
Die Zergliederungskunde ist die Grund - lage der ganzen übrigen Arzneywissen - schaft; und es bedarf hoffentlich keines Be - weises, daß man auch blos bey einem unbe - lebten, unendlich weniger kunstreichen Uhr - werke als der menschliche Körper ist, erst den Bau desselben kennen müsse, bevor man seine Stockungen zu heben oder seine fehlerhaften Bewegungen in ihren bestimmten Gang zu bringen, unternehmen kan.
VIUnter den Theilen der Zergliederungskunde aber ist wiederum die Osteologie die Basis aller übrigen, da es die Hauptbestimmung der Knochen ist, den weichen Theilen zur An - lage und Stütze zu dienen, und folglich die feste Grundlage des ganzen Körperbaues zu machen.
Ohne solide osteologische Kentnis kan daher gar keine gesunde Einsicht in die übrige Anatomie gedacht werden, so wie hingegen ein tüchtiger Grund von jener das sonst so schwierig scheinende Studium dieser übrigen zum Wunder erleichtert.
Die unabbittliche Verpflichtung jedes an - gehenden Arztes oder Wundarztes zur ernsten Betreibung der Knochenlehre ergiebt sich also wohl von selbst; und Boerhaave's Be - hauptung ist wahrer als sie vielleicht man - chem unkundigen Anfänger auf den ersten Blick scheinen möchte:„ Ossium cognitioVII est basis totius praxeos medicae. “– Was hat nicht, um nur ein Beyspiel zum Erweis dafür statt vieler anzuführen, die Pathologie und Therapie so vieler wichtigen Knochenkrankheiten, der Necrose, des ge - spaltnen Rückgraats ꝛc. u. a.m. eine ganz andere Gestalt gewonnen, seit man durch physiologische Versuche so vieles neues Licht über die Textur und Erzeugung und Ernäh - rung und Reproduction der Knochen verbrei - tet hat? – Und wie offenbar gründen sich nicht ganze große Abschnitte der Chirurgie, wie z. B. der von den Verrenkungen, fast ein - zig und allein auf osteologische Kentnisse?
Nur ist schlechterdings aller dieser wichtige Nutzen durchaus nicht von einer superficiellen sondern lediglich von einer sehr gründli - chen Einsicht in die feinere Osteologie zu erwarten. Denn so wie überhaupt eine jede seichte Kentnis ein armseliges DingVIII bleibt, so ist besonders eine blos flachgeschöpfte Osteologie ein so ermüdendes, trocknes und so wenig fruchtbares Gedächtniswerk, daß es sich kaum der Mühe lohnt, die man aufs memoriren derselben verwendet.
Es versteht sich aber von selbst, daß man hier eben so wenig als irgend sonst wo, Weit - läuftigkeit und Gründlichkeit für gleichbedeu - tend annehmen darf. Die eine schließt zwar die andere nicht schlechterdings aus. Aber die letztere wird doch durch die erstere gar sehr geschwächt. Bertin's vier Bände Osteo - logie sind gründlich – aber dabey an hun - dert Stellen so zum verzweifeln weitschweifig, daß sie auch eine Engelsgedult ermüden müssen.
In dem gegenwärtigen Handbuche habe ich mich überhaupt bemüht, jenen Vorzug zu erreichen, ohne dabey in diesen Fehler zu verfallen; dann aber auch demselben außer -IX dem verschiedne andere brauchbare Vorzüge zu verschaffen.
Besonders durch die Noten, die hoffent - lich zur Belehrung und zur Unterhaltung die - nen können, da sie theils physiologische und practische Anwendungen, theils neue Bemer - kungen, zumal aber Parallelen aus der ver - gleichenden Anatomie enthalten, als welche auch hier, so wie in der ganzen übrigen Zer - gliederungskunde des menschlichen Körpers, den Nutzen der Theile am sichersten bestimmt, wie sich davon auffallende Beweise hin und wieder im Buche, wie z. B. bey den Stirn - hölen ꝛc. finden.
Doch hoffe ich bey dieser Anwendung der osteologia comparata immer die nöthige Be - hutsamkeit gebraucht und dadurch die Fehler vermieden zu haben, in welche viele berühmte Zergliederer und Physiologen durch voreiligeX Schlüsse die sie aus derselben gezogen, ver - fallen sind.
Selbst Hr. von Haller hat sich durch seine Beobachtungen über die Bildung der Knochen im bebrüteten Hühnchen zu Fehl - schlüssen auf eine vermeynte vollkommene Ana - logie mit der Bildung der Knochen der mensch - lichen Leibesfrucht*)s. z. B. seine exper. de ossium format. im II B. der oper. minor. pag. 600. – vergl. mit dem was ich im Buche S. 8. N. **) angemerkt habe., so wie Dü Hamel (übrigens einer der verdienstvollsten und geist - reichsten Naturforscher die Frankreich im ge - genwärtigen Jahrhundert gehabt) durch seine Untersuchung des jährlichen Wachsthums des Holzes zu änlichen Fehlschlüssen auf die vermeynte schichtweise Bildung der Knochen aus Beinhaut**)s. unten S. 45. N. ****) verleiten lassen.
XIDer rohen Irthümer nicht zu gedenken, die Galenus dadurch in die Osteologie der folgenden 13 Jahrhunderte gebracht, daß er sein Handbuch, wenigstens nicht ganz nach menschlichen Gerippen, sondern großentheils nach Affen verfaßt*)s. z. B. unten S. 197. 305. 314. u. a.m..
Und doch habe ich sein kleines Werk durchgehends citirt, weil es so lange Zeit der osteologische Canon war, und weil es zum Verständnis der classischen Schriften von Vesalius, Fallopius, und Eusta - chius nöthig ist, die durch dasselbe veran - laßt worden.
Nächstdem habe ich auch die Vesali - schen meisterhaften Abbildungen, und zur Osteogenie jedes Knochen die AlbinischenXII unübertrefflichen icones ossium foetus an - geführt.
Die Beschreibung der Knochen selbst aber habe ich einzig und allein ganz nach der Natur entworfen, und dieselben so deutlich, und wo es nöthig war, gleichsam so male - risch zu schildern gesucht, als es mir immer möglich gewesen.
Durchgehends habe ich mich bemüht, mich bündig und doch zugleich faßlich aus - zudrucken, und dazu war nach meiner ganzen Ueberzeugung nöthig, mehrentheils die allge - mein bekannten und allgemein verständlichen griechischen und lateinischen Kunst - wörter beyzubehalten, oder sie wenigstens in Parenthese beyzusetzen.
Ich glaube nicht daß es über meine Kräfte gewesen wäre, dieselben zu verdolmetschen, aber ich weis gewiß, daß dadurch die Brauch -XIII barkeit des Buchs um ein großes erschwert, und hingegen schlechterdings nichts weiter ge - wonnen seyn würde, als etwa ein gleichför - migeres Aussehen des Drucks, das aber doch wohl bey einem blos wissenschaftlichen Buche wie das gegenwärtige, der Nutzbarkeit des - selben immer nachstehen mußte.
Fast überall habe ich die Albinischen Benennungen beybehalten, doch daß ich die Synonymen beygesetzt. Nur ein paarmal habe ich jene mit andern bekanntern und passen - dern vertauscht, und z. B. das letzte Beinchen in der Handwurzel lieber wie gewönlich vnci - forme als mit ihm cuneiforme genannt.
Hingegen habe ich mich sehr für der eitlen Sucht gehütet, bekannte Dinge mit neuen Namen zu belegen, nur die wenigen Fälle ausgenommen, wo entweder von einem von meinen Vorgängern übersehenen Theil, wieXIV beym cliuus in der Grundfläche der Hirnhöle (S. 155.) oder von einem zwar nicht unbe - kannten aber doch noch mit keinem expressi - ven Namen bezeichneten, wie beym processus vncinatus des Siebbeins (S. 171.) die Rede war.
Seinen größten Schmuck hat das Buch durch die beiden Kupfertafeln erhalten, an denen jeder Kunstverständige auf den ersten Blick die Meisterhand des Hrn. Profess. Camper erkennen wird.
Dieser große Zergliederer hat die Freund - schaft für mich gehabt, sie selbst zu zeichnen, und unter seiner Aufsicht von dem trefflichen Künstler Hrn. Reinier Winkeles in Amsterdam stechen zu lassen.
Ich habe gerade die Unterseite des Sche - dels, und Hand und Fus gewählt, weil dieseXV wichtigen Theile, wie ich aus der Erfahrung weis, Anfängern oft besonders schwer zu fassen sind.
Auf der zweyten Tafel sind die einzelnen Knochen in eine solche Lage gebracht, daß sie alle deutlich erkannt und unterschieden, und doch auch in Gedanken leicht aneinander gepaßt und in ihre natürliche Verbindung ge - bracht werden können.
Noch muß ich endlich zum Verständnis einiger Stellen des Buchs erinnern, daß es schon vor 6 Jahren zu drucken angefangen, und ich nur durch andere Geschäfte in seiner Fortsetzung mehrmalen unterbrochen, und an seiner frühern Beendigung gehindert wor - den hin.
Ich habe den Vortheil von diesem Ver - zug gehabt, daß ich das ganze mehr ausfei -XVI len und auch noch einige Verbesserungen und Zusätze anhängen können, auf die ich vor dem Gebrauche des Buchs bey den verbesser - ten Stellen zu verweisen bitte. Göttingen, den 24sten April 1786.
Unter den ächten Hippocratischen Schrif - ten gehört vorzüglich das Buch de articulis hieher. Unter den unächten das de ossium na - tura das auch den Titel mochlicus führt, und nicht mit einem andern ächten Werke gleiches Titels verwechselt werden darf.
Die vier ersten Capitel im letzten Buch des Celsus enthalten eine kurze aber elegante Osteologie.
Galenus hat außerdem was sich in sei - nen andern voluminosen Werken zerstreut fin - det, das berühmte osteologische Handbuch ge - schrieben, dessen schon in der Vorrede gedacht worden, und das im XVIten Jahrhundert zu den heftigen, aber der Erweiterung der Zerglie - derungskunde sehr vorteilhaften Streitigkei -XVIII ten zwischen Vesalius und seinen Gegnern Sylvius, Eustach ꝛc. Anlaß gegeben.
Zu den vorzüglichen Commentarien über dieses kleine aber merkwürdige Buch, gehören:
Die Araber haben auch in der Osteologie, so wie fast durchgehends, den Galenus meist blos ausgeschrieben. – Zumal Rhazes, Avi - cenna, und Avenzoar.
So auch die Latinobarbari.
Mundinus, der im XIVten Jahrhun - dert, wie es scheint das allererste Handbuch der Anatomie nach menschlichen Leichen ver - faßt, hat doch bey den Knochen gerade am we - nigsten geleistet, weil Pabst Bonifacius VIII 2. 1300 in einem besondern Edicte verboten hatte, Scelete auszukochen! und er sich daher, wie er ausdrücklich sagt, der Sünde fürchtete, die feinern Kopfknochen zu untersuchen.
XIXDie erste Abbildung eines in Absicht auf Osteologie gezeichneten Menschengerippes fin - det sich meines Wissens in dem tractatus de ani - malibus, der zu Ende des XVten Jahrhunderts herausgekommen, und gewöhnlich den zweyten Band zum ortus sanitatis ausmacht. Freylich noch eine sehr rohe Abbildung. – Weit besser ist schon die in Meister Hans von Gerßdorf, genannt Schylhans, Feldtbuch der Wundarz - ney. Strasb. 1528. 4.
Doch die allerwichtigste Periode für die Osteologie so wie für die ganze übrige Zerglie - derungskunde, fällt in die Mitte des XVIten Jahrhunderts, in die Zeiten des großen ana - tomischen Triumvirats von Vesalius, Fallo - pius und Eustachius.
Sein Commentar über Galen's Osteologie ist schon oben angeführt.
Ein Schüler von Fallopius, Volcher Royter hat kurz nachher zwey classische Werke herausgegeben, von welchen zumal das letztere noch bis jetzt als eine der allerwichtigsten und reichhaltigsten Quellen zur osteologia comparata anzusehen ist:
Im XVIIten Jahrhundert hat der eigentlich anatomische Theil der Osteologie, nemlich die Beschreibung der Knochen, wenig Zuwachs undXXI Erweiterung erhalten. Nur etwa die beiden vollständigen Werke von Casp. Bauhin und dem jüngern Riolan, und dann Paaw's Schriften und Bucretii Tafeln ausgenom - men, welche er den Casserischen beygefügt, und die sehr oft wieder aufgelegt und nachgesto - chen worden.
Seinen Commentar über Celsi Osteologie s. oben.
Zur osteologia comparata sind in jenem Jahrhundert ein paar eigne Werke herausge - kommen:
XXIIAm mehresten hat hingegen um diese Zeit die Geschichte der Knochen, ihre eigentliche Physiologie, gewonnen.
Theils nemlich noch ferner die Osteogenie durch Eyßon's und Rerkring's Schriften (s. S. 11. N. *)
Vorzüglichst aber die nun durch Mal - pighi, Gagliardi und Havers zuerst recht näher untersuchte Textur der Knochen (– s. S. 45. N. *) –).
Im gegenwärtigen Jahrhundert hat sich Weitbrecht durch sein mühsames Werk über die Gelenkbänder gar sehr um die Kentnis der frischen Knochen verdient gemacht.
So auch Nesbitt und Herissant, dü Hamel und Hr. von Haller um die tiefere Erforschung der Entstehungs - und Ernährungs - art der Knochen. (– s. S. 11. N. *) u. **) – und S. 54. N. ***) –).
Besonders sind auch in den letzten 50 Jah - ren folgende prachtvolle große Kupferwerke erschienen, worin die Knochen in Lebensgröße abgebildet worden:
XXIIIVor allen aber hat sich der große Albinus so wie um die ganze Zergliederungskunde, so vorzüglichst um die Osteologie durch meisterhafte Beschreibungen und eben so meisterhafte Ab - bildungen, (wozu er sich eines der größten Künst - ler die je in diesem Felde gearbeitet, des ber. Jo. Wandelaar bedient) unsterblich verdient gemacht.
XXIVZwey Werke, auf deren Ausgabe Albinus 24000 Gulden verwandt hat.
Zu den übrigen neuern Zergliederern die durch eigne Werke die Osteologie bereichert, gehören vorzüglich:
Der verstorbene Alex. Monro, der Va - ter, von dessen osteologischen Handbuche die prachtvolle französische Ausgabe oben angeführt worden. (– Die neueste Auflage seiner Urschrift findet sich unter seinen zu Edinburg 1781. 4. herausgegebnen sämtlichen Werken pag. 27-227. –)
XXVBertin (s. S. 22. N. *) – und die Vorrede –)
Tarin (s. S. 83. N. **) –)
Hr. Hofrath Böhmer (– s. S. 33. N. **) –)
Hr. Prof. Walter (– s. S. 23. N. *) –)
Und Hr. Prof. Sandifort.
Ich übergehe die Handbücher der ganzen Anatomie von Winslow u. a. worin die Osteologie zugleich mit abgehandelt wird.
Noch muß ich hingegen zweyer großen Werke gedenken, durch welche das Studium der osteo - logia comparata gar sehr erweitert und aufge - klärt worden. – Nemlich die Osteologie der warmblütigen vierfüßigen Thiere durch Dau - benton's Antheil an des Gr. Büffon histoire naturelle, vom IVten bis zum XVten Band der Originalausgabe in 4.
XXVIUnd die Osteologie der sämtlichen vier Classen von rothblütigen Thieren durch folgen - des wenig bekannte aber überaus reichhaltige und zuverlässige Werk:
Zu S. 3. N. *) – Daß die Knochen bey der Fringilla amandaua gelb seyen, sagt Franz Nicholl's im compen - dium anatomicum. Ich habe aber seit dem Abdruck jener Note diesen niedlichen Vogel selbst erhalten, und diesel - ben bey der Untersuchung völlig so weiß als an unsern hie - ländischen kleinen Sangvögeln gefunden. – Und eben so vermuthe ich auch auch, daß die angebliche Schwärze in den Knochen der daselbst gedachten Vögel mehr in der Bein - haut als im Knochen selbst liegen mag.
Daß aber die Knochen vom Genuß der Färberröthe ge - färbt werden, erwähnt schon ant. mizaldvs (Misaud) in seinen Centuriis memorabilium. Paris. 1567. 12. Cent. VII. Nro. 91.
Zu S. 68. N. *) – Eben so fand auch Jac. Keil diese cartilagines permanentes in der Leiche des 130jährigen Joh. Bayles unverändert, bey welchem doch die große Schlagader im Unterleibe nebst den iliacis großentheils ver - knorpelt war, und sich auch Verknöcherungen im Si - chelförmigen Fortsatz der harten Hirnhaut fanden. – Philos. Transact. 1706. n. 306. pag. 2248.
Zu S. 70. §. 99. – Mit dem Namen von Näthen belegt man auch, aber freylich sehr uneigentlich, die beiden Spalten an der obern und innern Seite der Oberkiefer: nemlich die infraorbitalis (S. 194. §. 103.) und die incisiua (S. 195. §. 104.)
Im 101 §. müssen S. 71 in der untersten Zeile, und und S. 72 in der obersten die Worte: zwischen dem er - sten Paar Rippen und dem Brustbeine, ausgestrichen werden. Ich hatte mich damals durch Albinus ꝛc. und durch das Ansehen an blos trocknen Gerippen verführen lassen. Hingegen habe ich diesen ziemlich allgemein, auch in die Physiologie, aufgenommenen Irthum in der Folge S. 340. N. *) nach der Natur verbessert.
[XXVIII]Zu S. 127. Z. 5. Zuweilen findet sich der Griffelfort - satz hohl, fast wie ein kleiner Röhrenknochen.
Zu S. 249. §. 181. Auch haben die Eckzähne das eigne, daß sie ungleich seltner als die andern dem Bein - fras ausgesetzt sind.
| S. 72. §. 100. Z. 4. | statt mit lies wie |
| – 135. – 46. – 13. | lies sauber |
| – 192. – 101. – 11. | st. drunter l. dahinter |
| – 211. – 126. – 6. | statt eine ebenfalls nach außen l. ebenfalls eine vorwärts. |

Die Knochen sind die härtesten Theile des menschlichen Körpers, undurchsich - tig, und von gelblichweisser Farbe. *)Bey einigen Vögeln sind die Knochen anders gefärbt. Beym Goldfasan z. B. und bey den Finken von Bengalen (Fringilla amandaua etc.) sollen sie gelb seyn (so wie sie es auch bey Men - schen durch starke Gelbsucht werden): bey den sogenannten Negerhünern vom Senegal, in In - dostan, auf Java ꝛc. schwärzlicht: und auf der Insel St. Jago sollen überhaupt viele Vögel schwarze Knochen haben. S. dampier voy. au - tour du monde vol. III. p. 23.Die nun allgemeinbekannte Erfahrung, daß die Knochen durch den Genuß der Färberröthe und einiger verwandten Pflanzenarten (z. B. Galium aparine ꝛc. ) roth gefärbt werden, hat G. Bel - chier ein Londner Wundarzt a. 1736 zuerst ange - stellt. S. Philos. Transact. vol. XXXIX. p. 287 u. 299.Sie4 dienen den Muskeln zur Befestigung*)Nur einige wenige Muskeln sind nicht unmittel - bar an Knochen befestigt; z. B. der ungepaarte Muskel des Zäpfgen im Halse (Agygos vuulae), die mehresten Muskeln des Augapfels u. s. w. S. b. s. albini hist. musculor. p.23.Von der andern Seite sind auch nur wenige Knochen am Gerippe, woran keine Muskelsehnen befestigt sind z. E. der Ambos, das Siebbein, das untre Muschelbein in der Nase, die Pflugschaar, das Nagelbein, einige Knochen der Handwurzel u. s. w., so wie überhaupt den weichen Theilen zur Stütze**)Darum mußten wenigstens die rothblüthigen Thiere mit Knochen versehen seyn; die hingegen den Insecten und Würmern theils wegen ihres kleinern Körpers, theils wegen ihrer harten horn - ichten oder gar steinartigen äussern Bekleidung, woran ihre Muskeln und Sehnen befestigt wor - den, entbehrlich sind. Und doch sieht man auch selbst bey verschiedenen Thieren dieser zwey Clas - sen, z. B. bey etlichen grossen Krebsen, Dintenfi - schen, Muscheln ꝛc. einige knochenartige innre Theile., und bestimmen im Ganzen die Bildung und Gelenkigkeit***)Daher denn bey allen Thieren die meisten oder doch die grösten Knochen mittelst der Ge - lenke zusammenhängen und das Gerippe aus - machen. Beym Menschen ist blos das Zungenbein ausser unmittelbarer Verbindung mit dem Gerippe. Bey vielen andern Thieren aber ausser diesem auch noch einige andere Knochen, wie z. B. der Kno - chen in der männlichen Ruthe vieler Säuge - thiere, und des Strausvogels: die Herzbeinchen bey vielen Thieren mit gespaltnen Klauen: der knöcherne Ring in der harten Haut des Augapfel - der Vögel: sehr viele Fischgräten u. s. w. des Körpers.
So mannichfaltig die Gestalt der verschie - denen Knochen ihren besondern Bestimmungen gemäs seyn muß, so lassen sie sich doch über - haupt aus dieser Rücksicht auf vier Classen zurückbringen: I. flache Knochen. II. Röh - renknochen. III. rundliche und IV. viel - eckichte Knochen.
I. Die flachen Knochen, (ossa plana, lata, ampla) bilden gleichsam breite Schaa - len, und bestehen aus einer innern Lage von schwammichten Knochengewebe (Diploë), die auf beiden Flächen mit einer dichten Knochen - rinde bekleidet ist.
II. Die Röhrenknochen (ossa cylin - drica, longa) sind walzenförmig, laufen an beiden Enden in dickere Köpfe zu, und ent - halten inwendig eine Markhöle.
III. Die rundlichen und würflichten Knochen (ossa subglobosa et cuboidea) sind mehr oder weniger kuglicht oder stumpfeckicht, bestehen fast ganz aus einem mürben schwam - michten Gewebe das von aussen nur mit einer dünnen Knochenrinde überzogen ist.
IV. Endlich fassen wir unter dem Namen der vieleckichten Knochen (ossa multan - gula, polyedrica) alle die übrigen Gebeine des Gerippes, zumal des Kopfes, zusammen, die wegen ihrer mehr zusammengesetzten vielfachern Gestalt sich nicht füglich unter die vorigen drey Abteilungen bringen lassen.
Die menschliche Leibesfrucht, die überhaupt erst in der dritten Woche nach der Em - pfängnis unter einer ziemlich unförmlichen läng - lichtrunden Gestalt sichtbar wird, besteht an - fangs fast so ganz aus einer blossen leimichten Gallerre, daß sie bey starker Berührung leicht zerfliest und über Kohlfeuer gehalten, beynah gänzlich verdunstet. Sie erhält aber schon in den nächstfolgenden Wochen, so wie sie im - mer mehr und mehr ausgebildet wird, auch eine grössere Festigkeit, so daß man schon bey wohlerhaltnen Embryonen aus der ersten Hälfte des zweyten Monats der Schwan - gerschaft nicht nur den Geschlechtsunterschied, sondern auch jede Fingerspitze und Fußzehe so wie auch die gröbern Gesichtszüge unterschei - den, und die festere Grundlage der künftigen Knochen, zumal an der Brust und am Rück - grate ganz deutlich erkennen kan.
Diese zarte Grundlage des künftigen Ge - rippes besteht aber dann noch blos aus weich - lichen gallertigen Knorpeln*)Einige ältere Zergliederer haben bey den Knochen des Hirnschedels eine Ausnahme machen, und denselben bey der zarten Leibesfrucht nicht sowol für knorplicht als häuticht halten wollen. Aber schon B. S. Albinus hat den Ungrund dieses ver - meynten Unterschiedes erwiesen: Species eorum membranacea est, natura cartilaginea. Icon. ossium foetus p. 150., die erst nach und nach an Festigkeit und Schnellkraft zuneh - men, und zugleich immer schärfer ausgebildet werden und selbst schon grossentheils die Form der nachher in ihnen entstehenden Knochen erhalten.
Ohngefähr in der siebenten**)Bey der menschlichen Leibesfrucht und bey an - dern ungebohrnen Säugethieren fängt folglich die Verknöcherung verhältnisweise ungleich früher an als beym bebrüteten Vogel im Eye. Beym jungen Hünchen z. B. das 21 Tage bebrütet wird, zeigt sich die erste Spur eines Knochenkerns nicht früher als zu Anfang des 9ten Tages, der mit der 17ten Woche der menschlischen Schwanger - schaft zu vergleichen ist. Die Natur scheint nem - lich bey den lebendiggebärenden die Ossification deshalb zu beschleunigen, um dem Fötus so bald als möglich seine bestimmte Bildung zu geben, und ihn dadurch für vielen sonstigen Gefahren, zu -9 fälligen Verunstaltungen ꝛc. zu sichern; denen hin - gegen das in seiner Eyerschale festverwahrte Kü - chelgen bey weiten nicht so leicht ausgesetzt ist. oder achten Woche nach der Empfängnis zeigen sich endlich meist in der Mitte einiger von diesen bis dahin fast durchsichtig gewesenen Knorpeln, weisse un - durchsichtige Fleckchen, nemlich die ersten Kno - chenkerne (puncta ossificationis): und zwar zu allererst in den Schlüsselbeinen, in den Rippen, in den Wirbelbeinen, in den grösten Röhrenknochen, in den Kinnladen und einigen andern Gesichtsknochen, auch im Stirn - und Hinterhauptsbeine: später erst in den Scheitel - beinen u. s. w.
Die Form dieser ersten Knochenkerne diffe - rirt nach der oben angezeigten vierfachen Ver - schiedenheit der Knochen selbst. In den fla - chen Knochen nemlich, zumal am Kopfe, sind es dünne, netzförmige, oder theils wie ein Siebchen durchlöcherte Schuppen, aus deren Mitte die Knochenfasern wie Kammzinken, oder vielmehr wie divergirende Stralen nach dem äus - sern Rande zu gerichtet sind. Bey den Röhren - knochen sind es kurze Walzen die an beiden Endflächen eine kleine Vertiefung haben, und de - ren Fasern mehr parallel laufen. In den rund - lichen Knochen haben sie die Form kleiner Körner: und in den vieleckichten endlich eine mannichfaltigere, meist zackichte Gestalt.
Es ist jetzt allgemein angenommen, daß die se Knochenkerne aus einem besondern, verhält - nismässig groben Stoffe, nemlich aus dem so - genannten Knochensafte bestehen; der in eige - nen Schlagadern von einer ansehnlichen Weite durch die den Knorpel umkleidende Beinhaut geleitet, und in dessen Mitte nachher abgesetzt wird. Hingegen sind die Meynungen der neuern Zergliederer über das Verhältnis und die Ver - bindung dieses Knochenkerns mit dem ihn um - gebenden Knorpel getheilt gewesen.
Rob. Nesbitt nemlich, der zuerst durch sorgfältige Erfahrungen die alte Meynung*)Es lohnt nicht der Mühe alle die seltsamen Be - griffe der Alten vom Ursprung der Knochen, z. B. daß sie aus dem groben Unrath des männlichen Saamens erzeugt würden u. s. w. anzuführen. Ziemlich vollständig hat sie B. S. Albinus gesamm - let annotat. academic. L. VII. c. 6.Der erste Zergliederer der die Osteogenie aus der Natur selbst studirt, und unzeitige Leibes - früchte und Kinder in dieser Absicht zerlegt hat, ist Gabr. Fallopius. S. dessen nicht genug zu em - pfehlende Obseruationes anat. S. 17 u. f. der Ve - net. Ausg. v. 1561. 8. Noch genauer hat nach - her sein verdienter Schüler, Volcher Coiter die Ausbildung der Knochen untersucht, auch die ersten Abbildungen von Kinder - und Embryonengerip - pen geliefert. S. dessen Ossium cum humani foetus, tum infantis dimidium annum nati histor. (in seinen11 seltnen und wichtigen Externar. et internar. corp. hum. partium tabulis Nürnb. 1573. fol.) die auch Heinr. Eysson seinem eignen Tract. de ossibus in - fantis Gröning. 1659. 12. wieder beygefügt. Hier - auf hat Theod. Kerckring seine allerdings noch umständlichere und theils ungemein genaue Osteo - genia foetuum Amst. 1670. 4. ; und 1671. als eine Zugabe die ichnograph. anthropogeniae herausgege - ben: doch sind freylich manche Anmerkungen des ohnehin abentheuerlichen Mannes verdächtig, einige aber offenbar falsch, und fast durchgehends die Termine der Verknöcherung viel zu früh angege - ben: so wie auch seine Abbildungen ziemlich roh sind, und wenigstens nicht mit b. s. albini icon. ossium foetus Lugd. Bat. 1737. 4. verglichen werden dürfen, als worin der große Künstler J. Wan - delaar alle seine Vorgänger, und in Vergleich mit seinen übrigen auch noch so trefflichen Ar - beiten der Art, wie man zu sagen pflegt, sich selbst übertroffen hat. widerlegt, daß die Verknöcherung ein bloßes Verhärten des vorher weichen Knorpels sey, (ohngefähr so wie ein weicher Thon oder Teig allgemach verhärtet ꝛc. ) behauptete*)roe. nesbitt's human osteogeny explained. Lond. 1736. 8. Deutsch, Altenb. 1753. 4. der Knochensaft mische oder verbinde sich gar nicht mit dem Knorpel, sondern nehme nur dessen Stelle ein, und verdränge ihn, so daß endlich beym vollkommnen Knochen blos noch an den Gelenkflächen einige Spur davon übrig bleibe.
Dieser Lehre hat F. Dav. Herissant*)Mém. de l'ac. des Scienc. de Paris. 1758. Eigentlich nimmt er (S. 422 u. f.) vier Hauptbestandtheile der Knochen an. 1. den knorplichten, 2. den krei - tichten, 3. einen schleimichten, der jene beiden zu - sammen verbinden soll, und 4. einen häutichten, der als eine Fortsetzung der äußern Beinhaut zwi - schen alle Fäserchen und Blättchen der knorplichten Grundlage der Knochen dringen soll.In den Memoires von 1766 hat er nachher diese seine Meynung auch auf den Bau der Conchylien und Corallen anzuwenden, und jene aus diesem zu bestärken gesucht. seine Versuche mit dem Einbeizen der Knochen in verdünnten rauchenden Salpetergeist entge - gengesetzt, und behauptet, der Knorpelstoff bleibe der Verknöcherung ungeachtet selbst im festesten Knochen unverändert, und werde blos von der kreitenartigen Knochenerde durch - drungen u. s. w.
Beide Männer scheinen aber in ihren Be - hauptungen zu weit gegangen zu seyn. Frey - lich ist das vermeynte Schwinden des Knorpels, und daß er blos vom Knochenkern verdrängt werde, ungegründet, wie sich zumal aus eini - gen Knochenkrankheiten, z. B. aus ihrer Er - weichung (osteosarcosis) und aus dem mürben schwammichten Gewebe der venerisch-rhachiti - schen Kinderknochen, wovon z. B. Taf. I. Fig. 1. ein Schenkelbein abgebildet ist, ersehen läßt. Allein der Knorpel bleibt auch während der Ver -13 knöcherung nicht unverändert, wird nicht blos wie ein getränkter Schwamm mit Knochensaft durchdrungen, sondern leidet dabey wesentliche Veränderungen die selbst aus dem Aussehn der in mineralische Säuren eingebeizten Knochen; ferner aus verschiedenen Knochenkrankheiten, be - sonders aus dem Beinfras; und theils auch schon aus der Leichtigkeit erhellen, mit welcher die Kno - chenkerne bey sehr zarten Leibesfrüchten aus ihren Knorpeln springen, und womit auch noch nachher, bey reifern jugendlichen Knochen, sich die Knor - pelflächen von den Enden derselben, und die Kno - chenansätze (Epiphyses) von ihren Hauptstücken (Diaphyses) losgeben.
Endlich fragt sich, durch was für Kräfte und Triebfedern, diese anfänglichen Knorpel und der in ihnen abgesetzte Knochensaft ihre be - stimmt Ausbildung und Form erhalten? Die mehresten neuern Physiologen sind hierin dem Hrn. von Haller gefolgt, der bekanntlich gar keine wirkliche Erzeugung – sondern eine blosse Entwickelung der vermeyntlichen seit der ersten Schöpfung präformirten, wie ein - gepackte Schachteln in einander steckenden Keime annahm: und ausdrücklich behauptete, daß bey diesen seinen längst vor der Befruchtung präexistirenden Keimen, die Knochen, so wie alle übrige Theile, Eingeweide ꝛc. schon vor - her gebaut gegenwärtig gewesen u. s. w.
Allein, so wie ich überhaupt schon vor einigen Jahren die angestellten Versuche und daraus folgenden Schlüsse angegeben, die mich von dieser, vorher selbst von mir vertheidig - ten Evolutionstheorie zurückgebracht: so zei - gen sich besonders in der Geschichte der Er - zeugung der Knochen und ihrer Ernährung und Wiederersetzung (– dieser drey so unzertrenn - lich verwandten Geschäfte in der organisirten Schöpfung –) die unauflöslichsten Schwie - rigkeiten, die sich gegen jene vorgeblichen Keime empören. So z. B. die vollkommne und theils gar wiederholte mehrmalige Reproduction durch Unfall gänzlich verlohrner Knochen; die zu - fällige Entstehung ganz neuer, beym natürli - chen Bau gar nicht existirender Gelenke, nach Beinbrüchen, Verrenkungen ꝛc. ; überhaupt auch die grossen Veränderungen die mit der Zeit in der Bildung der Knochen vorgehn, die Entstehung der Markhölen in den Röh - renknochen, der Schleimhölen in einigen Kno - chen des Kopfs u. s. w. Müssen nicht selbst die Vertheidiger der Evolution bey diesen Er - scheinungen immer noch auf andre Kräfte zu - rückkommen, wodurch die ursprüngliche Form ihres vermeyntlichen präexistirenden Keims um - geändert, umgebildet wird u. s. w.
Und wie ungleich befriedigender und einfa - cher lassen sich hingegen nicht alle diese merk - würdigen Erscheinungen erklären, wenn man auch hierbey einen überhaupt in der ganzen übrigen Schöpfung so allgemeinen und so leicht sichtbaren Bildungstrieb (Nisus formatiuus) annimmt –; einen, dem Zeugungssioffe aller belebten Geschöpfe eingepflanzten Trieb die ihnen bestimmte Gestalt anfangs bey der Erzeugung anzunehmen, dann mit - telst der Ernährung lebenslang zu erhalten, und wenn sie ja zerstört worden, so viel möglich durch die Reproductionskraft wie - der herzustellen: – einen Trieb der we - nigstens eben nicht mehr als die Gesetze der Schwere, der Attraction u. a.m. die wir auch blos aus ihren Würkungen vermuthen, für eine blosse qualitas occulta gehalten werden darf, da sich die Phänomene des Zeugungsgeschäftes und besonders der Osteogenie eben so leicht durch ihn, als andre natürliche Erscheinungen durch jene, erklären lassen.
Die Verknöcherung, deren allerersten An - fänge im vorigen Abschnitt beschrieben worden, gewinnt zwar im ganzen genommen, in Mutterleibe, und selbst schon in der ersten Hälfte der Schwangerschaft, einen sehr ansehn - lichen, schnellen und bestimmten, aber doch in Rücksicht auf die einzelnen Knochen sehr ungleichen Fortgang, dessen Verschieden - heit sich nicht nur auf die Zeit, sondern auch auf die Art ihrer Ossification und auf ihre un - gleiche Vervollkomnung erstrecket.
Bey vielen nemlich, wie z. B. in den Fin - gern und Fuszehen, im Zungenbein, im Brustbein ꝛc. zeigen sich die Knochenkerne erst späte; bey einigen aber gar erst nach der Ge - burt, wohin besonders verschiedene rund - liche Knochen, z. E. die in der Handwurzel und einige von denen in der Ferse*)Ueberhaupt aber verknöchern die Fersenbeine un - gleich früher als alle die in der Handwurzel, so17 wie es die Lebensart des zarten Kindes mit sich bringt, das zwar in seinen ersten Lebensjahren wenig Kraft mit seinen Händchen – aber desto mehr mit seinen Füssen ausüben; damit auftreten, den Körper damit stützen soll u. s. w. Eine Be - merkung, die wol so wie viele andere der Art dem vormaligen Lehrer der Anatomie zu Pavia P. Moscati nicht beygefallen war, als er vor zwölf Jahren irre wurde, oh die Menschen auf zwey Beinen, oder lieber auf allen vieren zu laufen bestimmt wären?, fer - ner die Kniescheibe, das Kuckucksbein, und die Sesamsbeinchen an Füssen und Händen ge - hören, von welchen die letztern meist gar erst im männlichen Alter oder auch nie, sich zeigen.
Manche erhalten erst sehr späte ihre voll - kommene Ausbildung, wie z. B. das Sieb - bein u. a. zur innern Nase gehörige Kno - chen: da hingegen andere, wie die Schlüs - selbeine und Rippen schon in den ersten Mo - naten nach der Empfängnis fast ganz ihre be - stimmte Gestalt bekommen. Am auffallend - sten aber ist diese frühzeitige Vervollkommung bey den innern Gehörwerkzeugen im Felsen - beine, die schon im fünften, sechsten Monat, nicht nur ihre gehörige Form, sondern sogar fast ihre vollkommne Größe erreichen*)Wahrscheinlich weil das einmahl verknöcherte Fel - senbein bey seinem zusammengesetzten wunderbaren18 Baue nachher nicht viel mehr erweitert und ver - grössert werden kan. So sind auch, vermuth - lich aus dem gleichen Grunde, bey den jungen Raupen die härtern hornichten Theile in Ver - hältnis gegen die weichen fleischichten so ausseror - dentlich gtos, weil sie nicht so wie diese ausge - dehnt werden und wachsen können. S. p. lyo - net anat. de la Chenille de Saule p. 8..
Ueberhaupt steht das Wachsthum der verschiedenen Knochen in einem sehr ungleichen Verhältnis. Bey einem Fötus von zehn Wo - chen z. E. sind die Knochenkerne der Schul - terblätter wenigstens zweymal so gros als die in den Hüftknochen; die Schlüsselbeine wol drey - mal so gros als die Schenkelknochen, die so wie überhaupt die ganzen Beine beym Fötus in Verhältnis gegen Kopf und Rumpf überaus kurz und schwach sind*)So ist es nur bey dem kraftlosen, fast im ganzen ersten Jahre blos von fremder Hülfe abhängenden Kinde. Bey allen vierfüssigen Thieren hingegen, die theils schon in den ersten Stunden nach der Geburt auftreten und laufen müssen, sind die Beine schon in Mutterleibe fast unproportionirlich gros und stark; und zwar am allerauffallendsten bey denen, die sich gleich völlig auf ihre Füsse verlassen müssen, z. E. bey den Affen und Eichhörnchen, die auf den Bäumen leben ꝛc., auch unter den Vögeln bey den Wasserhünchen, die im Sumpf waden sollen u. s. w.. Eine gleiche schein - bare Disproportion zeigt sich auch am Kopfe, da nur die flachen Knochen der Hirnschaale gar frühzeitig ausserordentlich gros werden, hinge -19 gen die eigentlichen Gesichtsknochen eine ver - hältnismässig sehr geringe Grösse haben*)Auch selbst beym innern Wasserkopf und bey rhachiti - schen Kindern, deren Köpfe zuweilen ausserordentlich gros und zumal nach hinten zu sehr verlängert sind, bleiben doch die Gesichtsknochen in ihrem behöri - gen Verhältnis, und es sind eigentlich blos die bei - den Helften des Stirnbeins, die Scheitelbeine und die grosse Schaale des Hinterhauptbeins die so sehr bis zur Verunstaltung vergrössert werden..
Gewöhnlich sängt sich die Verknöchrung in der Mitte des Knorpels an; doch leidet auch dieß seine Ausnahmen, da z. B. die äussersten Knochen der Finger und Fußzehen vorn an der Spitze zu verknöchern anfangen.
Es sind ferner nur wenige Knochen die aus einem einzigen Knochenkerne gebildet werden, wohin z. B. die Scheitelbeine, Nasenbeine, Nagelbeinchen, Jochbeine, die Kniescheibe, die Knochen in der Handwurzel, die mehresten in der Ferse, die Sesamsbeinchen ꝛc. gehören.
Bey weiten die allermeisten haben hinge - gen deren mehrere, die entweder meist zu gleicher Zeit entstehen und einander gleichsam entgegen wachsen, so daß alsdenn ein derglei - chen Knochen aus mehrern grössern oder Haupt -20 stücken zusammengesetzt scheint, (wie dieß z. B. der Fall beym Hinterhauptsbeine ist, das an - fänglich aus vier Stücken, beym Wespenbeine das aus fünfen, bey den Wirbelbeinen die aus dreyen, beym Brustbeine das wol aus ach - ten und mehreren, bey den ungenannten Bei - nen, die aus dreyen u. s. w. zu bestehen schei - nen): oder bey welchen hingegen anfänglich nur ein Hauptkern entsteht, der erst eine be - trächtliche Grösse erreicht, und das Haupt - stück (Diaphysis) des ganzen Knochen aus - macht, ehe sich nachher, und zwar meist an seinen Enden ungleich kleinere Kernchen zeigen, die die sogenannten Ansätze oder Anwüchse oder Endstückchen (Epiphyses) am Haupt - knochen ausmachen.
So wie diese Bildung der grössern Kno - chen aus mehreren Knochenkernen schon im gan - zen genommen beides fürs Kind in Mutter - leibe selbst, und auch für die schwangere Mutter von mannichfaltigen Nutzen ist, da sich jenes dadurch leichter in seine bestimmte kuglichte Stellung zusammenlegen kan, und diese hingegen eben dadurch weniger beschwehrt, auch überhaupt die Geburt nachher erleichtert wird, und selbst nachher noch das junge Kind in seinen ersten Lebensjahren beym fallen ꝛc. weniger Gefahr läuft: so ist es besonders eine21 weise Einrichtung des Schöpfers, daß gerade alle die Knochen, die in ihrer Mitte eine sehr grosse Oeffnung zum Durchgang für weiche Theile, oder zur Aufnahme anderer Knochen, haben, anfänglich aus mehrern Stücken beste - hen, damit diese nach und nach auseinandertre - ten, die Oeffnung erweitern, und dem hinein - tretenden Theile so wie er selbst wächst immer mehr Raum machen können. So ist es z. B. beym Hinterhauptsbein und bey den Wirbel - beinen zum Durchgange des Rückenmarkes, bey der Hüftpfanne zur Aufnahme der Kugel des Schenkelbeins u. s. w.
Eine Hauptveränderung, die während des Wachsthums der Knochenkerne in ihrem innern vorgeht, ist die Entstehung der Zellen und Hölen, die zur künftigen Aufnahme des Knochenmarkes bestimmt sind. Bey den fla - chen Knochen nemlich legt die anfängliche kleine siebförmige Schuppe den ersten Grund zu dem nachher in ihrer Mitte entstehenden schwam - michten Gewebe (§. 3.), indem sich durch den fernern Absatz von Knochensaft mehrere der - gleichen fast netzförmige Blättchen über einan - der legen, wovon die innersten am lockersten sind, und durch ihre Verbindung die soge - nannte Diploë bilden, statt daß die äussern22 hingegen auf beiden*)Die mehresten neuern Zergliederer sind hierin an - derer Meynung, und behaupten, daß beym Schei - telbeine u. a. dergleichen breiten Knochen aus je - ner allerersten kleinen Schuppe zuförderst die innere dichte Rinde (die sogenannte tabula vitrea) sodann auf deren äussern Fläche erst die diploë, und zulezt über dieser das äussere dichte Blatt gebildet werde. S. albini icones ossium foetus p. 6. u. f. v. swie - ten Comm. in boerh. aphorism. Vol. I. p. 406. bertin osteologie Vol. II. p. 31. u. a.m. Allein ich halte mich vom Ungrund dieser Angabe und von der Richtigkeit der dagegen oben angeführten Mey - nung durch den Augenschein an einer ansehnlichen Reihe dieser flachen Knochen überzeugt, die ich von menschlichen Leibesfrüchten aus den ersten Mo - naten nach der Empfängnis und auch von andern grössern Thieren, zumal von ungebohrnen Füllen und Schweinen vor mir habe. Seiten immer mehr verdichten und die festen Aussenblätter oder gleichsam die Rinde zu jener schwammichten Mittellage ausmachen.
Bey den Röhrenknochen werden die dickern Enden in ein änliches schwammichtes oder zel - lichtes Knochengewebe umgebildet, da hinge - gen in ihrer Mitte eine gänzliche nur mit dün - nen Knochenfäden durchkreuzte Höle (§. 4.) entsteht, die aber dafür mit einer desto festern und dichtern Knochenwand umschlossen wird.
Die rundlichen und würflichten Knochen werden, wie schon oben gesagt ist (§. 5.) fast23 ganz bis zu ihrer äussersten Oberfläche schwam - micht, und haben theils nur wie einen dünnen Anstrich von einer glatten dichten Aussenseite.
Die Substanz der vieleckichten Knochen (§. 6.) ist zwar bey weiten dichter und schweh - rer, doch sind auch sie, vielleicht ohne Aus - nahme nicht ganz von dergleichen lockern Zellen entblöst, die selbst bey den grössern Gehörknö - chelchen, und im Felsenbeine an der Aussenseite der Schnecke sehr sichtlich sind.
Alle diese Zunahme und überhaupt das ganze Wachsthum der Knochen wird von ihren ernährenden Schlagadern bewürkt, die aus der äussern Beinhaut in dieselben hinein - treten, und die nachdem sie wie obgedacht (§. 11.) den ersten Knochensaft in den Knor - pel geführt, ihn vom ersten Knochenkerne wie aus einem Mittelpunkt nach allen Seiten zu, immer weiter verbreiten. *)S. die 16 überaus lehrreichen Abbildungen vom An - fang und Fortgang der Verknöchrung der Knie - scheibe, in Hrn. Prof. Walters Abhandl. von trok - nen Knochen des menschl. Körpers. S. 375 u. f.
Es hat daher ein jeder Knochen wenigstens eine dergleichen Schlagader, die meist in sei -24 ner Mitte durch eine weite Oeffnung*)Bey den grossen Röhrenknochen ist diese Oeffnung so weit, daß manche Insecten, zumal Speckkäfer (Derme - stes lardarius etc.) ihre Eyer dadurch in den Knochen legen können; daher man zuweilen beym Aufsä - gen ihre ganze Verwandlungsfolge in der Mark - höle antrift. S. rvysch aduersar. anatom. De - cas III. tab. I. fig. I. und albini annot. acad. Lib. II. p. 24 u. f. in sein inneres hineintritt: bey den meisten aber sind deren mehrere nach der Anzahl der Knochen - kerne woraus sie zusammenwachsen, befindlich; die zumal bey denen, die aus mehr als einem Hauptstücke bestehen (§. 24.) wie z. B. bey den ungenannten Beinen, eine ansehnliche Stärke haben.
Die Stämme dieser Schlagadern treten meist bis in die Mitte des Knochen, wo sich ein Theil ihrer Zweige in die schwammichten Markzellen vertheilt, da hingegen die übrigen zwischen die Knochenblätter selbst und in die dichtere Rinde eindringen. **)Selbst zwischen die Blätter der festesten Wände der Röhrenknochen, wo sie Cl. Havers irrig für leere Kanäle zur Vertheilung des Markes hielt. S. albinvs l. c. L. III. tab. V. fig. 2.
Durch die verschiedene Richtung und den Lauf dieser leztern Gefässe wird vorzüglich die Richtung der Knochenfasern selbst bestimmt,25 die wie gesagt (§. 10.) bey den breiten Kno - chen, wie aus einem Mittelpunkt divergiren, und bey den Röhrenknochen hingegen mehr gleichlaufend sind. Bey den leztern zumal, sind nach des Hrn. von Haller*)Oper. minor. Vol. II. p. 575 u. f. sorgfälti - gen Untersuchungen zwey besondere netzförmige Aderkronen (hemisphaeria vasculosa) zu mer - ken, die das Hauptstück des Knochen an bei - den Enden begrenzen, und deren Bogen und Aeste endlich in die Knochenansätze übertreten, und sich mit deren ihren Gefässen verbinden.
Der aus dem Blute abgeschiedne Knochen - saft wird vermuthlich längst der Häute dieser Schlagadern durch dieselben ausgeschwitzt, daher man sie theils von einer zarten Knochen - röhre wie von einen Futteral umschlossen fin - det:**)Zumal ungemein schön in den Röhrenknochen der sehr grossen Thiere, des Elephanten, Nas - horns u. s. w. das übrige Blut wird hingegen von den zurückführenden Adern der Knochen, (die sehr zweckmässig von den Schlagadern ent - fernt liegen, sie nicht so wie in andern Theilen des Körpers in der Nähe begleiten) wiederum aus den Knochen hinausgeleitet.
Das ganze Ernährungsgeschäfte läßt sich bey den Knochen weit sinnlicher, anschaulicher als bey irgend einem andern Bestandtheil des thierischen Körpers durch die bekannten Versuche mit der Färberröthe erweisen, deren Wurzel blos die Knochen und knochenartigen Theile*)Z. B. den Callus nach Beinbrüchen, widernatür - liche Verknöcherungen weicher Theile, die Tuff - steinartige Materie in den Gelenken der nicht sel - ten mit einer Art von Gicht befallnen Hüner u. s. w. der damit gefütterten**)Die leichteste und sicherste Weise von allen, die ich versucht habe, ist daß man aus der gepülverten Krappwurzel mit Brodteig Pillen macht, und die wenn sie hart worden den Thieren einstopft. Man kan sie in Vorrath machen und lange aufhe - ben, ohne daß sie merklich an ihrer färbenden Kraft etwas verlieren sollten. Bey jungen Tau - ben färben diese Pillen schon binnen 24 Stunden alle Knochen, selbst den Ring im Augapfel, Ro - senfarb. warmblütigen***)Bis jetzt wenigstens sind alle meine Versuche frucht - los gewesen, den Fröschen und Wassermolchen Färberröthe beyzubringen. Die ihnen mit Gewalt eingestopften Pillen haben sie jedesmal wieder von sich gegeben, und wenn ich das Krapp-Pulver in ihr Wasser gerührt, in der Hoffnung, daß sie es da gelegentlich schlucken sollten, sind sie nach 8 oder 14 Tagen darin gestorben, ohne daß ihre Kno - chen im mindesten dadurch angegriffen worden wä - ren. Es scheint dieß einen neuen Beweis von der grossen Unänlichkeit zu geben, die zwischen der körperlichen Einrichtung der warmblütigen und27 kaltblütigen Thiere vorwaltet, und derentwegen man den Erfolg der mit den einen angestellten Ver - suche, nur mit sehr viel Vorsicht und Einschrän - kung auf die andern anwenden darf. Thiere Carminroth färbt; da hingegen alle übrigen Theile ihres Körpers und selbst die Beinhaut und der Knorpel für diese Röthe schlechterdings unempfänglich bleiben.
Wir fassen die vorzüglichsten fernern Verän - derungen in einen besondern Abschnitt zusammen, die sich mit den Knochen nach der Geburt des Kindes bis zu ihrer Vervollkom - nung in den männlichen Jahren, und von da endlich bis zum höhern Alter ereignen; die theils die innere mehr zunehmende Festigkeit derselben, theils auch ihre schärfere bestimm - tere Ausbildung betreffen; und deren genauere Kentnis zumal für ausübende Wundärzte von größter Wichtigkeit ist.
So wie nemlich einige rundliche Knochen erst nach der Geburt zu verknöchern anfangen (§. 19.); so sind überhaupt fast alle übrigen, nur sehr wenige ausgenommen (§. 20.) beym neugebohrnen Kinde noch weit von ihrer nach - wärtigen Vollkommenheit entfernt. Die flachen Knochen der Hirnschale sind dann nur locker und29 nachgiebig, – noch nicht durch feste Näthe – un - ter einander verbunden; sie haben erst nur stumpfe Ecken, die noch nicht an einander stossen, son - dern weiche, blos knorplichte Zwischenräume lassen; wovon vornemlich der größte, mitten über der Stirne, zwischen den beiden Scheitel - beinen und dem noch in zwey Helften getheilten Stirnbein, von beynah viereckter Form, ins - gemein das Blättchen (Fontanella) genannt; und zwey kleinere zwischen den Ohren und dem Nacken, da wo die Scheitelbeine, die Felsen - beine und das Hinterhauptsbein aneinander stossen (Fontanellae casserii) zu mer - ken sind.
Sehr viele andre Knochen bestehen dann im - mer noch aus mehrern grössern Stücken, z. B. das Stirnbein, das Hinterhauptsbein, das Brust - bein, die ungenannten Beine, und die Wirbel - beine, die besonders nach hinten zu noch sehr unvollkommen und ohne dornichte Fortsätze (processus spinosi) sind. Fast alle übrige aber, zumal die Röhrenknochen haben noch einzelne kleine mit dem Hauptstück noch nicht zusammen - gewachsene sondern nur durch Knorpel mit dem - selben verbundene Enden.
So wie sich aber überhaupt die ganze fett - rundliche Form und das Verhältnis der Theile30 des Kindes zur Form und Proportion des schlankern erwachsenen Körpers verhalten, so verhalten sich besonders die Knochen und das Gerippe (als von welchen die ganze übrige Bil - dung abhängt) des erstern und leztern gegen einander. Beym Kinde nemlich ist die Hirn - schaale sehr gros, die Brust weit, die Hüf - ten schmahl ꝛc. Seine flachen Knochen glatt und eben; die Röhrenknochen kurz, meist cy - lindrisch u. s. w. Während aber, daß ihre Verknöchrung fortgeht und sie an Festigkeit mehr und mehr zunehmen, so nähern sie sich auch in Rücksicht ihrer Bildung immer mehr der künftigen Bestimmtheit und Voll - kommenheit.
Grossentheils nemlich werden sie schon blos durch die öftere Anstrengung der daran befestig - ten Muskeln schärfer ausgewürkt: wodurch denn zumal den breiten Knochen sich allerhand bestimmte Flächen eindrucken; die Röhrenkno - chen eine eckichte, meist prismatische Gestalt gewinnen; besonders auch manche Fortsätze (wie z. E. der zitzenförmige durch den Musc. ster - nomastoideus) gleichsam ausgearbeitet werden.
Zweytens aber wird die Ausbildung der Knochen auch dadurch befördert, daß sich der31 zu ihrer Ernährung und Wachsthum unauf - hörlich zugeführte Knochensaft in seiner Anlage nach den benachbarten weichen Theilen fügt, wie dieß z. B. besonders bey den eingefurchten Abdrücken der Schlagadern der harten Hirn - haut auf der innern Seite der Hirnschaale sicht - lich ist. *)albini annotat. acad. L. IV. p. 13. L. V. p. 15.
Allein, alle diese beide Ursachen der schär - fern Ausbildung der Kinderknochen sind doch nicht allein zureichend viele noch weit wesentli - chere Veränderungen und gleichsam Umbildun - gen zu erklären, die zumal im innern von vie - len derselben vorgehen, und von deren Entste - hung man sich schwerlich anders als durch Hülfe des Bildungstriebes (§. 17.) einen gesun - den Begriff wird machen können. Vorzüglich gehört dahin die schon mit dem Ende des ersten Jahres beginnende Formation der drey sogenann - ten wahren Näthe (Suturae verae) der Hirn - schaale, und die Entstehung der Hölen in eini - gen vorher dichten Knochen des Schedels, nem - lich im Stirnbein (Sinus frontales), im Sieb - bein (Cellulae ethmoidales), im Keilbein (Si - nus sphenoidales), und im Oberkiefer (antra Highmori), deren so mannichfaltiger theils un - gemein sonderbarer und durchgehends zweckmäs -32 siger Bau bey den verschiedenen Säugethieren sich schlechterdings nicht blos aus dem Ziehen der Muskeln*)Und doch glaubte Hr. v. Haller die Stirnhölen möchten wol durch die kleinen Runzelmuskeln der Augenbraunen ausgearbeitet werden. Ich fand dieß schon vor einigen Jahren in einem über diese Hölen geschriebenen Anschlage unwarscheinlich, besonders auch weil vielen Thieren mit grossen Stirnhölen doch jene Muskelgen gänzlich fehlen, und meynte dagegen, daß man ihre Entstehung wohl eher nach dem Stirnmuskel selbst zuschreiben könnte. – Allein ich hätte nur bedenken dürfen wie wenig überhaupt diese Hölen nach vorne pro - tuberiren, und wie tief sie sich hingegen mehren - theils nach hinten über die Augenhöle weg erstrek - ken, wo es gar keine Muskeln giebt deren Zug man etwa ihre Bildung übertragen könnte, um auch diese gar nicht scharfsinnige Vermuthung so - gleich zu unterdrücken., oder aus dem Anlegen des Knochensaftes erklären läßt.
Hieher gehöret auch theils schon das Her - vorbrechen der ersten Zähne, mehr aber noch die nachwärtigen Veränderungen die sich meist im siebenten Lebensjahre mit den Zahnzellen in beiden Kiefern ereignen, deren weitere Anzeige aber mit der Geschichte der Zähne überhaupt für einen andern Abschnitt ver - spart bleibt. Hier bemerke ich blos noch, daß um die Zeit des Zähnewechselns die ganze kindliche Gesichtsform überhaupt sich in so fern verändert, daß die vorher sehr niedrigen Kinn -33 laden, zumal die obern, an Höhe zunehmen, und dadurch das rundliche Gesicht überhaupt eine merklich verlängerte Gestalt gewinnt.
Allein eine weit allgemeinere Veränderung, die fast alle Knochen des Gerippes betrifft, wo - mit zugleich meist ihrem ganzen Wachsthum in die Länge die bestimmten Grenzen gesetzt werden, und die sich gewöhnlich gegen die Zeit der Mannbarkeit ereignet, ist das völlige Verwachsen aller zeitherigen Knochenan - sätze mit ihren Hauptstücken, wodurch sie denn zu sogenannten Fortsätzen werden.
Die Endstücke oder Ansätze nemlich (epi - physes, bey Fallopius appendices) die an den Ecken, Seiten oder Enden sehr vieler junger Knochen ansitzen, und aus besondern kleinern Knochenkernen entstanden sind, bleiben nur bis zum männlichen Alter, wie mittelst eines zar - ten, dazwischen liegenden Knorpelblättgens*)Nicht wie der alte Ruysch und nach ihm viele andre Zergliederer gemeynt, mittelst einer dazwi - schen liegenden Beinhaut, als welche da gar nicht existirt. Aber wohl legt sich die äussere das ganze Gerippe überziehende Beinhaut da, wo die An - sätze aus Hauptstück stoßen, vorzüglich straff an, und hilft ihre Verbindung befestigen.34 am Hauptstück des Knochen (diaphysis) gleich - sam angeleimt, und zwar meist so, daß der Ansatz mit einer unebenen, aber im Ganzen etwas concaven Fläche, an einer ebenfalls hüg - lichten aber gewölbten Fläche des Hauptstückes ansitzt: sich aber sowohl durchs Kochen als auch durch äussere Gewalt, und in einigen Knochen - krankheiten davon ablösen läßt.
Um die Zeit des völlig erreichten Wachs - thums aber werden diese Ansätze so innigst fest mit den Hauptstücken verbunden, schmelzen gleichsam so gänzlich mit ihnen zusammen, daß man nachher gar die Spur der ehemaligen Ab - sonderung nicht mehr unterscheiden kan. Doch wird der Termin dieses Verwachsens durch zu - fällige Umstände verzögert oder beschleunigt. Ueberhaupt nemlich tritt er, ceteris paribus, bey Mannspersonen früher ein, als bey Frauenzimmern, bey robusten und sich stark be - wegenden Leuten früher als bey zärtlichen von sitzender Lebensart. Noch später bey würklich kranken Personen, zumal bey den mit der Engli - schen Krankheit behaffteten u. s. w.
Die auf diese Weise verwachsenen End - stücke werden alsdann Fortsätze (apophyses, processus oder productiones), und zwar eigent - lich falsche oder unächte Fortsätze (apophyses35 spuriae) genannt. Denn da man überhaupt jede Ecke oder Spitze eines Knochen mit dem Namen eines Fortsatzes belegt, und doch viele Knochen, zumal von den vieleckichten am Kopfe, die theils überhaupt nur aus einem einzigen Knochenkerne entstehen (§. 23.), schon ur - sprünglich dergleichen haben; so nennt man diese letztern wahre und hingegen die, so erst abgesondre Endstückgen gewesen, unächte Fortsätze. Von jener Art ist z. B. am Schul - terblatt das Grat-Ende (acromium); von den unächten hingegen der Schnabel-Fortsatz (pro - cessus coracoides). Auch giebt es wahre Fort - sätze an welchen andre unächte ansitzen, wie z. B. der Kopf am sogenannten Schenkelhalse (collum ossis femoris); und umgekehrt Ansätze die noch ihre besondern Fortsätze haben, wie das untre Ende der Ellnbogenröhre (vlna) mit ihrem Griffelförmigen Fortsatze (processus styliformis)*)reald. colvmbvs de re anatomica p.11. der Pariser Ausg. von 1572..
So wie überhaupt die Fortsätze von beider - ley Art**)Eine genaue Beschreibung aller Fortsätze am Menschlichen Gerippe s. bey fr. wilh. hensing de apophysibus ossium c. h. Giess. 1742. und im 6ten B. der Hallerischen anat. Samml. gar vielseitigen Nutzen zur Befesti - gung der Sehnen und Gelenkbänder, zur Er - leichterung vieler Bewegungen, zur Verhütung36 mancher sonstigen Verrenkungen u. s. w. haben; so scheint eo insbesondere die Absicht der Ansätze (dieser scheinbaren Unvollkommenkeit) beym jugendlichen Gerippe zu seyn, daß es dadurch einige Nachgiebigkeit und Geschmeidigkeit er - hält, die der Zartheit der daran befestigten Muskeln u. a. weichen Theile im jugendlichen Alter, entspricht, so daß beide mit gleichen Schritten, in zunehmenden reifern Jahren, zu ihrer völligen robusten Festigkeit gelangen.
Allein diese Vollkommenheit, wozu die Knochen in den mannbaren Jahren gelangen, ist von keiner lebenswierigen Dauer: sondern auch diese, dem Anschein nach so festen Theile, sind, so wie alle übrigen bey den organisirten Körpern, endlich im höhern Alter, wenn sie sich allgemach ihrem natürlichen Lebensziel nä - hern, wiederum der Abnahme und der Ge - brechlichkeit unterworfen.
Im zunehmenden Alter nemlich häuft sich die Erde im Körper an, und trägt, nebst der in diesen Jahren mehr und mehr abneh - menden Reizbarkeit und Empfindlichkeit ein großes zur dagegen immer mehr zunehmenden Steifigkeit und Ungelenksamkeit der ganzen Maschine bey. Diese Anhäufung der Erde,37 zeigt sich theils schon in den im Alter nicht un - gewöhnlichen Verknöcherungen der weichen Theile, deren sehr wenige am Körper seyn werden, die man nicht irgend einmal in einer alten Leiche verknöchert gefunden haben sollte*)Ein ansehnliches Verzeichnis solcher von vielen Zer - gliederern bemerkten Verknöcherungen aus allen Theilen des Körpers hat Hr. v. Haller gegeben: ad boerhaav. praelect. vol. III. p.501. u. f. Und in den Elem. physiol. vol. VIII. P. II. pag. 78. u. f. So auch Hr. Prof. Sandtfort obseruat. anat. patholog. P. III. cap. 2. pag. 42. u. f. –Am häufigsten finden sie sich an den größern Schlagadern, an den Häuten welche die großen Hölen des Körpers auskleiden, und in den Drüsen, die leicht im höhern Alter theils knochicht theils gar tophsteinartig werden; ein Unterschied der nemlich blos auf dem verschiedenen Verhältnis der Knochenerde gegen die thierische Gallerte beruht: ist dieses gering, so sind dergleichen Verknöche - rungen mehr hornartig, oder gar nur wie festes Wachs, lassen sich zu Spänchen schneiden ꝛc. wiedrigenfalls hingegen mehr sandig, so daß sie unter dem Messer knirschen u. s. w.Wie ungleich seltner hingegen solche wiederna - türliche Verknöcherungen an den eigentlich knorp - lichten Theilen des erwachsenen Körpers gefunden Werden, davon im achten Abschnitt.: besonders aber in den Veränderungen die mit den Knochen selbst alsdann vorgehn.
Vorzüglich gehört dahin das wiedernatürliche Verwachsen der unbeweglich zusammen ver - bundenen Knochen des Kopfs, da z. B. die38 wahren Näthe allgemach verschwinden*)Zuweilen verwachsen aber auch die Suturen durch Krankheit sehr frühzeitig. Ich besitze z. B. das Gerippe eines rhachitischen siebenjährigen Kindes an welchen schon alle wahren Näthe der Hirnschaale fast gänzlich verloschen sind., der Vordertheil des Hinterhauptbeins mit dem Mittelstück des Keilbeins in eins verwächst u. s. w.
Aber auch von den durch bewegliche Ge - lenke unter einander verbundnen Knochen wach - sen manche, theils aus allmäliger Abnahme oder Zähigkeit des Gliedwassers, theils durch anhaltenden vieljährigen äussern Druck ꝛc. leicht zusammen: wie sich dieß besonders an den Hals - wirbeln und an den vordern Gelenken der Fus - zehen gar nicht selten ereignet**)Bekanntlich kan aber dieses Verwachsen der Gelenke (Ancylosis) auch aus andern Ursachen, aus Ver - derbnis der Säffte ꝛc. schon in jüngern Jahren statt finden. – Von einigen erstaunungswürdi - gen Fällen der Art, da fast alle Gelenke des gan - zen Gerippes zusammen verwachsen, und die Pa - tienten dadurch bey ihrem Leben fast wie Bildsäu - len steif und unbiegsam worden, s. reald. colvm - bvs a. angef. O. S. 485. rern. connor de stu - pendo ossium coalitu, Oxon. 1695. 8. m. K. und die Philos. Transact. 1741. N. 461. Taf. V. – Andre zalreiche Fälle einzelner Ankylosen aus den Obser - vatoren gesammlet s. in sandifort obs. anst. patholog. P. I. pag. 98. u. f..
Ferner hat das zunehmende Alter gewöhn - lich das Ausfallen der Zähne zur Folge, wor - nach sich, wie überhaupt auch nach ihrem son - stigen Verlust die Zahnzellen allgemach schlie - sen*)Auch andre dergleichen Hölen und Canäle der Knochen verengern sich wenn der sonstige Wider - stand des Körpers den sie enthalten, vermindert wird. So hat z. B. Hr. Prof. Soemmerring bey einem Pferde und einem Eichhörnchen die mit Verderbnis und Einschrumpfen des einen Sehe - nerven erblindet waren, auch des foramen opticum im Keilbein auf derselben Seite merklich verengert und gleichsam zugewachsen gefunden., und bey gänzlich zahnlosen Alten end - lich der ganze Zellenrand beider Kiefer schwin - det**)rvysch observ. anat. chirurg. p.77. Fig. 65 und herissant in den Mém. de l'Acad. des Scienc. 1758. Pl. XII. fig. I.. Dadurch wird aber die sonstige Höhe der Kiefer wieder sehr gemindert und dadurch die untere Hälfte des Gesichts fast wieder wie im kindischen Alter gar sehr verkürzt: zugleich aber die Winkel womit beide Kiefer auf einan - her schließen gar sehr verändert; folglich das Kinn vorgeschoben, und dadurch die eigne auf - fallende Gesichtsbildung dieses zahnlosen Alters verursacht***)i. hvnter's natural hist. of the human teeth. P. I. Pl. VII..
So wie endlich im hohen Alter das ganze Nutritions-Geschäffte unvollkommner und man - gelhafter vollzogen wird: so zeigt sich auch diese Gebrechlichkeit der immer mehr abgestümpften und stockenden Maschine in der bey jenen Jah - ren sehr schwachen Ernährung der Knochen, die zumal an den flachen Knochen der Hirn - schaale, sehr merklich wird; als bey welchen anfangs die Diploë schwindet*)Dieses Schwinden der Diplöe kan aber auch ausser - dem durch Krankheiten, besonders durch venerischen Beinfras, durch Englische Krankheit u. s. w. ver - anlaßt werden. und nachher die Dicke der Tafeln selbst abnimmt; so daß man nicht selten bey uralten Menschen die Scheitelknochen fast so dünne wie Papier abge - schliffen, und theils wohl gar durchlöchert findet .**)Hr. Prof. Soemmerring schreibt dieß der Resorb - tion der Kalkerde durch die lymphatischen Gefäße zu, die in jenen Jahren durch keinen sattsamen Ersatz mittelst der Ernährung vergütet werde. s. dessen Progr. de cognitionis subtil. systematis lymphat. in medic. vsu. Cassel. 1779. pag. 12..
Alle diese angezeigten Veränderungen der Knochen sind natürlich oder nothwendig, wie sie der Lauf des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis ins höhere Alter mit sich41 bringt, und wie sie durch die beiden sehr ver - wandten Geschäffte, die Erzeugung und Er - nährung, bewürkt werden. Noch müssen wir aber auch der wichtigsten ausserordentlichen Veränderungen gedenken, da mittelst der Re - productionskraft, – dieser dritten Modifica - tion des Bildungstriebes, – allerhand zufälliger Verlust oder Verstümmelung der Knochen von selbst wieder ergänzt werden kan.
Denn obschon die Reproductionskraft bey den warmblütigen Thieren überhaupt ungleich eingeschränkter und nicht so auffallend ist als bey den kaltblütigen: so ist sie doch bey ihren Knochen in Vergleich gegen die weichen Theile ganz vorzüglich würksam: und das nach einer sehr weisen Einrichtung des Schöpfers, der gerade diesen Theilen den kräftigsten und thätigsten Bildungstrieb beygelegt hat, da von ihrer Bildung die Bildung des Körpers ab - hängt, und das Gerippe die ganze übrige Form bestimmen muß (§. 1.).
Ueberhaupt lassen sich alle Arten von Re - production unter zwey Hauptklassen bringen:42 A. Bloße Wiederherstellung der entstellten Bildung, ohne Verlust von Stoff. Repro - ductio formae.
B. Wiederersetzung der verlohrnen Sub - stanz. Reproductio materiei.
Beiderley Arten von Reproduction sind bey den Knochen nicht ungewöhnlich.
Zur ersten Classe gehört zuförderst das wiederfestwachsen eigenthümlicher Theile des Gerippes, die gewaltsamerweise davon getrennt worden waren. Wie z. B. daß ausgerißne und sogleich wieder in ihre Lücke eingesetzte Zähne wiederum fest halten*)birch's history of the royal Society. T. I. p. 315. u. f. beym J. 1663.; oder daß ganze breite Stücken die vom Hirnschedel abgehauen worden, dennoch wieder angeheilt sind**)dvhamel in den Mém. de l'Acad. des Scienc. 1746. S. 345. u. f. u. s. w. – Ferner die künstliche Einpfropfung fremder Theile zum Ersatz der verlornen, wovon das Ein - setzen fremder Zähne***)Ein Versuch der ebenfalls schon 1663 bekannt gewesen. s. birch a. angef. O. – umständlich aber i. hvnter's hist. of teeth Th. II. S. 87 bis 112. ein bekanntes Bey - spiel giebt. Und endlich auch die Bildung43 neuer Gelenke nach Verrenkungen*)Selbst nach Beinbrüchen hat man nicht selten vollig neue am ganzen Gerippe sonst nicht existirende Gelenke sich bilden gesehen, deren Entstehung sich wohl schwerlich mit der Hypothese von praformirten Keimen zusammenreimen läßt. An Menschen ist z. B. der von Sylvester in den Nouvelles de la Republ. des Lettres v. Jul. 1685. beschriebene Fall bekannt, wovon nachher Dau - benton im 3ten B. der Hist. nat. gén. et particul. eine bessere Abbildung gegeben. Aber auch an Thieren sind ähnliche Fälle bemerkt worden. Z. B. an einer Katze von Tenon in den Mém. de l'Ac. des Scienc. v. 1760. ꝛc. ꝛc., z. B. einer neuen Hüfftpfanne nach Verrenkung des Schenkelkopfs**)albini annot. acad. L. V. p. 141. tab. II. boeh - meri institut. osteolog. p. 330. – So auch beym Pferd Tenon in der Hist. de l'Ac. des Scienc. v. 1770. S. 53. u. s. w.
Zur zweyten Classe der Reproduction (§. 57.) gehört erstens die Erzeugung der Bein - schwiele (Callus) und dann die Wiederersetzung gänzlich verlohrner Theile des Gerippes. – Jene entsteht nach Beinbrüchen nicht sowohl wie Malpighi***)Oper. posthum. p. 49., Haller****)Elem. physiol. Vol. VIII. P. I. p. 331., u. a. meyn - ten durch ausschwitzen eines neuen Knochensaf - tes aus den gebrochenen Knochenenden selbst, sondern wird vielmehr aus einem Extravasat44 der Gefäße in der zerrißnen Beinhaut er - goßen*)Einige Versuche die ich schon vor mehrern Jahren darüber angestellt s. in Hrn. Hofr. Richter's chirurg. Bibl. VI. B. 1. St. S. III. u. f., wie dieß z. B. aus dem Taf. I. Fig. 1. abgebildeten Schenkelbeine anschaulich wird, um dessen Bruch sich ein breiter Ring (a. b. c. d.) von ausgetretnen Knochensaft herumgelegt hat, da hingegen die gebrochnen Enden der Röhre selbst, durch eine ansehnliche leere Lücke von einander getrennt sind.
Vom Ersatz großer Knochenstücke aber, die durch Beinfras oder gewaltsames Zersplit - tern verlohren gegangen, ja selbst von der Re - production ganzer Röhrenknochen, sind, zu - mal in neuern Zeiten, fast unzälige Beyspiele bekannt gemacht worden**)v. haller elem. physiol. l. c. p.356..
Der innere Bau der Knochen*)Was die Alten von der Organisation der Knochen gesagt, ist von wenigen Belange. Erst zu Ende des vorigen Jahrhunderts ist sie von einigen ver - dienten Männern recht absichtlich untersucht wor - den. Dieß war vor allen der glückliche tiefe For - scher der organisirten Schöpfung Marcell Mal - pighi, erst in der anat. plantar. Lond. 1675. fol. und dann in den bey weiten wichtigsten operib. posthumis. Lond. 1697. fol. – zweytens der Rö - mische Lehrer Joh. Dominic. Gagliardi in seiner anat. ossium. Rom. 1689. 8. mit saubern Kupf. – und drittens Clopt. Havers in der osteol. nova or some new observ. on the bones. Lond. 1691. 8. – Neuerlich haben nachher besonders der erste Franz. Leibarzt Hr. Lassone in den Mém. de l'Acad. des Scienc. v. J. 1751. – ferner der ältere Hr. He - rißant am angef. O. und dann in einer Dißert. eines seiner Verwandten gleiches Namens E a substan - tiae terreae intra poros cartilaginum appulsu ossea durities. Par. 1768. 4. m. Kupf. – auch albinvs in den annot. acad. L. VII. c. 17. u. a.m. diesen Gegenstand weiter verfolgt. erhellt zwar schon großentheils aus dem was in den vorigen Abschnitten über ihre Entstehung u. s. w. gesagt worden: doch müssen hier noch46 einige genauere Untersuchungen darüber nachge - holt werden.
Ihre Grundlage bleibt immer ein schwam - michtes zellichtes Gewebe, dessen Zwischen - räume vor ihrer Verknöcherung mit einer bloßen Knorpel-Gallerte, nachher aber mit einem mehr erdichten Knochensaft gefüllt sind. Dieses Gewebe zeigt sich am augenscheinlichsten, wenn man Knochen eine Zeit lang in verdünnten mi - neralischen – oder in concentrirten vegetabili - schen Säuren eingeweicht hat, da denn die in selbigen vertheilte Kalkerde allgemach aufgelößt, und dasselbe im gleichen Verhältnis erweicht und dadurch sichtbar gemacht wird. – Dann auch durch die Versuche mit dem Papinischen Kessel*)Der abentheurliche Projectmacher Dion. Papin hat seine Maschine zuerst 1679 der Londner Societät vorgelegt. s. birch T. III. p. 486. – Von neuen Ver - besserungen dieses Kessels s. Wilke in den Schwed. Abhandl. v. J. 1773. – Der dessen ich mich zu diesen Versuchen bedient, ist v. Hrn. Hofr. Kästner in den Götting. Gel. Anz. 1771. S. 41. u. f. beschrieben. in welchem die Knochen bey einem mäßigen Feuer mittelst eingeschloßener Dämpfe wieder zu einer Gallerte zerkocht werden kön - nen. – Und endlich auch durch das Aussehen der durch verschiedne Krankheiten gleichsam wie - der decomponirten und mürbe gemachten Kno - chen (Taf. I. Fig. 1.).
Die erste Gestalt unter welcher sich der durch das Schlagaderblut dem Schwammgewebe der Knorpel zugeführte Knochensaft anlegt, ist die von geraden cylindrischen Fasern*)Ueber die Knochenfaser hat Connor a. angef. O. viel eigenes gesagt, und Hr. v. Haller hält ihn gar für den ersten der eingesehen habe, daß alle feste Theile des Körpers aus Fasern bestehn. de corp. hum. part. fabr. et funct. T. I. p. 3.Andre Bemerkungen, z. B. daß die Knochen - faser selbst bey den größten Thieren, beym Elephan - ten ꝛc. doch nicht größer sey als bey den kleinen, s. bey abr. kaav boerhaave de cohaes. solidor. in corp. anim. im IV. B. der Nov. Comment. Acad. Petropolit. p. 358. u. f.Hingegen sind die vermeynten geschlängelten Elementarfasern die Hr. Fontana neuerlich den Knochen und Zähnen so wie allen andern festen Theilen der organisirten Körper und sogar den Erzten, dem geprägten Gelde ꝛc. zuschrieb (sur le vénin de la vipere T. II. p. 256), die aber nur unter sehr starker Vergrößerung und in blendend heller Erleuchtung zum Vorschein kommen, wohl nichts weiter als eine optische Täuschung, s. al. monro's observ. on the struct. and funct. of the nervous System S. 71. u. f. vergl. mit seiner 35 bis 45 Kupfertaf., die zu - mal bey den flachen Knochen der Hirnschaale an zarten Leibesfrüchten und noch ausnehmen - der an großen innern Wasserköpfen junger Kin - der überaus deutlich zu setzen sind.
Diese Fasern werden aber bald durch Quer - Fäden zu einer Art von Netz*)gagliardi a. angef. O. Tab. III. fig. 7. verknüpft, die allgemach so wie sich immer mehr Knochen - saft in die Zwischenräume der Maschen anlegt und dieselben verengert, das Ansehn eines durchbohrten Siebes**)gagliardi Tab. III. fig. 5. 6. erhalten.
Aus der Schichtweisen Anlage dieser an - fänglichen Netze oder siebförmigen Scheibgen entstehen nachher die Knochen-Blätter***)Und das zwar nicht erst im Alter wie Albinus meynt, annotat. acad. L. VII. p. 91. sondern offen - bar schon im ersten Lebensjahre. s. Taf. I. fig. 1. e., die ferner durch andere kleine Vertical-Zapfen und Blättgen****)gagliardi am angef. O. Tab. I. fig. 1. 2. 3. – Am deutlichsten werden doch aber seine sogenanten Knochen-Nagel und Zapfgen erst durch Calcina - tion sichtbar. mit einander verbunden, oder auch zu Knochen-Zellen und Waben gebildet werden.
Aus diesen anfänglichen Fasern, Netzen, Blättern, und Zellen, werden nun alle die übrigen gar sehr mannichfaltigen Gestalten in der innern Textur der Knochen, wie z. B. die49 Röhrgen (§. 34.) und die mancherley Gag - liardischen Lamellen gebildet, die zumal in der Hölung der großen Röhrenknochen, ein so sauberes Aussehn haben*)boehmeri instit. osteolog. Tab. III. fig. 1. 2..
Von den Blutgefäßen der Knochen, und den für ihren Lauf bestimmten Gängen in der Knochensubstanz, ist schon oben die Rede gewe - sen (§. 30-34). Und noch wird ihrer bey Ge - legenheit der Beinhaut gedacht werden.
Lymphatische Gefäße hat man bisher noch nicht in den Knochen ausfinden und dar - legen können**)Denn was Hr. Winterbottom de vasis absornbentib. Edinb. 1781. 8. S. 29. versichert, daß Hr. Cruik - shank lymphatische Gefäße der Knochen injicirt habe, ist doch nicht weiter bestätigt worden.. Dennoch aber halten sich berühmte Männer durch verschiedene Erschei - nungen in einigen Knochenkrankheiten, und eben durch die obgedachte Verdünnung der Hirn - schaale im hohen Alter (§. 54) von dem Da - seyn dieser einsaugenden Adern in den Knochen, a priori überzeugt***)monro on the nervous System. p.17..
Auch von Nerven habe ich bey aller ge - nauen Nachforschung, selbst an den größten hieländischen Thieren, nicht eine Spur irgend eines Faden entdecken können, der sich in den Knochen selbst vertheilte: (– denn von den zu den Zähnen, oder in die Schnecke des innern Ohrs ꝛc. laufenden Nerven ist hier nicht die Rede –). Demohngeachtet werden auch diese aus ähnlichen Schlüssen, wie bey den einsau - genden Gefäßen von einigen neuern Zergliede - rern als existirend angenommen. – Doch davon noch ein Wort bey Gelegenheit des Marks.
Die Beinhaut (periosteum) ist eine über - aus feste und gefäßreiche Haut, womit, den Schmelz der Zähne ausgenommen, die Aussenseite der Knochen bis an ihre Gelenkflä - chen, aufs festeste bekleidet ist. Auf den Knorpeln heist sie perichondrium, auf der Hirnschaale pericranium, innerhalb derselben die harte Hirnhaut (dura mater), in den Au - genhölen periorbita u. s. w.
Man nennt sie insgemein die äussere Beinhaut, zum Unterschied des sogenannten innern periostei, das die Markhölen der Kno - chen auskleidet. Allein die leztere hat so sehr wenig mit der erstern gemein, daß man sie weit schicklicher mit dem Namen der Markhaut belegt, und dadurch gänzlich von der wahren Beinhaut, wovon hier die Rede ist, unter - scheidet.
Diese wahre Beinhaut besteht, wie die übrigen Häute des menschlichen Körpers, aus einem verdichteteten Zellgewebe, das bey der unreifen Leibesfrucht nur sehr locker, mit den Jahren aber immer fester am Knochen anschliest, am allerfestesten aber da, wo die Knochenan - sätze am Hauptstücke ansitzen (§. 45. N.*)albini hist. musculor. p.23. und dessen annot. acad. L. VII. p. 96.), und die Sehnen der Muskeln befestigt sind.
Hieraus erklärt sich, in welchem Sinn man sagen kann, daß die Beinhaut nicht blos die einzelnen Knochen, sondern das ganze Gerippe ununterbrochen überziehe, da nemlich ihr Zell - gewebe woraus sie besteht, wenn es an den Rand der knorplichten Gelenkflächen der einzel - nen Knochen gelangt ist, sich dann in die Ge - lenkbänder forterstreckt, und so freylich von einem Knochen zum andern übergeht**)kaav boerh. perspir. dict. Hipp. p. 322. u. f. bonn de continuationib. membranar. in SANDIFORT thesaur. diss. T. II. p. 283. u. f.Und doch machen auch dann die oben S. 4. Not. ***) genannten Knochen, die nicht mit dem übrigen Gerippe zusammenhängen, zumal das Herzbeinchen vieler Thiere mit gespaltenen Klauen, eine Ausnahme. – Vom Zungenbein zwar s. Hrn. Bonn a. angef. O. S. 285..
Und eben hiedurch beantwortet sich die spitz - findige Frage von selbst, wie fern auch die Beinhaut als eine Fortsetzung der harten Hirn - haut anzusehen sey.
Sie ist mit unzähligen Blutgefäßen durch - webt*)albini icones ossium foetus: tab. XVI. fig. 162., deren größere Stämme schon im ge - funden Zustande, zur Ernährung des Knochen (§. 30), bey Beinbrüchen aber, oder bey Verlust von Knochensubstanz zu Erzeugung der Beinschwiele (§. 59.) dienen. Des alten – weiland so furchtbaren – aber von Hrn. von Haller**)v. haller de partib. c. h. sensibilib. in den Commen - tar. Societ. Goettingenf. T. II. ad a. 1752. p. 123. u. f. und petr. castell. exper. quibus varias c. h. partes sentiendi facultate carere constitit. Goett. 1753. p. 61. u. f. gestürzten Vorurtheils von der äussersten Empfindlichkeit der Beinhaut über - haupt, nicht zu gedenken, so hat man bisher eben so wenig in ihr, als in der Knochensub - stanz selbst die mindeste deutliche Spur eines Nervenfaden erweisen können.
Ihr Nutze ist zuförderst dem Knochensafte selbst behörige Schranken zu setzen, der sonst54 bey ihrer Verletzung wuchert, und die Knochen - schwiele verursacht: Ferner liefert sie eben die Nahrungsgefäße für den Knochen und für sein Mark: verbindet gewissermaßen die einzelnen Knochen zum ganzen Gerippe zusammen: und befestigt die Ansätze der Knochen an das Haupt - stück derselben. Der besondern Zwecke der harten Hirnhaut u. a.m. zu geschweigen.
Hingegen war der vermeinte Nutze unge - gründet, den einige berühmte Männer des vo - rigen Jahrhunderts; z. B. Malpighi*)Oper. posthum. p. 48. Auch in der Idea anat. plantar. in der diss. epistolica ad Sponium etc., Grew**)Mus. reg. Societ. p. 6. und Pitcairn***)Elem. medic. physico mathem. p. 46 u. f. der Beinhaut zuschrieben, daß aus ihr der Knoche selbst er - zeugt werde, und den nun neuerlich der scharf - sinnige Dühamel****)S. dessen 7 Aufsätze in den Mém. de l'Acad. des Scienc. von 1741-43. und Hrn. Fougeroux Mém. s. les os Par. 1760. 8. zur Vertheidigung der Dühamelschen Meynung: die auch der würdige Hr. Bonner in den Consider. s. les corps organis. §. 221. u. f. beyfällig vorgetragen hat. Ihr Un - grund ist hingegen vom Hrn. v. Haller durch seine berühmten Beobachtungen des bebrüteten Küchel - chen im Eye erwiesen worden. s. dessen Deux Mém. s. la format. des os. Lausanne 1758. 12. und ver -55 mehrt in den operib. minorib. vol. II. Auch selbst Albinus ist hierin mit Hrn. v. Haller gleicher Meynung gewesen, und hat ebenfalls Hrn. Dü - hamel umständlich widerlegt, in den annot. acad. L. VI. c. 1.Und daß auch die neuern übrigens sehr merk - würdigen Versuche des Hrn Troja über die Er - zeugung der Beinschwiele der Dühamelschen Mey - nung bey weiten nicht so günstig sind als man geglaubt hat, ist schon in Hrn. Hofr. Richters chir. Bibl. am angef. O. von mir angemerkt. aus der Vergleichung der Beinhaut mit dem Bast der Bäume zu bestärken suchte*)Aus einem ähnlichen Fehlschluß, der besonders durch die knochichte Härte mancher Sehnen bey den Vögeln, zumal am Schienbein des wälschen Hahns, veranlaßt worden, glaubte man im vori - gen Jahrhundert, daß die Knochen – wenig - stens großentheils – aus den Sehnen entstünden. s. nic. stenonis de musc. et glandul. obs. p.26. Casp. bartholini jun. Specim. hist. anat. part. c. h. p.185. u. f..
Das Knochenmark ist ein ölichter Saft, der dem übrigen thierischen Fette ähnelt, und fast blos in Rücksicht seines Aufenthalts und seiner Bestimmung einige besondre Ver - schiedenheit zeigt*)Man hat ehedem verschiedenen Thieren das Mark ohne Grund abgesprochen. So war es z. B. eine allgemeine Sage, daß die Löwenknochen ganz dicht und marklos waren, und sogar am Stahl Feuer schlügen. s. aristot. hist. animal. III. 7. – ein Irthum der doch schon zum Theil von galenvs de vsu partium XI. 18. weit umständlicher aber von fallopivs exposit. de ossibus, Oper. pag. 527. von colvmbvs de re anat. pag. 115. und von renat. hener apolog. pro vesalio advers. sylvivm Ven. 1555 8. pag. 27. widerlegt worden.Den Schildkröten spricht der sonst so genaue caldesi das Mark gröstentheils ab. delle Tarta - rughe Fior. 1687. 4 zumal sagt er von den Landschildkröten pag. 23. „ Gli ossi delle Tarta - rughe terrestri sono anch 'essi internamente senza punto di midollo e quasi totalmente solidi, eccetto alcuni, che potrebbonsi dire un poco spugnosi di spugnosita densa e durissima. “.
Es wird eben so wie anders Fett, auf eine ganz einfache Weise aus den Häuten der Schlag - adern in anfänglich flüssiger Gestalt durch - geschwitzt (diapedesis), wird aber durch den Aufenthalt nach und nach etwas fester und schmieriger*)So wie das übrige Fett bey verschiedenen Thieren von verschiedener Consistenz ist, so auch das Kno - chenmark. Bey den Wallfischen z. B. ist es ein flüssiger Thran u. s. w..
In größter Menge findet es sich in den mittlern Markhölen der Röhrenknochen, wo es gleichsam eine dichte Wulst bildet, da es hingegen an den Enden dieser Knochen, so wie in den flachen - und rundlichten und vieleckichten Knochen nur in das schwammichte Knochenge - webe (§. 66.) vertheilt ist.
So wie aber anderes Fett von den Zellen des gemeinen Zellgewebes umschlossen wird, so die einzelnen Marktröpfgen von den kleinen Zellchen**)f. grützmacher de ossum medulla. Lips. 1748. fig. 2. 3. Auch im VIten B. der Hallerischen anatom. Samml. der Markhaut (tela medullaris, oder sogenanntes periosteum internum §. 71.), womit zu dieser Absicht, die sämmtlichen58 Markzellen und Hölen der Knochen, ausgeklei - det sind, und welche, zumal in den großen Röhrenknochen selbst wieder mit einem überaus kunstreichen Gewebe von sich durchkreuzenden, theils unbeschreiblich feinen Knochenfäden, un - terstützt und befestigt werden.
Diese Markhaut besteht zwar auch aus Zellgewebe, und steht in sofern mit der wahren äussern Beinhaut in einiger Verbindung, hat aber doch übrigens so sehr wenige Aehnlichkeit mit derselben, daß sie nur sehr unschicklich mit dem Namen von periosteum internum belegt werden kann (§. 71.). Sie entsteht ursprüng - lich von der äussern tunica cellulosa der Blut - gefäße*)Daher sind in den mehresten Luftknochen der Vögel, von welchen sogleich die Rede seyn wird, nur wenige Spuren von dieser sogenannten innern Beinhaut merklich. Die wenigen Gefäße die in dergleichen leere Knochenhölen gehen, laufen an den Wänden hin, an welche sie blos mit einem zarten zu ihren beyden Seiten ausgebrei - ten Zellgewebe befestigt werden., die sich in die Knochenzellen und Markhölen vertheilen (§. 32.).
Die obgedachte Frage über die Empfind - lichkeit der Knochen, ist besonders in Bezie - hung auf das Mark sehr verschiedentlich ver -59 fochten oder bestritten worden*)Zu den Aerzten die sich durch Erfahrungen an Knochenkrankheiten von der Empfindlichkeit des Marks überzeugt hielten, gehörte weiland beson - ders Nic. Massa, so wie neuerlich die Herrn Bordenave, Gabatier, Troja u. a.m.Anderntheils versichern auch verschiedene Zer - gliederer die Nervenfäden in die Markhölen der Knochen, verfölgt zu haben, wie z. B. Hr. Portal im 2ten Band des Précis de chi - rurgie pratique; Lud. Paliani in den Epist. ad haller. script. Vol. IV. pag. 106. 131. Andr, Comparetti de vaga aegritudine infirmitatis nervor. Hr. Prof. Ad. Murray in der Probschrift de sen - sibilit. ossium morbosa die auch im 1sten B. der Act. medicor. Suecic. wieder abgedruckt ist ꝛc.Hingegen hat längst der scharfsinnige jüngere Riolan im Encheirid. anat. pathol. pag 553. und Hr. v. Haller a. a. O. und in den Nov. Comm. Goetting. T. III. p. 129. u. f. und Bromfield u. a.m. sowohl aus den fruchtlosen Nachforschun - gen der Nerven im Mark, als aus Erfahrungen an Knochenkrankheiten die Fühllosigkeit des Mar - kes behauptet.. So wie ich nie einen Nervenfaden habe entdecken können, der nur in die Knochen, geschweige zum Mark gegangen wäre, so sind auch von meinen über das vermeinte Gefühl desselben angestellten Ver - suchen, die an Thieren ungleich und nicht ent - scheidend, die an Menschen aber völlig ver - neinend ausgefallen**)s. Hrn. Hofr. Richters chir. Bibl. am angef. Ort..
Eben so ungewiß ist man lange Zeit über den Nutzen des Markes gewesen. – Die alte Meynung, daß es zur Ernährung der Knochen beytrage, hat doch noch in neuern Zeiten*)lievfavd Essais anatomiques. pag. 12. der 2ten. Ausgabe. Beyfall gefunden, ohngeachtet sie längst von de Marque**)iaq. de marqve paradoxe ou Traité medullaire au - quel est amplement prouvé contre l'opinion vulgaire, que la moëlle n'est pas la nourriture des os. Par. 1609. 8., L. Lemery***)ei. Diss. sur la nourriture des os, die nebst Courtial's und J. L. Petit's Abh. von Knochenkrankheiten in Leiden 1709. 8. herausgekommen. u. a. widerlegt worden war. Jetzt ist sie fol - gends durch die merkwürdigen Entdeckungen über so viele marklose Knochen des Vogelge - rippes abolirt****)Daß manche Knochen am Gerippe der Vögel markleer und hohl sind, ist längst bekannt gewe - sen. Der große Galilei brauchte sie als Beyspiel um zu beweisen, daß eine hohle Röhre weit stär - ker ist und mehr resistirt als ein dichter Cylinder von gleicher Länge und von gleichem Gewichte, der aber folglich dünner seyn muß. s. dessen Dis - corsi e Dimostrationi matematiche etc im IIten B. seiner Werke der Bologn. Ausg. v. 1655. pag. III. u. f. Und dv tertre sagt ausdrücklich im IIten Band seiner hist. gén. des Antilles Par 1667. 4. pag. 272. von den Kropfgänsen:„ leurs os font blancs, luisans, et presque transparens, tous creux,61 et sans moëlles: les Sauvages en font des Siflets qu' ils estiment. “Auch hat Hr. Prof. Schnei - der eine ähnliche Bemerkung schon bey Kais. Frie - derich II. de arte venandi cum avibus aufgefunden. s. dessen Samml. verm. Abhandl. zur Zoologie ꝛc. S. 153. u. f.Aber die Bestimmung und den Nutzen dieser hohlen Knochen, und daß sie mit andern schon vom großen Harvey entdeckten Luftbehältern der Vögel in Verbindung stünden (s. harvey de gene - rat. animal. Exerc. III. pag. 4. u. f. der Londner Orig. Ausg. v. 1651. 4. ) hat zu allererst Hr. Prof. Camper a 1771 ausgefunden, und seine so wich - tigen Bemerkungen darüber theils im Iten Band der Verhandel. v. Rotterdam theils im IVten B. der hedendaagsche Vaterlandsche Letteroeffeningen be - kannt gemacht. Seine neuesten Entdeckungen dar - über sind dem ersten B. seiner von Hrn. Herbell übersetzten kleinen Schriften Leipz 1782. 8. S. 151. u. f. beygefügt. Erst einige Jahre später hat auch Hr. Joh. Hunter Untersuchungen über diese Luft - knochen angestellt. f. die philos. Transact. Vol. LXIV. P. I. pag. 205. u. f.Die Hauptsache geht dahin, daß erstens bey den meisten Vögeln die großen Röhrenknochen, zumal die Schulter - und Schenkelknochen eine große leere Hölung enthalten, die höchstens nur mit einigen knochichten Queerfäden durch - kreuzt ist. Andre, zumal die am Thorax ent - halten zwar keine große Hölen, sondern knö - chernes schwammichtes aber ebenfalls markleeres Gewebe, und diese beiderley Gattungen von Luft - knochen stehen mittelst großer und sehr sichtlicher dazu bestimmter Löcher und besondrer Gefäße, de - ren Gang und Verbindung neuerlich Hr. Magister Merrem entdeckt hat (s. Leipz. Magaz. 1782.62 3tes St. S. 406 und f.) mit den Lungen in Ver - bindung. – Endlich ist aber auch die Diploë der Hirnschaale bey vielen Vögeln, zumal bey den Papageyen ꝛc. überaus dick, schwammicht, und doch ebenfalls völlig markleer, und diese wird so wie der Schnabel und der Unterkiefer durch die Eustachische Röhre mit Luft gefüllt.Alle diese markleeren Luftknochen zeichnen sich auf den ersten Blick durch ihre Leichtigkeit, Weiße und Sprödigkeit von den mit Mark versehnen Kno - chen aus. Meist sind sie auch halbdurchsichtig.Ihr Nutze zur Erleichterung des Flugs erhellt schon daraus, daß hochfliegende Vögel wie z. B. der Adler, mit sehr vielen dergleichen Luftkno - chen versehen sind, bey den nicht fliegenden hin - gegen, wie beym Straus ꝛc. die Schulterknochen auch nicht hohl sind u. s. w.Eine entfernte Aehnlichkeit mit diesen Luftkno - chen der Vögel zeigt sich übrigens doch selbst auch beym Menschen am Zitzenförmigen Fortsatz (pro - cessus mastoideus) des Schlafbeins, dessen Zellen mit der Paukenhöle und der Eustachischen Röhre in Verbindung stehen.. Auch trägt sie so we - nig zur Erzeugung des Callus bey, das viel - mehr nach Herrn Troja's und meinen eignen Versuchen*)Denn wenn das Mark zerstört worden, so ergie - sen die Gefäße, die sich sonst hinein vertheilten, nunmehro Knochenfast, und zwar ergiest sich der - be wenn die ausgeleerte Markröhre mit Charpie ꝛc. ausgestopft wird, desto starker in den äussern Callus, der die alte Röhre nun wie ein Futteral umgiebt; wird sie aber leer gelassen, so erzeugt sich auch in ihrem innern ein neuer Knochenkern. Das leztre war mir damals als ich den gedachten Aufsatz a. angef. O. einrückte noch nicht gelungen. Seitdem aber habe ich es ofter bestätigt gesehn. dieselbe durch Zerstörung des Markes sehr merklich befördert wird. Auch der von Havers dem Marke zugeschriebene63 Nutze, daß ein Theil davon durch die Knor - pelfläche der Röhrenknochen dringen, und sich dem Gelenkwasser beymischen solle, steht zu bezweifeln, so wie sich die besondern Gänge die er zu dieser Absicht in den Knochen annahm, bey genauerer Untersuchung keinesweges be - stätigen*)Ich übergehe den abentheuerlichen Nutzen, den Leeuwenhöck, der sich so oft durch seine Micro - scope irre führen lies, dem Mark andichtete, daß es durch besondre Gänge als Fettschweis auf die Oberfläche der Haut geleitet werde ꝛc. philos. Transact. No. 366. pag. 97..
Der Hauptnutze des Markes ist hingegen den Knochen gleichsam einzuölen, ihm dadurch Festigkeit, und doch zugleich Geschmeidigkeit**)Daher die knirschende Sprödigkeit der ersten Kno - chenkerne bey zarten Leibesfrüchten, bevor sich noch einige Markzellchen in denselben gebildet ha - ben; oder auch bey den gedachten markleeren Vo - gelknochen. und Schnellkraft zu geben: Besonders aber auch die Verbindung der Bestandtheile des Knochen, nemlich der kalkichten Knochenerde und der Phosphorussäure mit der thierischen Gallerte, zu befördern und zu verstärken.
Die Knorpel*)w. hvnter in philos. Transact. No. 470. von den Knorpeln der Gelenkflächen. f. dav. herissant in den Mém. de l'acad. des sc. 1748. bey Gelegenheit der Brustbeinknorpel. io. gotti. haase diss. de fabrica cartilaginum. Lips. 1767. mit Kupf. unterscheiden sich von den Knochen (§. 1.) dadurch, daß sie von milchweisser Farbe, halbdurchsich - tig, äusserst elastisch, und überaus glatt sind.
Sie kommen zwar in so fern mit den Kno - chen überein, daß sie auch so wie diese, ein schwammichtes Zellgewebe (§. 62.) zu ihrer Grundlage haben, das nur – statt des Kno - chensafts – blos mit einem gallertartigen Leim getränket ist, und daß sie von aussen so wie die Knochen, auch mit einer Art Beinhaut (peri - chondrium §. 70.) bekleidet werden.
Hingegen zeichnen sie sich auser den obge - dachten (§. 86.) auch noch durch andre sehr auffallende Verschiedenheiten gar sehr von den Knochen aus. Erstens enthält ihr inneres selbst da wo es porens ist, kein wahres Mark*)Ich habe zwar so wie Morgagni in verknöcherten Knorpeln des Kehlkopfs, auch im verknöcherten Callus, aber nie im wahren noch unveränderten Knorpel etwas einem würklichen Knochenmark ähnliches finden können., folglich auch keine Markhaut (§. 81.). Fer - ner werden sie nicht so wie die Knochen, von der Färberröthe angegriffen: auch nicht so leicht von Säuren, und noch weniger vom Beinfras, und den ihm verwandten Knochenkrankheiten. Und dann heilen auch ihre Wunden nicht, wie bey Knochen durch eine Beinschwiele, sondern durch eine Narbe.
Bey der zarten Leibesfrucht ist bekanntlich das ganze Gerippe blos knorplicht; wovon aber nach und nach der bey weiten größte Theil verknöchert; und hingegen nur ein geringer le - benswierig Knorpel bleibt.
Nach dieser Verschiedenheit, lassen sich die Knorpel überhaupt sehr füglich in zwey Classen abtheilen:
A) verknöchernde (ossescentes) und
B) beständig bleibende (permanentes oder wie sie Fallopius nennt, verae).
Die letztern sind wieder entweder vom Ge - rippe abgesondert, wie z. B. die knorplichten Bogen in den Rändern der Augenlider, oder sie stehen mit demselben in Verbindung.
Zu diesen, als von welchen hier allein die Rede ist, gehört zuförderst die Knorpelrinde, die nach beendigter Verknöcherung noch an allen Gelenkflächen der Knochen übrig bleibt, die Köpfe überzieht, die Pfannen auskleidet u. s. w. Ferner die abgesonderten flach ausgeholten Knorpelscheibgen (Menisci) die zwischen einigen Gelenken, wie z. B. im Kniegelenke, in der Einlenkung des Unterkiefers mit dem Schlaf - bein, zwischen dem Schlüsselbein und dem Brustbein, zwischen der Elnbogenröhre und dem dreyeckten Beinchen (os triquetrum), inne liegen: dann auch die Knorpelblätter, die zwi -67 schen einigen unbeweglich mit einander verbun - denen Knochen, z. B. am Becken ꝛc. fest sitzen, und endlich die, so als Fortsätze mit gewissen Knochen, z. B. mit den vordern Enden der Rippen fortlaufen.
Der Nutze dieser Knorpel geht zuförderst dahin, die Bewegung der Theile des Gerippes, entweder überhaupt – wie in allen Gelenken –, oder zu besondern Absichten – wie beym Tho - rax – zu erleichtern. Dann aber auch durch ihre große Schnellkraft, Nachgiebigkeit bey starken Druck zu bewürken*)Auf diese ausnehmende Elasticität der Knorpel, besonders der zwischen den Wirbeln liegenden Knorpelscheiben, gründet sich die sonderbare Be - merkung, daß der menschliche Körper wegen seiner aufrechten Stellung am Morgen um ein so be - trächtliches höher ist, als am Abend. S. Vaße und Becker in den Philos. Transact. Nr. 383. und der Abt Fontenu in der Hist. de l'Acad. des Sc. 1725.: und endlich auch die Befestigung mancher Knochen unter einan - der auf gewisse Weise noch zu verstärken.
Bey diesem wichtigen Nutzen, den die Knor - pel leisten sollen, gehört es zu den merkwür - digsten aber weisesten Einrichtungen des thie - rischen Körperbaues, daß – ohngeachtet alle diejenigen Knorpel, die bey der Leibesfrucht68 noch die Stelle der nachherigen Knochen einneh - men, zu ihrer Zeit so leichte verknöchern –; diese hingegen in Verhältnis so sehr selten, ja würklich weit seltner als andre weiche Theile des Körpers (§. 50. N. *)), in Knochen ver - ändert werden, und selbst bey Personen vom höchsten Alter meist noch ganz biegsam und un - verändert gefunden werden*)Daher ist z. B. eine vollkommne wahre Ankylose der Schammbeinknorpel so unerhört –: und der große Harvey fand in der Leiche des 153 jährigen Thomas Parre die knorplichten Anhänge der Rip - pen am Brustbein noch so geschmeidig und bieg - sam, als irgend bey einem jungen frischen Manne. Den ganzen merkwürdigen Sectionsbericht hat Joh. Betts seinem Buche de ortu et natura san - guinis Lond. 1669. 8. beygefügt..
So wie aber gar viele welche Theile des Körpers durch Krankheit oder Alter verknö - chern können, so sind auch manche, wie z. B. die Sehnen u. a. Theile des Fußes durch an - haltenden äusern Druck dem Verknorpeln aus - gesetzt**)v. haller elem. physiol. vol. VIII. P. I. p. 336..
Das Gerippe des erwachsenen Menschen ist aus 242 Knochen zusammengesetzt, die nach der vielfachen Bewegung zu deren Voll - ziehung der Körper und seine Gliedmaßen ge - schickt seyn müssen, auf eben so vielfache Weise, und nach den weisesten Gesetzen einer bewun - dernswürdigen Mechanik unter einander ver - bunden sind*)Der erste der die verschiednen Verbindungsarten der Knochen genau bestimmt hat, ist der fürtrefliche Fallopius in seinen so reichhaltigen obseruat. anat. S. 9 u. f. der Orig. Ausg. Unter den folgenden Zer - gliederern hat vor allen der verdiente Düverney diese ganze Lehre genau und umständlich abgehan - delt. S. dessen erst nach seinem Tode erschienenen Oeuvres anat. Tom. I. Par. 1761. 4. S. 382 bis 411..
Alle diese nur mögliche Verbindungsarten, zerfallen doch von selbst gleich in zwey Haupt - classen:
70I. unbewegliche Befestigung der Kno - chen unter einander (Synarthrosis).
II. Verbindung durch bewegliche Ge - lenke (Diarthrosis).
Die erste Hauptclasse, die Synarthrosis begreift dreyerley Arten von unbeweglicher Befestigung.
A) Durch sogenannte Näthe (Suturae).
B) Durch einnageln (Gomphosis).
C) Mittelst Knorpel oder sehnichter Bän - der (Symphysis).
A) Unter den Näthen*)e. gottl. bose progr. de suturar. sranii hum. fabri - cat. et vsu Lips. 1763. sind alle dieje - nigen Verbindungsarten begriffen, wodurch – auser den Zähnen, den Gehörknöchelgen und dem Unterkiefer – die sämmtlichen Knochen der Hirnschaale*)Die beiden kuöchernen Schaalen womit der Körper der Schildkröten bedeckt ist, und welche sich über - haupt aus mehr als einer Rücksicht mit einer Hirn - schaale vergleichen lassen, bestehen im Grunde auch aus einzelnen Stücken, die durch gezackte Näthe unter einander befestigt sind. Die Fugen der hor -71 nichten Schuppen oder des eigentlichen Schildpatts, womit der knochichte Rückenschild von ausen be - kleidet ist, und wodurch tiefe Furchen in denselben gebildet werden, passen aber niemalen auf jene Näthe auf, sondern durchkreuzen sich mit ihnen in ganz andern Richtungen. untereinander befestigt sind.
Man theilt sie wieder in zwey Gattungen
a) ächte Näthe (Suturae verae). Wenn die zusammenstoßenden Ränder von einem paar flacher Knochen, mit doppelt und dreyfa - chen Reihen von zackichten Zähngen und Zapfen in einander greifen; die zumal auf der Ausen - seite ein sonderbares Ansehn geben*)Nur beym Menschen ist die Ausenseite dieser wah - ren Näthe in ein so sonderbares Zickzack geschlän - gelt. Selbst beym Affen sind sie, wie schon Eu - stachius angemerkt hat weit einfacher. Ossium exam. p. 173.Bey den Schedeln der mehresten übrigen Säu - gethiere, sind es folgends mehr nur unächte Näthe; und bey den übrigen Thierclassen verdie - nen sie auch kaum nur diesen Namen.. Ihrer sind eigentlich nur drey bis vier: 1. Die Kreuznath (S. coronalis). 2. Die Pfeilnath (S. sagittalis) und 3. die Hinterhauptsnath (S. lambdoidea). Hierzu kommt, gewöhnlich doch nur bey jungen Personen 4. die Stirnnath (S. frontalis).
b) unächte Näthe (suturae spuriae), worunter alle übrige Suturen des Kopfs be - griffen werden. Besonders sind dieß 1. die72 Fugen (harmoniae), wobey die Knochen zwar mit rauhen und unebnen, aber doch nicht so gezäh - nelten Rändern an einander stoßen: und 2. die Schuppennath (S. squamosa), womit die scharfzulaufende Fläche des Schlafbeins am Scheitelbeine anliegt.
B) Gomphosis heist blos die Befestigung der Zähne in den Kinnladen, da sie mit ihren Wurzeln in die Zahnzellen[wie] eingenagelt sind*)Es sind nur sehr wenige Thiere, bey welchen die Zähne auf eine andere Art mit den Kinnladen ver - bunden sind, und dann sind sie sogar beweglich, eingelenkt. Dieß ist der Fall bey den Giftzähnen der Schlangen, und bey den 6 Reihen von vielen hundert Zähnen im Rachen der Hayfische. Von jenen s. fontana sur le vénin. de la Vipére T. I. pag. 10. und von diesen f. dav. herissant in den Mém. de l'Acad. des Sc. 1749.
C) Die Symphysis ist wieder von zweyer - ley Art.
a) Entweder sind die an einander stoßenden Knochen durch eine dazwischen liegende Knor - pelscheibe verbunden (Synchondrosis), derglei - chen z. B. zwischen den Schaambeinen, zwi - schen den Hüftknochen und dem, heiligen Beine, zwischen den Wirbelbeinen, zwischen dem ersten73 Paar Rippen und dem Brustbeine befindlich sind. Oder
b) die Verbindung geschieht durch sehnichte Bänder (Synneurosis) wie bey den Stücken aus welchen das Brustbein zusammengesetzt ist ꝛc.
Die zweyte Hauptclasse von Verbin - dungsarten der Knochen ist die Diarthrosis (Articulus, iunctura), wenn Knochen durch bewegliche Gelenke mit einander verbunden sind. Mehrentheils geschieht dies blos mittelst einer glatten Knorpelrinde, womit die Gelenk - flächen der Knochen überzogen sind: bey eini - gen aber liegen auserdem wie schon gedacht (§. 92.), noch besondre Knorpelscheiben zwi - schen inne. Sie zerfällt nach der verschiedenen Richtung und Beweglichkeit der Gelenke, wie - der in vier Arten:
A) wenn die Gelenkflächen zweyer Knochen straff aneinander sitzen (Amphiarthrosis).
B) Wenn ein Knochen sich um einen andern wie um eine Angel oder Axe dreht (Rotatio).
C) Wenn er wie ein Gewinde, nur nach einer geraden Richtung bewegt werden kann (Ginglymus).
74D) Wenn er wie in einer Nuß, nach allen Seiten beweglich ist (Arthrodia).
Zur A) Amphiarthrosis gehört vorzüglich die Verbindung der Knochen der Handwurzel (carpus) und der mehresten der Fuswurzel (tarsus), sowol unter einander als mit den Knochen der Mittelhand (metacarpus) und des Mittelfußes (metatarsus); so wie auch dieser ihre Zusammenfügung untereinander. Ferner die der schrägen Fortsätze (process. obliqui) der Rückgradswirbel untereinander, und der beiden Knöchel (malleoli) mit dem Knöchelbeine (talus). – Nicht ganz so flach, aber eben so straff ist auch die Verbindung der Rippen mit den Rückenwirbeln und der Gehörknöchelgen unter einander.
Die B) Rotatio (commissura trochoides bey Fallopius*)Riolan's Erinnerungen über diese Articulation s. in dessen Comment. de ossibus pag. 764.) hat ebenfalls einen sehr einge - schränkten Bewegungskreis; meist nur im hal - ben Cirkel. Das vollkommenste Beyspiel da - von giebt der erste Halswirbel, der sich um den zahnförmigen Fortsatz des zweyten völlig wie um eine Angel dreht. Eben dahin gehört aber auch die Bewegung der Speiche (radius) um75 die Elnbogenröhre (vlna), zur sogenannten pronatio und supinatio.
Der C) Ginglymus – eine überaus starke robuste Verbindungsart – gleicht einem Ge - winde oder Knie (charniere) wo zwey Kno - chen mittelst mehrerer erhabener Reife und dazwischen liegenden Vertiefungen in einander greifen. Beyspiele davon geben vorzüglich die Verbindung des Schulterbeins mit der Elnbogenröhre mittelst der sogenannten Rolle (trochlea), und des Schenkelbeins mit der Schienbeinröhre. Ferner die Einlenkung des vordern Glieds des Daumen und der großen Zehe, und die beiden vordersten Reihen von Gliedern der übrigen Finger und Fuszehen. Auserdem kann aber auch freylich die Bewe - gung des Kopfs auf dem ersten Halswirbel, der Kniescheibe am Knie, und der Schienbein - röhre über dem Knöchelbein dahin gerechnet werden.
Endlich D) Arthrodia, wenn eine mehr oder weniger convexe Kugelfläche, in einer tiefer oder flacher ausgeschweiften Gelenkhöhle bewegt wird. Von der Art ist die Articula - tion des hintersten Glieds aller Finger, Dau - men und Fuszehen, mit den Knochen der Mit -76 telhand und des Mittelfußes. Ferner das Gelenk der Speiche (radius), sowol mit dem Schulterbeine als mit den Schiffgen (os naui - culare carpi) und dem halbmondförmigen Beinchen (os lunatum) der Handwurzel. Auch das der Elnbogenröhre mit dem dreyeckten Beinchen (os triquetrum); des Knöchelbeins mit dem Schiffgen (os nauiculare tarsi), und des Unterkiefers mit dem Schlafbein. Beson - ders aber des Schulterknochen mit dem Schul - terblatt, als des allerbeweglichsten Gelenkes am ganzen menschlichen Körper –: und endlich die tiefste von allen, nemlich die Einlenkung des Schenkelkopfs in die Hüftpfanne, die we - gen ihrer auszeichnenden Bildung mit dem be - sondern Namen der Enarthrosis belegt worden.
Was von den Knochen überhaupt gesagt worden, (§. 1. 56. ) daß sie die übrige Form der weichen Theile bestimmen, das gilt nun vorzüglich vom ganzen Gerippe, dessen Form bey allen Menschen, und durch alle Stuffen ihres Lebens der Form ihres ganzen Körpers so angemessen entspricht*)Eine doppelte Anmerkung fließt hieraus. Daß es nemlich eben so viele Kunst und Meisterhand vor - aussetzt, ein schönes Menschengerippe, als eine schöne nackte menschliche Figur zu zeichnen: und daß zweytens die bekannten Maaße, für die Ver - hältniße der Theile des nackten Körpers, auch den Probstein für abgebildete Gerippe abgeben: wo - von aber, unter der so großen Menge, die in den theils so prachtvollen osteologischen Werken befind - lich sind, nur wenige diese Prüfung vertragen.Als Muster dieser Art dienen die drey berühm - ten Gerippe beym vesalivs de corp. hum. fabr. (S. 203. 204. und 205 der schönsten orig. Ausg. von 1555.) verglichen mit den beiden herrlichen Figuren in seiner Epitome, die nach aller Wahr - scheinlichkeit von Titian gezeichnet sind. S. Möh - sen von Bildn. ber. Aerzte S. 87.78Und daß eben aus jenem Grunde noch das ana - tomische Studium der Künstler sich nicht etwa auf einen Muskelmann einschränken, sondern von der Osteologie ausgehen müsse, darüber kann man zwey der gültigsten Richter nachlesen: Beide selbst sehr große Künstler, und die zwey andre der aller - größten deshalb zu Beyspielen aufstellen: benve - nvto cellini in den disc. sopra i principi del disegno am Ende seiner due Trattati, den Michelangelo Buonarota (den vertrauten Freund des Reald. Columbus, und der wie man aus Vasari weis, 12 Jahre lang Anatomie studirt haben soll) und Mengs über die Schönheit und den Geschmack in der Malerey S. 77. den Raphael. –, daß es einem irgend geübten Auge nicht schwer fallen muß, aus einem nur leidlich erhaltnen Gerippe nicht blos Alter und Geschlecht, sondern auch Wuchs, Constitution und die Hauptzüge der Gesichtsbildung des Körpers, dem es ehedem zur Grundlage gedient, zu erkennen.
So unendlich nemlich der individuelle Kör - perbau, und die Gesichtsbildung, des im Gan - zen freylich sich gleich bleibenden Menschenge - schlechts, überhaupt verschieden ist, – eben solch eine unendliche Verschiedenheit findet sich bey einer genauern scharfsichtigen Prüfung unter der Bildung und Form und Taille und mehrern oder mindern Eleganz u. s. w. der, freylich auch im Ganzen einander gleich scheinenden mensch -79 lichen Gerippe*)Wie daher Zergliederer zur Abbildung des natürli - chen Baues des menschlichen Körpers, aus diesen unendlichen Verschiedenheiten die schönsten Mu - ster auswählen sollen, davon s. Hrn. Prof. Wolff de iuconstantia fabricae de eligendisque ad eam reprae. sentandam exemplaribus in den Act. acad. Petropol. 1778. P. II. p. 217 u. f. zumal 226 u. f. 230 u. f.: – und selbst in der ver - schiednen Feinheit und Festigkeit des Korns der Knochen u. s. w.
Auser diesen endlosen individuellen Cha - racteren, wodurch sich ein jedes Gerippe vom an - dern auszeichnet, unterscheidet man überhaupt die Scelete nach der Verschiedenheit des Alters und des Geschlechts der Subjecte.
So theilt man sie aus jener Rücksicht ins - gemein in vollkommne und unvollkommne, und belegt mit dem letztern – im Grunde nicht treffenden Namen, die Gerippe von Leibes - früchten, Kindern und von denjenigen Per - sonen, an welchen nur die Knochenansätze noch nicht zu würklichen Fortsätzen verwachsen sind (§. 44. 46. ); die aber doch übrigens so gut als die erwachsnen – alle ihren Bestimmungen angemeßne äuserste Bollkommenheit zeigen.
Sie zeichnen sich besonders durch eine dop - pelte Verschiedenheit aus: Daß sie nemlich, je unreifer sie sind, erstens desto mehr knorp - lichte, oder nicht verknöcherte Stellen haben: und daß zweytens auch alsdann sowol über - haupt der Kopf zum Rumpf, und dieser zu den Armen und Beinen, als auch insbesondre die flachen Knochen der Hirnschaale zu den eigent - lichen Gesichtsknochen, die Brust zum Becken, die Schlüsselbeine zu andern Röhrenknochen ein anders Verhältniß haben, als beym Gerippe des erwachsenen Menschen*)Man vergleiche damit unsers großen Albr. Dürers vier Bücher von menschlicher Proportion. Nürnb. 1528. Fol., zumal zu Ende des ersten B. – und, freylich aus einem andern Gesichtspunkt Hrn. Prof. Süe sur les proportions du squelette de l'homme examiné depuis l'âge le plus tendre, jusqu 'à celui de 25, 60 ans et au delà im II. B. der sogenannten Mém. presentés p. 572 u. f.Eine Anmerkung findet hiebey statt, daß da die Gerippe von Embryonen und jungen Kindern noch sehr viele knorplichte Stücken enthalten, die beym Trocknen zusammenschrumpfen, auch die Zeichnungen, die nach solchen vertrockneten Ge - rippen gemacht werden, sehr entstellt und unnatür - lich ausfallen müssen, wie man leicht aus der Ver - gleichung solcher Abbildungen (z. B. der sonst so saubern Kupfer in ph. ad. boehmer instit. osteolog) mit den Albinischen iconib. ossium foetus ersehen kann. –. Von beiden dieser Verschiedenheiten ist schon oben (im81 dritten und vierten Abschnitt) das wichtigste angegeben worden.
In Rücksicht des Geschlechts unterscheidet sich das weibliche Gerippe vom männlichen so - wol in Ansehung seines ganzen habitus, des Totaleindrucks den es bey der Vergleichung macht, als mich in Bildung und Verhältnis der einzelnen Theile. Doch werden diese bei - derley Verschiedenheiten erst bey den Gerippen etwas erwachsener Kinder und jugendlicher Per - sonen recht merklich.
Der ganze habitus des weiblichen Ge - rippes verrätht nemlich, wenn es mit einem männlichen von gleichem Alter, Wuchs, Con - stitution ꝛc. verglichen wird, fast die gleichen Verschiedenheiten, wodurch sich auch der ganze Bau des weiblichen Körpers, zumal in der Blüthe des Lebens, vom männlichen auszeich - net. So wie hier am weiblichen Körper alles weit feiner, glatter, zarter, rundlicher, schö - ner gewölbt ist als beym männlichen, so auch am weiblichen Gerippe ceteris paribus alles weit schlanker, ebner, gewissermaßen weichli - cher als am männlichen*)Nach diesen Unterscheidungszeichen wurden a. 1630 auf Befehl der damaligen Aebtißin zu Paraclet die82 Gebeine des heil. Abälard von seiner Heloise ihren, zwischen welchen sie fast 500 Jahre lang geruht hatten, getrennt und beide besonders beygesetzt, s. la vie de p. abeilard et d' heloise son épouse. Vol. II. pag. 326.; die flachen Knochen dünner, die Röhren-Knochen schwächer*)Wie es die Bestimmung des schwächern Geschlechts mit sich bringt, dagegen das andre, das im Schweis seines Angesichts sein Brod erarbeiten soll, auch einen robustern Knochenbau erfodert.Viele trefliche Bemerkungen hierüber, auch über das Verhältnis der Stärke der Knochen zu ihrer Größe, und wie z. B. Riesenknochen, wenn sie nur irgend die Verhältnismäßige Kraft aus - üben sollten wie die Knochen eines gewöhnlichen Menschen, entweder von einem ganz andern weit festern härtern Stoff gebaut, oder aber von einer ganz unförmlichen Dicke seyn müßten: und wie sich daher die Stärke der Thiere schon aus der Dicke ihrer Röhrenknochen und dem übrigen Verhältnis der Theile ihres Gerippes ermessen läßt, s. in galil. galilei dial. secondo pag. 97. u. f. der Werke. Bonon. 1655. 4.; durchgehends die Ecken und Fortsätze nicht so scharf ausgewürkt, die Furchen nicht so tief, die Insertion der Sehnen nicht so rauh, die mehre - sten Articulationen etwas flächer u. s. w.**)Die erste Abbildung eines weiblichen Gerippes zur Vergleichung mit dem männlichen hat Casp. Bau - hin a. 1605 in der ersten aber äußerst seltenen Octav - Ausg. seines theatri anatomici p.1295. gegeben. – In Cheselden's großen Werke (Osteographia or the anatomy of the bones Lond. 1733. gr. Fol.) findet83 sich Taf. XXXIV. ein weibliches Gerippe nach den Verhältnißen der mediceischen Venus zur Ver - gleichung mit dem auf der folgenden Taf. in den Verhältnißen des Apollo von Belvedere gezeichne - ten männlichen. So hat auch Tarin in seiner Osteographie Paris 1753. 4. Taf. XXIII. ein weib - liches Scelet in der gleichen Stellung wie das Albinische männliche (b. s. albini tab. sceleti et musculor. hominis Leid. 1747. gr. Fol. tab. I.) ge - liefert. Und Süe ein noch andres in der prächti - gen Ausgabe seiner Uebersetzung des Monroischen Handbuchs (Traité d'Osteologie etc. Paris 1759. gr. Fol. II. B. Taf. IV. ) – Bey allen aber dün - ken mich die vom männlichen abweichenden Ver - hältniße, wenigstens in einzelnen Theilen, offen - bar übertrieben..
Am weiblichen Schedel finden sich außer den gedachten allgemeinen, wenige besonders merkliche Verschiedenheiten. Denn daß er in Verhältnis zur übrigen Statur kleiner*)tarin a. a. O. S. 79. sve a. a. O. S. 225., und der Gaumen flächer und runder gewölbt sey**)santorini obseruat. anat. pag. 137.; und daß sich die Stirnnath länger erhalte**)casp. bavhini viuae imagines corp. hum. Frf. 1604. 4. pag. 246 sve a. a. O. ꝛc. – Allein schon Vesalius hat diese vorgebliche Eigenschaft des weiblichen Schedels verworfen de c. h. fabr. pag. 32. ꝛc. finde ich in der Natur nicht oft genug bestätigt um es für bestimmte Kennzeichen annehmen zu können. – Das Zungenbein aber ist bey84 diesem Geschlechte so wie der ganze Kehlkopf kleiner und enger.
Der weibliche Thorax hat schon mehr auszeichnendes. Er ist überhaupt enger und schmaler als bey Mannspersonen: da wo die Brüste aufsitzen flacher: dabey aber bewegli - cher, zumal im obern Theil*)bordenave sur le mouvement des côtes dans la respiration, in den Mém. de l'ac. des sc. de Paris à. 1778. pag. 222.. Daß hingegen seine Rippen dicker und rundlicher**)fr. rvysch museum anatomicum pag. 108, no. 6., oder das untre Ende des Brustbeins öfter durch - bohrt seyn sollte***)bavhinvs l. c. scheint ebenfalls eine un - gegründete Behauptung.
Die auffallendste Verschiedenheit zeigt sich im weiblichen Becken, als welches die nächste Beziehung auf die ganze Bestimmung des an - dern Geschlechts hat****)chph. iac. trew tabulae osteologicae Nürnb. 1767. gr. Fol. tab. IX. fig. 3. vergl. mit fig. 4.. Es ist überhaupt weiter und geräumiger als das männliche. 85Das Kreuzbein breiter und flacher****)trew a. a. O. fig. 5. vergl. mit fig. 6.; das Kuckucksbein beweglicher; die Hüften weit breiter, ihr obrer Rand mehr divergirend; die Schaambeinverbindung dicker; ihr untrer Bo - gen weiter in einen stumpfen Winkel ausge - schweist; die Sitzbeine mehr von einander ab - stehend und mehr vorwärts gebogen.
Dagegen sind die Schultern, wie es der schmalere Thorax mit sich bringt, nicht so breit als beym männlichen Geschlecht, und auch die Schlüsselbeine weit gerader, schwächer ge - krümmt*)trew a. a. O. fig. 1. 2. vergl. mit tab. X. fig. 16. 17..
Die Schenkelbeine aber stehen wegen des weiten Beckens auch selbst nach oben weiter auseinder; ihr Hals lauft mehr horizontal; die Kniee aber stoßen dagegen desto schräger zusammen.
Soviel von den Verschiedenheiten der Ge - rippe in Rücksicht des Alters und des Ge - schlechts. – Es giebt noch eine dritte Rück -86 sicht, die ich aber hier nicht weiter verfolgen kann**)Blos als ein Beyspiel dieser ausnehmend characte - rischen Nationalverschiedenheit in Bildung des Gerippes, gebe ich hier nur die Hauptzüge von drey merkwürdigen Schedeln aus meiner Samm - lung die von ganz verschiedenen Menschenraçen sind, und sowol gegeneinander – als sämtlich wieder gegen einen schönen Europäer-Kopf gehalten, unglaublich abstechen. – I. Ein Aegyptischer Mumien Kopf – und zwar, nach wahrscheinlichen Vermuthungen zu urtheilen, aus den ältesten Zeiten. II. Ein Negerschedel Und III der Schedel eines Nordamericanischen Wil - den. – Der Mumien Kopf ist der nemliche der mich vor einigen Jahren zu allerhand Untersuchun - gen über die Mumien veranlaßt. Die andern beiden verdanke ich der Güte des Hrn. Leibmed. Michaelis.Der Europäische Schedel den ich bey der Ver - gleichung als Muster oder Richtschnur zum Maaß jener Abweichungen zum Grunde lege, um dadurch den sonst zu relativen Ausdrücken doch auch ohne Abbildung einige mehrere Bestimmtheit zu geben, ist dem in den großen Albinischen Tafeln (b. s. albini tabulae ossium humanorum Leid. 1753. gr. Fol. Tab. I. fig. 1. 2. 3. ) vollkommen ähnlich, da - her diese Tafel selbst zum beßern Verständnis der Vergleichungen dienen kann.I. Der Mumien-Kopf verrätht auf den ersten Blick die so gar nicht zuverkennende ganz eigene Alt Aegyptische Gesichtsbildung, die auf den ältesten Aegyptischen Kunstwerken, Statüen, Sarcophagen, kleinen Idolen ꝛc. sich durchgehends so ähnlich ist.87Im ganzen der Kopf schmahl und zu beiden Seiten, zumal am Hinterhaupt, vor allen aber oben nach dem Scheitel, zusammengedruckt. Das Gesicht schön gerade, ziemlich senkrecht, aber lang: besonders der Theil von der Nasenwurzel bis zum Kinne. Hingegen die Stirne sehr kurz und an beiden Seiten schräg nach oben zusammen - gedruckt: so daß die eigentliche Hirnschaale von dem hohen Hinterhaupte nach der niedern Stirne wie ein kurzer Keil zulauft, und sie mit dem un - tern Rande der ziemlich weit vorstehenden Joch - beine fast ein gleichseitiges Dreyeck bildet. Doch ist sie dabey von der schönsten Wölbung. Auch der bogenförmige Rand des plani semicircularis zur Anlage des Schlafmuskels scharfhervorstehend. Die Augenhölen groß, und kommen eben wegen des langen Gesichts und der niedern Stirne hoch zu stehen. Die Augenbraunbogen sehr stark her - vorstehend und durch eine tiefe Grube über der Nasenwurzel von einander getrennt. Der Unter - kiefer hoch und sein großer Seitenwinkel von 118 Graden. Die Zähne durchgehends sehr groß und stark; und die Schneidezähne mit den sonderbaren stumpfen dicken Kronen wie ich sie im Göttingischen Magazin 1 B. 1 St. S. 109 u. f. beschrieben, und wie sie Middleton in der Cambridger Mumie, und andre neuerlich in mehren Mumien gefunden.II. Was den Negerkopf sehr auffallend aus - zeichnet ist vor allen die ausnehmende Protuberanz seiner beiden Kiefer. Der obere nemlich wird gleich unter der Nase so sehr vorgebogen, daß er und seine Zähne ganz schräg zu stehen kommen und mit der Linie in welcher die beiden Kiefer auf einander stoßen vorne einen Winkel von 60 Gra - den bildet. Wodurch denn folglich auch der ganze88 Gaumen so auffallend in die Länge gezogen wird u. s. w. Der Unterkiefer steht zwar vorn mehr senkrecht: mußte aber nun eben wegen der Ver - längerung des obern, selbst auch vom Ohr zum Kinn in eine auffallende Länge ausgedehnt wer - den. Seine Seitentheile sind sehr niedrig, und ihr großer hintrer Winkel von 130 Grad. Zwischen den Augenbraunbogen ist keine merkliche Vertie - fung (glabella). Die beiden ausgeschweiften Ränder welche die Oberkiefer vorne am Untertheile der Nasenhöle zu beiden Seiten der Scheidewand formiren sind ganz ungewöhnlich dick und breit, wie ausgeschnitzt. Der Hinterkopf ist zwar auch schmahler als beym Europäer, aber bey weiten nicht so sehr als beym alten Aegyptier: auch nicht so hoch sondern merklich niedriger. Die Hirn - schaale ist sehr dick und der ganze Kopf ausneh - mend schwer.Nun finden sich zwar unter den Mohren so gut wie unter andern Menschenraçen mancherley Nüan - çen der Bildung; doch scheint es daß die bisheri - gen Abbildungen welche Negerschedel vorstellen sollen, entweder sehr nachläßig gezeichnet, oder wenigstens von keinen recht characterischen Neger - köpfen genommen sind. Das erste ist der Fall bey dem in petr. paaw de hum. corp. ossibus LB. 1615. 4. pag. 28. Das andre argwohne ich von der sonst schön gestochnen caluaria aethiopis in ioh. beni. de fischer diss. de modo quo ossa se vicinis accom - modant partibus LB. 1743.Viele andre treffliche Bemerkungen über die Negerschedel hat Hr. Hofger. Rath Sömmerring in seiner merkwürdigen Schrift über die körperliche Verschiedenheit der Mohren vom Europäer, gegeben.89III. Der Schedel des Nordamericanischen Wilden unterscheidet sich von allen übrigen beson - ders durch dreyerley. 1) Vor allen durch die große breite ziemlich viereckte Fläche des sehr platt niedergedruckten Scheitels, der sich dagegen zu beiden Seiten nach den Schlafbeinen zu recht kuglicht wölbt. – Statt daß die Ränder des plani circularis beym Mumien-Kopf von dem Joch - bein an nach dem Scheitel convergiren: so divergi - ren sie hingegen bey diesem hier gar auffallend ꝛc. 2) durch sehr hervorstehende tief ausgewürkte Backenknochen; und 3) durch eine sehr weite ge - räumige Nasenhöle.Die breite Scheitelfläche ist eine Wirkung der Kunst. – Die ganze Procedur wie verschiedene Nordamericanischen Nationen die Köpfe ihrer neu - gebohrnen Kinder entweder mit einen Sack voll Sand niederdrücken oder auch dadurch flach pressen, daß sie ihnen in der Wiege den Kopf viel niedriger legen als den übrigen Körper der dann mit seiner ganzen Last darauf drucken muß u. s. w. ist beson - ders in iam. adair's hist. of the North-American Indians Lond. 1775. 4. S. 8 u. f. 284 ꝛc. umständ - lich beschrieben.Beides der flache Scheitel und die hervorste - henden Backenknochen finde ich auch in 8. Por - trätmäßig genauen Bildnissen Nordamericanischer Wilden, die ich vor mir habe, vollkommen be - stätigt.Und der weiten Nase entspricht der bekanntlich so unglaublich feine Geruch dieser Wilden wovon bey den zuverläßigsten Reisebeschreibern so ausneh - mende Beweise zu finden sind!90Auch hier sind die arcus superciliares sehr groß und hoch gewölbt. Die Stirnnath hat sich erhal - ten. Die Gesichtslinie ist ziemlich senkrecht. Der Hinterkopf merklich breiter als bey Europäern, ge - schweige als beym Neger oder bey der Mumie. – Die Vorderzähne des Oberkiefers (denn der untre fehlt) laufen wie Meisel in eine scharfe Schneide zu: völlig das entgegengesetzte Extrem der Mu - mienzähne. Die flachen Knochen sind sehr dünne und der ganze Kopf sehr leicht: also fast in allem das Wiederspiel vom Neger., ohngeachtet sie noch ganz andre und äußerst merkwürdie Besonderheiten zeigt; nem - lich – das characterische der Gerippe nach der Nationalverschiedenheit der Menschen - racen. – Ein überaus fruchtbares, aber weites und nur sehr Stückweise bekanntes Feld: – das aber, nur nach dem wenigen zu urtheilen, was bisher davon bekannt wor - den, noch sehr reiche Ernden für Osteologie und Physiologie sowol als für Menschen - und Völkerkunde hoffen läßt.

Man theilt bekanntlich das Gerippe in Kopf, Rumpf und Gliedmaßen; und wir machen mit dem Kopfe den Anfang, der wie - der füglich in die eigentliche Hirnschale und in die Gesichtsknochen eingetheilt wird.
Die Hirnschaale begreift, wie es der Name anzeigt, die große Höle in welcher das Gehirn verwahrt ligt: die Gesichtsknochen hingegen den übrigen Schedel von der Nasen - wurzel an seitwärts zu den Wangen und unten zum Kinne.
Den Unterkiefer und die Gehörknöchelgen ausgenommen, sind die übrigen Kopfknochen durch Näthe oder Einkeilung unbeweglich unter einander befestigt. (Th. I. §. 99.)
Der Menschenschedel unterscheidet sich von aller andern Thiere ihren durch eine doppelte Verschiedenheit, erstens nemlich durch den ausnehmend großen Umfang seiner Hirnschaale in Verhältnis gegen die Gesichtsknochen: und zweytens durch seine ziemlich senkrechte Ge - sichtslinie.
Das Verhältnis der Hirnschaale zu den Gesichtsknochen ist zwar nach Verschiedenheit des Alters und der Menschenraçen relativ: bey Kindern z. B. größer als bey Erwachsnen; bey Negern etwas kleiner als bey Europäern: doch durchgehends auffallend größer als bey irgend einer andern, auch noch so menschenänlichen, Thiergattung*)Man sehe z. B. die Schedel der verschiednen Arten von Orang-utangen in tyson's anat. of a Pygmy fig. 5. in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1764. Taf. XVI. fig. 2. und in Hrn. Camper's naturkund. Verhandel. over den Orang-outang etc. Taf. II. fig. 2..
Auch in der Richtung der Gesichtslinie herscht zwar, nach den scharfsinnigen Unter - suchungen des Hrn. Prof. Camper viele Na - tionalverschiedenheit, vom Griechischen Profil bis zu der oben (S. 87. u. f.) beschriebenen Neger - bildung: – dennoch bleibt immer zwischen dieser95 letztern und dem Profil der Affen und andrer Thiere ein äußerst auffallender Abstand, der besonders in dem Mangel des ossis intermaxilla - ris seinen Grund hat, wovon unten besonders die Rede seyn wird.
Nun zuerst von der Hirnschaale die aus acht Knochen zusammen gesetzt ist: aus vier flachen (Th. I. §. 3.), nemlich: 1. dem Stirn - deine 2. 3. den beiden Scheitelbeinen, und 4. dem Hinterhauptbeine: und aus eben so viel vieleckigten (Th. I. §. 6.) nemlich 5. 6. den beiden Schlafbeinen, 7. dem Keilbeine und 8. dem Siebbeine.
Das Stirnbein (os frontis)*)conr. vict. schneider de oss. frontis. Viteb. 1650. 12. wie es die Griechen nannten**)galen. de ossib. Cap. I. pag. 8. ed. casp. hofmanni Frf. 1630. fol. (bey den Arabern das Kranzbein, os coronale) ist der größte Knochen am ganzen Köpfe, und wird seiner Form nach mit einer Trinkschaale oder mit einer Muschelschaale verglichen.
Es steht mit 12 benachbarten Knochen in Verbindung: nemlich 1. 2. mit den Scheitel - beine; 3. dem Keilbeine; 4. dem Siebbeine; 5. 6. den Oberkiefer; 7. 8. den Jochbeinen; 9. 10. den Nasenbeinen, und 11. 12. den Thrä - nenbeinchen.
Bey der ungebohrnen Leibesfrucht besteht dieser Knochen aus zwey Hälften***)albini icon. oss. foetus. tab. II. fig. 3. 4. 5., die in den ersten Lebens-Jähren durch eine Nath mit97 einander verbunden werden, gewönlich aber nachher völlig zusammen verwachsen. Nicht selten aber erhält sich auch diese Stirnnath (sutura frontalis), und zwar wie wir finden würklich im Durchschnitt bey breiter Stirne öfter als bey schmaler*)Wie schon Vesalius versichert: exam. observ. Fallop. pag. 35. ed. iessenii., hingegen bey Manns - personen eben so wol als bey Frauenzim - mern –**)S. oben Th. I. §. 114.. Oft bleibt wenigstens eine Spur der vormaligen Nath an der Nasen - wurzel übrig.
Der ganze Knochen hilft dreyerley Hölen am Kopf bilden, die Hirnhöle, die Augenhö - len und die Nasenhöle. Und hiernach läßt er sich selbst füglich in drey Abtheilungen brin - gen A) pars frontalis: B) partes orbitales; und C) pars nasalis.
A) der Stirntheil ist bey weiten der aller - größte; von außen gewölbt, von innen aus - gehölt.
Die Vorderfläche jener Ausenseite***)vesal. de c. h. fabr. L. I. cap. 6. fig. 3. und cap. 9. fig. 1. evstach tab. anat. XXXXVI. fig. 1. ist glatt, meist wie abgeschliffen.
98Gewönlich sind gegen die Mitte zu, über den Augen, auf beiden Seiten ein paar flache Erhabenheiten (eminentiae frontales, tubera frontalia)*)An der gleichen Stelle sitzen auch die Hörner fest, womit die Natur die mehresten derjenigen Säug - thiere bewaffnet hat, die sonst bey ihren gespalte - nen Klauen und dem Mangel der obern Schneide - zähne ziemlich wehrlos sind.Beym Hirschgeschlechte heißen sie bekanntlich Geweihe, sind dicht, astig, und sitzen, da sie ge - wechselt werden müssen, mit der Krone an ihrer Wurzel nur auf einem niedern flachen Stule fest, der sich von dem Stirnbeine erhebt: der hingegen im Ochsen-Ziegen - und Gazellen-Geschlechte einen starken zugespitzten Zapfen bildet, der in den ei - gentlich sogenannten Hörnern, die perennirend, rund, hohl und ohne Aeste sind, wie in einer Scheide steckt. – An der Wurzel ist dieser Zapfen selbst hohl und steht mit den Stirnhölen in Verbindung, die sich bey einigen, z. B. beym Steinbock bis gegen die Spitze desselben hinauf erstrecken. an der Stelle merklich, wo bey der Leibesfrucht zu Ende des zweyten Monats nach ihrer Empfängnis die Verknöcherung des Beins ihren Anfang genommen hatte**)Kerkring's verdächtiger Irthum, daß sich bey diesem Knochen die Oßification vom Umfang nach dem Mittelpunkt erstrecke, braucht jetzt keine Wider - legung mehr. –.
Tiefer herunter, nach der Nasenwurzel zu, liegen ein paar kleinere Erhabenheiten, (arcus superciliares), die sich aber erst am Ende des ersten Lebensjahres zu heben anfangen. Sie werden durch die glabella von einander abgeson -99 dert, und tragen, so wie das ganze Stirnbein vorzüglich viel zum charakteristischen der Ge - sichtsbildung bey*)S. Hrn. Lavater's Fragmente an hundert Stellen, zumal aber im IV. Vers. S. 219. u. f..
Die pars frontalis grenzt an die orbitalem mittelst des bogenförmigen Randes der Augen - höle, der von innen, etwas tiefer als die gla - bella anfängt, und sich nach außen in einen starken zackichten Fortsatz, (den processus orbi - talis externus s. malaris) endigt.
Hinter ihm liegt die fossa temporalis: und von ihm steigt ein unebner Rand nach hinten zu in die Höhe der die glatte Stirnfläche des Knochen von der rauhen Seitenfläche (pla - num semicirculare) scheidet.
B) der Theil des Stirnbeins der das Ge - wölbe der Augenhölen bildet (pars orbitalis), ist flach ausgehölt, und läuft von dem gedach - ten bogenförmigen Rande nach hinten.
Nach vorn zu zeigt sich gewönlich eine Spur der Anlage zweyer merkwürdiger Theile des Auges. Nach innen nemlich meist ein Grübgen oder ein stumpfer Stachel (spina trochlearis) woran die Rolle des musc. obliqui super. befestigt ist.
100Auswärts aber, nach der apoph. malari zu, eine mehrentheils etwas rauhe Delle, worin die Thränendrüse liegt.
Endlich C) der Theil des Knochen, der mit der Nase in Verbindung steht (pars na - salis).
Er fängt unter der glabella mit einer tief ausgezackten Grube an, aus deren Mitte ein zackichter Stachel (spina nasalis) hervorsteht, der so wie die Grube selbst zur Befestigung der Nasenbeine; dann aber aber auch zur Anlage der Scheidewand der Nase am Siebbein, dient.
Zu seinen beiden Seiten laufen ein paar vorn breitre nachher schmalere zellichte Ränder nach hinten; die auf die Zellen des Siebbeins aufpassen.
Nach vorn aber wo diese Ränder am brei - testen sind führen ein paar große, meist unre - gelmäßige Oeffnungen zu den Stirnhölen (sinus frontales)*)Sie sind so viel ich finden kan, doch zuerst von Jac. Berengarius oder Carpus beschrieben wor - den. S. dessen commentaria super anatomia Mundini, Bonon. 1521. 4. pag. 414. die in den mittlern und untern Theil dieses Knochen gleichsam einge -101 graben sind; aber auch erst zu Ende des ersten Lebensjahres ausgebildet werden*)Nur durch Krankheiten wird diese Ausbildung be - hindert, besonders durch den innern Wasserkopf. Zuweilen auch durch englische Krankheit.Auch schon ausgebildete Stirnhölen können durch Knochenverderbnis in der Luftseuche ꝛc. wieder zusammengedruckt werden und gleichsam schwinden..
Diese beiden Stirnhölen sind durch eine, meist durchbrochene Scheidewand von einander abgesondert, die wenn sich die Stirnnath er - halten hat, von selbiger wie in zwey Blätter durchschnitten wird, so daß jede Hälfte des Knochen ein Blatt bildet, die dann mit einer rauhen zackichten Fläche an einander liegen.
Oft ist jede dieser Hölen wie in mehrere Fächer eingetheilt, die theils selbst noch besondere Nebenhölen bilden; überhaupt aber variiren sie fast ins unendliche**)sandifort observ. anat. pathol. L. III. p. 122. sowol in Rücksicht ihrer Gestalt, als ihres Umfangs, ihrer Verbin - dung mit den Zellen des Siebbeins u. s. w.
Ihre große Oeffnung verlauft sich in einen trichterförmigen Canal der vom Thränenbein - chen, vom Nasenfortsatz des Oberkiefers und vom Siebbeine gebildet wird, in die Nase hinabsteigt und sich vorne im mittlern Nasen -102 gang (meatus narium medius) mit einer schrägen Mündung öffnet.
Beides, die Hölen selbst und diese ihre Gänge sind mit einer zarten äußerst Gefäs - reichen Haut ausgekleidet deren unzälige Schlag - adern einen wässerichen Duft absondern der auf die wahre Schleimhaut (membr. Schneideriana) der untern Muschelbeine (spon - giosa infer. ) hinab fließt, die dann durch dieses benetzen für den Geruch desto empfänglicher wird.
Denn daß dieß, und keinesweges die Ver - stärkung der Stimme, ihr Hauptnutze*)Ich habe ihn in der prolus. anat. de sinib. frontalibus Gotting. 1779. 4. umständlich auseinander gesetzt. sey, wird schon aus der Zeit wenn sie erst ent - stehen, theils aber auch durch Bemerkungen in Krankheiten**)Der sowol durch den ungeheuren Verlust seines Gaumens und seiner Nase, als durch die einfache und doch hinlängliche Vorrichtung womit er diesen Verlust ersetzt hatte, bekannte Joh. Beck, sprach, ohngeachtet er alle seine Nasenhölen mit Schwamm verstopfen mußte, doch laut und vernemlich. – Und das gleiche bemerkt man bey Personen in deren Stirnhölen sich etwa Insecten oder Würmer einge - nistelt haben. Ich habe eine Feuer-Aßel (Scolopendra electrica) in meiner Sammlung, die von einem Frauenzimmer noch lebendig ausgeschneuzt worden, welcher sie ein ganzes Jahr lang unerträgliche Kopfschmerzen verursacht, den Geruch beraubt, aber nicht im mindesten die Stimme verändert hatte., am unwiederredlichsten103 aber aus der vergleichenden Anatomie*)Viele Thiere mit durchdringender gellender Stimme wie die Affen, Meerkatzen, u. s. w. haben keine – andre hingegen mit dumpfer Stimme, wie die Bären, so ausnehmend große Stirnhölen. Aber bey allen Thieren die einen sehr scharfen Geruch haben, sind sie gros oder zahlreich, so beym Hunde, bey den meisten Grasfressenden Thieren, vor allen aber beym Elephant, dessen erstaunenswürdige Stirnhölen ich am Schedel eines jungen solchen Thieres vor mir habe, wo sie vorn 6 Zoll in die Länge und 10 Zoll in die Breite halten, zu beiden Seiten des Scheitels sich bis hinten in die condy - los occipital. hinein erstrecken, und oben die gleich - sam doppelte Hirnschaale bilden, die diesem wun - derbaren Thiere eigen ist., erweislich.
Nun zur innern Seite des Stirnbeins, und wieder nach seinen drey Theilen.
A) pars frontalis**)vesalivs (versteht sich immer in 1 B.) cap. 6. fig. 7. evstach. tab. XXXXVI. fig. 4. wird hier längst der Stirnnath, durch die Anlage des Sichelför - migen Fortsatzes der harten Hirnhaut in zwey Hälften getheilt.
Diese Anlage macht mitten auf dem Kno - chen eine länglichte Furche (sulcus frontalis), die nach oben zu flacher und unmerklicher wird, deren Ränder aber nach unten zusammen stoßen und in einen gewölbten Rand mit einem schar - fen Rücken (spina frontalis) auslaufen.
104Auf der übrigen großen Fläche zeigen sich verschiedene Arten von Grübgen und Furchen, von deren Entstehungsart oben (Th. I. §. 41.) gehandelt worden ist: und die sich meist auch in der übrigen Hirnschedelhöle finden.
Es gehören dahin die astigen Furchen von der arter meningea anter. Ferner die im - pressiones digitatae und iuga cerebralia die von den Furchen und Wulsten der Oberfläche des Gehirns entstehen, und dann auch zuweilen Grübgen von den Pacchionischen Drüsen der harten Hirnhaut*)v. haller de c. h. fabr. et functionib. T. VIII. pag. 173. sq..
Die impressiones und iuga sind zumal auf der B) pars orbitalis**)vesalivs cap. 6. fig. 6. am sichtlichsten, wo die lobi cerebri anter. aufliegen, und sich daher theils merklich tiefe Gruben, zwischen ziemlich spitzen Hügeln ausbilden.
Großentheils gehören sie mit zur C) pars nasalis, da sie die Decke der Stirnhölen, und theils auch der Zellen des Siebbeins abgeben.
105Hier sind sie durch die große incisura ethmoidea wie ausgeschnitten, in welcher das Siebgen mit dem Hanenkamme zu liegen kommt, und wo sich vorn nach der spina frontali (§. 16.) zu, gemeiniglich ein paar Grübgen zur Auf - nahme der kleinen Flügelansätze des Hanenkam - mes finden.
Endlich die foramina am Stirnbein.
Erstens das supraorbitale am Rand der Augenhöle (§. 12.) gegen die glabella zu; zum Durchgang des Stirnnerven vom ersten Aste des 5ten Paares, und kleiner Blutgefäße. Oft ist statt dessen, wenigstens auf der einen Seite eine bloße Kerbe. Zuweilen aber auch mehr als ein Loch beysammen.
Dann zwey oder drey for. orbitalia interiora s. ethmoidea am innern Rande der pars orbita - lis. Das vordre ist mehrentheils ein for. pro - prium, (das nemlich den Knochen selbst durch - bohrt,) und dient zum Durchgang des Nasen - nerven von dem gedachten Aste des 5ten P. – Die hintern sind meist for. communia, (die nemlich erst durch die Verbindung zweyer an einander stoßenden Knocken gebildet werden) und sind für arter. ethmoideas bestimmt.
Endlich auf der innren Seite des Beins, unter der spina frontali (§. 16.) ist das ins -106 gemein sogenannte for. coecum, das auch bald ein proprium ist und bald als ein commune durch den dranstoßenden Hanenkamm gebildet wird, und das auch nicht immer geschlossen sondern nicht selten offen ist und in die Stirn - hölen geht, da dann Zellgewebe und kleine Blutgefäße von dem in diesem Loche bestestig - ten Ende des process. falciformis hindurch laufen*)morgagni aduersar. anat. VI. S. 31. pag. 210. ed. Venet. 1762. fol. – bertin Traité d'osteologie T. II. pag. 10. s. auch duverney oeuvr. anat. T. I. pag. 415. und Haller a. a. O. Th. VIII. S. 271..
Die Scheitelbeine*)conr. vict. schneider de ossibus sincipitis. Viteb. 1653. 12. (ossa verticis, sinci - pitis, parietalia**)So heißen sie auch im Französischen. Berengarius hingegen u. a. Zergliederer seiner Zeit, geben die - sen Namen den Schlafbeinen, comment. in Mundi - num pag. 412., s. bregmatis)***)Galenus a. a. O. sind ein paar sehr einfache Schaalenförmige Knochen die das oberste Gewölbe des Hirn - schedels ausmachen****)Bey den gehörnten Thieren nehmen sie nur einen kleinen Theil der Hirnschaale ein. Bey den Zie - gen machen beide ein zusammenhängendes Stück ohne Pfeilnath; und beym Rindvieh sind sie meist mit dem Hinterhauptsbeine verwachsen..
Sie liegen an einander und sind außerdem noch mit fünf andern Knochen verbunden: nem - lich mit 1. dem Stirnbein; 2. dem Hinter - hauptbein: 3. 4. den Schlafbeinen; und 5. dem108 Keilbein. Diese ihre Verbindungen sind um so merkwürdiger weil dadurch die drey wahren Näthe (S. 71.) und die Schuppennath (S. 72.) gebildet werden.
Sie sind die einzigen von den acht Kno - chen der Hirnschaale, die aus einem einzigen puncto ossificationis verknöchern (Th. I. §. 23), da jeder derselben bey der Leibesfrucht einer flachen Schuppe gleicht*)albini icon. ossium foetus. tab. I. fig. 1. 2., deren abgerundete Ecken da wo sie an den benachbarten Knochen anliegen, die sogenannten Fontanellen (Th. I. §. 37.) zwischen sich lassen**)S. io. ladmiral icones durae matr. in conuexa et concaua superficiae visae. Amstel. 1738. 4., die sich theils erst im zweyten Jahre oder noch später***)Der verdiente Casp. Bauhin erzält von seiner Gat - tin daß deren vordre Fontanelle in ihrem 26 Jahre noch nicht geschlossen gewesen und sich so oft sie Kopfweh gekriegt, zu einer Grube erweitert habe, theatr. anatom. pag. 280. – Andre Fälle, aus frühern oder noch höhern Alter s. bey rosenstein de ossibus caluarine, boehmer instit. osteol. u. s. w. schließen. Auch entstehen im äußern Umfange dieser Knochen die Zwickelbeinchen (offic. Wor - miana) von denen unten noch besonders die Rede seyn wird.
Jeder dieser beiden Knochen hat eine fast viereckte Gestalt und läßt sich daher am füg - lichsten in vier Ecken und eben so viele Ränder eintheilen.
Jette sind 1. angulus frontalis mitten über der Stirne. 2. occipitalis mitten am Hinter - haupte. 3. mastoideus, über dem zitzenformigen Fortsatz, die stumpfste Ecke von allen. und 4. der sphenoideus an den Schläfen, der wie in eine eckichte Spitze verlängert ist.
Die Ränder lassen sich am natürlichsten nach den Suturen die sie bilden, benennen. Also 1. margo coronalis nach vorn an der Kranznath. 2. sagittalis oben, an der Pfeil - nath; der längste von allen. 3. lambdoideus nach hinten, an der Hinterhauptsnath. und 4. temporalis, nach außen und unten wie schräg abgehobelt, an der Schuppennath des Schlaf - beins; der kürzeste Rand.
Die äußere Fläche dieser Knochen*)vesal. cap. 6. fig. 1. 3. und 4. evstach tab. XLVI. fig. 8. ist gewölbt und am obern Theile glatt wie die110 Vorderseite des Stirnbeins (§. 12.); von dessen Seiten wie obgedacht das planum semi - circulare entspringt, das nun hier am Schei - telbeine mit einem unebnen bogenförmigen Rand fortlauft.
Auf der innern ausgehöhlten Fläche*)vesal. cap. 6. fig. 7. evstach. tab. XLVI. fig. 7. zeigen sich erstens wieder wie im Stirnbeine (§. 16.) impressiones digitatae, und iuga cerebralia, und theils Grübgen für die Pacchio - nischen Drüsgen. Ferner auch zahlreiche gea - derte Furchen der art. meningea media, derent - wegen man diese innre Seite mit einem Feigen - blatt verglichen hat; und deren Hauptstamm am angulus sphenoideus mit einer tiefen Rinne anfängt, die zuweilen noch mit einem Knochen - blatte wie mit einer Brücke bedeckt ist, und dann einen geschloßenen Canal bildet**)v. haller d. c. h. funct. T. VIII. pag. 191. sq..
Außerdem sind aber auf dieser Fläche noch ein paar breitre flache Furchen von den Blut - behaltern der harten Hirnhaut zu merken: nem - lich längst des margo sagittalis die vom sinus longitudinalis, wie im Stirnbein (§. 16.): am angulus mastoideus aber eine kurze von einem Theil des sinus lateralis.
Von foraminibus sind blos die parietalia zu merken*)v. haller a. a. O. pag. 269. – Und äußerst um - ständlich io. godofr. ianke de foraminib. caluarie eorumque vsu Lips. 1762. m. K. pag. 49-75. – Zuweilen sind sie von ungemeiner Größe; s. z. B. lobstein de neruis durae matris tab. I. b. c. die nicht einmal immer da sind, und zu beiden Seiten der Pfeilnath nach hin - ten zu ein paar emissaria Santorini zur harten Hirnhaut lassen.
Das Hinterhauptbein*)conr. vict. schneider de osse occipitis. Viteb. 1653. 12. (os occipitis)**)Galenus a. a. O. – Bey Mundinus u. a. Arabisten heißt es os laude: und bey manchen os basilare. ist ebenfalls ein großer flacher Knochen, fast von der Gestalt einer Kamm-Muschelschaale, mittelst dessen der ganze Kopf auf dem Halse ruht; der aber weit mehr als alle übrigen Kno - chen des Schedels sowol in der Größe, als dem Verhältnis seiner Theile u. s. w. variirt.
Er steht 1. 2. mit den Scheitelbeinen, 3. 4. mit den Schlafbeinen 5. mit dem Keilbeine und 6. mit dem ersten Halswirbel in Verbindung.
Beym ungebohrnen Kinde besteht er gleich - sam aus vier***)Sehr selten aus fünfen, daß nemlich der breite schuppichte Theil der Länge nach getheilt ist. fallop. expos. de ossib. pag. 557. – Gewönlich113 aber findet sich am obern Rande desselben ein schma - ler Einschnitt, der zuweilen lebenslang offen bleibt, und eine herniam sinus falciformis veranlassen kann. lobstein de nerv. d. m. tab. I. abgesonderten Stü - cken*)albini icones ossium foetus tab. III. fig. 10-13., die zwar schon zu Ende des ersten Lebensjahres blos noch wie zusammen geleimt scheinen, doch daß oft bis gegen das erwachsne Alter die Spur der vordern Fugen an den condylis noch merklich bleibt.
Nach diesen vier Stücken woraus dieses Bein vor seiner Verknöcherung besieht, läßt es sich auch am füglichsten überhaupt in eben so viele Abschnitte eintheilen:
a) pars occipitalis der breite Muschelförmige Theil im Genicke; bey weiten der größte.
b) die beiden partes condyloideae die auf dem obersten Halswirbel aufliegen.
und c) pars basilaris der kurze dicke Zapfe der vorwärts an das Keilbein anstößt.
Dann laßen sich auch am äußern Umfange des Knochen dreyerley Ränder unterscheiden:
a) margo lambdoideus s. posterior der die pars occipitalis umschreibt
b) margines mamillares s. medii zu bei - den Seiten der partium condyloidearum, welche114 die zitzenförmigen Fortsätze des Schlafbeins wie in einem halben Monde umfaßen.
und c) margines petrosi s. anteriores, ne - ben der pars basilaris, längst der beiden Felsen - beine.
Zuerst von der Außenseite*)vesal. cap. 6. fig. 5. und cap. 15. fig. 1. des Kno - chen nach der Ordnung obiger drey Abthei - lungen.
a) auf der pars occipitalis werden, zumal nach unten zu, durch die Anlage zahlreicher und starker Muskeln mancherley Gruben und Erhabenheiten ausgewürkt.
Zuförderst nemlich, ohngefähr in der Mitte, die protuberantia occipitalis externa, die bald mehr bald weniger merklich ist**)Bey vielen Säugethieren erhebt sich der Scheitel nach hinten in einen scharfen Rücken, zur Anlage ihrer starken Beismuskel, da nemlich das Hinter - hauptbein die cristam occipitalem bildet. Vorzüg - lich stark hervorstehend ist sie bey den reisenden Thieren aus dem Hunde - und Katzengeschlecht, be - sonders bey den Windspielen und andern Jagd - hunden, Wölfen ꝛc. beym Löwen, Luchs u. s. w. – Beym Schweine und beym Babirussa ist es ein hoher halbmondförmig ausgeschnittner Rand.Der Elephantenschedel hingegen weicht auch hierin von andrer Säugethiere ihrem gar sonder - bar ab. – Statt einer Protuberanz oder Crista ist sein Hinterhaupt zu einer tiefen Grube gleichsam115 eingedruckt, die zwischen den hochgewölbten Sei - ten des Schedels, ohngefähr wie das Siebgen in der Hirnhöle zwischen den Gewölben der Augen - hölen inne liegt..
Von dieser gehen zu beiden Seiten ein paar bogenförmige erhabne Linien nach den zitzenförmigen Fortsätzen.
Und unter diesen, meist mit ihnen parallel, ein paar andre die sich oft in einen sehr zuge - spitzten Hügel (zwischen der Anlage des musc. recti postici maioris und des obliqui superio - ris) verlaufen.
Mitten durch diese beiderley Linien erstreckt sich von obiger Protuberanz an nach dem hin - tersten Rand des foram. magni die spina occi - pitalis externa.
b) Die beiden*)Alle Säugethiere und selbst die Wallfische haben zwey Gelenkknöpfe am Hinterhaupt; alle Vögel hingegen nur einen der am vordern Rande des for. magni sitzt und dem Kopfe eine freyere Be - wegung gestattet; – Das Chamäleon, dessen gan - zer Hinterkopf so ausnehmend sonderbar gebildet ist, hat drey condylos, die aber dicht beysammen liegen.Daß sie beym Elephanten hohl sind, ist schon oben angemerkt worden. condyli liegen zu beiden Seiten der vordern Hälfte des foram. magni, von hinten nach vorn convergirend, bald mehr116 bald weniger*)Vesalius meynet diese Knöpfe seyen beym Menschen durchgehends flacher als bey andern Thieren epist. de rad. chynae pag. 47. u. f. der prächtigen Opori - nischen Original-Ausg. – Allein das ist nicht, wie schon Eustachius gewiesen hat ossium exam. pag. 187. u. f. gewölbt, und überhaupt in der Größe, Verhältnis der Länge zur Breite, und in der Richtung gar sehr variirend.
Gleich hinter diesen flachen Knöpfen liegen ein paar ziemlich tiefe Gruben (fossae condy - loideae) und seitwärts ein paar rauhe eckichte Zapfen für die processus spinosos.
c) pars basilaris läuft conisch von den condylis nach der Mitte des Keilbeins: und ist auf dieser Außenseite theils stumpfeckicht, theils flach rundlich.
Nun die innere Seite**)vesal. cap. 6. fig. 6. – evstach. tab. XLVI. fig. 7. des ganzen Knochen; nach der gleichen Ordnung.
Also wieder a) pars occipitalis: und da zuförderst, meist gerade in der Mitte, die pro - tuberantia occipitalis interna.
Von dieser als von einem gemeinschaftlichen Mittelpunkte laufen die lineae cruciatae emi - nentes; in deren Winkeln vier breite flache117 Gruben gebildet werden, in den beiden obern nemlich zwey kleinere für die lobos cerebri posteriores: in den beiden untern hingegen (wo der Knochen gewöhnlich am dünnsten ist) zwey größere fürs kleine Gehirn: – auf allen vieren wieder impressiones digitatae und iuga cerebralia: auch theils Ader-Furchen u. s. w.
Außerdem sind auch noch auf diesem Theile einige wie mit dem Finger gezogne Furchen von der Anlage der Blutbehälter der harten Hirn - haut zu merken. Vom Ende der Pfeilnath nemlich bis zur Protuberanz, meist zur rech - ten, die Fortsetzung der obgedachten Spur des sinus longitudinalis (§. 27.): über den beiden Seitentheilen des Kreuzes aber die von den sinibus lateralibus*)Bey vielen Säugethieren erstreckt sich eine eigne knöcherne Scheidewand zwischen die großen Sei - tenblätter der harten Hirnhaut, die das kleine Ge - hirn vom großen absondern; und bildet das merk - würdige tentorium cerebelli osseum (s. cerebri os. s. vesal. ep. de rad. chyn. pag. 99): das dann bey den verschiedenen Gattungen von einem zweyfachen Bau ist. Entweder nemlich stellt es gleichsam eine knöcherne Scheibe vor, die nur nach unten mit einer meist viereckten Oeffnung durchbohrt, außer - dem aber an den Seiten und oben nicht unter - brochen ist. – Oder aber es besteht aus drey di - stincten Stücken deren eines von oben und hinten wie ein Dach in die Hirnhöle hineinragt; die andern beiden aber seitwerts vor den Felsen - beinen liegen. Jenes ist der Fall im Katzenge - schlecht; auch beym Bären, beym Seehund ꝛc. –118 Die letztre Art hingegen findet sich z. E. beym Hunde - und Pferdegeschlecht. – Endlich zeigt sich auch bey vielen andern Thieren, bey den Schweinen, Mäusen, Caninchen und selbst bey den mehresten Affen doch eine Art von Ansatz zu den letztgedachten Seitentheilen, wenigstens ein scharfer Rand an den Felsenbeinen.Es hält schwer den wahren Zweck jener beiden Arten von knöchernen tentorium zuverläßig zu be - stimmen. Wenigstens ist die insgemein von den mehresten Zergliederern angenommene Meynung, daß es nur den weitspringenden Thieren gegeben sey, um dadurch dem Druck des großen Gehirns aufs kleine vorzubeugen ꝛc. offenbar unzulänglich. Der Bär hat es und springt doch wenig. Hinge - gen habe ich bey vielen der schnellstspringenden Thiere, wie z. B. beym Steinbock nicht eine Spur davon gefunden! – Cheselden schreibt es blos den Raubthieren zu (anat. of the bones cap. 8) allein es findet sich wie wir gesehen haben auch bey gar vielen andern. – Vielleicht soll es die krachende Erschütterung beym stark zubeißen verhü - ten; denn das thun doch alle die genannten Thiere, auch selbst das Pferd im verwilderten Zustande., davon mehrentheils die zur rechten mit der vorigen Furche in einem weg lauft: und endlich nunterwärts zu beiden Seiten des for. magni nach den for. iugulari - bus die sinus occipitales posteriores*)v. haller icon. anatom. Fasc. I. tab. VI. H..
b) die partes condyloideae erheben sich auf dieser innern Seite am äußersten Rande in die zackichten processus iugulares s. spinosos die von einer ähnlichen Halbmondförmigen Furche der Seiten-Blutbehälter umzogen werden, welche119 sich endlich nach vorn in die großen foramina iugularia verlaufen.
c) die pars basilaris ist hier wie eine flache Rinne ausgeschnitten; und steigt aufwärts zur Mitte des Keilbeins mit welcher sie in der Jugend durch eine Knorpelscheibe verbunden ist; mit den Jahren aber meist wie zu einem Stücke mit ihr verwächst (Th. I. §. 51.).
Zu beiden Seiten dieser pars basilaris lau - fen ein paar bogenförmige Furchen von den sinib. petrosis inferioribus nach dem for. lacerum.
Endlich die foramina an diesem Knochen, sowol die propria als communia.
Vor allen das for. magnum occipitale*)Beym Menschen liegt, wie ei seine Bestimmung zum aufrechten Gange erfodert, das for. magnum weiter nach vorn, als bey irgend einem Affen oder folgends bey den übrigen Säugethieren, s. dau - benton sur les différences de la situation du grand trou occipital dans l'homme et dans les animaux in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1764. pag. 568. u. f.: meist eyförmig oder fast rhomboidal; wodurch das verlängerte Rückenmark nebst den venis verte - bralib. und spinalib. heraus – und hingegen die Schlagadern gleichen Namens so wie die nerui recurrentes in die Hirnschaale hinein treten.
120Dann die for. condyloidea anteriora (Tab. I. fig. 2. i.) womit die Gelenkknöpfe in ihrer Dicke, von hinten und innen nach vorn und außen, durchbohrt sind. Sie laßen das neunte Nerven-Paar durch, und sind zu - weilen, wenigstens auf der einen Seite, durch eine Scheidewand in zwey getheilt.
Nicht so beständig sind die for. condyloi - dea posteriora (Tab. I. fig. 2. l.), die oft, we - nigstens auf einer Seite fehlen und zum Durch - gang eines Santorinischen emissarii dienen.
Zuweilen ist das for. mastoideum (Tab. I. fig. 2. m.), dessen unten gedacht werden wird, hier im Hinterhauptbeine, noch am margo mastoideus befindlich; oder läuft zwischen die - sem und den Schlafbeinen als ein for. com - mune hindurch. zuweilen fehlt es gar.
Wichtiger ist das for. iugulare oder lace - rum, ein großes for. commune dessen innerer und hinterer Rand neben dem Ausgang der for. condyloid. anterior. durch diesen Knochen gebildet wird; wovon unten mit mehrern.
Die Schlafbeine*)conr. vict. schneider de ossib. temporum Viteb. 1653. 12. – Caβebohm in dem unten anzufüh - renden classischen Werke Tract. I. (ossa temporum)**)Bey den latinobarbaris auch ossa parietalia genannt, s. oben S. 107. N. **). machen die untern Seitentheile***)galenvs de ossib. l. c. C. E. des Hirnschedels aus, und enthalten zugleich in ihrem innern die Gehörwerkzeuge, die im fol - genden Abschnitt besonders abgehandelt werden.
Sie stehen mit fünferley andern Knochen in Verbindung. Vorzüglich nemlich 1. mit den Scheitelbeinen mittelst der Schuppen - nath (Th. I. §. 99.); 2. mit dem Hinter - hauptsbein; und 3. mit dem Keilbein. – Außerdem aber auch noch 4. mit den Jochbeinen, und 5. mit dem an ihnen eingelenkten Unter - kiefer.
Bey der reifern Leibesfrucht und dem neu - gebohrnen Kinde besteht das Schlafbein aus zweyen Stücken, dem Schuppenbeine nemlich mit dem daran hängenden Ringe des Paucken - fells; und dem Felsenbeine. Bey fünfmonat - lichen und noch zartern Embryonen aber ist auch dieser unvollkommne – nach oben offne – Ring selbst noch von dem Schuppenbeine ab - gesondert, so daß dann der ganze Knochen aus drey einzelnen Stücken zusammengesetzt ist*)albini icon. ossium foetus. tab. III. fig. 14 bis 19..
Wir gehen auch hier die Außenseite**)vesal. cap. 6. fig. 3. 4. 5. des Knochen zuerst durch, und nachher die so in die Hirnhöle hinein gekehrt ist.
Der Theil der dem ganzen Knochen den Namen gegeben hat, gleicht einer breiten flachen aufrechtstehenden Schuppe, die mit ihrem schar - fen halbcirkelförmigen Rande ans Scheitel - und Keilbein anschließt.
Von ihrer Grundlinie entspringt, etwas nach vorn, der processus Zygomaticus, der in einem ansehnlichen Abstande von derselben sich vorwärts krümmt und mit einer rauhen zackich - ten Nath an das Jochbein schließt.
123An der dicken Wurzel dieses Zacken läuft das tuberculum articulare in die Quere. (Tab. I. fig. 2. q.)
Und hinter diesem liegt die cauitas articula - ris f. glenoidea (Tab. I. fig. 2. p.), die zur Aufnahme des Gelenkknopfs vom Unterkiefer dient, deßen unten mit mehrern gedacht werden wird.
Die Grenze zwischen dieser Gelenkgrube und der vordern Wand des äußern Gehörganges wird durch die fissura glaseri*)io. h. glaser de cerebro Basil. 1680. 8. (Tab. I. fig. 2. h. und o.) gezogen, hinter welcher die chorda tympani in einem besondern Canal nach vorn und innen läuft**)io. fr. meckel de quinto pare neruor. cerebri pag. 93..
Der äußere Gehörgang***)Blos die warmblütigen Thiere haben einen äußern Gehörgang. – Aber wol ohne Ausnahme. Bey den Affen und vielen andern Säugethieren macht er wie beym Menschen gleichsam nur eine Rinne die oben durchs Schuppenbein bedeckt wird. Bey den Ziegen ꝛc. hingegen bildet er eine eigene vollkom - mene Röhre. Bey den Schweinen ist er lang aber überaus enge. Bey den mehresten Raubthie - ren hingegen weit und kurz ꝛc.Der sogenannte Lapis Manati ist nichts anders als ein Bruchstück vom äußern Gehörgang des gemeinen Wallfisches (mysticetus) wovon man doch meist noch den scharfen Rand zur Anlage des124 Pauckenfells und den Eintritt der Eustachischen Röhre erkennen kann.Bey den Amphibien hingegen liegt entweder das Pauckenfell frey zu Tage, wie bey den Frö - schen, den geschuppten Eidexen u. s. w. oder es liegt unter den äußern Bedeckungen versteckt wie beym Salamander, bey den Wassermolchen, vielen Schildkröten ꝛc. Das leztre ist auch der Fall bey den Fischen.Die Affen haben einen kaum merklichen processus mastoideus. (porus acu - sticus externus) wird erst nach der Geburt in den ersten Lebensjahren durch eine überaus ein - fache Ausbreitung oder Verlängerung des Pauckenfellringes gebildet, die aber mehren - theils irrig oder dunkel angegeben wird. Dieser unvollkommne flache Ring selbst nemlich fängt erst an, zumal nach unten breiter zu werden, fast wie ein halber Mond oder wie eine oben durchbrochne aber zugleich nach unten und außen gewölbte Scheibe, deren Ausschnitt nach und nach immer enger und endlich gar ge - schloßen wird, so daß dann schon aus dem vormaligen Ringe eine nach innen flach ausge - hölte Schaale worden ist, die hinten am Rand der Paucke anschließt, dann, in einigen Ab - stand vom Pauckenfell, und von ihm divergi - rend nach vorn lauft, und sich da mit einem ausgeschweiften bogichten Rande öffnet. – Mit den Jahren wird dann erstens dieser bo - gichte Rand so wie der gleich drüber liegende Theil des Schlafbeins immer mehr nach außen125 zu getrieben, verlängert; so daß dadurch das Pauckenfell immer tiefer nach innen und siche - rer zu liegen kommt: zweytens aber wird die Außenseite der obgedachten flachausgehölten Schaale zu einer am untern und innern Rande frey abstehenden Schaufelartigen Schulpe mit wellenförmigen Rändern ausgewürkt.
An der hintern Seite jenes ausgeschweif - ten bogichten Randes liegt der processus mastoi - deus, der ebenfalls erst nach der Geburt gebil - det, und durch den musc. sternomastoideus im - mer mehr ausgewürkt, folglich bey Wilden und bey andern Leuten, die schwere Handar - beit verrichten, ansehnlich verlängert wird. An seiner Wurzel ist nach innen zu eine tiefe Furche wie ausgefeilt, aus welcher der biuen - ter maxillae inf. entspringt. – Der Fortsatz selbst ist meist durch eine oder mehrere ansehn - liche Hölen und viele Nebenzellen ausgehölt*)Bey Schweinen, Rindvieh ꝛc. ist er hingegen sehr breit, aber flach zusammengedruckt und inwendig durch zahlreiche sehr ordentlich gereihte Knochen - blätter in längliche schmale Fächer abgetheilt. – Bey Schaafen, Ziegen, Hirschen ꝛc. hat er meist die gleiche äußre Form, ist aber völlig hohl, ohne dergleichen Knochenblätter. – Eben so hohl ist er beym Eichhörnchen, Marder, Hasen ꝛc. doch nicht so länglicht sondern mehr kuglicht blasenför - mig. – Am ansehnlichsten aber ist diese Knochen - blase bey den Raubthieren; besonders aus dem Hunde - und Katzengeschlechte. Bey allen macht sie mit der Pause eine gemeinschaftliche Höle aus.126Viele genaue Bemerkungen über diese Paucken - blase und ihr Aenlichkeit mit dem Zitzen-Fortsatz am menschlichen Gehörwerkzeug s. in vesalii exam. observ. Fallopii S. 38. u. f.Bey den Vögeln steht sogar die ganze Mark - leere diploë der Hirnschaale mit den Pauckenhö - len und dadurch beide Ohren mit einander in Ver - bindung, s. Hrn. Prof. Scarpa de struct. fenestrae rotundae pag. 118. u. f., die gewönlich theils mit diesen Hölen, theils auch mit der Paucke*)Auf diese Verbindung gründet sich des scharfsinnigen jüngern Riolan's bekannter Vorschlag, bey Ver - stopfung der Eustachischen Röhre den zitzenförmi - gen Fortsatz anzubohren u. s. w.Wie das neuerlich Hr. Reg. Chir. Jasser mit glücklichen Erfolg bewerkstelligt s. in Hrn. Gen. Chir. Schmucker verm. chir. Schr. III. B. S. 118. in Verbindung stehen. (Th. I. S. 62.)
Rückwärts hinter diesem Fortsatz ist gewön - lich (s. §. 39.) das for. mastoideum s. ma - millare s. occipitale venosum (Tab. I. fig. 2. m.) wodurch ein emissarium Santorini und zuweilen auch ein kleiner Zweig der carotis ext. lauft**)albini explicat. tabular. evstachii pag. 275. der Ausg. v. 1761. – v. haller icon. anat. Fasc. I. pag. 39. n. 7..
Vorwärts hingegen, ohngefähr an der Mitte der Schaufelförmigen Schulpe des äußern Gehörgangs, entspringt hinter dersel - ben der Griffel-Fortsatz***)Bey den Affen zeigt sich nur eine schwache Anlage zu einem processus styliformis, die aber kaum diesen Namen verdient. evstach. ossium exam. pag. 173. (process. stylifor -127 mis) der auch erst in der Kindheit aus einem besondern tiefen Grübchen hervorwächst und dann schräg nach vorn und innen herabsteigt, und sowohl in seiner Länge als Dicke und übri - gen Form gar sehr variirt*)Wenn der Griffel-Fortsatz sehr lang ist, besteht er gewönlich aus mehrern Stücken, und hat an der Wurzel oder in der Mitte ein Knorpelkorn. s. des seel. Willig obseruat. botanic. pag. 1. sq.Ich besitze aber auch welche die über 1 1 / 2 Pari - ser Zoll lang und doch aus einem Stück ganz knö - chern sind; andre die an der Wurzel 4 Linien im Durchmesser haben u. s. w..
Zwischen dem Zitzenförmigen - und diesem Griffel-Fortsatz, doch näher an diesem und etwas nach innen, öffnet sich das for. stylo - mastoideum (Tab. I. fig. 2. mitten zwischen g. und h.), nemlich die äußere Mündung des Fallopischen Canals wodurch der harte Ohr - Nerve heraustritt.
Neben dem process. styliformis nach innen zu, ist eine ansehnliche tiefe glattausgerundete Grube aufwärts ins Felsenbein eingegraben, die den bulbus venae cauae aufnimmt und de - ren hintrer Rand einen Theil der vordern Wand des for. laceri s. iugularis bildet, durch welchen nemlich die Droßelader heraustritt. Vor die - sem Rande liegt dann ein andrer Halbmondför - miger Ausschnitt, der zum gleichen foram. ge -128 hört und den großen herum schweifenden Nerven nebst dem spinalis recurrens durchläßt.
Endlich ist nahe vor jener glattausge - rundeten Grube etwas nach außen der große Eingang des weiten aber kurzen und wie ein Knie gebognen Canals zum Durchgang der carotis cerebralis*)v. haller de corp. hum. funct. T. VIII. pag. 194. sq. und des Intercostalner - ven. (Tab. I. fig. 2. g.)
Nun zur innern Seite des Knochen.
Am bogenförmigen Rand desselben bildet die Schuppennath eine, theils Fingerbreite, rauhe scharfzulaufende Einfassung.
Die übrige Fläche der pars squamosa hat so wie an den vorigen Knochen ihre impressio - nes digitatas, iuga cerebralia u. s. w. besonders auch Ader-Furchen von der art. meningea media.
Hinter dem Felsenbein ragt noch ein flaches Knochenstück hintenraus, das an die ehemali - gen fontanellas Casserii stößt (Th. I. §. 37.), und worin die fossa sigmoidea für den sinus lateralis der harten Hirnbaut eingedruckt ist; an dessen hintern Rande das obgedachte for. mastoideum sich meist als ein bedeckter Canal öffnet.
129Das Felsenbein wird auf dieser innern Seite durch einen scharfen Rücken, an welchen sich die sinus petrosi superiores in einer eignen Furche anlegen*)vievssens neurograph. vniuersal. tab. XVII. K. pag. 93. der Ausg. v. 1684. haller icon. anat. Fascic. I. tab. VI. N. N., in zwey höckrige Flächen getheilt, wovon die eine nach oben und vorn, die andre aber nach hinten gekehrt ist.
Auf jener zeigt sich erstens nach hinten zu eine bogenförmige Wölbung von dem darun - ter liegenden canalis semicircularis superior.
Ferner in der Mitte etwas nach vorn eine ganz schräge unter einem dünnen Knochenblätt - gen hervorlaufende Oeffnung, nemlich die apertura interna des Fallopischen Ganges.
Noch weiter nach vorn das Ende des knö - chernen Theils der Eustachischen Röhre (die aus der Pauckenhöle nach den innern processib. pte - rygoid. des Keilbeins läuft.)
Daneben etwas nach innen und unten der Ausgang des obgedachten canalis carotici**)An der Stelle wo die harte Hirnhaut an diesen Ausgang des canalis caroticus anschließt, findet sich nicht selten ein kleiner flacher Knochen, den Joh. Bapt. Cortese zuerst bemerkt und mit Gesams - beinchen verglichen hat, s. dessen miscell. medica, Messan. 1625. fol. pag. 17. sq. auch meckel de130 quinto p. neruor. cerebri pag. 21. sq. zinn de vasis subtiliorib. oculi pag. 40. portal hist. de l'anat. et de la chir. Vol. II. pag. 297. u. a.m. (Tab. I. fig. 2. f.).
Auf der hintern Fläche liegt nahe vor der fossa sigmoidea eine schräg nach hinten sich öffnende Ritze, wo die hintre von den beiden Cotunnischen Wasserleitungen heraustritt.
Gleich über ihr aber eine schwache Spur vom obern Schenkel des darunter liegenden canalis semicircularis inferior.
Und noch weiter vorwärts der meatus au - ditorius (oder porus acusticus) internus (Tab. I. fig. 2. k.), eine weite Mündung die dem ersten Anblick nach zu einem blinden am Ende ver - schloßnen Gange zu führen scheint; auf dessen Boden aber sich drey wie im Triangel an ein - ander stehende Gruben*)brendel analecta de concha auris hum. fig. 4 et 5. unterscheiden lassen, zweye nach unten; die dritte zwischen diesen, drüber. Von jenen beiden zeigt sich die vordre durch ihre saubre Windung als die Basis der dahinter liegende Schnecke: die hintre hingegen stößt an den Vorhof des Labyrinths: – beide diese Gruben sind mit überaus feinen Löchergen zum Durchgange der zarten Fäden des Gehör - nerven durchbohrt**)alex. monro on the nervous System tab. XXIX. fig. 2. c. c. d. e. W..
131Die dritte oder obre jener gedachten drey Gruben geht etwas tiefer ein und verliert sich in eine ansehnliche Mündung, den Anfang nemlich des Fallopischen Ganges.
Endlich ist gerade unter diesem porus acu - sticus internus am Rande des for. laceri ein enger gewölbter Gang der zur vordern Co - tunnischen Wasserleitung führt.
Man theilt das ganze Gehörwerkzeug*)Es sind wenige Theile des thierischen Körpers, die beides durch ihren bewunderswürdigen Bau so - wol als durch die Wichtigkeit ihrer Verrichtungen so viel anziehendes zu ihrer nähern Untersuchung haben, als die Gehörwerkzeuge! – Kein Wun - der also daß sie, zumal seit 200 Jahren, von so vielen der größten Zergliederer so sorgfältig bear - beitet worden sind, daß uns auch wenig andre Theile mit einer solchen genauen Vollständigkeit bekannt sind.Der erste der hierin rechte Bahn gebrochen, und beynah allein schon das wichtigste des ganzen innern Ohrs entdeckt hat, war der große und be - scheidne Fallopius in seinen unschätzbaren obseruat. anat. Venet. 1561. 8.Von den übrigen hebe ich nur die vorzüglich - sten Classiker aus, die in besondern Werken die Gehörorgane beschrieben haben. Unter diesen vor allen der eifersüchtige aber zum erfinden in der Ana - tomie gebohrne Eustach in der epist. de auditus organis unter den opuscul. anatom. Venet. 1564. 4. und verschiedne Figuren dazu in der erst 1714 ans Licht gekommenen Tafeln, zumal tab. XLIII. fig. 2.3. tab. XLIV. fig. 2. 3. tab. XLV. fig. 2.Nachher sind zumal zu Ende des vorigen und Anfang des jetzigen Jahrhunderts durch die gleich -133 zeitigen Bemühungen einiger verdienten Zergliede - rer große Schritte in der nähern Kenntnis dieses Sinnwerkzeuges gethan worden, – a. 1683 er - schien die erste Ausg. von duverney Tr. de l'organe de l'ouie das auch dem ersten Bande von dessen erst 1761 herausgekommenen oeuvres anatomiques einver - leibt ist. – Ihnen setzte Mery seine descr. de - l'oreille entgegen, die mit lamy explication mechanique des fonctions de l'ame sensitive Par. 1683. herauskam. – valsalvae tract. de aure hum. Bonon. 1704. 4. ist die Frucht einer 16 jährigen Arbeit über diesen Ge - genstand, wobey ihr Verf. über tausend Menschen - schedel geöffnet. – Und doch fand sie einen Rival an vieussens Tr. nouveau de la struct. de l'oreille. Toulouse. 1714. 4. – Aber auch einen desto kräf - tigern Vertheidiger an Valsalva's Freund dem unendlich verdienten Morgagni, dessen epistolae anat. XVIII ad scripta pertinentes Valsaluae, zuerst zu Venedig 1740. 4. mit der Ausg. von Valsalva's sämmtlichen Werken herausgekommen sind, und selbst größtentheils das Gehörwerkzeug betreffen. – Ihm hatte indeß ein Deutscher, – der unermü - dete Caßebohm – mit deutschen Fleis und Scharf - blick vorgearbeitet, dessen Tractatus VI de aure humana. Hal. 1734 und 35 ein unübertrefliches Muster in Untersuchungen der Art bleiben werden. –Ich übergehe was Santorini in den tab. posthum. Albinus im 4ten B. der annotat. acad. Hr. Prof. Monro in seinem Werk übers Nerven - system u. a.m. gelegentlich über den Bau des innern menschlichen Ohrs gesagt haben.134Aber auch in der anatome comparata sind wenige Fächer so genau und so glücklich bearbeitet als eben das von den Gehörwerkzeugen der Thiere.Ich nenne wieder nur die vorzüglichsten von denen die sich ex professo in diesem Felde gezeigt. Dahin gehört zuförderst der fleißige Zootome Casserius, dessen splendides Werk de vocis auditus - que organis zu Ferrara a. 1600 in Fol. erschien, – und dann der ber. Arzt und Baumeister Perrault von dessen Essais de Physique fast der ganze 2te B. vom Gehör, und großentheils vom Werkzeug desselben bey den Thieren, handelt. – Jener hat zumal das Ohr der vierfüßigen Thiere mit vielem Fleiße bearbeitet.Von Monographien über die Gehörwerkzeuge einzelner Säugethiere, verdient doch blair on the organ of hearing in the Elephant in den Philos. Transact. N. 358. besonders angeführt zu werden.Das Ohr der Wallfische hat uns Hr. Prof. Camper kennen gelehrt: der das vom eigentlichen Wallfisch (Bal. mysticetus) im XVII. B. und das vom Pottfisch (Phys. macrocephalus) im XI. B. der Haarlemer Verhandel. beschrieben hat.Vom Ohr der Vögel s. allen mvllen in den Philos. Transact. N. 199. und Hrn. vicq-d'azyr in den Pariser Mém. de l'Ac. des Sc. v. 1778. pag. 381. u. f. – Besonders aber Hrn. Prof. Scarpa im angef. Werke S. 101. u. f. – Wozu Hr. Galvani im VI. B. der Commentar. Bonon. pag. 420. u. f. eine Nachlese zu geben versucht hat.Ueber die Gehörwerkzeuge der Amphibien ist außer dem was P. Plümier von den Schilkröten und dem Americ. Crocodil – und Geoffroy in seinen diss. sur. l'organe de l'ouie. Par. 1778. 8. bekannt gemacht, noch wenig gethan.135Desto genauer hingegen sind sie bey den Fischen untersucht, theils schon verschiedentlich vom seel. Klein, besonders in der mantissa ichthyolog. Lips. 1746. 4. – Vor allen aber von Hrn. Prof. Camper im VII. B. der Haarlemer Abh. und im VI. der Mém. présentés – Und dann von Hrn. Prof. Kölreuter im XVII. B. der nov. comment. acad. Petropolit. – s. auch Hrn. Joh. Hunter's Aufsatz darüber in den Philos. Transact. v. J. 1782. vol. LXXII. P. II. pag. 379. sq. am füglichsten in drey Abschnitte:
A) in das äußere, bis zum Pauckenfell.
B) in das mittlere, das nemlich die Paucke und die darin liegenden kleinen Knochen begreift.
und C) in das innere, oder den Labyrinth.
A) Was vom äußern Ohr in die Osteo - logie gehört, ist der Gehörgang der schon im 43. §. beschrieben worden. Seine äußere Mündung ist Trichterförmig erweitert, und seine obre Wand ungleich kürzer als die untre, so wie es die schräge Lage des Pauckenfells mit sich bringt die ihn am Ende verschließt und die Scheidewand zwischen dem äußern und mittlern Ohre macht. Dieses Fell liegt nem - lich mit seinem obern Rande sehr vorwärts und nach außen und ist hingegen mit dem untern nach innen zurückgezogen. – So weit der obge - dachte Ring beym ungebohrnen Kinde ge - schlossen war, so weit bleibt auch nachher zur Anlage des Pauckenfells eine saubre ausgefurchte Rinne; die hingegen nach oben an der Stelle wo jener Ring unterbrochen war, wenigstens nicht so deutlich ist.
Nun B) zum mittlern Ohr das die Pauckenhöle nebst den drey kleinen Gehörkno - chen begreift.
136Erst die Höle selbst. – Sie hat im Ganzen genommen fast die Gestalt und Lage eines schräg umgekehrten Kessels, der nemlich mit seinem Rand um das Pauckenfell anschließt und hingegen mit seinem freylich sehr höckrichten Boden aufrecht und vielmehr etwas nach oben gekehrt ist.
Wir nehmen die darin zu merkende Theile in der Ordnung wie sie fürs Gedächtnis am faßlichsten zu seyn scheint.
Zuförderst die beiden sogenannten Fen - ster. – Das Eyförmige und das rundliche.
Jenes, die fenestra oualis, liegt in einer besondern kleinen Grube fast mitten im Boden der Pauckenhöle doch etwas mehr nach oben: meist mit dem Pauckenfell parallel. Der obere Rand ist mehr bogenförmig ausgeschweift, der untre mehr gerade. Es stößt nüber in den dahinter liegenden Vorhof des Labyrinths; und ist durch den Fustritt des darin sitzenden Steigbügels ausgefüllt.
Das andre Fenster, das rundliche (fenestra rotunda) oder vielmehr dreyeckte*)scarpa de fruct. fenestrae rotundae auris et de tympano secundario. Mutin. 1772. 8., liegt unter dem vorigen; nach hinten zu, und in einer ganz andren Richtung als jenes; nemlich nicht mit137 dem Pauckenfelle parallel, sondern vertical. Es stößt auf den untern Gang (scala inf. ) der Schnecke; und ist durch eine überaus zarte Haut verschlossen.
Gerade unter dem eyförmigen Fenster, und vor dem rundlichen, liegt das sogenannte Vorgebürge (promontorium), eine ansehn - liche ziemlich glatte Erhöhung, unter welcher sich die größte Windung der Schnecke endigt.
Ueber dem eyförmigen Fenster hingegen, und mehr hinterwärts, also fast in der Diagonale vom Vorgebirge liegt eine andre än - liche Erhöhung, die von den vordern Schen - keln des obern und äußern Bogenganges (canal. semicircular. super. und exterior) verursacht wird.
Neben dem gleichen Fenster nach vorn fängt sich eine ansehnliche Rinne an, die der Spitze einer Hohlsonde änelt, und von da längst des Felsenbeins vorwärts schräg hinabsteigt. In ihr liegt der tensor tympani dessen zarte Sehne am Stiel des Hammers ansitzt.
Ebenfalls neben der fenestra ouali aber nach hinten, also meist jener Rinne gegen über, zeigt sich ein kleines wie mit einer Nadel eingebohrtes Löchelgen, aus welchem die faden - förmige Sehne des stapedius heraustritt und sich an den Kopf des Steigbügels befestigt. 138Dieser kleinste Muskel des menschlichen Kör - pers selbst liegt aber in einer spindelförmigen Höle, die sich von jener kleinen Oeffnung nach unten und hinten erstreckt.
In einiger Entfernung von dieser letztge - dachten Oeffnung, aber meist mit derselben horizontal, nach außen, ist nahe am hintern Ende der eingefurchten Rinne des Pauckenfells eine andre kleine Mündung, die nach dem for. stylomastoideo hin in einen Canal führt, durch welchen die chorda tympani läuft.
Unmittelbar vor dem obern Rande der ge - dachten kleinen Grube, in deren Boden das eyförmige Fenster eingegraben ist, quer zwischen der Rinne für den tensor tympani und dem kleinen Loche für den stapedius komme ein Theil des Fallopischen Canals*)fallop. observ. anat. pag. 27. b. u. f. (aquaeductus fall. ) zum Vorschein, der den harten Ohr - nerven einschließt, und dessen Anfang wir oben beym porus acusticus internus, so wie seine aper - turam internam (§. 44.), und seinen Ausgang als for. stylomastoideum (§. 43.) gesehen haben.
Endlich die ebenfalls schon gedachte Eusta - chische Röhre**)evstach. opusc. anat. pag. 161. u. f. (tuba evstach. §. 44.) die139 vor dem canal. carotico und neben der Rinne des tensor. tymp. liegt, und sich vom vordern Rande des Pauckenfells nach der obern und vordern Fläche des Felsenbeins erstreckt*)Die Vögel haben sehr sichtliche Eustachische Röhren. – Den Fischen hingegen scheinen sie zu mangeln..
In dieser Pauckenhöle liegen nun die drey kleinen Gehörknochen, der Hammer, der Ambos, und der Steigbügel**)Bey den Säugethieren und selbst bey im Wall - fischen sind die Gehörbeinchen – im ganzen ge - nommen – der Gestalt nach, den Menschlichen ziemlich änlich.Die Vögel haben nur eines oder wenn man will – zweye, weil es aus einer knorplichten und einer knöchernen Helfte besteht, wovon jene am Pauckenfell anliegt und gleichsam die Stelle des Hammers vertritt, – die sogenannte columella aber als Steigbügel im eyförmigen Fenster steht. – Casserius hat es zuerst in der Gans entdeckt und abgebildet, l. c. pag. 78. s. auch derham's phy - sicotheology. pag. 343. u. f. der Ausg. v. 1716.Bey den Amphibien findet sich blos ein noch weit einfacheres Beinchen, das die fenestr. oualis schließt, und bey einigen wie z. B. beym Sala - mander kaum nur dafür angesehen werden kann.Die Fische haben theils eine, theils zwey, theils drey sonderbare Steinartige Beinchen, die dem äußern Ansehen nach dem Porcellan äneln aber sehr spröde und brüchig sind, eine flachläng - liche Gestalt mit scharf gezähnten Rand haben, und ganz blos in einem besondern Beutel hangen. klein hist. pisc. natur. Missus I. tab. II., die sich140 durch ihre Kleinheit*)Auch bey den größten Thieren, bey den Wallfischen, dem Elephant ꝛc. sind doch die Gehörbeinchen und meist das ganze innre Ohr – so wie auch das Auge – nur klein. Die Art wie die sinnlichen Eindrücke auf diese beiderley Organe würken, giebt von selbst den Grund warum dieselben in keinem Verhältnis mit der Größe des ganzen Körpers zu stehen brauchen. und Sauberkeit aus - zeichnen, und die wichtige Verrichtung haben den Schall vom Pauckenfell zum Vorhof des Labyrinths fortzupflanzen. Sie verbinden gleichsam zu diesem Behuf durch die Art wie sie mit einander eingelenkt sind**)evstach. tab. XLI. fig. 9. 10., das Pauckenfell mit dem eyförmigen Fenster***)Beym innern Wasserkopf behalten zwar die drey Stücken, woraus anfänglich das ganze Schlafhein besteht, ihre natürliche Größe (Th. 1. S. 19. N. *) aber sie werden doch auch zuweilen durch die Ausdehnung der Hirnschaale aus einander getrie - ben, und dadurch die Gehörbeinchen aus ihrer be - hörigen Lage und Verbindung gebracht. Am mei - sten habe ich bey denjenigen Wasserköpfen, an welchen ich das Schlafbein auf diese Weise verzo - gen gesehen, den Hammer und Ambos mit dem Schuppenbeine auswärts getrieben, und leztern ganz vom Steigbügel getrennt, in einem Fall aber auch diesen selbst aus seinem eyförmigen Fenster ausge - hoben gefunden. – Dieß giebt den wahrschein - lichen Grund warum manche auch nachher er - wachsne Wasserköpfe zugleich taub und stupide sind, da andre hingegen dabey ihr völliges Gehör be - halten.141Die ungestörte Lage des Steigbügels scheint freylich zum Gehör am allerwichtigsten zu seyn. – Wenigstens sind Fälle angemerkt, wo Leute nach dem Verlust der andern beiden Knöchelgen doch noch gut haben hören können, s. Hrn. Prof. Caldani in den epistol. ad haller. scr. Vol. VI. pag. 142. 145. Hrn. Caët. Torraca im VI. B. des Giorn. di medic. pag. 321. u. f. und Hrn. Prof. Scarpa a. a. O. S. 84. u. f., und können durch die gedachten zarten Muskeln, zwar unmerklich – aber doch zum Theil will - kürlich bewegt werden*)Schon der große Eustach hat die willkürliche Be - wegung der Gehörbeinchen eingesehen de auditus organ. pag. 157. s. auch Hrn. Abb. Fontana dei moti dell 'iride pag. 65. u. f..
Sie sind die einzigen Knochen des ganzen Körpers die schon vor der Geburt ihre ganze Größe, Form, vollkommne Verknöcherung u. s. w.**)cassebohm Tract. IV. pag. 56. u. f. tab. III. fig. 1. 23. – albini icon. oss. foetus tab. VI. fig. 46-51. erreichen: und haben, im ganzen und in ihren Haupttheilen genommen eine sehr bestimmte, im Verhältnis derselben aber eine oft verschiedentlich variirende Gestalt.
Der Hammer***)Der Hammer und Ambos sind zu Ende des 15ten Jahrhunderts, man weis aber nicht eigentlich von wem, erfunden. – Alex. Achillinus hat beide gekannt – s. nic. massae epistolar. medicinal. T. I. pag. 55. b.Vesalius hat sie zuerst abgebildet a. a. O. cap. 8. (malleus) hat ehr die Figur einer kurzen krummgebognen knotichten142 Keule – oder des obern Theils vom Schen - kelbein – und wird in den Kopf, Griff und noch zwey andre kleinere Fortsätze eingetheilt.
Der Griff (manubrium) liegt an dem Pauckenfelle an, und zwar mit seinem untern äußersten Ende meist im Mittelpunkte desselben, den er einwärts zieht, so daß das Fellgen an dieser Stelle von außen eine kleine trichterför - mige Grube zeigt*)Bey den Vögeln ist die Wölbung des Pauckenfells gerade umgekehrt, nemlich nach außen erhaben. scarpa l. c. pag. 110. tab. II. fig. 2. d.. – So liegt der Griff hinter diesem Fellgen gleichsam wie ein radius eines Cirkels, und setzt oben mit einem stum - pfen Fortsatze ab (processus obtusus).
Seitwärts von diesen process. obtusus, et - was höher, gleichsam am Halse des Kopfs liegt ein dornförmiger Fortsatz (processus spi - nosus) der vorwärts nach der schaufelförmigen Schulpe (§. 43.) des äußern Gehörganges gerichtet ist, und zuweilen bey Leibesfrüchten und kleinen Kindern in eine lange gekrümmte am Ende gleichsam flachgedrückte und sehr elastische Gräte**)Diese Gräte ist es eigentlich die Rau zuerst entdeckt oder doch näher bestimmt hat, und die daher auch nach seinen Namen process. Rauianus genannt wird, s. boerhaave praelect. in instit. proprias T. IV. pag. 358.143Der eigentliche processus spinosis, wie er ge - wönlich ist, war schon über hundert Jahre vorher nicht unbekannt, s. sal. alberti hist. plerarumque partium c. h. pag. 84. der ersten Ausg. v. 1583. und Fabric. Hildani Beschreibung der Fürtreflichkeit der Anatomy. Bern 1624. 8. S. 190. – weit genauer aber, und seiner Meynung nach zuerst, hat ihn Folius abgebildet s. dessen nov. auris in - ternae delineat. Venet. 1645. Fol. die auch in TH. bartholini epistol. medicinal. Cent. I. pag. 255. sq. und im IV. B. der Hallerschen anatom. Samml. S. 365. u. f. wieder abgedruckt worden. auslauft; die aber meist mit den Jahren mit der vordern Seite des Pauckenfellringes verwächst.
Der Kopf macht mit dem Stiel einen stum - pfen Winkel, gleicht einer rundlichen Kolbe, liegt über dem Pauckenfell hinaus, und hat nach hinten eine gleichsam ausgeschnitzte läng - liche Vertiefung womit er in der Gelenkfläche des Amboses wie in einer Pfanne aufliegt.
Der Ambos (incus) ist kürzer aber dicker als der Hammer, und seiner Gestalt nach von Vesalius nicht uneben einem Backenzahn ver - glichen worden. Er dient zur Verbindung des Hammers mit dem Steigbügel und wird in den Körper und zwey Fortsätze eingetheilt.
Jener, das corpus, ist mit einer ungleich ausgeschweisten Gelenkfläche versehen, in wel - cher, wie gedacht, der Kopf des Hammers, wie in einer Pfanne articulirt.
144Von den beiden Fortsätzen ist der eine kürzer aber dicker, fast wie ein flachgedrückter Kegel, und liegt meist in gleicher Linie mit dem obgedachten process. spinosus des Ham - mers, aber rückwärts gekehrt.
Der andre Fortsatz ist schlanker und ragt mitten in die Pauckenhöle hinab. Er liegt meist mit dem Stiel des Hammers parallel, so daß zwischen beiden die chorda tympani hin - durchlauft*)meckel de quinto p. n. cerebri Fig. I. 1. 71..
Am Ende dieses schlanken Fortsatzes wo er mit dem Steigbügel eingelenkt ist, nehmen die mehresten Zergliederer ein viertes Gehör - knöchelgen an, das Linsenbeinchen**)Der ber. Leidner Lehrer Franz de le Boë Sylvius glaubte es erfunden zu haben, s. lindani physiol. med. pag. 526. – Hingegen wollte sein großer Antagoniste Drelincourt es schon dem R. Colum - bus zuschreiben, praelud. anat. pag. 199. der Bör - haavischen Ausg. (lenticu - lus s. ossic. orbiculare), das da wo sich dieser Fortsatz nach innen krümmt, zwischen ihm und dem Steigbügel inne liegen soll ꝛc. das ich aber nach oft wiederholten und möglichst ge - nauen Untersuchungen im natürlichsten ge - wönlichsten Bau für nichts anders, als für eine – noch darzu sehr unbeständige –145 epiphysis*)ph. conr. fabricii meth. cadav. hum. rite secundi ed.2. pag. 141. sq. dieser apophysis ansehen kann. Sie fehlt oft**)dom. de marchettis anat. pag. 222. der Harderw. Ausg. v. 1656., auch bey den übrigens vollkom - mensten Gehörknöchelgen – (auch bey denen von Negern und vom Nordamericanischen Wil - den, die ich vor mir habe,) und wenn sie bey erwachsnen Personen da ist, so springt sie nur nach einiger angewandten Gewalt davon ab, da sich dann aber unter dem Microscop die zackichte Spur des Knochenbruchs aufs deut - lichste zeigt. – Und wenn sich hingegen, wie ich auch selbst gesehen, ein würklich abgeson - dertes Beinchen zwischen dem Ambos und Steigbügel zeigt, so darf man dieß doch, mei - nes Bedünkens eben so wenig für den gewön - lichen natürlichen Bau halten als andre überzälige Gehörknöchelgen die auch nicht so gar selten in Menschen***)teichmeyer vindiciae quorund. inuentor. anatomicor. Ien. 1727. – cassebohm Tract. IV. pag. 55. oder Thieren****)evstach. tab. VII. fig. 3. – cowper's new admi - nistr. of all the muscles fig. 9. F. gefunden werden.
Das dritte wahre Gehörbeinchen ist der Steigbügel*)Der Steigbügel ist wol unleugbar von Ingrassias erfunden, s. fallopii obseruat. pag. 26. und in - grassiae in Galeni libr. de oss. comment. (post - huma) Panorm. 1603. fol. pag. 57. (stapes, stapha), der kleinste Knoche am Gerippe, von einer ausnehmenden Eleganz, und von einer sehr ausgezeichneten Gestalt, wovon er eben seinen so völlig passen - den Namen erhalten hat.
Er liegt horizontal und man unterscheidet an ihm den Knopf, die beiden Schenkel und den Fustritt.
Der Knopf ist an der untern Seite rund - lich gewölbt, an der obern aber mit zweyen, meines wissens sonst noch nicht bemerkten, flachen Grübchen zur Anlage des stapedius ausgehölt.
Von den beiden Schenkeln ist der vordere gerade und folglich kürzer als der nach hinten gekehrte, mehr krumm gebogne. Sie sind nach innen wie eine Rinne ausgefurcht, und ihr nach oben liegender Rand ist etwas weiter aus - geschweift, als der unterwärts gekehrte.
Der Fustritt hat meist völlig die Form des eyförmigen Fensters das er ausfüllt, mithin ist auch der obre Rand mehr bogenförmig, der untre hingegen mehr gerade.
Es folgt endlich C) das innere Ohr oder der Labyrinth – der wieder in drey Ab - schnitte eingetheilt wird, nemlich:
1) in den Vorhof, der zwischen den beiden folgenden mitten inne liegt;
2) die drey Bogengänge, nach hinten; und
3) die Schnecke, nach vorn.
1) der Vorhof (vestibulum), bildet gleichsam eine zweyte Pauckenhöle, die gerade hinter der vorigen eigentlich sogenannten liegt, und durch das eyförmiye Fenster mit derselben verbunden wird. Ihre Hölung ist kleiner*)Bey den Wallfischen ist der Vorhof sehr klein: – bey den Vögeln hingegen überaus geräumig., aber ihre innern Wände weit glatter als je - ner ihre.
Sie zeigt außer dem eyförmigen Fenster, und dem einen cotunnischen Wassergange, dessen nachher gedacht werden wird, sechs andre an - sehnliche runde Oeffnungen; davon fünfe zu den Bogengängen, die sechste aber zur Schnecke führt.
Die eine derselben liegt im Hintergrunde des Vorhofs, dem eyförmigen Fenster meist148 gegenüber, etwas nach oben, und ist die ge - meinschaftliche Mündung der beiden zusam - menstoßenden Schenkel vom obern und un - tern Bogengange. – Die zweyte, vorn, gerade über dem eyförmigen Fenster, vom vor - dern Schenkel des obern Bogenganges. – Die dritte gleich daneben, nach hinten, vom vordern Schenkel des äußern Bogenganges. – Die vierte auch mehr im Hintergrunde, rück - wärts, vom hintern Schenkel des nemlichen Ganges. – Die fünfte, auch rückwärts aber tiefer unten, vom andern Schenkel des untern Bogenganges. – Endlich die sechste gerade unter dem eyförmigen Fenster, vom obern Gange (Scala) der Mündung an der Schnecke.
2) die drey Bogengänge*)Die Bogengänge finden sich fast bey allen roth - blütigen Thieren. – Nur bey den Wallfischen konnte Hr. Camper nichts ihnen änliches ausfinden.Bey den Vögeln sind sie ausnehmend groß und ansehnlich. selbst (ca - nales semicirculares): die hinter dem Vorhof und mehr nach oben liegen: und deren sechs Schenkel sich gedachtermaßen mit fünf Mün - dungen in den Vorhof öffnen.
149a) der obere (canal. semicircular. super. s. minor) steht aufrecht: mit dem Bogen nach oben, die Schenkel niederwärts gerichtet.
b) der untre (canal. semicircular. infer. s. maior) liegt vertical; meist mit der Schnecke in gleicher Richtung – mit dem Bogen nach hinten; sein oberer Schenkel macht mit dem hintern des vorigen Bogenganges die gedachte gemeinschaftliche Mündung. (§. 53.)
c) der äußere (canal. semicircular. exterior s. minimus) liegt gleichsam mitten zwischen beiden vorigen: aber mehr horizontal: sein Bogen auch nach hinten. Sein vorder Schen - kel macht nut dem vordern Schenkel des obern Ganges beynah einen rechten Winkel, sein hinterer läuft mitten zwischen beide Schenkel des untern Bogenganges.
3) die Schnecke*)Die Einrichtung der Schnecke ist zuerst von Eustach a. a. O. – ihr feinerer Bau aber von zwey ver - dienten Göttingischen Lehrern, Brendel und Zinn beschrieben worden, s. des Erstern analecta de concha auris humanae mit einem saubern Kupfer; und de auditu in apice conchae. Beide Goetting. 1747. und des seel Zinn observ. botanic. et anatomic. Goetting. 1753. (cochlea) – eines der erstaunenswürdigsten Meisterstücke, das150 doch so ganz versteckt mitten in dem festen Kno - chenguß des Felsenbeins vergraben liegt*)Alle Säugethiere haben eine gewundene Schnecke. Die Vögel hingegen an deren statt nur eine gerade am Ende verschloßne kurze Röhre (wie ein stum - pfer Zapfen), die aber in ihrer innern Einrichtung der Schnecke der Säugethiere vollkommen änelt, auch eben so in zwey Gänge abgetheilt ist u. s. w. – s. perravlt Ess. de Physique T. II. pag. 215. fig. III. e. und die Hrn. Scarpa, Ph. Fr. Meckel, und Galvani a. a. O.. –
Sie änelt einer kleinen Gartenschnecke von drittehalb Windungen. – Sie liegt vertical gleichsam aufgerichtet, neben dem Vorhof nach vorn und etwas nach unten – ihre Grund - fläche im Boden des innern Gehörganges (§. 44.) und ihre letzte große Windung hinter dem promontorium in der Pauckenhöle. (§. 47.)
Die Windungen der Schnecke im rechten Ohr sind wie bey den gewönlichen Garten - schnecken rechts gewunden, die im linken Ohr aber links (anfractibus sinistris). Sie laufen – ebenfalls wie in den Garten - schnecken – um eine Spindel (modiolus, nucleus, s. columella) die aber hohl ist und einen starken Faden vom weichen Gehörnerven aus dem innern Gehörgang aufnimmt**)monro on the nerv. system tab. XXXI. fig. 2. H. I., der sich an ihrer Spitze in einen kleinen Trich - ter (scyphus vievssenii)***)La coupe du nerf auditif. vieuss. a. a. O. pag. 72. verbreitet.
151Die Windungen selbst werden aber längst ihres ganzen Laufs durch eine überaus merk - würdige äußerst seingebaute Scheidewand (la - mina spiralis) die gegen die Spitze zu in einen kleinen Hacken (hamulus) ausläuft, in zwey Gänge (scalae) – einen obern und einen un - tern – abgetheilt.
Diese Scheidewand ist da wo sie um die Spindel herum läuft, knöchern: – wo sie hingegen an den äußern Wänden der Gewinde anliegt, häutich. Jener, der knöcherne Theil, besteht aber eigentlich aus zwey feinen Kno - chenblättgen, zwischen welchen sich die End - fädgen des Gehörnerven, in der Gestalt eines unbeschreiblich feinen quergestreiften oder netz - förmigen Bändgens*)Hr. Prof. Monro a. a. O., verbreiten; dessen streifichte Eindrücke sich auch auf dem Knochen - blättgen der Scheidewand selbst, zeigen**)zinn l. c. pag. 31. sq..
Der untre der beiden, durch diese Schei - dewand von einander abgesonderten Gänge, stößt, wie obgedacht, aufs rundliche Fenster der Paukenhöle: und heißt deshalb scala tym - pani. – Der obere aber scala vestibuli, weil er sich wie gesagt, in den Vorhof des Laby - rinths öffnet.
Der ganze Labyrinth ist mit einem Wäß - richten Dufte (aquula cotvnnii) gefüllt, der durch die beiden, neuerlich berühmt wordenen Wassergänge (aquaeductus cotvnnii*)domin. cotvnnii de aquaeductibus auris humanae anat. diss. Neap. 1760. 4. und anderwärts mehrmalen aufgelegt. oder diuerticula des jüng. Hrn. Prof. Meckel**)ph. fr. meckel diss. de labyrinth. auris contentis Argent. 1777. – eine vorzüglich auch für die anatome comparata der Gehörwerkzeuge überaus lehrreiche Schrift.) abgeleitet werden kann.
Der hintere, (diuerticulum vestibuli) öffnet sich im Vorhof, gleich unter der gemein - schaftlichen Mündung des obern und untern Bogenganges (§. 53.) nach vorn; und führt zu der obgedachten (§. 44.) schrägen Ritze des Felsenbeins, nahe bey der fossa sigmoidea.
Der vordere (diverticulum cochleae) läuft von der scala tympani (§. 55.) nach dem ebenfalls oberwähnten (§. 44.) gewölbten Gang am for. lacerum.
Das Keilbein (os sphenoideum*)galen. de ossib. pag. 7. sq. s. cu - neiforme, sonst auch basilare, polymor - phon s. multiforme, vespiforme etc.**)Die Arabisten nannten das Keilbein os colatorii s. cribratum weil sie in dem durch lange Jahrhunderte herrschenden Wahn stunden, daß dadurch der Unrath aus dem Gehirne seinen Abfluß hätte. – Der erste der diesen so allgemein angenommnen ver - jährten Irrthum stürzte und dadurch ein ganz neues Licht über einen wichtigen Theil der Physio - logie und Anatomie – besonders auch über die genaue und richtige Kenntnis des Keilbeins – verbreitete, war der schon oft angeführte Witten - berger Lehrer, Conr. Vict. Schneider in seinen weitschichtigen aber classischen 5 Quartanten de catarrhis besonders Lib. I. Sect. II. cap. 2-7. pag. 153-257. ge - nannt –) hat diesen seinen gewönlichsten und angemessenen Namen von den vielseitigen Nä - then, Furchen und andern Verbindungen, wo - mit es zwischen die ganze übrige Hirnschaale und mehrere andre Knochen wie eingekeilt steckt. – Eben daher rührt aber auch seine ganz eigne vielzackichte, schwer zu beschreibende154 oder zu vergleichende Gestalt*)vesal. cap. 6. fig. 8. von oben. – evstach. tab. XLVI. fig. 11 bis 14 und 16 von allen Seiten., und die große Menge seiner Fortsätze die an keinem andern Knochen des Gerippes so zahlreich sind.
Es steht dieser Knoche erst, wie schon er - innert, mit allen übrigen sieben Knochen der Hirnschaale – außerdem aber auch 8. mit der Pflugschaar 9. 10. mit den Jochbeinen und 11. 12. mit den Gaumenbeinen, in Verbindung.
Bey der reifen Leibesfrucht besteht das Keilbein aus drey einzelnen Stücken: dem Mittelstück nemlich, und den beiden Seiten - flügeln**)albin. icon. oss. foet. tab. IV. fig. 20 bis 25 und tab. II. fig. 6..
Dem zu folge läßt sich auch der ganze Kno - chen am füglichsten in das mittlere corpus und die beiden partes laterales eintheilen.
Jenes begreift den Türkensattel mit dem darunter liegenden sinus sphenoidalis, und den processus clinoideis.
Diese aber die großen Flügel und die pro - cessus pterygoideos.
An dem corpus des Keilbeins zeigt sich eine sehr häufige Verschiedenheit, die um so merk - würdiger ist, da übrigens der Bildungstrieb in der Ausbildung des Gehirns und der in - nern Grundfläche des Hirnschedels weit seltner und weniger als in andern Theilen des Körpers von der bestimmten Richtschnur abweicht*)schneider de osse cribriformi pag. 36..
Diese Verschiedenheit besteht darin, daß in manchen Schedeln die obere Seite der pars basilaris des Hinterhauptbeins (§. 38.) dicht an die hintern process. clinoideos anstößt – in andern hingegen weit davon entfernt bleibt, so daß eine ganz eigne schräge Fläche des Keil - beins vom Ende jener pars basilaris zu den ge - dachten process. clinoideis schräg emporsteigt**)Die Fläche selbst hat Eustach schon abgebildet tab. XLVI. fig. 11. a. die wol durch den besondern Namen der Abda - chung (cliuus) unterschieden zu werden verdient.
Dieser Unterschied ist so sehr beträchtlich und auffallend, daß dadurch das Profil von diesem corpus des Keilbeins, wenn es von vorn nach hinten vertical durchschnitten wird, im ersten Fall ein Quadrat, im letztern hingegen ein Pentagon vorstellt. – Die obere Seite dieses Pentagons läuft von den hintern pro -156 cessib. clinoideis nach den vordern, über den Sattel weg. Die zweyte Seile macht vorn die scharfe Kante zur Anlage für die Scheide - wand der Nase. Die dritte nach unten zur An - lage für die Pflugschaar. Die vierte nach hinten die aus Hinterhauptbein stößt und endlich die 5te aufwärts nach vorn, der cliuus, der zu - weilen länger ist als die ganze vierte Fläche an welcher das Hinterhauptbein anliegt.
Zu den Veränderungen die dieser cliuus in den Verhältnißen der basis cranii hervor - bringt, gehört vorzüglich die weit tiefere und engere Lage des Sattels und die große Ver - längerung des Raums von den hintern pro - cessib. clinoideis bis zum for. magnum des Hinterhauptbeins*)Daher denn auch der cliuus selbst bey den men - schenänlichen Thieren, Affen ꝛc. auch dem Bären ꝛc. sehr ansehnlich und lang ist..
Der Sattel (sella turcica) hat oben eine ausgehölte Fläche für die glandula pituitaria: und zu jeder Seite eine andre zur Anlage des receptaculi oder sinus cauernosi der harten Hirnhaut**)morgagni aduersar. VI. animadv. 6. 18. 21. 28. – haller icon. anat. Fascic. I. tab. VI. VV. pag. 41. not. 16. – id. de corp. hum. functionib. vol. VIII. pag. 251. sqq..
157Vor dem Sattel liegen die sogenannten Säbelfortsätze (process. ensiformes s. clinoi - dei anteriores) die zu beiden Seiten in ein paar lange Spitzen, nach vorn mit einer zackichten Schneide auslaufen.
Hinter dem Sattel, an dem cliuus, die weit kleinern processus clinoidei posteriores (s. inclinati.)
Zuweilen erheben sich aber auch noch zu beiden Seiten des Sattels, doch mehr nach vorn, processus clinoidei medii (s. pyramida - les) die sich auch wol mit den hintern Knöpfen der vordern process. clinoideor. verbinden und ein eignes foramen bilden.
Unter diesen vordern processib. clinoideis steigt der scharfe Rand zur Anlage des septi narium hinunter; zu dessen beiden Seiten sich die sogenannten Schleimhölen (sinus) dieses Knochen in den obern Nasengang öffnen.
Er macht unten eine stumpfe Ecke von welcher ein änlicher Rand nach hinten läuft, und auf der Pflugschaar aufsteht. – Zu dieses seinen beiden Seiten liegen die cornua sphenoidalia ein paar dreyeckte gewölbte kleine Knochenschaalen, die oft dem Keilbein selbst – zuweilen aber auch dem Siebbein zugehören,158 und hier die gedachten Schleimhölen verschließen helfen*)Diese kleinen Knochenschaalen sind längst dem scharfsichtigen C. V. Schneider bekannt gewesen, de catarrh. L. III. cap. I. pag. 483. auch Düverney hat sie gekannt, oeuvr. anatomiques vol. I. pag. 219. Bertin hat sie nur näher untersucht und cornets sphenoidaux genannt Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1744. pag. 412. u. f. – Eine genaue Beschrei - bung derselben s. in iancke prolus. de cauernis qui - busd. quae ossib. capitis hum. continentur pag. X. sq. und ihrer Varietäten in Hrn. Prof. Walter's Abh. von trocknen Knochen des menschlichen Körpers. S. 109. u. f. – getreue Abbildungen der Varie - tät wo diese Blättgen mit dem Siebbein zusam - menhängen s. in boehmer instit. osteologic. tab. IV. fig. 5. G. G.; 6. K. K. und 7 L. L. und in Süe großen französischen Ausg. von Monro's Werke tab. VIII. fig. 3. K. K. und 4. H. H..
Hierauf folgt endlich nach hinten diejenige schon erwähnte Fläche, an welcher der process. basilaris des Hinterhauptbeins anliegt, und mit zunehmenden Jahren gewönlich gar mit ihm zu einem Stücke verwächst. (Th. I. §. 51. Th. II. §. 38.)
Der größte Theil dieses Mittelstücks des Keilbeins, ist, nur etwa die sämtlichen pro - cessus clinoideos ausgenommen, durch die sinus sphenoidales ausgehölt**)schneider de catarrh. L. I. cap. 5. pag. 208. sqq., die kleiner sind als die Stirnhölen, übrigens aber den159 gleichen Zweck haben. Gewönlich sind ihrer zweye die durch eine verticale Scheidewand, die aber nicht wie die zwischen den Stirnhölen durchbrochen ist, von einander abgesondert werden. – Nach vorn öffnen sie sich wie ge - dacht, in den meatus narium superior. – Zu - weilen sind sie durch mehrere Knochenblättgen in Zellen und Fächer abgetheilt: – in andern, aber weit seltnern Fällen fehlen sie gar und sind mit einer Art von diploë ausgefüllt.
Ihre innere Bekleidung ꝛc. ist so wie bey den übrigen sogenannten Schleimhölen des Sieb - beins, Oberkiefers ꝛc. die nemliche die oben bey den Stirnhölen angegeben worden (§. 15.)
Nun die beiden Seitentheile des Keil - beins: worunter wie gedacht die großen Flügel und die beiderley processus pterygoidei begrif - fen werden.
Von jenen zuerst. – Sie erstrecken sich von innen und hinten nach außen und vorn, und zugleich auch aufwärts. – Sie haben eine beynah prismatische Gestalt, daher man sie in folgende drey Hauptflächen eintheilen kan.
1. Superficies cerebralis s. interna, auf welcher die lobi cerebri medii liegen; daher sie auch so wie die übrige Hirnhöle ihre im - pressiones digitatas, iuga cerebralia u. s. w. hat.
1602. Superficies temporalis s. externa, die größte Fläche: Sie stößt öden an den angulus sphenoideus der Scheitelbeine: wird in der Mitte durch einen erhabnen in die quere laufen - den Rücken gleichsam in zwey Helften getheilt; und endigt sich nach hinten und unten in die spina sphenoidalis s. angularis, an deren hintern Seite die alae paruae ingrassiae*)ingrassiae in Gal. de ossib. comm. pag. 75. anliegen.
3. Superficies orbitalis s. anterior: die kleinste Fläche, welche die hintre Hälfte der äußern Wand in den Augenhölen bildet.
Die beiberley processus pterygoidei stei - gen hinten, neben dem corpus des Keilbeins hinab. Es sind ihrer auf jeder Seite zweye, ein größerer und ein kleinerer.
Jener, der proc. pteryg. maior liegt nach außen, und seine Ausenfläche continuirt mit der superfic. temporalis der großen Flügel; unten stößt er an die Hinterseile des Oberkiefers.
Die proc. pteryg. minores sind schmaler, liegen nach innen, nächst hinter den Gaumen - beinen, mit welchen sie die große fast viereckte hintre Oeffnung der Nasenhöle, die sogenannte choana bilden helfen. – Nach unten endi -161 gen sie sich in einen auswärts gekrümmten klei - nen Hacken (hamulus) zur Anlage des circum - flexus palati.
Der hintre Zwischenraum zwischen den beiderley processib. pterygoideis heißt die fossa pterygoidea. (Tab. I. fig. 2. c.)
Gerade über derselben, und nach der choana zu steigt vom Ende des Felsenbeins eine flache rinnenförmige Furche herab, in welcher die knorpliche Fortsetzung der Eustachischen Röhre liegt. (§. 44.)
Endlich die am Keilbein befindlichen fo - ramina*)schneider de catarrh. L. II. Sect. I. cap. 19. pag. 195. sq. und Sect. II. cap. 2. pag. 261. sq.. Sie liegen meist zu beiden Sei - ten des corporis. –
Zu vorderst nemlich unter den processib. clinoideis anterioribus die foromina optica zum Durchgang des Sehenerven, und der unter ihm hinauslaufenden arteria ophthalmica.
Dann weiter unten und nach hinten, wo die großen Flügel ansitzen die foramina rotunda s. maxillaria super. zum Durchgange des zwey - ten Astes vom fünften Paare.
162Noch weiter zurück und nach außen die foramina oualia s. maxillaria inferiora (Tab. I. fig. 2. d.) für den dritten Ast vom fünften Paare. – Dieses foramen steht auf der obern Fläche mit dem vorigen durch eine flache Furche in Verbindung.
Noch mehr nach außen, in der spina sphe - noidali die foramina spinosa (Tab. I. fig. 2. e.) zum Eingang der arter. meningea media.
Hinten gerade über den processib. ptery - goid. internis ist ein Gang durch den Knochen wie eingebohrt, der canalis vidianvs*)vidi vidii de anat. c. h. L. VII. tab. VII. fig. 8. O. pag. 30. sq. der Venetian. Ausg. v. 1611. s. pterygoideus, zum Durchgang des nach diesem Canal benannten Zweiges vom zweyten Ast des fünften Paares**)meckel de quinto p. neruor. cerebr. pag. 50..
Von den beiderley fissuris orbitalis s. sphenoidalibus die sich in den Hintergrund der Augenhöle öffnen, ist die obere eine fissura propria, die nemlich blos vom Keilbein allein gebildet wird. Sie dient zum Durchgange dreyer ganzen Nervenpaare, des dritten nem - lich, vierten, und sechsten: dann des ersten Astes vom fünften Paare: ferner auch des seh - nichten Bandes, von welchem drey Muskeln des163 Augapfels, der abducens, adducens und depri - mens, entspringen: und der vena ophthalmica.
Die untere Spalte der Augenhöle (Tab. I. fig. 2. r.) ist eine fissura communis; die haupt - sächlich durch das Keilbein und den Oberkiefer; doch auch zum Theil nach hinten vom Gau - menbein und nach vorn vom Jochbein gebildet wird. Sie läßt den zweyten Ast des fünften Paares durch: und ist übrigens mit Beinhaut verschlossen.
Das Siebbein*)schneider de osse cribriformi et sensu ac organo odo - ratus. Witteb. 1655. 12. eine kleine aber unschätz - bare Schrift, die in der ganzen Physiologie Epoche gemacht und zuerst den doppelten vorher ganz all - gemein angenommenen Wahn widerlegt hat, daß die Gerüche durchs Siebchen dieses Knochen ins Gehirn hinauf - und hingegen der Unrath aus dem Gehirn durch die gleichen Wege in die Nase hinunter stiegen. – Besonders enthält sie auch einen Reichthum eigner Bemerkungen zur anatome comparata. (os ethmoideum s. cri - briforme, auch spongoides**)So nannte Galenus das Siebbein, weil es nicht blos wie ein Siebgen durchlöchert, sondern viel - mehr wie ein Schwamm mit Röhrgen durchzogen sey, de vsu partium L. VIII. cap. 7. pag. 335. der Geßuerschen Ausg. von 1562., colato - rium etc.) ist der kleinste unter den acht Kno - chen der Hirnschaale und ungemein leicht: aber sowol wegen seines überaus zarten und ver - wickelten Baues***)Der erste der das Siebbein genauer beschrieben hat, ist wieder der so oft mit Ruhm genannte Fallo - pius in den observ. anat. pag. 30. b. sq. – Die erste Abbildung des einzelnen Knochen hat dessen Schüler Vid. Vidius gegeben a. a. O. tab. V. fig. 15 und 16., als weil er die vorzüglich -165 sten Werkzeuge des Geruchs enthält, doppelt wichtig. So schwer zu bestimmend auch seine Gestalt scheint, so läßt sie sich doch nicht une - ben mit einem stumpfeckichten Würfel verglei - chen, der gerade zwischen beide Augenhölen eingeschoben*)Bey den Affen liegt das Siebbein nicht wie beym Menschen mitten zwischen beiden Augenhölen, sondern etwas tiefer in die Nase hinunter: daher auch bey diesen Thieren die Augenhölen weit näher beysammen zu stehen kommen als beym Menschen: und sich dadurch der von je so allgemein ange - nommne Irrthum widerlegt, als ob die Augen beym Menschen näher beysammen stünden als bey allen andern Thieren., oben nach der Hirnhöle und unten in die Nase gekehrt ist.
Eben diese versteckte Lage setzt ihn aber mit einer großen Menge der benachbarten Knochen in Verbindung. – Gewönlich nemlich 1. mit dem Stirnbein 2. dem Keilbein 3. 4. den Oberkiefern 5. 6. den Gaumenbeinen 7. 8. den Nasenbeinen 9. 10. den Thränenbeinchen und 11. der Pflugschaar. Zuweilen aber auch noch 12. 13. mie den untern Muschelbeinen.
Beym ungebohrnen Kinde besteht die ganze Scheidewand der Nase und selbst der Hanen - kamm blos noch aus einem Knorpelblatte: und166 nur in den Seitentheilen des Siebbeins hat die Verknöcherung angefangen: diese Theile sind aber so wie das ganze Geruchwerkzeug des Fötus und des neugebohrnen Kindes noch sehr unvollkommen, eng, bey weiten noch nicht ausgebildet u. s. w.*)rovsseav Emile vol. I. pag. 85. not. 16..
Am faßlichsten läßt sich das Siebbein in drey Abschnitte eintheilen: nemlich in
A) das Siebförmige Blatt:
B) die mittlere Scheidewand nebst dem Hanenkamme: und
C) die verwickelten Seitentheile.
A) das Siebgen (cribrum) wovon der ganze Knochen den Namen hat, liegt oben horizontal, von vorn nach hinten, paßt in die incisura ethmoidea des Stirnbeins (§. 18.) und deckt folglich nur das mittlere Drittel der ganzen Oberfläche des Knochen, da hingegen das übrige zu beiden Seiten von der pars nasa - lis des Stirnbeins (§. 14.) bedeckt wird**)Da das ganze Siebbein, wie in der vorletzten Note erinnert worden, bey den Affen tiefer liegt als beym Menschen, so ist besonders auch die Lage des Siebgens selbst, bey diesen Thieren sehr von167 der im Menschenschedel verschieden. Das Stirn - bein hat bey ihm gar keine incisura ethmoidea, sondern mitten zwischen beiden partibus orbitalibus dieses Knochen steigt blos ein ziemlich enger blin - der Gang in die Nase hinab, der fast der Oeffnung des innern Gehörganges änelt und auf dessen Bo - den das kleine unansehnliche Siebgen befindlich, und nur mit wenigen Oeffnungen durchbohrt ist..
Nach vorn wird es durch den Hahnenkamm unterbrochen, der aus seiner Mitte emporragt.
B) die Scheidewand (septum osseum) nebst dem vorn auf ihr stehenden Hanenkamm (crista galli) liegt vertical von vorn nach hin - ten. Der letztere variirt sehr in der Höhe und Dicke. Meist enthält er leere Zellen wie der zitzenförmige Fortsatz. Ich habe aber auch Exemplare vor mir wo er zu einem wahren sinus ausgehölt ist, der sich nach vorn in die Stirnhölen öffnet. An seiner Wurzel ragen vorn zu beiden Seiten die kleinen apophyses alares heraus, womit er in einem Paar dazu paßender Grübchen des Stirnbeins (§. 18.) anfliegt.
Das eigentlich sogenannte septum narium ist da wo es vorn vom Hanenkamm herunter steigt, und an der spina nasalis des Stirnbeins (§. 14.) anliegt, am stärksten. Uebrigens bildet es ein dünnes, sehr oft nach einer oder168 der andern Seite schief gebognes*)sam. theod. qvelmalz de narium earumque septi incuruatione. Lips. 1750. 4. – just. gottfr. günz in den Mém. présent. T. I. pag. 289. sq., Knochen - blatt; das unten in einen wieder etwas stär - kern bogenförmigen rauhen Rand auslauft der auf der Pflugschaar aufliegt.
In den Fällen wo die cornua sphenoidalia (§. 62.) Theile des Siebbeins ausmachen, sitzen sie entweder an dem hintern Rande dieses septi oder an den hintersten cellulis ethmoidali - bus fest.
C) die Seitentheile haben wegen ihres verwickelten Baues auch den Namen des Laby - rinths erhalten, und lassen sich am füglichsten wieder eintheilen in
1) die Muscheln;
2) die Zellen; und
3) die sogenannten Papierbeinchen.
1) die Muscheln (conchae s. ossa tur - binata s. spongiosa superiora) stellen eigentlich ein schwammichtes rauhes Knochenblatt vor**)Bey den scharfriechenden Thieren, zumal unter den feris und bisulcis, doch auch unter den scleroderma - tibus, wie z. E. beym Igel, sind die Muscheln des Siebbeins aufs bewundernswürdigste gerollt169 und gewunden um in einem engen Raum doch die möglichst größte Fläche zur Aufnahme einer desto größern Menge von riechbaren Theilgen zu erhalten.Unter den mannigfaltigen Thierschedeln, die ich auch besonders aus dieser Rücksicht untersucht, habe ich doch bey keinem diese Muscheln von einer so ganz ausnehmenden Eleganz gefunden als bey der gemeinen Ziege. Sie äneln da dem allerfein - sten Flor oder Spitzen die aufs kunstreichste und regelmäßigste zusammengefaltet wären., das mit der Scheidewand (§. 72.) parallel läuft: mit seinem obern Rande am Siebgen (§. 71.) befestigt ist, und mit dem obern Theil des vordern am processus nasalis des Ober - kiefers anliegt: das aber nach hinten bis über die Mitte quer durchschnitten und dadurch gleichsam in zwey Flügel abgetheilt ist.
Diese Flügel sind gleichsam muschelförmig gewölbt, so daß die convexe Fläche nach der Scheidewand, die concave aber nach den Au - genhölen zu gekehrt ist.
Der untre gleichsam frey hängende dieser beiden Flügel ist die concha media: die sich nach hinten tutenförmig zusammenrolle und mit ihrer holen Seite den meatus narium me - dius deckt. Zuweilen bildet sie eine kleine ver - schloßne Blase, die Santorini zu den Schleim - hölen zählte*)S. dessen eigne obseruat. anat. pag. 88. sq. und Hrn. Girardi Auslegung der nachgelaßnen Santorini - schen Tafeln S. 53..
170Der obere Flügel (concha superior s. mor - gagniana)*)morganii aduersar. anatom. VI. tab. II. fig. 3. q. q. pag. 244. ist weit kleiner als der vorige, ist nach oben und hinten gewölbt, läuft hinge - gen unten in einen bogenförmigen etwas her - vorstehenden Rand aus, der den meatus narium superior bedeckt. – Zuweilen ist auch diese oberste Muschel durch eine tiefe Furche wieder wie in zwey noch kleinere getheilt**)io. domin. santorini obseruat. anat. pag. 89. sq. der Venetian. Ausg. v. 1724. – Dann auch in den XVII. tabulis posthumis Parm. 1775. kl. Fol. tab. IV. F., und was dergleichen Varietäten***)Denn für nichts mehr als eine sehr ungewönliche Varietät sieht auch der gel. Herausg. der letzt gedachten Tafeln, Hr. Prof. Girardi, diese sogenan - ten Santorinischen Muschelgen an. Explicat. pag. 52. sq. mehr sind.
2) die cellulae ethmoideae oder sinus ste - hen zu beiden Seiten des Siebbeins zwischen den Muscheln und den Papierbeinchen fast wie Bienenzellen von vorn nach hinten an einan - der. – Nach oben sind sie offen und werden da von den beiden untern Rändern der pars nasalis des Stirnbeins bedeckt. – So die vordersten nach außen von den Thränenbein - chen, und dem process. nasalis des Oberkiefers.
171Die hintern (die rückwärts und nach unten zu - weilen eine zarte knöcherne Blase bilden) an ihrem obern Rande von der pars orbitalis der Gaumenbeinchen u. s. w. – Die Anzahl und Abtheilung dieser Zellen ist ziemlich unbestän - dig. Gewönlich sind ihrer fünfe auf jeder Seite wovon sich die vordern in die Stirnhö - len, die mittlern und hintern aber in den obern Nasengang öffnen. – Zuweilen stehen aber auch ihrer mehrere neben - oder übereinan - der. – Ihre Zwischenwände sind wol die feinsten Knochenblättgen am ganzen Gerippe.
Gerade unter den vordern Zellen liegt ein schmales hakenförmig gekrümmtes aber viel - zackichtes sonderbar gewundnes Knochenblatt, das nur nach vorn, theils mit der vordern Wand der Zellen, theils mit dem vordern Ende der concha media verbunden ist, übrigens aber ganz frey nach hinten lang hinaus ragt, und deshalb wol processus vncinatus genannt werden könnte, und mit seinen untern zackich - ten Fortsätzen zuweilen an die untern Muschel - beine stößt.
3) die ossa papyracea s. plana*)Tertium maxillae os vesal. L. I. cap. 9. pag. 49. u. f. Es ist vermuthlich das secundum genae supernae172 gal. de ossib. pag. 11. A. ders aber mit dem planum orbitale des Oberkiefers zu vermengen scheint. sind eben die äußern Wände dieser Zellen, die von ihrer Zartheit und glatten Außenfläche den Namen haben; und nebst dem an ihren vordern Rand anstoßenden Thränenbeinchen die innere Wand der Augenhöle ausmachen.
Zu den foraminibus des Siebbeins gehö - ren zuförderst die auf dem obern Querblatte, die dem ganzen Knochen den Namen gegeben haben*)Bey den gedachten scharfriechenden Thieren ist auch das Siebgen ausnehmend groß und mit zahlrei - chen und sehr symmetrisch geordneten Löcherchen durchbohrt. – Ganz vorzüglich beym Bären. Auch beym Igel, und bey den bisulcis.Am alleransehnlichsten und merkwürdigsten aber beym Elephanten.Hingegen ist bey den cetaecis, wenigstens beym Delphin, dessen Schedel ich vor mir habe, auch nicht eine Spur eines Siebgens oder sonstigen Oeffnung zum Durchgang der Geruchnerven an dieser Stelle zu sehen.. Sie sind in unbestimmter Anzal: zuweilen wol drey bis vier Dutzend. Sie sind vorzüglich zum Durchgang der Geruch - nerven bestimmt, und zwar sind die, welche dicht zu beiden Seiten des Hanenkammes lie - gen und durch welche die Scheidewand der Nase ihre Nervenfäden erhält, (wie schon der verdienstvolle Schneider richtig angemerkt173 hat*)De osse cribriformi pag. 40. sq.) größer als die nach außen liegen - den. – Die erstern zumal sind nicht sowol bloße Löcher als Röhrgen die am obern Rand der Scheidewand rückwärts hinab laufen**)Hist. de la Soc. de médec. vol. III. pag. 229. wo vor - läufig einige Bemerkungen des Hrn. Prof. Scarpa über diese Röhren-Gänge des Siebdeins mitge - theilt sind. Ausfürlicher wird dieser scharfsinnige Zergliederer seine Untersuchungen über die Geruch - werkzeuge im zweyten Bande seiner anatomicar. annotationum bekannt machen..
Die übrigen foramina – nemlich die or - bitalia interiora; und dann das coecum – sind schon oben (§. 19.) erwähnt worden.
Beym Schluß der zur eigentlichen Hirn - schaale gehörigen Knochen, muß noch eines und das andre was sie betrift, abgehan - delt werden.
Zuförderst noch ein Wort über die ihnen eignen ächten Näthe (I Th. S. 71.) deren, wie gedacht, eigentlich nur dreye gezält werden; die am vordern -, am obern -, und am hin - tern Rande der Scheitelbeine hinlaufen; nem - lich sutura coronalis, sagittalis, und lambdoidea (§. 25.)
Nicht selten erhält sich aber auch, selbst noch bey Erwachsnen die vierte Nath, sutura frontalis (§. 10.) die dann mit der Pfeilnath in gleicher Richtung fortläuft und die Kranz - nath gleichsam durchschneidet*)Und eben von diesem Fall, wo sich die Kranznath mit der Pfeil - und Stirnnath kreuzt, verstehe ich175 die sonst so allgemein und noch vom Hrn. v. Haller (bibl. anat. T. I. pag. 16.) für unerklärlich gehaltne Stelle in dem ächten Hippocratischen Werke de capitis vulneribus (pag. 28. der Paawischen Ausg. im succenturiatus anatomicus Lugd. Batav. 1616. 4. ) von Schedeln deren Näthe übers Kreuz liefen – Vergl. damit galen. de vsu partium Lib. IX. cap. 17. pag. 353..
Seltner sind die Fälle wenn eine unächte Nath (sutura spuria Th. I. S. 71. u. f.) schon von außen eben so in Zickzack geschlängelt ist als sonst nur die ächten zu seyn pflegen. – Solche Beyspiele habe ich an der Nath zwischen beiden Nasenknochen; auch an der zwischen dem Jochbeine und Schlafbeine; und zwischen dem großen Flügel vom Keilbein und dem vordern Rand des Schlafbeins vor mir*)Aeußerst selten und merkwürdig sind die Fälle, wenn auch ein Scheitelbein oder das Hinterhauptbein, durch eine ächte Nath durchschnitten wird.Ein solches durch eine dergleichen Nath ge - theiltes Scheitelbein besas Winslow, wovon Tarin in der Vorrede zu seiner Osteographie tab. V. eine Abbildung gegeben hat.Einen Schedel mit einer Quernath am obern Theile des Hinterhauptbeins hat Eustach abgebil - det tab. XLVI. fig. 8. – Ich besitze ein änliches Stück wo diese sonderbare Nath noch weiter unten liegt, und folglich der obere abgesonderte Theil noch größer ist als bey dem Eustachischen. – S. auch i. s. albrecht im IV. B. der nov. Act. N. C. pag. 69. i. f. schreiber im III. B. der nov.176 comm. Petropolit. tab. IX. und albinvs de sceleto pag. 131.Einen ganz sonderbaren Fall, wo bey einem 8jährigen Knaben alle drey ächten Näthe doppelt, oder vielmehr durch einen zwischen denselben lie - genden anderthalb Zoll breiten Knochenstreifen von einander abgesondert waren, beschreibt Mauchart in den Ephem. N. C. Dec. III. ann. 4, pag. 147.Mancherley andre Varietäten an den Suturen s. bey v. doeveren observ. acad. pag. 193. sq. und sandifort observ. anat. pathol. Lib. III. pag. 103. sq..
So unbestimmt auch der Bau der ächten Näthe auf den ersten Blick zu seyn scheint, so viele weise Einrichtung verrätht er bey einer nähern Beleuchtung: da man sieht wie be - stimmt ihre Lage, Richtung ꝛc. an gewissen Stellen ist, um dadurch die Hirnschaalknochen desto dauerhafter und fester mit einander zu verbinden*)Daher sind auch die ächten Näthe, die sonst über - haupt bey den mehresten Thieren minder zackicht sind als beym Menschen, doch bey den gehörn - ten bisulcis ausnehmend stark gezänelt, um die Hirnschaale bey der Gewalt die sie mit ihren Hörnern ausüben müssen, für dem auseinander - weichen zu sichern. – Vorzüglich ist deshalb die sutura frontalis bey diesen Thieren von einer aus - nehmenden Dicke und Festigkeit.. So ist z. B. am Stirnbein der obere Rand mehr einwärts gezänelt; die bei - den Seitenränder hingegen mehr nach außen, damit der Knochen mittelst dieser verschiednen Richtungen desto fester in die umgekehrt dar -177 auf passenden vordern Ränder der Scheitelbeine eingreifen kan*)hunauld in den Mém. de l'Acad. des Scienc. de Paris a.1730. pag. 547. sq..
Es läßt sich kein genau bestimmter Zeit - punkt angeben, in welchem die Näthe beym jun - gen Kinde gebildet werden. Gewönlich fan - gen doch die gedachten drey Ränder der Schei - telbeine (§. 79.) schon zu Ende des ersten Le - bensjahres an, sich an die Ränder der anstoßen - den Knochen zu schließen**)Ein sehr sinnliches Beyspiel der Macht des Bil - dungstriebes sieht man hier beym innern Wasser - köpfe wo die flachen Knochen der Hirnschaale (welche durchs Wasser so ausgedehnt und von einander ge - trieben worden) die Knochenfasern an ihren Rändern gleichsam wie Stralen einander entgegen treiben, um damit in einander greifen und an - schließen zu können. und bey gesunden Kindern sind sie meist schon in der Mitte des zweyten Jahres bis auf die vordre Fontanelle ausgebildet.
Vom nachwärtigen Verwachsen dieser Näthe, entweder im höhern Alter, oder durch Krankheiten, ist schon oben (Th. I. §. 51.) die Rede gewesen. – Am frühsten und häu -178 figsten verwächst die Pfeilnath. – Hinge - gen gehört das völlige Verwachsen aller ächten Näthe zu den sehr ungewönlichen Selten - heiten*)schneider de catarrhis Lib. II. cap. 6. pag. 391. sq..
Der ehedem oft misgekannte oder bestrittne Hauptnutze der Näthe ist leicht abzusehen. – Um nemlich die einzelnen Knochen woraus die Hirnschaale zusammengesetzt seyn mußte zwar zur Sicherheit des Gehirns fest genug – aber auch so mit einander zu verbinden, daß sie sich in den Jugendjahren ausdehnen, und dem wachsenden Gehirne Platz machen können.
Unter dem gemeinschaftlichen Namen der Zwickelbeinchen (ossicula suturarum s. triquetra) lassen sich füglich alle die kleinen Kno - chenstückgen zusammenfassen, die nicht selten zwischen den ächten Näthen wie eingeflickt sitzen. Man nennt sie auch, aber aus einem irrigen Grunde, ossicula wormiana*)Als ob sie Ole Worm erfunden hätte, s. wormii et ad eum epistolas T. I. Prolegom. pag. XXVIII.Aber fast hundert Jahre vorher hatte sie schon der abentheurliche Paracelsus in seinem Buch von den hinfallenden Siechtagen folgendermaßen be - schrieben:„ Ein Bein ist am Haupt, und nem - lich es ist gerad und gleich der Centrum. Das Bein ist nicht über einen Kreutzer breit, etwas eckicht, und wird[?] nit in allen Schalen gefunden sondern in etlichen u. s. w. “Auch Eustach hat diese Zwickelbeinchen gekannt und abgebildet; und Sal. Alberti (hist. plerar. part. h. c. pag. 3.) und Marc. Aurel. Severin (Zootom. Democrit. pag. 194. sq.) u. a.m., und hat auch zwischen den sogenannten Wormianis und tri - quetris einigen, aber sehr gesuchten, Unter - schied machen wollen**)th. bartholini anat. reformat. pag. 482. u. f. der Ausg. v. 1669..
Ihre Gestalt, Anzal ꝛc. variirt unend - lich*)staehelin theses phys. anat. botan. in der Haller - schen anat. Samml. VI. B. pag. 671. fig. 3. i. e. hebenstreit rariora ossium momenta. Lips. 1740. al. monro pat. in Ess. of a Soc. at Edinb. T. V. P. I. pag. 220. sq. tabarrani im III. B. der Atti dell 'Accad. di Siena Append. pag. 35. s. und Hünauld, v. Döveren, und Hr. Prof. Sandifort a. a. O.. – Hingegen muß man die auffallend regelmäßige Symmetrie bewundern, die sich bey schön ausgebildeten Schedeln in diesen Zwickelbeinchen zeigt**)Ich besitze z. B. Schedel an welchen zu beiden Seiten der Kranznath nach den Schläfen zu Zwickelbeinchen liegen, die so symmetrisch mit einander accordiren als ob ihre Lage mit dem Zir - kel abgemessen und sie selbst aus einer Form ge - gossen wären. – Eben so zu beiden Seiten der Hinterhauptsnath, wo die auf der rechten Seite mit denen auf der linken in Rückficht der Anzahl, Gestalt, Richtung ꝛc. aufs genaueste harmoni - ren. – Andre mit eben so exact regelmäßigen Gruppen solcher Zwickelbeinchen da wo hinten die sutura sagittalis an die lambdoidea stößt u. s. w..
Am leichtesten und häufigsten entstehen sie bey Grosköpfichten Kindern, deren Näthe sich sonst nicht leicht schließen könnten***)Diese Entstehungsart der Zwickelbeinchen ergiebt sich am deutlichsten bey innern Wasserköpfen von ansehnlicher Größe, wovon ich Beyspiele vor mir habe an welchen die großen häutigen Zwischen -181 räume zwischen den vergrößerten ausgedehnten flachen Knochen der Hirnschaale, mit einer Menge kleiner linsenförmiger Knochenkernchen wie durch - säet sind.Diese so zufällige – meist erst durch eine Krankheit veranlaßte – Entstehung dieser Knö - chelchen, scheint mir, folgends in Verbindung mit dem was in der vorigen Note von ihrer oft so eleganten Symmetrie gesagt worden, wiederum einen nicht unbeträchtlichen Beweis für die Macht des Bildungstriebes abzugeben, und hingegen die Präexistenz der präformirten Keime zu entkräften., wenn nicht solche kleine Knochenkernchen zwischen ihnen erzeugt, und durch ihre Vermittelung die Verbindung der Näthe befördert würde*)Ich entsinne mich nicht bey Thieren Zwickelbein - chen gefunden zu haben. –Auch nicht an Schedeln wilder Nationen. –Und wenn auch gleich beides, wie ich nicht zweifle, seine Ausnahmen haben mag, so scheint es doch mit dem, was von dem Anlaß zu ihrer Ent - stehung gesagt worden, ziemlich übereinzustimmen..
Nun noch ein Wort von der Grundfläche der Hirnhöle (basis cranii) in ihrem Zusammenhange. Erst von ihrer Eintheilung. Dann von den darin eingedruckten Furchen der Blutbehalter in der harten Hirnhaut, und dann die Wiederholung der in dieser basis be - findlichen Oeffnungen.
Man theilt die Hirnhöle überhaupt ins A. cauum cerebri und B. cauum cerebelli.
A. Vom cauum cerebri sind auf der basis cranii dreyerley große Gruben und gewölbte Flächen für die dreyerley lobos des großen Gehirns zu merken.
1. nemlich die Wölbung über den Augen - hölen (§. 17.) für die lobos cerebri anteriores.
2. die großen Gruben, die zumal von der innern Fläche der großen Flügel des Keilbeins (§. 64.) und des daran stoßenden Schlaf -183 beins (§. 44.) gebildet werden, für die lobos cerebri medios.
3. die fossae superiores zwischen der emi - nentia cruciata des Hinterhauptbeins, (§. 36.) für die sogenannten lobos cerebri posteriores.
B. Das cauum cerebelli ist der tiefe kessel - förmige Raum, dessen obrer Rand sich von dem scharfen Rücken der Felsenbeine (§. 44.) rückwärts nach der protuberantia occipitali in - terna (§. 36.) erstreckt.
Zu den Furchen die von der Anlage der Blutbehalter der harten Hirnhaut auf der basis cranii merklich und gewönlich zu sehen sind*)Vergl. mit diesem § vieussens nevrograph. universal. pag. 93. tab. XVII. fig. I. – duverney oeuvr. anat. vol. I. tab. IV. und die ungleich schönere Abbildung in Hrn. v. Haller's icon. anatom. Fasc. I. tab. VI., gehört zuförderst der Anfang und das Ende des sinus longitudinalis der innerhalb der Sichel liegt, und sich vom foramen coecum vor dem Hahnenkamm an, unter der Pfeilnath weg, bis zur protuberantia occipitali interna erstreckt.
Von dieser Protuberanz laufen zu beiden Seiten in stark gekrümmten Bogen die sinus laterales oder transuersi magni (§. 36.) die in den fossis sigmoideis (§. 44.) hinlaufen und sich von da durch die foramina iugularia184 (§. 39. 43. ) ergießen. – Gewönlich sind diese beiden Furchen von ungleicher Tiefe und Weite: und zwar mehrentheils die zur rechten Hand so wie auch das foramen lacerum der - selben Seite weiter als die auf der linken*)rich. lower de corde pag. 156. der Amsterd. Ausg. v. 1740. io. zachar. petsche (Praes. M. Alberti) Sylloge anat. selectar. observ. pag. 4. sq. hunauld in den Mém. de l'Ac. des Sc. a.1730. pag. 559. sq..
Von der nemlichen protuberantia occipit. interna laufen unterwärts zu beiden Seiten des for. magni nach den gleichen foraminibus iugularibus die sinus occipitales posteriores. (§. 36.)
Vor den foraminibus iugularibus liegen zu beiden Seiten der pars basilaris des Hinter - hauptbeins wo es neben dem vordern Ende der Felsenbeine anliegt, die sinus petrosi inferiores. (§. 38.)
Am scharfen Rücken der Felsenbeine die kleinen sinus petrosi superiores. (§. 44.)
Und endlich zu beiden Seiten des Türken - sattels die sogenannten receptacula oder sinus ca - vernosi. (§. 62.)
Zuletzt wiederholen wir die auf der basis cranii befindlichen beträchtlichen Oeffnungen**)Der erste der die Foramina am Kopfe recht genau bestimmt hat, ist Vesal's Nachfolger reald. co -185 lvmbvs in seinem überhaupt viele intressante und feine Bemerkungen enthaltenden Werke de re ana - tomica Lib. I. Cap. II. pag. 67. sq. der Pariser Ausg. p. 1572..
Es sind folgende:
1. das for. coecum (§. 19.)
2. die foramina im Siebchen (§. 77.)
3. die optica (§. 66.)
4. die fissurae orbitales superiores (§. 66.)
5. die for. rotunda (§. 66.)
6. die oualia (§. 66.)
7. die spinosa (§. 66.)
8. der Ausgang des canalis caroticus (§. 44.)
9. die apertura interna des Fallopischen Ganges (§. 44.)
10. der porus acusticus internus (§. 44.)
11. der Ausgang des vordern aquaeductus cotvnnii (§. 44.)
12. der Ausgang des hintern dieser Was - serleitungen (§. 44.)
13. die for. iugularia (§. 39. 43.)
14. die for. mastoidea (§. 43.)
15. das for. occipitale magnum (§. 39.)
16. die for. condyloidea anteriora (§. 39.)
17. die condyl. posteriora (§. 39.)
Die bisher abgehandelten Knochen machen die eigentliche Hirnschaale aus. Alle übrige Knochen des Kopfs, die Oberkiefer nemlich nebst den mit ihnen verbundnen Kno - chen, vie untre Kinlade und die Zähne, wer - den zusammen unter dem Namen der Gesichts - knochen begriffen.
Sie dienen zuförderst zum Gebiß: und helfen dann auch, in Verbindung mit der Hirnschaale die Nasen - und Augenhölen bilden.
So wie sie überhaupt durch ihr Verhält - nis zur Hirnschaale den Menschenschedel von anderer Thiere ihren auszeichnen (§. 4. u. f.), so bestimmen sie auch insbesondre, vorzüglich bey erwachsnen Menschen, das meiste in der Nationalen - oder inviduellen Gesichtsbildung. Außer der Richtung der Gesichtslinie tragen die Jochbeine, die Lage der Nasenknochen,187 und der große Winkel des Unterkiefers das meiste dazu bey.
Man theilt die Gesichtsknochen in den mit dem Schedel unbeweglich verbundnen*)Es sind nur wenige Thiere die ihren Oberkiefer bewegen können, vorzüglich die Papageyen, bey welchen der knöcherne Zapfen der in der hornichten Scheide des Oberschnabels steckt, durch eine über - aus merkwürdige Articulation, die theils zum Ginglymus (Th. I. §. 105.) und theils zur Synneu - rosis (Th. I. §. 101.) zu rechnen ist, und zwischen den Nasenlöchern und den Augenhölen liegt, mit dem übrigen Schedel eingelenkt ist.Bey den mehresten übrigen Vögeln ist zwar auch der Oberschnabel mehr oder weniger biegsam; diese schwache Beweglichkeit rührt aber nicht von einem würklichen Gelenke wie bey den Papageyen, sondern davon her, daß der Knochenzapfen des Oberkiefers meist nur zu beiden Seiten über den Nasenlöchern durch ein paar ziemlich elastische Knochenblätter mit der Hirnschaale zusammen hängt. (S. Herissant in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Par. v. 1748.) – Ohngefähr so wie der Hammer im Ohr beweglich ist, wenn auch gleich die elastische Gräte seines processus spinosus mit dem Ringe der Pauckenhöle verwächst (§. 49.)Ueber die Beweglichkeit der Kiefer des Crocodils ist ehedem viel gestritten worden. – Manche Zer - gliederer, wie Vesalius, Columbus ꝛc. hielten blos seinen Oberkiefer für mobil, den untern aber für unbeweglich. Aber schon Vesling hat das Gegen - theil erwießen und dem Oberkiefer alle eigne Be - weglichkeit abgesprochen – observ. anatomicar. cap. 5. pag. 39. der Ausg. v. 1740. 8.188Hingegen können die Schlangen den Oberkie - fer bewegen; wie ich z. B. an der lebendigen coluber natrix oft bemerkt. Und so auch viele Fische. Vom Zevs faber z. B. s. morgagni aduersar. anat. VI. pag. 228. Theil und in den Unterkiefer. Jener*)Bey Galenus und den folgenden Zergliederern bis auf Vesalius herrscht in Rücksicht der unbewegli - chen Gesichtsknochen viel Verwirrung. Erst Fallo - pius und dessen Schüler Vidus Vidius haben sie recht bestimmt und genau auseinander gesetzt. begreift, außer den Zähnen, folgende 13 Knochen**)theoph. de bordeu sur les articulations des os de la face im II. B. der mém. présentés pag. 13. sq.: 1. 2. die Oberkiefer; 3. 4. die Gaumen - beine; 5. 6. die Jochbeine; 7. 8. die Nasen - beine; 9. 10. die Thränenbeine; 11. 12. die untern Muscheln; und 13. die Pflug - schaar.
Die Oberkiefer*)galen. de ossib. pag. 11. B. (ossa maxillaria s. malae) sind die beiden ansehnlichen aber großen - theils hohlen und ziemlich leichten Knochen von schwer zu bestimmender vieleckichter Gestalt, die unter der Nase und am Gaumen an einan - der stoßen, und sich seitwärts nach den Backen - knochen und in die Höhe bis zum Stirnbein erstrecken**)evstach. tab. XLVII. fig. 1. 3. 6. 7..
So wie das Keilbein mit allen übrigen Knochen der Hirnschaale in Verbindung steht: so die Oberkiefer mit allen übrigen unbeweg - lichen Gesichtsknochen; denen es gleichsam auch als ein os basilare zur Anlage und Stütze dient. Außer diesen stoßen sie auch ans Stirn - bein und ans Siebbein: und fassen mit ihrem untern Rande die obere Reihe Zähne in sich.
Beym reisen ungebornen Kinde haben die Oberkiefer zwar im ganzen genommen schon meist die gleiche Gestalt, wie bey Erwachsnen, auch besteht jedes schon aus einem einzigen Stücke. Nur haben die Theile ein andres Verhältnis*)albini icon. ossium foetus tab. V. fig. 28. 29. 33. – j. hunter nat. hist. of the human teeth, P. I. tab. VIII fig. 2. 3. 5.; zumal sind sie, wie es schon die ganze Kindliche Gesichtsform anzeigt, überaus niedrig (Th. I. §. 43.) besonders nach der Au - senseite zu. Auch ist die nachwärtige große Schleimhöle, eben wegen Mangel des Raums, nur noch sehr unvollkommen, klein: hingegen die sechs Zahnzellen in jedem dieser beiden Kno - chen desto ansehnlicher.
Jeder Oberkiefer läßt sich füglich in vier Seiten eintheilen:
A) in die große, meist gewölbte Außenseite;
B) in die der Nasenhöle zugekehrte innere;
C) in die obere, zur Augenhöle gehörige; und
D) in die untere die den größten Theil des Gaumen bildet.
A) die Außenseite (Facies malaris), bey weiten die größte von allen, erstreckt sich oben von der Nasenwurzel und unten von der Nath zwischen den Schneidezähnen an, erst nach den Jochbeinen und dann noch weiter rückwärts bis zu dm Weisheitszähnen und gegen die Flü - gel des Keilbeins hin.
Sie läßt sich wieder unter vier Abschnitte bringen.
1) den obern macht der processus nasalis, ein schmaler fast Spatelförmiger Zapfen der nach dem Stirnbein hin, zwischen den Nasen - und Thränenbeinen liegt. Da von seiner ver - schiednen Breite großentheils die Richtung der eigentlich sogenannten Nasenknochen abhängt, so trägt er folglich viel zum auszeichnenden der Gesichtsbildung bey. – Seine Außenseite wird durch einen ziemlich scharfen Rücken in zwey Abschnitte getheilt. Der vordre ist zu - weilen zu einer merklich tiefen Furche ausge - schweift*)Ueber diese Furche und wie sie wol ehe bey Ope - rationen der Thränenfistel zu einem Fehlschnitt An - laß gegeben s. bromfield's chirurg. observ. and cases vol. I. pag. 341. sq.. Mit dem hintern hilft er den Nasengang des Thränensacks bilden, und mit dem obern Ende seiner innern Seite den trich - terförmigen Ausweg der Stirnhölen (§. 15.)192 und zuweilen schließt er auch damit die vorder - sten Zellen des Siebbeins. (§. 75.)
2) ganz nach außen unter den Augenhölen liegt der processus malaris, ein kurzer dicker, überaus robuster Fortsatz, mit einer zackichten rauhen Endfläche, die aufs festeste ins Jochbein eingreift.
3) nach unten wird diese Außenseite der Oberkiefer durch den limbus alueolaris begränzt, und zeigt zumal auf der vordern Hälfte, da wo sich das Knochenblatt an die[dahinter] lie - genden Wurzeln der Zähne fest anschließt, der Länge herab gefurchte Eindrücke.
4) nach hinten endigt sich diese Außenseite in eine gewölbte Fläche, (tuberositas maxillaris) die nach unten die Weisheitszähne einschließt, und oben mit einem dünnen Blatt nach dem Rand der Augenhölen hinaufsteigt.
B) die innere Seite der Oberkiefer (facies nasalis) ist nach der Nasenhöle zu gekehrt, und fängt zu oberst mit der innern Fläche des pro - cessus nasalis an, hinter welcher der Nasen - gang der Thränenwege in eine tief ausgeschnittne Rinne (canalis lacrymalis) herabsteigt. Diese Fläche endigt sich mit einem in die quere laufen - den kleinen Rücken, der zur Anlage der untern Muschelbeinchen dient.
193Der übrige und größere Theil dieser innern Seite ist ziemlich tief und eben ausgeschweift, und macht den größten Theil des Bodens der Nasenhöle aus.
In der Mitte wo beide Oberkiefer mit einer tief gezackten und gefurchten Nath aneinander stoßen, bilden sie aufwärts einen rauhen Rücken (crista nasalis), mit einer Furche in der Mitte in welche die Pflugschaar einschneidet; und nach vorn eine stumpfe Spitze (spina nasalis) auf welcher die knorplichte Scheidewand der Nase aufliegt.
Nach hinten ist die äußere Seitenwand dieser facies nasalis wie ausgebrochen, da sich nemlich beym einzelnen, – von den benachbarten Knochen abgesonderten – Oberkiefer der sinus maxillaris mit einer sehr weiten eckichten Mün - dung öffnet.
C) die obere Fläche dieses Knochen bil - det das planum orbitale, das gleichsam den Boden der Augenhöle ausmacht; ziemlich glatt und eben ist; und nur nach hinten mit einer tiefen Rinne durchschnitten wird, die sich gegen die Mitte unter das obere Knochenblatt wie unter eine Brücke verliert und den Canal für den zweyten Ast des fünften Nervenpaares bildet. Nicht selten läuft vom Eintritt jener194 Rinne in diesen Canal, bis zu dessen Ausgang als for. infraorbitale eine eigne Nath (sutura infraorbitalis).
Endlich D) die untere Seite des Oberkie - fers (Facie palatina), die am äußern Rande den limbus alueolaris bildet, und dann rückwärts als gewölbter Gaumen in die Höhe steigt.
Im vollkommen reifen Alter hat jeder Ober - kiefer acht Zahnzellen, die im limbus alueolaris fast wie eine bogenförmige Reihe von Bienen - zellen aneinander liegen, und sich genau nach der Größe und Form der in ihnen eingekeilten Zahnwurzeln richten. Vorzüglich tief sind folglich die von den sogenannten Augenzähnen. Die Scheidewände, zumal die zwischen den Zellen der Backenzähne sind sehr porös und schwammicht.
Der Gaumen ist bey manchen Schedeln mehr – bey andern minder gewölbt; doch wie es scheint ohne Beziehung auf den Geschlechts - unterschied (Th. I. §. 114.) und stößt hinten mit einer Quer-nath an die eigentlich sogenann - ten Gaumenbeine, die daselbst von den Ober - kiefern gleichsam umfaßt und eingeschlossen werden.
Vorn am Gaumen, hinter den Schneide - zähnen zeigt sich, zumal bey ungebohrnen Leibes -195 früchten oder jungen Kindern – doch auch oft noch bey Erwachsnen – an jedem Oberkiefer eine mondförmige Nath*)Auch diese, von vielen neuern Osteologen vergeßne oder übersehne Nath ist von den großen Zerglie - drern des sechzehnten Jahrhunderts aufs genauste bemerkt worden: s. vesal. cap. 9. fig. 2. a. a. und pag. 52. fallop. observ. anat. pag. 35. b. colvmbvs pag. 55. vergl. auch riolan. anthropogr. pag. 649. und h. eysson de ossib. infantis pag. 26. sq.Bey einem großen innern Wasserkopfe in mei - ner Sammlung ist auf der einen Seite die von dieser sutura incisiua eingeschloßne vordre Ecke ganz vom übrigen Oberkiefer losgetrennt, so, daß sie einen völlig abgesonderten eignen kleinen Knochen bildet. (sutura incisiua), die von der Scheidewand zwischen dem äußersten Schnei - dezahn und dem Eckzahn anfängt und nach dem for. palat. anterius lauft, und gleichsam eint schwache Spur des bey andern Säugethieren befindlichen ossis intermaxillaris**)Ich habe diesen so berühmten Knochen lieber os intermaxillare, als mit Hrn. von Haller und andern Zergliederern os incisiuum nennen wollen, weil er sich auch bey den wiederkauenden Thieren mit gespaltnen Klauen, beym Elephanten, und andern dergleichen mammalibus findet die doch keine Schneidezähne im Oberkiefer haben, und weil zweytens beym Elephanten die Eckzähne in densel - ben sitzen. Bey denen die aber mit obern Schnei - dezähnen versehen sind, sitzen dieselben nie wie beym Menschen in den Oberkiefern selbst, sondern immer in diesem zwischen denselben eingekeilten be - sondern Knochen.196Er findet sich folglich bey weiten nicht blos bey den Affen, wie verschiedentlich gemeynt worden, son - dern überhaupt bey den vierfüßigen Säugethieren, wenigstens bey den allermehresten, und trägt viel zur Verlängerung der hervorstehenden Schnauze bey, die das thierische Profil so sehr vom menschlichen aus - zeichnet. – Auch die menschenänlichsten Affen, der Orangutang, der Gibbon ꝛc. haben ihn, s. Hrn. Prof. Camper naturkundige Verhandel. over den Orang-outang en eenige andere Dieren. Amst. 1782. 4. pag. 75. sq. – Eine Abbildung dieses Knochen aus dem Mandril habe ich in der Schrift de gener. humani veriet. natiua gegeben, tab. I. fig. 2. pag. 38. u. f. der zweyten Ausg.Doch habe ich einen kleinen Affenschädel vor mir, – ich kann aber nicht sagen von welcher Gattung – an welchem kann eine nur irgend merkliche Spur von allen den Näthen zu sehen ist wodurch sonst das os intermaxillare so deutlich be - grenzt wird: ohngeachtet fast alle übrigen Suturen aufs schärfste erhalten sind. Hingegen hat er, ge - rade wie beym Menschen, die senkrechte Nath mitten zwischen den obern Schneidezähnen: über - haupt aber auch eine gar nicht sehr schräge linea facialis u. s. w.Ubrigens variirt das os intermaxillare bey den verschiednen Thiergattungen gar sehr sowol in Rücksicht seiner relativen Größe, als seines Ver - hältnißes zu den Nasenbeinen u. s. w. – Bey den allermehresten Affen, auch bey den meisten sehr kleinen Säugethieren besteht es aus einem Stück: bey den Raubthieren hingegen, auch bey den bisulcis und beym Elephanten u. s. w. aus zweyen – Bey letztern sind sie zwar oft so wie die mehresten Knochen seines Schedels verwachsen, und un - deutlich; im Grund aber von ungeheurer Größe197 und um so merkwürdiger, da die Elfenbeinzähne darin sitzen. – Patr. Blair nennt sie ganz un - schicklich ossa palati, s. dessen osteographia elephantina in den Philosoph. Transact. N. 326. pag. 101.Da Galenus in seiner Osteologie cap. 4. pag. 12. A. B. diese Knochen unter die übrigen am Schedel zählt, so erwies Vesalius daraus, daß dieses canonisirte kleine Werk nicht nach Menschen - gerippen verfaßt seyn könne, wodurch er sich denn bekanntlich den fast wüthenden Haß so vieler seiner Zeitgenoßen zuzog, die ihren Galenus dieses Knochen wegen theils mit unglaublich gezwungnen Sophistereyen zu vertheidigen suchten, s. z. B. iac. sylvii depulsio calumniarum Vesani cuiusdam in Galenum §. 5. bezeichnet.
Das eigentliche corpus des Oberkiefers ist durch den sinus maxillaris (das sogenannte an - trum highmori*)Ohngeachtet die Hölen des Oberkiefers schon von den Osteologen des sechzehnten Jahrhunderts genau beschrieben waren (s. z. B. fallopii observ. anat. pag. 35. b.); so hat man sie doch nachher nach Highmor'n genannt, weil dieser in seiner disquis. anat. corporis hum. über die Fisteln und andere Zufälle derselben einiges neues gesagt hatte. ausgehöhlt**)Und doch sind Fälle bekannt, wo auch diese Schleim - hölen bey Erwachsnen gefehlt haben. morgagni aduersar. anatom. I. pag. 18., der an den Wänden herum, zumal nach dem processus zygomaticus (§. 101.) zu, durch verschiedne kleine Scheidewände wie in Nebenzellen ab - getheilt wird, und an dessen obern und vor - dern Seite der canalis infraorbitalis hindurch lauft***)Bey manchen großen Thieren mit langgestreckten Oderkiefern, wie beym Pferd ꝛc. bildet dieser ca - nalis infraorbitalis eine sonderbare lange Röhre, die mitten durch den sinus maxillaris Länge nach hindurch läuft., – Am innern Rande der Augen -198 hölen, dicht unter den ossib. planis des Sieb - beins, finden sich zuweilen die cellulae orbita - riae des Hrn. von Haller*)v. haller ad boerhaavii praelection. in proprias in - stitut. vol. IV. pag. 43. und in den iconib. anatom. fascic. IV. pag. 21. tab. II. fig. 2. O. O., die sich in die vordern Zellen des Siebbeins öffnen. – Die weite Mündung des sinus maxillaris (§. 102.) wird durchs Gaumenbein, durch das untre Muschelbein, und durch die obere Muschel des Siebbeins großentheils geschlossen, so daß er sich nur mit einem oder zuweilen mit zweyen runden Ausgängen in den mittlern Nasengang öffnet**)monro on the nervous System tab. XXIV. fig. 1..
Nun die übrigen foramina an den Ober - kiefern, außer der gedachten Mündung des sinus maxillaris.
Es gehört dahin das infraorbitale, der Ausgang des Canals gleiches Namens, dessen schon mehrmalen gedacht worden (§. 103. 105. ), und der sich vorn unter der Augenhöle öffnet.
Dann das palatinum anticum***)Bey den vierfüßigen Säugethieren und selbst bey den Affen sind die vordern foramina palatina ohne Vergleich größer alt beym Menschen, länglicht,199 und so viel mir wissend, immer doppelt, und bey manchen gar dreyfach, so daß wie beym Pferd ꝛc. zwischen den beiden großen Oeffnungen noch eine dritte kleinere nach vorn in der Mitte liegt. Bey manchen, wie z. B. beym Löwen, sind die Aus - gänge dieser großen Oeffnungen am Gaumen sogar beym lebendigen Thiere sehr sichtlich. (S. Joh. El. Ridinger Abbildung des zahmen Löwen, der 1760 in Deutschland zu sehen gewesen. gr. Fol.) oder der canalis incisiuus, der vorn mit zwey Anfängen aus dem Boden der Nasenhöle zu beiden Seiten der crista nasalis (§. 102.) herabsteigt und sich in ein foramen commune (Tab. I. fig. 2. a.) verbindet, das sich mitten hinter den Schnei - dezähnen auf der Gaumennath öffnet. Es geht ein zellichtes Band hindurch, das die Gaumen - haut mit der in der Nase verbindet*)Die canales incisiuos selbst hatte der vortrefliche Zergliederer Nil Stenson (nic. stenonsis) ums J. 1662., zuerst an Ochsen und Schaafen entdeckt, und sowol in seinen obseruat. anatom. de narium vasis pag. 107. als in dem specim. obseruat. de muscul. et glandulis pag. 34. beschrieben. Nur blieb man lange über ihren Nutzen strittig: – ob sie nicht auch beym lebenden Menschen würklich als offne Gänge dienten, die aus den Nasenhölen zum Gaumen führten; – oder womit sie im gegenseitigen Fall gefüllt wären u. s. w. Das ersten behauptete Santorini obseruat. anatom. pag. 93 sq. doch findet es nur in sehr ungewönlichen Fällen statt. Ge - wönlich verlaufen sich die trichterförmigen Gänge, die aus der Nase zu beiden Seiten der Pflugschaar convergirend hinabsteigen in die oben im vordern foram. palatino liegende carunculam incisiuam, die Morgagni in seinem Brief an Hrn. Girardi beschreibt: s. des letzt. Erklärung der nachgelaßnen Santorinischen Tafeln in der Vorr. S. XVII. und im Text S. 56. – Vergl. damit duverney oeuvr. anatom. vol. I. pag. 221. 137. und morgagni aduersar. anat. VI. pag. 237.; auch200 Blutgefäße, und ein paar Nervenfäden vom zweyten Ast des sünften Paars; welche letztere in den vollkommsten Schedeln zu beiden Seiten des gemeinschaftlichen for. palat. antici durch ein paar kleinere besondre Gänge laufen*)Eine vortrefliche Abbildung dieser Gänge und Ner - ven wird im zweyten B. der annotat. anatomicar. des Hrn. Prof. Scarpa erscheinen..
Der Ausgang des canalis lacrymalis (§. 101. 102. ) öffnet sich in den untern Na - sengang.
Ferner hilft auch der Oberkiefer großentheils die fissuram orbitalem infer. bilden (§. 66.)
So wie endlich auch den sulcum pterygo - palatinum, von dem im folgenden Abschnitt die Rede seyn wird.
Die Gaumenbeine*)galen. de ossib. pag. 11. D. (ossa palatina) sind gleichsam als eine Fortsetzung der Ober - kiefer anzusehen, da sie fast von allen Seiten wie in einem Stücke mit denselben fortlaufen; eben so in der Mitte an einander stoßen u. s. w. Sie sind weit kleiner, aber ebenfalls von einer schwer zu vergleichenden, vieleckichten Ge - stalt**)evstach. tab. XLVII. fig. 1. 3. 6. 8. – vid. vidivs. a. a. O. tab. VI. fig. 19. pag. 37. – ar. cant impetus prim. anatom. LB. 1721. tab. V. fig. 9. 10..
Auch stehen, sie bey der reifen Leibes - frucht***)albini icon. ossium foetus tab. V. fig. 27. 30. 32. schon im gleichen Verhältnis mit den Oberkiefern; sind gleichfalls schon sehr aus - gebildet, nur, so wie diese noch nicht in dem nachwärtigen. Verhältnis ihrer Theile, noch niedrig; der obere zur Augenhöle gehörige Theil sehr klein; der processus pyramidalis hingegen sehr gros u. s. w.
Sie liegen gröstentheils zwischen den Ober - kiefern und den processib. pterygoideis des Keil - beins und stehen außerdem auch noch mit dem Siebbein, mit den untern Muschelbeinen, und mit der Pflugschaar in Verbindung.
Da die Gaumenbeine den hintern Theil des Gaumen, der Nasenhöle und der Augen - hölen bilden helfen, so theilt man sie füglich in A) pars palatina: B) nasalis; und C) orbitalis.
A) die pars palatina liegt horizontal, dicht hinter der Gaumenfläche des Oberkiefers. Sie ist eben so wie diese auf der untern Seite un - eben, auf der obern hingegen glatter und mehr ausgeschweift. Auch wird da wo beide Gau - menbeine aneinander stoßen eben so die crista nasalis für die Pflugschaar fortgesetzt; und nach hinten am Ende der Nath, die den Gau - men der Länge nach durchschneidet, eine spina palatina gebildet.
Nach hinten und außen verläuft sich dieser Theil des Gaumenbeins in einen ziemlich star - ken, eckichten, am Ende scharf zugespitzten Zapfen (processus pyramidalis), der sich zwischen das untre Gabelförmige Ende der beiderley203 processum pterygoideor. einlegt und mit sei - ner hintern Fläche die fossa pterygoidea nach unten zu schließt.
B) pars nasalis steht, gleichsam am äußern Rande des vorigen horizontalen Theiles, ziem - lich senkrecht in die Höhe, und bildet ein brei - tes Knochenblatt, das sich nach oben und zu - gleich etwas rückwärts erstreckt, und einen be - trächtlichen Theil der großen Mündung des sinus maxillaris zuschließt.
Ohngefähr in der Mitte dieses Knochen - blatts lauft auf der innern Seite ein erhabner Rücken in die Quere, der zur Anlage des untern Muschelbeins dient.
Nach dem obern Rande zu zeigt sich eine schwache Spur einer änliche Erhabenheit für die dem Siebbein zugehörige, sogenannte mittlere Muschel.
C) pars orbitalis der kleinste Theil, der einen vieleckichten, doch in den schönsten Köpfen ziemlich vierseitigen oder gleichsam einer Fus - angel änelnden Körper bildet, der sich in dem Hintergrunde der Augenhöle zwischen den Ober - kiefer, das Keilbein und das Siebbein einlegt,204 und den letzten Winkel des Bodens der Augen - höle ausmacht.
Gewönlich ist er mit Knochenzellen gefüllt; zuweilen hat er nach hinten eine größere Zelle, die mit dem sinus sphenoideus zusammen - stößt*)Hrn. Prof. Walter's Abhandlung von trocknen Kn. des menschlichen Körpers S. 143. – albinvs de sceleto pag. 196 sq.: – in sehr gut ausgebildeten Sche - deln aber habe ich auch diesen ganzen Theil des Gaumenbeins mit einem eignen sinulus völlig wie eine Blase rein ausgehölt gefunden, der sich nur mit einem engen Gange in den sinus sphenoideus öffnet.
An der Außenseite der pars nasalis des Gau - menbeins lauft von oben nach unten und zu - gleich ein wenig nach vorn eine ansehnliche tiefe Rinne (sulcus spheno - oder pterygo-pa - latinus), der nach oben mit den hinten dran stoßenden processib. pterygoideis des Keilbeins, und nach unten mit dem dran liegenden Ober - kiefer den canalis pterygo-palatinus bildet, in welchem der Nerve gleiches Namens vom zwey - ten Aste des fünften Paares herabsteigt. Oben fängt sich dieser Canal mit einem tiefen verschie - dentlich ausgeschweiften Einschnitt, nemlich dem foramen pterygo-palatinum an, wel -205 ches im hintern Winkel zwischen der parte na - sali und orbitali des Knochen ausgeschnitten ist. Unten aber vertheilt er sich in drey Gänge, wovon der größte (canalis pterygo-palati - nus anterior s. maior*)l. f. meckel de quinto p. nerv. cerebr. pag. 61. q) sich auf der Gaumen - fläche in das große foramen palatinum posti - cum (Tab. I. fig. 2. b.) endigt: von den bei - den kleinen öffnet sich der eine (canalis pterygo - palatinus posterior**)id. ibid. pag. 62. v)) auf der untern Seite des procesus pyramidalis; der andre aber (ca - nalis pterygo-palatinus exterior***)id. ibid. pag. 64. c)) zwischen diesem Fortsatz und der daran liegenden Zeile des Weisheitzahns.
Die Jochbeine*)Galenus a. a. O. S. 10. u. f., wie sie nach der allge - mein angenommenen griechischen und la - teinischen Benennung füglich heissen; oder die Backenbeine (ossa iugalia s. zygomatica, auch theils so wie die Oberkiefer ossa malarum ge - nannt –) sind ein paar sehr robuste starke von außen gewölbte von innen flach ausgehölte Knochen, wodurch die Oberkiefer vorzüglich mit den Schlafbeinen verbunden werden; und die auch mehr als ein Drittel zum Umfang des äußern Randes der Augenhölen beytragen**)evstach. tab. XLVII. fig. 1. 3. 6. 7..
Außer den Oberkiefern stehen sie mit keinen andern Gesichtsknochen, sondern mit dem Hirn - schedel, nemlich wie gedacht mit den Schlaf - beinen, dann mit dem Stirnbeine, und mit dem Keilbeine in Verbindung.
Da sie vorzüglich dienen den Oberkiefer und die Hirnschaale unter einander zu befesti - gen, so werden sie früh gebildet, und haben schon bey der reifen Leibesfrucht eine ansehnliche Größe, aber doch noch nicht ganz die nachwär - tige Bildung, indem ihnen dann noch besonders die zackichten Endflächen an ihren drey großen Fortsätzen mangeln*)albini icon. oss. foet. tab. V. fig. 26. 31..
Jedes Jochbein hat ohngefähr die Gestalt eines verschobnen Vierecks von drey breiten und einer schmalen Seite; doch findet sich überhaupt in dem Verhältnis dieser Seiten gegen einander viele Verschiedenheit.
Am füglichsten läßt es sich in drey Fort - sätze eintheilen: A) processus maxillaris: B) frontalis; und C) zygomaticus.
A) der processus maxillaris ist der breiteste, und nimmt die ganze schmale Seite des Vier - ecks ein. Er fängt oben nahe bey dem for. infraorbitale an, läuft nach unten und außen, und hat auf der innern Seite eine mehren - theils große, theils recht scharfzackichte Fläche, womit er aufs festeste an den processus malaris des Oberkiefers (§. 101.) anschließt.
B) der processus frontalis steht nach außen gleichsam aufrecht in die Höhe und greift mit einer scharfgezänelten Nath in den processus orbitalis externus des Stirnbeins (§. 12.)
Nach vorn verlauft et sich in den rundlich ausgeschweiften Rand der Augenhöle. Nach hinten hilft er die incisura zygomatica bilden, und nach innen wird er in ein dünnes Knochen blatt verlängert, das mit einer rauhen unäch - ten Nath an den vordern Rand des großen Flügels vom Keilbeine (§. 64.) stößt.
C) der processus zygomaticus liegt rück - wärts nach unten, ist weit kleiner als der maxillaris, lauft aber meist in der gleichen Rich - tung schräg nach hinten und schließt fest an den processus zygomaticus des Schlafbeins (§. 43.) an.
Die kleinen Löcher in diesem und den nächst - folgenden Knochen sind nur zum Durchgang kleiner Blutgefäße bestimmt, noch dazu un - beständig und daher keiner besondern Erwäh - nung werth.
Die Nasenbeine*)Galenus a. a. O. S. 12. (ossa nasi) sind ein paar längliche, kleine, aber ziemlich starke Knochen, die zusammen beynah die Ge - stalt eines flachen Sattels haben, und den obern oder knöchernen Theil des Nasenrückens ausmachen**)evstach. tab. XLVII. fig. 4. vid. vidivs tab. VI. fig. 13. 14. pag. 37..
Sie stehen blos mit dem Stirnbein und den Oberkiefern in Verbindung, da sie dicht unter der glabella des erstern auf seiner spina nasali, und zwischen den processibus nasali - bus der letztern, an einander liegen. Selten reicht das septum narium des Siebbeins so weit vor, daß sie auch an dieses anstoßen.
Gewönlich sind sie nur durch eine unächte – zuweilen aber auch durch eine von außen stark gezänelte, folglich ächte Nath mit einander210 verbunden. – Auch habe ich sie ganz zusam - menverwachsen gesunden u. s. w.
Bey der reifen Leibesfrucht – und selbst schon in der ersten Helfte der Schwanger - schaft – sind diese Knochen nicht nur schon überaus vollkommen ausgebildet*)albini icon. oss. foet. tab. V. fig. 36. 37., sondern auch weil sie nach vorne frey liegen und ziem - lich ungehindert wachsen können in Verhältnis gegen die übrigen Knochen, der Hirnschaale sowol als des Gesichts, von ansehnlicher Größe. – So wie überhaupt meines Be - dünkens außer den Gehörbeinchen keine andere Knochen am ganzen Gerippe so früh zu einer solchen Vollkommenheit gelangen als eben diese.
Jeder Nasenknochen hat ohngefähr die Ge - stalt eines irregulären länglichten Vierecks**)Die mehresten Affen, Paviane und Meerkatzen haben nur einen einzigen Nasenknochen, in Gestalt eines Dreyecks mit einer schmalen nach oben ge - kehrten Spitze.Die mehresten übrigen Säugethiere haben zwey theils ausnehmend lange und schmale Nasenknochen.Dem Elephanten aber fehlen sie gänzlich, so wie es sich ohnehin leicht aus dem Bau und der Bestimmung seines Rüssels erwarten läßt.:211 ist nach oben am stärksten; gegen die Mitte schmahl, und nach unten am breitesten, wo er sich zugleich nach außen in eine abwärts stei - gende Spitze verlängert: zuweilen aber auch nach innen, da wo beide Nasenknochen an einander stoßen,[ebenfalls eine vorwärts] lau - fende kurze und stumpfe Spitze bildet.
Auf der Ausenseite sind die Nasenknochen ziemlich eben. Auf der innern aber rauh: und durch einen scharfen Rücken zumal nach oben wie in zwey Flächen abgesondert, wovon die innern aneinander selbst, die äußern aber über die Nasenhöle zu liegen kommen.
Oft zeigen sich auf dieser innern Seite und auf der daneben liegenden Gegend des Ober - kiefers saubere Abdrücke von Schlagadern fast wie in der Hirnschaale, meist als Furchen, zuweilen aber auch als bedeckte Canäle.
Die Thränenbeine*)Galenus a. a. O. S. 11. B. (ossa lacrymalia, s. vnguis) sind die kleinsten Gesichtskno - chen, von einem überaus zarten eleganten Bau, und ohngefähr von der Gestalt einer länglich - ten Fischschuppe**)vid. vidivs tab. VI. fig. 6. 7..
Sie liegen am innern Rande der Augenhö - len: stoßen nach oben ans Stirnbein; nach vorn an den processus nasalis des Oberkiefers und nach hinten an die ossa papyracea des Siebbeins, wovon sie gleichsam eine Fortsetzung ausmachen. Zuweilen reichen auch die untern Muschelbeine bis zu ihrer innern Seite hinauf.
Die Thränenbeinchen wachsen zwar bey unreifen Embryonen nicht so bald zu der an - sehnlichen Größe als die Nasenbeine. (§. 125.) Hingegen sind sie doch bey der reifen Leibes -213 frucht schon überaus vollkommen und scharf ausgebildet*)albini icon. oss. foet. tab. V. fig. 34. 35.: und ohngeachtet sie am ganzen Rande von andern Knochen eingeschloßen sind, doch in Verhältnis gegen diese beträchtlich gros.
Sie helfen fast in ihrem ganzen Umfange die Augenhöle bilden**)Auch diese Knochen fehlen dem Elephanten – so wie ihm auch überhaupt der Thränengang man - gelt. S. Hrn. Prof. Camper's kleinere Schriften I B. 1 St. S. 55.. Nur verläuft sich das untre Ende ihres vordern Randes in einen zarten etwas einwärts gebognen kleinen Hacken (hamulus), der den ductus lacrymalis an der innern Seite der Oberkiefer (§. 102.) schließen hilft.
Die Außenseite jedes Thränenbeines ist im ganzen genommen glatt und flach ausge - schweift. Wird aber durch einen scharfen fast schneidenden Rand (crista longitudinalis) der nach vorn von oben bis unten zum hamulus herabsteigt, in zwey Abschnitte von ungleicher Breite getheilt.
Der hintere Abschnitt ist der größte und macht mit den daranstoßenden drey Knochen eine ebne gemeinschaftliche Fläche der Augenhöle.
214Der vordere ist an manchen Köpfen sehr, an andern minder schmahl – allemal aber weit schmahler als der vorgedachte. Er ist wie eine Rinne ausgefurcht, die in Verbindung mit dem hintern Rande des processus nasalis am Ober - kiefer (§. 101.) den Eingang zum canalis la - crymalis bildet*)Würklich scheint schon Ebn Sina (avicenna) den Thränengang gekannt zu haben Canon. L. III. Fen V. Tract. I. cap. 1. pag. 239. der Venet. Ausg. v. 1584..
Die innere Fläche des Thränenbeins ist flach gewölbt, uneben, und rauher als die äußere, und deckt größtentheils die vordern cel - lulas ethmoideas (§. 75.). Auch hilft sie den Ausgang der Stirnhölen bilden (§. 15.). – In der Gegend wo außen die crista longitudi - nalis lauft, zeigt sich hier eine flach eingedruckte Furche.
Die untern Muschelbeine*)Der erste der die untern Muschelbeine für ein paar eigne besondre Knochen anerkannte, war wieder der mehrmals gerühmte Columbus a. a. O. S. 58.Doch sind sie auch von neuern Osteologen blos für Fortsätze oder Anhänge andrer Gesichtsknochen gehalten worden. – So z. B. für Theile der Thränenbeinchen von Winslow im Tr. anat. vol. I. pag. 86. und von hensing de apophysib. pag. 15. – Für Fortsätze der Gaumenbeine von santorini observ. anat. pag. 88. – Für Theile des Siebbeins von Hünauld in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Par. v. 1730. pag. 560. so wie vorlängst von fallop. observ. anat. pag. 35.Mit diesen dreyerley Knochen sind sie aber ge - wiß nur in den seltesten Fällen verwachsen. Weit eher könnte man sie für Theile der Oberkiefer halten, als mit welchen ich sie bey einigen übrigens ausnehmend schön ausgebildeten und doch noch jugendlichen Köpfen, so wie auch in den gedach - ten Schedeln vom Neger und vom Nordamericaner, vollkommen zu einem Stücke verwachsen gefunden habe. (conchae inferiores, ossa turbinata s. spongiosa in - feriora) liegen unten in der Nasenhöle nach außen, sind so wie die Muscheln des Sieb - beins von mürber schwammichter Textur und216 haben allerdings einige Aenlichkeit mit den ein - zelnen Schaalen einer gemeinen Flußmuschel, wenn man sich dieselben in die Lage denkt, daß ihr langer äußerer Rand nach unten, das Schloß nach oben und ihre gewölbte Ausen - fläche nach der Scheidewand der Nase zu ge - kehrt ist. Doch variiren die Muschelbeine so, wol in der Bildung als in der Größe, und ich habe sie z. B. selbst in sehr schönen Schedeln fast nur wie einen scharfen, gar nicht muschel - förmig gerollten, Rand gesehen.
Sie sind vorzüglich am Oberkiefer und an den Gaumenbeinen befestigt, zuweilen aber stoßen sie, wie gedacht, mit dem obern Rande auch an die kleinen Fortsätze des processus vn - cinatus am Siebbein (§. 75.) und mit ihrer obern und vordern Ecke auch an die innere Seite der Thränenbeine. (§. 129.)
So zart sie sind, so sangen sie doch auch schon um die Mitte der Schwangerschaft we - nigstens in so weit an verknöchert zu werden, daß die kleine knorplichte Muschel wie mit einem lockern Netz von schwammichten Knochen - fäden durchwebt ist. Ben der reifen Leibes - frucht aber sind sie schon fast so vollkommen217 als die Nasen - und Thränenbeine ausge - bildet*)albini icon. oss. foet. tab. V. fig. 38. 39..
Jeder dieser beiden Knochen stellt wie ge - sagt ein muschelförmig gebognes Blatt vor, dessen Ausenseite ausgehölt, die nach innen gekehrte hingegen flach gewölbt ist: und läßt sich füglich in drey Ränder abtheilen: A) den vordern; B) den obern; und C) den hintern.
A) der vordre Rand ist der kürzeste und gleichsam flach abgeschnitten: liegt in einer schrägen Richtung vorn an der innern Seite des Oberkiefers, gleichsam an der Wurzel des processus nasalis: deckt mit seiner obern Ecke den Ausgang des canalis lacrymalis, und reicht mit seiner vordern bis an den äußern Rand der Nasenhöle.
B) der obere Rand ist nach außen zu wie umgeschlagen, so daß ein schmales gleichsam runterwärts gebognes Knochenblatt neben ihm hinlauft, das auf dem untern Ausschnitt der großen Mündung des antri maxillaris (§. 105.) aufsitzt. Nach hinten stößt dieser Rand mit218 dem untern in eine länglichte Spitze (hamulus palatinus) zusammen, die an einem besondern Rücken der pars nasalis des Gaumenbeins (§. 112.) anliegt.
C) der untere Rand ist der längste und dickste von allen dreyen, vorzüglich schwam - micht*)Zumal bey den scharfriechenden grasfressenden Thie - ren, dem Pferd, Rindvieh ꝛc. s. Salvat. Morand in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Par. v. 1724. pag. 405. sq. tab. XXIV. rauh und uneben; und bogenförmig gekrümmt. Er deckt den untern von den drey sogenannten Nasengängen.
Die Pflugschaar*)Auch die Pflugschaar ist erst von Columbus a. a. O. S. 48. und von Fallopius observ. pag. 33 b. als ein besonderer Knochen beschrieben, und vomer genannt worden.Vesalius hielt sie für einen Anhang des Sieb - beins, und in diesem Irthum sind ihm auch noch neuerlich Santorini a. a. O. S. 88, Ant. Petit in seiner Ausg. des Palfyn, so wie Lieutaud und Hr. Portal gefolgt, s. des letztern Ausg. von Lieutaud's anat. hist. et pratique vol. I. pag. 66. sq.Vidius sah sie für einen Theil des Keilbeins an. (vomer) wie sie ihrer Gestalt wegen genannt worden, ist der einzige ungepaarte unter den zum Schedel ge - hörigen Gesichtsknochen. Sie stellt, das obere Ende ausgenommen, ein flach zusam - mengedrucktes vertical-stehendes Blatt vor, und macht einen beträchtlichen Theil der Scheide - wand der Nase aus**)vidivs tab. VI. fig. 8. 9..
Sie steht nach oben mit dem Keilbein und dem Siebbein; nach unten aber mit dem Ober - kiefer und den Gaumenbeinen in Verbindung.
Sie hat schon bey der Leibesfrucht in der Mitte der Schwangerschaft eine ansehnliche Größe: aber doch beym ungehohrnen Kinde überhaupt eine von der nachwärtigen ziemlich abweichende Gestalt. Ihr Umriß ziemlich ist dann noch nicht so wir nachher rhomboidal, sondern mehr Spindelförmig; ihre beiden Blätter stehen nach oben, ihrer ganzen Länge nach, noch weit auseinander, und schließen nach unten nicht in einen scharfen Rand, son - dern in eine länglichte Fläche.
Mit den Jahren schließen die beiden Blät - ter dichter aneinander, und wachsen zuweilen ganz zusammen; oder lassen wenigstens nur in der Mitte noch einen engen Zwischenraum oder nach vorn eine Spalte u. s. w. Zugleich wird aber dieses Blatt höher und kriegt die Gestalt eines geschobnen Vierecks, das sich dann füglich in vier Ränder abtheilen läßt: A) der obere; B) der vordere; C) der untere; und D) der hintere.
A) der obere Rand ist bey weiten der stärkste, bildet eine ausgefurchte Fläche, die zu beiden Seiten und theils nach hinten in ein paar platte rundliche Fortsätze auslauft. 221Die flach ausgefurchte Rinne, wodurch diese von einander abgesondert werden, nimmt den untern scharfen Rand des Keilbeins auf (§. 62.). Die Fortsätze aber legen sich an die cornua sphenoidalia. (§. 62. 72.)
B) der vordre Rand ist mehrentheils der längste und zugleich der zarteste: oft fein aus - gezackt oder wie durchbrochen u. s. w. Er dient nach hinten dem knöchernen septo des Siebbeins und nach vorn der knorplichen Scheidewand der Nase zur Anlage: und nimmt sie oft in eine gleichsam eingeschnitte Spalte auf, die noch von dem vormaligen Abstande der beiden abgesonderten Blätter (§. 144. 145. ) übrig bleibt.
C) der untre Rand ist gleichsam die Schneide der Pflugschaar, die in der obgedach - ten Furche der crista nasalis sowol der Ober - kiefer (§. 102.) als der Gaumenbeine (§. 111.) einliegt*)Dieser untre Rand der Pflugschaar kan, wie ich an Beyspielen vor mir sehe, bey Leibesfrüchten durch eine Kopfwassersucht oder einen andern me - chanischen Druck die Oberkiefer und Gaumenbeine auseinander treiben, und dadurch den gespaltnen Gaumen verursachen..
D) der hintere Rand endlich, der die choana (§. 65.) in zwey Helften scheidet, ist glatt und eben: fängt oben von den platten Fortsätzen des obern Randes (§. 146.) ziem - lich breit an, und lauft unten nach der spina palatina (§. 111.) scharf zu.
Jetzt zum Schluß der unbeweglichen Gesichts - knochen noch ein Wort ins besondre über die zur Aufnahme der Gesichts - und Geruch - werkzeuge bestimmte Hölen, die durch ihre Verbindung unter einander und mit den Kno - chen der Hirnschaale gebildet werden. – Zuerst von jenen.
Die beiden Augenhölen*)Die Augenhölen sind nur erst neuerlich in ihrem wahren Zusammenhang und Verhältnissen beschrie - ben worden. Außer dem wenigen was Winslow in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Par. v. 1721 da - von gesagt, hat Hr. Prof. Camper zuerst hier - über Licht verbreitet in s. diss. physiol. de quibusd. oculi partib. LB. 1746. cap. I. und dann unser un - vergeßlicher Zinn in seinem classischen Werke cap. 7. (orbitae, fo - ramina oculorum) haben fast die Gestalt ein paar vierseitiger aber abgerundeter und schräg - liegender Pyramiden, die mit den Grund - flächen nach vorn und mit den Spitzen nach hinten gerichtet sind.
Beider ihre gegenseitige Lage ist beym er - wachsnen Menschen so, daß die beiden innern Wände ziemlich parallel mit einander laufen und nur wenig von vorn nach hinten von ein - ander divergiren: die äußern aber von vorn nach hinten sehr stark convergiren: die Decke ziemlich horizontal liegt: der Boden aber schräg von außen nach innen und zugleich von vorn nach hinten in die Höhe steigt.
Es sind sieben Knochen des Schedels durch deren Verbindung die Augenhölen zusammen gesetzt sind:
1. die pars orbitalis des Stirnbeins nem - lich macht die Decke oder das Gewölbe (§. 13. 17.)
2. das planum orbitale des Oberkiefers (§. 103.) den größten Theil – und 3. die pars orbitalis des Gaumenbeins (§. 113.) den hintersten kleinen Winkel des Bodens dersel - ben aus.
4. die innere Fläche des Jochbeins (§. 120.) und 5. die superficies orbitalis der großen Flü - gel des Keilbeins (§. 64.) bilden die äußere Wand*)Außer dem Menschen haben meines wissens nur die Affen, Paviane und Meerkatzen diese äußere225 Wand und eine von allen Seiten geschloßne knö - cherne Augenhöle.Bey den übrigen Säugethieren reicht das Joch - bein nicht hinauf zum Stirnbein, und die großen Flügel des Keilbeins treten auch nicht so weit seit - wärts hervor, sondern die Augenhöle ist an den Thierschedeln nach außen mehr oder weniger offen; vermutlich um dem process. coronoideus des Unter - kiefers der bey den Thieren mehrentheils weit größer ist als beym Menschen oder Affen, eine freyere Bewegung zu gestatten.Der Maulwurf hat gar keine Augenhölen – da seine kleinen so lange ganz verkannten Augen ganz vorn unter der Haut liegen.Fast einen änlichen Bau habe ich bey der Zer - gliederung des kleinen Brasilischen Ameisenbären (myrmecophaga didactyla) gefunden, der auch gar keine wahren Augenhölen hat.Die ungeheure Größe der Augenhölen bey den Vögeln ist bekannt..
6. das Thränenbein (§. 131.) aber, und 7. die pars papyracea des Siebbeins (§. 76.) die innere.
Die in den Augenhölen zu merkenden Gänge und Oeffnungen sind
1. das foramen supraorbitale (§. 19.)
2. 3. die orbitalia interna (§. 19.)
4. das opticum (§. 66.)
2265. das rotundum (§. 66.)
6. 7. die beiden fissurae orbitales, superior und inferior (§. 66.) die in Rücksicht der Weite und Länge gar sehr variiren;
8. der canalis infraorbitalis (§. 106.)
und 9. der Eingang des canalis lacrymalis (§. 106. 132.)
Die Nasenhölen*)Die erste genauere Beschreibung und Abbildung der Nasenhölen im Menschen und verschiednen Thieren hat Casserius gegeben, de fabrica nasi im pentaestheseion pag. 115. sq. der Ausg. v. 1610.Unter den neuern Schriftstellern über diesen Theil empfielt sich vorzüglich sam. avrivillii diss. de naribus internis. Vpsal. 1760. (Nares internae) sind zwey dicht an einander liegende kurze aber sehr geräumige Gänge, von deren Seiten - wänden und Decke mancherley gewundne Kno - chenblätter hinabragen. Sie werden durch die Scheidewand des Siebbeins (§. 72.), die Pflugschaar (§. 141.), und die crista nasalis der Oberkiefer (§. 102.) und der Gaumen - beine (§. 111.) in zwey Hälften, die aber oft von ungleicher Weite sind (§. 72.) abge - theilt: und öffnen sich nach vorn durch die von den Oberkiefern und den Nasenbeinen gebildete Oeffnung; nach hinten aber durch die choana die aus der Verbindung des Keilbeins mit den Gaumenbeinen entsteht.
Diese Hölen werden eigentlich durch fol - gende zwölf Knochen zusammengesetzt: durch vier gepaarte nemlich, und vier ungepaarte. Diese sind:
1. das Siebbein;
2. das Keilbein;
3. das Stirnbein;
4. die Pflugschaar.
Jene: 5. 6. die Oberkiefer;
7. 8. die Gaumenbeine;
9. 10. die Nasenbeine;
11. 12. die untern Muschelbeine.
Gewissermaßen kann man man aber auch noch 13. 14. die Thränenbeinchen dazu rechnen.
Durch die Anlage der dreyerley Muscheln werden zu beiden Seiten der Scheidewand der Nasenhölen, nach außen, drey Bogenförmige Rinnen oder Gänge (meatus s. semicanales) gebildet, die über einander liegen, und meist in gleicher Richtung von vorn Nach hinten laufen*)Mit diesem ganzen Abschnitt vergl. folgende Abbil - dungen: duverney oeuvr. anat. vol. I. tab. XIV. – v. haller tab. narium internar. im IV Fascic. der229 icon. anat. – santorini tab. posthum. tab. IV. – und die Kupfertafel zu m. Prolus. de sinib. frontalib..
A) der meatus inferior, unten, nah am Boden der Nasenhöle, wird durchs untre Muschelbein bedeckt. – In seinen obern vor - dern Winkel öffnet sich der Ausgang des cana - lis lacrymalis.
B) der meatus medius lauft vor dem pro - cessus vncinatus des Siebbeins (§. 75.) und der großen Mündung des sinus maxillaris hin, und wird durch die sogenannte concha media des Siebbeins bedeckt. – Es öffnen sich in diesen Gang eben die gedachten großen sinus des Oberkiefers, und die Stirnhölen.
C) der meatus superior ist der kürzeste, lauft rückwärts über dem vorigen, wird durch die obere Muschel des Siebbeins gedeckt, und öffnen sich in ihn sowol cellulae ethmoideae als auch der sinus sphenoidalis.
Die Nasenhölen stehen eben durch die ge - dachten im meatus medius und superior be - findlichen Oeffnungen mit den sogenannten Schleimhölen in Verbindung, die vorzüglich den wichtigen Nutzen haben, daß im gesunden Zustande aus der Gefäsreichen Haut, womit sie ausgekleidet sind, ein wäßriger Duft abgeschie -230 den wird, der unmerklich durch die meatus herabfließt, und da die eigentliche Schneider - sche Haut womit die Muscheln überzogen sind, gleichsam bethaut, und dadurch für den Ge - ruch desto empfänglicher macht.
Außerdem dienen sie auch im Nothfall bey Schnupfen ꝛc. einen Theil des Schleims auf - zunehmen, und dadurch die Beschwerde des unabläßigen Ausflusses zu mindern u. s. w.*)Dieser Nutze erhellt aus dem gegenseitigen Erfolg bey kleinen Kindern, deren Schleimhölen noch so unvollkommen oder gar nicht ausgebildet sind..
Ueberhaupt aber sind sie so vertheilt, und ihre Ausgänge öffnen sich nach so verschiednen Richtungen in die Nasenhölen, daß auch bey jeder veränderten Lage des Kopfs doch immer wenigstens die einen oder die andern ihren Duft auf die Geruchwerkzeuge abgeben können**)boerhaave praelect. in propr. instit. ad §. CCCCXCVII. vol. IV. pag. 59. sq. – morgagni aduersar. anat. VI. pag. 236..
Der großen – und nur in sehr seltnen Fällen beym erwachsnen Menschen fehlenden – Schleimhölen, sind viere:
A) die sinus frontales (§. 14. u. f.)
B) die maxillares (§. 105.)
231C) die ethmoidei (§. 75.)
und D) die sphenoidales. (§. 63.)
Zu den kleinern nicht so beständigen Hö - len dieser Art gehören:
1) die Hallerischen cellulae orbitariae (§. 105.)
2) der Santorinischen sinus in der concha media des Siebbeins (§. 74.)
und 3) der oben beschriebne sinulus in der pars orbitalis des Gaumenbeins (§. 113.)
Die in die Nasenhöle gehenden foramina sind außer den Mündungen der Schleimhölen:
1. die im durchlöcherten Querblatte des Siebbeins (§. 77.) in unbestimmter Anzahl.
2. die orbitalia interna (§. 19.)
3. die palatina antica (§. 106.)
4. der Ausgang des canalis lacrymalis (§. 102.)
und 5. das foramen pterygo-palatinum (§. 114.)
Dahin gehört zuförderst die incisura zygo - matica, der so robuste Bogen, durch wel - chen das Jochbein mit dem Schlafbein befestigt wird, und welcher überhaupt viel zur Verbin - dung der Gesichtsknochen mit der eigentlichen Hirnschaale beyträgt. Ueberhaupt aber ist er von sehr verschiedentlicher Weite, die vorzüg - lich von der Größe derjenigen Gruben in der Grundfläche der Hirnhöle abhängt, welche die lobos cerebri medios aufnehmen. (§. 90.) Sind diese nach außen weit ausgeschweift, so ist die incisura zygomatica enger, – und um - gekehrt.
Die übrigen merkwürdigen Oeffnungen an der Außenseite des Schedels sind:
1. die parietalia (§. 28.)
2. die supraorbitalia (§. 19.)
3. die infraorbitalia (§. 106.)
2334. das palatinum anticum (§. 106.)
5. die palatina postica nebst den beiden be - nachbarten Ausgängen für die kleinern canales pterygo-palatinos (§. 114.)
6. die canales vidiani (§. 66.)
7. die fissurae orbitales inferiores (§. 66.)
8. die foramina oualia (§. 66.)
9. die spinosa (§. 66.)
10. die Eingänge zu den canalibus caroti - cis (§. 43.)
11. die ausgerundeten glatten Gruben für die bulbos der venar. iugularium, und darneben die for. lacera (§. 43.)
12. die fissurae glaseri (§. 43.)
13. die äußern Gehörgänge (§. 43.)
14. die for. stylomastoidea (§. 43.)
15. das occipitale magnum (§. 39.)
16. die condyloidea antica (§. 39.)
17. die condyloidea postica (§. 39.)
18. die mastoidea (§. 43.)
Der Unterkiefer*)galen. de ossib. pag. 15. (maxilla inferior s. mandibula**)vesal. cap. 10. fig. 1. 2. – evstach. tab. XLVII. fig. 5.) ist bey weiten der größte und der robusteste von allen Gesichtskno - chen***)Beym Menschen ist der Unterkiefer, wie schon Vesalius anmerkt, kürzer als bey allen andern Thieren. Doch möchte ich fast noch den Elephan - ten davon ausnehmen, dessen Unterkiefer wenig - stens eben so kurz ist.Ausnehmend gros ist er hingegen schon bey den Affen; selbst bey einigen der Menschenänlichsten.Am allerungeheuersten aber scheint er mir beym Nil-Crocodil.; hat die bekannte fast Hufeisenför - mige Gestalt; und steht blos mit dem Schlaf - bein in Verbindung, an welchem er auf die unten zu beschreibende Weiße eingelenkt ist.
Er sängt sehr früh an zu verknöchern, und zeigt sich schon bey sehr frühzeitigen Leibesfrüch -235 ten, aus dem zweyten dritten Monat nach der Empfängnis, in einer sehr ansehnlichen Größe, aber in einer Gestalt die von seiner nachheri - gen noch sehr abweicht. Ueberhaupt besteht er beym Fötus und beym neugebohrnen Kinde*)fallopii observ. anat. pag. 36. – albini icon. oss. foetus tab. VI. fig. 43. 44. 45. – j. hunter's nat. hist. of teeth, tab. VIII. fig. 1. 4. 6. aus zwey abgesonderten Hälften, die vorn am Kinn an einander stoßen: ist auch wegen Man - gel hervorstehender Zähne dann noch sehr nie - drig, zumal an den Seitentheilen: hat dann nur noch 12 Zahnzellen statt der nachherigen 16: u. s. w. Schon in den ersten Monaten nach der Geburt verknöchert die synchondrosis des Kinns aufs festeste**)Bey vielen Thieren hingegen bleiben die beiden Hälften des Unterkiefers entweder noch späte oder gar für immer durch eine bloße Synchondrose die sich in kochen oder maceriren leicht von einan - der giebt, verbunden. – So z. B. bey reisenden Thieren, Bären, Wölfen, Hunden, Katzen ꝛc. – Auch beym Igel, bey vielen der kleinen Thiere mit Mauseartigen Gebiß ꝛc. – Eben so bey den Wallfischen und Delphinen u. s. w. die Kinnlade verwächst hingegen zu einem Stück bey den Affen, beym Elephanten, Pferd, Rindvieh, Schwein u. a.m., und mit dem nach - wärtigen Ausbruch der Milchzähne wird auch die bestimmte Form des dann aus einem Stücke bestehenden Knochen mehr und mehr ausgebildet.
Man theilt den ganzen Unterkiefer am füg - lichsten in den bogenförmigen Körper, und in die flügelartigen Fortsätze die an beiden En - den dieses Bogen in die Höhe stehen.
Jener begreift wieder das Kinn und am obern Rand die untre Reihe Zahnzellen (lim - bus alueolaris) die in Rücksicht ihres Um - fangs und des Bogens den sie macht vollkom - men mit der im Oberkiefer (§. 104.) zusam - men paßt. – Er wird zu beiden Seiten von den daran grenzenden Fortsätzen durch den sul - cus obliquus abgesondert, neben welchem nach innen ein rauher Rand zur Anlage des bucci - nator hinlauft. – Vorn am Kinne an der ehemaligen Synchondrose (§. 164.) ist auf der innern Seite eine mehr oder mindre merk - liche stumpfe Spitze (spina mentalis interna), die von der Anlage des genioglossus und genio - hyoideus ausgewürkt wird; und daneben am untern Rande zwey flache Gruben für den bi - venter des Unterkiefers.
Die flügelartigen Fortsätze (§. 165.) fan - gen zu äußerst nach unten mit dem großen Winkel an, der nach, dem Ohre hinaufsteigt und237 dessen verschiedne Richtung so viel zum cha - racteristischen der Gesichtsbildung beyträgt*)Lavater's Fragmente IV B. S. 145..
Nach außen ist er flach und dient da zur Anlage des masseter. – An der innern Seite des hintern Randes sind raube Eindrücke von der Befestigung des pterygoideus internus.
Der Fortsätze worein sich dieser Flügel noch theilt, sind zwey. Der coronoideus und der condyloideus.
Jener liegt nach vorn, und hat die Gestalt eines flachen rückwärts gebogenen Hacken, der von einer breiten Wurzel entspringt und oben ziemlich spitz zulauft**)Etwa die Ameisenbären, den Elephanten, und die cetacea ausgenommen, haben wol die mehresten übrigen Säugethiere größere und höhere processus coronoideos als der Mensch. – Bey manchen, wie z. B. bey der Giraffe sind sie von ganz auf - fallender Länge.. Er kommt in die incisura zygomatica zu liegen, und dient vor - züglich dem temporalis zur Anlage.
Sein hintrer ziemlich scharfer Rand ist bogenförmig ausgeschnitten (incisura sigmoi - dea) und verlauft sich in den processus condy - loideus mittelst dessen der ganze Unterkiefer mit dem Schedel eingelenkt ist.
238Diese beiden condyli sind ein paar rund - liche aber flachgedruckte Köpfe, die auf einem engern Halse aufstehen, und in die Breite von außen nach innen und zugleich in etwas nach hinten gerichtet sind, so daß sie nicht in gleicher Linie neben einander, sondern von vorn nach hinten stumpf convergirend laufen*)Von der verschiednen Bildung dieser condylorum bey den Thieren hängt die eben so verschiedne Beweglichkeit ihrer Kinnladen ab. Rundliche Knöpfe machen eine Art arthrodia (Th. I. §. 106.) und gestatten folglich eine vielseitige Bewegung. – Sehr breit in die Quere laufende hingegen bilden gleichsam einen ginglymus (Th. I. §. 105.) mithin eine weit eingeschränktere, bestimmtere, einseiti - gere Einlenkung. – Jenes ist der Fall bey vielen Grasfressenden Thieren, besonders beym Elephan - ten ꝛc. – Dieses hingegen bey den Raubthie - ren; auch beym Marder, Iltis u. s. w.Bey den Wallfischen und andern cetaceis stehen die condyli gar nicht in die Höhe, sondern liegen ganz flach nach hinten.Am allersonderbarsten habe ich diese Einlen - kung am Crocodil gefunden, da sie viele Aenlich - keit mit der Articulation des Oberarms und der Ellenbogenröhre beym Menschen hat: die condyli nemlich sind fast wie das ohre Ende der vlna aus - geschweift, und passen in ein convexes Gewinde des Schedels ein, das ebenfalls der trochlea am untern Ende des humerus änelt..
Ueber die Art wie diese Knöpfe mit dem Schlafbeine eingelenckt seyen, besonders ob sie239 mehr in der cauitas oder mehr am tuberculum articulare desselben (§. 43.) liegen, ist ehedem viel gestritten worden*)Die alte Meynung war daß die condyli in den Gruben selbst lägen. – Und der pflichteten auch Albinus, Ferrein in den Mém. de l'Acad. des Sc. v. 1744. u. a. bey.Der erste der hingegen die Einlenkung der Knöpfe mit dem tuberculo artic. des Schlafbeins behauptete, war der feine Leidner Zergliederer J. J. Rau; s. albini vitam Ranii vor dem catal. supellectil. anat. Rauian.Umständlich über die ganze Streitfrage s. haller ad boerhaav. praelect. in institut. propr. vol. I. pag. 142. sq. und die elem. physiol. vol. VI. pag. 8. sq.. Der Augenschein lehrt aber daß sie mit beiden verbunden sind. Bey geschloßnem Munde liegen sie mehr in den Gruben, bey geöffneten Munde aber wer - den sie mehr vorwärts gegen die Hügel gezogen.
Im Gelenke selbst liegt eine ausgehölte be - wegliche Knorpelscheibe**)Dieser meniscus ist schon von car. stephanvs de dissect. part. corp. hum. Paris. 1545. fol. pag. 37. beschrieben. Auch von Vesalius cap. 10. pag. 55. abgebildet. – Genauer aber in morgagni ad - versar. anat. II. fig. 1. 2. 3. (Th. I. §. 92.), wodurch der Unterkiefer eine leichtere und aus - gedehntere Bewegung erhält, so daß er nicht nur im Bogen auf und nieder gehen, sondern auch vorwärts und wieder zurück, auch seit - wärts hin und wieder, und sogar wie im Kreis geschoben werden kan.
Noch sind am Unterkiefer die zweyerley Mündungen des Canals zu merken, in welchem der neruus maxillaris inferior vom dritten Ast des fünften Paares, nebst den beiderley Blut - gefäßen gleiches Namens laufen*)Durch diesen Canal erhalten zwar die Zähne ihre Gefäße und Nerven; er findet sich aber auch bey völlig zahnlosen Säugethieren wie bey den Amei - senbären und bey den eigentlich sogenannten Wall - fischen (balaena mysticetus etc). Die Unterkiefer die - ser letztern werden insgemein für Wallfischrippen angesehen; ein seltsamer Irthum, den aber schon Wilh. Rondelet, ein treflicher Zergliederer, widerlegt hat, de piscib. Lugd. 1554. fol. pag. 53.. Nach hinten und innen nemlich, ohngefähr in der Mitte der Seitenflügel das for. maxillare posti - cum**)io. fr. meckel de quinto p. neruor. cerebr. pag. 87. sq. als der Eingang dieses Canals; von da auch noch eine Furche für den neruus my - lohyoideus nach vorn schräg herabsteigt: und dann zum Ausgang das for. mentale s. maxil - lare anticum an der Außenseite des Kinns, vorn ohngefähr unter dem zweyten Backenzahn.
Ohngeachtet es, wie schon Galenus*)De ossib. ad tyrones pag. 13. sq. erinnert, eine bloße sophistische Spitz - findigkeit seyn würde, wenn man die Zähne**)Es scheint, daß man blos den rothblütigen Thieren wahre Zähne zu gestehen kan. Was bey den Insecten und Würmern dafür angenommen wird, ist doch zu sehr von der Substanz würklicher Zähne ver - schieden.Unter den rothblütigen fällt ferner die ganze Classe der Vögel aus, als welche sämmtlich ohne alle Ausnahme zahnlos sind.Und selbst unter den übrigen drey Classen, nemlich unter den warmblütigen Säugethieren und unter den kaltblütigen Amphibien und Fischen giebt es doch auch noch zahlreiche Aus - nahmen von ungezähnten Geschlechtern. – Denn was Hr. von Haller elem. physiol. vol. VI. pag. 19. glaubt, daß alle warmblütige vierfüssige Thiere mit Zähnen versehen wären, ist irrig; da die Ameisenbären und die Formosanischen Schuppen - thiere (manis) nicht einen einzigen Zahn haben; eben so wenig als die eigentlichen Wallfische. gar nicht zu den Knochen rechnen wollte***)Sie sind doch allemal Knochenartig, so gut als Nußschaale holzartig ist, wenn gleich zwischen einer Nuß und dem Holz ihres Baums noch ein Unterschied bleibt.:242 so zeichnen sie sich doch durch so besondre Ei - genschaften von den übrigen Knochen aus, daß ihre ganze Geschichte billig besonders abgehan - delt werden muß*)Von der Schaar von Schriftstellern über die Zähne überhaupt nenne ich nur zweye statt aller: evstachii libellus de dentibus Venet. 1563. 4. und j. hunter's natural History of the human Teeth Lond. 1771. 4. m. K. und das supplement dazu, eben das. 1778..
Schon ihre Substanz**)Ueber die Textur der Zähne s. so wie über die Organisation der Knochen überhaupt die drey classi - schen coaetaneos, Malpighi Gagliardi, und Havers in den oben (Th. I. S. 45. N. *)) ange - führten Schriften. unterscheidet sie von andern Knochen. Man theilt dieselbe wieder in die Knochenartige (substantia ossea); und in die Schmelzartige (substantia vitrea): denen man aber füglich noch die dritte nemlich die Hornartige (substantia carnea) zuzälen kan.
Die substantia ossea macht bey weiten den grüßten Theil eines Zahns, nemlich sein ganzes corpus bis auf das Ende der Wurzeln und die Glasur der Krone aus. Sie ist zwar weicher als der Schmelz, aber doch immer weit här - ter als irgend ein andrer Knochen; auch von ganz andern weit compactern Korn, und auf243 dem frischen Bruche stralicht, mit matten Glanze, wie ein sehr fester Zeolith: übrigens ziemlich kreiticht-weiß, und völlig undurchsichtig.
Die substantia vitrea, oder der Schmelz, die Glasur, das Emaille der Zähne (exter - num inuolucrum malpigh. ), ist bey weiten der allerhärteste*)Wenn gleich nicht so, daß sie am Stahl Feuer schlagen wie Th. Bartholin und Gagliardi be - haupten, s. des erstern histor. anatomicar. rarior. cent. II. obs. 24. und des letztern anat. ossium pag. 62., und wie es scheint, zu - gleich der allermindst-organisirte**)Im verdünnten Salpetergeist und änlichen minera - lischen Säuren schwindet der Schmelz der Zähne nach und nach völlig, ohne wie andre Knochen eine Grundlage von Zellgewebe zu hinterlassen. – S. Herissant in den oben (Th. I. S. 11. N. **)) genannten Abhandlungen. – Auch Hrn. Prof. Kemme Zweifel und Erinnerungen wider die Lehre von der Ernährung der festen Theile. Halle, 1778. 8. S. 76. u. f. von allen festen Theilen des menschlichen Körpers. Er bekleidet die sogenannte Krone des Zahns, und unterscheidet sich sehr sichtlich von der Knochen - artigen Substanz, sowol durch das ungleich festere Porcellanartige Ansehn, als durch die mehr milchweisse Farbe***)Hr. Prof. Camper und der Englische Arzt D. Simmons haben die ungewönlich milchblaue Farbe der Zähne als ein Zeichen der Lungensucht ange -244 sehen; das hingegen D. Reid in seinem meisterhaf - ten Werke on the phthisis pulmonalis nur selten und oft gar nicht bestätigt gefunden zu haben versi - chert. – Ich habe genau auf dieses Zeichen geachtet, und habe bey einigen Lungensüchtigen im ganzen Lauf ihrer Krankheit keine merkliche Spur davon, hingegen bey andern Personen die doch keine Anlage zu diesem Uebel hatten, diese auffallend weisse Farbe entstehen gesehen, wenn sie die Hallerschen Tropfen oder andre saure Arzneyen eine Zeitlang anhaltend gebraucht hatten. – Nachher habe ich auch durch Versuche gefunden, wie leicht man noch so gelben ausgerißnen Zähnen durch kurzes einbeizen in Mynsichtisches oder Dippelsches Elix. und dergl. eine milchblaue halbdurchsichtige Farbe geben kan – Es fragt sich also ob nicht vielleicht überhaupt diese Farbe der Zähne mehr vom Genuß solcher Arzneyen, als von einer Verderbnis der Lunge herrührt., und durch die Richtung seiner Fasern, die nicht der Länge nach laufen, sondern alle nach dem Mittelpunkt ge - richtet sind, und sich auf dem Bruche ohngefähr wie die am incrustirenden Toph-sinter aus - nehmen.
Die substantia cornea macht endlich denje - nigen – von beiden vorhergehenden sehr leicht zu unterscheidenden – Theil aus, womit die Wur - zeln der Zähne zumal nach den Endspitzen zu bekleidet sind. Er ist der weichste von allen dreyen, so daß er sich, wenigstens weit leich - ter als die knöcherne Substanz mit dem Messer schneiden läßt, ist ferner halb-durchsichtig245 wie ein dünnes Horn; und von ganz andrer Farbe als die übrigen Substanzen, fast Wachs - gelb. Endlich zeigt er auch auf dem Bruche kein fasrichtes Gefüge, sondern blos einen matten Glanz fast wie auf dem frischen Bruche eines Hornsteins.
In Rücksicht der äußern Gestalt theilt man überhaupt jeden Zahn in seine Krone, Hals und Wurzel.
Die mit dem Schmelz überzogne Krone ist der einzige Theil des ganzen Gerippes der von Beinhaut entblößt und der äußern Luft ausgesetzt ist.
Den Hals nennt man denjenigen Rand, an welchem das Zahnfleisch anschließt.
Die Wurzel endlich, den mit der hornich - ten Substanz bekleideten Theil, womit der Zahn in den Zahnzellen gleichsam wie einge - nagelt steckt (Th. I. §. 100.)
Jeder Zahn enthält in seiner Mitte eine kleine Höle, die im ganzen genommen der Form des Zahnes selbst entspricht, und sich mit schmal zulaufenden Gängen in den äußersten Enden der Wurzeln öffnet*)fallop. l. c. pag. 39. b. – evstach l. c. pag. 60 sq..
246Die Höle selbst ist mit einer weichen mark - ichten Haut ausgekleidet, die eben durch die gedachten Gänge feine Nervenfäden und Blut - gefäße erhält*)monro on the nervous System. tab. XXV..
Man theilt die Zähne nach ihrer Lage und der sich darauf beziehenden Bildung in drey Classen**)Diese Einteilung gilt blos vom Gebiß der warm - blütigen vierfüssigen Thiere. – Schon bey den Delphinen sind die zahlreichen Zähne womit der ganze limbus alueolaris beider Kiefer besetzt ist, von einerley Bildung.Bey den kaltblütigen Thieren herscht viel Verschiedenheit in der Form ihrer Zähne. Bey großen Crocodilen z. B. sind die Vorderzähne stark und oben gleichsam schräg abgeschnitten, fast wie beym Pferd: die Backenzähne hingegen weit klei - ner nur wie stumpf abgerundete etwas flach ge - druckte Spitzen.Ueber den mannichfaltigen Bau der Zähne bey den Fischen s. gvil. rondelet l. c. pag. 54. sq.: A) Schneidezähne; B) Eck - zähne; und C) Backenzähne.
Die Schneidezähne***)Außer den obgedachten völlig zahnlosen Thieren gehen manchen andern doch die Vorderzähne ab: wie dem Elephanten, dem Armadill u. s. w.247Andern fehlen wenigstens die Vorderzähne im Oberkiefer, wie den wiederkauenden Thieren mit gespaltnen Klauen.Aber auch in der Anzahl und Bildung und Richtung dieser Classe von Zähnen zeigt sich bey den verschiednen Geschlechtern der Säugethiere nach der Erfordernis ihrer Lebensart und Nah - rungsmittel mannichfaltige Verschiedenheit. – Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewönlich 6 in jedem Kiefer, mit ausgezackten Kronen, die wie Zangen fest auseinander greifen. – Die Eich - hörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse und änliche Thiere; aber auch die Stachelschweine, der Bie - ber u. a.m. haben nur ein Paar Schneidezähne in jeden Kiefer, mit überaus scharfen, meiselarti - gen Schneiden; das untere Paar hat fast eine pfriemenförmige Gestalt, und zu der großen Kraft die es beym Nagen anwenden muß ganz außer - ordentlich lange Wurzeln, die z. B. bey der ge - meinen Hausmaus fast die ganze Länge des Unter - kiefers haben. (oder Vor - derzähne, incisores s. primores) haben meiselartige Kronen*)Daß hierin zumal bey bejahrten Personen viele in - dividuelle Verschiedenheit herscht, braucht keiner Erwähnung. – Man sieht täglich Menschen mit überaus stumpfen, und andre mit ungemein schar - fen Schneidezähnen u. s. w.Aber das ist merkwürdig, daß ganzen Natio - nen die eine oder die andre Form dieser Art von Zähnen eigen schient. – So habe ich z. B. vor eini - gen Jahren an mehrern Mumien-Schedeln, die sowol in Rücksicht der so sehr characteristischen altaegyptischen National-Physiognomie, als der Art der Balsamation, alle Zeichen der frühesten ältesten Zeiten zu haben schienen, die Vorderzähne in beiden Kiefern nicht meiselartig, sondern von der Gestalt wie kurze abgestumpfte Kegel mit fla -248 chen Kronen gefunden. Da man mehrere Jahr - tausende hindurch und unter so verschiednen Völ - kern Mumien gemacht, so versteht sich wol von selbst daß nicht alle Mumien solche sonderbare Zähne haben können: aber die Bemerkung kann vielleicht unter andern eben dazu dienen, die Mu - mien aus den ältesten Zeiten von den nachwärtigen neuern zu unterscheiden u. s. w. Ueber die etwani - gen Ursachen dieser eignen Bildung habe ich im Göttingischen Magaz. 1 Jahrg. 1 St. S. 110. u. f. einige Vermuthungen angegeben.Aenliche Zähne hat Winslow an einem Sche - del von Hond-Eyland aus Nordamerika (ohngef. unterm 780 N. Br.) beschrieben, in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Par. 1722. pag. 324. sq. – Und Hr. Hofr. Isenflamm hat dergl. an einem soge - nannten Steinfresser bemerkt, s. dessen pract. An - merkungen über die Knochen. Erlangen, 1782. 8. S. 77. u. f.An dem Schedel eines Chirokesen-Heerführers in meiner Sammlung sind hingegen die Vorder - zähne ausnehmend scharfschneidend. und dünne einfache Wurzeln.
Es sind ihrer viere in jedem Kiefer; und die im obern stehen meist vor den untern et - was hervor*)Nach Dühalde's Versicherung sollen besonders bey den Chinesen die obern Schneidezähne recht auf - fallend weit vor den untern hervorstehn.; sind auch mehrentheils breiter als diese, wenigstens das mittlere Paar.
Die Eckzähne**)Auch die Eckzähne fehlen entweder manchen Säuge - thieren gänzlich, wie den auf voriger Seite genannten249 Mäusen und andern nagenden Thieren: oder sie sind doch sehr klein wie beym Pferd. – Von ansehnlicher Größe und ausnehmender Stärke sind sie bey den reisenden Thieren; aber auch bey den mehresten Affen. – Das gemeine Schwein hat die großen Fänge im Unterkiefer: der Hirscheber (Babirussa) aber außer diesen auch die sonderbaren fast in Cirkel gebognen Eckzähne im Oberkiefer. – Das Bisamthier und das Wallroß haben nieder - warts ragende Hauzähne im Oberkiefer. – Auch die Elfenbeinzähne des Elephanten gehören in diese Classe, ob sie gleich ganz gegen die sonstige Weise nicht in den eigentlichen Oberkiefern, sondern im os intermaxillare sitzen (S. 196 u. f. N. **)). –Der Bär und der Dachs haben hinter den großen Eckzähnen in beiden Kiefern noch einige ganz kleine von sonderbarer Bildung. (oder Spitzzähne, Hundszähne, canini s. laniarii s. cuspidati) haben conische, stumpfzugespitzte aber überaus robuste Kronen; und zwar auch nur einfache, aber dabey sehr starke seitwärts zusammenge - druckte Wurzeln, die vorzüglich bey denen im Oberkiefer, (den sogenannten Augenzähnen) von ansehnlicher Länge sind.
Sie liegen zunächst an dm Schneidezäh - nen, auf jeder Seite einer, und zwar mit den Wurzeln etwas mehr nach vorn oder außen, daher auch ihre Zahnzellen in beiden Kiefern, zumal bey Kindern in etwas protuberiren.
Der Backenzähne (oder Stockzähne molares s. malares s. genuini) sind fünfe auf250 jeder Seite; die aber untereinander selbst wie - der merkliche Verschiedenheit zeigen*)Die Backenzähne der Säugethiere zeigen zumal in Bildung ihrer Kronen überaus viel merkwürdige Verschiedenheiten, die den Nahrungsmitteln wozu sie bestimmt sind, aufs genauste angemessen sind.Bey den reisenden Thieren, zumal aus dem Hunde - und Katzengeschlecht sind sie scharf zugespitzt schneidend ausgezackt und die untern gleiten im Kauen dicht hinter den obern vorbey, fast wie die beiden Blätter einer Scheere, wodurch das rohe Fleisch, zähe Sehnen u. s. w. gleichsam zerschnit - ten werden. – Der Bär, der sich aus beiden Reichen nährt, hat schon breitere Kronen, deren Zacken mehr gerade auf einander schließen.Auch die menschenänlichsten Affen haben doch weit scharfzackichtere Zähne als der Mensch.Die blos grasfressenden Thiere wie das Pferd, und die wiederkäuenden Thiere haben ebenfalls breite Kronen, die aber auf der Oberfläche nach eignen Richtungen ausgefurcht und durchschnitten sind. Da der Unterkiefer dieser Thiere ungleich schmäler zulauft als der obere, so passen die Backenzähne der beiden Kiefer nicht auf einander, sondern werden erst durch die Seitenbewegung des Unterkiefers abwechselnd an einander geschoben und dadurch das Gras ꝛc. zerrieben.Beym Elephanten sind die Kronen der Backen - zähne sehr flach und eben: nur die substantia ossea etwas vertieft und wie mit rhomboidalen Leisten von substantia vitrea belegt..
Die beiden vordern nemlich, die zunächst auf die Eckzähne folgen, und die Hr. Hun - ter mit dem besondern Namen bicuspides be - legt, haben kleinere Kronen, auf der Mitte251 mit einer meist halbmondförmigen Grube; und flachgedruckten der Länge nach tief eingefurch - ten Wurzeln mit zwey Spitzen.
Die hintern dreye hingegen haben breite, mehrentheils auf der Oberfläche mit einer Kreuzfurche durchschnittne Kronen mit stum - pfen Ecken; und zackichten Wurzeln: die im Unterkiefer nemlich meist mit zwey Zinken, die im obern aber gewönlich mit dreyen*)Eine überaus genaue und für die Zahnärzte wich - tige Tabelle über alle Verschiedenheiten bey den Wurzeln der Backenzähne hat Eustach gegeben de dentib. pag. 33. 37..
Die erste Gestalt, unter welcher sich bey der unreifen Leibesfrucht die Anfänge der künftigen Zähne zeigen, ist die von kleinen holen eckichten Schaalen, die in einer dicken schlei - michten gefäsreichen Haut der Zahnzellen wie in kleinen Säckgen eingeschlossen liegen**)S. des ber. Leidner Lehrers io. jac. rav disp. de ortu et regeneratione dentium L. B. 1694. eine mei - sterhafte Schrift, die auch im VI B. der Hallerschen Samml. wieder abgedruckt ist, – und dann Hr. Herissant sur la formation de l'Email des dents, et sur celle des gencives, in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Par. v. 1754. pag. 429 sq. tab. XVI. fig. 1. 2..
Diese kleinen Schaalen machen die Grund - lage desjenigen Theils der substantia ossea252 aus, der in die Krone des Zahns zu liegen kommt*)fallopivs l. c. pag. 40 sq. evstachivs l. c. pag. 50 sq..
Die vitrea wird weit später theils aus dem häutigen Säckgen worin diese Grundlage ein - geschlossen ist, darauf ergossen**)herissant l. c. tab. XVI. fig. 3.: theils aus der äußern Oberfläche derselben gleichsam aus - geschwitzt***)Ungemein anschaulich sehe ist dieß an einem Milch - backenzahn eines jungen Elephanten in meiner Sammlung, auf dessen obern Ende das Email in Gestalt unzäliger dicht an einander liegender kurzen Zäpfgen aus der substantia ossea ausschwitzt: es hat fast das Ansehen wie der samtartige Ueberzug an den Schilfkolben (typha palustris max.).
Die substantia cornea macht den Beschluß und wird erst nach dem Ausbruch der Kronen zuletzt gebildet.
Die ersten oder sogenannten Milchzähne werden bekanntlich mit den Jahren gegen die nachherigen bleibenden dauerhaften Zähne ge - wechselt****)S. über dieses ganze merkwürdige Geschäfte außer den angeführten Schriftstellern, besonders io. andr. vngebaver (Praes. i. e. hebenstreit) diss. de den - titione secunda iuniorum Lips. 1738. c. f. æ. die auch im VII B. der Hallerschen Sammlung befind -253 lich ist. – io. godofr. iancke Diss. I. II. de ossi - bus mandibularum puerorum septennium Lips. 1751. c. f. ae. – und albini annotat. academ. L. II. cap. 1. 2. 3. tab. I. II..
Zu beiden Arten aber werden die ersten Grundlagen schon großentheils bey der unge - bohrnen Leibesfrucht gebildet. Die Keime zu den 20 Milchzähnen nemlich schon in den vier letzten Monaten der Schwangerschaft. Die aber zu den nachwärtigen dauerhaftern Zähnen theils auch schon in den letzten beiden Monaten des Aufenthalts in Mutterleibe; theils folgende nach der Geburt in den Kinderjahren.
Das Hervorbrechen der Milchzähne er - folgt in den ersten Lebensjahren gewönlich in folgender Ordnung*)So wie überhaupt kein andres Thier in der Natur außer dem Menschen so sehr lange Kind bleibt, so spät erst auf seine Füße treten lernt, so sehr spät mannbar wird u. s. w. so sind auch alle Termine des zahnens bey ihm in Vergleich gegen andre ihm irgend änliche Thiere so außerordentlich ver - spätet.:
Zu allererst zeigen sich, weist zu Ende des siebenten Monats das mittlere Paar der untern Schneidezähne – und ein paar Wochen nach - her das obere.
Wieder etliche Wochen später das äußere Paar Schneidezähne: – ebenfalls die untern gewönlich zuerst.
254Zu Ende des ersten Jahres die Eckzähne.
In fünf Vierteljahren die ersten Backen - zähne.
Und zu Ende des zweyten Jahres dann die übrigen Backenzähne.
Die Zahl der sämtlichen Milchzähne ist von manchen auf 20 von andern auf 24 gesetzt worden*)fallopivs l. c. pag. 39. b.. Die Sache kommt darauf naus, daß allerdings Kinder von etlichen Jahren sehr oft schon 24 Zähne haben, nemlich drey Backenzähne auf jeder Seite: und daß man auch schon in den beiderley Kinladen unge - bohrner Kinder eben so viel Zahnzellen unter - scheiden kan (§. 99. und 164.), daß aber auch in diesen Fällen dennoch nur 20 davon gewech - selt werden, und hingegen der äußerste auf jeder Seite perennirend bleibt.
Sonderbar ist dabey, daß die beiden zu wechselnden Backzähne jeder Seite sowol in Rücksicht der größern Kronen als der viel - zackichten Wurzeln nicht sowol denjenigen Zäh - nen die nachher ihre Stelle einnehmen sollen (die Hunterschen bicuspides), als den be - trächtlich größern äußersten Backenzähnen äneln.
Im siebenten und den folgenden Jahren werden die Zähne gewechselt*)Nicht alle Säugethiere wechseln ihre Zähne. Das Schwein z. B. behält seine Milchzähne lebenslang.Uebrigens ist aber sowol das erste zahnen als auch das Wechseln bey den Thieren eben sowol mit Beschwerde und Gefahr verknüpft, als beym Menschen. – Die mehresten jungen Löwen z. B. sollen über dem zahnen sterben. th. shaw's Travels through Barbary etc. ed.2. Lond. 1757. 4. pag. 171.. Die Milch - zähne nemlich fallen allgemach aus, und die für die übrigen Lebenszeit bestimmten nehmen dagegen die Stelle derselben ein.
Den ausfallenden scheint die Wurzel wie abgebrochen; – es fehlt ihr fast die ganze sub - stantia cornea. Man hat das ehedem so erklärt, als ob sie durch die Krone des neuen nachfol - genden Zahnes der herauszubrechen strebt, gleich - sam abgeschliffen würde. Das ist aber nicht. Die Wurzel schwindet ehe sie von der Krone des neuen Zahns berührt werden kan: beider - ley Zähne sind noch dazu anfangs durch eine knöcherne Querwand von einander abgesondert: auch liegen die Zellen der neuen Zähne nicht gerade unter den Zellen der Milchzähne, son - dern ehe zwischen denselben, und etwas mehr zurück nach hinten. – Überhaupt aber wer - den die Milchzähne gar nicht von den nachfol - genden fortgestoßen, sondern von der Natur256 selbst als nun todte überflüssige Theile ausge - worfen*)Von diesen und andern Beweißen der Lebenskraft in den Kiefern bey Bildung der Zahnzellen ꝛc. s. fallopivs l. c. pag. 37., so wie man noch nachher ohnge - fähr das gleiche beym Verlust der Zähne im hohen Alter, oder auch zuweilen noch auffallen - der bey dem Trübe sieht, womit die Natur zu - rückgebliebne Wurzelstifte von holen Zähnen**)rvysch obseruat. anat. chirurg. pag. 78. fig. 66 Ich habe vollkommen änliche Beyspiele, zumal am Unterkiefer einer zwanzigjährigen Person vor mir. aus den Zahnzellen heraustreibt und auswirft.
Diese nun gewechselten neuen bleibenden Zähne sind im ganzen genommen größer und robuster als die Milchzähne, haben zumal stärkere Wurzeln u. s. w. Die alleräußersten, nemlich die sogenannten Weisheitszähne kommen bekanntlich theils späte, theils gar nicht zum Durchbruch. Zuweilen fehlen sie ganz: so wie hingegen manchmal überzälige Zähne bemerkt werden; theils gar an unge - wohnten Stellen der Kinladen***)plin. hist. natural. L. XI. S. 63. – evstach. l. c. pag. 92. sq. – albin. annotat. acad. L. I. tab. IV. und id. de sceleto pag. 477. – hvnter l. c. etc..
Wie sie im hohen Alter endlich meist von selbst wieder ausfallen, und was dann so wie257 nach einem zufälligen Verlust derselben für Veränderungen mit den Zahnzellen vorgehen, davon ist schon oben (Th. I. §. 53.) gehan - delt worden.
Das bestimmte Wachsthum der ausge - bildeten Zähne wird durch den Druck der auf - einander stehenden Kiefer in den gesetzten Sckranken gehalten, wie sich aus den daher entstehenden Facetten an den Endspitzen der Zahnkronen, und aus dem Mangel derselben an Zähnen die im entgegengesetzten Kiefer auf eine Zahnlücke stoßen, ergiebt. *)Wenn die Säugethiere mit pfriemförmigen Nage - zähnen (s. S. 247.) ein Paar dieser ihrer vordern Zahne verlieren, so wächst das entgegenstehende dann zu einer theils recht monstreusen Länge. Etwas ähnliches erfolgt auch wenn sie blos mit weichen Nahrungsmitteln aufgefüttert worden. S. morton's nat. hist. of Northamptonshire pag. 445. Hrn. Prof. Achard chymisch-physische Schriften S. 161.
Jenes Abschleifen aber kan im höhern Alter oder aus zufälligen Ursachen so stark wer - den, daß endlich die Kronen ganz abgenutzt, und die innere Höle der Zahne (§. 178.) ge - öffnet werden würbe, wenn nicht die Natur diesem letztern Zufall und seinen Folgen gemeini -258 glich durch den Absatz eines eignen knochichten Stoffes vorbeugte, womit sie ebenso allgemach diese Hölen wiederum ausfüllt*)S. Hrn. Prof. Prochaska obseruationes de decre - mento dentium, im 1sten St. seiner adnotat. acad. pag. 5. u. f..
Der Schmelz der Kronen scheint sich hin - gegen nach erlittnen Verletzungen nur sehr schwach oder gar nicht zu reproduciren**)Dieß scheint um so räzelhafter, da doch die To - talreproduction der ganzen Zähne, bey Personen die sie nemlich zum drittenmal gewechseit, nicht ganz selten ist. s. z. B. Hr. Simmons in den Medical observ. and Inquiries Vol. III. pag. 178 u. f. und Hr. Dachs in den Haarlemer Verhandelingen XVI Th. II St. S. 317..
Außerdem aber ist offenbar der Bildungs - trieb an wenigen andern Theilen des Körpers von so ausgezeichneter Bestimmtheit und Stärke als eben an den Zähnen***)Bey den zahlreichen Fällen von fehlerhafter Em - pfängnis im Eyerstocke selbst, werden keine andere Theile so vollkommen und oft so ausschließlich ein - zig ausgebildet, als Zähne Einige überaus auf - fallende Beyspiele der Art habe ich in einer Ab - handlung beschrieben, die im VIII B. der Commen - tationum Societat. Scient. Goetting. erscheinen wird..
Das Zungenbein*)fallopii obseruat. anatomicae pag. 42 sq. bauhini theatr. anatomic. pag. 512 sq. jo. v. reverhorst de fabrica et vsu linguae LB. 1739. und im 1ten B. der Hallerschen anat. Samml. S. 101. u. f. hal - ler de c. h. funct. Vol. VII. p. 285 sq. (os hyoides, s. ypsi - loides, s. gutturis, s. linguae, s. pharyngo - theron) liegt auf dem Schildförmigen Knorpel des Kehlkopfes, unter der Zungenwurzel, um - faßt gleichsam den Kehldeckel, und hat ohnge - fähr die Gestalt wie ein paar in etwas diver - girende Ochsenhörner.
Beym weiblichen Geschlecht ist es, so wie der ganze Kehlkopf im Verhältnis kleiner als beym männlichen (Th. I. §. 114.)
Ueberhaupt aber variirt es gar sehr, so - wohl in der Größe, als im Verhältnis und selbst in der Anzahl seiner Theile. **)Ueber die ausnehmend vielfache und ihren Absich - ten genau entsprechende Verschiedenheiten der Zun -260 genbeine bey den rothblütigen Thieren s. fabric. ab aqvapendente de larynge vocis instruments pag. 276 sq. der Albinischen Ausg. und casse - rivs de vocis auditusque organis durchs ganze Werk.
Es ist der einzige Knochen am ganzen mensch - lichen Körper der außer aller unmittelbaren Ver - bindung mit dem übrigen Gerippe steht*)Daher auch Galenus in der Osteologie seiner nur ganz beyläufig gedenkt. Umständlicher hingegen in den Büchern de dissect. nervor. c. 10. pag. 106. de musculor. dissect. c. 13. pag. 91. und besonders in dem Werke de vsu partium L. VII. c. 19. pag. 325. u. f. der Ausg. v. 1562.. Hingegen ist er durch mancherley Muskeln und Bänder sowohl mit der Zunge, und dem Kehl - kopf und dem Schlunde, als auch mit dem Un - terkiefer, den Schlafbeinen, dem Brustbein und den Schulterblättern verknüpft.
Er ist daher wie es seine Bestimmung er - fodert, auf eine mannichfaltige, aber dabey doch sehr bestimmte, eingeschränkte Weise be - weglich, und dient vorzüglichst die Zunge an ihrer Wurzel gleichsam ausgespannt zu erhalten, und dadurch ihre Bewegung be -261 sonders in Beziehung aufs Schlucken**)Daher die bloße Verrenkung des Zungenbeins, zu - mal seiner Seitentheile, bey gewaltsamer Verzer - tung der mittlern constrictorum pharyngis ein sehr Gefahrdrohendes aber doch zuweilen durch einen leichten Handgriff wieder zu hebendes Hinderniß des Schluckens werde kan. s. valsalva de aure humana pag. 35 der Venet. Ausg. s. Werke. von262 1740. 4. und p. p. molinelli in den Comment. Bononiens. T. V. P. II. pag. I. sq. zu modificiren*)Daher haben diejenigen Thiere die componirte - sten Zungenbeine vom sonderbarsten Bau, die starke oder besondere Bewegungen mit ihrer Zun - ge zu machen haben. Wie z. B unter den Säu - gethieren die Ameisenbären: unter den Vögeln die Spechte, der Wendehals ꝛc.Eins der allerwunderbarsten Zungenbeine habe ich beym Pfefferfras (Tucanus) gefunden, das sich nach vorn gleichsam in eine Zoll lange zarte knö - cherne Gräte endigt, die der Länge nach mitten in der (über 4 Zoll langen und doch kaum 1 1 / 2 Li - nien breiten Fischbeinartigen zu beiden Seiten vorwärts gefiderten) Zunge hindurchläuft.Die schlanke bewegliche Zunge der hieländi - schen Natter wird ebenfalls durch ein sehr son - derbares Zungenbein unterstützt, das mit zwey dünnen, drittehalb Zoll langen Knorpelfäden vom zu beiden Zeiten der Luftröhre hinabläuft. Man vergl. damit Veslings Zerglied. der Viper (Co - luber berus) in severini Vipera pythia pag. 238..
Bey der reifen Leibesfrucht ist er noch weit von seiner nachwärtigen Verknöcherung ent - fernt, da sich gegen die Zeit der Geburt nur erst hin und wieder im Mittelschilde und in den beiden großen Hörnern zerstreute Knochen - kernchen zeigen**)albini icon. ossium foetus tab. XVI. fig. 152. 153. 154.. Doch ist er schon zu Ende des ersten Lebensjahres meist vollkommen ausgebildet.
Gewöhnlich besteht das Zungenbein aus fünf Stücken, die man eigentlich als eben so viele besondere kleine Knochen ansehen kan, da sie nur durch eine Art von Synneurosis (Th. I. §. 101.) unter einander verbunden werden.
Es ist dieß: A) der Mittelschild,
B) die beiden Hörner,
und C) die beiden kleinen Waizenkörner.
A) Das Mittelschild (basis) hat die Gestalt eines kleinen niedrigen in die Breite ge - zogenen Schildgens, das nach außen gewölbt, nach innen aber flach ausgehölt ist. *)Bey einigen Meerkatzen, z. B. bey dem sogenann - ten Musicantenaffen (Beelzebul linn. l'Ouarine bvff. ) und beym Seniculus linn. (l'Alouatte bvff. ) bildet das Mittelschild eine ansehnliche knöcherne Blase, die schon in grew mus. reg. Societ. tab. II. pag. II. abgebildet ist. Aufs genaueste beschreibt sie Hr. Prof. Camper Verhandeling over den Orang - Outang pag. 39 sq. tab. IV. fig. 4. 5.
Die Außenseite ist höckricht, uneben, und wird gewöhnlich durch einen erhabnen in die Quere laufenden Rücken in zwey Flächen abge - theilt, in die obere und untere.
263Auf der obern dieser beiden Flächen sind zwey deutliche Gruben, dicht neben einander zur Anlage für die geniohyoideos.
Unter diesen, an dem Querrücken sitzen die mylohyoidei.
Auf der untern Fläche in der Mitte die sternohyoidei.
Und neben diesen nach den Hörnern hin die coracohyoidei.
B) Die beiden Seitenhörner (cornua lateralia s. maiora) sitzen zu beiden Seiten des Mittelschildes, meist an den obern schräg - abgeschnittenen Ecken, von da sie divergirend nach hinten laufen.
Sie sind flach, wie eine Klinge theils mit ziemlich scharfen Rändern. Zu beiden Seiten des Mittelschildes laufen sie seitwärts nach vornen in eine stumpfe Spitze, und sind da am breitesten. Dann werden sie schmaler, und en - digen sich zuletzt wieder in ein rundliches mit Knorpelfläche bekleidetes stumpfes Knöpfgen.
Vorn auf der Fuge wo sie am Mittelschild ansitzen, sind die stylohyoidei und die basio - glossi befestigt.
C) Die Waizenkörner (ossicula triticea s. graniformia s. cornicula minora) haben den Namen von ihrer ohngefährlichen Größe und Gestalt. Sie liegen vorn am obern Rande, gerade auf der Fuge zwischen dem Mittelschild und den Seitenhörnern.
Von ihnen läuft das ligamentum suspenso - rium*)Weitbrecht schien dieses Ligament bezweifeln zu wollen, Syndesmolog. pag. 211 sq. Man s. aber morgagni de sed. et causs. morbor. per anat. indag. epist. LXIII. Sect. 14. Vol. II. pag. 417. zum Griffelfortsatz des Schlafbeins**)Daher haben mehrentheils diejenigen Thiere de - nen der Griffelfortsatz mangelt, dafür ein oder mehrere eigne Paare von Hörnern am Zungenbein, die nach dem Schlafbein hinauf gerichtet sind., das zuweilen mit überzähligen ähnlichen knorpli - chen oder knöchernen Körnern durchreiht ist***)Dieß war die seltene Varietät die Vesalius für den gewöhnlichen Bau angesehen, und worin ihm lange seine Abschreiber gefolgt sind. de corp. hum. fabr. cap. XIII. fig. 1. 2. – Allein schon Fallopius a. a. O. und Eustachius im ossium exam. pag. 197. haben den Fehler gerügt. s. auch des letztern tab. XLVII. fig. 14. 15..
Der zweyte Haupttheil des Gerippes (S. 93. §. 1.) und zwar bey weitem der ansehnlichste von allen, ist der Rumpf oder Stamm*)Außer den allgemein bekannten Quellen vergl. man zu diesem Theil der Osteologie corn. henr. à roy Comment. de Scoliosi. LB. 1774. 4. Und über das Rückgraat insbesondre Hr. Prof. adolph mvrray diss. de spinae dorsi luxationibus Vpsal. 1780. 4., der zur Aufnahme der Eingeweide der Brust und des Unterleibes dient, und weit mehr knorplichte Stücken**)Am Rumpfe des Vogelgerippes sind doch ungleich weniger knorplichte Theile als bey den Säuge - thieren. Der Grund davon ergiebt sich aus dem was oben (Th. I. S. 61.) von den Luftwerkzeu - gen der Vögel gesagt worden. in seiner Zusammen - setzung hat, als der Kopf oder die Gliedmaßen.
Man theilt ihn wieder in Rückgraat, Brust, und Becken.
Das Rückgraat***)galen. de ossib. p. 15. C. im weitläuftigen Einn genommen, ist eine gegliederte Röhre,266 die sich vom Nacken an bis zum Aster erstreckt, da sie sich unten in ein nicht-hohles zugespitz - tes Ende verläuft*)vesal cap. 14. pag. 71. evstach. tab. XLVII. fig. 11..
Diese Röhre giebt gleichsam die erste Grundlinie**)Das gallertige Rückgraat, oder die sogenannte Carina giebt die erste Spur vom Anfang der Aus - bildung des Küchelchens im neubebrüteten Eye. s. malpighi de format. pulli in ovo fig. 5. sq. S. 5. u. f. der Londner Ausg. v. 1673. und Hrn. Prof. Wolf theoria generationis tab. II. fig. 5. zur Bildung der neuerzeug - ten Leibesfrucht, da sich ihre Hauptform schon von der dritten Woche nach der Empfängniß an, so wie der Anfang ihrer Verknöcherung mit zahlreichen Knochenkernchen ohngefähr ge - gen Ende des zweyten Monats zeigt.
Sie besteht eigentlich aus 29 Stücken, wo - von 24 wahre Wirbel sind, und das eigentli - che Rückgrad ausmachen, das auf dem 25sten nemlich auf dem Kreuzbein aufruht, dessen un - teres Ende sich zuletzt in die übrigen 4 nemlich in die Glieder des Kukukbeins verläuft***)Die Anzahl der Wirbel des Rückgraats scheint mir bey den Thieren fast durchgehendes mit der Größe und Stärke ihrer übrigen Bewegungswerk -267 zeuge im umgekehrten Verhältniß zu stehn. Die Schlangen z. B. die gar keine äußeren Organe der locomotiuitas erhalten haben, sind dafür mit den zahlreichsten Wirbeln versehen; meist zu meh - reren Hunderten: so zähle ich an der Natter 248 ꝛc. – Zunächst folgen die langgestreckten Fische, wie der Aal der 90 Wirbel hat ꝛc. – Die Frösche hingegen haben bey ihren großen Springfüßen ein ganz kurzes Rückgraat von wenigen Wirbeln..
Das eigentlich sogenannte Rückgraat wird wieder in die zum Hals, zur Brusthöle und zu den Lenden gehörigen Wirbel abgetheilt, und ist längst seines Laufs von ungleicher Stärke.
Unten nemlich, wo es vom Kreuzbein her - aufsteigt, am stärksten*)Hingegen sind an den Gerippen ungebohrner Lei - besfrüchte zumal aus der ersten Hälfte der Schwan - gerschaft die Lendenwirbel am dünnsten, und hin - gegen die Nackenwirbel am allerstärksten.. Dann im Rücken hinauf allgemach dünner bis oben zwischen den Schultern. Der übrige hierauf folgende Theil, der die Halswirbel begreift, ist wieder unten etwas dicker und nach oben schmaler, bis er sich zuletzt am Hinterhauptsbein mit einem breiten Wirbel endigt.
Im Profil und in aufrechter Stellung be - trachtet, macht das Rückgraat nach vorn eine268 Art Wellenlinie*)Man darf sowohl bey der Aufstellung eines Ge - rippes als bey einer Zeichnung desselben nicht ver - gessen, wie sich die Wellenlinie des Rückgraats nach der verschiedenen Stellung des ganzen Kör - pers ändert. Ein Umstand der in manchem unse - rer prachtvollen osteologischen Kupferwerke über - sehen worden, und den hingegen die alten Grie - chischen Künstler in den auf uns gekommenen Meisterflücken der Bildhauerkunst zum Bewundern getreu nach der Natur beobachtet haben.Nicht blos ist der Bug des Rückens im Ste - hen überhaupt anders als im Sitzen u. s. w. son - dern auch die individuellen Stellungen des stehen - den oder sitzenden Körpers ändern die Beugung des Rückgraats; die z. B. beym Torso ganz an - ders ist als bey dem sich windenden Laocoon; bey der schaamhaften Mediceischen - oder auch bey der Jenkinsischen-Venus anders als beym keck vor - tretenden Apollo von Belvedere ꝛc.Ohngefähr ließ sich die Richtung des Rück - graats, als wovn hier bloß die Rede ist, an dem schönen Scelet bey vesalivs de c. h. fabr. pag. 205. wenn sie weniger stark gekrümmt wäre, mit der am Torso vergleichen. s. die Abbildung desselben in der Raccolta di Statue tab. IX. und in j. episcopii signor. veter. icon. tab. XXIV.So die in sve Tr. d'osteologie de Monro tab. XI. mit der am Laocoon. s. (gir. avdran) proportions du corps humain ꝛc. tab. II. IV.Etwa die in trew tab. osteolog. tab. B. mit der an der mediceischen Venus. s. Museum Florenti - num Vol. III. tab. XXIX. und episcopivs l. c. tab. XLVIII.Und die in albini tab. sceleti et musculor. tab. III. mit der am Apollo. s. tarin Osteo-graphie tab. IV. V., aber von sehr ungleichen269 Wölbungen*)Die kränklichen Abweichungen des verwachsenen Rückgraats werden bekanntlich unter drey Haupt - gattungen gebracht: cyphosis, der Buckel, wenn es zu stark rückwärts gewölbt ist: lordosis, wenn ee vorwärts verwachsen: und scoliosis, wenn es seitwärts gekrümmt ist.S. chr. gottl. lvdwig de distorta spina dorsi im II B. der aduersar. medico-practic. pag. 327 sq. 538 sq. und 579 sq. auch s. Abh. de dolorib. ad spi - nam dorsi im I B. S. 711 u. f. – vergl. che - selden's osteographia tab. XLIV.. Die Körper der Halswirbel nemlich sind nur ganz flach vorwärts gewölbt. Die an den Rückenwirbeln hingegen sind mit einem großen flachen Bogen rückwärts ausge - schweift; um nemlich den Raum der Brusthöle dadurch zu vergrößern. Der Lendenwirbel ihre treten in etwas vorwärts in die Bauchhöle hinein. Das Kreuzbein endlich ist nebst dem Kukuksbein das mit dem untern Ende desselben in gleicher Richtung fortläuft, wieder nach hinten tief ausgeschweift, um die Beckenhöle zu erweitern.
Ganz anders hingegen und sehr von der vorigen abweichend, läuft die Linie die man am äußersten Ende der Dornfortsätze zieht, da die verschiedne Richtung und Länge desselben an den dreyerley Arten von Wirbeln, dieselbe im ganzen weit flacher und ihre wellenförmigen Beugungen schwächer macht.
Aber auch von vorn angesehen, lauft das Rückgrad nicht durchgehends in gerader Rich - tung, sondern ist in der Gegend des 4ten und 5ten Rückenwirbels, wo sich nemlich der Bo - gen der großen Schlagader hinten hinabbengt, ziemlich merklich nach der rechten Seite aus - gebogen*)S. Cheselden im angef. Werke Kap. 3. vergl. sa - batier Tr. complet. d'Anatomie T. I. pag. 117 der Ausg. v. 1781..
Der durch das Rückgraat laufende Canal ist gleichsam die Fortsetzung der Hirnschaalen - höle. Er erstreckt sich von der großen Oeff - nung des Hinterhauptbeins bis ins Kreuzbein, wo er sich hinten in einen offnen Ausschnitt des - selben endigt.
In den Lendenwirbeln ist dieser Canal am weitesten, und zwar so wie in den Halswir - beln meist dreyeckigt. In den Brustwirbeln hingegen ist er mehr rundlicht und von der 6ten bis zur 9ten zugleich am engsten**)cheselden osteographia tab. XIII. und Hrn. Prof. Camper Zusätze zur zweyten Ausg. der Holländ. Uebers. von Mauriceau's Krankheiten der Schwan - gern ꝛc. Amsterd. 1759. 4. Taf. I. Fig. 6..
Die beiden obersten Halswirbel abgerech - net, von deren eignen Besonderheiten nachher umständlich die Rede seyn wird, so haben die übrigen Wirbel folgendes mit einander gemein:
Sie bestehen nemlich nach vorn aus dem sogenannten Körper, der einem runden Cy - linder ähnelt; seitwärts hingegen und nach hin - ten wird durch den Zusammenfluß ihrer Fort - sätze der sogenannte Bogen gebildet.
Bey der Leibesfrucht und dem neugebohr - nen Kinde besieht jeder Wirbel noch aus drey einzelnen Knochenflücken*)albini icon. oss. foetus tab. VIII. fig. 57 bis 59.: wovon das eine den Körper, die andern beiden aber, die nach hinten nur durch einen Knorpel miteinander ver - bunden sind, den Bogen ausmachen**)Daher diese Hinterseite des Rückgraats beym un - gebohrnen Kinde leicht vom Wasser auseinander getrieben und zur spina bifida verunstaltet werden kann, zumal wenn ohnehin eine mangelhafte Ver - knöcherung dabey zum Grunde liegt. s. des Hrn. Hofr. Murrray Progr. Spinae bifidae ex mala ossium conformatione initia Goetting. 1779. 4. – vergl. le cat Tr. du fluide des Nerfs. Berl. 1765. 8. pag. 52 u. f. tab. III..
Der Körper ist von schwammichter Tex - tur, gleichsam nur wie mit einer dichten Kno - chenrinde überzogen. Auf der Rückseite die den Canal bildet, und theils auch auf der vor - dern sind ansehnliche Oeffnungen, wodurch die ernährenden Blutgefäße desselben hineintreten*)gagliardi anat. ossium pag. 77 der Röm. Ausg. Der seel. Pitschel glaubte neuerlich in diesen Lö - chern die Verbindung des Brust - und Bauchfells nut der harten Hirnhaut gesunden zu haben. s. dessen anatom. chirurg. Anmerk. Dresd. 1784. 8. S. 38 u. f. II. Taf..
Vom zweyten Halswirbel an liegt zwischen den Körpern aller übrigen eine sehr elastische**)Von der Verschiedenheit die durch den Druck auf diese Knochenscheiden in der Statur des aufrech - ten Menschen bewirkt wird. s. Th. I. S. 67. N. *) Knorpelscheibe, (Cartilago intervertebralis) theils von ansehnlicher Dicke, zumal an der Vorderseite, und durchgehends von einer über - aus merkwürdigen Textur. Diese Scheiben halten das Mittel zwischen einem Knorpel und einem Gelenkbande, da sie gleichsam nur eine Fortsetzung der kurzen Gelenkbänder sind, wo - mit vorn die Fugen dieser Körper kreuzweis überzogen sind. Wenn sie horizontal durch - schnitten werden, so zeigen sie concentrische273 Ringe, die nach der Mitte und etwas nach hinten zu immer weicher werden, und daselbst wie mit einem schleimichten Kerne gefüllt sind*)rvzysch thes. anat. IV. n. 63. thes. V. tab. III. fig. 1. 2., der aber doch dem Drucke weit weniger nach - giebt als seine härteren Ränder, und der ei - gentlich die Hauptstütze im Rückgraat aus - macht, so wie hingegen die mehr elastischen Ränder das meiste zur gelenken Biegsamkeit desselben beytragen**)winslow s. les mouvements de la tête, du col, et du reste de l'epine du dos in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1730. pag. 351 sq. vergl. mit einem Aufsatz des ältern Alex. Monro in s. Werken S. 281 u. f. der engl. Ausg..
Der Bogen an den Wirbeln ist von dich - term Gewebe als ihr Körper, und bildet, den obersten Halswirbel abgerechnet, bey allen übrigen 7 Fortsätze: nemlich die beiden trans - versos zu beiden Seiten; den spinosus nach hinten; und zwey Paar obliquos oder die ei - gentlichen articulares die dem Rückgraat die meiste Haltung und Festigkeit geben, und wo - von die obern ascendentes (s. feminei), die untern aber descendentes (s. masculini) ge - nannt werden.
Der Bogen macht in Verbindung mit der Hinterseite des Körpers die große Oeffnung zum Durchgang des Rückenmarks, die gleich - sam als eine Fortsetzung des großen Loches im Hinterhauptbein anzusehen ist.
Nächstdem hat jeder Wirbel ohngefähr an der Wurzel seines processus transversus auf jeder Seite sowohl oben als unten einen meist halb - mondförmigen Ausschnitt, der dann mit dem auf ihn passenden ähnlichen Ausschnitt des benachbarten Wirbels ein foramen commune*)Ueber die Verschiedenheiten dieser Oeffnungen an den drey Haupttheilen des Rückgraats s. umständ - lich Vesalius im großen Werke S. 83. bildet, (das durch die zwischen den Körpern der Wirbel liegende Knorpelscheibe noch mehr Raum gewinnet) und deren auf jeder Seite 25 zum Durchgange der 8 Paar Nackenner - ven, der 12 Paar Intercostalnerven, und der 5 Paar Lendennerven herablaufen**)s. evstach. tab. XVIII. fig. 2. – und besonders die unter des großen ehemaligen Malers Peter Berrettini Namen erst a. 1741 herausgegebnen tab. anatom. tab. XII. fig. 1. tab. XIII. fig. 1. tab. XIV. fig. 1..
Die sämmtlichen Wirbel sind, wie es zu ihrer nöthigen Festigkeit unumgänglich war,275 durch zahlreiche und starke Gelenkbänder un - ter einander verbunden. Die beiden obersten Halswirbel haben einen ganz eignen Vorrath von dergleichen Bändern, die im folgenden Ab - schnitt beschrieben werden sollen. Die Liga - mente der übrigen Wirbel hingegen lassen sich unter zwey Classen bringen: nemlich A) die gemeinschaftlichen (communia); und B) die besondern (propria).
Die gemeinschaftlichen sind die beiden so an der vordern und hintern Seite der Kör - per hinablaufen: nemlich
a) Das Ligam. longitudinale anterius*)weitbrecht Syndesmologia tab. X. fig. 37. vom obersten Halswirbel an.
b) Das Ligam. longitudinale posterius**)id. tab. XI. fig. 39. 40. 41. (oder vielleicht besser interius) eigentlich erst vom dritten Halswirbel an; denn von den beiden obersten steht es etwas ab.
Zu den besondern hingegen gehören: a) Das interuertebrale***)id. tab. XII. fig. 42.; das vor den Fugen der Körper an den Wirbeln liegt, und276 aus kurzen aber überaus robusten sich kreuzen - den Fasern besteht, die sich, wie schon erwähnt, (§. 211.) in die Knorpelscheiben zwischen diesen Körpern verlieren.
b) Die Ligamenta intercruralia*)id. tab. XII. fig. 43. 44., hin - ten in den Zwischenräumen der Bogen, die sich in die interspinalia**)id. tab. XII. fig. 45. e. verlaufen, welche längst zwischen den processibus spinosis liegen.
c) Die Ligamenta apicum***)id. tab. XIII. fig. 45. f. und 46. d., an der äußersten Spitze der processum spinosorum von einem Wirbel zum andern.
Endlich d) die vorzüglich wichtigen eigent - lichen Ligamenta articularia****)id. tab. XII. fig. 45. g. an den bei - derley processibus obliquis.
Die beiden obersten Halswirbel haben, wie schon gedacht, viel auszeichnendes wo - durch sie sich von den übrigen unterscheiden. Einiges was über beide zusammen gesagt wer - den wird, verspare ich bis zu Ende des fol - genden Abschnitts. Erst nun von jedem ins besondre.
Der erste dieser Wirbel*)galenvs de ossib. pag. 16 sq. (Atlas) ist niedrig, flach, fast ringförmig**)vesalivs cap. 15. fig. 2. 3. 4., hat vorn keinen sogenannten Körper wie andre Wir - bel, und hinten keinen dornichten Fortsatz, da - für aber zwey desto ansehnlichere robuste Sei - tentheile***)Diese Seitentheile werden deswegen auch von manchen Zergliederern wie z. B. von Mauchart in den unten anzuführenden Dissertationen, und von Hrn. Prof. Murray a. a. O. die corpora die - ses Wirbels genannt. wodurch er sowohl mit den Knö - pfen des Hinterhauptbeins, als mit dem zweyten Wirbel in Verbindung steht.
Auch besteht er bey der Leibesfrucht und dem neugebohrnen Kinde nicht wie andre Wir - bel aus drey, sondern nur aus zwey Knochen - stücken*)albini icones ossium foetus tab. VIII. fig. 55. 56. trew tabulae osteologicae tab. B..
Statt des Körpers hat dieser Wirbel einen kurzen wenig gekrümmten Bogen, wo - durch seine beiden Seitentheile nach vorn ver - bunden werden, und mitten auf der innern oder hintern Seite desselben eine kleine runde Knor - pelfläche, an welcher sich der große Zapfen des folgenden Wirbels mit einer änlichen Knorpel - fläche bewegt.
Die beiden dicken, Seitentheile sind oben und unten zu schrägen Gelenkflächen ausge - schweift, und vertreten die Stelle der proces - suum obliquorum an andern Wirbeln. Die beiden obern stehen etwas weiter auseinander, oder sind vielmehr nur etwas schmäler aber länglichter als die untern.
Am innern oder untern Rande der obern Gelenkflächen ist auf jeder Seite eine kleine279 Grube in welcher die beiden Enden des Quer - bandes befestigt sind, das hinter dem Zapfen des zweyten Wirbels liegt.
Die Seitenfortsätze sind von ansehnlicher Größe*)Bey den Raubthieren, zumal bey denen die ihre meiste Stärke im Nacken zeigen, wie die Wölfe, Hyänen, Löwen ꝛc. ist der erste Halswirbel von ausnehmender Stärke, und zumal mit zwey über - aus großen breiten flügelförmigen Seitenfortsätzen versehen.: statt des dornichten Fortsatzes hingegen (der das Drehen des Kopfs auf dem zweyten Wirbel behindert haben würde) ist an der Hinterseite des großen Bogen, der von den Seitentheilen nach hinten läuft, blos eine kleine stumpfe Spitze. Der Bogen selbst läßt, wenn der Kopf nicht zurückgebogen ist, eine ansehnliche Lücke zwischen sich und dem dornich - ten Fortsatz des zweyten Wirbels**)Dieser ganz natürliche Zwischenraum wird leicht von unkundigen Wundärzten bey Legalsectionen für eine gewaltsame Verzerrung gehalten, s. chr. gottl. lvdwig de luxatione vertebrarum colli a me - dico forensi circumspecte disquirenda. Lips. 1767. 4. und im II. B. der Aduersar. pag. 253 sq..
Das foramen magnum das dieser ring - förmige Wirbel bildet, ist weit größer als an den folgenden, da es ausser dem Rückenmarke auch noch den Zapfen des zweyten Wirbels aufnehmen muß.
280Die Löcher womit die Seitenfortsätze an ihrer Wurzel durchbohrt sind, haben auch eine ansehnlichere Weite als die an den übrigen Halswirbeln, und sind zuweilen durch eine Scheidewand verdoppelt.
Auch die Einschnitte zu den vier gemein - schaftlichen Oeffnungen (§. 213.) die hinter den beiden Seitentheilen liegen, sind tiefer und laufen mehr gerader als an den folgenden Wir - beln. Die auf der obern Seite, die zum Ein - gange der arter. vertebralis und zum Ausgang des ersten Paars der Nacken-Nerven dienen, sind zu - weilen wie mit einer Brücke wieder bedeckt, so daß sie dann ein foramen proprium (S. 105 §. 19.) bilden*)Wie fast durchgehends bey den vierfüßigen Thie - ren. Doch findet sich zuweilen bey manchen Af - fen auch nur ein Einschnitt statt des vollkomme - nen Loches. s. Hrn. Prof. Camper natuurkund. Verhandel. over den Orang-outang ꝛc. pag. 21. vergl. mit evstach. ossium examen. pag. 211. 214..
Dieser ganze Wirbel ist aufs genaueste mit dem Hinterhauptbein verbunden**)Daher man ihn auch nicht gar selten mit dem Hinterhauptbein verwachsen findet. Beyspiele die - ser Art von Ankylose s. in Hrn. Prof. Sandifort Exercitat. academicis P. I. tab. I. II. III. und in jac. thiens. van de wynpersse diss. de Ancylosi LB. 1783. 4. tab. I. fig. 1. 2. 3.281Vor kurzem habe ich von einem hiesigen Kirch - hof einen dergleichen Schedel erhalten, der dem vom Hrn. Sandifort a. a. O. tab. II. fig. 2. abge - bildeten, zum Bewundern gleicht., dessen Knöpfe eine Art ginglymus (Th. I. §. 105) mit ihnen bilden, und dem Kopf fast blos in der geraden Richtung nach vorn und hinten sich darauf zu bewegen gestatten.
Vorzüglich dienen vier Gelenkbänder*)Sie sind am genauesten von Mauchart in der ersten von den beiden unten zu nennenden Dis - sertationen beschrieben. zu dieser Verbindung.
Zuförderst nemlich die beiden eigentlich so - genannten lig. articularia (s. annularia) welche die obern Gelenkflächen des Wirbels an die Knöpfe des Hinterhaupts befestigen.
Dann drittens das lig. obturatorium ante - rius am vordern Bogen:
Und endlich viertens das obturarorium posterius am hintern Bogen.
Der zweyte Halswirbel*)Galenus a. a. O. (Epistropheus s. Axis) hat eine von dem vorigen ganz auffallend verschiedne Gestalt**)vesalivs cap. 15, fig. 5. 6. 7.: ist ungleich schmäler, aber durchgehends weit robuster, und zumal an der vordern Seite von einer sehr be - trächtlichen Höhe und ganz eignem Bau.
Auch besteht er bey der reifen ungebohrnen Leibesfrucht weder wie der vorige Wirbel aus zweyen, noch wie alle übrige aus dreyen, son - dern aus vier Knochenkernen***)albini icones oss. foetus tab. VII. fig. 52. 53. 54..
Was besonders den Körper dieses Wirbels gleich vor allen auszeichnet, ist der zahnförmi - ge Fortsatz (processus odontoides) ein abge - rundeter Zapfen, der am obern Ende desselben283 emporragt, und zu einer ganz eignen Art von Articulation dient, davon schon oben Erwäh - nung geschehen (Th. I. §. 104.). An seiner vor - dern Seite nemlich ist eine Gelenkfläche die auf die gedachte ähnliche Fläche des ersten Wirbels (§. 220.) paßt, der sich nebst dem ganzen Kopfe auf diesem Zapfen wie an einer Angel hin und her drehen kan*)vesalivs cap. 15. fig. 10. 11.. Der Zapfen sitzt gleichsam auf einem etwas schmälern Halse, hinter welchem das Querband im ersten Wirbel (§. 221.) ausgespannt ist.
Unten gleichsam am Fuße des Zapfens lie - gen zu beiden Seiten zwey gewölbte Gelenk - flächen, auf welchen die gedachten untern Ge - lenkflächen des obersten Wirbels (§. 221.) auf - ruhen. Doch schließen sie nicht ganz dicht auf einander, und man will auch zuweilen noch eine besondre kleine Knorpelscheibe zwischen ihnen inne liegend gefunden haben**)id. pag. 79..
Auf der untern Seite des Wirbels und weiter nach hinten, sind ein paar andre weit kleinere Gelenkflächen, die den schrägen herab - steigenden Fortsätzen der übrigen Wirbel (§. 212.) äneln.
284Zwischen diesen letzten und den vorigen lie - gen nach ausen die processus transuersi dieses Wirbels, die aber merklich kürzer sind als am Atlas.
Hinten ragt endlich der dornichte Fortsatz hinaus, der desto länger und dicker ist. Er hat einen scharfen schräg hinabsteigenden Rü - cken, und ein abgestumpftes theils gespaltnes Ende.
Die große Oeffnung in diesem Wirbel ist doch weit enger als die im vorigen; und über - haupt der in den folgenden Halswirbeln änlich.
Das Loch womit die Seitenfortsätze an ih - rer Wurzel durchbohrt sind, hat hingegen eine ganz eigne Richtung, und öffnet sich, da es oben von den obern Gelenkflächen (§. 228.) meist bedeckt wird, schräg nach der Seite, macht gleichsam ein Knie, beynah wie der canalis caroticus im Felsenbein.
So wie überhaupt die Wirbel, und beson - ders die am Hals aufs festeste untereinander verbunden sind, um die sonst so furchtbar ge - fahrvolle Verrenkungen derselben, auf alle Weise zu verhüten: so sind dieselben nun fol - gends bey den beiden obersten Wirbeln durch285 einen ganz eignen merkwürdigen Apparatus von mancherley festen Gelenkbändern*)Ueber diese Gelenkbänder s. vesalivs L. II. cap. 30. pag. 332 sq und besonders Eustach's ansehnliche Schrift de motu capitis (am ossium examen pag. 227-260. ) wo er aber doch an einigen Stellen, blos um seinen angebetheten Galenus zu retten, ein paar wirkliche Irthümer desselben zu verthei - digen gesucht hat.Vor allen aber gehören zwey classische Disser - tationen des seel. Mauchart hieher. Die eine, capitis articulatio cum prima et secunda vertrebra Tüb. 1747. 4. steht auch im VI B. der Hallerschen Sammlung anatomischer Streitschriften. Die an - dere, de luxatione nuchae ib. im gleichen Jahr; ist im II B. Hrn. v. Hallers chirurgischer Sammlung wieder abgedruckt. bey - nah so gut wie unmöglich gemacht**)Wie schon Columbus gegen das gemeine Vorur - theil sehr richtig, und nach zahlreichen Untersu - chungen an Gehängten angemerkt hat, de re anat. L. III. cap. 2. pag. 194.Düverney hielt die Verrenkung sowohl des Kopfs vom ersten Halswirbel, als dieses letztern vom zweyten für unmöglich: oeuvr. anatom. Vol. I. pag. 446 sq. – J. L. Petit gab zwar die letztere zu, und hielt sie sogar für die gewöhnliche Todes - art der Gehängten, im Tr. des maladies des os Vol. I. pag. 68 der Ausg. v. 1758. – Allein auch diese hat Mauchart in der zweyten von den bei - den angeführten Dissert. §. 11. blos auf wenige bestimmte Fälle eingeschränkt.Daß von solchen Fällen hier nicht die Rede ist, wobey die Wirbel zugleich zerbrochen sind, braucht keine Erinnerung. s. chr. gottl. lvdwig de pa -286 raplegia ex fractura vertebrarum colli Lips. 1767. 4. Und im III B. der Adversar. pag. 507 sq.Ueberhaupt aber wird auch gar häufig manche andre Todesart oder Verletzung ganz irrig auf die Verrenkung der Halswirbel oder aufs Halsbre - chen geschrieben. – Meist mit nicht bessern, Grunde als weiland der heil. Abälard in seiner famösen Epistola calamitatum von sich selbst erzählt, wie er einmal den Hals gebrochen: "de nostra lapsum equitatura, manus Domini vehementer col - lisit, colli mei canalem confringens.".
Es gehören dahin außer denen die schon im vorigen Abschnitt benannt worden (§. 224.) vorzüglich folgende:
a) Das ligam. suspensorium*)evstach. tab. XLVII. fig. 9. f. von der vordern Seite des zahnförmigen Fortsatzes, nahe unter seiner stumpfen Spitze nach dem vordern Rande der großen Oeffnung des Hin - terhauptbeins.
b) Die beiden ligam. lateralia**)id. ib. e. e. (s. alaria Mavcharti) ein paar kurze robuste Bänder die oben zu beiden Seiten des Zapfen ansitzen und zum vordern und äußern Theil des gedachten for. magni laufen.
c) Das schon erwähnte Querband***)id. ib. g. (ligam. transversum atlantis s. cruciforme Mav -287 charti) hinter dem Halse des Zapfen (§. 221. 227. ) das allerdings auch aufwärts am Hinterhauptbein und niederwärts am Körper des zweyten Wirbels befestigt ist, um allem Druck des Zapfen aufs Rückenmark vorzu - beugen.
d) Das ligam. vaginale (s. capsulare) wo - durch die Gelenkfläche vorn am Zapfen des Epistropheus mit der an der Hinterseite des vordern Bogens am Atlas verbunden wird.
Die übrigen fünf Halswirbel*)galenvs de ossib. pag. 17. bilden zu - sammen gleichsam einen abgestumpften Kegel, und sind überhaupt kleiner als die an - dern folgenden Wirbel, aber wie es scheint von einem desto dichtern festern Korn**)Merkwürdig ist die, meines Wissens bey allen vierfüßigen Säugethieren ohne Ausnahme un - veränderlich gleiche bestimmte Anzahl der Hals - wirbel. Die langhaifichte Giraffe, und das Ka - meel und das Pferd ꝛc. haben nicht mehrere als 7: und der Maulwurf und der zweyzehichte Ameisen - bär ohngeachtet ihres so kurzen Halses nicht weniger.Auch beym Menschen sind die Varietäten in der Zahl der Halswirbel unerhört, und hingegen bey den übrigen Theilen des Rückgraats bis zum Ku - kuksbein gar nicht selten. – Denn Spiegel's Be - hauptung, daß man bey langhalsichten Personen zuweilen 8 Halswirbel finde, scheint nicht aus der Natur geschöpft. Von ungleich größerm Gewicht, aber doch noch in etwas zweifelhaft, ist mir Eu - stach's Anmerkung:„ Collum ex septem vertebris constat, nisi natura in conformandis particulis ab - errans et a communi lege discedens, vt quandoque mihi videre contigit, octo pro septem efficiat. “Ossium exam. pag. 210. 289Bey den Vögeln ist die Zahl der Halswirbel nicht so bestimmt als bey den Säugethieren. Die Eulen, Raben ꝛc. haben ihrer 12. – Die Hüner, Tauben, Fettgänse ꝛc. 13. – Der Straus, Ca - suar, Flamant, Storch ꝛc. 17. – Der Schwan 22.Durchgehende ist der Hals bey den Vögeln überaus beweglich und gelenk, um gleichsam die Steifigkeit ihres Rückens zu ersetzen..
Ihre Körper sind nach vorn nicht stark gewölbt und hervorragend wie die an den Rü - ckenwirbeln, sondern weit flacher, um dem Schlunde der zwischen ihnen und der Luftröhre hinabsteigt mehr Raum zu lassen.
Auf ihrer obern Fläche erheben sie sich zu beiden Seiten in zwey ansehnliche Fortsätze*)vesalivs cap. 15. fig. 8. 9. pag. 82., die in ein paar darauf passende Vertiefungen des darüberstehenden Wirbels eingreifen und auch hierdurch die Festigkeit des Nackens ver - stärken**)Bey manchen vierfüßigen Thieren die kein so star - kes ligamentum suspensorium colli haben, das bey andern den vorhängenden Kopf tragen hilft, zeigt sich dagegen eine überaus sonderbare Einrichtung in den Nackenwirbeln, deren Körper vorn nach unten einen schuppenförmigen Fortsatz bildet, der als Stütze die Last des Kopfs erleichtert. Ich habe in der Schrift de generis humani variet. natiua tab. II. fig. 1. eine Abbildung dieses merkwürdi - gen Baues beym Pavian (Papio mandrill) gegeben..
Die schrägen Fortsätze dieser Wirbel haben eine schiefere Richtung als die am übri -290 gen Rückgraat; auch ist bey ihnen und bey den gleichen Fortsätzen an den Rückenwirbeln der scharfe Rand nach aussen gekehrt, nicht wie bey den Lendenwirbeln nach vorn und hinten; sowie auch ihre Flächen mehr eben und nicht wie an den Lendenwirbeln gewölbt und vertieft sind.
Die Seitenfortsätze sind erstens so wie an den obersten beiden Wirbeln an der Wurzel mit der Oeffnung zum Durchgang der Wirbel - blutgefäße durchbohrt, so daß sie zusammen nach vom gleichsam einen durchbrochnen Canal bilden*)v. haller de c. h. function. vol. VIII. pag. 213.: zweytens aber haben sie das beson - dre, daß sie auf der obern Seite wie eine Dachrinne oder Schnepfe ausgefurcht sind und gleichsam nach vorn und hinten zwey besondre Fortsätze bilden, zwischen welchen diejenigen Nackennerven, aus welchen die großen Stäm - me der Armnerven gebildet werden, heraus - treten; daher auch manche Zergliederer neun Fortsätze an diesen Wirbeln gezählt haben.
Der Dornfortsatz ist an diesen Wirbeln, zumal an dem 3ten, 4ten und 5ten kurz und breit, damit der Kopf bequem zurückgebogen werden kan, meist auch am Ende wie gespal - ten, und nach unten etwas ausgefurcht. Bis herunter zum 5ten Wirbel ist das hintre Na - ckenband vom Hinterhauptsbein daran befestigt.
Der unterste Halswirbel zeichnet sich noch durch einige Besonderheiten von den übrigen aus. Er hat einen mehr hervorragenden ge - wölbten Körper (daher er auch vertebra pro - minens genannt wird), und macht überhaupt auch in Rücksicht seiner übrigen Structur den Uebergang zu den Rückenwirbeln. – Am untern Rande seines Körpers hilft er zuweilen schon in Verbindung mit dem ersten Rückenwir - bel die Gelenkfläche zur Aufnahme des ersten Rippen-Paares bilden: Auch fehlt zuweilen an seinen Seitenfortsätzen das Loch für die Wirbel - blutgefäße: und diese Fortsätze sind auch am Ende nicht mehr so auszeichnend wie eine Rin - ne ausgefurcht als die obern. So ist auch der Dornfortsatz dieses Wirbels schon weit länger als an den vorigen und überhaupt dem an den Rückenwirbeln änlicher u. s. w.
So wie der Kopf auf dem obersten Hals - wirbel vor und rückwärts gebogen, – und auf dem zweyten wie in einer Angel hin und her bewegt werden kan: so dient ihm nun die gemeinschaftliche Verbindung der übrigen Halswirbel sowohl jene beiden Arten von Be - wegung noch zu verstärken als auch ihm die Seitenbeugung nach den Schultern zu gestatten.
Die zwölf*)Beyspiele von wenigern oder von überzähligen Brust - wirbeln s. in ph. ad. böhmer obseruat. anatom. P. I. praefat. pag. V. not. e) und in haller de c. h. funct. Vol. VI. pag. 7 sq. Rücken - oder Brustwir - bel**)galenvs de ossib. pag. 18 sq. (vertebrae dorsi s. thoracis) sind unter allen am ganzen Rückgraat am min - desten beweglich***)Bey den Vögeln sind die Rückenwirbel unbeweg - lich, und wenigstens auf der Rückseite ganz zu - sammenverwachsen.Ueber ihre Anzahl bey diesen Thieren s. Hrn. Prof. Merrem vermischte Abhandl. aus der Thier - Geschichte S. 125. und Hrn. Prof. Schneider vermischte Abhandl. zur Aufklärung der Zoologie und der Handlungsgeschichte S. 162 u. f., haben die dünnesten Knorpelscheiben zwischen ihren Körpern, und überhaupt manches auszeichnendes, das sich auf ihre Verbindung mit dem übrigen Thorax, zumal auf die Einlenkung der Rippen an den - selben bezieht****)vesalivs cap. 16. fig. 1. 2. 3..
Die Körper dieser Wirbel halten in Rücksicht der Größe das Mittel zwischen den Hals - und Lendenwirbeln. Sie haben plattere – nicht so ausgeschweifte – Oberflächen als die Halswirbel. Die beiden obersten sind nach vorn gleichsam platt gedruckt, wie die an den Halswirbeln. Die drey darauf folgenden sind hingegen wie an den Seiten zusammengedrückt und überhaupt die allerschmälften am ganzen Rückgraat.
Was sie aber am meisten auszeichnet sind an ihrem hintern Rande, wo sich der Bogen die - ser Wirbel anfängt, die kleinen Knorpelflächen (facies articulares s. sinus laterales) zur Auf - nahme des innern Gelenkkopfes der Rippen.
Bey einigen Wirbeln sitzt die ganze Knor - pelfläche am Körper selbst (sinus proprius).
Bey den übrigen hingegen gleichsam in der Fuge zwischen zwey und zwey auf einander liegenden Körpern. (sinus communes.)
Der erste dieser Wirbel und dann die bei - den untersten haben sinus proprios. Doch stößt bey jenem der sinus zuweilen auch noch oben an den letzten Halswirbel (§. 234.) und unten macht er auch wohl mit dem darunter liegenden zweyten Wirbel einen sinus commu -294 nis: dergleichen überhaupt bey den übrigen 9 Rückenwirbeln zu finden.
Die schrägen Fortsätze dieser Wirbel stehen mehr aufrecht als an den Halswirbeln, aber auch so wie bey diesen mit den Flächen nach vorn oder hinten gekehrt.
Die Seitenfortsätze*)Bey den Frischen vertreten die überaus breiten Sei - tenfortsätze gleichsam die Stelle der ihnen abge - henden Rippen. entspringen gleichsam aus den vorigen: sie sind stark und lang; doch bey den obersten Wirbeln kürzer, bey dem siebenten hingegen meist am längsten. Weiter hinunter nimmt ihre Länge wieder ab, und bey den beiden untersten sind sie am aller - kürzesten. Sie endigen sich sämtlich in merk - lich dicke Knöpfe: wovon die an den beiden untersten Wirbeln fast wie in einen halben Mond ausgeschnitten sind. Ohngefähr von der 4ten bis zur 11ten läuft ein eignes Band längst von einem dieser Knöpfe zum andern herab**)weitbrecht syndesmologia tab. XIII. fig. 46. c..
Besonders sind aber am Ende der Seiten - fortsätze an den zehn obern Wirbeln andre, mehr oder weniger vertiefte Knorpelflächen zu mer -295 ken, in welchen die äußern und hintern Ge - lenkknöpfe der Rippen anliegen.
Von den Dornfortsätzen*)Bey den mehresten vierfüßigen Säugethieren sind diese Dornfortsätze von einer auffallenden Länge, besonders beym Elephant, Pferd, und durchge - hends bey den Thieren mit gespaltnen Klauen.Bey keinem aber doch so ungeheuer lang und stark als beym Cameel und Dromedar, wo sie zur Grundlage für den Rückenhöcker dienen. dieser Wir - bel liegen die drey oder vier obern ziemlich gerade aus und stehen merklich von einander ab. Die folgenden 6 hingegen laufen sehr schräg herunter, und liegen daher fast dicht auf einander. – Die letzten endlich liegen wieder meist horizontal und äneln überhaupt schon denen an den Lendenwirbeln, nur daß sie dünner sind. Im ganzen sind diese Fortsätze fast prismatisch haben wenigstens oben einen scharfen Rücken**)Man sagt, daß diese Fortsätze bey Frauenzimmern die sich enge schnüren, schief wachsen sollen. – s. jo. c. insfeldt diss. de lusibus naturae LB. 1772. 4. pag. 28.Ich weis nicht ob sich diese Behauptung auf würkliche Untersuchungen gründet, oder ob sie nicht vielleicht zu so manchen andern eingebildeten Nach - theilen gehört, die man – außer den würkli - chen – den Schnürbrüsten hat aufheften wollen..
Ueberhaupt sind die gemeinschaftlichen Seitenöffnungen zwischen diesen Wirbeln, zum296 Durchgange der Intercostalnerven enger als die zwischen den Halswirbeln.
Auch die großen Oeffnungen die den Canal fürs Rückenmark bilden sind bey diesen Wir - beln, zumal von dem 6ten bis zum 9ten am engsten.
So wie der letzte Halswirbel auch in Rück - sicht seines Baues den Uebergang zu den Rü - ckenwirbeln macht, so macht der unterste Rü - ckenwirbel gleichsam den zu den Lendenwir - beln*)Vesalius a. a. O. fig. 4..
Besonders stehen seine beiderley schrägen Fortsätze in ganz entgegengesetzter Richtung. Die aufsteigenden nemlich, wie bey den übri - gen, mit der Fläche nach hinten: die herab - steigenden hingegen mit der Fläche nach außen, wie bey den Lendenwirbeln; auch ist diese Flä - che schon wie bey diesen in einen runden Rücken gewölbt.
Die fünf*)Auch diese Wirbel variiren zuweilen in der Anzahl. s. bohmer obseruat. anat. a. a. O., u. a.m. Lendenwirbel**)galenvs de ossibus pag. 19. machen das untere Ende des eigentlichen Rück - graats aus***)Die meisten Affen und viele andere vierfüßige Thiere haben mehr als fünf Lendenwirbel. Der Mandrill z. B. ihrer 7. – Hingegen habe ich das Gerippe eines geschwänzten Affen vor mir, der doch auch nur 5 Lendenwirbel, aber 14 Brustwirbel hat.Das Pferd hat 6. – Der Esel hingegen 5. – Und, was merkwürdig, das Maulthier hat auch nur 5.Die Vögel haben eigentlich gar keine Lenden - wirbel, wie schon der brave Roiter richtig ange - merkt hat im 10 Kap. seiner Schrift de anium sce - letis, an seiner Ausgabe von fallopivs de partibus similaribus c. h. – s. auch Hrn. Prof. Merrem a. a. O. S. 126.. Sie sind die robustesten***)vesalivs cap. 17. fig. 1. 2. 3. und zugleich bey der vorzüglichen Dicke der Knorpelscheiben zwischen ihren Körpern, die beweglichsten von allen.
Ihre Körper sind sehr merklich dicker als die an den vorigen Wirbeln und auf der untern Fläche, zumal nach hinten, flach ausgehölt. Vorn sind sie höher als hinten, wie es das Gleichgewicht bey der obgedachten natürlichen Beugung des Rückgraats (§. 205.) und die natürliche Bestimmung des Menschen zum aufrechten Gange erfoderte.
Die schrägen Fortsatze verdienen hier bey den Lendenwirbeln kaum diesen Namen, da sie fast ganz senkelrecht stehen. Sie sind überhaupt robust, und haben eine ganz andere Richtung als die an den übrigen Wirbeln, nemlich mit den Rändern nach vorn und hin - ten gekehrt. Die obern sind wie eine Rinne ausgefurcht. Die untern hingegen die auch enger an einander stehen, haben cylindrisch ge - wölbte Gelenkflächen.
Die Seitenfortsätze entspringen gleichsam aus dem Körper und aus den schräg aufsteigen - den Fortsätzen, und sind ein wenig zurück ge - bogen. Die an den beiden obern Lendenwir - beln sind kurz; die an der dritten länger; die an den beiden untersten hingegen wieder kurz und theils auch dünner und stumpf zugespitzt. 299– Alles um die Seitenbewegung des Kör - pers zu erleichtern.
Zuweilen – aber sehr unbeständig – finden sich zwischen diesen Seitenfortsätzen und den schräg aufsteigenden, nach hinten zu, noch die sogenannte processus accessorii*)Auch diese processus accessorii haben in dem heftigen Streite zwischen Vesalius und seinen Gegnern, Aufsehen gemacht. Galenus nemlich hatte sie (a. a. O. pag. 19, D.) als gewöhnlich beschrieben. – Vesalius folgerte hieraus so wie auch aus hun - dert andern Stellen der Galenischen Osteologie, daß dieselbe nach Affen - und nicht nach Menschen - Gerippen verfaßt sey, de c. h. fabr. pag. 95 sq. cap. 17. fig. 4. – Eustach hingegen vindicirte sie wieder dem Menschen, im ossium exam. pag. 217. und bildete sie auch auf seiner Tab. XLVII. fig. 11. D. nach Menschenwirbeln ab., derhal - ben manche Zergliederer den Lendenwirbeln 9 Fortsätze haben zuschreiben wollen.
Der Dornfortsatze ist bey diesen Wirbeln kurz, aber breit, flach zusammengedruckt, nach oben und unten wie mit einer Schneide und am Ende gleichsam stumpf abgeschnitten. Am ersten und letzten Wirbel ist er am kürzesten, und hat bey allen eine fast horizontale Lage**)Bey den Affen hingegen ist der Dornfortsatz auf - wärts gekehrt. Und es ist offenbar verdächtig, daß Galenus a. a. O. diesen Fortsätzen gerade diese Richtung zuschreibt!.
Der unterste Lendenwirbel hat so wie der unterste Hals - und Rückenwirbel auch et - was eignes auszeichnendes. Sein Körper nemlich ist vorn auffallend höher als hinten, und bildet daher durch seine Verbindung mit dem Kreuzbein in der Fuge zwischen beiden das sogenannte Vorgebürge. Seine herabsteigen - den schrägen Fortsätze aber haben wieder die Richtung wie bey den Rückenwirbeln, nemlich mit der Fläche nach vorn gekehrt, und stehen auch weiter auseinander als die an den andern Lendenwirbeln.
Das Kreuzbein*)galenvs de ossibus cap. XI. pag. 20. oder heilige Bein (os sacrum,**)Ueber den Grund dieser Benennung ist viel gestrit - ten worden. Eine Menge Vermuthungen darüber hat Riolan zusammengetragen, anthropograph. pag. 848. der Pariser Ausg. v. 1626. 4. Mit ist keine davon recht einleuchtend: ich habe es aber freylich nicht der Mühe werth gefunden, viel Zeit aufs Nachforschen einer bessern zu verwenden. s. latum s. os clunium) ist bey weitem der allergrößte Knochen am Rückgraat***)vesalivs cap. 18. fig. 1. 2., von schwammichter leichter Textur, nach vorn ausgeschweift und ziemlich glatt, nach hinten gewölbt und rauh und un - eben; im Ganzen ohngefähr von der Gestalt einer gekrümten am Ende stumpf zugespitzten keilförmigen Schaufel.
Am weiblichen Gerippe ist er mehrentheils flacher und minder stark gekrümmet als am männlichen****)Ueberhaupt variirt zwar das Kreuzbein gar man - nichfaltig, in Rücksicht der kleinen Abweichungen302 von Länge, Breite und Krümmung. Allein an den schönsten Gerippen und die ich in der ganzen übrigen Ausbildung für Muster des natürlichsten Baues halten muß, habe ich die Verschiedenheit zwischen dem männlichen und weiblichen Kreuzbeine immer so gefunden, wie sie oben angegeben ist. Daher ich es nicht verstehe wie einige neuere Fran - zösische Zergliederer gerade das Gegentheil behaup - ten können: Bertin z. B. sagt im Tr. d'osteologie Vol. III. pag. 159:„ L'extrémité inférieure est tou - jours recourbée en devant; elle l'est ordinairement plus dans la femme que dans l'homme. “Und Hr. Sabatier im Tr. complet d'anatomie Vol. I. pag. 125. „ Dans l'homme cet os – est moins courbé. Dans la femme au contraire il est – plus courbé. “Offenbar ist beym schönsten Bau das weibliche Kreuzbein an sich flacher, minder gekrümmt; aber es macht in seiner Verbindung mit dem letzten Lendenwirbel, am sogenannten Vorgebirge (§. 244.) einen schärfern Winkel und tritt dann stärker rück - wärts als am männlichen Gerippe. Und gerade so haben es auch die ältern Zergliederer ganz rich - tig angemerkt. Zu allererst, so viel ich weis, Lud. Bonaccioli, der schon zu Ende des 15ten Jahr - hunderts ale Prof. zu Ferrara lebte, in seiner sehr schlüpfrigen Enneas muliebris (die er dennoch seiner – freylich ohnehin sehr berüchtigten – Herzogin Lucretia zu dediciren, kein Bedenken getragen hat!) wo er sagt:„ os sacrum in viril rectius (nemlich in Verhältnis seiner Verbindung mit den Lendenwirbeln) in feminis in exteriora magis, quo fecius partui impedimento sit, recuruatum conspicitur.In exteriora heißt hier, so wie bey vielen nach - herigen Zergliederern die Richtung der Kreuzbeins303 nach hinten. Eben so nimmts z. B. auch Riolan a. a. O. pag. 705. und Boerhaave in den institut. §. 659. u. a.m.Diese Richtung mit der das weibliche Kreuzbein stärker nach hinten austritt, ist aber blos am Ge - rippe und nicht am vollständigen weiblichen Kör - per merklich, weil bey diesem bekanntlich auch die fleischichten Theile derselben Gegend ein andres Verhältnis von Umfang und Wölbung haben als am männlichen. Desto merklicher wird sie hinge - gen bey Mannspersonen, wenn dieser ihr Kreuzbein etwa so stark als beym andern Geschlecht zurück - tritt, die daher in manchen Gegenden geschwänzte Menschen genannt werden. s. fallopii expos. de ossib. pag. 577 sq. paw primit. anatom. pag. 101.Ganz nach der Natur ist übrigens die Beschrei - bung des weiblichen Kreuzbeins bey albinvs de sceleto pag. 474. „ Sacrum feminis latius, per lon - gitudinem rectius, infra non aeque incuruatum in priora. “– So auch bey Marherr in den praelect. Vol. III. pag. 573 der Ausg. v. 1785.Und eben so nach der richtigen schönen Natur ist auch das Profil eines weiblichen Kreuzbeins in trew tabul. osteolog. tab. IX. fig. 6. zur Verglei - chung mit dem von einem männlichen; ebendas. fig. 5..
Er ist hinten zwischen die Hüfftknochen eingekeilt, hilft die Beckenhöle bilden, und ist gleichsam der Fuß worauf das ganze Rück - graal, und mit diesem auch Brust und Kopf und Arme ruhen.
Gewissermaßen ist das Kreuzbein ein zu - sammengesetzter Knochen, der nemlich aus fünf (– seltner aus sechs –*)Gewöhnlich besteht das Kreuzbein aus fünf wirbel - artigen Stücken. – So auch in den Abbildungen bey Eustach, Bidloo, Cheselden, Albinue, Sue u. a.m.304Daß nur viere gewesen seyn sollen, finde ich nur ein einzigmal angemerkt, in fallopii expos. de ossib. pag. 579. der diese unerhörte Abweichung selbst gesehen zu haben versichert.Sechse sind nicht selten. – So bey Vesalius, Trew, Smellie u. a. Auch in Amat. Bourdon ungeheuer großen tabulis anatom. tab. 5. fig. 32.Nur muß man nicht die Fälle wo das erste Glied des Kukuksbeins mit dem untern Ende des Kreuzbeins ankylotisch verwachsen ist, mit jenen verwechseln, wo dasselbe aus 6 wahren Wirbel - stücken besteht, und folglich dann mit 5 Paar Oeff - nungen zum Durchgange der Kreuznerven durch - bohrt ist. Ich habe von beiden Arten mehrere Beyspiele in meiner Sammlung. Auch eins wo das Kreuzbein aus 6 wahren Wirbelstücken besteht, und dennoch das erste Glied des Kukuksbeins noch gleichsam als ein siebentes ankylotisch damit ver - wachsen ist.Dieß ist der Fall, wo der alte Sal. Alberti ein Kreuzbein von 7 Wirbeln zu sehen gemeynt, und es dafür abgebildet hat, in s. hist. plerarumque par - tium h. c. Viteb. 1583. 8. pag. 89. und den auch Pet. Paw gefunden zu haben versichert primit. anat. pag. 102.Ein mehreres über dergl. Verschiedenheiten findet sich in albini annotat. acad. L. IV. pag. 53 sq. v. doeveren obseruat. acad. pag. 206 sq. und bey tabarrani in den Atti di Siena Vol. III. pag. 142 sq. wirbelän - lichen Stücken wie in eins geschmolzen scheint, die man an jugendlichen Subjecten, zumal auf der ausgeschweiften Vorderseite zu unter - scheiden glaubt*)Bey den mehresten Affen, und selbst bey einigen ziemlich menschenähnlichen, wie bey der Art von305 Orang-utang (Simia pygmaeus) die Hr. Camper zergliedert hat, besteht das Kreuzbein nur aus drey Wirbelstücken, die folglich nur zwey Paar Oeffnungen für die durchgehenden Nerven haben. Und da Galenus a. a. O. überhaupt das Kreuz - bein also beschreibt, so sieht man offenbar daß er seine Beschreibung nicht nach Menschenbeinen son - dern vermuthlich nach solchen Affen ꝛc. verfertigt, wie schon Vesalius – trotz Jac. Sylvius und Eustach – vollkommen richtig erwiesen: sowohl in der epistola de radicis Chynae decocto pag. 49 sq. der Oporinischen Orig. Ausg. als auch im großen Werke pag. 99. wo er deshalb auch die Abbildun - gen vom Kreuzbein der Affen gegeben.Hingegen hat der wahre Orang-utang (Si - mia satyrus) so wie der Mensch fünf Wirbelstücke in seinem Kreuzbein, s. tyson's anat. of a pygmy pag. 89. der Ausg. v. 1751.Auch beym Elephanten hat das Kreuzbein 5 Wirbelstücke mit 4 Paar Oeffnungen. s. blair's osteographia elephantina pag. 129. tab. IV. fig. 4.Beym Maulwurf hat es längst seiner Hinter - seite statt der Dornfortsätze einen ununterbroche - nen schneidenden Rücken, der dem kleinen Thiere bey seiner unterirdischen Lebensart besonders aber bey der Weise wie es die mit den Vorderfüßen losgegrabne Erde mit den Hinterfüßen hinter sich wirft, sehr zu statten kommt.Bey den Vögeln macht das Kreuzbein mit den übrigen beiden Beckenknochen ein einziges zusam - menhängendes Stück aus: ist aber bey den ver - schiedenen Arten von ungleichen Verhältnis der Länge ꝛc. – Viele genaue Bemerkungen darüber s. bey Royter a. a. O. cap. 10.Bey den Fröschen bildet es blos einen dünnen langen Knochen fast wie eine steife Gräte..
Im Grunde aber besteht doch schon die knorplichte Grundlage dieses Knochen, bey der306 ungebohrnen Leibesfrucht aus einem einzigen Stücke*)albini icon. oss. foet. tab. VII. fig. 52. 53. 54., in welchem man gegen die Zeit der Geburt 21 Knochenkernchen unterscheiden kan. Fünfe nemlich für jedes der drey obern wir - belänlichen Stücke, von welchen das mittlere den Körper derselben; zweye die zu beiden Sei - ten nach vorn liegen, gleichsam die Seitenfort - sätze; und zwey größere die eben so nach hinten liegen, die schrägen Fortsätze bilden. – Die beiden untersten Stücken hingegen haben wie die Wirbel des eigentlichen Rückgraats jeder nur drey Knochenkernchen.
Derjenige Theil der wirbelänlichen Stü - cke der die Körper derselben vorstellt, ist flach und in der Kindheit und Jugend durch Knor - pelscheiben wie in Absätze getheilt, die zwar gegen die Zeit der Mannbarkeit meist verwach - sen, doch daß sich die Spuren davon oft noch sehr kenntlich bis ins höhere Alter erhalten.
Der oberste dieser Absätze bildet nach oben eben so eine breite Gelenkfläche wie die an den eigentlichen Wirbeln des Rückgraats.
Der unterste hingegen verläuft sich in eine abgestumpfte Spitze mit einer in die Quere lie - genden Gelenkfläche, an welcher das erste Glied des Kuckucksbeins anliegt.
Die sämtlichen Fortsätze an diesen wir - belähnlichen Stücken sind wie zusammenge - flossen und undeutlich. Nur die zwey schräg - aufsteigenden am obern Ende ausgenommen, die mit ihren ausgeschweiften ansehnlichen Flä - chen nach hinten und innen gerichtet sind, und in die schräg herabsteigenden Fortsätze des un - tersten Lendenwirbels einlenken.
Die übrigen schrägen Fortsätze beiderley Art sind wie in rauhe Knoten verwachsen, die auf der Hinterseite des Kreuzbeins paarweise von oben nach unten convergiren.
Die Seitenfortsätze sind am allerunkennt - lichsten, da sie in die dicken breiten Seitentheile des Knochen zusammen schmelzen. Das ober - ste Paar macht vor den gedachten schrägauf - steigenden Fortsätzen ein paar breite Flügel, deren oberer und hinterer Rand mit den Sei - tenfortsätzen des letzten Lendenwirbels parallel laufen, und einen Zwischenraum lassen, durch welchen der letzte Lendennerve hervortritt, ihr vorderer Rand hingegen steigt an dem Vorge - bürge (§. 244.) seitwärts herunter, und verläuft sich in die stumpfe Grenzlinie, welche das sogenannte große Becken von dem kleinen scheidet.
308Die beiden obersten wirbelänlichen Stü - cke des Kreuzbeins sind zu beiden Seiten mit - telst der sogenannten Symphysis sacro-iliaca zwischen den Hintertheilen der ungenannten Beine eingekeilt. Diese Knorpelfläche selbst ist flach ausgefurcht und hat ohngefähr einige Aenlichkeit mit dem Umriß eines Menschen - ohres.
Von den Dornfortsätzen sieht man ge - wöhnlich nur an den drey obern wirbelänlichen Stücken des Kreuzbeins kenntliche Spuren. Weiter herunter sind sie meist wie in eine di - vergirde Spalte auseinander getrieben, deren Ränder zu beiden Seiten herab mit etlichen kleinen Knoten besetzt sind, wovon die unter - sten wie ein paar ganz kurze stumpfe Spitzen hinabragen, und gleichsam ein paar schräg her - absteigende Fortsatze vorstellen, die an die schräg heraufsteigenden des ersten Gliedes vom Kuckucksbein stoßen.
Nach hinten läuft durch das Kreuzbein der Länge herab ein dreyeckter Canal, der das Ende der ganzen Rückgraatshöle ausmacht. *)cheselden osteographia tab. XIII. smellie's Set of anatom. Tables, tab. II. u. a.m. hvnteri ana - tom. vteri hum. grauidi tab. IX.Nach oben ist er weit und seine Mündung schräg,309 von vorn nach hinten und unten wie abge - schnitten. Unten verliert er sich in die ge - dachte divergirende Spalte.
Gegen die Mitte ist das Kreuzbein der Länge herab mit vier Paar ansehnlichen con - vergirenden Oeffnungen durchbohrt, die zu beiden Seiten neben den gedachten Fugen (§. 249.) liegen, welche die Körper der wir - belänlichen Stücke abtheilen.
Nach vorn sind diese Oeffnungen größer, und verlaufen sich nach außen wie in eine Trich - terförmige Mündung, die zum Durchgange der Kreuznerven dient*)S. Hrn. Prof. Walter tab. neruor. thorac. et abdom. tab. I. fig. 1..
Nach hinten sind sie enger, ihre Ränder rauher ꝛc. und größtentheils mit Beinhaut verschlossen.
Das Kuckucksbein*)galen. de ossib. cap. XII. pag 21. (os coccygis) oder Steisbein hat den erstern Namen von der Aenlichkeit die man in seiner schwachge - krümmten Haakenförmigen Gestalt,**)vesalivs cap. 18. fig. 3. mit dem Schnabel jenes Vogels zu finden ge - meynt hat.
Es besteht gewöhnlich aus vier***)Beym natürlichsten Bau ist das Kuckuchsbein aus vier Stücken zusammengesetzt. – So ist es auch in den Abbildungen bey Vesalius, Cheselden, Albinus, Trew u. a.Zuweilen nur aus dreyen. – So in veslin - gii syntagma anatom. tab. cap. 2. fig. 5. 6. pag. 18 der Ausg. v. 1666. und in Sue großen Tafeln Tab. XVII. fig. 3. 4.Manchmal hingegen auch aus fünfen. – So bey Sal. Alberti a. a. O. und in ridloo anat. hum. corporis tab. XCVIII. fig. 3. 4. und in Hrn. v. Hal - ler's iconib. anat. Fasc. IV. tab. III. B. 1. 2. 3. 4. 5.Casp. Bauhin trihuirte (– aber wohl ohne sonderlichen Grund –) dem weiblichen Kuckucks - bein 5 Wirbel, und dem männlichen hingegen 4. s. dessen theatr. anat. L. I. tab. XLI. fig. 9 und 8. pag. 85. der Ausg. v. 1640. Stük - ken, die im natürlichsten Zustand auch beym311 erwachsenen Menschen nicht zusammenverwach - sen*)Aber wohl verwachsen sie nicht selten durch Ankylo - sen. Und zwar (wie Hr. Camper in den gedachten Zusätzen zum Mauriceau anmerkt, und ich selbst bestätigt gefunden habe) zuweilen schon im erwach - senen jugendlichen Alter.Am häufigsten verwächst das erste Stück des Kuckucksbeins mit dem Ende des Kreuzbeins (s. oben S. 304.), und dann die letzten Stücke von jenem untereinander selbst, so wie in Hunter's anat. vteri hum. grauidi tab. IX. lit. H. K. – vergl. levret art des accouchemens pag. 4.Die Ankylosen des Kuckucksbeins entstehen be - sonders leicht bey Frauenzimmern die viel reiten, und sich eben dadurch oft ihre Niederkunft erschwe - ren. – Eine Anmerkung die sich auch bey wilden herittnen Nationen bestätigt findet. Der Pater Dobrizhoffer z. B. handelt daher ausführlich von den schweren Geburten der Adiponischen Weiber, die, wie er sagt, den größten Theil ihres Lebens mit Reiten zubringen, und dabey nach der Män - ner Art auf ihren harten rindsledernen Sätteln sitzen. s. dessen Geschichte der Abiponer, einer berittenen und kriegerischen Nation in Paraguay 11ter Band S. 269 u. f., sondern durch eine wahre Symphy - sis**)Daher das Kuckucksbein leicht durch ein gewaltsa - mes hartes Niedersetzen oder durch einen Stoß desselben an eine Ecke leicht verrenkt werden, und dann in Beinfras übergehen, und auch wohl starke Eiterung der benachbarten Theile und den Tod nach sich ziehen kann, s. sve et dangerville de coccygis luxatione Paris. 1770. 4. (Th. I. §. 101.) mit einander verbun - den, mithin etwas nachgiebig***)Diese Nachgiebigkeit hat schon beym Stuhlgange, vorzüglich aber bey der Niederkunft ihren Nutzen. 312– Der große Harvey hat schon angemerkt, wie man sich durch einen leichten Versuch überzeugen kan, daß die geschwänzten vierfüßigen Säuge - thiere weder ihre Junge werfen, noch ihren Mist fallen lassen können, wenn sie nicht den Schwanz dabey zurückbeugen. De generat. animal. pag. 196, der Londner Originalausg. v. 1651. sind.
Auch sind schon bey der ungebohrnen Lei - besfrucht vier einzelne Knorpel, – nicht wie beym Kreuzbein nur ein einziger gemeinschaft - licher, – zur Grundlage ihrer nachherigen Verknöcherung vorräthig*)albini icon. oss. foetus tab. VII fig. 52. 53. 54..
Diese vier Stücke machen gleichsam einen Anhang des Kreuzbeins aus, laufen mit dessen unterm Ende in gleicher Richtung fort, ragen von hinten in die untre Oeffnung des Beckens hinein, und dienen besonders dem Mastdarm zur Stütze**)Bey den geschwänzten Thieren läuft hingegen das zum Schwanz verlängerte Kuckucksbein ausserhalb des Körpers fort, und ist bekanntlich bey man - chen von einer ausnehmenden Länge.Am Gerippe eines geschwänzten Affen das ich vor mir habe, besteht das Schwanzbein aus 22 Wirbeln. – Beym kleinen zweyzehichten Ameisen - bär aus 41.Bey einer Westindischen Eidechse (Lacerta marmorata) aus 68..
Das oberste Stück ist bey weitem das größeste, von ansehnlicher Breite, und beym vollkommensten Bau*)Wie in albini tab. ossium tab. VII. fig. 5. 6. 7. mit zwey Paar deutli - chen Fortsätzen versehen, nemlich mit zwey kurzen stumpfen Seitenfortsätzen, und dann nach hinten mit zwey emporragenden längern und spitzern, welche gleichsam die Stelle der schräg aufsteigenden Fortsätze an den vorigen Wirbeln vertreten, und nach den beiden gedach - ten änlichen Fortsätzen am hintern und un - tern Theile des Kreuzbeins (§. 250) gerich - tet sind. An den übrigen drey Stücken die an Größe in der Folge ihrer Verbindung immer mehr abnehmen, sieht man nur schwache min - der kenntliche Spuren von Seitenfortsätzen, außer diesen aber gar keine andere.
Die sämtlichen vier Stücke des Kuckucks - beins sind übrigens ganz dicht, ohne durch - laufenden Kanal und ohne andre bestimmte Oeffnung**)Bey den Affen hingegen und selbst bey den unge - schwänzten, deren Kuckucksbein meist nur aus drey Wirbeln besteht, sind dieselben sowohl mit einem Canal für das sich so weit erstreckende Rückenmark als mit löchern zum Ausgang für Nerven durch -314 bohrt. Und da Galenus a. a. O. diesen Bau dem Kuckucksbein überhaupt zuschreibt, so hat Vesalius in beiden obgedachten Werken auch hieraus erwiesen, daß seine Osteologie nicht nach dem menschlichen Gerippe verfertigt seyn könne.Beym Orang-utang hingegen ist das Kuckucks - bein aus vier Wirbeln zusammengesetzt, die nicht durchbohrt sind. Also von der Seite wie beym Menschen. s. Tyson a. a. O. S. 69 u. f..
Die beiden ungenannten Knochen*)galenvs de ossib. pag. 27. E. (ossa innominata, s. anonyma, s. coxarum) sind die größten von allen flachen Knochen des ganzen Gerippes; nach oben und hinten mehr breit, nach unten und vorn massi - ver, und theils durchbrochen und ausgehölt**)vesalivs cap. 29. fig. 1. 2. 3..
Vorn sind sie durch ein Knorpelband mit einander verbunden, hinten fassen sie das Kreuzbein zwischen sich: und bilden mit diesem und dem Kuckucksbein die sogenannte Becken -315 höle. In ihren Hüftpfannen sind die Schen - kelknochen eingelenkt.
Bey der Leibesfrucht und dem neugebohr - nen Kinde bestehn sie aus drey abgesonderten Knochenkernen*)albini icon. oss. foetus tab. IX. fig. 67. 68. 69. die in der Hüftpfanne zu - sammenstoßen, und erst ohngefähr im sieben - ten Lebensjahr zusammen verwachsen; doch daß auch oft noch später und selbst zuweilen bis gegen die Zeit der Mannbarkeit die Spu - ren dieser Verwachsung merklich bleiben.
Eben nach der Lage dieser anfänglichen dreyen Knochenkerne wird nun auch überhaupt jedes ganze ungenannte Bein, wieder in eben so viele Abschnitte eingetheilt, die man mit den Namen von besondern Knochen belegt.
Die beiden obern großen ausgebreiteten Theile nemlich, die Hüftknochen (ossa ilium).
Die mittlern vordern aneinanderstoßenden, die Schaambeine (ossa pubis s. pectinis).
Die nach unten herabsteigenden, die Sitz - beine (ossa ischii s. coxendicis).
Von allen dreyen insbesondre. Zuerst vom Hüftknochen, der bey weitem den größten Theil des ungenannten Beins ausmacht.
Er variirt gar sehr in der Dicke; zu - mal nach dem mittlern Theil zu: und das zwar, wie es scheint, ohne bestimmte Bezie - hung auf Geschlecht oder Alter.
Die Außenseite oder der sogenannte Rücken dieses Knochen ist flacher, und hat nur ein paar ganz schwache wellenförmige breite Eindrücke und Erhabenheiten.
Die innere Seite wird in zwey ungleiche Hälften abgetheilt, die in einem stumpfen Win - kel (cubitus alb.) aneinander stoßen.
Die hintre dieser beiden Hälften (plani - ties articularis) ist bey weitem die kleinere und wird durch einen scharfen Rand von der vor - dern abgesondert. Sie dient zur festen Ver - bindung mit dem Kreuzbein*)Mit welchem man sie wohl eher ankylotisch ver - wachsen gefunden. s. z. B. colvmbvs de re anat. pag. 108. pinaevs de virginitatis notis pag. 128. dvverney oeuvres anatom. Vol. I. pag. 458., (symphysis sacro-iliaca) und hat daher nach vorn, wo sie an den gedachten scharfen Rand stößt, einen etwa daumenbreiten etwas erhabnen rauhen Wulst, ohngefähr vom Umriß eines Men -317 schenohres, der auf die völlig änliche flach ausgefurchte Knorpelfläche des Kreuzbeins paßt, deren oben gedacht worden (§. 250). Nach hinten ist der übrige größere Theil dieser Hälfte etwas niedriger als dieser Wulst, und ebenfalls rauh und uneben.
Die vordre Hälfte der innern Seite des Hüftbeins ist ungleich größer als jene hintre, glatter, und nur gegen die Mitte zu ganz flach ausgeschweift. Nach unten stößt sie an den stumpfen Rücken (linea innominata) der von den Vorgebürge des Kreuzbeins hier fort - setzt. (§. 244. 250.)
Nun die Ränder dieses Knochen. – Der obere, größte, (crista ilei) ist fast eine Spanne lang, bogenförmig und bey jugendli - chen Subjecten mit einer schmalen Leiste belegt, die oft noch bis in die Jahre der Mann - barkeit als eine Epiphysis nur wie angeleimt scheint. Sie bildet die eigentlich sogenannten Hüften, ist hinten wo sie über dem Kreuzbeine hinausragt am dicksten; in der Mitte ihres Laufs am dünnsten: und endigt sich vorn in eine stumpfe Ecke (tuberculum s. spina supe - rior ilei). – Von da steigt der vordere kleinere Rand mit einem halbmondförmigen Ausschnitt bis zu einem stumpfen Hügel (spina inferior ilei) herab, der gerade über dem obern Rande der Hüftpfanne hervorragt.
318Unten, gleichsam am Fuße dieses Hügels stößt der Hüftknochen mit dem Schaambein zusammen, und macht in der Fuge einen ganz flachen Eindruck, über welchem der Fallopi - sche*)fallopii obseruat. anatomicae pag. 85. b. oder Poupartische**)Hist. de l'Acad. des scienc. de Paris 1705. pag. 51. sehnichte Bo - gen der schrägen Bauchmuskeln ausgespannt ist***)v. haller icones anatomicae. Fasc. VI. tab. 1., der die großen Schenkelblutgefäße aus dem Becken herausläßt****)dan. koch diss. de hernia crurali. Heidelb. 1726. §. 111..
Das Schaambein ober Schoosbein oder Schloßbein, macht den zweyten und kleinsten Haupttheil des ungenannten Beins aus, und besteht aus einem robusten rundli - chen Querstück und einem davon vom herabstei - genden platten Stücke.
Jenes (ramus superior s. transuersalis s. horizontalis) fängt von der vorgedachten Fuge (§. 262) und vom vordern Rande der Hüft - pfanne an und macht nach oben einen flach ausgeschweiften Bag, der sich vorn nahe an der Synchondrose der Schaambeine in eine stumpfhervorragenbe Ecke*****)Ich habe diese Ecke verschiedentlich bey Personen die lange Jahre hindurch Bruchhänder getragen319 hatten, wie eine starke Exostose hervorragend gefunden. (tuberculum spinosum pubis) endigt. – Ueber diesen Bug, ohngefähr in der Mitte, liegt der sogenannte Bauchring oder Spalte in den schrägen Bauch - muskeln*)albini tabulae musculorum tab. I., durch welchen bey Mannsper - sonen die Saamenschnur und beym andern Ge - schlecht die runden Mutterbänder heraustre - ten**)Eine genaue Beschreibung dieser Theile und ihrer Veränderungen bey Entstehung der Leisten - Brüche s. in pfann diss. de entero-oscheocele antiqua. Erlang. 1748. §. X sq..
Unter dem gedachten tuberculo spinoso steigt dann das andre Stück nach unten und nach außen herab, so daß damit die beiden Schaambeine zusammen unter der Synchon - drose den großen Bogen bilden, der beym weiblichen Gerippe in einen stumpfen Winkel ausgeschweift und mehr nach vorn ausgebogen ist, und schärfere Ränder hat, als beym männ - lichen***)Beym männlichen Becken beträgt dieser Winkel gewöhnlich 80 Grade oder etwas drüber. – Beym weiblichen wohl 100 oder etwas weniges drunter..
Beide Schaambeine sind durch die merk - würdige Synchondrose mit einander verbun - den, die neuerlich durch den kühnen Versuch sie bey manchen Arten von schweren Geburten320 zu durchschneiden*)Nur einen Schriftsteller statt aller hierüber anzufüh - ren, s. jo. peters. michell de synchondromia pu - bis Comm. Amst. 1783. gr. 8., so allgemein berühmt, und bey der Gelegenheit ihr wahrer Bau näher untersucht worden**)Besonders vom verstorbnnen Hunter in den medi - cal obs. and Inquiries Vol. II. pag. 333 sq. tab. I. fig. 3. 4. – Hrn. Prof. Bonn in den Verhandel. van het Genootschav te Rotterdam III D. p. 151 sq. tab. II. III. IV. – Hrn. Dr. Bentley in Bern de sect. synchondroseos ossium pubis. Argent. 1779. 4. – Hrn. Prof. Walter von der Spaltung der Schaam - beine in schweren Geburten. S. 11 u. f.. – Es besteht dieselbe aus einer länglichten schmalen vertica - len Knorpelscheibe***)Die Fälle sind nicht gar selten wo diese ganze Knorpelscheibe fehlt, und die Schaambeine vorn von einander ab und auseinander stehn. – Ein Becken der Art hat Hr. Prof. Walter bey der an - geführten Schrift in Kupfer stechen lassen. –Sonderbar ist nur, daß dieser Mangel ge - wöhnlich mit einem ganz eignem angebohrnen Feh - ler der Harnwege verbunden ist, da nemlich die Harnröhre gespalten und auseinander getrieben, und durch diese widernatürliche Oeffnung die Harn - blase umgekehrt aus dem Leibe heraus getrieben ist (prolapsus vesicae inuersae), welche dann in Ge - stalt eines derben rothen schwammichten immer nässenden Fleischgewächses in der Schaamgegend über den Zeugungstheilen herausliegt. – Dieß war der Fall bey einem 16jährigen Buben aus Cöln, den ich im Nov. 1784 untersucht habe, und der auch von Hrn. Prof. Bonn im III B. des Amster - damer Geneeskundig Kabinet genau beschrieben, auch sein Aufsatz ins Deutsche übersetzt und beson - ders gedruckt worden. – Ich habe außer den321 zahlreichen von Hrn. Bonn gesammelten Parallel - Fällen noch eine Menge andrer gefunden – z. E. bey palletta noua gubernaculi Hunteriani descr. u. a.m.Ben den Fledermäusen und in der ganzen Classe der Vögel ist fast ein änlicher Bau: da auch ihr Becken in der Schaamgegend offen ist., die in ihrem ganzen Bau die größte Aenlichkeit mit den horizon - talen Knorpelscheiben hat, die zwischen den Körpern der Rückgratswirbel liegen*)Sie änelt diesen auch darin, daß sie eben so nach Verschiedenheit der Umstände entweder aufschwel - len oder aber mehr zusammengezogen werden kann. – Darauf gründet sich die seit Sever. Pineau's Zeiten und zumal in den letztern 15 Jahren fast bis zum Eckel verfochtne oder bestrittne Frage von der Möglichkeit oder Beträchtlichkeit des Aus - einanderweichens dieser Knorpelscheibe sowohl wäh - rend der Schwangerschaft als auch bey der Nieder - kunft. – s. ein Heer von Citaten pro und contra bey Hrn. Michell a. a. O. S. 51 u. f. (§. 211). Sie ist von außen eben so mit einem sehnichten Bande umwunden, wird eben so nach der Mitte zu weicher und verliert sich endlich eben so in eine Art von gallertigen schleimichten Kern, aus welchem das flüßige resorbirt werden kann, da er dann gleichsam eine hole Spalte in seiner Mitte zu haben scheint**)Es ist doch überaus merkwürdig, daß alle Verknö - cherung der Schaambeinknorpel so äußerst selten, und eine vollkommne Ankylose derselben fast un - erhört ist; daher sie auch schon von Pineau so wie322 nachher von Düverney a. a. O. neuerlich von Hrn. Louis de partium generationi infernientium in mu - lieribus dispositione u. a.m. gänzlich bezweifelt worden.Unvollkommene Ankylosen der Schaambeinknor - pel sind von Hrn. Prof. Sandifort im II B. sei - ner observat. anat. patholog. von Hrn. van de wyn persse diss. de Ancylosi, und von Hrn. Michell im angeführten Werke beschrieben worden.Bey Pferden ist hingegen der Fall nicht selten.Und bey manchen Säugethieren, wie beym Biber ist schon im natürlichen Bau die Symphyse in der Schaamgegend knöchern.. – Am weiblichen frischen Becken ist diese Knorpelscheibe etwas niedriger als am männlichen, aber desto breiter; auch der Wulst den das sehnichte Band um selbige nach vorn und hinten macht stärker gewölbt.
Das noch übrige letzte Drittel des ganzen ungenannten Beins das in der Größe ohnge - fähr das Mittel zwischen den beiden vorigen hält, macht endlich das Sitzbein aus (os ischii) an welchem selbst wieder der vordere, untere, und hintere Theil unterschieden wer - den kann.
Der vordere und bey weitem kleinere Theil desselben (ramus anterior) stößt an den Schaam - beinbogen, und ist gleichsam eine Fortsetzung des gedachten herabsteigenden platten Stückes des Schaambeins.
323Der untere (tuber ischii) ist dick, kolbicht, knorricht, und ist eigentlich der, auf welchem man sitzt.
Beide, er und der vorige, sind so wie der große Bogen des Hüftbeins, bis gegen das männliche Alter mit einer langen Leistenartigen Epiphyse eingefaßt.
Der hintere Theil (ramus posterior) ist der größte und stärkste von allen; dessen äuße - rer Rand, vom tuber ischii an, rückwärts hinauf bis zum hintern Ende des großen Hüft - beinbogens gerechnet wird, und zwey ansehn - liche Einschnitte von ungleicher Größe und Tiefe bildet. – Der untere Einschnitt (luna alb. s. incisura ischiadica inferior) ist klein und flach, und diem den daran vorbeylaufen - den obturator internus aufzunehmen. – Er wird durch eine scharf hervortretende Ecke (spina) von den andern Einschnitt abgeson - dert. – Dieser (incisura ischiadica superior), der aber eigentlich zum Hüftbeine gehört und vielmehr incisura iliaca heissen sollte, ist sehr tief elliptisch ausgeschnitten, liegt zwischen der Hüftbeinpfanne und dem hintern Ende des Hüftbeins, (von welchem sich oben die Beschrei - bung des ganzen ungenannten Beins anfieng,) und dient zum Ausgange des großen ischiadi - schen Nerven, und zweyer ansehnlichen Schlag -324 adern, der iliaca posterior (s. glutaea) und der ischiadica*)Auch diese Oeffnung kann der Sitz eines freylich äus - serst seltnen Bruches werden. s. chrph. h. papen epist. ad Hallerum sistens stupendam et nunquam de - scriptam herniam dorsalem. Goetting. 1750. 4..
Die Hüftpfanne**)tab arrani cose anatomiche im Anhang zum III B. der Atti dell 'accad. di Siena pag. 4 sq. (acetabulum) mit - telst deren der ganze übrige Körper auf den Schenkelknochen ruht und von denselben getra - gen wird, liegt gerade da, wo im unreifen Alter die drey Glücke des ungenannten Beins zusammenstoßen***)albini icones oss. foetus pag. 156 sq.. Ihre Richtung ist schräg, mit dem obern ziemlich scharfen Rande (superci - lium) nach außen hervorstehend, der zugleich die allerdickste Stelle des ganzen ungenannten Beins ausmacht.
Die Hölung der Pfanne selbst ist auf ihrem Boden und nach dem innern und untern Rande durch eine kleinere aber tiefere Grube unterbro - chen, und dadurch gleichsam in zwey un - gleiche Hälften abgesondert. Die obere und äußere ist von einer meist halbmondförmigen Gestalt, und mit einer knorplichten Gelenk - fläche ausgeglättet. Die untere und innere ist325 rauh und verläuft sich an ihrem untern Rande in einen tiefen Einschnitt (incisura acetabuli) der hinter dem untern Ende jener halbmond - förmigen Knorpelfläche herabsteigt, und mit einer vorgespannten knorpelartigen Sehne be - deckt wird*)Icon membranae vasculosae ad infima acetabuli ossium innominatorum positae – delineata et coloribus di - stincta typis impressa a jo. ladmiral Amst. 1738. 8..
So wie die äußere Knorpelfläche das ei - gentliche Gelenk ausmacht an welchem sich der Schenkelkopf bewegt, so dient die rauhe innere Grube zur Aufnahme Haversischer Drüsen deren Gelenkschmiere diese Bewegung erleichtert.
Endlich ist auf dem Boden der innern Grube nach unten noch eine rauhe kleine Ver - tiefung zu merken, in welcher das runde kurze Band ansitzt, dessen andres Ende auf dem Schenkelkopf befestigt ist**)th. schwencke obs. anat. de acetabuli ligamento in - terno, caput femoris firmante an dess. haematologia. Hagae C. 1743. 8. pag. 201 sq..
Neben der Hüftpfanne nach vorn und un - ten, wird durch die Verbindung des Schaam - beins und Sitzbeins das sogenannte eyförmige Loch (foram. magnum ovale) – das allergrößte326 foramen proprium am ganzen Gerippe – gebil - det, das am weiblichen Becken meist merklich größer ist als am männlichen. Es hat ohngefähr die Gestalt eines ungleichseitigen Dreyecks, dessen längste Seite vor der Hüft - pfanne, die kürzeste aber unter dem Schaam - beine liegt.
Im obern Winkel zwischen jenen beiden Seiten ist eine flache Furche zum Durchgange für den neruus obturatorius und die Blutge - fäße gleiches Namens. Das übrige dieser großen Oeffnung ist mit einer sehnichten Haut verschlossen*)Kann aber ebenfalls der Sitz einer eignen Art von Brüchen werden. s. Hrn. Hofr. Richter Abh. von den Brüchen. S. 787 u. f. der 2ten Aufl. und dvverney oeuvres anatom. Vol. I. pag. 462..
Durch die Verbindung der in den drey letztern Abschnitten beschriebenen Kno - chen, wird das sogenannte Becken gebildet, eine offne, und (das etwas nachgiebige Kuckucksbein ausgenommen) unbewegliche Höle*)s. Hrn. Prof. Sandifort's Inaug. Diss. de pelui lb. 1763. und im III B. seines thesaurus diss. pag. 169 sq..
Man theilt das Becken wieder in seinen obern nach hinten breitausgeschweiften Rand (labra peluis) oder das große Becken: und in seine untre Höle, oder das kleine – oder im engern Sinne eigentlich sogenannte – Becken.
Beide werden von einander durch den stum - pfen Rand (linea innominata) abgesondert, der vom Vorgebirge des Kreuzbeins (§. 244. 250. ) abwärts unten am Hüftbeine vorbey (§. 256.) sich nach dem obern und innern Rande der Schaambeine verläuft.
Dieser Bau des Beckens ist ausschließlich dem Menschengeschlechte eigen, und entspricht der Bestimmung desselben zum aufrechten Gange aufs vollkommenste, da der breite Rand des großen Beckens die benachbarten Gedärme un - terstützt und ihren sonstigen Druck auf die im kleinen Becken enthaltnen Eingeweide abhält oder doch mindert .*)Ein Blick in die osteologia comparata zeigt dieß aufs unverkennbarste. Bey allen vierfüßigen Säuge - thieren ist das Becken in Verhältnis länglichter, schmahler, conischer, mit den Hüften bey weitem nicht so divergirend als beym Menschen. Man sehe z. B. die Abbildungen der Becken an den ver - schiedenen Arten von Orang-utangs, bey Tyson a. a. O. fig. 5. und in Hrn. Prof. Camper's na - tuurkundige Verhandelingen tab. III. fig. 7.Am Royterschen Affengerippe (bey seiner ana - logia oss. humanar. simiae et verae et caudatae, atque vulpis) taugt hingegen das Becken gerade nichts, da die ungenannten Beine durch ein seltsames Ver - sehen bey der Zusammensetzung völlig verkehrt ge - stellt worden, mit den Hüftbeinen nach unten, mit den Sitzbeinen nach oben ꝛc. ꝛc.Ueber die mannichfaltigen besondern Verschie - denheiten im Baue des Beckens bey den Säuge - thieren und bey den Vögeln vergleiche man die zahlreichen und überaus genauen Abbildungen bey Royter an seiner Ausg von fallopii lection. de partib. similar. und in Joh. Dan. Meyer Vorstel - lung allerhand Thiere nebst ihren Seeleten.Unter den vierfüßigen Säugethieren hat der Maulwurf wohl eins der sonderbarsten Becken. Es ist so eng und schmahl, daß es außer einigen schlanken Muskeln, blos Nerven und Blutgefäße zu fassen im Stande ist, hingegen die Geburtstheile oberhalb der Schaambeine sich öffnen müssen..
Im kindlichen Alter und den ersten Jugend - jähren ist noch keine Verschiedenheit zwischen den Becken der beiden Geschlechter merklich.
Erst gegen die Zeit des vollkommnen Wachsthums zeigt sich das weibliche Becken*)smellie's Set of anatomical Tables. tab. I. auf die schon mehr berührte Weise (Th. I. §. 116. Th. II. §. 245.) geräumiger und weiter**)Außer den allgemein bekannten Quellen über die bestimmte Weite des weiblichen Beckens, und ihre verschiednen Durchmesser, s. die genauen Maaße davon in 't geklemd Hoofd geredt door P. de wind. Middelb. 8. pag. 85 sq. – Und in Hrn. Prof. Camper's Abhandl. vor der holländ. Uebers. des Mauriceau. – Auch in Hrn. Prof. Bonn's Ver - hand. over het Maakzel en de Loswording van het Bekken etc im III B. der Rotterdamer Abh. S. 267. als das männliche, so wie es als - dann die Bestimmung des andern Geschlechts zur Empfängnis, zur Schwangerschaft und besonders endlich zur Niederkunft***)Die Nachrichten der Reisenden von der leichten Niederkunft der Negressen ꝛc. könnten auf die Vermuthung führen, daß ihr Becken geräu - miger gebaut sey, als bey Europäischen Wei - bern. – Die nähere Untersuchung hat dieß aber nicht bestätigt. – Hr. Prof. Camper schreibt mir daß er den Körper einer Negresse die im Kindbett gestorben, zugleich nebst dem Kinde selbst erhalten habe. Allein die Maaße dieses Beckens und auch die vom Kopfe des Kindes seyen aufs vollkommenste wie bey hieländischen wohlgebildeten Weibern. er - fordert***)Auch bey manchen vierfüßigen Thieren ist das330 weibliche Becken merklich geräumiger als das männ - liche. So z. E. bey der Stute. s. gio. brvgnone Mascalcia ꝛc. Tor. 1774. 8. pag. 146 sq. not. a)..
Außer der Synchondrose der Schaambeine sind noch folgende Gelenkbänder am Becken zu merken:
A) Zur Verbindung der Hüftbeine mit dem Kreuzbeine:
Zuerst dreye auf der Hinterseite des Beckens:
a) Ligamentum posticum longum*)weitbrecht syndesmologia tab. XVI. fig. 51. f.. Vom hintern kolbichten Ende der spina ilei nach den Seitenknoten (§. 250.) des vierten wirbelartigen Stück des Kreuzbeins.
b) L. posticum breue**)id. ibid. – g.. Gerade unter dem vorigen.
c) L. posticum laterale***)id. ibid. – h.. Ebenfalls von jenem Ende der crista ilei quer nach dem obern großen flügelartigen Seitenfortsatz des Kreuzbeins. (§. 250.)
Dann zweye nach vorn:
331a) Ligamentum transuersale superius*)id. tab. X. fig. 37. i.. Vom obern Rande der crista ilei nach dem Seitenfortsatz des untersten und zuweilen auch des vierten Lendenwirbels.
b) L. transuersale inferius**)id. ibid. – k.. Kürzer als das vorige aber desto stärker, etwas nie - driger als jenes. Vom innern hintern Ende der crista ilei nach dem Seitenfortsatz des un - tersten Lendenwirbels.
B) Die Bänder zur Verbindung des Sitz - beins mit dem Kreuzbein und Kuckucksbein.
a) Ligamentum sacro-ischiadicum***)id. tab. XVI. fig. 51. k. d.. Hinten vom vierten und fünften wirbelartigen Stück des Kreuzbeins nach dem innern Ende des tuber ischii.
b) L. spinoso-sacrum****)ID. tab. XVII. fig. 52. l.. Kürzer als das vorige. Vom fünften wirbelartigen Stück des Kreuzbeins und dem ersten Stück des Kuckucksbeins nach der spina ischii.
Die Rippen*)galenvs de ossibus pag. 21 sq. sind 24**)Die Anzahl der Rippen variirt zuweilen so wie die der Rückenwirbel. Beyspiele von mangelnden oder aber von überzähligen Rippen sind gesammlet in haller de c. h. funct. Vol. IV. pag. 8. – bertin Tr. de osteologie T. III. pag. 97 sq. – sabatier Tr. d'Anat. T. I. pag. 152. – böhmer obseru. anat. P. I. praef. pag. VI. not. f) sqq. – s. auch Hrn. Malacarne in bonnet contempl. de la anat. P. I. pag. 290 sq. des IV B. der großen Ausg. von Hrn. Bonnet's Werken. Paarweisge - reihete bogenförmige, schlanke, elastische Knochen, von sehr spröder Textur, verschied - ner bestimmter Länge, und mehr oder weniger schräg von hinten nach vorn herabsteigender Richtung.
Sie sind hinten an die Rückenwirbel ein - gelenkt, und stehen nach vorn unmittelbar oder mittelbar mit dem Brustbein in Verbin - dung, und tragen folglich bey weiten das mehreste zur Bildung der beiden Brusthölen bey***)Bey den Thieren herrscht eine große Verschieden - heit in Rücksicht der Anzahl, Gestalt u. andrer Ver - hältnisse der Rippen.333Die Frösche haben gar keine, sondern statt der - selben desto größere Seitenfortsätze der Brustwir - bel (S. 294. N. *).Bey den Schildkröten sind die Rippen meist ganz mit der großen knochichten Rückenschaale ver - wachsen. Am meisten bey den Landschildkröten, de - nen daher Royter die Rippen gar abspricht Deut - licher sind sie hingegen bey den Meerschildkröten zu unterscheiden. s. caldesi osservaz. anat. intorno alle Tartarughe tab. I. fig. 2.Die Vögel haben keine zahlreichen Rippen. höchstens 10 Paar.Die Säugethiere schon mehrere. Viele Affen 14 Paar. – So auch der Marder ꝛc. – Der Il - tis, auch der Igel ꝛc. 15 P. – Der kleine Brasi - lische Ameisenbär 16 P. – So auch das Frettel - gen ꝛc. – Das Pferd 18 P. – Der Elephant 19 P.Die allerzahlreichsten Rippen finden sich bey den Schlangen. Die gemeine Natter z. B. hat ihrer 173 Paar, die sich vom Nacken bis zur cloaca beym Anfang des Schwanzes erstrecken..
Ihre Verknöcherung*)albini icon. oss. foetus tab. VIII. fig. 60-63. beginnt bey der noch sehr zarten kaum zweymonatlichen Leibes - frucht sehr früh, (Th. I. §. 9.) und zugleich sehr vollkommen (Th. I. §. 20.); so daß nur gar wenige andre Knochen schon vor der Ge - burt eine so völlige Ausbildung erreichen**)Albinus sagt a. a. O. S. 73. die zweyfachen Ge - lenkknöpfe der Rippen womit sie an den Brustwir -334 beln eingelenkt sind, und die bey der reisen Leibes - frucht noch aus bloßen Knorpel bestehn, wür - den nachher erst zu Epiphysen ehe sie mit dem Hauptstück der Rippen zusammenwüchsen: das geschehe aber sehr geschwinde; und nur beym obersten Rippenpaar erst um die Zeit des völlig er - reichten Wachsthums.Ich habe dieses alles nicht so finden können, sondern bey einer großen Menge von Rippen un - gebohrner Leibesfrüchte und kleiner Kinder die ich deshalb untersucht und theils vor mir habe, ist nichts einer wahren Epiphyse (in dem Sinne wie er Th. I. §. 45 bestimmt worden) änliches zu finden; sondern offenbar werden die Anfangs blos knorplichen Gelenkknöpfe nach und nach von den benachbarten Stellen der Diaphyse (Th. I. a. a. O.) eingenommen: ohne daß sich erst besondre Kno - chenkernchen in denselben erzeugen..
Man theilt jede Rippe, wie alle solche lange Knochen, in das Mittelstück und die beiden Enden.
Das hintere Ende dient zur Verbindung der Rippen mit den Rückenwirbeln, an wel - chen sie mit zwey besondern Gelenkknöpfen ar - ticuliren*)vesalivs cap. 19. fig. 3. 4. 5..
A) Der innere von diesen beiden (capitu - lum articulare) liegt am äußersten Ende der Rippe, (das aber bey seiner gekrümmten Rich - tung nach der Brusthöle zugekehrt ist,) und paßt genau in die obgedachten (§. 237) Ge - lenkflächen die entweder als sinus proprii an335 dem. Körper der Rückenwirbel selbst, oder als sinus communes am Rande in der Fuge zwischen zweyen und zweyen derselben befind - lich sind.
Im ersten Fall ist der Gelenkknopf der daran liegenden Rippe rundlich; im andern hingegen wie in zwey Facetten abgetheilt.
Zu ihrer Befestigung und Verbindung dienen die Ligamenta capitelli costarum*)weitbrecht tab. XIII. fig. 47. a..
B) Der äußere Gelenkknopf des hintern Endes der Rippen (tuberculum articulare) ist blos an den zehn obern Paaren deutlich zu se - hen: und paßt auf die oben erwähnten Gelenk - flächen am äußersten Ende der Seitenfortsätze an den Rückgraatswirbeln (§. 238): und zwar so, daß das tuberculum der Rippe nach unten gelehrt ist, und auf den obern Rand des darunter anliegenden Seitenfortsatzes aufstößt.
Ihre Befestigung geschieht durch die Liga - menta transuersalia externa**)id. tab. XIII. fig. 46. a. fig. 48. a..
Zwischen diesen beiden Gelenkknöpfen liegt der sogenannte Hals (collum s. ceruix) der Rippen, der bey den verschiednen Rippen von verschiedner Richtung ist, und an welchem eben - falls besondre sehnichte Bänder befestigt sind.
336a) nemlich die ligamenta transuersaria in - terna*)id. tab. XIII. fig. 47. b. fig. 48. b., die ebenfalls nach den benachbarten Seitenfortsätzen der Rückenwirbel laufen:
und b) von der zweyten Rippe an, die L. externa**)id. tab. XIII. fig. 48. c. nach den schrägen Fortsätzen hin.
Das Mittelstück läßt sich bey den mehre - sten Rippen (nur etwa die beiden obersten Paare und das unterste ausgenommen) wieder in zwey ungleiche Hälften abtheilen, die durch einen nach hinten merklichen Ausbug von ein - ander unterschieden werden.
Die hintere Hälfte ist bey weitem die klein - ste, – meist cylindrisch oder prismatisch, – und läuft vom äußern Gelenkknopf (§. 275) schräg abwärts nach außen bis zu dem gedach - ten Ausbug.
Die vordere weit längere Hälfte ist mehr flach gedruckt mit scharfen Rändern, und macht bey diesem Ausbug mit der vorigen einen dop - pelten schwachen Winkel, indem sie daselbst sowohl etwas stärker vorwärts, als auch zu - gleich mehr niederwärts gebogen wird, als jene.
337Mehrentheils ist am untern Rande dieser längern Hälfte nahe beym Ausbug ein schnei - dender Fortsatz*)Die Vögel haben in der Gegend dieses schneidenden Fortsatzes an ihren Mittlern Rippenpaaren einen ganz besondern schmalen Anhang, der wie ein fla - cher Haake nach hinten gekehrt ist – Royter glaubt (de auium sceletis cap. 9.) er diene zum Schutze der Brust gegen die starke Bewegung der Flügel: ein Nutze der mir doch nicht recht einleuch - tend ist., der zumal von der dritten bis zur zehnten Rippe merklich ist, und eine Furche bildet, die aber nicht (wie insgemein gesagt wird) zur Aufnahme der Intercostal - nerven und Blutgefäße dient, als welche merk - lich weit davon entfernt laufen**)b. s. albini tabula vasis chyliferi, c. vena azyga, arteriis intercostalibus etc..
Das vordere Ende***)Dieses vordere Ende findet sich zuweilen gabel - förmig gespalten. Beyspiele von dergl. costis bifi - dis s. in c. nic. lange lapid. figuratis Heluetiae tab LII. lit. B. und in albini annotat. acad. L. II. tab. VII. fig. 8. cap. 13. – vergl. v. haller de c. h. funct. vol. VI. pag. 8. n. o) u. Hrn. Prof. Bonn descr. thesauri ossium morbosor. Houiani.Eben so hat man auch im Gegentheil mehrere Rippen wie zusammen geschmolzen oder zusammen338 verwachsen gefunden. s. Hrn. v. Haller a. a. O. S. 15. Auch Albinus a. a. O.Ich habe noch kürzlich bey einem Schweine zwey Rippen ohngeführ in der Mitte durch ein dickes gemeinschaftliches Knochenstück mit einander ver - bunden gesehen.Die Fälle hingegen, wo mehrere ächte Rip - pen durch eine Verknöcherung eines großen Stük - kes vom Brustfell mit einander fest verknüpft sind, dergleichen ich auch in meiner Sammlung besitze, rechne ich nicht hieher. der Rippen ist wieder etwas stärker als der benachbarte Theil des Mittelstücks, rundlicht, und hat eine rauhe höckrichte Endfläche, an welcher die knorplich - ten Anhänge*)herissant sur la structure des cartilages des côtes in den Mém. de l'Acad. d. Sc. de Paris 1748. pag. 141 sq. der Rippen sitzen, von deren Verschiedenheit in den folgenden Abschnitten die Rede seyn wird.
An den sieben**)Auch hier herrscht viele Varietät bey Menschen und Thieren. Nicht gar selten z. B. reicht beym Men - schen so wie bey vielen Affen, der knorplichte An - hang der achten Rippe ebenfalls hinauf zum Brust - bein u. s. w. – s. Hrn. Hofger. R. Sömmerring über die körperl. Verschiedenheit des Negers vom Europäer. S. 32. N. a) der zweyten Aufl. obern Paaren er - strecken sich diese Anhänge bis zum Brust - beine selbst, und diese werden daher ächte Rippen (costae genuinae) genannt.
Die Anhänge der fünf untern Paare hin - gegen stehen außer unmittelbarer Verbin - dung mit dem Brustbeine, und heißen daher unächte Rippen (costae nothae s. spuriae).
Die oberste Rippe hat in ihrem ganzen Bau viel auszeichnendes, das besonders angemerkt zu werben verdient.
Ueberhaupt nemlich ist sie die kürzeste von allen; und zugleich die allerbreiteste; und am stärksten gekrümmt.
Auch liegt sie im ganzen meist horizontal, mit ihren Rändern nach außen und innen; nicht so wie die übrigen mehr oder weniger ver - tical, die mit den Rändern nach oben und unten gekehrt sind: – hat also vielmehr eine Si - chelförmige als (wie die andern Rippen) bo - genähnliche Gestalt.
Der Hals an ihrem hintern Ende macht mit dem Körper einen schiefern Winkel als bey den übrigen Rippen, und ist meist etwas mehr zusammengedruckt, und nicht so rund - licht, als an diesen.
Der Körper ist auf der obern Fläche überhaupt unebner als auf der untern; und hat zumal um die Mitte herum eine flache Furche ꝛc. zur Anlage des scalenus medius. – Seine hintere Hälfte hat stumpfere, die vor - dere hingegen scharfe Ränder.
Das vordere Ende macht eine ansehnliche etwas vertiefte Fläche, in welcher der knorp - lichte Anhang festsitzt, der aber bey dieser Rippe vielmehr ein Stück des Brustbeins ausmacht.
Am obern Rande jenes Endes bildet das darauf ruhende Schlüsselbein zuweilen eine Vertiefung, und vor derselben sitzt zum Theil der subclauius an.
Der gedachte knorplichte Anhang unter - scheidet sich, außer dem daß er wie gedacht mehr dem Brustbein als der Rippe zugehört, auch dadurch von dem Anhange der übrigen Rippen, daß er durchgehens von gleicher Di - cke und überhaupt weit kürzer und starker als bey allen folgenden*)Aber übrigens doch lang genug, und nicht so sehr von den Anhängen des zweyten Rippenpaars ver - schieden, daß man ihn blos für eine Symphysis –341 oder gar das Brustbein und das erste Rippenpaar wie für ein Stück – halten dürfte; wie doch manche neuere Zergliederer gemeynt haben.; mithin die Rippe selbst aufs mindst beweglichste mit dem Brust - bein verbunden ist*)v. haller Mém. sur plusieurs phenomenes importans de la respiration pag. 252. – und de c. h. function. vol. VI. pag. 18. sq. – Auch des jüngern Herrn D. Trendelenburg Inauguralschrift de sterni costa - rumque in respiratione vera genuinaque motus ratione Goett. 1779. pag. 9..
Von den übrigen sechs ächten Rippen (§. 277) gilt im ganzen genommen alles das was im vorletzten Abschnitt von den Rip - pen überhaupt gesagt worden.
Was ihnen eigen ist, kommt nur etwa auf folgendes hinaus:
Sie nehmen nach der Ordnung ihrer Lage von oben herunter immer an Länge zu.
Ihre Lage ist nicht ganz parallel mit ein - ander, sondern die hintern Enden stehen merk - lich näher an einander als die vordern, von welchen nachher die knorplichten Anhänge wie - der zu einander convergirend nach dem Brust - bein hinlaufen.
In Rücksicht ihrer Bildung kommt die zweyte Rippe noch der obersten am nächsten, ist fast so wie diese stark gekrümmt: und die343 Richtung ihres Körpers hält das Mittel zwischen dieser und der folgenden ihrer, sie ist nemlich weder so horizontal wie jene, noch so vertical wie die übrigen, sondern mehr diagonal: und macht daher einen sanft ge - wölbten Uebergang von jener zu der dritten und folgenden.
Die knorplichten Anhänge*)Die Vögel haben statt dieser knorplichten Anhänge ein zweytes schmales Knochenstück, das sowohl mit der Rippe wozu es gehört, als mit dem Brust - bein, eingelenkt ist. an ihren vordern Enden, nehmen nach der herabsteigen - den Ordnung immer an Länge zu, aber an Stärke ab**)Folglich sind die untern auch die beweglichsten, am leichtsten nachgiebigen, wie es der Mechanis - mus des Athemholens erfordert.Daher ist es eine weise Einrichtung der Natur, daß diese zum leichten Athemholen so nothwendi - gen Knorpel (so wie überhaupt die cartilagines per - manentes am ganzen Gerippe) nicht leicht verknö - chern. Th. I. S. 68. N. *).Geschieht dieß aber, so wird es leicht eine unheil - bare Ursache einer lästigen Engbrüstigkeit. v. hal - ler de c. h. funct. vol. VI. pag. 11. – bertin Tr. d'osteologie T. III. pag. 100. – jo. steph. bernard epist. ad Haller. scriptar. Vol. III. pag. 362. 394. – rvd. avg. vogel observ. de asthmate singulari ex cartilaginum costarum ossescentia. Goett. 1773. – Medical obs. and Inquiries Vol. V. pag. 254..
Sie laufen conisch zu, und legen sich in verschiednen bestimmten Winkeln vorn ans344 Brustbein an. Statt daß nemlich die knorp - lichten Anhänge des obersten Rippenpaare von oben nach den Brustbein herabsteigen: so lau - fen hingegen die vom zweyten Paar meist ho - rizontal: die von den übrigen hingegen steigen von unten nach dem Brustbein hinauf: und werden in immer spitzern Winkeln an dasselbe befestigt*)Die Anhänge an den untersten ächten Rippenpaa - ren und an den obersten unächten Paaren stoßen zuweilen, ohngeführ in ihrer Mitte, aneinander, so daß sie aus jeder Seite gleichsam ein zusammen - hängendes Stück ausmachen. evstach. tab. XLIII. fig. 1. – vergl. g. martinii in Eustachii tabulas Commentaria. Edinb. 1755. 8. pag. 396..
An ihren Spitzen endigen sie sich wie in ein Knöpfgen, das in die dazu bestimmten Seitengrübchen des Brustbeins einpaßt, und eine Art von Articulation mit demselben macht**)Man findet zuweilen sogar Haversische kleine Drüsen in diesen Gelenken., die sowohl durch besondre Capsu - larligamente, als auch durch die gemeinschaft - lichen sich durchkrenzenden Bänder befestigt wird, womit das Brustbein von außen gleich - sam überzogen ist***)weitbrecht tab. XIV..
So wie die ächten Rippen der Ordnung noch an Länge zunehmen, so nehmen hingegen die fünf unächten Rippenpaare (§. 277) an Länge wieder ab.
Das oberste derselben ist gemeiniglich das allerlängste von allen zwölfen.
Das unterste ist kurz. Zuweilen (– aber nicht beym schönsten natürlichsten Bau –) sogar kürzer*)So ist sie in Trew's Tafeln, tab. C. und tab. VIII. fig. 22. 23. vergl. mit fig. 7. 8. als das oberste Paar der äch - ten Rippen (§. 278).
Ueberhaupt sind sie minder stark gebogen als die ächten Rippen.
Zumal sind die untersten beiden Paare nur sehr schwach gekrümmt.
Auch haben diese letztern am hintern Ende keinen merklich zu unterscheidenden Hals.
Was diese Rippen aber am meisten aus - zeichnet, ist, daß die knorplichten Anhänge an ihrem vordern Ende nicht bis zum Brust - bein selbst hinaufreichen; sondern die Anhänge des achten Paars blos an den Anhängen des untersten Paars ächter Rippen anliegen; – so die vom nennten Paar an den Anhängen jenes achten, – und die vom zehnten an de - nen des neunten.
Die Anhänge dieser drey Paare heißen daher zum Unterschied von den folgenden con - fluentes.
Die an den untersten beiden Rippenpaaren hingegen stehen weder mit den obern, noch auch untereinander in unmittelbarer Verbin - dung, sondern verlaufen sich blos zwischen den benachbarten Rücken - und Bauchmuskeln.
Das Brustbein*)galenvs de ossibus pag. 21 sq. (sternum, os pectoris, os xiphoides) ist ein länglichter schmaler Knochen, einigermaßen von der Gestalt eines Dolchs**)vesalivs cap. 19. fig. 6. 7.; nach vorn etwas convex nach hinten etwas concav; und von ganz eigner Textur: – schwammicht und doch sehr derb und fest.
Er schließt gleichsam den Thorax nach vorne, von der Halsgrube bis zur Herz - grube***)Der Mensch scheint unter allen warmblütigen Thieren das allerkürzeste Brustbein erhalten zu haben: – Höchstens kommt ihm etwa der ächte Orang-utang darin bey. s. tyson's Anatomy of a Pygmy fig. 5.; – liegt zwar eigentlich nur zwi - schen den fünf obern Rippenpaaren, doch reichen wie gedacht auch die knorplichten Anhänge des sechsten und siebenten Paares zu ihm hinauf: –348 und steht außerdem auch noch oben mit den beiden Schlüsselbeinen in Verbindung*)Unter allen rothblütigen Thieren sind meines Wissens die Schlangen die einzigen die gar keine Spur von einem Brustbein haben. Denn selbst bey den Fischen ist doch etwas demselben änli - ches. Und die Frösche haben zwar keine Rippen, aber dennoch ein gar ansehnliches Brustbein.Bey den Vögeln hat es die bekannte, Pflug - schaar-änliche Gestalt, zur Anlage der ausneh - mend großen Brustmuskeln, die den mehresten die - ser Thiere zum Flug nöthig waren. – Der Straus hingegen, der nicht fliegt, hat auch ein flacheres Brustbein, das sich schon dem Baue der Säuge - thiere nähert.Unter diesen letztern hat wieder umgekehrt das Brustbein des Maulwurfs viel änliches mit der Vögel ihrem, hat an seinem obern Ende auch eine scharfe Schneide zur Anlage für die robusten Mus - keln, die dieses animal subterraneum zum Graben braucht.Bey den mehresten übrigen vierfüßigen Säuge - thieren ist das Brustbein cylindrisch und gegliedert, selbst bey den meisten Affenarten, und beym Bä - ren, dessen Gerippe sonst (Kopf und Becken aus - genommen) viel Analogie mit dem menschlichen hat..
Die Verknöcherung des Brustbeins hat überaus viel eignes. Sie nimmt bey der un - gebohrnen Leibesfrucht spät, ohngefähr erst im vierten Monat ihren Anfang. Zeigt aber schon dann so wie nachher in ihrem langsamen Fortgang weit mehr abweichende Verschieden - heit als bey irgend einem andern Knochen des Gerippes.
349Zuerst nemlich schon darin, daß der Knor - pel der vorher die Stelle desselben vertritt, zu - weilen aus einem einzigen Stück*)albini icones oss. foetus tab. IX. fig. 65.Dieß hielt Berlin für den gewöhnlichen Fall. Tr. d'Osteologie T. III. pag. 133 sq. er ist aber sicher bey weitem der seltnere., gemeinig - lich aber freylich so wie nachher beym erwachs - nen Menschen aus drey besondern Stücken**)Albinus a. a. O. fig. 64 u. 66. besteht.
Noch weit mannichfaltiger***)Daher die Widersprüche und Zänkereyen der Zer - gliederer des 16ten Jahrhunderte über die Anzahl der Stücke woraus das Brustbein bestehe, weil sie nur nach dem einen oder den wenigen Mu - stern urtheilten, die sie gerade vor sich hatten, und keinen größern Vorrath von jugendlichen Brustbei - nen mit einander verglichen. s. Vesals Critik über Galen's Beschreibung des Brustbeins, sowohl in der Epist. de radice Chynae pag. 52 sq. als auch im großen Werk S. 113 u. f. – Dann Fallopii Erinne - rungen gegen Vesalius, in den obseruat. anatom. pag. 50. b. – und dieses seine Vertheidigung im obseruationum Fallopii examen pag. 66 sq. – Und dann Eustach's große Apologie für die Galenische Osteologie im ossium examen pag. 197 sq.201. der zuerst den rechten Weg einschlug, und zahlreiche Varietäten mit einander verglich. s. tab. anat. XXXXVII. fig. 18. 19. 20. 21. aber und fast ganz unbestimmt****)Albinus a. a. O. S. 75 bis 95. der eine sehr große Menge solcher Verschiedenheiten nach der Natur beschreibt. Und doch habe ich unter mei - nem Vorrath noch manche andere von ihm un - berührte. ist die Anzahl und350 die relative Lage der Knochenkernchen die sich nun in dieser knorplichten Grundlage, zumal in der nachher sogenannten Klinge, erzeugen.
In den Jugendjahren schmelzen diese Kerne nach und nach immer mehr zusammen, bis endlich, mehrentheils um die Zeit der Mann - barkeit herum, nur noch drey Stücke am Brustbein zu unterscheiden sind, in welche es auch am füglichsten eingetheilt wird, und die ihre Namen von der oben berührten Aenlich - keit mit einen Dolche erhalten haben:
1) nemlich das oberste, breitste Stück; – der sogenannte Griff:
2) das mittlere längste; – die Klinge:
und 3) zu unterst der blos knorplichte*)Denn die Albinischen Abbildungen tab. ossium XIV da dieser untere Anhang anderthalb Zoll lang, und seine obere größere Hälfte noch knöchern ist, gehört zu den sehr seltnen Varietäten. An - hang; – die Spitze.
Eigentlich machen also blos die beiden ersten Stücke das wahre Brustbein aus, und wer - den durch einen sehnichten Ueberzug, womit der ganze Knochen auf seinen beiden Seiten bekleidet ist**)weitbrecht syndesmologia tab. XIV. XV. – Mu - seum anat. Ruyschianum pag. 103. fig. 9., unter einander befestigt.
Der Griff (manubrium sterni) läßt sich eigentlich wieder in sein großes knöchernes351 Hauptstück und in seine beiden, nach außen und oben zu dem ersten Rippenpaare gerichteten, knorplichten Anhänge eintheilen. Denn die letztern gehören wie schon gedacht (§. 281) weit mehr zum Brustbein als zu jenen Rippen. Doch bin ich der leichtern Faßlichkeit wegen auch hier lieber dem alten Gebrauch gefolgt, und habe diese Anhänge oben zum ersten Rip - penpaare gerechnet.
Am knöchernen Haupttheil des Griffs sind sechs Ränder zu unterscheiden.
Der erste nemlich, oben in der Mitte, ist halbmondförmig ausgeschnitten, abgerundet, um die Luftröhre bequem hinter sich herabstei - gen zu lassen.
Von den Spitzen jenes halbmondförmigen Ausschnitts steigen zu beiden Seiten zwey an - dre breite Ränder divergirend herab, an wel - chen die vordern Ende der Schlüsselbeine mit - telst einer dazwischen liegenden beweglichen Knor - pelscheibe (Th. I. §. 92) eingelenkt sind. – Diese breiten Ränder sind nach oben und vor - wärts gewölbt, nach unten und hinten hinge - gen vertieft, überhaupt aber wie andere Gelenk, flächen mit Knorpelrinde überzogen.
Von den äußersten Ecken dieser Ränder steigen zwey andere divergirend herab; die läng -352 sten von allen. An ihrer obern dickern Hälfte ragen die gedachten knorplichten Anhänge wie ein paar Hörner heraus (§. 281): die untre Hälfte hingegen ist dünn und gleichsam scharf.
Endlich der unterste Rand ist rauh, une - ben, und mit einer deutlichen und in der Ju - gend biegsamen Fuge*)Bey sehr engbrüstigen Kindern kann man zuwei - len, wenn sie tief Athem holen, sogar einige Be - wegung in der Gegend dieser Fuge gewahr werden. an einen änlichen Rand der Klinge wie angeleimt.
Die klinge ist von ungleicher Länge, doch meist ohngefähr noch einmal so lang als der Griff: aber schmaler, und zwar da wo sie an diesen anstößt, am allerschmalsten: unten nach der Spitze**)Diesen untern Theil der Klinge haben manche Zergliederer für ein besonderes drittes Knochen - stück des Brustbeins gehalten, weil es zuweilen noch bey erwachsenen Subjecten durch eine Spur einer änlichen Querfurche wie die obere zwischen dem Griffe und der Klinge ist, abgesondert werde. v. haller de c. h. funct. Vol. VI. pag. 23.353Allein solcher Spuren sind dann gemeiniglich mehrere auf der Klinge. Besonders zwischen den knorplichten Anhängen des 3ten und 4ten Rippen - Paares. Sie sind aber alle von der wahren Fuge zwischen dem Griff und der Klinge sehr leicht zu unterscheiden, und geben in meinen Augen keinen Grund, die Klinge selbst wieder in mehrere beson - der Stücke einzutheilen. wieder etwas breiter.
Die Seitenränder der Klinge sind mit drey bogenförmigen Ausschnitten flach ausgeschweift: zwischen welchen, so wie unten an der rundli - chen breiten Spitze andre weit kleinere aber tiefere Ausschnitteliegen, in welchen die Anhänge der ächten Rippen eingelenkt sind (§. 285).
Die vom zweyten Rippenpaar nemlich stoßen auf die Fuge zwischen dem Griff und der Klinge (§. 293). – Die Ausschnitte für die Anhänge vom dritten, vierten und fünften Paare sind ohngefähr in gleicher Weite von einander entfernt. Die hingegen für die bei - den untersten Paare liegen wie in einem halben Mond am rundlichen Ende der Klinge, nahe an einander.
Endlich ragt von der gedachten rundlichen Spitze des Brustbeins, mitten zwischen den benachbarten knorplichten Anhängen des letz - ten Paares ächter Rippen in der Herz - grube der sogenannte schwerdförmige Knor - pel (cartilago xiphoides s. ensiformis s. mucronata) herab, ist aber auch von mannich - faltiger Bildung, – oft Zungenförmig, – oder aber nach dem untern Rande zu, breit wie abgeschnitten, – oder gabelförmig, – oder dreyzackicht u. s. w.*)Wenigstens hat er in den allerwenigsten Fällen die Gestalt eines Schwerdes: daher man ihn vielleicht füglicher von seiner Lage den Herzgruben-Knorpel nennen könnte..
354Er dient vorzüglich zur Anlage der benach - barten Stellen des Zwerchfells, der schrägen Bauchmuskeln, und des triangularis sterni*)Dieses Knorpelblatt leistet beym Athemholen so große Dienste, daß ich glauben sollte, der gänzli - che Mangel desselben, den Hr. v. Haller einmal bemerkt zu haben versichert, müsse sehr lästige Fol - gen gehabt haben. – Er sagt a. a. O. S. 25. „ Vidi, nullam omnino cartilagineum hoc loco fuisse, et costas oppositas marginibus suis se adtigisse, fuisseque connexas. “Das letztere sehe ich zwar auch an einem sehr schönen Scelet vor mir, wo eben - falls die Anhänge des obersten unächten Rippen - Paares mit ihren obern Enden unter dem Brust - bein aneinander liegen: allein hinter denselben ragt demohngeachtet ein, freylich sehr dünner, übrigens aber vollkommen ausgebildeter Herzgru - ben-Knorpel herab.Es ist schon ein Grund für seine wichtige Be - stimmung, daß er so äußerst selten verknöchert ge - funden wird. Hr. v. Haller selbst hat ihn bey einer 100jährigen Frau noch völlig knorplicht an - getroffen. Und in den wenigen Fällen wo man ihn verknöchert gesehen, hat et auch lästige Be - schwerden verursacht.Auch die fehlerhaften Beugungen dieses Knor - pels, einwärts oder auswärts, verursachen habi - tuelle Engbrüstigkeit, Herzgespann, Erbrechen u. s. w. s. bapt. codronchivs de prolapsu mucronatae carti - laginis an seinem Werke de morbis qui Imolae vul - gati sunt. Bonon. 1603. 4. und lvd. septalivs de morbis ex mucronata cartilagine eneuientibus. Me - diol. 1632. 8..
Zuweilen, doch ziemlich selten, findet man das untere Ende der Klinge mit einem Loche355 durchbohrt*)Die alte Sage, ich dieses Loch am weiblichen Gerippe weit häufiger seyn solle als am männli - chen, ist nicht in der Natur gegründet., das aber sowohl in seiner Lage als Weite sehr variirt, und wohl blos zufällig entsteht, wenn sich die anfänglichen benachbar - ten Knochenkerne unvollkommen schließen.
Noch seltner findet sich ein änliches Loch im schwerdförmigen Knorpel**)Durch dieses laufen zuweilen kleine Blutgefäße, Zweige von den mamariis..
Aus denen im dreyßigsten, und in den fünf letztern Abschnitten beschrieben 37 Kno - chen ist der Thorax*)Eine genaue Abbildung des ganzen Thorax in sei - nem natürlichen Zusammenhange s. in der ange - führten Probeschrift des jüngern Hrn. Dr. Tren - delenburg Taf. 1. zusammengesetzt, von dessen Bau überhaupt nur noch einige allge - meine Bemerkungen nachgeholt werden müssen.
Er stellt gleichsam einen von vorn nach hinten etwas flachgedruckten**)Der menschliche Thorax unterscheidet sich in sei - ner ganz eignen Bildung besonders durch die vor - dere Fläche der Brust von anderer Säugethieren ih - rem, namentlich von den Affen, die schon eine seitwärts zusammengepreßte und hingegen nach vom scharf zulaufende Brust haben, wie die meh - resten übrigen vierfüßigen Thiere.Der Orang-Utang, so himmelweit er sonst in seinem übrigen Körperbau vom Menschen abweicht, kommt ihm doch im Bau des Thorax näher als alle andere Thiere. s. Tyson a. a. O. fig. 5.357Bey den übrigen Säugethieren ist die Brust nach der Verschiedenheit ihrer Lebensart und des derselben angemeßnen übrigen Körperbaues auch von verschiedner Bildung; mehr oder weniger schmahl, hochgewölbt ꝛc. – z. B. beiden Mäuse - artigen kleinen Thieren, bey den Maulwürfen ꝛc. auch bey den Fledermäusen ꝛc. breiter als bey an - dern. – Am schmahlsten ist sie meines Wissens bey den Thieren aus dem Hirschgeschlecht.Nach Verhältnis der Breite des Thorax sind nun auch die Rippen mehr oder weniger gekrümmt. Beym Menschen folglich stark; – bey Thieren mit scharfer Brust sehr schwach gebogen u. s. w., nach oben gewölbten, Käficht vor; der an seinen beiden Seitentheilen am längsten, nach vorn aber am kürzesten, und daselbst unten in einen Winkel von ohngefähr 80 Graden ausgeschnitten ist.
Seine innere Höle wird durch die hinten hineinragenden Rückgraatswirbel in zwey, et - was ungleiche (§. 206) Hälften getheilt.
Die Richtung des Brustbeins gegen diese Rückgraatswirbel ist so, daß es mit seinem untern Ende meist gerade noch einmal so weit von denselben absteht als mit seinem obern.
So ist er geräumig*)Die Weite des menschlichen Thorax variirt doch sehr nach der Verschiedenheit des Alters und Ge -358 schlechts. – Bey ungebohrnen Leibesfrüchten und jungen Kindern ist er nach Verhältnis un - gleich weiter und mehr hochgewölbt als beym er - wachsenen Menschen. Der Grund liegt wohl größtentheils in den besondern Wegen des Blut - laufs nach der Leibesfrucht, und der davon abhän - genden ansehnlichen Größe der Leber bey derselben.Beym weiblichen Geschlecht ist er auch im erreichten Wachsthum etwas schmahler, und vorn wo die Brüste aufsitzen flacher als beym männli - chen (Th I. §. 115.)Auch scheint einige National-Verschiedenheit in der Weite und Wölbung des Thorax statt zu fin - den. Hr. Hofger. R. Sömmering fand die knö - cherne Brust bey drey männlichen Mohren groß, geräumiger und gewölbter als beym Europäer. (über die körperl. Verschiedenh. des Negers vom Europäer S. 31 der zweyten Ausg. ) – Eben so wird von genauen Beobachtern die Brust der schönen Tschirkassier beschrieben. (s. Dr. Schober's memorabilia Russico-Asiatica in Müller's Samml. Russischer Geschichte VII. B. S. 130.)Eine unförmlich hohe Brust, wobey besonders das Brustbein sehr schräg zu liegen kommt, mit seinem untern Ende hervorgetrieben wird ꝛc. fin - det sich zumal häufig bey atrophischen, thachiti - schen u. a. Kindern die unverhältnismäßig große Lebern haben. genug, um zu - förderst die sämmtlichen Eingeweide der Brust, und dann auch zum Theil einige im Unterleibe zumal Leber, Milz und Nieren zu fassen: – und fest*)Die Festigkeit und Stärke des Thorax ergiebt sich schon aus den bekannten Erfahrungen, daß er bey robusten erwachsenen Menschen Ambose u. a. La - sten von 7 Centnern und drüber, zu tragen im Stande ist. Hingegen wollen die gewöhnlichen359 Nebenumstände bey dergleichen Versuchen, da man zugleich mit Schmiedehämmern auf den Am - bos schlagen läßt ꝛc. gar nicht viel sagen; sind we - nigstens bey weitem nicht so wunderbar, als sie Unkundigen scheinen mögen. s. senac sur les or - ganes de la respiration in den Mém. de l'Acad. des Scienc. de Paris. 1724. pag. 174 sq. genug sie für äußerm Druck ꝛc. zu schützen.
Was ihn aber vor allen andern Holen am Gerippe auszeichnet, die ebenfalls zur Auf - nahme und zum Schutz von Eingeweiden be - stimmt sind, ist seine mit dieser Festigkeit ver - bundne große, und doch nur nach bestimmten Richtungen abgemeßne Beweglichkeit*)Am weiblichen frischen Gerippe scheint ceteris pari - bus der obere Theil des Thorax beweglicher als er es beym männlichen ist.Allemal doch aber minder beweglich als der untere.Bey vielen lebendigen Säugethieren ist, wenn sie athmen, die sehr wenige Beweglichkeit der vor - dern Rippenpaare in Vergleich gegen die über - aus beweglichen hintersten Paare, sehr auffallend merklich. Besonders bey großen Thieren, wie beym Cameel, Pferd ꝛc.Ueberhaupt haben die Rippen bey den vierfüßi - gen Thieren eine weit andere Richtung als beym Menschen. Ihre Verbindung mit dem Rückgraat – zumal der vordern Paare ihre – nähert sich mehr einem rechten Winkel u. s. w., von welcher die gehörige Vollziehung eines der beym gebohrnen Menschen zum Leben unent - behrlichsten Geschäfte, abhängt.
Der Rumpf, dessen sämmtliche Knochen, aus welchen er zusammen gesetzt ist, bisher abgehandelt worden, macht wie gedacht (§. 202) den Haupttheil des Gerippes und gleich - sam die Grundlage der ganzen thierischen Bil - dung aus. Er trägt den Kopf, wird von den Beinen gestützt, und hat die Arme von seinem obern Theile zu den Seiten herabhängend.
Die Arme*)Unter den ältern Zergliederern hat vorzüglichst der schon oft gerühmte Columbus diesen Theil der Osteologie genau und lehrreich behandelt, de re anatomica. L. I. cap. 21-27. von denen nun zunächst die Rede ist, sind meist durch weiche Theile, Mus - keln ꝛc. mit dem Rumpfe verbunden; und nur mittelst des vordern Endes der Schlüsselbeine an dem Brustbein eingelenkt.
Sie sind bey der zarten ungebohrnen Leibes - frucht in den beiden ersten Monaten nach der361 Empfängnis, so wie auch die Beine, in Ver - hältnis zum Rumpfe nur sehr kurz und un - förmlich. Aber schon zu Ende des dritten Mo - nats erreichen sie eine ungleich vollkommnere Ausbildung, obgleich die Verknöcherung in ei - nigen ihrer Theile nur späte, und theils erst nach der Geburt ihren Anfang nimmt.
Man theilt*)Im ganzen genommen, sind diese Haupttheile des Armes an den Vorderfüßen aller vierfüßigen Säu - gethiere, wenn sie auch gleich auf den ersten Blick noch so verschieden und vom menschlichen Baue abweichend scheinen (wie bey den Fledermäusen, Maulwürfen etc) sehr deutlich zu erkennen.Die Vorderfüße der Seeottern, Robben, Wall - rosse, Seekühe ꝛc. machen in ihrem Knochenbau den Uebergang zu den sogenannten Brustflossen der Wallfische und Delphine, die aber im Grunde eben so gut ihre sehr deutlichen Schulterblätter, Knochen des Oberarms und Vorderarms und der fünffingerichten Hände haben, als die Vorderfüße andrer Säugethiere, deren Vorderbeine den Men - schenarmen änlich sind. s. tyson's phocaena or the anatomy of a Porpess. Lond. 1680. 4. fig. X. XI.Auch bey den kaltblütigen vierfüßigen Thieren ist der Bau der Vorderfüße und ihrer vier Haupt - theile dem an den warmblütigen sehr änlich. s. z. B. von den Schildkröten caldesi osservaz. ana - tom. intorno alle Tartarughe tab. III. fig. 1. 4. 5.Eben so haben endlich auch die Vogelflügel eine auf den ersten Blick unerwartete auffallende362 Aenlichkeit mit den Armen des Menschen oder den Vorderfüßen der andern gedachten Thiere. s. die mehrgedachten Werke von Royter, Joh. Dan. Meyer ꝛc. – Auch Hrn. Prof. Merrem vermischte Abhandlungen aus der Thiergeschichte, S. 131 u. f. den Arm am füglichsten wieder in vier Abschnitte: nemlich 1. in die Schulter, welche das Schlüs - selbein und Schulterblatt begreift*)Diese beiderley Knochen sind auch von manchen Zer - gliederern, doch auf eine etwas unnatürliche Weise zum Thorax selbst gerechnet worden.Schon der unglückliche Jessen hat gezeigt, daß beides die Schlüsselbeine und die Schulterblätter, eigentlich zur Bewegung und Haltung der Arme bestimmt sind. de ossibus pag. 24.Er bezieht sich deshalb auch auf das Beyspiel eines Menschen zu Hall in Schwaben der ohne Arme gebohren war, und dem zugleich auch jene beiderley Knochen fehlten.Doch dieß allein würde freylich nicht genug beweisen. Ich selbst habe im Jul. 1775 einen Mann gesehen, der ohne die mindeste äußere Spur von Armen gebohren war, und dennoch auf beiden Seiten sowohl Schlüsselbeine als Schulterblätter hatte, und die letztern auch leicht bewegen konnte..
2. in den Oberarm, bis zum Ellenbogen.
3. in den Vorderarm, bis zur Handwurzel.
4. in die Hand selbst.
Die Schlüsselbeine*)galenvs cap. 15. pag. 24. (clauiculae, claues, ligulae, furculae, ossa iuguli) sind ein paar kleinere aber sehr feste Röhrenknochen**)vesalivs cap. 22. fig. 1. 2. 3., die nach ihren beiden Enden zu in entgegenge - setzter Richtung, – und zwar bey Manns - personen stärker als beym andern Geschlecht***)casp. bavhini theatrum anatomicum. pag. 187.Daß die Schlüsselbeine vorzüglich bey denjenigen Frauenzimmern an geradesten seyen, die von Kin - desbeinen an Schnürbrüste getragen, behauptet Hr. Sabatier im Tr. d'anat. Vol. I. pag. 172. – (Th. I. §. 117.) gebogen sind.
Sie liegen oben am Thorax, schräg über dem ersten Rippenpaar, verbinden die Schul - terblätter mit dem Brustbeine, und dienen überhaupt gleichsam als Strebe-Balken, um die Brust frey - und die Schultern zurück zu halten****)Man kan hieraus schon ziemlich a priori errathen, welche Thiere mit Schlüsselbeinen versehen seyn364 müssen. Bey weitem nemlich nicht blos die Affen und Makis und Fledermäuse, die der Kr. Linné daher mit dem Menschen unter die gemeinschaftli - che Ordnung primates gebracht hat (– s. des seel. Prof. Erxleben diindicatio systematis animalium mam - malium Goett. 1767. pag. 11. –) Sondern über - haupt alle die Thiere die besonders wichtigen Gebrauch von ihren Vorderfüßen, oder was die Stelle derselben bey ihnen vertritt, machen müssen.Dahin gehören A) unter den vierfüßen Säugethieren:1. Diejenigen so viel klettern, Bäume bestei - gen, oder weite Sprünge machen. – Wie z. B. die ganze Ordnung von Pithecis, nemlich die Affen, Paviane, Meerkatzen und Makis. – Dann auch die Ameisenbären; die Mäuse - und Ratten-artigen Thiere; du Eichhörnchen; du Wieselartigen Thiere; die Katzen; die Bären ꝛc.2. Die in der Erde wühlen: – wie z. B. der Maulwurf, (dessen Schlüsselbein ganz kurz, aber so wie alle seine übrigen Knochen der Vorderfüße, überaus sonderbar und auszeichnend gebildet sind); die Spitzmaus; der Hamster; der Igel u. s. w.3. Diejenigen so schwimmen müssen: – wie z. B. der Biber; und vermuthlich die ganze Ord - nung von Palmatis.4. Die flatternden: – nemlich die ganze Ord - nung von Chiropteris.(Die Schlüsselbeine fehlen hingegen denjenigen vierfüßigen Säugethieren, die hochbeinicht sind, eine sehr schmale Brust haben, und blos aus der Erde ihren Geschäfften nachgehen. – Wie z. B. dem Hundegeschlecht, und der ganzen Ordnung von Solidungulis, Bisulcis, und Belluis.)365B) ist die ganze Classe der Vögel mit Schlüsselbeinen versehen, und zwar von auffallender Größe und Stärke: wie es die Bestimmung der allermehre - sten dieser Thiere zum Fluge erfodert. Sie sind meist gerade: die untern Enden dicker und näher zusammen als die obern und stehen beynahe anfrecht.Ihre obern Enden sind durch einen ganz beson - dern, blos den Vögeln eigenthümlichen, gabel - förmigen, überaus spröden schlanken Knochen, (fur - cula) unterstützt und mit dem Brustbein verbunden.C) endlich haben auch unter den kaltblütigen vier - füßigen Thieren, die Schildkröten und Frösche, sehr kenntliche Schlüsselbeine.Von der Schildkröten ihren s. coiter de quadru - pedum sceletis cap. XII. und Caldesi a. a. O.Von der Frösche ihren, Rösel's unsterbliches Werk, besonders Taf. VII. Fig. 2. S. 35. vom braunen Grasfrosch. – Taf. XIX. Fig. 7. 8. S. 84. von der wie Knoblauch stinkenden Wasserkröte mit braunen Flecken.Von den Schlüsselbeinen der Thiere überhaupt s. Hrn. Prof. Haase comparat. clauicular. animant. brutor. c. humanis. Lips. 1766..
Ihrer so frühen und so vollkommenen Verknöcherung*)albini icones oss. foetus tab. XIII. fig. 116. 117. und ihrer auffallenden Größe schon bey Leibesfrüchten aus den ersten Monaten nach der Empfängnis, ist schon oben gedacht worden (Th. I. §. 9. 20. 21.)
Man theilt sie wie andre Röhrenknochen auch, am füglichsten in den Körper und in die beiden dickern Enden.
366Das vordere Ende ist nach innen und un - ten gekehrt, und variirt sehr in der Größe. Es ist gleichsam quer abgeschnitten und mit einer beynah dreyeckten Knorpelfläche in den dazu bestimmten Ausschnitt am Griff des Brustbeins auf die mehrgedachte Weise (§. 293) eingelenkt.
Zwischen den vordern Enden beider Schlüs - selbeine läuft vom einen zum andern, oben am mondförmigen Ausschnitt des Brustbeins, das ligamentum interclauiculare quer-über.
Der Körper ist ohngefähr von der Dicke eines kleinen Fingers: auf der obern Seite glatt und walzenförmig: auf der untern flacher, der Länge nach stumpf gefurcht, und nach den beiden Enden zu, rauh und uneben.
Er macht wie gesagt, einen doppelten Bug. – Der vordere ist größer, und vorwärts ge - bogen, und liegt meist mitten über der ober - sten Rippe. Hinter ihm laufen die großen Schlüsselblutgefäße. – Bey seinem Anfang hinter dem vordern Ende, liegt am untern Rande eine flache rauhe Erhabenheit, von da ein kurzes breites Band zum vordern Ende der ersten Rippen und dem knorplichten Anhang367 läuft*)weitbrecht tab. I. fig. 1. k. l.. – Am obern Rande liegt ohngefähr in der gleichen Gegend der cleido mastoideus an.
Der hintere oder äußere Bug ist kürzer aber stärker gekrümmt, und zurückgebogen, und liegt meist über dem processus coracoides des Schulterblatts. – Am vordern Rande seines Ausschnitts ist ein rauhes Knöpfgen, wo der deltoides anliegt.
Der Knochen ist in dieser Gegend nach dem äußern Ende zu länglicht platt-gedruckt, und auf der untern Seite sehr rauh höckricht, zur Anlage fürs ligamentum trapezoides mittelst dessen das Schlüsselbein an den processus co - racoides befestigt ist**)id. tab. II. fig. 6. g. vergl. mit fig. 5. k. und fig. 7. k..
Das hintere Ende ist nach außen und auf - wärts gerichtet, und hat am äußersten Rande eine rundliche Knorpelfläche, die meist durch einen erhabnen Rücken wie in zwey Facetten getheilt ist, und zur Anlage eines knorpelarti - gen Bandes dient, womit das Schlüsselbein an einer änlichen Knorpelfläche des acromii am Schulterblatte befestigt wird***)id. tab. II. fig. 5. h. fig. 6. h..
Die Schulterblätter*)galenvs cap. 14. pag. 23. (scapulae, scop - tula cels., omoplatae**)vesalivs cap. 21. fig. 1. 2. 3., sind ein Paar flache, größtentheils sehr dünne***)Daher sie bey manchen ehedem gebräuchlichen Arten von brutaler Tortur leicht zerbrochen werden konn - ten, weshalb der brave alte Hildanus die Crimi - nalrichter gar ernstlich für einem solchen unmensch - lichen Verfahren warnt. s. Dess. Beschreib. der Fürtrefflichkeit ꝛc. der Anatomy. Bern, 1624. 8. S. 143 u. f. und fast halbdurchsichtige, leichte Knochen, die den Namen von ihrer Lage haben****)Die Schulterblätter finden sich (– weit allgemei - ner als die Schlüsselbeine –) bey allen rothblü - tigen Thieren die Vorderfüße oder änliche Bewe - gungswerkzeuge ꝛc. erhalten haben. Also bey allen Säugethieren, bey allen Vögeln, und bey den vierfüßigen Amphibien.Ihre Bildung aber ist von mannichfaltiger Verschiedenheit. – Bey den Vögeln z. B. sind die Schulterblätter lang, schmal, ohngefähr Sä - belförmig ꝛc. – Bey den Fröschen flach, Schup - penförmig. – Bey den Schildkröten liegen sie369 ganz anomalisch (aber freylich wie es der Bau ihrer großen Rückenschaale nicht anders zuläßt,) vorn auf der Brust, nach dem Brustschild zu - gekehrt. s. Royter Taf. III. – Caldesi a. a. O. – u. Joh. Dan. Meyer I B. Taf. 29. 31. II B. Taf. 62..
Sie sind blos mittelst der Schlüsselbeine am Gerippe befestigt, außerdem aber auf eine ganz eigne Weise nur durch Muskeln mit dem Rum - pfe verbunden, und daher leicht – und auf sehr mannichfaltige Art beweglich*)Ein paar umständliche Abhandlungen von Winslow über die mannichfaltigen Bewegungen der Schul - terblätter s. in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Paris 1723. pag. 69 fig. und 1726. pag. 175 sq.; daher sich auch ihre Lage kaum recht bestimmt ange - ben läßt. Doch ist sie in der Ruhe, wenn man nemlich im Stehen die Arme, – sich selbst überlassen – herab hängen läßt, ohn - gefähr so, daß sie von der zweyten bis zur ach - ten Rippe reichen, mit den hintern Enden bey - nah parallel neben den Dornfortsätzen des Rück - graats, und zwar etwa zwey Querfinger breit von denselben entfernt liegen, und mit diesen Rändern schräg nach hinten convergiren, so daß dieselben wohl Daumen-breit von den dar - unter liegenden Rippen abstehen, und über die Spitzen der Dornfortsätze rückwärts hinaus ragen.
Sie fangen bey der unreifen Leibesfrucht sehr frühzeitig an zu verknöchern**)albini icones oss. foetus tab. XIII. fig. 118. 121., und er - reichen bey derselben auch schnell eine auffal - lend ansehnliche Größe (Th. I. §. 21.)
Im ganzen genommen hat jedes Schulter - blatt die Gestalt eines ungleichseitigen Dreyecks, und läßt sich so am füglichsten nach seinen drey Rändern, und beiden großen Flächen, und seinen an der äußern Ecke befindlichen drey an - sehnlichen Fortsätzen abhandeln.
Zuerst die Ränder.
Der hintere oder innere, ist der längste von allen; und wird durch eine stumpfe Ecke wieder in zwey sehr ungleiche Hälften getheilt. Die untere davon, und bey weitem die längste, ist sehr schwach bogenförmig ausgeschweift, und verliert sich in die untere rundliche Spitze des Knochen. – Die obere kleine Hälfte läuft von der gedachten Ecke schräg aufwärts nach außen. – Und an der Ecke selbst liegt rück - wärts eine rauhe kleine dreyeckte Fläche, von welcher das schräg auswärts steigende Graat,371 davon unten die Rede seyn wird, seinen An - fang nimmt.
Der vordere oder äußere Rand ist der dickste von allen dreyen, und macht vorwärts gleichsam eine doppelte Lippe, zwischen welcher eine flache lange Furche herabläuft.
Der obere Rand ist der kürzeste und schärf - ste, und hat mehrentheils an seinem äußern und untern Ende (gleichsam an der Wurzel des processus coracoides) einen tiefen halbmondför - migen Ausschnitt, in welchem ein sehnichtes Band ausgespannt ist, das aber auch zuweilen verknöchert, und dann blos mit einer kleinen Oeffnung durchbohrt ist.
Die vordere Fläche des Schulterblattes, die nemlich hinten nach den Rippen zugekehrt liegt, ist flach ausgehölt, und mit dem sub - scapularis gleichsam gefüllt, nach dessen Haupt - bündeln sich die etlichen erhabenen Querlinien bilden, die, zumal von dem hintern Rande an schräg aufwärts nach dem sogenannten Halse des Schulterblatts hin, gerichtet sind.
Die hintere Fläche wird nach oben durch das queer über dieselbe nach außen in die Höhe laufende Graat in zwey Hälften oder soge - nannte Gruben (fossae) von sehr ungleicher Größe getheilt. – Die untere weit größere372 wird vom infraspinatus bedeckt, so wie in der obern kleinern der supraspinatus liegt.
Das Graat selbst (spina) wodurch eben jene beiden sogenannten fossae gebildet werden, hat einen zweyfachen Ursprung. – Den einen an der obgedachten kleinen dreyeckten Fläche (§. 314). – Den andern nach außen, hin - ter dem sogenannten Halse, unter dem acro - mium, das sich von da in einem ausgeschweif - ten Bogen erhebt. – Vom ersten dieser beiden Anfänge steigt das Graat allgemach schräg aufwärts; sein oberer Rand wird gegen die Mitte zu ansehnlich verdickt; und dann verliert er sich in den einen der drey gedachten Fortsätze, nemlich ins Acromium.
Dieses letztere (auch summus humerus genannt) ist gleich vom Anfang der Verknöche - rung an eine ächte Apophyse (Th. I. §. 47.) die von dem Graat (§. 316.) entspringt, und als ein sehr robuster rauher, am Ende platter und aufwärts gebogener Zapfen, hinten bis mitten über die Oberarmröhre reicht, und dem - selben beym Aufstemmen des Elnbogens zur Haltung dient.
Fast an seiner Spitze, schräg nach innen zu, ist eine länglichte Knorpelfläche*)zuweilen liegt zwischen diesem Gelenk auch noch eine besondere kleine Knorpelscheibe. – s. Vesa -373 lius im großen Werke S. 123. – Weitbrecht Taf. I. Fig. 4. d. – Berlin a. a. O. S. 208., an welcher wie gedacht, das hintere Ende des Schlüsselbeins eingelenkt ist (§. 309.).
Der zweyte große Fortsatz am Schulter - blatt wird wegen einer vermeynten Aehnlichkeit mit einem Rabenschnabel, coracoides (s. pro - cessus vnciformis) genannt: und ist anfänglich, selbst noch in den Kinderjahren, eine Epiphyse. Er erhebt sich oberhalb des Halses mit einer breiten kurzen ausrechten Basis, und verläuft sich dann über der Oberarmröhre, aber nach vorn, in einen schmälern flachgedruckten Za - pfen, welcher dem Schlüsselbeine zur Stütze dient (§. 308).
Der dritte Fortsatz des Schulterblattes ist endlich der kurze dicke Hals, der zwischen den vorigen beiden, nach unten liegt, und sich in einen wulftigen Rand ausbreitet, welcher die flache Pfanne zur Aufnahme des Kopfs der Oberarmröhre bildet. Sie ist flach ausgehölt, ohngefähr wie ein sehr flacher kleiner Löffel, und hat beynahe die Größe und den Umriß einer großen Mandel, die Spitze aufwärts gekehrt.
Die Oberarmröhre*)galenvs cap. 16. pag. 24. die den zweyten Theil des Arms (§. 303) ausmacht, wird auch sonst, – aber uneigentlich – der Schulter - knocken (os humeri) genannt, und ist der größte und stärkste Röhrenknochen am ganzen Arm**)vesalivs cap. 23. fig. 1. 2..
Sie steht nach oben mit dem Schulterblatte, nach unten mit den beiden Röhren des Vorder - arms in Verbindung; und kommt übrigens, sowohl in Rücksicht ihrer Osteogenie***)albini icon. oss. foetus tab. XIII. fig. 122. 123.Da die Verknöcherung bey den noch übrigen abzu - handelnden Röhrenknochen in der Hauptsache auf eins hinausläuft, so berühre ich sie nicht weiter im Texte selbst, sondern verweise nun nur in der Note wo ich die Vesalische Abbildung des ausgewachse - nen Knochen citire, zugleich auf die Albinische von den Knochen der zeitigen Leibesfrucht., als ihrer Eintheilung in das Mittelstück und375 die beiden Enden, mit andern Röhrenkno - chen*)Dieser Knochen hat wohl bey allen rothblütigen Thieren die mit Vorderfüßen oder Flügeln verse - hen sind, eine röhrenförmige Gestalt, nur die Maulwürfe ausgenommen, bey welchen er eine ganz ungewöhnliche, und eher einem kurzen dicken, in der Mitte schmalen und an beiden Enden breit ausgeschweiften Schilde änelnde Bildung hat. überein.
Am obern Ende dieses Knochen ist zuför - derst die große kuglichte Gelenkfläche desselben und dann die beiden tubercula nebst der dazwi - schen liegenden Rinne zu merken.
Die erstere beträgt im Umfange ohngefähr den dritten Theil einer Kugel; und ist, wenn man die Axe derselben durch ihren Mittelpunkt zieht, mit selbiger schräg nach oben und innen gerichtet, so daß wenn der Arm sich selbst über - lassen ruhig herabhängt, nur der untere Theil dieses Gelenkkopfs, von seiner eingebildeten Axe an bis zum untern Rande desselben gegen die flache Pfanne im Schulterblatt (§. 319) zu liegen kommt.
Ueberhaupt ist die Kugelfläche der Ober - armröhre fast viermal so groß als jene Pfanne mit welcher sie eingelenkt ist; wodurch sie über - aus viel Spielraum gewinnt, und dadurch zur allervollkommensten Arthrodie am ganzen Ge -376 rippe wird (Th. I. S. 76.); – so wie über - haupt diese Röhre und dieses ihr Gelenk von der äußersten Wichtigkeit für den Menschen sind, da von demselben sein großes Vorrecht, der fast unbeschränkte Gebrauch seiner Arme, größtentheils abhängt.
Und daß diese Arthrodie demohngeachtet den Verrenkungen nicht noch öfter und leichter ausgesetzt ist als es wirklich der Fall ist, und als es bey dieser ausnehmenden Beweglichkeit scheinen mögte, das wird durch die äußerst feste und ganz besonders merkwürdig eingerichtete Gelenkkapsel*)s. Hrn. Prof. Bonn Comment. de humero luxato LB. 1782. pag. 3 sq. verhütet, wodurch beide Kno - chen mit einander verbunden sind**)weiterbrecht tab. II. fig. 5. 9.Vor allen aber die meisterhaften Abbildungen des Hrn. Prof. Camper, demonstrat. anatomico-patholo - gicar. L. I. pag. 4. sq. §. 14.; und die nach oben noch mit dem Ligam. triangulari sca - pulae bedeckt wird, das vom acromium nach dem processus coracoides hinläuft.
Von den beiden tuberculis die von dem vor - dern Rande des Gelenkkopfs an, nach vorn und außen liegen, ist das innere das kleinste (tu - berculum minus) aber ziemlich stark hervorra - gend, und dient zur Anlage des subscapularis.
377Es wird von dem größern durch eine tiefe und lange Rinne (semicanalis alb. ) abge - sondert, die von da vorn an der Röhre herab - steigt, und mit einer Art Knorpelrinde aus - geglättet ist, um die Bewegung der darin lie - genden längern Sehne des biceps zu erleichtern.
Am äußern oder größern tuberculum sind drey stumpfe Facetten zu unterscheiden die zur Anlage für eben so viel Muskeln dienen. Die vordere nemlich für den supraspinatus: die mitt - lere für den infraspinatus: die hinterste endlich für den teres minor.
Das Mittelstück ist meist cylindrisch, und nach den beiden Enden zu, besonders nach dem untern, etwas vorwärts und nach innen zu gebogen*)– tanquam si aptet se ad amplexum – wie sich Al - binus ausdruckt de sceleto pag. 383..
Nach dem obern Ende zu, ist vorne die gedachte Fortsetzung der Rinne für die lange Sehne des biceps, und zu dieser ihren beiden Seiten ein paar flache Leisten (spinae) zu merken.
Die innere Leiste ist kürzer und stümpfer; läuft schräg vom tuberculum minus nach innen herab, und dient zur Anlage des teres maior.
378Die äußere ist weit länger, und schärfer; erstreckt sich vom vordern Rande des tubercu - lum maius vorn an der Röhre herab bis unten über die Rolle des Elnnbogen. An ihr ist der latissimus dorsi, der pectoralis, und der del - toides befestigt.
Auf der Rückseite der Röhre ist, ohnge - fähr in der gleichen Gegend wo sich vorn das untere Ende der Rinne verliert, eine nur sehr schwache oft kaum sichtliche Spur einer flachen schrägen Furche zu merken, die von innen nach außen herabläuft, und an welcher der ner - vus radialis und die arteria profunda humeri anliegen.
Gegen das untere Ende zu wird das Mit - telstück selbst schon breiter, und bildet zwey Sei - tenränder, die sich in die nachher zu berühren - den beiden condylos verlaufen.
Unten, dicht über der Rolle, sind in der Mitte ein paar ansehnliche Gruben, – auf jeder Seite des nun breit wordnen Knochen eine, – die blos durch eine dünne meist halb - durchsichtige Scheidewand voll einander abge - sondert sind.
Die vordere ist flacher und dient, beym gebognen Arme die corone der Elnbogenröhre aufzunehmen.
379Neben ihr liegt nach vorn noch eine andere, weit flachere, und daher minder merkliche, die in jenem Fall den Rand vom obern Ende der Speiche (radius) aufnimmt.
Die hintere hingegen ist bey weitem die tiefste, da bey ausgestrecktem oder gerade hän - gendem Arm das olecranum hinten in selbige hineintritt.
Gerade unter diesen beiden Hauptgruben liegt die Rolle (trochlea, rotula alb.) deren innerer oder hinterer Rand dicker ist und tiefer herabsteigt als der äußere oder vordere, und in welche überhaupt die Elnbogenröhre einge - lenkt ist. *)arent cant impetus primi anatomici tab. V. fig. 2. 3.
Neben ihrem kleinen Rand, also noch mehr nach außen und vorwärts ist ein kuglichter Ge - lenkknopf (tuber alb.), an welchem die End - fläche der Speiche läuft.
Endlich sind zu äußerst an diesem breiten untern Ende des Knochen die beiden condyli.
Der äußere ist kurz und stumpf.
Der innere ist weit größer, und hat rück - wärts eine breite flache Furche, in welcher der neruus cubitalis (s. vlnaris) herabsteigt.
Sen dritten Haupttheil des Arms (§. 303.) zwischen dem Elnbogen und der Handwur - zel macht der Vorderarm aus, der aus zweyen*)Bey den Fröschen und Kröten ist im Vorderarm sowohl als im Schienbeine nur ein einziger Kno - chen, der zwar nach beiden Enden zu, wie gespal - ten, theils gar durchbrochen ist, und auch daselbst zwey besondere neben einander liegende Markhölen enthält – Aber in der Mitte sind diese scheinba - ren zwey Röhren nicht nur fest zusammen verwach - sen, sondern noch dazu ganz dicht und ohne alle Hölung. – s. des ber. Wundarztes Hrn. Troja Memoria sopra la struttura singolare della tibia e del cubito nelle Rane e nei Rospi, der Italiän. Ausg. seines mehrgedachten Werkes über die Ne - crose. Neap. 1779. 8. S. 250 u. f. Taf. VII u. VIII. Röhren (die beiden focilia**)Daß man die beiden Röhrenknochen des Vorder - arms focilia nennt, kommt aus dem Arabischen, da Zend (im singulari) oder Zendân (im plurali) ein Feuerzeug oder Zunderbüchse (focile) heißt, das bey den Morgenländern aus zwey Stücken, ohngefähr von der Länge und Proportion dieser beiden Knochen besteht. Und deshalb haben Avi - cenna u. a. Arabische Aerzte dieselben Zend und Zendân genannt. – s. Th. hyde hist. religionis ve - terum Persarum pag. 333 sq. und die dazu gehöri - gen Abbildungen pag. 407. besteht; die am381 füglichsten erst einzeln abgehandelt, und nach, her einige gemeinschaftliche Bemerkungen über ihre Verbindung und Bewegung angehängt werden.
Die Elnbogenröhre*)galenvs cap. 17. pag. 25. (vlna, cubitus, s. focile maius) ist die längere von beiden, et - was krumm gebogen, am obern Ende sehr stark, nach unten weit schmaler zulaufend**)vesalivs cap. 24. fig. 1. 2. 5. 6. 10. 11. – vergl. albini icon. oss. foet. tab. XIV. fig. 124. 125. 126. 129..
Sie ist sehr fest mit dem Oberarm, auch mit ihrer Nebenröhre – der Speiche, – aber nur wenig mit der Handwurzel verbunden***)weitbrecht tab. III. IV..
Ihr oberes sehr starkes Ende macht einen großen halbmondförmigen Ausschnitt (sinus lunatus, cauitas semilunaris s. sigmoidea maior) der seiner ganzen Bildung nach genau in die Rolle der Oberarmröhre einpaßt (§. 324): und zu - weilen auf seiner untern Hälfte durch eine Quer - furche unterbrochen wird****)Wie in albini tab. ossium. tab. XVIII. fig. 1. 3..
Der obere Theil dieses halben Mondes bildet das olecranum (s. processus anconaeus)382 ein überaus robuster Fortsatz der in die hintere und tiefere Grube der Oberarmröhre eingreift (§. 324.) und der, wenn man die Knochen des Arms mit denen am Fus vergleicht, einige Aenlichkeit mit der Kniescheibe zeigt*)Hr. Prof. de la Chenal beschreibt in seinen observ. botan. med. Basil. 1766. 4. §. 28. einen sonderba - ren Fall, da er am rechten Elnbogen einer Leiche am obern Ende des übrigens ganz natürlich ge - bildeten olecrani noch einen besondern beweglichen kleinen Knochen gefunden, der mit eignen Sehnen und Gelenkbändern versehen gewesen, und beson - ders auch in Rücksicht seiner Verbindung mit dem anconaeus vollkommen einer kleinen Kniescheibe ge - änelt habe..
Der untere Theil des großen Ausschnitts macht die corone, einen kürzern Fortsatz, der bey stark gebogenem Arm in die vordere und flachere Grube der Oberarmröhre zu liegen kommt.
Dicht unter diesem großen Ausschnitt, am vordern Rande der corone ist eine flache mit Knorpelrinde überzogene Delle (sinus, cauitas semilunaris s. sigmoidea minor) in welcher der Rand vom obern Ende der Speiche eingelenkt ist.
Am äußersten Rand jener Delle unter dem olecranum ist eine scharfe rauhe Erhabenheit zur Anlage des supinor breuis: und gerade mitten unter der corone eine flachere rauhe Stelle für den brachialis internus.
Das Mittelstück der ganzen Röhre ist meist prismatisch. Doch so daß zwey Seiten desselben zusammen einen scharfen schneidenden Rand, mit der dritten hingegen einen abgerun - deten Rücken bilden.
Jener scharfe Rand (spina) ist vorwärts gekehrt, und dient zur Anlage fürs ligamentum interosseum*)Membrana interossea weitbr. tab. III. fig. 10. 11..
Neben demselben liegt auf der einen Seite nach dem stumpfen Rande hin der vom olecra - num nach dem processus styliformis herabsteigt und mehr nach hinten und außen gekehrt ist, zunächst an der spina, nach oben, der abductor pollicis longus. Und darneben, mehr nach unten, der extensor maior pollicis und der indicator.
Auf der andern Seite hingegen, zwischen der spina und dem dritten Rande der von der hintern Ecke der corone herabsteigt, und mehr nach hinten und innen gekehrt ist, liegt in einer Furche der profundus und weiter nach unten der pronator quadratus.
Das untere Ende ist kolbicht, abgerun - det. Seine Endfläche stößt mittelst einer da -384 zwischen liegenden Knorpelscheibe (Th. I. §. 92) an das os triquetrum der Handwurzel (Tab. II. fig. 2. num. 3.)
Nach vorn ist am Rande dieser Endfläche eine rundliche Facette (crista s. capitulum) wel - che in den Seitenausschnitt des untern Endes der Speiche zu liegen kommt.
Am entgegengesetzten hintern Rande jener Fläche hingegen, steigt ein kurzer stumpfer Fort - satz (processus styliformis) herab (Tab. II. fig. 2. c) der gleichsam die Stelle des innern Knöchels am Fuße vertritt, und neben demselben, nach dem Rücken der Hand zu, liegt in einer fla - chen Furche die Sehne des vlnaris externus.
Die Speiche*)galenvs l. c. oder Spille (radius, fo - cile minus) ist etwas kürzer als die Eln - bogenröhre, aber robust**)vesalivs cap. 24. fig. 1. 2. 3. 4. 7. 8. 9. – vergl. albini ic. oss. foetus tab. XIV. fig. 127. 128. 130. 131., und im ganzen mehr cylindrisch, nicht so conisch als jene; und macht die Hauptverbindung zwischen dem Oberarm und der Hand***)Daher sie auch von einigen ältern Zergliederern manubrium manus – so wie hingegen von Albinus additamentum vlnae genannt worden..
Ihr oberes Ende hat zu äußerst eine fast cirkelrunde flach vertiefte Gelenkfläche die am tuber der Oberarmröhre (§. 324.) arti - culirt****)Von einer überaus seltnen Verrenkung dieses obern Endes der Speiche sowohl vom tuber der Ober - armröhre als bei benachbarten sinus der Elnbogen - röhre (§. 327) die der neuerlich verstorbene Büt - tet Oberwundarzt am Spital zu Estampes zuerst be - merkt haben soll, s. die hist. de la Soc. de Mede - cine a.1780. pag. 175.Doch scheint sie schon von Düverney gekannt zu seyn, s. dessen oeuvres anatomiques T. I. pag. 470..
386Diese Gelenkfläche wird nach unten von ei - nem rundlichen Rande eingefaßt, der an seiner hintern Seite eine gewölbte Knorpelfische hat, die in den obgebachten Ausschnitt der Elnbogen - röhre (§. 327.) einpaßt.
Jener rundliche Rand sitzt auf einem schma - lern Halse, und unter diesem liegt (zwischen der obigen gewölbten Knorpelfläche und dem scharfen Rande des Mittelstücks) ein länglich - ter rauher Hügel, an welchem der biceps ansitzt.
Das Mittelstück ist ohngefähr im glei - chen Verstande prismatisch zu nennen, wie das an der Elnbogenröhre (§. 328). Es hat nem - lich einen scharfen schneidenden Rand, und dann zwey stumpfe, die zusammen einen runden Rük - ken bilden.
Jener (spina radii) liegt nach hinten, und dient, wie der an der andern Röhre, zur An - lage des ligamenti interossei. – Zwischen ihm und dem äußern Rande, der nach dem Rük - ken der Hand gekehrt ist, sitzt der abductor pol - licis longus. – Und auf der andern Seite zwischen der spina und dem dritten Rande der nach innen liegt, und sich hinab zum processus styliformis erstreckt, ist auf der breiten Fläche nach unten der pronator quadratus befestigt.
Das untere Ende der Speiche ist dick und breit, und hat zu äußerst eine geräumige flach ausgehölte Knorpelfische, die durch eine schwach erhabne Leiste wieder in zwey ungleiche Hälften abgetheilt wird. In der vordern grö - ßern liegt das os nauiculare (Tab. II. fig. 2. num. 1.) der Handwurzel; in der hintern klei - nern das lunatum (Tab. II. fig. 2. num. 2.)
Am hintern Rande dieser Knorpelfläche ist nach oben ein mit Knorpelrinde überzogener Ausschnitt (Tab. II. fig. 2. b. ) zur Aufnahme der rundlichen Facette der Elnbogenröhre (§. 329.)
Und am entgegengesetzten vordern Rande (Tab. II. fig. 2. a. ) ein stumpfer kurzer Zapfen (processus styliformis) der mit dem äußern Knöchel der Schienbeinröhre verglichen wer - den kan.
Die beiden in den vorigen Abschnitten be - schriebenen Röhren des Vorderarms, haben in Rücksicht ihrer relativen Lage und Verbindung, und ihrer davon abhängenden Bewegungen manches eigene, das, vorzüglich auch wegen der Verrenkungen und Fracturen derselben, besonders abgehandelt zu werden verdient.
Ihre beiderley Enden stehen in umgekehr - tem Verhältnis gegeneinander. – Bey der Elnbogenröhre nemlich ist das obere Ende das dickste; bey der Speiche hingegen das untere.
Das dicke obere Ende der Elnbogenröhre nimmt eben so das benachbarte dünnere Ende der Speiche auf, als das dicke untere Ende der letztern das benachbarte dünnere Ende der erstern aufnimmt.
Das obere Ende der Elnbogenröhre macht die Hauptverbindung des Vorderarms mit dem Oberarm. – Das untere Ende der Speiche389 hingegen die Hauptverbindung desselben mit der Handwurzel u. s. w.
Beide Röhren sind nicht ganz gerade, son - dern ein wenig bogenförmig gekrümmt, so daß die stumpfen Rücken derselben (§. 328. 332. ) in etwas convex laufen. Und folglich die ein - ander entgegengekehrten scharfen spinne einen beträchtlichen Zwischenraum zwischen sich lassen, der größtentheils mit dem darin ausgespannten ligamentum interosseum*)weitbrecht tab. III. fig. 10. 11. gefüllt ist.
In der ruhigsten Lage, wenn nemlich der Arm ganz sich selbst überlassen herabhängt, lie - gen beide Röhren meist mit einander auf der gleichen horizontalen Fläche. Die Speiche ist nach vorn, vom kleinen condylus des Oberarms nach dem Daumen zu gekehrt. Die Elnbogen - röhre nach hinten und innen vom größern con - dylus nach dem kleinen Finger zu.
Wenn man hingegen die Hand aus dieser Lage nach außen oder innen dreht, so nimmt auch die Speiche, an welcher wie gedacht, die Hand vorzüglichst befestigt ist, (– und die eine den Bewegungen der andern gleichsam sol -390 gen muß –) mittelst der ihr eignen Rotation (Th. I. §. 104.) eine andere Richtung an, und kommt entweder in die Supination oder Pronation zu liegen.
Bey der Supination, wo nemlich der Daumen nach außen, und hingegen der kleine Finger nach innen gerichtet ist, gibt das obere Ende der Speiche nicht so leicht nach, als bey der Pronation, wo der Daumen nach innen und hingegen der kleine Finger nach außen, mit - hin der Rücken der Hand nach vorn oder auf - wärts gekehrt ist.
Bey dieser letztern Wendung dreht sich das obere Ende der Speiche einwärts um seine eigne Axe: das untere hingegen beschreibt einen Bogen um das benachbarte Ende der Elnbo - genröhre.
Doch bleibt die letztere bey einer ungezwun - genen bequemen Pronation nicht ganz unbe - weglich*)Wie Bertin und Albinus meynten. – Jener im Tr. d'Osteologie T. III. pag. 230 sq. 255 sq. – Dieser de sceleto pag. 395., sondern folgt, (– so wie sogar auch die Röhre des Oberarms –) der freylich immer weit stärkern Drehung der Speiche in etwas nach**)winslow sur la rotation, la pronation et la supi - nation in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1729. pag. 27 sq..
Der vierte und letzte Haupttheil des Arms (§. 303.) ist die Hand*)vesalivs cap. 25. fig. 1. 2. – Vor allen aber die vier meisterhaften Abbildungen in albini historia musculorum pag. 631. 644., dieses Mei - sterstück der Mechanik, das zu den kunstreich - sten und zu tausend Verrichtungen nützlichsten Theilen des Körpers gehört, und daher schon von Aristoteles das Organ aller Organe ge - nannt worden. **)s. hierüber umständlich und trefflich galenvs de vsu partium durchs ganze erste Buch und im Anfang des zweyten.
Die Hand besteht aus 27 Knochen: (die sogenannten Sesamsbeinchen ungerechnet,) an welchen Weitbrecht auf 124 Gelenkbänder und Sehnenscheiden ꝛc. gezählt hat; und die von 40 Muskeln verschiedentlich bewegt werden. Daher sich die unzälige Mannigfaltigkeit und äußerste Leichtigkeit der Bewegungen begreift, deren eine fein gebaute und geübte Hand fä - hig ist. ***)Es sind zahlreiche Geschlechter unter den Säuge - thieren mit Händen versehen: aber den keinem ein -392 zigen kommen dieselben doch dem so vorzüglichen Bau der Menschenhände gleich. Selbst weder bey Tyson's, noch bey Hrn. Prof. Camper's Orang - utang. Bey beiden waren die Hände affenmäßig mit kurzen Stummel-Daumen u. s. w. – s. ty - son's anat. of a Pygmy fig. 5. – und Hrn. Cam - per's Verhandel. tab. III. fig. 5. – vergl. mit ev - stachii tab. XLVII. fig. 37.Uebrigens sind alle eigentlichen Affen (simiae) mit Händen versehen. So auch alle Paviane. Und die Makis (Lemures).Unter den Meerkatzen (cercopitheci) hingegen sind wenigstens bey vielen Gattungen die Vorder - hände noch weit weniger menschenänlich gebaut als bey den vorigen Geschlechtern. Der Coaita z. B. (Cercopith paniscus) hat eine blos viersing - rige Hand ohne Daumen. Der Uistiti (cercopith. iacchus) u. a. Sangouinchen haben fast nur sol - che, freylich zum Fassen auch geschichte Vorderpfo - ten, wie die Eichhörnchen, Mäuse, Surinami - schen Ratten (Didelphides) u. a.m.
Sie ist vorzüglich an der Speiche des Vorder - arms befestigt, und hat in der allervollkommen - sten Ruhe immer eine etwas einwärts gebogene Lage, wobey der Daumen in ganz anderer Rich - tung als die übrigen Finger, mit seiner innern breiten Fläche nach dem vordern Rande des Zeigefingers gelehrt ist.
Man theilt die Hand wieder in drey Ab - schnitte:
A) die Handwurzel, carpus.
B) die Mittelhand, metacarpus.
und C) die Finger (den Daumen mit ein - geschlossen.)
Die Handwurzel*)galen. de ossib. cap. 18. pag. 26. (carpus, s. brachia - le)**)vesalivs cap. 25. fig. 3-6. besteht aus acht***)Die mehresten Affen haben neun Knochen in der Handwurzel. s. jo. riolani simiae osteologia pag. 908. der Pariser Ausg. v. 1626. – selbst Hrn. Camper's Orang-utang hatte so viele. – vergl. albini ex. plicat. tabular. Eustachii. tab. XLVII. fig. 34. e. f. fig. 35. a. f. und fig. 37. k. m