PRIMS Full-text transcription (HTML)
[I]
Verſuch über die Elektricität, worinn Theorie und Ausübung dieſer Wiſſenſchaft durch eine Menge methodiſch geordneter Experimente erläutert wird, nebſt einem Verſuch über den Magnet
Aus dem Engliſchen, mit ſechs Kupfertafeln.
Leipzig,im Schwickertſchen Verlage1785.
[II][III]

Vorrede.

Schon die Aufſchrift dieſes Verſuchs zeigt, daß man hier kein vollkommen ausge - führtes Syſtem der Elektricität zu erwarten ha - be. Eine ganz vollſtändige Abhandlung über die Theorie und Praxis der Elektricität würde ein weitläuftigeres Werk und mehr Zeit erfor - dern, als ich darauf zu verwenden im Stande bin.

Man iſt jetzt allgemein über den Nutzen und die Wichtigkeit der Lehre von der Elektricität einverſtanden; und man kann mit Grund ver - muthen, daß man in den künftigen Zeitaltern dieſe Lehre als die Quelle anſehen werde, von welcher die erſten Grundſätze der Naturkunde abfließen; ihre wiſſentſchaftliche Würde iſt daher eben ſo groß, als ihr Nutzen für die Menſch - heit.

Jch habe es nicht unternommen, die Ge - ſchichte dieſer Lehre von ihrem erſten rohen An -IVVorrede.fange an zu beſchreiben, und dem menſchlichen Verſtande auf den mannichfaltigen und unre - gelmäßigen Wegen nachzugehen, auf welchen er den Geſetzen und der Quelle der Elektricität nachgeforſchet hat. Dies hat unſtreitig D. Prieſtley mit vieler Vortreflichkeit ausge - führet. Unſere Kenntniſſe ſind noch ſo einge - ſchränkt, und die Geheimniſſe der Natur ſo tief verborgen, daß es ſchwer zu beſtimmen bleibt, ob die angenommene Theorie in der Wahrheit gegründet und der Natur gemäß ſey, oder ob uns die Phyſiker der künftigen Zeit als bloße Kinder anſehen werden, die ſich mit un - vollkommenen Meinungen und ſchlecht überdach - ten Hypotheſen befriediget haben.

Wenn man viele Dinge zuſammenmiſcht, welche wenig oder gar keine Verbindung mit[einander] haben, ſo entſteht daraus natürlich Ver - wirrung. Jch habe mich daher in dieſem Ver - ſuche beſtrebt, die weſentlichen Theile der Elek - tricität methodiſch und kurz zuſammenzufaſſen und zu ordnen, um dadurch ihre Anwendung leicht, angenehm und dem angehenden Prakti - ker faßlich zu m[a]chen, und durch Zuſammen - ſtellung aller Verſuche, welche zu einerley Fa -VVorrede.che gehören, wechſelſeitige Erläuterung des ei - nen durch den andern zu bewirken, damit man hierdurch die Stärke oder Schwäche der daraus hergeleiteten Theorien deſto beſſer beurtheilen könne. Und obgleich die Beſchaffenheit und die engen Grenzen meines Plans keinen Reich - thum an Bemerkungen und keine umſtändliche Anführung aller Kleinigkeiten zuließen, ſo wird doch, wie ich hoffe, wenig Brauchbares und Wichtiges ganz übergangen worden ſeyn.

Da ich mich nicht gern eines Plagiats beſchuldiget ſehen möchte, ſo bekenne ich mit Vergnügen die Unterſtützung, welche mir ver - ſchiedene über meinen Gegenſtand ausgearbeitete Schriften gewährt habe. Mit uneingeſchränk - ter Freyheit habe ich aus dieſen Schriften ausgewählt, was ich zu meiner Abſicht dien - liches darinn gefunden habe. Beſonders ha - be ich Herrn Banks für die Gefälligkeit zu danken, mit welcher er mir die Memoires de l’Academie de Berlin vom Jahr 1780 zum Gebrauch bey meiner Arbeit überlaſſen hat.

Die häufigen Abhaltungen und Störungen, denen ich, als Handelsmann, unterworfen bin,VIVorrede.werden mich hoffentlich entſchuldigen, wenn meine Leſer einige Fehler entdecken ſollten, die ſie ſelbſt gütigſt verbeſſern werden.

Es ſey mir noch erlaubt, bey dieſer Ge - legenheit dem Publikum bekannt zu machen, daß ich jetzt mit einem Werke beſchäftiget bin, in welchem ich die mechaniſchen Theile der mathematiſchen und phyſikaliſchen Wiſſenſchaf - ten beſchreiben, und den mannigfaltigen Ge - brauch der Inſtrumente mit ihren neueſten Verbeſſerungen erklären will: welches, wie ich hoffe, die Erlernung der Wiſſenſchaft er - leichtern, und ihren Fortgang befördern ſoll. Jch werde bey dieſem Werke weder Mühe noch Koſten ſcheuen.

[VII]

Innhalt.

  • Erſtes Capitel. Von der Elektricität überhaupt. Seite1
    • 1. 2. Verſuch. Anziehen und Zurückſtoßen geriebnen Glaſes und Siegellacks. 2
    • Definition der Elektricität. 3
    • Definition der Erregung der Elektricität. ebend.
    • Elektriſche und nicht-elektriſche Körper. ebend.
    • 3. 4. Erläuterung der Definition der Leiter und Nicht-leiter. 4
    • Unterſchied zwiſchen erregter und mitgetheilter Elektri - cität. ebend.
    • 5. 6. Entgegengeſetzte Elektricitäten. 5
    • Verzeichniß leitender Subſtanzen. 6
    • elektriſcher Körper. 9
    • Achard’s Meinung über den Unterſchied zwiſchen elek - triſchen und nicht-elektriſchen Körpern. ebend.
    • Verzeichniß elektriſcher Körper, welche verſchiedene Elektricitäten hervorbringen. 11
    • Bergmanns Beobachtungen hierüber. ebend.
  • Zweytes Capitel. Von der Elektriſirmaſchine, nebſt Anweiſungen zu ihrem Gebrauch. 14
    • Beſchreibung der Elektriſirmaſchine. ebend.
    • 7. Verſuch. Erregung poſitiver und negativer Elektrici - tät. 16
    • Wirkung des Küſſens. 18
    • 9. Entgegengeſetzte Elektricitäten an einer zerbroche - nen Siegellackſtange. 22
    • [VIII]
    • Innhalt.10 Verſuch. Elektriſche Erſcheinungen zwiſchen dem ne - gativen und poſitiven Condu[cto]r. S. 22
    • 11. 12 Wirkungen des iſolirten Küſſens, und D. Franklin’s darauf gebaute Theorie. 23
    • Beſchreibung des Ausladers. 25
    • des Ausladers mit Gelenk. ebend.
    • des allgemeinen Ausladers. 26
    • einer hölzernen Preſſe. ebend.
    • des elektriſchen Luftthermometers von Rinners - ley. ebend.
    • des Quadrantenelektrometers. 27
    • Townſhend’s Elektrometer28
  • Drittes Capitel. Die Eigenſchaften des elektriſchen Anziehens und Zurückſtoßens, durch Verſuche mit leichten Körpern erläutert. 29
    • Allgemeine Eigenſchaften des Anziehens und Zurück - ſtoßens. 30
    • 13 Verſuch. Der Federbuſch. 31
    • 14 Anziehen und Zurückſtoßen der Korkkugeln. ebend.
    • 15 der Fäden. 32
    • 16 Nollets Reif mit Fäden. ebend.
    • 17. 18 Tanzende Bilder. 33
    • 19 Das ſchwebende Goldblättchen. 35
    • 20 Das um eine Kugel bewegte Goldblättchen. ebend.
    • 21 Elektriſcher Seiltänzer. ebend.
    • 22 Elektriſcher Fiſch. ebend.
    • 23 Die umlaufende Glaskugel. 36
    • 24 Elektriſches Glockenſpiel. ebend.
    • 25 Elektriſches Sphäroid. 37
    • 26 Elektriſtrte Feder und Glasröhre. 38
    • 27 Kugeln unter dem Trinkglaſe. ebend.
    • 28. 29 Daß die Anziehung durch elektriſche Körper wirke. 39
  • [IX]
  • Innhalt.Viertes Capitel. Das Anziehen und Zurückſtoßen in Abſicht auf die entgegengeſetzten Elektricitäten. S. 39
    • 30 39 Verſuch. Ueber die Wirkungen und die ent - gegengeſetzte Beſchaffenheit der Elektricitäten. 40 u. f.
    • 40 42 Ueber die abwechſelnden Zonen von po - ſitiver und negativer Elektricität. 43 u. f.
    • 43 Ueber die ſchwingende Bewegung zwiſchen der Luft und der elektriſchen Materie. 45
    • 44 52. Ueber das Anziehen, Zurückſtoßen und Zuſammenhängen geriebner ſeidner Bänder. 46 u. f.
  • Fünftes Capitel. Vom elektriſchen Funken. 50
    • 53 Verſuch. Das Funkenziehen. ebend.
    • Ueber die Natur und Entſtehung des elektriſchen Funkens. ebend.
    • 54 Die leuchtende elfenbeinerne Kugel. 52
    • 55 Die leuchtende hölzerne Kugel. ebend.
    • 56 Hawksbee’s Verſuch. 53
    • 57 D. Príeſtley’s Verſuch. ebend.
    • 58 Leuchtendes Waſſer. 54
    • 59 Der grüne Funken. ebend.
    • 60 Die Spiralröhre. ebend.
    • 61 Leuchtende Buchſtaben. 55
    • 62. 63 Funken an Spitzen. ebend.
    • 64 Funken von iſolirten Perſonen. 56
    • 65 Anzünden des Weingeiſts durch die Elektricität. 57
    • 66. 67 Phänomene des elektriſirten Dampfs. ebend.
    • 68 Die Piſtole mit entzündbarer Luft. 59
  • Sechſtes Capitel. Von elektriſirten Spitzen. 61
    • 69 72 Verſuch. Erſcheinungen des Lichts an nega - tiv oder poſitiv elektriſtrten Spitzen. 61
    • [X]
    • Innhalt.73. 74 Wirkungen einer geriebenen Glasröhre auf dieſe Erſcheinungen. S. 62
    • 75 Biegung einer Lichtflamme nach verſchiedentlich elektriſirten Conductoren. 63
    • 76 Elektriſches Flugrad. ebend.
    • 77 dergl. auf einer ſchiefen Fläche laufendes. 64
    • 78 Elektriſcher Krahn. ebend.
    • 79 Verſchiedne Flugräder. ebend.
    • Vom elektriſchen Winde. ebend.
  • Siebentes Capitel. Von der leidner Flaſche. 65
    • 80 Verſuch. Ladung und Entladung der leidner Fla - ſche. 65
    • 81 Elektriſcher Schlag. 66
    • Bemerkungen über die leidner Flaſche. 67
    • D. Franklin’s Theorie derſelben. 68
    • 82 Verſuch. Eine iſolirte Flaſche kann nicht geladen werden. 69
    • 83. 84 So viel Elektricität aus der äußern Seite heraus geht, eben ſo viel geht in die innere hinein. 70
    • 85 Uebergang der Elektricität von einer Seite zur andern. 71
    • 86 Zwo poſitiv geladene Flaſchen explodiren nicht. ebend.
    • 87 Zwo verſchiedentlich geladene Flaſchen ſchlagen gegen einander. ebend.
    • 88 Eine negativ entladene Flaſche. ebend.
    • 89 Zwo Flaſchen werden zugleich mit entgegenge - ſetzten Kräften geladen. 72
    • 90 Eine Flaſche mit beweglichen Belegungen. ebend.
    • 91 Eine fleckenweis belegte Flaſche. ebend.
    • 92 Eine durch Schrot geladene Flaſche. 73
    • 93 Eine bloß inwendig belegte Flaſche. ebend.
    • 94 Eine Flaſche mit der Kette. ebend.
    • [XI]
    • Innhalt.95 Verſuch. Die doppelte Flaſche. S. 74
    • 96. 97 Kugeln durch die Belegung und den Knopf einer Flaſche zu elektriſiren. 75
    • 98 Die zwiſchen zwo Flaſchen ſpielende Korkkugel. ebend.
    • 99 Spiel der Korkkugel zwiſchen dem Knopf einer Flaſche und einer mit der äußern Belegung verbun - denen meſſingenen Kugel. 76
    • 100 Korkkugel zwiſchen zwo mit einerley Kraft ge - ladenen Flaſchen. ebend.
    • 101 Das umgedrehte Flugrad. ebend.
    • 102 Die geriebene Glastafel. 77
    • Beſchreibung eines verbeſſerten Apparatus. 78
    • 103 106 Verſuch. Erſcheinungen des Lichts an zu - geſpitzten Dräthen beym Laden einer Flaſche. 79
    • 107 Die mit verſchiedenen Zonen belegte Flaſche. 80
    • 108 Erſcheinungen des Lichts. 81
    • 109 Geriebnes Glas am Knopfe einer Flaſche. 82
    • 110 Das Leidner Vacuum. ebend.
    • 111 Der leuchtende Conductor. ebend.
    • 112 Geladene Flaſche im luftleeren Raume. 83
    • 113. 114 Verſuch mit einem Wachslichte. ebend.
    • 115 Mit einer Karte. 84
    • 116 Mit vier Korkkugeln. ebend.
    • 117 Mit einem gemahlten Kartenblatt. ebend.
    • 118 124. Verſuche, welche wider die angenom - mene Theorie ſtreiten. 85
  • Achtes Capitel. Von der elektriſchen Batterie. 87
    • 125 Verſuch. Glühend gemachter Drath. 89
    • 126 Ein Buch Papier zu durchlöchern. ebend.
    • 127 Mitgetheilter Magnetiſmus. ebend.
    • 128 Aufgehobne Polarität des Magnets. ebend.
    • 129 Schmelzen des Draths. 90
    • [XII]
    • Innhalt.130 Verſuch. Schmelzung des Draths in einer Glas - röhre. S. 90
    • 131 Merkmale, welche eine Kette zurückläßt. 91
    • 132 Goldblättchen zu ſchmelzen. ebend.
    • 133 Glas zu zerbrechen92
    • 134 Gewichte aufzuheben. ebend.
    • 135 Beſchreibung der Lateral-exploſion. 93
    • 136. 137 Ueber die Lateral-exploſion. 94
    • 138 Exploſion durch eine Glasröhre mit Queckſil - ber. 95
    • 139 mit Waſſer. 96
    • 140 Künſtliches Erdbeben. ebend.
    • 141 Verlängerter Drath. 97
    • 142 Schlag durch Waſſer. ebend.
    • 143 Erzeugung prismatiſcher Farben. 98
    • D. Watſon’s Verſuche über die Diſtanz, bis auf welche man den elektriſchen Schlag fortführen kann. ebend.
    • Volta’s Bemerkungen über Watſons Verſuche. 99
    • Hypotheſe. 202
  • Neuntes Capitel. Ueber den Einfluß zugeſpitzter Ableiter an den Gebäuden. 103
    • 144 Verſuch. Das Donnerhaus. 105
    • 145 148 Entladungen durch Kugeln und Spi - tzen. 106
    • 149 Die bewegliche Blaſe. 107
    • 150 Flocken von Baumwolle. 108
    • 151 Feine Fäden. ebend.
    • 152 Das herabhängende Bret. 109
    • Wilſons gabelförmiger Apparatus und Verſuche mit demſelben. 110
    • Beobachtungen über den Blitz und die Ableiter. 114
  • [XIII]
  • Innhalt.Zehntes Capitel. Ladung einer Luftplatte. S. 121
    • Beſchreibung des Apparatus. 122
    • 152 Verſuch. Schlag aus den Bretern. ebend.
    • 153 Nachahmung des Blitzes. 124
    • 154 Mit Federn an den Bretern. ebend.
    • 155 Mit Kleyen auf denſelben. 125
    • 156 Mit einem Lichte an dem einen Brete. ebend.
  • Eilftes Capitel. Vom Elektrophor. 126
    • 157 168. Verſuche mit dem Elektrophor. 127
    • 169 Figuren des Harzſtaubs auf dem Elektro - phor. 133
    • 170. 171 Elektriſcher Becher. ebend.
    • 172 Elektriſche Kanne und Kette. 134
    • 173 Ronayne’s Verſuch mit gerolltem Flanell. ebend.
    • Volta über das unvollkommne Iſoliren. 135
    • Beſchreibung des Condenſators oder Mikro-elektro - meters. ebend.
    • Gebrauch deſſelben. 137
    • Funken aus einer entladnen leidner Flaſche. 139
    • Funken aus einer Maſchine, welche vorher kein merk - liches Zeichen einer Elektricität gab. 140
    • 174 Verſuch, mit den Condenſatoren. 142
    • 175 mit dem Elektrophor. 143
    • 176 178 mit den Condenſatoren. 144
    • 179 Zur Erläuterung eines Theils der Theorie. 148
  • Zwölftes Capitel. Von der atmoſphäriſchen Elektricität. 151
    • Des p. Beccaria Apparatus. 152
    • Wirkungen der Feuchtigkeit in der Luft. 153
    • [XIV]
    • Innhalt.Zeichen des ſich aufklärenden Wetters. S. 154
    • Elektriſche Nebel. 155
    • Tägliche atmoſphäriſche Elektricität. 157
    • Elektricität des Abendthaues. 158
    • 180 Verſuch. Erklärung der Elektricität des Thaues. 159
    • Bemerkungen über den elektriſchen Drachen und deſ - ſen Zubereitung. 160
    • Flaſche, um eine Ladung auſzubewahren. 162
    • Atmoſphäriſches Elektrometer. ebend.
    • Regenelektrometer. 163
    • Tragbares atmoſphäriſches Elektrometer. 164
    • Allgemeine Geſetze aus den Verſuchen mit dem elektri - ſchen Drachen. 166
    • Achard von der elektriſchen Meteorologie. 168
    • Ebendeſſ. atmoſphäriſches Elektrometer. 172
  • Dreyzehntes Capitel. Von der Verbreitung und Zertheilung der flüßigen Materien durch die Elektricität. 178
    • 181 Verſuch, mit einer Haarröhre. 179
    • 182 mit zwo Haarröhren an verſchiedentlich elek - triſirten Conductoren. ebend.
    • 183 Der leuchtende Waſſerſtrom. 180
    • 184 Der Feuerregen. ebend.
    • 185 Ein Gefäß mit mehreren Haarröhren. ebend.
    • 186 Anziehung eines Waſſertropfens. ebend.
    • 187 Entladung einer Batterie durch einen Waſſer - tropfen. ebend.
    • 188 mit einem Waſſertropfen. 181
    • 189 Ein langer Funken aus Waſſer gezogen. ebend.
    • 190 Feine Fäden aus Siegellak gezogen. ebend.
    • 191. 192 Elektriſirter Waſſerſtral. 182
  • [XV]
  • Innhalt.Vierzehntes Capitel. Vom elektriſchen Lichte im luftleeren Raume. S. 182
    • 193 Verſuch mit einer hohen Glocke. ebend.
    • Beobachtung des Herrn Wilſon. 183
    • 194 Daß die Elektricität ſich ſelbſt nicht zurück - ſtoße. ebend.
    • 195. 196 Elektriſche Erſcheinungen im luftleeren Raume. 184
    • 197 Nachahmung des Nordlichts. 185
    • 198 Leidner Flaſche im luftleeren Raume. 186
    • 199 Doppelbarometer. ebend.
    • 200 Grüne Funken im luftleeren Raume. 187.
  • Funfzehntes Capitel. Von der mediciniſchen Elektricität. 188
    • Bemerkungen über die Wichtigkeit und den allgemei - nen Einfluß der Elektricität. 188 u. f.
    • 201 Verſuch, mit einer Maus. 194
    • 202 Schlag durch verſchiedene Theile des menſch - lichen Körpers. ebend.
    • 203 Erregung der Elektricität durch Wärme und Kälte. 196
    • 204 Das Thermometer ſteigt durch die Elektricität. 197
    • Apparatus zur mediciniſchen Elektricität und deſſen Gebrauch. 199
  • Sechszehntes Capitel. Vermiſchte Verſuche und Beobachtungen. 206
    • 205 Verſuch im pantheon. 207
    • 206 Schießpulver zu zünden. ebend.
    • 207 Beſchreibung einer Pyramide. 208
    • 208 Kampher zu entzünden. 209
    • 209 Baumwolle anzuzünden. ebend.
    • Volta’s Lampe mit entzündbarer Luft. ebend.
    • [XVI]
    • Innhalt.210 Verſuch mit Rinnersley’s Luftthermometer. S. 210
    • 211 Chryſtalliſtrtes Weinſteinöl. 211
    • 212 Ein ſehr langer Funken. 212
    • 213 215. Mit phoſphorus. ebend.
    • 216 von Herrn Achard. 214
    • 217 Eine Glasröhre zu durchbohren. 216
    • 218 Das Zaubergemälde. 218
    • 219 Mit Meſſingfeile. 219
    • 220 Ueber dem Rauch. ebend.
    • 221 Die leuchtende Kette. ebend.
    • 222 Der leuchtende Auslader. 220
    • 223 Leuchtende Röhren. ebend.
    • 224 Die umlaufende Kugel. 221
    • Herrn Brooke’s Elektrometer. ebend.
    • 225 Veränderung der Farbe vegetabiliſcher Säfte223
    • Verſuche über verſchiedene elaſtiſche Fluida. 224
    • 226 von Herrn Marſham. 229
    • Ueber die Aehnlichkeit zwiſchen Wärme und Elektrici - tät von Herrn Achard. 230
  • Verſuch über den Magnetiſmus, worinn die Eigenſchaften des Magnets durch viele merkwürdige Verſuche erläutert werden. 237
[1]

Verſuch über die Elektricität.

Erſtes Capitel. Von der Elektricität überhaupt.

Es muß jedem Forſcher nach Wahrheit auffallend und befremdend ſcheinen, daß die Elektricität, dieſe jetzt allgemein anerkannte Haupttriebfeder bey Hervorbringung der Naturbegebenheiten, ſo lange Zeit in Dunkel gehüllt und unbekannt geblieben iſt; denn kaum wußten die Alten etwas von ihrem Daſeyn. Zwar waren ihnen die beſondern Eigenſchaften dererjenigen Körper, welche wir jetzt idioelektriſche (corpora per ſe ele - ctrica) nennen, nicht gänzlich unbekannt; allein ihre Kenntniſſe davon waren ſehr unbedeutend, und der Weg, auf welchem ſie dazu gelangten, höchſt eingeſchränkt. Da - her gewann dieſes Fach der Naturlehre ſehr wenigen Fort - gang, bis endlich der glückliche Zeitpunkt erſchien, ſeit welchem ſich die Naturforſcher von den Feſſeln der Hypo - theſen losgeriſſen und von der Ungewißheit nichtiger Muth - maſſungen befreyt haben.

Erſt damals ward das Daſeyn dieſer ſo feinen und in den meiſten Fällen unſichtbaren Kraft erwieſen; man ent - deckte viele ihrer Eigenſchaften, und fand, daß ihre Wirk - ſamkeit allgemein, und ihr Einfluß uneingeſchränkt ſey.

Die Elektricität hat das beſondere Glück gehabt, die Aufmerkſamkeit eines vortreflichen philoſophiſchen Ge - ſchichtſchreibers auf ſich zu ziehen, der den Fortgang der2Erſtes Capitel.Entdeckungen in dieſem Fach auf eine ſehr angenehme Art beſchrieben, die verſchiedenen zu Erklärung der elektriſchen Erſcheinungen erfundenen Theorien angezeigt, dem Pu - blikum viele wichtige von ihm ſelbſt erdachte Verſuche mit - getheilt, und das, was in dieſem weiten Felde noch zu unterſuchen übrig bleibt, richtig angegeben hat*)Der Verfaſſer redet von des D. Prieſtley Hiſtory of electricity, wovon die deutſche Ueberſetzung unter dem Titel: Geſchichte und gegenwärtiger Zuſtand der Elektricität, aus dem Engliſchen von D. J. G. Krünitz, Berlin und Stralſund[1]772. 4. bekannt iſt. A. d. U..

Aber ſeit der Erſcheinung der Prieſtleyiſchen Ge - ſchichte der Elektricität iſt dennoch der elektriſche Appara - tus aufs neue beträchtlich vermehrt, und eine Menge neuer Verſuche angeſtellt worden. Dieſe Vermehrungen zu beſchreiben, und dieſe Verſuche ſo zu ordnen, daß daraus die Verbindung zwiſchen ihnen und der angenommenen Theorie der Elektricität erhelle, dies war eine meiner vor - nehmſten Abſichten bey der Ausarbeitung der gegenwärti - gen Schrift. Auch wünſchte ich, meinen Bekannten ein Werk in die Hände zu geben, wodurch ſie ſich in Stand ſetzen könnten, die elektriſchen Maſchinen und Geräth - ſchaften, die ich ihnen empfehle, mit Leichtigkeit und gu - tem Erfolg zu gebrauchen.

Da die Lehre von der Elektricität, als Wiſſenſchaft betrachtet, noch in ihrer erſten Kindheit iſt, ſo laſſen ſich ihre Definitionen und Grundſätze freylich nicht mit geome - tiſcher Strenge abfaſſen. Jch werde daher alle poſitive und entſcheidende Ausſprüche, ſo viel möglich, vermeiden. Vielmehr wünſchte ich meine Leſer zu eigner Unterſuchung und Vergleichung der Verſuche, und zu eigner Herleitung der Folgerungen aus denſelben, zu ermuntern.

1. Verſuch.

Man reibe eine trockne Glasröhre mit trocknem Sei - denzeuge, und bringe leichte Körper, z. B. Pflaumfe -3Von der Elektricität überhaupt.dern, Kork - oder Holundermarkkügelchen gegen dieſelbe, ſo werden dieſe Körper von der Röhre zuerſt angezogen, und hernach zurückgeſtoſſen werden.

2. Verſuch.

Man reibe eine trockne Stange Siegellak, ſo wird auch dieſe leichte Körper, die man dagegen hält, zuerſt anziehen, und hernach zurückſtoßen.

Bey beyden vorſtehenden Verſuchen hat das Reiben eine Kraft in Wirkſamkeit geſetzt, welche leichte Körper anzieht und zurückſtößt; dieſe Kraft heißt Elektricität.

Man nimmt insgemein an, es ſey durch alle Körper eine gewiſſe natürliche Menge oder ein natürliches Maaß von elektriſcher Materie verbreitet, und in dieſem natürli - chen Zuſtande wirkt dieſe Materi[e]nicht auf unſere Sinne; wenn aber durch natürliche oder künſtliche Mittel dieſes Gleichgewicht geſtöret, und in den Körper mehr oder weniger gebracht wird, als das natürliche Ma[a]ß beträgt, ſo entſtehen Wirkungen, die wir elektriſche nennen, und man ſagt, der Körper ſey elektriſirt

Von einem Körper, der durch Reiben vermögend gemacht worden iſt, elektriſche Erſcheinungen hervorzu - bringen, ſagt man, ſeine Elektricität ſey erreget, oder er ſey u[r]ſprünglich elektriſiret (excited).

Bernſtein, Seide, Harz, trocknes Holz und viele andere Subſtanzen ziehen, gerieben, leichte Körper an und ſtoſſen ſie wieder zurück; ſie heiſſen elektriſche, ur - ſprünglich elektriſche Körper (idio-electrica, per ſe electrica.) Subſtanzen, deren Reiben dieſes Anzie - hen und Zurückſtoſſen nicht bewirkt, z. B. Metalle, Waſ - ſer ꝛc. heiſſen nicht-elektriſche Körper (anelectrica.)

Iſt die geriebene Glasröhre oder Siegellackſtange in gutem Stande, ſo ſtrömen freywillig Lichtbüſchel aus ihr, welche ein ſehr ſchönes Schauſpiel darſtellen; auch hört man bey Annäherung eines nicht-elektriſchen Körpers ein kni - ſterndes Geräuſch.

4Erſtes Capitel.

3. Verſuch.

Man lege einen metallenen Cylinder auf ſeidene Schnüre, oder ſetze ihn auf Glas, und bringe einen ge - riebenen elektriſchen Körper gegen ihn, ſo werden alle Thei - le des metallenen Cylinders leichte Körper eben ſo ſtark an - ziehen und zurückſtoſſen, als der geriebene elektriſche Kör - per ſelbſt.

4. Verſuch.

Man hänge eine trockene Glasſtange an ſeidene Schnüre, oder ſtelle ſie auf Glas, und bringe einen gerie - benen elektriſchen Körper dagegen, ſo wird ſich an dem Glasſtabe kein Anziehen und Zurückſtoſſen zeigen; weil die[Elektricität] nicht durch das Glas hindurchgehen kan.

Metalliſche und andere Körper, welche der Elektrici - tät den Durchgang verſtatten, werden Leiter oder Con - duktoren genannt. Subſtanzen, durch welche die Elek - tricität nicht dringen kan, heiſſen Nicht-Leiter.

Ein Körper, welcher mit lauter Nicht-Leitern um - geben iſt, heißt iſolirt.

Hätte man dieſes Vermögen gewiſſer Körper, dem Durchgange der Elektricität durch ihre Subſtanz und Zwi - ſchenräume zu widerſtehen, nicht entdeckt, ſo würden die wichtigſten und ſonderbarſten Wirkungen der Elektricität unbekannt geblieben ſeyn. Faſt auf allen Seiten dieſes Werks wird man Beweiſe von der Wahrheit dieſes Satzes antreffen.

Wir ſehen aus dem 3ten und 4ten Verſuche, daß man iſolirten leitenden Subſtanzen die elektriſche Kraft durch geriebene elektriſche Körper mittheilen kan, und daß ſie alsdann leichte Körpergen eben ſo, wie die elektriſchen ſelbſt, anziehen und zurückſtoſſen. Nur findet ſich hiebey der Unterſchied, daß ein Leiter, dem man die Elektricität mitgetheilt hat, wenn er von einem andern mit der Erde verbundenen Leiter berührt wird, dieſe Elektricität auf5Von der Elektricität überhaupt.einmal ganz abgiebt, da hingegen ein elektriſcher Körper unter eben den Umſtänden ſeine Elektricität nur zum Theil verliert.

5. Verſuch.

Man elektriſire, mit geriebenen Glas oder Siegel - lak, zwo iſolirte Korkkugeln, welche an 6 Zoll langen - den hängen, ſo werden die Kugeln aus einander gehen und ſich zurückſtoſſen.

6. Verſuch.

Man elektriſire die eine Kugel mit Glas, die andere mit Siegellak, ſo werden ſie beyde einander anziehen.

Dieſe beyden ſo merklich verſchiedenen und entgegen - geſetzten Wirkungen der anziehenden und zurückſtoſſenden Kraft der Elektricität, ſind erſt in der neuſten Periode der Geſchichte dieſer Wiſſenſchaft entdeckt worden.

Die durch Reiben des Glaſes erregte Elektricität wir[d]die poſitive, die durch Reiben des Siegellaks hervorge - brachte hingegen die negative genannt. Man glaubte anfänglich, der Unterſchied komme von dem elektriſchen Körper her, und beyde Arten der Elektricität ſeyen weſent - lich verſchieden; jetzt aber weiß man, daß ſich alle beyde ſowohl durchs Reiben des Glaſes als des Siegellaks her - vorbringen laſſen.

Die Entdeckung dieſer unterſchiedenen Kennzeichen zwoer Arten von elektriſchen Körpern, veranlaßte die Na - turforſcher, die elektriſchen Eigenſchaften der meiſten Kör - per durch die Erfahrung zu unterſuchen, um zu beſtim - men, welche Körper eine poſitive und welche eine negative Elektricität hätten. Dadurch iſt die Anzahl der bekann - ten elektriſchen Körper, welche ſonſt ſehr gering war, nun - mehr auſſerordentlich angewachſen, wie folgende aus Prieſtley’s Geſchichte der Elektricität und Cavallo’s6Erſtes Capitel.vollſtändiger Abhandlung der Lehre von der Elektricität*)Von Cavallo’s Compleat Treatiſe on Electricity, London, 1778. 8 iſt die deutſche Ueberſetzung unter oben an - gegebenem Titel Leipzig 1779. 8. heraus gekommen und 1783 mit einigen Zuſätzen vermehrt, wieder aufgelegt worden. A. d. U. genommene Tabelle zeigen wird.

Verzeichniß der leitenden Subſtanzen.
  • 1. Steinartige Subſtanzen.
    • Steinartige Körper überhaupt leiten ſehr gut, wenn ſie gleich trocken und warm ſind.
    • Kalkſtein und friſch gebrannter Kalk ſind beydes ſchlechte Leiter.
    • Marmor leitet weit beſſer, als Sandſtein; auch hat man unter den verſchiedenen Proben von Marmor, welche man verſucht hat, ſehr wenig Unterſchied gefunden.
    • Ein großes Stück von weißem Spath, halbdurch - ſichtig und ein wenig ins Blaue fallend, leitete kaum im geringſten: man konnte aus dem erſten Leiter der Maſchi - ne, während daß es an denſelben gehalten wurde, noch immer ſehr ſtarke Funken ziehen.
    • Ein halb durchſichtiges Stück Achat nimmt den elek - triſchen Funken in ſeine Subſtanz auf; doch geht derſelbe, wenn er den Finger erreichen kan, auf ¾; Zoll weit über die Oberfläche dieſes Steins. Auch kan man dadurch eine Batterie, wiewohl ſehr langſam, entladen.
    • Ein Stück Schiefer, dergleichen man gewöhnlich zu Schreibtafeln gebraucht, iſt ein weit beſſerer Leiter als Sandſtein, welcher nur ſchwach leitet.
    • Probirſtein leitet ſehr gut.
    • Gypsſtein und franzöſiſcher Alabaſter leiten ſehr gut; nur erhält der letztere einen ſtärkern Funken, weil er eine glättere Oberfläche hat.
    • 7
    • Von der Elektricität überhaupt.Schottiſcher Asbeſt, ſo wie er aus ſeinem Lager kömmt, leitet nicht. Wenn man ihn an den Conduktor der Ma - ſchine hält, ſo kan man währender Zeit bey ſehr mäßigem Elektriſiren noch immer Funken von einem halben Zoll aus dem Conduktor ziehen.
    • Spaniſche Kreide leitet eben ſo ſtark, als Marmor.
    • Egyptiſcher Granit leitet weit beſſer, als Sandſtein.
  • 2. Salzige Subſtanzen.
    • Vitriolöl leitet ſehr gut.
    • Die metalliſchen Salze leiten überhaupt beſſer, als die Mittelſalze.
    • Kupfer und Eiſenvitriol leiten ſehr gut, ob ſie gleich den Schlag nicht durchlaſſen.
    • Vitrioliſirter Weinſtein giebt einen ſchwachen Fun - ken.
    • Salpeter leitet nicht ſo gut, als Salmiak. Wenn der elektriſche Schlag über ſeine Dberfläche geht, ſo zer - ſchlägt er ſich mit beträchtlicher Gewalt nach allen Rich - tungen in ſehr viele Stücken.
    • Der flüchtige Salmiak giebt einen ſchwachen Fun - ken.
    • Steinſalz leitet, doch nicht völlig ſo gut, als Alaun; der darauf ſchlagende Funken iſt ſehr roth.
    • Salmiak übertrift an leitender Kraft das Steinſalz und den Alaun, nimmt aber nicht den geringſten Funken an. Er ſcheint alſo aus einer unzählbaren Menge der feinſten Spitzen zu beſtehen.
    • Die ſelenitiſchen Salze leiten nur wenig.
    • Beym Alaun iſt der elektriſche Schlag mit einem beſondern Laut, wie das Ziſchen einer Rackete, begleitet.
  • 3. Brennbare Körper.
    • Ein Stück Kies von dunkler Farbe nimmt aus dem erſten Leiter der Maſchine bis auf eine beträchtliche Weite8Erſtes Capitel.Funken an, etwa ſo, wie die ſchlechtern Stücken der Kohle.
    • Ein anderes Stück Kies, welches ein Theil einer regelmäßig geſtalteten Kugel geweſen iſt, und einen me - talliſchen Glanz hat, leitet nicht völlig ſo gut, doch weit beſſer, als irgend eine andere ſteinartige Subſtanz. Es hält das Mittel zwiſchen Stein und Metall.
    • Waſſerbley im Bleyſtift leitet den Schlag eben ſo gut, als Metall und Kohle. Ein kleines Bleyſtift - klümpgen zieht aus dem erſten Leiter einen eben ſo voll - kommenen und ſtarken Funken, als ein meſſingener Knopf.
  • 4. Metalle und Minern.
    • Eine mexikaniſche Goldſtufe leitet ſo gut, daß man kaum einen Unterſchied zwiſchen ihr und dem Golde ſelbſt finden kann.
    • Eine Silberſtufe aus Potoſi leitet ſehr gut, ob ſie gleich mit eingeſprengtem Kies vermiſcht iſt.
    • Zwo Stufen Kupfererz, die eine ſo reichhaltig, als man nur irgend eine kennt, die andere nur halb ſo kupfer - haltig, zeigen kaum den geringſten Unterſchied in ihrer leitenden Kraft.
    • Blutſtein iſt ein ſehr guter Leiter.
    • Schwarzer Sand von den afrikaniſchen Küſten, der ſehr eiſenhaltig iſt, und zum Theil vom Magnet eben ſo ſtark, als Stahlfeile, angezogen wird, leitet zwar die Elektricität, aber nicht den Schlag. Sondert man mit dem Magnet alles das ab, was derſelbe leicht anzieht, ſo leitet dieſes den Schlag ſehr gut; alles übrige leitet faſt gar nicht.
    • Auch diejenigen Minern, in welchen die Metalle mit Schwefel oder Arſenik vererzet ſind, z. B. Bley - und Zinnerze, oder Zinnober, als das Queckſilbererz, ſind et - was ſchlechtere Leiter, als Gold und Silberſtufen.
    • 9
    • Von der Elektricität überhaupt.Mineralien, welche nichts weiter als metalliſche Er - de enthalten, leiten wenig beſſer, als andere Steine.
    • Bley, Eiſen, Zinn, Meſſing, Kupfer, Silber und Gold ſind die beſten Leiter.
  • 5. Flüßige Materien.
    • Alle Säfte des thieriſchen Körpers.
    • Alle flüßige Materien, Luft und Oele ausgenom - men.
    • Die Ausflüſſe brennender Körper
    • Schnee, Rauch, Dämpfe des heißen Waſſers, das Vakuum unter der Glocke der Luftpumpe, Kohlen ꝛc.

Elektriſche Körper.

Bernſtein, Glas, Pech und Schwefel; alle Edel - geſteine, als Diamanten, Rubinen, Granaten, Topaſen, Hyacinthen, Chryſolithen, Smaragden, Sapphyre, Amethyſte, Opale und beſonbers die Turmalins: alle Harze und harzige Compoſitionen, Wachs, Seide, Baum - wolle; alle trockne thieriſche Subſtanzen, z. B. Federn, Wolle, Haare ꝛc. Papier, Zucker, Luft, Oel, Chocolat, metalliſche Kalke, trockne Vegetabilien u. ſ w.

Der innere weſentliche Unterſchied zwiſchen elektri - ſchen und nicht - elektriſchen Körpern gehört zu den noch unentdeckten Geheimniſſen der Natur. Nur ſoviel iſt ausgemacht, daß das leitende Vermögen der Körper eini - germaßen von der Wärme abhängt, oder durch dieſelbe verändert wird. Glas, Harz und viele andere elektriſche Körper werden durch die Hitze in Leiter verwandlet; da hingegen die Kälte, wenn nur keine Feuchtigkeit dabey iſt, alle elektriſche Subſtanzen noch ſtärker elektriſch macht.

Herr Achard in Berlin hat in Rozier’s Jo[ur] nal de phyſique eine ſehr lehrreiche Abhandlung hierüber mit - getheilt, worinn er durch Verſuche erweiſet: 1) daß ge - wiſſe Umſtände einen Körper, der vorher ein Nicht-Leiter10Erſtes Capitel.war, zu einem Leiter machen können. 2) Daß dieſe Um - ſtände nichts anders ſind, als die Grade der Hitze, wel - chen dieſer Körper ausgeſetzt wird. Er bemüht ſich, zu zeigen, daß die vornehmſten Veränderungen, welche bey Verſtärkung der Hitze in den Körpern vorgehen, in Ver - größerung der Zwiſchenräume und in Verſtärkung der Geſchwindigkeit derer im Körper enthaltenen und auf ihn wirkenden Feuertheilchen beſtehen. Hierauf beweiſet er, daß der letztere Umſtand nichts zu Veränderung der elek - triſchen Eigenſchaften beytrage, und ſchließt alſo, der Euleriſchen Hypotheſe gemäß, daß der Hauptunterſchied zwiſchen Leitern und Nicht-Leitern in der Größe der Zwiſchenräume zwiſchen den Beſtandtheilen der Körper beſtehe.

In einer andern wichtigen Abhandlung, welche ſich in den Schriften der Berliner Akademie vom Jahre 1779 befindet, zeigt Herr Achard die Aehnlichkeit zwiſchen der Erregung und den Wirkungen der Elektricität und der Wärme; ingleichen zwiſchen der leitenden Eigenſchaft der Körper und ihrer Empfänglichkeit für die Hitze. Er be - ſchreibt zugleich ein neues Werkzeug, wodurch man die Menge von elektriſcher Materie beſtimmen kann, welche von Körpern verſchiedener Art, unter übrigens gleichen Umſtänden, fortgeleitet wird. Mit Hülfe dieſes Inſtru - ments läßt sich mit großer Genauigkeit die Menge von Elektricität beſtimmen, welche ein Körper in einer gegeb - nen Zeit verliert, wenn er einen andern nicht elektriſirten Körper berühret. Noch hat er den Erfolg ſeiner damit angeſtellten Verſuche nicht bekannt gemacht; doch behaup - tet er immer bemerkt zu haben, daß diejenigen Körper, welche den jedesmaligen Grad der Wärme ſchwer anneh - men und lang behalten, auch die Elektricität ſchwer an - nehmen und verlieren. Die Beſchreibung des erwähnten Inſtruments wird man weiter unten in dieſem Verſuche finden.

11Von der Elektricität überhaupt.
Verzeichniß elektriſcher Subſtanzen und der verſchiedenen Elek - tricitäten, welche ſie beym Reiben erhalten.
KatzenhaarpoſitivJede Subſtanz, mit welcher man bisher den Verſuch an - geſtellet hat.
Glattes GlaspoſitivJede Subſtanz, mit der man es bisher verſucht hat, das Katzenhaar ausgenommen.
Mattgeſchliffe - nes GlaspoſitivTrockner Wachstaffet, Schwefel, Metalle.
negativWollenzeug, Federkiel, Holz, Papier, Siegellak, weißes Wachs, die Hand.
TurmalinpoſitivBernſtein, Luft.
*)D. h. wenn man mit Blaſebälgen barauf bläſet. Durch dieſes Mittel läßt ſich in vielen Körpern die Elektrici - tät erregen; bey einigen noch beſſer. wenn die darauf ge - blaſene Luft warm iſt, ob man gleich allemahl nur eine ſehr ſchwache Elektricität erhält.
*)
negativDiamant, die Hand.
HaſenfellpoſitivMetalle, Seide, Magnetſtein, Leder, die Hand, Papier, gedörrtes Holz.
negativAndere feinere Felle.
Weiße SeidepoſitivSchwarze Seide, Metalle, ſchwarz Tuch.
negativPapier, die Hand, Haare, Wie - ſelfell.
Schwarze Sei - depoſitivSiegellak.
negativHaſen-Wieſel - und Iltisfelle, Magnetſtein, Meſſing, Sil - ber, Eiſen, die Hand.
SiegellakpoſitivMetalle.
negativHaſen - Wieſel - und Iltisfelle, die Hand, Leder, wollen Zeug, Papier.
Gedörrtes HolzpoſitivSeide.
negativFlanell.

Viele dem Anſcheine nach ganz unbedeutende Um - ſtände machen Aenderungen in dieſen entgegengeſetzten Elektricitäten. Man hat behauptet, daß beym Reiben zwoer gleichartigen Subſtanzen diejenige die negative Elektricität erhalte, welche am ſtärkſten gerieben, oder am meiſten erwärmt wird. Dies trifft zwar in vielen Fällen, beſonders in Abſicht auf ſeidne Bänder, wirklich zu. Den - noch aber ſagt Herr Bergmann, ein ſchwarzes Band werde nie poſitiv, wenn nicht das andere, an dem es ge - rieben wird, ebenfalls ſchwarz ſey. Bey Glasſtücken iſt die Wirkung gerade die entgegengeſetzte; denn wenn ſie beyde gleich groß ſind, ſo wird das Stück, A, welches über das andere unbewegliche B geführt wird, negativ; B hingegen wird poſitiv, ob es gleich die ſtärkſte Reibung lei - det. Erwärmung am Feuer thut eben die Wirkung, wie ſtärkeres Reiben. Iſt ein Stück Glas dicker, als das andere, ſo wird das dickere poſitiv, das dünnere negativ. Gefärbtes Glas wird, auch erwärmt, negativ, wenn es an gemeinem weißen Glaſe gerieben wird. Reibt man blaues Glas an grünem, ſo wird das blaue ſtark poſitiv ꝛc. Man ſ. Bergmanns Abhandlung in den Schriften der königl. ſchwediſchen Akademie der Wiſſenſchaft vom Jah - re 1765.

13Von der Elektricität überhaupt,

Wenn man Haar und Glas an einander reibt, ſo ſcheinen die dadurch erzeugten Elektricitäten einander das Gleichgewicht zu halten, und ſind alſo nach der verſchie - denen Art des Reibens und nach der Beſchaffenheit des Haares verſchieden.

Reibt man Haare eines lebenden Thieres, oder friſch abgeſchnittene Haare mit einer Glasröhre der Länge nach, ſo werden ſie poſitiv, und das Glas, welches hier die ſtärkſte Reibung leidet, wird negativ. Wird aber die Glasröhre queer über den Rücken des Thieres, oder über ein friſches Fell gezogen, ſo wird das Glas poſitiv. Altes trocknes Haar, an Glas oder an friſchem Haare ge - rieben, wird allezeit negativ; wenn man es aber ein we - nig mit Talg beſtreicht, ſo thut es eben die Wirkung, wie friſches Haar. Man ſ. Wilke in den Abh. der königl. ſchwed. Akad. vom Jahre 1769.

Die elektriſchen Körper ſind in Abſicht auf die Leich - tigkeit, mit welcher ſich ihre Elektricität erregen läßt, in - gleichen in Abſicht auf die Stärke und Dauer ihrer Elek - tricität ſehr von einander verſchieden.

Die Seide ſcheint in Rückſicht auf ihre lang anhal - tende und ſtarke anziehende und zurückſtoßende Kraft den Vorzug vor allen andern elektriſchen Körpern zu ver - dienen.

Das Glas hat den Vortheil, daß es das elektriſche Licht und das Anziehen und Zurückſtoßen in einem ſehr ſchnellen Fortgange und ſtark zeiget, aber ohne lang an - haltende Dauer.

Die negativen elektriſchen Körper, z. B. Bernſtein, Gummilak, Schwefel, Harz und alle harzige Subſtan - zen zeigen die elektriſchen Erſcheinungen am längſten und anhaltendſten. Bey günſtigen Umſtänden iſt eine einzi - ge Erregung auf viele Wochen hinreichend. Eben dieſe14Zweytes Capitel.Körper ſind auch darum merkwürdig, weil ſie den Leitern, die mit ihnen in Berührung kommen, eine ſehr ſtarke elektriſche Kraft mittheilen, und auch dieſe Mittheilung eine beträchtliche Zeit lang fortſetzen.

Zweytes Capitel. Von den Elektriſirmaſchinen, nebſt Anweiſungen zu ihrem Gebrauch.

Sobald man die Eigenſchaften der Elektricität nur ei - nigermaßen entwickelt hatte, ſo beſtrebten ſich Na - turforſcher und Künſtler, eine Menge Maſchinen zu Er - regung und Anhäufung dieſer außerordentlichen Kraft an - zugeben und zu verfertigen. Seitdem aber die Kennt - niſſe der Elektricität zugenommen haben, und die Gren - zen dieſer Wiſſenſchaft erweitert worden ſind, hat man dieſe Maſchinen größtentheils wieder auf die Seite gelegt. Jch will daher nur diejenige Elektriſirmaſchine beſchrei - ben, welche jetzt allgemein im Gebrauch iſt. Ihre Ein - richtung iſt höchſt einfach, und ſehr wohl geſchickt, die elektriſche Materie nicht allein in großer Menge zu erre - gen, ſondern auch in einem ſtarken und anhaltenden Strome in den erſten Leiter überzuführen.

Taf. I. Fig. 1 und 2. ſtellen zwo nach dieſer allge - mein beliebten Einrichtung gearbeitete Maſchinen vor. Beyde werden auf einerley Art aufgeſtellet und gebraucht; ſie ſind bloß in Abſicht auf den Mechaniſmus unterſchie - den, durch welchen der Cylinder in Bewegung geſetzt wird.

In Fig. 2. wird der Cylinder vermittelſt zweyer Räder a b, c d umgedrehet, welche durch eine Schnur verbunden ſind, von der man bey e und f einen Theil ſehen kan; in Fig. 1. hingegen wird er durch eine bloße Kurbel15Von den Elektriſirmaſchinen.bewegt, welche Einrichtung einfacher iſt, und nicht ſo leicht in Unordnung geräth. Dennoch ziehen viele praktiſche Liebhaber der Elektricität eine Maſchine mit mehrern ver - bundenen Rädern vor. Sie ſagen, der Operator werde dadurch nicht ſo ſehr, als durch das Umdrehen der bloßen Kurbel, ermüdet; und eine mäßige Verſtärkung der Ge - ſchwindigkeit des Cylinders vermehre die Bewegung der elektriſchen Materie, und bringe in eben derſelben Zeit eine größere Menge Materie hervor, daher ſie das Küſſen nicht ſo leicht einſchlucken könne.

Da beyde Maſchinen, Taf. I. Fig. 1 und 2. ein - ander ſo ähnlich ſind, ſo kann ich bey ihrer Beſchreibung für beyde einerley Buchſtaben gebrauchen.

A B C iſt das Fußbret der Maſchine, auf welchem die beyden Stützen D und E, die den gläſernen Cylinder F G H I tragen, feſt aufſtehen. Die Axe, an welcher der Cylinder gedrehet wird, iſt in zwo Hauben befeſtigt, welche bisweilen von Meſſing, bisweilen von Holz, ge - macht werden; an jedes Ende des Cylinders iſt eine von dieſen Hauben angeküttet, die man in den Figuren bey K ſiehet. Die in der Haube K befeſtigte Axe geht durch die Stütze D; ans Ende dieſer Axe iſt entweder, wie in Fig. 1. eine bloße Kurbel, oder wie in Fig. 2., ein Wür - tel angepaßt. Die Axe der andern Haube läuft in einem kleinen Zapfenloche im obern Theile der Stütze E. OP iſt eine Glasſäule, welche das Küſſen trägt; T, eine meſſingene Schraube am Fuße dieſer Säule, dient den Druck des Küſſens gegen den Cylinder zu reguliren; g h i ein Stück Seidenzeug, welches von dem untern Rande des Küſſens aus, und über den Cylinder ſo weit hinweg - geht, daß es faſt an den Collector, oder an die einſaugen - den Spitzen des erſten Leiters anſtößt. Oben an der Glasſäule O P befindet ſich ein hölzerner Arm, welcher einen mit dem Küſſen verbundenen Conduktor, oder den ſogenannten negativen Conduktor trägt. In beyden Fi - guren wird derſelbe hart am Küſſen anliegend und mit16Zweytes Capitel.dem Glascylinder parallel laufend vorgeſtellt. In Fig. 1 iſt er etwas zu weit vorwärts und der Kurbel zu nahe ge - rückt, damit man bey R S etwas davon zu ſehen bekom - me; in Fig. 2. ſieht man bloß das Ende R S.

Y Z, Fig. 1 und 2, iſt der poſitive erſte Leiter, oder derjenige, welcher die Elektricität unmittelbar aus dem Cylinder erhält, L M die Glasſäule, welche ihn trägt und iſolirt, und V X der hölzerne Fuß dieſer Glasſäule. In Fig. 1 iſt dieſer Conduktor mit dem Glascylinder parallel geſtellt; Fig. 2 aber ſteht er gegen den Cylinder recht - winklicht; man kan ihm nach Befinden der Umſtände, und ſo, wie es dem Operator am bequemſten fällt, entweder die eine, oder die andere Stellung geben.

Soll der negative Conduktor ebenfalls rechtwinklicht gegen den Cylinder, und mit dem Conduktor Y Z, Fig. 2, parallel ſtehen, ſo muß er auf ein iſolirendes Stativ befeſtiget, und durch einen unter dem Cylinder hindurch - gehenden Drath mit dem Küſſen verbunden werden.

7. Verſuch.

Man drehe die Maſchine, und verbinde das Küſſen durch eine Kette mit dem Fußboden des Zimmers, ſo werden die Körper, welche mit dem poſitiven Conduktor verbunden ſind, poſitiv elektriſirt werden.

Verbindet man hingegen den poſitiven Conduktor burch eine Kette mit der Erde, und nimmt die Kette vom Küſſen hinweg, ſo werden die Körper, welche mit dem negativen Conduktor verbunden ſind, negativ elektriſiret.

Die vornehmſten Theile einer Elektriſirmaſchine ſind folgende:

  • 1) Der elektriſche Körper, hier der Glascylinder.
  • 2) Die mechaniſche Vorrichtung, durch welche der Cylinder bewegt wird.
  • 3) Das Küſſen nebſt Zubehör.
  • 4) Die zween erſten Leiter.
17Von den Elektriſtrmaſchinen.

Ehe man die Elektriſirmaſchine drehet, unterſuche man vorher diejenigen Theile, welche durch das Reiben oder durch Schmuz und Sand zwiſchen den reibenden Flä - chen beſchädigt werden könnten, beſonders die Axen, wel - che in den hölzernen Stützen D und E umlaufen, und die Zapfen des großen Rades c d Fig. 2. Wenn man das Küſſen wegnimmt, ſo muß der Cylinder vollkommen frey umlaufen. Hört man beym Umdrehen deſſelben ein Kra - tzen oder ein anderes unangenehmes Geräuſch, ſo ſuche man die Stelle, von der es herkömmt, wiſche ſie rein ab, und ſtreiche etwas ſehr weniges Unſchlitt darüb[e]r. Eben ſo unterſuche man die Axe des großen Rads c d Fig. 2. Gelegentlich laſſe man einen Tropfen Oel auf die Axe des Cylinders fallen, unterſuche die Schrauben am Geſtell und Cylinder, und ziehe ſie feſter an, wenn ſie locker ſind.

Den Glascylinder wiſche man ſorgfältig ab, um ihn von der Feuchtigkeit zu befreyen, welche das Glas aus der Luft an ſich nimmt; insbeſondere ſorge man dafür, daß an den Enden des Cylinders nichts feuchtes bleibe. Jede daſelbſt zurückbleibende Näſſe leitet die Elektricität aus dem Cylinder in die Stützen ꝛc.

Man ſorge, daß kein Staub, keine Fäden oder Fa - ſern auf dem Cylinder, dem Geſtell, den Leitern und den iſolirenden Säulen bleiben; ſie würden die elektriſche Ma - terie nach und nach zerſtreuen, und die Wirkung der Maſchine ſchwächen.

Man reibe den Cylinder zuerſt mit einem reinen dichten, trocknen, warmen leinenen Tuche, oder mit Waſchleder, und dann mit einem trocknen, warmen und weichen Stück Seidenzeug; eben ſo verfahre man mit allen gläſernen iſolirenden Säulen der Maſchine und des übrigen Apparats: doch müſſen dieſe Säulen, weil ſie überfirnißt ſind, gelinder als der Cylinder gerieben werden.

Bisweilen ſetzt man auch ein heißes Eiſen auf den Fuß des Conductors, um die Feuchtigkeit abzudampfen, welche den Verſuchen hinderlich ſeyn könnte.

18Zweytes Capitel.

Wenn man gute und wirkſame Mittel ausfindig machen will, durch eine Elektriſirmaſchine die Elektricität ſtark zu erregen, ſo muß man ſich nothwendig Begriffe von dem Mechaniſmus machen, durch welchen der Cylin - der die elektriſche Materie aus dem Küſſen und den damit verbundenen Körpern ausziehet. Jch will daher die Muthmaßungen beyfügen, nach welchen ich ſelbſt gear - beitet habe. Sie haben mich in Stand geſetzt, mit den Maſchinen, welche durch meine Hände gegangen ſind, allezeit eine ſehr ſtarke Elektricität zu erregen.

Jch halte dafür, daß da, wo das Küſſen genau an den Cylinder anſchließt, der Widerſtand der Luft ge - ſchwächt werde, oder eine Art von Vacuum entſtehe. Vermöge der Geſetze aller elaſtiſchen flüßigen Materien dringt die elektriſche Materie dahin ein, wo ſie den we - nigſten Widerſtand findet; in dem Augenblicke alſo, da der Cylinder das Küſſen verläßt, ſtrömt elektriſche Ma - terie in Menge aus. Je vollkommner nun die Berüh - rung iſt, und je ſchneller ſie aufgehoben wird, deſto größer iſt die Menge der aus dem Küſſen ausgehenden Materie. Da aber die elektriſche Materie in dieſem Zuſtande begie - rig in jede in der Nähe befindliche leitende Subſtanz ein - dringt, ſo wird, wofern einiges Amalgama über der Stel - le des Kiſſens liegt, die der Cylinder berührt, daſſelbe einen Theil der elektriſchen Materie in ſich nehmen und in das Behältniß, aus welchem er gekommen iſt, zurück - führen.

Sind dieſe Muthmaßungen gegründet, ſo muß man, um die Elektricität durch eine Maſchine ſtark zu erregen.

  • 1) Die Theile des Küſſens ausſuchen, welche von dem Glascylinder gedrückt werden.
  • 2) Das Amalgama nur allein auf dieſe Theile ſtreichen.
  • 3) Die Berührungslinie zwiſchen dem Cylinder und dem Küſſen ſo vollkommen, als möglich, machen.
  • 19
  • Von den Elektriſirmaſchinen.4) Die geſammlete elektriſche Materie vor der Zer - ſtreuung bewahren.

Um das Jahr 1772 verſuchte ich, auf die Vorder - ſeite des Küſſens einen lockern ledernen Lappen zu legen; das Amalgama ward über den ganzen Lappen geſtrichen, das Küſſen an den gehörigen Ort geſtellt, und der lederne Lappen mehr oder weniger niederwärts oder vielmehr ein - wärts gebogen, bis ich durch wiederholte Verſuche end - lich die Stellung fand, in welcher die Wirkung am ſtärk - ſten war; denn durch dieſes Mittel ward die Menge des gegen den Cylinder wirkenden Amalgama vermindert. Na - türlich führte mich dies darauf, die Breite des Küſſens zu vermindern, und es ſo zu ſtellen, daß man es leicht erhö - hen oder erniedrigen konnte.

Die Vortheile, welche ich durch dieſe Methode er - hielt, wurden durch die Erfindung eines ſinnreichen Na - turforſchers noch mehr vergrößert. Dieſer leimte ein Stück Leder an ein großes Stück Kork, ſtrich ſein Amal - gama auf das Leder, und rieb damit die Zone des Glas - cylinders, welche gegen das Küſſen drückte. Durch dieſe vortrefliche Erfindung wird die Berührungslinie zwiſchen dem Cylinder und dem Küſſen ſehr vollkommen, die klei - nern Zwiſchenräume des Glaſes werden mit dem Amal - gama ausgefüllt, und die überflüßigen Theile deſſelben ſe - tzen ſich an das Küſſen ab.

Beccaria giebt an, das ſo auf der Oberfläche des Glaſes haftende Amalgama bilde eine ununterbrochene Reihe von leitenden Theilchen, welche die elektriſche Ma - terie in den erſten Leiter, und unter gewiſſen Umſtänden wieder zurück in das Küſſen führten.

Ein anderer ſcharfſinniger Kenner der Elektricität beſtimmt die Berührungslinie zwiſchen Cylinder und Küſ - ſen dadurch, daß er mit aufgelöſeter weißer Farbe eine Li - nie auf dem Cylinder zieht: beym Umdrehen ſetzt ſich dieſe Farbe ans Küſſen ab, und bezeichnet die Stellen, welche ge - gen den Cylinder drücken. Das Amalgama wird alsdann20Zweytes Capitel.bloß an die Stellen geſtrichen, welche von der weißen Far - be bezeichnet ſind.

Beyde Methoden führen zum Zweck. Wählt man die erſte, ſo darf man kein Amalgama auf das Küſſen ſtreichen; das auf den Cylinder geriebene und von demſel - ben beym Umdrehen auf das Küſſen abgeſetzte, iſt ſchon hinreichend, eine erſtaunliche Menge elektriſche Materie hervorzubringen. Wenn man den Cylinder mit dem amalgamirten Leder reiben will, ſo muß man das Stück Wachstaffet oder ſchwarzen Taffet, welches über dem Küſſen liegt, zurückſchlagen, und wenn zufälliger Weiſe einige Theilchen Amalgama daran kleben, dieſelben ſorg - fältig abwiſchen[. ]

Wenn die Elektricität des Cylinders ſchwächer wer - den will, ſo kann man ſie leicht von neuem verſtärken, wenn man den darüber liegenden Taffet zurückſchlägt, und dann den Cylinder mit dem amalgamirten Leder reibt.

Ein wenig Unſchlitt über das Amalgama geſtrichen, verſtärkt, wie man gefunden hat, das elektriſche Vermö - gen des Cylinders.

8. Verſuch.

Wenn der Cylinder ſtark in Wirkung geſetzt iſt, ſo geht eine Menge runder leuchtender Stralen aus dem Küſſen; hält man aber eine Reihe metalliſcher Spitzen dagegen, ſo verſchwinden ſie wieder. Die leitende Sub - ſtanz des Metalls ſaugt die elektriſche Materie ein, noch ehe ſie die Geſtalt dieſer Stralen annehmen, oder ſich in die Luft zerſtreuen kann.

Wir ſehen hieraus, daß man, um den Verluſt der erregten elektriſchen Materie zu verhüten, die Luft abhal - ten müſſe, auf die Materie zu wirken, welche durch die Erregung in Bewegung geſetzt wird. Denn die Luft wi - derſteht nicht allein dem Ausgange der elektriſchen Mate - rie, ſondern ſie zerſtreut auch die geſammlete Materie wie -21Von den Elektriſirmaſchinen.der vermittelſt der leitenden Stäubgen, welche jederzeit in ihr herumfliegen.

Dieſe Abſichten werden nun ſehr glücklich erreicht, wenn man eine nicht leitende Subſtanz von der Berüh - rungslinie an bis an die einſaugenden Spitzen des erſten Leiters gehen läßt, und dieſe Spitzen in ihre Atmoſphäre ſetzt. Iſt kein Amalgama auf das Küſſen geſtrichen, ſo iſt ein bloßes Stück ſchwarzer Taffet, allenfalls ganz leicht mit Wachs imprägnirt, hinreichend. Man befe - ſtiget es an den untern Rand des Küſſens, und läßt es bis an die einſaugenden Spitzen des Conduktors gehen. Iſt aber das Amalgama auf dem Kiſſen, ſo thut ein Stück Wachstaffet die beſten Dienſte.

Einer meiner Freunde erzählte mir, er habe vor ei - nigen Jahren ein Stück ſchwarzen Seidenzeug gebraucht, und daſſelbe über und über mit einem mit ein wenig Wachs vermiſchten Amolgama imprägnirt, welches er mit einem Schwamm in die Seide eingerieben habe. Sey die Kraft der Maſchine unter währendem Gebrauch ſchwächer geworden, ſo habe er ſie dadurch wieder ver - ſtärkt, daß er den amalgamirten Schwamm an den Cy - linder gehalten und denſelben umgedrehet habe.

Oft iſt es ſehr vortheilhaft, den Wachstaffet oder Seidenzeug vorher zu trocknen, ehe die Maſchine ge - braucht wird.

Man muß nicht eher glauben, daß die Maſchine in gutem Stande ſey, als bis ſie das elektriſche Licht in groſ - ſer Menge ausſtrömt, und man aus dem Conductor ſtarke, dichte und ſchnell auf einander folgende Funken erhält. Wird der Conductor weggenommen, ſo muß das Feuer rund um den Cylinder leuchten und viele ſchöne leuchtende Büſchel auswerfen.

Man ſchätzt gegenwärtig beſonders zwo Arten von Amalgama. Die eine beſteht aus fünf Theilen Queckſil - ber, und einem Theile Zink mit ein wenig Wachs zuſam - mengeſchmolzen: die andere iſt das in den Kaufläden zu22Zweytes Capitel.habende Aurum muſivum. Nach vielfältigen Proben finde ich es dennoch ſchwer zu entſcheiden, welche Art die beſte ſey.

Der nachfolgende Verſuch ſcheint die vorhergegange - nen Muthmaßungen über den Mechaniſmus, durch wel - chen die elektriſche Materie aus dem Küſſen und den da - mit verbundenen Körpern gezogen wird, zu erläutern und zu beſtätigen.

9. Verſuch.

Man zerbreche eine Stange Siegellak in zwey Stü - cken; ſo werden die beyden Enden auf dem Bruche, die ſich vorher berührten, entgegengeſetzte Elektricitäten zei - gen; das eine wird poſitiv, das andere negativ elektriſirt ſeyn.

Iede Elektriſirmaſchine muß mit einem iſolirten Küſſen und mit zween Conductoren, einem zur poſitiven, dem andern zur negativen Elektricität, verſehen ſeyn; auf dieſe Art kann man beyde Elektricitäten nach Gefallen hervorbringen, eine größere Anzahl Verſuche anſtellen, und die Eigenſchaften der elektriſchen Materie leichter erklären.

10. Verſuch.

Man verbinde den poſitiven Conductor durch eine Kette mit dem Tiſche, und drehe den Cylinder, ſo wird man das Küſſen negativ elektriſiret finden. Nun nehme man die Kette von dem poſitiven Conductor hinweg, ſo werden beyde, der Conductor und das Küſſen, Zeichen der Elektricität von ſich geben; aber jeder elektriſirte Körper, der von dem einen angezogen wird, wird von dem andern zurückgeſtoßen werden. Bringt man beyde nahe genug an einander, ſo werden Funken zwiſchen ihnen entſtehen, und ſie werden auf einander ſelbſt ſtärker, als auf andere Körper, wirken. Verbindet man ſie mit einander, ſo23Von den Elektriſirmaſchinen.werden ſich beyder Elektricitäten unter einander aufheben; denn, obgleich die Elektricität aus dem Küſſen in den Con - ductor überzugehen ſcheinet, ſo werden doch beyde, wenn ſie verbunden ſind, kein Zeichen der Elektricität von ſich geben, weil die elektriſche Materie beſtändig von einem zum andern circuliret, und allezeit in eben demſelben Zuſtande bleibt.

Wir ſehen aus dieſem Verſuche, daß die elektriſchen Erſcheinungen ſowohl in dem elektriſchen Körper, welcher gerieben wird, als auch in der Subſtanz, mit welcher man ihn reibt, entſtehen, wofern nur dieſe Subſtanz iſo - lirt iſt; aber beyder Elektricitäten ſind einander gerade entgegengeſetzt, und geben ſich durch entgegengeſetzte Wir - kungen zu erkennen.

11. Verſuch.

Sind der Conductor und das Kiſſen beyde iſolirt, ſo erhält man deſto weniger elektriſche Materie, je vollkom - mener die Iſolirung iſt.

Die Feuchtigkeit, welche ſich zu allen Zeiten in der Luft befindet, und die ſeinen ſpitzigen Faſern, von welchen man das Küſſen unmöglich ganz befreyen kan, laſſen keine vollkommene Iſolirung des Küſſens zu, und machen, daß der elektriſchen Materie immer noch einiger Zugang zu demſelben übrig bleibt.

Wenn die Luſt und die andern Theile des Apparatus ſehr trocken ſind, ſo wird man unter den oben beſchriebe - nen Umſtänden wenig oder gar keine Elektricität erhalten.

Man hat aus dieſem Verſuche geſchloſſen, daß die elektriſche Materie nicht blos in den elektriſchen Körpern ſelbſt liege, ſondern durch das Reiben derſelben aus der Erde gezogen werde; oder, daß die elektriſche Materie des erſten Leiters nicht durch das Reiben des Cylinders am Küſſen hervorgebracht, ſondern nur durch dieſe Ope - ration aus dem Küſſen und den damit verbundenen Kör - pern geſammlet werde.

24Zweytes Capitel.

Da D. Franklin dieſen Gedanken, daß die elektri - ſche Materie aus der Erde geſammlet werde, zuerſt auf - gebracht hat, ſo habe ich hier den Verſuch, der ihn auf dieſe Schlußfolge leitete, nach ſeiner eignen Erzählung beyfügen wollen.

12. Verſuch.

1) Man laſſe eine Perſon auf Pech treten und eine Glasröhre reiben, eine andere aber, die ebenfalls auf Pech ſtehet, einen Funken aus derſelben ziehen, ſo wer - den beyde (wofern ſie nur nicht ſo nahe ſtehen, daß ſie einander berühren) gegen eine dritte Perſon, welche auf dem Boden des Zimmers ſtehet, Zeichen der Elektricität von ſich geben. 2) Wenn aber die auf Pech ſtehenden Perſonen einander ſelbſt während des Reibens der Röhre berühren, ſo findet ſich bey keiner von beyden ein Zei - chen einer Elektricität. 3) Wenn ſie einander nach dem der Reiben der Röhre berühren, und wie vorher einen Funken ausziehen, ſo wird der Funken zwiſchen ihnen beyden ſtärker ſeyn, als der Funken zwiſchen einem von ihnen und einer auf dem Boden ſtehenden Perſon. 4) Nach dieſem ſtarken Funken wird ſich an keinem von bey - den weiter einige Elektricität zeigen.

Von dieſen Erſcheinungen giebt er folgende Erklä - rung. Er nimmt an, die elektriſche Materie ſey ein ge - meinſchaftliches Element, von welchem jede dieſer drey Perſonen, ehe das Reiben der Nöhre anfieng, ein gleich großes Maaß gehabt habe. A, welcher auf Pech ſteht, und die Röhre reibt, giebt ſeine eigne elektriſche Materie an das Glas ab, und da ſeine Verbindung mit der Erde durch das Pech abgeſchnitten iſt, ſo wird dieſer Verluſt ſeinem Körper nicht ſogleich wieder erſetzet. B, der eben - falls auf Pech ſtehet, nimmt, indem er den Knöchel ſei - nes Fingers längſt der Röhre hinführet, die aus dem Kör - per des A geſammlete Materie an ſich, und behält dieſen Ueberſchuß, weil er iſolirt iſt. C, der auf dem Boden25Von den Elektriſirmaſchinen.ſteht, findet ſie alſo beyde elektriſiret; denn da er nur die mittlere Quantität elektriſcher Materie in ſich hat, ſo er - hält er einen Funken bey der Annäherung an B, welcher Ueberſchuß hat, und giebt einen Funken an A, welcher Mangel hat. Nähern ſich A und B einander ſelbſt, ſo iſt der Funken ſtärker, weil der Unterſchied zwiſchen beyden größer iſt. Nach der Berührung zeigen ſich keine Funken mehr zwiſchen ihnen und C, weil die elektriſche Materie bey allen wieder zu ihrer urſprünglichen Gleichheit zurückgekommen iſt. Berühren ſie einander währendem Reiben, ſo wird die Gleichheit nicht geſtört, die Materie geht nur aus dem einen in den andern über. Man ſagt daher, B ſey poſi - tiv, A negativ elektriſiret.

Beſchreibung einiger Theile der elektriſchen Geräthſchaft.

Taf. II. Fig. 1. zeigt den gewöhnlichen Auslader (diſcharging rod, excitateur); er wird insgemein von meßingenem Drath gemacht, und iſt an beyden Enden mit Knöpfen oder Kugeln verſehen. Will man eine Leidner Flaſche damit entladen, ſo nimmt man den halbkreisför - migen Theil in die Hand, ſetzt die eine Kugel an die Be - legung der Flaſche, und bringt die andere gegen den Knopf des ins Innere der Flaſche gehenden Draths. Es wird alsdann eine Exploſion entſtehen, und die Flaſche entladen werden.

Taf. II. Fig. 2 iſt ein Auslader mit einem Char - nier und gläſernen Handgrif. Man kan vermittelſt des Charniers C ſeine beyden Schenkel bewegen, und in jede beliebige Entfernung ſtellen. Die Enden dieſer Schenkel ſind ſpitzig; man kan aber die Kugeln a, b über die Spi - tzen ſchrauben, und nach Gefallen wieder abnehmen; ſo daß man, je nachdem es erforderlich iſt, entweder die Ku - geln oder die Spitzen gebrauchen kan.

26Zweytes Capitel.

Taf. II. Fig. 3. zeigt den allgemeinen Auslader, ein Inſtrument von ſehr ausgebreitetem Nutzen, wenn man Verbindungen machen will, um den elektriſchen Schlag durch einen Theil eines gegebenen Körpers zu führen. Es werden im folgenden viele Beyſpiele von dem Gebrauche dieſes Werkz[e]ugs vorkommen. Wenn dieſer allgemeine Auslader e[t]was groß gemacht wird, ſo übertrift er alle andere Werkzeuge, die man bisher angegeben hat, um ſich ſelbſt elektriſiren zu können. A B iſt der hölzerne Fuß des Inſtruments; auf dieſem ſtehen zwo ſenkrechte Glas - ſäulen C D, auf deren jede eine meßingene Kappe geküttet iſt. An dieſen Kappen beſindet ſich ein doppeltes Char - nier, das man ſowohl vertical als horizontal drehen kan; oben an jedem Gelenk iſt eine fe[d]ernde Röhre, in welche man die Dräthe E T, E F ſtecken kan. Dieſe Dräthe laſſen ſich in jede beliebige Entfernung von einander ſtel - len, und nach allen Richtungen d[r]ehen. Ihre Enden ſind zugeſpitzt, man kan aber an die Spitzen erforderlichen Falls die meßingenen Kugeln ſtecken, welche durch eine Feder mit einem Drucker daran befeſtiget werden. G H iſt ein kleines hölzernes Tiſchgen, auf deſſen oberer Fläche ein Streif Elfenbein eingelegt iſt: dieſes Tiſchgen hat einen cylindriſchen Fuß, welcher in die Höhlung der Säule I paſſet; man kann es nach Befinden der Umſtände höher oder niedriger ſtellen, und in jeder Stellung durch die Schraube K befeſtigen.

Taſ. II. Fig. 4. iſt eine kleine hölzerne Preſſe, mit einem Stiele verſehen, der in die Höhlung der Säule I Fig. 3. paſſet, und in dieſelbe geſteckt werden kann, wenn man das Tiſchgen G H weggenommen hat. Die Preſſe beſteht aus zwey Bretgen, welche durch die Schrauben a a hart an einander ge[d]rückt werden.

Taf. II. Fig. 5. iſt des Herrn Rinnersley elektri - ſches Luftthermometer. a b iſt eine Glasröhre, an jedem Ende mit einer angekütteten meßingenen Kappe ver -27Von den Electriſirmaſchinen.ſehen; c d eine engere an beyden Enden offene Glasröhre, welche durch die obere Platte hindurch geht, und bis nahe an die untere Platte reicht; an den obern Theil dieſer Röh - re iſt eine buchsbäumene Scale befeſtiget, und in Zolle und Zehntheile getheilt; g iſt ein meßingener Stab mit einem Knopfe, den man in die untere Platte einſchraubet. Ein anderer ähnlicher Stab f h geht vermittelſt eines luftdichten Leders durch die obere Platte, und kan in jede beliebige Entfernung von dem untern Stabe geſtellt wer - den.

Die Liebhaber der Elektricität haben ſchon längſt ein Inſtrument gewünſcht, wodurch man auf eine genaue und beſtimmte Art den Grad der Stärke der Elektricität bey jedem Verſuche finden könnte. Man hat in dieſer Abſicht ſehr viele Vorſchläge gethan und ausgeführt, die aber bey angeſtellten Proben alle mangelhaft befunden worden ſind.

Herr Achard, der dieſe Materie ſehr aufmerkſam unterſucht hat, verlangt von einem Elektrometer fol - gende Eigenſchaften.

  • 1) Daß es einfach und nicht aus vielen Theilen zu - ſammengeſetzt ſey.
  • 2) Daß die Veränderungen der Atmoſphäre nicht darauf wirken.
  • 3) Daß es eben ſowohl kleine als große Grade der Elektricität anzeige.
  • 4) Daß es ſich auf kein willkührliches Maaß beziehe.
  • 5) Daß die Stärke der Elektricität durch eine be - ſtimmte unveränderliche Kraft, z. B. durch die Schwere, ausgedrückt werde.
  • 6) Daß der Obſervator die Theilungen bis auf eine gewiſſe Entfernung ſehen könne, wodurch verhindert wird, daß er den Einfluß der Elektricität nicht durch die Annä - herung ſeines Körpers ſchwächen kan.

Taf. II. Fig. 6 ſtellt das Duadranten-elektrome - ter vor, welches unter den bisher erfundenen Inſtrumen -28Zweytes Capitel.ten dieſer Art das brauchbarſte iſt, theils um den Grad der Elektricität eines Körpers zu meſſen, theils die Stärke der Ladung vor der Exploſion zu beſtimmen, theils auch den Zeitpunkt genau zu bemerken, in welchem ſich die Elektricität einer Flaſche verändert, wenn ſie ohne Explo - ſion entladen wird, indem man ihr eine gewiſſe Quantität von der entgegengeſetzten Elektricität mittheilet. Die Säule L M wird insgemein von Holz, der graduirte Bo - gen N O P von Elfenb[e]in, der Stab R S aber von ſehr leichtem Holze mit einer Holundermarkkugel am Ende, ge - macht; der letztere dreht ſich um den Mittelpunkt des Halbkreiſes ſo, daß er allezeit nahe an der Oberfläche deſſelben bleibt; das Ende der Säule L M kann entweder an den Conductor oder an den Knopf einer Flaſche ange - paſſet werden. Wenn der Apparatus elektriſirt iſt, ſo wird der Stab von der Säule zurückgeſtoſſen, bewegt ſich längſt am getheilten Bogen des Halbkreiſes hin, und be - zeichnet den Grad, bis auf welchen der Conductor elektri - ſiret, oder bis auf welchen die Ladung der Flaſche geſtie - gen iſt.

Beccaria räth an, den Zeiger zwiſchen zween Halb - kreiſen zu befeſtigen, weil er, wenn er nur an einem ein - zigen Halbkreiſe gehe, von der Elektricität deſſelben zurück - geſtoßen werde, und ſich nicht frey bewegen könne. Noch andere Verbeſſerungen und Veränderungen dieſes Inſtru - ments werden wir unten beſchreiben.

Taf. II. Fig. 9 iſt ein ſchon vor vielen Jahren von Herrn Townſhend erfundenes Elektrometer, um die jedesmalige Stärke der elektriſchen Exploſion zu meſſen. a b iſt eine kleine elfenbeinerne Platte, c ein locker geſtell - ter elſenbeinerner Kegel, der auf die Platte a b geſetzt wird; e f g eine runde Scheibe, welche ſich ganz frey in zwoen Spitzen drehen kan; aus dieſer Scheibe geht der hölzerne Arm d hervor, und liegt auf dem elfenbeinernen Kegel c auf. Man läßt den entladenden Schlag unter[d]em Kegel durchgehen, ſo daß er den Arm d in die Höhe29Von den Elektriſirmaſchinen.wirft; der Zeiger h bemerkt die Höhe dieſes Wurfs. An dem einen Ende des Fußbrets i iſt eine ſeidne Schnur be - feſtiget, welche über die Scheibe e f g geleitet, und am andern Ende mit einem Gegengewichte k beſchweret iſt, um die Friktion der Scheibe zu reguliren.

Fig. 8 iſt ein iſolirendes Stativ, deſſen Füſſe von Glas ſind. Beym Gebrauch wird die Iſo[l]irung voll - kommener ſeyn, wenn man einen recht trocknen Bogen Papier unter die Füſſe des Stativs leget.

Drittes Capitel. Eigenſchaften des elektriſchen Anziehens[u]nd Zu - rückſtoßens, durch Verſuche mit leichten Körpern erläutert.

Das ſtarke Anziehen und Zurückſtoſſen war das erſte, was die Naturforſcher auf die Natur der Elektrici - tät aufmerkſam machte. Dieſe räthſelhaften Eigenſchaf - ten veranlaſſen ſo mannigfaltige und ſo angenehme Er - ſcheinungen, daß man ſich gleichſam durch eine Zauber - kraft zu weitern Unterſuchungen fortgeriſſen fühlte, welche auch durch die wichtigſten Entdeckungen hinreichend be - lohnt wurden.

Man hat mit dem eifrigſten Beſtreben alle Kräfte des Genies aufgeboten, um die Urſachen dieſer Eigen - ſchaften zu entdecken; allein wir müſſen leider bekennen, daß ſie noch immer ins tieſſte Dunkel gehüllt bleiben, und daß wir uns in Abſicht auf den Mechaniſmus, durch wel - chen leichte Körper, wenn ſie elektriſiret werden, ſich ein - ander nähern oder von einander entfernen, faſt gänzlich in Unwiſſenheit befinden.

30Drittes Capitel.

Eine Unterſuchung der Schwierigkeiten, in welche dieſe Materie verwickelt iſt, würde mich zu weit von der Abſicht des gegenwärtigen Werks entfernen; ich gehe da - her ſogleich zur Erzählung der allgemeinen Eigenſchaften oder Wirkungsarten fort, welche man bey dem elektriſchen Anziehen und Zurückſtoßen bemerkt, und werde hernach die Verſuche beſchreiben, aus welchen man dieſe Eigen - ſchaften hergeleitet hat, oder durch welche man ſie erläu - tern kan.

Allgemeine Eigenſchaften des elektriſchen Anziehens und Zurückſtoßens.
  • 1) Wenn die elektriſche Materie in Bewegung iſt, ſo ſetzt ſie leichte Körper in diejenige Stellung, in welcher ſie dieſelben am leichteſten und geſchwindeſten durchdringen kann; und dieß im Verhältniß des Gewichts der Körper, ihrer leitenden Kraft und des Zuſtands der Luft.
  • 2) Poſitiv elektriſirte Körper ſtoßen einander zurück.
  • 3) Negativ elektriſirte Körper ſtoßen einander eben - falls zurück.
  • 4) Körper, welche auf entgegengeſetzte Art elektriſi - ret ſind, ziehen einander ſtark an.
  • 5) Elektriſirte Körper ziehen nichtelektriſirte Sub - ſtanzen an.
  • 6) Subſtanzen, welche in den Wirkungskreis elek - triſirter Körper gebracht werden, erhalten die entgegenge - ſetzte Elektricität. Oder: Elektriſirte Subſtanzen wirken auf andere in ihrer Nachbarſchaft befindliche Körper und bringen in ihnen diejenige Elektricität hervor, welche ihrer eignen entgegengeſetzt iſt, ohne jedoch dadurch etwas von ihrer eignen Elektricität zu verlieren. Oder auch: Kör - per, welche in eine elektriſche Atmoſphäre kommen, erhal - ten allezeit diejenige Elektricität, welche der Elektricität des Körpers, in deſſen Atmoſphäre ſie ſich beſinden, ent - gegengeſetzt iſt.
31Elektriſches Anziehen und Zurückſtoßen.

13. Verſuch.

Man ſtecke das Ende A des Draths A B, Fig. 10, in die kleine Oeffnung, welche ſich am Ende des erſten Conductors befindet, und drehe den Cylinder, ſo werden ſich die Federn, welche durch leinene Fäden mit dem Dra - the verbunden ſind, von einander trennen; die ſaſerigten Theile derſelben werden auffchwellen, und ſich auf eine an - genehme Art nach allen Richtungen ausbreiten.

Man bringe nunmehr eine metalliſche Spitze, den Finger, oder einen andern leitenden Körper gegen die Fe - dern, ſo werden die faſerigten Theile derſelben ſogleich zu - ſammenfallen, die Federn werden nicht mehr auseinander gehen, ſondern zuſammenkommen und ſich an den leiten - den Körper hängen.

Die Urſache dieſer Entfernung der Federn von ein - ander und ihres Strebens gegen leitende Körper iſt das Beſtreben der ihnen mitgetheilten Elektricität, ſich aus - zubreiten, und der Widerſtand, den daſſelbe in der Luft antrift.

14. Verſuch.

Man ſtecke das Ende C des Draths C D, Fig. 11, in die Oefnung am Ende des Conductors, und drehe die Maſchine, ſo werden die beyden Kügelchen c d aus einan - der gehen. Man bringe einen leitenden Körper in ihren Wirkungskreis, ſo werden ſie gegen denſelben fliegen. Man berühre den Conductor mit einem leitenden Körper, ſo werden ſie ſogleich zuſammen kommen.

Die Kugeln gehen nicht allezeit ſo weit aus einan - der, als man von der Wirkung ihrer Atmoſphären erwar - ten ſollte, weil die Atmoſphäre des Conductors Einfluß auf ſie hat.

Die Kugeln und Federn werden die nämlichen Er - ſcheinungen zeigen, wenn ſie mit einem negativ elektriſir - ten Conductor verbunden werden.

32Drittes Capitel.

15. Verſuch.

Man halte einen feinen Faden gegen einen elek[t]ri - ſirten Conductor; wenn man in die gehörige Entfernung kömmt, ſo wird der Faden gegen den Conductor fliegen, an demſelben hängen bleiben und die elektriſche Materie daraus in die Hand führen. Man ziehe den Faden ein wenig vom Conductor ab, ſo wird er ſehr ſchnell und auf eine ſehr angenehme Art rückwärts und vorwärts fliegen. Man halte eben dieſen Faden gegen einen andern, der vom Conductor herabhängt, ſo werden beyde einander an - ziehen und an einander hängen bleiben. Man bringe einen leitenden Körper, z. B. eine meſſingene Kugel, ge - gen dieſe Fäden, ſo wird dieſe Kugel den mit der Hand gehaltenen Faden zurückſtoßen, den am Conductor befe - ſtigten aber anziehen. Der obere Faden nämlich macht die meſſingene Kugel negativ, und geht alſo auf ſie zu; der untere hingegen, der ebenfalls negativ iſt, wird von ihr zurückgeſtoßen. Bringt man die Kugel an den un - tern Theil des untern Fadens, ſo wird dieſer von ihr an - gezogen. Das Anhängen beyder Fäden an einander kömmt von dem Beſtreben der elektriſchen Materie, ſich durch beyde zu verbreiten.

16. Verſuch.

An dem innern Rande des meſſingenen Ringes b c d Fig. 12., ſind in gleichen Entfernungen von einander, ſechs bis ſieben Fäden, etwa vier Zoll lang befeſtiget; unten an dem Ringe iſt ein Drath, der in die Höhlung des Stativs D paſſet; z e iſt ein meſſingener Stab, an deſſen Ende einige kleine Fäden befeſtiget ſind. Man ſte - cke das andere Ende des Stabs in die am Ende des Con - ductors befindliche Oefnung, ſtelle den Ring b c d recht - winklicht gegen den Stab z e, und gerade über die - den am Ende z, und drehe die Maſchine, ſo werden die am Ringe befindlichen Fäden von denen am Stabe z e33Elektriſches Anziehen und Zurückſtoßen.befeſtigten angezogen werden, und beyde werden gegen einander ſ[t]reben, und eben ſo viele Halbmeſſer des Cir - kels, als Fäden ſind, vorſtellen. Die elektriſche Materie geht aus den Fäden des Stabs in die Fäden des Ringes über, und veranlaßt auf dieſe Art das Phänomen der An - ziehung zwiſchen beyden.

17. Verſuch.

Man hänge die kleine Metallplatte F, Fig. 13, mit dem Hacken H an den Conductor, ſetze das Stativ I gerade darunter, und auf daſſelbe die größere Platte G; der obere Theil des Stativs muß beweglich ſeyn, damit man die Entfernung beyder Platten von einander nach Befinden der Umſtände verändern könne. Man lege klei - ne Papierfiguren, oder andere leichte Körper auf die un - tere Platte, und drehe die Maſchine, ſo werden dieſe Kör - per wechſelsweiſe von beyden Platten angezogen und zu - rückgeſtoßen, und bewegen ſich mit großer Geſchwindigkeit von einer zur andern.

Die auf der untern Platte liegenden Körper erhal - ten eine Elektricität, welche der Elektricität der obern Platte entgegengeſetzt iſt; ſie werden daher von der letz - tern angezogen, und erhalten nun einerley Elektricität mit ihr; daher werden ſie wieder zurückgeſtoßen, geben dieſe Elektricität an das Stativ ab, und werden alſo wiederum in Stand geſetzt, von der obern Platte angezogen zu wer - den. Daß aber dieſe Körper nicht eher von der obern Platte angezogen werden, als bis ſie die der ihrigen ent - gegengeſetzte Elektricität erhalten haben, oder bis das Gleichgewicht der elektriſchen Materie in ihnen geſtört iſt, das wird aus folgendem Verſuche erhellen.

18. Verſuch.

Man nehme die untere Platte und das Stativ hin - weg, und halte ſtatt deſſelben eine Glastaſel, die man an34Drittes Capitel.einer Ecke anfaſſen muß, unter, nachdem man ſie vorher recht rein und trocken gemacht hat. Da nun das Glas keine Elektricität durchläßt, ſo können keine entgegenge - ſetzten Elektricitäten im Conductor und den leichten Kör - pergen entſtehen, daher zeigt ſich auch in dieſem Falle kein Anziehen oder Zurückſtoßen.

Hält man einen Finger an die untere Seite der Glastafel, ſo werden die leichten Körper angezogen und zurückgeſtoßen; die Urſache hievon wird ſich zeigen, wenn wir die Natur der leidner Flaſche erklären werden.

Herr Eeles, der in ſeinen Philoſophical Eſſays (S. 25 der Vorrede) von dieſem abwechſelnden Anziehen und Zurückſtoßen redet, führt an, daß man daſſe[l]be nach Gefallen verändern könne, wenn man zu[e]rſt die Köpfe der Papierfiguren, und wenn dieſe getrocknet, hernach die Füße befeuchte.

Wenn man den Kopf einer ſolchen Figur trocknet, ſagt er, ſo kann die aus dem Conductor gehende Mate - rie nicht mit eben der Leichtigkeit in die Figur eindrin - gen, mit welcher die entgegengeſetzte Elektricität aus der Platte in den Fuß eindringt, welcher nicht ſo trocken iſt; daher fährt die Figur an die obere Platte, und bleibt an derſelben. Man kehre den Verſuch um,[t]rockne den Fuß und befeuchte den Kopf, ſo werden ſich die Figuren an die untere Platte hängen. Behält die Figur ſo viel Ueberſchuß der anziehenden Kraft über ihr eignes Ge - wicht, als der entgegengeſetzten von dem Conductor ab - ſtoßenden Kraft gerade das Gleichgewicht halten kann, ſo bleibt ſie zwiſchen beyden Platten in der Luft ſchweben.

Dies kann man bewerkſtelligen, wenn man den Kopf der Figur breit und rund macht, ſo daß er die Elektricität nicht ſo leicht abgiebt, als der ſcharfe und ſpitzige Fuß ſie annimmt; die geringſte Veränderung dieſes Umſtands macht, daß die Figuren entweder tan - zen oder feſt an einer von beyden Platten hängen bleiben.

35Elektriſches Anziehen und Zurückſtoßen.

19. Verſuch.

Man lege ein viereckigtes Gold - oder Silberblätt - chen auf die untere Platte, halte ſie parallel mit der obern etwa fünf bis ſechs Zoll von derſelben entfernt, und drehe die Maſchine, ſo wird ſich das Blättgen vertikal aufrich - ten, und zwiſchen beyden Platten ſchwebend bleiben, ohne eine von beyden zu berühren. Man halte eine metallene S[p]itze gegen das Blättgen, ſo wird es ſogleich herab - fallen.

20. Verſuch.

Man befeſtige bey K, Fig. 14, eine meſſingene Kugel an das Ende des Conductors. Wenn die Gold - blättchen zwiſchen der Platte und der Kugel ſchweben, ſo führe man die Platte rund um die Kugel herum, und das Blättchen wird mit ihr zugleich rund herumgehen, ohne die Kugel oder die Platte zu berühren.

Gelegentlich kann man einen Glascylinder zwiſchen die beyden Metallplatten Fig. 13. ſetzen, um zu verhü - ten, daß die Kleyen, der Sand und andere leichte Sub - ſtanzen nicht herausfliegen und verſtreut werden.

21. Verſuch.

Man ſtelle zween Dräthe gerade unter einander und parallel mit einander, hänge den einen an den Conductor an, und verbinde den andern mit dem Tiſche, ſo wird eine dazwiſchen geſtellte leichte Figur, wenn man den Conduc - tor elektriſiret, eine Art von elektriſchem Seiltänzer vor - ſtellen. Man ſ. Fig. 15.

22. Verſuch.

Man ſchneide ein Goldblättchen ſo aus, daß das eine Ende einen ſtumpfen, das andere einen ſehr ſpitzigen Winkel bildet, halte das breite Ende gegen einen elektri - ſitten Conductor, und laſſe das Blättchen loß, ſobald es36Drittes Capitel.in die Atmoſphäre deſſelben kömmt, ſo wird es ſich mit der Spitze ſeines ſtumpfen Winkels an den Conductor hängen, und wegen ſeiner wellenförmigen Bewegung gleichſam belebt ſcheinen.

Der nächſtfolgende Verſuch erſordert, wenn er ge - lingen ſoll, ſehr viel Aufmerkſamkeit; der geringſte Unter - ſch[i]ed im Apparatus, oder in der Stärke der Maſchine kann ihn mißlingen machen Gelingt er aber, ſo macht er gemeiniglich den Zuſchauern viel Vergnügen und erregt Bewunderung.

23. Verſuch.

Man befeſtige den Ring, Fig. 16, an das Ende des Conductors, ſtelle die Platte G, Fig. 13, mit ih - rem Geſtell I darunter, und ſetze in geringer Entfernung davon eine ſehr leichte hohle Glaskugel auf die Platte, doch ſo, daß ſie innerhalb des Ringes ſteht. Dreht man nun die Maſchine, ſo wird die kleine Kugel im Kreiſe um den Ring laufen, und ſich zugleich um ihre Axe dre - hen, ſo, daß die Axe der Umdrehung auf der Ebne ihrer Kreisbahn faſt ſenkrecht ſtehet.

24. Verſuch.

Fig. 17. ſieht man eine Reihe kleiner Glöckchen; die beyden äußerſten ſind durch eine meſſingene Kette mit dem Drathe V Y verbunden, die mittelſte Glocke und die Klöppel hängen an ſeidnen Fäden.

Man hänge alle dieſe Glocken mit dem Hacken R S an den Conductor, laſſe die Kette aus der mittelſten Glo - cke auf den Tiſch fallen und drehe den Cylinder, ſo wer - den die Klöppel unaufhörlich von einer Glocke zur andern fliegen, ſo lang die Elektricität dauret.

Die meſſingene Kette, welche die zwo äußerſten Glocken mit dem Conductor verbindet, führt die elektri - ſche Materie denſelben zu, daher ziehen ſie die Klöppel37Elektriſches Anziehen und Zurückſtoßen.an; wenn dieſe die elektriſche Materie ebenfalls angenom - men haben, ſo werden ſie von den äußerſten Glocken zu - rückgeſ[t]oſſen und von der mittelſten angezogen, an welche ſie ihre Elektricität abgeben; hierauf werden ſie wieder von den äuſſerſten Glocken angezogen und zurückgeſtoſſen. Hält man die Kette X, welche aus der mittelſten Glocke hervorgehet, mit einem ſeidnen Faden in die Höhe, ſo hört das Läuten auf, weil die mittelſte Glocke die von den K[l]öppeln ihr mitgetheilte elektriſche Materie nicht in die Erde abführen kan.

Fig. 18 ſtellt eine ſchönere Einrichtung dieſes Glo - ckenſpiels vor. Hiebey muß die Kugel a mit dem Con - ductor verbunden werden.

Fig. 19 zeigt noch eine andere Art. Hiebey hängt der Klöppel an dem Flugrade b c d deſſen Axe in einem kleinen Zapfenloche der gläſernen Säule e f ruht; der obere Theil der Axe geht durch ein Loch in dem meſſingenen Stück g, worinn er ſich frey bewegen kan. Das Fußbret h i k wird ringsherum mit Glocken von verſchiedenen - nen beſetzt. Man nehme den erſten Leiter von der Ma - ſchine hinweg, und ſetze dieſen Apparatus an den Cylinder. Wenn dieſer nun gedreht wird, ſo ſetzt er das Flugrad in Bewegung, der Klöppel ſtreift bey ſeiner Umſchwingung an alle Glocken, und bringt dadurch einen ſehr angeneh - men und harmoniſchen Klang hervor.

25. Verſuch.

Man nehme 10 bis 12 Stück Fäden, jeden etwa 10 Zoll lang, binde ſie oben und unten in Knoten zuſam - men, wie bey Fig. 20, und hänge ſie an den Conductor; ſo werden ſich die Fäden, wenn man elektriſiret, beſtreben auseinander zu gehen, der untere Knoten wird bey zuneh - mender Repulſion der Fäden in die Höhe gehen, und das Ganze wird eine ſphäroidiſche Geſtalt annehmen.

38Drittes Capitel.

26. Verſuch.

Man bringe eine Pflaumſeder, oder eine Flocke Baumwolle gegen das Ende einer geriebenen Glasröhre, oder gegen den Knopf einer geladenen Leidner Flaſche, ſo wird die Feder zuerſt gegen die Röhre fliegen, wenn ſie aber mit elektriſcher Materie geſättiget iſt, wieder zurück - gehen. Man wird ſie alsdann mit einer geriebenen Glas - röhre durch das Zimmer treiben können, bis ſie einen Lei - ter antriſt, dem ſie ihre Elektricität mittheilen kan. Es kehrt ſich dabey beſtändig einerley Seite der Feder gegen die Röhre, weil die von der Feder angenommene elektriſche Materie durch die Wirkung der Röhre in die von der Röh - re abgekehrte Seite getrieben, und daher die Feder zurück - geſtoſſen wird.

Man ſieht aus dieſem und den vorhergehenden Ver - ſuchen leicht, daß nicht blos die Materie angezogen werde, ſondern daß die verſchiedenen Erſcheinungen durch den Zu - ſtand der elektriſchen Materie in den Subſtanzen, auf wel - che die Maſchine wirkt, veranlaſſet werden.

27. Verſuch.

Man ſtecke einen zugeſpitzten Drath in eine von de - nen am Ende des Conductors befindlichen Deſnungen, halte ein Trinkglas über die Spitze, elektriſ[i]re den Con - ductor, und führe das Glas ſo in die Runde herum, daß die ganze innere Fläche deſſelben elektriſche Materie aus der Spitze erhalte. Nunmehr lege man einige kleine Kork - oder Holundermarkkügelchen auf den Tiſch, und decke das Trinkglas darüber, ſo werden die Kügelgen ſogleich an - fangen auf und nieder zu hüpfen, gleichſam als ob ſie leb - ten, und dieſe Bewegung werden ſie eine lange Zeit fort - ſetzen. S. Fig. 21.

Mit zwenen Trinkgläſern läßt ſich dieſer Ver - ſuch auf eine ſehr angenehme Art verändern. Man elek - triſire die innere Seite bey dem einen poſitiv, bey dem an -39Elektriſches Anziehen und Zurückſtoßen.dern negativ, werfe die Kugeln in das eine Glas, und halte beyde Gläſer mit ihren Oefnungen aneinander, ſo werden die Kugeln aus einem Glaſe in das andere ſo lange übergehen, bis die entgegengeſetzten Elektricitäten beyder Gläſer ſich unter einander aufgehoben haben.

Eine elektriſche Subſtanz mit zw[o]en parallelen Flä - chen, in welcher Stellung ſie ſich auch übrigens befinden mag, heißt eine elektriſche Platte.

28. Verſuch.

Elektriſirte Subſtanzen ziehen die nicht-elektriſirten an, wenn ſich auch gleich zwiſchen beyden eine elektriſche Platte befindet.

29. Verſuch.

Körper, welche auf entgegengeſetzte Art elektriſirt ſind, ziehen einander ſtark an, wenn ſich gleich eine elek - triſche Platte dazwiſchen befindet.

Viertes Capitel. Vom Anziehen und Zurückſtoßen in Rückſicht auf die beyden entgegengeſetzten Elektricitäten.

Alle in dieſem Capitel beſchriebene Verſuche ſind einfach, leicht anzuſtellen und von ſehr ſicherem Erfolg, und ſo geringfügig ſie vielleicht auf den erſten Blick ſcheinen, ſo findet man ſie doch bey genauerer Unterſuchung höchſt wichtig. Sie geben uns den Leitfaden zur Prüfung und Erklärung vieler elektriſchen Phänomene, und ſetzen einige von den entgegengeſetzten Wirkungen der negativen und poſitiven Elektricität in ein vorzüglich helles Licht.

40Viertes Capitel.

Man kan alle dieſe Verſuche mit einer einzigen ſehr kleinen und leicht tragbaren Vorrichtung anſtellen. Dieſe beſteht insgemein aus zwoen meſſingenen Röhren wie A und B, Fig. 22, deren jede auf einer gläſernen Säule G ſtehet, welche in den hölzernen Fuß H eingeſchraubt iſt. An jede dieſer Röhren ſind mit Hülfe eines kleinen meſſin - genen Ringes ein paar kleine Korkkugeln an leinenen - den befeſtiget, wie I, K. Dieſe Röhren nebſt einer Stan - ge Siegellack oder einer Glasröhre ſind hinreichend, den größten Theil der Verſuche dieſes Capitels anzuſtellen, und einige der vornehmſten elektriſchen Erſcheinungen zu erläutern.

Vollſtändiger wird dieſe Geräthſchaft, wenn man noch zwo meſſigene Röhren mehr, nebſt den dazu gehöri - gen Geſtellen, eine kleine leidner Flaſche, und ein Stück gefirnißten Seidenzeug dazu nimmt. Mit einem ſolchen Apparatus hat Herr Wilſon in ſeiner vortreflichen Schrift: A ſhort View of Electricity alle allgemeine Grundſätze der Elektricität erkläret und erläutert.

30. Verſuch.

Man berühre ein paar iſolirte Korkkugeln mit einer geriebenen Glasröhre, ſo werden ſie elektriſiret werden, und auseinander gehen. Sie ſind poſitiv elektriſirt, und werden daher von geriebenem Siegellack angezogen, und von geriebenem Glas zurückgeſtoſſen.

31. Verſuch.

Man halte eine geriebene Glasröhre über eine von den vorerwähnten meſſingenen Röhren, jedoch in einiger Entfernung von derſelben, ſo wird ein Theil der natürli - chen Menge elektriſcher Materie, welche in der meſſinge - nen Röhre enthalten iſt, durch die Wirkung der geriebe - nen Glasröhre in die an der meſſingenen Röhre hängenden Korkkugeln getrieben werden, und dieſe werden mit poſi -41Entgegengeſetzte Elektricitäten.tiver Elektricität auseinander gehen; man nehme die ge - riebene Glasröhre hinweg, und die Kugeln werden wieder in ihren natürlichen Zuſtand zurückkehren und zuſammen - fallen.

32. Verſuch.

Man elektriſire die Korkkugeln an der meſſingenen Röhre A, Fig. 27, und bringe das Ende dieſer Röhre in Berührung mit dem Ende der Röhre B, deren Korkku - geln nicht elektriſiret ſind; ſo wird ſich die der Röhre A mitgetheilte Elektricität gleichförmig durch beyde Paare Kugeln vertheilen; die Kugeln an B werden auseinander, die an A wieder ein wenig zuſammengehen.

33. Verſuch.

Man elektriſire die Röhren A und B, Fig. 27, beyde gleich ſtark und auf einerley Art, und ſetze die Enden bey - der Röhren an einander, ſo wird ſich in der Divergenz der Bälle keine Veränderung zeigen.

34. Verſuch.

Man elektriſire die Röhren gleich ſtark, aber auf entgegengeſetzte Art, die eine mit Glas, die andere mit Siegellack, und bringe ihre Enden in Berührung, ſo werden die Kugeln zuſammenfallen.

Wir ſehen aus dieſen Verſuchen, daß poſitive und negative Elektricität einander entgegen wirken. Wenn daher beyde zugleich auf einen Körper wirken, ſo iſt die Elektricität, die derſelbe erhält, bloß dem Unterſchiede beyder gleich, und von der Art der ſtärkeren.

35. Verſuch.

Man halte eine geriebene Glasröhre an eine der meſ - ſingenen Röhren, und berühre ſogleich dieſe Röhre mit dem Finger, ſo wird ein Theil der in der meſſingenen42Viertes Capitel.Röhre von Natur befindlichen elektriſchen Materie durch die Wirkung der geriebenen Glasröhre in den Finger ge - trieben. Nimmt man Finger und Glasröhre in einem und demſelben Augenblicke hinweg, ſo bleibt die Röhre negativ elektriſirt.

36. Verſuch.

Man ſtelle die meſſingenen Röhren A und B, Fig. 22, in eine gerade Linie ſo, daß ihre Enden ſich berüh - ren, und halte die geriebene Glasröhre über A, ſo wird ein Theil der von Natur darinn befindlichen elektriſchen Materie in B getrieben werden. Man rücke nunmehr beyde Röhren von einander, ſo werden die Kugeln an A negativ, und die an B poſitiv ſeyn.

37. Verſuch.

Man iſolire einen langen metallenen Stab, hänge an jedes Ende deſſelben ein paar Korkkugeln, ſtelle das eine Ende ohngefehr zween Zoll weit von dem erſten Con - ductor, das andere ſo weit davon, als möglich, und elek - triſire den Conductor, ſo wird die elektriſche Materie in dem Stabe in das vom Conductor entfernte Ende getrie - ben werden, ſo daß das eine Ende des Stabs, wie die Kugeln zeigen, negativ, daß andere poſitiv elektriſiret ſeyn wird.

38. Verſuch.

Man halte gegen die Röhre D Fig. 23, eine gerie - bene Stange Siegellack, wie bey A, ſo werden die Ku - geln, ſo lang das Siegellack in A bleibt, mit negativer Elektricität auseinander gehen; man halte das Siegellack etwas höher, wie bey B, ſo werden ſie zuſammengehen; man erhebe es noch weiter, ſo werden ſie mit poſitiver Elektricität auseinander gehen.

43Entgegengeſetzte Elektricitäten.

39. Verſuch.

Wenn geriebenes Glas mitten über die Röhre A, Fig. 24, gehalten wird, ſo wird ein Theil der natürlichen Menge von Elektricität in A in die Kugeln, ein Theil auch aus beyden Enden heraus in die Luft getrieben. Während dieſes Verſuchs werden die Kugeln an A vom Glaſe zurückgeſtoſſen, und ſind daher poſitiv. Nimmt man aber die geriebene Glasröhre hinweg, ſo gehen ſie in ſehr kurzer Zeit in den negativen Zuſtand über, weil ein Theil der natürlichen Menge von Elektricität durch die zuge - ſpitzten Enden in die Luft übergegangen iſt, indem die Glasröhre ſich noch über der metallenen Röhre befand; wird nun die Glasröhre weggenommen, ſo tritt zwar der in den Kugeln enthaltene Ueberfluß von ſelbſt zurück, und verbreitet ſich gleichförmig durch die Röhre, da aber der - ſelbe nicht hinreichend iſt, den erhaltenen Verluſt zu er - ſetzen, ſo bleiben Röhre, Fäden und Kugeln in negativem Zuſtande zurück*)Man ſ. Wilſon’s ſhort View of Electricity, p. 7..

40. Verſuch.

Stellt man drey Röhren A, B, C, Fig. 25, in eine Linie und in Berührung mit einander, ſo wird ein über A gehaltenes geriebenes Glas, einen Theil der in A befindli - chen natürlichen Menge elektriſcher Materie in B und C übertreiben. Man rücke nun B und C von A ab; ſo wird man A negativ, B und C poſitiv finden. Rückt man die drey Röhren wieder zuſammen, ſo ſtellt ſich das Gleich - gewicht wieder her, und die Kugeln fallen zuſammen*)Ebend. p. 8..

41. Verſuch.

Stellt man vier Röhren, wie A, B, C, D, Fig. 26, in Berührung mit einander, ſo wird eine geriebene Glas - röhre über A gehalten, einen Theil der in A enthaltenen44Viertes Capitel.Materie in B übertreiben, und dieſer in B übergegangene Theil wird einen gewiſſen Theil aus C in D treiben. Den Augenblick vorher, ehe man die geriebene Glasröhre von A wegnimmt, rücke man B und D von A und C ab, ſo wird man A und C negativ, B und D aber poſitiv fin - den. *)Ebendaſ. p. 8.

42. Verſuch.

Eine geriebene Glasröhre ohngefähr einen Zoll weit von dem Ende B eines maſſiven ſechs Schuh langen und etwa einen halben Zoll ſtarken Glascylinders B D, Fig. 28 Taf. III. gehalten, treibt einen Theil der elektriſchen Ma - terie am Ende B gegen das entfernte Ende D; hiebey aber leidet die natürliche Menge elektriſcher Materie im Glaſe mancherley Veränderungen, welche ſich zu erkennen geben, wenn man an die Korkkugeln, die, wie die Figur zeigt, in gleichen Entfernungen von einander zwiſchen B und D aufgehängt ſind, eine geriebene Glasröhre bringt; in kur - zer Zeit verändert ſich die Elektricität dieſer Korkkugeln; die vorher poſitiv waren, werden negativ, die vorher ne - gativ waren, poſitiv.

Hält man die geriebene Glasröhre in Berührung mit dem Ende B. ſo verurſacht der in B übergehende Zu - ſatz von elektriſcher Materie wiederum verſchiedene Ver - änderungen in der Dichtigkeit der elektriſchen Materie zwiſchen B und D; dieſe Veränderungen ſind den vorigen gerade entgegengeſetzt, und kehren ſich nach kurzer Zeit ebenfalls um.

Aus dieſen Verſuchen läßt ſich ſchließen, daß, wenn die elektriſche Materie in einem Theile eines Körpers plötz - lich dichter wird, die in dem benachbarten Theile dünner werde, und umgekehrt. Dieſe Abwechſelungen dünner und dichter Zonen müſſen der Natur elaſtiſcher flüßiger Materien zufolge, eine lange Zeit hindurch mancherley vorwärts und rückwärts gehende Schwingungen veranlaſ -45Entgegengeſetzte Elektricitäten.ſen, ehe die flüßige Materie in Ruhe kommen kann, ob - gleich dieſe Schwingungen, wenn ſie bis auf einen gewiſ - ſen Grad geſchwächt worden ſind, dem Beobachter endlich unmerklich werden. *)Ebendaſ. p. 18.

Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß die anziehenden und zurückſtoßenden Bewegungen elektriſirter Körper von der abwechſelnden Verdichtung und Verdünnung der elek - triſchen Materie an der Oberfläche dieſer Körper〈…〉〈…〉 kom - men, da ſie natürlicher Weiſe dahin getrieben werden, wo ſie den wenigſten Widerſtand finden.

Daß zwiſchen der in Wirkſamkeit geſetzten elektri - ſchen Materie und der Luft, eine ſchwingende Bewegung und eine Art von Kampf ſtatt finde, zeigt ſich deutlich aus der Empfindung, welche man fühlt, wenn ein ſtark geriebener elektriſcher Körper einem Theile des menſchlichen Körpers genähert wird; dies Gefühl iſt, als ob ein Spinnenge - webe gelind über die Haut gezogen würde. Noch deut - licher zeigt ſich dieſes aus einem Verſuche, den D. Prieſt - ley in der Abſicht anſtellte, um zu entdecken, ob die Elek - tricität beym Gefrieren des Waſſers mitwirke.

43. Verſuch.

D. Prieſtley ſetzte zwo Schüſſeln mit Waſſer bey ſtrenger Kälte der freyen Luft aus, deren eine er ſtark elek - triſirt erhielt. Er konnte zwiſchen beyden Schüſſeln in der Zeit, wenn der Froſt anfieng, und in der Dicke des Eiſes keinen Unterſchied bemerken: wohl aber ſahe er an beyden Seiten des elektriſirten Draths eben den zitternden Dunſt, den man an heißen Tagen an der Oberfläche der Erde, und überhaupt allemal an ſtark erhitzten Körpern bemerkt.

Aus verſchiedenen Verſuchen des P. Beccaria er - hellet, daß in einer luftleeren gläſernen Glocke, das An - ziehen und Zurückſtoßen elektriſirter Körper ſchwach wird, und bald gänzlich aufhört.

46Viertes Capitel.

Verſuche über das Anziehen und Zurückſtoßen geriebener ſeidner Bänder.

44. Verſuch.

Man lege ein ſchwarzes und ein weißes Band zu - ſammen, und ziehe beyde durch die Finger; ſo wird da - durch das weiße Band poſitiv und das ſchwarze negativ elektriſiret; beyde werden alſo einander ſtark anziehen.

45. Verſuch.

Man lege beyde Bänder auf Papier und ſtreiche ſie mit Bernſtein, Siegellak oder einem andern negativ elek - triſchen Körper, ſo werden ſie poſitiv elektriſch.

Reibt man die Bänder mit poſitiv elektriſchen Kör - pern, ſo werden ſie negativ elektriſch.

46. Verſuch.

Ein Stück Flanell und ein ſchwarzes Band werden an einander gerieben eben ſo wohl elektriſch, als ein ſchwarzes und ein weißes Band.

47. Verſuch.

Man trockne zwey weiße ſeidne Bänder am Feuer, breite ſie beyde über einander auf einer glatten Fläche aus, und fahre mit der Kante eines ſcharfen elfenbeinernen Li - neals darüber. So lang ſie ſo auf der Fläche liegen blei - ben, geben ſie kein Zeichen der Elektricität; nimmt man ſie aber, jedes beſonders, hinweg, ſo findet man ſie beyde negativ elektriſiret, und ſie ſtoßen einander zurück.

Indem man ſie beyde von einander zieht, ſieht man elektriſche Funken zwiſchen ihnen; legt man ſie aber wie - der zuſammen auf die Fläche, ſo bemerkt man kein Licht, bis man ſie wieder gerieben hat.

47Verſuche mit ſeidnen Bändern.

48. Verſuch.

Man lege die Bänder auf eine rauhe leitende Sub - ſtanz, und reibe ſie, wie vorher, ſo werden ſie, von ein - a[n]der getrennt, entgegengeſetzte Elektricitäten zeigen, we[l]- che wieder verſchwinden, wenn ſie zuſammengelegt werden.

Macht man zuerſt, daß die Bänder einander zurück - ſtoßen, legt ſie darauf wieder zuſammen, und bringt ſie auf die vorerwähnte rauhe Fläche, ſo ziehen ſie nach wenig Minuten einander an; das obere iſt poſitiv, das untere negativ elektriſirt.

Werden zwey weiße Bänder an einer rauhen Fläche gerieben, ſo erhalten ſie allezeit entgegengeſetzte Elektrici - täten, das obere iſt negativ, das untere poſitiv.

49. Verſuch.

Bringt man zwey Bänder in den Zuſtand, daß ſie einander zurückſtoßen, und führt die Spitze einer Nadel der Länge nach über das eine Band, ſo werden ſie beyde zuſammenfahren.

50. Verſuch.

Man bringe ein elektriſirtes Band gegen eine kleine iſolirte Metallplatte, ſo wird es von derſelben ſchwach an - gezogen; man bringe den Finger gegen die Platte, ſo entſteht ein Funken zwiſchen beyden, obgleich Band und Platte zuſammen kein Zeichen einiger Elektricität von ſich geben; zieht man das Band von der Platte ab, ſo ſind beyde wieder elektriſirt, und es entſteht ein Funken zwi - ſchen der Platte und dem Finger.

51. Verſuch.

Man lege mehrere Bänder von gleicher Farbe über einander auf eine rauhe leitende Subſtanz, fahre mit dem elfenbeinernen Lineal darüber, und hebe jedes einzeln auf,48Viertes Capitel.ſo wird jedes an der Stelle, wo es ſich von dem folgen - den trennt, einen Funken geben, und das letzte wird eben dies gegen die leitende Subſtanz thun; alle Bänder ſind negativ elektriſirt. Man nehme ſie zuſammen von der Fläche ab, ſo hängen ſie alle an einander, und machen eine Maſſe aus, die auf beyden Seiten negativ elektri - ſirt iſt.

52. Verſuch.

Man lege ſie, wie vorher, auf eine rauhe leitende Subſtanz, und nehme ſie einzeln ab, ſo daß man mit dem unterſten den Anfang macht, ſo erſcheinen Funken, wie vorher, aber alle Bänder werden poſitiv, nur das oberſte ausgenommen. Werden ſie auf dem rauhen lei - tenden Körper gerieben, und alle auf einmal weggenom - men, ſo erhalten alle in der Mitte liegende Bänder, wenn man ſie trennt, die Elektricität des oberſten oder des un - terſten, je nachdem man den Anfang der Trennung bey dem oberſten oder bey dem unterſten gemacht hat.

Folgende ungemein merkwürdige Beobachtungen und Verſuche ſind von Herrn Symmer zuerſt angeſtellt worden. Er trug gewöhnlich zwey Paar ſeidne Strüm - pfe, ein paar weiße und ein paar ſchwarze. Wenn er dieſe zugleich und auf einmal auszog, ſo bemerkte er kein Zeichen der Elektricität; wenn er aber den ſchwarzen Strumpf von dem weißen abzog, ſo hörte er ein kniſtern - des Geräuſch, und ſahe im Dunklen Funken zwi - ſchen beyden Strümpfen. Um nun dieſe und die nachfol - genden Erſcheinungen in gehöriger Vollkommenheit her - vor zu bringen, durfte er nur mit ſeiner Hand einigemal über den Schenkel, an welchem er die Strümpfe trug, hin und her fahren.

Wenn die Strümpfe getrennt, und in einiger Ent - fernung von einander gehalten wurden, ſo zeigten ſich beyde ſtark elektriſch; der weiße poſitiv, der ſchwarze ne - gativ. Während dieſer Zeit waren beyde ſo ſtark aufge -49Verſuche mit ſeidnen Bändern.blaſen, daß ſie die ganze Geſtalt des Schenkels zeigten. Hält man die beyden weißen oder die beyden ſchwarzen Strümpfe in einer Hand, ſo ſtoßen ſie einander mit be - trächtlicher Gewalt zurück. Hält man einen weißen und einen ſchwarzen Strumpf an einander, ſo ziehen ſie ſich an, und fahren, wenn man es zuläßt, mit großer Ge - walt zuſammen. So wie ſie einander nahe kommen, hört auch das Aufblaſen nach und nach auf, und ſie ziehen fremde Gegenſtände weniger, ſich ſelbſt aber deſto ſtärker an; erreichen ſie einander wirklich, ſo werden ſie ganz platt und legen ſich dicht zuſammen; trennt man ſie wie - der, ſo ſcheint ihre elektriſche Kraft durch das Zuſammen - legen nicht im geringſten ſchwächer geworden zu ſeyn. Dieſe Erſcheinungen zeigen ſie eine ſehr lange Zeit hin - durch.

Läßt man die Strümpfe zuſammen, ſo fahren ſie mit beträchtlicher Gewalt an einander; Herr Symmer fand, daß bis auf 12 Unzen Gewicht nöthig war, um ſie aus einander zu ziehen. Ein andermal hielten ſie 17 Unzen. Neugefärbte ſchwarze Strümpfe, und neuge - waſchene und geſchwefelte weiße ſo in einander geſteckt, daß die rauhen Seiten zuſammen kamen, hielten 3 Pfund und 3 Unzen, ehe ſie aus einander geriſſen wurden.

Wurde der weiße Strumpf ſo in den ſchwarzen ge - ſteckt, daß die äußere Seite des weißen und die innere des ſchwarzen einander berührten, ſo hielten ſie 9 Pfund we - niger etliche Unzen; kamen aber beyde rauhe Seiten zu - ſammen, ſo hielten ſie 15 Pfund 1 ½ Pfenniggewicht.

50Fünftes Capitel.

Fünftes Capitel. Vom elektriſchen Funken.

53. Verſuch.

Man befeſtige den Drath mit der Kugel B an das Ende des Conductors, wie bey A, Fig. 29, drehe den Cylinder, und bringe den Knöchel des Fingers oder eine andere metallene Kugel, wie C, gegen B; wenn nun die Maſchine ſtark iſt, ſo wird ein langer, im Zikzak gebrochener, glänzender elektriſcher Funken, wie ein Feuer, mit einem kniſternden Geräuſch zwiſchen beyden Kugeln, oder zwiſchen der Kugel und dem Knöchel entſtehen.

Die Verſuche des vorigen Capitels zeigen, daß die - jenigen Subſtanzen, welche in den Wirkungskreis elck - triſirter Körper kommen, eine entgegengeſetzte Elektricität erhalten, und ſich folglich im Stande befinden, von dem mit elektriſcher Materie angefüllten Körper einen Funken zu erhalten. Wenn ſie ihm nun nahe genug kommen, ſo erhalten ſie die elektriſche Materie wirklich in Geſtalt eines Funkens. Iſt der Conductor negativ, ſo geht die elek - triſche Materie aus dem angenäherten Körper in ihn über. Der Funken bricht nicht eher auf die größte Weite in einen gegebenen Körper aus, bis man ihn vorher in einer geringern Weite hat ſchlagen laſſen, wodurch der Aus - bruch gleichſam vorwärts gelocket wird.

Die längſten und ſtärkſten Funken kommen aus dem vom Cylinder abgekehrten Ende des Conductors, ob man gleich auch lange und krummlinigte Funken in der Nähe der iſolirenden Säule, auf welcher der Conductor ruht, herausziehen kann.

Der Funken, oder die ausbrechende Menge elektri - ſcher Materie, ſteht ziemlich nahe im Verhältniß mit der Größe des Conductors. Hat der Conductor eine große51Vom elektriſchen Funken.Oberfläche, ſo erhält man aus ihm ſtärkere und längere Funken, als aus einem kleinern. Man hat dies ſo weit getrieben, daß die aus dem Conductor erhaltenen Funken den Schlägen aus einer ziemlich großen Flaſche gleich ge - weſen ſind.

Das Moment oder die Stärke der elektriſchen Ma - terie ſcheint von dem Drucke der Atmoſphäre auf dieſelbe, und von dem Drucke ihrer Theile ſelbſt gegen einander abzuhängen, welcher ſehr groß ſeyn muß, wenn ſich ihre Theile berühren, oder durch den unermeßlich weiten Raum unmittelbar auf einander wirken.

Wenn die Elektricität ſchwach und nicht vermögend iſt, bis auf eine große Weite zu ſchlagen, ſo iſt der Funken geradlinicht; iſt ſie hingegen ſtark, und ſchlägt ſie auf eine größere Weite, ſo nimmt er ſeine Richtung im Zikzak; und dies wahrſcheinlich darum, weil die flüßigere elektri - ſche Materie ſehr ſchnell durch die dichtere und weniger flüßige Atmoſphäre durchgehen muß, wobey beyde auf einander wirken.

Man wird aus ſehr vielen Verſuchen ſehen, daß ſich die elektriſche Materie zerſtreuer, wofern ihr nicht der Druck der Atmoſphäre widerſtehet, der den Funken in eine Maſſe zuſammenhält, und dadurch ſeine Stärke und ſeinen Glanz vermehret. Der in der Luft ausbrechende Funken iſt lebhaft und dem Blitze ähnlich; ſtellt man aber den Verſuch im luftleeren Raume an, ſo erhält man ſtatt des Funkens und der Exploſion bloß ein ſtilles, ſchwa - ches und ſeines Ausſtrömen.

Beccaria ſagt, die Luft widerſtehe dem elektriſchen Funken im Verhältniß ihrer Dichte, und der Dicke der Schicht, die ſie dem Funken entgegenſetzt, oder der Länge des Weges, den ſie dem Funken durch ihre Subſtanz öf - net. Er zeigt auch durch viele Verſuche, daß die Luft von der elektriſchen Materie nach allen Richtungen ausgetrie - ben wird, mit einer Gewalt, deren Wirtung nicht ſo - gleich aufhöret.

52Fünftes Capitel.

Die Farbe des elektriſchen Funkens iſt nach dem Maaße ſeiner Dichtigkeit verſchieden: iſt er dünn, ſo hat er eine bläuliche, iſt er dichter, eine purpurrothe Farbe und iſt er ſehr concentrit, ſo zeigt er ſich weiß und hell, wie das Licht der Sonne.

Oft ſcheint der mittlere Theil des elektriſchen Fun - kens dünner, und fällt ins röthliche oder violetblaue, da hingegen die Enden lebhafter und weiß ausſehen, wahr - ſcheinlich darum, weil die elektriſche Materie den größten Widerſtand bey ihrem Eingange und Ausgange findet.

Bisweilen theilt ſich der Funken, wie in Fig. 30, in viele Theile. Die Stralen des Büſchels vereinigen ſich an dem Orte, wo ſie in die Kugel ſchlagen, wieder mit einander, und bilden auf derſelben viele dichte und helle Funken.

54. Verſuch.

Man bringe eine elfenbeinerne Kugel an den Con - ductor, und ziehe einen ſtarken Funken aus derſelben (oder laſſe den Schlag einer leidner Flaſche durch ihren Mittel - punkt gehen), ſo wird die Kugel durchaus leuchtend er - ſcheinen. Geht der Schlag nicht durch den Mittelpunkt, ſo ſtreift er über die Oberfläche der Kugel, und greift dieſelbe an.

55. Verſuch.

Man laſſe einen Funken durch eine Kugel von Buchsbaumholz gehen, ſo wird dieſelbe eine ſchöne carmin - oder vielmehr ſcharlachrothe Farbe zeigen. Man kann auch den Schlag durch Stücken Holz von verſchiedner Stärke und Dichtigkeit gehen laſſen, wodurch ſich ein wei - tes Feld zu Beobachtungen und Verſuchen eröfnet.

Die beyden vorhergehenden Verſuche haben ſo viel ähnliches mit dem berühmten Verſuche des Hawksbee, und einigen andern ſeitdem angeſtellten, daß ich auch dieſe noch beyfügen will, in Hofnung, daß ſie zu fernern Un -53Vom elektriſchen Funken.terſuchungen dieſes merkwürdigen Gegenſtandes Anlaß ge - ben werden.

56. Verſuch.

Hawksbee beſtrich die innere Seite einer Glasku - gel über die Helfte mit Siegellak, zog die Luft aus der Kugel, und drehte ſie. Als er nun, um ihre Elektricität zu erregen, die Hand daran legte, ſo ſahe er die Geſtalt und das Bild ſeiner Hand ſehr deutlich inwendig an der hohlen Fläche des Siegellaks, als ob ſich zwiſchen ſeinem Auge und der Hand nichts weiter, als Glas, befände. Der Ueberzug von Siegellak war an den dünnſten Stellen gerade ſo ſtark, daß man den Schein einer Lichtflamme dadurch ſehen konnte. An andern Stellen war das Sie - gellak wenigſtens einen Achtel Zoll dick; aber eben an die - ſen Stellen war das Bild der Hand eben ſo deutlich, als an den andern, zu erkennen.

Beccaria ließ einen elektriſchen Schlag durch et - was feinen meſſingenen Feilſtaub durchgehen, der zwiſchen zwo Platten Siegellak geſtreuet war; dabey wurde alles leuchtend und durchſichtig.

57. Verſuch.

Dieſer von D. Prieſtley angeſtellte außerordentli - che Verſuch wird von ihm ſelbſt ſo beſchrieben. Jch legt eine Kette, die mit der äußern Seite einer Flaſche verbunden war, ganz leicht an meinen Finger, und hielt ſie bisweilen vermittelſt eines dünnen Stücks Glas nahe an den Knopf. Ließ ich nun den Schlag in der Ent - fernung von ohngefähr drey Zollen hindurchgehen, ſo war das elektriſche Licht an der Oberfläche des Fingers ſichtbar, und gab demſe[l]ben eine plötzliche Erſchütterung, welche dem Gefühl nach bis in das innerſte Mark des Knochens drang: geſchahe dies an derjenigen Seite des Fingers, welche vom Auge abge -54Fünftes Capitel.kehrt war, ſo ſchien im Dunklen der ganze Finger voll - kommen durchſichtig.

58. Verſuch.

Man verbinde das eine Ende einer Kette mit der äußern Seite einer geladenen Flaſche, und laſſe das an - dere auf dem Tiſche liegen. Man ſtelle das Ende einer andern Kette ohngefähr einen Viertel Zoll weit von dem erſten ab, ſetze ein Gefäß mit Waſſer auf dieſe neben ein - ander liegende Enden, und entlade die Flaſche durch die Kette, ſo wird das Waſſer vollkommen und ſehr ſchön er - leuchtet ſcheinen. Dieſen Verſuch habe ich von Herrn Haas, dem Erfinder einer verbeſſerten Luftpumpe, welche die bisher gewöhnlichen ſehr weit übertrift.

Zeigen nicht dieſe Verſuche, daß es ſowohl in elek - triſchen als nichtelektriſchen Körpern eine feine Materie giebt, w[e]lche die Körper durchſichtig macht, wenn ſie in Bewegung geſetzt wird?

59. Verſuch.

Wenn die Funken über ein Stück Silberpapier ge - hen, ſo erhalten ſie eine grüne Farbe.

60. Verſuch.

E F, Fig. 31, iſt eine Glasröhre, um welche her - um von einem Ende zum andern, in kleinen, aber gleichen Entfernungen von einander, Stücken Stanniol in einer Spirallinie (daher ſie auch die Spiralröhre heißt) ge - klebt ſind. Dieſe Röhre ſteckt in einer größern, welche letztere an beyden Enden in meſſingene Kappen gefaſſet iſt, die mit dem Stanniol der innern Röhre in Verbin - dung ſtehen. Man halte das eine Ende in der Hand, und bringe das andere ſo nahe an den erſten Leiter, daß ein Funken entſtehen kann, ſo wird man an jedem Raume zwiſchen zweyen neben einander liegenden Stanniolblätt -55Vom elektriſchen Funken.chen einen ſchönen und hellen Funken ſehen; dadurch wird der aus dem Conductor gezogene Funken gleichſam ver - vielfältiget, denn wäre keine Unterbrechung im Stanniol, ſo würde die elektriſche Materie unbemerkt übergehen.

61. Verſuch. Leuchtende Buchſtaben.

Dieſer Verſuch beruht auf einerley Grundſätzen mit dem vorigen. Die Buchſtaben werden durch die kleinen Unterbrechungen gebildet, welche man in einem auf Glas geklebten Stück Stanniol macht; das Glas wird in einen Rahmen von gedörrtem Holze befeſtiget, wie Fig. 32. Um den Verſuch anzuſtellen, halte man den Rahmen in der Hand, und nähere die Kugel G an den Conductor, ſo wird der Funken aus demſelben in den Stanniol über - gehen, und ihm durch alle ſeine Windungen folgen, bis an den Haken h, der ihn durch eine angehangene Kette in den Boden führt: die bey jeder Unterbrechung entſte - henden Funken bilden ein Wort mit leuchtenden Buch - ſtaben.

62. Verſuch.

Um einen Funken mit einer metallenen Spitze aus - zuziehen, ſchraube man einen zugeſpitzten meſſingenen Drath an das eine Ende einer Spiralröhre, und halte die - felbe gegen den Conductor, indem die Maſchine gedrehet wird, ſo wird zwiſchen dem Conductor und der Spitze ein ſtarker Funken entſtehen.

63. Verſuch.

Man nehme eine reine trockne Glasröhre, die im Lichten ohngefähr einen Viertel Zoll weit iſt, ſtecke einen zugeſpitzten Drath in dieſe Röhre, ſtelle das zugeſpitzte Ende in einige Entfernung von dem Ende der Röhre, ver - binde das andere Ende mit dem Boden, und bringe das56Fünftes Capitel.vorgedachte Ende gegen den Conductor der Maſchine, ſo werden ſich zwiſchen demſelben und der Spitze ſtarke im Zikzak gehende Funken zeigen, und ein ſtarkes Geräuſch verurſachen.

Im 62 ſten Verſuche macht die Trennung zwiſchen den Stücken Stanniol einen Widerſtand, welcher den unmittelbaren Uebergang der elektriſchen Materie hindert, und auf dieſe Art die gewöhnliche Wirkung der Spitzen auf den Conductor einigermaſſen verändert. Oder mit andern Worten: das Vermögen der Spitzen, den Schlag zu verhüten, hängt von der vollkommenen und unterbro - chenen metalliſchen Verbindung derſelben mit der Erde ab; obgleich auch dieſe noch nicht ganz hinreichend iſt, wie der 63 ſte Verſuch zeigt, wo die elektriſche Materie von der nichtleitenden Subſtanz, welche die Spitze umringt, concentriret und eingeſammlet wird.

64. Verſuch.

Man ſtelle jemand auf den iſolirenden Stuhl, und verbinde ihn durch einen Drath oder eine Kette mit dem Conductor, ſo wird er eben dasjenige bewirken können, was der Conductor thut; er wird leichte Körper anziehen, Funken geben u. ſ. w. und ſo wird man eine Menge ſehr angenehmer Verſuche anſtellen können. Es iſt hiebey ſchlechterdings nothwendig, wenn der Verſuch vollkom - men gelingen ſoll, daß kein Theil der Kleidung den Bo - den des Zimmers oder den Tiſch berühre, und daß die G[l]asfüße des Stuhls ſehr trocken ſind. Um die Iſoli - rung deſto vollkommener zu machen, wird ein untergeleg - ter trockner Bogen braun Papier ſehr gute Dienſte thun.

Legt die iſolirte Perſon ihre Hand auf die Kleidung einer andern nicht iſolirten, ſo werden beyde, beſonders, wenn die Kleidung von Wollenzeug iſt, eine Empfindung fühlen, als ob ſie mit vielen Nadeln geſtochen würden, ſo lang der Cylinder bewegt wird.

57Vom elektriſchen Funken.

65. Verſuch.

Um brennbare Geiſter mit dem elektriſchen Funken zu entzünden, erwärme man den Löffel, Fig. 33, gieße ein wenig Weingeiſt hinein, und befeſtige ihn mit dem daran befindlichen Stiele an das Ende des erſten Leiters; oder man zünde den Weingeiſt an, und blaſe die Flamme kurz vor dem Berſuche wieder aus; dann laſſe man ver - mittelſt einer meſſingenen Kugel einen Funken mitten durch den Löffel gehen, ſo wird derſelbe den Weingeiſt entzünden.

Oder man laſfe jemand, der auf einem iſolirenden Stuhle ſtehet und mit dem erſten Leiter verbunden iſt, den Löffel mit dem Weingeiſte in der Hand halten, und eine auf dem Boden des Zimmers ſtehende Perſon einen Fun - ken daraus ziehen, ſo wird der Weingeiſt entzündet wer - den. Der Verſuch geht eben ſo wohl von ſtatten, wenn die auf dem Boden ſtehende Perſon den Löffel hält, und die iſolirte den Funken zieht.

66. Verſuch.

Setzt man ein Gefäß mit angezündetem Terpentinöl auf den Conductor, und läßt den Dampf davon an eine Platte gehen, welche von einer iſolirten Perſon gehalten wird, ſo wird dieſe dadurch elektriſiret werden und Wein - geiſt anzünden können u. ſ. w. Hält dieſe iſolirte Perſon einen meſſingenen Drath an die Spitze der Flamme von brennendem Weingeiſt, welcher mit dem Conductor ver - bunden iſt, ſo wird ſie ebenfalls elektriſiret. Wir ſehen hieraus, daß ſowohl Rauch als Flamme Leiter der elektri - ſchen Materie ſind.

Herr Volta hat auch aus dem bloßen Dampfe des Waſſers und aus einigen chemiſchen Gährungen unbe - zweifelte Zeichen der Elektricität erhalten.

58Fünftes Capitel.

67. Verſuch.

Man iſolire eine kleine Kohlenpfanne mit drey oder vier glühenden Kohlen, und ſchütte einen Löffel voll Waſ - ſer auf die Kohlen, ſo wird ein mit den Kohlen durch einen Drath verbundenes Elektrometer in kurzer Zeit mit negativer Elektricität aus einander gehen.

Man ſieht hieraus, daß die Dämpfe des Waſſers, und überhaupt diejenigen Theile eines Körpers, welche durch die Verflüchtigung getrennt werden, nicht nur einen Theil des Elementarfeuers, ſondern auch einen Theil der elektriſchen Materie mit ſich hinwegführen, ſo daß der Körper, von welchem ſich dieſe verflüchtigten Theile ge - trennt haben, nicht nur abgekühlt, ſondern auch negativ elektriſirt wird, woraus zugleich erhellet,[d] bey der Auflöſung der Körper in flüchtige elaſtiſche Materien ihre Fähigkeit, Feuermatcrie und elektriſche Materie zu ent - hallen, vermehrt wird.

Es giebt eine entzündbare Luftgattung, welche ſich ſehr oft in den Steinkohlenſchächten erzeuget: auch iſt die - jenige Luft, welche man durch Stören im Schlamme der ſtehenden Wäſſer erhält, entzündbar. Eben dieſe Luft ſteigt aus faulenden thieriſchen Materien auf, wird auch durch die Deſtillation aus Wachs, Pech, Bernſtein, Koh - len und andern phlogiſtiſchen Subſtanzen erhalten. Die bequemſte Methode, ſie zu erhalten, iſt folgende. Man ſchütte kleine Nägel oder etwas Eiſenfeile in die Flaſche r Fig. 38, gieße ſo viel Waſſer darauf, als ſie gerade be - deckt, und thue ohngefähr den vierten Theil Vitriolöl hinzu, ſtecke das untere Ende der gebognen Röhre s in den Hals der Flaſche, und bringe das andere Ende durch das Waſſer des Beckens T in den Hals der Flaſche K, welche mit Waſſer gefüllt iſt und im Becken umgekehrt ſtehet, auch während der Operation gehalten werden muß: ſo wird die Miſchung in r in kurzer Zeit aufbrauſen, und eine flüßige Materie aufſteigen laſſen, welche durch die59Vom elektriſchen Funken.gebogne Röhre in die Flaſche K übergehen, das Waſſer aus derſelben heraus treiben, und ſie endlich ganz anfüllen wird. Alsdenn nimmt man die Flaſche hinweg, und ver - ſtopſt ſie ſo geſchwind, als möglich.

Fig. 39. ſtellt eine me ſſingene Piſtole zum Abfeu - ern der entzündbaren Luft vor; a b iſt eine meſſingene Kam - mer, in deren Oefnung a c ein Korkſtöpſel eingepaſſet iſt; an den Boden dieſer Kammer iſt ein durchbohrtes Stück Meſſing angeſchraubt, (welches Fig. 40. für ſich allein vorgeſtellt iſt) in die Höhlung deſſelben iſt eine gläſerne Röhre, und in dieſe wiederum ein meſſingener Drath ein - geküttet. Das eine Ende dieſes Draths iſt mit einem meſſingenen Knopfe verſehen, das andere Ende aber ſo gebogen, daß es ohngefähr einen Zehntel Zoll von dem meſ - ſingenen Stück abſtehet. Fig. 41. iſt eine m[e]ſſingene Haube, welche man an die Piſtole ſchrauben kann, um die Glasröhre für dem Zerbrechen zu ſichern. Die Luſt, womit die Piſtole geladen werden ſoll, muß man in einer verſtopften Flaſche aufbewahren. Man ziehe den Stöp - ſel heraus, und bringe in demſelben Augenblicke die Oef - nung der Piſtole an den Mund der Flaſche, ſo werden ſich die gemeine und die entzündbare Luft mit einander ver - miſchen, weil die erſtere leichter als die letztere iſt, und alſo natürlicher Weiſe herunter ſinken muß. Man halte die Piſtole etwa 15 Secunden lang in dieſer Stellung, nehme ſie alsdann hinweg, und verſtopfe Flaſche und Pi - ſtole mit der möglichſten Geſchwindigkeit.

Hält man die Piſtole allzulang über die Flaſche, ſo daß ſie ſich ganz mit entzündbarer Luft anfüllt, ſo wird ſie nicht explodiren.

68. Verſuch.

Man bringe die Kugel der mit brennbarer Luft gela - denen Piſtole gegen den Conductor, oder gegen den Knopf[e]iner geladenen Flaſche, ſo wird der Funken, welcher zwi -60Fünftes Capitel.ſchen dem Ende des Draths f und dem Stück g Fig. 40 entſteht, die brennbare Luft entzünden, und den Kork - ſtöpſel bis auf eine beträchtliche Weite heraustreiben. Dieſe Luftgattung erfordert, wenn ſie ſich entzünden ſoll, ſo wie überhaupt alle Körper, die Gegenwart der gemei - nen Luft oder der Salpeterſäure; wenn man ſie aber mit etwas gemeiner Luft vermiſchet, ſo wird ſie durch den elek - triſchen Funken entzündet, und macht eine Exploſion.

Herr Cavallo empfiehlt denjenigen, welche mit entzündbarer und dephlogiſticirter Luft oder mit gegebnen Quantitäten von gemeiner und entzündbarer Luft Verſuche anſtellen wollen, eine Piſtole von anderer Art. Sie beſteht aus einer 6 Zoll langen und 1 Zoll weiten meſſingenen Röhre, an deren Ende ein durchgebohrtes Stück Holz ſehr ſicher befeſtiget iſt; ein meſſingner etwa 4 Zoll langer Drath iſt ſeiner ganzen Länge nach, ausgenommen an den Enden, mit Siegellack, dann mit umgewundener Seide, und dann wieder mit Siegellack überzogen. Dieſer Drath wird in die Oefnung des hölzernen Stücks eingeküttet, ſo daß er etwa zween Zoll weit in die Röhre hineinreichet, der übrige Theil bleibt auſſerhalb der Röhre; der in die Röhre hin - eingehende Theil des Draths wird ſo umgebogen, daß er von der innern Seite der Röhre nur etwa einen Zehntel Zoll weit abſteht. *)Man ſ. Cavallo Abhandlung von den verſchiedenen Gattungen der Luft und anderer beſtändig elaſtiſchen Mate - rien, aus dem Engl. überſetzt. Leipzig, 1783, 8. S. 274. u. f.

Will man dieſe Piſtole gebrauchen, ſo fülle man ſie mit Waſſer, und kehre ſie alsdann in einem Becken mit Waſſer um; die erforderliche Miſchung von brennbarer und gemeiner Luft mache man in einem andern Gefäße, in - dem man bekannte und gehörig proportionirte Maaße von benden Luftgattungen hineinläßt; man laſſe hierauf dieſe Miſchung in die Piſtole, verſtopfe ſie mit einem Kork. 61Vom elektriſchen Funken.ſtöpſel, nehme ſie aus dem Waſſer und laſſe auf die ge - wöhnliche Art den Schlag einer geladenen Flaſche hin - durchgehen, ſo wird ſich die brennbare Luft entzünden.

Die Inſtrumente zur Entzündung der brennbaren Luft mit dem elektriſchen Funken werden oft auch in Ge - ſtalt einer Canone gemacht.

Sechſtes Capitel. Von elektriſirten Spitzen.

69. Verſuch.

Man halte das zugeſpitzte Ende eines Draths gegen einen poſitiv elektriſirten Conductor, ſo wird an der Spitze ein heller runder Punkt oder Stern erſcheinen, und die elektriſche Materie wird augenſcheinlich aus dem Conductor fortgeführt und zerſtreuet werden.

70. Verſuch.

Man halte den zugeſpitzten Drath gegen einen nega - tiv elektriſirten Conductor; ſo wird man einen aus der Spitze ausſ[t]römenden hellen Stralenkegel oder Stralen - büſchel ſehen, und die Menge der elektriſchen Materie wird zunehmen.

71. Verſuch.

An den einſaugenden Spitzen (Collector) am poſitiven Conductor ſieht man den leuchtenden Punkt; an einer ans Ende des Conductors angeſteckten Spitze aber zeigt ſich ein divergirender Stralenkegel.

72. Verſuch.

Am Collector des negativen Conductors zeigt ſich der Stralenkegel; an einer ans Ende des Conductors befeſtig - ten Spitze hingegen der leuchtende Punkt.

62Sechſtes Capitel.

Die Leichtigkeit, mit welcher die Spitzen die elektri - ſche Materie annehmen und mittheilen, und die verſchie - denen Erſcheinungen des Lichts an den Spitzen in verſchie - denen Verſuchen, haben vielen Phyſikern Anlaß gegeben zu glauben, daß dieſe Erſcheinungen die Richtungen der elektriſchen Materie auf eine ganz entſcheidende Art bewie - ſen. Sie nehmen an, die Erſcheinung des runden Lichts oder Sterns ſey ein Zeichen, daß die elektriſche Materie in die Spitze eindringe, aus derjenigen Spitze hingegen, an welcher der helle Kegel oder Büſchel erſcheint, ſtröme die Materie aus. Dieſe Meinung beſtätiget ſich dadurch, daß dieſe Erſcheinungen den Geſetzen der Bewegung an - derer flüſſiger Materien gemäß ſind, welche beym Aus - ſtrömen durch den Widerſtand der Luft eben ſo divergent gemacht werden, wie die elektriſche Materie, welche aus einer am Ende des poſitiven Conductors befeſtigten Spitze ausſtrömt. Man hat zwar den Einwurf gemacht, daß man die Stralen auch ſo anſehen könne, als ob ſie aus eben ſo vielen Punkten der umliegenden Luft gegen die me - talliſche Spitze zuſtrömten. Es iſt aber ſchwer anzuge - ben, warum ein ſichtbarer Stral eher aus einem Punkte der Atmoſphäre ausbrechen ſollte, als aus einem andern, da doch die Luft dem Durchgange der elektriſchen Materie aller Wahrſcheinlichkeit nach überall gleichförmig wider - ſteht, und alſo dieſe Materie aus der Luft gegen die Spitze nicht anders als langſam, unmerklich und auf allen Sei - ten gleichförmig hinzudringen kan, bis ſie ihr ſo nahe kömmt, daß ſie ſich einen Weg durch den Zwiſchenraum durchbrechen, und an die Spitze ſelbſt kommen kan, wo ſie ſich als ein leuchtendes Kügelchen zeiget.

73. Verſuch.

Man bringe eine geriebene Glasröhre nahe an eine am Ende eines poſitiv elektriſirten Conductors befeſtigte Spitze, ſo wird der leuchtende Büſchel durch die Wirkung[d]er geriebenen Röhre gebogen und aus dem Wege gelen -63Wirkungen der Spitzen.ket werden. Hält man die Röhre der Spitze gerade ent gegen, ſo verſchwindet der Büſchel.

74. Verſuch.

Man befeſtige die Spitze an das Ende eines negati - ven Conductors, ſo wird ſich der leuchtende Stern gegen die geriebene Glasröhre zu kehren.

Dieſe beyden Verſuche kommen mit dem 69 72ſten überein, und führen auf eben dieſelbe Schlußfolge, daß nämlich der Stralenbüſchel ein Zeichen der poſitiven, und der Stern ein Zeichen der negativen Elektricität ſey, wel - ches folgende Verſuche noch mehr beſtätigen.

75. Verſuch.

Man ſtecke einen Drath, an deſſen Ende ſich eine Kugel befindet, in die Oefnung am Ende eines poſitiven Conductors, ſtelle ein angezündetes Licht ſo, daß die Mitte der Flamme der Mitte der Kugel gerade gegen über kömmt, und etwa einen Zoll weit davon abſteht, und drehe die Maſchine, ſo wird die Flamme von der Kugel hinwegge - trieben. Man ſtecke eben dieſen Drath an das Ende des negativen Conductors, ſo wird ſich die Erſcheinung um - kehren, die Lichtflamme wird gegen die Kugel getrieben, und die letztere dadurch in kurzer Zeit erhitzt werden.

76. Verſuch.

Man befeſtige einen zugeſpitzten Drath in der Oef - nung der obern Seite des Conductors, und ſtelle auf die Spitze den Mit[t]elpunkt des meſſingenen Kreuzes k, Fig. 34, deſſen Enden alle nach einerley Richtung umgebogen ſind; man elektriſire den Conductor, ſo wird ſich das Kreuz ſehr ſchnell um den Mittelpunkt drehen. Iſt das Zimmer dunkel, ſo wird die elektriſche Materie an den umlaufen - den Spitzen der Dräthe einen hellen Cirkel bilden. Es iſt der Widerſtand der Luft gegen die divergirenden Büſchel64Sechſtes Capitel.der elektriſchen Materie, welcher den Spitzen der Dräthe eine rückgängige Bewegung giebt.

Das Kreuz dreht ſich immer nach eben derſelben Richtung, es mag nun poſitiv oder negativ elektriſirt ſeyn; im luftleeren Raume aber bewegt es ſich gar nicht, wo - fern man nicht den Finger oder einen andern Leiter an die Glocke, einer der Spitzen gegen über, hält, in welchem Falle es anfängt ſich zu bewegen, und mit großer Ge - ſchwindigkeit ſo lange fortfährt bis das Glas geladen iſt.

77. Verſuch.

Man elektriſire die beyden iſolirten Dräthe M N, o P, Fig. 35, ſo wird der Widerſtand der Luft gegen den elektriſchen Strom aus den Spitzen des Flugrads L (deſ - ſen Axe auf Rollen auf den Dräthen läuft) das Flugrad auf der ſchiefen Fläche M N o P aufwärts treiben.

78. Verſuch.

Fig. 36 ſtellt einen kleinen Krahn vor, der aus glei - cher Urſache mit dem vorherbeſchriebenen Rade umläuft, und ein kleines Gewicht in die Höhe hebt.

79. Verſuch.

Man kan, wie bey Fig. 37 mehrere Flugräder zu - gleich umlaufen laſſen, und nach dieſer Anleitung man - cherley angenehme Verſuche veranſtalten.

Wenn die elektriſche Materie aus einer hölzernen Spitze ausſtrömt, ſo ſcheint der Strom oder Büſchel dünner, und in gewiſſer Maaße dem purpurfarbnen elek - triſchen Lichte im leeren Raume ähnlich. Die Wirkung der elektriſchen Materie auf die Luft, an einer elektriſirten Spitze, bringt einen merklichen Wind oder ein Blaſen her - vor, welches, wie man oben geſehen hat, ſtark genug iſt, um leichte Körper zu bewegen, eine Lichtflamme zu ſtören, oder flüſſige Materien in eine wellenförmige Bewegung zu65Wirkungen der Spitzen.ſetzen. Die Wirkung der elektriſchen Materie wird durch Spitzen ſo gemäßiget, daß ſie eine angenehme Empfin - dung, gleich einem gelinden Anhauchen, hervorbringt; dieſe Empfindung kan mehr oder weniger reizend ſeyn, je nachdem die Materie bey ihrer Wirkung auf den menſch - lichen Körper mehr oder weniger Widerſtand antrift, wor - aus man bey der mediciniſchen Elektricität große Vortheile ziehet.

Siebentes Capitel. Von der leidner Flaſche.

Die Verſuche mit der Leidner Flaſche gehören unter die wichtigſten in der Lehre von der Elektricität; ſie haben mehr, als alle andere, die Aufmerkſamkeit der Naturforſcher auf dieſen Gegenſtand gelenkt, und ſind jederzeit mit Bewunderung und Erſtaunen betrachtet worden.

Die Erſcheinungen dieſer höchſt auſſerordentlichen Verſuche ſchienen ganz unerklärbar, bis die ſinnreiche Theorie des D. Franklin einiges Licht darüber zu ver - breiten anfieng. Dieſe Theorie erklärt die meiſten Schwie - rigkeiten in dieſem verwickelten Fache der Elektricität auf eine einfache und deutliche Art, und läßt ſich ſo leicht und ſo befriedigend auf eine Menge von Erſcheinungen anwenden, daß wir darüber die Einwendungen gegen dieſelbe faſt ganz aus dem Geſichte verlieren.

80. Verſuch.

Man bringe die meſſingene Kugel einer belegten Flaſche in Berührung mit dem erſten Leiter, indem die äußere Seite der Flaſche mit dem Tiſche verbunden iſt. 66Siebentes Capitel.Dreht man nun den Cylinder, ſo wird die Flaſche in kur - zer Zeit geladen, d. i. die elektriſche Materie wird darinn auf eine beſondere Art modificiret. Um die Flaſche zu entladen, oder wiederum in ihren natürlichen Zuſtand zu ſetzen, bringe man das eine Ende eines leitenden Körpers in Berührung mit der äuſſern Belegung, und nähere das andere Ende dem Knopfe der Flaſche, welcher mit der in - nern Belegung in Verbindung ſteht, ſo wird eine ſtarke Exploſion mit einem hellen elektriſchen Funken und einem beträchtlichen Schalle entſtehen.

81. Verſuch.

Man lade die Leidner Flaſche, berühre die äußere Belegung mit einer, und den Knopf mit der andern Hand, ſo wird die Flaſche entladen werden, und man wird eine plötzliche und ſonderbare Empfindung fühlen. Dies heiſt der elektriſche Schlag, und trift, wenn es auf die beſchriebene Art angeſtellt wird, gemeiniglich die Gelenke der Hand und des Arms nebſt der Bruſt; iſt aber der Schlag ſtark, ſo trift er den ganzen Körper. Wahr - ſcheinlich rührt dieſe beſondere Empfindung von der plötzli - chen doppelten Wirkung der elektriſchen Materie her, wel - che in den Körper und in die verſchiedenen dabey betroffe - nen Theile deſſelben zu gleicher Zeit ein - und ausgehet. Man hat auch bemerkt, daß die Natur in allen Körpern auf der Erde ein gewiſſes Gleichgewicht der elektriſchen Materie feſtgeſetzt hat, welches wir bey unſern Verſuchen ſtören. Iſt dieſe Störung gering, ſo wirken die Kräfte der Natur nur ganz gelind, um die veranlaſſete Unord - nung aufzuheben; iſt hingegen die Abweichung beträcht - lich, ſo ſtellt die Natur das urſprüngliche Gleichgewicht mit der äuſſerſten Gewalt wieder her.

Geben mehrere Perſonen einander die Hände, und berührt die erſte die äuſſere Seite der Flaſche, die letzte aber den Knopf, ſo wird die Flaſche entladen, und alle fühlen den Schlag in einem Augenblicke; je größer aber67Die leidner Flaſche.die Anzahl der Perſonen iſt, welche ſich die Hände geben, deſto ſchwächer iſt der Schlag.

Die Stärke des Schlags kömmt auf die Quantität von belegter Fläche, auf die Dünne des Glaſes und auf das Vermögen der Maſchine an; oder die Wirkung der leid - ner Flaſche wird in eben dem Verhältniſſe ſtärker, in wel - chem das Gleichgewicht der Oberf[l]ächen geſtöret wird.

Iſt eine geladene Flaſche allzuhoch belegt, ſo entla - det ſie ſich ſelbſt, noch ehe ſie die Ladung erhält, welche ſie hätte ertragen können, wenn die Belegung niedriger geweſen wäre. Iſt die Belegung ſehr niedrig, ſo kan zwar der belegte Theil der Oberfläche ſehr ſtark geladen werden, aber ein beträchtlicher Theil des Glaſes wird gar nicht geladen.

Iſt eine Flaſche ſehr ſtark geladen, ſo entladet ſie ſich oft von ſelbſt über das Glas hinweg, von einer beleg - ten Oberfläche bis zur andern, oder bricht, wenn das Glas dünn iſt, ein Loch hindurch, treibt die Belegung an beyden Seiten in die Höhe, zerſchmettert das Glas in dem Loche zu Pulver, und macht ſehr oft eine Menge Riſſe, welche in verſchiedenen Richtungen von dem Loche ausgehen.

Oft erhält eine leidner Flaſche nach der Entladung einen geringen Theil ihrer Elektricität wieder; dieſer zwey - te Schlag wird der Ueberreſ[t]der Ladung genannt.

Die Geſtalt oder Größe des Glaſes hat keinen Ein - fluß auf die Entſtehung des Schlags.

Will man keinen Schlag erhalten, ſo muß man ſich ſorgfältig hüten, weder den Knopf und die Auſſenſeite der Flaſche zu gleicher Zeit zu berühren, noch auch in irgend eine zwiſchen der äuſſern und innern Seite der Flaſche ge - machte Verbindung zu kommen. Beobachtet man dies, ſo kan man Flaſchen von jeder Größe ſehr ſicher behan - deln. Zwar thut auch der menſchliche Körper dem freyen Durchgange der feinen elektriſchen Materie ſo wenig Wi - verſtand, daß man von einem Schlage aus einer gewöhn -68Siebentes Capitel.lichen Flaſche keinen weitern Schaden, als eine vorüber - gehende unangenehme Empſindung, erhält.

Man berühre den Knopf einer geladenen Flaſche, ſo erfolgt kein Schlag; aber der Finger oder der berührende Theil fühlt eine ſ[t]echende Empfindung, als wenn er von einer Nadelſpitze berührt würde.

Man kan eine geladene Flaſche, wenn ſie auf idio - elektriſchen Subſtanzen ſteht, ohne Gefahr bey der Be - legung oder an dem Drathe anfaſſen und aufheben; nur erhält man einen ſehr kleinen Funken daraus.

D. Franklin’s Theorie der leidner Flaſche.

Man nimmt an, das Glas enthalte zu jeder Zeit an ſeinen beyden Oberflächen eine beträchtliche Menge elek - triſcher Materie, und dieſe ſey ſo eingetheilet, daß, wenn die eine Seite poſitiv iſt, die andere negativ ſeyn muß. Da nun in die eine Seite nicht mehr elektriſche Materie hineingedrängt werden kan, als aus der andern heraus - geht, ſo iſt nach geſchehener Ladung nicht mehr in der Flaſche, als vorher; die Menge der elektriſchen Materie wird im Ganzen weder vermehrt noch verringert, ſie ver - ändert nur ihren Ort und ihre Stellung; d. i. man kan nur alsdann einen Zuſatz in die eine Seite bringen, wenn zugleich eine eben ſo große Menge aus der andern Seite herausgehen kan. Dieſe Veränderung wird dadurch be - wirkt, daß man beyde Flächen des Glaſes zum Theil mit einer leitenden Subſtanz belegt. Durch dieſes Mittel wird die elektriſche Materie auf jeden phyſikaliſchen Punkt der zu ladenden Oberfläche geführt, wo ſie ihre Wirkung dadurch äuſſert, daß ſ[i]e die von Natur in der andern Seite befindlichen elektriſchen Theile austreibt, welche durch die mit der Fläche in Berührung ſtehende Belegung ſehr gut ausweichen können, daher dieſe Belegung mit der Erde verbunden werden muß. Wenn nun aus der einen Fläche69Die leidner Flaſche.die ganze elektriſche Materie herausgegangen, in die an - dere aber eben ſo viel hineingekommen iſt, ſo iſt die Fla - ſche ſo ſtark, als möglich, geladen. Beyde Flächen ſind alsdann in einem gewaltſamen Zuſtande; die innere oder poſitive Seite iſt ſtark geneigt, ihren Ueberſchuß von elek - triſcher Materie abzugeben; die äußere oder negative Seite hingegen ſtrebt eben ſo ſtark, dasjenige wieder an ſich zu nehmen, was ſie verlohren hat; keine von beyden aber kan ihren Zuſtand verändern, ohne eine gleichgroße und gleichzeitige Theilnehmung der andern. Man nimmt ferner an, daß ohngeachtet der geringen Entfernung bey - der Flächen, und des ſtarken Beſtrebens der elektriſchen Materie, auf der einen Seite den Ueberfluß abzugeben, und auf der andern das ermangelnde wieder anzunehmen, ſich dennoch zwiſchen beyden ein undurchdringliches Hin - derniß befinde; weil nämlich das Glas für die elektriſche Materie undurchdringlich iſt (ob es gleich nicht hindert, daß eine Seite auf die andere wirken kan), und alſo bey - de Flächen ſo lange in dieſem entgegengeſetzten Zuſtande bleiben, bis man durch einen oder mehrere Leiter zwiſchen beyden eine Verbindung von auſſen macht, da ſich als - dann das Gleichgewicht plötzlich und gewaltſam wieder - herſtellet, und die elektriſche Materie auf beyden Seiten des Glaſes zu ihrer urſprünglichen Gleichheit zurückkehrt.

Verſuche über die Ladung und Entladung der leid - ner Flaſche, zu Erläuterung und Beſtätigung der Theorie des Dr. Franklin.

82. Verſuch.

Man ſchraube eine leidner Flaſche, deren Belegung ganz frey von Spitzen iſt, auf ein iſolirtes Geſtell, und ſetze ſie ſo, daß ihr Knopf den Conductor berührt (wobey man auch verhüten muß, daß ſich keine leitende Subſtanz in der Nähe der Belegung befinde); man drehe nun den70Siebentes Capitel.Cylinder ſo vielmal herum, als ſonſt nöthig iſt, um die Flaſche zu laden, und unterſuche ſie dann mit einem Aus - lader, ſo wird man finden, daß ſie keine Ladung erhalten habe; woraus ſich deutlich zeigt, daß die eine Seite der Flaſche keine elektriſche Materie annehmen könne, wenn dieſe Materie nicht aus der andern Seite herausgehen kan.

83. Verſuch.

Man ſtelle eben dieſe iſolirte Flaſche ſo, daß ihr Knopf ohngefähr einen halben Zoll vom Conductor ab - ſteht, und halte während der Umdrehung des Cylinders eine meſſingene Kugel nahe an die Belegung der Flaſche, ſo wird bey jedem Funken, der aus dem Conductor in den Knopf übergeht, ein anderer Funken zwiſchen der Be - legung und der Kugel entſtehen, und die Flaſche wird in kurzer Zeit geladen ſeyn, indem die Elektricität in die eine Seite hinein, und aus der andern herausgeht.

84. Verſuch.

Man ſchraube die Flaſche a, Fig. 42, auf den iſo - lirten Fuß d, und bringe ihren Knopf in Berührung mit dem Conductor; halte dann eine andere Flaſche c von glei - cher Größe mit a ſo, daß ihr Knopf die äußere Belegung der Flaſche a berührt, drehe den Cylinder, und ſtelle, wenn die Flaſche a geladen iſt, c auf den Tiſch, ſchraube a von dem Fuße ab, und ſtelle ſie ebenfalls auf den Tiſch in einiger Entfernung von c. Man ſtecke eine meſſingene Kugel an den Stiel eines Quadrantenelektrometers, und halte es mit einer ſeidnen Schnur ſo, daß die meſſingene Kugel den Knopf der Flaſche berührt. Man bemerke in dieſer Stellung den Stand des Zeigers am Elektrometer, und bringe daſſelbe nunmehr an die andere Flaſche, wo der Zeiger auf eben dem Grade ſtehen wird. Hieraus er - hellet ſehr deutlich, daß die Flaſche aus ihrer äußern Seite71Die leidner Flaſche.eben ſoviel Elektricität ausgeſtoßen habe, als ſie mit der innern aufgenommen hat.

85. Verſuch.

Man bringe den Knopf einer iſolirten Flaſche in Berührung mit einem poſitiven Conductor, verbinde die äußere Belegung mit dem Küſſen oder mit einem negati - ven Conductor, und drehe den Cylinder, ſo wird die Fla - ſche mit ihrer eignen Elektricität geladen, und die elektri - ſche Materie wird aus der äußern Belegung in die innere übergeführt.

86. Verſuch.

Man lade die beyden Flaſchen, Fig. 43, poſitiv; verbinde ihre äußern Belegungen durch einen Drath oder eine Kette, und bringe ihre Knöpfe an einander, ſo wird kein Funken dazwiſchen entſtehen, und die Flaſchen wer - den nicht entladen werden, weil keine Seite der andern etwas abzugeben hat.

87. Verſuch.

Man lade die iſolirte Flaſche, Fig. 43, negativ, und die andere poſitiv, verbinde die Belegungen mit einer Kette, und bringe die Knöpfe zuſammen, ſo wird ein Schlag entſtehen, und die Flaſchen werden entladen wer - den. Stellt man ein brennendes licht zwiſche beyde Knö - pfe, ſo wird der Schlag auf eine ſehr angenehme Art, und auf eine Entfernung von einigen Zollen durch die Flamme gehen. Man ſ. Fig. 44.

88. Verſuch.

Man befeſtige ein Quadrantenelektrometer auf den Knopf einer Leidner Flaſche, und lade dieſelbe negativ; wenn ſie die völlige Ladung erhalten hat, ſo wird der Zei - ger auf dem 90ſten Grade ſtehen. Man ſetze nun die Flaſche mit dem Elektrometer an einen poſitiven Condu -72Siebentes Capitel.ctor, und drehe den Cylinder, ſo wird der Zeiger wieder fallen, und die Flaſche wird durch die entgegengeſetzte Elektricität ihre Ladung verlieren.

89. Verſuch.

Man iſolire zwo leidner Flaſchen, bringe ihre Ve - legungen in Berührung, lade die innere Seite der einen poſitiv, und laſſe währender Zeit eine auf dem Boden ſtehende Perſon den Finger auf den Knopf der andern Flaſche halten, ſo wird die letztere negativ geladen werden

90. Verſuch.

L M, Fig. 45, iſt eine leidner Flaſche mit beweg - lichen Stanniolbelegungen; die innere Belegung N kan durch die ſeidnen Schnüre f, g, h, abgenommen wer - den, aus der äußern Belegung kan man die Flaſche her - ausheben.

Ladet man nun die Flaſche, nimmt die Belegungen hinweg, und bringt ein paar Korkkugeln an das Glas, ſo werden ſie von demſelben ſehr ſtark angezogen; legt man die Belegungen wieder an, ſo giebt die Flaſche noch im - mer einen beträchtlichen Schlag; woraus erhellet, daß die Kraft im Glaſe, nicht in den Belegungen, hafte.

91. Verſuch.

T V, Fig. 46, iſt eine Flaſche, deren äußere Be - legung aus kleinen, nicht weit aus einander ſtehenden, Stücken Stanniol beſtehet. Ladet man dieſe Flaſche auf die gewöhnliche Art, ſo werden ſtarke elektriſche Funken nach mancherley Richtungen von einem Stück Stanniol zum andern gehen; denn die Unterbrechung des Stanniols macht den Uebergang der Materie von der äußern Seite in den Tiſch merklich. Entladet man dieſe Flaſche durch einen zugeſpitzten Drath, den man allmählig dem Knopfe nähert, ſo werden die unbelegten Theile des Glaſes zwi -73Die leidner Flaſche.ſchen dem Stanniol ſehr ſchön erleuchtet erſcheinen, und man wird ein Geräuſch, wie von angezündeten kleinen Schwärmern, hören. Entladet man die Flaſche plötzlich, ſo erſcheint die ganze äußere Fläche erleuchtet. Zu dieſem Verſuche muß das Glas ſehr trocken ſeyn.

92. Verſuch.

Man reihe eine Anzahl Schrotkörner an einen ſeid - nen Faden, und laſſe zwiſchen jeden zwey Körnern einen kleinen Zwiſchenraum; hänge dieſe Schnur an den Con - ductor ſo, daß ſie bis an den Boden einer belegten Flaſche herabreicht, die auf einem iſolirten Fuße ſteht; eine an - dere dergleichen Schnur von Schrotkörnern hänge man an den Boden der Flaſche, verbinde ſie mit dem Tiſche, und drehe die Maſchine, ſo wird ſich zwiſchen allen Schrotkör - nern ein lebhafter Funken zeigen, ſowohl in als außer der Flaſche, gerade als ob das Feuer durch das Glas hin - durchgienge.

93. Verſuch.

Man halte eine Flaſche, welche auswendig keine Be - legung hat, in der Hand, und bringe ihren Knopf gegen einen elektriſirten Conductor; ſo wird das Feuer, indem die Flaſche geladen wird, auf eine ſehr angenehme Art aus der äußern Seite in die Hand übergehen; beym Entla - den werden von dem an der Auſſenſeite anliegenden Kno - pfe des Ausladers die ſchönſten leuchtenden Aeſte ausge - hen, und ſich über die ganze Flaſche verbreiten.

94. Verſuch.

Man hänge eine Kette an den Conductor, und laſſe ſie in eine unbelegte Flaſche ſo herabgehen, daß ſie den Boden derſelben nicht berührt; dreht man nun die Ma - ſchine, ſo wird ſich die Kette in die Runde herum bewe - gen, gleichſam als ob ſie die elektriſche Materie über die74Siebentes Capitel.innere Seite des Glaſes verbreiten, und ſo daſſelbe nach und nach laden wollte.

95. Verſuch.

Fig. 47 zeigt zwo übereinander geſtellte leidner Fla - ſchen. Man kan mit dieſer doppelten Flaſche viele Ver - ſuche anſtellen, welche ſehr beluſtigend ſind, und die an - genommene Theorie ungemein erläutern.

Man bringe die äußere Belegung der Flaſche A in Berührung mit dem erſten Leiter, drehe die Maſchine, bis die Flaſche geladen iſt, ſtelle den einen Knopf des Ausla - ders auf die Belegung von B, und berühre mit dem an - dern den Knopf der Flaſche A, ſo wird eine Exploſion entſtehen. Nunmehr ſtelle man einen Knopf des Ausla - ders auf den Knopf von A, und bringe den andern an die Belegung von A, ſo wird ein zweyter Schlag erfolgen. Bringt man wiederum einen Knopf des Ausladers an die Belegung von A, ſo entſteht eine dritte Exploſion. Man erhält noch eine vierte, wenn man den Schlag aus der Be - legung von A in den Knopf dieſer Flaſche gehen läßt.

Die äußere Belegung der obern Flaſche ſteht in Ver - bindung mit der innern Seite der untern, und führt die elektriſche Materie aus dem Conductor in die untere große Flaſche, welche daher poſitiv geladen wird; die obere wird nicht geladen, weil die innere Seite nichts von ihrer elektriſchen Materie mittheilen kan. Macht man aber eine Verbindung zwiſchen der innern Seite von A und der äußern von B, ſo wird ein Theil der Materie aus der in - nern Seite von A in die negative Belegung von B über - geführt, und die Flaſche B entladen. Die zwote Explo - ſion entſteht durch die Entladung der Flaſche A; da aber dieſer Flaſche äußere Seite durch leitende Subſtanzen mit der poſitiven innern Seite der Flaſche B verbunden iſt, ſo darf der Knopf des Ausladers nur noch die geringſte Zeit über nach der Entladung am Knopfe von A verweilen, und es wird ſogleich ein Theil von der Materie der innern Seite75Die leidner Flaſche.von A herausgehen, und durch eine aus B kommende Quantität an der äußern Seite erſetzt werden, wodurch A zum zweytenmale geladen wird. Die Entladung von A veranlaſſet den dritten, und die von B den vierten Schlag.

Beweis, daß die beyden Seiten einer geladenen Flaſche entgegengeſetzte Elektricitäten haben, durch ihr Anziehen und Zurückſtoßen.

96. Verſuch.

Man ſchraube die Flaſche H, Fig. 49, mit dem daran befindlichen Ringe ſeitwärts auf das iſolirende Sta - tiv, wie in Fig. 48, und lade ſie poſitiv, berühre hier - auf den Knopf mit ein paar Korkkugeln, ſo werden dieſe mit poſitiver Elektricität aus einander gehen. Man halte ein paar andere an die Belegung, ſo werden ſie ſich mit negativer Elektricität trennen.

97. Verſuch.

Man elektriſire zwey paar Korkkugeln an meſſinge - nen Röhren, wie Taf. 11. Fig. 22, durch den Knopf ei - ner poſitiv geladenen Flaſche, ſtelle ſie in geringer Entfer - nung aus einander, und ſchiebe dann die Röhren zuſam - men, daß ſich ihre Enden berühren, ſo bleiben die Ku - geln in eben dem Zuſtande, in welchem ſie ſich vor der Berührung der Röhren befanden, weil ihre Elektricität von gleicher Art iſt. Eben dies erfolgt, wenn beyde Paare an der Belegung elektriſiret werden; wird aber ein Paar an der Belegung und das andere an dem Knopfe elektriſiret, ſo fallen ſie, ſobald ſie an einander gebracht werden, ſogleich zuſammen.

98. Verſuch.

Eine Korkkugel, oder eine künſtliche Spinne von gebranntem Kork, mit Füßen von leinenen Fäden, an76Siebentes Capitel.einem ſeidnen Faden aufgehangen, wird zwiſchen den Knöpfen zwoer Flaſchen, deren eine poſitiv, die andere negativ geladen iſt, hin und her ſpielen, und die Flaſchen werden dadurch in kurzer Zeit entladen werden.

99. Verſuch.

Eine an Seide aufgehangene Kugel, zwiſchen zwo meſſingenen Knöpfen, deren einer von der äußern, der an - dere von der innern Seite einer leidner Flaſche hervor - geht, wird, wenn die Flaſche geladen iſt, von einem Knopf zum andern fliegen, und auf dieſe Art die Flaſche entla - den, indem ſie die elektriſche Materie aus der innern Seite in die äußere führt.

100. Verſuch.

Zwiſchen zwo Flaſchen, welche auf einerley Art ge - laden ſind, wird eine iſolirte Korkkugel, wenn ſie einmal einen Funken erhalten hat, nicht hin und her gehen, ſon - dern von beyden Flaſchen gleich ſtark zurückgeſtoßen werden.

101. Verſuch.

In Fig. 58. iſt an den untern Theil einer iſolirten belegten Flaſche ein Drath befeſtiget, auf welchem ein an - derer Drath b c rechtwinklicht aufſteht, auf der Spitze des letztern ſteht ein meſſingenes Kreuz. Ladet man die Flaſche, ſo wird das Kreuz während der Ladung umlau - fen, wenn aber die Flaſche geladen iſt, ſtillſtehen. Man berühre den Knopf der Flaſche mit dem Finger oder einem andern leitenden Körper, ſo wird ſich das Kreuz wieder ſo lang drehen, bis die Flaſche entladen iſt. Ein paar Korkkugeln werden von dem Kreuze während der Ladung poſitiv, und während der Entladung negativ elektriſirt.

77Die leidner Flaſche.

102. Verſuch.

Man lege eine reine und trockne geriebene Glastafel, etwa einen Quadratſchuh groß, auf ein iſolirtes Käſtgen mit Korkkugeln, ſo werden die Kugeln mit poſitiver Elek - tricität aus einander gehen, und in trockner Luft wohl vier Stunden lang fortfahren einander aufwärts zurückzu - ſtoßen. Wenn die Kugeln endlich zuſammen kommen, nehme man das Glas hinweg, ſo werden ſie mit negati - ver Elektricität aus einander gehen; man lege das Glas wieder darauf, ſo werden ſie zuſammenfallen; man neh - me es hinweg, ſo werden ſie aus einander gehen; dieſe Abwechſelung dauret ſo lange fort, als noch einige Elek - tricität im Glaſe iſt.

Wird die Glastafel in einen hölzernen Rahmen ge - faßt, und eine leichte Korkkugel auf ihre Oberfläche ge - legt, ſo wird die Kugel, wenn man den Finger oder eine Nadelſpitze dagegen bringt, mit einer ſehr ſchnellen Be - wegung davon zurückfliegen, und kann ſo auf der ganzen Oberfläche des Glaſes, wie eine Feder in der Luft durch eine geriebene Röhre, herumgetrieben werden. Denn da die Kugel durch die Nadel ihrer Elektricität beraubt wird, ſo fliegt ſie augenblicklich nach demjenigen Theile des Gla - ſes, der ſie am ſtärkſten anzieht.

Um die Elektricität der Glastafel zu erregen, lege man dieſelbe auf einen trocknen Bogen Papier, und reibe ſie mit reinem trocknen Flanell.

Beweiſe der entgegengeſetzten Elektricitäten beyder Seiten der leidner Flaſche, und der Richtung der elektriſchen Materie beym Laden und Entla - den, durch die Erſcheinungen des elek - triſchen Lichts.

Wir haben bereits im 6ten Capitel bemerkt, daß man die verſchiedenen Erſcheinungen des Lichts an elektri -78Siebentes Capitel.ſirten Spitzen für ein Kennzeichen der Richtung der elek - triſchen Materie halte, indem der leuchtende Stern oder Punkt zeigt, daß die Spitze elektriſche Materie annehme, da hingegen der helle Kegel oder Stralenbüſchel ein Aus - gehen der Materie aus der Spitze andeutet. Wir wol - len jetzt durch dieſe Erſcheinung den Zuſtand beyder Sei - ten der leidner Flaſche unterſuchen. Hiezu ſo wohl, als auch zu vielen andern Abſichten, wird man die Fig. 49. vorgeſtellte Geräthſchaft ſehr bequem finden; ich habe die Theile derſelben ſo zu verbinden geſucht, daß das Ganze dadurch zu ſehr vielen Zwecken brauchbar wird, ohne doch ſehr zuſammengeſetzt zu ſeyn. A iſt eine iſolirende Glas - ſäule, auf den hölzernen Fuß B geſchraubt; alle übrigen Theile der Geräthſchaft laſſen ſich auf dieſe Säule ſchrau - ben. C iſt eine luftleere Glasröhre, an beyden Enden in meſſingene Hauben gefaſſet; am Ende D iſt ein Ventil gehörig unter der meſſingenen Platte angebracht; aus der obern Haube geht ein meſſingener Drath mit einer Kugel, aus der untern Platte ein zugeſpitzter Drath hervor; dieſe Röhre heiſt der leuchtende Conductor. Die bey E vorgeſtellte Flaſche heiſt das leidner Vacuum. Sie hat unter der Kugel E ein Ventil; man kann die Kugel abſchrauben, um leichter zum Ventile zu kommen; ein ſtumpfgeendeter Drath geht bis ein wenig unter den Hals der Flaſche herab; der Boden der Flaſche iſt mit Stan - niol belegt, und auswendig eine Schraubenmutter ange - küttet, um ſie an die Glasſäule A zu ſchrauben.

F iſt eine kleine Pumpe, mit welcher man die Luft nach Erfordern entweder aus dem leuchtenden Conductor oder aus dem leidner Vacuum ziehen kann. In dieſer Abſicht ſchraubt man von dem leidner Vacuum die Kugel, oder von dem leuchtenden Conductor die Platte ab, ſchraubt an deren Stelle die Pumpe an, ſorgt dafür, daß die Schraubenmutter G feſt an das Leder bey a b, c d an - ſchließe, und arbeitet mit der Pumpe, ſo werden die Glä -79Die leidner Flaſche.ſer in wenigen Minuten hinlänglich ausgepumpt ſeyn. H und I ſind zwo leidner Flaſchen, deren jede eine Schrau - benmutter am Boden hat, um ſich gelegentlich an die Säule A anſchrauben zu laſſen. Die Flaſche H iſt mit einem Ringe verſehen, damit man ſie ſeitwärts an die Säule A anſchrauben könne. K und L ſind zween dünne Dräthe, welche man gelegentlich in die Kugel E, in die Knöpfe e und f, in die Haube C, oder in g an die Glas - ſäule ſchrauben kann. Die Kugeln laſſen ſich von dieſen Dräthen abſchrauben, und alsdann haben ſie ſtumpfe Spitzen. M iſt ein hölzernes Täfelchen, das man gele - gentlich auf die Glasſäule ſchrauben kann.

103. Verſuch.

Schraubt man die Flaſche I auf die iſolirende Säu - le, und den zugeſpitzten Drath in das Loch g, befeſtiget einen andern ſpitzigen Drath an das Ende des Condu - ctors, bringt den Knopf der Flaſche gegen dieſen Drath, und drehet die Maſchine, ſo wird aus dem ſpitzigen Drathe am Conductor ein Stralenbüſchel gegen den Knopf der Flaſche gehen, und zugleich wird ein anderer Stralenbü - ſchel aus der Spitze am Boden der Flaſche in die Luft ausfahren, Man ſ. Fig. 50.

Man wiederhole dieſen Verſuch mit dem negativen Conductor, ſo wird am Ende beyder Dräthe ein leuchten - der Stern erſcheinen.

104. Verſuch.

Man ſchraube einen ſpitzigen Drath in den Knopf der Flaſche (ſ. Fig. 51.), und lade ſie poſitiv, ſo wird der ſpitzige Drath die elektriſche Materie aus dem Con - ductor in ſich nehmen; dieſe wird alſo als ein leuchtender Stern erſcheinen, indeß der Drath an der äußern Seite der Flaſche einen divergirenden Stralenkegel ausſendet.

80Siebentes Capitel.

Fig. 52. zeigt die vorigen Erſcheinungen umgekehrt, wenn man nämlich die Flaſche am poſitiven Conductor negativ ladet.

Man kann dieſen Verſuch noch weiter abändern, wenn man die Flaſche an einem negativen Conductor ladet.

105. Verſuch.

Wenn die Flaſche, wie in den vorigen Verſuchen, geladen iſt, ſo drehe man den Drath, der ſich vorhin ge - gen den Cylinder zukehrte, nunmehr von demſelben ab, und drehe die Maſchine, ſo wird der Zu - und Abfluß noch deutlicher, als vorher, erſcheinen: indem die elektriſche Materie mit der größten Heftigkeit von der einen Spitze eingeſogen, und von der andern ausgeſtoßen wird, wo - durch ſich die Flaſche in kurzer Zeit entladet.

106. Verſuch.

Man lade die Flaſche, wie vorher, und berühre dann den mit der negativen Seite verbundenen Drath, ſo wird der entgegengeſetzte Drath einen divergir[e]nden Stra - lenkegel ausſenden; wird hingegen die poſitive Seite be - rührt, ſo zeigt ſich bloß ein leuchtender Punkt an dem an - dern Drathe.

107. Verſuch.

Fig. 53. iſt eine elektriſche Flaſche, B B die Stan - niolbelegung, C ein Stativ, welches die Flaſche trägt, D eine metallene Tülle, auf welcher die Glasſäule E ſte - het; ein gebogner und an beyden Enden zugeſpitzter me - talliſcher Drath F iſt an das Ende des Stabes G befeſti - get, welcher Stab ſich nach Gefallen in der federnden Röhre N verſchieben läßt. Dieſe Röhre iſt auf die Glas - ſäule E befeſtiget; der zur Ladung dienende Stab aber iſt mit den verſchiedenen Abtheilungen der innern Belegung der Flaſche durch horizontale Dräthe verbunden.

81Die leidner Flaſche.

Man ſtelle die Flaſche, wie gewöhnlich, und ſetze die Maſchine in Bewegung, ſo wird ſich an der obern Spitze des Draths F ein kleiner leuchtender Punkt zeigen (ein deutliches Zeichen, daß die Spitze alsdann aus dem obern Ringe der äußern Belegung Elektricität in ſich nimmt), zugleich wird aus der untern Spitze des Draths F ein ſehr ſchöner feiner Stralenkegel gegen die unterſte Zone der Belegung zu ſchießen. Wenn dieſe Erſcheinun - gen aufhören, welches geſchieht, ſobald die Flaſche gela - den iſt, bringe man einen zugeſpitzten Drath gegen den erſten Leiter; dieſer wird die Flaſche ſtillſchweigend entla - den, und während dieſer Entladung wird die untere Spitze mit einem kleinen Funken erleuchtet ſeyn, die obere hinge - gen wird einen Stralenbüſchel ausſenden, welcher gegen die obere Zone der Belegung zu divergiret.

108. Verſuch.

Man nehme eine leidner Flaſche, deren Hals nicht ſehr breit iſt, ſtelle ihre Belegung an den Conductor, und lade ſie negativ. Es wird alsdann, wenn die Flaſche nicht allzutrocken iſt, der obere Rand der Belegung einen oder mehrere Lichtbüſchel in die Luft ausſenden, welche ſich ſehr merklich gegen den ladenden Drath in der Mitte der Flaſche beugen, und bisweilen denſelben wirklich erreichen werden. Man halte den Knopf an den erſten Leiter, und lade die Flaſche poſitiv, ſo wird anfänglich nach einigen Umdrehungen des Cylinders ein kleiner leuchtender Funken am Rande des Korkes im Halſe der Flaſche erſcheinen; dieſer Funken verwandlet ſich in einen Stralenbüſchel, der vom Korke ausgeht, und ſich nach und nach in einen Bo - gen verlängert, deſſen Ende ſich niederwärts bis an den Rand der Belegung erſtrecket. Iſt die Flaſche trocken, ſo entladet ſie ſich in beyden Fällen freywillig. Man ſ. Fig. 54 und 55.

82Siebentes Capitel.

109. Verſuch.

Eine iſolirte poſitiv geladene Flaſche giebt einer ge - riebenen Stange Siegellak aus ihrem Knopfe einen Fun - ken; da hingegen zwiſchen demſelben und einer geriebe - nen Glasröhre kein Funken entſteht.

110. Verſuch. Zergliederung der leidner Flaſche durch das leidner Vacuum E, Fig. 49.

Man ſchraube das leidner Vacuum auf den iſoliren - den Fuß, mit dem zugeſpitzten Drathe am Boden. Fig. 56. z[e]igt die Erſcheinungen der elektriſchen Materie an den Spitzen, wenn die Flaſche an einem poſitiven Con - ductor negativ geladen wird.

Fig. 57. zeigt die Erſcheinungen, wenn die Flaſche an eben demſelben Conductor poſitiv geladen wird.

Fig. 59. wird dieſelbe Flaſche am negativen Con - ductor poſitiv, und Fig. 60. an eben demſelben negativ geladen.

111. Verſuch.

Fig. 61. ſtellt den leuchtenden Conductor auf dem iſolirten Fuße vor. Man ſetze die einſaugende Spitze nahe an den Cylinder, bringe den Knopf einer ungelade - nen Flaſche in Berührung mit der Kugel, oder laſſe eine Kette von derſelben auf den Tiſch herabhängen, und drehe die Maſchine, ſo wird ſich die Kugel in eine dichte elek - triſche Atmoſphäre hüllen. Wird die Spitze an ein iſo - lirtes Küſſen gebracht, und die Kugel mit dem Tiſche ver - bunden, ſo wird ſich die Atmoſphäre an der in der Röhre befindlichen Spitze zeigen. Bringt man eine poſitiv ge - ladene Flaſche dagegen, ſo ſind die Erſcheinungen in der Röhre, wie bey Fig. 62. Wird aber eine negativ gela - dene Flaſche dagegen gehalten, ſo ſind ſie, wie Fig. 61.

83Die leidner Flaſche.

Man kan dieſe Röhre, wenn ſie auf dem iſolirenden Fuße ſtehet, anſtatt des erſten Leiters gebrauchen, und alle gewöhnliche Verſuche damit anſtellen; ſie leuchtet wäh - rend der Operation unaufhörlich.

Von der Richtung der elektriſchen Materie beym Entladen der leidner Flaſche.

112. Verſuch.

Man ſtelle eine geladene Flaſche auf einem kleinen gläſernen Stativ unter die Glocke einer Luftpumpe; ſo wie nun die Glocke ausgeleeret wird, ſo wird die elektriſche Muterie in Geſtalt eines ſehr hellen Stralenkegels aus dem Drathe der Flaſche herausgehen, und nach der Be - legung zu ſtrömen, bis die Luft völlig ausgeleert iſt. Als - dann wird man auch die Flaſche entladen finden.

Iſt die Flaſche negativ geladen, ſo wird der leuch - tende Strom gerade die entgegengeſetzte Richtung von der vorigen nehmen.

Man kan aus dieſem Verſuche die Wirkung des Drucks der Atmoſphäre auf die leidner Flaſche beurtheilen, und ſehen, daß dieſer Druck die natürliche Grenze jeder Ladung mit Elektricität beſtimme, und daß alſo eine Flaſche in einer doppelt ſo dichten Luſt eine doppelt ſo ſtarke Ladung halte, als in der gemeinen atmoſphäriſchen Luft, indem die Stär - ke der elektriſchen Atmoſphäre durch den Druck der Luft vergrößert wird.

113. Verſuch.

Man ſetze ein kleines angezündetes Wachslicht zwi - ſchen die beyden Knöpfe des allgemeinen Ausladers, und laſſe eine ſehr ſchwache Ladung einer poſitiven Flaſche hin - durchgehen, ſo wird die Flamme des Wachslichts nach der Richtung der elektriſchen Materie gegen die Belegung zu, angezogen werden. Man ſ. Fig. 63.

84Siebentes Capitel.

114. Verſuch.

Iſt eben dieſe ſchwache Ladung einer negativen Fla - ſche gegeben, ſo wird die Erſcheinung gerade die umge - kehrte ſeyn.

Bey beyden Verſuchen muß man die Ladung ſo ſchwach, als möglich, geben, ſo daß ſie nur gerade hin - reichend iſt, über die Unterbrechung in der Verbindung zu ſchlagen.

115. Verſuch.

Man lege ein Kartenblatt auf das Tiſchgen des all - gemeinen Ausladers, bringe das Ende des einen Draths unter das Kartenblatt, und verbinde es mit der Belegung einer poſitiv geladenen Flaſche, das Ende des andern Draths lege man oben auf das Kartenblatt etwa andert - halb Zoll weit von dem vorigen entfernt; man mache hier - auf die Verbindung vollſtändig, indem man den Ausla - der an den letzten Drath und an den Knopf der Flaſche bringt, ſo wird die elektriſche Materie durch den obern Drath längſt der Oberfläche des Kartenblatts hingehen, bis ſie an das unter der Karte befindliche Ende des andern Draths kömmt. Hier wird ſie ein Loch durch das Kartenblatt bohren, und durch den Drath in die Bele - gung der Flaſche übergehen. Man ſ. Fig. 64.

116. Verſuch.

Wenn man vier Korkkugeln A, B, C, D in glei - chen Entfernungen von einander, zwiſchen den Knopf des Ausladers und die Belegung einer poſitiv geladenen Fla - ſche ſtellt, und nun die Flaſche entladet, ſo wird die Ku - gel A, die dem Auslader am nächſten liegt, gegen B, und B gegen C geſtoßen, C bleibt unbewegt, und D fliegt ge - gen die Belegung der Flaſche.

85Die leidner Flaſche.

117. Verſuch.

Man mache auf beyde Seiten eines Kartenblatts einen fingerbreiten Strich mit Zinnober, befeſtige dieſes Blatt mit ein wenig Wachs vertikal auf das Tiſchgen des allgemeinen Ausladers, laſſe das Ende des einen Draths die eine, und das Ende des andern Draths die entgegen - geſetzte Seite berühren; die Entfernung beyder Enden von einander muß mit der Stärke der Ladung im Verhältniß ſtehen. Entladet man nun die Flaſche durch die Dräthe, ſo zeigt der ſchwarze Streif, den die Exploſion auf dem mit Zinnober gefärbten Striche zurückläßt, daß die elek - triſche Materie von dem Drathe, der mit der innern Seite der Flaſche in Verbindung ſteht, in denjenigen überge - gangen ſey, welcher mit der äußern Seite verbunden iſt, gegen welchen letztern ſie ein Loch ſchlägt.

Verſuche, welche gegen die angenommene Theorie der Elektricität zu ſtreiten ſcheinen.

118. Verſuch.

Man lade die Oberflächen einer elektriſchen Platte ganz gelind, iſolire ſie, und mache eine unterbrochene Ver - bindung, ſo werden beyde Kräfte ſichtbar werden, und die an der unterbrochenen Verbindung befindlichen Spitzen erleuchten: jede Kraft wird ſich von der Oberfläche, von welcher ſie ausgeht, immer weiter erſtrecken, je ſtärker die Platte geladen wird; wenn aber die Erleuchtungen von beyden Seiten einander begegnen, ſo wird ſogleich eine Exploſion der ganzen Ladung erfolgen.

119. Verſuch.

Wenn man eine cylindriſche Luſtplatte unter der Glocke einer Luftpumpe ladet, ſo werden ſich beyde Kräfte deſto leichter vereinigen, je mehr Luft zwiſchen beyden Flächen weggepumpet wird.

86Siebentes Capitel.

120. Verſuch.

Wenn eine luftleere Glocke zum Theile einer elektri - ſchen Verbindung gemacht wird, und die Ladung nicht hinreichend iſt, einen Schlag zu verurſachen, ſo wird man ein elektriſches Licht in entgegengeſetzten Richtungen aus den Theilen hervorgehen ſehen, welche mit der poſitiven und negativen Fläche verbunden ſind.

121. Verſuch.

Man ſetze eine belegte Flaſche auf ein iſolirendes Stativ, und berühre ihren Knopf mit dem Knopfe einer andern negativ geladenen Flaſche, ſo wird man zwiſchen beyden einen kleinen Funken ſehen, und beyde Seiten der iſolirten Flaſche werden ſogleich negativ elektriſiret ſeyn.

122. Verſuch.

Man befeſtige ein Elektrometer von Korkkugeln mit ein wenig Wachs an die äußere Belegung einer Flaſche, lade die Flaſche ganz gelind poſitiv, und ſetze ſie auf ein iſo - lirendes Stativ, ſo werden die Kugeln entweder gar nicht oder nur ſehr wenig aus einander gehen. Man bringe den Knopf einer ſtark poſitiv geladenen Flaſche an den Knopf der vorigen, ſo werden die Bälle mit poſitiver Elektricität aus einander gehen.

123. Verſuch.

Man lade eben dieſe Flaſche mit den an ihre äußere Belegung befeſtigten Korkkugeln, gelind negativ, iſolire ſie hierauf, und bringe den Knopf einer ſtark negativ ge - ladenen Flaſche an den Knopf der iſolirten, ſo werden die Kugeln mit negativer Elektricität aus einander gehen.

124. Verſuch.

Man lade eine Flaſche poſitiv, iſolire ſie, lade eine andere ſehr ſtark negativ, und bringe den Knopf der ne -87Die leidner Flaſche.gativen nahe an den Knopf der poſitiven, ſo wird ein Faden zwiſchen beyden hin und her ſpielen; wenn aber die Knöpfe einander berühren, ſo werden die Fäden zuerſt angezogen, und dann von beyden zurückgeſtoßen. Die negative Elektricität tritt gleich - ſam an die Stelle der poſitiven, und, wenn man beyde wieder von einander trennt, ſo ſind ſie einige Minuten lang beyde negativ; wenn man aber dem Kno - pfe der Flaſche, in welche die negative Elektricität ge - bracht wurde, den Finger nähert, ſo zerſtreut ſich dieſe Elektricität augenblicklich, der Finger erhält einen ſchwa - chen Funken, und die Flaſche iſt wieder poſitiv geladen, wie vorher.

Achtes Capitel. Von der elektriſchen Batterie, und der Lateral - exploſion geladener Flaſchen.

Zu Verſtärkung der elektriſchen Exploſion pflegt man mehrere leidner Flaſchen mit einander in einem Ka - ſten zu verbinden, und dieſe Geräthſchaft eine elektriſche Batterie zu nennen. Fig. 65. ſtellt eine der beliebte - ſten Einrichtungen derſelben vor.

Der Boden des Kaſtens iſt mit Stanniol überlegt, um die äußern Belegungen der Flaſchen mit einander zu verbinden. Die innern ſind durch die Dräthe b, c, d, e, f, g verbunden, welche ſich in die große Kugel A vereinigen; C iſt ein Hacken am Boden des Kaſtens, durch welchen man etwas mit der äußern Belegung der Flaſchen verbin - den kann; von der innern Seite geht die Kugel B hervor - durch welche die Verbindung gelegentlich vollſtändig ge - macht werden kann. Beym Gebrauch der elektriſchen Batterie ſind folgende Vorſichtsregeln in Acht zu nehmen.

88Achtes Capitel.

Den obern unbelegten Theil der Flaſchen muß man trocken und rein vom Staub halten, und nach der Explo - ſion einen Drath vom Hacken bis an die Kugel gehen laſ - ſen, welcher in dieſer Lage bleiben muß, bis man die Bat - terie wieder laden will. Dadurch wird man allen Scha - den, welcher ſonſt aus dem Ueberreſte der Ladung entſte - hen könnte, gänzlich vermeiden.

Wenn eine Flaſche in der Batterie zerbrochen iſt, ſo iſt es unmöglich, die übrigen zu laden, bis die zerbroche - ne weggenommen iſt.

Um die Flaſchen einer großen Batterie vor dem Zerbrechen beym Schlage zu bewahren, hat man angera - then, keine Batterie durch einen guten Leiter zu entladen, wofern nicht die Verbindung aufs wenigſte fünf Schuh lang ſey. Aber was man durch dieſe Methode auf der einen Seite gewinnt, das verliert man auf der andern wieder; denn durch Verlängerung der Verbindung wird die Stärke des Schlags verhältnißmäßig vermindert.

Man hat mir geſagt, daß die zu Newcaſtle ver - fertigten Flaſchen von grünem Glas nicht leicht von einer Exploſion zerbrächen; allein ich habe nicht Gelegenheit gehabt, mit dergleichen Glaſe ſelbſt Verſuche anzuſtellen.

Die Stärke einer Batterie wird beträchtlich ver - mehrt, wenn man den Schlag bey der Exploſion concen - triret, welches geſchiehet, wenn man ihn durch kleine Ver - bindungen nicht-leitender Subſtanzen gehen läßt. Hie - durch kann das widerſtehende Mittel, durch welches der Funken gehen muß, ſo zubereitet werden, daß es die Stär - ke deſſelben vermehret. Läßt man ihn durch eine ein Zwölftel oder ein Sechstel Zoll weite Oefnung in einer Glasplatte gehen, ſo wird er weniger zerſtreut, compa - cter und kräftiger. Wird die Stelle um die Oefnung herum mit ein wenig Waſſer angefeuchtet, ſo wird der Funken, der dieſes Waſſer in Dämpfe verwandlet, auf eine größere Weite fortgeführet, ſeine Geſchwindigkeit ver - größert, und der Schall iſt lauter, als gewöhnlich.

89Elektriſche Batterie und Lateralexploſion.

Durch dieſe und einige andere Mittel hat Herr Morgan mit ganz kleinen Flaſchen Drath geſchmolzen u. dgl. Vielleicht wird er dieſe und ſeine übrigen wichti - gen Entdeckungen dem Publikum bald mittheilen.

125. Verſuch.

Man laſſe die Ladung einer ſtarken Batterie durch 2 3 Zoll dünnen Drath gehen, ſo wird derſelbe biswei - len glühend werden, zuerſt auf der poſitiven Seite, und in der Regel wird das Glühen nach dem andern Ende zu fortgehen.

126. Verſuch.

Man entlade eine Batterie durch ein Buch Papier, ſo wird ſie ein Loch durch daſſelbe ſchlagen; jedes Blatt wird durch den Schlag von der Mitte aus gegen die auſ - ſen anliegenden Blätter zu durchbrochen, gerade als ob der Schlag von ſeinem Innern aus auf beyde Seiten ausge - brochen wäre. Iſt das papier ſehr trocken, ſo findet die elektriſche Materie in ihrem Uebergange mehr Widerſtand, und das Loch iſt klein. Iſt der Theil des Papiers, durch welchen die Eploſion geht, feucht, ſo iſt das Loch größer, das Licht lebhafter und der Schlag lauter.

127. Verſuch.

Die Entladung einer Batterie durch eine kleine ſtäh - lerne Nadel wird, wenn die Ladung ſtark genug iſt, die Nadel magnetiſch machen.

128. Verſuch.

Die Entladung einer Batterie durch eine kleine und dünne Magnetnadel wird ihr gemeiniglich die magnetiſche Eigenſchaft ganz benehmen, bisweilen aber auch ihre Pole umkehren. Soll dieſer Verſuch gelingen, ſo iſt es oft nöthig, mehrere ſtarke Schläge durch die Nadel gehen90Achtes Capitel.zu laſſen, ehe man ſie aus der Verbindung hinweg nimmt.

Aus des P. Beccaria Verſuchen erhellet, daß die magnetiſche Richtung, welche eine Nadel durch die Elek - tricität erhält, von der Lage der Nadel beym Schlage ab - hängt, und nicht auf die Richtung der elektriſchen Mate - rie beym Eingange in die Nadel ankömmt.

129. Verſuch.

Man entlade eine Batterie durch einen dünnen Drath, der z. B. ein Funfzigtheilchen eines Zolles im Durchmeſſer hat, ſo wird der Drath in Stücken zerbrochen oder geſchmolzen werden, ſo daß er in glühenden Kügel - chen herabfällt.

Wenn ein Drath auf dieſe Art geſchmolzen wird, ſo fliegen häufige Funken bis auf eine beträchtliche Entfer - nung herum, indem ſie durch die Exploſion nach allen Richtungen ausgeworfen werden.

Iſt die Kraft der Batterie ſehr groß, ſo wird der Drath durch die Stärke der Exploſion gänzlich zerſtreut. Kleine Stückchen ſolcher Subſtanzen, die ſich nicht leicht in einen Drath ausziehen laſſen, als Platina, Goldkör - ner, Erze ꝛc. kann man in Wachs drücken, und ſo in die Verbindung bringen; geht nun ein Schlag von genugſa - mer Stärke hindurch, ſo werden ſie geſchmolzen.

Die Kraft einer Batterie, Dräthe zu ſchmelzen, ändert ſich mit der Länge der Verbindung, weil die elek - triſche Materie deſto mehr Widerſtand antrift, je länger der Weg iſt, durch welchen ſie gehen muß. D. Prieſt - ley konnte 9 Zoll dünnen eiſernen Drath in einer Entfer - nung von 15 Fuß ſchmelzen, aber in der Entfernung von 20 Fuß konnte er nur 6 Zoll davon glühend machen.

130. Verſuch.

Man ſchließe einen ſehr dünnen Drath in eine Glas -[r]öhre ein, und entlade eine Batterie durch denſelben, ſo91Elektriſche Batterie und Lateralexploſion.wird er in Kügelchen von verſchiedener Größe zertheilt, welche man von der innern Fläche der Glasröhre zuſam - menleſen kann. Man findet ſie oft hohl, und ſie ſind dann nicht viel mehr, als eine Metallſchlacke.

Man hat viele Verſuche angeſtellt, um die verſchie - denen leitenden Kräfte der Metalle durch den hindurchge - laſſenen Schlag einer Batterie zu unterſuchen; allein man hat noch nicht beſtimmen können, ob die größere Leichtig - keit, mit welcher einige Metalle explodiren, von der Leich - tigkeit des Durchgangs der elektriſchen Materie, oder von dem Grade des Widerſtands, welchen ſie dem Durchgan - ge dieſer Materie entgegenſetzen, oder von einem Mangel an Ductilität, wodurch ſie der Ausdehnung unfähiger werden, herkomme.

131. Verſuch.

Man entlade eine Batterie durch eine Kette, wel - che auf Papier liegt, ſo werden an den Stellen, wo die Glieder der Kette einander berühren, ſchwarze Flecken auf dem Papiere zurückbleiben; auch werden die Glieder an dieſen Stellen mehr oder weniger geſchmolzen werden.

132. Verſuch.

Man nehme zwey Stücken Fenſterglas, etwa 3 Zoll lang und 2 Zoll breit, lege einen Streif Meſſing - oder Goldblättchen zwiſchen beyde und laſſe die Blättchen auf beyden Seiten vor dem Glaſe hervorragen; ſtelle die bey - den Stücken Glas in die Preſſe des allgemeinen Ausla - ders, bringe die beyden Enden der Dräthe E T, E F. Fig. 33. an die Enden der Metallblättchen, und laſſe den Schlag durch dieſelben gehen, ſo wird dieſer einen Theil des Metalls in das Glas hineintreiben, und die Farbe deſ - ſelben in etwas verändern. Das Metallblättchen muß in der Mitte am ſchmälſten ſeyn, weil die Stärke der elek - triſchen Materie ſich wie ihre Dichtigkeit verhält, welche92Achtes Capitel.zunimmt, wenn eben dieſelbe Menge von Materie durch weniger leitende Theile hindurchgedrängt wird.

Wenn die Streifen von Goldblättchen durch die Exploſion geſchmolzen ſind, ſo werden ſie dadurch nicht - leitend, und verlieren die Fähigkeit, nach dem erſten Schlage noch einen zweyten durchzulaſſen. Einige Theil - chen des Metalls werden in das Glas getrieben, welches dadurch wirklich geſchmolzen wird; die am Glaſe anlie - genden Theile des Metalls werden am vollkommenſten ge - ſchnolzen. Die Stücken Glas, welche das Metallblätt - chen bedecken, werden durch den Auslader gemeiniglich in Stücken zerbrochen.

133. Verſuch.

Man lege ein ſtarkes Stück Glas auf die elfenbei - nerne Platte des allgemeinen Ausladers Taf. 11. Fig. 3, auf das Glas ein ſtarkes Stück Elfenbein, und auf dieſes ein Gewicht von 1 7 Pfund; bringe die Enden der Dräthe E F, E T gegen den Rand des Glaſes, und laſſe den Schlag durch die Dräthe gehen, indem man den einen derſel - ben, z. B. E F, mit dem Hacken der Batterie C, Taf. IV. Fig. 65, verbindet, und nach geladener Batterie eine Verbindung zwiſchen der Kugel und dem Drathe E T macht, ſo wird das Glas zerbrochen, und ein Theil davon in ein feines Pulver zermalmet werden. Iſt das Glas ſtark genug, dem Schlage zu widerſtehen, ſo wird es oft mit den ſchön - ſten und lebhafteſten Farben bezeichnet. Herr Morgan hat mich verſichert, daß die Wirkung eben dieſelbe ſey, wenn das Glas von unten angeküttet wird; welche Me - thode bey verſchiedenen Verſuchen noch ſchicklicher iſt.

134. Verſuch.

Geht der Schlag unter dem Elfenbein mit den Ge - wichten durch, ohne daß noch ein Glas zwiſchen demſel - ben und der Tafel des allgemeinen Ausladers G H liegt, ſo werden die Gewichte durch die Lateralkraft des Schla -93Elektriſche Batterie und Lateralexploſion.ges auſgehoben. Die Anzahl der Gewichte muß mit der Stärke der Exploſion im Verhältniß ſtehen.

135. Verſuch.

Fig. 66. a iſt ein iſolirter Stab, der eine geladene Flaſche d beynahe berühret, b ein anderer iſolirter Stab, nahe an den vorigen und in gerader Linie mit demſelben geſtellet. Man entlade die Flaſche durch den Auslader e, von welchem eine Kette herabhängt, welche den Boden der Flaſche nicht berühret, ſo wird der Stab b einen elek - triſchen Funken erhalten, welcher ihn aber faſt in eben demſelben Augenblicke wieder verläßt, indem auch die feinſten daran gehangenen Fäden durch dieſen Funken nicht elektriſiret werden.

Dieſe elektriſche Erſcheinung, welche ſich ganz auſ - ſerhalb der Verbindung der entladenen Flaſche äußert, heiſt die Lateralexploſion.

Wenn man kleine Stücken Kork oder andere leichte Körper in die Nähe einer geladenen Flaſche oder Batterie bringet, ſo werden ſie bey der Entladung nach allen Rich - tungen vom Mittelpunkte der Exploſion aus von ihrer Stelle getrieben werden; und je ſtärker die Exploſion iſt, deſto weiter werden ſie verſchoben. Es iſt daher nicht zu verwundern, daß ſchwere Körper durch ſtarke Blitze bis auf beträchtliche Entfernungen fortgeſchoben werden. D. Prieſtley vermuthet, daß dieſe Art von Lateralwirkung durch die Luft verurſachet werde, welche aus der Stelle, durch die der elektriſche Schlag gehet, vertrieben wird.

Dieſe Lateralwirkung in der Nachbarſchaft eines Schlags äußert ſich nicht allein, wenn der Schlag zwi - ſchen zweyen Stücken Metall in freyer Luft entſtehet, ſon - dern auch, wenn er durch Drath gehet, der nicht ſtark ge - nug iſt, ihn vollkommen zu leiten. Je dünner der Drath, und je ſtärker die Schmelzung iſt, deſto heftiger iſt auch die Zerſtreuung leichter Körper um denſelben herum.

94Achtes Capitel.

136. Verſuch.

  • 1. Wenn zwiſchen den beyden geladenen Flächen einer elektriſchen Platte mehrere Verbindungen von ver - ſchiedener Länge und aus verſchiedenen Materien gemacht werden; ſo geht der Schlag durch diejenige Verbindung, weiche aus den beſten Leitern beſteht, wie lang oder kurz auch die übrigen ſeyn mögen.
  • 2. Werden mehrere Verbindungen von einerley Ma - terien, aber von verſchiedener Länge, gemacht, ſo geht der Schlag durch die kürzeſte derſelben.
  • 3. Sind die Verbindungen in aller Abſicht elnan - der gleich, ſo geht der Schlag durch mehrere zu gleicher Zeit.

Einer meiner Freunde hat mir erzählt, er habe oft mehrere Verbindungen zu gleicher Zeit gemacht, um große Flaſchen oder Batterien zu entladen. Wenn deren eine hin - reichende Anzahl geweſen, ſo habe er ſich ſelbſt in eine der - ſelben hineinſtellen, und ohne den geringſten Schaden An - theil am Schlage nehmen können; die Empfindung ſey ſogar nicht unangenehm geweſen, und er habe ſie durch dieſes Mittel faſt bis zum Unmerklichen ſchwächen können.

137. Verſuch.

Herr Henly machte eine doppelte Verbindung, die erſte durch einen eiſernen Stab, der ein und einen halben Zoll breit und einen halben Zoll dick war; die andere durch eine vier und einen halben Schuh lange dünne Kette. Bey Entladung einer Flaſche von 500 Quadratzoll be - legter Fläche gieng die Elektricität durch beyde Verbin - dungen, und man ſahe an vielen Stellen der Kette Fun - ken. Er entlud ferner drey Flaſchen, welche zuſammen 16 Quadratſchuh belegte Fläche enthielten, durch drey ver - ſchiedene Ketten auf einmal, wie bey Fig. 67, und man ſahe in allen Ketten helle Funken. Die Ketten waren von Eiſen und Meſſing, von ſehr verſchiedenen Längen;95Elektriſche Batterie uud Lateralexploſion.die kürzeſte 10 12 Zoll, die längſte mehrere Schuhe lang. Wenn dieſe Flaſchen durch den vorerwähnten eiſernen Stab, und zugleich durch eine dünne drey Viertel Yards lange Kette entladen wurden, ſo war die ganze Kette er - leuchtet, und durchaus mit den ſchönſten Stralen, wie mit Borſten, oder mit goldnen Haaren, bedeckt. Er hatte eine große Flaſche mit dem erſten Leiter in Berührung ge - bracht, und eine eiſerne Kette an ihre Belegung gehangen, welche mit einer Metallplatte verbunden war, in welche der Schlag durch den Auslader übergieng; er hieng hier - auf eine weit längere meſſingene Kette an die entgegenge - ſetzte Seite der Flaſche, und ſtellte ihr Ende acht und einen halben Zoll weit von der Metallplatte ab. An die - ſes Ende legte er ein dünnes 8 Zoll langes Stäbgen von Eichenholz, und beſtreute daſſelbe mit tannenen Sägſpä - nen. Wenn er nun die Flaſchen durch die Platte entlud, ſo leuchteten beyde Ketten ihrer ganzen Länge nach, ſo wie auch die Sägſpäne, welche mit einem leuchtenden Streif bedeckt waren, der ein ſehr ſchönes Schauſpiel darſtellte.

In den Glashütten findet man gemeiniglich eine große Anzahl maſſiver Glasſtangen, die ohngefähr einen Viertel Zoll im Durchmeſſer halten. Wenn man dieſe Stangen genau unterſucht, ſo wird man viele davon durch einen beträchtlichen Theil ihrer Länge hohl finden; doch macht der Durchmeſſer der Höhlung ſelten mehr als ein Zweyhunderttheilchen eines Zolles aus. Man ſondere den hohlen Theil ab, und fülle ihn durch Saugen mit Queckſil - ber, verhüte aber, daß vorher keine Feuchtigkeit hinein - komme; ſo iſt die Röhre zu folgendem Verſuche zube - reitet.

138. Verſuch.

Man laſſe den elektriſchen Schlag durch dieſen ſchmalen Queckſilberfaden gehen, ſo wird derſelbe augen - blicklich zertheilet, und zerſchmettert oder ſplittert die Glas - röhre auf eine ſonderbare Art.

96Achtes Capitel.

139. Verſuch.

Man nehme eine Glasröhre, deren Weite im Lich - ten etwa einen Viertel Zoll beträgt, fülle ſie mit Waſſer, verſtopfe die Enden mit Kork, ſtecke durch die Korke zween Dräthe in die Röhre, ſo daß ihre Enden beynahe zuſammen kommen, und bringe die äußern Enden derſelben in die Verbindung beyder Seiten einer Batterie; ſo wird ſich bey der Entladung das Waſſer nach allen Richtun - gen zerſtreuen, und die Röhre durch den Schlag in Stü - cken zerbrochen werden.

Die elektriſche Materie verwandlet eben ſo, wie das gemeine Feuer, das Waſſer in einen höchſt elaſtiſchen Dampf. D. Franklin, der obigen Verſuch mit Dinte anſtellte, konnte nicht den geringſten Flecken auf dem Pa - piere wahrnehmen, auf welchem die Röhre gelegen hatte. Beccaria ließ den Schlag durch einen Waſſertropfen ge - hen, der mitten in einer ſtarken gläſernen Kugel zwiſchen den Enden zweener eiſernen Dräthe ſchwebte, und die Kugel ward durch die Exploſion in Stücken zerbrochen. Er baute auf dieſen Grund die Erfindung des ſogenannten elektriſchen Mörſers, welcher eine kleine Bleykugel auf 20 Schuh weit forttreibt. Aus verſchiedenen der vori - gen Verſuche erhellet, daß die elektriſche Materie die Theile der widerſtehenden Subſtanzen, durch welche ſie gehet, nach allen Richtungen zu zerſtreuen ſucht.

140. Verſuch.

Man ſtelle ein Haus, aus kleinen Hölzern locker er - baut, auf einem feuchten Brete mitten in ein großes Ge - fäß voll Waſſer, und laſſe den elektriſchen Schlag einer Batterie über das Bret, oder über das Waſſer, oder über beyde, gehen, ſo wird das Waſſer ſtark in Bewe - gung gerathen, und das Haus umgeworfen werden. Auch iſt der Schall ſtärker, als wenn die Exploſion bloß durch die Luft gehet. Die elektriſche Materie ſtrebt nahe an97Elektriſche Batterie und Lateralexploſion.der Oberfläche des Waſſers hinzugehen, wo ſie mehr Wi - derſtand antrift, als wenn ſie durch das Waſſer wäre hin - durchgetrieben worden. Dies kömmt zum Theil auch da - von her, daß die elektriſche Materie ein Vermögen beſitzt, einen elaſtiſchen Dampf aus dem Waſſer zu erzeugen, der die umliegende Luft aus der Stelle treibt.

Ein über ein Stück Eis geleiteter Schlag läßt auf demſelben kleine ungleiche Löcher zurück, als ob eine er - wärmte Kette darauf wäre gelegt worden.

Ein Schlag, der durch ein grünes Blatt gehet, zer - reißt die Oberfläche deſſelben in verſchiedenen Richtungen, und ſtellt mancherley Wirkungen des Blitzes im Kleinen dar. Ueber Weingeiſt geht der Schlag bis auf eine ge - wiſſe Weite, ohne ihn zu entzünden; wird aber die Weite größer, ſo ſetzt[er]ihn in Flammen. Man ſieht hieraus, daß die Leichtigkeit, mit welcher ſich die elektriſche Mate - rie über die Oberfläche feuchter Körper leiten läßt, von ihrer Fähigkeit in Dünſte verwandelt zu werden, abhängt.

Wenn der Schlag die Theilchen der Metalle ſchmel - zet, ſo treibt er die leitenden Dämpfe, welche von ihnen aufſteigen, mit ſich fort; und je leichter ſich die Theile eines Körpers in Dampf oder Staub verwandeln laſſen, deſto weiter geht der Schlag.

141. Verſuch.

Wenn ein Drath durch Gewichte ausgedehnt, und durch einen elektriſchen Schlag glühend gemacht wird, ſo findet man ihn nach dem Schlage beträchtlich verlängert. Iſt der Drath locker, ſo ſoll er, wie man behaupten will, durch den Schlag verkürzt werden.

142. Verſuch.

Wenn man ein langes und enges Gefäß mit Waſſer zu einem Theile der Verbindung bey dem Entladen einer Batterie macht, und jemand ſeine Hand während der98Achtes Capitel.Exploſion unter das Waſſer taucht, ſo wird er eine ſon - derbare Erſchütterung im Waſſer fühlen, die von der Empfindung des elektriſchen Schlages ſehr verſchieden iſt. Der ſchnelle Stoß von dem Zurückprallen der Luft und des Dampfes theilet ſich durch das Waſſer der Hand mit, und ſie erhält daher eine Erſchütterung, welche derjenigen ähn - lich iſt, die ein Schiff auf der See bey einem Erdbeben empfindet.

143. Verſuch.

Man ſtelle ein plattes Stück Metall zwiſchen die Spitzen des allgemeinen Ausladers, und laſſe mehrere Schläge aus einer Batterie durch die Dräthe gehen, ſo werden ſie nach und nach auf dem Metalle verſchiedene Kreiſe bilden, welche die ſchönſten priſmatiſchen Farben zeigen. Dieſe Kreiſe erſcheinen deſto eher und ſtehen de - ſto dichter an einander, je näher die Spitze an der Ober - fläche des Metalls ſtehet. Die Anzahl der Ringe oder Kreiſe, hängt von der Schärfe der Spitze ab; deswegen geht der Verſuch beſſer von ſtatten, wenn man an die eine Spitze des Ausladers eine ſpitzige Nadel befeſtiget.

D. Watſon und andere haben viele ſehr merkwür - dige Verſuche angeſtellt, um die Entfernung, bis auf welche der elektriſche Schlag geführt werden kan, und die Geſchwindigkeit, mit welcher er ſich bewegt, zu beſtim - men. Bey Watſons erſtem Verſuche ward durch elek - triſche Materie, welche durch die Themſe geführt war, ein Schlag gegeben und Weingeiſt angezündet. Beym fol - genden Verſuche leitete man die elektriſche Materie durch eine Verbindung von zwo Meilen, welche den New-river zweymal kreuzte, und über viele Sandgruben und weite Felder gieng. Er ward hierauf durch eine vier Meilen lange Verbindung geleitet. Durch dieſe Räume gieng er, ſo viel man bemerken konnte, in einem Augenblicke. Dieſe augenblickliche Entladung ward dadurch auſſer allen Zweifel geſetzt, daß ein Beobachter, der ſich mit der ge -99Elektriſche Batterie und Lateralexploſion.ladenen Flaſche in einerley Zimmer, zugleich aber in der Mitte einer Verbindung von zwo Meilen befand, den Schlag in eben dem Augenblicke empfand, in welchem er die Fla - ſche ſich entladen ſahe.

Dieſer erſtaunenswürdigen Geſchwindigkeit ungeach - tet, iſt es doch gewiß, daß man beyde Seiten einer gelade - nen Flaſche, ſogar durch die beſten Leiter, ſo ſchnell be - rühren kan, daß nicht alle elektriſche Materie Zeit hat, den Umlauf zu machen, und die Flaſche nur halb entladen wird. Es giebt auch verſchiedene Beyſpiele, in welchen die Bewegung langſam ſcheint, welches ſich mit jener un - ermeßlichen Geſchwindigkeit nicht leicht vereinigen läßt; es iſt alſo gewiß, daß die elektriſche Materie bey ihrem Durchgange durch oder über die Körper, Widerſtand leidet.

Dennoch verſchwindet das Unbegreifliche der erzähl - ten Verſuche gänzlich, wenn wir den Gedanken des Herrn Volta über dieſe Materie Beyfall geben. Man wird auch die Muthmaſſungen dieſes Gelehrten durch den 118. 119. und 120. Verſuch beſtätiget finden, welche ſich ur - ſprünglich vom Herrn Atwood herſchreiben; ob man gleich geſtehen muß, daß dieſe Verſuche noch viel weiter führen, und von der Richtung der elektriſchen Materie bey der Entladung der leidner Flaſche einen Begriff geben, der von der angenommenen Theorie gänzlich verſchieden iſt.

Folgendes iſt ein Auszug aus einer ſehr weitläufti - gen Abhandlung des Herrn Volta, im Journal de phy - ſique vom Jahre 1779.

Man nehme an, daß a, b, c, d, e, f, g, h, i, k, l, m, n, o die Hände zuſammen geben, daß a die äußere Seite einer geladenen leidner Flaſche, und o ihren Knopf berühre. In dem Augenblicke, in welchem o die elektri - ſche Materie aus der innern Seite durch den Knopf erhält, wird a der äuſſern Seite etwas von ſeinem natürlichen Vorrathe abgeben, ohne erſt zu erwarten, bis die aus der innern Seite kommende Materie von o, durch n, m100Achtes Capitel.u. ſ. w. zu ihm komme. Mittlerweile wird der Verluſt, den a leidet, von b erſetzt, b erhält wiederum Materie von c u. ſ. w. Zwar iſt es, wenn wir blos auf die Rich - tung der Materie ſehen, immer nur ein einziger Strom, der an beyden Enden zugleich entſteht, und ſich in eben den - ſelben Zeitmomenten fortbewegt; obgleich derſelbe, wenn man ſich genauer ausdrücken will, aus zween in einen ver - einigten Strömen beſteht. Wenn die auſſerordentliche Geſchwindigkeit, mit welcher die Materie fortgeht, uns nicht verhinderte, die Zeitfolge der Erſchütterungen bey den verſchiedenen Perſonen, welche die Kette machen, zu be - merken, ſo würden wir finden, daß dieſe Erſchütterungen nicht in der Ordnung o, n, l, m fortgehen, ſondern daß ſie zu gleicher Zeit, zuerſt an den beyden Enden o und a, dann bey n und b, hierauf bey m und c u. ſ. f. gefühlt werden, und immer mehr nach dem Mittel der Kette zu gehen. Dem zu folge fühlen bey einer kleinen Flaſche die - jenigen, welche am weitſten von den Enden abſtehen, den Schlag deſto ſchwächer, je länger die gemachte Verbin - dung iſt.

Um dieſe Erklärung deutlicher zu machen, trenne man die Kette, und mache auf einem trocknen Boden zwo Reihen, a, b, c, d e, f, g, h, welche in der Mitte unterbrochen ſind; d berühre die Flaſche an der äußern Seite, und e errege den Schlag durch Berührung des Knopfs. Wenn nun die elektriſche Materie den kür - zeſten Weg nehmen ſollte, um in die äußere negative Flä - che zu gelangen, ſo müßte ſie in den Fuß der Perſon e her - ab, über den Boden in den Fuß von d, und durch des letztern Körper in die äußere Seite kommen, ohne auf f, g, h zu wirken, welche alsdann ganz außer der Verbin - dung ſtehen würden. Allein ſie geht, dieſer Voraus - ſetzung ganz entgegen, aus dieſem geraden Wege heraus, und folgt der Ordnung der leitenden Perſonen, die ihr einen ſchicklichen Leitfaden giebt, um durch einen andern Weg in die äußere Seite zu kommen. Die von der in -101Elektriſche Batterie und Lateralexploſion.nern Seite von e durch f, g, h gehende Materie giebt dieſen Perſonen einen merklichen Schlag in den Händen und Knöcheln, zeigt ſich, wenn die Hände und Füße ein wenig von einander abſtehen, durch einen Funken, und zer - ſtreut ſich endlich in die Erde, als das allgemeine Behält - niß der elektriſchen Materie. Eben ſo erhält d, welcher die Materie zuerſt an die äußere Seite abgiebt, ſeinen Verluſt durch c, b, a wieder, welche ihren Erſatz aus dem Boden erhalten. Der Strom alſo, welcher aus dem Knopfe der Flaſche kömmt, geht durch die leitenden Kör - per, und verliert ſich in dem Erdboden; aus dieſem hin - gegen kömmt eine zureichende Menge neuer elektriſcher Materie hervor, und erſetzt den in der äußern Fläche be - findlichen Mangel.

Wenn f, g, h keine Kette machen, ſondern ſich ohne regelmäßige Ordnung um e herumſtellen, ſo ſieht man den poſitiven Theil des Stroms ſich auf verſchiedene Seiten verbreiten, und den Boden, in mehrere Ströme vertheilt, erreichen. Auf eben dieſe Art geht die elektri - ſche Materie aus dem Boden in d über, wenn a, b und e unregelmäßig um d herumgeſtellt ſind; daß alſo jede Flä - che ihren eignen Strom erregt, von welchen der eine in die Flaſche hinein, der andere aus derſelben herausgeht. Eben ſo war es bey dem vorhererwähnten Verſuche des D. Watſon, wobey man ſonſt annahm, daß die elektriſche Materie die erſtaunenswürdigſten Umwege, durch Flüſſe, über Felder u. dgl. nehme. Die Materie aus der innern Seite zerſtreute ſich durch den Fluß in dem Augenblicke, in welchem die äußere Seite aus eben dieſer Quelle den Vorrath zog, der ihren Mangel erſetzen mußte.

Man ſieht auch aus andern Verſuchen, daß die eine Seite eines geladenen elektriſchen Körpers mehr von der einen Kraft enthalten könne, als gerade hinreichend iſt, um der entgegengeſetzten Kraft auf der andern Seite das Gleichgewicht zu halten. Denn, wenn eine geladene Fla - ſche iſoliret, und durch einen Auslader mit einem gläſer -102Achtes Capitel.nen Handgriff entladen wird, ſo werden, nach dem Schla - ge, der Auslader und beyde Seiten der Flaſche die entge - gengeſetzte Kraft von derjenigen haben, welche an der vor dem Schlage zuletzt berührten Seite der Flaſche ſtatt fand.

Es wird nicht unſchicklich ſeyn, hier eine Hypotheſe einzuſchalten, welche man dem Publikum anſtatt der an - genommenen Theorie hat vorſchlagen wollen.

Hypotheſe.

  • 1) In allen Körpern ſind beyde elektriſche Kräfte zugleich vorhanden.
  • 2) Da ſie in dieſer Verbindung einander aufheben, ſo kan man ſie den Sinnen nicht anders fühlbar machen, als durch ihre Trennung.
  • 3) In nicht-elektriſchen Körpern werden dieſe bey - den Kräfte durch das Reiben an elektriſchen Körpern, oder durch die Verbindung mit geriebenen elektriſchen getrennt.
  • 4) In elektriſchen Körpern können dieſe Kräfte nicht getrennt werden.
  • 5) Die beyden Elektricitäten ziehen einander durch die Subſtanz elektriſcher Körper ſtark an.
  • 6) Elektriſche Körper laſſen ſich von den beyden Elektricitäten nicht durchdringen.
  • 7) Beyde Kräfte, wenn ſie an elektriſirte Körper gebracht werden, ſtoßen die Kräfte von eben derſelben Art zurück, und ziehen die entgegengeſetzten Kräfte an.
103

Neuntes Capitel. Von der Wirkung der zugeſpitzten Ableiter an den Gebäuden.

Die Wichtigkeit und der große Einfluß der Elektricität zeigt ſich immer mehr, je näher wir mit ihr bekannt werden. Wir finden keinen Körper in der Natur, auf den ſie nicht, entweder als auf einen Leiter, oder als auf einen elektriſchen Körper, wirkte; und wir entdecken, daß die erſtaunenswürdigen Phänomene des Donners und Bli - tzes aus ihr entſtehen, und mit ihr von einerley Natur ſind. Man hatte noch ſehr wenig Fortgang in der Lehre von der Elektricität gemacht, als die Aehnlichkeit zwiſchen dem elektriſchen Funken und dem Blitze entdeckt ward; der große Gedanke, dieſe Muthmaßungen auszuführen und zu beweiſen, daß das Feuer, welches vom Himmel herab - blitzt, eben dasjenige ſey, welches bey unſern Verſuchen die Exploſion und den Schlag verurſacht, entſtand bey dem D. Franklin, der auch zuerſt den Nutzen der zuge - ſpitzten metalliſchen Ableiter zur Beſchützung der Gebäu - de vor den fürchterlichen Wirkungen des Blitzes, angab; einen Gedanken, der mit allgemeinem Beyfall und Bewun - derung aufgenommen wurde. Es haben ſich aber ſeit die - ſer Zeit viele Naturforſcher verleiten laſſen, ihre Meinung von dem Nutzen dieſer Ableiter zu ändern; und unter den Kennern iſt geſtritten worden, ob man den zugeſpitzten oder den ſtumpfgeendeten Ableitern den Vorzug zu geben habe.

Die Verſuche, welche man hierüber angeſtellt hak, ſind zwar ſehr zahlreich, ſie ſcheinen mir aber größtentheils nicht viel zu beweiſen, und zeigen die Sache nur aus einem ſehr eingeſchränkten Geſichtspunkte.

104Neuntes Capitel.

Ein zugeſpitzter und mit der Erde verbundener Ab - leiter hat nicht etwa eine beſondere Kraft, die Elektricität an ſich zu ziehen, ſondern er wirkt blos wie jede andere leitende Subſtanz, welche dem Durchgange der elektriſchen Materie nicht widerſteht.

Zwar geht die Elektricität freylich aus einem elektri - ſirten Körper weit leichter in einen zugeſpitzten, als in ei - nen platt oder kugelförmig geendeten Ableiter über; weil die Elaſticität der elektriſchen Materie und ihre Kraft die Luft zu durchbrechen, durch die platte Oberfläche geſchwächt wird, welche eine entgegengeſetzte Elektricität annimmt, und die Intenſität der elektriſchen Materie mehr vermin - dert, als eine Spitze thun kan, da hingegen die Spitze leicht einſauget, weil in dieſem Falle das Beſtreben der Materie, aus dem elektriſirten Körper herauszugehen, größer iſt, als wenn ihm eine platte Oberfläche entgegen - ſtehet. Es iſt alſo nicht eine beſondere Eigenſchaft der Spitze und der platten Fläche, ſondern es iſt der verſchie - dene Zuſtand des elektriſirten Körpers die Urſache, um deren willen die Elektricität leichter und auf eine größere Weite übergeht, wenn ihr ein zugeſpitzter Leiter, als wenn ein platter oder kugelförmiger Ableiter entgegenſteht. *)Man ſ. Volta’s Abhandl. in den Philoſ. Transact. Vol. LXXII.

Die Fähigkeit der Ableiter, Elektricität aufzuneh - men, ſteht im Verhältniß mit der[G]röße der Oberfläche, welche frey iſt, oder auf welche keine ähnliche Atmoſphäre wirkt; ein Umſtand, der auf die Ableiter an den Gebäu - den mehr oder weniger Einfluß hat, nach Beſchaffenheit der Wolken und ihrer Atmoſphären, der Zeit, in welcher ſich ihr Einfluß äußert, der Natur der leitenden Erdſchich - ten und ihrer elektriſchen Lage.

Fig. 68. ſtellt die Giebeſſeite eines Hauſes vor, wel - che ſenkrecht auf dem horizontalen Fußbrete F G befeſtiget105Von den zugeſpitzten Blitzableitern.iſt. Bey h i iſt in dieſelbe eine viereckigte Höhlung ein - geſchnitten, in welche ein hölzernes Quadrat einpaſſet, über deſſen Diagonallinie ein Drath hinweggeht. Auch ſind zween Dräthe an dem Giebel ſelbſt befeſtiget, das un - tere Ende des einen geht an die obere Ecke der quadrati - ſchen Höhlung, das obere Ende des andern an ihre untere Ecke. Die meſſingene Kugel kan von dem Drathe abge - nommen werden, um nach Erfordern der Umſtände das zugeſpitzte Ende dem Schlage auszuſetzen.

144. Verſuch.

Man bringe den Knopf einer Flaſche in Berührung mit dem Conductor, verbinde den Boden der Flaſche mit dem Hacken H, lade die Flaſche und bringe die Kugel un - ter den Conductor, ſo wird die Flaſche durch eine Explo - ſion aus dem Conductor in die Kugel auf dem Hauſe ent - laden werden. Sind nun die Dräthe und Ketten alle in Verbindung, ſo wird der Schlag bis in die äußere Seite der Flaſche geleitet werden, ohne das Haus zu beſchädi - gen; iſt aber das quadratiſche Holz ſo geſtellet, daß die Dräthe dadurch nicht verbunden werden, ſondern die Com - munikation abgeſchnitten iſt, ſo wird die elektriſche Ma - terie, bey ihrem Uebergange in die äußere Seite der Fla - ſche, das kleine Holz durch die Lateralkraft des Schlages bis auf eine beträchtliche Weite fortwerfen. Man ſehe Fig. 68.

Man ſchraube nun die Kugel ab, und bringe die darunter befindliche Spitze gegen den Conductor, ſo wird man nicht im Stande ſeyn, die Flaſche zu laden; denn die ſcharfe Spitze zieht nach und nach die Elektricität aus dem Conductor, und führt ſie in die äußere Belegung der Flaſche.

Hiebey ſtellt der erſte Leiter eine Gewitterwolke vor, welche ihre Elektricität an einen Wetterhahn, oder einen andern metalliſchen Theil an der Spitze eines Hauſes ab -106Neuntes Capitel.giebt. Viele haben aus dieſem Verſuche geſchloſſen, daß das Gebäude keinen Schaden leide, wenn eine metalliſche Verbindung die elektriſche Materie bis in die Erde herab - führen kan; daß hingegen dieſe Materie, wenn die Ver - bindung unvollkommen iſt, von einem Theile zum andern[ü]berſpringe, und dadurch das ganze Gebäude beſchädige.

145. Verſuch.

Herr Henly ſtellte auf einen gläſernen Fuß einen Drath, welcher drey Achtel eines Zolles im Durchmeſſer hielt, an dem einen Ende eine Kugel von drey Viertels Zoll Durchmeſſer, und an dem andern eine ſehr ſcharfe Spitze hatte. (Man ſ. Fig. 69.) Um die Mitte dieſes Draths hieng eine 12 Zoll lange Kette; er verband dieſe Kette mit der Belegung einer geladenen Flaſche, und brachte den Knopf derſelben ſehr langſam gegen die Ku - gel des iſolirten Draths, um genau zu beobachten, in welcher Entfernung der Schlag erfolgen würde; welches allezeit in der Weite eines halben Zolles mit einer lauten und ſtarken Exploſion geſchahe. Hierauf lud er die Fla - ſche wieder, und brachte ihren Knopf eben ſo langſam gegen die Spitze des iſolirten Draths, um auch hier zu verſuchen, in welcher Weite der Schlag erfolgen würde; hier aber erfolgte nach vielen Verſuchen, gar kein Schlag; die langſam genäherte Spitze zog allezeit die Ladung un - merklich und ſtillſchweigend aus, ſo daß kaum das ſchwäch - ſte Fünkchen in der Flaſche zurückblieb.

146. Verſuch.

Eben dieſer Gelehrte verband eine Flaſche von 509 Quadratzoll belegter Fläche mit dem erſten Leiter (ſ. Fig. 68.) War die Flaſche ſo ſtark geladen, daß ſie das Elek - trometer auf 60° erhob, und brachte er die Kugel auf dem Donnerhauſe der Kugel am erſten Leiter bis auf einen halben Zoll nahe, ſo ward die Flaſche entladen, und das107Von den zugeſpitzten Blitzableitern.Holz im Donnerhauſe bis auf eine beträchtliche Weite her - ausgeworfen. Gebrauchte er aber ſtatt der Kugel den zugeſpitzten Drath des Donnerhauſes, ſo ward die Flaſche zwar ſchnell, aber doch ohne Schlag entladen, und das Holz blieb ruhig an ſeiner Stelle.

147. Verſuch.

Er machte hierauf eine doppelte Verbindung am Donnerhauſe; die eine durch eine Kugel, die andere durch einen ſcharf zugeſpitzten Drath. Beyde ſtanden Zoll von einander, aber in einerley Höhe. Bey eben ſo ſtarker Ladung, als vorher, brachte er zuerſt die Kugel unter den erſten Conductor, ſo daß dieſer einen halben Zoll über ihr, die Spitze aber Zoll von ihr abſtand; allein die Ku - gel erhielt keinen Schlag, indem die Spitze die Ladung ſtillſchweigend auszog. Auch blieb das Holz im Donner - hauſe unbewegt liegen.

148. Verſuch.

Er iſolirte eine große Flaſche, und verband durch Ketten mit der äußern Belegung, auf einer Seite eine Kugel, auf der andern einen ſcharf zugeſpitzten Drath. Beyde waren iſolirt, und ſtanden 5 Zoll weit von einan - der. (ſ. Fig. 70.) Er ſtellte nunmehr eine iſolirte küpfer - ne Kugel von 8 Zoll im Durchmeſſer ſo, daß ſie gerade einen halben Zoll weit ſowohl von dem Knopfe als von der Spitze abſtand. Die Flaſche ward geladen, und die Entladung geſchahe vermittelſt des Ausladers auf die Ku - gel, aus welcher ſie in den Knopf A überſprang, der drey Viertel Zoll im Durchmeſſer hielt. Die Exploſion wav ſehr laut und ſtark, und die Kette leuchtete.

149. Verſuch.

Herr Henly hieng an das Ende eines hölzernen Stabes, der ſich in horizontaler Richtung frey um eine108Neuntes Capitel.Nadelſpitze drehen konnte, mit ſeidnen Schnüren eine große mit Metallblättchen vergoldete Ochſenblaſe auf, die durch ein Gegengewicht am andern Ende des Stabes ge - halten wurde. Man ſehe Fig. 71. Er gab dieſer Blaſe einen ſtarken Funken aus dem Knopfe einer geladenen Flaſche, und näherte ihr alsdann eine meſſingene Kugel von 2 Zollen im Durchmeſſer, wobey er bemerkte, daß die Blaſe der Kugel auf 3 Zoll weit entgegen kam, und als ſie noch um einen Zoll entfernt war, die Elektricität in einem ſtarken Funken übergieng. Er gab hierauf der Blaſe einen neuen Funken, und näherte ihr einen zuge - ſpitzten Drath. Dieſem kam ſie nicht entgegen, gab ihm auch keinen Funken, ſondern ihre Elektricität gieng ſtill - ſchweigend in die Spitze über.

150. Verſuch.

Man nehme 2 bis 3 Flocken feine Baumwolle, befeſti. ge eine davon mit einem feinen Faden an den Conductor, die zwote an die erſte, und die dritte an die zwote, und drehe die Maſchine, ſo werden die baumwollenen Flocken ihre Fäden ausbreiten, und ſich gegen den Tiſch zu ver - längern. Man halte eine ſcharfe Spitze gegen die unter - ſte, ſo wird ſie aufwärts gegen die zwote, dieſe gegen die dritte, und alle zuſammen gegen den Conductor zuſam - menſchrumpfen, und in dieſem Zuſtande ſo lange bleiben, als die Spitze darunter ſteht.

151. Verſuch.

Man befeſtige eine Menge feine Fäden oder Haare an das Ende des erſten Leiters; wenn man nun den Cy - linder umdreht, ſo werden dieſelben wie Halbmeſſer des Kreiſes vom Mittelpunkte aus divergiren: man fahre fort, den Cylinder zu drehen, und bringe eine Spitze gegen die eine Seite des Conductors, ſo werden die Fäden an dieſer Seite herabfallen, und ihre Divergenz verlieren; die an109Von den zugeſpitzten Blitzableitern.der andern Seite aber werden noch immer diverglren. Hieraus erhellet, daß das Vermögen der Spitzen, die Elektricität auszuziehen, ſich nicht rund um den elektri - ſirten Körper herum erſtrecke, wenn Mittel angewende[t]werden, den Verluſt der Elektricität zu erſetzen.

Fig. 72 zeigt ein ovales Bret, 3 Schuhe lang und 2 Schuhe breit, auf beyden Seiten mit Stanniol belegt, und mit ſeidnen Fäden an den beyden Armen eines Hebels aufgehangen. Dieſer Hebel dreht ſich um eine Achſe, wel - che an den einen Arm einer ſeinen Wage befeſtiget iſt, und am andern Arme durch ein Gegengewicht gehalten wird. Ein Theil des Tiſches unter dem Brete muß mit Stanniol belegt, und durch eine Kette mit dem Boden verbunden werden.

152. Verſuch.

Man verbinde das herabhangende Bret durch einen feinen Drath mit dem erſten Leiter, ſo wird durch einige wenige Umdrehungen der Maſchine der ganze Apparatus elektriſiret. Bey Anſtellung dieſes Verſuchs ward das Bret vom Tiſche auf 15 Zoll weit angezogen, und ent - lud ſich von ſelbſt mit einem ſtarken Funken. Eben die - ſes erfolgte, wenn man eine metallene Kugel auf den Tiſch ſtellte, und das Bret derſelben bis auf einen Zoll weit näherte, da es ſich denn mit einem Funken entlud. Befeſtiget man ſtatt der Kugel eine Spitze auf den Tiſch, ſo fängt das hangende Bret zwar an, ſich derſelben zu nähern, allein es ſteht 4 5 Zoll weit vom Tiſche ſtill, und kömmt nicht näher, giebt auch keinen Funken: im Dunkeln ſieht man ein ſchwaches Licht an der Spitze. Es ward hierauf eíne leidner Flaſche mit dem erſten Leiter verbunden; und nun waren mehrere Umdrehungen der Maſchine nöthig, um den Apparatus zu laden; die Wir - kung aber war eben ſo, wie vorher. Man hielt das Ge - gengewicht, damit das Bret nicht eher herabſinken möch - te, bis es die völlige Ladung erhalten hätte; ſobald man110Neuntes Capitel.es aber frey ließ, ward es nicht allein von der Spitze an - gezogen, ſondern gab ihr auch eine ſehr laute und ſtarke Exploſion, daß ſogar der umliegende Stanniol von dem darüber fliegenden Feuer befleckt ward.

Der nachfolgende Verſuch iſt aus Herrn Wilſons Nachricht von den im Pantheon über die Na - tur und den Nugen der Ableiter angeſtellten Verſuchen genommen. Er ward in der Abficht ange - ſtellt, um auszumachen, was in dem Verſuche des Herrn Henly, welcher bey uns der 148ſte iſt, fehlerhaft ſey.

Die gemachte Verbindung beſtand aus zween Theilen.

Den einen Theil machte ein gebogener meſſingener Stab aus, an deſſen oberes Ende eine meſſingene Kugel von drey Viertel Zoll Durchmeſſer, an das untere aber eine küpferne Kugel von 5 Zoll Durchmeſſer angeſchraubt war. Dieſer Theil ſtand auf einem hölzernen Fuße mit einer meſſingenen Haube, in welche der meſſingene Stab erforderlichen Falls eingeſchraubt werden konnte.

Der andere Theil der Verbindung beſtand ebenfalls aus einem meſſingenen Stabe, deſſen Ende gabelförmig gebogen war, mit zween Spitzen, die ſich nach dem Mit - telpunkte der küpfernen Kugel richteten. Dieſe Spitzen waren ſo eingerichtet, daß man ſie nach Erfordern des Verſuchs länger oder kürzer machen konnte. Am Ende der einen Spitze war eine meſſingene Kugel von drey Vier - tel Zoll Durchmeſſer, und am Ende der andern eine ſtäh - lerne Spitze oder Nadel befeſtiget. Der Stiel dieſer Ga - bel war in eine kleine eiſerne Platte geſchraubt, welche an der innern Seite eines hölzernen Gefäßes befeſtiget war, das den größten Theil einer cylindriſchen gläſernen Flaſche umſchloß. Dieſe Flaſche war zwölf und drey Viertel Zoll hoch, und hatte ohngefähr 4 Zoll im Durchmeſſer. Die - ſes Glas war ſtärker, als ſonſt gewöhnlich, und hatte an jeder Seite ohngefähr 144 Quadratzoll Stanniolbele - gung. Ueberdies war auch ein Theil der inwendigen111Von den zugeſpitzten Blitzableitern.Seite des hölzernen Gefäßes mit Stanniol belegt, um eine beſſere Verbindung zwiſchen der eiſernen Platte und der äußern Belegung der Flaſche machen zu können. In die Flaſche ſelbſt war ein hölzerner ebenfalls mit Stanniol überzogner Cylinder befeſtiget, um die innere Belegung des Glaſes deſto beſſer mit dem meſſingenen Stabe zu verbinden, der aus der Mitte des hölzernen Cylinders ſenkrecht herauf gieng. Dieſer aufwärts gehende Stab hatte am Ende eine meſſingene Kugel von drey Viertel Zoll Durchmeſſer, und war gegen den erſten Theil der Verbindung zu gebogen, ſo daß die beyden Kugeln A und B, Fig. 73. wagrecht gegen einander ſtanden, aber von Zeit zu Zeit nach Erfordern in andere Entfernungen von einander geſtellt werden konnten, und ſich alſo ſtatt eines Elektrometers brauchen ließen.

Herr Wilſon fieng die Verſuche da an, wo das Elektrometer bis auf die größte Weite von dem Schlage getroſſen wurde, und richtete die Diſtanzen der Kugel gehörig darnach ein, daß, wenn der Schlag die Spitze traf, eine Verrückung der Kugel um $$\nicefrac {1}{32}$$ Zoll machte, daß die Kugel nur allein, und die Spitze nicht getroffen wurde, und umgekehrt. Hierauf verminderte er die Schlagweite des Elektrometers in jedem Verſuche, bis er die geringſte Weite erreicht hatte.

Alle dieſe Verſuche wurden hierauf mit umgekehr - tem Apparatus wiederhohlt, daß nämlich die Kugel auf die Flaſche und die Gabel auf das Stativ befeſtiget ward; als dieſe Reihe von Verſuchen vollſtändig war, ſtellte er noch andere an, wobey zuerſt die Kugel allein, und dann die Spitze allein gegen die küpferne Kugel gehalten ward.

Nachdem alle dieſe Verſuche vollendet waren, wie ſie in der erſten Tabelle verzeichnet ſind, wiederholte er auch die Verſuche mit der Kette nach Herrn Henly’s Art. Ihre Reſultate ſo wohl, als die mit dem umge - kehrten Apparatus ſind in der zweyten Tabelle verzeichnet.

112Neuntes Capitel.

Erſte Tafel. Verſuche bey D. Higgins am 19 Junii 1778 mit der leidner Flaſche und dem gabelförmigen Apparatus.

Anm. Alle in den Tafeln vorkommende Maaße beziehen ſich auf Zweyunddreyßigtheile des Zolles.

Die Zahl bey dem Worte: Elektrometer bedeu - tet die Entfernung der Kugeln des Elektrometers von einander; die Zahlen bey den Worten: Rugel und Spige zeigen die größten Diſtanzen, bis auf welche jedes von ihnen den Schlag empfieng.

113Von den zugeſpitzten Blitzableitern.

Zweyte Tafel.

Verſuche mit der Kette, nach Herrn Henly’s Art.

Dritte Tafel.

Verſuche der erſten und zweyten Tafel, wiederholet bey Herrn Partington am 23 Jun. 1778. mit einer meſſingenen Kette ſtatt der Gabel.

114Neuntes Capitel.
Seitdem es bekannt iſt, ſagt Herr Wilſon, daß die Elektricität mit dem Blitze einerley ſey, iſt auch durchgängig zugegeben worden, daß man in Ländern, wo die Gewitter häufig ſind, der Ableiter zur Sicher - heit der Gebäude nicht wohl entbehren könne. Der Grundſatz, nach welchem die Ableiter wirken, iſt dieſer: daß die elektriſche Materie, wenn ſie durch irgend eine Kraft angetrieben wird, allezeit dahin gehe, wo ſie den wenigſten Widerſtand findet. Da ihr nun die Metalle den wenigſten Widerſtand bey ihrem Fortgange entge - genſetzen, ſo wird ſie allezeit eher an einem metallenen Stabe fortlaufen, als einen andern Weg ſuchen. Man muß aber hiebey bemerken, daß die Elektricität nie - mals in einen Körper bloß um dieſes Körpers ſelbſt willen geht, ſondern nur, in ſo fern ſie durch ihn an den Ort ihrer Beſtimmung gelangen kann. Wenn durch eine Elektriſirmaſchine eine Menge Elektricität aus der Erde geſammlet wird, ſo erhält ein mit der Erde ver - bundener Körper einen ſtarken Funken aus dem erſten Leiter; dieſen Funken bekömmt er nicht darum, weil er etwa fähig wäre, alle im Cylinder und Conductor ent - haltene Elektricität in ſich aufzunehmen, ſondern darum, weil der natürliche Zuſtand der elektriſchen Materie durch die Bewegung der Maſchine geſtört iſt, und ein Strom von dergleichen Materie aus der Erde gelockt wird. Daher beſtreben ſich die natürlichen Kräfte, das, was auf dieſe Art aus der Erde gezogen wird, derſelben wieder zu erſetzen; und da der Ueberſchuß, welcher ſich im Conductor befindet, zu Erſetzung dieſes Mangels gerade am geſchickteſten iſt, weil er zu keiner weitern Abſicht verwendet wird, ſo zeigt er jederzeit ein Beſtreben, wie - der zur Erde zurückzukehren. Wird alsdann ein leiten - der mit der Erde verbundener Körper dem erſten Leiter genähert, ſo richtet ſich die ganze Kraft der Elektricität gegen dieſen Körper; nicht bloß darum, weil er ein Lei - ter iſt, ſondern, weil er an die Stelle leitet, nach wel -115Von den zugeſpitzten Blitzableitern.cher die elektriſche Materie durch die in ihr herrſchenden natürlichen Kräfte getrieben wird, und nach der ſie ſich auch andere Wege bahnen würde, wenn ihr gleich dieſer leitende Körper nicht wäre dargeſtellt worden. Daß dies wirklich der Fall ſey, ſieht man leicht, wenn man dem Conductor der Maſchine eben dieſe leitende Sub - ſtanz in einem iſolirten Zuſtande entgegenſtellet, wobey nur ein ſehr ſchwacher Funken entſteht. Eben ſo, wenn der Blitz einen Baum, ein Haus oder einen Ableiter trift, geſchieht dies nicht darum, weil dieſe Gegenſtände hoch oder der Wolke nahe ſind, ſondern weil ſie mit einer Stelle unter der Erdfläche in Verbindung ſtehen, gegen welche das Beſtreben des Blitzes gerichtet iſt, und an welche derſelbe gewiß auch gelangt wäre, wenn gleich keiner der erwähnten Gegenſtände dazwiſchen geſtanden hätte.
Wenn die Atmoſphäre anfängt, entweder negativ oder poſitiv elektriſirt zu werden, ſo nimmt die Erde ver - mittelſt der Unebenheit und Feuchtigkeit ihrer Oberfläche, hauptſächlich aber durch die auf ihr wachſenden Vegeta - bilien dieſe Elektricität ebenfalls an, und wird bald auf gleiche Art mit der Atmoſphäre elektriſirt; dieſe Mit - theilung aber hört in kurzer Zeit auf, weil ſie nicht fort - dauren kann, ohne zugleich die ganze in der Erde ſelbſt enthaltene elektriſche Materie in Bewegung zu ſetzen. Nunmehr entſtehen aus bereits angegebnen Urſachen unter der Oberfläche der Erde abwechſelnde Zonen von poſitiver und negativer Elektricität. Der Wetterſtral entſteht jederzeit zwiſchen der Atmoſphäre und einer dieſer Zonen. Nimmt man z. B. an, die Atmoſphäre ſey poſitiv elektriſiret, ſo wird die Erdfläche durch die Bäu - me u. ſ.f. bald ebenfalls poſitiv elektriſiret werden; wir wollen annehmen bis auf eine Tiefe von 10 Schuh: weiter kann die Elektricität nicht dringen, weil ihr die elektriſche Materie im Innern der Erde zu ſtark wider - ſteht. In der Tiefe von 10 Schuh fängt eine Zone116Neuntes Capitel.von negativ elektrifirter Erde an, von welcher die Elek - tricität der Atmoſphäre angezogen wird. Dieſe kann aber nicht in die negative Zone gelangen, ohne vorher die darüber liegende poſitive zu durchbrechen, und alle ihr im Wege liegende ſchlechte Leiter zu zerſchmettern. Man kann alſo ſicher behaupten, daß der Blitz da durch - ſchlagen werde, wo die Zone von poſitiv elektriſirter Er - de am dünnſten iſt, es mag ſich nun daſelbſt ein Leiter befinden oder nicht. Iſt ein Leiter vorhanden, ſo wird ihn der Blitz unfehlbar treffen, er ſey nun zugeſpitzt oder ſtumpfgeendet: er würde aber an dieſer Stelle auch ein Gebäude ohne Leiter, und wenn kein Gebäude da geweſen wäre, den Boden ſelbſt getroffen haben. Steht hinge - gen ein Gebäude mit ſeinem Ableiter an einer Stelle, wo die poſitiv elektriſirte Zone ſehr dick iſt, ſo wird we - der der Ableiter die Elektricität ſtillſchweigend abführen, noch der Blitz dahin treffen; obgleich derſelbe vielleicht einen weit niedriger liegenden Gegenſtand oder wohl gar den Boden ſelbſt ganz nahe dabey treffen kann; aus der Urſache, weil daſelbſt die poſitiv elektriſirte Zone dünner iſt, als an dem Orte des Ableiters.
Der Satz, daß ein zugeſpitzter Ableiter eine Ge - witterwolke ihrer ganzen Elektricität berauben könne, ſcheint auf den erſten Blick ſehr intereſſant, iſt aber, wenn man ihn genau betrachtet, lächerlich. Unzähliche Gegenſtände auf der Erdfläche ziehen die Elektrici - tät eben ſo wohl an, als der Ableiter, wenn ſie ſich an - ders aus der Wolke ziehen ließe; es iſt aber unmöglich, dieſes zu bewirken, weil alle dieſe Gegenſtände einerley Elektricität mit den Wolken ſelbſt haben.
Ueberdies hat Beccaria beobachtet, daß während des Fortgangs und Zunehmens der Gewitter, wenn auch der Blitz noch ſo häufig in die Erde ſchlägt, den - noch die Wolke den Augenblick darauf wieder bereit ſey, eine noch größere Exploſion zu machen, und daß ſein117Von den zugeſpitzten Blitzableitern.Apparatus nach dem Schlage immer noch ſo ſtark eletri - ſirt geblieben ſey, als vor demſelben.
Der Ableiter hat nicht einmal das Vermögen, den Blitz um wenig Schuhe von der Richtung, die er ſich ſelbſt gewählt hat, abzulenken: wir haben hievon ein ſehr entſcheidendes Beyſpiel an dem Magazin zu Purſleet in Eſſex geſehen. Dieſes Haus war mit einem Ableiter verſehen, der über den höchſten Theil des Gebäudes her - vorragte; demohngeachtet ſchlug ein Wetterſtral in eine eiſerne Klammer an der Ecke des Gebäudes, welche weit niedriger lag, als die Spitze des Ableiters, und von der - ſelben nur 46 Schuh weit in einer abhangenden Linie abſtand.
Hier war der Ableiter, mit aller ſeiner Kraſt, die Elektricität auszuziehen, nicht im Stande, den Schlag zu verhüten, noch ihn 46 Schuh weit von ſeinem Wege abzulenken. In der That verhielt ſich die Sache ſo. Der Blitz ward beſtimmt, an dem Orte, wo das Schif - magazin ſteht, oder nahe dabey, in die Erde zu gehen; der am Hauſe befindliche Ableiter bot ihm zwar an ſich den leichteſten Weg dar, allein da ſich 40 Schuh Luft zwiſchen der Spitze des Ableiters und der Stelle der Ex - ploſion befanden, ſo war der Widerſtand geringer, wenn der Blitz durch die ſtumpfe eiſerne Klammer und einige wenige vom Regen befeuchtete Ziegel in die Seite der metalliſchen Leitung gieng, als wenn er ſeinen Weg durch 46 Schuh Luft in die Spitze des Ableiters nahm; und in der That folgte er auch dem erſtern Wege.
Die Blitze, welche im Zikzak gehen, ſind die ge - fährlichſten, weil ſie einen ſehr heftigen Widerſtand in der Atmoſphäre überwinden müſſen. Wenn ſie alſo ir - gendwo einen nur im geringſten Grade ſchwächern Wider - ſtand antreffen, ſo ſchlagen ſie unfehlbar dahin, auch bis auf eine beträchtliche Weite. Ganz anders iſt es mit denjenigen Blitzen, we[l]che unter keiner beſtimmten Geſtalt erſcheinen: bey ihnen wird die elektriſche Mate -118Neuntes Capitel.rie augenſcheinlich durch leitende Subſtanzen zerſtreut, und ihre Kraft dadurch vermindert.
Die allerverderblichſten Blitze aber ſind diejenigen, welche die Form der Feuerbälle annehmen. Dieſe ent - ſtehen durch eine außerordentlich große Gewalt der Elek - tricität, die ſich nach und nach anhäufet, bis der Wider - ſtand der Atmoſphäre nicht mehr vermögend iſt, ſie zu - ſammen zu halten. Gemeiniglich brechen die Blitze aus der elektriſirten Wolke durch Annäherung einer lei - tenden Subſtanz aus; allein dieſe Feuerbälle ſcheinen nicht durch eine Subſtanz, welche die elektriſche Materie der Wolke an ſich zieht, zu entſtehen, ſondern bloß da - her, weil ſich die Elektricität in ſolcher Menge anhäuft, daß die Wolke ſie nicht länger halten kann. Daher ge - hen dieſe Bälle langſam fort, haben keine beſtimmte Richtung, und es zeigt ſogleich ihr Anſehen eine unge - mein ſtarke Anhäufung und Bewegung der Elektricität in der Atmoſphäre an, ohne eine verhältnißmäßige Dis - poſition der Erde, ſie aufzunehmen. Inzwiſchen wird dieſe Diſpoſition durch tauſenderley Umſtände verändert, und diejenige Stelle, welche am erſten[fähig] wird, Elek - tricität aufzunehmen, wird auch zuerſt von dem Feuer - balle getroffen. Man ſieht daher, daß ſich die Blitze dieſer Art eine lange Zeit langſam in der Luft vor - und rückwärts bewegen, und dann plötzlich auf ein oder auf mehrere Gebäude fallen, je nachdem dieſelben zu der Zeit mehr oder weniger von der entgegengeſetzten Elektricität enthalten. Sie laufen auch wohl längſt dem Erdboden hin, theilen ſich in mehrere Theile, und veranlaſſen mehrere Schläge auf einmal.
Es iſt ſehr ſchwer, dieſe Art von Blitzen durch unſere elektriſchen Verſuche nachzuahmen. Die einzi - gen Fälle, in welchen dieſes einigermaßen geſchehen iſt, ſind diejenigen, in welchen D. Prieſtley den Schlag einer Batterie durch eine beträchtliche Weite über die Oberfläche von rohem Fleiſch, Waſſer ꝛc. gehen ließ. 119Von den zugeſpitzten Blitzableitern.Wenn es in dieſen Fällen während der Zeit, in welcher die elektriſche Materie über die Oberfläche des Fleiſches gieng, möglich wäre, die metalliſche Verbindung durch Wegnehmung der Kette zu unterbrechen, ſo wäre die entladene elektriſche Meterie genau in dem Falle der er - wähnten Feuerbälle; d. i. ſie hätte keinen Leiter, der ſie weiter führen könnte. Die negative Seite der Batterie wäre der Ort ihrer Beſtimmung, ſie könnte aber nicht leicht dahin gelangen, wegen der im Wege liegenden großen Menge von Luft, und der Unfähigkeit der benachbarten Körper, Elektricität aufzunehmen. Wenn nun aber während der Zeit, in welcher die elektriſche Materie aus Mangel eines Leiters ſtill ſtünde, jemand in der Nähe der negativen Seite der Batterie wäre, oder dieſelbe berührte, und zugleich ſeinen Finger gegen dieſen dem Anſcheine nach unſchädlichen hellen Körper hielte, ſo würde er augenblicklich einen ſtarken Schlag erhalten, weil nunmehr durch ſeinen Körper eine freye Verbindung entſtünde, und die Kräfte, durch welche die elektriſche Materie von einer Stelle zur andern getrieben wird, dieſelbe durch ihn führen würden. Nehmen wir aber an, eine mit der Batterie nicht verbundene Perſon halte den Finger gegen dieſen Körper, ſo würde dieſe vielleicht einen gelinden Funken, aber keinen beträchtli - chen Schlag von demſelben erhalten.
Hieraus läßt ſich die dem Anſcheine nach ſo eigen - ſinnige Natur aller Blitze, beſonders aber derer, welche in Form der Feuerbälle erſcheinen, erklären. Biswei - len treffen ſie Bäume, hohe Gebäude u. dgl. ohne be - nachbarte Hütten, Menſchen, Thiere ꝛc. zu beſchädi - gen; zu andern Zeiten ſchlagen ſie auf niedrige Gebäu - de, Viehheerden ꝛc, indeß hohe Bäume und Thürme in der Nachbarſchaft verſchont bleiben. *)Hievon führt Herr Achard in einer der berliner Aka - demie vorgeleſenen Abhandlung zwey merkwürdige Bey - ſpiele an. Und Beccaria warnt jedermann, ſich beyDie Urſache120Neuntes Capitel.hievon iſt, weil es unter der Erdfläche eine Zone giebt, in welche der Blitz (wenn man ſich ſo ausdrücken darf) zu ſchlagen ſucht, weil ſie eine dem Blitze ſelbſt entge - gengeſetzte Elektricität hat. Es werden daher diejeni - gen Gegenſtände vom Blitze getroffen, welche die voll - kommenſten Leiter zwiſchen den elektriſirten Wolken und der gedachten Zone ausmachen, ſie mögen hoch oder nie - drig ſeyn. Geſetzt, es bilde ſich über einem gewiſſen Theile der Erdfläche eine poſitive Wolke; ſo geht die elektriſche Materie aus derſelben zuerſt in den rund umher liegenden Theil der Atmoſphäre aus, und wäh - rend dieſer Zeit iſt die Atmoſphäre negativ elektriſirt. Je größere Theile der Atmoſphäre inzwiſchen dieſer elek - triſche Strom durchläuft, deſto mehr wächſt der Wider - ſtand gegen ſeine Bewegung, bis zuletzt die Luft eben ſo wohl, als die Wolke, poſitiv elektriſiret wird, und bey - de als ein einziger Körper wirken. Dann fängt die Erd - fläche an elektriſiret zu werden, und nimmt vermittelſt der auf ihr wachſenden Bäume, des Graſes u. ſ. w. die elektriſche Materie ſtillſchweigend auf, bis ſie zuletzt ebenfalls poſitiv elektriſiret wird, und einen Strom von Elektricität von der Oberfläche niederwärts auszuſenden anfängt.
Wenn die Urſachen, welche die Elektricität anfäng - lich hervorbrachten, noch immer zu wirken fortfahren, ſo wird die Kraft des elektriſchen Stroms ungemein groß. Nunmehr fängt die Gefahr eines Wetterſchlags an; denn da die Kraft des Blitzes auf eine Stelle unterhalb der Erdfläche gerichtet iſt, ſo wird derſelbe gewiß gegen dieſe Stelle ſchlagen, und alles, was ſeinem Durch - gange widerſteht, zerſchmettern.
Nunmehr wird ſich auch der Nutzen der Ableiter deutlich zeigen. Denn wir wiſſen zuverläßig, daß die*)Gewittern mit einem höhern, oder beſſern Leiter zu ver - binden, als der menſchliche Körper an ſich ſelbſt iſt. 121Von den zugeſpitzten Blitzableitern.elektriſche Materie in allen Fällen denjenigen Weg vor - ziehe, wo ſie den wenigſten Widerſtand findet, d. i. den Weg über die Oberfläche der Metalle. Steht alſo in einem ſolchen Falle ein mit einem Ableiter verſehenes Haus gerade unter der Wolke, und befindet ſich zugleich eine Zone von negativ elektriſirtem Erdreich nicht fern von dem Grunde des Gebäudes, ſo wird der Blitz faſt zuverläßig in den Ableiter ſchlagen; das Gebäude aber wird unbeſchädigt bleiben. Hat hingegen das Gebäude keinen Ableiter, ſo wird der Blitz demohngeachtet an eben der Stelle einſchlagen, um in die obenerwähnte elektriſirte Zone zu kommen; jetzt aber wird das Gebäu - de beſchädiget, weil die Materialien deſſelben die elektri - ſche Materie nicht leicht leiten können. *)
Daß die elektriſche Materie, welche die Gewitterwol - ken bildet und belebet, aus Stellen komme, welche tief unter der Erdfläche liegen, und ſich in dieſen Stellen entzünde, iſt wahrſcheinlich, wegen der tiefen Höhlen, welche der Blitz an vielen Orten macht, und wegen der gewaltſamen Ueberſchwemmungen bey Gewittern, wel - che nicht durch Regen, ſondern durch Waſſer entſte - hen, welches aus dem Innerſten der Erde bervorbricht, und durch eine innere Erſchütterung aus derſelben muß ſeyn getrieben worden.

ſ. Prieſtleys Geſchichte der Elektricität. S. 328.

Zehntes Capitel. Ladung einer Luftplatte.

Da die Luft ein idioelektriſcher Körper iſt, ſo nimmt ſie auch, wie alle dergleichen Körper, eine Ladung an. Aus dieſer Eigenſchaft der Luft laſſen ſich viele Er - ſcheinungen bey den gewöhnlichen elektriſchen Verſuchen erklären; denn die Luft, welche einen elektriſirten Leiter122Zehntes Capitel.umgiebt, iſt allezeit einigermaßen mit elektriſcher Materie geladen, und wirkt alſo auf die Atmoſphäre des elektriſir - ten Leiters nicht allein durch ihren Druck, ſondern auch durch ihre elektriſche Kraft. Daß aber die Elektricität durch eine beträchtliche Menge Luft dringen könne, iſt daraus klar, weil man die Luft eines Zimmers auf ver - ſchiedene Art elektriſiren kann.

Man überziehe zwey große Breter mit Stanniol, hänge das eine mit ſeidnen Schnüren an der Deck[e]des Zimmers auf, verbinde es mit dem Conductor der Maſchine, und ſtelle das zweyte parallel mit dem erſten auf ein iſolirendes Stativ, das man leicht erhöhen oder erniedrigen kann, um die Entfernung beyder Breter nach Gefallen zu verändern. Man kann auch beyde in verti - kaler Stellung auf iſolirende Stative von gleicher Höh[e]ſetzen, welches letztere in den meiſten Fällen als das be - quemſte wird befunden werden. Dieſe Breter ſind als Belegungen der zwiſchen ihnen befindlichen Luftplatte an - zuſehen.

152. Verſuch.

Man verbinde das obere Bret mit dem poſitiven Conductor, das andere mit dem Boden, und drehe den Cylinder, ſo wird das obere poſitiv, das untere negativ elektriſiret. Die Luft zwiſchen beyden wirkt nunmehr, wie eine Glasplatte, ſie trennt beyde Elektricitäten, und hält ſie auseinander. Berührt man die negative Platte mit einer Hand, und die obere mit der andern, ſo erhält man einen Schlag, welcher dem aus einer leidner Flaſche ähn - lich iſt.

Man fühlt den elektriſchen Schlag allezeit, wenn ei - ne Menge elektriſcher Materie plötzlich und in einem Au - genblicke durch den Körper geht. Die Stärke des Schlags ſteht mit der Menge der angehäuften Elektricität und mit der Schwierigkeit ihres Durchgangs im Verhältniß; denn die ganze Wirkſamkeit der Elektricität hängt von ihrer An -123Ladung einer Luftplatte.ſtrengung oder von der Kraft ab, mit welcher ſie von dem elektriſirten Körper auszugehen ſtrebt.

Wenn ſich beyde Platten oder Breter in entgegen - geſetztem Zuſtande befinden, ſo ziehen ſie einander ſtark an, und kommen zuſammen, wofern ſie nicht mit Gewalt auseinander gehalten werden. Bisweilen entſteht ein Funken zwiſchen beyden, und hebt beyder Elektricitäten auf. Befindet ſich auf der untern Platte eine Erhöhung, ſo wird der Funken bey der freywilligen Entladung dieſelbe treffen. Die Verſuche mit dieſen Platten werden noch an - genehmer, wenn die eine Fläche der obern Platte mit ver - goldetem Leder überzogen iſt. Beyde Platten, wenn ſie geladen ſind, ſtellen den Zuſtand der Erde und der Wol - ken bey einem Gewitter vor. Die Wolken befinden ſich in dem einen, und die Erde im entgegengeſetzten elektri - ſchen Zuſtande: die dazwiſchen liegende Luftplatte wirkt als ein elektriſcher Körper, und die freywilligen Entla - dungen ſtellen die Erſcheinungen des Blitzes dar.

Man hat bey dieſem Verſuche eine Bemerkung ge - macht, welche auf einen der vornehmſten Grundſätze der angenommenen Theorie Beziehung zu haben ſcheint. Jch habe ſie hier beyfügen wollen, um denen, welche ſich mit der Elektricität beſchäftigen, Anlaß zu genauerer Unter - ſuchung der Sache zu geben.

Es ſcheint bey dieſem Verſuche faſt unmöglich, zu läugnen, daß die Luft von der elektriſchen Materie durch - drungen werde. Der Abſtand beyder Platten von einan - der iſt ſo gering, daß es thöricht ſcheint, zu behaupten, dieſer Raum werde bloß von einer zurückſtoßenden Kraft durchdrungen, da wir zumal in andern Fällen die elektri - ſche Materie durch weit größere Lufträume dringen ſehen. Wenn aber einmal eine elektriſche Subſtanz ſich von der elektriſchen Materie durchdringen läßt, ſo entſteht wenig - ſtens eine ſehr ſtarke Vermuthung, daß alle übrigen die elektriſche Materie ebenfalls durchlaſſen. Wenn alles Glas für die elektriſche Materie undurchdringlich wäre ſo müßte124Zehntes Capitel.man natürlicher Weiſe ſchließen, daß dieſe Materie ſehr leicht über die Oberfläche deſſelben gehen werde. Statt deſſen aber iſt vielmehr ihr Beſtreben in das Glas einzu - dringen ſo groß, daß ein zwiſchen zwoen hart aneinander gepreßten Glasplatten durchgehender Schlag dieſe Plat - ten allezeit in Stücken bricht, und einen Theil davon ſo - gar zum feinſten Pulver zermalmet. Dieſe Wirkung kan keiner andern Urſache zugeſchrieben werden, als dieſer, daß die elektriſche Materie in die Zwiſchenräume des Glaſes eindringt, und daß bey dem Widerſtande, den ſie daſelbſt antrift, die Gewalt ihrer fortgehenden Bewegung die Glastheilchen nach allen Richtungen mit Heftigkeit von einander treibt.

153. Verſuch.

Man kehre die mit vergoldetem Leder überzogene Seite des obern Brets gegen das untere, ſtelle eine oder zwo metallene Halbkugeln auf das untere Bret; verbinde das obere mit dem poſitiven, das untere mit dem negati - ven Conductor, und ſetze die Maſchine in Bewegung, ſo wird das obere Bret ſeinen ganzen Vorrath von elektri - ſcher Materie in einem ſtarken Strale mit einer heftigen Exploſion an eine von den Halbkugeln abgeben; und man wird an der Oberfläche des vergoldeten Leders lebhafte Stralen des elektriſchen Lichts in verſchiedenen Richtungen ſehen. Dieſer Verſuch, ſagt Becket, iſt dem Blitze mehr als ähnlich, es iſt die Natur ſelbſt, mit ihrem eignen Gewand angethan.

Verbindet man eine belegte Flaſche mit dem poſitiven Conductor ſo, daß ſie mit den Bretern zugleich entladen werden kan, ſo werden ſich die Lichtſtralen noch weiter aus - breiten, und der Schlag wird noch ſtärker ſeyn.

154. Verſuch.

Man ſtecke den Drath, Fig. 10, mit den daran be - feſtigten Federn mitten in das eine Bret, ſo werden ſie125Ladung einer Luftplatte.in dieſer Stellung nicht ſo ſtark divergiren, als wenn ſie an den Rand des Brets geſetzt werden. Legt man eine Pflaumfeder nahe an den Rand des Brets, ſo fliegt ſie heraus, und dem nächſten Leiter zu; ſetzt man ſie aber in die Mitte, ſo dauert es ſehr lang, ehe ſie ſich bewegt, und ſie giebt kaum das geringſte Zeichen einer Anziehung von ſich.

155. Verſuch.

Man ſtreue Kleyen oder kleine Stückchen Papier auf die Mitte des untern Brets; wenn nun die Maſchine in Bewegung geſetzt wird, ſo werden dieſelben ſehr ſchnell wechſelsweiſe angezogen und zurückgeſtoßen, und auf eine ſehr beluſtigende Art hin und her getrieben. Eine ange - nehme Veränderung kan man mit dieſem Verſuche ma - chen, wenn man die Kette von dem untern Brete abnimmt, und es von zu Zeit Zeit mit der Hand berührt: berührt man alsdann beyde Breter zugleich, ſo hört die Bewegung auf. Die auffallendſte Erſcheinung bey dieſem Verſuche aber iſt, daß bisweilen, wenn die Elektricität ſtark iſt, eine Menge Papier oder Kleyen ſich auf einem Orte an - häufet, und eine Art von Säule zwiſchen beyden Bretern bildet, welche plötzlich eine ſchnelle horizontale Bewegung annimmt, und wie eine Waſſerhoſe, nach dem Rande der Breter zu läuft, wo ſie ſich zerſtreuet, und bis auf eine beträchtliche Weite im Zimmer herumgeworfen wird.

156. Verſuch.

Man nehme zwo Flaſchen, deren eine poſitiv, die andere negativ geladen iſt, ſtelle ſie auf das iſolirte Bret ſo weit von einander, als die Größe des Brets zuläßt; und ſtelle eine Reihe Lichter in einc hölzerne Tülle, jedes zween Zoll weit von dem andern entfernt und ſo, daß die Flammen mit einander genau parallel laufen. Bringt man nun dieſe Lichter plötzlich zwiſchen die Knöpfe beyder126Eilftes Capitel.Flaſchen, ſo ſieht man den Funken durch alle Flammen durchſchlagen, und hat die Erſcheinung einer Linie von Feuer, die ſich in tauſenderley verſchiedene Krümmungen vertheilt.

Eilftes Capitel. Vom Elektrophor.

Fig. 74 zeigt einen Elektrophor. Der Erfinder dieſes Inſtruments iſt Herr Volta*)Zwar hat ſchon Herr Wilke in den Abhandl. der - niglich ſchwediſchen Akademie der Wiſſenſchaften vom Jahre 1762 eine Vorrichtung beſchrieben, welche im Grunde nichts anders, als ein Elektrophor, iſt. Herr Volta aber gab 1775 dieſem Werkzeuge die gegenwärtige bequeme Einrichtung, und den Namen. Dieſes Werkzeug gehört jetzt unter die vornehm - ſten Theile der elektriſchen Geräthſchaft. Man ſ. darüber die Zuſätze des Ueberſetzers zu Cavallo’s Abhandlung der Lebre von der Elektricität, zw[o]te Aufl. S. 302 u. f. und die da - ſelbſt angeführten Schriften. von Como in Ita - lien. Es beſteht aus zwo kreisrunden Platten: die untere iſt von Meſſing mit einem Ueberzuge von einer idioelektri - ſchen Subſtanz bedeckt, insgemein von einem negativ elek - triſchen Körper, z. B. Siegellak, Schwefel ꝛc. : die obere iſt von Meſſing, und hat einen gläſernen in die Mitte ih - rer obern Fläche eingeſchraubten Handgrif.

Harzige elektriſche Körper thun bey dem Elektrophor beſſere Dienſte, als Glas, nicht allein darum, weil ſie die Feuchtigkeit aus der Luft nicht ſo ſtark anziehen, ſondern auch, weil ſie allem Anſchein nach das Vermögen beſi - tzen, die ihnen mitgetheilte Elektricität länger an ſich zu halten.

127Vom Elektrophor.

Wenn man dieſes Inſtrument gebrauchen will, ſo erregt man zuerſt die Elektricität der untern Platte, in - dem man ihre überzogene Seite mit einem reinen und trocknen Stück Flanell oder Haſenfell reibt; hierauf legt man dieſe Platte auf den Tiſch, den elektriſchen Ueberzug oberwärts gekehrt. Zweytens ſtellt man die Metallplatte auf den elektriſchen Ueberzug, wie bey Fig. 74 und 75. Drittens berührt man die Metallplatte mit dem Finger, oder mit einem andern Leiter. Viertens hebt man die Metallplatte mit dem gläſernen Handgrif von dem elektri - ſchen Ueberzuge ab. Wenn nun dieſelbe bis auf einige Weite von der untern Platte erhoben wird, ſo findet man ſie ſtark elektriſiret, und zwar auf eine der Elektricität der untern Platte entgegengeſetzte Art; ſie giebt einem ihr ge - näherten Leiter einen Funken. Wiederhohlt man das Verfahren, d. i. ſetzt man die Metallplatte von neuem auf den elektriſchen Ueberzug, und berührt ſie mit dem Finger, ſo kan man ohne neue Reibung des elektriſchen Ueberzugs eine große Menge Funken, einen nach dem an - dern, erhalten.

Folgende Verſuche ſind in der Abſicht angeſtellet wor - den, um dieſes merkwürdige kleine Inſtrument zu unter - ſuchen, und finden ſich in einer Abhandlung des Herrn Acha[r]d in den Schriften der Berliner Akademie vom Jahre 1776.

157. Verſuch.

Herr Achard ſtellte eine kreisrunde Glasplatte, welche ohngefähr $$\nicefrac {2}{10}$$ Zoll dick war, und einen Schuh im Durchmeſſer hatte, horizontal auf eine zinnerne Platte, welche das Glas nur in wenig Punkten berührte. Als er die Oberfläche des Glaſes gerieben hatte, that dieſe Vor - richtung alle Wirkungen des Elektrophors, woraus er ſchließt, es ſey nicht nöthig, daß die untere Metallplatte den elektriſchen Ueberzug mit ihrer ganzen Fläche genau berühre.

128Eilftes Capitel.

158. Verſuch.

Er iſolirte in horizontaler Stellung eine Glasplatte von einem Schuh Durchmeſſer, rieb ſie, ſetzte die obere Platte auf die gewöhnliche Art auf, und erhielt eine Reihe ſchwacher Funken, einen nach dem andern; doch mußte er, wenn Funken entſtehen ſollten, den Finger eine Zeit - lang auf der obern Platte liegen laſſen. Wenn er die Glasplatte nicht mit Glas, ſondern mit Siegellak oder Pech iſolirte, ſo fand er die Funken allezeit ſtärker. Aus die - ſem Verſuche ſchließt er, daß zu der Hervorbringung der Wirkungen dieſes Inſtruments die untere Platte nicht - thig ſey, und daß es, wenn auch dieſe fehlet, dennoch alle ſeine Eigenſchaften behalte.

159. Verſuch.

Er rieb die Oberfläche eines Harzelektrophors, ſtellte die Metallplatte darauf, und hob ſie eine kleine Zeit her - nach mit dem iſolirenden Handgrif auf, ohne ſie vorher mit dem Finger zu berühren. Sie gab in dieſem Zuſtan - de keinen Funken, zeigte auch nicht das geringſte Anzie - hen oder Zurückſtoßen; woraus erhellet, daß der Elektro - phor die Metallplatte nicht elektriſiren könne, wenn ſie nicht von einem Körper berührt wird, der ihr Elektricität geben, oder dieſe von ihr annehmen kan.

160. Verſuch.

Man ſtelle die Metallplatte auf einen geriebenen Elektrophor, und bringe den Finger daran, ſo wird ſich zwiſchen beyden ein Funken zeigen. Da nun die elektriſche Materie niemals als ein Funken erſcheint, auſſer wenn ſie plötzlich und mit Gewalt aus einem Körper in den andern übergeht, und da die Metallplatte keine elektriſchen Er - ſcheinungen zeigt, wenn ſie nicht vorher von einem Leiter iſt berührt worden, ſo können wir hieraus ſchließen, daß der Elektrophor die obere Platte nur alsdann elektriſire,129Vom Elektrophor.wenn dieſelbe einen Theil ihrer Elektricität abgegeben oder neue angenommen hat.

161. Verſuch.

Man befeſtige ein meſſingenes Stäbchen mit herab - hängenden Korkkugeln an die Metallplatte, und ſtelle bey - des zuſammen auf den Elektrophor, ſo werden die Ku - geln ſogleich ein wenig auseinander gehen; man berühre die obere Platte mit dem Finger, ſo werden ſie wieder zu - ſammenfallen; wenn man aber dieſe Platte mit ihrem glä - ſernen Handgrif von dem Elektrophor aufhebt, ſo gehen die Kugeln ſehr ſtark, und unter einem großen Winkel, auseinander; zieht man aber einen Funken heraus, ſo fal - len ſie ſogleich zuſammen. Das Auseinandergehen der Kugeln zeigt deutlich, daß die obere Platte der untern Elektricität entziehet, oder etwas von ihrem natürlichen Vorrathe mittheilet; es zeigt auch, daß die erſtere, ſobald ſie auf den Elektrophor gelegt wird, einen geringen Grad von Elektricität erhält, den ſie wieder verliert, wenn ſie mit dem Finger berührt wird; ſie wird aber aufs neue elektriſirt, wenn man ſie von dem Elektrophor trennt.

162. Verſuch.

Man iſolire einen Elektrophor, und hänge eine Kork - kugel an einem leinenen Faden ſo auf, daß ſie ohngefähr ¼ Zoll von einem mit der untern Platte verbundenen Stück Metall abſteht. Die Kugel bewegt ſich nicht, wenn die obere Platte auf den Elektrophor gelegt wird; wenn man aber dieſelbe mit dem Finger berührt, ſo wird die Kugel angezogen. Sobald die obere Platte weggenommen wird, ſo zieht die untere metalliſche Belegung die Kugel an, läßt ſie aber wieder gehen, wenn man die Belegung mit dem Finger berührt. Auch wird die Kugel angezogen, wenn man die obere Platte aufſetzt, ehe der Funken aus derſel - ben gezogen iſt, obgleich das Anziehen länger dauert und130Eilftes Capitel.ſtärker iſt, wenn man den Funken herauszieht, ehe man die Platte auf den Elektrophor ſetzt.

163. Verſuch.

Man elektriſire die untere Seite des Elektrophors, indem man die untere Platte mit dem Conductor einer Maſchine verbindet; ſo wird die obere Platte der Hand, oder einem andern Leiter, ſtarke Funken geben. Berührt man die obere Platte mit einer, und die untere mit der andern Hand, ſo erhält man einen Schlag. Eben dieſe Wirkung erfolgt, wenn die obere Platte durch die Ma - ſchine elektriſiret wird.

164. Verſuch.

Man iſolire einen nicht geriebenen Elektrophor, ſtelle die obere Platte darauf, und elektriſire die untere durch eine mit dem erſten Leiter verbundene Kette. Man ziehe hierauf einen Funken aus der Kette, ſo wird der Elektro - phor alle die Eigenſchaften erhalten, welche er ſonſt durch das Reiben ſeiner Oberfläche bekömmt.

165. Verſuch.

Man verbinde die obere Platte durch eine Kette mit dem erſten Leiter, elektriſire ſie, und ziehe hierauf einen Funken aus der Kette, ſo wird auch in dieſem Falle der Elektrophor alle Eigenſchaften annehmen, welche er ſonſt durch Reiben erhält.

166. Verſuch.

Eben dieſe Wirkung erfolgt, wenn man eine leidner Flaſche auf die obere Platte eines nicht geriebenen Elektro - phors ſetzt, und dieſelbe auf der Platte ladet und entladet.

Aus den drey letztern Verſuchen ſieht man, daß der Elektrophor eben ſowohl durch Mittheilung, als durch Reiben, in Wirkſamkeit geſetzt werden könne.

131Vom Elektrophor.

167. Verſuch.

Herr Achard ſtellte die obere Platte auf einen gerie - benen Elektrophor, und auf dieſe Platte einen metallenen Würfel mit einem gläſernen Handgriffe; wenn er dieſen Würfel mit dem Handgriffe abnahm, ohne ihn vorher zu berühren, ſo zog er eine leichte Kugel an. Wiederhohlte er den Verſuch, berührte aber die Platte vorher, ehe er den Würfel abnahm, ſo fand er nicht das geringſte Zei - chen von Elektricität.

168. Verſuch.

Wenn man den Elektrophor mit einem Elektrometer von Korkkugeln unterſucht, ſo findet man folgendes:

1) Sobald die obere Platte auf einen Harzelektro - phor geſetzt wird, ſo erhält ſie eine ſchwache poſitive Elek - tricität; ſetzt man ſie aber auf einen Glaselektrophor, ſo wird ſie negativ elektriſiret.

2) Berührt man die obere Platte mit dem Finger, ſo verliert ſie alle ihre Elektricität.

3) Wird die obere Platte mit dem Finger berührt, und von dem Elektrophor weggenommen, ſo erhält ſie eine ſtarke negative Elektricität, wenn der Elektrophor von Glas, hingegen eine poſitive, wenn er von Harz iſt.

Man kann ſich den Elektrophor in mehrere horizon - tale Schichten getheilt, vorſtellen, ſo daß beym Elektriſi - ren durch Mittheilen oder Reiben die obere Schicht ver - mittelſt der untern iſolirt wird. Nun behalten alle iſolirte elektriſche Körper ihre Elektricität eine beträchtliche Zeit - lang, und dies iſt die Urſache, warum die Elektricität des Elektrophors ſich ſo lang erhält.

Iſolirtes und geriebenes Glas giebt Körpern, welche in ſeinen Wirkungskreis gebracht werden, die negative Elektricität; da hingegen negative elektriſche Körper im ähnlichen Falle poſitive Elektricität hervorbringen. Da - her muß die Oberfläche des Elektrophors, wenn er von132Eilftes Capitel.Harz iſt, die poſitive, wenn er hingegen von Glas iſt, die negative Elektricität hervorbringen, welches mit den Ver - ſuchen vollkommen übereinſtimmt. Wird nun die obere Platte mit dem Finger berührt, ſo hört die Oberfläche des Elektrophors auf, iſolirt zu ſeyn, und giebt der obern Platte die negative Elektricität, wenn ſie von Glas, und die poſitive, wenn ſie von Harz iſt, wie dies mit den ver - ſchidenen im vierten Capitel beſchriebenen Verſuchen übereinſtimmt.

So lange elektriſche Körper mit leitenden Subſtan - zen in Berührung ſtehen, ſetzen ſie niemals die elektriſche Materie in denjenigen Grad von Bewegung, welcher nöthig iſt, um einen Funken zu erzeugen, oder die Phä - nomene des Anziehens und Zurückſtoßens hervorzubrin - gen. Dies iſt die Urſache, warum die obere Platte kein Zeichen einer Elektricität von ſich giebt, ſo lange ſie mit der untern in Berührung iſt, obgleich dieſe Zeichen au - genblicklich ſichtbar werden, ſobald man die obere Platte abhebt.

Da man die Theorie des Elektrophors für ſehr ver - wickelt hält, ſo will ich noch eine andere Erklärung derſel - ben aus dem Monthly Review mittheilen.

Daher wirkt (bey einem Glaselektrophor, weil die - ſer Fall eine deutlichere Erläuterung zuläßt) die geriebe - ne Platte ſo auf die in der obern meſſingenen Platte von Natur enthaltene elektriſche Materie, daß ſie einen Theil des natürlichen Vorraths derſelben in Form eines Fun - kens an der Stelle, wo der Finger angehalten wird, aus - treibt. Hebt man in dieſem Zuſtande die meſſingene Platte an ihrem Handgriffe auf, ſo nimmt ſie dieſen Funken aus dem Finger wieder an ſich. Wird ſie wie - der aufgeſetzt, und das Verfahren wiederholt, ſo erhält man daſſelbe Reſultat von neuem wieder, und kann da - mit eine ſehr lange Zeit fortfahren, ohne die Kraſt des geriebenen elektriſchen Körpers zu vermindern, indem der - ſelbe in der That nichts von ſeiner eignen Elektricität133Vom Elektrophor.mittheilt, ſondern nur einen Theil derjenigen elektriſchen Materie, welche ſich in der obern Platte befindet, zu - rückſtößt, welcher Verluſt dieſer Platte von Zeit zu Zeit durch die mit der Erde verbundene Perſon, die ſie mit dem Finger berührt, wiedererſetzt wird.

169. Verſuch.

Man ſtelle ein Stück Metall auf einen geriebenen Elektrophor. Die Geſtalt deſſelben iſt gleichgültig. Man elektriſire dieſes Stück Metall mit derjenigen Kraft, wel - che der Elektricität des Elektrophors entgegen geſetzt iſt, nehme es alsdann mit Hülfe eines elektriſchen Körpers hin - weg, und ſtreue feingeſtoßenen Harzſtaub auf den Elek - trophor, ſo werden ſich auf der Oberfläche deſſelben ſonder - bare ſtrahligte Figuren bilden. Iſt die Platte negativ und das Metall poſitiv, ſo legt ſich der Staub hauptſäch - lich auf diejenigen Stellen, wo das Metall geſtanden hat; iſt hingegen die Platte poſitiv und das Metall negativ, ſo bleiben die vom Metall berührten Stellen vom Staube frey, und es fällt derſelbe mehr auf die übrigen.

170. Verſuch.

Man iſolire ein blechernes Quartmaaß, hänge ein Paar Korkkugeln an ſeidnen Fäden ſo auf, daß das ganze Elektrometer innerhalb des Maaßes ſtehe, und elektriſire das Maaß, ſo wird das Elektrometer nicht die geringſte Elektricität zeigen. Die gleichartigen Atmoſphären wir - ken gegen einander, und da keine entgegengeſetzte Elektri - cität im Elektrometer Statt finden kann, ſo bleibt es un - elektriſirt. Berührt man aber das Maaß mit einem Lei - ter, ſo zieht es die Kugeln augenblicklich an.

171. Verſuch.

Man hänge einen kleinen Cylinder von Goldpapier an Stanniol auf, und berühre damit das elektriſirte und134Eilftes Capitel.iſolirte Maaß, ſo entſteht ein Funken zwiſchen beyden, und die Elektricität vertheilt ſich unter beyde nach dem Ver - hältniß ihrer Capacitäten. Nun ſenke man den iſolirten Cylinder auf den Boden des Maaßes herab, ſo giebt er demſelben die Elektricität, die er von ihm bekommen hatte, wieder, und man bemerkt an ihm, wenn er herausge - nommen wird, nicht das geringſte Merkmal einer Elek - kricität.

172. Verſuch.

Man verbinde ein Paar Korkkugeln mit einem iſo - lirten metallenen Gefäß, in welchem eine metallene Kette liegt, und hebe die Kette mit einem ſeidnen Faden in die Höhe, ſo wird das Auseinandergehen der Kugeln immer ſchwächer werden, je mehr man die Kette erhebt, und aus - einanderziehet. Man ſieht hieraus, daß die Elektricität geſchwächt, und ihre Dichtigkeit vermindert wird, je mehr ſie ſich von der Oberfläche des Gefäßes gegen die ausge - breitete Kette verbreitet. Dies beſtätigt ſich auch dadurch, daß die Kugeln wieder auseinanderfahren, wenn man die Kette im Gefäße niederleget. Dieſer Verſuch giebt eine leichte Erklärung von vielen Phänomenen der atmoſphä - riſchen Elektricität, z. B. warum die Dämpfe des elektri - ſirten Waſſers ſo wenig Elektricität zeigen, und warum die Elektricität einer Wolke durch die Zuſammendrückung oder Verdichtung derſelben ſtärker wird.

173. Verſuch.

Man reibe einen Streif weißen Flanell oder ein ſeid - nes Band, ziehe ſo viel Funken aus demſelben, als man erhalten kann und lege oder rolle es alsdann zuſammen, ſo wird es unter dieſer Geſtalt noch ſtark elektriſch ſeyn, Funken geben, und Lichtbüſchel ausſtrömen.

135Vom Elektrophor.

Von den Vortheilen des unvollkommenen Iſolirens und wie man ſehr geringe Grade der natürlichen und künſtlichen Elektricität merklich machen könne, von Herrn Volta.

Ein zur Beobachtung der atmoſphäriſchen Elektricität eingerichteter Conductor wird bey heiterm Himmel ſehr ſelten auf das Elektrometer, wenn es auch noch ſo em - pfindlich wäre, wirken. Vermittelſt des nunmehr zu be - ſchreibenden Apparatus aber kann man zeigen, daß ein ſolcher Conductor faſt allezeit elektriſch, und alſo die Luft, die ihn umgiebt, zu jeder Zeit elektriſirt ſey. Dieſe Me - thode zeigt auch nicht allein das Daſeyn, ſondern auch die Beſchaffenheit der Elektricität, ob ſie poſitiv oder negativ ſey, und dies ſelbſt in allen Fällen, in welchen der Con - ductor nicht einmal den feinſten Faden anzieht; iſt das Anziehen an dem Conductor nur einigermaſſen merklich, ſo giebt dieſer Apparatus ſchon ſehr lange Funken.

Man kann dem Elektrophor, der hierzu gebraucht wird, ſehr ſchicklich den Namen eines Mikro-elektro - meters, oder eines Condenſators der Elektricität, geben.

Wenn der atmoſphäriſche Conduktor ſchon an ſich hinlängliche Merkmale der Elektricität giebt, ſo wird dieſer condenſirende Apparatus unbrauchbar. Denn wenn die Elektricität ſtark iſt, ſo fügt ſichs oft, daß ein Theil der Elektricität der Metallplatte der andern Platte mitge - theilt wird, in welchem Falle der Apparatus als ein Elek - trophor wirkt, und zu der hier vorkommenden Abſicht un - geſchickt wird.

Der zu dieſer Abſicht dienende Apparatus beſteht aus der obern Metallplatte eines Elektrophors und einer halb - elektriſchen oder ſehr unvollkommenen leitenden Platte, welche den Durchgang der Elektricität nur in einem ge - wiſſen Grade hindert. Man findet vielerley ſolche Leiter z. B. eine reine trockne Marmorplatte, eine hölzerne mit136Eilftes Capitel.Firnis überzogene Tafel u. dgl. Da die Oberfläche ſolcher Körper keine Elektricität annimmt, oder wenn ſich auch einige daran hinge, ſie wegen ihrer halbleitenden Natur bald wieder verliert, ſo können ſie nicht zu Elektrophoren, wohl aber zu Condenſatoren der Elektricität gebraucht werden.

Inzwiſchen muß man ſich bey der Auswahl ſolcher Platten wohl hüten, daß man nicht allzufreye Leiter oder ſolche Körper wähle, die durch den Gebrauch gute Leiter werden, weil es ſchlechterdings nothwendig iſt, daß die Elektricität beym Uebergange über ihre Oberfläche be - trächtlichen Widerſtand finde. Wenn man eine ſolche Platte durch Trocknen, oder auf andere Art, zubereitet, ſo iſt es weit beſſer, ſie der Natur der elektriſchen Körper näher zu bringen, als ihr zu viel von den Eigenſchaften der Leiter zu laſſen. Eine wohlgetrocknete Marmorplatte oder hölzerne Tafel thut ſehr gute Dienſte und iſt allen andern Platten vorzuziehen; ſonſt iſt aber auch die Platte eines Elektrophors ſelbſt beſſer, als alle unzubereitete Körper.

Auch die ſchlechteſte Sorte von Marmor, wenn ſie mit Copal - Bernſtein - oder Lackfirniß überzogen, und auf kurze Zeit auf einem Ofen erwärmt wird, thut die beſten Dienſte, auch ohne bey jedem Verſuche beſonders erwärmt zu werden. Dies, könnte man ſagen, hieße ſie zur Na - tur eines Elektrophors zurückbringen: denn Marmor, Holz u. dgl. wenn es überfirnißt und erwärmt wird, läßt ſich durch ein ſehr gelindes Reiben, und oft ſogar durch das bloße Aufſetzen einer Metallplatte elektriſch machen; allein eben um dieſes zu verhüten, darf man dieſe Platten beym Gebrauch nicht erwärmen.

Die Vortheile, welche Platten von dieſer Art vor dem gewöhnlichen Elektrophor voraus haben, ſind folgen - de: 1) Daß der Firniß allezeit dünner iſt, als die ge - wöhnliche Harzſchicht eines Elektrophors. 2) Daß er137Vom Elektrophor.eine glättere und ebnere Oberfläche annimmt: daher die Metallplatte beſſer anpaſſet.

Mit eben ſo vielem Vortheile kann man jede Sorte von Platten, mit Wachstuch, Wachstaffet, Sattin, oder einem andern nicht allzuſtarken ſeidnen Stoff überzogen, gebrauchen, wenn ſie vorher ein wenig erwärmt wird. Seidne Zeuge ſind zu dieſer Abſicht beſſer, als baumwol - lene oder wollene, und beyde beſſer als leinene. Papier, Leder, Holz, Elfenbein, Knochen, und alle Arten von unvollkommnen Leitern kan man in gewiſſem Grade dazu geſchickt machen, wenn man ſie vorher trocknet, und wäh - rend des Verſuchs warm erhält.

Noch einfacher wird der Apparatus, wenn man die Seide a. an die obere Metallplatte mit dem gläſernen Handgriffe anbringt, wobey die Marmorplatte oder die untere unnöthig wird, indem man an ihrer Statt jede Fläche gebrauchen kann, z. B. eine gemeine hölzerne oder Marmortafel, wenn ſie auch nicht ganz trocken iſt, eine Metallplatte, ein Buch, oder jeden Leiter, der eine ebne Oberfläche hat.

Es wird überhaupt zu dieſen Verſuchen nichts weiter erfordert, als daß die Elektricität, welche aus der einen Fläche in die andere übergehen will, in der einen Fläche einigen Widerſtand finde, wie man im folgenden deutlich ſehen wird.

Daher iſt es gleichgültig, ob die nicht-leitende oder halb-leitende Schicht auf der einen oder auf der anderen Fläche liegt; nur dies iſt nothwendig, daß beyde auf ein - ander paſſen; daher es ſehr bequem iſt, zwo aneinander geſchliffene Flächen zu gebrauchen, wovon die eine über - firnißt iſt. Zu den gewöhnlichen Verſuchen kann man auch eine einzelne mit Seide überzogene Metallplatte mit drey ſeidnen Schnüren, mit welchen ſie ſich aufheben läßt, gebrauchen.

Um nun von dieſem Apparatus Gebrauch zu ma - chen, ſtellt man die obere Metallplatte auf die un -138Eilftes Capitel.elektriſirte Platte, und in vollkommene Berührung mit derſelben.

In dieſer Stellung der Platten läßt man einen mit dem Conductor verbundenen Drath die Metallplatte des Elektrophors, aber dieſe nur allein, berühren. Läßt man nun den Apparatus eine Zeitlang in dieſem Zuſtande, ſo erhält er einen hinreichenden Grad von Elektricität, je - doch nur ſehr langſam.

Man nehme nun den Drath von der Metallplatte hinweg, und hebe ſie mit dem iſolirenden Handgriffe von der untern ab; ſo wird ſie nunmehr Fäden anziehen, auf das Elektrometer wirken, wenn die Elektricität ſtark iſt, Funken geben u. ſ. w., wenn gleich der atmoſphäriſche Conductor nicht die geringſte Elektricität zeiget.

Es läßt ſich nicht leicht genau beſtimmen, wie lange dieſe Geräthſchaft in Verbindung mit dem Conductor blei - ben müſſe, weil dies von vielerley Umſtänden abhängt; giebt der Conductor gar kein Zeichen einer Elektricität, ſo werden 8 bis 10 Minuten Zeit erfordert; zieht er hingegen einen feinen Faden an, ſo ſind eben ſo viel Secunden hin - reichend.

Eben ſo ſchwer iſt es, den Gra[d]genau zu beſtimmen, bis auf welchen man die Elektricität condenſiren, oder die elektriſchen Erſcheinungen verſtärken kann; auch dies hängt von mancherley Umſtänden ab. Inzwiſchen iſt die Ver - ſtärkung deſto größer, je mehr der Conductor, der der Metallplatte Elektricität zuführt, Capacität hat, inglei - chen, je ſchwächer die Elektricität iſt. So iſt z. B. der atmoſphäriſche Conductor, wenn er gleich kaum die Kraft hat, einen Faden anzuziehen, dennoch im Stande, der Metallplatte des Elektrophors ſo viel Elektricität zu geben, daß ſie nicht allein auf das Elektrometer wirkt, ſondern auch ſtarke Funken giebt. Iſt hingegen die Elektricität des at - moſphäriſchen Conductors ſtark genug, um Funken zu ge - ben, oder den Zeiger des Elektrometers 5 bis 6 Grad zu erheben, ſo erhebt zwat die Platte des Elektrophors nach139Vom Elektrophor.ſer Methode den Zeiger auf den höchſten Grad, und giebt einen ſtärkern Funken; man ſieht aber dennoch deutlich, daß die Condenſation in dieſem Falle verhältnißmäßig we - niger beträgt, als im vorigen; denn die Elektricität kann niemals bis über einen gewiſſen Grad angehäuft werden, d. i. bis über denjenigen, da ſie ſich nach allen Richtungen zerſtreuet. Wenn daher die elektriſche Kraft, welche in den Condenſator wirkt, dem höchſten Grade am nächſten iſt, ſo iſt die Condenſation im Verhältniß ſchwächer. In dieſem Falle aber iſt auch der Condenſator unnöthig; ſeine vornehmſte Abſicht iſt, die kleinen Quantitäten von Elek - tricität anzuhäufen und merklich zu machen, welche ohne dieſes Hülfsmittel unmerklich bleiben würden.

Bis hieher haben wir unſern Condenſator nur zu Entdeckung der ſchwachen atmoſphäriſchen Elektricität gebraucht, welche der Conductor aus der Luft herabbringt; dies iſt nun zwar die Hauptabſicht, aber nicht der einzige Gebrauch deſſelben. Er entdeckt eben ſowohl die künſtli - che Elektricität, wenn ſie ſo ſchwach iſt, daß ſie ſich durch kein anderes Mittel bemerken läßt.

Wenn man eine leidner Flaſche ladet, und hierauf durch Berührung beyder Seiten mit dem Auslader oder der Hand entladet, ſo ſcheint ſie aller Elektricität gänzlich beraubt zu ſeyn; berührt man aber ihren Knopf mit der Metallplatte des Condenſators (indeß dieſelbe auf einer unvollkommen leitenden Subſtanz liegt,) und hebt man ſie ſogleich ab, ſo giebt ſie merkliche Kennzeichen der Elek - tricität von ſich. Iſt aber noch ſo viel Ladung in der Fla - ſche geblieben, daß ſie einen feinen Faden anziehet, und bringt man nun die Metallplatte auf einen Augenblick mit dem Knopfe in Berührung, ſo giebt ſie, aufgehoben, ei - nen Funken, und wieder berührt, einen faſt eben ſo ſtar - ken, und ſo kann man eine lange Zeit hindurch einen Fun - ken nach dem andern erhalten.

Man kann durch dieſe Methode, Funken vermittelſt einer Flaſche hervorzubringen, welche nicht ſtark geladen140Eilftes Capitel.iſt, um für ſich ſelbſt Funken zu geben, verſchiedene an - genehme Verſuche anſtellen, z. B. die Piſtole mit entzünd - barer Luft losbrennen, oder ein Licht anzünden, beſonders, wenn man eine Flaſche nach der Erfindung des Herrn Ca - vallo beſitzt, welche man geladen in der Taſche tragen kann. Dieſe Flaſchen halten eine merkliche Ladung meh - rere Tage, und eine unmerkliche mehrere Wochen und Mo - nate lang; die letztere zeigt ſich freylich ohne Condenſator gar nicht, kann aber durch dieſen ſehr merklich gemacht werrden, ſo daß ſie zu dem Verſuche mit der elektriſchen Piſtole hinreichend iſt.

Zweytens. Iſt eine Elektriſirmaſchine in ſo ſchlech - tem Stande, daß ihr Conductor keinen Funken geben und keinen Faden anziehen will, ſo bringe man die Metallplatte des Condenſators an dieſen Conductor, und laſſe ſie einige Minuten lang daran (inde[m]die Maſchine immerfort ge - drehet wird). Hebt man alsdann die Metallplatte auf, ſo wird man einen ſtarken Funken daraus erhalten.

Drittens. Wenn zwar die Maſchine gute Wirkung thut, aber der Conductor ſo ſchlecht iſolirt iſt, daß er kei - nen Funken giebt, weil er entweder mit den Wänden des Zimmers, oder durch eine Kette mit dem Boden verbun - den iſt, ſo berühre man den Conductor in dieſem Zuſtan - de mit der Metallplatte des Condenſators, indem die Ma - ſchine immer in Bewegung bleibt, und dieſe Platte wird hierauf ziemlich ſtarke Kennzeichen der Elektricität von ſich geben; woraus man auf das Vermögen dieſes Appa - ratus, die Elektricität auszuziehen und anzuhäufen, ſchließen kann.

Viertens. Wenn ein Elektrometer nicht empfindlich genug iſt, um die Stärke einer erregten Elektricität an - zugeben, ſo ka[nn]man dieſe Elektricität leicht durch den Condenſator prüfen. In dieſer Abſicht reibe man die Körper an der Mettallplatte des Condenſators, welche hiebey nicht überzogen ſeyn darf; wenn man nun - wehr dieſe Platte gegen ein Elektrometer hält, ſo wird141Vom Elektrophor.man daſſelbe beträchtlich elektriſirt finden, wenn gleich der geriebene Körper wenig oder gar keine Elektricität er - halten hat. Ob die Elektricität poſitiv oder negativ ſey, kann man leicht beſtimmen, weil die Elektricität der Me - tallplatte die entgegengeſetzte von der im geriebenen Kör - per ſeyn muß. Nach dieſer Methode hat Herr Cavallo die Elektricität vieler Körper unterſucht. Wenn aber die zu unterſuchenden Körper ſich nicht leicht an die Metall - platte bringen laſſen, ſo kann man ſich noch beſſer folgen - der Methode bedienen. Man legt die Metallplatte auf die unvollkommen leitende Fläche, reibt oder ſtreicht den zu unterſuchenden Körper dagegen, und hebt alsdann die Platte ab, um ſie mit dem Elektrometer zu unterſuchen. Iſt der unterſuchte Körper Leder, eine Schnur, Leinwand, Sammet, oder ein anderer ähnlicher unvollkommener Lei - ter, ſo wird man die Platte gewiß elektriſirt finden, und zwar auf dieſe Art viel ſtärker, als wenn ſie iſolirt in der Luft ſchwebend mit eben dem Körper wäre gerieben wor - den. Kurz durch die eine oder die andere Methode wird man Elektricität aus Körpern erhalten, von welchen man kaum irgend einige erwarten ſollte; auch wenn ſie nicht ſehr trocken ſind. Alle Körper, nur Kohlen und Metalle aus - genommen, werden einige Elektricität geben. Man erhält oft ſogar einige durch Streichen mit der bloßen Hand.

Die Metallplatte hat, wie man aus den vorherge - henden Verſuchen ſieht, ein weit größeres Vermögen, die Elektricität an ſich zu halten, wenn ſie auf einer dazu ge - hörigen Fläche liegt, als wenn ſie ganz iſolirt iſt.

Man ſieht leicht, daß die Stärke der Elektricität in Proportion geringer ſeyn muß, wenn die Capacität, Elektricität zu halten, größ[e]r iſt; denn es iſt alsdann eine größere Menge erforderlich, um ſie bis auf einen beſtimm - ten Grad der Stärke zu erheben; daß ſich alſo die Ca - pacität umgekehrt verhält, wie die Intenſität, wor - unter wir das Beſtreben verſtehen, mit welchem die Elek - tricität eines elektriſirten Körpers aus allen ſeinen Theilen142Eilftes Capitel.auszugehen ſucht, mit welchem Beſtreben die elektriſchen Phänomene des Anziehens und Zurückſtoßens, und be - ſonders der Grad der Erhebung des Elektrometers über - einſtimmen.

Daß ſich die Intenſität der Elektricität umgekehrt wie die Capacität des elektriſirten Körpers verhalte, wird aus folgendem Verſuche deutlich erhellen.

174. Verſuch.

Man nehme zween metallene Stäbe von gleichem Durchmeſſer, den einen 1 Schuh, den andern 5 Schuh lang; elektriſire den erſten ſo lange, bis der Zeiger des Elektrometers auf 60° ſteigt, und bringe ihn ſodann mit dem andern Stabe in Berührung - ſo iſt in dieſem Falle klar, daß die Intenſität der Elektricität, die ſich jezt durch beyde Stäbe vertheilt, deſto mehr abnehmen muß, je mehr die Capacität zunimmt; daß alſo der Zeiger des Elektrometers, der ſich vorher bis 60° erhob, nun auf 10° herabfallen, d.i. nur den ſechſten Theil der vorigen Inten - ſität zeigen muß. Eben ſo müßte die Intenſität, wenn man eben ſo viel Elektricität einem 60 Schuh langen Stabe mitgetheilt hätte, auf einen Grad herabfallen; hät - te man hingegen die Elektricität des langen Conductors in den 60ſten Theil der Capacität deſſen zuſammengedrängt, ſo würde die Intenſität bis 60° gewachſen ſeyn.

Nicht allein Conductoren von verſchiedener Größe haben verſchiedene Capacitäten, Elektricität in ſich zu hal - ten, ſondern es wird auch die Capacität eines und eben deſſelben Conductors vergrößert oder vermindert, je nach - dem man ſeine Oberfläche größer oder geringer macht; wie man aus D. Franklin’s Verſuche mit dem Becher und der Kette ſieht, aus welchem man geſchloſſen hat, daß die Capacität der Conductoren im Verhältniß ihrer Ober - fläche, und nicht ihrer Maſſe, wachſe.

143Vom Elektrophor.

Man hat die oben angeführten Umſtände, durch welche die natürliche Capacität der Conductoren ſo be - trächtlich verſtärkt wird, bisher gänzlich überſehen, und daher noch keine Vortheile daraus gezogen. Der folgen - de Verſuch wird dieſe Verſtärkung der Capacität auf die einfachſte Art zeigen.

175. Verſuch.

Man nehme die Metallplatte eines Elektrophors, halte ſie bey ihrem Handgriffe in der Luft, und elektriſire ſie ſo ſtark, daß der Zeiger eines damit verbundenen Elek - trometers bis 60° ſteigt; hierauf laſſe man dieſe Platte nach und nach gegen den Tiſch, oder eine andere ebne lei - tende Fläche zu ſinken, ſo wird der Zeiger nach und nach von 60° auf 50°, 40°, 30° u. ſ. w. fallen. Dennoch bleibt in der Platte immer eben dieſelbe Menge von Elek - tricität, ſie müßte denn ſo nahe an den Tiſch gebracht wer - den, daß dadurch ein Uebergang der Elektricität aus der Platte in den Tiſch veranlaſſet würde; wenigſtens bleibt ſie in ſo fern immer von gleicher Größe, als ihr durch die Feuchtigkeit der Luft u. dgl. nichts entzogen wird. Die Abnahme der Intenſität kömmt alſo bloß von der verſtärk - ten Capacität der Platte her, welche nicht mehr völlig iſo - lirt, oder abgeſondert ſondern combinitt, oder eini - germaſſen mit einem andern Leiter verbunden iſt: denn wenn man die Platte nach und nach wieder von dem Tiſche entfernet, ſo ſteigt das Elektrometer wieder auf den vori - gen Grad, nämlich 60°; den Verluſt abgerechnet, den ſie während des Verſuchs durch die Luft a. kann gelitten haben.

Dieſe Urſache dieſer Erſcheinung läßt ſich leicht aus der Wirkung der elektriſchen Atmoſphären erklären. Die Atmoſphäre der Metallplatte, die ich jezt für poſitiv elektri - ſirt annehmen will, wirkt auf den Tiſch, oder ſonſt auf den Leiter, dem dieſelbe genähert wird: ſo, daß die elek - triſche Materie im Tiſche, in dem ſie ſich gegen die ent -144Eilftes Capitel.ferntern Theile deſſelben zurückziehet, in denjenigen Thei - len, welche ſich gegen die Metallplatte zu kehren, dünner wird, und dieſe Verdünnung zunimmt, je näher die Me - tallplatte dem Tiſche gebracht wird. Iſt dieſe Platte ne - gativ elektriſirt, ſo findet die entgegengeſetzte Wirkung ſtatt. Kurz, die Theile, welche in den Wirkungskreis der elektriſirten Platte kommen, erhalten eine entgegenge - ſetzte Elektricität, und geben dadurch der Elektricität der Metallplatte Anlaß, ſich auszubreiten, daher die Inten - ſität derſelben vermindert wird, wie ſich dies durch das Herabſinken des Zeigers am Elektrometer deutlich an den Tag leget.

Die beyden folgenden Verſuche verbreiten noch mehr licht über die gegenſeitige Wirkung der elektriſchen At - moſphären.

176. Verſuch.

Man elektriſire zween flache Leiter, beyde entweder poſitiv oder negativ, und nähere ſie einander allmählich, ſo wird man an den damit verbundenen Elektrometern se - hen, daß ihre Elektricitäten immer ſtärker werden, je - her ſie einander kommen, indem alle elaſtiſche Körper in eben dem Verhältniſſ[e]widerſtehen, in welchem auf ſie gewirkt wird; woraus man ſieht, daß jede von den bey - den mit einander verbundenen Kräften, jezt weit we - niger Capacität hat, mehr elektriſche Materie anzuneh - men, als vorher, da beyde einzeln iſolirt waren, und kei - nen Einfluß auf einander hatten. Aus dieſem Verſuche läßt ſich erklären, warum die Spannung der elektriſchen Atmoſphäre bey einem elektriſirten Leiter größer wird, wenn man ſie in einen engern Raum zuſammenziehet; in - gleichen, warum ein lang ausgedehnter Leiter bey gleicher Oberfläche und gleicher Menge von Elektricität weniger Intenſität zeigt, als ein mehr compakter; weil im erſten Falle die gleichartigen Atmoſphären der Theile des Leiters weiter aus einander liegen, als im letztern, und alſo, da145Vom Elektrophor.die Wirkung ſchwächer iſt, auch die Gegenwirkung gerin - ger ſeyn muß.

177. Verſuch.

Man elektriſire den einen von dieſen flachen Leitern poſitiv, und den andern negativ, ſo werden die Wirkun - gen gerade die entgegengeſetzten ſeyn; d. i. die Intenſi - tät der Elektricitäten wird abnehmen, weil die Capacitä - ten, oder die Kräfte ſich auszubreiten, deſto größer wer - den, je näher die Leiter zu einander kommen.

Man kann nunmehr die Erklärung dieſes letztern Verſuchs auch auf den vorher erwähnten Fall anwenden, da man nämlich die elektriſirte Metallplatte gegen eine nicht iſolirte leitende Fläche bringt. Denn, da dieſe Flä - che eine entgegengeſetzte Elektricität erhält, ſo folgt, daß die Intenſität der Elektricität in der Metallplatte abneh - men müſſe, und das mit ihr verbundene Elektrometer fällt immer weiter herab, je mehr die Capacität der Plat - te zunimmt, oder die Dichtigkeit ihrer Atmoſphäre ver - mindert wird; folglich iſt die Platte unter dieſen Umſtän - den im Stande, eine größere Menge Elektricität an - zunehmen.

Dies wird noch deutlicher durch folgenden Verſuch:

178. Verſuch.

Man iſolire die leitende Fläche, indem die andere elektriſirte Platte darauf liegt, und trenne dann beyde von einander, ſo wird man beyde, ſo wohl die Metallplatte, als auch die leitende Fläche (welche man auch die untere Platte nennen kann) elektriſirt finden, aber, wie die Elek - trometer zeigen werden, mit entgegengeſetzten Elektri - citäten.

Wird die untere Platte erſt iſolirt, und dann die elektriſirte Platte darauf geſetzt, ſo wird die letztere in der erſtern ein Beſtreben nach entgegengeſetzter Elektricität erregen, welche aber wegen der Iſolirung nicht wirklich146Eilftes Capitel.entſtehen kann; daher wird die Intenſitat der Elektricität in der Platte nicht verringert, wenigſtens zeigt das Elek - trometer nur ein ſehr geringes und faſt unmerkliches Fal - len, welches von der Unvollkommenheit der Iſolirung der untern Platte, und von der geringen Verdünnung und Verdichtung der elektriſchen Materie in den verſchiedenen Stellen dieſer Platte herkömmt. Wenn man aber unter dieſen Umſtänden die untere Platte ſo berührt, daß die Iſolirung auf einen Augenblick unterbrochen wird, ſo er - hält ſie die entgegengeſetzte Elektricität, und die Intenſi - tät in der Metallplatte wird ſchwächer.

Wäre die untere Platte, anſtatt[i]ſolirt zu ſeyn, ſelbſt eine nicht leitende Subſtanz, ſo würden eben die Phäno - mene erfolgen, d. i. die Intenſität der darauf liegenden elektriſirten Metallplatte würde nicht vermindert werden. Dennoch geſchieht dies nicht allezeit; denn wenn die un - tere nicht leitende Platte ſehr dünn iſt, und auf einem Lei -[t]er liegt, ſo wird die Intenſität der elektriſirten Metall - platte vermindert, und ihre Capacität vergrößert, wenn ſie auf den dünnen iſolirenden Körper gelegt wird; weil in dieſem Falle die leitende Subſtanz, welche unter dem nicht leitenden Körper liegt, eine der Metallplatte entge - gengeſetzte Elektricität erhält, und alſo ihre Intenſität vermindert u. ſ. w. Der iſolitende Körper vermindert hiebey nur die wechſelſeitige Wirkung beyder Atmoſphä - ren mehr oder weniger, je nachdem er ſie weiter oder we - niger aus einander hält.

Die Intenſität oder die elektriſche Wirkung der Me - kallplatte, welche nach und nach abnimmt, je näher die - ſelbe an eine nicht iſolirte leitende Fläche gebracht wird, verſchwindet faſt gänzlich, wenn die Platte beynahe in Berührung mit der Fläche kömmt, weil hier das natür - liche Gleichgewicht beynahe vollkommen wird. Wenn daher die untere Platte dem Durchgange der Elektricität nur den geringſten Widerſtand entgegenſetzt (es mag147Vom Elektrophor.nun derſelbe von einem dünnen elektriſchen Ueberzuge, oder von der unvollkommen leitenden Natur der Fläche, wie bey trocknem Holz, Marmor ꝛc. herrühren), ſo kann dieſer Widerſtand, verbunden mit dem, obgleich gerin - gen, Zwiſchenraume zwiſchen beyden Platten, von der ge - ringen Intenſität der Elektricität in der Metallplatte nicht überwunden werden. Daher giebt dieſe Platte der un - tern Fläche keinen Funken (es müßte denn ihre Elektrici - tät ſehr ſtark, oder ihr Rand nicht wohl abgerundet ſeyn) und behält vielmehr ihre Elektricität; daß alſo das Elek - trometer, wenn man ſie von der untern Platte abhebt, bey - nahe wieder auf ſeine vorige Höhe ſteigt. Die elektriſirte Platte kann ſogar mit der unvollkommen leitenden Fläche in Berührung gebracht werden, und eine Zeit lang in dieſer Stellung verbleiben; in welchem Falle die Intenſi - tät beynahe bis auf Nichts herabſinkt, und daher die Elek - tricität nur ſehr langſam in die untere Platte übergeht. Ganz anders aber iſt der Fall, wenn bey Anſtellung dieſes Verſuchs die elektriſirte Metallplatte die untere mit der Schärfe des Randes berührt; denn alsdann iſt ihre Inten - ſität größer, als wenn ſie flach liegt, wie das Elektrometer zeigt, die Elektricität überwindet alſo den ſchwachen Wi - derſtand, und geht in die untere Fläche über, auch wohl durch einen dünnen elektriſchen Ueberzug, weil die Elek - tricität der einen Platte von der Elektricität der andern nur im Verhältniß der Menge von Oberfläche, welche ſie einander innerhalb einer gegebenen Diſtanz entgegenſtel - len, im Gleichgewicht erhalten wird, daß ſich alſo die Elektricität gar nicht zerſtreuet, wenn die Platten einan - der flach und in vielen Punkten berühren. Dieſes an - ſcheinende Paradoron erklärt ſich ſehr deutlich aus der Theorie der elektriſchen Atmoſphären.

Noch ſonderbarer ſcheint es, daß nicht einmal die Berührung mit dem Finger oder mit einem Metallſtabe, die Metallplatte ihrer ganzen Elektricität beraubt, wenn ſie auf der untern Fläche aufſtehet; ſie bleibt gemeinig -148Eilftes Capitel.lich noch ſo ſtark elektriſirt, daß ſie nach dem Aufheben noch einen Funken giebt. In der That würde dieſes Phä - nomen ganz unerklärbar ſeyn, wenn man den Finger oder die Metalle für vollkommene Leiter annehmen müßte. Da wir aber gar keinen Körper kennen, der ein vollkom - mener Leiter wäre, ſo läßt ſich annehmen, daß das Metall oder der Finger hinreichend wiederſtehe, um die Zerſtreu - ung der Elektricität der Platte zu verhindern, welche auch in dieſem Falle durch einen ſehr geringen Grad von In - tenſität oder Beſtreben nach Ausbreitung angetrieben wird. Man nehme z. B. an, das Metall oder der Finger, der die Platte berührt, nehme ſo viel von ihrer Elektrici - tät hinweg, daß dadurch die Intenſität des Ueberreſts auf den 50 ſten Theil eines Grades herabgeſetzt werde, ſo wird dieſer Ueberreſt jezt kaum merklich ſeyn; wenn aber die Platte aufgehoben und dadurch ihre Capacität ſo ſehr ver - mindert wird, daß ihre Elektricität eine 100mal größere Intenſität erhält, ſo ſteigt ſie auf 2 Grad und drüber, d. i. ſie wird ſtark genug, um einen Funken zu geben.

Wir haben nunmehr die Wirkung der elektriſchen Atmoſphären auf die Elektricität der Metallplatte in ver - ſchiedenen Stellungen betrachtet, und es wäre noch übrig, die Wirkungen zu unterſuchen, welche ſtatt finden, wenn eine Metallplatte auf der untern Fläche ſtehend, elektriſi - ret wird. Da die ganze Sache im vorigen völlig ausge - führet iſt, ſo iſt es ſehr leicht, die Anwendung auch auf dieſen Fall zu machen; inzwiſchen wird es doch nicht ohne Nutzen ſeyn, dieſe Anwendung beyſpielsweiſe durch einen Verſuch zu erläutern.

179. Verſuch.

Man ſetze, eine leidner Flaſche oder ein Conductor ſey ſo ſchwach elektriſirt, daß ſeine Intenſität nur einen halben Grad oder noch weniger betrage. Wenn nun die auf ihrer untern Fläche ſtehende Metallplatte des Condenſa -149Vom Elektrophor.[t]ors mit dieſer Flaſche oder dieſem Conductor berührt wird, ſo iſt klar, daß ihr beyde einen ſo großen Theil ih - rer Elektricität mittheilen werden, als der Capacität der Platte proportional iſt, d. i. ſo viel, daß dadurch die Elektricität der Platte eine gleiche Intenſität mit der Elek - tricität des Conductors erhält, beyde nämlich einen hal - ben Grad. Da aber die Capacität der Platte anjetzt, da ſie auf einer gehörig zubereiteten Fläche liegt, z. B. 100 mal größer iſt, als wenn ſie iſolirt in der Luft ſchwebte, ſo nimmt ſie auch 100 mal mehr Elektricität aus der Fla - ſche oder dem Conductor an. Hieraus folgt natürlich, daß, wenn die Metallplatte von der untern Fläche auf $$\nicefrac {1}{100}$$ ihrer vorigen Größe herabgeſetz[t]wird, die Intenſi - tät 100 mal größer werden, alſo bis auf 50° ſteigen müſ - ſe, da ſie in der Flaſche oder im Conductor nur ½ Grad betrug.

Da eine ſo geringe Elektricität die Metallplatte des Condenſators in Stand ſetzt, einen ſtarken Funken zu ge - ben, ſo könnte man fragen, was eine ſtärkere Elektricität thun werde. Warum thut dieſe letztere nichts mehr? Die Antwort iſt, weil die der Metallplatte mitgetheilte Elektricität lzerſtreuet wird, ſo bald ſie ſo groß iſt, daß ſie den ſchwachen Widerſtand der untern Platte überwin - den kann.

Man begreift leicht, daß die Metallplatte, wenn ſie gleich aus einer leidner Flaſche oder einem großen Con - ductor, wenn er auch ſchwach elektriſirt iſt, eine große Menge Elektricität annehmen kann, dennoch keine be - trächtliche Menge aus einem Conductor von geringer Ca - pacität erhalten könne; denn dieſer Conductor kann ihr das nicht geben, was er ſelbſt nicht hat, er müßte denn beſtändig einen neuen, obgleich ſchwachen, Zufluß erhal - ten. Dies iſt der Fall bey einem atmoſphäriſchen Con - ductor, oder bey dem Conductor einer Maſchine, welche zwar ſchwach, aber doch unaufhörlich fortwirkt. In die - ſen Fällen aber iſt eine ziemliche Zeit nöthig, ehe die -150Eilftes Capitel.Metallplatte einen hinreichenden Grad von Elektricität erhält.

Da ein großer, aber ſchwach elektriſirter Conductor der Metallplatte des Condenſators eine beträchtliche Men - ge Elektricität mittheilt, und dieſe Elektricität nach auf - gehobener Platte ſehr verdichtet und verſtärkt erſcheint; ſo kann man, wenn auch dieſe Platte noch zu wenig Elek - tricität enthält, um einen Funken zu geben oder das Elek - trometer zu bewegen, dieſe Elektricität merklicher machen, wenn man ſie einer andern kleinern Platte oder einem zweyten Condenſator mittheilt.

Auf dieſe Verbeſſerung verfiel zuerſt Herr Cavallo durch Nachdenken über die Verſuche des Volta. Er gebrauchte dazu eine kleine Metallplatte, welche nicht größer war, als ein Schilling. Dieſer zweyte Conden - ſator iſt in vielen Fällen brauchbar, wo die Elektricität ſo ſchwach iſt, daß man ſie durch einen Condenſator allein gar nicht, oder doch nicht deutlich, bemerkt. Bisweilen erhält die gewöhnliche Metallplatte meines Condenſators ſo wenig Elektricität, daß ſie, von der untern Fläche weg - genommen, und gegen ein höchſt empfindliches von Herrn Cavallo verfertigtes Elektrometer gehalten, gar nicht auf dieſes letztere wirkt. Wenn ich in dieſem Falle dieſe ſo ſchwach elektriſirte Platte an die gehörig aufgeſtellte kleinere Platte bringe, und dieſe alsdann gegen ein Elek - trometer halte, ſo iſt die Elektricität gemeiniglich ſtärker, als zu Beſtimmung ihrer Beſchaffenheit nöthig wäre.

Wenn nun mit Hülfe beyder Condenſatoren die Elek - tricität 1000mal verſtärkt wird (welche Angabe gar nicht übertrieben iſt), wie ſchwach muß dann die Elektricität des unterſuchten Körpers ſeyn, und wie ſchwach diejenige, welche durch das Reiben des Metalls mit der Hand er - zeugt wird? Dieſe Elektricität wirkt nur mit Mühe aufs Elektrometer, wenn ſie gleich durch beyde Condenſatoren verſtärkt iſt; ſie iſt gerade nur hinreichend, die Ueberzeu -151Atmoſphäriſche Elektricität.gung zu verſchaffen, daß ſich das Metall durch Reibe[n]mit der Hand elektriſiren laſſe.

Vor der Entdeckung des Condenſators und des ſo empfindlichen Elektrometers des Herrn Cavallo waren wir nicht im Stande, ſo ſchwache Elektricitäten zu bemer - ken; da wir hingegen jetzt Grade der Elektricität beob - achten können, welche ohne alle Vergleichung geringer ſind, als die ſchwächſten, die ſich damals bemerken ließen.

Zwölftes Capitel. Von der atmoſphäriſchen Elektricität.

In Abſicht auf den Gegenſtand dieſes Capitels haben wir das meiſte dem P. Beccaria zu danken, wel - cher viele Jahre lang die verſchiedenen Abwechſelungen der Elektricität der Atmoſphäre und ihre Verbindung mit den übrigen Phänomenen der Witterung genau beobachtet hat. Sein Apparatus war zu dieſer Abſicht ungemein geſchickt, und übertrift bey weitem alle bisher bekannte Anſtalten zu leichter und ungehinderter Beobachtung der Luftelektricität. Da man anfänglich nicht glaubte, daß die Elektricität mit allen Wirkungen der Natur ſo innig verbunden ſey, als wir es jezt wiſſen, ſo iſt die Anzahl der in dieſem Fache arbeitenden Naturforſcher noch nicht groß geweſen; die vornehmſten derſelben ſind der P. Bec - caria, Herr Ronayne und Herr Cavallo,

Jch habe hier die Reſultate der Beobachtungen des P. Beccaria in einen Auszug und eine gehörige Ord - nung gebracht, und gelegentlich die Beobachtungen ande - rer Gelehrten eingeſchaltet, um den Leſer mit den Haupt - ſachen bekannt zu machen, und zu aufmerkſamer Unter - ſuchung dieſes ſo wichtigen und feinen Gegenſtandes anzu - locken; denn man kann nie von einem meteorologiſchen152Zwölftes Capitel.Syſtem einige Gewißheit erwarten, wofern nicht dabey die Wirkung der Elektricität, als einer der vornehmſten Triebfedern, beſonders in Betrachtung gezogen wird.

Der Apparatus des P. Beccaria zu Unterſuchung der Elektricität der Atmoſphäre beſtand aus einem 132 Schuh langen eiſernen Drathe, den er den[E]xplorator nennet. Das eine Ende deſſelben befeſtigte er an eine über den Schorſtein hervorragende Stange; das andere an den Gipfel eines Kirſchbaums. Die Enden des Draths waren iſolirt und mit einem kleinen zinnernen Knöpfchen verſehen. Ein andrer Drath ward von dem vori - gen (durch eine dicke mit Siegellak überzogne Glasröhre) ins Zimmer geführt; wodurch man beſtändig in Stand geſetzt ward, den Zuſtand der Elektricität in dem Explo - rator zu beobachten. Beccaria verband mit dieſem letz - tern Drathe einen kleinen Streif Metall; an jeder Seite deſſelben befand ſich eine Korkkugel von 1 Linie Durch - meſſer; dieſe Kugeln waren an ſeidnen 16 Linien langen Faden aufgehangen.

Bey heiterm Himmel iſt die Elektricität gemeinig - lich ſo ſtark, daß die Kugeln ohngefähr 6 Linien von der Metallplatte abſtehen; iſt ſie ſehr ſtark, ſo ſtehen ſie 15 bis 20 Grad ab; iſt ſie ſchwach, ſo iſt die Divergenz ſehr gering.

Bey heiterm Himmel braucht der Drath, wenn man ihn berührt hat, eine Minute Zeit oder noch mehr, ehe er wieder Zeichen einiger Elektricität von ſich giebt; ob er gleich zu andern Zeiten ſchon in einer Sekunde wieder elektriſtrt wird.

Die Elektricität iſt bey heiterm Himmel allezeit po - ſitiv. Nur höchſt ſelten iſt ſie negativ, und alsdann bringt ſie der Wind aus andern (vielleicht vom Beob - achtungsorte ſehr entfernten) Gegenden der Atmoſphäre, wo es zu derſelben Zeit Nebel, Schnee, Regen oder Wolken giebt. Dieſen Satz beſtätiget die ganze Reihe der von Beccatia gemachten Beobachtungen. Nur153Atmoſphäriſche Elektricität.zwey oder dreymal hat er Beyſpiele vom Gegentheil ge - funden.

Nach D. Franklin’s Beobachtungen ſind die Wol - ken bisweilen negativ, welches gewiß ſehr richtig iſt; ſie verſchlucken bisweilen aus und durch den Apparatus eine große und vollgeladene Flaſche poſitiver Elektricität, von welcher der Apparatus nicht den 100ſten Theil hätte anneh - men und behalten können. Man kann ſich auch leicht vorſtellen, wie eine ſtark geladene große poſitive Wolke kleinere Wolken negativ machen könne.

Die Elektricität der Atmoſphäre ſteht mit dem Zu - ſtande der Luft in Abſicht auf Feuchtigkeit und Trockenheit in der genaueſten Verbindung, daß man alſo nothwendig auf das Hygrometer Acht haben muß, wenn man über die verſchiedenen Grade der Elektricität zu verſchiedenen Zeiten ein gegründetes Urtheil fällen will. Das Hygro - meter des Herrn Coventty von Papier wird hiebey die beſten Dienſte thun; es iſt ſehr empfindlich, zieht die Feuchtigkeit bald an ſich, theilt ſie auch leicht wieder mit; und läßt ſich mit andern Hygrometern eben dieſer Art ver - gleichen. Auch iſt es nöthig, ein Thermometer neben das Hygrometer zu ſtellen, um zu beſtimmen, wie viel Feuchtigkeit die Luft bey einem jeden gegebnen Grade der Wärme aufgelöſet enthalten könne; obgleich dieſe Abſicht ſich noch beſſer möchte erreichen laſſen, wenn man genau beobachtete, wie viel Feuchtigkeit zu verſchiedenen Zeiten aus einer gegebnen Oberfläche ausdünſtet. Auch iſt zu bemerken, daß die Dichtigkeit der Luft auf die Menge der darinn enthaltenen Feuchtigkeit Einfluß hat.

Die Feuchtigkeit in der Luft iſt der beſtändige Leiter der atmoſphäriſchen Elektricität bey heiterm Himmel; da - her ſteht auch die Menge der Elektricität im Verhältniß mit der Menge von Feuchtigkeit, welche den Explorator umgiebt; bis deren endlich ſo viel wird, daß ſie die Iſoli - rung des Draths und der Atmoſphäre unvollkommen macht. Bey trockner Luft wird es oft über eine Minute154Zwölftes Capitel.lang dauren, che die Kugeln, wenn der Drath berührt worden iſt, wiederum einige Elektricität zeigen; da hin - gegen bey feuchterer Luft kaum eine Sekunde vergangen iſt, wenn die Kugeln ſchon wieder zwiſchen dem Finger und der meſſingenen Platte, an welcher ſie hängen, ſchnell[e]Oſcillationen machen*)Bey heiterm Himmel muß man die Beobachtungen übet die Elektricität der Atmoſphäre ſehr oft wiederholen, um die Geſchwindigkeit zu beobachten, mit welcher die Elek - tricität, wenn man ſie aufgehoben hat, wieder ſteigt; welches der P. Beccaria gemeiniglich nach der Anzahl von Sekunden beſtimmt, welche verfließen mußten, ehe die Kugeln wieder ihre Elektricität zeigten..

Wenn ſich der Himmel aufklärt, iſt die Elektricität allezeit poſitiv. Geſchieht dies plötzlich, und wird die Luft ſchnell trocken, ſo ſteigt die Elektricität auf einen ho - hen Grad, und giebt häufige Gelegenheit, die Beobach - tungen zu wiederholen. Bisweilen hält die durch Auf - flärung des Himmels verurſachte Elektricität eine lange Zeit mit gleicher Intenſität an; fängt auch wohl nach ei - niger Unterbrechung von neuem an, ſtark zu werden. Dies ſcheint von derjenigen Elektrieität herzurühren, wel - che der Wind aus großen Entfernungen herbey führt.

P. Beccatia ſagt, wenn er beobachtet habe, daß die über ſeinem Scheitel befindlichen dicken niedrigen Wol - ken ſich zu zertheilen, und die darüber ſtehenden dünnern und gleichförmigern dünner zu werden angefangen hätten, daß der Regen aufgehört, und das Elektrometer poſitive Eletricität gezeigt hätte, ſo habe er ſeinen Beobachtungen allezeit beygeſchrieben: Zuverläßiger Uebergang zu heiterm wetter.

Starke poſitive Elektricität nach dem Regen iſt ein Zeichen, daß die gute Witterung einige Tage lang anhal - ten werde. Iſt die Elektricität ſchwach, ſo zeigt dies an,155Atmoſphäriſche Elektricität.das gute Wetter werde nicht den ganzen Tag über anhal - ten, es werde bald trüb werden und regnen.

Wenn ſich der Himmel über dem Orte der Beob - achtung trübet, und eine hohe Wolke entſteht, welche keine niedrige Wolken unter ſich hat, auch kein Theil einer ſchon anderwärts regnenden Wolke iſt, ſo bemerkt man entwe - der gar keine, oder eine poſitive Elektricität.

Entſtehen die Wolken in Geſtalt wollener Flocken, und bewegen ſich erſt näher an einander, und dann aus einander; oder liegt die entſtehende große Wolke ſehr hoch, und ſtreckt ſich dann niederwärts, wie ein herabſinkender Rauch, ſo zeigt ſich gemeiniglich poſitive Elektricität, de - ren Stärke ſich verhält, wie die Geſchwindigkeit, mit welcher die Wolke entſteht; und man kann aus derſelben die Menge und Geſchwindigkeit des darauf folgenden Re - gens oder Schnees in voraus abnehmen.

Bildet ſich eine dünne, ebne und weit ausgebreitete Wolke, welche den Himmel trübt, und eine graue Farbe zeigt, ſo bemerkt man eine ſtarke und ſich ſchnell wieder erſetzende poſitive Elektricität; je langſamer aber die Ent - ſtehung der Wolke erfolgt, deſto ſchwächer wird dieſe Elek - tricität; bisweilen verſchwindet ſie gänzlich. Entſteht hingegen die dünne ausgebreitete Wolke nach und nach aus kleinen Wolken, die ſich wie Flocken, beſtändig daran hängen, und einander abſtoßen, ſo hält die poſitive Elek - tricität gemeiniglich an.

Niedrige und dicke Nebel (beſonders, wenn die Lufe um den Ort, wo ſie aufſteigen, von Feuchtigkeit frey iſt) geben dem Explorator eine Elektricität, welche zu wieder - holtenmalen kleine Funken giebt, und eine Divergenz der Kugeln von 20° 25° oder wohl 30° hervorbringt. Ent - ſteht der Nebel ſchnell, und bleibt er eine Zeit lang in der Gegend des Explorators, ſo verſchwindet dieſe Elektrici - tät bald; fährt er aber fort, zu ſteigen, und tritt eine neue Wolke an die Stelle der vorigen, ſo elektriſiret die -156Zwölftes Capitel.ſelbe den Drath von neuem, obgleich nicht ſo ſtark, als vorher. Läßt man Racketen durch ſolche dicke, niedrige und anhaltende Nebel gehen, ſo erhält man oft Zeichen einer Elektricität. Der P. Beccaria hat unter den oben angeführten Umſtänden niemals ein Beyſpiel von negativer Elektricität gefunden; außer vielleicht ein ein - ziges mal, da er eine Rackete mit einer Schnur durch einen niedrigen dicken Nebel gehen ließ: ob er gleich nach - her ſehr gegründete Urſachen erhielt, zu glauben, daß er ſich in Abſicht auf den an der Spitze bemerkten Stern geirrt habe.

Herr Ronayne fand die Luft in Irland beym Ne - bel, auch beym Reif, gemeiniglich elektriſirt, und das ſo wohl bey Tag als bey Nacht, vorzüglich aber im Win - ter; im Sommer ſelten, und nur von poſitiven Wolken, oder kalten Nebeln. Die Elektricität der Luft beym Reif oder Nebel iſt allezeit poſitiv. Auch hat er beym Ueber - gange einer Wolke oft Abwechſelungen von negativer und poſitiver Elektricität beobachtet.

Die meiſten Nebel haben einen Geruch, der dem Geruche einer geriebenen Glasröhre ſehr ähnlich iſt.

Herr Henly hat gezeigt, daß die Nebel bey oder gleich nach einem Froſte ſtärker elektriſirt ſind, als zu an - derer Zeit, und daß ihre Elektricität oft, gleich nach ihrer Entſtehung, am ſtärkſten iſt.

Wenn ein dicker Nebel aufſteigt, und zugleich die Luft ſcharf und kalt iſt, ſo iſt der Nebel ſtark poſitiv elek - triſirt.

Den Regen hält er nicht für eine unmittelbare Urſa - che der Luftelektricität, aber er vermuthet, daß er eine entfernte Folge derſelben ſey. Gemeiniglich fand er, daß, wenn die Luft ſehr ſtark elektriſirt war, zwey oder drey Tage darauf Regen oder andere üble Witterung erfolgte.

Wenn bey heiterm Himmel eine niedrige Wolke, die ſich langſam bewegt, und von andern Wolken entfernt iſt, über den Drath geht, ſo wird die poſitive Elektricität ge -157Atmoſphäriſche Elektricität.meiniglich ſehr ſchwach, jedoch nicht negativ; ſobald die Wolke vorüber iſt, kömmt ſie auf den vorigen Grad zu - rück. Wenn viele weißliche Wolken, wie Flocken, über dem Drathe ſtehen, die ſich bald mit einander vereinigen, bald wieder von einander entfernen, und zuſammen ein weit ausgebreitetes Ganzes ausmachen, ſo nimmt die po - ſitive Elektricität gemeiniglich zu. In allen angeführten Fällen geht die poſitive Elektricität niemals in die negative über.

Wolken, welche ſich fortbewegen, ſchwächen die Elek - tricität des Explorators; doch ſcheinen auch diejenigen, welche niedrig ſtehen, dieſe Wirkung hervorzubringen.

Von der täglichen atmoſphäriſchen Elek[t]ricität.

Des Morgens, wenn das Hygrometer eben ſo viel oder etwas weniger Trockenheit zeiget, als Tages vorher, entſteht vor Sonnenaufgang einige Elektricität. Sie zeigt ſich durch Zuſammengehen, Anhängen oder auch durch einige Divergenz der Kugeln, und iſt deſto größer, je trockner die Luft, und je geringer der Unterſchied ihres Zuſtandes von dem am vorigen Tage iſt. Iſt die Luft nicht trocken genug, ſo nimmt man keine Elektricität vot oder kurz nach Sonnenaufgang wahr. Da die Luft ge - wöhnlicher Weiſe die Nacht über feucht iſt, ſo kann man dieſe Elektricität bey Sonnenaufgang nur ſelten bemerken. P. Beccaria fand bey dreymonatlichen Beobachtungen nur an achtzehn Morgen Elektricität vor Sonnenaufgang; und aus der ganzen Reihe ſeiner zahlreichen Beobachtun - gen erhellet, daß dieſe Erſcheinung im Winter häufiger vorkomme, als im Sommer, beſonders wenn man den Apparatus vor dem Reif und aller Feuchtigkeit bewahret.

Des Vormittags wird die Elektricität nach und nach ſtärker, je höher die Sonne ſteigt, ſie mag nun vor Son - nenaufgang, oder erſt nachher, ſichtbar geworden ſeyn. 158Zwölftes Capitel.Dieſes ſtufenweiſe Zunehmen der vormittäglichen Elektri - cität fängt früher an, wenn das Hygrometer nach Son - nenaufgang fortfährt, größere Grade der zunehmenden Trockenheit zu zeigen. Die Stärke und das Wieder - kommen der Elektricität (wenn man ſie durch Berüh - rung des Draths weggenommen hat) bleibt an heitern Tagen, an welche[n]kein heftiger Wind wehet, und das Hygrometer an der höchſten Stelle, die es erreichet, ruhig ſtehen bleibt, ſo lange einerley, bis die Sonne bald unter - gehen will. Kömmt die Sonne ihrem Untergange nahe, ſo nimmt dieſe tägliche Elektricität deſto mehr ab, je mehr Feuchtigkeit das Hygrometer in ſich zieht.

Wenn gleich das Hygrometer an verſchiedenen Ta - gen um 12 Uhr gleiche Grade der Trockenheit zeigt, ſo erſcheint doch die Elektricität nach der Berührung des Draths immer an einem Tage früher wieder, als am an - dern; und dieß ſteht großentheils mit der Wärme im Ver - hältniß. An ſolchen Tagen fängt auch die Elektricität des Morgens früher an, und hört des Abends früher auf.

Das Reiben der Winde an der Erdfläche iſt nicht die Urſache der atmoſphäriſchen Elektricität. Heftige Winde ſchwächen die Elektricität bey heiterm Himmel. Sind ſie feucht, ſo ſchwächen ſie ihre Intenſität deſto ſtärker. je mehr ſie die vollkommene Iſolirung des Draths und der Atmoſphäre vermindern.

Von der Elektricität beym Abendthaue.

In den kühlern Jahrszeiten entſteht, wenn der Him - mel heiter iſt, ein wenig Wind wehet und die Trockenheit ſtark zunimmt, nach Sonnenuntergang mit Anfang des Thaues eine Elektricität von beträchtlicher Stärke. Dieſe Elektricität kömmt ſogar weit ſchneller wieder, als die tägliche ſelbſt, und vergeht ſehr langſam.

In gemäßigten oder warmen Jahrszeiten, zeigt ſich unter eben den Umſtänden eine der vorigen völlig ähnliche159Atmoſphäriſche Elektricität.Elektricität ſogleich mit Sonnenuntergange; nur iſt ihre Intenſität nicht ſo beſtändig; ſie fängt mit größerer Geſchwindigkeit an, vergeht aber auch früher.

Iſt unter obigen Umſtänden die Trockenheit der Luft, im Durchſchnitt genommen, geringer, ſo iſt die Abends mit dem Thaue entſtehende Elektricität deſto ſchwächer, je mehr ſie die Vollkommenheit der Iſolirung des Draths und der Atmoſphäre vermindert; ſie kömmt aber, wenn man den Drath berührt hat, deſto ſchneller wieder, je größer die Menge des Thaues iſt.

Die Elektricität des Thaues ſcheint von der Meng[e]deſſelben abzuhängen, und bey ihren verſchiedenen Ver - änderungen eben denjenigen Verhältniſſen zu folgen, welche zwiſchen der Elektricität des ſtillen und ſanften Regens, und der ſtürmiſchen Platzregen ſtatt findet; auch verändert ſie ſich nach den Jahrszeiten.

So wie der Regen, die Platzregen, das Nordlich[t]und das Zodiakallicht ſtets einige Tage nach einander von eben denſelben charakteriſtiſchen Umſtänden begleitet zu er - ſcheinen pflegen, ſo ſucht ſich auch die Elektricität des Thaues einige Abende nach einander mit eben denſelben Charakteren zu erhalten.

180. Verſuch.

Man elektriſire die Luft, d. i. die in derſelben ſchwe - bende Feuchtigkeit und andere Dämpfe, in einem wohl verwahrten Zimmer, und erhebe eine Flaſche, welche man mit kälterm Waſſer, als die Luft im Zimmer iſt, gefüllt, und in einer gläſernen Röhre iſolirt hat, ſehr hoch in die - ſem Zimmer. Die Iſolirung des Glaſes muß man mit warmen leinenen Tüchern zu unterhalten ſuchen. Die elektriſchen Phänomene zweyer an der Flaſche hängenden Fäden werden die Erſcheinungen der Elektricität des Thau - es ſehr genau darſtellen. Hieraus werden ſich die verſchie -160Zwdlftes Capitel.denen Arten an den Tag legen, auf welche dieſe Elektrici - tät entſteht, je nachdem die elektriſirten Dämpfe im Zim - mer dünner oder dichter ſind, nachdem der Unterſchied zwiſchen der Wärme der Luft im Zimmer und des Waſſers in der Flaſche größer oder geringer, und die Iſolirung der Flaſche mehr oder weniger vollkommen iſt.

Herr Ronayne hat bemerkt, daß bey Gewittern die Blitze ſchnelle Veränderungen bewirken. Oft wird da - durch die Elektricität weiter verbreitet, bisweilen vermin - dert; bald verſtärkt, bald ſogar in die entgegengeſetzte verwandlet; bisweilen kömmt ſie, wenn vorher gar keine da war, mit einem Blitze plötzlich zum Vorſchein. Eine große Gewitterwolke, welche den ganzen Himmel verdun - kelt, bringt nicht ſoviel Elektricität hervor, als ein Theil von ihr, oder ein gewöhnlicher Schauer; auch geht ein Gewitter nicht der regelmäßigen Richtung des Windes nach, ſondern ſchief und im Zikzak, d. i. es regnet an Or - ten, wo das Gewitter gar nicht hinkommen ſollte.

Verſuche und Beobachtungen über die atmoſphäri - ſche Elektricität, von Herrn Cavallo.

Dieſe ſind größtentheils mit dem elektriſchen Dra - chen angeſtellt, welcher die Elektricität aus der Luft zu je - der Zeit aufſammlet. Das Vermögen dieſes Werkzeugs kömmt auf die Schnur deſſelben an. Die beſte Methode, dieſe Schnur zu verfertigen, iſt dieſe, daß man zween dünne hänfene Bindfaden mit einem Kupferfaden, der - gleichen zu unächten Stickereyen gebraucht werden, zu - ſammendrehet: ein gemeiner Drache, wie die, womit die Knaben ſpielen, mit dieſer Schnur, thut eben ſo gute Dienſte, als irgend ein anderer. Wenn Herr Cavallo einen auf dieſe Art eingerichteten Drachen ſteigen ließ, ſo fand er allezeit an der Schnur Merkmale der Elektricität, nur ein einzigesmal ausgenommen, wobey das Wettet warm und der Wind ſo ſchwach war, daß er den Drachen161Atmoſphäriſche Elektricität.nur mit Mühe zum Steigen brachte, und kaum einige Minuten lang in der Höhe erhalten konnte: als hernach der Wind ſtärker ward, erhielt er, wie gewöhnlich, eine ſtarke poſitive Elektricität.

Stieg der Drache zu einer Zeit, da wegen der großen Menge der Elektricität einige Gefahr zu befürchten war, ſo band Herr Cavallo an die Schnur das eine Ende einer Kette, ließ das andere auf den Boden fallen, und ſtellte ſich auf ein iſolirendes Stativ. Den Fall ausge - nommen, da man den Drachen bey einem Gewitter ſtei - gen läßt, läuft der Operator nicht ſehr Gefahr, einen Schlag zu bekommen. Ob er gleich den Drachen hun - dertmal ohne die geringſte Vorſicht ſteigen ließ, bekam er doch nur höchſt ſelten einige ſchwache Schläge in die Arme. Nur iſt nicht rathſam, ihn ſteigen zu laſſen, wenn Gewitterwolken über dem Scheitel ſtehen; dies iſt aber auch nicht nöthig, da man alsdann andere Mittel hat, die Elektricität zu beobachten. Oft zog er, wenn der Drache ſtieg, die Schnur durch ein Fenſter ins Zimmer, und befeſtigte ſie mit einer andern ſtarken ſeidnen Schnur an einen ſchweren Stuhl im Zimmer. In Fig. 78 ſtellr A B einen Theil der ins Zimmer gezogenen Schnur des Drachen, C die ſeidne Schnur, D E einen kleinen Conductor vor, der durch einen dünnen Drath mit der Schnur des Drachen verbunden iſt; F iſt ein Ouadrantenelektrometer auf einem iſolirenden Stativ neben dem Conductor ge - ſtellt; G eine etwa 18 Zoll lange Glasröhre, gn ein in dieſe Glasröhre gekütteter meſſingener Drath mit einem Knopfe. Man kann hiedurch die Beſchaffenheit der Elek - tricität ſehr leicht beſtimmen, wenn man nicht ſicher nahe an die Schnur kommen darf. Man berührt in dieſer Ab - ſicht die Schnur mit dem Knopfe des Draths, welcher ſo - viel Elektricität aus ihr in ſich nimmt, daß man ihre Be - ſchaffenheit entweder durch das Anziehen und Abſtoßen leichter Kügelchen, oder durch die Erſcheinungen des elektriſchen Lichts unterſuchen kann. Man kann ſie auch162Zwölftes Capitel.vermittelſt einer leidner Flaſche beſtimmen, welche[ſ]o ein - gerichtet iſt, daß ſie die Ladung eine ſehr lange Zeit hält; in dieſem Falle braucht man den Drachen nicht länger in der Luft zu laſſen, als es nöthig iſt, um die Flaſche zu laden, welche dann die Beſchaffenheit der Elektricität auch noch nach Verlauf einiger Tage zeigen wird.

Wenn man von einer geladenen Flaſche alles dasje - nige, was ſie entladen könnte, ſorgfältig abhält, ſo wird ſie ihre Ladung eine lange Zeit behalten. Auf dieſem Grundſatze beruhet die Einrichtung der erwähnten Flaſche. Sie iſt auf die gewöhnliche Art belegt: der unbelegte Theil des Glaſes aber iſt mit Siegellak oder ſonſt mit Firniß überzogen. In den Hals dieſer Flaſche iſt eine an beyden Enden offene Glasröhre eingeküttet, an deren unterm Ende ein Stück Stanniol bis an die innere Belegung herüber - geht. In dieſe Glasröhre geht ein Drath mit einem Knopfe, an welchem ſich ein gläſerner Handgriff befindet; der Drath iſt ſo lang, daß er den mit der innern Seite verbundenen Stanniol berühret. Man lade die Flaſche, wie gewöhnlich, und ziehe dann vermittelſt des gläſernen Handgrifs den Drath aus der Glasröhre, welches man thun kann, ohne die Flaſche zu entladen. Da in dieſem Zuſtande die elektriſche Materie nicht leicht herauskann, ſo bleibt eine ſolche Flaſche viele Wochen lang geladen.

Fig. 80 iſt ein ſehr einfaches, ebenfalls von Herrn Cavallo erfundenes Inſtrument zu Verſuchen über die Elektricität der Atmoſphäre, welches in verſchiedenen Rückſichten das beſte zu dieſer Abſicht zu ſeyn ſcheinet. A B iſt eine gemeine aus verſchiedenen Gliedern zuſam - mengeſetzte Angelruthe, von der jedoch das letzte dünnſte Glied abgenommen iſt. Aus dem Ende dieſer Ruthe geht eine dünne mit Siegellak überzogne Glasröhre C hervor. An ihr befindet ſich ein Stück Kork D, von welchem ein Elektrometer mit Korkkügelchen herabhängt. H G I iſt ein Bindfaden, welcher an das andere Ende der Röhre befeſtiget iſt, und bey G von einem Schnürchen F G ge -163Atmoſphäriſche Elektricität.halten wird. Am Ende des Bindſadens bey T iſt eine Stecknadel befeſtiget. Wenn man dieſe in den Kork D ſteckt, ſo iſt das Elektrometer E uniſolirt. Will man nun mit dieſem Inſtrumente die Elektricität der Atmoſphäre beobachten, ſo ſtoße man die Stecknadel T in den Kork D, halte den Stab bey dem untern Ende A, ſtecke ihn zu ei - nem Fenſter im oberſten Stockwerke des Hauſes heraus, und halte das andere Ende der Röhre mit dem Elektrome - ter ſo hoch, daß der Stab mit dem Horizont einen Win - kel von 50° 60° macht. In dieſer Stellung halte man das Inſtrument einige Secunden, ziehe dann an dem Bindfaden bey H, und mache dadurch die Stecknadel von dem Korke D los, wodurch der Bindfaden in die punk - tirte Lage K L fällt, das Elektrometer aber iſolirt, und auf die der Elektricität der Atmoſphäre entgegengeſetzte Art elektriſirt bleibt. Hierauf ziehe man das Elektrometer ins Zimmer, ſo kann man die Beſchaffenheit der Elektricität unterſuchen, ohne durch Wind oder Dunkelheit gehindert zu werden.

Fig. 81 iſt das ebenfalls vom Herrn Cavallo er - fundene Regenelektrometer. A B C T iſt eine ſtarke Glasröhre, ohngefähr Schuh lang, an deren Ende ein zinnerner Trichter D E angeküttet iſt, welcher einen Theil der Rühre vor dem Regen beſchützet. Die äußere Oberfläche der Röhre von A bis B iſt mit Siegellak öber - zogen, ſo wie auch der Theil, der von dem Trichter bedeckt wird. F D iſt ein Stück Rohr, um welches einige meſſin - gene Dräthe in verſchiedenen Richtungen geflochten ſind, ſo daß ſie leicht etwas Regen auffangen, und doch dem Winde nicht Widerſtand thun. Dieſes Stück Rohr iſt an die Röhre befeſtiget; aus ihm geht ein dünner Drath durch die Röhre hindurch, und iſt mit dem ſtärkern Dra - the A G verbunden, der in einem Stück Kork ſteckt, wel - ches in das Ende der Röhre A befeſtiget iſt. Das Ende G des Drathes A G iſt in einen Ring gebogen, an wel - chen man ein empfindliches Korkelektrometer hängen kann. 164Zwölftes Capitel.Dieſes Inſtrument wird an die Seite des Fenſterrahmens befeſtiget, wo es von ſtarken meſſingenen Haken getragen wird. In dieſer Abſicht wird die Röhre bey C B mit einer ſeidnen Schnur umwunden, damit die Haken deſto beſſer faſſen können. Der Theil F C ragt zu dem Fen - ſter heraus, und das Ende F iſt ein wenig über die Hori - zontallinie erhöhet. Der übrige Theil des Inſtruments geht durch ein Loch in dem Fenſterrahmen in das Zimmer hinein, und innerhalb des Rahmens ſelbſt befindet ſich blos der Theil C B. Wenn es regnet, und vorzüglich bey vorübergehenden Platzregen, wird dieſes Inſtrument öfters elektriſirt, und man kann durch die Divergenz der Kügelchen des Elektrometers die Stärke und Beſchaffen - heit der Elektricität des Regens beobachten, ohne dabey einem Irrthume ausgeſetzt zu ſeyn. Herr Cavallo iſt im Stande geweſen, mit dieſem Inſtrumente am Drathe A G eine kleine belegte Flaſche zu laden. Es muß ſo be - feſtiget werden, daß man es leicht vom Fenſter abnehmen und wieder darauf ſtellen kann; denn man muß es ſehr oft abwiſchen und trocknen, beſonders wenn ſich ein Platz - regen nähert.

Beſchreibung eines kleinen portativen atmoſphäri - ſchen Elektrometers, von Herrn Cavallo.

Der vornehmſte Theil dieſes Inſtruments iſt eine glä - ſerne Röhre C D M N Fig. 76. Dieſe iſt an ihrem un - tern Theile in das meſſingene Stück A B eingeküttet, an welchem man das Inſtrument halten kann, wenn es zur Unterſuchung der Atmoſphäre gebraucht werden ſoll; auch dient es, um das Inſtrument in das meſſingene Gehäuſe A B O einzuſchrauben. Der obere Theil der Röhre C D M N läuft in ein ſchmales cylindriſches Ende aus, welches ganz mit Siegellack überzogen iſt; in dieſes Ende iſt eine kleine Glasröhre eingeküttet, deren unteres ebenfalls mit Siegellak überzogn s Ende ein wenig in die Röhre C D M N hineinreicht; in dieſe kleine Röhre iſt ein Drath165Atmoſphäriſche Elektricität.eingeküttet, deſſen unteres Ende das flache Stück Elfen - bein H, welches durch einen Kork in die Röhre befeſtiget iſt, berühret; das obere Ende des Draths geht ohngefähr ¼ Zoll weit über die Röhre hinaus, und läßt ſich in die meſſingene Haube E F einſchrauben, welche am Boden offen iſt, und den Regen von dem mit Siegellak überzo - genen Theile des Inſtruments abhält.

T M und K N ſind zween ſchmale Streifen Stan - niol an der innern Seite der Röhre C D M N befeſtiget; ſie ſtehen mit dem meſſingenen Boden A B in Verbin - dung, und dienen, die Elektricität abzuleiten, welche ſich den Korkkugeln, wenn ſie das Glas berühren, mittheilet, und welche ſonſt, wenn ſie ſich anhäufte, die freye Bewe - gung dieſer Kugeln hindern möchte.

Will man dieſes Inſtrument zur künſtlichen Elek - tricität gebrauchen, ſo elektriſire man die meſſingene Hau - be durch eine elektriſirte Subſtanz, und die Divergenz oder Convergenz der Korkkugeln bey Annäherung eines geriebenen elektriſchen Körpers wird die Beſchaffenheit der Elektricität zeigen. Die beſte Art das Inſtrument zu elektriſiren iſt dieſe, daß man geriebenes Siegellak ſo nahe an die meſſingene Haube bringt, daß eine oder beyde Korkkugeln die Seiten der Flaſche C D M N berühren; nach dieſer Berührung werden ſie ſogleich zuſammen fal - len und unelektriſirt ſcheinen. Nimmt man nun das Sie - gellak wieder hinweg, ſo werden ſie wiederum divergiren, und poſitiv elektriſirt bleiben.

Will man aber dieſes Elektrometer zu Unterſuchung der Elektricität des Nebels, der Luft, der Wolken u. dgl. gebrauchen, ſo darf man es nur von dem Gehäuſe A B O abſchrauben, und es bey dem Boden A B in die Luft hal - ten, ſo hoch, daß es ein wenig über dem Kopfe ſteht, und man die Korkkugeln P bequem ſehen kann. Dieſe Ku - geln werden, wofern einige Elektricität vorhanden iſt, ſo - gleich divergiren; und ob dieſe Elektricität poſitid oder negativ ſey, wird man beſtimmen können, wenn man eine166Zwölftes Capitel.geriebene Stange Siegellak oder eiven andern geriebenen elektriſchen Körper gegen die meſſingene Haube E F bringet.

Allgenteine Geſetze, aus den Verſuchen mit dem elektriſchen Drachen hergeleitet.
  • 1) Es ſcheint allezeit einige Elektricität in der Luft zu geben. Ihre Elektricität iſt allezeit poſitiv, und weit ſtärker bey kaltem als bey warmem Wetter; auch iſt ſie keinesweges in der Nacht geringer, als am Tage.
  • 2) Die Gegenwart der Wolken vermindert gemei - niglich die Elektricität des Drachens; bisweilen hat ſie gar keinen Einfluß auf dieſelbe, und ſehr ſelten ver - ſtärkt ſie ſie ein wenig.
  • 3) Wenn es regnet, iſt die Elektricität des Dra - chen mehrentheils negativ, und ſehr ſelten poſitiv.
  • 4) Das Nordlicht ſcheint auf die Elektricität des Drachen keinen Einfluß zu haben.
  • 5) Der elektriſche Funken, den man aus der Schnur des Drachen oder aus einem damit verbundenen iſolirten Leiter ziehet, iſt, beſonders wenn es nicht regnet, ſehr ſel - ten länger als ¼ Zoll, aber außerordentlich ſtechend. Wenn der Zeiger des Elektrometers auch nicht höher als 20° ſteht, ſo wird die Perſon, die den Funken ziehet, dennoch denſelben bis in die Schenkel ſühlen; er iſt alſo mehr dem Schlage einer geladenen Flaſche, als dem Funken aus dem erſten Leiter einer Elektriſirmaſchine ähnlich.
  • 6) Die Elektricität des Drachens iſt überhaupt ſtär - ker oder ſchwächer, je nachdem die Schnur länger oder kürzer iſt, doch bleibt ſie nicht in Proportion mit der Län - ge der Schnur. Wenn z. B. die durch eine Schnur von 100 Yards erhaltene Elektricität den Zeiger des Elektro - meters bis 20° erhebt, ſo wird ihn die durch eine doppelt ſo lange Schnur herabgeleitete nicht höher als auf 25° erheben.
  • 167
  • Atmoſphäriſche Elektricität.7) Wenn das Wetter feucht und die Elektricität ſtark iſt, ſo ſteigt der Zeiger des Elektrometers, wenn man einen Funken aus der Schnur gezogen, oder den Knopf einer belegten Flaſche gegen dieſelbe gehalten hat, mit großer Geſchwindigkeit wieder an ſeine Stelle; aber bey trocknem und warmen Wetter ſteigt er außerordentlich langſam.

Aus denen über die Elektricität der Atmoſphäre an - geſtellten Beobachtungen erhellet, daß die Natur von der elektriſchen Materie bey Beförderung der Vegetation Ge - brauch mache.

  • 1) Im Frühling, wenn die Pflanzen zu wachſen anfangen, fangen auch von Zeit zu Zeit elektriſche Wolken an zu erſcheinen, und elektriſchen Regen auszugießen. Die Elektricität der Wolken und des Regens nimmt zu bis in diejenige Zeit das Herbſtes, in welcher die letzten Früchte eingeſammlet werden.
  • 2) Die elektriſche Materie verſieht das natürliche Feuer mit derjenigen Feuchtigkeit, durch deren Hülfe es die Vegetation bewirkt und belebet; ſie iſt die Triebfeder, welche die Dünſte ſammlet, die Wolken bildet, und dann wieder gebraucht wird, ſie zu zerſtören und in Regen aufzulöſen.
  • 3) Aus eben dieſem Grundſatze läßt ſich das Sprich - wort erklären, daß kein Begießen ſo fruchtbar ſey, als der Regen. Die Regenwolken wirken durch ihre elektriſche Atmoſphäre auf die Pfla nzen, und machen die Oefnungen und Zwiſchenräume derſelben geſchickter, das Waſſer auf - zunehmen, welches mit dieſer durchdringenden und aus - dehnenden Materie imprägnirt iſt. Ucberdies iſt es auch ſehr natürlich, anzunehmen, daß die poſitive Elektricität, welche bey gutem Wetter allezeit die Oberhand hat, zur Beförderung der Vegetation beytrage, da man dies auch bey der künſtlichen Elektricität in der That ſo befunden hat.
168Zwölftes Capitel.

Ueber die Nothwendigkeit der Beobachtungen der atmoſphäriſchen Elektricität zur Meteorologie, von Herrn Achard.

Da es nunmehr ſehr deutlich erwieſen iſt, daß die Elektricität die Urſache verſchiedner meteorologiſchen Phä - nomene ſey, ſo muß man ſich wundern, daß die Natur - forſcher noch nicht die unumgängliche Nothwendigkeit ein - geſehen haben, den Werkzeugen, welche die Schwere, Wärme und Feuchtigkeit der Luft angeben, auch eines zu Beſtimmung ihrer Elektricität beyzufügen.

Ohne uns hier auf die verſchiedenen Beweiſe des Einfluſſes der Elektricität auf die Meteore einzulaſſen, wird es genug ſeyn, zu bemerken, daß wir keine genaue Kenntniß von Phänomenen, die aus mehreren mit einan - der verbundenen Urſachen entſtehen, erlangen können, ohne mit allen dieſen Urſachen bekannt zu ſeyn; denn wird nur eine einzige davon vernachläßiget, ſo iſt es unmöglich, die Phänomene durchgängig zu erklären. Wenn auch die Elektricität nicht die einzige Urſache verſchiedener meteo - rologiſcher Erſcheinungen iſt, ſo iſt ſie doch gewiß bey ihrer Entſtehung mitwirkend, und wenn wir ſie alſo nicht eben ſo wohl, als das Barometer a. beobachten, ſo verlieren wiv alle Vortheile der übrigen, ſonſt noch ſo genauen, meteorologiſchen Beobachtungen.

Der Einfluß der Elektricität auf die Vegetation iſt durch Beobachtungen mehrerer Gelehrten außer Zweifel geſetzt; man ſieht alſo deutlich, daß die botaniſchen Wet - terbeobachtungen nie ſo brauchbar werden können, als ſich erwarten läßt, wofern wir nicht Beobachtungen über den elektriſchen Zuſtand der Atmoſphäre hinzufügen. Viel - leicht liegt darinn die Urſache, warum es unmöglich iſt, aus denen von 1751 bis 1769 fortgeſetzten botaniſchen Wetterbeobachtungen der Herren Gautier und Duha - mel einige Folgen zu ziehen.

169Atmoſphäriſche Elektricität.

Herr Achard hat zwar nur Gelegenheit gehabt, einige wenige Beobachtungen zu machen; aber ſchon dieſe waren hinreichend, ihn von der genauen Verbindung zwi - ſchen den meiſten Luſterſcheinungen und der atmoſphäri - ſchen Elektricität zu überzeugen.

Um zu entdecken, ob die Atmoſphäre elektriſirt ſey, gebrauchte er ein Paar leichte Rorkkugeln an einer Stange Siegellak. Dieſes Elektrometer iſt wegen ſeiner Sim - plicität faſt allen andern vorzuziehen, wenn es bloß dar - auf ankömmt, zu entdecken, ob Elektricität in der Atmo - ſphäre ſey.

Im Monat Julius 1778 beobachtete Herr Achard täglich die Elektricität der Atmoſphäre Morgens, Mit - tags und Abends mit einem Paar kleiner Korkkugeln, welche über dem Dache des Hauſes ohngefähr 40 Schuh hoch ſtanden, und von Gebäuden, Bäumen a. hinläng - lich entfernt waren. Dieſe ganze Zeit über fand er nur 10 Tage, an welchen gar kein Zeichen einer Elektricität zu bemerken war; und 17 Tage, die vorigen 10 mit ein - geſchloſſen, an welchen er keine Elektricität des Morgens bemerkte, ob ſie gleich ſonſt des Mittags ſichtbar ward, und gegen Sonnenuntergang ſtark zunahm. An allen übri - gen Tagen zeigte ſich die Luft den ganzen Tag elektriſch, aber allezeit am ſtärkſten gegen Sonnenuntergang, nach wel - cher Zeit die Elektricität dann bald wieder anfieng abzu - nehmen.

Wenn ſich der vorher heitere Himmel plötzlich mit Wolken überzog, ſo zeigte das Elektrometer beſtändige Veränderungen in der Elektricität der Atmoſphäre an, welche bald ſtieg, bald verſchwand, bald wieder erſchien; in welchem letztern Falle ſie gemeiniglich von der poſitiven zur negativen, oder umgekehrt, übergegangen war. Bey ſtürmiſchen Wetter fand er es wegen der beſtändigen Be - wegung der Kugeln ſchwer, mit dieſem Elektrometer zu beobachten. War die Luft ſchwer, aber nicht windigt, ſo ſchien es ſich beträchtlich zu ändern. War das Wetter170Zwölftes Capitel.ſehr ſtill, und der Himmel ohne Wolken, ſo änderte es ſich nicht im geringſten, außer daß es gegen Sonnenunter - gang ein wenig ſtieg.

Merkwürdig iſt es, daß in der Nacht kein Thau fiel, wenn den Tag vorher keine Elektricität in der Luft bemerkt worden war; in den übrigen Nächten fiel bald mehr, bald weniger Thau. Er hält zwar ſeine Beobachtungen nicht für hinreichend, zu erweiſen, daß der Thau von der Elek - tricität entſtehe; allein ſo viel glaubt er ſicher daraus her - leiten zu können, daß das Aufſteigen und Niederfallen des Thaues durch die Elektricität der Luft befördert oder ver - hindert werden könne. Man kann ſich leicht denken, auf welche Art die Elektricität dieſe Wirkung hervorbringe. Geſetzt, die Luft ſey poſitiv oder negativ elektriſirt, die Erdfläche aber nicht; ſo werden die wäſſerigen und flüch - tigen Theile der Pflanzen, welche von den Sonnenſtralen aufgezogen werden, und in der Luft ſchweben, durch die Mittheilung elektriſiret. Wenn die Luft nach Sonnen - untergang abkühlet, ſo hält ſie die wäſſerigen Theilchen nicht mehr mit der vorigen Kraft an ſich, und da dieſe von den leitenden Körpern auf der Oberfläche der Erde an - gezogen werden, ſo legen ſie ſich in Geſtalt des Thaues an dieſelben. Iſt die Oberfläche der Erde elektriſirt, und die Luft nicht, ſo wird die Wirkung eben dieſelbe ſeyn. Sind Erde und Luft beyde, aber auf entgegengeſetzte Art, elektriſirt, ſo wird die Anziehung ſtärker und der Thau häufiger ſeyn; haben aber beyde einerley Elektricität, und dies in gleichem Grade, ſo wird kein Thau fallen. Auch iſt bekannt, daß der Thau nicht auf alle Körper mit glei - cher Leichtigkeit, und daß er auf elektriſche Körper am häufigſten fällt. Dieſe Erfahrung läßt ſich ſehr leicht erklären, wenn wir annehmen, die Elektricität ſey die Ur - ſache des Thaues; denn elektriſche Körper nehmen nicht ſo leicht die Elektricität des ſie umgebenden Mittels an, daher findet ſich allezeit ein größerer Unterſchied zwiſchen der Elektricität der Luft und der darinn liegenden elektri -171Atmoſphäriſche Elektricität.ſchen Körptr, als zwiſchen der Elektricität der Luft und der darinn befindlichen Leiter. Da nun die Kraft der elektriſchen Anziehung in der Verhältniß dieſes Unter - ſchicds wirkt, ſo muß der Thau allerdings häufiger auf elektriſche Körper fallen.

Weil alſo die Elektricität oft, und vielleicht allezeit, die Urſache des Thaues iſt, ſo kann man nicht zweiflen, daß ihre Beobachtung zur botaniſchen Meteorologie höchſt nöthig ſey, indem der Einfluß des Thaues auf das Wachs - thum der Pflanzen allgemein bekannt iſt.

In den philoſophiſchen Transactionen vom Jahre 1773 findet man Beobachtungen über die Elektricität der Nebel, woraus erhellet, daß dieſelben gemeiniglich elek - triſch ſind. Herr Achard hat einige Beobachtungen ge - macht, welche damit vollkommen übereinſtimmen: er fand die Luft beym Nebel allezeit mehr oder weniger elektriſch. Zweymal bemerkte er, daß der Nebel in wenigen Minu - ten gänzlich aufhörete, und in Geſtalt eines feinen Regens herabfiel; und obgleich der Nebel ſehr ſtark war, ver - ſchwand er doch in ſieben Minuten völlig. Es iſt auch ſehr wahrſcheinlich, daß der Regen durch die Elektricität veranlaſſet werde. Wir werden hievon überführt, wenn wir an das Anziehen und Zurückſtoßen denken, welches die irdiſche und atmoſphäriſche Elektricität ſo wohl zwi - ſchen der Oberfläche der Erde und den in der Luft enthal - tenen Dünſten, als auch zwiſchen den Theilen dieſer Dün - ſte ſelbſt veranlaſſen muß, welches nothwendig ſtrebt, die in der Atmoſphäre ſchwebenden Waſſertheilchen zu zer - ſtreuen oder zu verbinden, und ſie der Erde näher zu brin - gen, oder von derſelben weiter zu entfernen.

Nachdem Herr Achard bewieſen hat, wie nothwen - dig es ſey, die Beobachtungen der Elektricität der At - moſphäre mit den übrigen meteorologiſchen zu verbinden, ſo kömmt er nunmehr auf die Anzeige der Eigenſchaften, welche von einem guten atmoſphäriſchen Elektrometer er -172Zwölftes Capitel.fordert werden, deſſen Mangel ſehr deutlich zeigt, wie nachläßig die Naturforſcher bisher über dieſen Punkt ge - dacht haben.

Nothwendige Eigenſchaften eines atmoſphäriſchen Elektrometers.
  • 1) Sein Gebrauch muß leicht ſeyn.
  • 2) Es muß nicht allein anzeigen, daß die Luft elek - triſch ſey, ſondern auch, in welchem Grade ſie es ſey.
  • 3) Es muß angeben, ob ſie poſitiv oder negativ ſey.
  • 4) Es muß bey Gewittern den Beobachter keine Gefahr ausſetzen.
  • 5) Es muß ſich bequem tragen laſſen.

Der Verfertigung eines Inſtruments, welches alle dieſe Vorzüge in ſich vereinigen ſoll, ſtehen ſehr viele Schwierigkeiten entgegen. Die größte beſteht darinn, daß das Metall, welches die Elertricität aus der Luft er - hält, ſo iſolirt werden muß, daß der Regen keine Ver - bindung zwiſchen demſelben und der Erde machen kann, und daß die Iſolirung vollkommen genug ſeyn muß, um eine allzuſchnelle Zerſtreuung der Elektricität des Metalls zu verhüten. Herr Achard behauptet zwar nicht, alle dieſe Schwierigkeiten überwunden zu haben; er hat aber doch nach verſchiednen Verſuchen ein Inſtrument erfunden, das ſich leicht genug tragen, und ohne alle Gefahr zu Be - obachtungen gebrauchen läßt.

Beſchreibung eines tragbaren atmoſphäriſchen Elektrometers.

Dieſes Inſtrument beſteht aus einem hohlen abge - kürzten Kegel von Zinn, deſſen oberes Ende offen, das untere aber durch eine zinnerne Platte verſchloſſen iſt. Dieſe Platte iſt auf der innern Seite mit einer 2 Zoll di -173Atmoſphäriſche Elektricität.cken Lage von Pech überzogen: an die untere Fläche dieſer Lage von Pech iſt eine zinnerne Röhre geküttet, welche man auf ein hölzernes Stativ ſetzen, und dadurch den Ke - gel ſo ſtellen kann, daß ſeine größere niederwärts gekehrte Grundfläche horizontal ſteht; das Pech iſolirt den Kegel vollkommen, und hindert den Verluſt ſeiner Elektricität, wenn er elektriſiret wird. Der Kegel muß hoch genug, und ſeine untere Grundfläche in Vergleichung mit der obern groß genug ſeyn, um den Regen, wenn er auch ſchief auf - fallen ſollte, abzuhalten, daß er nicht entweder im Falle ſelbſt, oder beym Abſpritzen vom Fußgeſtelle die untere Fläche des Pechs beſpritze, mit welchem der Boden des abgekürzten Kegels inwendig bedeckt iſt; ſonſt würde der Kegel nicht mehr iſolirt ſeyn, und das Elektrometer ſich in einen Conductor verwandlen. An den ſchmalen Theil des Kegels befeſtigt Herr Achard einen viereckigten eiſer - nen Stab, und hängt an denſelben ein Thermorneter und zwey Elektrometer, von denen das eine ſehr leicht iſt, und ſich alſo durch ſehr geringe Grade der Elektricität in Bewegung ſetzen läßt, das andere aber mehr Schwere hat, und ſich daher nur dann bewegt, wenn die Elektrici - tät für das leichtere Elektrometer zu ſtark wird. Außer dieſen beyden Elektrometern bindet Herr Achard noch ei - nen Faden an den eiſernen Stab, welcher durch ſein Auf - ſteigen die geringſten Grade der Elektricität anzeigt. Das Ganze iſt in eine oben und unten ofne gläſerne Glocke ein - geſchloſſen: der Grund dieſer Glocke iſt ebenfalls mit Pech iſolirt, damit er keine Elektricität von dem zinnernen Ke - gel ableite; der Zwiſchenraum am obern Ende der Glocke, zwiſchen der eiſernen Stange, welche durch daſſelbe hin - durchgeht, und dem Glaſe, wird ebenfalls mit Pech aus - gefüllt, um die Mittheilung der Elektricität an das Glas zu verhüten; um aber dieſes Pech vor dem Regen zu be - ſchützen, welcher ſonſt daſſelbe beſeuchten, und eine Com - munication zwiſchen dem Stabe und der Glocke machen würde, wird das Pech mit einem gläſernen Trichter be -174Zwölftes Capitel.deckt, durch welchen der Stab durchgeht, und der den Regen von dem Peche abhält. Dieſe Glocke iſt auch un - entbehrlich, um den Wind von den Elektrometern abzu - halten, welcher es ſonſt unmöglich machen würde, ſie ge - nau zu beobachten. Ans Ende des durch die Glocke hin - durchgehenden metallenen Stabes kann man hohle zinner - ne Röhren befeſtigen, die aber nur einen kleinen Durch - meſſer haben dürfen, damit ſie ſo leicht, als möglich, wer - den, und mit dieſen kann man eine Höhe von 10, 20 bis 30 Schuhen erreichen. Die letzte Röhre endigt ſich oben in eine eiſerne ſehr ſcharfe und wohl vergoldete Spitze; die Vergoldung iſt nothwendig, damit die Spitze, welche allzeit eben und glatt bleiben muß, nicht roſte. Die - he, die man dieſen zinnernen Röhren zu geben hat, muß ſich nach der Höhe der Gebäude oder Bäume an den verſchiedenen Beobachtungsorten richten; das oberſte Ende der Röhre muß allezeit wenigſtens 6 Schuhe über alle in der Nähe befindliche Körper hervorragen. Herr Achard verbindet mit dieſer Maſchine ein Thermometer, das man zugleich beobachten und dadurch vielleicht die Verbindung zwiſchen der Elektricität und der Tempera - tur der Luft entdecken kann. In ähnlicher Abſicht kann man auch leicht noch ein Barometer und ein Hygrometer hinzuſetzen.

Um zu beſtimmen, ob die Elektricität der Luft poſi - tiv oder negativ ſey, hängt Herr Achard eine Korkkugel an einem leinenen Faden an den Drath, welcher mit dem eiſernen Stabe verbunden iſt, und durch das Pech am Boden des abgekürzten Kegels hindurchgehet. Dieſer Drath muß ſo lang ſeyn, daß man poſitiv oder negativ elektriſche Körper bequem an die daranhängende Korkku - gel bringen kann; je nachdem nun dieſe Körper die Kugel anziehen oder zurückſtoßen, iſt die Elektricität, welche das Iuſtrument von der Luft angenommen hat, poſitiv oder negativ.

175Atmoſphäriſche Elektricität.

Um den Beobachter gegen die plötzlichen Anhäufun - gen der Elektricität, welche bisweilen erfolgen, ſicher zu ſtellen, befeſtiget Herr Achard an den Grund des Fuß - geſtells einen eiſernen Stab, der mit der Erde nicht allein in Verbindung ſteht, ſondern ſogar einige Schuhe tief in dieſelbe hinein geht. Das obere Ende dieſes Stabs iſt mit einem runden Knopfe oder Balle verſehen, der nur einen Zoll weit von dem Kegel abſtehen darf. Wenn ſich die Elektricität ſo anhäuft, daß das Inſtrument ſie nicht mehr faſſen kann, ſo entladet ſie ſich von ſelbſt in den metallenen Stab, der ſie unter die Erde führt. Eben dies geſchieht, wenn der Blitz auf das Inſtrument fällt, wobey der Beobachter in einer Entfernung von wenigen Schuhen nicht die geringſte Gefahr läuft. Steht das Inſtrument in einem Garten, ſo hat dieſe Art, eine Ver - bindung mit der Erde zu machen, nichts unbequemes; will man aber das Inſtrument lieber im Hauſe gebrau - chen (wobey man die zinnerne Röhre durch eine Oefnung im Dache führen, und die Maſchine in eine Dachkammer ſtellen muß) ſo läßt ſich die angezeigte Methode nicht leicht anbringen: in dieſem Falle muß man die Verbin - dung durch einen metallenen Stab machen, der von der Dachkammer einige Schuh tief unter die Erde hinab geht. Zu größerer Sicher heit gegen ein herannahendes Gewit - ter würde es dienen, wenn man den metallenen Stab mit dem zinnernen Kegel in Berührung brächte: ſo würde das Inſtrument ein wirklicher Ableiter werden. und an - ſtatt das Haus der Gefahr auszuſetzen, daſſelbe vielmehr vor aller Beſchädigung durch den Blitz beſchützen.

Wenn das Inſtrument in einer Dachkammer oder auf dem Platform eines Hauſes ſteht, ſo hat man nichts von dem Aufſteigen des Thaues zu befürchten; ſteht es aber in einem Garten, ſo hängt ſich der Thau an das Pech, welches die abgeſtumpfte Grundfläche des Kegels bedeckt, und macht auf dieſe Art eine Communication zwiſchen dem Kegel und der Erde, wodurch das Inſtru -176Zwölftes Capitel.ment die Elektricität, mit der es geladen iſt, verlieret. Um dieſen Zufall zu verhüten, muß man den Boden um die Stelle des Inſtruments herum ſo pflaſtern, daß ſich das Pflaſter nach allen Seiten zu, wenigſtens 2 bis 3 Schuh über die Peripherie der untern Grundfläche des Kegels hinaus erſtrecke: ſo wird das Aufſteigen des Thau - es, welcher ſich an das Pech hängen und das Inſtrument beſchädigen könnte, mit dem beſten Erfolge verhindert ſeyn.

Wenn die Luft elektriſirt iſt, ſo muß ſie nothwendig ihre Elektricität den in ihr enthaltenen Dämpfen mitthei - len. Dies erhellet augenſcheinlich aus der Entſtehung des Blitzes, welcher nicht durch Entladung der elektriſchen Materie aus der Luft, ſondern aus den in ihr ſchwebenden Dünſten erzeugt wird. Hieraus folgt, daß Regen, Schnee, Hagel, Reif und Thau ſehr oft elektriſch ſeyn müſſen. Da es Herrn Achard von großer Wichtigkeit zu ſeyn ſcheinet, die Elektricität dieſer Meteore genau zu kennen und zu beobachten, ſo hat er zu Entdeckung ihrer Natur und des Grades ihrer Stärke eine eigne Maſchine erfunden. Dieſe beſteht aus einem abgekürzten Kegel von Zinn, der am obern Ende verſchloſſen, unten aber offen, und eben ſo, wie die Maſchine zur Luftelektricität auf einem Fußgeſtell iſolirt iſt. Mitten in den obern abgeſtumpften Theil des Kegels befeſtiget Herr Achard eine mit einer Kugel geen - dete eiſerne Stange, bedeckt das Ganze mit einer iſolirten gläſernen Glocke, welche mit ihrem obern Ende noch 3 Zoll weit über die Kugel hinausreicht: an die Kugel bringt er ein ſehr empfindliches Elektrometer, und über - dieß einen leinenen Faden, um die geringſten Grade der Elektricität zu entdecken. Da dieſes Inſtrument wenig Höhe, und kein zugeſpitztes Ende hat, ſo nimmt es nicht leichtlich die Elektricität der Luft an, welche ſo nahe bey der Erde allezeit unmerklich iſt; hingegen der Regen, Schnee, Hagel, Reif und Thau, weicher auf den Kegel fällt, macht es elektriſch, und der Grad dieſer Elektricität177Atmoſphäriſche Elektricität.wird von dem unter der Glocke befindlichen Elektrometer angegeben. Um nun zu erfahren, ob ſie poſitiv oder ne - gativ ſey, darf der Beobachter nur eben ſo verfahren, wie oben bey Erklärung des Inſtruments zur Luftelektricität angewieſen worden iſt. Außer den Beobachtungen der Elektricität wäſſeriger Meteore kann dieſes Inſtrument auch noch zu andern Abſichten gebraucht werden. Man kann es auf eine ſehr vortheilhafte Art mit dem atmoſphä - riſchen Elektrometer vergleichen, um den wahren Urſprung der Luftelektricität zu entdecken, und zu ſehen, ob ſie un - mittelbar aus der Luft oder aus den fremden in der At - moſphäre ſchwebenden Körpern komme; denn das at - moſphäriſche Elektrometer kann auch durch Regen, Schnee, Hagel a. elektriſch werden, und die Verglei - chung beyder Inſtrumente iſt das einzige Herrn Acha d bekannte Mittel, zu erfahren, ob das atmoſphäriſche Elektrometer ſeine Elektricität unmittelbar aus der Luſt, oder mittelbar durch die in derſelben ſchwebenden leitenden Kötper erhalte. Wenn während des Regens, Schnees, Hagels a. das atmoſphäriſche Elektrometer elektriſch, hingegen das zur Elektricität wäſſeriger Meteore beſtimm - re nicht elektriſch iſt, ſo kann man mit Gewißheit ſchließen, daß die Elektricität des erſtern bloß aus der Luft komme; ſind hingegen beyde elektriſch, ſo muß man unterſuchen, ob ſie es in gleichem Grade ſind; iſt dies der Fall, ſo muß man die Elektricität lediglich dem Regen oder Schnee u. ſ. w. zuſchreiben. Jch habe nicht erſt nöthig, anzuführen, daß in Ermangelung des Regens, Schnees u. ſ. w. des atmoſphäriſche Elektrometer allezeit die Elektricität der Luft anzeige.

178Dreyzehntes Capitel.

Dreyzehntes Capitel. Von der Ausbreitung und Zertheilung flüßiger Materien durch die Elektricität.

Wir ſind die Kenntniſſe des Gegenſtandes, der den Inhalt dieſes Capitels ausmacht, größtentheils dem Abt Nollet ſchuldig, welcher dieſe Materie mit unglaublichem Fleiße und anhaltender Gedult unterſucht hat. Jch habe hier bloß die vornehmſten Reſultate ſei - ner Verſuche anführen können, und muß die Leſer, in Ab - ſicht auf umſtändlichere Nachrichten, auf Nollet’s eig - ne Schriften oder auf des D. Prieſtley Geſchichte der Elektricität verweiſen.

Die Electricität vermehrt die natürliche Ausdün - ſtung flüßiger Materien; alle flüßige Körper, mit wel - chen man den Verſuch angeſtellt hat, nur Queckſilber und Oele ausgenommen, haben dabey eine Verminderung er - litten, die man keiner andern Urſache, als der Elektrici - rät, zuſchreiben konnte.

Sie verſtärkt auch die Ausdünſtung derjenigen flüßi - gen Materien am meiſten, welche von Natur leicht zur Ausdünſtung geneigt ſind. Flüchtiger Salmiakgeiſt ver. liert mehr, als Weingeiſt, dieſer mehr als Waſſer u. ſ.w.

Die Elektricität wirkt am ſtärkſten auf flüßige Ma - terien, wenn die Gefäße, worinn ſie ſich befinden, Lei - ter ſind. Die Ausdünſtung war am ſtärkſten, wenn die Gefäße große Oefnungen hatten, ſie nahm aber nicht im Verhältniß der Oefnungen zu. Inzwiſchen be - wirkt die Elektricität nie eine Ausdünſtung durch die Zwi - ſchenräume der Metalle oder des Glaſes.

Um dieſen Grundſätzen noch mehrern Umfang zu geben, ſtellte der Abt Noilet eine große Anzahl Verſu - che mit elektriſirten Haarröhren an, und fand, daß der179Zertheilung flüßiger Materien durch die Elektric.aus denſelben ausgehende Strom ſich zwar theilte, aber doch nicht merklich beſchleuniget wurde, wenn die Röhre nicht weniger als Zoll Weite im Lichten hatte. Iſt der Durchmeſſer kleiner, aber doch noch weit genug, um die flüßige Materie in einem Strome fortrinnen zu laſſen, ſo beſchleunigt die Elektricität die Bewegung in einem geringen Grade. Iſt aber die Röhre ſo eng, daß das Waſſer nur in einzelnen Tropfen heraus geht, ſo verwand - let ſich dieſes Tröpfeln durch das Elektriſiren in einen be - ſtändigen Strom, theilt ſich ſogar in mehrere kleine Strö - me, und die Bewegung wird beträchtlich beſchleuniget: je enger die Röhre, deſto größer iſt die Beſchleunigung. Iſt die Oefnung weiter als Zoll, ſo ſcheint die Elek - tricität die Bewegung vielmehr aufzuhalten.

181. Verſuch.

Fig. 77. zeigt ein metallnes Gefäß, an welches eine Haarröhre angebracht iſt, aus der das Waſſer nur in un - terbrochenen Tropfen heraus gehen kann. Man fülle das Gefäß mit Waſſer, hänge es an den erſten Leiter der Ma - ſchine, und drehe den Cylinder derſelben, ſo wird das Waſſer in einem ununterbrochenen Strome durch die Röh - re laufen; auch wird ſich dieſer Strom in mehrere andere zertheilen, und im Finſtern leuchten.

182. Verſuch.

Man hänge ein Gefäß an einen poſitiven und ein anderes an einen negativen Conductor ſo, daß die Enden der Röhren etwa 3 4 Zoll von einander abſtehen, ſo wird der Strom, der aus der einen hervorgeht, von dem andern angezogen werden, und beyde werden einen einzi - gen im Finſtern leuchtenden Strom ausmachen.

Werden die Gefäße an zwe[e]n poſitive, oder an zween negative Conductoren gehangen, ſo ſtoßen ſich die Ströme zurück, und weichen einander aus.

180Dreyzehntes Capitel.

183. Verſuch.

Man ſtelle ein metallnes Becken auf ein iſolirendes Stativ, verbinde es mit dem erſten Leiter, und laſſe einen ſchwachen Strom Waſſer in daſſelbe rinnen, ſo wird ſich im Dunkeln ein ſehr ſchönes Schauſpiel zeigen, und der Strom wird ſich in eine große Anzahl leuchtender Tropfen zu vertheilen ſcheinen.

184. Verſuch.

Man tauche einen Schwamm in Waſſer, und hän - ge ihn an den Conductor; ſo wird das Waſſer, welches vorher nur herabtröpfelte, nunmehr ſehr häufig herab - fließen, und im Dunklen eine Art von Feuerregen bilden.

185. Verſuch.

Man halte ein Gefäß, welches mit mehreren in ver - ſchiedenen Richtungen geſtellten Haarröhren verſehen iſt, nahe an einen elektriſirten Conductor, ſo wird das Waſſer aus den gegen den Conductor gekehrten Röhren ausſtrö - men, aus den vom Conductor abgewendeten hingegen nur unterbrochen und tropfenweiſe herabfallen.

186. Verſuch.

Der Knopf einer geladenen Flaſche zieht einen Tro - pfen Waſſer aus einem Napfe an ſich. So bald man die Flaſche von dem Napfe hinwegnimmt, ſo nimmt dieſer Tropſen eine coniſche Geſtalt an, und wenn man ihn ei - nem Leiter nähert, ſo wird er mit Gewalt in kleinen Strö - men fortgetrieben, welche im Finſtern leuchten.

Man ſieht aus dieſem Verſuche, daß die elektriſche Materie nicht allein die Waſſertheilchen von einander zu trennen, und eben ſo, wie das Feuer, in Dämpfe zu zer - ſtreuen ſuche, ſondern auch, daß ſie dies mit ungemeiner Gewalt und Geſchwindigkeit thue.

187. Verſuch.

Man entlade eine Batterie durch einen Waſſertro - pfen, den man vorher auf den Knopf einer von ihren Fla -181Zertheilung flüßiger Materien durch Elektricität.ſchen hat fallen laſſen, ſo wird der ganze Tropfen augen - blicklich in Dampf zerſtrcut; auch ſind die Funken weit länger und dichter, als gewöhnlich.

Beccaria bemerkt, wenn man einen Schlag auf eine gewiſſe Weite durch einen oder mehrere Tropfen Queckſilber gehen laſſe, ſo verbreite ſich der Schlag durch die Tropfen und treibe ſie in Dämpfen auf; ein Theil die - ſer Dämpfe ſteige in Form eines Rauchs in die Luft, ein anderer Theil bleibe am Glaſe hängen.

188. Verſuch.

Ein Waſſertropfen, der von der condenſirenden Ku - gel eines elektriſirten Conductors herabhängt, ſtreckt ſich, wenn man einen Becher mit Waſſer darunter ſetzt, gegen daſſelbe aus, und verlängert und verkürzt ſich nach der jedesmaligen Stärke der Elektricität.

189. Verſuch.

Man bringe einen Waſſertropfen an den erſten Lei - ter, und drehe die Maſchine, ſo wird man lange im Zik - zak gehende Funken aus demſelben ziehen können; der Tropfen wird eine coniſche Geſtalt annehmen, der Kör - per, der den Funken erhält, wird befeuchtet werden, und die Funken werden beträchtlich länger ſeyn, als man ſie ohne Waſſer aus dem Conductor erhalten kann.

190. Verſuch.

Man ſtelle eine Stange Siegellak ſo auf den Con - ductor, daß man ſie leicht mit einem Lichte anzünden kann, und drehe den Cylinder, indem das Siegellak brennt, ſo wird das ſchmelzende Ende ſpitzig werden, und einen feinen faſt unſichtbaren Faden, der über eine Elle lang iſt, in die Luft auswerfen. Wenn man die Fäden, welche das Siegellak auf dieſe Art ausſtößt, mit einem Bogen Papier auffängt, ſo wird das Papier davon auf eine ſonderbare Art bedeckt, und die Theilchen des Siegel - laks werden in ſo feine Fäden zertheilt, daß man es für182Vierzehntes Capitel.feine Baumwolle halten ſollte. Um das Siegellak ſchick - lich auf den Conductor zu befeſtigen, klebe man es auf einen dünnen Streif Papier, und beuge die Enden des Papiers ſo, daß es in eine der Höhlungen des Condu - ctors einpaßt; ſo kann man es bequem aufſtellen, und mit dem Lichte anzünden.

191. Verſuch.

Man iſolire einen kleinen Springbrunnen, (wie man dergleichen durch Verdichtung der Luft leicht machen kann), der nur einen einzigen Strom ausſendet, und elektriſire denſelben, ſo wird ſich der Strom in ſehr viele andere theilen, die ſich gleichförmig über einen ſehr großen Raum auf dem Boden verbreiten werden. Durch ab - wechſelndes Auflegen eines Fingers auf den Conductor und Wegnehmung deſſelben, kann man nach Gefallen be - fehlen, ob das Waſſer in einem Strome, oder in mehre - ren, ſpringen ſolle.

192. Verſuch.

Man elektriſire zween iſolirte Springbrunnen mit entgegengeſetzten Elektricitäten, ſo werden ſich die Strö - me aus beyden in ſehr kleine Theilchen zertrennen, die ſich oben mit einander vereinigen, und in ſchwerern Tropfen, wie ein Platzregen, herabfallen werden.

Vierzehntes Capitel. Vom elektriſchen Lichte im luftleeren Raume.

193. Verſuch.

Man nehme eine hohe trockne gläſerne Glocke, kütte in den obern Theil derſelben einen Drath mit einem abgerundeten Knopfe ein, ziehe die Luft aus der Glocke, und halte den Knopf des Draths gegen einen Conductor,183Elektriſches Licht im luftleeren Raume.ſo wird jeder Funken in Geſtalt eines breiten Lichtſtroms durch den luftleeren Raum gehen, und längſt der ganzen Glocke ſichtbar ſeyn. Oft trennet ſich der Strom in meh - rere Aeſte vom ſchönſten Anſehen, die ſich auf eine höchſt angenehme Art theilen und wieder vereinigen. Legt man die Hand an die Glocke, ſo fühlt man bey jedem Funken eine kleine Erſchütterung, wie einen Pulsſchlag, und das Feuer lenkt ſich gegen die Hand. Dieſe Erſchütterung fühlt man ſogar in einiger Entfernung von der Glocke, und im Dunkeln ſieht man ein Licht zwiſchen der Hand und dem Glaſe.

Vor einigen Jahren bemerkte Herr Wilſon bey einigen mit einer vortreflichen Smeatonſchen Luftpum - pe angeſtellten Verſuchen, daß die geringſten Verſchie - denheiten der Luft einen ſehr beträchtlichen Unterſchied in dem durch die Elektricität hervorgebrachten Lichte veran - laſſeten; denn wenn alle Luft, welche die Pumpe auszu - ziehen vermochte, aus der Glocke gezogen war, ſo zeigte ſich im Dunkeln gar kein elektriſches Licht. Ließ man durch einen Hahn ein wenig Luft hinzu, ſo erſchien ein ſehr ſchwaches Licht, bey etwas mehr Luft verſtärkte ſich daſſelbe, aber noch mehr Luft machte es wieder ſchwächer, bis es zuletzt bey Hinzulaſſung vieler Luft völlig ver - ſchwand. Aus dieſem Verſuche erhellet, daß zu Hervor - bringung des ſtärkſten Leuchtens eine gewiſſe eingeſchränkte Quantität Luſt nothwendig ſey.

194. Verſuch ..

Fig. 82. ſtellt eine auf dem Teller der Luftpumpe ſtehende luftleere Glocke vor, a b iſt der elektriſirte Drath, der einen Strom elektriſcher Materie b c auf den Teller der Luftpumpe herabſendet. Wenn die an der äußern Seite der Glocke anliegende Luftſchicht durch Anlegung des Fingers an die Glocke vermindert, und dadurch der elektriſchen Materie auf der äußern Seite Veranlaſſung gegeben wird, heraus zu gehen, ſo wird die innere Mate -184Vierzehntes Capitel.rie gegen dieſe Stelle getrieben, wie bey d e f. Man hat aus dieſem Verſuche ſchließen wollen, daß zwiſchen den Theilchen der elektriſchen Materie keine zurückſtoßende Kraft ſtatt finde; weil ſie allem Anſehen nach, wenn ſie an ſich ſelbſt elaſtiſch, oder mit einer repellirenden Kraft ihrer Theile gegen einander verſehen wäre, nach wegge - nommenem Widerſtande nicht in einem ununterbrochenen Strome fortfließen könnte, wie bey b c; ſondern ſich durch ihre Elaſticität nach allen Seiten ausbreiten müßte.

D. Watſon ſagt, es ſey wahrſcheinlicher, anzu - nehmen, daß die Repulſion der Theilchen, welche man in freyer Luft wahrnimmt, von dem Widerſtande der Luft, und nicht von einem natürlichen Beſtreben der Elektricität ſelbſt, herrühre.

Folgender Verſuch des Beccaria giebt einen deut - lichen Begriff von dem Widerſtande, den die Luft dem Durchgange der elektriſchen Materie entgegenſetzt, und von der Verminderung dieſes Widerſtandes in der luft - leeren Glocke.

195. Verſuch.

Ehe die Luft aus der Glocke ausgezogen war, gieng aus dem an ihrem obern Theile befindlichen elektriſirten Drathe ein divergirender Stralenbüſchel hervor, der ohn - gefähr einen Zoll lang war. Zog man nun die Luft aus der Glocke, ſo zeigten ſich folgende Veränderungen. Zu - erſt wurden die Stralen des Büſchels länger; hierauf divergirten ſie weniger, ihre Anzahl verminderte ſich, und die übrigbleibenden Stralen wurden größer; endlich ver - einigten ſie ſich alle mit einander, und bildeten eine unun - terbrochene Lichtſäule, welche von dem Drathe bis in den Teller der Luftpumpe übergieng.

Aus dieſem Verſuche iſt klar, daß die Luft das Mit - tel ſey, wodurch wir mit Hülfe anderer idioelektriſcher Kör - per im Stande ſind, die Elektricität ſowohl den elektri - ſchen Körpern, als den Leitern mitzutheilen; denn wenn185Elektriſches Licht im luftleeren Raumeman die Luft wegnimmt, ſo geht die elektriſche Materie durch den leeren Raum, und verbreitet ſich bis auf die entfernteſten Weiten.

196. Verſuch.

Um die Veränderungen der Geſtalt und Länge des elektriſchen Funkens, wenn er durch eine Glocke geht, in der die Luft mehr oder weniger verdünnt iſt, ſehr genau zu unterſcheiden, befeſtige man eine Kugel an den Drath, und laſſe eine andere von dem Teller der Luftpumpe her - vorgehen ſo, daß beyde etwa einen Zoll weit aus einander ſtehen. Wenn das Vacuum gut iſt, ſo geht ein einziger einförmiger purpurfarbner Stral von einer Kugel zur andern; je mehr man aber Luft hinzuläßt, deſto mehr erhält der Stral eine zitternde Bewegung, welche zeigt, daß ſeine Bewegung nunmehr anfange, Widerſtand zu finden, hierauf folgt eine Theilung des Strales oder Stroms, das Licht wird lebhafter, und verwandlet ſich endlich in den gewöhnlichen Funken, welcher mit mehr oder weniger Leichtigkeit ausgeht, je nachdem die Kraft der Maſchine und der Widerſtand der Luft größer iſt.

197. Verſuch.

Man bringe an den Conductor eine dünne luftleere Flaſche, wie die Fig. 49. vorgeſtellte, aber ohne alle Be - legung an der äußern Seite, ſo wird ſie von einem Ende bis zum andern leuchten, und noch, wenn man ſie von dem Conductor wegnimmt, zu leuchten fortfahren; das Licht wird ſich eine lange Zeit nach krummlinigten Rich - tungen bewegen, und von Zeit zu Zeit gleich dem Nord - lichte blitzen. Man kann das Licht von neuem wieder be - leben, wenn man mit der Hand über das Glas fährt. In dieſem Verſuche hört und fühlt man das Schlagen der elektriſchen Materie gegen das Glas ſehr deutlich.

Man kann die krummlinigten Bewegungen der elek - triſchen Materie in einer luftleeren Glocke gewiſſermaßen nach Gefallen hervorbringen. Wenn man die äußere186Vierzehntes Capitel.Seite der Glocke befeuchtet, ſo folgt das Feuer der Rich - tung der befeuchteten Linien, weil daſelbſt der Widerſtand auf einer Seite geſchwächet wird; es kann ſich nämlich die elektriſche Materie an der innern Seite anhäufen und anhängen, weil andre Materie vermittelſt der Feuchtigkeit aus der äußern Seite herausgetrieben wird.

Dieſer Verſuch fällt ſehr angenehm aus, wenn man die Torricelliſche Leere in einer Z Schuh langen Glasröhre hervorbringt, und alsdann dieſelbe hermetiſch ver - ſchließt. Hält man das eine Ende dieſer Röhre in der Hand, und bringt das andere an den Conductor, ſo wird die ganze Röhre von einem Ende bis zum andern erleuch - tet, und bleibt dies auch noch eine ziemliche Zeit, wenn ſie gleich vom Conductor weggenommen wird; ſie leuchtet blickweiſe oft noch viele Stunden lang.

198. Verſuch.

Ein anderes ſehr ſchönes Schauſpiel kann man im Dunkeln hervorbringen, wenn man eine kleine leidner Fla - ſche in den Hals einer hohen gläſernen Glocke bringt, ſo daß die äußere Belegung im Vacuum ſteht. Zieht man die Luft aus der Glocke, und ladet die Flaſche, ſo wird bey jedem Funken, der aus dem Conductor in die innere Seite übergeht, ein Licht von allen Punkten der äußern Fläche ausgehen, und die ganze Glocke auszufüllen ſchei - nen. Entladet man wieder, ſo kehrt das Licht in Geſtalt eines compakten Funkens zurück.

199. Verſuch.

Eine zum Uebergange der elektriſchen Materie ſehr geſchickte Leere kann man hervorbringen, wenn man ein Doppelbarometer oder eine lange gebogne Glasröhre mit Queckſilber füllet, und mit jedem Schenkel in einem Ge - fäß mit Queckſilber ſtehend umkehret, wobey der gebog - ne Theil der Röhre über dem Queckſilber ein vollkommnes Vacuum wird. Entladet man eine Flaſche durch dieſen187Elektriſches Licht im luftleeren Raume.Raum, ſo erſcheint ein durchaus gleichförmiges Licht, deſto lebhafter, je ſtärker der Schlag iſt. D. Watſon iſo - lirte dieſe Zubereitung, brachte das eine Gefäß mit Queck - ſilber mit dem Conductor in Berührung, und berührte das andere mit einem Leiter; ſo gieng die elektriſche Ma - terie in einer ununterbrochenen Flamme durch den leeren Raum, ohne die geringſte Divergenz: ward das eine Gefäß mit dem iſolirten Küſſen verbunden, ſo ſahe man das Feuer nach der entgegengeſetzten Richtung durch das Vacuum gehen.

200. Verſuch.

Fig. 83. iſt eine Glasröhre, wie man ſie gewöhn - lich zu den Barometern gebraucht: am Ende b iſt ſie in eine ſtählerne Haube geküttet, aus welcher ein eiſerner Drath mit einem Knopfe c d in die Röhre herabgeht. Man fülle dieſe Röhre mit Queckſilber, laſſe zu wieder - holten mahlen eine Luftblaſe hinein, kehre dann die Röhre um, und befreye dadurch das Queckſilber und den eiſernen Drath von aller daran hängenden Luft, nach der gewöhn - lichen Art, Barometer zu füllen. Hierauf laſſe man ei - nen kleinen Tropfen Aether auf das Queckſilber fallen, halte den Finger auf die Oefnung der Glasrohre, kehre die Röhre um, und bringe das Ende f in ein Gefäß mit Queckſilber, nehme aber den Finger nicht eher weg, als bis das Ende der Röhre einen halben Zall tief unter dem Queckſilber ſteht. Nimmt man nun den Finger weg, ſo fällt das Queckſilber, der Aether breitet ſich aus, vermin - dert das Vacuum, und drückt das Queckſilber in der Röh - re tiefer herab. Bringt man nun die metallene Haube der Röhre gegen einen großen geladenen Conductor, ſo wird man einen ſchönen grünen Funken von der Kugel bis ans Queckſilber gehen ſehen. Läßt man etwas Luft in den leeren Raum, ſo zeigt ſich eine den Sternſchnuppen ähnliche Erſcheinung. Dieſen ſchönen Verſuch habe ich durch Herrn Morgan kennen gelernt.

188Funfzehntes Capitel.

Mehrere Beobachtungen über die Erſcheinungen des elektriſchen Lichts im luftleeren Raume kann man ver - mittelſt des 110ten 111ten 119ten und 120ſten Ver - ſuchs anſtellen.

Funfzehntes Capitel. Von der mediciniſchen Elektricität.

Der Abt Nollet verſichert, er habe über keine ſeiner Erfindungen mehr Vergnügen empfunden, als über die Entdeckung, daß die Bewegung flüſſiger Mate - rien durch Haarröhren, und die unmerkliche Ausdünſtung thieriſcher Körper durch die Elektricität verſtärkt werde; weil ihm dieſe Entdeckung, bey gehöriger Anwendung durch geſchickte Männer ſo ungemeine Vortheile für die menſch - liche Geſellſchaſt verſprochen habe. Aber um wie viel größer würde ſein Vergnügen geweſen ſeyn, wenn er die Erfüllung dieſer Hoſnung erlebt, und geſehen hätte, wie dieſer Zweig der Elektricität faſt eben ſoviel mediciniſche Zuverläſſigkeit erreicht hat, als der Gebrauch der China - rinde bey Wechſelfiebern.

Zwar ſind auch der Elektricität, ſo wie allen andern für die Menſchheit wohlthätigen einfachen Arzneymitteln, theils aus eigennützigen Abſichten, theils aus Unwiſſenheit, viele Hinderniſſe in den Weg gelegt worden; man hat ſie verächtlich behandelt, und mit übelangebrachter Vorſichtig - keit herabgeſetzt. Man muß aber denen, welche ſich ihr auf dieſe Art entgegenſetzen, anempfehlen, eine Sache nicht zu verdammen, die ſie nicht kennen, und ſie nicht ung[e]hört zu verurtheilen; vielmehr ſich um einige Kennt - niß von der Natur der Elektricität zu bemühen, die Elek - triſirmaſchine auf eine wirkſame Art gebrauchen zu lernen, und ſie dann nur einige Wochen lang bey den Krankheiten anzuwenden, in welchen ſie die beſten Dienſte thut. Auf189Mediciniſche Elektricität.dieſe Art würden ſie ohne Zweifel bald überzeugt werden, daß die Elektricität unter den Arzneymitteln einen ausge - zeichneten Rang behaupte.

Man hat der Arzneywiſſenſchaft und den praktiſchen Aerzten den Vorwurf der Unbeſtändigkeit und Veränder - lichkeit in der Praxis gemacht, die einmal kalt wie das Eis in Novazembla, ein andermal heiß wie die hitzige Zone ſey; man hat ſie beſchuldiget, daß ſie ſich von der Mode leiten und von Vorurtheilen beherrſchen ließen. Aus die - ſem Grunde hat man vorherſagen wollen, ſo vortheilhaft auch der Gebrauch der Elektricität ſeyn möge, ſo werde man ſie doch nur für die Zeit der Mode beybehalten, und dann der Vergeſſenheit überlaſſen. Jch kann aber dieſer Meinung nicht beypflichten, und mich nicht verleiten laſ - ſen zu glauben, daß eine Claſſe von Männern, deren Ur - theilskraft durch Wiſſenſchaften und Erfahrung geſchärft iſt, eine Kraft ganz vernachläſſigen werde, welche allem Anſehen nach den wichtigſten Theil der Conſtitution des Körpers ausmacht. Die Elektricität iſt ein wirkendes Principium, das nie erzeugt und nie zerſtört wird, das überall und allezeit anzutreffen iſt, wenn es auch gleich verborgen und unmerklich bleibt, das ſich zu jeder Zeit bewegt, um ein ſtets veränderliches Gleichgewicht zu be - haupten. Um nur ein einziges Beyſpiel aus vielen an - dern auszuheben, ſo iſt der Regen, der bey Gewittern herabfällt, ſtark mit der Elektricität imprägnirt, und bringt auf dieſe Art dasjenige herab, was die erhitzten Dämpfe in die Luft hinaufgeführt haben, bis der Mangel in der Erde durch den im Himmel befindlichen Ueberfluß wieder erſetzt und aufgehoben iſt. Unaufhörlich verbin - den ſich mancherley Urſachen, um das Gleichgewicht dieſer Materie zu ändern, woraus die beſtändige innere Bewe - gung entſteht, welche ſoviel zur Ausführung der Natur - begebenheiten beyträgt. Wenn ferner durch eine jede Subſtanz eine gewiſſe ihr eigenthümliche Portion dieſer Materie vertheilt iſt, ſo muß jede Veränderung ihrer Ca -190Funfzehntes Capitel.pacität, welche ſich durch Hitze und Kälte beſtändig ver - ändert, ſie bewegen und auf ſie wirken.

Da die Wärme oder die Bewegung des Feuers das erſte Triebrad in der thieriſchen Maſchine iſt, und ſo lange dieſe Maſchine dauert, das Hauptprincipium ihrer Erhal - tung ausmacht, da ferner die Elektricität ſo viele Erſchei - nungen zeigt, welche man von den Phänomenen des Feu - ers gar nicht unterſcheiden kann, ſo müſſen wir uns noth - wendig eine große Vorſtellung von der Wichtigkeit der elektriſchen Materie für die Medicin machen. Doch kann man, allgemein genommen, die Stärke der Lebenskräfte nicht nach dem Grade der Wärme beurtheilen, weil der Grad der Wärme bloß eine gewiſſe Menge derſelben be - ſtimmt, welche auf eine beſondere Art wirket.

Es iſt bekannt, daß dieſes belebende Principium auch das Wachsthum der Pflanzen beſchleuniget. Elektriſirte Myrthen blühten eher, als andere von eben derſelben Art und Größe in eben demſelben Gewächshauſe. Täglich elektriſirte Saamen ſind in drey bis vier Tagen beſſer auf - gegangen und gewachſen, als andere von eben derſelben Art und unter übrigens vollkommen gleichen Umſtänden in eilf bis zwölf Tagen. Eben ſo hat Herr Achard gezeigt, daß man die Elektricität an ſtatt der Wärme zu Beſchleu - nigung des Auslaufens der Eyer gebrauchen könne. Die Vermuthung eines ſcharfſinnigen Schriftſtellers iſt gar nicht unwahrſcheinlich, daß die vegetirende Kraft, welche in den immergrünenden Bäumen und Pflanzen das ganze Jahr hindurch wirkt, davon herrühre, weil dieſe Bäume mehr Harz enthalten, als diejenigen, deren Blätter im Herbſte abfallen, und daß ſie dadurch in den Stand ge - ſetzt werden, die Säfte, welche ihre beſtändige Vegetation unterha[l]ten, an ſich zu ziehen und zu behalten, wodurch der Mangel der Sonnenwärme einigermaſſen erſetzt wird. Man kann dieſes aus ihren natürlichen Eigenſchaften ſchließen, und die ſtarke elektriſche Kraft ihrer Blätter beſtätiget es. Eben dieſer Schriftſteller glaubt, das bey191Mediciniſche Elektricität.unſern Verſuchen geſammlete elekteiſche Fluidum beſtehe bloß aus den Sonnenſtralen, welche von der Erde aufge - fangen und zurückbehalten worden wären; welcher Ge - danke auch durch die Beobachtungen über die atmoſphäri - ſche Elektricität, und durch verſchiedene aus der Verwand - ſchaft zwiſchen Feuer, Licht und Wärme gezogne Schlüſſe beſtätiget wird.

Das Daſeyn und die Wirkſamkeit dieſer Materie in den thieriſchen Körpern iſt durch die Verſuche über den Zitteraal und Zitterfiſch vollkommen erwieſen worden; denn die Aehnlichkeit zwiſchen der Elektricität des Zitter - fiſches und derjenigen, die man in der Natur im Großen antrift, iſt ſo groß, daß man in phyſikaliſchem Sinne beyde für einerley halten kann. Herr Hunter hat ſehr richtig bemerkt*)Philoſ. Transact. Vol. LXIII. no. 40., daß die Größe und Menge der Ner - ven, welche ſich in den elektriſchen Organen des Zitterfi - ſches befinden, im Vergleich mit der Größe dieſer Organe ſelbſt, eben ſo außerordentlich ſcheinen muß, als ihre Wirkungen, und daß es, wenn wir die ſinnlichen Organe des menſchlichen Körpers ausnehmen, in keinem Thiere, ſelbſt in den vollkommenſten, irgend einen Theil gebe, der ſo häufig mit Nerven verſehen ſey, als der Zitterfiſch. Dennoch ſcheinen dieſe Nerven ſeiner elektriſchen Organe zu keiner Empfindung, welche in dieſelben eindringen könnte, nothwendig zu ſeyn; und was die Kraft betrift, ſo bemerkt Herr Hunter ebenfalls, daß es keinen Theil in irgend einem Thiere gebe, ſo ſtark und anhaltend auch die Kraft deſſelben ſeyn möge, der eine ſo große Menge Nerven enthalte. Da es alſo wahrſcheinlich iſt, daß dieſe Nerven weder zur Empſindung noch zur Bewegung die - nen, müſſen wir nicht vermuthen, daß ſie die Hervor - bringung, Aufſammlung und Behandlung der elektriſchen Materie zur Abſicht haben, beſonders, da nach den Ver - ſuchen des Hn. Walſh die elektriſchen Wirkungen dieſer192Funfzehntes Capitel.Organe von dem Willen des Thieres abhängen? Sind dieſe Bemerkungen richtig, ſo können wir mit vieler Wahr - ſcheinlichkeit vorausſagen, daß von den künftigen Natur - forſchern keine Entdeckung von Wichtigkeit über die Natur des Nervenſafts werde gemacht werden, bey welcher ſie nicht werden eingeſtehen müſſen, daß ſie dieſelbe dem Lichte zu danken haben, welches die Verſuche des Herrn Walſy über den lebenden Zitterfiſch, und des Herrn Hunter Zer - gliederungen des todten Fiſches über dieſe Materie ver, breitet haben.

Sehr diele merkwürdige Beobachtungen überzeugen uns deutlich, daß die elektriſche Materie mit dem menſch - lichen Körper in der genaueſten Verbindung ſtehe, und ihren Einfluß auf denſelben unaufhörlich fortſetze. Herr Brydone gedenkt einer Dame, welche bisweilen, wenn ſie ſich bey kaltem Wetter im Dunkeln gekämmt, feurige Funken aus ihrem Haare habe kommen ſehen; dies brachte ihn auf den Gedanken, die elektriſche Materie bloß aus den Haaren der Menſchen, ohne einige andere elektriſche Geräthſchaft zu ſammlen. In dieſer Abſicht ließ er ein junges Frauenzimmer auf Pech treten, und die Haare ihrer Schweſter kämmen, die vor ihr auf einem Stuhle ſaß; kaum hatte jene zu kämmen angefangen, ſo ward ihr ganzer Körper elektriſirt, und warf gegen jeden Gegen - ſtand, der ſich ihr näherte, Funken aus. Das Haar war ſehr ſtark elektriſch, und wirkte in beträchtlicher Ent - fernung auf das Elektrometer. Er lud einen metallnen Conductor mit dieſer Elektricität, und ſammlete in wenig Minuten ſoviel von derſelben, daß er Weingeiſt anzün - den, und mit Hülfe einer kleinen Flaſche der ganzen Ge - ſellſchaft mehrere ſtarke Schläge geben konnte.

Herr Cavallo erhielt vermittelſt eines kleinen Con - denſators ſehr merkliche Zeichen der Elektricität aus der - ſchiednen Theilen ſeines eignen Körpers, und aus den Haupthaaren dieler andern Perſonen.

193Mediciniſche Elektricität.

Wenn die Entdeckungen in dieſer Wiſſenſchaft, ſagt Herr Btydone, höher ſteigen werden, ſo wer - den wir vielleicht finden, daß die ſogenannten Nerden - ſchwächen und andere Krankheiten, welche wir bloß dem Namen nach kennen, davon herkommen, daß ſich in den Körpern entweder zu viel oder zu wenig von dieſer feinen Materie befindet, welche vielleicht das Vehiculum aller unſerer Empfindungen iſt. Bekanntermaſſen wird bey feuchtem und neblichen Wetter dieſe Materie von der Feuchtigkeit geſchwächt und abſorbiret, ihre Wirkſamkeit vermindert, und das, was man von ihr geſammlet hat, bald zerſtreuet; alsdann ermatten unſere Lebenskräſte, und unſer Gefühl wird ſtumpfer. Bey den ſchädlichen Win - den in Neapel, wobey die Luſt aller elektriſchen Materie beraubt zu ſeyn ſcheinet, wird der ganze Körper erſchlaffet, und die Nerven ſcheinen ihre Spannung und Elaſticität zu verlieren, bis der Nordweſtwind die belebende Kraft wiederherſtellet, die dem Körper ſeine Spannung wie - vergiebt, und die ganze in ihrer Abweſenheit ermattete Natur wieder verjünget. Es iſt dies auch gar nicht zu verwundern, da die Spannung und Erſchlaffung im menſchlichen Körper von dem verſchiednen Zuſtande der elektriſchen Materie, und nicht von einer Veränderung ver Fibern ſelbſt, oder von einer Ausdehnung und Zu - ſammenziehung derſelben herrührt. Man hat ſonſt der Kälte eine ſolche zuſammenziehende Kraft zugeſchrieben, obgleich die Muſkeln des thieriſchen Körpers mehr zuſam - mengezogen werden, wenn ſie warm ſind, und in der Kälte hingegen erſchlaffen.

Die Herren Iallabert und de Sauſſüre kamen auf ihren Alpenreiſen in Gewitterwolken, und fanden da - bey ihren ganzen Körper elektriſch. Aus ihren Fingern ſtrömten freywillig Feuerſtralen mit einem kniſternden Ge - räuſch, und ihre Empfindungen waren eben ſo, als ob ſie durch Kunſt ſehr ſtark elektriſirek wären. Es fällt ſehr deutlich in die Augen, daß dieſe Empfindungen von einem194Funfzehntes Kapitel.allzugroßen Ueberfluß der elektriſchen Materie in ihren Körpern herkamen; daher iſt es ſeht wahrſcheinlich, daß viele Kranken ihre Empſindungen der entgegengeſetzten Urſache zuzuſchreiben haben.

201. Verſuch.

Man laſſe den Schlag einer großen geladenen Fla - ſche oder einer Batterie durch den Kopf und Rücken einer Maus gehen, ſo wird er, wenn er ſtark genug iſt, das Thier tödten. Wenn es todt iſt, wiederhohle man den Verſuch, ſo wird die elektriſche Materie augenſcheinlich über den Körper hinweg, und nicht durch denſelben gehen, woraus erhellet, daß die Kraft oder das Mittel, welches den Schlag durch den Körper des Thieres leitete, mit dem Leben deſſelben verlohren gegangen ſey. Dieſer Ver - ſuch iſt aus des Herrn Cavallo Abhandlung von der me - diciniſchen Elektricität*)Verſuch über die Theorie und Anwendung der medici - niſchen Elektricität, von Tib. Cavallo, aus dem Engl. überſ. Leipz. 1782. 8. genommen. Seine Wichtig - keit fällt in die Augen, und er vervient ohne Zweifel von Männern, welche ſowohl mit der thieriſchen Oekonomie, als mit der Elektricität bekannt ſind, weiter unterſucht zu werden.

Der folgende Verſuch zeigt, daß die elektriſche Ma - terie durch diejenige Reihe von Muſkeln gehe, welche ihr den kürzeſten Weg darbietet, und deren leitende Kraft oder elektriſche Capacität ihr am vortheilhafteſten iſt.

202. Verſuch.

Man laſſe die Perſon A in ihrer rechten Hand eine leidner Flaſche halten, und mit einem in der linken Hand gehaltenen meſſingenen Stabe den entblößten rech - ten Fuß von B berühren; der linke Fuß von B ſey durch einen meſſingenen Stab mit dem rechten Fuße von C ver -195Mediciniſche Elektricität.bunden; D halte mit ſeiner rechten Hand das linke Ohr von C, und berühre den Knopf der Flaſche mit der linken Hand: ſo wird A den Schlag in den Muſkeln der rechten Hand und des Arms, der Bruſt, und des linken Arms fühlen; B in den Muſkeln des rechten und linken Fußes, Schenkels und dicken Beins; C hingegen in derjenigen Reihe von Muſkeln, welche vom Schenkel bis zum Ohre gehen, durch welches er mit D verbunden iſt. Die Wir - kung der elektriſchen Materie auf den menſchlichen Kör - per beym Schlage iſt die nämliche, wenn er mit gleicher Dichtigkeit durch ähnliche Theile geht. Sie iſt ſtärker, wenn die Materie dichter iſt, und folglich am ſtärkſten, wenn ſie Widerſtand antrift.

Beccatia hat mit Hülfe eines Wundarztes verſchie - dene Verſuche über die Wirkung der Elektricität auf die Muſkeln im linken Beine eines Hahns gemacht. DieMuſkeln wurden, wenn der Schlag hindurchgieng, ſtark zuſammenge - zogen und dieſes Zuſammenziehen war allezeit mit einem plötzlichen und proportionirten Aufſchwellen derſelben beglei - tet, denjenigen Theil ausgenommen, wo das Häutchen, wel - ches einen Muſkel von dem andern trennet, anliegt, welcher Theil allezeit eingedrückt ward. Das Häutchen, welches den Theil des Muſkels, durch welchen der Schlag gieng, be - deckte, ward trocken und ſchrumpfte zuſammen, auch ſtieg aus dieſem Theile ein Dampf auf; wenn ein Muſkel zu - ſammengezogen ward, ſo äuſſerte ſich zugleich ein allge - meines Zuſammenziehen in allen anliegenden Muſkeln, und dieſelben blieben auch einige Zeit nach dem Schlage in einer convulſiviſchen Bewegung.

Bey einem andern Verſuche, wo der Muſkel abge - löſet und vom Beine loßgemacht worden war, zog ſich derſelbe, als der Schlag durchgieng, von ſelbſt zuſam - men, und ward wiederum in ſeine vorige natürliche Stelle zurückgeworfen, konnte auch nicht anders als mit Gewalt von derſelben getrennt werden, woraus die Kraft der Elek - tricität, erſchlafften Fibern ihre Spannung wiederzugeben,196Funfzehntes Capitel.deutlich erhellet. In der That, wenn wir bedenken, daß die elektriſche Materie Muſkeln in Bewegung gebracht, vom Schlage gelähmte Glieder geſtärkt, ja ſogar bey vie - len, deren Lähmungen nicht aus dem Rückenmark ent - ſprangen, die Lebenskraft und Bewegung wiederhergeſtel - let hat, iſt dies nicht ein überzeugender Beweiß, daß die Urſache, welche die Muſkeln in Bewegung ſetzt, mit dem - jenigen Fluidum einerley ſey, welches wir durch die Elek - triſirmaſchine einſammlen?

Da die Arzneykunde kein Univerſalmittel kennt, ſo können wir auch nicht annehmen, daß die Elektricität alle Krankheiten, gegen welche ſie gebraucht wird, hebe. Ihre Wirkung wird immer im Verhältniß der Diſpoſition des Kranken, und der Talente des Arztes ſtärker oder ſchwä - cher ſeyn; daher man ſich auch gar nicht verwundern darf, wenn viele Krankheiten ihr den hartnäckigſten Widerſtand gethan haben, und andere nur in einigem Grade geſindert worden ſind, oder wenn der Fortgang der Cur oft durch Ungedult oder Vorurtheil des Kranken gehemmet worden iſt. Man muß hierbey dennoch eingeſtehen, daß der Fort - gang der mediciniſchen Elektricität, ſelbſt in ihrer Kind - heit, und da ſie noch mit Furcht, Vorurtheil und Eigen - nutz zu kämpfen hatte, in der That groß war, und daß wir uns jetzt die größte Hoffnung einer beträchtlichen Er - weiterung derſelben machen künnen, da ſie durch Aerzte von den ausgezeichnetſten Verdienſten bearbeitet und be - fördert wird.

203. Verſuch.

Dieſer Verſuch zeigt, daß man die Elektricität durch Wärme und Kälte in Bewegung ſetzen könne. Er ſchreibt ſich urſprünglich von Canton her. Dieſer nahm einige dünne Glaskugeln von etwa Zoll Durchmeſſer, mit 8 9 Zoll langen Stielen oder Röhren, elektriſirte ſie, einige auf der innern Seite poſitiv, andere negativ, und verſchloß ſie hermetriſch. Bald hierauf brachte er dieſe Bälle gegen das Elektrometer, und konnte nicht das ge -197Mediciniſche Elektricität.ringſte Merkmal einer Elektricität wahrnehmen; wenn er ſie aber in einer Entfernung von 5 6 Zoll ans Feuer hielt, ſo wurden ſie in kurzer Zeit ſtark elektriſch, und noch ſtärker, wenn ſie abkühlten. Dieſe Kugeln gaben auch jederzeit, wenn ſie erhitzt waren, an andere Körper Elektricität ab, oder nahmen ſie von ihnen an, je nach - dem die in ihnen befindliche Elektricität poſitiv oder nega - tiv war. Allzuöfteres Erwärmen verminderte ihre Kraft; wenn man aber eine davon eine Woche lang unter Waſſer legte, ſo ſchadete ihr dies im geringſten nicht. Sie be - hielten ihre Kraft auf ſechs Jahre lang. Von dem Tur - malin und vielen andern Edelſteinen iſt ebenfalls bekannt, daß ſie durch Erwärmung elektriſch werden. Der Turma - lin hat allemahl zugleich poſitive und negative Elektricität, ſo, daß ſich auf einer Seite die eine, auf der andern die ent - gegengeſetzte befindet. Man kann dieſe Elektricität ſowohl durch Reiben, als durch Erwärmen, ja ſogar durch Ein - ſenken des Steins in kochendes Waſſer erregen.

204. Verſuch.

Man iſolire ein empſindliches Queckſilberthermome - ter, und ſtelle die Kugel deſſelben zwiſchen zwo hölzerne Kugeln, von denen die eine an den Conductor befeſtiget iſt, die andere aber mit der Erde in Verbindung ſteht, ſo wird beym Durchgange der elektriſchen Materie zwi - ſchen beyden Kugeln das Queckſilber im Thermometer be - trächtlich ſteigen. Bey einem Cylinder von Zoll Durch - meſſer, erhob die elektriſche Materie, indem ſie aus einer Ku - gel von Lebensbaum in eine von Büchenholz übergieng, das Queckſilber im Thermometer von 68° 110°, und zum 2 tenmal bis 150°. Beym Uebergange aus einer Spitze von Buchsbaum in eine von Lebensbaum ſtieg das Thermome - ter von 68° 85°; aus einer Spitze von Buchsbaum in eine Kugel von Buchsbaum von 67° 100°; aus einer Kugel von Buchsbaum in eine meſſingne Spitze von 66° 100°; aus einer Kugel in die andere, wenn die Kugel des Ther - mometers mit Flanell bedeckt war, von 69° 100°.

198Funfzehntes Capitel.

Einige Schriftſteller haben Verzeichniſſe von Krank - heiten gegeben, in welchen die Elektricität mit gutem Er - folg gebraucht worden iſt; ich will aber hier dieſem Bey - ſpiele nicht folgen, da ich höre, daß man dieſe Krankhei - ten nach Anleitung der in den letzten vier Jahren angeſtell - ten Verſuche, in ein ordentliches Syſtem gebracht hat, welches aber gehörig zu überſehen, eine genaue Kenntniß der Krankheiten und ihrer Urſachen und Symptome, er - forderlich iſt.

Man hat in dieſem Syſtem die Elektricität unter die krampfſtillenden Arzneyen geordnet, und ſie als eines der wirkſamſten äuſſerlichen Mittel angeſehen; ſie dienet nach der verſchiedenen Art ihrer Anwendung bald als ein ſchmerzſtillendes, bald als ein reizendes, bald als ein zer - theilendes Mittel. Jn der Arzneykunſt läßt ſie ſich bey Lähmungen, beym Reißen, bey Wechſelfiebern, Kräm - pfen, Verſtopfungen und Entzündungen gebrauchen. Dem Wundarzt leiſtet ſie beträchtlichen Nutzen bey Vertrock - nungen, Verrenkungen, Geſchwülſten, beſonders bey an - gelaufenen Drüſen, Schwinden der Muſkeln, und einer Menge von andern in die Augen fallenden Uebeln, welche den Umſtehenden ſowohl als dem Patienten ſelbſt öfters großen Kummer verurſachen. Auch die Gicht und den Kropf, zwo Krankheiten, welche heut zu Tage das menſchliche Geſchlecht ſo häufig plagen und den Aerzten ein Stein des Anſtoßes ſind, rechnet man unter die Zu - fälle, bey welchen ſich die Elektricität anwenden läßt, und beſonders im Anfange der Krankheit, wie man mir geſagt hat, beynahe Wunder thut. Bey gichtiſchen Anfällen an gefährlichen Theilen des Körpers ſcheint ſie weit beſſer zu ſeyn, als irgend ein anderes Arzneymittel, da man ſie unmittelbar an den Sitz der Krankheit bringen kann, wo ſie ſtärker und ſchneller, als alle andere Kräfte der Arz - neykunſt, wirket, und nach Befinden gemäßiget werden kann. Da ſie überdieß ein Mittel iſt, deſſen Wirkung der Kranke durch Nachdenken beurtheilen und durchs Ge -199Mediciniſche Elektricität.fühl empfinden kann, ſo ſcheint ſie mir die Aufmerkſam - keit und fernere Unterſuchung vernünftiger Männer weit mehr zu verdienen, als irgend eine zuſammengeſetzte Arz - ney, in die man wenig Vertrauen ſetzt, oder ein aufge - legtes Pflaſter, auf das man gar nicht achtet.

Der gute Erfolg der Elektricität in Linderung der Uebel des menſchlichen Körpers wird dadurch beträchtlich vermehrt, daß man ſie auf ſo verſchiedne Art und in ſo verſchiednen Graden der Stärke anbringen kann, wodurch auch ihre Wirkungen ſchneller, empfindlicher und ſtärker werden. Die ehemals gebräuchlichen Methoden waren der Schlag, der Funken und bisweilen, obgleich ſehr ſel - ten, das ſimple Elektriſiren. Iezt ſind ſie mannichfalti - ger und zahlreicher geworden. Man kann den Strom der elektriſchen Materie ohne Schlag durch jeden Theil des Körpers gehen laſſen; man kann ihn auch in jeden Theil hineinbringen, oder aus jedem ausziehen, und die Wirkung in jedem Falle wieder dadurch abändern, daß man die Materie durch Körper gehen läßt, die ihr ſtärker oder ſchwächer widerſtehen; man kann ihn auf die bloße Haut gehen laſſen, oder dieſelbe mit verſchiedenen wider - ſtehenden Subſtanzen bedecken; man kann die Kraft nach Gefallen verdünnen oder verdichten, auf eine Stelle ein - ſchränken, oder auf mehrere Theile des Körpers ver - breiten.

Die hiezu nöthige Geräthſchaft iſt einfach und be - ſteht aus folgenden Stücken.

  • 1) Eine Elektriſirmaſchine mit einem iſolirten Küſ - ſen, durch welche man einen ſtarken und anhaltenden Strom von elektriſcher Materie erhalten kann.
  • 2) Ein Stuhl mit iſolirenden Füſſen, oder vielmehr ein Armſtuhl auf einem großen iſolirenden Geſtelle. Den innern Theil der Rücklehne muß man niederlaſſen oder wegnehmen können, um im erforderlichen Falle den - cken eines Kranken elektriſiren zu können: auch müſſen die Arme des Stuhls länger als gewöhnlich ſeyn.
  • 200
  • Funfzehntes Capitel.3) Eine leidner Flaſche mit einem Elektrometer.
  • 4) Ein paar große Directoren uud hölzerne Spitzen.
  • 5) Einige Glasröhren von verſchiedenen Durchmeſ - ſern, deren einige ſich in haarröhrenförmige Spitzen en - digen.

Hiezu kann man noch einen etwas großen allgemeinen Auslader, ein paar kleine Directoren mit ſilbernen Drä - then und eine iſolirende Zange ſetzen.

Fig. 93. zeigt die Directoren, deren Handgriffe von Glas ſind. A iſt ein meſſingener Drath mit einer Kugel am Ende. An dem einen Director iſt der Drath gebogen, um die elektriſche Materie deſto bequemer ins Auge u. d. gl. gehen zu laſſen. Die Kugeln kann man von den Dräthen abſchrauben und die hölzerne Spitze B an ihre Stelle ſetzen, oder auch das zugeſpitzte Ende des meſſingenen Draths ſelbſt gebrauchen. Die Directoren müſſen allezeit an dem vom Meſſinge entfernteſten Ende des gläſernen Handgrifs gehalten werden, wobey man Sorge tragen muß, daß das Meſſing durch die Wärme der Hand nicht feucht werde.

Fig. 85. iſt die Flaſche zur mediciniſchen Elektrici - tät, mit einem Elektrometer verſehen, um die Gewalt ves Schlags einzuſchränken, und dem Operator es mög - lich zu machen, daß er mehrere Schläge von gleicher Stärke nach einander geben könne. C iſt ein gebogenes Stück Glas, an deſſen obern Theil eine meſſingene Hülſe D mit einer federnden Röhre E angeküttet iſt; der Drath F iſt in dieſer Röhre beweglich, ſo daß man die Kugel G in jede beliebige Entfernung von der Kugel H brin - gen kann. Auch das Ende I des gebognen gläſernen Stücks iſt mit einer ſedernden Röhre verſehen, die ſich an dem mit der innern Seite verbundenen Drathe K auf und ab ſchieben läßt.

Wenn man dieſe Flaſche gebrauchen will, ſo ſtelle man die Kugel H in Berührung mit dem Conductor, oder verbinde ſie mit demſelben durch einen Drath, und lade201Mediciniſche Elektricität.ſie auf die gewöhnliche Art. Wenn nun ein Drath von der Kugel L bis an die äußere Belegung geht, ſo wird die Flaſche entladen, ſobald nur die elektriſche Materie Kraft genug hat, durch die Luft zwiſchen den beyden Ku - geln G und H durchzubrechen; folglich iſt der Schlag deſto ſtärker, je weiter dieſe beyden Kugeln von einander abſtehen.

Es fällt in die Augen, daß das Elektrometer in die - ſer Verbindung eben ſo, wie der gewöhnliche Auslader, wirkt, und eine Communication zwiſchen der äußern und innern Seite der Flaſche macht; nur mit dieſem Unter - ſchiede, daß der Abſtand von dem Ende, welches mit der innern Seite in Verbindung ſteht, eingeſchränkt und re - guliret werden kann. Man kann nun den Schlag durch jeden Theil des menſchlichen Körpers gehen laſſen, wenn man dieſen Theil mit in die zwiſchen beyden Seiten der Flaſche gemachte Verbindung bringet. Dies kann ſehr bequem geſchehen, wenn man ven einen Director durch einen Drath mit dem Elektrometer, und den andern mit der äußern Seite der Flaſche verbindet; man hält alsdann die Directoren bey ihren gläſernen Handgriffen, und bringt ihre Kugeln an die Enden der Theile, durch welche die Schläge gehen ſollen.

Die Stärke des Schlags wird, wie wir bereits be - merkt haben, vermehrt oder vermindert, wenn man den Abſtand der beyden Kugeln G und H von einanver ver - größert oder verringert, welches der Operator nach der Stärke und Empfindlichkeit des Patienten abmeſſen muß.

Die Handgriffe der Directoren, das gebogne Stück Glas C, und die über die Belegung hervorragenden Theile der Flaſche müſſen ſorgfältig getrocknet werden. Auch muß man die Enden der Directoren gegen den leidenden Theil andrücken, um den Schlag leichter durch denſelben zu führen.

Einige haben auch die elektriſche Zange für ein ſehr bequemes Inſtrument zu Leitung des Schlags durch ein -202Funfzehntes Capitel.zelne Theile des Körpers gehalten. Ihre Einrichtung und ihr Gebrauch erhellet genugſam aus Fig. 86.

Auch hat man folgende Methode, die condenſirte elektriſche Materie aus der innern Seite einer geladenen leidner Flaſche zu ziehen, unter gewiſſen Umſtänden vor - züglich vortheilhaft gefunden. Man verbinde einen Di - rector durch einen Drath mit dem Knopfe einer leidner Flaſche, lade die Flaſche entweder völlig oder zum Theil, und halte dann die Kugel oder Spitze des Directors an den Theil des Körpers, den man elektriſiren will, ſo wird die in der Flaſche condenſirte elektriſche Materie in einem dich - ten und langſamen Strome in dieſen Theil übergehen und eine ſtechende Empſindung verurſachen, welche eine beträcht - liche Wärme hervorbrigt. Hält man gegen das Ende des Directors einen mit der Erde verbundenen Drath, ſo wird der Uebergang der Materie ſchneller, und die Em - pfindung ſtärker. Man ſieht leicht, daß in dieſem Falle die Verbindung zwiſchen der innern und äußern Seite der Flaſche nicht vollſtändig iſt, daher man auch keinen Schlag fühlt. Die condenſirte Materie geht in einem dichten langſamen Strome durch den erforderlichen Theil, indem die äußere Seite eine hinreichende Menge elektriſcher Ma - terie aus den umliegenden leitenden Subſtanzen an ſich nimmt, um das Gleichgewicht wieder herzuſtellen.

Um einen Strom von elektriſcher Materie durch einen Theil des menſchlichen Körpers hindurchgehen zu laſſen, verbinde man den einen Director durch einen Drath mit dem poſitiven, den andern mit dem negativen Conductor oder mit einem iſolirten Küſſen, ſtelle die En - den der Directoren an die Enden des leidenden Theils, und drehe die Maſchine, ſo wird die elektriſche Materie aus dem einen Director in den andern durch den gedach - ten Theil überſtrömen.

Um den Strom der elektriſchen Materie auf einen Theil des Körpers zu leiten, verbinde man den Director203Mediciniſche Elektricität.mit dem poſitiven Conductor, drehe die Maſchine und halte das meſſingene Ende des Directors gegen den Kör - per des Kranken, ſo wird die Materie aus der Kugel in den Körper übergehen. Oder man iſolire den Kranken, und ziehe die ihm mitgetheilte Elektricität vermittelſt der Directoren aus ſeinem Körper. In dieſem Falle muß ein Drath von dem meſſingenen Theile des Directors auf die Erde oder in die Hand des Operators gehen. In beyden Fällen kann man die Menge und Wirkungsart der Materie verändern, wenn man ſie durch meſſingene oder hölzerne Kugeln oder Spitzen gehen läßt, oder die Haut mit Flanell bedeckt; in allen Fällen, in welchen ſonſt die Friction angerathen wird, kann man ſehr wahr - ſcheinlich vermuthen, daß die Bedeckung des leidenden Theils mit Flanell, und das Reiben deſſelben mit der Ku - gel eines mit der Elektriſirmaſchine verbundenen Dire - ctors, eine vortrefliche Wirkung thun werde. Der Wi - derſtand, den die Bewegung der Materie leidet, läßt ſich verſchiedentlich abändern, wenn man eine dickere Be - deckung wählt, oder ſtatt des Flanells eine andere Sub - ſtanz nimmt, durch welche die Materie durchgehen muß.

Einige beſondere Wirkungen finden ſtatt; wenn man den unterbrochenen Funken gebraucht, d. i. wenn man den Funken aus einem zweyten Condunctor nimmt, der innerhalb der Schlagweite des erſten Condu - ctors ſteht. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß in dieſem Falle die Verdichtung und Ausdehnung des Funkens weit heftiger ſey, als wenn er bloß aus dem erſten Conductor allein gezogen wird. Wenn ein unterbrochner Funken erforderlich iſt, ſo wird der Director mit dem zweyten Conductor verbunden, und dann, wie gewöhnlich, ge - braucht.

Fig. 87. zeigt einen etwas großen allgemeinen Aus - lader, mit einem zwiſchen den beyden Säulen veſſelben ſitzenden Kranken; wobey die eine Kugel bey A, die an - dere bey B ſtehet. Wie bequem dieſer Apparatus ſey, fällt204Funfzehntes Capitel.bey Betrachtung der Figur in die Augen; denn da die Gelenke ſowohl eine horizontale als eine verticale Bewe - gung zulaſſen, und die Dräthe durch zwo federnde Hülſen durchgehen, ſo können dieſe letztern in jede Richtung, und die Kugeln in jede beliebige Stellung gebracht werden. Wenn man daher den einen Drath mit einem poſiti - den, den andern mit einem negativen Conductor, oder auch den einen mit dem Boden einer leidner Flaſche, und den andern mit dem Elektrometer verbindet, ſo kann der Schlag oder Strom mit der größten Leich - tigkeit auf jeden Theil geführt werden. Man ſieht auch leicht, daß ein jeder vermittelſt der zwey Gelen - ke dieſes höchſt einfachen Apparatus ſehr leicht ſich ſelbſt oder einen Kranken, ohne Beyhülfe einer andern Perſon elektriſiren kann; er kann nämlich mit einer Hand die Maſchine drehen, indem er vermittelſt dieſes allgemeinen Ausladers den Strom oder Schlag der elektriſchen Ma - terie erhält. Man kann eben dieſes leicht auch ſo bewir - ken, daß man an den einen Conductor einen Drath befe - ſtiget, und das andere Ende deſſelben an das Ende des Theils, durch welchen man den Schlag oder den Strom führen will, anſtecket; dann aber einen Director mit dem andern Conductor verbindet, und ihn an das andere Ende dieſes Theils hält. Kommen etwa dabey die Dräthe mit dem Tiſche in Berührung, ſo darf man nur eine kleine Glasröhre darüber ſtecken, welche die Zerſtreuung der elektriſchen Materie verhindern wird.

L und M, Fig. 84, ſind Glasröhren, durch welche dünne Dräthe gehen, um die elektriſche Materie in das Ohr oder den Schlund zu führen.

Fig. 88. zeigt eine andere etwas größere Glasröhre, welche am Ende in eine Haarröhre ausläuft; darein wird etwas weniges Roſenwaſſer oder eine andere flüßige Ma - terie gegoſſen, hierauf die Röhre durch einen Drath mit dem erſten Conductor verbunden und und der Cylinder gedreht, ſo kann man einen zertheilten, ſanften und er -205Mediciniſche Elektricität.friſchenden Strom von dieſer flüßigen Materie auf den leidenden Theil führen.

In allen Fällen iſt es ſehr rathſam, mit den gelin - deſten Operationen anzufangen, und ſie nur nach und nach ſo zu verſtärken, wie es die Stärke und Conſtitution des Patienten, oder die Natur der Krankheit erfordert. Zuerſt kann man das Ausſtrömen aus einer hölzernen Spitze, einer hölzernen Kugel, oder aus einer meſſinge - nen Spitze gebrauchen, dann, wofern es nöthig iſt, Fun - ken ziehen, oder ſchwache Schläge geben.

Bey rhevmatiſchen Zufällen wird insgemein die elek - triſche Friction gebraucht. Bleiben die Schmerzen auf einer Stelle, ſo kann man auch ſchwache Schläge geben. Zur Linderung der Zahnſchmerzen kann man ſehr ſchwa - che Schläge durch den Zahn gehen laſſen; oder den lei - denden Theil mit Flanell bedecken, und mit einem mit der Maſchine verbundenen Director reiben.

Bey Augenentzündungen und andern Augenkrank - heiten muß man die elektriſche Materie aus einer hölzer - nen Spitze ſtrömen laſſen: dies erregt eine Empfindung, die dem Gefühl eines ſanften kühlenden Windes ähnlich iſt, erzeugt aber auch zugleich eine gelinde Wärme in dem leidenden Theile.

Bey Lähmungen wird die elektriſche Friction nebſt ſchwachen Schlägen gebraucht. Man muß auch allezeit Ströme von elektriſcher Materie durch den kranken Theil gehen laſſen.

Die einzige Abhandlung, die wir noch bisher von einem Arzte über die mediciniſche Elektricität erhalten ha - ben, iſt eine kleine Schrift des Herrn Birch unter dem Titul: Betrachtungen über die Wirkſamkeit der Elektri - cität bey Verſtopfungen der monatlichen Reinigung. Jch habe dieſem würdigen Manne viele wichtige Beobachtun - gen und praktiſche Bemerkungen über verſchiedene zur Elektricität gehörige Gegenſtände zu danken. Wären auch die Vortheile der Elektricität bloß auf dieſe einzige206Sechszehntes Capitel.Krankheit (bey welcher man ſie für ein ſpecifiſches Mittel rechnen kann) eingeſchränkt, ſo würde ſie doch ſchon deswe - gen allein die Aufmerkſamkeit der praktiſchen Aerzte ver - dienen; wir haben aber ſehr viel Urſache, noch weit mehr von ihr zu erwarten, da jezt die Vorurtheile der Aerzte ausgerottet ſcheinen, und der Gebrauch der Elektricität ſich täglich mehr und mehr ausbreitet.

Sechszehntes Capitel. Vermiſchte Verſuche und Beobachtungen.

Die Streitigkeit über die Vorzüge der zugeſpitzten Blitzableiter vor den ſtumpfgeendeten gab die Ver - anlaſſung zu einem elektriſchen Apparatus, der an Pracht alle vorher bekannten überttaf. Auf Koſten der Admira - lität ward unter der Direction des Herrn Wilſon ein Conductor von ungeheurer Groöße errichtet und im Pan - theon aufgehangen. Er beſtand aus einer großen Anzahl Trommeln, welche mit Stanniol überzogen waren, und einen ohngefähr 155 Schuh langen und mehr als 16 Zoll im Durchmeſſer haltenden Cylinder ausmachten; dieſem großen Cylinder wurden gelegentlich noch 4800 Yards Drath beygefügt. Der elektriſche Strom aus dieſer Maſchine zündete Schießpulver ſelbſt unter den ungünſtig - ſten Umſtänden, nämlich wenn er aus einer ſcharfen Spi - tze gezogen ward. Es geſchahe dies aber auf folgende Art. Eine meſſingene Säule ward auf einem hölzernen Fußbrete befeſtiget, und endigte ſich oben in eine eiſerne Spitze; dieſe Spitze ward in das Ende einer kleinen pa - piernen Rolle geſteckt, welche ohngefähr die Form einer Patrone, $$\nicefrac {2}{10}$$ Zoll Durchmeſſer und Zoll Länge hatte, und mit gemeinen Schießpulver gefüllt war: an den un - tern Theil der meſſingenen Stange ward ein mit der Erde verbundener Drath gehangen. Die Ladung des großen207Vermiſchte Verſuche.Cylinders ward durch beſtändiges Umdrehen des Rades unterhalten, und der obere Theil der Patrone dem Stan - niol genähert, ſo daß er denſelben oft berührte. Hiebey ſahe man oft einen ſchwachen leuchtenden Strom zwiſchen dem obern Theile der Patrone und dem Metalle. Bis - weilen entzündete dieſer Strom das Schießpulver im er - ſten Augenblicke, zu andern Zeiten aber währte es auch wohl eine halbe Minute oder drüber, ehe dieſe Wirkung erfolgte. Dieſen Unterſchied in der Zeit ſchrieb man eini - ger im Papiere oder im Pulver enthaltenen Feuchtig - keit zu.

Sonſt kann man das Schießpulver auch durch einen Strom aus einer großen leidner Flaſche auf folgende Art entzünden.

205. Verſuch.

Man befeſtige eine kleine Patrone an eine metallene Spitze, welche einen hölzernen oder gläſernen Handgrif hac, verbinde die Spitze mit dem Boden, halte hierauf die Patrone an den Knopf der Flaſche, ſo wird ſich das Schießpulver durch den Uebergang des elektriſchen Stroms in die Patrone entzünden. Man kann auch Zunder oder Schwamm in einer metallenen Schale anzünden, wenn man den Strom aus der innern Seite der Flaſche, wie im vorigen Verſuche, durch denſelben gehen läßt, ohne die Verbindung vollſtändig zu machen.

Da man alſo ſieht, daß die elektriſche Materie die Körper entzündet, wenn ſie ſich entweder mit großer Geſchwindigkeit oder in großer Menge durch dieſelben be - weget, ſo kann man ſchwerlich daran zweiflen, daß dieſe Materie mit dem Elemente des Feuers einerley ſey.

206. Verſuch.

Um die kleine elektriſche Canone abzufeuern, lade man dieſelbe auf die gewöhnliche Art mit Schießpulver,208Sechszehntes Capitel.ſchütte Pulver auf das elfenbeinerne Zündloch, ſtampfe daſſelbe wohl hinunter, und ſtecke die meſſingene Nadel hinein, ſo daß ihr Ende nahe an den Boden der Höhlung kömmt. Man mache nun eine Verbindung zwiſchen der äußern Seite einer geladenen Flaſche oder Batterie und dem Körper der Canone, indem man das eine Ende des Ausladers an die Nadel, welche in das Zündloch hinein - geht, das andere Ende aber an den Knopf der Flaſche ſetzt, ſo wird der Schlag das Pulver entzünden.

207. Verſuch.

Fig. 89. zeigt eine perſpectiviſche Abbildung des Pulverhauſes, wobey die dem Auge zugekehrte Seiten - wand weggelaſſen iſt, damit man das Innere beſſer ſehen könne. Die Vorderſeite dieſes Modells wird ſo, wie beym Donnerhauſe aufgeſtellt, und eben ſo gebraucht; die Seitenwände, die Vor, und Rückwand ſind durch Ha - cken mit dem Boden verbunden; das Dach iſt in zwey Theile getheilet, welche ebenfalls mit Hacken an die Sei - tenwände befeſtiget ſind; das Gauze wird durch einen Riegel am Dache zuſammen gehalten; wenn das Dach herabgeworfen wird, ſo fällt es nebſt allen Wänden zu - ſammen. Um dieſes Modell zu gebrauchen, fülle man die kleine Rohre a mit Schießpulver, und ſtecke den Drath c etwas feſt hinein, verbinde den Hacken e mit dem Bo - den einer großen Flaſche oder einer Batterie, und mache, wenn dieſe geladen iſt, eine Verbindung zwiſchen dem Hacken d und dem Knopfe der Flaſche, ſo wird der Schlag das Pulver entzünden, die Exploſion deſſelben wird das Dach abwerfen, und die Seitenwände, Vor - und Rückwand werden zuſammenfallen.

Fig. 90. iſt eine hölzerne Pyramide, welche zu den Verſuchen mit dem Donnerhauſe beſtimmt iſt, und auf ebendieſelbe Art gebraucht wird. Wenn durch die Ent - ladung das Stück a heraus geſchlagen wird, ſo fällt der obere Theil der Pyramide herab.

209Vermiſchte Verſuche.

208. Verſuch.

Man befeſtige den Löffel I, Fig. 33. in die Höh - lung am Ende des Conductors, lege ein kleines Stück Campher in denſelben, zünde es an, und drehe das Rad der Maſchine, ſo wird der Campher eine Menge kleine Zweige ausſenden, und eine Art von unvollkommener Vegetation darſtellen.

209. Verſuch.

Man wickle etwas lockere Baumwolle, welche man vorher in fein geſtoßenem Colophonium herumgerollet hat, um eine von den Kugeln eines Ausladers, halte das an - dere Ende deſſelben an die äußere Belegung einer gelade - nen Flaſche, und bringe die umwickelte Kugel gegen den Knopf der Flaſche, ſo wird ſich das Colophonium durch die Entladung entzünden, und die Baumwolle anbrennen.

Fig. 91. zeigt die von Herrn Volta erfundene Lam - pe mit entzündbarer Luſt. A iſt eine gläſerne Kugel zur entzündbaren Luft, B ein gläſernes Becken oder Behält - niß, um Waſſer hineinzugießen; D cin Hahn, um erfor - derlichen Falls eine Communication zwiſchen dem Waſſer - behältniß B und dem Luftbehältniß A zu eröfnen; das Waſſer geht in das letztere durch die metallene Röhre gg, welche an den obern Theil des Behältniſſes A befeſtiget iſt; s iſt ein kleiner Hahn, um die Communication zwi - ſchen der Luft in der Kugel und dem Sprungrohre K zu verſchließen oder zu eröfnen. N iſt eine kleine Spitze, worauf man ein Stück Wachslicht ſetzen kann; L eine meſſingene Säule, oben mit einer meſſingenen Kugel ver - ſehen; a eine Glasſäule, oben mit einer Hülſe, in welcher ſich der Drath b hin und her ſchieben läßt, ans Ende die - ſes Draths läßt ſich eine Kugel anſchrauben. F iſt del Hahn, durch welchen die Kugel A mit entzündbarer Luft gefüllt werden kann, und welcher hernach dienet, um die Luſt, und das Waſſer, welches aus dem Baſſin B in die Kugel A fällt, zu verſchließen.

210Sechszehntes Capitel.

Um dieſes Inſtrument zu gebrauchen, fülle man das Behältniß A mit reiner entzündbarer Luft, und das Baſſin B mit Waſſer, und drehe die Hähne D und s auf, ſo wird das aus B herabfallende Waſſer entzündbare Luft aus A heraus, und durch die Sprungröhre K in die Luft treiben. Läßt man einen elektriſchen Funken aus der meſſingenen Kugel m in die Kugel n gehen, ſo wird der brennbare Luftſtral, der aus der Röhre K hervorgeht, ent - zündet. Um die Lampe auszulöſchen, verſchließe man zuerſt den Hahn s, und dann den Hahn D.

Um das Behältniß A mit brennbarer Luft zu füllen, welche auf die gewöhnliche Art und mit dem gewöhnlichen Apparatus zubereitet wird, fülle man vorläufig A mit Waſſer, ſtelle den Fuß R unter Waſ - ſer auf ein Bret in einer großen mit Waſſer gefüll - ten Wanne, damit die gebogne Glasröhre, durch wel - che die brennbare Luft geht, bequem unter den Fuß der Lampe gebracht werden könne. Wenn die Luft faſt alles Waſſer ausgetrieben hat, drehe man den Hahn F zu, ſo iſt der Apparatus zum Gebrauch fertig. Man kann die - ſes Inſtrument auch ſehr bequem gebrauchen, um eine Quantität brennbare Luft zu gelegentlichen Verſuchen, z. B. zu Ladung der elektriſchen Piſtole 2c. leicht aufzube, wahren. Auch iſt es bequem ein Licht zum gemeinen Ge - brauche daran anzuzünden, da der geringſte Funken aus einem Elektrophor, oder einer kleinen Flaſche ſchon hinrei - chend iſt, die brennbare Luft zu entzünden.

Man kann auch nach Gelegenheit eine kleine Batte - rie von Piſtolen mit brennbarer Luft machen, wodurch man ſich viel Vergnügen verſchaffen kann, da man ent - weder eine Piſtole nach der andern, oder alle zuſammen, nach Gefallen abfeuern kann.

Folgenden Verſuch hat Herr Kinnersley mit ſei - nem elektriſchen Luftthermometer angeſtellt, welches wir oben im zweyten Capitel S. 26 beſchrieben haben.

211Vermiſchte Verſuche.

210. Verſuch.

Er hatte in die weite Röhre ſeines Luftthermome - ters etwas gefärbtes Waſſer gegoſſen, ſtellte die beyden in der Röhre befindlichen Dräthe mit einander in Berüh - rung und ließ eine ſtarke elektriſche Ladung von ohngefähr 30 Quadratfuß belegter Fläche hindurchgehen, welche aber keine Ausdehnung der Luft hervorbrachte, und alſo zeigte, daß die Dräthe bey dem Durchgange der elektri - ſchen Materie nicht erhitzt wurden. Standen aber die Dräthe etwa zween Zoll weit von einander, ſo ward die Luft durch die Entladung einer Drey-Pinten-Flaſche merklich verdünnet und ausgedehnet. Der Schlag aus einer Flaſche, welche ohngefähr Gallons enthielt, ver - anlaſſete eine ſehr beträchtliche Ausdehnung der Luft; und der aus einer Batterie von 30 Quadratſchuh belegter Glasfläche würde das Waſſer in der kleinen Röhre bis ganz an die Spitze hinauf treiben. Wenn die Luft ſich nicht weiter ausdehnet, ſo bleibt die Waſſerſäule einen Augenblick ſtehen, bis ſie mit der verdünnten Luft im Gleichgewicht iſt; alsdann fällt ſie wieder nach und nach bis an ihren vorigen Ort, indem ſich die Luft abkühlet. Wenn man genau bemerkt, in welcher Höhe das Waſſer zuerſt ſtehen bleibt, ſo kann man den Grad der Verdün - nung leicht beſtimmen.

211. Verſuch.

Man nehme eine Glasröhre, etwa 4 Zoll lang und ¼ Zoll im Durchmeſſer, welche an beyden Enden offen iſt; befeuchte ihre innern Wände mit zerfloſſenem Weinſteinöl (Oleum Tartari per deliquium), ſtecke zwey Stücke Kork in die Enden der Röhre, und durch jedes einen Drath, ſo daß die Enden der Dräthe innerhalb der Röhre ohngefähr ¾; Zoll aus einander kommen. Den einen Drath verbinde man mit der äußern Belegung einer gela - denen Flaſche, und den andern mit dem Knopfe derſelben, ſo daß die Entladung der Flaſche durch die Röhre geht;212Sechszehntes Capitel.man wiederhole dieſes einigemahl, ſo wird das Wein - ſteinöl ſehr oft deutliche Merkmale einer Cryſtalliſation zeigen.

212. Verſuch.

Man lade eine leidner Flaſche (deren Knopf in die Flaſche eingeküttet iſt), ſtelle ſie auf ein iſolirendes Sta - tiv, hebe ſie beym Knopfe auf, und halte die äußere Be - legung gegen die condenſirende Kugel eines erſten Leiters, indem die Maſchine gedrehet wird, ſo wird ein langer Stralenbüſchel und Funken zwiſchen der Belegung der Flaſche und der Kugel des erſten Leitcrs entſtehen, deſſen Länge 4 12 Zoll und drüber betragen wird.

213. Verſuch.

Man nehme etwas geſtoßenen Cantonſchen Phoſpho - rus, und ſtreiche ihn, mit etwas Weingeiſt vermiſcht, über die ganze innere Seite einer reinen gläſernen Phiole, ver - ſtopfe dieſelbe, und entferne ſie vom Lichte. Wenn man einige ſtarke Funken aus einem Conductor zieht, und die Phiole 2 3 Zoll von dieſen Funken abhält, daß das Licht der Funken auf ſie fallen kann, ſo wird die Phiole leuchten, und dies eine lange Zeit fortſetzen.

214. Verſuch.

Man entlade eine Flaſche über ein dünnes Stückgen Holz, welches die Geſtalt eines halben Monds hat, und mit dem gedachten Phoſphorus beſtrichen iſt, ſo wird der halbe Mond im Finſtern leuchten.

Man lege einen kleinen Schlüſſel auf den Phoſpho - rus, entlade eine leidner Flaſche über denſelben, und neh - me den Schlüſſel herab, ſo wird ſich im Finſtern die Form des Schlüſſels mit allen ſeinen Theilen vollkommen deutlich zeigen.

Da die Verſuche mit dem Phoſphorus nicht allein an ſich ſehr merkwürdig ſind, ſondern auch mit der Natur der Elektricität in der genauſten Verbindung zu ſtehen213Vermiſchte Verſuche.ſcheinen, ſo hoffe ich mich nicht allzuweit von dem Gegen - ſtande dieſes Werks zu entfernen, wenn ich noch einige von Herrn Wilſon hierüber angeſtellte Verſuche anfüh - re; und dies um deſto mehr, da die Hervorbringung der prismatiſchen Farben keinesweges ſchwer iſt, und nichts weiter, als einige Auſterſchalen und ein ſtarkes Feuer er - fordert. Denn wenn dieſe Schalen nur ganz nachläßig mitten ins Feuer geworfen, und die gehörige Zeit über darinn gelaſſen werden (welche Zeit von 10 Min, einer bis 2 oder 3 Viertelſtunden, bis 1, 2, 3 Stunden geht, je nachdem die Schalen ſtärker und dichter ſind, und der Grad des Feuers größer oder getinger iſt), ſo zeigen ſie ſehr lebhafte prismatiſche Farben, wenn män ſie aus der Sonne plötzlich ins Dunkle bringt, und die Augen vorher ein wenig vorbereitet ſind. Herr Wilſon erregte das Licht dieſer Schalen durch die Elektricität auf folgende Art.

215. Verſuch.

Er ſtellte eine präparirte Auſterſchale, welche die prismatiſchen Farben ſehr lebhaft zeigte, auf ein metalle - nes, oben abgerundetes Stativ, welches ohngefähr einen halben Zoll im Durchmeſſer hatte; an die Oberfläche die - ſer Schale, und nahe an das Mittel, wo die farbenerre - genden Theile am häufigſten beyſammen waren, brachte er das Ende eines metallenen Stabs, und verband hier - auf beyde Metalle gehörig mit den Belegungen einer ge - ladenen Flaſche, als ob er dieſelbe entladen wollte. Doch ließ er in dieſer Verbindung mit Vorſatz eine Lücke von etwa drey Zollen zunächſt an der einen Seite des Glaſes; die Entladung erfolgte, ſobald er dieſe Lücke mit Metall ausfüllte. Im Augenblicke der Entladung ſelbſt fieng die Schale an mit der größten Schönheit zu leuchten, ſo daß alle Farben vollkommen deutlich erſchienen, und jede nach der verſchiedenen Lage der farben-erregenden Theile an ihrer gehörigen Stelle ſtand. Dieſe Farben blieben214Sechszehntes Capitel.einige Minuten lang ſichtbar, und wenn ſie verſchwanden, ſo trat ein weißliches und ins purpurrothe fallendes Licht an ihre Stelle, welches eine lange Zeit anhielt. Und wenn gleich der Verſuch mit ebenderſelben oder andern Schalen einigemahl wiederholet wurde, ſo blieben doch die Farben an ihren gehörigen Stellen, und behielten faſt ebendenſel - ben Grad des Glanzes; nur wurden bisweilen in der Ge - gend, wodurch der Schlag gieng, einige Schuppen abge - ſchlagen.

216. Verſuch.

Körper von einerley Art, aber von verſchiedenen Groößen und Maſſen, werden mit elektriſcher Materie bloß in Proportion ihrer Oberfläche geladen, ohne daß die Größe der Maſſe in dieſem Falle einigen Einfluß oder Mitwirkung zeigt.

Die Naturforſcher ſind zwar hierüber ſehr verſchie - dener Meinung geweſen; aber folgender Verſuch, den ich mit Herrn Achard’s eignen Worten vortragen will, ſcheint die Frage völlig zu entſcheiden.

Jch elektriſirte, ſagt er, einen hohlen cylindriſchen meſſingenen Conductor, der 7 Zoll lang war, und Zoll im Durchmeſſer hatte. Als er 40 Grad Elektricität er - halten hatte, zog ich einen Funken aus ihm, mit einem ebenfalls 7 Zoll langen und Zoll im Durchmeſſer hal - tenden hohlen meſſingenen Conductor, welcher acht Unzen wog, und ſorgfältig iſolirt war. Der erſte Conductor verlor dadurch 15 Grad Elektricität. Jch wiederholte den Verſuch, da der Conductor 30 Grad Elektricität hat - te, und hiebey verlor er 10 Grad. Endlich, wenn er nur 20 Grad hatte, verlor er durch eine augenblickliche Berührung mit eben demſelben Cylinder nur 7 Grad. Jch füllte nunmehr dieſen Cylinder mit Bley aus, wo - durch er um 5 Pfund ſchwerer ward, und alſo eben ſoviel Maſſe mehr erhielt, wiederholte eben dieſelben Verſuche, und erhielt noch immer eben dieſelben Reſultate.

215Vermiſchte Verſuche.

Es folgen hierauf noch andere Verſuche, welche Herrn Achard’s Meynung noch mehr beſtätigen.

Dieſe Verſuche zeigen, 1) daß Körper von gleichen Oberflächen, aber verſchiedenen Maſſen, unter gleichen Umſtänden mit gleichen Mengen von elektriſcher Ma - terie geladen werden; 2) daß Körper von gleichen Maſſen, aber verſchiedenen Oberflächen, unter übrigens gleichen Umſtänden mit ungleichen Mengen von elektri - ſcher Materie geladen werden, und daß der Körper von größerer Oberfläche ſtärker geladen wird, als der von ge - ringerer Oberfläche. Daher erhalten die Körper mehr oder weniger Elektricität, nicht in Proportion ihrer Maſ - ſen, ſondern in Proportion ihrer Oberflächen.

Noch ehe dieſe Verſuche angeſtellt wurden, hatte man bemerkt, daß die ungemeine Feinheit und die in den meiſten Fällen ſtatt findende Unſichtbarkeit der elektriſchen Materie, alle Beobachtungen und Muthmaßungen über ihre Geſchwindigkeit unmöglich mache. Inzwiſchen iſt es doch unglaublich, daß dieſe Materie durch die wirkli - che Subſtanz metalliſcher Körper durchgehen, und doch durch ihre feſten Theile nicht aufgehalten werden ſollte. In ſolchen Fällen, wo die feſten Theile der Metalle wirk - lich und augenſcheinlich durchdrungen werden, z. B. wenn der elektriſche Schlag durch Drath geht, ſieht man den Widerſtand deutlich, denn die Theile des Draths werden mit Gewalt nach allen Richtungen aus einander geworfen und zerſtreuet.

Eben dies geſchahe bey den Ringen, welche D. Ptieſtley auf glatte Stücken Metall ſchlug. Es ward ein Theil des Metalls zerſtreut und heraus geworfen, denn die cirkelrunden Flecke beſtanden aus lauter kleinen - chern. Wenn daher die elektriſche Materie durch die Subſtanz der Meralle, und nicht über ihre Oberfläche gienge, ſo müſſe augenſcheinlich ein Drath, deſſen Durch - meſſer einem ſolchen cirkelrunden Flecke gleich wäre, durch eine Exploſion von gleicher Stärke ebenfalls zerſchmettert216Sechszehntes Capitel.werden; da doch ein Drath, deſſen Durchmeſſer dem Durchmeſſer eines ſolchen runden Fleckens gleich iſt, einen weit ſtärkern Schlag, als irgend eine bis hieher verfertigte Batterie zu geben im Stande iſt, ohne die geringſte Be - ſchädigung fortleitet. Es iſt daher ſehr wahrſcheinlich, daß, obgleich ſtarke elektriſche Schläge, welche überhaupt wie Feuer wirken, in die Subſtanz der Metalle eindrin - gen und dieſelbe verzehren, dennoch die Elektricität ſich über die Oberfläche der Metalle verbreite, und nicht eher in die Subſtanz derſelben eindringe, als bis ſie gezwun - gen wird, ſich in einen engen Raum zuſammen zu drän - gen, wobey ſie alsdann, wie Feuer, wirkt.

In vielen Fällen wird die Elektricität durch Metalle, welche faſt auf bloße Oberfläche reducirt ſind, ſehr wohl geleitet. Ein weißes Papier, da es ein elektriſcher Kör - per iſt, leitet keinen Schlag, ohne dadurch zerriſſen zu werden; aber eine mit Bleyſtift darauf gezogne Linie lei - tet unbeſchädigt die Ladung mehrerer Flaſchen. Unmög - lich können wir hiebey annehmen, daß die elektriſche Ma - terie durch die Subſtanz des Bleyſtiftſtrichs gehe; ſie muß über die Oberfläche deſſelben fließen. Und, wenn wir einige Eigenſchaften der Metalle in Betrachtung zie - hen, ſo finden wir große Urſache anzunehmen, daß ihre leitende Kraft in ihrer Oberfläche liege.

Fig. 92. zeigt eine kleine Glasröhre, an einem En - de mit Kork verſtopft; K iſt ein Drath, der durch einen andern Kork geht, welcher in das andere Ende der Röhre befeſtiget iſt. Am obern Ende des Draths befindet ſich eine meſſingene Kugel, das innerhalb der Röhre befind - liche Ende iſt unter einem rechten Winkel umgebogen.

217. Verſuch.

Man nehme den obern Kork mit dem Drathe her - aus, gieße etwas Oel in die Röhre, paſſe den Kork wie - der ein, und ſtoße den Drath hinab, bis das Ende an oder lieber etwas unter der Oberfläche des Oels ſteht. Wenn217Vermiſchte Verſuche.man nun die Kugel gegen den erſten Leiter einer Maſchine hält, und den Finger oder einen andern leitenden Körper dem gebognen Ende des Draths gegen über bringt, ſo wird ein Funken aus dem Leiter der Maſchine in die meſ - ſingene Kugel, ein anderer aber zugleich aus dem Ende des Draths hervorgehen und das Glas durchbohren, wo - bey das Oel auf eine beſondere Art bewegt wird.

Dieſer Verſuch gewinnt ein weit ſchöneres Anſehen, wenn er im Dunkeln angeſtellt wird. Wenn das erſte Loch ins Glas geſchlagen iſt, drehe man das Ende des Draths in die Runde gegen eine andere Stelle der Glas - röhre, ſo wird auf eben dieſe Art ein zweytes Loch geſchla - gen. Dieſen Verſuch habe ich dem Herrn Morgan von Norwich zu danken, der denſelben noch weiter getrie - ben, kleine Flaſchen mit Kütt ausgefüllet, und dann auf ähnliche Art den Schlag durch dieſelben geführt hat. Man kann die Glasröhre auch durchlöchern, wenn ſich gleich nur Waſſer anſtatt des Oels in derſelben befindet.

Herr Cullen hat durch den Schlag in Röhren mit Oel ſehr beträchtliche Wirkungen hervorgebracht. Der Funken ſcheint im Oele groößer, als wenn er durch Waſſer geht.

Herr de Villette füllte einen metallenen Teller mit Oel, elektriſirte denſelben und tauchte eine Nadel ins Oel. Er erhielt einen ſehr ſtarken Funken, ſobald die Spitze der Nadel dem Teller nahe kam. Er ließ eine kleine Korkku - gel auf dem Oele ſchwimmen; als er derſelben das dicke Ende eines Stengels von Lindenholz näherte, ſenkte ſie ſich zu Boden, ſtieg aber ſogleich wieder in die Höhe.

Mit dem Verſuche des Herrn Morgan haben ei - nige Beobachtungen des D. Prieſtley Aehnlichkeit. Wenn dieſer die zerbrochenen Stellen einer Flaſche mit Kütt oder Firniß überzog, ſo fand er beſtändig, daß ſie allezeit an der Stelle wieder zerbrach, wo der Kütt auf - hörte; hier ward das Glas von neuem durchlöchert, ſo daß der Bruch keine Verbindung mit dem vorigen hatte. 218Sechszehntes Capitel.Die Flaſche zerbrach allezeit bey der erſten Ladung, gemei - niglich noch ehe ſie ihre halbe Ladung erhalten hatte. D. Prieſtley, welchem dieſes Phänomen auſfiel, machte den Verſuch mit einer Flaſche, welche nicht zerbrochen war, und von deren Stärke er ſich im voraus durch verſchiedene Entladungen verſichert hatte: er nahm etwas von ihrer äußern Belegung hinweg, legte einen Fleck Kütt, etwa von einem Zolle im Durchmeſſer, darauf, zog die Bele - gung wieder darüber, und lud die Flaſche; aber, ehe ſie noch ihre halbe Ladung erhalten hatte, zerbrach ſie durch eine freywillige Entladung, zwat nicht am Ende, ſondern in der Mitte des Küttflecks, wo das Glas am dünnſten war. Er bedeckte eine andere Flaſche ganz mit Kütt, und dieſe zerbrach nahe am Boden, wo das Glas gemei - niglich am dickſten iſt. Eine von innen und außen ganz mit Kütt überzogene und dann mit Stanniol belegte Fla - ſche zerbrach bey dem erſten Verſuche, ſie zu laden.

218. Verſuch.

Das Zaubergemälde (magiſche Gemälde) be - ſteht aus einer belegten Glastafel, dergleichen zu dem leid - ner Verſuche gebraucht werden; über die Belegung der einen Seite wird ein Gemälde, und über die andere Seite ein weißes Papier geklebt, ſo daß es das ganze Glas be - deckt; dieſes wird in einen Rahmen gefaſſet, mit aus. wärts gekehrtem Gemälde, und eine Verbindung zwiſchen dem Stanniol der hintern Seite und der untern Leiſte des Rahmens gemacht, auch wird dieſe Leiſte mit Stanniol überzogen.

Man lege dieſes Gemälde mit aufwärts gekehrtem Bilde auf den Tifch, und ein Stück Geld darauf, laſſe von dem Conductor einer Maſchine eine Kette darauf her - abfallen, und drehe den Cylinder, ſo wird die Glasplatte bald geladen ſeyn. Nun hebe man das Gemälde bey der obern Leiſte auf, und laſſe eine andere Perſon die untere Leiſte berühren, und zugleich verſuchen, das Geldſtück219Vermiſchte Verſuche.wegzunehmen, ſo wird dieſelbe einen Schlag erhalten, und gemeiniglich ihre Abſicht verfehlen.

219. Verſuch.

Man ſchütte etwas Meſſingſpäne in eine belegte Flaſche, lade dieſelbe, kehre ſie um, und laſſe etwas von den Spänen heraus fallen, ſo werden ſich dieſelben über jede untergelegte glatte Fläche ganz gleichförmig verbrei - ten, und gerade ſo, wie Regen oder Schnee niederfallen. Sollte man nicht die Frage aufwerfen können, ob nicht das Waſſer, wenn es aus den höchſten Gegenden der mit Wolken beladenen Atmoſphäre herabfällt, in weit größern Tropfen, oder wohl gar in ganzen Strömen auf die Erde kommen würde, wenn nicht das Zuſammenfließen der Tropfen durch ihre elektriſchen Atmoſphären verhindert würde?

220. Verſuch.

Man ſtelle ein rauchendes Wachslicht auf den erſten Leiter, und drehe die Maſchine, ſo wird ſich der Rauch in ein engeres Volumen zuſammen ziehen, und ſeine aufſtei - gende Bewegung wird beſchleuniget werden. Man nehme die Elektricität aus dem Conductor durch einen Funken hinweg, hänge ein paar Korkkugeln über denſelben, die etwa 5 Schuh weit von ihm abſtehen, und drehe die Maſchine von neuem, ſo werden die Kugeln in wenigen Sekunden auf einen halben Zoll weit aus einander gehen; nimmt man aber das Wachslicht hinweg, ſo gehen die Kugeln nicht aus einander.

Dieſer Verſuch beweiſet alſo deutlich, daß der Rauch ein Leiter von Elektricität ſey.

221. Verſuch.

Man nehme ein rundes überfirnißtes Bret, lege eine Kette in Form einer Spirallinie darauf, laſſe das innere Ende der Kette durch das Bret hindurchgehen, und ver - binde es mit der Belegung einer großen Flaſche; das äuſ -220Sechszehntes Capitel.ſere Ende befeſtige man an einen Auslader und entlade die Flaſche; ſo wird man an jedem Gelenke der Kette einen ſchönen Funken ſehen. Man kann durch eine ſolche Kette eine unzählbare Menge verſchiedener Illuminationen her - vorbringen.

222. Verſuch.

Man klebe Stücken Stanniol, in gleichen Entfernun - gen von einander, auf einen gebognen Glasſtab, deſſen beyde Enden mit meſſingenen Kugeln verſehen ſind, und befeſtige an die Mitte dieſes Stabs einen gläſernen Hand - griff. Dieſes Inſtrument, als Auslader gebraucht, zeigt zu gleicher Zeit das elektriſche Licht an jeder Lücke zwiſchen den Stanniolſtücken.

Jch habe ſeit einigen Jahren verſchiedene ſolche leuchtende Auslader gemacht, um dadurch zu beweiſen, daß die elektriſche Materie bey jeder Entladung ſowohl aus der negativen als aus der poſitiven Belegung ausgehe, der Idee gemäß, welche Herrn Atwood’s Verſuche angeben (man ſ. den 118. 120. Verſuch). Jch fand aber bald, daß der Umfang eines Ausladers zu dieſer Ab - ſicht viel zu klein und zu unbeträchtlich ſey.

223. Verſuch.

Fig. 98 zeigt einige Spiralröhren, welche in der Runde auf einem Brete ſtehen. Jn der Mitte des Brets ſteht eine Glasſäule, worauf eine meſſingene Haube geküt - tet iſt, in welcher eine kleine ſtählerne Spitze ſteckt; auf dieſer Spitze balancirt ein meſſingener Drath, der an jedem Ende mit einer Kugel verſehen iſt. Man ſtelle die Mitte dieſes Draths unter eine vom Conductor der Maſchine hervorgehende Kugel, ſo daß der Drath beſtändige Fun - ken aus dem Conductor erhält; dann gebe man dem Dra - the eine umdrehende Bewegung, ſo werden die Kugeln bey der Umdrehung jedem Knopfe der Spiralröhren einen Funken geben, der ſich durch den Stanniol der Röhren221Vermiſchte Verſuche.dem Vrete mittheilet, und wegen des glänzenden Lichts und der ſchnellen Bewegung ein ſehr angenehmes Schau - ſpiel darſtellt.

Alle dieſe Verſuche mit dem unterbrochenen Funken kann man ſehr ſchön verändern, und dem Funken nach Gefallen verſchiedene Farben geben.

224. Verſuch.

Man hänge eine leichte Korkkugel, welche mit Stan - niol oder Goldblättchen überzogen iſt, an einem ſehr lan - gen ſeidnen Faden auf, ſo daß ſie gerade den Knopf einer auf dem Tiſche ſtehenden geladenen Flaſche berühret; ſo wird ſie zuerſt angezogen, und dann auf eine gewiſſe Diſtanz zurückgeſtoßen, wo ſie nach einigen Schwingun - gen, endlich in Ruhe bleibt. Wird nun in einiger Ent - fernung ein angezündetes Licht dahinter geſtellt, ſo daß die Flamme ziemlich eben ſo hoch, als der Knopf der Flaſche ſteht, ſo wird ſich die Korkkugel ſogleich bewegen, und nach einigen unregelmäßigen Bewegungen eine krumme Linie um den Knopf der Flaſche beſchreiben, welche Be - wegung ſie auch eine Zeitlang fortſetzen wird.

Fig. 96 und 97 zelgen ein Elektrometer, welches dem von Herrn Brooke erfundenen ziemlich ähnlich iſt. Beyde Inſtrumente werden bisweilen zu einem einzigen verbunden, bisweilen auch jedes beſonders gebraucht, wie in den Figuren. Die Arme F H, fk, Fig. 97 müſſen beym Gebrauch ſo weit, als möglich, von der Atmoſphäre der Flaſche, der Batterie, des erſten Leiters u. ſ. f. ent - fernt werden. Der Arm F H und der Ball K ſind von Kupfer, und ſo leicht, als möglich. Die Theilungsgrade am Arme F H betragen jeder einen Gran. Sie werden zuerſt beſtimmt, indem man Grangewichte in eine meſſin - gene Kugel legt, welche ſich in der Kugel I befindet (dieſe Kugel hält ganz genau das Gleichgewicht mit dem Arme F H und dem Balle K, wenn der Schieber r auf dem erſten Theilungspunkte ſteht) und dann den Schieber r222Sechzehntes Capitel.ſolange fortſchiebt, bis er zugleich mit dem Balle K, der Kugel I und dem darinn befindlichen Gewichte das Gleich - gewicht hält.

A, Fig. 96 iſt eine in 90 gleiche Theile getheilte Cirkelſcheibe. Der Zeiger dieſer Scheibe geht einmal her - um, wenn ſich der Arm B C durch 90 Grad oder den vierten Theil eines Cirkels bewegt hat. Der Zeiger erhält ſeine Bewegung durch die zurückſtoſſende Kraft der zwi - ſchen den Bällen D und B wirkenden Ladung*)Man ſehe Philoſ. Transact. Vel. LXXXII. p. 384..

Wenn der Arm B C zurückgeſtoßen wird, ſo zeigt dies, daß die Ladung ſtärker werde; der Arm FH hinge - gen zeigt, wie groß die zurückſtoßende Kraft zwiſchen zween Bällen von dieſer Größe in Granen ſey, durch die Zahl, auf welcher das Gewicht ſtehen bleibt, wenn der Arm durch die zurückſtoßende Kraft der Ladung aufgeho - ben wird. Zugleich giebt der Arm B C die Anzahl der Grade an, auf welche der Ball B zurückgeſtoßen wird; ſo daß man durch wiederholte Verſuche die Anzahl der Grade, welche jeder gegebenen Anzahl von Granen zu - kömmt, beſtimmen, und eine Tabelle darüber verfertigen kann, mit deren Hülfe man dann das Elektrometer Fig. 96 ohne das Fig. 97 vorgeſtellte gebrauchen kann.

Herr Brooke glaubt, kein mit Elektricität gelade - nes Glas vertrage eine ſtärkere Ladung, als diejenige, de - ren zurückſtoßende Kraft zwiſchen Bällen von der Größe, wie er ſie gebrauchte, 60 Gran betrage; in wenigen Fäl - len halte es 60 Gran Gewicht, und es ſey jederzeit ge - fährlich, weiter, als auf 45 Gran zu gehen.

Wenn nun die Größe einer belegten Fläche und der Durchmeſſer der Bälle bekannt iſt, ſo kann man daraus beſtimmen, wieviel belegte Fläche und wieviel Grane Re - pulſion nöthig ſind, um einen Drath von gegebner Größe zu ſchmelzen, ein Thier zu tödten u. ſ. w.

223Vermiſchte Verſuche.

Herr Brooke glaubt zwar noch nicht hinlänglich bekannt mit allen Vorzügen dieſes Elektrometers zu ſeyn; ſoviel aber, ſagt er, ſey doch klar, daß er eine allgemein verſtändliche Sprache rede, welches bey keinem andern Elektrometer möglich ſey; denn obgleich andere Elektro - meter zeigten, ob eine Ladung ſtärker oder ſchwächer ſey, wenn ihr Zeiger mehr oder weniger abgeſtoßen würde, oder die Ladung auf größere oder geringere Diſtanzen explodirte, ſo werde doch die eigentliche Größe der Ladung dadurch nicht beſtimmt: dieſes Elektrometer hingegen zeige die Stärke der zurückſtoßenden Kraft in Granen; und die Ge - nauigkeit des Inſtruments könne leicht probiret werden, wenn man Gewichte auf die innere Kugel lege, und ſehe, ob ſie mit den Graden der Theilung in F H, auf welche der Schieber geſtellt ſey, übereinſtimmen.

Beobachtungen und Verſuche des D. Prieſtley über die Wirkungen der Elektricität auf ver - ſchiedene elaſtiſche Flüſſigkeiten.

225. Verſuch. Blaue mit vegetabiliſchen Säften gefärbte Liquoren roth zu färben.

Der hiezu dienende Apparatus iſt Fig. 94 vorgeſtellt. A B iſt eine 4 5 Zoll lange und $$\nicefrac {2}{10}$$ Zoll Weite im Lichten haltende Glasröhre; in das eine Ende derſelben iſt ein Drath eingeküttet, an welchem ſich eine meſſingene Kugel befindet; der untere Theil der Röhre von a an wird mit Waſſer gefüllt, das mit Lakmus oder Veilchenſaft blau gefärbt iſt. Man kann dies leicht bewerkſtelligen, wenn man die Röhre in ein Gefäß mit gefärbtem Waſſer ſtellt, und alles zuſammen unter die Glocke der Luftpum - pe ſetzt; denn wenn man nun die Luft aus der Glocke zie - het, und ſie dann wieder hinein läßt, ſo wird der gefärbte Liquor in der Röhre in die Höhe ſteigen, und zwar deſto224Sechzehntes Capitel.höher, je reiner das Vacuum geweſen iſt. Nunmehe nehme man Röhre und Gefäß aus der Glocke heraus, und laſſe aus dem erſten Leiter ſtarke Funken in die meſſingene Kugel ſchlagen.

Wenn D. Prieſtley dieſen Verſuch anſtellte, ſo fand er, daß ohngefehr eine Minute nach gezogenem Fun - ken zwiſchen dem Drathe b und dem Liquor bey a, der obere Theil des Liquors roth zu werden anfieng; in zwo Minuten ward er völlig roth, und der rothgefärbre Theil vermiſchte ſich nicht leicht mit dem übrigen Liquor. Ward die Röhre beym Ausziehen des Funkens ſchief geſtellt, ſo erſtreckte ſich die Röthe an der untern Seite doppelt ſo weit, als an der obern. Je röther der Liquor ward, deſto näher kam er dem Drathe, daß alſo die Luft, durch wel - che der Funken gieng, vermindert ward; dies erſtreckte ſich etwa bis auf ein Fünftel des ganzen Raums, worauf ein fortgeſetztes Elektriſiren weiter keine merkliche Wirkung mehr hervorbrachte.

Um nun zu beſtimmen, ob die Urſache dieſer Ver - änderung der Farbe in der Luft, oder in der elektriſchen Materie liege, dehnte D. Prieſtley mit Hülfe der Luft - pumpe die Luft in der Röhre ſo lang aus, bis aller Liquor heraus war, und ließ friſchen blauen Liquor anſtatt des vorigen hinein, auf welchen aber die Elektricität keine merkliche Wirkung that. Man ſahe alſo deutlich, daß die elektriſche Materie die Luft decomponiret, und dieſe etwas Säure abgeſetzt habe. Das Reſultat war immer einerley, wenn er gleich Dräthe von verſchiedenen Metal - len nahm. Es blieb auch noch immer eben daſſelbe, wenn er in einer umgebognen Röhre den Funken von dem Li - quor des einen Schenkels in den Liquor des andern über - gehen ließ. Die auf dieſe Art verminderte Luft war im höchſten Grade ſchädlich.

Gieng der elektriſche Funken durch verſchiedne Luft - gattungen, ſo zeigte er verſchiedne Farben. In fixer Luft war der Funken ſehr weiß, in brennbarer und laugenarti -225Vermiſchte Verſuche.ger Luft hatte er eine purpurrothe oder rothe Farbe. Man kann hieraus ſchließen, daß die leitende Kraft dieſer Luftgattungen verſchieden, und daß die fixe Luft ein voll - kommnerer Nicht-leiter, als die brennbare ſey.

In einer von Herrn Lane aus dem kauſtiſchen Al - kali gezognen Luftart, ingleichen in Luft aus Salzgeiſt, war der Funken gar nicht ſichtbar, daß alſo dieſe Luftgat - tungen noch vollkommnere Leiter der Elektricität zu ſeyn ſcheinen, als das Waſſer oder andere flüſſige Subſtanzen.

Aus allen Arten von Oel entbindet der elektriſche Funken brennbare Luft. D. Prieſtley machte den Ver - ſuch mit Aether, mit Olivenöl, Terpentinöl, weſentlichem Oel der Münze 2c. und zog elektriſche Funken aus denſel - ben ohne allen Zugang der Luft; es ward aber aus allen brennbare Luft entbunden.

D. Prieſtley fand, wenn er eine ſchwache elektri - ſche Exploſion eine Stunde lang in einen Zoll fixe Luft ge - hen ließ, welche in eine Glasröhre von Zoll Durch - meſſer eingeſchloſſen war, daß alsdann nur ein Viertel dieſer Luft vom Waſſer eingeſogen ward. Wahrſcheinlich würde das Ganze ſeyn eingeſogen worden, wenn die elektri - ſche Operation lange genug wäre fortgeſetzt worden.

In laugenartiger Luft erſcheint der elektriſche Funken roth: elektriſche Exploſionen, welche durch dieſe Luft ge - hen, vergrößern das Volumen derſelben, ſo daß eine Quantität dieſer Luft, wenn man etwa 200 Exploſionen durch dieſelbe gehen läßt, bisweilen um den vierten Theil ihres anfänglichen Volumens vergrößert wird. Läßt man alsdann Waſſer zu dieſer Luft, ſo abſorbirt daſſelbe die anfängliche Quantität, und läßt nur ſoviel elaſtiſches Flui - dum übrig, als die Elektricität erzeugt hat, und dieſer Ueberreſt iſt ſtark brennbare Luft.

Wenn D. Prieſtley den elektriſchen Funken in vi - triolſaurer Luft auszog, ſo fand er, daß die innere Seite der Röhre, in welche dieſelbe eingeſchloſſen war, mit einer ſchwarzgrauen Subſtanz überzogen ward. Er ſcheint da -226Sechszehntes Capitel.für zu halten, daß ſich die ganze vitriolſaure Luft in dieſe ſchwarze Materie verwandeln laſſe, und zwar nicht durch eine Verbindung mit der elektriſchen Materie, ſondern bloß durch die von der Exploſion veranlaſſete Erſchütte - rung; und daß man, wenn es der Kalk des Metalls ſey, welches das Phlogiſton hergegeben habe, nicht unterſchei - den könne, aus welchem Metalle, und überhaupt aus wel - cher Subſtanz die Luſt ſey ausgezogen worden.

D. Prieſtley ließ 150 Exploſionen aus einer ge - meinen Flaſche in ein Viertelunzenmaaß vitriolſaure Luft aus Kupfer gehen, wodurch das Volumen derſelben ohn - gefähr um ein Drittel vermindert wurde, der Ueberreſt aber dem Anſcheine nach nicht verändert war, indem er ganz vom Waſſer abſorbiret wurde. Dieſe Luft ward fer - ner ſehr ſorgfältig dreymal aus einem Gefäße in ein an - deres gelaſſen; und das letzte Gefäß, in welchem die Er - ploſionen gemacht wurden, ward dadurch eben ſo ſchwarz, als das erſte, ſo daß es ſcheint, als ob ſich dieſe Luft ganz in dieſe ſchwarze Subſtanz verwandeln laſſe.

Weil er vermuthete, es könne dieſe Verminderung der vitriolſauren Luft davon herrühren, daß dieſelbe von dem Kütt, mit welchem die beym Verſuche gebrauchten Glasröhren verſchloſſen waren, abſorbirt würde, ſo wie - derholte er den Verſuch mit Luft aus Queckſilber, die in einer gläſernen gebognen Röhre mit Queckſilber eingeſchloſ - ſen war, fand aber eben daſſelbe Reſultat.

Daß dieſe Materie bloß aus der vitriolſauren Luft, und nicht aus einer Verbindung der elektriſchen Materie mit derſelben entſtehe, wird aus folgendem Verſuche er - hellen.

D. Prieſtley zog aus einem Conductor von mäſſi - g[e]r Größe fünf Minuten lang ununterbrochen den einfachen elektriſchen Funken in eine Quantität vitriolſaurer Luft, ohne daß an der innern Seite des Glaſes die geringſte Veränderung erfolgte; wenn er aber gleich darauf nur zwo Exploſionen einer gemeinen Flaſche durchgehen ließ, deren227Vermiſchte Verſuche.jede in weniger als einer Viertelminute von derſelben Ma - ſchine in ebendemſelben Zuſtande hervorgebracht wurde, ſo wurde die ganze innere Seite des Glaſes völlig mit der ſchwarzen Materie überzogen. Hätte ſich nun die elektriſche Materie mit der Luft verbunden, und wäre dieſe ſchwarze Materie das Reſultat dieſer Verbindung geweſen, ſo könnte der ganze Unterſchied zwiſchen der Wirkung des einfachen Funkens und der Exploſion, aufs höchſte nur in dem Grade oder in der ſchnellern Entſtehung dieſer Mate - rie beſtanden haben.

Wenn eine große ohngefähr 1 ½ Zoll weite Flaſche mit dieſer Luft gefüllt ward, ſo that die Exploſion einer ſehr großen Flaſche, welche mehr als 2 Quadratfuß belegte Fläche enthielt, gar keine Wirkung darauf; woraus er - hellet, daß in dieſen Fällen die Kraft des Schlags nicht im Stande war, dieſer größern Menge von Luft eine ſo ſtarke Erſchütterung zu geben, als zu Decompoſition eines Theils derſelben nöthig geweſen wäre.

Er hatte zu Entbindung dieſer Luft gewöhnlich Kup - fer gebraucht, hernach abat zog er ſie faſt aus allen Sub - ſtanzen, aus welchen man ſie erhalten kann; die elektriſche Exploſion that in allen die nehmliche Wirkung. Da ſich aber doch bey einigen von dieſen Verſuchen beſondere Um - ſtände zeigten, ſo erwähnt er derſelben mit wenigem, wie folget.

Wenn er vitriolſaure Luft aus Bley zu erhalten ſuch - te, und deswegen eine Quantität bleyernen Schrot in eine Flaſche mit Vitriol ſchüttete, und nur den gewöhnlichen Grad der Wärme gebrauchte, ſo entſtand eine ſehr be - trächtliche Hiße; endlich aber konnte keine Luft mehr er - halten werden, obgleich die Hitze bis zum Kochen der Säure verſtärkt wurde. Er muthmaßte daher, daß in dieſem Falle das Phlogiſton durch etwas, das an dem Schrote angehangen habe, ſey erſetzt worden. Inzwi - ſchen ließ er die elektriſche Exploſion durch die ſo erzeugte Luft gehen; in der erſten Quantität, die er auf dieſe Art228Sechszehntes Capitel.unterſuchte, erzeugte ſich eine weißliche Materie, welche die innere Seite der Röhre faſt ganz bedeckte; zuletzt aber ward nichts weiter, als ſchwarze Materie erzeugt, wie in allen übrigen Verſuchen. Ließ man Waſſer zu dieſer, ſo blieb ein beträchtlicher Ueberreſt zurück, welcher in ſehr ge - ringem Grade kenntbar war.

Man kann auch ſehr leicht vitriolſaure Luft aus dem Weingeiſt erhalten; die Miſchung wird ſchwarz, ehe man einige Luft erhält. Auch in dieſer Luft ward durch die elektriſche Exploſion die ſchwarze Materie erzeugt.

Die Verſuche mit dem Aether ſcheinen das meiſte Licht über dieſe Materie zu verbreiten, da dieſe Luftgat - tung aus dem Aether eben ſowohl, als aus jeder Phlogi - ſton enthaltenden Subſtanz gezogen werden kann. In der aus dem Aether gezognen Luft färbte der elektriſche Schlag das Glas ſehr ſchwarz, mehr, als bey irgend ei - nem andern Verſuche dieſer Art; und wenn das Waſſer ſoviel, als möglich, von dieſer Luft eingeſchluckt hatte, ſo blieb ein Ueberreſt, in welchem ein Licht mit einer lodern - den blauen Farbe brannte. Das merkwürdigſte bey die - ſem Verſuche aber war dieſes, daß nicht nur das Vitriolöl während des Proceſſes ſehr ſchwarz ward, ſondern auch eine ſchwarze dicke Subſtanz erzeugt wurde, welche auf der Oberfläche der Säure ſchwamm.

Vielleicht könnte die chemiſche Zergliederung dieſer Subſtanz mehr Licht über die Natur der ſchwarzen Mate - rie verbreiten, welche durch elektriſche Exploſionen in vi - triolſaurer Luft entſteht, da ſie beyde einander ſehr ähnlich zu ſeyn ſcheinen.

In gemeiner mit Queckſilber in eine Glasröhre ein - geſperrter Luft, bedeckt der elektriſche Funken oder Schlag die innere Seite der Röhre mit einer ſchwarzen Materie, welche, wenn ſie erhitzt wird, ſich als reines Queckſilber zeiget. Dies mag daher wohl auch der Fall mit der ſchwarzen Materie ſeyn, in welche nach Prieſtley’s Ver - muthung durch eben dieſes Verfahren die vitriolſaure Luft229Vermiſchte Verſuche.verwandlet werden ſoll, obgleich hiebey die Wirkung w[e]it ſtärker war, als in der gemeinen Luft. Die Exploſion bringt die Verminderung der gemeinen Luft oft in der Hälfte derjenigen Zeit hervor, in welcher der einfache Funken dieſes thut, wenn die Maſchine in gleich viel Zeit gleich viel elektriſche Materie giebt: auch wird die Röhre durch die Schläge viel eher ſchwarz, als durch die Funken. Iſt die Röhre viel weiter als $$\nicefrac {3}{10}$$ Zoll, ſo wird ſie biswei - len ſehr ſchwarz, ohne daß jedoch eine merkliche Vermin - derung der Quantität der Luft entſteht.

226. Verſuch.

Dieſer beſondere Verſuch ward vom Herrn Mar - ſham eigentlich in der Abſicht angeſtellt, um Dräthe mit einer kleinen leidner Flaſche zu ſchmelzen. Die Wir - kungen ſind merkwürdig, und ſcheinen ein ganz neues Feld zu Unterſuchung der Kraft und Richtung der elektriſchen Materie zu eröffnen. Er befeſtigte ein kleines Stück Wachs auf die äußere Belegung der leidner Flaſche, und ſteckte den Kopf einer kleinen Nadel ſo in daſſelbe, daß die Nadel mit der Belegung rechte Winkel machte; der Spitze dieſer Nadel gegen über und etwa einen halben Zoll weit davon ward eine andere Nadel befeſtiget, indem man ſie durch den Boden einer Schachtel ſteckte; dieſe ward durch einen Drath mit dem Auslader verbunden. Ward nun die Flaſche entladen, ſo ward die Nadel mit dem Wachſe von der Belegung der Flaſche ab - und in die gegenüberſte - hende Schachtel getrieben. Man vergrößerte den Abſtand beyder Nadeln bis auf 2 ½ Zoll, welches die größte Schlag - weite war. Der Kopf derjenigen Nadel, welche an der Flaſche befeſtiget war, ward augenſcheinlich an zwo bis drey Stellen geſchmolzen. War die Ladung ſtark, und das Wachs nicht feſt an die Belegung geklebt, ſo wurden Wachs und Nadel einige Zoll weit von der Flaſche wegge - worfen. Steckte man eine Wachskugel an die Spitze jeder Nadel, und ließ den Schlag durch dieſelben gehen, ſo ward die Kugel von der mit der Flaſche verbundenen völli -230Sechszehntes Capitel.ge zween Schuh weit hinweggeworfen. Bey nochmaliger Wiederholung konnte er dieſe Wirkung nicht wieder her - vorbringen.

Herr Marſham befeſtigte nun die Nadel, welche der an der Flaſche entgegengeſetzt war, mit Wachs an eine meſſingne Platte. Ließ er nunmehr die Ladung durchge - hen, wenn die Nadeln ½ Zoll weit von einander abſtan - den, ſo ward die Nadel 6 Zoll weit von der meſſingenen Platte weggeworfen, die andere Nadel aber blieb an ihrer Stelle. Vergrößerte er ihren Abſtand von einander, ſo war die Wirkung noch ebendieſelbe, bis ſie auf 1 ½ Zoll weit auscinander kamen, da ſie nicht mehr herausgewor - fen wurden. In vielen Fällen wurden auch beyde heraus - geworfen, und ließen das Wachs zurück.

In allen dieſen Verſuchen giengen die Nadeln durch das Wachs, ſo daß ſie die Belegung ſowohl als die Platte berührten; die Belegung ſowohl als die Platte waren bey jeder Exploſion ſehr ſchön angeſchmolzen.

Herr Marſham nahm hierauf kleine Stücken Kütt anſtatt des Wachſes; wenn er alsdann die Spitzen nur $$\nicefrac {3}{8}$$ Zoll weit von einander ſtellte, und den Schlag durchgehen ließ, ſo ward die Nadel aus der Flaſche ge - worfen, und der Kütt auf die Nadel getrieben. Die Spitzen wurden nunmehr einander ſo nahe, als möglich, geſtellt, da alsdann bey der Entladung der Kütt von bey - den Nadeln in Stücken gebrochen, und die Nadel auf eine beträchtliche Weite fortgeworfen wurde; die meſſingene Platte ward auch auf eine ſonderbare Art geſchmolzen, und die Flaſche zerbrochen.

Ueber die Aehnlichkeit zwiſchen der Entſtehung und den Wirkungen der Elektricität und der Wär - me, ingleichen der Kraft, mit welcher die Kör - per Elektricität fortleiten und Wärme anneh - men, nebſt Beſchreibung eines Inſtruments zu231Vermiſchte Verſuche.Meſſung der Quantität von elektriſcher Ma - terie, welche Körper von verſchiedner Natur unter ähnlichen Umſtänden fortleiten, von Herrn Achard*)In den Mémoires de l’Acad. de Berlin, ann. 1779..

Die Entſtehung der Wärme hat viel ähnliches mit der Erregung der Elektricität.

Alles Reiben erzeugt Wärme und erregt Elektricität. Man könnte zwar einwenden, wenn die Aehnlichkeit voll - kommen ſeyn ſollte, ſo müßte das Reiben eines jeden Kör - pers Elektricität erzeugen, welches doch der Erfahrung entgegen iſt, indem die Metalle und andere leitende Kör - per nicht anders, als durch die Berührung elektriſcher Kör - per, und nicht durch das unmittelbare Reiben elektriſirt werden können.

Man kann aber hierauf antworten, daß ein leitender Körper, an welchem ein elektriſcher gerieben wird, wofern er nur iſolirt iſt, eben ſo ſtarke Merkmale der Elektricität von ſich giebt, als der elektriſche Körper ſelbſt. Dieſe Elektricität iſt ihm nicht von dem elektriſchen mitgetheilt, denn ſie iſt von der ganz entgegengeſetzten Art, negativ, wenn der elektriſche Körper poſitiv elektriſirt iſt, und um - gekehrt.

Dieſe Bemerkung beweiſet nicht allein, daß die lei - tenden Körper eben ſowohl, als die elektriſchen, durch das Reiben elektriſiret werden, ſondern ſie zeigt auch, daß zu Erregung der Elektricität eine Zerſtörung des Gleichge - wichts zwiſchen den Elektricitäten der reibenden Körper erforderlich ſey; wenn jede Subſtanz gleich geſchickt iſt, die elektriſche Materie anzunehmen und abzugeben, ſo fällt in die Augen, daß das Gleichgewicht der Materie zwiſchen ihnen nicht geſtört werden könne; weil die Materie, die einer von dem andern empfängt, ſich in eben dem Augen -232Sechszehntes Capitel.blicke durch ihre Elaſticität wieder unter beyde vertheilet: wir können daher ſchließen,

1) daß die durchs Reiben zweener Körper erregte Elektricität deſto ſtärker ſey, je mehr der Unterſchied zwi - ſchen den leitenden Kräften dieſer Körper zunimmt.

2) daß zween Körper, welche gleich geſchickt ſind, die elektriſche Materie anzunehmen und abzugeben, kein Zeichen der Elektricität von ſich geben; nicht darum, weil ſie nicht durch Reiben elektriſirt werden könnten, ſondern weil das durchs Reiben geſtörte Gleichgewicht in eben dem Augenblicke durch die Leichtigkeit, mit welcher die elektri - ſche Materie jeden Körper durchdringt, wieder hergeſtellt wird. Aus faſt ähnlichen Urſachen werden elektriſche Kör - per, wenn man ſie an einander reibt, nicht elektriſiret.

Wir dürfen alſo wohl aus dieſer auf Erfahrung ge - gründeten Theorie ſchließen, daß die Friction in allen Fäl - len Elektricität hervor bringe, von welcher Art auch die geriebenen Subſtanzen ſeyn mögen; und daß dieſe Elek - tricität bisweilen nur darum nicht merklich ſey, weil ſie ſogleich bey ihrer Entſtehung wieder verloren geht.

Alle Subſtanzen, welche an einem Körper gerieben werden, der die elektriſche Materie mit mehr oder weniger Schwierigkeit durchläßt, als ſie ſelbſt, geben Zeichen der Elektricität; alſo ſind die Metalle eben ſo wohl für ſich elektriſch, als Glas und Siegellak.

Da alſo das Reiben allezeit und in allen Fällen Elektricität hervorbringt, ſo findet zwiſchen der Erzeu - gung der Wärme und der Erregung der Electricität eine vollkommene Aehnlichkeit ſtatt.

Ferner ſind die Wirkungen der Elektricität den Wirkungen der Wärme ähnlich.

Die Wärme dehnt alle Körper aus. So beweißt die Wirkung der elektriſchen Materie aufs Thermometer ebenfalls die ausdehnende Kraft derſelben; und wenn wir dieſelbe nicht in allen Fällen bemerken, ſo geſchieht dies233Vermiſchte Verſuche.darum, weil die Kraft des Zuſammenhangs der Körper ſtärker iſt, als die ausdehnende Kraft der Elektricität.

Die Wärme befördert nnd beſchleuniget das Auf - keimen und die Vegetation: die Elektricität, ſie ſey poſi - tiv oder negetiv, thut ebendaſſelbe.

Die Elektricität beſchleuniget die Ausdünſtung eben ſowohl, als die Wärme.

Wärme und Elektricität befördern die Bewegung des Blutes. Zwar kann die geringſte Furcht, Anſtren - gung oder Aufmerkſamkeit auf den Verſuch den Puls be - ſchleunigen, und dies könnte mit Unrecht der Elektricität zugeſchrieben werden. Allein Herr Achard ſtellte den Verſuch mit einem Hunde an, indem er ſchlief, und fand allezeit, daß die Zahl der Pulsſchläge zunahm, wenn das Thier elektriſirt wurde.

Herrn Achard’s und anderer Verſuche mit - nereyern und Fliegeneyern beweiſen, daß die Elektricität ſowohl als die Wärme, die Entwickelung dieſer Thiere begünſtiget. Die elektriſche Materie ſchmelzt auch Me - talle, eben ſo, wie das Feuer.

Wenu ſich ungleich erwärmte Körper berühren, ſo vertheilt ſich die Wärme gleichförmig unter ſie. Eben ſo ſtellt ſich das Gleichgewicht her, wenn ſich zween Körper mit ungleichen Graden oder verſchiedenen Arten von Elek - tricität berühren.

Endlich findet auch zwiſchen der Fähigkeit der Körper, die Elektricität zu leiten, und Wärme anzu - nehmen, eine vollkommene Aehnlichkeit ſtatt.

Wenn Körper von verſchiedener Art und von glei - chen Graden der Wärme in ein Mittel von verſchiedener Temperatur geſtellt werden, ſo nehmen ſie nach Verlauf einer gewiſſen Zeit alle einen gleichen Grad der Wärme an. Inzwiſchen bleibt noch immer ein beträchtlicher Un - terſchied in der Größe des Zeitraums, in welchem ſie die Temperatur des Mittels annehmen, z. B. die Metalle234Sechszehntes Capitel.brauchen weniger Zeit als Glas, um gleiche Grade der Wärme anzunehmen oder zu verlieren.

Bey aufmerkſamer Unterſuchung derer Körper, wel - che ihre Wärme am ſchnellſten annehmen und verlieren, wenn ſie in Mittel von verſchiedener Temperatur geſtellt werden, findet man, daß es ebendieſelben Körper ſind, welche am leichteſten Elektricität annehmen und verlieren. Die Metalle, welche am geſchwindeſten warm und wie - der kalt werden, nehmen auch am ſchnellſten Elektricität an und theilen ſie wieder mit. Holz, welches mehr Zeit erfodert, um erwärmt und abgekühlt zu werden, erhält und verliert auch ſeine Elektricität langſamer. Endlich Glas und harzige Subſtanzen, welche die elektriſche Ma - terie ſehr langſam annehmen und verlieren, nehmen auch die Temperatur des ſie umgebenden Mittels nicht anders, als mit Schwierigkeit, an.

Wenn man das eine Ende eines eiſernen Stabs glü - hend macht, ſo wird das andere Ende, wenn gleich der Stab mehrere Schuhe lang iſt, in kurzer Zeit ſo heiß, daß man die Hand nicht daran halten kann, weil das Ei - ſen die Hitze ſehr leicht leitet; da man hingegen eine Glas - röhre, wenn ſie auch nur wenige Zolle lang iſt, ſicher in der Hand halten kann, wenn gleich ihr anderes Ende ſchmelzet. Eben ſo geht die elektriſche Materie mit groſ - ſer Geſchwindigkeit von einem Ende eines Stabs zum an - dern über; hingegen vergeht eine lange Zeit, ehe eine Glas - röhre, an deren Ende man einen geriebenen elektriſchen Kör - per hält, am andern Ende Zeichen einer Elektricität giebt.

Dieſe Bemerkungen beweiſen, daß verſchiedene Kör - per, welche ihren Grad der Wärme ſchwer annehmen und verlieren, auch ihre Elektricität ſchwer erhalten und abge - ben. Um zu beſtimmen, ob dieſes Geſetz allgemein ſey, und welches die Ausnahmen davon ſind, werden noch viele Verſuche erfordert.

Wenn wir zwo Subſtanzen annehmen, deren eine elektriſirt iſt, die andere aber nicht, deren erſte einen be -235Vermiſchte Verſuche.kannten Grad von Elektricität hat, die letzte aber, indem ſie die erſte berührt, ihr einen gegebnen Grad von Elek - tricität raubet; ſo beſtimmt dieſer Verluſt die Leichtigkeit, mit welcher der berührende Körper die elektriſche Materie annimmt. Außer der Geſtalt und dem Volumen dieſer Subſtanz, macht auch die Zeit, durch welche beyde Kör - per in Berührung bleiben, eine Veränderung in der Quantität, welche aus der elektriſirten Subſtanz über - geht; ſo daß unter übrigens gleichen Umſtänden, die - higkeit der Körper, andere ihrer Elektricität zu berauben, oder mit andern Worten, die elektriſche Materie fortzulei - ten, ſich umgekehrt verhält, wie die Zeit, welche nöthig iſt, um den Körpern einen gleichen Grad von Elektricität zu entziehen.

Das Fig. 95 vorgeſtellte Werkzeug iſt auf dieſe Grundſätze gebaut, und es kann dadurch die Menge von Elektricität, welche ein Körper in einer gegebnen Zeit verliert, wenn er von einem andern berührt wird, genau beſtimmt werden. A B iſt eine ſehr empfindliche Wage; am Ende jedes Arms befindet ſich eine ſehr leichte küpfer - ne Kugel; C F D iſt ein getheilter Halbkreis, an die Un - terlage befeſtiget, auf welcher die Axe der Wage ruhet; die Grade können durch eine Nadel, oder durch die Arme der Wage ſelbſt gezeigt werden; die Unterlage iſt an einer meſſingenen Haube feſt, welche auf die Glasſäule G G ge - küttet iſt; dieſe Glasſäule ſteht auf dem Brete Q R S T, und iſt wenigſtens 18 Zoll hoch. U iſt eine leidner Fla - ſche; an den mit der innern Belegung verbundenen Drath Z Z ſind drey horizontale Dräthe V Z, X Z, Y Z befeſti - get, und deren Enden mit hohlen meſſingenen Kugeln verſehen; die Flaſche U iſt ſo auf das Bret befeſtiget, daß bey horizontaler Stellung der Wage, die Kugeln B und X einander berühren, wie dies in der Figur vorgeſtellt wird.

K N iſt ein metallener Hebel, der ſich bey I ſo um eine Axe bewegt, daß er ſich frey in der Verticalfläche drehen kann, welche durch den Stab V X geht; er wird236Sechszehntes Capitel. Vermiſchte Verſuche.von der hölzernen Säule I H getragen, welche auf dem Brete Q R S T aufſteht; am Ende K befindet ſich eine Schraube, um die Subſtanz zu halten, mit welcher man den Verſuch anſtellen will; das obere Ende dieſer Sub - ſtanz muß eine convere Geſtalt haben. Am andern Ende des Hebels N befindet ſich der Drath N O mit dem klei - nen Hacken O, an welchen man die Kugel P hängen kann. Der Abſtand der Säule I H von der Flaſche wird ſo ein - gerichtet, daß, wenn das Ende N niedergeht, der Körper L die Kugel V in einem Punkte berührt; die Proportion zwiſchen den Gewichten der Arme des Hebels, dem Ge - wichte P und dem Körpor L, auch zwiſchen den Längen der Säule I H und des Draths N O iſt ſo einzurichten, daß, wenn die Subſtanz L den Ball V berührt, die Ku - gel P in eben dem Augenblicke das Bret Q R S T berühre, und ſich von dem Drathe N O losmache; auf dieſe Art wird auch die Subſtanz L in eben dem Augenblicke die Kugel V verlaſſen.

Um dieſes Inſtrument zu gebrauchen, verbinde man die Flaſche U mit dem erſten Leiter durch die Kugel Y, mache vermittelſt eines Draths eine Verbindung zwiſchen Y und der Haube G, und lade die Flaſche, ſo wird die Kugel X den Ball B zurückſtoßen, und der Arm der Wage wird den Repulſionswinkel bemerken. Geſetzt, dieſer ſey 20 Grad. Man bringe nunmehr, wie im vo - rigen beſchrieben worden iſt, L in Berührung mit V, ſo wird es eine Quantität von elektriſcher Materie in ſich nehmen, die ihrer leitenden Kraft proportional iſt, die Kugel B wird in Proportion mit dieſer verlohrnen Quan - tität herabſinken, und man wird die Größe des Unter - ſchieds an dem Halbcirkel bemerken können; ſie ſey 5 Grad. Man wiederhole nun den Verſuch mit einer an - dern Subſtanz anſtatt des Körpers L: geſetzt bey dieſer Subſtanz betrage die Verminderung 8 Grad, ſo verhal - ten ſich die leitenden Kräfte dieſer Subſtanzen, wie 5: 8.

257

Verſuch über den Magnetiſmus.Verſuch über den Magnetiſmus.

258239

Die Erſcheinungen des Magnets haben zwar ſchon ſeit vielen Jahrhunderten, nicht allein wegen ihrer beſondern Wichtigkeit, ſondern auch wegen der Dunkel - heit, in welche ſie verhüllt ſind, die Aufmerkſamkeit der Naturforſcher auf ſich gezogen; aber dennoch iſt zu den Entdeckungen der erſten Unterſucher dieſer Materie ſehr wenig hinzugeſetzt worden. Alle Kräfte des Genies, wel - che man bisher zu Betreibung dieſes Gegenſtandes aufge - boten hat, ſind nicht vermögend geweſen, eine Hypotheſe aufzubringen, welche alle die mannichfaltigen Eigenſchaf - ten des Magnets auf eine leichte und genugthuende Art zu erklären im Stande wäre, oder die Glieder der Kette angäbe, durch welche dieſe merkwürdigen Erſcheinungen mit den übrigen Phänomenen der Natur zuſammenhängen.

Aus den Schriften des Plato und Ariſtoteles erhellet, daß ſchon die Alten die anziehenden und zurück - ſtoßenden Kräfte des Magnets gekannt haben: man fin - det aber nicht, daß ihnen die Richtung deſſelben nach dem Pole oder der Gebrauch des Compaſſes bekannt geweſen wäre. Da ſie noch nicht mit der gehörigen Methode, die Natur zu unterſuchen, bekannt waren, und ſich bloß mit den in die Augen fallenden Beobachtungen befriedigten, ſo waren ihre Kenntniſſe der Natur in ſehr enge Grenzen eingeſchloſſen, und brachten der menſchlichen Geſellſchaft keine großen Vortheile. Die neuern Naturforſcher hin - gegen, welche die Beobachtungen mit Verſuchen ver - banden, erweiterten gar bald die Grenzen dieſer Wiſſen - ſchaft, und entdeckten die Polarität des Magnets, eine Eigenſchaft, auf welcher gewiſſermaßen die ganze Schiff - fahrt und die Seele der Handlung beruht.

240

Der rohe oder natürliche Magnet iſt ein Eiſenerz, welches in der Erde, gemeiniglich in Eiſengruben, gefun - den wird; man findet ihn unter allerley Geſtalten und Größen, und von verſchiedenen Farben.

Die Magnete ſind insgemein ſehr hart und brüchig, und mehrentheils deſto ſtärker, je härter ſie ſind. Man kann aus ihnen einen beträchtlichen Theil Eiſen zie - hen. Nach Neumann laſſen ſie ſich faſt gänzlich in Scheldewaſſer, und zum Theil in der Vitriol - und Salz - ſäure auflöſen.

Die aus Stahl verfertigten künſtlichen Magnete werden jetzt durchgängig lieber, als die natürlichen, ge - braucht; nicht allein, weil man ſie leichter anſchaffen kann, ſondern auch; weil ſie die natürlichen an Stärke weit übertreffen, die magnetiſche Kraft ſtärker mitthei - len, und in ihrer Geſtalt leichter verändert werden können.

Die Kraft des Magnets, welche ſich auch dem Ei - ſen und Stahle mitcheilen läßt, wird der Magnetiſ - mus genennt.

Ein eiſerner oder ſtählerner Stab, dem man eine beſtändige Polarität mitgetheilt hat, heißt ein künſt - licher Magnet.

Die Punkte des Magnets, welche dem Anſcheine nach die meiſte Kraft beſitzen, oder in welchen ſeine Kraft concentrirt zu ſeyn ſcheinet, heiſſen Pole des Magnets

Der magnetiſche Meridian iſt ein Verticalkreis am Himmel, welcher den Horizont in denjenigen Punkten ſchneidet, nach welchen die Magnetnadei, wenn ſie ruhet, gerichtet iſt.

Die Axe eines Magnets iſt eine gerade Linie, wel - che von einem ſeiner Pole zum andern geht.

Der Aequator eines Magnets iſt eine auf ſeiner Axe ſenkrecht ſtehende Linie, genau mitten zwiſchen bey - den Polen.

Die unterſcheidenden und charakteriſtiſchen Eigen - ſchaften eines Magnets ſind folgende:

241über den Magnetiſmus.
  • 1) ſeine anziehenden und zurückſtoßenden Kräfte.
  • 2) die Kraft, mit welcher er ſich, wenn er frey aufgehangen wird, in eine gewiſſe Richtung gegen die Pole der Erde ſtellt.
  • 3) ſeine Neigung oder Inclination gegen einen Punkt unter dem Horizont.
  • 4) die Eigenſchaft, vorerwähnte Kräfte dem Eiſen oder Stahl mitzutheilen.

Hypotheſe.

Herr[E]uler nimmt an, daß die zwo Haupturſa - chen der wunderbaren Eigenſchaften des Magnets, er - ſtens in der beſondern Structur der innern Poren des Magnets und der magnetiſchen Körper, und zweytens in einer äußern Triebfeder oder einer flüßigen Materie beſte - hen, welche auf dieſe Poren wirkt und durch ſie hindurch - gehet. Er glaubt, dieſe flüßige Materie ſey die Atmo - ſphäre der Sonne oder der ſogenannte Aether, welcher un - ſer ganzes Syſtem erfüllet.

Die meiſten Schriftſteller über dieſen Gegenſtand vereinigen ſich darinn, daß es kleine Körper von beſonde - rer Geſtalt und Wirkſamkeit gebe, welche um und durch den Magnet einen beſtändigen Umlauf machen; und daß ein Wirbel von eben dieſer Art um und durch die Erde gehe.

Ein Magnet hat außer den Zwiſchenräumen, die ihm mit andern Körpern gemein ſind, noch andere ſehr viel kleinere Poren, welche bloß für den Durchgang der magnetiſchen Materie beſtimmt ſind. Dieſe ſind ſo ge - ſtellt, daß ſie mit einander communiciren, und Röhren oder Canäle ausmachen, durch welche die magnetiſche Materie von einem Ende zum andern kommen kann. Sie ſind aber ſo geſtaltet, daß die magnetiſche Materie nur nach einer einzigen Richtung hindurch kommen, aber nicht durch eben den Weg wieder zurück gehen kann: ſo, wie die Blutadern und lymphatiſchen Gefäße des thieri - ſchen Körpers, welche in dieſer Abſicht mit Klappen ver -242Verſuchſchen ſind: duß man ſich alſo die Poren als mehrere enge neben einander liegende und mit einander parallel laufende Röhren vorſtellen kann, wie bey A B, Fig. 99., durch welche die feinern Theile des Aethers frey von A nach B kommen, aber wegen des Widerſtandes, den ſie bey a, a, b, b antreffen, nicht wieder zurückkommen, auch den Widerſtand des gröbern Aethers nicht überwinden können, welcher ihre Bewegung veranlaſſet und unterhält. Denn, wenn man annimmt, der Pol A eines Magnets ſey mit mehreren Oefnungen ſolcher Röhren angefüllt, ſo wird die magnetiſche Materie, welche von den gröbern Theilen des Aethers fortgetrieben wird, mit einer unge - meinen Geſchwindigkeit, welche ſich nach der Elaſticität des Aethers ſelbſt richtet, nach B gehen; dieſe Materie, welche, ehe ſie in B ankam, von den gröbern Theilen des Aethers durch die Röhren getrennt ward, trift nun wie - der dergleichen gröbere Theile an, wodurch ihre Geſchwin - digkeit vermindert, und ihre Richtung geändert wird; da - her wird der vom Aether, mit welchem er ſich nicht ſo - gleich vermiſchen kann, zurückgebogne Strom auf beyde Seiten nach C und D gelenket, beſchreibt, wiewohl mit geringerer Geſchwindigkeit, die krummen Linien D E und C F e, fällt endlich in den Strom der bey m m zuflieſ - ſenden Materie, geht wieder in den Magnet, und bildet dadurch den merkwürdigeu Wirbel, welcher ſichtbar wird, wenn man Stahlfeile auf ein über den Magnet gelegtes Papier ſchüttet.

Im Eiſen und im Magnet liegt ein Beſtreben, ſich einander zu nähern, und ſich an einander zu hängen und zwar mit ſo viel Kraft, daß oft ein beträchtliches Gewicht erfordert wird, um ſie von einander zu trennen.

Man kann dieſe ſonderbaren Phänomene durch jeden Magnet beweiſen; jeder trägt ein ſchwereres oder leichteres Gewicht nach Proportion ſeiner Stärke.

243über den Magnetiſmus.

Man ſtecke ein Stück Eiſen auf einen Kork, und ſetze den Kork auf Waſſer, ſo wird das Eiſen auf eine ſehr beluſtigende Art vom Magnete angezogen, und folgt dem - ſelben überall nach.

Auf dieſen Grundſatz hat man viele ſinnreiche und unterhaltende mechaniſche Kunſtſtücke gebaut. Man kann z. B. kleine Schwäne verfertigen, welche auf dem Waſ - ſer ſchwimmen, und die Tagesſtunde angeben.

Man ſtelle einen Magnet auf ein meſſingenes Sta - tiv, und halte das Ende einer kleinen Nadel gegen denſel - ben, das andere Ende halte man durch einen Drath, da - mit ſich die Nadel nicht ganz an den Magnet hängen kön - ne, ſo wird man die Nadel auf eine ſehr angenehme Art in der Luft ſchweben ſehen.

Man hänge einen Magnet unten an die Schale ei - ner Wage, und lege in die andere Schale ſo viel Gegen - gewicht, als nöthig iſt. Nun halte man ein Stück Eiſen gegen den Magnet, ſo wird er ſich ſogleich ſenken, und an das Eiſen hängen, wenn der Abſtand deſſelben nicht all - zugroß iſt. Man hänge dann das Eifen anſtatt des Magnets an die Wage, und bringe den Magnet dagegen, ſo wird das Eiſen herabſinken und ſich an den Magnet hängen.

Man kann die Kräfte oder Eigenſchaften des Mag. nets dem Eiſen und Stahle mittheilen.

Eine Beſchreibung der verſchiedenen Methoden, wel, che man vorgeſchlagen hat, um dem Eiſen oder Stahle die Eigenſchaften des Magnets mitzutheilen, würde allein einen ganzen Band ausfüllen. Jch will daher bloß zwo allgemeine und gute Methoden anführen, welche meines Erachtens zu allen gewöhnlichen Abſichten hinreichend ſind.

  • 1) Man ſtelle zween magnetiſche Stäbe A B, Fig. 100 ſo, daß das nördliche oder gezeichnete Ende des einen,244Verſuchdem ſüdlichen oder unbezeichneten Ende des andern entge, gen gekehrt iſt: ſie müſſen aber ſo weit von einander lie - gen, deß der Stab C, welcher berührt werden ſoll, mit ſeinem bezeichneten Ende auf dem unbezeichneten Ende von A, und mit ſeinem unbezeichneten Ende auf dem be - zeichneten von B aufliegen kann. Nunmehr lege man das nördliche Ende des Magnets D und das ſüdliche von E auf die Mitte des Stabs C zuſammen, hebe das andere Ende in die Höhe, wie die Figur vorſtellet; ziehe D und E aus einander und längſt dem Stabe C hin, das eine gegen A, das andere gegen B, behalte immer dieſelbe Schiefe bey, und entferne D und E, wenn ſie von den En - den des Stabs C hinweg ſind, ein bis zwey Schuhe weit von denſelben; bringe hierauf den Nord - und Südpol dieſer Magnete aufs neue zuſammen, und lege ſie wieder, wie vorher, auf die Mitte des Stabs C. Dieſes Verfah - ren wiederhole man fünf oder ſechsmal, beſtreiche die ent - gegengeſetzte Fläche des Stabs C auf eben dieſe Art, und, nachher auch noch die beyden übrigen Seitenflächen, ſo wird dieſer Stab dadurch eine ſtarke und anhaltende magnetiſche Kraft erlangen.
  • 2) Man lege die zween Stäbe, welche beſtrichen werden ſollen, parallel mit einander, und verbinde ihre Enden durch zwo eiſerne Unterlagen, um während der Operation den Umlauf der magnetiſchen Materie zu ver - hüten; die Stäbe müſſen ſo geſtellt werden, daß das be - zeichnete Ende D, Fig. 101. dem unbezeichneten Ende B gegenüber liege. Nunmehr ſtelle man die zween einander anziehenden Pole G und I zweener Magnete mitten auf einen der zu beſtreichenden Stäbe, und hebe die andern Enden ſo weit in die Höhe, daß ſie mit dem liegenden Stabe einen ſtumpfen Winkel von 100 120 Graden machen; die Enden G und I müſſen 2 3 Zehntheil Zoll von einander entfernt bleiben. In dieſer Stellung halte man die Stäbe, bewege ſie langſam über den Stab A B von einem Ende zum andern, und gehe ſo etwa 15 mal245über den Magnetiſmus.über den Stab. Hierauf verwechſele man die Pole der Stäbe
    *)d. i. das bezeichnete Ende des einen muß allezeit dem unbezeichneten Ende des andern gegenüber liegen.
    *), und wiederhole eben daſſelbe Verfahren, zu - erſt an dem Stabe C D, und dann an den entgegengeſeß - ten Seiten beyder Stäbe. Die mitgetheilte Kraft kann noch mehr verſtärkt werden, wenn man die verſchiedenen Seit[en]der Stäbe mit Sätzen von Magnetſtäben reibet, die, wie in Fig. 102 geſtellet ſind.

Allem Anſehen nach muß man, um den Stahl mag - netiſch zu machen, ſeine Zwiſchenräüme in eine ſolche Ord - nung bringen, daß ſie an einander liegende parallele Röh - ren ausmachen, welche die magnetiſche Materie aufneh - men und ihre Bewegung fortpflanzen können, ſo daß der magnetiſche Strom leicht eingehen und mit der größten Gewalt durch dieſelben circuliren kann. Es iſt daher nothwendig, in der Wahl des Stahls, welcher beſtrichen werden ſoll, ſo ſorgfältig, als möglich, zu ſeyn. Das Korn deſſelben muß fein, gleichförmig und ohne Knoten ſeyn, damit es der Materie von einem Ende bis zum an - dern eine Anzahl gleicher und ununterbrochener Canäle darbiete. Dies iſt noch weit nöthiger bey der Wahl des Stahls zu Magnetnadeln für die Seecompaſſe; denn, wenn der Stahl unrein iſt, oder nicht auf die gehörige Art beſtrichen wird, ſo kann die Nadel mehrere Pole be - kommen, welche der Wirkung der Hauptnadel nach Be - ſchaffenheit ihrer Stärke und Lage mehr oder weniger hin - derlich fallen.

Der Stahl muß auch gut gelöſcht und gehärtet ſeyn, damit die Zwiſchenräume die Stellung, die ſie erhalten haben, eine lange Zeit beybehalten, und den Veränderun - gen der Richtung, welchen Eiſen und weicher Stahl unterworfen ſind, beſſer widerſtehen. Der Unterſchied246Verſuchin der Güte des Stahls iſt ſehr groß, wie man leicht erfahren kann, wenn man zwey Stücken Stahl von gleicher Größe, aber von verſchiedener Art, auf einerley Weiſe und mit einerley Stäben beſtreicht.

Gehärteter Stahl nimmt eine dauerhaftere magne - tiſche Kraft an, als weicher Stahl, obgleich beyde allem Anſehen nach in nichts weiter, als in der Anordnung der Theile unterſchieden ſind; vielleicht enthält der weiche Stahl Phlogiſton in ſeinen weitſten Zwiſchenräumen, und der gehärtete nur in den engſten. Eiſen und Stahl haben ſehr wenig Luft in ihren Zwiſchenräu - men; wenn ſie aus den Eiſenerzen ausgeſchmolzen werden, ſind ſiel einem ſehr hohen Grade der Hitze aus - geſetzt, und die meiſten Veränderungen, denen ſie nach - her unterworfen werden, wiederfahren ihnen im Zu - ſtande der Glühhitze. Federharter Stahl behält nicht ſoviel magnetiſche Kraft, als harter, weicher Stahl noch weniger und Eiſen faſt gar keine. Aus einigen Verſuchen des Muſſchenbroek erhellet, daß Eiſen mit einer Säure verbunden nicht magnetiſch wird; trennt man aber die Säure davon, und ſtellt das Phlogiſton wieder her, ſo wird es wieder ſo magne - tiſch, als jemals.

Auch. Größe und Geſtalt des Magnets machen einen Unterſchied in ſeiner Stärke; daher müſſen die Stäbe, die man beſtreichen will, weder zu lang noch zu kurz in Proportion mit ihrer Dicke ſeyn. Sind ſie zu lang, ſo wird der Umlauf der magnetiſchen Materie, welche aus dem einen Pole hervorkömmt und rund um den Magnet in den andern Pol über - geht, verhindert, und ihre Geſchwindigkeit geſchwächt werden. Sind ſie zu kurz, ſo wird die Materie, wel - che aus dem einen Pole ausſtrömet, von den übrigen wirkenden Theilen des Magnets zurückgetrieben, und zu247über den Magnetiſmus.weit von dem Pole, in welchen ſie gehen ſoll, abge - lenkt, und es wird dadurch der fortgeſetzte Umlauf der magnetiſchen Materie unterbrochen. Sind ſie zu dünn, ſo iſt die Anzahl der Zwiſchenräume zu klein, um einen Strom aufzunehmen, der ſtark genug wäre, den Hinder - niſſen im äußern Raume zu widerſtehen; ſind ſie endlich zu dick, ſo wird die gerade und regelmäßige Richtung der Canäle durch die Schwierigkeiten gehindert, welche bey der Anordnung der innern Theile ſtatt finden, da die magnetiſche Materie nicht Kraſt genug hat, den Stahl bis auf eine beträchtliche Tiefe zu durchdringen; es wird alſo die Circulation der Materie gehindert.

Alle Stücken müſſen wohl poliret ſeyn; es iſt von der äußerſten Wichtigkeit, die Enden glatt und gerade zu machen, damit ſie die Enden des weichen Eiſens, wel - ches die Circulation aufhalten ſoll, in ſo viel Punkten, als möglich, berühren. Alle Ungleichheiten an den Sei - ten, beſonders in der Nähe der Pole, müſſen ſorgfältig vermieden werden, weil ſie Unregelmäßigkeit in die Cir - culation bringen, und daher die Geſchwindigkeit derſel - ben vermindern, welche eine von den vornehmſten Quel - len der magnetiſchen Kraft iſt.

Indem man die Stäbe beſtreicht, müſſen die En - den des weichen Eiſens in beſtändiger Berührung mit ihnen erhalten werden, denn eine Trennung auf einen einzigen Augenblick iſt hinreichend, die Wirkung der ganzen Operation aufzuheben, weil ſich die Materie au - genblicklich in die Luft zerſtreuet.

Der Operator muß bey dem erſten Stabe nicht län - ger verweilen, als nöthig iſt, ſeine Zwiſchenräume zu öff - nen, und denſelben die magnetiſche Anordnung zu geben; er muß alsdann ſogleich zu dem andern Stabe übergehen, um der aus dem erſten ausgehenden Materie eine Oef - nung zu verſchaffen.

248Verſuch

Es iſt am vortheilhafteſten, wenn man den Stob, dem man verlaſſen hat, während der Zeit, da die beſtrei - chenden Magnete auf dem andern liegen, umkehret; auf dieſe Art, wird der zu erregende Strom die Canäle des erſten Stabs in die gehörige Lage bringen, und ſo die Operation wirkſamer machen; überdies hat man, wenn man nur einen Stab auf einmal umkehret, niemals - thig, die beſtreichenden Magnete während der Operation ganz wegzunehmen, welcher Umſtand ſehr viel zur Stärke des Magnets beyträgt.

Die beſtreichenden Stäbe dürfen nie anderswo ge - trennt werden, als am Aequator des Magnets; und ihre Bewegung über die andern Theile muß langſam und te - gelmäßig ſeyn.

Die magnetiſche Kraft beſtrichener Nadeln wird ver - ſtärkt, wenn man ſie einige Zeit in Leinöl leget.

Es kann zur Wirkſamkeit der Operation viel bey - tragen, wenn die Stäbe A und B, Fig. 100, in die Rich - tung des magnetiſchen Meridians geſtellt, und gegen den Horizont unter einem Winkel geneigt werden, welcher der Inclination der Magnetnadel gleich iſt.

Die dem Magnete auf dieſe Art mitgetheilte Kraft wird geſchwächt, wenn er unter Eiſen liegt, oder roſtet, ingleichen durchs Feuer, indem alle dieſe Umſtände die Richtung des magnetiſchen Stroms ändern oder ver - wirren.

Man ſtelle eine kleine Magnetnadel auf die Spitze eines kleinen Stativs, und bringe ſie zwiſchen zween mag - netiſche Stäbe, ſo daß das nördliche Ende des Stabs dem ſüdlichen Ende der Nadel entgegenſteht; ſo wird die kleine Nadel, ohne irgend eine in die Augen fallende Ur - ſache in eine heftige Schwungbewegung gerathen, und gleich - ſam belebt ſcheinen, bis ſie mit magnetiſcher Kraft geſät - tiget iſt; alsdann wird ſie in Ruhe bleiben. Dieſe Schwungbewegung entſteht vermuthlich aus den unregel - mäßigen Eindrücken, welche ſie von der magnetiſchen Ma -249über den Magnetiſmus.terie erhält, und aus der Schwierigkeit, welche die Ma - terie findet, in die Nadel einzudringen.

Alle Urſachen, welche fähig ſind, die magnetiſche Materie in eine ſtrömende Bewegung zu ſetzen, bringen auch in den Körpern, welche magnetiſche Kraft anzuneh - men fähig ſind, einen Magnetiſmus hervor.

Wenn man eiſerne Stäbe heiß macht, und dann gleichförmig abkühlet, und zwar in verſchiedenen Richtun - gen, z. B. parallel, perpendiculär oder ſchief gegen die Richtung der inclinirenden Nadel, ſo erhalten ſie eine Po - larität nach ihrer Lage; ſie iſt am ſtärkſten, wenn die Stäbe mit der Inclination der Magnetnadel parallel ge - weſen ſind, und wird nach und nach immer geringer, bis auf den Fall, da die Stäbe ſenkrecht auf dieſe Richtung geſtanden haben, in welchem Falle ſie gar keine beſtimmte Polarität haben. Wenn aber beym Abkühlen eines eiſer - nen Stabs in Waſſer das untere Ende beträchtlich heißer, als das obere, iſt, und das obere zuerſt abkühlet, ſo wird dieſes bisweilen der Nordpol, obgleich nicht allezeit. Wenn Eiſen oder Stahl eine gewaltſame Reibung an einer ein - zelnen Stelle erleiden, ſo erhalten ſie eine Polarität: iſt das Eiſen weich, ſo dauret der Magnetiſmus nicht viel länger, als die Wärme anhält. Der Blitz iſt die ſtärkſte bisher bekannte Kraft, welche einen magnetiſchen Strom hervorzubringen vermag; er macht gehärteten Stahl in einem Augenblicke ſtark magnetiſch, und pflegt bisweilen die Pole einer Magnetnadel umzukehren.

Um einen magnetiſchen Stab mit mehreren Polen zu machen, ſtelle man Magnete an diejenigen Stellen, an welche die Pole kommen ſollen. Wenn an eine Stelle ein Südpol kommen ſoll, ſo müſſen Nordpole an die bey - den nächſten Stellen geſetzt werden; nunmehr betrachte man jedes Stück zwiſchen den Unterlagen als einen be - ſondern Magnet, und beſtreiche es dem gemäß.

250Verſuch

Es giebt in jedem Magnete gewiſſe Stellen, in welchen ſeine Kraft gleichſam concentrirt zu ſeyn ſcheinet.

Man ſtelle einen Magnet auf ein meſſingenes Sta - tiv, und verſuche, wie viel eiſerne Kugeln er an verſchie - denen Stellen trägt; ſo wird man finden, daß er gegen die Enden zu die meiſten trägt, woraus erhellet, daß ſich daſelbſt die magnetiſche Kraft mit der größten Stärke zeige.

Man lege ein kleines meſſingenes Gewicht auf das nördliche Ende der Inclinations-Nadel, und bringe den Südpol eines Magnets gegen das Ende des getheilten Bogens, ſo wird derſelbe das Ende der Nadel bis auf einen gewiſſen Grad zurückſtoßen; nunmehr bewege man den Magnet nach und nach vorwärts, ſo wird die Nadel nach und nach herabfallen, bis ſie auf Null kömmt. Be - wegt man den Magnet weiter fort, ſo wird der Zeiger ge - gen ihn gezogen.

Die Pole eines Magnets zu finden.

Man lege einen Magnet unter eine Glastafel, ſiebe etwas Stahlfeile auf das Glas, und ſchlage ſanft mit einem Schlüſſel darauf, um das Glas in eine ſchwingende Bewegung zu ſetzen. Dadurch wird ſich die Stahlfeile losmachen und ſich bald auf eine ſehr angenehme Art ord - nen; die Stellen des Magnets, von welchen die krum - men Linien auszugehen, und über welchen die Stahltheil - chen faſt aufgerichtet zu ſtehen ſcheinen, ſind die Pole.

In dieſem ſowohl, als in vielen andern magneti - ſchen Verſuchen äußert ſich augenſcheinlich eine magneti - ſche Kraft, die die Eiſentheilchen aus ihrer natürlichen Lage in eine andere bringt, und in derſelben mit beträcht - licher Gewalt erhält.

Noch genauer kann man die Pole eines Magnets mit einer kleinen Inclinationsnadel beſtimmen. Man251über den Magnetiſmus.ſetze dieſelbe auf einen Magnet, und bewege ſie vor - und rückwärts, bis die Nadel ſenkrecht gegen den Magnet ſteht, alsdann wird ſie gerade auf den einen Pol zeigen. Wenn ſie ſo zwiſchen dem Nord - und Südpole ſteht, daß beyder gegenſeitige Wirkungen einander das Gleichgewicht halten, ſo wird der Mittelpunkt der Nadel gerade über dem Aequator des Magnets ſtehen, und die Nadel wird mit der Axe genau parallel liegen. Wenu man ſie von hieraus gegen den einen Pol führet, ſo wird ſie nach Ver - hältniß ihres Abſtandes von den Polen verſchiedene ſchiefe Lagen annehmen.

Man halte eine gemeine kleine Nähnadel an einem durchgezognen Faden einige Secunden lang nahe an einen Magnet, und bringe ſie dann nach und nach gegen die Mitte eines magnetiſchen Stabs, ſo wird die Kraft des Magnets ihrer Schwere ſo ſtark entgegenwirken, daß ſie in der Luft ſchwebend bleiben, und eine dem Magnetſtabe beynahe parallele Richtung annehmen wird.

Da es keine magnetiſche Anziehung ohne Polarität geben kann, ſo wäre es widerſprechend, zu behaupten, daß ein Magnet eine ſtarke anziehende Kraft haben könne, ohne zugleich eine ſtarke Polarität zu beſitzen.

Man hänge einen eiſernen Stab ingenauem Gleich - gewichte an einem Punkte ſo auf, daß er ſich in einer Horizontalebne frey drehen könne, und theilte dieſem Stabe die magnetiſche Kraft mit, ſo wird ſich das eine Ende deſſelben alle - zeit gegen Norden richten.

Stellt man eine unbeſtrichene Nadel auf eine Spitze, ſo wird ſie in jeder bsliebigen Richtung ſtehen bleiben; theilt man ihr aber die magnetiſche Kraft mit, ſo beſtimmt ſie ſich zu einer gewiſſen Richtung, und kehrt allezeit das eine Ende gegen Norden, das andere gegen Süden.

252Verſuch

Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß man in Zukunft an den meiſten Körpern eine Polarität entdecken werde, vermöge welcher ſie Richtungen annehmen, die mit den verſchiedenen Affinitäten der Elemente, aus welchen ſie zuſammengeſetzt ſind, im Verhältniſſe ſtehen.

Dieſe Richtung der mit dem Magnet beſtrichenen Nadeln iſt von der größten Wichtigkeit für die menſchliche Geſellſchaft. Sie ſetzt den Schiffer in Stand, über das Meer zu ſeegeln, und bringt durch dieſes Mittel die Kün - ſte, Manufacturen und Kenntniſſe entſernter Länder mit einander in Verbindung. Der Feldmeſſer, der Mark - ſcheider und der Aſtronom ziehen aus dieſer wunderbaren Eigenſchaft mancherley Vortheile.

Der Seecompaß beſteht aus drey Theilen, der Büch - ſe, der Scheibe und der Nadel.

Die Scheibe iſt ein Kreis von ſteifem Papier, wel - cher den Horizont vorſtellet, mit den darauf verzeichneten Weltgegenden; die Magnetnadel wird an der untern Seite dieſer Scheibe befeſtiget; der Mittelpunkt der Nadel iſt durchbohrt, und in das Loch iſt eine Haube mit einem ke - gelförmigen Achate befeſtiget; dieſe Haube ruht auf einer an den Boden der Büchſe befeſtigten Nadel; die Büchſe hat einen Glasdeckel, und hängt vermittelſt zweener Stifte in einem Kaſten.

Es iſt nicht gewiß ausgemacht, wer der erſte Erfin - der des Seecompaſſes geweſen ſey; einige ſchreiben dieſe Ehre dem Flavio Gioja von Amalfi in Campanien zu, welcher im Anfange des 14ten Jahrhunderts lebte, an - dere leiten die Erfindung aus dem Orient her, noch andere glauben, ſie ſey ſchon früher in Europa bekannt geweſen.

Die entgegengeſetzten Pole zweener Magnete ziehen einander an. Die Nordpole zweener Magnete ſtoßen ein - ander ab, und eben ſo auch die Südpole. Dieſe Phäno mene laſſen ſich ſehr leicht durch eine Menge angenehmer Verſuche erläutern.

253über den Magnetiſmus.

Man hänge eine beſtrichene Nadel an einem Punkte auf, und halte den Südpol eines Magnets gegen ihren Nordpol, ſo wird ſie vom Magnet angezogen werden, und gegen ihn zu fliegen; man halte den andern Pol des Mag - nets dagegen, ſo wird die Nadel vor demſelben fliehen.

Man befeſtige zwo Nadeln horizontal in zwo Stü - cken Kork, und ſetze ſie auf Waſſer; kehren ſich nun die gleichnahmigen Pole gegen einander, ſo werden die Na - deln einander zurückſtoßen; kehrt man aber die ungleich - nahmigen Pole gegen einander, ſo werden ſie ſich anzie - hen und zuſammen kommen.

Man ſtecke die beyden Enden zweener Magnete in Stahlfeile, welche ſich daran hängen und in Form von Klumpen oder Fäden herabhangen wird. Man bringe nun die beyden Nordpole zuſammen, ſo wird die Stahl - feile des einen der Stahlfeile des andern ausweichen. Bringt man aber den Nordpol des einen und den Süd - pol des andern zuſammen, ſo wird ſich die Stahlfeile ver - binden, und kleine Cirkelbogen von einem Stabe zum andern bilden.

Man lege einen cylindriſchen Magnet auf eine glatte horizontale Fläche, und bringe einen ſtählernen Magnet, der wie ein Fiſch geſtaltet iſt, nahe an denſelben in einer parallelen Lage. Kehrt man nun den Kopf des Fiſches gegen das eine Ende des Cylinders, ſo wird der letztere von dem Fiſche hinweg rollen, kehrt man aber den Schwanz des Fiſches gegen daſſelbe, ſo rollt der Cylinder auf den Fiſch zu, und folgt ihm nach.

Auf dieſe beſondere Eigenſchaft des Magnets grün - den ſich die Verſuche, welche Herr Comus vor einigen Jahren in London gezeigt hat, und von denen man eine große Menge in Hoopers Rational Recreation beſchrie - ben findet. Um die Beſchaffenheit dieſer Verſuche zu er - läutern, ſchließe man einen Magnet in ein Stück Meſ - ſing ein, welches die Geſtalt eines Herzes hat, lege das Herz in ein Käſtgen, ſtelle einen Compaß über das254VerſuchKäſtgen ſo, daß der Nordpunkt gegen das Charnier des Deckels zu gekehrt iſt, und beobachte die Stellung der Na - del. Man nehme nunmehr das Herz heraus, lege es um - gekehrt wieder hinein, und beobachte die Stellung der Nadel von neuem; behält man nun dieſe Stellungen im Gedächtniß, ſo kann man leicht wiſſen, wie das Herz lie - ge, wenn es gleich im Verborgnen iſt hineingelegt worden.

Die magnetiſche Materie bewegt ſich inwendig in einem Strome von einem Pole zum andern, und geht dann in krummen Linien äußerlich fort, bis ſie wieder an den Pol kömmt, in welchen ſie zuerſt eingieng, und in welchen ſie nunmehr von neuem eingeht.

Man lege eine Glastafel über einen magnetiſchen Stab, ſiebe Stahlfeile darauf, und ſchlage ſanft auf das Glas, ſo werden ſich die Feilſpäne von ſelbſt in eine ſolche Ordnung legen, welche den Lauf der magnetiſchen Mate - rie mit großer Genauigkeit darſtellt. Auch die krummen Linien, in welchen ſie zu dem Pole, in den ſie zuerſt ein - gi[e]ng, wieder zurückkehret, werden durch die Lage der Stahlfeile ſehr deutlich angezeiget. Die breitſten Curven entſtehen an der einen Polarfläche und erſtrecken ſich bis an die andere; ſie ſind deſto breiter, je näher ſie an der Axe oder an der Mitte der Polarfläche entſ[p]ringen; die - jenigen, welche aus den Seitenflächen des magnetiſchen Stabes hervorgehen, liegen innerhalb jener, welche aus den Polarflächen entſpringen, und werden immer enger, je weiter ſie von den Enden abſtehen. Daß die magnetiſche Materie zurückgehe, und auswendig die entgegengeſetzte Richtung von derjenigen habe, in welcher ſie durch den Magnet durchgeht, das beweiſen die Stellungen einer kleinen Magnetnadel, wenn man dieſelbe an verſchiedenen Stellen gegen den Magnetſtab hält. Man ſ. Fig. 103.

255über den Magnetiſmus.

Je größer der Abſtand beyder Pole des Magnets iſt, deſto breiter ſind die Curven, welche dus den Polar - flächen entſpringen.

Die unmittelbare Urſache, warum zwey oder meh - rere magnetiſche Körper einander anziehen, iſt der Durchgang eines und ebendeſſelben magnetiſchen Stroms durch beyde.

Man ſtelle zween Magnete in einiger Entfernung von einander ſo, daß der Südpol des einen dem Nordpole des andern entgegen gekehrt iſt, lege eine Glastafel dar - über, beſtreue dieſelbe mit Stahlfeile, und ſchlage mit ei - nem Schlüſſel ganz ſanft darauf, ſo werden ſich die Feil - ſpäne nach der Richtung der magnetiſchen Kraft ordnen. Die Späne, welche zwiſchen den beyden Polarflächen lie - gen, und der gemeinſchaftlichen Axe nahe ſind, werden ſich in gerade Linien legen, welche von dem Nordpole des einen bis zu dem Südpole des andern Magnets gehen: die Zwiſchenräume beyder Magnete liegen jetzt in einerley Richtung, ſo daß die Materie, welche durch A B, Fig. 104, geht, am Pole a die Zwiſchenräume zum Eingange offen findet. Sie geht daher hinein, kömmt in b heraus und kehrt gegen A zurück, um ihren Strom durch den Magnet wieder anzufangen, und ſo bildet ſie eine Atmoſ - phäre oder einen Wirbel, der auf allen Seiten durch die elaſtiſche Kraft des andern zuſammengedrückt wird, und alſo die Magnete gegen einander treibt. In verſchiede - nen Entfernungen von der Axe beſchreiben die Feilſpäne reguläre krumme Linien, welche von einem Pole zum an - dern gehen, und vom Südpole aus bis in die Mitte di - vergiren, dann aber wieder convergiren, bis ſie an den Nordpol kommen. Wenn die entgegengeſetzten Pole weit von einander abſtehen, ſo gehen einige Bogen von einem Pole bis zum andern Pole eben deſſelben Magnets; bringt man die Magnete näher zuſammen, ſo entſtehen256Verſuchweniger ſolche Bogen, es gehen deren mehrere von einem Magnet zum andern, und der Strom der magnetiſchen Materie ſcheint häufiger und concentrirter.

Während der Zeit, da ſich die Magnete in der an - gezeigten Lage befinden, bringe man ein kleines unbeſtri - chenes Stäbchen oder eine Nadel in den Strom der mag - netiſchen Materie; ſo wird dieſer Strom durchgehen und der Nadel eine Polarität nach ſeiner Richtung geben.

Aus eben dieſer Urſache wird ein großer Schlüſſel oder ein anderes unbeſtrichenes Stück Eiſen, ſo lange es ſich in dem Wirkungskreiſe eines magnetiſchen Pols befin - det, ein kleineres Eiſen anziehen und tragen, hingegen daſſelbe fallen laſſen, ſobald es aus dem magnetiſchen Strome herauskömmt.

Eine Kugel von weichem Eiſen, welche mit einem Magnet in Berührung iſt, wird eine zweyte Kugel, dieſe eine dritte u. ſ. w. tragen, bis der magnetiſche Strom zu ſchwach wird, um ein größeres Gewicht zu halten.

Man drehe einen kleinen Dreher mit einer eiſernen Axe, und ziehe ihn mit einem Magnet in die Höhe, ſo wird er ſeine umdrehende Bewegung weit länger fortſetzen, als wenn man ihn auf dem Tiſche hätte laufen laſſen; man kann noch einen zweyten und dritten Dreher darunter an - hängen, nach Verhältniß der Stärke des Magnets, und ſie werden alle ihre umdrehende Bewegung fortſetzen.

Man ſtellte zween Magnete auf meſſingene Stative ſo, daß ſie die ungleichnahmigen Pole auf einander zu keh - ren, ſo kann man auf eine ſehr angenehme Art eine Kette von eiſernen Kugeln zwiſchen ihnen aufhängen. Bringt man den Pol eines andern Magnets daran, ſo fallen die Kugeln herab.

Wenn man ein großes Stück Eiſen an den einen Pol eines Magnets hält, ſo wird dadurch die anziehende Kraft des andern Pols verſtärkt, und er in Stand geſetzt, mehr als ſonſt aufzuheben.

257über den Magnetiſmus.

Das magnetiſche Zurückſtoßen entſteht aus der An - häufung der magnetiſchen Materie, und aus dem Widerſtande, den ſie bey ihrem Eingange in den Magnet leidet.

Wenn man die beyden gleichnamigen Pole zweener Magnete nahe an einander bringt, und unter eine mit Ei - ſenfeile beſtreute Glastafel legt, ſo ordnen ſich die Feilſpäne in krumme Linien, welche von einander zurück und nach den entgegengeſetzten Polen zu gehen. Die aus B, Fig. 105 hervorkommende Materie trift gegen D zu Wider - ſtand an, wird alſo gezwungen zurück und um ihren eignen Magnet herumzugehen, und ſo entſtehen zween Wirbel, welche einander im Verhältniß der Stärke des durchgehen - den Stroms entgegen wirken.

Man nehme eine ſtählerne Nadel, und beſtreiche ſie von dem Ohr an bis zur Spitze fünf oder ſechsmal mit dem Nordpole eines Magnetſtabs, ſo wird das Ohr der Nordpol, und die Spitze der Südpol der Nadel wer[d]en.

Das Anziehen und Zurückſtoſſen der Magnete wird durch zwiſchenſtehende Körper nicht gehindert.

Man ſtecke die Spitze der Nadel in Stahlfeile, ſo wird ſie eine beträchtliche Menge Feilſpäne mit ſich in die Höhe nehmen. Nun nehme man den Magnetſtab in die eine Hand, und die Nadel mit den Feilſpänen in die andere, halte beyde mit dem Horizont parallel und ſo, daß ſich die Spitze der Nadel gegen den Südpol des Magnets zu kehret, ſo wer - den die Feilſpäne von der Nadel abfallen; ſobald dieß ge - ſchieht, ziehe man die Nadelſpitze aus dem Wirkungskreiſe des Magnets hinweg, ſo wird ſie dadurch ihre anziehende Kraft verlieren, und keine Stahlfeile mehr anziehen. Wird die Nadel nicht weggenommen, ſondern einige Minuten lang ½ Zoll weit von dem Stabe ab gehalten, ſo wird ihre Polarität u[m]gekehrt.

Man hänge eine Anzahl Kugeln aneinander an den Nordpol eines Magnets, und halte den Südpol eines an,258Verſuchdern Magnets an eine von den mittlern Kugeln, ſo wer - den alle unter derſelben hängenden Kugeln aus dem mag - netiſchen Strome herauskommen und herunterfallen; die Kugel, an welche man den Magnet gehalten hat, wird von demſelben angezogen werden, und alle übrigen werden zwiſchen beyden Magneten hängen bleiben. Hält man den Nordpol eines Magnets dagegen, ſo wird die Kugel, an welche derſelbe gehalten wird, ebenfalls herabfallen.

Einige alte Schriftſteller vom Magnet führen eine beſondere Erſcheinung an. Wenn man nemlich zween Magnete, einen ſtärkern und einen ſchwächern, mit ihren zurückſtoßenden Polen zuſammenbringe, ſo komme die magnetiſche Kraft des ſchwächern in Unordnung, und er - hole ſich erſt nach einigen Tagen wieder; die Polarität des berührten Theils werde durch die ſtärkere Kraft umge - kehrt; da aber dieſe Kraft nicht weit über die Polarfläche hinausreiche, ſo ſey die unveränderte Kraft im übrigen Theile des Steins im Stande, durch ihre entgegengeſezte Gewalt den in Unordnung gerathenen Theil des Steins in wenig Tagen wiederherzuſtellen.

Man hat noch kein gewiſſes Geſetz entdecken können, nach welchem ſich die Anziehung des Magnets richtete; denn in verſchiednen Magneten verändert ſich die Kraft in verſchiedenen Entfernungen ganz anders. Man hat übrigens die magnetiſche Anziehung nicht vom Mittel - punkte der Magnete, ſondern von den Polen aus zu rech - nen.

Ob man gleich viele Verſuche gemacht hat, zu ent - decken, ob die Kraft, durch welche zween Magnete einan - der anziehen oder zurückſtoßen, nur bis auf eine gewiſſe Entfernung wirke, ob der Grad ihrer Wirkung innerhalb und in dieſer Entfernung gleichförmig oder veränderlich ſey, und in welchem Verhältniſſe zur Entfernung er ab oder zunehme, ſo hat man doch nichts weiter ſchließen können, als daß die magnetiſche Kraft ſich manchmal wei -259über den Magnetiſmus.ter erſtrecke, als zu anderer Zeit, und daß ihr Wirkungs - kreis veränderlich ſey.

Je kleiner der Magnet iſt, deſto größer iſt, bey übrigens gleichen Umſtänden, ſeine Gewalt im Verhält - niß mit ſeiner Größe. Dennoch wird die magnetiſche Kraft durch die Einwirkung beyder Pole auf einander geſchwächt, wenn die Axe allzukurz iſt, und alſo die Pole einander ſehr nahe liegen. Es giebt noch viele andere Urſachen, welche große Unregelmäßigkeit in der Anziehung der Magnete verurſachen. Wenn man das Ende eines Magnets in Stahlfeile taucht, ſo vertheilt ſich die Stahlfeile ſelten gleichförmig, ſie legt ſich vielmehr fleckweiſe an, und liegt an manchen Stellen dicker, als an andern. Man kann die Stärke der magnetiſchen Anziehung in ebenderſelben Entfernung verändern, wenn man die Magnete um ihre Axe umwendet, und dadurch macht, daß ſich andere Stel - len der Polarflächen auf einander zu kehren. Wenn man einen ſtärkern Magnet an einen ſchwächern bringt, ſo zeigt ſich eine Art von Repulſion zwiſchen den gleichnamigen Polen, aber ſie wird durch die Anziehung des ſtärkern Magnets überwunden.

Wenn eine beſtrichene Nadel nahe an einen Magnet geſtellt wird, ſo wird ihre Richtung nach dem magne - tiſchen Meridian geſtöret, und ſie nimmt eine andere Richtung an, welche von ihrer Lage gegen die Pole des Magnets und von ihrer Entfernung von denſelben ab - hängt. Man ſtelle eine kleine Nadel auf eine meſſingene Spitze, und bringe ſie gegen den Magnet, ſo wird ſie ſich verſchiedentlich richten, je nachdem es ihr Abſtand von den Polen des Magnets mit ſich bringt. Auf eine noch angenehmere Art kann man dieſe verſchiedenen Lagen und Richtungen beobachten, wenn man mehrere beſtrichene Nadeln zugleich um einen magnetiſchen Stab herum ſtellt. Auch die Bewegung einer kleinen Inclinationsnadel er -260Verſuchläutert dieſes Phänomen. Aus den drey letzten Verſuchen kann man verſchiedene andere herleiten, um die krummen Linien genau zu unterſuchen, nach welchen der Magnet wirkt, und einige der wichtigſten Zweige der Lehre vom Magnet mehr zu erläutern.

Der nördliche Magnetiſmus wird durch Verbindung mit dem ſüdlichen aufgehoben, und umgekehrt. Daher iſt klar, daß die beyden magnetiſchen Kräfte einander ent - gegenwirken, und wenn ſie beyde einerley Arme eines Magnets mitgetheilt werden, dieſer Arm die Kraft des ſtärkern Magnetiſmus erhält, und zwar in der Propor - tion, in welcher derſelbe den ſchwächern übertrift.

Zween gerade Magnete werden nicht ſchwächer, wenn ſie mit einander parallel ſo gelegt werden, daß die un - gleichnamigen Pole einander gegenüber ſtehen, und ihre Enden durch zwey Stücken Eiſen mit einander verbunden werden, welche den Umlauf der magnetiſchen Materie befördern und unterhalten; man muß aber die Magnete nie einander berühren laſſen, wofern ſie nicht in einerley Richtung und mit den ungleichnamigen Polen beyſam - men liegen.

Einen einzelnen geraden Magnet muß man allezeit mit ſeinem Südpole gegen Norden oder niederwärts in der nördlichen magnetiſchen Halbkugel halten, umgekehrt aber in der ſüdlichen. Eiſen muß man in unſerer Halbkugel nie anders als mit dem Südpole eines geraden Magnets aufheben.

Jede Art von gewaltſamen Schlagen ſchwächt die Kraft eines Magnets; ein ſtarker Magnet iſt durch ver - ſchiedene ſtarke Hammerſchläge ſeiner Kraft gänzlich be - raubt worden, und überhaupt alles, was die innere Zu - ſammenſetzung und Anordnung der Theile eines Magnets ſtört oder ändert, z. B. das Beugen eines geraden eiſer - nen Stabs oder Draths u. ſ. w., thut auch ſeiner Kraft Schaden.

261über den Magnetiſmus.

Man fülle eine kleine trockne Glasröhre mit Eiſen - feile, drücke dieſelbe feſt zuſammen und beſtreiche dann die Röhre ſo, als ob es ein ſtählerner Stab wäre, ſo wird ſie eine leichte Nadel u. dgl. anziehen; ſchüttelt man aber die Röhre ſo, daß die Lage der Feilſpäne verändert wird, ſo verſchwindet die magnetiſche Kraft.

Obgleich ein gewaltſames Schlagen den bereits er - haltenen Magnetiſmus auſhebt, ſo giebt doch ebendaſſelbe dem Eiſen eine Polarität, wenn es dieſelbe vorher noch nicht hatte; einige wenige ſtarke Hammerſchläge geben einem eiſernen Stabe die Polarität, und wenn man den Stab in vertikaler Stellung hält, und erſt das eine, dann das andere Ende deſſelben hämmert, ſo kann man die Pole verändern. Dreht man ein langes Stück Eiſendrath mehrere male vor - und rückwärts, bis es zerbricht, ſo findet man die zerbrochene Stelle magnetiſch.

Wird ein Magnet durch die Axe geſchnitten, ſo ſtoßen beyde Stücke, die vorher zuſammen hiengen, ein - ander zurück.

Durchſchneidet man einen Magnet ſenkrecht durch ſeine Axe, ſo bekommen die Theile, welche vorher zuſam - men hiengen, entgegengeſetzte Pole, und es wird aus je - dem Stück ein neuer Magnet.

Aus dieſen und ähnlichen Verſuchen ſchließt Herr Beles, daß der Magnetiſmus aus zwoen verſchiedenen Kräften beſtehe, welche in ihrem natürlichen Zuſtande verbunden ſind, und nur wenig merkliche Wirkung thun, doch einander ſelbſt jederzeit ſtark anziehen; wenn ſie aber mit Gewalt getrennt werden, eben ſo, wie die Kräfte der Elektricität wirken. Denn, wenn der Magnetiſmus in zweyen verſchiedenen Stücken Stahl durch den Südpol ei - nes Magnets erregt wird, ſo ſtoßen die Enden einander zurück; wird aber das eine Stück mit de[m]Nordpole und262Verſuchdas andre mit dem Südpole beſtrichen, ſo ziehen ſie einan - der an. Er nimmt ferner an, daß ein Magnet nicht ganz nach dem Verhältniß ſeiner eignen Stärke, ſondern auch nach dem Verhältniß der Menge des anzuziehenden Eiſens anziehe und angezogen werde; daß der Magnetiſmus eine allem Eiſen anhängende Eigenſchaft ſey, die von demſel - ben nicht könne getrennt werden; denn das Feuer, ob es gleich den ſchon vorhandenen Magnetiſmus aufhebt, beraubt doch das Eiſen nicht ſeiner natürlichen Menge von magne - tiſcher Materie, es giebt ihm vielmehr eine Polarität, oder einen beſtimmten Magnetiſmus, je nachdem man das Eiſen auf verſchiedene Art erhitzet oder abkühlet.

In einem unbewafneten Magnet geht der magneti - ſche Strom auf allen Seiten in krummen Linien gegen die entgegengeſetzten Pole zurück; ſetzt man aber Armaturen oder eiſerne Platten an jeden Pol, ſo wird die Richtung der magnetiſchen Materie verändert, und in den Fuß der Armatur geleitet, wo ſie ſich concentriret, ſo daß der Strom der magnetiſchen Materie, welcher ſonſt von einem Pole zum andern geht, wenn man an die Füße der Armaturen einen eiſernen Träger anbringt, von einem Fuße zum an - dern durch den Träger geleitet wird, wodurch eine Anzie - hung von beträchtlicher Stärke bewirkt wird. Man kann auch zwiſchen beyden Füßen eine Kette von Kugeln anſtatt des Trägers anbringen.

Man lege den armirten Magnet unter eine mit Stahlfeile beſtreute Glasſcheibe, ſo wird ſich die Feile in krumme Linien ordnen, die von einem Fuße zum andern gehen.

Die Armatur muß von weichem Eiſen, das ein recht gleichförmiges Korn hat, gemacht, und an die Enden des Magnets wohl angepaßt werden; auch muß ſie deſto dicker ſeyn, je größer der Abſtand beyder Pole von einan - der iſt.

263über den Magnetiſmus.

Herr Savery führt verſchiedene Beyſpiele an, um die Gewalt und Wirkung des Magnetiſmus der Erdkugel daraus zu erklären, unter andern bemerkt er, daß eiſerne Stangen kleine Stückchen Eiſen halten. Er hieng eine 5 Schuh lange eiſerne Stange an einer am obern Ende befeſtigten Schlinge auf, wiſchte das untere Ende der - ſelben und die Spitze eines eiſernen Nagels ſorgfältig ab, damit kein Staub oder Feuchtigkeit die vollkomme - ne Berührung beyder verhindere; alsdann hielt er den Nagel mit aufwärts gekehrter Spitze unter den Stab, drückte ihn hart daran, hielte den Finger etwa 30 Secunden lang unter den Kopf des Nagels, und zog denſelben alsdann ſanft niederwärts, ſo daß der Na - gel nicht in Schwingung gerathen konnte; fiel er her - ab, ſo wiſchte er die Spitze, wie zuvor, ab, und ver - ſuchte eine neue Stelle an der Grundfläche der Stan - ge. Waren beyde Enden der Stange gleich geſtaltet, und hatte ſie keine beſtändige magnetiſche Kraft, ſo war es gleichgültig, welches Ende er unterwärts kehr - te; hatte ſie aber einen geringen Grad von Polarität, ſo gieng der Verſuch mit einem Ende beſſer von ſtat - ten, als mit dem andern.

Das obere Ende A eines langen eiſernen Sta - bes, welcher keine beſtimmte Polarität hat, wird das nördliche Ende einer Magnetnadel anziehen, das un - tere Ende B aber wird daſſelbe zurückſtoßen; kehrt man aber den Stab um, ſo wird B, welches nun - mehr das obere Ende iſt, den Nordpol der Nadel, den es vorher zurückſtieß, anziehen. Eben ſo iſt der Fall, wenn der Stab horizontal in den magnetiſchen Meridian gelegt wird, das ſüdwärts gekehrte Ende wird ein Nordpol ſeyn.

Eiſerne Fenſterſtäbe, welche lange Zeit in einer vertikalen Stellung geſtanden haben, erhalten eine be -264Verſuchſtimmte Polarität. Leuwenhoek gedenket eines eiſer - nen Kreuzes, welches auf 200 Jahre lang auf der Spitze eines Kirchthurms geſtanden, und einen ſtarken bleiben - den Magnetiſmus erhalten hatte.

Die Nadel des Seecompaſſes zeigt nicht genau nach Norden, ſondern verändert ihr Azimuth, und weicht bisweilen oſtwärts, bisweilen weſt - wärts vom Meridian ab.

Dieſe Abweichung vom Meridian wird die De - clination oder Variation der Nadel genennt, und iſt an verſchiedenen Orten der Erde verſchieden, hier weſtlich, dort öſtlich, auch an Orten, wo ſie nach ei - nerley Gegend geht, dennoch von verſchiedener Größe.

Man hat zwar die Richtung des Seecompaſſes ſchon im vierzehnten und funfzehnten Jahrhundert zum Ge - brauch der Schiffahrt angewendet; aber man findet keine Spur, daß man damals etwas von ihrer Abweichung von Norden und Süden gewußt habe.

Colom ſoll zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts auf ſeiner Reiſe nach Amerika die Variation der Magnet - nadel zuerſt gemuthmaſſet haben. Aber der erſte, der ihre Wirklichkeit außer Zweifel ſetzte, und fand, daß ſie an einerley Orte bey allen Nadeln die nehmliche ſey, iſt nach allgemeinem Geſtändniß Sebaſtian Cabot im Jahre 1497 geweſen.

Man hielt dieſe Variation nach ihrer Entdeckung durch Cabot lange Zeit für unveränderlich; bis Gel - librand, ohngefähr im Jahr 1625, fand, daß ſie auch an einem und ebendemſelben Orte zu verſchiedenen Zeiten verſchieden ſey.

Wenn eine genau im Gleichgewicht aufgehangene Magnetnadel ſich frey in einer vertikalen Ebne drehen265über den Magnetiſmus.kann, ſo neigt ſich ihr Nordpol unter den Ho - rizont, und ihr Südpol erhebt ſich über den - ſelben; dieſe Eigenſchaft, welche die Inclination oder Neigung der Nadel heißt, ward von Robert Normann um das Jahr 1576 entdeckt.

Es iſt hieraus klar, daß ſich die magnetiſche Kraft an der Nadel des Compaſſes auf eine doppelte Art äußert, einmal indem ſie ſich nach dem magnetiſchen Meridian richtet, das anderemahl, indem ſie einen Winkel mit dem Horizonte macht.

Die Stellung der inclinirenden Nadel, wenn ſie im magnetiſchen Meridiane ruht, wird die magneti - ſche Linie genannt.

Man hat verſchiedene Arten von runden Magneten, unter dem Namen der Terrellen (terrellae) gemacht, um die Phänomene der Variation und Neigung der Nadel durch Beobachtungen der Stellungen des Compaſſes an verſchiedenen Punkten der Terrellen, und Vergleichung derſelben mit den beobachteten Stellungen der Magnet - nadel an verſchiedenen Orten der Erde, zu erklären. Zwar hat man hierinn wegen unvollkommner Einrichtung dieſer Kugeln noch wenig glücklichen Fortgang gemacht; inzwi - ſchen hat doch Herr Magellan eine angegeben, von welcher ſich hoffen läßt, daß man ſie wirklich zu Ent - deckung der Geſetze, nach welchen ſich dieſe räthſelhaften Erſcheinungen richten, werde gebrauchen können. Man wird finden, daß die meiſten Phänomene der Richtung der Magnetnadel mit den Erſcheinungen einer auf die Terrelle geſtellten Nadel übereinſtimmen.

Um das Jahr 1722 und 1723 machte Georg Graham eine Menge Beobachtungen über die tägliche Variation der Magnetnadel. Im Jahr 1750 fand Herr Wargentin eine reguläre tägliche Veränderung der Declination, ingleichen eine Störung derſelben bey266VerſuchNordlichtern. Um das Ende des Jahrs 1756 fieng Herr Canton ſeine Beobachtungen über die Variation an, und 1759 theilte er der königlichen Societät folgende wichtige Versuche mit.

Er hatte ſeine Beobachtungen 603 Tage lang fort - geſetzt, und an 574 Tagen die tägliche Veränderung re - gelmäßig befunden. Die damalige weſtliche Ab - weichung der Nadel nahm von 8 oder 9 Uhr des Morgens bis etwa 1 oder 2 Uhr des Nach - mittags zu; alsdann ſtand die Nadel eine Zeitlang ſtill, endlich gieng ſie wieder zurück, bis ſie in der Nacht, oder am nächſten Morgen wieder an ihre vorige Stelle kam.

Dieſe tägliche Veränderung iſt irregulär, wenn ſich die Nadel im erſten Theile des Vormittags oſtwärts, oder im letzten Theile des Nachmittags weſtwärts beweget; auch wenn ſie ſich in der Nacht ſtark oder plötzlich und in kurzer Zeit nach beyderley Seiten beweget.

Dergleichen Unregelmäſſigkeiten kommen ſelten öfter, als monatlich ein bis zweymal vor, und ſind jederzeit mit einem Nordlichte begleitet.

Die anziehende Kraft eines Magnets nimmt ab, indem er erwärmt wird, und wächſt, indem er abkühlet; je ſtärker ein Magnet iſt, deſto mehr verliert er in eben demſelben Grade der Wärme.

Erſter Verſuch.

Herr Canton ſtellte an die Gegend Oſt-Nord-Oſt eines Compaſſes, der etwas über 3 Zoll im Durchmeſſer hatte, einen kleinen 2 Zoll langen, ½ Zoll breiten und $$\nicefrac {3}{20}$$ Zoll dicken Magnet parallel mit dem magnetiſchen Meridian, und ſo weit ab, daß die Kraft ſeines ſüdli - chen Endes gerade im Stande war, den Nordpol der Nadel auf Nord-Oſt, oder auf 45° zu halten.

267über den Magnetiſmus.

Nachdem er den Magnet mit einem meſſingenen Gewichte von 16 Unzen beſchweret hatte, goß er ohnge - fähr 2 Unzen ſiedendes Waſſer darauf, wodurch der Magnet etwa 7 8 Minuten lang nach und nach erhitzt ward, während dieſer Zeit bewegte ſich die Nadel etwa ¾; Grad weſtwärts, und ſtand bey 44¼° ſtill; binnen 9 Minuten kam ſie um ¼ Grad, oder bis 44½° zurück, brauchte aber einige Stunden Zeit, ehe ſie ihre vorige Stellung auf 45° wieder erhielt.

Zweyter Verſuch.

Er ſtellte an jeder Seite des Compaſſes parallel mit dem magnetiſchen Meridian, einen ſtarken Magnet von der obenerwähnten Größe ſo, daß die ſüdlichen Enden beyder Magnete gleich ſtark auf den Nordp[o]l der Nadel wirkten, und dieſelbe in dem magnetiſchen Meridiane erhielten; ward aber einer von den Magneten weggenom - men, ſo zog der andere die Nadel ſo an, daß ſie auf 45° ſtand. Jeder Magnet ward nunmehr mit einem Ge - wichte von 16 Unzen beſchwert. Auf den ötlichen Magnet wurden zwo Unzen ſiedendes Waſſer gegoſſen, und die Nadel bewegte fich in einer Minute um einen halben Grad, und fuhr 7 Minuten lang fort, ſich weſtwärts zu bewegen, wodurch ſie bis ; ° kam. Hier ſtand ſie eine Zeit lang ſtill, kam aber in 24 Minuten vom erſten Anfange gerechnet, auf , und in 50 Mi - nuten auf 2¼° zurück. Er füllte nunmehr das weſtliche Gewicht mit ſiedendem Waſſer, wobey die Nadel in einer Minute auf 1¼° zurückkam, in 6 Minuten dar - auf ſtand ſie ½° öſtlich; und etwa 40 Minuten dar - nach kehrte ſie zu dem magnetiſchen Nordpunkte, d. i. in ihre anfängliche Stellung zurück.

Es iſt klar, daß die magnetiſchen Theile der Erde auf der Oſtſeite des magnetiſchen Meridians den Nord -268Verſuchpol der Nadel eben ſo ſtark anziehen, als die magneti - ſchen Theile auf der Weſtſeite deſſelben. Werden nun die öſtlichen Theile Vormittags eher von der Sonne er - wärmt, als die weſtlichen, ſo wird ſich die Nadel weſtwärts bewegen, und ihre weſtliche Variation wird größer werden; wenn die Wärme der anziehenden Theile der Erde auf jeder Seite des magnetiſchen Me - ridians gleich ſtark zunimmt, ſo wird die Nadel ſtill ſtehen, und die Variation wird alsdann am größten ſeyn; wenn aber die weſtlichen magnetiſchen Theile ent - weder ſchneller erwärmt werden, oder langſamer abküh - len, als die öſtlichen, ſo wird ſich die Nadel oſtwärts bewegen, oder die weſtliche Abweichung wird abnehmen, und wenn die üſtlichen und weſtlichen Theile gleich ge - ſchwind abkühlen, ſo wird die Nadel wieder ſtill ſtehen, und ihre weſtliche Abweichung am kleinſten ſeyn. Man kann dies noch mehr erläutern, wenn man den Compaß mit den beyden Magneten, wie im letzten Verſuche, an einem Sommertage hinter einen Sonnenſchirm ſtellt; denn wenn der Schirm ſo geſtellt wird, daß die Sonne nur den öſtlichen Magnet beſcheinen kann, ſo wird die Nadel ihre Richtung merklich ändern, und ſich weſtwärts be - wegen; ſteht aber der öſtliche Magnet im Schatten, in - dem die Sonne auf den weſtlichen ſcheint, ſo geht die Nadel nach der andern Seite. Nach dieſer Theorie muß die tägliche Variation im Sommer größer, als im Win - ter ſeyn; die Beobachtungen ſtimmen hiemit äberein, und ſie wird im Junius und Julius faſt doppelt ſo groß, als im December und Januar, geſunden.

Die unregelmäßige tägliche Variation muß von einer andern Urſache, als von der Sonnenwärme, ent - ſtehen; und hier müſſen wir unſere Zuflucht zu der unter - irdiſchen Wärme nehmen, welche keine regelmäßige Be - ziehung auf die Zeit hat, und dennoch, wenn ſie ſich in den nordiſchen Gegenden vergrößert, die anziehende Kraft269über den Magnetiſmus.ber magnetiſchen Erdtheile gegen den Nordpol der Nadel verſtärkt. D. Hales hat im Anhange des zweyten Ban - des ſeiner Statiſchen Verſuche eine gute Beobachtung über dieſe Wärme. Daß die Wärme der Erde, ſagt er, in einiger Tiefe unter der Oberfläche, Einfluß auf die Beförderung des Thauens und auf den Uebergang vom Froſte zum Thauwetter habe, iſt aus folgender Beobachtung klar. Am 27ſten November 1731 war der wenige Schnee, der die Nacht über gefallen war, den Vormittag darauf um eilf Uhr, mehrentheils ge - ſchmolzen, einige Stellen im Park ausgenommen, wo es Waſſerbehältniſſe gab, die mit Erde bedeckt waren, auf welchen der Schnee liegen blieb, die Behältniſſe mochten mit Waſſer angefüllt, oder leer ſeyn; ſo wie auch an denjenigen Stellen, wo Röhren unter der Erde lagen. Ein Beweis, daß dieſe Behältniſſe die Wär - me der Erde aufhielten, und aus der Tiefe hervorzu - dringen hinderten; denn der Schnee blieb auch an Or - ten liegen, wo die Behältniſſe mit mehr als 4 Schuh hoch Erde bedeckt waren. So blieb er auch auf dem Strohe, den Ziegeln, und den obern Flächen der Mau - ern liegen.

Daß die Luft zunächſt an der Erde durch die Wär - me der Erde erwärmt werde, fällt in die Augen; der D. Miles hat zu Tooting in Surren darüber häufige Beobachtungen mit Thermomet? rn angeſtellt, die er früh vor Tage in verſchiedenen Höhen über der Erde aufſtellete, wie er im 48ſten Bande der Transactionen umſtändlich erzählet.

Man kann die Nordlichter, welche zu der Zeit er - ſcheinen, wenn die Richtung der Nadel durch die Wärme der Erde verändert wird, für Elektricität der erwärmten Luft über der Erde annehmen. Sie erſcheinen haupt - ſächlich in den nordiſchen Gegenden, weil daſelbſt die270Verſuch über den Magnetiſmus.Veränderungen der Wärme am größten ſind. Dieſe Hypotheſe wird wahrſcheinlich, wenn man bedenkt, daß die Elektricität die Urſache des Donners und Blitzes iſt, und daß man ſie zur Zeit des Nordlichts aus den Wolken ziehen kann; daß die Bewohner der Nordländer vorzüg - lich ſtarke Nordlichter bemerken, wenn nach ſtrenger Kälte plötzliches Thauwetter einfällt, daß man auch nunmehr eine Subſtanz kennet, welche ohne Reiben, bloß durch Zunehmen oder Abnehmen ihrer Wärme, elektriſch wird. Dieſes iſt der Turmalin. Legt man denſelben auf eine erwärmte Glas, oder Metallplatte, ſo daß beyde gegen die Fläche der heißen Platte ſenkrecht geſtellte Seiten gleich ſtark erwärmt werden, ſo wird während der Er - wärmung die eine Seite eine poſitive, die andere eine negative Elektricität zeigen; eben dies wird geſchehen, wenn man ihn aus ſiedendem Waſſer nimmt, und abküh - len läßt, nur daß diejenige Seite, welche beym Erwär - men poſitiv war, beym Abkühlen negativ, und die vor - her negative Seite jetzt poſitiv wird.

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About this transcription

TextVersuch über die Elektricität, worinn Theorie und Ausübung dieser Wissenschaft durch eine Menge methodisch geordneter Experimente erläutert wird, nebst einem Versuch über den Magnet
Author George Adams
Extent312 images; 72198 tokens; 7757 types; 501271 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Max-Planck-Institut für WissenschaftsgeschichteNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2013-06-18T11:17:52Z Elena KirillovaNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2013-06-18T11:17:52Z Max-Planck-Institut für WissenschaftsgeschichteNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate2013-06-18T11:17:52Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationVersuch über die Elektricität, worinn Theorie und Ausübung dieser Wissenschaft durch eine Menge methodisch geordneter Experimente erläutert wird, nebst einem Versuch über den Magnet George Adams. . SchwickertLeipzig1785.

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LanguageGerman
ClassificationWissenschaft; Physik; ready; dtae

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