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Des Trojanischen PARIDIS Urtheil / Von dem Goldenen Apffel der ERIDIS.
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Des Trojanischen PARIDIS Urtheil / Von dem Goldenen Apffel der Eridis, Jn einem Singe-Spiel zur Lust vorgestellet.

PARIS.

HIer wo umb uns der bunte Frühling blüht / Und durch dieß Thal mit frischen Augen sieht / Last uns ihr frohen Hirten Auff unsern Weyden / Von da biß dort umb jene Püsch und Heiden Ein Kurzweil-Spiel beginnen / Nemt Laub eüch zu bemyrten / Ihr zarten Schäfferinnen / Fügt Hand und Hand zusammen; Die Sonne sieht uns zu / Wer wil uns denn verdammen Umb diese süsse Ruh?

Ein Hirte.

Wolan / wir hie zugegen / Wir wollen saumen nicht / Mit diesem schönen Volck uns züchtig zu bewegen / Weil es zumahl zu Ehrn dem grossen Pan geschicht.

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Ein ander Hirte.

Pan, der uns unsre Heerden / So treülich stets bewacht / Läst feist und trächtig werden / Dem mus ein Gottes-Dienst Mit brünstigen Geberden Von uns seyn dargebracht.

Chor der Hirten und Schäfferinnen.

Brechet Blumen / windet Kräntze / Last uns tantzen Lobe-Täntze.

Paris.

Was ist uns Noht / daß wir mit Ambra räuchern? Wir ehren GOtt mit unsern Rosen-Sträuchern: Ein unbeflecktes Saltz / Thut in den Feldern mehr / Als dort das Ochsen-Schmaltz / Wenn die geheilgte Gluth die Myrten überfähret / Und ihr licht-grünes Haar als wie gefangen nimt / Wenn durch die Awen man die Lorbern knasten höret / Und in der Fromen Hand ein Strauß Wacholder glimt / Da sind wir schon versöhnt / das Hertze steigt empor / Der Rauch und Dampf der Gluth bringt nur die Andacht vor.

Eine Schäfferin.

O Schönster Schäffer dieser Zeit / Wir folgen deinem Willen / Und seynd bereit / Ein keuschen Tantz mit zu erfüllen / Es wird uns unser Pan, Der alles alles kan / Die züchtigen Geberden Auf bitten lassen wol zu einem Opffer werden.

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Eine andere Schäfferin.

Wir seynd auch hier / du Sonne dieser Felder / Dir deine Lust zu mehren / Nicht nur allein dem grossen Pan zu Ehren / Gebeut uns nur / du Zier der grünen Wälder.

Chor der Hirten.

Brechet Blumen / windet Kräntze / Last uns tantzen Lobe-Tänze.

Paris.

Jhr Hirten last die Melodeyen / Geht Schäfferinnen an den Reyhen / Geht last das Jubel schreyen / Erhebet euch einander stracks entgegen / Gott höret auch auf einen lauten Thon / Ein stummer Tantz und züchtiges Bewegen: Das hat zu rechter Zeit von ihm auch seinen Lohn / Was ohne Falsch zu seinem Ruhm geschicht / Es sey auch / wie es sey / dasselbe straft er nicht.

Mercurius
kömt an.

Du / der du auch von Helden bist entsprossen / Und hier an diesem fromen Ort Dein Leben führest unverdrossen / Hör an das Wort / Das Jupiter der Höchste vor dich bringet.

Paris.

Wer bistu? sag es mir / Weil dein erhelter Blitz so plötzlich auf mich dringet / So mustu seyn ein Gott / ja oder hast was Göttliches an dir.

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Mercurius.

Jch bin zwar nicht ein Mensch wie du / jedoch an klugen Sinnen / An Klugheit und Verstandt Werd ich mich dir / Du Ausbund aller Zier / Durch dieses Land / Und fast durch alle Welt dazu kaum ähnlich schätzen können.

Paris.

Woher kennstu denn mich?

Mercurius.

Wer so auf Erden lebet / Das er die Götter ehrt / Jst auch bey ihnen wol gehört; Wir rühmen sämptlich dich / Weil deine Trefligkeit auch in dem Himmel schwebet.

Paris.

So bistu noch ein Gott / ein Gott der mich und alles kennt?

Mercurius.

Ein Gott / der stets auf Flügeln rennt / Den grossen Wolckenbau durchzeucht / Und nach der Götter Willen / Bald hier bald dort hinfleucht.

Paris.

Mein Hertz besteht mit Eiß / Du Sprach - und RedeMeister / Du Todt - und Lebens-Meister Mercur, ich ehre dich / und gebe dir den Preis.

Mercurius.

Verblasse nicht / O Paris, hier vor mir / Faß dir nur einen Muth / du must es doch erfüllen / Was dir das Grosse Häupt der Götter leget für.

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Paris.

Mein Atlas ist zu klein / das er so einen Berg / Den Himmel und sein Heer / Sol tragen über Meer / Doch weil es ja sol seyn / sag an / was ist das Werck?

Mercurius.

Es war ein froher Tag im Himmel und der Welt / Von Peleus ernent und frölich angestelt / Die Götter gros und klein vertauschten ihren Stand / Und kamen seiner Braut zu Ehren auf das Land. Wir pflegten unsrer Lust gantz frey / kein eintziger gedacht Auf das / was bald hernach Aus Haß und Neid geschach / Wie es denn pflegt zu gehn / wan man ohn Sorgen ist / Die Eris trit herein / voll Rachgier / Zorn und List / Der Leib war Schwefel-gelb / von Adern aufgeschwelt / Licht-hager / wie ein Halm der von der Sonnen felt; Die bleichen Lefftzen hiengen nieder / Die Zähne knirschten fort und fort / Die Augen waren star voll Feuer Brand und Mord / Das Haar / das streubt sich hin und wieder / Und endlich trat sie gar empor.

Paris.

Was nam sie denn nun endlich vor?

Mercurius.

Sie tanzte vor uns hin und her / Jndem wir gar nicht auf sie schauen / Da wirfft sie ohngefehr / Ein rundes Stücklein Gold / das aus den Hesper-Auen Sie etwan hat entwand / Auf unsre Taffel hin /

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Der Apfel springt zu mir / Jch nehm ihn in die Hand / Denck es sey mein Gewinn / Bald aber seh ich eine Schrifft / Der allerschönsten Zier / Die niemand übertrift / Der sol er seyn: Die Himmels-Königinnen(Hier kommen die 3. Göttinnen dazu.) Die zancken daher unter sich / Eine jede wil den Preiß der Schönheit ihr gewinnen. Der Außspruch kömt auff dich / Drum nim den Apffel an / und richte nach dem Rechten /(Mercurius übergibt dem Paris den gülden Apffel und gehet hinweg / die 3. Göttinnen aber bleiben.) Ein falsches Urtheil wil der Jupiter verfechten.

Paris.

Du Singe-Gott / du Dichter / Du grosser Seelen-Richter / Reitz mich zu keiner Schuld / Verschone der Gedult / Ein Mensch hat gegen GOtt nichts mehr als seine Pflicht / Gehorsam sol er seyn / befehlen aber nicht.

Juno.

Was hier und da die grossen Götter wollen / Das sol ein Mensch / wie du / auch auf der Erden sollen.

Paris.

Wolt ihr sonst etwas hier / ihr Schönesten der Frauen / Nach Rosen / Lilien / und andern Blumen schauen? Zu eurer Güldnen Haare Zier / Es ist euch ungewehrt / Umb unsern Ida hier Sie abzubrechen: Was aber ihr begehrt / Kan als ein Schäffer-Knecht ich gegen euch nicht sprechen.

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Pallas.

Erfülle dis Begehr du darfst hier keiner schonen /

Venus.

Die diesen Apffel nimmt / die wird dich wol belohnen /

Juno.

Jch biete dir mein gantzes Reichthum an.

Pallas.

Jch Weisheit und Verstand /

Venus.

Und ich ein schönes Bild / das dich ergetzen kan /

Juno.

Du solt dein Vaterland Jn überfluß an Golde sehen /

Pallas.

Wer Weißheit haben wil / der sol hin zu dir gehen /

Venus.

Dein eintzges Lieb das sol der Welt ein Wunder seyn /

Juno.

Wiltu mir dann des Apffels güldnen Schein verneinen Schaw meinen Schmuck die Spangen an / Wie sie so trefflich scheinen.

Pallas.

Durch Klugheit / Kunst und Witz / wird alles wolgethan.

Venus.

Nim Paris Urtheils-Herr / nim mich nur recht ins Gesicht Und blick auff meinen Leib / Jch bin das schönste Weib / Den Apffel laß ich nicht; Der Stirnen Schnee ist ohne Mackel rein / Die Wangen stehn / als wie Auroren Schein /

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Wenn der noch-junge Tag früh in dem Kühlen Mit bunten Rosen weis umb ihr Gold-Haar zu spielen / Die Augen sind zu schawen Als ein Crystallen Quell / Den rings umher die Nymphen schnell Mit Blumen aller Art wol wissen zu verbawen; Auff meinen Mund Rubin Schleicht sich ein Zucker-Fluß aus seinem Marmel hin: Was wiltu mehr Daß etwa mag geschehen? Wiltu die Brüste sehen? Da wohnet vollends gar der Schönheit gantzes Heer:

Pallas.

Ey hettestu dich doch so prächtig lassen mahlen!

Juno.

So könte deine Zier / noch etwas besser pralen /

Venus.

Verdreust es dich / daß ich was schöner bin?

Pallas.

Ja recht verdreust es mich:

Juno.

Das dein so geiler Sin Nicht auch auf dieses denckt / was andere betrachten:

Venus.

Dein Reichthum wird mich nicht verachten / Noch Pallas deine Kunst.

Juno.

So bin ich denn umbsonst Zu Jupiters Gemahl ohn allen Preiß erkohren?

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Venus.

Erkohren / aber nicht gebohren / Was Schönheit heist / Und doch nicht Schönheit ist / das wird zu bald gepreist:

Pallas.

Jch bin ja Göttin / gleich wie du!

Venus.

Wer wil dich[aus]dem Himmel jagen? Die Schönheit nur die hastu nicht /

Juno und Pallas.

Hör Paris gibstu dieses zu?

Paris.

Jch seh der Schönheit Licht Mit treflichem Behagen / Göttinnen / an euch scheinen / Jetzt drücket mich das Richter Joch / Der Apffel sol der einen / Welch aber diese sey / hab ich ein Zweifel noch:

Juno.

Jch bins / denn Macht und Geld kan mich zur Schönsten machen;

Venus.

Beschüt mit Gold den Koth / man wird ihn doch verlachen;

Pallas.

Jch bins / die kluge Wissenschaft Hat durch die Tugend solche Kraft / Mich über euch hoch zu erhöhen;

Venus.

Der Juno, mir nicht gleich zu gehen.

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Pallas.

Was sol Juno mir nur gleichen? Sie mus weit unter mich mit ihrer Schönheit weichen / Die Weisheit hat den Preis / und machet Schön allein.

Venus.

An dir erweist sichs nicht / das du soltst schöne seyn:

Pallas.

Sie und ihr Kind / die Kunst / gibt Schönheit dem Gemüte /

Venus.

Nicht aber auch dem Leib / und seiner jungen Blüte;

Juno.

Was hastu doch an dir / Das seine Zeit besteht /

Venus.

Nichts nicht als meine Zier / Die über alle Macht / und deinen Zepter geht;

Juno.

Wer ist der Jupiter? ich hab ihn doch gefangen: Wer war Ixion dann?

Venus.

Sie sind blind auf dich gangen / Die Brunst läst keinen sehn;

Juno.

Es liebt ein jeder mich /

Venus.

Dein grosses Reichthum nur / nicht aber Juno dich.

Juno.

Die Schönheit macht mich ja zur Kronen-Trägerinnen!

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Pallas.

Und meine Liebligkeit macht mich zur Himmels-Braut;

Venus.

Kein Göttlich Angesicht wird meiner Schönheit innen / Drumb ist das Urtheil auch den Menschen anvertrawt / Jch bins alleine nur / Jch Venus bins allein / Geht fragt die Götter in der Hellen / Im Himmel und auch auff den Wellen / Mein sol die Creatur des güldnen Apffels seyn.

Pallas.

Bedenck dich Edler Paris wol / Und gib ihn mir.

Venus.

Mir / und nicht ihr:

Juno.

Ich bin deßwegen hier / daß er mir werden sol /

Juno und Pallas.

Ich Juno Königinne / Ich Pallas ich Heldinne / Verheissen nochmals dir ein Königreich / Verstand / Witz / Macht und Kunst;

Venus.

Und ich bey weit-geneigter Gunst Der Welt lobhafftes Wunder-Bild / Das auch den Göttern wolgefält / Sag an: Ob mir der güldne Apffel gilt?

Paris.

Verzeihet mir Ihr Himmels-Princessinnen / Wenn mein befügtes Urtheil sich Euch allen nicht zu Dienst wird lencken können / Kein Reichthum ist mir noht / Witz / Weißheit und Verstand / Die weren noch zu nehmen /[12] Ein Richter aber spricht / nachdem die Sach bewandt / Drum muß ich mich Auch so bequemen / Daß ich das Recht nicht breche / Und ohne die Gab und Gifft / das endlich Urtheil spreche: Wer das Gesetze schwecht / und es läst gehen ein / Am selben fängt es an / gerecht und starck zu seyn. Da nim ihn Venus hin /(übergibt der Venus den Apffel.) Du bist im Himmel und auff Erden Die allerschönste Königin / Der Schönheit Zeichen muß dir werden.

Juno und Pallas.

Donner / Hagel / Blitz und Flammen / Ziehet / ziehet euch zusammen / Bietet Strahl und Feuer her;

Paris.

Nim nur den güldnen Apffel hin / O Venus, Blum und Krone dieser Frawen / Laß uns auff ihren Zorn gar nicht schawen / Jch bin der Richter und nicht Sie:

Juno und Pallas.

Donner / Hagel / Blitz und Flammen Ziehet / ziehet euch zusammen / Bietet Strahl und Feuer her / Wolcken Wind und Lüffte brauset / Raset / stürmet / knackt / und sauset / Die uns itzt beleidigt haben / das ist die / und das ist der! (lauffen zornig hinweg)

Paris.

Ein Urtheils-Herr muß freudig Urtheil geben / Und weder spath noch früh In der geringsten Furcht der Recht-Verwiesnen leben.

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Venus.

Du hochgelobter Hirte / Jch schwere dir bey dieser grünen Myrte / Die mir geheiligt ist / Du trägst auch Danck davon / Dessen du würdig bist / Das schönste Frawen-Bild im gantzen Griechen-Lande / Das Wunder aller Zeit / Die noch ankommen sol / Jst / und bereit verflossen Jn dieser Sterbligkeit / Sol dafür seyn dein zugesagter Lohn.

Paris.

Schaff Venus, was dir wolgefält / Mein Lämmer-Blut / daß sonst die Götter stets versöhnet / Sol auch dort umb dein Zelt Wann die geliebte Rose grünet / Mit Milch und Wein vermischt dir werden ausgegossen.

Venus.

Glück zu gerechter Hirt / ich muß jezt eilen / Die Zornigen Gespielen warten nicht / Sie kommen mir aus dem Gesicht / Jch darf mich länger nun nicht mehr verweilen / Denn es ist hohe Zeit / Jnzwischen lebe wol / du Urtheils-Fasser du / Jch muß hernach ins Hauß der Ewigkeit. (gehet ab)

Paris.

Wer recht auffrichtig ist in einer stillen Ruh Und im gewünschten Stande / Aus trewem Hertzen liebt / und fürchtet sich der Schande / Dem muß auch an dem Reyhen / Bey seiner Feld-Schalmey auch alles wol gedeyen.

ENDE.

About this transcription

TextDes Trojanischen Paridis Urtheil/ Von dem Goldenen Apffel der Eridis.
Author Anton Ulrich
Extent14 images; 2004 tokens; 867 types; 12560 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

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EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDes Trojanischen Paridis Urtheil/ Von dem Goldenen Apffel der Eridis. Anton Ulrich. . Wolfenbüttel1662.

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LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Drama; ready; wikisource

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Editorial principles

Anmerkungen zur Transkription:Als Grundlage dienen die Wikisource:EditionsrichtlinienFällt ein Seitenwechsel mit einer Worttrennung zusammen, so erscheint die Markierung des Seitenwechsels hinter diesem Wort.Die Orthographie der Vorlage bleibt erhalten.

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