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Tagebuch meiner egyptischen Reise, begonnen am 20sten Aug. 1842
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1842.

Am 20ten August7 Uhr Morgens Abreise von Berlinauf der Anhaltschen Eisenbahn mit Ernst Weidenbachum Mittag Ankunft in Leipzig. Von hier um 4 Uhr über Altenburgnach Hof. Auf der Eisenbahn mit Bögerund dem Oberst von Brandtzusammengefahren, der den Vater gekannt hatte, und Grüße an O. Hüsermit nahm.

21terAugustFahrt über Hofnach Baireyth, einem sehr freundlichen und netten Städtchen; noch im Mondschein die Statue von Jean Paulbesehen.

22terAugustAnkunft in Nürnbergum 18 Uhr. Morgens Aufenthalt dort bis 12 Uhr. Besehen der Stadt, der Burg mit der Kunstausstellung; Aussicht vom Thurm daselbst. SanktLorenz-Kircheim Innern. Abend in Eichstädtmit sehr romantischer Umgegend. Nachts durch Ingolstadt.

23terAugustMorgens 10 Uhr. Ankunft in München. Gasthof: Goldner Bär bei Voigt; großes Zimmer für alle drei. Der Former Frankewar schon in Leipzigzu uns gestoßen. - In Münchenfand ich Beverund Schubertnicht anwesend, wohl aber Julie Bever, die mich sehr zu sehen freute; Mittag im Gasthof. Nachmittag Besehen des Hofgarten und desenglischenGarten. Bier in Tivoli getrunken, zurück durchdieLudwigsstraße.

24terAugustMittwoch. Früh ½ 8 mit Fiaker nach der Auer Kirche. Geldgeschäfte. Allerheiligenkapelle. Einkäufe. Julie Bever. Um 4 Uhr Abreisenach Inspruck. 2MitHerrnvon Ramboldiangenehme Unterhaltung bis Staremberg. Herrlicher See; das Gebirge im Hintergrund köstlich. Abendessen sehr spät um ½ 11 Uhr in Weinheim. Gegen Morgen nach Partenkirchen. Köstliches ThalundWeg von hier nach Mittenwald, Morgenbeleuchtung der Kalksteinfelsen.

Donnerstag, ½ 9 Uhr(den25ten August) Ankunft anderösterreichischenGrenze, immer noch Fahrt im prächtigsten Thal. - Erste Station bis Seefeld; treffliche Bergaussichten; Fuhrmann und Citronenhändler im blauen Kittel[,] guter Gesellschafter. Vor Innspruchdie hohe Martinswand, rechts immer die Inn. Bisher Alles Kalksteingebirge. Das Innthalrecht schön; um 2 Uhr in Innspruck; gegessen in der Sonne; Gamsbraten. Die Post bezahlt bis Verona. Nackter Berg hinter Innspruck; wir gehen ihn hinauf. Interressanter Chausseebau; große Brücke; Ehrenpforte dabei, zur Segnung des Grundstein; schöne Gebirgsaussichten. Abendessen lauter Kalbfleisch verschieden zubereitet; aber zuletzt Weintrauben und Himbeeren. Die Nacht über den Brenner. Ich habe geschlafen.

Am Freitagden26ten frühin Brixengefrühstückt 5 Uhr. Um 11 Uhr Mittag in Botzen. Schöner Weg das Etschthalentlang; WeinbergeundGärten; Maulbeeren, Weidenbäume,TürkischerWeitzen. Die Felsen sind hier Granit. Herabgerollte Felstrümmer. - Alles wird Italienisch; Männer mit offener Brust, spitzen Mützen; Ochsenfuhrwerk; Eseltreiber; Trauben,[Pfirsiche], Feigen schönster Art. Gute Unterhaltung mitHerrnKaufmann Adeaus Kemptenin Baiern. Den Abend über Trientnach Roveredo; malerische SchlösserundBurgen, die flachen Dächer interressant. Am Abend starkes Wetterleuchten im Gebirge.

Sonnabendden27tenAugust. Früh 5 Uhr in Verona. Das3 Etschthalhat sich hier erweitert. Die Berge verschwinden fast. Veronavoller baulicher Merkwürdigkeiten. Besehen derselben miteinemdeutschen Lohnbedienten. Die Kirche SanctAnastasio, die Domkirche, die Denkmäler der Scaliger, Palast Bevilacqua, Canossa, Borsapp. Ferner dasinterressante RömischeAmphitheater; Rutschparthie des Fremden; Bildergallerie im Rathssaale; ein schöner Tizian. Gemüse - und Fischmarkt höchst interressant. Im Gasthof dicht anderPost ½ Tag aufgehalten. Billets um ½ 12 Uhr nach Venediggenommen. Rechnung in Veronasehr theuer; dabeidasEssen schlecht. Statt um ½ 12 erst um 2 Uhr abgefahren. Unordnung der Postverwaltung; immer schlechte Beiwagen, aber sehr schnell gefahren; unerträglicher Staub; Betteln der Postillione, Fruchtverkäuferinnen. Gegen Abend nach Vicenzaundvon dort gegen 12 Uhr Mitternacht nach Padua. Am Morgen 4 Uhr nach Maestre; von dort ineinerGondel übergesetzt nachdemZollhause; hier fast eine Stunde gewartet. Schöne Aussicht auf Venedigunddas Meer. Ankunft in Venedigdurch den Canal grande; einlogirt in die tre porte.DeutschenLohnbedienten genommen für 9Guldenauf 2 Tage; wir konnten recht zufrieden mit ihm sein. Besehen des Marcusplatzes, des Dogenpalastesmit seiner goldnen Treppe,seinenBildernundAntiquitäten, Seufzerbrücke, Bleidächer, Rathssaal150[ Fuß]lang;undcirca 75 Fußbreit, Senatorensaal; Aussicht über die Lagunen ins Meer. Die Marcuskirchemit ihren Freskenund[Museen]. Die Kirche San Giovanni e Paolo, die Jesuitenkirche. Besehen dieser Gegenstände bis Mittag 4 Uhr. Dann Essen. Gegen ½ 7 Abends Spa4 tziergang aufdemQuaiundVolksgarten. Sehr voll an schöner Welt, höchst interressant. InderGondel zurück gefahren, schöner Sternhimmel; Puppentheater; Wimmeln der Caffeehäuser auf dem Marcusplatze; Eis gegessen; dann nach Hause. -

Montag, den 29tenAugust. Gut geschafen; 6 Uhr aufgestanden; im Café gefrühstückt. Besehen der Arsenalkircheunddes Arsenals; letzteres sehr interressant. Waffensammlung, Modellkammer; Saal fürdie[Seeleute], Ankertaue; Anker; Stapel,Lucantaurisches[Modell]; Kaiserliche Lustfahrzeuge; um ½ 9 UhrnachHause, gefrühstückt; dann Besehen der Academia di bell’arte. Sehr schöne Gemälde von Tizian(Mariä Himmelfahrt) Tintorettoetc.; prächtiges Lokal; übergefahren zur Kirche San Salute,und San Giorgio majore[,] beides Kuppelkirchen; besonders letztere einfachundschön. Früher noch den schönen Pallast Pisanibesehen, sehr im Verfall. - Hinüber zum Kriegsschiff. Der Lieutenant selbst erklärt uns Alles der Fregatte. Sehr interressant. Nun zu HauseundMittag gegessen, schönen Seefisch. Dann auf dem hohen GlockenthurmunddieAussicht bewundert. - Bezahlung der theuren Rechnung. Einschiffung bis zum Dampfschiff, wohin uns Johann, der Lohnbediente bringt. Das Schiff sehr voll; wir treffen Mr. Hickswieder. Lange Unterhaltung mit dem Kaufmann Grünbergaus Triest, schöne Nacht, das Land schwindet mehrundmehr, die See vollkommen ruhig, kostbare Sterne, spät inderNacht der Mond.

Dienstag früh den 30tenAugustschöner Sonnenaufgang. Dunkeln des Wassers. Ich lagdieNacht im Mantel5 auf dem Verdeck. Am vorigen Abend noch dieinterressantenAnblicke der schlafenden Damen inderCajüte. Heut treffe ich unterdenReisenden den[Kammerg]Referendar Ulrici, Bekanntschaft von Schwarzher. Wir segeln vorbei an Pizanound Capo d’Istrianach Triest, wo wir etwa ½ 7 Uhr anlangen. In das große Hotel Metternich am Hafen gegangen.KöstlicheAussicht über 1000 SchiffeunddenLeuchtthurm. Gang zu Lutteroth, lieber Mann. Besehen der neuen Kirche mit recht schönen neueren Gemälden. Briefschreiben, Mittag a la carte; dann wieder geschrieben; ausgegangenunddie Stadt besehen, indasTheater gegangen; großes Amphitheater, wodieMänner inderMitte mit ihren HütenaufdemKopf stehen; wohl 7-8 Reihen Damen rings umher; wenig hübsche darunter, fast keine. Es ward RobertderTeufel gegeben; Gesang nicht übel, Tanz erschrecklich schlecht. Nachdem3ten Akt nach Hause; herrlich geschlafen.

Den31tenAugustMittwochMorgens ¼ 8 aufgestanden; starker Wind. Zu Lutterothgegangen; die neumodisch gebaute Stadt etwas besehen, Pässe besorgt und um 12 Uhr mit einem Fiaker nach Cornialegefahren über einen hohen rauhen Berg 1 ½Meilenweit, dann ½Stundelang zu der Grotte gegangen und sie mit 3 Führern und Lichtern besehen. Herrliche Tropfsteingebilde. Tiefes Hinabsteigen. Nachher Mittag in Cornialegegessen; besehenderHäfen allein über 3Gulden. Zurück um 8 Uhr Abends. Dann geschriebenundtrefflich geschlafen.

Donnerstagden1tenSeptemberder Wind sehr heftig; Geheul durchMauernundMasten. Brief geschrieben; Geld6 vom Lutterothgeholt; gepackt. Briefe zur Post getragen. Nach 3 Uhr aufdasDampfschiff Ludovico Archiduco d’Austria[,]Kapitän Zincovich. Der Wind hat sich etwas gelegt, das Wetter ist angenehm[. ]Ich finde aufdemSchiffedenEngländer wieder; lebhafte Unterhaltung mit ihm. Die See wellt, ist aber nicht sehr unruhig. Viel Passagiere. Zur Linken fortwährend Land; rechts nicht. Gleich nach 4 Uhr wirdderAnker gelichtetundmit aufgespannten Segeln geht es rasch. Das Wanken wird heftiger; die Nacht vergeht ohne Übelkeit aber schlaflos wegen des Brechens der Passagiere.

Freitagden2tenSeptemberAm Morgen aufdasVerdeck; der Wind noch günstig; das Schwanken heftig; ich muß einen Augenblick spucken; von nun ab halte ich mich gut. Um 9 Uhr sehen wir Anconaundwerfen bald darauf inderBai die Anker. WeidenbachhatdieNacht viel gebrochen, Frankenicht. Wir schiffen uns aus miteinemjungen Maler, der in Athen auf 9 Monat fresco malen soll[. ] Anconaliegt malerisch andenBergen emporgebaut; Leuchtthurm.Ziemlichgutes Essen ineinertrattoria. Spaziergang aufeinenBerg mit alten Befestigungswerkenundgesch .... - Lagerung aufdemBerge; herrliche Übersicht der Stadtunddes Meeres; zutraulicherItalienischerJunge. Hinab indieStadt in ein CaféundBier getrunken, der Maler Limonade; dann nach dem Schiffe; eine Theatergesellschaft kommt hinzu,[und] machtdasSchiff unerträglich voll. Ein Paar Stunden sind Alle vergnügt, dann aber geht das Brechen an; um ½ 6 Uhr7Nachmittagsfuhren wirvon Anconaab beiziemlichstillem Wetter; bald aber schwankte es heftigerundnun lagen MännerundWeiber umher in wilder Unordnung, ein trauriger Anblick. Nach 8 Uhr zu Bettundtrefflich geschlafen.

Sonnabendden3tenSeptemberUm 6 Uhr auf Verdeck; schönes Wetter, aberderWind entgegen,dasSchiff schwankt weniger wie gestern, doch gehtdasBrechen bei vielen wieder los. Spülung des Decks. Umziehen meiner Beinkleider; Langschläfer in meiner Koie. InderFerne siehtmaneineZeit lang Inseln anderKüstevon Illyrien. Farbe des Meeres anderItalienischenKüste hellgrün; mit einemmal dunkelmeergrün, auch köstlich blau bei heiterm Himmel; bis ins schwarzblau übergehend. Der Tag vergeht unter starkem Schwanken; doch ficht es mich wenigodernichts an. Nachmittag kommt Regen. Die Frauenzimmer retten sich in unsre Kajüteundliegen darin umher, daßmannicht treten kann. Ich rette mich in mein Bett, doch esse ich zu Abend;undmit mir noch 2 andre; alles Übrige unwohl. Schon auf dem Wege nach Anconahaben Weidenbachundich die 1te Cajüte genommen. Die Nacht war sehr unangenehm, der Boden bedeckt mit stöhnendenundbrechenden Weibern; dabei Essen. Am Abend heftiges Gewitter; der Regen strömt, ich beobachte die Blitze durch meine Fensterluke. Die Wellen gehen sehr hochundspritzen überdasVerdeck; fastdenganzen Tag kein Land zu sehen; der Engländer ist auch fast immer unwohl.

Sonntagden4tenSeptemberSchöner Morgen nachderstürmischen8 Nacht. Unter Anschauen des Horizontes, der rings unbegränzt war[,] der beiden Freunde gedacht, deren Geburtstag heut ist; ich versetzte mich lebhaft nach Jacobskirch. Das Meer noch unruhig. Die Cajüte wird allmählichvondenMenschen gereinigt. Einmal siehtmanzur Rechten die hervorragende Spitze derItalienischenKüste; doch verschwindet sie bald wieder. Trotz heftigen Schwankens, was Nachmittags wieder zunimmt, esse ich mit wenigen Passagieren alle Mahlzeiten. Auch spiele ich am Nachmittag miteinemDeutschen, der seit 9 Jahren in Athenansässig ist, eine Parthie Schach; nachher auch eine mit dem Engländer. Fastdenganzen Tag kein Land. Um 5 Uhr zeigen sich inderweiten Ferne die Berge von Epirusund Corfu; wonach ichundviele Andre schon lange ausschauen. Während des Mittagessens, was um 4 Uhr genommen wird, das Schwanken wieder sehr heftig; ein dicker confortabler Herr macht mir viel Freude; er ist aufdemSchiff wie zu Hause; nichts ficht ihn an; er ißt, trinktundkleidet sich stets mit Behaglichkeit. Um ½ 9 Uhr Abends lege ich mich zu Betteundgehe um etwa 1 Uhr Nachts auf Verdeck, wo alles lebendig ist; wir fahren unter schönstem Sternenhimmel zwischen Corfuund Epirushin. Am Abend vorher noch mit dem[] Maler Wurmam[Spiegel]des Schiffes gesessenunddie köstlichen Sterne geschautundgeplaudert. -

Montagden5tenSeptemberMorgens 3 Uhr etwa werfen wir vor Corfudie Anker; der Leuchtthurmundeinzelne Lichter schimmerten ausderStadt herüber. Die Nacht war lauundschön. Die Theatergesellschaft bricht, Gott sei Dank, auf; die Begleitung so vieler9 Menschen war höchst lästig. Nachdem Alle fort sind[,] schiffen wir auch über, mit unsderMaler Wurmundder deutsche Athener; wir besehen die Stadt, die von höchstinterressantenGriechischenGesichtern, Kleidungen etc. wimmelt. Enge Straßen; steinerne Häuser meist mit Colonnaden unten. Zuerst Schnupftaback gekauft; versucht, auf die Festung zu gehen, doch willmanuns nicht einlassen; aufeinaltes Festungswerk geklettert, von wo man auch eine prächtige Aussicht über die bergige InselundFestungswerke hat; diese scheinen alt[,] aber sehr bedeutend. Hinunter auf den schönen mit BäumenundGärten umgebnen Exerzierplatz; Engländer, denendieInsel gehört, exerciren hier; ein junger Strauß spatziert herum; herrliche Aussicht überdasMeer, die hohen Berge des gegenüberliegenden Griechenlands, rechts das hervortretende Kastell mitdemLeuchtthurm, links im Halbkreise die Stadt;unddasstille Meer vor uns. IneinemCafé gleich Anfangs Café getrunken, nachher Weintraubenvonbesonderer GrößeundSchönheit gegessen, und Liqueur dazu getrunken. Um 10 Uhr nach dem Dampfschiff zurückgefahren, wodieRuheundOrdnung sehr wohlthätig ist. Versuch[,]einSchiff zu zeichnen, doch fängt es an zu regnen; indieCajuteunddasTagebuch geschrieben. Der Engländer findet sich zu mir. Um 4 Uhr bei warmer Witterung lichten wir den Anker. Prächtiger Rückblick aufdie Citadellevon Corfu, die auf der Landspitze weit indasMeer hineinreichtundso gewissermaßen 2 Meerbusen bildet, an denendieStadt emporgebaut ist. Nicht lange sind wir auf Verdeck, so ändert sich auch wieder die Witterung; es regnet, der Wind wird heftigundist wie immer conträr, aberdasSchwanken ficht uns gar nicht mehr an. 10Ich spiele am Nachmittag 2 Parthien Schach, mitMister Hicksund dem deutschen Athener Klingenfeld; erste gewonnen, letzte remi. Wir fahren an der Küste von Epirusentlang, zuerst zu Corfuhin; allmählich verschwindet letzteres. Die Küstevon Epiruszeigt sich rauh, bergig, steil abfallend ins Meer. Dann zeigt sich zur Rechten Parsund Antipars, zur Linken erkennt mandieFestung Parga. Am Abend (es wird um 7 Uhr dunkel) wird der Himmel über uns klar, aber starkes Wetterleuchten überdem Peleponnes; laue Nacht. - Die Schiffsgesellschaft des 1ten Platzes ist jetzt sehr angenehm einenglischerColonel mit 2 Damen, die nach Constantinopelwollen, 2 andre Herren undMister Hicks. - Am Abend Frankesehr laut und vergnügt mit den Griechen. Auf dem Verdeck am Abend lange umhergegangen, Thee getrunkenundum 8 Uhr zu Bett; köstlich geschlafen.

Den6tenSeptemberDienstag½ 6 Uhr aufgestanden; schöner Morgen; wir sind inderNacht Cephalonienund Ithakapassirt,undfinden uns bereits im Busen von Patras. Kostbare Aussicht rechtsundlinks; die Berge fast kahl, höchstens Olivenwaldung darauf; Mornamit flachem Vorland, Großgriechenland rauhundsteil abfallend; das Meer ist ruhig, der Himmel klar,dieLuft warm, die Aussicht trefflich. Vor Nussolunghivorbei, erblicken wir um 7 Uhr etwa Patrasundwerfen um 8 Uhr Anker in der Bucht. InderFerne schimmern die Schlösser, die den Meerbusenvon Lepantobeherrschen. AufdemSchiff nehmen wireinFrühstück ein,undfahren dann andasLand hinüber, Klingenfeld, Wurm, Weidenbachundich; ( Frankefühlte sich durch einige Vorwürfevonmir gekränkt). 11Alte Befestigungswerke,odervielmehr eine Burg, liegt links aufderAnhöhe; rechtsdasLand eben abervonden Bergen begränzt; die neue Stadt liegt längs der Meerküste, die alte höher hinauf auf den Höhen. LebenundTreiben der Griechen inderHauptstraße angesehen, die Häuser hier meist 2 Stock hoch, mit offnen Läden; diegriechischenCostümeundPhisiognomien sehr interressant, die sonnenverbrannten Gesichter mit ihren Schnurrbärten; Maulthiere, Esel, Pferde; Weibsbilder sehr wenig gesehen,unddiese scheußlich. Die StraßenvomMeere aufwärts, grade, so gebaut, daß sie Kolonnaden bilden; überall Läden mit verschiedenartigster Beschäftigung, Schuhmacher, Schneider, Tabackshändler, Leinen, Zinnwaaren,〈…〉〈…〉 Obsthändler, alles in bunter Reihe höchst interressant. Wir kaufen uns Traubenundgehen aufdenBerg, wodieBurg steht. Beieinergroßen Platane aus trefflichem Quell getrunken. Im Schloßhofe altes zerfallenes spitzbogiges Haus mit eingefallenem Gewölbe. Ein rohesbyzantinischesMarmorkaptäl liegt unter den Trümmern. Das Castell scheint zum Gefängnis benutzt zu werden; wir seheneineWache davor. Das Militär scheint dem bairischen ganz ähnlich, aber zerlumpter. Kostbare AussichtvomBerge beiderBurg hinab auf StadtundMeer[und] die Berge drüben, wo ein gewaltiger steiler sich kühn hervorschiebt. Tiefe Bläue des Meeres, später kostbar grün. Rückwärts siehtmanaufdasalte Patrasundauf die kahle aber grüne Ebne ihm zur Rechten, auf die kahlen Berge Achaja’s. Welch heißer aber schöner Tag, wo ichzumerstenmal meinen Fuß auf12 Hellasschönen Boden gesetzt habe. Ich saß wohl aufderluftigen Höhe ½ Stundeundbewunderte MeerundLand, was in prächtigen FarbenundSchattirungen vor mir lag. Unser Rückweg durchdasalte Patras, eine malerische zerfallene Stadt mit 1stöckigen Lehmhäusern, zerfallenen Mauern, höchst eigenthümlich gebauter alter Kirche, zerlumpten Gestalten, EselnundMauleseln. Hinunter wieder nachdemBazar; Caffe getrunkenunduns am Anblick des Meeres ergötzt; vornsaftigstesGrün in das tiefste Blau spielendunddie Berge drüben leise röthlichundviolett; welch Farbenglanz. Der Tag sehr warm aber doch luftig. Cigarren gekauft[und] dann um ½ 1 Uhr nachdemSchiffe zurückgefahren; Tagebuch geschrieben. Die hier herrschende Münze sind Drachmen zu 100 Lepta’s. Um ½ 5 Uhr fuhren wir von Patrasab bei fortdauernd herrlicher Witterung. Kap Papawurde während des Mittagessens umschifft[und] am Abend fuhren wir durch die Straße der Insel Zartheundihre Landschaft Elishindurch. Kostbarer Sternenhimmel; Unterhaltung mit der bairischen Athenerin. Nachher MusikundGesang der Schauspielerinnen, die nach Constantinopelmitgehen; sehr schön in der stillen Nacht; ich dachte viel an die Meinen. Um 9 Uhr zu Bett.

Mittwoch den 7tenSeptember. Gegen 6 Uhr aufgestanden. Schönesundklares Wetter. Die Insel Prodanoliegt, ein einziger Berg, links. Die Küste Arkadiens wie ganz Griechenlands öde, mit niederem Strauchwerk überzogen[,] mäßig hohe Berge, nur gegendieMitte des Landes bedeutend. 13Manchmal rücken die Felsen steiler gegen das Meer zu, zeigen sich schroff, unverwittert. Wir fahren um 8 Uhr etwa anderInsel Sfagiavorüber, welche den berühmten Hafen von Nararinschließtundsichert; eigenthümliche Zerklüftung ihres Endes in 3-4 mächtige Felsblöcke, die ausdemMeere hervorragen. Die Festung Nararinerkenntmanam Ufer. Bald darauf zeigt sich das bedeutendere Modanmit einem indasMeer hineingebauten Wartthurm, durch Brückenbogen mitderFestung verbunden. Es macht sich malerisch, aber todt. Jetzt liegen uns, nach einemköstlichenRückblick auf Modandie schon kurz überwachsenen Inseln Sapienzaund Cabrerazur Rechten und das Cap Galloist erreicht. Nun geht es in die blaue, wellenlose, wie Papier (gepreßtes) fein gerippte See hinein, dem Cap Mataponzu, das leise am Horizont schimmert. Der Tag ist sehr heiß,[und] zum erstenmal zeigt sich heut das Springenvon Delphinen. Jetzt um ¼ 12 Uhr schreibe ich dieß Tagebuch bei heftigem Zittern des Schiffes, nachdem ich mitdemdeutschen AthenereineParthie Schach gespielt habe, die ich, schon aufgegeben, durcheinVersehen des Gegners dennoch gewinne; nun sollderEngländer geschlagen werden. - Er ist 2 mal hintereinander geschlagen. Etwa um 3 Uhr umsegeln wir die südlichste Spitze des europäischen Continents, das Cap Matapan[und] gegen Sonnenuntergang istdas CapSanktAngelo, von mächtigem Felsengebirge gebildet, erreicht,undwir schiffen dicht an dem rauhundsteil aufsteigenden14 Gestade vorüber, an welchem die Wohnung eines alten Einsiedlers mit langem schneeweißen Barte; doch gelingt es mir nicht, ihn zu sehen. Der Wind erhebt sich hier heftiger,dasSchiff schwankt heftig; ich lege mich um ½ 9 Uhr schlafen. -

Der Morgen des 8tenSeptember(Donnerstag)fand uns der Insel Eginagegenüber,undwir segeln der Bucht des Pyräusentgegen, die jedoch bis zur letzten Minute verdeckt bleibt. Auf ein niedriges Eiland, dessen Spitze 2 Windmühlen, jede rund mit 8-10 Flügeln krönen, segeln wir zu,undum dasselbe biegend, liegt der schöne Hafen Athensvor uns; an der aus dem Meere aufragenden Laterne vorbei ankern wir inderNähevon2 andren Dampfschiffen[und] im Angesicht vieler andern Schiffe, doch istderHafen nicht allzusehr gefüllt. Nach dem Dejeuner setzen wir andasLand, ein Fiaker wird genommen (der[Engländer] Hicksundwir drei) für 2 ½ Drachmen (1Drachme =1[Zwany]5Leptas) schändlicher Wagenundwahre Sandkraken; dennoch aber geht es schnell über die ausgefahrne Chaussee gen Athenzu. Trauriger, öderundwüster Anblick des Landes, sehr wenig Anbau; der Olivenwald vereinzelt, zerstreut stehend, aschgrauen Ansehens (die Oliven ganz wie Weidenbäume). AufderMitte des Weges (der etwa ¾ Stunde zu Wagen beträgt) ist eine[Kunija], wo wir LimonadeundZigarren nehmen; der Grieche versteht etwas deutsch; dann geht es weiter bis etwas vordieStadt, wo wir absteigen. Welch ein Anblick! Rechts, nicht weitvonuns der Theseus Tempelundein wenig weiter vor die Trümmer der Akropolis. Dazwischen nichts als ödes Steinfeld von keinem Blümchen bedeckt. 15Ein Grieche hat sich uns von Pyraeusals Führer aufgedrängt. Wir wenden uns zunächst zum Theseus Tempel, das best erhaltenste Denkmal. Es kommt mir kleiner, als ich es erwartetundin seinen Erneuerungen doch imposant vor; der weiße Marmor hat einen rothbräunlichen Überzug angenommen; die dorischen Säulen erscheinen in trefflichen Verhältnissen. Die Bilder indenMetopen nurzumkleinen Theil vollendet,undauch diese wieder unkenntlich geworden; ein Fries im InnernderSäulenhalle desgleichen; aberdieSäulen stehen alle noch. Das Innere des Gebäudes enthält aufgefundene RestevonSkulpturen bessererundgeringerer Art,vonverschiedenenGegendenzusammengetragen. Vom Theseustempelam Weiberrathsbergvorbei nachder Pnyx, wo auf erhabenen Stufen die Stelle des Redners noch deutlich zu sehen;vondorteinschöner Anblick aufdie Akropolisunddie ganze Stadt mitdemköniglichenneuen Schlosse im Hintergrunde.Vonhier ein auf steinigem Weg mühsames Emporsteigen zu den Ruinen des Museion, die verstümmelten Figuren eines Siegeswagensundandrer Reliefs sind daran zu erkennen aus schönstem weißen Marmor. Aufderluftigen Höhe ruhen wir im Schatten des Denkmals, derEngländermitseinem Guide inderHand. StückevonBauten finden sich umher zerstreut. Jetzt geht es hinunterundwieder hinauf zur Akropolis. Deutsche SoldatenundInvaliden bewachendenEingang. Die alte zinnenumkrönte Mauer wird durchschrittenundnacheinemTrunke Wasser biegen wir umeinenVorsprung,unddasBildderZerstörung liegt vor unsern Augen. Die Propyläenimponieren, die Weiße des Marmors ist hier trefflich erhalten. Kaum lassen die BruchstückevonSäulen, Kapitälen Boden Raum, den Weg zu erkennen[,] der durch das16 große Mittelthor führt, wo unten Rippen eingehauen sind, um PferdeundWagen nicht ausglitschen zu lassen. 4 Nebenthore inderGrößevomHauptthore abfallend bilden den Eingang, alle mit gradem Sturz,dasHauptthor mit mächtigem Marmorblock überdeckt. Links vor den Propyläensieht man den erhaltenen, hohen Unterbau zuderriesigen Minerva, welche die Burg schützte. Weiter vorschreitend trittmanin den gewaltigen Raum des Parthenon’soderdes Tempels der Minerva, von dem die Mauern der Zella fast verschwunden sind; auch die Säulen rings stehen nicht mehr alle;zwischenihnen stand frühereinetürkische Moschee, die jetzt verschwunden. DiedorischenSäulen habeneinschönes Verhältniß; hierundda fängtmanan, sie auszubessernundzu ergänzen, eine vergebliche Arbeit,dieZerstörungderZeitundsolcher Massen aufzuhalten. An vielen Säulen siehtmandieWirkung der Kanonenkugeln;vondemStandpunkt des Minervabildes des Phidiassiehtmankeine Spur. Treffliche Arbeit der herabgefallenen Cassetten, Capitäle, Basen u.s.w. Sowohl hier als auch indenRäumen der Propyläensind bunt geordnet Skulpturstücke, Hände, Füße, Köpfe, Inschriften, Arabesken etc. aufgestellt, deren Anblick FreudeundTrauerzugleicherregt. Ebendaselbst wurde ineinemkleinenHäuschen uns gezeigt, wo aber mehr ausgegrabene Sachen waren, Vasen, Lampen, Geschirr. Endlich ward uns auf der Akropolisnochdasvereinigte Heiligthum der Minerva Polias, das ErechtheionundderNympfe Pandrosos gezeigt. Von ersterem sind nur noch die vorderen Paar schlankenjonischenHalbsäulen zu sehen mit Fries der AntenundVerzierungenvonzartester Arbeit. Die Caryatiden stützen dies Gebäude17 der letzteren kleinen Anbauten nicht mehr, man sieht grobe Pilasterdazwischenaufgemauert, welch trauriger Anblick! - Ich schiedvondieser Burg, die nichts als Ruine mehr ist[,] ein wenig entmuthigt. Herumgehend umdieAußenmauer sehen wir noch die Rudra einesRömischenTheaters, 2 Säulenvoneinem Tempel des Bachus[und] den Ort, wo das Theater desselben stand, denn mehr ist davon nicht zu sehen. Nun gingen wir durch die Ruinen der alten Stadt nach dem kleinen Monument des Lysikrateswas, halb indieErde versenkt, wie vergessen dasteht; es ist übrigens kaum 8 - 10[ Fuß] imDurchmesser, die Blume oben sehr zerstört. Müde wandern wir durchdieStraßen der Stadt ineinenConditorladen,undessen dort Wein, BrödtchenundLiqueur. Weidenbach, unwohl, schleppt sich mit fort. Nachher sehen wir noch die 12 - 14 einzelnen Säulen(korinthisch)des Jupitertempelsnicht weitvoneinemTriumpfbogen, ferner den Thurm der Winde[,] einmerkwürdiges8eckigesGebäude, zur Hälfte ausgegraben; die Reliefs sindvondenFiguren oben gut erhalten, auch die Linien der Sonnenuhr auf allen Seiten siehtmandeutlich. Ein Tempel des Hadriansieht nur mit 1[Front] aus den alten Häusern hervor. - Interressante Bauart der altengriechischenKirchen. Caffeehäuser. Gemüse -undFrucht Markt. Fiakerhandel zur Rückfahrt; Prügelei 2er Griechen. Zurückgefahren; Herabfallen des Griechen hinten vom Wagen. Öde Gegend, schlechter Weg, Staub. Im Pyräuswird ein prächtiger Sorbad genommen, für mich der erste. Herrlich erquickt fahren wir wieder zum Dampfschiff über um ½ 5. Das Schiff finden wirvonmehr als 100 Personen besetzt, die nach18 Syragehen. Gegen 6 Uhr verlassen wir den Hafenundich sage AthenLebewohl, von dessen Gegend ich wenigodergar nicht erbaut bin; nichteinBlümchen des Abpflückens werth habe ich[] gefunden, wohl aber einige Palmen gesehen. Das Wetter war sehr heiß. - Am Abend erfreute ich mich wieder des schönen Sternenhimmels; die Musikanten gaben unter ihm wieder ein Concert. Um 9 Uhr zu Bett.

Freitagden9tenSeptember1842. Heut Morgen 5 Uhr landeten wir vor Syra, imtrefflichenHafen lagen unzählige Schiffe. Die Stadt baut sich 3eckig an den Bergen empor,undnimmt sichvonFerne sehr hübsch aus. InderMitte strebt eine mit Häusern ganz besetzte Bergspitze hoch empor, miteinerKirche gekrönt. An dem einen Ende des Hafens liegt die große Quarantaine-Anstalt. Leider finden wirdasfranzösischeDampfschiff, auf welches wir übergehen müssen, noch nicht hier; es kommt erst übermorgen früh,undso sind wir gezwungen, 2 Tage in dieser traurigen Stadt, deren Umgegend nichts bietet, uns aufzuhalten. Um 8 Uhr bezahl ichdieRechnung aufdemSchiffeundwir gehen ans Land; mein Mantelsack wird visitirt; wir quartiren uns im Hôtel de Londres ein, mit unsrem Engländer. Schönes Dejeuner mit HonigundTrauben. Bis 2 Uhr habe ich nun dieß Tagebuch ergänzt. Wir machen zusammeneinenSpatziergang durch die Stadt, die zwar eng aber nicht schlecht gebaut ist[,] an einer schönenundnoch neuengriechischenKirche vorbei; wo Marmorsäulen im InnernundÄußern angebracht sind[,] auf den mittleren Bergkegel der Stadt. Die Gäßchen19 sind hier ungemein engundwinklich, viel dicke Schweine liegen im Wege; es ist mühsam das Steigen, aber von Zeit zu Zeit belohnt uns die köstliche Aussicht überdasMeer mit den Inseln ringsum. Endlich erreichen wirdieKirche aufdemGipfel des Berges und laben uns andemBlick indasThal linker Hand wo einzelne Weingärten zu sehen sowie viele10flügligeWindmühlen,undüberdieStadt unten, den Hafen mitseinenSchiffen, das blaue Meer unddieInseln. Die Häuser haben oben fast alle glatte Dächer mit Lehmestrich, womanruhenundumhergehen kann. WeiberundMänner siehtmanin den[] einstöckigenwinklichenHäusern arbeiten. Wir steigen aufdenRücken des Berges weiter, machten über die Marmorfelsen fort; wilde Salweiundeine Art Orchideen mit großen Zwiebeln wächst spärlich im röthlichen Boden. Die Aussicht wird immer großartiger; aber es ist sehr windigundwir müssen zuletzt andenRückzug denken; derEngländergeht noch etwas weiter wie ich, Frankeam weitsten,undkehrt aufeinemandern Weg indieStadt zurück; Weidenbach, noch unwohl[,] war zurückgeblieben. AufdemRückweg begegnen wir fast der ersten hübschen jungen Griechin aufeinemEsel reitend, hinter ihr ein Junge; wir gehendenStadtberg hinabundkommen sehr ermüdet um 5 Uhr im Gasthof an, wo Franke schon ist. Das Mittagessen ist wieder sehr gut. Um 7 oder ½ 8 gehen wir zu Bett. Die Sonne geht jetzt schon vor 6 Uhr unterundist es kurz darauf dunkel ohne lange Dämmerung wie bei uns.

Sonnabendden10tenSeptember42. Ich habe unbelästigt von UngezieferdieNacht zugebracht. Um 6 Uhr aufgestanden. Das Wetter fortdauernd warmundschön. 20Heute Morgen Umherlaufen in Betreff der PässeundBillets fürdasDampfschiff, das morgen Mittag 1 Uhr abgehen soll. Wir müssen zum Gouverneur, dann aufdiePolizeiundendlichaufdasfranzösischeOffice. Ich nehme für uns 2 Plätze zur 2ten und 1 zur 3ten Klasse. Müdeundermattet zum Gasthofunddort ein treffliches Dejeuné gegessen; herrlicher Honigvon Syra, Hasenbraten, Spinat, Setzeier, Trauben; dann etwas geruht,undbis jetztdasTagebuch geschrieben; es ist ¾ 12 Uhr; mit Weidenbach’s verdorbenem Magen geht es heut besser; den Engländer nehmen wir immer ins Schleppthauundes läßt sich recht gut mit ihm leben. - Wir 3 ohnedenEngländermachen gegen 2 UhreinenSpatziergang aufeinennahen Berg, wo vondemrunden Thurm einer alten Windmühle eine treffliche Aussicht über StadtundMeer ist; ich knalle eine meiner Terzerolen ab; schönes Echo andenBergen rings. Im Thurm aufdenAbtritt gegangen, weil diese Einrichtung zu Hause zu mangelhaft. Nachher ich allein mitdemEngländereine Badestelle am Meere gesucht und unter überhängenden Felseneineromantische Gegend gefunden. Schweres Hineingehen wegenderglatten Steine,aberdasBad trefflich. Rückweg über die Felsen; von oben unvergleichliche Aussicht überdasMeerunddieInseln. Zarte Färbung des Himmels; Cafées an der Promenade dort; zugesehen Billard spielen. Interressante Gesichter vieler junger Damen indenGärtchenundHäusern; gegen ½ 5 Uhr zurückundgegessen; sehr gut; nachher aufdemBalkon uns unterhalten, dasallmählicheAuftauchen derunzählichenLichterderStadt beobachtet, bis sieendlichwieeineMilchstraße vor uns glänzte. Einzelne21 RaketenundSchwärmer stiegen dannundwann aus ihr empor, da heut eingroßerFesttagSanktJohannis war. Schöne abendliche Kühle; tieferer Stand des großen Bären, den ich schon so oft beobachtet, fällt mir wieder auf. Der zunehmende Mond wirft schon seine Schatten. Nach 8 Uhr zu Bett. - Die Stadt Syraist in der That bedeutender, als ich geglaubt hatte; nicht nur ihre Ausdehnung,sonderndas rege Treiben aufdenStraßen zeigt es, wo man Menschen aller NationenundCostüme sieht,undim GanzendasVolk nicht so zerlumpt wie in Patrasund Athen. - Die neue Quarantaine-Anstalt, dieanderandern Seite des Hafens liegt, undvoneinemDeutschen gebaut sein soll, habe ichnatürlichnicht näher in Augenschein genommen, doch scheintdasGebäude ganz hübsch. Große 2-3 stöckige Gebäude[,] solidundmassiv gebaut, bemerkte ich heut an der Promenade. Auffallend die Leinen quer über die Straße, um Segel gegendieSonne daran zu befestigen, wie Marquisen;dieEinrichtung ist trefflich.

Sonntagden11tenSeptemberIm Ganzen recht gut geschlafen, bis auf einige empfindliche Mückenstiche; aufgestanden um ¼ 6 Uhr; herrlicher Morgen, wie bei uns im Anfang August. Wir gehen wieder an unsre gestrige, romantische Badestelle,derEngländer, Weidenbachundich. Gefährlicher Sch〈…〉〈…〉 inderFelsspalte.DasBad ist heut sonnig, sonst aber sehr erquickend; der Zuhausegang sehr heiß. - Das Dejeuné schmeckt trefflich; wie die früheren Tage ergötze ich mich auch heute in reicher Fülle an dem syraschen Honig, dessen Geschmack nach Bergkräutern ist. - NachdemDejeunée zeichne ich das Dienstmädchen des Hauses à la Grecque. Alsdann lassen wir unsdieRechnung geben[,]22 die an Größe meine kühnsten Erwartungen noch übersteigt; sie ist ganz enorm (etwa 3 rth pro ManndenTag); aber zu vielem Streiten ist nicht Zeit; es ist ½ 12,undum 1 Uhr solldasDampfschiffabgehen. Ich habe schwierige RechnereimitderBezahlung mitdemösterreichischenGelde; dazu kommt, daß ich noch fürdenEngländerberechnen muß, der nichts verstehtundsein Vertrauen immer auf mich setzt; ich thu es gern, aber diesmal war es fatal.Endlichum 12 Uhr sind wir fertig; die Sachen werden an’s Ufer gebracht,undnun neuer Ärger, daß wir 2 Barken nehmen müssen mit einem〈…〉〈…〉; alles Streiten hilft nichts, es vergeht nur Zeit. Abermals Ärger überdasunmäßige Fordern für die Barken, neuer Aufenthalt, dasDampfschiffwill schon fortsegeln;endlichgebe ich mit vollen Händen[,] um nur an Bord zu kommen, was zuletztwirklichgelingt; der Anker wird schon heraufgezogen, man will uns kaum mehr hineinlassen. -MerkwürdigerAnblick dieses großenfranzösischenDampfschiffes Scamandra, wenigstens noch 1mal so groß alsdasöstereichische;3 Maste, sehr viel Bemannung, Offiziere. - Wir fandendasganze Verdeck belagert mit Türken, Arabern, Armeniernundandern Orientalen, die meist aus Konstantinopelkommen,undnach Meccawollen; es ist Alles stickend voll dieser bärtigen Gestalten mit Turbanen, man kann kaum treten. Nach Besichtigung der Cajüten nehme ich für FrankeaucheinBillet des 2ten Platzes, da aufdem3ten kein Bett ist; nun schlafen wir 3 in einerkleinenKabine zusammen; neben uns an 4 armenische Geistliche; im Salon[,] wenn ich es so nennen darf, eine Familie mit 5 Kindern, dreiste Amme;und2-3 Nege23 rinnen. -InterressanterAnblick der Phisiognomien auf dem Verdeck imVergleichzu den früheren Gesichtern der Griechen; dietürkischenGesichter sind mir lieber; Ruheundoft Ehrwürdigkeit spricht aus ihnen. Ein Pascha ist aufdem1ten Platz; er hat 3 - 4 zur Bedienung bei sich. Ein persischer Neger schleppt sich miteinemkleinenKindevoneinerHerrschaft aus Indien, die auch auf dem 1ten Platz ist. Ich kann nicht aufhören[,] die kauernden Gestalten zu mustern;trefflichesGesichtundBart des einen, den ich zur Kurzweil etwas skizzire. Niederfallenundreligiöse WaschungenundÜbungen der Türken;kleinerKompaß, um die Himmelsrichtung zu finden, nach der sie sich beugenundaufrichten. So vergeht der Tag; wir haben günstigen Wind, so daß wir die Segel ein wenig benutzen können; rechtsundlinks schwinden Inseln vor uns vorüber. Der Mond war halb, und ich stand lange am Bord des Schiffes, umdasköstliche Silber zu bewundern, was er in unermeßlichen Streifen überdasMeer ausgoß; es war Sonntagundmeine Seele betete,undich dachte aller Lieben daheimunddort droben.

Montagden12tenSeptember42. Ich habe leidlich geschlafenundbin etwa um ½ 6 Uhr aufgestanden. Meine Beobachtungen derorientalischenSchiffsgesellschaftgehen fort, besonders unsres Pascha’s, wie er sich recht behaglich eine Pfeife nachderandern anrauchen läßt, sein Schälchen Caffee trinkt etc. Auch mit meinemEngländerunterhalte ich mich oft; er zeigt sich wenig zufrieden mit diesem Dampfschiff, klagt über HitzeundGestank. - Die Hitze wird inderThat jetzt merklicher, doch nur einige Stunden; dann wird24 sie durch die kühle Meerluft gedämpft. Dem Auswerfen des Logs zugesehen; dann hört man von vorn die Pfeife des Hochbootsmanns zum Ausspannen oder EinziehenderSeegel. Die Matrosen mit blauem Hemdekragen, weißleinenem Anzugundrother Schärpe erscheinen tricolor; die Offiziere in Civil. - Jetzt ist es ¼ 3undich hoffe, wir essen bald Mittagbrodt. Das Mittag gestern[und] Dejeuner heut war nicht übel; die größten und köstlichsten Trauben beschließen es; aber reife Pfirsiche habe ich seit Venedignicht mehr gegessen. Eine Art großer grüner Melonen hatten wir gesternundheute, die ohne Zucker höchst süßunderquicklich schmeckten. - Es ist heute weiter nichts Bemerkenswerthes vorgefallen;dasMeer war ruhig, der Wind nur wenig zu benutzen; es zeigt sich natürlich nirgends Land. Am Abend wurde von einem Passagier ganz vortrefflich die Flöte geblasen,undrührend steigen die Töne zu dem mondhellen Himmel auf. Es wird jetzt schon um ½ 6 Uhr Nacht. Um ½ 9 Uhr zu Bett.

Dienstagden13tenSeptember42. Der Himmel ist hellundklar wie gestern; um ½ 6 Uhr stehe ich auf. Das Leben aufdemDampfschifffängt aus Mangel an Beschäftigung, an, sehr langweilig zu werden. Gegen 10 Uhr spiele ich mit demEngländereinige Parthien Schach; jetzt ist es ¾ 2. Morgen, so Gott will, sind wir um diese Zeit in Alexandrienangelangt, ich habedasSeeleben satt. - Kaum bin ich aufdemVerdeck angelangt, so bemerke ich ein allgemeines Gucken der25 Schiffsoffiziere durchdasFernrohrundes verlautet[,] man könne Alexandriensehen; allgemeine Bewegung gab sich Kund, ein allgemeines Schauen. Und siehe da, inderThat zeigten sich einmal rechts die unzähligen Masten der ganzen egyptischen Flotte,undvor uns ragte die Säule des Leuchtthurmes, links ein castellartiges Gebäude aus den hellgrünen Fluthen auf. Ein eigenthümliches Gefühl, ich kann nicht sagen, welcher Art, ergriff mich beidemAnblicke Africa’s, des Bodens, wo ich 2 Jahre meines Lebens hinbringen sollte. Wir kamen näher,undunterschieden nun die niedrige hügeliche Küste der Wüste rechts inderNähederStadt mit100tenvonWindmühlen bedeckt; die Pompejussäuletauchte im Hintergrunde auf, eine lange ReihevonCasernenundandern Häusern. Wir halten stillundein Lotsenschiff[,] mit Arabern bemannt[,] legt anundübernimmt die Führung des Dampfschiffs indenHafen. Jetzt gingen wir hinunter, um Mittag zu essen, es war etwa 4 Uhr. Gegen 5 Uhr hörten wir den Anker hinabrollen; wir sind mit Essen fertigundschon fängt es an[,] dunkel zu werden. Nun ward schnelldieRechnung abgemacht, die Sachen genommen[,] ineineBarke geschlepptundbei Mondenschein landeten wir nach langer Fahrt über den Hafen anderMole Alexandriens, etwa um ½ 6 Uhr Abends. DerarabischeSchiffsjunge ist mit seinem 5 Piasterstück nicht zufrieden, doch das kümmert uns nicht. Ein andrer Junge nimmt meinen Mantelsack, Jedervonunseinandres StückderBagageundso geht es fort; bald machtmanHaltundes heißt, die Sachen müßten aufderDouane die Nacht über bleiben; wir stehen wohlnoch¼ Stunde in der lauen Nachtundhören einen Italiener eben dieser26 Chikane wegen delibriren. Es versammelt sich Volks rings umher; ich merkte, daß es nur auf Geldschneiderei abgesehen war, gab dem Aufseher etwa 30 Para’s, einarabischerJunge nahmmeinenMantelsack aufdieSchulter, wir die andern Sachen,undfort ging es, einem Hotelbedienten nach zu dem Hotel der Gebrüder Coulombaufdemgroßen Platz im Frankenquartier. Wir winden uns im Dunkeln durch enge Gassen, EselundCameele schreiten neben uns vorüber, wir schwitzen unterdemTragen der Mäntelunddes Gepäcks;endlichlangen wir auf einem großenvonstattlichen Gebäuden umgebnen Platze an, unser Hotel ist erreicht. Eine deutsche Wirthin, gewesene Wienerin begrüßte uns mit vaterländischer Zunge; 2 Piaster befriedigten unsern Gepäckträgerundnun ließen wir uns 3 Stuben geben, deren eine die Aussicht aufdenPlatz hat. Das Hotel ist für Alexandriensehr nobel eingerichtet. Da saßen wir nun indemLande, das uns so lange beherbergen soll. Limonade erquickte uns am Abend; die breiten Betten mit den Muskitovorhängen wurden zurecht gemachtundum ¼ 10 Uhr stieg ich indasumflorte reinliche Himmelbett, Gott dankend, der uns bis hierher gnädigundväterlich geführt hat.

Mittwochden14tenSeptember1842. Um ½ 6 Uhr Morgens stand ich aufundbegrüßte denegyptischenMorgen. Wir unterhielten uns lange mit dem Getriebe auf unserm großen schönen Platze. Unzählige Reiter auf Eseln mit den antreibendenarabischenJungen hinterdrein, dann wieder die hohen Cameele mit den Führern vorn, schwer beladen; aucheuropäische27Kaleschwagen, 1oder2 Spänner ließen sich sehen. Da ritten bis auf die Augen verschleierte Frauenzimmer, Türken, Araber, Franken, da ward GemüseundFleisch herbeigeschleppt, ein buntes orientalisches Gemisch; die verschiedenen Trachten sind unbeschreiblich. - Um ½ 8 Caffee getrunken, dann Tagebuch geschriebenundnun will ich mich anziehen[,] um zum Consul Dumreicherzu gehen. Die Reisekosten bis hierher haben grade etwa 600 rt betragen. Meine Eau deCologneFlasche finde ich heut zerbrochen, auch an meinem Barbiermesser ist leider die Schale durchdenschweren Druck des Geldes geplatzt; sonst habe ich bisher nichts eingebüßt, vergessenoderverloren. Ich war bei Dumreicher, ein lieber Mann, der aber vom Fiber geplagt warunddarum wohl für mich nur Rath gebend sein kann. NachderZurückkunft schlief ich etwas,undum ½ 3 Uhr etwa machten wir uns zu einem Spatziergang auf, zuerst durcheinenTheil der türkischen Stadt, wo Verkaufsbuden sind. Es ist keine Beschreibung der zerlumpten halbnackten Arabergestalten, der Neger, der verhülltenundunverhüllten Weiber mit hängenden Brüsten, der nackten Kinder zu geben, die einen da umschreienundumlaufen, so etwas muß gesehen werden; weiße Gestalten siehtmanda wenig, fast gar nicht. Einen Augenblick erquickte uns aus diesem Gewühl der Anblick des Meeres[und] der Citadelleam Ende des Mole’s. Dann wanderten wir bei der malerischen Moschee hinterdem Frankenviertelhin, wo Weiber in singendem Ton schmierige Früchte feil boten. Nun ging es vor einem Garten vorbei über ödere Felder des alten Alexandrien’s, wodieErde vielfach nach Bausteinen aufgegraben war,undaufeinemHügel erblickten28 wir inderFerne die Säule des Pompejus, wohin wir nun unseren Weg richteten. Zwischen großen Palmengärten mit hängenden Früchten, röthlich schimmernd, wanderten wir in großer Hitze bis an die zinngekrönte Stadtmauer, durchdasThor hindurch vor einem mohammedanischen Gottesacker vorbei, nach der auf einsamer Höhe liegenden Granitsäule, von wo wireineschöne Aussicht auf den See Mareotishattenundüber den dicht daneben sich hinziehenden mit Grün bezeichneten Canal Mamudieh. Die Luft ging hier kühlundnach ¼ Stündchen traten wir den Rückweg an. Häßliche Hunde, die falschundbösartig aussehen; EselundCameele in Menge; die Cameele äußerst häßlichvonNahem, nackt mit Schwielen bedeckt. - Bis Mittag, das leider erst um 6 Uhr war, unterhalten; dasselbe aber sehr reichlich, eigentlich zu sehr; WeintraubenundMelonen schlecht, aber Feigen sehr schön; Äpfel auch schlecht, wenigstens waren sie unreif. - Angenehme Unterhaltung mit dem Rheinländer nach Tische; er war eben erst aus Constantinopel, Syrienund Kairozurückgekommen. - Nach 9 Uhr zu Bette.

Donnerstagden15tenSeptember42. Gut geschlafen. Tagebuch geschrieben. - Unzählige kleine Ameisen in der Stube. Die Musketiairen schützen trefflich gegen die sehr empfindlichen Mückenstiche. - Fliegen in sehr großer Anzahl. - Ich machte heut Morgen nach dem Dejeuner (was etwa um ½ 10 Uhr genommen wird) einen Besuch bei demHerrn Anastasi,schwedischerGeneralConsul,zugleichunserm Geschäftsführer, ein ältlicherfreundlicherMann, mit dem ichfranzösischsprechen mußte. Von da zu dem Sekretär29 unsres Consulats, Herrn Probizer, mit dem ich mich lange unterhalten; ich übergab ihm unsre Pässeundwechselte mir etwas klein Geld ein. Von da aus indasHôtel Lîon d’Or zuHerrnDr. Schreiber, den ich nicht zu Hause fand, dann in den Gasthof; geschrieben Tagebuchundam Briefe; um ½ 3 Uhr spazieren die große chaussirte Straße hinunter; sie führt uns endlich nach dem hübschundfast neumodisch gebauten Pallast des Mehmet Ali; Platz mit Akazien freundlich besetzt, die in ummauerten Kübeln stehen schon einen großen Theil der Straße entlang; Aussicht aufdenHafen vom Platze hinter dem Schlosse. Akazienpark mit den vielen Sperlingen. Große Schuppen mit Schiffs -undandrem Bauholz. Militär. - Zurück auf Eseln geritten; Franke’s will nicht fort;endlichinderNähe unsres Platzes fallen beide um; Skandal. - Bis 6 Uhr, wo dinirt wird, 1Stundegeschlafen, dann wieder geschrieben. Nach dem Diner im Mondschein aufdemPlatze spazieren gegangen. Der Rheinländer gesellt sich zu uns; angenehme Unterhaltung; in ein Café und Limonade getrunken (1 Piaster = 2SilbergroschendasGlas); nachher erschrecklich geschwitzt; zu Bettundtrefflich geschlafen.

Freitag den 16tenSeptember42. Um 5 Uhr aufgestanden. Geschrieben am Briefe. Dann Besuch vonHerrnDr. Schreiberbekommen; sehr lieberundgemüthlicher Mann; lange mit ihm unterhaltenundSpaziergang auf den Nachmittag nachden Nadeln der Cleopatraverabredet. Jetzt mein Tagebuch ergänzt. - Nach dem Dejeuner etwas geruht, dann wieder Brief fortgesetzt. Um 3 Uhr kommtderDr. Schreiber, wir nehmen Eselundreiten zuerst nachdenObelisken,30 einem liegendenunddem einen stehenden; der liegende ist schon wieder sehr verbuddelt; die Hieroglyphen an den Wetterseiten sehr verwischt. Der Platz, wo sie stehen, sind eigentlich lauter Schutthaufen; nahe dabei istdieMauer, diedasMeer begränzt, wir kriechen durchundgehen am Meere entlang, bewundernd die mächtigen alten Unterbautenvomalten Alexandrien, die weit indasWasser hineinragen; darunter Blöcke mitHieroglyphen;2 prächtige Granitkoben, scharf, als wären sie ebenvomSteinmetz behauen; Marmorstücke, rother, schwarzer, grauer Granit durcheinander. Wir reitenvonhier amkoptischenKlosterundKirche vorüber, sowie an der Moschee, wo Napoleonbetete, nach dem GartenundHause des Kaufmann Gibare, trefflicher Garten mit Palmen, Bananen, Cipressen, Jasmin, Feigen, Oleander, AloeundPelargonien. Prächtiger Kiosk; Wasserräder (Sakieh) von Pferden oder Büffeln getrieben. Elegante Wohnung mit Billard,trefflichenMarmortischen, Muschelbouquet; hier hat Pücklergewohnt; köstliches Wasser getrunken. Von hier weiter durch die niedrige Araber Stadt, wo die nackten aber oft sehr schönen Gestalten der Kinder bemerkenswerth, an dentürkischenBädern, dem Krankenhause vorbei nach dem Canal Mamudieh, wo er ins Meer geht. Hier ist der Ein -undAusladeplatz für Getreide, Steinkohlen etc. ; GewimmelvonArabern, Eseln, Kameelen. Wir sitzen in einemarabischenKaffe, wo wirzumersten Mal die Wasserpfeife (Nargileh) rauchenunderstenarabischenKaffee mit Grund trinken; schöne kühle Luft,unddurchweg angenehme Unterhaltung mit Schreiber. Von hier über die Schutthaufen des alten Alexandrienzurückgerittenunddie Wohnung des Doctors besehen; alter Marmorkopf, etwas sehr verstümmelt, doch nicht31 übel. Dann nach Hauseundetwas geschrieben. Um ½ 7, 7 Mittagessen; gute Unterhaltung mitHerrn Welschaus Mainz, der morgen nach Europaabreist; Brief geschrieben, den ich ihm mitgebe; zu Bett; ich kann wegen HitzeundFlohstiche lange nicht einschlafen. -

Sonnabendden17tenSeptember1842. Gegen ½ 7 aufgestanden. Abschied vonHerrn Welsch; Tagebuchgeschrieben. - Am Vormittag zuHerrnDr. Schreibergegangenunddort eine Moschee mit Weidenbachgezeichnet. Nachher ein europäisches Bad genommen und dann einen Spaziergang zum Meer gemacht, um zu sehen, ob das Dampfschiff noch nicht angekommen. Es war nicht da. Zurück über den Bazar,undwegen Pfeifenköpfe gefeilscht. - Müde nach Hause.

Sonntagden18tenSeptember1842. Die Nacht trefflich geschlafen. DasenglischeDampfschiff ist da. Wir ziehen uns anundfahren zu ihm hinüber. Lepsiusist angekommen, mit ihm Max Weidenbach, Frey, ein Italiener Bonomi, der schon früher 4 Jahre in Oberegyptenwarundarabisch, englisch,FranzösischundItalienisch spricht; er ist Mitglied der Expedition; außerdem ist noch mitgekommen einenglischerArchitekt Wild, der die Reise auf seine Kosten mitmachen will, so sind wir zusammen 8, eine große Caravane. Wir waren lange auf dem mächtigenenglischenDampfschiff, wo die Sachenzusammengesucht wurden. Dann gings in die Stadt, ich mit Lepsiuszu Probizer; er dann zumenglischenConsul. Wir indenGasthof, wo wir dejeuniren; dann habe ich einen BesuchvonDr. Schreiber,undvom Consul Dumreicher. Jetzt um 1 Uhr SchreibenvomTagebuch. - Am Nachmittag 4 Uhr reite ich mit Lepsius, Wildunddem Janitscharenvon Dum32 reicherhinausundholen wir die Sachen vom Schiff ab in 2 Kähnen; sie werden, weil es zu dunkel wird,unddie Erlaubnis von Boghos Beyzum freien Transport noch nicht gekommen ist, in der Duane untergebracht; dabei bewunderte ich, wie ungeheure Lasten die Arbeiter auf dem Rücken schleppen können; sie nehmendenStrickzugleichum den Kopf herum, so daß sie durchdieStärke des Nackens mit tragen. Erst spät wird Alles fertig. Bei Tische finden wir Dumreicher, der mit ißt. Nach 10 Uhr zu Bett. -

Den19tenSeptember1842. Montag. Max Weidenbachhat inderNacht Diarrhee bekommen; er muß den Tag im Bette bleiben. Ich reite nachdemDejeuner mit zur Douane, wo endlich nach Öffnung mehrerer Kisten, das Gepäck losgegebenundauf Cameele gepackt wird. - Vor dem Frühstück ritt ich mit Dr. Schreiber, Freiund FrankenachdemSerail hinaus, um diearabischenPferde zu sehen, die der Pascha dem Königvon Frankreichschenken will. Nach einigem Warten inderRemise kommt der Kutscher Ackermann,einDeutscher, der beim Fürst Pücklerfrüher gedient hat; ein gefälliger Mensch; er zeigt uns alle Ställe des Pascha in Alexandrien; die Vollblutpferde sind sehr schön; es ist zu spät, um eines zu zeichnen, was ich mir mit Freivorgenommen habe. - Um ½ 11 kommen wir mit unsern Eseln zurück. - Ich schreibe heute lange an meinem Briefe, gehe dann gegen Abend auf unsrem Platze aufundnieder; finde dann im GasthausdenDr. Schreiber, mit dem ich geheundeinGlas Eis esse; es ist so grämlich;33 aber doch das einzige kühle Essen. NachdemMittagessenodervielmehr Abendessen trinke ich ineinemCaffée noch Limonade mit Lepsius, Wild, Frei, Bonomi. Mit den 3 letzteren nachher noch lange im Mondschein aufundabspatziert; um 10 Uhr zu Bette. - Heute Mittag Pistazien gegessen, d.h.kleineKerne in nebengezeichneter Größe

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, sehr hart; inwendig mandelartig schmeckend; ferner Beccafichi,außerordentlichkleineVögel, fast wie Colibri’s, etwa 1lang, die mit HautundKnochen verspeist werden. Die Bananen wollen mir durchaus nicht schmecken; sie sind widerlich, wiewohl manche sie füreineDelikatesse halten.

den20tenSeptember1842. Dienstag. Ich fahre heut fort, an meinem langen Briefe zu schreiben. Am Morgen habe ich einen langen BesuchvonDr. Schreiber, später einen vom Dr. Schledehaus. Um 4 Uhr mache ich einen Spatziergang mit Freinachdem Mahmudieh, wo wir Café nehmenundNargileh rauchen. Wir erfreuen uns sehr der malerischen Gestalten arabischer MännerundFrauen; deren Freisic viele skizziert. Ein junges Kameel gesehen.Manhört die Kanonenschüsse, diedieRückkehr des Pascha, der ein paar Tage zur See war, ans Land verkündigen. So haben wir nun Mehmet Ali, Ibrahim Pascha, Sami Pascha, der ebenvon Constantinopelzurückgekommen ist,unddem Pascha den Orden des Großwesirs bringt, hier; Boghos Beiebenfalls. -- Dem 1ten Dollmetscher Artim Bei, der in einigen Tagen mitdemGeschenkvon6 - 7 Pferden anden KönigvonFrankreichabgeht[,] hat LepsiusbereitsseineAufwartung gemacht,undeinen sehr artigen Mann in ihm gefunden. - Am Abend spatzierten wir wieder aufdemPlatze umher, trankeneinGlas Limonade,undgingen ½ 10 UhrzuBette. 34AndemVolke ist mir aufgefallen: das rittlings Tragen der Kinder, das in die Hände klatschen zur Bekräftigung von etwas Gesagtem, die Kehllaute beim Sprechen. Gewänder der Frauen meist weißer oder blaueroderauch bei Trauer schwarzer Farbe, selten bunt; die Männer tragen sich auch sehr viel blau, doch auch weiße Mäntel, selbst ganz rothe; die Kameele werden geschoren;merkwürdigeForm der Büffel mit zurückliegenden Hörnern. - Läufer neben den Reitern oder dem Wagen der Vornehmen. -

Donnerstagden22tenSeptember1842. Um ¼ 10 UhrVormittagsholt uns Anastasizum Pascha ab in 2 Wagen; aufdemWege aber begegnet unsderPascha selbst mit großer Cavalkadeundder Brillantdekoration als eben ernannter Großvesier, Ibrahim -35 PaschaanderSeite; ein Dollmetsch reitet an uns heran, es heißt, der Pascha sei etwas indisponiertundwolle sichnachdenGärten begeben, er wünschedieZusammenkunftmorgen. Was war zu machen; wir kehren umundfahren wieder nach Hause. Ich schreibe alsdann meinen Brief beinah fertig, mache mit Freiund Bonomieinen Ritt nach dem Thorvon--- und während Freimalt, zeichne ich. Gegen Abend zurück. Beim Diner läßtMister Wildsehr viel Champagner fließen, weildieHochzeit seiner Schwester mit dem Architekten ----- heut ist. Ferner warderJahrestag des berühmten Briefesvon ChampollionanMonsieur Dacierüber seine EntdeckungderHieroglyphen, der grade 20 Jahr her ist. Noch viele andre Gesundheiten wurden ausgebracht, selbst meine, als Repräsentant der deutschen Architektur. Nachher wandern wir wie immer auf unserm Platz im klaren Mondschein; eine arabische Musik lockt uns ineineStraße,undes zeigt sich ein festlicher Zug.ArabischeMännerundFrauen mit Kiehn-Fackeln,dieProcession einer Beschneidung. Die Kinder reiten auf einem Esel, wie auchdieMutter. Eine ArtvonTamburin (es waren deren 4) wurden im Takt geschlagen, Pfeifen dazwischenunddie Weiber brachten mit ihren Lippen den Ton einer Pfeife, die mit Wasser gefüllt ist, hervor; Jungen schrienundsangen, schlugen Rad etc. Wir begleiteten diesen heiteren seltsamen Zug lange,undkehrtenendlichermüdet heim. -

Freitagden23tenSeptemberUm 9 Uhr waren wir Alle zur Audienz beim Pascha angekleidet. Ein Paar Minuten darauf kam AnastasimitdemWagen,undwir (ausgenommen Franke) fuhren zum Palais. Breite Marmorstufen führten in einen großen sehr hellen Vorsaal a

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; an dem Eingange zum36 Saale b standen 3 - 4 Mann Wache mit Gewehren, an der Thür zum Zimmer c, wowahrscheinlichdie Vasen (Geschenk des Königs) standen, 1 Mann Wache, verschiedene Türken lagen aufdenDivans umher, oder standen. Wir warten nicht hier; Anastasimit Lepsiusvoran, wir Andern folgend treten vordenWachen vorbei in das Audienzzimmer b, wo inderrechten Hinterecke, von Dolmetschern und Andren umgeben, deren Kreis sich bei unserm Eintritt öffnet, der Pascha uns stehend empfängt; Lepsiuswird ihmvon Anastasivorgestellt,undeinige Worte der Begrüßung gewechselt; sodann geht er auf seine Divanecke zu, wo ein eignes drap d’argent-Kissen für ihn liegt, steigt auf das sehr hoheundbreite, rothe Divan, während wir ihm zur Rechten, zuerst Lepsius, dann ich, Bonomi, Wildetc., zur Linken aber Anastasi, Platz nehmen. Mehmet Alihatte einen rothen Feß fast bis andieAugen aufdenKopf gedrückt, eine dunkelblaue JackeundTuchhosenvonderselben Farbe,undrothe Saffianschuhe an; durchaus einfach; nur seine Brust schmückte die große brillantne Dekoration des Großvesier Ordens. Der krumme Säbel, der über den Knieen lag, hing an einer blauundweißen gedrehten Schnur; um den Leib unterderJacke hatte er von gestreiftem rothundweißen ordinären Zeuge eine breite Schaalbinde; das Gesicht, nicht allzu braun mit glänzenden etwas stechenden Augen[,] schmückt ein prächtiger weißer Bart; die Nase stark hervortretend, der Mund ein wenig offen, wenigstens bisweilen. Er war meist freundlichundder Eindruck seines Gesichts im Ganzen mehr klug und energisch, als imponierend, aber höchst interressant. Vor ihm stand der Dollmetscher mit einem Fliegenwedel. Die Unterhaltung begann mit Erkundigung nachderGesundheit des Königs, ging auf37 die Zwecke unsrer Expedition über;derPascha fragte, ob Lepsiusder einzigevonuns wäre, der sich mitdenHieroglyphen beschäftigt hatte,undwas wir wären, er bemerkte sodann, daß wir in seinem Lande jetzt mit vollkommenster Sicherheit reisen könnten; dann wandte LepsiusdasGespräch aufdieExpedition, die Mehmet Aliselbst nachdem weißen Nilausgerüstet hatte,underwähnte lobend dieser Bemühung zur AusbreitungderWissenschaft; der Pascha erzählte darauf von einem Franzosen, derdieReise mitgemacht, aber immer ermüdet gewesen wäreundnicht hätte reiten mögen, während er doch stets zu Pferde gewesen sei. Als LepsiusnachseinerGesundheit fragte, bemerkte er, fürseinAlter sei sie gut; er sei 75Jahre(eigentlich 72 Sonnenjahre),undwenn er auchdasviele Gehen nicht gewohnt sei, so reite er doch gernundviel. Den Brief des Königs hatte er sich mittlerweile übersetzen lassen,undlas ihn; dankte fürdieGeschenke, versprach uns seine ProtektionundsagteseineEmpfehlung andenKönig, sowie, daß er ihm selbst schreiben wolle, wenn wir zurückkämen. Auch wurdevonderSammlungvonegyptischenAlterthümern gesprochen, die er in Cairobegonnen habe,unddarauf erwiederte er, es sei das Alles erst im Entstehenundes sei bis jetzt nicht viel geschehen. Inzwischen waren uns Allen kleine arabische Tassen Caffee präsentirt worden, die in schönen Becherchen (grade wie unsre Eierbecher) ruhten; der Café war gut, ohne Zucker, mitdemGrunde gekocht. Nacheinerstarken halben Stunde gab Anastasian LepsiusdasZeichen zum Aufbruch; der Pascha selbst stiegvonseinemSitz[und] entließ uns freundlich grüßend wiederum stehend. Es war als besondere Artigkeit angesehen, daß er selbst nicht rauchte, da er natürlich uns Allen nicht Pfeifen anbieten konnte. Nun fuhren wir zurück vollvondieser interressanten Audienz. Als wir fortgingen, sahen wirdenPascha ausdemZimmer b nach c hinübergehen,38 die Wachen präsentirten,undwir, die wir noch einige Minuten im Vorzimmer geblieben waren, erhielten noch einen Grußvonihm. - Am Nachmittage machte ich mit Bonomiund Freieinen Spatzierritt nachdemHafen[und] dem Meergestade beiden Obelisken, Freimalteundich ging umher. Lepsiuswar heutzumenglischenGeneralConsul Barnettgeladen. -

Sonnabendden24tenSeptember1842Um 6 Uhr weckte mich Bonomi,undich ritt mit ihmund Freiwiederum nach dem Thor der Pompejussäule, was ich diesmalvonderStadt aus zeichnete; Freimachte eine treffliche Palmenskizze in Öl. NachdemDejeuner malte ich dieses Thor in Wasserfarben. - Am Abend mit Frei, ErnstWeidenbachundDr. Schreiberzum Gibara, wir besehen seinen Garten, die ausgegrabenen Säulenschäfte hinter demselben, den trefflichen Kiosk, gehennachobenundsind beiseinemEssen[zugegen], wo es frischen Spargel gibt.InzwischenkommtderPascha indenKiosk. Dann gehen wir ganz oben[,] trinken KaffeeundraucheneinePfeife; wieder hinunterundich spiele mit Ernst2ParthienBillard. Ein schönes BouquetvonCantifolienundandren Blumen nehmen wir zum Geschenk mit. Nach 7 kommen wir nach Hause.

Sonntagden25tenSeptember1842. Um 9 Uhr Vormittag ging ich mit Lepsiuszu Anastasiundwir fuhren mit ihm zu Boghos- Bey. Seine Wohnung war sehr einfach; vor seinem Haus eine Wache von etwa 9 Mann; aufdemHofe laufen 2 Strauße umher. Er kam uns freundlich entgegen, ließ uns niedersitzenundbeganndieUnterhaltung miteinerSchmeichelei, wie außerordentlich wohlwollendderPascha die Sendung seiner Majestät aufgenommen; es sei der erste Brief, den ervoneinem König erhalten habe; dann39 kam man auf die Geschenke des Königs, ging auf diesen selbst über, sprachvonseinerReise nachdem Rhein, wo er eben zurückgekehrt war, vom Kölner Dom, selbstvonderenglischenAngelegenheit, dann wieder ward auf Egyptenübergegangen, LepsiuserwähnteseineAbsicht von Ausgrabungen, schlug auch vor,dieSammlung Mehmet Alisin Cairovergrößern zu helfen. Schmeicheleien kamen dazwischen oft vor. CaffeundPfeifen wurden präsentirt wie auch Sherbet (was mir eine Art Himbeersaft in Wasser schien; es schmeckte sehr gut). Nacheinerstarken halben Stunde empfahlen wir unsSeinerExcellenz, die uns bis andieTreppe begleitete,undsehr artig Abschied nahm. BoghosBey hatte einen dunkelbraunen KaftanvonTuch gemacht an, einen weißen Turban bis andieAugen gedrückt,undwar höchst einfach angezogen wie eingerichtet. Er erscheint kaum so alt wiederPascha. Er ist ein Armenier. Seine Augenbrauen hoch gekrümmt, wie seine Nase; die Augen etwas matt; vorstehende Unterlippe mit Stoppeln bedeckt; die Oberlippe trägt einen Schnurrbart. - Da Ibrahim Paschanicht zu Hause war, begaben wir uns zurück indasGasthaus. - Den Nachmittag verbrachte ich mit Abschreiben einesfranzösischenBriefes, dervonderdritten Expedition des Paschas nachderQuelle des weißen Nilshandelte; doch mußte ich esendlichaufgeben, weil ich zu vieles nicht entziffern konnte; die Copie war vom Dr. Schreiber; der Originalbrief andengriechischenConsul Tuffizagerichtet. - Abends wieder in das Cafée, EisundLimonade genossen, dann mit Bonomiim Mondschein umhergewandelt; heut habe ichdenlangen Brief andieMutter zugemacht, weil morgen dasenglischeDampfschiff abgeht. -40

Montagden26tenSeptember1842Ich schreibe heute mit großem Eifer andemfranzösischenBriefe des Mr. Arnaudbis 2 Uhr, bekomme ihn aber doch nicht ganz fertigundes wirddieAbschriftvonDr. Schreiberabgeschickt. Heut geht dasenglischeDampfschiffundeine Menge Briefe wurden zur Post besorgt. Während LepsiusverschiedeneOrte der Umgegend besucht, reite ich mit Bonomi, Franke, Freiund Maxzum Pallast des Pascha, um die Vasen zu besehenvomKönig. Wir müssen lange warten, weil Dinerda ist,nämlichderfranzösischeConsul; unterdessen unterhalt ich mich mit Ackermann, dem Kutscher des Pascha.Endlichfährt Mehmet Alifortundwir kommen indasPalais, wo unsderKammerdiener Carlherumführt; BonomiintürkischerKleidung muß baarfuß durch die Zimmer gehen. Die Zimmer sind eleganter als ich geglaubt habe,französischeingerichtet, schöne Diwans, Tapeten, viel Spieluhren, auch GemäldevondemSohn Ibrahim Pascha’sund3er Kinder Mehmet Ali’s, auch eins des Herzogs Max von Baiern, wie er mitseinemGefolge unterdenRuinenvon Thebenumherreitet. Die Vasen unsres Königs sind sehr geschmackvoll, besonders die großen; die Arabesken aber noch mehr als die Bilder selber. Treffliche Mosaiktische, Geschenk vom Papste; elegantes Schlafzimmer des Pascha. Aussicht überdenHafenunddasMeer. Dann nach 6 Uhr zurück zum Gasthof. - NachdemEssen noch indasCafeeundmitdenbeiden deutschen Naturforschern im Cafée geplaudert; nachher mit Lepsiusund BonomiwiedereineLektion imArabischen. 41

Dienstagden27tenSeptember1842. Am Morgen zu Haus geblieben; später mit Lepsiuszu DumreicherundRücksprache wegen des Dollmetschers genommen, dann zumHerrn Werne, dem Deutschen, derdieSammlung zu verkaufen hat; er war nicht zu Hause. Gegen Abendreiten Lepsius, Bonomi, Schreiber, Maxundich zum Thorvon Rosettehinaus, um die zerbrochnen Stücke einer Statue zu besehen, diewahrscheinlicheinemRömischenKaiser, egyptisch aufgefaßtundcoloßal, angehört; es waren etwa 9 Stück, deren Maaße wir nahmen. Sie liegen nicht weitvondem Canal Mamudieh. Bewässerte Felder zogen sich hier indieEbne hin, auf denen hellgrüne Kleesaat freundlich keimte. Hohes Rohr umfriedigte dieselben; kleine Bewässerungs-Kanäle zogen sich kreuzundQuer durch sie hin. Eine ViertelstundevomThore waren auf beiden Seiten Hügelvonaufgeschüttetem Boden, wohl alles Schutthügel des alten Alexandriens; auch findet man rings inderEbneundaufdenHügeln StückevonSäulen, Steinchen die zu Mosaik verwendet gewesen, alte Römische Ziegelbrocken etc. Diese Ausflucht war sehr interressant. - NachdemAbendessen trink ich[,] wie immer, meine Limonade, spatzieren mit Bonomiundhöreendlichnoch Lepsiuszu, wie er am Claviere singt. Um ¾ 10 zu Bett.

Mittwochden28tenSeptember1842. Gegen 8 Uhr gehe ich heut zu Werne, um beim Einpacken der Sammlung zu helfen; wir beschäftigen uns zuvörderst mit dem Anfertigen eines genauen Cataloges der ThiereundVögel; um 11 Uhr löst mich Freiabundich exerziere mit meinem Dejeunée nach. - Der Nachmittag wird mit fernerem Einpacken42 der Sammlung desHerrn Werdeso zugebracht; der Firman des Pascha wird erwartet, kommt aber nicht. Ein Dollmetscher wird genommen; auf den Abend wieder Eis gegessen.

Donnerstagden29tenSeptember1842. Mein Geburtstag. Ich bringe ihn mit fernerem Einpacken der Sammlung zu, sowie mit Umpackung unsrer Effekten. Mit einem Tischler werden die Reparaturen der altenundeine neue Kiste besprochen. Die erwarteten Firman’s kommen heutvomPascha. Der gestrige Dollmetscher wird weggeschicktundein andrer gut empfohlener genommen, Namens Mohammed, sowie ein zweiter Diener, diesem zur Hilfe Namens Seid. Ich denke heut viel nach Hauseundnach Jacobskirch. Zum Zeichnen komme ich der vielen Packereien wegen gar nicht mehr. - Wir befinden uns Gott sei Dank, bis jetzt Alle wohl, und werden wohl etwa übermorgen aufbrechen. Der Pascha will sich noch kalotypieren lassen, doch wer weiß, ob es Morgen geht. Das Einpacken der Sammlung wird heut fertig. Eßgeschirre sind heut angeschafft. Gegen 6 Uhr reite ich noch mit Bonomiund Freiein wenig aus; wir macheneinenBesuch beieinemarabischenDiener im recht hübschen Landhause. Die Hitze hält sich immer noch auf 22° im Zimmer; Regen haben wir noch nicht gesehen; die letzten Tropfen waren in Corfu. - Abends esse ich wie gewöhnlich ein Glas Eisundplaudre mit Lepsius, dem ich sage, daß mein Geburtstag[ ist]. 43

Freitagden30tenSeptember1842. Ich gehe heut zuvörderst mit Lepsiuszudeneingepackten Kisten des Werne. Es wird mit einem Kaufmann deren Besorgung abgemacht. Wir besehen diekleinePyramide mit Antiquitäten, aucheinekleineMuschelsammlung bei einem Italiener. Dann Frühstück; nachher hinüber zum Packen unserer Kisten; die neuen sind von den Tischlern angekommen; Freiund ErnstWeidenbachpacken. Von da zu Schreiber, der uns, mirund Freieine nette Madratze mit Kopfkissen schenkt. Da der Pascha ausseinemGarten heut nicht mehr zur Stadt kommt, wird aufdenAbend die Abreise bestimmt. Am Nachmittag kaufe ich mit demenglischenTischlerunddem Sekretärvon Anastasi, Tauwerk, Walzen, große[Leinen], Hammer, Meißel, Flaschenzug; auf einem Cameele schaffen wir die Sachen gleich nachderBarke, die ich mit Lepsiusam Vormittag genommen habe. Alsdann nach Hause; die Cameele zum AufpackenderSachen sind da; ich packe schnell meinen Mantelsack, es fängt schon an[,] dunkel zu werden. Die Kisten gehen mittlerweile ab. Ich gehe noch hinüber zu Anastasi, ihm adieu zu sagen; dann mit Dr. Schreiber[,] um noch einmal Eis zu essen; dann zum[Mittag],undnun mit Lepsiuszum Banquier, wo wir die Geldgeschäfte abmachen. Dann esse ich etwas; jetzt kommtdasGeld, wir zählen die 300 Dollars für Werneab; nun kommtdieRechnungvon Coulomb(unser Gasthaus); es sind über 4400 Piaster. AufdenAbend schickt Anastasi2 Wagen,undetwa um 9 Uhr bei Laternenschein fahren wir nach der Barke am Canal Mahmudieh. Vermöge eigner44 Parole kommen wir durchdasThor. Ein Esel hinterdrein, der das Gepäck (d.h. die Mäntel trägt). Wir kommen glücklich aufdieBarke, den Kutschern wirddasTrinkgeld applicirt,unddurch Auspacken einiger Laternen wird der ersten großen Verwirrung einigermaßeneinZiel gesetzt. Leider sind fürdieNacht keine Decken gekauft worden; es findet sich, daßdasBett mit 2 Decken von Wild vergessen ist,undjetzt hat er große Noth mitseinemSchlafen. Ich gebemeinenMantel an Frankeundliege auf meiner Madratze unbedeckt; meine Matrosenhosen werdenzumerstenmal angezogen. Lepsius, Bonomiund Frankebleiben draußten, wir andern drin; ich aufderBank;undso liege ich ziemlich lange Zeit ohne zu schlafen.

Sonnabendden1ten October 1842. Vor Sonnenaufgang sind wir alle auf; ich fühle mich mittelmäßig erquickt; der Morgen ist kaltundfeucht. Die Sonne geht schön hinter Wolken auf. Der Mahmudiehist ziemlich breit, beinah wie unsre Spree, wenigstens inderStadt. Am Morgen legen wir an einem Dorfe an; es wird für 3 ½ rth.einHammel gekauftundgeschlachtet; ich gehe ans Uferundhabe eine nette Aussicht auf grüne Ebnen, diesseitundjenseit des Canals; die elenden Hütten werdenvonTamariskenbäumenundPalmen aufdereinen Seite eingefaßt. Die Mücken haben mich inderNacht gestochen,undbei Tage sind die Fliegen unausstehlich; das gelbe Canal-Wasser hat keinen üblen Geschmack. Am Morgen früh schlürfen wireinekleineTasse Caffe,undum 9 Uhr wird Brod mit Käse gegessen, was sehr gut schmeckt. Um 12 Uhr wird Mittag gegessen Pillav (Reis)undHammelfleisch; aufderErde werden die zinnernen Teller auf einer Kuhhaut ausgebreitet; ich schneide vor,45undso essen wir ländlich, sittlich; es schmeckt uns recht gut, Bananen, RosinenundMandeln machen den Nachtisch. Ich schieße 2 mal nach Vögeln ohne zu treffen; es ist hier das erstemal, daß ich meine Flinte gebrauche. Die Ufer des Canals gewähren bisweilen Einsichten indasLand, wo man in Sumpfterrain hineinschaut. Um 4 Uhr etwa erblickt man Atfeh, woderCanal indenNil mündet. Wir packen unsre Sachen, um zur Ausschiffung bereit zu sein. Wir nähern uns Atfeh; 2 Reihen Bäume auf beiden Seiten fassendenCanal ein wieeineStraße[,] Lehmhütten, wie Schwalbennesterundvonderselben graugelben Farbe werden dahinter sichtbar, wir sind in Atfeh;zwischenunzähligen Barken legen wir an; Lepsiusmit Bonomigehen indieStadt, umeineBarke nach Kairozu suchen: IneinerStunde kehren sie zurück,undnun gehtdasAusschiffen los. Beidemschönsten Abendhimmel wird es vor sich gebracht. Heute regnete es zum erstenmal ein klein wenig[,] der Himmel war bewölktundgewährtebesondersbei Sonnenuntergang einen schönen Anblick. Frankefängt einen Fisch, der ihn indenFinger sticht. Unsre neue Barke ist viel kleiner alsdiealte. Im Dunkeln werden erst alle Sachen hinaufgebracht, besonders unsre langen[Bahnen]. Um 7 Uhr etwa stoßen wirvomUfer,undnun sind wir auf der ungeheuren Nilfläche; wir segeln nicht ganz ohne Sorge etwa eine Stunde im Dunkeln weiter, vor dem Dampfschiff vorbei; bald legt sichderWind, wir werden gezogen,undkommen endlich nach Fuah, wo wirdieNacht bleiben. Zuerst wird ein kalter Hammelbraten mit SalzundBrod verzehrt, dann, während die Sachen etwas aufgeräumt werden, gehen Bonomi, Frei, Maxundich in ein Café am Ufer mitkleinenLämpchen erhellt, wir trinkeneineTasse Caféundrauchen draußen[. ]46Dann machen wir uns inderengen Kajüte unser Lager zu recht, so gut es geht; ich liege drin aufderschmalen Madratze; mein Schlaf war mangelhaft wegen der vielen Mücken, die HändeundFüße (selbst durch HosenundStrümpfe) zerstachen. ** Wir hatten diese Nacht inderFerne Wetterleuchten,undspäter regnete es auch bei uns tüchtig.

Sonntagden2ten October 1842. Das Grauen des Morgens fand uns aufdenBeinen, gestochenundwenig erquickt; aber vor uns war die mächtige Fläche des Nilarms ausgebreitet; das dicke gelbe Wasser rauschte unter uns hin, rechts und links sehen die flachen Ufer[,] mit Schilf oder Rasen bekränzt, hervor; einzelne Ortschaften, aus elenden Lehmhütten gebaut mit GruppenvonPalmbäumen, die sich gegen den klaren Himmel erhoben, schwanden fernundnah an uns vorüber; Moscheen in bekannter Form bezeichneten sievonferne. Interressant war es, wenn der Wind nachließunddann schnell unsre Araber (wir hatten im Ganzen etwa 6 Mann) nackt indasWasser sprangenundandasUfer schwammen, umdasFahrzeug zu ziehen; sie sehen mit ihrem Schopfe wie[amrikanische]Wilde aus, schöne dunkelbraune Gestalten; sie schwimmen mitderLeine sehr gut durch den reißenden Strom, ihre einfache Kleidung, meist nur ein Schurztuch um den Leib, ward überdenKopf gehalten,undso ging es durch den Strom. Das Frühstück ward an einem malerischen Orte eingenommen,[und] um Mittag machten wir, Frankeausgenommen, einen AbstechervonderBarke indasLand, um beidemOrte Sa el Hagar, dem alten Sais, die noch etwa vorhandenen Überbleibsel zu sehen; Gräben durchschnitten überall den fruchtbaren Boden, der schwarzbraunvonderSonne tief zerklüftet, oder, wo er nicht trocken war, schlammig erschien. Araber trugen uns durch die Gräben auf den Schultern; ich, der längsteundschwerste[,] tauchte ein wenig mitdemHintern ein, was manches Lachen47 gab. Mais(türkischerWeizen) bedeckte häufig die Felder. Endlich kamen wir zu der großen Umwallung der alten Stadt, die von Nilschlamm, anderSonne getrocknet, erbaut war. Die muthmasliche Stelle des TempelsoderderBurg bedeckten TrümmervonNilschlamm, deren ungefähre Aufnahme mir zu thun übrig war. LepsiusschrittdieUmwallung ab, die etwaeineHöhevon15-30[ Fuß] hatte. Freizeichnete die Trümmer. Von GranitrestenoderHieroglyphen fanden wir nichts. Wir durchschritten nachher in heißestem Sonnenschein noch die ausgebreiteten Trümmer der Nekropolis (allesvonNilschlamm), wo wir jedoch auch nichts Bemerkenswerthes fanden. Hungrigundmüde kehrten wir zum Schiffe zurück. Der Pillaw (in Wasser gekochter Reis mit Hammelfleisch) schmeckte trefflich. Bald ziehend, bald mitdemWinde ging es langsam vorwärts. Die Ufer des Nilarms haben einziemlichgleichmäßiges Ansehen. Ortschaften mit einzelnen Palmenundandren Bäumen unterbrechen das flache Ufer. Am Abend ward gesungenundso kamdieNacht heran, die mir der Muskito wegen auch nicht viel Schlaf gewährte.

Montagden3tenOctober42. Heute stiegen wir an einem Orte aus, wo ehemals ein Canal indenNil mündete. Die Gegend war sehr freundlich; wir hatten unsre Flinten mitundschossen nach Tauben, deren unzählig viele in dem Sumpfterrain sich aufhalten. FederviehundVögel aller Art, gibt es genug. In einem Limonenwäldchen nahe am Nilwurden möglichst viel Limonen gesammelt. Übrigens war hier nichts weiter zu sehen. Der Rückweg wurde uns sehr erschwert, dadurch, daßdieBarke voraus gesegelt warundwir des Sumpfterrains wegen ihr nicht folgen konnten. Nach langen Umwegen kehrten wir zur alten Aussteigestelle zurückunddieBarke nahm uns hier auf. - Später ward heut wieder eine Exkursion gemacht tiefer ins Land hinein nachdemOrte Cafr el Naharieh, die Flinten wurden wieder mitgenommenundmanche48 Taube geschossen, einige andre Vögel schossen wir lahm. Bei einem breiten Canal fanden wir glücklicherweise eine Barke, die uns übersetzte. Kleinere Canäle wurden auf den Schultern unsres rüstigen Arabers überschritten, wobei Ernstund MaxWeidenbachsehr stark getauft wurden. Nach Überwindung dieserundandrer Schwierigkeiten gelangten wirendlichandenverlangten Ort, wobei uns Bonomidurch sein arabisch Sprechen sehr nützlich war. Wir fanden das Dorf Mahariehso ganz überdenalten Trümmern erbaut; diese bestanden aus gebrannten harten Ziegeln sehrkleinerForm. Diese Ausflucht belohnte sich in so fern, als manche Steine mit Hieroglyphen gefunden wurden; wobei auch Königsnamen, die für Lepsiusvongroßer Wichtigkeit waren; das ganze Dorf ward durchstöbertundalle Granitschwellen untersucht; - Unzählige Masse gefallenen Viehs, was überall umdasDorf umherlagundfaulte, machte den Aufenthalt beim Dorf abscheulich; die Sonne brannte sehr heiß. Meine Füße, die andenHacken durchgelaufen waren, schmerzten mich. Glücklicherweise fanden wir aufdemgroßen Canal unweit des Ortes einen Kahn, der uns eine ganze Strecke mitnahm. Eine Menge Tauben wurden geschossen. Mit sinkender Sonne hatten wir den letzten starken Canal zu passiren, der breit mit starker Strömungundtief war. Unser Araber, nackend trug uns Einen nachdemAndern aufdenSchultern hinüber, es war interressant anzuschauen, 7 mal mußte er hinundzurückunddas 8e mal noch holte er die KartenundFlinten; Mein Stiefel fließt voll Wasserundhinkend lege ichdasEnde des Weges zurück. Auf dieser Tour sehen wir große Felder von Baumwolle inderBlütheundschon gereift; aus 3 Samenkapseln quellen dievonderfertigen Baumwolle umgebnen Samenkörner hervorunddieWolle fliegt aufdemBoden umher; die Stauden haben feigenförmige Blätterundgrüngelbe malvenartige Blüthen. Spät im Dunkeln49 erreichen wir ineinemDorfe, das sehr lebendig war,undeine Art Markt hatte, die Barke, Alle sehr müde. Ich wasche meine Füße, die mich schmerzen; wir essen MilchreisundEierkuchenundgegen ½ 10 lege ich mich aufmeineMadratze schlafen; aber das ist nicht möglich, alle Wunden der Mücken brennen fieberhaft, das Geschrei der Araber, die unbequeme Lage, Alles dieß bringt mich erst sehr spät zur Ruhe. Seit unsrer Abreisevon Alexandrienhab ich meinen Sommerrockundmeine grauleinenen groben Hosen an, die sehr praktisch sind.

Dienstagden4tenOctober1842. Der frühe Morgen findet uns wach, wir sind aneinerStelle, wo wir wieder Ruinen der Carte nach angegeben finden,nämlichhinter dem Orte Rafr el DariehnachderWüste zu. Ich, ohne Strümpfe in meinenBerlinerLederschuhen gehe mit; noch einmal wird mittelst Barke übergesetztundmeist in märkischen Sande mit Schilfgras büschelartig überwachsen geht es fernen Berghügeln zu. Schwarze, vom Nilschlamm überdeckte Felder werden umgangen, die Gegend wird immer öder, man merkt, daß man am BeginnderWüste ist; doch aber siehtmannoch Grünes um sich her. Nach 1 ½StündigemMarsche gelangen wir zu den Schutthaufen, die aber,vomSande fast ganz verdeckt[,] nichts sehen lassen, als einen großen Stein, der vielleicht ein Grab bedeckt hat; etwas Brodundmitgenommenes Wasser erquickt uns inderstarken Hitze. Nach einigem Ausruhen kehren wir auf demselben Wege zurück. Die beiden Weidenbach’s,vongestern sehr erschöpft, sind nicht mitgegangen, aberzumerstenmal Franke, der noch jetzt nach mehreren StundenvonSchweiß aufgelöst ist. Nach der etwas angreifenden Tour ward unser Milchreis und die geschmorten Tauben genossenunddann auf deutsche Art Caffee getrunken, was mir sehr gut schmeckt. Jetzt ist es ¾ 1, unsre Barke wird gezogen; Lepsiusund Weidenbachschlafen, auch Frankeruht; wir kommen sehr langsam vorwärts,undich glaube[,] wir erreichen kaum morgen Cairo. 50Nachmittag stand ich mit WildaufdemSchiffe,undwir schossen nach Vögeln; unsre Flinten waren an einem Pfosten der Cajüte angebunden, ein Vogel setzt sich auf unsre Rae, Lepsiuswill ihn schießenundruft nacheinerFlinte; Ernstwill sie schnell loslösen, stößt gegen die Bankeundder Schuß gehtzwischenmirundihm glücklicherweise indieDecke; es war uns Allen einvonGott gegebner guter Rath, vorsichtig mit Feuergewehren umzugehen. - Am Abend bei unsren Laternen saßen Lepsius, Bonomi, Wildund Freiundich und es wurden Geschichten auffranzösischerzählt. Ich heutzumerstenmal schöne Granatäpfel, eine weinsäuerliche Frucht aus kleinen rothen Kernen bestehend. Es war heutderVorabend des Rhamadanfastens, was morgen beginnt,undeinenMonat dauert. Unser Aller Gesundheit läßt nichts zu wünschen übrig. - DieverschiedenenArten schöner Laubbäume, Akazien, Tamarisken, Sykomorenundwie sie heißen mögen[,] machten mitdenPalmenundLehmhütten der armen Dorfbewohner höchst malerische Ansichten. -

Mittwochden5ten October 1842. Nach der ersten schön durchschlafenen Nacht tranken wir auf deutsche Art mit frischen Butterschnitten auf geröstetem Brothe unsren Café in der Ortschaft Wardan. Jetzt steigen uns zur Rechten die Bergzüge der Lybischen Wüsteempor, grau, nicht allzu bedeutend hoch, fast eine grade Linie bildend; vorn bisweilen ganz gelber Sand; um ½ 11 UhrVormittagssieht Freisich zum erstenmal die Pyramidenvon Giza; bald werden zwei sichtbar, endlich auch die dritte kleine in großer Ferne; es war bei dem Dorf El Goneimieh. Um ½ 2 Uhr kommen wir bei sehr günstigem Winde zum Kuhbauch, an den vereinigten Nil, der doch beiseinerjetzigen Höhe eine außerordentliche Wasserfläche bildet, fast übervoll mit grünen Inseln zertheilt. Weiße Segel ziehen an uns vorüber. Ortschaften mit lumpigem Volke, was schreitundstreitet. Fatale Hunde; nackte KinderundGroße ohne ScheuundScham. - Während ich schreibe um ½ 3 Uhr wird mitdemFernrohr Casr el Cahiraerblickt. - Heut hatt51 ich den Ärger, mein schönes Messer, nochvomVater her, ausderTasche indenStrom fallen zu sehen, als ich mich bückte, um Wasser zu schöpfen. - Die Landschaft wurde nun schöner, die Laubbäume häufiger, Fabrikgebäude[und] Villen lagen in freundlicher Umgebung am Ufer; mit dem günstigsten Winde landeten wir etwa um 4 Uhr nach eingenommenem Mittagsmahle in Bulack, dem nur ¼Meileentfernten Ortevon Cairo. Im dicksten GewimmelvonSchiffenundMenschen zwängten wir unsre Barke andasUfer. Lepsius, Bonomi, Freiundich machten uns auf Eseln aufdenWeg nach Cairo; die engen Straßen wurden durchzogenundwahrearabischeArchitektur fesselte überall meine Blicke. Aber die Gassen sind so eng,dasGewühl so groß, daßmansehr aufdenWeg Acht haben muß. CameeleundPackesel zwängen sich an uns vorüber, es ist unendlich interressant. Wir haben Bulackmit einer trefflichen Moschee passirt; eine breite mit Akazien eingefaßte Straße führt uns Cairoentgegen. Nach ¾ Stunde reiten wir durchdasThor gewissermaßenzwischen