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Handbuch der Naturgeschichte.
Mit Kupfern.
Multa fiunt eadem sed aliter. (qvintilian.)
Göttingen, bey Johann Christian Dieterich,1779.
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Ex Bibliotheca Acad. Georgiæ Augustæ

[III]

Vorrede.

Der Zweck des gegenwärtigen Werks scheint deutlich genug, um keiner weitern Erläuterung zu bedürfen. Es war nemlich um ein Handbuch zu thun, was den ersten Umriß der allgemeinen und besondern Naturgeschichte zugleich umfassen sollte. Jene hat allerdings ihre eigne Vorzüge, und es ist auch gesagt worden, sie sey für Anfänger allein zu - reichend. Aber es scheint dem grossen Haufen der Dilettanten, für die doch hier am meisten gesorgt werden muß, interes -[IV] santer, die besondre Geschichte des Men - schen, des Elephanten, der Polypen, die Oekonomie eines Bienenstocks u. s. w. zu wissen, als sich mit den abstracten Leh - ren von den allgemeinen Eigenschaften der Naturalien allein zu begnügen. Nur muß man unter specieller Geschichte keine blose trockne Registratur der Gattungen und ihrer Charaktere verstehen. Das Lin - neische Systema Naturae und änliche In - ventarien unsrer neuen Faunisten und Floristen haben ihre großen Verdienste, aber wol schwerlich Reiz genug, einen jungen Menschen aufzumuntern, sich mit der Natur und der Kentniß ihrer Ge - schöpfe in etwas vertraut zu machen. Es[V] ist daher meine Absicht gewesen, sowol die allgemeinen Grundsätze der Naturge - schichte überhaupt, als auch das anzüg - lichste aus der Geschichte der merkwür - digsten Geschöpfe insbesondere, in diesen Bogen zu vereinigen. Ich pflichte voll - kommen den erhabnen Begriffen von ei - nem Compendium bey, die einer der wei - sesten Menschen, Bacon von Verulam davon hegte, daß es nemlich der kernige Inbegriff der wichtigsten Wahrheiten ei - ner Wissenschafft seyn sollte, die als reine narhafte Quelle für die Zeitgenossen, und in Zukunft fürs Archiv der Litteratur noch als ächte Urkunde dienen sollte, wie hoch man zu damaliger Zeit in der Wis -[VI] senschaft gestiegen sey. Ich würde mich daher schwerlich an ein Werk von einer so ernsten und wichtigen Bestimmung ge - wagt haben, wenn nicht theils schon mein Beruf, nemlich die Bearbeitung der theo - retischen Medicin, und deren ihre nahe Verwandschaft mit dem Studium der übrigen Natur, und dann auch die mir übertragne Unteraufsicht des Akademischen Musei, die Hoffnung in mir erregt hätten, dieser Arbeit einigermasen entspre - chen zu können. Besonders hat mich die Benutzung dieses Musei, das vielleicht von manchem an äusrer Pracht oder Grösse, aber schwerlich von einem an in - nerer Brauchbarkeit und der durch lange[VII] Jahre und Kosten und Kennerfleis, und mit einem seltnen Glücke gesammleten Menge der instructivsten Stücke, über - troffen wird, in den Stand gesetzt, die Natur nicht blos aus Büchern, sondern aus ihr selbst studiren zu können. Es ist nicht anders möglich, als daß ich bey die - sen Subsidien vieles neues sehen mußte. Gleichwol bin ich immer ungern und nie anders von Linne und andern berümten Männern abgegangen, als wenn ich der Warheit schlechterdings eine solche Tren - nung schuldig war. Es ist noch manches stehen geblieben, wogegen sich wol meine Ueberzeugung empörte: aber ich wollte lieber, daß man einen alten Irthum auch[VIII] einst noch in meinem Buche rügen sollte, als daß ich in den, der Warheit und den Wissenschaften weit gefährlichern Fehler verfallen wollte, eine richtige Lehre aus Neuerungssucht durch Zweifel verdächtig zu machen. Darum ist auch unter den manchen abweichenden neuen Lehren, die ich in diesem Buche vortrage, keine ein - zige, von deren Zuverlässigkeit ich mich nicht durch widerholte Versuche und eigne Erfahrungen vergewissert hätte. Die Cha - ractere der Geschlechter und Arten habe ich lateinisch angegeben, theils der Kür - ze wegen, theils auch um dadurch den trocknen Theil des Buchs vom anmu - thigern sogleich zu unterscheiden. Je -[IX] ner ist für Leute vom Metier, die doch La - tein verstehen werden, und um reine Regi - stratur zu halten, immer nothwendig; aber er ennuyirt die blosen Liebhaber, die sich um jene kunstmäsige Definitionen, nicht zu bekümmern brauchen, und in der wenigen Zeit die sie von ihren Berufsgeschäften zum Vergnügen auf Naturgeschichte ver - wenden, nur das Unterhaltendste der Wis - senschaft verlangen. Denn so wie ich zwar glaube, daß einige Kenntnis der Natur allen gebildeten Menschen manchen wesentlichen Nutzen und viele Unterhal - tung verschaffen kan, so gewis soll sie doch auch bey den allermehresten loses Nebenwerk und Erholungsstudium blei -[X] ben, aber nicht für die basis aller mensch - lichen Kenntnisse verschrien werden, und am wenigsten etwa Humaniora u. a. so - lide Grundwissenschaften verdrängen. Ich habe so gedrungen zu schreiben gesucht, als es der Deutlichkeit ohnbeschadet ge - schehen konnte, wenigstens immer die un - erträglich langweilige Weitläufigkeit ver - mieden, womit so manche Werke zur Naturgeschichte durchwässert sind, und die sich nur durch Unfähigkeit wie bey illiteratis (die doch für ihren guten Wil - len Dank verdienen) oder durch häus - liche Bedrängnisse entschuldigen läst. Nur in den ersten Blättern die eine Art Einleitung seyn sollten, bin ich in etwas[XI] umständlicher gewesen. Ueberhaupt habe ich meinem Buche den Zuschnitt gege - ben, daß es sowol als Handbuch für je - den Liebhaber, als auch zur Grundlage bey Vorlesungen dienen kan. Es ist zur letzten Absicht geschmeidig genug, und hoffentlich wird sich kein Lehrer in Ver - legenheit finden, im mündlichen Vortrage noch gnug zusetzen zu können. Was noch von Pflanzen und Mineralien ge - sagt werden soll, wird wenig an Bogen betragen. Von jenen versteht sich, blos das allgemeine; denn nur die Namen der Pflanzen-Geschlechter anzuzeigen, ist eine sterile Arbeit, und sich in Geschichte der Gat - tungen einzulassen, gehört fürs weite Feld[XII] der Botanik. Den Citationsprunk habe ich vermieden, und nur hin und wieder etwa ein anatomisches Werk oder eine andere von Naturforschern vielleicht bis - her übersehene Quelle angegeben. Den Thieren die sich in Deutschland finden, habe ich ein vorgesezt: So hat man zu - gleich eine Art Fauna Germanica, ohne daß ich doch bey jedem widerholen durfte daß es Landsleute wären. Ein * am Ende des Charakters bedeutet, daß ich das ganze Thier im academischen Museo oder sonst gesehen habe. Göttingen, den 24. Apr. 1779.

Blumenbach.

[XIII]

Einige Druckfehler die zum Theil abgeschmack - ten Sinn geben, daher sie der Verfasser vor dem Gebrauch des Buches, abzuändern bittet.

S. 5. Z. 10. statt einige, lies innige. S. 23. Z. 14. st. neugebohrne l. ungebohrne. S. 113. Z. 3. vom Ende wiederum st. neugebornen l. ungebornen. S. 116. Z. 4. vom Ende st. bisweilen l. bey weiten. S. 117. Z. 16. st. Schneelaurinnen l. Schneelauwinnen. Und Z. 21. st. diese l. tiefe. S. 119. Z. 15. st. Geschlecht. l. Thiers Geschichte. S. 123. Z. 12. v. E. st. Tamhirsch l. Tannhirsch. S. 125. Z. 11. st. seinem l. seinen. S. 142. Z. 9. st. spiritales l. spi - rales. S. 158. Z. 8. st. May l. Aprils; und Z. 9. st. Aprils Mays. S. 185. Z. 15. st. percuopterus l. percnopterus. S. 218. lezte Z. st. 1674. l. 1574. S. 240. Z. 6. v. E. st. de l. La. S. 406. Z. 8. st. gute l. eigentlich. S. 407. Z. 6. st. herabsteigen l. herabstürzen.

Verbesserungen und Zusätze.

S. 51. Z. 13. die Worte: sind stumme; andre, wie werden ausgestrichen.

S. 143. Z. 4 v. E. st. Junius u. Julius l. May und Junius.

S. 153. Z. 14. Wir haben seit den Abdruck jenes Bogens, unsre Untersuchung der Luftbehälter bey Vögeln wei - ter verfolgt: und halten es für eine Hauptbestim - mung der Zellen im Unterleibe, daß sie die Auslee - rung des Unraths befördern, und dadurch den Man - gel eines fleischigen Zwerchfells ersetzen sollen.

S. 208. soll die 13te Zeile heisen: Schlangen, Fröschen und Kröten.

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1

Erster Abschnitt. Von Naturalien überhaupt; ihrer Eintheilung in drey Reiche u. s. w.

§. 1.

Alle Dinge, die sich auf, und in unsrer Erde finden, zeigen sich entweder in derselben Gestalt, in welcher sie aus der Hand der Natur gekommen; oder so, wie sie durch Menschen oder Thiere, zu bestimmten Absichten, oder auch durch bloßen Zufall verändert und gleichsam umgeschaffen worden sind. Auf diese Verschie - denheit gründet sich die bekannte Eintheilung2 aller Körper in natürliche (naturalia), und durch Kunst verfertigte (artefacta). Die erstern machen den Gegenstand der Naturge - schichte aus, und man belegt alle Körper mit dem Namen der Naturalien, die nur noch keine wesentliche Veränderung durch Menschenhände erlitten haben; Da hin - gegen die mehresten von denen so der Zufall um - geändert hat, und beyläufig auch diejenigen so durch die Thiere nach ihren Trieben und zu Stil - lung ihrer Bedürfnisse verändert und umgebil - det worden, mit unter den Naturalien begrif - fen werden. Artefacten werden sie blos als - dann, wenn der Mensch*)Ars, sive additus rebus homo. baco de verulam. L'art en général est l'industrie de l'homme appliquée par ses besoins, ou par son luxe, aux productions de la Nature. diderot. wesentliche Ver - änderungen mit ihnen vornimt. Man rech - net z. B. die schwammichte Rinde einer Art Maulbeerbäume (Morus papyrifera) oder die äussere Schaale einer Cocosnuß doch zu den Na - turalien, wenn gleich beyde durch Menschen vom Stamme oder von der Nuß, die sie um - kleideten, abgelöst worden. Die dadurch mit ihnen vorgenommene Veränderung ist nicht Wesentlich genug, um sie deshalb zu Artefak - ten zu machen. Dies werden sie aber, und sie verlieren folglich den Namen von Naturalien, wenn die Chinesen aus jener Rinde Papier, und3 die Utaheiten ihre feinsten Zeuge daraus verfer - tigen, und wenn man in ganz Ostindien aus der Cocusnuß-Schaale Stricke dreht. Wenn der Blitz in sandichten Boden schlägt, schmilzt er oft den Sand zu Glas, wie wir selbst derglei - chen milchweiße Glaßtropfen vor uns liegend haben: und ähnliche Glaßstückchen zeigen sich auch gemeiniglich in den Laven der feuerspeyen - den Berge. Beyderley gehören zu den Natu - ralien, da sie zufälligerweise von himmli - schem und unterirdischem Feuer gezeugt worden: Da hingegen das Glas, was der Mensch aus ähnlichen Ingredienzen verfertigt, blos deswe - gen, weil es seiner Hände Werk ist, Artefakt heist. Die Holzzasern, die die Wespen zu ihrem Nesterbau verarbeiten, werden auch selbst in die - ser Gestalt, nach einer sehr wesentlichen Verän - derung mit zu den Naturalien gezählt: da hinge - gen die Papier-Proben, die man auf ähnliche Weise in neuern Zeiten aus Holzspänen verfertigt hat, ohne Widerrede Artefakten heisen. Diese Ver - schiedenheit zwischen so verwandten Produkten, reducirt sich blos darauf, daß das eine durch Wespen, das andere durch Menschen - hände verfertigt worden. So faßlich indeß diese Hintheilung aller Körper scheint, so wenig hält sie doch eine strengere Analyse aus. Es lassen sich eben so wenig absolute Grenzen zwi - schen Natur und Kunst bestimmen, als irgend eine Logik des Erdbodens das relative in den4 Begriffen von wesentlich und zufällig, wor - auf doch im gegenwärtigen Fall so vieles an - kommt, aufzuheben, und eine Scheidewand zwi - schen beyden festzusetzen, vermocht hat. Nichts desto weniger wird man sich aber auch sehr leicht, und der ganzen Eintheilung unbeschadet, über den Gesichtspunkt vergleichen können, aus wel - chem man diesen oder jenen zweydeutigen Kör - per ansehen will, und nach welchem er etwa mehr Anspruch auf Natur oder auf Kunst ma - chen könnte.

§. 2.

Alle und jede natürliche Körper zeigen, in Rücksicht ihrer Entstehung, ihres Wachs - thums, und ihrer Structur, eine doppelte Verschiedenheit. Die einen nemlich sind alle - mal von andern natürlichen Körpern ihrer Art hervorgebracht; ihre Exsistenz setzt in einer un - unterbrochenen Reihe bis zur ersten Schöpfung hinauf immer andere dergleichen Körper voraus, denen sie ihr Daseyn zu danken haben. Zwey - tens nehmen sie allerhand fremde Substanzen als Nahrungsmittel in ihren Körper auf, aßimili - ten sie den Bestandtheilen desselben, nnd beför - dern dadurch ihr Wachsthum von innen (in - nige Aneignung, intus susceptio). Diese bey - den Eigenschaften setzen drittens von selbst eine besondere Structur bey dieser Art von natürli - chen Körpern voraus. Sie müssen nemlich,5 wenn sie anders ihres gleichen hervorbringen, und Nahrungsmittel zu sich nehmen sollen, man - cherley Gefäße und Organe in ihrem Körper ha - ben, die zur Aßimilation dieser Alimente, zur Er - zeugung ähnlicher Körper ihrer Art u. s. w. nothwendig sind. Dies alles fehlt bey den natür - lichen Körpern der andern Art. Beydes, so - wol ihre Entstehung, als ihr Wachsthum, wenn man es gar nur Wachsthum nennen darf, ist sehr zufällig, wird keineswegs durch[innige] An - eignung, sondern lediglich durch Anhäufung oder Ansatz von aussen (Sammlung, aggregatio) bewirkt; und sie bedürfen folglich auch keines so zusammengesetzten Körperbaues, keiner sol - chen Organe, als die Eigenschaften der natürli - chen Körper der ersten Art unumgänglich erfo - derten. Jene heisen deshalb organisirte, die letztern unorganisirte Körper, oder Mine - ralien.

§. 3.

Endlich sind nun auch die organisirten Körper selbst, theils in der Art wie sie ihre Nah - rungsmittel zu sich nehmen, theils in Rücksicht ihrer Bewegung, sehr augenscheinlich verschieden. Manche ziehen einen bloßen Saft durch zahlrei - che kleine Oefnungen, die sich an einem Ende ihres Körpers befinden, in sich: da hingegen an - dere eine einfache, aber nach Proportion grös - sere Oefnung an sich haben, die zu einem ge -6 räumlichen Schlauche führt, wohin sie ihre Ali - mente, die von sehr verschiedner Art sind, bringen; die aber alsdann erst noch vielerley Veränderung erleiden müssen, ehe sie zur Nutrition geschickt werden. Diese letztern äussern zudem noch willkürliche oder eigenthümliche Bewe - gung ihrer Gliedmaßen, die den erstern völlig mangelt. Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.

§. 4.

Diese sehr faßliche Eintheilung der na - türlichen Körper in organisirte und unorgani - sirte (§. 2.), und der organisirten wieder unter sich (§. 3.), ist nun der Grund der bekannten drey Reiche, worein man alle Naturalien sehr schick - lich classificirt hat, und wovon das erste die Thiere, das zweyte die Pflanzen, das dritte die Mineralien begreift. Die Thiere sind, nach dem was oben gesagt worden, organisirte Kör - per, die erstens willkührliche Bewegung besitzen, und zweytens ihre Alimente durch den Mund in den Magen bringen, wo der nahrhafteste Ex - tract davon abgesondert und zur Nutrition ver - wandt wird. Die Pflanzen sind zwar eben - falls organisirte Körper, denen aber die willkühr - liche Bewegung gänzlich mangelt, und die zwey - tens ihren Nahrungssaft durch Wurzeln einsau - gen, nicht so wie die Thiere ihre Speisen durch eine besondere einfache Oefnung zu sich nehmen. 7Die Mineralien endlich sind unorganisirte Körper, die blos dadurch entstehen, daß ein - fache Theile durch Ansatz von aussen zusammen gehäuft, und mit einander verbunden werden, ohne daß sie die mindste Nahrung, weder durch einen Mund wie die Thiere, noch durch Wur - zeln wie die Pflanzen, in sich bringen, und so ihr Wachsthum durch innige Aneignung bewir - ken könnten.

§. 5.

Man hat sonst die Thiere und Pflanzen durch andere als die angezeigten Charaktere zu unter - scheiden gemeint. Die Pflanzen, sagte man, sind organisirte Körper die den Ort ihres Aufent - halts nicht verändern können, weil sie eingewur - zelt sind; da hingegen die Thiere allerdings diese Fähigkeit ihren Standpunkt zu wechseln (loco - motivitas) besitzen. Allein diese Kennzeichen sind unzulänglich. Von der einen Seite ken - nen wir sehr viele Pflanzen, die nichts weniger als eingewurzelt sind; und von der andern sehr viele Thiere, die eben so wenig auf locomotivitas An - spruch machen können. Eine Wasserlinse würde, im Fall sie willkürliche Bewegung besäße, sehr leicht ihren Aufenthalt ändern können, da hin - gegen eine See-Tulpe (Lepas balanus) so wie viele andere Thiere aus der Classe der Würmer, ihren einmal eingenommenen Platz nie von selbst wieder verlassen kann.

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§. 6.

Andere berühmte Männer haben, zumal ganz neuerlich, die Gränzen zwischen Thier - und Pflan - zen-Reich gänzlich aufzuheben getrachtet; indem sie sich auf organisirte Körper bezogen haben, die gleich viel Anspruch auf thierische und Pflan - zen-Natur machen könnten, die folglich mit Un - recht zu einem organisirten Reiche insbesondere gezählt würden, sondern die das Band zwischen beyden, und einen unmerklichen Uebergang vom einen zum andern, abgäben. Allein diese Ein - würfe verschwinden, sobald man sich über die Eigenschaften vergleicht, die man zu einem Thier oder zu einer Pflanze erfodert. Wir haben uns erklärt, was wir für Begriffe mit Animalität oder Vegetabilität verbinden, und so ist unserm Bedünken nach alle Zweydeutigkeit und Unge - wißheit über diese Punkte gehoben. Der Po - lype läßt sich durch Zweige fortpflanzen, wie eine Weide; aber muß er nun deswegen gleich zur Pflanze, oder doch zum Mittelding zwischen ihr und einem Thiere gemacht werden? Er ver - schlingt seine Würmchen durch eine große Oeff - nung die an seinem Körper ist, und zieht seine Nahrung nicht durch Wurzelzäserchen in sich; er hat willkürliche Bewegung, so gut als irgend ein Thier des Erdbodens; und das ist uns ge - nug, um ihm seine Animalität zu vindiciren, und zu behaupten, daß er mit gleich wenig Recht Pflanze oder Stein genannt werden dürfe. Erst9 vor kurzem hat man sich einiger Mooße, beson - ders der gallertigen Wasserfäden (Conferva ge - latinosa) zu Aufhebung des Unterschieds zwi - schen Thier und Pflanze bedient, indem man an diesen Gewächsen, die ganz augenscheinlich durch Wurzeln ernährt werden, doch eine willkürliche Bewegung wahrzunehmen geglaubt hat. Al - lein wir haben schon mehrere Sommer hindurch an verschiedenen Varietäten dieser Wasserfäden, die sich in der Nachbarschaft von Göttingen fin - den, mit aller uns möglichen Behutsamkeit, und theils unter den Augen sehr vieler Zeugen, Ver - suche angestellt, ohne auch nur die geringste Spur von eigenthümlicher Bewegung an diesem merk - würdigen Mooße zu bemerken. Die mindste Bewegung eines kleinen Würmchens, was etwa zugleich mit diesem Mooße im Wasser ist, oder der mindste Hauch auf die Oberfläche des Was - sers, setzen freylich das ganze gallertige Gewächs in Erschütterung; aber diese consensuelle Bewe - gung ist doch wohl eben so wenig willkürlich zu nennen, als die bekannten Erscheinungen an den sogenannten Fühlpflanzen, der Venus-Fliegen - Falle (Dionaea muscipula) u. s. w. die alle, so - wol als die gedachten Wasserfäden, in unsern Au - gen wahre Pflanzen, so wie die Polypen wahre Thiere, bleiben. Kurz, uns wenigstens ist noch kein Geschöpf bekannt, daß auf beyde organisirte Reiche gleich viel Anspruch machen dürfte; und schon a priori scheint uns die Exsistenz eines sol -10 chen Dinges gar nicht denkbar, was in dem Fall willkürliche Bewegung zugleich haben und nicht haben müßte. Aber das ist eine andere Frage, ob wir nicht zuweilen auf organisirte Körper stossen, deren Eigenschaften noch so wenig ent - wickelt sind, daß man balanciren muß, zu wel - chem von beyden Reichen man sie rechnen soll. Von der Art sind in unsern Augen die Wasser - schwämme (Spongiae) und die Landschwämme (Fungi). Es scheint uns leichter gesagt als er - wiesen, daß jenes Thiere, dies Pflanzen seyn sollen. Hierzu aber würden wir des berühmten und ungemein verdienten Landdrosten von Münchhausen Mittel-Reich (Regnum neu - trum) recipiren. Nicht daß es vermeinte Bin - dungs-Glieder zwischen beyden organisirten Rei - chen enthalten solle; sondern daß man die noch nicht genug untersuchten, und pro und contra bestrittenen Körper ad interim dahin deponirte; bis ihre Natur durch die Bemühung der After - welt näher bestimmt, und ihnen ihr behöriger Platz in einem von beyden organisirten Rei - chen mit Zuverläßigkeit angewiesen würde.

§. 7.

Noch müssen wir endlich ein paar Worte über die bekannten Bilder von Ketten und Lei - tern und Netzen, die man der Natur angepaßt hat, sagen. Auch durch sie hat man neuerlich die Stützen der bestimmten Naturreiche zu un -11 tergraben gesucht. Man hat nemlich den Satz: Die Natur thut keinen Sprung, über den schon der große Leibnitz viel wahres und schö - nes gesagt hat, den Bradley nachher (auf Addison's Anrathen) in einem eignen Werke, aber ziemlich unvollständig und trocken, Bon - net ungemein scharfsinnig, und Robinet ganz abentheuerlich behandelt haben, dahin gedeutet: daß alle erschaffene Wesen, vom vollkommensten bis zum Atom, vom Engel bis zum einfachsten Elemente, in einer ununterbrochnen Reihe, wie Glied an Glied in einer Kette, zusammenhin - gen; daß sie in Rücksicht ihrer Bildung und Ei - genschaften stufenweise, aber doch so unmerk - lich auf einander folgten, daß durchaus keine an - dre, als eine sehr willkürliche, sehr imaginäre Abtheilung in Reiche oder Classen und Ordnun - gen ꝛc. bey ihnen statt finden könne. Dieses Räsonnement scheint wirklich auf den ersten Blick ganz richtig. Die Idee von Stufenfolge in der Natur ist eben so alt als artig. Wir selbst haben sie von je her für eine der interessant - sten Speculationen in der Natürlichen Philoso - phie gehalten. Sie kann auch sehr wesentlich nutzbar werden. Sie ist, beym Lichte betrachtet, der wahre Grund eines natürlichen Systems in der Naturgeschichte, das der große, aber noch meist unbefriedigte Wunsch, aller Naturforscher ist, und nach welchem man die natürlichen Kör - per nach ihrer grösten Verwandschaft zusammen12 ordnen, die ähnlichen verbinden, die unähnli - chen von einander entfernen soll. Jedes natür - liche System sollte eigentlich eine Art Bonneti - scher Leiter seyn, und das ganze Studium der Naturgeschichte würde ungemein gewinnen, würde gar sehr erleichtert werden, wenn die Sy - stematiker nach diesem Plane arbeiteten, sich weniger willkürliche Charaktere abstrahirten, nach welchen sie die Naturalien rangiren ꝛc. Aber alles dies herzlich gerne zugegeben, dürfen doch die Leitern und Ketten, der guten Sache der bestimmten Naturreiche, und der Classification der Naturalien, bey weitem keinen Eintrag thun. Die passendste Allegorie kann matt werden, kann in eine Spielerey ausarten, wenn sie zu weit getrieben wird. Und das ist in der That bey den eben angeführten zu befürchten. Es ist un - terhaltend, es ist, wie wir so eben selbst gesagt haben, nutzbar, wenn der Naturforscher die Creaturen nach ihrer nächsten Verwandschaft un - ter einander ordnet, an einander kettet u. s. w. Aber es scheint uns von der andern Seite eine schwache, und der Allweisheit des Schöpfers unanständige Behauptung, wenn man im Ernste annehmen wollte, daß auch Er bey der Schöpfung einen solchen allegorischen Plan be - folgt, und die Vollkommenheit seiner großen Handlung darein gesetzt hätte, daß er seinen Crea - turen alle ersinnliche Formen gäbe, und sie folg - lich vom obersten bis zum untersten ganz regel -13 mäßig stufenweis auf einander folgen liesse. Man würde lächeln, wenn jemand den Vorzug bey der Einrichtung eines Hauses darinn suchte, daß die Meublen darinne alle von verschiedner Gestalt oder Größe wären, und sich auch, so wie die an - gebliche Kette der natürlichen Körper, unter eine gleiche Stufenfolge bringen liessen. Die Voll - kommenheit in der große Haushaltung der Mut - ter-Natur ist, so wie bey der kleinsten Oekonomie einer Familie, in ganz andern Vorzügen zu su - chen. Daß Gott in seiner Schöpfung keine Lücke gelassen hat, daß dieses unermeßliche Uhr - werk nirgend stockt, sondern im ununterbroch - nen Gange, im beständigen Gleichgewicht er - halten wird, davon liegt der Grund wohl schwer - lich darinne, weil der Orangoutang den Ueber - gang vom Menschen zum Affen machen, oder weil die Vögel durch die Fledermäuse mit den vierfüßigen Thieren, und durch die fliegenden Fische mit den Fischen verbunden seyn sollen: sondern weil jedes erschaffne Wesen seine Be - stimmung, und den zu dieser Bestimmung er - foderlichen Körperbau hat; weil kein zweckloses Geschöpf exsistirt, was nicht auch seinen Bey - trag zur Vollkommenheit des Ganzen gäbe. Das machts, daß die Schöpfung ihren Gang geht, und daß noch kein Weiser, irgend einer Zeit oder eines Volks, in ihr eine Lücke hat antreffen kön - nen. Kette der Natur, die suchen wir nicht in der gradativen Bildung ihrer Körper, nicht14 darinn, daß der eine, Thier und Pflanze, und ein andrer Pflanze und Stein verknüpfen soll; son - dern in den angewiesenen Geschäften der Glie - der dieser Kette, wie Glied und Glied nicht nach ihrer Form, sondern nach ihrer Bestimmung in einander greifen u. s. w. Bey dem ewigen Cir - kel von unermeßlich weiser Einrichtung, da die Pflanzen ihre Nahrung aus der Erde ziehn, und nachher Menschen und Thieren, und ein Thier dem andern, zur Nahrung dienen, und da am Ende Menschen und Thiere und Pflanzen wieder zur Erde werden; bey diesem großen Cirkel braucht die Vernunft keine Bindungsglieder vorauszusetzen, die diese Geschöpfe so verschied - ner Art in Rücksicht ihrer Bildung verknüpfen müßte; so wie uns auch die Erfahrung bis jetzt noch keine natürliche Körper kennen gelehrt hat, die mit Recht auf den Namen solcher Bin - dungsglieder zwischen den drey Naturreichen Anspruch machen dürften.

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Zweyter Abschnitt. Von den organisirten Körpern überhaupt.

§. 8.

Es scheint beym Vortrag der N. G. ziemlich willkürlich, ob man die unorganisirten oder die organisirten Körper zuerst abhandle. Doch dünkt es uns schicklicher, mit dem Menschen, und den ihm zunächst verwandten Thieren anzufan - gen, dann zu den übrigen organisirten Körpern fortzuschreiten, und mit dem Mineral Reich zu beschliessen. Was ein organisirter Körper im Gegensatz vom unorganisirten, vom Mineral, sey, haben wir oben (§. 2.) bestimmt. Jetzt müssen wir die allgemeinen Eigenschaften dieser Körper, die Eigenschaften, die der Mensch und die Käse-Milbe, die Ceder und der Schimmel mit einander gemein haben, näher beleuchten.

§. 9.

Jeder organisirte Körper entsteht, lebt, und stirbt ab. Das sind die drey großen Revolutionen, welche die Exsistenz eines je - den Thiers oder jeder Pflanze unumgänglich vor -16 aussetzt, sie mögen nun wie der Baobab (Adan - sonia) und die Eiche ein Alter von Jahrtausen - den erreichen, oder wie mancher Schimmel alle diese Rollen in wenigen Tagen absolviren; und wenn sie auch selbst in der Geburt erstickt - ren, so setzt doch ihr augenblickliches Daseyn Entstehung, Leben und Tod voraus; die man sich als eben so verschiedne Epochen oder Revo - lutionen ihrer Exsistenz denken muß. Jedes Thier und jede Pflanze haben von der andern Seite auch drey große Bestimmungen, die sie schon als organisirte Körper, ohne Rücksicht auf ihre übrigen Funktionen, und auf den Beytrag den sie zur Vollkommenheit des Ganzen thun, erfül - len müssen; nemlich: sich nähren, wachsen und ihres gleichen zeugen. Die beyden er - sten sind eben so absolut als jene Revolutionen; nur die dritte ist conditional. Das Leben eines organisirten Körpers mag noch so kurz, noch so augenblicklich seyn, so hätte es doch nicht ohne Nahrung dauren können, und diese Ernährung hat Wachsthum zur Folge, sollte dies auch gleich noch so unmerklich gewesen seyn; die dritte Be - stimmung hingegen, oder die Fähigkeit seines gleichen zu zeugen, kommt dem organisirten Kör - per nur bedingungsweise zu. Denn erstens giebt es ganz ungezweifelt Thiere, die gebohren werden, sich nähren, wachsen, alle Rollen ihres Lebens ganz natürlich spielen, und am Ende wieder absterben, ohne auch nur den Beruf oder17 die Fähigkeit zu haben, diese dritte Bestimmung eines organisirten Körpers zu erfüllen: wohin z. B. die Arbeitsbienen gehören. Zweytens aber wird auch das Zeugungs-Geschäfte, bey denen organisirten Körpern die alle Fähigkeiten dazu besitzen, doch nur in einem bestimmten Alter ihres Lebens vollzogen, dahingegen Ernährung und Wachsthum (letzteres nemlich im weitläuf - tigen Sinn genommen) lebenswierig dauern. Die also vor dem bestimmten Alter absterben, können diese Bestimmung gar nie erfüllen, und die es überleben, sind auch nachher unvermögend dazu. Drittens endlich, so kommen, zumal bey den Thieren, des behörigen Alters und der Fähigkeit ohngeachtet, doch oft zufällige Ursa - chen hinzu, die sie dennoch zur Ausübung dieses Berufs unfähig machen.

§. 10.

Die Entstehung der organisirten Körper ist, alles des großen Lichtes, was die Bemühun - gen der Neuern darüber verbreitet haben, ohn - geachtet, eine der schwierigsten Lehren der Phy - siologie. Wo der erste Grundstoff eines je - den Thiers und jeder Pflanze hervorkomme, und durch was für Kräfte dieser Stoff nachher aus - gebildet werde, sind beydes Probleme, deren Auflösung bis jetzt immer noch mit vieler Dun - kelheit bedeckt ist. Den ersten Stoff oder die Grundtheile des organisirten Körpers haben fast18 alle Alten, und neuerlich auch Büffon u. a.m. aus der Vermischung des männlichen Saa - mens mit dem weiblichen (dessen Exsistenz aber noch nicht einmal erwiesen ist) hergeleitet. Nachdem aber Ludwig von Hammen aus Danzig, im August 1677. zuerst die Würmgen im männlichen Saamen entdeckt hatte, so glaub - ten Leeuwenhöck, Börhaave, Chr. Wolff u. a. den ersten Stoff eben in diesen Saamen - Thiergen zu finden. Allein sie haben neuer - lich sehr viel von ihrem Ansehen verlohren, nachdem man sie in vielen männlichen Thieren vermißt, und hingegen in tausend andern faulichten Säften ausser lebendigen Körpern, ähn - liche Würmgen (Infusions-Thiergen) vorgefun - den hat. Andere berühmte Männer haben endlich, nach den Erfahrungen über den Eyerstock der unbefruchteten Vögel, die Grundtheile der or - ganisirten Körper im weiblichen Ey gesucht. Besonders hat Herr von Haller aus diesen Erfahrungen Schlüsse gefolgert, die diese Lehre bey weitem mehr als blos wahrscheinlich machen.

§. 11.

Die Ausbildung dieses Grundstoffs zu erklären, ist man zwey Wege eingeschlagen, die beyde von sehr großen Männern betreten wor - den sind, deren jeder den seinigen zu verfechten, und die Richtigkeit des andern zu bestreiten, ge - trachtet hat. Diese Wege sind die, in der neuern Philosophie so berühmt gewordnen, Theorien der19 Epigenese und der Evolution. Die Epi - genese lehrt, daß der rohe Grundstoff (§. 10.) nach der Empfängnis oder Befruchtung all - mählig ausgebildet, und ein Theil des orga - nisirten Körpers nach dem andern geformt würde. Diese allmählige Bildung wahrscheinlich zu ma - chen, haben ihre Anhänger allerhand Kräfte angenommen, die dieses Geschäfte bewürken soll - ten. Die Spiritualisten haben die Seele zum Baumeister ihres Körpers machen wollen, Büf - fon hat sich innere Modelle im alten organi - sirten Körper ersonnen, von welchen der Grund - stoff des neuen, Abdrücke nehmen sollte; Herr Casp. Fr. Wolff hat zu seinem scharfsinnigen System eine gewisse vis essentialis aufgenommen, der er diese allmählige Ausbildung überträgt u. s. w. Die Theorie der Evolution hingegen nimmt an, daß in dem rohen Urstoff nicht erst ein Theil nach dem andern gebildet werde, son - dern, daß derselbe den ganzen Keim, den völli - gen Entwurf des organisirten Körpers in sich fasse, daß folglich alle Keime der organisirten Körper in ihren Vorfahren bis zur ersten Schö - pfung hinauf gleichsam eingeschachtelt, und in einen unthätigen Schlaf versenkt gelegen hätten, und daß diese Keime bey der Befruchtung durch den Reiz des männlichen Saamens nur ermun - tert, und so zu ihrer fernern Entwickelung angetrieben würden.

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§. 12.

Diese Lehre von der Entwickelung des, lan - ge vor der Befruchtung, vorräthig liegenden Keims, hat durch die Erscheinungen an den Blattläusen, am Kugelthier, am Leich der Frö - sche, besonders aber durch die unzählichen und äusserst genauen Beobachtungen des Herrn von Haller am Hünchen im Ey, ein sehr starkes Gewicht erhalten. Dem Hallerischen System zufolge liegt der Keim des neuen organisirten Körpers im Ey der Mutter eingewickelt, und der männliche Saame trägt zur Erzeugung wei - ter nichts bey, als daß er durch seinen Reiz die - sen Keim zur Entwickelung antreibt, und einige wenige Veränderung in Bildung der Frucht zu bewürken vermag. Doch möchte, unserm Be - dünken nach, der Antheil des männlichen Saa - mens an Bildung der Frucht wohl größer seyn, als er gemeiniglich angegeben wird. Die Er - zeugung der Bastarde, die sechsfingrichten Fa - milien der Kalleja und Bilfinger, besonders aber die Beyspiele so vieler Gattungen von Thie - ren, bey welchen die beyden Geschlechter von gänzlich verschiedner Bildung sind (wie die Schildläuse u. a.m.), scheinen unsre Vermu - thung allerdings zu begünstigen.

§. 13.

Die Alten, die den Gebrauch der Mikroskope verkannten, und denen so viele andre von unsern21 Subsidien mangelten, nahmen bey der Zeugung kleiner organisirter Körper, zumal des sogenann - ten Ungeziefers, ihre Zuflucht zur Entstehung aus Fäulniß, zur generatio aequivoca. Die bekannte Erfahrung, daß Fäulniß die Vermeh - rung solcher Thiere, auch des Schimmels ꝛc. befördere, konnte sie freylich auf diesen Fehl - schluß leiten. So verfänglich es nun zwar heu - tiges Tages ist, und so wenig wir also geneigt sind, der generatio aequivoca das Wort zu reden, so dünkt sie uns doch öfterer verlacht als gründ - lich widerlegt zu seyn. Die gewisse Wahrheit, daß manche Gattungen von Würmern sich blos in andern thierischen Körpern finden; und daß sie gänzlich von denen verschieden sind, die sich auch ausser andern Thieren im Wasser aufhalten, ist uns immer aus dieser Rücksicht bedenklich ge - wesen. Am wenigsten wissen wir uns die Er - zeugung der kleinen Spulwürmer zu erklären, die Bald. Ronßeus und der seel. Brendel bey ungebohrnen Thieren vorgefunden haben. Wir selbst haben junge Hunde, wenige Stunden nach ihrer Geburt zergliedert, und ihren ganzen Darm - kanal mit unzähligen Bandwürmern gefüllt gesehn.

§. 14.

Sowol durch eine fehlerhafte Anlage des Keims, als auch durch Zufall bey seiner Ent - wickelung, wird zuweilen ein organisirter Kör -22 per zur Mißgeburt verunstaltet. Nach dem Sprachgebrauch versteht man unter Misge - burt: eine widernatürliche, angebohrne, leicht in die Augen fallende Verunstaltung in Bil - dung äusserer, grösserer Theile. So unzählich diese Mißgestalten seyn können, so lassen sie sich doch alle auf vier Hauptclassen reduciren.

1. M. G. mit widernatürlicher Bildung ein - zelner Glieder. Fabrica aliena. Wohin auch die blos getrennten Theile, (wie Ha - senscharte) und die blos zusammen gewach - senen Theile gerechnet werden.

2. M. G. mit Versetzung oder widernatür - licher Lage einzelner Glieder. Situs mu - tatus.

3. M. G. denen ganze Glieder mangeln. Monstra per defectum.

4. M. G. mit überzähligen oder zum Theil unmäßig großen Gliedern. Monstra per excessum.

Daß nicht alle M. G. durch Zufall entstehn, sondern daß ein großer Theil von ihnen schon im ersten Entwurfe des Keims monströs gebildet seyn müsse, wird besonders durch die Beyspiele der widernatürlich links gewundnen Schnecken, und durch die Zergliederungen der Mißgeburten aus der 4ten Classe erweislich.

23

§. 15.

Die Ernährung der organisirten Körper geht auf verschiedene Weise vor sich. Den Pflan - zen wird ihre Nahrung durch Wurzeln, die sich ausserhalb ihres Stammes am einen Ende desselben finden, zugeführt. Die Thiere hinge - gen haben, wie sich Börhaave ausdrückte, ihre Wurzeln innerhalb ihres Körpers. Sie bringen nemlich die Alimente durch den Mund in den Magen und Darmcanal, wo der nahr - hafte Theil durch unzählige Bläsgen und Röhr - gen, wie bey den Pflanzen durch Wurzeln, ein - gesogen und den Theilen des Körpers zugeführt wird. Viele[ungebohrne] Thiere werden auch ausserdem durch den Nabel ernährt; eine Art von Nutrition, die ebenfalls sehr viel Aehnlich - keit mit der Gewächse ihrer hat. Der brauch - bare Theil der Alimente wird der Substanz der organisirten Körper assimilirt; der überflüßige hingegen ausgedünstet; und bey den Thieren, die keinen so geläuterten Nahrungssaft wie die Pflanzen zu sich nehmen, auch durch andre Wege ausgeworfen.

§. 16.

Das Wachsthum der organisirten Kör - per ist die Folge ihrer Ernährung. Die meh - resten haben eine bestimmte Größe ihres Kör - pers; und wenn sie diese erreicht haben, so ist alsdann ihr ferneres Wachsthum bloßer Ersatz24 dessen, was nach und nach von der Maschi - ne abgenutzt wird. Der Mensch z. E. wächst gemeiniglich bis zum zwanzigsten Jahre zu einer Höhe von 6 Fuß; seine übrige Lebenszeit hin - durch wird blos das, was seinem Körper allmäh - lig abgeht, durch die fernere Ernährung wieder ersetzt. Dieser Abgang von der einen Seite, und sein Ersatz von der andern, sind doch aber so beträchtlich, daß man annehmen kann, der ganze menschliche Körper werde in Zeit von vier Jahren immer gänzlich erneuert, so daß wir heute wenig oder nichts von dem Körper mehr übrig haben, den unsre Seele vor vier Jahren bewohnte. Einige Thiere hingegen, wie die Cro - codille, die großen Wasserschlangen ꝛc. scheinen gar keine bestimmte Größe zu haben, sondern ihre ganze Lebenszeit hindurch in die Länge zu wachsen.

§. 17.

Zum Wachsthum der organisirten K. ge - hört auch ihre Reproduktion, oder die merk - würdige Eigenschaft, daß sich verlohrne Theile ihres Körpers von selbst wieder ersetzen. Sie gehört zu den weisesten Einrichtungen in der Natur, und sichert die Thiere und die Pflanzen bey tausend Gefahren, wo ihr Körper verletzt wird: sie ist folglich auch einer der grösten Vor - züge, wodurch die Maschinen aus der Hand des Schöpfers bey weitem über die grösten Kunst -25 werke der Menschen erhoben werden. Die Au - tomaten von Vaucanson und den beyden Ja - quet Droz, die in der That alles übertreffen, was menschliche Kunst in der Art noch hervorge - bracht hat, müssen doch darinn jedem natürlich organisirten Körper nachstehen, daß ihnen ihr Künstler keine Kraft mittheilen kann, ihre Trieb - federn und Räder, wenn sie verstümmelt und abgenutzt würden, von selbst wieder zu restitui - ren: eine Kraft, die hingegen jedem Thier und jeder Pflanze, nur in verschiedenem Maaße, bey - wohnt. Manche organisirte K. verlieren zu gewissen Zeiten, Theile ihres Körpers von freyen Stücken, die ihnen nachher wieder reproducirt werden; wohin das Abwerfen der Geweihe, das Mausern der Vögel, und das Entblättern der Pflanzen gehört. Aber ausser dem werden ihnen auch Theile ersetzt, die durch Zufall verloh - ren oder verstümmelt werden; eine Eigenschaft die man an den Pflanzen vorlängst bemerkt hat, und auf die man, zumal nach Trembley's Erfahrungen an den Polypen, nun auch im ganzen Thierreich attent worden ist. Der Mensch, und die ihm zunächst verwandten Thiere besitzen eine geringe, die Würmer hingegen, besonders die Polypen, die Seeanemonen ꝛc. eine unend - lich starke Reproductions-Kraft.

§. 18.

Nächst Ernährung und Wachsthum war die dritte Bestimmung der organisirten K. die,26 ihres gleichen zu zeugen (§. 9.). Zu diesem Ge - schäfte werden sie aber erst in einem bestimmten Alter tüchtig, und vollziehen es alsdann auf sehr verschiedne Weise. Bey den mehresten ist jedes Individuum für sich im Stande, sein Geschlecht fortzupflanzen; bey den übrigen hin - gegen müssen sich immer ihrer zwey, der eine männlichen, der andre weiblichen Geschlechts, mit einander begatten, wenn sie neue organisirte K. ihrer Art hervorbringen sollen. Die mannich - faltigen Arten der Vermehrung lassen sich doch füglich unter folgende vier Classen bringen.

I. Cl. Jedes Individuum vermehrt sich auf die einfachste Weise, ohne vorhergegangne Be - fruchtung: entweder durch Theilung wie manche Infusions-Thiergen; oder durch Sprossen wie die Arm-Polypen und viele Gewächse; oder so, daß das junge in eine Hülse (Ey der Thiere, Saame der Pflanzen) eingeschlossen ist, die der alte organisirte K. von sich giebt, u. s. w.

II. Cl. Jedes Individuum enthält dergleichen Hülsen; die aber bey den Pflanzen erst mit Blumen-Staub, und bey den Thie - ren mit männlichem Saamen, (der doch ebenfalls bey jedem organisirten Körper dieser Art vorräthig liegt) begossen werden müssen, ehe sich ein junges daraus ent - wickeln kann. Dies ist der Fall bey den27 mehresten Pflanzen, und bey wenigen Thie - ren, wie beym Kiefenfuß.

III. Cl. Ebenfalls beyde Geschlechter, wie bey den Hermaphroditen der vorigen Classe, in ei - nem Individuo verknüpft; doch daß keins sich selbst zu befruchten im Stande ist, son - dern immer ihrer zwey sich zusammen be - gatten müssen. Diese sonderbare Ein - richtung findet sich nur bey wenigen Thieren; wie nach Swammer - dams Bemerkung bey manchen Garten - Schnecken.

IV. Cl. Die beyden Geschlechter in separaten Individuis, von denen das eine die Hül - sen oder Eyer, das andere den befruchten - den Saft enthält. So die größern Thiere, und manche Pflanzen, wie die Weiden, der Hopfen ꝛc. Einige Thiere dieser Classe geben die Hülsen selbst von sich; das heist, sie legen Eyer, in welchen sich erst nach - her das Junge folgends ausbildet. Dies sind die Eyerlegenden Thiere (ovipara). Bey andern aber wird dies Ey so lange in der Gebährmutter zurück behalten, bis das Junge vollkommen entwickelt worden, und nun von seinen Hülsen befreyt, zur Welt kommen kann; Lebendiggebährende Thiere (vivipara).

28

NB. Wie gering der Unterschied zwischen Eyerlegen und Lebendiggebähren sey, erweisen die Beyspiele der Blattläufe und Federbusch-Polypen, die sich auf beyderley Weise fortpflanzen.

§. 19.

Die neuerzeugten organisirten K. sollten ei - gentlich ihren Vorfehren, und ihre Nachkom - men ihnen selbst vollkommen gleichen. Doch findet sich bey Thieren und Pflanzen derselben Art, sehr oft in Rücksicht ihrer Bildung, Größe, Farbe ꝛc. so viel Verschiedenheit, daß sie zuwei - len leicht für besondre Gattungen angesehn wer - den könnten. Solche Abweichungen nennt man Spielarten, Varietäten; und sie sind eine Folge der Ausartung, Degeneration, die aus verschiedenen Quellen hergeleitet werden muß.

§. 20.

Der kürzeste Weg zur Degeneration ist die Begattung organisirter Körper verschiedner Art; wodurch Bastarde (hybrida) erzeugt werden, die keinem von beyden Eltern vollkommen glei - chen, sondern vielmehr mit beyden zusammen Aehnlichkeit haben. Nach einer weisen Ein - richtung der Vorsehung sind diese Bastarde mehrentheils unfruchtbar; und nur wenige sind im Stande ihr Geschlecht weiter fortzupflanzen. Die Bastarden von Hänflingen und Canarien - vögeln, von Füchsen und Hunden, von ver - schiednen Gattungen Tabac ꝛc. sind allerdings29 fruchtbar. Hingegen können wir schwerlich glau - ben, daß man je aus der Vermischung von Ca - ninchen und Hünern, oder von Stieren und Stuten, auch nur unfruchtbare Bastarden gezo - gen habe, so wie folgends die von Menschen und Vieh, aus mehr als blos physischen Grün - den, absolut zu leugnen sind.

§. 21.

Die übrigen Ursachen der Degeneration wür - ken zwar langsam, aber kräftig. Wir rechnen dahin Einfluß des Himmelsstrichs, der Lebens - art, der Nahrungsmittel u. s. w. Kaltes Kli - ma unterdrückt das Wachsthum der organisirten K. und bringt auch weiße Farbe an ihnen her - vor. Drum sind die Patagonier groß, die Grönländer klein; die Neger schwarz, die Deut - schen weiß u.s.f. Was aber Lebensart, Cul - tur und Nahrung vermöge, davon sehn wir an unsern Hausthieren, und an den Pflanzen die in unsern Gärten künstlicher Pflege bedürfen, au - genscheinliche Beyspiele.

§. 22.

Nachdem die organisirten K. die Bestim - mungen ihres Lebens erfüllt haben, so geht die letzte Revolution (§. 9.) mit ihnen vor, sie ster - ben. Diese Revolution ereignet sich bey eini - gen nach einer langen, bey andern nach einer sehr kurzen Lebensfrist. Die wenigsten erreichen30 aber das Ziel was ihnen die Natur zum Laufe ihres Lebens vorgesteckt hat, sondern tausender - ley Zufälle verkürzen ihnen diesen Weg meist lange vor der bestimmten Zeit; und sie sind nur nach der Verschiedenheit ihres Körperbaues, bald mehr, bald weniger, gegen solche Unfälle gesichert. Ein Polyp pflanzt durch die Wunden sein Geschlecht fort, die eine Fliege tödten würden. Ein Fisch muß sterben, wenn er lange dem Was - ser entzogen wird; dahingegen ein Räder-Thier mehrere Sommer hindurch an der Sonne gedörrt werden kann, und dennoch wieder auflebt, so - bald man es nur nachher mit einem Tropfen sei - nes Elementes befeuchtet.

§. 23.

Nach dem Tode der Thiere und Pflanzen wird ihr Körper allmählich ausgelöst, ihr Orga - nismus zerstört, und ihre Asche endlich mit der übrigen Erde vermengt, die ihnen vorher Nah - rung oder Aufenthalt gegeben hatte.

31

Dritter Abschnitt. Von den Thieren überhaupt.

§. 24.

Der vorige Abschnitt lehrte, was Thiere und Pflanzen als organisirte Körper mit einander ge - mein haben. Der gegenwärtige soll nun die Eigenschaften behandeln, die den Thieren allein zukommen, und wodurch sie sich von den Ge - wächsen auszeichnen.

§. 25.

Die äussere Bildung der Thiere ist so unendlich verschieden, daß sich nichts allgemei - nes darüber sagen läst. Das einzige, was un - serm Bedünken nach alle Thiere ohne Ausnahme hierinn mit einander gemein haben, ist eine ein - fache, aber verhältnißmäßig große Oeffnung an ihrem Körper, durch welche sie ihm seine Nah - rung zuführen. Sowol diese Oeffnung, nem - lich der Mund, als auch die große Mannich - faltigkeit der Alimente, die die Thiere zu ihrer Erhaltung verwenden, unterscheidet sie schon hinlänglich vom andern Haufen organisirter Kör - per, von den Pflanzen. Statt daß diese eine32 einförmige Nahrung, und zwar fast gänzlich aus dem Mineralreich geniessen; so ist hingegen der Thiere ihr Futter fast unbeschränkt, und wird beynah blos aus den organisirten Reichen ent - lehnt. Manche nähren sich sogar von Thieren ihrer eignen Gattung, wie der Mensch und die Spinne; nur wenige aber nehmen Mineralien als Speise zu sich.

§. 26.

Die Thiere werden von der einen Seite durch die unerträglichen Gefühle des Hungers und Durstes, und von der andern durch die ange - nehmen Reitze des Appetits getrieben, diese ihre Nahrungsmittel zu sich zu nehmen und dadurch ihre Erhaltung zu bewürken. Die kaltblütigen Thiere können indeß doch überhaupt länger, als die warmblütigen, und manche von ihnen zum Erstaunen lange hungern. Auch nehmen einige, zumal aus der Classe der Insecten, in einer ge - wissen Epoche ihres Lebens; viele andre aber im Winter, den sie theils durchschlafen, gar keine Speise zu sich.

§. 27.

Die Nahrungsmittel müssen bey den Thie - ren sehr mannichfaltige Veränderungen erleiden, ehe sie zur eigentlichen Nutrition geschickt, und der Substanz des thierischen Körpers assimilirt werden können. Die härtern Speisen müssen33 von den mehresten erst mittelst der Zähne zer - malmt, und mit Speichel, oder wie bey manchen Schlangen gar mit ätzendem Gift vermischt, oder wie bey vielen Vögeln in einem besondern Behälter einige Zeit eingeweicht werden, eh sie zum Magen und Darmcanal gelangen können. Auch hier werden sie noch ferner mit allerhand vorräthigen Säften vermengt und in einen wei - chen Brey verwandelt, von welchem der nahr - hafte Theil abgesondert, und der Ueberrest als Un - rath wider aus dem Körper geworfen wird. Dies letztere geschieht bey den mehresten durch den After; bey einigen aber durch die gleiche Oefnung, wodurch sie die Alimente zuerst in sich nahmen.

§. 28.

Bey den meisten Thieren wird der abgeson - derte Nahrungssaft (§. 27.) zuvor mit dem Blute vermischt, und von da erst in die Theile des Körpers abgesetzt. Das Blut ist bey man - chen Thieren von rother, bey andern von weisser Farbe; bey einigen warm, bey den mehresten kalt; und wird mittelst des Herzens, und derer Adern in welchen es läuft, in beständiger Circu - lation erhalten. Einige wenige Thiere (Arm - Polypen ꝛc. ) haben aber weder Blut, noch Herz, noch Adern, sondern der nahrhafte Theil ihrer Alimente tritt sogleich aus dem Magen in die gallertige Substanz ihres Körpers selbst über.

34

§. 29.

Nächst der Ernärungsart war willkürliche Bewegung ein Hauptcharakter, wodurch wir die Thiere von den Pflanzen auszeichneten (§. 4.). Die Organe die zum Behuf aller dieser unzählig - mannichfaltigen Bewegungen dienen, sind die Muskeln, die oft bey sehr kleinen Thieren in grosser Anzal befindlich sind. Der Mensch hat kaum funftehalb hundert Muskeln, eine Wei - denraupe hingegen über viertausend. Hieraus läßt sich aber auch die ungemeine Stärke vieler dieser kleinen Thiere erklären. Ein Floh z. B. schleppt wol eine Last die achtzig mal so viel als er selbst wiegt, und ein Mist-Käfer läuft mit einem Stücke Bley auf dem Rücken fort, was eben so gros als er selbst ist.

§. 30.

Die Muskeln werden nach dem Entschluß des Willens durch die Nerven in Bewegung gesetzt; einige (wie z. B. das Herz) ausge - nommen, über die der Wille nichts vermag, sondern die unaufhörlich, lebenslang, und zwar ohne wie andere Muskeln zu ermüden, oder end - lich zu schmerzen, in Bewegung sind.

Der dunkle Körper im Leibe des Räderthiers, den einige berümte Männer, seiner willkürlichen Bewegung ungeachtet, für das Herz des Thiergens gehalten haben, ist nach unsern Untersuchungen zuverläßig der Magen, und kein Herz.

35

§. 31.

Ausser dem Einfluß, den die Nerven auf die Muskelbewegung haben, ist ihr zweytes Ge - schäft, auch die äussern Eindrücke auf den thie - rischen Körper, der Seele durch die Sinne mit - zutheilen. Die Art der sinnlichen Empfindung und die Beschaffenheit der Sinnwerkzeuge ist bey den Thieren sehr verschieden. Viele Thiere erhalten offenbar allerhand sinnliche Eindrücke, ohne daß wir doch die Organe an ihnen entde - cken könnten, die bey andern zu solchen Eindrü - cken nothwendig sind. Der Polype z. B. hat keine Augen, und doch das feinste Gefühl vom Licht. Die Schmeisfliege riecht, und die Biene hört, ob wir gleich weder Nase noch Ohren an ihnen wahrnehmen.

§. 32.

Durch den anhaltenden Gebrauch werden Nerven und Muskeln ermüdet, und sie brauchen von Zeit zu Zeit Ruhe zur Sammlung neuer Kräfte, die ihnen der Schlaf gewärt. Den mehresten Thieren ist die Nacht zu dieser Erho - lung angewiesen, da sie schon durch ihre Dun - kelheit zum Schlafe einladet; wenigstens schla - fen viele Thiere weit über ihre bestimmte Zeit, wenn sie sich in finstern Orten befinden, und wachen hingegen lange, wenns ungewönlich helle um sie ist. Einige Thiere müssen aber doch eben diese Stille der Nacht, da ihre mehresten Mit -36 geschöpfe der Ruhe pflegen, zu Vollziehung ihrer Geschäfte benutzen, und dagegen einen Theil des Tages zu ihrer Erholung verwenden. So die Katzen, Mäuse, Fledermäuse, Eulen, Schaben, Nachtzweyfalter u. a.m. Die Län - ge der zu dieser Erholung nöthigen Zeit ist bey den Thieren sehr verschieden; sie steht weder mit der Grösse ihres Körpers, noch mit dem Maasse ihrer Arbeiten in bestimmtem Verhältnis. Ein Pferd schläft wenig, der Dachs ungemein lange; der menschliche Körper bedarf, im Durchschnitt genommen, fünf bis sechs Stunden, um neue Kräfte für die Arbeiten des Tags zu sammlen. Manche Thiere, wie z. B. die Hüner, gehen sehr pünktlich zur Ruhe, und erwachen wieder zur gesetzten Stunde: andere hingegen, wie die Katzen ꝛc. schlafen zu ganz unbestimmten Zeiten.

§. 33.

Ausser diesem Erholungsschlaf findet sich in der Oekonomie vieler Thiere noch die sehr be - queme Einrichtung, daß sie einen beträchtlichen Theil des Jahrs, und zwar gerade die herbsten Monate, da es ihnen schwer werden würde, für ihre Erhaltung zu sorgen*)Ergo in hyemes aliis provisum pabulum, aliis pro cibo somnus. plinivs., in einem tiefen Winterschlaf passiren. Sie verkriechen sich, wenn diese Zeit kommt, an sichre schaurige Orte, wie die Murmelthiere, Hamster, Ameisen ꝛc.37 in ihre Nester, die Fledermäuse in Hölen, die Frösche und einige Fische in Sümpfe, die Ufer - schwalben ins Schilf, die Schlangen und Schne - cken ins Gebüsch u. s. w. und fallen mit einbre - chender Kälte in eine Art von Erstarrung, aus der sie erst durch die erwärmenden Blicke der Frühlingssonne wieder erweckt werden. Diese Erstarrung ist so stark, daß die warmblütigen Thiere wärend dieses Todtenschlafs nur unmerk - liche Wärme übrig behalten, und daß die Pup - pen vieler Insecten, die zu gleicher Zeit ihre Ver - wandlung bestehen, im Winter oft so durchfro - ren sind, daß sie, dem Leben des drin schlafenden Thieres unbeschadet, wie Eiszapfen oder Glas klingen, wenn man sie aus die Erde fallen läßt. Der Winterschlaf ist bey einerley Thieren, nach Verschiedenheit des Clima, oder der Witterung bald länger bald kürzer. Der Bär durchschläft in Nördlichen Zonen 5 Monate, in Deutschland nur so viele Wochen. In harten Wintern liegt das Murmelthiere lange und tief in seiner Höle unter der Erde verborgen, in gelinden Wintern machts kein so tiefes Nest und kommt im Früh - jahr zeitiger wieder zum Vorschein. Manche Thiere erwachen auch wol wärend ihres Win - terschlafs bey warmen Tagen zuweilen auf kur - ze Zeit, und fallen beym folgenden Frost wieder in ihre vorige Erstarrung. So ist eine Haselmaus in einem rauhen September einigemal unter unsern Augen erwacht, hat schlaftrunken etwa38 einen halben Tag herum getaumelt, sich wieder ver - krochen, und ist dann von neuem in ihren Schlummer verfallen. Die Stubenfliegen, die den Winter über in den Fenstern herum liegen, er - muntern sich, wenn im Zimmer eingeheitzt wird, und fallen in der Kälte wieder für todt nieder.

§. 34.

So wie nun gar viele Thiere durch diesen Winterschlaf in der rauhesten nahrlosesten Jahrs - zeit, die ihnen so leicht tödtlich seyn könnte, er - halten werden; so hat der Schöpfer noch tau - senderley andere Mittel in die thierische Natur gelegt, wodurch sie ihre Sicherheit und Erhal - tung bewirken, ihr Geschlecht fortpflanzen, und alle die andern Geschäfte vollziehen können, die ihnen zur Vollkommenheit des Ganzen übertra - gen sind. Zu diesen Mitteln gehört z. B. die sonderbare Structur mancher Thiere, die, wie die Polypen, wegen ihrer starken Reproductions - kraft fast unzerstörbar sind, oder die äussern Be - kleidungen ihres Körpers, die Schuppen, Schilder, Schaalen, Flügeldecken ꝛc. die sie gegen die Anfälle vieler Feinde (wie z. B. das Stachelschwein gegen die Macht des Löwen) sichern; oder ihre Stärke, ihre Waf - fen, Hörner, Zähne, Klauen, das Gift wo - mit viele versehen sind u. s. w. Vorzüglich auch die Macht des gesellschaftlichen Lebens, wo - gegen sich zwar einige unserer neuern Weltwei -39 sen empören; die doch aber ganzen Gattungen von Thieren Sicherheit verschaft, da sie ohne sociale Verbindung und einzeln gegen ihre Feinde zu ohnmächtig seyn würden. So hat man gesehn, daß Ameisen mit vereinter Kraft einen grossen feindlichen Käfer lebendig begra - ben, und daß Bienen eine Raubschnecke auf eben die Art mit Wachs umzogen haben.

§. 35.

Von allen diesen mannichfaltigen Mitteln, womit die Thiere zu ihrem eignen und der ganzen Schöpfung Besten, ausgerüstet sind, ist das allerwichtigste und allgemeinste, ihr Instinct, oder die angebohrnen natürlichen Triebe, nach welchen sie viele zweckmäßige Handlungen ganz maschinenmäßig, ohne Anweisung, sondern blos aus innerm eigenem Drange verrichten müs - sen. Alle Thiere haben dergleichen Triebe in ihrer Natur, nur freylich jedes nach seiner Be - stimmung, Instincte verschiedener Art und in verschiedenem Maaße. Die allgemeinsten Na - tur-Triebe, wie z. B. die zur Begattung, sind bey der einen Thierart stärker, bey der andern schwä - cher; und Montesquieu derivirt schon aus die - sem verschiedentlich bestimmten Maaße von In - stinct, das unveränderliche Gleichgewicht, was sich bey der Vermehrung jeder Gattung von Thieren zeigt. Die Erde könnte für die Elephanten zu klein, und das Menschengeschlecht gegen die -40 wen zu schwach werden, wenn diese grossen und fürchterlichen Thiere den unersättlichen Liebes - trieb der Caninchen oder Meerschweinchen be - sässen. Eben so merkwürdig sind die Triebe der Selbsterhaltung, ohne welche ganze Thier - arten sehr bald ihren Untergang finden würden. Nur wenige haben Winterschlaf: wie viele der übrigen müßten also unter Kälte und Mangel an Lebensmitteln erliegen, wenn nicht einige, wie die Biber, vom Instinct getrieben, zur guten Zeit ihre Scheuern mit Wintervorrath füllten, oder andere, wie die Zugvögel, im Herbst unsre rauhen Gegenden verliessen, und bis gegens Früh - jahr sich am Nil, am Senega ꝛc. wohl seyn liessen. Daß dies blos innerer Trieb, nicht Gewohnheit, oder Unterweisung und Tradition der alten Thiere sey, lehrt das Beyspiel junger Zugvögel, die man ganz isolirt im Zimmer er - zogen hat, und die doch, wenn die Zeit naht, da ihre Brüder ihr Haus bestellen, und sich zu ihrer grossen Reise bereiten, im Bauer unruhig werden, und es, bey allem guten Futter und bey aller Bequemlichkeit, doch innerlich fülen, daß es nicht ihre Bestimmung sey, das ganze Jahr am gleichen Ort zu verweilen. Andre Natur - triebe der Thiere dienen nicht zu Befriedigung eigener Bedürfnisse, sondern blos zur Erhal - tung ihrer, vielleicht noch nicht einmal erzeug - ten, Nachkommenschaft. Die genaue Wahl eines schicklichen Ortes zum Eyerlegen, welcher dem41 Unterhalt der daraus entstehenden Jungen voll - kommen entspricht, giebt ein deutliches Beyspiel dieser Art von Instinct: so legen manche In - secten ihre Eyer blos auf Aas, andre in den Körper lebendiger Thiere, andre auf Tuch, in bestimmte Theile der Pflanzen u. s. w.

§. 36.

Unter allen diesen verschiedenen thierischen Trieben sind die Kunsttriebe ganz vorzüglich merkwürdig, da sich viele Thiere ohne allen Un - terricht so ungemein künstliche Wohnungen, Ne - ster, Gewebe ꝛc. zu ihrem Aufenthalt, zur Si - cherheit für ihre Jungen, zum Fang ihres Rau - des, und zu tausend andern Zwecken zu verferti - gen wissen. Der Bau der Biber, die Hölen der Hamster, der Murmelthiere; die Nester der Eichhörnchen, der Vögel, der Insecten; die Spinneweben, die Fallgruben des Ameisenlö - wen; ferner die Auswahl der Bau-Materia - lien, da die eine Gattung von Insecten ihre Zellen aus Wachs, eine andre verwandte Art die ihrigen aus Stein, eine dritte ans Holzspän - chen, eine vierte aus Rosenblättern verfertigt; die regelmäßige, aber ewig einförmige, Gestalt dieser Wohnungen u. s. w. geben unerschöpflich zahlreiche Beweise von der Grösse und Man - nichfaltigkeit dieser unbegreiflichen Naturtriebe.

42

§. 37.

Der Mensch hat überhaupt wenig Instinct, Kunsttriebe aber gar nicht: was ihn hingegen reichlich dafür entschädigt, ist der Gebrauch der Vernunft, die ihm allein ausschließlich, und durchaus keinem andern Thiere zukommt. Er hat keinen bestimmten Wohnplatz, sondern die ganze Erde, in Norden und Süden und unter jedem Meridian, ist ihm zum Aufenthalt ange - wiesen; die Verschiedenheit des Clima und der Lebensart erregt in ihm eben so verschiedne Be - dürfnisse, die nicht auf einerley Weise befrie - digt werden können; und ein einförmiger Kunst - trieb würde folglich ein sehr unbrauchbares Ge - schenk für ihn gewesen seyn: da er hingegen durch Reflexion die individuellen Bedürfnisse auf mannichfaltige und schickliche Weise zu stil - len vermag.

§. 38.

Allen Instinct eines Thiers, seine ganze Le - bensart, Handlungen, Aufenthalt, Charakter, Oekonomie u. s. w. begreift man unter dem all - gemeinen Namen von Naturell. Jede Gat - tung von Thieren hat, nach der Verschiedenheit aller dieser Dinge, und nach ihrer besondern Be - stimmung, auch ihr verschiednes, eignes Na - turell, was nach der weisen Einrichtung des Ganzen, seine eben so bestimmten Grenzen und Richtung hat. In dessen kann doch der Mensch,43 durch den Gebrauch seiner Vernunft, die ihn zum Herrn der übrigen Schöpfung macht, nach seiner Willkür ungemein viel am Naturell der Thiere abändern, so daß wir uns keines der oben genannten Stücke entsinnen, was nicht Men - schenkunst an diesen oder jenen Thieren gleich - sam umzuschaffen vermocht hätte. Der Mensch hat sich ganze Gattungen anderer Thiere unter - jocht, sie aus der Wildnis genommen, und zu Hausthieren gemacht. Er hat Elephanten und Raubthiere gebändigt, und zu seinen Diensten oder zu seiner Belustigung abgerichtet; hat Spinnen gezähmt, Adler und Seemöven an blosses Brod gewöhnt; und hat die Antipathie der Thiere zu dämpfen, und Hunde, Katzen, Mäuse, Sperlinge ꝛc.*)cappellerii hist. Pilati montis. p.150. zu gemeinschaftlichen Tischgenossen zu machen gewußt.

§. 39.

Die Anzal der Gattungen von Thieren zu bestimmen, kennen wir unsre Erde noch zu we - nig. Von dem was wir wissen, auf das was uns noch davon unbekannt ist, zu schliessen, kann man ihrer ohngefähr dreyßigtausend anneh - men. Da wir so viele Thiere blos versteint, und noch nicht in Natur kennen, so haben eini - ge berühmte Männer geschlossen, daß wol manche Gattungen ja ganze Geschlechter ausgestorben seyn möchten. Dagegen läßt sich nun zwar44 das eben gesagte einwenden, daß ein sehr gros - ser Theil der Erde noch ununtersucht ist, und daß wir nicht wissen können, was im Boden des Meers, im innern Afrika und anderwärts, wo sich Naturgeschichte noch keinen Weg hinge - bahnt hat, verborgen liegen kann. Aber von der andern Seite bleibts doch immer bedenklich, daß man von so grossen Petrefacten-Geschlechtern dergleichen z. E. die Ammoniten sind, noch gar kein Original aufgefunden hat: und da wir doch aus allem sehn, daß unsere Erde weiland schon gar sehr grosse Catastrophen erlitten hat, so wär es wenigstens sehr wohl möglich, daß da auch Thier-Gattungen hätten untergehen kön - nen, die nur für jene Vorwelt bestimmt, und der revolvirten Erde entbehrlich gewesen wären.

§. 40.

Man hat mancherley Eintheilungen erson - nen, um die Geschlechter und Gattungen der Thiere unter bestimmte Classen zu bringen. Aller der Mängel unbeachtet, deren man das Linneische System beschuldigt hat, scheinen uns doch die Classen des berümten Mannes un - gemein gründlich und passend bestimmt zu seyn; daher wir sie ganz nach seiner Angabe beybehal - ten. Es sind folgende sechse.

I. Cl. Säugthiere, (mammalia,) Thiere mit warmem rothem Blut, die ihre Jun -45 gen lebendig zur Welt bringen, und sie einige Zeit lang mit Milch an Brüsten säugen.

Fast alle Thiere dieser Cl. haben Haare, nur die Wall - fische ausgenommen; die aber wegen ihrer gan - zen körperlichen Einrichtung doch allerdings zu den übrigen Saugthieren, und nicht zu den Fischen zu rechnen sind.

II. Cl. Vögel, (Aves) Thiere mit warmem rothem Blut, die aber Eyer legen, die Jungen nicht mit Milch säugen, und Federn haben.

III. Cl. Amphibien, Thiere mit kaltem ro - them Blut, die durch Lungen Othem holen.

IV. Cl. Fische, (pisces) Thiere mit kaltem rothem Blut, die durch Kiefern, und nicht durch Lungen, athmen.

V. Cl. Insecten, Thiere mit kaltem weissem Blut, die Fühlhörner (Antennas) am Kopf haben.

VI. Cl. Würmer, (vermes,) Thiere mit kaltem weissem Blute, die keine Fühlhör - ner, sondern meist Fühlsaden (tentacula) haben.

Bey dieser letzten Classe ist noch am meisten qui pro quo. Nicht alle Thiere derselben haben einmal Blut (§. 28.)

46

Vierter Abschnitt. Von den Säugethieren.

§. 41.

Die Thiere der ersten Classe haben zwar, so wie die Vögel, warmes rothes Blut; doch zeichnen sie sich schon dadurch von ihnen aus, daß sie keine Eyer legen, sondern lebendige Junge ge - bähren: ihr Hauptcharakter aber, der sie von allen übrigen Thieren unterscheidet, und von dem auch die Benennung der ganzen Classe ent - lehnt ist, sind die Brüste, wodurch die Weib - gen ihre Jungen mit Milch ernären. Die Anzal und Lage der Brüste ist verschieden. Meist sind ihrer noch einmal so viel, als die Mutter gewönlicher Weise Junge zur Welt bringt; und sie sitzen entweder an der Brust, (mammae pectorales) oder am Bauche (abdominales), oder zwischen den Hinterfüssen (inguinales). Gewönlich haben auch die Männchen, zu uns unbekannten Zwecken, dergleichen Brüste; doch fehlen sie einigen, wie den Hamstern, der Ha - selmaus u. a.m. gänzlich; bey andern sind sie doch in geringerer Anzal als der Weibchen ihre, der Hund z. B. hat nur sechs Zitzen am Bauche,47 die Hündin aber ausser diesen auch noch viere an der Brust; und allemal sind sie kleiner als beym weiblichen Geschlechte.

§. 42.

Die mehresten Säugethiere haben einen be - haarten Körper; einige aber, wie z. B. die Wallfische, sind unbehaart. Diejenigen, die mit andern Bedeckungen, wie die Igel - und Sta - chelschweine mit Stacheln, der Manis mit Schuppen, und der Armadill mit einem beiner - nen Panzer, versehen sind, haben doch wenig - stens an einigen Theilen ihres Körpers, am Halse ꝛc. wirkliche Haare; so wie sich hingegen am Körper vieler Säugethiere oft einzelne kahle Stellen finden. Der Mensch ist fast gar nicht, der Chimpanzee, der Elephant u. a. nur dünn behaart. Beym Menschen wächst dem männ - lichen Geschlechte in gewissen Jahren d-r Bart, der hingegen den Frauenzimmern mangelt. Die Länge, Beschaffenheit und Farbe der Haare ist oft bey einer und eben derselben Gattung (z. E. bey den Hunden) gar sehr verschieden: weiche gerollte Haare heissen Wolle, straffe hingegen Borsten. Wenn die Haare in conträrer Richtung einander entgegen laufen, so nennt man die er - habnen Streifen, wo sie sich begegnen, Näthe, (suturas), längeres Haar am Hals und Rücken aber Mähne (juba). Um die Lippen, und an einzeln Stellen des Gesichts, haben viele Säuge -48 thiere einzelne längere steifere Haare (mystaces und vibrissas). Die Farbe der Haare variirt, zumal bey den Hausthieren aus dieser Classe, un - gemein, doch ist sie beym Esel beständiger; die Haare der Nordischen Säugethiere sind, des kal - ten Clima wegen (§. 21.) meist weiß: doch kann die gleiche Anomalie auch durch eine Krank - heit, die mit der weissen Mohren ihrer viel Aehnlichkeit hat, bewirkt werden. Bey man - chen ändert sich die Farbe nach der Jahrszeit, wie beym Hasen, Eichhörnchen, Wiesel ꝛc. und einige wechseln gar ihre Haare, und mausen sich gleichsam wie die Vögel: so das Caninchen von Angora, der Bison u. a.

§. 43.

Der Aufenthalt der Säugthiere ist sehr verschieden. Die mehresten leben auf der Erde, manche fast blos auf Bäumen, wie die Eich - hörnchen, einige unter der Erde, wie der Maul - wurf, andere bald auf dem Lande bald im Was - ser, wie die Biber, Seebären, oder blos im Wasser wie die Wallfische. Hiernach sind nun auch die Füsse oder die änlichen Bewegungs - werkzeuge dieser Thiere verschieden. Die meh - resten haben vier Füsse, der Mensch nur zwey, aber auch zwey Hände. Die meisten Affen ha - ben vier Hände, und sie können die hintern we - gen des abstehenden Daumens eben so wol zum greifen brauchen als die vordern. (Taf. I. Fig.49 1 und 2). Die Finger und Zehen der Säug - thiere sind in Rücksicht ihrer Bildung, Anzal und Verbindung sehr verschieden. Gemeinig - lich sind sie frey; bey einigen aber, die im Was - ser und auf dem Lande zugleich leben, durch eine Schwimmhaut (Taf. I. Fig. 3) verbunden. Bey den Fledermäusen sind die an den Vorderfüßen ungemein lang und dünne; und zwischen ihnen ist eine Floränliche Haut ausgespannt (Taf. I. Fig. 4), die zum Fliegen dient. Die Füße man - cher Seethiere aus dieser Classe sind in einen unförmlichen Klumpen verwachsen, und bey den Wallfischen äneln sie gar den Floßfedern der Fi - sche; doch daß die Hinterfüße horizontal, und nicht wie der Fischschwanz vertical, liegen. Ei - nige wenige Säugethiere (Solidungula) haben Hufe; viele aber (Bisulca) gespaltene Klauen. Die mehresten gehen blos auf den Spitzen der Füße (Taf. I. Fig. 5); einige aber, wie der Mensch, die Affen, Bären, Eichhörnchen u. a. m. auf dem ganzen Fuß bis zur Ferse (Taf. I. Fig. 6).

§. 44.

Der Mund und die Kinnladen der Säug - thiere liegen horizontal; nur der Unterkiefer ist bey ihnen beweglich. Die Ameisenbären, For - mosanischen Teufelgen, und einige Wallfische aus - genommen, sind die übrigen Thiere dieser Classe mit Zähnen versehn, die man in Schneide -50 zähne (incisores), Spitzzähne (caninos), und Backenzähne (molares), abtheilt. Die leztern zumal sind nach der verschiednen Nahrung die - ser Thiere auch verschiedentlich gebaut. Bey den fleischfressenden zackicht (Taf. I. Fig. 7), bey den grasfressenden platt (Taf. I. Fig. 8), und bey denen die sich, so wie der Mensch, von beiden organisirten Reichen nähren, in der Mitte ge - furcht, und an den Seiten abgerundet (Taf. I. Fig. 9).

§. 45.

Verschiedene grasfressende Säugethiere Kauen wieder; das heist, sie treiben das einmal geschluckte Futter nach und nach Bissen - weise wieder in den Mund, zermalmen es noch - mals, und bringen es sodann zum zweytenmal in den Magen. Einige dieser ruminirnden Thiere haben vier Magen, deren jeder seinen bestimmten Namen hat. Der erste heist Rumen oder Aqualiculus, der Pansen; der zweyte Re - ticulum, die Haube oder Mütze; der dritte Echinus oder Omasum, das Buch oder der Psal - ter; der vierte endlich Faliscus oder Abomasum, der Laab oder die Ruthe. Im Grunde bestim - men aber weder die vielfachen Magen, noch die gespaltnen Klauen, sondern blos der schmal zu - laufende Unterkiefer, und die Art seiner Ver - bindung mit dem übrigen Kopfe, den Chara - kter des Wiederkauens.

51

§. 46.

Alle Säugethiere haben Lungen, die ih - nen zum Othemholen, und zur Stimme (vox) dienen, die zwar nach Verschiedenheit der Gat - tungen, des Geschlechts, des Alters, und der Leidenschaften variirt; aber doch nicht mit so - viel Mannichfaltigkeit abwechselt, als der Ge - sang der Vögel, die überdem auch viel öfterer als die Säugethiere ihre Stimme von sich ge - ben. Einige dieser Thiere, wie der Maulwurf, Ameisenbär, das Formosanische Teufelgen ꝛc.[] die Hasen, Canin - chen ꝛc. lassen ihre Stimme nur im äussersten Nothfall erschallen. Der Mensch allein besitzt ausschlieslich den Gebrauch der Sprache (Lo - quela), die eine Folge der ihm ebenfalls allein eignen Vernunft (§. 37.) ist.

§. 47.

Auser den Hufen, Klauen, Zähnen ꝛc. sind viele Säugethiere auch mit Hörnern zu Waf - fen versehen, die doch, wie der Bart beym Men - schen, erst zur Zeit der Mannbarkeit hervor - brechen. Bey einigen Gattungen, wie beym Hirsch, sind die Weibchen ungehörnt; bey an - dern, wie im Ziegengeschlecht, sind ihre Hörner doch kleiner als der Männchen ihre. Anzal, Bau, und Lage der Hörner sind sehr verschie - den. Beym Ochsen - und Ziegengeschlechte sind52 sie hol, und sitzen wie eine Scheide über einen Fortsatz der Stirnknochen. Des Rhinoce - ros Hörner sind dichte, und blos mit der Haut aus der Nase verwachsen. Beym Hirschge - schlecht hingegen, bey den gehörnten Hasen u. s. w. sind sie zwar ebenfalls solide, aber von be - sondrer, beynahe holzichter Structur, und astig. Sie heissen dann Geweihe, und werden mehrentheils alljärlich abgeworfen und neue an ihrer Statt reproducirt.

§. 48.

Die Oeffnung des Afters wird bey den meh - resten Säugethieren durch den Schwanz be - deckt, der eine Fortsetzung des Kukuksbeins (coccyx), und von mannichfaltiger Bildung und Gebrauch ist. Er dient den Thieren z. B. die Fliegen und Bremsen von sich zu wedeln; oder als Werkzeug zum Bau, wie dem Biber der seinige; oder zum Anhalten für die Jungen, wie beym Surinamischen Aenegs; oder statt einer Hand, um damit, wie der Elephant mit seinem Rüssel, fassen zu können (cauda prehensilis. Taf. I. Fig. 10); so der Rollschwanz vieler Meerkatzen, eines Ameisenbären ꝛc. ; oder zum Schirm ge - gen Sonnenstich und Regen, wie beym Mongoz und beym Eichhörnchen, dem sein Schwanz auch auserdem zum Laufe auf den Aesten der Bäume nutzt. Manche Säugethiere, wie der Mensch, einige Affen, ein Faulthier u. a. sind gänzlich ungeschwänzt.

53

§. 49.

Noch sind am Körper einiger Thiere beson - dere Beutel von verschiedner Bestimmung zu merken. So haben manche Meerkatzen, der Hamster, die Ziselmaus u. a. Backentaschen, um Proviant darin einschleppen zu können. Das Weibchen der Beutelratte hat eine Tasche über ihre Zitzen am Bauche, in welche sich die sau - genden Jungen verkriechen, können. Der Orang - utang und das Rennthier haben einen Beutel am Halse, der sich in die Kehle öffnet, und zur Ver - stärkung der Stimme dient. Der Biber, die Zibetkatze, das Bisamthier, der Dachs u. a.m. haben verschiedne Beutel (Folliculos) am Na - bel, beym After ꝛc. in welche sich eine schmierich - te starkriechende Fettigkeit sammlet u. s. w.

§. 50.

Die Säugethiere geben die wichtigsten Geschöpfe fürs Menschengeschlecht. Der Mensch hat sich noch aus keiner andern Thierclasse so treue, arbeitsame und dienstfertige Gehülfen zu schaffen gewußt, als aus dieser. Sie enthält un - gemein gelehrige Thiere, deren Naturell sich leicht abändern läst, und der Mensch hat folglich ganze Gattungen aus ihrer Wildniß versetzen, und blos zu seinen Hausgenossen machen können. Der Verlust der Freyheit zeigt sich nach mehrern Generationen besonders durch hängende Ohren54 und schlichten Schwanz, so daß manschen aus diesen Zeichen errathen kan, wie lang oder wie kürzlich die Schweine und andere Hausthiere in verschiednen Gegenden unterjocht seyn mögen.

§. 51.

Die vielfache Brauchbarkeit der Säug - thiere fürs Menschengeschlecht reducirt sich vor - züglich auf folgendes. Zum Reiten, zum Zug, Ackerbau, Lasttragen u. s. w.: Pfer - de, Maulthiere, Esel, Ochsen, Büffel, Renn - thiere, Elephanten, Kameele, Clacma, Hun - de. Im Krieg: Pferde, Elephanten, Ka - meele. Zur Jagd: Pferde und Hunde. Zum Bewachen: Hunde. Zum Mausen und Vertilgen anderer schädlichen Thiere: Katzen, Igel, Ameisenbären ꝛc. Zur Speise: das Fleisch von Rindvieh, Schafen, Ziegen, Schwei - nen, vom Hirschgeschlecht, von Hasen, Ca - ninchen, Eichhörnchen, Wallfischen u. s. w. Speck, Schmalz, Blut, Milch, Butter, Käse. Zur Kleidung, zu Decken, Zelten, Schiffgen (Baidar): gegerbte Felle, Haare, Wolle ꝛc. Zum Brennen: Talg, Fischthran. Zum Schreiben, Bücherbinden ꝛc. Per - gament, Leder. Für andere Künstler und zu gemischtem Gebrauch: Borsten, Haare, Geweihe, Hörner, Klauen, Elfenbein, Zäh - ne, Fischbein, Knochen, Blasen. Sehnen und Knochen zu Tischlerleim. Därme zu55 Saiten. Blut zu Farbe. Mist zum Dün - ger, zur Feuerung, zu Salmiak ꝛc. Harn zu Phosphorus. Eselsmilch, Wallrath, allerhand Fett, zu Pomaden und sonst für die Toilette. Endlich zur Arzney: Bisam, Bi - bergeil, Hirschhorn; und weiland auch; Zibet, Wallrath, Bezoare aus beiden Indien, Pie - dra del Porco u. s. w.

§. 52.

Von der andern Seite sind aber freylich mehrere Thiere dieser Classe dem Menschenge - schlecht unmittelbar oder mittelbar nachthei - lig. Die reissenden Thiere, besonders aus dem Hunde - und Katzen-Geschlecht, tödten Men - schen. Andere vertilgen viel nutzbare Vögel u. a. Thiere: so die Wiesel, Marder, Iltis, Vielfraß, Fischottern, Wallfische ꝛc. oder scha - den den Gewächsen, Bäumen, Garten - früchten, Getraide u. s. w. wie die Feld - mäuse, Hamster, Leming, Ziegen, Hirsche, Hasen, Biber, Affen, Elephanten, Rhinoceros, Nil - pferde ꝛc. oder gehen andern Eßwaaren nach; wie Ratten, Mäuse, Fledermäuse, Murmel - thiere. Verderben Hausgeräthe, wie die Scha - kale, Hyänen u. s. w. Gift besitzt kein einzi - ges Thier dieser Classe, ausser in der Wuth und Wasserscheue, der aber viele, zumal aus dem Hundegeschlecht, leicht ausgesetzt sind.

56

§. 53.

Man hat verschiedene künstliche Systeme, nach welchen berümte Männer die Säugthiere zu ordnen versucht haben, die aber unserm Bedünken nach grossentheils mangelhaft und unnatürlich ausfallen. Aristotelis Einthei - lung ist auf die Verschiedenheit der Zehen und Klauen gegründet, und die haben auch Ray und Klein nach der Hand angenommen und weiter bearbeitet. Aber hierbey müssen die ver - wandtesten und im ganzen noch so änlichen Gat - tungen von Affen, Ameisenbären, Faulthieren ꝛc. getrennt, und in ganz verschiedene Ordnun - gen versetzt werden, blos weil die eine mehr, die andere weniger Zehen hat. Linne 'hat die Zähne zum Classificationsgrund gewält, ein Weg, auf dem man aber nicht minder, bald auf die unnatürlichsten Trennungen, bald auf die sonderbarsten Verbindungen stößt. Das Ge - schlecht der Fledermäuse muß nach des Ritters Entwurf, wegen des verschiedenen Gebisses bey einigen Gattungen, wenigstens in drey verschie - dene Ordnungen zerstückt werden; der Elephant kommt mit den Panzerthieren, und den formo - sanischen Teufeln; der Igel aber und der Maul - wurf mit Löwen und Tigern in eine gemeinschaft - lichen Ordnung.

§. 54.

Wir haben daher diesen Mängeln abzuhel - fen, und ein natürliches System der Säug -57 thiere zu entwerfen getrachtet, wobey wir, nach unserm Begriffe von natürlicher Methode, (§. 7.) nicht auf einzelne abstrahirte, sondern auf alle äußere Merkmale zugleich, auf den ganzen Habitus der Thiere gesehn haben. So sind Thiere die in neunzehn Stücke einander änelten, und nur im zwanzigsten differirten, doch zusammergeordnet worden, dieses zwanzigste mochten nun die Zäh - ne oder die Klauen oder irgend ein andrer Theil seyn; und so sind denn folgende zwölf Ordnungen dieser ersten Classe entstanden.

I. Ord. Inermis. Der Mensch mit zwey Hän - den. Inermis hier in besonderem Sinne genommen, um Mangel angebohrner Waf - fen, Kunsttriebe, Bedeckungen, kurz alles dessen zu bezeichnen, wofür den Men - schen Vernunft schadlos hält.

II. Pitheci. Thiere mit vier Händen. Affen, Paviane, Meerkatzen, und Lemur.

III. Bradypoda. Thiere mit langen haken - förmigen Krallen, deren ganzer Körper - bau auf den ersten Blick Phlegma und Langsamkeit verräth. Ameisenbär, Faul - thier.

IV. Sclerodermata. Die Säugthiere mit son - derbaren Decken statt behaarter Haut, und zwar a) mit Stacheln: Igel und Sta - chelschwein. b) mit Schuppen: die For -58 mosanischen Teufelgen, c) mit Schildern: die Tatu.

V. Chiroptera. Die Säugethiere, deren Vor - derfüße Flügel bilden, (§. 43.) die Fle - dermäuse.

VI. Glires. Mäuse, Maulwürfe, Hasen, Wiesel und andere verwandte kleinere Säugthiere.

VII. Ferae. reissende Thiere, die Menschen anfallen. Nur Bäreu, Hunde, Katzen.

VIII. Solidungula. Pferd.

IX. Bisulca. Thiere mit gespaltnen Klauen. Die allgemeine Verwandschaft der Thiere dieser Ordnung unter sich, rechtfertigt die Benennung der Ordnung nach der Beschaffenheit der Füße, eben sowol als die der vorigen Ordnung, der IIIten und der XIten.

X. Belluae. Ungeheure, dünnbehaarte Thiere, mit dicken Füssen. Tapir, Elephant, Nashorn, Nilpferd.

XI. Palmata. Die Amphibien dieser Classe mit kurzen Schwimmfüssen, und zwar a) lacustria, mit blosser Schwimmhaut zwischen den Zehen. b) marina, mit ver - wachsenen Fingern (§. 43.), deren Spur nur durch die Nägel bezeichnet wird. Der59 Manate macht von hier den schicklichsten Uebergang zur

XIIten O. Cetacea. Wallfische, warmblütige Thiere, die mit den kaltblütigen Fischen fast nichts als den unschicklichen Namen gemein haben, und deren natürliche Ver - bindung mit den übrigen Säugethieren Ray vollkommen richtig eingesehen hat. *)Cetacea quadrupedum modo pulmonibus respirant, co - eunt, vivos foetus pariunt, eosdemque lacte alunt, partium denique omnium internarum structura et usu cum iis conveniunt. raivs.

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I Ord. INERMIS.

1. Geschl. homo. Animal rationale, loquens, erectum, bimanum. *)Sanctius animal, mentisque capacius altae ..... et quod dominari in caetera posset.ovid.

1. Gatt. sapiens. Der Mensch wird durch so merkwürdige Eigenschaften des Geistes und des Körpers von der ganzen übrigen thierischen Schö - pfung ausgezeichnet, daß er bey weitem nicht blos in einem eignen Geschlecht, sondern aller - dings in einer besondern Ordnung, von ihr abge - schieden werden muß. Er hat ausser dem Be - gattungstrieb wenig Spuren von Instinct: Kunsttriebe aber, daß er sich, wie tausend an - dere Thiere, ohne Unterricht und ohne Nachsinnen, aus blossem innern Drange, Wohnungen, Netze für seinen Raub u. s. w. verfertigen könnte, hat er gar nicht. Der Schöpfer hat ihn für diese Mangel durch den Gebrauch der Vernunft ent - schädiget, die ihm allein ausschließlich, und kei - nem andern Thiere zukommt, und wodurch er alle seine grossen Bestimmungen besser erfüllen, seine endlosen Bedürfnisse passender befriedigen kann, als wenn er selbst die Kunsttriebe mehre - rer Thiere in sich vereinte. Eine directe Folge der Vernunft, mithin ein abermaliges Eigenthum der Menschheit, ist die Rede oder Sprache (Lo - quela), die nicht mit der Stimme (vox) der Thiere verwechselt werden darf. Auch der Mensch hat Stimme, wie man an den unglücklichen Beyspielen in Wildniß aufgewachsener, oder taub - gebohrner Kinder sieht, und wie die unwillkürli -61 chen Töne aus beklemmter Brust, bey Schrecken, und in andern heftigen Leidenschaften zeigen. Die Sprache aber entwickelt sich erst mit der Vernunft, da denn die Seele ihre erlangten Be - griffe, der Zunge zum Aussprechen überträgt. Es giebt eben so wenig ein sprachloses, als ein ver - nunftloses Volt auf unserer Erde, und wir ha - ben nun die Wörterbücher der Eskimos, der Hottentotten und anderer Nationen, denen die leichtglaubigen Reisenden der alten Zeit die Re - de abzusprechen wagten. Zu den körperlichen Eigenschaften des Menschen gehört vorzüglich sein aufrechter Gang und der Gebrauch zweyer Hände, wodurch er, unserm Bedün - ken nach, selbst vom Menschenähnlichsten Af - fen zu unterscheiden ist. Moscati's spashaf - ter Ruf an die Menschheit, auf allen vieren zu laufen, wird bey einiger Kenntnis von Anatome comparata blos belächelt. Die breiten Fußsoh - len sind zum Auftreten, die Hände zum Fassen und Greifen. Die Affen hingegen haben vier Hände, nemlich keine grosse Zehe, sondern an den Hin - terfüßen eben sowol einen abstehenden Daumen, als an den vordern (§. 43); und daß nicht et - wa unser Fuß nur durch den Gebrauch der Schu - he die Bildung und Fähigkeit der Hände verloren habe, wird durch die Beyspiele der barfussen Nationen, und des ungebornen Kindes, erweis - lich. Das Weibliche Geschlecht hat noch ein paar eigenthümliche Charaktere, die dem Männlichen und allen übrigen Thieren abgehen, nämlich ei - nen periodischen Blutverlust in einer bestimm - ten Reihe von Lebensjahren; und dann ein kör - perliches Kennzeichen der unverlezten Jung - fräulichen Unschuld, was blos seinen sittlichen Nutzen hat, und folglich für andre Thiere ein zweckloser Theil seyn würde.

62

Der Mensch ist für sich ein wehrloses hülfbe - dürftiges Geschöpf. Kein andres Thier außer ihm ist so instinctlos, Keins bleibt so lange Kind, Keins wird so sehr späte mannbar u. s. w. Selbst seine großen Vorzüge, Vernunft und Sprache, sind nur Keime, die sich nicht von selbst, son - dern erst durch fremde Hülfe, durch Kultur und Erziehung entwickeln können. Diese natürliche Blösse von der einen Seite, und die vielfachen Bedürfnisse von der andern, machen den Menschen zum geselligen Thiere, so daß Hobbes den blos - sen Nothzwang für die einzige Triebfeder anneh - men durfte, wodurch der Mensch, so wie die Bienen und Ameisen durch ihren Instinct, zur so - cialen Verbindung gedrungen würde. Der Aufenthalt und die Nahrung des Menschen sind beide unbeschränkt; er bewohnt die ganze Erde, und nährt sich beynabe von der ganzen or - ganisirten Schöpfung. Er erreicht, in Rücksicht seiner mässigen Körpermasse, und in Vergleich mit andern Säugethieren, ein ausnehmend ho - hes Alter, was ihn für seine lange Kindheit ent - schädigt. Die Proportion in der Anzal der Men - schen beyden Geschlechts, die unglücklichen Fol - gen der Vielweiberey ꝛc. erweisen die natürliche Bestimmung des Menschen zur Monogamie.

Es giebt nur eine Gattung im Menschenge - schlecht; und die Menschen aller Zeiten und aller Himmelsstriche können von Adam abstammen. Die Verschiedenheiten in Bildung und Farbe der menschlichen Körper werden blos durch Clima, Nahrung, Lebensart u. s. w. bewirkt; da der Mensch kein Privilegium hat, warum er nicht auch, wie jeder andere organisirte Körper, (§. 21.) wie eine Taube oder wie eine Tulpe, ausarten sollte? So brennt die Sonnenhitze die Mohren schwarz, und macht sie kraushaarigt; so wie hin -63 gegen die Kälte in Nordischen Zonen weisse Far - be und kleine Statur hervorbringt. Alle diese Verschiedenheiten fliessen so unvermerkt zusam - men, daß sich eigentlich keine bestimmte Gren - zen zwischen ihnen fest setzen lassen; doch haben wir das ganze Menschengeschlecht am füglichsten unter folgende fünf Varietäten zu bringen ge - glaubt;

1. Die ursprüngliche und größte Raçe begreift erstens alle Europäer, die Lappen mit ein - geschlossen, deren Bildung und Sprache ihre Finnische Abkunft verrätht, und die gar nichts so auszeichnendes haben, daß sie eine besondere Varietät ausmachen könnten: so - dann die Asiaten, die disseits des Obi, des Caspischen Meeres, des Gebürges Imaus und des Ganges, wohnen: fer - ner die Nordafrikaner: und endlich die Grönländer und Eskimos, die gänzlich von den übrigen Amerikanern verschieden sind, und wahrscheinlich auch von Finnen abstammen. Alle diese Völker sind meh - rentheils von weisser Farbe, und nach un - sern Begriffen von Schönheit die best gebil - desten Menschen.

2. Die übrigen Asiaten, jenseits des Obi, Ganges ꝛc. Sie sind meist gelbbraun, dünnbehaart, haben platte Gesichter und kleine Angen.

3. Die übrigen Afrikaner: von schwarzer Farbe, mit wollichten Haar, stumpfen Na - sen und aufgeworfenen Lippen.

4. Die übrigen Amerikaner: von kupfer - rother Farbe.

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5. Die Australasiaten und Polynesen; oder die Südländer des fünften Welttheils; da - zu man auch wol die Bewohner der Sun - daischen Inseln, der Molucken, Philippi - nen u. s. w. zälen könnte. Sie sind meist schwarzbraun, breitnasicht, und starkbe - haart.

Die Patagonischen Riesen sind, von Magel - hans Zeiten bis auf die unsrigen, in den Erzä - lungen der Reisenden, von zwölf Fus zu sechs bis siebenthalb eingekrochen, und bleiben also nicht größer und nicht kleiner als jeder andre ehrliche Mensch von guter Statur. Commersons Quimos und andre Zwergnationen werden in dem Maas wachsen, wie die Patagonen an Länge abgenommen haben. Die Rackerlacken, Blafards, Albinos oder weiße Mohren sind nicht einmal eine Spielart, geschweige eine besondre Gattung, wozu sie der gute Voltaire so gern machen möchte: sondern eine Krankheit, die Menschen unter allen Meri - dianen befallen kan, und der auch Thiere unter - worfen sind. Linne's Homo troglodytes ist ein Gemisch aus der Geschichte dieser preßhaften waren Menschen, und des Orangutangs. Die in Wildnis unter Thieren erwachsenen Kinder sind klägliche sittliche Monstra, die man eben so wenig, als die Cretins oder andre durch Krank - heit oder Zufall entstellte Menschen, zum Muster des Meisterstücks der Schöpfung anführen darf. Geschwänzte Völker, von Natur geschürzte Hottentottinnen, von Natur unbärtige Ame - rikaner, Syrenen, Centauren, und alle Fa - beln von gleichem Schrot und Korn, verzeihn wir der gutherzigen Leichtgläubigkeit unsrer lie - ben Alten.

65

II. PITHECI.

Säugthiere mit vier Händen, wie es ihre Lebensart und ihr Aufenthalt auf den Bäumen erfodert. Sie sind blos zwischen den Wende - cirkeln zu Hause.

2. simia. Affe. habitus anthropomorphus. nares alis obtectae. vox grunniens.

Die Affen finden sich blos in der alten Welt; ihr Gesicht ist Menschenänlich, doch mehr vorwärts ge - zogen, weil sie, so wie die mehresten übrigen Säugthiere, einen besondern Knocken zwischen den Oberkiefern haben, in welchem die vordern Schneidezähne sitzen, und der dem Menschenge - schlechte mangelt.

a) ungeschwänzte.

1. Troglodytes. der Chimpanse. S. macro - cephala, torosa, dorso et humeris pilosis, reliquo corpore glabro.

Tulpii observ. med. p. 284. tab. XIIII.

Nov. A. E. Lips. m. Sept. 1739. tab. V.

2. Satyrus. der Orangutang. S. capite mi - nore, gracilior, hirsuta; pilorum humeri et ulnae contraria directione. (ut in ho - mine) *

Tyson's anatomy of a pygmie, tab. I. II.

Le Cat Traité du mouvement musculaire, tab. I.

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Diese beiden merkwürdigen Thiere sind in ih - rem Ansehen und Bildung so wesentlich verschie - den, daß wir sie für zwey besondere Gattungen ansehen. Da sie selten nach Europa kommen, nur in dicken Wäldern leben, und von wenigen glaubwürdigen Reisenden beschrieben und rich - tig unterschieden sind, so ist ihre Geschickte noch ziemlich dunkel, und mit viel Fabeln verfälscht. Man vermengt sie unter den Namen van Pon - go, Barris, Jocko, Waldmensch ꝛc. vielleicht sinds die Satyren der Alten. Sie sind ohngefär fünf Fuß hoch, von bräunlicher Farbe, leben Truppweis im innern Africa, auf den Sundai - scheu Inseln ꝛc. sollen Feinde der Elephanten, aber Liebhaber der Frauenzimmer seyn. Sie sind nicht so munter wie andre Affen; sollen sich gern nach dem Feuer ziehen, was die Wilden etwa im Walde gemacht haben, aber es nicht mit nachge - legtem Holz zu unterhalten verstehen. Das mensch - liche Betragen solcher Thiere, die man in Euro - pa gesehen, ist blos Nachahmung, wie bey Tanz - bären oder gelernten Hunden.

3. Longimana. der Gibbon oder Golok. Lin - ne's homo lar. S. brachiis longissimis, talos attingentibus.

Ein artiges, zahmes, aber schwächliches Thier, was sich in Malacka, Coromandel, und auf den Molucken findet, und dem sein menschenäuliches Gesicht und die ungeheuer langen Arme ein son - derbares Ansehen geben. Es ist von schwärzlicher Farbe, wird gegen vier Fus hoch, und ist, wenns auf allen vieren läuft, doch nur wenig mit dem Körper vorwärts gebogen.

4. Sylvanus. der gemeine Türkische Affe. S. brachiis brevibus, natibus calvis. *

67

Der dauerhafteste Affe, der auch in Europa leicht Junge heckt, hat etwa die Grösse vom Fuchs, ist leicht zu zähmen, sehr gelehrig und possierlich, hat ein starkes Gedächtnis, und keunt seine alten Wohlthäter nach mehrern Jahren wie - der. Lebt in Äthiopien, Ostindien ꝛc. thut da den Baumfrüchten grossen Schaden.

b) geschwänzte.

5. Cynomolgus. der Macacco. S. cauda lon - ga, arcuata, labio leporino. *

Findet sich im südwestlichen Africa, besonders auf Guinea. Ein ausnehmend lebhaftes Thier von Olivenfarbe, was aber viel Feldfrüchte sei - nes Vaterlandes, besonders die schwarze Hirse (kleine Milio) verwüstet. Seine Gesichtsfarbe variirt, wie beym Menschen, nach Clima u. s. w. Von zweyen, die wir zergliedert haben, war der eine im Gesicht braun wie ein Abessinier, der andere Fleischfarben wie ein Europäer.

3. papio. Pavian. Caput prolongatum, corpus brevius, cauda abbreviata.

Auch die Paviane sind der alten Welt eigen. Ihr Kopf hat wenig menschenänliches, ehr etwas vom Schwein, zumal in der breiten Schnauze. Meist sind es unbändige, säuische und äusserst geile Thiere, die den Weibern der Wilden furchtbar seyn sollen.

1. Mormon. der Choras. P. naso miniato, ad latera coerulescente. *

Schwed. Abhandl. 1766. p. 144. tab. III.

Wird gegen fünf Fus hoch, ist auf Ceilan ꝛc. zu Hause. Sieht wegen der schönen farbichten68 Streifen im Gesicht, wegen seines weissen Barts, und der spitzzulaufenden Kopfhaare, sehr bizar aus. Er ist reinlicher als andere Paviane, ziem - lich phlegmatisch, aber fürchterlich stark.

2. Mandril. Linne's Maimon. P. facie violacea glabra, profunde sulcata. *

Variirt in der Statur. Manche sind, wenn sie aufgerichtet stehen, wol fünf Fus hoch; einer aber den wir zergliedert haben, war völlig aus - gewachsen, und doch nur von der Grösse des Fuchses: es war ein ungemein neugieriges, die - bisches Thier. Das Vaterland der Mandril ist Guinea, das Cap ꝛc. wo oft ganze Schaaren des Nachts Weinberge und Obstgärten plündern sollen.

4. cercopithecvs. Meerkatze. nares lateraliter hiantes, vox crocitans.

Das ganze Geschlecht ist blos in America ein - heimisch.

a) cauda prehensili, Sapajou.

1. Paniscus. der Coaita oder Beelzebub. C. ater, palmis tetradactylis absque pollice. *

Ein munteres, zahmes, aber zärtliches Thier, was in Südamerica, besonders in Brasilien, zu Hause ist. Es weiß sich seines langen Rollschwan - zes sehr geschickt zu bedienen, und ersetzt sich da - durch den Mangel des Daumen an den Vorder - händen. Es soll damit Fische fangen können; und wenn mehrere von einem Baume auf einen andern, etwas entferntern, wollen; so hängen sie sich, wie eine Kette, von einem Aste herunter, und schwanken so lange hin und wieder, bis der letzte den andern Baum erreicht und sich dran an -69 gehalten hat, da denn der erste losläßt, und so die ganze Ketten über fliegt.

b) cauda non prehensili, Sangouin.

2. Jacchus. der Ouistiti. C. juba pilosa alba ad genas ante aures, cauda villosa annu - lata. *

Eine der kleinsten artigsten Meerkatzen; ist in Brasilien zu Hause, und kann in einer Cocusnuß - schale logiren. Ihre Hände äneln den Pfoten unsers Eichhörnchens: auch die Lebensart beider Thiere hat viel gleiches. Doch frißt der Ouistiti besonders gern Fische.

5. lemvr. Maki. Caput vulpinum, den - tes incisores inferiores incumbentes.

1. Cucang. der Loris. Linne's tardigradus. L. ecaudatus. *

Seba thes. I. tab. XXXV. f. 1 et 2.

Diese und die folgende Gattung haben am Zei - gefinger der Hinterfüsse eine spitzige Kralle, an allen übrigen Fingern aber platte Nägel. Der Loris hat die Grösse des Eichhörnchens, ist von hellbrauner Farbe, auf Ceilan zu Hause; hat schlanke dünne Beine, lebt in Monogamie, und das Männchen soll sich beym Fressen, und sonst, sehr empfindsam gegen sein Weibgen bezeigen.

2. Mongoz. der Mongus. L. facie nigra, cor - pore et cauda griseis. *

Der Mongus hat schöne orangegelbe Augen, sehr weiches Haar, und einen langen wollichten Schwanz, den er im Sitzen um den Hals schlägt. Die Hinterfüsse sind viel länger als die vordern. Sein Fell hat, wie bey manchen Affen, einen spe -70 cifiken Geruch, fast nach Ameisenhaufen. Sei - ne Stimme ist ein Grunzen, wie bey den Af - en; wenn er aber böse wird, so quikt er helle wie die Meerkatzen. Er ist in Madagascar, Mo - zambike ꝛc. zu Hause. Büffon beschreibt ihn als wild und böse; das waren aber die, die wir gesehen, und einer, den wir selbst ge - raume Zeit lebendig gehabt haben, im gering - sten nicht. Der unsrige war das gefälligste, sanftmüthigste Thier von der Welt, mit dem je - des Kind spielen konnte. Er kannte seinen Herrn, vertrug sich sehr gut mit Affen und andern Thie - ren; fraß am liebsten Obst, gelbe Möhren, und über alles gern kleine lebendige Vögel.

III. BRADYPODA.

Die Füsse und der ganze Habitus dieser Thiere verrathen ihren trägen langsamen Gang. Meist haben sie wenig Zehen an den Vorder - füssen, die aber mit grossen krummen Klauen versehen sind, und zum Klettern auf Bäumen ꝛc. nutzen. Sie sind dickbehaart, und können lange fasten; ein Vorzug der ihnen bey ihrer Faulheit sehr zu statten kommt. Sie sind durch zahlreiche aber sehr breite Rippen von innen so gut gepanzert, als die Sclerodermata durch ihre hornichte Decken von aussen.

6. ignavvs. Faulthier. Caput rotundum, crura antica longiora.

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1. Tridactylus. der . I. pedibus tridacty - lis, cauda brevi. *

Ein unglaublich phlegmatisches Geschöpf im südlichen America. Es soll einen Tag brauchen, um 50 Schritte weit zu kriechen, soll weinen, und immer sein klägliches , wovon die Brasi - lianer des Thieres Namen entlehnt haben, von sich hören lassen; hat ein äusserst zähes Leben, lebt vom Laub der Bäume, hängt sich mit den Füssen an die Zweige, nimt sich aber nicht die Mühe, wieder von Bäumen herunter zu steigen, sondern fällt herab, und bleibt so lange liegen, bis es endlich der Hunger nöthigt, sich allgemach wei - ter zu schleppen.

7. myrmecophaga. Ameisenbär. Ro - strum productius, lingua filiformis, dentes nulli.

Das ganze Geschlecht ist blos in Südamerica zu Hause.

1. Didactyla. der kleine Tamandua. M. pal - mis didactylis, ungue exteriore maximo, plantis tetradactylis, cauda prehensili. *

Von der Grösse des Eichhörnchens, und hell - brauner Farbe. Die vier Zoll lange Zunge ist, wie bey den übrigen Gattungen, mit zähem Schleim überzogen, an dem die Ameisen klebend bleiben. Mit den grossen hakenförmigen Klauen der Vor - derfüsse scharrt er in den Ameisenhaufen. Die Hinterpfoten sind zum Laufen unbequem, aber desto geschickter zum Anhalten an Zweigen. Im Nothfall rollt er sich zusammen, wie die Thiere der folgenden Ordnung. Er hat, so wie andere Gattungen seines Geschlechts ursprünglich hän - gende Ohren. Er ist stumm, und wir haben bey72 seiner Zergliederung die Kehlknorpel knöchern, wie das Zungenbein gefunden; von ihnen stieg keine knorplichte Luftröhre, sondern gleich zwey häutichte kurze Bronchien, zu den grossen lappich - ten Lungen hinab.

IV. SCLERODERMATA.

Die Säugthiere mit Stacheln, oder Schup - pen, oder Schilden statt des behaarten Fells. Sie rollen sich bey Gefahr ganz kugelicht zu - sammen, und können sich, wegen ihrer Sta - cheln ꝛc. zur Begattung, nicht wie die mehre - sten übrigen Thiere dieser Classe bespringen.

8. hystrix. Corpus spinis tectum.

1. . Erinaceus. der Igel. H. auriculis ro - tundatis, naribus cristatis. *

Die Bildung und Lebensart der Igel ist so mit der Stachelschweine ihrer verwandt, daß wir uns nicht haben überwinden können, sie in besondern Geschlechtern von einander zu trennen. Der Igel, das sehr unschuldige Thier, ist fast in der ganzen alten Welt zu Hause. Er nährt sich von Ratten und Mäusen, die er mit viel Geschicklich - keit zu fangen versteht; auch von Kröten, In - secten, Früchten ꝛc. Lebt in Monogamie. Viele Zergliederer haben ihm mit unrecht den Herzbeu - tel abgesprochen. Es giebt allerdings zwey Va - rietäten bey dieser Gattung: Hundsigel und Schweinigel; deren Verschiedenheit sich so gar auf den Bau ihrer Eingeweide erstrecken soll. *)volcheri coiteri observ. anat. p.128.73Der Schweinigel ist seltener, wird aber unge - mein zahm.

2. Malaccensis. H. auriculis pendulis.

Findet sich auf Malacca und den Sundaischen Inseln; und ist wegen des Piedra del porco merk - würdig, der sich zuweilen in seiner Gallenblase erzeugt.

3. Cristata. das Stachelschwein. H. capite cristato, cauda abbreviata. *

Ist im wärmern Asien und in ganz Africa zu Hause, pflanzt sich nun auch in Italien und Spa - nien fort, wird leicht zahm. Im Zorn rasselts mit seinen Stacheln, schießt sie aber nicht gegen sei - nen Feind von sich. Im Herbst fallen sie ihm leicht aus. Selbst kein Löwe kann über ein zu - sammengerolltes Stachelschwein Herr werden.

9. manis. Formosanische Teufelchen. Corpus squamis tectum. dentes nulli. lin - gua teres.

Die Bekleidung ausgenommen, haben die Thie - re dieses Geschlechts, in ihrer Bildung, Lebens - art ꝛc. viel Verwandschaft mit den Ameisen - bären.

1. Macroura. der Phatagin. M. cauda lon - giore. *

In Formosa u. a. Gegenden Asiens: auch wol in Afrika. Ein zahmes artiges Thier. von der Grösse des obigen Ameisenbären. Der Körper des Phatagins änelt einem Tannenzapfen. Die Schuppen sind von dunkelbrauner Farbe und un - gemein schön gezeichnet.

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10. tatu. Armadillo. Corpus testis zonis - que osseis tectum. dentes incisores et lania - rii nulli.

1. Novemcinctus. der Cachicame. Zonis dor - salibus IX. palmis tetradactylis, plantis pentadactylis. *

Watson philos. transact. 1764. tab. VII.

Im Südlichen America. Am Bauche, Hal - se, an den Beinen ꝛc. hat er blose Hant mit we - nigen Haaren. Lebt von kleinen Thieren und Früchten. Sein Fleisch ist eßbar.

V. CHIROPTERA.

Die Finger der Vorderfüsse sind, den Daumen ausgenommen, länger als der ganze Körper dieser Thiere; und zwischen ihnen ist eine Floränliche Haut ausgespannt, die statt Flügel dient (§. 43). Daher können sie eben so we - nig wie die Affen bequem aus der Erde gehn.

11. vespertilio. Fledermaus. Pollex palmarum et digiti plantarum breves, reli - qui longissimi.

1. Spectrum. der Vampyr. V. ecaudatus, naso infundibili formi lanceolato. *

Seba thesaur. I. tab. LVIII. fig. 1.

Die Flügel abgerechnet, hat der Körper dieses Thiers, was sich im mittlern America aufhält,75 die Grösse vom Eichhorn. Es ist von graubräun - licher Farbe, lebt von Thieren und Baumfrüch - ten, wird aber dadurch fürchterlich, daß es, wie man sagt, schlafenden Personen Blut aussaugt, indeß es ihnen mit seinen grossen Flügeln Küh - lung zuwehet.

2. . Perspicillatus. V. caudatus. naso folio simplici lanceolato. *

Seba thesaur. I. tab. LV. fig. 2.

Das Nasenblättchen ausgenommen, gleicht sie der gemeinen Fledermaus. Sie ist in Südame - rica, und, wie wir zuverläßig wissen, auch in Deutschland zu Hause. Wir haben mehrere ge - sehen, die in Gotha, bey Jena ꝛc. gefangen waren.

3. . Auritus. V. caudatus, auriculis maximis. *

Man schreibt ihr gemeiniglich, aber mit Un - recht, doppelte Ohren zu. Sie sind eben so wol einfach als bey der folgenden Gattung, nur alle Theile (zumal die Muschel mit ihren beiden Leisten und dem vordern Blatte) ungeheuer gros, daher das Thier ein äusserst sonderbares Ansehen hat. Es ist in Europa gemein, und seine Le - bensart völlig wie der nachstehenden Gattung ihre.

4. . Murinus. die gemeinste Fledermaus, Speckmaus. V. caudatus, auriculis capite minoribus. *

Diese Thiere halten sich am Tage in altem Ge - mäure, und vorzüglich gern in Rauchkammern beym Speck auf, da sie sich mit den Klauen der Daumen einschlagen und fressen. Des Abends, und zumal in heitern Sommernächten, kommen sie hervor geflattert, fangen Nachtfalter weg,76 werden aber darüber selbst leicht den Eulen zu Theil. Zu ihrem Winterschlaf hängen sie sich in Hölen klumpweise bey den Hinterfüssen auf.

5. Molossus. V. caudatus, auriculis crassis, brevibus, in fronte approximatis. *

Ist in Brasilien zu Hause, hat ein stumpfes breites Maul, und ein sonderbares Gebiß. In dem Exemplar, was wir vor uns haben, (Taf. I. Fig. 4.) sind im Oberkiefer zwey zugespitzte, im Unterkiefer hingegen zwey ungemein kleine stum - pfe Vorderzähne. Die zwey obern Eckzähne sind gros, und stehen weit aus einander; die untern sind etwas kleiner, stehen näher beysammen, und haben am innern Rande, nach den Vorderzähnen zu, einen sonderbaren Fortsatz, den vermutlich einige berühmte Männer für ein eignes Paar Vor - derzähne angesehen haben. Auf jeder Seite jedes Kiefers sind vier Backenzahne, wovon die obern flacher, die untern zackichter sind.

VI. GLIRES.

Eine grosse Ordnung, die wieder in Fa - milien eingetheilt werden kann. Die dahin ge - hörigen Thiere sind vielzehicht, gehen fast im - mer auf dem ganzen Hinterfuß (§. 43), und haben, sowol wegen ihrer Bildung als ihrer Oekonomie, viel gleiches.

a) Sciurina.

12. scivrvs. cauda pilosa, disticha.

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Die Thiere dieses Geschlechts leben auf Bäu - men, die vom folgenden aber auf der Erde, und dürfen nicht als cospecies unter einander gemengt werden.

1. Volans. das fliegende Eichhörnchen, der Polatouche. S. duplicatura cutis laterali a pedibus anterioribus ad posteriores*

Der Flug dieser Thiere, die sich fast in der ganzen nördlichen Erde finden, kann bey weitem nicht mit der Fledermaus ihrem verglichen wer - den. Das schlappe Fell, was von ihren Vorder - füssen nach den Hinterfüssen zu, auf der Seite wegläuft, dient ihnen nur zu einem Seegel, um einen weitern Sprung wagen zu dürfen. Sie können nie aufwärts oder wasserpaß, sondern immer nur schief herunterwärts fliegen. Sie le - ben gesellschaftlich und fressen am liebsten Ellern - knospen.

2. . Vulgaris. das Eichhörnchen. S. auricu - lis apice barbatis, cauda dorso concolori. *

Die Fledermaus änelt den Vögeln in ihrer Bil - dung, das Eichhörnchen aber in seiner ganzen Oekonomie, in seinen Nahrungsmitteln, in der Leichtigkeit seiner Bewegungen u. s. w. In der Wildnis kommt es fast nie auf die Erde, son - dern lebt auf den Bäumen, und springt oft zwölf und mehr Fus weit von einem zum andern. Es macht sich in den Gipfeln der Tannen und Eichen ein Nest aus Laub und Moos, oder quar - tirt sich auch wol in vacante verlaßne Nester wil - der Tauben und anderer Vögel. Im Sommer lebt es von Haselnüssen, Castanien, Bucheckern, und verscharrt sich auch zum Ueberfluß Proviant in hole Bäume; doch muß es in den spätern Win - termonaten, wenn jener Vorrath aufgezehrt ist,78 bey Tannenzapfen und Fichtenäpfeln darben. Das Vorgeben vieler Naturforscher, daß die Eich - hörnchen den Winter durchschliefen, ist irrig; hingegen hat sich neuerlich die alte Sage bestäti - get, daß sie auf Stücken Baumrinde bey Wind - stille übers Wasser schiffen, und mit dem Schwan - ze gleichsam rudern. In Verhältnis ihrer Grösse haben sie ungemeine Stärke, so daß ein altes Eichhörnchen Lasten von vielen Pfunden fortzu - schleppen vermag. Wenn sie recht zufrieden sind, klatschen sie mit der Zunge; im Zorn aber ist ihre Stimme ein murksen. Die vortheilhafte Gestalt, die schönen Augen, die ausnehmende Lebhaftigkeit, die grosse Reinlichkeit, und andere empfelende Qualitäten, machen die Eichhörnchen ohne Widerrede zu den artigsten und amüsante - sten Europäischen Thieren. So wild sie von Na - tur scheinen, so leicht lassen sie sich doch, zumal in ihrer Jugend, zu ausserordentlich zahmen und sanften Geschöpfen umbilden. Wir haben ein Eichhörnchen gekannt, was dem Rufe seiner Ge - bieterin folgte, sich auf ihr Geheis zur Ruhe legte, sich zuweilen in benachbarte Gärten, selbst jenseits eines kleinen Flusses verirrte, und doch wieder den Weg nach Hause fand.

Ganz Europa, fast ganz Asien und das nörd - liche America, ist das Vaterland der Eichhörn - chen. Die Nordischen, zumal an den Ufern des Obi und am Baikal-See, werden im Winter grau, und geben dann das bekannte Grauwerk, pe - tit gris; das Büffon mit Unrecht von einer be - sondern grossen Nordamerikanischen Gattung ab - leitet. Zuweilen finden sich auch schwarze Eich - hörnchen; sehr selten aber Schneeweisse mit Rosen - rothen Augen, die doch, wie die Negres blancs, und wie die weissen Mäuse, Patienten, und keine besondern Varietäten sind.

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13. glis. Cauda rotunda, in apice crassior.

1. . Esculentus, der Siebenschläfer, die Rell - maus, Le Loir. G. canus, subtus albi - dus. *

Valvassor Ehre des Herzogth. Krain, Th. I. S. 437. u. f.

Der Siebenschläfer ist der wahre glis der Al - ten, den sie als die größte Delicatesse verspei - sten*)apicivs VIII. 9., und daher in eigenen glirariis**)varro de R. R. III. 15. - steten. Er ist im südlichern Europa zu Hause, lebt in Eichen - und Buchenwäldern, nistet in holen Bäumen; kommt nur des Nachts zum Vor - schein; und hält langen und sehr festen Winter - schlaf. Das Fell des Thiers giebt ein brauch - bar Pelzwerk, wird aber meist von den Kürsch - nern schwarzfleckicht gebeizt.

2. . Quercinus. die Eichelmaus, grosse Ha - selmaus, Le Lérot. G. canus, macula ni - gra sub oculis. *

Im südlichen Europa, nistet in holen Bäu - men und altem Gemäuer, thut den Pfersichen Schaden.

3. . Avellanarius. die kleine Haselmaus. Le Muscardin. G. pollice plantarum mutico. *

Ein ungemein artiges, muntres Thierchen, frißt am liebsten Haselnüsse, braucht nicht zu trinken, faßt geschickt mit den Vorderpfötgen, hat gar keinen Blinddarm.

b) Murina.

14. marmota. auriculae abbreviatae, cau - da brevis, pilosa.

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1. Alpina. das Murmelthier. Murmont, mus montanus. M. corpore supra fusco, sub - tus flavescente. *

Stumpfens Schweytzer-Chronik. Th. II. S. 288. u. f.

Ein muntres possierliches Thier, was in ge - bürgichten Gegenden der nordlichen Erde, beson - ders in den Schweizer-Alpen, in Savoyen, Aegypten, und in der grossen Tattarey zu Hause ist. Es macht sich tiefe Hölen in die Erde, die es mit Heu und Moos ausfüttert, nährt sich von allerhand Pflanzen und Wurzeln; liebt aber vor - züglich Milchspeisen, daher es sich in den Schwei - zeralpen haüfig in die Sennhütten eingräbt. Bey kaltem Wetter schlafen die Murmelthiere; sobald aber die Sonne scheint, kommen sie aus ihren Hölen hervor, balgen sich und spielen mit ein - ander. Ihr Fleisch ist eßbar und wohlschme - ckend. Gegen den Winter werben sie so fett, daß oft eins bey 20 Pfund wiegt. Sie schlafen als - dann vom October bis in den April; und nach - dem der Winter hart oder gelind werden wird, vermachen sie den Eingang zu ihren Hölen fester oder lockerer. In der Tatarey pflanzen sie den Rhabarber fort. *)Bell's Travels I. p. 311.

2. . Cricetus. der Hamster. M. abdomine nigro. *

F. G. Sulzers N. G. des Hamsters. Gött. 1774. 8. Taf. I. II.

Die Murmelthiere und die Hamster baden in Rücksicht ihres Körperbaues und ihrer Lebensart vieles mit einander gemein. Nur bewohnt der Hamster mehr nordliche Gegenden und flaches Land; da hingegen das Murmelthier weiter ge -81 gen Süden und im Gebürge zu finden ist. Sibi - rien, die Ukräne, das Elsas, Deutschland, und namentlich das Herzogthum Gotha sind das Va - terland des erstern. Ausser dem verschiedenen Auf - enthalt zeichnen sich aber beide Thiere auch durch ihren sehr contrastirenden Charakter aus. Das Murmelthier war kirre, sehr leicht zu zähmen ꝛc. lanter gute Seiten, von denen der Hamster keine einzige hat. Er ist ein beissiges boshaftes Thier, was ausser dem Zorn kaum eine andere Leiden - schaft kennt. Bey einer sehr unbeträchtlichen Lei - besgrösse geht er doch Menschen und Pferde an; und Hunde, die des Hamsterfangs ungewohnt sind, ziehen leicht gegen ihn den Kürzern. Er lebt von kleinen Thieren, jungen Pflanzen, doch vorzüglich von Getraide, wovon er erstaunlichen Vorrath in den Backentaschen zu seinen unter - irdischen Hölen schleppet. Er vermehrt sich stark, und man hat wohl eher im Gothaischen in einem Jahr, über 27000 Hamster getödtet. Der Pelz des Thiergens ist nicht viel werth. Es giebt eine ganz schwarze Spielart unter diesen Thieren: so wie auch weisse Blafards mit rosenrothen Augen.

3. . Citellus. das Erdzeiselgen, Suslik. M. corpore longiore, capite parvo, pedibus bre - vibus pentadactylis. *

Pallas, Nov. Comm. Petrop. Tom. XIV. tab. 21.

Die äussere Gestalt des Erdzeiselgen kommt des Hamsters seiner eben nicht sehr nahe; desto verwandter sind aber beide Thiere in Rücksicht ihres innern Körperbaues, der Backentaschen, ihrer Lebensart, Nesterbaues, Winterschlafs u. s. w. Nur, statt daß der Hamster fettes Erdreich liebt, so baut hingegen das Erdzeiselchen in dür -82 rem sandichtem oder thonichtem Boden. Es sin - det sich in Oesterreich, und Böhmen, doch nur in geringer Anzal; in größter Menge hingegen in Ungarn, Polen und Sibirien. Es scheut das Wasser, bleibt daher bey Regenwetter zu Hanse; und man fängt auch diese Thiergen gar leicht, wenn man Wasser in ihre Hölen gießt. Bey Sonnen - schein kommen sie wie die Murmelthiere aus ihren Löchern hervor, sitzen oft auf den Hinterfüssen, spielen mit einander ꝛc. Die Calmuken essen ihr Fleisch; die Ungrischen Bauern aber streifen ihnen das ganze Fell ab, und brauchens zum Geldbeu - tel. Wir begreifen nicht, wie man dem Erdzei - selgen die äussern Ohren hat absprechen, und es von der Seite mit dem Maulwurf im Parallele setzen dürfen. Wir unterscheiden an dem Exem - plar, was wir vor uns haben, alle Theile des äussern Ohrs, die Muschel mit ihren beiden Lei - sten und Blättern; nur alles das flach an den Kopf angedrückt, und nicht so ausgebildet als bey Vespertilio auritus.

4. Lemmus. der Leming. M. capite acuto, corpore nigro fulvoque irregulariter macu - lato.

Ol. Wormii hist. animalis, quod in Nor - vagia quandoque e nubibus decidit. Hafn. 1653. 4. p. 19. fig. I.

Der Leming hat die kurzen Vorderfüsse des Erd - zeiselgen, aber nicht seinen langgestreckten schmäch - tigen Körper. Er ist in Lappland zu Hause, frißt Rennthiermoos und junge Pflanzen, und thut überhaupt den Gewächsen grossen Schaden. Zuweilen emigriren ganze Legionen wie Zugheu - schrecken von einer Gegend in die andere. Sie gehen in dem Fall in gerader Linie, ohne Unt -83 weg, über Berg und Thal, durch Seen und Flüsse, bis zum Ort wo sie sich niederlassen wol - len. Ihre unerwartete und unbemerkte Ankunft daselbst hat zu einer allgemeinen Sage Anlaß gegeben, der sogar Th. Bartholin, Ol. Worm und viele andere Naturforscher der vorigen Zeit beygepflichtet sind, daß die Leming Schaaren - weise vom Himmel regneten.

15. mus. cauda gracilis, subnuda.

1. . Rattus. die Ratte. M. cauda elongata, palmis tetradactylis cum unguiculo pol - licari. *

Die Ratte ist fast in ganz Europa, und von da seit 1544 auch in America, zu Hause. Ein beissiges, zorniges und sehr gefräßiges Thier, was sich am liebsten von Getraide und Mehlspei - sen, doch auch von kleinen Thieren närt, und selbst übers Kaninchen Herr wird. Hingegen muß es gegen seinen Erbfeind, den Wiesel, erliegen. Die Ratten sind sehr verliebte Geschöpfe, und pflanzen sich daher stark fort. Die Mütter ver - theidigen ihre Jungen mit eigner Lebensgefahr, selbst gegen grössere Katzen. Dagegen werden auch alte kraftlose Ratten von den jüngern be - sorgt und gefüttert. Solche bejahrte Ratten, die nun der Ruhe pflegen, verwickeln sich zuweilen mit den Schwänzen in einander, und das sind die ehemals so berufenen Rattenkönige.

2. . Amphibius. die Wasserratte. M. cauda mediocri, corpore nigricante, abdomine fer - rugineo.

Die Wasserratte hält sich in Europa und Nord - amerika an den Ufern der Flüsse und Teiche auf. Sie lebt von kleinen Fischen, Fischrogen, Frö - schen, Wasserinsecten und Pflanzenwurzeln. Sie84 schwimmt und taucht mit viel Geschick, hat aber keinesweges, wie doch viele berümte Män - ner behaupten, hinten Schwimmfüsse. Man kennt auch eine weisse Spielart von diesem Thier.

3. . Silvaticus. die Waldmaus, grosse Feld - maus; Buffons Mulot. M. cauda medio - cri, pectore flavescente, abdomine albido.

Hat das gleiche Vaterland mit der vorigen Gattung. Hält sich aber nicht beym Wasser, son - dern im Wald und Feld auf. Lebt von Getraide und Früchten; sammlet auch wie der Hamster Wintervorrath.

4. . Musculus. die Hausmaus. M. cauda elongata, palmis tetradactylis, pollice pal - marum mutico. *

Ein freylich sehr gefräßiges, und daher oft be - schwerliches; aber flinkes und muntres Thiergen, was seinen Geschäften bey Nachtzeit nachgeht, und das Unglück hat, so vielen Menschen aus Idiosyncrasie verhaßt zu seyn. Die Maus geniest beynahe gar keine bestimmte Nahrungsmittel, sondern fast alles was ihr vorkommt, und ihren Zähnen beisbar ist; selbst Bley. Sie zieht sich nach der Musik, die sie zu lieben scheint. Ihre Oekonomie gleicht der Ratte ihrer vollkommen. Sie wohnt auch, wie diese am liebsten auf Korn - böden, in Mehlkammern u. s. w. doch auch in Eichelwäldern. Katzen, Igel und Eulen sind ihre Erbfeinde. Die weissen Mäuse mit rothen Augen find Kakerlaken im höchsten Grade; die Mäuse überhaupt sind ohnedem animalia nocturna, die weissen aber sind folgends so Lichtschen, daß sie auch jede mäßige Hellung fliehen. Bey einem solchen Albino, den wir noch jetzt lebendig haben, können wir daher nicht entscheiden, ob er blind85 oder sehend ist, weil er wenigstens in einer Däm - merung, die unsern Augen noch etwas unterschei - den läßt, die seinigen geschlossen hält.

5. . terrestris. die Feldmaus, Stoßmaus. M. cauda mediocri, dorso ferrugineo, abdo - mine cinereo. *

Ein schädliches Thier, was in Europa und Nordamerica zu Hause ist, sich im Sommer in Garten und Feldern, im Winter aber im Wald aufhält. Es nistet unter der Erde, die es wie der Maulwurf durchackert; vermehrt sich in man - chen Jahren ganz ungeheuer, und thut den Feld - früchten, und den jungen Bäumchen grossen Schaden.

16. sorex. nasus rostratus, auriculae breves.

1. . Araneus. die Spitzmaus. S. cauda me - diocri, abdomine albido. *

Lebt in Europa und Nordamerika in altem Ge - mäuer. Der Knoblauchgeruch dieses Thiers, und die Bemerkung, daß es zwar wie die Hausmaus von der Katze verfolgt und getödtet, aber nicht gefressen wird, hat wol das Thier in den Ver - dacht des Giftes gebracht. Zuweilen, aber sel - ten, finden sich weisse Spitzmäuse.

2. . Daubentonii. die Wasserspitzmause. S. ha - bitu talpae, digitis ciliatis. *

Daubenton in Mem. de l'ac. de Paris, 1756. tab. I. fig. 2.

Ein erst neuerlich bekannt gewordenes, aber überaus sonderbares artiges Thiergen, von des - sen Oekonomie Herr Daubenton andern Natur - forschern noch vieles zu sagen übrig gelassen hat. Die Wasserspitzmaus findet sich an kleinen Ge -86 wässern, und ist mehr ein eigentliches Wasser - thier, als die obige Wasserratte. Ihre Füsse ha - ben zwar keine Schwimmhaut: Jede Zähe ist aber zu beiden Seiten mit kurzen breiten Härchen besetzt; die die Füsse zum Rudern ungemein ge - schickt machen. Die Oefnung des Gehörgangs kann das Thier durch eine Klappe zuschliessen, so lang es unter Wasser ist. Es närt sich von Re - genwürmern ꝛc. kommt wenig zum Vorschein, läßt sich am meisten früh Morgens blicken, ist aber wegen seiner Behendigkeit schwer zu fangen.

17. talpa. caput rostratum, palmae fos - soriae.

1. . Europaea. der Maulwurf. T. cauda breviore, auriculis plane nullis. *

Der Maulwurf ist ein sehr unschuldiges Ge - schöpf, der das Erdreich locker erhalt, Insecten und Regenwürmer vertilgt, und in Verhältnis gegen seine Nutzbarkeit den Gärten sehr geringen Schaden thut. Sein Aufenthalt ist blos unter der Erde, wozu ihm seine Schaufelpfoten, und ein sonderbares Brustbein, was der Vögel ihrem änelt, zu passe kommen. Er hat gar keine äusse - re Ohren, und so kleine Augen, daß ihn das Al - terthum deshalb für blind*)Von Art seyn alle Maulwurff blind, Kein sehenden man nimmer find.Burc. Waldis. verschrieen hat. Die Natur hat ihn für diese scheinbaren Mängel dadurch, daß er ausser Regen und Menschen fast keinen Feind kennt, durch ein ungemein feines Fell, und durch gewisse andere körperliche Talen - te zu entschädigen gewußt. Es giebt auch weiße und gesteckte Maulwürfe.

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18. didelphis. Plantae manus, pollice mu - tico. cauda longa, subnuda.

Ein groß Geschlecht, dessen Gattungen aber noch nicht sattsam untersucht und bekannt sind.

1. Dorsigera. der Surinamische Aeneas. D. cauda basi pilosa, dorso fusco, abdomine albido. *

Seba thes. I. tab. 34. fig. 1. 2.

Dieß Thier, was in Surinam zu Hause ist, und da in unterirdischen Holen lebt, wird durch den Instinct merkwürdig, mit dem es seine Jun - gen aus Gefahr zu retten versteht. Die Mutter schlägt den Schwanz auf den Rücken; die Jun - gen springen auf sie, rollen ihre Schwänze um der Mutter ihren an, die denn sogleich mit ihrer Familie davon flüchtet.

2. Marsupialis. die Beutelratte, der Opos - sum, Philander. D. mammis intra sac - cum abdominalem. *

Seba thes. I. tab. 36. fig. 1. 2. 3.

Auch bey dieser Gattung hat die Natur eine sonderbare Einrichtung zur Erhaltung der Jun - gen getroffen. Das Weibgen hat nemlich eine große Tasche am Bauche, die durch besondre Muskeln und dünne Knochen geschlossen und ge - öffnet werden kan; und in deren Boden die Zi - tzen liegen. Die Jungen werden sehr klein, und gleichsam nur als unreife Abortus zur Welt ge - bohren, verkriechen sich aber sogleich in diese Ta - sche, nähren sich da von der Muttermilch, und verweilen so lauge, bis sie ausgebildet sind, und nun gleichsam vom neuem gebohren werden kön - nen. Doch bleibt dieser Beutel auch nach dieser zweyten Geburt noch zuweilen ihre Retirade; die88 Mutter nimt sie bey Gefahr darin auf, und sucht sich und ihre Bürde durch die Flucht zu ret - ten. Das Thier ist in beiden Indien zu Hause, und erreicht die Grösse eines Fuchses.

c) Leporina.

19. jacvlvs. Pedes antici brevissimi, po - stici elongati. Cauda corpore longior.

1. Giganteus. Der Ränguruh. J. cauda at - tenuata.

Cptn. Cook, in Hawkesworth's Account ꝛc. Vol. III. No. 20.

Dieses durch die neuern Reisen der Engländer nach der Südsee bekannt gewordne Thier ist auf Neu-Süd-Wallis zu Hause, und hat in der Grö - ße, und in der Bildung des Kopfs, viel vom Windspiel. Sein Fell ist mausefahl; das Fleisch eßbar und schmackhaft; übrigens änelt es in sei - nem ganzen Habitus und in seinen Sprüngen der folgenden Gattung.

2. Jerboa. Der Erdhaase; die zweybeinich - te Bergmaus der Araber; der Alactacha. J. cauda floccosa, plantis tridactylis.

Haym, tesoro Britann. Vol. II. p. 124.

Dieses sonderbare Thier, was schon auf den al - ten Münzen von Cyrene sehr gut abgebildet ist, findet sich in Nord-Africa, in Arabien, Geor - gien und Sibirien. Es macht sich Hölen in die Erde*)Sprüchw. Salom. K. 30. V. 26., wo es am Tage verborgen bleibt, und des Nachts seinen Geschäfften nachgeht. Die Vorderfüße sind, zumal wenn es sitzt, beynah unmerklich, die hintern hingegen ungeheuer lang89 Der Erdhaase kan sich ziemlich lange auf den Hin - terbeinen aufrecht erhalten, doch scheint ihm in dem Fall sein langer Schwanz gleichsam zum drit - ten Fuße zu dienen. Er springt mit der Leichtig - keit einer Heuschrecke, und wol 7 bis 8 Fuß weit. Sein Fleisch wird von den Arabern und Kalmu - cken gegessen.

20. lepvs. Dentes primores superiores du - plicati.

1. . timidus. Der Hase. L. auriculis apice nigris, corpore et pedibus posticis longio - ribus. *

Der Hase ist ein sehr furchtsames unbewehrtes Geschöpf, was sich fast über der ganzen Erde fin - det, und von Menschen und vielen Thieren ver - folgt wird. Doch wird er durch seine hervorlie - genden Augen und durch sein scharfes Gehör sehr leicht für einer nahenden Gefahr gewarnt, und durch seine Geschwindigkeit sehr oft daraus ent - rissen; zudem hilft ihm auch sein Instinkt, da er durch vielerley Wendungen und Absprünge sei - nen Verfolgern die Epur zu verderben sucht. So gut sich indeß der Hase auf seine Läufte zu verlassen weiß, so macht er doch in seiner Familie gern den Poltron, frißt seine Jungen oder kleinere Thier - gen, Mäuse u. s. w. Beide, er und das Ca - ninchen, sind äußerst fruchtbare Thiere; beide käu - en auch wieder. Zuweilen giebt es schwarze Ha - sen, und auch ganz weiße: und zwar von den leztern theils solche, die, wie in Grönland ꝛc. Jahr aus Jahr ein, theils andre die wie in der Schweiz, nur im Winter weiß sind.

Ein ungemein merkwürdiges Phänomen, was alle Aufmerksamkeit der Naturforscher und Phy -90 siologen verdient, sind die gehörnten Hasen, da man nemlich schon oft und in ganz verschiednen Gegenden und Zeiten Hasen gefunden hat, aus deren Stirnknochen ein paar kleine Geweihe, völ - lig wie bey einem Rehbock, nur kleiner, mit Krone und proportionirten Enden gewachsen wa - ren. *)Abbildungen oder Nachrichten von gehörnten Hasen finden sich z. B. in c. gesneri icon. et nomenclatur. quadrupedum, ed. 1560. p. gassendi vita Peirescii. th. bartholini epist. medic Cent. II. Mus. bes - ler. Mus. wormian. ol. iacobaei. Mus. reg. g. h. welschii hecatost. phys. med. I. th. bowrey Malayo Diction. Lond. 1701. 4. Jenkel Museograph. Misc. N. C. Dec. II. klein dispositio quadruped. I. D. Meyers Vorstell, allerh. Thiere. M. E. Ridin - ger hat auch ein Blatt nach seines Vaters Joh. Elias Zeichnung gestochen, worauf zwey gehörnte Hasen nach dem Leben abgebildet sind.

1. . Cuniculus. Das (Runiglin) Caninchen. L. auriculis nudatis, corpore et pedibus po - sticis brevioribus. *

Das Caninchen ist in den wärmern Zonen der alten Welt zu Hause, ist aber nun auch in Nor - dischen Gegenden einheimisch worden. Ehedem war besonders Spanien wegen der ungeheuren Menge dieser Thiere bekannt,**)cuniculosa Hispania. v. spanheim de usu et praest. numism. Diss. III. und sie ver - mehrten sich da so stark, daß sie zur Landplage wurden. ***)Certum est, Balearicos adversus proventum cuniculorum auxilium militare a Divo Augusto petiisse. plin.Sie Hecken wol siebenmal im Jahr, und werfen jedesmal sechs und mehrere Junge. Das Fleisch der wilden Caninchen ist sehr schmack - haft; sie werden mit Frettelchen gejagt, die so wie die Iltisse und Dachse ihre Erbfeinde sind. 91Die weissen Caninchen mit rothen Augen sind Zwar eben sowol kränkliche Kakerlaken, als die Negres blancs, doch scheinen sie das Licht besser, als andere Thiere der Art, vertragen zu können.

21. cavia. Halbcaninchen. Auriculae ro - tundatae, parvae, cauda nulla aut brevis.

1. Porcellus. das Meerschweinchen. C. ecau - data, corpore variegato. *

Ist in Brasilien zu Haufe, kommt aber auch in Europa sehr leicht fort. Ein muntres, kirres, reinliches, und überaus fruchtbares Thier. Das Weibgen läßt sich, gegen andrer Thiere Weise, gleich nach der Niederkunft schon wieder zur Begattung willig finden.

2. Aguti. C. caudata, dorso fusco, abdomine flavescente. *

Das Aguti hat einerley Vaterland mit dem Meerschweinchen, auch seine grunzende Stimme, aber die Grösse des Caninchen. Es hält sich in holen Bäumen auf, sitzt oft auf den Hinterfüssen, und kann leicht und weit springen.

3. Paca. C. caudata, corpore fusco, fasciis lateralibus punctatis flavis. *

Das Paca änelt dem Aguti in seinem Ansehen und in seiner Lebensart; nur sitzt es nicht wie die - fes auf den Hinterfüssen; ist auch in Brasilien zu Hause.

d) Mustelina.

22. mustela. Dentes primores inferiores VI, quorum II retrorsum positi; lingua laevis.

92

Die Thiere dieses Geschlechts haben kurze Füsse, und einen langgestreckten Körper, den sie im Ge - hen bogenförmig krümmen; sie besteigen Bäume.

1. . Martes. der Marder. M. corpore fulvo nigricante, gula pallida. *

I. El. Ridinger Entw. einiger Thiere N. 85. Baum-Marder. N. 86. Stein-Marder.

Man kennt zwey Spielarten von diesen Thie - ren. Die eine hat eine gelbe Kehle, und hält sich in Wäldern, zumal von Schwarzholz, auf; dies ist der Baum-Marder oder Feld-Mar - der. Der Haus-Marder oder Stein-Mar - der hingegen zieht sich mehr in die Häuser, und wohnt da in altem Gemäuer, und hat eine weisse Kehle. Beide sind in der nördlichen Erde zu Hause, und leben von kleinen Sängethieren und Federvieh. Ihr Auswurf hat einen Bisamäuli - chen Geruch.

2. . Putorius. Der Iltis. M. flavo-nigri - cans, ore et auricularum apicibus albis. *

J. E. Ridinger Entw. ein. Th. N. 87.

Aenelt dem Marder in seiner Bildung und Le - bensart. Tödtet eben so kleine Thiere. Stellt besonders den Hünern und ihren Eyern nach. Hält sich, zumal im Winter, gern auf Höfen unter Holzstößen und Steinhaufen auf. Das ganze Thier, und selbst sein abgezognes Fell, geben einen sehr widrigen Geruch von sich.

3. Furo. Das Frettel. M. corpore pallide flavo. *

Ist eigentlich in Africa einheimisch. Von da hat mans nach Spanien gebracht, um die Ca - ninchen zu vertilgen, und nun hat sichs schon weiter in Europa verbreitet. Es kriecht den Ca -93 ninchen in ihre Holen nach, jagt sie heraus, oder tödtet sie auch wol darinn, und saugt ihnen das Blut aus. Es hat auch den widrigen Geruch des Iltis. Man behauptet, daß sich beide Thiere mit einander begatten, und Bastarden geben, die blasser als der Iltis, aber dunkler von Farbe als das Frettel wären.

4. Zibellina. Der Zobel. M. corpore fulvo ni - gricante, facie et gula cinereis.

I. G. Gmelin in Nov. Comm. Petrop. T. V. tab. VI.

Der Zobel lebt in dichten einsamen Wäldern des nördlichen Asiens, und nistet in holen Bäumen, oder unter ihren Wurzeln in der Erde. Er ist flink und kann mit viel Leichtigkeit auf den Bäu - men herumspringen. Am Tage schläft er; des Nachts geht er seinem Raub nach, der gewöhn - lich in kleinen Sängethieren und Vögeln besteht; doch frißt er auch, wenns die Zeit mit sich bringt, Beeren und Früchte. Der Zobelfang dauert vom November bis in den Hornung. Man stellt ihnen Schlingen, und schätzt die Felle am höchsten, die recht schwarzbraun, dickhaaricht und glän - zend sind. Die besten Zobel finden sich um Jakuzk.

5. . Erminea. das Wiesel und Hermelin. M. caudae apice atro. *

Das Hermelin ist doch wol blos eine Nordische Spielart von unserm gemeinen Wiesel. Auch dieses wird bey uns im Winter weiß, und in hochliegenden bergichten Gegenden, wie z. B. im Walbeckischen, fängt man zuweilen mitten im Sommer völlig weisse Wiesel oder Hermeline. Es finden sich diese Thiere in der ganzen Nordi - schen Erde, sie wonen in Wäldern, ziehen sich94 aber gern nach Häusern wo Federvieh gehalten wird; ihre Nahrung ist dieselbe wie der Iltisse ihre, sie fressen auch gern Fische und Erdschwäm - me, aber keine (andre) Pflanzen. Die besten Sibirischen Hermeline werden im Isetischen ge - fangen.

6. Ichneumon. das Ceilanische Füchschen. V. corpore subluteo, facie nigricante. *

Seba thes. I. tab. XLI. fig. 6.

Dieses Thier wird fast durchgehends mit der Pharaonsmaus im folgenden Geschlechte (viver - ra ichneumon) vermengt, von der es aber völ - lig unterschieden, und ins Wieselgeschlecht gesetzt werden muß. Seba hatte es lange lebendig, und dasselbe Exemplar ist nun im Academischen Museum, wo wir es genau untersucht haben. Es hat das ganze Ansehen und die Grösse des Mar - ders, auch völlig seine stumpfere Schnauze, und bey weitem nicht den zugespitzten Kopf der Pha - raonsmaus. Seine schmuzig weissen Haare sind steif, borstenänlich. Es ist leicht zu zähmen; schläft am Tage; und wült des Nachts fast immer in der Erde, um Wurzeln und Regenwürmer aus - zugraben, von denen es, wie von andern kleinen Thieren, lebt.

7. Gulo. der Vielfraß. Rosomak. M. medio dorsi nigro.

Klein dispos. quadruped. tab. V.

Der Vielfraß ist in Lapland, und vorzüglich in den grossen Wäldern des Nördlichen Asiens, zu Hause. Sein überaus starker Appetit hat zu al - lerhand Fabeln Anlaß gegeben. Er närt sich von Aas und lebendigen Thieren, und kann sogar Rennthiere überwältigen. Sein Fell war ehedem95 im höhern Werthe als hentiges Tages. Er stinkt wie der Iltis und andere Thiere dieses und des folgenden Geschlechts.

23. viverra. Dentes primores utrinque VI, intermediis brevioribus. Lingua plerisque retrorsum aculeata.

1. Zibetha. Die Zibethkatze. V. cauda annu - lata, dorso cinereo nigroque undatim striato. *

Perrault hist. des animaux, I, Tab. XXIII.

Das südliche Asien und die mitlere Zone von Africa ist das Vaterland der Zibethkatze. Bey beiden Geschlechtern sammlet sich in einer be - sondern Höle, die zwischen dem Affter und den Zeugunsgliedern liegt, eine schmierichte stark rie - chende Substanz, die ehedem mehr als jezt zum Parfümiren und in der Arzney gebraucht wurde. Man zieht deshalb auch in Holland Zibethkatzen in Käfichten, um ihnen alle drey Tage ihr Quent - chen Zibeth nehmen zu können.

2. Genetta. Die Genettkatze. V. cauda annu - lata, corpore fulvo maculato.

Hat in der Bildung viel mit der vorigen Gat - tung gemein. Auch bey ihr wird, in derselben Gegend wie bey der Zibethkatze, eine wohlriechen - de Fettigkeit abgeschieden, doch weder in der Menge, noch von der Stärke des Geruchs, wie der Zibeth. Das Thier ist im Orient zu Hause, hält sich gern am Wasser auf, und wird leicht zahm.

3. Putorius. Das Stinkthier, Conepate. V. lineis quinque dorsalibus albis.

Catesby nat. hist. of Carolina, II, tab. LXII.

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Das Stinkthier, was unserm Iltis änelt, hat seinen Namen von dem über alle Beschreibung unerträglichen Gestank, den es, so wie mehrere verwandte Gattungen seines Geschlechts, im Zor - ne von sich giebt. Besonders heftig stinkt der Harn des Thiers, den es auf viele Fuß weit ge - gen seinen Feind zu sprützen vermag. Wenn man das geschoßne Stinkthier schleunig ausbalgt, und ihm die Harnblase heraus nimmt, so ist das Fleisch eßbar.

4. Ichneumon. Die Pharaonsmaus, der Mungo.

Rumph. herbar. Amboin. auctar. T. XXVIII. fig. 2. 3.

Dieses berühmte Thier, was keineswegs mit dem minder bekannten Ichneumon des vorigen Geschlechts verwechselt werden darf, ist in Ostin - dien und vorzüglich in Aegypten zu Hause. Es lebt von Schlangen, Fröschen, Mäusen, und be - sonders von Crocodilleyern, die es mit viel Ver - schlagenheit aus dem Sande scharrt. Man glaubt, wenn es von der Brillenschlange gebissen worden, so brauche es Schlangenwurzel (Ophiorhiza Mungos) zum Antidot.

5. Lotor, das Coati, der Raccoon, (Linne's Ursus lotor.) V. cauda annulata, fascia fu - sca palpebras ambiente. *

Seba thes. I. tab. XLII. fig. 2.

Das ganze Ansehen des Coati, seine Lebens - art, sein Zibethbeutel beym Hintern u. s. w. er - weisen seine nahe Verwandschaft mit andern Vi - verris, und seine Unänlichkeit mit dem Bären. Es ist in Nordamerica zu Hause, und lebt vor - züglich von Hünern und andern Vögeln und ihren Eyern.

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6. . Meles. Der Dachs. (Linnes ursus meles) V. cauda concolore, abdomine nigro,

J. E. Ridinger Entw. einiger Thiere. N. 78. 79.

Auch dieses Thiers Bildung, Oekonomie und Fettbehälter unter dem Schwanze, weisen ihm in diesem Geschlechte, und nicht beym Bären sei - nen Platz an. Der Dachs findet sich in Euro - pa und in Asien bis gen China. Er lebt wie andre Viverrae von kleinen Thieren, von Wur - zeln und Vogel Eyern. Er baut unter der Erde einen tiefen Keßel, zu welchem verschied - ne Röhren oder Gänge führen. Er verschläft den grösten Theil seines Lebens, und hält beson - ders langen und festen Winterschlaf, wobey er seine Schnauze in den Fettbeutel steckt.

7. Mellivora. der Honigsucher, Ratel. V. dorso cinereo, fascia laterali nigra, abdomi - ne nigro, unguibus longis, subtus cavis, fossoriis.

Sparrmann Schweb. Abhandl. 1777. tab. IV. fig. III.

Dieses sonderbare Thier findet sich am Cap, und lebt vom Honig und Wachs der wilden Bie - nen, die in die Hölen der Stachelschweine, Erd - haasen, Caninchen, Schakale ꝛc. nisten. Bey Sonnenuntergang giebt der Honigsucher auf den Flug der heimeilenden Bienen acht, oder folgt auch wohl blos der Anweisung des cuculus indi - cator, geht ihm nach, und macht so den Erd - bienen seine unwillkommene Visite. Denen hin - gegen, die ihr Nest an Baumäste hängen, kann er nichts anhaben; dock beißt und nagt er in die Bäume, an welchen er solche Nester vermerkt, und die Hottentotten wissen gleich an diesem Kenn -98 zeichen, daß sie Honig auf solchen angebissenen Bäu - men zu erwarten haben. Der Honigsucher hat ein zottichtes Fell, und darunter eine ungemein starke Haut, die ganz locker und gleichsam wie ein Sack über das Fleisch des Thieres herum hängt, wo - durch er denn sowohl für den Bienenstichen als für den Bissen der Hunde gesichert ist.

VII. FERAE.

Die grossen reissenden Thiere, die Menschen anfallen; wozu wir aber nicht, wie Linne thut, auch den Maulwurf oder den unschuldigen Igel rechnen können.

24. ursus. Dentes primores superiores alter - natim excavati, inferiores laterales lobati, lingua laevis, cauda abrupta.

1. . Arctos. der Bär. U. fusco nigricans, collo brevi. *

J. E. Ridinger Entw. ein. Th. N. 39 bis 44.

Ein phlegmatisches, brummichtes, aber im Grunde gutmüthiges Geschöpf, was mehrentheils einsam in den grossen Wäldern, und in den Alp - gegenden der nördlichen Erde lebt, und was sich nur im grösten Grimm, und wenn es aufs äus - serste gebracht worden, am Menschen vergreift. Andere Thiere verzehrt der Bär gerne, und trabt daher des Nachts weit umher seinem Raube nach; doch begnügt er sich auch mit Wurzeln, die er geschickt auszugraben weiß, mit Ameisenhaufen ꝛc. Sein größter Leckerbissen aber ist wilder Ho -99 nig. Zum Gefechte stellt er sich auf die Hinter - füsse, drückt und schlägt seinen Feind mit den Vordertatzen, und bedient sich der Klauen oder des Gebisses seltner als andere reissende Thiere. Junge Bären lassen sich leicht zähmen, und sind bis zur Zeit der Mannbarkeit ungemein possierli - che Thiere. Im Winter schläft dieses Thier, die Länge dieses Schlafs variirt aber nach Verschie - denheit des Clima. Freytags Bärenfang*)Robinson Crusoe, Vol. I. p. 275. sqq. ist in Crain, Polen ꝛc. allgemein gebräuchlich. Den Kopf ausgenommen, hat des Bären Gerippe mit dem menschlichen ungemein viel Aenlichkeit. Man kennt verschiedene Spielarten unter den Bären; die großen schwarzen Ameisenbären; die kleinen hellbraunen Honigbären; die noch kleinern weiß - lichten Silberbären.

2. Maritimus. der weisse Bär, Polarbär. U. albus, collo et rostro elongatis.

Pennant, synopsis of quadrupeds, tab. XX. fig. I.

Der Polarbärist allerdings eine eigne Gattung, die nicht mit der weissen Spielart des gemeinen Bären verwechselt werden darf. Er wird viel grösser, bey zwölf Fus lang, hat schlankere Glie - der, weisses langzottichtes Haar, hält sich in der nördlichsten Erde, beym Treibeis und am Meerufer auf, schwimmt und taucht sehr ge - schickt, nährt sich von Fischen, tobten Seehun - hunden und Wallfischen, geht aber auch sehr leicht Menschen an, wie Heemskerk auf Neu Zem - bla**)Begin ende Voortgangh van de Oost. indische Com - pagnie. 1646. 4to transv. u. a. erfahren haben.

100

25. canis. Dentes incisores superiores inter - medii, inferiores omnes lobati.

Die Thiere dieses Geschlechts klettern nicht auf die Bäume.

1. . Familiaris. der Hund. C. cauda recur - vata; interdum digitus spurius ad pedes po - sticos. *

So allgemein Weltbekannt der Hund ist, so hat doch seine N. G. noch manches dunkles. Eben darum, weil er sich fast über die ganze Erde verbreitet hat, kann man nicht mit Zuverlässig - keit bestimmen, welches seine ursprüngliche Hei - mat sey; ob man nicht mehrere ganz diverse Gat - tungen unter den Hunden annehmen müsse, die durch Vermischung erst manche Spielarten und Racen hervorgebracht; welches unter diesen wol wieder Stamm-Racen oder entferntere Abarten seyn mögen, u. s. w. Vielleicht dürfte man Ostin - dien fürs Vaterland der Hunde annehmen, we - nigstens waren sie dort in den ältesten Zeiten be - rümt, und wurden von da nach Egypten und Europa verführt. *)Athonaei deipnosoph. L. V.Man hat den Schäferhund für den Stammvater der übrigen ausgegeben, aber doch scheinen die zottichten Hunde erst in Norden langhaaricht geworden zu seyn, wenig - stens sind die auf den alten Kunstwerken glatt, und zwar theils Bullenbeisser, theils Windspiele. Die Hauptvarietäten unter diesen Thieren sind folgende:

a) fricator. der Mops, mit untersetztem, kur - zem Leibe, rundem Kopf, ganz stumpfer Schnauze, hängenden Ohren, und glat - tem Haar.

101

b) molossus, mastivus. der Bärenbeisser, Bullenbeisser, Dogue. gros, starklei - bicht, mit stumpfem Kopf, hängenden lap - pichten Oberlefzen, und glattem Haar, bellt dumpfig und kurz.

J. E. Ridinger. Entw. einig. Th. N. 1. 2. 3. Dahin gehört auch wol der Metzgerhund.

c) sagax. der Jagdhund. mit langem dicken Körper, eingefurchtem Hinterkopfe, langen hängenden Ohren. Das Haar ist bald schlicht, bald zotticht.

Ridinger, N. 4. 5. 6. 10. 11. 12. 14. 15. 17. 18.

Die Bracke, der Hünerhund, und der Wachtelhund haben kürzere Ohren, auch einen kürzern Schwanz.

Die Corsicanerhunde sind schön getigert, haben aber übrigens die Bildung der glat - ten Hünerhunde.

d) aquaticus. der Budel, mit stumpfem Kopf, dickem Leibe, und wollichtem Haar.

e) domesticus, pastor fidelis. der Haushund, Schäferhund. mit aufrechten Ohren; der Schwanz ist auf der untern Seite lang behaart.

Hierzu rechnen wir auch den Sibirischen und Isländischen Hund, den Spitz ꝛc. Der Isländische scheint wenig vom gemeinen Spitz verschieden. Einer, den wir leben - dig haben, und der in Island geworfen wor - den, hat einen grössern Kopf, und keine so spitzige Schnauze, als der von Büffon ab - gebildete; er ist völlig schwarz, bis auf die Ohren, die am Rande mit weissem wollich - tem Haar eingefaßt sind.

102

f) meliteus. das Bologneserhündchen. von ungemein kleiner Statur, mit sehr lan - gen zottichten Haaren, zumal im Gesichte.

g) vertagus. der Dachshund, Däckel, mit langer Schnauze, Hangenden Ohren, lang - gestrecktem Körper, kurzen krummen Vor - derfüssen.

Ridinger, N. 16.

h) grajus. das Windspiel. mit langem zu - gespitztem Kopf, hängenden Ohren, dicker Brust, schlankem Leib und Füssen, bald glatthaaricht, bald schlicht.

Ridinger, N. 7. 8. 9. 13. 15.

i) Aegyptius. der Türkische Hund. änelt dem Windspiel, hat aber nur im Gesichte Haare, der übrige Körper ist schwarz und kahl, wie eine geräucherte Spekschwarte.

Wenn die Menge vorzüglicher Eigenschaften und zugleich die vielfache Brauchbarkeit fürs Men - schengeschlecht den Werth eines Thieres bestim - men sollen, so würden wir dem Hunde eher als dem Löwen den Namen eines Königs der Thiere zugestehn. Es concentriren sich beym Hunde Schönheit, Starke und viele andre Talente, die wir zerstreut in andern Thieren bewundern; al - lein er wird überdem durch mehrere Qualitäten, die ihm ganz ausschließlich zukommen, besonders aber durch die ausnehmende Feinheit seiner äus - sern und innern Sinne über die übrige thierische Schöpfung erhoben. Der Mensch hat ihn da - her auch vor allen andern Hausthieren in seine nähere Gesellschaft gezogen, und seine ungemeine Gelehrigkeit auf mannichfaltige Weise zu benutzen103 gewußt. Der Hund hat den feinsten Geruch*)V. Haller elem. physiol. L. XII. et XIV. Von Leonh. Zollikofers Hund, der 1582 seinem Herrn, vierzehn Tage nach dessen Abreise, vom Schlosse Altenklin - gen im Thurgau nach Paris ganz allein nachgelau - fen und ihn aufgefunden, s. Herrlibergers Topogra - phie der Eidgenoßschaft, 1. Th. und dieser Vorzug in Verbindung mit seiner Stär - ke und Geschwindigkeit macht ihn zur Jagd an - derer Thiere geschickt. Er ist wachsam, lernt sei - nen Herrn und andre Wohlthäter kennen, unter - scheidet ihre Stimme, und versteht sich sogar auf ihren Wink und Minen; ist erkenntlich, getreu,**)Plin. L. VIII. c. 40. läst sich ungemein leicht zu künstlichen Hand - lungen abrichten,***)Von einem Hunde der Briefe über Feld getragen ꝛc. s. Gothaisch. Kirchen - und Schul-Staat, I B. II St. und nimmt mit weniger und geringer Kost vorlieb. Mau kann ihn zum Zuge, in Schlitten und kleinen Wagen, und im Kriege statt Mannschaft gebrauchen; sein Fleisch ist eßbar, sein Fell, sein Speichel, und selbst sein Auswurf nutzbar: und endlich sind auch die un - zähligen Hunde, die als Opfer der Anatomie ge - storben sind, zufälligerweise für die Wahrheit und für die Wissenschaften äusserst wichtig worden. Der Hund wird gegen zwanzig Jahre alt; Der Begattungstrieb ist, zumal bey den männlichen Hunden stark; sie sind eifersüchtig, aber gegen das schwächere Geschlecht galant, doch in der Wahl ihrer Gattin eben nicht eigen. Sie vermischen sich leicht mit Wölfen und Füchsen, und zeugen zumal mit letztern fruchtbare Bastarden, derglei - chen wir selbst mehrere vor Augen haben.

2. . Lupus. Der Wolf. C. cauda incurvata. *

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Der Wolf ist fast in der ganzen Welt zu Hause, doch ist er in einigen Ländern gänzlich ausgerot - tet worden. So hat man seit 1680 keinen mehr in Schotland gespürt; früher schon waren sie in England vertilgt, und 1710 ist auch in Irland der letzte geschossen worden. Der Wolf hat ei - nen schleppenden Gang, aber einen sehr feinen Geruch. Er kann lange hungern, frißt aber als - dann auch desto gieriger. Er zieht oft in gros - sen Schaaren, fällt doch nur im Nothfall Men - schen an, und ist mit Feuer, was er scheut, leicht abzuhalten. Man hat auch weiße und ganz schwarze Wölfe.

3. . Vulpes. Der Fuchs. C. cauda recta. *

J. E. Ridinger Entw. N. 73. Brandfuchs. 74. Birkfuchs.

Der Fuchs ist ein ungemein listiges, und wenn er noch klein ist, ein überaus possierliches Thier. Er baut unter der Erde, oder nimmt von einer Dachshöle Posseß, sammlet sich Vorrath, thut den Schaafheerden und Hausgeflügel großen Schaden, frißt doch auch Vegetabilien, und na - mentlich überaus gern Weintrauben. Sein Harn hat einen sehr widrigen Geruch, und er braucht ihn zur Vertheidigung gegen die Hunde.

Der gemeine Fuchs oder Birkfuchs hat eine weiße, der Roth - oder Brandfuchs (alopex) aber eine schwarze Schwanzspitze. Der letztre ist doch wohl eine bloße Spielart vom erstern. Auch der Nordische weiße und blaue Fuchs, und der Creuzfuchs, deren Felle so hoch geschätzt werden, scheinen uns zu wenig eignes zu haben, um sie für besondre Gattungen anzusehn. Zu - dem wissen wir, daß man selbst in Deutschland, wie z. B. in Waldeckischen, schwarzbraune Creuz - füchse geschossen hat.

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4. Aureus. Der Schnellwolf, Schakal. C. corpore fulvo, pedibus longioribus, caudae apice nigro.

Güldenstaedt, Nov. Comm. Petrop. T. XX. Tab. II.

Dieses berufene Thier hält in seiner ganzen Bil - dung das Mittel zwischen Wolf und Fuchs und Hund; besonders zeigt es so viel Verwandschaft mit dem letztern, daß Herr Güldenstädt bewo - gen wird, den Schakal für den wilden Hund zu halten. Er ist in ganz Orient und Nordafrica zu Hause, zieht des Nachts schaarweise umher; frißt Thiere, Lederwaaren ꝛc. gräbt Leichen aus, und soll auch lebendige Kinder rauben. Er ist oft mit der Hyäne vermengt worden, und die schwankenden Berichte der Reisenden machens wahrscheinlich, daß man selbst in seiner Heimath andre Thiere mit ihm verwechselt. *)Mich. Casiri bibl. arab. Hispan. Escurial. T. I. p. 320.

5. Hyaena. Das Grabthier, der Abend - wolf. C. villosus, nigricans, facie nigra, juba cervicis dorsique. *

Der Indianische Wolf von J. El. Ridinger.

Die Hyäne hat einerley Vaterland mit dem Schakal, dem sie auch in der Lebensart änelt. Ein äusserst boshaftes, zorniges Thier von fürch - terlichem Ansehen, über welches selbst der Löwe kaum Herr werden kann; nährt sich von Leichen und frischen Thieren, doch auch im Nothfall von Vegetabilien. Es baut unter die Erde, und wird in Aegypten gegessen. **)Io. Vesling obs. anatom. c. 6.

26. felis. Ungues retractiles, caput rotun - dius, lingua aspera.

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Die Thiere dieses Geschlechts, den Löwen aus - genommen, besteigen Bäume.

1. Leo. Der Löwe. F. cauda elongata floc - cosa, corpore fulvo *

B. Picart, Recueil de Lions. Amst. 1729. 4. transv. nach Dürers, Remdrands, le Brüns, Potters, und Picarts eignen Zeich - nungen.

Der Löwe ist in den heisen Zonen der alten Welt, vorzüglich in Africa, zu Hause. Er lebt vom Raube größerer Säugthiere, und geht nur wenn er gereitzt, oder vom äussersten Hunger ge - trieben wird, Menschen an. In der Jugend läßt er sich zähmen, und selbst zum Zuge abrich - ten. Von seiner Erkenntlichkeit und Treue gegen Wohlthäter zeugen die bekannten Geschichten von Androclus und Gottfried von Bouillon. Er scheut das Feuer, aber bey weitem nicht Hanengeschrey.

2. Tigris. Das Tigerthier. F. cauda elon - gata, capite, corpore et cruribus nigro-vir - gatis. *

The Tiger, von G. Stubbs, in schwarzer Kunst.

Der Tiger ist blos in Asien einheimisch. Ein schönes, überaus regelmäßig gestreiftes, aber fürchterliches Thier. Es wütet gegen seinen Gat - ten, und frißt im Hunger seine Jungen; es fällt ohne Unterschied Menschen und Löwen und an - dre Säugthiere an, muß aber für dem Elephan - ten erliegen. Es hat keine Spur von dem Edel - muth des Löwen, doch ist die Sage irrig, daß es durchaus nicht zu bändigen sey. Wir haben selbst einen großen lebendigen Tiger gesehn, dem alle seine Wärter ohne Bedenken den Rachen aufreis - sen und mit ihm spielen konnten.

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3. Leopardus. Der Leopard. F. cauda sub - elongata, maculis numerosis, minoribus, ob - tuse angulatis. *

Dieses Thier, was in seiner Bildung sehr viel Verwandschaft mit den folgenden Gattungen zeigt, ist in Africa zu Hause. Sein Fell ist über alle Beschreibung schön, und änelt einer bekannten Sorte von großfleckichtem Manchester. Der Grund ist goldgelb, die kleinen schwarzen Flecken stehen dichter und regelmäßiger als beym Pantherthier, meist drey bis viere nahe beysammen. Der Leo - pard giebt dem Tiger an Stärke und Raubgierde wenig nach, doch geht er nicht so leicht Menschen an, ist auch eben sowol als der Tiger zu zähmen; Wir haben die seltne Gelegenheit gehabt, die mehresten Gattungen dieses Geschlechts lebendig neben einander zu sehn, und sie unter sich, und mit den theils sehr verworrenen Beschreibungen der Naturforscher, vergleichen zu können.

4. Pardus. Das Pantherthier, der Parder. F. cauda subelongata, maculis majoribus, irregularibus, passim confluentibus et annu - latis. *

Ebenfalls ein africanisches Thier, was größer wird als der Leopard, aber ihm und dem Tiger in der Lebensart gleicht. Das Fell des Panther - thiers ist bey weitem nicht so schön als des Leo - parden seins; Die Flecken sind größer, irregu - lärer, hin und wieder wie zusammen geflossen, bald in Hufeisenform, bald geringelt u. s. w.

5. Onça. der Jaguar, americanische Tiger. F. cauda subelongata, corpore fusco-lute - scente, maculis angulatis, ocellatis, me - dio flavis. *

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Die Onza ist für Südamerica das, was die drey vorigen Thiere in der alten Welt sind; in ihrer Gestalt und Oeconomie kommt sie ihnen sehr na - he, doch ist sie furchtsamer und flieht für nur mäßig grossen Hunden.

6. Serval. der Katzen-Parder, Marapüté. F. cauda abbreviata, corpore cinereo, ni - gro obscure striato et maculato. *

Der Serval ist in Orient und Africa zu Hau - se; er lebt in dicken Wäldern, und hält sich meist auf den Bäumen auf. Der, den wir gesehen haben, war ernsthaft und stille; aber raubgierig, und dabey sehr schnell und flink in seinen Bewe - gungen. Seine Farbe war wie der wilden Kaz - zen ihre, nicht gelblicht wie an dem den Büf - fon gesehen hat.

7. . Lynx, der Luchs. F. cauda abbreviata apice atra, auriculis apice barbatis, corpore maculato, plantis palmisque amplissimis.

J. E. Ridinger, Entw. N. 65. 66. 67.

Dieses Thier findet sich in großen dickten Wäl - dern der nördlichen Erde; es verliert sich zwar immer mehr aus den bewohnten Gegenden, doch hat man noch vor wenig Jahren welche auf dem Thüringer Walde geschossen, und sie sind noch keine so unerhörte Seltenheit für Europa, als man neuerlich in, Frankreich hat behaupten wollen. Der Luchs hält sich auf Bäumen auf, und stürzt sich auf vorbeygehende größere Säugthiere herab, denen er doch meist nur das Blut aussaugt, und ihr Gehirn frißt. Das Weibgen fängt auch - gel zum Futter für die Jungen.

8. . Catus. Die Katze. F. cauda elongata, striis dorsalibus longitudinalibus, lateralibus spiralibus. *

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Die Hauskatze ist kleiner als die Wilde, und variirt in der Farbe wie andre Hausthiere. Sie lebt zwar auch wie der Hund in Gesellschaft des Menschen; allein sie hat bey weitem nicht das at - tachante, treuherzige jenes Thiels. Ihr Cha - rakter behält bey aller Cultur widrige Seiten; sie ist falsch, tückisch, näschig; und ihre hübsche Gestalt, ihre Reinlichkeit und ihre Schmeiche - leyen und das einzige, weswegen sie der Mensch zuweilen zu seinem Zeitvertreib und nähern Um - stanz erhebt. Doch hat man einzelne Beyspiele von Katzen, die mit aller Treue eines Hundes ihrem Herrn ergeben gewesen, nach seinem Tode die Leiche begleitet, und lange Zeit hindurch täg - lich sein Grab besucht haben. *)Roux, Journ. de medecine, Decembr. 1771.Die Katzen sind ungemein elektrisch, ein Phänomen, das, so wie der unüberwindliche ängstliche Abscheu vieler Menschen vor diesen Thieren, weitere Untersuchung verdient. Es scheint, daß sich ihr Naturell schwer abändern lasse; die zahme Katze ist nicht sehr von der wilden verschie - den; sie hat noch nicht die hängenden Ohren an - derer unterjochten Thierarten; sie begattet sich nicht, wie andere Thiere, unter den Augen des Menschen, und verwildert geschwinde wieder, wenn sie zufällig in ihre natürliche Freyheit ge - rätht. Wir begreifen nicht, wie man dem R. Linne hat nachschreiben können, das die Katzen keine Flöhe hätten.

VIII. SOLIDUNGULA.

Thiere mit Hufen. Ein einziges Geschlecht von wenigen Gattungen.

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27. Equus. pedes ungula indivisa, cauda se - tosa.

1. . Coballus. das Pferd. E. cauda undique setosa. *

Das Pferd allein ist schon im Stande, den deutlichsten Beweis von dem. Uebergewicht und der unbegränzten Herrschaft des Menschen über die ganze übrige, Thierwelt abzugeben. Das wilde Pferd, so wie es in den Schottischen Hochländern, in Sibirien, in der grossen Tat - tarey ꝛc. gefunden wird, ist ein kleines ruppich - tes, dicktöpfichtes, häßliches, und dabey doch un - bändiges Geschöpf; was aber durch, die Cultur und die Bemühungen der Menschen zum schön - sten, ansehnlichsten, edelsten und zugleich folg - samsten Thiere umgebildet werden kann. Das ursprüngliche Vaterland der Pferde läßt sich eben so wenig, als der Hunde ihres, mit Gewißheit angeben. Die Schönheit dieser Thiere ist eine Folge der Cultur, mithin darf man bey wei - tem nicht die schönsten Pferde-Racen auch für die ältesten, und die minder schönen für ihre ans - gearteten Abkömmlinge halten; so wenig als man Sibirien, seiner wilden Pferde wegen, für die Hei - math der ganzen Gattung annehmen darf. Si - birien bat auch wilden Weizen, wildes Korn und wilde Gerste; aber beides, jene Pferde und die - se Getraidearten, sind sicher erst durch Zufall da - hin gekommen und nur mit der Zeit verwildert. Die Talente des Pferds sind so mannigfaltig und so relativ, daß man keiner Race den absoluten Vor - zug vor den übrigen zugestehen kan. Die Ara - bischen, Spanischen, Neapolitanischen und Eng - lischen sind die schönsten Reitpferde. Die leztern111 haben überdem noch die ungemeine Geschwindig - keit voraus. Die Frisischen sind zum Zug am dauer - haftesten u. s. w. Die Pferde sind eigentlich Gras - fressende Thiere, doch lassen sie sich im Nothfall auch an Thierische Nahrungsmittel gewöhnen. Fett und Seife verabscheuen sie. Für ihre Jun - gen bezeugen sie viel Liebe, und für alte kraftlo - se Bekannte Achtung. Sie schlafen meist ste - hend, und nur wenige Stunden. Das Fleisch der Pferde ist eßbar, und aus ihrer Milch ma - chen die Calmucken Branntewein.

2. . Asinus. der Esel. T. cauda extremitate setosa, cruce dorsali nigra. *

Der Esel hat weder die schöne Taille noch das Feuer des Pferdes, aber eine Menge anderer empfelender Eigenschaften berechtigen uns, seine Eloge zu machen, und ihn von der unbilligen Ver - achtung, mit der er nur neuerlich*)L. M. Gesner de antiqua asinorum honestate. Comm. Goett. T. II. im nörd - lichen Europa angesehen wird, loszusprechen. Er gebt saufter und sicherer als das Pferd, trägt grosse Lasten, ist dabey ungemein gedultig, und begnüat sich mit schlechten Unkraut zum Futter. Auch sein ursprüngliches Vaterland ist ungewiß. Daß er in die südliche Erde zu Hause gehöre, wird durch die Homonymie seines Namens in den nordlichen Sprachen erweislich. In der Tat - tarey lebt er Heerdenweise wild. Sonst hatte Aegypten,**)Casiri bibl. Escurial. T. I. p. 208. jetzt Italien, die besten Esel; im nördlichsten Europa finden sie sich bis jetzt noch gar nicht. Der zahme Esel ist wenig vom wil - den verschieden, und variirt nicht so, wie andere Hausthiere, in der Farbe.

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Pferd und Esel laßen sich zusammen bestatten, und geben Bastarden, die in ihrer Bildung die mehrste Aehnlichkeit mit der Mutter zeigen, und die zuweilen fruchtbar sind. *)(Spallanzani) Memorie sopra i muli. Modena. 1768. 8.Mulus. das Maulthier (J. E. Ridinger, Entw. N. 30) wird vom männlichen Esel gezeugt, und von der Stute geworfen. Hinnus hingegen, der Maul - esel (Hist. des eglises Vaudoises par J. Leger. Ley - de 1669. fol. p. 7.) ist vom Hengste gezeugt, und von der Eselin geworfen. Der lezte ist selt - ner, und hat Gelegenheit zur Sage von den Ju - marn, fabelhaften Bastarden vom Pferd - und Ochsengeschlecht, gegeben.

3. Zebra. N. zonis fuscis et albidis, maxime regularibus. *

The Sebra or wild Ass, von G. Stubbs, mit lebendigen Farben. 1771.

Der Zebra ist im südlichen Africa zu Hause, hat in seiner Bildung die mehreste Gleichheit mit dem Maulthier (mulus), und ist in Rücksicht der äuserst regelmäßigen Streifen seines Fells das schönste von allen Säugethieren. Er lebt Heer - denweis, ist ungemein geschwinde, aber wild und unbändig, und daher nur sehr selten und mit großer Mühe zum Zug oder zum Reiten abzu - richten. **)Hiob Ludolf in der hist. Aethiop. glaubt, Salomo meyne den Zebra, Sprüchw. K. 30. B. 31.

IX. BISULCA.

Thiere mit gespaltnen Klauen.

28. camelus. Cornua nulla, labium lepori - num. pedes subbisulci.

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1. Dromedarius. das gemeine Kameel, Büf - fons Dromedaire. C. topho dorsi unico. *

Ein Blatt von van Schley, nach Herrn Cam - pers Zeichnung. Kopf und Füße des Thiers.

Die Klauen sind, zumal bey dieser und der folgen - den Gattung, nicht durchaus, sondern nur vorne gespalten. Allein die Beschaffenheit der Schaa - len, des Fußes selbst, und die ganze Oekonomie dieser Thiere, rechtfertigen den Platz, den wir ih - nen unter andern bisulcis anweisen. Das Ka - meel findet sich noch hin und wieder in Asien wild, ist aber für den ganzen Orient das wichtigste Hausthier. Es ist im Stande, funfzehn Centner zu tragen, und in einem sanften Trabe achtzehn Meilen in einem Tage zurückzulegen. Es kann lange hungern, und frißt wie der Esel unnützes Futter, nemlich dornichtes Buschwerk, was in den Wüsten in Menge wächst, für kein anderes Säugethier zur Nahrung taugt, und nur dem Kameele, das deshalb mit hornichten Lippen versehen ist, geniesbar wird. Auch den Durst kann dieses Thier mehrere Tage lang erdulden, säuft aber dafür ungeheuer viel auf einmal, und behält gleichsam zum Vorrath eine Menge Was - ser in besondern Zellen seines Magens. Es ist ein sanftmüthiges folgsames Thier, was doch zur Brunstzeit leicht wütend wird, und dann selbst seine Führer und Herren verkennt. Beide, sowol diese, als die folgende Gattung, haben eine grosse Schwiele vorn an der Brust, vier kleine an den Vorderfüssen, und zwey dergleichen an ben Hinterfüssen, die ihnen zum Aufstemmen dienen, wenn sie müde sind, und sich niederle - gen; und die schon bey den[ungebornen] Kamee - len zu sehen sind, mithin nicht, wie berümte Männer geglaubt haben, erst in der Folge durch114 das Niederknieen entstehen. Man distinguirt verschiedene Racen unter den Kameelen. Der Djämmel z. B. ist zum Lasttragen am dauer - haftesten: der Hadjin schöner von Körper und geschwinder im Laufen; auch in der Farbe va - riiren die Kameele; es giebt braune, weisse u. s. w.

2. Bactrianus. das Trampelthier. Büffons Chameau. C. tophis dorsi duobus. *

Ein Blatt von M. E. Ridinger, nach seines Vaters J. E. Zeichnung.

Diese Gattung hat mit der vorigen so viel Aen - lichkeit in ihrer Bildung und Lebensart, daß sie von vielen Naturforschern für eine blosse Spielart von jener angegeben worden ist. Beide Thiere begatten sich auch mit einander. Doch findet sich das Kameel mit zwey Buckeln mehr im nörd - lichen Asien, bis gen China, meist wild, und wird nicht so häufig, wie die vorige Gattung, als Hausthier gebraucht.

3. Clacma. die Rameelziege, Guanaco. C. dorso laevi, topho pectorali.

Matthioli epist. L. V. p. 212.

Beide, dieses und das folgende Thier, sind dem südlichen America, besonders dem gebürgich - ten Peru eigen. Sie äneln den Kameelen der alten Welt in ihrer Lebensart, nur sind sie viel kleiner, und haben in der Bildung viel von der Ziege. Das Clacma ist leicht zu zähmen, und trägt, bey seiner mäßigen Grösse, Lasten von an - derthalb Centnern. Es kann lange dursten, und. wehrt sich durch einen ätzenden Unrath, den es auf zehn Fus weit gegen seine Feinde zu speyen vermag.

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4. Vicunna. das Schaafcameel. C. tophis nullis, corpore lanato.

Hill, hist. of anim. tab. XXVIII.

Die Vicunna ist in ihrer Gestalt wenig vom Clacma unterschieden, nur kleiner. Sie taugt aber nicht so zum Lasttragen, sondern wird mehr ihres rothbraunen Hares wegen geschätzt, was die bekannte Vicugna-Wolle giebt. Auch der occidentalische Bezoar kommt von diesem Thier. Das Alpaca kommt ihm sehr nahe, ist aber noch grösser als das Clacma.

29. capra. Cornua cava scabra.

1. . Ovis. das Schaaf. C. mento imberbi, cornibus compressis lunatis. *

Das Schaaf begattet sich sehr leicht mit der Ziege, und ist überhaupt in seiner ganzen Oekono - mie und Körperbau zu nahe mit ihr verwandt, als daß es in ein besonder Geschlecht von ihr ge - trennt zu werden verdiente. Es ist ein ungemein furchtsames, dummes, und zugleich wehrloses Thier, was sich seiner Freyheit von selbsten begeben zu haben, und freywillig unter den Schutz des Men - schen geflüchtet zu seyn scheint, was sich daher nicht mehr wild, aber fast über die ganze Erde als Hausthier findet. Wenige dieser Thiere sind dem Menschen auf so mannichfaltige Weise, und so unmittelbar nutzbar als das Schaaf. Sein Fleisch, seine Milch, seine Wolle, sein Fell, sein Talg, seine Därme, seine Knochen, und selbst sein Mist werden zu vielfachen Zwecken verbraucht; und der starke Hang zur Wollust, den dieses Thier mit aller seiner Dummheit verbindet, und seine davon abhängende Fruchtbarkeit, machen den Vortheil, den man von seiner Zucht zieht, noch116 um desto beträchtlicher. Die Schaafe arten leicht aus, und man kennt daher viele Varietäten von ihnen, worunter vorzüglich die Spanischen und Englischen Schaafe wegen ihrer vorzüglichen Wolle, die Isländischen Schaafe und Haid - Schnucken mit vier oder sechs Hörnern, und die Arabischen Schaafe mit dem grossen und fetten Schwanze, zu merken sind.

2. . Hircus. die Ziege. C. mento barbato, cor - nibus arcuatis, carinatis. *

Ausser einigen unbedeutenden Verschiedenhei - ten im Körperbau, distinguirt sich die Ziege vor - züglich durch ihr lebhafteres Naturell vom Schaaf. Sie ist ein muthwilliges muntres Thier, was leicht menschlicher Gesellschaft gewohnt, aber auch eben so leicht wieder in Wildnis ausartet. Sie hält sich gern in bergichten Gegenden auf, frißt dürres Moos, Laub und Rinde der Bäu - me, dornichtes Gesträuch ꝛc. auch den, dem Menschen und andern Thieren giftigen Schier - ling. Den Schaden, den sie den Gärten und besonders den jungen Bäumgen thut, ersetzt sie reichlich durch die vielfache Brauchbarkeit ihrer Milch, Fleisches, Haare ꝛc. und dock ist man in einigen Gegenden unbarmherzig genug den Ziegen die Vorderzähne auszubrechen, oder ihnen, damit sie nicht über Zäune springen kön - nen, den einen Hinterfuß zu lähmen. Die An - gorische Ziege hat einen kürzern Leib und län - gere Beine als die gemeine; und ihr langes Sei - den artiges Haar giebt das beste Kameelgarn, was dem von den Haaren des wahren Kameels[bey weiten] vorzuziehen ist.

3. . Ibex. der Steinbock. C. mento barbato, cornibus lunatis maximis, supra nodosis, in dorsum reclinatis. *

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a) corpore hirto. C. Gesner, icon. quadrup. p. 35. Der Steinbock aus Stumpfens Schweytzer-Chronik, Th. II. S. 287. Ybsch - geis, des Steinbocks Wyblin oder Gespan.

b) corpore glabro. Vorbildung aller aus - länd. Thiere in des Pr. Eugens Menage - gerie, Augsb. 1734. fol. transv.

Ridinger Entw. einiger Th. N. 71.

Dieses merkwürdige, aber selbst in seiner Hei - mat seltne und wenig bekannte Thier, ist in den höchsten Schneegebirgen von Tyrol, Savoyen und der Schweiz zu Hause. Es bewohnt blos die steilsten und für Menschen fast unzugänglichen Felsen, und kommt nur, wenn es auf der Flucht nicht weiter klettern kann, oder wenn es von[Schneelauwinnen] ergriffen wird, in die Thäler herab. Es wird grösser als unsere Ziege, und wiegt im Alter wohl einige Centner; und doch kann dieses schwerleibige Thier mit einer unbe - schreiblichen Leichtigkeit jähe Felsenwände hinan - laufen, und über[tiefe] Abgründe von einer Klip - pe zur andern setzen. Besonders sind seine Klauen dazu sehr bequem eingerichtet, lang, scharfge - spalten, fest und spitzig. Das Gehörn eines bejahrten Steinbocks wiegt wol zwanzig Pfund, und hat eben so viel knorrichte Ringe auf je - der Seite. Die mehresten Naturforscher be - schreiben auch das Weibchen als gehörnt; das aber Herr von Haller, in der Nachricht, die er uns über seltene Schweizer-Thiere mitzutheilen die Güte gehabt hat, ausdrücklich verneint. Die Gestalt des Thieres ist bey weitem schöner als die von unserer gemeinen Ziege. Es hat keine so häßliche Nase, helle feurige Augen, unk in der Bildung des ganzen Kopfs mehr vom Hirsch als118 von der Ziege; daher wir Pennant's Behaup - tung, daß unsere Hausziegen vom Steinbock ur - sprünglich abstammeten, unmöglich beypflichten können. Wenn der Steinbock ganz jung gefan - gen wird, so ist er leicht zu zähmen, und läßt sich, wie man im Walliserlande versucht hat, mit den Heerden der Hausziegen auf die Weide führen. Den, den wir lebendig gesehen haben, war im Grindelwalde gefangen, und selbst in der ganzen Schweiz als eine grosse Seltenheit herum geführt worden. Er war überaus flink und mun - ter, aber doch ganz kirre, und gegen seinen Herrn sehr schmeichelnd.

4. . Rupicapra. die Gemse. C. mento im - berbi, cornibus erectis uncinatis.

Faesi Erdbeschr. der Eidgenossenschaft, Th. I. S. 34. u. f.

Ridinger Entw. ein. Th. N. 72.

Die Gemse hat einerley Vaterland mit der vo - rigen Gattung, doch wagt sie sich nie auf die äußersten Felsenspitzen, die der Steinbock be - wohnt, sondern hält sich mehr in den mittlern Berggegenden, und zwar theils auf kahlen Stein - klippen, theils im Gehölze und Buschwerk auf. Die Gemsen, die blos auf den Klippen wohnen, sind kleiner und dunkler von Farbe, als die so auch ins Gebüsch gehen. Jene nennt man in der Schweiz Gratthiere, diese Waldthiere. In ihrer übrigen Oekonomie sind aber beide Arten einan - der gleich. Sie leben in Gesellschaft, sind furcht - samer im Klettern und Springen als der Stein - bock, und stellen auf der Weide einen aus ihrem Mittel auf die Wache, der das Vorthier oder die Vorgeyß genannt wird, und der beym mindesten Geräusch durch einen besondern Ton119 die Heerde warnt, und mit ihr davon flüchtet. Daß sich die Gemsen ihrer Hörngen zum Klettern bedienten, ist eine irrige Sage. Ausser dem Men - scheu, sind die Lämmergeyer die gefährlichsten Feinde dieser Thiere. Ihre Jagd und deren Ge - fahren ist im Theuerdank umständlich und ganz nach der Natur beschrieben. Von den unverdau - lichen Zasern der Bärwurz und anderer Quirlför - migen Pflanzen, bilden sich in dem Magen der Gemsen runde Kugeln (aegagropilae), denen man vor Zeiten seltsame Heilkräfte andichtete.

5. Bezoartica. der Berzoarbock. C. mento bar - bato, cornibus teretibus subarcuatis annu - latis, apice laevi.

Auch dieses[Thiers Geschichte] hat noch viel dunkles. Es lebt Heerdenweise auf den Bergen von Orient und Aegypten, kommt wenig zum Vorschein, ist doch aber, wenn es jung gefangen wird, wie der Steinbock, leicht zu zähmen. Von ihm kömmt der Orientalische Bezoarstein, der ebenfalls ehe - dem in dem ungegründeten Rufe einer Pana - cee war.

6. Dorcas. die Gazelle. C. mento imberbi, cornibus teretibus annulatis, medio flexis, apicibus laevibus approximatis.

Ein schönes, kleines, schlankes Thiergen, mit muntern schwarzen Augen, was in ganz Orient und Nordafrica zu Hause ist. Es wird oft im hohen Lied erwänt, und ist noch jetzt in der Orien - talischen Dichtersprache das gewöhnliche Bild, womit schöne Mädchen verglichen werden. Die Hörner der Gazelle, die wir vor uns haben, glei - chen in der Grösse und Struktur der Gemsen ihren, nur sind sie anders gebogen.

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30. bos. Cornua concava, lunata, laevia.

1. Taurus. der Ochse. Stier. B. cornibus teretibus extrorsum curvatis, palearibus la - xis. *

Die Genealogie dieses Thiers läßt sich weit leichter, als der Pferde, Hunde u. a. Hausthie - re ihre, verfolgen. Das Rindvieh stammt si - cher vom Auerochsen ab, der in Polen, Litthauen, Sibirien, und einzeln auch in Deutschland (wo er zu Cäsars Zeiten in Menge war) gefunden wird. Die zahmen Ochsen arten auch in Bildung und Grösse nicht so merklich als die übri - gen Hausthiere aus, und selbst ihre Farbe ist, wenigstens in verschiedenen Gegenden, ziemlich constant. Sie gehören zu den allerwichtigsten Geschöpfen fürs Menschengeschlecht, da ihre Be - nutzung zugleich mannichfaltig und überaus be - trachtlich und gros ist. Viele tausend Menschen, zumal in der Schweiz ꝛc. geniessen, den größten Theil ihres Lebens hindurch keine andern Nah - rungsmittel, als die ihnen ihre Kühe geben, und von der andern Seite hängt der ganze Wohlstand vieler grossen Provinzen lediglich von dieser ein - zigen Art Viehzucht, und der mannichfaltigen Milchprodukte, ab. Zum Lasttragen taugt zwar der Ochse nicht, aber desto besser zum Ackerbau und überhaupt zum Zug, wobey er nicht, wie das Pferd, mit der Brust, sondern mehr mit der Stirne und Nacken arbeitet. Das Leder die - ser Thiere, ihr Horn, ihr Talg, ihr Blut, sind auf vielfache Weise brauchbar, und neuerlich hat man gar die Kuhställe zum Aufenthalte für schwindsüchtige Personen angerathen. Der Ochse frißt zwar gewönlich, wie andere wiederkauende Thiere, lauter Vegetabilien, doch hat man ihn in Norwegen und mehrern Gegenden auch an121 thierische Nahrung; Fischgräten u. s. w. gewönt. In dem Magen dieser Thiere finden sich zuweilen Ballen, die aber weder steinartig, wie die Be - zoare, noch von vegetabilischer Substanz, wie die Gemskugeln sind, sondern blos aus Haaren zusammengebacken sind, die sie sich abgeleckt und eingeschluckt haben. Die Viehseuche ist eine ihnen eigene, aber fürchterliche Pestartige Krank - heit, die theils im Blute, theils in den Lun - gen ihren Sitz hat, die zwar durch strenge Sper - rung zu verhüten ist, aber wenn sie sich einmal geäussert hat, unheilbar scheint.

2. . Bubalis. der Büffel. B. cornibus resu - pinatis intortis antice planis. *

Zwey Blätter von M. C. Ridinger, nach sei - nes Vaters J. E. Zeichnungen.

Der Büffel ist in Asien und Nordafrica zu Hause; wird aber auch hin und wieder in Euro - pa, wie z. B. seit dem siebenten Jahrhundert in Italien, in Ungern, und auch selbst im Salz - burgischen, gezogen und zum Zug gebraucht, wo er den gemeinen Ochsen an Kräften bisweilen übersteigt. Zwey Büffel sind im Stande, eine Last zu ziehen, die sechs Pferde kaum zu bewe - gen im Stande seyn würden; sie sind aberschwer zu bändigen, und man muß ihnen, wie den Tanzbären, Ringe an die Nase legen, und sie da - mit regieren. Sie sind, zumal in der Hitze, sehr durstig, und wenn sie nicht mit sattsamem Wasser versorgt werden, gehen sie zuweilen durch, und springen mit samt dem Karrn, den sie ziehen, in den nächsten Fluß. Sie haben dik - kes schwarzes Fell, aber wenig Haar.

3. Bison. der Buckelochse, Wisent. B. cor - nibus divaricatis, juba longissima, dorso gibboso.

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Dieses grosse und grimmige Thier findet sich im nördlichen Amerika, wo es Heerdenweise in sumpfichten Wäldern lebt. Im Winter ist es über den ganzen Körper behaart, im Frühjahr hingegen wird es am Rücken und Hinterleibe kahl, und behält blos seine ungeheure Brust - und Nacken-Mäne. Jung gefangen, läßt sich der Wisent doch auch zähmen. Sein Fleisch ist schmackhafter, als das vom gemeinen Ochsen.

31. cervus. Cornua solida, annua, tenera corio hirto tecta.

1. Camelopardalis. Die Giraffe. C. cornibus simplicissimis, tuberculo frontali, iuba dor - sali, pedibus anticis longioribus.

Cptn. Carteret, philos. Transact. Vol. LX. for 1770. tab. 1.

Die Giraffe hat, wegen ihres langen Halses, ihres kurzen Körpers, des abhängigen Rückens, der langen Vorderfüße, der kleinen Hörngen, der Hals, und Rückenmäne, und wegen ihres gefleck - ten Fells, ein überaus sonderbares Ansehn, und verdiente daher wohl, in einem eignen Geschlechte von den eigentlichen Hirschgattungen abgesondert zu seyn. Sie findet sich blos im innern Africa, kommt äusserst selten nach Europa, und ihre Ge - schickte ist mit vielen Fabeln und widersprechen - den Nachrichten verdunkelt. Sie soll im Schrei - ten, wie die Paßgänger, immer den Vorder - und Hinterfuß der einen Seite zugleich heben, und daher einen hinkenden sonderbaren Gang haben, von dem die Bewegung des Springers im Schach - spiel entlehnt worden*)Th. Hyde, Shahiludium p. 103 sqq. ed. Gr. Sharpe.. Sie ist, wenn sie auf - recht steht, nach Gillis Zeugniß, sechszehn Fuß123 hoch, und nährt sich vom Land der Bäume, die sie mit ihrer zwey Fuß langen Zunge abreisten soll. Sie kaut wieder, und ist, ihrer Größe ungeachtet, doch schwächlich, furchtsam und sehr leicht zu bän - digen.

2. Alces. Das Elendthier. C. cornibus acan - libus, palmatis. *

Das Elendthier lebt in der nördlichen Erde, er - reicht beynah die Größe vom Pferd, und kommt in seiner Lebensart mit dem Rennthier überein. Es ist eben so schnell, und soll in einem Tage funf - zig Meilen zurück legen können. Es läßt sich zahmen und mit den Rennthieren auf die Weide treiben, bleibt aber doch auch alsdann, wie andre Gattungen dieses Geschlechts, zur Brunstzeit fürchterlich. Das Fleisch des Thiers ist schmack - haft, und sein Fell so fest, daß es Flintenkugeln widerstehen soll. Daß das Elendthier oft von Epilepsie befallen werde, und sich dann mit sei - ner Hinterklaue am Kopf blutig kratze, und daß die Ringe und Halsbänder von Elendsklauen wirksame Mittel gegen vielerley Krankheiten - ren, sind alles ungegründete Sagen.

3. . Dama. Der Damhirsch,[Tannhirsch]. C. cornibus subramofis compressis, summitate palmata.

Dieses Thier lebt Heerdenweise in den Wäl - dern des gemäßigten Europa und Nordamerika. Es ist kleiner als der gemeine Hirsch, dem es aber in seiner Oekonomie gleicht, und variirt in der Farbe. Man hat braune, gefleckte, und auch ganz weisse Damhirsche. In der Wildniß sind ziemlich muthige Thiere, die oft Tage lang wegen eines streitigen Weidplatzes, oder die Männchen wegen ihrer Gatten kämpfen. Allein in der Gefangen -124 schaft legt sich dieses Feuer, da sie zwangkirre und furchtsam werden.

4. Tarandus. Das Rennthier. C. cornibus ramosis teretibus, summitatibus palmatis. *

Das Rennthier ist in der ganzen nördlichen Erde zu Hanse, hält sich den Sommer durch im Gebürge und Wald, im Winter hingegen mehr in Ebnen auf; kann aber in wärmern Gegen - den nicht ausdauern. Es giebt wenig Geschöpfe in der Natur, die so wie das Rennthier, fast alle Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen im Stan - de wären, und doch sind es blos die Lappländer, die die Vortheile dieser Thiere in ihrem ganzen Umfange zu benutzen verstehn. Sie nähren sich von ihrem Fleisch und Milch, kleiden sich in ihre Felle, und beziehn ihre Schlitten und Zelte damit; brauchen sie zum Lasttragen und zum Zug, verfer - tigen allerhand Geräthe aus ihren Hörnern, Ra - deln aus ihren Knochen, Faden aus ihren Sehnen, und Beutel und Flaschen aus ihrer Harnblase. Die Rennthierbutter ist unschmackhaft, der Käse aber desto delikater. Das Rennthier ist bey allem dem überaus wohlfeil zu ernähren; es lebt von dür - rem Laub, und vorzüglich von Rennthier-Moos, das es unter dem Schnee hervorscharrt.

5. . Elaphus. Der Hirsch. C. cornibus ra - mosis totis, teretibus recurvatis. *

Ein prächtiges schlankes Thier, was eine schö - nere Taille als alle vorige Gattungen hat, und sich so wie das Reunthier in der ganzen nördli - chen Erbe, doch mehr in wärmern Zonen auf - hält. Der Hirsch schlägt sich im Hornung sein Geweihe ab, das sich nachher wieder reproducirt, und im August wieder völlig hart, ausgewach - sen, und noch größer und vielendiger, als das ab -125 geworfne ist. Die Zahl der Enden an den Hirsch - geweihen richtet sich nicht genau nach dem Alter des Thiers. Im vierten Jahre ist es sechsendigt, und nach dem achten Jahre ist die Anzahl der En - den unbestimmt. Die grösten Geweihe sind von 64 Enden. Was man vom erstaunlich hohen Al - ter der Hirsche sagt, ist Fabel; er wird ungefähr 30 Jahre oder etwas drüber alt. Die Brunstzeit dieses Thiers ist im September, und dauert wohl sechs Wochen lang. Das Männchen spürt sei -[nen] Weibgen, mit vorhängendem Kopfe, wie ein Hund nach, und weis genau die Stellen wieder zu finden, wo es in vorigen Jahren die Freuden der Liebe genossen hat. Treffen sich mehrere bey einer Geliebten, so entstehen blutige Gefechte, wo - bey sie zuweilen einander spiessen, oder sich so fest mit den Geweihen in einander versperren, daß sie nicht wieder von einander können, sondern auf dem Wahlplatz verhungern müssen. Sie lassen sich doch zähmen, und wurden von spätern Römi - schen Kaisern zum Zug gebraucht. Zum reiten taugen sie hingegen gar nicht, sie werden scheu und unbändig, und es war ehedem die unmensch - liche Strafe für Wilddiebe, daß sie auf Hirsche geschmiedet, und so bey der Flucht dieser scheuen Thiere im Gehölze allmählig in Stücke zerrissen wurden.

6. . Capreolus. Das Reh. C. cornibus ra - mosis, teretibus, erectis, summitate bifida. *

Das Reh ist in Europa und Asien zu Hause, hat in der Bildung viel vom Hirsch, nur ist es kleiner, lebt doch eben so in Wäldern, zieht auch truppweise, ist eben so munter und flink, und läßt sich doch noch leichter zähmen. Der Rehbock wirft sein Geweihe, das oft ganz sonderbar und mon - streus gebildet ist, nicht wie der Hirsch im Hor -126 nung, sondern im Herbst ab, und seine Brunst fällt in den December.

32. moschvs. Cornua nulla. Dentes la - niarii superiores solitarii exserti.

Rozier, obs. et mém. sur la physique, T. I. p. 63.

1. Moschiferus. Das Bisamthier. M. fol - liculo umbilicali.

Das Bisamthier lebt einsam in den Schwarz - wäldern und bergichten Gegenden von Tibet und dem südlichen Sibirien. Das Männchen hat in der Nabelgegend einen Beutel von der Größe ei - nes Hünereys, worum sich, zumal in der Brunst - zeit ein braunes schmierichtes Wesen, nemlich der Müsk sammlet, der ehedem mehr als jetzt zum Parfüm, aber wegen seiner ungemeinen Heil - träfte desto häufiger als Arzney gebraucht wird. Der beste Bisam ist der, den sich das brünstige Männchen selbst an Steinen oder Bäumen aus - reibt, dessen frischer Geruch aber so unglaublich stark ist, daß man ihn mit verbundner Nase ein - sammlen muß, wenn man nicht zu ersticken riski - ren will.

2. Pygmaeus. Das kleine Guineische Reh - gen. M. supra fusco-rufus, subtus albus, ungulis succenturiatis nullis. *

Seba, thes. I. tab. XLV. fig. I.

Das kleinste Thier dieser Ordnung. Es ist in Ostindien und auf Guinea zu Hause, aber über - aus zärtlich, und kann daher sehr selten nach Eu - ropa gebracht werden. Bey der sehr geringen Größe hat es doch die schlankste schönste Taille von der Welt; die ganzen Beine des Thiergens sind kaum einen kleinen Finger lang, von der Dicke127 eines Pfeifenstiels, und werden mit Gold beschla - gen, und zu Tobacksstopfern gebraucht.

33. sus. Rostrum truncatum, prominens, mobile.

1. . Scrofa. das Schwein. S. dorso setoso, cauda pilosa. *

Das wilde Schwein ist nur wenig vom zah - men verschieden. Es hat eine längere Schnauze, kürzere aufrechte Ohren, grössere Fangzähne, kei - nen Speck, und ist fast immer von schwarzgrauer Farbe. Doch variirt auch die Farbe des zah - men Schweins weniger als bey andern Hausthie - ren. Es sind wenige Thiere so allgemein fast über die ganze Erde verbreitet als das Schwein, und einige Völker ausgenommen, welche aus Re - ligionsprincipien, die sich doch auf medicinische Ursachen gründen, kein Schweinfleisch essen dür - fen, wird es, seit den ältesten Zeiten, und un - ter allen Himmelsstrichen verspeist. Das Schwein bat einen ungemein scharfen Geruch, ist von phlegmatischem Temperament, sehr unreinlich, und zumal in der Wahl seiner Nahrungsmittel nichts weniger als delicat. Gegen die Weise anderer Thiere macht hier das Männchen den Spröden, und läßt sich erst nach langen zärtlichen Liebko - sungen des Weibgens zum Liebesgeschäft willig finden. Das Weibchen ist überaus fruchtbar, und wirft unter allen Thieren mit gespaltenen Klauen die mehresten Jungen. In Schweden und Ungern findet sich eine Spielart von Schweinen mit ungespaltenen Klauen, die schon den Alten bekannt war.

2. Tajassu. das Nabelschwein, Bisam - schwein. S. cauda nulla, folliculo moschi - fero ad coccygem. *

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Tyson, philos. Transact. N. 153. p. 359.

Dieses Thier findet sich in den wärmsten Ge - genden von Südamerica, wo es sich heerdenwei - se in den Gebürgen, und dichten Wäldern auf - halt. Es ist viel reinlicher als unser Schwein, närt sich aber auch wie dieses, von Wurzeln, klei - nen Thieren, und besonders von Schlangen. Das Fleisch des Nabelschweins ist eßbar und schmack - haft, doch muß man ihm, so bald es getödtet worden, den Rückenbeutel ausschneiden, weil sonst das ganze Thier mit dem heftigen Bisamgeruch durchzogen wird, und dann nicht zu geniessen ist.

3. Babirussa.*)Baba heißt auf Malaisch das Schwein, russa der Hirsch. der Schweinhirsch, Hirsch - eber. S. dentibus laniaribus superioribus maximis, arcuatis.

Seba, thes. I. tab. 50. fig. 2.

Dieses Thier hält sich in den Molukkischen In - seln auf, und hat, wie schon sein Name an - zeigt, in seiner Bildung einige Aenlichkeit vom Hirsch. Es lebt am Wasser, und kann sehr ge - schickt schwimmen und untertauchen. Es hält schwer, zu bestimmen, wozu dem Hirscheber die fast cirkelförmigen grossen Eckzähne des Oberkie - fers dienen mögen? Etwa um Zweige von den Bäumen damit herabzuziehen, von deren Laub er sich nährt, oder auch, wie man vorgiebt, um sich damit an die Aeste halten, und ausru - hen zu können.

129

X. BELLUAE.

Grosse, dem Ansehn nach plumpe Thiere mit dicken Füssen, und starkem, aber dünnbehaar - tem Fell.

34. tapir. Habitus suillus, juba cervicalis, palmae ungulis IV. plantae ungulis III.

1. Suillus. das Wasserschwein, Anta. T. auri - culis ovalibus, rostro spithamaeo retractili.

Buff. h. n. additions par M. Allamand, tab. IX. X.

Der Tapir ist das größte Landthier der neuen Welt, ohngefähr von der Statur eines mittel - mäßigen Ochsen. Er ist fast im ganzen Süd - amerika zu Hause, und macht füglich den Ueber - gang vom Schweinegeschlecht zu den Belluis. Der Kopf und die Schenkel sind wie beym Schwein; der Rüssel fast wie am Elephanten, nur kürzer und ohne die hackenförmige Spitze; und endlich hat das ganze Thier auch mit dem Nilpferd viel änliches. Der Tapir lebt in Ge - sellschaft, liegt am Tage in sumpfichten Wäl - dern verborgen, und geht nur des Nachts seinen Geschäften nach. Er geht gern ins Wasser, schwimmt sehr gut, nährt sich von Zuckerrohr, und andern Vegetabilien, ist aber bey seiner be - trächtlichen Grösse doch zärtlich und furchtsam. Sein Rüssel ist ganz beweglich, wie beym Ele - phanten, und er weiß sich desselben mit vie - lem Geschick zum Aufheben, Abreisen und An - fassen zu bedienen.

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35. elephas. proboscis longissima, prehen - filis, dentes laniarii superiores elongati.

1. Maximus. der Elephant. *)Der Behemot. Buch Hiob K. 40.E. palmis plantisque pentadactylis. *

P. Gillii nova descriptio elephanti, ad cal - cem Aeliani de h. anim. Lugd. 1565. 8. P. 497-525.

(Fr. Serno) opuscoli di fisico argumento. Napol. 1766. 4. p. 1-62. tab. 1.

Wer je einen Elephanten lebendig gesehen, oder sich mit seiner Geschichte bekannt gemacht hat, muß gestehen, daß er, nächst dem Menschen, ohne Widerrede das merkwürdigste Geschöpf auf Erd - boden ist. Er findet sich im mittlern Africa und im südlichen Asien, und ist das größte von allen Landthieren. Ein erwachsener Elephant ist wohl funfzehn Fus hoch, und ein ganz junger von vierzehn Jahren, den Peiresc 1631 zu Aix wie - gen lies, hielt fünftehalbtausend Provenzer Pfund. Seine Haut ist harsch, voller Schrammen, aber stark, aus dem Rücken fast Daumens dick, und Hey alle dem selbst gegen Insectenstiche empfind - lich. Gewönlich sind die Elephanten von grauet Farbe, die röthlichen und zumal die ganz weis - sen sind äusserst selten, und man hat in Pegu und Siam über den blosen Titel eines Königs vom weissen Elephanten blutige Kriege ent - stehen gesehen. Die Augen des Thiers sind klein, matt, aber sprechend; seine Ohren hingegen de - sto grösser, und bey drey Spannen lang. Das Hauptorgan des Elephanten ist sein Rüffel, der ihm zum Athemholen, zum Riechen, zum Brül -131 len, zum Wasserschöpfen, sein Futter damit zu fassen und ins Maul zu stecken, zum Gefechte, und zu tausend unbegreiflich künstlichen Verrich - tungen, statt der Hände dient. Er kann ihn drey Ellen lang ausstrecken, und bis zu einer Elle wie - der einziehen. Am Ende ist der Rüssel, wie mit einem biegsamen Haken versehen, und hiermit kann er Knoten aufknüpfen, Schnallen auflösen. mehrere Stücken Geld mit einem mal aufheben, Schlüssel an Thüren aufdrehen, kleine Blümchen abreissen u. s. w. Wenn er durchs Wasser schwimmt, trägt er den Rüssel immer in der Höhe, und im Schlaf drückt er die Mündung desselben auf den Boden, damit ihm, wie schon Pli - nius richtig bemerkt hat, nicht Mäuse hinein kriechen können. Das Gehirn des Elephan - ten ist nach Proportion ungemein klein, und widerlegt also die schöne Hypothese von der verhältnismäßigen Grösse des Gehirns der Thiere mit ihren Geistes-Kräften. Er hat starken Ap - petit, und man rechnet, daß ein Elephant täg - lich so viel frißt, als dreißig Neger verzehren können. Seine Nahrung ist blos vegetabilisch, und besteht aus Laub der Bäume, aus Reis und andern Gräsern. Er halt sich gern in sumpfich - ten Gegenden und am Wasser auf, und schwimmt mit ungemeiner Leichtigkeit selbst durch die schnell - sten Ströme, wie schon Hannibals Elephanten in der Rhone gezeigt haben. Die Fortpflanzung dieser Thiere ist noch der dunkelste Theil ihrer Geschichte. Mit dem Verlust der Freyheit resi - gniren sie auf allen Genuß der Liebe; sie begat - ten sich blos in öden einsamen Wäldern, und da sie zur Brunstzeit fürchterlich wild werden, so ist die Gelegenheit eben so gefährlich als selten,132 ihre ehelichen Geschäfte beobachten zu können. Doch will man neuerlich gesehen haben, daß sie sich, gegen die Muthmaßung der Alten, wie die mehreren übrigen Säugthiere bespringen. Ohn - gefähr im dritten, vierten Jahre kommen die zwey grossen Eckzähne bey beiden Geschlechtern zum Ausbruch, die das Elfenbein geben, aber in ihrer Lage und Struktur von den Zähnen an - derer Thiere abweichen, und eher einige Aen - lichkeit mit Hörnern haben. Sie werden, wenn sie ausgewachsen sind, abgesägt, und wiegen bey grossen Elephanten zusammen wol drey Centner und drüber. Das Alter dieser Thiere ist nicht ge - nau zu bestimmen; warscheinlich erstreckt sichs über zweyhundert Jahre. Man fängt die Ele - phanten durch zahme abgerichtete Weibchen, de - neu die wilden folgen, und so von ihnen in be - sonders dazu eingerichtete Ställe gelockt werden. Nach einer achttägigen Melancholie fangen sie an, ihres Schicksals zu gewohnen, die Herrschaft des Menschen zu erkennen, und sich allmälig zur Alb - richtung zu bequemen. Die ganz unbegreifliche Gelehrigkeit*)Plin. VIII. 1. Elephas animal proximum est humanis sen - sibus. Die Malaier brauchen orang, das Stamm - wort zu orang-utang, gemeinschaftlich vom Menschen und Elephanten. eines Thieres von einer so unge - heuren plumpen Körpermasse, was noch dazu nicht in langen Generationen als Hausthier ge - zogen wird, sondern immer erst aus der Wildnis gefangen werden muß, rechtfertigt den Vorzug den wir ihm beym Anfang seiner Geschichte zu - gestanden haben. Man hat dieses Talent des Elephanten zum Nutzen und zur Unterhaltung mannichfaltig zu benutzen gewust. Die müßigen Römer lehrten das schwerleibige Thier auf dem133 Seile tanzen, Worte schreiben, sich krank stellen, und sich so von vier andern in der Sänfte tra - gen lassen ꝛc. In alten Zeiten bediente man sich der Elephanten häufig im Krieg; man setzte ih - nen Thürme mit Mannschaft ans den Rücken, panzerte sie*)Pitture antiche d'Ercolano. T. II. tav. XLVI. und bewaffnete ihre Seiten mit Sensen. Die Erfindung des Schiespulvers hat sie aber zu diesem Gebrauche untauglicher ge - macht, da sie beym Feuer und Dampf scheu wer - den, und gegen ihre eigenen Heere wüten würden. Am häufigsten nuzt man sie also jetzt zum Lasttragen, da sie wol vierzig Centner zu schleppen, und die größten Transporte Berge hinauf zu wälzen, im Stande sind. Ihr Gang ist schnell, einem kur - zen Galopp gleich, und dabey so sicher, daß sie auf ungebauten Wegen doch nicht straucheln, und mit der größten Vorsicht, den Menschen, die ihnen unversehens begegnen, ausweichen, oder sie behutsam bey. Seite heben, und dann ihren Lauf fortsetzen. Ein anderer wichtiger Nutzen, den man vom Elephanten zieht, ist das Elfenbein, das man seit dem Trojanischen Kriege**)Die Kunstgeschichte des Elfenbeins, zumal dessen Bearbeitung Hey den Alten hat Hr. Hofr. Heyne in zwey Abhandlungen erschöpft, die sich in den Nov. Comment. Goett. T. I. finden. Die unbeschreib - lich schönen Sculpturarbeiten des Lausanner Künst - lers Pergaut übertreffen an Feinheit alle Versuche seiner Vorgänger in diesem Fache. zu Kunstwerken aller Art verwandt hat. Das Fleisch des Thieres ist schmackhaft, und gleicht dem be - sten Rindfleische. Sein getrockneter Mist wird auf Ceilan statt Kohlen gebrannt, und auch von Töpfern unter den Thon gemengt.

134

36. rhinoceros. Cornu solidum, coni - cum, naso infìdens.

1. Rugosus. Das Nashorn. R. ungulis tri - bus.

B. S. Albini tabulae musculorum corp. hum. tab. IV et VIII. von Wandelaar.

Ein Blatt von J. E. Ridinger, 1748.

Das Nashorn hat einerley Vaterland mit dem Elephanten, änelt ihm auch in seiner Nahrung und Lebensart, ist aber ein unendlich dümmeres Geschöpf, was weder durch gelinde Behandlung, noch durch Zwang, zu irgend einer von den mannich - faltigen, eben so nutzbaren als künstlichen Handlun - gen des Elephanten abgerichtet werden kann. Es ist ein ziemlich phlegmatisches Thier, was ungereizt nicht leicht Menschen anfallen wird, aber in der Wuth, zumal wenns verwundet worden, fürch - terlichen Gebrauch von seinem Horne zu machen weist. Am Ende der Oberlippe hat das Nashorn einen spitzigen schnabelförmigen sehr beweglichen Haken, dessen es sich zum Anfassen und Aufhe - ben kleiner Dinge doch ganz geschickt bedient. Sein Fell ist gefaltet, harsch, runzlicht, und das sonderbare Ansehen, das es dadurch erhält, ist in den Zeichungen der ältern Maler, selbst in Dürers seiner noch übertrieben, und das ganze Thier wie mit Schilden behängt, vorgestellt worden. Das Hörn sitzt bey ihm nicht wie andre Thierhörner am Knochen fest, sondern ist blos mit der Haut verwachsen. Es wird nicht wie Hirschgeweihe von Zeit zu Zeit abgeworfen, sondern perennirt. Beym erwachsnen Nashorn wird es wohl drey Fuß lang, ist von faserichter Struktur, an der Wurzel gleichsam behaart, und endigt sich in eine scharfe Spitze, die aber bey gefangnen Rhinocern135 abgescheuert und das ganze Horn kurz abgestümpft wird. Die Stimme des Thiers gleicht dem Grün - zen eines Schweins. Daß es mit dem Elephan - ten im ewigen Streit lebe, ist ein irriges Vorge - ben; es ist viel zu ohnmächtig dazu, und es flieht vor dem Elephanten, der über Nashorn und Ti - ger Herr wird, und der ausser dem Menschen und der Maus kein anders Thier fürchten darf. Man hat auch Rhinocer mit zwey Hörnern, de - ren schon die Alten*)Pausan. Boeotica. p. 297. Martial. Spect. epigr. 22. gedenken, und die auch auf Münzen**)Auf einer Münze von Domitianus in klein Erz. s. Philos. Transact. Vol. XLVI. tab. II. fig. 5. 6. 7. vorgestellt sind. Sie sind aber wei - ter in nichts vom gemeinen Nashorn verschieden, und für eine blose Spielart von diesem anzusehn. Das zweyte Horn ist kleiner, und sitzt hinter dem erstern nach der Stirne hinauf.

37. hippopotamus. Dentes primores supe - riores remoti, inferiores procumbentes; la - niarii inferiores recurvati, oblique truncati.

1. Amphibius. das Nilpferd, Wasserschwein. H. pedibus tetradactylis.

(Allamand) Additions à l'histoire natu - relle de l'hippopotame. 1776. 4. tab. I.

Ein äusserst plumpes, misgestaltes Thier, mit einem unförmlich grossen Kopf, ganz ungeheurem Rachen, dickem Leibe, kurzen Beinen ꝛc. Es lebt im nördlichen Africa, zumal in Aegypten, hält sich besonders am Nil auf, dessen Symbol es auf alten Kunstwerken vorstellt, und macht, da es schnell und leicht schwimmt, die Fahrt auf diesem Flusse gefährlich; doch scheut es das Feuer, das deshalb zur Vorsicht auf den Schiffen unter -136 halten wird. Ein erwachsenes Nilpferd wiegt drittehalbtausend Pfund, und hat ohngefähr die Grösse vom Rhinocer. Es macht sein Lager in dickem Schilf, nährt sich von Vegetabilien und Fischen, frißt viel, und thut daher den Reisfel - dern grossen Schaden. Das Fleisch des Thiers ist schmackhaft. Die spätern Römischen Kaiser haben oft Nilpferde zur Schau nach Rom kom - men lassen, und wir haben numos seculares der Ottacilla Severa vor uns, worauf dieses Thier besser als von den mehresten neuen Künstlern, abgebildet ist.

XI. PALMATA.

Die Säugthiere mit kurzen Schwimmfüs - sen. Sie zerfallen, nach der Bildung dieser Füsse und ihrem Aufenthalt, wieder in zwey Familien: a) mit deutlichen Zehen an den Füssen, die nur durch eine Schwimmhaut unter einander ver - bunten, und daher zum Rudern geschickt sind: b) mit plumpen Füssen und undeutlichen Zehen, deren Spur fast blos durch die Krallen sichtbar wird. Jene halten sich in süssen Wassern, diese in offenbarer See auf.

a) lacustria.

38. castor. Pedes tantum postici palmati.

1. . Fiber. der Biber. C. cauda depressa, ova - ta, squamosa.

J. E. Ridinger, Entw. ein. Th. N. 84.

137

La Hontan, Memoires de l'Amer. septentr. T. III.

Der Biber lebt in der nördlichen Erde, am liebsten in einsamen Gegenden an Teichen und grössern Flüssen. Er geht zu Nachtzeit seinen Geschäften nach, und nährt sich von Baumrin - den, zu deren Verdauung sein Magen ganz be - sonders eingerichtet, und gleich beym Eingang mit grossen Schleimdrüsen besetzt ist. Der Biber wirb wegen seiner feinen Haare für die Handlung, und für die Arzneykunst wegen einer schmierichten Substanz wichtig, die sich bey bei - den Geschlechtern in besondern Behältern unterm Schwanze findet, und die unter dem unschickli - lichen Namen Bibergeil, als eins der wirksam - sten Heilmittel verbraucht wird. Was aber die, se Thiere, zumal für die Naturgeschichte, noch bey weitem merkwürdiger macht, sind die erstaun - lichen Kunsttriebe mit welchen sie, besonders in den grossen Strömen von Nordamerica, ihre Wohnungen anlegen. Unsere Europäischen Bi - ber bauen zwar auch, allein da sie meist isolirt, höchstens nur wenige beysammen leben, so sind ihre Gebäude kleiner, zerstreut, meist un - term Wasser, und nicht so ins Grosse gehend, als der Biber in Canada ihre, die sich im Früh - jahr zu hunderten an den Ufern der Seen und Flüsse versammlen, und dann mit vereinten Kräf - ten Wohnungen aufführen, die Menschenkunst be - schämen, und bey deren Besitz ein Californier oder Feuerländer glücklich seyn würde. Sie fäl - len Bäume, behauen sie zu Pfälen, schleppen Steine, Thon ꝛc. zusammen, führen grosse Däm - me auf, und bauen dann erst ihre eigentlichen Wohnhütten dahinter, die von ovaler Form sind, und den Kralen der Hottentotten äneln. Sie sind,138 nach der verschiedenen Stärke der Familie die sie beziehen soll, auch von verschiedener Grösse, von vier bis zehn Fuß im Durchschnitt, und die - nen vier bis zwanzig und mehrern Bibern zum Aufenthalt. Jedes Haus hat meist eine doppel - te Oeffnung. von denen die eine ins Wasser, die andere ans Ufer führt. Die ganze Wohnung wird überaus reinlich gehalten, und die Biber entle - digen sich sogar ihres Unraths nur ausser dem Hause. Unterm Wasser legen sie Magazine an, und sammeln schon bey Gelegenheit ihres Baues die abgenagten Blätter und Rinden zu Winter - vorrath. Im Herbst und Winter halten sie sich häuslich, begatten sich, und erziehen ihre Jun - gen, mit denen sie aber bey annahendem Früh - ling ihre Wohnungen bis auf den wärmern Som - mer verlassen, und die Zwischenzeit tiefer im Land, im Gehölze zubringen, und sich bey saftigen Rin - den und Knospen wohl seyn lassen.

39. lvtra. Plantis palmisque natatoriis.

1. . Vulgaris. Die Fischotter. L. plantis nudis, cauda corpore dimidio breviore.

J. E. Ridinger, Vorst. ein. Th. N. 82. 83.

Die Fischotter und der Biber haben einerley Vaterland, einerley Aufenthalt, auch überhaupt in ihrer Oeconomie vieles mit einander gemein, ob sie wol, die Fuße ausgenommen, in ihrem übri - gen Körperbau verschieden gebildet sind. Der Biber hat lange Vorderzähne wie das Eichhorn, um Bäume fallen und benagen zu können. Die Fischotter hingegen, die fast blos von thierischer Nahrung, von Fischen, Krebsen und Fröschen lebt, und nur im Nothfall ihren Hunger mit Baum - rinden stillt, hat ein fleischfressendes Gebiß, was139 der Wiesel und Marder ihrem gleicht. Sie schleicht des Nachts am Ufer umher, um ihren Raub aufzuspühren, stürzt sich, sobald sie ihn merkt, ins Wasser, wo sie, so wie unterm Eise, lang ver - weilen kann, verzehrt ihn aber im trocknen. Sie baut bey weitem nicht so künstlich, wie der Biber, sondern gräbt sich blos in hole Ufer, hat ihren Eingang unterm Wasser, und läßt nur ein kleines Luftloch oben über der Erde.

2. Marina. Die Meerotter. L. plantis pi - losis, cauda corpore quadruplo breviore.

Steller, nov. Comm. Petrop. T. II. tab. XXVI.

Die Meerotter hat ihren Namen daher, weil sie sich auch zuweilen in der See finden läßt, doch ent - fernt sie sich nicht weit vom Lande, und zieht sich allemal lieber in Flüsse und andre süße Wasser. Sie ist in Nordamerika und Sibirien, besonders um Kamtschatka, zu Hause. Sie hat ein kostba - res schwarzes oder silbergraues sammtartiges Fell, was zumal von den Chinesern geschäzt und aufgekauft wird. Ihre Hinterfüße äneln schon denen von der folgenden Familie.

b) marina.

40. phoca. Pedes postici exporrecti, digiti coaliti.

1. Vitulina. Der Seehund, Robbe, das See - kalb. P. capite laevi, auriculis nullis, cor - pore griseo. *

B. S. Albini annot. academ. L. I. tab. VI. von Wandelaar.

Der Seehund ist in der ganzen nördlichen Erde zu Hause, hält sich im Sommer mehr auf dem Lande, im Winter in der See auf, und versteigt140 sich nur selten in die Mündung der Flüsse. Er lebt, wie andre Gattungen dieses Geschlechts, von Seetang, doch auch von Fischen und vorzüglich von Häringen. Er ist für die Kamtschadalen und besonders für die Grönländer und Esquimaux, ein äusserst wichtiges Geschöpf: sie nähren sich von seinem Fleisch, kleiden sich in sein Fell, be - ziehn ihre Sommerhütten und Baidar damit ꝛc. Auch werden viele Felle in Europa zu Cofferbe - schlägen verbraucht.

2. Ursina. Der Seebär. P. capite auriculato. Steller l. c.

Der Seebär findet sich im Sommer Heerden - weise auf den Inseln des Anadirskischen Archipe - lagus, von denen er sich im Herbst wieder entfernt, und vermuthlich in südlichen Zonen überwintert. Er lebt in Monogamie, und jedes Männchen hält sich wohl ein Serail von dreysig bis vierzig Weibgen, die es mit vieler Eifersucht bewacht, und grimmig gegen seine Rivale zu behaupten sucht. Die Männchen tyrannisiren gegen ihre Weibgen, zumal wenn diese in der Sorge für die Jungen etwas versehn haben, und diese sollen sich mit thränenden Augen, zu den Füssen ihres Gatten, wieder in seine Gunst einzuschmeichlen su - chen. Die alten kraftlosen Seebären entfernen sich aus der Gesellschaft ihrer Brüder, von denen sie keine Hülfe zu erwarten haben, und bringen den traurigen Rest ihrer Tage ganz einsam am Ufer mit Hungern und Schlafen zu.

3. Leonina. Der Seelöwe. P. capite antice cristato.

Anson's Voyage tab. XIX.

Ein großes Thier, was wohl zwanzig Fus lang wird, und wegen der fleischichten Lappen im Ge -141 sicht ein sonderbares Ansehn hat. In seiner Le - bensart hat der Seelöwe viel vom Seebären, hält sich aber blos in der südlichen Hemisphäre, zu - mal im stillen Meere auf.

41. trichecvs. Pedes posteriores in pin - nam coadunati.

1. Rosmarus. Das Wallroß. T. dentibus laniariis superioribus exsertis longioribus.

Das Wallroß lebt gesellschaftlich beym Treibeis des Nordpols: oft finden sich hundert und meh - rere beysammen. Sie nähren sich von Seetang und Schaalthieren, die sie mit ihren großen Vor - verzähnen loskratzen. Wenn sie landen wollen, hauen sie die Eckzähne mit vorgestrecktem Kopfe ins Ufer, und schleppen den plumpen Körper all - mählig nach.

2. Manatus. Die Seekuh. T. dentibus la - niariis inclusis.

Clusii exotica p. 134.

Die Seekuh findet sich in den Meeren der wärmern Erde, und hält sich nur in kleinen Familien, nicht in so grossen Schaaren wie die vorigen Gattungen, zusammen. Die Lapides manati sind keine Gehörknochen dieses Thiers, sondern seine Pauke. In der Bildung weicht der Manate noch mehr als die andern Palmata. von den übrigen Säugethieren ab, und änelt schon gar sehr den Thieren der folgenden letzten Ordnung.

142

XII. CETACEA.

Wir brauchen die Gründe nicht wieder ab - zuschreiben, warum die Thiere dieser Ordnung, ihrer ganzen Oeconomie nach zu den Säugthie - ren, und bey weitem nicht zu den Fischen ge - rechnet werden müssen.

42. monodon. Dentes duo maxillae superio - ris longissimi, recti, spirales.

1. Narhwal. das See-Einhorn. D. fistulis re - spiratoriis duabus, confluentibus.

Ruysch, thef. anatom. IX. tab. V. fìg. 5.

Der Narhwal hat allerdings zwey lange pa - rallele Zähne, und sollte folglich nicht monodon, monoceros oder Einhorn genannt werden. Er hat einerley Vaterland mit den eigentlichen Wall - fischen, und zieht mehrentheils vor ihnen her. Wenn viele beysammen sind, versperren sie sich mit den Zähnen Unter einander, und können dann leicht gefangen werden. Man verarbeitet die Zähne wie Elfenbein zu Kunstsachen, und die Grönländer brauchen sie in Ermangelung des Hol - zes zu Sparren unter ihren Hütten. Sie find meist eben so lang, als der Körper des Thiers, und halten wohl achtzehn Fus und drüber.

43. balaena. Laminae corneae, loco den - tium superiorum.

1. Mysticetus. der gemeine Grönländische Wallfisch. B. fistulis respiratoriis duabus, distinctis, dorso impinni.

143

P. P. v. S. seldsaame Wal-vis-vangst. Leid. 1684. mit sehr exacten Kupf.

de Bry, India orient. T. IV. tab. 4.

Der Wallfisch, das größte aller bekannten Thie - re, ist gegen den Nordpol, besonders um Grönland und Spitzbergen herum, zu Hanse. Die größ - ten, die heutiges Tages gefangen werden sind sechzig bis siebenzig Schuh lang, in vorigen Zei - ten aber, da ihnen noch nicht so häufig nachge - stellt worden, hat man welche von hundert Fus und drüber, gesehen. Der ungeheure Kopf macht beynahe die Hälfte des ganzen Thiers aus. Das Fell des Wallfisches ist schwarz, Daumen dick, hin und wieder dünnbehaart, und oft mit Pflan - zen, Corallen und Muscheln besetzt. Der beste Fang ist um Spitzbergen, der in Stra-Davis hinge - gen unbeträchtlich. Das wichtigste am Walisisch sind die 700 Barden im Oberkiefer, die das Fischbein geben, und von denen die mittelsten wohl zwanzig Fus lang sind. Der Fischthran wird aus dem Specke des Thiers gezogen. Der beste ist der, welcher von selbst auslauft; der nach - her noch ausgekochte ist schlechter. Die beyden Knochen der Unterkinnlade, die allein ein halb Quarteel solches reinen Thrans enthalten, wer - den, wenn dieses ausgelaufen ist, in Grönland und Holland zu Thorwegen aufgerichtet, auch wohl zu Bänken und Kirchstülen gebraucht ꝛc. Das Fleisch des Wallfisches ist eßbar, aber hart und thranicht; der Schwanz ist noch am schmack - haftesten. Aus ihm und aus den Finnen wird Leim gekocht, und die Sehnen brauchen die Grönlän - der statt Faden. Der beste Fang ist im[May und Junius], wo die Wallfische oft in solcher Menge beysammen sind, daß sie wegen der Fon - tainen, die sie aus ihren Nackenlöchern blasen, in144 der Ferne einer großen Stadt mit rauchenden Schornsteinen äneln. In der Breite vom 77 bis 79 Grad kann man um die Zeit zuweilen auf vierthalbhundert Schiffe, von allerhand Nationen, jedes mit fünf bis sechs Schaluppen, zälen, die in einer Zeit von zwey Monaten leicht zwey tausend Wallfische fangen können.

2. Physalus. Der Finnfisch. B. pinna dorsali. P. P. v. S. l. c.

Er ist eben so lang, aber schmaler als das vo - rige Thier. Er schlägt auch heftiger mit dem Schwanze, und ist daher gefährlicher zu fangen. Sein Fleisch ist schmackhafter, als das vom Wall - fisch, hingegen die Barden kürzer und knoticht, auch der Speck schlechter.

44. physeter. Dentes in maxilla inferiore.

1. Catodon. Der Wittfisch, Weißfisch. P. dorso impinni, fistulis duabus, coalescenti - bus, in rostro.

Hat den Namen von seiner Farbe; änelt in der Bildung dem Wallfisch, hat aber einen spitzi - gern Kopf; er wird nur 3 Klaffter lang, und giebt kaum vier Tonnen Thran. Am häufigsten findet er sich in der Diskobay, und Cranz schreibt ihm auch Zähne im Oberkiefer zu.

2. Macrocephalus. Der Caschelott, Pottfisch. P. dorso impinni, fìstulis duabus coalescenti - bus in fronte.

Er erreicht beynah die Größe des Wallfisches, hat einen ungeheuern Rachen, und kann Klafter - lange Hayfische verschlingen. Seine Schnauze ist sehr breit, und das ganze Thier von conischer Gestalt. Der Caschelott wird vorzüglich des145 Wallraths (sperma ceti) wegen aufgesucht, was in der Gestalt eines milchweissen Oels in beson - dern Canälen, die den Blutbehaltern im Kopfe anderer Thiere äneln, gefunden wird; und an der Luft zu einem halbdurchsichtigen Talk ver - härtet.

45. delphinus. Dentes in maxilla utraque.

1. Phocaena. das Meerschwein, der Braun - fisch. D. rostro obtuso.

(Tyson's) Phocaena. Lond. 1680. 4. tab. I. fig. 1.

Das Meerschwein findet sich im Europäischen Ocean, wird zwey Klafter lang, hat ein leidlich eßbares Fleisch, und vielen Speck, der auch zu Thran gekocht wird. Er lebt in Gesellschaft und zieht sich zumal bey herannahendem Sturm nach den Schiffen.

2. Delphis. der Delphin, Tümmler. D. ro - stro longo, acuto.

Der Delphin der Alten, der durch die Ge - schichte mit Arion, und wegen anderer vorgebli - chen Proben seiner Menschenliebe, berümt wor - den ist. Er ist auf den alten Münzen von Gros - Griechenland sehr genau abgebildet, und wird von den neuern Zeichnern meist durch einen plum - pen Kopf verunstaltet. Seine Lebensart ist wie der vorigen Gattung ihre.

3. Orca. der Nordcaper. Putzkopf. D. ro - stro sursum repando.

146

Er ist am Nord-Cap und im übrigen Nordi - schen Ocean zu Hause, und zieht nicht wie andere Cetacea zu gewissen Zeiten in südliche - re Gegenden. Er wird zwanzig Fus lang, und lebt fast blos von Häringen, die er durch einen Schwung mit dem Schwanze in einen Wirbel zusammen treibt, und Tonnenweise ver - schlingt.

147

Fünfter Abschnitt. Von den Vögeln.

§. 55.

Die Säugethiere zeigen in ihrer Bildung, in ihrer Lebensart ꝛc. so viel Verschiedenheit, daß sich nur wenig Allgemeines von ihnen über - haupt sagen läßt, und man sich folglich bey ihrer speciellen Geschichte desto umständlicher zu seyn gedrungen sieht. Schon bey den Vögeln, noch mehr aber bey den folgenden Thierclassen ist der Fall anders. Die Gattungen haben ausser ihrer Gestalt weniger eigenthümlich Aus - zeichnendes, und ihre Oekonomie zeigt so viel Einförmigkeit, daß man, um ewige Wiederho - lung zu vermeiden, das mehreste im allgemei - nen Theil zusammen fassen, und blos die ein - zelnen abweichenden Eigenschaften bey der beson - dern Anzeige dieser Thiere nachtragen muß.

§. 56.

Alle Vögel kommen in Rücksicht ihrer Bil - dung darin mit einander überein, daß sie zwey Füsse, zwey Flügel, einen hornichten Schnabel, und einen mit Federn bedeckten148 Körper haben. Sie zeichnen sich zugleich durch diese vier Charactere von allen andern Thieren aufs kenntlichste aus, und sie sind gleichsam eint ganz isolirte Classe von Geschöpfen, die mit keiner andern zusammenstießt, und die daher mit Mühe in einer Stufenfolge der natürlichen Körper (§. 7.) unterzubringen ist.

§. 57.

Der ganze Körperbau der Vögel ist ih - rer Bestimmung zum Fluge angemessen. Ihr Rumpf ist klein, eyförmig, und in seiner Stru - ctur gänzlich vom Rumpfe der Säugethiere ver - schieden. Das Brustbein änelt einer Pflug - schaar, und dient den Vögeln vorzüglich, die Lust im Fluge zu durchschneiden. Zu beiden Seiten des Brustbeins liegen die ausnehmend grossen und starken Brustmuskeln, die vorzüg - lich die Flügel bewegen, und die, bey wilden Vögeln wenigstens, nie mit Fette bedeckt sind, was sonst der Leichtigkeit im Fliegen und dem Zweck des Brustbeins hinderlich werden könnte. Das Rückgrad ist unbeweglich; der Hals aber dagegen desto gelenker, und dabey in Verhältniß gegen den übrigen Körper ungemein lang.

§. 58.

Auch der Kopf der Vögel ist bey den mei - sten verhältnismäßig klein, daher er ebenfalls149 die Luft leicht durchbohrt, und dadurch den Flug erleichtert. Ihre Gliedmassen sind überaus schlank, und fein gebaut, so daß sie nebst dem ausnehmend geringen Gewicht des ganzen Kör - pers, der Lebensart dieser Thiere, und besonders ihrem Aufenthalt und ihrer freyen Bewegung in dem Elemente, wofür die mehresten bestimmt sind, vollkommen entsprechen.

§. 59.

Einen vorzüglichen Antheil an der geschick - ten und leichten Bewegung dieser Thiere haben die Federn, womit die Vögel, so wie die meh - resten Säugthiere mit Haaren, oder, wie die Fische mit Schuppen, bekleidet sind. Man unterscheidet an einer Feder den Kiel und die Fahne. Der Kiel ist mit dem untern, dickern und holen Ende, das die Spuhle genennet wird, in der Haut befestigt; der obere dünne Theil ist dicht, und heißt der Schaft (rachis). Die Fahne besteht aus lauter parallel laufenden und schichtweise über einander liegenden Fasern, de - ren jede aber wiederum mit änlichen kleinern - sergen besetzt ist.

§. 60.

Die Federn sind in regelmäßigen Reihen (in quincunce) in die Haut der Vögel vermach - sen, aber zu gewisser Jahreszeit, gewönlich im Herbste, mausern sich diese Thiere, d. h. es fal -150 len ihnen die Federn von selbst aus, und wer - den dann (wie die Haare vieler Säugethiere) neue an ihre Statt reproducirt. Dieses Wech - seln der Federn scheint viel zum hohen Alter der Vögel beyzutragen, ist doch aber immer mit einer kleinen Unpäßlichkeit verbunden; daher zumal ausländische Vögel in fremden Climaten leicht zur Mauserzeit sterben, und die einheimi - mischen Sangvögel wärend der Zeit übel dispo - nirt und stille sind. Die neuen Federn haben bey jungen Vögeln oft ganz andere Farbe als die ausgefallnen; daher man bey Bestimmung der Gattungen auf das Alter dieser Thiere und auf die davon abhängende Verschiedenheit in der Farbe, Rücksicht nehmen muß. In der Kunst - spräche heißt ein Vogel, der sich noch nie ge - mausert hat, avis hornotina; wenn er aber Fe - dern gewechselt hat, avis adulta.

§. 61.

Die Federn variiren unendlich in der Grösse, Farbe u. s. w. Die stärksten sind in den Fittigen und im Schwänze. Jene heissen Schwungfe - dern (remiges), diese Schwanzfedern (rectri - ces). Die Schwungfedern sind von unbestimmter Anzal, nach aussen und nach hinten zu gerichtet, und bilden gleichsam breite Fächer, womit sich die Vögel in die Luft heben und fliegen können. Einige wenige Vögel (aves impennes) wie die Pinguine ꝛc. haben gar keine Schwungfedern151 und sind daher zum Fluge ungeschickt. Der Schwanzfedern sind mehrentheils zwölfe: die Hüner ꝛc. haben achtzehn, die Spechte nur zehn u. s. w. Einigen Vögeln, wie dem Casuar, den Tauchergen ꝛc. fehlen sie gänzlich. Die ganz kleinen weichen Federgen, die zwischen die übri - gen eingesprengt sind, heissen Pflaumen (plumae).

§. 62.

Die Federn sind mit vielem Fett durchzogen, wodurch sie leichter werden, und auch der Nässe desto besser widerstehen können. Die Vögel ha - ben auch am Ende des Rückens besondere Fett - drüsen (uropygium, crissum), aus welchen sie das Oel mit dem Schnabel auspressen, und die Federn, besonders in den Flügeln, damit be - streichen. Dieß thun besonders die Wasservö - gel, und die kleinen Sangvögel im Fall sie sich baden wollen, oder wenn sie Regenwetter ver - Werken. Diese Fettdrüsen werden leicht ver - stopft, und die Vögel dadurch mit einer Krank - heit befallen, die die Darre heißt, die zumal den Sangvögeln leicht tödtlich wird, die aber doch durch den innern Gebrauch von Eisenrost und Safran, und am sichersten durch eine klei - ne Operation am leidenden Theil gehoben wer - den kann.

152

§. 63.

Die Farbe der Federn ist bey vielen - geln über alle Beschreibung schön. Sie wer - den durch die mannichfaltigen Nüancen der Cou - lenren, durch das Changeant von rothem oder grünem Golde, durch die theils so hellen bren - nenden Farben n. s. w. über alle übrigen Thiere erhoben, unter denen nur etwa manche In - secten den Vögeln, ihrer körperlichen Schönheit wegen, an die Seite gesetzt werden dürfen. Die Natur, die in der Oekonomie der Vögel so viel sonderbares gehäuft hat, ist auch darinn von ihrer Regel abgewichen, daß sie die Schönheit der Farben und einige andere Vorzüge, womit sie sonst das weibliche Geschlecht unter den übri - gen Thieren begünstigt, in dieser Classe den Männchen, und zwar ausschließlich, mitgetheilt hat. Was wir oben von den organisirten Kör - pern überhaupt gesagt haben, daß ihre Farben in kalten Climaten blaß und matt, in heißen Gegenden hingegen dunkler und höher sind, findet sich vorzüglich bey den Vögeln bestätigt. Die allerschönsten Vögel, die Pfauen, Colibri, Papageyen ꝛc. sind, so wie der Leopard und der Zebra, wie die schönsten Schmetterlinge und wie die schönsten Blumen, den heißen Zonen eigen.

§. 64.

Im innern Körperbau und in der Ver - richtung der Eingeweide haben die Vögel viel153 Gleichheit mit der vorigen Elaste der warmblü - tigen Thiere. Nur zeichnen sie sich, ausser eini - gen minder beträchtlichen Verschiedenheiten, durch besondre Luftbehälter aus, die in ih - rem ganzen Körper zerstreut, und zum Fluge von äusserster Wichtigkeit sind. Die mehresten ste - hen mit den Lungen, andere aber mit dem Maule in Verbindung, und der Vogel kann sie nach Willkür mit Luft laden oder ausleeren, je nach - dem er seinen Körper leichter oder schwerer ma - chen will. Zu diesen Luftbehaltern gehört vorzug - lich ein lockres weiches Zellgewebe, was theils im Unterleibe, theils unter den Achseln und sonst noch unter der Haut verbreitet ist, und durchs Einathmen in die Lunge voll Luft gepumpt werden kau. Ausserdem dienen den Vögeln auch gewisse markleere hole Knochen, beson - ders die Schenkelknochen*)Wir haben einen Neu-Seeländischen Damen-Hals - schmuck vor uns, der aus solchen Luftknochen von Sangvögeln und aus kleinen Schneckenhäusern ge - macht ist. Die Luftknochen der Gänse u. a. grösserer Vögel werden bekanntlich zu Pfeifgen verarbeitet. und die Schulter - knochen im Flügel, auch das Rückgrad, das Brustbein, und manchen auch die Hirn - schaale, zu gleichen Zwecken. Und endlich sind auch, nach unsern eignen Untersuchungen die ungeheuren Schnabel der Pfefferfraße, Nashornvögel, Papageyen ꝛc. die berühmte Män - ner**)Cajetan. Monti, in Comment. instit. Bonon. T. III. p. 298. sqq. mit Unrecht für Werkzeuge, des Geruchs154 gehalten haben, ebenfalls nichts anders als der - gleichen Luftbehälter; und selbst die Federspu - len stehen mit dem obgedachten lockern Zellge - webe in Verbindung, und können mittelst des weichen knorplichten Kanals der in der Spule liegt (die Seele) gleichfalls mit Luft gefüllt oder ausgeleert werden.

§. 65.

Durch diese merkwürdigen Luftbehälter, und durch mannichfaltige andre Einrichtungen im Körperbau der Vögel, die wir oben angezeigt haben, werden diese Thiere zum Flug geschickt, den welchem die Geschwindigkeit sowol als die lange anhaltende Dauer gleich merkwürdig sind. Man hat die Schwalben, acht Tage nachdem sie Frankreich verlassen hatten, am Senegal an - kommen gesehen; und ein Falke, der König Hein - richen dem zweyten von Frankreich entflog, ward am folgenden Tag auf Malta wieder eingefan - gen; so wie ein andrer Falk in sechszehn Stun - den von Andalusien nach der Insel Teneriffa über zweyhundert deutsche Meilen zurücklegte. Hingegen können verschiedene Vögel, wie der Straus, der Casuar, die Pinguine und andre Aves impennes (§. 61) gar nicht, andre aber doch nicht hoch oder nicht weit fliegen.

§. 66.

Der Aufenthalt der Vögel ist beynahe eben so verschieden als der Säugethiere ihrer. 155Die mehresten leben auf Bäumen, andre in Wassern, sehr wenige blos aus der Erde: aber kein einziger Vogel (so wie der Maulwurf in der vorigen, und viele Geschöpfe in den beiden letzten Thier-Classen,) unter der Erde. Die Bildung der Füsse ist auch bey den Vögeln, so wie bey den Säugethieren, ihrem diversen Auf - enthalt angemessen. Die mehresten dieser Thiere haben freye unverbundne Zehen (aves fissipedes Taf. II. Fig. 1.) und zwar gewönlich ihrer vier, wovon drey noch vorn, und der vierte gleich - sam als Daumen nach hinten gekehrt ist (pedes ambulatorii). Oder aber es sind nur zwey Ze - hen nach vorn, und zwey nach hinten gekehrt (pedes scansorii); oder der Vogel kann willkür - lich die eine Zehe bald vorwärts zu den übrigen zweyen, bald rückwärts zum Daumen schlagen (digitus versatilis). Bey andern ist auch wol die mittlere Zehe an die eine Seitenzehe ange - wachsen (pedes gressorii); oder die Hinterzehe fehlt ganz (pedes cursorii); oder alle vier Zehen sind, wie bey der Mauerschwalbe, nach vorn, und gar keine rückwärts gekehrt; oder die Hinterzehe ist, wie bey manchen Hünern, doppelt u. s. w. Bey denen Vögeln, die keine freye Zehen haben, sind die Zehen entweder nur an der Wurzel (Taf. II. Fig. 2. pedes semipalmati), oder aber bis vorn an die Spitze (Taf. II. Fig. 3. pedes pal - mati) durch eine Schwimmhaut verbunden; bey andern sind die einzelen Zehen mit einer lap -156 pichten schmalen Haut, die entweder einen glat - ten, (Taf. II. Fig. 4. pedes lobati) oder zackich - ten Rand (Taf. II. Fig. 5. pedes pinnati) hat, wie mit Franzen eingefaßt.

§. 67.

Sehr viele Vögel verändern ihren Wohn - platz zu gewissen Jahrszeiten; die meisten zwar nur in so fern, daß sie nur wenige Meilen weit in die benachbarten Gegenden streichen, und bald darauf in ihre alte Heimath returniren; andere aber so daß sie große Wallfarten, weit übers Meer und über einen beträchtlichen Theil der Erdkugel weg, anstellen, und einen großen Theil des Jahrs in wärmern Zonen zubringen. Diese Thiere würden nemlich in den rauhen Winter - monaten wo die ganze organisirte Natur aus - gestorben zu seyn scheint, unter Hunger und Kälte erliegen müssen. Ihre Nester würden sie, zumal bey den entblätterten Bäumen nicht satt - sam gegen die tödtlichen Folgen des Frostes schützen; die gefrornen Gewässer, die hart gefrorne Erde würde sie verhindern, ihrer Nahrung nachgehn zu können; und da oh - nedem auch die Insecten sich im Winter ver - kriechen, und keine Beeren und Körner von Früchten in dieser Jahreszeit mehr zu se - hen sind, so müßten unzälige Vögel verhun - gern, wenn sie nicht vom innern Instinct getrie - ben, noch vor Einbruch der strengen Kälte, un -157 sere Gegenden verliessen, und bis zur Wider - kehr der wärmern Tage, südliche Himmelsstri - che besuchten. Da sie nemlich vorher paarweise im Gebüsch zerstreuet waren, so werden sie nun mit einem mal unruhig, fliegen hin und her, ver - sammlen sich in Schaaren, schicken Bothen aus um ihre sorglosen vergessenen Mitbrüder, oder ihre Invaliden folgends zusammen zu treiben. Und an frischen heitern Herbstmorgen verläßt denn eine Gattung von Vögeln derselbe n Ge - gend nach der andern ihr Vaterland, und emi - grirt nach mildern Erdstrichen. Der Zug geht in der strengsten Ordnung vor sich. Er - hat mehrentheils die Gestalt eines scharfen Win - kels, und der Anfürer, der an der Spitze des Heers zuerst die Lust gegen Süden durchschnei - den, und folglich am meisten arbeiten muß, wird von Zeit zu Zeit durch andere von seinem Posten abgelößt, und stiegt dann mit weniger An - strengung einige Zeit in den letzten Gliedern. Zu - weilen läßt sich der Zug unterweges an bestimmten Orten, in Feldern, im Wald ꝛc. auch auf den Inseln des Mittelländischen Meeres und auf Schiffen, nieder, um Malzeit oder Rasttag zu halten; bis er denn endlich an dem Ort sei - ner Bestimmung, in Aegypten, auf Guinea, ꝛc. angelangt ist. So bald dieß geschehen, zer - streut sich die Gesellschaft bis aufs Wiedersehen zur Zeit der Rückkehr im nächsten Frühjahr: je - der Vogel geht seinem eigenen Beruf, seiner158 Narung nach, nistet aber nicht, begattet sich nicht, und beträgt sich in allem wie ein Pilger und Gast, der diese Gegenden zum Besuch und zur Retirade, aber nicht zum beständigen Auf - enthalt bewohnt.

§. 68.

Zu Ende des[April, oder im Anfang des Mays], wenn die Schöpfung durch die Früh - lings-Sonne von neuem belebt zu werden an - fängt, sieht man diese Emigranten wieder ihrem Vaterlande und ihrer Heimat zueilen; aber we - der in so großen noch in so regelmäßigen Zügen in welchen sie vor einem halben Jahre, abreisten. Sie fülen, daß die besten Tage im Jahr die Tage da sie die Freuden der liebe gemessen sollen, für der Thüre sind; und von diesem Gedanken be - seelt, trennt sich allmälich ein Pärgen nach dem andern vom großen Trupp, und flieg: mit ver - doppelten Kräften zu seinem alten Busch, und zu seinem alten Neste, um nun vom neuen sein Haus zu bestellen und die schönen Frühlingstage zu den ehelichen und ökonomischen Geschäften zu benutzen. Man hat Störche und Schwalben vor ihrer Abreise markirt, und weiß daher, daß jeder Vogel, nach einer Abwesenheit von so vielen Monaten, in einer Entfernung von so vielen hundert Meilen, dennoch nicht nur seine Pro - vinz, sondern sein Dörfgen, sein Strohdach und seinen Schornstein wieder findet, an dem er159 in vorigen Zeiten seine Wohnung aufgeschlagen hatte.

§. 69.

Die Nahrungsmittel der Vögel sind sehr verschieden. Die Raubvögel leben von al - lerhand andern Thieren; die Wasservögel meist von Fischen und deren Laich; manche von fri - schem Fleisch, andere von Aas; sehr viele blos von Insecten; die mehresten kleinen Vögel aber von Samen und Kernen der Früchte, von junger Saat u. s. w. Die Vögel haben keine Zähne, son - dern müssen ihre Speise entweder mit dem Schna - bel zerbeissen, oder ganz schlucken. Bey den - jenigen, die ihren Samen ganz einschlucken, ge - langen diese doch nicht sogleich in den Magen, sondern werden vorher im Kropfe, (ingluvies) d. i. in einem besondern Drüsenreichen Behälter ein - geweicht, und von da nur allmälig an den Magen überlassen. Der Magen der fleischfressenden - gel änelt der Säugethiere ihrem; bey den Sa - menfressenden ist hingegen dieser Theil äusserst muskulös, und so stark daß er sogar nach Re - aumurs merkwürdigen Versuchen kleine me - tallne Rörgen platt zu drücken vermag. Man - che Vögel, wie z. E. der Auerhan, wissen den Mangel der Zähne durch kleine Kieselsteine zu ersetzen, die sie zugleich mit ihrer Nahrung ver - schlucken, und wodurch sie im Magen, eben so gut als durch Zähne im Mund, zermalmt wird. Verschiedne fleischfressende Vögel, wie die Eu -160 len ꝛc. können die Knochen und Haare der klei - nen Thiere, die sie verzehrt haben, nicht verdauen, sondern brechen sie in eine runde Kugel geballt, nach der Mahlzeit wieder von sich.

§. 70.

Der Harn wird in den Vögeln nicht, wie bey den Säugethieren, in einer besondern Blase gesammelt, sondern wie bey den kaltblütigen Thieren in den Mastdarm ergossen, und von da zugleich mit dem übrigen Unrath ausgewor - fen. Mit dem Harn wird zugleich die über - flüßige Erde aus dem Körper geschaft, und auch dieß ist wol ein Grund des hohen Alters der Vögel, daß ihr Körper nicht, wie beym Men - schen und bey andern Säugethieren, in zuneh - menden Jahren mit allzuvieler Kalkerde überla - den, und dadurch früher steif und unbiegsam wird, und gleichsam vor der Zeit veraltert.

§. 71.

Die Vögel haben wenig Waffen, da sie ih - ren mehresten Feinden durch den Flug zu entge - hen wissen. Doch dient bey vielen der Schnabel, der nach der diversen Nahrung der Vögel auch verschieden gebaut ist, zum Angriff oder zur Ver - theidigung. Er hat die mehreste Aehnlichkeit mit den Hörnern des Ziegen - und Ochsen Ge - schlechts, und sitzt als eine hornichte Scheide über einem knochichten Fortsatz, der ihm zur Stütze161 dient. Ben den mehresten Wasservögeln ist er mit einer weichen Haut überzogen. Außerdem bedienen sich auch die Vögel, zumal die fleisch - fressenden, ihrer Krallen zur Wehre. Man - che haben noch außerdem einen oder mehrere Sporne hinten über dem Fuß, andre, wie der Casuar, Stacheln an den Flügeln, und noch andre Hörner aus dem Kopfe, womit sie ihre Feinde angreifen können.

§. 72.

Die Sinne der Vögel sind von sehr um gleicher Stärke. Ihr Gefühl, ihr Geruch und ihr Geschmack scheinen schwach zu seyn; ihr Ge - hör und Gesicht hingegen überaus sein. Eine Henne sieht einen Habicht in einer Entfernung, in welcher kaum ein gutes Fernglas dem mensch - lichen Auge etwas erkennen läßt: und eben so scharf ist auch das Gehör dieser Thiere, zumal der Raubvögel. Die innern Gehörwerkzeuge sind bey den Vögeln ganz anders, als bey den Säugethieren gebildet, und der ganzen Classe feh - len auch die äussern Ohren; ein Mangel, der aber durch die äußerst regelmäßige cirkelförmige Stel - lung und bestimmte Richtung der Federgen in der Gegend des Ohrs sattsam ersezt wird.

§. 73.

Die Vögel schlafen nur kurze Zeit, und zwar sitzend, so daß sie sich mit der Schärfe des162 Brustbeins aufstemmen, und sich selbst auf den dünnsten Aestgen im Gleichgewicht zu erhalten wissen. Die kleinen Vögel stecken meist im Schlaf den Kopf unter den einen Flügel. Das Gedächtnis der Vögel ist stark, wie man an den abgerichteten Sangvögeln sieht; und die Lebhaftigkeit ihrer Phantasie wird durch die Heftigkeit ihrer Begattungstriebe, und durch ihre hitzigen Gefechte erweislich: doch sind sie im Ganzen genommen, bey weitem nicht so ge - lehrig als die Thiere der vorigen Classe, und sehr schwer zu nur irgend künstlichen Handlun - gen abzurichten.

§. 74.

Die Stimme der Vögel ist überaus verschie - den; aber so wie die Schönheit der Federn beym männlichen Geschlecht weit vorzüglicher als beym Weiblichen. Die Raubvögel, die Wasservö - gel, und die mehresten Hünerarten, geben zwar meist nur einen ziemlich monotonen, nicht sehr angenehmen Laut von sich: desto mannichfalti - ger und anmuthiger sind hingegen die Töne der kleinen Sangvögel, welche außer dem Men - scheu, die einzigen Geschöpfe in der Natur sind, die fingen können. Gesang ist die Stimme der Liebe; und die Vögel singen daher auch nie kräftiger und anhaltender, als wenn sie im Früh - jahr eine Gattin an sich zu locken suchen, oder ihren Verlust beweinen, oder wenn sie in einsa -163 men Käfigen versperrt, den Mangel der Frey - heit und des Genusses ehlicher Freuden betrau - ten. Sie wetteifern unter einander, und las - sen sich durch lautes Reden, und durch jedes Ge - räusch, besonders aber durch Instrumental - Musik sehr willig zum Schlagen ermun - tern. Die Luftbehälter (§. 64) kommen ihnen auch in dieser Absicht zu Nutzen, um Vorrath von Luft einzupumpen, und ihn allmälig zum Langaushalten der Töne und zum anhaltenden Gesang verwenden zu können. Ueberhaupt lassen die Vögel ihre Stimme viel öfter als die Säugethiere erschallen, und manche, wie die Haushüner, geben sie zu bestimmten Stunden von sich. Die Papageyen, Raben, Staare ꝛc. hat man Menschenstimme nachahmen und Worte aus - sprechen gelehrt; die Sangvögel nehmen im Käficht auch leicht fremden Gesang an, lernen Lieder pfeiffen, und lassen sich sogar zum Accompagne - ment abrichten, so, daß man mit Dohmpfaf - fen schon wirklich kleine Concerte hat geben können.

§. 75.

Die Vögel sind überhaupt sehr verliebte Geschöpfe, daher man auch unter ihnen weit leichter als von andern Thieren Bastarden er - zielen kan. Besonders sind die Männchen in ihren Anwerbungen sehr dringend und hitzig, wozu besonders die Lage ihrer Zeugungstheile164 innerhalb der Bauchhöle, vieles beyträgt. Der Trieb zum Paaren ist bey ihnen so heftig, daß sie sich zuweilen in Ermangelung eines Weib - gens wol an andern ihres eignen Geschlechts vergreisen. Manche, wie die Auerhäne, sind zur Brunstzeit ganz sinnlos, und man weiß, daß Entriche, denen man ihr Weibgen vorenthalten hatte, so wütend worden sind, daß ihr Biß, wie der von tollen Hunden, die Wasserscheu her - vorgebracht hat.

§. 76.

Die mehresten Vögel begatten sich im Frühjahr; das Hausgeflügel ist aber an gar keine bestimmte Zeit gebunden, sondern läßt sich Jahr aus Jahr ein zu diesen Geschäfte wil - lig finden. Die eheliche Verfassung ist bey den Vögeln, wie bey den Thieren der vorigen Clas - se, verschieden. Manche halten sich mir zur Begattungszeit, andre aber für immer paar - weise zusammen: doch leidet auch diese Einrich - tung im Nothfall ihre Ausnahmen, und selbst unter den Tauben, deren gepriesne Treue sogar in die Dichtersprache übergegangen ist, lassen sich doch auch ganz leicht Bastarden hervorbrin - gen. Viele Vögel leben in Polygamie, und andere vermischen sich ohne alle weitere eheliche Verbin - dung mit einander.

165

§. 77.

Das befruchtete Weibgen wird vom In - stinct getrieben, für die Zukunft zu sorgen, und ein Nest, zum Wochenbett für sich, und zur Wiege für die künftigen Jungen, zu bauen. Bey vielen Vögeln, wie bey den Hünerarten, nimmt das Männchen gar keinen Antheil an die - sem Geschäfte; bey den übrigen aber, zumal unter den Sangvögeln, trägt es doch Bauma - terialien herbey, und verpflegt sein Weibgen wärend ihrer Arbeit. Das Nisten und Brüten der Vögel gehört unter die interessantsten Vor - fälle in ihrer Oekonomie, und wir müssen da - her die besondern Umstände bey beiden noch im nähern detail beleuchten.

§. 78.

Erstens ist die Auswal des Ortes, an dem jede Gattung ihr Nest anlegt, ihren Bedürfnissen und ihrer ganzen Lebensart aufs genaueste angemes - sen. Die Raubvögel bauen ihren Horst entwe - der in die Gipfel hoher Bäume, oder auf Fel - senspitzen, um freye Aussicht zu haben und wie von einer Warte auf den Raub lauren zu können. Die Wasservögel nisten ins Schilf, auf feuchten Wiesen, wo sie Fische, Wasser - pflanzen ꝛc. vorfinden; manche von ihnen, wie die Schwane, bauen zuweilen gar schwimmende Ne - ster, um während der Brützeit den Ort ih - res Aufenthalts zu verändern. Die -166 nerarten, die Lerchen ꝛc. nisten des Getraides und andrer Sämereyen wegen, aufs Feld. Die klei - nen Sangvögel, die von Insecten, Beeren ꝛc. leben, ins Gebüsch u. s. w. Die Rauchschwal - be baut meist aus den Dörfern in Häusern oder unter den Rauchsängen an einem Brandnagel an, der dem ganzen Nest zur Stütze dient, und folglich dem Thiergen die Arbeit erleichtert. So die Hausschwalbe unterm Dache, die Dohlen und manche Eulen in altem Gemäuer, an Kirch - thürmen, die Störche an den Feuermauren u. s. w.

§. 79.

Eben so sorgfältig wählt ferner jede Gat - tung die Baumaterialien zu ihrem Neste. Die Vögel der heissen Zonen, oder die, so nur den Sommer in nördlichen Gegenden zubringen, oder die, wie die Tauben, viel natürliche Wär - me haben, nehmen zu ihrem Bau nur leichten Stoff, Baumreiser, zarte Wurzeln, Stroh, Schilf, Heu, dürres Laub, Birkenbast, Spin - neweben, Hanf, Fischgräten, Leimen, aller - hand gallertige Seegewächse, wie zu den Tun - kins-Nestern u. s. w. Da hingegen an - dere, um ihre Jungen für Frost zu schützen, und sich selbst das Bebrüten zu erleichtern, Wolle, Moos, Distelflocken, Haare, Federn u. a. dergleichen wärmende Materialien zu ihren Ne - stern verwenden. Doch sind die Vögel nicht167 eben ganz unabänderlich an bestimmte Materia - lien gebunden, sondern wissen sich auch im Nothfall nach den Umstanden zu bequemen, und in Ermangelung ihres eigentlichen Stoffs, andern in substituiren. So machen die Rothkehlgen ihr Nest gewöhnlich aus Eichenlaub, mit unter aber doch auch aus Moos, Haaren, Wolle ꝛc. Und Zeisgen, oder andere zahme Sangvögel, die zuweilen im Zimmer nisten, behelfen sich mit Wappen, Zwirn, Papierspänen und ähnlichen Ingredienzen. Die meisten Vögel füttern ihr Nest inwendig noch besonders mit ganz weichen Pflaumen, Wolle ꝛc. zur Bequemlichkeit und Wärme aus.

§. 80.

Wenn sattsame Materialien aus einen Hau - fen zusammen gebracht worden, so setzt sich die Mutter daraus nieder, dreht Kopf und Füsse nach allen Seiten hin und her, mißt den Raum für sich und ihre künftige Familie, webt und flicht sodann alles durch einander, und giebt ihrem Neste die Gestalt, die ihrer Lebensart und den Bedürfnissen der Jungen aufs ge - naueste entspricht. Die Form der Nester ist bald mehr bald minder künstlich. Manche - gel, wie die Schnepfen, Trappen, Kybitze ꝛc. machen sich blos ein dürres Lager von Reisholz und Strohhalmen aus der platten Erde: andere tra - gen sich nur ein weiches kunstloses Bett in -168 cher der Mauern, Felsenritzen und hohle Bäume; so die Spechte, Heber, Dolen, Widehopfe, Sperlinge ꝛc. Sehr viele, zumal unter den - nern, Tauben und Sangvögeln, geben ihrem Neste die Gestalt einer Halbkugel oder einer Schüssel: andere wie die Elstern und Wasser - amseln, eine fast kuglichte Form; noch andere, wie die Schwanzmeise und der Pendulin, die Fi - gur eines Beutels; der Jupujuba u. a. Vögel aus dem Oriolus Geschlechte, die von einem Destillirkolben oder von einem Schrotbeutel u. s. w.

§. 81.

Wenn endlich das Geschaffte des Nester - baues vollendet ist, so legt die Mutter ihre Eyer hinein; deren Anzal aber bey den verschiedenen Gattungen der Vögel gar sehr variirt. Sehr viele Wasservögel legen jedesmal nur ein einzi - ges Ey; die Täuchergen und mehresten Tauben ihrer zwey; die Möven drey; die Raben vier; die Finken fünfe; die Schwalben sechs bis acht; die Rebhüner und Wachteln vierzehn; das Haus - huhn aber, besonders wenn man ihm die Eyer nach und nach wegnimmt, bis funfzig und drü - ber. Zuweilen geben auch manche Vögel, ohne vorhergegangene Befruchtung, Eyer von sich, die aber zum Bebrüten untauglich sind und Windeyer (ova zephyra, hypenemia) heissen.

169

§. 82.

Die innere Einrichtung des Eyes, und die Entwickelung des darin verborgenen Küchel - chens ist im Ganzen genommen bey allen - geln dieselbe. Sie verdient aber, theils wegen des Aufschlusses, den sie über das ganze Zeu - gungsgeschäfte giebt, (§. 12.) theils des Ver - gnügens wegen, das ihre Untersuchung gewährt, eine genauere Anzeige, wovon wir zwar nur die wichtigsten Sätze, aber nach der Natur und nach unfern eignen Erfahrungen an Hünereyern, abfassen wollen. Die Gestalt der Eyer variirt bey einer und eben derselben Gattung von - geln, und ist bald sphärischer, bald länglichter; eine Verschiedenheit, die aber lediglich von der Bildung der Geburtsglieder bey der Mutter abhängt, und gar keine Beziehung auf das darinn enthaltene Thier hat. Die äusserste kalkichte Schale des Eyes ist in Mutterleibe weichlicht, durchsichtig; verhärtet aber nachher an der Lust; wird durchs Bebrüten gelblicht, aber glatter, wie abgeschliffen, ist auf der gan - zen, Oberfläche poörs, und duftet folglich in der Wärme aus; daher man Eyer, die man zum Gebrauch lange aufbewahren will, mit Firnis überziehen muß. Unter dieser Kalk - schale finden sich zwey feinere Häutchen, von de - nen das äussere dock etwas stärker als das zwey - te ist, so zunächst das Eyweis umkleidet. Diese Häute liegen aber nicht überall au der Kalk -170 schale dicht an, sondern entfernen sich am stum - fen Ende des Eyes in etwas davon, und las - sen einen leeren Raum (Taf. II. Fig. 6. a.) der mit Luft gefüllt ist, die dann durch die Wärme wärend des Bebrütens ausgedehnt wird, und den Dotter nach und nach dem Hünchen zur Nahrung in den Leib treibt. Hierauf folgt das doppelte Eyweis (albumen) wovon das äussere (T. II. F. 6. b.) mehr wäßricht, das in - nere (T. II. F. 6. c) hingegen consistenter ist. Jedes ist mit einer besondern Haut umschlossen, und man kan das äussere ablauffen lassen, ohne daß das innere dadurch in seiner Lage gestört würde. Innerhalb des innern Eyweisses liegt endlich der Dotter (vitellus, T. II. F. 6. d.) der die Gestalt einer Pomeranze hat, und von ölich - ter Substanz ist. Er wird von einer ziemlich festen Haut umgeben, und an seinen beiden Polen, nach den Spitzen des Eyes zu, mittelst zweyer knotichten Stricke (chalazae, Hagel T. Il. F. 6. e. f.) die das Eyweis durchbohren, und selbst zum Theil damit gefüllt sind, frey - schwebend erhalten. Diejenige Stelle des Dot - ters, an welcher seitwärts der Keim des künfti - gen Hünchens eingewickelt liegt, ist leichter als die entgegengesetzte Seite. Man mag daher das bebrütete Ey an einer jeden willkürlichen Stelle von der Seite öffnen, so wird sich doch immer der Embryo des Hünchens auf der Ober - stäche zeigen; und es ist eine vergebne Sorge171 der Hausmütter, wenn sie den Brüthennen die Eyer von Zeit zu Zeit umwenden, damit alle Seiten gleich stärk durchwärmt werden mochten, indem auch ohne diese Vorsicht von selbst schon das kleine Hünchen beständig nach dem Bauche der brütenden Mutter zuge - kehrt ist.

§. 83.

Die Entwickelung und Ausbildung des jun - gen Thiers, die bey den Säugethieren noch im Mutterleibe vollzogen wird, muß hingegen bey den Vögeln im schon gelegten Ey, mittelst der Wärme bewürkt werden. Die mehresten - gel brüten ihre Eyer selbst aus. Der Straus, der wegen seines Körperbaues nicht wol brüten kann, verscharrt zwar die seinigen in den heissen Sand, doch unterzieht er sich, wenigstens des Nachts allerdings auch diesem Geschaffte. Auch die Möven wissen sich die Beschwerde des Brü - tens dadurch zu erleichtern, daß sie ihr Nest an Orten anbauen, wo es lange von der Sonne beschienen werden kann, der sie dann von Zeit zu Zeit die Erwärmung ihrer Eyer überlassen. Der Kukuk legt seine Eyer in die Nester der Gras - mücken und Bachstelzen, die sich auch ganz willig zum Ausbrüten derselben bequemen. So hat man auch Capaunen zum Brüten gezwun - gen; und man weiß, daß Menschen blos durch die natürliche Wärme ihres Körpers Hüner aus -172 gebrütet haben. *)plin. L. X. c. 55. Livia Angusta, prima sua juventa Tiberio Caesare ex Nerone gravida, cum parere viri - lem sexum admodum cuperet, hoc usa est puellari an - gurio, ovum in sinu fovendo, atqne cum deponendum haberet, nutrici per sinum tradendo, ne intermitte - retur tepor ꝛc. Auch blos durch künstliche Wär - me, durch erhitzten Mist**)L'art de faire éclore des oiseaux domestiques, p. Mr. de reaumur. Par. 1749. 2 Vol., oder über Lampen - feuer in besonders dazu eingerichteten Kesseln, und in Brütöfen, kann man leicht Hünchen auskriechen lassen. Dieß geht zumal in wärmern Gegenden so gut von statten, daß man die Anzal der - ner, die auf diese Weise järlich in den Aegypti - schen Oefen***)io. vesling observ. anat. c. 1. Nieburh Reis. 1 Th. ausgebrütet werden, auf 50,000,000 rechnet. Die Vögel werden durchs anhaltende Brüten abgemattet, und nur bey denen, die sich paarweise zusammenhalten, wie bey den Tauben, Schwalben, Rothschwänzen ꝛc. nimmt auch das Männchen, und doch nur wenig Stunden des Tags, an diesem Geschäf - te Antheil. Es löst früh um neune sein Weib - gen vom Neste ab, und brütet sodann bis Mit - tags um zwey, da sich dann das Weibgen von neuen dieser Arbeit unterziehen muß. Die Häne unter den Canarienvögeln, Hänflingen, Stiglitzen ꝛc. überlassen zwar das Brüten blos ihren Weibgen, versorgen sie doch aber wärend173 der Zeit mit Futter und ätzen sie theils aus dem Kropfe.

§. 84.

Während des Brütens gehen nun im Eye selbst grosse Veränderungen vor, wovon wir die wichtigsten anzeigen müssen. Es zeigt sich nemlich gleich in den ersten Stunden, nachdem das Brüten seinen Ansang genommen, an der Seite des Dotters ein weißer Fleck wie eine Nar - be (cicatricula, sacculus vitellarius T. II. A. 6. g. F. 7. a), in welcher Harvey, Malpighi und und an - dre berümte Männer fälschlich den Keim des künftigen Hünchens zu finden gemeint haben. Diese Narbe ist viel früher als die Spur des werdenden Küchelgens sichtbar, sie zeigt sich so - gar zuweilen bey Windeyern (§. 81), und bleibt, wenn auch das Hünchen selbst durch Zufall ab - gestorben ist, noch übrig. Sie ist nach unsrer Ue - berzeugung blos eine kleine Blase, die sich vor - läufig an die Stelle ansezt, wo sich das junge Hünchen entwickeln soll, und die durch ihre Leichtigkeit den obgedachten (§. 82) Vortheil be - wirkt, daß das Thiergen bey jeder tage des Ey - es doch immer oben schweben muß. Einen glei - chen Nutzen leisten auch wol die weißlichten Ringe (Halones Taf. II. Fig. 7. b. b.) von unbestimm - ter Größe und Anzahl, die in den ersten Ta - gen dieses Bläschen umgeben, und dann ein glänzendes Häutgen (colliquamentum, nidus pul -174 li Taf. II. Fig. 7. c.) was sich ganz nahe bey der beschrieben Narbe zeigt, und wodurch gleich - sam ein Bette in den Dotter gedruckt wird, in welchem sich nachher das Küchelgen ausbilden soll. Alle diese Theile sind nur für eine kurze Zeit, für die Dauer weniger Tage bestimmt, und verschwinden allmälich, sowie das Hünchen und seine Häute selbst hingegen zunehmen. Die erste Spur des Hünchens (pullus Taf. II. Fig. 7. d.) wird meist zehn oder zwölf Stundennach An - sang der Bebrütung sichtbar: doch kanman es nicht vor dem Ende des zweyten Tags von der Bla - se (amnios Taf. II. 7. e.) in der es eingeschlos - sen ist, deutlich unterscheiden. Das kleine Thier hat anfangs die Gestalt eines Saamen - thiergens, oder eines ganz jungen Frosches, wie er so eben aus dem Eye kommt, und ist in der Mitte des andern Tages kaum zwey Linien lang. Nach 38 Stunden zeigt sich die erste Spur des kleinen Herzgens, das aber erst mit dem Ende des zweyten Tages oder gegen die funfzigste Stunde Bewegung zeigt (punctum saliens). Um die gleiche Zeit sind auch die un - geheuren Augen schon sehr deutlich zu sehen. In den ersten Tagen ist das Hünchen ganz ge - rade gestreckt, und zwar (wenn man das Ey mit dem stumpfen Ende nach oben gekehrt hält) beständig nach der rechten Hand des Zergliede - rers gerichtet. Vom vierten Tage an krümmet es sich allmälich in einen Bogen. An eben175 diesem Tage werden der Magen und die Gedär - me liebst einer kleinen Blase (membrana umbi - licalis Taf. II. Fig. 7. f.) sichtbar, die den Harn - behältern (allantois) mancher ungeborner Säu - gethiere änelt, und die, zumal um die Mitte der Brütezeit, d. h. am zehnten und folgenden Ta - gen, unzälige Adergeflechte von unbeschreibli - cher Schönheit zeigt. Am fünften Tage kom - men die Lungen zum Vorschein, und schon zu Ende des gleichen Tages haben wir auch das kleine gallertige Geschöpf sich bewegen gesehen. Bis zum achten Tage wächst der Rumpf und die Gliedmaßen des Vogels, in Verhältnis sei - nes unmäßig grossen Kopfs, nur sehr langsam. Nach der Zeit werden aber auch jene Theile im - mer grösser, und mehr und mehr ausgewirkt. Am vierzehnten Tage brechen die Federn aus, und zu Anfang des funfzehnten, den man mit dem Ende des sechsten Monaths beym menschli - chen Fötus vegleichen kann, find die zum Leben nothwendigen Eingeweide völlig ausgebildet. Das Hünchen schnappt dann schon nach Luft, und ist am neunzehnten Tage im Stande einen Laut von sich zu geben. Gewönlich zu Ende des ein und zwanzigsten Tages ist es endlich zum Auskriechen reif; es durchbricht die Schaale am stumpfen Ende des Eyes, und verläßt nun seine Hülse, in welcher es die drey Wochen über vom Dotter, und theils auch vom Eyweis ernärt worden. Wir haben die Termine sei -176 ner Entwickelung nach dem Mittelcalcul ange - geben; sie variiren aber nach der verschiedenen Wärme des Himmelsstriches und der Witte - rung. In kalten Gegenden geht die Ausbil - dung langsamer von Statten, und so geschah es auch bey unsern Versuchen in dem kalten win - terhaften Sommer des verflossenen Jahres.

§. 85.

Die Adern des Hünchens sind mit den Adern der Haut, die den Dotter umschließt, unzertrennlich verbunden, und da nun der Dot - ter mit seiner Haut und deren Blutgefässen schon im Eyerstock der unbefruchteten Henne vorräthig liegt, so läßt sich daher die Wahrscheinlichkeit der Präexsistenz der Keime der organisirten Kör - per im Leibe der Mutter vor ihrer Befruchtung (§. 12.) sehr sinnlich erweisen.

§. 86.

Die jungen Vögel werden einige Zeit von der Mutter, und bey denen, die in Monoga - mie leben, auch vom Vater, mit vieler Zärtlich - keit gefüttert, und zumal bey den Sangvögeln aus dem Kropfe geätzt, bis sie erwachsen, und für ihren eignen Unterhalt zu sorgen im Stan - de sind.

§. 87.

Die Vögel erreichen, nach Verhältnis ihrer körperlichen Grösse, und im Vergleich mit den177 Säugethieren, ein sehr hohes Alter, und man weiß, daß Adler und Papagayen hundert Jah - re und drüber leben können. Die Ursachen davon sind oben (§. 60. 70. ) angezeigt.

§. 88.

Die Vögel sind für die ganze Haushaltung der Natur ungemein wichtige Geschöpfe, ob - gleich ihre unmittelbare Brauchbarkeit fürs Menschengeschlecht nicht so mannichfaltig ist, als der Säugethiere ihre. Sie vertilgen un - zälige Insecten, und die gänzliche Ausrot - tung mancher vermeintlich schädlichen Vögel, der Sperlinge, Krähen ꝛc. in manchen Gegenden, hat eine ungleich schädlichere Vermehrung des Ungeziefers, und ähnliche nachteilige Folgen nach sich gezogen. Andre verzehren größere Thiere, Feldmäuse, Schlangen, Frösche, Ei - dexen ꝛc. oder Aeser, und beugen dadurch so - wol dem Miswachs als der Infection der Luft vor; ein wichtiger Nutze, den die Eulen, Wei - hen u. a. Raubvögel bey uns; der Aasgeyer aber, nebst dem Storch und Ibis, ganz vorzüg - lich und sehr sichtbarlich in Aegypten nach der Ueberschwemmung des Nils, leisten. Eben so haben unzälige Vögel die grosse Bestimmung, so mancherley Unkraut auszurotten, und sei - nen Wucher zu verhindern. Von der andern Seite wird aber auch die Vermehrung und Fortpflanzung der Thiere, sowol als der178 Gewächse, durch Vögel befördert. So weiß man z. B. daß die wilden Gänse in Sibirien bey ihren Zügen fruchtbare Fischeyer in entfern - te Teiche über getragen, und sie dadurch in der Folge fischreich gemacht haben. Der Nußbeis - ser vergräbt Haselnüsse, die mit der Zeit keimen und aufwachsen, und sehr viele Vögel verschlu - cken Saamenkörner, die sie nachher mit ihrem Unrath noch ganz wieder von sich geben, und dadurch den Anflug der Pflanzen an Orten, wo sie sonst schwerlich hervorgekommen seyn wür - den, bewirken. Die Falken und verschiedne Wasservögel lassen sich zur Jagd andrer Thiere abrichten; der Honigkukuk wird dadurch, daß er die wilden Bienennester verräth, nutzbar. Sehr viele Vögel, ihre Eyer, ihr Fett, und die Tunkinsnester, dienen zur Speise. Die Fe - dern zum Füllen der Betten, zum schreiben, zum verkielen musikalischer Instrumente, zu Muffen, und vorzüglich zu mancherley ge - schmackvollem Kopfputz, deßen Gebrauch so - wol durch sein hohes Alterthum, als durch das Beyspiel der Feuerländer und andrer übrigens ganz schmuckloser Völker, gerechtfertigt wird. Viele Vögel amüsiren auch schon durch ihren Gesang oder durch die Schönheit ihrer Farben. Der Mist der Tauben und andrer Vögel giebt vorzüglich guten Dünger. Für die Arzney ist hingegen kein beträchtlicher Nutze aus dieser Classe von Thieren zu ziehen.

179

§. 89.

Der Schade, den die Vögel anstiften, re - ducirt sich fast gänzlich auf die Vertilgung nutzbarer Thiere und Gewächse. Der Cuntur, der Lämmergeyer u. a. Raubvögel töd - ten Gemsen, Rehe, Ziegen, Schafe ꝛc. Der Fischadler und so viele Wasservögel sind den Fi - schen und ihrem Laich; so wie die Falken, Ha - bichte, Sperber, Neuntödter, Aelstern ꝛc. dem Hausgeflügel gefährlich. Die Sperlinge und andre kleine Sangvögel schaden der Saat, den Weintrauben, den Obstbäumen u. s. w. Und endlich werden denn auch nicht blos brauchbare Gewächse, sondern auch eben sowol wucherndes Unkraut, durch die Vögel, besonders bey Ge - legenheit ihrer großen Züge von einer Gegend in die andre, verpflanzt. Giftige Thiere fin - den sich aber in dieser Classe von Thieren eben so wenig als in der vorigen.

§. 90.

Die Classification der Vögel ist weniger Schwierigkeiten unterworfen, als der Säugethie - re ihre. Ihre Bildung ist, im Ganzen genom - men, nicht so mannichfaltig, sondern einfacher: und gewisse Theile ihres Körpers, wie der Schnabel und die Füße, bestimmen schon an sich soviel vom Habitus des ganzen Thieres, daß man, dem natürlichen System unbeschadet, schon von ihnen Charaktere der Ordnungen und180 Geschlechter entlehnen kan. Die mehresten Orni - thologen haben daher auch ihre Classification auf die Verschiedenheit des einen oder des andern von den genannten Theilen gegründet: Klein z. B. auf die Bildung der Zehen, Möhring auf die Bedeckung der Füße, Brißon auf bei - des in Verbindung mit der Beschaffenheit des Schnabels u. s. w. Linné nimmt in dem Plane seines Systems der Vögel auch auf die Bildung mehrerer Theile zugleich, und so ziem - lich auf den ganzen Habitus, Rücksicht: nur scheint er sich in der Ausführung zuweilen vergessen zu haben: wenigstens begreift man nicht, wie Papagey, Colibri und Krähe bey ihm eine Ordnung verbunden, hingegen der Dudu und Casuar in zwey Ordnungen von ein - ander gerissen, und mehr Verbindungen oder Trennungen dieser Art zugelassen werden durften.

§. 91.

Wir haben uns also auch hier, wie bey den Säugethieren, ein eigenes System zu schaffen gedrungen gesehen, in welches zwar einige Lin - neische Ordnungen unverändert aufgenommen sind, was wir aber im ganzen doch der Natur angemessener, mithin auch fürs Gedächtnis faßlicher zu machen gesucht haben. Der Ord - nungen selbst sind neun:

181

I. Accipitres. Die Raubvögel mit krummen starken Schnäbeln, die seitwärts an der obern Kinnlade noch mit einem starken Ausbug versehen sind; kurzen starken Füs - sen, und grossen, gebogenen, scharfen Klauen. Geyer, Adler, Falken, Eulen, Neuntödter ꝛc.

II. Levirostres. Vögel der heissesten Erdstriche, mit kurzen Füssen, und ungeheuren grossen, aber holen und daher sehr leichten, Schnä - beln. Papagayen, Pfeffervögel, Nas - hornvögel.

III. Pici. Vögel mit kurzen Füssen, mittel - mäßig langen aber dünnen Schnäbeln, und mehrentheils fadenförmiger Zunge. Wendehals, Spechte, Baumkletten, Co - libritgen ꝛc.

IV. Anseres. Schwimmvögel mit Ruder - füssen, einem stumpfen, mit Haut über - zognen, am Rande meist gezänelten Schna - bel, der sich an der Spitze des Oberkie - fers mit einem Häckgen endigt.

V. Struthiones. Die grossen zum Flug unge - schickten Vögel. Der Straus, Casuar und Dudu.

VI. Grallae. Sumpfvögel, mit langen Füs - sen, langem walzenförmigem Schnabel,182 und meist langem Hals. Der Trappe, der viel Verwandschaft mit der vorigen Ord - nung zeigt, Reiher, Störche, Schnepfen, Wasserhüner ꝛc.

VII. Gallinae. Vögel mit kurzen Füßen, oben etwas erhabnem Schnabel, der an der Wurzel mit einer fleischichten Haut be - wachsen ist. Pfau, Truthahn, Haus - hahn, Auerhahn, Wachtel ꝛc. Auch den Tauben haben wir in dieser Ordnung ihren Platz angewiesen, da sie bey weitem mehr mit den Hünern als mit den Sang - vögeln, denen sie Linné zugesellte, ver - wandt sind.

VIII. Coraces. Vögel mit kurzen Füßen, mittel - mäßig langem, und ziemlich starkem oben erhabnem Schnabel. Raben, Krähen ꝛc. Die Golddrossel macht von diesen den schicklichsten Uebergang zur lezten Ord - nung:

IX. Passeres. Die Sangvögel nebst den Schwal - ben ꝛc. Sie haben kurze Füße, und ei - nen kegelförmigen zugespitzten Schnabel, von verschiedner Länge und Dicke.

183

I. ACCIPITRES.

Vögel mit kurzen starken Füßen, grossen scharfen Krallen und starkem gekrümmtem Schna - bel, der oben auf der Seite in zwey stumpfe schneidende Spitzen ausläuft, und an der Wur - zel mehrentheils mit einer fleischichten Haut (ce - ra) bedeckt ist. Sie nähren sich theils von Aas, theils vom Raube lebendiger Thiere, und äneln in ihrer ganzen Oekonomie den feris der vorigen Classe. Sie leben in Monogamie, nisten an erhabnen Orten, können theils zur Jagd abge - richtet werden, haben aber ein wilderndes un - schmackhaftes Fleisch. Gegen die Regel sind die Weibchen in dieser Ordnung doch größer und schöner von Farbe, als ihre Männchen.

1. vultur. Geyer. Rostrum rectum, api - ce aduncum. plerisque caput impenne. Lin - gua bifida.

1. Gryphus. Der Cuntur, Greifgeyer. V. caruncula verticali longitudine capitis.

Der Cuntur ist der allergröste fliegende Vo - gel, dessen Geschichte aber noch nicht sattsam ins Licht gesezt worden ist, und der wahrschein - lich zur Fabel vom Vogel Greif Anlaß gege - ben hat. Mit ausgespannten Flügeln hält er achtzehn Fuß in die Breite, und seine Schwung - federn sind am Kiel von der Dicke eines starken Daumen. Er nistet auf Felsen, und an Ufern,184 lebt meist vom Raube der Säugthiere, und geht nur im Nothfall auch Fische an. Ein Cuntur soll ein ganzes Kalb, und ihrer zwey eine Kuh, auf eine Malzeit verzehren können. Das eigentliche Vaterland dieses ungeheuren Thiers ist wol das südliche Amerika, besonders Chili und Peru, und es widerlegt nebst den Patagonen die gemeine Sage, daß die Thiere der neuen Welt durchge - hends kleiner wären, als die in der alten. In - zwischen scheint der Cuntur, nach den Erzälungen der Reisenden zu schliessen, doch auch in Afrika und in Ostindien zu leben. Und selbst in Europa sind hin und wieder Vögel geschossen worden, die, wenn sie keine Lämmergeyer waren (womit man den Cuntur oft vermengt hat), wahrschein - lich Cunture gewesen sind. So hat man 1551 ei - nen zwischen Torgau und Meisen gefangen, der sein Nest auf drey Eichen gehabt; und ähnliche, aber nur nicht genau genug bestimmte Vögel sind 1666 zu Harvic bey London, 1719 in Frankreich und anderwärts geschossen worden.

2. Barbatus. Der Lämmergeyer, Bartgey - er. Goldgeyer. V. albidus, dorso fusco, rostro incarnato barbato, cera coerulea, ca - pite linea nigra cincto.

(Andreä) Briefe aus der Schweiz, Taf. XII. Lavaters physiognom. Fragm. 2 Th. Taf. 55.

Der Lämmergeyer ist der gröste Europäische Vogel, der dem Cuntur in vielen Stücken, beson - ders auch in seiner Lebensart änelt, sich doch aber durch seinen starkhaarichten Bart, und durch den befederten Kopf, der bey andern Geyern kahl ist, auszeichnet. Er ist vorzüglich in Tyroler - und Schweizer-Alpen, besonders häufig in den leztern, zu Hause, aber sehr schwer lebendig zu fangen. Er lebt nur im Nothfall von Aas -185 sonst vom Raube der Gemsen, Ziegen, wilden Katzen ꝛc. und ist auch für die Menschen selbst ge - färlich. Man weiß, daß die Lämmergeyer zu - weilen kleine Kinder fortgetragen haben, und Tho - mas Plater flog einmal schon wirklich in den Klau - en eines solchen Thiers von der Erde auf, das ihn aber aufs Geschrey der Bauren wieder fallen lies: daher auch die Hirten ihre Kinder auf der Weide an Bäume binden, um sie für diesen Entfürun - gen zu sichern. Man hat sogar Beyspiele, daß der Lämmergeyer erwachsene Personen angefallen hat, die sich kaum, und mit Lebensgefahr seiner haben erwehren können*)Cysatus Beschr. des Lucernersees, S. 183..

3. [Percnopterus]. Der Aasgeyer. V. remigibus nigris margine exteriore, praeter extimas, canis.

Bellon hist. des oiseaux, p. III.

Dieser Vogel ist im südlichen Europa, in Pa - lästina, Arabien und in Aegypten zu Hause. Er lebt meist von Aase, und ist für viele Gegenden ein äuserst wichtiges und nutzbares Geschöpf. So verzehrt er im gelobten Lande unzäliche Feldmäu - se, und in Aegypten die vielen Amphibien und Aeser, die nach der Ueberschwemmung des Nils das Land decken, und leicht die Luft inficiren könnten. Die alten Aegypter haben diesen Vogel, so wie einige andre ihnen vorzüglich nuzbare Thiere, heilig gehalten, ihn zu tödten bey Lebens - strafe verbothen, und ihn häufig in ihrer Bilder - schrift auf Obelisken, Mumienbekleidungen**)Alex. Gordon, Ess. towards explainnig the hierogl. fig. on the Coffin of an ancient Mummy ꝛc. Lond. 1737. fol. u. s. w. vorgestellt. Er ist oft, aber ganz fälsch - lich, für den Ibis der Alten gehalten worden.

186

2. falco. Rostrum aduncum, basi cera in - structum. caput pennis tectum. lingua bifida.

Die Thiere dieses Geschlechts leben blos vom Raube frischer oder kürzlich getödteter Thiere, und fressen blos im Hunger, den sie doch lange erdul - den können, faulendes Aas. Sie fliegen überaus hoch, und können sich geraume Zeit auf einer Stelle in der Luft schwebend erhalten; ihr Gesicht ist unbegreiflich scharf, und auf ihre Beute schief - sen sie mit der Geschwindigkeit eines abgedruckten Pfeils herab. Die Begattungszeit ausgenom - men, leben sie zerstreut, einsam, und jedes geht seinen Geschäften allein für sich nach.

1. Chrysaëtos. der Goldadler, Steinadler. (le grand Aigle, Buff.) F. cera lutea, pedi - busque lauatis luteo-ferrugineis, corpore fusco ferrugineo vario, cauda nigra, basi cinereo-undulata. *

Der Steinadler ist im gebirgichten Europa zu Hause, hat eine schöne Taille und grosse Stärke; er lebt vom Raube kleiner Säugthiere und Vögel, fällt aber auch wohl grosse Hirsche an, und ver - steht ihrer Herr zu werden. Er hat eine starke fürchterliche Stimme, und nistet auf hohen Fel - senspitzen. Seine Jungen versorgt er mit dem be - sten Wildpret von Hasen, jungen Rehen ꝛc. und man pflegt daher im südlichen Frankreich und in andern Gegenden die Adler Neste für die Küche zu benutzen, indem man in Abwesenheit des al - ten Adlers sein Nest besteigt, den Jungen ihr Wildpret wieder abnimmt, und sie so gar, wenn sie bald erwachsen sind anbindet, damit sie noch über die gesetzte Zeit von der Mutter mit Spei - se versorgt werden mögen. Der Steinadler muß ein ausnehmend hohes Alter erreichen,187 da man sogar welche in Menagerien über hundert Jahre lebendig erhalten hat.

2. Ossifragus. der Fischadler, der Bein - brecher. (Orfraie Buff.) F. cera lutea pe - dibusque semilanatis, corpore ferrugineo, rectricibus latere interiore albis.

C. Gesner icones avium p. 129.

Der Fischadler findet sich im nördlichen Euro - pa, und lebt blos von Fischen, so daß er lieber eine Woche lang hungert, ehe er sich an anderm Fleisch vergreifen sollte. Er ist ein ziemlich sanft - müthiges Thier, hat eine dicke fast menschenän - liche Zunge, und scharfe schneidende Krallen; aber nicht, wie viele Naturforscher vorgegeben haben, auf der linken Seite einen Schwimmfuß, sondern an beyden Füssen freye Zehen wie andere Thiere seines Geschlechts.

3. Milvus. die Weyhe, der Gabelgeyer, Milan, Scheerschwänzel. F. cera flava, cauda forficata, corpore ferrugineo, capite albidiore. *

C. Gesner ic. p. 8.

Die Weihe lebt fast in der ganzen alten Welt, thut zwar dem Hausgeflügel Schaden, wird aber von der andern Seite dadurch nutzbar, daß sie eine Menge Aas und Amphibien verzehrt; daher sie auch in manchen Gegenden, wie der Aasgeyer in Aegypten gehegt wird, und zu schiessen verbo - then ist. Sie zieht im Herbst, zuweilen in ganz unermeßlichen Schaaren, nach Africa, und man sieht ihre Rückkunft im Frühjahr für ein sichres Zeichen des geendeten Winters an. Sie hat eine dumpfe Stimme, die sie zumal bey annahendem Regenwetter von sich giebt, so wie sie hingegen188 bey heiterm Sonnenschein still, aber hoch, in der Luft fliegt.

4. Gentilis. der Edelfalk. F. cera pedibusque flavis, corpore cinereo maculis fuscis, cau - da fasciis quatuor nigricantibus. *

Vorzüglich wird diese Gattung, doch auch an - dere verwandte Thiere dieses Geschlechts, zum Fang kleiner Säugethiere und Vögel, zur Reiher - beize ꝛc. abgerichtet. In Orient hat man diese Jagd besonders auf die Gazellen, schon in den äl - testen Zeiten getrieben, in Europa ist sie aber erst seit Ende des zwölften Jahrhunderts gebräuch - lich, da sie Kaiser Heinrich der sechste in Italien einfürte. *)Pandolfo Collenuccio istoria Napoletana.

5. Haliëtus. der Entenstösser, Moosweyh. (Balbuzard Buff.) F. cera pedibusque cae - ruleis, corpore supra fusco, subtus albo, capite albido.

Gesner ic. pag. 6.

Der Entenstösser ist oft mit dem Fischadler ver - mengt worden, dem er in der Lebensart änelt, aber in der Bildung gänzlich von ihm verschieden ist. Linné hat auch diesem Thier ganz unrecht einen Schwimmfuß an der linken Seite zuge - schrieben.

6. Nisus. der Sperber. F. cera viridi, pe - dibus flavis, abdomine albo griseo undulato, cauda fasciis nigricantibus. *

Gesner ic. p. 7.

Ein schädlich Thier fürs Hausgeflügel, beson - ders für die Tauben; was sich aber leicht zum Vogelfang abrichten läßt, und zumal im Orient189 so wie der Falke zur Jagd gebraucht wird. Was Linné u. a. von den Thieren dieses Geschlechts überhaupt gesagt haben, daß sie vom Brode stürben, ist irrig. Wir haben mehrere Sperber geraume Zeit lebendig erhalten, die ganz willig Brod unter anderm Futter frassen, und sich wohl dabey befanden.

3. strix. Eule. Rostrum breve, aduncum, nudum absque cera. nares barbatae. caput grande. lingua bifida. pedes digito versatili.

Lichtscheue Vögel, die ihren Geschäften nur zur Nachtzeit nachgehen, und die, wenn sie sich am Tage blicken lassen, von vielen kleinen - geln, besonders aber von den Krähen mit lautem Geschrey insultirt und berupft werden: daher man auch lebendige oder ausgestopfte Eulen auf Vogelheerden zum Anlocken braucht. Sie haben grosse, scharfsehende, im Finstern leuchtende Augen, mit einem sehr empfindlichen, schönfar - bichten Sterne; und ein überaus feines Gehör, mit einer besondern Klappe in der Oeffnung des äussern Ohrs. Sie nähren sich von Aas und von lebendigen kleinen Thieren, von Haasen, Mäu - sen, Fledermäusen, Vögeln, Eidexen, Heuschre - ken u. s. w. Den Winter bringen sie ganz trau - rig und einsam mit Hungern und Schlafen in Scheuren und altem Gemäuer zu, und fressen in der Noth wohl einander selbst auf. In der Le - bensart, auch im runden Kopf ꝛc. äneln sie der Katze.

1. Bubo. der Uhu, Schubut, die Ohr - eule. S. auribus pennatis, iridibus croceis, corpore ruffo. *

190

Das größte Thier seines Geschlechts, von un - gemeiner Stärke, so daß selbst Adler ihm unter - liegen müssen.

2. Ulula. der Steinkauz, die Steineule. S. capite laevi, iridibus croceis, corpore fer - rugineo, remige tertio longiore. *

Die Steinkauze leben in verfallenem Gemäuer, alten Schlössern ꝛc. Verschiedene, die wir leben - dig gehabt haben, wurden doch bald, und leichter als andere Eulen, zahm und der Menschen ge - wohnt.

4. lanivs. Rostrum rectiusculum, dente utrinque versus apicem, basi nudum. lingua lacera.

1. Excubitor. der Würger, Bergälster. L. cauda cuneiformi, lateribus alba, dorso cano, alis nigris macula alba. *

Der Würger ist ein gefräßiges Thier, was viele andre Vögel tödtet, ihre Stimme nachzuah - men, und sie dadurch zu sich zu locken weis. Wenn er mächtigere Raubvögel gewahr wird, so giebt er einen besondern Laut von sich, den auch andre Vögel verstehn, und sich durch die Flucht zu ret - ten suchen. Er kan wie der Sperber zur Jagd abgerichtet werden.

2. Collurio. der Neuntödter. L. cauda sub - cuneiformi, dorso griseo, rectricibus qua - tuor intermediis unicoloribus, rostro plum - beo. *

Hat in der Bildung sehr viel Aehnlichkeit mit der vorigen Gattung, lebt ebenfalls von kleinen Vögeln, und laurt sogar Kramtsvögeln auf, die er mit List überfällt, und ihnen den Kopf einbeißt. 191Er frißt auch Insekten, zumal Käfer, Schmeiß - fliegen ꝛc. und spießt sie in Menge zum Vorrath an Schwarzdorn und andres dornichtes Gebüsche.

II. LEVIROSTRES.

Die Vögel dieser Ordnung sind blos den wärmsten Erdstrichen eigen, und werden durch die ungeheuer grossen, aber in Verhältnis aus - nehmend leichten Schnäbel, kentlich, die, wie wir oben gesagt haben (§. 64.), nicht zur Ver - stärkung des Geruchs, sondern als Lustbehälter dienen.

5. psittacvs. Sittig, Papagey. man - dibula superior adunca, inanis, cera instru - cta. Lingua carnosa, integra. Pedes scan - sorii.

Die Papagayen haben einerley Vaterland, und auch in ihrem Betragen viel Aenlichkeit mit den Affen. Ihr Hakenförmiger Oberschnabel ist be - weglich,*)Reald. Columbi anat. d. 1. c. 8. und nutzt ihnen sowol zum Klettern als zum Abschälen der Cocosnüsse. Die Männ - chen lernen Worte nachsprechen, und sind auch an Schönheit der Farbe ihren Weibchen weit überlegen. Alexander der grosse hat zuerst Papa - gayen nach Europa gebracht; wo sie nun seit Aloy - sius von Cadamosta**)Im Jahr 1455. Th. Astley's Collect. of Voyages. T. I. Schiffarten gemeiner worden sind.

192

1. Cristatus. der Cacadu. P. albus, cauda brevi, crista plicatili flava. *

Seba, Mus. T. I. t. LTX. f. 1.

Ist in Ostindien zu Hause, und hat wie der Wiedehopf einen Federbusch auf dem Kopfe, den er in der Ruhe zurück schlägt, aber im Zorne aufrichtet.

2. Passerinus. P. viridis, cauda brevi, macu - cula alarum, alisque subtus caeruleis. *

Edwards's Birds, t. 235.

Ein kleines niedliches Thier, was in America lebt, und nur die Grösse eines Sperlings hat.

6. ramphastos. Pfefferfraß. Rostrum maximum, inane, extrorsum serratum, api - ce incurvatum. Pedes scansorii plerisque.

Der unproportionirlich grosse Schnabel giebt diesen Thieren, die sich blos im südlichen Ame - rica finden, ein sonderbares Ansehen. Ihre Zun - ge ist eine halbe Spanne lang, hornicht, dünne, an der Wurzel kaum eine Linie breit, und an den Seiten nach vorne zu gezasert.

1. Tucanus. R. nigricans, fascia abdominali flava. *

Olearii Gottorp. Kunstkammer, T. XIII. F. 7.

Der Tucan hat einen grünlichen Schnabel, der an der Wurzel mit einem schwarzen Streif einge - faßt ist, und thut zumal den Pisangfrüchten gro - ßen Schaden.

193

7. buceros. Der Nashornvogel. (hy - drocorax.) Rostrum maximum, inane, ad basin versus frontem recurvatum, pedes gressorii.

1. Rhinoceros. B. processu rostri frontali re - curvato.

Stalp. v. d. Wiel obs. med. anatom. Cent. I. t. IX. f. 1.

Ist wie die übrigen Nashornvögel in Ostindien zu Hause, lebt von Aas, und hat einen widrigen Geruch fast wie der Wiedehopf.

III. PICI.

Die Vögel dieser Ordnung haben kurze Füsse, einen geraden eckichten Schnabel von mittelmäßiger Länge, und nären sich mehren - theils von Insecten und Würmern.

8. picvs. Specht. Rostrum polyedrum, apice cuneato, lingua teres lumbriciformis, longissima, mucronata, apice retrorsum acu - leata; pedes scansorii.

Der Wendehals und noch mehrere Vögel die - ser Ordnung haben den sonderbaren Bau der Zun - ge mit den Spechten gemein. Das Zungenbein endigt sich nemlich in zwey lange federförmige Knorpel, die von unten nach oben und von hin - ten nach vorn über den ganzen Hirnschädel un - ter der Haut weglaufen, und sich an der Stirne beynahe an der Schnabelwurzel festsetzen. (Taf. 194II. Fig. 8.) Diese Knorpel sind also gleichsam elastische Federn, mittelst welcher diese Vögel ihre Fadenförmige Zunge fast wie die Ameisenbären oder wie der Chamäleon hervorschiessen, und Insecten damit fangen können. Die Pedes scansorii nuz - zen ihnen zum Klettern, der Schwanz zum Wi - derstämmen und zur Unterstützung, der scharf zu - laufende keilförmige Schnabel aber zum Aufhacken der Baumrinde, um die Insecten ꝛc. darunter hervorsuchen zu können.

1. Martius. der Schwarzspecht. P. niger, vertice coccineo. *

Findet sich nebst den folgenden Gattungen im gemäßigten Europa.

2. Viridis. der Grünspecht. P. viridis, ver - tice coccineo. *

Ist zumal häufig in der Schweiz, und thut den Bienen Schaden.

3. Major. der grosse Buntspecht. P. albo nigroque varius, occipite rubro. *

Hat einen kürzern Schnabel als andere Spechte.

4. Minor. der kleine Buntspecht. P. albo nigroque varius, vertice rubro. *

9. lynx. Rostrum teretiusculum, acuminatum, lingua lumbriciformis, longissima mucrona - ta; pedes scansorii.

1. Torquilla. der Drehhals, Wendehals. F. cauda explanata, fasciis fuscis quatuor. *

Der Wendehals hat seinen Nahmen von der ungemeinen Gelenksamkeit seines Halses, und ist in ganz Europa zu Hause, lebt meist in holen195 Bäumen, und soll durch einen besondern war - nenden Laut die Annäherung der Raubvögel ver - rathen.

10. sitta. Rostrum subulatum, teretiuscu - lum, apice compresso, mandibula superio - re paullo longiore; pedes ambulatorii.

1. Europaea. Blauspecht S. rectricibus ni - gris: lateralibus quatuor infra apicem albis. *

Findet sich in Europa und Nordamerica, und hat sowol in der Bildung als in der Lebensart sehr viel Aehnlichkeit mit den eigentlichen Spechten.

11. alcedo. Rostrum trigonum, crassum, rectum, longum; digitus versatilis.

1. Ispida. der Eisvogel. (Alcyon) A. su - pra cyanea, fascia temporali flava, cauda brevi. *

Einer der schönsten deutschen Vögel, dessen Geschichte ehedem mit vielerley Fabeln vermengt wurde. Die Eisvögel halten sich sowol an der See, als auch bey Teichen und Flüssen auf; und zwar sind die, welche an der See leben, schlanker und kleiner, als die so an süssen Gewässern nisten. Sie nähren sich von Fischen, und speyen nach der Malzeit die Gräten in einem Ballen, wie die Eulen die Mäuseknochen ꝛc. wieder von sich.

12. merops. Rostrum curvatum compres - sum, carinatum; pedes gressorii.

1. Apiaster. der Immenwolf. M. dorso fer - rugineo, abdomine caudaque viridi coerule - scente, gula lutea, fascia temporali nigra.

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Ein überaus schönes Thier, was im südlichen Europa zu Hause ist, und sich nur selten nach Deutschland verirrt. Es lebt von Heuschrecken und andern Insecten, besonders aber von Bie - nen, die es in grosser Menge wegfängt.

13. upupa. Rostrum arcuatum, convexum, subcompressum, obtusiusculum; pedes am - bulatorii.

1. Epops. der Wiedehopf. U. crista varie - gata. *

Der Wiedehopf lebt in Europa und Ostindien, und närt sich von Mistkäfern, Todtengräbern und andern Insecten, die er aus dem Koth der Menschen und Thiere aufliest: ein schmuziges Geschäfte, was dem sonst schönen Vogel einen ekelhaften widrigen Geruch zuzieht. Im Affect richtet er den Federbusch auf dem Kopfe, wie der Cacadu, in die Höhe.

14. certhia. Rostrum arcuatum, tenue, subtrigonum, acutum. pedes ambulatorii.

1. Familiaris. Die Baumklette, der Grü - per, Grauspecht, Baumkleber. C. grisea, subtus alba, remigibus fuscis; rectricibus decem. *

Den gekrümmten dünnen Schnabel abgerech - net, änelt die Baumklette andern Spechten in der Bildung, besonders aber in der Lebensart vollkommen. Klettert eben so an den Baumstäm - men rum, um Insekten und Puppen zu suchen ꝛc.

2. Muraria. Der Mauerspecht. C. cinerea, macula alarum fulva. *

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Der Mauerspecht ist im wärmern Europa zu Hause, zeichnet sich aber durch seine Lebensart von den bisher angezeigten Thieren aus. Er lebt nicht in Wäldern, sondern mehr wie die Eulen, in alten Gemäuern, auf Thürmen, Hochgerich - ten ꝛc. und weis sich die Arbeit beym Nestbau da - durch zu erleichtern, daß er einen Schedel von Menschen oder Thieren aufsucht, und sich blos ein weiches Lager da hinein bettet.

15. trochilvs. Colibri. Honigsauger. Rostrum subulato-filiforme longum. Man - dibula inferiore tubulata, superiore vaginan - te inferiorem. Lingua filis duobus coalitis tu - bulosa. pedes ambulatorii.

Ueberaus kleine Vögel, aber von einer Schön - heit, die weder Pinsel noch Beschreibung auszu - drücken vermag. Das grün und roth und blau ihrer Federn änelt dem gefärbten Golde, und thut zumal im Sonnenschein eine unbeschreibliche Wirkung. Diese Thiergen sind so zart, daß sie sehr leicht den grossen Buschspinnen zum Raube werden, und nicht anders als durch Besprüzen mit Wasser gefangen werden können, da sie selbst mit dem feinsten Schrot oder Sand in Stücke geschoßen werden würden. Sie nähren sich vom Honigsaft der Blumen, den sie im Schweben und Flattern mit ihrem dünnen rörenförmigen Schna - bel auszusaugen wissen. Die Bildung des Schna - bels differirt bey den verschiednen Gattungen. Er ist entweder gerade, oder aufwärts, oder nie - derwärts gebogen. Das ganze Geschlecht ist wol blos dem wärmern Amerika eigen.

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1. Minimus. T. rectirostris, corpore viridi ni - tente, subtus albido; rectricibus lateralibus margine exteriore albis. *

Der allerkleinste bekannte Vogel, der nur ohn - gefähr dreysig Gran wieget. Sein Nest ist von Baumwolle, und hat die Größe einer Wallnuß; und seine Eyer etwa die von einer Zuckererbse.

IV. ANSERES.

Die Vögel dieser Ordnung werden durch ihre Schwimmfüße kenntlich, und äneln sowol hierin, als auch in ihrer Lebensart, den palmatis der vorigen Classe. Ihr Oberschnabel endigt sich meist in ein kurzes Häkgen, und ist wie, der untere mit einer zähen Haut überzogen. Sie haben eine fleischigte Zunge, einen rauhen sta - chelichten Gaum, und die mehrsten von ihnen vorn au der Luftröre eine besondre knorplichte oder knöcherne Capsel*)Ephem. N. C. Cent. X. p. 431. sq., die vermuthlich zu glei - chen Zwecken als die andern allgemeinen Luftbe - hälter, deren wir schon mehrmals gedacht ha - ben, dienet. Die Schwimmvögel halten sich, ihrer Bestimmung und dem Bau ihres Körpers gemäs, an den Ufern des Meers, der Seen, der Flüsse, auf Inseln, auf Klippen, im Schilf ꝛc. auf, und leben mehrentheils in Polygamie. Sie legen meistens zahlreiche Eyer, wodurch ih -199 re mannichfaltige Nutzbarkeit, die sich besonders auf ihr Fleisch, Fett, Federn ꝛc. erstreckt, ver - größert wird.

16. anas. Rostrum lamelloso-dentatum, con - vexum, obtusum. Lingua ciliata, obtusa.

1. Cygnus. Der Schwan, Elbsch. A. ro - stro semicylindrico atro, cera flava, corpore albo. *

Der Schwan ist in der ganzen nördlichen Erde zu Hause, und närt sich von Fröschen, Wasser - pflanzen ꝛc. Man unterscheidet zwey Spielarten unter den Schwänen, die wilden und die zah - men, die wesentlich und selbst im anatomischen Bau der Luftröhre von einander abweichen. Die zahmen Schwäne werden zumal in Sibirien häu - fig, und völlig wie andres Hausgeflügel gehal - ten, und mit Wasserpflanzen gemästet.

2. Anser. Die Gans. A. rostro semicylin - drico, corpore supra cinereo, subtus palli - diore, collo striato. *

Dieser sehr bekannte Vogel hat in der Bildung sehr viel vom Schwane, nur einen ungleich kür - zern Hals, etwas größern Kopf ꝛc. Er lebt in der nördlichen Erde wild, wird aber auch, ob - schon mit weniger Profit als andres Meyergeflü - gel, häuslich erzogen. Am nutzbarsten wird er durch seine Federn, die man ihm jährlich zwey - bis dreymal ohne Nachtheil abrupfen kan.

3. Bernicla. Die Baumgans, Scottische Gans (Morillon). A. fusca, capite collo pectoreque nigris, collari albo.

Ebenfalls ein der nordischen Erde eignes Thier, dessen Geschichte man ehedem mit der Entenmu -200 schel (Lepas anatifera) ihrer verwebt, und daher abgeschmackte abentheuerliche Erzälungen von ihm erdichtet hat.

4. Mollissima. der Eidervogel. A. rostro cy - lindrico, cera postice bifida, rugosa.

Ein überaus nutzbarer Vogel, der sich in der nördlichen Erde, zumal häufig auf Island und in Grönland findet. Sein Fleisch und seine Eyer sind sehr schmackhaft; was ihn aber noch wichti - ger macht, ist sein Fell, womit man Kleider füt - tert, und die Pflaumenfedern, die unter dem Na - men der Eiderdunen bekant sind. Die besten Dunen sind die, die sich der Vogel selbst ausrupft, um sein Nest innewendig damit zu bekleiden. Sie verbinden eine starke Wärme mit einer so unge - meinen Leichtigkeit, daß man zu Ausstopfung eines ganzen Bettes kaum über fünf Pfund von ihnen braucht.

5. + Boschas. die Ente. A. rectricibus inter - mediis (maris) recurvatis, rostro recto. *

Die Ente hat in ihrer Bildung, Vaterland, und Lebensart vieles mit der Gans gemein; sie wird auch eben so als Hausgeflügel, und zwar sehr vortheilhaft erzogen, weil sie fast gar nichts zu erhalten kostet, und sich blos von Amphibien, Insecten, Meerlinsen ꝛc. närt.

17. mergus. Taucher, Wasserhuhn. Rostrum denticulatum, subulato-cylindri - cum, apice adunco.

1. Merganser. der Kneifer. M. crista lon - gitudinali-erectiuscula, pectore albido im - maculato, rectricibus cinereis, scapo nigri - cante.

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Ist im nördlichen Europa zu Hause, und wie andere Gattungen dieses Geschlechts ein schädli - ches Thier für Fischteiche, zumal zur Leichzeit.

18. alca. Rostrum edentulum, breve, com - pressum, convexum, transverse sulcatum: nandibula inferior ante basin gibbosa.

1. Impennis. die Fettgans, der Penguin. A. rostro compresso-ancipiti sulcato, macula ovata utrinque ante oculos.

Man belegt mehrere aves impennes aus dieser Ordnung mit dem Namen Penguin*)Th. Pennant on the different species of the Birds, call - ed Pinguins. Philos. Tr. Vol. LVIII. p. 98. sqq.. Dieser ist an den Küsten von Norwegen, Nordamerika ꝛc. zu Hause, und findet sich zumal auf unbewohn - ten Inseln, zuweilen in unglaublicher Menge. Er legt wie andre Thiere dieses Geschlechts, jedes - mal nur ein einziges, aber verhältnißmäßig gro - ßes Ey.

19. procellaria. Rostrum edentulum, subcompressum: mandibulis aequalibus; su - periore apice adunco; inferiore apice com - presso-canaliculato. Pedes ungue postico fessili absque digito.

1. Pelagica. Der Sturmvogel, Ungewitter - vogel. P. nigra, uropygio albo.

Linn. Faun. Suec. T. II. f. 143.

Der Ungewittervogel hält sich meist in offner freyer See auf Klippen auf, und die Schiffer se - hens als Zeichen eines bevorstehenden Sturms202 an, wenn er sich von da entfernt, und nach den Schiffen flüchtet. Er hat überaus viel Fett, und die Einwohner von Feroër ꝛc. bedienen sich seiner statt Lampe, indem sie ihm blos einen Tocht durch den Körper ziehn, und anbrennen, da denn die Flamme von dem Fette was allmählich hinein - zieht, lange Zeit unterhalten wird.

20. diomedea. Rostrum rectum: maxilla superiore apice adunca; inferiore truncata.

1. Exsulans. Der Albatros. D. alis pennatis longissimis, pedibus aequilibribus tridacty - lis.

Ist an den Meer-Ufern der wärmern Erde zu Hause, fliegt ungemein hoch, und nährt sich gro - ßentheils von fliegenden Fischen.

2. Demersa. Die Magellanische Gans, der Penguin. D. alis impennibus, pedibus com - pedibus tetradactylis: digitis omnibus con - nexis.

Ist in der südlichen Hemisphäre, zumal auf Feuerland, auf den Inseln des stillen Meers und am Cap zu Hause.

21. pelecanvs. Rostrum edentulum, re - ctum: apice adunco, unguiculato: pedes ae - quilibres: digitis omnibus quatuor simul pal - matis.

1. Onocrotalus. die Kropfgans, der Viel - fras, Nimmersatt. P. gula saccata. *

Ein Blatt von J. E. Ridinger. 1740.

Die Kropfgans ist in beiden Welten zu Hause, und ist selbst in manchen Gegenden von Europa,203 wie in Ungern und Siebenbirgen, in Menge einhei - misch, wird auch zuweilen, obschon seltner, in Deutschland und in der Schweiz geschossen. Sie hat den griechischen Namen von ihrer Eselsstimme, den deutschen aber von dem ungeheuern Beu - tel, der ihr am Unterschnabel hängt, den sie zu - sammen zu ziehen und auszudehnen vermag, und in welchen sie wol dreissig Pfund Wasser fas - sen kan. Sie hat einen ungemeinen Appetit, und verschlucket, wie wir selbst gesehen haben, Kar - pfen von mehreren Pfunden; wozu ihr ein unge - heurer Magen, der vom Bau andrer Vögelma - gen abweicht, und eher der Säugthiere, besonders der Hunde ihrem änelt, zu statten kommt.

2. Aquilus. die Fregatte. P. alis amplissimis, cauda forsicata, corpore nigro, rostro ru - bro, orbitis nigris.

Die Fregatte hat einerley Vaterland Aufent - halt und Lebensart mit dem Albatros: nur noch längere und fast unproportionirte Flügel, die aus - gespannt auf vierzehn Fus breit sind, und dem fliegenden Thier ein sonderbares Ansehn geben.

22. phaëton. Rostrum cultratum, rectum, acuminatum, fauce pone rostrum hiante. Digitus posticus antrorsum versus.

1. Aethereus. der Tropikvogel. P. restricibus duabus longissimis, rostro serrato, pedibus aequilibribus: digito postico connexo.

Lebt an der offenbaren See zwischen beiden Wendezirkeln, daher auch die Seefahrer seine Erscheinung für ein Zeichen annehmen, daß sie sich nun innerhalb derselben befinden.

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23. colymbus. Rostrum edentulum, subu - latum, rectum, acuminatum, pedes compe - des.

1. Grylle. die Grönländische Taube. C. pe - dibus palmatis tridactylis, corpore atro, re - ctricibus alarum albis. *

Findet sich in Grönland, Spitzbergen, auch am Nordcap ꝛc. und lebt, gegen die Weise der mehresten Vögel dieser Ordnung, in Monogamie.

24. larus. Möve. Rostrum edentulum re - ctum cultratum, apice subadunco. Mandi - bula inferior infra apicem gibba.

1. Tridactylus. L. albicans, dorso canescente, re - ctricum apicibus, excepto extremo, nigris, pedibus tridactylis. *

Wir haben eine solche Möve, die auf der In - sel Heiligeland gefangen war, mehrere Jahre le - bendig unter unsern Augen gehabt. Ihr ganzes Naturell ward allmälig durch die Zucht abgeän - dert; Sie lebte im Trocknen, lies sich mit Brod speisen, und ward so zahm, daß sie ihres Herrn Stimme von ferne erkannte, und mit ihrem heisern pfeiffenden Tone beantwortete. Sie hatte ungemeinen Appetit, konnte Spannen lange Kno - chen mit einmal verschlingen, und fras nach ei - ner guten Malzeit doch wol noch den Pfauen und andern Vögeln, unter denen sie lebte, ihre Futter weg. Wir haben nachher bey ihrer Zergliederung den Schlund ungemein weit und dehnbar, den derben muskulösen Magen hingegen zwar überaus robust aber klein gefunden, so daß unmöglich die ganzen grossen Knochen darin Platz haben konn - ten, sondern das eine Ende davon im Magen zer -205 malmt werden mußte, indeß das andere noch in die Speiseröhre hinausragte.

25. phoenicopterus. Rostrum denuda - tum, infracto-incurvatum, denticulatum, pedes tetradactyli.

1. Ruber. der Flamingo, Flamant. P. ruber, remigibus nigris. *

Wir haben den Flamingo, seiner Schwimm - füsse und mit Haut überzogenen Schnabels we - gen, in diese Ordnung versezt, ob er gleich in Rücksicht seines übrigen Körperbaus auch viel Aehnlichkeit mit den Sumpfvögeln zeigt. Er ist in Africa und America zu Hause, und war schon bey den Alten, sowol wegen seiner anmuthigen rothen Farbe, als wegen seines schmakhaften Fleisches geschäzt.

V. STRUTHIONES.

Grosse Landvögel, mit freyen unverbundenen Zehen, und kurzen zum Flug ungeschickten Flü - geln ohne Schwungfedern.

26. struthio. Rostrum subconicum, pe - des cursorii.

1. Camelus. der Straus. S. pedibus didacty - lis, digito exteriore parvo mutico, spinis alarum binis. *

Der allergröste Vogel, der eine Höhe von acht Fus und drüber erreicht. Er ist in Africa zu Hause, und hat in seiner Bildung, auch beson -206 ders in Rücksicht der Brustschwiele, viel Aenlich - keit mit dem Cameel. Das Unvermögen zum Flug wird bey ihm durch die unglaubliche Schnel - ligkeit seines Laufs vergütet, worinn er fast alle andere Thiere übertrifft. Der Straus verschluckt zwar zuweilen Geldstücke und ander Metall, aber ohne davon ernärt zu werden, wie man ehedem vorgegeben hat: und der Versuch selbst kan nicht oft ohne Schaden der Gesundheit des Thiers wiederholt werden.

2. Casuarius. der Casuar, Emeu. S. pedibus tridactylis, galea palearibusque nudis, remi - gibus spinosis. *

Der Casuar ist in Africa und Ostindien zu Hause, und gränzt sowol in seiner Bildung als Grösse zunächst an den Straus. Seine Federn sind hornicht und äneln Pferdehaaren. Es ent - springen immer zwey und zwey Schafte aus einem gemeinschaftlichen Kiele.

27. didus. Rostrum medio coarctatum ru - gis duabus transversis: utraque mandibula inflexo apice. facies ultra oculos nuda.

1. Ineptus. der Dudu, Walghvogel. D. pe - dibus ambulatoriis, cauda brevissima, pen - nis incurvis.

Olearii Gottorp. Kunstk. T. XIII. F. 5.

Der Dudu lebt in Ostindien und ist ein lang - sames träges Thier, was leicht zu fangen, aber wegen seines widrigen Fleisches von wenig Nuz - zen ist.

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VI. GRALLAE.

Die Vögel dieser Ordnung haben einen walzen - förmigen Schnabel von ungleicher Länge, lan - ge Füsse, und mehrentheils auch einen langen Hals, aber kurzen Schwanz. Sie halten sich in sumpfichtem moorichtem Boden auf, leben von Amphibien, Insecten und Wasserpflanzen, nisten meist auf der Erde oder im Schilf, und werden durch ihr ganz vorzüglich schmackhaftes Fleisch und durch ihre Eyer nutzbar.

28. otis. Rostrum mandibula superiore for - nicata, pedes cursorii, tetradactyli.

1. Tarda. Der Trappe. O. maris capite ju - guloque utrinque cristato. *

Der Trappe ist im wärmern Europa und in Ostindien zu Hause, fliegt wenig und langsam, und kan daher mit Windhunden gefangen wer - den. Im Winter streicht er nur auf kurze Zeit in benachbarte Gegenden, närt sich von Getrai - de, doch auch von kleinen Vögeln, Lerchen ꝛc. Er lebt in Polygamie, die Männchen sind zur Brunstzeit äuserst hitzig, und fechten unter ein - ander um ihr Weibchen.

29. ardea. Rostrum rectum, acutum, lon - gum, subcompressum. pedes tetadractyli.

1. Grus. Der Kranich. A. occipite nudo papilloso, corpore cinereo, alis extus testa - ceis. *

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Der Kranich findet sich im südlichen Europa; zieht aber im Herbste zu grossen Schaaren nach wärmern Gegenden. Daß er mehrentheils nur auf einem Bein steht, und das andre an den Leib zieht, ist gewiß: aber Fabel, daß er in diesem einen Stein halte ꝛc.

2. Ciconia. Der Storch. A. alba, orbitis nudis remigibusque nigris: rostro, pedibus cuteque sanguineis. *

Ist fast in der ganzen alten Welt zu finden, und närt sich fast blos von Amphibien, besonders von Fröschen und Schlangen[und Kröten]; nistet auf Dächern an den Schornsteinen, und überwintert in Africa. Er giebt zumal des Nachts einen eignen Ton von sich, indem er mit dem Schnabel klappert, den er sehr schnell zusammen schlägt.

3. Cinerea. Der graue Reiher. A. occipite nigro laevi, dorso caerulescente, subtus albi - do, pectore maculis oblongis nigris. *

Schädliche Thiere, die den Fischteichen und be - sonders der jungen Brut nachtheilig werden. Sie nisten auf den höchsten Eichen, und geben einen überaus ätzenden Unrath von sich, wovon sogar oft die Bäume verdorren. Ihr Fleisch ist unge - mein schmackhaft, und es wird daher sowol die - se als andre Gattungen Reiher mit Falken ge - haizet.

4. Stellaris. Die Rohrdommel, der Iprump. A. capite laeviusculo, supra testa - cea maculis transversis, subtus pallidior, ma - culis oblongis fuscis. *

Ein langsames träges Thier, das eine rauhe starke Stimme hat, die es zumal bey Regenwet - terzeit von sich gibt, und in der Bildung den Rei -209 hern änelt, aber nicht auf Bäumen, sondern in sumpfichten Boden nistet.

30. tantalus. Rostrum longum subula - tum teretiusculum subarcuatum, saccus ju - gularis nudus, pedes tetradactyli, basi pal - mati.

1. Ibis. T. facie rubra, rostro luteo, pedibus griseis, remigibus nigris, corpore rufescen - te albido.

Das sehr wichtige Thier für Aegypten, was zumal nach der Ueberschwemmung des Nils, nebst den Störchen ꝛc. die unzäligen Frösche u. a. Am - phibien verzehren hilft.

31. scolopax. Schnepfe. Rostrum te - retiusculum obtusum, capite longius, facies tecta, pedes tetradactyli, postico pluribus ar - ticulis insistente.

1. Rusticola. die Waldschnepfe. S. rostro basi rufescente, pedibus cinereis, femoribus tectis, fascia capitis nigra. *

Ein überaus schmackhafter, aber dummer Vo - gel; der am Tage im Gehölze verborgen liegt, und nur zur Nachtzeit, theils um sich für den Nach - stellungen der Füchse und wilden Katzen zu sichern, theils seiner Nahrung nachzugehen sich heraus in sumpfichten Grund, ins Riedgras ꝛc. begiebt.

2. Gallinago. die Herrschnepfe, Himmels - ziege, Becassine, der Haberbock, das Ha - berlämmchen. S. rostro recto tuberculato, pedibus fuscis, frontis lineis fuscis quater - nis. *

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Nährt sich vom Getraide, zumal vom Haber, das Männchen fliegt sehr hoch in der Luft, und giebt dabey seine meckernde Stimme von sich, da - her es zu allerhand Fabeln Anlaß gegeben hat.

32. tringa. Rostrum teretiusculum longitu - dine capitis, postico uniarticulato, a terra elevato.

Die Thiere dieses Geschlechts sind schwer von den Schnepfen zu unterscheiden. Sie halten sich doch mehr im Felde auf, und berühren mit dem Daumen die Erde kaum oder gar nicht. Da die Schnepfen hingegen in moorichtem Grund leben, und auf allen vier Zehen gehen.

1. Pugnax. der Kampfhahn, Renomist, Hausteufel. T. rostro pedibusque rubris, rectricibus tribus lateralibus immaculatis facie papillis granulatis carneis. *

Der einzige wilde Vogel, der in Rücksicht seiner Couleuren eben so variirt wie unser Hausgeflügel. Seinen Namen hat er von der hartnäckichen Streitbarkeit, mit welcher zumal die Männchen zur Brunstzeit gegen einander fechten.

2. Vanellus. der Kybitz. T. pedibus rubris crista dependente, pectore nigro. *

Ist in Europa und Nordafrica zu Hause, hält sich gewönlich wie andere Sumpfvögel am Was - ser auf, nistet doch aber in trocknen Wiesen und Feldern, auf die er auch bey trübem Wetter ein - fällt.

33. haematopus. Rostrum compressum: apice cuneo aequali, pedes cursorii tri - dactyli.

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1. Ostralegus. der Austerdieb, Auster - mann. H. rostro pedibusque rubris.

Lebt in Europa und Nordamerica von Conchy - lien, und soll auch bey Annäherung eines Men - schen einen warnenden Laut von sich geben, nach welchem andere Vögel flüchten.

34. fulica. Wasserhuhn. Rostrum con - vexum, mandibula superiore margine su - pra inferiorem fornicata; frons calva, pe - des tetradactyli, subpinnati.

1. Atra. das schwarze Blaßhun. F. fron - te incarnata, armillis luteis, corpore nigri - cante. *

Ist fast in ganz Europa zu finden. Entfernt sich nie vom Wasser.

35. rallus. Rostrum basi crassius, com - pressum, dorso attenuatum apicem versus, aequale acutum, pedes tetradactyli, fissi.

1. Crex. der Wachtelkönig. Schnerz. (or - tygometra) R. alis rufo-ferrugineis. *

Die Namen Crex und Schnerz hat er von sei - ner Stimme. Wachtelkönig heißt er etwa seiner Farbe wegen, die der Wachteln ihrer änelt, oder von der alten Sage, daß er dieser Vögel Heer - fürer im Strich sey.

VII. GALLINAE.

Die Vögel dieser Ordnung haben kurze Füsse und einen convexen Schnabel, der an der212 Wurzel mit einer fleischichten Haut überzogen ist, und dessen obere Hälfte seitwärts über den Unterschnabel hinaus ragt. Sie nähren sich meist von Pflanzen-Saamen, die sie im Kro - pfe (§. 69.) einweichen; leben in Polygamie, legen zahlreiche Eyer; und sind ganz vorzüglich nutzbare Thiere: daher auch das mehreste Haus - geflügel aus dieser Ordnung genommen ist.

36. pavo. Caput pennis revolutis tectum, pennae caudales elongatae, ocellatae.

1. Cristatus. der Pfau. P. capite crista compressa, calcaribus solitariis. *

Der Pfau ist in Ostindien zu Hause, und seit Alexanders des grossen Zeiten auch in Europa be - kannt. Besonders ist das Männchen in Rücksicht der unbeschreiblichen Pracht seiner Schwanzfedern eins der schönsten Geschöpfe in der Natur: doch wird dieser Theil nicht vor dem dritten Jahre beym jungen Thiere ausgebildet: so wie auch das Federbüschgen auf dem Kopfe erst in einer bestimm - ten Zeit und unter kränklichen Anfällen hervor - bricht: das Weibgen versteckt gern seine Eyer trägt auch für die nachherigen Jungen ungemeine Sorgfalt, und sucht sie für den Gewalthätigkeit - ten des Männchens zu schützen.

37. meleagris. Caput carunculis spongio sis tectum, gula caruncula membranacea longitudinali.

1. Gallopavo. der Kalckuter, Truthahn, Puder, Wälscher Hahn, Ruhnhahn. M. maris pectore barbato. *

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Dieses Thier, was in Ostindien und Afrika zu Hause ist, ward 1530 zuerst nach Deutschland gebracht, wo es nun wegen seines vortreflichen Fleisches als Meyergeflügel gehalten wird. Die Männchen zumal sind sehr hitzige Geschöpfe, die die rothe Farbe und das Pfeiffen nicht leiden können, und mit vieler Wuth um ihre Geliebten fechten. Sie können die Nässe nicht vertragen, und wer - den am besten mit Wallnüssen und Milch ge - mästet.

38. phasianvs. Genae cute nuda laevigata.

1. Gallus. Der Haushahn. P. caruncula compressa verticis geminaque gulae, auri - bus nudis, cauda compressa ascendente. *

Auch dieses Thier stammt, wie die vorhergehen - den, aus Ostindien. Es ist aber durch die Cul - tur, wie andre Hausthiere, nach und nach man - nichfaltig ausgeartet, daher vorzüglich folgende Spielarten entstanden sind:

a) Der englische Hahn, mit einem dichten Federbusch auf dem Kopf. Frisch Vögel. T. 129. 130.

b) Der Kluthahn ohne Schwanz. Frisch T. 131. 132.

c) Der Krausehahn, Frisländische Hahn, mit krausen lockichten Federn. Fr. 135.

d) Der Zwerghahn, Bantam, mit befiderten Füssen. Fr. 137.

Das Huhn ist eins der allernutzbarsten Thiere der ganzen Classe, dessen ökonomische Brauchbarkeit durch die Menge seiner Eyer und durch das oft - malige Brüten gar sehr erhöhet wird. Bey den al - ten Römern hatte der Aberglaube diese Thiere da -214 durch zu sehr wichtigen Geschöpfen erhoben*)Hi magistratus nostros quotidie regunt, domosque ipsis suas claudunt aut reserant. Hi fasces Romanorum im - pellunt aut retinent, jabent acies aut prohibent: vi - ctoriarum omnium toto orbe partarum auspices. Hi maxime terrarum imperio imperant ꝛc. plin., daß man aus dem Fall der Körner bey ihrem Fras, Glück oder Unfall zu den schwierigsten Vorhaben weißagte: und die Streitbarkeit der Häne hat man von jeher zur Unterhaltung benutzt, und Hanen-Gefechte als Schauspiele gegeben. Bey den Alten waren vorzüglich die Häne von Rho - dos, Chalcis und Tanagra wegen ihres Muths berühmt. In Sina, auf den Sundaischen In - seln, auf den Philippinen, im Darischen Meer - busen, und vorzüglich in England, sind noch jezt die Hanen-Gefechte gewöhnliche Vergnügungen.

2. Colchicus. Der Fasan. P. rufus, capite cae - ruleo, cauda cuneata genis papillosis. *

Des Fasans Vaterland ist Africa und das wär - mere Asien. Sie pflanzen sich zwar auch in Europa fort, brauchen aber kostbare Wartung, und sind daher bis jezt noch nicht mit Vortheil zu ziehen.

3. Pictus. Der Sinesische Goldfasan. P. cri - sta flava, pectore coccineo, remigibus secun - dariis caeruleis, cauda cuneata. *

Aenelt der vorigen Gattung in der Bildung, zeichnet sich aber durch die herrlichsten Roth - und Goldgelbfarben von ihr aus.

39. nvmida. caput collo compresso colora - to cornutum. palearia carunculacea ad latera maxillae utriusque.

1. Meleagris. Das Perlhuhn. N. rostro cera instructo nares recipiente. *

215

Ein schön geflecktes Thier, was in Afrika ein - heimisch ist, aber auch nördlicher Gegenden ge - wohnt, und leicht zu ziehen ist.

40. tetrao. Macula prope oculos nuda, papillosa.

Die Thiere dieses Geschlechts haben in ihrer Le - bensart vieles mit einander gemein. Einige halten sich in Feldern, die mehresten aber im Gehölze auf, und diese leben im Sommer von Beeren, im Winter aber von zartem Heidekraut, Tannensprossen ꝛc.

1. Urogallus. Der Auerhahn. T. pedibus hirsutis, cauda rotundata, axillis albis. *

Ist in Europa und Nordamerika zu Hause, hat ein äuserst scharfes Gesicht und Gehör, lebt im Dickicht, und nistet auf der Erde. So bald das Thier angeschossen wird, schluckt es seine Zunge, daher die alte Sage entstanden, daß der Auerhahn gar keine Zunge habe, die man aber bey der Untersuchung im Schlunde steckend finden kan.

2. Tetrix. Der Birkhahn. T. pedibus hir - sutis, cauda bifurcata, remigibus secunda - riis basin versus albis. *

Ist im nördlichen Europa zu Hause. Aenelt dem Auerhahn in der Lebensart, auch im Betra - gen zur Brunstzeit, hat aber ein noch schmackhaf - teres Fleich als dieser.

3. Lagopus. Das Schnechuhn, Rypen. T. pedibus lanatis, remigibus albis, rectricibus nigris, apice albis: intermediis albis.

Findet sich in der nördlichsten Erde, ist im Som - mer von grauer, im Winter aber von weisser Far -216 be, macht sich aber nicht, wie man vorgegeben hat, Gänge und Gruben unter dem Schnee.

4. Bonasia. Das Haselhuhn. T. pedibus hirsutis, rectricibus cinereis punctis nigris fascia nigra: exceptis intermediis duabus. *

Lebt einsam in den Haselgebüschen des mitt - lern Europa. Auch bey dieser Gattung ist das Männchen im Frühjahr sehr hitzig, und läst sich dann wie die Wachtel mit der Pfeife locken.

5. Rufus. perdrix rouge. T. pedibus nudis calcaratis rostroque sanguineis, gula alba cincta fascia nigra albo punctata. *

6. Perdix. Das Rebhuhn, Feldhuhn. T. pedibus nudis calcaratis, macula nuda coc - cinea sub oculis, cauda ferruginea, pectore brunneo. *

Die Rebhühner leben, gegen die Gewohnheit andrer Thiere dieser Ordnung, in Monogamie, brüten jedesmal zwanzig und mehr Eyer aus, und beyde Eltern erziehn ihre Jungen mit ungemeiner Sorgfalt. Am Tage gehn sie ins Gebüsch, blei - ben aber wegen der Nachstellung der Füchse und Katzen nie über Nacht darin, sondern fallen Abends ins Feld. Sie halten sich gern in Weinbergen auf, und thun den Reben Schaden.

7. Coturnix. Die Wachtel. T. pedibus nu - dis, corpore griseo maculato, superciliis albis, rectricibus margine lunulaque ferruginea. *

Die Wachteln finden sich in den wärmern Stri - chen der alten Welt, streichen in grossen Schaa - ren, und sind wol sicher die Speise der Israeli - ten in der Wüste*)2 B. Mos. K. 16. v. 13. 4 B. Mos. K. 11. v. 31. gewesen, die Ludolf auf Heu - schrecken, und der junge Ol. Rudbeck auf fliegen -217 de Fische deutete. Diese Thiere werden sehr leicht zahm, verwildern aber, so bald sie wieder in Frey - heit kommen. Die Männchen singen anmuthig, sind aber überaus hitzig, und tödten einander leicht im Streit um ihre Weibgen.

41. columba. Rostrum rectum versus api - cem descendens.

1. Oenas. Die Haustaube, Feldtaube, Holztaube. C. coerulescens, cervice viridi nitente, dorso postico albo, fascia alarum apiceque caudae nigricante. *

Chr. Sepp en Zoon Nederl. Vog. door No - zeman. t. VII.

Auch unter diesen Thieren sind zahlreiche Ab - artungen, die theils für eigne Gattungen auge - sehen worden sind, die aber zumal in ihrem in - nern Körperbau zu viel Gleichheit zeigen, um für etwas mehr als blosse Varietäten passiren zu dür - fen. Die vorzüglichsten sind folgende:

a) dasypus, die Trummeltaube, mit rauh befederten Füssen. Frisch Vögel. T. 145.

b) gutturosa, die Kropftaube, der Krö - pfer, mit einem ungeheuren Kropfe, den sie bis zur Grösse des ganzen Körpers auf - zutreiben vermag. Frisch T. 146.

c) cucullata, die Schleiertaube, Perüken - taube, mit vorwärts gebogenem Federbu - sche auf dem Kopfe. Fr. T. 150.

d) turbita, das Möwchen, mit krausen Brustfe - dern und ganz kurzem Schnabel. Fr. T. 147.

e) laticauda, die Pfauentaube, der - nerschwanz, mit aufrechtem ausgebreitetem Schwanze. Fr. T. 151.

218

Die Tauben brauchen zwar sorgfältige War - tung und Reinlichkeit, schaden auch den Dächern, und wenn sie Feldflüchter sind, auch dem Getraide und Gärten; sind doch aber von der andern Sei - te auf sehr vielfache Weise, wegen ihrer starken Vermehrung, wegen ihres Fleisches, und selbst ihres Mistes wegen, der den besten Dünger ab - giebt, für die Wirthschaft profitabel. Die Gat - ten lieben einander sehr, und sie sind das einzige Meyergeflügel, wo auch das Männchen am Brütgeschäfte Antheil nimt. In den ersten vier Jahren bezeigen die Tauben auch viele Liebe für ihre Jungen, wenn sie aber älter werden, müs - sen sie abgeschaft werden, weil sie nachher ihre Eyer zerbrechen, ihre Jungen heissen ꝛc. Die Tauben zeichnen sich von den mehresten übrigen Vögeln dadurch aus, daß sie viel, und ohne Ab - setzen, saufen, fast wie die Säugthiere.

2. Tabellaria. die Posttaube. C. obscure coe - rulescens, cera lata carunculata albida, pal - pebris tuberosis, nudis, furfuraceis.

Diese Taube hat ihren Nahmen daher weil man sich ihrer in Orient, zumal um Aleppo herum bedient, um Briefe zu überschicken; da man nemlich solche Thiere aus ihren Kobeln mit in die Ferne nimt, und ihnen dann ein Billet an die Flügel bindet, mit welchem sie ihren alten Neste zueilen, und da abgeredtermaßen aufge - fangen, und ihnen ihre Aufträge abgenommen werden. Inzwischen ist bey weitem nicht blos diese Gattung, sondern auch unsere Haustaube, zu diesem Geschäfte brauchbar, wie schon Hir - tius und Brutus bey der Belagerung von Mo - dena, die Harlemer bey der Belagerung von 1573, die Leidner bey der von[1574], u. a.m.219 mit bestem Erfolg versucht haben. *)Frontini strategem. L. III. c. 13. Tasso Gierusal. liber. C. XVIII. Russel nat. hist. of Aleppo.Ja man weiß, daß sogar Schwalben, Krähen u. a. Vögel zu gleicher Absicht gebraucht worden sind.

3. Palumbus. Die Ringtaube, große Holz - taube, Schlagtaube, Plochtaube. C. rectri - cibus postice atris, remigibus primoribus mar - gine exteriore albidis, collo utrinque albo. *

Sepp, t. IV. V.

Fliegt schaarenweise, und thut den Fruchtfel - dern Schaden.

4. Turtur. Die Turteltaube. C. rectricibus apice albis, dorso griseo, pectore incarnato, macula laterali colli nigra lineolis albis. *

Sepp, t. VI.

Die kleinste wilde Taube. Ein überaus schö - nes Thier, was sich in Schwarzwäldern aufhält, in hole Bäume nistet und sehr leicht kirre wird; des - sen gepriesene Keuschheit und eheliche Treue aber freylich nicht so gar wörtlich und streng verstan - den werden muß. Die Turteltauben ziehen im Herbste von uns, und man sieht ihre Rückkehr im Frühjahr für ein sicheres Zeichen des völlig geen - deten Winters an.

5. Risoria. Die Lachtaube. C. supra lute - scens, lunula cervicali nigra. *

Von der Grösse der Turteltaube, der sie auch in der Bildung und Lebensart änelt.

VIII. CORACES.

Die Vögel dieser Ordnung haben einen star - ken oben erhabnen Schnabel von mittelmäßiger220 Größe, und kurze Füsse. Sie leben theils von Getraide u. a. Pflanzen-Saamen ꝛc. theils von Insecten, und auch von Aas; und haben meh - rentheils ein wilderndes unschmackhaftes Fleisch.

42. corvus. Rostrum convexum cultratum, nares mystace tectae. pedes ambulatorii.

1. Corax. Der Kolk-Rabe, gemeine Rabe. C. ater dorso atro caerulescente, cauda sub - rotunda. *

Der Rabe nistet auf Tannen, hält sich aber der Nahrung wegen gern bey Hochgerichten, auf Angern ꝛc. auf, und hat wol unter allen Vögeln den schärfsten Geruch, indem er in einer erstaun - lichen Entfernung das Aas, was im stärksten Dickicht verborgen liegt, auswittert. Die Mut - ter nimt sich nur kurze Zeit ihrer Jungen an, stöst sie dann aus dem Nest, und verjagt sie wol gar aus ihrem Revier.

2. Frugilegus. Die Saatkräche, der Kare - chel. C. ater, fronte cinerascente, cauda sub - rotunda. *

Lebt gesellschaftlich; schadet dem Getraide.

3. Cornix. Die Nebelkrähe. C. cinerascens, capite jugulo alis caudaque nigris. *

Ein unschuldiges Thier, was wenigstens den geringen Schaden, den es thut, durch die Vertil - gung unzähligen Ungeziefers sattsam vergütet.

4. Monedula. Die Dohle. C. fuscus, occi - pite incano, fronte alis caudaque nigris. *

Die Dohlen nisten auf hohen Thürmen ꝛc. hal - ten sich im Sommer zerstreut im Felde auf, näh - ren sich von Getraide und Aas, ziehen sich im221 Winter haufenweis zusammen, und flüchten des Abends in die Städte auf Kirchdächer ꝛc. wo wir sie oft zu hunderten haben übernachten ge - sehen.

5. Glandarius. Der Holzheher, Nußbeis - ser, Marcolph. C. tectricibus alarum cae - ruleis, lineis transversis albis nigrisque, cor - pore ferrugineo variegato. *

Sepp, t. I.

Ein schönes aber gefrässiges Thier, was sich von Saat, Eicheln, Nüssen und Aas nährt; doch aber dadurch nutzbar wird, daß es vom Ueber - fluß Nüsse ꝛc. vergräbt, die nachher auskeimen und aufwachsen.

6. Caryocatactes. der C. fuscus alboque punctatus, alis caudaque nigris: re - ctricibus apice albis: intermediis apice de - tritis. *

Sepp, t. III.

7. Pica. die Aelster, Heister. C. albo ni - groque varius, cauda cuneiformi. *

Sepp, t. II.

Einer der schädlichsten Vögel, zumal für jun - ge Hünchen und Gänse.

43. coracias. Rostrum cultratum, apice incurvato, basi pennis denudatum. pedes ambulatorii.

1. Garrula. die Mandelkrähe, Racke, der Birkheher. C. caerulea, dorso rubro, re - migibus nigris. *

Ein schöner Vogel, der sich von Insecten und Saamenkernen nährt; im Gebüsche, zumal auf Bir -222 ken, nistet, aber in der Erndezeit, wenn die Frucht in Mandeln steht, hauffenweis auf die Felder fliegt.

44. paradisea. Paradisvogel. Rostrum basi plumis tormentosis tectum, pennae hy - pochondriorum longiores. Rectrices duae superiores singulares denudatae.

1. Apoda. P. pennis hypochondriis corpore longioribus, rectricibus duabus intermediis longis setaceis. *

Seba thes. T. I. t. LXIII. f. 1. 2.

Lebt Schaarenweis auf den Molukkischen In - seln, nährt sich vorzüglich von Schmetterlingen, hat einen unproportionirlich kleinen Kopf, aber grosse Füsse, die ihm die leichtgläubigen Alten abzusprechen wagten.

45. cuculus. Rostrum teretiusculum, pe - des scansorii.

1. Canorus. der Kukuk. C. cauda rotunda - ta nigricante albo-punctata. *

Ein merkwürdiges Thier, von dem man ehe - dem viel Unwahres erdichtet hat. Gewiß ist, daß er seine Eyer nicht selbst bebrütet, sondern sie in die Nester der Grasmücken und Bachstelzen legt, die sich an seiner statt diesem Geschäft unterzieh - hen: aber was man vom Undank des erwachse - nen Kukuks gegen seine Pflegemutter, oder gar von seiner Metamorphose in einen Sperber ge - sagt hat, sind Fabeln.

2. Indicator. der Honigweiser, Honigkukuk. C. cauda cuneiformi fusco-et albido-macula - ta, alis fuscis maculis flavis, pedibus nigris.

223

Sparrman in Philos. Transact. 1777. t. 9.

Der Honigkukuk ist im südlichern Afrika vom Cap Landeinwärts zu Hause, und hat seinen Na - men von der Fertigkeit, mit welcher er seine liebste Nahrung, die wilden Bienennester, aufzu - suchen weiß. Er thut dies zumal des Morgens und gegen Abend; und die Hottentotten sowol als die dortigen Holländer bedienen sich dieser Gelegenheit, um selbst den wilden Honig einzu - sammeln. Sie geben auf den Ruf des Vogels Acht, beantworten ihn durch Pfeiffen, und so hält sich dieses Thier immer um sie auf, flattert vor ihnen her, und leitet sie zum bestimmten Orte. Zur Erkenntlichkeit überläßt man ihm nachher eine kleine Portion vom gefundenen Ho - nig; aber nur eben genug, um seinen Appetit von neuem rege zu machen, und ihn zum fer - nern Honigverrath zu ermuntern.

46. oriolvs. Rostrum conicum, conve - xum, acutissimum: rectum: mandibula su - periore paulo longiore, obsolete emarginata. pedes ambulatorii.

1. Die Golddroßel, der Kirschvogel, Wi - dewall, Pyrol, Pfingstvogel, Weihrauch, Bieresel. O. luteus, artubus nigris, rectri - cibus exterioribus postice flavis. *

Sepp, t. XI.

Lebt in Europa und Ostindien von In - secten und Beeren, und macht sich ein überaus künstliches napfförmiges Nest, was er sehr daur - haft zwischen zwey Aestgen zu befestigen versteht.

2. Persicus. Der Jupujaba. O. niger, dorso postico maculaque tectricum alarum basique rectricum luteis.

224

Baut sich, wie andre Gattungen dieses Geschlechts die in die wärmsten Erdstriche beyder Welten zu Hause gehören, ein langes Beutelförmiges Nest von Schilf und Binsen, mit einer engen Oeffnung, das er am Ende eines Baumzweiges aufhängt, und dadurch seine Jungen für den Ueberfällen der Affen und Schlangen sichert.

IX. PASSERES.

Kleine Vögel, mit kurzen schlanken Füssen, und kegelförmigem scharf zugespitztem Schnabel von verschiedner Grösse und Bildung. Sie le - ben in Monogamie, nären sich von Insecten und Pflanzen. Saamen, und füttern mehrentheils ihre Jungen aus dem Kropfe. Sie haben ein zartes schmackhaftes Fleisch, und die meisten von ihnen singen.

47. alauda. Rostrum cylindrico-subulatum, rectum: mandibulis aequalibus, basi deor - sum dehiscentibus. Unguis posticus rectior, digito longior.

1. Arvensis. Die Feldlerche, Himmelsler - che. A. rectricibus extimis duabus extror - sum longitudinaliter albis: intermediis infe - riori latere ferrugineis. *

Lebt in ebnen Gegenden, von Insecten und Ge - traidesaamen, besonders auch von wildem Knob - lauch, der das Fleisch dieser Thiere vorzüglich schmackhaft macht. Sie steigen hoch in die Luft, und singen, zumal bey heiterm Wetter. Sie brü -225 ten im Getraide, werden aber, wenn sie jung gefangen sind, ungemein zahm.

2. Pratensis. Die Wiesenlerche. A. rectri - cibus duabus extimis extrorsum albis, linea superciliorum alba. *

Findet sich mehr auf den Wiesen, und im Herbst auf den Fahrwegen; singt nicht so wie andre Ler - chenarten, sondern schreit blos.

3. Arborea. die Waldlerche, Baumlerche, A capite vitta annulari alba cincto. *

Lebt gesellschaftlich.

4. Campestris. die Brachlerche. A. rectri - cibus fuscis: inferiori medietate, exceptis in - termediis duabus, albis: gula pectoreque flavescente. *

5. Trivialis. die Piplerche, Leimvogel. A. rectricibus fuscis: extima dimidiato-alba, se - cunda apice cuneiformi alba, linea alarum duplici albida. *

6. Cristata. die Haubenlerche, Kobellerche Heidelerche, der Kothmünch. A. rectrici - bus nigris: extimis duabus margine exterio - ri albis, capite cristato. *

Singt ungemein schön, ist aber selten länger als ein Jahr im Zimmer zu erhalten, und braucht sorgfältige Wartung und abwechselndes Futter.

48. stvrnvs. Rostrum subulatum, angu - lato-depressum, obtusiusculum: mandibula superiore integerrima, marginibus paten - tiusculis.

226

1. Vulgaris. der Staar, die Sprehe. S. rostro flavescente, corpore nigro punctis al - bis. *

Ein muntres possierliches, und dabey nutzbares Thier, was Raupen, Heuschrecken u. a. schädli - che Insecten vertilgt, dabey sehr gelehrig ist, und leicht Worte sprechen lernt. Er gränzt in seiner Bildung, Nesterbau und Lebensart an die Aelster, so wie die Lerche an die Wachtel.

2. Cinclus. die Wasseramsel. S. niger, pe - ctore albo. *

Hält sich einzeln an kiesichten Forellenbächen auf, und lebt meist von Wasserinsecten.

49. tvrdvs. Rostrum tereti-cultratum: mandibula superiore apice deflexo, emargi - nato, faux ciliata.

1. Viscivorus. die Schnarre, Misteldrossel, der Brachvogel, Zaritzer. T. dorso fusco, collo maculis albis, rostro flavescente. *

Nährt sich von Mistelbeeren, hat einen anmu - thigen Gesang, und wird leicht zahm.

2. Pilaris. der Krametsvogel. T. rectrici - bus nigris: extimis margine interiore apice albicantibus, capite uropygioque cano. *

Ist fast in ganz Europa zu Hause, nährt sich vorzüglich von Wachholder - (Kramets -) Ber - ren, und war schon bey den Römern wegen sei - nes schmackhaften Fleisches berühmt.

3. Iliacus. die Zipdrossel, Rothdrossel. T. alis subtus férrugineis, superciliis flavescen - tibus. *

Sepp, t. XII.

227

Hält sich im Herbste Schaarenweis zusammen, und thut nebst den folgenden Gattungen den Weintrauben grossen Schaden.

4. Musicus. die Sangdrossel, Weindrossel, Weißdrossel. T. remigibus basi interiore ferrugineis. *

Ihr Gesang änelt der Nachtigall ihrem. Zu - weilen findet sich eine weißgraue Spielart von ihr, dergleichen wir selbst im Waldeckischen ge - sehen haben.

5. Merula. die Amsel, Schwarzdrossel. T. ater, rostro palpebrisque flavis. *

Sepp, T. X.

Die Amsel lebt einsam, nährt sich von Wachhol - derbeeren, tödtet aber auch kleine Sangvögel, hat ein gutes Gedächtnis, und behält, was sie einmal pfeiffen gelernt hat, Lebenslang.

6. Torquatus. die Ringdrossel, Ringamsel. T. nigricans, rostro flavescente, macula pe - ctorali albida. *

7. Arundinaceus. die Bruchdrossel. T. fu - sco ferrugineus, subtus albido-testaceus, re - migibus fasciis apice rufescentibus. *

Nistet im Schilf. So lange das Weibgen brütet, singt das Männchen unaufhörlich.

50. ampelis. Rostrum rectum, convexum: mandibula superiore longiore, subincurvata, utrinque emarginata.

1. Garrulus. der Seidenschwanz, Pfeffervo - gel, Sterbevogel, Böhmer. A. occipite cristato, remigibus secundariis apice cocci - neo cartilagineo. *

228

Ist in der ganzen nordlichen Erde zu Hause, kommt doch aber nur in kalten Wintern nach Deutschland.

51. loxia. Rostrum conico-gibbum; fron - tis basi rotundatum. mandibula inferior mar - gine laterali inflexa.

1. . Curvirostra. der Krumschnabel, Krü - niz, Tannenpapagey. L. rostro forfìcato.

Ein überaus sonderbares Thier, was sich in Tannenwäldern aufhält, und in Rücksicht seiner schönen Farben, im Gebrauch seines Schnabels, und überhaupt in seinem ganzen Betragen, unge - mein viel Aenlichkeit mit den Papagayen zeigt. Der Krüniz ist, so viel wir wissen, der einzige Vogel in der Natur, dessen Schnabelspitzen sich kreuzen; eine Anomalie, die ihm zum Ausklauben der Tannenzapfen, und zum bequemen Klettern zu passe kommt. Der Oberschnabel läuft bald rechts, bald links neben den untern vorbey. Auch darin weicht das Thier von der Oekonomie anderer Vögel ab, daß es mitten im Winter zu Ende des Jänners brütet, und wie wir sicher wissen, sein Nest, um es gegen Nässe und Schnee dauerhaft zu machen, mit Harz kalfatert.

2. . Coccothraustes. der Kirschfink, Kern - beisser. L. linea alarum alba, remigibus mediis apice rhombeis, rectricibus latere te - nuiore baseos nigris. *

Er vermag mit seinem starken Schnabel Kirsch - kerne aufzubeissen, und sich gegen Hunde und Katzen zu wehren.

3. Pyrrhula. der Dompfaff, Blutfink, Sim - pel, Rothfink, Gieker. (rubicilla) L. ar -229 tubus nigris, tectricibus caudae remigumque posticarum albis. *

Ein schönes, aber dummes Thier, was doch leicht Lieder pfeiffen lernt, und mit der Canarien - Sie Bastarden giebt.

4. Cardinalis. der Indianische Haubenfink, die Virginische Nachtigall. L. cristata ru - bra, capistro nigro, rostro pedibusque san - guineis. *

Ist in Nordamerica zu Hause, und wegen der Schönheit seiner Federn und seines vortrefflichen Gesanges gleich schätzbar.

5. Chloris. der Grünfink, Grünling, Grünschwanz, die Zwuntsche. (anthus s. florus) L. flavicanti-virens, remigibus pri - moribus antice luteis, rectricibus laterali - bus quatuor basi luteis. *

Lernt anderer Vögel Gesang nachahmen: faßt schwer, behält aber desto besser, und hat den Vorzug, daß er das ganze Jahr durch singt. Er nistet in Schwarzholz, und giebt mit der Cana - rien-Sie Bastarden.

52. emberiza. Rostrum conicum, man - dibulae basi deorsum a se invicem disceden - tes: inferiore lateribus inflexo-coarctata, su - periore angustiore.

1. Nivalis. die Schneeammer, der Schnee - vogel. E. remigibus albis: primoribus ex - trorsum nigris, rectricibus nigris: laterali - bus tribus albis.

Ein ganz nördlicher Vogel, der eigentlich blos zum Ueberwintern nach Deutschland kömmt, doch230 auch zuweilen daselbst in gebürgichten Gegenden nistet.

2. . Miliaria. die graue Ammer. E. grisea, subtus nigro-maculata, orbitis rufis. *

3. . Hortulana. der Ortolan, Kornfink, die Fettammer, Windsche Goldammer. E. remigibus nigris: primis tribus margine al - bidis, restricibus nigris: lateralibus duabus extrorsum nigris. *

Nisten in Weinbergen: nähren sich besonders von Hirsen, davon sie vorzüglich schmackhaft und fett werden.

4. . Citrinella. die Goldammer, der Emmer - ling. E. rectricibus nigricantibus: extimis duabus latere interiore macula alba acuta. *

Vertilgt die Kohlraupen; zieht sich im Winter nach den Dörfern ꝛc. brütet oft viermal im Jah - re. lernt Finkenschlag, und fingt ungewönlich lange, nämlich vom Hornung bis im August.

5. Schoeniclus. die Rohrammer, der Rohr - sperling, Moosemmerling. E. capite ni - gro, corpore griseo nigroque, rectricibus extimis macula alba cuneiformi.

Im Schilf und auf sumpfichten Wiesen. Die Männchen allein streichen im Herbste weg, so daß alsdenn lauter Weibgen zu sehen sind.

53. fringilla. Rostrum conicum rectum acuminatum.

1. . Caelebs. der Buchfink, Gartenfink, Rothfink, Waldfink. F. artabus nigris, re - migibus utrinque albis; tribus primis imma - culatis, rectricibus duabus oblique albis. *

231

Der Finken Gesang ist überaus mannichfaltig, so daß man wol zwanzig verschiedene Gattungen zählt, die von den Vogelstellern mit eignen Nah - wen belegt, und verschiedentlich geschätzt werden. Mehrentheils schlagen die Finken in jedem Revier von sechs oder mehr Meilen in die Runde über - ein, und die in den benachbarten Gegenden wie - der anders. Oft hat aber auch ein Fink drey - viererley Gesang, mit dem er abwechselt. Die Streichzeit dieser Thiere ist um Michaelis, und dauert vier Wochen lang. Sie fallen, zumal bey neblichtem Wetter, leicht auf den Heerd, und lassen sich willig durch geblendete Finken locken. Sonsten sind sie schlaue Thiere, die den Raubvö - geln und den Garnen auf mannichfaltige Weise zu entgehen wissen.

2. . Montifringilla. der Bergfink, Tannen - fink, Rothfink, Mistfink, Rowert, Schnee - fink, Winterfink, Quäckfink, Nikawitz, Gegler. F. alarum basi subtus flavissima. *

Findet sich häufig auf den Harz, und über - haupt in Tangelwäldern, zieht sich aber des Win - ters nach den Dörfern, um seine Nahrung auf dem Mist zu suchen.

3. Carduelis. der Stieglitz, Distelfink. F. fronte et gula coccineis, remigibus antror - sum flavis: rectricibus duabus extimis me - dio reliquisque apice albis. *

Ein überaus artiges Thier, was sich durch sehr viele vortheilhafte Seiten empfiehlt. Es ist der schönste hiesige Sangvogel, der Jahr aus, Jahr ein im Käficht fingt, sehr leicht zahm wird, und selbst zum freyen Aus - und Einstiegen zu gewöh - nen ist. Er erreicht dabey ein Alter von zwan - zig und mehr Jahren, und frißt in der Wildnis232 Distelflocken und anderes unnützes Futter. Mit der Canarien-Sie giebt er schön gezeichnete Ba - starben, die die Taille der Mutter, und nicht des Vaters kurze Beine, aber seine schönen Far - den haben.

4. Canaria. der Canarienvogel. F. rostro corporeque albo flavescente, restricibus re - migibusque virescentibus. *

Dieses Thier ist zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts aus den Canarischen Inseln nach Europa gebracht worden, wo es nun gänzlich eingewohnt, und schon wie andres Hausgeflügel in mehrere Varietäten ausgeartet ist. Die Haupt - Verschiedenheit reducirt sich auf die Farbe: es giebt graue, grünliche, hochgelbe und semmelfarbne Canarienvögel; auch Kakerlaken mit rothen Au - gen. Nächst seinem eignem anmuthigen Gesang ahmt der Canarienvogel auch gern Nachtigallen - schlag nach, und lernt sehr richtig Lieder pfeiffen. Er wird überaus zahm, so daß er seinen Herrn kennen lernt, zum Ein - und Ausfliegen, und so gar zum Blüten in der Wildnis zu gewöhnen ist. Man kann den kleinen Krankheiten, die dieses Thier, so wie andere Sangvögel, zuweilen befallen, dadurch vorbeugen, daß man ihnen mit unter Sa - latsaamen, ein Stückgen Apfel, Zucker, ein we - nig Hünerdarm (alfine media) oder Bingelkraut (mercurialis annua) zu fressen gibt, und zu Zei - ten etwas Safran, Süsholz und besonders Eisen - rost unter ihr Saufen thut.

5. . Spinus. das Zeisgen, der Erlenfink. (Ligurinus, acanthis) F. remigibus medio luteis: primis quatuor immaculatis, rectri - cibus basi flavis, apice nigris. *

233

Ein sehr gelehriger Vogel, der leicht zum Was - serziehn, und zum Ein - und Ausfliegen zu ge - wöhnen ist, auch Lieder pfeiffen lernt, und mit der Canarien-Sie Bastarden giebt. Er thut den Hopfengärten Schaden, fällt im Herbst Schaa - renweis auf die Ellern, hält sich aber sonst am liebsten in grossen Tangelwäldern auf, und nistet ganz einsam auf den höchsten Tannengipfeln; da - her sein Nest freylich selten gefunden wird, und zu allerhand abgeschmackten Fabeln Anlaß gegeben hat. *)Günthers Nester und Eyer versch. Vögel, durch Wirsing. Taf. X. Ein Nest, was zahme Zeisgen in der Stube gebaut, s. in Dresdn. Magazin 1. Th. Taf. 1.

6. . Cannabina. der Hänfling. F. remigibus primoribus rectricibusque nigris, utroque margine albis. *

Der Hänfling nistet in Wacholderbüschen, wird sehr kirre, verliert aber im Käficht seine schöne braunrothe Farbe. Er singt durchs ganze Jahr, lernt Lieder pfeiffen, und ahmt auch Nachtigallen - Gesang nach. Die Bastarden, die man mit den Hänflingsmännchen und der Canarien-Sie er - zielt, sind überaus schön gelb und roth gezeich - net, und gegen die Weise anderer Bastar - den, nebst ihrer ganzen Nachkommenschaft frucht - bar. **)Sprenger, opusc. physico-mathemat. p. 40. sqq.

7. . Linaria. das Citrinchen, Steinschöß - lein, der Flachsfink, Carminhänfling. F. remigibus rectricibusque fuscis, margine ob - solete pallido, litura alarum albida. *

Zumal beym Männchen ist Brust und Hals un - gemein schön carminroth gesprenkelt, hat einen234 sanften lieblichen Gesang, wird sehr zahm, und läßt sich, wie das Zeisgen, zum Wasserziehen und änlichen Kunststücken abrichten. Die Gatten lieben einander sehr zärtlich, und schnäbeln sich wie die Tauben.

8. . Domestica. der Sperling, Spaz F. re - migibus rectricibusque fuscis, gula nigra, temporibus ferrugineis. *

Freylich für Gärten und Feld ein schädliches Thier, was aber doch auch seine guten Seiten hat, die man nicht so ganz miskennen sollte. Der Sperling vertilgt unzäliges Ungeziefer, hat ein gutes eßbares Fleisch, wird ungemein kirre, und lernt vieler Vögel Gesang recht artig nachpfeiffen. Zum Liebesgeschäfte ist er ganz unglaublich auf - gelegt, und brütet viermal im Jahre. Am be - sten vertilgt man die Sperlinge, wenn mau gleich im Sommer die Jungen tödtet; denn das Weg - schössen im Winter hilft wenig, da diese Thiere im Herbst und Frühjahr wegstreichen, und folg - lich statt der geschossenen im folgenden April doch neue an dieselbe Stelle kommen.

54. motacilla. Rostrum subulatum re - ctum: mandibulis subaequalibus.

1. . Luscinia. die Nachtigall, Philomele. M. rufo-cinerea, armillis cinereis.

Die Nachtigall gehört unter die wenigen Thie - re, die sich durch einen ausschließlichen Vorzug vor der ganzen übrigen beseelten Schöpfung aus - zeichnen. Sie wird eben so sehr durch ihre me - lodische Stimme, als der Pfau durch die Schön - heit seiner Federn, oder der Adler durch seinen Edelmuth und Tapferkeit, über alle andere Vögel erhoben, und die unbeschreibliche Anmuth ihres235 Gesanges wird durch die romantischen Bilder von klagender Liebe, von einsamen dunkeln Gebü - sche und Sommernächtlicher Stille noch immer reizender. Sie kommt im April in unfern Ge - genden an, und zwar treffen die Männchen vier - zehn Tage früher als ihre Weibgen ein. So lange sie ihre Gattin locken, singen sie fast die ganze Nacht durch, nach der Begattung aber, und wenn die Weibgen schon dem Brütgeschäfte obliegen, nur nach Mitternacht. Sie sind un - gemein neugierige Thiere, und daher, zumal in den ersten Frühlingsmonaten, leicht zu fangen. Sie leben isolirt, und wo sich, zumal zur Brunst - zeit, mehrere Männchen in einer stillen Inse - ctenreichen schattichten Gegend zusammentref - fen, fechten sie äusserst hitzig gegen einander, und der stärkste tödtet oder verjagt seine Ri - valen; daher das Wegfangen der Nachtigallen weniger Nachtheil hat, als insgemein ge - glaubt wird, weil doch nur wenige in einem Revier zusammen leben, viele aus Mangel eines schicklichen Wohnplatzes umkommen, und der Gefangenen Stelle gar bald durch andere ersetzt wird. Sie Hecken sehr leicht in Zimmern; die Jungen sind aber mühsam und kostbar aufzuzie - ben, und müssen doch zu alten singenden Nachti - gallen gehängt werden: well sie sonst nicht leicht, und nur schlecht von selbst schlagen, und ehe an - derer Vögel Gesang, den sie etwa hören, anneh - men. Ueberhaupt kan man diese Thiere nicht leicht über sechs oder acht Jahre in der Gefangen - schaft erhalten: doch dauern sie besser und schla - gen schöner, wenn sie im Zimmer frey her - um fliegen können, als wenn sie in Käfichte ver - sperrt werden.

236

2. Modularis. die Grasmücke, Baum - nachtigall, Braunelle. M. supra griseo-fu - sca, rectricibus alarum apice albis, pectore caerulescente-cinereo. *

Ein kirrer menschenfreundlicher Vogel, der einen leisen artigen Gesang hat, und der Nach - tigall in der Bildung und auch im Betragen änelt.

3. . Curruca. die graufleckichte oder fahle Grasmücke. M. supra fusca, subtus albida, rectricibus fuscis: extima margine tenuiore alba. *

Das gutmüthige Thier, was sich dem Bebrü - ten und der Pflege der jungen Kukuke unterzieht, und auch seine eignen Jungen mit ungemeiner Zärtlichkeit besorgt.

4. . Ficedula. der braune Fliegenschnäpper. M. subfusca, subtus alba, pectore cinereo ma - culato. *

5. . Alba. das Ackermännchen, die weisse oder graue Bachstelze. M. pectore nigro, rectricibus duabus lateralibus dimidiato-ob - lique albis. *

Ein unruhiges muntres Thier, was in Hol - wegen und Holzstoffen nistet, doch leicht zahm wird, aber keine sonderliche Stimme hat.

6. . Flava. die gelbe Bachstelze. M. pectore abdomineque flavo, rectricibus duabus late - ralibus dimidiato oblique-albis. *

Hat fast die schöne gelbe Farbe des Kirschvo - gels, und im Frühjahr einen artigen hellen Gesang; hält sich in schattichten Gründen an kie - sichten Bächen auf, ist aber schwer zu fangen und zu zähmen.

237

7. . Oenanthe. das Weiskehlgen. (vitiflo - ra) M. dorso cano, fronte alba, oculorum fascia nigra. *

8. Rubetra. das Braunkehlgen. M. nigri - cans, superciliis albis, macula alarum alba, gula pectoreque flavescente. *

9. . Atricapilla. der Klosterwenzel, Mönch. M. testacea, subtus cinerea, pileo obscuro. *

10. Phoenicurus. das Schwarzkehlgen. M. gula nigra, abdomine caudaque rufis, capi - te dorsoque cano. *

Nistet in altem Gemäuer, singt anmuthig.

11. Erithacus. Das Rothschwänzgen. M. dorso remigibusque cinereis, abdomine re - ctricibusque rufis: extimis duabus cinereis. *

12. Suecica. Das Blaukehlgen, die Was - sernachtigall. M. pectore ferrugineo cingu - lo caeruleo, rectricibus fuscis versus basin ferrugineis. *

Das himmelblaue Brustschild, mit dem weissen Fleck in der Mitte, giebt diesem Vogel, der auch in deutschen Schwarzwäldern, auf dem Harz ꝛc. nicht gar selten ist, ein überaus schönes Ansehn. An Bildung kommt er dem Rothkehlgen, in der Stimme aber der Nachtigall am nächsten. Er sing nicht so laut als diese, übrigens aber fast eben so schön. Im April findet man vor Son - nen Auf - und Niedergang fast immer ihrer vier zusammen auf einem Baum sitzend, die in die Wet - te fingen: da sie dann, zumal mit Leimruthen, leicht zu fangen sind.

13. Rubecula. Das Rothkehlgen, Roth - brüstgen (erithacus). M. grisea, gula pe - ctoreque ferrugineis. *

238

Ein beisiges Thier, was leicht andre Vögel im Bauer tödtet, und in der Wildnis keine Nachbarn um sich rum leidet, was aber angenehm singt, und Nachtigallen Schlag ablernt. Sie werden in der ersten Stunde, da man sie einfängt, zahm; und sind auch zum Ein - und Ausfliegen zu gewöh - nen.

14. Troglodytes. Zaunkönig, Schneekönig, Winterkönig. M. grisea, alis nigro cinereo - que undulatis.

Ein muntrer kleiner Vogel, der einen hübschen Gesang hat, in altem Gemäuer nistet, und im Winter an den Zäunen herum sein Falter sucht. Daß er nie der Gefangenschaft gewöhne*)Rollenhagens Froschmäusler. 2. B. 2. C., ist irrig. Er kan sowol im Zimmer rum fliegend, als auch im Käficht lange Zeit erhalten werden, braucht aber freylich viel Wartung, abwechseln - des Futter ꝛc.

15. Trochilus. Der Sommerkönig, Wei - denzeisig (Asilus). M. cinereo-virens, alis subtus tectricibus flavescentibus, superciliis flavis. *

Ist in der nördlichen Erbe zu Hause, variirt aber nach Verschiedenheit des Clima in den Far - den.

16. Regulus. Das Goldhähnchen. M. re - migibus secundariis exteriori margine flavis, medio albis, crista verticali crocea. *

Der allerkleinste Europäische Vogel, der le - bend ohngefähr ein Quentchen wiegt, und der sein goldgelbes Federbüschgen, fast wie der Cacadu und wie der Wiedehopf, aufrichten und zurück schlagen kan. Er macht sich ein artiges beutel -239 förmiges Nest, was er in Schwarzwäldern an hohe Bäume befestiget, hüpft wie der Zaunkönig im Winter an den Zäunen herum, und muß mit feinen Sand geschossen werden.

55. parus. Meise. Rostrum integerrimum, basi setis tectum.

Die Meisen amüsiren weniger durch ihren Ge - sang, als durch ihr ungemein lebhaftes Naturell und ihr possierliches Betragen. Sie klettern wie die Spechte, sind überaus neugierig, und lassen sich, leichter als andere Vögel, zu allerhand künstlichen Handlungen abrichten. Im Zimmer eingesperrt, kan man sie nicht leicht über ein Jahr erhalten, daher man sie zum Ein - und Ausflie - gen gewönen muß; was sie aber, wenn sie auch gleich nicht aus dem Neste auferzogen worden, doch sehr leicht lernen. Sie sind überaus frucht - bar, legen meist ein Dutzend Eyer und drüber, sind aber gleichsam Raubvögel in dieser Ordnung, die sogar Leichen auf Hochgerichten befressen, und andern kleinen Sangvögeln die Köpfe aufhacken; daher man sie nicht leicht mit diesen zugleich in einem Bauer erhalten kan.

1. Cristatus. die Haubenmeise, Schopf - meise, Robelmeise. P. capite cristato, col - lari nigro, ventre albo. *

Nistet in altem Gemäuer, holen Bäumen, Stein - ritzen ꝛc. Ist leicht zu zähmen, aber minder ge - lehrig als andere Gattungen dieses Geschlechts. Hingegen ist ihre Stimme angenehmer, und hat mannichfaltige Abwechselung.

2. Major. die Kohlmeise, Spiegelmeise, Finkmeise. P. capite nigro, temporibus al - bis, nucha lutea. *

240

Ein schön gezeichnetes Thier, was sehr kirre wird, und zumal im Winter in die Dörfer und auf die Höfe kömmt, um Nahrung zu suchen.

3. Caeruleus. Die Blaumeise, Pimpelmei - se. P. remigibus caerulescentibus: primori - bus margine exteriore albis, fronte alba, ver - tice caeruleo. *

Ebenfalls ein sehr schönes, aber dabey zärtli - ches Thier. Die Blaumeisen streichen nicht in so grosser Anzal als die Kohlmeisen, aber kurz vor ihnen her; so daß man da, wo sie sich nieder - lassen, in wenigen Minuten eine grosse Schaar Kohlmeisen erwarten kan.

4. Palustris. Die Plattenmeise, Aschmeise, Bymeise. P. capite nigro, dorso cinereo, tem - poribus albis. *

5. Caudatus. Die Schwanzmeise, Schnee - meise, Zogelmeise, der Pfannenstiel. P. vertice albo, cauda corpore longiore. *

Ein schwächliches Thier, was nicht leicht int Zimmer zu erziehn ist. Legt zwanzig Eyer, und baut sich an Baumstammen ein beutelförmiges Nest von Moos, Haaren, Wolle und Spinnwe - ben, füttert es inwendig mit weichen Pflaumen aus, und bekleidet es, uns zu verbergen, von ausen mit dem nämlichen Moose, womit der Baum, an welchem es nistet, bewachsen ist.

6. Biarmicus. Das Bartmännchen, der Indianische Sperling ([La] Moustache) P. vertice cano, cauda corpore longiore, capi - te barbato.

7. Pendulinus. Die Beutelmeise, Pendu - linmeise, der Remiz, Cottonvogel. P. ca - pite subferrugineo, fascia oculari nigra, re -241 migibus rectricibusque fuscis margine utro - que ferrugineo.

Baut sich ein ungemein künstliches Beutelför - miges Nest von Pappelwolle ꝛc. läßt zwey Oeff - nungen daran zum Ein - und Ausflug, und hängt es, fast wie der Jupujuba das seinige, an einem dün - nen Aste auf.

56. hirundo. Schwalbe. Rostrum mini - mum incurvum, subulatum, basi depressum.

Die Schwalben zeichnen sich durch ihre Bil - dung, durch ihre zwitschernde Stimme und durch ihre Lebensart von den übrigen Thieren dieser Ordnung aus. Sie gehen fast nie, sondern ver - richten ihr Geschäfte meist fliegend oder sitzend. Sie haben einen weiten Rachen, und wissen da - mit sehr geschickt die Insecten aus der Luft oder überm Wasser im Flug wegzuschnappen. Ueber ihren Winteraufenthalt ist seit Aristoteles Zeiten sehr verschieden geurtheilt worden. Viele berühm - te Männer haben behauptet, daß sich die Schwal - ben im Herbste in Sümpfe verkröchen, und da bis künftigen Frühjahr im Winterschlaf begraben lägen. Andre haben hingegen die Schwalben zu den Zugvögeln gerechnet, und geglaubt, daß sie, wie so viele andre Thiere dieser Classe, den Win - ter in mittäglichen Zonen zubrächten. Nach den Erfahrungen dieser Männer und nach unsern eig - nen Untersuchungen sind wir überzeugt, daß die Rauchschwalbe und Hausschwalbe im Herbst von uns ziehn, die Uferschwalbe hingegen bey uns bleibt, und im Schilf schlafend überwintert.

1. Rustica. Die Rauchschwalbe. (hirundo domestica quorumdam) H. rectricibus, exce - ptis duabus intermediis, macula alba notatis. *

242

Baut innerhalb der Hauser im Hausärn, un - ter den Rauchfängen ꝛc. und wält meist einen höl - zernen Brandnagel zur Basis des Nests.

2. Esculenta. H. rectricibus omnibus macula alba notatis.

Baut die berufnen Indianischen oder Tunkins - nester an den Ufern der Flüsse von Sina, Cochin - china ꝛc. aus gewürzhaften gallertigen Seegewäch - sen, Tremellen ꝛc.

3. Urbica. Die Hausschwalbe. (hirundo agrestis s. rustica aliorum) H. pedibus hirsu - tis, rectricibus immaculatis, dorso nigro cae - rulescente, tota subtus alba. *

Nistet auserhalb der Hänser unterm Dache, an den Fenstern ꝛc.

4. Riparia. Die Uferschwalbe, Erdschwal - be. H. cinerea, gula abdomineque albis. *

Baut in Leimengruben, Sandhügeln ꝛc.

5. Apus. Die Mauerschwalbe, Stein - schwalbe. H. nigricans, gula alba, digitis omnibus quatuor anticis. *

Nistet in alten Thürmen, Kornböden, Kirchen ꝛc.

57. caprimulgus. Rostrum modice in - curvum, minimum, subulatum basi depres - sum, vibrissae ciliares; unguis intermedius introrsum ciliatus.

1. Europaeus. Die Nachtschwalbe, Hexe, der Ziegenmelker, Ziegensauger, Nacht -243 rabe, Tagschläfer. C. narium tubis ob - soletis. *

Ein schön marmorirtes Thier, was seinen Geschäften blos des Nachts nachgebt, und im Flug beständig schnurrt. Die Beschuldigung, daß es den Ziegen die Milch aussauge, ist un - gegründet. Es lebt von Nachtfaltern, und ni - stet in schattichten Gegenden zwischen Felsen - ritzen.

244

Sechster Abschnitt. Von den Amphibien.

§. 92.

Wir haben hie warmblütigen Thiere nunmehr absolvirt, und gehen zu den kaltblütigen über; von denen die in den beiden nächsten Classen, nemlich die Amphibien und Fische, ebenfalls ro - thes Blut haben, was sich blos durch seine Kälte vom Blut der Säugthiere und Vögel auszeichnet. (§. 40) Dahingegen die Insecten und Würmer nur einen weissen Saft in ihrem Körper füren, der kaum noch den Namen von Blut verdient.

§. 93.

Die Amphibien und Fische kommen, so wie in der Beschaffenheit des Bluts, so auch in der Einrichtung und Bildung ihres Herzens, mit einander überein: sie sind aber darinn von ein - ander unterschieden, daß jene durch Lungen Athem hohlen, mithin auch Stimme von sich geben können; da die Fische hingegen blos durch Kiefern athmen, und niemals Lungen245 haben, folglich auch sowol als die Insecten und Würmer stumm sind.

§. 94.

Die äussere Bildung der Amphibien ist sehr verschieden. Manche, wie die Schildkrö - ten, Frösche und Kröten, haben einen breiten fla - chen Körper mit vier Füssen. Die Crocodile u. a. Eidexen haben zwar auch vier Füsse, aber einen längern, rundlichen, schlanken und ge - schwänzten Körper. Die Schlangen einen lang - gestreckten, dünnen cylindrischen Körper, ohne Füsse. Und endlich äneln auch viele Thiere dieser Classe in ihrer äussern Bildung den Fi - schen, sind eben so wie diese mit Flossen verse - hen u. s. w. Vermuthlich ist diese Verschieden - heit in der Gestalt der Amphibien Ursache ge - wesen, daß sie von den ältern Naturforschern gar nicht für eine eigene Thierclasse angesehen, sondern theils den Fischen, theils auch den Säu - gethieren ꝛc. zugesellt und untergeschoben wor - den sind.

§. 95.

Auch die Bekleidung des Körpers der Am - phibien ist weit verschiedener, als bey den be - nachbarten Classen. Einige sind mit einer kno - chichten Schaale, wie mit einem Gehäuse über - zogen, in das sie Kopf und Gliedmaaßen fast ganz zurückziehen können. Andere sind mit kno -246 chichten Reifen oder mit zahlreichen kleinen Schildgen, andere mit Schuppen bedecket, und noch andere haben eine ganz glatte, nur mit Schleim überzogene Haut.

§. 96.

Die Amphibien überhaupt sind neuerlich vom Ritter Linne*)Syst. nat. T. I. p. 397. und verschiedenen seiner Nach - folger für abscheuliche, widrige, eckelhafte Ge - schöpfe, und gleichsam für Auswurf der übri - gen thierischen Schöpfung verschrien worden. Beym Ritter hatte dieser Widerwille, wie uns gesagt worden, einen körperlichen natürlichen Grund, da er für jeden kleinen Frosch, so wie viele Leute für Kröten ꝛc. zurück bebte: al - lein ein Philosoph sollte doch seine Idiosyncra - sien nicht für Gesetze der Natur verkaufen; und so gern wir uns auch bescheiden, daß manche dieser Thiere in ihrer Bildung und Naturell viel widriges haben, so unbillig finden wir es doch, ihrentwegen alle Amphibien überhaupt zu verrufen. Selbst unter unsern hieländischen Amphibien giebt es einige, wie die grüne Ei - dexe, den Laubfrosch ꝛc. die in Rücksicht ih - rer schönen Farben, ihres stinken, und doch unschuldigen Betragens, den artigsten Thie - ren anderer Classen an die Seite gesetzt wer - den dürfen.

247

§. 97.

Den mehresten Amphibien ist, wie schon die Benennung der ganzen Classe andeutet, Wasser und Land zum gemeinschaftlichen Auf - enthalt angewiesen. Die meisten gehen will - kührlich in beiden Elementen ihren Geschäften und ihrer Nahrung nach. Manche bringen hingegen entweder eine bestimmte Periode ihres Gebens, oder gewisse Jahrszeiten blos in einem von beiden zu; und andere heissen endlich abusive Amphibien, da sie blos fürs Land, oder blos fürs Wasser und nicht für beides zugleich bestimmt sind. Von den Landthieren dieser Classe, leben viele in dumpfichtem, feuchtem Dickicht, und die könnten freylich Linne's nachtheilige Aeuserung rechtfertigen; andere aber suchen sich auch recht trockne, anmuthige, der Sonnenwärme ausge - setzte Gegenden zur Wohnung aus; manche le - ben gar auf Bäumen u. s. w.

§. 98.

Die Nahrungsmittel der Amphibien sind überaus mannichfaltig. Manche leben von le - bendigen warmblütigen oder kaltblütigen Thie - ren, von Insecten, Conchylien, Fischeyern; an - dere von Aas, vom Miste anderer Thiere; viele aber von blos vegetabilischen Substanzen, Pflan - zen-Wurzeln ꝛc. Sie sind überhaupt in der Wahl ihrer Speise nicht eckel, und fast an gar keine besonders bestimmte Alimente gebunden. 248Sie transspiriren dabey wenig, und ihre Nu - trition geht auch sehr langsam von statten, da - her sie zum verwundern lange hungern kön - nen. Wir selbst haben Laubfrösche, aus Mangel der Fliegen, den Winter durch fastend erhalten, und von vielen Eidexen und Schlangen weiß man, daß sie ein ganzes Jahr, von Schildkrö - ten aber, daß sie anderthalb Jahre ohne alle Nahrungsmittel gelebt haben.

§. 99.

Fast alle Amphibien, wenigstens die in den kältern Zonen, verschwinden im Herbst, verkrie - chen sich ins Gebüsche oder in Sümpfe, und halten Winterschlaf. Daß aber einigen, z. E. den Fröschen die Zeit über das Maul mit einer Schleimhaut verschlossen sey, ist eine irrige Sage, wozu vermuthlich die Häutung dieser Thiere im Frühjahr, Anlaß gegeben hat.

§. 100.

Die Amphibien sind mit mancherley Waf - fen zum Angriff und zur Vertheidigung be - wehrt. Manchen, wie den Crocodillen und Wasserschlangen, kommt schon ihre körperliche Grösse, andern kleinen doch ihr Muth und ihre Geschwindigkeit zu paße. Man hat gesehen, daß der grüne Wasserfrosch oft grosser Hechte Herr worden ist. Er springt ihnen auf die Stir - ne, hält sich, ihrer schnellen ängstlichen Bewe -249 gungen ohngeachtet, fest, und beist ihnen leicht die Augen aus*)Ian. Dubravius de piscinis p. 20 sqq.. Die mehresten Amphibien sind mit zahlreichen spitzigen Zähnen, manche mit Stacheln, viele sonst wehrlose Thiere dieser Classe mit Gift, und der Zitterrochen mit einer sonderbaren erschütternden Kraft, versehen.

§. 101.

Von der andern Seite sind die Amphibien durch ihr äusserst zähes Leben bey weitem mehr als andere Thiere gegen die Anfälle ihrer Feinde geschützt. Man hat Schildkröten geraume Zeit ohne Kopf leben, und Frösche mit aus der Brust gerißnen Herzen rumhüpfen gesehen. Auch die reproductionskraft ist bey diesen Thieren ungemein stark; und sie sind daher, zumal wenn sie noch jung sind, ganz vorzüglich geschickt, um Versuche über diese merkwürdige Lehre an ihnen anzustellen.

§. 102.

Die eheliche Verfassung der Amphibien hat ungemein viel sonderbares. Es werden die - se Thiere in Verhältnis ihrer Grösse und ihres Alters erst sehr spät, wie unsre Frösche erst im vierten Jahr, mannbar, nachher ist aber auch der Begattungstrieb, zumal bey den Männchen, ganz unwiderstehlich heftig, so daß man Bey - spiele von Fröschen hat, die in Ermangelung250 einer Gattin, andre männliche Frösche, oder tod - te Weibgen, oder Kröten besprungen haben. Bey den mehrsten mit Füssen versehenen Am - phibien werden die Weibgen von ihren Männ - chen zur Begattungszeit mehrere Tage ja Wo - chen lang umfaßt, und man kann diesen wären - der Zeit ehr die Beine vom Leibe reißen, als daß sie ihre Geliebte los lassen sollten. Bey vielen dieser Thiere hat keine wirkliche Begat - tung statt, sondern das Männchen befruchtet erst alsdann die weiblichen Eyer, wenn sie schon aus dem Leibe der Mutter herausgetreten sind.

§. 103.

Einige Amphibien gebaren lebendige Jun - ge, die mehrsten hingegen legen Eyer, und die Viper macht gleichsam den Uebergang von den lebendig gebärenden zu den eyerlegenden Thieren. Sie gibt zwar wirklich Eyer von sich, in welchen aber die jungen Vipern schon fast völlig entwi - ckelt da liegen, und nur noch wenige Tage lang auser dem Leibe der Mutter folgends ausgebil - det, und zum Auskriechen geschickt werden*)Harvey Exerc. de partu p. 341. 345..

§. 104.

Die Amphibien können so wenig als andre kaltblütige Thiere ihre Eyer selbst bebrüten. Sie überlassen dieß der Sonnenwärme, und ge - ben daher entweder ihre Eyer ins Wasser von251 sich, oder scharren sie in den Sand, oder ver - graben sie, wie die Natter, um die Ausbildung der Jungen zu beschleunigen, in Misthaufen. Nur die weibliche Pipa streicht sich ihren Laich aus den Buckel, drückt und reibt ihn recht in die Haut ein, und last so ihre Jungen auf ihrem Rücken auskriechen.

§. 105.

Nicht alle Amphibien kommen gleich in ih - rer vollkommnen Gestalt zur Welt, sondern ver - schiedne müssen sich in ihrer Jugend erst noch ei - ner Art von Metamorphose unterziehen, ehe sie die Ausbildung und den völligen Gebrauch aller ihrer Gliedmassen erlangen. Dieß gilt vorzüg - lich von den Fröschen und Eidexen, die in der Gestalt wie sie dem Eye entkriechen, noch we - nig von der Figur haben, die sie im reisern Al - ter erlangen sollen. Sie haben dann noch kei - ne Füsse, von denen erst allmälig zuerst das hin - tere und hernach das vordere Paar zum Aus - bruch kommen soll. Dagegen sind sie mit ei - nem langen fischähnlichen Schwänze versehn, der bey den mehrsten Fröschen in demselben Maas - se allgemach verschwindet, in welchem sich die Beine des Thiergens entwickeln. Diese unvoll - kommenen Geschöpft (larvae) leben blos im Was - ser, wenn sie auch gleich in der Folge das tro - ckene Land zu ihrem Aufenthalt wählen; und das blosse Athemholen durch Lungen würde ihnen252 für dieses Element nie zureichend seyn, wenn sie nicht für diese Zeit, doch oft nur wenige Ta - ge durch, auch mit einer Art von Kiefern oder branchiis hinter den Ohren*)Appendices fimbriatae Swammerdammii. versehen wären. Manche haben auch noch einige Zeit nachher zwey besondere gestreifte Eingeweide oder After - lungen neben den wahren Lungen in der Brust, die wohl ebenfalls das Respiriren erleichtern sol - len. Manche solche Larven aus dem Froschge - schlechte (Kaulquappen, Roßnägel, Roß - köpfe, gyrini, ranabottoli) sind überdem auch an der Unterlefze mit einer kleinen Röhre versehen, mittelst deren sie sich, der Sicherheit wegen, an Wasserpflanzen ꝛc. fest saugen kön - nen. Endlich haben auch einige blos auf der linken Seite des Kopfs neben den Augen einen kleinen Schlauch oder Blase, wodurch sie das eingeschluckte Wasser, wie die Fische durch die Kiefern, wieder von sich sprühen können.

§. 107.

Auserdem ziehen auch manche Amphibien zu gewissen Jahrszeiten ihre Oberhaut (epider - mis) ab, oder häuten sich, ein Geschäfte, was dem Mausern der Vögel, und dem Haarwechseln vie - ler Säugthiere änelt. Die Schlangen werfen dabey eine ziemlich feste Haut (Natterhemd) ab, in der die Eindrücke der Schuppen ꝛc. zu sehn sind. Von Fröschen und Eidexen hin -253 gegen geht nur ein schleimichter, im Wasser bald zerfliessender, Ueberzug herunter.

§. 108.

Das Gehör und Gesicht der mehrsten Am - phibien, zumal der Frösche und Eidexen, ist ausnehmend sein, ihr Gefühl hingegen und auch wol ihre übrigen Sinne stumpf. Geleh - tig sind diese Thiere wol sehr wenig. Freylich hat mans noch nicht der Mühe werth ge - funden, über ihre Talente zu experimentiren, aber ihre ganze Geschichte, ihr Naturell, ihre In - stincte scheinen schon an sich gar wenig zu ver - sprechen.

§. 109.

Das Alter der Amphibien ist sehr verschie - den, und es passen bey ihnen die die wenigsten Schlüsse, aus denen man sonst mit viel Grund aufs Alter anderer Thiere schliessen kan. Un - sere Frösche z. E. werden erst im vierten Jahre mannbar, und erreichen dem ohngeachtet nur ein Alter von zwölf bis sechszehn Jahren. Hin - gegen behauptet man, daß die Crocodile, die großen Schildkröten*)Lettres edifiantes T. XVI. u. a.m. auf hundert Jahre und drüber, leben sollen.

§. 110.

Der Nutzen der Amphibien fürs Men - schengeschlecht ist einfach, aber theils sehr be -254 trächtlich. Erstens vertilgen sie doch viel schäd - liche Insecten, Schnecken ꝛc. sodann werden viele zur Speise verwandt. Vorzüglich unzälige Schildkröten und ihre Eyer so auch verschiedene Frösche und Eidexen, Neunaugen, Störe, Rochen ꝛc. Schildplatt und Hausenblasen werden zu Kunstsachen verarbeitet. Arzneyen gibt diese Classe wenig. Vielleicht sind Kröten ein wichtiges Mittel gegen den Krebs. Froschlaich wird zu Pfla - ster, Ottern - und Natter-Fette ehedem zu Augensal - be, und der Stincus zu andern Zwecken verbraucht.

§. 111.

Der Schade der Amphibien steht mit ih - rem Nutzen in ziemlichem Verhältnis. Der grö - ste Nachtheil ist wol der, daß sie andere nuz - bare Thiere, Fische und deren Eyer ꝛc. vertil - gen, Pflanzen Wurzeln abfressen u. s. w. Gegen die fürchterlich grossen Amphibien oder gegen das Gift der kleinern hat Vorsicht und Erfarung die Menschen sich ziemlich sichern gelehrt.

§. 112.

Die Amphibien lassen sich am schicklichsten nach dem Plane ordnen, den der Ritter Linné, dem man überhaupt die Bestimmung der ganzen Classe schuldig ist, darüber entworfen hat. Er ist auf dem ganzen Habitus dieser Thiere ge - gründet, und begreift nur drei Ordnungen.

255

I. Reptiles. Die Amphibien mit Füssen. Schildkröten, Frösche, Eidexen.

II. Serpentes. Die Schlangen. Ohne Füsse, Floßfedern oder andere äussere Gliedmaaßen; sie haben einen cylindri - schen langgestreckten Körper, kriechen auf dem Bauche, und bewegen sich wellen - förmig.

III. Nantes. Die Amphibien mit Floßfe - dern, mittelst deren sie wie die Fische im Wasser schwimmen.

Die Siren lacertina*)Linn. amoen. acad. Vol. VII. Ellis in Philos. Trans. Vol. LVI. aus Süd-Carolina, die Linné, doch erst spät und mit eigenem Gefühl von Zwei - fel und Ungewißheit, in eine besondere vierte Ord - nung (meantes) gesetzt hat, ist nach der Analogie zu schließen, besonders auch der Ohrkiefern (§. 105.) wegen, doch wol nur ein noch unvollkomme - nes Geschöpf, eine Larve.

256

I. REPTILES.

Alle Thiere dieser Ordnung sind, wenigstens wenn sie ihre vollkommne Gestalt erlangt haben, mit vier Fußen versehn, die nach dem verschied - nen Aufenthalt dieser Thiere entweder freye, oder durch eine Schwimmhaut verbundene, oder gar wie in eine Flosse verwachsene Zehen haben. Sie legen sämmtlich Eyer, und manche von ihnen sind überaus fruchtbar.

1. testudo. Schildkröte. Corpus testa obtectum, cauda brevis, os mandibulis nu - dis edentulis.

Die Schildkröten sind wol die trägsten phleg - manschten Geschöpfe in der Natur. Auch ihr Wachsthum und übrige Lebensgeschäffte gehen auserordentlich langsam von statten, so daß man rechnet, daß eine Schildkröte binnen zwanzig Jah - ren nur wenige Zolle an Größe zunehme. Die mehresten sind mit einer breiten knochichten sehr festen Schaale bedeckt, in die sich das Thier im Nothfall fast wie eine Schnecke in ihr Haus zu - rückziehen kan. Der Obertheil dieser Schaale, oder das Rückenschild ist mit dem Rückgrade und den Rippen des Thiers verwachsen, und mit den breiten hornichten Schuppen belegt, die bey man - chen Gattungen so stark und schönfarbicht sind, daß sie zu Kunstsachen verarbeitet werden. Der Untertheil oder das Bauchschild ist etwas kleiner als das obere, und mit Ausschnitten für Kopf, Schwanz und Füsse versehen.

257

1. Membranacea T. pedibus pinniformibus, un - guiculis tribus, testa dorsali membranacea ovata grisea striata. *

Ein artiges kleines Thier, was wir aus Guiana erhalten haben, und von den bisher bekannten*)Com. Roncalli Censur. medic. univ. p. 131. Pennant in Philos. Trans. Vol. LXI. P. I. weichschaalichten Schildkröten verschieden ist.

2. Imbricata. Die Carette. T. pedibus pinni - formibus, testacordata subcarinata, margine serrato: scutellis imbricatis latiusculis, cau - da squamata. *

Findet sich in beiden Indien; zumal häufig an den Antillen. Man nimmt das beste Schildpatt von ihr, und die Wilden brauchen ihr Fett als Arzney.

3. Mydas. T. pedibus pinniformibus, ungui - bus palmarum binis, plantarum solitariis, testa ovata. *

Die gröste und stärkste Schildkröte, die wol mit Lasten von sechs und mehrern Centnern, die man ihr auf den Rücken legt, fortkriecht. Sie ist vorzüglich auf den Inseln der Oceane zu Hause, und wird wegen ihres schmackhaften Fleisches und ihrer zalreichen Eyer, besonders für die See - farenden wichtig.

4. Geometrica. T. pedibus posticis palmatis, testae scutellis elevatis truncatis. *

Ein kleines Thier, ohngefähr von der Grösse einer flachen Hand: es lebt in Ostindien, und hat wegen seines regelmäßigen schwarz und gelb gezeichneten Rückenschilds, ein sehr artiges Ansehn.

258

2. rana. Frösche und Kröten. Corpus nudum, pedibus quatuor, posticis longio - ribus.

Die Thiere dieses Geschlechts haben einen kür - zern Körper und breitern dickern Kopf als die Ei - dexen. Eine einzige Gattung ausgenommen, sind die übrigen ungeschwänzt. Die mehresten haben an den Vorderfüssen freie Zehen, hinten aber Schwimmfüsse.

1. Pipal, die Pipa, Tedo. R. corpore plano, rostro spathiformi, digitis anticis muticis quadridentatis, posticis unguiculatis. *

Die Pipa ist in den Gewässern von Guiana zu Hause, und wird durch die überaus sonderbare und ganz anomalische Weise, mit der die Mut - ter ihre Jungen ausbrütet, merkwürdig. Das Männchen streicht nemlich den Laich, den das Weibchen vorher auf die gewönliche Weise von sich gegeben, demselben auf den Rücken, wälzt sich nachher selbst noch rücklings drüber her, drückt dadurch die Eyerchen in besondere Grübgen die in der Haut des Weibchens befindlich sind, fest; und befruchtet sie hierauf mit seinem Saamen. Diese Eyerchen verwachsen nachher gleichsam mit der Haut der Mutter, bis nach Verlauf von beinah drei Monaten die darin befindlichen Jun - gen zum Ausbruch reif sind, und nach einer kur - zen Verwandlung den Rücken ihrer Mutter ver - lasten können. Denn daß die jungen Pipas aller - dings auch so wie die hieländischen jungen Frösch - chen eine Verwandlung überstellen, wird, gegen die gemeine Meynung, aus einer vollständigen Suite von sechs Exemplaren dieser Thiere erweislich, die wir aus dem akademischen Museum vor uns haben, wo beym einen die noch geschlossen Eyer,259 beym andern die hervorbrechenden geschwänzten Jungen (§. 105.), beym dritten völlig ausgebil - dete ungeschwänzte Jungen u. s. w. zu sehen sind.

2. Cornuta. R. palpebris conicis.

Seba T. I. t. LXXII. f. 1. 2.

Findet sich in Virginien, und hat wegen seiner grossen stieren Augen, und der ungeheuren Tuten - förmigen obern Augenlieder ein sehr sonderbares Ansehn.

3. Paradoxa (Rana piscis quorundam) R. cau - data, femoribus postice oblique striatis. *

Dieses Thier ist im südlichen America zu Hause, Und zeichnet sich durch einen starken fleischichten auf den Seiten plattgedrückten Schwanz von den übrigen Gattungen dieses Geschlechts aus. Es erreicht, gegen die Weise anderer Frösche, bevor es noch völlig ausgebildet worden, doch eine be - trächtliche fast Spannenlange Grösse, häutet sich wärend der Zeit verschiedentlich, und hat in die - sem Zustand zu einer alten Sage von Fröschen, die sich in Fische verwandelten, Anlaß gegeben. Wenn es aber auch gleich seine Metamorphosen überstanden hat, und die Füsse gros gewachsen und völlig ausgebildet sind, bleibt es dennoch ge - schwänzt, wie wir ebenfalls aus einer ganzen Reihe dieser Thiere in ihrer stufenweisen Ver - wandlung, im akademischen Museum, ersehen.

4. Bufo. Die gemeine Kröte. R. corpore ventricoso verrucoso lurido fuscoque*

Rösel Gesch. der Frösche, Taf. 20.

Ein langsames Thier, das wol durch sein schmut - ziges Ansehn, durch seine lichtscheue Lebensart, und dumpfigen Aufenthalt so allgemein verhaßt wor - den, und in den unschuldigen: Verdacht des Gifts260 gekommen ist. Denn daß die Kröten wirklich Gift besässen, das sich sogar Gewächsen mittheilen, und selbst dann noch tödtlich werden könne*)Boccaccio Decameron. Giorn. IV. Nov. 7., ist eben so irrig als die vorgegebne Antipathie zwi - schen diesen Thieren und den Spinnen. Hingegen ist es wol unläugbar, daß man verschiedentlich lebendige Kröten mitten in grossen Steinen, in Marmorblöcken ꝛc. angetroffen hat**)Mehrere solche Fälle s. in Herrn Hofr. Kästners Vorrede zum 3ten B. seiner Ueberf. der Schwed. Abh. Wie lange die Keime der organisirten Kor - per in ihren Hülsen (§. 18.) verschlossen ausdauren können, sieht man an Vogeleyern, die noch nach vielen Monaten zum Bebrüten geschickt bleiben; an Getraide-Saamen, die selbst nach einigen Jahrhun - derten noch ausgekeimt und aufgewachsen sind ꝛc., die aber wol nach im Ey dahinein verschlossen seyn - gen, und vielleicht erst kurz vor ihrer Entdeckung ausgekrochen und erwachsen sind.

5. Bombina. Die Feuerkröte. R. corpore verrucoso, abdomine aurantio-caesio macu - lato, pupilla triquetra. *

Rösel Taf. 22.

Eine muntre kleine Kröte, die sich hin und wieder in Deutschland, in der Schweiz ꝛc. und theils in erstaunlicher Menge, findet. Sie ist am Bauche schon blau und gelb gefleckt, hüpft fast wie ein Frosch, und gibt einen lauten Ton von sich, der einem Gelächter änelt.

6. Temporaria. Der braune Grasfrosch. R. dorso planiusculo subangulato. *

Rösel T. 1.

Die gemeinste Gattung Frösche. Sie hatten sich den Sommer über auf dem Lande, den Winter durch261 aber im Wasser auf. Nach Regenwetter kom - men sie hanfenweis aus dem Gebüsch hervorge - krochen, und diese Erscheinung mag wol zu der alten Sage von Froschregen Anlaß gegeben ha - haben. Sie vermehren sich ungemein stark, so daß sie Landplage werden können, und die Ab - deriten einst zu Cassanders Zeiten würtlich ihrent - halb emigrirten. Sie sind für die Garten nutz - bare Geschöpfe, da sie viel Ungeziefer, Schne - chen, Insekten ꝛc. verzehren, aber auch darum unsicher zu essen sind.

7. Esculenta. Der grüne Wasserfrosch. R. corpore angulato, dorso transverse gibbo, abdomine marginato. *

Rösel Taf. 13.

Leben blos in Teichen und Sümpfen. Die Männchen quaken laut, zumal des Abends bey schönen Wetter, und treiben dabei zwey grosse Blasen aus den Maulwinkeln auf. Sie sind schlau und muthig, so daß sie über weit grössere Thiere Herr werden (§. 100.), und sind ohne Besorgniß zu essen. Zur Begattungszeit bekom - men die Männchen von dieser und der vorigen Gattung schwarze warzichte Knollen an den Dan - wen der Vorderfüsse, womit sie sich äusserst fest um ihrer Weibchen Brust klammern können.

8. Arborea. Der Laubfrosch (Calamites). R. corpore laevi, subtus granulato, pedi - bus fissis, unguibus lenticulatis. *

Rösel Taf. 9.

Ein anmuthiges Thier, was fast in ganz Eu - ropa (doch nicht in England, aber desto häufiger in Italien) und in Nordamerica zu Hanse ist. Ist mit einem klebrichten Schleim, wie die Schne - cken überzogen, der ihm bey seinem Aufenthalt am262 Laub der Bäume, zum Anhängen zu passe kommt. Die Männchen haben eine laute Stimme, die sie, wenn es regnen will, besonders aber zur Paarungs - zeit, und zwar alsdann so laut von sich geben, daß man sie wol Meilen weit hören kann. Sie blasen dabey die Kehle zu einer grossen Kugel, fast so groß als der ganze Leib des Thiers, auf. Zu - weilen verändert sich ihre Farbe ins graue, schwärzliche ꝛc. fast wie beym Chamäleon.

3. draco. Corpus tetrapodum caudatum, ala - tum.

1. Volans. Die fliegende Eidexe. D. brachi - is ab ala distinctis. *

Diese Thiere finden sich in Ostindien und Africa. Die Flügel, die sie zu beiden Seiten des Leibes ha - ben, dienen ihnen, wie dem fliegenden Eichhörn - chen, einen weiten Sprung zu wagen, aber nicht zum ordentlichen Flug wie bey den Vögeln. Im übrigen Körperbau äneln sie der gemeinen Eidexe. Vermutlich haben diese Thiere den Stoff zu den Fabeln von Drachen, Basilisken u. s. w. gegeben.

4. lacerta. Eidexe. Corpus elongatum, pedibus quatuor aequalibus.

1. Crocodilus. Der Nil Crocodil. (Hiobs Leviathan.) L. capite cataphracto, nucha carinata, cauda superne cristis binis latera - libus horrida. *

Der Crocodil ist das größte Thier dieser Ord - nung, was wol eine Länge von 25 Fus erreicht, und hauptsächlich im Nil, dock auch in Ostin - dien zu Hause ist. Seine Grosse, seine Schnel - ligkeit und sein unersättlicher Appetit machen ihn für die Gegenden, wo er sich findet, fürchterlich. 263Er tödtet Menschen und grössere Thiere, und ver - schluckt zugleich, wie manche Vögel (§. 69.), Kieselsteine, um die Verdauung zu befördern. Auch wacht er ausserdem die Fahrt auf den Flüssen ge - färlich, da er leicht Bote umschmeist, in die Fi - scher Netze färt ꝛc. Dabey ist seine Haut zumal auf dem Rücken so harsch, daß sie Flinten-Kugeln widersteht, und er kaum anders als am Bauche zu verwunden ist. Auf ebnem Wege läuft er un - glaublich schnell, kan sich aber nicht wol seit - wärts krümmen, daher man ihm durch Absprünge und Hin - und Widerlaufen entgehen kan. Das Weibchen liegt bey der Begattung auf den - cken, legt hernach auf 100 Eyer, und verscharrt sie in den Sand. Sie haben kaum die Grösse eines Gänseeyes, und werden grossentheils vom Ichneumon (Viverra ichn. ) aufgesucht und aus, gesoffen. Der Crocodil hat eine brüllende Stimme, und soll seinen Auswurf nicht durch dem natürli - chen Weg, sondern wieder durch den ungeheuren Rachen von sich geben. Der Tabac soll ihm töd - lich seyn. *)vesling obs. anat. c. V.

2. Alligator. Der Kaiman, Americanische Crocodil. L. capite imbricato plano, nu - cha nuda, cauda superne lineis binis latera - libus aspera. *

Der Kaiman findet sich im mittlern America, und wird gewönlich nur für eine Spielart des Nil-Crocodils ausgegeben, von dem er sich aber theils durch seine kleinere Statur, vorzüglich aber durch die Bildung seines Körpers und Schwan - les, auszeichnet, die beide nicht mit so scharf hervorstehenden starken Schildern, wie bey jenem Thier, sondern mit weit flackern Erhabenheiten besetzt sind. Dieser ganz specifike Unterschied fällt264 zumal bey den Exemplaren beider Thiere, die im akademischen Museum von gleicher Grösse befind - lich sind, sehr sichtlich in die Augen.

3. Monitor. Die Sauvegarde. L. cauda ca - rinata, corpore mutico maculis ocellatis. *

Ein überaus schönes schwarz und weiß marmo - rirtes Thier, was ohngefär anderthalb Elen lang wird, und sich meist in Gesellschaft des Crocodils aufhalten, und durch den pfeifenden Laut, den es von sich giebt, seinen furchtbaren Gefährten verrathen soll.

4. Agilis. Die grüne Eidexe, Kupfer-Ei - dexe. L. cauda verticillata longiuscula, squa - mis acutis, collari subtus squamis constricto. *

Rösel Gesch. der Frösche, Titelkupf.

Die schönste hieländische Eidexe, die sich über - Haupt im wärmern Europa und in Ostindien fin - det. Am Bauche ist sie zuweilen ganz kupfer - farben, und das Grüne am Kopf, Rücken und Schwanz ist unverbesserlich. Dabey ist das Thier - chen überaus flink, lebhaft, wohnt in trocknen Gegenden, auf Felsen, in Mauerritzen, som - mert sich gern an der Sonne, und ist eben so un - schuldig als alle übrige deutsche Eidexen.

5. Chamaeleon. L. cauda tereti brevi incurva, digitis duobus tribusque coadunatis. *

Das Chamäleon ist in Ostindien, Nord-Africa, und auch in Spanien zu Hause, und wird we - gen vieler Sonderbarheiten in seiner Oekonomie merkwürdig, die ehedem zu allerhand Erdichtun - gen Anlaß gegeben haben. Es hält sich auf Bäu - men ans, und lebt von Insecten, die es fast wie der Ameisenbär mit einer langen fadenförmigen klebrichten Zunge zu fangen versteht. Seine Lun -265 gen sind ungeheuer groß, füllen den grösten Theil des Leibes aus, und das Thier kan sich damit nach Willkür aufblasen oder dünner machen, da - her vermutlich die Sage der Alten entstanden seyn wag, daß das Chamäleon blos von Luft lebe. Die schönen goldfarbnen Augen des Thiers haben die ganz eigne Einrichtung, daß jedes besonders, und beide zugleich nach verschiedenen Richtungen. eins z. B. aufwärts, das andere hinterwärts u. s. w. bewegt werden können*)panarolvs ap. th. bartholin. hist. anatomic. C. II. H. 62.: am meisten aber ist es durch die Veränderung seiner Farben berüchtigt worden, da man vorgegeben hat, daß es jedes - mal die Farbe der Körper annähme, die ihm zu - nächst wären; also auf Bäumen grün, auf Stroh gelb u. s. w. Das ist nicht. Die natürliche Farbe des Chamäleons ist stahlgrau, zuweilen wird es aber gelb, schwarz, auch gefleckt ꝛc. und das zwar ohne alle Beziehung auf die Farbe der benach - barten Gegenstände, sondern theils von freyen Stücken, am sichtbarsten aber wenn das Thier gereizt und bös gemacht wird. Am füglichsten kan man dieses Phänomen auf Rechnung der Galle schreiben, und es mit der Gelbsucht vergleichen.

6. Gecko. L. cauda tereti mediocri, digitis muticis subtus lamellatis, corpore verru - coso, auribus concavis. *

Der Gecko hat meist das gleiche Vaterland mit dem Chamäleon, und ist auch hin und wieder im südlichen Europa, z. B. im Neapolitanischen ein - heimisch. Am häufigsten findet er sich in Aegy - pten, zumal bey Cairo, wo er sich gern in die Häuser zieht und oft gefärlich wird. Er hat nemlich einen giftigen Saft zwischen seinen blätt - richten Fuszehen, der sich den Eßwaren, wo das266 Thier drüber wegläuft, mittheilt: deren Genuß nachher die gefährlichsten und fast tödtlichen Coliken nach sich zieht. Die Aegypter nennen ihn den Aussatzvater, weil sie glauben, daß er diese Krank - heit in die Häuser bringe; oder mehr wol der Aenlichkeit wegen, die seine knospichte Haut mit dem Aussatz jener Gegenden hat. Er hält sich oft blos auf den Vorderfüssen, indem er den Hinter - leib in die Höhe richtet; und ist wol der ware Stellio und Saurus der Alten. *)paoli della relig. di gentili p. rign. ad alcuni anim. P. III.

7. Stincus. L. cauda tereti mediocri, apice compressa, digitis muticis lobato-squamosis marginatis. *

Der Stincus findet sich im steinichten Ara - bien, Ober-Aegypten ꝛc. und war weiland als ein Stärkungsmittel besonderer Art berufen; wird auch noch jezt wenigstens in seiner Heimat in dieser Absicht verbraucht.

8. Iguana. Der Leguan. L. cauda tereti longa, sutura dorsali dentata, crista gulae denticulata. *

Ist in America zu Hause. Hat ein überaus schmackhaftes Fleisch, und wird deshalb zuwei - len noch lebendig nach Europa verfürt; soll aber für venerische Personen gefärlich zu essen seyn.

9. Vulgaris. Die gemeine Landeidexe. L. cauda tereti mediocri, pedibus unguiculatis, palmis tetradactylis, dorso linea duplici fusca. *

Hält sich, bevor sie ihre Verwandlung bestan - den bat, im Wasser, nachher aber auf dem Lande in steinichtem Boden, altem Gemäuer ꝛc. auf.

267

10. Palustris. Die Sumpfeidexe. L. cauda lanceolata mediocri, pedibus muticis, pal - mis tetradactylis. *

Lebt in Sümpfen, Teichen ꝛc. und thut den Fischen zur Laichzeit grossen Schaden; kan aber mit Salz vertrieben werden.

11. Salamandra. L. cauda tereti brevi, pe - dibus muticis, corpore flavo nigroque va - rio nudo, poroso. *

Rösel Gesch. der Frösche, Titelkupf.

Auch vom Salamander hat man ehedem viel gefabelt: daß er giftig sey, im Feuer leben kön - ne ꝛc. An lezterm Umstand ist doch etwas wares, nemlich daß das Thier in einem mäßigen Kohl - feuer ohne Schaden ausbauen, indem es theils durch den Mund, vorzüglich aber durch kleine Oeffnungen, die über seinen Körper zerstreut sind, einen Saft von sich sprüzt, wodurch es von Zeit zu Zeit einen Theil des Feuers auslöschen und die Glut mindern tau.

II. SERPENTES.

Die Schlangen haben einen cylindrischen langgestreckten Körper, ohne Füsse, Floßfe - dern ꝛc. den sie wellenförmig (seitwärts, aber nicht auf und nieder, wie es insgemein vorge - stellt wird) bewegen; und der mit Schuppen, Schildern, oder Ringen bekleidet ist. Manche leben, im Wasser, andre auf der Erde, noch andre auf Bäumen. Sie häuten sich zuwei -268 len; legen mehrentheils aneinander gekettete Eyer, und halten, wenigstens in Europa, Winterschlaf. Ihre Kinnladen sind nicht, wie bey andern Thieren, fest eingelenkt, sondern lassen sich so weit von einander dehnen, daß die Schlangen, Vögel, Mäuse u. a. Thiere die oft weit dicker als sie selbst sind, ganz verschlin - gen können*)seba T. ll. tab. 8. 17. 19.. Manche sind mit heftigem Gift in besondern Bläsgen des Oberkiefers versehen, was ihnen als Digestivmittel, aber auch zum Fang ihres Raubes und zur Vertheidigung dient. **)Die giftigen Schlangen sind mit bezeichnet.Sie holen durch Zungen Othem, die sich unten in eine länglicht dünne Blase enden.

5. crotalvs. Klapperschlange. Scuta abdominalia. Scuta squamaeque subcauda - les. Crepitaculum terminale caudae.

1. horridus. C. scutis 167. scutellis 23. *

Ein fürchterliches Thier des wärmern America, dessen Biß in fünf Minuten tödtlich werden kan, wenn man nicht schleunigst den leibenden Theil scarificirt, und viel lauwarme Milch dazu trinkt. Diese Klapperschlange wird auf sechs Fus lang und Armsdick. Der Laut, den die Klapper am Ende des Schwanzes von sich gibt, änelt dem von einer hölzern Kinderklapper mit Erbsen. Die Anzal der Gelenke dieses Theils soll mit den Jahren des Thiers wachsen, und höchstens bis gegen 40 steigen. Daß Eichhörnchen, kleine Vögel ꝛc. von den Bäu - men, der drunter liegenden Klapperschlange von269 selbst in den Rachen fallen, bestätigt sich aller - dings; und rürt wol von den Schrecken her, worein jene Thiere beym Anblick dieses furchtbaren Geschöpfs versezt werden. Hingegen werden die Klapperschlangen selbst, von den Schweinen auf, gesucht, und ohne Nachtheil gefressen.

6. boa. Scuta abdominalia et subcaudalia.

1. Constrictor. Die Abgottsschlange. B. scu - tis 240, scutellis 60. *

Findet sich in beiden Indien, ist zwar nicht giftig, wird aber durch ihre Grösse fürchterlich, die sich auf zwölf Elen und drüber erstreckt. Sie verschlingt Rehe und windet sich um Hirsche und grössere Thiere, bricht ihnen die Rippen entzwey und verzehrt sie sodann. Sie ist schön gezeich - net, und wird von den Wilden in America an - gebethet.

7. coluber. Scuta abdominalia, squamae subcaudales.

1. Vipera. Die Viper. C. scutis 118. squa - mis 22. *.

Ist in Aegypten zu Hause, und wird zu Arz - ney verbraucht.

2. Cerastes. Die gehörnte Schlange. *)Saraf, 4 B. Mos. 21. 6C. scutis 145. squamis 44.

Ellis philos. Trans. Vol. LVI. tab. XIV.

Hat gleiches Vaterland mit der Viper.

3. Berus. C. scutis 146. squamis 39. *

Variirt in Her Farbe, die zuweilen silbergrau, zuweilen schwärzlich ist. Ihr Biß ist nicht leicht270 tödtlich, verursacht aber heftige und schnelle Ent - zündung, Fieber, Schlaflosigkeit ꝛc.

4. Chersea. C. scutis 150. squamis 43. *

Von rothbrauner Farbe. Gefärlicher als die vorige.

5. Natrix. Die Natter. C. scutis 170. squamis. 60.

Hat zu beiden Seiten des Halses einen weis - sen Fleck. Hält sich gern in Viehställen auf, und legt ihre Eyer in Mistgruben.

6. Naja. Die Brillenschlange. C. scutis 193. squamis 60. *

Ist in Ostindien zu Hause. Die Haut am Halse ist wie ein Kragen weit ausgedehnt, und hinten mit einer Brillenänlichen Figur bezeichnet. Ist die allergiftigste Schlange, wird aber doch vom Ichneumon (Viverra ichm. ) ohne Schaden gefressen.

8. anguis. Squamae abdominales et subcau - dales.

1. Fragilis. Die Blindschleiche. A. squ. abd. 135. totidemque subcaud. *

Hält sich in dumpfigen Gegenden, in alten Kellern ꝛc. auf: bricht leicht entzwey, wenn man sie anfaßt, und die Stücke bewegen sich doch noch Stunden lang. Die Alten wollten auch die - sem Thier, so wie dem Maulwurf die Augen ab - sprechen.

9. amphisbaena. Annuli trunci cau - daeque.

1. Fuliginosa. A. ann. tr. 200, caudae 30. *

271

Ist schwarz und weiß gefleckt. Findet sich in America.

10. caecilia. Rugae trunci caudaeque. Labium superius tentaculis 2.

1. Tentaculata. C. rugis 155. *

Auch in America. Hat gar keine Schuppen, sondern runzlichte Ringe in der glatten Haut, fast wie beym Regenwurm.

III. NANTES.

Die Thiere dieser Ordnung äneln in ihrer Bildung den Fischen, denen sie auch von vie - len Naturforschern zugesellt werden. Sie ha - ben Floßfedern, auch mehrentheils Kiefern ꝛc. weichen doch aber darin von allen Fischen gänz - lich ab, daß sie Lungen haben, die jenen Thieren gänzlich mangeln, daher sie immer ihren Platz in dieser Classe behaupten können.

11. petromyzon. Spiracula VII. ad la - tera colli. Branchiae nullae. Fistula in ver - tice, pinnae pectorales aut ventrales nullae.

1. Marinus. Die Lamprete. P. ore intus papilloso, pinna dorsali posteriori a cauda distincta. *

Findet sich im Mittländischen Meer, in der Nord See ꝛc. versteigt sich aber doch auch acht und mehr Meilen weit in die Flüsse. Aenelt in der Bildung und im Geschmack dem Aal; und wird bis drey Fus lang.

272

2. Fluviatilis. Die Pricke, Neunauge. P. pinna dorsali posteriore angulata. *

Lebt in grossen Flüssen. Wird nur halb so groß als die vorige Gattung. Kau sich mit dem Maule fast wie der Blutigel ansaugen.

12. raia. Roche. Spiracula V subtus ad collum. Corpus depressum. Os sub capite.

Sie haben einen ganz breiten weist rhomboi - dalen Körper; einige Gattungen spitze, andre aber stumpf abgerundete Zähne. Ihre Eyer haben eine schwarzbraune hornichte Schaale, mit vier Spitzen, heissen See-Mäuse, und wurden ehe - dem als Arzneyen gepriesen.

1. Torpedo. Der Zitterfisch, Krampffisch. R. tota laevis, maculis dorsalibus quinque orbiculatis.

J. Walsh et J. Hunter, philos. Tr. Vol. LXIII. tab. XIX. XX.

Ein überaus merkwürdiges Thier, was sich vorzüglich im Mittländischen Meer findet, und nicht mit dem Zitteraal (Gymnotus electricus) verwechselt werden darf. Es betäubt die Thiere, die sich ihm nähern, und man empfindet die gleiche Würkung im Arm, wenn man es anfaßt; ausserdem kan es auch einen erschütternden Schlag mittheilen, der dem von der Leydner Flasche änelt; aber doch ganz erträglich ist. Man hat gestritten, ob man diese sonderbare Erscheinungen auf eine blos mechanische Kraft der tausend klei - nen Muskeln (von fünf und sechseckichter pris - matischer Gestalt,) die sich in den breiten Seiten - theilen des Thiers finden, oder auf eine eigne Art von Electricität schreiben solle. Zwar hat man noch nicht bemerkt, daß er Funken gäbe, auch273 nicht daß er anziehende und zurückstossende Kraft besässe; doch aber scheinen die übrigen Phäno - mene, zumal in Begleichung mit denen am Zitier - aal, die leztere Vermuthung zu begünstigen. In Aegypten wird dieser Roche gegessen, und soll - schmackhaftes Fleisch haben.

2. Batis. R. varia, dorso medio glabro, cau - da unico aculeorum ordine. *

Wird so wie andre Rochenarten (R. oxyrin - chus, fullonica, clavata etc.) häufig in der Nord-See, im Mittländischen Meere ꝛc. gefan - gen und verspeist. Die Gattungen dieses Ge - schlechts verdienen aber sorgfältigere Untersu - chung, da die wenigsten bis jezt noch genau ge - nug bestimmt sind.

3. Pastinaca. Der Giftroche, Stachelroche. (Altavela). R. corpore glabro, aculeo lon - go anterius serrato in cauda, et dorso ap - terygio. *

Der Stachel am Schwänze dieses Rochen soll giftig, und seine Verletzungen tödtlich seyn. Te - legonus erhielt einen solchen Stachel von der Circe, um ihn vorn an der Speer zu befestigen, und hatte das Unglück, seinen eignen Vater Ulysses ohn - wissender Weise damit zu ermorden. *)oppian. halieut. p.104. ed. Schneid.

13. squalus. Hay. Spiracula V ad la - tera colli. Corpus oblongum teretiusculum. Os in anteriore capitis pane.

1. Acanthias. S. pinna anali nulla, dorsalibus spinosis, corpore teretiusculo. *

274

Ist im Europäischen Ocean zu Hause: hat drey Reihen Zähne in jedem Kiefer: sein Fleisch ist über - aus schmackhaft.

2. Zygaena. Der Hammerfisch, Jochfisch. S. capite latissimo transverso malleiformi. *

3. Carcharias. Der Requin (Lamia). S. dorso plano, dentibus ferratis.

Ein ungeheures Thier, was zuweilen auf zehn - tausend Pfund wiegt, und das, wenn man die Geschichte des Propheten Jonas nicht etwa allego - risch erklären will, wol der Wallfisch, von dem dort die Rede ist, seyn könnte. Man hat ganze Pferde im Magen solcher Thiere gefunden. Sie haben sechsfache Reihen Zähne im Rachen, die sich häufig versteinert finden und Glossopetren heissen.

4. Pristis. Der Sägefisch. S. pinna ani nulla, rostro ensiformi osseo plano utrinque den - tato. *

Das breite Schwerdförmige oft mehrere Elen lange Gewehr, was dieses Thier vor dem Kopfe fürt, ist knochicht, und zu beiden Seiten an den Schärfen mit starken Stacheln, wie mit Zähnen besetzt.

14. chimaera. Spiracula solitaria, qua - dripartita, sub collo. Oris labium superius quinquepartitum. Dentes primores inciso - res bini supra infraque.

1. Monstrosa. C. rostro subtus plicis pertusis.

Im Atlantischen Meer, lebt von Muscheln ꝛc.

15. lophius. Pinnae pectorales brachiis in - sidentes. Spiracula solitaria pone brachia.

275

1. Piscatorius. Der Seeteufel (Rana pisca - trix). L. depressus, capite rotundato. *

Der ungeheure Kopf, der die grössere Hälfte des ganzen Thiers ausmacht, und dann die langen fleischichten Faden beym Maule, womit er Fische angelt, geben ihm ein sonderbares Ansehn.

16. acipenser. Spiracula lateralia solita - ria, linearia. Os sub capite, retractile, eden - tulum, Cirri sub rostro ante os.

1. Sturio. Der Stör. A. cirris 4. squamis dorsalibus II. *

Ist in allen Europäischen Meeren zu finden; wird sehr groß, hat ein schmackhaftes Fleisch, und war bey den spätern Römern bis zum Luxus geschäzt.

2. Ruthenus. Der Sterlet. A. cirris 4. squa - mis dorsalibus 15. *

In Rußland, Schweden ꝛc. Ist weit kleiner, aber von ungleich delicaterm Fleisch als der Stör. Aus den Eyern dieser und der folgenden Gattung wird der Caviar bereitet.

3. Huso. Der Hausen. A. cirris 4. squamis dorsalibus 13. caudalibus 43. *

Ist vorzüglich wegen der Hausenblase merk - würdig, die man aus dieses Thiers Haut, Schwanz, und Eingeweiden; doch auch aus der Luftblase verschiedner Fische bereitet.

17. balistes. Caput compressum. Aper - tura supra pinnas pectorales. Corpus com - pressum, squamis corio coadunatis. Abdo - men carinatum.

276

1. Hispidus. B. pinna dorsali prima biradiata, radio anteriore triplo longiore, anterius deor - sum serrulato. Pinnae ventralis radiis in spinam muticam coalitis. Corpore papillis stellatis obsito. *

Ein artiges kaum Zollanges Thier, das, so viel uns wissend, noch nicht beschrieben ist. Wir haben es durch die Güte des Herrn D. Sulzer in Gotha, und dieser aus Neuorleans, erhalten.

18. ostracion. Corpus osse integro lo - ricatum. Pinnae ventrales nullae.

1. Quadricornis. O. trigonus, spinis fronta - libus subcaudalibusque binis. *

Ebenfalls ein sehr hübsches kleines Thierchen, aber aus Ostindien. Der ganze Panzer ist mit Sechsecken, wie Bienenzellen bezeichnet.

19. tetrodon. Corpus subtus murica - tum. Pinnae ventrales nullae.

1. Mola. T. laevis compressus, cauda trun - cata: pinna brevissima dorsali analique an - nexa. *

C. Gesner icon. et nomencl. p. 158.

Der abgestumpfte dicke Hinterleib gibt dem Thier ein ungewönliches Aussehn.

20. diodon. Corpus spinis acutis mobili - bus undique adspersum. Pinnae ventrales nullae.

1. Hystrix. Der Stachelfisch. D. oblongus, aculeis teretibus. *

Ist am Cap, und wie uns ebenfalls Hr. D. Sulzer belehrt hat, auch in Nordamerica zu Hause.

277

21. cyclopterus. Caput obtusum. Pin - nae ventrales in orbiculum connatae.

1. Lumpus. Der Klebpfost, Hafpadde. C. corpore squamis osseis angulato. *

Findet sich in der alten Welt. Hängt sich mit den Bauchflossen an den Uferfelsen fest.

22. centriscvs. Caput productum in rostrum angustissimum. Abdomen carina - tum. Pinnae ventrales unitae.

1. Scolopax. Die Meer-Schnepfe. C. cor - pore squamoso scabro, cauda recta extensa. *

Im mittländischen Meer. Hat am Ende des Rückens einen knochichten gesägten Stachel.

23. syngnathus. Rostrum subcylin - dricum, ore operculato maxilla inferiore. Corpus cataphractum. Pinnae ventrales nullae.

1. Acus. Die Meer-Nadel, Sack-Nadel. S. pinnis caudae ani pectoralibusque radia - tis, corpore septemangulato. *

Wird anderthalb Fuß lang, aber kaum Fin - gers dick.

2. Hippocampus. Das Seepferdchen, die Seeraupe. S. pinna caudae quadrangulae nulla, corpore septemangulato tuberculato.

Hat seinen Nahmen, weil der Vordertheil einem Pferde. Kopf und Hals, das Hintere Ende aber einer Raupe äneln soll. Wird meist wie ein S zusammengebogen, und änelt so dem Springer im Schach.

278

24. pegasus. Os proboscide retractili. Ro - strum ensiforme, lineare. Corpus articula - tum osseis incisuris, cataphractum. Pin - nae ventrales abdominales.

1. Draconis. P. rostro conico. *

Die grossen Seitenflossen äneln ausgespannten Flügeln, und mögen wol den Namen veranlaßt haben.

279

Siebenter Abschnitt. Von den Fischen.

§. 113.

Es ist nur noch die lezte Classe rothblütiger Thiere übrig, die Fische. Sie haben, wie schon gedacht (S. 271.) mit den Amphibien der lez - ten Ordnung (Nantes) viel gleiches, bewohnen so wie sie blos das Wasser, bewegen sich mit - telst Floßfedern, unterscheiden sich aber da - durch gänzlich von ihnen, daß sie lediglich durch Kiefern, und nie durch Lungen Athem holen, und daß sie fast durchgehends mit Schuppen bedeckt sind.

§. 114.

Die Bildung des Körpers der Fische ist verschieden. Bey den mehresten ist er aus den Seiten vertical platt gedruckt; bald mehr in die Länge, bald mehr in die Höhe gezogen. Kopf und Rumpf stossen unmittelbar an einander, ohne durch einen Hals separirt zu seyn.

§. 115.

Die Schuppen sind von hornichter Sub - stanz, und wie man zumal durchs Microscop280 sieht, überaus artig gezeichnet. Meist glän - zen sie wie mattes Silber oder Gold; theils spielen sie aber auch in andre Farben, und sind bey einigen Fischen, wie bey den kleinen Chi - nesischen Goldkarpen ꝛc. von auserordentlicher Schönheit. Sie sind noch mit einem besondern Schleim überzogen, der aus der Haut abge - schieden wird, und die Bewegung dieser Thie - re erleichtert. Einige Fische, wie die Remora, haben gar keine Schuppen (Alepidoti), bey andern aber, wie z. B. beym Spiegelkarpen, sind doch gewisse Theile des Körpers von Schuppen entblößt.

§. 116.

Die Kiefern (branchiae) dienen den Fi - schen statt der Lungen, und sind von einer son - derbaren und sehr merkwürdigen Einrichtung. Sie liegen auf beiden Seiten hinter dem Kopfe, unter einer grossen halbmondförmigen Schup - pe, die deshalb der Kieserndeckel (operculum branchiale) heißt, und bestehen aus vielen tau - send knorplichten Fäden, die mit unzäligen A - dern und Nerven durchwebt sind. Sie sind durch eine zarte Haut untereinander verbunden, und bilden auf jeder Seite vier Bläter, die ohn - gefähr der Fahne an einer Feder (§. 59.) äneln, und die an ihrer Basis durch eben so viele Rip - penförmige Gräten unterstützt werden.

281

§. 117.

Das Athemholen der Fische geschieht, in - dem sie die Luft mit dem Wasser durch den Mund in sich ziehen, und durch die Kiefern wieder von sich geben. Die Kiefern selbst dehnen sich dabey (wie die Lungen der Thiere in den drey vorigen Classen) wechselseitig aus, und fallen wieder zusammen, wie man besonders bey ihrer heftigen ängstlichen Bewegung, an Fischen die man aus dem Wasser genommen hat, sehen kan. Da die Fische keine Lungen haben, so geht ih - nen folglich auch die Stimme ab, und sie sind stumm.

§. 118.

Auch derjenige Umlauf des Bluts, der bey andern Thieren zwischen Herz und Lungen vorgeht, (der sogenannte circulus sanguinis mi - nor) wird bey den Fischen zwischen Herz und Kiefern vollzogen. Aus dem obern Herzohr entspringt nemlich die gröste Hauptschlagader (aorta ascendens), die anfangs in zwey Aesten auf jeder Seite nach dem Obertheil der Kiefer hinauf steigt, sich nach der Anzal der Kiefer - blätter in vier grosse Zweige zertheilt, und nach - dem diese wieder unzäliche kleine Zweige (§. 116.) abgegeben hahen, sich am untern Ende der Kiefer abermals in einen gemeinschaftlichen Stamm (aorta descendes) vereint, und von da dem übrigen Körper sein Blut zufürt. Die282 lezten Endgen der feinsten Kieferschlagadern ge - hen in eben so viele kleine zurückfürende Adern (Venen, Blutadern) über, die sich ebenfalls auf jeder Seite in vier grosse Aeste, und end - lich am obern Theil der Kiefer wieder in einen gemeinschaftlichen Stamm (vena cava superior) vereinigen, der das Kieserblut dem untern Herz - ohr wieder überliefert; zu welchem auch das Blut des übrigen Körpers in zwey grossen Adern (venae cavae inferiores) zurück gefürt, und so vom neuen durch die gröste Hauptschlagader nach den Kiefern geschickt wird.

§. 119.

Der Aufenthalt der Fische ist blos im Wasser, worin sie sich so wie die Vögel in der Luft bewegen, daher sie auch, so wie andrer Aenlichkeit wegen, Geflügel des Wassers ge - nannt worden sind. Nur sehr wenige, z. B. der Aal, gehen zuweilen auf kurze Zeit ans Land. Die mehrsten leben in der offenbaren See, andre in Teichen und Flüssen. Die lez - tern halten sich meist in bestimmten Revieren auf, entfernen sich nicht aus ihren Wohnbezir - ken: daher man oft in kleinen Flüßgen an ver - schiednen Stellen auch verschiedne bestimmte Gattungen Fische findet; auch der Geschmack und andre Eigenschaften von Fischen derselben Gattung, in verschiednen Gegenden desselben Flusses, oft sehr auffallend differiren.

283

§. 120.

Die vorzüglichsten Werkzeuge zur Bewe - gung der Fische sind die Floßfedern und die Schwimmblase, wovon man jene mit den Flü - geln der Vögel, diese aber mit ihren Luftbehäl - tern (§. 64.) vergleichen könnte. Die Floß - federn bestehen aus dünnen elastischen Gräten, die durch eine besondere Haut mit einander ver - bunden, an eigne Knochen befestigt, und durch bestimmte Muskeln bewegt werden. Ihrer La - ge nach heissen die obern, Rückenfloßfedern (pin - nae dorsales); die seitwärts neben den Kiefern befindlichen, Brustfloßfedern (p. pectorales); die am Bauche vor der Oeffnung des Afters ste - henden, Bauchfloßfedern (p. ventrales); die hinter dieser Oeffnung, Steisfloßfeder (p. analis); endlich am Schwanze die Schwanzfloßfeder (p. caudalis). Die leztere hat allemal eine ver - ticale Lage, sie ist zur Bewegung der Fische die allerwichtigste, und vertritt völlig die Stelle ei - nes Steuerruders: so wie hingegen die Brust - floßfedern mehr zum Stillstehen der Fische, zum Aufhalten im Schwimmen beytragen. Einige Fische haben sehr lange und straffe Brustflossen, so daß sie sich damit selbst über die Oberfläche des Wassers erheben, und kleine Strecken weit wirklich fliegen können.

284

§. 121.

Die Schwimmblase mangelt nur weni - gen Fischen, sie liegt bey den übrigen im Un - terleibe, und wird, nach unsern Versuchen mit der Luftpumpe zu schliessen, wol durch besondre Gänge, die sich von der Oberfläche des Körpers dahin erstrecken, mit Luft gefüllt. Ausserdem steht sie auch mittelst eines eignen Canals (du - ctus pnevmaticus) mit dem Magen oder Schlunde*)Obs. anatom. Coll. priv. Amstel. P. II. p. 42. tab. X. in Verbindung, und die Fische können sie willkürlich zusammen pressen, und in etwas ausleren oder aufblasen und füllen, um sich dadurch leichter oder schwerer zu machen. Daß sie auch zur Verdauung nutze**)gv. needham disqu. anatom. de formato foctu p.155., dünkt uns unwahrscheinlich.

§. 122.

Die Narungsmittel der Fische sind so wie bey allen übrigen Thierclassen verschieden. Die meisten leben von Wasserinsecten und Was - serpflanzen, Meerlinsen, Seetang u. s. w. Vie - le fressen auch Schlamm und Erde mit hinter. Die Raubfische nären sich von grössern Thieren, von Fröschen, Eidexen, Wasservögeln, und auch von andern Fischen. Die Verdauung wird bey den Fischen durch beygemischte Galle, vorzüglich aber durch den Saft der grossen Ma -285 gendrüse (succus pancreaticus), die bey vielen ganz sonderbar gros und vielfach ist*)Colleg. anatom. Amstelod. l. c. , beför - dert. Die Oeffnung des Afters liegt nicht, wie bey den mehrsten übrigen Thieren, am äussersten Ende des Körpers, sondern weiter vorwärts, bey vielen in der Gegend der Brust ꝛc.

§. 123.

Die Sinne der Fische scheinen nicht son - derlich scharf zu seyn. Die Werkzeuge des Ge - sichts und Gehörs sind auch anders als bey den übrigen Thieren gebaut, wie es das Ele - ment, das sie bewohnen, und die Gesetze des Lichtes und Schalles erfodern. Der Crystall - körper in ihrem Auge ist fast ganz sphärisch, nicht wie bey andern Thieren linsenförmig. Au - genlieder haben sie gar nicht. Die Regenbo - genhaut ist meist gold - oder silberfarben, und die Pupille bey vielen nach vorn in einen Win - kel zugespizt. Auch das äusere Ohr mangelt den Fischen; hingegen haben sie allerdings in - nere Gehörwerkzeuge; und daß sie auch würk - lich hören, hat man längst beobachtet, und wir haben selbst ehedem die Karpen im Teich eines grossen Gartens zum Füttern gelockt. Ueber die innern Sinne der Fische läßt sich wenig sagen. Ihre Liebestriebe sind doch sehr heftig, und man hat auch ausserdem bemerkt, daß die Fische einander kennen lernen, und wenn sie zusammen286 erzogen, und nachher getrennt worden, sich würk - lich nach ihren alten Bekannten sehnen*)Philos. Trans. n. 482..

§. 124.

Es ist unwahrscheinlich, daß sich die Fische würklich begatten sollen; höchstens geschieht das nur von sehr wenigen. Bey den meisten giebt das Weibgen die Eyer noch unbefruchtet von sich, und das Männchen kommt einige Zeit hernach, um sie mit seinem Saamen zu begies - sen**)harvey exerc. 41.. Man hat diese Einrichtung für die Landwirthschaft benutzen gelernt, indem man auch aus der künstlichen Vermischung von Eyern und Saamen der Forellen ꝛc. junge Fische erzie - len kan.

§. 125.

Die Vermehrung der Fische ist, wie sichs bey ihrer grossen Nutzbarkeit fürs Men - schengeschlecht von der Vorsehung erwarten läßt, überaus stark. Bey manchen sind die Eyerstöcke grösser als der ganze übrige Kör - per, und man zält wol bey einem Häring auf zehn tausend Eyergen. Auch die Seefische begeben sich doch mehrentheils zur Leichzeit an die Seeküsten; und da die verschiednen Gat - tungen auch meist zu ganz verschiednen Zeiten leichen, so vergeht kein Monat im Jahr, daß287 nicht grosse Züge Fische an die Küsten kommen, und sich den Bewohnern gleichsam von selbst zum Fang anbieten sollten, die dadurch Jahr aus Jahr ein mit diesem Lebensmittel versorgt werden.

§. 126.

Auch ausser der Leichzeit, unternehmen doch manche Gattungen Fische, fast wie die Zugvö - gel, alljährlich grosse Reisen. So kommen z. B. die Häringe im Junius zu Millionen vom Nordpol in die gelindern Europäischen Meere, um dort ihren Feinden den Wallfischen zu entgehen, da denn indessen ihr Besuch un - zälige Menschen mit ihrem Fang beschäftigt.

§. 127.

Die Fische erreichen im Verhältniß ihrer Grösse ein hohes Alter. Man weiß von Kär - pen, Hechten ꝛc. daß sie anderthalbhundert Jahre erreichen können. Doch werden einige kleine Fische, die Stichlinge ꝛc. nur wenige Jahre alt.

§. 128.

Die Benutzung der Fische ist einfach, meist blos zur Speise, aber für manche Völker, die fast ganz von diesen Thieren leben, äusserst be - trächtlich. Den mehresten Schaden thun die288 Raubfische, die den Wasservögeln, und auch an - dern Fischen nachstellen.

§. 129.

In der Classification der Fische folgen wir ganz dem Ritter Linné der sie nach der Beschaffenheit und Lage der Bauchfloßfedern unter folgende vier Ordnungen gebracht hat:

I. Apodes. Fische die gar keine Bauchfloßfe - dern haben.

II. Jugulares. Fische deren Bauchfloßfedern vor den Brustflossen sitzen.

III. Thoracici. Die, wo die Bauchflossen grade unter den Brustflossen, und

IV. Abdominales, wo sie hinter diesen sitzen.

289

I. APODES.

Die Fische ohne Bauchfloßfedern.

1. mvraena. Caput laeue. Nares tubulo - sae. Membr. branch. radiis 10. corpus tere - tiusculum, lubricum. Pinna caudalis coadu - nata dorsali anique. Spiracula pone caput vel pinnas pectorales.

1. Helena. Die Muräne. M. pinnis pe - ctoralibus nullis. *

Ein sehr gefräßiger Raubfisch, der in den wärmern Meeren beider Welten zu Hause, und wegen des Luxus, der bey den alten Römern mit ihm getrieben wurde, merkwürdig ist. Sie mäste - ten ihn mit ungeheuren Kosten in eignen Behäl - tern, oder hielten ihn auch theils nur zum Zeit - vertreib, wie man etwa bey uns chinesische Gold - fischgen hält.

2. Auguilla. Der Aal. M. maxilla infe - riore longiore, corpore vnicolore. *

Ein merkwürdiges Thier, was seinen Geschäf - ten nur zu Nachtzeit nachgeht, und mehrentheils von Aas, doch auch von kleinen lebendigen Fischen und ihrem Laich lebt. Der Aal kann gegen die Weise andrer Fische ziemlich lang ausser dem Was - ser ausdauern, und geht zuweilen ans Land auf Wiesen, ins Getraide ꝛc. Seine Haut ist ausser - ordentlich feste und daher zu Dreschflegelriemen und zu anderm Gebrauch dienlich.

2. gymnotvs. Caput operculis lateralibus. Tentacula duo ad labium superius. Membr.290 branch. radiis 5. corpus compressum, sub - tus pinna carinatum.

1. Electricus. Der Zitteraal, Zitterfisch, Drillfisch. G. nudus, dorso apterygio, pinna caudali obtusissima anali annexa.

I. Hunter in philos. Trans. Vol. LXVI. tab. 9.

Der Zitteraal findet sich bey Surinam und Cayenne wo ihn Dr. Rich im Jahr 1677 zuerst bemerkt und bekannt gemacht hat. Er wird vor - züglich wegen der sonderbaren ihm beywohnen - den electrischen Kraft merkwürdig, mittelst deren er so wie der Zitterrochen, Menschen und Thieren, die sich ihm nähern, einen betäubenden Schlag mittheilt, der dem von der leidner Flasche änelt. Daß es bey diesem Fische ganz unwiderredlich wahre Elektricität sey, ist neulich, da man das Thier lebendig nach England gebracht und gese - hen hat daß er Funken von sich giebt ꝛc. völlig erwiesen.

3. anarrhichas. Caput obtusiusculum. Dentes primores supra infraque conici, di - uergentes, sex pluresue, molares inferiores palatique rotundati. Membr. branch. rad. 6. corpus teretiusculum, pinna caudae distincta.

1. Lupus. Der Seewolf. A. pinnis pecto - ralibus amplis subrotundis. *

An der Küste des nördlichen Europa. Die so - genannten Bufoniten sind wohl die versteinten stumpfen Zähne dieses Thiers.

4. ammodytes. Caput compressum. La - bium superius duplicatum, dentes acerosi. 291Membr. branch. rad. 7. corpus teretiusculum, cauda distincta.

1. Tobianus. Der Sandfisch. Tobiasfisch. A. maxilla inferiore longiore. *

5. ophidivm. Caput nudiusculum, den - tes maxillis, palato, faucibus. Membr. branch. rad. 7. patula. Corpus ensiforme.

1. Imberbe. O. maxillis imberbibus, cauda ob - tusiuscula.

6. xiphias. Caput maxilla superiore ter - minatum rostro ensiformi. Os edentulum. Membr. branch. rad. 8. corpus teretiusculum alepidotum. (§. 115.)

1. Gladius. Der Schwerdfisch. X. mandi - bula inferiore acuta, triangulari. *

Ein furchtbares starkes Thier der Nördlichen Meere, was wol auf achtzehn Fus lang wird, und gegen zwey Centner am Gewicht hält. Ein Schwerdfisch vermag wol einen todten Wallfisch fortzuschleppen, wenn auch gleich ein paar Scha - luppen mit Leuten sich widersetzen und ihn fort - buxiren wollen.

II. IVGVLARES.

Fische, deren Bauchfloßfedern vor den Brust - flossen sitzen.

7. vranoscopvs. Caput depressum, sca - brum, maius. Os simum, maxilla superior292 breuior. Membr. branch. rad. 5. anus in medio.

1. Scaber. Der Sternseher. V. cirris mul - tis in maxilla inferiore. *

Ist vorzüglich häufig im Mitländischen Meer; schläft am Tage und geht nur zu Nachtzeit am seinen Raub aus. Die Augen sind bey diesem Thiere beständig in die Höhe und gen Himmel gerichtet, und machen, so wie bey noch vielen an - dern Thieren Ausnahme vom pronaque cum spe - ctent etc.

8. trachnivs. Caput scabriusculum, com - pressum. Membr. branch. rad. 6. anus prope pectus.

1. Draco. Das Petermännchen. T. maxilla inferiore longiore, imberbi, dorso transuer - sim striato.

Ein sehr schmackhafter, geschätzter Fisch im Mittländischen Meer, und der Nordsee ꝛc. Die Augen des Thiers äneln wegen ihrer vortrefflich grünen Farbe den Smaragden. Die Stacheln der ersten Rückenfloßen werden für giftig gehalten.

9. gadvs. Caput laeue. Membr. branch. rad. 7. teretibus, pinnae cute communi ve - stitae, pectorales acuminatae.

1. Aeglefinus. Der Schellfisch. G. triptery - gius cirratus albicans, cauda biloba, maxilla superiore longiore. *

Wird besonders an den Englischen und Schot - tischen Küsten gefangen, und größtentheils ein - gesalzen.

293

2. Callarias. Der Dorsch. G. tripterygius cirratus varius, cauda integra, maxilla su - periore longiore. *

Hat gleichen Aufenthalt und Lebensart mit dem vorigen.

3. Morrhua. Der Kabliau, Stockfisch, Steinfisch (Asellus) G. tripterygius cirra - tus, cauda subaequali, radio primo anali spinoso. *

Ist ebenfalls in der Nördlichen Erde zu Hause. Vermehrt sich unglaublich, und ist zumal frisch, ein überaus schmackhafter Fisch.

4. Merlangus. Der Witling, Gadde. G. tripterygius imberbis albus, maxilla supe - riore longiore. *

5. Lota. Die Quappe, Drusche, Rutte, Aalraupe, Aalputte. G. dipterygius cir - ratus, maxillis aequalibus. *

Ein überaus schnelles und verschlagnes Thier, was leicht andrer Fische Herr wird; laicht um Weyhnachten und vermehrt sich sehr stark. Be - sonders ist die Leber als ein Leckerbissen berüchtigt.

10. blennivs. Caput decliue, tectum. Membr. branch. rad. 6. corpus lanceolatum, pinna ani distincta.

1. Viuiparus. B. ore tentaculis duobus.

Gebiert gegen die Weise anderer Fische leben - dige Junge.

294

III. THORACICI.

Fische, deren Bauchfloßfedern gerade unter den Brustflossen sitzen.

11. echeneis. Caput depressum, supra planum, marginatum, transuerse sulcatum. Membr. branch. rad. 10. Corpus nudum.

1. Remora. Der Säugefisch. L. cauda bi - furca, striis capitis 18. *

Ein sonderbares Thier, was sich mittelst derun - zälichen kleinen Mündungen auf dem quergestreif - ten Hinter-Kopfe, aufs festeste an Schiffe und Ufer festsaugen kann. Die alte Fabel, daß ein einziges ein Schiff in vollem Lauf zu hemmen ver - möge, bedarf kaum einer Erwänung; doch hat sich neulich bestätigt, daß ihrer viele allerdings ein kleines Fahrzeug aufzuhalten im Stande sind.

12. coryphaena. Caput truncato de - cliue. Membr. branch. rad. 5. pinna dorsa - lis longitudine dorsi.

1. Hippurus. Der Goldkarpe (el Dorado). C. cauda bifida, radiis dorsalibus 60. *

Hat den Namen von der schönen Goldfarbe seiner Schuppen. Last sich wie der Delphin zur Sturmzeit häufig um die Schiffe sehen.

13. cottvs. Caput corpore latius, spino - sum. Membr. branch. rad. 6.

295

1. Cataphractus. Der Knurrhan, Stein - bicker. C. loricatus, rostro verrucis bifidis, capite subtus cirroso. *

Giebt wenn er gereizt wird einen knurrenden Laut von sich, was aber keine Stimme, sondern wie bey Heuschrecken ein bloser Schall ist.

2. Gobio. Der Kaulkopf, Rotzkolbe. C. laeuis, capite spinis duabus. *

Ein sehr gemeiner Flußfisch. Hat schöne gras - grüne glänzende Augen. Kommt nur des Nachts, besonders bey Mondenschein hervor. Das Weib - chen scharrt sein Laich in eine Höle am Grund, und bewacht es bis die Jungen ausgekrochen sind aufs sorgfältigste.

14. plevronectes. Die Burren, Schollen. Oculis vtrisque in eodem la - tere frontis. Membr. branch. rad. 4-7. Cor - pus compressum, latere altero dorsum, al - tero abdomen referente.

Die Schollen sind die einzigen Thiere in der Natur die ihre beiden Augen auf einer Seite des Kopfs haben; manche Gattungen nemlich auf der rechten, andere auf der linken: sehr selten fin - den sich Misgeburten unter ihnen, die anomalisch auf der unrechten Seite ihre Augen haben. Auch beide Nasenlöcher sitzen ebenfalls so schief seit - wärts. Sie schwimmen in einer schrägen Lage, die Augenseite in die Höhe gerichtet.

1. Platessa. Die Scholle, Plateis, Gold - butte. P. oculis dextris, corpore glabro, tuberculis 6 capitis. *

296

Die Unterseite ist weis, die Augenseite grau mit gelben Flecken. Wird für die schmackhaf - tefte Gattung gehalten.

2. Flesus. Der Flünder. P. oculis dextris, linea laterali aspera, spinulis ad pinnas. *

Von weit schlechterm Fleische als das vorige Thier.

3. Maximus. Die Steinbutte. P. oculis sinistris, corpore aspero.

15. chaetodon. Dentes setacei, flexi - les, confertissimi, numerosissimi. Membr. branch. rad. 6. corpus pictum, pinna dorsi anique carnosa squamosa.

1. Rostratus. C. cauda integra, spinis pinnae dorsalis 9, maculaque ocellari, rostro cy - lindrico. *

Philos. Trans. 1765. tab. IX.

In Ostindien. Hat so wie die verwandten Gattungen dieses Geschlechts vortrefliche Farben. Der Oberkiefer endigt sich in eine Röhre, wo - durch das Thier die Insecten die über dem Was - ser schweben bespritzt, daß sie herabfallen und ihm zur Speise werden müssen.

16. sparvs. Dentes primores robusti, mo - lares obtusi, conferti. Labia duplicata. Membr. branch. rad. 5, corpus compressum. Pinnae pectorales rotundatae.

1. Aurata. Der Goldbrachsen. S. lunula aurea inter oculos. *

Hat fast in allen Sprachen seinen Namen von dem goldnen halben Mond vor den Augen. Hält297 sich im Sommer in der offnen See, die übrige Zeit aber am Gestade und in Flüssen auf. Er schläft zu gesetzter Zeit, was man bey andern Fi - schen nicht so bemerkt.

2. Sargus. Der Geyßbrachsen. S. ocello subcaudali, corpore fasciis nigris. *

Aenelt dem vorigen Fisch in der Bildung und Lebensart. Die Männchen sollen zur Begattungs - zeit sehr hitzig seyn und wie Säugthiere oder - gel um ihre Geliebte kämpfen. Beide, dieses und das vorige Thier waren vorzüglich bey den Römern in hohem Werth.

17. labrvs. Dentes acuti, labia simplicia. Membr. branch. rad. 6. pinnae dorsalis radii postice ramento filiformi aucti. Pectorales acuminatae.

1. Iulis. Der Meerjunker. L. lateribus caerulescentibus, vitta longitudinali fulua vtrimque dentata. *

Der schönste Europäische Fisch, von vielfachen Farben, besonders am Rücken treflich changeant. Er soll listig und schwer zu fangen seyn, weil er den Köder abfrißt ohne die Angel zu schlucken.

18. perca. Opercula squamosa, serrata. Membr. branch. rad. 7. Corpus pinnis spi - nosis.

1. Fluuiatilis. Der Bars. P. pinnis dor - salibus distinctis, secunda radiis 16. *

Ist vorzüglich im Sommer fett und schmack - haft, hält sich an den Ufern, und laicht an Reis - holz, Gestrüppe ꝛc.

298

2. Lucioperca. Der Zander, Sandbars, Schiel. P. pinnis dorsalibus distinctis, se - cunda radiis 32. *

Ein Raubfisch, der harten kiesichten Grund liebt, und an Steinen laicht.

3. Cernua. Der Kaulbars. P. pinnis dor - salibus unitis radiis 27. spinis 15, cauda bifida. *

Hält sich in Teichen auf; ist im Winter am schmackhaftesten.

19. gasterostevs. Membr. branch. rad. 3. corpus ad caudam vtrimque carina - tum. Pinnae ventrales pone pectorales, sed supra sternum.

1. Aculeatus. Der Stichling. G. spinis dorsalibus tribus. *

Ein kleiner aber schädlicher Raubfisch; der nicht zum Essen, aber desto besser zur Schweine - mast dient, und guten Thran giebt.

2. Volitans. G. spinis dorsalibus 13, cirris 6, pinnis pectoralibus corpore longioribus. *

Ist um Amboina zu Hause, und kann sich mittelst seiner langen Brustflossen wie andere flie - gende Fische einige Zeit in der Luft halten.

20. scomber. Caput compressum, laeue. Membr. branch. rad. 7. corpus laeue, linea laterali postice carinatum. Pinnae spuriae saepe versus caudam.

1. Thynnus. Der Thunnfisch. S. pinnulis vtrimque 8.

299

Ein sehr gefräßiges grosses Thier, was wol mehrere Centner wiegt. Um kleine Fische zu fan - gen, schwimmt der Thunnfisch in einer Spiralli - nie, wodurch er sie wie in einem Maalstrom hau - fenweis zusammen treibt.

21. mvllvs. Caput compressum, decliue, squamis tectum. Membr. branch. rad. 3. Corpus squamis magnis facile deciduis.

1. Barbatus. Der Rothbart, Die Meer - barbe. M. cirris geminis, corpore rubro.

Ein sehr schönes Thier, roth mit Goldstrie - fen. War ebenfalls bey den Römern bis zur Ausschweifung geschätzt.

22. trigla. Caput loricatum lineis sca - bris. Membr. branch. rad. 7. Digiti liberi ad pinnas pectorales.

1. Hirundo. T. digitis ternis, linea laterali aculeata. *

2. Volitans. T. digitis vicenis membrana palmatis. *

Beides fliegende Fische, die in beiden Elemen - ten ihre Feinde haben, im Wasser Raubfische, und drüber die Wasservögel; doch auch beiden durch Fliegen oder Schwimmen zu entgehen wissen.

IV. ABDOMINALES.

Fische, deren Bauchflossen hinter den Brust - floßfedern sitzen.

300

23. cobitis. Oculi in suprema capitis parte. Membr. branch. rad. 4-6. Cauda versus pinnam minus angustata.

1. Barbatula. Der Schmerling, Bart - gründel. C. cirris 6, capite inermi com - presso. *

Ein sehr bekannter kleiner Fisch, der kiesich - ten Grund liebt, und im Frühjahr am schmack - haftesten ist.

2. Fossilis. Der Wetterfisch, Peizker. C. cirris 8, spina super oculos. *

Philos. Trans. 1747. t. II. f. 1.

Giebt wie der Knurrhan einen Laut von sich; wenn man ihn in Gläsern mit Sand am Boden, erhält, so zeigt er die Wetteränderungen an wie der Laubfrosch.

24. silvrvs. Caput nudum. Os cirris fìliformibus tentaculatum. Membr. branch. rad. 4-14. Radius pinnarum pectoralium aut dorsalis primus spinosus, retrodentatus.

1. Glanis. Der Wels, Schaidfisch. S. pinna dorsali vnica mutica, cirris 6. *

Der größte Süswasserfisch, der wol eine Länge von acht Elen erreicht, und wegen des unförm - lich grossen und breiten Kopfes und der langen Bartfäden ein sonderbar Ansehn hat. Er närt sich von andern Fischen, auch von Wasservögeln und grössern Thieren, und soll wol ehe selbst Menschen aufgefressen haben.

25. salmo. Caput laeue. Dentes in ma - xillis, lingua. Membr. branch. rad. 4-10.301 pinna dorsalis postica adiposa; pinnae ven - trales multiradiatae.

1. Salar. Der Lachs, Salm. S. rostro vl - tra inferiorem maxillam prominente. *

Eigentlich ein Seefisch, der aber zur Laichzeit in die Flüsse steigt. Er wird besonders um die Zeit sehr von Würmern (Lernaea salmonum) hinter dem Kiefer geplagt, daher er oft aus Un - ruhe weite schnelle Sprünge übers Wasser thut.

2. Trutta. Die Lachs-Forelle. S. ocel - lis nigris iridibus brunneis, pinna pectorali punctis 6. *

3. Fario. Die Forelle. S. maculis rubris, maxilla inferiore sublongiore. *

Lebt in schattichten Waldbächen auf kiesichtem Grund, wird in theils Gegenden bis 50 Pfund schwer, in andern aber kaum Spannenlang. Doch sind diese kleinen vorzüglich schmackhaft.

4. Alpinus. Der Rothfisch. S. dorso nigro lateribus caeruleis, ventre fuluo. *

Ein sehr wichtiges Thier für die Schwedischen Lappen, deren beynah einzige Nahrung es aus - macht; lebt fast blos von Mücken (culex pipiens).

5. Eperlanus. Der Stint, Alander. S. ca - pite diaphano, radiis pinnae ani 17. *

6. Lauaretus. Der Gangfisch, Blauling, Schnepel, Weisfisch. S. maxilla superiore longiore, radiis pinnae dorsi 14. *

Ein kleiner aber überaus schädlicher Raubfisch, der sich fast blos vom Laich anderer Fische närt. Sein Fleisch ist schmackhaft, und wird auch einge - salzen, geräuchert ꝛc. Vorzüglich wird eine Spiel - art (Ferra), die sich im Genfer-See findet, aber302 nur zu gewissen Zeiten gefangen wird*)Nouv. Heloise. P. VI. L. XI., für einen der delicatsten Fische gehalten.

7. Thymallus. Die Aesche. S. maxilla su - periore longiore, pinna dorsi radiis 23. *

26. esox. Caput supra planiusculum; man - dibula superiore plana breuiore, inferiore pun - ctata: dentes in maxillis, lingua. Membr. branch. rad. 7-12.

1. Lucius. Der Hecht. Q. rostro depresso subaequali. *

Einer der gefährlichsten Raubfische, der nicht nur andere Fische, sondern auch Wasservögel und Säu - gethiere verschlingt. Er wird zuweilen auf drey - sig Pfund schwer.

2. Belone. L. rostro vtraque maxilla subulato.

Ein schmackhafter Fisch. Seine Gräten sind grün, als wenn sie mit Saftfarbe angestrichen wären. Daß sie aber im Finstern leuchten soll - ten, wie Linné sagt, ist nicht: wenigstens nicht immer.

27. exocoetvs. Caput squamosum. Os edentulum, maxillis vtroque latere conne - xis. Membr. branch. rad. 10. Corpus al - bicans, abdomen angulatum, pinnae pecto - rales maximae volatiles, radiis antice cari - natis.

1. Volitans. E. abdomine vtrimque carinato. *

28. clvpea. Caput maxillarum superio - rum mystacibus serratis. Membr. branch.303 rad. 8. Branchiae interne setaceae. Ab - dominis carina serrata. Pinnae ventrales saepe nouemradiatae.

1. Harengus. Der Häring. C. immaculata, maxilla inferiore longiore.

Einer der wichtigsten Fische für die Nördliche Erde, der zwar von Menschen und sehr vielen Thieren verfolgt wird, sich aber auch dagegen ungemein vermehrt, indem man bey einem - ring wol auf 10000 Eyerchen zält. Besonders sind die Wallfische der Häringe gefährlichste Feinde; denen diese im Junius durch ihre grossen Reisen nach den Europäischen Küsten zu entgehen suchen, da denn ihre Anwesenheit einige tausend Menschen mit ihrem Fang beschäfftigt. Wilhelm Beukelszoon von Bierfilet in Flandern hat 1416 zuerst Häringe eingesalzen.

2. Alosa. Die Sardelle, Alse, der Gold - fisch, Mayfisch. C. lateribus nigro macu - latis, rostro bifido. *

Die Sardellen finden sich vorzüglich häufig im Mittländischen Meere; doch sind die so sich in Flüsse ziehen bey weitem schmackhafter.

3. Encrasicolus. Der Anschovis. C. ma - xilla superiore longiore. *

Ein sehr beliebter kleiner Fisch, der auf sehr verschiedne Weise für die Tafeln bereitet wird.

29. cyprinvs. Caput ore edentulo. Os nasale bisulcum. Membr. branch. rad. 3. Corpus laeue albens. Pinnae ventrales saepe nouemradiatae.

304

1. Barbus. Die Barbe. C. pinna ani ra - diis 7, cirris 4, pinnae dorsi radio secundo vtrimque serrato. *

2. Carpio. Der Karpe. C. pinna ani ra - diis 9, cirris 4, pinnae dorsalis radio postice serrato. *

Es giebt mehrere Spielarten, worunter sich die Spiegelkarpen wegen ihrer schönen Farben, und einiger beständig von Schuppen entblösten Theile des Körpers auszeichnen. Unter den Kar - pen giebts häufiger als unter andern Fischen Mis - geburten.

2. Gobio. Der Gründling, die Kresse. C. pinna ani radiis 11, cirris 2. *

4. Tinca. Die Schleihe. C. pinna ani ra - diis 25, cauda integra, corpore mucoso, cirris 2. *

Findet sich in sacht fliessenden Wassern mit lei - michtem Boden; seltner in grossen Flüssen, wie im Rhein, in der Tiber ꝛc. Auch sie giebt einen Laut mit den Kieferdeckeln von sich.

5. Carassus. Die Karausche. C. pinna ani radiis 10, caudae integra, linea laterali recta. *

Ein Raubfisch, der besonders den Karpen ge - fährlich wird.

6. Auratus. Das Schinesische Goldfischgen. C. pinna ani gemina, caudae transuersa bi - furca. *

Ioh. Baster in Haarlem. Verhandl. VII. D. 1 S. illum. Fig.

Ein überaus schön gezeichnetes Thier, was in den Flüssen von China und Japan zu Hause ist. 305Die schönsten Goldfische werden in einem klei - nen Teiche in der Provinz Che-Kyang gefangen. Man hält sie ihrer schönen Farbe und ihrer Mun - terkeit wegen auf den Zimmern in Porcellan-Va - sen: und sie kommen auch in Europa fort, wo sie zuerst 1691. nach England gebracht worden sind.

7. Phoxinus. Die Elritze. C. pinna ani ra - diis 8. macula fusca ad caudam, corpore pellucido. *

Ein gemeiner, aber ebenfalls schönfarbiger kleiner Fisch. Am Rücken glänzt er wie Gold, am Bauch wie Silber, und an den Seiten chan - girt er ins Purpurrothe.

8. Aphya. Der Spirling. C. pinna ani radiis 9, iridibus rubris, corpore pellu - cido. *

Das kleinste Thier der ganzen Classe.

9. Leuciscus. Die Seele, Laugele, der Blauling. C. pinna ani radiis 10, dorsa - li 9. *

Ist zumal in einigen Gegenden der Schweiz äuserst häufig: lebt gesellschaftlich: hält sich gern an dergleichen Stelle auf: wird geräuchert und eingepöckelt.

10. Dobula. Der Häseling, Hasel, Schnott. C. pinna ani dorsalique radiis 10. *

11. Rutilus. Das Rothauge, Röthling. C. pinna ani dorsalique radiis 12. rubicun - da. *

Es giebt mehrere Varietäten unter dieser Gat - tung; wovon besonders die eine wegen ihrer schönen zinnoberrothen Farbe merkwürdig ist.

306

12. Orsus. Der Orf, Urf, Würfling, Elft. C. pinna ani radiis 13. *

13. Nasus. Die Nase. C. pinna ani radiis 14. rostro prominente. *

So wie die vorige Gattung besonders häufig im Rhein. Die Nase hat ihren Nahmen von der ungewöhnlichen Bildung ihrer Schnauze, die einer Menschennase änelt.

14. Alburnus. Der Weisfisch, die Blicke. C. pinna ani radiis 20. *

Ein sehr gemeiner, wenig geschäzter Fisch.

15. Brama. Der Brachsen. C. pinna ani radiis 27, pinnis fuscis. *

Ein bekannter, schmackhafter Fisch, dessen Nutzbarkeit durch seine ausserordentliche Vermeh - rung verstärkt wird. Er lebt in lettigen Boden, den er bey Annäherung der Hechte oder anderer Raubfische aufwült, und sich dadurch ihren Au - gen entzieht.

307

Achter Abschnitt. Von den Insecten.

§. 130.

Die lezten beiden Classen des Thierreichs, Die Insecten und Gewürme unterscheiden sich schon dadurch von den vorhergehenden, daß sie kein rothes Blut, sondern statt dessen einen weißlichten Saft in ihrem Körper führen: wes - halb sie auch von den Alten Blutlose Thiere (animalia exsanguia) genannt wurden. Doch lehren die microscopischen Untersuchungen, daß dieser Saft wenigstens bey den grössern Insec - ten, bey Hummern ꝛc. blos in der Farbe vom rothen Blut der bisher abgehandelten Thiere verschieden ist, daß hingegen die Kügelgen, aus denen er besteht, in ihrer Bildung und Einrichtung den eigentlich so genannten Blut - kügelgen allerdings gleichen.

§. 131.

Die Insecten haben ihren Nahmen daher, weil wenigstens in ihrem vollkommenen Zustan - de, Kopf, Brust und Hinterleib, wie durch Einschnitte von einander abgesondert sind,308 ja bey den mehresten fast nur wie durch einen Faden unter sich verbunden werden. Auserdem characterisiren sie sich aber auch durch geglieder - te Fäden, die sie an der Stirne tragen, (Anten - nae, Fühlhörner): durch die Lage der Rinn - laden, die sich nicht wie bey allen rothblütigen Thieren horizontal auf und nieder, sondern seitwärts hin und her bewegen: und endlich durch die grössere Anzahl Füsse, da die vollkom - menen Inseten zum allermindesten ihrer sechs, manche aber wol auf anderhalb hundert ꝛc. haben.

§. 132.

Auser den angegebenen Merkzeichen, haben die Insecten wenig Eigenschaften, die ihnen al - len gemein wären. Die ganz unermeßliche An - zal der Gattungen, ihre so unendlich verschiede - nen Bestimmungen, und dahin abzweckende eben so verschiedene Lebensart, Bedürfnisse ꝛc. erfordern einen äuserst mannichfaltigen Kör - perbau, in dem sie, so wie in der ungleichen Grösse ihres Körpers, ausserordentlich von ein - ander abweichen.

§. 133.

Selbst die äusere Bedeckung ihres Kör - pers ist weit mannichfaltiger, als bey den übri - gen Thieren. Sehr viele sind wie mit einem hornartigen Panzer überzogen, der sie für man -309 cherley Unfällen sichert, und für den Mangel der Knochen, die bey andern Thieren zur Grundlage der Muskeln u. a. weichen Theile dienen, ent - schädigt. Manche sind mit seinen aber meist kleifen Haaren besetzt, und bey einigen die Flügel mit kleinen Federgen, oder vielmehr schuppen bedeckt, die zum Theil von den schönsten Farben sind: so wie sich überhaupt unter den Insecten, vorzüglich unter den - fern und Schmetterlingen, Thiere von ganz un - beschreiblicher Schönheit finden.

§. 134.

Auch in der Einrichtung der Sinnwerk - zeuge, und also vermuthlich auch in der Art der Empfindung, weichen die Insecten gar sehr von den übrigen Thieren ab. So daß ih - nen so gar viele berühmte Männer verschiedne von unsern fünf äusern Sinnen gänzlich abzu - sprechen, oder andre uns unbekannte Sinne zuzuschreiben gewagt haben. So wenig wir nun zwar etwas ungereimtes in einer von beiden Vermuthungen finden, so wenig dünken sie uns dennoch, nach dem, was uns die Betrach - tung der Insecten und ihrer Haushaltung ge - lehrt hat, nothwendig. Daß viele dieser Thie - re allerdings riechen, wird durch die artige Erfahrung erweislich, da sich die Schmeisflie - gen zuweilen durch den aashaften Geruch man - cher Pflanzen verführen lassen, ihre Eyer dar -310 auf zu legen, ein Irrthum den nachher die auskriechenden Maden aus Mangel der Nah - rung mit dem leben bezalen müssen. So ha - ben andre Versuche das Gehör der Bienen und mehrer Insecten vollkommen bestätigt.

§. 135.

Die Augen der Insecten sind vorzüglich merkwürdig, und zwar in Rücksicht ihres Baues von zweyfacher Art. Die einen sind ungeheure Halbkugelu, die aber aus vielen tausend Facet - ten, oder wie es Swammerdam's mühseeli - ger Fleis erwiesen hat, eigentlich aus eben so viel besondern kleinen Augen bestehen. Fast alle geflügelte Insecten haben solche componirte Augen; doch meist erst im vollkommenen Zu - stande, nach ihrer lezten Verwandlung. Die Augen der andern Art sind einfach, klein, und sowol in Rücksicht ihrer Anzahl als Lage ver - schieden. Die Insecten haben keine eigentli - che Augenlieder, die ihnen bey der Härte der Hornhaut entbehrlich sind: und nur wenige, wie die Krebse, können ihre Augen bewegen.

§. 136.

Die Fühlhörner (§. 131.), die Linné und andere berühmte Männer für Werkzeuge beson - derer, den Insecten eigener Sinne angesehen ha - ben, dünken uns doch nichts weiter, als was sie ihrem Nahmen nach seyn sollen: Werk -311 zeuge des Gefühls, Sonden, die ihnen bey ihrer harten unempfindlichen äusern Decke, und bey der Unbeweglichkeit ihrer Augen dop - pelt wichtig werden.

§. 137.

Im innern Körperbau weichen die In - secten gar sehr von den rothblütigen Thieren ab. Ihr Gehirn ist sehr klein und einfach: dage - gen hat aber ihr Rückenmark hin und wieder grosse Knoten, die dem Gehirn äneln, und aus welchen, eben so wie aus dem Gehirne selbst, Nervenstämme entspringen. Ihr Herz ist fadenförmig aber lang: und ihr Magen und Darmcanal hat nach den verschiedenen Nahrungsmitteln, die den Gattungen angewie - sen sind, auch verschiedne Bildung und Lage ꝛc. Lungen haben die Insecten nie: folglich auch keine Stimme, obschon manche, wie die Heu - schrecken mittelst ihrer Flügel, oder wie die Ci - kaden durch besondere Höhlen in der Brust ꝛc. einen Laut von sich geben können. Die mehre - sten Insecten müssen durch eigne Oeffnungen (stigmata), die sich meist an der Seite ihres Körpers befinden, Athem holen: diese können sich fast wie der Stern im Auge erweitern und verengern, und durch sie wird die geschöpfte Luft mittelst unzähliger der unbeschreiblich fein - sten Zweige in den ganzen Körper vertheilt. Wie wir selbst bey mehrern Insecten gese -312 hen haben, so änelt die Anzahl ihrer Athem - züge, den Pulsschlägen eines gesunden Men - schen: etwa 80 in einer Minute. Verschie - dene Wasserinsecten respiriren doch durch ganz andere Wege: wie durch den Hintern ꝛc.

§. 138.

Der Aufenthalt der Insecten ist weit unbe - schränkter, als der von irgend einer andern Thierclasse. Sie sind so zu sagen in allen Ele - menten verbreitet: man wird keine Spanne breit Erdreich untersuchen können, ohne Spu - ren von Insecten zu finden: es sind fast auf al - len Thieren ohne Ausnahme, auf allen Pflan - zen, welche anzutreffen, und sie machen gleich - sam eine unsichtbare Welt für sich aus, die zwischen die ganze übrige organisirte Schöpfung eingeschoben ist. So allgemein aber die In - secten, im Ganzen genommen, über die ganze Erde verbreitet sind, so streng ist doch dagegen einer jeden einzelnen Gattung ihr besonderer eingeschränkter Aufenthalt auf bestimmten Thie - ren oder Pflanzen, und deren einzelnen Theilen angewiesen: so wie auch manche sich sogar nur in einer gewissen Jahrszeit oder Tagszeit am gleichen Orte aufhalten, und nachher In - secten andrer Art Platz machen müssen: so daß kein Thier das andere in den Geschäften stören darf, die ihm zu seiner eignen Erhaltung oder313 zum Wohl des Ganzen von der Hand des Schöpfers übertragen sind.

§. 139.

Nur wenige Insecten leben in gesell - schaftlicher Verbindung, und leisten sich in ihren Geschäften wechselseitige Hülfe. Die allermeisten gehen einzeln und insolirt ihren Verrichtungen nach, und manche, die wie die Spinnen in zahlreicher Gesellschaft jung wor - den sind, zerstreuen sich bald nachher, und leben einsiedlerisch, so, daß viele auser der Begat - tungszeit kein anderes Geschöpf ihrer Art nach - her wieder zu sehen kriegen.

§. 140.

Der überaus merkwürdigen Gebäude, Woh - nungen ꝛc. die sich so viele Insecten zu verfer - tigen wissen, haben wir schon oben auf An - laß der Kunsttriebe (§. 36.) Erwähnung ge - than. Es sind wenige Thiere dieser Classe, die nicht wenigstens einmal, in einer gewissen Periode ihres Lebens Proben dieser natürlichen Kunstfähigkeit ablegen sollten, indem sie entwe - der wie die Kleidermotten und Frühlingsfliegen in ihrer unvollkommenen Gestalt, als Larven, sich ein Gehäuse zum Aufenthalt und zum Schutze verfertigen, oder sich, um die Verwand - lung und den langen Todesschlaf zu bestehen, ein Lager bereiten, oder sich einspinnen, oder314 die sich wie die Ameisenlöwen Fallen, und wie die Spinnen Netze für ihren Raub verfertigen, oder die doch wenigstens, wie manche Wasser - käfer und Spinnen, zur Sicherheit für ihre Nach - kommenschaft Säcke oder Nester zubereiten, de - nen sie ihre Eyer anvertrauen können. Man - che von denen, die in gesellschaftlicher Verbin - dung leben, bauen sich mit vereinten Kräften, und nach den Gesetzen einer äuserst regelmässi - gen ihnen angebohrnen Meßkunst, gemeinschaft - liche Wohnungen: einige andere Insecten hin - gegen, denen der Schöpfer keinen Kunsttrieb zur eignen Verfertigung eines Nestes ꝛc. verliehen hat, beziehen doch wie Bruder Bernhard der Einsiedler leerstehende ausgestorbene Schnecken - häuser, die sie mit der Zeit, wenn sie ihnen zu enge werden sollten, leicht mit andren geräumi - gern vertauschen können.

§. 141.

Die Nahrung der Insecten entspricht mehrentheils ihrem Aufenthalt: und sie ist ei - ner der erstaunenswürdigsten wunderbarsten Beweise von der unendlich weisen Einrichtung in der grossen Haushaltung der Natur. Die Insecten sollen nicht blos essen, um satt zu wer - den, um sich zu ernähren, sondern um das Gleich - gewicht zwischen beiden organisirten Reichen zu erhalten, um Aas zu verzehren, um Unkraut zu vertilgen u. s. w. eine grosse Bestimmung, zu315 deren Erfüllung diesen kleinen Thiergen, theils ihre fast unglaublich starke Vermehrung, theils ihr unersättlicher Appetit zu statten kommt. Man weiß, daß eine Raupe in 24. Stunden das Triplum ihres eignen Gewichts verzehren kan.

§. 142.

Für den Nachstellungen ihrer Feinde sind einige Insecten, wie z. B. die Spanurau - pen durch ihre tauschende Gestalt, andere da - durch, daß sie einerley Farbe mit den Gewäch - sen haben, worauf sie leben, und folglich we - niger darauf abstechen, nicht so leicht bemerkt werden können; andere durch den Gestank, den sie im Nothfall verbreiten können, andere durch die Macht des gesellschaftlichen Lebens (§. 34.) und noch andre durch ihre bewunderungswürdige Stärke (§. 29.) gesichert. Manche sind gar mit Waffen, z. B. mit Hörnern wie Kneip - zangen, oder mit Stachel und Gift versehen, oder sie sind wie die sogenannten Bärraupen mit Hären besetzt, die wie Nesseln empfindlich in die Haut stechen, wenn man sie fassen will: oder sie können auch, wie manche Weidenrau - pen, einen äuserst scharfen ätzenden Saft in ziem - licher Entfernung auf ihre Verfolger sprützen.

§. 143.

Es giebt unter den Insecten sehr wenige Hermaphroditen (§. 18.), sondern es herrscht316 bey den allermehresten der gleiche Geschlechts - unterschied, wie bey allen Thieren der vorigen Classen. Hingegen sind oft in derselben Gat - tung die beiden Geschlechter einander so unän - lich gebildet, daß man sie ehr für ganz verschie - dene Thierarten, als für zusammen gehörige Gatten halten sollte. Unter den Bienen und andern ihnen verwandten Insecten ist immer die gröste Anzahl gänzlich geschlechtlos; das heist, sie werden gezeugt und gebohren, ohne doch selbst je die Bestimmung, oder die - higkeit zur Empfängnis oder zur Zeugung zu haben.

§. 144.

Auch die Begattung der Insecten hat sehr viel sonderbares. Bey einigen, wie bey den Spinnen scheint sie ein zweydeutiges Gemisch von Angst und Vergnügen zu seyn, und sehr viele andre können schlechterdings nicht mehr als ein einziges mal in ihrem Leben die eheliche Freu - de geniesen: der Tod ist bey diesen eine so un - ausbleibliche Folge der ersten Begattung, daß man so gar ihr Leben durch verzögerte Paarung verlängern kan.

§. 145.

Die mehresten Insecten legen Eyer, die zum Theil, zumal bey den Schmetterlingen, von einer überaus mannigfaltigen sonderbaren Bil -317 dung und Zeichnung sind. Einige wenige ge - bähren lebendige Junge, und manche, wie die Blattläuse, pflanzen sich auf beyderley Wei - se fort. Auch wird bey eben diesen sonderbaren Geschöpfen durch eine einzige Paarung zugleich die ganze weibliche Nachkommenschaft bis ins vierte Glied, und weiter hinaus, schon in Mut - terleibe befruchtet.

§. 146.

Ein äuserst merkwürdiges Phänomen, was fast blos dieser Thierclasse eigen ist, sich wenig - stens in den andern (§. 105.), doch bey wei - tem nicht so auffallend interessant zeigt, ist ihre Metamorphose. Die wenigsten Insecten behalten nemlich die gleiche Gestalt, in der sie zuerst ans Licht gekommen sind, ihr ganzes übri - ges Leben hindurch, sondern sie verwandeln sich gröstentheils zu wiederholten malen in bestimm - ten Epochen ihres Lebens, und erscheinen wäh - rend dieser Austritte oft in so sehr verschiednen Gestalten, daß man nur erst neuerlich, nach sehr sorgfältigen Untersuchungen, die bleibenden Spuren des gleichen Geschöpfs unter so man - cherley Verwandlungen, und den allmähligen Uebergang der einen in die andere hat auffinden können.

318

§. 147.

In der Gestalt, wie diese Insecten, die sich einer Metamorphose unterziehen, zuerst aus dem Ey kriechen, heisen sie Larven. Theils haben sie Füsse, wie die Raupen und Engerlinge: theils aber keine, wie die Maden. Flügel haben sie noch nicht. Auch sind sie in diesem Zustand zur Fortpflanzung noch gänzlich unfähig: sie er - nähren sich blos, und wachsen, und häuten sich mit unter einige mal.

§. 148.

Wenn die Larve merkt, daß ihre Zeit her - bey kommen ist, so verpuppt sie sich, sie ver - fertigt sich eine Verwandlungshülse, in der sie bis zur lezten Catastrophe ihres Lebens einge - schlossen bleibt. Manche können sich während dieses Zustandes herum bewegen, auch Nah - rungsmittel zu sich nehmen. Andere hingegen verschliessen sich in ihre Puppe (chrysalis, au - relia) fast wie in einen Sarg: und bringen ei - nen grossen Theil des Jahrs und ihres Lebens in einem betäubenden Todesschlaf, ohne Nah - rungsmittel, und ohne sich von der Stelle zu bewegen, zu.

§. 149.

Allein während der Zeit, da das Geschöpf so ganz fühllos und erstarrt in seiner Hülse319 vergraben scheint, geht mit ihm selbst die grosse Veränderung vor, daß es aus seinem Larven - stand zum vollkommnen Insect (lnsectum declaratum) umgebildet wird, und nach bestimm - ter Zeit verschönert und vervollkommnet aus sei - nem Kerker hervorbrechen kan. Wirklich ist es eines der bedeutungsvollsten Schauspiele in der Natur, die Betäubung zu beobachten, mit der das schlaftrunkene Thier zum zweyten mal das Licht der Welt begrüst, bis es von seinem Tau - mel ermuntert, verjüngt und neu belebt davon flattert, und der Erfüllung seiner noch übrigen Pflichten entgegen eilt. Manche Insecten ab - solviren diese lezte Rolle ihres Lebens in einer sehr kurzen Zeit. Verschiedne bringen, wenn sie aus ihrer Hülse kriechen, nicht einmal einen Mund mit zur Welt, sie fressen nicht mehr, sie wachsen nicht weiter: jene beiden Bestimmun - gen eines organisirten Körpers hatten sie schon als Larven erfüllt: Jetzt ist ihnen nur noch die dritte übrig; sie sollen eine Gattin aufsuchen, ihr Geschlecht fortpflanzen, und dann der Nach - kommenschaft Platz machen, und sterben.

§. 150.

Die unmittelbare Brauchbarkeit der In - secten ist ziemlich einfach: dagegen ist aber der Antheil, den diese kleinen unbemerkten Thiere an der grossen Haushaltung der Natur haben, die Geschäfte die ihnen der Schöpfer zum Wohl320 des Ganzen anvertrauet hat, desto mannichfal - tiger und ganz unermeßlich. Wir haben ihrer schon bey mehrerem Anlaß Erwähnung gethan. Die Insecten sind es, die die bestimmten Gren - zen des Pflanzenreichs, sein verhältnismässiges Gleichgewicht gegen das Thierreich erhalten, und deshalb unzählige Arten von Unkraut theils im Keim ersticken, theils, wenns auch aufgewachsen ist, vertilgen, und seinem fernern Wucher vorbeugen müssen. Eine gar nicht sehr in die Augen fallende, aber im Grunde unab - schliche und unaufhörliche Arbeit, die schlech - terdings als eine der ersten und kräftigsten Triebfedern im Gange der Schöpfung angese - hen werden muß. Einen andern ebenfalls äu - serst wichtigen Nutzen leisten so viele Insecten die sich von Aas nähren, im Miste leben u. s. w. und die dadurch, daß sie diese widrigen ani - malischen Substanzen aufzehren, zerstreuen und durchwirken, von der einen Seite der Infe - ction der Luft vorbeugen, und von der an - dern die allgemeine Düngung des Erdreichs befördern. Manche Thiere dieser Classe, wie die Krebse, die grossen orientalischen Heuschre - cken ꝛc. sind eßbar. So auch der Honig der Bienen. Die Seide nutzt zur Kleidung und mancherley andern Gebrauch. Verschiedne Insecten geben vortrefliche Farben, wie die Cochenille den Scharlach, der Kermes das Carmoisin, Die Galläpfel werden zur Dinte,321 und Wachs zu Lichtern und tausenderley an - dern Absichten verbraucht. Für die Arzney sind vorzüglich die Spanischen Fliegen, die Kel - leresel und die Ameisen von Belange, und neuer - lich sind auch die Maykäfer, und sogenann - ten Maywürmer, vom frischen als Hülfsmittel gegen den tollen Hundsbiß berüchtigt worden.

§. 151.

Die Weisheit des Schöpfers hat gewollt, baß Nutze und Schade der verschiednen Thier - classen in einigem Verhältnis stehe: und so ist auch hier der Nachtheil, den die Insecten an - richten, zwar mit ihrem unermeßlichen Nutzen in keinen Vergleich zu bringen, aber doch im Ganzen genommen, importanter als bey an - dern Thieren. Sehr viele Insecten sind den Feldfrüchten überhaupt gefährlich, verursa - chen Miswachs, und verheeren, wie die gros - sen Heuschrecken, junge Saat, und alles, wo sie auffallen. Manche sind besonders dem Ge - traide nachtheilig; andere, wie so viele Rau - pen, Erdflöhe, Engerlinge ꝛc. den Gartenge - wächsen; andre Raupen, und Käferlarven ꝛc. den Obstbäumen; die Schildläuse besonders der Orangerie: die Larven von Speckkäfern, und Holzraupen den Holzungen: die Ameisen den Wiesen: die Kakerlacken, die Wanzen, die weissen Ameisen ꝛc. dem Hausgeräthe: die322 Larven vieler kleiner Käfergen den Büchern und Naturaliensammlungen. Endlich wer - den auch einige Arten von sogenanntem Unge - ziefer den Menschen selbst, so wie den Pferden, Schaafen, Hünern und andern Hausthieren, ja so gar verschiednen nutzbaren Insecten, den Bie - nen, Seidenwürmern ꝛc. auf eine sehr unmittel - bare Weise lästig, und andre, wie die Skor - pione ꝛc. durch ihr Gift, furchtbar.

§. 152.

Die systematische Anordnung wird bey dieser Classe durch die zahllose Menge der da - rin begriffenen Thiere, und durch ihre so sehr verschiedne Bildung, erschwehrt. Wir fol - gen indeß auch hier dem scharssinnigen Ent - wurf des R. Linné, dessen Classification der In - secten sich am meisten auf den ganzen Habitus derselben gründet, und wegen der wenigen Ord - nungen auch den Vorzug der Faßlichkeit fürs Ge - dächtnis hat. Es versteht sich, daß die Cha - ractere allemal vom vollkommen reifen Insect hergenommen sind.

I. Ordn. Coleoptera. Käfer. Insecten mit hornigem Körper, deren Flügel in der Ruhe sich zusammen falten, und mit zwey hornartigen Decken oder Schei - den belegt werden, die sich in der Mitte in gerader Linie an einander schliefen.

323

II. Hemiptera. meist mit einem hornichten spitzen Rüssel, der vorn an der Brust hinab liegt: und mit vier meist kreuzweis zusammengelegten zur Hälfte harten Per - gamentänlichen Flügeln.

III. Lepidoptera. Schmetterlinge. Mit weichem behaarten Körper, und vier aus - gespannten Flügeln, die mit bunten Schup - pen bedeckt sind.

IV. Nevroptera. mit vier durchsichtigen netz - förmigen oder gegitterten Flügeln.

V. Hymenoptera. mit vier durchsichtigen ge - aderten Flügeln.

VI. Diptera. Die Insecten mit zwey (unbe - deckten) Flügeln.

VII. Aptera. Die völlig ungeflügelten In - secten.

324

I. COLEOPTERA.

Die Thiere dieser Ordnung werden über - haupt Käfer genannt, ob man gleich diesen Nahmen auch dem ersten Geschlechte ins beson - dere beylegt. Die Larve, welche allemal aus einem Ey entspringt, hat Freßzangen, und bey den mehresten Geschlechtern sechs Füsse, die an der Brust sitzen: bey einigen, wie unter den Holz - böcken, ist sie ohne Füsse (eine Made). Sie ver - puppt sich mehrentheils unter der Erde in einer ausgehölten leimigten Scholle: oder aber, wie bey den eben genannten Holzböcken, im Holze. Das vollkommene Insect kriecht zwar weich aus der Puppe: seine Haut verhärtet aber in kurzer Zeit an der Luft: es hat so wie die Larve Kinnladen am Kopfe, und Luftlöcher an der Seite: und ist mit harten hornartigen Flügel - decken (Elytra) versehen.

1. scarabavs. Käfer. Antennae claua - tae capitulo fìssilli. Tibiae anticae saepius dentatae.

1. Hercules. S. scutellatus, thoracis cornu in - curuo maximo: subtus barbato vnidentato, capitis recuruato: supra multidentato. *

Eins der grösten Insecten; dessen Larve einen starken Daumen dick, und beynah eine viertel Ele lang ist. Beym Käfer ist das Horn von der Stir -325 ne aufwärts, und das längere vom Brustschild im Bogen runterwärts gebogen, so daß das Thier beide bewegen, und damit fassen und kneipen kan. Ist in Brasilien zu Hause, variirt in der Farbe, dunkelbraun, violet, schmutzig grün ꝛc.

2. Actaeon. (rhinoceros auctori.) S. scutella - tus thorace bicorni, capitis cornu uniden - tato, apice bifido. *

Hat gleiches Vaterland mit dem vorigen: ist aber am Körper noch stärker. Seine Flügel sind wol zweymal so lang als der Leib, und unter den Flü - geldecken zusammengefaltet.

3. Lunaris. S. exscutellatus, thorace bicor - ni: intermedio obtuso bifido, capitis cornu erecto, clypeo emarginato. *

Hat die Grösse vom gemeinen Mistkäfer: ist vor - züglich hart, ganz schwarz, glänzend, und überaus artig gebildet. Das Männgen hat ein längeres Horn auf der Stirne als das Weibchen: und sein Brustschild ist sehr regelmässig ausgeschweift, zackigt. Er lebt auf Wiesen und Viehweiden, vorzüglich im Ruhmist: aus dem er, wie andre verwandte Käfer - arten, hole Kugeln formt; die er einzeln unter die Erde verscharrt, an Graswurzeln befestigt, und in jede ein einziges Ey legt; damit die künftig daraus kriechende Larve aus dem Miste Nahrung, und bis zu ihrer Verwandlung sichern Aufenthalt habe.

4. Nasicornis. Der Nashornkäfer. S. scu - tellatus, thorace prominentia triplici, capi - tis cornu incurvato, antennis heptaphyllis. *

Der gröste hieländische Käfer: findet sich vor - züglich in Gerberlohe von Eichenrinde, und in ho - len Bäumen: fliegt sehr selten.

326

5. Sacer. S. exscutellatus, clypeo sexdentato, thorace inermi crenulato, tibiis posticis ci - liatis, vertice subbidentato.

Nicht ganz so gros als der Nashornkäfer, legt auch seine Eyer in Kugeln von Mist. Ist in süd - lichen Europa, und in Nordafrica, vorzüglich häu - fig in Aegypten zu Hause, wo er nach der Ueber - schwemmung des Nils den Unrath verzehren hilft, und wohl mehr dieser Ursache wegen, als wegen der symbolischen Aenlichkeit, die das Wälzen seiner Mistkugel mit dem Lauf der Sonne haben sollte*)Horus apollo L. I hierogl. 10., von den alten Aegyptern verehret, und auf ihren Kunstwerken vorgestellt ist. Besonders hat man ihn auf die Hinterseite der geschnittenen Steine ausgeschnitzt, die deshalb Scarabaei genannt wer - den. Wir besitzen selbst einen solchen Carneol, der auf dem Rücken ganz genau und völlig nach der Natur in Form dieses Käfers geschnitten ist.

6. Fimetarius. S. scutellatus, thorace iner - mi capite tuberculato, elytris rubris, cor - pore nigro. *

Ein kleiner Käfer, der sich so, wie seine Larve, im Kuhmist aufhält, ihn durchwült, verarbeitet ꝛc.

7. Stercorarius. Der Roßkäfer, Scharne - weber. S. scutellatus muticus ater glaber - elytris sulcatis; capite rhombeo: vertice prominulo, antennis rubris. *

Lebt besonders im Pferdemist: ist daher häufig auf Fahrwegen zu finden. Wenn er an heitern Sommerabenden herum fliegt, so ist auch für den fol - genden Tag noch gut Wetter zu erwarten.

327

8. Vernalis. Der Mistkäfer. S. scutellatus muticus, elytris glabris laeuissimis, capite clypeo rhombeo, vertice prominulo, anten - nis nigris. *

Vorzüglich im Schaafmist, den er zwischen die Stacheln der Hinterfüsse faßt, und wie Kugeln um die Axe wälzt. Manche changiren schön violett, grün ꝛc. wird wie die beiden vorigen Arten sehr von Ungeziefer (acarus coleoptrorum) geplagt.

9. Melolontha. Der Maykäfer. S. scutel - latus muticus testaceus, thorace villoso, cauda inflexa, iucisuris abdominis albis. *

Eins der gemeinsten Insecten, was fünf Jahre lang als Engerling unter der Erde lebt, sich von Getraidewurzeln ꝛc. nährt, und zuweilen allgemei - nen Miswachs verursacht hat*)Wie im Jahr 1479, da die Engerlinge deshalb in einem weitläuftigen Monitorio fürs geistliche Recht gen Lausanne citirt wurden, das ihnen zwar einen Advocaten von Freyburg zugestand, sie selbst aber nach genauer Abhörung beider Parteyen, und reif - licher Ueberlegung förmlich in Bann that. s. Mich. Stettlers Schweitzer-Chronick S. 278.. Im sechsten Jahr kömmts endlich als Maykäfer zum Vorschein, und schadet in dieser Gestalt dem jungen Laub, be - sonders an Obstbäumen.

10. Solstitialis. Der Brachkäfer, Junius - käfer. S. scutellatus muticus testaceus, tho - race villoso, elytris luteo-pallidis: lineis tri - bus albis parallelis. *

Hat wie der vorige seinen Nahmen von der Zeit, wann er sich zuerst als Käfer sehen läst. Aenelt ihm auch in der Bildung, ist aber nur halb so gros.

328

11. . Auratus. Der Goldkäfer, Rosenkä - fer. S. scutellatus muticus auratus, segmen - te abdominis primo lateribus vnidentato, clypeo planiusculo.

Die Larve und Puppe findet sich häufig in Amei - senhaufen, und holen Baumstämmen. Der Käfer selbst aber, der wegen seiner grün-goldnen Flügel - decken überaus schön aussieht, in den Gärten an Rosenstöcken, Lilien, Iris ꝛc.

2. Lvcanvs. Antennae clavatae: clava com - pressa latere latiore pectinato-fissili. Maxillae porrectae, exsertae, dentatae.

1. . Cervus. Der Feuerschröter, fliegende Hirsch, Börner, Donnerguge. L. scutel - latus: maxillis exsertis apice bifurcatis la - tere unidentatis. *

Nächst den Krebsen das gröste deutsche Insect, lebt vorzüglich in Eichenwäldern, variirt in der Grösse und Farbe, die bey manchen mehr ins Schwarze, bey andern ins Dunkelrothe fällt. Nur das Männchen hat die überaus artigen, klei - nen Geweihen änelnden Kneipzangen am Kopfe.

3. dermestes. Antennae clavatae: ca - pitulo perfoliato: articulis tribus crassiori - bus. Thorax convexus, vix marginatus. Caput sub thorace inflexum latens.

1. . Lardarius. der Speckkäfer. D. niger, elytris antice cinereis, punctis nigris. *

Larve und Käfer nähren sich von fetten weichen Theilen todter Thiere, und sind daher überall in Speisekammern, negligirten Naturaliensammlun - gen, und auf anatomischen Theatern zu finden. 329An eingespritzten trockenen anatomischen Präpara - ten fressen sie manchmal das Fleisch und die Häute so rein ab, daß die blose Wachsmasse in Form der Gefässe sauber übrig bleibt. *)I. E. Hebenstreit de vermibus anatomicorum admini - stris. Lips. 1750. 4.

2. . Pellio. D. niger, coleopteris punctis al - bis binis. *

Zieht sich zumal nach Pelzwerk, ausgestopften Thieren u. s. w.

3. . Typographus, der Holzwurm. D. te - staceus pilosus, elytris striatis retusis prae - morsodentatis. *

Unter der Rinde der Bäume, da er so wie mehrere verwandte Gattungen dieses Geschlechts das Holz wurmstichig macht.

4. . Piniperda, der schwarze fliegende Wurm, Borkenkäfer. D. niger subvillo - sus, elytris piceis integris, plantis rufis. *

In Nadelhölzern, wo er in manchen Jahren ausserst häufig ist, und grosse Verwüstungen anrichtet.

4. ptinvs. Antennae filiformes: articulis ultimis majoribus. Thorax subrotundus, immarginatus, caput excipiens.

1. . Pertinax. P. fuscus unicolor. *

Hat seinen Namen daher, weil er, sobald man ihn berürt, die Füsse anzieht, wie todt liegt, und lange durch keinen Reiz von der Stelle zu treiben ist.

2. . Fur. P. testaceus subapterus, thorace quatuordentato, elytris fasciis duabusalbis. *

330

Eins der furchtbarsten Thiere für Naturalien - sammlungen, Bibliotheken, Hausgeräthe und Pelzwerk; was durch keine der gewöhnlichen Ver - wahrungsmittel gegen solche nachtheilige Inse - cten, sondern blos durch genaue Aufsicht und öf - tere Nachsuchung abgehalten oder vertilgt wer - den kan.

5. hister. Antennae capitatae capitulo so - lidiusculo; infimo articulo compresso, de - curvato. Caput intra corpus retractile. Os forcipatum. Elytra corpore breviora. Ti - biae anticae dentatae.

1. . Unicolor. H. totus ater, elytris sub - striatis. *

In sandigen Boden und auf Viehweiden.

6. gyrinvs. Antennae clavatae, rigidae, capite breviores, oculi 4, duobus supra, duo - bus infra.

1. . Natator, der Schwimmkäfer. G. sub - striatus. *

Etwa von der Grösse einer Kaffeebohne, ist den Sommer durch fast in allen Gewässern zu finden. Lebt gesellschaftlich, schwimmt mit einer ausserordentlichen Schnelligkeit auf der Oberflä - che des Wassers. Im Tauchen hat er eine Luft - blase am Hintern: giebt einen widrigen Geruch von sich.

7. byrrhvs. Antennae clavatae subsolidae, subcompressae.

331

1. . Museorum. B. nebulosus, elytris sub - nebulosis puncto albo. *

Nistet in Pelzwerk, ausgestopften Thieren ꝛc. und richtet in Naturaliencabinetten leicht Verwü - stung an.

8. silpha. Antennae extrorsum crassiores. Elytra marginata. Caput prominens. Tho - rax planiusculus, marginatus.

1. . Vespillo, der Todtengräber. S. oblon - ga atra clypeo orbiculato inaequali, elytris fascia duplici aurantia. *

Etwas kleiner als ein Maykäfer. Die Flügel schwarz und orangegelb in die Quere gestreift. Sie haben ihren Nahmen von dem besondern Triebe, die Aeser von kleinen Thieren, Maulwür - fen, Mäusen, Fröschen, Kröten, Schlangen ꝛc. die sie von weitem auswittern, mit vereinten Kräften unter die Erbe zu vergraben, und ihre Eyer dahinein zu legen. Ihrer sechs sind wohl im Stande, einen todten Maulwurf binnen vier Stunden, Fuß tief in fetten Boden einzuschar - ren. Sie geben einen starken bisamähnlichen Geruch von sich: und sind oft voll Ungeziefer.

9. cassida. Schildkäfer. Antennae sub - filiformes, extrorsum crassiores. Elytra marginata. Caput sub thoracis clypeo pla - no reconditum.

1. . Viridis. C. viridis, corpore nigro. *

Auf Disteln, Feldmelde ꝛc. Die Larve und Puppe sind ganz flach und am Rande sonderbar ausgezakt mit Spitzen versehen.

332

2. . Murraea. C. nigra, clypeo rubro, ely - tris sanguineis, punctis nigris sparsis. *

Von der Grösse des vorigen, besonders häufig am Alant.

10. coccinella, Sonnenkäfer, Ma - rienkäfer, Marienkühgen. Antennae subclavatae, truncatae. Palpi clava semi - cordata. Corpus hemisphaericum, thorace elytrisque marginatis, abdomine plano.

Die Gattungen dieses Geschlechts zeichnen sich fast bloß durch die Farbe ihrer Flügeldecken und deren Flecken von einander aus, die Käfer selbst sind klein, und meist halbkugelförmig.

1. . Bipunctata. C. coleoptris rubris, pun - ctis nigris duobus. *

2. . Bipustulata. C. coleoptris nigris punctis rubris duobus, abdomine sanguineo. *

11. chrysomela, Blattkäfer. Anten - nae moniliformes, extrorsum crassiores. Thorax, nec elytra, marginatus.

Ein üheraus weitläuftiges Geschlecht, dessen Gattungen zum Theil durch die schönen Gold - farben ihrer Flügeldecken, theils aber auch durch den Schaden, den sie an Bäumen und Küchen - gewächsen thun, merkwürdig werden.

1. . Goettingensis. C. ovata atra pedibus vio - laceis. *

Häufig an der Schaafgarbe.

2. . Minutissima. C. ovata nigra opaca. *

333

Eins der kleinsten Käfergen. Kaum den drit - ten Theil so gros als ein Floh.

3. . Cerealis. C. ovata aurata, thorace lineis tribus, coleoptrisque quinque violaceis, ab - domine violaceo. *

Eine der schönsten Chrysomelen, auf deren Brustschild und Flügeldecken die violetten Strei - fen mit andern von rothen und grünen Golde ab - wechseln.

4. . Oleracea. C. saltatoria (s. femoribus posticis crassissimis) virescenti-caerulea. *

Ein schädliches kleines Thier, das so wie meh - rere verwandte Gattungen unter dem Namen der Erdflöhe oder Erdfliegen bekannt ist.

12. hispa, Stachelkäfer. Antennae fu - siformes, basi approximatae, inter oculos sitae. Thorax elytraque aculeata saepius.

1. . Atra. H. corpore toto atro. *

Lebt unter der Erde von Graswurzeln, variirt in der Grösse.

13. brvchvs. Antennae filiformes, sen - sim crassiores.

1. Pisi, der Erbsenkäfer. B. elytris albo pun - ctatis, podice albo maculis binis nigris.

Zumal in Nordamerika sehr häufig, wo er den Hülsenfrüchten grossen Schaden thut.

14. Cvrcvlio. Rüsselkäfer. Antennae subclavatae, rostro insidentes. Rostrum cor - neum prominens.

334

Die Rüsselkäfer haben meist einen kurzen rund - lichen aber überaus hart gepanzerten Körper; und einen festen runterwärts gebognen Rüssel von ver - schiedener Länge. Es sind nachtheilige Thiere, von denen besonders, die mit dem sehr langen Rüssel den Bäumen, die übrigen aber den Feld - flüchten und Gartengewächsen Schaden thun. Die Larven nennt man Pfeifer.

1. Palmarum. Der Palmbohrer. C. longiro - stris ater, thorace ovato planiusculo, elytris abbreviatis striatis. *

Ist in beiden Indien zu Hause, hat die Grösse des Hornschröters. Die Larve nährt sich vom Sagumarke; wird aber selbst von den Indianern gegessen.

2. . Frumentarius. Der schwarze Korn - wurm, Reuter. C. longirostris sangui - neus. *

3. . Granarius. C. longirostris piceus oblon - gus, thorace punctato longitudine elytro - rum. *

Nebst dem vorigen auf Kornböden, in Mühlen.

4. . Paraplecticus. C. longirostris cylindricus subcinereus, elytris mucronatis. *

Auf Wasserpflanzen. Daß er den Pferden Lähmung verursache, haben wir nirgends bestä - tigt gefunden.

5. . Bacchus. Der Rebensticher. C. longi - rostris aureus, rostro plantisque nigris.

6. Anchoraco. C. longirostris, femoribus den - tatis, elytris flavo striatis, thorace elonga - to.

335

Die schmale Brust, und der Rüssel sind jedes so lang als der ganze Hinterleib: dadurch das Thier ein sonderbares Ansehn bekommt.

7. . Nucum. C. longirostris, femoribus den - tatis, corpore griseo longitudine rostri. *

Macht die Haselnüsse wurmstichig.

8. Imperialis. Der Juwelenkäfer. C. brevi - rostris niger, elytris dentatis, sulcatis pun - ctis excavatis, auro versicolore distinctis, abdomine aeneo viridi. *

Eins der prachtvollsten Geschöpfe in der Na - tur. Das gefärbte Gold in den unzäligen Grüb - gen, die reihenweis auf den Flügeldecken einge - graben sind, thut in hellem Lichte, zumal unterm Vergrösserungsglase einen unbeschreiblichen Ef - fect. Das schöne Thier ist in Brasilien zu Hause, und kommt in der Grösse etwa dem Maykäfer bey.

15. Attelabvs. Caput postice attenuatum inclinatum. Antennae apicem versus cras - siores.

1. . Coryli. A. niger, elytris rubris. *

Lebt nebst mehreren Gattungen seines Ge - schlechts auf Haselstauden.

2. . Apiarius. Der Immenwolf. A. caeru - lescens, elytris rubris, fasciis tribus nigris. *

Ist häufig, wo viel Bienenzucht ist, thut den Stöcken grossen Schaden.

16. Cerambyx. Holzbock. (Capricornus auctor.) Antennae attenuatae, Thorax spi - nosus aut gibbus. Elytra linearia.

336

Die Holzböcke haben eine artige, meist cylindri - sche schlanke Bildung, zum Theil auch schöne Zeichnung und Farben; manche ganz ungeheure lange Fühlhörner, einen ungemein harten Brust - schild und Flügeldecken, und ein überaus zähes Leben. Wir wissen, daß man angespießte Holz - böcke noch nach vier Wochen lebendig gefunden hat. Meist leben sie in Holz, und geben mittelst des Brustschilds, den sie an die Flügeldecken rei - ben, einen knarrenden Laut von sich.

1. Cervicornis. C. thorace marginato dentato, maxillis porrectis coniformibus vtrinque spinosis, antennis brevibus. *

Sehr groß, schön gezeichnet, mit Kinnzan - gen, fast wle am Hornschröter. Ist in Südame - rica zu Hause: wo seine Larve von den Wilden aufgesucht und gegessen wird.

2. . Granulatus. C. thorace spinoso, rugoso, elytris bidentatis, nigris, polline ferrugi - neo conspersis, ad basin acinulis nigris splen - dentibus granulatis. *

Ein ansehnliches, zwey Zoll langes, vielleicht noch nicht beschriebenes Thier. Die Fühlhörner sind von gleicher Länge mit dem Körper. Die Flügeldecken haben an beiden Seiten, zumal an der äusern, einen schwarzen aufgeworfnen schma - len Rand.

3. . Moschatus. C. thorace spinoso, elytris obtusis viridibus nitentibus, femoribus mu - ticis, antennis mediocribus. *

Dunkelgrün und blau, wie angelaufener Stahl - giebt ein bisamänlichen Geruch von sich.

4. . Aedilis. C. thorace spinoso: punctis 4. luteis, elytris obtusis nebulosis, antennis longissimis.

337

Nicht so gros als der vorige. Die Fühlhörner sind wohl sechsmal so lang als das ganze Thier.

17. leptvra. Antennae setaceae. Ely - tra apicem versus attenuata. Thorax tere - tiusculus.

1. . Aquatica. L. deaurata, antennis nigris, femoribus posticis dentatis. *

An allerhand Wasserpflanzen. Variirt in der Farbe, manche grün und Gold, andere braun und Gold ꝛc.

18. necydalis, Afterholzbock. An - tennae setaceae. Elytra alis minora. Cau - da simplex.

1. . Major. N. elytris abbreviatis ferrugi - neis immaculatis, antennis brevioribus. *

19. lampyris, Johanniswürmgen. (Cicindela auctor.*)Stellantes volatus, Vergiliae terrestres. plin.) Antennae filiformes. Elytra flexilia. Thorax planus, semiorbi - culatus, caput subtus occultans cingensque, Abdominis latera plicato-papillosa.

Die Johanniswürmgen werden vorzüglich durch den blaulichen Schein merkwürdig, den sie in heitern Sommerabenden von sich geben. Nur die Männchen sind geflügelt, und diese haben zwey lichte Punkte unten am Bauche, die im fin - stern phosphoresciren. Die Weibgen sind unge - flügelt, äneln ehe den Larven dieses Geschlechts und leuchten weit stärker als die Männchen, be -338 sonders um die Begattungszeit, da ihr Licht ver - mutlich den Männchen zur Anzeige dient, sie auf - zufinden. Einige Zeit, nachdem das Weibgen seine Eyer gelegt hat, (die selbst auch im finstern leuchten) verliert sich der Schein bey beyden Geschlechtern.

1. . Noctiluca. L. oblonga fusca, clypeo cinereo. *

Unter Wachholdersträuchen, Rosenbüschen ꝛc. Ihrer vier oder fünf in ein Gläschen gethan, leuchten hell genug, um dabey im finstern lesen zu können; und die Spanischen Damen stecken sie als Putz auf ihren Abendpromenaden in die Haare. *)twiss's Travels p.281.

20. cantharis. Antennae setaceae. Tho - rax marginatus capite brevior. Elytra fle - xilia. Abdominis latera plicato. papillosa.

1. . Navalis. C. thorace teretiusculo, cor - pore luteo, elytris margine apiceque nigris. *

Ein schädliches Thier, dessen Larve das Eichen - holz durchbohrt und für die Schiffe gefährlich wird.

21. elater, Springkäfer, Schmidt. Antennae setaceae. Thorax retrorsum an - gulatus. Mucro pectoris e foramine abdo - minis resiliens.

Diese Thiere sind wegen der sonderbaren Fer - tigkeit merkwürdig, mit welcher sie, wenn sie auf den Rücken zu liegen kommen, sich in die Höhe zu schnellen, und wieder auf die Beine zu helfen wissen. Vorzüglich hilft ihnen dazu ein339 Stachel, der vorn an der Brust befestigt ist, und in eine Rinne oben am Bauche paßt, aus der er beym Aufschnellen mit Gewalt heraus schnappt; und dann die Spizen, die rückwärts auf beyden Seiten des Brustschilds heraus stehen, und mit den Flügeldecken auf eine änliche Weise eingelenkt sind.

1. Noctilucus, der Cocujo. E. thoracis late - ribus macula flava glabra.

Ist in Nordamerika zu Hause. Wird wol zwey Zoll lang. Die beyden Flecken auf dem Brust - schild leuchten stark im finstern, und die Wilden bedienten sich vor Ankunft der Spanier keiner andern Leuchten als der Cocujos und einiger an - dern Insecten.

3. . Niger. E. thorace laevi, elytris pedibus corporeque nigris. *

Häufig auf Viehweiden.

22. cicindela. Antennae setaceae. Ma - xillae prominentes denticulatae. Oculi pro - minuli. Thorax rotundato-marginatus.

Kleine aber meist sehr schöne Käfer. Die Flü - geldecken sind mehrentheils artig gezeichnet, und der Unterleib und die Füsse changiren in farbiges Gold. Es sind muthige Thiere, die fast blos vom Raube anderer Insecten leben. Als Larven scharren sie sich in Sand, fast wie der Ameisen - löwe, um ihrer Beute aufzulauern, und als - fer wissen sie ihr mit ausnehmender Schnellig - keit im Lauf und Flug nachzujagen.

1. . Germanica. C. viridis, elytris puncto lunulaque apicum albis. *

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23. bvprestis, Stinkkäfer. Antennae se - taceae, longitudine thoracis. Caput dimi - dium intra thoracem retractum.

Ebenfalls ausserordentlich prächtige Thiere von den unnachahmlichsten Goldfarben; daher ihre Flügeldecken schon längst von den Wilden zum Putz verwendet worden.

1. Gigantea. B. elytris fastigiatis bidentatis rugosis, thorace marginato laevi, corpore inaurato. *

Wird wol Fingers lang, ist in beyden Indien zu Hause.

2. . Chrysostigma. B. elytris serratis longi - tudinaliter sulcatis, maculis duabus aureis impressis, thorace punctato. *

24. dytiscvs, Wasserkäfer, Fischkä - fer. (Hydrocantharus auctor.) Antennae setaceae aut clavato-perfoliatae. Pedes po - stici villosi, natatorii submutici.

1. . Piceus. D. antennis perfoliatis, corpo - re laevi, sterno carinato, postice spinoso. *

Eine der grösten Arten. Ist in den Europäi - schen Gewässern gemein. Auch haben wir sie aus Tranquebar erhalten. Wenn der Käfer seine Eyer legen will, so bereitet er dazu eine artige längliche Hülse, die er mit einer braunen Seide überzieht, und die mit den eingeschloßnen Eyern wie ein Schiffgen auf dem Wasser schwimmt, bis die kleinen Larven ausgekrochen und im Stan - de sind, in ihr Element über Bord zu springen.

2. . Semistriatus. D. fuscus, elytris sulcis dimidiatis decem villosis. *

341

Ist, so wie vermutlich die mehresten Gattun - gen dieses Geschlechts, den Fischteichen ge - fährlich.

25. carabvs, Laufkäfer. Antennae se - taceae. Thorax obcordatus apice truncatus marginatus. Elytra marginata.

Leben meist vom Raube anderer Insecten: und geben, wenn man sie anfaßt, einen ätzenden Saft von sich. Die wenigsten können fliegen; laufen aber desto schneller.

1. . Coriaceus. C. apterus ater opacus, ely - tris punctis intricatis subrugosis. *

2. . Auratus, der Goldhahn. C. apterus elytris punctis striis sulcisque laevibus in - auratis. *

26. tenebrio. Antennae moniliformes articulo ultimo subrotundo. Thorax plano - convexus, marginatus. Caput exsertum. Elytra rigidiuscula.

1. . Molitor. T. alatus niger totus, femo - ribus anticis crassioribus. *

Die Larven halten sich im Mehl auf, finden sich daher häufig in Mühlen, und Beckerhäusern, heissen Mehlwürmer, und geben bekanntlich das beste Nachtigallenfutter ab.

2. . Mortisagus, der Todtenkäfer. T. apte - rus thorace aequali, coleoptris laevibus mu - cronatis. *

Lebt in modrigen Orten, hat einen widrigen Geruch, und ist vom Aberglauben ehedem für omineus gehalten worden.

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27. meloë. Antennae moniliformes articu - lo ultimo ovato. Thorax subrotundus. Elytra mollia flexilia, caput inflexum, gib - bum.

1. . Proscarabaeus, der Maywurm. M. apterus, corpore violaceo. *

Ein widriges weiches Thier, was bey jeder Berürung einen stinkenden Saft auf der Brust, da wo die Füsse eingelenkt sind, fliessen läßt.

2. . Vesicatorius, die spanische Fliege. (Can - tharis offic.) M. alatus viridissimus nitens, antennis nigris. *

Das wichtige heilsame Geschöpf, was zum Blasenziehen gebraucht wird.

28. mordella. Antennae filiformes ser - ratae. Caput deflexum sub collo, in ter - rito. Palpi compresso-clavati, oblique trun - cati. Elytra deorsum curva apicem versus. Ante femora lamina lata ad basin abdo - minis.

Kleine Käfergen. Das ganze Geschlecht be - greift nur wenige Gattungen, die sich noch dazu sehr wenig zu vermehren scheinen.

1. . Aculeata. M. atra, ano spina terminato.

29. staphylinvs. Antennae monilifor - mes. Elytra dimidiata. Alae tectae. Cau - da simplex exserens duas vesiculas oblongas.

Sind besonders wegen der kleinen Blasen, merkwürdig, die sie, so bald sie Gefahr merken,343 aus dem Hinterleibe treiben; deren wahrer Nuzen aber noch unbestimmt ist.

1. . Maxillosus. S. pubescens niger, fasciis cinereis, maxillis longitudine capitis. *

30. forficvla. Antennae setaceae. Ely - tra dimidiata. Alae tectae. Cauda forci - pata.

1. . Auricularia, der Ohrwurm. F. elytris apice albis. *

Das bekannte Thier, von dem die abgeschmakte Sage ersonnen ist, daß es gerne den Menschen in die Ohren kröche.

II. HEMIPTERA.

Bey den Insecten dieser Ordnung ist der Kopf an die Brust niedergedruckt, bey einigen mit Kinnladen, bey den mehresten aber mit einem Saugerüssel versehen, weshalb diese auch von einigen Naturforschern Proboscidea genannt werden. Anzal und Bildung und Richtung der Flügel ist verschieden. Meistens haben sie vier Flügel, die an der Wurzel fester und hörn - artiger, am äussern Ende aber dünner und wei - cher sind. Bey einigen sind sie gerade ausge - streckt, bey andern übers Kreuz zusammen ge - falten. Theils sind sie auch mit einer Art klei - ner Flügeldecken belegt. Manche haben nur zwey Flügel, und bey verschiedenen sind die344 Weibchen gänzlich ungeflügelt. Ihre Ver - wandlung ist nicht sehr auffallend: sondern die Larven äneln dem vollkomnern Insect bis auf die Flügel, die erst nach und nach völlig ausge - bildet werden.

31. blatta, die Schabe. Caput infle - xum. Antennae setaceae. Elytra alaeque planae, subcoriaceae. Thorax planiuscu - lus, orbiculatus. marginatus. Pedes curso - rii. Cornicula duo supra caudam.

1. . Orientalis, der Kakerlake, Tarokan. B. ferrugineo-fusca, elytris abbreviatis sulco oblongo impresso. *

Ist eigentlich in Südamerika zu Hause: hat sich aber von da nach Ostindien und nun auch fast in ganz Europa fortgepflanzt. So wie an - dere Schaben ein lichtscheues aber verwüstendes Thier, was Brod, Leder, Hausgeräthe verzehrt, sich zumal gern in Beckerhäusern einnistelt; sich sehr nach der Wärme zieht; und bis jetzt durch keins der vorgeschlagenen Mittel auszurotten ist.

2. . Lapponica. B. flavescens, elytris nigro - maculatis. *

Nicht in Lappland allein, sondern auch um Paris, um Göttingen, und in der wärmern Schweiz.

32. mantis. Caput nutans, maxillosum, palpis instructum. Antennae setaceae. Alae 4 membranaceae, convolutae, inferiores plicatae. Pedes antici compressi, subtus ser -345 rato-denticulati, armati ungue solitario et digito setaceo laterali articulato: postici 4 lae - ves, gressorii. Thorax linearis elongatus angustatus.

Alle von einer ungewönlichen langgestreckten sonderbaren Bildung. Auch ihr Gang, ihr Be - tragen ꝛc. hat was eigenes Feyerliches, was wol zu der abergläubischen Devotion Anlaß gegeben hat, mit der mehrere Gattungen in Orient und im wärmern Europa angesehen worden sind.

1. Gigas. M. thorace teretiusculo scabro, ely - tris brevissimis, pedibus spinosis. *

Spannen lang, und doch kaum so dick als eine Gänse Spuhle. Ist auf Amboina zu Hause.

2. Gongylodes. M. thorace subciliato, femo - ribus anticis spina terminatis, reliquis lobo. *

3. . Religiosa, die Gottesanbetherin, das wandelnde Blatt. M. thorace laevi sub - carinato elytrisque viridibus inmaculatis. *

Geht meist nur auf den vier Hinterfüssen, und hält die vordern beyden in die Höhe, um Mücken damit zu fangen. Der Türkische Pöbel hat sich eingebildet, daß sie mit dem Kopf immer nach Mecca zu gerichtet sey, und ihre Vorderfüsse aus Andacht falte. Der Deutsche und Französi - sche Pöbel hat in dieser Stellung auch was Bit - tendes oder Bedeutungvolles zu finden gemeynt. Das wandelnde Blatt nennt man das Thier, weil seine Oberflügel an Gestalt und Farbe einem Weidenblatte äneln. Man weiß, daß es wohl zehn Jahre alt wird.

346

33. gryllvs, Heuschrecke. Caput in - flexum, maxillosum, palpis instructum. Antennae setaceae s. filiformes. Alae 4 de - flexae, convolutae, inferiores plicatae. Pe - des postici saltatorii. Ungues ubique bini.

Ein grosses Geschlecht, dessen mehreste Gat - tungen dem Wiesenwachs und Getraide gefärlich sind. Manche geben entweder zur Begattungs - zeit, oder bey einbrechender Nacht, oder wenn sich das Wetter ändern will, einen bekannten zirpenden, Laut von sich, den sie theils mit den Springfüssen, am meisten aber, wie schon Ari - stoteles richtig bemerkt hat, mit den Flügeln hervorbringen, von denen die untern an der Wur - zel mit einer Art Trommelfellgen, die obern aber mit einem Knöpfgen versehen sind, das auf jenes Fellgen paßt, und darauf hin und her ge - rieben wird. *)ivi. casserivs placent. de vocis auditusque organis hist. anat, tab. XXI.Bey der Begattung sitzt das Weibgen dem Männchen auf dem Rücken.

1. . Gryllotalpa, die Werre, Maulwurfs - grille, der Riehwurm, Reutwurm, Schrotwurm, Ackerwerbel, Erdkrebs. G. thorace rotundato, alis caudatis elytro longioribus, pedibus anticis palmatis to - mentosis. *

Ist in einigen Gegenden, wie im Thüringi - schen ꝛc. ausserordentlich häufig. Lebt meist un - ter der Erde, und thut, zumal den Küchenge - wächsen und der Gerstensaat, grossen Schaden.

2. . Domesticus, die Grille, Zirse, Heim - gen. G. thorace rotundato, alis caudatis347 elytro longioribus, pedibus simplicibus, cor - pore glauco. *

Kommen zur Erndezeit mit der Frucht in die Häuser, ziehen sich nach der Wärme, zirpen die Nacht durch, sind aber mit hellem Licht zum schweigen zu bringen.

3. . Campestris, die Feldgrille. G. thorace rotundato, cauda biseta stylo lineari, alis elytro brevioribus, corpore nigro. *

Hat in der Bildung vieles mit der vorigen Grille gemein, in ihrem Betragen aber ist sie noch poßirlicher als jene. Der Laut, den sie nut ihren Flügeln hervorbringt, variirt nach Verschiedenheit der Leidenschaft so gut als die Stimme der Thiere. Er ist anders, wenn das Männchen eine Gattin zu sich locken will, und anders, wenn zwey Feldgrillen einerley Ge - schlechts über eine leerstehende Höle, die sie be - ziehen wollen, oder sonst zu Streite kommen: die beyden Geschlechter hingegen leben verträg - lich, und besonders bezeigt das Männchen, wenn es mit einem Weibchen über der Weide, oder sonst in Collision kommt, viel Gefälligkeit.

4. . Viridissimus, der Baumhüpfer. G. tho - race rotundato, alis viridibus immaculatis, antennis setaceis longissimis. *

Von schöner grüner Farbe. Lebt meist auf Gebüschen, springt vorzüglich weit; zirpt am meisten in den Hundstagen.

5. . Verrucivorus. G. thorace subquadrato laevi, alis viridibus fusco maculatis, anten - nis setaceis longitudine corporis. *

Die gemeinste Heuschrecke. Variirt in der Farbe.

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6. Cristatus. G. thorace cristato, carina qua - drifida. *

Die grosse eßbare Heuschrecke der Araber, die Johannes in der Wüste as, und die noch jetzt in Arabien und andern Morgenländern auf man - nichfaltige Weise zubereitet und allgemein ver - speist wird.

7. . Migratorius, die Zugheuschrecke, Strich - heuschrecke, Heerheischrecke. G. thorace subcarinato: segmento unico, capite obtu - so, maxillis atris. *

Bey weitem nicht so gros als die vorige, aber furchtbar, weil sie oft in unsäglichen Zügen in Europa eingefallen ist und allgemeinen Miswachs und Hungersnoth verursacht hat. Ursprünglich ge - hört sie wohl in die grosse Tartarey zu Hause, doch findet sie sich auch in Deutschland hin und wieder, aber einzeln. Seit 1747 ist Deutsch - land mit ihren grossen Invasionen verschont ge - blieben. Besonders haben sich noch diese Thiere durch die Widerwärtigkeiten, die sie K. Carl dem XII. in Bessarabien verursachten,*)Hist. militaire de Charles XII. T. IV. p. 160. berüchtigt gemacht.

8. . Stridulus, die Holzheuschrecke. G. tho - race subcarinato, alis rubris extimo nigris nebulosis. *

Leben meist im Gehölze. Die Männchen ge - ben im Fluge einen lauten klappernden Ton von sich.

34. fvlgora. Caput fronte producta, ina - ni. Antennae infra oculos, articulis 2. ex -349 teriore globoso majore. Rostrum inflexum, pedes gressorii.

Der sonderbare Character dieses Geschlechts ist die grosse hornichte Blase vor der Stirne, die beym lebenden oder kürzlich abgestorbnen Thier einen hellen Schein verbreitet.

1. Laternaria, der Surinamische Laternträ - ger. F. Fronte ovali recta, alis lividis: posti - cis ocellatis. *

Die gröste Art; die leuchtende Blase ist grös - ser als der ganze übrige Körper, und scheint so hell, daß sich die Wilden ihrer statt Leuchten be - dienen, wenn sie im finstern reisen.

2. Candelaria, der Chinesische Laternträger. F. fronte rostrata subulata adscendente, ely - tris viridibus luteo-maculatis, alis flavis: apice nigris. *

35. cicada. Rostrum inflexum. Anten - nae setaceae. Alae 4 membranaceae, de - flexae. Pedes plerisque saltatorii.

Die männlichen Cikaden geben wie die Heu - schrecken einen Laut von sich, der aber abwech - selnder und anmuthiger ist, und durch sehr zu - sammengesetzte Werkzeuge in ihrer Bauchhöle, die Reaumur und Rösel sehr genau untersucht haben, hervorgebracht wird. Besonders haben die alten Griechen und Römer die Töne dieser Thiergen ausserordentlich goutirt, und theils die - serwegen, theils wegen eines sehr allgemeinen und ungewönlich günstigen Vorurtheils, was sie von den unschuldigen sanften Sitten, und dem sich immer gleichen heitern Temperament der Ci -350 kaden hegten, diese Geschöpfe mit einer ausneh - menden Achtung angesehen. *)anacreon Od. 43. antholog. gr. L. I.

1. . Cornuta. C. thorace bicorni postice su - bulato longitudine abdominis, alis nudis. *

Auf Getraide, Disteln ꝛc. Die spitzen Zapfen zu beyden Seiten des Brustschilds geben ihr ein sonderbar Ansehen.

2. Plebeja. C. scutelli apice bidentato, ely - tris anastomosibus quatuor, lineisque sex ferrugineis. *

In Griechenland, Italien und Nordafrika. Diese und die folgende Gattung sind die bey den Alten so beliebten Cikaden.

3. Orni. C. elytris intra marginem tenuio - rem punctis sex concatenatis, anastomosi - bus interioribus suscis. *

4. . Sanguinolenta. C. atra, elytris maculis duabus fasciaque sanguineis. *

In Italien, im südlichen Frankreich, und auch um Göttingen nicht selten.

5. . Spumaria, der Schaumwurm, der Gäschtwurm. C. fusca, elytris maculis binis albis lateralibus: fascia duplici interru - pta albida. *

Besonders häufig auf Weiden, denen er im Frühjahr den Saft aussaugt, und ihn in Ge - stalt eines Schaums wieder von sich giebt; man findet diesen Schaum, dem man unter dem Na - men Gukuksspeichel allerhand fabelhaften Ur - sprung angedichtet, oft in Klumpen, wie eine Haselnuß groß, und das Thier selbst in der Mitte vergraben.

351

36. notonecta, Wasserwanze. Ro - strum inflexum. Antennae thorace brevio - res. Alae 4 cruciato-complicatae, antice coriaceae. Pedes posteriores pilosi natatorii.

1. . Glauca. N. grisea elytris griseis margine fusco punctatis apice bifidis. *

Schwimmt die mehreste Zeit auf dem Rücken: weiß auch in dieser Lage kleine Mücken ꝛc. von denen sie sich nährt, mit vieler Geschwindigkeit zu haschen. Mit dem Saugestachel kann sie em - pfindlich stechen. Ihre Eyergen läßt sie aufs gerade wol ins Wasser fallen. Sie sind so schwer, daß sie zu Boden sinken, und da bis zum Aus - schlupfen der Jungen sicher genug liegen bleiben.

37. nepa, Wasserscorpion. Rostrum in - flexum. Alae 4 cruciato-complicatae antice coriaceae. Pedes anteriores cheliformes: re - liqui 4 ambulatorii.

Die Körper ist platt wanzenartig. Die Vor - derfüsse haben einige Aenlichkeit mit Krebsschee - ren. Der lange Stachel am Hintern nutzt nicht als Waffen, sondern blos zum Athemholen (§. 37.)

1. . Cinerea. N. cinerea, thoraci inaequali, corpore oblongo-ovato. *

Der Rücken ist schön zinnoberroth. Die Eyer haben eine überaus sonderbare Gestalt, am einen Ende mit Häkchen, fast wie ein zusammen ge - krochener Armpolype, oder wie Saamen von Kornblumen. ꝛc.

2. . Cimicoides. N. abdominis margine ser - rato. *

352

Aenelt den Thieren des vorigen Geschlechts.

38. cimex, Wanze. Rostrum inflexum. Alae 4 cruciato-complicatae, superioribus antice coriaceis. Dorfum planum thorace marginato. Pedes cursorii.

Widrige Geschöpfe, die theils durch den man - nichfaltigen Schaden den sie thun, theils durch den unausstehlichen Gestank den sie von sich ge - ben, furchtbar werden.

1. . Lectularius, die Bettwanze. C. flave - scens, alis nullis. *

Die Bettwanzen mögen allerdings im südli - chen Europa einheimisch seyn: wenigstens reden Aristophanes und andere alte Griechen von ihnen als von bekannten Thieren. Auch sind sie lange vor dem grossen Londner Brand von 1666 in England gewesen, und nur erst nachher durch die Einführung des ausländischen Bauholzes ge - meiner worden. Sie kommen nur des Nachts zum Vorschein. Von allen gegen dieses Unge - ziefer vorgeschlagnen Hülfsmitteln scheint Vor - sicht und Reinlichkeit das wirksamste.

2. . Corticalis. C. membranaceus, abdomi - nis margine imbricatim secto, corpore ni - gricante. *

In Wäldern an Baumstämmen, ist wegen sei - ner täuschenden Rindenartigen Gestalt und Far - be schwer zu finden.

3. . Baccarum. C. ovatus griseus; abdominis margine nigro maculato. *

In Gärten, zumal an Johannisbeeren; die da - her zuweilen einen häßlichen Geschmack anneh - men. Auch diese Wanze stinkt fürchterlich: doch353 blos wenn sie berührt wird; da ihr der Gestank, wie andren Wanzen, zum Vertheidigungsmittel dient.

4. . Personatus. C. rostro arcuato, antennis apice capillaceis, corpore oblongo subvillo - so fusco. *

Hält sich in Winkeln auf. Die Larve zumal sieht äußerst häßlich aus, und ist immer mit Staub und Kehricht bedeckt.

39. aphis. Blattlaus, Mehlthau. Ro - strum inflexum. Antennae thorace longio - res. Alae 4 erectae aut nullae. Pedes ambu - latorii. Abdomen postice saepius bicorne.

Kleine wehrlose, aber bey aller ihrer Schwäche furchtbare Thiere, die theils durch den Schaden den sie den Gewächsen zufügen, mehr aber noch durch die Wunder die der Schöpfer in ihrer na - türlichen Geschichte gehäuft hat, merkwürdig wer - den. Es giebt sehr vielerley Gattungen Blatt - läuse, die meist an eben so verschiednen Gewäch - sen, besonders an den jungen Zweigen, Stielen und Blättern sich aufhalten, ihnen den Saft aus - saugen, so daß dadurch besonders die Blätter auf mancherley Weise verunstaltet, gelb, roth ge - färbt, gekrümmt und bläserig werden. Sie ge - ben theils durch ein paar kleine Röhrgen, die ihnen auf den Hüften stehen, theils aber auch nur durch zwey Oeffnungen, die sich an deren Stelle befin - den, einen süslichten Saft von sich, welcher Amei - sen und andre ihnen feindliche Insecten herbey lockt. Es giebt oft in einer Gattung, ja in ei - ner und eben derselben Familie geflügelte und un - geflügelte Blattläuse, und das ohne alle Beziehung auf den Geschlechtsunterschied. Doch sind die354 Männchen weit kleiner als ihre Weibgen, und werden auch in weit mindrer Anzahl jung. Sie erscheinen nicht eher als im Herbste, wo sie ihre Weibgen befruchten, die kurz darauf Eyer oder vielmehr Hülsen von sich geben, in welchen zwar die jungen Blattläuse schon völlig ausgebildet lie - gen, aber doch nicht eher als bis im folgenden Frühjahr hervorbrechen. Das unerwartetste hier - bey ist, daß alle diese nunmehr ausgekrochenen Blattläuse durchgehends weiblichen Geschlechts sind, und daß im Frühjahr und Sommer schlech - terdings keine männliche Blattlaus zu sehen ist. Und demohngeachtet sind doch alle jene jungfräu - lichen Blattläuse im Stande, ohne Zuthun eines Gatten ihr Geschlecht fortzupflanzen; sie waren nicht nur für sich selbst, sondern zugleich für alle ihre künftigen Töchter und Enkelinnen in Mut - terleibe befruchtet; man kan jedes Junge, was sie nunmehr von sich geben, isoliren, in eine Ein - öde verschließen, und doch wird es nach einiger Zeit wieder andere Junge gebären. Und so hat Bonner (der diesen Wundern und ihrer microsco - pischen Untersuchung seine Augen opferte) ge - funden, daß jene einmalige Begattung im Herb - ste, ihre befruchtende Würkung im folgenden Frühjahr und Sommer bis ins neunte Glied äu - sert. Alle die Millionen von Blattläusen, die wärend dieser ganzen Zeit jung werden, sind fruchtbar, gebären allesammt Junge, ohne je ein männlich Thier ihrer Art gesehn, ohne sich ge - paart zu haben, ohne anders als im Leibe ihrer Mütter und Eltermütter befruchtet zu seyn. Ge - gen den Herbst verliert endlich jene einmalige Be - fruchtung ihre wunderbare Wirksamkeit. Die Blattläuse hören auf, blose Weibgen zu gebären, es kommen, wie wir schon gesagt haben, nun355 auch Männchen zum Vorschein, bis sich Gatten suchen, sich paaren, und zugleich die ganze weib - liche Nachkommenschaft des künstigen Sommers wieder mit befruchten müssen.

1. . Ribis. A. ribis rubri. *

2. . Ulmi. A. ulmi campestris. *

3. . Sambuci. A. sambuci nigrae. *

4. . Rosae. A. rosae. *

5. . Bursaria. A. populi nigrae. *

Auf der Schwarzpappel, da sie die sonderba - ren rosenartigen Auswüchse verursachen, die man Pappelrosen, Alberknospen ꝛc. heist.

6. . Pistaciae. A. nigra, alis albidis, tibiis longissimis, thorace verrucoso. *

An Pistacien, Mastix, Terpenthinbaum ꝛc. wo sich die Blattläuse in einer spannenlangen Schoten - ähnlichen Hülse aufhallen*)ioach. camerarii epit. Matthioli p. 51..

40. chermes. Blattsauger. Rostrum pe - ctorale. Antennae thorace longiores. Alae 4 deflexae. Thorax gibbus, pedes saltatorii.

Haben in der Bildung viel ähnliches mit den geflügelten Blattläusen. Als Larven sehen sie fast aus wie Cikaden, hüpfen auch so ꝛc.

1. . Buxi. C. buxi. *

2. . Alni. C. betulae alni. *

41. coccus. Schildlaus. Rostrum pecto - rale. Abdomen postice setosum. Alae 2 ere - ctae masculis. Feminae apterae.

356

Wir entsinnen uns keiner anderer Thiere, bey denen die beyden Geschlechter einander so ausser - ordentlich ungleich sähen, als die Schildläuse. Das Männchen änelt einer kleinen Mücke, das Weibgen hingegen ist ungleich grösser, ungeflü - gelt, und hat meist die Gestalt eines platten Schildgens oder einer Narbe. Es sizt, nach dem es sich gehäutet hat, fast unbeweglich an den Gewächsen, und könnte bey manchen Arten ehe für einen Auswuchs, der Pflanze, als für ein leben - diges Thier angesehen werden. Das Männchen schwärmt indeß im freyen umher, bis es vom Begattungstrieb gereizt, ein solches einsiedleri - sches Weibgen aufsucht und befruchtet.

1. Hesperidum. C. hybernaculorum. *

Das Weibgen hält sich vorzüglich an Orangen - bäumen, auf der Rückseite der Blätter, zumal an der Mittelribbe auf.

2. Adonidum. C. rufa farinacea pilosa. *

Wie die vorige in Gewächshäusern, wo sie grosse Verwüstungen anrichtet: besonders an Caf - feebäumen ꝛc.

3. Ilicis. Kermes. C. quercus cocciferae. *

Im südlichen Europa, besonders in Langue - doc und Provenze, an Stechpalmen ꝛc. werden mit Essig besprengt, und das Carmoisinroth draus verfertigt.

4. . Polonicus. deutsche Cochenille, Johannis - blut. C. radicis scleranthi perennis. *

An den Wurzeln vom Weggras und andern Pflanzen, zumal häufig in Polen, wo sie gesamm - let, und zur Farbe angewandt wird. Im mitt -357 lern Zeitalter hat man sie auch in Deutschland sorgfältig aufgesucht und zu Gute gemacht*)S. den Codex diplomaticus Ratisponensis in pezii collect. T. I. P. III. p. 67. sqq. und caesarii heisterbacensis registrum antiquum honorum eccles. Prumiensis in leibnitii Collectan. etymo - logic. P. II. p. 467..

5. Cacti. Cochenille, Scharlach. C. cacti coc - cinelliferi. *

Ein wegen seines Gebrauchs zur Färberey für die Handlung äuserst wichtiges Geschöpf. Ist ursprünglich in Mexico zu Hause; wird aber auch in mehrern Theilen von Südamerika, und nun selbst in Spanien erzielt. Die Cochenille findet sich auf mehrern Sorten Indianischer Feigen, die deshalb in grossen Plantagen gepflanzt, und die Cochenille fast wie die Seidenwürmer darauf ge - zogen, und järlich zu dreyen malen abgelesen wird.

42. thrips. Rostrum obscurum. Antennae longitudine thoracis. Abdomen sursum re - flexile. Alae 4 rectae, dorso incumbentes, longitudinales, angustae, subcruciatae.

Ueberaus kleine Insecten, die sich gesellschaftlich in den Blüthen mancher Gewächse aufhalten, und meist nur durch ihre große Anzal, oder durch die Munterkeit, mit der sie umher hüpfen und flie - gen, bemerkbar werden.

1. . Physapus. T. elytris glaucis, corpore atro. *

Im Getraide, Bohnenblüten ꝛc.

358

III. LEPIDOPTERA.

Die Schmetterlinge, eine weitläuftige Ordnung, die sich durch vier ausgespannte, mit bunten Schuppen befiederte Flügel, durch einen behaarten Körper, und fast durchgehends durch einen spiralmäßig gewundenen Rüssel, charakte - risirt. Diese Thiere entstehen sämmtlich aus Eyern, aus denen sie als Raupen hervorbre - chen. In diesem Zustand haben sie Kinnladen, zwölf Augen am Kopf, einen langgestreckten cylindrischen Körper von zwölf Abschnitten, mit neun Luftlöchern auf jeder Seite, drey paar haakenförmige Klauen an der Brust, und meist fünf paar runden fleischigen Füßen am Hinter - leibe. Die Raupe häutet sich verschiedentlich, verpuppe sich sodann, und kommt zuletzt als Schmetterling zum Vorschein, der lange Fühlhörner, nur drey paar Füße, und statt jener zwölf kleinen Augen, zwey grosse halbkug - lichte und drey kleine (§. 135.) hat. Alle die zahlreichen Gattungen lassen sich doch füglich un - ter drey Geschlechte bringen.

43. papilio. Tagvogel. Antennae api - cem versus crassiores, saepius clavato-capi - tatae. Alae erectae sursumque conniventes.

Die Raupe ist mehrentheils wie mit Dornen besezt, und häutet sich gewönlich viermal. Sie359 verpuppt sich ohne ein äuseres Gespinste: die Puppe ist zackicht, theils schön goldfarbig, und hängt sich mit dem hintern Ende auf. Der Pa - pillion fliegt nur am Tage umher, und hält im Sitzen seine vier breiten ausgespannten Flügel in die Höhe, mit der Oberseite gegen einander ge - kehrt. Linne 'hat das ganze Geschlecht, leichte - rer Faßlichkeit wegen, wieder in sechs Familien (phalanges) abgetheilt.

a. eqvites. Alis primoribus ab angulo po - stico ad apicem longioribus, quam ad basin: his saepe antennae filiformes.

Troës, ad pectus maculis sanguineis saepius nigri.

Achivi, pectore incruento, ocello ad angu - lum ani.

b. heliconii. Alis angustis integerrimis, saepe denudatis: primoribus oblongis; posticis brevissimis.

c. danai. Alis integerrimis.

Candidi alis albidis.

Festivi alis variegatis.

d. nymphales. Alis denticulatis.

Gemmati Alis ocellatis.

Phalerati Alis caecis absque ocellis.

e. plebeji. Parvi. Larva saepius contracta.

Rurales, alis maculis obscurioribus.

Urbicolae, alis saepius maculis pellucidis.

1. Priamus. P. E. T. alis denticulatis tomen - tosis supra viridibus: institis atris, posticis maculis sex nigris. *

360

Auf Amboina. Ein grosses unbeschreiblich prächtiges Thier, dessen Flügel einem glänzenden grünen Atlas gleichen.

2. . Machaon. Der Schwalbenschwanz. P. E. A. alis caudatis concoloribus flavis limbo fusco lunulis flavis, angulo ani fulvo. *

Die Raupe am Till, Fenchel, Rübsaat. Der Schmetterling kriecht zuweilen wol erst im zwey - ten Jahr aus der Puppe.

3. . Podalirius. Der Segelvogel. P. E. T. alis caudatis subconcoloribus flavescentibus: fasciis nigricantibus geminatis: posticis sub - tus linea sanguinea. *

Die Raupe variirt in der Farbe, lebt am Kohl, Schlehen, Apfelbäumen ꝛc.

4. . Apollo. Der rothe Augenspiegel. P. H. alis oblongis integerrimis albis: posticis ocellis supra 4: subtus 6, basique rubris. *

Auf Wintergrün, Knabenkraut ꝛc.

5. . Crataegi. Der Lilienvogel, Baumweis - ling, Heckenweisling. P. H. alis integer - rimis rotundatis albis: venis nigris. *

Eine der schädlichsten Raupen für Obstbäume. Die Jungen halten sich gesellschaftlich in einem Gespinste zusammen.

6. . Brassicae. Die Kohleule, der Kohlweis - ling, Buttervogel. P. D. C. alis integerrimis rotundatis albis: primoribus maculis duabus apicibusque nigris, major. *

Nebst den beyden folgenden auf Kohl, Kraut, und Rübsaat. Buttervogel heist der Schmetter - ling (so wie die Butterblume), von der gelben Farbe der Unterflügel: ein Name, der aber nach -361 her auch den Papilionen überhaupt gegeben wor - den ist.

7. . Rapae. Der Rübenweisling. P. D. C. alis integerrimis rotundatis: primoribus maculis duabus apicibusque nigris, minor. *

8. . Napi. P. D. C. alis integerrimis rotun - datis albis: subtus venis dilatato-virescenti - bus. *

9. . Cardamines. Der Auroravogel. P. D. C. alis integerrimis rotundatis albis, primo - ribus medio fulvis, posticis subtus viridi-ne - bulosis. *

Am Täschelkraut, Kohl ꝛc.

10. . Rhamni. Der Citronen-Papilion, das fliegende Blatt. P. D. C. alis integerrimis angulatis flavis: singulis puncto flavo, sub - tus ferrugineo. *

Am Faulbeerbaum, Wegdorn.

11. . Hyperanthus. P. D. F. alis integerrimis fuscis, subtus primoribus ocellis tribus: po - sticis duobus tribusque. *

Im Gras.

12. . Io. Das Pfauenauge, der Pfauen - spiegel. P. N. G. alis angulato dentatis-ful - vis nigro-maculatis: singulis subtus ocello caeruleo. *

An Brennesseln. Die Puppe wie vergoldet.

13. . Galathea. Das Bretspiel. P. N. G. alis dentatis albo nigroque variis, subtus primo - ribus ocello unico, posticis quinque obso - letis. *

Am Wiesenklee.

362

14. . Cardui. Der Distelvogel. P. N. G. alis dentatis fulvis albo nigroque variegatis, po - sticis utrinque ocellis quatuor, saepius coe - cis. *

An Disteln, Cardobenedicten, Kletten. Die Puppe ebenfalls ganz goldglänzend. In man - chen Jahren unsäglich häufig.

15. . Iris. Der Schillervogel, Changeant. P. N. G. alis subdentatis subtus griseis; fa - scia utrinque alba interrupta; posticis supra uniocellatis. *

16. . Antiopa. Der Trauermantel. P. N. P. alis angulatis nigris limbo albido. *

An Birken, Weiden ꝛc.

17. . Polychloros. Der grosse Fuchs. P. N. P. alis angulatis fulvis, nigro maculatis: pri - moribus supra punctis quatuor nigris. *

An Kirschen, Birnen, Weiden. Die Raupe gibt einen biesamähnlichen Geruch von sich.

18. . Urticae. Der kleine Fuchs, Nesselvo - gel. P. N. P. alis angulatis fulvis nigro-ma - culatis: primoribus supra punctis tribus ni - gris. *

An Brennesseln.

19. . C. album. Der C-Vogel. P. N. P. alis angulatis fulvis nigro maculatis, posticis subtus c albo notatis. *

An Nesseln, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Hopfen. Der Schmetterling variirt in der Grös - se, und in der Farbe der Unterseite, braun, grün ꝛc.

363

20. . Atalanta. Der Admiral, 980: Vogel, Mars. P. N. P. alis dentatis nigris albo-ma - culatis: fascia communi purpurea, primori - bus utrinque, posticis marginalis.

Einer der schönsten deutschen Schmetterlinge: zumal auf der Unterseite von den vortreflichsten Farben.

21. . Paphia. Der Silberstrich. P. N. P. alis dentatis luteis nigro maculatis, subtus li - neis argenteis transversis. *

Auf Nachtvolen, Wollweiden.

22. . Aglaja. Der grosse Perlenvogel, Vio - lenvogel. P. N. P. alis dentatis flavis nigro - maculatis: subtus maculis 21 argenteis. *

Auf Stiefmütterchen, Veilchen.

23. . Lathonia. Der Perlenmuttervogel. P. N. P. alis dentatis luteis nigro-maculatis: subtus maculis 37 argenteis. *

Im Gehölze.

24. . Pruni. P. P. R. alis subcaudatis supra fuscis: posticis subtus fascia marginali fulva nigro-punctata. *

Auf Zwetschenbäumen.

25. . Malvae. Der Pappelvogel. P. P. V. alis denticulatis divaricatis nigris albo-ma - culatis. *

Auf Stockrosen.

44. sphinx. Abendvogel. Antennae me - dio crassiores s. utraque extremitate attenua - tae, subprismaticae. Alae deflexae.

364

Die Raupen dieser Thiere sind mehrentheils von vortreflicher Farbe, mit einem haakenförmi - gen Horn am Ende des Rückens, dessen Spur auch noch an der Puppe sichtbar ist. Sie ver - puppen sich unter der Erde, ohne Gespinste. Die Abendvögel haben ihren Namen daher, weil sie blos in der Abenddämmerung umher fliegen. Die mehresten haben einen langsamen schweren Flug. Linne 'hat das ganze Geschlecht, was doch nicht gar zahlreich ist, auf folgende Art unterab - getheilt:

a. legitimae alis angulatis.

Alis integris, ano simplici.

Alis integris, ano barbato.

b. adscitae habitu et larva diversae.

1. . Ocellata. Das Nachtpfauenauge. S. L. alis repandis: posticis ocellatis. *

Auf Weiden, Obstbäumen.

2. . Nerii. Der Oleandervogel. S. L. alis subangulatis viridibus: fasciis variis pallidi - oribus saturatioribus flavescentibusque. *

Am Oleander.

3. . Convolvuli. S. L. alis integris: posticis nigro fasciatis margine postico albo-puncta - tis, abdomine rubro cingulis atris. *

Auf Winden, Zaunglocken.

4. . Ligustri. S. L. alis integris: posticis in - carnatis fasciis nigris, abdomine rubro cin - gulis nigris. *

Auf Hartriegel, spanischem Hollunder.

365

5. . Atropos. Der Todtenkopf. S. L. alis in - tegris: posticis luteis fasciis fuscis, abdomi - ne luteo cingulis nigris. *

Auf Jesmin, Färberröthe, Cartoffelkraut. Die ehemalige grosse Seltenheit dieses Thiers in Deutschland, die Todtenkopfähnliche Zeichnung auf den Schultern des Schmetterlings, und der jammernde Laut, den er mit dem Säugrüssel her - vorbringen kann, mögen wol zu dem Aberglau - den Anlaß gegeben haben, mit dem man das schöne Thier ehedem als einen Sterbepropheten ꝛc. angesehen hat.

6. . Celerio. Der Phönix. S. L. alis integris griseis lineola albo-nigra; inferioribus basi rubris maculis sex. *

Am Weinstöcken.

7. . Elpenor. Die Weinraupe, der grosse Weinvogel. S. L. alis integris virescenti - bus, fasciis purpureis variis, posticis rubris, basi atris. *

Wie die vorige auf Weinlaub, Balsaminen ꝛc.

8. . Porcellus. Die kleine Weinmotte. S. L. alis integris margine rubris; posticis basi fuscis. *

Aenelt dem vorigen in der Bildung und Auf - enthalt.

9. . Euphorbiae. Die Wolfsmilchraupe. S. L. alis integris fuscis: vitta superioribus pal - lida, inferioribus rubra. *

Auf Wolfsmilch, Färberröthe.

10. . Stellatarum, der Taubenschwanz, Kar - pfenkopf. S. L. abdomine barbato lateri -366 bus albo nigroque variis, alis posticis ferru - gineis. *

Auf Färberröthe, Wegkraut.

11. . Filipendulae, die Cirkelmotte. S. A. alis superioribus cyaneis: punctis sex ru - bris; inferioribus rubris immaculatis. *

An Quecken, Hundsgras.

12. . Phegea, die Ringelmotte. S. A. viri - di-atra, alis punctis fenestratis: superiorum sex, inferiorum duobus, abdomine cingulo luteo. *

Aenelt der vorigen.

45. phalaena, Nachtvogel. Antennae setaceae, a basi ad apicem sensim attenua - tae. Alae sedentis saepius deflexae.

Das weitläuftigste Geschlecht unter den In - secten. Die Raupen sind mehrentheils behaart: und verpuppen sich meist innerhalb eines beson - dern seidenartigen Gespinstes (folliculus) wo - zu sie den klebrigen Stoff in zwey Darmänlichen Schläuchen, die längst dem Rücken hinab neben dem Magen liegen, führen; und ihn nachher, mittelst einer besondern Röhre, die sich hinter dem Munde dieser Raupe findet, zu äusserst fei - nen Faden spinnen. *)Wir verweisen hierüber auf ein Werk, was nie seines gleichen gehabt hat, vielleicht nie haben wird, und immer ein grosses Denkmal des müh - seeligsten gedultigsten Fleisses, und in seiner Art das non plus ultra menschlicher Kunst, von Sei - ten der Zergliederungsnadel sowol, als des Grab - stichels bleiben dürfte. Traité anatomique de la Chenille qui ronge le bois de Saule, par p. lyonet. à la Haye, 1762. 656 S. in gr. 4. mit 18 Kupfert.366 von der Hand des Verf. Die Spinnwerkzeuge s. T. II. Fig. 8. 9. 11. S. 54. T. V. Fig. I. T. V. X. Y. S. 111. und T. XIV. Fig. 10. 11. S. 498.Diese Gehäuse werden bey einigen, wie bey dem Pfanvogel, wegen ihrer überaus künstlichen Einrichtung, beym Sei - denwurm aber durch ihre grosse Nutzbarkeit merk - würdig. Die Phalänen selbst, die fast alle blos des Nachts ihren Geschäften nachgehen, hat Linne in folgende Familien abgetheilt.

a. attaci alis patulis inclinatis.

Pectinicornes.

Seticornes.

b. bombyces alis incumbentibus; an - tennis pectinatis.

Elingues absque lingua manifeste spirali.

Spirilingues lingua involuto-spirali.

c. noctvae alis incumbentibus. An - tennis setaceis, nec pectinatis.

Elingues.

Spirilingues.

d. geometrae alis patentibus hori - zontalibus quiescentes.

Pectinicornes.

Seticornes.

e. tortrices alis obtusissimis, ut se - re retusis, margine exteriore curvo.

f. pyralides alis conniventibus in figuram deltoideam forficatam.

g. tinear alis convolutis fere in cy - lindrum fronte prominula.

368

h. alvcitae alis digitatis fissis ad basin usque.

1. Atlas. P. Att. pectinicornis elinguis, alis falcatis concoloribus luteo-variis, macula fenestrata, superioribus sesquialtera. *

In beyden Indien auf den Orangebäumen. Von der Grösse einer hieländischen Fledermaus. Die grossen kahlen schuppenlosen Stellen auf den Flügeln sind halbdurchsichtig, wie mattes Glas.

2. . Pavonia, der Pfauvogel, das Nacht - pfauenauge. P. Att. pectinicornis elinguis, alis rotundatis griseo-nebulosis subfasciatis: ocello nictitante subfenestrato. *

Auf Obstbäumen, Schlehen, Weiden ꝛc. Das Puppengehäuse hat die Gestalt einer runden Fla - sche, mit einem, dem Anschein nach, offnen ab - gestutzten Hals: dessen Eingang aber doch, auf eine überaus artige Weise, mittelst convergiren - der Stralen, die in eine hervorstehende Spitze zusammen laufen, so gut verwahrt ist, daß das voll - kommne Thier zu seiner Zeit füglich heraus, hin - gegen kein feindseliges Insect in seine Hülse hinein dringen kann. *)Rösels Insecten Belust. Nachtvögel II. Cl. T. IV. u. V.Der Schmetterling selbst variirt sehr in Farbe und Grösse.

3. . Quercifolia, das Eichblatt. P. B. elin - guis, alis reversis semitectis dentatis ferru - gineis margine postico nigris. *

Im Gras und an Obstbäumen. Im Sitzen hat die Phaläne eine sonderbar bucklige Stellung.

4. Vinula, der Gabelschwanz, Hermelin - vogel. P. B. elinguis albida nigro-puncta - ta, alis subreversis fusco venosis striatisque. *

369

An Weiden, Pappeln und Eichen. Die Rau - pe bekommt durch ihren dicken abgestumpften Kopf, und die beyden Schwanzspitzen, die ihr statt des letzten Paars Hinterfüsse gegeben sind, ein sonderbar Ansehen. Sie vermag einen sauren aber scharfen Saft, auf Fuß weit von sich zu spritzen, und sich damit im Nothfall zu verthei - digen. *)S. Beschouwing der Wonderen Gods in de minstge - achtte Schepzelen, of Nederlandsche Insecten ꝛc. door chr. sepp. Amst. 1762. 4. IV. St. 5 Verh. S. 25. T. V. Wir können uns diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, diesem Werke ein ähnliches Lob als dem Lyonetischen zu ertheilen. Der Pinsel macht hier seinem Meister völlig so viel Ehre, als dort der Grabstichel dem seinigen. Von allen den illuminirten Werken zur Naturgeschichte, die uns bis jetzt zu Handen kommen sind, hat schlechter - dings keins die sonst so unnachahmliche Natur auf eine so täuschende Weise erreicht, als dieses. Ein anderes Werk dieses Künstlers haben wir oben S. 217. u. f. mehrmalen angeführt.

5. Mori. Der Seidenwurm. P. B. elinguis, alis reversis pallidis: striis tribus obsoletis fuscis maculaque lunari. *

Obgleich der Bombyx der Alten wol schwerlich der gegenwärtige Seidenwurm gewesen seyn mag: so scheint ihnen doch die Seide allerdings bekannt gewesen zu seyn: doch hat man sie erst seit Justi - nianus Zeiten in Europa selbst gezogen. Diese Thiere gewohnen allgemach unsers Climas, und man zieht sie gegenwärtig schon in ziemlich nord - lichen Gegenden mit bestem Erfolg. Ein Coccon, der drittehalb Gran am Gewicht hält, besteht aus einem 900 Fuß langen Faden, der über eine370 zähere Grundlage hergesponnen ist, die die Flo - retseide giebt. Daher werden auch über 2000 Seidenwürmer zu einem einzigen Pfund reiner Seide erfordert: dagegen ist aber auch ihre War - tung ziemlich leicht, so daß zehn Personen für 300,000 Raupen zureichend sind. Außer Rein - lichkeit, Wärme und trocknem Laub, brauchen sie wenig Aufsicht. Ein innerer Vorzug der Seide ist, daß sie so gar an feuchten Orten Jahrhun - derte lang der Verwesung widersteht, wie wir selbst in alten Gräbern beobachtet haben.

6. . Neustria, die Ringelraupe. P. B. elin - guis, alis reversis: fascia sesqui altera; sub - tus unica. *

Nebst der folgenden eine sehr schädliche Raupe. Die Phaläne legt ihre Eyer in eine Spirallinie dicht an einander um ein Aestgen herum.

7. . Caja, die schwarze Bärenraupe. P. B. elinguis, alis deflexis fuscis: rivulis albis, inferioribus purpureis nigro punctatis. *

8. . Dispar, P. elinguis, alis deflexis: mas - culis griseo fuscoque nebulosis: femineis albidis lituris nigris. *

9. . Antiqua. P. B. elinguis, alis pluriuscu - lis: superioribus ferrugineis lunula alba an - guli postici. *

Das Weibgen ungeflügelt.

10. . Caeruleocephala. P. B. elinguis cristata, alis deflexis griseis: stigmatibus albidis coad - unatis. *

Eine der schädlichsten Raupen für Obstbäume.

371

11. . Cossus, die Weidenraupe. P. B. elin - guis, alis deflexis nebulosis, thorace postice fascia atra, antennis lamellatis. *

Dieselbe Raupe, von der Lyonet im angeführ - ten Werke die unbeschreiblich mühsame Zerglie - derung gegeben hat.

12. . Humuli. P. N. elinguis fulva, antennis thorace brevioribus, maris alis niveis. *

An Hopfenwurzeln.

13. . Pacta. P. N. spirilinguis cristata, alis grisescentibus, inferioribus rubris, fasciis dua - bus nigris, abdomine supra rubro. *

Eine große schöne Phaläne, deren Oberflügel grau aber fein gezeichnet, und die Unterflügel vortreflich carminroth sind.

14. . Meticulosa. P. N. spirilinguis cristata, alis erosis pallidis: superioribus basi incarna - ta intra triangulum fuscum. *

An allerhand Küchengewächsen, auch an Erd - beeren.

15. . Wavaria. P. G. pectinicornis, alis cine - reis: anticis fasciis 4 nigris abbreviatis in - aequalibus. *

So wie die folgende auf Johannisbeeren, Sta - chelbeeren.

16. . Grossulariata. P. G. seticornis, alis al - bidis, maculis rotundatis nigris: anticis stri - gis luteis. *

17. . Viridana. P. To. alis rhombeis, supe - rioribus viridibus immaculatis. *

Die Raupe und die kleine Phaläne sind beide von schöner grüner Farbe.

372

18. . Farinalis. P. P. palpis recurvatis, alis politis fuscescentibus: strigis repandis albi - dis area interjecta glauca. *

19. . Mellonella. P. Ti. alis canis postice pur - purascentibus, striga alba, scutello nigro, apice candido. *

Eine der gefährlichsten Bienenfeinde.

20. . Granella, der Wolf, weiße Korn - wurm. P. Ti. alis albo nigroque maculatis capite albo. *

Auf Kornböden in der Frucht.

21. . Goedartella. P. Ti. alis auratis: fasciis 2 argenteis: priore antrorsum, posteriore retrorsum arcuata. *

Ein niedliches überaus kleines Thier, dessen Flügelchen dicht an einander liegen, nach hinten spitz zulaufen, und in die Queere Gold - und Per - lenmutterfarbe gestreift sind.

22. . Hexadactyla. P. Al. alis patentibus fissis: singulis sexpartitis cinereis. *

Hat wie die übrigen Nachtvögel dieser Familie wegen der sonderbaren gespaltnen Flügel ein un - gewöhnliches Aussehn.

IV. NEUROPTERA.

Eine kleine Ordnung, die sich durch vier zarte netzförmige oder gegitterte Flügel characte -373 risirt, die mehrentheils in allerhand Farben chan - giren. Die Larve hat sechs Füße.

46. libellvla. Demoiselle, Wasserjung - fer, Teufelsnadel. Os maxillosum, ma - xillis pluribus. Antennae thorace breviores. Alae extensae. Cauda maris hamoso-forci - pata.

Artig gebildete Thiere von überaus schlanker Taille und vieler Munterkeit, mit der sie beson - ders an schönen Sommertagen im Sonnenschein an Gewässern überaus schnell umherfliegen, und mit gierigem Muthe andre Insecten wegfangen und verzehren. Als Larve leben sie im Wasser, und haben eine sonderbare bewegliche Maske oder Kappe vor dem Munde, womit sie ihre Beute ha - schen: auch athmen sie in diesem Zustande wie die Fische blos die im Wasser befindliche Luft, aber durch den Hintern, wie man an der abwech - selnden Bewegung eines einzelnen Fadens, den man vom Seidencoccon abgewickelt, und am En - de in ein Klümpgen gedreht hat, und ins Was - ser hinter eine solche Libellenlarve hinab läst, be - merken kan. Die Luftlöcher (§. 137.) an der Brust, sind zwar schon bey der Larve sichtbar, werden aber erst dem ausgebildeten vollkommen geflügelten Insect brauchbar. Die Paarung die - ser Thiere, die überhaupt gar viel sonderbares hat, wird im Fluge vollzogen.

1. . Depressa. L. alis omnibus basi nigrican - tibus, thorace lineis duabus flavis, abdo - mine lanceolato lateribus flavescente. *

2. . Virgo. L. alis erectis coloratis. *

374

Die Flügel schwarzblau changeant, oder braun. Der Körper schön blau oder grün, theils wie ver - goldet.

3. . Puella. L. alis erectis hyalinis. *

Mit ungefärbten Flügeln: auch von kleinerer Statur als die vorige.

47. ephemera, Uferaas, Hafft, (He - merobius s. Diaria auctor.) Os edentulum absque palpis. Stemmata 2 maxima supra oculos. Alae erectae posticis minimis. Cau - da setosa.

Das Uferaas lebt einige Jahre lang als Larve im Wasser, wo es sich Hölen und Gänge zum Aufenthalt ins Ufer wült, und von den Fischern aufgesucht und zum Lock beym Angeln gebraucht wird. Nach zwey bis drey Jahren kommen mit - ten im Sommer binnen wenigen Tagen viele Millionen dieser Thiere mit einmal aus dem Was - ser als vollkommene geflügelte Insecten hervorge - flogen, genießen aber ihren vollkommnen Zustand kaum einen halben Tag, indem das Weibgen nun ihre Eyer fallen läst, das Männchen aber sie nachher befruchtet, und beide kurz darauf ab - sterben.

1. . Vulgata. E. cauda triseta, alis nebuloso - maculatis. *

2. . Horaria. E. cauda biseta, alis albis mar - gine crassiore nigricantibus. *

48. phryganea, Frülingsfliege. Os edentulum palpis 4. Stemmata 3. Antennae thorace longiores: Alae incumbentes, infe - rioribus plicatis.

375

Die Larven, die sich ebenfalls im Wasser auf - halten, werden vorzüglich durch die überaus ar - tigen theils sehr künstlichen cylindrischen Hülsen merkwürdig, die sie sich zum Schutz verfertigen, in die sie nachher einkriechen, und die sie fast wie die Schnecken ihr Haus mit sich herum schlep - pen. Manche machen diese Gehäuse aus Schilf - stückgen, andre aus Gras, aus Sandkörnchen, aus kleinen Steinchen, andre aus lauter kleinen Flußschneckgen u. s. w.

1. . Bicaudata. P. cauda biseta, alis venosis reticulatis. *

2. . Striata. P. nigra, alis testaceis, nervoso striatis. *

49. hemerobivs, Landlibelle. Os den - tibus 2: palpis 4. Stemmata nulla. Alae de - flexae (nec plicatae) Antennae thorace con - vexo longiores, setaceae porrectae.

Die Larve lebt im Trocknen. Das vollkommne Insect änelt den vorigen: Manche Gattungen haben schöne perlfarbne Flügel, und goldglän - zende Augen.

1. . Perla. H. luteo-viridis, alis hyalinis, vasis viridibus. *

Nährt sich vorzüglich von Blattläusen.

50. myrmeleon. Os maxillosum: denti - bus 2. Palpi 4 elongati. Stemmata nulla. Cauda maris forcipe e filamentis duobus re - ctiusculis. Antenaae clavatae longitudine tho - racis. Alae deflexae.

376

1. . Formicarius, der Ameisenlöwe. M. alis macula alba marginali postica. *

Das merkwürdige berufne Geschöpf, das sich als Larve eine trichterförmige Fallgrube in Sandboden wült, sich selbst unten bis an den Hals hinein scharrt, und da die Ameisen u. a. kleine Insecten empfängt und verzehrt, die un - versehns an den Rand dieser Grube gekommen, und mit dem lockern Sand hinabgeschurrt waren.

51. panorpa. Scorpionfliege. Rostrum corneum cylindricum, palpis 2. Stemmata 3. Antennae thorace longiores. Cauda maris chelata.

1. . Communis. P. alis aequalibus nigro ma - culatis. *

52. raphidia, Kameelhals. Os dentibus 2 in capite depresso corneo. Palpi 4. Stem - mata 3. Alae deflexae. Antennae longitudi - ne thoracis antice elongati cylindrici. Cauda feminae seta recurva laxa.

Die Geschichte dieser beyden Geschlechte ist noch wenig untersucht.

1. . Ophiopsis. R. thorace cylindrico. *

V. HYMENOPTERA.

Insecten mit vier häutigen Flügeln, die mit wenigen aber starken Adern durchzogen sind. 377Die Weibgen sind mit einem verletzenden Sta - chel am Hinterleibe, theils auch mit Gifte, das sie beym Stich in die Wunde flößen, und das nach des Abt Fontana Untersuchung saurer Na - tur ist, bewaffnet; daher die ganze Ordnung auch von einigen Entomologen Aculeata genannt worden. Die Larven sind verschiedentlich ge - bildet: theils wie Raupen mit zwanzig Füßen, theils wie Maden ohne Füße ꝛc.

53. cynips, Gallwespe. Os maxillis abs - que proboscide. Aculeus spiralis, saepius re - conditus.

Das Weibgen legt seine Eyer in besondere Thei - le gewisser Pflanzen, die dadurch anschwellen, und theils sonderbare Auswüchse bilden, die denn der Larve solang zum Aufenthalt dienen, bis sie ihre Verwandlung überstanden hat, und nun als vollkommnes Insect aus ihrem Kerker hervorbre - chen kan.

1. . Rosae. C. nigra, abdomine ferrugineo po - stice nigro, pedibus ferrugineis. *

An wilden Rosen, wo sie die bunten krausen Auswüchse verursacht, die unter dem Namen Schlafäpfel (Bedeguar) ehedem officinell, und wegen verschiedner ihnen angedichteten heilsamen Kräfte berüchtigt waren.

2. . Quercus folii. C. nigra, thorace lineato, pedibus griseis, femoribus subtus nigris. *

An Eichenlaub, wo sie bekanntlich die Gall - äpfel hervorbringt, die auch oft noch nachher, wenn sie schon von der Nachkommenschaft ihrer378 Urheberin verlassen sind, kleinen Wespen ver - schiedner Art zum Aufenthalt dienen*)ios. rovatti ep. ad Hallerum, Mutin. 1773. p. 136. sq..

3. Psenes. C. ficus caricae. *

Im Orient, in den Feigen; deren Befruchtung sie nach Haßelquists Bericht dadurch befördert, daß sie von männlichen zu weiblichen Feigen fliegt, und von jenen den Blamenstaub zu diesen zufäl - ligerweise überträgt.

54. tenthredo. Blatwespe. Os maxil - lis absque proboscide. Alae planae tumidae. Aculeus laminis duabus serratis, vix promi - nentibus. Scutellum granis duobus impositis distantibus.

Die Larven leben von Laub, und finden sich besonders auf Rosenstöcken und Weiden. Ver - puppen sich aber in der Erde.

1. Lutea. T. antennis clavatis luteis, abdo - minis segmentis plerisque flavis. *

2. Capreae. T. salicis. *

55. sirex, Holzwespe. Os maxillis 2 vali - dis. Palpi 2 truncati: Antennae filiformes, articulis ultra 24. Aculeus exsertus rigens ser - ratus. Abdomen sessile mucronatum. Alae lanceolatae, planae omnibus.

Das Weibgen weis mit ihrem Sägeförmigen Legestachel sehr geschickt in weiches Holz zu boh - ren, um ihre Eyer da einzulegen. Die Larve hält sich einige Jahre lang im Holz auf.

379

1. Gigas. S. abdomine ferrugineo: segmen - tis nigris, thorace villoso. *

56. ichneumon, Schlupfwespe. Os maxillis absque lingua. Antennae articulis ultra 30. Abdomen petiolatum plerisque. Aculeus exsertus vagina cylindrica, bivalvi.

Zahlreiche Thiere, die sehr vieles zur Vertil - gung schädlicher Raupen und anderer Insecten beytragen. Sie legen ihre Eyer in lebendige Raupen, die davon erkranken, und vor oder nach ihrer Verpuppung absterben. Manche sind auch an andre Gattungen ihres eigenen Geschlechts gewiesen, denen sie als Larven ihre Eyer in den Leib legen, so daß nach Rolanders Bemerkung, von verschiednen Gattungen die eine blos zum Un - tergang der andern geschaffen zu seyn scheint.

1. Luteus. I. luteus thorace striato, abdo - mine falcato. *

2. Aphidum. I. niger, abdomine basi pedi - busque anticis genubusque posticis flavis. *

57. sphex, Raupentödter. Os maxillis absque lingua. Antennae articulis 10. Alae plano incumbentes (nec plicatae) in omni sexu. Aculeus punctorius reconditus.

In der Bildung äneln die Raupentödter den Schlupfwespen, haben aber viel eignes in ihrer Lebensart. Meist graben sich die Weibgen mit auserordentlicher Mühe runde Hölen in sandiges Erdreich, schleppen sodann eine grosse Spinne oder Raupe einer Phaläne hinein, die sie meist nur lahm beissen, und legen sodann in jede Höl -380 ein Ey, da denn nachher die junge Larve dem gro - ßen Thier, das die Mutter dahin begraben hatte, den Saft zum Gespinste aussaugt, und sich selbst ein Verwandlungsgehäuse daraus bereitet.

1. Sabulosa. S. nigra hirta, abdominis pe - tiolo biarticulato: segmento secundo tertio - que ferrugineis. *

2. Cribraria, die Siebbiene. S. nigra, ab - domine fasciis flavis, tibiis anticis clypeis concavis fenestratis. *

Man hat lange die Scheiben an den Vorder - füssen für durchlöchert gehalten, und hat auch nicht ermangelt, diesen vermeinten Sieben eine merkwürdige Bestimmung anzudichten, und viel schönes über die weise Einrichtung eines gar nicht existirenden Theils zu sagen.

58. chrysis. Os maxillis absque proboscide. Antennae filiformes: articulo 1 longiore, re - liquis 11 brevioribus. Abdomen subtus for - nicatum, utrinque squama laterali. Anus dentatus aculeo subexserto. Alae planae. Corpus auratum.

Kleine aber überaus schöne Thiergen, die am Leibe mit dem schönsten gefärbten Goldglanze prangen.

1. Ignita. C. glabra nitida, thorace viridi: abdomine aureo: apice quadridentato.

59. vespa, Wespe. Os maxillis absque proboscide. Alae superiores plicatae in omni sexu. Aculeus punctorius reconditus. Oculi lunares. Corpus glabrum.

381

Die mehresten Gattungen dieses und des fol - genden Geschlechts werden durch die strenge ge - sellschaftliche Verbindung, in der sie theils zu tau - senden beysammen leben, und durch die überaus kunstreichen Nester und gemeinschaftlichen Woh - nungen, die sie sich mit vereinten Kräften zu ver - fertigen wissen, merkwürdig. Sie bauen diese meist in horizontalen Scheiben oder Kuchen, die Etagenweis über einander stehen, und in lauter einzelne senkrechte Zellen abgetheilt sind, die ge - rade diejenige Form haben, bey der sie mit mög - lichster Ersparung des Raums doch am mehresten fassen können. Die Wespen bauen nur einfache Scheiben, die Bienen aber doppelte, so daß zwey Schichten von Zellen über einander stehen, und durch eine gemeinschaftliche Scheidewand von einander getrennet werden. Bey diesen ist folglich jede Zelle aus neun Flächen zusammenge - setzt: sechs lange Trapezia nemlich die die Sei - tenwände, und drey Rhombi die den Boden aus - machen. Daß die Wespen aus Holzzasern bauen, ist schon oben (§. 1.) beyläufig gesagt. Die mei - sten hängen ihre Nester an Bäumen auf. Einige Merkwürdigkeiten, die den Geschlechtsunterschied und die eheliche Verfassung der Wespen betreffen und die sie mit der Biene gemein haben, versparen wir bis zu diesem Thiere.

1. Crabro. V. thorace nigro antice rufo im - maculato abdominis incisuris puncto nigro duplici contigno. *

2. Vulgaris, die Horniße. V. thorace utrin - que lineola interrupta, scutello quadrimacu - lato, abdominis incisuris punctis nigris di - stinctis. *

382

Lebt wie andre Wespen vom Raube des Bie - nenhonigs.

60. apis, Biene. Os maxillis atque probo - scide inflexa vaginis duabus bivalvibus. Alae planae in omni sexu. Aculeus feminis et neu - tris punctorius reconditus.

1. Mellifica, die Imme. A. pubescens, thorace subgriseo, abdomine fusco, tibiis po - sticis ciliatis, intus transverse striatis. *

Ein Thier, dessen Nutze für den Menschen so wichtig, dessen Geschichte so merkwürdig, und ihre Untersuchung so lehrreich und anmuthig ist, daß wir sorgen müßen, uns nicht länger dem Vergnügen ihrer Erzälung zu überlassen, als es der Zuschnitt eines Handbuchs erlauben will. Die Bienen, die Wespen und die Ameisen, sind, so viel man bis jezt weis, die einzigen Thiere in der Natur, von denen immer die mehresten we - der männlichen noch weiblichen Geschlechts, son - dern völlig geschlechtlos, gleichsam natürliche Spadonen oder Eunuchen sind. Die gegenseitigen Erfarungen einiger neuern Bienenväter die die Ge - schlechtlosen oder Arbeitsbienen gern zu unentwi - ckelten Königinnen machen möchten, sind zwar an sich noch zu schwankend, um jene Lehre der vori - gen Jahrtausende zu widerlegen: allein ohne dem ist Anatomie auch hier ein Licht was nicht trügt: und wer die verschiednen Bienen zergliedert hat, wird wissen, daß den Arbeitsbienen alle Geburts - Glieder, der Königin aber die Eingeweide zur Bereitung des Wachses abgehn u. s. w. Auch wärs hier nicht blos um die Umschaffung des Körperbaues, sondern auch um Vertauschung der Instincte, die bey den dreyerley Bienen so383 gänzlich verschieden sind, zu thun. Die Arbeits - bienen, deren in einem Stock wol 20000 sind, haben allein die mannichfaltigen grossen Verrich - tungen des Aufbauens, Eintragens und der Be - sorgung der Brut. Die jüngern sammlen Blu - menstaub, den sie halbe Stunden weit her als Hösgen zum Stock tragen, wo er ihnen von den ältern abgenommen, und zu Wachs verarbeitet wird: ferner saugen sie den so genannten Nectar, einen süslichen Safft, der sich vielleicht in allen Blüthen findet, und den sie in einem besondern Eingeweide zu Honig umarbeiten, und im Stocke wieder von sich geben. Sie füttern die Bienen - Larven, halten den Stock rein, und tragen ihre Leichen zum Stock hinaus. Sie sind mit Gift und Stachel als Waffen versehn, von dem sie aber nur einmal in ihrem Leben Gebrauch machen können, da sie mit Verlust ihres Stachels stechen, und ihn in der Wunde stecken las - sen. Man hat Beyspiele, daß ein Schwarm zwey Pferde zu Tode gestochen hat. Die männ - lichen Bienen oder Thronen oder Holmbienen, (etwa 1500 im Stock) sind Müssiggänger, und haben keine andre Geschäffte, als sich einst mit ihrer einzigen Königin zu paaren; und selbst hier - zu müssen sie, gegen die allgemeine Regel der Natur, doch erst durch wiederholte Liebkosungen der wollüstigen Königin ermuntert werden. Man - che sterben sogleich nachdem sie sich zur Begat - tung haben willig finden lassen: die übrigen wer - den einige Monate nachher von den Arbeitsbie - nen ermordet. Die nun so reichlich befruchtete Königin legt ihre Eyer in die bestimmten Zellen oder Mutterpfeifen, von denen schon vorläufig die für die Thronen bestimmten größer als die übri - gen gebaut sind. Wann diese Nachkommenschaft384 zur Reife gekommen, so trennt sie sich als Colo - nie vom Stammvolke, sie schwärmt. Finden sich hierbey mehrere Königinnen oder Weisler ein, so kämpfen diese unter einander, und die Ueber - winderin wird vom ganzen Schwarm für Regen - tin erkannt. Einzelne Bienen haben so wenig Wärme als andre kaltblüthige Thiere: im Stock aber erwärmen sie durch die Friction ꝛc. zuwei - len bis zum Grade des bebrüteten Hüner-Eyes.

2. Centuncularis, die Rosenbiene. A. nigra, ventre lana fulva. *

Lebt einsam unter der Erde, und verfertigt sich eine überaus artige Hülse zur Wohnung von Blättern der Rosenbüsche.

3. Violacea, die Holzbiene. A. hirsuta atra, alis caerulescentibus. *

In alten Baumstämmen, wo sie sich ihre Woh - nung der Länge nach aushölen, und die einzel - nen Zellen durch dünne Holzscheibgen von einan - der absondern.

4. Terrestris, die Hummel. (bombylius) A. hirsuta nigra thoracis cingulo flavo, ano albo. *

Nistet tief unter der Erde.

5. Muscorum, die Moosbiene. A. hirsuta fulva, abdomine flavo. *

Bekleidet ihr Nest von aussen mit Moos, da - her es schwer zu finden ist.

6. Caementaria, die Maurerbiene. A. ful - va abdomine nigro (femina nigro violacea pedibus fuscis). *

Baut sich mit bewundernswürdiger Kunst und Festigkeit ihr Nest aus Grand und Mörtel an al -385 ten Mauern, die viel Sonne haben. Die eyför - migen Zellen, deren etwa zehn in jeder solchen Eremitage sind, werden mit Gespinste austape - zirt, und zuweilen auch von Immenwölfen, Schlupfwespen ꝛc. bewohnt.

61. formica, Ameise, Kremense. Squa - mula erecta thoraci abdominique interjecta. Aculeus feminis et neutris reconditus. Alae maribus et feminis, sed neutris nullae.

Auch die Haushaltung der Ameisen hat auser - ordentlich viel merkwürdiges, ob sie gleich nicht so nutzbar als der Bienen ihre, auch nicht so auf - fallend ist, da ihre Haufen nicht so viel Kunst verrathen, als die Nester der vorigen Geschlech - ter. Bey einer genauen Betrachtung wird aber die unermüdete Industrie dieses kleinen Volks, die Emsigkeit mit der sie Proviant und Harz (wil - den Weyhrauch) einsammlen, vorzüglich aber die musterhafte Zärtlichkeit, mit der sie ihre Pup - pen (die fälschlich so genannten Ameisen-Eyer) am Morgen in die Sonne, des Abends aber, oder wenn Regen kommen will, wieder nach Hause tragen, alle Bewunderung erregen. Man hat gesehen, daß eine Arbeitsameise, der man den Hinterleib abgeschnitten, doch noch zehn Pup - pen vor ihrem schmerzhaften Tode in Sicherheit gebracht hat. Unsre hiesigen Ameisen bringen den Winter im Schlaf zu, und brauchen folglich keinen Wintervorrath einzutragen. Die in den warmen Zonen hingegen werden von keiner er - starrenden Kälte eingeschlummert, und müssen folglich, wenn sie nicht darben wollen, das thun was Salomo zwar gesagt*)Sprüchw. Cap. 6. V. 8., aber mancher neuere386 Naturforscher nicht nöthig gefunden hat, zur gu - ten Zeit Vorrath einsammlen.

1. Herculanea. F. nigra abdomine ovato, fe - moribus ferrugineis. *

2. Rufa. F. thorace compresso toto ferru - gineo, capite abdomineque nigris. *

Sehr gierige Thiere, die im Hunger einander selbst auffressen.

3. Rubra. F. testacea, oculis punctoque sub abdomine nigris. *

4. Caespitum. F. abdominis petiolo binodo - so: priore subtus, thoraceque supra biden - tato. *

5. Omnivora. F. thorace punctis elevatis, petiolo binodoso, corpore testaceo, abdo - mine minuto. *

In beiden Indien*)p. lyonet remarques sur la Theol. des Ins. de Les - ser. T. 1. p. 195 su.. Furchtbare Thiere, die in großen Heeren wandern, und auf ihren - gen alles zerfressen, was nur ihrem Gebis beis - bar ist: aber selbst von Ameisenbären verzehrt werden.

62. mutilla. Alae nullae in plerisque. Cor - pus pubescens. Thorax postice retusus. Acu - leus reconditus punctorius.

1. Occidentalis. M. coccinea, abdomine cin - gulo nigro.

387

VI. DIPTERA.

Die Insecten mit zwey Flügeln und ein paar kleinen Knöpfgen oder so genannten Flügelkölb - gen oder Balancirstangen (halteres), die hinter den Flügeln an der Brust sitzen: deren Nutzen noch unbestimmt ist, und derentwegen einige Natur - kündiger die ganze Ordnung Halterata benannt haben. Die Larve ist meist eine Made, die mehrentheils an faulichten unreinen Orten lebt: sie schrumpft nach einiger Zeit zusammen, und verhärtet zu einer braunen cylindrischen Puppe. Das vollkommene Insect hat bey einigen Ge - schlechtern einen spitzen harten Saugestachel, bey andern einen weichen biegsamen Rüssel, bey noch andern gar keinen Mund u. s. w. Eini - ge dieser Thiere gebären lebendige Junge.

63. oestrvs, Bremse. Os nullum, punctis tribus, absque proboscide aut rostro exserto.

Das Weibgen legt seine Eyer in die Haut le - bendiger Thiere, wodurch eine Geschwulst und Geschwür entsteht, von welchem sich die Larve er - nährt.

1. Bovis, die Viehbremse. O. alis macula - tis, thorace flavo, fascia fusca, abdomine flavo apice nigro. *

2. Tarandi, die Renntbierbremse. O alis immaculatis, thorace flavo fascia nigra, ab - domine fulvo apice flavo. *

388

3. Haemorrhoidalis, die Pferdebremse. O. alis immaculatis, thorace nigro, scutello pal - lido, abdomine nigro basi albo apiceque fulvo. *

Ein für die Pferde sehr gefärliches oft tödliches Thier. Das Weibgen paßt die Zeit ab, wann das Pferd sich seines Unraths entledigt, und legt ihm seine Eyer ans Ende des Mastdarms. Die jungen Larven kriechen sodann durch die 84 Fus langen Gedärme des Pferds in dessen Magen, wo wir sie selbst bey Zergliederungen zu mehrern Hunderten, von der Größe eines Dattelkerns, und alle mit ihren Häkgen an der innern Haut des Magens befestigt, gefunden haben. Zuweilen durchboren sie den Magen, und verursachen Gan - grän. Gemeiniglich aber kriechen sie, wann sich die Zeit ihrer Verwandlung herbey naht, densel - ben langen finstern Weg, durch den sie ankamen, zurück, stürzen sich selbst aus dem Hintern des Pferdes heraus, bohren sich augenblicklich in die Erde, und verpuppen sich.

4. Ovis, die Schafbremse. O. alis subpun - ctatis, abdomine albo nigroque versicolore. *

In den Stirnhölen der Hirsche, Rehe, Ziegen, und vorzüglich der Schaafe, die davon erkranken, schwindelnd werden, und dann Seegler heißen. Wir haben vor einigen Jahren, da die Krankheit in einigen benachbarten Schäfereyen wüthete, bey der Untersuchung allemal die Larven dieser Brem - sen in den Stirnhölen, aber keine Wasserblasen ge - funden.

64. tipvla. Os capitis elongati maxilla su - periore fornicata: palpi duo incurvi capite longiores. Proboscis recurvata brevissima.

389

1. Oleracea. T. alis hyalinis, costa marginali fusca. *

Die Larve thut an den Pflanzenwurzeln, zu - mal am Gemüse viel Schaden.

65. musca, Fliege. Os proboscide carnosa: labiis 2 lateralibus: palpi nulli.

1. Caesar, die Schmeisfliege. M. antennis plumatis pilosa viridi nitens pedibus nigris. *

2. Domestica, die Stubenfliege. M. anten - nis plumatis, pilosa nigra, thorace lineis 5 obsoletis, abdomine nitidulo tesselato, ocu - lis fuscis. *

3. Cellaris. (vinulus, conops.) M. antennis setariis pilosa nigra, alis nervosis, oculis ferrugineis. *

In Weinkellern.

4. Meteorica. M. antennis setariis pilosa ni - gra abdomine subcinereo, alis basi subflavis, oculis brunneis. *

In Gärten und Wäldern, haben einen hüpfen - den sonderbaren Flug: schwärmen bey schönem Wetter haufenweis um die Bäume, und verur - sachen am mehresten das Gesumse, was man im Sommer, zumal in den heissen Mittagsstunden, in stillen Gehölzen überall hört.

5. Putris. M. antennis setariis, subpilosa atra, alarum costa nigra, oculis ferrugineis.

Die Made lebt in faulem Käse.

66. tabanvs. Os proboscide carnosa, ter - minata labiis duobus. Rostro palpis duobus, subulatis, proboscidi lateralibus, parallelis.

390

1. Bovinus. T. oculis virescentibus, abdomi - nis dorso maculis albis trigonis longitudi - nalibus. *

67. culex. Os aculeis setaceis intra vaginam flexilem.

1. Pipiens, die Mücken, Schnacke. C. ci - nereus abdomine annulis fuscis 8. *

Das beschwerliche Thier hält sich zumal häufig am Wasser auf. Die Americanischen Mosquitos scheinen blos eine Spielart unsrer Mücken zu seyn.

68. empis. Os rostro corneo, inflexo, bi - valvi, thorace longiore. Valvulis horizonta - libus.

1. Pennipes. E. antennis filatis, nigra, pedi - bus posticis longis: alterius sexus pennatis. *

69. conops, Stechfliege, Pferdestecher. Os rostro porrecto geniculato.

1. Calcitrans. C. antennis subplumatis, cine - rea glabra ovata. *

Hat ganz die Bildung der Stubenfliege, nur statt des Rüssels den furchtbaren hervorragenden Stachel. Sie kommt nur wanns regnen will in die Häuser, fliegt niedrig, und sezt sich auch blos an die Beine, so wie sie drausen auf der Weide sich an die Füße des Viehes zu setzen gewohnt ist, das daher so unruhig wird und aufstampft.

70. asilvs, Raubfliege. Os rostro cor - neo porrecto, recto, bivalvi.

391

1. Crabroniformis. A. abdomine tomentoso, antice segmentis tribus nigris, postice flavo inflexo. *

71. bombylivs. Os rostro porrecto, seta - ceo, longissimo, bivalvis valvulis horizon - talibus, intra quas aculei setacei.

1. Major. B. alis dimidiato-nigris. *

72. hippaobosca. Os rostro bivalvi, cylin - drico, obtuso, nutante. Pedes unguibus plu - ribus.

1. Equina, die Pferbelaus. H. alis obtusis, thorace albo variegato, pedibus tetradacty - lis. *

2. Ovina, die Schaflaus. H. alis nullis. *

Ein ungeflügeltes Insect, das doch wegen sei - nes ganzen übrigen Habitus diese Stelle behau - ptet. Es lebt in der Wolle der Schaafe, die davon grün wird.

VII. APTERA.

Die gänzlich ungeflügelten Insecten. Sie sind in Rücksicht der Größe, Bildung, Auf - enthalt, Nahrung, Freßwerkzeuge, Anzal und Länge der Füße, der Augen u. s. w. auseror - dentlich verschieden. Theils legen sie Eyer, theils gebären sie lebendige Junge. Den Floh ausgenommen, bestehen die übrigen keine andre392 Verwandlung, als daß sie sich meist einigemal häuten.

73. lepisma. Pedes 6 cursorii. Os palpis 2 setaceis et 2 capitatis. Cauda setosa setis ex - tensis. Corpus squamis imbricatum.

1. Saccharina, der Zuckergast, das Fisch - gen. L. squamosa cauda triplici. *

Ein überaus behendes Thiergen, matt silber - glänzend; ist eigentlich in Amerika zu Hause, aber nun schon fast in ganz Europa einheimisch.

74. podura. Pedes 6 cursorii. Oculi 2 com - positi ex octonis. Cauda bifurca saltatrix in - flexa. Antennae setaceae elongatae.

1. Fimetaria. P. terrestris alba. *

Haufenweis unter Blumentöpfen.

75. termes. Pedes 6 cursorii. Oculi 2. An - tennae setaceae. Os maxillis duabus.

1. Fatale, die weisse Ameise. T. luteum, ma - xillis longitudine antennarum.

Die furchtbare Plage beider Indien. Das kleine Thier vermehrt sich unsäglich, und zernagt und frißt mit einer unersättlichen Gierde alles Holz, Hausgeräthe, Kleider, Eßwaaren ꝛc.

2. Pulsatorium, die Todtenuhr, Papier - laus. S. abdomine oblongo, ore rubro, ocu - culis luteis *

In Büchern, Kräutersammlungen, Papier - tapeten und in Holz, wo sie zumal bey nächtli - cher Stille einen Laut von sich giebt, den der393 Aberglaube ehedem als Unglücksdeutung angese - hen hat.

76. pediculus, Laus. Pedes 6 ambula - torii, oculi 2. Os aculeo exserendo. Anten - nae longitudine thoracis. Abdomen depres - sum sublobatum.

Vielleicht das weitläuftigste aller Thiergeschlech - ter. Die mehresten Säugethiere und Vögel - gen wol ihre Läuse haben: und selbst Fische, ja sogar manche Insecten, wie die Bienen ꝛc. sind mit dergleichen Ungeziefer geplagt.

1. Humanus, die Kopflaus und Kleider - laus. P. humanus. *

Das ekelhafte Thier vermehrt sich schnell und häufig: und wird nicht nur der Reinlichkeit, son - dern auch der Gesundheit selbst äuserst nachthei - lig, und kan gefährliche und schwere Cachexien verursachen. Bey den Mohren sind die Läuse schwarz: daß sie sich aber auf den Schiffen ver - löhren, wenn diese die Linie passiren, ist leider eine Fabel.

77. pulex, Floh. Pedes 6 saltatorii: oculi 2. Antennae filiformes. Os rostro inflexo, setaceo, aculeum recondente. Abdomen com - pressum.

1. Irritans. P. proboscide corpore bre - viore. *

Der Floh ist fast eben so weit als der Mensch über die Erde verbreitet: doch findet er sich nicht im äusersten Norden, an der Baffinsbay ꝛc. Er kan alt werden: wenigstens hat man Beyspiele daß Flöhe sechs Jahre lang an kleinen goldnen394 Kettgen lebendig erhalten worden sind. Seiner auserordentlichen Stärke haben wir oben gedacht (§. 29.).

78. acarus, Milbe. Pedes 8. Oculi 2 ad latera capitis. Tentacula 2 articulata, pedi - formia.

Ein großes Geschlecht von zahlreichen Gattun - gen, die theils wie die Läuse auf andern Thieren: theils aber von Pflanzen leben.

1. Ricinus. A. globoso-ovatus: macula ba - seos rotunda: antennis clavatis. *

2. Siro, die Käsemilbe. A. lateribus sublo - batis, pedibus 4 posticis longissimis, femo - ribus capiteque ferrugineis, abdomine se - toso. *

In Mehl und Käserinden. Daß sie die Krätze verursachen solle, ist falsch. Aber freilich kan sie wol bey äuserst unreinlichen Krätzigen sich ein - nisteln, und das Uebel verschlimmern.

3. Aquaticus. A. abdomine sanguineo de - presso tomentoso postice obtuso. *

Im Wasser; fast wie eine kleine blutrothe Spinne.

79. phalangium. Pedes 8. Oculi verticis 2 contigui, 2 laterales. Frons antennis pe - diformibus. Abdomen rotundatum.

1. Opilio, der Weberknecht, Schuster, Geist, die Holzspinne. P. abdomine ovato; subtus albo. *

Ein langbeinichtes sonderbar gebildetes Thier, was seinen Geschäften des Nachts nachgeht. Die395 ausgerißnen Beine zeigen noch lange nachher Le - benskraft und Bewegung. Die Augen sitzen dem Thier zwischen den Schultern auf einem Stielgen.

2. Cancroides, der Bücherscorpion. P. ab - domine obovato depresso, chelis laevibus, digitis pilosis. *

In altem Papier, Büchern, Kräutersammlun - gen. Sieht wegen des flachen plattgedruckten Körpers und der langen Krebsscheeren sonderbar aus. Kriecht rücklings und vorwärts wie ein Krebs.

3. Balaenarum, die Walfischlaus. P. ab - domine dilatato muricato, rostro subulato. *

Darf nicht mit dem oniscus ceti verwechselt werden.

80. aranea, Spinne. Pedes 8. Oculi 8. Os unguibus s. retinaculis 2. Anus papillis textoriis.

Die Lichtscheue einsiedlerische Lebensart der Spinnen, ihr gehässiger Charakter, da sie ein - ander selbst auffressen ꝛc. und der Verdacht des Giftes mag wol Ursach an dem gemeinen und oft unüberwindlichen Vorurtheil seyn, mit dem sich so viele Menschen für diesen Thieren entsetzen. Al - lerdings scheint auch ihr Biß nach des grossen Harveys Versuchen verdächtig zu seyn*)harvey de gener. animal. Exerc. 57.: und wir selbst haben oft Fliegen zu retten gesucht, die nur einmal von einer Spinne gestochen waren, und die demohngeachtet in kurzem unter sonderbaren Zuckungen und Krämpfen verstarben. Hingegen kan man Spinnen, mit so wenig Gefahr als Vi - perngift, essen. Auch lassen sie sich kirre machen,396 und lernen ihren Wohlthäter kennen, wie der Grav Lauzun im Gefängnis zu Pignerol, und Pe - lißon in der Bastille aus langer Weile versucht haben. Spinneweben wie Seide zu verarbeiten, war ein Project, das im großen unüberwindliche Hindernisse finden würde. Der Meynung, daß die Zeugungsglieder der männlichen Spinne am Kopfe säßen, und der, daß der fliegende Som - mer von Spinnen herrühre, können wir bis jezt noch nicht beytreten.

1. Diadema, die Kreuzspinne. A. abdomi - ne subgloboso rubro-fusco: cruce albo-pun - ctata. *

Auf Boden, in Gartenhäusern ꝛc. macht ein rädförmiges Gespinste.

2. Domestica, die Fensterspinne. A. abdo - mine ovato fusco: maculis nigris 5 subcon - tiguis: anterioribus majoribus. *

3. Scenica. A. saliens nigra: lineis semicir - cularibus 3 albis transversis. *

Auf Dächern, ausen an Wänden ꝛc. sie hüpft: macht aber kein Gespinste.

4. Avicularia, die Buschspinne. A thorace orbiculato convexo; centro transverse ex - cavato. *

Ein fürchterliches Geschöpf, was in Südame - rika zu Hause ist, und wovon wir Stücke von der Größe einer kleinen Kinderfaust besitzen. Die Fußsohlen changiren bunte Goldfarben. Sie töd - tet Colibrits, und saugt ihre Eyer aus.

5. Tarantula. A. subtus atra, pedibus subtus atro fasciatis. *

397

Die abgeschmackten Fabeln, die man vom Ta - rantelbiß und seinen Folgen und musikalischen Heilungsmitteln erdichtet hat, lösen sich dahin auf, daß es theils Einbildungen hypochondrischer und hysterischer Patienten; mehrentheils aber armseelige Betteleyen seyn mögen, womit sich mitleidige leichtgläubige Reisende haben betrügen lassen.

81. scorpio. Pedes 8. insuper chelae 2 fron - tales. Oculi 2 in torgo. Palpi 2 cheliformes. Cauda elongata articulata terminata mucrone arcuato. Pectines 2 subtus inter pectus et ab - domen.

Der Scorpion hat in der Bildung und Lebens - art viel mit dem Krebs gemein, auch werfen sie, so wie diese, järlich ihre Schale ab. Der kleine Europäische Scorpion ist zuverlässig unschädlich. Die großen Africanischen hingegen mögen aller - dings giftig seyn.

1. Afer. S. pectinibus 13 dentatis, manibus subcordatis pilosis. *

2. Europaeus. S. pectinibus 18 dentatis, ma - nibus angulatis. *

82. cancer, Krebs. Pedes 8. insuper ma - nus 2 chelatae. Oculi 2 distantes, plerisque pedunculati, elongati mobiles. Palpi 2 che - liferi. Cauda articulata inermis.

Ein weitläuftiges Geschlecht, dessen Gattun - gen nach der verschiednen Länge des Schwanzes, und der Beschaffenheit des Brustschilds und der Scheeren wieder in Familien abgetheilt werden können.

398

1. Pinnotheres. C. brachyurus glaberrimus, tho - race laevi lateribus antice planato, caudae medio nodulofo-carinato. *

Die Sage, daß sich dieser Krebs innerhalb der Steckmuschel aufhalte, um die Muschel bey An - nähung der Blackfische zu warnen, ist irrig. Er verwirrt sich wol oft in den Bart dieser Muschel so wie andre Krebse auch: aber die gutmüthige Ab - sicht fällt weg.

2. Maenas, die Krabbe. C. brachyurus, tho - race laeviusculo, utrinque quinque dentato, carpis unidentatis, pedibus ciliatis: posti - cis subulatis. *

3. Bernhardus, Bruder Bernhard der Ein - siedler. C. macrourus parasiticus, chelis cor - datis muricatis: dextra majore. *

Bewohnt leere Schneckenhäuser (§. 140.): und zwar wies scheint ohne Auswal besondrer Gattungen. Wir haben ihn unter andern im mu - rex vertagus.

4. Gammarus, der Hummer. C. macrourus, thorace laevi, rostro lateribus dentato: basi supra dente duplici. *

In den Meeren der nördlichen Erde: wo er wie manche Fische zu gewissen Jahreszeiten hin und her zieht. Er ist sehr gefrässig, und hat ei - nen geräumigen Magen, der durch besondre Grä - tenförmige Knochen ausgespannt und unterstützt wird.

5. Astacus, der Fluß Krebs. C. macrou - rus thorace laevi, rostro lateribus dentato: basi utrinque dente unico. *

399

Ein bekanntes Thier, das vorzüglich durch sei - ne Schmackhaftigkeit, durch die Steinartigen kalkichten Verhärtungen, die sich im Sommer in seinem Magen finden, die man fälschlich Krebs - augen nennt, und die man ehedem als Arzney misbrauchete, und dann durch die Stärke seiner Reproductionskraft merkwürdig wird.

6. Pulex. C. macrourus articularis, manibus 4 adactylis, pedibus 10.

Ein muntres kleines Thier, was sich zumal häufig in der Brunnenkresse findet, und im Was - ser auf dem Rücken schwimmt.

83. monoculus, Riefenfus. Pedes nata - torii. Corpus crusta tectum. Oculi approxi - mati, testae innati.

1. Polyphemus, der Moluccische Krebs. M. testa plana convexa sutura lunata, postica dentata, cauda subulata longissima. *

Das allergröste Insect, was wol eine Länge von vier Fuß erreichen kan. Daß es nur ein Auge haben soll, ist irrig, mithin seine Benen - nung gar nicht passend. Auch ist es falsch, daß es nur in Ostindien sich finde: wir wissen von Augenzeugen, daß es häufig an der Küste von Carolina gefangen wird.

2. Apus. M. testa subcompressa, antice retu - sa, postice truncata, cauda biseta. *

3. Pulex. M. antennis dichotomis, cauda inflexa. *

In Flüssen und Teichen, auch in Brunnenwasser: an theils Orten äuserst häufig. Ist nebst dem folgen - den eine vorzügliche Nahrung der Arm-Polypen.

400

4. Quadricornis. M. antennis quaternis, cau - da recta bifida. *

84. oniscus. Pedes 14. Antennae setaceae. Corpus ovale.

1. Ceti, die Wallfischlaus. O. ovalis, segmen - tis distinctis, pedibus tertii quartique paris linearibus ovaticis. *

2. Asellus, der Kelleresel. O. ovalis, cau - da obtusa, stylis simplicibus. *

An feuchten Orten, in Fenstern, Mauerritzen ꝛc.

85. scolopendra, Assel. Pedes nume - rosi, totidem utrinque quot corporis segmen - ta. Antennae setaceae. Palpi 2 articulati. Corpus depressum.

1. Morsitans. S. pedibus utrinque 20.

In den heißen Zonen: und selbst schon in Spa - nien. Ihr Biß verursacht gefärliche Entzündung.

2. Electrica. S. pedibus utrinque 70. *

Phosphorescirt stark, und sogar der Fleck wo sie gelegen, leuchtet noch geraume Zeit nachher.

86. iulus, Vielfus. Pedes numerosi: du - plo utrinque plures quam corporis segmenta. Antennae moniliformes. Palpi 2 articulati. Corpus semicylindricum.

1. Terrestris. S. pedibus utrinque 100. *

Ein langsames Thier, was meist unter der Erde in fettem Boden oder im Miste lebt.

401

Neunter Abschnitt. Von den Würmern.

§. 153.

Die Insecten haben so zuverlässige und faßli - che, die Würmer hingegen so wenig allge - mein positive Charactere, daß man die leztern vielleicht am kürzesten durch diejenigen kaltblüti - gen Thiere definiren könnte, die keine Insecten sind. Doch wollen wir versuchen, die auszeich - nenden Eigenschaften dieser äuserst merkwürdi - gen Geschöpfe, mit welchen wir die Thierge - schichte beschließen, zusammen zu lesen.

§. 154.

Die Würmer haben einen weichen mat - schigen, theils schleimigen, meist nackten Kör - per: nur wenige sind wie die Aphroditen mit Haaren, einige wie die Seeigel mit einer knorp - lichen Schaale bedeckt. Viele aber, die Con - chylien nemlich und die Corallen, bewohnen ein festes steinartiges Gehäuse, das ihnen zum Schutz und Aufenthalt dienet: und theils mit dem Thier umher getragen wird, theils aber unbeweglich fest steht.

402

§. 155.

Kein einziges Thier dieser Classe ist geflü - gelt: auch kann man ihnen keine eigentliche Füs - se zum Aufstützen des Körpers und zum Fort - schreiten zugestehen. Doch haben die Regen - würmer, Seeigel, und Seesterne gewisse Glied - masen, die wenigstens eine ähnliche Bestim - mung haben. Und überhaupt wird auch der Mangel dieser Bewegungswerkzeuge bey den Würmern durch die ausnehmende Reizbar - keit ihrer Muskeln und die Kraft ihren Körper dadurch wechselsweis zusammen zu ziehen, und wieder auszudehnen, ersetzt.

§. 156.

Statt der Fühlhörner, die die Insecten be - saßen, haben die mehresten Würmer sogenann - te Fühlfaden (tentacula), oder biegsame un - gegliederte meist weiche fleischige Faden am Ko - pfe, die bey einigen von ansehnlicher Länge, überhaupt aber von mannichfaltiger Bestim - mung sind. Den Arm-Polypen nutzen sie zum Fang: bey den Gartenschnecken sitzen vorn die Augen dran u. s. w.

§. 157.

Manche Würmer sind von so einfachem Kör - perbau, daß man gar keine Gliedmasen an ihnen unterscheiden kan. Andre haben hinge -403 gen desto zahlreichre, doch meist ziemlich ein - förmig gebildete Glieder.

§. 158.

Auch die Größe variirt in dieser Classe weit mehr, als in der vorigen. Es giebt Con - chylien, die auf sechs Centner am Gewicht hal - ten, und Infusionsthiergen, die kaum durch unsre besten Vergrößerungsgläser erkannt wer - den können.

§. 159.

Die mehresten Würmer haben unansehn - liche Farben. Doch sind auch einige, wie die Seeanemonen, Seefedern, Aphroditen, und vie - le Conchylien von auserordentlicher Schönheit.

§. 160.

Ueber die Sinne dieser Thiere und deren Werkzeuge läst sich noch weniger bestimmtes als über der Insecten ihre, sagen. Einige haben ungezweifelt wahre Augen, und andre, wie z. B. die Polypen, haben ohne Augen doch das feinste Gefül von Licht und Hellung.

§. 161.

Wenn die Würmer würklich Athem ho - len, so geschieht dieß doch wenigstens auf eine von andrer thierischen Respiration sehr verschied - ne Weise.

404

§. 162.

Bey den allerwenigsten Würmern läst sich ein wirkliches Herz oder Gehirn erweisen. Magen und Darmcanal hingegen haben sie wol alle ohne Ausnahme.

§. 163.

Der Aufenthalt dieser Thiere ist meist im Wasser: theils gar nur in fauligen Säfften: oder doch in feuchten dumpfigen Orten. Eini - ge leben blos unter der Erde: und viele ledig - lich im lebendigen Körper andrer Thiere, wie die Darmwürmer, Saamenthiergen u. s. w. Viele leben gesellschaftlich an Corallen-Stäm - men, auf Austerbänken ꝛc., doch werden diese mehr durch Noth oder Zufall, als durch Will - kühr und in der Absicht sich wechselseitige Hülse zu leisten, zusammen gebracht.

§. 164.

Die Nahrung der Würmer ist ziemlich einfach: die mehresten nähren sich durch saugen. Manche essen Erde, und viele können auseror - dentlich lang fasten.

§. 165.

Manche sind mit Gift als Waffen, und der Blackfisch mit seiner Dinte als Vertheidi - gungsmittel versehn. Viele werden auch durch ihr zähes Leben, oder durch ihre auserordentliche405 Reproductionskraft, die in keiner andern Thier - Classe so überaus wunderbar ist, für feindliche Gewaltthätigkeiten geschützt: und einige besitzen eine Art von Reviviscenz, wodurch sie gewisser - masen unzerstörbar scheinen.

§. 166.

Die allermehresten Würmer sind wol Her - maphroditen, von denen jedes Individuum sein Geschlecht fortzupflanzen im Stande ist (§. 18). Manche thun das, indem sie selbst in mehrere Stücke zerspringen, andere durch Sprossen, die sie aus ihrem Körper heraustrei - ben, andere durch Eyer die sie legen; oder durch lebendige Junge die sie gebären: und manche können sich wie die Arm-Polypen und Feder - busch-Polypen auf mehrere der genannten We - ge zugleich vermehren.

§. 167.

Die Würmer werden dadurch dem Menschen mittelbar oder unmittelbar nutzbar, daß sie wie der Regenwurm die Erde locker halten; oder wie der Fadenwurm den Thon durchbo - ren, und dadurch dem Wasser Durchgang ver - schaffen. Ferner sind viele, zumal unter den Conchylien, eßbar. Von einigen Murexarten wurde ehedem mehr als jetzt eine grünlich rothe Farbe (wie Weinbeeren) der Purpur der Alten genommen. Aus dem Safte der Blackfische406 kan Dinte bereitet werden. Der Barth der Steckmuschel giebt eine braune Seide, die zu Kleidungsstücken verarbeitet wird. Mehrere Muschelarten führen Perlen. Verschiedne Schneckgen cursiren bey einigen wilden Völkern statt Geldes. Die Mahlermuschel, Perlen - mutter, das[eigentlich] sogenannte rothe Corall, und die grosse beinartige Schuppe des Blackfisches (os sepiae) werden von Künstlern benutzt. Der Badeschwamm hat mancherley häusli - chen Gebrauch. Die Blutigel endlich sind ein überaus wichtiges Genesmittel.

§. 168.

Zu den schädlichen Thieren dieser Classe gehören vorzüglich alle die furchtbaren Wür - mer des menschlichen Körpers: die sich entweder wie die Askariden, Spulwürmer, Trichuriden und Bandwürmer im Darmcanal: oder wie der Nervenwurm unter der Haut und zwischen dem Fleische aufhalten. Sodann auch die Egelschnecken, die sich bey den Schafen, und so viele andre Würmer, die sich zumal bey Hausthieren und bey Fischen aufhalten, und sie krank machen. Die Regenwürmer und Schnecken schaden den Gewächsen. Der Pfahlwurm durchbort Dämme und Schiffe. Manche Würmer sind auch, wie wir schon ge - sagt haben, giftig. Hingegen können wir den abentheuerlichen Erzälungen von der höllischen407 Furie, einem von niemand zuversichtlich gesehe - nen, und doch sehr genau beschriebenen, und wie es heist, mit Widerhäkgen bewaffneten, und ohne Flügel in der Luft rumfliegenden Würm - gen, was auf Menschen und Vieh[herabstür - zen], und sie durchboren soll u. s. w., keinen Glauben beymessen.

§. 169.

Wir haben auch diese Classe in ein eignes System gebracht: und so lebhaft wir auch - len, wie viel diesem noch an seiner Vollkom - menheit abgehe, so glauben wir doch hoffen zu dürfen, daß es wenigstens natürlicher und faßlicher als die bisher ausgearbeiteten seyn möchte.

I. Mollusca. Nakte weiche Würmer, die sich theils durch zahlreichere Gliedmasen, theils durch zusammengesetztere Eingewei - de, von den Zoophyten auszeichnen.

II. Testacea. Die Würmer die ein Schne - ckenhaus oder Muschelschaalen bewoh - nen, mit einem Worte die Conchylien.

III. Cartilaginea. Mit knorplichtem Kör - per, und theils mit einer festen Spat - artigen Cruste. See-Igel, Seesterne, See-Palme.

408

IV. Corallia. Die Polypen und andere Thierpflanzen die einen Corallenstamm oder ein anderes ähnliches Gehäuse be - wohnen.

V. Zoophyta. Die nackten Thierpflanzen ohne Gehäuse. Nebst den Infusions - thiergen.

409

I. MOLLUSCA.

In der Bildung des Körpers sind zwar die Würmer dieser Ordnung sehr verschieden: dar - in aber kommen alle mit einander überein, daß er weich, und einige wenige Gattungen ausge - nommen, nackt ist. Die Würmer des mensch - lichen Körpers sind alle aus dieser Ordnung.

1. gordius, Fadenwurm. Corpus fili - forme, aequale laeve.

1. Aquaticus, das Wasserkalb. G. palli - dus extremitatibus nigris. *

Spannenlang, von der Dicke eines Zwirnfa - den. Lebt in thonigem Boden und im Wasser. Ist vermuthlich der gleiche Wurm, der sich auch bey Pferden, Falken, Lerchen, Fischen, Heu - schrecken, Raupen, und in der Luftröre der Schweine findet: und den Poterius und Fr. Hof - mann sogar bey Menschen im Knie, in den Wa - den ꝛc. völlig wie den Indianischen Nervenwurm gesehen haben.

2. Medinensis, der Nervenwurm. (dracun - culus, Vena Medinensis) G. totus pallidus. *

Im Orient, auf Guinea, in Surinam, etwas stärker als der vorige, und wol zwey und mehr Ellen lang. Er kriecht zumal an den Knöcheln, am Knie, am Arm ꝛc. unter die Haut, verur - sacht schmerzhafte Beulen, Entzündung u. s. w., und muß äuserst behutsam, damit er nicht abreiße, allgemach ausgezogen werden: eine410 Operation, die wol drey und mehr Wochen dauert. Selten hat ein Mensch mehr als einen solchen Wurm: doch auch wol vier, fünfe ꝛc. zugleich.

3. Marinus. G. plano spirali convolutus. *

Häufig in Häringen. Doch haben wir ihn auch zwischen den Kiefern der Forelle gefunden.

2. ascaris, Corpus teres conicum, altera extremitate acutum.

1. Vermicularis, der Madenwurm, Spring - wurm. A. longit. 4 linearum. *

Wie eine Käse-Made. Hält sich im Mastdarm auf.

3. echinorhynchos. Corpus teres subfi - liforme rugosum. Proboscis retractilis echi - nata.

Ein neues Geschlecht des Herrn Zöga, durch dessen Güte wir zahlreiche Gattungen, die sich zumal in Fischen finden, kennen gelernt haben.

1. Trichuris, der Haarwurm. E. cauda filiformi tenui prolongata. *

wrisberg de animale, infusoriis.

Blos im Blindharm, wo er zuerst bey einer Epidemie in den Leichen der Französischen Be - satzung von Göttingen im Winter 1760 bemerkt worden ist. Wir selbst haben ihn häufig in den Leichen armer erwachsener Personen gefunden.

4. lumbricus. Corpus teres annulatum utraque extremitate attenuatum.

1. Terrestris, der Regenwurm. L. ephip - pio circulari, 8 feriebus aculeorum abdomi - nalium.

411

i. andr. mvrray de verm. in lepra obviis. Tab. II.

Das bekannte Thier distinguirt sich durch seinen Fingerbreiten Wulst gegen die Mitte des Leibes, und durch die vierdoppelten Stacheln, die ihm auf jedem Abschnitte sitzen, sehr deut - lich vom Spulwurme. Auch legt der Regen - wurm Eyer, da der Spulwurm hingegen le - bendige Junge gebiert.

2. Intestinalis, der Spulwurm, Herz - wurm. L. corpore aequali, laevi, ore tri - lobo. *

Im ganzen Darmcanal. Zuweilen in unzäli - ger Menge: wir haben sie selbst zu mehrern Hun - derten auf einmal von einem Kranken abgehen gesehen.

5. fasciola. Corpus gelatinosum, plani - usculum, poro ventrali duplici.

1. Hepatica, die Egelschnecke. F. depressa, ovata, fusca, antice tubulo instructa. *

In den Lebern der Schaafe.

2. Intestinalis. F. corpore taeniolari, mar - ginibus undulatis. *

Wie ein schmales Streifgen Band: ungeglie - dert: verdiente also eher den Namen Bandwurm, als das folgende Geschlecht. Hält sich in Fischen auf, und ist selbst, nachdem diese gesotten wa - ren, noch lebendig in ihnen gefunden worden.

6. taenia, Bandwurm. (Lumbricus la - tus auctor.) Corpus gelatinosum, planiuscu - lum, os quadrilobum.

412

Es sind schon in mehrern Werken unsre Grün - de ausführlich angegeben worden, warum wir die vermeinten Gelenke, des sehr uneigentlich so genannten Bandwurms, nicht für Glieder ei - nes einzigen Wurms, sondern für eben so viel besondere Thiere, die sich nur an einander ge - saugt und angereihet haben, halten müssen. Wir haben Specimina vor uns, wo sich verschiedene Gattungen dieses Geschlechts in eine gemeinschaft - liche Reihe angekettet haben, andere wo mehrere Reihen derselben Gattung sich auf sonderbare Weise unter einander angehängt haben u. s. w. Auch haben wir die Bandwürmer oft genug bey Hunden und andern Thieren, die wir lebendig zergliedert haben, selbst noch lebend gefunden, und Stundenlang in lauwarmer Milch erhalten, und alle unsre dabey angestellten Versuche haben unsre Meynung immer mehr bestätigt. Es ge - hören auch diese Thiere bey weitem nicht unter die Zoophyten, da sie nichts von dieser ihrer Re - productionskraft besitzen, sondern einzelne Wür - mer, wenn sie in der Mitte durchschnitten wer - den, binnen wenig Minuten absterben. Die Gattungen sind äuserst zahlreich, aber die wenig - sten noch genug bestimmt. Wir haben noch un - beschriebene Bandwürmer aus Pferden, Katzen, Füchsen, Murmelthieren, Kreuzschnäbeln u. s. w.

1. Solium, der B. W. mit langen Gelen - ken, Kürbskernwurm. (T. cucurbitina, Ascaris auctor.) T. osculo alterius mar - ginis. *

So wie die beiden folgenden Arten, in den dün - nen Därmen bey Menschen u. a. Thieren. Theils in unsäglicher Menge. Man hat gegen 400 El - len Bandwürmer in kurzer Zeit, und gegen 800413 Ellen binnen fünf Jahren von Menschen abgehen gesehen.

2. Vulgaris, der B. W. mit kurzen Ge - lenken. T. osculis lateralibus utrinque. *

Ist leichter abzutreiben, als die vorige Gat - tung.

3. Lata, der B. W. mit breiten Gelen - ken. T. osculo alterius tantum lateris. *

Die gemeinste Art: die zumal in einigen Ge - genden der Schweiz, in Holland, Rußland ꝛc. sehr häufig ist.

7. sipunculus. Corpus teres elongatum. Os anticum, attenuatum, cylindricum. Apertura lateralis corporis verruciformis.

1. Saccatus. S. corpore tunica laxa induto. *

8. myxine. Corpus teres, subtus carinatum pinna adiposa. Maxillae binae pinnatae. Dentes in faucibus.

1. Glutinosa. M. tentaculis 9.

9. hirudo, Blutegel. Corpus oblongum, promovens se ore caudaque in orbiculum di - latandis.

1. Medicinalis. H. depressa nigricans, supra lineis flavis 6: intermediis nigro-arcuatis, subtus cinerea nigro maculata. *

Die brauchbarste Gattung zum Blutsaugen.

2. Sanguisuga. H. depressa fusca: margine laterali flavo. *

Noch blutgieriger als die vorigen. Man sagt, ihrer 9 sollen ein Pferd zu tode saugen können.

414

10. limax, Schnecke. Corpus oblongum, repens: supra clypeo carnoso: subtus disco longitudinali plano: foramen laterale dex - trum pro genitalibus et excrementis. Tenta - cula 4 supra os.

Sämtlich den Gartengewächsen und Wiesen: theils auch den Bienen schädlich.

1. Ater. L. ater. *

2. Rufus. L. subrufus. *

3. Maximus. L. cinereus maculatus. *

4. Agrestis. L. cinereus immaculatus. *

11. laplysia. Corpus repens. Clypeo dor - sali membranaceo. Foramen laterale dex - trum pro genitalibus. Anus supra extremita - tem dorsi.

1. Depilans, die Giftkuttel. L. tentacu - lis 4.

2. Leporina, der Seehaafe. L. labro ciliato.

12. aphrodita, Seeraupe. Corpus re - pens, ovale: fasciculi pediformes utrinque plurimi. Os retractile. Tentacula 2 setacea.

1. Aculeata, der Goldwurm. A. ovalis hir - suta aculeata, pedibus utrinque 32. *

Ein über alle Beschreibung prächtiges Geschöpf: die Stacheln und Haare, womit es zumal an beiden Seiten besetzt ist, changiren, zumal im Sonnenschein, in alle mögliche Goldfarben: theils auch wie blaue Schwefelflammen u. s. w.

415

13. nereis. Corpus repens oblongum linea - re. Tentaculis lateralibus penicillatis, plu - mosis supra os.

1. Noctiluca. N. segmentis 23, corpore vix conspicuo.

In Seewasser, dessen nächtliches Leuchten es verursacht.

2. Tubiformis. N. pedibus utrinque 26. Ore ciliato pectine aureo.

Diese und verschiedne andre Nereiden-Arten, verfertigen sich, fast wie die Phryganäenlarven, unbeschreiblich kunstreiche Rören zu ihrem Auf - enthalt. Bey dieser Gattung ist die Hülse nur so dünn wie Papier, und aus vielen tausend Sand - körnchen zusammen gebauet.

14. nais, Wasserschlängelgen. (Mille - pied d'eau) Corpus lineare pellucidum, de - pressum, setis pedatum.

Diese Würmer sind in neuern Zeiten durch die sonderbare Weise ihrer Fortpflanzung, die der Fleis berühmter Männer, besonders des Hrn. Staatsraths Müller an ihnen wahrgenommen hat, berümt worden. Das lezte Gelenk des geglieder - ten Wurms dehnt sich nemlich allmälig aus, und erwächst zu einen ganzen Thiere, das sich nach einiger Zeit vom übrigen Körper der alten Naide absondert, oder auch selbst noch vorher wieder an - dre Junge auf gleiche Weise durch die Ausdeh - nung seines lezten Gelenkes hinten austreibt: so daß man ganze Reihen von sechs dergleichen nach und nach entstandnen Thieren gesehen hat, die doch alle noch wie die Bandwürmer an einander gekettet waren. Doch ist dieß nicht die einzige416 Weise ihrer Vermehrung, indem wenigstens man - che Gattungen, wie z. B. ganz gewiß die nach - stehende, auch auserdem durch Eyerstöcke, die durch eine wahre Paarung befruchtet werden, sich fort - pflanzen können.

1. Proboscidea, die gezüngelte Naide. N. setis lateralibus solitariis, proboscide longa. *

15. ascidia. Corpus fixum teretiusculum, vaginans. Aperturae binae ad summitatem: altera humiliore.

Sie sitzen an Uferfelsen, und vermögen das Wasser in langen Stralen von sich zu sprützen.

1. Intestinalis. A. laevis alba membranacea. *

16. actinia, Seeanemone, Meernessel. (Urtica marina, cul d'ane) Corpus se affi - gens basi, oblongum, teres, apices margi - ne dilatabili intus tentaculato, os terminale centrale ambiente.

Die Seeanemonen haben neuerlich besonders durch die Versuche Aufmerksamkeit erregt, die der Hr. Abt Dicquemare über ihre Reproductions - kraft angestellt hat, die der Arm-Polypen ihrer wenig nachgiebt, und bey dem zusammengesetzten Körperbau allerdings noch auffallender ist. Sie können, ihrem Leben ohnbeschadet, einfrieren, ge - raume Zeit in heißem Wasser und in luftleerem Raume ausdauern, Jahre lang ohne Nahrung bleiben u. s. w. Die abgeschnittenen Fühlfaden bewegen sich noch Tage lang; und werden bald am Körper wieder reproducirt. Ja selbst in der Mitte getheilte Seeanemonen sind wieder zu gan - zen Thieren erwachsen.

417

1. Senilis. A. subcylindrica transverse rugosa. *

Wir haben diese Gattung von Dieppe erhalten und zergliedert. Der Schlund ist überaus son - derbar der Länge nach gefalten; und die Bauch - höle mit einer flockigen Haut, wie in den dün - nen Därmen vieler warmen Thiere, ausgekleidet.

17. lernaea. Corpus se affigens tentaculis, oblongum teretiusculum. Ovaria bina. Ten - tacula brachiformia.

Ein schädliches Ungeziefer für Fische, in de - ren Kiefern es vorzüglich nistet.

1. Cyprinacea. L. corpore obclavato, thorace cylindrico bifurco, tentaculis apice lunatis.

18. sepia, Dintenfisch, Blackfisch. Bra - chia 8 interius adspersa cotyledonibus. Os inter brachia terminale, corneum. Corpus carnosum vagina excipiens pectus. Tubus ad basin pectoris.

Auser der sonderbaren Bildung werden die meh - resten Gattungen noch durch den schwarzen Saft merkwürdig, den sie in einem besondern Behälter im Leibe führen, und im Nothfall von sich lassen, und das Wasser zunächst um sich verdunkeln können.

1. Officinalis. S. corpore ecaudato marginato tentaculis duobus. *

2. Loligo, der Calmar. S. corpore subcylin - drico subulato, cauda ancipiti rhombea. *

Die sogenannten Seetrauben (Uvae mari - nae) sind die Eyerstöcke dieses Thieres.

19. medvsa. Corpus gelatinosum, orbicu - latum, depressum. Os subtus, centrale.

418

Wir haben noch nicht Gelegenheit gehabt, Me - dusen genau zu untersuchen, und sind daher noch zweifelhaft, ob sie nicht vielleicht in die dritte Ordnung gehören.

1. Aurita. M. orbicularis subtus 4 cavitatibus.

2. Velella. M. ovalis concentrice striata, mar - gine ciliato, supra velo membranaceo.

II. TESTACEA. Die Conchylien.

Ueber die Thiere, so in den Conchylien wohnen, läst sich bis jetzt noch wenig bestimm - tes sagen. In einigen Geschlechtern äneln sie verschiednen Würmern der vorigen Ordnung, wie man z. B. aus der Vergleichung der nack - ten Schnecken mit der Gartenschnecke mit dem Haus ꝛc. ersieht. In einigen andern Geschlech - tern, wie in den Anomien, Chiton ꝛc. haben die Thiere eine ganz eigne Bildung, die sich nicht wol mit andrer nackten Würmer ihrer ver - gleichen läßt. Bey sehr vielen aber ist die wah - re Beschaffenheit des würklichen Thiers noch gänzlich unbekannt, da die Liebhaberey aus der Kenntnis der leeren Schaalen ein eignes, frey - lich nicht sehr fruchtbares Studium gemacht hat, worüber die Untersuchung ihrer Bewoh - ner doch wol zu sehr vernachlässigt worden ist. 419Und selbst über die Physiologie der Gehäuse, über ihre Entstehung, Ausbildung, Farben u. s. w. ist doch bey aller der weitschichtigen Regi - stratur der Schneckenhäuser nur noch ein schwa - ches Licht verbreitet. Es ist uns indeß glaub - lich, daß die Conchylienschaalen auf eine ähn - liche Weise, wie die Knochen bey jungen Säu - gethieren und Vögeln gebildet werden, daß nem - lich eine gallertige und nachher knorpliche Sub - stanz die Grundlage des künftigen Gehäuses ausmachen, in die nur nach und nach Kalkerde abgesetzt, und Festigkeit bewirkt werde. Das knorpliche Ansehn der ungebohrnen Conchylien, dergleichen wir vor uns haben, die Aenlichkeit der ehedem gebrochnen und nach der Hand wie - der geheilten Schneckenschaalen mit dem Callus bey Beinbrüchen, und die Untersuchungen des Hrn. Herissant begünstigen diese Meynung. Fast alle Conchylien werden aus Eyern geboh - ren, und auser dem Papier Nautilus sind die Thiere der übrigen lebenslang in ihrer Schaale fest angewachsen: nur sollen die Cypräen all - jährlich ihr Gehäuse mit einem neuen vertau - schen. Man vertheilt die weitläuftige Ordnung am füglichsten nach der Anzal und Bildung der Schaalen in folgende vier Familien: A) Viel - schaalige Conchylien. B) Zweyschaalige oder Mu - scheln, C) einschaalige mit bestimmten Windun - gen, nemlich die Schnecken, und D) einschaa - lige ohne dergleichen Windungen.

420

A) Vielschaalige Conchylien. MVLTIVALVES.

20. chiton. Testae plures, longitudinali - ter digestae, dorso incumbentes.

1. Tuberculatus, Oscabrion. C. testa septem - valvi, corpore tuberculato. *

21. lepas. Animal rostro involuto spirali, tentaculis cristatis. Testa multivalvis, inae - quivalvis.

1. Balanus, die Meertulpe, See-Eichel. L. testa conica sulcata fixa, operculis acu - minatis. *

Unbeweglich an Ufern, am Kiel der Schiffe, oder auch als Parasite auf andern Thieren, Muscheln, Krebsen ꝛc.

2. Anatifera, die Entenmuschel. (Pentilas - mus) L. testa compressa quinquevalvi laevi, intestino insidente. *

Sie ist vorzüglich durch die fabelhaften Sa - gen berüchtigt worden, deren wir schon bey Gelegenheit der Baumgans Erwähnung gethan haben.

22. pholas, Bohrmuschel. Testa bival - vis, divaricata, cum minoribus accessoriis difformibus, ad cardinem. Cardo recurva - tus, connexus cartilagine.

Sie bohren sich in die Uferfelsen, selbst in den härtesten Marmor*)p. ant. paoli antichita di Pozzuoli, fol. regel. tab. XIV., auch in starke Corallen - stämme und Austerschaalen.

421

1. Dactylus, die Dattelmuschel. P. testa ob - longa hinc reticulato striata. *

Das Thier selbst phosphorescirt überaus hell im Duncklen.

B) Zweyschaalige Conchylien. Muscheln. CONCHAE.

Die Hauptverschiedenheit der Geschlechter be - ruht auf der Gleichheit oder Ungleichheit der bei - den Schaalen und ihrer Ränder. Verschiedne Muscheln werden auch durch die Perlen merk - würdig, die sich zum Theil im Thier selbst, theils aber auch innwendig an der Schaale finden, und deren Entstehungsart noch nicht zuverlässig ent - schieden ist.

23. mya. Testa bivalvis, hians altera extre - mitate. Cardo dente (plerisque) solido, crasso, patulo, vacuo, nec inserto testae op - positae.

1. Pictorum, die Flußmuschel, Mahler - muschel. M. testa ovata, cardinis dente pri - mario crenulato: laterali longitudinali: al - terius duplicato. *

2. Margaritifera, die Perlenmuschel. M. testa ovata antice coarctata, cardinis dente primario conico, natibus decorticatis. *

24. solen, Messerscheide. Testa bivalvis, oblonga, utroque latere hians. Cardo dens subulatus, reflexus, saepe duplex, non in - sertus testae oppositae: margo lateralis ob - soletior.

422

1. Siliqua. S. testa lineari recta, cardine al - tero bidentato. *

25. tellina, Sonne. Testa bivalvis, an - tice hinc ad alterum latus flexa. Cardo den - tibus ternis; lateralibus planis alterius testae.

1. Angulata. T. testa subovata striis transver - sis recurvatis, antice angulata, dentibus la - teralibus nullis. *

2. Cornea. T. globosa, transversim striata, costa fusca transversali.

In kleinen Flüssen, Waldbächen ꝛc. etwa von der Grösse einer Linse. Wir haben in der Leine bey Göttingen mancherley artige Varietäten da - von, himmelblau mit weiß ꝛc. gefunden.

26. cardivm. Testa bivalvis, subaequila - tera, aequivalvis. Cardo dentibus mediis bi - nis alternatis; lateralibus remotis insertis.

1. Echinatum. C. testa subcordata, sulcis exa - ratis linea ciliata aculeis inflexis plurimis. *

27. mactra. Testa bivalvis, inaequilatera, aequivalvis. Cardo dente medio complicato cum adjecta foveola; lateralibus remotis in - serti.

1. Solida. M. testa opaca laeviuscula subanti - quata. *

28. donax. Testa bivalvis, margine antico obtusissimo. Cardo dentibus duobus: mar - ginalique solitario, subremoto sub ano.

423

1. Scripta. D. testa ovata compressa laevi, scripta lineis purpureis undatis, rima acuta, marginibus crenulatis. *

29. venvs. Testa bivalvis, labiis margine antico incumbentibus. Cardo dentibus 3 omnibus approximatis, lateralibus apice di - vergentibus.

1. Dione, die Venusmuschel. V. testa subcor - data, transverse sulcata, antrorsum spinosa. *

30. spondylvs. Testa inaequivalvis, ri - gida. Cardo dentibus 2 recurvis, cum fora - minulo intermedio.

1. Gaederopus, die Lazarusklappe. S. testa subaurita spinosa. *

Die eine Schaale läuft hinten beym Charnier weit über die andere hinaus, und ist wie abge - sägt. Eben so merkwürdig ist auch die Einlen - kung des Charnir selbst, deren Zähne so sonderbar in einander gefügt sind, daß sich die Muschel zwar öffnen, aber die Schaalen nicht ohne Zer - brechen des Schlosses von einander ablösen lassen.

31. chama. Testa bivalvis, grossior. Cardo callo gibbo, oblique inserto fossulae obli - quae.

1. Cor, das Ochsenherz. C. testa subrotunda laevi, processibus retrorsum recurvatis, ri - ma hiante. *

2. Gigas, die Hohlziegel, Nagelschulpe. C. testa plicata, fornicata, squamosa. *

Die gröste bekannte Conchylie, deren Schaalen wol gegen sechs Centner wiegen.

424

32. arca. Testa bivalvis, aequivalvis. Car - do dentibus numerosis, acutis, alternis, in - sertis.

1. Noae, die Arche. A. testa oblonga striata, apice emarginata, processibus incurvis re - motissimis, margine integerrimo hiante. *

Wir haben sie annoch mit dem Thiere, das aber keinem der uns bekannten Würmer gleicht.

33. ostrea. Testa bivalvis, inaequivalvis, subaurita. Cardo edentulus fossula cava ova - ta, striisque lateralibus transversis.

1. Pleuronectes, die Compasmuschel. O. te - sta aequivalvi radiis 12 duplicatis, extus laevi. *

2. Pallium, der Königsmantel. O. testa ae - quivalvi radiis 12 convexis, striata scabra squamis imbricata. *

3. Malleus, der Polnische Hammer, das Crucifix. O. testa aequivalvi triloba, lobis transversis. *

Eine sehr theure Muschel, wovon wir ein äu - serst sonderbares Spannenlanges Exemplar mit grossen wellenförmig geschuppten Fortsätzen, aus dem academischen Museum vor uns haben.

4. Folium, das Lorbeerblatt. O. testa inae - quivalvi ovata, lateribus obtuse plicata, pa - rasitica. *

5. Edulis, die gemeine Auster. O. testa inae - quivalvi semiorbiculata, membranis imbrica - tis undulatis, valvula altera plana integer - rima. *

425

Das wegen seines leckern Geschmacks allge - mein bekannte Thier, das deshalb zumal an den Küsten der nördlichen Erde auf Austerbänken ge - hegt, und beträchtlicher Handel damit getrieben wird.

34. anomia. Testa inaequivalvis; valvula altera planiuscula (saepe basi perforata), al - tera basi magis gibba. Cardo edentulus cica - tricula lineari prominente, introrsum dente laterali. Radii 2 ossei pro basi animalis.

1. Terebratula. A. testa obovata laevi conve - xa: valvula altera triplicata, altera bipli - cata. *

35. mytilvs. Miesmuschel. Testa bi - valvis rudis, saepius affixa bysso. Cardo edentulus, distinctus linea subulata excavata longitudinali.

1. Crista galli, der Hanenkamm. M. testa pli - cata spinosa, labro utroque scabro. *

2. Margaritiferus. M. testa compresso-plana suborbiculata, basi transversa imbricata tu - nicis dentatis. *

Theils wegen der ausnehmend schönen Perlen, die sich in diesem Thiere finden*)iac. tollii epist. itinerar. p.214., und theils der Schaale wegen merkwürdig, die das Perlen - mutter giebt. Vorzüglich im Persischen Meer - busen.

3. Edulis. M. testa laeviuscula violacea, val - vulis antice subcarinatis, postice retusis. *

Eine zweydeutige Speise, deren Genuß zuwei - len tödlich gewesen ist.

426

4. Bidens. M. testa striata subcurvata, margi - ne posteriore inflexo, cardine terminali bi - dentato. *

Nicht im mitländischen Meer allein, sondern auch an der Küste von Carolina und um Japan, woher wir eine überaus artige dunkelviolette, fast durchsichtige Spielart erhalten haben.

36. pinna, Steckmuschel. Testa subbi - valvis, fragilis, erecta, emittens barbam byssinam. Cardo edentulus, coalitis in unam valvulis.

Diese Muscheln sind wegen ihres Barts be - rühmt, womit sie sich befestigen können, und der eine kostbare braune Seide giebt, die von den Frauenzimmern in Smirna, Messina, Paler - mo ꝛc. zu Strümpfen, Handschuhen u. s. w. verarbeitet wird.

1. Rudis. P. testa sulcata: squamis fornicatis, per series digestis. *

C) Einschaalige Conchylien mit bestimmten Windungen. Schnecken. COCHLEAE.

Die Richtung der Schneckenwindungen ist fast durchgehends gleichförmig: so nemlich, daß sie, wenn man die Mündung nach oben, und die Spitze unterwärts gerichtet hält, der scheinbaren Bewegung der Sonne gleich laufen: einige we - nige Gattungen haben von Natur eine gegensei - tige Windung: und dann finden sich auch, ob - schon äuserst selten, unter andern Schnecken zu - weilen monstreuse Exemplare, die völlig linksge - wunden sind (anfractibus sinistris s. contrariis); wir haben sie schon oben (§. 14.) zum Beweis427 der ursprünglichen Misgeburten angeführt, und auf der IIten Kupfert. Fig. 10. ist ein sol - cher linksgewundener Murex despectus, vom Ufer von Harwich, den wir der Güte des Herrn I. A. de Lüc zu verdanken haben, neben dem rechtsge - wundnen (Fig. 9) abgezeichnet. Die Thiere selbst äneln großentheils den nackten Gartenschne - cken (Limax). Einige vermögen ihr Gehäuse mit - telst eines besondern Deckels (operculum) zuzu - schliessen, und andre können sich wenigstens bey Annährung des Winters, durch eine Kaltscheibe, die sie vor die Mündung ihres Hauses ziehen, das Ueberwintern erleichtern.

37. argonavta. Animal sepia. Testa univalvis spiralis, involuta, membranacea, unilocularis.

1. Argo, der Papiernautilus. A. carina sub - dentata. *

Eine milchweiße überaus dünne leichte, aber große Schaale, die von einem Blackfischähnli - chen Thier bewohnt wird, das doch nicht wie andre Thiere dieser Ordnung an das Gehäuse angewachsen ist, und mittelst eines ausgespann - ten häutigen Segels sehr geschickt auf der Ober - fläche des Meers zu schwimmen, aber auch un - terzutauchen ꝛc. versteht.

38. navtilvs. Testa univalvis, isthmis perforatis concamerata, polythalamia.

Die Gehäuse sind in Kammern abgetheilt, in deren vorderer das Thier wohnt, und durch Was - ser, das es in die übrigen ein - oder auspumpt, sich nach Willkühr leichter oder schwerer machen kann.

428

1. Pompilius, das Schiffboot. N. testa spira - li, apertura cordata, anfractibus contiguis obtusis laevibus. *

Die Schaale ward ehedem zu Trinkgeschirren zugerichtet, gravirt, ausgeschnitzt u. s. w.

3. Calcar. N. testa spirali, apertura lineari, anfractibus contiguis, geniculis elevatis. *

Eins von den sehr kleinen Schneckgen im Sand von Rimini, die zwar den versteinten Ammoni - ten in Rücksicht ihres Baues in etwas äneln, aber doch die Meynung vom Untergang vieler organisirter Körper einer Vorwelt (§. 39.) nicht zu entkräften vermögen.

39. convs. Testa univalvis, convoluta, tur - binata. Apertura effusa longitudinalis, linea - ris edentula, basi integra; columella laevis.

1. Ammiralis. C. testa basi punctato-scabra. *

Auf einige Spielarten dieses und des folgenden Admirals, zumal wenn sie recht complet (topf - schön) sind, hat eine sonderbare Art von Luxus ungeheure Preise gesetzt.

2. Aurisiacus, der Orange-Admiral. C. testa incarnata laevi fasciis albidis, anfractuum summis canaliculatis. *

40. cypraea, Porcellane. Testa unival - vis, involuta, subovata, obtusa, laevis. Apertura utrinque effusa, linearis, utrinque dentata, longitudinalis.

1. Moneta, die Muschelmünze, das Ottern - köpfgen, Rauri, Simbipuri. C. testa mar - ginato-nodosa albida. *

429

Zumal auf den Maldivischen Inseln. Ist bekanntlich nebst den bittern Mandeln die einzige Scheidemünze einiger schwarzen Völker.

41. bvlla, Blasenschnecke. Testa unival - vis, convoluta, inermis. Apertura subcoar - ctata, oblonga, longitudinalis, basi integer - rima. Columella obliqua, laevis.

1. Ovum. B. testa ovata obtuse subbirostri, labro dentato. *

42. volvta. Testa unilocularis, spiralis. Apertura ecaudata, subeffusa. Columella pli - cata: labio umbilicove nullo.

1. Oliva. V. testa emarginata cylindroide lae - vi, spirae basi reflexae, columella oblique striata. *

In Ostindien: doch auch bey Neuorleans und sonst in Nordamerika: variirt unendlich in der Zeichnung.

2. Musica, die Notenschnecke. V. testa mar - ginata fusiformi, anfractibus spinis obtusis, columella octoplicata, labro laevi crassius - culo. *

43. bvccinvm, Sturmhaube. Testa univalvis, spiralis, gibbosa. Apertura ovata, desinens in canaliculum dextrum, cauda re - tusum. Labium interius explanatum.

1. Pullus. B. testa gibba oblique striata, labio interiore explanato gibbo. *

2. Harpa, die Davidsharfe. B. testa varici - bus aequalibus longitudinalibus distinctis mucronatis, columella laevigata. *

430

44. strombvs. Testa univalvis, spiralis, latere ampliata. Apertura labro saepius dila - tato, desinens in canalem sinistrum.

1. Lentiginosus. S. testae labro antice trilobo incrassato, dorso verrucoso coronato, cauda obtusa. *

Der Deckel dieser Schnecke, die sogenannte Blatta byzantina, war ehedem officinell.

45. mvrex. Testa univalvis, spiralis, exa - sperata suturis membranaceis, Apertura desi - nens in canalem integrum, rectum s. sub - ascendentem.

1. Tribulus, der Spinnenkopf. M. testa ova - ta spinis setaceis trifariis, cauda elongata subulata recta similiter spinosa. *

Theils mit wunderbaren langen dünnen Sta - cheln.

2. Despectus. M. testa patulo-subcaudata ob - longa, anfractibus octolineis, duabus ele - vatis. *

Tab. II. fig. 9. 10.

3. Vertagus. M. testa turrita, anfractibus su - perne plicatis, cauda adscendente, columel - la intus plicata. *

46. trochvs, Kräuselschnecke. Testa univalvis, spiralis, subconica. Apertura sub - tetragono-angulata s. rotundata, superius transversa, coarctata: columella obliquata.

1. Perspectivus, die Perspectivschnecke, das Wirbelhorn. T. testa convexa obtusa mar - ginata, umbilico pervio crenulato. *

431

Eine Schnecke mit überaus merkwürdigen Win - dungen, die in der Mitte einen trichterförmigen Raum zwischen sich lassen ꝛc.

47. tvrbo. Testa univalvis, spiralis, so - lida. Apertura coarctata, orbiculata, in - tegra.

1. Cochlus. T. testa imperforata ovata striata: stria unica dorsali crassiore. *

Der Deckel davon ist der ehedem officinelle Um - bilicus veneris.

2. Scalaris, die ächte Windeltreppe. T. testa cancellata conica anfractibus distantibus. *

Auch eine sehr kostbare Conchylie, die sich doch fast blos durch die von einander abstehenden Windungen von der folgenden sehr gemeinen Schnecke unterscheidet.

3. Clathrus, die unächte Windeltreppe. T. testa cancellata turrita exumbilicata, anfra - ctibus contiguis laevibus. *

4. Perversus, das Linkshörngen. T. testa turrita pellucida: anfractibus contrariis, aper - tura edentula. *

5. Nautileus. T. testa planiuscula anfracti - bus annulatis dorso cristatis. *

Von der Größe einer Linse, an allerhand Was - serpflanzen.

48. helix. Testa univalvis, spiralis subdia - phana, fragilis. Apertura coarctata, intus lunata s. subrotunda: segmento circulari demto.

432

1. Lapicida. H. testa carinata umbilicata utrinque convexa, apertura marginata trans - versali ovata. *

Nährt sich von Moos, Schimmel und Baum - rinden. Aber wol schwerlich oder nur im Noth - fall von Kalk. Eine artige ganz weisse Spielart haben wir an den Felsen im Bremeker Thale ge - funden.

2. Pomatia. H. testa umbilicata subovata, obtusa decolore, apertura subrotundo-lu - nata. *

Man hat neuerlich an dieser und einigen ver - wandten sehr gemeinen Gattungen dieses Ge - schlechte merkwürdige Versuche über die Reprodu - ction angestellt. Daß einer Schnecke der gänz - lich abgeschnittene Kopf wieder gewachsen wäre, hat uns nie glücken wollen.

49. nerita. Testa univalvis spiralis, gib - ba, subtus planiuscula. Apertura semiorbi - cularis: labio columellae transverso, trun - cato planiusculo.

1. Fluviatilis. N. testa purpurascente, ma - culis albis tessulata. *

Ein überaus sauber gezeichnetes Schneckgen, von zahlreichen Varietäten.

50. haliotis. Meerohr. Testa aurifor - mis, patens: spira occultata laterali; disco longitudinaliter poris pertuso.

1. Tuberculata. H. testa subovata dorso trans - versim rugoso tuberculato. *

433

D) Einschaalige Conchylien ohne bestimmte äusere Windungen.

51. patella, Napfschnecke. Testa uni - valvis subconica absque spira externa.

1. Neritoidea. P. testa integra ovata apice sub - spirali, labio laterali. *

2. Lacustris. P. testa integerrima ovali, ver - tice mucronato reflexo. *

52. dentalivm, Meerzahn. Testa uni - valvis, tubulosa, recta, utraque extremitate pervia.

1. Entalis. D. testa tereti subarcuata continua laevi. *

53. serpvla, Wurmröhre. Testa uni - valvis, tubulosa, adhaerens.

1. Glomerata. S. testa tereti decussato-rugosa glomerata. *

Das kleine Thier, das wir zu untersuchen Ge - legenheit gehabt und aufbewahret haben, hat ei - ne überaus artige Bildung, mit sieben langen in Bogen gekrümmten und convergirenden Ar - men, die an der Wurzel mit 60 kurzen geraden Fäden besetzt sind.

2. Penicillus, der Venusschacht, Neptunus - schacht, die Gieskanne. S. testa tereti recta, extremitatis disco poris pertuso, margine reflexo, tubuloso. *

Eine sonderbare Art von Wurmröhren, deren Mündung eine ungemein merkwürdige aber schwer zu beschreibende Einrichtung hat.

434

54. teredo. Testa teres, flexuosa, lignum penetrans.

1. Navalis, der Schiffwurm, Pfahlwurm, Bohrwurm. T. maxillis calcariis lunatis. *

Ein sehr schädliches Thier. Es durchbort die Dämme und Schiffe, und hat schon einigemal wie 1730 für Holland gros Unglück gedroht.

III. CARTILAGINEA.

Wir haben die nachstehenden Thiere unter eine besondre Ordnung zu bringen, uns berech - tigt geglaubt, da sie zu sehr von andern Wür - mern abweichen, und im ganzen hingegen, be - sonders in ihrer knorplichen Textur viel über - einstimmendes unter einander zeigen.

55. echinvs, See-Igel. Corpus subro - tundum, crusta spatacea tectum, spinis mo - bilibus saepius aculeatum. Os quinquevalve subtus.

Die Schaale der See-Igel bricht meist in schräge Würfel, wie der Doppelspat. Meist ist sie mit beweglichen Stacheln besetzt, die aber nicht mit den Füßen oder Bewegungswerkzeugen des Thiers vermengt werden müssen. Diese sind um ein Drittel länger als die Stacheln, aber nur so lange sichtbar, als das Thier unter Was - ser ist; es zieht sie ein, wenn es aus seinem Ele - mente genommen wird. Ein See-Igel, der et -435 wa 2000 Stacheln hat, hat ohngefähr 1400 sol - cher Füße.

1. Esculentus. E. hemisphaerico-globosus; areis obsolete verrucosis. *

56. asterias, See-Stern. Corpus de - pressum, crusta subcoriacea, tentaculis mu - ricata. Os centrale, quinquevalve.

Die Bewegungswerkzeuge der Seesterne sind der See-Igel ihren ähnlich. Doch können sie nicht so schnell wie diese, sondern nur langsam wie die Schnecken fortkommen.

1. Rubens. A. stellata, radiis lanceolatis gib - bis, undique aculeata. *

2. Caput Medusae. A. radiata, radiis dicho - tomis. *

Ein äuserst sonderbares und ansehnlich gebilde - tes Thier, an dem der blinde Rumph auf 82000 Gelenke gezält hat.

57. encrinvs. Stirps elongata, corpore terminali-radiato (aut ovali).

1. Asteria, die See-Palme. E. stirpe spata - cea articulata pentagona, ramis verticillatis; stella terminali sexfida ad basin, tum dicho - toma.

gvettard in Mem. de l'ac. des Sc. 1755.

Das bis jetzt noch sehr kostbare Thier findet sich an der Küste von Barbados: doch auch an Brasi - lien, woher wir selbst Bruchstücke erhalten haben. Sie sind auch frisch spatig wie die See-Igelschaa - len. Der Haupttheil des Thiers hat überaus436 viel Gleichheit mit dem letzten Thier des vorigen Geschlechts, dem Medusenhaupt.

2. Mylii. E. stirpe cartilaginea continua, stel - la terminali octoradiata.

Chr. Mylius Schreiben an den Hrn. v. Hal - ler. Lond. 1755. 4.

3. Boltenii. E. stirpe cartilaginea continua, corpore terminali ovali.

io. f. boltenii ep. ad C. a Linné. Hamb. 1771. gr. 4.

IV. CORALLIA.

Die gegenwärtige Ordnung verhält sich zu der folgenden lezten, beynah wie die Conchy - lien zu den Molluscis. Die Thiere selbst haben in beiden viel übereinstimmendes. Nur sind sie in der lezten nackt unbedeckt; da sie hingegen in dieser besondre Gehäuse bewohnen, die bey den mehresten Arten von steinartiger Substanz sind, und Corallen heissen. Wir haben wenig Gelegenheit gehabt, eigne Untersuchungen über die Thiere dieser Ordnung, und besonders über die Entstehungsart ihrer Gehäuse anzustellen. Nach dem aber zu schließen, was wir in trock - nen Corallen gesehen haben, verglichen mit un - sern Versuchen über die Bildung der Knochen im bebrüteten Hünchen, und über die Feder - buschpolypen, so dünkt es uns wahrscheinlich,437 daß auch hier von dem kleinen Thiere der erste Grund zu seinem künftigen Gehäuse mit einer Gallerte gelegt werde, in die es denn allmälich Kalkerde absetzt und ihm dadurch seine Festig - keit verschafft. Wie durch fernern Anbau nach und nach ungeheure Corallenstämme entstehen können, ist ohnehin ohnschwer zu begreifen. Von der wunderbaren Reproductionskraft, die diese Thiere mit denen in der folgenden Ordnung gemein haben, sprechen wir unten bey den Arm - Polypen.

58. tvbipora. Corallium tubis cylindri - cis, cavis erectis, parallelis.

1. Musica, das Orgelwerk. T. tubis fascicu - latis combinatis: dissepimentis transversis distantibus. *

59. madrepora. Corallium cavitatibus la - melloso-stellatis.

1. Fungites. M. simplex acaulis orbiculata, stella convexa: lamellis simplicibus longitu - dinalibus, subtus concava. *

2. Oculata, das weiße Corall. M. caulescens tubulosa glabra flexuosa oblique substriata, ramis alternis, stellis immersis bifariis. *

60. millepora. Corallium poris turbinatis teretibus.

1. Cellulosa, Neptunus Manschette. M. mem - branacea reticulata umbilicata, turbinato - undulata, hinc porosa pubescens. *

438

61. isis. Stirps radicata solida, cortice mol - li habitabili obducta.

1. Hippuris, das Königs-Corall. I. stirpe articulata, geniculis attenuatis. *

2. Nobilis, das rothe Corall. I. stirpe con - tinua, aequali, striis obsoletis obliquis, ra - mis vagis. *

Ward ehedem häufiger als jetzt zu Kunstarbei - ten verarbeitet, auch für heilsam gehalten ꝛc.

3. Antivathes, das schwarze Corall. I. stirpe paniculato-ramosa, extus flexuose striata. *

Wir haben von diesem Corall blos den schwar - zen Strunk gesehen, den wir nicht leicht anima - lischen Ursprungs gehalten hätten.

62. gorgonia. Crusta calcarea corallina stirpem vegetabilem obducens.

Die Stämme selbst sind nach unsrer Ueberzeu - gung wahre Pflanzen, nemlich See-Tangar - ten (fuci); die blos mit Corallencruste überzo - gen sind. Man findet den sogenannten Venus - fliegenwedel (Ceratophyton flabelliforme) gar häufig, ohne den thierischen Ueberzug, und da zeigt er schlechterdings nichts animalisches. Viel - leicht waren die Corallen, die den See Tang um - kleiden, eher mit den Milleporen zu verbinden.

1. Anceps. G. crusta rubra fucum ancipitem obducente. *

63. alcyonivm. Stirps radicata, stuposa, tunicato-corticata. Animal hydra.

1. Epipetrum. A. stirpe cavata carnosa rufe - scente. *

439

2. Gelatinosum. A. polymorphum gelatino - sum. *

64. spongia, Schwamm. Stirps radi - cata, flexilis, spongiosa, bibula.

Es geschieht mit einiger Schüchternheit, daß wir den Schwämmen diesen Platz anweisen (§. 6.). Wir haben mit der Gattung, die sich in den Ge - wässern um Göttingen findet, mehrere Sommer hindurch experimentirt, ohne auch nur eine be - stimmte Vermuthung über ihre Natur wagen zu dürfen.

1. Fistularis. S. tubulosa fusca simplex fragilis sensim ampliata. *

Wächst in Ellenlangen Röhren von der Dicke eines Kinder-Arms.

2. Officinalis, der Badeschwamm. S. fora - minulata subramosa difformis tenax tomen - tosa. *

3. Lacustris, die Badaja. S. viridis, po - lymorpha, fragilis, granulis repleta. *

Diese hieländische Spongia verbreitet einen sehr starken specifiken Geruch; und ist sehr oft mit Stämmen von Federbusch-Polypen durchwürkt: ob das aber nur zufällig geschieht, oder ob beide einige Beziehung auf einander haben, können wir noch nicht entscheiden. Wenn sie jung ist, liegt sie meist nur flach am Ufer, an Dämmen ꝛc. an, Mit der Zeit treibt sie Aeste wie Finger oder Geweihe, und das hat wol manche Naturforscher verführt, zwey verschiedne Gattungen anzuneh - men (lacustris und fluviatilis), die doch wol nur im Alter differiren.

440

65. flvstra. Stirps radicata foliacea, un - dique poris cellulosis tecta.

1. Foliacea. F. foliacea ramosa, laciniis cunei - formibus rotundatis. *

66. tvbvlaria. Federbusch-Polyp. Stirps tubulosa. Animal polypus cristatus.

Diese ungemein schönen Thiere distinguiren sich durch einen Federbusch, der aus steifen etwas gekrümmten Fäden besteht, die bey einigen Gat - tungen dem Elfenbein, bey andern aber polirtem Stale äneln. Sie ziehen ihn bey der mindesten Berührung ein. In dem durchsichtigen Körper kan man, wie beym Räderthier, die Speisebe - hälter unterscheiden. Einige Arten können diesen Körper aus der Hülse hervorstrecken, andre nicht. Die Hülse ist anfangs gallertartig, verhärtet aber mit der Zeit, und zeigt sich oft bey der glei - chen Gattung unter sehr verschiednen Gestalten. Wir haben einzelne dergleichen Rörgen wie kleine Därme an Wasserpflanzen umherranken gesehn: andre die wie Bäumgen mit Zweigen zwischen Spongia in die Höhe gewachsen waren: andre die sich zu tausenden dicht neben einander (wie ei - ne Millepore) an Dämme ꝛc. angelegt hatten: an - dre die in dichten Pfund-schweren Klumpen in unzäliger Menge neben einander gebaut waren, u. s. w. Wir führen nur einige von den Arten an, die wir in den hiesigen Gewässern gefunden haben.

1. Repens. T. crista lunata, corpore extra vaginam etractili. *

trembley Mem. Tab. X. fig. 8. 9.

441

2. Campanulata. T. crista lunata, orificiis vaginae annulatis, corpore intra vaginam abscondito. *

Rösel Ins. Belust. 3ter Th. Taf. 73-75.

Beide Gattungen haben gegen 60 Arme oder Faden im Federbusche.

3. Sultana. T. crista infundibuliformi, ad basin ciliata. *

Ein überaus niedliches Geschöpf, was wir im Stadtgraben von Göttingen entdeckt haben. Es hat 20 Arme, die äuserst regelmäsig wie ein klei - ner Federbusch (Sultan) rangirt sind.

67. corallina. Stirps radicata, genicula - ta, filamentosa, calcarea.

1. Officinalis. C. subbipinnata, articulis sub - turbinatis. *

Wird als ein mechanisches Mittel gegen den Bandwurm gebraucht.

68. sertvlaria. Stirps radicata, fibrosa, nuda, articulata: articulis unifloris.

Ein sehr weitläuftiges Geschlecht. Die Stäm - me sind meist ausnehmend fein, und alle ihre Schönheit kaum den blosen Augen sichtbar. Sie pflanzen sich durch Blasen fort, die man mit den Eyerstöcken großer Thiere vergleichen kan.

1. Abietina. S. denticulis suboppositis tubu - losis, ovariis ovalibus, ramis pinnato-alter - nis. *

442

V. ZOOPHYTA.

Man hat den Namen Zoophyt oder Thier - pflanze den Geschöpfen dieser und der vorigen Ordnung gemeinschaftlich beygelegt. Und in der That kommen auch, wie wir schon erinnert haben, beiderley Thiere in vielem mit einander überein. In der gegenwärtigen haben sie einen unbedeckten Körper, wenigstens kein solches Ko - rallengehäuse als in der vorigen. Einige sind doch in einen gemeinschaftlichen Stamm ver - bunden, andre hingegen einzeln.

69. pennatvla, Seefeder. Stirps libera, penniformis.

Auch von diesem Geschlecht wollen wir nicht behaupten, ob wir ihm hier seinen schicklichsten Platz angewiesen haben.

1. Grisea. P. stirpe carnosa, rachi laevi, pin - nis imbricatis plicatis spinosis.

b. s. albini annot. acad. L. I. Tab. IV. fig. 1. 2.

70. hydra. Arm-Polyp. Corpus gelati - nosum conicum. Os terminale cinctum cir - ris filiformibus.

Diese Thiere sind neuerlich durch die Wunder allgemein berühmt worden, die der Scharfsinn des würdigen Trembley, und andrer berümten Männer nach ihm, an ihnen entdeckt hat. Da nicht leicht eine Gegend seyn wird, in deren Ge -443 wässern sich nicht Polypen finden sollten, und da die leichten und doch noch lange nicht erschöpf - ten Versuche, die sich mit diesen Thieren anstellen lassen, zu den lehrreichsten und anmuthigsten Zeit - vertreiben gehören, so führen wir nur sehr we - niges von dem an, was zur Aufmunterung und Erleichterung ihrer Untersuchung dienen kan. Die Arm-Polypen sind gallertartig, halbdurchsichtig, und daher von ungeübten Augen nicht immer gleich zu erkennen. In der Ruhe haben sie den Körper und die Arme ausgestreckt: bey einer gewaltsa - men Berührung aber, oder auser dem Wasser, zie - hen sie sich in ein unförmliches Klümpgen zusam - men. Die Gattungen variiren in der Farbe, theils auch in der Proportion, und in der meh - rern oder mindern Festigkeit ihres schleimichten Körpers. Die verschiedene Anzal der Arme ist mehr zufällig. Sie sind vom April bis October in sanft fließenden Wassern und Teichen zu fin - den, und sitzen mit dem hintern Ende an Was - serpflanzen, Schnecken ꝛc. fest. Oft sieht man zu Hunderten bey einander: da zuweilen ihre Arme wie verwirrter Flachs durch einander zu kreuzen scheinen, und doch jedes einzelne Thier die seinigen ohne sie zwischen der andern ihren zu verwickeln, zu sich ziehen kan. Ihr Körper ist hol, ohne alle Eingeweide. Den Sommer hin - durch vermehren sie sich, indem sie die lebendigen Jungen wie Sprossen aus ihrem Körper treiben, die sich oft erst, wenn ihnen selbst schon wieder Junge ausgewachsen sind, von der Mutter los - reißen. Bey Annäherung des Winters aber - gen sie, wie wir aus der Analogie mit den Feder - busch-Polypen und Blumen-Polypen schließen, wol Eyer legen, aus denen im Frühjahr die junge Brut hervorbricht. Man kan sie in sechs und mehr Stücke zerschneiden, und jedes Stück wird444 binnen einigen Tagen wieder zu ganzen Polypen erwachsen. Man kan ihnen den Kopf oder den Hintertheil der Länge nach spalten, und sich viel - köpfige oder vielgeschwänzte Polypen schaffen. Man kann mehrere Polypen in einander stecken, oder auch zu wunderlichen monstreusen Gruppen zusammenheilen. Man kan sie durch einen, frey - lich Uebung und Geduld erfordernden, Handgriff wie einen Handschuh umkehren. Man kan sie der Länge nach aufschlitzen, und wie ein Stückgen Band ausbreiten, und doch werden auch dann, wie Rösel zuerst bemerkt hat, mehrere auf eine schwehr zu begreifende Weise einander auffressen, oder eigentlich in einander schmelzen, können. Man kan sie, nach den merkwürdigen Versuchen des Hrn. Prof. Lichtenberg, mit Schlingen von Haaren durchschnüren, und wärend daß die Schlinge all - mälig durchschneidet, werden die derweil getrenn - ten Theile doch schon wieder aneinander wachsen u. s. w.

1. Viridis, der grüne Arm-Polyp. H. vi - ridis, corpore et cirris brevioribus. *

Kürzer, untersetzter als die übrigen Arten. Im Teiche vor der Rasemüle ohnweit Göttingen haben wir aber auch eine Art grüner Arm-Po - lypen mit schlankem spindelförmigem Körper, und kurzen Armen, gefunden.

2. Fusca, der braune Arm-Polyp. H. fusca, corpora longiore, cirris longissimis. *

3. Aurantia, der Orangegelbe Arm-Polyp. H. aurantia, corpore longiore, cirris lon - gissimis. *

Auch diese Gattung haben wir um Göttingen mit Zoll-langem Körper und Spannen langen Armen gefunden.

445

71. vorticella, Blumen-Polypen. Corpus petiolatum vibrans. Os terminale, plerisque ciliatum.

Auch überaus merkwürdige Geschöpfe, deren nähere Untersuchung aber doch ein stark bewaff - netes Auge erfordert. Die mehresten Blumen - Polypen leben gesellschaftlich, entweder an einem gemeinschaftlichen Stamme als Aeste, oder sie sind doch in eine Stelle zusammen versammelt; da eine solche Colonie dem blosen Auge wie ein Kügelchen Schimmel vorkomt, das aber bey der mindesten Erschütterung des Glases auf einige Zeit zusammenfährt, und zu verschwinden scheint.

1. Anastatica. V. stirpe multifida, floribus campanulatis. *

trembley in philos. Transact. Vol. XLIV. Tab. I. fig. 7. 8. 9.

2. Rotatoria, das Räderthier. V. caudata cylindracea, pharyngis rotulis binis. *

Wir haben des überaus sonderbaren Thiergens schon mehrmahlen erwähnt (§. 22. 30): und ihm schon oben das vermeinte Herz abgesprochen, und es für die Speiseröhre erklärt.

3. Tubulosa, der Röhren-Polyp. V. tu - bulosa, fixa, erecta, capite tetrapetalo.

An Wasserpflanzen in einem kleinen Futteral. Der Hals dreht sich unaufhörlich aber langsam her - um, fast wie eine Schraube ohne Ende. Unser ver - storbener Freund der Hr. Leibmed. Wagler hat uns versichert, daß die Nebenrörgen nicht aus der Hauptröre entspringen, sondern blos zufällig angebauet werden.

446

72. volvox. Corpus liberum, rotundatum, gelatinosum gyratile.

1. Globator, das Kugelthier. V. globosus, superficie granulata. *

Ein kleines Kügelchen, von blauer, grüner oder andrer Farbe, das sich ohne alle sichtbare Bewe - gungswerkzeuge doch im Wasser fortwälzt und umher dreht. Man kan die Nachkommenschaft schon im Leibe der durchsichtigen Mutter bis ins vierte Glied erkennen.

73. chaos. Corpus liberum, simplex, generi polymorphon, speciebus uniforme.

Wir fassen mit Linné, zum Beschluß der gan - zen Thiergeschichte unter diesen Geschlechtsnamen die zallosen meist dem blosen Auge unsichtbaren Geschöpfe zusammen, die sich in faulenden Säf - ten, und eingebeizten Theilen andrer Thiere und der Gewächse zeigen. Es wäre wider den Zweck eines Handbuchs, dem Fleis der gedultigen Män - ner zu folgen, die auch diese Thiergen in ein besondres System gebracht haben. Fast in allen faulen Säften finden sich sogenannte Infusions - thiergen, ob es schon nicht gegründet ist, daß alle Infusionen verschiedner Art auch ihre ver - schiednen Thiergen hervorbrächten, oder daß der Staub der Pilze oder der Brand im Getraide zu dergleichen Thiergen belebt würde. Hingegen ist es allerdings richtig, daß sie von auserordentli - cher Dauer sind, daß sie der Hitze des siedenden Wassers und der Dürre widerstehen können, daß man z. B. im Aufguß von gebranntem Kaffee doch die bestimmten Thiergen, und im aufgeweich - ten Kleister von alten Bücherbänden doch die kleinen Aale erblickt. Auch im luftleeren Raume447 können sie mehrere Wochen hindurch ausdauern: aber der elektrische Funke macht sie zerschmelzen. Meist vermehren sie sich durch Theilung: doch ge - bären auch manche lebendige Junge, und einige legen Eyer.

1. Anguillula, die Essig-Aale, Kleister - Aale. C. filiforme, utrinque attenuatum. *

2. Spermaticum, die Saamenthiergen. C. corpore ovato, cauda brevi filiformi. *

S. oben §. 10.

448

Anweisung der Kupfertafeln.

I. Taf.

Fig. 1. 2. 3. zu S.49.

4. zu S.49. und76.

5. 6. zu S.49.

7. 8. 9. zu S.50.

10. zu S.52.

II. Taf.

Fig. 1. 2. 3. zu S.155.

4. 5. zu S.156.

6. zu S.170.

7. zu S.173. u. f.

8. zu S.194.

9. 10. zu S.427. und430.

Tab. I
Tab. I.
interleafTab. II
Tab. II.
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TextHandbuch der Naturgeschichte
Author Johann Friedrich Blumenbach
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Akademie der Wissenschaften zu GöttingenNote: Projektträger Editura GmbH & Co.KG, BerlinNote: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung Bearbeiter des Projekts Johann Friedrich Blumenbach – onlineNote: Bearbeitung Johann Friedrich Blumenbach – onlineNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate2013-08-26T09:00:15Z Frank WiegandNote: Konvertierung nach DTA-Basisformat2013-08-26T09:00:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationHandbuch der Naturgeschichte mit Kupfern Johann Friedrich Blumenbach. . Johann Christian DieterichGöttingen1779.

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ClassificationWissenschaft; Naturgeschichte; ready; blumenbach

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Anmerkungen zur Transkription:Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.Langes ſ: als s transkribiert.Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.

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