringt ein gewisses Maß von Lebenskraft auf die Welt, an die - ser zehrt es das ganze Leben, und wenn sie erschöpft ist, so muß das Leben auf - hören. Diese Summe von Lebenskraft hält um so länger an, je haushälter - ischer man mit ihr umgeht. Je mehr der Mensch in der Jugend gelernt hat,293 seine Leidenschaften zu beherrschen, ge - nügsam, mäßig, arbeitsam und regel - mäßig zu leben, in allem Maß zu hal - ten, desto bessere Aussichten hat er, ge - sund zu bleiben und lange zu leben. Auch in Bezug aus Leben und Gesund - heit gilt das Wort: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und dieses alles wird euch hinzugege - ben werden. (Matth. 6, 33.)

28. Die Mutter und die Welt.

1. Schon im ersten Kapitel wurde bemerkt, daß die christliche Mutter und die Welt geborne Gegner seien, in ei - nem spätern Kapitel wurde das Ver - hältnis zwischen Weib und Welt be - sprochen, hier muß noch die Stellung der christlichen Mutter zur Welt be - rührt werden. Mehrere Jahre ist es der Mutter vergönnt, ihrer hohen und heiligen Aufgabe zu leben, ohne durch die Einflüsse der Welt im geringsten294 gestört zu werden. Mit den Jahren des Schulbesuches beginnt eine allmähliche, aber unaufhaltsame Aenderung. Das Schulkind kommt in Berührung mit Schul - und Spielkameraden, die gut oder verdorben sein können, es sieht und hört manches, was ihm besser un - bekannt bliebe. Vielleicht hat die Welt selbst in das elterliche Haus Eingang gefunden in gewissen Blättern und Schrif - ten, in den Reden von Dienstboten und Hausgenossen, vielleicht auch am Fa - milientische und selbst durch das Bei - spiel der Eltern. Die jungen Christen werden gelockt und gereizt durch die Vergnügen und die Moden der Welt und es muß zu denselben Stellung ge - nommen werden. Endlich kommt die Zeit, in der die Kinder den Augen der Mutter ganz entrückt werden, sie treten in die Welt hinaus und die Mutter kann ihnen nur ihre Segenswünsche und Gebete nachsenden.

Es ist von entscheidender Bedeutung,295 daß die Mutter nicht bloß in dieser Zeit, sondern schon von Anfang an bei der Erziehung von den richtigen An - schauungen über die Welt geleitet werde. Ein sehr gefährlicher und leider auch sehr allgemeiner Fehler ist eine gewisse Vertrauensseligkeit, die sich selber täuscht über die Unschuld der Kinder und über die Verdorbenheit der Welt. Daraus erwächst dann eine große Sorglosigkeit, wo ängstliche Wachsamkeit am Platze wäre, und eine traurige Wiederholung jener alten Geschichte, daß der Feind Unkraut sät, während die Leute schlafen. Nach dem hl. Johannes liegt die Welt im Argen, und das ist heute noch wahr. Ich weiß aus meiner eigenen seelsorg - lichen Erfahrung, daß religiöse und sittliche Verdorbenheit so weit in das Kindesalter hinabreichen können, wie man es nicht für möglich halten sollte. Wenn nun in einer Herde ein einziges räudiges Schaf ist, wer weiß, ob es nicht auch dein Lämmlein ansteckt! Fer -296 ner sagt der Herr selber, daß der Sinn des menschlichen Herzens zum Bösen geneigt sei von Jugend auf. (I. Mos. 8, 21.) Dieses Wort gilt auch von dei - nem Kinde. Sei es auch noch unver - dorben, wer verbürgt dir, daß nicht heute, vielleicht gestern schon der Keim zu Unordnungen in seinem Herzen ge - legt worden, der erst nach längerer Zeit sich äußerlich bemerkbar macht? Die Meinung, daß das Kind noch nichts verstehe, ist so unheilvoll wie die an - dere, daß es in der Welt keine Ge - fahren gebe.

Wer einen kostbaren Schatz zu - ten hat, thut gut, wenn er sich der größten Wachsamkeit, oder, wenn man lieber will, des größten Mißtrauens befleißt. Darum überwache die Mut - ter alles, was das Kind im eigenen Hause hört und sieht und liest, sie thue dasselbe in Bezug auf seine Kamera - den und die Einflüsse, die sich außer dem Hause geltend machen. Nament -297 lich dringe sie mit allem Nachdrucke darauf, daß Söhne und Töchter, welche auswärts etwas verdienen oder sich aus - bilden sollen, nur in eine ganz zuver - lässige Umgebung gelangen. Aber weil der Weltgeist auch durch verschlossene Thüren sich nicht immer abhalten läßt, und man die Kinder in der Regel doch einmal der Welt überlassen und man - ches in der Welt bis zu einem gewissen Punkte sogar mitmachen muß, so ist mit dem Ueberwachen und Abschließen nur zeitweilig geholfen. Man muß vorsorgen, daß die Kinder auch fähig werden, die Gefahren der Welt, so weit sie unvermeidlich sind, glücklich zu be - stehen, wenn sie in der Welt draußen stehen.

2. In den ersten Jahren gleicht das Kind einem zarten Bäumlein, welches an einen Stab gebunden, sorgfältig um - zäunt und gegen die Unbild der Witterung geschützt wird. Wie das Bäumchen all - mählich seiner engen Umzäunung ent -298 wächst und Sturm und Unwetter aus - halten muß, so nahen dem Kinde nach und nach die Versuchungen der Welt, die elterliche Aufsicht tritt in demselben Maße zurück, in welchem seine Frei - heit zunimmt, bis es eines Tages mit - ten in den Gefahren der Welt allein dasteht und mit seiner genossenen Er - ziehung die Probe bestehen muß. Kleinere Proben kommen schon beim Schulkinde vor gegenüber dem bösen Beispiel an - derer Kinder. Wenn es in der Kirche andächtig ist, während andere neben ihm sich unehrerbietig benehmen, wenn es von den Ungezogenheiten anderer, vom Fluchen, Lügen u. s. w. sich zu - rückhält, so ist das ein gutes Zeichen. Aber dieses Verhalten kann immer noch aus der Erinnerung an die strenge el - terliche Zucht beruhen. Es ist das ein Beweggrund, der später in den Versuch - ungen und Stürmen des reiferen Ju - gendalters nicht mehr wirken, jedenfalls nicht genügen wird, und darum muß299 ein tieferes und festeres Fundament ge - legt werden. Was hat dem ägyptischen Joseph in seiner gefährlichen Versuch - ung, was hat dem Daniel und seinen jugendlichen Genossen in einer heid - nischen Stadt vor einem abgöttischen König, was hat den machabäischen Brü - dern auf der Folterbank eine so heroische Kraft verliehen? Es war der lebendige Glaube, die heilige Furcht Gottes, was ihnen zum Siege über die schwersten Anfeindungen seitens der Welt verhol - fen hat. Der Schluß, den die christ - liche Mutter daraus ziehen soll, ist schon wiederholt angeführt worden. In den Jahren der Kindheit, in denen die Mutter allein Meister ist über das Herz des Kindes, muß sie zwei Dinge anstreben. Auf der einen Seite muß sie das Kind gewöhnen an Einfachheit und Selbstbeherrschung, an den Abscheu vor unerlaubten und an das Maßhal - ten in erlaubten Genüssen. Das ist notwendig, aber nicht genügend. Auf300 der andern Seite muß sie Glauben und Gottesfurcht so sorgfältig in demselben pflegen, daß sie recht tiefe Wurzeln fassen, daß sie mit dem Kinde wachsen und erstarken, daß sie, wenn die Welt dem Kinde naht, sich stärker erweisen als die Welt. Die Lockungen der Welt und die nicht minder gefährliche Men - schenfurcht müssen durch die voraus - gehende religiöse Erziehung schon über - wunden sein, bevor sie das Kind auf die Probe stellen. Geschieht das nicht, so wird der junge Christ keine Selb - ständigkeit haben, ein Spielball sein in den Händen seiner Umgebung, und wenn diese eine schlechte ist, bald er - liegen.

3. Es ist vielleicht am schwersten, in jenen Dingen den Einfluß der Welt fernzuhalten, in welchem man der Welt bis zu einem gewissen Punkt nachge - ben kann und selbst muß. Die Mode und die Genußsucht sind zwei der läng - sten und stärksten Fangarme, welche die301 Welt nach ihren Opfern ausstreckt. Eine standesgemäße Kleidung gehört sich, aber die Kunst der Erziehung besteht nun darin, das Geziemende zu gestatten, und doch im Aeußern den Luxus und im Innern die Eitelkeit von dem Kinde fern zu halten. Auch Vergnügen und Unterhaltungen sind nicht ganz abzu - weisen, es handelt sich nur um die rich - tige Auswahl und um das richtige Maß, die Ausscheidung dessen, was an sich schädlich, und dessen, was zu viel ist. Will eine Mutter den Kindern in die - sen Dingen die richtigen Anschauungen beibringen, so muß sie dieselben zuerst selber haben. Wenn eine Mutter ihr aufgeputztes Töchterchen wie ein Götzen - bild anschaut, so wird sie ganz sicher dasselbe zur Kokette erziehen. Und wenn sie ihr begabtes Söhnchen bewundert und seinen Wünschen schmeichelt, so weiß man, daß er ihr bald über den Kopf wachsen wird. Eine solche Mutter hat den Geist der Welt, welcher naturnot -302 wendig auf die Kinder übergehen und in ihnen seine Früchte tragen wird. Ganz anders ist und kommt es, wo der Geist Christi herrscht. Der junge Chrysostomus war durch glänzende Ga - ben vor allen seinen Altersgenossen aus - gezeichnet, und seine Mutter Anthusa mochte sich dessen freuen. Aber sie hielt an dem Satze fest: Dieses Kind soll ein Heiliger werden. Ihre erste Sorge galt seiner unsterblichen Seele. So wenig wie ihre Reichtümer verblendeten sie die vielversprechenden Anlagen ihres Sohnes. Diese ihre Gesinnungen gingen als kostbarster Teil der Erbschaft auf den Sohn über, haben seinen Blick über vergängliche Dinge erhoben, sein Herz mitten unter heidnischen Lehrern und Mitschülern fromm und rein erhalten und ihn wirklich zum Heiligen gemacht. Die heilige Blanka hat ihren Sohn Ludwig bei manchen Anlässen mit - niglichem Schmucke bekleidet. Aber ihre Seele verlor sich nicht in diese glänzen -303 den Aeußerlichkeiten, sie kümmerte sich mehr um das Kleid der Gnade für die Seele und erklärte ihrem Sohne, daß sie ihn lieber im Tode als in der Tod - sünde sehen wollte. Der Geist der Mut - ter ging über auf den Sohn, und Lud - wig ist trotz allen Gefahren, die das Hofleben und die eigene Jugend ihm bereiten mochten, diesem Geiste niemals untreu geworden.

4. So streiten die christliche Mutter und die Welt um die Seele des Kin - des. Dieser Kampf hat aber seine Eigen - tümlichkeiten. Zeitlich ist die Mutter im Vorsprunge. Sie kann jahrelang auf die Seele des Kindes wirken, ohne von der Welt behelliget zu werden. Ist sie selber vom rechten Geiste beseelt, so kann sie mit der Gnade Gottes der Welt zum voraus den Sieg abgewinnen. Die Hauptpunkte sind schon wiederholt ge - nannt worden, können aber nicht oft ge - nug beherziget werden. Christus verlangt von den Seinigen Selbstverleugnung. 304(Matth. 16, 24.) Darum gewöhne sie die Kinder an Selbstbeherrschung und Mäßigkeit. Der heilige Johannes sagt: Das ist der Sieg, der die Welt über - windet, unser Glaube. (I. Joh. 5, 4.) Darum pflanze sie den Kindern jenen lebendigen Glauben ein, auf dem die Gottesfurcht beruht. Christus sagt: Ohne Mich könnt ihr nichts thun. (Joh. 15, 5.) Was uns stärken muß, ist die Gnade. Darum lehre sie die Kinder, ihre Seelen als Tempel des heiligen Geistes heilig zu halten, auf die Gnade zu vertrauen, die Gnade zu suchen und derselben mitzuwirken. Dann kann sie mit dem heiligen Jo - hannes zu ihren Kindern sagen: Meine Kindlein, der in euch ist, ist stärker, als der in der Welt ist. (I. Joh. 4, 4.)

Und damit die Mutter selber nie versucht werde, den Geist der Welt auf die Erziehung einwirken zu lassen, muß sie an sich selber diese Erfordernisse des Sieges über die Welt besitzen und305 bethätigen. Insbesondere soll sie eine Warnung und eine Aufmunterung aus dem Munde Christi beständig in der Erinnerung behalten. Die Warnung lautet: Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber Schaden leidet? (Matth. 16, 26.) Und die Aufmunterung: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Ge - rechtigkeit, und dieses alles wird euch hinzugegeben werden. (Matth. 6, 33.)

5. In einem Punkte darf und soll man den Anforderungen der Welt ziemlich weit entgegenkommen, nämlich in Bezug auf die Erziehung zu An - stand und Höflichkeit. Aus Benehmen und Haltung des jungen Menschen beim Grüßen, bei Tische, bei Besuchen, in den Unterhaltungen und nament - lich auch in Briefen, im Verkehre mit höher gestellten und ältern Leuten zieht man schnell einen Schluß auf seine Erziehung und Bildung, der in der Regel zutreffend ist. Anstand und Höf -306 lichkeit bilden eine Ergänzung der sitt - lichen Erziehung, die nicht fehlen darf, und für die Reputation und das Fort - kommen von nicht geringer Bedeu - tung ist.

Aber auch in diesem Punkte gehen Welt und Christentum wieder aus - einander. Höflich ist das Weltkind, und der Heilige ist es auch. Aber für das Weltkind nicht alle Leute in der Welt verdienen diesen Namen ist die Höflichkeit eine Larve, hinter welcher sich die Falschheit verbirgt, während bei dem Heiligen die Höflichkeit die Schale bildet, in welche als Kern die Tugend der Nächstenliebe eingeschlossen ist. Seine Höflichkeit ist Wahrheit, ein Ausdruck der wohlwollenden innern Gesinnung. Wenn es mit der übrigen Erziehung in guter Ordnung ist, so wird die Erziehung zum richtigen An - stand und zur rechten Höflichkeit keine besonderen Schwierigkeiten bieten.

307

29. Die reifere Jugend.

Je mehr die Kinder heranwachsen, desto schwieriger wird deren Erziehung, desto schlimmer wirken allfällige Miß - griffe. Allmählich kommt die Zeit zur Wahl des Standes und Berufes. Die Mutter muß den Stand und die Stan - deswahl selber christlich auffassen und den Kindern bei Zeiten diese Auffas - sung beibringen. Der heilige Paulus sagt: Wie Gott einen jeden berufen hat, also wandle er. (I. Kor. 7, 17.) Der Beruf kommt von Gott und soll zu Gott führen. Die Vorsehung hat jedem den Lebensweg vorgezeichnet, ihn für denselben befähigt, ihm Hilfe und Gnade für denselben zugedacht, und wer glücklich wählen will, muß fragen, wozu ihn Gott berufen habe, welcher Stand ihn am sichersten in den Him - mel führe. Nun wer wählt nach Gottes Willen, wählt gut für das irdische und ewige Leben. Die christliche Regel für308 die Standeswahl liegt darum in dem Wort des Herrn: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und dieses alles wird euch hinzugegeben wer - den. Die glänzendsten irdischen Aus - sichten dürfen nie einen Grund bilden, eine Ehe einzugehen, welche Gott und die Kirche nicht billigen. Heutzutage gehen in diesem Punkte die Anschau - ungen von Kirche und Welt weit aus - einander, und es gibt auch viele Ka - tholiken, welche die Grundsätze ihrer Kirche geringschätzen oder nicht einmal mehr kennen. Es ist ein Glaubens - satz der katholischen Kirche, daß die Ehe unauflöslich ist, und daß darum geschiedene Eheleute bei Lebzeiten des andern Teiles niemals eine neue gül - tige Ehe eingehen können. Ferner er - klärt es die Kirche als Abfall vom Glauben und bestraft es mit Aus - schluß aus ihrer Gemeinschaft, wenn katholische Christen zugeben, daß ihre Kinder in einem nicht katholischen Be -309 kenntnisse erzogen werden. Die Kirche handelt so mit vollem Rechte, denn wer den Glauben für seine Kinder ver - leugnet, der hat ihn auch für sich selbst verleugnet. Diese Dinge könnten und sollten alle Katholiken wissen. Es ist aber trotzdem nicht der Fall, und darum stürzen sich manche leichtsinnig in die traurigste Lage, in der ihnen nicht mehr zu raten und zu helfen ist. Wenn Eltern ihren heranwachsenden Kindern den Ernst dieser Dinge öfters in Er - innerung bringen, so werden diese viel weniger versucht sein, Bekanntschaften anzuknüpfen, welche derartige Bedenken gegen sich haben.

Im übrigen überlasse man die Wahl des Standes der freien Ent - scheidung der Kinder. Niemand hat ein Recht, ihnen einen Stand aufzu - nötigen. Sie müssen die Folgen der Wahl auch selber tragen. Wohl aber sollen Eltern suchen vorzubeugen, daß das Kind sich nicht einem Stande und310 Berufe zuwende, für den es mit seiner Gesundheit und seinen Anlagen nicht geschaffen ist, oder daß es eine Wahl treffe, welcher religiöse oder sittliche Bedenken entgegenstehen. Nur verspäte man sich nicht mit den eben angeführten Warnungen. Wenn man mit den Be - denken gegen eine paritätische Ehe erst kommt, wenn eine solche Bekannschaft da ist, so wird es kaum mehr etwas nützen.

2. Vorbereitung auf den Beruf. In Bezug auf die Söhne verweise ich auf das in dem Büchlein der christ - liche Vater Gesagte. Die Vorberei - tung der Tochter muß der Mutter be - sonders angelegen sein. Die Vorberei - tung ist eine doppelte, eine innere und äußere, und in Bezug auf beide wird oben und unten vielfach gesündiget. Unten müssen die Mädchen möglichst früh dem Verdienste nachgehen, in der Fabrik arbeiten. Was aber die künf - tige Hausfrau, was jede Magd ver -311 stehen soll, davon lernen sie gar oft nichts. Oben schickt man die Töchter in Institute, die ganz gut sein mögen, aber bei der Heimkehr behandelt man dieselben wie überirdische Wesen, die nichts Irdisches berühren dürfen als etwa das Klavier und das Modejournal. Wenn dann solche Fräulein und solche Fabrikmädchen heiraten, so weiß man, wie es geht. Es fehlt die Hausfrau, der Mann hat statt einer Stütze ein Kreuz erheiratet und flüchtet vor dem - selben allzu oft ins Wirtshaus. Der Philosoph Schopenhauer sagt: Die Dame ist ein Wesen, welches gar nicht existieren sollte, sondern Hausfrauen sollte es geben und Mädchen, die es werden wollen. Wenn man in neuerer Zeit angefangen hat, Koch - und Haus - haltungsschulen zu eröffnen, so ist das sehr zu begrüßen, obschon durch deren Notwendigkeit ein bedenkliches Licht auf die häuslichen Verhältnisse geworfen wird.

312

Die Töchter bedürfen aber auch einer inneren Vorbereitung. Sie haben meistens eine lebhafte Einbildungskraft, welche sich in diesem Alter gerne in Träumen ergeht, in Träumen von einer herrlichen Zukunft, so daß sie von der wirklichen Welt nichts mehr sehen. Voll von diesen Träumen, wählen sie leicht - sinnig, entscheiden sorglos über ihre Zukunft. Nachher folgt das Erwachen aus diesen Träumen, in der Regel recht bald, aber doch zu spät. Das Weib ist, wie früher ausgeführt wurde, geschaffen, um zu leiden und zu opfern, und dieser seiner Bestim - mung kann es sich in keinem Stande entziehen. Darum suche die Mutter ihrer Tochter rechtzeitig zu einer nüch - ternen Lebensanschauung zu verhelfen. Sie soll nicht von Einbildungen be - rauscht an den Scheideweg des Lebens treten, sondern sie soll wählen mit der Erkenntnis dessen, was ihrer wartet, und mit dem Mute, es christlich zu ertragen.

313

3. Religiös-sittliche Erziehung. In diesen Jahren beginnen vielfach der Zug zu sinnlichen Genüssen, besonders zum Trinken, und der Hang nach Be - kanntschaften sich bemerkbar zu machen. Wenn die vorausgehende Erziehung eine gute war, so wird die elterliche Sorgfalt auch diese gefährliche Periode zu einem guten Ende führen können. Schlüpfrige Romane, überhaupt senti - mentale Lektüre, Tanzbelustigungen, Theater wecken das Feuer der Sinn - lichkeit, und wer die Kinder mit dem Feuer spielen läßt, mag dann sehen, wie er den Brand unschädlich machen kann. Klug und gewissenhaft kann ein solches Verfahren nicht genannt werden. Von der Keuschheit und ihrem Gegen - satze braucht nicht gar viel geredet zu werden. Man sorge vielmehr dafür, baß diese Tugend von außen nicht be - droht wird, und daß die Wächter der - selben im Herzen des jungen Christen, der Glaube, die Gottesfurcht, das Ge -314 wissen recht lebendig und wachsam sind, und sein Denken, Reden und Handeln beherrschen. Neben dem Gebet und den übrigen religiösen Uebungen muß in diesem Alter besonders dem Empfang der heiligen Sakramente der Buße und des Altars die gebührende Stellung angewiesen werden. Wer sie würdig und regelmäßig empfängt, hat an ihnen einen Rettungsanker in den Stürmen dieses Lebens, und so lange er an diesem festhaltet, kann und wird er nicht im Schiffbruche untergehen. Der Engländer Fitz-William, ein Prote - stant, hat nur die natürlichen Wir - kungen dieser beiden Sakramente er - wogen und gefunden, daß sie in einem echt katholischen Lande für sich allein Tugend und Gerechtigkeit aufrecht er - halten könnten, ohne daß es noch an - derer Gesetze bedürfte. Die beste und kaum entbehrliche Aufmunterung der jungen Christen in diesem Punkte ist das gute Beispiel der Eltern.

315

In der Zeit von der ersten heiligen Kommunion an muß dem Kinde auch eine große Liebe zur Kirche eingeflößt werden. In dem Unterrichte erfährt das Kind, was die katholische Kirche ist und was sie wirkt. Aber die Treue und der Gehorsam gegen die Kirche, die Liebe und die Begeisterung für sie können mit Worten nicht genügend eingepflanzt werden. Dazu braucht es Eltern mit katholischer Ueberzeugung und einem katholischen Herzen. Dieser Punkt ist von der größten Wichtigkeit. Wie die katholische Kirche in der Welt das Christentum unwandelbar forter - haltet, so liegt im innigen Anschluß an die Kirche die Bedingung des prak - tischen Christentums für den Ein - zelnen. Der junge Christ muß zum Katholiken, d. h. zum treuen Anhänger der katholischen Kirche erzogen werden, wenn er christlich denken und leben soll. Die Tugend beruht auf der Reli - giosität und diese findet ihren festen316 Halt allein im innigen Anschluß an die Kirche, die Säule und Grundfeste der Wahrheit. (I. Tim. 3, 15.) Darum hat schon vor fünfzehnhundert Jahren der heilige Pacian erklärt: Christ ist mein Name, Katholik mein Zuname.

Unschätzbar ist der Schatz, welchen der Christ an seiner unsterblichen Seele mit in die Welt hinaus nimmt und unersetzlich ist sein Verlust. Die Feinde, welche auf denselben lauern, sind zahl - reich, mächtig und schlau. Darum ruft der heilige Paulus allen Christen zu: Leget an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr widerstehen könnet an dem schlimmen Tage, und unverletzt stand halten an allem. Stellet euch also, euere Lenden gegürtet in Wahrheit und angethan mit dem Panzer der Gerech - tigkeit, und beschuhet an den Füßen mit Entschlossenheit für das Evange - lium des Friedens; zu allem ergreifet den Schild des Glaubens, womit ihr alle brennenden Pfeile des Bösen aus -317 zulöschen vermöget, und nehmet den Helm des Heiles und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes. (Eph. 6, 13 ff.)

Die christliche Mutter hat den Be - ruf, die Gnade und die Gelegenheit, viele Jahre lang an dieser Waffen - rüstung für ihr Kind zu arbeiten. Es muß ihr eine Herzensangelegenheit sein, das Kind nicht halb wehrlos den mäch - tigen Feinden seines Heiles entgegen - gehen zu lassen, sondern alles zu thun, damit es nach dem Worte des Apostels Paulus sich bewährt als ein guter Kriegsmann Jesu Christi. (II. Tim. 2, 3.)

30. Das mütterliche Ansehen.

1. Die Liebe muß den Grundton bilden für das Verhältnis zwischen Mutter und Kind. Was die Mutter für das Kind thut, entstammt der Liebe ihres Herzens, und das Verhalten des Kindes gegen die Mutter soll eine318 Offenbarung der kindlichen Gegenliebe sein. Aber wie die Menschen einmal geboren werden, zeigen sie schon sehr früh ungeordnete Triebe, mit welchen die bloße Güte nicht auskommen kann. Die Mutter muß aus vernünftiger und christlicher Liebe von Anfang an ein gewisses Maß von Ernst und Strenge anzuwenden wissen. Das Kind darf nie im Zweifel darüber sein, daß der Wille der Mutter erfüllt wer - den muß, und wo die Liebe als Beweg - grund zum Gehorchen nicht ausreicht, muß die Furcht nachhelfen. Die Mut - ter wird den Ernst auf das Notwen - dige beschränken, aber immer muß das Kind wissen, daß er, wenn er nötig wird, unnachgiebig ist. Nur so kann die Mutter das unentbehrliche Ansehen gewinnen und erhalten.

In den Jahren des Schulbesuches kann die Mutter die Probe machen, ob sie in der vorhergehenden Zeit ihre Sache gut gemacht hat. Sie bekommt319 da bereits eine kleine Ernte von der frühern Aussaat. Es wird leicht ge - hen mit dem Gehorsam, oder schwer, oder gar nicht, je nachdem sie ihr An - sehen früher befestigt hat oder nicht. Das Versäumte läßt sich in dieser Zeit vielleicht mit großer Mühe noch nachholen, aber jedenfalls dürfen jetzt das Ansehen der Mutter und der Ge - horsam nicht wanken, wenn nicht das ganze Erziehungswerk scheitern soll. Man meint zwar, der Vater habe in der Familie neben der mütterlichen Milde die strengere Seite zu vertre - ten. Er soll das auch, und damit eine Stütze der Mutter sein, aber diese darf nicht alles auf ihn abstellen. Vielfach ist er abwesend, oft kümmert er sich wenig um die Erziehung, auch kann die Mutter Witwe werden und die Erziehung allein besorgen müssen. So ist ihr ein Ansehen, vor dem die Kinder ohne Widerspruch und Zögern sich beugen, unentbehrlich, und muß320 namentlich in den Jahren des Schulbe - suchs mit aller Festigkeit gehandhabt werden.

Bei der reifern Jugend muß das Verfahren allmählich geändert werden. Einen Menschen erziehen ist etwas ganz anderes als ein Tier dressieren. Letzterm wird einfach dieses oder jenes angewöhnt, bei dem Menschen genügt das nicht, er hat einen freien Willen, und die Erziehung muß ihn auf den Gebrauch seiner Freiheit vorbereiten, bevor er der elterlichen Zucht völlig entwächst. Da soll man nicht mehr kurzweg befehlen, wie bei den Kleinen, sondern auch in wohlwollendem Tone die Gründe angeben. Man gebe ver - suchsweise der Freiheit einigen Spiel - raum, ohne die Ueberwachung aufzu - geben und ohne an gewissen Dingen, z. B. der guten Hausordnung rütteln zu lassen. Manches kann man auch mit Sohn und Tochter vor der Festsetzung be - sprechen und beraten. Das Vertrauen er -321 weckt Vertrauen und macht guten Wil - len, die Kinder lernen erwägen und überleben, und manches gute Wort, das sonst kaum angenommen würde, kann auf diesem Wege in die Tiefe der Seele dringen. Solche Unterre - dungen bilden den geeigneten Ueber - gang zum spätern Leben. Denn ein - mal kommt doch die Zeit, in der die Mutter nichts mehr erzwingen kann, dagegen sollen ihr die Kinder bis an das Ende als einer weisen Beraterin ihr Vertrauen schenken.

2. Der Zerfall des mütterlichen Ansehens. Als ich noch in der Seel - sorge stund, wurden einmal innert vierzehn Tagen sechs Schulkinder bei nur verklagt von ihren eigenen Eltern, welche dieselben nicht mehr bemeistern konnten. Da war es freilich leichter zu prophezeien, als einen guten Rat zu geben. Eine Mutter, die von An - fang an gut erzieht, wird ihr Ansehen bis an das Ende behaupten können,322 wenigstens unter gewöhnlichen Ver - hältnissen. Aber jeder Fehler, den sie in der Erziehung begeht, wird sich an ihrem Kinde und an ihr selber rächen. Man durchgehe alle Bemerkungen, die bereits über die religiöse und sittliche Erziehung gemacht wurden, man prüfe an der Hand derselben die Art, wie in zahlreichen Familien erzogen wird, und man wird sich über den heutigen Zerfall des elterlichen Ansehens nicht mehr wundern. Kleine Kinder, die man verhätschelt, denen man den Ei - gensinn nicht austreibt, wachsen na - türlich heran zu ungehorsamen Kin - dern. Es heißt schon in der heiligen Schrift: Der Knabe, dem sein Wille gelassen wird, macht seiner Mutter Schande. (Sprichw. 29, 15.) Ebenso wichtig ist das Beispiel. Wenn die Mutter für das, was sie befiehlt, nicht selber das gute Beispiel gibt, so ver - liert das Kind die Achtung vor ihr, und gehorcht nur, so lange es noch zu323 schwach ist, ungehorsam zu sein. End - lich muß das mütterliche Ansehen eine religiöse Grundlage haben. Es be - ruht auf der Gottesfurcht, weil die Mutter Gottes Dienerin und Stell - vertreterin ist. Lehrt man das Kind nicht, Gott zu fürchten, so wird es die Furcht vor der Mutter auch bald verlieren. Auch hier gilt das schon oft angerufene Wort: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtig - keit, und dieses alles wir euch hinzu - gegeben werden. (Matth. 6, 24.) Der Anfang der Weisheit ist die Furcht Gottes. (Ps. 110, 10.) auch in der Erziehung. Der Psalmist fügt bei: Guten Verstand haben alle, die dar - nach thun. Wer nicht darnach thut, erzieht also ohne guten Verstand, und darnach werden auch die Früchte aus - fallen. Hunderte von verachteten Müt - tern können hiefür Zeugnis ablegen.

Manche Frauen verstehen es, auf ihre Männer großen Einfluß zu üben,324 obschon sie ihnen alle Unterwürfigkeit bezeigen. Etwas Aehnliches muß hier geschehen. Eine christliche Mutter, welche die Vorzüge einer solchen be - sitzt, welche für die Wohlfahrt und das Heil ihrer Kinder gelebt und ge - arbeitet, geopfert und geseufzt hat, wird der Hochachtung, der Liebe und des Zutrauens ihrer erwachsenen Kin - der nicht leicht entbehren, und darum auch später noch heilsam auf sie ein - wirken können. Nur darf sie nicht vergessen, daß dann ihre Kinder keine Kinder mehr sind. Ich knüpfe eine Bemerkung hierüber an das Wort Schwiegermutter. In meinen Augen wird dieser in den landläufigen Re - densarten vielfach Unrecht gethan. Gute Mütter werden keine schlechten Schwiegermütter sein. Ich bin der Meinung, daß sie erfahrener und ein - sichtiger seien als die jungen Frauen, und darum ihre Ansichten meistens die richtigen seien. Aber trotzdem325 möchte ich ihnen raten, nicht auf den - selben zu bestehen. Sage man lieber zu der jungen Frau: Du mußt wach - sen, ich aber abnehmen. Ich bin mit der Aufgabe zu Ende, die du erst an - fängst. Ich begreife, daß du nicht Kind, sondern Hausfrau sein willst, und anerkenne auch, daß du die Rechte und Pflichten einer solchen hast. Auch weiß ich, daß die Jungen und die Alten manches im Leben verschieden ansehen. Du hast die Verantwortung, darum habe auch die Freiheit. Ver - langst du meinen Rat, so steht er dir zu Diensten. Sonst wollen wir im Frieden miteinander leben. Ich muß abnehmen, du aber wachsen. Das ist der Lauf des Lebens. Was du noch auszufallen hast, das habe ich über - standen. Dafür danke ich Gott, und dir wünsche ich seinen Segen.

3. Der verlorene Sohn. In den meisten Fällen findet die Ausartung der Kinder ihre Erklärung in den326 Mängeln der häuslichen Erziehung, welche sie genossen haben. Es kann aber auch vorkommen, und heutzutage ist dieser Fall leider nicht selten, daß gut erzogene Kinder, namentlich Söhne mit ihrer Tugend oder ihrem Glau - ben jähen Schiffbruch erleiden. Mei - stens sind es Studierende, Lehrlinge verschiedener Berufsarten, welche das elterliche Haus als wackere junge Chri - sten verlassen, aber aus der Fremde heimkehren als völlige Unchristen oder sittlich verdorbene Menschen. Es ist begreiflich, daß eine christliche Mutter das mir mit Trauer und Schmerz ansehen kann, daß sie sich gedrungen fühlt, ihr Kind zu retten. Aber es ist ebenso klar, daß sie mit Zudring - lichkeit in der Regel nichts ausrichten wird. Im Gegenteil wird sie mit fortwährenden Mahnungen und Vor - würfen den jungen Menschen nur noch verstockter machen. Wenn ihre ersten wohlmeinenden und schonlichen Vor -327 stellungen keinen Eindruck machen, so ist anzunehmen, daß das Ansehen und der Einfluß der Mutter für einstwei - len ohnmächtig sind. Darum halte sich die Mutter an jenes Wort des Propheten: Im Schweigen und in der Hoffnung wird euere Stärke sein. (Js. 30, 15.) Die Trauer, der Schmerz die Thränen, das beredte Schweigen einer Mutter vermögen viel mehr als aufgeregte Worte, sie senken sich wie ein scharfer Stachel in das Herz des verirrten Kindes, der es verwundet, aber nicht erbittert, und gegen den es nicht auf die Dauer ausschlagen kann. Die Mutter weihe einem solchen Kinde wie die heilige Monika ihre Gebete und Thränen, damit auch an ihr jenes Wort sich bewähre: Der Sohn so vieler Thränen kann nicht verloren gehen.

Alban Stolz macht zu diesem Ge - genstand folgende tröstliche Bemerkung: Es ist Erfahrungssache, daß nach328 vielen Verirrungen der Mensch später leichter wieder christlich wird, wenn er in der Jugend christlich erzogen wor - den ist. Manchmal gleicht die Wir - kung einer guten Erziehung der Win - tersaat. Sie wächst im Spätherbst handbreit in die Höhe, dann aber ver - schwindet sie unter der winterlichen Schneedecke und scheint verloren. Allein im Frühjahr setzt sie wieder das Wachstum fort, bis sie zur reifen Frucht gediehen ist, wenn nicht ein Hagelschlag vor der Ernte alles weg - rafft.

Eine Mutter kann nicht aufhören, zu fürchten und zu hoffen. So lange sie Muterpflichten hat, hat sie auch Muttersorgen. Auch ihr gilt das Wort des heiligen Jakobus: Siehe der Ackers - mann wartet auf die köstliche Frucht der Erde, er harret geduldig, bis sie den Früh - und Spätregen empfangen. So seid auch ihr geduldig und stärket euere Herzen. (Jak. 5, 7.)

329

31. Am letzten Tage wird sie lachen.

(Sprichw. 31, 25.)

1. In der heiligen Schrift wird die Flüchtigkeit des irdischen Lebens mit folgenden Worten geschildert: Al - les geht vorüber wie ein Schatten, und wie ein dahinlaufender Bote, und wie ein Schiff, welches das wogende Meer durchfährt, von dem man, ist es vorüber, keine Spur mehr findet, noch die Bahn seines Kieles in den Fluten: oder wie ein Vogel, der in der Luft fliegt, von dessen Fluge man kein Merkmal findet; denn er rauschet nur mit den Flügeln, und schlägt die leichte Luft, zerteilet sie mit der Kraft des Fluges, und flieget, die Schwin - gen bewegend, dahin, aber ein Zeichen seines Fluges findet sich nicht darnach; oder wie ein nach dem Ziele abge - schossener Pfeil, wo die Luft sich teilt und wieder zusammenschließt, so daß man seinen Weg nicht kennt: also sind330 auch wir geboren worden, und bald wieder verschwunden. (Weish. 5, 9.) Jede bejahrte Mutter wird in diesen Worten ihr eigenes Leben gezeichnet finden. Wie rasch wurde das Mädchen zur Jungfrau, zur Braut, zur Gattin, zur Mutter, zur Großmutter! Die Jahre enteilten mit der Schnelligkeit des Vo - gels und des Pfeiles, und jetzt wankt sie dem Grabe entgegen, bald wird sie in dasselbe sinken und nach einiger Zeit vergessen sein. Ueber ihrem Grabe werden andere als Kinder den Lebens - lauf beginnen und ebenso rasch dem Alter zueilen, wenn ihr Lebensfaden nicht schon früher zerrissen wird. Die junge Braut prangt wie ein blühen - der Baum des Frühlings, aber es braucht nur einige Jahre, die dahin - eilen wie ein kurzer Sommer, und sie wird dem herbstlichen Baum mit da - hingewelkten Blättern und kahlen Zwei - gen ähnlich sein. Der weise Mann in der heiligen Schrift bricht bei der331 Betrachtung dieser Hinfälligkeit in die Klage aus: Eitelkeit der Eitelkeiten, und alles ist Eitelkeit! Was hat der Mensch mehr von all seiner Arbeit, wo - mit er sich abmühet unter der Sonne? Ein Geschlecht gehet ab, und ein anderes kommt an ... Man gedenkt nicht mehr des früheren, und auch dessen, was nachher sein wird, werden die nicht gedenken, so zuletzt sein werden. (Pred. 1, 2. f.)

Was hätte das Leben für einen Wert, wenn das alles wäre? Was hat man von Genüssen, von Freuden, die so eitel und flüchtig sind, was von den vielen Mühen und Sorgen, wenn alles spurlos in der Vergangenheit und Vergessenheit untergeht, wie die Wasser des Stromes im Meere sich verlieren? Wie eitel, düster und trost - los erscheint das Leben auf Erden, wenn es, wie von den Heiden und Ungläubigen, bloß irdisch angeschaut wird! Wie glücklich sind wir, daß332 das Christentum das kurze Erdenleben mit dem Lichte der Ewigkeit beleuchtet, uns den Wert der Zeit und der Ar - beiten und Opfer zeigt, uns über die Kürze des Lebens, seine Leiden und Kümmernisse tröstet, uns im Lande des Todes schon mit der Hoffnung des ewigen Lebens aufmuntert und erhebt!

2. Machen wir von dem Gesagten eine Anwendung auf die christliche Mutter. In der heiligen Schrift heißt es von der starken Frau: Am letzten Tage wird sie lachen. Dem irdisch gesinnten Menschen ist schon die Er - innerung an den letzten Tag etwas Peinliches. Was braucht es, bis eine Mutter sich über diese natürlichen An - schauungen erheben und an diesem ernsten Tage lachen kann? Oder ist etwa dieses biblische Wort nur eine Redensart, die nicht ernst zu nehmen ist? Lauvergne, ein fran - zösischer Arzt, der keineswegs zu den eigentlich Gläubigen zählte, hat vor333 Jahren ein Buch geschrieben über den Todeskampf und den Tod in allen Klassen der Gesellschaft, in welchem er als bloßer Philosoph seine Beob - achtungen über den Tod mit ziemlicher Unbefangenheit zusammenstellt. Ueber den Tod der christlichen Mutter macht er u. a. folgende Bemerkungen: Wir haben mehr als zweitausend die er heiligen Frauen sterben gesehen, und bei der größeren Zahl derselben sind uns der Todeskampf und der Tod als die erhabensten Offenbarungen der mütter - lichen Liebe und Religion vorgekom - men. Hier ist nichts Düsteres, nichts Grabähnliches, kein erheuchelter Schmerz zu sehen. Nein! es ist keine Parade eigennützig handelnder Personen, welche das Zimmer erfüllen. Man fühlt sich in einer wirklich süßduftenden, from - men Atmosphäre, welche von diesen von frommen Gefühlen ergriffenen Personen ausgeht .... Die Sterbende ordnet die Zurüstungen ihres Schei -334 dens mit einer Seelenruhe an, welche alle Philosophen der neuen Schule zur Verzweiflung bringt und dieselben am kräftigsten widerlegt ....

Hört ihr das langsame Glocken - geläute? Das heilige Viatikum wird sogleich erscheinen, und das Gefolge der Gläubigen will es begleiten. Man sage ja nicht, daß die erhabene Idee Gottes mit der Unwissenheit des Vol - kes unverträglich sei. Das Volk glaubt, das ist genug, und sein Glaube ist moralischer, vernunftgemäßer, als der eurige, ihr Großen der Erde! Denn er hängt zusammen mit der Uebung des Guten und der Erwar - tung eines jenseitigen Lohnes, wovon die Todesstunde einen Vorgeschmack zu verleihen scheint. Betreten wir wieder das Sterbezimmer, so erinnert es uns an eine jener Kirchen aus den ersten Zeiten des Christentums. Der Ort. wo man vor kurzem allerlei Haus - geräte erblickte, ist durch die Ausräu -335 mung eine ernste Basilika geworden. Man sieht nichts als einen einfachen Altar und ein Paradebett, auf dem eine Erbin des Himmels die letzten Trö - stungen erwartet. Nur der Priester mit der Hostie steht aufrecht unter der frommen Menge. Mitten aus der lautlosen Stille hört man fromme Gebete, welche leise nachgebetet werden, und wenn man sich dem Bette nähert, so nimmt man wahr, daß die Ster - bende mitbetet. Von dem Augenblicke an, da Gott bei ihr ist, gleicht die fromme Sterbende einem reinen Geist, der durch seine dahinfallende Hülle mit allen denen, die er liebte, die Sprache der reinen Liebe und der ewigen Wahrheit spricht. Man horche sorgfältig auf den Rat, den sie ihren Kindern erteilt; man merke auf ihre Erinnerungen an die Pflichten, die ihr Sohn gegen Gott, gegen seinen Vater und gegen die Gesellschaft zu erfüllen hat, und man sage uns, ob diese einfache336 Frau, welche nie den Plato gelesen hat, nicht eben so viel von der unverän - derlichen Weisheit verstehe, als der große Philosoph von Athen? ...
Wir haben anderswo behauptet, daß der Tod ein unerbittlicher Portrait - maler sei, man muß aber noch bei - setzen, daß er ein Gesicht entweder sehr häßlich, oder geheimnisvoll und er - haben darstellen könne. Man betrachte das blasse Gesicht der guten Familien - mutter, wenn sie in ihr Leichengewand gehüllt und mit einem Kruzifixe in ihren weißen Händen zum letztenmale auf dem Lager liegt, auf welchem sie als Gattin und Mutter lag: man betrachte diese unter dem Strahle der letzten Hoffnung erstarrten Züge: sieht man nicht um ihre Lippen etwas Tief - ernstes, aber Rührendes, Liebliches schweben? In diesem ganzen Ge - sichte liegt ein symbolischer Ausdruck, ein menschliches Geheimnis, eine flüch - tige Vision der Ewigkeit! .... 337Nach der wackeren Mutter, die ihr Leben ihrer Familie und ihren Kin - dern widmete, wären wir in Verle - genheit, einen andern weiblichen Typus aufzufinden, der würdig wäre, mit dem soeben geschilderten verglichen zu werden. Denn dieser hat wirklich, ohne sogar die barmherzigen Schwestern und die Jungfrauen auszunehmen, welche ihr Leben in klösterlicher Strenge und Gebet zubringen, und von denen schon die Rede war, seinesgleichen nicht.

Der Verfasser hat auch andere Frauen anders sterben gesehen. Wie stirbt das Weib ohne Glauben und frommen Sinn? Die eine vernimmt den Ausspruch, daß die Kunst für sie kein Mittel mehr habe, wie eine Bot - schaft aus der Hölle, krümmt und windet sich vor dem nahenden Ver - hängnis, geht dem Todeskampf entge - gen mit dem unheimlichen öfters wie - derholten Rufe: Ich werde nicht ster - ben! Eine andere ist aufgeklärt und338 doch von Gewissensbissen gefoltert. Diese will sie los werden, aber ohne viele Umstände. Sie sucht in Ordnung der Angelegenheiten ihrer Seele wohl - feilen Hauses davon zu kommen, ähn - lich wie eine Bankerottierer mit seinem Gevatter beratet, um mit seinen Gläu - bigern einen möglichst annehmbaren Vergleich zu schließen. Eine dritte stirbt mit einem frommen Betrug auf den Lippen und der Verzweiflung im Herzen, u. s. w. Frauen, die sich vom Glauben losgesagt haben, werden nach Lauvergne's Beobachtungen von einem unaussprechlichen Abscheu vor dem Tode gefoltert. Lauvergne scheidet von dem Sterbebete der christlichen Mutter mit der Bemerkung: Wenn man solchen charakteristischen Todeskämpfen bei - wohnt, so ist man über den Hauptpunkt einig, daß keiner unter denselben dem er - baulichen Ende der einfachen Familien - mutter gleicht, welche ihre letzten liebe - vollen Blicke gegen den Himmel, auf339 ihren Gatten und ihre Kinder richtet. Bei ihr kann man mit vollem Rechte sagen: Ihr Ende gleicht einem schönen Sonnenuntergang!

3. Diese Beobachtungen eines Arztes und Philosophen über den Tod der christlichen Mutter sagen uns noch nicht genug. Sie bilden einen bemerkens - werten Beweis für jenes Wort der heiligen Schrift: Am letzten Tage wird sie lachen. Aber das Geheimnis der Mutterfreude in dieser ernsten Stunde enthüllen sie uns nicht. Da - rüber müssen wir die Heiligen fragen. An Ostern 387 war der hl. Augustin in Mailand getauft worden. Bald nachher trat er mit seiner Mutter Monika die Heimreise an und sie er - warteten in Ostia das Schiff, welches sie nach Afrika überführen sollte. An einem lieblichen Maiabend befanden sie sich an einem Fenster ihrer Woh - nung. Zu ihren Füßen lag ein Garten mit seinem duftigen Blütenflor, da -340 rüber hinaus das weite Meer, über welches sich der klare Himmel mit den zahllosen Gestirnen ausbreitete. Aber ihre Gedanken verweilten nicht bei die - sem Zauber der sichtbaren Natur. Die Erinnerungen der Vergangenheit und das Glück der Gegenwart erhoben ihre Seelen in eine höhere Welt. Von der Vergangenheit redeten sie nicht, aber das Herz der Mutter war voll von derselben. Wie ganz anders betrach - tete sie jetzt den Abgrund von Sorgen und Kümmernissen, in den ihr Herz so lange versenkt war! Alle ihre Thränen und Seufzer erschienen ihr jetzt als kostbare Perlen, mit denen sie die Seele ihres Sohnes erkauft hatte. Aller Schmerz ihres Mutter - herzens wurde reichlich aufgewogen durch die Wonne, welche es jetzt em - pfand, und durch den Ausblick in die selige Zukunft. Den vielen Tagen, die sie unter Thränen verlebte, war endlich ein Tag gefolgt, an dem sie341 lachen konnte. Der Zauber der sie umgebenden Natur war zu armselig, um diese zwei entzückten Herzen zu fesseln. In einem erhabenen Zwie - gespräche erhoben sie sich über die sicht - bare Welt zu jenem Orte, wo sie in der Anschauung des lebendigen Gottes das höchste und ewige Glück zu finden hofften. Am Schlusse desselben sagte Monika: Für mich hat das Leben keinen Reiz mehr, mein Sohn. Ich weiß nicht, was ich noch hienieden zu thun habe, nachdem meine süßeste Hoff - nung, mein höchster Wunsch, dich als katholischen Christen zu sehen, wider alle Erwartung in Erfüllung gegangen ist. Gott gewährt mir die Gnade, dich als seinen Diener zu sehen, der für Ihn alles irdische Glück verachtet. Was soll ich noch hier? Ihr Wunsch sollte erfüllt werden. Fünf Tage nach - her wurde sie von einem Fieber be - fallen und am neunten Tage der Krankheit starb sie.

342

Am letzten Tage wird sie lachen. Es war ein schauerlicher Tag für die machabäische Mutter, an welchem sie zuschauen mußte, wie ihre Söhne der Reihe nach für ihre Treue gegen das Gesetz hingeschlachtet wurden. Aber als sie selber am Abend den letzten Seufzer unter der Hand des Henkers ausgehaucht hatte, war sie doch, mit den Augen des Glaubens betrachtet, eine überglückliche Mutter und schied von dieser Welt mit dem seligen Ge - fühle, gesiegt zu haben, gerettet zu ha - ben, was ihrem Mutterherzen das Teuerste war.

Welcher Abstand zwischen der Fol - terbank der Machabäerin und dem lieblichen Frühlingsabend in Ostia, und doch die gleiche Wonne der ster - benden Mutter! Das Zeugnis des französischen Arztes, der zweitausend Frauen sterben gesehen, sagt uns, daß auch Mütter, die in stiller Verborgen - heit, in ganz gewöhnlichen Verhält -343 nissen ihre Pflichten treu erfüllten, ebenfalls am letzten Tage lachen, d. h. mit Freude und Trost im Frieden von hinnen scheiden. Wenn eine Mut - ter ihre Kinder zu guten Christen er - zogen hat, wenn sie mit der Hoffnung scheidet, daß der ihnen eingepflanzte Geist auf deren Kinder und Kindes - kinder übergehen werde, und daß im Laufe der Zeit ihre Nachkommenschaft sich im Himmel um sie sammeln werde, dann fühlt sie nicht mehr den Schmerz der Trennung, nicht die Angst des Todes, dann vergißt sie das, was vergänglich ist, und im Hinblick auf den Gewinn für die Ewigkeit stirbt sie mit dem Lächeln des Friedens auf den Lippen. Je mehr sie gearbeitet und geopfert und gelitten hat, desto getrösteter und hoffnungsvoller geht sie dem Richter entgegen.

O daß doch alle Mütter am letzten Tage lachen könnten! Aber wenn eine Mutter bereits überzeugt sein344 muß, daß das Werk ihrer Erziehung mißlungen ist, daß sie einen schlimmen Samen auf Erden zurückläßt, daß eine Ernte aus diesem Samen für den Himmel sehr zweifelhaft ist, wenn sie sich selber nicht freisprechen kann von der Mitschuld an diesem Unglücke, dann wird ihr letzter Tag kaum ein heiterer sein können. Die Nachlässig - keit in der Erziehung und die meistens unheilbaren Folgen derselben sind et - was Drückendes für das Gewissen, aber doch nicht das Drückendste. Es bleibt immer noch der freilich schwache Schimmer von Trost, daß es nicht gerade mit Absicht und bösem Willen so gekommen sei. Aber wenn jemand seine Kinder schon bevor sie geboren sind, durch förmliches Uebereinkommen von seiner eigenen Kirche und seinem eigenen Glauben ausschließt, so fällt auch dieser Schimmer von Trost noch weg. Man steht da vor einer Ver - leugnung des Glaubens und der Mut -345 terliebe, die kaum zu begreifen ist, und die sich selber straft, sobald ein - mal das Gewissen aufwachen wird.

4. Wir wollen nicht näher auf das eingehen, was alles einer Mutter den letzten Tag verdüstern kann. Aber sorge jede mit allem Eifer dafür, daß ihr an diesen Tage das Lachen nicht verwehrt ist. An den Festen heiliger Mütter kommen in den Tagzeiten und in dem Evangelium der heiligen Messe die Worte vor: Das Himmelreich ist gleich einem Kaufmann, welcher gute Perlen sucht. Wenn er eine kostbare Perle gefunden hat, geht er hin, ver - kauft alles, was er hat, und kauft sie. (Matth. 13, 45.) Die guten Perlen, welche die christliche Mutter sucht, sind die unsterblichen Seelen ihrer Kinder. Sie verkauft alles, was sie hat, d. h. sie opfert alles, ihre irdischen Wünsche, ihre Ruhe, ihre Kräfte, ihr Leben, um diese Perlen sicher in der Schatzkammer des Himmelreiches unterzubringen. 346Die erste ihrer Sorgen ist, den Him - mel zu erringen, aber nicht bloß für sich allein, sie will ihre Kinder mit hinaufnehmen, will sie im Genuß der ewigen Glückseligkeit an ihrer Seite haben. Der Kaufpreis für diese Per - len ist ein hoher, wenn man das Tag - werk der christlichen Mutter mit ir - dischen Augen ansieht, aber er erscheint gering im Vergleich mit dem Werte der Perlen. Wie diese Erde in dem ungeheuren Weltenraum sich als ein kleines Sandkorn ausnimmt und doch als Stätte hoher göttlicher Geheim - nisse den größten Himmelskörpern vor - ansteht, so ist das Leben auf Erden gegenüber der Ewigkeit ein flüchtiger Augenblick, aber ein Augenblick, der über das Los in der ganzen Ewig - keit entscheidet. Die christliche Mutter, welche die Opfer dieses kurzen Augen - blickes nicht gescheut hat, wird lachen, wenn er vorüber ist. Lächelnd ver - läßt sie den Acker, auf dem sie die347 Perlen gefunden, lächelnd schüttelt sie den Staub der Erde von sich ab, sie hat ihren Schatz errungen und gesi - chert für die Ewigkeit. Fünfzehn Jahre hat die heilige Monika geweint, aber schon fünfzehndundert Jahre genießt sie unaussprechliche Mutterfreuden, die niemals enden werden. Das Marty - rium der machabäischen Mutter um - faßte einen Tag, den Sieg und Tri - umph aber genießt sie mit ihren Söhnen schon zweitausend Jahre, welchen eine endlose Reihe weiterer Jahrtausende vol - ler Wonne folgen wird. Fast möchte man fragen wer im Himmel seliger sei, als eine Mutter in der Mitte ihrer Kinder? Die Seligkeit des Kindes ist auch die Seligkeit der Mutter, und das Glück jedes geretteten Kindes wird für sie ein Himmel in dem Himmel sein.

Jede christliche Mutter soll sich sel - ber oft in Erinnerung bringen, was sie einst in der letzten Stunde wünschen wird, gethan zu haben, und darnach348 sich erforschen und mit neuen Vorsätzen ausrüsten. In heiligen Augenblicken, wie bei dem Empfang der heiligen Sa - kramente oder sonst beim Kirchenbesuch wird ihr das nicht schwer fallen. Aber sie soll vorsorgen, daß diese heilsamen Ge - danken sie auch in das tägliche Leben begleiten. Das Leben der Mutter ist meistens ausgefüllt mit zerstreuenden Arbeiten und drückenden Sorgen. Wenn sie sich ganz in dieses unruhige Ge - wirre des Alltagslebens verliert, ohne die Seele nach oben zu erheben, wenn sie in den Tag hinein lebt, ohne an das Ende zu denken, ohne auf das letzte Ziel hinzublicken, so wird sie nur Irdisches anstreben, und die Gna - den und Segnungen, die der Herr für sie bereit hat, werden unbenutzt vor - übergehen. Viele Mütter entbehren mitten im Christentum des Geistes und der Gnaden des Christentums. Wie der Wanderer auf beschwerlicher Reise von Zeit zu Zeit ausruht, frischen Atem349 schöpft und sich erquickt, so muß die christliche Mutter ihrer Seele solche Ruhe - punkte verschaffen. Wer hiefür folgende Winke benutzt, wird die wohlthätigen Wirkungen bald selber erfahren.

1. Täglich verschaffe deiner Seele einen guten Gedanken, indem du in diesem oder einem andern Erbauungs - buche wenigstens einen Satz liesest und überlegst. Mit einem solchen guten Ge - danken gießest du einen Tropfen Oel in die Lampe, so daß dir bei den Ar - beiten. Leiden und Versuchungen Licht und Trost nicht fehlen. Ein einziger guter Gedanke, recht beherzigt und fleißig in Erinnerung gerufen, ist im stande, in allen Leiden zu stärken, von den Sünden abzuhalten, das ganze Le - ben zu heiligen. Wer oft verhindert ist, das Wort Gottes anzuhören, muß sich sonst solche gute Gedanken verschaffen.

2. Wenigstens jede Woche lese et - was Belehrendes über die Mutterpflich - ten und die Erziehung, sei es in die -350 sem Büchlein oder in der Monika , u. s. w. Begegnest du alle Jahre nur dem einen oder andern Winke, der dich angeht, wirst du auf einen einzigen Erziehungsfehler aufmerksam gemacht, so ist das für dich ein unschätzbarer Gewinn.

3. Monatlich oder spätestens alle zwei Monate empfange die heiligen Sa - kramente. Die Gründe ergeben sich aus deinem eigenen Glauben. Die Gnade ist unentbehrlich, sie kann nur in einem reinen Herzen wohnen und wirken, der Tod ist ungewiß, Christus ist die Quelle aller Gnaden, er ist der zärtliche Lieb - haber der Mutter und Kinder, wer kann das glauben und ihm fern bleiben?

4. Wenn es dir möglich ist, so mache jährlich oder spätestens alle zwei Jahre die geistlichen Uebungen (Exercitien). Die Erfahrung zeigt am besten, wie wohlthätig sie wirken. Wenn du dich entschließest, sie einmal zu machen, so erwarte ich, daß es für die Wieder -351 holung meiner Aufmunterung nicht mehr bedürfe.

5. Wenn du auch genötigt bist, in Bezug auf Gebet und Kirchenbesuch manche Ausnahmen von der Regel zu machen, so wache doch mit der größten Sorgfalt darüber, daß niemals aus bloßer Nachlässigkeit etwas Großes oder Kleines versäumt wird. Eine kleine Ver - säumnis aus eigener Schuld wäre ein großer Schritt zu einem nachlässigen lauen Leben mit allen seinen unseligen Folgen.

6. Der leitende Grundsatz für die Erziehung der Kinder und dein eigenes Leben sei das schon oft angeführte Wort des göttlichen Heilandes: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtig - keit, und dieses alles wird euch hinzu - gegeben werden. (Matth. 6, 33.) Wer das Reich Gottes und seine Gerechtig - keit nicht sucht, wird auch das übrige nicht bekommen, in der Erziehung am allerwenigsten. Was von den göttlichen352 Lehren und Geboten abweicht, kann nie und nimmer wirklich glücklich machen. Wenn du aber bei allem zuerst nach Gottes Willen und Gesetz und nach dem Heil der Seele fragst und dich darnach richtest, so darfst du zuversicht - lich erwarten, daß der Herr auch hal - ten werde, was er in obigen Worten versprochen hat.

32. Tochter Evas werde ein Kind Mariens.

1. Von Eva, der Mutter der Leben - digen, sind die Folgen des Sündenfalles auf ihre Nachkommen übergegangen. Wir heißen darum elende Kinder Evas. Nach dem natürlichen Gang der Dinge wiederholt jede Mutter diese traurige Vererbung für ihre Kinder. Maria war eine neue, höhere Mutterschaft zu teil geworden. Selber rein und sünden - los, hat sie den Erlöser der Welt geboren, welcher der geistige Stammvater eines353 neuen Geschlechtes geworden ist. Jede Mutter hat als Erzieherin die Wahl zwischen diesen beiden Vorbildern zu treffen. Ist sie auch in der Erziehung eine Tochter Evas, d. h. erzieht sie mit fleischlichem Sinn, im Geiste der Welt, so wird der trübe Strom des anererb - ten Verderbens durch ihre Schuld in ihren Kindern noch trüber fließen. Die christliche Mutter darf nicht in diesem Geiste erziehen. Sie muß sich in ihrem Denken und Handeln auf christlichen Boden stellen, sie muß das Kind nicht bloß zum Menschen, sondern zum Chri - sten, nicht bloß für dieses Leben, son - dern für den Himmel erziehen. Sie soll hiebei die erhabene Mutter, von welcher diese neue Ordnung der Dinge ihren Anfang genommen hat, als ihr Vorbild und ihre Helferin betrachten.

Maria hat ihre hohe Mutterschaft übernommen mit den Worten: Siehe, ich bin eine Dienerin des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte, (Luk. 1, 38.) 354Niemals hat alles das, was bisher von der Hingebung des Weibes ge - sagt wurde, eine vollkommenere Ver - wirklichung gefunden, als bei diesem Anlasse. Es war auch niemals ein Herz hiefür mehr befähigt. Nicht bloß die Sünde, sondern auch die böse Begierlichkeit blieben ihrem Herzen fern, sie war von Anfang an voll der Gnaden. Diese Gebenedeite unter den Weibern, die nie unter dem Gesetze der Sünde stund, hätte eigentlich auch nicht unter dem Gesetze der Leiden stehen müssen. Aber wenn, sie die Gerechtigkeit von demsel - ben freisprach, so hat sie sich aus Liebe und Gehorsam unter dasselbe gebeugt. Ich bin eine Dienerin des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte. Damit hat sie sich ohne Rückhalt an die Rat - schlüsse des Allerhöchsten hingegeben, voll - kommen bereit, alles zu thun und zu leiden, was der Wille Gottes von ihr verlangte. Diese Hingebung hat ihr die schwersten Opfer auferlegt, sie ist355 durch dieselbe zur schmerzhaften Mutter geworden. Aber nie hat sie ihr Wort zurückgenommen, nie durch Ungeduld oder Unzufriedenheit abgeschwächt. Sie blieb die treue und gehorsame Magd des Herrn, bis sie durch ihre Treue die Krone der Himmelskönigin verdient hatte.

Für eine christliche Mutter kann es kein passenderes Wort geben, um sich beim Beginne ihres Berufes und in der Erfüllung desselben dem Herrn zu weihen, als dieses: Siehe, ich bin eine Dienerin des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte. Jede Mutter ist eine Dienerin des Herrn, das Kind, welche sie zu erziehen hat, ist Eigentum seines Schöpfers und Erlösers, für die Mutter ist es ein anvertrautes Gut, freilich ein solches, an das sie mit unlösbaren Banden der Liebe geknüpft ist. Aber es gehört dem Herrn, und diesem ist sie für die Er - füllung ihrer Pflichten verantwortlich. Gott liebt das Kind mit eifersüchtiger Liebe, die Mutter brennt ebenfalls von356 Liebe zu demselben, und diese doppelte Liebe soll ihr Mut und Eifer für ihre Aufgabe verleihen, soll sie antreiben, sich nach dem Vorbilde Mariens eben - falls dem Herrn rückhaltlos als Dienerin zur Verfügung zu stellen, entschlossen, alles zu thun und zu opfern, was das Heil ihres Kindes erfordert.

Freilich ist die christliche Mutter als Tochter Evas behaftet mit mancherlei Gebrechen und Fehlern. Es übersteigt ihre eigenen Kräfte, diese selbstlose Hin - gebung treu und beharrlich durchzu - führen. Zur Vollkommenheit ihres Vor - bildes vermag sie sich nicht zu erheben. Aber Maria ist nicht bloß Vorbild, sondern auch Helferin und Fürsprecherin. Es ist sicher, daß Mütter, welche ihre mütterlichen Tugenden nachahmen wol - len, ihrem Herzen besonders nahe stehen und auf ihre Hilfe mit aller Zuversicht rechnen dürfen. Je mehr eine Mutter ihre Fehler und ihre Unzulänglichkeit fühlt, desto vertrauensvoller und in -357 ständiger wende sie sich an die liebe - vollste und mächtigste, die reinste und keuscheste, die unbefleckte und unversehrte, die liebliche und wunderbare Mutter, um durch sie die hingebende Liebe, die Einsicht, den Eifer, die Beharrlichkeit und den gesegneten Erfolg für ihr Wir - ken zu erlangen.

2. Was ist lieblicher, als die gött - liche Mutter mit ihrem Kind? Sie ist der Gegenstand, an dem die Künstler aller Jahrhunderte mit Vorliebe ihre Fähigkeit erproben. Aber niemand kann die Anmut und Liebenswürdigkeit die - ses Bildes besser erfassen, als das Herz der christlichen Mutter. Sie hat ja den Beruf, selber mit ihrem Kinde ein Ab - bild hievon zu werden. Der mütterli - chen Liebe Mariens war in ihrem Kinde das erhabenste und würdigste Ziel ge - boten, das sich überhaupt denken läßt. Sie konnte nicht bloß ein reines und unschuldiges Kind, sondern den Sohn des Allerhöchsten als ihr eigenes Kind358 an ihre Brust drücken. Aber wie sollte sie Ihm diese Liebe bezeigen. Hatte es der Herr des Himmels nötig, von ei - nem Geschöpfe gepflegt zu werden? Be - durfte die ewige Weisheit und Heilig - keit der Erziehung durch eine irdische Mutter? Die unendliche Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes hat es er - möglicht, diese Fragen zu bejahen. Der Sohn Gottes ist ein Kind geworden, um die ganze natürliche Entwicklung eines Kindes durchzumachen. Er lag als hilfloses Kind in den Armen seiner Mutter, der Nahrung und Pflege be - dürftig wie andere Kinder. Er fing im gewöhnlichen Alter an, zu sprechen, zu beten, zu spielen, zu gehorchen, ohne daß äußerlich etwas aufgefallen wäre. Es ist ein liebenswürdiges Geheimnis, wie ein solches Kind von einer solchen Mutter sprechen und beten lernte, und wie sie täglich mit einander verkehrten. Wer kann dieses Geheimnis ergründen? Niemand besser als die christliche Mut -359 ter. Ihr Kind soll ein Ebenbild des göttlichen Kindes werden, und sie hat den hohen Beruf, ihm zu diesem Glücke zu verhelfen.

Freilich darf sie nicht vergessen, daß ihr Kind zu den elenden Kindern Evas gehört, behaftet mit den Gebrechen ei - ner verdorbenen Natur, und daß darum neben der Nachahmung der göttlichen Mutter noch etwas nötig ist, was diese nicht anzuwenden brauchte, eine christlich ernste Zucht. Es braucht viel, bis ein Kind in seinem Herzen und in seinem äußeren Wandel dem Knaben Jesus einigermaßen ähnlich ist. Aber das ist das Ziel der christlichen Er - ziehung, und die Mutter darf von An - fang an keine Mittel scheuen, seien es auch strenge und mögen sie ihrer na - türlichen Liebe wehe thun, welche zur Erreichung dieses Zieles erforderlich sind. Hat doch selbst Maria gegen ihr gött - liches Kind keine Rücksichten walten lassen, als es sich darum handelte, im360 Gehorsam gegen das mosaische Gesetz, sein Blut in der Beschneidung zu ver - gießen. Jede christliche Mutter erwäge oft vor der göttlichen Mutter mit dem Kinde, wie wichtig, wie schwierig und verantwortungsvoll ihre Aufgabe ist, wie unzulänglich ihre Kräfte sind, wie entsetzlich ein Mißlingen ihres Werkes wäre. Und dann halte sie ihren kleinen Liebling dem göttlichen Kinde und sei - ner Mutter entgegen, empfehle densel - ben ihrer Liebe, und flehe um Licht und Kraft, Festigkeit und Ausdauer in der Sorge für seine Seele.

3. Das Mutterherz Mariens ist ein weiteres Geheimnis, welches jede christ - liche Mutter zu ergründen suchen soll. Wenn nach der Auffassung der heiligen Hildegard das Herz eine Harfe ist, so ist es außer Zweifel, daß dieses heiligste Herz in Freude und Schmerz die rein - sten Akkorde ertönen ließ, und daß je - des Mutterherz glücklich zu preisen ist, welches nach demselben gestimmt ist. 361Zunächst sei das der Fall in den Mut - terfreuden. Auch die bloß natürlichen Freuden der Mutter sind eine Quelle stillen Glückes, eine der lieblichsten Blüten, welche dieser armseligen Welt entsprossen. Aber ihr Duft ist gefähr - lich, er betäubt die Sinne und führt zur blinden Liebe mit ihren unheilvol - len Früchten, wenn nicht die natürliche zur christlichen Liebe erhoben und ver - klärt wird. Davon ist schon wiederholt die Rede gewesen. Ich erinnere hier nur an das Vorbild, welches jeder christ - lichen Mutter vor der Seele schweben soll. Sie freue sich über das, was an ihrem Kinde dem göttlichen Kinde gleicht, was ihm fehlt, suche sie ihm zu ver - schaffen, und lasse sich durch die Liebe von Fleisch und Blut nicht davon ab - halten. Sie bitte die Mutter der schönen Liebe um Bewahrung vor verblendeter Liebe, um den Geist jener Liebe, die von Gott stammt, die Gott wohlgefällig ist und zu Gott führt.

362

Die Mutter hat den Beruf, zu opfern und zu leiden. Darum weiß ihr Herz mehr von Muttersorgen als von Mutterfreuden zu erzählen. Auch die heiligste der Mütter war davon nicht ausgenommen. Sogar jene Geheim - nisse ihrer Mutterschaft, welche wir freudenreiche nennen, waren von Dor - nen umrankt. Schon an ihre Erheb - ung zur Gottesmutter hat sich ein schwerer Kummer geknüpft. Besonders merk - würdig ist, daß ihr göttlicher Sohn selber sie drei Tage lang in Schmerzen Ihn suchen ließ. Warum dieses Lei - den, das Er ihr leicht hätte ersparen können? Warum mußte sie die schmerz - hafte Mutter werden, während sie doch verdiente, von allen Leiden frei zu sein? Ihre Leiden waren ein Beitrag zu dem großen Erlösungswerke, der uns allen, besonders aber den Müttern zu gute kommen sollte. Sie hat gelitten als Vorbild und Beispiel der übrigen lei - denden Mütter, sie hat gelitten, um363 deren besondere Helferin und Fürspre - cherin zu werden. Das Herzeleid der schmerzhaften Mutter war anderer Art als die Sorgen und beiden gewöhn - licher Mütter, aber beide sollen durch die gleichen Tugenden geheiliget werden. Darum blicke die christliche Mutter in ihren Kümmernissen auf zu der schmerz - haften Mutter, erbaue sich an ihrer Hingebung, ihrer Geduld und ihrer mutigen Beharrlichkeit, schütte den Kum - mer des Herzens in Mariens Herz aus, welche den Schmerz aus Erfahrung kennt, und darum voll Mitleid ist ge - gen alle Bekümmerten, insbesondere ge - gen sorgenvolle Mütter, und welche durch ihr beiden ihre Macht als Trö - sterin der Betrübten erlangt hat.

Von Maria gelten die Worte: Ich bin die Mutter der schönen Liebe und Furcht, der Erkenntnis und heiligen Hoffnung. (Sir. 24, 24.) So lange das Werk der christlichen Mutter noch nicht vollbracht ist, so lange es noch miß -364 lingen kann, so lange kann ihr Herz nicht ruhig sein, es muß in heiliger Furcht und Besorgnis schweben. So lange sie über das Heil unsterblicher Seelen in einer bösen Welt wachen muß, bedarf sie höherer Erleuchtung und Ein - sicht, und die übernatürliche Liebe muß ihr Herz erfüllen, so lange sie zu opfern und zu leiden hat. Wo soll sie diese Bedürfnisse ihres Berufes mit mehr Vertrauen suchen, als bei der Mutter der schönen Liebe und Furcht und der Erkenntnis? Thut sie das, so wird ihr als tröstliche Zugabe auch die heilige Hoffnung zukommen. Für Maria en - dete die Trauer mit dem seligen Oster - morgen und seither schwimmt ihr Herz in unaussprechlicher Wonne. Wenn eine christliche Mutter hoffen kann, daß ihre Sorgen auch so gut enden werden, so wird sie diese Hoffnung in den schwer - sten Prüfungen aufrecht erhalten, zu den größten Opfern befähigen. Wie findet sie aber diese frohe Zuversicht? 365Der fromme Verfasser der Nachfolge Christi erzählt: Ich kenne einen Freund; dieser ward von Angst ergriffen, und schwebte lange zwischen Furcht und Hoffnung. Eines Tages, da ihn der Kummer halb aufgezehrt hatte, warf er aus dem Herzen betend, sich in einer Kirche vor dem Altar nieder, und dachte bei sich:O, wenn ich gewiß wüßte, daß ich im Guten bis an das Ende ver - harren würde! Da hörte er die gött - lich Antwort in seinem Innersten: Und wenn du das wüßtest, was woll - test du alsdann thun? Thue jetzt das - selbe, was du alsdann thun woll - test, und du wirst sicher zum Ziele kommen. Dieses Wort salbte ihn mit Trost und alles Wogen und Flu - ten seiner Angst hatte sich gelegt. (I. 25.) Die christliche Mutter muß in ihrem doppelten Kummer für sich und die ihr Anvertrauten den gleichen Trost suchen, indem sie das Ihrige thut und auf Gott vertraut. Der himmlische366 Vater, Christus und seine Mutter wer - den ihr sicher nicht von der Hand gehen, wenn sie sich selber treu bleibt. Darum, o Mutter, erwäge den ganzen Ernst deiner Lage, verschließe dein Auge nicht vor den Schwierigkeiten und Ge - fahren und deinen eigenen Schwächen, aber ermutige dich durch das, was dich aus demselben retten wird. Suche mit Vertrauen, was du von oben notwen - dig hast, und thue mit aller Treue, was dir selber obliegt. Dann kannst auch du mit dem Psalmisten sagen: Auf Dich, o Herr, habe ich gehofft, ich werde ewig nicht zu Schanden werden. (Ps. 30, 2.)

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III. Andachtsübungen

Bittet, so werdet ihr empfangen, auf daß euere Freude vollkom - men werde. (Joh. 16, 24.)
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Ehre sei Gott in der Höhe

Die täglichen Gebete

Morgengebet.

Beim Aufstehen und Ankleiden mache das Kreuzzeichen und bete:

Im Namen meines gekreuzigten Herrn Jesu Christi stehe ich auf, der mich erlöst hat mit seinem kostbaren Blute.

Füge während des Ankleidens noch andere Gebete bei, die du auswendig kannst. Auch sage zu dir selber: Wozu hat mir Gott diesen Tag geschenkt? Er kann der letzte meines Lebens sein. Dann bete knieend:

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

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1. Anbetung.

Allerheiligste Dreifaltigkeit! ich bete Dich an mit allen Engeln und Heili - gen des Himmels. Heilig, heilig, hei - lig! Ehre sei dem Vater, Ehre sei dem Sohne, Ehre sei dem heiligen Geiste.

2. Glaube, Hoffnung, Liebe.

O mein Gott, ich glaube an Dich, Weil Du die ewige Wahrheit bist. O mein Gott, ich hoffe auf Dich, weil Du allmächtig, unendlich gütig und getreu bist. O mein Gott, ich liebe Dich über alles, weil Du das höchste Gut und aller Liebe würdig bist.

1) Jedesmal 7 Jahre und 7 Quadra - genen Ablaß. 2) Vollkommener Ablaß einmal im Monat an einem beliebigen Tage, nach Beicht. Kommunion, Gebet nach Mei - nung des Papstes, wenn einen Monat lang täglich gebetet. 3) Vollkommener Ablaß in der Sterbestunde. (Benedikt XIV., 28. Ja - nuar 1756.)

Zur Gewinnung vorstehender Ablässe ist keine bestimmte Gebetsformel vorgeschrieben:371 nur müssen die besondern Beweggründe jeder der drei göttlichen Tugenden ausgedrückt werden.

3. Dank und gute Meinung.

Ich danke Dir, mein himmlischer Vater, für alle Wohlthaten, insbeson - dere, daß Du mir diesen neuen Tag verliehen hast. Zu deiner Ehre will ich heute beten, arbeiten und lei - den, und ich vereinige alles mit den Gebeten, Arbeiten und Leiden unseres Herrn Jesu Christi. Ich empfehle mich in alle heiligen Meßopfer und will alle Ablässe gewinnen, welche ich heute gewinnen kann.

4. Bitte an den göttlichen Heiland.

Göttlicher Heiland! segne mich und alle Menschen, besonders jene, für welche ich zu beten schuldig bin. Ver - schließe uns in dein liebevolles Herz, und beschütze uns gegen alle Feinde und Gefahren. Verleihe Gnade den372 Lebenden, Hilfe den Sterbenden, die ewige Ruhe allen Abgestorbenen.

5. Gebet zu Maria und den Heiligen.

O Maria, ohne Sünde empfan - gen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen.

(Einmal täglich 100 Tage Ablaß. Leo XIII., 15. März 1884.)

Heilige Schutzengel, heilige Na - menspatrone, alle Heiligen Gottes, bittet für uns!

6. Segenswunsch.

Es segne uns der allmächtige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Er behüte uns vor allen Uebeln des Leibes und der Seele und führe uns zum ewigen Leben. Und die Seelen aller Abgestorbenen mögen durch die Barmherzigkeit Got - tes im Frieden ruhen. Amen.

373

Abendgebet.

1. Anbetung.

Allerheiligste Dreifaltigkeit! ich bete Dich an mit allen Engeln und Heili - gen des Himmels. Heilig, heilig, hei - lig! Ehre sei dem Vater, Ehre sei dem Sohne, Ehre sei dem heiligen Geiste.

2. Glaube, Hoffnung, Liebe.

O mein Gott, ich glaube an Dich, weil Du die ewige Wahrheit bist. O mein Gott, ich hoffe auf Dich, weil Du allmächtig, unendlich gütig und getreu bist. O mein Gott, ich liebe Dich über alles, weil Du das höchste Gut und aller Liebe würdig bist.

3. Danksagung.

Ich danke Dir, mein himmlischer Vater, für alle Gnaden und Wohl - thaten, welche Du mir heute erwiesen hast. Leider bin ich wieder undank -374 bar und ungehorsam gegen Dich ge - wesen. Hilf mir, daß ich alle Sün - den, die ich heute begangen habe, recht erkennen und bereuen kann.

Mache eine kurze Gewissenserforschung und erwecke Reue und Leid.

4. Reue und Leid.

Diese und alle Sünden meines ganzen Lebens sind mir herzlich leid, weil ich Dich, das höchste Gut, mei - nen besten Vater und größten Wohl - thäter, damit beleidigt habe. Um des Blutes Jesu Christi willen, sei mir armen Sünder gnädig und barmherzig, und gib mir die Gnade, mein Leben zu bessern und Dich nicht mehr zu beleidigen.

5. Bitte an den göttlichen Heiland.

Göttlicher Heiland, segne mich und alle Menschen, besonders jene, für welche ich zu beten schuldig bin. Ver - schließe uns in dein liebevolles Herz,375 und beschütze uns gegen alle Feinde und Gefahren. Verleihe Gnade den Lebenden, Hilfe den Sterbenden, die ewige Ruhe allen Abgestorbenen.

6. Gebet zu Maria und den Heiligen.

O Maria, ohne Sünden empfan - gen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen.

Heilige Schutzengel, heilige Na - menspatrone, alle Heiligen Gottes bit - tet für uns!

7. Segenswunsch.

Es segne uns der allmächtige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Er behüte uns vor allen Uebeln des Leibes und der Seele und führe uns zum ewigen Leben. Und die Seelen aller Abgestorbenen ruhen durch die Barmherzigkeit Got - tes im Frieden. Amen.

Bete ein Vater unser und den Glauben, besprenge dich mit Weihwasser und gehe mit aller Sittsamkeit zur Ruhe. Beim Auskleiden376 und bis zum Einschlafen denke an die Kranken, Sterbenden und Abgestorbenen und bete für sie.

Tägliches Gebet des Vereins der christlichen Familie.

(Vor dem Bilde der heiligen Familie zu verrichten.)

O liebreichster Jesu, der Du durch deine erhabenen Tugenden und das Beispiel deines verborgenen Lebens die von Dir hier auf Erden auser - wählte Familie geheiliget hast, schaue gnädig herab auf unsere Familie, die hier zu deinen Füßen niedergeworfen, Dich um deine Gnade fleht. Gedenke, daß sie Dir gehört, weil sie sich in besonderer Weise Dir geweiht und ge - opfert hat. Schütze sie gnädig, rette sie aus Gefahren, komm ihr zu Hilfe in allen Nöten, verleihe ihr die Gnade, in der Nachfolge deiner heiligen Fa - milie immerdar zu verharren, damit sie während ihres irdischen Lebens in deinem Dienste und in deiner Liebe treu bleibe, und einst im Himmel Dich loben könne in Ewigkeit.

377

O Maria, süßeste Mutter, wir flehen dich um deinen Schutz an in der sicheren Ueberzeugung, daß dein eingeborener göttlicher Sohn deine Bitten erhören wird.

Und auch du, glorreicher Patriarch, heiliger Joseph, komme uns durch deine mächtige Vermittelung zu Hilfe, und übergib unsere Bitten Jesu Christo durch die Hände Mariens.

(Jedesmal 300 Tage Ablaß. Leo XIII., 20. Juni 1892.)

Schutzgebetlein zu Ehren der heiligen Familie.

Jesus, Maria, Joseph, erleuchtet uns, helfet uns, rettet uns!

(Einmal im Tage 200 Tage Ablaß. Leo XIII., 20. Juni 1892.)

Jesus, Maria und Joseph! Euch schenke ich mein Herz und meine Seele!

Jesus, Maria und Joseph! stehet mir bei im letzten Todeskampfe!

Jesus, Maria und Joseph! möge378 meine Seele mit Euch im Frieden scheiden.

(Jedesmal 300 T. Ablaß. Pius VII., 28. April 1807.)

Beim Stundenschlag.

O Gott, verleihe uns eine selige Stunde zum Leben und zum Sterben. Durch Christum, unseren Herrn. Amen.

Um eine glückselige Sterbestunde.

Durch deine heilige letzte Angst und schwere Verlassenheit, o gütigster Jesu! wir bitten Dich, verlasse uns niemals, besonders nicht in der Stunde unseres Absterbens. Amen.

Muttersegen über die Kinder.

Ich befehle dich (euch) in den Schutz des allmächtigen Gottes, in die Obhut der seligsten Jungfrau, in die Wache der heiligen Schutzengel und in den Schirm aller lieben Heiligen.

379
[figure]

Meßandachten.

Erste Meßandacht,

welche als Anleitung dient, an den einzelnen Gebeten und Verrichtungen der Priesters am Altare andächtigen Anteil zu nehmen

Die nachfolgenden Gebete werden außer jenem bei der Wandlung alle vom Prie - ster am Altare gebetet. Die veränder - lichen Teile sind entnommen aus der Messe zu Ehren der heiligen Familie. Jene Teile, welche beim feierlichen Amte gesungen werden, sind deutsch und lateinisch nebeneinander ge - stellt, und sollen nebst den beigefügten Er - klärungen es möglich machen, dem Priester bei den einzelnen Teilen der heiligen Messe mit Verständnis und Andacht zu folgen.

Vormesse.

Das Staffelgebet.

Der Priester betet an den Stufen des Altares den Psalm 42, in welchem die Sehn -380 sucht nach dem würdigen Umgang mit Gott in seinem Heiligtum ausgesprochen wird, wo - rauf der Priester und der Altardiener, letzterer als Stellvertreter des Volkes, das Sündenbe - kenntnis ablegen. Der Psalm 42 wird bei Totenmessen ausgelassen.

Priester. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des hei - legen Geistes. Amen. Ich werde kommen zu Gottes Altar.

Diener. Zu Gott, der meine Jugend erfreut.

Psalm 42.

Pr. Schaffe mir Recht, o Gott, und entscheide meine Sache wider das unheilige Volk: von dem ungerechten und arglistigen Manne rette mich.

D. Denn Du, o Gott, bist meine Stärke! Warum hast Du mich ver - worfen, und warum gehe ich trauernd einher, da der Feind mich plaget?

Pr. Sende dein Licht und deine Wahrheit: sie werden mich leiten und381 führen auf deinen heiligen Berg und in deine Hütten.

D. Und ich werde kommen zu Gottes Altar: zu Gott, der meine Ju - gend erfreut.

Pr. Ich werde Dich loben auf der Harfe, o Gott, mein Gott! Warum bist du traurig, meine Seele, und wa - rum betrübest du mich?

D. Hoffe auf Gott; denn ich werde Ihm noch danken, Er ist das Heil meines Angesichtes und mein Gott.

Pr. Ehre sei dem Vater u. s. w.

D. Wie es war im Anfang u. s. w.

Pr. Ich werde kommen zu Gottes Altar.

D. Zu Gott, der meine Jugend erfreut.

Pr. Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn.

D. Welcher Himmel und Erde er - schaffen hat.

Pr. Ich bekenne u. s. w.

382

D. Es erbarme sich deiner der all - mächtige Gott, Er verzeihe deine Sün - den und führe dich zum ewigen Leben.

Pr. Amen.

D. Ich bekenne dem allmächtigen Gott, der heiligen, allzeit reinen Jung - frau Maria, dem heiligen Erzengel Michael, dem heiligen Johannes dem Täufer, den heiligen Aposteln Petrus und Paulus, allen Heiligen und dir, o Vater, daß ich gar sehr gesündigt habe in Gedanken, Worten und Wer - ken: durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine sehr große Schuld. Deshalb bitte ich die heilige, allzeit reine Jungfrau Maria, den heiligen Erzengel Michael, den heiligen Jo - hannes den Täufer, die heiligen Apostel Petrus und Paulus, alle Heiligen, und dich, o Vater, zu bitten für mich bei dem Herrn, unserem Gott.

Pr. Es erbarme sich euer der all - mächtige Gott, Er verzeihe euere Sün - den und führe euch zum ewigen Leben.

383

D. Amen.

Pr. Nachlassung , Verzeihung und Vergebung unserer Sünden gewähre uns der allmächtige und barmherzige Herr.

D. Amen.

Pr. O Gott, wende Dich wieder zu uns und belebe uns.

D. Und dein Volk wird sich in Dir erfreuen.

Pr. Erzeige uns! o Herr, deine Barmherzigkeit

D. Und dein Heil verleihe uns.

Pr. Herr, erhöre mein Gebet.

D. Und laß mein Rufen zu Dir kommen.

Pr. Der Herr sei mit euch.

D. Und mit deinem Geiste.

Pr. Lasset uns beten!

Während er die Altarstufen hinaufsteigt:

Nimm hinweg von uns, wir bit - ten Dich, o Herr, unsere Missethaten, auf daß wir mit reinem Herzen in das Allerheiligste einzugehen verdienen, durch Christus, unseren Herrn. Amen.

384

Zum Altare geneigt und denselben küssend:

Wir bitten Dich, o Herr, durch die Verdienste deiner Heiligen, deren Reliquien hier sind, so wie aller Hei - ligen, daß Du mir verzeihen mögest alle meine Sünden. Amen.

Bei dem feierlichen Gottesdienste beräu - chert nun der Priester den Altar. Dieser Gebrauch stammt schon aus den apostolischen Zeiten und ist ein schönes Bild des Gebetes. Der Weihrauch verzehrt sich auf der Glut und steigt zum Himmel auf, süßen Wohlgeruch ver - breitend. Ebenso soll das Gebet aus einem von Liebe entflammten Herzen kommen, das sich völlig an Gott hingibt. Der Altar soll um - hüllt sein von den Walken des Gebetes der Gläubigen, die zum Himmel aufsteigen und die Wolken durchdringen. Auch der Priester wird beräuchert, weil sein Herz und das Herz eines jeden, der an seinem Opfer teilnimmt, ein geistiger Opferaltar sein soll.

Der Eingang. (Introitus.)

Der Eingang wechselt nach den Festen und Zeiten; er ist meistens der heiligen Schrift entnommen und drückt in kurzen Worten den Grundgedanken der kirchlichen Tagesfeier aus. Von dem ersten Worte des Einganges hat man385 für manche Sonntage, z. B. Oculi, Lætare, und manche besondere Messen, z. B. Rorate im Advent, und Requiem, für die Abgestor - benen, ihren Namen hergenommen. Der Ein - gang der oben bezeichneten Messe lautet:

Es frohlockt vor Freude der Vater des Gerechten; freuen mögen sich dein Vater und deine Mutter, und es froh - locke, die dich geboren hat. (Sprichw. 23, 24.)

Wie lieblich sind deine Wohnun - gen, Du Herr der Heerscharen! Es sehnt und schmachtet meine Seele nach den Vorhöfen des Herrn. (Ps. 53, 1.)

Ehre sei dem Vater u. s. w. Es frohlocket u. s. w. wird wiederholt.

Kyrie eleison.

Diese griechischen Worte kommen schon in der heiligen Schrift vor. Sie sind ein Gebets - ruf an die heiligste Dreifaltigkeit, der sich ganz passend an den Eingang anreiht.

Pr. Herr, erbarme Dich unser.

D. Herr, erbarme Dich unser.

Pr. Herr, erbarme Dich unser.

386

D. Christe, erbarme Dich unser.

Pr. Christe, erbarme Dich unser.

D. Christe, erbarme Dich unser.

Pr. Herr, erbarme Dich unser.

D. Herr, erbarme Dich unser.

Pr. Herr, erbarme Dich unser.

Gloria.

Die ersten Worte dieses Lobgesanges wur - den von den Engeln gesungen bei der Geburt Christi, und haben schon in den ersten Jahr - hunderten die jetzige Erweiterung gefunden. Wie einst in Bethlehem erscheint Christus auch auf dem Altare, um den Frieden zu bringen. Das Gloria wird als Freudengesang in den Messen, bei denen Trauer oder Buße den Grundgedanken bilden, ausgelassen.

    Gloria in excelsis    Ehre sei Gott in
Deo, et in terra paxder Höhe und auf
hominibus bonaæ vo -Erden Friede den
luntatis. LaudamusMenschen die guten
te. Benedicimus te. Willens sind. Wir
Adoramus te. Glo -loben Dich. Wir prei -
rificanus te Gratiassen Dich. Wir beten
agimus tibi prop -Dich an. Wir ver -
387ter magnam glo -herrlichen Dich. Wir
riam tuam. Dominedanken Dir wegen
Deus, Rex cœlestis,deiner großen Herr -
Deus Pater omni -lichkeit. Herr Gott,
potens! Dominehimmlischer König,
Fili unigenite, JesuGott, allmächtiger
Christe! DomineVater! Herr Jesu
Deus, agnus Dei. Christe, Du einge -
filius Patris! Quiborner Sohn, Herr
tollis peccata mun -Gott, Lamm Gottes,
di, miserere nobis. Sohn des Vaters!
Qui tollis peccataDer Du hinweg -
mundi, suscipe de -nimmst die Sünden
precationem no -der Welt, erbarme
stram. Qui sedes adDich unser! Der Du
dexteram Patris. mi -hinwegnimmst die
serere nobis. Quo -Sünden der Welt,
niam tu solus san -nimm unser Gebet
ctus, tu solus Do -an. Der Du sitzest zur
minus, tu solus al -Rechten des Vaters,
tissimus. Jesu Chri -erbarme Dich unser.
ste, cum sanctoDenn Du allein bist
Spiritu in gloriaheilig, Du allein der
Dei Patris. Amen. Herr, Du allein der
388Höchste, o Jesu Chri -
ste, mit dem heiligen
Geist in der Herr -
lichkeit Gottes des
Vaters. Amen.

Kollekte oder Kirchengebet.

Nach dem Gloria küßt der Priester den Altar, und wendet sich zu dem Volke mit dem Gruße: Der Herr sei mit euch! Durch das Küssen des Altars drückt der Priester seine Verbindung mit Christus aus, und von Ihm bringt er dem Volke diesen Segensgruß.

Dieses Gebet heißt Kollekte oder Sammel - gebet, weil der Priester im Namen des Volkes vor Gott hintritt, um Ihm die Anliegen aller Gläubigen in einem Gebete vorzutragen. Des - wegen betet sie der Priester immer in der Mehrzahl. Diese Gebete sind nach Zahl und Inhalt verschieden. In jeder Messe kommen an drei Stellen solche Gebete vor: Nach dem Gloria, vor der Präfation und nach der Kom - munion. Die Kollekten schließen meistens mit den Worten: Durch unsern Herrn Jesum Christum, deinen Sohn, welcher mit Dir lebt und regiert in Einigkeit des heiligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Die Kirche betet so im Hinblick auf die Verheißungen,389 die dem Gebete im Namen Jesu gegeben sind. Das Volk spricht Amen , um damit seine Zustimmung zu den Gebeten des Priesters zu geben.

Lasset uns beten.

Herr Jesu Christe. der Du Ma - ria und Joseph unterthan gewesen und das häusliche Leben mit den erhaben - sten Tugenden geheiliget hast: gib, daß wir mit dem Beistande beider, durch das Beispiel deiner heiligen Fa - milie erbaut, ihrer ewigen Gemein - schaft teilhaftig werden, der Du mit Gott dem Vater in der Gemeinschaft des heiligen Geisten lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Die Epistel.

An dieser Stelle folgt eine Lesung aus der heiligen Schrift des Alten oder Neuen Testamentes, mit Ausschluß der Evangelien. Da die Lesungen aus den Briefen der Apostel am häufigen vorkommen, so nennt man diese Lesung Epistel, das heißt Brief. In den ersten Zeiten wurde sie vom Rektor auf einem er - höhten Punkte gelesen; gegenwärtig liest sie390 bei dem feierlichen Gottesdienste der Subdiakon. Das Volk antwortet am Ende derselben: Deo gratias, Gott sei Dank! um seine Dankbarkeit für die göttliche Offenbarung auszudrücken.

Lesung aus dem Briefe des hei - ligen Apostels Paulus an die Kolosser. (3, 12 17.)

So ziehet nun an als Gottes Aus - erwählte. Heilige und Geliebte, herz - liches Erbarmen, Güte, Demut, Sanft - mut, Geduld. Ertraget einander und verzeihet einander, wenn jemand Klage hat wider den andern: wie der Herr euch verziehen hat, so auch ihr! Vor allem diesem aber habet die Liebe, welche ist das Band der Vollkommen - heit. Und der Friede Christi herrsche freudig in euerem Herzen, zu welchem ihr auch berufen seid in einem Leibe, und seid dankbar. Das Wort Christi wohne reichlich in euch mit aller Weis - heit. Lehret und ermahnet einander mit Psalmen und Lobliedern und geistlichen Gesängen, und singet Gott391 mit Dankbarkeit in euerem Herzen. Alles, was ihr thuet in Wort oder Werk, das thuet alles im Namen des Herrn Jesu Christi und danket Gott, und dem Vater durch Ihn.

Graduale und Sequenz.

Das Graduale hat seinen Namen daher, daß es ursprünglich gesungen wurde, während die Geistlichkeit die Stufen (gradus) zu jenem Orte hinaufstieg, an dem das Evangelium ge - sungen wurde. Es drückt die Gesinnungen und Gefühle aus, welche die Epistel in uns her - vorbringen soll und ist nach der Tagesfeier verschieden.

An Ostern, Pfingsten, am Fronleichnams - feste, am Feste der schmerzhaften Mutter und in den Messen für Verstorbene schließt sich hier ein Kirchengesang an, der Sequenz genannt wird, z. B. bei den zwei letztgenannten An - lässen das Stabat mater und Dies iræ.

Graduale. Um eines habe ich den Herrn gebeten, und wiederum ver - lange ich es, daß ich weile im Hause des Herrn alle Tage meines Lebens. (Ps. 26, 4.)

392

. Selig sind, die in deinem Hause wohnen, Herr, in alle Ewigkeit loben sie Dich. (Ps. 83, 5.) Alleluja, Alle - luja.

. Du bist wahrhaftig ein ver - borgener König, Gott Israels, Er - löser. Alleluja.

Das Evangelium.

In den übrigen Büchern der heiligen Schrift reden die Gesandten Gottes, in den Evangelien dagegen, sein eingeborner Sohn. Darum wird auch die Lesung des Abschnittes aus den Evangelien in der heiligen Messe mit vielen Feierlichkeiten um eben. Beim Beginne der Lesung, erhebt sich das Volk, Priester und Gläubige bezeichnen sich mit dem Kreuzzeichen auf Stirne, Mund und Brust, bei der feier - lichen Messe wird das Evangelium vom Diakon gelesen, es werden brennende Kerzen getragen und das Evangelienbuch, sowie am Schlusse auch der Priester incensiert.

An das Evangelium schloß sich in früheren Zeiten an Sonn - und Festtagen die Predigt an: jetzt wird sie mancherorts zu einer andern Zeit gehalten. Bis nach der Predigt durften in der ersten Zeit auch die Katechumenen, die erst im Glauben unterrichtet wurden, selbst393 Juden und Heiden dem Gottesdienste beiwohnen, daher dieser vorbereitende Teil auch Katechu - menenmesse hieß, während die Teilnahme an der eigentlichen Opferhandlung nur den Gläubigen gestattet wurde.

Pr. Der Herr sei mit euch.

D. Und mit deinem Geiste.

Pr. Das Folgende ist aus dem heiligen Evangelium nach Lukas. (2, 42 52.)

D. Ehre sei Dir, o Herr.

Als Jesus zwölf Jahre alt war, reisten sie wie gewöhnlich zum Feste nach Jerusalem. Und da sie am Ende der Festtage wieder zurückkehrten, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem, ohne daß seine Eltern es wußten. Da sie aber meinten, Er sei bei der Reisege - sellschaft, so machten sie eine Tagreise, und suchten Ihm unter den Verwandten und Bekannten. Und da sie Ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jeru - salem zurück, und suchten Ihn. Und es geschah nach drei Tagen fanden sie394 Ihn im Tempel, sitzend unter den Lehrern, wie Er ihnen zuhörte, und sie fragte. Und es erstaunten alle, die Ihn hörten, über seinen Verstand und seine Antworten. Und als sie Ihn sahen, wunderten sie sich, und seine Mutter sprach zu Ihm: Kind, warum hast Du uns das gethan? Siehe, dein Vater und ich haben Dich mit Schmerzen gesucht! Und Er sprach zu ihnen: Warum habet ihr Mich ge - sucht? Wußtet ihr nicht, daß Ich in dem sein muß, was meines Vaters ist? Sie aber verstanden die Rede nicht, die Er zu ihnen sagte. Und Er zog mit ihnen hinab, und kam nach Nazareth, und war ihnen unter - than. Und seine Mutter bewahrte alle diese Worte in ihrem Herzen. Und Jesus nahm zu an Weisheit und Alter und Gnade bei Gott und den Menschen.

D. Lob sei Dir, o Christus!

Pr. Durch die Worte des Evan -395 geliums mögen unsere Sünden getilgt werden.

Credo.

Das Credo ist das Glaubensbekenntnis, wie es auf der ersten allgemeinen Kirchenver - sammlung zu Ricäa (325) und auf der zu Konstantinopel (381) erweitert worden ist. Es faßt in wenig Worten die Geheimnisse der christlichen Glaubenslehre zusammen. In der heiligen Messe bildet es den Uebergang von der Vormesse, deren Frucht es in ein gemein - sames Bekenntnis zusammenfaßt, zu der eigent - lichen Opferhandlung, welcher dieses gemein - same Bekenntnis des Glaubens von Priester und Volk zur Grundlage dienen soll. Das Credo wird nicht an allen Tagen, sondern nur an Sonntagen, an den Festen des Herrn und an bestimmten Heiligenfesten gebetet.

    Credo in unum    Ich glaube an
Deum Patrem omni -einen Gott, den all -
potentem, factoremmächtigen Vater, den
cœli et terræ, visi -Schöpfer Himmels
bilium omnium etund der Erde, aller
invisibilium. Et insichtbaren und un -
unum Dominum Je -sichtbaren Dinge. Und
sum Christum, Fi -an einen Herrn Je -
396lium Dei unigenitumsum Christum, den
et ex Patre natumeingeborenen Sohn
ante omnia sæcula:Gottes, der aus dem
Deum de Deo, lu -Vater vor allen Zeiten
men de lumine. De -(von ewig her) ge -
um verum de Deoboren ist, Gott von
vero: genitum. nonGott, Licht von Lichte,
factum, consubstan -wahrer Gott vom
tialem Patri, perwahren Gott, ge -
quem omnia factaboren, nicht erschaffen,
sunt. Qui proptergleichen Wesens mit
nos homines etdem Vater, durch
propter nostram sa -welchen alles erschaf -
lutem descendit defen ist: welcher
cœlis. Et incarna -wegen uns Menschen
tus est de Spirituund wegen unseres
sancto ex Maria Vir -Heiles vom Himmel
gine et homo factusherabgestiegen ist und
est (sarerdos genuaFleisch angenommen
flectit) Crucifixushat durch den heiligen
etiam pro nohis subGeist aus Maria,
Pontio Pilato, pas -der Jungfrau, und
sus et sepultus est. Mensch geworden ist.
Et resurrexit tertia(Der Priester beugt dir
397die secundum scrip -Knie.) Er ist auch
turas. Et ascenditfür uns gekreuzigt
in cœlum, sedet adworden unter Pon -
dexteram Patris. Ettius Pilatus, hat ge -
iterum venturus estlitten und ist begra -
cum gloria judicareben worden. Und Er
vivos et mortuos,ist am dritten Tage
cujus regni non eritwieder auferstanden
finis. Et in Spiri -nach der Schrift und
tum sanctum. Do -ist aufgefahren in
minum et vivifican -den Himmel, sitzet
tem, qui ex Patrezur Rechten des Va -
Filioque procedit,ters und wird wie -
qui cum Patre etderkommen mit Herr -
Filio simul a loraturlichkeit zu richten die
et connglorificatur,Lebendigen und die
qui loculus est perToten, und seines
Prophetas. Et unamReiches wird kein
sanctam, catholi -Ende sein. Ich glaube
cam et apostolicamauch an den heiligen
Ecclesiam. Confi -Geist, den Herrn und
teor unum baptismaLebendigmacher, der
in remiss onem pec -vom Vater und Sohn
catorum. Et expec -ausgeht, der mit Va -
398o ressurrectionemter und Sohn zu -
mortuoeum et vigleich angebetet und
tam venturi sæculimitverherrlicht wird,
Amender gesprochen hat
durch die Propheten.
Ich glaube auch an
Eine, heilige, katho -
lische und apostolische
Kirche. Ich bekenne
Eine Taufe zur Nach -
lassung der Sünden
und erwarte die Auf -
erstehung der Toten
und ein ewiges zu -
künftiges Leben. A.

Erster Hauptteil der heiligen Messe.

Die Opferung.

Dieser Teil dient der eigentlichen, sakra - mentalen Opferhandlung äußerlich und inner - lich als Vorbereitung. Während das Offer - torium gesungen wurde, trugen früher die Gläubigen ihre Opfergaben zum Altare, welche nicht bloß für dieses Opfer, sondern für kirch - liche Bedürfnisse überhaupt bestimmt waren. 399Von diesem Gebrauche her stammen die soge - nannten Totenopfer, die Opfer an Festtagen, das Opfern von Kerzen bei besondern Anlässen und die Meßstipendien.

Dann folgt die Darbringung von Brot und Wein, welch letzterer mit etwas Wasser vermischt ist. Die Gebete und Gebräuche, welche diese Darbringung begleiten und derselben fol - gen, sollen die Vereinigung der Herzen mit dem Opfer auf dem Altare, die geistige Hin - gabe mit den Gott wohlgefälligen Gesinnungen erwecken und ausdrücken. Die Räucherung, die beim feierlichen Gottesdienste hier vorkommt, hat dieselbe Bedeutung, die bereits angegeben worden.

Offertorium.

Die Eltern brachten Jesus nach Jerusalem, um Ihn dem Herrn dar - zustellen, (Luk. 2, 22.)

Opferung des Brotes.

Nimm auf, heiliger Vater, all - mächtiger, ewiger Gott, dieses unbe - fleckte Opfer, welches ich, dein unwür - diger Diener, Dir, meinem lebendigen und wahren Gott, darbringe für meine unzähligen Sünden, Beleidigungen und400 Nachlässigkeiten, und für alle Anwe - senden, sowie auch für alle gläubigen Christen, Lebende und Hingeschiedene, auf daß es mir und ihnen förderlich sei zum ewigen Leben.

Bei der Mischung des Weines mit Wasser.

O Gott, der Du die Würde des menschlichen Wesens wunderbar gebil - det, und wunderbarer erneuert hast: verleihe uns durch das Geheimnis dieses Wassers und Weines, der Gött - lichkeit dessen teilhaftig zu werden, der sich gewürdiget hat, an unserer Mensch - heit teilzunehmen. Jesus Christus, dein Sohn, unser Herr, der mit Dir lebt und regiert in der Einigkeit des hei - ligen Geistes, Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Bei der Darbringung des Kelches.

Wir bringen Dir dar, o Herr, den Kelch des Heiles und flehen zu deiner Milde, daß er im Angesichte401 deiner göttlichen Majestät zu unserem und zum Heile der ganzen Welt mit lieblichem Geruche emporsteigen möge. Amen.

Im Geiste der Demut und mit zerknirschtem Herzen mögen wir auf - genommen werden, von Dir, o Herr, und so möge heute vor deinem Ange - sichte unser Opfer werden, daß es Dir gefalle, Herr, unser Gott!

Komm, Heiligmacher, allmächtiger, ewiger Gott, und segne dieses Opfer, das deinem heiligen Namen bereitet ist.

Bei der Händewaschung,

Mit den Unschuldigen will ich meine Hände waschen, und um dei - nen Altar sein, o Herr!

Damit ich höre die Stimme des Lobes, und erzähle alle deine Wunder.

Herr, ich liebe die Zierde deines Hauses und den Ort der Wohnung deiner Herrlichkeit.

Laß nicht zu Grunde gehen mit402 den Gottlosen, o Gott, meine Seele, und mit den Männern des Blutes mein Leben, in deren Händen Unge - rechtigkeit ist, deren Rechte gefüllt ist mit Geschenken.

Ich aber bin gewandelt in meiner Unschuld, darum erlöse mich, und er - barme Dich meiner.

Mein Fuß ist gestanden auf rech - tem Wege, in den Versammlungen will ich Dich loben, o Herr!

Ehre sei dem Vater u. s. w.

In der Mitte des Altares.

Nimm auf, heilige Dreifaltigkeit, dieses Opfer, das wir Dir darbringen ob des Gedächtnisses des Leidens, der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu Christi, unseres Herrn, und zur Ehre der heiligen Jungfrau Maria und des heiligen Johannes des Täufers und der heiligen Apostel Petrus und Paulus, und dieser und aller Heiligen, auf daß es jenen gedeihe zur Ehre,403 uns aber zum Heile und jene für uns bitten mögen im Himmel, deren, Andenken wir feiern auf Erden, durch denselben Christus unseren Herrn. A.

Wenn sich der Priester zum Volke wendet.

Pr. Betet Brüder, damit mein und euer Opfer wohlgefällig werde bei Gott, dem allmächtigen Vater.

D. Der Herr nehme dies Opfer von deinen Händen an zum Lob und Preis seines heiligen Namens, sowie auch zum Nutzen für uns und seine ganze heilige Kirche.

Pr. Amen.

Stille Gebete.

Wir bringen Dir, o Herr, das Opfer der Versöhnung dar, indem wir Dich flehentlich bitten, Du mögest um der Fürsprache der jungfräulichen Gottes - gebärerin und des heiligen Joseph wil - len unsere Familien in deinem Frie - den und in deiner Gnade befestigen,404 durch unsern Herrn Jesum Christum, deinen Sohn, welcher mit Dir in der Gemeinschaft des heiligen Geistes lebt und regiert.

Die Präfation mit dem Sanktus.

    S. Per omnia -    Pr. Von Ewig -
cula sæculorum. keit zu Ewigkeit
    M. Amen.     D. Amen.
    S. Dominus vo -    Pr. Der Herr sei
biscum. mit euch.
    M. Et cum spiritu    D. Und mit dei -
tuo. nem Geiste.
    S. Sursum corda.     Pr. Erhebet die
Herzen.
    M. Habemus ad    D. Wir haben sie
Dominum. zum Herrn erhoben.
    S. Gratias aga -    Pr. Lasset uns
mus Domino DeoDank sagen dem
nostro. Herrn, unserm Gott.
    M. Dignum et ju -    D. Es ist würdig
stum est. und recht.
    S. Vere dignum et    Pr. Wahrlich ist
justum est, æquumes würdig und recht.
405et salutare, nos tibibillig und heilsam
semper et ubiquedaß wir Dir immer
gratias agere. Do -und überall Dank
mine sancte. Patersagen, o heiliger Herr,
omnipotens. æterneallmächtiger Vater,
Deus: per Christum,ewiger Gott! durch
Dominum nostrum. Christum, unsern
Per quem majesta -Herrn. Durch Ihn
tem tuam laudantloben die Engel deine
Angeli, adorant Do -Majestät, beten an
minationes, tremuntdie Herrschaften, zit -
Potestates. Cœlicœ -tern die Mächte. Die
lorumque virtutesHimmel und die
ac beata SeraphimKräfte der Himmel
socia exultationeund die seligen Sera -
concelebrant. Cumphim preisen Dich in
quibus et nostrasgemeinsamem Froh -
voces ut admitti ju -locken. Daß Du mit
beas deprecamur:ihnen auch unsere
supplici confessioneBitten wollest zu Dir
dicentes:kommen lassen, flehen
wir, indem wir in
demütigem Bekennt -
nisse sprechen:
406    Sanctus, sanctus,    Heilig, heilig, hei -
sanctus Dominuslig, ist der Herr Gott
Deus Sabaoth. der Herrscharen.
    Pleni sunt cœli    Voll sind Himmel
et terra gloria tua. und Erde von deiner
Herrlichkeit.
    Hosanna in ex -    Hosanna in der
celsis! BenedictusHöhe! Gepriesen sei,
qui venit in nomineDer da kommt im
Domini! HosannaNamen des Herrn!
in excelsis! Hosanna in der Höhe!

Zweiter Hauptteil der hl. Messe.

Der Kanon.

Nachdem die Opfergaben und die Herzen vorbereitet sind, folgt nun die eigentliche Opfer - handlung. Dieser Teil der heiligen Messe, Kanon oder Regel genannt, weil er sich immer gleich bleibt, wird stille gebetet, zum Zeichen, daß hier ein Geheimnis verwaltet wird. Bei der heiligen Wandlung werden Brot und Wein in den Leib und in das Blut Jesu Christi verwandelt, der sein blutiges Opfer auf un - blutige Weise erneuert, und sich selber auf - opfert als Anbetungs -, Dank -, Sühn - und Bittopfer.

407

Vor der Wandlung vereinige deine An - liegen und die Fürbitten für die Lebenden mit dem heiligen Opfer, bei der Wandlung bete Jesus Christus an und opfere sein Fleisch und Blut dem himmlischen Vater auf; nach der Wandlung gedenke der Abgestorbenen.

Dich also, huldreichster Vater, bit - ten wir durch Jesus Christus, deinen Sohn, unsern Herrn, und flehen in De - mut, das; Du wohlgefällig aufnehmest und segnest diese Gaben, diese Geschenke, diese heiligen Opfer, die wir Dir be - sonders darbringen für deine heilige ka - tholische Kirche, auf daß Du diese im Frieden erhalten, beschützen, einigen und regieren wollest, zugleich mit deinem Die - ner, unserm Papste N. und unserm Bischof N., und allen Rechtgläubigen und Pfle - gern des katholischen Glaubens.

Gedenke, o Herr, deiner Diener und Dienerinnen N. und N. (hier erinnere dich an jene, welche du besonders in das heilige Opfer empfehlen willst), und aller Umstehenden, deren Glaube und An - dacht Dir bekannt ist, für welche wir408 Dir darbringen, oder welche Dir dar - bringen dieses Opfer des Lobes, für sich und all die Ihrigen, für die Er - lösung ihrer Seelen, für die Hoffnung ihres Heils und ihrer Rettung, und die ihre Bitten Dir vortragen, Dir, dem ewigen, lebendigen und wahren Gott, in Gemeinschaft und in Verehrung des Andenkens besonders der glorreichen, allzeit jungfräulichen Maria, der Mut - ter unseres Gottes und Herrn Jesus Christus, aber auch deiner heiligen Apo - stel und Märtyrer und aller deiner Heiligen, durch deren Verdienste und Bitten Du uns verleihen mögest, daß wir in allem durch die Hilfe deines Schutzes beschirmt werden, durch den - selben Christus, unsern Herrn. Amen.

Dieses Opfer also unseres Dienstes, aber auch deiner ganzen Familie, nimm, wir bitten Dich, o Herr, wohlgefällig auf, und ordne unsere Tage im Frie - den, und laß uns von der ewigen Ver - dammnis befreit und der Herde deiner409 Auserwählten beigezählt werden, durch Jesus Christus, unsern Herrn. Amen.

Bei der heiligen Wandlung.

Es schweige alles sterbliche Fleisch und harre mit Furcht und Zittern, und kein irdischer Gedanke soll in demselben sein! Denn der König der Könige, der Herr der Herrschenden, Christus, unser Gott erscheint, um geopfert zu werden und sich den Gläubigen als Speise hin - zugeben! Es nahen die Chöre der Engel mit den Mächten und Herrschaften, den Cherubim und Seraphim, verhüllend ihr Antlitz und lobsingend: Alleluja! Alleluja! Alleluja! (Aus der Liturgie des hl. Jakobus.)

Bei der Aufhebung der heiligen Hostie.

Jesus, ich glaube an Dich; Jesus, ich hoffe auf Dich; Jesus, ich liebe Dich; Jesus, ich bete Dich an und danke Dir!

410

Bei der Aufhebung des Kelches.

Jesus, sei mir gnädig; Jesus, sei mir barmherzig; Jesus, verzeihe mir meine Sünden!

Nach der Wandlung.

So sind wir denn auch eingedenk, Herr, wir, deine Diener, und auch dein heiliges Volk, des so heiligen Leidens desselben Christus, deines Sohnes, un - seres Herrn, so wie auch seiner Aufer - stehung von den Toten, wie auch der glorreichen Auffahrt in den Himmel, und bringen deiner erhabenen Majestät von deinen Gaben und Geschenken ein reines Opfer, ein heiliges Opfer, ein unbeflecktes Opfer, das heilige Brot des ewigen Lebens, und den Kelch des be - ständigen Heiles.

Auf dieses würdige Dich herabzu - schauen mit versöhntem und freundlichem Blicke, und es wohlgefällig aufzunehmen, wie Du Dich gewürdiget hast, wohl -411 gefällig aufzunehmen die Gaben deines gerechten Dieners Abel und das Opfer deines Patriarchen Abraham, und das Dir dein Hoherpriester Melchisedech dar - gebracht, ein heiliges Opfer, eine un - befleckte Gabe.

Flehentlich bitten wir Dich, allmäch - tiger Gott, laß dieses Opfer durch die Hände deines heiligen Engels hinauf - tragen auf deinen erhabenen Altar, vor das Angesicht deiner göttlichen Majestät, auf daß wir alle, die aus dieser Ge - meinschaft des Altares den hochheiligen Leib und das hochheilige Blut deines Sohnes empfangen werden, mit allem himmlischen Segen, und mit Gnade er - füllt werden mögen, durch denselben Christus, unsern Herrn. Amen.

Gedenke auch, o Herr, deiner Die - ner und Dienerinnen N. und N., die uns vorausgegangen sind mit dem Zei - chen des Glaubens und schlafen den Schlummer des Friedens. (Hier gedenke der Abgestorbenen, für welche du zu beten412 schuldig bist.) Ihnen, o Herr, und allen in Christus Ruhenden verleihe, wir bitten Dich, den Ort der Erquickung, des Lichtes und des Friedens, durch denselben Christus, unsern Herrn. Amen.

Auch uns Sündern, deinen Dienern, würdige Dich, da wir auf die Menge deiner Erbarmungen hoffen, Anteil und Gemeinschaft zu verleihen mit deinen heiligen Aposteln und Märtyrern und allen deinen Heiligen; nimm uns auf in deren Gesellschaft, indem Du nicht auf unser Verdienst schauest, sondern Barmherzigkeit uns erzeigest, durch Chri - stus, unsern Herrn. Amen.

Dritter Hauptteil der heiligen Messe

Die heilige Kommunion.

Das Vater unser steht am Beginne, dieses Teiles der heiligen Messe, und soll da mit der größten Zuversicht gebetet werden, wo Christus als Hoherpriester und hochheiliges Opfer zugegen ist. Den Mittelpunkt für die weiteren Gebete bildet die Kommunion des Priesters, welcher sie teils als Vorbereitung,413 teils als Danksagung dienen. In den ersten Zeiten kommunizierten die Anwesenden mit dem Priester. Vorher empfingen sie den Frie - denskuß der jetzt nur noch bei dem feierlichen Gottesdienst dem assistierenden Klerus erteilt wird, und während der Kommunion der Gläu - bigen wurden Stellen aus den Psalmen ge - sungen, die davon den Namen Kommunion jetzt noch haben. Die Kirche ermahnt die Gläubigen, welche nicht wirklich kommunizieren, dies wenigstens geistigerweise zu thun. In den Messen für die Abgestorbenen wird der Segen am Schlusse nicht erteilt, was an - deuten soll, daß die Frucht dieses Opfers haupt - sächlich den Abgestorbenen zugewendet werde. Ebenso wird das Evangelium des heiligen Johannes durch ein anderes ersetzt, wenn auf denselben Tag zwei Evangelien, z. B. ein sonntägliches und ein festtägliches zusammen - treffen.

Das Pater noster.

    S. Per omnia -    Pr. Von Ewigkeit
cula sæculorum. zu Ewigkeit.
    M. Amen.     D. Amen.
    Præceptis saluta -    Durch heilsame
ribus moniti et divi -Vorschriften ermun -
na institutione lor -tert und durch gött -
414mati audemus di -lichen Unterricht be -
cere:lehrt, wagen wir zu
sagen:
    Pater noster, qui    Vater unser, der
es in cœlis. sancti -Du bist in dem Him -
ficetur nomen tuum. mel, geheiliget werde
adveniat regnum tu -deine Name, zukom -
um, fiat voluntasme uns dein Reich,
tua sicut in cœlo etdein Wille geschehe
in terra. Panem no -wie im Himmel also
strum quolidianumauch auf Erden. Un -
da nobis hodie, etser tägliches Brot
dimitte nobis debitagieb uns heute, und
nostra, sicut et nosvergieb uns unsere
dimittimus debito -Schulden, wie auch
ribus nostris. Et newir vergeben unsern
nos inducas in ten -Schuldigern. Und
tationem. führe uns nicht in
Versuchung.
    M. Sed libera nos    D. Sondern erlöse
a malouns von dem Uebel.
    S. Amen.     Pr. Amen.

Befreie uns, wir bitten Dich, o Herr, von allen Uebeln, vergangenen, gegen -415 wärtigen zukünftigen, und durch die Fürbitte der seligen und glorreichen, allzeit jungfräulichen Gottesmutter Maria, mit deinen heiligen Aposteln Petrus und Paulus und Andreas und allen Heiligen, gib gnädig in unsern Tagen Frieden, auf daß wir durch die Hilfe deiner Barmherzigkeit unterstützt, sowohl von Sünden immer frei, als auch vor aller Verwirrung sicher seien, durch denselben Jesus Christus, unsern Herrn, deinen Sohn, welcher mit Dir lebt und regiert in der Einigkeit des heiligen Geistes

    S. Per omnia -    Pr. Von Ewigkeit
cula sæculorum. zu Ewigkeit.
    M. Amen.     D. Amen.
    S. Pax Domini sit    Pr. Der Friede
semper vobiscum. des Herrn sei immer
mit euch.
    M. Et cum spiritu    D. Und mit dei -
tuo. nem Geiste.

Der Priester läßt einen Teil der Hostie in den Kelch fallen

416

Diese Vermischung und Weihung des Leibes und Blutes unseres Herrn Jesus Christus werde uns, die wir da - von empfangen, zum ewigen Leben. Amen.

Agnus Dei.

O Du Lamm Gottes, das Du hin - wegnimmst die Sünden der Welt. erbarme Dich unser!

O Du Lamm Gottes ꝛc. er - barme Dich unser!

O Du Lamm Gottes ꝛc., gib uns den Frieden!

Kommuniongebete.

Herr Jesus Christus, der Du dei - nen Aposteln gesagt hast: den Frieden hinterlasse Ich euch, meinen Frieden gebe Ich euch: schaue nicht aus meine Sünden, sondern auf den Glauben dei - ner Kirche, und verleihe ihr nach deinem Willen Frieden und Einigkeit, der Du lebst und regierst Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

417

Herr Jesus Christus, Sohn des le - bendigen Gottes der Du nach dem Willen des Vaters unter Mitwirkung des heiligen Geistes, durch deinen Tod die Welt wieder belebt hast: befreie mich durch diesen deinen hochheiligen Leib und dein hochheiliges Blut von allen meinen Ungerechtigkeiten und voll allen Uebeln und mache, daß ich allzeit dei - nen Geboten anhange, und lasse nicht zu, daß ich je von Dir geschieden werde, der Du mit demselben Gott dem Vater und dem heiligen Geiste lebst und re - gierst ꝛc. Amen.

Der Empfang deines Leibes, Herr Jesus Christus, den ich Unwürdiger zu genießen wage, gereiche mir nicht zum Gerichte und zur Verdammung, son - dern gedeihe mir nach deiner Milde zum Schutz - und Heilmittel für Seele und Leib, der Du lebst und regierst mit Gott dem Vater in Einigkeit des hl. Geistes Gott von Ewigkeit zu Ewig - keit. Amen.

418

Das Brot vom Himmel will ich empfangen und den Namen des Herrn anrufen.

O Herr, ich bin nicht würdig, daß Du eingehst unter mein Dach: sondern sprich nur ein Wort, so wird gesund meine Seele. (Dreimal.)

Der Leib unseres Herrn Jesu Christi bewahre meine Seele zum ewigen Le - ben. Amen.

Was soll ich dem Herrn geben für alles, was Er mir gegeben? Den Kelch des Heiles will ich empfangen, und den Namen des Herrn anrufen, und vor meinen Feinden werde ich gerettet sein.

Das Blut unseres Herrn Jesu Christi bewahre meine Seele zum ewigen Le - ben. Amen.

Was wir mit dem Munde empfan - gen, Herr, das mögen wir erfassen mit reinem Geiste, und die Gabe in der Zeit werde uns ein Heilmittel für die Ewigkeit!

Dein Leib, o Herr, den ich em -419 pfangen, und das Blut, das ich ge - trunken, bleibe in meinem Innersten, und Du gewähre, daß in mir keine Makel der Sünden zurückbleibe, nach - dem mich neu belebt haben die reinen und heiligen Geheimnisse, der Du lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Zur Kommunion.

Und Er zog mit ihnen hinab, und kam nach Nazareth, und Er war ihnen unterthan. (Luk. 2, 51.)

Kirchengebet nach der heiligen Kommunion

Lasset uns beten.

Bewirke, o Herr Jesus, daß wir, die Du mit den himmlischen Geheim - nissen stärkest, das Beispiel deiner hei - ligen Familie eifrig nachahmen, und daß in der Stunde unseres Todes die glorreiche Jungfrau, deine Mutter, mit dem heiligen Joseph uns entgegenkomme und wir von Dir in die ewigen Wohn - ungen aufgenommen zu werden würdig420 erfunden werden, der Du lebst und re - gierst mit Gott dem Vater in der Ge - meinschaft des heiligen Geistes von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Pr. Der Herr sei mit euch.

D. Und mit deinem Geiste.

Pr. Gehet, die Messe ist vollendet.

Oder: Pr. Lasset uns den Herrn preisen.

D. Gott sei Dank.

Zu den Totenmessen.

Pr. Sie mögen ruhen im Frieden.

D. Amen.

O heilige Dreifaltigkeit, es möge Dir der Dienst meiner Unterwürfigkeit gefallen, und verleihe, daß das Opfer, das ich Unwürdiger vor den Augen deiner göttlichen Majestät dargebracht habe, Dir wohlgefällig, mir aber und allen, für welche ich es darbrachte, durch deine Erbarmung heilsam sei: durch Christum, unsern Herrn. Amen.

Pr. (segnet das Volk.)

421

Es segne euch (mich) der allmäch - tige Gott Vater und Sohn und hei - liger Geist.

D. Amen.

Pr. Der Herr sei mit euch.

D. Und mit deinem Geiste.

Pr. Anfang des Evangeliums nach dem heiligen Johannes.

D. Ehre sei Dir, o Herr!

Im Anfange war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dieses war im Anfange bei Gott. Alles ist durch dasselbe ge - macht worden, und ohne dasselbe wurde nichts gemacht, was gemacht worden ist. In Ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtete in der Finster - nis, aber die Finsternis hat es nicht begriffen. Es war ein Mensch von Gott gesandt, der hieß Johannes. Die - ser kam zum Zeugnisse, damit er Zeug - nis von dem Lichte gäbe, auf daß alle durch ihn glauben möchten. Er war422 nicht das Licht, sondern er sollte Zeug - nis von dem Lichte geben. Dieses war das wahre Licht, welches alle Menschen, die in diese Welt kommen, erleuchtet. Es war in der Welt, und die Welt ist durch dasselbe gemacht worden, aber die Welt hat Ihn nicht erkannt. Er kam in sein Eigentum, und die Seini - gen nahmen Ihn nicht auf. Allen aber, die Ihn aufnahmen, gab Er Macht, Kinder Gottes zu werden, denen näm - lich, die an seinen Namen glauben, welche nicht aus dem Geblüte, nicht aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt: und wir haben seine Herr - lichkeit gesehen, die Herrlichkeit als des Eingebornen vom Vater, voll der Gnade und Wahrheit. (Johannes 1, 1 14.)

D. Gott sei Dank.

423
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Zweite Meßandacht.

Diese Meßandacht soll als Anleitung dienen, durch die Teilnahme am heiligen Meß - opfer die notwendigen Gnaden für das eigene Seelenheil zu erlangen.

Es ist sehr zu empfehlen, daß du diese Gebete langsam verrichtest und bei jedem Satze ein wenig betrachtend verweilest. Es schadet nichts, wenn schon nicht alle Gebete ganz ge - lesen werden. Gott schaut nicht auf die Zahl deiner Gebetsworte in deinem Gebetbuche, son - dern auf die Gesinnungen in deinem Herzen.

Vorbereitung.

Ich will hintreten zu dem Al - tare Gottes, zu Gott, der meine Jugend erfreut. (Ps. 42, 4.)

O göttlicher Heiland! ich glaube, daß Du in der heiligen Messe das Opfer des Kreuzes auf unblutige Weise er - neuerst; ich begrüße Dich als meinen Hohenpriester, meinen Mittler beim Va -424 ter; ich weiß, das; ich nirgends und bei keinem Anlasse den himmlischen Va - ter so vollkommen ehren, und für mich so reichliche Gnaden erlangen kann, wie in der würdigen Teilnahme an deinem heiligen Opfer.

Darum wage ich armseliges Ge - schöpf voll Sünden und Gebrechen, vor Dir zu erscheinen, ich komme mit den Gesinnungen der Demut und Reue, voll Verlangen nach deiner Gnade, voll Ver - trauen auf deine Liebe, und will an deinem heiligen Opfer teilnehmen, um:

1. Durch Dich und mit Dir deinen Vater anzubeten und zu verherrlichen,

2. das Andenken deines Leidens und Sterbens zu feiern,

3. für alle allgemeinen und beson - deren Wohlthaten zu danken,

4. durch Dich für meine vielen Sün - den und Sündenstrafen Genugthuung zu leisten,

5. durch dein Opfer und deine Ver - dienste Gnade und Hilfe zu erlangen425 (für mich, für andere, in dieser Ver - suchung ...., diesen beiden ...., dieser Entscheidung ....).

Zum Staffelgebet.

Mit deinem Diener David rufe ich zu Dir, o Herr: Der Sünden mei - ner Jugend und meiner Unacht - samkeit gedenke nicht, Nach dei - ner Barmherzigkeit gedenke mei - ner, um deiner Güte willen, o Herr! (Ps. 24, 7.)

Viele Fehler an mir erkenne ich selber, aber dein allwissendes Auge sieht noch viele, die ich nicht beachte. Wie manche habe ich begangen mit lachendem Munde, wo ich über mich hätte weinen sollen! Wohin komme ich, wenn die Sün - den meiner Jugend und meiner Unacht - samkeit noch weiter mein Herz beflecken?

Ueberdenke einen Augenblick die Sünden seit der letzten Beicht und dann sprich:

O mein göttlicher Erlöser! Einst auf Erden wandelnd, hast Du die reuigen426 Sünder liebevoll aufgenommen, ihnen ihre Sünden nachgelassen und die Gnade der Besserung verliehen, Dich sogar mit ihnen zu Tische gesetzt. Ich komme zu Dir als reumütiger Sünder, nimm auch mich gnädig auf, reinige meine Seele, laß mich würdig teilnehmen an deinem himmlischen Gastmahle, und erhalte mich in deiner Gnade. Amen.

Zum Eingang und Kyrie.

Kommet, lasset uns anbeten und niederfallen, und weinen vor dem Herrn, der uns gemacht hat. Denn Er ist der Herr, unser Gott, und wir sind das Volk desselben und die Schafe seiner Herde. (Ps. 94, 6. 7.)

Herr, erbarme Dich unser! Du hast meine Seele nach deinem Ebenbild er - schaffen, mache sie Dir immer ähnlicher in Gnade und Heiligkeit, und gestatte nicht, daß dein Bild in mir durch Sünden verunstaltet werde.

427

Christus, erbarme Dich unser! Du hast meine Seele mit deinem kostbaren Blute erlöst, beschütze sie gegen alle ihre Feinde, und erhalte sie immerdar in deiner Wahrheit und Liebe.

Herr, erbarme Dich unser! O hei - liger Geist, Du hast meine Seele in der heiligen Taufe geheiliget und zu deinem Tempel gemacht, erfülle sie ganz mit deiner Gnade und laß nicht zu, daß mit der Sünde der Greuel der Verwüstung über diesen deinen Tempel komme.

Zum Gloria.

Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede den Menschen auf Er - den, die eines guten Willens sind. (Luk. 2, 14.) Was die Engel in Beth - lehem gesungen, das setzen sie in ewi - gen Jubelliedern im Himmel fort, und alle geretteten Seelen, welche in den Himmel eingehen, stimmen ein in diese Lobpreisungen des lebendigen Gottes. 428Auch ich hoffe einst dort mitzujubeln, aber ich muß schon auf Erden Gott verherrlichen, wenn ich dieses Glück er - langen soll. Ich will es thun, nicht bloß mit wenigen schwachen Worten, sondern mit allen meinen Gedanken, Worten und Werken, mit meinen Ar - beiten, Leiden und Ueberwindungen. Alles diene zur größern Ehre Gottes in Vereinigung mit dem Lobe aller Ge - schöpfe im Himmel und auf Erden und mit dem Opfer, in welchem Christus auf dem Altare seinem Vater die höchste Ehre erweist. Alles, was ich zur Ver - herrlichung Gottes thun kann, ist nur ein einziger schwacher Ton in dem großen Jubelgesang aller Geschöpfe, aber ich hoffe doch, Gott werde mir dafür um der Verdienste Christi willen hienieden den Frieden des Herzens schenken, und mir gestatten, Ihn einst im Himmel mit allen Auserwählten in vollkom - menerer Weise zu loben und zu prei - sen. Amen.

429

Zu den Kirchengebeten.

Wahrlich, wahrlich, sage Ich euch, wenn ihr den Vater in mei - nem Namen um etwas bitten wer - det, wird es euch gegeben. Bisher habt ihr um nichts in meinem Namen gebeten. Bittet, so wer - det ihr empfangen, auf daß euere Freude vollkommen werde. (Joh. 16. 23, 24.) Unser Vater im Himmel hat überflüssige Hilfe für uns armse - lige Menschen bereit, und seine Liebe will uns gerne erhören und uns helfen, wenn wir, wie es Kindern geziemt, Ihn darum bitten mögen. Sein göttlicher Sohn hat uns beten gelehrt und dem Gebete in seinem Namen die trostreich - sten Verheißungen gegeben. In der heiligen Messe erscheint Er in unserer Mitte, um als unser Fürsprecher selber unsere Bitten und Anliegen seinem Vater vorzutragen.

Hier überdenke welche besondere Gnade oder Hilfe du für dich oder andere in dieser430 heiligen Messe erlangen willst und sprich fol - gendes Gebet:

Ich vereinige meine Bitten mit denen des Priesters und der ganzen Kirche und mit dem Opfer Jesu Christi auf dem Altare. Ich hoffe, o himmlischer Vater, was meine Unwürdigkeit nicht verdient, von Dir zu erlangen durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn, welcher mit Dir in der Einig - keit des heiligen Geistes lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Insbesondere bitte ich um die Gnade, so würdig und andächtig diesem heili - gen Opfer beizuwohnen, daß ich reich an Trost und Segen von bannen gehen kann. Amen.

Zur Epistel.

Wer aus Gott ist, der höret Gottes Wort. (Joh. 8, 47.) Christus hat die Apostel ausgesendet, um den Menschen seine himmlische Lehre zu ver - künden. Mir macht Er sie bekannt431 durch die Diener seiner Kirche im christ - lichen Unterrichte und durch die Ver - kündigung des Wortes Gottes.

Wenn ich ein Kind Gottes sein will, so muß ich das Wort Gottes mit Freude und Eifer vernehmen. Wenn ich in den Himmel kommen will, so muß ich in den Lehren und Geboten, die mich dorthin führen sollen, wohl unterrichtet sein. Darum will ich das Wort Gottes recht hochschätzen und Gott dafür dank - bar sein, ich will es fleißig und auf - merksam anhören, und alles thun, da - mit es bei mir gute Früchte bringt.

Göttlicher Heiland! verleihe mir die Gnade, daß ich deine himmlische Lehre recht verstehe, unverlierbar meiner Seele einpräge und im Leben treu be - folge. Amen.

Zum Evangelium.

Ich bin der Weg, die Wahr - heit und das Leben. (Joh. 14, 6.) Wer Mir nachfolgt, der wandelt432 nicht in der Finsternis. (Joh. 8, 12.) O Herr Jesus Christus! Ich bin fest überzeugt, daß Du der Sohn Got - tes bist und jedes Wort, das Du ge - sprochen hast, ewige Wahrheit ist. In diesem Glauben will ich leben und sterben.

Aber die Welt ist voll von Gefahren für den Glauben, und viele, die einst an Dich glaubten und Dich liebten, sind verführt worden und von Dir ab - gefallen. Ich habe allen Grund, mich vor diesen Gefahren und meiner eigenen Schwachheit zu fürchten. Ich will alles sorgfältig fliehen, was dem Glauben schaden kann, ich will mich im Glauben gut unterrichten lassen, ihn recht hoch - schätzen, ihn fleißig erwecken und üben. Aber das kann ich nur, wenn deine Gnade mich erleuchtet und stärkt. Deine Apostel sind durch die Herabkunft des heiligen Geistes aus schwachen, furcht - samen Menschen große Leuchten des Glaubens geworden. Ich bitte recht433 demütig, daß der heilige Geist den wahren, festen und lebendigen Glauben in mei - ner Seele erhalten und befestigen möge. Amen.

Zum Credo.

Wer Mich vor den Menschen bekennen wird, den will Ich auch bekennen vor meinem Vater, der im Himmel ist. (Matth. 10, 32.)

Als schwacher Mensch fürchte ich Spott und Verfolgung, und ich würde fallen wie Petrus, wenn es nur auf meine Kraft ankommen würde. Aber Du hast mir in der heiligen Firmung die Gnade eines starken Glaubens und eines mutigen Bekenntnisses gegeben. Wenn ich die unnötigen Gefahren meide, auf die Gnade vertraue und ihr treu mitwirke, so bin ich stärker als die ganze Welt. Wenn ich bedenke, daß Du mit allen Heiligen und Martyrern vom Himmel auf mich herabschaust, daß Du am jüngsten Tage die mutigen Beken -434 ner des Glaubens vor aller Welt ehren und die Feiglinge und Abtrünnigen beschämen und bestrafen wirst, so muß ich allen Spott einfältiger Menschen verachten und entschlossen deine göttliche Lehre zeitlebens ohne Scheu vor allen Menschen in Wort und Werk bekennen. Wenn ich auch alles, selbst das Leben opfern müßte, will ich doch mit Herz und Mund den heiligen Glauben fest - halten und laut bekennen: Ich glaube an Gott Vater u. s. w.

Zur Opferung.

Ein Opfer vor Gott ist ein zerknirschter Geist; ein zermalm - tes und gedemütigtes Herz wirst Du, o Gott, nicht verachten. Dann wirst Du annehmen das Opfer der Gerechtigkeit. (Ps. 50, 19. 21.)

O himmlischer Vater! der Priester opfert Dir Brot und Wein auf, welche in den heiligen Leib und das heilige Blut Jesu Christi verwandelt werden435 sollen. Kostbar und heilig ist wohl die Opfergabe, aber auch die Herzen sollen rein sein, welche an dem Opfer teilhaben wollen, und rein die Hände, welche es darbringen. Leider muß ich nun bekennen, daß meine begangenen Sünden groß und zahlreich sind, und daß ich jetzt noch in meinem Herzen viele Wünsche und Begierden habe, welche auf nichtige und eitle, selbst auf sünd - hafte Dinge gerichtet sind und die mich zeitlich und ewig unglücklich machen würden, wenn ich ihnen folgen wollte. Bei all dieser Unordnung in meinem Herzen kann ich Dir doch bei die - sem Opfer wohlgefällig werden, wenn ich meine ungeordneten Wünsche und Begierden selber zu einem Opfer mache, welches ich aus Liebe Dir dar - bringe.

Hier überdenke ein wenig, welche von deinen Wünschen oder Vergnügen Christus mißfallen und für deine Seele gefährlich sind. Wovor dich dein Seelenführer schon gewarnt hat, was dich am meisten beunruhigen würde,436 wenn du nächstens sterben müßtest, das wähle als Opfer aus und bete:

Weil ich Dir, o himmlischer Vater, nichts Gutes anbieten kann, so will ich aus Liebe zu Dir wenigstens meine An - hänglichkeit au das Böse und Verkehrte opfern, ich will das Unkraut dieser bösen Begierde ..., diesen leichtsinni - gen Vergnügens ... aus meinem Her - zen reißen und zu meinem Opfer machen, welches ich mit dem Opfer deines gött - lichen Sohnes vereinige. Ich weiß, daß solche Ueberwindungen Dir angenehm und mir höchst heilsam sind. Gib mir die Gnade, dieses Opfer nicht bloß jetzt anzubieten, sondern im Leben wirklich zu vollbringen und dem gemachten Vor - satze treu zu bleiben. Möchte ich doch bei jeder heiligen Messe ein solches Opfer auf den Altar legen und möchte so mein Herz immer reiner und schöner, dem Herzen deines Sohnes immer ähn - licher werden, bis dein allheiliges Auge nichts Mißfälliges mehr an mir findet! 437Unterdessen ist es mein Trost, daß ein zerknirschter Geist vor Dir als wohl - gefälliges Opfer gilt, daß Du ein zer - malmtes und gedemütiges Herz nicht verachtest und von ihm das Opfer der Gerechtigkeit annimmst, daß Du den guten Willen der Schwachen barmher - zig ansiehst und gerne mit deiner Gnade stärken willst. Amen.

Zur Präfation und Sanktus.

Danket allzeit für alles Gott, dem Vater im Namen unseres Herrn Jesu Christi. (Joh. 5, 20.)

Ueberdenke ein wenig die unendliche Liebe und Freigebigkeit Gottes gegen dich, denke an die Wohlthaten der Erschaffung. Erlösung und Heiligung, an die unzähligen Gaben für Leib und Seele, die dir täglich zukommen, an die große Langmut und Geduld, mit der Gott deine Sünden, deinen Undank und deine Untreue erträgt, an das Wunder der göttlichen Liebe in der heiligen Messe, unter diesen zahllosen Wohl - thaten denke besonders an jene, für welche du noch nie Dank gesagt hast, oder welche dir erst neuestens zugekommen sind, und bete mit der Kirche:

438

Wahrlich, es ist würdig und recht, billig und heilsam, daß wir Dir immer und überall Dank sagen, o heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott! durch Christum, unsern Herrn. Durch Ihn loben die Engel deine Majestät, beten an die Herrschaften, zittern die Mächte. Die Himmel und die Kräfte der Himmel und die seligen Seraphim preisen Dich in gemeinsamem Froh - locken. Daß Du mit ihren auch un - sere Gebete des Lobes wollest zu Dir kommen lassen, stehen wir, indem wir in demütigem Bekenntnisse sprechen:

Heilig, heilig, heilig, ist der Herr Gott der Heerscharen. Voll sind Him - mel und Erde von deiner Herrlichkeit, Hosanna in der Höhe! Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe!

Vor der heiligen Wandlung.

Und ich hörte die Zahl der Bezeichneten: Hundertvierund -439 vierzigtausend Bezeichnete aus allen Stämmen der Kinder Is - raels. Nach diesem sah ich eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Spra - chen; sie standen vor dem Throne und vor dem Lamme, angethan mit weißen Kleidern und sie hat - ten Palmen in den Händen. Und sie riefen mit starker Stimme: Heil unserm Gott, der auf dem Throne sitzt und dem Lamme. Und alle Engel standen rings um den Thron und um die Aeltesten und um die vier lebenden Wesen und fielen vor dem Throne auf ihr Angesicht nieder und beteten Gott an und sprachen: Amen! Lob und Herrlichkeit und Weisheit und Dank, Ehre und Macht und Kraft sei unserm Gott in alle Ewig - keit. Amen. (Geh. Offenb. Joh. 7, 4., 9. 12.)

440

Bei der heiligen Wandlung fällt für die Augen des Glaubens der Schleier, welcher uns den Himmel verhüllt. Es naht der König der Könige, der Herr der Herrschenden, Christus, unser Gott: es naht das Lamm, welches für uns getötet worden, welches uns für Gott er - kauft hat mit seinem Blute (Off. 5, 9); Es naht, um sich für uns zu opfern und den Gläu - bigen als Speise zu geben. Dasselbe begleiten die Chöre der Engel, mit den Mächten und Herrschaften, Cherrubim und Seraphim, ihr Antlitz verhüllend und dem Herrn lobsingend: Alleluja! Alleluja! Alleluja! (Liturgie des heiligen Jakobus.)

Bereits hat uns die Kirche angeleitet, in den Lobgesang der Engel einzustimmen (beim Sanktus), jetzt bringt sie uns auch die Heiligen in Erinnerung damit nur ihre Ehrfurcht und Andacht nachahmen, und durch deren Verdienste und Fürbitten vor dem Herrn eher Wohlge - fallen und Erhörung finden.

Der Anleitung der Kirche folgend:

1. Erinnere dich nochmals der Anliegen und Personen, für welche du durch das heilige Opfer Gnade und Hilfe erlangen willst: ge - denke insbesondere des Papstes, der Bischöfe und Priester, deiner Kindern und Angehörigen, derer, für welche du zu beten schuldig bist oder versprochen hast; gedenke auch deiner eigenen Anliegen der Seele und des Leibes.

441

2. Empfiehl diese Anliegen und Bitten der seligsten Jungfrau Maria, den Aposteln und Martyrern, Bekennern und Jungfrauen, ins - besondere den Heiligen, deren Fest eben ge - feiert wird, den Landes -, Kirchen - und Namens - patronen, den Fürsprechern in besondern An - liegen, und dann bete:

Glorwürdige Jungfrau Maria, ihr alle Heiligen und Freunde Gottes, die ihr allzeit im Himmel den himmlischen Vater und das unbefleckte Lamm Got - tes anschauet, liebet und lobet und von Ihm wiedergeliebt werdet, kommet mir unwürdigem Sünder zu Hilfe, indem ihr meine Bitten und Huldigungen, ver - einigt mit eueren Verdiensten und Bit - ten, auf eueren reinen Händen dem Herrn darbringt, und mir so Gnade und Erhörung verschafft. Amen.

Bei der heiligen Wandlung.

So oft ihr dieses Brot esset und diesen Kelch trinket, sollt ihr den Tod des Herrn verkünden, bis Er kommt. (I. Kor. 11, 26.)

442

Die heilige Wandlung ist der Augenblick, in dem das Erlösungsopfer auf dem Kalvarien - berg unblutigerweise erneuert wird. Gesang und Gebet verstummen, nur das Herz soll beten, es sollen in ihm die Gesinnungen des Glaubens, der Hoffnung und Liebe, der Dank - barkeit und Neue lebendig werden, und bloß innerlich ohne Worte, oder auch mit folgenden kurzen Gebeten gegen den göttlichen Heiland ausgesprochen werden:

O Jesus, ich glaube an Dich, ich hoffe auf Dich, ich liebe Dich ich bete Dich an, ich danke Dir, ich bitte Dich um Verzeihung, ich bitte Dich um Er - barmen.

O Jesus, ich bringe dein heiliges Fleisch und Blut dem himmlischen Va - ter dar als Opfer des Lobes und der Anbetung, der Danksagung, als Ver - söhnungs - und Bittopfer.

Oder auch: O Jesus, Dir lebe ich! O Jesus, Dir sterbe ich! O Jesus, dein bin ich tot und lebendig!

O Jesus, sei mir gnädig! O Je - sus, sei mir barmherzig! O Jesus, verzeihe mir meine Sünden!

443Dich liebt, o Gott, mein ganzes Herz,
Und ist mir das der größte Schmerz,
Daß ich erzürnt, Dich, höchstes Gut,
Ach, wasche mich in deinem Blut!

Nach der heiligen Wandlung.

Wir haben einen Fürspre - cher beim Vater, Jesum Chri - stum, den Gerechten. (I. Joh. 2, 1.)

Nach der heiligen Wandlung setze die bei derselben begonnenen inneren Gebetsübungen noch eine Weile fort. Beherzige, wie der himm - lische Vater mit Wohlgefallen auf dieses reine und heilige Opfer herniederschaut, wie Er sei - nem geliebten Sohne nichts versagen kann, wie die Engel und Heiligen das Geheimnis auf dem Altare anbetend bewundern und ihre Bitten mit den unsrigen und dem Opfer Christi vereinigen. Bedenke ferner, wie für die Kirche und die Gläubigen eine Fülle von Gnade und Trost in diesem Opfer angeboten wird, wie die leidenden Seelen im Reinigungsort sehn - süchtig emporschauen und darauf warten, daß auch ihnen eine Erquickung zugewendet werde. Erwecke den Glauben an das Mittleramt Jesu Christi in diesem heiligen Opfer, fasse ein großes Vertrauen auf seine Macht und Liebe444 und lasse Ihn als Fürsprecher für dich und andere zum Vater reden.

Zunächst gedenke der Abgestorbenen, für welche du zu beten eine besondere Schuldigkeit hast, und bete dann:

Diesen, o Herr, und allen in Chri - stus Ruhenden mögest Du, so flehen wir, gnädig verleihen den Ort der Erquickung, den Lichtes und des Frie - dens. Durch denselben Christus, un - seren Herrn. Amen.

Sodann fasse noch einmal alle Bitten für dich, deine Mitchristen und die ganze Kirche zusammen, und lege sie in die Hände unseres Hohenpriesters auf dem Altare, damit Er sie dem Vater vortrage. In diesen Gesinnungen stimme ein in das Gebet, welches Christus uns selber gelehrt hat, bete dasselbe vereint mit der Kirche, vereint mit dem gegenwärtigen Erlöser, indem du voll Vertrauen zu dem himmlischen Vater ruft:

Durch heilsame Vorschriften ermun - tert und durch göttlichen Unterricht belehrt, wagen wir zu sagen: Vater unser u. s. w.

Nachher: Befreie uns, wir bitten445 Dich, o Herr, von allen Uebeln, den vergangenen, gegenwärtigen, zukünfti - gen, und durch die Fürbitte der seli - gen und glorreichen, allzeit jungfräu - lichen Gottesmutter Maria, mit dei - nen heiligen Aposteln Petrus und Paulus und Andreas und allen Hei - ligen, gib gnädig in unseren Tagen Frieden, auf daß wir durch die Hilfe deiner Barmherzigkeit unterstützt, so - wohl von Sünden immer frei, als auch vor aller Verwirrung sicher seien, durch denselben Jesus Christus, unse - ren Herrn, deinen Sohn. welcher mit Dir lebt und regiert in der Einigkeit des heiligen Geistes von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Zur Kommunion.

Herr, bleibe bei uns; denn es wird Abend, und der Tag hat sich schon geneigt. (Luk. 24, 29.)

Die seligen Augenblicke der Ge - meinschaft mit dem Himmel und dem446 Herrn des Himmels nahen schon ihrem Ende. Jesus Christus vollendet sein Opfer, die Engel und Heiligen ziehen sich zurück und setzen die Anbetung des Herrn im Himmel fort; der geöffnete Him - mel schließt sich wieder über mir, ich bleibe zurück auf dieser armseligen Erde, umgeben von Gefahren und Versuchungen, selber schwach, uner - fahren und zum Bösen geneigt. Es ist, als ob die Sonne meines geistigen Lebens untergehe und mich allein in der Nacht dieses Erdenlebens zurück - lasse, wo der reckte Weg schwer zu finden ist, und viele Feinde meiner Seele nachstellen.

Darum flehe ich mit den Jüngern im Evangelium zu meinem göttlichen Erlöser: Herr, bleibe bei mir; denn es wird Abend, und der Tag hat sich schon geneigt. Ich weiß, daß dein heiligstes Fleisch und Blut eine Nah - rung der Seele ist zum ewigen Leben. Es ist mein ernstlicher Wille, sie so447 oft zu empfangen, als es mein See - lenheil erfordert, und meine Seelen - führer es mir anempfehlen. Ich will mich jedesmal so würdig als möglich dazu vorbereiten, um Dich mit rei - nem Herzen zu empfangen und des ganzen Reichtums deiner Gnaden teil - haftig zu werden.

Jetzt bitte ich Dich, Du mögest wenigstens geistigerweise in meine Seele kommen. Kaum werde ich die Kirche verlassen haben, so nahen mir wieder Zerstreuungen, Versuchungen und Gefahren, in meinem eigenen Herzen wachen Leichtsinn und verkehrte Begierden wieder auf, und wie bald ist es geschehen, daß ich alle frommen Gesinnungen, die jetzt meine Seele er - füllen, vergesse, und Dich neuerdings beleidige! Wie leicht kann dem ersten Fehler der zweite folgen, und dann bin ich in Gefahr, von Dir und mei - nem Heile weit, sehr weit weggeführt zu werden. Wie viele irren so ab448 vom rechten Weg, ohne daß sie wieder umkehren!

Darum bitte ich Dich recht instän - dig: Herr, bleibe bei mir; denn es wird Abend. Gib mir himmlisches Licht, übernatürliche Kraft mit auf meinen Weg, komme selber in mein Herz und begleite mich auf den dun - keln Pfaden dieses Lebens in den Ver - suchungen und Gefahren, die auf mich warten, bewahre Du mich heute und die kommende Woche vor Verirrun - gen und Fehltritten, und erhalte mich in deiner Wahrheit und Gnade.

Es ist mein sehnlichster Wunsch, daß ich bei dem nächsten heiligen Opfer, an dem ich teilnehmen werde, nicht mit neuen Sünden besteckt vor Dir erscheine, sondern an Glauben und Tugend, Gottesfurcht und Frömmig - keit reicher sein möge. Und wenn einst die Stunde des letzen Abend - mahles auch für mich kommt, so sei Du meiner Seele in Wahrheit eine Weg -449 zehrung auf dem Wege in das ewige Leben.

O welches Glück, wenn ich, Dich im Herzen tragend, einst dieser Erde den Rücken kehre, in die Gemeinschaft der Engel und Heiligen, die Dich auf die Erde herabbegleiten, eintreten und mit ihnen in den Himmel eingehen kann! Darum, o Herr, bleibe bei mir und mache mich würdig, einen seligen Lebensabend zu erlangen. Amen.

Zum Segen.

Und während Er sie seg - nete, schied Er von ihnen und fuhr in den Himmel. Und sie beteten Ihn an und kehrten nach Jerusalem mit großer Freude zurück. (Luk. 24, 51.)

Das Erscheinen des göttlichen Heilandes unter seinen Jüngern nach der Auferstehung hat mit seinem Verweilen auf dem Altare viele Aehnlichkeit. Wie die Apostel beglückt Er auch uns zu bestimmten Zeiten mit seiner Gegen - wart. Wie bei der Himmelfahrt den Jüngern,450 so will Er am Schlusse der heiligen Opfer - handlung auch dir seinen Segen zurücklassen. Der Segen durch die geweihte Hand des Prie - sters hat eine große Kraft, aber die Wirkung bei dir ist abhängig von deinen andächtigen Gesinnungen, deinem Glauben und Vertrauen. Suche dieser Wirkung teilhaftig zu werden, indem du mit Andacht betest:

O mein göttlicher Heiland! Ich danke Dir von ganzem Herzen für die Ehre und das Glück der Teilnahme an deinem heiligen Opfer und für die empfangenen Gnaden. Ich möchte mit dem Patriarchen Jakob sagen: Ich entlasse Dich nicht, bevor Du mich ge - segnet hast. (I. Mos. 32, 26.)

Blicke herab auf die Vorsätze, die ich halten soll, die Schwachheiten und Verkehrtheiten, die mir anhaften, die Versuchungen, die mich bedrohen; blicke herab auf meine Kinder und Angehö - rigen, alle Mitchristen und die ganze Kirche, die deiner Gnade und Hilfe in so vielen Dingen bedürfen, gieße über uns alle aus die Fülle deines451 Segens, deiner Kraft und Stärke, da - mit wir Dir treu dienen, die Versu - chungen überwinden, die Leiden gedul - dig ertragen, deine Gnade und deinen Frieden im Herzen bewahren, und uns so alle Dinge zum besten dienen mögen.

Es segne uns der allmäch - tige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen.

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Dritte Meßandacht.

In derselben wird besonders auf die Anliegen der christlichen Familie Bezug genommen.

Vorbereitung.

Vater, die Stunde ist gekom - men, verherrliche deinen Sohn, damit dein Sohn Dich verherrliche, so wie Du Ihm die Macht gegeben hast über alles Fleisch, damit Er allen, die Du Ihm gegeben hast, das ewige Leben gebe. (Joh. 17, 1. 2.)

Göttlicher Heiland Jesus Christus! Du hast am Kreuze dein Blut ver - gossen und den bittersten Tod erdul - det, um die unsterblichen Seelen von dem ewigen Verderben zu erretten. Die gleiche unendliche Liebe hat Dich bewogen, das heilige Opfer der Messe453 einzusetzen und in demselben zum Heile der Menschen das blutige Opfer am Kreuze in unblutiger Weise zu erneuern. Ich gedenke nun diesem heiligen Opfer mit möglichster An - dacht beizuwohnen, und möchte an demselben teilnehmen mit den nämli - chen Gesinnungen, in welchen Du selber es dem himmlischen Vater dar - bringst. Ich will mit demselben:

1. Das Andenken deines Leidens und Sterbens feiern;

2. Gott, dem Vater, die höchste Verehrung und Anbetung erweisen;

3. Dank sagen für das Glück des wahren Glaubens und alle Wohltha - ten des Christentums;

4. Genugthuung leisten für den Undank, die Nachlässigkeit und den Mißbrauch, wodurch die Menschen sich dieser größten Gnadengaben unwürdig machen;

5. bitten und flehen, daß alle Menschen zur Erkenntnis der Wahr -454 heit gelangen und selig werden, daß insbesondere meine Angehörigen zum ewigen Leben geführt werden.

Zum Staffelgebet.

Von meinen verborgenen Sünden reinige mich und der fremden wegen schone deines Dieners. (Ps. 18, 14.)

Mit jedem Worte und mit jeder Handlung kann ich einzelne oder viele erbauen oder ärgern; eine Pflichtver - säumnis oder ein Aergernis von mei - ner Seite kann für eine jugendliche Seele den Ausschlag zu ihrem Ver - derben geben. Solche Sünden werden oft gering geachtet oder schnell vergessen, und doch werden sie von Gott so hoch angerechnet und strenge bestraft.

Ueberlege, ob du die Mutterpflichten oder ähnliche Verpflichtungen in Bezug auf das Seelenheil anderer vernachlässiget habest, ob andere schon durch dich geärgert worden, ob irgendwie schon eine Seele durch dich Schaden gelitten habe. Prüfe deine Worte und Hand -455 lungen in diesem Punkte genau, und dann bete:

Von meinen verborgenen Sünden reinige mich, und der fremden wegen schone deines Dieners. Ich zittere bei dem Gedanken, ich könnte einer Seele, für die Du, o mein Heiland, dein kost - bares Blut vergossen hast, durch Saum - seligkeit oder Aergernis Schaden zu - gefügt haben. Wie würde ich beim Gerichte dastehen, wenn eine einzige Seele unter den Verworfenen mich anklagen würde, daß ich ihr Unglück mitverschuldet habe! Ja, eine einzige fremde Sünde, die verborgen und un - gesühnt geblieben, könnte mir verhäng - nisvoll werden. Darum bereue ich von Herzen alles, was ich bewußt oder un - bewußt gegen das Seelenheil anderer gefehlt habe, ich will mich vor allen Sünden dieser Art gewissenhaft hüten. Ich bitte Dich, Du wollest mir alle begangenen Sünden verzeihen, mich vor künftigen bewahren und den Scha -456 den, welchen ich unsterblichen Seelen zugefügt habe, durch die wunderbare Wirksamkeit deiner Gnade wieder gut machen und heilen. Amen.

Zum Eingang und Kyrie.

Zukomme uns dein Reich. Matth. 6, 10.) Laß deine Kirche über die ganze Erde sich ausbreiten, laß deine Gnade und Wahrheit alle Her - zen in Besitz nehmen und regieren, auf daß alle Dich erkennen, Dir die - nen und ewig selig werden.

Herr, erbarme Dich unser! Himm - lischer Vater, von dem alle Vaterschaft herkömmt, erbarme Dich der Eltern, gib ihnen Einsicht und Kraft, ihre schweren Pflichten so zu erfüllen, daß sie einst ihre Verantwortung gut bestehen und mit ihren Kindern ewig selig werden.

Christus, erbarme Dich unser! Göttlicher Heiland, Hoherpriester des neuen Bundes, von dem alle Priester - gewalt herstammt, sende Arbeiter in457 deine Ernte, die eifrig deine Lehre verkünden, würdig deine Gnaden spen - den, und in deiner Kraft dein Reich auf Erden forterhalten und ausbreiten.

Herr, erbarme Dich unser! Hei - liger Geist, Geist der Wahrheit und der Liebe, erwecke in allen, die etwas für das Reich Gottes thun können, den Eifer der Heiligen, welcher aus freiwilliger Liebe arbeitet und opfert, um Seelen für den Himmel zu ge - winnen.

Zum Gloria.

Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede den Menschen auf Erden, die eines guten Willens sind. (Luk. 2, 14.)

Dieser Lobgesang der Engel macht in dem Opfer der heiligen Messe Tag für Tag seinen Gang um den Erdkreis.

Möge er auch überall seinen Wie - derhall finden in allen katholischen458 Herzen und in allen katholischen Fa - milien in dem andächtigen Morgen - gebete, welches sie zum Himmel sen - den, und in der Teilnahme am hei - ligen Opfer, soweit diese möglich ist.

Mögen am Sonntage alle Gläu - bigen miteinstimmen in dieses Loblied, indem sie den Tag des Herrn gewis - senhaft heiligen und dem Herrn in seinem heiligen Tempel die schuldige Ehre erweisen!

Möge dafür in alle andächtigen Herren und in alle frommen Familien der Friede Gottes herniedersteigen, und der Segen des Allmächtigen für Leib und Seele ihnen zu teil werden!

Zum Kirchengebet.

Ich ermahne vor allen Din - gen, daß Bitten, Gebete, Für - bitten und Danksagungen ge - schehen für alle Menschen, für Könige und alle Obrigkeiten, da - mit wir ein ruhiges und stilles459 Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. Denn dieses ist gut und wohl - gefällig vor Gott, unserem Hei - land, welcher will, daß alle Menschen selig werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelan - gen. (I. Tim. 2, 1. 4.)

Diese Mahnung befolgend, welche Du uns durch deinen Apostel gege - ben hast, rufen wir zu Dir: Blicke herab auf die unsterblichen Seelen, welche Du mit deinem kostbaren Blute erlöst hast: siehe an die Gefahren, welche ihr Heil bedrohen, und komme ihnen zu Hilfe mit deiner Gnade.

Du willst, daß die Gläubigen bei diesem Werke der Rettung der Seelen mitwirken. Darum erneuere in ihnen den Geist des Glaubens und der Liebe, damit die dafür Berufenen mit ihren Arbeiten das Seelenheil ihrer Mit - menschen fördern, und alle andern in eifrigem und beharrlichem Gebete die460 Gnaden vom Himmel herabziehen, welche Du für die Rettung aller in Bereitschaft hast, und den Seelen durch das Mittel des Gebetes zukommen lassen willst. Du willst ja, daß alle Menschen selig werden, darum gib uns selber Anregung und Eifer, das zu thun, was dafür durch uns ge - schehen soll.

Zur Epistel.

Ein Säemann ging aus, sei - nen Samen zu säen. Der Same ist das Wort Gottes. (Luk. 8, 5. 11.)

Wie auf dem Ackerfelde Ernte auf Ernte folgt, so folgen sich die Ge - schlechter der Menschen im Laufe der Jahrhunderte. Und Du, o göttlicher Heiland, bist der himmlische Säemann. indem Du in die Herzen jedes neuen Geschlechtes den Samen deiner göttli - chen Lehre streuest und so dein Reich auf Erden forterhältst. Als Mittel461 hiefür gebrauchst Du den christlichen Unterricht der Jugend.

Du weißt, wie schwer es in unse - ren Tagen geworden ist, diesen Unter - richt mit gutem Erfolge zu erteilen, die Kinder in deine Wahrheit einzu - führen, im Glauben zu befestigen, sie zum Leben nach dem Glauben anzu - leiten. Bei gar vielen stirbt der aus - gestreute Samen nach kurzer Blüte wieder ab und bringt keine Frucht.

Aber doch sind diese unschuldigen Kinderseelen noch kein ausgetretener Weg, kein dorniger oder felsiger Bo - den, sondern edles Erdreich, welches der heilige Geist selber mit seiner Gnade durchdrungen und fruchtbar gemacht hat. Darum kann und soll der Same deines Wortes in ihnen Wurzel fassen und erstarken, daß er in den nachher kommenden Anfechtun - gen nicht zu Grunde gehe.

Wir bitten Dich, erbarme Dich dieser Seelen, die Dir selber so teuer462 sind, und erfülle die Seelsorger und Eltern und alle, welche ihnen helfen können und sollen, mit Einsicht und Eifer, die christliche Jugend nach dei - nen Absichten zu unterrichten und zu erziehen, unterstütze ihre Bemühungen mit deiner Gnade, so daß mitten in einer bösen Welt ein Geschlecht heran - wachse, welches den heiligen Glauben treu bewahrt und Dir dient in aller Gottesfurcht und Frömmigkeit. Amen.

Zum Evangelium.

Als aber die Leute schliefen, kam der Feind und säete Unkraut mitten unter den Weizen. (Matth. 13, 25.)

O göttlicher Heiland! Wohl wird der Same deiner göttlichen Lehre durch deine Kirche ausgestreut, aber auch der Same des Unkrautes wird in Wort und Schrift so thätig verbreitet, wie noch nie, so lange dein Reich auf Erden besteht. Unzählige lassen sich463 dadurch bethören, werden schwach im Glauben, oder fallen gänzlich, ab, und dieses Elend droht sich auf ihre Kin - der und Kindeskinder fortzupflanzen.

Du lassest nach deinen geheimnis - vollen Ratschlüssen Weizen und Un - kraut nebeneinander wachsen bis zur Zeit der Ernte, aber Du hast doch Wehe ausgerufen über alle, welche Aergernisse verschulden, und willst, daß wir sie zu verhindern suchen. Darum halte Du jene vom Schlafe ab, welche über die Familien und Gemeinden wachen sollen, damit der Feind nicht Unkraut säen kann. Lehre alle Gläu - bigen für sich, und alle Väter und Mütter für die ihnen Anvertrauten besorgt sein, daß keine Aergernisse de - ren Glauben oder Tugend Schaden bringen. Erfülle uns alle mit jenem lebendigen Glauben und jenem heili - ligen Tugendeifer, welcher die ersten Christen befähigt hat, mitten unter der Verderbtheit des Heidentums ein464 reines und heiliges Leben zu führen und Dir bis in den Tod treu zu bleiben.

Zum Credo.

Das ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glaube. (I. Joh. 5, 4.)

Die Apostel, so wenige ihrer wa - ren, haben im Glauben die Welt er - obert; die Martyrer haben alle feind - lichen Mächte besiegt durch den Glau - ben; die Kirche hat seit bald zweitau - send Jahren alle ihre Feinde über - wunden durch den Glauben ihrer Die - ner und Bekenner. Darum sollen auch wir uns dieser weltüberwinden - den Macht des Glaubens bedienen. Mögen unser viele oder wenige sein, wenn wir glauben und den Glauben in Wort und That bekennen, so wird er auch in uns die Welt überwin - den. Wir wollen mit Dank gegen Gott, der uns zum Glauben berufen465 hat, vor Jesus Christus, unserem Heer - führer, vor den Aposteln und Marty - rern, unseren glorreichen Vorbildern, vor den Glaubensboten, die uns den wahren Glauben gebracht haben, vor unseren frommen Vorvätern, die ihn treu bewahrt und uns überliefert haben, und vor der Welt, die uns dafür ver - spotten mag, unser Bekenntnis des Glaubens ablegen, indem wir sagen: Ich glaube u. s. w.

Zur Opferung.

Ich ersetze an meinem Flei - sche, was an den Leiden Christi für seinen Leib, welcher die Kirche ist, mangelt. (Kol. 1, 24.)

Göttlicher Heiland, Jesus Christus! Als Du am Kreuze ausriefest: Es ist vollbracht! war die ungeheure Schuld der Menschheit durch dein unendlich kostbares Opfer gesühnt, und wir Men - schen können dem Werte dieses deines Opfers nichts hinzufügen. Aber wie466 Du es auf dem Altare erneuerst, um uns desselben teilhaftig zu machen, so sollen wir Menschen es nachahmen, um für diese Teilnahme würdig und fähig zu werden. Wir sollen aus Liebe zu Dir die bösen Begierden über - winden, die Leiden dieses Lebens ge - duldig ertragen, und so geistigerweise mit Dir gekreuziget werden.

Verleihe uns allen die Gnade, Dir auf dem Wege der Selbstverleugnung und des Kreuzes getreu nachzufolgen. Erbarme Dich insbesondere unserer jungen Christen, welchen Ueberwindung und Selbstbeherrschung zu ihrem Heile so notwendig sind. Siehe an, wie Unzählige von der Welt zum Leicht - sinn, zur Weichlichkeit und zur Genuß - sucht verführt werden und darin zu Grunde gehen. Um deines für sie vergossenen Blutes willen bitten wir Dich, erneuere in ihnen den Geist, mit dem Du die Kinder der Marty - rer gelehrt hast, Welt, Fleisch und467 Satan zu überwinden. Lehre sie, ihre eiteln Begierden zu opfern, um bei Dir die wahren und beseligenden - ter und Freuden zu finden.

Dein Diener Paulus hat seine Arbeiten und Leiden nicht nur für sich, sondern für die Wohlfahrt der Kirche aufgeopfert, und es ist nur billig und recht, daß ich sein Beispiel wenigstens im kleinen nachahme.

Hier überlege, ob du durch persönliche Be - mühungen, oder durch Beiträge, oder wenig - stens durch Gebet etwas für das Seelenheil anderer thun kannst und willst. Nimm dir etwas Bestimmtes vor, was du hiefür thun oder opfern willst, und bete:

Dieses kleine Opfer bringe ich Dir dar in dem Geiste, in welchem der heilige Paulus seine Kräfte und sein Leben in deinem Dienste geopfert hat. Ich lege es als Scherflein meiner Ar - mut auf den Altar und bitte Dich, daß Du es gnädig aufnehmen, mit deinem Opfer vereinigen und zur För -468 derung deines Reiches segnen mögest. Amen.

Zur Präfation und Sanktus.

Dank sei Gott für seine un - aussprechliche Gabe. (II. Kor. 9, 15.)

Diese unaussprechliche Gabe bist Du selber, o mein Heiland, mit dei - nem heiligen Opfer, deinen himmli - schen Lehre, dem Reichtum deiner Gna - den und Verdienste. Ewiger Dank sei Dir, daß Du uns Unwürdige zu Kindern der katholischen Kirche beru - fen hast, daß Du uns zur Teilnahme an deinem Opfer und allen Gnaden - mitteln so liebevoll einladest und es uns so leicht gemacht hast, mit den - selben das Heil unserer Seele zu er - langen und zu sichern.

Seit in diesem Lande das erste Kreuz aufgerichtet, das erste Opfer dargebracht wurde, ist jedes geweihte Gotteshaus eine reichlich fließende Quelle lebendigen Wassers für alle469 heilsbedürftigen Seelen. Wie viel Gnade und Heil haben unsere from - men Vorväter in einer langen Reihe von Geschlechtern darin gefunden, und wie viel wird auch uns angeboten! O daß doch alle diese unaussprechliche Gabe recht hochschätzen und benützen möchten! Wir haben allen Grund, mit den Gesinnungen herzlicher Dank - barkeit zu wiederholen, was man schon vor tausend Jahren am Grabe des heiligen Gallus gesungen hat:

Wahrhaftig billig und recht, wür - dig und heilsam ist es, Dir immer und überall Dank zu sagen, allmäch - tiger, ewiger Gott, und insbesondere Dich zu bitten, daß Du uns die Gnade verleihest, der Lehre getreu zu folgen, die der heilige Gallus, durch sein Wort verkündet und durch sein Leben erfüllt hat, damit wir durch sein Beispiel und seine Verdienste bei deiner Barm - herzigkeit Hilfe erlangen mögen, durch Christus, unseren Herrn. Amen.

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Vor der Wandlung.

Es wird kommen der Herr, mein Gott, und alle Heiligen mit Ihm. (Zach. 14, 5.)

Einst wirst Du, o Herr, mit dei - nen Heiligen herniedersteigen, den Lohn zu geben deinen Knechten, den Propheten und den Heiligen, und de - nen, die deinen Namen fürchten, den Kleinen und Großen und auszurotten die, welche die Erde verderbt haben. (Offenb. 11, 18.) Jetzt kommst Du auf unsere Altäre herab als das Lamm Gottes, welches hinwegnimmt die Sün - den der Welt, und deine Heiligen be - gleiten Dich, um zu ersetzen, was an unserer Anbetung und an unserem Flehen mangelhaft ist.

O liebevoller Erlöser, der Du Dich neuerdings für uns opfern willst, o ihr glücklichen Himmelsbewohner, die ihr in ungetrübter Sicherheit euch freuet und dem Herrn Lob singet,471 werfet einen Blick des Mitleids auf uns armselige Menschenkinder in die - sem Jammerthale. Viele von uns seufzen in Armut, Krankheiten und an - derem Elend, oder ringen mit dem Tode; auf Unzähligen lastet noch viel schlimmeres geistiges Elend, sie liegen gefangen in den Fesseln des Irrtums, des Lasters, ihrer eigenen Verblen - dung; viele, die jetzt noch fromm und unschuldig sind, werden durch die Arg - list der Welt und ihren eigenen Leicht - sinn bald in das gleiche Elend hin - eingeraten. Wie viele, die deinen Namen tragen, sind lau, gleichgültig und pflichtvergessen gegen Dich und ihre eigene Seele! Und jene, welche Dich nicht verlassen, wie schwach und unvollkommen sind sie, wie selten sind die Liebe und der Opfergeist für deine heilige Sache, wie vieles wird ver - säumt, was für die Rettung der See - len, geschehen könnte und sollte!

In dem heiligen Opfer auf dem472 Altare wird die Heilquelle zur Heil - ung all unserer Uebel geöffnet, aber gerade diese Uebel machen uns des dargebotenen Heiles unwürdig. Da - rum wenden wir uns an euch, ihr Seligen des Himmels, die ihr Freunde Christi und auch unsere Freunde seid. Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns arme Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Absterbens. Hei - lige Engel, heiliger Joseph, ihr heili - gen Landes - und Kirchenpatrone, ihr seligen Vorfahren, helfet uns den Herrn des Himmels verherrlichen, traget Ihm für uns unsere Bitten und Anliegen vor, damit wir durch euere Vermittlung an diesem Opfer würdig teilnehmen, und damit durch dasselbe Gnade und Segen über uns kommen mögen. Amen.

Bei der Wandlung.

Erwecke den Glauben, daß der Heiland das gleiche Opfer auf dem Altare erneuert,473 welches Er am Kreuze vollbracht hat. Opfere es mit Christus dem himmlischen Vater aus zur Anbetung zur Danksagung, zur Genug - thuung und als Bittopfer. Erwecke ein leben - diges Verlangen, daß die unendlichen Gnaden dieses heiligen Opfers dir und allen Menschen zu gute kommen mögen.

Nach der Wandlung.

Versetze dich im Geiste auf den Kalvarien - berg und betrachte die Personen, welche mit heiligen und heilsamen Gesinnungen Zeugen vom Leiden und Tode des Heilandes waren. Sie sind Vorbilder für unser Verhalten bei der unblutigen Erneuerung des Kreuzopfers und zugleich Stellvertreter der Menschenklassen, deren wir in der heiligen Messe gedenken sollen. Sie werden hier angeführt, nicht damit du dich mit allen in einer Messe, sondern unter Berücksichtigung der besonderen Anliegen und Bedürfnisse abwechselnd beschäftigest. Darum lies und beherzige bei jeder heiligen Messe nur einen oder zwei der nachfolgenden Punkte.

1. Der heidnische Hauptmann ist bei dem Tode des Heilandes gläubig geworden und rief aus: Wahrlich, dieser Mensch war Gottes Sohn. (Matth. 27, 54.) Er gelangte zum Glau - ben, wo die Pharisäer, die doch ungleich besser unterrichtet waren, nur verstockter wurden. Er474 ist beim Kreuze der Stellvertreter jener, die zwar irren, aber ohne ihr Verschulden und mit einem Herzen, das empfänglich ist für die Wahrheit. Solcher giebt es unter den Christen und Nichtchristen eine große Zahl, und diese empfehle nun im allgemeinen oder einzelne unter ihnen besonders dem Herrn an und bitte, daß sie von der Barmherzigkeit Gottes kraft der Verdienste und des Opfers Jesu Christi durch äußere Belehrung und innere Erleuch - tung, wie der Hauptmann, zur Erkenntnis der Wahrheit geführt werden. Bete dafür ein oder mehrere Vater unser, wie es die Zeit erlaubt.

2. Von den zwei Schächern stirbt der eine unbußfertig, der andere bekehrt sich und wird gerettet. Bewundere die Barmherzigkeit Gottes und die wunderbaren Wege seiner Gnade, aber zittere auch bei dem Gedanken, wie der Mensch seinem Heile ganz nahe, doch durch seine eigene Schuld verloren gehen kann, und umgekehrt oft am Rande des Verderbens noch Rettung findet. Auch du kannst mithelfen, daß Sünder durch Gottes Barmherzigkeit auf den Weg des Heiles geführt werden und daß den Sterbenden die Gnade eines glückseligen Todes zu teil wird. Opfere das Leiden und das Blut des Erlösers auf zum Heile der jetzt Sterben - den und der geistig Toten, der Sünder, damit beide das ewige Leben erlangen. Bete dafür ein oder mehrere Vater unser.

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3. Den Fuß des Kreuzes umfaßt die Büßerin Magdalena. Obschon ihre Sün - den schon vergeben sind, ist sie durchdrungen vom Schmerze der Liebesreue und von Dank - barkeit und Mitleiden gegen ihren Erlöser am Kreuze. Alle Christen sollten von diesen Ge - sinnungen gegen den Heiland erfüllt sein Aber auch unter den Gläubigen fehlt vielfach der Abscheu vor der Sünde, der wahre Bußgeist, die Liebe und Dankbarkeit gegen den Heiland. Sie wollen mir der Hölle entrinnen und sorgen auch dafür noch nachlässig genug. Darum ist auch ihr Gebet so lau, ihr Leben so fehlerhaft, ihre Reue so kalt, ihre Besserung so selten, ihr Heil so gefährdet. Bringe dem Herrn das Opfer auf dem Altare dar, um bußfertige Ge - sinnungen und dankbare Liebe gegen Christus für dich und alle Mitchristen zu erlangen. Bete dafür wie oben.

4. Die Gerechten in der Vorhölle warteten mit Sehnsucht auf die Vollendung des Opfers auf dem Kalvarienberge, und so - bald es vollbracht war, stieg der Erlöser zu ihnen herab, um ihnen die Erlösung anzu - künden. Auch jetzt warten die armen Seelen mit großem Verlangen darauf, ob ihnen je - mand von dem Opfer auf dem Altare Trost und Erquickung zuwenden wolle. Mit ein wenig Liebe kannst du ihnen viel Hilfe bringen, die sie dir im Himmel reichlich wieder ver -476 gelten werden. Opfere die heilige Messe für sie als Opfer der Genugthuung auf, besonders für jene, welchen du zu helfen schuldig bist, und bete wie oben.

5. Der heilige Johannes ist der ein - zige unter den Aposteln, der es wagte, seinen göttlichen Meister auf den Kalvarienberg zu begleiten und Zeuge seines Todes zu sein. Es war seine Liebe, die ihm diesen Mut verlieh: diese Liebe wurde in ihm so stark und mutig, als er beim letzten Abendmahle an der Brust des Herrn ruhte, unter dem Kreuze hat sie neue Stärkung gefunden, und so ist er der Apostel der Liebe geworden.

Altar und Kreuz sind die Stätten, wo die Flamme der heiligen Liebe, der Liebe zu Christus und zu den unsterblichen Seelen ent - flammt werden muß. Würden alle, die noch Glauben haben, dort von Liebe und Seelen - eifer sich entflammen lassen, die Welt würde bald anders und besser werden. Bitte den Herrn durch den heiligen Johannes, durch alle seine Nachahmer im Eifer der Liebe, durch das Opfer auf dem Altare, er möge in dir und allen Mitchristen die Liebe Christi und den Eifer der Seelen entflammen, damit alle mit Freuden die Opfer bringen, welche die Ehre Gottes und das Heil der Seelen erfordern. Bete dafür wie oben.

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6. Die göttliche Mutter Maria hat bei dem Leiden ihres Sohnes am schmerzlichsten mitgelitten und ist so die schmerzhafte Mutter, aber zugleich auch unsere Mutter geworden.

Bitten wir sie zunächst für uns selber um einen Funken ihrer Liebe zu ihrem göttlichen Sohne und zu ihren armseligen Kindern auf Erden.

Suchen wir durch ihre milde Fürsprache bei ihrem Sohne für unsere Bitten und An - liegen Erhörung zu erlangen.

Empfehlen wir ihr insbesondere vertrauens - voll jene Anliegen und Personen, bei welchen die Hoffnung auf Rettung, menschlicherweise angesehen sehr gering ist. Denn sie ist die Mutter der Barmherzigkeit, des Lebens Süßig - keit und unsere Hoffnung. Bete wie oben.

Zur Kommunion.

Du sendest deinen Geist, und sie werden geschaffen, und Du erneuerst das Angesicht der Erde. (Ps. 103, 30.)

Göttlicher Heiland, Jesus Chri - stus! Als Du bei der Himmel - fahrt deine Apostel allein zurückließest, hast Du ihnen deinen heiligen Geist478 versprochen und gesendet. Die trost - reichen Augenblicke, in denen Du als unser Hoherpriester und als unser Opfer auf dem Altare weilest, nahen nun auch ihrem Ende, und wir bitten Dich recht inständig, daß Du den heiligen Geist, der Eins ist mit Dir und dem Vater, auch in unsere Herzen senden wollest.

Sende deinen Geist den Hirten und Dienern deiner Kirche, auf daß sie mit der Erleuchtung und dem Eifer der Apostel dein Wort verkünden, deine Gnade spenden, deine Schafe führen und leiten, und daß so durch sie dein Reich auf Erden sich überall ausbreite und über alle Feinde trium - phiere.

Sende deinen Geist den Eltern, damit sie ihre Kinder erziehen für die Erkenntnis und Liebe Gottes, für das ewige Leben im Himmel, damit so die jungen Christen die Gefahren ihres Heiles in dieser bösen Welt glücklich überwinden.

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Sende deinen Geist aus und er - leuchte und entflamme durch denselben recht viele Herzen, daß sie nach ihren Kräften in den Gesinnungen freiwil - liger Liebe dein Reich ausbreiten und das Heil vieler unsterblichen Seelen befördern.

Sende deinen Geist in die Herzen der christlichen Jugend, damit Er sie erhalte in deiner Wahrheit, sie erfülle mit Gottesfurcht und Frömmigkeit und ihr helfe, Welt, Fleisch und Sa - tan zu besiegen.

Sende deinen Geist uns armen Sündern insgesamt, besonders allen Irrenden und Ungläubigen. So viel Unordnung und Armseligkeit und Elend an uns armen Geschöpfen ist, sende deinen Geist aus, und die Herzen wer - den neu geschaffen, und das Angesicht der Erde wird erneuert werden.

Sende deinen Geist aus über alles Fleisch, damit am großen Auferste - hungstage, wenn unsere Gebeine vom480 Geiste neu belebt werden, wir uns er - heben als Tempel des heiligen Geistes, um Dich mit allen Heiligen anzu - schauen und zu loben in Ewigkeit. Amen.

Zum Segen.

Der Herr segnet alle, die Ihn fürchten, Kleine und Große. Der Herr wird euch noch mehr segnen, euch und euere Kinder. Gesegnet seid ihr von dem Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat. (Ps. 113, 21. 23.)

Gieße, o Herr, durch die Hand des Priesters deinen Segen aus über uns und unsere Angehörigen, über die ganze Gemeinde. Segne unsere guten Vorsätze und Absichten, segne die Anstrengungen und Mühen aller derer, welche an dem Heile der Seelen arbeiten. Dein Segen begleite uns alle diesen ganzen Tag, damit wir die Sünde meiden, mit gutem Erfolg ar -481 beiten, an Tugenden und Verdiensten reicher werden, bis wir wieder vor Dir erscheinen, neuen und noch größeren Segens würdig werden. Mögen wir alle einst auch am Gerichtstage zu den Gesegneten deines Vaters gezählt und in den Himmel aufgenommen wer - den. Darum bitten wir Dich, dar - nach streben wir, darauf hoffen wir durch deine großen Verdienste und deine unendliche Barmherzigkeit.

Es segne uns der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der heilige Geist. Amen.

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Bußandacht.

1. Vorbereitungsgebet.

Versetze dich in die Gegenwart Gottes, er - wecke den Glauben an Gericht und Ewigkeit, erinnere dich im allgemeinen an deine Sündenschuld, an die Barmherzigkeit Gottes, die sich im heiligen Bußsakrament offenbart, an dein Bedürfnis nach der Gnade des heiligen Geistes und bete dann demütig und vertrauensvoll:

O barmherziger Gott, ich sage Dir Dank aus dem Grunde meines Her - zens, daß Du mich nicht wegen mei - ner großen Nachlässigkeit in noch grö - ßere Sünden hast fallen lassen, und mich in diesem elenden Zustande mei - ner Seele nicht aus diesem Leben ab - gerufen hast; wenn ich auch bisher sehr undankbar gegen Dich war, nehme ich483 mir nunmehr fest vor, eingedenk dei - ner vielen und großen Wohlthaten Dich zu loben und zu preisen und Dir treu zu dienen.

Erleuchte mich, o Herr, der Du alle meine Wege kennst, und meine Fußtritte beobachtest. Komme, o wahres Licht, vertreibe die Finsternis aus meinem Herzen, damit ich erkenne, was Dir an mir mißfällig ist, und alle meine Sünden mit zerknirschtem Herzen beweine, recht beichte, und mich ernstlich bessern möge.

Nimm mein Bekenntnis gnädig auf, und sei mir gnädig, gütigster Herr Jesu Christe, den ich Sünder nicht einmal zu nennen würdig bin, da ich Dich so schwer und oft belei - diget habe durch meine Schuld, meine Schuld, meine größte Schuld. Ich werfe mich flehentlich vor Dir nieder, o unendliche Güte, ganz verwirrt und beschämt, und wage nicht mein Ange - sicht zu Dir zu erheben, denn meiner484 Sünden sind viele geworden und lie - gen auf meiner Seele als eine drük - kende Last. Aber Du, barmherzigster Jesu, sei nur armen Sünder gnädig. Züchtige mich nicht in deinem Grimm, o Herr, und verwirf mich nicht vor deinem Angesicht, o guter Jesu, der Du gesagt hast: Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe. Nimm mich wieder auf, da ich Buße thue und reumütig zu Dir zurückkehre. Du bist mein Erlöser, Du mein Gott, und ich dein Diener, wenn auch bisher ein böser, ein unwürdiger und sündhafter. Aber verschone mich, o guter Jesu, der Du am Kreuze gestorben bist, um die Sünder selig zu machen. Wohin soll ich fliehen, außer zu Dir, meine Hoff - nung und mein Heil? Wenn Du mich verstoßest, wer wird mich auf - nehmen, welchen Helfer kann ich noch aufsuchen? Erbarme Dich meiner, gütigster Herr, und verschmähe nicht485 das zerknirschte und gedemütigte Herz deiner Dienerin. Verleihe mir eine wahre und vollkommene Reue über meine Sünden, daß ich sie mit tiefem Seelenschmerz verabscheue. Sende, barm - herzigster Gott, um der Verdienste der unbefleckten Jungfrau Maria und al - ler Heiligen willen, dein Licht in meine Seele, daß es mir alle Fehler offen - bare, welche ich bereuen und beichten soll. Stehe mir bei mit deiner Gnade, daß ich sie vollständig, demütig und mit wahrem Reueschmerz dem Priester, deinem Stellvertreter, anzeige, und eine vollkommene Vergebung aller Sünden von deiner unendlichen Güte erlangen möge.

O mildeste Jungfrau, liebenswür - digste Mutter Jesu Christi, meines Erlösers, habe Mitleid mit mir, und bitte für mich bei Jesus, deinem Sohne, meinem Herrn. Erbitte mir Ver - zeihung der Sünden, Besserung des Lebens, die Rettung meiner Seele.

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Auch euch flehe ich darum au, heiliger Schutzengel, ihr heiligen Patrone, ihr Vorbilder in der wahren Buße, hl. Petrus, hl. Magdalena, alle Heiligen Gottes insgesamt. Bittet für mich armen Sünder, der ich jetzt Buße thun, meine Sünden bekennen und mich bes - sern will.

Erlaubt es die Zeit, so bete noch einige Vater unser mit Rücksicht auf jene Fehler, die besonders schwer auf deinem Gewissen lasten, oder welche du zunächst bereuen und bessern sollst.

2. Gewissenserforschung.

Personen, welche täglich das Gewissen er - forschen und öfters beichten, brauchen für die Vorbereitung zur Beicht keinen sogenannten Beichtspiegel. Die Erforschung wird ihnen viel weniger Mühe machen, als Reue und Vorsatz. Ueberhaupt sollte jeder wohlunterrichtete Christ sich auf die schweren Sünden leicht besinnen können. Aber viele lassen sich auch bei der heiligsten Handlung und in Sachen ihres eige - nen Seelenheiles von der Lauheit und dem Lichtsinn so sehr beherrschen, daß leider eine Unzahl von schweren Sünden nicht recht oder gar nicht erforscht und infolgedessen auch nicht487 gebeichtet wird. Für solche, die seltener beichten, ist es darum ratsam, dann und wann nach - folgenden Beichtspiegel zu durchgehen. Bei der Unterscheidung zwischen läßlichen und Tod - sünden kommt vieles auf die jedesmaligen Um - stände an. Die Sünden, welche in der Regel als schwere anzusehen sind, oder die oft vor - kommen, und welche doch nicht selten über - sehen werden, sind durch größeren Druck unter - schieden.

Gegen das erste Gebot Gottes.

Hast du dein Morgen -, Abend - und Tischgebet unandächtig verrichtet? oder unter - lassen? warum? wie oft ungefähr?

Hast du bei dem Empfange der heiligen Sakramente nie mit Wissen und Willen Fehler begangen?

Hast du Glaubenszweifel frei - willig unterhalten? über welche Lehren? oder versäumt, dir Belehrung zu verschaffen? Hast du glaubenswidrige Schriften und Blätter gelesen? andern zum Lesen gegeben? auch jungen Leuten? Hast du solche Gesellschaften besucht? solche Unterhaltungen freiwillig angehört, selbst dabei mitgeholfen?

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Hast du abergläubischen Dingen, Wahr - sagen u. dgl., Glauben geschenkt? andere dazu veranlaßt?

Gegen das zweite Gebot Gottes.

Hast du heilige Namen unehrerbietig oder unnütz ausgesprochen? dieselben aus Zorn und Ungeduld zum Fluchen miß - braucht? ist das eine Gewohnheitssünde?

Hast du unnütz oder falsch ge - schworen? in welcher Absicht?

Hast du bei widrigen Ereignissen wider Gott gemurrt? Hast du über heilige Dinge gespottet? die Uebun - gen der Frömmigkeit lächerlich ge - macht?

Hast du Gott etwas versprochen und es nicht gehalten?

Gegen das dritte Gebot Gottes und das erste und zweite Kirchengebot.

Hast du an Sonn - und Feiertagen ohne Not und rechtmäßige Erlaubnis gearbeitet? auch andere arbeiten lassen? Wie oft?

Hast du an diesen Tagen aus eige - ner Schuld die heilige Messe nicht an -489 gehört? andere ohne Not daran gehin - dert? sie mutwillig zum Wegbleiben verleitet? Wie oft? hast du die Predig: und Christenlehre fleißig angehört? Auch die Untergebenen dazu angehalten?

Wie hast du dich in der Kirche be - tragen?

Wie hast du die übrige Zeit an Sonn - und Feiertagen zugebracht?

Gegen das vierte Gebot Gottes.

Bist du als Kind gegen die Eltern ungehorsam und trotzig gewesen?

Hast du sie verspottet, Böses über sie ausgesagt, sie schwer beleidiget, ihnen den Tod gewünscht?

Hast du sie im Alter unehrerbietig be - handelt, ihre Ermahnungen verachtet, sie in der Not nicht unterstützt?

Hast du als Dienstbote oder Arbeiter deine Pflichten gegen die Herrschaften ge - wissenhaft erfüllt?

Wie hast du dich gegen ältere Leute benommen?

Hast du dich gegen geistliche oder welt - liche Obere durch Ungehorsam oder Unehr - erbietigkeit verfehlt?

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Wie hast du als Vater oder Mutter deine Pflichten erfüllt?

Hast du nie notwendige Mahnungen und Strafen versäumt? nie die Kinder durch Worte oder Handlungen geärgert? führst du die notwendige Aussicht über Kinder und Dienstboten in Bezug auf den Kirchenbesuch, ihren Wandel im Hause und außer dem Hause, bei Tag und bei Nacht?

Hast du Zurechtweisungen und Mah - nungen gegeben, wie es deine Pflicht war?

Gegen das fünfte Gebot Gottes.

Hast du Haft gegen andere ge - tragen? die Aussöhnung verweigert? in dieser Stimmung die heiligen Sakramente empfangen?

Hast du andern den Tod, oder sonst etwas Uebles gewünscht? dich über ihr Unglück gefreut, sie um ihr Glück beneidet?

Hast du Streit und Zank gestiftet? im Hader mit andern gelebt?

Hast du Dienstboten u. f. w. hart und roh behandelt? Jemanden am Leibe geschädiget?

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Bist du gegen Arme und Notleidende hartherzig gewesen?

Hast du jemanden Aergernis ge - geben? durch was? in welcher Sünde? auch Kindern?

Hast du jemanden zur Sünde verleitet? zu welcher? oder dich sonst fremder Sünden schuldig gemacht?

Gegen das sechste und neunte Gebot Gottes.

Hast du dich versündiget durch frei - willige sündhafte Gedanken, Begierden, Blicke, und wie oft? wie oft durch Reden, Lieder, unschickliche Kleidung und Possen? Wie viele wurden dadurch geärgert?

Hast du gefährliche Bücher gelesen? Hast du Vergnügen aufgesucht (Tanz, Theater u. dgl. ), die deiner Seele schadeten?

Hast du in Werken gegen dieses Gebot gefehlt? Wie oft ist dieses geschehen? Kennst du die Umstände, die angezeigt werden müssen? Sind Aergernisse, häuslicher Un - friede, zeitlicher Schaden und andere Nach - teile aus der Sünde erwachsen, welche du zu verantworten hast?

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Gegen das siebente und zehnte Gebot Gottes.

Hast du dem Nächsten etwas genommen, oder zu Grunde gerichtet. Gefundenes nicht zurückgegeben? Hast du dir Betrügereien, Fälschungen, Unredlichkeiten, Veruntreu - ungen erlaubt? Bis zu welchem Betrage? Hast du leichtsinnig Schulden gemacht oder solche nicht nach Verabredung bezahlt?

Hast du durch Trunk und Spiel, Luxus und Kleiderpracht dich und die Deinigen in Not gebracht, oder Drittleute geschädiget? Hast du bei unredlichen Hand - lungen andere unterstützt, oder sie gar dazu aufgemuntert und angeleitet? Hast du Arbeitern und Dienstboten den Lohn vor - enthalten, Witwen und Waisen ungerecht ausgebeutet, von Armen Wucherzinsen gefordert? Hast du dein Vermögen unredlich versteuert? Hast du noch alte Ungerechtig - keiten gut zu machen? Hast du den Willen und freiwillige Begierden unterhalten, eine dieser Ungerechtigkeiten zu begehen? Hast du an - deren ihre zeitlichen Güter mißgönnt?

Gegen das achte Gebot Gottes.

Hast du gelogen aus Scherz, aus Not, zum Schaden des Nächsten? Hast du493 fremde Fehler bekannt gemacht? Hast du Verleumdungen über andere ausge - streut? Hast du damit den Nächsten an der Ehre oder zugleich am Verdienste oder Ge - werbe geschädiget? Hast du nie geschwie - gen, wo du etwas den Eltern oder Vor - gesetzten anzuzeigen schuldig warst? Hast du durch Ohrenblasen Haß und Unfrieden gestiftet? Hast du falsches Zeugnis ge - geben, und was hatte es für Folgen? Hast du andere beschimpft? Was bist du in Be - zug auf alle diese Sünden dem Nächsten für Genugthuung schuldig? Hast du dich verfehlt durch falschen Argwohn und freventliches Urteil?

Gegen die Kirchengebote.

Hast du an verbotenen Tagen Fleisch gegessen? Thatest du dieses aus Gleichgül - tigkeit oder Menschenfurcht? Hast du eine kirchlich verbotene Ehe eingegangen? Hast du kirchliche Hindernisse verheimlicht oder unter unrichtigen Vorgaben Dispense nach - gesucht?

Obschon in vorstehendem die meisten Sünden enthalten sind, so erforsche dich doch494 noch über die sieben Hauptsünden, die Hoffart, den Geiz, die Unkeuschheit, den Neid, die Unmäßigkeit, den Zorn und die Trägheit, besonders über jene unter ihnen, zu der du am meisten versucht wirst.

Ebenso erforsche dich über deine be - sondern Standespflichten im ledigen oder Ehestande, als Hausvater oder Haus - mutter, Beamter, Geschäftsmann, Hand - werker, Dienstbote, Arbeiter.

3. Reue und Leid.

Suche zuerst die Gesinnungen der Reue in dir zu erwecken, bevor du die Reue in Worten aussprichst. Beherzige auf der einen Seite die Liebe und Liebenswürdigkeit deines Gottes, die Wohlthaten der Erschaffung, Er - lösung und Heiligung, das Glück der Gerechten hier und im Jenseits; auf der anderen Seite betrachte die Abscheulichkeit, die Bosheit und den Undank, die in der Sünde liegen, das Elend und die schreckliche Gefahr des Verwei - lens in der Sünde, den Ernst der letzten Dinge.

Wenn dann Schmerz und Beschämung und heilsame Furcht deine Seele ergreifen, so erwecke in dir das Vertrauen auf Gottes Er - barmen und die Verdienste Jesu Christi und fasse einen kräftigen Vorsatz, dein Leben zu495 bessern. Nimm dir je nach der Beschaffenheit deiner Sünden den büßenden Petrus, den ver - lorenen Sohn, Magdalena oder den reumütigen Schächer zum Vorbilde, und erst wenn du wirklichen Reueschmerz und den ernstlichen Willen der Besserung im Herzen gefaßt hast, sprich dies mit folgenden Worten aus:

Allmächtiger, barmherziger Gott, zu Dir komme ich wie der verlorne Sohn und sage: Vater, ich habe ge - sündigt und bin nicht mehr wert, dein Kind zu heißen. Alle meine Sünden sind mir von Herzen leid:

weil sie so abscheulich sind und Dir so sehr mißfallen,

weil ich dafür viele Strafen ver - dient habe, besonders aber,

weil ich Dich, den höchsten Herrn Himmels und der Erde, meinen besten Vater und größten Wohlthäter dadurch beleidiget habe,

weil ich durch meine Sünden auch schuld gewesen bin an dem bitteren Leiden und Sterben deines eingebornen Sohnes, unseres Herrn Jesu Christi.

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Gütigster Vater, Du willst nicht den Tod des Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe. So erbarme Dich meiner nach deiner großen Barm - herzigkeit, und nach der Menge deiner Erbarmungen tilge aus meine Misse - thaten. Um des Blutes Jesu Christi willen sei mir armen Sünder gnädig und barmherzig und gib mir die Gnade, mein Leben zu bessern und Dich nicht mehr zu beleidigen.

Die Zeit bis zur Beicht benutze zum Ge - bete um wahren Bußgeist und Lebensbesserung, zur Betrachtung der letzten Dinge, zur Auf - findung der Mittel für die Ausführung deiner Vorsätze.

4. Nach der Beicht.

O süßester Jesu! Ich danke Dir von ganzem Herzen für die große Barmherzigkeit, die Du mir jetzt erwiesen hast. Von nun an will ich Dir ge - treu und beharrlich dienen, stets nach deinen Geboten wandeln und lieber sterben, als Dich wieder verlassen. 497Gib mir deine Gnade zur Erfüllung dieses meines Vorsatzes. Amen.

Mußt du bald kommunizieren, so bereite dich auf die heilige Kommunion vor. Sonst verrichte die auferlegte Buße, soweit dieses ge - schehen kann, und dann bete:

O gütiger Jesu! Segne meinen Verstand, damit alle bösen und un - nützen Gedanken aus demselben ver - bannt werden, und nur gute Gedanken, heilige Anmutungen und fromme Be - gierden in meinem Geiste Zugang finden.

Segne mein Herz, damit die gött - liche Liebe und alle die heiligen Em - pfindungen, von welchen dein Herz durchdrungen war, auch mein Herz erfüllen und ganz durchdringen mögen.

Segne meinen Willen, damit der - selbe in allem mit dem deinigen über - einstimme und Welt, Fleisch und Sa - tan siegreich widerstehen möge.

Segne meinen Leib und alle meine Sinne, damit sie gereiniget und ge -498 heiliget werden und in Zukunft Werk - zeuge der Buße und guter Werke sein mögen. Amen.

Wenn es dir ernst ist, die bei der Beicht gemachten Vorsätze und Versprechungen zu halten, so mußt du 1) öfters diese Vorsätze erneuern (am Morgen) und dich über die Hal - tung derselben erforschen (am Abend), 2) fleißig und eifrig beten, daß Gott dir Licht und Kraft zur Besserung verleihe, 3) die Gelegenheiten meiden, in denen du bisher gefallen bist, 4) dich in der Selbstverleugnung üben. Das Himmelreich leidet Gewalt, und nur die Ge - walt brauchen, reißen es an sich. (Matth. 11, 12.) Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. (Matth. 26, 41.) Niemand wird gekrönt, er habe denn gesetz - mäßig gekämpft. (II. Tim. 2, 5.)

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Kommunionandacht.

Vorerinnerung.

Die heilige Kommunion ist die erhabenste und segensreichste Handlung des Christen, weil er da nicht bloß irgend eine besondere Gnade, sondern den Ursprung aller Gnaden, den göttlichen Erlöser selber in sein Herz auf - nimmt.

Die Wirkungen der würdigen Kommu - nion sind vorzüglich folgende: 1. Vermehrung der heiligmachenden Gnade, 2. Schwächung der bösen Neigungen und Kraft zum Wachstum im Guten, 3. Tilgung der läßlichen Sünden und Bewahrung vor Todsünden, 4. das Unter - pfand der künftigen Auferstehung und des ewigen Lebens. Jesus Christus selbst hat uns die Versicherung gegeben: Wahrlich, wahrlich sage Ich euch, wenn ihr das Fleisch des Men - schensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben, und Ich500 werde ihn am jüngsten Tage auferwecken. (Joh. 6, 54.)

Diese Gnaden werden dem zu teil, der die heilige Kommunion würdig empfängt. Die würdige Kommunion erfordert eine rechte Vor - bereitung sowohl dem Leibe als der Seele nach. In Bezug auf den Leib gehört dazu, daß man von Mitternacht an nüchtern sei (außer in einer gefährlichen Krankheit), und daß man reinlich und anständig gekleidet in der Kirche erscheine.

Für die Seele besteht die erste Bedingung einer würdigen Kommunion in der Reinigkeit des Gewissens, d. h. darin, daß man von allen schweren Sünden frei und somit im Stande der Gnade sei. Läßliche Sünden machen die Kommunion nicht unwürdig, doch soll man sich auch so viel möglich von diesen reinigen, damit die Gnade im Herren unge - hinderter wirken kann. Wer aber wissentlich in einer Todsünde kommuniziert, begeht eine sehr schwere Sünde, einen erschrecklichen Gottes - raub, wie Judas, und ißt sich das Gericht und die Verdammnis hinein. Der heilige Apostel Paulus hat darum die ernste Mahnung gegeben: Der Mensch prüfe sich selbst, und so esse er von diesem Brote und trinke aus diesem Kelche. Denn wer unwürdig ißt und trinkt, der ißt und trinkt sich das Gericht, indem er den Leib des Herrn nicht unterscheidet. (I. Kor. 11. 28.) 501Die unwürdige Kommunion ist das Unheil - vollste und zugleich Thörichteste, was von einem Christen verschuldet werden kann. Darum sei gewissenhaft bei der vorausgehenden Beicht. Wenn du würdig beichtest, so kannst du auch würdig kommunizieren.

Zur Vorbereitung der Seele gehört weiter die Andacht des Herzens, d. i. die Uebung des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe und der Begierde nach der Vereinigung mit Jesus Chri - stus. Man bedient sich hiefür der sogenannten Kommuniongebete. Wer dazu fähig ist, soll suchen, diese Vorbereitung ohne Gebetbuch ans seinem Herzen zu machen. Wer sich eines Gebetbuches bedient, lese wenig, langsam, mit Ueberlegung. Besonders bei dieser heiligen Handlung gilt das Wort: Wenn ihr betet, so sollet ihr nicht viel reden. (Matth. 6, 7.) Für diesen Zweck können auch die vorausgehen - den Andachten bei der heiligen Messe und die unten folgenden Besuchungen des heiligsten Altarssakramentes benutzt werden.

Die Zeit nach der heiligen Kommu - nion ist die kostbarste im Leben des Christen, und soll darum wohl benutzt werden. Nach kurzer Erweckung des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe verwende man die Zeit für die Uebungen der Anbetung, Verdemütigung und Reue, der Danksagung und des Vertrauens, der Erneuerung der Vorsätze und der vertrau -502 lichen Bitte für sich und andere. Um diese so wertvollen Augenblicke recht gut benutzen zu können, sollte man sich schon vorher auf die - selben vorbereiten, namentlich in Bezug auf die Anliegen, welche man dem im Herzen ge - genwärtigen Heilande vortragen will.

Den Tag der heiligen Kommunion suche man so viel möglich gesammelt und mit from - men Uebungen zuzubringen.

Vor der heiligen Kommunion.

Glaube.

O Jesu, mein Erlöser! ich glaube festiglich, daß Du in dem hochheiligen Sakramente des Altars wahrhaft und wesentlich gegenwärtig bist mit Fleisch und Blut, mit Leib und Seele, mit Menschheit und Gottheit. Und wenn ich Dich schon darin mit meinen leib - lichen Augen nicht sehen kann, so glaube ich es dennoch so kräftig, daß ich mit deiner Gnade darauf sterben wollte, denn, o ewige Wahrheit! Du hast es gesagt: das ist mein Leib, das ist mein Blut, und was Du gesagt hast, das bleibt ewig wahr.

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Erlaubt es die Zeit, so kannst du den Glauben noch durch andere Uebungen erwecken: a. Betrachte ein Wort der heiligen Schrift über dieses heiligste Sakrament, wie du solche in diesem Buche in den Andachtsübungen bei der heiligen Messe findest; b. danke Gott, daß Er dich zum wahren Glauben, insbeson - dere um Glauben an dieses heilige Geheimnis berufen hat: c. erinnere dich an die Ge - fahren und Versuchungen, die diesen dei - nen Glauben bedrohen können; mache darauf hin deine Vorsätze, und bitte Gott um seinen Beistand; d. lege das Versprechen ab, immer nach diesem Glauben zu leben, besonders in der Heiligung des Sonntages, in der Teil - nahme am Gottesdienste, so oft du in der Kirche erscheinest, Füge noch ein und das an - dere Vater unser bei um einen wahren, festen und lebendigen Glauben.

Hoffnung.

Getreuester Heiland, freigebigster Gott, da Du Dich selbst ganz und gar mir geben willst, was soll ich von Dir nicht hoffen? Du kennst meine Schwachheiten und meine Bedürfnisse, Du kannst und willst mir helfen, Du hast es versprochen und ladest mich504 dazu ein. Gütigster Jesu! gestützt auf dem untrügliches Wort, komme ich mit der tröstlichen Zuversicht, Du werdest mich Armen ohne Hilfe und Trost von Dir nicht entlassen, sondern meine Seele mit Gnaden stärken, sie so reich und schon machen, daß sie Dir gänzlich gefalle.

Uebe die Hoffnung noch besonders in fol - genden Punkten:

a. Stelle dir die Liebe des göttlichen Heilandes zu dir vor, die Verheißungen, die Er gegeben, die Einladung, die Er an dich richtet, und den Reichtum von Gnaden in diesem heiligen Sakramente und gründe darauf deine Hoffnung; b. blicke auf deine verkehrten Neigungen und Schwachheiten und nahe dich Christus wie ein Kranker dem Arzte, ein Unglücklicher seinem Retter; c. erinnere dich, wie die Heiligen aller Jahrhunderte nach diesem Geheimnisse verlangt haben und was sie in demselben für Gnaden erlangt haben, und freue dich, daß dieselben auch dir ange - boten werden; d. denke an deinen Haupt - fehler, gegen welchen dir die Hilfe der Gnade am notwendigsten ist, und erwecke in Bezug auf diesen Hoffnung und Vertrauen; e. mache insbesondere den Vorsatz, auch sonst diese Hoff -505 nung fleißig zu üben und in jeder Gefahr und Versuchung des täglichen Lebens dich sogleich voll Vertrauen an Christus zu wenden. Bete ein oder mehrere Vater unser um eine demütige, vertrauensvolle, sehnsüchtige Hoffnung.

Liebe und Begierde.

O Gott meines Herzens! Dich liebe ich über alles aus meiner ganzen Seele, aus meinem ganzen Gemüte und aus allen meinen Kräften, weil Du würdig bist über alles geliebt zu werden. Aus Antrieb dieser Liebe verlangt mein Herz sich mit Dir zu vereinigen, und ganz dein eigen zu sein. Komme, liebreichster Jesu! nimm dasselbe vollkommen ein. Mache da - mit, was Du willst, es ist nicht mehr mein, sondern dein. Ja, in Dir al - lein soll es leben, Dich allein soll es lieben und loben in Ewigkeit. Komm, o mein Jesu, komm!

Weitere Uebungen der Liebe: a. erinnere dich, wie Christus zur Rechten des Vaters von dem ganzen Himmel verherrlicht wird,506 und doch dein armseliges Herz als Wohnung nicht verschmäht; b. überblicke die Wohl - thaten, welche Er dir aus reiner, uneigen - nütziger Liebe zukommen ließ, und übe Akte der Dankbarkeit und Gegenliebe; c. erinnere dich an deine Unehrerbietigkeiten und deinen Un - dank gegen Christus, deine vielen Sünden und Ungerechtigkeiten, und erfülle dein Herz mit jener Beschämung und Reue, die von der wahren Liebe eingegeben werden; d. bringe Christus als Opfer der Liebe deine guten Vorsätze, die kommenden Arbeiten und Leiden und auch einige freiwillige Werke der Selbst - verleugnung dar. Bete einige Vater unser um eine innige, reumütige, opferwillige Liebe zu Christus.

Bei der heiligen Kommunion.

Vermeide auf der einen Seite sorgfältigst jede freiwillige Zerstreuung, und auf der an - dern ebenso jede Ueberanstrengung oder Er - zwungenheit in der Andacht. Suche vielmehr mit aller Ruhe gläubig daran zu deuten, was Heiliges du vornimmst, und demütig, vertrau - ensvoll, mit kindlichem Sinn den Heiland zu erwarten und zu empfangen. Du mußt Ihm nichts entgegenbringen als ein reines und em - pfängliches Herz, das weitere ist dann Sache seiner Freigebigkeit. Bitte den heiligen Schutz -507 engel, in diesen heiligen Augenblicken jede Zer - streuung und Versuchung von dir ferne zu halten. Beim Gange zur Kommunionbank, an derselben und bei der Rückkehr, betrachte die Worte, mit denen die heilige Kommunion ge - spendet wird: O Herr, (übe den Glauben und die Anbetung) ich bin nicht würdig, daß Du eingehest unter mein Dach (hier erwecke Reue und Demut), sondern sprich nur ein Wort, so wird gesund meine Seele, (erwecke Vertrauen und Sehnsucht).

Nach der heiligen Kommunion.

Betrachte, was oben vor der heiligen Kommunion empfohlen worden. Begrüße Jesum nicht bloß mit dem Munde, sondern mit ge - rührtem Herzen ungefähr also:

O liebreichster Jesu! nun habe ich gefunden, was ich gesucht habe, nämlich Dich, meinen einzigen Trost, meine einzige Hoffnung, den einzigen Schatz meiner Seele. Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.

O mein Jesu! woher kommt mir dieses, daß Du, mein großer Gott, Dich würdigest, zu mir zu kommen!

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O mein Jesu! ich bete Dich an, als meinen Herrn und Gott, als mei - nen Erlöser und Seligmacher.

O mein Jesu! ich sage Dir un - endlichen Dank, daß Du Dich gewür - diget hast, bei mir einzukehren, und mich mit deinem Fleische und Blute zu speisen.

O mein Jesu! ich opfere Dir auf meinen Leib und meine Seele und alles, was ich habe und bin, zu dei - nem heiligen Dienste.

O mein Jesu! bleibe bei mir mit deiner Gnade, und stärke mich durch die Kraft dieses heiligen Sakramentes jetzt und in der Stunde des Todes.

O heiliges Gastmahl, in welchem wir Christus empfangen und das An - denken seines Leidens feiern. Das Herz wird darin mit Gnade erfüllt, und uns gegeben das Unterpfand der künftigen Herrlichkeit.

Bete Jesum Christum in dir an, danke Ihm, erwecke den Glauben, die Hoffnung und509 die Liebe, opfere Ihm dich und all das Dei - nige auf, erneuere deine Vorsätze, trage Ihm deine Anliegen und Bitten für dich und an - dere vertraulich vor. Thue das bloß innerlich oder in folgenden und ähnlichen Gebeten.

Sieben Worte zum göttlichen Heilande.

1. Ich weiß, o Herr Jesu Christe, daß ich ein großer Sünder bin. Ich würde verzagen, wenn ich nicht schon lange wüßte, wie barmherzig Du alle Sünder aufnimmst, und auch mich nicht zurückweisest. Ich danke Dir für deine übergroße Huld.

2. Ich bin jetzt im Frieden mit meinem Nächsten. Ich will alle Be - leidigungen vergessen, da Du mir meine viel größere Schuld so gnädig verzie - hen hast. Ich preise von Herzensgrund deine Liebe und Güte.

3. Ich betrachte dein Leiden am Kreuze für mich armen Sünder, deine Herrlichkeit im Himmel und daneben deine armselige Wohnung in meinem Herzen. Ich werde ganz beschämt we -510 gen deiner Herablassung und meiner Armseligkeit, aber auch ganz selig, wegen meines unverdienten Glückes, das mir in der Vereinigung mit Dir zu teil geworden ist.

4. Ich werfe mich ehrfurchtsvoll nieder vor deiner Majestät und bete Dich an mit aller Demut und Ehr - erbietigkeit, deren ich fähig bin. Ich vereinige meine armselige Huldigung mit den Lobpreisungen der himmlischen Heerscharen.

5. Ich will, o Herr Jesu Christe, mit deiner Gnade mein Leben bessern und nach deinem Wort und Beispiel einrichten. Gib nur die Liebe zu Dir, erhalte und vermehre sie in mir, und ich bin reich und glücklich genug.

Hier erneuere deine Vorsätze und bitte den Heiland um seine Gnade.

6. O Herr Jesu Christe! Du Stärke der Schwachen, Du Helfer der Armen und Elenden, Du kennst meine An - liegen und Bedürfnisse besser als ich511 selber. Sei Du in denselben meine Hilfe und mein Trost.

Hier trage dem Heilande deine Bitten und Anliegen vor.

7. Du hast Dich, o Herr Jesu Christe, mir ganz und gar geschenkt. Ich schenke Dir dafür mein Herz, meine Seele mit allen ihren Kräften, mein Leben mit allen Arbeiten, Leiden und Ueberwindungen. Es ist das nur eine armselige Gegengabe, aber es ist alles, was ich habe. Heilige es und weihe es durch die Vereinigung mit deinen unendlichen Verdiensten.

Hier bringe Christus alle deine guten Werke, Leiden und Ueberwindungen als Opfer dar.

Gebet des hl. Ignatius.

Seele Christi, heilige mich.
Leib Christi, mache selig mich.
Blut Christi, tränke mich.
Wasser der Seite Christi, wasche mich.
Leiden Christi, stärke mich.
O gütiger Jesu, erhöre mich.
512In deine Wunden verberge mich.
Von Dir laß nimmer scheiden mich.
Vor dem bösen Feind beschirme mich.
In meiner Todesstunde rufe mich.
Zu Dir zu kommen heiße mich.
Mit deinen Heiligen zu loben Dich
In deinem Reiche ewiglich. Amen.

1) Jedesmal 300 Tage Ablaß. 2) 7 Jahre Ablaß einmal täglich für alle Gläubigen, welche es nach Empfang der hei - ligen Kommunion beten. 3) Vollkommener Ablaß einmal im Monat an einem beliebigen Tage, wenn einen Monat lang täglich wenig - stens einmal gebetet. Bedingungen: Beicht, Kommunion, Kirchenbesuch, Gebet nach Mei - nung des Papstes. Pius IX., 9. Jan. 1854.

Besonderer Segen nach der Kommunion für Hausmütter.

Du hast, o Jesu, alle Wohnungen, in welche Du während deines irdischen Lebens einkehrtest, mit einer besonde - ren Gnade beglückt; heute bist Du auch bei mir eingekehrt; ich besitze Dich nun, und werde Dich nicht ent - lassen, bis Du mich gesegnet hast. 513Oeffne deshalb deine segensreiche Hand, und erfülle meine arme Seele, und die mir anvertraute Wohnung mit deinen himmlischen Gaben. Vertreibe aus meinem Hause allen Zorn und Hader, alles Mißtrauen und allen Unfrieden; wende gnädig alles Uebel ab, das uns an Leib oder Seele scha - den könnte.

O freigebigster Jesu! Laß meiner Wohnung durch deine Gegenwart Heil widerfahren, und teile deine Gnaden ebenso reichlich mit, wie Du sie in dem Hause des Zachäus, des Matthäus, der Martha und bei der Hochzeit zu Kana mitgeteilt hast. Dir übergebe ich gänzlich mich und die Meinigen; schalte und walte, herrsche und regiere über alles nach deinem Wohlgefallen. Gib uns die tägliche Nahrung, gib Frieden und Eintracht, gib Geduld in Widerwärtigkeiten, Beständigkeit in deinem Dienste und in deiner Gnade; gib mir Eifer und Wachsamkeit in514 der Sorge für die Meinigen, bewahre sie vor Aergernis und Verführung, laß alle wachsen in der Gottesfurcht und Tugend, gib uns endlich, daß wir nach einem wohlvorbereiteten Tode in die Wohnungen der Auserwählten und zu deiner glückseligen Anschauung ge - langen mögen. Amen.

Ablaßgebete.

Durch die Freigebigkeit der Kirche ist es möglich gemacht, fast bei jeder heiligen Kom - munion unter irgend einem Titel einen voll - kommenen Ablaß zu gewinnen. Die christliche Liebe zu sich selber und zu den armen Seelen er - laubt dem Christen nicht, diese Gelegenheit un - benutzt zu lassen. Darum folgen hier noch Ablaßgebote, welche nebst Erfüllung der übrigen Bedingungen in der Regel für Erlangung eines vollkommenen Ablasses gefordert werden.

1. O Gott! Du höchster Hirt und Vater der Gläubigen! der Du durch dei - nen Geist den ganzen Leib deiner Kirche leitest und heiligest, und durch Jesum Christum die Herrlichkeit deines Na -515 mens allen Völkern kund gemacht hast, erhalte und befördere das Werk deiner Erbarmung, damit deine Kirche wachse in allem Guten, und sich ausbreite über die ganze Erde, und in dem Bekenntnisse deines Namens standhaft verharre.

Vater unser. Ave Maria.

2. Höchster und ewiger Hirt Je - sus Christus, wir empfehlen Dir un - sern Heiligen Vater, den Papst N. N., deinen Stellvertreter auf Erden. Er - höre seine Gebete und erfülle seine Wünsche, die deine Ehre und das Beste der Kirche bezwecken. Leite, erleuchte, stärke, verteidige und unter - stütze ihn, damit er der Kirche jeder - zeit würdig vorstehe.

Vater unser. Ave Maria.

3. O Gott, der Du den Frieden gibst und die Einigkeit liebst, verleihe allen christlichen Regenten und Obrig - keiten, deinen Dienern, vollkommene Eintracht im Guten, entferne alle Kriege,516 Unruhen und Zwistigkeiten, damit deine Gläubigen in voller Freiheit des Glau - bens und im Frieden Dir dienen mögen.

Vater unser. Ave Maria.

4. Allmächtiger, ewiger Gott! der Du alle Seelen zur Seligkeit berufest, und nicht willst, daß eine verloren gehe, siehe gnädig herab auf die See - len, welche noch in den Banden der Unwissenheit und des Irrtums gefan - gen sind. Verleihe den Christen, daß sie alle Spaltungen aufheben, alle Irrtümer ablegen, zur Einheit in dei - ner Wahrheit zurückkehren, und durch treue Befolgung deiner Gebote das ewige Leben erlangen.

Vater unser. Ave Maria.

5. Allmächtiger, ewiger Gott! er - zeige Dich gnädig und barmherzig ge - gen dein ganzes christliches Volk; be - kehre die Sünder, stärke die Ange - fochtenen, tröste die Betrübten, erhalte die Gerechten und Frommen, erbarme517 Dich der Elenden und Notleidenden, damit sie alle durch deine Gnade er - leuchtet, geheiliget, gestärkt und getrö - stet werden und zur ewigen Seligkeit gelangen mögen.

Vater unser. Ave Maria. Glaube.

Aufopferung.

O Gott der Erbarmungen! nimm auf unser Gebet, das wir nach unseren schwachen Kräften zur Erlangung des Ablasses verrichtet haben. Laß uns durch deine unendliche Güte desselben teilhaftig werden. Ersetze Du, was uns von den strengen Bußübungen der ersten Christen abgeht, durch die un - endlichen Verdienste deines Sohnes Jesu Christi und die Fürbitte der allerseligsten Jungfrau Maria und aller Heiligen. Laß uns künftig von der Last der Sünde befreit, Dir treu dienen und in deiner Gnade bis ans Ende standhaft verharren, durch Je - sum Christum, unsern Herrn. Amen.

518

Vor dem Bilde des Gekreuzigten.

Siehe, o mein geliebter und - tiger Jesus, in deiner heiligsten Ge - genwart werfe ich mich nieder und bitte Dich mit lebendigstem Eifer: präge tief ein in mein Herz die Ge - fühle des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe, des Schmerzes über meine Sünden und des Vorsatzes, Dich nicht mehr zu beleidigen; indem ich mit aller Liebe und allem Mitleid deine heiligen fünf Wunden betrachte, zu - nächst mir vor die Seele führend, was von Dir, o mein Jesus, der heilige Prophet David gesagt hat: Sie ha - ben durchbohrt meine Hände und meine Füße; alle meine Gebeine haben sie gezählt. (Ps. 21. 17, 18.)

Vollkommener Ablaß, wenn man dieses Gebet vor irgend einem Bilde des Ge - kreuzigten andächtig verrichtet. Bedingungen: Beichte, Kommunion, und eine Zeit lang from - mes Gebet nach Meinung des Papstes. Pius IX., 31. Juli 1858.

519
Das Land des Segens gab Ich dir. Und du? gibst mir das Kreuz dafür!

Verschiedene Andachten.

Zur heiligen Fastenzeit.

Stationenandacht.

V. und A. Ich arme elende Krea - tur werfe mich nieder zur Erde, und in tiefster Demut bete ich Dich an als meinen Gott und Herrn. Ich glaube an Dich, o unfehlbare, ewige Wahr - heit! ich hoffe auf Dich, o unermeß - liche, hilfreiche Barmherzigkeit! ich liebe Dich aus dem Grunde meiner Seele über alles, o unendliche, aller Liebe würdigste Gütigkeit! Und eben aus diesem Beweggrunde reut es mich von520 ganzem Herzen, daß ich Dich, o höch - stes Gut, jemals beleidiget habe. Von nun an will ich hassen und verab - scheuen alle Sünden und jede böse Ge - legenheit, da ich jetzt zu deiner größeren Ehre, zur Nachfolge Mariä, der schmerz - haften Mutter, wie auch jener Hei - ligen, welche Dich auf den Kalvarien - berg begleitet haben, den heiligen Kreuzweg antrete und die dabei ver - liehenen Ablässe zu gewinnen gedenke, den ersten für mich selbst, die übrigen für jene Seelen im Fegfeuer, gegen welche ich die meiste Schuldigkeit habe.

Erste Station.

V. Jesus wird von Pilatus zum Tode des Kreuzes verurteilt.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, ganz unschuldig zum grausamen Tode des Kreuzes verurteilt!521 aus Liebe zu Dir bereue und beweine ich meine Sünden. Sei mir ein gnä - diger Richter und verurteile mich nicht zum ewigen Tode. Vater unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

Zweite Station.

V. Jesus nimmt das schwere Kreuz auf seine Schultern.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, Du nimmst ganz ge - duldig das Kreuz auf Dich; aus Liebe zu Dir unterwerfe ich mich dem Kreuze und will es tragen nach deinem Wil - len. Stärke und tröste mich in allem Kreuz und aller Widerwärtigkeit. Vater unser.

522

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

Dritte Station.

V. Jesus fällt das erste Mal un - ter dem Kreuze.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, Du fällst mit dem schweren Kreuze; meine Sünden haben Dich niedergedrückt; ach! ich verab - scheue nun alle. Erhalte mich, daß ich in keine schwere Sünde falle, son - dern in aller Demut Dir diene. Vater unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen deines allerheiligsten Leidens!

523

Vierte Station.

V. Jesus begegnet seiner betrübten Mutter.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, mit dem Kreuze be - laden, begegnest Du deiner schmerz - vollen Mutter; herzliches Mitleid trage ich gegen Dich mit Maria. Durch die Fürbitte dieser schmerzhaften Mut - ter gib mir eine standhafte Liebe. Vater unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

Fünfte Station.

V. Simon von Cyrene hilft Jesu das Krenz tragen.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

524

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, Simon hilft aus Zwang Dir das Kreuz tragen; mit Dir will ich geduldig leiden und nehme das Kreuz auf mich. Ich hoffe auf deine Gnade, laß mich nicht unterliegen. Vater unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

Sechste Station.

V. Veronika reicht Jesu das Schweiß - tuch dar.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, dem Veronika den Schleier ihres Hauptes als ein Schweiß - tuch überreicht, dein blutiges Angesicht bewegt mein Herz zur Liebe und zum525 Mitleid. Drücke dein Leiden und deine Wunden tief in mein Herz. Va - ter unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser!

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

Siebente Station.

V. Jesus fällt das zweite Mal un - ter dem Kreuze.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, Du fällst wieder mit dem Kreuze, und ich beweine wieder meine Sünden und verwerfe die Last derselben. Gib, daß ich dein süßes Joch beharrlich trage. Vater unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

526

Achte Station.

V. Jesus redet an die weinenden Töchter von Jerusalem.

Wir beten Dich au, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, mit den Töchtern von Sion beweine ich deine Schmerzen und meine Sünden; denn ich liebe Dich, o mein Heiland! Gib mir wahre Reue und Leid und Verzeihung. Vater unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

Neunte Station.

V. Jesus fällt das dritte Mal un - ter dem schweren Kreuze.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;527 A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, nach dem dritten Fall liegst Du auf der Erde; ich armer Sünder verdemütige mich aufs tiefste vor deinem heiligen Angesichte; denn wegen meiner Sünden bin ich nicht würdig, Dich anzusehen. O Jesu, er - barme Dich meiner. Vater unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

Zehnte Station.

V. Jesus wird seiner Kleider be - raubt.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, deiner Kleider beraubt und mit bitterem Tranke getränket! Deine Unschuld und Reinigkeit ver -528 leiden mir alle Sünden und Eitelkeit. Gib mir das Kleid der Gnade und Ehrbarkeit, die Tugenden der Reinig - keit und Mäßigkeit. Vater unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

Elfte Station.

V. Jesus wird aufs schmerzlichste an das Kreuz genagelt.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, wie hart bist Du ans Kreuz genagelt! O Liebe, ich liebe Dich; o Schmerz meines Jesu, durch - dringe mich! O Jesu, gib, daß ich mein Fleisch kreuzige mit allen bösen Gelüsten. Vater unser.

529

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

Zwölfte Station.

V. Jesus wird erhöht und stirbt am Kreuze.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, Du stirbst an dem Kreuze für mich. Ich glaube an Dich, ich hoffe auf Dich, ich liebe Dich, ich bete Dich an und danke Dir. O Jesu, gedenke meiner in deinem Reiche, und gib mir ein glückseliges Ende. Va - ter unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

530

Dreizehnte Station.

V. Der Leichnam Jesu wird vom Kreuze abgenommen und in den Schoß Mariä gelegt.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, Du liegst im Schoße deiner betrübten Mutter. Ich küsse mit ihr deine heiligen Wunden aus wahrer Liebe. Gib, daß ich mit Dir bis in den Tod gehorsam werde. Vater unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen deines allerheiligsten Leidens!

Vierzehnte Station.

V. Der Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt.

Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus, und benedeien Dich;

531

A. Denn durch dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst.

V. O Jesu, nach deinem Leiden und Sterben ins Grab gelegt! ich schenke Dir mein Herz. Reinige es und verbleibe in demselben durch deine Gnade und Liebe in Ewigkeit. Va - ter unser.

V. Erbarme Dich unser, o Jesu, erbarme Dich unser,

A. Und sei uns gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens!

Aufopferung.

V. u. A. O gütigster Jesu, nun sage ich Dir Dank für die große Barm - herzigkeit, welche Du mir in Verrich - tung dieses Kreuzweges verliehen hast. Ich opfere Dir denselben auf, zur Verehrung deines bitteren Leidens und Sterbens, zur Verzeihung meiner be - gangenen Sünden und zur Nachlassung der wohlverdienten Strafen; zur Hilfe und zum Troste der armen Seelen in532 den Leiden des Fegfeuers. Endlich bitte ich Dich demütig, o Jesu, Du wol - lest alle meine Schritte und Tritte leiten auf dem Wege des ewigen Heiles, und so dein heiligstes Blut dein kostbares Leiden und Sterben an meiner armen Seele nicht lassen verloren gehen, son - dern dieselbe in die ewige Freude und Seligkeit aufnehmen, wo Du mit dem Vater und dem heiligen Geiste lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewig - keit. Amen.

Auslegung des Vater unser und des englischen Grußes.

Das Vater unser vereinigt alle Vorzüge eines Gebetes in sich. Es ist heilig und ehr - würdig durch seinen Ursprung, einfach in seinen Worten und doch überaus erhaben nach seinem Inhalte, geweiht durch den frommen Gebrauch vieler Jahrhunderte, ein vorzügliches Mittel, sowohl gemeinsam mit andern zu beten, als jedes besondere Anliegen Gott vorzutragen. Darum wird es so allgemein gebraucht im Hause Gottes, im Familienkreise und im stillen Käm - merlein.

533

Wenn viele Christen dasselbe ohne An - dacht hersagen und so den Herrn bloß mit den Lippen preisen, so liegt der Grund nicht im Gebete und nicht in der öfteren Wieder - holung desselben. Im Himmel ertönt ewig das Heilig, heilig, heilig , ohne daß diese Worte leer oder veraltet werden, weil sie einer ewig frischen Liebe und Begeisterung zum Ausdrucke dienen. Wer den Geist des Gebetes hat, wird niemals bloß Worte hersagen oder repetieren, sondern beten, auch wenn er dieselben Gebete öfters wiederholt.

Das andächtige Beten des Vater unser wird um vieles erleichtert, wenn man sich bemüht, betrachtend seinen Inhalt zu erfassen. Nachstehende Andacht soll als Hilfsmittel dienen, mit den Worten die entsprechenden Gesinnungen zu verbinden, in allbekannte Gebetsformeln seine eigenen Anliegen und Bedürfnisse hinein - zulegen, um so im Gebete aufrichtig und von Herzen mit Gott zu reden. Wer jeden Sonn - tag eine einzige Bitte betrachtend durchgeht, wird davon nicht geringen Gewinn haben.

Es ist sehr zu empfehlen, dann und wann das Gebet des Herrn langsam zu beten, und bei jeder Bitte etwas inne zu halten, um auch ohne Buch deren Inhalt zu beherzigen.

Das Gesagte gilt auch von allen andern mündlichen Gebeten, besonders von dem eng - lischen Gruße, der namentlich im heiligen Ro -534 senkranz als geeignetes Mittel dient, die Ge - heimnisse der Erlösung zu betrachten.

Vater unser, der Du bist im Himmel.

Erwägungen: Sehet, spricht der heilige Johannes, welche Liebe uns der Vater erwiesen hat, daß wir Kinder Gottes heißen und sind. (I. Joh. 3, 1.) Der hl. Chrysostomus ruft aus: O welches Uebermaß der göttlichen Menschenfreundlichkeit, und welche Fülle der Ehre für uns; erwäge und staune, Geliebter, über den unaussprechlichen Reichtum der Güte Gottes, indem Er uns gestattet, Ihn Vater zu nennen. Der Irdische darf den Himmlischen, der Sterbliche den Unsterblichen, der, welcher gestern noch Staub war, darf den Vater nennen, der von Ewigkeit her Gott ist.

Obschon Gott an allen Orten ge - genwärtig ist, so will doch Jesus Chri - stus, daß wir uns bei dem Gebete da - ran erinnern, daß Er im Himmel seine Herrlichkeit offenbart, dort von den535 Engeln und Heiligen ehrfurchtsvoll an - gebetet wird, und daß dort Jesus Chri - stus als unser Mittler und Fürsprecher zu seiner Rechten sitzt.

Anmutung, O Herr des Him - mels! mit heiliger Freude rede ich Dich als Vater an. In der Einfalt meines Herzens will ich Dir meine Ehrfurcht, Liebe und Dankbarkeit darbringen und Dir meine Sorgen und Leiden klagen. Ich habe ein großes Vertrauen auf den süßen Vaternamen, mit dem ich Dich anreden darf, auf deine unermeß - liche Liebe und Güte, auf die Verdienste deines Sohnes, auf die Fürbitte der Engel und Heiligen. Würdige mich, mit meinen schwachen Seufzern mitein - zustimmen in die reinen und unbefleck - ten Lobpreisungen der seligen Himmels - bewohner.

Geheiliget werde dein Name.

Erwägungen: Der Name Gottes soll im Munde der Menschen dazu536 dienen, Gott zu loben und zu verherr - lichen und Segen und Gnade von oben herabzuziehen. Wenn du wirklich Gott als deinen Vater liebst, so muß dir sein Name heilig sein, du mußt ihn ehrfurchtsvoll gebrauchen, mutvoll vor den Menschen bekennen, in allem dei - nem Thun und Lassen seine Ehre zu fördern suchen. Du mußt wünschen, daß dieser Name von allen Menschen erkannt und geheiliget werde, dich freuen über alles, was zu seiner Ehre geschieht, trauern über alle Gotteslästerungen und Beleidigungen Gottes. Wie vieles hast du in dieser Hinsicht dir selber vorzu - werfen? Wie vieles geschieht in der Welt gegen die Ehre des Allerhöch - sten? Bringe diese erste Bitte Gott jedesmal dar zur Sühnung dieser Sün - den und zur Erlangung einer großen Ehrfurcht vor dem heiligen Namen Gottes für dich und andere.

Anmutung. Mache, o Herr, daß wir Dich im Geiste und in der Wahr -537 heit anbeten, daß wir deinen Namen, der furchtbar und heilig ist, bekennen vor den Menschen, daß alle Völker Dich erkennen und kommen, vor Dir anzu - beten, daß alle Dich loben und ver - herrlichen in deinen Werken und deinen hl. Namen preisen, der lobwürdig und erhaben ist in Ewigkeit.

Zukomme uns dein Reich.

Erwägungen. Das Reich Gottes ist in uns, wenn wir an Christus und seine Lehre glauben, wenn wir frei von schweren Sünden im Stande der Gnade leben, wenn wir Gottes Gebote beob - achten und Ihn lieben und ehren. Das Reich Gottes ist um uns in der Kirche Jesu Christi. Wir müssen uns freuen, Kinder dieses Reiches zu sein, und den Herrn bitten, daß Er alle unsterblichen Seelen dieses Glückes teilhaftig machen möge. Das Reich Gottes ist über uns in der ewigen Seligkeit, dem höchsten538 Ziele unserer Hoffnung, wofür alles andere nur Vorbereitung ist. Bete diese Worte nie, ohne wenigstens in einer dieser drei Beziehungen an das Reich Gottes zu denken, und für dich oder andere um seine Förderung zu bitten.

Anmutung. Zukomme uns dein Reich, welches nicht von dieser Welt ist, welches ist Gerechtigkeit und Friede und Freude im heiligen Geiste. Führe alle Menschen zur Wahrheit und Gerechtig - keit, welche ist in Jesus Christus, und erhalte und befestige sie darin. Hilf uns jetzt und allzeit, daß wir in die - sem Lande der Verbannung nicht zu Grunde gehen, sondern jetzt in deiner Gnade leben und nach glücklich voll - brachter Pilgerschaft zu Dir in dein ewiges Reich gelangen mögen. Gib uns Eifer und Kraft, damit wir keine Mühe und Anstrengung scheuen, um der Seligkeit des Himmels teilhaftig zu werden.

539

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden.

Erwägungen. Der Wille des Herrn soll geschehen an uns. Wir sollen in Leiden den Glauben an das Walten der göttlichen Vorsehung erwek - ken, durch welche alles zu unserm Be - sten angeordnet wird und mit Christus sagen: Vater, nicht mein, sondern dein Wille geschehe. In diesem Vertrauen und dieser Ergebung liegt die tröstlichste Erquickung für das bekümmerte Herz. Der Wille Gottes soll geschehen durch uns, indem wir seine Gebote beobach - ten. Wer den Willen des Herrn er - füllt, der ist heilig und gerecht, schon glücklich hienieden durch die Ruhe des Gewissens, und ewig selig in der an - deren Welt. Nichts geht auf Erden über den Seelenfrieden des Gerechten. Wie viele Uebel würden aus der Welt verschwinden, wenn alle dem Herrn ge - horchten, wie die Bewohner des Him - mels? Die Erde würde gewissermaßen540 zum Himmel werden, die Menschen würden Gott als ihren Vater ehren, und Er sie als seine geliebten Kinder segnen. Denke bei diesen Bitten an deine Leiden, deine Vorsätze, Versuch - ungen, erwecke die Gesinnungen der Er - gebung, der Reue, des Gehorsams, der Treue und des Eifers für Gottes Ehre, und bitte um die hiezu notwendige Gnade für dich und andere.

Anmutung. Alle Wesen im Him - mel und auf Erden gehorchen jedem Winke deines heiligen Willens. Nur wir armselige Menschen nehmen uns heraus, zum eigenen Schaden Dir zu widerstreben. Rotte in uns aus diesen bösen Willen und lehre uns deinen Willen thun, wie ihn die Engel im Himmel thun. Thue an mir und durch mich, o Herr, was wohlgefällig ist vor Dir, durch Jesum Christum, deinen lieben Sohn, welcher vom Himmel herabgestiegen ist, um deinen Willen zu thun.

541

Gib uns heute unser tägliches Brot.

Erwägungen. Leben und Gesund - heit, Ehre und Glück, alles, was wir an Leib und Seele notwendig haben, kommt von der Hand des Herrn. Un - sere Bemühungen haben nur dann Er - folg, wenn der Herr dazu Segen und Gedeihen gibt. Niemand auf Erden kann uns des morgigen Tages versichern, Gott aber will heute und morgen un - ser gütiger Vater sein. Erwecke oft den Glauben, daß du ohne Gott nichts ver - magst, in jeder Lage aber auf seine Hilfe rechnen kannst, wenn du den alt - christlichen Spruch befolgst, der da lau - tet: Bete und arbeite. Denke bei dieser Bitte an deine zeitlichen Sorgen und Bedürfnisse; bedenke aber zugleich, daß nicht bloß dein Leib, sondern auch deine Seele der Speise bedürftig ist.

Anmutung. Aller Augen hoffen auf Dich, o Herr, und Du gibst ihnen Speise zur rechten Zeit. Du öffnest542 deine Hand, und erfüllest alle Wesen mit Segen. Der Du die hungrigen Ra - ben speisest, gib mir und allen Menschen, was sie zum Leben nötig haben, Ge - sundheit, Speise und Trank, ein frohes Gemüt und ein großes Vertrauen auf Dich.

Speise mich auch mit dem Brote des Lebens, und tränke mich mit den Wassern deiner Gnade. Gib mir das wahre Himmelsbrot, dein Fleisch, welches wahrhaftig eine Speise, dein Blut, welches wahrhaft ein Trank ist, damit ich in der Kraft dieser Speise wandle bis zu deinem heiligen Berge, und einst ge - würdiget werde zu essen und zu trinken an deinem Tische in deinem Reiche.

Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Erwägungen. Bei dieser Bitte soll der Christ an seine begangenen Sün - den denken. Auch wer im Stande der Gnade sich befindet, hat manche kleinere543 Sünden auf sich. Diese Bitte kann zu deren Nachlassung führen unter zwei Bedingungen: 1. daß sie von einer voll - kommenen Reue begleitet ist, 2. daß man ebenfalls allen Beleidigern ver - zeiht. Viele Christen beherzigen viel zu wenig das Wort des Herrn: Wenn ihr nicht vergebet, so wird euch euer Vater im Himmel auch euere Sünden nicht vergeben. Der wahre Diener Christi wird diese Bitte nie beten, ohne Reue über seine Sünden, namentlich über jene, die erst begangen worden, oder die ihn am meisten beunruhigen, und ohne alle freiwillige Abneigung und allen Haß aus seinem Herzen zu entfernen.

Anmutung. Gedenke deiner Er - barmungen, o Herr, und deiner Barm - herzigkeit, die von Ewigkeit ist. Der Vergehungen meiner Jugend und mei - ner unbewußten Sünden gedenke nicht, sondern um deines Namens willen sei gnädig meinen Sünden, denn ihrer sind viele. Da Du deine Huld uns544 erzeigtest, da wir noch Sünder waren, vergeben auch wir unsern Brüdern: denn wir wissen, daß Du, himmlischer Vater, auch gegen uns barmherzig bist, wenn wir ihnen verzeihen. Gott sei mir armen Sünder gnädig!

Und führe uns nicht in Versuchung.

Erwägungen. Die Versuchungen zur Sünde kommen nicht von Gott, sondern von Welt, Fleisch und Satan. Gott läßt aber dieselben zu: 1. um uns in der Demut zu erhalten, 2. um un - sere Treue zu prüfen und unsere Un - treue zu strafen, 3. um unseren Tugend - eifer und unsere Verdienste zu ver - mehren. Die Versuchungen gereichen uns nicht zum Schaden, sondern zum Heile, wenn wir 1. uns nicht freiwillig in die Gefahr begeben, 2. eifrig beten und fleißig die heiligen Sakramente empfangen, 3. treu und beharrlich käm - pfen. Erinnere dich bei dieser Bitte545 an jene Versuchungen, die dir schon oft gefährlich wurden.

Anmutung. Bete mit Kaiser Karl dem Großen: Ich bitte Dich, o Herr, Du wollest allen Nachstellungen meiner sichtbaren und unsichtbaren Feinde kräftig widerstehen und mich armen Sünder, der ich sonst niemand, als Dich, zu meinem Beschützer habe, um meiner Sünden willen nicht verstoßen und ver - lassen, sondern von aller Bosheit, wel - cher ich gedient, und leider noch diene, auch von allen Nachstellungen meiner sichtbaren und unsichtbaren Feinde um der Ehre deines heiligsten Namens willen erretten. Erfülle auch an mir deine Ver - heißung: Selig der Mann, der die Prüfung aushallet, denn wenn er be - währt erfunden worden, wird er die Krone des Lebens erlangen.

Sondern erlöse uns von dem Uebel.

Erwägungen. Einzig wahre Uebel sind nur die ewige Verdammnis und546 das, was zu derselben führt, Unglaube, Sünde, ein unglückseliger Tod. Bitte um Abwendung dieser Uebel, um die zur Erlangung der Seligkeit notwen - digen Gnaden, besonders um eine glück - selige Sterbestunde und thue das deinige, um dieses Glückes teilhaftig zu werden. Man kann bei dieser Bitte auch um Abwendung zeitlicher Uebel bitten, doch nicht ohne Ergebung in Gottes Willen und mit vollem Vertrauen auf seine Anordnungen.

Anmutung. Bewahre, o Herr, meine Seele vor der Nacht des Unglau - bens, dem Verderben der Sünde, dem Tode der ewigen Verdammnis. Erhalte mich durch deine Gnade unter der Zahl der Kinder Gottes, und führe mich am letzten Ende ein in die Mitte deiner Auserwählten. Wende auch gnädig von uns ab die vielen zeitlichen Uebel, die wir um unserer Sünden willen verdient haben und erlöse die armen Seelen von ihren Peinen.

547

Amen. Ja, Vater, so geschehe es. Ich vereinige meine Bitten mit denen aller Gerechten auf Erden und aller Heiligen im Himmel, und lege sie vor deinem Throne nieder, voll Vertrauen auf deine Verheißungen, auf deine Liebe und Barmherzigkeit und die Verdienste Jesu Christi. Es geschehe um deines Sohnes und deiner Auserwählten wil - len. Sie alle mögen zu meinem Flehen sagen: Amen!

Der englische Gruß.

Gegrüßet seist du. Wer spricht diese Worte? Der Erzengel Gabriel. Zu wem? zur aller - seligsten Jungfrau Maria. Diese Worte bezeugen tiefe Ehrfurcht: der Erz - engel war Maria diese Ehrfurcht schul - dig; denn sie sollte die Mutter seines Königs, seine Königin werden. Welche Ehre für Maria! O heilige Jung - frau, ich wünsche dir Glück zu dieser Ehre, deren du dich durch deine Tugend548 so würdig erzeigt hast. Gegrüßet seist du auch von mir als meine - nigin, als meine Mutter, als die Mut - ter meines Herrn! Es ist billig, daß ich dich in tiefster Ehrfurcht grüße, da selbst ein Engel vor dir sich gedemütiget hat! Wenn ich sage: Gegrüßet seist du! so vereinige ich mich mit dem Him - mel und mit der Erde; denn allüberall tönt dir dieser schöne Gruß entgegen!

Maria! O der schöne Name Maria! der liebenswürdige, trostreiche Name! Ueberall wird er mit Freude wiederholt. Maria! dieser süße Name ist die Stütze der Schwachen, der Trost der Betrübten, die Hoffnung der Sün - der, die letzte Hilfe der Sterbenden! Maria! Der Name Maria bedeutet Meeresstern. Sie hilft uns an den Klippen dieses Lebens glücklich vorbei - zukommen. Maria bedeutet Herrin, Königin, und ist sie es nicht in der That? Maria bedeutet Erleuchterin, und ist uns nicht durch sie das Licht549 der Welt gekommen? O Maria, sei mein Stern, meine Königin, meine Leuchte!

Du bist voll der Gnade! Ihr Geist war voll der Gnade, voll Licht und Erkenntnis; ihr Herz war voll Gnaden, voll Liebe und heiligen Verlangens; ihr jungfräulicher Leib war voll Gnaden, voll Reinheit und Heilig - keit! Du bist voll der Gnade! Die Sünde konnte keinen Platz in ihr fin - den. O unbefleckte Jungfrau! Alles in dir ist Gnade, nichts ist Sünde! Du bist voll der Gnaden von dem Augen - blicke deiner unbefleckten Empfängnis an, und durch deine treue Mitwirkung erhieltest du später jenes reichliche, über - fließende Maß von Gnaden, von dem in der hl. Schrift die Rede ist. In dem Geheimnisse der heiligen Mensch - werdung besaßest du den Urquell aller Gnaden selbst. Du bist voll der Gna - den! Maria wurde mit Gnaden über - häuft auch für uns, als unsere mäch -550 tige Fürbitterin. Ich will recht oft zu dieser heiligen Quelle eilen, damit die belebenden Ströme der Gnade auch auf mich übergehen.

Der Herr ist mit dir! Er ist in allen gerechten Seelen, aber auf noch viel vorzüglichere Weise in Maria, dem gerechtesten und vollkommensten aller Geschöpfe. Er ist mit ihr als der Tochter des Vaters, der Mutter des Sohnes, der Braut des heiligen Geistes. Der Herr ist mit dir! Er ist immer mit dir; Er war immer mit dir, weil nie eine Sünde Ihn nötigte, sich von dir zu entfernen. O mein Gott! sei immer mit mir, und laß nicht zu, daß ich jemals durch eine Sünde mich von Dir trenne!

Du bist gebenedeit unter den Weibern. Maria verkündet selbst in ihrem Lobgesange, daß von nun an alle Geschlechter sie selig preisen wer - den; und wirklich seit jenen Tagen und überall äußert sich auf alle mög -551 liche Weise die innige Verehrung und Liebe ihrer Kinder. Welches Weib wurde je geehrt, wie Maria! Aber welches ist auch dieser Ehre je so wür - dig gewesen!

Und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes Jesus. Jesus! göttlicher Name, den der Engel vom Himmel brachte! Jesus, der Retter der Welt, Jesus, der Sohn des Aller - höchsten, ist auch der Sohn Maria, die Frucht ihres Leibes. Jesus sei gebene - deit, gebenedeit im Himmel, gebenedeit auf Erden! O Jesus, ich preise Dich, ich liebe Dich, ich bete Dich an!

Heilige Maria, Mutter Got - tes! Ich wünsche dir Glück, und freue mich, daß du die Mutter Jesu, die Mutter Gottes bist. Du bist die Mutter der Barmherzigkeit und auch unsere Mutter.

Bitte für uns arme Sünder! Uns armseligen Menschen, schwach und sündhaft, täglich bedroht von Leiden,552 Gefahren und Versuchungen, unwürdig um unsertwillen Erhörung zu finden, wende deine barmherzigen Augen zu, und sei unsere Fürsprecherin bei deinem Sohne.

Jetzt in den Bedrängnissen und Gefahren des heutigen Tages, besonders in diesem ... und diesem ... An - liegen,

Und in der Stunde unseres Absterbens. Komme uns alsdann entgegen mit den Scharen der Engel, entreiße unsere Seelen der bittern Angst und großen Gefahr und trage sie in die Seligkeit des Paradieses. Amen.

Das allgemeine Gebet.

Allmächtiger, ewiger Gott, Herr himmlischer Vater! siehe an mit den Augen deiner unergründlichen Barm - herzigkeit unsern Jammer, Elend und Not. Erbarme Dich über alle Christ - gläubigen, für welche dein eingeborner553 Sohn, unser Herr und Heiland, Jesus Christus, in die Hände der Sünder freiwillig gekommen ist, und sein kost - bares Blut am Stamme des heiligen Kreuzes vergossen hat. Durch diesen Herrn Jesum wende ab, gnädigster Vater, die wohlverdienten Strafen, gegenwärtige und zukünftige Gefahren, schädliche Empörung, Krieg, Teuerung, Krankheiten und betrübte, armselige Zeiten. Erleuchte auch und stärke in allem Guten die geistlichen und welt - lichen Vorsteher und Regenten, damit sie alles befördern, was zu deiner göttlichen Ehre, zu unserem Heile, zum allgemeinen Frieden und zur Wohlfahrt der ganzen Christenheit ge - deihen mag. Verleihe uns, o Gott des Friedens, rechte Vereinigung im Glau - ben, ohne alle Spaltung und Tren - nung. Bekehre unsere Herzen zur wah - ren Buße und Besserung unseres Le - bens. Zünde an in uns das Feuer deiner Liebe; gib uns einen Hunger554 und Eifer zu aller Gerechtigkeit, da - mit wir als gehorsame Kinder im Leben und Sterben Dir angenehm und wohlgefällig seien. Wir bitten auch, wie Du willst, o Gott, daß wir bitten sollen, für unsere Freunde und Feinde, für Gesunde und Kranke, für alle be - trübten und elenden Christen, für Le - bendige und Abgestorbene. Dir, o Herr, sei für immer empfohlen unser Thun und Lassen, unser Handel und Wan - del, unser Leben und Sterben. Laß uns deine Gnade hier genießen und dort mit allen Auserwählten erlangen, daß wir in ewiger Freude und Selig - keit Dich loben, ehren und preisen mögen. Das verleihe uns, o Herr, himmlischer Vater, durch Jesum Chri - stum, deinen lieben Sohn, unsern Herrn und Heiland, welcher mit Dir und dem hl. Geiste als gleicher Gott lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewig - keit. Amen.

555

Die offene Schuld.

Ich, armer sündiger Mensch, wi - dersage dem bösen Feinde, allen seinen Eingebungen, Rat und That. Ich glaube an Gott den Vater, an Gott den Sohn und an Gott den heiligen Geist. Ich glaube auch gänzlich alles, was die katholische Kirche zu glauben vorstellt. Mit diesem heiligen katholischen Glau - ben bekenne ich Gott, dem Allmächti - gen, Maria, der hochwürdigen Mut - ter, allen lieben Heiligen, und gebe mich schuldig, daß ich von meinen kind - lichen Tagen an bis auf diese Stunde oft und viel gesündiget habe, mit Ge - danken, Worten und Werken und Un - terlassung vieles Guten; wie denn solches alles geschehen ist, heimlich oder öffentlich, wesentlich oder un - wissentlich, wider die zehn Gebote, in den sieben Hauptsünden, an den fünf Sinnen meines Leibes, wider Gott, wider meinen Nächsten, und wider556 das Heil meiner armen Seele. Alle meine Sünden sind mir leid und reuen mich von Herzen. Darum bitte ich Dich demütig, ewiger, barmherziger Gott! Du wollest mir deine göttliche Gnade verleihen und mein Leben fri - sten so lange, bis ich hier alle meine Sünden möge beichten und büßen, deine göttliche Huld erwerben und nach diesem elenden Leben die ewige Freude und Seligkeit erlangen. Deshalb klopfe ich an mein sündiges Herz, und spreche mit dem öffentlichen Sünder: O Gott, sei mir armen Sünder gnädig! Amen.

Zwei Besuchungen des allerheilig - sten Altarssakramentes.

Christus verweilt unter Brotsgestalten im Tabernakel, damit wir fleißig Ihm unsere Liebe und Verehrung darbringen und in allen An - liegen und Nöten vertrauensvoll bei Ihm Hilfe suchen. Ein katholischer Christ soll aus Liebe zu Christus und zu seiner Seele oft seinen göttlichen Freund und Helfer im Tabernakel besuchen. Wer es an Wochentagen nicht kann, wird doch an Sonntagen einige Augenblicke557 erübrigen können. Die Punkte der nachfolgen - den Besuchung sollen nur als Beispiel dienen, wie man auf einfache und leichte, und doch gnadenreiche Weise mit Christus im Taber - nakel umgehen kann. Wer an einer offenen Kirche vorbeigeht, sollte nicht unterlassen, wenig - stens eine solche oder ähnliche Begrüßung an den göttlichen Heiland zu richten. Auch können sie als Nachmittagsandachten gebraucht werden.

Die erste Besuchung mag als Beispiel dienen, wie man bei dieser Andacht die Ge - heimnisse der Erlösung verehren kann, die zweite, wie man sich in verschiedenen Anliegen vertraulich an den göttlichen Heiland wenden soll.

Erste Besuchung.

1.

O Jesus, ich bete Dich an, als den menschgewordenen Gott unter Brots - gestalten. Ich danke Dir, daß Du unsere Natur angenommen hast und unter uns wohnen willst. Ich bitte Dich um Verzeihung für alle Unehrerbietig - keiten und allen Unglauben, womit die Menschen Dich in dem heiligsten Ge - heimnisse der Menschwerdung be - leidigen. Ich opfere Dir auf meine Ge -558 bete und guten Werke und die der ganzen Gemeinschaft der Heiligen zur Verherr - lichung deiner Menschwerdung und zur Förderung des Glaubens an deine Macht und Gottheit. Amen.

2.

O Jesus, mein hier gegenwärtiger Heiland! Ich bete Dich an in den Ge - heimnissen deiner Kindheit und Ju - gendzeit. Ich danke Dir, daß Du als Kind und Jüngling unser Vorbild werden und für unser Heil viele Opfer bringen wolltest. Ich bitte Dich um Verzeihung für die Sünden meiner Kinder - und Jugendjahre, sowie für alle Beleidigungen, welche Dir von der Jugend je sind zugefügt worden und noch zugefügt werden. Ich opfere Dir auf meine geringen Werke, ver - einigt mit denen aller frommen und heiligen Kinder, um deine heilige Kind - heit zu ehren und allen Kindern und jungen Christen von Dir Segen und Gnade zu erflehen. Amen.

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3.

O Jesus, ich bete Dich an als mei - nen göttlichen Lehrer, wie Du es einst gewesen während deines Wandels auf Erden und noch bist in der katho - lischen Kirche. Ich danke Dir, daß Du uns die ewigen Wahrheiten vom Himmel gebracht hast und durch deine Kirche verkünden lassest. Ich bitte Dich um Verzeihung für meine eigene Gleichgültigkeit in Beherzigung deiner göttlichen Lehre, sowie für die Gering - schätzung und Vernachlässigung deines Wortes durch so viele Gläubige. Ich opfere Dir aus meine geringen guten Werke in Vereinigung mit den Mühen und Arbeiten der Apostel, der Glaubens - boten und eifrigen Seelsorger, um Dich als unsern göttlichen Lehrer anzubeten und Dich zu bitten, daß Du die Verkünder deines Wortes erleuchtest und stärkest, die Gläubigen erfüllest mit Verlangen nach deiner beseligenden Lehre und alle Men -560 schen zur Erkenntnis der Wahrheit führen mögest. Amen.

4.

O Jesus, im heiligsten Altarssakra - mente gegenwärtig, ich bete Dich an als unsern Hohenpriester, der Du beim letzten Abendmahl dieses heiligste Geheimnis für uns eingesetzt hast. Ich danke Dir für die unendliche Liebe, mit der Du es einsetztest, und für die große Geduld und Langmut, Barm - herzigkeit und Güte, welche Du fort - während in demselben übest gegen mich und alle sündigen Menschen. Ich bitte Dich um Verzeihung für alle Un - bilden, allen Undank und alle Gleich - gültigkeit, die Du in diesem Sakramente der Liebe von mir und andern erfahren mußt. Ich opfere Dir auf meine geringen Gebete, Arbeiten, Leiden und Ueberwindungen, in Vereinigung mit den Gebeten und guten Werken aller Heiligen, um Dich in diesem Geheim -561 nisse zu verherrlichen und für uns un - würdige Christen um Gnade zu bitten. Erfülle doch, ich bitte Dich darum, alle Herzen mit heiligem Eifer an dei - nem heiligen Opfer fleißig teilzunehmen, dein Fleisch und Blut würdig zu ge - nießen. Dich oft hier andächtig zu be - grüßen. Amen.

5.

O Jesus, hier unter Brotsgestalten gegenwärtig, ich bete Dich an als mei - nen göttlichen Erlöser in dem Geheim - nis deines Leidens und Sterbens. Ich danke Dir für die unendliche Liebe, mit der Du Dich zu unserem Heile am Kreuze geopfert hast. Ich bitte Dich um Verzeihung für alle Sünden, mit denen wir dein Leiden mitverschuldet haben, und für allen Un - dank und alle Gleichgültigkeit, durch die wir gegen Dich, unsern gekreuzig - ten Heiland, gefehlt haben. Ich opfere Dir auf meine Leiden und Ueberwin -562 dungen, Sorgen und Kümmernisse, in Vereinigung mit den Peinen der Mar - tyrer und den Opfern aller Heiligen, um Dich als unsern gekreuzigten Er - löser zu verherrlichen und zu bitten, daß Du unsere Seelen in deinem hei - ligsten Blute rein waschen und selig machen mögest. Amen.

6.

O Jesus, im heiligsten Sakramente, ich bete Dich an als König und Herrn zur Rechten des Vaters. Ich danke Dir, daß Du auf dem Throne deiner Herrlichkeit unser gedenkest, uns liebest, für uns sorgst, uns in diesem Geheimnisse sogar mit deiner Gegen - wart beglückest. Ich bitte Dich um Verzeihung für alle Sünden und Be - leidigungen, die dein allwissendes Auge täglich auf dieser Erde beobachtet, auf die Du täglich so freigebig deine Ga - ben und Gnaden herniedersendest. Ich opfere Dir auf meine geringen563 guten Werke in Vereinigung mit allen guten Werken und Verdiensten der ganzen Gemeinschaft der Heiligen, um Dir in diesem Geheimnisse als unserem König und Gott zu huldigen und Dich um die Ausbreitung deines Reiches auf Erden zu bitten. Amen.

7.

O Jesus, ich bete Dich an im hei - ligsten Sakramente als meinen künf - tigen Richter. Ich danke Dir, daß Du deine Barmherzigkeit vor deiner Gerechtigkeit offenbarest, und bevor Du als strenger Richter kommst, als barm - herziger Erlöser unter uns weilen willst. Ich bitte Dich um Verzeihung für meine und der ganzen Welt Sünden, welche deine Gerechtigkeit zur Strafe herausfordern. Ich opfere Dir auf meine geringen guten Werke in Ver - einigung mit den Verdiensten deiner Auserwählten zur Anbetung deiner Barmherzigkeit, zur Besänftigung deiner564 Gerechtigkeit, zur Erlangung eines gnä - digen Richterspruches für mich und alle von Dir erlösten Seelen und der Zu - lassung zu deiner beseligenden Gemein - schaft im ewigen Leben. Amen.

Zum Schlusse erwecke jedesmal die

geistliche Kommunion.

O Jesus! Ich glaube, daß Du im heiligsten Sakramente gegenwärtig bist. Ich hoffe auf deine Liebe und Barm - herzigkeit. Ich liebe Dich von gan - zem Herzen. Ich bereue alle meine Sünden. Ich verlange, Dich in meiner Seele zu empfangen. - O Herr, ich bin nicht würdig, daß Du eingehst un - ter mein Dach, sondern sprich nur ein Wort, so wird gesund meine Seele.

Zweite Besuchung.

1.

O Jesus im heiligsten Sakramente! Ich begrüße Dich mit großem Ver - trauen als Helfer in meinen Nöten. 565Du rufest uns liebevoll zu: Kommet alle zu Mir, die ihr mühselig und beladen seid, und Ich will euch erquik - ken. Du kennst die Leiden und Sorgen, die auf mir lasten, und weiht auch, wie gering meine Kräfte sind. Du weißt viel besser als ich, was mir zum Heile dient. Darum überlasse ich alles vertrauensvoll deiner Weisheit und Liebe. Wenn es mög - lich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber, doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe. Willst Du, daß ich Dir mein kleines Kreuz nachtrage, nachdem Du mir dein großes Kreuz vorangetragen hast, so geschehe dein Wille. Gib mir nur Kraft und Trost, Dir auf dem Wege des Kreuzes nachzufol - gen, und mache, daß mein Leiden Dir zur Ehre und meiner Seele zum Heile gereiche. Amen.

2.

O Jesus im heiligsten Sakramente! Ich fliehe zu Dir wie ein Kind zu566 seinem Vater in den Versuchungen, von denen meine Seele angefochten wird. Aus Liebe zu mir hast Du Dich soweit erniedrigt, daß der Ver - sucher auch Dir nahen konnte, Du hast ihn für mich besiegt und seine Macht gebrochen, Du bist hier gegenwärtig, um mir zu helfen, ebenfalls Welt, Fleisch und Satan zu überwinden. Blicke mitleidig herab auf die Größe der Gefahr und meiner Schwäche, er - fülle meine Seele mit Abscheu vor der Sünde, mit himmlischen Gesinnungen, mit Mut und Kraft, um dem Versu - cher auf das Haupt zu treten, um alle seine Fallstricke zu zerreißen und Dir treu zu bleiben. Komm Du selber in mein Herz, stehe mir bei in der Versuchung, dann brauche ich keinen Feind zu fürchten, denn Du wirst für mich kämpfen und siegen. Amen.

3.

O Jesus im heiligsten Sakramente! Du hast uns dieses Geheimnis hinter -567 lassen als ein Andenken deines Todes. Wenn ich deines schmerzlichen Leidens und Sterbens gedenke, werde ich auch erinnert an meine eigene Todes - stunde. Wie hilflos und geängstiget wird meine arme Seele in dieser Stunde voll Schrecken und Gefahren sein! Ich bitte Dich um deines für mich ver - gossenen Blutes willen, stärke alsdann meine Seele durch den würdigen Ge - nuß deines Fleisches und Blutes, hilf mir im letzten Kampfe und nimm mich auf in die selige Gesellschaft dei - ner Auserwählten, damit ich Dich, den ich jetzt im Glauben unter Brotsge - stalten anbete, im Himmel von An - gesicht zu Angesicht ewig schauen und lobpreisen kann. Amen.

4.

Für Eltern.

O Jesus im heiligsten Sakramente! Die Liebe, welche Du im Evangelium gegen die Kinder gezeigt hast, erfüllt jetzt568 noch dein Herz, und auch uns rufest Du zu: Lasset die Kleinen zu Mir kommen! Gerne folge ich dieser Ein - ladung; denn mein Herz wird schwer geängstiget, wenn ich hinblicke auf den Wert einer unschuldigen Kinderseele, auf die Gefahren, welche sie bedrohen, auf meine Unfähigkeit für Erfüllung meiner Pflichten, auf die einstige Ver - antwortung vor deinem Richterstuhle. Darum lege ich meine Kinder in deine Hände, übergebe sie Dir als Eigen - tum, stelle sie ganz unter deinen Schutz und Schirm. Ich will nur dein Die - ner und Stellvertreter sein, der in deinem Namen und Auftrage und mit deinem Beistande für die Kinder sorgt. Ich will so oft als möglich hier er - scheinen, um von Dir Segen und Gnade für Erfüllung meiner Eltern - pflichten zu empfangen, um bei Dir Trost und Aufmunterung in meinen Sorgen und Kümmernissen zu suchen. Entlasse mich niemals ohne neue Gnade569 und neuen Trost, segne jedesmal mich und meine Kinder, daß wir mitein - ander den Weg des Heiles wandeln und einst miteinander zu deiner seli - gen Anschauung gelangen mögen. A.

Geistliche Kommunion wie oben.

In ähnlicher Weise kann und soll der gläubige Christ über alle eigenen und fremden Anliegen und Bedürfnisse mit dem göttlichen Heilande im Tabernakel sich unterhalten.

Litanei vom heiligsten Namen Jesu.

(Einmal täglich 300 Tage Ablaß. Leo XIII., 16. Januar 1886.)

Herr, erbarme Dich unser! Chri - stus, erbarme Dich unser! Herr, erbarme Dich unser!

Jesus, höre uns! Jesus, erhöre uns!

Gott Vater vom Himmel, erbarme Dich unser!

Gott Sohn. Erlöser der Welt, erbarme Dich unser!

Gott heiliger Geist, erbarme Dich unser!

570Heilige Dreifaltigkeit, ein einiger Gott, erbarme Dich unser!

Jesu, Du Sohn des lebendigen Gottes*)Erbarme Dich unser!

Jesu, Du Abglanz des Vaters,

Jesu, Du Klarheit des ewigen Lichtes,

Jesu, Du König der Herrlichkeit,

Jesu, Du Sonne der Gerechtigkeit,

Jesu, Du Sohn der Jungfrau Maria,

Du liebenswürdigster Jesu,

Du wunderbarer Jesu,

Jesu, Du starker Gott,

Jesu, Du Vater des zukünftigen Le - bens,

Jesu, Du göttlicher Ratgeber,

Du mächtigster Jesu,

Du geduldigster Jesu,

Du gehorsamster Jesu,

Jesu, sanftmütig und demütig von Herzen,

Jesu, Du Liebhaber der Keuschheit,

Jesu, unser Liebhaber,

Jesu, Du Gott des Friedens,

571Jesu, Du Urheber des Lebens, erbarme Dich unser!

Jesu, Du Vorbild der Tugenden,*)Erbarme Dich unser!

Jesu, Du Eiferer der Seelen,

Jesu, unser Gott,

Jesu, unsere Zuflucht,

Jesu, Du Vater der Armen,

Jesu, Du Schatz der Gläubigen,

Jesu, Du guter Hirte,

Jesu, Du wahres Licht,

Jesu, Du ewige Weisheit,

Jesu, Du unendliche Güte,

Jesu, unser Weg und unser Leben,

Jesu, Du Freude der Engel,

Jesu, Du König der Patriarchen,

Jesu, Du Meister der Apostel,

Jesu, Du Lehrer der Evangelisten,

Jesu, Du Stärke der Martyrer,

Jesu, Du Licht der Bekenner,

Jesu, Du Reinheit der Jungfrauen,

Jesu, Du Krone aller Heiligen,

Sei uns gnädig, verschone uns, o Jesu!

572Sei uns gnädig, erhöre uns, o Jesu!

Von allem Uebel, erlöse uns, o Jesu!

Von aller Sünde,*)Erlöse uns, o Jesu!

Von deinem Zorne,

Von den Nachstellungen des Teufels,

Von dem Geiste der Unlauterkeit,

Von dem ewigen Tode,

Von der Vernachlässigung deiner hei - ligen Einsprechungen,

Durch das Geheimnis deiner heiligen Menschwerdung,

Durch, deine Geburt,

Durch deine Kindheit,

Durch dein heiligstes Leben,

Durch deine Arbeiten und Mühen,

Durch deine Todesangst und dein Leiden,

Durch dein Kreuz und deine Verlas - senheit.

Durch deine Schmerzen und Wunden,

Durch deinen Tod und dein Begräbnis,

Durch deine Auferstehung,

Durch deine Himmelfahrt,

573

Durch deine Einsetzung der heiligsten Eucharistie, erlöse ...

Durch deine Freuden, erlöse ...

Durch deine Herrlichkeit, erlöse ...

O Du Lamm Gottes, das Du hin - wegnimmst die Sünden der Welt, verschone uns, o Jesu!

O Du Lamm Gottes, das Du hin - wegnimmst die Sünden der Welt, erhöre uns, o Jesu!

O Du Lamm Gottes, das Du hin - wegnimmst die Sünden der Welt, erbarme Dich unser, o Jesu!

Jesu, höre uns! Jesu, erhöre uns!

Lasset uns beten.

Herr Jesus Christus, der Du ge - sagt hast: Bittet, und ihr werdet empfangen; suchet, und ihr werdet finden; klopfet an, und es wird euch aufgethan werden; verleihe, wir bit - ten Dich, uns Flehenden die Glut574 deiner göttlichen Liebe, damit wir Dich von ganzem Herzen, mit Wort und Werk lieben und niemals aufhören, Dich zu loben.

Gib, o, Herr, daß wir die Ehr - furcht und Liebe gegen deinen heiligen Namen allezeit bewahren, da deine Vorsehung niemals diejenigen verläßt, welche Du in deiner Liebe befestiget hast; der Du lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Weihegebet, durch welches die christlichen Familien sich der heiligen Familie weihen.

(Am Tage der Aufnahme und bei der Erneuerung, insbesonders am Jahrestage der Aufnahme.)

O Jesu, unser liebenswürdigster Heiland, der Du vom Himmel ge - sandt worden, um die Welt durch deine Lehre und dein Beispiel zu er - leuchten, Du hast den größten Teil deines irdischen Lebens in dem be -575 scheidenen Hause zu Nazareth zubrin - gen und Maria und Joseph unter - than sein wollen. Dadurch hast Du diese Familie geheiliget, und zum Vor - bild für alle christlichen Familien ge - macht. O nimm gnädig auf die Weihe dieser unserer Familie, welche sich jetzt gänzlich Dir übergibt. Sei Du ihr Schutz und Schirm, befestige sie in der heiligen Furcht vor Dir, im Frie - den und in der Eintracht christlicher Liebe, damit sie dem göttlichen Vor - bilde deiner heiligen Familie ähnlich werde, und alle Glieder derselben ohne Ausnahme die ewige Seligkeit erlangen.

O Maria, du allerliebste Mutter Jesu Christi und unsere Mutter, be - wirke du in deiner Güte und Milde, daß Jesus diese unsere Weihe gnädig aufnehme und uns seine Gnaden und seine Segnungen spende.

O Joseph, heiligster Beschützer Jesu und Maria, komme uns zu Hilfe mit deiner Fürsprache in allen Anliegen576 des Leibes und der Seele, auf daß wir mit dir und der seligsten Jung - frau Maria dem göttlichen Erlöser Jesus Christus Lob und Dank erstat - ten können in alle Ewigkeit.

Andacht zu der heiligen Familie.

1. Zu Jesus.

Göttlicher Heiland, Jesus Chri - stus, Lehrer der ewigen Wahrheit, Du hast uns zum wahren Glauben berufen, Du hast uns denselben durch die heilige Taufe in das Herz ge - pflanzt. Du läßt uns auch deine be - seligende Lehre durch die katholische Kirche verkünden, wir bitten Dich, bewirke durch deine Gnade, daß die Kinder im Glauben gut unter - richtet werden, daß die Gläu - bigen fleißig dein Wort an - hören, daß sie so alle deine Wahrheit erkennen, treu festhalten, bekennen und befolgen und zum ewigen Leben ge - langen.

577

Göttlicher Heiland, Du bist unser Hoherpriester und unser Mittler beim Vater, wir nehmen uns vor, täglich unsere Seele in andächtigem Gebet zu stärken, wir wollen fleißig an deinem heiligen Opfer teilnehmen, namentlich am Sonntag in deinem heiligen Tempel vereint mit Dir dem Vater die höchste Ehre erweisen. Wir bitten Dich, hilf uns allen, diesen Vor - sätzen treu zu bleiben, verleihe uns, unseren Familien und allen Mit - christen die Fülle der Gnade und des Segens.

Göttlicher Heiland, Jesus Chri - stus, als guter Hirte leitest und füh - rest Du uns durch dein Evangelium, durch die Kirche und ihre Gebote auf dem Wege des Heiles, und wir wol - len Dir und deiner Kirche wil - ligen Gehorsam leisten. Ver - hüte gnädig, daß jemand unter uns als verlorenes Schaf von Dir abirre; führe die irrenden Schafe zurück, und578〈…〉〈…〉 mache, daß wir alle, wenn Du einst als Richter kommen wirst, zu deiner Rechten stehen können. Vater unser.

2. Zu Maria.

O Maria, du wunderbare Mutter, wir grüßen dich in deinen Mutter - freuden mit dem göttlichen Kinde. Nimm auch uns, insbesondere die jun - gen Christen, als deine Kinder an; wende ihnen mit mütterlicher Liebe deinen Schutz und deine Fürsprache zu, erhalte sie in der Unschuld und Gottesfurcht, wehre Aergernisse und Gefahren von ihnen ab, daß sie nach dem Vorbilde deines göttlichen Soh - nes zunehmen wie an Alter, so an Weisheit und Gnade bei Gott und den Menschen.

O Maria, schmerzhafte Mutter, wir grüßen dich in deinen Mutter - sorgen während der Kindheit deines göttlichen Sohnes, mir bemitleiden dich in deinem unaussprechlichen Leid bei579〈…〉〈…〉 seinem Tode am Kreuze. Wir bitten dich, erflehe allen Eltern einigen An - teil an dieser aufopfernden Liebe. Da - mit sie ihre heiligen Pflichten opfer - willig und treu erfüllen, in Kummer und Sorgen vertrauensvoll nach oben schauen und wie du durch Leiden und Opfer zur Freude und Seligkeit ge - langen.

O Maria, erhabene Himmelsköni - gin, wir grüßen dich in deiner Herr - lichkeit als Mutter der Barmherzig - keit, des Lebens Süßigkeit und unsere Hoffnung. Erflehe auch uns jenen himmlischen Sinn, der das Vergäng - liche verachtet, und das Ewige auf - sucht damit die Eltern ihre Kinder erziehen nicht für die Eitelkeit der Welt, sondern für das ewige Glück im Himmel; komme zu Hilfe den jun - gen Christen am Scheidewege des Le - bens, insbesondere in der Standes - wahl, damit sie nicht irdischer Dinge wegen den Weg zum Himmel verfeh -580 len; nimm uns alle unter deinen mütterlichen Schutz, damit du allen nach diesem elenden Leben zeigen kannst Jesum, die gebenedeite Frucht deines Leibes. Vater unser.

3. Zum heiligen Joseph.

Heiliger Joseph, du herrliches Vor - bild eines christlichen Hausvaters, erstehe allen Vätern die Gnade, daß sie nach deinem Vorbilde die Ihrigen lieben, in treuer Hingebung für ihr geistiges und leibliches Wohl sorgen, gerne in ihrer Mitte verweilen, ihnen in allem ein erbauliches Beispiel ge - ben, auch eine gute Hausordnung halten, Freude und Dank an ihren Kindern erleben und dereinst mit ih - nen zum Genusse der ewigen Selig - keit gelangen.

Heiliger Joseph, obschon zu einer hohen Würde berufen, mußtest du in Niedrigkeit und Armut, unter vielen Sorgen und Kümmernissen deine Tage581 verleben. Du hast dich in allen Prü - fungen treu bewährt, in der Entsa - gung, im Gottvertrauen, in der Zufriedenheit und Genüg - samkeit, und bist dadurch ein gro - ßer Heiliger geworden. Erflehe uns allen die Gnade, dein Beispiel nachzu - ahmen, mit unserem Stande zufrieden zu sein, in Mangel und Not auf Gott zu vertrauen, im Ueberflusse Mäßig - keit und Wohlthätigkeit zu üben, da - mit wir die Rechenschaft gut bestehen und mit unseren Sorgen auf Erden ein ewiges Glück verdienen.

Heiliger Joseph, als Pflegevater Jesu Christi hast du Ihm die ganze Liebe deines Herzens zugewendet, du hast mit unentwegter Hingebung und Treue für Ihn und seine Mutter ge - sorgt. Bitte den Herrn, daß Er auch unter uns einen solchen Eifer der Liebe für die Ebenbilder Jesu Christi, für die unsterblichen Seelen wachrufe, alle Gleichgültigkeit gegen fremdes582 Seelenheil aus den Herzen verbanne insbesondere in unserer Bruderschaft alles anrege, unterstütze und segne, was nach den Absichten des Erlösers geschehen soll, um den christlichen Unterricht zu befördern, die Jugend im Glauben und in der Tugend zu befestigen und unsere Familien der heiligen Familie in Nazareth ähnlich zu machen. Vater unser.

Gebet um Erneuerung der Standes - gnade.

O mein Gott, ich befinde mich durch die Fügung deiner Vorsehung in einem Stande voller Sorgen und Verantwortung. In deiner großen Güte hast Du mir beim Eintritt in den Ehestand eine besondere sakramen - tale Standesgnade verliehen, und ich sage Dir dafür von Herzen Dank. Wenn ich gerade jetzt vor Dir Rechen - schaft ablegen müßte über die em - pfangenen Gnaden und die übernom -583 menen Pflichten, so hätte ich allen Grund, vor deiner Gerechtigkeit zu zittern. Ich bitte Dich demütig um Verzeihung für alle Untreue und Nach - lässigkeit in Erfüllung meiner Stan - despflichten. Es ist mein ernstlicher Wille, in den Jahren, die Du mir noch schenkest, Dir getreuer zu dienen. Erneuere nur in mir die Gnade, die ich zur Erfüllung meiner Gattin - und Mutterpflichten von Dir empfangen habe.

Gib, daß ich mit meinem Gatten in Frieden, Liebe und Treue zusam - menlebe, ihm getreulich beistehe, und auch von ihm unterstützt werde, ihn durch meinen christlichen Wandel er - baue, und von ihm mich erbauen lasse, daß wir einander aufmuntern und trösten in den Sorgen dieses Lebens, und uns gegenseitig Führer zum Himmel werden.

Auf die Kinder, die Du mir an - vertraut hast, kann ich nur mit be -584 klommenem Herzen schauen, und zwar um so mehr, je lieber sie mir sind. Wie kostbar sind ihre unsterblichen Seelen! Wie groß sind die Gefahren, denen sie entgegengehen! Wie viel braucht es, bis sie allen Gefahren in dieser Welt und dem ewigen Verder - ben entronnen und in ewiger Sicher - heit bei Dir im Himmel sind. Wie groß sind meine Pflichten als Mutter dieser Kinder, wie schwer meine Ver - antwortung, wie gering meine Ein - sicht und Kraft! Um der Verdienste Jesu Christi willen, der diese Kinder mit seinem Blute erlöst, und mir die Gnade des Ehesakramentes verliehen hat, bitte ich Dich, o himmlischer Va - ter, mein Vater und Vater dieser Kin - der, gib mir alle Einsicht und Kraft und allen Eifer, die ich als christliche Mutter nötig habe, um mit all den Meinigen zum ewigen Leben zu ge - langen. Amen.

585

Das Vater unser der christlichen Mutter.

Vater unser, der Du bist im Himmel. O Herr des Himmels! mit heiliger Freude rede ich Dich als Vater an. Ich bitte Dich, auch in unserem Hause als Herr und Vater zu regieren, ich übergebe Dir alles, was ich besitze, empfehle mich und meine Familie in den Schutz deiner Allmacht und Liebe, und will Dir mit den Meinigen in aller Treue dienen.

Geheiliget werde dein Name. Gib, o Herr, daß dein anbetungs - würdiger Name in unserem Hause von allen immer mit Ehrfurcht ge - braucht, und niemals entheiliget werde, daß wir ihn vor den Menschen be - kennen, und daß wir im täglichen Gebete durch den andächtigen Gebrauch desselben Dich verherrlichen und deine Gnade und deinen Segen auf uns herabziehen.

586

Zukomme uns dein Reich. Erhalte mich und die Meinigen in dem wahren Glauben und in der Treue gegen Christus und die Kirche, wohne und regiere in unseren Herzen und in unserer Familie mit deiner Gnade, und nimm uns alle nach die - sem vergänglichen Leben auf in das Reich deiner himmlischen Herrlichkeit.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden. Thue an mir und meiner Familie, was Dir wohlgefällig ist, ich nehme Freude und Leid mit Vertrauen aus deiner Hand an. Verleihe nur, daß wir nie durch die Sünde deinem hei - ligen Willen zuwiderhandeln, sondern stetsfort so eifrig Dir dienen, wie es die Engel des Himmels thun.

Gib uns heute unser tägli - ches Brot. Ich empfehle Leben und Gesundheit, irdisches Fortkommen und Wohlfahrt von mir und den Meini - gen dem Schutze deiner Weisheit und587 Liebe. Verleihe gnädig, daß wir alle in diesem Leben hungern und dür - sten nach dem Worte deiner Wahr - heit, nach den Wassern der Gnade, nach dem wahren Himmelsbrot, und daß einst im andern Leben wir alle, Eltern und Kinder würdig werden, mit allen Heiligen zu Tische zu sitzen in deinem himmlischen Reiche.

Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Gedenke deiner Er - barmungen, o Herr, und deiner Barm - herzigkeit, die von Ewigkeit ist. Der Vergehungen meiner Jugend und meiner unbewußten Sünden gedenke nicht und strafe sie nicht an meinen Kindern und Nachkommen. Sei barmherzig gegen mich arme Sünderin und erzeige auch mei - nen Kindern immer deine Barmher - zigkeit. Aus Dankbarkeit gegen dein Erbarmen verzeihe ich allen meinen Beleidigern von ganzem Herzen.

Und führe uns nicht in Ver -588 suchung. Immer sind wir durch Versuchungen von innen und außen bedroht und Du, o Herr, bist unsere einzige Hilfe. Ich empfehle Dir ins - besondere die uuerfahrenen Kinder in den Gefahren des Lebens. Erhalte sie in heiliger Furcht, in Demut und Wachsamkeit, damit sie sich selber miß - trauen, so viel möglich die Gefahren fliehen, tapfer streiten gegen die Feinde ihres Heiles und einst die Siegeskrone erlangen.

Sondern erlöse uns von dem Uebel. Bewahre, o Herr, meine Seele und alle mir anvertrauten See - len vor der Nacht des Unglaubens, vor dem Verderben der Sünde, dem Tode der ewigen Verdammnis. Um deiner unendlichen Barmherzigkeit und der Verdienste Jesu Christi willen bitte ich Dich, gestatte nicht, daß am großen Gerichtstage eines von meinen Kindern oder Angehörigen auf der linken Seite stehen muß, oder daß ich589 als Mutter vor Dir, meinem Richter, als schuldig erfunden werde.

Amen. Ja, Vater, es geschehe Ihr seligen Himmelsbewohner, saget Amen zu meinen Bitten mit euerer Fürbitte; göttlicher Heiland, sage Amen mit deinen unendlichen Verdiensten, damit auch der Vater auf dem Him - melsthrone mit seinem Amen sie gnä - dig erhöre. Amen.

Die Festzeiten des Kirchenjahres.

Das katholische Kirchenjahr mit seinen Festen und Festkreisen führt uns die ganze Ge - schichte der Erlösung vor Augen. Es beginnt mit der Erinnerung an die Zeit vor Christus im Advent, hieran reiht sich die Weihnachts - zeit zur Feier des Andenkens an die Mensch - werdung, Geburt und Jugend des Erlösers, die vierzigtägige Fasten zur Betrachtung des Leidens Jesu, die Ostern - und Pfingstzeit zur Erinnerung an die Verherrlichung des Erlösers und die Gründung der Kirche, das Fronleich - namsfest samt Oktav zur Verehrung des hei - ligsten Altarsgeheimnisses, die Sonntage nach Pfingsten als Hinweis auf die Wirksamkeit des590 Reiches Gottes auf Erden und der Schluß des Kirchenjahres mit den Festen Allerheiligen und Allerseelen zur Erinnerung an das Jenseits, die Gemeinschaft der Heiligen und das Welt - gericht. Die Festzeiten des Kirchenjahres stehen auch mit dem Leben der Natur in sinnvoller Uebereinstimmung. Mit Weihnachten beginnt das Tageslicht zu wachsen, Ostern fällt in die Frühlingszeit, mit dem Herbst in der Natur fällt das Ende des Kirchenjahres, die Erinner - ung an das Weltende zusammen. Suche auch du dein Inneres mit diesem geheimnisvollen Leben der Kirche in Einklang zu setzen, indem du die Wohlthaten der Erlösung betrachtest, Gott dafür dankst, sie zu benutzen suchst, wie es jede Festzeit dir nahe legt. Wer regelmäßig den heiligen Rosenkranz betet, mag nach den kirchlichen Festkreisen mit dem freudenreichen, schmerzenreichen und glorreichen Rosenkranz ab - wechseln. Suche mindestens mit einer kurzen Andacht, wenn es nicht täglich geschehen kann, doch an Sonn - und Festtagen an dieser geistigen Wiederholung der Erlösungsgeschichte teil zu nehmen.

Kurze Adventandacht.

1. Barmherziger Gott, Du hast gleich nach dem Falle unserer Stamm - eltern einen Erlöser verheißen, und591 diese Verheißung hat in die Finsternis und die Schatten des Todes, welche die Menschen infolge der Sünde um - nachteten, wie ein tröstlicher Hoffnungs - stern hineingeleuchtet. Erleuchte auch unsere Herzen, verscheuche die Nacht des Irrtums und der Sünde aus densel - ben, gib uns den Eifer wahrer Buße und Lebensbesserung, damit wir ge - würdigt werden, gnadenreiche Weihnach - ten zu feiern. Vater unser. Ave Maria.

2. Tauet ihr Himmel von oben, die Wolken mögen regnen den Gerech - ten, die Erde thue sich auf und sprosse den Heiland. So haben die Gerech - ten des alten Bundes ihre Sehnsucht nach dem Erlöser ausgesprochen. Wir danken Dir, o Herr, daß Du in der Fülle der Zeiten den Erlöser gesendet hast und seine Wohlthaten uns ge - nießen lassest. Gib, daß wir diese großen Segnungen immer treu be - nutzen, und uns nie derselben unwür - dig erweisen. Vater unser. Ave Maria.

592

3. Die allzeit reine und unbefleckte Jungfrau war der Morgenstern, welcher den beginnenden Tag der Erlösung ankündete. Wie hast Du, o hei - ligster Gott. Maria mit unermeß - lichen Gnaden ausgestattet, bis sie wür - dig erfunden wurde, deinen Sohn in ihren Schoß aufzunehmen! Schaffe auch unsere Herzen um mit deiner Gnade, damit sie eine würdige Woh - nung seien für den Herrn, wenn Er in der heiligen Kommunion bei uns Einkehr nimmt. Vater unser. Ave Maria. Glaube.

. Tauet, ihr Himmel von oben, die Wolken mögen regnen den Ge - rechten.

. Die Erde thue sich auf und sprosse den Heiland.

Kirchengebet.

O Gott, der Du uns durch die jährliche Erwartung unserer Erlösung erfreuest, verleihe uns, daß wir deinen593 eingebornen Sohn, den wir als Erlö - ser mit Freuden aufnehmen, zuver - sichtlich anschauen mögen, wenn Er als Richter kommen wird, durch denselben Christum ꝛc. Amen.

Andacht an Weihnachten.

1. Mit derselben Liebe, mit wel - cher Dir, o göttliches Kind, Joseph und Maria in der Krippe eine Lager - stätte bereiteten, möchte ich Dir mein Herz als Wohnung anbieten. Komme, o liebreichster Jesu, reinige es, heilige es, und hilf mir, es in Zukunft vor jeder Befleckung zu bewahren. Vater unser. Ave Maria.

2. Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede den Menschen auf Erden, die eines guten Willens sind. So haben die Engel bei deiner Geburt ge - sungen, o göttliches Kind. Ich möchte mein ganzes Leben in einen solchen Lobgesang umwandeln. Ich werfe alle Selbstsucht und Eitelkeit von mir, und594 will beten und arbeiten, leiden und überwinden in der einzigen Absicht, etwas beizutragen zur Ehre Gottes in der Höhe und zum Frieden unter den Menschen auf Erden. Vater un - ser. Ave Maria.

3. Wegen ihrer Unschuld und Frömmigkeit hast Du, mein Heiland, die armen Hirten durch einen Engel zu der Krippe eingeladen, und sie ha - ben Dir bei all ihrer Armut durch ihren frommen Eifer große Freude ge - macht. Verleihe mir die Gnade, mit derselben Einfalt des Glaubens, der - selben Andacht und Ehrfurcht vor dei - nen Altären zu erscheinen, um Dich da unter den Brotsgestalten so würdig zu verehren, wie sie Dich als schwaches Kind in der Krippe verehrt und an - gebetet haben. Vater unser. Ave Maria.

4. Göttliches Kind Jesu, die Wei - sen aus dem Morgenlande ließen sich mit staunenswertem Vertrauen und Gehorsam vom Sterne zu Dir führen595 und haben mit aller Freude ihres Herzens Dir ihre Gaben dargebracht. Gib, daß auch wir gerne und fleißig vor deinem Angesichte erscheinen und Dir bereitwillig opfern, was durch die Gaben der Weisen angedeutet wird, die Liebe unserer Herzen, eine wahre gottinnige Andacht und großmütige Abtötung unserer verkehrten Neigungen; nimm von uns diese Opfergaben gnä - dig an. Vater unser. Ave Maria.

5. Auf göttliche Eingebung kamen Simeon und Anna in den Tempel und wurden des größten Glückes teilhaftig, nach dem sie auf Erden verlangten, vor ihrem Ende noch den Erlöser zu schauen. Gib, daß auch wir den gött - lichen Einsprechungen gerne Gehör schenken, und verleihe uns die Gnade, vor unserem Tode den göttlichen Hei - land würdig empfangen zu können. Vater unser. Ave Maria.

. Und das Wort ist Fleisch ge - worden. Alleluja.

596

. Und hat unter uns gewohnt. Alleluja.

Kirchengebet.

Verleihe, allmächtiger Gott, daß uns, welche die Knechtschaft unter dem Joche der Sünde hält, deines Einge - bornen neue Geburt im Fleische be - freien möge. Durch Christum ꝛc. A.

Andacht für die heilige Fastenzeit

1. Göttlicher Heiland, deine schreck - liche Todesangst am Oelberg war die große Reue und Leid für die Sünden der ganzen Menschheit. Auch meine Sünden haben dein Leiden und deine Trauer vermehrt. Ich bitte Dich, mir einen rechten Schmerz über meine Sünden in die Seele zu legen, damit ich mich losmache von allen bösen Ge - wohnheiten, meine Fehltritte beweine und büße, würdig beichte und Dir in Zukunft treu diene. Vater unser. Ave Maria.

597

2. Herr Jesus Christus, Du hast die entehrende und schmerzliche Pein der Geißlung ausgehalten, um für die Sünden der Weichlichkeit und Unkeusch - heit an unserer Statt zu büßen. Ich habe die Streiche verdient, die auf Dich fallen. Ich bitte Dich mit wah - rem Reueschmerz um Verzeihung. Ich will anfangen, gemäß deinem Gebote mein Fleisch zu kreuzigen und die Reinheit des Leibes und der Seele über alles hoch zu schätzen und mit größter Sorgfalt zu bewachen. Hilf mir in dieser Fastenzeit zu deiner Ehre und zu meinem Heile diese kleinen Abtötungen (nenne sie) treu zu üben. Vater unser. Ave Maria.

3. Die Soldaten haben Dich, o mein Heiland, in der grausamsten Weise mißhandelt und verspottet und Dir eine Dornenkrone auf das Haupt gedrückt. Meine Sünden des Stolzes und der Eitelkeit sind die spitzigen Dornen dieser schrecklichen Krone. Ich598 stehe beschämt vor Dir, der Schuldige vor dem Unschuldigen. Ach verleihe mir doch den Geist wahrer Demut und hilf mir, meine Gedanken und Begierden, meine Worte und mein Be - nehmen von dem traurigen Uebel der Hoffart zu reinigen. Vater unser. Ave Maria.

4. Auf deinem schmerzlichen Gange zum Kalvarienberg büßest Du für al - len Kleinmut, für die Ungeduld und das Murren wider Gott, dessen sich die Menschen im Leiden so oft schul - dig machen. Ich will mein Kreuz ge - duldig tragen als Buße für meine Sünden, ich will es tragen, um damit den Himmel zu verdienen, ich will es tragen aus Liebe zu Dir. Gib mir nur Kraft und Stärke, Dir mutig nachzufolgen. Vater unser. Ave Maria.

5. Am Kreuze erduldest Du, o mein Heiland, den schrecklichsten Tod, um mich von dem ewigen Tode zu erlösen und mir den leiblichen Tod599 tröstlich und leicht zu machen. Ich flüchte für meine Todesstunde mit mei - ner Seele in dein heiligstes Herz. Dort bin ich sicher vor meinen Feinden, dort finde ich Trost und Gnade, dort kann ich nicht verloren gehen. Um deines bitteren Leidens und Sterbens willen verleihe mir die Gnade einer glückseligen Sterbstunde. Vater unser. Ave Maria. Glaube.

. Erbarme Dich meiner, o Jesu, erbarme Dich meiner.

. und sei mir gnädig wegen dei - nes allerheiligsten Leidens.

Gebet.

Allmächtiger, ewiger Gott, nach dessen Willen unser Erlöser Fleisch angenommen und dem Kreuze sich un - terworfen hat, verleihe gnädig, daß wir sein Dulden auch an uns erweisen, und an seiner Auferstehung teil zu nehmen gewürdigt werden. Durch Christum ꝛc. Amen.

600

Andacht für die österliche Zeit

1. Mit heiliger Freude, o Jesu gedenke ich deiner glorreichen Rückkehr ans dem Grabe. Du hast den Tod und die Hölle überwunden, Du stehst vor uns als der gewaltige Gottmensch, der Macht hat über Leben und Tod, der sein Leben ablegen und wieder nehmen kann. Wir werfen uns nieder vor deiner Majestät und beten Dich au als unsern Herrn und Gott. Vater unser. Ave Maria.

2. Glorreicher Erlöser! Mit deiner Auferstehung hast Du deine Weissagun - gen erfüllt, und Dich als göttlichen Lehrer vor aller Welt ausgewiesen Wir erneuern vor Dir das Gelübde unseres Herzens, deine Lehre fest zu glauben und standhaft zu bekennen. Vermehre in uns die Gnade des Glau - bens. Vater unser. Ave Maria.

3. Göttlicher Heiland! Dein gro - ßer Apostel ruft uns zu: Lasset uns601 Ostern halten, nicht im alten Sauer - teige, nicht im Sauerteige der Bosheit, sondern im ungesäuerten Brote der Reinheit und Wahrheit. (I. Kor. 5.) Ja, wir wollen mit unseren Seelen auferstehen aus dem Grabe der Sünde zu einem neuen und heiligen Leben. Verleihe uns allen die Gnade, mit dem würdigen Empfang der heiligen Sakramente in dieser österlichen Zeit dafür einen guten Grund zu legen. Vater unser. Ave Maria.

4. Abermals ruft der Apostel: Wenn ihr mit Christus auferstanden seid, so suchet, was droben ist, wo Christus ist, der zur Rechten des Vaters sitzt. Was droben ist, habet im Sinn, nicht was auf Erden. (Kol. 3, 2.) Nein, wir dürfen unser Herz nicht an diese vergänglichen Dinge hängen, die eine Beute des Todes sind. Verklärter Er - löser, gieße uns Sehnsucht und Ver - langen in die Seele nach der ewigen Glückseligkeit, in welche Du uns vor -602 ausgegangen bist. Vater unser. Ave Maria.

5. Du hast, o Jesu, den Tod auch für uns überwunden. Auch wir wer - den einst alle auferstehen, aber nicht alle werden verklärt werden. Die glückselige Auferstehung sei der erste Gegenstand unserer Sorgen und Wün - sche. Du, o mein Heiland, gestatte nicht, daß wir, die wir Glieder sind an deinem geheimnisvollen Leibe, von Dir getrennt werden und des ewigen Lebens verlustig gehen. Belebe uns mit deiner Gnade, wie der Weinstock die Rebzweige belebt. Vater unser. Ave Maria. Glaube.

. In deiner Auferstehung, Herr Jesus Christus, Alleluja.

. Werden Himmel und Erde er - freut. Alleluja.

Kirchengebet.

O Gott, der Du durch deinen Eingebornen den Tod besiegt und uns603 den Eingang zum ewigen Leben wie - der aufgeschlossen hast, hilf uns unsere Wünsche, die Du in zuvorkommender Gnade uns einflößest, mit deinem Beistande zu erreichen. Durch Chri - stum ꝛc. Amen.

Andacht zu Ehren des hl. Geistes.

1. Allmächtiger, ewiger Gott, Du hast der Kirche deinen heiligen Geist versprochen und gesendet, damit Er sie belebe, wie die Seele den Leib be - lebt. Siehe herab auf die Hirten und Schafe in deiner Kirche, auf die Verfolgungen und Bedrängnisse der einen, die Gefahren und Versuchungen der andern, und erneuere in der Ge - meinschaft der Gläubigen jenen Geist, der die ersten Christen so heilig und stark gemacht hat. Wir bitten Dich darum um der Verdienste Jesu Christi, deines Sohnes willen. Vater unser. Ave Maria.

2. Blicke hin, o himmlischer Va -604 ter, auf die unzähligen unsterblichen Seelen, die Du nach deinem Ebenbilde erschaffen und für den Himmel be - stimmt hast, die aber in der Finster - nis des Irrtums und der Sünde schmachten. Sende deinen Geist aus, um das Angesicht der Erde zu erneu - ern. Oeffne die Herzen der Sünder und Irrenden für deine Gnade und Wahrheit, erwecke Männer mit apo - stolischem Geiste, welche sie hinführen zum Glauben und Gehorsam in dei - ner Kirche, damit auf Erden ein Hirt und eine Herde werde, und alle das ewige Leben erlangen. Vater unser. Ave Maria.

3. Ich muß Dir, o himmlischer Vater, die Schwäche und Verkehrtheit meines Herzens klagen, welches so ge - neigt zum Bösen, so langsam und nachlässig zum Guten ist. Sende mir deinen heiligen Geist, daß Er meinen Verstand erleuchte, den Willen antreibe und stärke, mein Herz reinige, heilige605 und entflamme mit heiliger Liebe zu Dir. Verleihe gnädig, daß dein hei - liger Geist den siebenfachen Strom seiner Gnade über mich ausgieße, mich im Gebete mit Andacht, im Leiden mit Ergebung, in der Versuchung mit Stärke, bei der Arbeit mit Eifer und guten Absichten erfülle und im Leben und Sterben mein Helfer und Tröster sei. Gib mir, daß ich niemals durch die Sünde Ihn aus meinem Herzen vertreibe, noch durch Nachlässigkeit oder bösen Willen dem Wirken seiner Gnade hinderlich sei. Vater unser. Ave Ma - ria. Glaube.

. Sende deinen Geist aus und sie werden neugeschaffen;

. Und Du wirst das Angesicht der Erde erneuern.

Kirchengebet.

O Gott, der Du die Herzen deiner Gläubigen durch die Erleuchtung des heiligen Geistes belehret hast, verleihe606 uns die Gnade, daß wir durch eben denselben Geist verstehen, was recht ist, und uns allzeit seines Trostes erfreuen mögen. Durch Jesum Christum, un - sern Herrn. Amen.

Andacht zu Ehren der seligsten Jung - frau Maria.

(Nach dem heiligen Augustin.)

1. O du allerseligste Jungfrau, das schwache menschliche Geschlecht, welches durch dich wieder Zutritt erlangt hat zu dem, was es durch die Sünde ver - loren hatte, ist niemals im stande, dich gebührend zu verherrlichen. Nimm an diese geringe und deinen Verdien - sten nicht angemessene Danksagung; trage unsere Gebete in das Heiligtum, in welchem Gott seine Barmherzigkeit ausübt, und bringe uns aus demselben die Gnade der Versöhnung. Uebergib Ihm, was wir darbringen, erlange, um was wir bitten, verschaffe uns607 Sühnung unserer Fehler, und was wir mangelhaft vorbringen, mache du rein und gut. Wir haben niemand, der mehr Verdienste hätte, den Zorn des Richters zu versöhnen, als dich, die du würdig gewesen, die Mutter unse - res Erlösers und Richters zu sein. Va - ter unser. Ave Maria.

2. So komme nun zu Hilfe den Armen, stärke die Kleinmütigen, er - quicke die Betrübten und Elenden, bitte für das Volk, verwende dich für die Priester und Ordensleute, gedenke be - sonders auch des frommen Frauenge - schlechtes, lasse alle die, welche dich an - rufen, auch die Macht deiner Fürbitte erfahren, habe Mitleid mit den Be - trübten, sei uns allen gnädig, die wir noch fern von der himmlischen Heimat auf der Pilgerschaft begriffen sind. Weil du immer vor dem Angesichte des Allmächtigen stehst, der dich so reichlich begnadigt hat, so lasse unsere Seufzer vor deinen Sohn gelangen und608 bitte Ihn für uns arme Sünder. Vater unser. Ave Maria.

3. Wir sind hier auf Erden noch in vielerlei Trübsal. Man verfolgt uns, man übt gegen uns Unrecht, man schmäht uns, wir leiden Unge - mach, wir sind im Elende, du aber bist im Himmel, erhaben über alle Chöre der Engel und Heiligen; du folgst dem Lamme, wo Es hingeht, du bist die Königin der Jungfrauen und aller keuschen Seelen, welche sich ab - gewendet von den Lüsten des Fleisches und die Welt und ihre Eitelkeit ver - schmäht haben. Du führest sie zu dem Brunnen, aus dem die Wasser des ewigen Lebens strömen und wandelst mit ihnen unter den Herrlichkeiten des Paradieses. Du, die du in solcher Wonne und Seligkeit ewig dich freuest, wende deine barmherzigen Augen auf uns, die wir in Jammer und Elend leben, und hilf uns, die wir zu dir um Hilfe rufen. Vater unser. Ave Maria. Glaube.

609

Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, o heilige Gottesgebärerin, verschmähe nicht unser Gebet in un - sern Nöten, sondern erlöse uns allzeit von allen Gefahren, o glorreiche und gebenedeite Jungfrau, unsere Frau, unsere Mittlerin, unsere Fürsprecherin, versöhne uns mit deinem Sohne, em - pfehle uns deinem Sohne, stelle uns vor deinem Sohne.

. Bitte für uns, heilige Gottes - gebärerin.

. Auf daß wir würdig werden der Verheißungen Christi.

Kirchengebet.

Wir bitten Dich, o Herr, gieße deine Gnade in unsere Herzen, auf daß wir, die wir die Menschwerdung Christi, deines Sohnes erkannt haben, durch sein Leiden und Kreuz zur Herr - lichkeit der Auferstehung gebracht wer - den. Durch Christum, unsern Herrn. Amen.

610

Zu Ehren der unbefleckten Empfängnis.

1. Ganz schön bist du, meine Freundin, und eine Makel ist nicht an dir. Als Tochter des Vaters, als Mutter des Sohnes, als Braut des heiligen Geistes bist du, o Jung - frau, von jeder Befleckung durch die Erbsünde bewahrt geblieben. Wir freuen uns und preisen Gott wegen der Rein - heit und Schönheit, mit welcher der Herr dich schon im Anfange ausge - zeichnet hat.

In der heiligen Taufe hat der Herr auch unsere Seele gereinigt und ausgestattet mit dem hochzeitlichen Kleide der Gnade und Unschuld. Aber ach, wie oft und schwer haben wir dasselbe befleckt, wie sind wir in be - ständiger Gefahr, dasselbe ganz zu verlieren! Habe Mitleid mit uns, er - flehe den Reinen die Bewahrung der Unschuld, den Sündern die Wiederver -611 söhnung mit Gott, allen den Besitz der heiligmachenden Gnade im Leben und Sterben.

Vater unser. Gegrüßt seist.

2. Es sprach der Herr zur Schlange. Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, deinem Samen und ihrem Samen; sie wird dir den Kopf zertreten. Nie ist dir, o reine Jungfrau, die Versuchung des Satans gefährlich geworden, niemals regte sich in deinem Herzen die böse Begierlich - keit, nie hat der Schatten einer wirk - lichen Sünde deine reine Seele befleckt. Du bist die starke Frau, strahlend im ungetrübten Glanze der Heiligkeit, sieg - reich den Fuß auf das Haupt der Schlange setzend. Wir blicken auf zu dir voll Bewunderung deiner Schön - heit, voll Vertrauen auf deine Macht und Liebe. Du weißt, wie Welt, Fleisch und Satan uns versuchen, wie viele Kämpfe und Gefahren wir bestehen müssen, bevor unser Heil gesichert ist. 612O erhabene Schlangentreterin! bitt 'für uns, streit' für uns, beschütze uns gegen unsere Feinde und erwirb uns die Gnade der Treue im Kampfe und der Sündhaftigkeit bis an das Ende.

Vater unser. Gegrüßt seist.

3. Du bist voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern. Nein bist du, o Jungfrau, aus der Hand des Schöp - fers hervorgegangen, rein bist du durch das Leben gewandelt und rein zu Gott zurückgekehrt. Die Fülle der Gnaden, mit welcher dich der Herr im Anfange ausgestattet hat, wurde im - mer noch vermehrt und hat herrliche Früchte getragen. Alles, was du auf Erden gethan und gelitten hast, ist dir zum Gewinn geworden, zur Erhöhung deiner Tugenden und Verdienste, welche dich zur Königin aller Heiligen ma - chen. Hilf uns, daß wir die darge - botenen Gnaden nach deinem Vorbilde treu benutzen und so Tag für Tag613 in den Mühen und Sorgen dieses Le - bens wachsen in der Gnade und Hei - ligkeit und Verdienste sammeln für das ewige Leben.

Vater unser. Gegrüßt seist.

Andacht zu der schmerzhaften Mutter.

1. Die Weissagung Simeons.

Mitten unter deinen Mutterfreu - den wurden dir durch den Mund Si - meons die künftigen Leiden vorherge - sagt. Von diesem Augenblicke an hast du das Schwert der Schmerzen in deiner Seele gefühlt, hast du im Geiste das schmerzliche Opfer gebracht und dich gehorsam und ergeben den Rat - schlüssen der göttlichen Vorsehung un - terworfen. So ist für dich diese Weissagung die Quelle vieler Leiden, aber auch großer Verdienste geworden. Um dieser deiner Verdienste willen er - wirb uns die Gnade, in allen Prü - fungen der Gegenwart und Zukunft614 unseren Willen vollkommen mit dem göttlichen zu vereinigen.

Vater unser. Gegrüßt seist.

2. Die Flucht nach Aegypten.

Zu den Leiden der Dürftigkeit im Stalle zu Bethlehem, welche deiner mütterlichen Liebe so schwer fielen, ka - men noch die Gefahren und Beschwer - den der eiligen Flucht in ein fremdes Land. Du aber, o Maria, bist gläu - big und gehorsam den Weg gewandelt, den dich der Herr führen wollte, du hast dich mit kindlichem Vertrauen seiner Führung überlassen und bist so die Mutter der heiligen Hoffnung ge - worden. Mögen auch wir durch deine Fürsprache die Gnade erlangen, im Leiden gläubig zu Gott aufzuschauen, auszuharren im Gehorsam und im Gottvertrauen, bis wir durch die Ret - tung aus der Not getröstet werden.

Vater unser. Gegrüßt seist.

615

3. Der Verlust des zwölfjährigen Jesus.

Von allen Sorgen eines Mutter - herzens ist dir, o Maria, nur eine erspart worden, jene, welche von den Fehlern der Kinder herrührt. Auch als Mutter eines göttlichen Sohnes mußtest du drei Tage lang um Ihn in banger Sorge schweben. Wir ha - ben herzliches Mitleid mit diesem Kum - mer deines liebevollen Herzens und bitten um der Verdienste willen, die du damit erworben hast, daß wir alle nach deinem Vorbilde, die Eltern ge - gen ihre Kinder, Vorgesetzte gegen ihre Untergebenen, unsere Pflichten mit al - ler Treue, Sorgfalt und Wachsamkeit erfüllen mögen.

Vater unser. Gegrüßt seist.

4. Die Begegnung auf dem Kreuzwege.

Welcher Schmerz für dich, die Mut - ter des leidenden Heilandes, den Sohn auf seinem Leidenswege zu sehen in der Mitte roher Kriegsknechte, entstellt616 durch entsetzliche Mißhandlungen, mit der Dornenkrone auf dem Haupte, fast erliegend unter der Last des Kreuzes, gleich einem Lamm, das zur Schlacht - bank geführt wird! O Schmerz, um so bitterer, je größer die Liebe war! Um dieser Bitterkeit deines Herzens willen erflehe mir die Gnade, Kreuz und Leiden mit jenen heiligen Gesin - nungen Gott aufzuopfern, mit denen dein Sohn das schwere Kreuz getragen hat und mit denen du an seinem Lei - den teil genommen hast.

Vater unser. Gegrüßt seist.

5. Jesus stirbt am Kreuze.

Die Schrecken und Qualen des Kreuztodes Jesu, sind der teure Preis, um den wir erlöst worden sind und der mit unnennbarem Schmerze einge - graben wurde in das Herz seiner Mut - ter. Da bist du, o Maria, die schmerz - hafte Mutter geworden, die Königin der Martyrer, eine Martyrin der Liebe617 zu deinem Sohne am Kreuze und zu deinen armseligen Kindern auf Erden. Um dieses Martertumes der Liebe wil - len erflehe uns eine recht innige Liebe zu deinem Sohne, daß wir dankbar das Andenken seines Leidens feiern, ehrerbietig mit seinen heiligen Geheim - nissen umgehen, mit großem Schmerze die Sünden bereuen und büßen und in der Gemeinschaft seiner Gnade le - ben und sterben mögen.

Vater unser. Gegrüßt seist.

6. Die Kreuzabnahme.

O schmerzhafte Mutter Maria! Dein Sohn, den du einst als holdse - liges Kind an dein Herz drücktest, der auf deinem Schoße schlummerte, der - selbe liegt wieder auf deinem Schoße. Er schlummert wieder an deinem Her - zen, aber es ist der Schlummer des Todes. Du kannst nur noch den kal - ten Leichnam, ein Opfer der grau - samsten Qualen, in deine Arme schlie -618 ßen. Du bist in Wahrheit eine Mut - ter der Schmerzen, denn groß wie das Meer ist deine Bitterkeit und wir tra - gen herzliches Mitleiden mit dir. Sei auch uns eine liebende Mutter in der Todesstunde, wenn alle Lebensfreude mit Angst und Bitterkeit enden wird. Sei alsdann unsere Mutter und Trö - sterin und laß uns in deinen Armen und an deinem Herzen ruhen.

Vater unser. Gegrüßt seist.

7. Das Begräbnis Jesu.

Jeder Schritt auf dem Leidens - wege dient zur Vermehrung des Lei - dens. Jetzt wirst du von deinem Sohne gänzlich getrennt. Sein Leich - nam wird deinem Anblicke und dei - ner Umarmung entzogen und in das Grab gelegt. Du harrest aus in der Prüfung, du trinkst mutvoll den Kelch der Bitterkeit bis auf die Neige, aber die Nacht der Leiden geht vorüber, und es naht der Jubel des Ostermorgens,619 welcher dich für immer selig und glück - lich macht. O blicke huldvoll hernie - der auf uns, deine armseligen Kinder, die wir noch unter Sorgen und Küm - mernissen der Nacht des Grabes zu - wandern. Erflehe uns jene Hoffnung, welche dich aufrecht erhalten hat in den schwersten Prüfungen, und lasse sie auch für uns erfüllt werden in dem Genuß der ewigen Freuden.

Vater unser. Gegrüßt seist.

Zu Ehren der Aufnahme Mariens in den Himmel.

1. Siehe von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter. Längst hast du, o liebenswürgige Mut - ter und Jungfrau, uns verlassen, aber immerfort ertönt die Stimme deines Lobes von Meer zu Meer und von Jahrhundert zu Jahrhundert. Immer - fort rufen deine Kinder zu dir, um dich zu preisen als erhabene Himmels - Königin und anzurufen als die liebe -620 volle Mutter der Gnaden. Nimm auch mich auf in den Kreis deiner kindlichen Verehrer, ich will nicht müde werden, mit der ganzen Christenheit zu rufen:

Gegrüßt seist.

2. Großes hat an mir gethan, der da mächtig ist, und heilig ist sein Name. Schon auf Erden warst du. o Maria, die allzeit reine, gnaden - volle Jungfrau und Mutter Gottes, aber noch im Gewande der Niedrigkeit einer Magd des Herrn; jetzt sind die Leiden vorüber, Tod und Vergänglich - keit besiegt, du thronst als erhabene Himmelskönigin an der Seite deines Sohnes, erhöht über alle Engel und Heiligen, gekrönt mit Ehre und Herr - lichkeit. Wir huldigen dir mit Jubel und Freude als unserer Königin. Nimm an den Tribut unserer Liebe und Dank - barkeit, wenn wir zu dir rufen:

Gegrüßt seist.

621

3. Er ist barmherzig von Geschlecht zu Geschlecht denen, die Ihn fürchten. Auf Erden warst du, o Maria, ein Kind der Gnade, ausgestattet mit al - len Gaben und Gnaden des Himmels; erhöht zur Königin des Himmels bist du für uns die Mutter der Gnade. Wie der Herr durch dich uns den Er - löser schenken wollte, so will Er durch deine mütterliche Hand denen seine Gnaden schenken, welche auf deine Für - bitte vertrauen. Wir freuen uns, dich als Mutter zu haben, o mächtige und huldvolle Himmelskönigin! Höre auf unser Flehen und sei unsere Mittlerin bei deinem göttlichen Sohne.

Gegrüßt seist.

Die lauretanische Litanei.

(Jedesmal 300 Tage Ablaß. Pius VII. 30. Sept. 1817.)

Herr, erbarme Dich unser! Chri - stus, erbarme Dich unser! Herr, erbarme Dich unser!

622Christus, höre uns! Christus, er - höre uns!

Gott Vater vom Himmel, erbarme Dich unser!

Gott Sohn, Erlöser der Welt, erbarme Dich unser!

Gott heiliger Geist, erbarme Dich unser!

Heilige Dreifaltigkeit, ein einiger Gott, erbarme Dich unser!

Heilige Maria, bitte für uns!

Heilige Gottesgebärerin,*)Bitte für uns!

Heilige Jungfrau der Jungfrauen,

Mutter Christi,

Mutter der göttlichen Gnade,

Du allerreinste Mutter,

Du allerkeuscheste Mutter,

Du ungeschwächte Mutter,

Du unbefleckte Mutter,

Du liebliche Mutter,

Du wunderbare Mutter,

Du Mutter des guten Rates,

Du Mutter des Schöpfers,

623

Du Mutter des Erlösers, bitte für uns!

Du allerweiseste Jungfrau,*)Bitte für uns!

Du ehrwürdige Jungfrau,

Du lobwürdige Jungfrau,

Du mächtige Jungfrau,

Du gütige Jungfrau,

Du getreue Jungfrau,

Du Spiegel der Gerechtigkeit,

Du Sitz der Weisheit,

Du Ursache unserer Freude,

Du geistliches Gefäß,

Du ehrwürdiges Gefäß,

Du vortreffliches Gefäß der Andacht,

Du geistliche Rose,

Du Turm Davids,

Du elfenbeinerner Turm,

Du goldenes Haus,

Du Arche des Bundes,

Du Pforte des Himmels,

Du Morgenstern,

Du Heil der Kranken,

Du Zuflucht der Sünder,

624

Du Trösterin der Betrübten, bitte für uns!

Du Helferin der Christen,*)Bitte für uns!

Du Königin der Engel,

Du Königin der Patriarchen,

Du Königin der Propheten,

Du Königin der Apostel,

Du Königin der Märtyrer,

Du Königin der Bekenner,

Du Königin der Jungfrauen,

Du Königin aller Heiligen,

Du Königin, ohne Makel der Erbünde empfangen,

Du Königin des heiligen Rosen - kranzes,

O Du Lamm Gottes, das Du hin - wegnimmst die Sünden der Welt, verschone uns, o Herr!

O Du Lamm Gottes, das Du hin - wegnimmst die Sünden der Welt, erhöre uns, o Herr!

O Du Lamm Gottes, das Du hin -625 wegnimmst die Sünden der Welt, erbarme Dich unser!

(Die folgenden Gebete sind zur Gewin - nung des Ablasses nicht notwendig.)

. Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, o heilige Gottesgebäre - rin; verschmähe nicht unser Gebet in unseren Nöten, sondern erlöse uns jederzeit von allen Gefahren, o du glorwürdige und gebenedeite Jungfrau, unsere Frau, unsere Mittlerin, unsere Fürsprecherin! versöhne uns mit deinem Sohne, empfiehl uns dei - nem Sohne, stelle uns vor deinem Sohne.

. Bitt für uns, o heilige Got - tesgebärerin!

. Auf daß wir würdig werden der Verheißungen Christi.

. Wir bitten Dich, o Herr, gieße deine Gnaden in unsere Herzen, auf daß wir, die wir durch des Engels Verkündigung die Menschwerdung626 Christi, deines Sohnes erkannt haben, durch sein Leiden und Kreuz zur Herr - lichkeit der Auferstehung geführt wer - den; durch denselben Christum, unsern Herrn. Amen.

. Bitt für uns, o allerseligster Joseph!

. Auf daß wir würdig werden der Verheißungen Christi.

. Wir bitten Dich, o Herr, laß uns durch die Verdienste des Bräuti - gams deiner heiligsten Gebärerin ge - holfen werden, damit, was unser Ver - mögen nicht erhalten kann, uns durch seine Fürbitte geschenkt werde; der Du lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Das andächtige Beten des heiligen Rosenkranzes.

1. Die Teilnahme der Laien an den kirch - lichen Tagzeiten, die in den ersten Jahrhun - derten vielfach vorkam, hatte ihre großen Schwie -627 rigkeiten und hat sich darum nach und nach verloren. Als Ersatz hiefür wurden schon seit den ersten Zeiten einige mündliche Gebete, die allen geläufig waren, z. B. das Vater unser, Ehre sei u. s. w. von den Gläubigen in einer bestimmten Anzahl wiederholt. Zum Ab - zählen bediente man sich kleiner Steine oder Körner, die man später häufig, an eine Schnur gefaßt, am Halse trug. Unter den verschiedenen Gebetsweisen, die so verrichtet wurden, hat jene an Ausbreitung und Dauer alle anderen übertroffen, welche der hl. Dominikus einführte und welche gewöhnlich Rosenkranz genannt wird. Für drei Rosenkränze zusammen ist die Bezeichnung Psalter gebräuchlich, weil, wie schon bemerkt, solche Gebetsweisen einen Ersatz für das Psalmengebet bilden sollen. Im Rosen - kranze sind die schönsten Gebete und die wich - tigsten Geheimnisse der Erlösung gleich Rosen zu einem lieblichen Kranze verbunden; diese Gebetsweise ist geheiligt durch den frommen Gebrauch vieler Jahrhunderte; manche Ereig - nisse in der Kirchengeschichte und mehrere Feste des Kirchenjahres zeugen von den durch sie er - langten Erhörungen und daraus erklärt es sich, daß der Rosenkranz eine der gewöhnlichsten Andachten beim öffentlichen und häuslichen Gottesdienste geworden ist.

2. Der heilige Rosenkranz ist bestimmt, gleichzeitig für das betrachtende und das Bitt -628 gebet als das einfachste Hilfsmittel zu dienen. Die fünfzehn Geheimnisse des Rosenkranzes enthalten einen kurzen Abriß der Erlösungs - geschichte, wir betrachten sie in der frommen Unterhaltung mit der göttlichen Mutter, die einst an diesen Ereignissen den innigsten An - teil genommen hat. Wir sollen dabei je nach dem Gegenstande und nach den Bedürfnissen unseres Herzens die Gefühle der Freude, des Dankes, der Liebe, des Mitleidens, der Reue u. s. w. und entsprechende gute Vorsätze er - wecken. bei dem Geheimnis der Dornen - krönung kannst du dieses Leiden des Erlösers betrachten, mit welchem Er büßt für die Eitel - keit und den Stolz der Menschen; du erforschest dich dabei über deine eigenen Sünden des Hochmutes, die auch Dornen zu dieser Krone geliefert haben, du bereuest sie, bittest den Hei - land um Verzeihung und um die Gnade einer herzlichen Demut. Aehnlich bei den andern Geheimnissen. Es kann sicher keine leichtere und einfachere Art geben, die Geschichte der Er - lösung zu betrachten und unserem Gemüte und Willen nahe zu bringen.

3. Der heilige Rosenkranz enthält ferner Bitten, die unmittelbar an Gott, und An - rufungen, die an Maria gerichtet sind. In diese Bitten und Anrufungen können wir alle eigenen und fremden Anliegen des Leibes und der Seele hineinlegen, welche immer uns am629 Herzen liegen mögen, sei es, daß wir die ganze Andacht in der nämlichen Absicht aufopfern oder bei jedem Absatz an ein besonderes An - liegen denken wollen. Auf diese Weise kannst du die verschiedenen Tugenden, deine Standes - pflichten, deine häuslichen Anliegen, Versuchun - gen, Sorgen und Leiden, Kranke, Sterbende und Abgestorbene zum Gegenstand deiner Bitten machen. Wenn du überhaupt fähig bist, zu beten, so wird es dir nie an Anliegen fehlen, die du bei diesem Gebete Gott und Maria vortragen kannst.

4. Leider wird der Rosenkranz mitunter in einer Weise gebetet, welche mit seinem herr - lichen Inhalte, mit den an ihn geknüpften er - hebenden Erinnerungen und mit dem Zweck und der Würde des Gebetes überhaupt nicht im Einklange steht. Aber die Nachlässigkeit mancher Beter darf nicht dem Gebete selber zur Last gelegt werden. Der Rosenkranz wird eine der heilsamsten Gebetsweisen sein, wenn die Betenden sich bemühen:

a. am Anfange sich zusammeln, frei - willige Zerstreuungen zu vermeiden, die Worte langsam und so viel als möglich mit Ueberlegung auszusprechen, wie das bei dem Gebete überhaupt zu geschehen hat;

b. in der oben angegebenen Weise die Geheimnisse des Rosenkranzes zu630 betrachten und stets die Andacht für bestimmte Gebetsanliegen aufzuopfern.

5. Früher war der heilige Rosenkranz eine regelmäßige Abendandacht in den Fami - lien. Wenn dies gegenwärtig auch nicht überall möglich ist, sollte er wenigstens an den Vor - abenden von Sonn - und Festtagen nicht ver - säumt werden. Der eifrige Christ wird auch sonst manche Gelegenheit finden, ihn zu beten, z. B. wenn er allein auf dem Wege ist, bei Kranken wachen muß u. s. w.

In neuerer Zeit wurde der sogenannte lebendige Rosenkranz von den Päpsten ge - nehmigt, empfohlen und mit Ablässen ausgestattet und hat namentlich durch den Verein des Ge - betsapostolates eine große Verbreitung erlangt. Bei dieser Uebung werden die verschiedenen

Absätze von verschiedenen Personen gebetet. Damit die bewilligten Ablässe gewonnen wer - den, wird erfordert:

a. daß entsprechend den fünfzehn Geheim - nissen des Rosenkranzes je fünfzehn Personen sich zu dieser Uebung verbinden;

b. daß jede Person den ihr zugeteilten Absatz oder Zehner pünktlich betet und das betreffende Geheimnis dabei betrachtet;

c. daß die fünfzehn Geheimnisse unter den Teilnehmern jeden Monat durch das Los neu verteilt werden.

631

Aufopferung.

O du glorwürdige und wunderbare Mutter Gottes, Maria! diesen heiligen Rosenkranz (diese zwei heiligen Rosenkränze, diesen Psalter) opfern wir dir auf, zu - vörderst deinem geliebten Sohne Jesu Christo zu Lob und Ehre, (für alle Brü - der und Schwestern der heiligen Bruder - schaft) für Lebendige und Abgestorbene und für alle Anliegen der ganzen Chri - stenheit.

Der Rosenkranz der christlichen Mutter.

Im Anschluß an die eben gemachten Be - merkungen wird hier beispielsweise gezeigt, wie die christliche Mutter ihre Sorgen, Anliegen und Bitten mit dem Rosenkranz verflechten kann. Die jedem Geheimnisse beigefügten Bitten sind zur freien Auswahl überlassen. Es ist besser mit einem Geheimnisse nur eine Bitte zu verbinden. Hat man eine besondere Sorge auf dem Herzen, so opfere man den ganzen Rosenkranz für dieselbe auf. Man kann auch andere Bitten beifügen, als die hier angege - benen. Die Hauptsache ist, daß man das Gebet632 in einer bestimmten Meinung und Absicht ver - richtet, und zwar einer solchen, die Herzens - sache ist. Dann erhöht die Gebetsmeinung den Gebetseifer und dieser die Kraft und Wirk - samkeit des Gebetes.

I. Zum freudenreichen Rosenkranz.

1. Begrüße Maria als Mutter Gottes und opfere dein Gebet in der Meinung auf, daß kein Kind sterbe ohne die heilige Taufe, daß die Kin - der in der Taufunschuld erhalten blei - ben, daß Maria dich und dein Kind unter ihren besonderen Schutz nehme.

2. Betrachte den Besuch Mariens bei Elisabeth und bitte, daß auch du und dein Kind wie Johannes und seine Mutter durch Christus und Maria Segen und Gnade empfangen mögen, daß die häuslichen Gespräche, welchen das Kind zuhört, ihm stets zur Er - bauung und nie zum Aergernis ge - reichen, daß es außer dem Hause nur unter gute Menschen komme und vor jedem bösen Umgange bewahrt werde.

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3. Betrachte die Liebe Mariens zu dem neugebornen Weltheilande, bitte um eine übernatürliche Mutterliebe und die Bewahrung vor blinder Liebe, um die Gnade, das Kind zu einem Ebenbilde des göttlichen Kindes zu er - ziehen, um die Erkenntnis deiner Mutterpflichten, für dein Kind um den Schutz der Engel, die das Kind in der Krippe umschwebten.

4. Betrachte Maria im Tempel, wie sie das Gesetz erfüllt und ihr Kind Gott aufopfert, und bitte, daß du sel - ber die religiösen Pflichten zu Hause und in der Kirche ohne äußere Stö - rung und eigene Nachlässigkeit erfüllen mögest, daß auch du dem Kind Gott darbringen, d. h. für Ihn und den Himmel erziehen mögest, daß auch deine Muttersorgen wie die Mariens einst ein fröhliches Ende nehmen.

5. Betrachte den Knaben Jesus im Tempel und seine Mutter in ihrer Angst und bitte, daß auch deine Kin -634 der fromm werden, gerne im Hause Gottes weilen und würdig mit Gott umgehen, daß Gott die Kinder au - ßer dem Hause, besonders in der Fremde durch seine heiligen Engel beschützen möge, daß wenn Mutter und Kin - der auf Erden getrennt werden, sie sich einst im Himmel wieder glücklich zu - sammenfinden mögen.

II. Zum schmerzhaften Rosenkranz.

1. Betrachte, wie Christus am Oel - berge aus unendlicher Liebe die Sün - den der ganzen Welt auf sich nimmt und für sie in Todesangst Buße thut, und flehe, daß Gott dir in den Auf - regungen und Aengsten deines Herzens Trost und Beruhigung gewähre, daß du deinen Kindern einen rechten Ab - scheu vor jeder Sünde einzuflößen ver - mögest, daß alle Bedrängten und Versuchten nach dem Beispiele des Er - lösers im Gebete Hilfe und Trost suchen mögen.

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2. Christus ließ sich geißeln, um für die Weichlichkeit und Sinnlichkeit der Menschen genugzuthun. Bitte Ihn durch Maria um die Gnade die Lei - den und Widerwärtigkeiten des häus - lichen Lebens in Gott wohlgefälliger Weise zu ertragen, die überflüssigen Vergnügen und weltlichen Freuden für gering zu halten und aus Liebe zu Gott und der Familie zu vermeiden, die Kinder in christlich-ernster Zucht zur Einfachheit und Genügsamkeit, zur christ - lichen Selbstverleugnung anzuleiten.

3. Die Dornenkrönung und die Verspottung ertrug Christus als Ge - nugthuung für die Sünden des Hoch - mutes und der Eitelkeit. Die Sucht zu gefallen ist das Verderben für Mutter und Kind, weil sie die Erziehung ver - äußerlicht und mit dem Weltgeiste ver - giftet. Darum bete für dich selbst um wahre Gottesfurcht, christliche Beschei - denheit, Befreiung von Menschenrück - sichten, um die Gnade, diese Tu -636 genden auch den Kindern einzupflanzen, um Erkenntnis, Verzeihung und Besserung der bisher in diesem Punkte begangenen Fehler.

4. Christus unter dem Kreuze sprach zu den weinenden Frauen: Weinet nicht über Mich, sondern weinet über euch selbst und über euere Kinder. Dieses Wort gilt immer noch für jene Mütter, welche in der Erziehung unglücklich sind, so daß ihre Kinder zeitlichem und ewigem Verderben anheimfallen. Bitte um die Gnade, deine Kinder so zu erziehen, daß sie von selbstverschuldetem Unglücke frei bleiben, daß sie fähig werden, mit christlichem Sinn die unverschul - deten Leiden dieses Lebens zu ertragen, daß sie nicht ewig unglücklich werden.

5. Weib, siehe deinen Sohn! Siehe deine Mutter! Noch sterbend hat Chri - stus seine Mutter dem Johannes an - empfohlen, damit er ihr beistehe und sie pflege, und in Johannes hat Er uns alle seiner Mutter als Kinder über -637 geben, damit sie sich derselben annehme. Bitte um die Gnade, in jeder Not und Angst bei dieser liebevollen Mutter Hilfe zu suchen, unter den Müh - salen und Schwierigkeiten die Treue und Beharrlichkeit der schmerzhaften Mutter nachzuahmen, durch eine christ - liche Erziehung dir die Dankbarkeit und allfällig nötige Unterstützung der Kin - der zu sichern, einst auch deine Le - bensaufgabe abschließen zu können mit einem tröstlichen: Es ist vollbracht!

III. Zum glorreichen Rosenkranz.

1. Der auferstandene Heiland er - innert uns an unsere eigene Aufersteh - ung. Diese ist aber nur dann eine se - lige für uns, wenn wir vorher geistig auferstanden sind in der Besserung des Lebens und in Heiligung durch die Gnade. Bitte für dich und deine Kin - der um die Gnade, alles dem Tode und der Vergänglichkeit Verfallene nach Gebühr für gering zu halten, das638 ewige Leben und die heiligmachende Gnade allein als wahre Güter anzusehen, einst mit verklärtem Leibe aus dem Grabe aufzustehen.

2. Suchet, was droben ist. So ruft uns der heilige Paulus zu. Droben sitzet Christus zur Rechten des Vaters, umgeben von allen Heiligen; droben ist alle Hilfe und Gnade bereit, deren du als Mutter bedürftig bist; droben sind die Wohnungen, die der Herr für dich und deine Kinder bereit haltet. Bitte darum um ein lebendiges Ver - trauen auf den göttlichen Kinderfreund zur Rechten des Vaters und auf die Fürsprache seiner Heiligen, um die Gabe eines glaubensstarken, beharrlichen Gebetes, um das Verlangen nach den Freuden des Himmels und die Furcht vor deren Verlust für dich und deine Kinder.

3. Der heilige Geist ist die Seele der Kirche, und soll auch mit seiner Gnade unsere Herzen regieren. Wir639 können, wie der heilige Paulus sagt, nicht einmal den Namen Jesus aus - sprechen, es sei denn im heiligen Geiste. Bedenke, wie du auch als Mutter die nötige Einsicht und Kraft nur durch die Gnade des heiligen Geistes erlangen kannst. Darum bete um die Erkennt - nis deiner Schwäche und Unzulänglich - keit und um recht demütigen Sinn, um ein starkes Verlangen nach der Gnade und um festes Vertrauen auf dieselbe, um Treue und Beharrlich - keit in der Mitwirkung, um Er - haltung und Befestigung deiner selbst, deiner Kinder und Kindeskinder im katholischen Glauben und in der treuen Anhänglichkeit an die Kirche.

4. Maria verläßt diese Erde, wo sie viel gelitten, aber auch erhabene Tu - genden geübt und reiche Verdienste ge - sammelt hat, sie geht ein in den Him - mel zum Genusse der höchsten Seligkeit. Bitte um die Gnade, immer für dich und deine Kinder den Himmel als letztes640 Ziel im Auge zu behalten, auf Er - den die Tugenden Mariens nachzu - ahmen, insbesondere nach ihrem Beispiele die Leiden und Beschwerden des Berufes zu heiligen, am Ende mit Beruhigung auf das vergangene Leben zurückblicken und mit Freuden dem ewigen Leben entgegengehen zu können.

5. Maria hat als Himmelskönigin ihr Ziel erreicht, aber auch im Besitze ihrer Herrlichkeit ist sie für uns eine liebevolle und mächtige Mutter und Helferin. Kein andächtiges Ave Maria wird zu ihr hinaufgesendet, ohne daß es zu ihrem Herzen dringt und ihr Mitleid gegen uns erweckt. So oft du sie grüßest, stelle sie dir vor in ihrer Hoheit, Macht und Liebe, und empfiehl ihr mit kindlichem Vertrauen sowohl alle Sorgen und Aengsten, die jetzt dein Herz beschweren, als insbesondere das schwerste Anliegen in der Stunde deines Absterbens. Amen.

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Zu den heiligen Schutzengeln.

1. Heiliger Schutzengel, den mir Gott zum Beschützer gegeben hat, ich danke dir für die Liebe und Treue, mit der du mich von meiner Kindheit an bewacht und beschützt hast. Bewahre mich heute und jederzeit vor Schaden an Leib und Seele, besonders vor un - vorhergesehener Lebensgefahr. Leider habe ich oft deine guten Einsprechungen nicht beachtet und dich durch meine Sün - den betrübt. Ich nehme mir vor, in Zukunft williger auf dich zu hören. Lasse nicht ab, mich im Gebete aufzu - muntern, in der Gefahr zu warnen, im Kampfe zu stärken, im Leiden zu trösten. Insbesondere empfehle ich mich dir an für die verhängnisvolle Stunde des Todes. Mahne mich, daß ich mich rechtzeitig vorbereite, halte den Versucher von mir ferne, erwirb mir den Beistand Gottes und seiner Heili - gen, stehe mir bei im Gerichte und642 trage meine Seele in die Seligkeit des Paradieses. Vater unser. Ave Maria.

2. Ihr heiligen Schutzengel meiner Kinder, die ihr immerdar das Ange - sicht des himmlischen Vaters schauet, ich begrüße euch mit Ehrfurcht und Freude als von Gott bestellte Wächter und Beschützer dessen, was mir auf Er - den das Teuerste ist. Bittet euern Herrn, daß er mir eingebe, wie ich meine Kin - der, euere Schützlinge, erziehen soll. Wenn ich etwas versäume oder gefehlt mache, so verhütet den Schaden und machet es wieder gut durch euere liebe - volle Sorgfalt und Wachsamkeit. Euerer Obhut empfehle ich die Unschuld dieser unerfahrenen und schwachen Seelen, be - schützet sie gegen Aergernis und Ver - führung, stehet ihnen bei im Gebete, leitet sie zum Guten an durch euere Einsprechungen, und wenn sie in die gefahrvolle Welt hinaus müssen, so führet und schützet sie wie einst der Erzengel Raphael dem jungen Tobias auf der643 Reise in der Gefahr beistund und ihn wohlbehalten zu seinen Eltern zurück - begleitete. Ich will die Kinder an - leiten, euch zu verehren und anzurufen, eueren Einsprechungen zu gehorchen. Und so hoffe ich, daß ihr in der Sorge für diese Kinder ersetzet, was von mei - ner Seite mangelt, sie auch da beschützet und bewahret, wo mein Auge nicht hin - reicht, und sie nach dieser gefahrvollen irdischen Wanderschaft heimführet in das himmlische Vaterland. Vater unser. Ave Maria.

3. Im Geiste der Liebe empfehle ich alle unschuldigen Seelen auf Erden ihren unsichtbaren Beschützern. Zahllos sind die Aergernisse und überaus groß die Macht der Verführung, und darum freue ich mich und danke Gott, daß er himmlische Geister bestellt hat, um diesem Verderben entgegen zu wirken. Es wird am letzten Gerichtstage offenbar wer - den, was die geretteten Seelen ihren heiligen Schutzengeln zu verdanken haben. 644Dort werden diese aber auch als An - kläger auftreten gegen alle, welche auch nur eines von diesen Kleinen ärgerten. Mögen sie uns ein gutes Zeugnis ge - ben können! Ich will alles thun, damit ich und die mir Anvertrauten sie an jenem Tage mit Jubel begrüßen und wir ihnen die ganze Ewigkeit hindurch unseren Dank abstatten können. Vater unser. Ave Maria.

Engel Gottes, der du mein Beschützer bist, erleuchte mich, bewahre mich, leite und regiere mich, der ich dir von der göttlichen Vorsehung anvertraut bin.

. Er hat seinen Engeln deinet - wegen befohlen.

. Daß sie dich bewachen auf allen deinen Wegen.

Lasset uns beten.

O Gott, der Du in unaussprech - licher Vorsehung deine heiligen Engel zu unserem Schutze zu senden Dich ge - würdiget hast, verleihe uns Bittenden,645 daß wir durch ihren Schutz immerdar behütet werden und uns ihrer Gemein - schaft ewig erfreuen mögen. Durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.

Gebete zu den Heiligen Gottes.

Zum heiligen Joseph.

1. Heiliger Joseph, einst Beschützer der heiligen Familie, siehe, die kleine Haushaltung in Nazareth, die dir an - vertraut war, hat sich jetzt erweitert zur großen Gemeinschaft der katholischen Kirche, welche dich als ihren besonderen Patron, und Fürsprecher verehrt und anruft. Erflehe ihr Hilfe und Trost in ihren schweren Anliegen und Bedräng - nissen. Vater unser. Ave Maria.

2. Heiliger Joseph, dem einst das göttliche Kind Jesus anvertraut war, blicke huldvoll herab auf die christliche Jugend, welche nach dem Ebenbilde deines göttlichen Pflegesohnes geschaffen,646 durch die Taufe geheiligt und für den Himmel berufen ist; bitte für sie zu Jesus Christus, daß alle Eltern nach deinem Vorbilde ihre Pflichten gegen die Kinder treu erfüllen, und alle Kin - der vor den Aergernissen der Welt be - wahrt bleiben und wie dein Pflegesohn zunehmen wie an Alter so an Weis - heit und Liebenswürdigkeit vor Gott und den Menschen. Vater unser. Ave Maria.

3. Heiliger Joseph, für die dir an - vertraute Familie hast du auf Erden schwere Sorgen und Kümmernisse er - tragen und dafür nun große Macht im Himmel erlangt. Wir empfehlen dir mit vollem Vertrauen unser Hab und Gut, unsere Ehre und Gesundheit, unsere häuslichen Sorgen und Anliegen. Erwirb uns durch deine Fürbitte, daß wir in Frieden und Eintracht leben, im Glücke mäßig, im Unglücke stand - haft seien und Glück und Unglück uns zum Heile dienen, wie einst deiner hei -647 ligen Familie in Nazareth. Vater unser. Ave Maria.

4. Heiliger Joseph, dir war es ver - liehen, den göttlichen Erlöser nicht bloß zu sehen, sondern auf den Armen zu tragen und an das Herz zu drücken. Erwirb mir die Gnade, so ehrerbietig und liebevoll mit Ihm umzugehen wie du, insbesondere in der heiligen Kom - munion Ihn recht würdig und wohl - vorbereitet zu empfangen. Vater unser. Ave Maria.

5. Heiliger Joseph, dir wurde das hohe Glück zu teil, in den Armen Jesu und Mariä zu sterben. Ich erwähle dich zu meinem Patron und Fürspre - cher für die Todesstunde. Komme mir zu Hilfe mit deiner Fürbitte, damit ich wohlvorbereitet unter dem Schutze meines Erlösers und seiner Mutter den Tod des Gerechten sterbe. Vater un - ser. Ave Maria. Glaube.

Siehe, den treuen und klugen Die -648 ner, welchen der Herr über sein Haus gesetzt hat.

. Ehre und Reichtümer sind in seinem Hause.

. Und seine Gerechtigkeit bleibet auf ewig.

Lasset uns beten.

O Gott, der Du in deiner uner - gründlichen Vorsehung den hl. Joseph als den Verlobten deiner allerseligsten Mutter auszuwählen Dich gewürdigt hast, verleihe gnädig, daß wir den, welchen wir als Schutzpatron auf Er - den verehren, als Fürsprecher im Him - mel haben mögen, der Du lebst und regierst in Ewigkeit. Amen.

Andachten zu den heiligen Müttern.

1. Drei glückliche Mütter.

Nur drei Geburtstage werden von der Kirche als Festtage begangen, der des gött - lichen Heilandes, der seiner Mutter und des heiligen Johannes des Täufers. Der Grund ist allen bekannt und zeugt auch für die Würde649 und Heiligkeit der drei Mütter. Es wird christ - lichen Müttern empfohlen, sich besonders an den Geburts - und Tauftagen ihrer Kinder an dieselben zu wenden:

Heilige Mutter Anna, ich freue mich über die Auszeichnung, die dir als Mutter der seligsten Jungfrau zu teil geworden ist, und deren du dich durch deine Heiligkeit würdig ge - macht hast. Habe Mitleiden mit mir, da ich von deinem Glücke weit ent - fernt bin. Das Kind, welches ich er - ziehen soll, ist mit den Folgen der Erbsünde behaftet, und ich selber bin sündhaft, schwach und kurzsichtig. We - gen deiner Heiligkeit und deiner Würde als Mutter Mariens vermagst du viel mit deiner Fürsprache. Darum er - stehe mir die Gnade, die Mutterpflich - ten gewissenhaft und zum Heile mei - nes Kindes zu erfüllen. Vater unser. Ave Maria.

Heilige Elisabeth, dein Sohn Jo - hannes ist schon vor der Geburt von650 der Erbsünde gereiniget und geheiliget worden, und hat während seines Le - bens in der Gerechtigkeit und Heilig - keit immer zugenommen. Unsere Kin - der werden als Sünder geboren und erlangen die Gnade erst durch die hei - lige Taufe. Erwirb uns die Gnade, daß auch wir den Zug zum Heiligen auf die Kinder übertragen, daß diese der heiligen Taufe teilhaftig werden und nach dem Vorbilde deines Soh - nes die erlangte Gnade zeitlebens be - wahren und vermehren. Vater unser. Ave Maria.

Göttliche Mutter Maria, alle Jahre wiederholt sich in der ganzen Christen - heit der Jubel jener seligen Nacht, in welcher du den Erlöser zur Welt ge - boren hast. Ohne diese gnadenreiche Geburt wären die Geburtstage unse - rer Kinder Trauertage. Sie würden geboren für ein armseliges Leben auf Erden und ohne Hoffnung auf ein ewiges Leben. In deinem Sohne ist uns651 das Licht der Hoffnung und des Tro - stes aufgegangen. Aber der Weg zum Ziele führt mitten durch viele Gefah - ren und Versuchungen. Blicke gnädig hernieder auf uns und unsere Kinder und bitte für uns. Mag auch für uns die Geburt der Eintritt in eine Welt voller Elend und Gefahren sein, so soll durch deine Fürsprache der Austritt aus diesem Leben zu einem Tage des Jubels und der Freude wer - den. Vater unser. Ave Maria.

2. Heilige Heldinnen.

Viele heilige Mütter haben ihre Kinder zu mutigen Bekennern des Glaubens erzogen, manche sie selbst auf die Richtstätte begleitet und mit ihnen den Martertod erduldet. Be - sonders berühmt sind drei derselben, die macha - bäische Mutter um 170 vor Christus, die hl. Symphorosa im Jahre 136, und die heilige Felicitas 150 nach Christus. Jede von diesen dreien hat sieben Söhne auf den Richtplatz begleitet, Symphorosa ist zuerst, die beiden andern sind nach ihren Söhnen gemartert wor - den. Dieser Heldenmut hat ihnen eine herrliche652 Siegeskrone im Himmel verdient und ist ge - eignet, uns mit großer Zuversicht auf die Macht ihrer Fürsprache zu erfüllen.

O bewunderungswürdige Mütter, alle Macht der Welt war nicht im stande, euch zu besiegen, oder auch nur zu erschrecken. Hochherzig habet ihr gesiegt über Fleisch und Blut, und lieber das Blut euerer Söhne fließen sehen, als zugeben wollen, daß sie Schaden leiden an ihrer Seele. O wie fühle ich mich durch eueren Hel - denmut beschämt, wie zittere ich vor meiner Schwäche und Feigheit! Er - werbet mir durch euere Fürsprache die Kraft zum Siege über die Furcht vor der Welt und die eiteln Menschenrück - sichten, zur Erhebung meines Herzens über die fleischliche Liebe und zur Uebung jener übernatürlichen Mutter - liebe, welche bereit und entschlossen ist, für das Heil der Kinder alles zu thun und alles zu opfern. Vater unser. Ave Maria.

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Die Standhaftigkeit euerer Söhne auf dem Richtplatze war nur die Probe für die Erziehung, die ihr ihnen vor - her gegeben hattet. Von ihrer Ge - burt an habt ihr sie auf diesen schwe - ren Kampf vorbereitet, ihnen leben - digen Glauben, heilige Gottesfurcht, die Treue und den Mut des wahren Christen eingepflanzt, und so ist die - ser blutige Tag für euch als Mütter zu einem Tage des Triumphes gewor - den. Bittet für mich und meine Kin - der, daß ich sie nach euerem Beispiele auf die Gefahren der Welt vorbereiten kann, und sie wie euere Söhne in allen Anfechtungen siegen. Vater un - ser. Ave Maria.

Euch war es vergönnt, euere Söhne in den Kampf zu begleiten und in demselben aufzumuntern. Unsere Kinder müssen wir meistens allein in die gefahrvolle Welt hinaus entlassen. Helfet uns beten, daß Gottes heilige Engel sie in die Gefahren begleiten und654 ihnen beistehen, und daß Gott ihnen die Kraft und den Mut verleihe, mit denen euere Söhne die Palme des Sieges errungen haben.

3. Trauernde Mütter.

Solcher giebt es zwei große Scharen. Die erste wird angeführt von den Müttern in Beth - lehem, welche über den Mord der unschuldigen Kinder wehklagten. Ihnen folgen viele andere, welche einst weinten über den Verlust ihrer Kinder in der Blüte der Jahre. Im Himmel sind sie über ihren Schmerz getröstet und voll Teilnahme bereit, andern trauernden Müttern Trost zu erwirken.

Der Schmerz bei solchen Verlusten ist etwas Natürliches, aber man kann ihn mildern und vor sündhafter Uebertreibung bewahren, man kann ihn selbst zu einem verdienstlichen Opfer machen, wenn man sich zu den An - schauungen der Heiligen erhebt, zur Freude über das ewige Glück des Kindes, zur An - betung des Willens Gottes, zur opferwilligen Unterwerfung unter denselben. Als Job nebst der ganzen Habe an einem Tage seine sieben Söhne und drei Töchter verlor, sagte er: Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen. Wie es dem Herrn gefallen hat, also ist es655 geschehen! Der Name des Herrn sei gebenedeit! (Job 1, 21.) Sollte ein Schmerz dieser Art dein Herz verwunden, so wende dich um Trost und Ergebung an die Mütter im Himmel, welche seiner Zeit Aehnliches erduldeten. Hast du dich zu christlichen Gesinnungen emporge - rungen, so opfere deinen Schmerz Gott auf nach dem Beispiele der heiligen Hedwig, Her - zogin von Schlesien. Als ihr herrlicher und einziger Sohn Heinrich in der Schlacht ge - fallen war, betete sie also:

O Herr, ich danke Dir, daß Du mir einen solchen Sohn gegeben hast, der mich, so lange er lebte, immer geliebt und in großer Verehrung ge - halten, mich auch niemals in etwas betrübt hat. Wiewohl ich ihn so gern bei mir auf Erden hätte, gönne ich es ihm doch auf das innigste, daß er bereits mit Dir, seinem Schöpfer, im Himmel vereint ist. Flehentlich em - pfehle ich Dir, o Herr, seine Seele. Vater unser. Ave Maria.

Die zweite Schar von Müttern, an deren Spitze wir die heilige Monika sehen, trauerte einst über den geistigen Tod ihrer Kinder. Für656 diese Trauer ist der Trost viel schwieriger zu finden. Hier kann man nicht den natürlichen Schmerz mit übernatürlichen Trostgründen überbieten; denn der Schmerz gehört selber dem übernatürlichen Gebiete an. Ebenso wenig kann man von einer göttlichen Fügung und christlichen Ergebung reden; denn Gott wollte das Verderben des Kindes nicht. Es bleibt nur mehr der Trost der Hoffnung, der Hoff - nung auf Gott, der den Tod des Sünders nicht will, der Hoffnung auf die Gnade, welche schon zahllose Sünder in Gerechte und Heilige umgewandelt hat, der Hoffnung auf das Gebet, welches nach den Verheißungen Christi alles vermag, der Hoffnung auf das Erbarmen Christi gegen die Trauer einer Mutter, das er gezeigt hat bei der Erweckung des Jünglings zu Naim und bei der Bekehrung des heiligen Augustin. Mit dieser Hoffnung muß die trau - ernde Mutter sich waffnen und mit Gebet und Thränen den Herrn bestürmen, bis Er den verlorenen Sohn durch äußere Fügungen und innere Gnaden wieder zurückführt. Eine Mutter, die von diesen Gesinnungen erfüllt ist, bedarf keiner Anleitung, ihr Herz wird ohne Anlei - tung zu beten wissen. Darum genüge hier ein kurzer Gruß an die ehemaligen Leidensgenos - sinnen und jetzigen teilnehmenden Helferinnen im Himmel:

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O ihr heiligen Mütter, die ihr aus großer Trübsal zu viel größerer Glückseligkeit gelangt seid, sehet an mein Elend, in dem ihr selber nicht unerfahren seid. Eine doppelte Be - sorgnis lastet zentnerschwer auf meinem Herzen und läßt mich nirgends Ruhe finden. Wird mein Kind noch ge - rettet werden oder verloren gehen? Bin ich etwa selber schuld an seiner Ausartung? Habe ich gefehlt, so will ich es bereuen und büßen und zur Genugthuung dieses Leiden tragen. Aber an das Verderben meines Kindes kann und will ich nicht glauben, ich will alles thun, was mir möglich ist, bis es gerettet ist. Was ich leide, habet ihr auch gelitten, und darum rechne ich auf euer Mitleiden; in diesen Lei - den habt ihr große Verdienste erwor - ben, darum habe ich ein großes Ver - trauen auf euere Fürbitte und er - wähle euch zu meinen Fürsprecherin - nen bei dem göttlichen Erlöser. Euch658 übergebe ich meine Gebete und Seuf - zer und guten Werke, vereiniget sie mit eueren Gebeten und Verdiensten und bringet sie Demjenigen dar, wel - cher will, daß alle Menschen selig werden, und uns darum durch seinen Apostel zum Gebete aufgefordert hat. (I. Tim. 2, 1.) Möge auch für mich so wie für euch die Trauer in Freude verwandelt werden, und möge ich mit meinem Kinde nach diesem armseligen Leben in euere glückselige Gemeinschaft gelangen!

Der Verein der christlichen Mütter.

Im Himmel ist die Gemeinschaft der Hei - ligen, auf Erden die Gemeinschaft der Gläu - bigen. Die Mütter auf Erden sollen die im Himmel als ihre Fürbitterinnen anrufen, und unter sich sollen sie einander erbauen und unter - stützen. Als Mittel hiezu dient besonders der Verein der christlichen Mütter, der vor etwa 50 Jahren in das Leben getreten ist, und von der Kirche genehmiget und mit Ablässen be - schenkt wurde. Ist der Verein in einer Ge - meinde eingeführt, so findet die christliche Mutter659 in seinen Versammlungen Belehrung und Er - bauung. Besteht er nicht, so soll sie sich an - derswo aufnehmen lassen, um wenigstens der geistigen Vorteile dieser Vereinigung, des ge - meinsamen Gebetes und der Ablässe teilhaftig zu werden. Hier folgt

Das tägliche Vereinsgebet.

O Maria, unbefleckte Jungfrau und schmerzensreiche Mutter! empfiehl unsere lieben Kinder dem anbetungs - würdigen Herzen Jesu, der seiner Mutter nichts abschlägt. Bitte für sie!

Heilige Schutzengel, bittet für sie.

Heiliger Joseph, du mächtiger Be - schützer, bitte für sie!

Heiliger Johannes, du vielgelieb - ter Jünger des Herrn, bitte für sie!

Heiliger Augustinus, bitte für sie!

Heiliger Aloysius, bitte für sie!

Heilige Anna, du Mutter Mariä, bitte für sie!

Heilige Monika, bitte für sie und für uns! Amen.

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Der Glaube an die Vorsehung.

Der göttliche Heiland versichert uns mit trostreichen Worten, daß der himmlische Vater alles zu unserem Besten anordne und mit väterlicher Liebe um uns besorgt sei. Der Christ soll diese Lehre nicht bloß glauben, sondern auch in den Freuden und Leiden seines täg - lichen Lebens beherzigen und auf sich selber an - wenden. Er soll das ganze irdische Leben im Geiste des Glaubens auffassen, in allen Ereig - nissen die Hand des Herrn erkennen, ihre Winke befolgen, für ihre Gaben dankbar sein, ihre Züchtigungen ergeben und vertrauensvoll annehmen. Dann wird er in jeder Lage, selbst im größten Unglücke, die ruhige Fassung, selbst freudigen Mut jederzeit bewahren. Die Christen würden unzählige Leiden leichter ertragen, wenn sie den Glauben an die Vorsehung nicht als vergrabenes Talent in sich herumtragen würden Viele wären nicht untergegangen in Kleinmut und Verzweiflung, wenn sie nicht vorher diesen so trostreichen Glauben verloren hätten. Eltern sollen jede Gelegenheit benutzen, um die Lehre von der Vorsehung, durch welche das wechsel - volle Erdenleben mit dem Schimmer himm - lischen Trostes verklärt wird, ihren Kindern recht tief und unauslöschlich einzuprägen.

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Bei einem glücklichen Ereignisse:

Danket dem Herrn, denn Er ist gut; denn in Ewigkeit währet seine Barm - herzigkeit. (Ps. 117, 1.), oder: Was soll ich dem Herrn vergelten für alles, was Er mir gegeben hat? (Ps. 115, 3.) oder wenigstens das altchristliche Gott sei Dank!

Bei einem Verluste:

Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen. Wie es dem Herrn gefallen hat, also ist es geschehen. Der Name des Herrn sei gebenedeit. (Job 2, 21.)

Bei selbstverschuldetem Unglücke:

Wir leiden mit Recht; denn wir empfangen, was wir verdient haben. Dieser aber (Christus) hat nichts Böses gethan. (Luk. 23, 41.)

Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu Ihm sa - gen; Vater, ich habe gesündigt wider den Himmel und vor Dir. (Luk. 15, 18.)

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In Armut und zeitlichen Sorgen:

Alle Haare eueres Hauptes sind gezählt, es fällt keines von euerem Haupte ohne den Willen meines Vaters, der im Himmel ist.

Fürchte dich nicht mein Sohn: wir führen zwar ein armes Leben, aber wir werden viele Güter haben, wenn wir Gott fürchten und alle Sünden meiden und Gutes thun. (Tob. 1, 23.)

Gieb uns heute unser tägliches Brot.

Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich.

Bei Heimsuchungen jeder Art:

Was Gott thut, ist wohlgethan.

Denen, die Gott lieben, gereichen alle Dinge zum Besten.

Auf Dich, o Herr, habe ich gehofft, ich werde ewig nicht zu Schanden wer - den.

Wer Mir nachfolgen will, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge Mir nach.

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Selig sind die Trauernden und Weinenden, denn sie werden getröstet werden.

Selig der Mensch, den Gott gezüch - tiget; darum verschmähe die Züchtigung des Herrn nicht; denn Er verwundet und heilt, Er schlägt und seine Hände machen gesund. (Job 5, 17.)

Gebet um Gottes Schutz und Gnade in gesunden und tranken Tagen.

Herr, unser Gott, Du hast uns zur Freude und Glückseligkeit erschaffen, aber durch die Sünde ist der Keim des To - des in uns gelegt und nach dem Ge - setze unserer Sterblichkeit wird bald das eine Glied unserer Familie, bald ein anderes von einer Krankheit heimgesucht werden, und früher oder später werden alle durch den Tod in die andere Welt hinübertreten. Wir unterwerfen uns zum voraus deinen Ratschlüssen. Du bist unser Vater und was Du uns sen - den wirst, das nehmen wir an mit Er -664 gebung und Vertrauen. Doch flehen wir zu Dir um deines eingebornen Sohnes willen, verfahre nicht mit uns nach unsern Missethaten, sondern nach deiner großen Barmherzigkeit. Bewahre unser Haus vor ansteckenden Seuchen und schweren Krankheiten. Erhalte in unserer Familie und Verwandtschaft den Kindern ihre Eltern, bis für ihr zeitliches und ewiges Wohl hinreichend gesorgt ist. Gib, daß die Krankheiten, die Du uns senden wirst, so von uns ertragen werden, daß sie Dir zur Ehre und uns zum Heile dienen; daß die Kranken durch Geduld, die Gesunden durch Liebe Verdienste sammeln. Bewahre uns alle vor einem jähen und unvorhergesehenen Tode. Gib, daß wir beständig wachen und bereit seien auf deine Ankunft. Laß alle vor ihrem Abscheiden bei guter Besinnung und würdig die heiligen Sakramente empfangen, die zeitlichen Angelegenhei - ten ordnen, jedes Unrecht gut machen, mit den Feinden sich aussöhnen, so daß665 sie in der letzten Stunde freudig und getrost deinem Rufe folgen können und das ewige Leben erlangen.

Vor und bei den Versuchungen.

Wie manche Vorsätze bleiben unausgeführt, auch wenn sie ernst gemeint sind? Wie man - cher einst gute Christ fällt langsam und un - merklich der religiösen Gleichgültigkeit anheim oder wird der Sklave einer lasterhaften Ge - wohnheit für sein ganzes weiteres Lebens? Wie vielfach kommt diese Ausartung namentlich bei jungen Leuten vor? Dieselbe beginnt meistens mit der Untreue in kleinen Dingen, mit dem Fall in Versuchungen des täglichen Lebens, die viel zu wenig beachtet werden. Zwei Dinge sind auch jenem, der guten Willen hat, notwendig, um in jeder Versuchung standhaft zu bleiben. Das erste ist das Gebet, von welchem schon geredet worden; immer soll der Christ das demütige Bewußtsein seiner Schwächen und Versuchungen zum Gebete mitbringen; das zweite sind gute Gedanken. Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallet. Es kommt alles darauf an, wie der Feind dich antrifft, gesammelt oder zerstreut, mit irdischen oder himmlischen Ge - danken im Herzen. Die Erinnerung an eine ewige Wahrheit kann den Christen unüber -666 windlich machen in der schwersten Versuchung, ohne eine solche kann er dem leichtesten Angriffe erliegen. Würde ein Christ recht beherzigen, was er glaubt, so könnte er fast nicht sündigen. Wer sich bemüht, im täglichen Leben so oft als möglich an höhere Wahrheiten sich zu er - innern, bewahrt sich selber vor schweren Fehl - tritten und erleichtert sich den Sieg in hun - dert Anfechtungen.

Auch da müssen die Eltern sich bemühen, den Glauben und das Gewissen ihrer Kinder zu wecken und zu stärken. Sie allein können ihren Kindern diesen Dienst erweisen, der für sie so unendlich notwendig und wichtig ist. Die geeigneten Mittel sind folgende:

a. Die fleißige Erweckung der drei gött - lichen Tugenden, des Glaubens, der Hoff - nung und der Liebe. Diese bilden das Funda - ment des ganzen sittlich-religiösen Lebens. Jede Uebung einer dieser Tugenden erhebt die Seele über das Irdische und verleiht ihr eine innere sittliche Stärkung. Es giebt ganz kurze Formeln, diese Tugenden zu erwecken, aber man sollte sich nicht auf sie beschränken, sondern bei einer Pflichterfüllung, Versuchung, Heimsuchung die Uebung gerade dem Anlasse anpassen. Erwecke sie oft wie bei dem Morgengebete oder wie unten folgt.

b. Die öftere Erinnerung an die Eigen - schaften Gottes, Allgegenwart, Allwissen -667 heit, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Weisheit u. s. w. und an die letzen Dinge, Tod, Gericht, Himmel und Hölle. Es geht leichter, wenn namentlich Kinder regelmäßig nur an eine bestimmte Wahrheit erinnert werden, z. B. die Gegenwart Gottes. Diese wird auf diese Weise ihrer Seele tiefer eingeprägt und ist für sich allein im stande, das Gewissen wach zu halten.

Uebung des Glaubens.

O Gott, ich glaube an deine hei - lige Gegenwart, deine ewige Ge - rechtigkeit, die Strafen der Hölle, des Fegfeuers, die Freuden des Himmels u. s. w.

Uebung der Hoffnung.

Ich baue und vertraue auf deine Barmherzigkeit und Liebe, deine Ver - heißungen, den Namen und die Ver - dienste Jesu Christi in dieser Versuch - ung ..., in diesem Leiden ... in diesem Geschäfte ... O Herr, laß mich nicht zu Schanden werden.

668

Uebung der Liebe.

Dir, o Gott, zuliebe will ich diese Arbeit vollbringen, dieses Leiden er - tragen, diese Ueberwindung mir aufer - legen, diese Sünden meiden, diese Pflicht erfüllen. Mein Herr und Gott! Nimm alles von mir, was mich trennt von Dir! Gib alles mir, was mich führt zu Dir! Nimm mich mir, und gib mich Dir!

In Versuchungen.

Wie sollte ich es wagen, ein solches Uebel zu thun vor den Augen meines Gottes!

Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber Schaden leidet.

Lieber sterben, als sündigen!

Herr, eile mir zu helfen!

In allen deinen Werken denke an die letzten Dinge und du wirst in Ewig - keit nicht sündigen.

Das Himmelreich leidet Gewalt und669 nur die Gewalt brauchen, reißen es an sich.

Gegen die Anwandlungen der Menschen - furcht.

Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit und dieses alles wird euch hinzugegeben werden. Fürchtet euch nicht vor denen, welche den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet vielmehr Denjenigen, welcher sowohl den Leib als die Seele in die Hölle stürzen kann.

Wer Mich vor den Menschen bekennt, den werde Ich auch bekennen vor mei - nem Vater, der im Himmel ist.

Selig seid ihr, wenn euch die Men - schen hassen und euch ausstoßen und schmähen und euch ächten als Böse um des Menschensohnes willen. Freuet euch an jenem Tage und frohlocket; denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel.

Lieber will ich verachtet sein im Hause meines Gottes, als wohnen in den Wohnungen der Sünder.

670

Nach einem begangenen Fehltritt.

Vergieb uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unsern Schuldnern.

O Herr, sei mir armen Sünder gnädig!

Gott will nicht den Tod des Sün - ders, sondern daß er sich bekehre und lebe.

Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen.

O Jesus, sei mir gnädig! O Jesus, sei mir barmherzig! O Jesus, verzeih mir meine Sünden!

Dich liebt, o Gott, mein ganzes Herz,
Und ist mir das der größte Schmerz,
Daß ich erzürnt, Dich höchstes Gut,
Ach wasche mich in deinem Blut!

Die Vorbereitung auf den Tod.

Dieses Leben ist nur die Vorhalle zur Ewigkeit, in welcher wir einige Augenblicke uns vorbereiten können zum Uebertritt in die andere Welt, der mit dem Tode stattfindet. Darum soll das ganze Leben eine Vorbereitung671 auf den Tod sein. Nimm dir wenigstens die Mühe, von Zeit zu Zeit, z. B. alle Monate, oder beim Empfange der heiligen Sakramente an diese ernste und alles entscheidende Stunde zu denken und einige Augenblicke zur Vorbe - reitung zu verwenden. Vielleicht ist von dem Opfer einer Stunde und einer kleinen Ueber - windung das Heil deiner Seele in der Ewig - keit abhängig. Dann und wann eine Stunde ernster Todesbetrachtung, um gut zu sterben und ewig selig zu werden, wer wollte sich das gereuen lassen?

1. Betrachtung über den Tod.

Stelle dir den Heiland vor, wie Er sagt: Der Menschensohn wird zu einer Stunde kommen, da ihr es nicht meinet. (Luk. 12, 40.)

Was heißt sterben?

Sterben heißt alles verlassen, was man auf Erden geliebt hat, Eltern, Geschwister, Kinder, Freunde, Hab und Gut, Aemter und Ehren. Alles das muß ich beim Tode zurücklassen. Ich kann nicht das Geringste mit mir neh -672 men. Will ich mein Herz an solche vergängliche Dinge hängen? Darf ich um ihretwillen die Ewigkeit ver - gessen oder gar das Heil der Seele we - gen ihnen aufs Spiel setzen? Das darf nie und nimmer geschehen. Aber ist es nicht doch geschehen? Ich sterbe heißt meine Seele wird vom Leibe getrennt. Dieser letztere ohne Gefühl, ohne Bewegung, fällt rasch der Ver - wesung anheim, wird eine Speise der Würmer. Ist es nicht Thorheit, diese Speise des Todes allzusehr zu lieben und zu pflegen, den niedrigen Begier - den nachzugeben und ihnen selbst das Heil der Seele zu opfern? Was habe ich bisher gethan? Was will ich in Zukunft thun?

Sterben heißt die Entscheidung für die ganze Ewigkeit bestehen. Man stirbt nur einmal und die Ent - scheidung ist unwiderruflich. Wie der Tod, so das Los in der Ewigkeit. Ich habe nun die Wahl entweder alles zu673 gewinnen, oder alles zu verlieren; so lange ich atme, kann ich die Entschei - dung so oder so wenden, aber mit dem Augenblicke des Todes hört jedes Schwan - ken auf. Wie der Baum fällt, so bleibt er liegen. Was habe ich Wich - tigeres zu thun, als besorgt zu sein, daß diese unwiderrufliche Entscheidung eine gute sei?

Wann und wie werde ich sterben?

Ich weiß, daß dieser Augenblick, der über mein Los in der Ewigkeit ent - scheidet, kommen wird. Aber wann? viel - leicht schneller, als ich es denke. Das Urteil des Todes ist über mich gefällt, der Vollzug kann jeden Augenblick statt - finden. Wird sich der Tod vorher an - künden? Werde ich einige Tage oder wenigstens einige Stunden haben, um mich auf diesen verhängnisvollen Ueber - gang vorzubereiten? Wird mein Tod sanft oder gewaltsam sein? Wird er allmählich herankommen oder mich674 gewaltsam überraschen? Werde ich die Gnadenmittel der Religion empfan - gen können? Werde ich die Besin - nung haben und noch meine Angelegen - heiten ordnen können? Auf alle diese Fragen weiß ich keine Antwort und der Herr will mir darüber keine Auf - schlüsse geben. Er sagt bloß: Wachet und seid bereit, denn ihr wisset nicht, zu welcher Stunde der Herr kommen wird.

Bin ich bereit jetzt zu sterben?

Wie steht es mit dem Zustande mei - nes Gewissens? Bin ich wohl im Stande der Gnade? Oder muß ich anneh - men, daß Todsünden auf mir lasten? Habe ich noch ungültige Beichten in Ordnung zu bringen? Aerger - nisse gut zu machen? Feindschaften auszugleichen? Ungerechtes Gut zu - rückzustellen? Habe ich irgend eine sündhafte Anhänglichkeit im Herzen, die mir das Sterben schwer machen würde?675 Wie werde ich wünschen gelebt zu haben, wenn ich vor dem Angesichte Gottes stehe? Wie steht es mit mei - nen zeitlichen Angelegenheiten? Würde Schaden oder Unordnung entstehen, wenn ich plötzlich sterben würde?

Ziehe alle diese Fragen in ernste Ueberlegung, beantworte sie dir gewissen - haft, knüpfe daran die entsprechenden Entschließungen und säume nicht mit der Ausführung. Denn vielleicht be - schäftigest du dich zum letztenmal mit dem Gedanken an den Tod, bevor der Tod wirklich kommt. Dann erwecke in nach - folgender Weise die Gesinnungen, welche im Sterben dein Herz erfüllen sollen.

2. Geistliches Testament.

Im Namen der allerheiligsten Drei - faltigkeit, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.

Ich N. N. übergebe meine Seele Gott, meinem Schöpfer, und meinen Leib der Erde, von der er genommen ist.

676

Ich verlasse freiwillig alle Güter und Freuden dieser Welt und dieses Lebens, wann der Herr mich ruft.

Ich bereue aufrichtig und von gan - zem Herzen alle Sünden meines ganzen Lebens und verabscheue sie vor allem deswegen, weil sie Dir, o Gott, miß - fallen.

Ich verzeihe von Herzen allen Be - leidigern, damit Du, o Gott, auch mir alle meine Beleidigungen verzeihest.

Ich glaube an den dreieinigen Gott, den Vater, den Sohn und den heiligen Geist, meinen Erschaffer, Erlöser und Heiligmacher. Ich glaube auch festig - lich alles, was die heilige, apostolische, römisch-katholische Kirche zu glauben vorstellt und verlange, in diesem wah - ren Glauben zu leben und zu sterben.

Ich hoffe zuversichtlich von der un - endlichen Güte Gottes und um der Ver - dienste meines Erlösers willen Verzeih - ung meiner Sünden, Gnade zum Gu - ten und das ewige Leben.

677

Ich liebe meinen Gott aus ganzem Herzen, aus ganzem Gemüte und aus allen meinen Kräften. Ich unterwerfe mich ganz und vollkommen dem heilig - sten, weisesten und anbetungswürdig - sten Willen Gottes zum Leben und zum Sterben und bin bereit, alles von Dir, o Gott, anzunehmen, was deine Weisheit und Liebe über mich verfügen mag.

Ich empfehle meinen Leib und meine Seele in die Heilsamen Wunden und das liebevolle Herz meines Erlösers, in den Schutz der glorwürdigsten Jung - frau und Mutter Gottes Maria, des hl. Joseph, meines hl. Schutzengels, meiner Namenspatrone und aller Hei - ligen, welche ich bitte, daß sie mir beistehen wollen in der Stunde des Todes.

Meine letzten Worte sollen sein: Jesus, Maria, Joseph! stehet mir bei! Vater, in deine Hände empfehle ich mei - nen Geist!

678

Weil ich aber vielleicht im Sterben diese Worte nicht mehr auszusprechen vermag, so spreche ich sie heute aus mit der Meinung, daß sie für den Au - genblick des Todes gelten sollen und rufe deshalb mit aller Andacht. Er - gebung und Liebe: Jesus, Maria und Joseph! stehet mir bei! Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist!

3. Gebet um eine glückselige Sterbestunde.

O mein Gott, ich werfe mich vor dem Throne deiner anbetungswürdigen Majestät nieder, und flehe Dich um die letzte und höchste aller Gnaden an, um eine glückselige Sterbestunde. Aller - dings habe ich von dem Leben, das Du mir verliehen hast, oft einen schlech - ten Gebrauch gemacht; aber dessen un - geachtet bitte ich Dich: schenke mir die Gnade, mein Leben gut zu beschließen und in deiner Liebe zu sterben.

Laß mich sterben wie die hl. Pa - triarchen und ohne Klagen dieses Thrä -679 nenthal verlassen, um in meinem Va - terlande ewige Ruhe zu genießen.

Laß mich sterben wie der hl. Jo - seph gestorben ist, in den Armen Jesu und Maria, unter Anrufung dieser süßen Namen, die ich in alle Ewigkeit zu loben und zu preisen hoffe!

Laß mich sterben wie die allerse - ligste Jungfrau Maria, vor Liebe glühend, entflammt von heiliger Sehnsucht, mich mit dem einzigen Gegenstande all mei - ner Liebe zu vereinigen!

Laß mich sterben wie Jesus am Kreuze, in den lebhaftesten Gefühlen des Abscheues gegen die Sünde, der Liebe zu meinem himmlischen Vater und der Ergebung in seinen Willen.

Ewiger Vater, in deine Hände em - pfehle ich meinen Geist; erzeige an mir deine Barmherzigkeit!

Jesu, der Du aus Liebe für mich gestorben bist, verleihe mir die Gnade, in deiner Liebe zu sterben!

680

O Maria, Mutter meines Erlösers, bitte für mich, jetzt und in der Stunde meines Todes.

Heiliger Engel des Herrn, treuer Hüter meiner Seele, große Heilige, die Gott mir zu Beschützern gegeben, ver - lasset mich nicht in der Stunde meines Todes!

Heiliger Joseph, erlange mir durch deine mächtige Fürsprache die Gnade, daß ich den Tod des Gerechten sterbe! Amen.

Die armen Seelen im Fegefeuer.

Es ist ein heiliger und heilsamer Gedanke, so steht schon in den Schriften des alten Bun - des zu lesen, für die Verstorbenen zu beten, damit sie von ihren Sünden erlöst werden. (II. Mach. 12, 46.) Im neuen Bunde finden wir diese Lehre vielfach ausgesprochen. Das allgemeine Konzil von Lyon im Jahre 1274 z. B. erklärt, daß den nicht völlig geläuterten Seelen zur Linderung der Strafen im Reini - gungsorte die Fürbitten der auf Erden lebenden Gläubigen nützen, nämlich die Meßopfer, Ge - bete, Almosen und andere Werke der Fröm -681 migkeit, welche von Gläubigen für andere Gläubigen nach dem Gebrauche der Kirche ver - richtet zu werden pflegen.

Alle, welche im Stande der Gnade sterben, sind Erben des Himmels, aber Gottes Ge - rechtigkeit, die auch über jedes unnütze Wort Rechenschaft fordert, kann ihnen denselben erst öffnen, wenn sie von jeder Makel rein ge - worden sind. Wir gehören mit diesen büßenden Seelen derselben Gemeinschaft der Heiligen an, und die Liebe und Barmherzigkeit Gottes hat es uns möglich gemacht, ihnen zu Hilfe zu kommen und ihnen Linderung und Abkürzung ihrer Peinen zu verschaffen. Erinnere dich be - sonders an deine verstorbenen Angehörigen, an die jüngst Dahingeschiedenen, an alle jene, für welche du aus irgend einem Grunde zu beten schuldig bist. Verbinde ein kurzes Gebet für sie mit deinen täglichen Andachten, mit jedem Kirchenbesuch! gedenke ihrer beim Anblicke des Kirchhofes, in besonderer Weise am Samstag und während dem ihnen geweihten Monat November. Erbarmet euch meiner, erbarmet euch meiner, wenigstens ihr meine Freunde.

Kirchengebete für die Verstorbenen.

Zu beten am Allerseelentage, beim Grä - berbesuch, bei Gedächtnissen und Jahrzeiten, sowie einige Zeit hindurch täglich nach dem Tode eines Angehörigen.

682

Befreie mich, o Herr, von dem ewigen Tode an jenem schrecklichen Tage;

Wenn Himmel und Erde erschüt - tert werden.

Da Du kommen wirst, die Welt zu richten mit Feuer.

Zitternd stehe ich da und fürchte mich, da die Rechenschaft kommt und der künftige Zorn:

Wenn Himmel und Erde erschüt - tert werden.

O jener Tag, ein Tag des Zornes, des Elendes und Jammers, ein Tag, der überaus bitter ist:

Da Du kommen wirst, die Welt zu richten mit Feuer.

Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen.

Befreie mich, o Herr, von dem ewigen Tode an jenem schrecklichen Tage;

Wenn Himmel und Erde erschüt - tert werden.

683

. Lasset uns beten für die ab - gestorbenen Christgläubigen.

. Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen.

. Laß sie ruhen im Frieden.

. Amen.

Antiphon. Wenn Du, o Herr, gedenken wolltest der Missethaten, wer könnte dann bestehen, o Herr?

Psalm 129.

Aus der Tiefe rufe ich zu Dir, o Gott, Herr, erhöre mein Gebet!

Laß dein Ohr doch achten auf meines Flehens Stimme.

Wenn Du, o Herr, gedenken woll - test der Missethaten, wer könnte dann bestehen, o Herr?

Aber bei Dir ist die Vergebung, o Herr, und um deines Gesetzes willen vertraue ich auf Dich.

Meine Seele harret auf sein Wort meine Seele hoffet auf den Herrn.

684

Von der Morgenwache bis in die Nacht hoffe Israel auf den Herrn.

Denn bei dem Herrn ist Erbar - mung und bei Ihm überreiche Erlö - sung.

Und Er wird Israel erlösen von allen seinen Missethaten.

Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen.

Antiphon. Wenn Du, o Herr, gedenken wolltest der Missethaten, wer könnte dann bestehen, o Herr?

. Herr, erbarme Dich unser!

. Christus, erbarme Dich unser!

. Herr, erbarme Dich unser!

Vater unser.

. Und führe uns nicht in Ver - suchung.

. Sondern erlöse uns von dem Uebel.

. Aus dem Orte der Reinigung.

. Erlöse, o Herr, ihre Seelen.

. Laß sie ruhen im Frieden.

. Amen.

685

. Herr, erhöre unser Gebet.

. Und laß unser Rufen zu Dir kommen.

Gebet.

Für verstorbene Seelsor - ger. O Gott, der Du unter den apostolischen Priestern deinen Diener N. mit der priesterlichen Würde be - kleidet hast, wir bitten Dich, verleihe, daß er auch in der Ewigkeit ihrer Gemeinschaft beigezählt werde, durch Christum, unseren Herrn. Amen.

Für verstorbene Eltern. O Gott, der Du uns befohlen hast, Va - ter und Mutter zu ehren, erbarme Dich nach deiner Milde der Seelen meines Vaters und meiner Mutter, vergib ihnen ihre Sünden und laß mich sie wiedersehen in der Freude ewiger Herrlichkeit, durch Jesum Chri - stum, unseren Herrn. Amen.

Für verstorbene Verwandte und Freunde. O Gott, Du Aus - spender der Gnaden und Liebhaber686 des menschlichen Geschlechtes, wir fle - hen zu deiner Milde, daß Du die Seelen unser verstorbenen Brüder und Schwestern, Verwandten und Wohl - thäter, die aus dieser Zeitlichkeit ab - geschieden sind, durch die Fürbitte der seligen, allzeit jungfräulichen Mutter Maria und aller Heiligen zur Ge - meinschaft der ewigen Seligkeit wollest gelangen lassen, durch Jesum Chri - stum ꝛc. Amen.

Für Stifter und Wohlthä - ter. O Gott, wir empfehlen deiner Liebe die Seelen derjenigen, die durch milde Stiftungen deine Ehre und das Wohl ihrer Brüder so werkthätig be - fördert haben. Vergilt ihnen mit ewi - gen Gütern, was sie an ihren notlei - denden Brüdern selbst gethan, und laß sie in ewiger Seligkeit die Schätze genießen, die sie in den Wer - ken der Liebe im Himmel sich hinter - legt haben. Darum bitten wir Dich durch Christum, unseren Herrn. Amen.

687

Für jeden Verstorbenen Er - löse, o Herr, die Seele deines Die - ners (Dienerin), damit sie, die der Welt abgestorben, nur Dir lebe. Tilge Du nach Deiner unendlichen Barm - herzigkeit die Sünden, welche sie in ihrem Wandel auf Erden durch mensch - liche Schwachheit begangen, durch Chri - stum, unseren Herrn. Amen.

Für alle abgestorbenen Christ - gläubigen. O Gott, Schöpfer und Erlöser aller Gläubigen, verleihe den Seelen deiner Diener und Dienerin - nen Verzeihung ihrer Sünden, damit sie die gnädige Nachlassung, welche sie allzeit verlangt haben, durch unsere frommen Fürbitten erlangen mögen. Durch Christum ꝛc. Amen.

. Herr, gib ihnen die ewige Ruhe.

. Und das ewige Licht leuchte ihnen.

. Laß sie ruhen im Frieden.

. Amen.

688

Auf dem Gottesacker.

Seid gegrüßt, ihr gläubigen Seelen alle, deren Leichname hier und überall im Erdreiche begraben ruhen. Unser lieber Herr Jesus Christus, welcher uns mit seinem kostbaren Blute erlöst hat, der wolle euch alle, die ihr noch an dem Orte der Läuterung aufgehalten und gereiniget werdet, gnädig daraus be - freien und unter die Scharen der Engel und Auserwählten aufnehmen.

Wollet alsdann auch unser einge - denk sein, die wir noch in diesem Jam - merthale leben, und den Herrn für uns bitten, daß auch wir nach einem seligen Absterben zu euch gelangen und mit euch in der ewigen Glorie gekrönt werden.

. Herr, gehe nicht ins Gericht mit den Seelen deiner Diener.

. Denn kein Mensch wird vor deinen Augen gerecht erfunden.

689

O Herr Jesus Christus, das Heil und die Erlösung der christgläubigen Seelen, der Du nicht gekommen bist, die Seelen verloren gehen zu lassen, sondern zu erretten und dein Leben zur Rettung für viele dahinzugehen, wir rufen flehentlich zu deiner unend - lichen Milde und Barmherzigkeit, daß Du die Seelen aller abgestorbenen Christgläubigen, die noch im Reini - gungsorte leiden, gnädig und erbar - mungsvoll ansehen mögest, daß, wenn sie auch nicht unverdient ihre Qualen leiden, durch deine mildeste Barmher - zigkeit erlöst werden. Dein Erbarmen möge den Seelen zu Hilfe kommen, die Du mit deinem kostbaren Blute erlöst hast, und um der Verdienste der seligsten Jungfrau Maria und aller Heiligen willen ihnen gnädig sein, sie von ihren Peinen befreien, mit dem Kleide der herrlichen Unsterblichkeit bekleiden und in die Freuden des Paradieses auf - nehmen, der Du mit dem Vater und690 dem heiligen Geiste lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Ihr christgläubigen Seelen, deren Gebeine hier und allenthalben im - ßen Namen Jesu Christi begraben sind, es segne euch Gott der Vater, es erlöse euch Gott der Sohn, es tröste euch Gott der heilige Geist. Gott der Herr gebe euch die ewige Ruhe durch das bittere Leiden und Sterben seines geliebten Sohnes, unseres Herrn Jesu Christi; Maria und die himmlischen Heerscharen mögen bitten für euch. Ihr lieben christlichen Seelen bittet Gott auch für mich armen Sünder. Amen.

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691
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Anhang. Fromme Sprüche für die Kleinen.

Manches heilsame Wort, mit welchem die christ - liche Mutter sich selber aufmuntert, und welches sie auch für größere Kinder brauchen kann, ist den Kleinen noch nicht verständlich. Der müt - terliche Eifer ist zwar in dieser Hinsicht der beste Sprachlehrer, aber einige Sprüche, die allgemeine Aufnahme gefunden haben, dürften allen will - kommen sein. Die Mutter wird mit ihren Be - lehrungen und Mahnungen auch bei den Kleinen am meisten ausrichten, wenn sie die Kunst versteht, hiefür die geeigneten Gelegenheiten zu benutzen. Manches Wort, welches, zur Unzeit und nicht in der rechten Stimmung gesprochen, weder verstan - den noch beachtet wird, kann bei passenden Anlässen den tiefsten Eindruck machen und unvergeßlich bleiben. Die Dinge in der sichtbaren Natur, freudige und traurige Vorgänge, gute und böse Handlungen der Menschen sollen fleißig hiefür benutzt werden. Die Mutter mag unter diesen Sprüchen beliebig auswählen und auch andere verwerten, nur soll sie bei den einen und den andern ermessen, ob das Kind schon reif ist für692 das Verständnis derselben. Dasselbe gilt auch von den ersten täglichen Gebeten, für deren Uebung die Mutter die richtige Zeit zu finden wissen muß. Immer muß es bei dem Satze bleiben, zuerst das Herz und dann erst die Zunge des Kindes in Bewegung zu setzen. Ist aber die Empfänglichkeit dafür einmal vorhanden, so muß jeder Anlaß benutzt werden, um sie dem Ver - ständnis, dem Herzen und dem Gedächtnisse des Kindes unauslöschlich einzuprägen.

Von dem lieben Gott.

Wo ich bin, und was ich thu ',
Sieht mir Gott, mein Vater, zu.

***

Gott sieht dich, Kind;
Drum scheu die Sünd!

***

An Gottes Segen
Ist alles gelegen.

***

Nun eins ist not,
Kind, liebe Gott!

Heilige Naturbetrachtung.

Die ganze Welt mit ihrer Pracht
Hat Gott mit einem Wort gemacht.

***

693
Weißt du, wie viel Sterne stehen,
An dem blauen Himmelszelt?
Weißt du, wie viel Wolken gehen
Weithin über alle Welt?
Gott der Herr hat sie gezählet,
Daß ihm auch nicht eines fehlet
An der ganzen großen Zahl.

***

Ein jedes Gräslein lehret mich:
Wie groß ist Gott, wie klein bin ich!
Ein jedes Wiesenblümlein spricht:
Vergiß des großen Gottes nicht!

***

Wer speist den Sperling auf dem Dach?
Und tränkt das Fischlein in dem Bach?
Wer nährt die Tierlein klein und groß?
Sogar das Würmlein unterm Moos?
Wer kleidet in der weiten Welt
Die Blumen alle auf dem Feld?
Wer zeigt der Sonne ihre Bahn
Und zündet all die Sternlein an?
Wer nährt uns Menschen allezeit
Auf dieser Erde weit und breit?
Das thut der große Herr der Welt,
Der auch dich liebevoll erhält.

***

Nein, nichts geschieht von ungefähr,
Von Gottes Hand kommt alles her.
694

Von den heiligen Engeln.

Gott sendet seine Engel aus,
Sie eilen froh von Haus zu Haus
Und kehren gern bei Kindern ein,
Die wollen fromm und folgsam sein.

***

Schutzengel mein du bist bei mir;
Ich bleibe dein und folge dir.

***

Gehorche deinem Engel,
So oft er warnend spricht,
Und thue keine Sünde
Vor seinem Angesicht.

***

Heiliger Schutzengel mein,
Laß mich dir empfohlen sein;
Tag und Nacht, ich bitte dich,
Beschütz ', regier' und leite mich,
Daß ich lebe recht und fromm
Und zu dir in Himmel komm '.

Von Jesus und Maria.

O süßer, lieber Jesus Christ,
Der für uns Mensch geworden ist!
Dich will ich lieben bis zum Tod
Und mit Dir gehn durch Schmerz und Not.

***

695
Beim frühen Morgenlicht
Erwacht mein Herz und spricht:
Gelobt sei Jesus Christus!
Und bei des Tages Schluß
Ist dies mein letzter Gruß:
Gelobt sei Jesus Christus!

***

Ich danke Dir, Herr Jesus Christ,
Daß Du für mich gestorben bist,
O laß dein Blut und deine Pein
An mir doch nicht verloren sein!

***

Gerne möchte ich auf Erden
Dir, o, Jesus, ähnlich werden.

***

Mach so fromm und wohlgesinnt,
Lieber Jesus, jedes Kind,
Daß es nehm 'an Alter zu
Und an Gnade, so wie Du.

***

Jungfrau, Mutter Gottes mein!
Laß mich ganz dein eigen sein:
Dein im Leben, dein im Tod,
Dein in Unglück, Angst und Not,
Dein in Kreuz und bitterem Leid,
Dein für Zeit und Ewigkeit.

***

696
Maria mit dem lieben Sohne,
O segne uns vom Himmelsthrone!

Von dem Himmel

Der Körper, stirbt in kurzer Zeit,
Die Seele lebt in Ewigkeit.

***

Ich freue mich, Herr Jesus Christ,
Daß Du erhöht im Himmel bist.
Dort ist auch mir ein Ort bereit
Der Wonne voll in Ewigkeit!

***

Herr, ich hoffe voll Vertrauen,
Dich im Himmel einst zu schauen.

***

Durch Sündenschuld war ich verloren,
Verloren sollt 'ich ewig sein;
Doch weil Maria ihn geboren,
Der für mich litt die Todespein,
Steht mir die Himmelspforte offen,
Drum will ich glauben, lieben, hoffen.

Von der Unschuld und dem Gewissen.

Ich bin noch klein,
Mein Herz ist rein;
Soll niemand hinein,
Als Jesus allein.
697O nimm Dich vor der Sünd 'in acht,
Gar elend sie den Menschen macht.

***

Wer Gutes thut,
Hat frohen Mut

***

Kind, wirst du rot,
So warnt dich Gott.

***

Ein Glöcklein hängt in meiner Brust,
Das hat gar hellen Klang,
Bin ich der Sünde mir bewußt,
So macht sein Ruf mir bang,
Doch Hab 'ich recht vor Gott gethan,
So hör' ich es mit Freuden an.

***

Die Sünde, die uns Lust verspricht,
Ist süßes Gift o trau ihr nicht.

***

Ein Kinderherz soll sein
Wie die Lilie so rein,
Wie der Tau so klar,
Wie der Spiegel so wahr,
Wie der Quell so frisch,
Wie die Vöglein im Gebüsch,
So froh, ja so
Als flög 'es mit den Engeln gleich
Zu Gottes Thron ins Himmelreich.
698

Von dem Gehorsam.

Ein gutes Kind
Gehorcht geschwind.

***

Gehorsam will ich, keusch und rein
Aus Lieb 'zu meinem Heiland sein.

***

Dem Kind, das seine Eltern ehrt,
Wird Glück und Heil von Gott beschert

Vom Beten.

Mit Gott fang 'an, mit Gott hör' auf,
Das ist der schönste Lebenslauf.

***

Heb mit den Händen auch das Herz,
So oft du betest, himmelwärts!

***

Bet 'und arbeit',
Gott hilft allzeit.

***

Was du thun willst, heb 'zuvor
Deine Seel' zu Gott empor.

***

Beim Kreuzeszeichen denkt der fromme Christ
Daß Gottes Sohn für ihn gestorben ist.

Morgengebet.

O Gott! Du hast in dieser Nacht
So väterlich für mich gewacht;
699 Ich lob 'und preise Dich dafür
Und dank' für alles Gute Dir.
Bewahre mich auch diesen Tag
Vor Sünde, Tod und jeder Plag ';
Und was ich denke, red' und thu ',
Das segne bester Vater Du.
Maria, bitt' an Gottes Thron
Für mich bei Jesus, deinem Sohn,
Der hochgelobt sei allezeit
Von nun an bis in Ewigkeit. Amen.
Beschütze auch, ich bitte dich,
O heil'ger Engel Gottes, mich.

Abendgebet.

Bevor ich mich zur Ruhe lege,
Zu Dir, o Gott, mein Herz ich hebe
Und sage Dank für jede Gabe,
Die ich von Dir empfangen habe;
Und hab 'ich heut mißfallen Dir,
So bitt' ich Dich, verzeih 'es mir!
Dein Kreuz, o Jesu, schütze mich
Vor allem Bösen gnädiglich;
In deine Wunden schließ' mich ein,
Dann schlaf 'ich ruhig, keusch und rein.
Maria, bitt' an Gottes Thron
Für mich bei Jesus, deinem Sohn!
Beschütze auch, ich bitte dich,
O heiliger Engel Gottes mich!
700

Inhalts-Verzeichnis.

  • Vorbemerkung5
  • I. Selbsterkenntnis und Selbsterziehung.

    • 1. Die christliche Mutter9
    • 2. Das Frauenherz16
    • 3. Das Mutterherz24
    • 4. Die Tochter Evas35
    • 5. u. 6. Das schöne Geschlecht44
    • 7. u. 8. Das schwache Geschlecht67
    • 9. u. 10. Das fromme Geschlecht86
    • 11. Das Weib und die Welt106
    • 12. Der Glaube123
    • 13. Die christliche Hoffnung136
    • 14. Die Liebe Gottes152
    • 15. Das heiligste Herz Jesu167
  • II. Die Pflichten der christlichen Mutter.

    • 16. Ein neuer Stand, ein neues Leben185
    • 17. u. 18. Gatte und Gattin; Vater und Mutter192
    • 19. Die Hausfrau und Hausmutter212
    • 20. Die Adventzeit219
    • 70121. Geburt und Wiedergeburt226
    • 22. Der Anfang233
    • 23. Einige Mißgriffe241
    • 24. Das betende Kind251
    • 25. Das Schulkind263
    • 26. Das spielende Kind267
    • 27. Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper284
    • 28. Die Mutter und die Welt293
    • 29. Die reifere Jugend307
    • 30. Das mütterliche Ansehen317
    • 31. Am letzten Tage wird sie lachen329
    • 32. Tochter Evas werde ein Kind Mariens352
  • III. Andachtsübungen.

    • Die täglichen Gebete369
      • Morgengebet369
      • Abendgebet373
      • Tägliches Gebet des Vereins der christ - lichen Familien376
    • Meßandachten379
      • Erste Meßandacht379
      • Zweite Meßandacht423
      • Dritte Meßandacht452
    • Bußandacht482
      • Vorbereitungsgebet482
      • Gewissenserforschung486
      • Reue und Leid494
      • Nach der Beicht496
    • 702Kommunionandacht499
      • Vor der heiligen Kommunion502
      • Bei der heiligen Kommunion506
      • Nach der heiligen Kommunion507
    • Verschiedene Andachten519
      • Zur heiligen Fastenzeit (Stationen - andacht) 519
      • Auslegung des Vater unser und des englischen Grußes532
      • Zwei Besuchungen des allerheiligsten Altarssakraments556
      • Litanei vom heiligsten Namen Jesu569
      • Weihegebet, durch welches die christ - lichen Familien sich der heiligen Familie weihen574
      • Andacht zu der heiligen Familie576
      • Gebet um Erneuerung der Standes - gnade582
      • Das Vater unser der christlichen Mutter585
    • Die Festzeiten des Kirchenjahres589
      • Adventandacht590
      • Andacht an Weihnachten593
      • Andacht für die heilige Fastenzeit596
      • Andacht für die österliche Zeit600
    • Andacht zu Ehren des heiligen Geistes603
      • Andacht zu Ehren der seligsten Jung - frau Maria606
      • Andacht zu Ehren der unbefleckten Empfängnis Maria610
      • 703Andacht zu der schmerzhaften Mutter613
      • Andacht zu Ehren der Aufnahme Ma - riens in den Himmel619
      • Die lauretanische Litanei621
      • Das andächtige Beten des heiligen Rosenkranzes626
    • Der Rosenkranz der christlichen Mutter631
    • Zu den heiligen Schutzengeln641
    • Gebete zu den heiligen Gottes645
    • Zum heiligen Joseph645
    • Andachten zu den heiligen Müttern648
    • Der Verein der christlichen Mütter658
    • Der Glaube an die Vorsehung660
      • Gebet um Gottes Schutz und Gnade in gesunden und kranken Tagen663
    • Vor und bei den Versuchungen665
    • Die Vorbereitung auf den Tod670
      • Betrachtung über den Tod671
      • Geistliches Testament675
      • Gebet um eine glückselige Sterbstunde678
    • Die armen Seelen im Fegfeuer680
  • Anhang: Fromme Sprüche für die Kleinen691
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About this transcription

TextDie christliche Mutter
Author Augustin Egger
Extent716 images; 91902 tokens; 11238 types; 598583 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDie christliche Mutter Erbauungs- und Gebetbuch Augustin Egger. . 1914.

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Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationGebrauchsliteratur; Theologie; ready; dtae

Editorial statement

Editorial principles

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.Anmerkungen zur Transkription:Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:Bogensignaturen und KustodenKolumnentitelAuf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:33:51Z
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