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Kommet, ihr Kinder, höret auf Mich! die Furcht des Herrn will Jch euch lehren. (Ps. 33, 12.)
Der Christliche Vater in der modernen Welt.
Erbauungs - und Gebetbuch von Augustin Egger, Bischof von St. Gallen.
24. bis 33. Tausend.
Verlagsanstalt Benziger & Co. A. G. Typographen des hl. Apostol. Stuhles,Einsiedeln, Waldshut, Köln a / Rh.New-York, Cincinnati, Chicago,bei Benziger Brothers.
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I. Teil. Belehrungen und Erwägungen.

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Bischöfliche Empfehlungen zu Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs - und Gebetbuch von Aug. Egger, Bischof von St. Gallen.

Das Erbauungs - und Gebetbuch Der christliche Vater in der modernen Welt , ein wertvolles Geschenk der Muse des Hoch - würdigsten Herrn Bischofes Augustinus von St. Gallen, wird sich leicht Bahn brechen und rasche Verbreitung in den weitesten Kreisen finden.

Der hohe Verfasser setzt sich die so not - wendige Erneuerung und Hebung der christ - lichen Familie zum Ziele.

Der erste Teil entwickelt demgemäß in wohlgeordneter Reihenfolge, mit meister - hafter Gründlichkeit und Salbung, in klarer und volkstümlicher Darstellung die verschie -II denen Pflichten und Obliegenheiten des christ - lichen Vaters und schließt in der achtund - dreißigsten Belehrung mit dem erhabenen Vorbilde der hl. Familie zu Nazareth. Eine wirksame Beigabe sind die überall mit der Lehre verwobenen trefflichen Beispiele. Der zweite Teil enthält eine reiche Auswahl der vorzüglichsten Gebete eines katholischen Chri - sten zur Erflehung der zur treuen Erfüllung der Vaterpflichten nötigen Gnaden.

Ohne Zweifel wird die eifrige Benützung dieses den Zeitbedürfnissen in so hohem Grade entgegenkommenden Gebetbuches reichen Segen stiften. Daher empfehle ich das hand - liche Büchlein, das man trotz seiner 511 Druck - seiten bequem in der Tasche tragen kann, als treuen Freund und Ratgeber allen christ - lichen Vätern, insbesondere meinen Diöce - sanen aufs wärmste.

Joannes Fidelis, Bischof von Chur.

Das vom Hochwürdigsten Herrn Bischof von St. Gallen, Augustin Egger, verfaßte Erbauungs - und Gebetbuch Der christliche Vater in der modernen Welt wird hie -III mit empfohlen, besonders für katholische Väter.

F. -B. Gurker Ordinariat. Josef, Fürstbischof von Gurk.

.... Ich habe das Büchlein: Der christ - liche Vater in der modernen Welt vom Hochwürdigsten Herrn Bischof von St. Gallen, Augustin Egger, mit großem Interesse ge - lesen, so zwar, daß es mich jedesmal fast eine Ueberwindung kostete, die Lesung zu unterbrechen. Ich bin vollkommen über - zeugt, daß die in diesem Büchlein enthal - tenen Grundsätze und Lehren, wenn sie von allen christlichen Familienvätern Beach - tung fänden, die Welt vollständig regenerieren würden ....

Franz Maria, Bischof von Linz.

.... Ich werde nicht unterlassen, das Werkchen, das ebenso sehr seines hohen Ver - fassers würdig, als seinem Zwecke entspre - chend ist, bei demnächstiger Gelegenheit denIV Angehörigen der Diöcese, sowie der Nor - dischen deutschen Missionen angelegentlichst zu empfehlen.

Bernard, Bischof von Osnabrück und Provikar der Norddeutschen Missionen.

.... Die Einsicht in das Büchlein hat mich überzeugt, daß es eine ganz vortreffliche des Hochwürdigsten Herrn würdige Arbeit ist.

Ich will gerne zu seiner Verbreitung bei - tragen, wo es mir möglich ist.

Dr. Michael v. Kampf, Bischof von Passau.

Das Büchlein Der christliche Vater kommt den Bedürfnissen und Wünschen vieler entgegen.

In einfacher Klarheit und mit anmutiger Salbung bringt es unter steter Berücksich - tigung der modernen Verhältnisse alle jene Grundsätze und Winke für die väterliche Erziehungsaufgabe vor, welche nur zum Schaden der Familien ignoriert werden können.

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Während die Belehrungen den Vater aufklären und trösten, erziehen die Erwä - gungen ihn selbst zum Erzieher.

Die im zweiten Teile angeführten, mit dem Inhalte des ersten Teiles organisch ver - bundenen Gebete wird jeder christliche Vater immer wieder gerne verrichten, wie er auch das ganze Büchlein, nachdem er es nur ein - mal kennen gelernt, als steten Begleiter wählen und als eine empfangene Wohlthat ehren wird.

Ignatius, Bischof von Regensburg.

.... Ich möchte die ganz vortreffliche Schrift in den Händen aller christlichen Väter sehen und werde mit Freuden jede Gelegenheit benutzen, dieselbe zu empfehlen.

Hermann, Bischof von Münster.

.... Ich werde nicht ermangeln, das Büchlein Der christliche Vater in der mo - dernen Welt zu empfehlen, denn der Hoch -VI würdigste Herr Oberhirt der Diöcese St. Gallen hat durch die Herausgabe desselben unsere Erbauungslitteratur wirklich bereichert, und mit dem gediegenen Inhalt der christlichen Familie einen großen, sehr zeitgemäßen Dienst erwiesen. Die verantwortungsvollen Er - ziehungspflichten der Eltern, besonders der Väter in unserer neuen, dem Weltgeiste huldigenden Zeit werden in eingehender Weise und in edler Sprache erklärt und deren gewissenhafte Erfüllung warm aus Herz ge - legt. Ein Vater, der nach den hier em - pfohlenen Grundsätzen und Ratschlägen seine Familie leitet, wird die von allen Seiten dem Glauben und der Sittlichkeit der heranwach - senden Jugend drohenden Gefahren entfernen oder wenigstens verringern, und so einem der innigsten Wünsche des heiligen Vaters, durch die Familie die menschliche Gesellschaft zu heiligen, entsprechen. Auch zum Gebete um die Erreichung dieses wichtigen Zweckes wird der christliche Vater durch das Büchlein an - geleitet, da er mit den an die Belehrung sich anschließenden üblichen Andachten gerade die für ihn notwendigen Gnaden Gottes sich zu erbitten unterrichtet wird. Die äußere Ausstattung des Büchleins in sehr gefällig,VII und das Format gestattet es, daß der christ - liche Vater es stets bei sich tragen kann.

Ludwig Wahl, Bischof und Apostol. Vikar im königr. Sachsen.

Das Büchlein Der christliche Vater in der modernen Welt vom Hochwürdigsten Herrn Bischof Augustinus Egger von St. Gal - len, muß, wie alles, was aus der Feder des berühmten Kirchenfürsten geflossen, als ein wahres Meisterwerk bezeichnet werden. Aus - gehend von der Ueberzeugung, daß nament - lich in unseren Tagen der Mann voll und ganz von den christlichen Grundsätzen durch - drungen sein muß, enthält der I. Teil: Be - lehrungen und Erwägungen , welche in der dem hochwürdigsten Verfasser eigenen klaren, gründlichen und volkstümlichen Weise die so hohe und verantwortungsvolle Aufgabe des Vaters in salbungsvollen, tief zu Herzen gehenden Worten nach allen Seiten darlegen.

Da die Gesellschaft auf der Familie sich aufbaut und folglich von der christlichen oder unchristlichen Leitung der letztern durch das Haupt den Vater Wohl und Wehe derVIII erstern wesentlich bedingt ist, so muß dieser I. Teil als ein wertvoller Beitrag zur Hei - lung der so allgemein beklagten gesellschaft - lichen Zustände auf das wärmste begrüßt werden.

Der II. Teil: Andachtsübungen bietet neben den gewöhnlichen Gebeten eines ka - tholischen Christen wahre Perlen, wie z. B. das durch wohlthuende Kürze ausgezeichnete, herrliche Vater unser des christlichen Vaters und die Andachten für die Bruderschaft der hl. Familie.

Das Büchlein, von der löbl. Verlags - handlung prächtig ausgestattet, kann nicht genug empfohlen werden, und möchten wir jedem Hausvater zurufen: Nimm und lies und zwar alle Tage.

Anselm, Abt von Engelberg.
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Gelobt sei Jesus Christus

Vorbemerkung.

Alles ist darüber einig, daß die Menschheit in der Gegenwart an schweren Uebeln leidet. Insbesondere macht der Zerfall des religiösen und sittlichen Lebens ganz bedenkliche Fortschritte. Forscht man nach den Ur - sachen und Heilmitteln dieser Uebel, so stellt sich heraus, daß keines für sich genügt, daß der Zerfall des Familien - lebens eine Hauptursache ist, und daß eine Besserung nicht möglich ist ohne die Erneuerung der christlichen Familie. Das Haupt der Familie aber ist der Vater, und die Familie kann nicht ohne ihn, sondern nur durch ihn erneuert werden. Darum muß vor allem er selber erneuert werden. Sind die Väter, wie sie sein sollen, so wird es auch ihre Familie und bald die ganze Gesellschaft sein. Nun sind aber die meisten Väter so in das gesellschaftliche Leben hineingestellt, daß es für sie keine leichte Sache ist, ihre so hohe und wichtige Aufgabe im rechten Geiste aufzufassen und zu erfüllen. Nachfolgende Blätter sind bestimmt, den katholischen Vätern, die guten Willens sind, mit einigen Winken behilflich zu sein. Es sind nur schwache Worte, aber die Gnade Gottes möge sie zu frucht -8 baren Samenkörnern machen, ihnen die Herzen der Väter öffnen und sie für die Erneuerung der Familie und das Heil der unsterblichen Seelen reichliche Früchte bringen lassen!

Sollten auch Mütter dieses Buch zur Hand nehmen, so mögen sie folgendes bedenken:

Ich habe überall nur auf die am meisten vor - kommenden Fehler und Mängel der Väter Rücksicht genommen und bei den Müttern das Bessere voraus - gesetzt. Es ist aber kaum zu bezweifeln, daß auch viele Mütter ihre Schwächen und Unvollkommenheiten haben, die ebenfalls einer guten Erziehung hinderlich sind. Es wäre darum gefehlt, wenn sie dieses Buch bloß benutzten, um dem Gatten und Vater lieblose Vorhalte zu machen. Sie sollen zuerst ihr eigenes Gewissen erforschen, und dann darauf hinarbeiten daß die beiderseits vorkommenden Fehler gemeinsam in Liebe und mit gutem Willen gebessert werden.

Möge sich unter den Sorgen und Kümmernissen der Erziehung an beiden das Wort des Psalmisten er - füllen: Da sie hingingen, zu streuen ihren Samen, da weinten sie, aber sie kommen zurück mit Jubel tragend ihre Garben. (Ps. 125, 6.)

Augustinus Egger, Bischof.
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1. Zweck dieses Buches.

Man wird kaum einen Vater finden, der nicht die Wohlfahrt seiner Kinder von Herzen wünscht. Dagegen giebt es um so mehr Väter, welche nicht alles thun, was zur Erfüllung dieses Wunsches notwendig ist. Es ist nicht immer böser Wille, wenn manche ihre Vaterpflichten nicht genügend erfüllen. Gar oft fehlt die nötige Erkenntnis der erhabenen Pflichten und der schweren Verantwortung eines christlichen Vaters. Da können einige Belehrungen oft gute Aufnahme finden und viel Gutes stiften. Für solche Väter ist dieses Büchlein bestimmt. Ich zähle die Leser desselben weder zu den vollkommenen noch zu den mindesten unter den christlichen Vätern. Ich wende mich an solche, die einer Nachhilfe bedürftig sind, dieselbe aber auch annehmen.

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Zunächst will dieses Büchlein belehren. Alles will gelernt sein. Der Gelehrte, der Künstler, der Kaufmann, der Handwerker, fast alle Handarbeiter bedürfen einer beson - deren Vorbereitung und Anleitung, um in ihrem Berufe tüchtig zu werden. Aus diesem Grunde hält man heutzutage Kurse ab für ganz specielle Zweige der Landwirtschaft, der häuslichen und gewerblichen Arbeiten u. s. w. Einem ganz Unkundigen würde man nicht einmal einen Garten, einen Wald oder Weinberg zur Besorgung anvertrauen. Nun giebt es aber eine Kunst, welche viel höher steht, als alle diese weltlichen Künste und Gewerbe. Man hat sie von alters her die Kunst der Künste genannt, weil sie von allen die schwierigste und wichtigste ist. Es ist das die christliche Erziehung der Kinder.

Wie keine Gelehrten vom Himmel fallen, so auch keine fertigen Erzieher. Nun weiß jedermann, auf welchem Wege man allein zur Gelehrsamkeit gelangt, während man vielfach meint, daß die Fähigkeit, seine Kin - der gut zu erziehen, von selbst kommen sollte. Hunderte kommen in den Fall, Vaterpflichten erfüllen zu sollen, ohne je ein Wort über Erziehung vernommen zu haben, ohne auch11 nur einen Augenblick darüber nachgedacht zu haben, was dieser hohe Beruf von ihnen erfordere. Ist es da zu verwundern, wenn manche in der Ausübung dieses Berufes nicht glücklich sind?

Auch Väter mit gutem Willen können ganz ahnungslos Mißgriffe begehen, die viel - leicht als unbedeutend erscheinen, aber hun - dert - und tausendmal begangen werden, und allmählich doch nachteilige Folgen nach sich ziehen. Ein einziges belehrendes Wort könnte oft mit solchen Mißgriffen auch deren Folgen verhüten. Wenn ein Vater in diesem Büch - lein einem einzigen Winke begegnet, der ihn angeht, so ist ihm damit die Lesung des - selben reichlich vergolten.

Das Büchlein wendet sich an den christ - lichen Vater in der modernen Welt . Es giebt heutzutage Hindernisse der christlichen Erziehung, es giebt Gefahren für den Glau - ben und die Tugend der jungen Christen, die vor nicht langer Zeit noch nahezu un - bekannt waren. Sie werden auch jetzt noch von vielen Vätern gering angeschlagen oder gar nicht beachtet, aber zum großen Schaden für ihre Kinder. Was hilft es, wenn ein Vater für seine Person das Nötige zur12 Wohlfahrt seiner Kinder zu thun glaubt, aber gewisse schlimme Einflüsse der Welt übersieht, die wieder untergraben, was er mühsam aufgebaut hat? Mancher Vater schaut den heutigen Weltlauf viel gleich - gültiger oder wenigstens harmloser an, als für ihn und seine Kinder gut ist. Auch in dieser Hinsicht kann die eine oder andere Belehrung in diesem Büchlein für manchen Vater von großer Wichtigkeit sein.

Den Belehrungen sind Gebete beigefügt. Wenn es genügte, gute Bücher bloß zu lesen, so würde es viel besser aussehen unter den katholischen Christen, als es wirklich der Fall ist, und dieses Büchlein wäre wohl gar nicht geschrieben worden. Mit der Erkenntnis der elterlichen Pflichten und der heutigen Gefahren für die christliche Jugend ist es noch nicht gethan. Von da bis zur wirklichen Ausführung ist ein Weg, der ziemlich lang und beschwerlich ist. Aus der gewonnenen Einsicht müssen gute Vorsätze hervorgehen, diese müssen den besonderen Verhältnissen angepaßt, öfters erneuert und durch Gebet geheiliget werden. Der Gebetsteil dieses Büch - leins enthält nicht alles, was ein Vater in den verschiedenen Lagen des Lebens Gott zu13 sagen hat, und von ihm verlangen soll. Er will auch nicht mehr sein, als eine An - leitung für den Vater, mit deren Hilfe er für seine Anliegen beten lernen soll. Gebets - formulare sind nur für das gemeinsame Gebet eine Notwendigkeit, für den Privat - gebrauch sind sie nur ein Notbehelf, welcher jenen das Beten ermöglichen und erleichtern soll, welche es nicht verstehen, ohne äußere Nachhilfe aus ihrem Herzen mit Gott zu reden. Vor Gott haben die schönen Worte in den Gebetbüchern noch keinen Wert, son - dern erst das, was mit ihrer Nachhilfe aus dem Herzen des Betenden kommt. Das Gebetbuch ist ein Führer beim Gebete, den man brauchen soll, so lange man seiner be - darf. Freilich können ihn viele zeitlebens nicht ganz entbehren, aber doch sollten alle sich bemühen, wenigstens hie und da ohne äußeres Hilfsmittel nur mit den Eingebun - gen ihres eigenen Herzens ihre Sorgen und Anliegen Gott vorzutragen.

Ein Teil der Gebete dieses Büchleins ist für die gewöhnlichen Gebetsanlässe des Christen bestimmt, von den übrigen mag man das eine oder andere benutzen, nachdem man einiges im belehrenden Teile gelesen14 hat, sodann gebrauche man sie an Sonn - und Feiertagen in der Kirche oder zu Hause, be - sonders bei Nachmittagsandachten, bei dem Empfang der hl. Sakramente, auch bei häus - lichen Anliegen und Sorgen, mitunter ge - meinsam mit der ganzen Familie. Zur Er - leichterung wird am Schlusse jedes Abschnittes auf eine Stelle im Gebetsteile verwiesen, welche als Anleitung dienen kann, das Ge - lesene im Gebete vor dem Herrn weiter zu erwägen und Ihm anzuempfehlen.

2. Die Vaterwürde.

Der hl. Paulus läßt alle Vaterschaft im Himmel und auf Erden von dem himm - lischen Vater herstammen. (Eph. 3,15.) Gott ist der Vater aller Wesen, Grund aller Frucht - barkeit. Er allein besitzt die nie versiegende Quelle der Fülle des Lebens sowohl im Himmel, wo Er das ewige Leben zeugt, als auf Erden, wo Er den Menschenkindern den Geist des Lebens einhaucht. Der irdische Vater ist sein Werkzeug, durch welches Er dem Kinde das Dasein geben und erhalten will, er ist sein Stellvertreter, der dem Kinde in seinem Namen gebietet, er ist ein irdisches15 Abbild seiner göttlichen Hoheit durch die Würde und das Ansehen im Familienkreise.

Um die Erhabenheit, die Gott der irdischen Vaterschaft zugedacht hatte, zu würdigen, müssen wir erwägen, wie Er sie anfänglich erhöhte, und wie Er sie nach dem Falle er - neuerte. Welches wäre die Stellung des Vaters gewesen ohne den Sündenfall? Das Glück des Paradieses, welches Gott den Menschen bestimmte, die Sünde aber raubte, ist unserem Verständnis so ferne, daß wir es nur durch die spärlichen Strahlen erkennen, mit welchen die göttliche Offenbarung es beleuchtet. Ohne die Sünde würden jeden - falls auch die traurigen Folgen der Sünde nicht da sein, die böse Begierlichkeit, die vielen Leiden und Gebrechen des Leibes und der Seele, der Tod und die Verwesung. Die Nachkommen Adams wären in dem näm - lichen glückseligen Zustande geboren worden, in welchem er selber in das Dasein getreten ist. Wie schön und süß und edel sich da das Familienleben mit allen Beziehungen zwischen Vater und Kindern hätte gestal - ten müssen, übersteigt unsere Begriffe, die der rauhen jetzigen Wirklichkeit entnommen sind. Von dem Ideal der edeln Männlichkeit,16 der Kraft, der Würde, der Heiligkeit und Liebe, welches in einem sündelosen Va - ter zur Wirklichkeit geworden wäre, vermö - gen wir uns keine Vorstellung zu machen, und ebenso wenig von dem Glücke einer Familie, in welcher es keine ungezogenen Kinder, sondern nur Engel in Menschen - gestalt, keine Verdrießlichkeiten, keine Sorgen, keine Krankheiten, keine Trennung durch den Tod, sondern lauter Unschuld und Tugend, Freude und Friede und gegenseitige Liebe giebt. Wie überaus erhaben und selig wäre da der Vater in der Mitte der Seinigen ge - wesen, und wie hätte jede neue Generation die Würde und das Glück des Stammvaters steigern müssen!

Diese selige Zukunft hing von der Be - dingung ab, daß die Freiheitsprobe gut be - standen würde. Mit dem Sündenfalle er - losch der Lichtglanz dieses höheren Daseins, mit der Unschuld schwand auch die Glück - seligkeit dahin, die Auen des Paradieses versanken in unnahbare Fernen, und über der untergegangenen Seligkeit schloß sich die rauhe Decke dieser mit dem Fluche belegten Erde. Adam wurde der unglückliche Stamm - vater eines unglücklichen Geschlechtes, welchem17 er die Sünde und ihre Folgen als traurige Erbschaft hinterließ. Das Urteil über Adam ging auch über auf seine Söhne, die wieder Väter wurden. Die Vaterschaft war zum verwilderten Baume geworden, der ausge - artete und verdorbene Früchte trug. Und je mehr das Heidentum den wahren Gott vergaß, desto mehr wurde auch das irdische Abbild des himmlischen Vaters verunstaltet. Besonders bemerkenswert ist es, daß das Heidentum einen Hauptzug der Vaterschaft, die väterliche Liebe, immer mehr zurücktreten ließ, so daß der Vater bei den meisten Völkern zum grausamen Despoten, oder besser gesagt zum reißenden Tiere herabgewürdiget wurde. Haben doch die gebildetsten Völker des Alter - tums dem Vater das Recht eingeräumt, nach Belieben über Leben und Tod seines Kindes zu entscheiden.

Als das Christentum auftrat, war es, wie wenn nach einer langen, bangen Nacht die Sonne aufgeht, und neues Licht und neues Leben verbreitet. Dieses neue Licht ergoß sich auch verklärend über das Familien - leben. Vater, Mutter und Kind mußten sofort eine neue und höhere Würde erlangen, als man im Menschen das Ebenbild Gottes18 und den Erben des Himmels kennen lernte. Die natürliche Vaterschaft, welche, von dem verdorbenen Samen Adams her, wild fort - wucherte, wurde durch das heilige Sakrament der Ehe in das Reich der Gnade emporge - hoben. Sie kann und soll aus der über - natürlichen Lebensquelle des neuen Adam, welcher Christus ist, neues, höheres Leben schöpfen, und ein Geschlecht hervorbringen, welches nicht aus dem Geblüte, noch aus dem Willen des Fleisches, noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott ge - boren ist. (Joh. 1, 13.) Den ersten Keim des neuen Gottesreiches bildete die heilige Fa - milie zu Nazareth, das Vorbild aller christ - lichen Familien.

Die Heiligung der Familie war eine Hauptaufgabe des Christentums. Gleich von Anfang an hat die Kirche den Geist und das Leben der Familie erneuert, und solchen Glaubensmut und solche Tugendkraft in die Herzen der Eltern gelegt, daß den heiligen Vätern Generationen heiliger Kinder nicht bloß im tugendhaften Leben, sondern in den blutigen Martertod nachfolgten.

So ist die Vaterschaft in Christus gehei - liget und ihre Würde wiederhergestellt wor -19 den. So viel Unvollkommenes auch den christlichen Vätern anhaften mag, der Vater - name ist und bleibt geadelt. Von allen Namen, die Menschen tragen können, hat der Name Vater den besten Klang, mag nun sein Träger Arbeiter oder König sein. Wo immer es gilt, etwas Großes und Ehrwürdiges zu be - zeichnen, muß man diesen Namen entlehnen. Wollen die Völker ihres gekrönten Ober - hauptes mit Ehrfurcht gedenken, so nennen sie es Landesvater, und den Retter aus schwerer Not begrüßen sie als Vater des Vaterlandes. Die Kirche nennt jene großen Männer, welche in den gewaltigen geistigen Kämpfen für sie eingestanden sind, Kirchenvä - ter, und ihr sichtbares Oberhaupt heißt Hei - liger Vater . Wenden wir uns im Gebete an den höchsten Herrn des Himmels und der Erde selber, so reden wir Ihn nach der Anleitung seines eingebornen Sohnes als Vater an.

Selbstverständlich dürfen die Inhaber dieses erhabenen und ehrwürdigen Vater - namens nicht die letzten sein, welche ihn hochschätzen. Sie müssen ihm Ehre zu ma - chen suchen durch ihre Pflichttreue und ih - ren Wandel. Es ist ein neues Heidentum im Anzuge, welches schon angefangen hat,20 die christliche Vaterwürde zu verdunkeln, das väterliche Ansehen zu erschüttern. Die Väter dürfen nur dann hoffen, in unserer Zeit bei ihren Kindern Achtung und Ehrfurcht für ihre Würde zu finden, wenn sie diese Würde selber als Christen hochschätzen und in Ehren halten.

(Gebet zum hl. Joseph. Seite 482.)

3. Die Vaterpflichten.

Von den Pflichten des Vaters handelt eigentlich das ganze Büchlein. An dieser Stelle sollen nur die Uebersicht und die richtige Auffassung derselben angeführt werden.

Die Sorge für Leben und Ge - sundheit des Kindes beginnt erheblich früher, als manche zu vermuten scheinen. In dem Sponsalienunterricht der deutsch-schwei - zerischen Diöcesen heißt es: Ein gottes - fürchtiger und sittenreiner Wandel der Ehe - gatten trägt auch dazu bei, daß sie an Körper und Geist gesunde Kinder erhalten. Insbe - sondere stellen die Beobachtungen in allen Ländern heraus, daß die Zahl der siechen und blödsinnigen Kinder zum großen Teil von dem Genusse geistiger Getränke seitens21 der Eltern abhängig ist. Die alten Karthager hatten ein Gesetz, nach welchem Eheleute zur Zeit ihres ehelichen Umganges nur Wasser trinken durften. Wo dieser Wink beobachtet wird, werden die Kinder viel weniger An - lagen zum körperlichen und geistigen Siechtum auf die Welt bringen.

Der Vater soll auch, so viel an ihm ist, Sorge tragen, daß nicht schwere Arbeit, Ge - nuß geistiger Getränke, oder heftige Ge - mütsbewegungen seitens der Mutter dem noch ungebornen Kinde Schaden bringen. Dasselbe gilt für die Zeit, in der das Kind von der Mutter genährt wird.

Die Sorge für den täglichen Un - terhalt der Kinder wird von der Großzahl der Väter als die schwerste Last empfunden. Aber trotz der Ausnahmen, die leider vor - kommen, wird diese Vaterpflicht im allgemei - nen vielleicht noch am besten erfüllt. Wo es in diesem Punkte fehlt, da ist der fatale Wirtshausbesuch daran schuld. Die Lieder - lichkeit und Verschwendung sind auch für den ledigen Mann Sünde, aber sie werden zur himmelschreienden Sünde für den Familien - vater, der sein Geld in das Wirtshaus trägt, und die Sorge für Nahrung und Kleidung22 der Seinigen vernachlässiget. Wehe solchen Vätern! Der Rabe und der Geier, der Tiger und der Löwe sind vor Gott ihre Ankläger, denn diese, so gefräßig sie sind, tragen wenigstens den Raub in ihre Ne - ster, in ihre Höhlen, um die Jungen zu nähren.

Die Sorge für das künftige Aus - kommen der Kinder erfordert zwei Dinge. Einmal sollen die Kinder durch Unterricht und besondere Ausbildung befähiget werden, daß sie in irgend einem Berufe später ihr Auskommen selber finden können. Das zweite Hilfsmittel für ihr Fortkommen ist eine an - gemessene Erbschaft. Der mittellose Vater suche durch Sparsamkeit wenigstens etwas anzusammeln und für seine Kinder zurück - zulegen. Wenn ihm dieses ohne sein Ver - schulden nicht gelingt, so sorge er dafür, daß er jedenfalls seinen Kindern die kostbaren - ter eines guten Namens und des Segens Got - tes als Erbe hinterlassen kann. Der Reiche braucht für seine Kinder nicht zum Geizhalse zu werden. Will er, daß der Reichtum den Kindern zur Wohlfahrt diene, so mache er, daß sie keinen Heller ungerechten Gutes von ihm erben, und daß auf ihrem Erbe jener23 Segen ruht, den christliches Wohlthun auf den irdischen Besitz herabzieht.

Die sittliche Erziehung soll nach den Begriffen der heutigen Welt das Kind zu einem guten Menschen, zu einem brauch - baren Mitgliede der menschlichen Gesellschaft erziehen. Ein gewisses Maß sittlicher Tugen - den ist unentbehrlich auch für die irdische Wohlfahrt. Laster und Verbrechen machen den Thäter und seine Umgebung unglücklich, während die Tugend Freude und Friede er - langt und austeilt. Schon die irdischen Rück - sichten verlangen somit, daß man die Kinder zu guten Menschen erziehe. Aber das Christen - tum hat von der sittlichen Erziehung eine wesentlich höhere Auffassung, indem es das sittliche Leben des Menschen mit dem gött - lichen Gesetze und der ewigen Bestimmung des Menschen in Zusammenhang bringt. Die sittliche Erziehung im christlichen Sinne des Wortes muß darum sich stützen auf die religiöse Erziehung, welche das Kind zum Glauben und zur Gottesver - ehrung, zur Gottesfurcht und zum Streben nach dem Himmel anleitet. Ohne religiöse Grundlage kann die Sittlichkeit nicht bestehen. Wenn man Gott und den Himmel außer24 acht läßt, so bleiben nur mehr irdische Beweggründe für das Handeln, zeitliche Vor - und Nachteile. Und diese können dem Menschen nie sittliche Festigkeit verleihen. Denn wenn es zeitliche Opfer kostet, gut zu sein, oder wenn die Sünde Genuß und Gewinn verspricht, wenn sie als einzige Retterin aus schwerer Verlegenheit er - scheint, wie wird dann derjenige der Ver - suchung widerstehen, dem der Glaube und die Furcht Gottes fehlen? Die tägliche Er - fahrung macht jede Antwort auf diese Frage überflüssig, sie zeigt genügend den Zusammen - hang zwischen Unglauben und Gewissenlosig - keit. Ganz anders gestaltet sich die sittliche Probe für denjenigen, der die Ueberzeugung hat: Ich habe über mir einen ewigen Ge - setzgeber, der mit allwissendem Auge mich beobachtet, und einst als unbestechlicher Rich - ter alle meine Gedanken, Worte und Hand - lungen richten wird. Auf mich wartet ein ewiges Leben in der Freude oder in der Qual. Die Entscheidung liegt in meiner Hand, und ich wäre ein großer Thor, wenn ich für die Befriedigung eines Augenblickes die ewige Glückseligkeit verscherzen und der Hölle schuldig werden wollte.

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Ohne Religiosität keine wahre Sittlich - keit, ohne Sittlichkeit keine irdische Wohl - fahrt, das ist ein Lebensgesetz, über welches man in der Erziehung niemals hinauskom - men kann, und dessen Verletzung sich immer selber straft.

Das bisher Gesagte hat seine Geltung, wenn man nur auf die irdische Bestimmung des Menschen und auf die Bedingungen schaut, unter denen allein die Erziehung ihr irdisches Ziel erreichen kann. Schon hie - für erweisen sich Religion und Sittlichkeit als unentbehrlich. Ordnung, Friede, Glück und Zufriedenheit, die höchsten Güter dieses irdischen Lebens, können nicht bestehen ohne die Sittlichkeit, die auf Religiosität gegrün - det ist. Aber es liegt auf der Hand, daß die religiöse und sittliche Erziehung ihr eigent - liches Ziel über dieser sichtbaren Welt hat. Der Mensch ist für die Ewigkeit geschaffen, dort ist seine wahre Bestimmung, dort darum auch das eigentliche Ziel der Erziehung, dorther stammen auch die Beweggründe, welche christliche Eltern zur eifrigen Erfül - lung ihrer Pflichten nötigen.

( Zum Eingang und Kyrie in der dritten Meßan - dacht. Seite 347.)

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4. Vaterpflichten. (Fortsetzung.)

(Beweggründe derselben.)

Alles, was den gewöhnlichen Christen antreiben soll, für seine Seele zu sorgen, gilt doppelt für die Eltern. Denn diese haben nicht bloß für ihr eigenes Heil zu sorgen. Wenn sie selber in den Himmel wollen, so müssen sie auch die Kinder für den Himmel erziehen. Die Liebe zu den Kindern und das Bewußtsein der eigenen Verantwortung bilden gleich starke Beweggründe für treue Erfüllung der Elternpflichten.

Der Vater hat den natürlichen Wunsch, daß seine Kinder auf Erden Reichtum, Glück und Ansehen erlangen. Er darf und soll sich bemühen, ihnen zu dieser irdischen Glück - seligkeit zu verhelfen. Aber ist das alles? Ist das die Hauptsache? Wie lange dauert das, und was folgt nachher? Alles Irdische, Reichtum und Ehre auf der einen, Armut und Niedrigkeit auf der andern Seite ver - lieren ihre Bedeutung, sie verschwinden wie ein Nichts, wenn man sie mit der Ewig - keit zusammenhält. Alles Süße und Bittere auf Erden ist flüchtig und vergänglich, es gleicht den Erquickungen und Beschwerden27 einer kurzen Reise. Himmel und Hölle aber sind ewig, sie sind es auch für das Kind, welches dem Vater anvertraut ist, und wohin es kommt, da wird es ewig bleiben. Welche Blindheit eines Vaters, welches Verbrechen an dem Kinde, wenn der Vater alles auf - bietet, seinem Kinde eine angenehme Reise in die Ewigkeit zu verschaffen, aber sich nicht darum kümmert, ob die Reise zu einem guten oder schlimmen Ziele führt! Ein Vater, der an die Ewigkeit glaubt, und sein Kind lieb hat, muß den festen Entschluß im Herzen haben: Was es auch kosten mag, mein Kind soll nicht ewig unglücklich werden, ich will alles thun, damit es seine ewige Bestimmung nicht verfehlt, ich will sorgen, daß es nach diesem kurzen Leben in den Himmel kommt.

So müßte ein christlicher Vater reden, wenn das ewige Heil und das zeitliche Glück des Kindes einander entgegenstehen würden. Er müßte unbedenklich das vergängliche Gut für das ewige zum Opfer bringen. Es er - giebt sich aber schon aus dem bisher Gesagten, daß ein solcher Widerspruch nicht vorhan - den ist, daß im Gegenteil die Sorge für die Seele das erste Erfordernis für die irdische Wohlfahrt ist. Für die Erziehung gilt ganz28 besonders das Wort des göttlichen Heilandes: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und dieses alles wird euch hinzu gegeben werden. (Matth. 6,33.) Werden die Kin - der für den Himmel erzogen, so bewahrt man sie dadurch vor jenen Fehlern, durch welche heut - zutage so viele Kinder leichtsinnig sich selber unglücklich machen. Werden die Kinder für den Himmel erzogen, so werden sie fähig, die un - vermeidlichen Uebel dieses Lebens mit Mut und Trost zu ertragen, sie besitzen in ihrem Gott - vertrauen und in ihrer Hoffnung einen in - nern Frieden, den die Wechselfälle des Lebens nicht zerstören können. Werden die Kinder für den Himmel erzogen, so wird der Herr nach seiner Verheißung auch das übrige hin - zugeben, Er wird seinen Segen auf sie herab - senden, und ihnen so viel Glück und Frieden geben, als ihnen heilsam ist. Werden die Kinder für den Himmel erzogen, so werden sie also auch für die zeitliche Glückseligkeit erzogen, so weit eine solche überhaupt auf Erden zu finden ist. Ein Vater, der Glauben hat und sein Kind liebt, kann somit unmöglich darüber im Zweifel sein, was er vor allem andern und mit allen Kräften anzustreben hat. Seine erste und größte Sorge muß sein:29 Das ewige Glück seines Kindes im Himmel. Die Liebe zu der unsterblichen Seele des Kin - des muß jeden christlichen Vater nötigen, diese um jeden Preis zu retten.

Zu der Vaterliebe tritt als weiterer Be - weggrund die Verantwortung. Der Name Gott, sagt Schiller, weckt einen ernsten Nachbar auf, sein Name ist Richter. Damit hat er den Punkt getroffen, von dem der Unglaube der einen und die Gewissen - haftigkeit der andern ihren Ausgang nehmen. Die einen leugnen Gott, weil ihnen der Richter unbequem ist, die andern werden durch ihren Glauben an Gott genötiget, es mit ihren Pflichten ernst zu nehmen. Gott steht über uns als unser Gesetzgeber und Richter, wir sind seine Unterthanen, sein Wille ist unser Gesetz, und sein Richterspruch entscheidet über unser Heil in der Ewigkeit.

Gott hat dem Vater eine hohe Würde verliehen, ihn auf einen Vertrauensposten berufen, aber der hohen Berufung entspricht auch eine strenge Verantwortung. Der himm - lische Vater legt dem irdischen Vater ein schwaches, unbehilfliches Geschöpf, welches aber ein Ebenbild Gottes ist und eine un - sterbliche Seele hat, in seine Hände und giebt30 ihm den Auftrag, ihm Ernährer und Erzieher, Wächter und Beschützer zu sein. Nimm dieses Knäblein und nähre es mir, ich will dir deinen Lohn geben. (II. Mos. 2, 9.) So sprach die Tochter Pharaos zu der Mutter des Moses. So spricht die göttliche Vor - sehung zu Vater und Mutter, wenn ihnen ein Kind geschenkt wird. Nimm dieses Kind, und sorge ihm für Nahrung und Kleidung, erziehe es zu einem guten Christen, mache, daß du einen guten Lohn verdienst, wenn Ich es zurückverlange! Einst kommt der Tag, an dem das Kind von dem himmlischen Vater heimberufen wird. Erscheint es rein und heilig vor seinem Gott und Schöpfer, so macht Er es zu seinem Erben, zum Teil - nehmer an seiner Herrlichkeit. Aber auch die, welchen Er das Kind anvertraute, wer - den nicht vergessen, Er wird ihnen ihren Lohn geben. Wer Seelen für den Himmel erzieht, der ist würdig, selber in den Him - mel einzugehen. Je größer die Sorgen und Mühen, die Treue und Hingebung des Vaters, der Mutter gewesen sind, desto größer ist auch ihre Seligkeit. Das Glück des durch sie geretteten Kindes wird für sie in alle Ewigkeit ein Himmel in dem Himmel sein.

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Aber wenn die Kinder nicht in den Him - mel kommen, wie steht es dann mit den Eltern? Wie die ewige Wahrheit uns ver - sichert, wird der Richter über Leben und Tod einst beim allgemeinen Gerichte an viele die Worte richten: Weichet von Mir, ihr Ver - fluchten, in das ewige Feuer! (Matth. 25, 41.) Schreckliche Worte für jene, welchen sie gelten, nicht minder schrecklich für deren Väter und Mütter. Man sollte meinen, der Himmel müsse für solche Eltern aufhören, Himmel zu sein, wenn sie allein in denselben eingehen müssen ohne die Begleitschaft ihrer auf ewig verlorenen Kinder. Aber, ob sie allein ohne ihre Kinder Einlaß in den Himmel finden, das ist erst noch eine große und ernste Frage. Der Richter straft nicht bloß die Sünder, sondern auch die, welche an ihrem Verder - ben mitschuldig sind, und da stehen mei - stens die Eltern in der vordersten Reihe. Schon hienieden läßt sich bei Tausenden von Sündern leicht ersehen, daß ein Teil der Schuld auf ihre Eltern fällt. Beim letzten Gerichte wird das noch gründlicher unter - sucht und aller Welt offenbar werden. Es ist ein entsetzlicher Gedanke, daß Kinder vor dem ewigen Richter und vor den geöffneten32 Pforten der Hölle ihre Eltern als Ursache ihres Verderbens anklagen. Und doch ist nicht zu bezweifeln, daß dieses unzähligen Eltern wirklich begegnen wird. Dürfen Eltern auf den Himmel hoffen, wenn sie daran schuld sind, daß ihre Kinder ihn verfehlen? Der Apostel Paulus sagt: Wer für die Seinigen nicht Sorge trägt, der hat den Glauben ver - leugnet, er ist schlechter als ein Ungläubiger. (I. Tim. 5, 8.) Pflichtvergessene Eltern werden also vor dem ewigen Richter noch weniger bestehen, als Ungläubige.

Sind das nicht furchtbar ernste Wahr - heiten? Jeder Vater soll bedenken: Mein Kind wird nach einer kurzen Zahl von Jahren in die Ewigkeit hinübertreten. Es wird entweder in den Himmel oder in die Hölle kommen. Sein ewiges Los liegt zum größten Teil in meiner Hand, und ich bin für seine Seele vor Gott verantwortlich. Versäume ich meine Pflicht, so gefährde ich sein Heil, und seine Seele wird von mir gefordert wer - den! Wer kann das beherzigen, ohne daß ihn sein Glaube und seine Liebe zu dem Entschlusse drängen: Ich will nicht bloß meine Pflicht thun, ich will alles aufbieten, was mir mit der Gnade Gottes überhaupt mög -33 lich ist, ich will um jeden Preis das ewige Heil meines Kindes sicher stellen.

Der heilige Hieronymus war in bestän - diger heilsamer Furcht vor den Posaunen, die ihn zum Weltgerichte aufwecken werden. Wie viel mehr sollen jene dieses großen Tages ge - denken, welche nicht bloß für die eigene Seele, sondern auch für ihnen anvertraute Seelen Rechenschaft geben müssen! In der heiligen Schrift heißt es: In allen deinen Werken denke an die letzten Dinge, so wirst du in Ewigkeit nicht sündigen. (Pred. 7, 40.) Wenn ein christlicher Vater an die letzten Dinge denkt, so wird auch er seine Vaterpflichten nicht vernachlässigen.

( Zum Staffelgebet in der dritten Meßandacht. Seite 345.)

5. Vatersorgen.

Die Natur der Sache hat dem Worte Sorge einen Doppelsinn gegeben. Wer für etwas zu sorgen hat, d. h. etwas ausführen oder überwachen muß, der wird auch Sorgen (Kummer und Unruhe) haben, wenn er anders seiner Pflichten bewußt ist. Ein Seelsorger ohne Sorgen kann nie ein guter Seelsorger sein. Ebenso werden dem gewissenhaften34 Familienvater seine Pflichten zu Sorgen wer - den. Er soll seinen Kindern zum zeitlichen und ewigen Glücke verhelfen, aber der Er - reichung dieses Zieles stehen eine Menge von Hindernissen und Schwierigkeiten entgegen, welche die eifrigsten Bemühungen vereiteln können. Wie der Bauer erst dann die Sorgen los wird, wenn er das Korn in der Scheune hat, so hört für den Vater die Unsicherheit und Gefahr erst dann auf, wenn das Ziel erreicht ist. Leider giebt es auch Väter genug, welche sich ihre Sorgen sehr leicht machen, aber sie sind um dieses ihr scheinbares Glück nicht zu beneiden. Denn die Erfahrung zeigt, daß eine derartige Sorglosigkeit zur Quelle von Sorgen wird, für die es später keinen Trost mehr giebt.

Schon die Erwerbung des tägli - chen Unterhaltes für die Familie ist fast allgemein mit großen Sorgen verbunden. Es müssen ja weitaus die meisten Väter im Schweiße ihres Angesichtes mit der Arbeit ihrer Hände das tägliche Brot für sich und ihre Familie erringen. Die eigentlichen Nah - rungssorgen werden immer allgemeiner und drückender und klopfen immer lauter auch an die Thüre des Bauern und des Handwerkers. 35Das Auskommen zahlloser Familien beruht auf den zwei gesunden Armen des Vaters, und wenn diese durch Krankheit oder Ar - beitslosigkeit zur Unthätigkeit verurteilt wer - den, so kehren Armut und Not im Hause ein. Krankheiten und Todesfälle in der Fa - milie, Mißwachs und Hagelschlag, Stockungen von Gewerbe und Handel, Krieg und andere allgemeine Heimsuchungen gehören immer zu den möglichen Dingen. Die einen oder andern kehren nicht selten bei uns ein, sie werden von allen empfunden, aber auf nie - mand drücken sie schwerer, als auf die Väter und Mütter. Wenn es dem Vater gelingt, mit Gottes Hilfe seine Familie ehrlich durch - zubringen, so geschieht es jedenfalls nur unter mannigfachen täglichen Sorgen. Diese Sorgen werden nicht vermindert, wenn er auf die Zukunft schaut. Werden seine Kräfte aus - halten, bis die Kinder fähig sind, sich selber zu helfen? Wird es ihm gelingen, ihnen ein ehrliches Auskommen zu verschaffen?

Es giebt nur eine kleine Minderzahl von Vätern, welche sich nicht mit diesen Sorgen plagen müssen. Die übrigen sind sehr übel daran, wenn sie sich nicht zu einer christlichen Auffassung ihrer Lage zu erheben vermögen. 36Wenn sie die Sache bloß irdisch auffassen, so wird es sie erbittern, daß sie zu lebens - länglicher Not verurteilt sind, während andere neben ihnen schwelgen können, es wird sie schmerzen, daß sie ihren Kindern nur das nackte Leben und eine abhängige Lebens - stellung hinterlassen können, während bei andern mühelos Reichtum und Ueberfluß auf die Kinder übergehen. Wie nahe liegen da Neid und Mißgunst gegen fremdes Glück, und Unzufriedenheit und Groll über sein eigenes Schicksal! Durch eine unchristliche Auffassung des Lebens werden die täglichen Sorgen des gemeinen Mannes eigentlich ver - giftet und zur Unerträglichkeit gesteigert. Wehe ihm und seiner Familie, wenn er in dem gleichen unchristlichen Geiste sich dieser Sorgen zu entledigen sucht, indem er in halber Verzweiflung sich in den sinnlichen Genuß stürzt, oder die Faust ballt zum Umsturz der bestehenden Gesellschaft. Diese Verirrung ist heutzutage so begreiflich, daß man sie mehr beklagen als anklagen muß. Sie ist doppelt bemitleidenswert, weil der wahre Trost so nahe liegt.

Es sind viel weniger die äußern Ver - hältnisse, welche den Menschen glücklich oder37 unglücklich machen, als die innern Gesin - nungen. Schon wenn ich an die Ver - gänglichkeit alles Irdischen denke, so werde ich die Verschiedenheit der irdischen Le - bensstellung nicht zu hoch anschlagen. Sie dauert ja nur einen Augenblick und hat im Grunde nicht viel mehr Bedeutung als die Verschiedenheit der Theaterrollen. Wenn ich an die Vorsehung glaube, so weiß ich, daß nicht der Zufall den Nachbar an seine und mich an meine Stelle gesetzt hat, sondern der himmlische Vater, der mit mir die besten Absichten hat, und mit väterlicher Liebe für mich besorgt ist. Wenn ich auf den Himmel hoffe, so erhebt mich diese Hoff - nung über Freuden und Leiden dieses ver - gänglichen Lebens. Neid und Mißgunst er - scheinen mir als Thorheit, und ich bin mit meinem Lebenslauf zufrieden, wenn ich ihn nur als Weg zum ewigen Ziel betrach - ten kann.

Jeder gläubige Christ muß das Leben so anschauen, und wer diese Gesinnungen hat, wird mitten unter den schweren Sor - gen dieses Lebens zufriedener und getrösteter sein, als der Millionär mit den Anschauungen des modernen Heidentums.

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Damit ist deutlich genug gesagt, worin der geplagte Familienvater mit seinen zeit - lichen Sorgen Trost suchen soll. Er muß an die Vorsehung glauben und auf den Himmel hoffen. Seine Arbeiten und Sorgen sind ein Tagwerk, das ihm der himmlische Hausvater aufgelegt hat, und für welches ihm schon der Lohn im Himmel bereit liegt. Der Herr des Himmels betrachtet die Kinder als seine eigenen, den Vater als seinen Stellvertreter, Er will beide segnen und beschützen, und alles muß gut gehen, wenn sie sich seines Segens und Schutzes nicht unwürdig machen. Darum soll der Vater mit den Seinigen beten und arbeiten. Er soll arbeiten, d. h. das Seinige thun in Thätigkeit, Mäßigkeit und Sparsamkeit und tugendhaftem Wandel, und er soll beten, d. h. mit Furcht und Ver - trauen zu Gott aufschauen, Ihn verehren, um seine Hilfe bitten und auf seinen Segen hoffen. Dann darf er getrost allen Sorgen und ungewissen Wechselfällen des Lebens entgegenschauen, der Herr wird ihn nicht verlassen, und in jeder Lage ihm und den Seinigen Schützer und Helfer sein. Und wenn mit der Zahl der Kinder auch die Sorgen zu wachsen scheinen, in ein Haus, wo man39 betet und arbeitet, wird jedes neue Kind auch einen Zuwachs an Segen Gottes bringen. Auch der gottesfürchtigsten Familie bleiben Kreuz und Leiden, die einmal von diesem Leben untrennbar sind, nicht erspart. Aber immer wird Gott mit seinem Troste und seiner Hilfe ihr nahe sein. Immer wird der fromme und gläubige Vater auch in bedrängter Lage mit Tobias zu den Seinigen sagen können: Wir führen zwar ein armes Leben, aber wir werden viele Güter haben, wenn wir Gott fürchten und seine Gebote halten. (Tob. 4, 23.)

Mit dieser tröstlichen Lehre von der Vor - sehung vergleiche man die Verzweiflung des Unglaubens. David Strauß, selber ein be - kannter Ungläubiger, schildert dieselbe mit folgenden erschütternden Worten: Der Weg - fall des Vorsehungsglaubens gehört in der That zu den empfindlichsten Einbußen, die mit der Lossagung von dem christlichen Kirchen - glauben verbunden sind. Man sieht sich in die ungeheure Weltmaschine mit ihren eisernen gezahnten Rädern, die sich sausend umschwin - gen, ihren schweren Hämmern und Stampfern, die zermalmend niederfallen, in dieses ganze furchtbare Getriebe wehr - und hilflos hinein -40 gestellt, keinen Augenblick sicher, bei einer unvorsichtigen Bewegung von einem Rade erfaßt und zerrissen, von einem Hammer zerschmettert zu werden. Dieses Gefühl des Preisgegebenseins ist wirklich entsetzlich. Man kann die Trostlosigkeit des Unglaubens nicht ergreifender darthun, als es hier ein Ungläubiger selber thut. Wenn du, der du dieses liesest, auch arm bist, bewahre den Glauben an die Vorsehung, die Hoffnung auf den Himmel, und du bist reich genug und kannst auch deine Kinder reich machen.

( Der Glaube an die Vorsehung. Seite 491.)

6. Vatersorgen. (Fortsetzung.)

(Die Gefahren des Heiles.)

Noch mehr muß die religiöse und sittliche Erziehung dem christlichen Vater ein Gegenstand der Sorgen sein. Es gilt, das Kind für den Himmel zu erziehen. Aber es ist noch nicht sicher, daß es dort - hin gelangen wird. Schon die Möglichkeit, daß es sein ewiges Ziel verfehlen kann, ist für den Vater ein genügender Grund zur Besorgnis. Diese Besorgnis muß noch größer werden, wenn er auf die Schwierigkeiten und41 Hindernisse einer guten Erziehung schaut, auf die Gefahren und Versuchungen, denen das Kind entgegengeht, auf die mannigfachen Klippen, an welchen das Heil seiner Seele scheitern kann. Wir alle müssen für unsere eigene Seele das Wort des heiligen Paulus beherzigen: Wirket euer Heil mit Furcht und Zittern. (Phil. 2, 12.) Der Vater, dem es ernst ist mit dem ewigen Heil seiner Kinder, muß diese Mahnung des Apostels auch auf die Erziehung anwenden.

Es wird noch mehrfach Gelegenheit geben, diesen Gegenstand näher zu erwägen. An dieser Stelle mag es genügen, darauf hinzu - weisen, wie die religiöse und sittliche Erziehung heutzutage viel schwieriger ist als ehemals.

Es hat eine Zeit gegeben, wo die häus - liche Erziehung sozusagen von allen Seiten unterstützt, und von keiner Seite erschwert wurde. Die Kinder wuchsen auf unter den Augen der Eltern, sie standen bis zur Voll - jährigkeit unter ihrer unmittelbaren Ueber - wachung und Leitung. Kirche, Schule und Familie waren von dem gleichen christlichen Geiste beseelt und wirkten in Erziehung und Unterricht einträchtig zusammen. Gefahren für den Glauben des jungen Christen gab42 es sozusagen keine, und den sittlichen Ge - fahren, die ebenfalls viel seltener waren, standen die kräftigsten Schutzwehren entgegen. Gefährliche Schriften, Gelegenheiten zu Ver - gnügen und Genuß, insbesondere das Wirts - haus und die vielen weltlichen Feste und Aus - flüge waren seltene, in manchen Gegenden unbekannte Dinge. Dagegen war die öffent - liche Meinung in der Gemeinde durchdrungen vom Geiste des Glaubens und eine strenge Sittenrichterin. Sitte und Herkommen bil - deten eine Schutzwehr gegen sittengefährliche Ausschreitungen, verhüteten Aergernisse oder bestraften sie empfindlich, und wurden so maßgebend für den Wandel des jungen Ge - schlechtes. So wurden die Kinder erzogen durch die Kirche, die Schule, den guten Geist und die Sitten ihrer Umgebung, sie wuchsen heran zu gläubigen Christen, lernten ihre religiösen Pflichten erfüllen, beflissen sich eines eingezogenen, tugendhaften Wandels, ge - horchten und dienten noch erwachsen ihren Eltern, ohne daß von diesen zur Erziehung derselben viel mehr erfordert wurde, als das gute Beispiel. Wo alles für den gleichen Zweck zusammenwirkt, da wird das Ziel viel leichter und sicherer erreicht. So war43 es mehr oder weniger in den Tagen unserer Väter, in der sogenannten guten alten Zeit.

Wie ganz anders sieht es jetzt aus! Es ist, als ob eine dämonische Gewalt den har - monischen Bau der Jugenderziehung in hun - dert Stücke auseinander gesprengt hätte. Die meisten Väter sind nicht mehr bei ihren Kin - dern, sie müssen ihrer Arbeit, ihren Geschäften nachgehen, und wenn sie frei sind, suchen sie lieber das Wirtshaus auf, als ihren häus - lichen Herd. Die Schule, wo die Kinder viele Jahre lang die meiste Zeit zubringen, kümmert sich von Gesetzeswegen nicht mehr um Reli - gionsunterricht und religiöse Erziehung und an manchen Orten muß man sogar zufrieden sein, wenn sie nur dabei bleibt und nicht noch nachteilig wirkt. Die Kinder verlassen das El - ternhaus lange bevor die Erziehung abgeschlos - sen ist, um ihr Brot zu verdienen oder in die Lehre zu treten. Die Welt ist überschwemmt mit glaubens - und sittenfeindlichen Schriften, die allzuoft auch der Jugend in die Hände geraten. Noch näher liegen die Aergernisse religiöser Gleichgültigkeit, das Beispiel, die Gelegenheit, die Versuchung leichtsinnigen Lebensgenusses. Damit hält gleichen Schritt das Sinken des elterlichen Ansehens, die all -44 zufrühe Selbständigkeit des Kindes, welches vielfach sein eigener Herr wird, bevor es erzogen ist, und mitten in die Gefahren der Welt hineingestellt ist, bevor es denselben gewachsen ist. Man möchte wieder über die junge Generation ausrufen, wie einst der heilige Augustin zur Zeit des Unterganges der römischen Civilisation über eine Schar junger Christen ausrief: Mache sie, o Herr, aus Kindern zu Greisen! Um ohne Schaden durch die Welt zu kommen, sollten sie im zarten Alter schon die Erfahrung, die Vor - sicht und die Festigkeit des gereiften Alters besitzen.

Dieses Bild trifft glücklicherweise nicht überall vollständig zu, aber es ist die Signatur der neuen Zeit, ist an vielen Orten bereits verwirklicht und fast an allen Orten im Wer - den begriffen. Kann man da die Kinder auch noch für den Himmel erziehen? Können die Eltern so auf sie einwirken, daß sie unter solchen Verhältnissen den Glauben und die Tugend bewahren und zu guten Christen heranwachsen? Es ist schwer, diese Frage mit einem einzigen Worte zu beantworten. Sicher ist, daß es in der heutigen Welt wim - melt von verwahrlosten Kindern und von45 jungen Christen, welche den Gefahren der Welt erliegen, sobald sie in dieselben hinein - geraten. Sicher ist, daß zu diesen Unglück - lichen die Kinder aller gleichgültigen und nach - lässigen Eltern gehören, und daß, wie die Er - fahrung sattsam zeigt, jede Versäumnis in der häuslichen Erziehung später ihre schlimmen Früchte trägt. Sicher ist, daß es für die Eltern viel schwieriger und mühevoller ist, ihre Kinder für Gott und den Himmel zu erziehen, als dieses in früheren Zeiten der Fall war, und daß darum alle Kinder, deren Eltern ihre hohe Aufgabe nicht ernst genug nehmen, in der größten Gefahr sind. Sicher ist aber auch, daß unsere heilige Religion ei - nen unerschöpflichen Reichtum an Hilfsmitteln für alle heilsbegierigen Seelen und für alle eifrigen Eltern besitzt, und daß es in der Welt keine Gefahren giebt, welche mit Hilfe derselben nicht überwunden werden können. Sicher ist, daß die Christen der ersten Jahr - hunderte in einer noch schlimmeren Welt ihre Kinder so erziehen konnten, daß sie mitten unter den Greueln des Heidentums in be - wundernswerter Unschuld aufwuchsen und als Helden für den Glauben in den Tod gingen. Sicher ist, daß unsere Religion auch46 heute noch dieselbe übernatürliche Kraft und Hilfe besitzt und für alle bereit hält, welche sie im Ernste gebrauchen wollen. Sicher ist, daß ein gläubiger und eifriger Vater im - mer noch mehr Macht über seine Kinder hat, als die ganze Welt, und daß er sie jetzt noch zu guten und standhaften Christen erziehen kann, wenn er sich in Wort und That, in Ueberzeugung und Leben an den Wahlspruch des israelitischen Heerführers Josue hält: Ich und mein Haus, wir wol - len dem Herrn dienen. (Jos. 24, 15.)

Ein Vater mag neben den Kindern auch an die Kindeskinder und die spätere Nachkommenschaft denken. Er kann der Stammvater einer weitverzweigten Fa - milie werden, welche in einer Reihe von Generationen Jahrhunderte lang fortbesteht. Sein Blut und sein Name lebt in seinen Nachkommen fort, und er muß den Wunsch haben, daß sie auf Erden Wohlfahrt und Achtung finden, und einst zum ewigen Glücke gelangen. Es wäre für ihn sehr schmerzlich, wenn er ahnen könnte, daß sein Same als Unkraut auf Erden fortwuchern werde, in Elend und Not und sittlicher Verkommen - heit, beladen mit der Verachtung der Mit -47 menschen, und unwürdig des ewigen Glückes im Jenseits.

Aber hier handelt es sich nicht bloß um Furcht und Hoffnung und leere Wünsche, son - dern um die eigene Verantwortung des Vaters für das Los seiner Nachkommenschaft. Mit einer sorgfältigen Erziehung seiner Kinder kann er den Glauben und die Gottesfurcht in seiner Familie auf Generationen hin be - festigen, und so der Urheber ihres zeitlichen und ewigen Glückes werden. Aber auch die Sünden, die er als Vater begeht, seien es auch nur Unterlassungssünden, können über seinem Grabe noch in den Enkeln und Ur - enkeln fortwirken und Verderben stiften. Die Nachwirkungen einer guten oder schlechten Erziehung lassen sich gar nicht überschauen und berechnen; sie können sich erstrecken bis an das Ende der Welt.

Alles Gute oder Böse im Leben des Vaters kann zum Segen oder Fluche werden für seine Nachkommen, und sie wie ein Stern des Glückes oder wie ein dunkles Verhäng - nis begleiten. Denn es steht geschrieben, daß der Herr Barmherzigkeit übe bis ins tau - sendste Glied, aber auch, daß Er vergelte der Väter Missethat an den Kindern und Kindes -48 kindern bis ins dritte und vierte Glied. (II. Mos. 34, 7.) Und der Psalmist ruft den - tern das aufmunternde Wort Zu: Der From - men Geschlecht wird gesegnet. (Ps. 111,2.)

( Zum Evangelium in der dritten Meßandacht. S. 352.)

7. Vaterfreuden.

Für den Vater giebt es Freuden des Frühlings und Freuden des Herbstes, Freu - den der Gegenwart und der Zukunft. Die gegenwärtigen sind die Freuden des Familienlebens. Die heilige Schrift schildert das Glück des tugendhaften Vaters im Kreise der Seinigen mit den begeisterten Worten: Glückselig alle, die den Herrn fürchten, die da wandeln auf seinen Wegen. Denn von der Arbeit deiner Hände wirst du essen: Heil dir, es wird dir gut gehen. Dein Weib ist wie ein fruchtbarer Weinstock an den Wänden deines Hauses; deine Kin - der sitzen im Umkreise deines Tisches wie junge Sprößlinge des Oelbaums. Siehe, also wird der Mann gesegnet, der den Herrn fürchtet! Der Herr segne dich aus Sion, und lasse dir sehen das Glück Jerusalems alle Tage deines Lebens. (Ps. 127, 1 5.)

Der heilige Sänger scheint bei diesem Lob - lied auf das Familienglück besonders den49 Bauer und Arbeiter im Auge zu haben, welche essen von der Arbeit ihrer Hände. Er preist ein Glück, welches sie mit den Königen gemeinsam haben, und in der Regel besser ge - nießen können als diese. Die eigentliche Stätte der Freude und des Glückes für den Familien - vater soll der Kreis der Seinigen sein. Er soll nicht bloß mit seinen zwei Armen, son - dern auch mit seinem Herzen der Familie angehören. Wie er die Lasten und Sorgen des Lebens für sie tragen muß, so soll er auch seine Freuden mit ihr teilen, und die Familie, der Gegenstand seiner Sorgen, soll auch die Quelle seiner Freuden sein. Wenn schon der Gärtner an den Blumen seine Freude hat, die unter seiner Pflege aufblühen, wie viel mehr der Vater an seinen Kindern! Wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein. (Matth. 6, 21.) Der Schatz des Vaters können nur seine Kinder sein. Darum sollte sein Herz immer bei ihnen weilen, und wenn das Joch der Arbeit fällt, soll ihn die Vater - liebe in ihre Mitte führen, und der Umgang mit ihnen soll ihm zur Herzensfreude werden. Die alten Römer kannten zwei heilige Stätten, den häuslichen Herd und den Altar, und an die - sen beiden schöpften sie Begeisterung für die50 Werke des Friedens und des Krieges. Für den christlichen Vater sind beide Stätten noch heiliger und ehrwürdiger geworden, er soll noch lieber an denselben weilen.

Leider gleichen heutzutage viele Väter kurzsichtigen Wanderern, welche schmachtend durch die Wüste ziehen. Die grünende Oase mit der frischen Quelle beachten sie nicht, so nahe sie ihnen auch ist. Dafür kaufen sie sich um hohen Preis trübes, schlammiges und ungesundes Wasser. Es ist himmeltraurig, daß die Familienfreuden für so viele Väter eine verschüttete Quelle sind, von deren süßen Wassern sie keine Ahnung haben. Auf dieser armseligen Erde erblühen den geplagten Sterb - lichen ohnehin nicht so viele Freuden. Warum müssen gerade die nächsten, die wohlfeilsten, die edelsten und reinsten so vielfach unbenutzt, oft gänzlich unbekannt bleiben!

Die Sage erzählt von Vampiren, welche den Menschen im Schlafe das Blut aussaugen, und sie so langsam entkräften und töten. Ein solcher Vampir bedroht heutzutage das Glück und die Existenz der Familie, und sein Name ist Wirtshaus. Dieses entzieht der Familie das Geld, und bringt über Tau - sende Dürftigkeit und Not, zuletzt völlige51 Verarmung. Das Wirtshaus entzieht der Familie das Herz des Vaters, welches lieber anderswo als bei den Seinen weilt. Es ist da, wo sein Schatz ist, im Wirtshaus. Das Wirtshaus macht die Wohnstube der Seinigen gerade zur Zeit der Erholung zum öden Gemach, weil der Vater fehlt, ohne den die Mutter in gewissem Sinne Witwe und die Kinder Waisen sind. Es erübrigt nur noch, um das Elend voll zu machen, daß der Vater halb oder ganz betrunken zu der vernach - lässigten, vielleicht hungernden, Familie heim - kehrt und sie ärgert und mißhandelt.

Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn viele Väter für ihre Kinder halbfremde Menschen sind, denen diese keine innige An - hänglichkeit, kein volles Zutrauen entgegen - bringen, die sie vielleicht sogar als pol - ternde Störer des häuslichen Friedens fürchten und fliehen. Das erklärt manche betrübende Erscheinung im Familienleben, das Sinken des väterlichen Ansehens, die Bitterkeit und Unzufriedenheit der Mutter, die Roheit und Ungezogenheit der Kinder, die Unordnung, die Zerfahrenheit und freudelose Oede im Hause, welche alle Familienglieder lang - weilt und forttreibt, die Kälte, den Trotz,52 den Undank bei einem Teile der reiferen Jugend.

Der Vater muß in der heutigen Zeit allzuviel notgedrungen seiner Familie ferne bleiben. Das läßt sich nicht ändern, aber um so mehr sollte er bei ihr sein, wenn er nicht gehindert ist. Junge Väter sind mei - stens nicht allein schuld, wenn sie sich an den Wirtshausbesuch gewöhnt haben. Man hat sie dazu erzogen. Es kostet ein Opfer, lieb - gewonnene Angewöhnungen zu ändern. Die Unterhaltung zu Hause mag ihnen gegenüber den Wirtshausfreuden anfänglich vorkom - men wie ein Gericht, das nicht gesalzen ist. Der Geschmack an den einfachen und edlen Freuden der Familie kann bei solchen nur nach und nach kommen, wird aber nicht aus - bleiben. So ist es mit allem Heilsamen und Guten. Immer gilt das Wort: Wer Mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst. (Luk. 9, 23.) Christus läßt uns zuerst die Bitterkeit des Opfers kosten, die Süßigkeit folgt erst nach, ist dann aber beseligend und bleibend. Der Teufel macht es umgekehrt. Er reicht zuerst die süße Lockspeise, und wenn die armen Opfer angebissen haben, so über - läßt er sie ihrem Schicksale.

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Die Freuden des Herbstes genießt der Vater, wenn die Früchte der Erzie - hung heranreifen. Wie glücklich ist ein Vater, wenn er sein Tagwerk vollbracht hat, und der Erfolg ihm zeigt, daß er seine Sache gut gemacht hat! Die Kinder sind wohl - erzogen und unterrichtet, sie finden ihr gutes Auskommen, sie sind die Freude und die Ehre ihres Vaters, voll dankbarer Gesinnung gegen ihn, stets bereit, ihm nach Bedürfnis die erwiesenen Wohlthaten dankbar wieder - zuvergelten. Vielleicht erfüllt der Herr an ihm den Segenswunsch des heiligen Sängers: Der Herr lasse dir sehen die Kinder deiner Kinder und Frieden über Israel! (Ps. 127, 6.) Beneidenswertes Alter eines solchen Vaters! Bei der Hinfälligkeit, die über ihn kommt, tröstet ihn das Aufblühen des ausgestreuten guten Samens, die Liebe und Dankbarkeit und das Glück der Seinigen. Und kommt es zur Trennung, so nimmt er die Hoffnung mit in das Grab, die dem frommen Tobias er - füllt wurde: Seine ganze Verwandtschaft und sein ganzes Geschlecht verharrte in gutem Leben und heiligem Wandel, also daß sie sowohl Gott als den Menschen und allen Bewohnern des Landes angenehm waren. (Tob. 14, 17.)

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Die Trennung ist nur eine zeitweilige. Er geht voran durch die dunkle Pforte in die lichte Heimat. Die andern werden der Reihe nach ihm folgen. Jeder neue Ankömmling aus seinem Stamme wird von ihm freudig begrüßt, und wird seiner Seligkeit neuen Zuwachs bringen. Wenn sein Geschlecht Jahrhunderte fortdauert, er wird am Throne Gottes sein Fürbitter sein, auf daß alle Glie - der desselben zu demselben ewigen Glücke gelangen. Erst wenn der letzte seiner Nach - kommen glücklich das Ziel erreicht hat, wer - den seine Vaterfreuden vollkommen sein und ewig dauern. Siehe, also wird der Mann gesegnet, der den Herrn fürchtet! (Ps. 127, 4.)

Es läge nahe, hier auch den Schmerz des Vaters zu schildern, wenn seine Arbeit für das diesseitige und jenseitige Leben miß - lungen ist. Nicht alle Väter sind schuld an dem Verderben ihrer Kinder. Aber Gott weiß, wie viele keine Entschuldigung haben. Wenn jede Selbstanklage bitter ist, so kann doch keine bitterer sein, als die Selbstan - klage des Vaters. Ich bin selber schuld, daß meine Kinder böse Wege wandeln, daß sie in Elend und Verachtung leben, ich bin selber schuld, daß sie mir mit Undank begegnen,55 mich verachten und verstoßen, ich bin selber schuld an ihrem ewigen Verderben. Wahr - lich, wenn es sonst keine Hölle gäbe, eine solche Selbstanklage wäre Hölle genug. Ich will dieses Bild nicht weiter ausmalen. Es giebt keine Farben, die dazu schwarz genug sind. Das Kapitel von dem Lachen und Weinen des Vaters ist ja ohnehin uner - schöpflich. Darum breche ich es ab mit einer Erinnerung, die mir einst in einem alten Buche begegnete: Als du geboren wur - dest, weintest du, und die Deinigen lächel - ten. Lebe so, daß, wenn es zum Sterben kömmt, du lächeln kannst und die Deini - gen weinen.

(Bete den besonderen Segen für Hausväter nach der heiligen Kommunion. Seite 392.)

8. Der christliche Vater.

Vaterwürde, Vaterpflichten, Vatersorgen, Vaterfreuden jeder Mensch, der nicht ganz roh ist, wird diesen Worten einen tiefen Sinn unterlegen. Aber die Bedeutung dieser Worte wird doch bei den einzelnen verschie - den sein, sie wird in ihrem Werte steigen und fallen, je nachdem ihre religiösen An - schauungen beschaffen sind.

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Manche reden in schönen Worten von Religion, von den Vorzügen und der Not - wendigkeit der Religion, aber sie denken sich dabei etwas ganz anderes, als die christliche Religion. Bei näherer Prüfung stellt sich heraus, daß sie wohl die Religion als ein Bedürfnis des menschlichen Herzens aner - kennen, daß sie aber in Bezug auf die Be - friedigung dieses Bedürfnisses sehr genüg - sam sind. Für sie handelt es sich nicht um religiöse Wahrheiten und allgemein verbind - liche Gesetze, sondern um Gefühle und religiöse Vorstellungen, die jeder sich selbst bilden kann, wie es ihm zusagt, und die darum bei dem einen so, bei dem andern anders beschaffen sind, und nach Gutfinden gewechselt werden können. Es handelt sich in ihren Augen nur darum, daß diese religiösen Vorstellun - gen dem menschlichen Herzen Befriedigung, einige Erhebung und Erbauung zu bie - ten vermögen. Manche halten sich schon für religiös, wenn sie, ohne irgendwie bestimmte religiöse Anschauungen zu ha - ben, sich durch einen Gesang, eine Grab - rede u. s. w. zu edleren Gefühlen und einigen verschwommenen Ahnungen anregen lassen.

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Es ist klar, daß eine solche Religiosität nur jenen genügen kann, welche ihren Blick auf das irdische Dasein beschränken. Wer aber höher hinaufschaut, und an ein künf - tiges Leben in der andern Welt denkt, der kann sich mit einer solchen Religion bloßer Gefühle und selbstgemachter Vorstellungen nicht zufrieden geben. Es drängt ihn zu erfahren, wie es im Jenseits aussieht, und was er thun muß, um dort an einen guten Ort zu gelangen. Mit selbstgemachten Ein - bildungen, mit unverbürgten Vermutungen über das Schicksal der Seele nach dem Tode ist ihm nicht geholfen. Diese können die Seele höchstens bis an die Pforten des Jen - seits beruhigen, aber welches Unglück und Entsetzen, wenn sie sich dort als Täusch - ung herausstellen! Wenn der Satz, jeder könne glauben, was er wolle, bedeuten soll, es sei gleichgültig, was ein jeder glaube, so erweist er sich da als große Thorheit. Angesichts der Ewigkeit heißt er so viel als: Jeder kann sich selber zum besten halten, sich selber betrügen, wenn er will. Es handelt sich offenbar nicht darum, was wir glauben wollen, sondern was wir glauben müssen, d. h. es handelt sich um die Wahrheit. Wir58 können nur ruhig sein, wenn wir diese ganz und sicher besitzen.

Wie aber kommen wir zu dieser Wahr - heit? Nicht durch Menschen, welche dieselbe wohl ahnen, aber nicht mit Sicherheit ermit - teln können. Das beweisen die Unsicherheit, die Widersprüche, die Verworrenheit der menschlichen Ansichten. Als Plato, der große Weltweise der Griechen, diese Frage erörterte, sagte er: Mir dünkt es das beste, ruhig abzuwarten, bis einer kommt und uns belehrt, wie wir uns gegen Gott und die Menschen zu verhalten haben. Damit hat Plato, einer der weisesten Sterblichen, die Unfähigkeit des menschlichen Erkennens und die Notwendig - keit einer göttlichen Offenbarung ausgespro - chen. Diese Offenbarung ist uns gebracht worden durch Jesus Christus. Durch Ihn, der sich als den Sohn des Allerhöchsten aus - gewiesen hat, erfuhr die Menschheit klar und bestimmt und zweifellos sicher, was sie von Gott und der jenseitigen Welt und dem Wege dorthin zu wissen braucht.

Es ist klar, daß die Bekenner der Lehre Christi sich durch ihre Ueberzeugung zu einem ganz anderen Leben und Streben verpflichtet sehen, als jene, die sich ohne Religion oder59 mit einer selbstgemachten Religion zu behelfen suchen. Ebenso muß jedermann einleuchten, daß die Erziehung der Kinder und die Pflich - ten des Vaters in wesentlich anderem Lichte erscheinen, je nachdem sie im christlichen oder in einem diesem entgegengesetzten Sinne aufgefaßt werden. Es ist für jeden Vater wichtig, diese Gegensätze zwischen Christen - tum und Welt in der Erziehung wohl zu beachten.

Der erste Gegensatz besteht in Bezug auf das Ziel der Erziehung. Einem gläu - bigen Christen braucht man nicht lange zu beweisen, daß die Hauptaufgabe der Erzieh - ung darin besteht, den Kindern zu dem ewigen Glücke zu verhelfen, und daß die Sorge für ihr irdisches Fortkommen zwar auch Pflicht ist, aber bei weitem nicht die gleiche Bedeutung hat. Christus hat das Programm der christ - lichen Erziehung ausgesprochen, indem Er sagte: Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, an seiner Seele aber Schaden leidet? (Luk. 9, 25.) Die mo - derne Welt, soweit sie den Boden der gött - lichen Offenbarung verlassen hat, schaut die Sache umgekehrt an. Ihr Sinnen und Streben ist so auf die irdischen und vergänglichen Dinge60 gerichtet, als ob es etwas Höheres und Ewi - ges gar nicht gäbe. Dieser Weltsinn wirkt auch auf die Erziehung ein und hat zur Folge, daß man die Hauptsorge darauf verwendet, die Kinder für das irdische Leben gut zu erziehen, und daß die Sorge für das ewige Heil der Kinder davor zurücktritt, wohl auch ganz beiseite gesetzt wird. Auch Eltern, die nicht ungläubig sind, bringen oft sorg - los ihre Kinder in Häuser oder Anstalten, die wohl für ihr irdisches Fortkommen dien - lich sein mögen, wo aber ihr Seelenheil ernst - lich gefährdet ist.

Der zweite Gegensatz zwischen christlicher und moderner Erziehung ist der zwischen christlicher Zucht und weltlicher Verweichlichung. Nach der Lehre der Offenbarung sind die Folgen des Sünden - falles auch in dem Kinde vorhanden in der bösen Begierlichkeit. Es ist eine der Haupt - aufgaben der christlichen Erziehung, die an - ererbten verkehrten Anlagen und Neigungen des Kindes zu verbessern. Darum wendet das Christentum das Gesetz der Selbstbe - herrschung auch auf die Erziehung an. Die elterliche Zucht übt dieselbe aus, weil der Wille des Kindes hiefür noch zu schwach ist,61 sie unterdrückt die schlimmen Regungen, pflegt die guten, und hält so gute Ordnung mit den äußern und den Gemütsbewegungen des Kindes, damit dieses, wenn es den Ge - brauch seines freien Willens erlangt, seinen sittlichen Zustand wie ein wohlgeordnetes Reich zur Selbstregierung übernehmen kann.

Die moderne Welt glaubt nicht an den Sündenfall, darum auch nicht an eine anererbte Verdorbenheit in der Natur des Kindes. Da - rum hat die Erziehung auch keine verkehrten Anlagen in demselben zu bekämpfen. Dieser Irrtum leistet jener falschen Erziehung we - sentlichen Vorschub, welche von einer ernsten Zucht nichts mehr weiß, welche die Kinder verzärtelt und verweichlichet, welche gerade die Sinnlichkeit und den Eigensinn großzieht, welche gezügelt werden sollten. Wer so er - zogen wird, gelangt gar nie in den vollen Besitz seiner sittlichen Freiheit, indem er von seinen nie bekämpften, und darum über - mächtig gewordenen Neigungen beherrscht wird, statt daß er, wie es sein sollte, über sie herrscht.

Der dritte Gegensatz zwischen Christen - tum und moderner Welt in der Erziehung bezieht sich auf das Verhältnis zwischen62 Religion und Sittlichkeit. Sittlich erziehen, d. h. die Kinder mit einem gewissen Maße bürgerlicher Tugenden ausstatten, will auch die Welt, aber sie irrt sich in Bezug auf die Erfordernisse. Das Christentum bietet dem sittlichen Leben und der sittlichen Er - ziehung das feste und zuverlässige Fundament erstens in seinen Glaubenslehren, welche den Christen mit den stärksten Beweggründen (Allwissenheit und Gerechtigkeit Gottes, ewi - ger Lohn, ewige Strafe) vom Bösen ab - schrecken und zum Guten antreiben, und zweitens in der göttlichen Gnade, welche den Christen mit Licht und Kraft von Oben zum Guten befähiget.

Die Welt glaubt dieses christliche Funda - ment der Sittlichkeit entbehren zu können, sie will gut erziehen nur mit natürlichen Beweggründen und nur mit natürlichen Mitteln. Bis zu einem gewissen Punkte mag das auch scheinbar gelingen, bis nämlich der junge Mensch unabhängig wird, und die Versuchungen und Kämpfe des Lebens ihn auf die Probe stellen. Da zeigt es sich dann bald, daß man in der Erziehung falsch ge - rechnet hat, und der ganze sittliche Bau nur auf Sand gebaut war. Die Baumeister hatten63 vergessen, daß der Anfang der Weisheit die Furcht Gottes ist. (Ps. 110, 10.)

Man sehe sich um in der heutigen Welt, man beobachte, wie erzogen wird, und welche Früchte die Erziehung trägt, und man wird nicht lange darüber im Zweifel sein, wer die Erziehung richtiger auffaßt, das Christen - tum oder die moderne Welt. Die Kinder nach den richtigen Grundsätzen erziehen, und ihnen zu dem wahren Glücke verhelfen, kann nur der christliche Vater. Aber auch für ihn gilt das Wort des heiligen Pacian: Christ ist mein Name, katholisch mein Zuname.

( Zum Credo in der dritten Meßandacht. Seite 353.)

9. Der katholische Vater.

Der heilige Paulus bemerkt den Ephe - siern, der Herr habe Apostel, Hirten und Lehrer verordnet, damit wir nicht mehr Kin - der seien, die (wie Meereswellen) hin - und herfluten und von jedem Winde der Lehre hin - und hergetrieben werden durch die Schalkheit der Menschen, durch die arglistigen Kunstgriffe der Verführung zum Irrtume. (Eph. 4, 14.) Es genügt nicht, daß Gott den Menschen die Wahrheit offenbarte, es bedarf64 auch einer von Gott eingesetzten Autorität, welche die Offenbarungslehre unter gött - lichem Beistande unverändert forterhält, und ohne Irrtum auslegt und verkündet. Diese Autorität haben wir in der von Christus gestifteten und vom heiligen Geiste geleiteten Kirche. Sie heißt die römische Kirche, weil ihr Oberhaupt als Nach - folger des heiligen Petrus Bischof von Rom ist; sie heißt die katholische oder allgemeine, weil sie für alle Zeiten und Völker bestimmt, und über alle Erdteile ausgebreitet ist; sie heißt die apostolische, weil ihre Vorsteher Nachfolger der Apostel sind, und sie ihre Lehren und Gnadenmittel von den Aposteln erhalten hat; sie ist heilig, weil ihr Stifter, ihre Lehre, ihre Sakramente heilig sind, und sie zu allen Zeiten heilige Mitglieder hatte; sie ist einig, weil sie immer und überall dieselbe Lehre, dasselbe Opfer und dieselben Sakramente und ein gemeinsames Oberhaupt hat. Ohne diese Merkmale könnte sie nicht die wahre von Jesus Christus gestiftete Kirche sein. Da sie dieselben aber besitzt und all - ein besitzt, so erweist sie sich dadurch mit Ausschluß aller andern als die alleinige wahre Kirche.

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Wie notwendig diese Kirche ist, wird unleug - bar dargethan durch die Art, wie Dutzende von Sekten, die sich von der Kirche trennten, mit den geoffenbarten Wahrheiten und den gött - lichen Gnadenmitteln umgegangen sind, und durch die Verirrungen, in welche sie dabei hineingeraten sind. Jede dieser vielen Irr - lehren machte ihre Anhänger nach dem Worte des heiligen Paulus wieder zu Kindern, zu Meereswellen, die unsicher hin - und herflu - ten und von jedem Winde der Lehre hin - und hergetrieben werden. Nicht besser, wenn möglich noch schlimmer, ist es in der moder - nen Welt, die von einer göttlichen Offen - barung nichts mehr wissen will. Wo noch ein Steinchen religiöser Ueberzeugung vorhanden ist, wird es von diesen unruhigen Wellen der einander widersprechenden und immer wech - selnden Meinungen allmählich zu Sand zerrie - ben, und die ganze Bewegung treibt sichtlich dem allgemeinen Zweifel und Unglauben zu.

Mitten unter diesem Wechsel und Wider - spruch menschlicher Meinungen steht die Kirche da wie der Fels, der von Wogen umbraust wird. Die menschlichen Ansichten kommen und gehen, erheben sich und sinken wieder, wie die Wogen des Meeres, die Kirche aber verkün -66 det unentwegt die unveränderte und volle Wahrheit, die ihr von Christus übergeben wurde. Sie beweist damit, daß sie wirklich jene Kirche ist, welche Christus auf einen Felsen gegründet hat. (Matth. 16, 18.)

Als einst viele Jünger den göttlichen Hei - land verließen, sprach Er zu den Zwölfen: Wollt auch ihr weggehen? Und Simon Petrus antwortete Ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Und wir haben geglaubt und erkannt, daß Du bist Christus, der Sohn Gottes. (Joh. 6, 67 70) In der Welt, wie sie einmal ist, tritt auch an manche Katholiken die Frage heran: Wollt auch ihr hinweggehen? Viele sind leichtsinnig genug, der Kirche den Rücken zu kehren und die Wege der Welt zu wandeln. Wer aber erwägt, um was es sich handelt, wo die Wahrheit nicht sein kann, und wo sie sein muß, der wird mit Petrus antwor - ten: Wohin sollen wir gehen? Das Heil meiner Seele darf ich nicht solchen anver - trauen, die selber nicht wissen, woran sie sind, und die lästern, was sie nicht verstehen. Nur Christus und seine Kirche können mir genügende Sicherheit für mein Heil in der Ewigkeit bieten. Die Entscheidung zwischen67 Himmel und Hölle ist mir zu ernst, die Ewigkeit zu lang, als daß ich da blindlings und aufs Geratewohl wählen dürfte. Darum will ich in Ueberzeugung und Leben ein Glied der katholischen Kirche sein.

Wenn jeder Christ um des Heiles seiner Seele willen so reden muß, so noch mehr der Vater, weil er nicht bloß für seine Seele, sondern auch für die Seelen seiner Kinder verantwortlich ist. Die ganze Aufgabe des Vaters ist eigentlich darin gelegen, daß er seine Kinder zu guten Christen macht. Bringt er das zu stande, so werden sie auch tugend - hafte Menschen und gute Bürger sein, und mit dem ewigen wird auch das zeitliche Ziel der Erziehung erreicht werden.

Die Kirche will aber dem Vater nicht bloß Pflichten auflegen, sondern ihm auch kräftige Hilfe leisten. Die Kirche ist selber die erste Erzieherin in der Welt und hat seit bald zweitausend Jahren diese Arbeit im großen besorgt. Wenn die Eltern sich treu an sie anschließen, so stellt sie ihnen gewissermaßen ihr Lehr -, Priester - und Hirtenamt zur Ver - fügung, um das große Werk der elterlichen Erziehung zu fördern und zu einem guten Ziele zu führen.

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Das kirchliche Lehramt wirkt bei der Erziehung mit durch die Erteilung des Re - ligionsunterrichtes. Unterricht und Erziehung gehören zusammen und müssen ein Ganzes bilden. Wenn Religionslehrer und Eltern einander in die Hände arbeiten, so werden trotz der zu kurzen Zeit, und trotz mancherlei Hindernissen Religion und Glaube im Her - zen des Kindes gepflegt und befestiget wer - den können. Bei dem von der Kirche ge - sendeten Religionslehrer wissen die Eltern, was er ihren Kindern beibringt, außerhalb der Kirche haben sie keine Sicherheit mehr, ob Christus oder Antichristus gelehrt wird.

Auch das Priesteramt steht in innigen Beziehungen zu der elterlichen Erziehung. Durch das heilige Sakrament der Ehe erhal - ten die Eltern eine überaus wichtige und kostbare Standesgnade. Durch die heilige Taufe wird das Kind ein Glied der Kirche, Miterbe Christi, Bürger des Himmels. Die Teilnahme am Gottesdienst, der Empfang der heiligen Sakramente sind wichtig für die Eltern, um Gnade und Aneiferung für ihre wichtige Aufgabe zu bekommen, sie sind wich - tig für die Kinder, damit sie nicht bloß in die Kenntnis, sondern auch in die Uebung69 der Religion eingeführt werden, damit sie nicht bloß äußerlich gut erzogen, sondern auch innerlich geheiliget werden.

Das Hirtenamt der Kirche ist eigentlich das Amt der Erziehung in Bezug auf die ganze Gemeinschaft der Gläubigen. In der Seelsorge soll es die Eltern selber zu treuer Pflichterfüllung anregen, dieselbe überwachen und unterstützen. In der heutigen Welt, wo so viele Dinge einer guten Erziehung entgegenwirken, und so wenige sie befördern, ist es von der größten Bedeutung, daß Seel - sorger und Eltern treu zusammenwirken. Bei der reiferen Jugend wird dieses Zu - sammenhalten das unerläßliche Erfordernis sein, um sie auf dem rechten Wege zu be - halten. Erwägt man, was die Kirche den Eltern zur Erfüllung ihrer Aufgabe für Hilfe bietet, so möchte man meinen, daß sie nur für sie da sei. Insbesondere den Eltern gilt das Wort des heiligen Paulus: Alles ist euer, sei es Paulus oder Apollo oder Ke - phas, alles ist euer, ihr aber seid Christi. (I. Kor. 3, 22.)

Je bessere Katholiken die Eltern sind, je mehr sie sich an die Kirche anschließen, desto stärker und glücklicher werden sie in70 der Erziehung sein. Denn alsdann bemühen sie sich nicht bloß mit ihrer eigenen mensch - lichen Kraft und Einsicht, sondern die Stell - vertreterin Desjenigen, der die Welt über - wunden hat, wird ihnen dann mit ihrer erprobten Weisheit und mit ihrer weltüber - windenden Kraft ratend und helfend zur Seite stehen. Als das Volk Israel durch die Wüste in das gelobte Land zog, leitete eine bald dunkle, bald feurige Säule seine Schritte. Dieser Zug Israels durch die Wüste ist ein Sinnbild un - serer eigenen Wanderschaft durch dieses Leben. Das wandernde Volk sind wir; die Feuer - säule ist die Kirche. Diese ist es, die den der Ewigkeit zuwandernden Geschlechtern bald ernst mahnend, bald tröstend und auf - munternd den rechten Weg zeigt. Der selige Pfarrer Vianney von Ars hat gesagt: Ich habe schon viele kennen gelernt, die es ge - reut hat, sich von Christus und seiner Kirche losgesagt zu haben, aber noch keinen einzigen, den es gereut hat, Ihm und der Kirche treu geblieben zu sein.

Wir nennen die katholische Kirche eine Mutter, weil sie alle durch Christus erlösten Seelen als ihre Kinder umfaßt und liebt, weil sie mit mütterlicher Sorgfalt und un -71 ermüdlichem Eifer alle zu retten sucht, weil sie mit unbegrenzter Hingebung die verlornen Kinder aufsucht, die getreuen überwacht und pflegt, bis sie in die ewige Heimat einge - gangen sind. Der Liebe der Mutter soll die Liebe der Kinder entsprechen. Der Katholik soll seine Kirche wie eine Mutter lieben und hochschätzen, er soll als treuer Sohn ihr ge - horsam sein, für ihre Rechte einstehen, an ihren Bedrängnissen und Sorgen lebhaften Anteil nehmen und ihr helfen und beistehen, so gut er es vermag. Alle können das durch frommes Gebet für die Anliegen der Kirche, und den meisten ist es auch möglich, für die vielen Bedürfnisse der Kirche in der einzelnen Gemeinde, im Bistum, in den in - und aus - ländischen Missionen und in Bezug auf ihr Oberhaupt ihr Scherflein beizutragen. Es handelt sich nicht um die Größe der Gaben, sondern um die Liebe zur Kirche, die sich in denselben ausspricht. Christus wäre mächtig genug, um seiner Kirche auch auf andere Weise zu helfen, aber Er will in ihren Nöten und Anliegen den Katholiken Gelegenheit geben, sich als liebende Kinder einer liebe - vollen Mutter zu zeigen.

(Bete die Ablaßgebete nach der hl. Kommunion. S. 394.)

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10. Das heilige Sakrament der Ehe.

Der heilige Paulus hat es als den Grund - gedanken des Christentums bezeichnet, daß alles in Christus erneuert werde. (Eph. 1, 10.) Die Tiefe und Erhabenheit dieses Gedankens wird uns ein wenig näher gerückt, wenn wir betrachten, wie Christus die Ehe erneuert hat. Dieselbe verdankt Ihm eine dreifache Erhöhung, eine sociale, sittliche und religiöse.

Die sociale Bedeutung der christ - lichen Ehe. Von den sieben Sakramenten, welche Christus eingesetzt hat, sind fünf be - stimmt, allen Gläubigen ohne Unterschied von der Geburt bis zum Tode die beson - deren Gnaden zu vermitteln, deren sie in den verschiedenen Lagen des Lebens für ihr Heil bedürfen. Die beiden übrigen Sakra - mente, die Priesterweihe und Ehe, haben eine Bestimmung, die über das persönliche Heilsbedürfnis hinausgeht, sie sollen den Mitgliedern der beiden wichtigsten Stände im neuen Gottesreiche besondere Standes - gnaden verleihen. Der eine dieser beiden Stände soll am Altar, der andere am häus - lichen Herde für die Forterhaltung des Rei - ches Gottes wirksam sein. Wenn schon den73 Völkern der Heiden Herd und Altar die hei - ligsten Stätten waren, wenn die Losung für Herd und Altar sie zu begeisterter Opfer - willigkeit entflammte, so haben diese beiden Stätten im Reiche Christi eine noch viel höhere Bedeutung erlangt.

Priestertum und Ehe sind die beiden Quellen, aus welchen das natürliche und übernatürliche Leben in der Kirche her - vorgeht und fortwährend erneuert wird. Auf dem Altare wird das Opfer gefeiert, vom Altare aus ergießen sich die Ströme der sakramentalen Gnaden, ertönt der Ruf des Wortes Gottes. Von ihm aus gehen Erbauung, Heiligung und Gnade auf alle Glieder der kirchlichen Gemeinschaft, um alle im Glauben zu einigen, alle Gläubigen zu heiligen, um alle Geheiligten durch die Pforten des Himmels zum ewigen Leben einzuführen. Die unentbehrliche Voraus - setzung dieser kirchlichen Heilsthätigkeit ist das Priestertum und der ununterbrochene Fortbestand desselben. Christus hat dafür vorgesorgt durch das Sakrament der Weihe, welches alle Vollmachten, die Er den Apo - steln gegeben hat, auf ihre Nachfolger über - trägt, und ihnen neben der Gewalt eine74 besondere Standesgnade verleiht. Die Träger des Priesteramtes gehen vorüber, aber ihr Amt mit seiner höhern Macht und Gnade lebt fort in den neuen Trägern, auf welche es durch die Weihe übergeht.

Diesem so erhabenen und überaus wich - tigen Priesterstande hat Christus den Ehestand insofern an die Seite gestellt, daß Er auch für ihn ein Sakrament zur Vermittlung einer besonderen Standesgnade eingesetzt hat. Hier ist die Quelle des natürlichen, dort des über - natürlichen Lebens. Herd und Altar, Priester - stand und Ehestand, beide verhalten sich wie Geburt und Wiedergeburt. Am häuslichen Herde wird der Mensch für das irdische Leben geboren, am Fuße des Altares wird der Christ als solcher für das ewige Leben wie - dergeboren. In der Erziehung sollen die Priester und die Eltern in demselben Geiste für denselben Zweck zusammenwirken. Das Ziel des Reiches Gottes könnte nicht erreicht werden, wenn nicht auch die Ehe, der häus - liche Herd, die Erziehung demselben zustreben würden. Was vermöchte die Kirche ohne die Familie? Darum haben Ehe und Fa - milie schon von Anfang an in dem Plane des Reiches Gottes die ihnen gebührende75 Stellung erhalten. Sie sind nicht bloß ein weltlich Ding , wie Luther meinte. Der heilige Paulus betrachtet die Ehe als ein Abbild der Verbindung zwischen Christus und seiner Kirche, sie soll eine Kirche im Fleische sein (Hettinger), weil die Eltern eine Art priesterlicher Aufgabe haben, dem Reiche Gottes Söhne und Töchter zu schenken, und so mitzuwirken zu dem Ausbau der großen Stadt Gottes auf Erden. Darum hat Christus nicht den jungfräulichen Stand, den Er doch so hoch gepriesen hat, sondern den Ehestand durch die sakramentale Würde ausgezeichnet.

Die sittliche Höhe der christlichen Ehe. Der Stand der Ehe war nach dem Sündenfalle einer tiefen Entwürdigung an - heimgefallen, und selbst das mosaische Gesetz vermochte nicht, alle Entstellungen zu be - seitigen. Es war Christus allein möglich, sie in ihrer Reinheit wieder herzustellen. Er verlieh ihr wieder die Einheit, so daß sie nur zwischen zwei Personen, Mann und Weib, bestehen kann, Er erklärte ihre Unauflöslich - keit, so daß sie bis zum Tode des einen Gatten unauflöslich fortbesteht, Er verlangte ihre Heiligkeit in gegenseitiger Treue und Liebe,76 in Reinheit und Gottesfurcht. Diese drei Eigenschaften haben die christliche Ehe hoch erhoben über den Sumpf sittlicher Ver - kommenheit, in welchen sie in der Zeit vor Christus versunken war. Er hat damit der Begierlichkeit des Fleisches ein Joch aufge - legt, welches diese schwer findet, aber doch trägt und tragen muß, so weit Christus regiert. Es ist das nicht der letzte Beweis für die göttliche Macht, die im Christentum lebt, daß es mit dieser Reform der Ehe durchzu - dringen vermochte.

Auf dem Boden des Christentums war diese Erneuerung der Ehe unerläßlich. Ohne dieselbe hätte sie ihrer Stellung im Reiche Gottes unmöglich entsprechen können. Ohne Einheit der Ehe ist kein Familienleben mög - lich, ohne die Unauflöslichkeit hat die Treue der Gatten und die Erziehung der Kinder kei - nen festen Halt, ohne Heiligkeit wird sie auch weder für die Gatten noch für die Kinder Früchte des Heiles bringen können. Sobald an dem Gesetze gerüttelt wird, welches Chri - stus für die Ehe aufgestellt hat, sinkt sie wieder von der Höhe herab, auf die sie Christus erhoben hat, und verliert den Charakter eines heiligen Standes und einer Heilsanstalt.

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Die religiöse Erhebung der Ehe. Diese liegt in dem sakramentalen Charakter und der sakramentalen Gnade, die sie in Christus erlangt hat. Der Abschluß der Ehe ist ein Sakrament, und die Wirkung dessel - ben ist nicht bloß eine vorübergehende, son - dern es heiliget den Stand, in den man durch dasselbe eintritt, für die ganze Dauer der Ehe, es verleiht eine besondere Standes - gnade, die fortwirken soll, so lange die Pflich - ten des Standes bestehen. Diese Auffassung der Ehe ist ebenso ernst als tröstlich und erhebend. Es ist für gebrechliche Menschen nichts Leichtes, sich im Kampfe gegen das Böse und in der Erfüllung der Pflichten auf der Höhe zu erhalten, auf welcher Christus und die Kirche die Eheleute haben wollen. Aber es ist erhebend, seinen Stand im Reiche Gottes so hochgestellt zu sehen, es ist er - mutigend, in den Versuchungen des Lebens, bei der Erfüllung der Standespflichten an die besondere Standesgnade denken zu kön - nen. Freilich wird diese so wichtige und so wirksame Standesgnade von vielen christlichen Eheleuten allzuwenig gewürdiget. Aber wem es ernst ist mit seinem Glauben und seinen Pflichten, der wird sich dieser Gnade freuen,78 auf sie vertrauen und sie fleißig im Gebete erneuern. Sollte sie durch eine schwere Sünde unwirksam werden, so darf er nicht säumen, sich mit Gott zu versöhnen, damit sie in seinem Herzen wieder auflebt und aufs neue wirksam wird.

Die Anwendungen, die sich aus dem Ge - sagten für den christlichen Vater, für seine hohe Stellung, seine schweren Pflichten, die ihm zur Verfügung stehenden Gnaden er - geben, sind nicht schwer zu machen. Die Würde und die Anforderungen seines Stan - des sind hoch, zu hoch für fleischlich gesinnte Menschen, aber sie bestehen einmal, und sie sind auch erreichbar für ihn, wenn er guten Willens ist. Er entschließe sich, ein christlicher Gatte und Vater zu sein, er glaube an die Gnade seines Standes, bete um ihre Vermehrung und wirke derselben getreu mit. Dann wird auch er, wie der heilige Paulus und alle, welche ernstlich das Ihrige thun, sagen können: Ich vermag alles in Dem, der mich stärkt. (Phil. 4, 13.)

Es ist sehr wichtig, nicht bloß an diese hohe Bedeutung des Ehesakramentes und des Ehestandes zu glauben, sondern sich auch öfters daran zu erinnern. Eine passende79 Gelegenheit hiefür ist der Empfang der hei - ligen Sakramente. Insbesondere sollten Gatte und Gattin am Jahrestage ihrer Trauung oder am folgenden Sonntage dieselben ge - meinsam empfangen, um mit gereinigtem Herzen, vereiniget mit Christus, auch unter sich den heiligen Bund neu zu bekräftigen und die Standesgnade und gute Vorsätze ge - meinsam zu erneuern.

Sollten solche dieses Buch zur Hand neh - men, die noch nicht Gatten und Väter sind, aber sich berufen glauben, es zu werden, so mögen sie beherzigen, welche ernste Vor - bereitung dem Antritt eines so wichtigen und heiligen Standes vorausgehen muß, und sollen vorsorgen, daß sie mit reinem Gewissen, heilsamen Entschließungen, Gottesfurcht und Gottvertrauen an den Altar treten, um die Segnungen und Gnaden, die der Herr für sie bereit hat, in reichstem Maße zu empfangen.

(Bete den besonderen Segen für Väter nach der heiligen Kommunion. Seite 392.)

11. Gatte und Gattin.

Um ein christlicher Vater zu werden, muß man zuerst ein christlicher Gatte sein. Nur80 der Christ kann als Gatte glücklich sein und ein glücklicher Vater werden. Am Hochzeits - tage führt der Bräutigam seine Braut mit den freudigsten Hoffnungen an den Altar. Sie ist die Erkorene seines Herzens, deren Besitz ihn glücklich macht. Wenn er auch an die Sorgen und Mühen des Lebens denkt, so beruhigt ihn ein Blick auf seine Lebens - gefährtin, welche ihm dieselben versüßen wird. Ist ihm auch das Wort bekannt, wel - ches den Ehestand einen Wehestand nennt, so läßt er sich doch von dem schlimmsten Weh nichts träumen, er glaubt nicht, daß je Abneigung und Zwietracht ihre Herzen auseinander reißen und den Bund, den sie schließen, zu einer Kette machen könnten, die beide an hoffnungsloses Elend fesselt. Und doch, wie oft trifft das leider zu, was man am Traualtare nicht für möglich hält!

Das Gesetz, nach welchem Ehen und Fa - milien glücklich oder unglücklich werden, ist ausgesprochen in dem Worte des Herrn: Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und dieses alles wird euch hin - zugegeben werden. (Matth. 6, 33.) Suchen die Ehegatten zuerst das Reich Gottes, d. h. fürchten sie Gott, wandeln sie nach seinem81 Gesetze, sorgen sie vor allem für das Heil ihrer Seele, so wird zwar die Erde nicht aufhören, auch für sie ein Jammerthal zu sein, aber es wird ihnen weder am natürlichen noch am übernatürlichen Troste gebrechen, sie wer - den auch in bescheidenen Verhältnissen ein zufriedenes Leben führen können, und jeden - falls werden sie vor selbstverschuldetem Elend bewahrt bleiben. Kreuz und Leiden, die von Gott kommen, sind für Christen immer noch erträglich, aber schwer, erdrückend schwer sind die Leiden, die man selbst verschuldet hat. Besonders im Ehestand pflegt die Strafe der Schuld auf dem Fuße nachzufolgen. Jede Abweichung vom Gesetze Gottes, welche Ehegatten sich erlauben, rächt sich selbst durch die schlimmen Folgen, die leider auch den unschuldigen Teil und die Kinder treffen. Es würde keine zwiespältigen Ehen, keine selbstverschuldete Armut geben, mehr als die Hälfte der häuslichen Mißverhältnisse würde von der Erde verschwinden, wenn alle Ehe - gatten zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen würden.

Vergißt der Mann das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, so ist es seine Schuld, wenn er an dem Weibe nicht hat, was es82 ihm nach den Absichten Gottes sein soll. Bei der Erschaffung der Eva sprach Gott: Lasset Uns ihm eine Gehilfin machen, die ihm gleich sei. (I. Mos. 2, 18.) Dem Mann ist es bestimmt, mit vieler Arbeit, im Schweiße seines Angesichtes das Brot zu erwerben. Das Weib, obgleich der schwächere Teil, ist von Natur aus befähiget und berufen für die Besorgung des Hauswesens und der Kinder. Sie kann und soll aber auch dem Manne noch in höherem Sinne Gehilfin sein. Nicht bloß hat sie in ihrem Gemütsleben einen großen Reichtum von Mitteln, um dem Manne auch unter niederem Dache eine an - genehme Stätte zu bereiten, ihm die rauhe Wirklichkeit mit Teilnahme, Aufmunterung und Trost zu versüßen, sondern sie soll nach den Absichten Gottes ihm auch eine Gehilfin sein, das höchste Ziel im Jenseits zu erreichen.

Wenn das geschehen soll, so darf sie ihm aber weder bloßes Spielzeug noch Sklavin sein, sondern die würdige Hausfrau, die er als Christ liebt und in Ehren hält, gegen die er als christlicher Ehemann getreulich alle seine Pflichten erfüllt. Nur ein christlicher Gatte kann seine Gattin glücklich machen und durch sie glücklich werden. Das Glück83 beider steht und fällt mit den Tugenden der Arbeitsamkeit, Sparsamkeit, Mäßigkeit, Ge - duld, Sanftmut, Treue, Gewissenhaftigkeit und Gottesfurcht. In der heiligen Schrift wird als Pflicht des Gatten gegen die Gattin insbesondere die Liebe betont, und mit Grund, weil die Erfüllung dieser einen Pflicht die aller andern in sich schließt. Adam sagte: Der Mann wird seinen Vater und seine Mutter verlassen und seinem Weibe anhan - gen, und sie werden zwei sein in einem Fleische. (I. Mos. 2, 24.) In höherem Sinne schreibt der heilige Paulus: Männer, liebet euere Weiber, wie auch Christus die Kirche geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat. So sollen auch die Männer ihre Weiber lie - ben, wie ihren eigenen Leib. Wer sein Weib liebt, der liebt sich selbst. Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehaßt, sondern er nährt und pflegt es, wie auch Christus die Kirche. (Eph. 5, 25. 28.) Während man die Worte Adams auf die sinnliche Liebe beziehen kann, faßt der heilige Paulus die Gattenliebe als eine sittliche Pflicht auf. Meistens ist es die sinnliche Zuneigung, welche die Gatten zusammenführt, sie darf und soll auch bei der Wahl mitsprechen, aber sie ist84 nicht geeignet, für alle Zukunft die treue Erfüllung der Gattenpflichten zu verbürgen. Mag die Leidenschaft im Anfang noch so feurig sein, im Laufe der Zeit erkaltet sie, wie auch die Reize, welche sie weckten, ver - gänglich sind. Das sinnliche Wohlgefallen muß zur gegenseitigen Achtung erhoben, die natürliche Zuneigung zur sittlichen Pflicht, zur christlichen Tugend verklärt werden. Denn die Pflichten müssen erfüllt werden, wenn auch die natürlichen Neigungen schweigen oder gar widerstreben sollten.

Die Liebe des Gatten muß sich auf einem doppelten Gebiete bewähren. In irdischer Beziehung soll der Ehemann für die nötigen Lebensbedürfnisse sorgen, seiner Gattin mit Achtung und Liebe begegnen, und in gesun - den und kranken Tagen sich um sie kümmern, wie um sich selbst. Sind sie ja zwei in ei - nem Fleische, und niemand hasset sein eigenes Fleisch. Das Gebot des Herrn: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst , ist hier im strengsten Sinne zu nehmen.

Dieses Gebot wird verletzt von jenen Männern, welche den Ertrag ihrer Arbeit in das Wirtshaus tragen, statt für die Be - dürfnisse der Haushaltung zu sorgen. Die85 Liebe eines solchen Gatten ist eine parteiische, denn seinem Leibe läßt er zu viel zukom - men, zum Nachteile der Gesundheit, und der andern Hälfte entzieht er das Notwendige. Was seine Gurgel unnötig und im Ueber - maß bekommt, müssen sein Weib, seine Fa - milie mit Entbehrung entgelten. Heißt das die Gattin lieben, wie seinen eigenen Leib? Was wird der Herr, in dessen Namen der heilige Paulus redete, einst zu einem solchen Manne sagen, wenn die Stunde der Rechen - schaft kommen wird!

Viele Gatten sind auch karg mit jenen Liebeserweisen gegen die Gattin, welche nichts kosten, überhaupt nichts erfordern, als ein wenig Liebe und guten Willen gegen sie. Was sollte natürlicher und selbstverständlicher sein, als daß der Mann die freien Stunden, deren vielleicht nur wenige sind, dem Um - gange mit seiner Lebensgefährtin widme! Wenn er das versäumt, so kann er kaum eine echte Liebe zu ihr haben. Denn es steht geschrieben: Wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein. Manche Männer ge - wöhnen sich auch an, nur in polterndem Tone etwas von ihr zu verlangen, sie beim Kom - men und Gehen kaum zu grüßen, ihr selten86 nur ein freundliches Gesicht zu zeigen. Wohl erfährt der Mann vielfach das Leben von seiner rauhen Seite, und sein Gemüt wird leicht davon beeinflußt, aber das ist nicht der rechte Weg, es die Gattin wissen zu lassen. Ein solcher Mann hat keine Ahnung, wie viel Freude, Ermutigung und Trost er sei - nem Weibe und durch sie sich selber mit ein paar freundlichen Worten bereiten könnte. Die Frau fühlt sich als den schwächeren Teil, als abhängig, hat ein weiches, empfindliches Gemüt, sie wird gekränkt und niedergedrückt, wenn ihr die ihr gebührende Achtung und Liebe im Umgang entzogen wird. Ein sol - cher Mann ist selber schuld, wenn ihr Herz sich vor ihm verschließt, und ihr Umgang kalt und ungemütlich wird. Er hat den Schlüssel zu ihrem Herzen in seinen Händen. Er zeige ihr, daß er lieber bei ihr ist, als anderswo, er bezeige ihr ein wenig Achtung und Liebe, indem er ihr einige freundliche Worte gönnt, indem er in seinen Kümmernissen bei ihr Ermunterung sucht, statt sie im Unmute an - zupoltern. Oft schlummert im Herzen der frommen Gattin eine Fülle von Trost und Lebensmut, welche der starke Mann bei sich selber nicht findet. Es steht geschrieben:87 Einer trage des andern Last. (Gal. 6, 2.) Was dem einen Gatten fehlt, hat Gott dem andern gegeben. Sie können und sollen sich die Last erleichtern, auch mit Trost und Auf - munterung. Es ist traurig, daß viele diese Quelle der Ermutigung sich selber verschließen.

Diese Pflichten des Mannes gegen die Frau werden von dem heiligen Paulus in ein noch helleres Licht gestellt, indem er dem Gatten Christus selber als Vorbild vor Augen hält. Er soll sein Weib lieben, wie Christus seine Kirche liebt, er soll sie nähren und pflegen, wie Christus seine Kirche. (Eph. 5, 25. 28.) Wie hat Christus seine Kirche geliebt, was hat Er für sie gethan? Er hat sich für sie da - hingegeben, Er hat alles für sie geopfert. Er hat ihr das Wort gegeben und hält es auch, bei ihr zu bleiben, bis an das Ende der Welt. Wo immer die Kirche ihr Zelt aufschlägt, und sei es noch so armselig, da kommt Er und weilt bei ihr im Tabernakel. Er nährt sie und ihre Kinder mit seinem eigenen Fleische und Blute, Er hat ihr den ganzen Reichtum des Erlösungswerkes für die große Haushaltung des Reiches Gottes übergeben. Er steht ihr bei in guten und schlimmen Tagen mit seiner ganzen gött -88 lichen Macht. Auch im Himmel, auf dem Throne seiner Herrlichkeit, umjubelt von den himmlischen Heerscharen:, scheint Er nur an seine Braut auf Erden zu denken, nur sie zu lie - ben, nur für sie zu leben. So ist Christus nach dem heiligen Paulus das Vorbild des christ - lichen Ehemannes und zugleich der künftige Richter desselben. Wie gleichen Ihm die Wirtshausmänner der heutigen Zeit? Was wird Er einst zu diesen sagen? Wir wissen es bereits, Er hat es zum voraus durch sei - nen Diener Paulus verkünden lassen: Wenn jemand für die Seinigen und besonders für die Hausgenossen nicht Sorge trägt, der hat den Glauben