PRIMS Full-text transcription (HTML)
Durch Gebet und Arbeit verherrlichten sie Gott und heiligten sich selbst. (S. Bonaventura)
[I]
Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte.
Vorträge über christliche Ehe und Erziehung von Gall Jos. Hug, Domkapitular in St. Gallen.
Mit einem Anhang von Krankengebeten nach Cochem.
Zweite, vielfach vermehrte Auflage.
Viertes bis Fünftes Tausend.
Mit oberhirtlicher Empfehlung.
Freiburg (Schweiz)Universitäts-Buchhandlung (B. Veith)1896
[II]
[III]

IMPRIMATUR

Friburgi Helvetiorum die 26 Decembris anno 1895.

J. V. Pellerin, Vic. Gen.

Empfehlung.

Nachstehende Predigten des hochw. Herrn Domkustos G. J. Hug behandeln, wie schon ihr Titel andeutet, einen Gegenstand, dessen große Bedeutung allgemein anerkannt ist. Sie sind von kirchlichem Geiste durchdrungen, ge - haltvoll, praktisch und eindringlich und daher sehr geeignet, zur Erneuerung des Familienlebens und der Erziehung beantragen. Wir ertheilen darum denselben gerne unsere Approbation und Empfehlung und wünschen denselben die weiteste Verbreitung.

St. Gallen, den 24. Dezember 1895.

Augustinus Bischof.
IV

Vorwort.

Etwas mehr als die Hälfte dieser Vorträge erschien vor 15 Jahren im Druck; war aber nur für enger Kreise berechnet und bestimmt; gleichwohl verirrten sich auch manche Exemplare ins Anstand. So war die Auf - lage bald vergriffen und die Nachfragen wurden mit der Zeit immer zahlreicher. Das war für den Verfasser eine trostreiche Aufmunterung eine zweite vermehrte Auflage vorzubereiten; das verlangt auch die von feindlichen Mächten immer heftiger bestürmte christliche Familie.

Denn diese jüdisch-liberale Zeitströmung macht die klare und kräftige Entwicklung all' jener geoffenbarten Wahrheiten nothwendig, welche einzig und all ein den Menschen aus der Tiefe des Fleisches und der Sinnlich - keit auf die Lichthöhen des übernatürlichen Lebens empor - zuheben und so die christliche Familie vor Verderbnis; und Auflösung zu bewahren vermögen. Wie nämlich am Char - freitag die Synagoge mit dem irregeleiteten Volke vor dem Palaste des römischen Landpflegers Pilatus lärmte und schrie: Kreuzige ihn! , so lärmt und schreit sie heute mit ihrem allezeit getreuen Heergefolge Dem buntscheckigen Liberalismus vor dem Throne des allmächtigen alle Freiheiten verschlingenden Staates: Kreuzige die christ - liche Kirche! Kreuzige die christliche Staatsordnung! Kreuzige die christliche Familie!

V

Auf der großen Weltbühne andere Schauspieler, aber das gleiche Trauerspiel!

Im alten Bunde wurden die Juden, wenn sie den Weg der Gebote Gottes verlassen hatten, von den Philistern bedrängt, bekriegt, besiegt; jetzt haben sie durch Gottes Zulassung und Fügung die Rolle der Philister gegen jene Völker übernommen, welche im privaten und öffentlichen Leben von Christus und der Kirche abgefallen sind. Was daher der edle Graf Friedrich Leopold von Stollberg am 17. Mai 1808 über die damaligen Verhält - nisse schrieb, das gilt heute von den socialen vielleicht noch mehr als den politischem Jetzt muß alles rückgängig sein, auf daß es vorgängig werden könne, im Kleinen wie im Großen. Was wird im ganzen Geäder der Verhält - nisse nicht noch geschehen müssen, auf daß es einleuchtend werde, wohin die erste Lüge, wie man in der Philosophie den ersten Irrthum nennt, führt und führen müße. Ehe man zum Worte Gottes zurückkehrt, wird es noch ganz anders kommen. Ich sehe es kommen und obschon mir die Haut schaudert, jauchzet doch mein innerstes. Das tägliche ununterbrochene Studium eines Buches giebt Aufschluß über Alles und bewährt dieses Buch als Gottes Wort. Stollberg, Entwicklungsgang von Janssen, zweite Auflage, S. 367.

So Stollberg, als er, um seine Religionsgeschichte zu schreiben, die hl. Bücher des alten Bundes studierte und betrachtete.

Also zum Worte Gottes, zur geoffenbarten Wahrheit zurückkehren, zum Vorbild der christlichen Familie, zur hl. Familie von Nazareth! Mit noch so zierlichen Redens -VI arten und geistreichen Gedanken der rein natürlichen Welt - anschauung, wenn sie auch durch irgend einen Bibelspruch noch einen pietistischen Anhauch haben, ist für die Erhal - tung und Wiederherstellung der christlichen Familie zum wenigsten nichts geleistet.

Wenn nun dies Buch in vielen Familien als Haus - freund aufgenommen, berathen, befolgt wird, und so gute Familien noch glücklicher macht, die Bedrohten rettet, die Zerütteten wiederherstellt, die Jugend auf dem Wege des Glaubens und der Unschuld bewahrt, die zum Ehestande Berufenen zum würdigen Empfange des hl. Sakramentes der Ehe anleitet, so kann ich die hl. Familie von Na - zareth für ihre Liebe und Güte gegen die christlichen Familien und gegen mich nie genug loben und preisen.

St. Gallen, am Feste der unbefleckten Empfängniß der allerseligsten Jungfrau und Mutter Gottes Maria. 1895.

Der Verfasser.
VII

Inhaltsverzeichniß.

Vorwort. Inhaltsverzeichniß Seite

  • I. Der allgemeine fromme Verein der christl. Familie1
  • II. Die Mutterwürde8
  • III. Die Vaterwürde und ihre Gefahren16
  • IV. Das Opfer der Mutter26
  • V. Die Vatermacht35
  • VI. Die Unschuld der Weg zur Ehe46
  • VII. Die Bewachung der Kinder55
  • VIII. Die Bekanntschaften, eine heilige Ehrensache der Familie64
  • IX. Wie wird die Bekanntschaft eine Ehrensache der Familie74
  • X. Die Ehe ein heiliges Sakrament83
  • XI. Die christliche Ehe ist unauflöslich94
  • XII. Empfang des heiligen Sakramentes der Ehe105
  • XIII. Das Hochzeitsgewand der Brautleute am Altar114
  • XIV. Die Ehe, ein Abbild der Vereinigung Christi und der Kirche eheliche Liebe und Treue124
  • XV. Die Gewalt der Kirche betr. Ehehindernisse und die Verwandtschaftsehen133
  • XVI. Kampf der Päpste für die Heiligkeit der Ehe146
  • XVII. Taufe, besonders Kindertaufe157
  • XVIII. Die Aufgabe der Erziehung168
  • XIX. Christus das Vorbild bei Erziehung der Kinder178
  • XX. Erziehung und Liebe188
  • XXI. Erziehung und Gehorsam197
  • XXII. Erziehung und Ruthe206
  • XXIII. Erziehung und Abtödtung218
  • VIIIXXIV. Begriff und Schule der Ehrfurcht228
  • XXV. Erziehung und Ehrfurcht235
  • XXVI. Erziehung und Keuschheit245
  • XXVII. Erziehung und Beicht255
  • XXVIII. Keuschheit und Kommunion265
  • XXIX. Tischgebet276
  • XXX. Besuch des Gottesdienstes285
  • XXXI. Familie und Prüfungen Gottes292
  • XXXII. Erziehung und Familienfreuden302
  • XXXIII. Geschwisterliebe312
  • XXXIV. Stand und Beruf322
  • XXXV. Art und Weise der Standeswahl332
  • XXXVI. Standeswahl und Ehe342
  • XXXVII. Christliche Familie und Arbeiter, 1. Theil353
  • XXXVIII. Christliche Familie und Arbeiter, 2. Theil363
  • XXXIX. Ehe und Tod373
  • Anhang von Gebeten387 403
1

I. Der allgemeine fromme Verein der christlichen Familie.

Die hochheilige Familie von Nazareth muß eine ganz außerordentliche Bedeutung haben, denn schon in der heiligen Schrift wird sie uns oft und in den mannigfaltigsten Lebensverhältnissen erwähnt und an die Spitze des Evan - geliums gestellt. Der hl. Matthäus beginnt sein Evange - lium mit den Worten: Buch der Abstammung Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams. Dann zählt er die Stammväter Christi auf und schließt mit den Worten: Jacob aber zeugte Joseph den Mann Marias, von welcher geboren ist Jesus, welcher Christus genannt wird.

Also am Anfang der frohen Botschaft haben wir die heilige Familie in ihrer ganzen Herrlichkeit. Wiefern? Während nämlich der heilige Matthäus bei Aufzählung der Stammväter immer das Wort zeugte gebraucht: Abraham zeugte den Isaak, David der König zeugte Salomon, Jacob aber zeugte den Joseph, läßt er auf einmal dies Wort ausfallen und nennt Joseph den Mann Marias, von welcher geboren wurde Jesus, der genannt wird Christus. Zu welchem Zwecke? Um die jungfräuliche Mutterwürde Marias zu verkünden. Da ist gar kein Zweifel möglich; denn gleich berichtet er, wie Joseph Maria entlassen wollte und dann vom Engel über das Geheimniß der Menschwerdung Christi belehrt wurde. Joseph, Sohn Davids, fürchte dich2 nicht, Maria dein Weib zu dir zu nehmen; denn was in ihr ist erzeugt worden, das ist vom heiligen Geiste.

Dann sehen wir die heilige Familie auf der Reise nach Bethlehem; sehen sie im Stalle, wo der Sohn Gottes als Menschensohn geboren und von den Hirten und den Königen angebetet wird. Dann treffen nur nach der Erzäh - lung des Evangeliums die heilige Familie im Tempel, wo das göttliche Kind nach dem Gesetze dem himmlischen Vater dargebracht wird; bald nachher auf der Flucht nach Aegypten, später auf der Heimkehr nach Nazareth, dann über die Osterzeit im Tempel zu Jerusalem, endlich im stillen Hause zu Nazareth, wo das göttliche Kind seinen Eltern unterthan war und mit ihnen in stiller Einsamkeit arbeitete und betete. Während der ersten Zeit des öffent - lichen Gebens Jesu wird die heilige Familie zum letzten Male erwähnt. Als er nämlich in der Synagoge seiner Vaterstadt lehrte, verwunderten sich alle und sprachen: Woher kommt diesem solche Weisheit und Wunderkraft, ist dieses nicht des Zimmermanns Sohn? heißt nicht seine Mutter Maria? (Matth. XIII. 55.) So wurde Christus der Herr, als er dreißig Jahre alt war, allgemein für einen Sohn Josephs gehalten.

Aber warum wollte der Gottmensch, aus der Jung - frau geboren, dennoch für einen Sohn Josephs gehalten werden? warum wollte er wie ein gewöhnliches Kind in der Familie aufwachsen? Die heiligen Väter haben von alters her verschiedene Gründe aufgeführt. Wie es die Zeit - verhältnisse verlangen, bleibe ich nur bei dem stehen, was der heilige Thomas bemerkt: Die Mutter des Herrn war mit Joseph vermählt und Jungfrau, weil in ihrer Person die Jungfräulichkeit und die Ehe geehrt wird gegen Irr - lehrer, welche auf die Jungfräulichkeit oder auf die Ehe schmähen. Die Ehe und mit ihr die Familie war zur Zeit Christi so furchtbar zerfallen, daß man an ihrer Wieder -3 herstellung verzweifeln mußte; die Ehe und die Familie wurde seither vielfach angegriffen und wird besonders heute als die Feindin des gesellschaftlichen Glückes herabgewürdigt; der Haß gegen Christus und seine Kirche hat die christliche Ehe aus dem öffentlichen Leben durch die Civilehe ver - drängt; aber auch mit dieser Civilehe werden die Fortschritte der Revolution da und dort aufräumen, wie der Sturm den Schnee von den Dächern wegwirbelt.

Da sehet ihr wieder die Allmacht und Weisheit Gottes im Geheimnisse der Menschwerdung Christi. Die Weis - heit. Der Sohn Gottes durch den heiligen Geist empfangen, geboren aus der Jungfrau, wollte in seiner Demuth, daß seine jungfräuliche Mutter mit einem Manne vermählt sei und so längere Zeit als ein gewöhnliches Weib erscheine, wollte selber in den Augen der Welt als Kind dieser Eltern aufwachsen, wollte noch im Anfange seines öffentlichen Lebens als Sohn Josephs angesehen werden, nur um der Ehe und der Familie wunderbaren, übernatürlichen Adel und Hoheit zu verleihen.

Aber auch die Allmacht. Denn einerseits hat er alles so geleitet, daß zur rechten Zeit die jungfräuliche Mutter - würde Marias bekannt und geglaubt wurde, anderseits aber hat er die Hoheit und Würde der Ehe der Obhut seiner unzerstörbaren Kirche anvertraut. Wie daher die Revolution in ihrem Ansturme gegen die Kirche da und dort Verwüstungen anrichten, aber die Kirche nicht zer - stören kann, so mag es ihr auch gelingen, die christliche Ehe herabzuwürdigen, da und dort aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen oder gar unmöglich zu machen aber niemals dieselbe aus der Welt zu verbannen.

Um nun einerseits diese entsetzlichen Strafgerichte Gottes voll uns abzuwenden, anderseits den christlichen Adel der Ehe und der Familie zu bewahren was haben wir zu thun? Jede christliche Familie soll die heilige Familie4 verehren und nach Kräften nachahmen, verehren den heiligen Joseph, den Pflegevater Jesu Christi, verehren die makel - reine Jungfrau in ihrer jungfräulichen Mutterwürde, an - beten das göttliche Kind. Das thun wir so oft, als wir den freudenreichen Rosenkranz beten und betrachten. Denn in diesen ersten fünf Geheimnissen ist ja die Geschichte der heiligen Familie enthalten. Also verehren, aber auch nach - ahmen. Denn die heilige Familie ist nicht bloß der Adel, sondern auch das Vorbild der christlichen Ehe und Familie. Denn Christus der Herr wollte nicht bloß die einzelnen erlösen und heiligen, und ihnen ein Beispiel geben, sondern er wollte auch die Familie als Familie und durch die Familie die ganze menschliche Gesellschaft aus dem Sumpfe trauriger Verirrungen auf die Lichthöhen christlicher Voll - kommenheit führen. Hiefür war auch ein leuchtendes Vor - bild nothwendig in der heiligen Familie von Nazareth. Wenn nun auch die Verehrung und Nachahmung der heiligen Familie uralt wie das Evangelium, das die heiligen Apostel auf der ganzen Welt verkündet haben, so ist doch diese Andacht erst in unsern Tagen zur vollen Blüthe gelangt; denn die heilige Kirche nimmt aus ihrem unermäßlichen Schatze je nach den Zeitbedürfnissen Neues und Altes hervor.

Wer will leugnen, daß gerade die Familie heute vie - len und großen Gefahren ausgesetzt ist. Das heutige Er - werbsleben und die Unbeständigkeit des Wohnsitzes der ärmeren Klasse sind, an und für sich, die kleinsten Gefahren. Denn die göttliche Vorsehung, welche diese Uebelstände einmal zugelassen, darf doch nicht zugeben, daß Fami - lien, welche eines guten Willens sind, dadurch geschädigt werden. Die eigentlichen Gefahren liegen viel tiefer; liegen im Verstande, mit einem falschen Begriffe von der Ehe und ihrer Heiligkeit, liegen im Herzen mit seinen Leidenschaften, liegen in der Zerstreuungssucht im Bunde mit der Genußsucht. Nicht wahr, je weniger die Familienglieder an Werktagen5 in Folge der Arbeit bei einander sein können, desto mehr sollten sie am Sonntage mit einander sich freuen. Das verlangt doch die gegenseitige Liebe der Eltern und Kinder und der Geschwister. Und doch und doch! So finden denn so viele sogar scheinbar noch gute Katholiken keine Freude mehr in der Familie; Wirthshaus, Vereine, Aus - flüge, Theater, Unterhaltungen aller Art haben die Familie mit Langweile erfüllt und diese ist ein überaus böser Geist. Was thut da die heilige Kirche? Sie stellt uns die heilige Familie vor Augen, damit wir dieselbe mit neuem Eifer verehren und nachahmen. Darum betet sie: Herr Jesus Christus, der du Maria und Joseph unterthan, das Familien - leben mit unaussprechlichen Tugenden geheiligt hast, mache, daß wir mit beider Hilfe durch die Beispiele deiner hl. Familie unterrichtet werden, und ihre ewige Gemeinschaft erlangen. Wozu also die hl. Familie verehren? Durch die Gnade Jesu Christi gestärkt, mit der Hilfe von Maria und Joseph sollen wir die Tugenden der heiligen Familie betrachten, nachahmen, um so an der Herrlichkeit dieser Familie im Himmel unsern Antheil zu haben.

Um diese Andacht recht zu pflegen, wünscht der heilige Vater, daß der allgemeine fromme Verein der christlichen Familien, zu Ehren der heiligen Familie von Nazareth in der ganzen Kirche eingeführt werde. Also schon wieder ein neuer Verein, während nur deren, wie überlaut be - klagt wird, schon zu viele haben. Nur getrost, denn es handelt sich da um keim Verein, wo Comitesitzungen, beson - dere Versammlungen, Wirthshaus, Ausflüge, Theater, Abend - unterhaltungen die Familienglieder auseinanderreißen und zerstreuen, es handelt sich um keinen Verein, wo der Eintritt schon viel Geld kostet, wo man dem Vorstande bei diesem und jenem Anlasse Geschenke zu machen hat; sondern um einen Verein, der mit den altehrwürdigen Bruderschaften viel Aehnlichkeit hat und den ersten von6 Gott selbst gegründeten Verein, die Familie nämlich, er - halten, beglücken und heiligen soll.

Was soll zu diesem Zwecke geschehen? Vor einem Bilde der heiligen Familie weiht sich die Familie der heiligen Familie von Nazareth und betet vor demselben wenigstens täglich ein Mal, wenn möglich Abends, gemein - schaftlich. Das ist die Hauptsache. Warum?

Für's Erste werden Jesus, Maria und Joseph die ihr geweihten Familien besonders beschützen und liebe - voll pflegen, und das umsomehr, je andächtiger sie verehrt, je vollkommener sie nachgeahmt werden. Welche Bedeutung das für unser ewiges Heil hat, wisset ihr Alle. Und das zweite? Die Familienglieder sollen sich wenigstens einmal täglich, wenn möglich Abends, zum gemeinsamen Gebete ver - sammeln. In den ersten Rundschreiben über den hl. Rosen - kranz mahnte der hl. Vater, doch dahin zu wirken, daß der Abendrosenkranz, wo er aus den Familien verschwunden, doch wieder gebetet werde. Was setzt das voraus? Die Familienglieder sollen, soweit es immer möglich ist, wenig - stens Abends bei einander sein. Das verlangt das Bei - spiel der hl. Familie. Denn betrachtet nur den Bericht des Evangeliums. Als Jesus zwölf Jahre alt war, gingen sie, wie gewöhnlich, zum Feste nach Jerusalem. Maria war nicht verpflichtet auf das Opferfest nach Jerusalem zu gehen; aber sie wollte sich von ihrem göttlichen Kinde und dem hl. Joseph nicht ohne Nothwendigkeit trennen.

Da, christliche Familie, ist dein Vorbild. Der Werktag mit seinen Arbeiten mag dich auseinander halten vom Morgen bis zum Abend; aber der Sonntag soll dich wieder ver - einen. Wo der Kindergottesdienst ein nothwendiges Uebel geworden, können die Eltern allerdings nicht mit den Kindern zur Kirche gehen; aber ihr, die ihr größer ge - worden, gehet, soweit es die nothwendigen Hausgeschäfte er - lauben, mit einander, um hier gleichsam familienweise zu beten. 7Kehret mit einander heim, um den Sonntag im Familienkreise zuzubringen und dort die unschuldigen Freuden zu genießen.

Also keine Leidenschaft, keine Zerstreuungssucht darf die Einheit der Familie verletzen und das Zusammen - leben stören, sondern nur der Vater im Himmel hat das Recht, das eine oder andere Familienglied für kürzere oder längere Zeit oder für immer da oder dorthin zu rufen, wie er auch seinen göttlichen Sohn, den zwölfjährigen Knaben Jesu, ohne Wissen von Maria und Joseph im Tempel zurückbehielt. Das beweist auch das Beispiel Christi. Denn im Tempel wiedergefunden, ging er mit seinen Eltern nach Nazareth, war ihnen unterthan, arbeitete und betete mit ihnen, freute sich in ihrer Gesellschaft, bis zum 30. Jahre, wo er öffentlich auftrat und für einen Sohn Josephs gehalten wurde. So lange das göttliche Beispiel nicht nachgeahmt wird, ist ein Familienleben überhaupt nicht möglich. In dieser Beziehung verspricht der fromme Verein der christlichen Familien viele Früchte zu bringen. Denn seiner Natur nach zerstreut er nicht, wie die meisten Vereine, sondern sammelt nach der Art und Weise der alterhrwürdigen Bruderschaften.

So verehrt denn diese heilige Familie von Nazareth mit neuem Eifer und folget ihrem Beispiel: Eltern und Kinder und Geschwister seid doch bei einander so oft und so lange ihr könnt; betet mit einander, arbeitet so weit möglich bei einander, gehet mit einander zur Kirche, kehret mit einander heim, freuet euch mit einander im Herrn, wenn auch in einer ärmlichen Wohnung. Aber warum denn das Mit einander so betonen? Ein wie weit ver - breitetes Uebel ist doch das Ohne einander! Nur mit einander werdet ihr unter dem Schutze von Jesus, Maria und Joseph den Engeln ein Schauspiel werden und bald im Himmel mit einander ewig frohlocken familienweise.

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II. Die Mutterwürde.

Wie am Schluße, so auch im Anfang ihres Jahres führt uns die heilige Kirche das jüngste Gericht vor Augen, damit wir vom Schlafe aufwachen, den Ernst des Lebens erkennen, unsern Herrn Jesus Christus anziehen und im Lichte der Gottseligkeit ehrbar leben. Denn nahe ist mit der heiligen Weihnacht unser Heil und nicht bloß für den Einzelnen, sondern auch für die Familie. Denn Jesus Christus ist uns zwar aus einer Jungfrau geboren, aber diese jungfräuliche Mutter ist doch mit einem Manne ver - mählt. Warum? Aus vielen Gründen gebe ich nur einen an: Die heilige Familie von Nazareth soll das Vorbild der christlichen Familien werden. Denn Jesus Christus ist gekommen nicht bloß die Einzelnen zu erlösen, sondern auch die Familie wieder herzustellen. So komme ich denn auf die christliche Familie und Erziehung zu sprechen, um über diesen Gegenstand euch nach und nach die wichtigsten Wahrheiten zu entwickeln. In dieser hl. Adventszeit rede ich von der Würde und Macht des Vaters, von der Würde und dem Opfer der Mutter. Was ich von der Mutter sage, dürfen und sollen auch die Männer wissen und um - gekehrt, und was ich beiden sage, soll auch die Jugend, wenn sie ihr Unglück nicht durch die Ehe vollenden will, tief beherzigen. Weil wir alle den Anfang unserer Würde der heiligen Mutter Gottes verdanken, beginne ich heute mit der Würde der christlichen Mutter und werde darauf die Vaterwürde behandeln. Die Nothwendigkeit diese Wahr - heiten eindringlicher zu verkünden, bezeugen uns die Be - strebungen, christliche Müttervereine zu gründen. Ob und9 in wie fern diese nützlich oder gar nothwendig seien, will ich nicht untersuchen; aber soviel ist mir sonnenklar, daß nur die tiefe Kenntniß und Verehrung Mariens die für die Rettung und Heiligung der Familie geeigneten Mütter uns geben kann. Daher will ich diese Wahrheit behandeln: In der Würde der Mutter Gottes erkennt die christliche Mutter auch ihre Würde.

Als die Fülle der Zeit gekommen war, wurde der Erzengel Gabriel zur Jungfrau Maria gesandt. Er begrüßte sie im Auftrage Gottes: Gegrüßt seist du voll der Gnaden, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern. Als Maria über dieses Lob erschrack, beruhigte sie der Engel: Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade gefunden bei Gott. In diesen wenigen Worten habet ihr die wunderbare Heiligkeit der Jungfrau. Aber das ist nicht ihre höchste Auszeichnung, sondern nur die nothwendige Vorbereitung, daß ein Geschöpf eine Art gött - licher Würde erhalte. Denn betrachtet nur die Botschaft des Engels. Er will nämlich sagen: Wundere dich nicht, daß Gott dir eine solche Gnadenfülle gegeben hat; fürchte dich nicht, als könnte da eine Täuschung sein; vor allem mußt du die Gnadenvolle sein. Denn siehe du wirst em - pfangen in deinem Leibe und einen Sohn gebären, und du sollst seinen Namen Jesus heißen. Dieser wird groß sein und der Sohn des Allerhöchsten genannt werden und seines Reiches wird kein Ende sein. Als dann die Gnaden - volle fragte wie das möglich sei, da sie mit dem heiligen Joseph in unversehrter Jungfräulichkeit zu leben gelobt habe, sprach der Engel: Der heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Allerhöchsten dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das aus dir geboren werden soll, Sohn Gottes genannt werden. Siehe ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte. Als die Jungfrau diese Worte gesprochen, geschah was der hl. 10Johannes berichtet: Das Wort ist Fleisch geworden. Wer ist dies Wort? Der hl. Johannes antwortet selbst: Im Anfange war das Wort; das Wort war bei Gott und Gott war das Wort. Dies Wort, dieser Gott, dieser wahre Sohn Gottes ist also Fleisch geworden. Wo? Du wirst empfangen in deinem Leibe; was aus dir geboren werden soll, wird Sohn Gottes genannt werden. (Luc. 1, Joh. 1.) O Abgründe der Liebe und Barmherzigkeit Gottes!

Das erste Weib, ein Wunderwerk Gottes, will sein wie Gott selbst und wird die Mutter aller Sünden und bringt über ihr Geschlecht soviel Bosheit und Verach - tung und Schmach, daß der heilige Geist im Buche des Predigers sagen mußte: Einen Mann habe ich unter tausenden gefunden; ein Weib habe ich unter Allen nicht gefunden. Barmherzigkeit Gottes, die du aus Erbarmen mit dem zertretenen Weibe eine segnest, damit alle in ihr gesegnet werden! Heiliger Geist, anbeten können wir deine Liebe, aber niemals begreifen dein größtes Wunderwerk, die wunderbarliche Mutter, die Jungfrau und Mutter zugleich!

Was ist nun unsere wahre Würde? Die Ver - einigung mit Gott. Je inniger aber diese Vereinigung, desto höher die Würde. Wie aber unter den Menschen jede Verbindung gleichsam ein Schatten ist gegen die Vereini - gung der Mutter mit ihrem Kinde, ebenso verschwindet jede Vereinigung mit Gott, sobald sie mit der Mutter - würde der wunderbaren Mutter verglichen werden soll. Denn zu allen Heiligen spricht Jesus Christus: Ihr seid meine Freunde; zu Maria, du bist meine Mutter. Dem Fleische nach stehe ich in weit innigerer Beziehung und Blutsverwandtschaft zu dir als jedes andere Kind zu seiner Mutter. Denn wie ich im Himmel nur einen Vater, so habe ich auf Erden nur eine Mutter.

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Weil nun eine innigere Einheit des Geschöpfes, ohne daß es aufhört eine Person zu sein, mit Gott unmöglich ist, so besitzt auch Maria, als Mutter Gottes, unter allen Geschöpfen die höchste Würde.

Da nun habet ihr auch den Ursprung jeder andern Würde. Warum ist sie ohne Erbsünde empfangen? Das Blut der Erlösung durfte nur aus dem reinsten Schooße genommen werden. Warum ist sie, die Gnadenvolle, schöner als der Himmel? Damit der Sohn Gottes in ihr eine würdige Wohnung finde. Du bist gebenedeit unter den Weibern! Aber, denket ihr vielleicht, fast etwas un - geduldig geworden, was hat denn dies Wunderwerk Gottes mit der Würde der christlichen Mütter gemein - sam? Sehet einmal und betrachtet die Erbarmung Gottes! Im alten Bunde war eine Mutter, welche nur das Wort des Propheten kannte: Siehe die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären und sein Name wird Emmanuel sein. Der Glaube an diese kommende wunderbarliche Mutter ließ sie ihre eigene Mutterwürde ahnen. Wie nämlich die Sonne hoch am Himmel auf diese Erde leuchtet, daß wir die Herrlichkeit Gottes in der ganzen Schöpfung erkennen, so leuchtet auch dies Geheim - niß jungfräulicher Mutterwürde, daß die natürliche Hoheit einer jeden Mutter in ihrem wahren Lichte erscheint. Denn betrachtet nur jene Heldenmutter des alten Bundes. Als sie nämlich mit ihren sieben Söhnen vor dem Tyrann Antiochus stand und jeden ermunterte, lieber alle Qualen zu dulden, als die Gebote zu übertreten, sprach sie: Nicht ich habe euch Geist, Seele und Leben gegeben, und nicht ich selbst habe Glied an Glied gefügt, sondern der Schöpfer der Welt, der den Menschen bei seiner Erzeugung bildet. (Machab. I. II, c. VII, 22.)

Also erhebet euch einmal über Fleisch und Blut, während gemeine Menschen Possen reißen, blicket mit heiliger12 Scheu auf die christlichen Mütter hin. Warum? Lasset uns den Menschen machen nach unserm Ebenbilde. So sprach Gott im Paradies, bildete Adam, hauchte ihm die unsterbliche Seele ein, bildete Eva. Lasset uns den Menschen machen, spricht heute noch der Schöpfer aller Dinge; oder noch besser, jenes erste Schöpfungswort tönt und wirkt fort durch alle Jahrhunderte. So schafft denn Gott allem heute noch das Leben und die Seele mit all' ihren Fähigkeiten und er allem fügt Glied an Glied. Was muß er deßhalb von uns verlangen? Heilige Ehrfurcht vor seiner nahen Majestät; Ehrfurcht vor dem Werke seiner Hände; heilige Scheu vor der Werkstatt, wo er arbeitet und sein Werk vollenden will.

Wie groß ist doch die Mutterwürde auf dem erhabenen Standpunkte der Offenbarung, des Glaubens, der göttlichen Wahrheit! Darum sage ich: Erhebet euch über die Gemeinheit dieser Welt; entsetzet euch über ihre Zoten und Greuel, über Ausschweifungen und Rohheiten, wodurch sie den Schöpfer aller Dinge in der Mutter oder in der auf - wachsenden Jungfrau verhöhnt und mißhandelt und so des ewigen Feuers sich schuldig machen muß; erhebet euch himmelhoch über diese Gemeinheiten einer unzüchtigen Welt, über die Rohheiten leichtsinniger Männer und zittert voll Scheu und Ehrfurcht in der Nähe der göttlichen Majestät; glaubt wenigstens so viel, als jene machabäische Mutter und lebet darnach.

Das nun sollte genügen, um in aller Ehrbarkeit und Ehrfurcht zu wandeln und doch ist das nur ein schwacher Anfang. Denn im neuen Bunde ist uns der heilige Geist gegeben, daß er in uns wohne und Leib und Seele in seinen Tempel verwandle. Wenn er auch allen Kindern Gottes gegeben ist, so wird er doch der christlichen Mutter besonders mitgetheilt. Aber woher kannst du das wissen? Aus dem Geheimnisse der Menschwerdung Jesu Christi. 13Denn an der Spitze des neuen Bundes steht eine Jung - frau wie das Morgenroth des werdenden Tages; über diese Jungfrau, welche nach den Gesetzen der Natur nicht Mutter werden kann, kommt der hl. Geist mit seiner ganzen Herrlichkeit, daß sie in ihrer jungfräulichen Schöne die wunderbarliche Mutter Gottes wird.

Wenn ihr doch das Geheimniß der Menschwerdung Jesu Christi tiefer betrachtet, wie würdet ihr bitterlich weinen über die Bildung und Erziehung und die Grund - sätze der christusfernen Welt, wo die Mutter, lange bevor sie Mutter wird, ihre Würde und Hoheit verlieren muß. Ist man ja so tief gesunken, daß sogenannte Gelehrte die Mutter nur das menschliche Mutterthier nennen. Mit dem Abfalle von Jesus Christus und seiner Kirche greifen diese abscheulichen Irrthümer immer mehr und mehr um sich und tragen ihre Verwüstung nicht bloß in das Heilig - thum der Mutterwürde, sondern sogar in den Tempel der Unschuld heranwachsender Mädchen. Daher ist es hohe Zeit, das Geheimniß der Menschwerdung Jesu Christi nach allen Seiten zu entwickeln, die Herrlichkeit der Mutter Gottes zu verkünden und euch auf das Vorbild der heiligen Familie hinzuweisen.

Unbefleckt empfangene Jungfrau, jungfräuliche Mutter Gottes, dir gelobe ich es feierlich, diese Geheimnisse hier zu entwickeln, ohne Furcht in das Leben einzugreifen, damit zu deiner Verherrlichung die Würde der christlichen Mutter und die Unschuld der Jugend immer schöner sich entfalte. Aber Mutter des ewigen Wortes gib du mir das rechte Wort und diesen deinen Kindern das rechte Verständniß und den guten Willen!

So blicket denn alle auf die wunderbarliche Mutter, das Vorbild aller Mütter, welche in den Himmel gelangen. Sie hatte die Fülle des heiligen Geistes in sich!

Euch, christliche Jungfrauen, ist der heilige Geist ge -14 geben worden in der heiligen Taufe, noch reichlicher in der heiligen Firmung, und wird euch durch den Empfang der heiligen Sakramente der Buße und des Altars immer gnadenreicher mitgetheilt. Wenn ihr dann ganz unbefleckt und rein in den Ehestand tretet, wird durch das heilige Sakrament der Ehe die Gnaden des heiligen Geistes euch noch reichlicher verliehen; wenn ihr dann nach den Plänen Gottes anfanget, Mutter zu werden, wird euer Leib erst recht ein Tempel des heiligen Geistes. Preiset und ver - herrlichet deswegen Gott in euerem Leibe, daß ihr dieser hohen Würde theilhaftig werdet. An wen soll ich mich da zuerst wenden?

An euch, meine lieben Männer. Welche Ehrfurcht sollet ihr vor der Mutter haben! Welche heilige Scheu vor dem heiligen Geiste, der in ihr wohnt, vor dem Schöpfer aller Dinge, der in ihr schafft und bildet! Welche Vorsicht in Werken, in Worten, in Mienen, um das Werk Gottes nicht in seinen Anfängen zu zerstören. Mein Freund, lasse das Licht dieser Wahrheit in deiner Seele leuchten und anstatt in den Wirthshäusern, in leichtfertigen Gesellschaften, beim Zeitungslesen zu versimpeln, erforsche doch ernstlich einmal dein Gewissen, bevor am Tage des Zornes der Schöpfer aller Dinge Rache an dir nehmen wird.

Und ihr alle, machet es wie der hl. Felix v. Canbli - zio. Dieser verehrte besonders die Geburt Christi aus der wunderbarlichen Mutter. Sah er dann eine Frau, die bald Mutter werden sollte, hatte er die größte Achtung vor ihr und verehrte in ihr die wunderbarliche Mutter auf ihrer Reise nach Bethlehem. Wenn es alle so machten wie viele Zoten und Possen, die eigentlich nur eine Ver - höhnung Gottes und der wunderbarlichen Mutter sind, würden dann auf einmal aufhören! Aber wenn wir Töchter, die noch nicht verehelicht sind, in diesem Zustande15 sehen? Wollte Gott ich müßte auf diese Dinge nicht ant - worten und könnte einfach sagen: Unter Katholiken kommt das gar nicht vor ; weil aber beim wachsenden Leichtsinn diese Aergernisse immer mehr überhand nehmen, muß ich doch einen Wink geben. Wenn ihr also eine solche Tochter sehet, so weinet über ihre Sünden und Aergernisse, bittet und betet zu Gott, daß doch die Gefallene in ihrem Leicht - sinne nicht bis in die Hölle hinabfalle, und in eueren Familien seid wahrhaft Väter und Mütter, daß nicht auch eure Töchter bei eurer Nachlässigkeit aus dem Leichtsinne in die Sünde und aus der Sünde in diese Schande gerathen zum Aergernisse Vieler und zur eigenen Schmach am jüngsten Tage.

Doch das angedeutet zu haben, soll genügen, um euch nicht minder wichtige Wahrheiten an das Herz zu legen und zwar denen, welchen Gott diese Mutterwürde schon gegeben hat oder erst verleihen will. Weil Maria Mutter Gottes werden sollte, blieb sie vor der Erbsünde ganz ver - schont und war vom ersten Augenblicke ihres Daseins an ganz schön und heilig; aber sie selbst wirkte mit der Gnade mit, daß sie an Tugend und Heiligkeit täglich Fort - schritte machte, bis sie durch den hl. Geist endlich die wunderbare Mutter geworden.

Euch nun, die schon Mütter seid oder es noch werdet, hat Gott durch die hl. Taufe die Erbsünde weggenommen und die Gnade gegeben, damit ihr die bösen Neigungen bekämpfet, unschuldig lebet, um der ganzen wahren Mutter - würde theilhaftig zu werden. Da nun gilt euch das Wort: Traget und verherrlichet Gott in euerem Leibe! Aller - dings vor allem in eurer Seele, daß ihr vor jeder Sünde frei bleibet; aber dazu auch in euerem Leibe, daß ihr diese Wohnung des hl. Geistes und diese Werkstätte des Schöpfers aller Dinge nicht durch die Sünde verwüstet, sondern durch Nüchternheit, durch einfache, gesunde Kleidung, durch Keusch -16 heit immer schöner machet. Diese Wahrheiten könnet ihr nicht vergessen, so lange ihr die Geheimnisse des freuden - reichen Rosenkranzes betet und betrachtet; ihr dürft sie nicht vergessen, wollet ihr euere Würde und mit ihr eure Seligkeit nicht verlieren. Wunderbarliche Mutter! Siehe, ohne die Gnade deines göttlichen Sohnes sind meine Worte nur leerer Schall. Flehe daher du selbst zu ihm: Er möge doch jeder Mutter ein Herz nach deinem Herzen geben, daß sie voll Hoheit und Würde in der Familie da - stehe, geliebt vom Manne, verehrt von den Kindern, den Engeln und den Menschen ein Schauspiel. Wunderbarliche Mutter, bitte deinen göttlichen Sohn, er möge den Jung - frauen ein Herz nach deinem Herzen geben, daß sie die jungfräuliche Würde und Hoheit unverletzt bewahren, bis du sie für die Mutterwürde am Altare vorbereitest. Wunder - barliche Mutter, bitt 'für uns, daß nicht bloß die Mutter in dir ihre Würde finde, sondern wir Alle in den Erbar - mungen deines Herzens das ewige Leben erlangen.

III. Die Vaterwürde und ihre Gefahren.

Der Heiland ist uns aus der Jungfrau geboren, und da erkennt die christliche Mutter ihre Würde; aber diese Jungfrau ist mit einem Manne namens Joseph vermählt, und da erkennt der christliche Vater sein Ansehen.

Der Heiland redet (Luc. XII. vom treuen und klugen Hausvater, den der Herr über seine Familie gesetzt hat. Wenn auch diese Worte zunächst von den Bischöfen gelten, so werden sie doch von der hl. Kirche mit viel mehr Recht auf den hl. Joseph angewandt. Die katholische Kirche ist allerdings die große Familie Gottes; denn ihre17 frommen Kinder sind zugleich Kinder Gottes, aber noch weit mehr ist die hl. Familie von Nazareth, die Familie Gottes, denn der Sohn der Jungfrau ist ja zugleich der wahre Sohn Gottes. Wer nun war über diese Familie gesetzt? Der hl. Joseph von Gott auserwählt und bestimmt zum Manne Mariens. Wenn er auch an Würde, an Gnade und Heiligkeit die Mutter Gottes nicht erreichte, so über - ragte er sie doch durch seine Oberherrlichkeit in der Familie. Denn er war ja recht eigentlich der Stellver - treter des himmlischen Vaters, dem Jesus und Maria unterthan waren. Welche Fülle von Gnade und Heilig - keit mit dieser Würde verbunden war, können wir vielleicht ahnen, aber niemals begreifen.

Warum ist uns diese Wundergestalt gegeben? (Es sind viele Gründe, aber einer ist gewiß auch folgender: Im Geheimniße der Menschwerdung Jesu Christi soll der christliche Vater seine Würde wieder erkennen und jene Ehrfurcht finden, welche der Sohn Gottes seinem Pflege - vater bezeugte. Sehet nur! Ueber wen soll der christliche Vater nach den Anordnungen Gottes gestellt werden? Ich frage nicht, über wen er gar oft gestellt werde, sondern über wen er gesetzt werden soll. Denn wir sind nur zu oft nicht das, was wir nach dem Willen Gottes eben sein sollten, sondern was unsere Leidenschaften verlangen. Ueber wen sollte also der christliche Vater gesetzt sein? Oder mit wem sollte sich der Jüngling am Altare vermählen? Nicht mit einem Mädchen, das eine mehr oder weniger traurige Vergangenheit hinter sich hat, sondern mit einer Jungfrau, die Jungfrau ist, nicht bloß vor den Menschen, sondern auch vor Gott.

Wenn du, christlicher Jüngling, mit einer solchen Jungfrau vor dem Altare kniest, redet dich Gott der Vater gleichsam mit folgenden Worten an: Siehe, diese Jungfrau habe ich nach meinem Ebenbilde erschaffen; die18 Kraft und Schönheit ihrer Jugend, ihr Gemüth mit all' den edlen Gefühlen, ihr Geist mit dem klaren Verstande und dem guten Willen ist mein Werk. Siehe, diese Jung - frau gehört auch meinem göttlichen Sohne; denn er hat sie, als sie verloren war, mit seinem Blute erkauft. Sie gehört dem hl. Geiste; denn er hat sie schon in der hl. Taufe zu seinem Tempel geweiht. Diese Jungfrau ist unser ausschließliches Eigenthum, das nie durch die Sünde verunstaltet, sondern durch die Tugend immer schöner ge - worden. So spricht gleichsam Gott der Vater und fügt dann bei: Siehe, wir treten dir einen Theil unserer Rechte ab: übergeben sie dir, damit sie in deinem Hause die reine, unbefleckte Werkstätte des Schöpfers aller Dinge werde. Sie wird deine trostreiche Hilfe sein; du aber wirst unsere Stelle an ihr vertreten.

Wohlan, christliche Jünglinge und Väter, betrachtet ihr diese Wahrheiten auch hie und da, um eure Würde zu begreifen und Gott dafür zu danken, oder lebt ihr nur so in den Tag hinein? Und doch ist das erst der Anfang der Würde, zu der euch Gott berufen hat. Denn am Altare seid ihr erst Männer, aber noch nicht Väter. Was erst, wenn euch das erste Kind entgegenlacht! Ist das nicht die Fortsetzung eurer Person? Müßet ihr nicht mit dem ägyptischen Joseph dankbar sagen: Es sind meine Söhne und Töchter, die mir Gott auf dieser Erde ge - geben hat. Und welche Kinder? Allerdings nicht der wahre Sohn Gottes, wie er aus der Jungfrau dem hl. Joseph geschenkt wurde; aber doch Ebenbilder Gottes, wie sie seit dem Sündenfalle unter Thränen und Schmerzen zur Welt kommen; angenommene Kinder und Erben Gottes und Mitbrüder Jesu Christi, wie sie euch in der Taufe aus dem Wasser und dem hl. Geiste wiedergeboren werden. Nicht wahr, eine ganz außerordentliche Würde, wenn ihr wie der hl. Joseph den Sohn Gottes in euer Haus auf -19 nehmen und darin verpflegen könntet? Wohlan, was sagt dieser Sohn Gottes? Wer ein Kind, wie dieses, in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf. (Match. XVIII.) Wer also aus Liebe zu Jesus Christus ein Kind aufnimmt, für dessen Leib und Seele zu sorgen, der beherbergt den göttlichen Heiland unter seinem Dache. So oft euch daher Gott, der Schöpfer aller Dinge, ein Kind schenkt, sagt er euch: Nimm dies Kleine an aus Liebe zu mir; und du nimmst meinen eingebornen Sohn in dein Haus! Aber noch mehr! Euer Haus ist eine Woh - nung der Engel. Ihre Engel schauen alle Zeit das Ant - litz meines Vaters, der im Himmel ist, so der göttliche Kinderfreund. Darum, christliche Väter, schauet euch heute Mittag euere Haushaltung an! Betrachtet die Mutter, die euch Gott gegeben, als seine Werkstätte und als einen Tempel des hl. Geistes, beherziget was sie euch zu Liebe schon gethan und gelitten, betet an die Güte Gottes, der euch eine solche Hoheit gegeben. Dann betrachtet die Kinder! Je mehr ihrer sind, desto größer eure Würde. Denn, so viel Kinder, so viel Schutzengel; so viel Kinder, so viel mal wohnt Jesus Christus in euerem Hause.

Was seid ihr aber in Mitte der Familie, in Mitte dieser hl. Schutzengel?

In den ältesten Zeiten war der Familienvater der eigentliche Priester. So opferte Noa nach der Sündfluth, so opferte Abraham. Als dann später das eigentliche Priesterthum des alten und neuen Bundes gestiftet wurde, ging zwar diese Opfergewalt für den Vater verloren, aber nicht die hohe Würde, die ihm Anvertrauten zum gemein - samen Gebete zu versammeln. Wohl mochte der hl. Joseph zittern, als er mit Jesus und Maria nicht bloß gemein - sam beten durfte, sondern als Hausvater die Hausandachten zu leiten hatte; er that es aber gleichwohl, um den Willen Gottes zu erfüllen.

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Das nun, christliche Hausväter, ist derart eure Würde, daß der hl. Augustin euch nicht bloß die Priester, sondern sogar die Bischöfe der Familie nennt. Wenn nämlich der hl. Petrus alle Gläubigen ein auserwähltes Geschlecht und ein königliches Priesterthum nennt, so gilt das ganz be - sonders von euch. Aber mit dieser Würde ist die hl. Ver - pflichtung verbunden für die gewissenhafte Abhaltung der Hausandachten zu sorgen. Kommt mir da nicht mit dem Vorwande, das sei unmöglich. Das mag Ausnahme sein, aber niemals Regel.

Oder soll etwa die Mutter beten? Freilich soll sie beten und viel beten und den ganzen Tag bei ihren Ar - beiten beten, und beten, wenn sie die Kleinen in's Bett legt; aber bei den gemeinsamen Andachten soll der Vater beten; denn der Vater ist der Priester des Hauses und nicht die Mutter. Wenn ihr diese Würde zur Geltung bringet, werden die Kinder leicht mit Ehrfurcht gegen euch erfüllt; der Segen Gottes wird nicht ausbleiben und viele Aergerniße weniger sein.

Nehmet nur eines! Jeden Abend versammelt ihr zur bestimmten Zeit die Haushaltung das ist der beste Verein aller Vereine. Bei diesem Vereine habet ihr keine andern nothwendig, ohne diesen aber helfen euch alle andern nichts. Dann betet ihr das Abendgebet, und wenn's euch die Zeit erlaubt, den Rosenkranz und nachher geht alles gleichzeitig zu Bette, die größern und kleinern Kinder und zuletzt Vater und Mutter, in diesem Falle wie viel tausend Todsünden würden nur in dieser Pfarrei jeden Monat oder vielleicht jede Woche weniger vorkommen, wie viel Schande würde der Jugend, und den Familien wie viel Elend erspart?

Oder wollet ihr etwa sagen, das sei nicht mehr Sitte. Das wäre wohl das Traurigste. Denn welche Väter und Mütter müßten wir da erst nach zwanzig Jahren21 haben, wenn die Gerechtigkeet Gottes uns so lange verschonte? Das ist nicht mehr Sitte! Dann, dann liebe Väter, dann bei der hohen Würde, die euch Gott gegeben hat, bei der schweren Verantwortung, die ihr mit in die Ewigkeit nehmet, bei der Himmelskrone, die dem treuen Hausvater bestimmt ist, bei den ewigen Peinen, die den treulosen Verwalter treffen, bei eueren Kindern, bereu Glück und Unglück für Zeit und Ewigkeit zum größten Theile in eurer Hand liegt, bei den heiligen Schutzengeln, welche in euren Familien mit den Kindern beten, bei jener Freude in der Ewigkeit, wenn ihr mit der Mutter und mit den Kindern wieder eine Familie bildet vor dem Trone Gottes und des Lammes aber auch bei jenem Jammer, wenn ihr am Gerichtstage auseinander gerissen oder mit einander in die ewigen Flammen solltet geworfen werden bei all' dem, liebe, liebe Väter bitte und beschwöre ich euch in der Liebe und Zärtlichkeit Jesu Christi, seid Väter nach dem Beispiele des hl. Joseph, seid wieder Priester in den Familien, und wie Bischöfe, feiert mit Allen den gemeinsamen Hausgottesdienst.

Wenn euch diese Sprache vielleicht kühn erscheint, ist denn die volle Wahrheit nicht immer kühn? Wenn euch diese Sprache streng erscheint, werdet ihr an jenem so thränen - reichen Tage auch noch dieser Ansicht sein?

Die Liebe zu den Seelen und zu den Familien, wenn ihr Gott irgendwie die Gabe des Wortes gibt, kennt keine andere Sprache.

Zwei Gefahren bedrohen die Vaterwürde, eine mehr allgemeine und eine besondere, welche aber aus der ersten hervorgeht. Die allgemeine Gefahr ist der Abfall von Jesus Christus, der immer allgemeiner wird. Das ist über - aus traurig; aber ebenso traurig, daß so viele noch gläubige Katholiken bei der Einrichtung des Lebens und der Familie nicht auf Jesus Christus und die heilige Familie hin -22 schauen, sondern nach dem Beispiele und den Grundsätzen der Welt sich regeln. Werdet ihr in jeder Familie katho - lische Erbauungsbücher finden? Und wenn ihr sie noch findet, wohl noch in einem verborgenen Winkel. Da - gegen werdet ihr ohne viel Suchen allerlei Bücher und Zeitschriften finden, welche den Glauben offen oder ver - steckt angreifen. Was ist die Folge davon? Vater, Mutter und Kinder verlieren nach und nach den Begriff von der christlichen Vaterwürde.

Gut, denkst du vielleicht, der Vater steht ja von der Natur aus über Mutter und Kinder, und das wird so bleiben, auch wenn es keine Christen mehr gibt.

Wird es so bleiben, was verlangt denn dieser Wider - christ seit Jahr und Tag? Die Befreiung des Weibes von der Hoheit des Mannes und den heiligen Banden der unauflöslichen Ehe und dazu die frühzeitige Befreiung der Kinder vom Vater.

Das nun ist die allgemeine Gefahr, welche, je weniger wir daran denken, nur um so drohender wird. Verbannet daher aus euren Familien alle Schriften und Bücher, welche von Jesus Christus, von der hl. Familie, vom Papste, von der Kirche nichts wissen wollen oder gar darüber spotten. Ja, über die hl. Kirche! Oder wer verkündet heute noch die hl. Familie und ihr Beispiel? Die katholische Kirche allein. Wer sichert den Glauben an die Gottheit Jesu Christi, an die hl. Familie gegen all' die offenen und versteckten Feinde? Die Bischöfe unter dem unfehlbaren Papste. Darum, liebe Väter, fliehet doch alle Verbindungen, wo die katholische Kirche nicht geliebt wird; und wenn in euerem Hause christusfeindliche Schriften und Bücher sich finden, räumet damit auf, heute noch; seid nicht wie ein Schilfrohr, das von jedem Winde hin und her bewegt wird, sondern im Bewußtsein euerer Würde seid unerschütterlich, unverwüstlich wie ein Granit - felsen im Wintersturm.

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Denn aus dieser allgemeinen Gefahr entsteht nur zu leicht eine besondere für euch wie für eure Söhne, die nach euch Väter werden sollen. Wenn nämlich viele den Glauben nicht ganz verlieren, so werden sie doch darin gleichgültig, leichsinniger im Besuche des Gottesdienstes, nachläßig im Empfang der hl. Sakramente. So bekommt die Sinnlichkeit nur zu leicht und zu oft die Oberhand.

Was aber ist die Folge hievon zunächst für die Jüng - linge? Wie die Jungfrau, wenn sie eine Mutter voll Hoheit und Würde werden will, von Jugend auf in aller Unschuld und Nüchternheit zu leben hat, so auch der auf - wachsende Jüngling, wenn er der Vaterwürde theilhaftig werden will. Warum gab Gott dem hl. Joseph eine so wunderbare Würde in der hl. Familie? Weil er von Kind - heit an wie die aufgehende Sonne an Schönheit und Klarheit zunahm; dies Vorbild hat Gott euch gegeben, liebe Jünglinge. Allerdings könnet ihr in Sünden und Ausschweifungen, in Genuß und Trunksucht Väter werden; aber ist da noch eine Würde möglich? Daher wandelt in aller Unschuld und Nüchternheit und Frömmigkeit und jede Tochter, welche für ihre Unschuld nicht wie für ihren Augapfel besorgt ist, fliehet auf hundert Stunden weit. Denn der Anfang eurer Würde ist ja die Unschuld der Braut. Wenn ihr euch aber in eurer Sinnlichkeit mit jenen abgebet, die euch aufsuchen, die durch die Eitelkeit, und Frechheit ihres Gesichtes, ihres Leibes, ihrer Stellung, ihres Ganges, ihrer Kleidung eure Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen versuchen, welche immer bei Tanz und Genüssen sein wollen, werdet ihr nicht bloß ohne Würde bleiben, sondern wie der heilige Geist sagt, werden Jammer und Fäulniß euer Lohn sein, und ihr werdet zur großen Warnung dienen und aus der Zahl der Lebendigen genommen werden! (Sir. XIX. 2. 3.) Doch, das soll heute für euch genügen; es wird schon Gelegenheit geben, wo ich einzelne Punkte genauer behandeln kann.

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Dafür muß ich noch ein Wort sagen über die besondere Gefahr, welche die Väter in ihrer Würde bedroht. Je größer die Würde, desto mehr muß sie mit Selbstverläug - nung und Tugend verbunden sein.

Wenn ihr nun, liebe Väter, in diesen betrübten, arm - seligen Zeiten schwach im Glauben und nachlässig in Er - füllung der religiösen Pflichten werdet, so wird die Sinn - lichkeit erwachen und Viele zur Vernachlässigung der Arbeit, zur Trunksucht, zur Rohheit, vielleicht gar zur Untreue gegen die Gattin führen. Wo wird dann die zertretene Vaterwürde noch Ehrfurcht finden? Um diese Gefahr von euch abzuwenden höret doch fleißig und aufmerksam das Wort Gottes. Denn ohne daß ihr in die Geheimnisse des Glaubens tiefer eingeweiht, und von Zeit zu Zeit für die Ausübung eueres hohen Amtes begeistert werdet, wie wollet ihr als Bischöfe in der Familie walten? Es ist aber auch Lieb - lingssache eines wahrhaft männlichen Geistes vom Gelehrten an bis zum einfachen Bauern hinab die großen Wahrheiten des Evangeliums nicht bloß zu ertragen, sondern zu lieben. Aber höret nicht bloß fleißig und aufmerksam das Wort Gottes, sondern in euren Familien leset und betrachtet wieder jenes wahrhaft goldene Buch von Goffine, oder eine Legende, oder die Erbauungsbücher von Cochem.

Damit ihr aber die Sinnlichkeit beherrschet, empfanget doch hie und da die heiligen Sakramente. Saget ja nicht, das sei nur Sache der Frauen. Ja es ist ihre Sache und wehe jenen Männern, welche ihre Würde längst verloren haben, wenn ihre Frauen nicht durch den Empfang der hl. Sakramente sich stärkten, um ihr Kreuz geduldig zu tragen; weil aber der Vater an Würde die Mutter über - trifft, sollte das ebenso sehr, ja noch weit mehr seine Sache sein. Christliche Väter, lasset euch nicht irre führen, durch die Grundsätze, wie sie jetzt in der Welt gelten; lasset euch nicht täuschen durch Beispiele, wie man sie allerorts25 findet, Euer Beispiel ist die heilige Familie mit dem hl. Joseph an der Spitze.

So werdet ihr Männer und Väter wie der vielselige Nikolaus von der Flüeh. Von ihm heißt es in den Pro - zeßakten: Nikolaus vermählte sich mit einer ehrbaren Jungfrau aus dem Volke, mit Namen Dorothea Wißling; mit dieser lebte er in bester christlicher Frömmigkeit, in ehelicher Keuschheit, Treue und Ehrbarkeit. Als dann der Heilige von ihr und den zehn Kindern nach zwanzig - jähriger Ehe voll Frieden und Glück und Segen Abschied nahm, sprach die betrübte Frau: O mein Gott, von dir hab 'ich ihn empfangen; nie war ich seiner würdig; daher kann ich dir nie genug für das Glück und die Ehre danken, daß ich so viele Jahre an seiner Seite leben konnte. Wer war diese Dorothea? Vor der Ehe eine gottselige Jung - frau, in der Ehe eine keusche Mutter im schönsten Tugend - schmuck. Aber bei all' ihren Tugenden glaubte sie sich nicht würdig, einen Nikolaus als Mann an ihrer Seite zu haben. Wie groß war die Vaterwürde des Vielseligen in seinem Tugendglanze, wie tief die entsprechende Ehrfurcht seiner Gattin und Kinder! Wie glücklich die Familien wo solche Väter! Aber wie unglücklich jene Häuser, wo schon die kleinen Kinder sagen: Mein Vater kommt mit einem Rausch nach Hause, schlägt uns und die Mutter, füllt das Haus mit Flüchen, ißt am Freitag Fleisch, geht am Sonn - tag nicht in die Kirche.

Arme Mutter, noch ärmere Kinder! Wenn euer Vater schon seine Würde vergißt und entehrt, so verachtet ihn doch nicht; er ist ja immer noch Vater, wenn auch ein höchst unglücklicher; betet und bittet für ihn, daß er doch nicht ewig unglücklich werde. Wenn ihr nun selbst diesen Vätern noch Ehrfurcht schuldig seid, wie solltet ihr erst gegen jene gesinnt sein, welche bei allerlei Schwächen dennoch redlich bemüht sind, nach dem Vorbilde des hl. Joseph an euch Stellvertreter Gottes zu sein.

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Zum Schlusse empfehle ich dir, o hl. Joseph, Bräu - tigam der unbefleckt empfangenen Jungfrau, Nährvater Jesu Christi, Haupt der hl. Familie, all' die Jünglinge dieser Pfarrei, führe du sie auf dem Wege der Unschuld, daß sie würdig werden, die Vaterwürde aus der Hand Gottes zu empfangen. Dir empfehle ich all' die Väter, welche Gott über seine Familien gesetzt hat. Wenn sie ihre hohe Würde vergessen, führe du sie auf bessere Wege; wenn sie nach deinem Vorbilde leben, erhalte du sie im Guten.

IV. Das Opfer der Mutter.

Seitdem die Jungfrau die wunderbarliche Mutter Gottes geworden, wird auch die christliche Mutter hoch - verehrt als die Werkstätte des Schöpfers aller Dinge, als die Wohnung des hl. Geistes. Das ist, christliche Mütter, eure Würde, die um so größer wird, je mehr ihr von Jugend auf Gott in euerem Leibe traget und verherrlichet in aller Nüchternheit und Keuschheit. Das ist für euch um so nothwendiger, als euere Natur viel zarter gebildet als die des Mannes, durch Ausschweifungen viel grauen - voller und für die Kinder viel verhängnißvoller verwüstet wird.

Aber mit dieser Würde sind viele und schwere Opfer verbunden. Da wir nun in diesen Tagen die liebe Mutter Gottes betrachten, wie sie ihre armen Bequemlichkeiten in Nazareth verläßt, mit dem hl. Joseph nach dem fernen Bethlehem reist, dort kein Obdach findet, in einem Stall übernachtet, den unter dem Jubelgesang der Engel gebo - renen Heiland in die Krippe legt, bald darauf nach Ae -27 gypten flieht, so ist die Zeit wie gemacht, das Opfer der christlichen Mutter zu betrachten, und euer Herz für die hochwichtigen Wahrheiten ganz besonders empfänglich.

Das Opfer der christlichen Mutter ist ein zweifaches, nämlich das Opfer des Gehorsams gegen den Mann und das Opfer der Schmerzen und Entbehrung für die Kinder.

Der hl. Evangelist Matth. (c. II. 43) erzählt fol - gendes: Da erschien der Engel dem Herrn dem Joseph im Schlaf und sprach: Steh 'auf und nimm das Kind und seine Mutter und fliehe nach Aegypten und bleibe all da, bis ich dir's sage. Denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu tödten. Da stand er auf, nahm das Kind und seine Mutter in der Nacht und zog fort nach Aegypten. So erzählt das Evangelium. Wem erscheint der Engel? Dem hl. Joseph. Warum nicht der Mutter Gottes? Uebertraf sie ihren Bräutigam nicht hundertfach an Würde und Heiligkeit? Aber dennoch war nicht sie das Haupt der hl. Familie, sondern der hl. Joseph.

Oder hätte der Engel den Befehl Gottes nicht beiden mit - theilen können? Das wollte Gott nicht; denn es war ein großes Beispiel nothwendig, wie die Mutter ihrem Manne gehorsam sein soll.

Denn betrachtet nur den Auftrag des Engels. Nimm das Kind und seine Mutter und fliehe nach Aegypten. Was that er? Er stand auf, weckte die jungfräuliche Mutter und sprach: Soeben erschien mir der Engel des Herrn und gebot mir, mit dir und dem Kinde nach Aegypten zu fliehen. Steh auf, nimm das Allernothwendigste und folge mir gleich; denn in dieser Nacht noch haben wir die Reise anzutreten. Fühlte sich Maria etwa verletzt, daß der Engel nicht ihr erschienen? Oder machte sie etwa wohl - begründete Einwendungen: Du hast dich im Schlafe wohl getäuscht; du siehst einen Traum für eine Engelserschei - nung an. Oder das Ding hat nicht so Eile; gönne28 mir und dem Kinde die Nachtruhe; dann kann ich für die weite Reise das Nothwendigste noch bereiten. Sprach sie etwa so? Bei weitem nicht. Auch sie stand gleich auf, nicht bloß ohne Widerrede, sondern in freudigem Gehorsam und floh in dunkler Nacht an der Seite ihres Mannes. Sollte dies Beispiel nicht genügen? Allerdings; weil aber Gott weiß, wie schwer oft das Opfer des Gehorsams, wollte er das Vorbild so vollkommen als möglich machen, daß keine Widerrede möglich ist. Als nämlich die Zeit der Heimkehr aus Aegypten gekommen war, erschien der Engel wieder dem hl. Joseph und nicht der Mutter Gottes: und Joseph gab den Befehl zur Heimkehr und Maria war ihm wieder gehorsam.

Warum also, christliche Mütter, sollt ihr eueren Männern unterthan sein? Nicht weil sie stärker, nicht weil sie von Natur aus zum Befehlen wie gemacht sind, nicht weil ihr der schwächere Theil, der sich dem stärkern Theile anschmiegt, ja nicht einmal den Frieden zu er - halten und die Liebe der Männer euch zu bewahren, sondern wollet ihr wahrhaft christliche Mütter und große Frauen sein, bringet das Opfer des Gehorsams im Hin - blick auf das Vorbild der allezeit reinen Gottesmutter Maria. Das aber ist keine Erniedrigung für euch, sondern Adel und Hoheit. Sehet nur! Wem war Maria auf's Wort gehorsam? Dem hl. Joseph, der an Würde, Weis - heit und Heiligkeit so tief unter ihr stand. Aber wem war sie eigentlich gehorsam? Gott selbst. Denn Gott leitete durch den hl. Joseph seine Familie. Und heute noch will er durch die Väter die Familien regieren. Wenn ihr daher dem Manne nach dem Vorbilde Mariens gehorsam seid, so unterwerfet ihr euch Gott selbst. Damit aber die Frauen so gehorsam sein können und dürfen, so vergesset liebe Männer doch niemals, daß der hl. Joseph euer Vor - bild und daß ihr deßhalb von euern Gattinnen nur das verlangen dürfet, was recht ist vor Gott.

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Gott sei Dank, daß noch so viele Mütter das Opfer des Gehorsams tagtäglich bringen und oft in solchen Ver - hältnissen, daß man diese Wunder der Gnade wirklich an - staunen muß. Daß es aber auch so viele giebt, welche in ihren Launen von keinem Opfer des Gehorsams etwas wissen wollen, vielleicht gar boshaft ungehorsam sind, ist aller Thränen werth. Denn mit diesem Familienunglück ist die größte Gefahr ewiger Verdammniß verbunden. Oder glaubet ihr etwa dies Beispiel gelte nicht für uns? Jesus fing an zu thun und zu lehren! Er wollte näm - lich zuerst ein Beispiel geben; und dann erst lehren: Wer diesem Beispiele nicht nachfolge, werde verloren gehen. So mit der Familie. Auch hier kommt zuerst das Bei - spiel von Joseph und Maria und der ganzen hl. Familie. Dann aber mahnt Jesus Christus durch seinen hl. Apostel Paulus: Ihr Weiber seid unterthan euern Männern, wie sich's geziemt im Herrn. Damit euch aber dies Opfer des Gehorsams nicht zu schwer werde, fügt er bei: Ihr Männer liebet euere Weiber und seid nicht bitter gegen sie. (Col. III., 18. 19.) Wenn euch daher dieses Opfer hie und da schwer fallen sollte, denket an die wunderbarliche Mutter und betet zu ihr. Dann werden euch sogar die schweren Opfer nicht bloß leicht, sondern sogar angenehm werden. Wendet doch euere Augen nie von der schmerz - haften Mutter ab; denn nur in diesem Falle könnet ihr auch das zweite Opfer bringen: nämlich das Opfer der Schmerzen und Entbehrungen für euere Kinder.

Seit dem Sündenfalle ist die Mutter ohne Schmerz und Entbehrung gar nicht mehr möglich. Denn mit der Sünde geht von Geschlecht zu Geschlecht die Ausführung des göttlichen Strafgesetzes: Ich will vervielfältigen deine Beschwerden und in Schmerzen sollst du Kinder gebären. (Gen. III. 16.) Die Welt mag die Erbsünde leugnen, aber dieses Gesetz kann sie nicht aufheben; die Medicin30 mag ihrer Fortschritte sich rühmen; aber die durch die Sünde verwüstete Natur wird sie nie dem Gesetze der Schmerzen entreißen. Die Menschen mögen auf ihre Wissenschaft sich viel einbilden; aber von Beschwerden und Entbehrung werden sie die Mutter nie befreien. Nur die Jungfrau, welche schon im Paradies der gefallenen Eva versprochen wurde, war frei vom Fluche der Sünde und daher auch frei vom Gesetze der Schmerzen. Aber je größer ihr Jubel war, als sie in himmlischer Jungfräulich - keit den Heiland gebar, desto größer sollten ihre beiden gerade dieses göttlichen Kindes wegen für sie werden.

Daher feiern wir sie als die Königin der Märtyrer, welche als die schmerzhafte Mutter unter dem Kreuze ihres Sohnes steht. Das ist die Vollendung all' ihrer Schmerzen und Entbehrungen! Um in einem Stalle das göttliche Kind in eine Krippe zu legen, muß sie ihre arme Wohnung ver - lassen und eine lange Reise machen, um den Heiland dem Tode zu entreißen, muß sie aus dem Vaterlande fliehen, um als jungfräuliche Mutter desto leichter gehalten zu werden muß sie den hl. Joseph durch den Tod verlieren und allein mit ihrem göttlichen Sohne die Verfolgung und Schmach des öffentlichen Lebens theilen; um unsere Mutter zu werden, mußte sie unter dem Kreuze Jesu stehen. Warum mußte die Unbeflecktempfangene als jungfräuliche Mutter nach dem Willen Gottes diese Opfer der Schmerzen und der Entbehrungen bringen? Aus vielen Gründen gebe ich nur einen an: damit ihr, christliche Mütter, ein Beispiel habet, wie auch ihr leiden und entbehren sollet.

Wo immer noch dieser Glaube lebendig und wirk - sam ist, welch 'erhebende Opferbeispiele in den Familien! Im Hinblick auf die schmerzhafte Mutter flieht und haßt die kathol. Mutter jede Sünde, welche die Ordnung der Natur umwälzt, sie will entweder in jungfräulicher Ehe leben oder aber als Mutter, so oft der Ruf Gottes an31 sie ergeht, das Opfer der Schmerzen bringen. Aber mitten im christlichen Volke wie traurig sieht es dort aus, wo man diese Geheimnisse nicht mehr glaubt oder oft nicht mehr betrachtet und beherziget! Diese Frauen, welche nur Frauen sein wollen in Freuden und Ge - nüssen, aber ja nicht Mutter in Schmerz und Entbehrung! Diese armen Frauen, welche nur in's heidnische Rom paßten, wo schwer zu entscheiden war, ob die Ausschwei - fungen in oder außer der Ehe größer waren! Da gilt auch das Wort: Den Heiden wird's am Gerichtstage erträglicher ergehen als diesem Geschlechte, das nur die Freude sucht, den Schmerz aber flieht, das nur die Ge - nüsse liebt, aber von Entbehrungen nichts wissen will.

Und doch sind diese Entbehrungen vielleicht noch das größere Opfer, als die Schmerzen; denn diese sind vor - übergehend, jene aber dauern gewöhnlich das ganze Leben hindurch.

Blicket nur auf euer Vorbild hin: Nimm das Kind und seine Mutter und fliehe nach Aegypten. Und er floh in der gleichen Nacht. Wo war also die Mutter? Beim Kinde und das Kind bei der Mutter und beide im Hause des hl. Joseph. Durchgehet nur das ganze Leben Jesu Christi; allüberall ist seine Mutter bei ihm: bei ihm in Aegypten, ferne vom Vaterlande, bei ihm in Nazareth in der stillen Arbeiterwohnung, bei ihm unter dem Kreuze. Wie sie von ihrem Sohne nicht zu trennen, so auch nicht von seinen Leiden und Schmerzen.

Wohin also, christliche Mutter, gehöret ihr? In die Familie, in die Kirche, unter das Kreuz, zu euern Kindern: an jedem andern Orte leidet euere Würde und Hoheit Schaden und werden euere Pflichten vernachlässiget. Ihr gehöret zu eueren Kindern und euere Kinder gehören zu euch. Gott hat in euer Herz eine zarte Liebe gelegt, welche sprichwörtlich geworden, genügen sollte, jedes Opfer für32 euere Kinder zu bringen; weil aber der Leichtsinn, die Ge - nußsucht, die Eitelkeit diese natürliche Liebe oft derart schwächen, daß die Mutter ihre Kinder und oft ihre kranken Kinder bei den Freuden vergißt, oder nicht zu denselben heimkehren mag, hat uns Gott das Beispiel seiner Mutter gegeben.

Wenn nun der Familienengel in der Nacht oder auch bei Tag den Eltern etwas zu melden hätte, wo müßte er oft nicht bloß die Väter, sondern sogar die Mütter suchen? Wo? Bei welchem Besuche? In welchem Wirthshause? In welcher Gesellschaft? In welchem Zustande wird er sie antreffen?

Aber ich habe ja für die Kinder eine Magd. Aber bist du deshalb nicht mehr Mutter, und die Mutter Gottes nicht mehr dein Vorbild? Darfst du deswegen den Genüssen, der Ruhe dich hingeben oder deine Zeit mit Klavierspiel und mit Lesen von Modejournalen und Ro - manen todtschlagen? Wenn nun die geplagte christliche Magd zum Himmel steigt und die Mutter in den ewigen Abgrund begraben wird? Aber meine Kinder sind ja schon größer. Gut, darfst du deßwegen den Freuden und Bequemlichkeiten nachgehen? Ich rede da gar nicht von dem Aergerniß, das eine solche Mutter ihren Kindern gibt; denn schon die Kinder verlangen von der Mutter mehr Opfersinn als von dem Vater; aber um alles andere zu übergehen auf das Beispiel Mariens wollen wir Hinblicken. Warum ging Maria mit ihrem göttlichen Sohne und dem hl. Joseph alljährlich auf das Osterfest nach Jerusalem, obwohl sie nicht dazu verpflichtet war? Aller - dings um Gott im Tempel anzubeten; aber christliche Mütter sehet ihr da nicht euer Vorbild? Auch ihr sollet bei euern Kindern sein, auch wenn diese größer geworden; aber nicht um zu genießen, sondern um euer Opfer zu vollenden.

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Das scheint eigenthümlich, aber schau einmal, ob unsere Vorbilder das nicht verlangen. An allen Leiden des öffentlichen Lebens ihres Sohnes nahm Maria den innigsten Antheil; aber die Verklärung auf Tabor schaute sie nicht. Warum? Die Mutter soll und muß entbehren, sonst ist sie keine Mutter im Sinne und Geiste Jesu Christi. Unter dem Kreuze steht Maria; aber mit dem Heilande darf sie nicht gen Himmel fahren. Warum? Die Mutter soll nicht bloß entbehren, sondern auch leiden, will sie eine Mutter nach dem Evangelium Jesu Christi sein.

Wenn ihr nun etwa glaubet, daß ich übertreibe, so betet den Psalter und betrachtet die einzelnen Geheimniße und wendet sie auf eure Verhältniße an. Dann werdet ihr aber auch begreifen, welch 'ungeheuren Gefahren die Familie jetzt ausgesetzt ist und warum ich rede, wie ich rede oder besser, warum das Geheimniß der Menschwer - dung Jesu Christi laut seine Stimme erhebt. Wisset ihr, warum man in früher Zeit so viele, viele Mütter hatte, voll Würde und Opfergeist? Väter und Mütter waren nicht in Gesellschaft zu suchen, Söhne und Töchter kneipten nicht herum, waren nicht in zahllosen Vereinen, gaben den Eltern noch kein Kostgeld; sondern alle waren unter dem Schutze des Familienengels bei einander, beteten Abends gemeinsam den Rosenkranz, betrachteten die Geheimniße und gingen dann unter dem Walten des hl. Engels zur Ruhe. Aber heute? Ach, ich darf nicht daran denken! Denn wenn Gott nicht durch das äußerste Elend gar viele Menschen zur Besinnung bringt, wird es noch viel schlimmer kommen. Ich rede jetzt nur von den Müttern. Welche Aussichten für die Zukunft haben wir also bezüglich der Mütter?

Ich gebe nun gerne zu, es gibt noch viele Jung - frauen voll kerngesunder Frömmigkeit; aber gibt es nicht auch Mädchen, welche, bevor sie der Schule entlassen,34 schon über die Priester spötteln? Und Predigt und Christenlehre? Wie manche gehen aus Leichtsinn nicht? Wie wenige nehmen sich die Wahrheiten wirklich zu Herzen? Wie vielen ist die Kirche nur der Ort, ihre Eitelkeit zu entfalten? Es ist lange nicht alles Gold, was glänzt.

Und die sollen Mütter werden voll Opfergeist? Wie viele Mädchen werden durch eine falsche Erziehung zur Genußsucht, zur Eitelkeit, zur Frühreife, zum beschäf - tigten Müssiggange eigentlich dressiert, und diese sollen Mütter werden voll Opfergeist!

Aber das hl. Sakrament der Buße? Wie viele die es nothwendig haben, empfangen es nicht? Wie manche empfangen es, aber so schlecht vorbereitet, das sie besser nicht gingen? Und dann erst so manche Bekanntschaften in Sünden und Ausschweifungen auf Tanzböden und bei Trinkgelagen; ferner alle diese Leidenschaften, denen so Viele nicht bloß widerstandslos, sondern sogar freudig sich hingeben. Und alle diese sollen Mütter werden voll Opfergeist?

Wohl bekämpfe ich da Lieblingsleidenschaften, welche beim herrschenden Leichtsinne in Vielen unbesiegbar zu sein scheinen; allein die Guten werden doch aufmerksam gemacht und gestärkt, und manche sonst verlorene Seele wird ge - rettet, wenn nicht heute doch später, und wäre es erst zur Zeit des Unglückes. Woher habe ich diese trostreiche Hoffnung? Nicht ich rede eigentlich zu euch, sondern das Geheimniß der Menschwerdung Jesu Christi; dies Geheim - niß aber übt einen solchen Zauber auf die Seelen, theilt ihnen, auch den verlorensten, so viel Gnaden mit, daß alle Guten gestärkt und viele Sünder wirklich gerettet werden. Daher wird aber auch über die Unbußfertigen an jenem so thränenreichen Tage das furchtbarste Weh hereinbrechen. Betrachtet daher alle diese Geheimnisse während der heilg. Weihnachtszeit und betet, damit eure Familien der hl. Familie immer gleichförmiger werden.

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Zum Schluße wend 'ich mich an dich, göttlicher Hei - land. Um des Geheimnisses deiner Menschwerdung aus der jungfräulichen Mutter willen, stärke und segne diese wahrhaft katholischen Mütter, daß sie ihre Würde immer bewahren und bis zu ihrem seligen Hinscheiden das Opfer des Gehorsams, der Entbehrung und Schmerzen freudig darbringen; lasse aber den leichtsinnigen und genußsüchtigen Müttern keine Ruhe, bis sie mit deiner schmerzhaften Mutter unter dem Kreuze stehen, um in aufrichtiger Buße ihre Seelen zu retten und die Aergernisse wieder gut zu machen. Um deiner Geburt aus der Jungfrau willen leite die Männer, daß sie von ihren Gattinen nicht zu schwere Opfer verlangen; beschütze die unschuldigen Jungfrauen, daß sie in deiner Gnade ausharren, erschüttere du die ver - dorbenen Töchter, daß sie aufrichtige Buße wirken; wollen sie aber das nicht, laße sie nicht in den Ehestand treten; es ist ja doch besser sie gehen allein verloren, als mit Kindern. Göttliches Kind, lehre du alle Kinder, die Mutter zu ehren ihrer Würde wegen, ihr dankbar zu sein, ihrer Opfer wegen.

Jesus, Maria und Joseph, gebet doch dem Einzelnen wie jeder Familie eine gnadenreiche Weihnacht!

V. Die Vatermacht.

Nachdem das Evangelium die Ereigniße bei der Dar - stellung Jesu im Tempel erzählt hat, berichtet es, wie Maria und Joseph mit dem Kinde nach Nazareth zurück - kehrten. Dort waltete Joseph als Hausvater; unter seiner Leitung erstarkte das göttliche Kind, ward voll Weisheit36 und Gnade. Dies bietet mir den Anlaß dar, noch ein Wort über die Vatermacht zu sagen.

Groß ist eure Würde in der Oberherrlichkeit über Gattin und Kinder, in deren Mitte ihr wie Bischöfe da - stehet. Weil aber eine Würde ohne Macht bedeutungslos ist, so müßet ihr eine der Würde entsprechende Gewalt besitzen. Da nun bitte ich alle, ob Väter oder Mütter, ob Söhne oder Töchter, diesem Gegenstande eure volle Aufmerksamkeit zu schenken. Denn soll die Familie und die Erziehung nicht immer mehr in Brüche gehen, müssen wir nicht bloß Mütter, sondern vor allem Väter haben. Daher wollen wir jetzt die Machtstellung des Vaters in bezug auf das leibliche und geistige Wohl der Fa - milie betrachten.

Gott, als der Schöpfer aller Dinge und der Vater aller Menschen, hat die unbeschränkte Macht, Alles zu erhalten und Alle zu ernähren. Sobald er daher einen Mann als seinen Stellvertreter über eine Familie setzt, muß er ihm auch von dieser Macht etwas mittheilen. Daher seht ihr auch den hl. Joseph, wie er die Mutter und das Kind nimmt, durch die Flucht nach Aegypten sie dem Tode zu entreißen, und wie er in seiner Werkstätte arbeitet, die ihm anvertraute Familie zu ernähren. Weil aber der Einzelne oft zu wenig Macht besitzt, um seine Familie zu beschützen, und zu erhalten, hat es Gott gefügt, daß Millionen Väter zu einer Familie, welche man das Vaterland nennt, sich vereiniget haben. Daher ist denn auch die Liebe zum Vaterlande mit der Liebe zur Familie jedem Menschen angeboren, und diese Liebe wächst in dem Grade als die Familie vom Vaterlande den von Gott gewollten Schutz und Schirm findet, muß aber auch erkalten, sobald ihre höchsten Güter unter dem Vorwande des Vaterlandes in Gefahr kommen.

Damit ist natürlich keineswegs gesagt, daß der Vater37 Alles vom Vaterlande erwarte und selbst nichts thue, sondern vielmehr ist klar und ausgemacht, daß er zuerst für das leibliche Wohl der Familie zu sorgen habe. Blicket daher in der Familie um euch. Ihr sehet lauter schwache Wesen, die bittend nach euch die Hände ausstrecken. Ver - langt nicht die Mutter, von Arbeit und Nachtwachen ab - gemüdet Brod und Kleidung und eine warme Stube? Die Kinder lachen euch zwar entgegen, aber bitten sie nicht um Milch und Brod?

Daher habet ihr nicht bloß das Recht zu arbeiten und den nothwendigen Unterhalt der Familie zu verdienen, sondern sogar die hl. Pflicht. Ihr gehöret nicht mit gott - vergessenen Männern in die Wirthshäuser, in alle Vereine, sondern mit dem hl. Joseph in die Werkstatt. Ich weiß zwar wohl, daß in diesen Zeiten, wo der große Reichthum einzelner Weniger auf himmelschreiende Weise den furcht - barsten Umwälzungen ruft, wo Gott durch Erscheinungen in der Natur und durch diesen Wirrwarr im Völkerleben wie zum letzten Male warnt*)Siehe Rundschr. Leo XIII. Ueber die Arbeiterfrage., daß in dieser traurigen Zeit gar mancher Vater seine Familie nur mühsam durchbringen kann, weiß ich zwar wohl; aber wenn ihr wirklich arbeitet, den Segen Gottes anflehet, euch und die Familie von der Genußsucht fern haltet, könnet ihr doch das Allernoth - wendigste immer noch aufbringen. Aber da bedenket auch, wie unglücklich jene Väter, welche entweder gar nicht arbeiten oder in Saus und Braus und Spiel mehr ver - brauchen als sie verdienen und Weib und Kind darben lassen! Ist das nicht ein Verbrechen gegen Gott, dessen Stellvertreter sie sind? Nicht ein Verbrechen gegen die Gattin, deren Herz sie allzufrüh brechen? Nicht eine him - melschreiende Sünde gegen die Kinder, welche sie, anstatt wie den Heiland aufzunehmen, mißhandeln wie ein Stück Holz. Und doch handelt es sich erst um das leibliche Wohl38 der Familie! Diese Kinder, wenn sie wegen Elend und Noth frühzeitig sterben, kommen doch in den Himmel; was aber, wenn ihre Seele in solchen Familien von Sünde zu Sünde stürzt, bis sie ewig verloren geht? Christliche Familie, wo bist du denn hingekommen? Immer mehr Familien und Rettungs - und Besserungsanstalten für die Jugend; allüberall und täglich werden neue noth - wendig; es fehlt das Geld, all' die verdorbenen Knaben und Mädchen unterzubringen; und erst jenes sittliche Ver - derben, das in den Familien entweder ganz verborgen bleibt oder nie recht an's Licht kommt. Christliche Familie, wo bist du denn hingekommen? Wohl hast du von außen mit großen Gefahren zu kämpfen; aber dein größtes Un - glück, aller Thränen werth, ist in deinem Schooße. Wie viele Mütter, nicht Mütter, sondern Puppen, Sünderinnen! Und die Väter, welche nicht bloß für das leibliche Wohl der Kinder sorgen, sondern auch die Lehrer, Erzieher, die Könige, die Priester der Familie sein sollten, haben gar oft ihre Macht vergessen, sind oft nicht Väter, sondern Taugenichtse, vielleicht Verbrecher! Wenn ich daher mit allem Nachdrucke von der Vatermacht rede, wundert euch nicht. Ihr habet also die Macht und daher auch die Pflicht, für das zeitliche Wohl der Familie zu sorgen, aber noch weit mehr gilt das, wenn es sich um das geistige Wohl der euch Anvertrauten handelt.

Da nun habet Ihr vor Allem die Macht zu lehren und zu erziehen. Gott ist die Wahrheit und deshalb der oberste Lehrmeister aller Menschen. In dem Augenblicke aber wo er Euch Kinder schenkt, verleiht er Euch die Macht, dieselben in seinen Wahrheiten und in seinen Geboten zu belehren. Obwohl nämlich Gott im alten Bunde das Priesterthum eingesetzt hatte, zu opfern und das Volk zu lehren, sprach er gleichwohl durch Moses zu allen Vätern: (V Mos. VI. 6) Und es sollen diese Worte, die ich dir39 heute gebiete, in deinem Herzen sein und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und betrachten, wenn du in deinem Hause sitzest.

Was that also der hl. Joseph als Vater, den der Herr über seine Familie setzte? Die Gebote und Lehren Gottes trug er in seinem Herzen, betrachtete sie, um sie dem göttlichen Sohne, der Jungfrau mittheilen zu können. Aber war denn Jesus Christus nicht die Weisheit des Vaters? Allerdings, aber diese innere Weisheit, welche nicht zunehmen konnte, offenbarte sich mit den Jahren immer herrlicher nach Außen. (S. Th. p. III, q. VII ar. 12 ad 3) Daher berichtet der Evangelist: Er war voll Weisheit, und nahm zu an Weisheit vor Gott und den Menschen. Daher konnte er sich, um das wunderbare Geheimniß seiner Menschwerdung aus der Jungfrau noch zu verbergen, um ferner die hl. Familie zum vollkommenen Vorbilde für die christliche Familie zu machen, von seinem Pflegevater wie ein anderes Kind unterrichten lassen. Wollet ihr also in den Himmel kommen, so blicket hin auf den hl. Joseph und erkennt eure Macht, welche keine Gewalt dieser Welt euch beschränken darf, so lange ihr dieselbe nicht mißbrauchet, um eure Kinder in Sünde und Irrthum zu stürzen.

Ich stelle mir also den christlichen Vater wenigstens am Sonntag also vor: Er hat seine Kinder um sich ver - sammelt: fragt sie über das, was sie in Predigt oder Christenlehre gehört, zeigt ihnen, wie sie das im täglichen Leben zu befolgen haben. Dann nimmt er den Katechis - mus zur Hand, frägt die Schulkinder, hilft ihrem Ver - ständnisse nach. Dann verlangt er, daß die größern Kinder in einem Erbauungsbuche wenigstens eine Zeit lang aufmerksam lesen, um in der hl. Religion immer besser unterrichtet zu werden. Denn Gott hat Euch nicht bloß diese Macht gegeben, sondern damit die strenge Verpflich - tung verbunden, so seine Stellvertreter in der Familie zu sein. 40Was wollet ihr gegen diese Anordnung Gottes vorbringen? Nicht wahr, die Wirthschaften, die Gesellschaften, das Spiel sind kurzweiliger? Ob aber, wenn Gott die verlorenen Kinder aus eurer Hand zurückverlangt, die Hölle auch kurz - weiliger sein wird, als der Himmel? Aber ich kann ja die Kinder nicht unterrichten; ich weiß ja selbst von der Religion sehr wenig. Aber warum bist du in's Heiligthum der Familie eingedrungen? Warum nicht wenigstens jetzt noch das Versäumte nachholen durch auf - merksames Anhören der Predigt und Christenlehre; durch das Lesen guter Bücher?

Aber ich lehre doch meine Kinder nichts Schlechtes, bringe sie doch nicht um den Glauben. Ja dieser Miß - brauch der Vatermacht fehlte noch, um in die Hölle zu versinken, bodenlos. Beherziget doch diese Wahrheiten in den Tagen der Barmherzigkeit, bevor der große und schreck - liche Tag des Herrn über einen jeden hereinbricht.

Bevor ich aber diesen Punkt verlasse, muß ich noch etwas berühren. Allerdings ist der Vater an Gottesstelle der Religionslehrer in der Familie; aber gleichzeitig ist er auch berechtigt und verpflichtet, die Kinder in andern Sachen zu belehren. Aber wozu haben wir denn die Schule? Die Schule ist nur die Magd der Familie; einer Magd überläßt man aber nicht alles ganz und gar, ohne irgend welches Nachsehen, besonders nicht die Kinder. Da nun, wenn ihr immer mehr an Ansehen verlieret, seid ihr selbst schuld! Immer nur Schule; alles nur Schule, noch einmal nur Schule in allen nur möglichen Formen, als wären die Kinder dem Vater nur gegeben, nur in die Schule zu gehen; daher kommt denn diese Jugend nach und nach zur Ansicht: Ich verdanke dem Vater eigentlich gar nichts, sondern alles der Schule. Ich mache euch da nur auf eine Gefahr aufmerksam, die um so größer wird, je weniger sie beachtet wird.

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Aber was sollen wir denn thun? Wir verstehen ja kaum, was heute Alles gelehrt wird. Was ihr thun sollet? fraget eure Kinder, was sie denn in der Schule auch hören und lernen, schaut euch ihre Schriften an, lasset sie eine Geschichte lesen und euch dann erzählen; lasset sie die Predigt schreiben, gebt ihnen eine Rechnung auf, be - lehret sie, wie sie diese und jene Arbeit zu machen haben. Der Vater ist der von Gott bestimmte Lehrer, ohne den die Schulen vieles verderben, aber selten etwas dauerhaft Gutes stiften kann. Der Vater ist der beste Schulrath, der mit der Mutter am sichersten entscheiden kann, was seine Kinder in der Schule wirklich gewinnen oder auch nicht, oder gar an Verstand und Einsicht, an Gemüth und Ge - sundheit oder vielleicht an Religion und Sittsamkeit verlieren.

Doch was nützen am Ende alle Kenntniße wenn das Kind dabei in Folge ungezügelter Leidenschaften verwildert? Dann habt ihr von Gott die Macht erhalten, euere Kinder zu leiten und zu führen, zu warnen, zu strafen, damit sie an Gnade zunehmen vor Gott und den Menschen, nach dem Vorbilde des göttlichen Knaben unter der Führung des hl. Joseph.

Wohl haben die Mütter euch da behülflich zu sein; aber ihr habet von Gott derart die Macht und die Gewalt erhalten, daß die Hauptverantwortung auf euch lastet. Denn das Weib ist nur die Gehilfin des Mannes, wie Gott schon im Paradiese gesprochen. Wo immer diese Ordnung Gottes in der Natur nicht beobachtet wird, und die Mutter die Hauptrolle spielt, da geht es im besten Falle lange nicht so gut, als wenn der Vater nach dem Willen Gottes seine Macht milde und stark entfaltet. Denn die Ordnung Gottes und der Natur, läßt sich nicht unge - rächt umkehren, selbst in Frankreich nicht, wo man die Mutter oft oben an stellen muß, weil dort die wahrhaft christlichen Väter immer seltener werden.

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Wie aber steht's heute mit dieser Vatermacht? Sie ist wie ein durchlöchertes Schiff auf stürmischer See: das eindringende Wasser beschleuniget mit jedem Augenblicke dessen Untergang. Oder saget, was verkündet man all - überall? Die Unabhängigkeit von der Kirche, ich frage ihr nichts darnach; die Unabhängigkeit vom Papste; ich frage ihm nichts darnach; die Unabhängigkeit vom Evan - gelium, von Jesus Christus; ich frage ihm nichts darnach; die Unabhängigkeit von Gott; ich gehe nach meiner per - sönlichen Ueberzeugung. Aber warum sollen die Kinder in diesem Falle dem Vater noch etwas darnach fragen? Ist etwa sein Wort ansehnlicher als das Evangelium? Sein Befehl wichtiger als die zehn Gebote? Seine Macht größer, als die Allmacht Gottes? Seine Ruthe schmerzlicher, als die Hölle? Oder glaubt ihr etwa, wenn euere Söhne und Töchter solche Grundsätze lesen und hören, solche Beispiele sehen, glaubt ihr etwa, es werde ihnen nicht schwindelig! Oder wenn es eine Ehre ist, ja Fort - schritt und Bildung bedeutet, so früh als möglich über Priester, Bischöfe, Papst, Kirche, über das Evangelium, ja über Jesus Christus selbst zu spotten warum sollte es wenigstens nicht eine ebenso große Ehre sein, den leiblichen Vater auf Gleiche Art zu behandeln? Wer da keine Gefahr sieht, sollte wahrlich nicht in dieser Zeit leben. Denn sein Geist ist viel zu klein, um die Gewalt des Umsturzes nur von ferne zu ahnen. Man hat da gut klagen über Unbändig - keit, Kostgängerei und Fortlaufen der Kinder: Die ge - rufenen Geister sind schaarenweise da und werden durch keine Klagen, durch keine Gesetze, durch keine Polizei, durch keine nüchterne Sittlichkeitspredigt gebannt; da hilft nur mehr die katholische Kirche durch wahrhaft große, wahr - haft apostolische Männer, welche die nothwendige Freiheit des Wortes und der That zum Heile der Familie und des Vaterlandes sich einfach nehmen, ohne irgendwo an - zufragen.

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Was habet ihr da zu thun, christliche Väter? Ver - bannet aus euern Familien alle Bücher, welche die katho - lische Kirche anfeinden. Machet doch euere ganze Macht geltend, daß euere Kinder von zartester Kindheit an, die heilige katholische Kirche lieben und als die Stellvertreterin Gottes auf Erden betrachten, daß sie wirklich katholisch leben in Gehorsam, in Gebet, in Unschuld, im öftern Empfange der hl. Sakramente; da stehet hoch auf der Warte, um allüberall Alles, was das katholische Gefühl der Kinder verletzen oder schwächen kann, ferne von ihnen zu halten. Denn auf den Trümmern der Confessionen kann nie und nimmer das wahre Menschenthum sich erheben, sondern nur eine nie gesehene, aber täglich wachsende Barbarei des Wuchers, der Habsucht, der Unzucht, des Ehebruches, der Grausamkeit, des Mordes auf dem Trümmerhaufen der Vater - und Mutterwürde und der ganzen christlichen Familie. Welche Aussichten haben wir nun da für die Zukunft? Wie es noch viele Jungfrauen von kerngesunder Frömmigkeit gibt, so auch viele Jünglinge, welche treu zur Kirche halten, den Gottesdienst fleißig besuchen, in Nüchternheit und Unschuld beten und arbeiten. Diese sind in Zukunft die Träger der christlichen Familie.

Aber so viele Jünglinge? Sie gehen selten zur Kirche und dann noch, um herum zu gaffen; am Vormit - tage vielleicht noch in der Kirche, am Nachmittag im Wirthshaus bis spät in die Nacht; sie trinken viel, arbeiten wenig; leben vielleicht in Unzucht und Verführung, spotten vielleicht über Religion. Und sie sollen einst Väter werden? Nein, nicht Väter voll hoher Würde, sondern würde - lose Burschen, welche über ihr Weib die wohlverdiente Geißel schwingen; nicht Väter voll Macht und Ansehen, sondern ein fürchterliches Aergerniß für die unschuldigen Kinder! Die sollen die Kleinen lehren? Die sollen Söhne und Töchter für Gott erziehen? Die sollen den44 Kleinen zur rechten Zeit das Brod der Wahrheit brechen und sie haben keines, wollen keines haben, haben sogar Eckel davor! Großer Gott, wie langmüthig bist du in deiner Barmherzigkeit, wie unergründlich in deinen Gerichten! Oder glaubst du etwa in deinem Leichtsinne, daß ich über - treibe? Fraget die Thränen mancher Mütter, was ant - worten sie euch? Fraget die Sünden, die Ausschwei - fungen, die Verbrechen der Jugend, was antworten sie euch? Fraget so manche Familien, ohne Gebet vom Morgen früh bis abends spät was antworten sie euch?

Fraget so manche Familien, wo die Kinder ihrer Mutter, der heiligen, katholischen Kirche entrißen werden was antworten sie euch?

Doch wenden wir unser Auge weg von diesem Jammerbild menschlichen Elendes und schauet wieder auf die heilige Familie von Nazareth. Denn sie ist unser Vor - bild für Vater, Mutter und Kinder und die ganze Haus - haltung. Soweit sind wir wirkliche Christen, als wir dem göttlichen Heilande gleichförmig werden, und der Haus - vater, insofern er seine Würde und Macht nach dem Vor - bilde des hl. Joseph zur Geltung bringt, nur insoweit kann er auf die Gnade und den Segen Gottes in der Familie und auf die Herrlichkeit im Himmel hoffen.

Je unähnlicher aber ein Vater dem hl. Joseph ge - worden, desto größer muß das Unglück in der Familie und in der Ewigkeit werden.

Ich weiß warum ich so rede; denn ich kenne die Gefahren für Eltern und Kinder und Dienstboten. Ich weiß, warum ich so rede; denn da drinnen blutet es so oft seit Jahr und Tag und blutet immer mehr. Denn nirgends ist der Glaube, die Unschuld, das christliche Leben ohne große Gefahren, nur die Familie ist noch die letzte Zufluchtsstätte aber nur dann, wenn der Vater seine Macht und Würde geltend macht, und die Mutter der45 jungfräulichen Mutter ähnlich wird sonst aber wird selbst die Familie eine Brutstätte der Sünden und Greuel und jeglichen Unheiles.

So erforschet denn, christliche Väter, am Schluße des Jahres ernstlich euer Gewissen, und wenn vielleicht Manches in Unordnung, so thuet Buße, und beginnet das neue Jahr als wahrhaft christliche Vater; wenn ihr aber bis jetzt nach dem Vorbilde des hl. Joseph gute und treue Haushalter waret, so danket Gott und bittet um die Gnade der Beharrlichkeit.

Ihr aber, Mütter, Söhne und Töchter, habet ihr etwa Väter, die in Wahrheit nicht Väter sind? Lasset euch durch ihr Beispiel nicht irre leiten, sonst gehet ihr mit ihnen verloren. Je weniger Sicherheit euch die Familie bietet, desto inniger schließet euch an die katho - lische Kirche und an ihre Priester an. So werdet ihr den Glauben und die Unschuld bewahren um für die Bekehrung des unglücklichen Vaters zu beten. Bei all' dem aber folgt dem Vater in aller Ehrfurcht, so lange der Glaube und die Tugend nicht in Gefahr kommen. Aber welche Ehrfurcht schuldet ihr erst dem Vater, der wirklich an euch Vater ist! Danket dem Herrn alle Tage, für diese große Gnade; ihr könnet ihm ja niemals genug danken.

Jesus, Maria und Joseph, euch empfehle ich diese Vorträge über die Würde und Macht des Vaters; über die Würde und das Opfer der Mutter; sorget doch ihr, daß am Schluße des Jahres dieser Same allüberall auf gutes Erdreich falle und dann im neuen Jahre hundert - fältige Frucht hervorbringe: hiefür sorget doch ihr, Jesus, Maria und Joseph!

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VI. Die Unschuld der Weg zur Ehe.

Wenn auch der hl. Joseph nach der Größe seiner Würde und Heiligkeit von jeher in der katholischen Kirche gefeiert wurde, so ist doch seine Verehrung in unserer Zeit ganz besonders verbreitet und vermehrt worden. Da sehet ihr die Vorsehung Gottes, welche für neue Krankheiten auch neue Heilmittel dem Menschen anbietet. Allerdings ist Jesus Christus das eigentliche Vorbild, dem wir ähnlich werden sollen, aber für uns arme und kurzsichtige Menschen ist das nicht genug. Denn in allen nur möglichen Verhält - nissen konnte er uns nicht selbst das Beispiel geben. Da - mit deshalb die Menschen ein Vorbild haben, wie sie vor und in der Ehe zu leben haben, wählte er den hl. Joseph zu seinem Nährvater und zum Bräutigam seiner jung - fräulichen Mutter. Das ist die tiefe Bedeutung der hl. Familie von Nazareth für alle Zeiten.

Ich wende mich da zunächst an die Jugend, welche nur zu oft glaubt, sie komme nur in den Ehestand, wenn sie recht früh daran denke und mehr oder weniger der Ausgelassenheit und der Gefallsucht sich ergebe. Das nun ist eine arge Täuschung, an welcher nur der Satan seine Freude hat, um recht viele Seelen in's ewige Feuer zu stürzen. Denn Niemand war heiliger, Niemand dachte weniger an eine Vermählung, als Maria und Joseph und doch wurden sie durch die wunderbare Vorsehung Gottes zum heiligen Ehebunde vereint. Daher ist die Unschuld der von Gott bestimmte Weg zur Ehe.

Bevor ich mit der Unschuld und der Gottseligkeit der Jugend beginne, weise ich auf einen Umstand hin, der in47 diesen Sachen und Träumereien gar oft eine verhängnis - volle Rolle spielt auf die Armuth. Wie nämlich Ver - mögen leicht zur Ehe führt, so scheint die Armuth ein Hinderniß zu sein. Ist das wirklich wahr?

Was lehrt uns die heilige Familie? Der hl. Joseph war aus dem königlichen Geschlechte Davids und verdiente doch als Zimmermann mit rauher Handarbeit mühsam sein tägliches Brod. Und Maria? Auch sie ward aus dem Geschlechte Davids, aber ebenso arm wie Joseph. Woher wissen wir das? In Bethlehem finden sie kein Obdach. Bei der Darstellung Jesu opfern sie wie die Armen ein Paar Turteltauben. Aber wozu diese Armuth nach dem Rathschluße Gottes? Allerdings auch zur Verherr - lichung der Armuth, welche kein Gegenstand der Verach - tung, sondern der Ehrfurcht sein soll, dann aber auch, zum Troste und Belehrung der armen Jugend. Denn, wenn ihr auch arm seid, könnet ihr dennoch von Gott für die Ehe berufen und bestimmt sein; bleibet nur arm in Ehren, in Unschuld, und Gott führt euch zum Ziele. Aber ent - ehret die Armuth niemals durch die Sünde, sonst wird die Schande und vielleicht dazu noch eine unglückliche Ehe euer Unglück vollenden. Bleibet also wie Maria und Joseph arm in aller Unschuld, und Gott führt euch zur Ehe, wenn ihr dazu wirklich berufen seid.

Aber, denket ihr vielleicht, wenn wir so still in Un - schuld und Gottseligkeit leben, wie ist da eine Bekannt - schaft möglich oder gar eine Heirath? Die Sünde und eine unglückliche Ehe ist allerdings nicht leicht möglich; aber warum nicht eine glückliche Vermählung? Lasset ein - mal diese falschen Ansichten der Welt fahren und betrachtet die Wahrheit in den Geheimnißen Gottes.

Wer war denn Maria? Eine Tochter aus dem Hause Davids; bis zu ihrem 14. Jahre im Tempel auf - erzogen, war sie so rein, so heilig, daß sie nicht bloß an48 keinen Mann und keine Ehe dachte, sondern Gott sogar die Jungfräulichkeit gelobte. Wie nun die hochheilige Dreifaltigkeit dies Wunderwerk der Gnade sah, hielt sie nach unserer Anschauung gleichsam Rath, und Gott der Vater sprach zu seinem Sohne: Siehe, diese Jungfrau schön! Die ganze Herrlichkeit der Gnade und der natür - lichen Schöne habe ich ihrer Seele und ihrem Leibe mit - getheilt, so viel bei einem Geschöpfe nur möglich ist: sie hat durch ein Gelübde ihren Leib und ihre Seele mir geschenkt, beide für immer rein und jungfräulich zu erhalten. Siehe, die Fülle der Zeit ist gekommen, wo du als Menschensohn auf der Welt erscheinen sollst, um die Menschheit zu erlösen; diese Jungfrau soll deine Mutter sein, daß du durch die Ueberschattung des hl. Geistes aus und in ihr Mensch werdest!

So sprach Gott der Vater.

Ich bin bereit, war die Antwort des Sohnes, und schrecke nicht zurück vor dem Schooße dieser gnadenreichen Jungfrau. Und ich will sie überschatten, sprach der hl. Geist, damit das ewige Wort aus der Jungfrau geboren werde. Nun bleibt noch eine Sorge, begann wieder der himmlische Vater, du mußt als hilfloses Kind in die Welt eintreten, das Geheimniß deiner Empfängniß und Geburt aus der Jungfrau soll für viele Jahre verborgen bleiben. Wo nun finden wir für deine Mutter einen Mann, damit deine und ihre Ehre unversehrt bleibe? Wo finden wir für die Jahre deiner Kindheit einen Nähr - vater und Beschützer?

Was glaubt ihr wohl, mochten die zwei göttlichen Personen Gott dem Vater antworten? Die Mutter deines Sohnes, begann der hl. Geist, ist also meine Braut; ich soll ihren Leib und ihre Seele so verklären, daß sie nach der Geburt deines Sohnes eine unversehrte Jungfrau ist, wie jetzt, wo sie die Freude der Engel geworden. Um49 ihre Ehre vor den Menschen zu schützen, gib ihr einen Mann einen Jüngling, so keusch und jungfräulich, daß er ihr zwar die eheliche Treue für immer gelobt als ihr wirklicher Mann, aber so rein und himmlisch mit ihr lebt, wie die Engel vor deinem Angesichte wandeln. Nicht bloß seine Seele sei jungfräulich, frei von allen nur irgend wie bösen Gedanken, sondern auch sein Leib sei mehr himm - lisch als irdisch, mehr Verklärung als Fleisch, frei von jeder Sinnlichkeit. Meine Braut sei im stillen Hause wie auf der belebten Gasse, in der volkreichen Stadt, wie in der einsamen Wüste, bei Tag und bei Nacht, so sicher, so getrost, so ruhig bei ihm, als wäre der reinste Seraph an ihrer Seite. Wo ist dieser Engel im Fleische? Ich will ihm alle Gnadenschätze mittheilen, ihn erleuchten, daß er das Geheimniß der Menschwerdung deines Sohnes begreift, so weit es einem Menschen möglich ist.

Nicht wahr, so mochten die drei göttlichen Personen, um nach unserer Anschauung zu reden, mit einander rath - schlagen. Dann endlich sprach der Sohn Gottes: Wir kennen ihn ja von Ewigkeit her diesen Sohn David's, der nicht wie sein Ahnherr als König auf dem Throne sitzt, sondern als Zimmermann sein Brod in der Werkstatt verdient.

Joseph ist sein Name, das heißt wachsender Sohn, gewachsen ist sein Leib zur vollen Kraft und Schönheit des Mannes, verklärt durch den Glanz vollendeter Jungfräu - lichkeit; gewachsen ist seine Seele im Glauben an meine Menschwerdung, in der Hoffnung auf die nahe Erlösung, verklärt ist sie im Strahlenglanze aller Tugenden. Er denkt zwar nicht bloß an keine Ehe, sondern hat das Ge - lübde ewiger Jungfräulichkeit gemacht, aber gerade des - wegen sei er der wahre Mann meiner jungfräulichen Mutter und mein Pflegevater; wie ich vor dem Schooß der Jungfrau nicht zurückschrecke, so schäme ich mich nicht,50 vor den Menschen als der Sohn Josephs angesehen zu werden.

Das nach unserer Anschauung der Rath und die Entscheidung der heiligsten Dreifaltigkeit. Wohlan nun, glaubet ihr an dieses Geheimniß? Warum denn so thö - richt und so verblendet sein, als könntet ihr nach einer Jugend voll Unschuld und Gottseligkeit nicht in den Ehe - stand treten? Glaubet ihr aber nicht daran, so glaubet ihr auch nicht an das Geheimniß der Menschwerdung des Sohnes Gottes und könnet nicht selig werden.

Denn um selig zu werden, ist uns kein anderer Name gegeben als der Name Jesus. Im Glauben an diese Geheimnisse frage ich nun euch Alle: Kann eine Jung - frau so rein, so himmlisch sein wie Maria? Und doch war sie für den Ehestand berufen. Kann ein Jüngling so unschuldig und gottselig sein wie der hl. Joseph? Und doch war auch er für den Ehestand berufen und wurde von Gott wunderbar hineingeführt.

Wie weit kommen wir doch in der Verwirrung aller Begriffe, wenn wir die Geheimnisse der Religion nicht mehr glauben oder nicht mehr beherzigen? Oder saget ein - mal, wenn von diesen Jünglingen und Jungfrauen, welche den Gottesdienst fleißig besuchen und die heiligen Sakramente hie und da würdig empfangen, welche bei gründ - licher Frömmigkeit die Freuden und Genüße der Welt und die Eitelkeit des Gewandes fliehen, welche allüberall in Unschuld und Ehrbarkeit des Leibes wandeln, wenn von diesen keine für den Ehestand berufen sind welche fürchterliche Aussicht für die Zukunft; aber auch welch 'trostreiche Hoffnung, wenn solche Jünglinge und Jung - frauen einst Väter und Mütter werden, und in ihren Familien die heilige Familie von Nazareth wieder auflebt!

Nein, solche Seelen gehören nicht Alle in's Kloster oder in den ledigen Stand, bei weitem nicht; da -51 für bürgt die heilige Familie von Nazareth, dafür bürgt die Vorsehung Gottes. Denn wehe der Gesellschaft, wehe der Kirche, wenn nur eine leichtsinnige Jugend, welche den Gottesdienst versäumt, und die heiligen Sakramente selten und dann noch unwürdig empfängt, wenn eine Jugend, welche in Ungehorsam und Ungebundenheit, in Eitelkeit und Gefallsucht, in Tanz und Spiel, in Wein und Bier, in Unzucht und Ausgelassenheit, für die Ehe reif geworden ist, wenn eine solche Jugend für den Ehestand berufen wäre wehe dann der Kirche, wehe der Gesellschaft! Denn das kommende Geschlecht leidet durch die Sünde bevor es das Licht der Welt erblickt, um dann am Lichte der Sonne in der Nacht der Aergerniße und der Sünde ganz zu verkümmern. Eine solche Jugend, wenn sie nicht vorher würdige Früchte der Buße bringt, kann von Gott unmöglich für den Ehestand berufen sein. Zulassen kann er schon solch unbußfertige Sünder aber wollen kann er sie nicht. Denn durch die Wahl seiner Mutter und seines Pflegevaters, welche ehelich mit ein - ander verbunden waren, hat Jesus Christus gleich anfangs klar und bestimmt verkündet, welche Jünglinge und welche Jungfrauen im neuen Bunde für die Ehe von Gott be - stimmt sind. Wohl weiß ich, daß Manche über diese göttliche Lebensweisheit nur lachen und in ihrem Leicht - sinne, in ihrer Sinneslust auf ganz andern Wegen in den Ehestand sich drängen, aber wenn einst euere Familie voll Zank und Streit, voll Unglück und Ehebruch, voll unge - rathener Kinder, oder wenn ihr unverheirathet in Armuth und Schande jammert, werdet ihr dann noch lachen?

Daher gilt denn heute viel mehr als im alten Bunde (Sir. XXVI. 3.) Ein gutes Weib ein gutes Loos; sie wird dem Gottesfürchtigen zu Theil und dem Manne um seiner guten Werke willen gegeben. Wer ist das gute Weib? Jene Jungfrau, welche in aller Unschuld und52 Züchtigkeit, in aller Frömmigkeit und Demuth aufwächst, welche ihr Herz vor aller Begierlichkeit und Genußsucht bewahrt, welche, ferne von Eitelkeit und Gefallsucht nicht unter die Ausgelassenen sich mengt, und nicht in der Ge - sellschaft der Männer und Jünglinge zu treffen ist. Ist sie etwa für ein Kloster bestimmt? Und wenn auch, wäre es ein Unglück? Manche mögen allerdings wirklich diesen Beruf haben; aber gar Viele sind von Gott für gottes - fürchtige Männer bestimmt. Sie wird dem Gottesfürch - tigen zu Theil.

Wer sind diese Gottesfürchtigen?

Jünglinge, welche immer die Sünde fürchten. Sind sie für den Ehestand berufen, so gibt ihnen Gott eine Jungfrau, von welcher der heilige Geist sagt: Wie die aufgehende Sonne an Gottes hohem Himmel, so ist die Schönheit des guten Weibes zur Zierde des Hauses! Welche Schönheit? Wohl redet der hl. Geist auch von der leiblichen Schönheit in den besten Jahren, die der glänzenden Lampe auf dem hl. Leuchter gleicht; allein die besten Jahre gehen vorbei und mit ihnen welkt diese Schön - heit! aber wie die aufgehende Sonne strahlt immer mehr die Schönheit der Zucht und Scham, der Sanftmuth und Geduld, strahlt immer herrlicher die wahre Frömmigkeit und Opferliebe über das ganze Haus mit den sich mehren - den Kindern. Gnade über Gnade ein heiliges und scham - haftes Weib. Sie wird dem Gottesfürchtigen zu Theil!

Was bleibt dir also übrig, christliche Jugend, wenn du von Gott für die Ehe berufen sein und darin einst dem Glück finden willst?

Christlicher Jüngling! Suche dem hl. Joseph immer ähnlicher zu werden, dann wird Gott selbst dir eine Braut besorgen, welche in deinem Hause Gnade über Gnade sein wird.

Christliche Jungfrau! Strebe der Jungfrau schön53 nachzufolgen, in Demuth und Reinheit, in Bescheidenheit und Frömmigkeit und Gott wird dir für einen Bräu - tigam sorgen, welcher dem hl. Joseph nachfolgt.

Aber, denket ihr vielleicht, warum werden denn so viele junge Leute, welche gute Schulen besuchten, welche die heiligen Sakramente recht oft empfangen, dennoch nur zu oft wie vom Wirbel erfaßt, und in den Abgrund der Sünde oder einer unglücklichen Ehe fortgerissen? Es fehlt ihnen das Auge, welches ihre Seele und Leidenschaften durchschaut, es fehlt ihnen die Hand, welche sie fest anfaßt und leitet; wenn ihnen aber jenes Auge und diese Hand nicht fehlt, so ent - ziehen sie sich dem scharfen Blicke und der starken Leitung. Zufrieden bei einer Art süßlicher Andacht oder bei allerlei äußern Uebungen, unbekümmert um scheinbar unschuldige aber in Wirklichkeit sehr