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Kleine Schriften zur vergleichenden Physiologie und Anatomie und Naturgeschichte gehörig.
Uibersetzt und herausgegeben von D. Joh. Gottfr. Gruber.
Mit einer Kupfertafel.
Leipzig, bei G. Bens. Meißner,1800.
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Universitäts-Bibliothek Kiel

KIELER UNIVERSITAETS BIBLIOTHEK

[A1]

Sr. Wohlgeboren

dem

Herrn D. Ludwig

der Pathologie ordentlichem und der Natur - geschichte außerordentlichem Professor auf der Universität zu Leipzig, der Linneischen So - cietät Präses, und mehrerer gelehrten Gesellschaften Mitglied

aus Hochachtung und Dankbarkeit gewidmet.

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[A3]

Vorrede.

Der Herausgeber dieser kleinen Schriften hat die Absicht, das Beste, was von berühmten Gelehrten über ver - gleichende Physiologie und Anatomie in fremden Sprachen herausgegeben wor - den ist, und noch keinen Uebersetzer ge - funden hat, zu sammeln, und in einer Reihe kleiner Bändchen bekannt zu ma - chen. Er schränkt sich dabei nicht auf die Litteratur des Inlands ein, sondern wird auch die ausländische, vornehm - lich der Engländer, Franzosen und Ita - liener benutzen.

Das Unternehmen ist gewiß nicht überflüssig, denn gerade in diesem, ob - schon so wichtigem und interessantem,[A4] Fache der Naturhistorischen und medizi - nischen litteratur sind wir so reich nicht, daß Beiträge hiezu nicht mit Danke an - zunehmen wären. Läßt sich zumal der Sammler solcher Beiträge angelegen seyn, immer nur das Bessere und Vor - züglichere aufzunehmen, mit diesem das Seltnere und Neuentdeckte zu verbinden, und, um desto reichere Ausbeute zu er - halten, auch manchen Schacht zu besah - ren, wo er mit Mühe die versteckten Goldkörner heraus arbeiten muß; kurz, bietet er alles auf, um die hierüber vor - handenen einzeln zerstreuten Erfahrun - gen, Beobachtungen und Thatsachen, nebst dem was philosophische For - scher dabei meinten und dachten, davon muthmaßten und gewiß wußten, in ge - höriger Menge und Vollständigkeit, wie in einem Magazine niederzulegen; so kann er gewiß auf die Nutzbarkeit seines Werks, wie auf Dank und Beifall rech - nen. Denn indem er eine Lücke in der Litteratur ausfüllen hilft, setzt er zugleich den künftigen philosophischen. Begründer einer wissenschaftlichen Physiologie und[A5] Naturphilosophie in den Stand, seine Meinungen leichter an den Probirstein der Beobachtung zu halten, und auf diese Weise nicht etwa Mißpickel für Gold zu nehmen, und sein System a priori auf Luft zu gründen.

So viel von der Absicht des Unter - nehmens. Ueber die Ausführung kommt es mir nicht zu zu urtheilen, und ich überlasse dies Anderen.

Diese Andern aber, welche gegen - wärtiges Bändchen künftig beurtheilen werden, darf ich wohl bitten, daß sie etwas behutsamer sich dabei benehmen, als der Rezensent meiner Uebersetzung des Blumenbachischen Werks: Von den natürlichen Verschieden - heiten im Menschengeschlechte in der allgemeinen teutschen Bibliothek, der mir Uebersetzungsfehler daraus an - führt, die wahrscheinlich nur er gefun - den hat, denn ich kann es ihm belegen, daß er sie in den andern Exemplaren ver - gebens suchen wird. Doch darüber[A6] nächstens ein Wort im Intelligenzblatt der Allgem. Jenaischen Litteraturzeitung.

Die Fortsetzung gegenwärtiger Sammlung wird gewiß folgen, denn ich fürchte nicht, das es ihr an Unter - stützung fehlen solle. Ueber das Wenn und Wo kann ich indeß zur Zeit noch nichts Gewisses versprechen.

Der Herausgeber.
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I. Versuch einer vergleichenden Physiologie der warmblütigen, lebendig gebährenden und Eierlegenden, Thiere.

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Als ich mich vor einiger Zeit mit dem Versuche einer vergleichenden Physiologie der warmblütigen und kaltblütigen Thiere beschäftigte, fand ich oft Gelegenheit zur Bewunderung jener sonderbaren Verschie - denheit, welche auch in Ansehung der Oeko - nomie der warmblütigen Thiere beyder Ordnungen (der Qradrupeden und Vögel) statt findet, und dieses veranlaßte mich nach der Zeit diesen Unterschied genauer zu untersuchen. Bey dieser Untersuchung in einem Felde, auf welchem schon andere be - rühmte Männer geärntet hatten*)Die reichste Aerndte in neuesten Zeiten hat der berühmte, und um die Naturgeschichte sehr verdiente Joh. Gottl. Schneider gehal - ten in seinem reichhaltigen Kommentar über den Nachlaß Friedrichs II., fand ich4 wenigstens eine Nachlese von Bemerkungen, die für die Physiologie der warmblütigen Thiere und selbst des menschlichen Körpers nicht eben unwichtig sind.

So verbreitet immer ein Gegenstand Licht über den andern.

Eine solche Vergleichung aber mußte meines Bedünkens zur Erläuterung der Naturgeschichte der Vögel selbst sehr dienlich seyn, welche Ordnung von Geschöpfen so son - derbare und von der Oekonomie der übrigen Thiere durchaus abweichende physiologische Erscheinungen darbietet, als kaum irgend eine in dem ganzen Thierreiche. Vornehm - lich wurde mir auch dadurch, die schon sonst von mir geäußerte Meinung, immer mehr bestätigt, daß alle die emblematischen Vorstellungen von einer Stetigkeit, oder Lei - ter, oder Kette der Natur, in dem Sinne näm - lich wie einige berühmte Männer unsers Jahrhunderts, die sich in Ausschmückung solcher Hypothesen recht sehr gefielen, sie nahmen, so bald man sie ernstlich behandelt,5 und mit der Natur selbst zusammenstellt, äußerst mangelhaft und voller Lücken seien. Denn die Vögel sind einestheils in der äußern Bildung des Körpers, der Feder. Bedeckung u. s. w. von allen rothblütigen Thieren himmelweit verschieden, und weichen an - derntheils in der innern Struktur ihrer Theile, und deren Verrichtungen so auffal - lend von dieser ab, daß sie, die Wahrheit zu gestehen, in Hinsicht auf diese beyden Punkte eine ganz besondere und fast anoma - lische Ordnung in der organischen Welt ausmachen, und sich mithin nur mühsam und gleichsam mit Gewalt in eine solche Lei - ter der Natur einkeilen lassen.

Jedoch ich gehe zur Abhandlung selbst fort. Ich werde hier, wie es am rathsam - sten ist, nach den vier Klassen der Verrich - tungen der thierischen Oekonomie gehen, al - lein von dem Zeugungsgeschäfte anfan - gen, indem in ihm der größte und Haupt - unterschied zwischen den Eierlegenden und lebendig gebärenden Thieren liegt, nachher zu den Lebens - und natürlichen, und end -6 lich zu den thierischen Verrichtungen über - gehen. Ich werde demnach im Allgemei - nen dieselbe Ordnung beybehalten, die der scharfsinnige Joh. Bohn, ein ehedem sehr berühmter Arzt zu Leipzig, in seinem vor - treflichen physiologischen Handbuche befolgt hat.

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1. Von dem Zeugungsgeschäfte.

Indem ich von dem Zeugungsgeschäfte der warmblütigen Thiere anfangen will, bietet sich mir gleich eine Bemerkung dar, durch welche, wie mich däucht, eine Frage, der Natur selbst gemäß, beantwortet werden kann, welche durch die unter den angesehen - sten Gelehrten über sie geführten Streitig - keiten neuerlich so berühmt geworden ist.

Es ist bekannt, daß man nach einem fruchtbaren Beyschlafe bey dem Weibe der Menschengattung und andern Säugethieren,8 in jedem Eierstocke eine Spalte antrifft; die bey dem Liebesreize aus dem Reißen einer oder der andern jener Bläßchen entsteht, welche uns Graaf für wirkliche Eier gab, und daß diese kleine Wunde im Verlauf der Zeit zu einer Narbe wird, die mit einer zierlichen Hautrinde umgeben ist, und die seit Mal - pighi's Zeit mit dem Namen des gelben Körpers bezeichnet wird.

Dieses ist außer allen Zweifel gesetzt, al - lein neuerlich hat man darüber zu streiten angefangen, ob jener gelbe Körper (luteum corpus) nur stets nach einem fruchtbaren Bey - schlafe entstehe, und also jedesmal der Zeuge einer ächten Empfängniß sey, oder ob er auch ohne vorhergegangenen Beyschlaf ent - stehen, und also auch bey solchen angetrof - fen werden könne, die noch nie einen Mann zugelassen haben?

Jede von diesen Meinungen hat ansehn - liche Vertheidiger und eifrige Bestreiter der entgegengesetzten gefunden. Für die, wel - che behauptet, die gelben Körper entstehen9 bloß nach einem fruchtbaren Beyschlafe stritt hauptsächlich unser Haller*)Vergl. hauptsächlich des unsterblichen Man - nes opera minor. T. II. und element, physiol. T. VIII. p. I. S. 32 fg. Bey allen Weibern, die vor ihrem To - de nie geschwängert waren, zeigten sich auch bey der Oeffnung nie gelbe Körper. Der - selbe in den Anmerkungen zu Büffons Theo - rie, 7. III. S. 185. Man wird in der ganzen Welt bey einer Jungfrau keinen gelben Körper finden, sind seine Worte bey Bonnet, Oeuvres. T. III. S. 467 ꝛc. Ausgabe in 4..

Büffon hergegen behauptete sehr eifrig, daß man sie auch bey noch nie geschwängert gewesenen Säugethieren finde**)In den Mém. de l'académie des sc. de Paris, l. 1748. und in der histoire naturelle génér. et partic. T. II. Ausg. in 4. auch in den Supplém. à l'histoir. naturelle T. IV..

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Der erste stützte sich auf den gewiß sehr wichtigen Grund, daß er niemals weder in irgend einem jungfräulichen Körper, noch in so vielen noch unbeschwangerten Thierweibchen, die er geöffnet hatte, Spu - ren solcher Narben gesehen, da hergegen die Eierstöcke von Menschen - und andern Säuge - thier-Weibchen, die schon beschwängert ge - wesen, sie allemal gehabt hätten.

Büffons, dieser entgegengesetzte Mei - nung, schien aber auch nicht gänzlich ohne Gewicht zu seyn, und erhielt dessen durch die Zeugnisse von drey sehr geschickten Ana - tomen Italiens nur noch mehr. Valli - sneri nämlich, Santorini, und Ber - trandi erzählen von mehreren und sehr genau beobachteten Eröfnungen jungfräu - licher Leichname, in denen sie offenbar gelbe Körper gefunden haben.

Vallisneri*)Opere del Kaval. Vallisneri. T. II. S. 164. schreibt es von einem ausnehmend schönen zehnjährigen Fräulein,11 die bisweilen hysterischen Zufällen ausge - setzt war, in dem Nonnenkloster eines strengen Ordens erzogen werden sollte, und sich nach heftigen Gemüthsbewegungen ein schleichendes und endlich tödliches Fieber zu - gezogen hatte*) Una giovane nobile, e bella d'anni diciotto, posta in educazione come suol dirsi, in un Munistero di severissime monache ꝛc. . Nur im Vorbeygehen fügt er hinzu, daß dieser gelbe Körper und die benachbarte Röhre so ausgesehen haben, wie eben diese Theile bey Thieren aussehen, wenn sie von einem heftigen Geschlechtstrie - be erhitzt werden**) Come si vede nelle ovaje de' bruti, quanda particolarmente hanno svegliato l'estro de loro amori. .

Santorini aber bezeugt in seinen Be - obachtungen***)S. 223. der Venedigischen Ausgabe. und seiner vortreflichen. Ge - schichte einer aus dem After gezogenen Ge -12 burt*)Istoria d'un feto estrato felicemente intero dal - le parti decretane. S. 27 fg., er habe solche Körper bey sehr vie - len unverletzten Jungfrauen gesehen.

Und Bertrandi**)Miscell. philos. mathemat. Soc. privatae Tau - riensis, T. I. S. 104 fgg. erklärt, er ha - be bey Mädchen von vierzehn bis zwanzig Jahren, von denen man theils ihres Lebens - wandels, theils der Unverletztheit und Vollheit ihrer Geburtstheile wegen, be - haupten können, sie seyen als Jungfrauen gestorben, öfters vollkommene und schwel - lende gelbe Körper gesehen.

Bey diesen so großen Widersprüchen in den Meinungen, däucht mich, werde die vergleichende Physiologie, mit der wir uns gegenwärtig beschäftigen, den Knoten auf - lösen.

Denn der Eyerstock und die Rohre der Vogel verstatten, obwohl sie nur einmal13 vorhanden, oder einfach sind, (d. h. nicht wie bey den übrigen Thierklassen zur rech - ten und linken Seite sich ausbreitend), im Allgemeinen doch eine leichte Vergleichung mit eben diesen Theilen an den Säuge - thieren.

Die Dotter sind nämlich, so lange sie am Eierstocke hängen, beynahe von eben solchen häutigen Kelchen umgeben, wie die Graafischen Bläschen von der gemeinsamen Haut des Eierstockes.

Hat denn der Dotter nachher seine völ - lige Reife erlangt, so reißt er sich auch auf eben die Weise von seinem Kelche los, wird von der Trompete aufgefaßt, und tritt in den Eiergang, wie höchstwahrscheinlich auch bey befruchteten Säugethieren der Gal - lertartige Tropfe des Eierstocks, (nachdem er, beynahe wie ein reifes Geschwür, seine Hülle zerrissen hat), von dem faltigen Sau - me aufgenommen, und in die Muttertrom - pete fortgetrieben wird.

Und endlich hängt der leere Kelch (calix), wenn er seine Dotter hat fahren lassen, ver -14 mittelst seines Stiels von dem übrigen Aste des Eierstocks welk herab, und läßt sich schon mit dem gelben Körper der Säuge - thiere vergleichen.

Bekanntlich gehen bisweilen auch alle diese Veränderungen bey Weibchen von Vögeln vor, wenn sie auch keinen Mann zugelassen haben, wo sie die sogenannten Windeier (ova Zephyria s. subventanea) le - gen, die den ächten im Ganzen genommen ähnlich, allein unfruchtbar und zum Be - brüten ganz untauglich sind.

Nicht minder wahr aber ist ferner, daß unbelegte (innuptae) Vögel solche Windeier (hypenemia) durch eine mechanische Rei - zung der Geburtstheile empfangen (conci - pere) können, eine Bemerkung, welche der Vater der vergleichenden Physiologie und mithin jeder ächtwissentschaftlichen Zoologie, Aristoteles*)Historia animal. l. VI. c. 2., und im vorigen Jahrhun - derte der äußerst genaue Beobachter Har - vey gemacht haben. Dieser letztere behaup -15 tete*)Harvaei opera omnia: a collegio medico - rum Londinensi edita 1766. 4. S. 198 fg., die Vögel seyen bisweilen so wollü - stig, daß sie sich, so wie man nur ihren Rücken leicht mit der Hand berühre, gleich nieder legen, die Oefnung der Gebärmutter entblößen und aufrichten, und wenn man diese sanft mit den Fingern streiche, durch leises Gestöhn und Schlagen mit den Flü - geln das süße Gefühl des Genusses der Lie - be zu erkennen geben; ja er habe die Erfah - rung an der Turteltaube, Amsel und ande - ren gemacht, daß die Weibchen darauf Eier empfangen.

Eben derselbe erzählt auch von einem Papagey, welcher lange der Liebling seiner Gattin gewesen, daß er oft, wenn diese ge - sessen, spielend und voll Muthwillen auf ihren Schooß gekommen, wo er sich sehr gefreut wenn ihm der Rücken gestrichen worden, und durch Flügelschlagen und leises Stöhnen sein innigstes Behagen bezeugt habe. Nicht lange nach diesen sanften Be -16 rührungen aber sey er erkrankt, und end - lich unter häufigen Konvulsionen verreckt. Da er nun den Kadaver geöffnet, habe er in beynahe vollkommenes Ey in der Ge - barmutter gefunden, das aber, in Er - mangelung eines Männchens, verdorben ge - wesen.

Die Manen jener Jungfrauen mögen mir verzeihen, wenn ich von den gelben Körpern in ihren Eierstöcken einen nicht unähnlichen Ursprung vermuthe, und glaube, daß sie in dem Mädchenkörper, wie bey den Turteltau - ben und Amseln, durch die Wirkung eines Liebesreizes auf die Bläschen des Eier - stockes entstanden seien, gleichviel ob dieser Reiz durch die Umarmung eines Mannes oder durch sonst ein üppiges Kunststück er - regt worden*)Das glaub 'ich gewiß, daß durch solche wie - derholte künstliche Reizungen ein Bläschen des Eierstocks reißen, und so auch bey einer Jungfrau der gelle Körper entstehen könne. Der Meinung bin ich aber gar nicht, welche viele berühmte Männer mit Graaf hegen,17 daß diese Bläschen wirkliche Eier seien, die sich vollständig von dem Eierstocke trennten, und in die Gebärmutter kämen, und daß die - ses auch durch eine bloße verliebte Einbil - dungskraft geschehen könne. So be - hauptete z. B. Boerhaave selbst, und nach ihm Chr. Gottl. Neumann in seiner Dispu - tation de exclusione ovulorum in salacibus absque ullo praegresso coitu. 1717. 4. und Walter in seinen Beobachtungen über die Geburtstheile des weiblichen Geschlechts. Berlin 1776. 4..

Alle angeführte Umstände unter denen die Schriftsteller gelbe Körper bey Unver - heyratheten beobachtet haben, sprechen sehr für diesen Argwohn, z. B. das Alter vom vierzehnten Jahre an, die hysterischen Zu - fälle von einigen u. s. w. Ob etwas davon vielleicht auf Rechnung des Klima kommen müsse, darüber wag 'ich nicht zu entscheiden, und bemerke deshalb bloß, daß alle solche Fälle, welche bey Schriftstellern vorkommen, lediglich bey Italienerinnen beobachtet wor - den sind.

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Was aber die Hauptsache ist, um deret - willen alles bisher gesagte bloß angeführt worden, man sieht sogleich die Ursache, warum man nur bey Mädchen und Vögeln, niemals aber meines Wissens bey einem noch unbeschwängerten Quadrupede solche gelbe Körper, oder Kelche, wie man sie bey den Vögeln nennt, gesehen hat, weil nämlich bey diesen außer dem wirklichen Beyschlafe kaum einer jener erwähnten Reize Statt zu finden pflegt. Und da man nun bei so vie - len Oefnungen von Säugethieren niemals an einem noch nicht beschwängert gewesenem einen gelben Körper bemerkt hat, so ist der Schluß des großen Haller und seiner Anhän - ger, daß diese Körper überhaupt vor der Empfängniß nicht vorhanden seien, sehr verzeihlich.

Wenn man aber bey den Säugethieren die Weibchen von einer solchen widernatür - lichen Geschlechtslust frey sprechen muß, so kann man im Gegentheile wieder darthun, daß die Männchen bey den Vögeln nie durch einen gesetzwidrigen Reiz den Saa - men hervorlocken, denn das männliche Glied19 ist bey den meisten sehr klein, und bey allen, so viel ich weiß, außer im Augenblicke der Paarung, zurückgezogen und so versteckt, daß gar keine Friktion Statt finden kann. Unter den Säugethieren aber findet man welche, die offenbar Onanie treiben. Von einigen Affen und Pavianen hat man dies schon verlangst gesagt*)So sagt z. B. Carpus Comment in Mun - dinum in dem Abschnitt vom Unterschiede zwischen den Menschen und übrigen Thieren S. 13 a. Auch hilft unter allen andern Thieren allein der Mensch beiderlei Geschlechts sich selbst, indem er entweder mit der Hand, oder durch einen andern Kunstgriff den Saa - men hervorlockt, etwas das kein anderes Thier thut, die Meerkatze oder sogenannten geschwänzten Affen (cynocephalo s. cercopithe - co) ausgenommen, der, wie ich von vielen, und besonders meinem Schüler, dem glaub - würdigen Herrn D. Mar, Green erfahren habe, ebenfalls mit den Händen den Saa - men hervorlockt, und ihn dann frißt. Da - bei ist der Umstand noch wunderbarer, daß, wenn er etwa von einem Menschen über die -20 sem abscheulichen Laster ertappt wird, er sich oben so schämt, als wenn er Vernunft hätte. , nachher aber hab 'ich es auch bey Hunden, und einem Bäre gesehen, den man zu Bern in einer Bären - grube hielt. Er hatte sein Weib verloren, und als er nun spürte, daß ein anderes Paar in dem anstoßenden Theile der Grube sich begattete, verschafte er dem drücken - den Zeugungssafte einen gewaltsamen Aus - gang.

Jedoch ich komme wieder auf die Eier der Vögel, deren ich schon oben gedachte. Wenn die Mutter das Ei gelegt hat, wird die Bil - dung des Jungen durch Sitzen oder andere Wärme vollendet, bey den Säugethieren her - gegen in der Gebärmutter schon.

Und diese Bildung der bebrüteten Jungen selbst unterscheidet sich in mehr als einer Hinsicht merklich von der, welche man an den Embrionen lebendig-gebärender Thiere beobachtet.

Denn die erste Gestalt des bebrüteten noch sehr zarten Jungen weicht Himmelweit21 von derjenigen ab, die man späterhin bey fortgesetztem Brüten findet, da hingegen die zartesten Embrionen der Säugethiere, selbst wenn sie nur noch wie gelifferte Gallerte, oder ein Würmchen im Eie (galba) sehen, doch nicht erst eine solche Metamorphose ihrer Gestalt zu bestehen haben, wie das Küchelchen sowohl in Ansehung der ganzen Beschaffenheit seines Körpers, als auch der Einrichtung seiner Eingeweide bestehen muß.

Zum Beyspiele hievon mag vor allen andern die ursprüngliche Gestalt des hüp - fenden Punktes im bebrüteten Jungen, im Vergleich mit dem Herzchen des ganz zar - ten Säugethier-Embrio dienen. Wie sonderbar und ganz eigen ist nicht die ver - schlungene Gestalt desselben, bevor es end - lich nach so mancherley Abwechselungen die Gestalt eines vollkommenen Herzens erhält. Haller hat diese wunderbaren Verände - rungen in jenen klassischen Kommentaren beschrieben, die er über diesen Theil der Phy - siologie der Göttingischen Societät der Wissenschaften, deren Präsident er war, vorlegte.

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Wo ich nicht irre, muß man eben dieser ver - schlungenen Gestalt des Herzchens in dem noch zarten Vogel den Ursprung einer gewissen Mißgeburt (monstrosa fabrica) zuschreiben, die man bey Vögeln so oft*)Man sehe z. B. Rudbeck in Hemster - huisii messe aurea, S. 331. Ausg. 1659.Littre in Histoire de l'academie des scien - ces de Paris J. 1709. S. 26 fg.Transactions of the American society at Phi - ladelphia. Th. 2. S. 323., bey Säuge - thieren hergegen meines Wissens noch nie - mals bemerkt hat, nämlich doppeltes Herz in dem einfachen, und sonst ganz Na - turgemäß gebautem Thiere. Wenn man diese Erscheinung in gehörige Ueberlegung nimmt, so findet man, daß es sich weit leichter begreifen läßt, wie die noch getrennten Theile des künftigen Herzens, die verbunden werden sollten, durch eine sehr starke und übermäßige Wirkung des Bil - dungstriebes zu zwey Herzen haben wer - den können, als wie nach der Evolutions - hypothese die Keime zweier Herzchen in den23 Keim eines einfachen Vogels sollten einge - schlossen gewesen seyn.

Ferner rückt die ganze Bildung der Theile in den Früchten der Säugethiere weit schneller vorwärts, und gelangt weit früher zur Vollendung, als bey dem be - brüteten Jungen, weshalb ich mich über den Schluß gewisser gleichzeitiger Aerzte nicht genug wundern kann, die bey gericht - lichen Streitigkeiten über die Vitalität einer menschlichen Geburt, den Streit durch eine Vergleichung des Termins des bebrüteten Jungen mit der Zeit der menschlichen Schwangerschaft schlichten wollten. Zum Beweise des sehr beträchtlichen Unterschiedes, der auch in dieser Hinsicht zwischen den Ey - erlegenden und lebendig gebärenden Thieren statt findet, mag die Bildung der Rip - pen dienen. Mir ist kein Beispiel bekannt, daß irgend jemand vor dem Ende des ach - ten Tages eine Spur von ihnen in dem Küchelchen gesehen hätte, denn selbst Hal - ler bestimmt in seinen zahlreichen Tagebü - chern über die Bildung des Küchelchens die hundert zwey und neunzigste Stunde nach24 der Brütung als diejenige, wo man zuerst die Rippen bemerkt*)Opera minora, Th. 2. S. 207. Not. 239. in einem Eie von 192 Stunden. Rippen sind noch nicht vorhanden. N. 239. von eben so viel Stunden. Die Lunge ist deutlicher zu sehen, und dann die Rippen. S. 210. N. 299. ebenfalls, Anfang der Rippen. S. 211. N. 304. von 194 Stunden dünne Bedeckung des Unterleibes, häu - tige Verhüllung der Brust, Ansatz des Brust - beins, und des Seiten - und Hintertheils der Rippen. Und S. 212. N. 306. von 210 Stunden die Rippen ziemlich vollkommen. . Dieser Termin der Bebrütung aber entspricht, im Vergleich mit der Schwangerschaft des Weibes, dem Anfange der sechzehnten Woche, denn hundert neun und achtzig Stunden der Be - brütung des Hünereies sind gleich fünfzehn Wochen der Mutter, welche die Geburt trägt. Um wie vieles früher aber erblickt man demnach die Rippen am Oberleibe des25 menschlichen Embrio! Ich selbst bewahre unter meinem anatomischen Vorrathe Früch - te auf, die kaum größer als eine Ameise find und deren Alter die fünfte Woche nach der Empfängniß gewiß nicht übersteigt, woran man aber doch die knorpelarti - gen Anfänge der Rippen sehr nett aus - gewirkt ganz deutlich erblickt. (S.Fig. 1. )

Daß der Zeitpunkt der Knochenentste - bung im menschlichen Fötus weit früher als bey dem bebrüteten Jungen eintrete, hab 'ich schon anderwärts bemerkt*)Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers, S. 8. und Vorrede S. 10..

Im Betreff der Ernährung des Jungen im Eie will ich noch die Analogie bemerken, die der ganz zarte Embrio wenigstens in der menschlichen Frucht mit ihm zu haben scheint. Es ist mir völlig ausgemacht, daß das Nabelbläschen (vesicula umbilicalis) (Fig 1.) ; von dessen Allgemeinheit in frischen und unverletzten abortiven mensch - lichen Eierchen ich anderwärts gehandelt26 habe*)Institut. physiologicae. S. 449. und Vorrede S. 13., vielfältige Aehnlichkeit mit der Dotterhaut (saccus vitellaris), und seine Nabelgekrößadergefäße (vasa omphalome - seraica) mit denen zur venösen Gestalt des bebrüteten Jungen gehörigen, haben: und wahrscheinlich trägt dieses Bläschen eben - falls zur ersten Ernährung des gallertarti - gen Embrio bey, bevor er so groß geworden, daß schon das Blut der Mutter zu seiner Ernährung dienen kann.

Die Zeit, wie lange das Junge im Eye bleibt, scheint, im Vergleich mit der, wie lange ein Säugethier trägt, veränder - licher, und weit weniger auf einen bestimm - ten Termin eingeschränkt zu seyn. Denn bey Hünereiern ist sie, zumal wenn sie nicht durch thierische Wärme, sondern durch sonst ein anderes Kunstmittel ausgebrütet werden, unbestimmt zwischen dem achtzehnten und vier und zwanzigsten Tage, je nachdem sie nämlich anhaltendere oder weniger anhal - tende Wärme gehabt haben.

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Endlich muß auch dieses Unterschiedes zwischen dem bebrüteten Jungen und dem Fötus der Säugethiere, oder wenigstens dem menschlichen gedacht werden, daß jenes, wenn es völlig reif und ausgewachsen ist, die Schaale, worin es bis dahin ver - schlössen gewesen, selbst durchbrechen und sich einen Ausgang verschaffen kann; da der reife menschliche Fötus hergegen nicht das Mindeste dazu beytragen zu können scheint, sich aus dem Gefängniß der Gebärmutter herauszuwinden.

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2. Lebensverrichtungen

Ich komme aber nun auf die andere Klasse der Verrichtungen in der thierischen Oekono - mie zu denen des Lebens.

Um von der vornehmsten derselben, dem Blutumlaufe nämlich, anzufangen, so bie - tet sich uns gleich ein sehr merkwürdiger Un - terschied zwischen den Vögeln und Säuge - thieren dar in Ansehung des kleinen Blutumlaufs, der nämlich zwischen Herz und Lungen statt findet.

Denn abgerechnet, daß die Lungen der Vögel verhältnißmäßig klein, und an die Brustwirbelbeine Rippen und Zwischen - rippenmuskeln befestigt sind, zeichnen sich dieselben (wie der große Harvey zuerst be - merkte) hauptsächlich auch dadurch aus, daß Oefnungen aus ihnen in die mancherley Luftbehälter gehen, und sie mithin nicht wie die Lungen der Säugethiere durch das Athem -29 holen so sehr aufgeblasen werden, und da - durch dem aus dem rechten Herze kommen - den Blute Bahn machen können, woraus sich denn schon a priori schließen läßt, daß sich die Natur hier eines andern Mechanis - mus bedient habe, um jenen kleinen Blut - umlauf gehörig zu Stande zu bringen. In der That muß man sich aber wundern, daß, da man sich in neueren Zeiten mit Un - tersuchung der Luftbehälter in den Vögeln so viel beschäftigt hat, doch keiner, wenigstens meines Wissens nicht, diesen Knoten nur be - rührt, geschweige aufgelöst hat.

Diesen besondern Mechanismus aber glaube ich in einer eigenen Einrichtung des rechten Herzens gefunden zu haben, worin sich, so viel ich weiß, die ganze Klasse der Vögel so von den Säugethieren unterscheidet, daß sie statt der dreispitzigen, den mützen - förmigen des linken Herzes ähnlichen Klap - pen, mit einer merkwürdigen, zwar einfa - chen aber sehr großen und starken flei - schernen Klappe versehen ist. Diese war freilich den Physiologen, vornehmlich30 des vorigen Jahrhunderts nicht unbekannt*)Vergl. z. B. Lower de corde S. 60 fg. der Amsterdamer Ausgabe. 1669.Iust. Schrader observ. anat. medic. S. 216., allein von allen weiß ich nicht einen, der über den Zweck und Nutzen dieser besondern Einrichtung eine genauere und gründlichere Untersuchung angestellt hätte.

Die Einrichtung dieser Klappe habe ich zwar im Allgemeinen an den Herzen aller Vögel, so viel ich deren deshalb secirt habe, sich ähnlich gefunden, ich will sie aber doch nach dem Kadaver eines Fischreihers (ar - ctea cinerea) beschreiben, den ich vor Au - gen habe. (S.Fig. 2.) Wenn man die äußerste Wand, vornehmlich von dem un - tern Theile, in wiefern er nämlich nach der Spitze der rechten Herzkammer hinsieht, er - öfnet, daß man die Holung der Herzkam - mer erblickt ( d. e. ), so bekommt man sogleich einen Muskel zu Gesicht ( a. b. c. ) der so auf dem linken und obern Win - kel der Kammer liegt, daß sein auf der Scheidewand beider Herzen aufliegender31 Seitenrand ( b. c. ) von der Rechten zur Linken schief herabzulaufen scheint. Der ganze Muskel hat beinahe die Gestalt eines Triangels, dessen fleischige und starke Basis und Kathete aus dem Fleische der Herzkam - mer selbst in der Nähe des sehnigten Ringes erwachsen, die Hypothenuse aber, welche ein dünnerer Rand des Muskels ist, sich mit - ten durch die Holung der Kammer in diago - naler Richtung hinzieht.

Diesen Rand selbst aber sieht man, wenn man bey der Section also zu Werke geht, so dicht und genau auf der Scheidewand der Herzkammern aufliegen, daß daraus auf den ersten Anblick schon erhellt, auf welche Weiße er zwar dem aus dem rechten Herz - ohre in die Kammer derselben Seite eindrin - genden venösen Blutstrome folgsam nach - giebt; bey dem folgenden Zusammenziehen der Kammer aber von dem eben jetzt in der rechten Herzkammer enthaltenen Blute schwellend so vollkommen an die benannte Scheidewand angedrängt wird, daß es auf kei - ne Weise wieder in das Ohr strömen kann,32 sondern nothwendig weiter in die Lungen fortgetrieben werden muß.

Die Natur ersetzt also auf diese Weise bey den Vögeln durch eine stärkere muskulöse Klappe des rechten Herzens, was sie den Lungen selbst weil diese überall Oefnun - gen haben, und deshalb nicht, wie bey den Säugethieren durch Einathmen hinlänglich aufgeblasen werden können versagt zu ha - ben schien.

Diese Vorsicht der Natur wird noch sichtbarer, wenn matt diese rechte Herz - kammer der Vögel mit der linken vergleicht, welche blos mit dünnen, schlaffen und nur häutigen (den mützenförmigen ähnlichen) Klappen versehen und überhaupt wie in dieser so auch in der übrigen Einrichtung dem linken Herze der Säugethiere ähnlich ist. Denn da das aus den Lungen zurück - kehrende Blut weiter keine Schwierigkeit ei - nes Umlaufs dieser Art zu überwinden hat, so bedurfte die Natur auch keiner andern Vor - kehrung, als deren sie sich auch bey den Säugethieren zur Beförderung des gro - ßen Blutumlaufs bedient.

33

In eben dieser vielfachen Adhäsion der Lungen bey den Vögeln, und dem geringen Volumen, welches sie durch das Athemho - len erhalten, liegt meines Bedünkens auch die Ursache, warum ihr Gehirn bey dem be - rühmten Schlichtingischen Versuche sich nicht so nach dem Rhythmus des Athem - holens senkt und wieder hebt, wie ich bey der Vivisektion der mehresten Säugethiere, und einmal auch bey einem gewissen Men - schen, der durch einen Zufall den obern Theil der Hirnschaale verloren hatte, selbst gesehen habe.

Was aber die Luftbhälter der - gel selbst anbelangt, wegen welcher die Na - tur den besondern eben angeführten Bau des Herzens angeordnet hat, und wovon sich bey den Säugethieren durchaus nichts Aehnliches findet, so will ich dem, was andere berühmte Männer hierüber schon geschrieben haben, nur einige Bemerkungen beyfügen.

Unter allen Behältern dieser Art schei - nen die häutigen Zellen im Unterleibe den ersten Rang zu behaupten, weil sie außer dem34 gewöhnlichen Nutzen der übrigen Behälter vornehmlich auch den Mangel einer Unter - leibspresse bey den Vögeln zu ersetzen, und ihnen zu den Anstrengungen bey der Aussonderung des Darmkoths, und den Weibchen zu dem Drucke beym Eier - legen ertheilt zu sein scheinen. Oefters hab 'ich auch bey Vögeln, vorzüglich Sang - vögeln (ex passerum ordine) bemerkt, daß ihr Unterleib, wenn sie den Unrath aus - werfen, nicht einwärts getrieben wird, son - dern vielmehr aufschwillt, zum Beweise daß ihre häutigen Zellen im Unterleibe dann von eingesogener Luft aufgeblasen, die benach - barten Gedärme, die nicht ausweichen kön - nen dadurch gedrückt werden, und der Mast - darm gleichsam ausgemelkt wird, eine Beob - achtung, die ich nachher durch einen Versuch bestätigt fand, den an ich dem Kadaver eines Papageyen (psittacus amazonicus) anstellte, welchen ich eine Zeit lang lebendig ernährt hatte. So wie ich Luft in seine Luströhre geblasen hatte, sah ich deutlich, wie die durch die Luft anschwellenden häutigen Zel -35 len des Unterleibes die neben ihnen liegenden Gedärme empor heben, und besonders den Mastdarm offenbar vorwärts stoßen.

Was ich ehedem von dem Schafte der Schwung - und Flaumfedern erinnerte*)Handbuch der Naturgeschichte, Er - ste Ausgabe von 1779. S. 151. Fünfte Aufl. von 1797. S. 133. fg §. 60. 61. Selbst die Federspulen siehen mit dem lockern Zellgewebe des Vogels in Verbindung, und können gleichfalls mit Luft gefüllet oder aus - geleeret werden. Diese Luftbehälter sind vorzüglich zum Fluge von äußerster Wich - tigkeit. , daß sie nämlich ebenfalls zu den Luftbehäl - tern gehören, das schien vor andern die Beobachtung eines Gimpels (loxia pyrr - hula) zu lehren, den ich mit struppigen em - porstrebenden Federn sahe, so oft er auf - geblasen wurde, und dessen Federn sich je - derzeit wieder legten sobald die Luft heraus gelassen wurde.

Von den Kinnladen der Vögel mit leich -36 tem Schnabel*)Eine eigne Ordnung der Vögel, wozu der Bf. die Vögel des heißesten Erdstriches rech - net, mit kurzen Füßen, und meist sehr gro - ßen, dicken, aber mehrentheils holen und daher sehr leichten Schnäbeln, z. B. Papa - geyen Pfeffervögel u. s. w.A. d. h., (levirostres) die ich eben - falls zu diesem Behältern gerechnet habe, werde ich weiter unten einiges zu erinnern eine schickliche Gelegenheit haben.

Wie in den Werkzeugen des Athmens, von denen wir bisher gesprochen haben, so unterscheiden sich die Eyerlegenden und le - bendig gebärenden Thiere mit warmem Blu - te auch in den Stimmwerkzeugen gar sehr von einander.

Denn bey allen Vögeln sind meines Wis - sens die Theile des Kehlkopfs (larynx) nicht wie bey den Säugethieren verbunden, sondern in der Maaße gesondert, daß die Kehle (glottis) (des Kehldeckels, epiglottis,37 beraubt) den obern Theil der Luftröhre oder der Zungenwurzel, das Uebrige des Kehlkopfes aber und vorzüglich seiner Höle (ventriculus), und die Membranen, welche statt der wirklichen Stimmenbänder (liga - menta vocalia) vorhanden sind, den untersten Theil einnehmen, wo die Luftröhrenäste be - findlich sind (pars bronchialis).

Außer dem ist aber auch dieses noch sehr merkwürdig, daß bey vielen Männchen un - ter den Vögeln die Stimmwerkzeuge von denen der Weibchen derselben Gattung so äußerst verschieden sind. Denn ob man gleich bei den Säugethieren auch einen sol - chen Sexualunterschied bemerkt, wie z. B. selbst bei dem Menschengeschlechte der Kehl - kopf des Mannes gesamt dem Zungenbeine (os hyoideum) weiter ist als der des Wei - bes, so beschränkt sich doch, so viel mir bekannt ist, der ganze Unterschied von die - ser Art bei ihnen ganz auf die Propor - tion der Theile, da bei den Vögeln herge - gen bisweilen eine ganz verschiedene Einrich - tung vorkommt. So kommt z. B. jene be -38 sondere knöcherne Kapsel (bulla), zu wel - cher bekanntlich die Luftröhre der mehresten Vögel aus der Ordnung der Wasservögel (anseres) in ihrem äußersten Luftröhrenaste aufgeblasen ist, wie sich aus des berühm - ten Bloch's genauerer Untersuchung er - giebt*)S. Schriften der Berliner Gesell - schaft Naturforschender Freunde, Th. 3., nur den Männchen zu, wodurch Hildan's Meinung ungemein bestätigt wird, der vor fast zweihundert Jahren schon schrieb, daß diese Kapsel nicht, wie einige glaubten, zu einem längeren Unter - tauchen, sondern zu einer stärkeren Stimme diene**)In dem vortreflichen, aber äußerst seltnen Werke: von der Fürtrefflichkeit, nutz, und Nothwendigkeit der Ana - tomy. Bern 1624. 8. S. 223. Vergl. das Kupfer..

Aber die Luftröhre scheint auch bei eini - gen Männchen unter den Vögeln anders39 herabzulaufen, als bei den Weibchen. We - nigstens scheint, wenn eine Muthmaßung hier nicht unstatthaft ist, jener Unterschied, den man verschiedenen Nachrichten zu Fol - ge im Skelett des Schwans antrifft, daß nämlich die Luftröhre bei einigen, fast wie bei dem Kranich, in die Holung des Brust - beins einlaufe, bei andern aber nicht, die - ser Unterschied, sag 'ich, scheint, wenn uns nicht alles trügt, auf eine ähnliche Sexual - verschiedenheit hinzuweißen.

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3. Natürliche Verrichtungen.

Jetzt wenige Worte über die natürli - chen Verrichtungen.

Hier bietet sich uns gleich jene ausge - zeichnete Verschiedenheit zwischen den - geln und Säugethieren in denen zur Ein - nahme der Nahrungsmittel erforderlichen Organen dar, daß die ganze Klasse von je - nen gar keine Zähne hat, da unter diesen hergehen nur wenige völlig zahnlose Ge - schlechter, die Wallfische nämlich, Ameisen - fresser (myrmecophaga) und Schuppen - thier (manis) gefunden werden. Einige Vögel, vorzüglich Wasservögel, haben zwar an den Kinnladen ausgezackte Rän - der (serrati), allein diese Einschnitte kön - nen durchaus nicht für Zähne gehalten wer - den, da sie nicht einmal bis zu den knöcher - nen Maxillen selbst gehen, sondern bloß41 der hörnernen Oberhaut des Schnabels und dem unterliegenden Felle (corium) einge - graben sind. Dasselbe gilt auch von den (sonst sehr harten) stachlichten Spitzen am Gaumen der Wasservögel.

Dagegen haben aber die Vögel einen an - dern Vorzug, der, so viel ich weiß, auch nicht einem einzigen Säugethiere zu Theil geworden ist, nämlich die biegsame und mehr oder weniger gefügige Beweglichkeit der obern Kinnlade, welche den Schädeln aller Vögel, so viele ich ihrer gesehen habe, gemein ist*)Doch behauptet Herr Schneider in den vortreflichen oben angeführten comment. Th. 2. S. 171. von dem Schädel des Auerhahns (urogallus), den ich nicht gesehen habe, das Gegentheil. In dem obern Theile des Schnabels hat dieser Vogel gar keine Beweg - lichkeit, wenn man sie nach der Junktur der Stirn - und Nasenbeine mit dem Schna - bel oder obern Kinnlade ermißt. .

Diejenigen Vögel, welche sich von Saa -42 menkörnern nähren, sind, daß ich mich so ausdrücke, mit einem dreifachen Magen versehen worden, den man einigermaßen mit dem vierfachen Magen der zweihufigen wiederkäuenden Säugethiere vergleichen kann. Denn der Kropf (ingluvies) der Vögel scheint dem ersten (rumen Pansen) und zweiten Magen (reticulum, Haube) der wiederkäuenden Thiere, der drüsige Schlauch*)Dieses Werkzeug vor dem Magen, in dessen Drüsen ein die Verdauung befördernder Saft abgesondert wird, nennt man sonst auch selbst echinus. A. d. h. von jenen dem dritten Magen (echinus, Blättermagen, Buch) von die - sen, und endlich der sogenannte Magen von jenen dem vierten Magen von diesen (abomasus, Laab, Fettmagen) zu entsprechen.

Daß die Vögel das Geschäft (actio) dieses Magens sich erleichtern, indem sie zu diesem Behufe Steinchen und andere harte Körper verschlucken, ist eine so allge -43 mein bekannte Sache, daß man sich wahr - haftig nicht genug wundern kann, wie in unsern Zeiten ein Spallanzani den Irr - thum eines ehrlichen gelehrten Töpfers Bern. Palissy, welcher behauptete, daß die Vögel sie nicht absichtlich, sondern aus Unvorsichtigkeit und Dummheit verschlän - gen, auf guten Glauben nachbeten konnte. Es verdrüßt mich beinahe zur Widerlegung eines so paradoxen Irrthums die gemein - sten Beobachtungen anzuführen, daß die Vögel z. B. die Sandsteinchen, welche sie aussuchen, mit der Zunge prüfen, und sie, wenn sie nichts Rauhes daran spüren, wieder wegwerfen; und daß die Hüner, wenn sie ihres verschlossenen Aufenthalts halber, dieses mechanischen Verdauungs - mittels entbehren, alles Ueberflusses von Speisevorrath unerachtet, doch mager und fast dürrsichtig (atrophicae) werden. Aus diesem Grunde nimmt man auch, wenig - stens auf englischen Schiffen, die nach In - dien gehen, nicht allein einen Vorrath von Gerste, sondern auch von solchen Sand - steinchen mit, und bringt an den Hüner -44 ställen eine dopelte Krippe an, wo in die eine Steinchen, und in die andere die Speise kommt, weil beides zur gehörigen Fütte - rung dieser Vögel gleich nothwendig ist. Und so ist es auch allbekannt, daß die Tauben ihren noch nicht flüggen Jungen schon fleißig Sand zutragen, bevor diese sich dies nothwendige Hülfsmittel zum Zer - malmen*)Nach Tod. Whytt's Meinung, dienen sie auch als Reiz zur Erweckung der Lebens - kraft des inwendig mit einem so kallösen Ueberzug bekleideten Magens. S. dessen Essay on the vital and other involuntary mo - tions of animals. S. 85. Ausg. v. 1751. selbst verschaffen können.

Von den Fleischfressenden (Raub -) - geln haben manche eine Eigenheit, von der ich bei den Säugethieren nichts Aehnliches weiß; das Vermögen nämlich, alles Un - verdaute, hauptsächlich Knochen und Haut, durch ein natürliches Erbrechen wieder von sich zu geben, (die Gemölle werfen), wie45 man bei den Falken, Eulen u. a. aber auch bei dem Eisvogel sehen kann, der die Fisch - gräten gleichsam zu einem Balle zusammen - gerollt von sich bricht.

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4. Thierische Verrichtungen.

Nun kommen wir noch auf einige thie - rische Verrichtungen, in denen die Vögel von den Säugethieren unterschieden sind.

Die ursprüngliche Quelle aller dieser Verrichtungen, und gleichsam der Leiter derselben, das Gehirn, ist bekannter Ma - ßen bei den Vögeln, hauptsächlich im Be - treff der einzelnen Theile, ganz anders ein - gerichtet, als bei den Säugethieren, allein ich lasse diese Unterschiede hier unberührt, weil sie bis jetzt nicht auf die Physiologie einfließen, indem man über den Nutzen und die Verrichtungen der meisten dieser Theile wenig oder gar nichts Gewisses ausgemit - telt hat.

Es wird daher nützlicher sein eine Ver - gleichung der Sinnenwerkzeuge von den bei -47 den Thierklassen, mit denen wir uns jetzt beschäftigen, anzustellen, und ich will den Anfang mit dem Werkzeuge des Tastens (tactus, Gefühl im engsten Sinne) machen, welches von der übrigen Empfindung (sen - satio), die allen Nerventheilen zukommt, so unterschieden ist, daß kaum eine andere Eigenthümlichkeit, als diese, aufzufinden ist, die allen und jeden lebendigen Thieren so gemeinsam wäre, da das Tasten her - gegen, oder das eigentlich soge - nannte Gefühl nur sehr wenigen Thier - gattungen ertheilt worden zu seyn scheint.

Denn was die Säugethiere anbelangt, so bin ich überzeugt, daß außer dem Men - schen nur einige Gattungen aus der Ord - nung der Affen, Pavianen, Meerkatzen und Faulthiere mit dem Sinne des Tastens ver - sehen sind. Denn diesen mochte ich mit einigen berühmten Physiologen unsers Zeit - alters diesen Sinn nicht absprechen, weil ich mehrere Gattungen Affen secirt, weit mehrere aber noch lebendig beobachtet, und in den Handflächen, vornemlich aber in den48 Fingerspitzen derselben die Spirallinien der Hautwärzchen deutlich erblickt habe.

Außer dieser Ordnung der Affen aber möchte ich kaum einem andern Säugethiere das Tasten zuschreiben, denn selbst bei den lebendigen Elephanten, die ich gesehen, ha - be ich keine Verrichtung ihrer Rüssel bemer - ken können, die man für ein wahres Tasten nehmen dürfte.

Buffons Meinung aber, baß vielen Säugethieren, vornehmlich solchen, die mit Hufen (solidungula) und gespaltenen Klauen (bisulca) versehen sind, die Zunge nicht allein zum Geschmack, sondern auch zum Tastungsorgane verliehen sei, scheint mir weit weniger unwahrscheinlich.

Wie nur wenigen Säugethieren, so möcht 'ich aber auch nur einigen Geschlech - tern von Vögeln eigentliches Tasten zuschrei - ben. Vornehmlich den Wasservögeln, bei denen mir aber das Tastungsorgan nicht in den Füßen, sondern einzig in der49 Wachshaut des Schnabels (coria - cea rostri integumento) befindlich zu seyn scheint.

Ich habe bei der Gans und unserer Hausente, die drei Aeste des fünften Ner - venpaares genauer untersucht, und gese - hen, daß sie größtentheils jener Wachs - haut als häutige Aestchen zu Theil gewor - den sind. Es schien mir deshalb der - he werth, von jener zierlichen Vertheilung derselben, wie man sie bei der Ente (anas Boschas) findet, eine nach der Natur ver - fertigte Abbildung zu liefern*)Vgl. z. B. mit der unsrigen Moulen's Figur, welcher zweifelhaft ist, ob diese Ner - ven zum Tasten oder zum Schmecken dienen. Philosophical Transactions N. 199..

(S.Figur 3.)

Oft aber hab 'ich auch die Erfahrung an lebendigen Vögeln dieser Gattung ge - macht, wie äußerst empfindbar dieses so Nervenreiche Intugement ihres Schnabels50 sei; und ohne viele Mühe konnt' ich bemer - ken, daß, wenn sie in einem trüben Teiche oder Sumpfe Nahrungsmittel suchen, sie die Dinge, auf welche sie mit dem Schna - bel stoßen, auf eine ähnliche Weise mit demselben untersuchen, wie wir uns des Fingers bedienen, um einen Gegenstand durch Tasten zu erkennen.

Im Geschmacksorgane herrscht unter den verschiedenen Gattungen der - gel eine weit größere Verschiedenheit, als unter den Säugethieren. Denn von den letzteren ist mir auch nicht ein einziges be - kannt, das nicht mit einer fleischigten und mehr oder minder weichen Zunge versehen wäre, und dem man nicht wirklichen Ge - schmacksinn zuschreiben müßte. Wie viel - fach hergegen ist die Verschiedenheit der - gelzungen! Viele derselben haben eine so feste und wahrhaft hörnerne Textur, daß es mir fast unwahrscheinlich ist, daß sie für die Reize des Geschmacks empfänglich seyn sollten.

Die Zunge des Pfefferfraßes51 (Rhamphastus) mag zum Beispiele dienen, welche ich jedoch nicht mit Buffon eine, durch Irrthum der Natur übel angebrach - te, ächte Feder nennen möchte, die zu bei - den Seiten dicht mit Fasern, denen der Fe - dern vollkommen ähnlich, besetzt sei, und was solcher übertriebenen Redensarten mehr sind, deren sich der sonst sehr ver - diente Verfasser in der Geschichte des Pfef - ferfraßes bloß darum bedient, um die schaf - fende Natur eines Irrthums und einer Ver - nachlässigung zu zeihen*)Histoire naturelle des oiseaux T. VII. S. 100. fgg. le bes excessif, inutile du toucan, renferme une langue encore plus inutile, et dont la structure est très-extraor - dinaire: ce n'est point un organe charnu ou cartilagineux comme la langue de tous les ani - maux ou des autres oiseaux, c'est une véri - table plume bien mal placée: comme l'on voit, et renfermée dans le bec comme dans un etui. Und S. 113. La langue des toucans est, comme nous venons de le dire, encore plus52 extraordinaire que le bec: ce sont les seuls oiseaux qui aient une plume au lieu de lan - gue, et c'est une plume dans l'acception la plus stricte, quoique te milieu ou la tige de cette plume-langue soit d'une substance cartilagineuse, large de deux lignes; mais elle est accompagnée des deux cotés de barbes très - serrées et toutes pareilles à celles des plumes ordinaires u. s. w..

Die hörnerne Zunge dieser Vögel in dem Tukan (Rhamphastus Tucanus), den ich secirt habe, über vier Zolle lang, bei der Basis aber, wo die größte Breite ist, kaum anderthalbe Linie breit.

Ihre Ränder laufen zwar vorn in - den aus, allein diese haben mit der bekann - ten Textur der Bärte (cirrhi) an den Fe - dern nicht die allermindeste Aehnlichkeit, sondern müssen vielmehr mit den Fäden ver - glichen werden, womit die Barden (lami - nae gingivales) des Wallfisches an der Seite besetzt sind. Die Basis des Zungen - beins aber, an welche diese Zunge befestigt ist, läuft in eine zarte knöcherne Gräte von53 der Länge eines Zolles aus, die mit der Zunge selbst fest zusammenhängt.

Im Ganzen genommen findet man also die Zunge dieser Vögel den Zungen vieler andern Vögel ziemlich ähnlich, sobald man nur außer einigen minder wichtigen Mo - menten davon absieht, daß dieser hörnerne Ueberzug bei dem Pfefferfraße bis zur Zun - genwurzel fortläuft, da er bei andern her - gegen nur die Spitze der Zunge bekleidet.

Diesen vermeinten Mangel aber scheint die Natur durch einen weicheren und sehr empfindbaren Gaumen ersetzt zu haben, von welchem, wie ich beim Anatomi - ren eines solchen Vogels gesehen habe, sehr starke, aus dem ersten Aste des fünften Paa - res entspringende, Nerven auslaufen. (S.Fig. 4.)

Die übrige Struktur des innern Schna - bels dieses berühmten Vogels habe ich in einer Abbildung dargestellt, aus welcher man deutlich ersieht, daß er Theile von drei - facher Art enthält, an der Basis nämlich54 gewundene Geruchsbläschen ( b. c. d. ) in deren oberste der erste Nerve von hinten einläuft ( a. b. ). Das mitt - lere Segment des Schnabels enthält eine besondere Holung, die man gewissermaßen mit Highmor's Höle vergleichen kann ( e. f. g. ) der vordere zellichte Theil endlich ( e. f. g. i. ) ist mit sehr zar - ten hörnernen Scheidewänden unterwebt, welche Textur man auch, aber knöchern, fast eben so in den Schnäbeln der Papa - geyen, hauptsächlich des Cacadu (psit - tacus cristatus) erblickt. Und so möchte ich diese Kinnbackenzellen der leichtgeschnä - belten Vögel ebenfalls lieber zu den Luft - behältern, als zu den Geruchsorganen rech - nen, wohin Mons die Schnabelkap - sel des Nashornvogels (buceros) rech - nete*)In den Comment. instituti Bononiensis. Th. 3. S. 298. fg..

In Ansehung der Einrichtung der Ge - ruchsorgane und der Schärfe des Ge -55 ruches sind die Vögel im Ganzen genom - men eben so verschieden von einander, als die Säugethiere, denn bei einigen, z. B. dem Pfefferfraße, ist der erste Nerve sehr zart, bei andern hergegen sehr dick, wie bei der Gans u. a.m. einige haben einen ausnehmend scharfen Geruch, wie die Ra - ben, andere einen nur schwachen, wie die Hüner.

Das Ohr der Vögel weicht von den Säugethieren ihrem außerordentlich ab. Denn vors Erste haben sie sämmtlich gleich den äußern Knorpel nicht, der (wenige Ordnungen ausgenommen, die mit Schwimmfüßen versehenen, die Wasser - säugethiere, der Maulwurf und einige an - dere) den mehresten Säugethieren nicht mangelt. Diesen Mangel aber ersetzt bei ihnen eine sehr zierliche Anordnung der Fe - dern um den Gehörgang, (der vorzüglich bei den Eulen sehr sichtbar ist,) welche, da sie wie Strahlen divergiren, zur Aufnahme des Tons sehr passend geordnet sind.

Andere Besonderheiten des Ohres der56 Vögel, als das nach außen gewölbte Trom - melfell, der einzige Gehörknochen, der knö - cherne, einem Fingerhute ähnliche Kegel statt der Schnecke der Säugethiere, sind zu bekannt, als uns lange bei ihnen zu ver - weilen. Dieses einzige will ich hier nur be - merken, daß ich neulich wider alles Erwar - ten bei dem Leguan (lacerta iguana) auch nur einen einzigen, dem der Vögel vollkom - men ähnlichen, Gehörknochen gefunden ha - be, ein knorpelichtes Stäbchen (bacillus) nämlich (wie Haller*)Oper. minor. Th. 3. S. 194. diesen Theil des Gehörknochens nennt) eine knöcherne Säule (columella) u. s. w.

Die Augen der Vögel endlich haben nicht nur Theile, welche an den Gesichts - organen der Säugethiere gänzlich mangeln, z. B. den knöchernen Ring der harten Haut (sclerotica), den Fächer (pecten plicatum) der gläsernen Feuchtigkeit (humor vitreus) u. s. w., sondern unterscheiden sich auch in der Struktur einiger andrer, beiden Thierklassen sonst gemeinsamen, Theile, so57 offenbar und auszeichnend, daß eine Auf - stellung derselben über ihre bisher strei - tige Einrichtung in den Säugethieren ein nicht unbeträchtliches Licht verbreiten zu können scheint. So habe ich z. B. in dem Auge des Uhu (stryx bubo) ganz deut - lich unterscheiden können, daß die Iris bei seiner Gattung ganz Membran und von der schwarzen Haut (choroidea) sehr unterschieden ist. So erinnere ich mich auch nicht, bei einem andern Thiere die Grenzen der Netzhaut (retina) so mit den Augen haben verfolgen zu können, als bei der benannten Gattung des Pfefferfraßes, wo ich diese dicke und sehr weiße markige Membran neben dem äußern Umfange des sehr schwarzen strahlichten Körpers (corpus ciliare) von einem sehr zierlichen etwas schwellenden Rande begrenzt erblickte, wor - aus man sieht, daß von der streitigen Haut, die nach der Behauptung berühmter Männer von der Netzhaut auslaufen, und bis zum Glaskörper gehen soll, offenbar in diesen Augen auch nicht ein Schatten anzutreffen seyn kann.

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Erläuterung zur beifolgenden Kupfertafel.

Figur 1.

Ein menschlicher Embrio von vier oder fünf Wochen nach der Empfängniß, in wel - chem man das in diesem Exemplar sehr klei - ne Nabelbläschen, und die knorpelartigen Anfänge der Rippen erblickt.

Figur 2.

Das Herz eines Fischreihers, des - sen rechte Kammer so geöffnet ist, daß das größere Stück der äußern Wand aufwärts, die zwei kleineren niederwärts gebogen sind.

a. b. c. die muskulöse Klappe, welche die Vögel statt der dreispitzigen der Säu - gethiere haben. a. b. und a. c. sind die dickern Theile derselben, in denen es von dem Fleisch des Herzens seinen Ursprung nimmt. b. c. aber ist der dünnere Rand derselben, der sich beim Zusammenziehen der Herzbeutel an die kahle, der Zitzenförmi -59 gen Muskeln beraubte, Scheidewand des Herzens d. e. anlegt.

f. g. die Borste, welche unter der Klappe selbst in die Höle des rechten Ohres geht.

h. i. die Spitze der in die Lungenpuls - aber eingesteckten Röhre.

Figur 3.

Kopf der Ente mit den Nerven des Schnabels, die aus den drei Aesten des fünften Paares ihren Ursprung nehmen, und wie es scheint vorzüglich zum Tasten dienen.

a. b. Erster Ast.

c. d. e. Zweiter

f. g. Dritter.

h. i. Der Nerv dieses Astes, welcher dem Unterkiefer eigenthümlich ist.

k. Der abgeschnittene Hautnerve des ersten Astes, der nach den Seiten der Nas - löcher vertheilt ist.

Figur 4.

Innere Gestalt der Hirnschaale und des60 obern Schnabels eines Pfefferfraßes, in der Mitte vertikal durchschnitten.

a. b. Der Nerv des ersten Paares, der in die Geruchskapsel b. c. d. ausläuft.

e. f. g. Die leere Holung, durch eine sehr dünne häutige Scheidewand h. ge - theilt.

e. f. g. i. der mit hörnernen Zellen durchwebte Schnabel.

Die Nerven, welche außer diesem des ersten Paares a. b. durch die Basis des Schnabels herablaufen, gehören zum fünf - ten Paare, und sind größtentheils in den zarten Gaumen verflochten.

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II. Versuch einer vergleichenden Physiologie zwischen den kalt - und warmblütigen Thieren.

interleaf63

Da die zwei Hauptstücke der Physiologie, von der thierischen Wärme, und der Reproduktion, über welche seit mehreren Jahren so genaue Untersuchungen angestellt worden sind, zu den Hauptunter - schieden zwischen den kalt - und warmblü - tigen Thieren gehören, indem die kaltblü - tigen sich durch eine starke und wunderbare Reproduktionskraft auszeichnen; jene ur - sprüngliche Wärme aber gegentheils den Thieren der andern Klasse eigenthümlich ist; so hoffte ich über diese Untersuchungen eini - ges Licht verbreiten, und mit einem Male zwei Gegenstände beleuchten zu können, wenn ich im Allgemeinen eine physiologische Vergleichung zwischen den kalt - und warm - blütigen Thieren anstellte, vornehmlich die64 Oekonomie der erstern ausmittelte, und die beträchtlicheren Abweichungen in der Oeko - nomie der warmblütigen Thiele von dieser bemerkte, ein Unternehmen, welches außer jenem Hauptzwecke noch auf manche andre Art von Nutzen zu seyn schien.

Denn einerseits erhält man durch eine solche Vergleichung neue Ansichten über die Naturgegenstände von verschiedener Art, über ihre Verhältnisse, die Verwandschaf - ten derselben mit einander u. s. w., anderer seits aber wird man durch eine sorgfälti - gere Untersuchung des Unterschieds zwischen der thierischen Oekonomie der verschiedenen Klassen, genauer bestimmen können, inwie - fern man von denen an kaltblütigen Thie - ren angestellten Versuchen auf die Physio - logie des menschlichen Körpers schließen könne, wobei einige berühmte Männer der neueren Zeit, hauptsächlich in Ansehung der Bewegung des Herzens, der Irritabilität, der Wirksamkeit der Nerven, und den Wir - kungen des Opiums, bekanntlich nicht be - hutsam genug zu Werke gegangen sind.

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Endlich aber schien mir überhaupt die Physiologie derjenigen kaltblütigen Thiere, die, weil sie durch Lungen Athem holen, zu - nächst an die warmblütigen grenzen, der Amphibien*)Es bedarf wohl jetzt kaum einer Bemerkung mehr, daß unter der Benennung Amphi - bien, im Sinne des Systems bloß die vier - füßigen Landwasserthiere (reptilia) und Schlangen begriffen werden; keineswegs aber die sogenannten Knorpelfische, die der verdienstvolle Linne 'nicht der Natur gemäß von den übrigen Fischen trennte, und zu der Klasse der Amphibien rechnete.Vgl. Broussonet in Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1780. S. 679. fg.Camper in den Schriften der Ge - sellschaft naturforschender Freun - de zu Berlin. Bd. 7. Abth. 2. S. 197. folg. nämlich, eine sorgfälti - gere Untersuchung zu verdienen, weil dieser Theil der Zoologie bisher beinahe am mei - sten vernachlässigt worden, und unbearbei - tet geblieben ist.

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Man steht leicht von selbst ein, daß wenn hier von kaltblütigen Thieren die Re - de ist, darunter nicht die Blutlosen ver - standen werden, welchen Namen die Alten den Insekten und Würmern gaben, sondern diejenigen, welche zwar kalte, aber doch rothe Lebensfeuchtigkeit in den Adern ha - ben; und von diesen habe ich zu meiner vor - habenden Vergleichung wiederum besonders die Amphibien gewählt, weil bei ihnen die benannten ausgezeichneten Verschiedenhei - ten in der thierischen Oekonomie um so wun - derbarer scheinen, je mehr die übrige Einrichtung ihrer Körper, der in den warm - blütigen Thieren gleicht.

Da ich aber bis jetzt bloß hieländische lebende Amphibien habe seciren, und Ver - sucht mit ihnen anstellen können*)Und zwar vornehmlich aus dem Geschlechte der Frösche mit der gemeinen Kröte, der Feu - erkröte, dem braunen Grasfrosche, dem grünen Wasserfrosche und Laub - frosche; aus dem Geschlechte der Eidexen67 mit der grünen und Sumpf-Eidexe, dem Molche und Wassermolche; aus der Ordnung der Schlangen aber bloß mit der Ringelnatter und Blind - schleiche., so ergiebt sich daraus von selbst, warum ich auch nur den Versuch einer solchen verglei - chenden Physiologie versprechen kann, und andern, die mehr Gelegenheit und Muße haben, eine reichlichere Ausbeute in diesem Felde überlassen muß.

Damit aber auch bei diesem Versuche alles in der Ordnung hergehe, wollen wir uns nach den vier Funktionen richten, in welche man die Lehre von der Physiologie nicht unschicklich einzutheilen pflegt, nämlich in die Lebens die thierischen, natürlichen und Geschlechts, Verrichtungen. Mit den Lebensverrichtungen wollen wir in - deß den Anfang machen, weil in Hinsicht auf sie die kalt - und warmblütigen Thiere sich am meisten von einander unterscheiden.

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1. Lebensverrichtungen.

Wenn man die hieländischen Amphibien mit den warmblütigen Thieren vergleicht, so findet man zuerst eine im Verhältniß zu dem Körper geringere Quantität von Blut bei jenen, weshalb auch ihr Fleisch weißli - cher ist, einige Eingeweide aber, und zwar vorzüglich die Lungen, welche bei den warm - blütigen Thieren so äußerst vollblütig sind, bei den Amphibien auch in dieser Hinsicht so sehr von jenen abweichen.

Ich habe einen Versuch an Sumpf - eidexen gemacht, von denen ich 24 er - wachsene volle, und zugleich anderthal - be Unze gegen einander abgewogen, zuerst aber die frisch gefangenen zu dem Behufe secirt habe, um ihre Blutmenge zu messen, und hierbei aus dem Körper aller und je - der nicht über zwei und einen halben Scru -69 pel bekommen können. Dieses geringe Ge - wicht des Blutes verhält sich also zur gan - zen Masse des Körpers wie 2 1 / 2 zu 36, da man bei einem erwachsenen und vollen Men - schen das Verhältniß des Blutes zum Kör - per wie 1 zu 5 zu nehmen pflegt.

Merkwürdig ist es auch, daß das arte - riöse Blut der hieländischen Amphibien, so viel ich wenigstens habe bemerken können, kaum von dem venösen zu unterscheiden ist*)So sagt auch Haller von den Fröschen oper. minor. Th. 1. Das arteriöse und ve - nöse Blut ist bei den Fröschen nicht verschie - den. Von dem Molche sagt Spallan - zanide 'fenomeni della circolazio - ne S. 100. Avutasi egualità di diametro, al colore del sangue venoso è somigliantissomo al colore del sangue arterioso. und S. 193. Il sangue arterioso in nulla differisce dal ve - noso sia nel colore, sia nella densità. , so daß man nur durch die Lage und Rich - tung der Gefäße, in denen es enthalten ist, das eine von dem andern unterscheiden kann,70 da sich bei den Säugethieren hingegen das lebhaftere arteriöse Blut so merklich von dem traurigen venösen unterscheidet, wofern nämlich nicht ein Bad oder ein anderes war - mes Medium eine Zeitlang auf sie wirkt wodurch, wie sich aus Crawfords schö - nen Versuchen ergiebt*)In den philosophical Transactions. Bd. 71. Abth. 2. S. 487., auch das venöse Blut allmählig minder dunkel, und dem lebhaften Roth des arteriösen ähnlicher wird.

Dieselbe Bewandniß scheint es auch mit dem Fötus zu haben, der in der thierischen Gebärmutter in ein Bad getaucht wird. Es ist bekannt, daß bei ihm das Blut in bei - derlei Gefäßen sich ebenfalls wenig in der Farbe von einander unterscheidet.

Unter den Amphibien selbst aber ist es mit den Schildkröten anders beschaffen, bei denen, nach dem Zeugnisse genauer Beob - achter**)Zuerst hat dieses meines Wissens angemerkt71 Caldesi in observ. anat. intorno alle Tar - tarughe S. 60 fg.Vgl. Mery in Hist. de l'Acad. des Sc. de Paris avant 1699 Bd. 2. S. 210. fg., das venöse Blut wie bei den Säu - gethieren schwarz, das arteriöse aber schön roth ist.

Im Ganzen genommen ist bei den hie - ländischen Amphibien das Blut nach Ver - hältniß ihrer Ernährung verschieden: blei - cher nämlich bei weniger, von höherer - the bei mehrerer Nahrung. Und läßt man dieses Blut aus den zerschnittenen Venen, und setzt es der atmosphärischen Luft aus, so erhält es, indem es zu einer Salbenarti - gen Masse gerinnt, eine schöne frische Röthe.

Die Elemente des Blutes selbst scheinen übrigens im Allgemeinen bei den Amphi - bien und warmblütigen Thieren einander ziemlich ähnlich zu sein, außer daß man in jenen bei Vivisektionen immer elastische Luft - bläschen ihrem Blute beigemischt findet, welche mit dem in den Venen enthaltenen72 Blutstrome im Kreise herumgetrieben wer - den, wodurch dieser durch solche Lufträum - chen getrennte Strom gleichsam die Gestalt einer Quecksilbersäule bekommt, die in einem fehlerhaften Thermometer schlimmer Weiße getrennt worden ist*)S. Caldesi von den Schildkröten a. a. O. S. 64. Vgl. Redi opera ed. vernac. Neap. 1778. Bd. 6. S. 32 fg. An den hieländi - schen vierfüßigen Amphibien ist es gewöhn - lich..

Dieses verhält sich bekanntlich bei ge - sunden warmblütigen Thieren ganz anders. Bei gesunden sag 'ich, mit denen sich die ganze Physiologie und mithin auch die ge - genwärtige Untersuchung beschäftigt. Denn bei krankhaften Körpern, die an einem be - sondern Zusammentreten des Blutes leiden, ist es so ungewöhnlich nicht, daß man bis - weilen die Venen zu sehr mit ihrem Blute angefüllt, und durch elastische Luft getrennt antrifft**)Vgl. z. B. Gesners biograph. academica Gottingensis. Bd. 1. S. 155. fg.. Bei vollkommen gesunden her -73 gegen, ist diese Luft, wenn ihrer auch eine ziemliche Menge im Blute wäre man schätzt ihre Menge ungefähr auf den drei - ßigsten Theil der ganzen Masse doch so innig mit diesem purpurnen Strome ver - mischt, so aufgelöst darin enthalten, daß man sie nur durch Kunst daraus entbinden kann.

Die Erscheinungen der Circulation ha - ben die Amphibien und warmblütigen Thiere im Allgemeinen mit einander gemein, und sie sind hinlänglich bekannt, da man selbst jenen Bewundernswürdigen Kreislauf, wie ihn der große Malpighi an den Frö - schen beobachtete und beschreibt, auch jetzt an eben diesen Thieren zu zeigen pflegt.

Bei dieser Gelegenheit will ich die oft angeregte Frage mit berühren, ob nämlich die Blutkügelchen, wenn sie durch die eng - sten Aestchen der Gefäße laufen, ihre Ge - stalt verändern, und aus sphärischen ovale werden?

Ich habe nirgends von einer solchen Veränderung in den warmblütigen Thieren74 eine sichere Beobachtung gefunden, und auch selbst, weder im bebrüteten Eie (wo - rin man, und zwar im Hünereie vornehm - lich am fünften und den nächstfolgenden Tagen, die Bewegung des warmen Blutes sehr schön und deutlich betrachten kann), noch in Eidexen oder Fröschen jemals wirk - lich ovale Kügelchen erblicken können. Reichel aber behauptet*)S. dessen de sanguine ejusque motu experi - menta. Fig. 3 g. g. , in den Thie - ren der letztern Gattung, im Gekröse der Frösche nämlich, eine solche Veränderung der Kügelchen aus sphärischen in ovale ge - sehen zu haben, und hat sie in einer netten Abbildung dargestellt.

Wiewohl man nun bei der Behauptung eines so sorgfältigen Beobachters kaum an der Wahrheit zweifeln kann, so bin ich doch hier noch sehr zweifelhaft, ob man eine solche Veränderung der Figur natürlich nennen könne, oder ob man sie nicht viel - mehr einer widernatürlichen krampfartigen75 Zusammenziehung der Gefäße zuschreiben müsse, welche, wie gewiß jedermann zugeben wird, bei einem solchen Thierchen unter so großen Martern auf Lieberkühns Folter leicht eintreten konnte.

Was die Bewegungen des Herzens be - trifft, das bei den hieländischen Amphibien nur ein Ohr und eine Kammer hat, so kommt diese durch ihren abwechselnden Rhythmus, der bei dem wechselsweisen An - ziehen und Nachlassen des Ohres und der Kammer statt findet, mit dem ähnlichen ausdehnendem und zusammenziehendem Wechsel an den doppelten Ohren und Kam - mern der warmblütigen Thiere, überein.

Ueber jene Zusammenziehung hat man sonst im Allgemeinen die Frage aufgewor - fen, ob die Herzkammern bei ihr wirklich kürzer oder nur enger würden? Die erstere Meinung ist jetzt durch die genauesten Be - obachtungen an kalt - und warmblütigen Thieren erwiesen und bestätigt, ich aber habe jenes Phänomen an dem Herzen kei -76 nes Thieres deutlicher, Trugfreier und be - stimmter gesehen und bewundert, als an der Ringelnatter (coluber natrix). Von dieser Schlangenart habe ich bisweilen aus den benachbarten Wäldern, und vor - züglich von dem Berge bei Plessen zwei El - len lange erhalten, bei deren Vivisektion ich die Herzkammer öfters bei jedem Zusam - menziehen um zwei ganze Linien habe kür - zer werden sehen, und meine Zuhörer das - selbe habe bemerken lassen.

Auch habe ich sowohl an dieser Natter als an den Fröschen und Kröten oft deut - lich gesehen, daß der Herzbeutel bei einem solchen Zusammenziehen vollkommen und gänzlich ausgeleert wird, so daß auch kein Tröpfchen Blut aus der Mündung der Aorta in ihn zurückbringt; eine Bemerkung, die ich auch an dem bebrüteten Jungen hauptsächlich vom fünften bis zum achten Tage gemacht habe. In wiefern man aber dieses auch von dem Herze des Menschen und anderer Säugethiere aussagen könne, oder ob die halbmondförmigen Klappen (valvu -77 lae semilunares) einige Tropfen des her - vorgetriebenen Blutes auffangen und in die Kammern zurückdrängen, wage ich bis jetzt noch nicht zu entscheiden*)Vergl. Al. Rud. Vetter Erklärung der Physiologie. Wien 1794. Bd. 1. S. 95.A. d. Ueb..

Dieselbe Ringelnatter hat zwar einen ausgezeichneten und ziemlich starken Herz - beutel, allein er ist mit dem Brustfell durch ein schlaffes zellichtes Gewebe verbunden, und fließt gleichsam mit ihm zusammen, daß beide zugleich angesehen, beinahe eine dop - pelte Schicht derselben Membran auszuma - chen scheinen.

Etwas ähnliches zeigt sich an jenem Igel, über dessen Herzbeutel sich die mehre - sten Anatomen zweideutig ausgedrückt, und den einige ihm geradezu abgesprochen ha - ben, von denen ich nur Blas, Peyer und Oktavian Tozzetti nennen will. Bei wiederholter Zergliederung dieser Thiere78 habe ich die Quelle dieser Abweichung leicht entdeckt, welche in der schlaffen und sehr zarten Textur dieses Herzbeutels, wo er nach dem benachbarten Mittelfelle zugeht - liegt.

Jetzt folgen auf das Herz in der Ord - nung die Lungen, Theile, die in der gan - zen Oekonomie bluthaltiger Thiere, und besonders bei der gegenwärtigen Verglei - chung sehr merkwürdig sind, da ihre Ein - richtung und Verrichtung zu den Haupt - unterschieden zwischen den Amphibien und warmblütigen Thieren gehört.

Sieht man auf die Masse, so haben die Amphibien sehr große Lungen. Besonders groß sind sie bei den Schildkröten und dem Chameleon, aber auch bei den hie - ländischen Amphibien sind sie, im Vergleich mit den Lungen warmblütiger Thiere von ausgezeichneter Größe.

Je größer aber ihr Umfang, desto schlaf - fer und lockerer ist ihr Gewebe.

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Denn bei den Fröschen und Kröten, auch der grünen Eidexe und dem Sa - lamander bestehen sie aus vieleckigten und ziemlich großen Zellen.

Bei der Sumpfeidexe und dem Wassermolche laufen sie in eine lange Blase aus.

Bei der Ringelnatter endlich ma - chen sie einen einzigen, im Ganzen holen, Sack von ungemeiner Größe aus, und wie aus der Uebereinstimmung anderer Anato - men*)Vgl. z. B. Coiter observ. anat. chirurg. S. 126. Charas nouvelles experiences sur la vipere S. 39. Pariser Ausg. von 1678. Tyson in philos. Transact. No. 144. S. 30. Taf. I. Fig. 1. Taf. 2. Fig. 4. Seba The - saur. Bd. 2. Taf. 109. Fig. 1. 3. 4. 5. zu erhellen scheint, überhaupt bei allen Schlangen. Und zwar ist dieser Lun - gensack bei der benannten Natter über einen Pariser Fuß lang: die obere und längere Hälfte desselben zeigt auf ihrer innern Ober - fläche etwas dicke Netzförmige Wände, die80 man fast mit der Beschaffenheit der innern Membran des zweiten Magens wiederkäu - ender Thiere vergleichen kann; die untere und um etwas kürzere Hälfte aber gleicht bloß einer häutigen Blase.

Dieses Gewebe der Lungen in den Am - phibien ist also sehr von den warmblütigen Thieren verschieden, denn wenn schon bei diesen die Lungen leicht, auch gewisserma - ßen schwammicht und zellicht sind, so sind sie doch im Vergleich mit jenen weit dich - ter, und aus unzähligen kleinen, durch das gemeine sehr zarte Zellgewebe mit ein - ander verbundenen Luftbläschen gewebt. Vergleicht man also irgend ein Säugethier mit einem Amphibium von gleicher Größe, z. B. die gemeine Fledermaus (vespertilio murinus) mit der Feuerkröte (rana bom - bina), so werden zwar die Lungen der letz - teren einen größern Umfang haben, als die der ersten, allein in Ansehung der so gerin - gen Anzahl von Zellen doch unendliche Male unter diesen stehen.

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Die Lungen der warmblütigen Thiere zeichnen sich aber vor denen der Amphibien nicht bloß durch Kleinheit, und die größere Anzahl von Zellen aus, sondern weit mehr durch die erstaunliche Menge Blutführender Gefäße in ihnen, in welchem Betracht beide wirklich nicht mit einander zu vergleichen sind. Dies lehrt schon die bloße Beschaf - fenheit frischer Lungen in lebendigen Thie - ren beider Klassen, aber auch eine mikro - skopische Untersuchung, wenn man durch eine glückliche Einspritzung die Gefäße der - selben mit einer gefärbten Flüssigkeit an - füllt, die das Innerste durchdringt.

Denn wiewohl dann auch die Lungen der Amphibien wunderbare dichtgewebte Netze von Gefäßen zeigen, welche die Wän - de der Zellen ausnehmend schön färben, so ist dieses doch beinahe gar nichts gegen die Anzahl derselben, und die Feinheit der viel - fach abgetheilten Zweige, welche endlich selbst das scharf-bewafnete Auge nicht mehr verfolgen kann, wodurch sich die Lungen der Säugethiere auszeichnen.

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Von der andern Seite aber haben die Lungen der Amphibien auch einen besondern Vorzug, dessen die des Menschen und an - derer Säugethiere ermangeln, die besondere Spannung (tonus) und Energie, vermit - telst deren sie sich, auch wenn die Brust ge - öfnet, und sie der äußern Luft ausgesetzt worden, doch erheben und in ihrem Zustan - de erhalten können*)Morgagni advers. anatom. V. 29. Vgl. die schönen Versuche an einer gefangenen Schildkröte in der Hist. des animaux der Pa - riser Akademisten. Th. 2. S. 194. fg., da die Lungen der Säugethiere hergegen, so wie der Brust - knochen weggenommen, und die Brusthö - len geöffnet worden, sogleich niedersinken und sich nicht mehr erheben.

Ja die mit Absicht zusammengepreßten Lungen in lebendig secirten Schildkröten haben sich durch eigne Kraft wieder erhe - ben können**)Cotter a. a. O. S. 127..

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Auch weiß man, daß eine Schildkröte, an der man das untere Schild (welches diesen Thieren statt Brustknochens dient) weggenommen hatte, mit also geöffneter Brust, und der Luft ausgesetzten Lungen, doch noch sieben Tage gelebt hat*)Mery a. a. O. S. 177..

Die Ursache dieser Eigenschaft scheint kaum anderswoher abgeleitet werden zu können, als aus einem eigenthümlichen Le - ben**)Ueber diese vita propria, worüber der be - rühmte Verfasser in mehreren seiner Werke, hauptsächlich aber in der Instit. Physiol. Ab - schn. 4. §. 42. Ausg. von 1798 spricht, wird man mit Nutzen nachlesen C. Ch. E. Schmid Physiologie philosophisch bearbeitet Band I. S. 182. fgg.A. d. Ueb. (vita propria) dieser Eingeweide, denn man kann sie weder der Contractilität, noch der Irritabilität, noch der Nerven - kraft zuschreiben. Von einer wirklich mus - kulösen Textur, welcher der neueste Schrift -84 steller hierüber, Varnier*)In der Histoire de la Soc. de Médec. J. 1779., allzulibe - ral die Irritabilität zuzuschreiben scheint, habe ich auf der Lungenoberfläche der Am - phibien eben so wenig, als auf der der warm - blütigen Thiere etwas entdecken können.

Der Nutzen eines solchen, an den Lun - gen der Amphibien so sichtbaren eigenthüm - lichen Lebens, wird sich dem leicht zeigen, der bedenkt, daß es hauptsächlich solchen Thieren zu Theil geworden, die entweber eine nur unvollkommene oder gar keine knö - cherne Brust erhalten haben, oder bei de - nen sie andererseits ganz unbeweglich ist.

Dieses ist der Fall bei den Fröschen und Kröten, die gar keine Rippen haben.

Unbeweglich aber ist er beinahe bei allen Schildkröten (wenige Gattungen der häu - tigen**)Schneider Naturgeschichte der Schildkrö - ten, S. 312. 330. und in der Vorrede S. 42.) testudo membranacea etwa85 ausgenommen), denn bei ihnen sind über - haupt alle Bedeckungen des ganzen Stam - mes unbeweglich, daß mithin weder die Brust noch die Unterleibspresse die Verrich - tungen beim Geschäft des Athemholens übernehmen können, die sie bei warmblüti - gen Thieren haben.

Im Allgemeinen zeigt diese besondere und Kunstvolle Einrichtung der Lungen in den Amphibien offenbar, daß diese Einge - weide auch bei dieser Thierklasse gewiß gro - ßen Einfluß auf die thierische Oekonomie haben; obwohl man sie noch nicht so un - tersucht hat, wie sie es verdienten.

Denn daß sie außer dem Athemholen vielen auch zum leichtern Schwimmen die - nen, ist ziemlich ausgemacht.

Vielen auch um Stimme hervorzubrin - gen. Vielen sag 'ich; denn einige Gattun - gen von ihnen, auch hieländische, sind, so viel ich weiß, gänzlich stumm, wie der Sa - lamander, die grüne Eidexe, und86 die Blindschleiche (anguis fragilis); und andere geben nur selten, und haupt - sächlich wenn sie in Gefahr sind, einen Ton von sich, wie die Wassereidexen, wel - che hierin den Maulwürfen und Hasen ähn - lich sind, die ebenfalls nur im höchsten Drange der Noth einen Ton von sich ge - ben.

Was man aber von einigen Säugethie - ren erzählt, daß sie in gewissen Gegenden die Stimme verlieren, wie die Hunde in den mehresten Strichen von Amerika, das - selbe wird uns auch hin und wieder von den Amphibien berichtet, z. B. von den Fröschen, von denen der vortrefliche Ger. Fr. Müller*)In den Sammlungen Russischer Ge - schichten, Bd. 7. S. 123. behauptet, daß sie in den mehresten Gegenden des asiatischen Ruß - lands stumm seien.

Das Athemholen selbst aber ist bei den Amphibien ungleich und spärlich, auch weit willkührlicher als bei den warmblütigen87 Thieren, und also nicht mit dem fortdau - erndem und gleichmäßigem Rythmus des Athemholens warmblütiger Thiere zu ver - gleichen.

Zwar scheinen alle, so lange sie wachen, bisweilen Luft zu schöpfen, und zwar am häufigsten von allen die Schildkröten, da bekanntlich auch die Seeschildkröten nicht lange unter dem Wasser bleiben, sondern in kurzen Zwischenräumen auf die Oberflä - che des Meeres kommen, und frische Luft schöpfen. Eben so verhält es sich mit den Wald - und Sumpfeidexen, welche, wenn ich sie in einem etwas tiefem mit Was - ser angefülltem Gefäße hielt, in ziemlich kurzer Zeit in die Höhe schwimmen, und Luft einziehen mußten.

Allein im Ganzen genommen können die Amphibien weit länger des Athemhs - lens entbehren, und ohne Schaden in ver - dorbner Luft ausdauern, als die warmblü - tigen Thiere.

Denn von den eben angeführten Schild -88 kröten ist es bekannt, daß sie, wenn man ihnen die Kinnbacken auch ganz fest zusam - menschnürt, und die Nasenlöcher versiegelt, demungeachtet über einen ganzen Monath leben können*)Mery a. a. O. S. 176. fg.Vergl. Baglivi diss. var. S. 460. Leidner Ausg. 1745..

Hierher kann man auch die sonst räth - selhaften aber doch nicht abzuläugnenden Beispiele von Kröten rechnen, die man bisweilen in dichten Baumstämmen, oder was noch wunderbarer und fast unglaub - lich scheinen könnte, in Marmorblöcken oder andern Steinen gefunden hat**)Von den zahlreichen Beispielen in beider Art will ich nur wenige anführen.Man vergleiche z. B. des Selbstbeobachters Luid lithophylac. Britann. S. 112.le Cat bei Alleon du Lac in den Me - langes d'histoire naturelle Bd. 3. S. 95. fg. The Gentleman's Magazine Bd. 26. 1756. S. 74. fg. 240. fg.89Guettard in den Mém. sur differ. part. des Scienc. et arts Bd. 4. S. 615. fg.Histoire de l'Academie des Sc. de Berlin, J. 1782. Mehrere haben angeführt Haller d. c. h. fabr. et. funct. Bd. 7. S. 151. fg.Kästner in der Vorrede zur teutschen Uebers. der actor. Holmiens. Bd. 3..

Die Amphibien können aber auch weit länger in Kohlengesäuerter oder fixer und phlogistischer Luft ausdauern, als die warmblütigen Thiere.

In Ansehung der fixen Luft habe ich Versuche in der berühmten Pyrmonter Höle gemacht, und dabei beständig gesehen, daß Tauben, wenn sie über eine Minute in diesem Meere von fixer Luft bleiben, kaum wieder in das Leben zurückgebracht werden konnten; und Frösche hingegen, wenn sie auch an sechs und sieben, ja neun Minu - ten in dieser Atmosphäre gewesen waren, doch nachher wieder zu sich selbst kamen*)Diesem entsprechen die Erfolge anderer von90 andern in der berühmten Hundsgrotte bei Nea - pel angestellter Versuche, z. B. von Nollet, der die seinigen erzählt in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris. J. 1750. S. 72. von Ad. Murray in Swensk Vetens k. acad. Handlingar J. 1775. Bd. 36. S. 249.Della Torre machte die Erfahrung, daß eine Kröte fast auf eine halbe Stunde in dieser Höle ausdauern konnte, und eine Ei - dexe nach fünf Vierthelstunden, denn so lange war sie in dieser Atmosphäre eingeschlossen, noch lebte.Die Worte Bern. Konnors de antr. lethiferis S. 64. Frösche, Schildkröten, und andre Amphibien, die weniger Luft zur Erhaltung des Lebens brauchen, können sehr lange in dieser Höle leben erkläre ich eben - falls so, daß darunter ein ähnliches längeres, aber doch keineswegs fortdauerndes Leben der Amphibien in einer solchen Höle voll fixer Luft, zu verstehen sei..

Um wie vieles aber die warmblütigen Thiere in Ertragung der phlogistischen Luft hinter den Amphibien zurückbleiben, hat91 Carminati an einer Menge von Versu - chen gezeigt*)De animalium ex mephitibus, et noxiis hali - tibus interitu. S. 96. fg.; aber auch die hieländischen Amphibien verderben ihre Atmosphäre so langsam mit Stickluft, daß, wenn ich un - ter eine Glocke zwei Sperlinge, und un - ter die andre zu gleicher Zeit eben so viel Frösche (von gleicher Größe u. s. w.) brachte, die Atmosphäre dieser letztern dann noch wenig verändert war, wenn die Sperlinge in ihrer schon ganz verdorbnen Stickluft unter Verzuckungen starben. In der Atmosphäre der Frösche löschten weder die Flamme des Wachsstocks, noch hinein - geworfene glühende Kohlen sogleich aus**)Vergl. nach Cigna Spallanzani in opusculi di sisica animale e vegetabile Bd. 2. S. 145 fg. wo er auch einige Irrthümer Veratti's in Ansehung dieser Versuche scharfsinnig verbessert..

Daß die Amphibien auch im sogenann - ten Luftleeren Raume unter der Luftpumpe92 eingeschlossen weit später sterben als die warmblütigen Thiere, ist nach Boyle's und der Caementi's von andern oft wiederhalten und bestätigten Versuchen, je - dermann bekannt.

Da aber die Organe des Athemholens, von denen wir bisher gehandelt haben, nach allem was man hierüber aufgefunden hat, höchstwahrscheinlich die Hauptwerk - stätte der thierischen Wärme sind, so scheint mir eine kleine Untersuchung über den Un - terschied der natürlichen Wärme, welche zwischen den beiden Thierklassen, von de - nen wir sprechen, statt findet, hier an ih - rem rechten Platze zu seyn.

Wir sehen nämlich, daß diejenigen Thiere, welche dichtere und mit einem gro - ßen Blutvorrathe versehene Lungen haben, und bei denen so wichtige Vorkehrungen zu dem kleinern Blutumlaufe gemacht sind, welche, so wie sie geboren sind, immerwäh - rend athmen müssen, und statt der reinen Luft, die sie einziehen, die mephitische aus -93 stoßen, wodurch sie die umgebende und ein - geschloßne Luft verderben, u. s. w., wir sehen, sag 'ich, daß diese Thiere zugleich einen aus - gezeichneten Grad natürlicher Wärme ha - ben, der bei dem Menschen gegen 96 Grad Fahrenheit, bei andern Säugethieren aber, und mehr noch bei dm Vögeln, an 110 Grade und darüber hält.

Die Amphibien hergegen, die nur lockere schlaffe Lungen mit einem nur geringen Blutvorrathe haben, holen auch sparsam und gleichsam willkührlich Athem, ja kön - nen des Athemholens auf lange Zeit entbeh - ren, ziehen ferner nur sparsam mephitische Luft ein; und haben endlich keine so starke angeborne Wärme, sondern kaum einige Grade mehr als die Temperatur der sie um - gebenden Luft.

Einige Grade sag 'ich wenn man nämlich das annimmt, was genaue Beob - achter an den Schildkröten erfahren haben*)S. Walbaum chelenograph. S. 26. fg.;94 denn bei den hieländischen Amphibien hat - ten die hierüber von mir angestellten Ver - suche keinen so konstanten Erfolg, daß ich etwas Bestimmtes daraus sollte folgern können*)Braun in den Nov. Comment. acad. Pe - tropol. Th. 13. S. 427 fg. behauptet das er nach vielen über die Frösche angestellten Versuchen gesehen habe, daß sie aller ihnen zukommenden Wärme ermangelten, sondern bloß die Wärme bei sie umgebenden Mediums hielten, und glaubt, daß diejenigen nicht gänzlich von dem Erschleichungsfehler frei sind, welche diesen Amphibien einige Grade innerer Wärme, unabhängig von dem Fluidum oder überhaupt Medium, das sie umgiebt, Luft und Wasser, zuschreiben. .

Der Vorzug, der unter den übrigen warmblütigen Thieren, vornemlich dem menschlichen Körper zukommt, und den man neuerlich genauer untersucht hat, daß er nämlich auch einem Uebermaas atmos - phärischer Hitze, die weit größer als seine95 natürliche Wärme ist, so widerstehen kann, daß diese letztere nur wenig von jenem frem - den Feuer erhöht wird, sondern fast immer den ihr gewöhnlichen Grad beibehält; und daß er von der andern Seite die strengste Kälte eben so leicht ertragen kann; dieser Vorzug kommt gewissermaßen auch den Am - phibien zu, welche bekanntlich einem sehr hohen Grade von Hitze wie von Kälte eben - falls widerstehen können.

Was das erstere anbelangt, so weiß man, daß die mehresten Gattungen der Amphibien in den heißesten Gegenden ein - heimisch sind, ja daß die Amphibien bis - weilen so gut wie die Fische in heißen Quel - len leben, und zwar freiwillig darin woh - nen, und sich auch recht wohl darinnen be - finden*)S. Cocchi bei Spallanzani a. a. O. Bd. 1. S. 46..

Ja man findet unter der Menge ver - dächtiger Erzählungen von Eidexen und andern Amphibien, welche sich lange Zeit96 in einem lebenden menschlichen Körper auf - gehalten haben sollen, doch bisweilen unbe - zweifelte und ganz Ausnahmlose Beispiele von dieser Erscheinung*)Auch hievon will ich nur wenige Beispiele an - führen:Th. Reines Bericht von einer Magd in Altenburg in Th. Bartholin's Act. Hav - niens. Bd. 2. S. 110 fg.Harder apiar. observat. S. 89.Jo. Rud. Zwinger in den Act. Helvet. Bd. 1. S. 22 fg.Batigne in Hist. de l'Ac. des Sc. de Ber - lin J. 1770. S. 40 fg.Eine Menge von Citaten s. bei Jakobä de ranis et lacertis S. 12. fg.Paulin de bufone S. 39. fg.Schröck zu Joh. Helwig observat. S. 249 fg. 272 fg.Kundmann in promptuario S. 108 fg.Und in den A. N. C., collect. Vratislavienf. und im Commerc. litter. Norico u. a.m., über die man sich in der That um so mehr wundern muß,97 weil diese Thiere hier nicht allein von einem Uebermaas von Hitze, sondern auch, was noch wichtiger ist, von mephitischer und ganz verdorbner Luft affizirt werden müssen. Jedoch muß man bemerken, daß diese Thie - re, so lange sie nämlich am Leben waren, meist den Magen selbst bewohnten, die Men - schen aber, welche an solchen ungewohnten und so lästigen Einquartirungen litten, um die dadurch erregten grausamen Schmer - zen zu lindern, fast beständig Nothgedrun - gen waren, eine ungeheure Menge Wasser zu verschlucken, welche einerseits die fixe Luft des Magens einsaugen konnte, anderer seits aber den Eidexen gleichsam das na - türliche Element gab, in dem sie schwim - men konnten.

Nicht allein aber einen ausgezeichneten Grad von Wärme, sondern gegentheils auch eine äußerst große Kälte können die Am - phibien ertragen. Zum Beweise dieses Um - stands will ich folgendes Beispiel anführen, das ich an einem Laubfrosche, den ich eine Zeitlang in meiner Stube gehabt hat -98 te, selbst gesehen habe. Diesen fand ich eines Morgens (am 31. Dezemb. 1783.) nach einer in der Nacht plötzlich eingetrete - nen Kälte (wobei das benachbarte Thermo - meter auf 30° Fahrenh. gefallen war) ganz in das Wasser eingefroren, wie ein in Bern - stein eingeschlossenes Insekt, und wie sich von selbst versteht, unbeweglich, mit ge - schlossenen Augenliedern u. s. w. Wider alle meine Erwartung kam dieses Thier, so wie nach und nach das Eis aufthaute, auch wieder zu sich; die vorderen Schenkel fien - gen sich, weil der Theil des Eises, an dem sie hiengen, zuerst schmolz, auch zuerst zu bewegen und zu regen an, indeß der Kopf und Stamm noch fest an dem übrigen Eise hiengen. So wie dieses aber vollends auf - gethauet war, war auch das ganze Thier - chen völlig wieder hergestellt, und hat noch lange nachher gelebt*)So erzählt auch von den Wassermol - chen du Fay in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Paris J. 1729. S. 144 fg..

Eine ähnliche Erstarrung überfällt zwar99 die Amphibien bisweilen auch, wenn sie in ihrem Winterschlafe begraben liegen, allein dann ist sie weniger wunderbar, weil zu der Zeit überhaupt alle und jede Funktio - nen der thierischen Oekonomie entweder ganz oder doch zum großen Theil außer Wirk - samkeit gesetzt sind, worüber ich weiter hin - ten einige Worte sagen muß.

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2. Thierische Verrichtungen.

Indessen gehen wir zu den eigentlich soge - nannten thierischen Verrichtungen fort, zu deren Bethätigung vornehmlich das Ner - vensystem bestimmt ist.

Und hier zeigt sich gleich an diesem Sy - steme der Unterschied zwischen den warmblü - tigen Thieren und den Amphibien, daß diese bei einem Verhältnismäßig so kleinem Ge - hirne, so vorzüglich dicke Nerven haben, da bei jenen im umgekehrten Verhältniß dünnere Nerven mit einem größeren Gehir - ne verbunden sind. Dieser Unterschied scheint um so wichtiger, je konstanter er, so viel man bis jetzt weiß, bei den sämmt - lichen Ordnungen dieser Thiere ist.

Das einst so sehr geschätzte Wägen der Gehirnmasse gegen die ganze Körpermasse, beruht auf einem so wenig festen und so un -101 sichern Grunde, als daß man etwas Gewis - ses und Bestimmtes daraus folgern könnte, dagegen aber leuchtet uns Sömmerings scharfsinnige Meinung*)Diss. de basi encephali. S. 17.Derselbe über die körperlichen Verschieden - heiten bei Negers vom Europäer 2te Ausg. S. 60 fg. um so mehr ein, daß ein weit sicherer Verhältniß zwischen der Dicke der Nerven eines Thieres und derjenigen Portion seines Gehirns ist, wel - che außer dem zu den Anfangen dieser Ner - ven selbst gehörigen übrig bleibt, und die man von dieser andern Portion unter der Benennung des Sensoriums unterscheiden kann.

Fügen wir nun diesem merkwürdigen Kanon noch einen andern bei, den Alex. Monro der Sohn**)On the nervous System S. 27. 33. 35. fg. mit vieler Wahr - scheinlichkeit festgestellt hat, daß man näm - lich in den Nerven zweierlei Arten von Ener - gie unterscheiden müsse, welche sie von dem102 Gehirn und zwar vornehmlich von jenem Sensorium erhalten, und eine andere ihnen eigenthümliche von dem Einflusse jener gar nicht abhängige; so sieht man sogleich, daß durch beide über die jetzt angestellte Ver - gleichung ein großes Licht verbreitet werde.

Denn es erhellt sogleich auf den ersten Anblick, daß die Amphibien dicke und starke Nerven, oder Verhältnißmäßig sehr wenig von jenem zu den Geistesfähigkeiten beitra - genden Gehirnüberschusse*)Dies sagt von dem Krokodill Vesling observat. anat. S. 39.Von den Schildkröten Schneider Naturgeschichte der Schildkröten S. 285 fg. (sensorium ce - rebrale) , gegentheils aber eine besondere eigenthümliche Energie der Nerven haben, und daß überhaupt die Verrichtungen der einzelnen Theile bei ihnen weniger von dem Einflusse des Gehirns abhängen, welcher Einfluß bei warmblütigen Thieren, und vor - nehmlich bei dem Menschen äußerst groß ist.

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Diese eigenthümliche Energie der einzel - nen Theile bei den Amphibien, beweisen die wunderbaren Bewegungen, welche man an Gliedern von ihnen bemerkt, die schon längst von ihrem übrigen Körper abgeschnitten worden, denn ich habe z. B. sehr oft ab - geschnittene Schwänze von Wassermol - chen, oder Theile, in welche ich die Rin - gelnatter zerschnitten hatte, zehn Stun - den lang und drüber sich aufs lebhafteste bewegen sehen.

Und daß der vorlängst abgeschnittene Kopf der Klapperschlange noch gebis - sen habe, hat mir ein Augenzeuge, der englische General Gage erzählt.

Daß der abgenommene Kopf der ameri - kanischen Schildkröte noch am andern Tage einen entgegen gehaltenen Stock fest mit den Kinnbacken gepackt habe, hat mir aus eige - ner Erfahrung der englische Obriste Gard - ner erzählt*)Vgl. Aeliani hist. animal. IV. 28..

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Dasselbe eigenthümliche und für sie selbst zureichende Leben der Theile, und den ge - ringern Einfluß der einen Art von Verrich - tungen in die andere bei den Amphibien, bezeugen die sehr bekannten Versuche, aus welchen man weiß, daß der Stamm von Schildkröten, des Kopfes beraubt, doch nach vollen eilf Tagen noch die Glieder be - wegt hat*)Güldenstädt theoria virium c. h. primiti - varum. S. 74.; andere Schildkröten aber, de - nen man das Gehirn aus der Hirnschale ge - nommen hatte, doch bis zum sechsten Mo - nathe noch gelebt haben**)Redi opere Th. 2. S. 82.; und daß Frö - sche, denen man das Herz ausgerissen und die Lungen zerstört hatte, noch munter her - umgehüpft sind.

Dieser letztere Versuch ist um so merk - würdiger, weil er deutlich beweißt, wie wenig bei diesen Thieren die Wirksamkeit des Nervensystems von dem Einflüsse des Herzens und dem Umlaufe des Bluts ab -105 hängt, da bei den warmblütigen Thieren hergegen diese Systeme so genau zusammen - stimmen, und so innig in einander wirken.

Erwägen wir nun das, was von dem geringen Einflusse des Sensoriums der Am - phibien auf ihre Nerven gesagt worden ist, nehmen wir dazu was wir oben von ihren Lebenswirkungen erinnert haben, und ver - gleichen mit allem diesem die Oekonomie des Lebens warmblütiger Thiere, so wer - den wir hoffentlich der Wahrheit ziemlich auf der Spur seyn, wenn wir behaupten, daß, obwohl die Lungen die Werkstätte der natürlichen Wärme und die dephlogistisirte Luft der Zunder dazu zu seyn scheinen, den - noch auch die Reaktion des Sensorium nicht wenig dazu beitrage, diesen phlogistischen Prozeß in den lebendigen Thieren in Gang zu bringen und anzuregen.

Dieser Meinung entsprechen die Bei - spiele von Schildkröten, bei denen die thie - rische Wärme kaum merklich ist, obschon durch das hellrothe, auf den ersten Anblick106 von dem schweren und dunkeln phlogisti - schen venösen zu unterscheidende, arteriöse Blut, Feuer durch den Körper verbreitet wird. Diese Thiere aber haben auch ein im Verhältniß ihrer Körpermasse nur äu - ßerst kleines Gehirn.

Ferner entsprechen ihr die Erscheinun - gen an warmblütigen Thieren, die im Win - terschlafe begraben liegen, denn bekanntlich nimmt bei ihnen in eben dem Grade, als die Verrichtung ihres Sensorium schwächer wird, auch ihre Wärme ab; da sonst bei diesen Thieren, wenn sie wach sind, auch wenn sie dem kältesten Medium ausgesetzt wären, die Eingeweide eine nur um so in - tensivere Wärme haben.

So entsprechen ihr auch die bekannten Erscheinungen, wo wir uns von einer plötz - lichen und augenblicklichen Hitze überlaufen fühlen, wenn uns z. B. ein plötzlicher Schwindel ergreift, wir mit dem Fuße an - stoßen, oder bei einem ähnlichen kur - zen Leiden. Wir sehen dann, daß das af -107 fizirte Sensorium etwas heftiger auf das übrige Nervensystem zurückwirkt.

Und endlich, um anderes zu übergehen, entsprechen ihr, wo ich nicht irre, auch die vielen pathologischen Symptome von ver - mehrter Wärme in solchen Krankheiten, in denen (bei sonst unverletzten Werkzeugen des Athemholens) das erschütterte Senso - rium, affizirt wird; und der gegentheils ver - minderten Wärme, wo die Energie des Sensorium geschwächt wird, u. s. w.

Wir kehren aber nach dieser Abschwei - fung wieder auf den rechten Weg zurück, und wollen uns jetzt mit den äußern Sin - nen der Amphibien und einer Vergleichung derselben mit denen der warmblütigen Thiere beschäftigen.

Zuerst von den Tastungsorganen. Nackte, das heißt, weder mit Schildern noch Schuppen bedeckte Amphibien, sind statt deren mit einem zähen Schleime über - zogen, der an einigen zu einem besondern Zweke dient, an dem Laubfrosche z. 108B. dazu, daß er sich auch an die glattesten Körper fest anhängen kann.

Von dieser Art Schleim scheint eine an - dere verschieden zu seyn, die einigen vier - füßigen Amphibien zu Theil geworden ist, und die bei ihrer besondern Schärfe diesen Thieren sonder Zweifel zum Vertheidigungs - mittel dient, um sich dadurch gegen die An - griffe anderer Thiere desto sicherer zu stellen.

Diese Art Schleim ist in besondern - lungen unter der Haut enthalten, und an dem Salamander und der Feuerkrö - te deutlich zu sehen. Es scheint, sie kön - nen denselben willkührlich aussondern.

Daß er an dem letztgenannten Thiere sehr scharf sey, habe ich selbst erfahren, als ich durch Zufall die Hand verwundete, da ich mit einigen dieser lebendigen Thiere Ver - suche anstellte. Denn als ich unbedachtsa - mer Weise den verwundeten Finger in den Mund nahm, um das Blut aus der Wun - de zu saugen, spürt 'ich auf der Zunge und109 am Schlunde ein beißendes Brennen, un - gefähr von der Art als gekaute Lorbeerrin - de erregt, und dieses Brennen hielt meh - rere Stunden an.

Eine eben solche Feuchtigkeit ist die, ver - möge deren die Salamander, wenn man sie auf einige glühende Kohlen legt, diese auslöschen können; obschon sie auch dadurch schon, wie die konvulsivischen Be - wegungen ihres Körpers bezeugen, heftig affizirt werden, und wenn sie länger dar - über bleiben, wie ich selbst gesehen habe, sterben. Daraus läßt sich abnehmen, daß sie das Feuer selbst nicht unbeschädigt aus - halten können, was die fabelhafte Sage der Alten behauptete, und ein sonst in sei - ner Art großer Mann Benvenutus Cel - lini*)In der Selbstbiographie S. 5. selbst erfahren haben wollte.

Ein ähnlicher Saft muß der sein, der sich zwischen den blättrichten Fußzehen der Gecko (lacerta Gecko) befindet, und wel -110 cher sich den Eßwaaren, worüber das Thier läuft, mittheilt.

Endlich scheint auch jener besondere und ganz spezifische Gestank, den die Amphibien, wenn sie gereizt werden, von sich geben, und der z. B. bei den Sumpfeidexen und dem Wassermolche wie frischge - schnittene Petersilie, bei der Kröte wie Knoblauch riecht, von eben dieser schleimig - ten Feuchtigkeit herzurühren.

Der Geruch, den die Krokodille bisweilen von sich geben, ist wie Bisam*)Von den amerikanischen Krokodillen, s. de Pagés voyages autour du munde Th. 1. S. 41. 48.Dobrizhofer Geschichte der Abiponer Bd. 1. S. 396.Von dem Nilkrokodill vergl. Hassel - qvist S. 347..

Ganz sonderbar übelriechend ist der Duft den die gereitzten Klapperschlangen verbreiten**)Kirkpatrik's anal. of inoculat. S. 15. Kalm u. a..

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Von dem Zwecke und Nutzen dieser Ge - rüche, weiß man zur Zeit noch wenig Ge - wisses.

Sonst war es die gewöhnliche Meinung, der auch jetzt noch manche zugethan sind, daß die Klapperschlangen durch diesen Duft die Thiere betäubten, oder wie man sich ge - wöhnlich ausdrückt, bezauberten, eine Mei - nung, welche ich aber nicht unterschreiben mag. Ich glaube vielmehr, daß jene Thier - chen durch einen panischen Schrecken dazu gebracht werden, daß sie sich, sobald sie den spezifischen Ton der Klapperschlange - ren, gleichsam in einer Art von Erschütte - rung in den tödtlichen Rachen der Schlan - ge stürzen. Dies zu glauben bewegt mich außer andern Gründen vorzüglich der, weil ich aus Berichten der glaubwürdigsten Au - genzeugen weiß, daß sich die Knaben der wilden Indianer des nördlichen Amerika der List bedienen, daß sie, um Eichhörn - chen und kleine Vögel zu fangen, den zi - schenden Ton der Klapperschlangen nach - ahmen, und dadurch diese Thierchen gleich - sam betäuben.

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Die Salamander und Wassermol - che haben den Gestank, den sie, wenn sie gereizt werden, von sich geben, vielleicht dazu, um sich gegen die feindlichen Angriffe anderer Thiere dadurch zu vertheidigen, wie dies bekanntlich bei dem Stinkthiere (viverra putorius) und andern Säugethieren der Art, und bei einigen Wanzen der Fall ist.

Vielleicht dient ihnen dieser spezifische Geruch im Frühling auch zum Liebesreize, was wenigstens von dem Knoblauchsgeru - che der Kröten wahrscheinlich ist. Denn wenn man die Hand, mit der man eine Zeit lang weibliche Kröten gehalten hat, in das Wasser taucht, worinnen männliche befindlich sind, so kommen sie augenblick - lich von allen Seiten herbei, und hängen sich fest an die Finger an.

Die Haut der mehresten Amphibien scheint auch in so fern unter die Reinigungs - organe zu gehören, weil sie öfter als irgend eine andere Thiergattung die äußere Haut113 ablegen, und durch natürliche Repro - duktion, von der Art die den Namen der Naturgemäßen (secundum naturam) verdienen, mit einer andern schon untergele - genen vertauschen.

Und zwar legen besonders unsre hielän - dischen nackten Amphibien, die Frösche nämlich, Salamander, und vor an - dern die Wassereidexen, der Wasser - molch und die Sumpfeidexe, haupt - sächlich in den Sommermonathen und zum wenigsten jede Woche, dieses zarte und gleichsam schleimichte Oberhäutchen ab.

Von den Schlangen sagt man insge - mein, daß sie, wenn sie sich häuten, auch zugleich das äußerste Blatt der Hornhaut ablegten. Bei einer sorgfältigern Untersu - chung aber, die ich mit der Natter an - stellte, sah ich leicht, daß dieser Theil des über die Augen gespannten und durchsichti - gen Oberhäutchens, keineswegs mit der Hornhaut des Auges selbst zusammenhänge, sondern durch ein besonderes Wässerchen114 von ihr getrennt sei. Es ist auch unbe - weglich, so daß der Augapfel hinter ihm wie hinter einem Fensterchen bewegt wird u. s. w.

Endlich ist auch dies an der Haut der Amphibien merkwürdig, daß sie öfters die Farbe verändern.

Denn die sonst durch fabelhafte Zusätze übertriebene und unter die Wunder gezählte Farbenveränderung des Chameleons, fin - det auch, wie Brown*)Nat. History of Jamaika S. 462. fg. vorlängst be - merkte, bei den mehresten andern Gattun - gen der Eidexen des südlichen Amerika statt, und ich selbst habe das nämliche auch an den hieländischen Landamphibien, vornehm - lich an der grünen Eidexe und dem Laubfrosche, bestätigt gefunden. Die Veränderungen dieser Farbe sind jedermann bekannt, ich habe aber dabei noch die Be - merkung gemacht, daß sie in sehr heißen Sommern am häufigsten vorkomme, und die Farbe selbst sich durch ein sehr lebhaftes115 fast Smaragdartiges Grün auszeichne, und daß sie im Gegentheil in einem regnichten und kälteren Sommer minder häufig vor - komme, und die Farbe nur grau oder dun - kelgrüner sei.

Was die übrigen Sinne der Amphibien anbelangt, so scheinen mehrere Phänomene, z. B. das oben angegeführte Beispiel von männlichen Kröten, die nach der Hand eilen, in welcher man vorher eine weibliche gehal - ten hat, u. a.m. zu bezeugen, daß der Ge - ruch bei einigen ziemlich scharf sein müsse.

Die Eigenthümlichkeiten der Amphibien in Ansehung ihrer Zunge und Gehörwerk - zeuge sind zu bekannt, als hier bei ihnen zu verweilen.

Von ihrem Gesichte will ich wenigstens dieses bemerken, daß ich nirgends ein Bei - spiel von Levkäthiopie, oder Mangel des schwarzen, das innere Auge überziehenden, Pigments, (ein Naturfehler, von dem wir unter den warmblütigen Thieren beider Ord -116 nungen, und selbst der Menschengattung, täglich mehrere Beispiele finden,) unter den Amphibien weder selbst getroffen, oder auch nur erzählt gefunden habe.

Viele Gattungen von Amphibien sind zwar von Natur Lichtscheu, und gehen nur des Nachts hervor ihre Nahrung zu suchen, sind aber am Tage verborgen; jedoch lieben auch einige das Licht sehr, das Tageslicht wie die grüne Eidexe und der grüne Wasser - frosch, oder auch nur das Lampenlicht, wie der Laubfrosch.

Das Chameleon hat die Eigenheit an seinen Augen, daß nicht nothwendig beide auf einerlei Achse stehen müssen, sondern in demselben Momente jedes nach einer ganz verschiedenen Richtung bewegt werden kann.

Ueber den sogenannten innern Sinn der Amphibien, hat man zur Zeit noch wenig Untersuchungen angestellt.

Daß die Schlangen wenigstens ein gut behaltendes Gedächtnis haben müssen, be -117 zeugen die bekannten Kunststücke, welche sie machen, z. B. ihr Tanzen u. a.m., wel - ches man der Klapperschlange, der Abgottsschlange (Boa constrictor), der Brillenschlange (coluber naja), ja in Teutschland hin und wieder auch den Nattern lehrt.

Ja es haben uns auch glaubwürdige Schriftsteller berichtet, daß es seltnere Bei - spiele von vierfüßigen Amphibien gebe, die man außerordentlich zahm und kirre ge - macht hat. Selbst von dem Nilkroko - dille*)Außer Herodot's und Strabo's des Augenzeugen Jo. Graves's s. dessen Mis - cell. works S. 525. und der hieländischen Kröte**)O. Göttingisches Taschenbuch v. J. 1782. S. 100 fg. hat man hievon unverwerfliche Zeugnisse.

Von Kunsttrieben (instinctus artificia - les) aber; mit denen so viele Gattungen von Säugethieren und Vögeln ausgestattet118 worden, trifft man, so viel ich mich erin - nere, bei der ganzen Klasse der Amphibien auch nicht eine Spur an.

Der Schlaf ist, die Seeschildkrö - ten etwa ausgenommen, welche unver - werflichen Zeugen zu Folge ordentlich schla - fen, sonst fast bei keiner Gattung von Am - phibien regelmäßig und zu bestimmter Zeit in der Dämmerung zurückkehrend.

Der lange Winterschlaf aber ist wenig - stens den hieländischen, und vielleicht über - haupt allen und jeden gemeinsam; Denn von dem Krokodille hat schon vorlängst Herodot angemerkt, daß auch dieses dem Winterschlafe eine Zeit lang unterwor - fen sei.

Uebrigens sind die Phänomene dieses Schlafes bei den Thieren beider Ordnun - gen, den warm - und kaltblütigen nämlich, dieselben. Hauptsächlich darin, daß auf das Stillstehen der Verrichtungen des Ner - vensystems ein gänzlicher Stillstand der119 übrigen Verrichtungen erfolgt. Denn so sehen wir z. B. bei warmblütigen Thieren, die bei dem Winterfroste erstarren, daß in eben dem Grade, als das Sensorium und die will - kührlichen Bewegungen anfangen zu rasten, auch zugleich der Schlag des Herzens und der Umlauf des Blutes anfängt matt zu wer - den, das Athemholen aber beinahe gänzlich aufhört, und die natürliche Wärme bis zu einem geringen Grade von Laulichkeit ab - nimmt, beinahe so, wie wir bei zufälligen heftigen Affektionen des Gehirns wahrneh - men, wodurch die kräftige Wirksamkeit des Sensoriums sehr abgespannt wird.

Auch ist der Umstand merkwürdig, in dem die Amphibien ebenfalls mit den warm - blütigen Thieren übereinstimmen, daß, wenn sie den Winter über in einer warmen Stu - be gehalten werden, sie dieses sonst gewohn - ten Schlafes ganz entbehren, allein, wenn sie einmal in denselben gefallen sind, nicht ohne Lebensgefahr vor der bestimmten Zeit aus demselben geweckt werden können.

Daß die Salamander, Wasser -120 eidexen und Laubfrösche den gan - zen Winter über ohne Schlaf in der Stube zubringen können, ist allgemein bekannt, und unter den warmblütigen Thieren hat man an den Murmelthieren (mar - mota alpina) dieselbe Erfahrung gemacht.

Daß aber ein gewaltsames Erwecken aus dieser Winter-Starrheit den Tod verursa - che, hat Gleditsch*)Mém. de l'Ac. des Sc. de Berlin. J. 1762. S. 17. fg. an den Fröschen erfahren, an zwei Erdzeiselchen (mar - mota citellus) von den Karpathen und den kleinen Haselmäusen (glis avella - narius) aus unserer Nachbarschaft habe ich es selbst; an Schwalben haben es andere gesehen.

Und endlich verdient auch dieses bemerkt zu werden, daß in beiden Ordnungen der Thiere, welche wir jetzt mit einander ver - gleichen, einige Gattungen einsam, andere in Haufen beisammen den Winterschlaf hal -121 ten. Von dieser letztern Art haben wir un - ter den warmblütigen Thieren die Beispiele an den Fledermäusen und Schwal - ben, unter den Amphibien aber an den Fröschen, und vorzüglich dem Sala - mander*)Vgl. Agricola de animantibus subterraneis S. 487..

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3. Natürliche Verrichtungen.

Jetzt gehen wir zur Untersuchung der na - türlichen Verrichtungen bei den Am - phibien über, wo wir gleich die Eßlust weit unordentlicher finden, als sie gewöhn - lich bei den warmblütigen Thieren nicht zu seyn pflegt.

Denn wenn verschiedene einerseits unge - heuer gefräßig sind, und einige sogar einen Heißhunger haben, so daß die Salaman - der z. B. ihren eignen Unrath und Erde verschlingen; so findet man auch andererseits, daß sie fast unglaublich langen Hunger aus - halten können. Von den Schildkröten z. B. um andere gemeinere Beispiele zu übergehen*)Vgl. z. B. Laur. Theod. Gronov zu Plinius de aquatilium natura S. 38. sagt ein in der That gilti -123 ger Zeuge, Caldesi*)Daß der Hunger der warmblütigen Thiere - ausgenommen wenn sie im Winterschlafe lie - gen, oder von Krankheiten angegriffen sind, mit dem langen Hunger der Amphibien kaum zu vergleichen sey, darüber s. außer andern diss. academicor. institui Bonon. (mit Bee - cars Auslegung) bei Papst Benedikt XIV. de servor. dei beatificatione B. 4. Abth. 1. S. 328 fg.Derselbe Beccar in comment. instit. Lonon. Th. 2. Abth. 1. S. 223 fg., daß sie, auch wachend, den Hunger sechs Jahre lang aus - halten können. Die Beispiele von Kröten, die in Marmorblöcke eingeschlossen waren, ziehe ich hier nicht wieder an, weites wahr - scheinlich ist, daß diese in einer langen Starr - heit begraben gelegen haben.

Die mehresten Amphibien fressen alles, doch sind einige auf eine gewisse Art von Nahrungsmitteln eingeschränkt, z. B. die Laubfrösche, welche bekanntlich nur we - nige Insektenarten, und noch dazu nur le - bendige, fressen.

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Bis jetzt aber ist mir im Ganzen noch kein Beispiel von einem Amphibium bekannt, von dem man sagen könne, daß es die Speise wirklich kaue. Denn auch die Kräuterfressen - den Amphibien nagen zwar an den Wurzeln und Kräutern, allein kauen dieselben nicht.

Die mehresten Schlangenarten haben einen scharfen Gift, der ihnen vermöge sei - ner septischen Kraft zur Verdauung des Fleisches dient, und den Mangel des Kau - ens ersetzt.

Im Ganzen genommen macht auch dies einen Unterschied zwischen den Amphibien und warmblütigen Thieren, daß man unter diesen kaum ein von Natur giftiges findet; denn von ihrem Zustande in der Tollheit ist hier die Rede nicht. Ich weiß mich keines Thieres der Art mit einem verborgenen Gif - te zu erinnern, man müßte denn die ver - dächtige Beschaffenheit der Bären-Leber (ursus arcticus) hieher rechnen. Von die - ser erzählt Ger. van Veer*)S. dessen weerachtighe Beschryvin -125 ghe van drie Seylagien, u. s. w. Am - sterd. 1598. Ov. 4. S. 43. b. welcher Heemskerk auf seiner merkwürdigen Farth begleitete, daß, als sie bei ihrem Winteraufenthalte auf Nova Zembla, da - von gegessen, sie beinahe daran gestorben wären.

Daß man aber übrigens auch einige Gattungen von Amphibien sonst ungerech - ter Weise für giftige gehalten habe, hat eine neuere sorgfältigere Untersuchung ge - lehrt. Hieher gehört vornehmlich der Sa - lamander, das unschuldigste Thier, von dem Plinius, aller Natur und Wahr - heit entgegen, schrieb, es sei das abscheu - lichste von allen Thieren.

Das Verschlucken geht bei den mehre - sten Amphibien langsam von statten.

Der Schlund läßt sich bei ihnen außer - ordentlich weit ausdehnen, hauptsächlich bei den Schlangen, bei denen die Kinnla - den gar nicht fest eingelenkt sind.

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Der Magen ist fast bei allen verhält - nißmäßig sehr klein.

Der Darmkanal ist bei den Schlangen sehr kurz. Bei einer Natter, die vier Füße lang war, sah ich ihn wenig über drei Füße lang, fast gerade, oder nur wenig gewunden.

Der ganze Speisekanal der Amphibien aber ist mit einem leimigten und zähen Schleime überzogen, worin eine Menge ver - schiedener Würmer befindlich ist.

In Ansehung der Ernährung der Am - phibien ist auch dieses merkwürdig, daß ich es in vielen und mannichfaltig abgeänder - ten Versuchen, bis jetzt noch nicht habe da - hin bringen können, daß ich Frösche und Eidexen mit Färberröthe hätte füttern, und ihre Knochen so Rosenroth färben können, als bekanntlich die Knochen der Säuge - thiere und Vögel werden, die man damit füttert.

Nahe mit der Ernährung ist die Re - produktion verwandt, durch deren Unter -127 suchung wir uns den Uebergang zu der letz - ten Klasse der Funktionen in der thierischen Oekonomie, dem Zeugungsgeschäfte näm - lich, bereiten. Denn man hat wohl nicht Unrecht, die Ernährung eine immerwäh - rend, obwohl unmerklich fortgesetzte, die Reproduktion aber (Wiedererstattung ver - lorner Theile) eine in den einzelnen Thei - len wiederholte Zeugung zu nennen.

Diese reproduktive Kraft mangelt zwar im Allgemeinen keinem Bluthaltigen Thiere gänzlich, allein so offenbar Vorzugsweise hat sie kein anderes, als die mehresten Gat - tungen der Amphibien, hauptsächlich aus der Ordnung der vierfüßigen.

Die gemeinen Versuche, daß vornehm - lich den Wassereidexen, aber auch aus der Ordnung der auf dem Lande lebenden, der grünen Eidexe*)S. außer andern Ph. Jak. Hartmann dubia de generat. viviparor. ex ovo S. 26.128Von den Eidexen auf den Antillen Ol - dendorp Geschichte der Caraibischen Mis - sion. S. 97., die abgeschnittenen Schwänze vollkommen wieder wachsen, sind zu bekannt, als daß es nöthig wäre sie hier aufzuzählen.

Ich habe aber auch wegen der Repro - duktion eines ausgerissenen Auges des Wassermolches, von der Bonnet*)S. dessen oeuvres d'hist. nat. Th. 5. Abth. 1. S. 355. fg. Meldung thut, selbst Versuche angestellt. Diese fielen so aus, daß, so oft ich den ganzen Augapfel zunächst der Stelle, wo der Sehnerve in ihn läuft, ausschnitt, (was ich an drei Thieren dieser Art ver - suchte) niemals ein wahres Auge wieder er - wuchs. Vielmehr schoß aus dem zurück - gebliebenen Theile dieses Nerven selbst ein weißlicher und dichter Schwamm hervor, der allmählig die Augenhöle ausfüllte, und unter dessen Anwachsen die Eidexen selbst gleichsam wie Wassersüchtige schwollen, und129 unter dem Verlaufe weniger Monathe starben.

Bei einem vierten Thierchen der Art machte ich im May 1784 zuerst einen Schnitt in die Hornhaut, daß die Linse nebst den übrigen Feuchtigkeit ausflossen, und dar - auf schnitt ich die zurückgebliebenen und schlaffen leeren Häutchen so aus, daß ich doch einen kleinen Theil der gemeinsamen Häutchen des Augapfels zurückließ, der nach genauer Untersuchung (des übrigen ausgeschnittenen, in klarem Wasser befindli - chen, und mit bewaffnetem Auge besehenen Augapfels nämlich) kaum 1 / 5 der ganzen Ku - gel betrug*)Vgl. Götting. gel. Anz. 1785. St. 47.A. d. Ueb..

Bei diesem Thierchen schien in den näch - sten Monathen die ganze Augenhöle, wie mit den Augenliedern verschlossen, allein un - gefähr im sechsten Monathe nach dieser Ope - ration fiengen sich diese an zu öffnen, und130 man konnte nun schon leicht einen neuen aus der Augenhöle hervortretenden kleinen Augapfel unterscheiden. Als das Thierchen im eilften Monathe nach der Operation, im April 1786, durch einen Zufall starb, war dieser Augapfel zwar noch weit kleiner als der andere unverletzte, aber doch übrigens so vollkommen, daß man hinter der Horn - haut die Regenbogenhaut gehörig in die Pupille eingepaßt, deutlich unterscheiden konnte, und auch jetzt noch in dem Thier - chen, das ich in Spiritus aufbewahre, un - terscheiden kann.

Neulich habe ich auch mit einem ächten Salamander Versuche anzustellen ange - fangen, und habe die Erfahrung gemacht, daß ihm ebenfalls jene reproducirende Kraft zu Theil geworden sei. Ungefähr der dritte Theil des Schwanzes und eine Zehe, die ihm abgeschnitten worden, wuchsen zwar vollkommen aber sehr langsam wieder, so daß sie nach Verlauf eines vollen Jahres noch weit kleiner als die ursprünglichen ih - nen abgeschnittenen Theile waren.

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Vergleicht man dieses alles mit der sehr eingeschränkten und weit vollkommneren re - producirenden Kraft der warmblütigen Thiere, so erhellt daraus ein wichtiger Un - terschied zwischen ihnen und den Amphibien. Denn ich werde täglich mehr überzeugt, daß sich bei dem Menschen und den übrigen Säugethieren, nur solche gleichartige Theile reproduciren, die bloß aus Zellgewebe be - stehen, und mit keiner andern Art von Le - benskraft als der gemeinsamen Zusammen - ziehbarkeit versehen sind, so daß es nicht glaublich ist, daß sich Muskelfleisch mit Hallers Irritabilität begabt, oder Ner - venmark von Sensilität beseelt, oder eins jener Mittelgefäße (parenchyma) die eigen - thümliches Leben besitzen, jemals in einem warmblütigen Thiere reproducirt haben sollten.

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4. Zeugungsgeschäft.

Nun müssen wir noch eine kurze Untersu - chung über die Zeugungs-Verrichtun - gen der Amphibien anstellen.

Was die äußern Geschlechtstheile der - selben anbelangt, so trifft man bei den Männchen einiger Gattungen, z. B. bei den Fröschen und Wassereidexen kaum eine Spur davon, da sie bei andern hergegen, z. B. den Landeidexen und Schlan - gen doppelt sind. Die Geschlechtstheile der Weibchen entsprechen jenen in der Regel.

Zur Befriedigung der Geschlechtslust werden die Amphibien durch einen sehr hef - tigen Reiz getrieben, so daß man sie die - selbe auf eine ganz widernatürliche Weise133 hat befriedigen sehen, die Frösche z. B. bei Kröten*)Chr. Reichart gemischte Schriften. S. 449. u. s. w.

Niemals aber habe ich von einem Bei - spiele gehört, daß aus solch einer Vermi - schung Bastarde erzeugt worden wären. Man müßte denn etwa die zahlreichen Va - rietäten von Wassereidexen hierher rech - nen, die zwischen dem Wassermolche und der Sumpfeidexe völlig das Mittel halten, und die man in solchen Gräben, wo im Frühlinge dergleichen Thiere von beiderlei Art leben, leicht finden kann. Denn wie - wohl es bekannt genug ist, daß bei diesen Eidexen keine wirkliche Vermischung statt findet, so ist es jedoch nicht unwahrschein - lich, anzunehmen, sie seyen dadurch ent - standen, daß Eier von der einen Art durch männlichen Saamen der andern Art befruch - tet worden.

Die mehresten von denen Amphibien, die ihre Eier im Wasser legen, vornehmlich134 die Frösche und Kröten, bekommen eine äußerst große Menge von Jungen. Ei - nige Arten dieser Thiere legen an tausend Eier und darüber auf einmal.

So viel ich bis jetzt weiß, sind die Am - phibien insgesamt Eierlegende Thiere.

Denn obwohl die Vipern nach Var - ro ihren Namen von lebendig gebären (a vivo partu) erhalten haben, so sind doch die Fötus, welche sie gebären, nicht bloß, sondern obschon ausgebildet, doch noch in ih - ren häutigen ovalen Hüllen enthalten, un - gefähr wie bisweilen eine sogenannte trock - ne Geburt bei der menschlichen Niederkunft.

Eine fast ähnliche Beschaffenheit hat es mit der Geburt der Salamander. Auch diese berühmte Eidexe bringt sehr zarte ovale Bläschen hervor, die man mit den Blasen - würmern (hydatides) vergleichen könnte. In diesen Bläschen aber sieht man das gan - ze Tierchen von der Größe einer Unze deut - lich liegen, das beinahe im Augenblicke der135 Geburt selbst den Schwanz bewegt, die Hül - len seines Eies zerreißt, und in der Gestalt einer vierfüßigen Kaulqvappe (gyrinus) hervorgeht.

An eben diesem paradoxen Thiere habe ich aber auch die von Wurfbain*)Salamandrolog. S. 83. vor - längst bemerkte Eigenheit vor Kurzem selbst beobachtet, daß das Weibchen, welches lange Zeit ganz allein, und aller Gemein - schaft mit einem andern Thiere seiner Gat - tung beraubt war, von freien Stücken sol - che trockne Geburten hervorbringen kann. Denn es geht wenigstens in den fünften Monath, daß ich einen weiblichen Sala - mander, dem ich den Schwanz abgelößt hatte, so ganz allein zu Hause aufbewahre, daß ich in der ganzen Zeit keinen andern Salamander lebendig gesehen, um nicht zu sagen um mich gehabt habe. Und nichts destoweniger brachte doch dieses Thier, an dem ich bei so langem Hunger den Umfang des Körpers bewunderte, in diesen Tagen136 Junge hervor, deren ich schon vier und dreißig am Leben und sehr lebhaft sehe.

Aus dieser merkwürdigen Beobachtung läßt sich zweierlei folgern.

1) Daß sich die Salamander ein - ander wirklich begatten, und das Männ - chen nicht bloß, wie bei den Wasserei - dexen, die weiblichen Eier befruchte, wenn diese gelegt sind.

2) aber, daß die Salamander hierin eben so beschaffen sind, wie die - ner, welche, wofern sie einmal von dem Hahne beschwängert worden, obwohl nicht ein volles Jahr lang, (wie Fabricius von Aqvapendente*)De formatione ovi et pulli S. 20. meinte) doch nach des sorgfältigen Reaumur's**)Art de faire éclorre des oiseaux domestiques Th. 2. S. 327 fg. Beobachtung, bis zur fünften Woche nach der Trennung von dem Hahne fruchtbare Eier legen.

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Diese Jungen des Salamanders selbst haben einen rundlichen (anceps), auf bei - den Seiten breit gefiederten Schwanz, der ihnen beim Schwimmen ungemein zu stat - ten kommt, und am Halse haben sie zu bei - den Seiten eine Art von Fischkiefern (Swammerdam's*)Biblia naturae S. 822. franzenartige Läppchen appendices fimbriatae), welche aber bei zunehmendem Alter verschwinden, wo sich auch der rundliche Schwanz in einen Wirbelschwanz (c. verticillata) verwandelt.

Aber auch diese Eigenheit findet sich im Ganzen genommen bei den mehresten vier - füßigen Amphibien vornehmlich von der Gat - tung der Eidexen**)Herrmann tabula affinitatum animalium. S. 253. 256. fg., und bei den Fröschen wo ich nicht irre, insgesammt, daß sie ihre Gestalt in der Art verändern, daß sie als Kaulqvappen eine andere haben, als wenn sie schon erwachsen sind. In der Oeko - nomie der warmblütigen Thiere hergegen138 habe ich nichts dieser Metamorphose Aehn - liches gefunden.

Der Termin wo sie ihr völliges Wachs - thum erreichen, ist bei vielen Amphibien, wie fast bei allen Vögeln und Säugethie - ren, die Mannbarkeit.

Bei einigen aber, vorzüglich unter den Krokodillen, Schildkröten und Schlangen, dauert das Wachsthum beständig fort. Un - ter den Säugethieren dürfte man vielleicht die Wallfische als Beispiele eines solchen immerwährenden Wachsthums anführen, denn bei diesen kann man die Grenzen einer festgesetzten Größe ebenfalls kaum bestim - men.

Von der Lebensdauer der Amphibien weiß man noch wenig.

Viele erreichen ohne Zweifel ein hohes Alter, vornehmlich aus der Ordnung der Schildkröten*)Niebuhr sah zu Surate eine Schildkröte von 125 Jahren. S. dessen Reise, Band 2. S. 72., Schlangen und139 Krokodille, welche aus einem im Ver - hältniß der künftigen Größe sehr kleinem Eie hervorkommen, äußerst langsam wach - sen, und doch zu einer ungeheuern und beinahe Rieseumäßigen Masse gelangen.

Wir haben nun die Hauptmomente auf - gezählt, in denen sich die thierische Oeko - nomie der Amphibien von der, der warmblü - tigen Thiere zu unterscheiden scheint. Jetzt wollen wir zum Schlusse noch einige Sätze beifügen, welche uns in den Stand setzen, mit einem Blicke zu übersehen, worauf im Ganzen genommen jener Unterschied vorzüg - lich beruhe.

Bei den warmblütigen Thieren dauert der phlogistische Prozeß, wie man ihn nennt, vom ersten Beginn ihrer Bildung bis zum letzten Hauche des Lebens. Bei dem Fötus der Säugethiere mit Hülfe des Mutterku - chens, welcher das Phlogiston des Fötus140 durch das Feuerelement der Mutter verän - dert. Bei dem bebrüteten Küchelchen ver - mittelst der porösen Schaale und des Weis - sen im Eie, welche ebenfalls der feurigen Nahrung den Zugang, dem überflüßigen Phlogiston aber den Ausgang verschaffen*)Mehreres hierüber s. in den institution. phy - siol. S. 153.. Sind die Säugethiere und Vögel aber ein - mal geboren, so geschieht es durch das im - merwährende Einziehen und Ausstoßen des Athems.

Dieser phlogistische Prozeß steht ferner mit den übrigen Arten von Verrichtungen im genauesten Zusammenhange hauptsäch - lich mit denen des Nervensystems, wie durch oben angeführte Phänomene des Winter - schlafs bei den Säugethieren wahrscheinlich wird.

Das Nervensystem selbst aber stimmt mit den übrigen Funktionen genau zusam - men, vornehmlich vermittelst der Zurück - wirkung des Sensorium, welche von dem141 Ueberschuß der zu den Anfängen der Ner - ven gehörigen Hirnmasse abhängt.

Aus diesen allem entsteht die lebendig - ste Wirksamkeit aller Verrichtungen, die größte Beweglichkeit, dadurch wird der le - bende Körper fähig die noch so modifizirten, vielen und vielfachen Reize und Eindrücke aufzunehmen; dadurch entsteht vor allen übrigen dem Menschen der größte Vorzug, bei dem, wie vorlängst Hippokrates bemerkte, alles auf einen Punkt hinwirkt, alles harmonisch zusammenstimmt, weshalb auch er mit der ganzen ihn umgebenden Schöpfung in der größten Verbindung steht.

Ganz anders hergegen ist die Natur der Amphibien.

Der phlogistische Prozeß ist bei den hie - ländischen sehr gering und langsam.

Auch ist bei den Amphibien der Einfluß des Blutes auf die Verrichtungen des Ge - hirnes schwach.

Und auch die Zurückwirkung des kleinen Sensorium auf die dicken Nerven ist gering.

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Deshalb findet bei ihnen überhaupt ein nur geringer Consensus statt; eine nur ge - ringe Wirksamkeit der einen Funktion auf die andere.

Deshalb ist die Beweglichkeit der gan - zen belebten Maschine geringer.

Von der andern Seite aber findet auch eben darum eine größere Zähigkeit jenes ein - fachern Lebens statt, weil ein affizirter Theil, ein affizirtes System nicht so leicht die übrigen in den Consensus zieht.

Im Ganzen genommen also ist hier ein mehr vegetatives, und mehr zur Reproduk - tion wie beide organisirte Naturreiche bewähren als zu Fähigkeiten höherer Art, zu Consensus, und einem harmoni - schen Zusammenwirken eingerichtetes Leben.

III. Auszüge aus der Sammlung von Hirnschädeln verschiedener Nationen.

Als Beitrag zur Naturgeschichte der Menschenspecies.

143interleaf145

Niemals ist meines Wissens mehr über die Frage gestritten worden, obwohl alle, oft in ihrem Körperbaue so weit von einander abweichende, Menschenraçen, einen und denselben Ursprung haben, oder nicht, als seit der Mitte des nun vollendenden Jahr - hunderts. Für den uneingenommenen Be - obachter ist es in der That ein sehr inter - ressantes, oft belustigendes, Schauspiel, alle die verschiedenen hierüber vorgebrach - ten Meinungen zu mustern, und alles zu vernehmen, was Voltaire darüber scherzte, Monboddo, Rousseau und Moskati darüber fabelten, ein Hal - ler, Linne, Buffon, Blumenbach, Hunter und andere darüber untersuch - ten, und dieser und jener gegen diese Un - tersuchungen einwendeten.

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Herr Hofrath Blumenbach hat sich am sorgfältigsten mit der Untersuchung die - ser Frage beschäftigt, wovon sein trefliches Werk über die natürlichen Ver - schiedenheiten im Menschenge - schlechte den Beweiß liefert.

In diesem Werte zeigt er nach der Ana - logie der ganzen organisirten Natur, ein - mal, daß es völlig unwahrscheinlich sei, daß ein Orangutang der Stammvater des Menschengeschlechts sei, und dann, daß unstreitig alle bisher bekannt gewordenen verschiedenen Arten von Menschen nur zu Einer und derselben Gattung gehören.

Bei diesen Untersuchungen wird er von folgenden drei Kriterien geleitet.

1) Man muß bei dieser Untersuchung durchaus immer die Physiologie der orga - nisirten Körper überhaupt vor Augen ha - ben: darf nicht bloß am Menschen haften bleiben, und thun, als wenn er der einzige organisirte Körper in der Natur wäre; und147 etwa die Verschiedenheiten in seinem Ge - schlecht befremdend und räthselhaft finden, ohne zu bedenken, daß alle diese Verschie - denheiten nicht um ein Haar auffallender oder ungewöhnlicher: sind, als die, worin so tausend andere Gattungen von organi - sirten Körpern, gleichsam unter unsern Au - gen ausarten.

2) Man darf nie bloß ein Paar recht auffallend gegen einander abstechende Men - schenraçen ausheben, und diese nun, mit Uebergehung der Mittelraçen, die die Ver - bindung zwischen jenen machen, so allein gegen einander aufstellen: sondern man muß nie vergessen, daß auch nicht eine einzige der körperlichen Verschiedenheiten bei irgend einer Menschenvarität sei, die nicht durch so unendliche Nüancen allmählig in der an - dern ihre überfließt, daß derjenige Natur - forscher oder Physiolog wohl noch geboren werden soll, der es mit Grund der Wahr - heit wagen dürfte eine bestimmte Grenze zwischen diesen Nüançen und folglich selbst zwischen ihren Extremen festzusetzen.

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3) Da bei Bestimmung der Varietä - ten im Menschengeschlecht, so gut wie in der übrigen Naturgeschichte ohne anschau - liche Kenntnisse kein sicherer fester Tritt gedacht werden kann, so ist es eine Haupt - regel bei dieser Untersuchung, alles anzu - wenden, um sich immer mehr solche Subsi - dien zu diesem Behuf aus der Natur selbst zu verschaffen.

Von diesen Subsidien hat er, wie sich aus dem Verzeichnisse seines anthropologi - schen Vorrathes vor der dritten Ausgabe seines Werks über die natürlichen Verschie - denheiten im Menschengeschlechte ergiebt, gesammelt:

1) Hirnschädel von verschiedenen Nationen.

2) Charakteristische Embrionen.

3) Haare.

4) Anatomische Präparate.

5) Portraits von Individuen ver - schiedener Nationen, welche geschickte Künstler nach der Natur selbst sorgfältig gezeichnet haben.

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Um diese anschaulichen Kenntnisse auch andern zu verschaffen, dienen die Abildun - gen zu dem Werke, von dem wir hier Aus - züge liefern, und wegen der Portraits kann man nachsehen, Blumenbachs Natur - historische Abbildungen, Heft 1. (Göt - tingen 1796.)

Die Vergleichung der Hirnschädel von verschiedenen Nationen dient besonders da - zu, um die Varietäten des Menschenge - schlechts richtiger bestimmen zu können, in - dem man hier gleichsam die Uebergänge der einen in die andere vor Augen hat.

Allein wenn sich hier sogleich von selbst ergiebt, wie wichtig eine solche Schädel - sammlung für das Studium der Naturge - schichte der Menschenspezies sei, so sieht man doch auch gleich auf den ersten Blick, daß ihr ganzer Nutzen davon abhänge, daß man auch von der Aechtheit derselben überzeugt sei.

Herr Hofrath Blumenbach, welcher, weit entfernt von Hypothesensucht, gern150 überall gewiß geht, bleibt sich auch hier treu, und giebt uns seine Kriterien an, welche diese sind:

1) Ich bewahre, um den ächten Ur - sprung eines jeden Schädels zu beweisen, einen mit meiner Sammlung verbundenen, Apparat eigenhändiger Briefe auf, deren ich mich als Dokumente bediene. Alle, die nur einigermaßen zweifelhaft oder zweideutig scheinen könnten, stelle ich besonders.

2) Dabei bewahre ich alle accessorische Theile auf, welche etwa einem oder dem andern Schädel anhangen. Versteht sich, wenn sie nämlich von solcher Beschaffenheit sind, daß sie schon an sich die Aechtheit der Schädel be - weisen; z. B. bei Mumienschädeln Ueberreste von Erdharz oder Byssus. So habe ich an dem Karaibenschädel, den ich der Güte des Herrn Baronet Banks verdanke, die hin und wieder daran befindlichen, ziemlich gera - den, starren Haare mit gutem Vorbedachte aufbewahrt, denn hierdurch kann nöthigen Falls sogleich auf den ersten Anblick der151 Zweifel gehoben werden, ob er nicht etwa von einem übergelaufenen Aethiopier sei*)Vgl. Labat voyage aux isles de l'Amerique 2te Ausg. Th. 2. S. 243 fg. Die gleiche Kleidertracht ist kein Hinderniß, daß man nicht die Karaiben von den Negern sogleich unterscheiden sollte, denn diese letzten haben krauses Haar, wie Wolle, bei den erstern hergegen ist es schwarz, lang, gerade und sehr stark., welche bekanntlich seit der Mitte des vori - gen Jahrhunderts die karaibischen Inseln und hauptsächlich die Insel St. Vinzent in großer Anzahl bewohnen, und biswei - len die besondere, durch Kunst bewirkte, Form des Kopfes der eingebornen India - ner haben sollen**)Vgl. Thibault de Chanvalon voyage à la Martinique S. 39 fg. Die zu den Ka - raiben gekommenen Neger nehmen die Sit - ten und Gewohnheiten derselben an. Sie platten, wie diese, den Kopf ihrer Kinder nach hinten ab, indem sie ihnen nach der Geburt denselben zwischen zwei Seiten drük -152 ken, wodurch sie natürlicher Weise unförm - lich und monströs werden. .

3) Nun aber muß der Schädel selbst untersucht und ausgemittelt werden, ob er auch wirklich charakteristisch sei, und zu dem vorhabenden Zwecke dienen könne. Denn es kann sich treffen, daß auch ein wirklich ächter Schädel diesem Zwecke schlecht ent - spricht, wenn er etwa von krankhafter Be - schaffenheit, oder durch ein zufälliges in - dividuelles Mißverhältniß der Theile verun - staltet worden ist. So finden wir biswei - len unter unsern Landsleuten Menschen von einer so besondern Form des Kopfes, daß wir, wäre selbige einem ganzen Volke ge - mein, dieses mit allem Fug und Rechte un - ter die Verschiedenheiten des Menschenge - schlechts setzen würden. Man hat sich also sorgfältig vorzusehen, daß man eine ähn - liche zufällige Verunstaltung an einem aus - ländischen Schädel nicht für national hält; ein Irrthum, welchen man am besten da - durch vermeidet, daß man mehrere Schädel153 von einer und derselben Nation mit einan - der vergleicht*)An einem andern Orte sagt der Herr Verf. Wenn zuverlässige Beobachter den Köpfen der wahren Türken eine auszeichnen - de durch die Kunst bewirkte Form zuschreiben, und ich erhalte ein Paar Schädel aus dem türkischen Heer von Oezakow, und diese Schä - del haben jene auszeichnende Form so, daß sie auch ein Blinder schon auf den ersten Griff durchs Gefühl anerkennen müßte, und sie kommen darin nicht nur beide mit ein - ander, sondern auch mit einer dritten calva - ria, in meiner Sammlung überein, die von einem türkischen Offizier ist, der hundert Jahre vorher bei Fünfkirchen blieb, und alle dreie wieder mit den Portraitmäßigen Ab - bildungen wahrer Türken von Meisterhand, die ich vor mir habe; so muß ich entweder glauben, daß meine Schädel auch wahre Tür - kenschädel sind, oder aber, daß ein cu - rioser Zufall, wie der, der einst die sechs ge - krönten Häupter im Candide zusammen - brachte, mir drei sceletirte Häupter von Nicht-Türken, und doch mit allen auszeich -154 nenden Charakteren wahrer Türken, mitten aus den türkischen Heeren, in meine Samm - lung nach Göttingen gespielt hat. .

4) Wo dies nicht geschehen kann, muß man wenigstens Portraits vergleichen, de - nen entweder die gelehrte Hand des Künst - lers, oder das Zeugniß eines erfahrnen Richters, der Avtopsie gehabt hat, Glau - ben verschafft.

5) Hieher rechne ich auch, oder halte sie gar noch für vorzüglicher, solche Abbil - dungen, welche, obwohl sie keine Person vorstellen, doch für den Charakter eines Volks ungemein viel beweisen, z. B. alte Siegel, ägyptische Götzenbilder, Migna - turgemählde von jetzigen Sinesen, Kalmük - ken, Nordamerikanern u. s. w.

6) Und endlich nehme ich meine Zu - flucht zu den Schriftstellern, vornehmlich Reisebeschreibern, und suche auszumitteln, in wie weit ihre Berichte mit der Natur selbst übereinstimmen.

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Bei einer so sorgfältigen Genauigkeit kann es nicht leicht treffen, daß man sich irren sollte. Allein es ist außer diesem noch etwas zu berücksichtigen, nämlich die Ver - gleichung dieser Schädel mit einander selbst.

Mehrere Anatomen haben sich bemüht, ein allgemeines Verhältniß festzusetzen, wo - durch man die Verschiedenheiten der Schä - del gleichsam nach Graden berechnen, und in Klassen abtheilen könnte. Campers Gesichtslinie verdient hier einer besondern Erwähnung.

Der Grund sagt dieser berühmte Mann*)

S. dessen kleinere Schriften, Bd. 1. S. 15.

worauf sich der Unterschied der Nationen gründet, bestehet in einer ge - raden durch die Hölen des Ohrs (Ge - hörgang) bis auf den Boden der Nase ge - zogenen Linie, und in einer andern geraden Linie, welche die Hervorragung des Stirn - beins oberhalb der Nase berührt, und bis auf den am meisten hervorragenden Theil156 des Knochens der Kinnbacken gezogen wird, wohl verstanden, wenn man die Köpfe im Profil betrachtet. In dem Winkel nun, den diese beiden Linien beschreiben, bestehet nicht allein der Unterschied der Thiere, sondern auch der unterschiedenen Nationen.

Mit dieser Art die Schädel zu messen, kommt man aber nie aufs Reine, denn

1) ist diese ganze Gesichtslinie höch - stens nur auf diejenigen Varietäten im Men - schengeschlechte anwendbar, die in der Rich - tung der Kinnladen von einander unterschie - den sind, keineswegs aber auf jene, die sich vielmehr durch ein in die Breite gezogenes Gesicht auszeichnen.

2) aber ist es auch öfters der Fall, daß zwei ganz verschiedene Schädel, doch einerlei Richtung der Gesichtslinie haben, und gegentheils mehrere Schädel einer Na - tion, welche im Ganzen genommen von glei - chem Habitus sind, nicht einerlei Richtung der Gesichtslinie haben. Aus dem bloßen157 Umrisse des Gesichts im Profil kann man wenig schließen, wenn man nicht zugleich auf die Breite des Gesichts Rücksicht nimmt. Und

3) Bedient sich Camper in den Ab - bildungen zu seinem Werke dieser Normal - linien selbst so willkührlich und unbestimmt, variirt so oft mit den bezeichnenden Punk - ten, nach welchen er jene Linien richtet, und von denen ihre ganze Richtigkeit abhängt, daß er hierdurch selbst schweigend eingesteht, er sei in Ansehung des Gebrauchs derselben ungewiß und zweifelhaft.

Außer dieser Gesichtslinie Campers verdienen noch die Hinterhauptslinie Daubentons, und Albrecht Dürers Schema bemerkt zu werden.

Daubenton denkt sich zwei gerade Li - nien. Die erste derselben läuft von dem hintern Rande des großen Hinterhauptslo - ches (foramen occipitale) durch den untern Rand der Augenhöle herab: die andere aber ist durch die Horizontalfläche dieses Loches,158 zwischen beiden Gelenkhügeln mitten durch gezogen. Den Winkel nun, in dem diese Linien sich gegen einander neigen, hält er für den normalen Charakter des Schädels.

Allein auch hier trifft man auf nicht geringe Schwierigkeiten, denn die Richtung der Fläche des großen Loches ist oft an - pfen von einer und derselben Nation, z. B. an zwei Türkenschädeln, die ich eben jetzt vor mir habe, oder in dreien Negerschädeln, ungemein verschieden.

Besser kann, wenn man die Gesichter im Profil betrachtet, des unsterblichen - rers Schema zum anthropologischen Zwek - ke dienen. Er hat es in seinem treflichen Werke von der Proportion der Theile an der aufrechten Gestalt der menschlichen Körper, in dem Abschnitte, der von der Zusammensetzung des menschlichen Kopfes handelt, gleich oben angestellt. Er zieht nämlich drei Grenz - linien des Gesichts, an Stirn, Nase, und Kiefer.

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Am besten thut man aber wohl auf je - den Fall besonders auf zwei Knochen hier - bei Rücksicht zu nehmen, auf den Stirn - knochen nämlich und die Kinnbacken.

Denn nach der Form des Stirnknochens richtet sich der Habitus beinahe der ganzen Hirnschale, da die Richtung des plani cir - cularis ein Beweiß von dem an den Seiten verengerten oder erweiterten Kopfe ist; und der obere Rand des Knochens, wo er mit der Pfeilnath zusammen läuft von dem spiz - zigen oder flachen Scheitel. Von der Ver - schiedenheit an den Augenbraunenbogen und der Glatze (glabella) zwischen denselben, welche ganz allein auf diesem Knochen beru - hen, will ich gar nichts sagen.

Von dem Kinnbackenknochen aber hängt erstlich die Weite der Nasen und die Rich - tung der Nasenbeine, und von der jedes - maligen Bildung der Kinnbackenfortsätze, die größere oder kleinere Hervorragung der daran liegenden Jochbeine (worauf bei die - ser Untersuchung sehr viel ankommt) das160 Verhältniß der Oberkiefergrube, und end - lich die Verengerung oder Erweiterung des Zahnzellenrandes ab. Ja man kann sogar die Form und den Habitus des Unterkie - fers, da seine Zellen und Zähne denen im Oberkiefer entsprechen, nach der Einrich - tung desselben bestimmen.

Von beiden Knochen aber, dem Kinn - backen - und Stirnknochen zusammengenom - men, hängt auch die Richtung, Weite und Tiefe der Augenhölen ab.

Nimmt man nun diese Normalknochen zum Fundament an, so wird man daraus leicht sichere und beständige Charaktere des Totalhabitus, auch in wiefern sie in den benachbarten Knochen liegen, weiter herlei - ten können. Sichere und beständige sag 'ich, denn was sich von diesen Knochen weiter entfernt, z. B. das Hinterhaupt, scheint mehr durch eine zufällig bewirkte Verschiedenheit der Weite und Figur her - zurühren, Eigenschaften, welche oft an Schädeln von einer und derselben Nation,161 die sich übrigens sehr ähnlich sind, doch sehr vielfach nüanciren.

An einem andern Orte giebt der Herr Verf. die Scheitelnorm als Maasstab an, die Verschiedenheiten darnach zu be - stimmen.

Je größer und genauer sagt er täglich meine Bekanntschaft mit meiner Sammlung von Schädeln verschiedener Na - tionen wird, desto unmöglicher kommt es mir vor, diese National-Verschiedenheiten, bei den so großen Unterschieden im Verhält - niß und Bildung der mannichfaltigen ein - zelnen Theile der Schädel, welche mehr oder minder zur Bestimmung der Nation beitra - gen, auf die Grade und Winkel einer gewis - sen Hauptlinie zurückzuführen.

Indeß hat diese Methode zur Bestim - mung der Verschiedenheiten an den Schä - deln den Vorzug, daß sie die meisten und vornehmsten Theile des Kopfes, nach denen sich die Nationaleigenthümlichkeiten am leich -162 testen vergleichen lassen, mit einem Blicke übersehen läßt; und durch Erfahrung bin ich überzeugt worden, daß sie diesem Zwecke ungemein entspricht, wenn man die zu ver - gleichenden Schädel ohne die untern Kinn - laden mit ihren Jochbeinen nach Einer ho - rizontalen Linie richtet, und in Einer Rei - he auf den Tisch stellt, sodann aber sie von hinten betrachtet. Denn auf diese Art fällt alles, was den Hauptcharakter in den Schädeln der verschiedenen Nationen aus - macht, sei es nun die Richtung der Kinn - laden oder der Jochbeine, die Breite oder Enge der Hirnschaale, die Flachheit oder Erhabenheit der Stirn u. s. w. auf einen Blick so deutlich ins Auge, daß man diese Ansicht nicht unschicklich die Scheitel - norm nennen dürfte.

Diesem allen zu Folge stellt nun der Herr Verf. nach seiner Eintheilung des Men - schengeschlechts in fünf Raçen

1) Die Kaukasische

2) Die Mongolische

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3) Die Aethiopische

4) Die Amerikanische und

5) Die Malayische,

die Unterschiede auf, welche er an den Schä - deln einer jeden beobachtet hat, und welche kürzlich folgende sind:

1) Kaukasische Raçe.

In diesem Kopfe ist das meiste Eben - maas, eine sanft gerundete Form, und mäßig geebnete Stirn. Jochbeine, die nir - gends hervorspringen, und von dem Joch - fortsatze des Stirnknochens herablaufen.

Der Zahnhölenrand ist ziemlich rund, und die Vorderzähne in beiden Kiefern ste - hen senkrecht.

2) Mongolische Raçe.

Der Kopf gleichsam viereckig; die Joch - beine stehen heraus; die Nasenvertiefung und der Knochen der stumpfen Nase stehen mit den Jochbeinen fast horizontal; die Au - genbraunenbogen sind kaum merklich; die164 Nasenlöcher sind enge; die Wangengrube nur leicht gehölt. Der Zahnhölenrand macht vorwärts einen flachen Bogen. Das Kinn ragt hervor.

3) Aethiopische Raçe.

Der Kopf ist schmal und an den Seiten eingedrückt; die Stirn sehr uneben und hök - tericht; die Jochbeine hervorstehend; die Nasenlöcher weit; die Wangengrube neben den Furchen am untern Nande der Augen - hölen tiefer gehölt; die Kinnbacken stehen hervor; der Zahnhölenrand ist schmäler, länger und ovaler; die obern Vorderzähne stehen schräg hervor; die untere Kinnlade ist groß und stark; der obere Hirnschädel dick und schwer.

4) Amerikanische Raçe

hat zwar breitere aber doch gebognere und gerundetere Wangen, als die mongolische. Sie ragen nicht auswärts, und sind nicht winklicht, wie bei dieser.

Gemeiniglich hat sie tiefe Augenhölen;165 die Form der Stirn und des Scheitels ist bei den meisten durch Kunst bewirkt; die Hirnschädel sind leichter.

5) Malayische Raçe.

Eine mäßig verengte Hirnschaale; eine etwas aufgeschwollne Stirn; kleine nicht hervorragende Backenknochen. Der Ober - kiefer steht etwas hervor; die Scheitelbeine sind nach den Seiten ausgebogen.

interleafTab. I
Tab. 1Zu Blumenbach
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About this transcription

TextKleine Schriften zur vergleichenden Physiologie und Anatomie und Naturgeschichte gehörig
Author Johann Friedrich Blumenbach
Extent183 images; 20273 tokens; 5166 types; 141960 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Akademie der Wissenschaften zu GöttingenNote: Projektträger Editura GmbH & Co.KG, BerlinNote: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung Bearbeiter des Projekts Johann Friedrich Blumenbach – onlineNote: Bearbeitung Johann Friedrich Blumenbach – onlineNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate2013-08-26T09:00:15Z Frank WiegandNote: Konvertierung nach DTA-Basisformat2013-08-26T09:00:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationKleine Schriften zur vergleichenden Physiologie und Anatomie und Naturgeschichte gehörig mit einer Kupfertafel Johann Friedrich Blumenbach. D. Joh. Gottfr. Gruber (ed.) . G. Benj. MeissnerLeipzig1800.

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ClassificationWissenschaft; Naturgeschichte; ready; blumenbach

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Anmerkungen zur Transkription:Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.Langes ſ: als s transkribiert.Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.

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