
Bey der Ausarbeitung dieses Buchs hatte ich die doppelte Absicht, erstens im Text eine zweckmäßige, zum Vortrage und zum Selbst - unterricht gleich brauchbare Osteologie, und zwar sowohl der physiologischen Geschichte als der anatomischen Beschreibung der Knochen zu liefern; und dann durch die Noten eines Theils die unvermeidliche Trockenheit jener Beschreibung in etwas zu vergüten; und an - dem Theils auch den schon kundigern Lesern manche nützliche neue oder doch nicht eben sehr bekannte Bemerkungen mitzutheilen.
Die Beschreibung der Knochen ist nicht nur durchgehends und ganz nach der Natur, sondern auch (was bey manchen Theilen des Gerippes gar nicht gleichgültig ist) bloß nach der schönen Natur d. h. nach Vergleichung einer großen Anzahl von Skeleten und ein - zelner Knochen verfertigt, um die schönsten regelmäßigsten Muster zum Vorbild auswäh - len zu können. Von den Varietäten aber sind nur die bedeutendern, irgend besonders merk - würdigen, berührt.
VIIn der Terminologie habe ich durchgehends die bekanntesten und eben dadurch allgemein verständlich wordnen Namen der Knochen und ihrer Theile beybehalten. Viele gerade so wie sie aus dem griechischen oder lateinischen adoptirt worden; andere so wie sie aus jenen Sprachen wörtlich übersetzt sind.
Ich glaube nicht daß es eben über meine Kräfte gewesen wäre auch jene zu verdolmet - schen und gar manche, dem buchstäblichen Sinne nach allerdings unpassende, mit bessern zu vertauschen. Allein ich weis aus früher Ueberzeugung die noch durch nachwärtige Er - fahrungen bestärkt worden, daß der Gewinn der sich von solchen Nominalneuerungen hoffen läßt, doch immer von den damit verbundnen Nachtheilen weit überwogen wird, wenn zumahl der Anfänger in einem Studium was ohne - hin der Kunstworte die Fülle hat, nun außer den alten, ihm doch zum Verständniß durch - aus unentbehrlichen, auch noch eine Last von neugestempelten darzu memoriren soll. Und so habe ich z. B. das Wort Kukuksbein bey - behalten ob ich gleich so gut als irgend ein andrer weiß, daß die Aehnlichkeit zwischen diesem Knochen und einem Kukuksschnabel ein bißchen weit hergehohlt ist; so wie ich mich noch bis dato der eben so unpassenden aber herkommlichen Worte Arterie und Queck -VII silber bediene ohngeachtet ich auch so gut als ein andrer weis, daß die eine kein Luftbehälter und das andre kein Silber ist.
Unter den lateinischen Benennungen der Knochen habe ich fast durchgehende die von Albinus gegebnen oder beybehaltnen ge - braucht, doch immer die Synonymen, selbst die jetzt ungebräuchlichern, zum Verständniß der ältern Schriftsteller beygesetzt. Nur ein paarmahl habe ich die Albinischen mit andern bekanntern und passendern vertauscht, und z. B. das letzte Beinchen in der Handwurzel lieber wie gewöhnlich unciforme als mit ihm cuneiforme genannt.
Auch nur in wenigen Fällen habe ich mich einer ganz neuen Benennung bedient, wo entweder von einem von meinen Vorgän - gern meines wissens übersehenem Theil die Rede war, wie z. E. beym clivus in der Grundfläche der Hirnschalenhöhle (S. 166.); oder von einem zwar an sich nicht unbekannten aber doch noch mit keinem expressiven Namen bezeichneten, wie bey der für die nationalen und individuellen Verschiedenheiten der Schä - delformen so bedeutungsvollen fossa basilaris (S. 100 und 490).
Unter den Citaten ist das Galenische kleine Handbuch immer angeführt, ohngeachtet es wenigstens nicht ganz nach menschlichen Ge -VIII rippen, sondern offenbar großentheils nach denen von Affen verfertigt ist, weil es so lange Jahrhunderte hindurch der osteologische Canon war und weil es zum Verständniß der classischen und bey weitem nicht schon er - schöpften und mithin etwa nun entbehrlichen Schriften von Vesalius, Fallopia und Eustach nöthig ist, die durch dasselbe ver - anlaßt worden.
Außerdem habe ich auch die eben genann - ten u a. ehrwürdige, verdienstvolle anatomi - sche Classiker zumahl aus dem ersten Jahr - hundert nach der sogenannten Restauration der Wissenschaften fleißig citirt; theils möchte ich wohl sagen aus Erkenntlichkeit für die reiche vielartige Belehrung und für den wahren Genuß den mir das Studium ihrer Schriften (besonders auch der seltnern und daher freylich wenig bekannten, von Carpus, Ingrassias ꝛc. ) schon in meinen jüngern Jahren gewährt hat; und theils weil ich aus häufiger Erfahrung weiß wie oft und wie aufrichtig es mir noch nach langer Zeit von andern verdankt worden, daß ich sie auf diese Werke, und namentlich auf das große Vesalische aufmerksam gemacht und dadurch etwas beygetragen habe, selbst den Sinn fürs große und edle, für Takt und Geschmack in diesen Studien bey ihnen zu ermuntern.
IXEine vorzügliche Zierde hat dieses Buch durch die beyden Kupfertafeln erhalten, an welchen man die Meisterhand von Petrus Camper erkennt, der die Freundschaft für mich gehabt sie zu diesem Behuf selbst zu zeichnen und unter seiner Aufsicht von dem be - rühmten Künstler Reinier Vinkeles in Am - sterdam stechen zu lassen.
Ich habe gerade die Unterseite des Schä - dels, und Hand und Fuß gewählt, weil diese wichtigen Theile, wie ich oft erfahren, manchen Anfängern besonders schwer zu fassen sind.
Auf der zweyten Tafel sind die einzelnen Knochen in eine solche Lage gebracht, daß sie alle deutlich erkannt und unterschieden, und doch auch in Gedanken leicht an einander gepaßt und in ihre natürliche Verbindung gebracht worden können.
Was nun besonders die gegenwärtige neue Auflage betrifft, so hat dieselbe sehr zahlreiche Zusätze und Verbesserungen erhalten, ohne daß doch die Bogenzahl beträchtlich vermehrt worden wäre, da hingegen auch manches aus der vorigen weggelassen oder abgekürzt wor - den; namentlich einiges vom zootomischen Theil der Anmerkungen, das seitdem aus -X führlicher in dem Handbuch der vergleichen - den Anatomie abgehandelt worden: dagegen aber auch manches hier in der neuen Ausgabe dieses osteologischen Buchs eingeschaltet wor - den, was als Nachtrag zu jenem Handbuch oder Berichtigung desselben dienen kann.
Manche der Zusätze betreffen die mir erst neuerlich bekannt wordnen osteologischen Na - tionalverschiedenheiten im Menschengeschlecht: andre sind durch die Gallsche Schädellehre veranlaßt worden, und was dergleichen mehr ist.
Göttingen den 2ten Aug. 1806.
J. F. Blumenbach.
Unter den ächten Hippocratischen Schrif - ten gehört vorzüglich das Buch de articulis hieher. Unter den unächten das de ossium na - tura (das zuweilen auch den Titel mochlicus führt, und nicht mit einem andern ächten Werke gleicher Aufschrift verwechselt werden darf).
Die vier ersten Capitel im letzten Buch des Celsus enthalten eine kurze aber elegante Osteologie.
Galenus hat außer dem was sich in sei - nen andern voluminosen Werken zerstreut fin - det, das berühmte osteologische Handbuch ge - schrieben, dessen schon in der Vorrede gedacht worden, und das im XVIten Jahrhundert zu den heftigen, aber der Erweiterung der Zer -XII gliederungskunde sehr vortheilhaften Streitig - keiten zwischen Vesalius und seinen Gegnern Sylvius, Eustach ꝛc. Anlaß gegeben.
Zu den übrigen Commentatoren über dieses kleine aber merkwürdige Galenische Buch, gehören vorzüglich:
Die Araber haben auch in der Osteologie, so wie sonst größtentheils, den Galenus meist bloß ausgeschrieben. – Zumahl Rhazes, Avicenna, und Avenzoar.
So auch die Latinobarbari.
Mundinus, der im XIVten Jahrhun - dert, wie es scheint das allererste Handbuch der Anatomie nach menschlichen Leichen ver - faßt, hat doch bey den Knochen gerade am we - nigsten geleistet, weil Pabst Bonifacius VIII. a. 1300 in einem besondern Edicte verbotenXIII hatte, Skelete auszulochen*)S. just. henn. boehmeri corp. iur. canonici vol. II. Extravagant. commun. L. III. tit. 6. de sepulturis cap. I. p. 1166. – Vergl. auch mart. gerberti taphographia principum Austriae T. IV. P. I. S. Blas. 1772. gr. fol. p. 45.! und er sich daher, wie er ausdrücklich sagt**)De anatomia auris pag. 361. der Ausgabe von Matth. Curtius, Pavia 1550. 8., der Sünde fürchtete, die feinern Kopfknochen zu un - tersuchen.
Die erste Abbildung eines in Absicht auf Osteologie gezeichneten Menschengerippes findet sich meines Wissens in dem tractatus de animalibus, der zu Ende des XVten Jahr - hunderts herausgekommen, und gewöhnlich den zweyten Band zum hortus sanitatis aus - macht. Freylich noch eine sehr rohe Abbil - dung. – Weit besser ist schon die in Meister Hans von Gerßdorf, genannt Schylhans, Feldbuch der Wundarzney. Strasb. 1528. 4.
Doch die allerwichtigste Periode für die Osteologie so wie für die ganze übrige Zerglie - derungskunde, fällt in die Mitte des XVIten Jahrhunderts, in die Zeiten des großen ana - tomischen Triumvirats von Vesalius, Fal - lopia und Eustach.
wesalii ep. docens venam axillarem dextri cu - biti in dolore laterali secandam. Basil. 1539. 4. p. 66. Eine so äußerst seltne Schrift daß sie sogar nicht für die von Boerhaave und Albinus a. 1725. besorgte Ausgabe von Besal's Werken aufzutreiben war.
. – Die beste Originalausgabe Basil. ap. Oporin. 1555. fol.Sein Commentar über Galen's Osteologie ist schon oben angeführt.
Zusammen in den opuscul. anat. Venet. 1564. 4.
Ein Schüler von Fallopius, Volcher Royter hat kurz nachher zwey classische Werke herausgegeben, von welchen zumahl das letztere noch bis jetzt als eine der allerwichtigsten und reichhaltigsten Quellen zur osteologia compa - rata anzusehen ist:
XVGegen Ende eben dieses sec hat der wackre Fel. Plater die erste Abbildung des weib - lichen Skelets gegeben.
Im XVIIten Jahrhundert hat der eigentlich anatomische Theil der Osteologie, nämlich die Beschreibung der Knochen, wenig Zuwachs und Erweiterung erhalten. Nur etwa die beyden vollständigen Werke von Casp. Bauhin und dem jüngern Riolan, und dann Paaw's Schriften und Bucretii Tafeln ausgenom - men, welche er den Casserischen beygefügt, und die oft wieder aufgelegt und nachgestochen worden.
Seinen Commentar über Celsi Osteologie s. oben.
Aus dem Ende dieses sec. verdienen zwey ansehnliche Kupferwerke Erwähnung zu welchen zwey treffliche Künstler, Lairesse und Errard die osteologischen Zeichnungen geliefert. Je - ner zu Bidloo's großen Werke, und letztrer zu den mit Lancisi's Erklärung herausge - kommnen anatomischen Tafeln für Künstler.
s. Moehsen's Verzeichniß einer Sammlung von Bild - nissen ber. Aerzte S. III u. f.
Auch zur osteologia comparata sind in jenem Jahrhundert einige eigne Werke her - ausgekommen:
s. Joh. Faber in FRANC. HERNANDEZ thesaur. Mexicanus pag. 530 und 488.
. Da sie aber nichtXVII bekannt gemacht worden, sondern anecdota ge - blieben, so gehören sie zu den größten litterari - schen Seltenheiten, so daß mir bis jetzt nur drey Exemplare davon bekannt sind: eins in meiner eignen Sammlung; eins in der reichen Bibliothek des Herrn Baronet Banks; und eins das der treffliche Zootome Hr. Hofr. Fischer in Moskau besitzt.Am mehresten hat hingegen um diese Zeit die Geschichte der Knochen, ihre eigentliche Physiologie, gewonnen.
Theils nämlich noch ferner die Osteogenie durch Eyßon's und Rerkring's Schriften (s. S. 8. N. f).
Vorzüglichst aber die nun durch Mal - pighi, Gagliardi und Havers zuerst recht näher untersuchte Textur der Knochen [– s. S. 37. N. a) –].
Im letztverfloßnen Jahrhundert hat sich Winslow durch mehrere überaus lehrreiche Abhandlungen über die Mechanik einzelnerXVIII Knochen (in den Mém. de l'Ac. des sc. de Paris) ꝛc. so wie in seiner allgemein bekann - ten Exposition anatomique als der erste voll - ständige Schriftsteller über die frischen Knochen, und nachher Weitbrecht durch sein mühsames Werk über die Gelenkbänder gar sehr um die Osteologie verdient gemacht.
So Nesbitt und Herissant, dü Hamel und Hr. von Haller um die tiefere Erfor - schung der Entstehungs - und Ernährungsart der Knochen. [– s. S. 11. N. i) – und S. 59. N. k) –].
Besonders sind auch in eben diesem sec. folgende prachtvolle großen Kupferwerke er - schienen, worin die Knochen in Lebensgröße abgebildet worden:
Vor allen aber hat sich B. S. Albinus so wie um die ganze Zergliederungskunde, so vorzüglichst um die Osteologie durch meister - hafte Beschreibungen und eben so meisterhafte Abbildungen, (wozu er sich eines der größten Künstler die je in diesem Felde gearbeitet, des ber. Jo. Wandelaar bedient) höchlichst ver - dient gemacht.
Zu den übrigen neuern Zergliederern die durch eigne Werke die Osteologie bereichert, gehören vorzüglich:
Der verstorbene Alex. Monro, der Va - ter, von dessen osteologischen Handbuche die prachtvolle französische Ausgabe oben angeführt worden. (– Die neueste Auflage seiner Urschrift findet sich unter seinen zu Edinburg 1781. 4 herausgegebnen sämmtlichen Werken pag. 17 – 227. –).
Bertin [– s. S. 18. N. g. ) –].
Tarin [– s. S. 89. N. k. ) –].
Und Böhmer [– s. N. 53. N. h. ) –].
Und dann müssen wir auch noch zweyer großen Werke gedenken, durch welche das Studium der osteologia comparata gar sehr erweitert und aufgeklärt worden. – Nämlich die Osteologie der vierfüßigen Säuge-Thiere durch Daubenton's Antheil an Büffon's histoire naturelle. vom IVten bis zum XVten Band der Originalausgabe in 4.
Und die der sämmtlichen vier Classen von rothblütigen Thieren durch folgendes nichtXXI nach Verdienst bekannte aber überaus reich - haltige und zuverlässige Werk:
Was aber jetzt lebende treffliche Anatomen für die Osteologie wichtiges und nutzbares ge - liefert, ist in zu frischen Andenken als daß es hier in dieser chronologischen Uebersicht erst noch einer Anzeige bedürfte.
S. 4. letzte Zeile. Das Punct hinter l'art. auszustreichen.
– 7. Note c) Z. 7. l. habent.
– 37. Note w) zur letzten Zeile noch hinzuzusetzen: und selbst die Stirnnaht noch durchaus unverwach - sen ist.
– 49. Z. 16. von unten die Worte aber übrigens propor - tionirliches auszustreichen.
– 71. Z. 4. von unten hinter sitzen noch zuzusetzen: so wie die ähnlichen aber nachgiebigen zwischen den corporibus vertebrarum.
– 76. §. 99. letzte Z. statt Hirnschale l. Schädel.
– 80. §. 103. Z. 10. I. des äußern Knöchels (malleoli externi).
– 105. Note m) Z. 9. statt anatomische I. anomalische.
Zu S. 145. unten: das meisterhafte Werk ist nun erschienen unter dem Titel: S. TH. SOEMMERRING Abbil - dungen des menschlichen Hörorganes Frcf. am M. 1806. gr. Fol.
S. 157. Note z) Z. 2. st. erfunden l. entdeckt.
– 193. §. 96. Z. 1. und S. 494. XI. l. Hirnschalenhöhle.
– 217. §. 121. letzte Z. I. Randes.
– 289. Hals - oder Nackenwirbel.
– 304. Brust - oder Rippenwirbeln.
– 309. Note a) Z. 6. l. Manpertuis.
– 337. im zweyten Absatz Z 5. l. deren Gliedwasser.
– 474. Z. 6. v. U. l. an den schönsten von den wenigen.
Die Knochen sind die härtesten Theile des menschlichen Körpers, undurchsichtig, und von einer meist etwas gelblichweissen Farbea)Von andersfarbigen Knocken bey manchen Thie - ren habe ich im Handbuch der vergleichenden Anatomie S. 5. Beyspiele angeführt.. Sie dienen den Muskeln zur Befestigungb)Nur einige wenige Muskeln sind nicht unmittel - bar an Knocken befestigt; z. B. der ungepaerte Muskel des Zäpfchen im Halse (Azvgos vnulae), die mehresten Muskeln des Augapfels u. s. w. S. b. s. albini hist. musculor. p.25.Anderseits finden sich auch nur wenige Knochen am Gerippe, an welchen keine Muskelsehnen be - festigt sind; z. E. der Ambos, das Siebbein, das untre Muschelbein in der Nase, die Pflugschaar, das Nagelbein, einige Knochen der Handwurzel u. s. w., so wie überhaupt den weichen Theilen zur Stütze, und bestimmen im Gan - zen als Grundfeste des Körpers die Bildungc)Hieraus ergibt sich von selbst die Wichtigkeit der osteologischen Kenntniß für zeichnende und bil -4 dende Künstler. Denn daß dieser ihr anatomisches Studium sich nicht etwa auf einen Muskelmann einschränken, sondern von der Osteologie aus - gehen müsse, daruber kann man zwey der gültig - sten Richter nachlesen: beyde selbst sehr große Künstler, und die zwey andre der allergrößten deß - halb zu Mustern aufstellen: Benvenuto Cellini in den Disc. sopra i principi del disegno den Michelangelo – und Mengs über die Schönheit und den Geschmack in der Malerey S. 77. den Raphael.Vergl. auch emeric-david Recherches sur l'art. statuaire. Par. 1805. 8. p. 203 u. f. und mittelst ihrer Gelenke die Beweglichkeit desselben.
So mannichfaltig die Gestalt der verschie - denen Knochen ihren besondern Bestimmungen gemäß seyn muß, so lassen sie sich doch über - haupt aus dieser Rücksicht auf vier Classen zurückbringen: I. flache Knochen. II. Röh - renknochen. III. rundliche und IV. viel - eckichte Knochen.
I. Die flachen Knochel, (ossa plana, lata, ampla) bilden gleichsam breite Schaa - len, und bestehen aus einer innern Lage von schwammichten Knochengewebe (Diploë), die auf beyden Flächen mit einer dichten Knochen - rinde bekleidet ist.
II. Die Röhrenknocken (ossa cylin - drica, longa sind walzenförmig, laufen an beyden Enden in dickere Köpfe zu, und ent - halten in ihrer Mitte eine größere Markhöhle.
III. Die rundlichen und würflichten Knochen (ossa subglobosa et cuboidea sind) mehr oder weniger kuglicht oder stumpfeckicht, bestehen fast ganz aus einem mürben schwam - michten Gewebe das von aussen nur mit einer dünnen Knochenrinde überzogen ist.
IV. Endlich fassen wir unter dem Nahmen der vieleckichten Knocken (ossa multan - gula, polyedrica) alle die übrigen Gebeine des Gerippes, zumahl des Kopfes, zusammen, die wegen ihrer mehr zusammengesetzten vielfachern Gestalt sich nicht füglich unter die vorigen drey Abtheilungen bringen lassen.
Die menschliche Leibesfrucht, deren Bil - dung überhaupt wohl erst in der dritten Woche nach der Empfängnis beginnta)Meine Gründe für diesen Terminus a quo der Bildung des menschlichen Embryo nach der Em - pfängniß, habe ich in der medicinischen Bibl. angegeben, im II. B. S. 673. und im III. S. 726., besteht an - fangs fast so ganz aus einer blossen leimichten Gallerte, daß sie über Kohlfeuer gehalten, beynah völlig verdunstet. Sie erhält aber schon in den nächstfolgenden Wochen, so wie sie immer mehr und mehr ausgebildet wird, auch eine grössere Festigkeit, so daß man schon bey wohlerhaltnen Embryonen aus der ersten Hälfte des zweyten Monats der Schwan - gerschaft nicht nur den Geschlechtsunterschied, sondern auch jede Fingerspitze und Fußzehe so wie auch die gröbern Gesichtszüge unterschei - den, und die festere Grundlage der künftigen Knochen, zumahl an der Brust und am Rück - grate ganz deutlich erkennen kannb)An einem solchen zarten Embryo in meiner Samm - lung, der nicht viel größer als eine Roßameise ist,7 und ohngefähr aus der fünften Woche nach der Empfängniß seyn mag, sind die weichknorplichten Grundlagen der Rippen schon aufs schärfste aus - gebildet. Ich habe eine Abbildung davon gegeben in den Commentat. societat. Reg. scientar. Goet - tingens. Vol. IX. p. 128. Fig. 1..
Diese zarte Grundlage des künftigen Ge - rippes besteht aber dann noch blos aus weich - lichen gallertigen Knorpelnc)Einige altere Zergliederer haben bey den Knochen des Hirnschedels eine Ausnahme machen, und denselben bey der zarten Leibesfrucht nicht sowohl für knorplicht als häuticht halten wollen. Aber schon Vesalius sagt ganz richtig im Exam. ana - tomicar Fallopii obseruationum p. 4. „ lata ossa cartilagineae membranae speciem habeat “oder wie sich nachher B. S. Albinus darüber aus - drückte: Species eorum membranacea est, na - tura cartilaginea. Icon. ossium foetus p. 150., die erst nach und nach an Festigkeit und Schnellkraft zuneh - men, und zugleich immer schärfer nach der Form der nachher in ihnen entstehenden Knochen ausgebildet werdend)So fand ich z. E. bey einem Embryo den ich zer - gliedert, und der ohngefähr die Länge einer Mut - terbiene, der Kopf aber die Größe einer Zucker - erbse hatte, schon den ganzen noch durchaus knorplichten Boden der Schädelhöle (die innere basis cranii) mit allen Gruben, Hügeln, Oeff - nungen ꝛc. aufs schärfste und deutlichste ausgewirkt..
Ohngefähr in der siebentene)Für diesen ersten Anfang der Ossification sind von manchen Anatomen und Physiologen andre8 und theils von einander gar auffallend abweichende Termine angegeben worden. So setzt sie z. B. Hr. Geheim. R. Walter in s. Betrachtungen über die Geburtstheile des weibl. Geschlechts S. 22. schon in die dritte bis vierte Woche nach der Empfängniß, und hingegen Hamberger in s. physiol. medica p.320. erst in das Ende des dritten Monats. oder achten Woche nach der Empfängniß zeigen sich endlich meist in der Mitte einiger von diesen bis dahin fast durchsichtig gewesenen Knorpeln, weisse un - durchsichtige Stellen, nämlich die ersten Kno - chenkerne (puncta ossificationis)f)Es lohnt nicht der Mühe alle die seltsamen Be - griffe der Alten vom Ursprung der Knochen, z. B. daß sie aus dem groben Unrath des männlichen Saamens erzeugt würden u s. w. anzuführen. Ziemlich vollständig hat sie B. S. Albinus ge - sammlet annotat. academic. L. VII. c. 6.Der erste Zergliederer der die Osteogenie aus der Natur selbst studirt, und unzeitige Leibes - früchte und Kinder in dieser Absicht zerlegt hat, ist Gabr. Fallopius. S. dessen nicht genug zu em - pfehlende Obseruationes anat. S. 17 u. f. der Ve - net. Ausg. v. 1561. 8. Noch genauer hat nach - her sein verdienter Schüler, Volcher Coiter die Ausbildung der Knochen untersucht, auch die ersten Abbildungen von Kinder - und Embryonengerip - pen geliefert. S. dessen Ossium cum humani foe - tus, tum infantis dimidium annum nati histor, (in seinen seltnen und wichtigen Externar. et in - ternar. corp. hum. partium tabulis Nürnb. 1573. fol.) die auch Heinr. Eysson seinem eignen Tract. de ossibus infantis Gröning. 1659. 12. wieder beygefügt. Hierauf hat Theod. Kerckring seine allerdings noch umständlichere und theils un - gemein genaue Osteogenia foetuum Amst. 1670. 4. ; und 1671. als eine Zugabe die ichnograph. an - thropogeniae herausgegeben: doch sind freylich9 manche Anmerkungen des ohnehin abentheuerlichen Mannes verdächtig, einige aber offenbar falsch, und fast durchgehends die Termine der Verknöche - rung viel zu früh angegeben: so wie auch seine Abbildungen ziemlich roh sind, und wenigstens nicht mit b. s. albini icon. ossium foetus Lugd. Bat. 1737. 4. verglichen werden dürfen, als worin der große Künstler J. Wandelaar überhaupt alle seine Vorgänger, ohne Vergleich übertroffen hat.: und zwar zu allererst in den Schlüsselbeinen, in den Rippen, in den Wirbelbeinen, in den grösten Röhrenknochen, in den Kinnladen und einigen andern Gesichtsknochen, auch im Stirn - und Hinterhauptsbeine: später erst in den Scheitel - beinen u. s. w.
Die Form dieser ersten Knochenkerne diffe - rirt nach der oben angezeigten vierfachen Ver - schiedenheit der Knochen selbst. Eigentlich nur in den flachen Knochen, zumahl am Kopfe, sind es dünne, zu erst theils netzför - mige nachher fast wie ein Siebchen durch - löcherte Schuppen, aus deren Mitte die Knochenfasern wie Kammzinken, oder vielmehr wie divergirende Strahlen nach dem äußern Rande zu gerichtet sind. Bey den Röhren - knochen sind es kurze dichte Walzen die meist an beyden Endflächen eine kleine Vertiefung zeigen. In den rundlichen Knochen haben sie die Form kleiner Körner: und in den vieleckichten endlich eine mannichfaltigere, meist zackichte Gestalt.
Der Stoff zu diesen ersten Kernen so wie zu aller nachwärtigen Knochenmaße, besteht aus dem sogenannten Knochensafte, dieser aber, außer seinem gallertigen Vehikel aus Knochenerdeg)fourcroy Syst. des connoissances chimiques T. IX. p. 277 u. f. und endlich diese selbst wie - derum zum bey weiten größten Theil aus phos - phorsaurer Kalkerde mit Zumischung eines geringen Antheils von kohlensaurerh)Die Knochen vieler Thiere aus verschiedenen Clas - sen (namentlich die von Pferden, Ochsen, Hüh - nern und Knorpelfischen) halten nach den Ana - lysen der Herren Fourcroy und Vauquelin außer diesen auch einen beträchtlichen Antheil von phos - phorsaurer Talkerde, die den Menschenknochen abgeht; sich aber dagegen im menschlichen Harne findet und dafür in der Thiere ihrem mangelt. Bulletin des scienc. par la soc. philomath. T. III. N. 81..
Jener Knochensaft wird mit dem Schlag - aderblute nach und nach in die, für jeden nachherigen Knochen präformirte knorplichte Grundlage (§. 8.) abgesetzt; wo er sich dann mit einem (permanenten) Theile derselben verbindet und erstarrt; da hingegen der so - dann überflüssige Theile dieser Grundlage wohl ohne Zweifel durch einsaugende Gefäße wie -11 der aufgenommen und zum Blute zurückge - führt wirdi)So lassen sich die einander sonst wiedersprechenden Meinungen von Rob. Nesbitt (in s. human osteogeny explained. Lond. 1736. 8. Deutsch, Altenb. 1753. 4. ) und F. Dav. Herissant (in den Mém. de l'ac. des Sc. de Paris vom J. 1758 und 1766.) in der Hauptsache mit einander vergleichen.Jener, der zuerst die alte Meinung widerlegt, daß die Verknöcherung ein bloßes Verhärten des vorher weichen Knorpels sey, (ohngefähr so wie ein weicher Thon oder Teig allgemach verhärtet ꝛc. ) glaubte der Knochensaft mische oder verbinde sich gar nicht mit dem Knorpel, sondern nehme nur dessen Stelle ein, und verdränge ihn, so daß endlich beym vollkommnen Knochen bloß noch an den Gelenkflächen einige Spur davon übrig bleibe.Herissant hingegen setzte dieser Meinung seine Versuche mit dem Einbeizen der Knochen in ver - dünnten rauchenden Salpetergeist entgegen, und behauptete, der Knorpelstoff bleibe der Verknöche - rung ungeachtet selbst im festesten Knochen un - verändert, und werde bloß von der Knochenerde durchdrungen u. s. w..
Die Verknöcherung, deren allerersten An - fänge im vorigen Abschnitt beschrieben worden, gewinnt zwar im ganzen genommen, in Mut - terleibe, und selbst schon in der ersten Hälfte der Schwangerschaft, einen sehr ansehenlichen, schnellen und bestimmten, aber doch in Rück - sicht aus die einzelnen Knochen sehr ungleichen Fortgang, dessen Verschiedenheit sich nicht nur auf die Zeit, sondern auch auf die Art ihrer Ossification und auf ihre ungleiche Ver - vollkomnung erstrecketa)Vergl. damit F. G. Danz Grundriß der Zerglie - derungskunde des ungebohrnen Kindes in den verschiedenen Zeiten der Schwangerschaft I. B. Frankf. 1792. 8. S. 181 u. f. und die Abbildungen der Gerippe menschlicher Leibesfrüchte aus sehr frühen Terminen in ph. ad. boehmeri institu - tion, osteologie. Hal. 1751. 8. tab. I. II. und vor - züglich die bey c. f. senff de incremento ossium embryorum in primis graniditatis mensibus. ib. 1801. 4. tab. I. II..
Bey vielen nämlich, wie z. B. in den Fin - gern und Fuszehen, im Zungenbein, im13 Brustbein ꝛc. zeigen sich die Knochenkerne erst späte; bey einigen aber gar erst nach der Ge - burt, wohin besonders verschiedene rundliche Knochen, z. E. die in der Handwurzel und einige von denen in der Fersea)Ueberhaupt aber verknöchern die Fersenbeine un - gleich früher als alle die in der Handwurzel, so wie es die Bestimmung des zarten Kindes mit sich bringt, das zwar in seinen ersten Lebensjahren wenig Kraft mit seinen Händchen – aber desto mehr mit seinen Füßen ausüben, damit auftreten, den Körper damit stützen soll u. s. w. Eine Be - merkung, die wohl so wie manche andere der Art dem vormaligen Lehrer der Anatomie zu Pavia P. Moscati nicht beygefallen war, als er zwei - felhaft wurde, ob die Menschen auf zwey Bei - nen, oder lieber auf allen vieren zu laufen be - stimmt wären?, ferner die Kniescheibe, das Kuckucksbein, und die Se - samsbeinchen an Füßen und Händen gehören, von welchen die letztern meist gar erst im männ - lichen Alter oder auch nie, gebildet werden.
Manche erhalten erst sehr späte ihre voll - kommene Ausbildung, wie z. B. das Sieb - bein u. a. zur innern Nase gehörige Kno - chen: da hingegen andere, wie die Schlüs - selbeine und Rippen schon in den ersten Mo - naten nach der Empfängniß fast ganz ihre be - stimmte Gestalt bekommen. Am auffallend - sten aber ist diese frühzeitige Vervollkommung bey den innern Gehörwerkzeugen im Felsen -14 beine, die schon im fünften, sechsten Monat, nicht nur ihre gehörige Form, sondern sogar fast ihre vollkommne Größe erreichenc)Wahrscheinlich weil das einmahl verknöcherte Fel - senbein bey seinem zusammengesetzten wunderbaren Baue nachher nicht viel mehr erweitert und ver - größert werden kann. So sind auch, vermuth - lich aus dem gleichen Grunde, bey den jungen Raupen die härtern hornichten Theile in Ver - hältniß gegen die weichen fleischichten so außeror - dentlich groß, weil sie nicht so wie diese ausge - dehnt werden und wachsen können. S. p. lyo - net anat. de la Chenille de Saule p. 8..
Ueberhaupt sieht das Wachsthum der verschiedenen Knochen in einem sehr ungleichen Verhältniß. Bey einem Fötus von zehn Wo - chen z. E. sind die Knochenkerne der Schulter - blätter wenigstens zweymahl so groß als die in den Hüftknochen; die Schlüsselbeine wohl drey - mahl so groß als die Schenkelknochen die so wie überhaupt die ganzen Beine beym Fötus in Verhältniß gegen Kopf und Rumpf überaus kurz und schwach sindd)So ist es nur bey dem kraftlosen, fast im ganzen ersten Jahre bloß von fremder Hülfe abhängenden Kinde. Bey allen vierfüßigen Thieren hingegen, die theils schon in den ersten Stunden nach der Geburt auftreten und laufen müssen, sind die Beine schon in Mutterleibe fast unproportionirlich groß und stark; und zwar am allerauffallendsten bey de - nen, die sich gleich völlig auf ihre Füße verlassen müssen, z. E. bey den Affen und Eichhörnchen, die15 auf den Bäumen leben ꝛc., auch unter den Vögeln bey den Wasserhünchen, die im Sumpf waden sollen u. s. w.. Eine gleiche schein - bare Disproportion zeigt sich auch am Kopfe, da nur die flachen Knochen der Hirnschale gar frühzeitig beträchtlich groß werden, hinge - gen die eigentlichen Gesichtsknochen eine ver - hältnißmäßig sehr geringe Größe habena)Auch selbst beym innern Wasserkopf und bey rhachiti - schen Kindern, deren Köpfe zuweilen außerordentlich groß und zumahl nach hinten zu sehr verlängert sind, bleiben doch die Gesichtsknochen meist in ihrem behörigen Verhältniß, und es sind eigentlich bloß die beyden Helften des Stirnbeins, die Scheitel - beine und die große Schale des Hinterhauptbeins die so sehr bis zur Verunstaltung vergrößert werden..
Gewöhnlich fängt sich die Verknöcherung in der Mitte des Knorpels an; doch leidet auch dieß seine Ausnahmen, da z. B. die äußersten Knochen der Finger und Fußzehen vorn an der Spitze zu verknöchern anfangen.
Es sind ferner nur wenige Knochen die aus einem einzigen Knochenkerne gebildet werden, wohin z. B. die Scheitelbeine, Nasenbeine, Nagelbeinchen, Jochbeine, die Kniescheibe, die Knochen in der Handwurzel, die mehresten in der Ferse, die Sesamsbeinchen ꝛc. gehören.
Bey weiten die allermeisten haben hinge - gen deren mehrere, die entweder meist zu gleicher Zeit entstehen und einander gleichsam entgegen wachsen, so daß alsdenn ein derglei - chen Knochen aus mehrern größern oder Haupt - stücken zusammengesetzt scheint, (wie dieß z. B. der Fall beym Hinterhauptsbeine ist, das an - fänglich aus vier Stücken, beym Keilbeine das aus fünfen, bey den Wirbelbeinen die aus dreyen, beym Brustbeine das wohl aus ach - ten und mehreren, bey den ungenannten Bei - nen, die aus dreyen u. s. w. zu bestehen schei - nen): oder bey welchen hingegen anfänglich nur ein Hauptkern entsteht, der erst eine be - trächtliche Größe erreicht, und das Haupt - stück (Diaphysis) des ganzen Knochen aus - macht, ehe sich nachher, und zwar meist an seinen Enden ungleich kleinere Kernchen zeigen, von welchen die sogenannten Ansätze oder Anwüchse oder Endstückchen Epiphyses) am Hauptknochen gebildet werdenf)S. Loder's anatomische Tafeln tab. I. Fig. 20-25..
So wie diese Zusammensetzung der größern Knochen aus mehreren Knochenkernen schon im ganzen genommen beides fürs Kind in Mutterleibe selbst, und auch für die Mutter17 und deren Niederkunft von mannichfaltigen Nutzen ist, so ist es besonders eine eben so merk - würdige als zweckmäßige Einrichtung, daß gerade alle die Knochen, die in ihrer Mitte eine sehr grosse Oeffnung zum Durchgang für weiche Theile, oder zur Aufnahme anderer Knochen, haben, anfänglich aus mehrern Stücken bestehen, damit diese nach und nach auseinander treten, die Oeffnung erweitern, und dem hineintretenden Theile so wie er selbst wächst immer mehr Raum machen können. So ist es z. B. beym Hinterhauptsbein und bey den Wirbelbeinen zum Durchgange des Rückenmarkes, bey der Hüftpfanne zur Auf - nahme des Schenkelkopfs u. s. w.
Eine Hauptveränderung, die während des Wachsthums der Knochenkerne in ihrem innern vorgeht, ist die Entstehung der Zellen und Höhlen, die zur künftigen Aufnahme des Knochenmarkes bestimmt sind. Bey den fla - chen Knochen nämlich legt die anfängliche kleine siebförmige Schuppe den ersten Grund zu dem nachher in ihrer Mitte entstehenden schwam - michten Gewebe (§. 3.), indem sich durch den fernern Absatz von Knochensaft mehrere der - gleichen fast netzförmige Blättchen über einan - der fügen, wovon die innersten am lockersten sind, und durch ihre Verbindung die soge -18 nannte Diploë bilden, statt daß die äußern hingegen auf beideng)Die mehresten neuem Zergliedern find hierin an - derer Meinung, und behaupten, daß beym Schei - telbeine u. a. dergleichen breiten Knochen aus je - ner allerersten kleinen Schuppe zuförderst die innere dickte Rinde (die sogenannte tabula vitrea sodann auf deren äußern Fläche erst die diploë, und zuletzt über dieser das äußere dichte Blatt gebildet werde. S. albini icones ossium foetus p. 6 u. f. v. swie - ten Comm. in boerh. aphorism. Vol. I. p. 406. bertin osteologie Vol. II. p. 31. u. a.m. Allein ich halte mich vom Ungrund dieser Angabe und von der Richtigkeit der dagegen oben angeführten Mei - nung durch den Augenschein an einer ansehnlichen Reihe dieser flachen Knochen überzeugt, die ich von menschlichen Leibesfrüchten aus den ersten Mo - naten nach der Empfängniß und auch von andern größern Thieren, zumahl von ungebohrnen Füllen und Kälbern vor mir habe. Seiten immer mehr verdichten und die festen Außenblätter oder gleichsam die Rinde zu jener schwammichten Mittellage ausmachen.
Bey den Röhrenknochen werden die dickern Enden in ein ähnliches schwammichtes oder zel - lichtes Knochengewebe umgebildet, da hinge - gen in ihrer Mitte eine nur mit dünnen Knochenfäden durchkreuzte Höhle (§. 4.) ent - steht, die aber dafür mit einer desto festern und dichtern Knochenwand umschlossen wird.
Die rundlichen und würflichten Knochen werden, wie schon oben gesagt ist (§. 5.) fast ganz bis zu ihrer äußersten Oberfläche schwam - micht, und haben theils nur wie einen dünnen Anstrich von einer glatten dichten Außenseite.
Die Substanz der vieleckichten Knochen (§. 6.) ist zwar bey weiten dichter und schwe - rer, doch sind auch sie, bis auf wenige Aus - nahmen nicht ganz von dergleichen lockern Zellen entblöst als welche selbst bey den großem Ge - hörknöchelchen, und im Felsenbeine an der Außen - seite der Schnecke sehr sichtlich sind.
Alle diese Zunahme und überhaupt das ganze Wachsthum der Knochen wird von ihren ernährenden Schlagadern bewürkt, die aus der äußern Beinhaut in dieselben hinein - treten, und die nachdem sie wie obgedacht (§. 12.) den ersten Knochensaft in den Knor - pel geführt, ihn vom ersten Knochenkerne wie aus einem Mittelpunkt nach allen Seiten zu, immer weiter verbreiten .h)S. die überaus lehrreichen Abbildungen vom An - fang und Fortgang der Verknöchrung der Knie - scheide, in Hrn. Geh. R. Walter's Abhandl. von20 troknen Knochen des menschl. Körpers. S. 375 u. f. und in Herrn Geh. R. Loder's anatomischen Tafeln tab. I. fig. 1-10..
Es hat daher ein jeder Knochen wenigstens eine dergleichen Schlagader, die meist in sei - ner Mitte durch eine weite Oeffnungi)Bey den großen Röhrenknochen ist diese Oeffnung so weit, daß manche Insecten, zumahl Speckkäfer (Der - mestes lardarius etc.) ihre Eyer dadurch in den Knochen legen können; daher man zuweilen beym Aufsägen ihre ganze Verwandlungsfolge in der Markhöhle antrift. S. rvysch aduersar. anatom. Decas III. tab. I. fig. 1. und albini annot. acad. Lib. II. p. 24 u. f. in sein inneres hineintritt: bey den meisten aber sind deren mehrere nach der Anzahl der Knochen - kerne woraus sie zusammenwachsen, befindlich; die zumahl bey denen, die aus mehr als einem Hauptstücke bestehen (§. 19.) wie z. B. bey den ungenannten Knochen, eine ansehnliche Stärke haben.
Die Stämme dieser Schlagader treten meist bis in die Mitte des Knochen, wo sich ein Theil ihrer Zweige in die schwammichten Markzellen vertheilt, da hingegen die übrigen zwischen die Knochenblätter selbst und in die dichtere Rinde eindringenk)Selbst zwischen die Blätter der festesten Wände der Röhrenknochen, wo sie Cl. Havers irrig für leere Kanäle zur Vertheilung des Markes hielt. S. albinvs l. c. L. III. tab. V. fig. 2..
Durch die verschiedene Richtung und den Lauf dieser letztern Gefäße wird vorzüglich die Richtung der Knochenfasern selbst bestimmt, die wie gesagt (§. 10.) bey den breiten Kno - chen, wie aus einem Mittelpunkt divergiren, und bey den Röhrenknochen hingegen mehr gleichlaufend sind. Bey den letztern zumal, sind nach des Hrn. von Hallerl)Oper. minor. Vol. II. p. 575 u. f. und im Sup - plément zur Pariser Encyclopédie T. I. Art. Accroissement. sorgfälti - gen Untersuchungen zwey besondere netzförmige Aderkronen (hemisphaeria vasculosa) zu mer - ken, die das Hauptstück des Knochen an bei - den Enden begrenzen, und deren Bogen und Aeste endlich in die Knochenansätze übertreten, und sich mir deren ihren Gefäßen verbinden.
Der aus dem Blute abgeschiedne Knochen - fast wird vermuthlich längst der Häute dieser Schlagadern durch dieselben ausgeschwitzt, daher man sie theils von einer zarten Knochen - röhre wie von einem Futteral umschlossen fin - detm)Zumahl ungemein schön in den Röhrenknochen der sehr großen Thiere, des Elephanten, Nas - hörner u. s. w.: das übrige Blut wird hingegen von zurückführenden Adern wiederum aus den Knochen hinausgeleitet.
Das ganze Ernährungsgeschäfte läßt sich bey den Knochen weit sinnlicher, anschaulicher als bey irgend einem andern Bestandtheil des thierischen Körpers durch die bekannten Versuche mit der Färberröthe erweisen, deren Wurzel bloß die Knochen und knochenartigen Theilen)Z. B. den Callus nach Beinbrüchen, widernatür - liche Verknöcherungen weicher Theile, die Tuff - steinartige Materie in den Gelenken der nicht sel - ten mit einer Art von Gicht befallnen Hüner u. s. w. der damit gefütterten warmblütigen Thiere Car - minroth färbto)Dieser Erfahrung gedenkt schon ant. mizaldus (– misaud –) in s. Cantur. memorabilium s. arcunorum omnis generis pag. 161. der Cölner Ausg. von 1572. 12.Aber erst im vorigen Jahrhundert (1736) ward ein Londner Wundarzt G. Belchier durch Zufall darauf gebracht, absichtliche und zweckmäßige Ver - suche darüber anzustellen. s. Philosoph. Transact. vol. XXXIX. p.287. 299.Weiter verfolgt sind sie von du hamel in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1739. p.1. 139. bazano in den Comment. instit. Bononiens. T. II. P. I. p. 129. und P. II. p. 124. guettard in den gedachten Mem. der Pariser Acad. 1746. S. 98. j. benj. boehmer radicis rubiae tincto - rum effectus in corpore animali. Lips. 1751. 4. und in ej. prolusio, qua callum ossium e rubiae tinctorum radicis pastu infectorum describit. ib. 1752. petr. dehtleef ossium calli gene - ratio et natura per fracta in animalibus, rubiae radice pastis. ossa demonstrata. Goett. 1753. 4. J. Berzelius in Gehlen's allgem. Journal der Chemie IV. B. S. 119 u. f.23Die leichteste und sicherste Weise von allen, die ich versucht habe, ist daß man aus der gepülver - ten Krappwurzel mit Brodteig Pillen macht, und die wenn sie hart worden den Thieren einstopft. Man kann sie in Vorrath machen und lange aufhe - ben, ohne daß sie merklich an ihrer färbenden Kraft etwas verlieren sollten. Bey jungen Tau - ben färben diese Pillen schon binnen 24 Stunden alle Knochen, selbst den Ring im Augapfel, Ro - senfarb.Bis jetzt wenigstens sind alle meine Versuche fruchtlos gewesen, den Fröschen und Wassermol - chen Färberröthe beyzubringen. Die ihnen mit Gewalt eingestopften Pillen haben sie jedesmahl wieder von sich gegeben, und wenn ich das Krapp - Pulver in ihr Wasser gerührt, in der Hoffnung, daß sie es da gelegentlich schlucken sollten, sind sie nach 8 bis 14 Tagen darin gestorben, ohne daß ihre Knochen im mindesten dadurch angegriffen worden wären.; da hingegen alle übrigen Theile ihres Körpers und selbst die Beinhaut und der Knorpel für diese Röthe schlechter - dings unempfänglich bleiben.
Wir fassen die vorzüglichsten fernern Verän - derungen in einen besondern Abschnitt zusam - men, die sich mit den Knochen nach der Ge - burt des Kindes bis zur ihrer Vervollkom - nung in den männlichen Jahren, und von da endlich bis zum höhern Alter ereignen; und sowohl die innere mehr zunehmende Festigkeit derselben, als auch ihre schärfere bestimm - tere Ausbildung betreffen.
So wie nämlich einige rundliche Knochen erst nach der Geburt zu verknöchern anfangen (§. 14.); so sind überhaupt fast alle übrigen, nur sehr wenige ausgenommen (§. 15.) beym neugebohrnen Kinde noch weit von ihrer nach - wärtigen Vollkommenheit entfernt. Die flachen Knochen der Hirnschale sind dann nur locker und nachgiebig, – noch nicht durch feste Näthe – unter einander verbunden; sie haben erst nur stumpfe Ecken, die noch nicht an einander25 stoßen, sondern weiche, bloß knorplichte Zwi - schenräume lassen; wovon vornämlich der größte, mitten über der Stirne, zwischen den beyden Scheitelbeinen und dem noch in zwey Helften getheilten Stirnbein, von beynah viereckter Form, insgemein das Blättchen (Fontanella) genannt; und zwey kleinere zwi - schen den Ohren und dem Nacken, da wo die Scheitelbeine, die Felsenbeine und das Hinter - hauptsbein aneinander stoßen (Fontanellae casserii) zu merken sind.
Sehr viele andre Knochen bestehen dann im - mer noch aus mehrern größern Stücken, z. B. das Stirnbein, das Hinterhauptsbein, das Brustbein, die ungenannten Beine, und die Wirbelbeine, die besonders nach hinten zu noch sehr unvollkommen und ohne dornichte Fortsätze (processus spinosi) sind. Fast alle übrige aber, zumahl die Röhrenknochen haben noch einzelne kleine mit dem Hauptstück noch nicht zusammengewachsene sondern nur durch Knorpel mit demselben verbundene Endstückchen.
So wie sich aber überhaupt die ganze fett - rundliche Form und das Verhältniß der Theile des Kindes zur Form und Proportion des schlankern erwachsenen Körpers verhalten, so26 verhalten sich besonders die Knochen und das Gerippe (als von welchem die ganze übrige Bil - dung abhängt) des ersten und leztern gegen einander. Beym Kinde nämlich ist die Hirn - schale sehr groß, die Brust weit, die Hüf - ten schmahl ꝛc. Seine flachen Knochen glatt und eben; die Röhrenknochen kurz, meist cy - lindrisch u. s. w. Während aber, daß ihre Verknöcherung fortgeht und sie an Festigkeit mehr und mehr zunehmen, so nähern sie sich auch in Rücksicht ihrer Ausbildung immer mehr der künftigen Bestimmtheit und voll - kommenen Reife.
Um sich die Ausbildung und theils succes - sive Umformung so harter Organe als die Knochen sind, recht zu verdeutlichen, darf man nur nicht vergessen, daß dieselben bey dieser ihrer Härte doch zugleich gerade die allerwandelbarsten von allen festen Stoffen (– partibus similaribus –) des thierischen Körpers sind; deren mechanische Elemente durch die fast unaufhörliche wenn gleich meist unmerkliche Wechselwirkung worin der Secre - tions-Proceß mit der Absorbtion steht, be - ständig erneuert und gleichsam umgetauscht werden. Eine Wahrheit, die sich z. B. schon aus der abwechselnden Röthe oder Weiße der Knochen bey jungen warmblüthigen Thie -27 ren ergibt je nachdem man diese wechselsweise wochenlang entweder mit Färberröthe oder aber mit ihrer gewohnten Nahrung füttert (§. 30.).
Eben wegen dieser Wandelbarkeit sind aber nun die Knochen auch zugleich die allerbild - samsten von allen festen Stoffen des Kör - pers, die ihre Form nach den anliegenden weichen Theilen fügen und modeln, und sich durch dieser ihre Thätigkeit so wie durch andre stark und anhaltend auf sie wirkende mecha - nische Kraft vielartig umbilden lassena)jo. benj. de fischer diss. de modo quo ossa se vicinis accommodant partibus. Lugd. Batav. 1743. 4..
Daß und wie genau sich der Knochensaft nach den anliegenden weichen Theilen modelt und dieselben gleichsam abformt, davon giebt die Hirnschalenhöhle das sinnlichste Beyspiel. Nicht nur bildet sich dieselbe im Ganzen nach der Gestalt des in ihr eingeschlossenen Ge - hirnsb)Schon Galenus erkannte die Wahrheit daß sich die Hirnschale nach dem Hirn und keineswegs das Hirn nach der Schale modele. de vsu part. L. VIII. c. 12. p. 486. und anderw. – So in den vorletzten Jahrhunderten besonders dü Laurens und Die - merbrock. Jener in der hist. anatomica p. 139. 28Dieser in der anatome corpor. hum. p.524. – Neuerlich unter andern auch Lavater in den physiognom. Fragm. II. B. S. 161. – Und eben jetzt ist nun die Sache in den kleinen Schriften über Hrn. Dr. Gall's Schädellehre allwieder zur Sprache gekommen., sondern sie zeigt auch die Abdrücke einzelner Theile oft mit ausnehmender Schärfe, wie z. B. die von manchen Windun - gen der Rindensubstanzc)Vorzüglich schön habe ich die Abdrücke von diesen gyris, und zwar auch im Gewölbe der Hirn - schale, in den Schädeln einiger Gattungen des Wieselgeschlechts, Iltis ꝛc. so wie in dem der Robbe (Phoca vitulina) gefunden. besonders auf der pars orbitalis des Stirnbeins, die von den Schlagadern der harten Hirnhaut, zumahl die von der meningea media auf der Binnen - seite der Scheitelbeined)albini annotat. acad. L. IV. p. 13. L. V. p. 15.; so wie die von den zurückführenden Blutbehaltern, von den soge - nannten Pacchionischen Drüsen u. dgl. m.
Von diesen Formen der Knochen und ihrer Theile die durch bloße Anfügung des Knochensaftes an die anliegenden weichen Theile entstehen, sind diejenigen zu unterschei - den die sie durch die Thätigkeit und anhaltende Spannung oder zahlloß wiederholten Bewe - gungen der Muskeln erhalten, die an ihnen, befestigt sinde)haller elem. physiol. T. IV. p. 571 u. f.. In jenem erstern Fall stel -29 len sie bloße Abgüsse vor. In diesem hin - gegen werden sie gleichsam wie bildsamer Ton gemodelt und ausgewirkt; da sich dann mit den Jahren an manchen Knochen, zumahl des Schädels, bestimmte Flächen eindrucken; manche Röhrenknochen eine fast prisma - tische Gestalt gewinnen u. dergl. m. Beson - ders anschaulich wird dieß z. B. durch Ver - gleichung von Unterkiefern und von Schien - beinröhren aus sehr verschiedenen Lebensal - tern und von Personen sehr verschiedner Le - bensweisef)Das merkwürdigste hieher gehörige pathologische Stück so mir je vorgekommen, ist ein Schädel eines bejahrten Mannes in meiner Sammlung, dessen linke Gesichtshälfte durch vieljährigen an - haltenden Gesichtsschmerz so auffallend zusammen - gezogen worden, daß er gegen die rechte Seite aufs abentheuerlichste absticht. Der heftige Krampf hat das Jochbein der leidenden Seite eben so stark herab als den benachbarten Theil des Un - terkiefers hinauf, und den Seitenflügel desselben auswärts gezogen..
Am allerauffallendsten zeigt sich aber end - lich die nachgiebige Bildsamkeit der Knochen in denjenigen Fällen wo ihre natürliche Form durch anhaltend und stark auf sie wirkende mechanische Kräfte allgemach abgeändert und gleichsam umgebildet wird. – Das kann ge - waltsamer Druck sowohl von außen nach innen als auch von innen heraus bewirken. Beyspiele30 von ersterm geben die Schädel der Caraiben mit zurückgepreßter Stirneg)Decas. cranior. diuersar. gentium. tab. 10. und Dec. II. tab. 20., der Nordamerica - nischen Chaktaws mit flach niedergedrücktem Scheitelh)ib. Dec. I. tab. 9. u. a.m. so wie die Entstellung des Thorax durch steife Schnürbrüstei)Sömmerring über die Wirkungen der Schnür - brüste. Berl. 1793. 8. Fig. 6. 7., oder der Fußzehen durch enge Schuhek)p. camper sur la meilleure forme des souliers (1781) 8. Deutsch in dess. kleinen Schriften. I. B. 2. St.; auch ähnliche Folgen von besonderer Lebensweise mit einförmigen Stellungenl)Ich besitze durch die Güte des Hrn. Baron v. Asch das Skelet eines bejahrten Donischen Cosacken an welchem die Untertheile der Sitzbeine (tubera ischiorum) von einer ganz auffallenden Größe und Breite find. Höchst wahrscheinlich die Folge des beständigen Reitens. und dgl. m. Wie aber anderseits auch Knochen von innen nach außen, getrieben und ausgedehnt werden können, das zeigen z. B. manche Krankheiten der sogenannten Schleimhöhlen des Stirnbeins (sinus frontales)m)Hr. Hofr. Richter in den nov. Commentar. soc. Reg. scientiar. Goettingens. T. III. p. 86. 89. und der Oberkiefer (antra Highmori)n)ed. sandifort museum anatomic. acad. Lugd. Bat. Vol. II. tab. XXX u. f., so wie die bey großen innern Wasserköpfen schräg nieder und vorwärts ge -31 triebenen partes orbitales der Augenhöh - leno)s. m. medicinische Bibliothek III. B. S. 636 u. f. u. dgl.
Soviel von der Aus - und Umbildung der Knochen im allgemeinen. Nun auch ein Wort von einigen besonders wichtigen Verän - derungen die sich in gewissen Lebensperioden an einzelnen Theilen des Gerippes ereignen. Dahin gehört sowohl das Hervorbrechen der Milchzähne, als das nachherige Wechseln der - selben, wovon aber die ausführlichere Be - schreibung mit der Geschichte der Zähne selbst für einen andern Abschnitt verspart bleibt. Hier bemerke ich inzwischen doch den Einfluß den das zweymahlige zahnen auf das relative Verhältniß der Gesichtsknochen zum eigent - lichen Hirnschädel, und mithin auf die ganze kindliche Gesichtsform hat, als welche sich in so fern merklich verändert, daß die vorher sehr niedrigen Kinnladen, zumahl die obern, an Höhe beträchtlich zunehmen, und dadurch das rundliche Gesicht überhaupt seine verlän - gerte reifere Gestalt gewinntp)P. Camper über den Unterschied der Gesichts - züge in Menschen verschiedener Gegenden und ver - schiedenen Alters, übersetzt von Sömmerring. Berlin 1792. 4. tab. IV. fig. 1. 2. 3. und tab. V..
Allein eine weit allgemeinere Veränderung, die fast alle Knochen des Gerippes betrifft, womit zugleich meist ihrem ganzen Wachs - thum in die Länge die bestimmten Grenzen gesetzt werden, und die sich gewöhnlich gegen die Zeit der Mannbarkeit ereignet, ist das völlige Verwachsen aller zeitherigen Kno - chenansätze mit ihren Hauptstücken, wodurch sie denn zu sogenannten Fortsätzen werden.
Die Endstücke oder Ansätze nämlich (epi - physes, bey Fallopius appendices) die an den Ecken, Seiten oder Enden sehr vieler junger Knochen ansitzen, und aus besondern kleinern Knochenkernen entstanden sind, blei - ben nur bis zum männlichen Alter, wie mit - telst eines zarten, dazwischen liegenden Knor - pelblättchensq)Nicht wie der alte Ruysch und nach ihm viele andre Zergliederer gemeint, mittelst einer dazwi - schen liegenden Beinhaut, als welche da gar nicht existirt. Aber wohl legt sich die äußere das ganze Gerippe überziehende Beinhaut da, wo die An - sätze ans Hauptstück stoßen, vorzüglich straff an, und hilft ihre Verbindung befestigen. am Hauptstück des Knochen (diaphysis) gleichsam angeleimt, und zwar meist so, daß der Ansatz mit einer unebenen, aber im Ganzen etwas concaven Fläche, an einer ebenfalls hüglichten aber gewölbten Fläche33 des Hauptstückes ansitzt: sich aber sowohl durchs Kochen als auch durch äußere Gewalt, und in einigen Knochenkrankheiten davon ab - lösen läßt.
Um die Zeit des völlig erreichten Wachs - thums aber werden diese Ansätze so innigst fest mit den Hauptstücken verbunden, schmelzen gleichsam so gänzlich mit ihnen zusammen, daß man nachher gar die Spur der ehemahligen Ab - sonderung nicht mehr unterscheiden kann. Doch wird der Termin dieses Verwachsens durch zu - fällige Umstände vorzögert oder beschleunigt. Ueberhaupt nämlich tritt er, ceteris paribus, bey Mannspersonen früher ein, als beym weiblichen Geschlecht, bey robusten und sich stark bewegenden Leuten früher als bey zärtlichen von sitzender Lebensart. Noch später bey mancher krankhaften Verderbniß, zumahl in der soge - nannten Englischen Krankheit u. s. w.
Die auf diese Weise verwachsenen End - stücke werden alsdann Fortsätze (apophyses, processus oder productiones), und zwar eigent - lich unächte oder falsche Fortsätze (apophyses spuriae) genannt. Denn da man überhaupt jede Ecke oder Spitze eines Knochen mit dem Nahmen eines Fortsatzes belegt, und doch viele34 Knochen, zumahl von den vieleckichten am Kopfe, die theils überhaupt nur aus einem einzigen Knochenkerne entstehen (§. 18.), schon ur - sprünglich dergleichen haben; so nennt man diese letztern wahre und hingegen die, so erst abgesonderte Endstückchen gewesen, unächte Fortsätze. Von jener Art ist z. B. am Schul - terblatt das Grat-Ende (acromium); von den unächten hingegen der Schnabel-Fortsatz (pro - cessus coracoides). Auch gibt es wahre Fort - sätze an welchen andre unächte ansitzen, wie z. B. der Kopf am sogenannten Schenkelhalse (collum ossis femoris); und umgekehrt Ansätze die noch ihre besondern Fortsätze haben, wie das untre Ende der Elnbogenröhre (vlna) mit ihrem Griffelförmigen Fortsatze (processus styliformis)r)reald. colvmbvs de re anatomica p.11. der Pariser Ausg. von 1572..
So wie überhaupt die Fortsätze von beyder - ley Arts)Eine genaue Beschreibung aller Fortsätze am Mensch - lichen Gerippe s. bey fr. wilh. hensing de apo - physibus ossium c. h. Giess. 1742. und im VI. B. der Hallerischen anat. Samml. gar vielseitigen Nutzen zur Befesti - gung der Sehnen und Gelenkbänder, haupt - sächlich aber zur Erleichterung des Mechanis - mus der Muskeln haben, wie z. B. nahment - lich um die Insertionswinkel derselben zu ver -35 größern und dadurch ihre bewundernswürdige Kraft zu verstärken, so scheint besonders der Nutzen der Epiphysen am annoch unreifen Gerippe auf das leichtere Wachsthum und nachgiebigere Ausdehnung der Knochen ab - zuzwecken.
Allein jene Vollkommenheit, wozu die Knochen in den mannbaren Jahren gelangen, ist von keiner lebenswierigen Dauer: sondern auch diese, dem Anschein nach so festen Theile, sind, so wie alle übrigen bey den organisirten Körpern, endlich im höhern Alter, wenn sie sich allgemach ihrem natürlichen Lebensziele nä - hern, wiederum der Abnahme und der Ge - brechlichkeit unterworfen.
Im zunehmenden Alter nämlich häufe sich die Erde im Körper an, und trägt, nebst der in diesen Jahren mehr und mehr abneh - menden Reizbarkeit und Empfindlichkeit ein großes zur dagegen immer mehr zunehmenden Steifigkeit und Ungelenksamkeit der ganzen Maschine bey. Diese Anhäufung der Erde zeigt sich theils schon in den im Alter nicht un - gewöhnlichen Verknöcherungen der weichen Theile, deren sehr wenige am Körper seyn werden, die man nicht irgend einmahl in einer36 alten Leiche verknöchert gefunden haben solltet)Ein ansehnliches Verzeichniß solcher von vielen Zer - gliederern bemerkten Verknöcherungen aus allen Theilen des Körpers hat Hr. v. Haller gegeben: ad boerhaav. praelect. vol. III. p. 501 u. f. und in den Elem. physiol. vol. VIII. P. II. p. 78 u. f. So auch Hr. Prof. Sandifort obser - vat. anat. patholog. P. III. cap. 2. p. 42 u. f. –Am häufigsten finden sie sich an den größern Schlagadern, an den Häuten welche die großen Höhlen des Körpers auskleiden, und in manchen Drüsen, die leicht im höhern Alter theils knochicht theils gar roffteinartig werden; ein Unterschied der nämlich bloß auf dem verschiedenen Verhältniß der Knochenerde gegen die thierische Gallerte be - ruht: ist dieses gering, so sind dergleichen Ver - knöcherungen mehr hornartig, oder gar nur wie festes Wachs, lassen sich späneln ꝛc. widrigenfalls hingegen mehr sandig, so daß sie unter dem Messer knirschen u. s. w.Wie ungleich seltner hingegen solche wiederna - türliche Verknöcherungen an den eigentlich knorp - lichten Theilen des erwachsenen Körpers gefunden werden, davon im achten Abschnitt.: besonders aber in den Veränderungen die mit den Knochen selbst alsdann vorgehn.
Vorzüglich gehört dahin das widernatürliche Verwachsen der unbeweglich zusammen ver - bundenen Knochen des Kopfs, da zumahl die wahren Nähte allgemach verschwindenu)Zuweilen verwachsen aber auch die Suturen sehr frühzeitig, und das entweder durch anhaltenden äußern Druck auf den Schädel, oder aber aus krankhafter Ursache. Einen merkwürdigen Fall37 der ersten Art habe ich in der Iten Decas cranior. tab. 3. abgebildet; ein gar wundersamer jugend - licher Kopf mit hoher Dachförmiger Scheitel auf welcher keine Spur der ehmahligen Pfeilnaht mehr zu erkennen ist, ohngeachtet alle übrigen Nähte noch in ihrer vollsten jugendlichen Inte - grität stehen. Von Fällen der andern Art besitze ich z. B. das Gerippe eines rhachitischen siebenjäh - rigen Kindes an welchem schon alle wahren Nähte der Hirnschaale fast gänzlich verloschen find. (Vergl. Zinn in den Commentar. soc. Reg. scientiar. Goettingens. T. II. p. 366.)Anderseits habe ich aber auch den überaus merk - würdigen Schädel einer hundertjährigen gänzlich zahnlosen Frau in meiner Sammlung, wo selbst die sämmtlichen Alveolen beyder Kiefer längst total absorbirt gewesen, und an welchem sich demohn - geachtet alle und jede Suturen ohne Ausnahme so frisch wie am Kopfe eines Mannbaren Mädchens erhalten haben., auch ganz gewöhnlich und meist schon in den Jahren der Mannbarkeit der Vordertheil des Hinterhauptbeins mit dem Mittelstück des Keilbeins in eins verwächst u. s. w.x)Hingegen verwachsen die Zahnwurzeln ohngeachtet ihrer festen Einkeilung in den Zahnzellen, doch nur äußerst selten mit denselben; da dann in diesem Fall die ihnen eigenthümliche substantia cornea geschwunden ist; und man folglich eben deßhalb vermuthen kann, daß es der Hauptnutzen dieser Substanz ist, dergleichen Ankylose zu verhüten..
Aber auch von den durch bewegliche Ge - lenke unter einander verbundnen Knochen wach - sen manche, theils aus allmähliger Abnahme oder Zähigkeit des Gliedwassers und Absorb -38 tion der Gelenkknorpel, theils durch anhalten - den vieljährigen äußern Druck (– §. 39. –) ꝛc. leicht zusammen: wie sich dieß besonders an den Halswirbeln und an den vordern Gelenken der Fuszehen nicht selten ereignety)Bekanntlich kann aber dieses Verwachsen der Ge - lenke (Ancylons) auch aus andern Ursachen, aus Verderbniß der Säfte ꝛc. schon in jungern Jahren statt finden. – Von einigen erstaunungswurdi - gen Fallen der Art, da fast alle Gelenke des gan - zen Gerippes zusammen verwachsen, und die Pa - tienten dadurch bey ihrem Leben fast wie Bildsäu - len steif und unbiegsam worden, s. reald. co - lvmbvs a angef. O. S. 485. bern. connor de stupendo ossium coalitu, Oxon. 1695. 8. m. K. und die Philos. Transact. 1741 vol. XLI. P. II. N. 461. Taf. V. – Andre zahlreiche Fälle einzelner Ankylosen aus den Observatoren gesamm - let s. in sandifort obs. anat. patholog. P. I. p. 98 u. f. vergl. auch die trefflichen Abbildungen in dess. Museum anat. acad. Lugd. Batav. vol. II. und unter den Monographieen über diese Knochenkrankheit vorzüglich jac. th. van de wynpersse Diss. I. II. de Ancylosi. Lugd. Bat. 1739. 4. m. Kupf..
Ferner hat das zunehmende Alter gewöhn - lich das Ausfallen der Zähne zur Folge, wor - nach sich, wie überhaupt auch nach ihrem son - stigen Verlust die Zahnzellen allgemach schlie - senz)Auch andre dergleichen Höhlen und Canäle der Knochen verengern sich wenn der sonstige Wider - stand des Körpers den sie enthalten vermindert wird. So hat z. B. Sömmerring bey einem39 Pferde und einem Eichhörnchen die mit Verderb - niß und Einschrumpfen des einen Sehenerven erblindet waren, auch des foramen opticum im Keilbein auf derselben Seite merklich verengert und gleichsam zugewachsen gefunden., und bey gänzlich zahnlosen Alten end - lich der ganze Zellenrand beider Kiefer schwin - deta)rvysch observ. anat. chirurg. p.77. fig. 65. herissant in den Mém. de l'Acad. des Scienc. de Paris v. J. 1758. Pl. XII. fig. 1.. Dadurch wird aber die sonstige Höhe der Kiefer wieder sehr gemindert und dadurch die unter Hälfte des Gesichts fast wieder wie im kindischen Alter gar sehr verkürztb)Vergl. Camper in dem oben S. 31. angeführten Werke tab. IV. fig. 4. zugleich aber die Winkel womit beyde Kiefer auf einan - der schließen gar sehr verändert; folglich das Kinn vorgeschoben, und dadurch die eigne auf - fallende Gesichtsbildung dieses zahnlosen Alters verursachtc)j. hvnter's natural hist. of the human. teeth. P. I. Pl. VII..
So wie endlich im hohen Alter das ganze Nutritions-Geschäffte unvollkommer und man - gelhafter vollzogen wird: so zeigt sich auch diese Gebrechlichkeit der immer mehr abgestumpften und stockenden Maschine in der bey jenen Jahren in Verhältniß zur Absorbtion sehr schwachen Ernährung der Knochen die zu - mahl an den flachen Knochen der Hirnschale sehr merklich wird; als bey welchen anfangs40 die Diploë schwindetd)Dieses Schwinden der Diploë kann aber auch außerdem durch Krankheiten, besonders durch ve - nerischen Beinfraß, durch Englische Krankheit u. s. w. veranlaßt werden. und nachher die Dicke der Tafeln selbst abnimmt; so daß man nicht selten bey uralten Menschen die Scheitelknochen fast so dünne wie Papier abgeschliffen, und theils wohl gar durchlöchert findete)S. Sömmerring de cognitionis subtil. systema - tis lymphat. in medic. vsu. Cassel 1779. p. 12..
Die bey weiten allermehrsten der bisher in diesem Abschnitte angezeigten Veränderun - gen der Knochen sind natürlich oder noth - wendig, so wie sie der Lauf des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis ins höhere Alter mit sich bringt, und wie sie durch die beiden sehr verwandten Geschäffte, die Erzeu - gung und Ernährung, bewürkt werden. Noch müssen wir aber auch der wichtigsten außeror - dendlichen Veränderungen gedenken, da mit - telst der Reproductionskraft, – dieser drit - ten Modification des Bildungstriebes, – allerhand zufälliger Verlust oder Entstellung der Knochen von selbst wieder ergänzt oder hergestellt werden kann.
Denn obschon die Reproductionskraft bey den warmblütigen Thieren überhaupt ungleich41 eingeschränkter und nicht so auffallend ist als bey den kaltblütigen: so ist sie doch bey ihren Knochen in Vergleich gegen die weichen Theile ganz vorzüglich würksamf)Sogar scheint es daß sich die Natur der leicht zu producirenden Knockenmaße zuweilen bedient, um dadurch den Verlust der übrigen nicht reproducir - baren Stoffe eines ganzens Organs (– einer pars dissimilaris wie es die Alten nannten –) eini - germaßen zu compensiren, und es dadurch wenig - stens taliter qualiter funktionsfähig zu machen. So hat z. B. der berühmte Wundarzt Morand (– in der Hist. de l'Ac. des Sc. de Paris v. J. 1770. p. 50. –) einen Hasen beschrieben, dem lange vor seinem Tode einmahl der eine Vorder - fuß war abgeschossen worden, den ihm die Natur, wenn gleich nicht quoad materiem doch wenigsten so ziemlich quoad formam durch ein Surrogat, nämlich durch eine Pfotenförmige Knochenmaße, die sie hervortrieb, zu ersetzen gesucht hatte. –„ c'etoit “wie er sich ausdrückt„ une espèce de jambe de bois, dont la nature seule avoit fait les frais. “: und das nach einer wohlthätigen Einrichtung der Na - tur, die gerade diesen Theilen den kräftig - sten und thätigsten Bildungstrieb beygelegt hat, da von ihrer Bildung die Total-Bil - dung des übrige Körpers abhängt (§. 1.).
Ueberhaupt lassen sich alle Arten von Re - production unter zwey Hauptclassen bringen:
A. Bloße Wiederherstellung der entstellten Bildung, ohne Verlust von Stoff. Repro - ductio formae.
42B. Wiederersetzung der verlohrnen Sub - stanz. Reproductio materiei.
Beyderley Arten von Reproduction sind bey den Knochen nicht ungewöhnlich und für die Physiologie derselben so lehrreich daß es sich der Mühe lohnt die verschiedenen Arten der - selben genauer auseinander zu sehen und durch Beyspiele zu erläutern.
Zur einfachsten Art von Reproductio formae Gehört die Wiederherstellung der Form der Knochen wie dieselbe bloß durch einen gewaltsamen aber nicht lange anhaltenden Druck entstellt worden. So hat man z. B. öfter gesehen daß die Hirnschalen-Knochen die durch heftigen Schlag oder Sturz ꝛc. tief eingedruckt worden waren, nach einigen Tagen von selbst und plötzlich theils wie mit rechter Schnellkraft wieder heraus getreten sind und ihre sonstige gewölbte Form wieder angenom - men habeng)Ein merkwürdiges Beyspiel mit Parallelfällen ver - glichen s. in j. c. obertevffer diss. de enthlasi cranii sponte restituta. Argentor. 1771. 4..
Eine complicirtere Art ist hingegen das wiederfestwachsen eigenthümlicher Theile des43 Gerippes, die gewaltsamerweise davon getrennt worden waren. Wie z. B. daß ausgerißne und sogleich wieder in ihre Lücke eingesetzte Zähne wiederum fest haltenh)birch's history of the royal Society. T. I. p. 315 u. f. beym J. 1663.; oder daß ganze breite Stücken die vom Hirnschädel abgehauen worden, dennoch wieder angeheilt sindi)dvhamel in den Mém. de l'Acad. des Scienc. de Paris v. J. 1746. p. 345 u. f. u. s. w. –
Noch sonderbarer ist ferner die Repro - ductions Art durch künstliche Einpfropfung fremder Theile zum Ersatz der verlornen, wovon das Einsetzen fremder Zähnek)Ein Versuch der schon zu Pare's Zeiten be - kannt gewesen. s. dess. Chirurg. pag. 359. der Franks Ausg. v. 1610. – Späterhin s. birch am angef. O. – umständlich aber i. hvnter's hist. of the teeth. Th. II. S. 87 bis 112. Vergl. auch mehrere Aufsätze darüber in den Memoirs of the medical Society of London. vol. I. pag. 330 u. f. ein bekanntes Beyspiel giebt.
Endlich gehört auch wohl in diese erste Hauptclasse die Bildung neuer Gelenke nach Verrenkungenl)Selbst nach Beinbrüchen hat man nicht selten völlig neue am ganzen Gerippe sonst nicht44 existirende Gelenke sich bilden gesehen, deren Entstehung sich wohl schwerlich mit der Hypothese von präformirten Keimen zusammenreimen läßt. An Menschen ist z. B. der von Sylvester in den 1685. beschriebene Fall bekannt, wovon nachher Daubenton im IIIten B. der Hist. nat. gen. et particul. eine bessere Abbildung gegeben. Aber auch an Thieren sind ähnliche Fälle bemerkt wor - den. Z. B. an einer Katze von Tenon in den Mém. de l'Acad. des Scienc. v. 1760. S. mit mehrern j. salzmann diss. de articulationi - bus analogis quae fracturis ossium superueniunt. Argentor. 1718. 4. auch haller ad boerha - vii praelect. T. V. P. I. p. 257., wovon die freylich meist unförmlichen und unvollkommenen neuen Hüfftpfannen nach Verrenkung des Schenkel - kopfs das Bekannteste Beyspiel abgebenm)albini annot. acad. L. V. p. 141. tab. II. san - difort museum anatomic. acad. Lugd. Patav. tab. LXIV u. f. – So auch beym Pferd Tenon in der Hist. de l'Ac. des Scienc. v. 1770. S. 53..
Zur Zweyten Hauptclasse von Re - production (§. 54.) gehört größtentheils die Erzeugung der Beinschwiele (Callus) zu - mahl nach complicirten Brüchen; und dann die Wiederersetzung gänzlich verlohrner be - trächtlicher Knochenstücke. –
Jene entsteht nach Beinbrüchen nicht so - wohl wie Malpighin)Oper. posthum. p. 49., Hallero)Elem. physiol. Vol. VIII. P. I. p. 331., u. a.45 meinten durch ausschwitzen eines neuen Kno - chensaftes aus den gebrochenen Knochenenden selbst, sondern wird vielmehr aus einem Ex - travasat der Gefäße in der zerrißnen Bein - haut ergoßenp)Einige Versuche die ich schon vor mehrern Jahren darüber angestellt s. in Hrn. Hofr. Richter's chi - rurg. Bibl. VI. B. 1. St. S. 111 u. f. – Vergl. g. l. koeler experimenta circa regenerationem ossium. Goetting. 1786. 8. und alex. herm. macdonald de necrosi ac callo. Edinb. 1799. 8. – Beyde mit trefflichen Kupfern., wie dieß z. B. aus dem Tab. I. Fig. 1. abgebildeten Schenkelbeine anschaulich wird, um dessen Bruch sich ein breiter Ring (– a. b. c. d. –) von ausgetret - nen Knochensaft herumgelegt hat, da hingegen die gebrochnen Enden der Röhre selbst, durch eine ansehnliche leere Lücke von einander ge - trennt sindq)Von der Erzeugung der Beinschwiele überhaupt s. die treffliche Abhandlung des Hrn. Prof Bonn in seiner Descriptio the sauri ossium morbosorum Hoviani. Amst. 1783. 4. Vergl. damit die mei - sterhaften Abbildungen von geheilten Knochen - brüchen in Dess. tabul. ossium morbosor. ib. 1785 u. f. gr. fol..
Vom Ersaß großer Knochenstücke aber, die durch Beinfraß oder gewaltsames Zersplit - tern verlohren gegangen, sind, zumahl in46 neuern Zeiten, zahlreiche Beyspiele bekannt gemacht wordenr)v. haller elem. physiol. l. c. p.356. und zu - mahl des Dr. Baronio ricerche intorno alcune Riproduzioni che si operano negli animal[?] si detti a sangue caldo, e nell uomo, in den Memorie della Societa italiana T. IV. p. 480 u. f.Ein paar merkwürdige Fälle von Reproduction eines großen Theils des Unterkiefers s. in gebr. j. van wy heelkundigen[?] Mengelstoffen. Amst. 1784 u. f. 8. besonders instructiv ist der von einem großen cariosen Stück des Kieferbogens, das die Natur bey einem 70 jährigen Manne abgenosen, und es allgemach wieder mit einen neuen repro - ducirten knöchernen Bogenstück ersetzt hatte. Die Abbildungen des alten Stücks s. im I. D. tab. IV. fig. 3. 4. und die vom reproducirten im II. D. 2. St. tab. 1. fig. 1. 2..
Der innere Bau der Knochena)Was die Alten von der Organisation der Knochen gesagt, ist von wenigem Belange. Erst zu Ende des vorigen Jahrhunderts ist sie von einigen ver - dienten Männern recht absichtlich untersucht wor - den. Dieß war vor allen der glückliche tiefe For - scher der organisirten Schöpfung Marcell. Mal - pighi, erst in der anat. plantar. Lond. 1675. fol. und dann in den bey weiten wichtigsten operib. posthumis. Lond. 1697. fol. – zweytens der Rö - mische Lehrer Joh. Dominic. Gagliardi in seiner anat. ossium. Rom. 1689. 8. mit saubern Kupf. – und drittens Clopt. Havers in der osteol. nova or some new observ on the bones. Lond. 1691. 8. – Neuerlich haben nachher besonders der Französ. Leibarzt Lassone in den Mém. de l'Acad. des Scienc. vom J. 1751. – ferner der ältere Herissant am angef. O. und dann in einer Dissert. eines seiner Verwandten gleiches Nahmens E. a substantiae terreae intra poros cartilaginum appulsu ossea durities. Par. 1768. 4. mit Kupf. – auch albinvs in den annot. acad. L. VII. c. 17. u. a.m. diesen Gegenstand weiter verfolgt. – Am genausten hat neuerlich Scarpa den ganzen Gegenstand bearbeitet in s. commentarius de penitiori ossium structura. Lips. 1799. 4. m. netten Kupf. und mit Zusätzen von Leveillé in den Mém. de physiologie et de Chirurgie-pratique par. a. sparpa. Par. 1804. 8. Deutsch mit An - merk. vom seel. Hofr. Roose, Leipz. 1800. 4. erhellt zwar schon großentheils aus dem was in den48 vorigen Abschnitten über ihre Entstehung u. s. w. gesagt worden: doch müssen hier noch einige genauere Untersuchungen darüber nachge - holt werden.
Ihre Grundlage bleibt immer ein schwam - michtes Schleimgewebeb)Das Schleimgewebe der Knochen zeigt sich auch durch die diesem allgemeinen Grundstoff des thierischen Körpers beywohnende Lebenskraft, die Contracti - lität (institut. physiolog. p.48.) wodurch sich z. B. die Zellen der ausgerißnen Zähne in Kurzem schließen. So ist z. B. an zwey Schädeln von jungen Neuholländern in meiner Sammlung (Dec. cranior. III. tab. XXVII. und Dec. IV. tab. XL.) der alveolus des einen mittlern Schneidezahns der obern Kinnlade der bekanntlich diesen Wilden in ihrer Jugend asgeschlagen wird, so gleichför - mig geschlossen als wenn er aus Wachs gewesen und von vorn nach hinten zusammengedruckt wor - den wäre., dessen Zwischen - räume vor ihrer Verknöcherung mit einer bloßen Knorpel-Gallerte, nachher aber mit dem erstarr - ten kalkerdichten Knochensafte (§. 11.) gefüllt sind. Dieses Gewebe zeigt sich am augenschein - lichsten, wenn man Knochen eine Zeit lang in verdünnten mineralischen, oder in concentrirten vegetabilischen Säuren eingeweicht hat, da dann die in selbigen vertheilte Kalkerde allge - mach aufgelößt, und das Gewebe im gleichen Verhältniß erweicht und dadurch sichtbar ge - macht wird. – Dann auch durch die Versuche49 mit dem Papinischen Kesselc)Der abentheurliche Projectmacher Den. Papin hat seine Maschine zuerst 1679 der Londner So - cietät vorgelegt. s. birch. T. III. p. 486 – Von neuen Verbesserungen dieses Kessels s. Wilke in den Schwed. Abhandl. vom J. 1773. – Der dessen ich mich zu diesen Versuchen bedient, ist von Kästner in den Götting. Gelehrt. Anz. 1771. S. 41. u. f. beschrieben. in welchem die Knochen bey einem mäßigen Feuer mittelst eingeschlossener Dämpfe wieder zu Gallerte zerkocht werden könnend)Durch einen fast ähnlichen Proceß werden die Knochen im Magen der Raubthiere aufgelößt; der gallertartige Theil zu ihrer Nutrition verwendt, die Knochenerde aber meist mit ihrem Auswurf (dem bey den Hunden sogenannten album graecum) abgefuhrt.. –
Anm. Auch die pathologia physiologiam informans (wie unser Röderer sie nannte) zeigt diese beyden mechanischen Hauptbestandtheile der Knochen, nämlich ihre Grundlage von zellichter Knorpel-Gallerte, und den verhärteten Knochensaft womit dieselbe getränkt ist, auf vielartige Und sehr epidentbelehrende Weise.
So werden, um nur weniges anzuführen, die Knochen in der Osteosarcosis wieder knorpelartig erweicht. S. z. B. das wunderbare Skelet der eben durch diese schreckliche Krankheit in ihrem letzten 35ten Lebensjahre binnen 11 Monaten ganz mon - stros verwachsnen und zusammengekrümmten bekann - ten Supiot in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris v. J. 1753. tab. XXIII. und ein anderes in imm. chr. planck diss. sist. morbum osteosarcoseos singulari casu illustratum. Tubing. 1781. 4. mit Kupf.
Zuweilen hat dieses Erweichen der Knochen auch im widernatürliches aber übrigens proportionirliches50 Anschwellen derselben zur Folge wodurch sie zu auf - fallender Größe und Dicke aufgetrieben werden. Von der Art ist der berühmte ungeheure Schädel von Rheims, den jetzt Hr. A. L. Jussieu besitzt. S. De - scription anatomique d'une tête humaine extraor - dinaire ꝛc. par j. fr. n. jadelot. Par. 1799. 8. tab. I. So auch das wunderbar dicke Stirnbein in der Sammlung der acad. nat. curios. zu Erfurt, das Moehsen in VIII. B ihrer Actor. beschrieben hat. Aehnliche sind in Sandifort's thesaur. abgebildet. vergl. auch saucerotte sur la tumefaction de tous les os d'un homme adulte im II. B. der Hist. de l'Instit. national, scienc. mathem. et phys. p. 114 u. f.
Bey den Exostosen hingegen wird der reinere wuchernde Knochensaft theils in mächtiger Menge und ohne organische Form (gleichsam stalactitartig) abgesetzt. – Das enorme meines wissens beyspiel - lose Specimen der Art, das sich durch die Güte des Hrn. Etatsrath Frank im hiesigen academischen Mu - seum befindet, wo eine Faustgroße dem Elfenbein an Dichtigkeit und Reinheit des Korns ähnelnde Maße die Augen - und Nasen-Höhlen und selbst einen großen Theil des Vordertheils der Hirnschalenhöhle einge - nommen hat, ist beschrieben und abgebildet in j. avg. römhild diss. de exostosibus in olla capitis. Goetting. 1800. 8.
Beym Osteosteatom wird im Gegentheil die Knor - pelgallertige Grundlage theils ungeheuer angehäuft und aufgetrieben – So besitze ich z. B. eins der - dergleichen das einem 14jährigen Buben glücklich exstirpirt worden, dem die beyden ossa metacarpi des Ring - und Ohrfingers nach einer heftigen Quet - schung hinnen 12 Jahren bis zur Größe einer kleinen Faust angeschwollen waren. Der seel. Leibmed. Len - tin dem ich dieses seltne Präparat verdanke, hat den Fall in Hrn. Geh. R. Loder's Journal für Chi - rurgie B. I. S. 60 u. f. beschrieben. Von einem fast vollkommen ähnlichen s. Mery in den Mém. de l'Ac. des Sc. v. J. 1720. S. 447 u. f. tab. XII – XV.
Auch durch manche Decomposition welche die Knochen durch Beinfras und die Necrose erleiden wird das von ihrer Textur gesagte bestätigt. –51 Von cariosen s. z. B. hier Tab. I. fig. 1. und unter andern die vorzüglich schönen Abbildungen in corn. trioen fascic. obseruationum medico chirurgicar. Lugd. Batav. 1743. 4. und von necrosirten viele treffliche Figuren in rvisch thesauris anatomicis, in cheselden's osteographia und bey j. p. weid - mann de necrosi ossium. Francof. 1793. fol.
Die erste Gestalt unter welcher sich der durch das Schlagaderblut dem Schleimgewebe der Knorpel zugeführte Knochensaft anlegt, ist ge - meiniglich die von theils geraden theils ästi - gene)gagliardi a. a. O. tab. III. fig. 7. oder netzförmigen Fasernf)Ueber die Knochenfaser hat Connor a. angef. O. viel eigenes gesagt, und Hr. v. Haller hält ihn für den ersten der eingesehen habe, daß alle feste Theile des Körpers aus Fasern bestehn. de corp. hum. part. fabr. et funct. T. I. p. 3.Andre Bemerkungen, z. B. daß die Knochen - faser selbst bey den größten Thieren, beym Ele - phanten ꝛc. doch nicht größer sey als bey den kleinen, s. bey abr. kaav boerhaave de cohaes. solidor. in corp. anim. im IV. B. der Nov. Comment. Acad. Petropolit. p. 358 u. f.Scarpa hat a a. O. die freylich von manchen seiner Vorgänger in dieser Untersuchung zu weit getriebne Vorstellung von der Knochen-Faser theils eingeschränkt theils widerlegt. Doch hat schon sein trefflicher deutscher Uebersetzer dabey erinnert daß das schwerlich so zu deuten sey als ob er die Fa - serförmigen Anfänge der ersten Knochenrudimente überhaupt verwerfe; denn die ist in den obgedach - ten Beyspielen, vollends bey der Vergleichung mit dem Ossificationsproceß in den beyden Classen von Thieren mit rothem kalten Blute, wohl unverkennbar., die zu -52 mahl bey den flachen Knochen der Hirnschale an zarten Leibesfrüchten und noch ausnehmen - der an großen innern Wasserköpfen junger Kinder überaus deutlich zu sehen sind.
Aber auch selbst in den eben gedachten flachen Knochen verlieren diese Faser - und Netzförmigen Grundlagen doch sehr bald diese Gestalt da sie, so wie sich immer mehr Knochen - saft in die Zwischenräume der Maschen anlegt und dieselben verengert, sodann gleichsam das Ansehn eines Siebesg)gagliardi tab. III. fig. 5. 6. erhalten.
Aus der successiven Zusammenhäufung solcher anfänglichen Netze oder siebförmigen Scheiben entstehen nachher die Knochen - Bläckerh)perenotti sur la construction et sur l'accroisse - ment des os, in den Mém. de l'Ac. de Turin vom J. 1784. T. II. p. 352 u. f. Und zwar bilden sich diese Blätter nicht erst im Alter wie Albinus meint, annot. acad. L. VII. p. 91. sondern offen - bar schon im ersten Lebensjahre. s. z. B. Taf. I. fig. 1. e., die ferner durch andere kleine Zapfen und Blättcheni)gagliardi am angef. O. Tab. I. fig. 1. 2. 3. – doch werden freylich feine sogenannten Knochen - Nägel und Zäpfchen erst durch Calcination u. a. Künsteley recht sichtbar. mit einander ver - bunden, oder auch zu Knochen-Zellen und Waben umgebildet werden.
Aus diesen anfänglichen Fasern, Netzen, Blättern, und Zellen, werden nun alle die übrigen gar sehr mannichfaltigen Gestalten in der innern Textur der Knochen, wie z. B. die Röhrchen (§. 29.) und die mancherley Gag - liardischen Lamellen gebildet, die zumahl in der Höhlung der großen Röhrenknochen, ein so sauberes Aussehen habenk)S. außer Gagliardi und Scarpa, cheselden's osteographia tab. II. boehmeri instit. osteolog. Tab. III. fig. 1. 2. albini annot. acad. L. IV. tab. VI. suë auf seinen Prachttafeln zur osteolo - gie de monro tab. XXX. XXXI. und Loder's Tafeln tab. I. und XV..
Von den Blutgefäßen der Knochen, und den für ihren Lauf bestimmten Gängen in der Knochensubstanz, ist schon oben die Rede gewe - sen (§. 25 – 29). Und noch wird ihrer bey Ge - legenheit der Beinhaut gedacht werden.
Lymphatische Gefäße hat man zwar meines wissens bisher noch nicht in der Knochensubstanz selbst evident darlegen können. Daß sie aber demohngeachtet damit – und zwar reichlich – versehen seyn müssenl)sheldon's history of the absorbent System pag. 30 u. f.,54 wird durch eine Fülle von Phänomenen der theils auffallend starken und schnellen Ab - sorbtionm)p. van maanen de absorptione solidorum. Leidae 1794. 8. die im gesunden und in mancher - ley krankhaftem Zustanden)soemmerring de morbis vasorum absorbentium corporis humani. Traj. ad M. 1795. 8., so wie in vorzüg - lich eminenter Stärke bey verschiedenen Thie - reno)Z. E. bey den erwachsnen Bisulcis wenn die an - fänglichen Doppelröhren in ihrem metacarpus und meratarsus allgemach in Eine verschmelzen. s. Handbuch der vergleichend. Anat. S. 76. statt hat, von selbst einleuchtend. (– Vergl. z. B. oben §. 50 u. 51. –)
Ob die Knochen mit Nerven versehen jenen und Empfindlichkeit haben ist ehedem ziemlich allgemein und von manchen noch neuer - lich bejahtp)a. boyer Traité d'Anatomie T. I. p. 37. van hoorn de iss, quae in partibus membri, prae - sertim osseis, amputatione vulneratis, notanda sunt. Lugd. Batav. 1803. 4. p. 125., von andern verneintq)haller in Commentar. soc. Reg. scient. Gost - tingens. T. II. p. 125. und in den nouis Com - mentar. T. III. p. 29 u. f. bromfield's chi - rurgical observat. and cases. T. II. p. 3. u. a.m. worden. Meinerseits habe ich bey aller genauen Nach - forschung an frischen Menschenknochen sowohl55 als an denen von den größten hieländischen Hausthieren, nie eine Spur irgend eines Faden entdecken können, der sich in die Knochensubstanz selbst, vertheilte. Denn von den zu den Zähnen, oder in die Schnecke des innern Ohrs laufenden Nerven ist hier nicht die Redez und deren die etwa eine größere Arterie eine Strecke weit in einen großen Röhrenknochen begleiten können, wird unten bey Gelegenheit der Markhaut (§. 83.) ge - dacht werden.
Die Beinhaut (periosteum) ist eine über - aus festea)hales's haemastatiks p. 171. und gefäßreiche Haut, womit, den Schmelz der Zähne ausgenommen, die Außenseite der Knochen bis an ihre Gelenk - flächen, aufs festeste bekleidet ist. Auf den Knorpeln heist sie perichondrium, aus der Hirnschale pericranium, in den Augenhöhlen periorbita u. s. w. und gewissermaßen kann man auch die harte Haut als eine die Hirn - schalenhöhle auskleidende, freylich sich von der übrigen sehr auszeichnende, Beinhaut ansehenb)conr. vict. schneider de catarrhis L. II. p. 18 u. f..
Man nennt sie insgemein die äußere Beinhaut, zum Unterschied des sogenannten innern periostel, das die Markhöhlen der Knochen auskleidet. Allein die letztere hat so sehr wenig mit her erstem gemein, daß man sie weit schicklicher mit dem Namen der Mark - haut belegt, und dadurch gänzlich von der wahren Beinhaut, wovon hier die Rede ist, unterscheidet.
Diese wahre Beinhaut besteht, wie die übrigen Häute des menschlichen Körpers, aus einem verdichteten Zellgewebe, das bey der unreifen Leibesfrucht nur sehr locker, mit den Jahren aber immer fester am Knochen anschliest, am allerfestesten aber da, wo die Knochenan - sätze am Hauptstücke ansitzen (§. 42. N. q), und die Sehnen der Muskeln befestigt sindc)albini hist. musculor. p.23. und dessen annot. acad. L VII. p. 96..
Hieraus erklärt sich, in welchem Sinn man sagen kann, daß die Beinhaut nicht bloß die einzelnen Knochen, sondern das ganze Gerippe ununterbrochen überziehe, da nämlich ihr Zell - gewebe woraus sie besteht, wenn eh an den Rand der knorplichten Gelenkflächen der einzel - nen Knochen gelangt ist, sich dann in die Ge - lenkbänder forterstreckt. und so freylich von einem Knochen zum andern übergehtd)kaav boerh. perspir. dict. Hipp. p. 322. u. f. bonn de continuationib. membranar. in sandi - fort thesaur. diss. T. II. p. 283. u. f..
Und eben hiedurch beantwortet sich die spitz - findige Frage von selbst, wie fern auch die Beinhaut als eine Fortsetzung der harten Hirn - haut anzusehen sey (§. 70.).
Sie ist mit unzähligen Blutgefäßen durch - webte)albini icones ossium foetus tab. XVI. fig. 162., deren größere Stämme schon im ge - sunden Zustande zur Ernährung der Knochen (§. 25), bey Beinbrüchen aber, oder bey Verlust von Knochensubstanz zu Erzeugung der Beinschwiele (§. 59.) dienen. Das alte weiland so furchtbare Vorurtheil von der vermögenden äußersten Empfindlichkeit der Beinhautf)Doch ist die Empfindlichkeit der Beinhaut auch noch neuerlich von manchen behauptet worden z. B. von Bromfield, Boyer u. a.m. – van Hoorn nennt sie eine membrana, neruos qui - dem accipiens quam plurimos, sed tamen parum sensilis a. a. O. S. 37. v. haller de partib. c. h. sensibilib. in den Commentar. Societ. Goettingens. T. II. p. 123 u. f. und in den nouis commentariis T. III. p. 13 u. f. Auch petr. castell exper. quibus varias c. h. partes sen - tiendi facultate carere constitit. Goett. 1753. p. 61 u. f. ist zumahl durch Haller's zahl - reiche Versuche und Beobachtungen widerlegt.
Ihr Nutze ist vielfach. Namentlich lie - fert sie die Nahrungsgefäße für den Knochen und für sein Mark: verbindet gewissermaßen die eizelnen Knochen zum ganzen Gerippe zusammen: und befestigt die Ansähe der Knochen an das Hauptstück derselben. Zu59 geschweigen der besondern Zwecke der harten Hirnhaut, des Antheils den die Beinhaut am Pauckenfelle hat, der Haut die einige Muskeln wie z. B den temporalis umgiebt und ge - wissermaßen für eine Fortsetzung und Duplicatur der Beinhaut angesehen werden kann, u. dergl. m.
Hingegen war der vermeinte Nutze unge - gründet, den einige berühmte Männer des vor - letzten Jahrhunderts, z. B. Malpighig)Oper. posthum. p. 48. Auch in der Idea anat. plantar. in der diss. epistolica ad Sponium etc., Grewh)Mus. reg. Societ. p. 6. und Pitcairni)Elem. medic. physico mathem. p. 46 u. f. der Beinhaut zuschrieben, daß aus ihr selbst der Knoche er - zeugt werde, und den nun nachher der scharf - sinnige Dühamelk)S. dessen 7 Aufsätze in den Mém. de l'Acad. des Scienc. von 1741-43. Und Fougeroux Mém. s. les os Par. 1760. 8. zur Vertheidigung der Dühamelschen Meinung: die auch der würdige Bonnet in den Consider. s. les corps organis. §. 221. u. f. beyfällig vorgetragen hat. Ihr Un - grund ist hingegen vom Hrn. v. Haller durch seine musterhaften Beobachtungen des bebrüteten Küchel - chen im Eye erwiesen worden. s. dessen Deux Mém. s. la format. des os. Lausanne 1758. 12. und vermehrt in den operib. minorib. vol. II. Auch selbst Albinus ist hierin mit Haller gleicher Mei - nung gewesen, und hat ebenfalls Dühamel um - ständlich widerlegt, in den annot. acad. L. VI. c. 1. 60Von dem überaus merkwürdigen pathologischen Phänomen, da man zuweilen beym Zersägen großer Elfenbeinzähne mitten in ihrer Substanz Kugeln auf eine eigne Weise verwachsen gefunden, womit das Thier in jüngern Jahren angeschossen worden, dessen sich Haller namentlich als entscheidenden Ge - genbeweis zur Widerlegung von Dühamel's Be - hauptung bediente (oper. minor. a. a. O. p. 554 u. f. 593.) habe ich im Handb. der vergleich. Anat. S. 42. u. f. gehandelt und ein besonders merkwür - diges Stück der Art aus meiner Sammlung beschrieben.Und daß auch Troja's neuern übrigens sehr merkwürdigen Versuche über die Erzeugung der Beinschwiele der Dühamelschen Meinung bey weiten nicht so günstig sind als man geglaubt hat, ist schon in Hrn. Hofr. Richters chir. Bibl. am a. O. von mir angemerkt. aus der Vergleichung der Beinhaut mit dem Bast der Bäume zu bestärken suchtel)Aus einem ähnlichen Fehlschluß, der besonders durch die knochichte Härte mancher Sehnen bey den Vögeln, zumahl am Schienbein des wälschen Hahns, veranlaßt worden, glaubte man im vor - letzten Jahrhundert, daß die Knochen – wenig - stens großentheils – aus den Sehnen entstünden. s. nic. stenonis de musc. et glandul. obs. p.26. casp. bartholini jun. Specim. hist. anat. part. c. h. p. 185. u. f. auch noch Jüvet in Vander - monde's Journal de Medec. T. XII..
Das Knochenmarka)H. F. Isenflamm in s. und Rosenmüller's Bey - trägen für die Zergliederungskunft II. B. S. 33 u. f. ist ein ölichter Saft, der dem übrigen thierischen Fette ähnelt, und fast bloß in Rücksicht seines Aufenthalts und seiner Bestimmung einige besondre Ver - schiedenheit zeigtb)Man hat ehedem verschiedenen Thieren das Mark ohne Grund abgesprochen. So war es z. B. eine allgemeine Sage, daß die Löwenknochen ganz dicht und marklos wären, und sogar am Stahl Feuer schlügen. s. aristot. hist. animal. III. 7. – ein Irthum der doch schon zum Theil von gale - nus de vsu partium XI. 18. weit umständlicher aber von fallopivs exposit. de ossibus, Oper. p.527. von colvmbvs de re anat. p. 115. und von renat. hener. apolog. pro vesalio advers. sylvivm Ven. 1555 8. p. 27. widerlegt worden..
Es wird eben so wie anders Fett, auf eine ganz einfache Weise aus den Häuten der Schlag - adern in anfänglich flüssiger Gestalt durch - geschwitzt (diapedesis), wird aber durch den Aufenthalt nach und nach etwas fester und dickliger.
In größter Menge findet es sich in den mittlern Markhöhlen der Röhrenknochen, wo es gleichsam eine dichte Wulst bildet, da es hingegen an den Enden dieser Kochen, so wie in den flachen, und rundlichten und viel - eckichten Knochen nur in das schwammichte Knochengewebe (§. 66.) vertheilt ist. Nur wenige Knochen sind gewöhnlich ganz Mark - los; wie z. B. die Thränenbeinchen, die Zähne ꝛc.
So wie aber anderes Fett von den Zellen des gemeinen Zellgewebes umschlossen wird, so die einzelnen Marktröpfchen von den kleinen Zellchenc)f. grützmacher de ossium medulla. Lips 1748. fig. 2. 3. Auch im IVten B. der Hallerischen anatom. Samml. der Markhaut (tela medullaris, oder sogenantes periosteum internum §. 71.), womit zu dieser Absicht, die sämmtlichen Markzellen und Höhlen der Knochen, ausgeklei - det sind, und welche, zumahl in den großen Röhrenknochen selbst wieder mit einem überaus kunstreichen Gewebe von sich durchkreuzenden, theils ausnehmend zarten Knochenfäden un - terstützt und befestigt werden.
Diese Markhaut besteht zwar auch aus Zellgewebe, und steht in sofern mit der wahren äußern Beinhaut in einiger Verbindung, hat aber doch übrigens so sehr wenige Aehnlichkeit mit derselben, daß sie nur sehr unschicklich mit dem Namen von periosteum internum belegt werden kann (§. 71.). Sie entsteht ursprüng - lich von der äußern tunica cellulosa der Blut - gefäßed)Daher find in den mehresten Luftknochen der Vögel, von welchen sogleich die Rede seyn wird, nur wenige Spuren von dieser sogenannten innern Beinhaut merklich. Die wenigen Gefäße die in dergleichen leere Knochenhöhlen gehen, lausen an den Wänden hin, an welche sie bloß mit einem zarten zu ihren beyden Seiten ausgebreiten Zell - gewebe befestigt werden., die sich in die Knochenzellen und Markhöhlen vertheilen (§. 27.).
Die obgedachte Frage über die Empfind. lichkeit der Knochen, ist besonders in Bezie - hung auf das Mark (versteht sich die Mark - haut) sehr verschiedentlich verfochten oder be - stritten wordene)Zu den Aerzten die sich durch Erfahrungen bey Knochenkrankheiten von der Empfindlichkeit des Marks überzeugt hielten, gehörte weiland beson - ders Nic. Massa, späterhin Deventer, so wir neuerlich Bordenave, Sabatier, Troja u. a.m. und noch kürzlich von Hoorn am a. O. und64 alex. danilewsky diss. de carie ossium. Mosq. 1805. p. 10.Anderntheils versichern auch verschiedene Zer - gliederer die Nervenfäden in die Markhöhlen der Knochen verfolgt zu haben, wie z. B. Düverney in den Mém. de l'Ac. des sc. 1700. p. 253. Al - binus ad tab. ossium XXIV. fig. 2. u. XXV. fig. 2. Portal im IIten B. des Précis de chirurgie pratique; Lud. Paliani in den Epist. ad hal - ler. script. Vol. IV. p. 106. 131. andr. com - paretti de vaga aegritudine infirmitatis nervor. ad. murray dissertat. de sensibilit. ossium morbosa die auch im Isten Bande der Act. medicor. Suecic. wieder abgedruckt ist ꝛc. und jac. joh. klint de nervis brachii. Goett. 1784. p. 6. – Allein solche Nerven dienen dann bloß zur Begleitung und Versorgung größerer Arterien und verbreiten sich weder in die Substanz der Knochen selbst noch in die Markhaut. s. Sömmerring vom Bau des Menschl. Körpers. I. Th. S. 25. und 29. der 2ten Ausg.Hingegen hat längst der scharfsinnige jüngere Riolan im Enchirid. anat. pathol p.553. und Hr. v. Haller a. a. O. und in den Nor. Comm. Goetting. T. III. p. 30 u. f. und Bromfield u. a.m. sowohl aus den fruchtlosen Nachforschun - gen der Nerven im Mark, als aus Erfahrungen an Knochenkrankheiten die Fühllosigkeit desselben behauptet.. So wie ich nie einen Nervenfaden habe entdecken können, der nur in die Knochen, geschweige zum Mark gegan - gen wäre, so sind auch von meinen über das vermeinte Gefühl desselben angestellten Ver - suchen, die an Thieren ungleich und nicht ent - scheidend, die an Menschen aber völlig ver - neinend ausgefallenf)s. Richter's chir. Bibl. am angef. Ort..
Eben so ungewiß ist man lange Zeit über den Nutzen des Markes selbst gewesen. – Die alteg)galenvs de usu partium p. 667. Meinung, daß es zur Ernährung der Knochen beytrage, hat doch noch in neuern Zeitenh)lievtavd Essais anatomiques. p. 12 der 2ten Ausgabe. Beyfall gefunden, ohngeachtet sie längst von de Marquei)iaq. de marqve paradoxe ou Traité medullaire auquel est amplement prouvé contre l'opinion vulgaire, que la moëlle n'est pas la nourriture des os. Par. 1609. 8., L. Lemeryk)ei. Diss. sur la nourriture des os, die nebst Cour - tial's und J. L. Petit's Abh. von Knochenkrak - heiten in Leiden 1709. 8. herausgekommen. u. a. widerlegt worden war. Jetzt ist sie vol - lends durch die merkwürdigen Untersuchungen über so viele marklose Knochen des Vogelge - rippes abolirtl)Daß Manche Knochen am Gerippe der Vögel markleer und hohl sind, war längst bekannt. Der große Galilei brauchte sie als Beyspiel um zu beweisen, daß eine hohle Röhre weit stär - ker ist und mehr resistirt als ein dichter Cylinder von gleicher Materie, gleichet Länge und von gleichem Gewichte, der aber folglich dünner seyn muß. s. dessen Discorsi e Dimostrationi mate - matiche etc. im IIten B. seiner Werke, der Bo - legn. Ausg. v. 1655. p. 111 u. f.Aber die Bestimmung und den Nutzen dieser hohlen Knochen, und daß sie mit andern schon vom großen Harvey entdeckten Luftbehältern der66 Vögel in Verbindung stünden (s. harvey de ge - nerat. animal. Exerc. III. p. 4. u. f. der Londner Orig. Ausg. v. 1651. 4. ) hat zu allererst P. Camper c. 1771 ausgefunden, und seine so wich - tigen Bemerkungen darüber theils im 1ten Band der Verhandel. v Rotterdam theils im IVten B. der hedendaagsche Vaterhandsche Letteroeffenin - gen bekannt gemacht. Seine spätern Entdeckun - gen darüber find dem ersten B. seiner von Hrn. Herbell übersetzten kleinen Schriften Leipz. 1782. 8. S. 151 u. f. beygefügt. Joh. Hunter's Unter - suchungen über diese Luftknochen s. in den philos. Transact. Vol. LXIV. P. I. p. 205 u. f.Die Hauptsache geht dahin, daß erstens bey den meisten Vögeln die großen Röhrenknochen, zumahl die Schulter - und Schenkelknochen eine große leere Höhlung enthalten, die höchstens nur mit einigen knochichten Queerfäden durchkreuzt ist. Andre, zumahl die am Thorax, enthalten zwar keine große Höhlen, sondern knöchernes schwammichtes aber ebenfalls markleeres Gewebe, und diese beyderley Gattungen von Luftknochen stehen mittelst großer sehr sichtlicher dazu bestimm - ter Löcher und besondrer Gefäße, deren Gang und Verbindung Hr. Hofr. Merrem entdeckt hat (s. Leipz. Magaz. 1782. 3tes St. S. 406 u. f.) mit den Lungen in Verbindung. – Endlich ist aber auch die Diploë der Hirnschale bey vielen Vögeln, zumahl bey den Papageyen ꝛc. überaus dick, schwammicht, und doch ebenfalls völlig markleer, und diese wird so wie der Schnabel und der Unterkiefer durch die Eustachische Röhre mit Luft gefüllt.Alle diese markleeren Luftknochen zeichnen sich auf den ersten Blick durch ihre Leichtigkeit, Weiße und Sprödigkeit von den mit Mark versehnen Kno - chen aus. Meist find sie auch etwas durchscheinend. 67Mehr darüber s. im Handb. der vergleich. Anat. S. 251 u. f.Eine entfernte Aehnlichkeit mit diesen Luft - knochen der Vögel, nämlich mit den Luftzellen in ihrer Hirnschale, zeigt sich übrigens doch selbst auch beym Menschen am Zitzenförmigen Fortsatz (pro - cessus mastoideus) des Schlafbeins, dessen Zellen mit der Paukenhöhle und der Eustachischen Röhre in Verbindung stehen.. Auch trägt es so wenig zur Erzeugung des Callus bey, das viel - mehr nach Troja's und meinen eignen Ver - suchenm)Denn wenn das Mark zerstört worden, so ergie - sen die Gefäße, die sich sonst hinein vertheilten, nunmehro Knochensaft, und zwar ergiest sich der - selbe wennn die ausgeleerte Markröhre mit Char - pie ꝛc. ausgestopft wird, desto stärker in den äußern Callus, der die alte Röhre nun wie ein Futteral umgiebt; wird sie aber leer gelassen, so erzeugt sich auch in ihrem innern ein neuer Knochenkern. Das leztre war mir damahls als ich den gedachten Aussatz a. angef. O. einrückte noch nicht gelungen. Seitdem aber habe ich es öfter bestätigt gesehen. dieselbe durch Zerstörung des Mar - kes sehr merklich befördert wird. Auch der von Havers und selbst wieder von manchen neuen Anatomen dem Marke zugeschriebene Nutze, daß ein Theil davon durch die Knor - pelfläche der Röhrenknochen dringen, und sich dem Gelenkwasser beymischen solle, steht sehr zu bezweifeln, so wie sich die besondern Gänge die er zu dieser Absicht in den Knochen an - nahm, bey genauerer Untersuchung keinesweges bestätigenn)Ich übergehe den abentheuerlichen Nutzen, den Leeuwenhoeck, der sich so oft durch seine Micro - scope irre führen lies, dem Mark andichtete,68 daß es durch besondre Gänge als Fettschweis auf die Oberfläche der Haut geleitet werde ꝛc. philos. Transact. Nr. 366. p. 97..
Ein Hauptnutze des Markes ist hingegen den Knochen gleichsam einzuölen, ihm dadurch Festigkeit, und doch zugleich Geschmeidigkeito)Daher die knirschende Sprödigkeit der ersten Knochenkerne bey zarten Leibesfrüchten, bevor sich noch einige Markzellchen in denselben gebildet haben; und die gleichsam Glasartige Unbiegsam - keit der gedachten markleeren Vogelknochen. und mehrere Schnellkraft zu geben.
Die Knorpela)w. hvnter in den philos. Transact. Nr. 470. von den Knorpeln der Gelenkflächen. f. dav. heris - sant in den Mém. de l'acad. des sc. 1748. bey Gelegenheit der Brustbeinknorpel. delassone in eben diesen Mém. v. J. 1752, und io. gottl. haase diss. de fabrica cartilaginum. Lips. 1767. mit Kupf. unterscheiden sich von den Knochen (§. 1.) dadurch, daß sie von milchweisser Farbe, etwas durchscheinend, sehr elastisch, und überaus glatt sind.
Sie kommen zwar in so fern mit den Kno - chen überein, daß sie auch so wie diese, ein schwammichtes Zellgewebe (§. 62.) zu ihrer Grundlage haben, das nur – statt des Kno - chensafts – bloß mit einem gallerartigen Leim - getränkt ist und daß sie von aussen so wie die Knochen, auch mit einer Art Beinhaut (peri - chondrium §. 70.) bekleidet werden.
Hingegen zeichnen sie sich außer den eben - gedachten (§. 86.) auch noch durch andre sehr70 auffallende Verschiedenheiten gar sehr von den Knochen aus. Erstens enthält ihr inneres selbst da wo es poros ist, kein wahres Markb)Ich habe zwar mehrmahlen in verknöcherten Knorpeln des Kehlkopfs, aber noch nie so wie es Morgagni (in den aduersar. anat. I. p. 25.) öfters gesehen zu haben versichert, in den noch unveränderten Knorpeln desselben, etwas einem würklichen Knochenmark ähnliches finden können., folglich auch keine Markhaut (§. 81.). Fer - ner werden sie nicht so wie die Knochen von der Färberröthe angegriffen; auch nicht so leicht von Säuren, und noch weniger vom Beinfraß, und den ihm verwandten Knochenkrankheiten. Und dann heilen auch ihre Wunden nicht, wie bey Knochen durch eine Beinschwiele, sondern durch eine Narbe.
Bey der zarten Leibesfrucht ist bekanntlich das ganze Gerippe bloß knorplicht; wovon aber nach und nach der bey weiten größte Theil verknöchert; und hingegen nur ein geringer le - benswierig Knorpel bleibt.
Nach dieser Verschiedenheit, lassen sich die Knorpel überhaupt füglich in zwey Classen abtheilen:
71A) verknöchernde (ossescentes) und
B) beständig bleibende (permanentes oder wie sie Fallopius nennt, verae).
Die letztern sind wieder entweder vom Ge - rippe abgesondert, wie z. B. die knorplichten Bogen in den Rändern der Augenlieder, oder sie stehen mit demselben in Verbindung.
Zu diesen, als von welchen hier allein die Rede ist, gehört zuförderst die Knorpelrinde, die nach beendigter Verknöcherung noch an allen Gelenkflächen der Knochen übrig bleibt, die Köpfe überzieht die Pfannen auskleidet u. s. w. Ferner die abgesonderten flach ausgeholten Knorpelscheibchen (menisci) die zwischen einigen Gelenken, wie z. B. im Kniegelenke, in der Einlenkung des Unterkiefers mit dem Schlaf - bein, zwischen dem Schlüsselbein und dem Brustbein, zwischen der Einbogenröhre und dem dreyeckten Beinchen (os triquetrum), inne liegen: dann auch die Knorpelblätter, die zwi - schen einigen unbeweglich mit einander verbun - denen Knochen, z. B. am Becken ꝛc. fest sitzen, und endlich die, so als Fortsätze mit gewissen Knochen, z. B. mit den vordem Enden der Rippen fortlaufen.
Der Nutze dieser Knorpel geht zuförderst dahin, die Bewegung der Theile des Gerippes, entweder überhaupt wie in allen Gelen - kenc)Daher die so sehr erschwerte und fast ganz ge - hemmte Beweglichkeit der sogenannten Gicht - knochen als bey welchen die articulirende Knor - pelrinde und theils selbst der daran stoßende Theil der Gelenkknöpfe und Pfannen ꝛc. durch Absorbtion verzehrt sind. s. Sömmerring in meiner medi - cinischen Bibliothek III. B. S. 493 u. f. und sein Werk de morbis vasorum absorbentium p. 30 u. f. Auch joh. wenzell diss. de ossium arthriticorum indole, Mogunt. 1791. 8., – oder zu besondern Absichten wie beym Thorax – zu erleichtern. Dann aber auch durch ihre große Schnellkraft, Nachgiebig - keit bey starken Druck zu bewürkend)Auf diese ausnehmende Elasticität der Knorpel, besonders der zwischen den Wirbeln liegenden Knorpelscheiben, gründet sich die sonderbare Be - merkung, daß der menschliche Körper wegen seiner aufrechten Stellung am Morgen um ein so be - trächtliches höher ist, als am Abend. S. Vaße und Becket in den Philos. Transact. Nr. 383. und der Abt de Fontenu in der Hist. de l'Acad. des Sc. 1727. p. 16 u. f.: und end - lich auch die Befestigung mancher Knochen un - ter einander auf gewisse Weise noch zu verstärken.
Bey diesem wichtigen Nutzen, den die Knor - pel leisten sollen, gehört es zu den merkwür - digsten aber weisesten Einrichtungen des thie -73 rischen Körperbaues, daß – ohngeachtet alle diejenigen Knorpel, die bey der Leibesfrucht noch die Stelle der nachherigen Knochen einneh - men, zu ihrer Zeit so leichte verknöchern; – diese hingegen in Verhältniß so sehr selten, ja würklich weit seltner als andre weiche Theile des Körpers (S. 36. N. t), in Knochen ver - ändert werden, und selbst bey Personen vom höchsten Alter meist noch ganz biegsam und un - verändert gefunden werdene)Daher ist z. B. eine vollkommne wahre Ankylose der Schambeinknorpel fast unerhört: – und der große Harvey fand in der Leiche des 153 jährigen Thomas Parre die knorplichten Anhänge der Rippen am Brustbein noch so geschmeidig und biegsam, als irgend bey einem jungen frischen Manne. Den ganzen merkwürdigen Sectionsbe - richt hat Joh. Betts seinem Buche de ortu et natura sanguinis Lond. 1669. 8. beygefügt. Eben so sah auch Jac. Reil diese cartilagines permanentes in der Leiche des 130 jährigen Joh. Bayles unverändert, bey welchem doch die große Schlagader im Unterleibe nebst den iliachis großen - theils verknorpelt war, und sich auch Verknöche - rungen im Sichelförmigen Forsatz der harten Hirnhaut fanden. s. die Philosoph. Transact. vol. XXV. p.2248..
So wie aber gar viele weiche Theile des Körpers aus den eben (§. 47.) angeführten Ursachen verknöchern können, so sind auch manche, wie z. B. große Schlagadern, zumahl74 im hohen Alter, und manche Sehnen des Fußesf)v. haller elem. physiol. vol. VIII. P. I. p. 336. durch anhaltenden äußern Druck einer Art von Verknorpelung ausgesetztg)Ueberaus merkwürdig ist die krankhafte Entstehung der kleinen Bohnenförmigen Knorpel die sich zu - weilen im Kniegelenk, so wie in den bursis mu - cosis der Muskeln, und wiewohl sehr selten, im Wasserbruch bilden. Monro hat in dem Schleim - beutel hinter dem flexor pollicis longus ihrer gegen 50 beysammen gefunden: und der verdiente Weterinararzt Herr Director Havemann in Han - nover nicht weniger denn 136 dergleichen in dem sogenannten Luftbeutel an der Eustachischen Röhre einer 14 jährigen Stute. – s. Voigt's Magaz. für die Naturkunde IX. B. S. 216 u. f..
Das Gerippe des erwachsenen Menschen ist aus Knochen zusammengesetzt, die nach der vielfachen Bewegunga)Ueber die Einrichtung des Gerippes zu diesem Zweck vergl. außer dem was Borelli u. a. ältere davon gesagt vor allen des geistreichen Barthez nouvelle méchanique des mouvements de l'homme et des animaux. Carcassone 1798. 4. zu deren Vollziehung der Körper und seine Gliedmaßen geschickt seyn müssen, auf eben so vielfache Weise, und nach den weisesten Gesetzen einer bewunderns - würdigen Mechanik unter einander verbun - den sindb)Der erste der die verschiednen Verbindungsarten der Knochen genau bestimmt hat, ist der vortrefliche Fallopius in seinen so reichhaltigen obseruat. anat. S. 9 u. f. der Orig. Ausg. Unter den fol - genden Zergliederern hat vor allen der verdiente Düverney diese ganze Lehre genau und umständ - lich abgehandelt. S. dessen erst nach seinem Tode erschienenen Oeuvres anat. Tom. I. Par. 1761. 4. S. 382 bis 411..
Alle diese nur mögliche Verbindungsarten, zerfallen doch von selbst gleich in zwey Haupt - classen:
76I. unbewegliche Befestigung der Kno - chen unter einander (Synarthrosis).
II. Verbindung durch bewegliche Ge - lenke (Diarthrosis).
Die erste Hauptclasse, die Synarthrosis begreift dreyerley Arten von unbeweglicher Befestigung:
A) Durch sogenannte Nähte (Suturae).
B) Durch einnageln (Gomphosis).
C) Mittelst Knorpel oder sehnichter Bän - der (Symphysis).
A) Unter den Nähtenc)e. gottl. bose progr. de suturar. cranii hum. fabricat. et vsu Lips. 1763. sind alle dieje - nigen Verbindungsarten begriffen wodurch – außer den Zähnen, den Gehörknöchelchen und dem Unterkiefer – die sämmtlichen Knochen der Hirnschaled)Sehr uneigentlich aber belegte man ehedem auch ein Paar Spalten oder Ritzen (fissuras) mit dem Namen von Nähten, die sich am Oberkieferbeine finden; nämlich die infraorbitalis am plano or - bitali, und die noch dazu meist nur bey Kindern sichtliche incisiva vorn am Gaumen hinter den Schneidezähnen. untereinander befestigt sind.
77Man theilt sie wieder in zwey Gattungen a) ächte Nähte (Suturae verae). Wenn die zusammenstoßenden Ränder von einem Paar flacher Knochen, mit doppelt und drey - fachen Reihen von zackichten Zähnchen und Zapfen in einander greifen; die zumahl auf der Außenseite ein sonderbares Ansehn geben. Ih - rer sind eigentlich nur drey bis vier: 1. Die Kreuznaht (S. coronalis). 2. Die Pfeil - naht (S. sagittalis) und 3. die Hinter - hauptsnaht (S. lambdoidea). Hierzu kommt, gewöhnlich doch nur bey jungen Personen 4. die Stirnnaht (S. frontalis).
b) unächte Nähte (suturae spuriae). worunter alle übrige Suturen des Kopfs be - griffen werden. Besonders sind dieß 1. die Fugen (harmoniae), wobey die Knochen zwar mit rauhen und unebnen, aber doch nicht so gezäh - nelten Rändern an einander stoßen: und 2. die Schuppennaht (S. squamosa). womit die scharfzulaufende Fläche des Schlafbeins am Scheitelbeine anliegta)winslow in den Mém. de l'Acad. des Sc. v. J. 1720. p. 384 u. f..
B) Gomphosis heist bloß die Befestigung der Zähne in den Kinnladen, da sie mit ihren Wurzeln in die Zahnzellen wie eingenagelt sind.
C) Die Symphysis nähert sich aus mancher Rücksicht schon den Articulationen, nament - lich auch durch die sehnichten Bänder (liga - menta) wodurch bey beyden die aneinander - stoßende Knochen verbunden sindf)jos. weitbrecht syndesmologia s. historia liga - mentor. corp. humani. Petrop. 1742. 4.. Sie ist wieder von zweyerley Art:
a) entweder sind die an einander stoßenden Knochen durch eine besonder dazwischen lie - gende Knorpelscheibe verbunden (Synchon - drosis), dergleichen z. B. zwischen den Schaam - beinen, zwischen den Hüftknochen und dem heiligen Beine, zwischen den Wirbelbeinen, befindlich sind. Oder
b) die Verbindung geschieht nur durch Knorpelschleim, und von außen durch sehnichte Bänder (Synnevrosis) wie bey den Stücken aus welchen das Brustbein zusammengesetzt ist ꝛc.
Die zweyte Hauptclasse von Verbin - dungsarten der Knochen ist die Diarthrosis (articulus, junctura), wenn Knochen durch bewegliche Gelenke mit einander verbunden sind. Mehrentheils geschieht dieß bloß mit - telst einer glatten Knorpelrinde, womit die Gelenkflächen der Knochen überzogen sind: bey79 einigen aber liegen außerdem wie schon gedacht (§. 92.), noch besondre Knorpelscheiben zwi - schen inne. – Die Bewegung wird in diesen Gelenken durch das sogenannte Gliedwas - serg)fourcroy Syst. des connaiss. chimiques T. IX. p. 216 u. f. [synovia paracelsi, unguem articu - lareh)„ Quiddam additum articulis, per quod citius flectantur ex lubrico. “seneca natural. quae - stion. III. 15.] erleichtert, wozu sich in den größern besondere Drüsenartige Häutei)havers's osteologia nova tab. II. fr. leber. pitschel de laxungia articulorum Lips. 1740. 4. i. gottl. haase de unguine articulari eiusque vitiis. ib. 1774. 4. xav. bichat sur la mem - brane synoviale des articulations im II. B. der Mém. de la Société médicale d'Emulation p. 350 u. f. (glandulae haversii) Finden, die zum Schutz für Druck in grubenförmigen Vertiefungen liegen.
Die mancherley Diarthrosen zerfallen nach der verschiedenen Richtung und Beweglichkeit der Gelenke, wieder in vier Arten:
A) wenn die Gelenkflächen zweyer Knochen straff aneinander sitzen (Amphiarthrosis).
B) Wenn ein Knochen sich um einen andern wie um eine Angel oder Axe dreht (Rotatio).
C) Wenn er wie ein Gewinde, nur nach einer geraden Richtung bewegt werden80 kann, mithin bloß Flexion und Extension gestattet (Ginglymus).
D) Wenn er wie in einer Nuß, nach allen Seiten beweglich ist (Arthrodia).
Zur A) Amphiarthrosisk)Motus obscurus bey Columbus u. a. gehört vor - züglich die Verbindung der Knochen der Hand - wurzel (carpus) und der mehresten der Fuß - wurzel (carsus), sowohl unter einander als mit den Knochen der Mittelhand (metacarpus) und des Mittelfußes (metatarsus); so wie auch dieser ihre Zusammenfügung untereinan - der. Ferner die der schrägen Fortsätze (pro - cess. obliqui) der Rückgratswirbel unter einan - der, und der beyden Knöchel (malleoli) mit dem Knöchelbeine (talus). – Nicht ganz so flach, aber eben so straff ist auch die Verbin - dung der Rippen mit den Rückenwirbeln und der Gehörknöchelchen unter einander.
Die B) Rotatio (commissura trochoides bey Fallopiusl)Riolan's Erinnerungen über diese Articulation s. in dessen Comment. de ossibus pag. 764., hat ebenfalls einen sehr ein - geschränkten Bewegungskreis; meist nur im halben Cirkel. Das vollkommenste Beyspiel davon giebt der erste Halswirbel, der sich um81 den zahnförmigen Fortsatz des zweyten völlig wie um eine Angel dreht. Eben dahin gehört aber auch die Bewegung der Speiche (radius) um die Elnbogenröhre (vlna), zur sogenann - ten pronatio und supinatio.
Der C) Ginglymus – eine überaus starke robuste Verbindungsart – gleicht einem Ge - winde oder Knie (charnière) wo zwey Knochen mittelst mehrerer erhabener Reife und dazwischen liegenden Vertiefungen in einander greifenm)jac. fr. isenflamm de ginglymo. Erl. 1785. 4.. Beyspiele davon geben vorzüglich die Verbindung des Schulterbeins mit der Elnbogenröhre mittelst der sogenannten Rolle (trochlea), und des Schenkelbeins mit der Schienbeinröhre. Ferner die Einlenkung des vordern Glieds des Daumen und der großen Zehe, und die beyden vordersten Reihen von Gliedern der übrigen Finger und Fußzehen. Außerdem kann aber auch freylich die Bewe - gung des Kopfs auf dem ersten Halswirbel, der Kniescheibe am Knie, und der Schienbein - röhre über dem Knöchelbein dahin gerechnet werden.
Endlich D) Arthrodia, wenn eine mehr oder weniger convexe Kugelfläche, in einer82 tiefer oder flacher ausgeschweiften Gelenkhöhle bewegt wird. Von der Art ist die Articula - tion des hintersten Glieds aller Finger, Dau - men und Fußzehn, mit den Knochen der Mit - telhand und des Mittelfußes. Ferner das Gelenk der Speiche (radius), sowohl mit der Oberarmröhre als mit dem os nauiculare und dem lunatum der Handwurzel. Auch das der Elnbogenröhre mit dem triquetrum; des Knöchelbeins mit dem nauiculare des Ober - fußes; und die Verbindung des Unterkiefers mit dem Schlafbein. Besonders aber des der Oberarmröhre mit dem Schulterblatt, als des allerbeweglichsten Gelenkes am gan - zen menschlichen Körper: – und endlich die tiefste von allen, nämlich die Einlenkung des Schenkelkopfs in die Hüftpfanne, die we - gen ihrer auszeichnenden Bildung mit dem be - sondern Namen der Enarthrosis belegt worden.
Was von den Knochen überhaupt gesagt worden, (§. 1. 56. ) daß sie die übrige Form der weichen Theile bestimmen, das gilt nun vorzüglich vom ganzen Gerippe, dessen Bil - dung bey allen Menschen, und durch alle Stuf - fen ihres Lebens der Form ihres ganzen Kör - pers so angemessen entsprichta)Eine doppelte Anmerkung fließt hieraus. Daß es nämlich eben so viele Kunst und Meisterhand vor - aussetzt, ein schönes Menschengerippe, als eine schöne nackte menschliche Figur zu zeichnen: und daß zweytens die zumahl seit Michelangelo ge - nauer bestimmten bekannten Maaße, für die Ver - hältnisse der Theile des nackten Körpers, auch den Probstein für abgebildete Gerippe abgeben: wo - von aber, unter der so großen Menge, die in den theils so prachtvollen osteologischen Werken befind - lich sind, nur wenige diese Prüfung vertragen.Als Muster dieser Art dienen die drey berühm - ten Skelete beym vesalivs de corp. hum. fabr. (S. 203. 204. und 205. der schönsten orig. Ausg. von 1555.) verglichen mit den beyden herrlichen Figuren in seiner Epitome, die von Tizian's84 großen Schüler, Johann Stephanus von Cal - kar gezeichnet sind. s. H. Prof. Fiorillo's Ge - schichte der zeichnenden Künste. II. B. S. 82 u. f., daß es einem irgend geübten Auge nicht schwer fallen muß, aus einem nur leidlich erhaltnen Gerippe nicht bloß Alter und Geschlecht, sondern auch Wuchs, das individuelle der Schönheit und Feinheit des Totalhabitus des Körpers, dem es ehe - dem zur Grundlage gedient, und so besonders am Schädel die Gesichtsbildung, und bey vie - len den Nationalcharacter zu erkennenb)c. metzger de sceleti in oeconomia humana dignitate. Regiom. 1793. 8..
So unendlich nämlich der individuelle Kör - perbau, und die Gesichtsbildung, des im Gan - zen freylich sich gleich bleibenden Menschenge - schlechts, überhaupt verschieden ist, – eben solch eine unendliche Verschiedenheitc)Ueber vieles von diesen mancherley Verschiedenhei - ten und Abweichungen im menschlichen Knochen - bau s. fr. h. loschge de symmetria humani corporis, inprimis sceleti. Erlang. 1793. 8. und j. chr. rosenmüller de singularibus et natiuis ossium corporis humani varietatibus. Lips. 1804. 4. auch schon j. c. insfeldt de lusibus naturae. Lugd. Batav. 1772. 4. p. 19. u. f. findet sich bey einer genauern scharfsichtigen Prüfung unter der Bildung und Form und Taille und mehrern oder mindern Eleganz u. s. w. der,85 freylich auch im Ganzen einander gleich schei - nenden menschlichen Geripped)Wie daher Zergliederer zur Abbildung des natür - lichen Baues des menschlichen Körpers, aus diesen endlosen Verschiedenheiten die schönsten Muster auswählen sollen, daven s. C. F. Wolff de inconstantia fabricae de cligendisque ad eam repraesentandam exemplaribus in den Act. acad Petropol. 1778. P. II. p. 217 u. f. zumahl 226 u. f. 230 u. f.: selbst in der verschiednen Feinheit und Festigkeit des Korns, vornämlich aber auch (nach dem Gesetz der Homogenitäte)Dieses für die Physiologie so wie für die zeichnen - den und bildenden Künste gleich wichtige und lehr - reiche Gesetz der Homogenität beruht auf der so genauen Congruenz in der Ausbildung der zu einer individuellen Gestaltung gehörigen Theile. – So ungleich die stärkere oder schwächere Bestimmtheit des Bildungstriebes bey verschiednen Individuen von gleicher Gattung und gleichem Alter seyn kann: so homogen ist doch hingegen in der Regel der Ausdruck desselben in den einzelnen Theilen des gleichen Individui. Auffallend habe ich die Richtigkeit dieses constanten Gesetzes an der Aus - bildung der Knochen bestätigt gefunden, so daß wenn ein oder der andre einzelne Knochen der nur erst von einem Gerippe zu Handen kam, vor - züglich nett und scharf ausgewirkt war (seine Fortsätze, Gelenkflächen ꝛc. sich recht deutlich pro - noncirt zeigten) ich auch sicher die übrigen im gleichen Verhältniß schön und bestimmt ausgebil - det fand und v. v. – Viel treffliches hierüber sagt Lavater in den Fragmenten I. S. 182. III. S. 103 u. f. 210. 302. zumahl aber IV. S. 40 u. f. und Diderot in den Essais sur la peinture p. 1. u. f. in der Modification der86 individuellen Ausbildung der zu einem Skelete gehörigen einzelnen Knochen.
Außer diesen endlosen individuellen Cha - racteren, wodurch sich ein jedes Gerippe vom an - dern auszeichnet, unterscheidet man überhaupt die Skelete nach der Verschiedenheit des Alters und des Geschlechts der Subjecte.
So theilt man sie aus jener Rücksicht ins - gemein in vollkommne und unvollkommne, und belegt mit dem letztem – im Grunde sehr unpassenden Namen, die Gerippe von Leibes - früchten, Kindern und von denjenigen Per - sonen, an welchen nur die Knochenansätze noch nicht zu würklichen Fortsätzen verwachsen sind (§. 44. 46. ); die aber doch übrigens so gut als die erwachsnen – alle ihren Bistimmungen angemeßne größte Vollkommenheit zeigen.
Sie zeichnen sich besonders durch eine dop - pelte Verschiedenheit aus: Daß sie nämlich, je unreifer sie sind, erstens desto mehr knorp - lichte, noch nicht verknöcherte Stellen haben: und daß zweytens auch alsdann sowohl über - haupt der Kopf zum Rumpf, und dieser zu den87 Armen und Beinen, als auch insbesondre die flachen Knochen der Hirnschale zu den eigent - lichen Gesichtsknochen, die Brust zum Becken, die Schlüsselbeine zu andern Röhrenknochen ein anders Verhältniß haben, als beym Gerippe des erwachsenen Menschenf)Man vergleiche damit unsers großen Albr. Dürer's vier Bücher von menschlicher Proportion. Nürnb. 1528. Fol., zumahl zu Ende des ersten B. – und, freylich aus einem andern Gesichtspunkt suë sur les proportions du squelette de l'homme exa - mine depuis l'àge le plus tendre, jusqu'à celui de 25, 60 ans et au delà im II. B. der soge - nannten Mém. presentés p. 572 u. f.Eine Anmerkung findet hierbey statt, daß da die Gerippe von Embryonen und jungen Kindern noch sehr viele knorplichte Stücken enthalten, die beym Trocknen zusammenschrumpfen, auch die Zeichnungen, die nach solchen vertrockneten Ge - rippen gemacht werden, sehr entstellt und unna - türlich ausfallen müssen, wie man leicht aus der Vergleichung solcher Abbildungen mit den aus dieser Rücksicht weit vorzüglichem in Süe's großer Osteologie tab. XXVI bis XXVIII. ersehen kann. –. Von beyden dieser Verschiedenheiten ist schon oben (im dritten und vierten Abschnitt) das wichtigste angegeben worden.
In Rücksicht des Geschlechtsg)jac. fid. ackermann diss. de discrimine sexus praeter genitalia. Mogunt. 1788. 8. unterschei - det sich das weibliche Gerippe vom männlichen88 sowohl in Ansehung seines ganzen Habitus, des Totaleindrucks den es bey der Vergleichung macht, als auch in Bildung und Verhältniß der einzelnen Theile. Doch werden diese bey - derley Verschiedenheiten erst bey den Gerippen etwas erwachsener Kinder und jugendlicher Per - sonen recht merklich.
Der ganze Habitus des weiblichen Ge - rippes verrätht nämlich, wenn es mit einem männlichen von gleichem Alter, Wuchs, Con - stitution ꝛc. vergleichen wird, fast die gleichen Verschiedenheiten, wodurch sich auch der ganze Bau des weiblichen Körpers, zumahl in der Blüthe des Lebens, vom männlichen auszeich - net. So wie hier am weiblichen Körper alles weit feiner, glatter, zarter, rundlicher, schö - ner gewölbt ist als beym männlichen, so auch am weiblichen Gerippe ceteris paribus alles weit schlanker, ebner, gewissermaßen weichli - cher als am männlichenh)Nach diesen Unterscheidungszeichen wurden a. 1630 auf Befehl der damahligen Aebtissin zu Paraclet die Gebeine des heil. Abälard von seiner Heloise ihren, zwischen welchen sie fast 500 Jahre lang geruht hatten, getrennt und beyde besonders bey - gesetzt. s. la vie de p. abeilard et d'heloise son épouse. Vol. II. p. 326.; die flachen Knochen89 dünner, die Röhren-Knochen schwächeri)Viele treffliche hier eingreifende Bemerkungen, auch über das Verhältniß der Stärke der Knochen zu ihrer Größe, und wie z. B. Riesenknochen, wenn sie nur irgend die Verhältnißmäßige Kraft aus - üben sollten wie die Knocken eines gewöhnlichen Menschen, entweder von einem ganz andern weit festern härtern Stoff gebaut, oder aber von einer ganz unförmlichen Dicke seyn müßten: und wie sich daher die Stärke der Thiere schon aus der Dicke ihrer Röhrenknochen und dem übrigen Verhältniß der Theile ihres Gerippes ermessen läßt, s. in galil. galilei dial. secondo p. 97 u. s. der Werke. Bonon. 1655. 4.; durchgehends – so wie es die schwächere Mus - kelkraft dieses Geschlechts mit sich bringt, – die Ecken und Fortsätze nicht so scharf ausgewürkt, die Furchen nicht so tief, die Insertion der Sehnen nicht so rauh, die mehresten Articula - tionen etwas flächer u. s. w.k)Die erste Abbildung eines weiblichen Gerippes zur Vergleichung mit dem männlichen hat fel. pla - ter de partium corp. humani structura et vsu Bas. 1603. fol. tab. II. gegeben. – In Chesel - den's großen Werke (Osteographia or the ana - tomy of the bones Lond. 1733. gr. Fol.) findet sich Taf. XXXIV. eins nach den Verhältnissen der mediceischen Venus zur Vergleichung mit dem auf der folgenden Taf. in den Verhältnissen des Apollo von Belvedere gezeichneten männlichen. So hat auch Tarin in seiner Osteographie Paris 1753. 4. Taf. XXIII. ein weibliches Skelet in der gleichen Stellung wie das Albinische männliche (b. s. albini tab. sceleti et musculor. hominis. Leid. 901747 gr. Fol. tab. I.) geliefert. Und Süe ein noch andres in der prächtigen Ausgabe seiner Uebersetzung des Monroischen Handbuchs tab. IV. – Bey diesen allen aber sind die vom männlichen abweichenden Verhältnisse, wenigstens in einzelnen Theilen offenbar übertrieben, so daß sie sich bey wei - tem nicht mit Sömmerring's trefflichen tabula sceleti feminei. Francof. ad M. 1796. gr. Fol. vergleichen lassen..
Am weiblichen Schädel zeigen sich außer den gedachten allgemeinen, wenige besonders merkliche und constante Verschiedenheiten. Denn daß er in Verhältniß zur übrigen Sta - tur kleinerl)tarin a. a. O. S. 79. suë a. a. O. S. 225. – Im Gegentheil ehr größer und schwerer und be - sonders die Hirnschalen Knochen in größerem Ver - hältniß zu den Gesichts Knochen als am männ - lichen Gerippe. Sömmerring vom Bau des menschl. Körpers. I. B. S. 82., und der Gaumen flächer und minder gewölbt seym)santorini obseruat. anat. p. 137. und daß sich die Stirnnaht länger erhalten)casp. bavhini viuae imagines corp. hum. Frcf. 1604. 4. p. 246. suë a. a. O. ꝛc. – Allein schon der Restaurator der gründlichen Anatomie, Be - rengar von Carpi hat diese vorgebliche Eigen - schaft des weiblichen Schädels verworfen in s. so reichhaltigen Comment. super Anatomia Mundini p.417. b. So nachher vesalius de c. h. fabr. p.32. ꝛc. findet sich in der Natur beyweiten nicht so häufig be - stätigt als daß es für dem gewöhnlichen Fall91 der Regel angenommen werden könnteo)Kant hat angemerkt, daß die Stirn des männ - lichen Geschlechts auch bey uns flach, die des weiblichen aber mehr kuglich zu seyn pflegt. Anthropologie S. 278.Und nach Gall sollen sich die weiblichen Schädel von den männlichen hauptsächlich durch die stärkere Eminenz des obern Theils des Hinter - hauptbeins unterscheiden.. Der ganz irrigen Angaben zu geschweigen wie z. B. daß die Weiberschädel keine Stirnhöhlen haben solltenp)Nach Lavater im Essai sur la physiognomie T. II. p. 150. u. dergl. m. – Das Zun - genbein aber ist bey diesem Geschlechte so wie der ganze Kehlkopf kleiner und enger.
Der weibliche Thorax hat schon mehr auszeichnendes. Er ist überhaupt kürzer, enger und schmaler als bey Mannspersonen; da wo die Brüste aufsitzen flacher; dabey aber beweg - licher, zumahl im obern Theilq)bordenave sur le mouvement des côtes dans la respiration, in den Mém. de l'ac. des sc. de Paris a.1778. p. 222.. Daß hin - gegen seine Rippen dicker und rundlicherr)fr. rvysch museum anatomicum p. 108. nr. 6., oder das untre Ende des Brustbeins öfter92 durchbohrt seyn solltes)bavhinvs l. c. sind ungegründete Behauptungen.
Die auffallendste Verschiedenheit zeigt sich aber im weiblichen Beckent)Casp. Creve vom Baue des weiblichen Beckens. Leipz. 1794. 4. mit Kupf., als welches die nächste Beziehung auf die Sexualbestim - mung des andern Geschlechts hatu)chph. iac. trew tabulae osteologicae Nürnb. 1767. gr. Fol. tab. IX. fig. 3. vergl. mit fig. 4.. Es ist überhaupt weiter und geräumiger als das männliche. Das Kreuzbein breiter und flacherv)trew a. a. O. fig. 5. verg. mit fig. 6.; das Kuckucksbein beweglicherx)Aber ohne daß es bey den Weibern aus 5 Wirbeln bestehen sollte, wie Bauhin a. a. O. meinte.; die Schambeinverbindung dicker; ihr untrer Bogen weiter in einen rechten oder gar etwas stumpfen Winkel ausgeschweifty)Der bekannte Anatome Ph. Conr. Fabricius hielt dieß für die einzige constante Sexualverschieden - heit der Gerippe in s. Sciagraph. historiae phy - sico-medicae Butisbaci etc. p.65.; die Sitz - beine mehr von einander abstehend und mehr vorwärts gebogen, die Hüftpfannen weniger vertieft ꝛc.
Dagegen sind die Schultern, wie es der schmalere Thorax mit sich bringt, nicht so breit als beym männlichen Geschlechtz)Uebrigens aber beym schönen Bau – wenigstens nicht schmaler als die Hüften; ein Verhältniß wogegen die Zeichner oft gar häßlich verstoßen. Man s. z. B. die neueste aber überhaupt ganz abentheuerlich verzeichnete Vorstellung des weiblichen Skelets in der historie naturelle de la Femme par moreau (de la Sarthe) T. I. tab. II., und auch die Schlüsselbeine gerader, schwächer ge - krümmta)trew a. a. O. fig. 1. 2. vergl. mit tab. X. fig. 16. 17..
Die Schenkelbeine aber stehen wegen des weiten Beckens auch selbst nach oben weiter auseinander; ihr Hals läuft mehr horizontal; die Kniee aber stoßen dagegen desto schräger zusammen.
Soviel von den Verschiedenheiten der Ge - rippe in Rücksicht des Alters und des Ge - schlechte. – Eine dritte Rücksicht, das Aus - zeichnende Eigenthümliche der Skelete nach der Nationalverschiedenheit der mancherley Raßen und Abarten des Menschengeschlechts,94 ist, so lehrreich und fruchtbar sie auch für philosophisches Studium der Osteologie und Völkerkunde seyn muß, doch vor der Hand nur noch Stückweise aufgehellt, daher das was davon hier zu sagen wäre füglicher im folgen - den Theile bey der Beschreibung der Knochen seine Stelle findet.
Man theilt bekanntlich das Gerippe in Schädel, Rumpf und Gliedmaßen; wovon ersterer wieder in die eigentliche Hirnschale und in die Gesichtsknochen eingetheilt wird.
Die Hirnschale begreift, wie es der Name anzeigt, die große Höhle in welcher das Gehirn verwahrt liegt: die Gesichtsknochen hingegen den übrigen Schädel von der Nasen - wurzel an seitwärts zu den Wangen und unten zum Kinne.
Die Unterkiefer und die Gehörknöchelchen ausgenommen, sind die übrigen Kopfknochen durch Nähte oder Einkeilung unbeweglich unter einander befestigt. (Th. 1. §. 99.)
Der Menschenschädel unterscheidet sich von aller andern Thiere ihren hauptsächlich98 durch eine doppelte Verschiedenheita)Um die äußern Dimensionen der Schädel zu nehmen, ist der gewöhnliche Tastercirkel hin - reichend; für die Ausmessung seiner Höhlen aber hat Hr. Hofr. Fischer in Moskwa einen andern sehr bequemen erfunden, der sich von jenem sowohl durch die zu diesem Behuf einzusetzenden Schenkel mit divergirenden Spitzen, als auch durch einen an demselben angebrachten Gradbogen auszeichnet, welcher genau den Abstand der Spitzen bestimmt. s. dess. Lettre sur une nouvelle Espece de Loris, accompagnée de la description d'un cra - niomètre de nouvelle invention. Mainz 1804. 4. mit Kupfer., erstens nämlich durch den ausnehmend großen Um - fang seiner Hirnschale im Verhältniß gegen die Gesichtsknochen: und zweytens durch sein mehr senkrechtes Profil.
Das Verhältniß der Hirnschale zu den Gesichtsknochen ist zwar nach Verschiedenheit des Alters und der Menschenrassen relativ: doch durchgehends auffallend größer als bey irgend einer andern, auch noch so menschenähn - lichen, Thiergattungb)Man sehe z. B. den Schädel des Orang-Utangs (Simia satyrus) in meinen Abbild. naturhisto - rischer Gegenstände tab. 52. und den das Schim - pansee (Simia troglodytes) in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1764. Taf. XVI. fig. 2..
Auch in der Richtung des Profils herscht zwar, nach Campers scharfsinnigen Ver -99 gleichungen viele Verschiedenheit, vom Griechi - schen Profil bis zu dem sehr schrägen der Neger mit stark prominirenden Kiefern – dennoch bleibt immer zwischen diesem und dem der Affen und andrer Thiere ein äußerst auffallender Ab - stand; der theils in dem Mangel des ossis in - termaxillaris besonders aber in der nur dem Menschen zukommenden Prominenz des Kinnes seinen Grund hat, wovon unten besonders die Rede seyn wird.
Zur Beurtheilung der Verschiedenheiten und des Verhältnisses im Totalhabitus der Schädelformen gegen einander dient außer dem Profilumriß auch vorzüglich die Ver - ticalansichtc)Die zu vergleichenden Schädel ohne den Unterkiefer neben einander mit dem vordern Rand der Joch - beine in einer Linie gestellt, und sie dann oben vom Scheitel aus gleichem Gesichtspunkt besehen. Diese Ansicht hat den Vorzug daß bey ihr der Totalhabitus des Schädels und die ihn vorzüglich characterisirenden Theile und die gegenseitigen Ver - hältnisse, zugleich ins Auge fallen. Seine Länge und Breite, die respective Größe der Hirnschale, die Prominenz des Oberkiefers, die Weite der incisura zygomatica u. dergl. m. – So habe ich z. B. in der 4ten Ausg. der Schrift de ge - neris hum. varietate natiua tab. I. den schönen Schädel einer Georgianerin, den eines Negers und eines Tungusen zur Vergleichung nach dieser Ver - ticalnorm stehen lassen. – Noch weit auffallender100 aber nimmt es sich aus, wenn man contrastirende Thierschädel aus dieser Ansicht gegen einander vergleicht: z. B. den vom Orang-Utang, Tiger, Biber, der Robbe ꝛc. von oben; und dann die theils sehr auffallende Differenz die sich bey manchen in der flächern oder liefern, längern oder kürzern Weitung der Fossa basilarisd)Decas craniorum III. p. 8 sq. (zwi - schen den processibus pterygoideis und den Gelenkknöpfen des Hinterhauptbeins) zeigte)Je mehr sich die Lage des processus basilaris am Hinterhauptsbein der Wasserpassen nähert, und je weiter die Vorderwand der großen Hinter - hauptsöffnung von der spina palatina (– tab. 1. fig. 2. s. –) absteht, und je schräger die processus pterygoidei nach vorn herabsteigen, desto flacher und weiter ist auch die fossa basilaris, was denn auch meist mit einem desto längern aber oft auffal - lend schmalen arcus zygomaticus verbunden ist..
Zu den Veränderungen die mit dem Jah - ren in der Schädelform eintreten, gehört außer dem was schon oben davon erwähnt worden (Th. 1. §. 32. 40. 50. u. a.) beson - ders daß nach dem Zähnewechseln der vorher fast kreisförmige Bogen des beyderseitigen limbus alveolaris mehr in in einen elliptischen vorwärts getrieben wird um die mehreren perennirenden Zähne zu fassen, wodürch denn aber auch die Faciallinie im gleichen Grad101 ceteris paribus von der lothrechten Richtung abweichen mußf)Dr. Barclay hat in seiner new anatomical No - menclature Edinb. 1803. 8. p. 148. den Gedan - ken daß die alten Künstler im sogenannten griechi - schen Profil jenen Character der frühsten Ingend mit dem mehr ausgebildeten des reifern männ - lichen Alters idealisch hätten combiniren wollen.Ueberhaupt aber wird dieses Profil wohl von manchen neuern Künstlern ins unnatürliche über - trieben, ist aber in der edlen Form wie es sich in den schönsten Köpfen von alter griechischer Kunst selbst zeigt, allerdings auch in der schönen wirklichen Natur zu finden..
Die Nationalverschiedenheit der Schä - del erstreckt sich wie es scheint zum Theil selbst auf die stärkere oder mindere Dicke und auf die davon abhängende Schwereg)So sind z. B. die Negerschädel in meiner Samm - lung dick und schwer, hingegen die so ich von Grönländern und Eskimos besitze dünn und leicht., so wie auf die Größe, namentlich den Umfang der Hirn - schaleh)Eine Lieferung von Hüten die ein berühnter Pari - ser Hutmacher dans le nord versandte und die nach den für die Pariser Köpfe passende gewöhn - lichen Maßen gemacht waren, konnten dort nicht verkauft werden, weil man sie um vieles zu eng fand, s. Tenon's Recherches sur le crane hu - main im Iten B. der Mém. de l'Institut natio - nal. Sc. mathem. et physiques p. 222. u. dgl. m.
Am auffallendsten sichtlichsten aber zeigt sich diese Verschiedenheit in der ausgezeichnet characterischen Form der Schädel von den fünf Hauptrassen worein sich das Menschenge -102 schlecht am natürlichsten eintheilen läßt, wo dann die von der Caucasischen Rasse als die schönstgebildete in der Mitte steht und von der einen Seite durch die Malayische in die Aethiopische, so wie von der andern durch die Americanische zur Mongolischen übergeht; so daß in der ganzen Stufenfolgei)Von meiner Sammlung von Schädeln verschiedener Völkerschaften, die jetzt da ich dieses schreibe deren 125 enthält, unter welchen, außer einigen von Juden sich nur zwey Deutsche befinden, habe ich von Zeit zu Zeit der Königl. Societät der Wissensch. eine Auswahl vorgelegt, wovon gegen - wärtig IV Decaden im Druck erschienen find.Ueber den vielartigen, lehrreichen Nutzen den eine solche Sammlung gewährt, und die wichtigen wissen - schaftlichen Folgerungen die sich daraus ziehen lassen, ist in der neuen Ausg. meiner Beyträge zur Naturgesch. I. Th. S. 59 u. f. einiges gesagt. die Schädel des Negers und des Calmucken die beyden Extreme machen.
Anm. Nur von diesen beyden Extremen in der Stu - fenfolge der Nationalformen des Schädels darf ich doch auch hier eine kurze allgemeine Characteristik einschalten. Zur Vergleichung nehme man einen schön geformten Schädel von der Caucasischen Rasse oder eine gute Abbildung eines dergleichen muster - haften zur Hand. (– So z. B. den des alten Rö - mers in meiner Decas IV. tab. XXXII. oder der Georgianerin Dec. III. tab. XXI. –) Denkt man sich von einem solchen zwey Abgüsse in weichen Thon oder Wachs, so würde der eine, wenn er mit einem Brete von vorn gedruckt und die Masse zumahl bey den Wangenbeinen seitwärts getriben würde, eine Calmuckenähnliche Form erhalten; so wie der andre, wenn er zwischen zwey Bretern von der Seite zu - sammengedrückt und die Masse zumahl in den Kinn - laden vorwärts gedrängt wäre, eine Negerartige.
103Denn eben der Negerschädel ist schmahl und in die Länge gezogen; die Kiefer stark prominirend: die obern Vorderzähne sehr schräg hervorstehend; folglich auch die Gesichtslinie schräg vorfallend: der limbus alveolaris stark elliptisch; mithin eben so der äußre Rand des Gaumen und der Bogen des Unterkiefers; die Stirne ins kuglichte gewölbt; die Augenhöhlen enger und tiefer; die Jochbeine mehr vorwärts gezogen; die fossa malaris unter dem foramen infraorbitale tiefer ausgeschweift; die Na - senknochen groß; und die Nasenhöhlen weit.
Uebrigens bedarf es wohl kaum der Erinnerung welche große Verschiedenheit der Bildung bey den vielerley Stämmen und Abarten einer so weit verbrei - teten Rasse des Menschengeschlechts, als die Neger sind, statt haben muß; daher sich selbst an ihren Schädeln zuweilen größere Verschiedenheit zwischen Neger und Neger als zwischen manchem Neger und manchem Europäer findet. Man vergleiche z. B. die Abbildungen in Dec. I. tab. VI. VII. VIII. und Dec. II. tab. XVII. XVIII. XIX. unter einander; und wieder die vorletzte mit der von den Schädel eines Polacken Dec. III. tab. XXII.
Die gleiche Erinnerung gilt auch von den Köpfen andrer Menschen-Rassen und namentlich der Mon - golischen von welchen hier die Schilderung eines Calmuckenschädels folgt:
An diesem ist wie gesagt das Gesicht platt; die Hirnschale mehr kuglicht; die Kiefer (in Vergleich zum Neger) wenig hervorstehend, folglich die Ge - sichtslinie nur schwach vortretend; der limbus al - veolaris mehr kreisfömig; mithin eben so der Außen - rand des Gaumen und der Bogen des Unterkiefers; die Stirne breit; die Augenhöhlen weit und minder tief; die Jochbeine stark seitwärts eminirend; die fossa malaris nur schwach ausgeschweift; die Nasen - knochen klein; und die Nasenhöhlen minder geräumig.
Vergl. Dec. I. tab. V. und Dec. II. tab. XIV.
Bekanntlich hat H. Prof. Cüvier die scharfsinnige Idee gehabt, die Schädel von verschiednen Menschen - rassen und Thierarten vertical nach der Länge durch -104 zusägen, und auch aus dieser Rücksicht das Verhält - niß der Hirnschalenknochen zu denen des Gesichts (mit Ausschluß des Unterkiefers) mit einander zu vergleichen: und da hat er gefunden, daß wenn beym Europäer die Area des Durchschnitts der erstern zu den letztern sich gewöhnlich verhält = 4: 1; so ist beym Neger bey gleichem Verticalumfang der Hirn - schale, der von den Gesichtsknochen um 1 / 5 größer als beym Europäer; beym Calmucken hingegen nur um 1 / 10. Leçons d'Anatomie comparée T. II. p. 10.
Von den durch endlose Abstufungen und Uebergänge sich verlaufenden individuellen Verschiedenheiten der Schädelform hier nur so viel, daß sich zumahl in den Gesichtsknochen und der Stirne der persönliche Character für ein nur irgend dafür empfängliches und geübtes Auge aufs sprechendste ausdrückt, was denn aus dem oben von der Wandelbarkeit und Bildsamkeit der Knochen und der Einwirkung der Muskelthätigkeit auf dieselben gesagten (§ 35. 36. 38. einleuchtet, und ihm gegen - seitig zur Bestätigung dientk)Ein großer Künstler vom reinsten und schärfsten Beobachtungsgeiste H. Wilh. Tischbein hat schon da er noch in Neapel als Director des Mahler - academie lebte eine Sammlung von meisterhaften Kupferblättern zu einer vergleichenden Physiogno - mik aus der Rücksicht herausgegeben um die Characteristik der Menschen durch Vergleichung mit dem Character allgemein bekannter Thiere zu erläutern. Selbst in den Schädeln ist die Ana - logie gewisser Totalformen des Gesichts mit manchen thierischen oft auf den ersten Blick zu erkennen. Man vergleiche z. B. das Löwenartige105 in dem von einem Donischen Cosacken (Dec. I. tab. IV. ) mit dem Rammskopfähnlichen Profil des casanischen Tataren (Dec. II. tab. XII.).
Die anomalischen Abweichungen in der Bildung der Hirnschale, versteht sich übrigens gesunder Schädel, hat Galenusl)De vsu partium p. 544 u. f. bekanntlich auf die drey Hauptformen zurückgebracht daß entweder die Wölbung der Stirne oder die des Obertheils am Hinterhaupte oder aber beyde zugleich mangelnm)Das irrige abgerechnet was Galenus dabey von Abweichungen der Suturen sagt die damit ver - bunden seyen, so habe ich Beyspiele von allen drey Arten in meiner Sammlung; und die Sache verdiente schon deßhalb Erwähnung weil die Ab - bildungen dieser Anomalien in den Meisterwerken der classischen Anatomen des XVIten Jahrhunderts Vesal's, Eustach's u. a. so oft vorkommen.Eine vierte anatomische Schädelform die Ga - lenus selbst nur hypothetisch anführte weil er es für unmöglich hielt daß ein Mensch mit derselben leben könne, wenn nämlich der Querdurchmesser der Hirnschale größer sey als der von vorn nach hinten, hat in dem eben gedachten Jahrhundert zu vielen Streitigkeiten Anlaß gegeben, da sie Vesalius allerdings einigemahl in der Natur gefunden zu haben versicherte de c. h. fabrica p.21. 23. und im examen anatomicar. fallo - pii obseruationum p. 17. vergl. eustachii ex - amen ossium p. 170. f. putei apolog. in ana - tome pro galeno p. 18 b. und gabr. cunei apologiae putei examen p. 14. so wie inoras - siae comment. in galenum de ossibus p.65.Hr. Dr. Gall hat meine Sammlung mit einem überaus wundersam geformten Schädel eines Russen bereichert, der in der That für ein106 Beyspiel dieser durch jene Streitigkeiten so beruf - nen Anomalie gelten kann, da die Hirnschale des - selben nach allen drey Hauptdimensionen meist von gleichem Durchmesser, und bis anf ein kaum merk - liches minus eben so breit als lang und hoch ist.Von krankhaften Mißgestaltungen der Schä - del ist oben im Iten Theil verschiednes berührt worden. S. 15. 19. 37. 50.Bey den Cretins ist der Schädel zumahl an der Grundfläche meist ganz verschoben und auf - wärts gedruckt so daß z. B. die große Oeffnung des Hinterhaupts in einer ganz widernatürlichen Richtung von vorn nach hinten schräg hinab - steigt u. s. w. S. außer den bekannten Monogra - phieen über diese armseligen Halbmenschen von Ackermann, Fodere, den beyden Wenzel u. a. zwey treffliche Abbildungen und Beschreibung ihrer Schädel von Michaelis in meiner medicinischen Bibliothek III. B. S. 664 u. f. tab. I. II.Von Schädeln andrer Blödsinnigen finden sich einige kleine Figuren bey pinel sur l'alie - nation mentale. tab. I. fig. 1. 2. 5. 6. Vergl. Winkelmann's Archiv für Gemüths - und Ner - venkrankheiten I. B. 1. St. S. 80 u. f..
Nun zunächst von den achtn)Oder nach Sömmerring sieben, weil das Hin - terhauptsbein mit den Jahren gewöhnlich mit dem Keilbein zusammenwächst daher er beyde zusam - men das Grundbein nennt. Knochen aus welchen die Hirnschale zusammen gesetzt ist: aus vier flachen (Th. 1. §. 3.), nämlich: 1. dem Stirnbeine 2. 3. den beyden Scheitelbei - nen, und 4. dem Hinterhauptbeine: und aus eben so viel vieleckigten (Th. I. §. 6.) nämlich 5. 6. den beyden Schlafbeinen, 7. dem Keil - beine und 8. dem Siebbeine.
Das Stirnbeina)conr. vict. schneider de oss. frontis. Viteb. 1650. 12. (os frontis)b)galen de ossib. cap. 1. p. 8. ed. casp. hof - manni Frf. 1630. fol. (bey den Arabern das Kranzbein, os coronale) ist der größte Knochen am ganzen Kopfe, und ist seiner Form nach mit einer Trinkschale oder mit einer Muschelschale verglichen worden.
Es steht mit 12 benachbarten Knochen in Verbindung: nämlich 1. 2. mit den Scheitel - beinen; 3. dem Keilbeine. 4. dem Siedbeine; 5. 6. den Oberkiefern; 7. 8. den Jochbeinen; 9. 10. den Nasenbeinen, und 11. 12. den Thrä - nenbeinchen.
Bey der ungebohrnen Leibesfrucht besteht dieser Knochen aus zwey Hälftenc)albini icon. oss. foetus. tab. II. fig. 3. 4. 5., die in den ersten Lebens-Jahren durch eine Naht mit einander verbunden werden, gewöhnlich aber nachher völlig zusammen verwachsen. Nicht selten aber erhält sich auch diese Stirnnaht108 (sutura frontalis), und zwar im Durchschnitt bey breiter Stirne öfter als bey schmalerd)Wie schon Vesalius versichert: exam. observ. Fallop. p.35. ed. iessenii., hingegen bey Mannspersonen eben so wohl als bey Weibern –e)S. oben Th. I. §. 114.. Oft bleibt wenigstens eine Spur der vormahlichen Naht an der Na - senwurzel übrig.
Der ganze Knochen hilft dreyerley Höhlen am Kopfe bilden, die Hirnhöhle, die Augen - höhlen und die Nasenhöhle. Und hiernach läßt er sich selbst füglich in drey Abtheilungen bringen A) pars frontalis: B) partes orbita - les; und C) pars nasalis.
A) der Stirntheil ist bey weiten der aller - größte; von außen gewölbt, von innen aus - gehöhlt.
Die Vorderfläche jener Außenseitef)vesal. de c. h. fabr. L. I. cap. 6. fig. 3. und cap. 9. fig. 1. evstach. tab. anat. XXXXVI. fig. 1. ist meist vorzüglich glatt theils gleichsam wie abgeschliffen.
Gewöhnlich sind gegen die Mitte zu, über den Augen, auf beyden Seiten ein paar flache Erhabenheiten (tubera frontalia) an der109 Stelle merklich, wo bey der Leibesfrucht zu Ende des zweyten Monats nach ihrer Empfängniß die Verknöcherung des Beins ihren Anfang genommen hatteg)Kerkring's verdächtiger Irthum, daß sich bey diesem Knochen die Ossification vom Umfang nach dem Mittelpunkt erstrecke, braucht jetzt keine Wi - derlegung mehr..
Tiefer herunter, nach der Nasenwurzel zu, liegen ein paar kleinere Erhabenheiten, (arcus superciliares), die ich aber erst am Ende des ersten Lebensjahres zu heben anfangen. Sie werden durch die glabella von einander abge - sondert, und tragen, so wie das ganze Stirn - bein vorzüglich viel zum charakteristischen der Gesichtsbildung beyh)S. Lavater's Fragmente an hundert Stellen, zumal aber im IV. Vers. S. 219. u. f..
Die pars frontalis grenzt an die orbita - lem mittelst des bogenförmigen Randes der Augenhöhle, der von innen, etwas tiefer als die glabella anfängt, und sich nach außen in einen starken zackichten Fortsatz, (den pro - cessus orbitalis externus s. malaris) endigt.
Hinter ihm liegt die fossa temporalis: und von ihm steigt ein unebner Rand nach hinten zu in die Höhe der die glatte Stirnfläche des Knochen von der rauhern Seitenfläche (pla - num semicirculare) der Hirnschale scheidet.
B) der Theil des Stirnbeins der das Ge - wölbe der Augenhöhlen bildet (pars orbita - lis), ist flach ausgehöhlt, und läuft von dem gedachten bogenförmigen Rande nach hinteni)Wie diese pars orbitalis im hohen Grad des in - neren Wasserkopfs hinten heruntergedrückt und vor - getrieben wird, und die dadurch bewirkte Herab - wälzung der Augäpfel ein gleichsam pathognomoni - sches Kennzeichen dieser Krankheit abgibt, davon habe ich in der medicinischen Bibliothek III. B. S. 635 u. f. (bey Gelegenheit des Waglerschen un - geheuren 17 jährigen Wasserkopfs in meiner Samm - lung gehandelt.Wie zuweilen bey den Caraiben durch gewalt - sames Niederpressen der Stirne in den Kinder - jahren (S. 30.) eine ähnliche Entstellung der Augenhöhlen entsteht dovon giebt ein merkwür - diger Schädel dieses Volkes den ich besitze (Dec. I. tab. X.) ein auffallendes Beyspiel.. Nach vorn zu zeigt sich gewöhnlich eine Spur der Anlage zweyer merkwürdiger Theile des Auges. Nach innen nämlich meist ein Grübchen oder ein stumpfer Stachel (spina trochlearis) woran die Rolle des musc obli - qui super. befestigt ist.
Auswärts aber, nach der apoph malari zu, eine mehrentheils etwas rauhe Delle, worin die Thränendrüse liegt.
Endlich C) der Theil des Knochen, der mit der Nase in Verbindung steht (pars nasalis).
111Er fängt unter der glabella mit einer tief ausgezackten Grube an, aus deren Mitte ein zackichter Stachel (spina nasalis) hervorsteht, der so wie die Grube zur Befestigung der Nasenbeine; dann aber auch zur Anlage der Scheidewand der Nase am Siebbein, dient.
Zu seinen beyden Seiten laufen ein paar vorn breitere nachher schmalere zellichte Ränder nach hinten; die auf die Zellen des Siebbeins aufpassen.
Nach vorn aber wo diese Ränder am brei - testen sind führen ein paar große, meist unre - gelmäßige Oeffnungen zu den Stirnhöhlen (sinus frontales)k)Sie sind so viel ich finden kann, doch zuerst von Jac. Berengarius oder Carpus beschrieben worden. S. dessen commentaria super anatomia Mundini, Bonon. 1521. 4. p. 414. die in den mittlern und untern Theil dieses Knochen gleichsam einge - graben sind; aber auch erst zu Ende des ersten Lebensjahres anfangen ausgebildet zu werdenl)Nur durch Krankheiten wird diese Ausbildung be - hindert, besonders durch den innern Wasserkopf. Zuweilen auch durch englische Krankheit.Aber auch schon ausgebildete Stirnhöhlen können durch Knochenverderbniß in der Lustseuche ꝛc. wieder zusammengezogen werden und gleichsam schwinden..
Diese beyden Stirnhöhlen sind durch eine, meist durchbrochene Scheidewand von einander112 abgesondert, die wenn sich die Stirnnaht er - halten hat, gewöhnlich von selbiger wie in zwey Blätter durchschnitten wird, so daß jede Hälfte des Knochen ein Blatt bildet, die dann mit einer rauhen Fläche an einander liegen.
Oft ist jede dieser Höhlen wie in mehrere Fächer eingetheilt, die theils selbst noch beson - dere Nebenhöhlen bilden; überhaupt aber va - riiren sie mannichfaltigm)sandifort observ. anat. pathol. L. III. p. 122. sowohl in Rücksicht ihrer Gestalt, als ihres Umfangs, ihrer Ver - bindung mit den Zellen des Siebbeins u. s. w.
Ihre große Oeffnung verläuft sich in einen trichterförmigen Canal der vom Thränen - beinchen, vom Nasenfortsatz des Oberkiefers und vom Siebbeine gebildet wird, in die Nase hinabsteigt und sich vorne im mittlern Nasengang (meatus narium medius) mit einer schrägen Mündung öffnet.
Beydes, die Höhlen selbst und diese ihre Gänge sind mit einer zarten äußerst Gefäs - reichen Haut ausgekleidet deren unzählige Schlagadern einen wässerichen Duft absondern der auf die wahre Schleimhaut (membr. Schneideriana) der untern Muschelbeine (spongiosa infer. ) hinab fließt, die dann durch dieses benetzen für den Geruch desto empfänglicher wird.
113Denn daß dieß, und keinesweges die Ver - stärkung der Stimme, ihr Hauptnutzen)Ich habe ihn in der prolus. anat. de sinib. fron - talibus Gotting. 1779. 4. umständlich auseinan - der gesetzt. sey, wird schon aus der Zeit wenn sie erst ent - stehen, theils aber auch durch Bemerkungen in Krankheiteno)Der sowohl durch den ungeheuren Verlust seines Gaumens und seiner Nase, als durch die einfache und doch hinlängliche Vorrichtung womit er die - sen Verlust ersetzt hatte, bekannte Joh. Beck, sprach, ohngeachtet er alle seine Nasenhölen mit Schwamm verstopfen mußte, doch laut und ver - nehmlich. – Und das gleiche bemerkt man bey Per - sonen in deren Stirnhölen sich etwa Insecten oder Würmer eingenistelt haben. Ich habe eine Feuer - Aßel (Scolopendra electrica) in meiner Samm - lung, die von einem Frauenzimmer noch lebendig ausgeschneuzt worden, welcher sie ein ganzes Jahr lang unerträgliche Kopfschmerzen verursacht, den Geruch beraubt, aber nicht im mindesten die Stimme verändert hatte., am unwiderredlichsten aber aus der vergleichenden Anatomiep)Viele Thiere mit durchdringender gellender Stimme wie die Affen, Meerkatzen, u. s. w. haben keine – andre hingegen mit dumpfer Stimme, wie die Bären, so ausnehmend große Stirnhölen. Aber bey allen Thieren die einen sehr scharfen Geruch haben, sind sie groß oder zahlreich, so beym Hunde, bey den meisten Grasfressenden Thieren ꝛc. Von mächtiger Weite und Umfang sind sie beym Schwein, vor allen aber beym Elephanten, dessen erstaunenswürdige Stirnhölen ich am Schädel eines jungen solchen Thieres vor mir habe, wo114 sie vorn 6 Zoll in die Tiefe und 10 Zoll in die Breite halten, zu beyden Seiten des Scheitels sich bis hinten in die condylos occipital. hinein erstrecken, und oben die gleichsam doppelte Hirnschale bilden, die diesem wunderbaren Thier - geschlechte eigen ist., erweislich.
Auf der innern Seite des Stirnbeins, wird die pars frontalisq)vesalivs (versteht sich immer in I. B.) cap. 6. fig. 7. evstach tab. XXXXVI. fig. 4. längs der Stirn - naht, durch die Anlage des Sichelförmigen Fortsatzes der harten Hirnhaut in zwey Hälf - ten getheilt.
Diese Anlage macht mitten anf dem Kno - chen eine länglichte Furche (sulcus frontalis), die nach oben zu flacher und unmerklicher wird, deren Ränder aber nach unten zusammen stoßen und in einen gewölbten Rand mit einem schar - fen Rücken (crista frontalis) auslaufenr)Eine meines wissens Beyspiellose Varietät zeigt sich in einem Schädel einer 30jährigen Weibs - person in meiner Sammlung, in welchem die innere Platte des Stirnbeins statt dieser sonst nur schwachen crista ein langes und bis 4 Linien breites sichelförmiges Blatt zur Grundlage des processus salciformis bildet: meist so wie die in dem Schädel des wunderbaren Schnabelthiers (Ornithorhynchus paradoxus) den ich im IV. B. der Mém. de la Soc. médicale p. 320 u. f. be - schrieben habe..
Auf der übrigen großen Fläche zeigen sich verschiedene Arten von Grübchen und Furchen, von deren Entstehungsart oben (Th. 1. §. 37.)115 gehandelt worden ist: und die sich meist auch in der übrigen Hirnschädelhöhle finden.
Es gehören dahin die astigen Furchen von der arter. meningea anter. Ferner die im - pressiones digitatae und iuga cerebralia die sich nach den Furchen und Wulsten der Ober - fläche des Gehirns modeln, und dann auch zuweilen Grübchen von Pacchionischen Drüsen der harten Hirnhauts)v. haller de c. h. fabr. et functionib. T. VIII. pag. 173 sq..
Die impressiones und iuga sind zumahl auf der pars orbitalist)vesalius cap. 6. fig. 6. am sichtlichsten, wo die lobi cerebri anter. aufliegen, und sich daher theils merklich tiefe Gruben, zwischen ziemlich spitzen Hügeln ausbildenu)Dabey ist es aber in Bezug auf die vermeinte wichtige Bedeutung die man neuerlich den Win - dungen der Rindensubstanz des Gehirns hat zu - schreiben wollen, bedenklich, daß diese Hügel und Gruben nur selten auf den beyderseitigen Orbital - blättern des Stirnbeins symmetrisch mit einander correspondiren, sondern in ihrer Bildung oft gar sehr von einander verschieden sind..
Großentheils gehören sie mit zur pars nasalis, da sie die Decke der Stirnhöhlen, und theils auch der Zellen des Siebbeins abgeben.
116Hier sind sie durch die große incisura ethmoidea wie ausgeschnitten, in welcher das Siebchen mit dem Hanenkamme zu liegen kommt, und wo sich vorn nach der crista frontali (§. 22.) zu, gemeiniglich ein paar Grübchen zur Aufnahme der kleinen Flügel - ansätze des Hanenkammes finden.
Endlich die foramina am Stirnbein.
Erstens das supraorbitale am Rand der Augenhöhle (§. 18.) gegen die glabella zu; zum Durchgang des Stirnnerven vom ersten Aste des 5ten Paares, und kleiner Blutge - fäße. Oft ist statt dessen, wenigstens auf der einen Seite eine bloße Kerbe. Zuweilen aber auch mehr als Ein Loch beysammen.
Dann zwey oder drey for. orbitalia inte - riora s. ethmoidea am innern Rande der pars orbitalis. Das vordre ist mehrentheils ein for proprium, (das nämlich den Knochen selbst durchbohrt), und dient zum Durchgang des Nasennerven von dem gedachten Aste des 5ten P. – Die hintern sind meist for. com - munia, (die nämlich erst durch die Verbin - dung zweyer an einander stoßenden Knochen gebildet werden) und sind für arter. ethmoi - deas bestimmt.
117Endlich auf der innren Seite des Beins, unter der crista frontali (§. 22.) ist das ins - gemein sogenannte for. coecum, das auch bald ein proprium ist und bald als ein commune durch den dranstoßenden Hanenkamm gebildet wird, und das auch nicht immer geschlossen sondern nicht selten offen ist und in die Stirn - höhlen geht, da dann Zellgewebe und kleine Blutgesäße von dem in diesem Loche bestestig - ten Ende des process. falciformis hindurch laufenx)morgagni aduersar. anat. VI. S. 31. p. 210. ed. Venet. 1762. fol. – bertin Traité d'osteologie T. II. p. 10. s. auch duverney oeuvr. anat. T. I. p. 415. und Haller a. a. O. Th. VIII. S. 271..
Die Scheitelbeinea)conr. vict. schneider de ossibus sincipitis. Viteb. 1653. 12. (ossa verticis, sinci - pitis, parietaliab)So heißen sie auch im Französischen. Berengarius hingegen u. a. Zergliederer seiner Zeit, geben die - sen Namen den Schlafbeinen, comment. in Mun - dinum p.412., sabregmatisc)Galenus a. a. O. sind ein paar sehr einfache Schalenförmige Knochen die das oberste Gewölbe des Hirnschädels ausmachen.
Sie liegen an einander und sind außerdem noch mit fünf andern Knochen verbunden: nämlich mit 1. dem Stirnbein; 2. dem Hin - terhauptbein; 3. 4. den Schlafbeinen; und 5. dem Keilbein. – Diese ihre Verbindungen sind um so merkwürdiger weil dadurch die drey wahren Nähte und die Schuppennaht gebildet werden.
Sie sind die einzigen von den acht Knochen der Hirnschale, die aus einem einzigen119 puncto ossificationis verknöchern (Th. 1. §. 18), da jeder derselben bey der Leibesfrucht einer flachen Schuppe gleichtd)albini icon. ossium foetus. tab. I. fig. 1. 2., deren abgerundete Ecken da wo sie an den benachbarten Knochen anliegen die sogenannten Fontanellen (Th. I. §. 32.) zwischen sich lassene)s. io. ladmiral icones durae matr. in conuexa et concaua superficiae visae. Amstel. 1738. 4., die sich theils erst im zweyten Jahre oder noch späterf)Der verdiente Casp. Bauhin erzählt von seiner Gattinn daß deren vordre Fontanelle in ihrem 26 Jahre noch nicht geschlossen gewesen und sich so oft sie Kopfweh gekriegt, zu einer Grube er - weitert habe, theatr. anatom. p.280. – Andre Fälle, aus frühern oder noch höhern Alter s. bey rosenstein de ossibus caluariae, boehmer instit. osteol. u. s. w. vergl. auch rosenmüller de singularib. et nativis ossium varietatibus p.12. Wie sich bey einem Manne noch Jahre lang nach heftigen Schlägen auf den Kopf die Scheitelbeine bey der Pfeilnaht auf einen halben Zoll haben über einander schieben lassen, s. in C. Gottfr. Erdmann's Aufsätzen und Beobachtungen aus der A. W. Dresd. 1802. 8. S. 54 u. f. schließen. Auch entstehen im äußern Umfange dieser Knochen die Zwickelbeinchen (offic. Wormiana) von denen unten noch besonders die Rede seyn wird.
Jeder dieser beyden Knochen hat eine fast viereckte Gestalt und läßt sich daher am füg -120 lichsten in vier Ecken und eben so viele Ränder eintheilen.
Jene sind 1. angulus frontalis mitten über der Stirne. 2. occipitalis mitten am Hinterhaupte. 3. mastoideus, über dem zitzen - formigen Fortsatz, die stumpfste Ecke von allen. und 4. der sphenoideus an den Schläfen, der wie in eine eckichte Spitze verlängert ist.
Die Ränder lassen sich am natürlichsten nach den Suturen die sie bilden, benennen. Also 1. margo coronalis nach vorn an der Kranznaht 2. sagittalis oben, an der Pfeil - naht; der längste von allen. 3 lambdoideus nach hinten, an der Hinterhauptsnaht. und 4. squamosus, nach außen und unten wie schräg abgehobelt, an der Schuppennaht des Schlaf - beins; der kürzeste Rand.
Die äußere Fläche dieser Knocheng)vesal. cap. 6. fig. 1. 3. u. 4. evstach. tab. XLVI. fig. 8. ist gewölbt und am obern Theile glatt wie die Vorderseite des Stirnbeins (§. 18.); von dessen Seiten wie obgedacht das planum semi -121 circulare entspringt, das nun hier am Schei - telbeine mit einem unebnen bogenförmigen Rand fortläuft.
Auf der innern ausgehöhlten Flächeh)vesal. cap. 6. fig. 7. evstach. tab. XLVI. fig. 7. zeigen sich erstens wieder wie im Stirnbeine (§. 22.) impressiones digitatae, und iuga cerebralia, und theils Grübchen für die Pacchionischen Drüschen. Ferner auch zahl - reiche geaderte Furchen der art. meningea media, derentwegen man diese innre Seite mit einem Feigenblatt verglichen hat; und deren Hauptstamm am angulus sphenoideus mit einer tiefen Rinne anfängt, die zuweilen noch mit einem Knochenblatte wie mit einer Brücke bedeckt ist, und dann einen geschlosse - nen Canal bildeti)v. haller d. c. h. funct. T. VIII. p. 191. sq..
Außerdem sind aber auf dieser Fläche noch ein paar breitre flache Furchen von den Blut - behaltern der harten Hirnhaut zu merken: näm - lich längst des margo sagittalis die vom sinus longitudinalis, wie im Stirnbein (§. 22.): am angulus mastoideus aber eine kurze von einem Theil des sinus lateralis.
Von foraminibus sind bloß die parietalia zu merkenk)v. haller a. a. O. p.269. – Und äußerst um - ständlich io. godofr. ianke de foraminib. cal - variae eorumque vsu Lips. 1762. mit Kupf. p. 49-75. – Zuweilen sind sie von ungemeiner Größe; s. z. B. lobstein de neruis durae matris tab. I. b. c. die nicht einmahl immer da sind, und zu beyden Seiten der Pfeilnaht nach hin - ten zu ein paar emissaria Santorini zur harten Hirnhaut lassen.
Das. Hinterhauptbeina)conr. vict. schneider de osse occipitis. Viteb. 1653. 12. (os occipitis)b)Galenus a. a. O. – Bey Mundinus u. a. Arabisten heißt es os laude: und bey manchen os basilare, oder auch der Gedächtnißknochen, os memoriae (s. z. B. paaw primit. anat. pag. 46. –)Den letztern Namen hat die Meinung der alten Aerzte, zumahl seit den Zeiten der spätern Griechen und der Araber veranlaßt die das Organ des Ge - dächtnisses im Hinterhaupte suchten. Vergl. ne - mesius de natura hominis p. 169. theophi - lus protospatharius de corp. humani fabrica p. 85. u. a. selbst unter den neuem: denn auch noch B. S. Albinus hielt das für nicht unwahr - scheinlich. Und freylich beriefen sich die Herren dabey auf die constante lautere Beobachtung, im gesunden und kranken Zustand. Wackere Päda - gogen, wie z. B. der verdiente alte Vockerodt u. a. hielten aus vieljähriger Erfahrung den Hand - griff für infallibel, womit sie durchs betasten des Hinterhauptbeins und seiner Prominenz ꝛc. die Anlage zum Gedächtniß beurtheilten; und die so - genannten Observatoren sind reich an Beyspielen von Verlust des Gedächtnisses der sogleich auf gewisse Verletzungen des Hinterhaupts erfolgt sey; und Beniveni fand diesen Theil der Hirnschale124 bey einem endlich gehängten Gaudiebe adeo bre - vem vt tantillam cerebri portiunculam con - tineret, und erklärt sich daraus warum alle frü - here Strafen bey diesem von der Natur im Ge - dächtnißorgan verwahrloßten armen Sünder nicht hätten fruchten können.Freylich setzte hingegen Carpus die Memorie nicht dahin sondern unten hinter die Ohren und das zwar aus dem mimischen Grunde quod na - turaliter homo confricat sibi illam partem dum vult memorari. ist ebenfalls ein großer flacher Knochen, fast von der Gestalt einer Kamm-Muschelschale, mittelst dessen der ganze Kopf anf dem Halse ruht; der aber weit mehr alle übrigen Knochen des Schädels sowohl in der Größe, als dem Verhältniß seiner Theile u. s. w. variirt.
Er steht 1. 2. mit dem Scheitelbeinen, 3. 4. mit den Schlafbeinen 5. mit dem Keilbeine und 6. mit dem ersten Halswirbel in Verbindung.
Beym ungebohrnen Kinde besteht er gleich - sam aus vierc)Sehr selten aus fünf, daß nämlich der breite schuppichte Theil der Länge nach getheilt ist. fallop. expos. de ossib. p.557. – Gewöhnlich aber findet sich am obern Rande desselben ein schmaler Einschnitt, der zuweilen lebenslang offen bleibt, und eine herniam sinus falciformis ver - anlassen kann. lobstein de nerv. d. m. tab. I. – In der lehrreichen Präparatensammlung beym British lying in Hospital in Longacre zu Lon - don habe ich eine faustgroße herniam cerebri am Kopf eines todt gebohrnen zeitigen Kindes gesehn die durch eine weite Lücke im Hinterhaupt - beine desselben entstanden war. abgesonderten Stückend)albini icones ossium foetus tab. III. fig. 10 – 13.,125 die zwar schon zu Ende des ersten Lebensjahres bloß noch wie zusammen geleimt scheinen, doch daß oft bis gegen das erwachsne Alter die Spur der vordern Fugen an den condylis noch merklich bleibt.
Nach diesen vier Stücken woraus dieses Bein vor seiner Verknöcherung besteht, läßt es sich auch am füglichsten überhaupt in eben so viele Abschnitte eintheilen:
a) pars occipitalis der breite Muschelför - mige Theil im Genicke; bey weiten der größte.
b) die beyden partes condyloideae die auf dem obersten Halswirbel aufliegen.
und c) pars basilaris (s. cuneiformis) der kurze dicke Zapfe der vorwärts an das Keilbein anstößt und meist schon im männ - lichen Alter mit demselben verwächst.
Dann lassen sich auch am äußern Umfange des Knochen dreyerley Ränder unterscheiden:
a) margo lambdoideus s. posterior der die pars occipitalis umschreibt
b) margines mamillares s. medii zu bey - den Seiten der partium condyloidearum, welche die zitzenförmigen Fortsätze des Schlaf - beins wie in einem halben Monde umfassen.
126und c) margines petrosi s. anteriores, neben der pars basilaris, längs der beyden Felsenbeine.
Zuerst von der Außenseitee)vesal. cap. 6. fig. 5. und cap. 15. fig. 1. des Knochen nach der Ordnung obiger drey Abtheilungen.
a) auf der pars occipitalis werden, zumahl nach unten zu, durch die Anlage zahlreicher und starker Muskeln mancherley Gruben und Erhabenheiten ausgewürkt.
Zuförderst nämlich, ohngefähr in der Mitte, die protuberantia occipitalis externa, die bald mehr bald weniger merklich ist, zuweilen fast Hakenförmig hinausragt ꝛc. f)Bey vielen Säugethieren erhebt sich der Scheitel nach hinten in einen scharfen Rücken, zur Anlage ihrer starken Beismuskeln, da nämlich das Hinter - hauptbein die cristam occipitalem bildet. Vor - züglich stark hervorstehend ist sie bey den reißen - den Thieren aus dem Hunde - und Katzengeschlecht, besonders bey den Windspielen und andern Jagd - hunden, Wölfen ꝛc. beym Löwen, Luchs u. s. w. – Beym Schweine und beym Babirussa ist es ein hoher halbmondförmig ausgeschnittner Rand.Der Elephantenschädel hingegen weicht auch hierin von andrer Säugethiere ihrem gar sonder - bar ab. – Statt einer Protuberanz oder Crista ist sein Hinterhaupt zu einer tiefen Grube gleichsam eingedruckt, die zwischen den hochgewölbten Sei - ten des Schädels, ohngefähr wie das Siebchen in der Hirnhöhle zwischen den Gewölben der Augen - höhlen inne liegt.
127Von dieser gehen zu beyden Seiten ein paar bogenförmige erhabne Linien nach den zitzenförmigen Fortsätzen.
Und unter diesen, meist mit ihnen parallel, ein paar andre die sich oft in einen zuge - spitzten Hügel (zwischen der Anlage des musc. recti postici maioris und des obliqui superio - ris) verlaufen.
Mitten durch diese beyderley Linien erstreckt sich von obiger Protuberanz an nach dem hin - tersten Rand des foram. magni die spina occipitalis externa.
b) Die beydeng)Alle Säugethiere haben zwey Gelenkknöpfe am Hinterhaupt; alle Vögel hingegen nur einen der am vordern Rande des for. magni sitzt und dem Kopfe eine freyere Bewegung gestattet. –Daß sie beym Elephanten hohl sind, ist schon oben angemerkt worden. condyli liegen zu beyden Seiten der vordern Hälfte des foram magni, von hinten nach vorn convergirend, bald mehr bald wenigerh)Vesalius meint diese Knöpfe seyen beym Men - schen durchgehends flacher als bey andern Thieren epist. de rad. chynae p.47. u. f. der splendiden Oporinischen Original-Ausg. – Allein das ist nicht, wie schon Eustachius gewiesen hat ossium exam. p. 187. u. f. gewölbt, und überhaupt in128 der Größe, Verhältniß der Länge zur Breite, und in der Richtung gar sehr variirendi)In sehr seltnen Fällen habe ich jeden von diesen beyden condylis wie in zwey Fassetten getheilt, oder gar wie aus zwey besondern flachgewölbten Knor - pelflächen zusammengesetzt gefunden, die da wo sie an einander stoßen einen erhabnen Rücken bilden..
Gleich hinter diesen flachen Knöpfen liegen ein paar ziemlich tiefe Gruben (fossae condy - loideae) und seitwärts ein paar rauhe eckichte Zapfen für die processus spinosos.
c) pars basilaris läuft conisch von den condylis nach der Mitte des Keilbeins: und ist auf dieser Außenseite theils stumpfeckicht, theils flach rundlichk)Von der fossa basilaris und dem bedeutenden Antheil den sie am Totalhabitus der verschiednen Schädelformen hat s. oben S. 100..
Nun die innere Seitel)vesal. cap. 6. fig. 6. – eustach. tab. XLVI. fig. 7. des ganzen Knochen; nach der gleichen Ordnung.
Also wieder a) pars occipitalis: und da zuförderst, meist gerade in der Mitte, die pro - tuberantia occipitalis interna.
Von dieser als von einem gemeinschaft - lichen Mittelpunkte laufen die lineae cruciatae eminentes; in deren Winkeln vier breite129 flache Gruben (fossae) gebildet werden, in den beyden obern nämlich zwey kleinere für die lobos cerebri posteriores: in beyden untern hingegen (wo der Knochen gewöhnlich am dünnsten ist) zwey größere fürs kleine Ge - hirn: – zumahl auf den obern wieder impres - siones digitatae und iuga cerebralia: auch theils Ader-Furchen u. s. w.
Außerdem sind auch noch auf diesem Theile einige wie mit dem Finger gezogne Furchen von der Anlage der Blutbehälter der harten Hirnhaut zu merken. Vom Ende der Pfeil - naht nämlich bis zur Protuberanz, meist zur rechten, die Fortsetzung der obgedachten Spur des sinus longitudinalis (§. 33.): über den beyden Seitentheilen des Kreuzes aber die von den sinibus lateralibusm)Bey vielen Säugethieren erstreckt sich eine eigne knöcherne Scheidewand zwischen die großen Sei - tenblätter der harten Hirnhaut, die das kleine Ge - hirn vom großen absondern: und bildet das merk - würdige tentorium cerebelli osseum (s. os cerebri s. vesal. ep. de rad. chyn. p.99.): das dann bey den verschiedenen Gattungen von einem zwey - fachen Bau ist. Entweder nämlich stellt es gleich - sam eine knöcherne Scheibe vor, die nur nach unten einen meist viereckten Durchganz läßt – Oder aber es besteht aus drey distincten Stücken deren eins von oben und hinten wie ein Dach in die Hirnhöhle hineinragt; die andern beyden aber seitwärts vor den Felsenbeinen liegen. Jenes ist der Fall im Katzengeschlecht: auch beym Bären,130 beym Marder ꝛc. – Die letzte Art hingegen findet sich z. E. beym Hunde - und Pferdegeschlecht. – Endlich zeigt sich auch bey vielen andern Thieren, bey den Schweinen, Mäusen, Caninchen und selbst bey den mehresten Affen doch eine Art von Ansatz zu den letzgedachten Seitentheilen, wenig - stens ein scharfer Rand an den Felsenbeinen.Es hält schwer den wahren Nutzen jener bey - den Arten von knöchernen tentorium zuverlässig zu bestimmen. Wenigstens ist die insgemein von den mehresten Zergliederern angenommene Mei - nung, daß es nur den weitspringenden Thieren gegeben sey, um dadurch dem Druck des großen Gehirns aufs kleine vorzubeugen ꝛc. offenbar un - zulänglich. Der Bär hat es und springt doch wenig. Hingegen habe ich bey vielen der schnellst - springenden Thiere, wie z. B. beym Steinbock nicht eine Spur davon gefunden! – Cheselden schreibt es bloß den Raubthieren zu (anat. of the bones cap. 8.) allein es findet sich wie wir gesehen haben auch bey gar vielen andern. – Könnte es etwa die krachende Erschütterung beym stark zubeißen verhüten? denn das thun doch alle die genannten Thiere, auch selbst das Pferd im verwilderten Zustande. Th. Bartholin sagt bey Gelegenheit dieses tentorii ossei in s. Anatome p. 710. (der beßten Ausg. von 1673.) „ in cranio humano simile vidi “das wäre wohl ein Bey - spiel ohne Beyspiel., davon mehren - theils die zur rechten mit der vorigen Furche in einem weg läuft: und endlich nunterwärts zu beyden Seiten des for. magni nach den for. iugularibus die sinus occipitales poste - rioresn)v. haller icon. anatom. Fasc. I. tab. VI. H..
b) die partes condyloideae erheben sich auf dieser innern Seite am äußersten Rande in131 die zackichten processus iugulares s. spinosos die von einer ähnlichen Halbmondförmigen Furche der Seiten-Blutbehälter umzogen wer - den, welche sich endlich nach vorn in die großen foramina iugularia verlaufen.
c) die pars basilaris ist hier wie ein flache Rinne ausgeschnitten, und steigt aufwärts zur Mitte des Keilbeins mit welcher sie in der Jugend durch eine Knorpelscheibe verbunden ist; mit den Jahren aber meist mit ihr verwächst.
Zu beyden Seiten dieser pars basilaris lau - fen ein paar bogenförmige Furchen von den sinib. petrosis inferioribus nach dem for - lacerum.
Endlich die formina an diesem Knochen, sowohl die propria als communia.
Vor allen das for. magnum occipitaleo)Beym Menschen liegt (wie ei seine Bestimmung zum aufrechten Gange erfodert) das for. magnum weiter nach vorn, als bey irgend einem Affen oder vollends bey den übrigen Säugethieren, s. dau - benton sur les différences de la situation du grand trou occipital dans l'homme et dans les animaux in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1764. p.568. u. f.Dock hat auch hierin mancherley individuelle (und vielleicht National -) Verschiedenheit statt. Am weitsten rückwärts liegt diese Oeffnung an einigen übrigens sehr schön geformten Türkenschä - deln in meiner Sammlung.: meist eyförmig oder fast rhomboidal; wodurch132 das verlängerte Rückenmark nebst den venis vertebralib. und spinalib. heraus – und hingegen die Schlagadern gleichen Namens so wie die nerui accessorii in die Hirnschale hinein treten.
Dann die for. condyloidea anteriora (Tab. 1. fig. 2. i.) womit die Gelenkknöpfe in ihrer Dicke, von hinten und innen nach vorn und außen, durchbohrt sind. Sie laßen das neunte Nerven-Paar durch, und sind zu - weilen, wenigstens auf der einen Seite, durch eine Scheidewand in zwey getheilt.
Nicht so beständig sind die for. condyloi - dea posteriora (Tab. I. fig. 2. l.). die oft, we - nigstens auf einer Seite fehlen und zum Durch - gang eines Santorinischen emissarii dienen.
Zuweilen ist das for. mastoideum (Tab. I. fig. 2. m.). dessen unten gedacht werden wird, hier im Hinterhauptbeine, noch am margo mastoideus befindlich; oder läuft zwischen die - sem und den Schlafbeinen als ein for. com - mune hindurch. zuweilen fehlt es gar.
Wichtiger ist das for. iugulare oder lac - rum, ein großes for. commune dessen innerer und hinterer Rand neben dem Ausgang der for. condyloid. anterior. durch diesen Knochen gebildet wird; wovon unten mit mehrern.
Die Schlafbeinea)conr. vict. schneider de ossib. temporum. Viteb. 1653. 12. – Caßebohm in dem unten anzuführenden classischen Werke Tract. I. (ossa temporum)b)Bey den latinobarbaris auch ossa parietalia ge - nannt s. oben S. 118. N. b). machen die untern Seitentheilec)galenus de ossib. l. c. C. E. des Hirn - schädels aus, und enthalten zugleich in ihrem innern die Gehörwerkzeuge, die im folgenden Abschnitt besonders abgehandelt werden.
Sie stehen mit fünferley andern Knochen in Verbindung. Vorzüglich nämlich 1. mit den Scheitelbeinen mittelst der Schupper - naht (Th. 1. §. 99.); 2. mit dem Hinter - hauptsbein; und 3. mit dem Keilbein. – Außerdem aber auch noch 4. mit den Jochbei - nen, und 5. mit dem an ihnen selbst einge - lenkten Unterkiefer.
Bey der reifern Leibesfrucht und dem neu - gebohrnen Kinde besteht das Schlafbein aus134 zweyen Stücken, dem Schuppenbeine nähmlich mit dem daran hängenden Ringe des Pauken - fells; und dem Felsenbeine. Bey fünfmonat - lichen und noch zartern Embryonen aber ist auch dieser unvollkommne – nach oben offne – Ring selbst noch von dem Schuppenbeine ab - gesondert, so daß dann der ganze Knochen aus drey einzelnen Stücken zusammengesetzt istd)albini icon. ossium foetus. tab. III. fig. 14 – 19..
Wir gehen auch hier die Außenseitee)vesal. cap. 6. fig. 3. 4. 5. des Knochen zuerst durch, und nachher die so in die Hirnhöhle hinein gekehrt ist.
Der Theil der dem ganzen Knochen den Namen gegeben hat, gleicht einer breiten flachen aufrechtstehenden Schuppe die mit ihrem schar - fen halbcirkelförmigen Rande ans Scheitel - und Keilbein anschließt.
Von ihrer Grundlinie entspringt, etwas nach vorn, der processus zygomaticus, der in einem ansehnlichen Abstande von derselben sich vorwärts krümmt und mit einer rauhen zackich - ten Naht an das Jochbein schließt.
An der dicken Wurzel dieses Zacken läuft das tuberculum articulare in die Quere. (Tab. I. fig. 2. q.)
135Und hinter diesem liegt die cauitas articu - laris s. glenoidea (Tab. 1. fig. 2. p.). die zur Aufnahme des Gelenkknopfs vom Unterkiefer dient, dessen unten mit mehrern gedacht werden wird.
Die Grenze zwischen dieser Gelenkgrube und der vordern Wand des äußern Gehörgan - ges wird durch die fissura glaserif)io. h. glaser de cerebro Basil. 1630. 8. p. 71. Tab. I. fig. 2. h. und o.) gezogen, hinter welcher die chorda tympani in einem besondern Canal nach vorn und innen läuftg)io. fr. meckel de quinto pare neruor. cerebri pag. 93..
Der äußere Gehörgangh)Bloß die warmblütigen Thiere haben einen äußern Gehörgang. – Aber wohl ohne Ausnahme. Bey den Affen und vielen andern Säugethieren macht er wie beym Menschen gleichsam nur eine Rinne die oben durchs Schuppenbein bedeckt wird. Bey den Ziegen ꝛc. hingegen bildet er eine eigene vollkommene Röhre. Bey den Schweinen ist er lang aber überaus enge. Bey den meyresten Raubthieren hingegen weit und kurz ꝛc.Der weiland officinelle sogenannte Lapis Ma - nati ist nichts anders als der Außentheil der Paukenhöhle und bulla ossea des gemeinen Wallfisches (mysticetus) woran man doch meist noch den scharfen Rand zur Anlage des Pauken - fells und den Eintritt der Eustachischen Röhre erkennen kann. (porus acu - sticus externus) wird erst nach der Geburt in den ersten Lebensjahren durch eine überaus ein -136 fache Ausbreitung oder Verlängerung des Paukenfellringes gebildet, die aber mehren - theils irrig oder dunkel angegeben wird. Dieser unvollkommne flache Ring selbst nämlich fängt erst an, zumahl nach unten breiter zu werden fast wie ein halber Mond oder wie eine oben durchbrochne aber zugleich nach unten und außen gewölbte Scheibe, deren Ausschnitt nach und nach immer enger und endlich gar ge - schloßen wird, so daß dann schon aus dem vormaligen Ringe eine nach innen flach ausge - höhlte Schale worden ist, die hinten am Rand der Pauke anschließt, dann, in einigen Ab - stand vom Paukenfell, und von ihm divergi - rend nach vorn läuft, und sich da mit einem ausgeschweiften bogichten Rande öffnet. – Mit den Jahren wird dann erstens dieser bo - gichte Rand so wie der gleich drüber liegende Theil des Schlafbeins immer mehr nach außen zu getrieben, verlängert; so daß dadurch das Paukenfell immer tiefer nach innen und siche - rer zu liegen kommt: zweytens aber wird die Außenseite der obgedachten flachaus gehöhlten Schale zu einer am untern und innern Rande srey abstehenden Schaufelartigen Schulpe mit wellenförmigen Rändern ausgewürkt.
An der hintern Seite jenes ausgeschweif - ten bogichten Randes liegt der processus mastoi - deus, der ebenfalls erst nach der Geburt gebil -137 det, und durch den musc. sternomastoideus immer mehr ausgewürkt, folglich bey Men - schen, die schwere Handarbeit verrichten, an - sehnlich verlängert wird. An seiner Wurzel ist nach innen zu eine tiefe Furche wie aus - gefeilt, aus welcher der biuenter maxillae ins. entspringt. – Der Fortsatz selbst ist meist durch eine oder mehrere ansehnliche Höhlen und viele Nebenzellen ausgehöhlti)Die Affen haben einen kaum merklichen processus mastoideus.Bey Schweinen, Rindvieh ꝛc. ist er hingegen sehr breit, aber flach zusammengedruckt und in - wendig durch zahlreiche sehr ordentlich gereihte Knochenblätter in längliche schmale Fächer abge - theilt. – Bey Schaafen, Ziegen, Hirschen ꝛc. hat er meist die gleiche äußre Form, ist aber völlig hohl, ohne dergleichen Knochenblätter. – Eben so hohl ist er beym Eichhörnchen, Marder, Hasen ꝛc. doch nicht so länglicht sondern mehr kuglicht bla - senförmig. – Am ansehnlichsten aber ist diese Knochenblase bey den Raubthieren; besonders aus dem Hunde - und Katzengeschlechte. Bey allen macht sie mit der Pauke eine gemeinschaft - liche Höhle aus.Viele genaue Bemerkungen über diese Paucken - blase und ihr Aenlichkeit mit dem Zitzen-Fortsatz am menschlichen Gehörwerkzeug s. in vesalii exam. observ. Fallopii S. 38. u. f.Bey den Vögeln steht sogar die ganze Mark - leere diploë der Hirnschale mit den Pauckenhöh - len und dadurch beyde Ohren mit einander in Verbindung, s. scarpa de struct. fenestrae ro - tundae p.118. u. f., die ge - wöhnlich theils mit diesen Höhlen, theils138 auch mit der Paukek)Auf diese Verbindung gründet sich des scharfsinni - gen jüngern Riolan's bekannter Vorschlag, bey Verstopfung der Eustachischen Röhre den zitzen - förmigen Fortsatz anzubohren u. s. w.S. Arnemann's Bemerkungen über die Durch - bohrung des processus mastoideus. Gött. 1792. 8. in Verbindung stehen. (Th. I. S. 67.)
Rückwärts hinter diesem Fortsatz ist ge - wöhnlich (s. §. 39.) das for. mastoideum s. mamillare s. occipitale venosum (Tab. I. fig 2. m.) wodurch ein emissarium Santorini und zuweilen auch ein kleiner Zweig der carotis ext. läuftl)albini explicat. tabular. eustachii p.275. der Ausg. v. 1761. – v. haller icon. anat. Fasc. I. p. 39. n. 7..
Vorwärts hingegen, ohngefähr an der Mitte der Schaufelförmigen Schulpe des äußern Gehörgangs, entspringt hinter dersel - ben der Griffel-Fortsatzm)Bey den Affen zeigt sich nur eine schwache Anlage zu einem processus styliformis, die aber kaum diesen Namen verdient. eustach. ossium exam. pag. 173. (process. stylifor - mis) der auch erst in der Kindheit aus einem besondern tiefen Grübchen hervorwächst und dann schräg nach vorn und innen herabsteigt, und sowohl in seiner Länge als Dicke und übri - gen Form gar sehr variirtn)Wenn der Griffel-Fortsatz sehr lang ist, besteht er gewönlich aus mehrern Stücken, und hat an der139 Wurzel oder in der Mitte ein Knorpelkorn. s. chr. l. willig obseruat. botanic. p.1. sq.Ich besitze aber auch welche die über 1 1 / 2 Pari - ser Zoll lang und doch aus einem Stück ganz knöchern sind; andre die an der Wurzel 4 Linien im Durchmesser haben; einen der hohl ist wie ein kleiner Röhrenknochen u. dgl. m..
Zwischen dem Zitzenförmigen - und diesem Griffel-Fortsatz, doch näher an diesem und etwas nach innen, öffnet sich das for. stylo - mastoideum (Tab. I. fig. 2. mitten zwischen g. und h.), nämlich die äußere Mündung des Fallopischen Canals wodurch der harte Ohr - Nerve heraustritt.
Neben dem process. styliformis nach innen zu, ist eine ansehnliche tiefe glattausgerundete Grube (fossa iugularis) aufwärts ins Felsen - bein eingegraben, die den bulbus venae iugu - laris aufnimmt und deren hintrer Rand einen Theil der vordern Wand des for. laceri s. iugularis bildet, durch welchen nämlich die Droßelader heraustritt. Vor diesem Rande liegt dann ein andrer Halbmondförmiger Aus - schnitt, der zum gleichen foram. gehört und den großen herumschweifenden Nerven nebst dem spinalis recurrens durchläßt.
Endlich ist nahe vor jener glattausgerun - deten Grube etwas nach außen der große Ein - gang des weiten aber kurzen und wie ein Knie gebognen Canals zum Durchgang der carotis140 cerebraliso)v. haller de corp. hum. funct. T. VIII. p. 194. sq. und des Intercostalnerven. (Tab. I. fig. 2. g.)
Nun zur innern Seite des Knochen.
Am bogenförmigen Rand desselben bildet die Schuppennaht eine, theils Fingerbreite, rauhe scharfzulaufende Einfassung.
Die übrige Fläche der pars squamosa hat so wie an den vorigen Knochen ihre impressio - nes digitatas, iuga cerebralia u. s. w. beson - ders auch Ader-Furchen von der art. menin - gea media.
Hinter dem Felsenbein ragt noch ein flaches Knochenstück hintenraus, das an die ehemahli - gen fontanellas Casserii stößt (Th. I. §. 32.), und worin die fossa sigmoidea für den sinus lateralis der harten Hirnhaut eingedruckt ist; an dessen hintern Rande das obgedachte for. mastoideum sich meist als ein bedeckter Canal öffnet.
Das Felsenbein wird auf dieser innern Seite durch einen scharfen Rücken, an welchen sich die sinus petroli superiores in einer eignen141 Furche anlegenp)vieussens neurograph. vniuersal. tab. XVII. K. p. 93. der Ausg. v. 1684. haller icon. anat. Fascic. I. tab. VI. N. N., in zwey höckrige Flächen getheilt, wovon die eine nach oben und vorn, die andere aber nach hinten gekehrt ist.
Auf jener zeigt sich erstens nach hinten zu eine bogenförmige Wölbung von dem darun - ter liegenden canalis semicircularis superior.
Ferner in der Mitte etwas nach vorn eine ganz schräge unter einem dünnen Knochenblätt - chen hervorlaufende Oeffnung, nämlich die apertura interna des Fallopischen Ganges.
Noch weiter nach vorn das Ende des knöchernen Theils der Eustachischen Röhre (die aus der Paukenhöhle nach der hintern Oeff - nung der Nasenhöhle (choana) läuft, wo ihr Schallstück an den innern processib. ptery - goid. des Keilbeins anliegt.)
Daneben etwas nach innen und unten der Ausgang des obgedachten canalis caroticiq)An der Stelle wo die harte Hirnhaut an diesen Ausgang des canalis caroticus anschließt, findet sich nicht selten ein kleiner flacher Knochen, den Joh. Bapt. Cortese zuerst bemerkt und mit Gesamsbeinchen verglichen hat, s. dessen miscell. medica. Messan. 1625. fol. p. 17. sq. auch meckel142 de quinto p. neruor. cerebri p.21. sq. zinn de vasis subtiliorib. oculi p.40. portal hist. de l'anat. et de la chir. Vol. II. p. 297. u. a.m. (Tab. I. fig. 2. f.).
Auf der hintern Fläche liegt nahe vor der fossa sigmoidea eine schräg nach hinten sich öffnende Ritze, wo die hintre von den beyden Cotunnischen Wasserleitungen heraustritt.
Gleich über ihr aber eine schwache Spur vom obern Schenkel des darunter liegenden canalis semicircularis inferior.
Und noch weiter vorwärts der meatus au - ditorius (oder porus acusticus) internus (Tab. I. fig. 2. k.), eine weite Mündung die dem ersten Anblick nach zu einem blinden am Ende verschloßnen Gange zu führen scheint; auf dessen Boden aber sich drey wie im Trian - gel an einander stehende Grubenr)brendel analecta de concha auris hum. fig. 4 et 5. unterschei - den lassen, zweye nach unten; die dritte zwi - schen diesen, drüber. Von jenen beyden zeigt sich die vordre durch ihre saubre Windung als die Basis der dahinter liegende Schnecke: die hintre hingegen stößt an den Vorhof des Labyrinths: – beyde diese Gruben sind mit überaus feinen Löcherchen zum Durchgange der zarten Fäden des Gehörnerven durchbohrts)alex. monro on the nervous System. tab. XXIX. fig. 2. c. c. d. e. W..
143Die dritte oder odre jener gedachten drey Gruben geht etwas tiefer ein und verliert sich in eine ansehnliche Mündung, nämlich den Anfang des Fallopischen Ganges.
Endlich ist gerade unter diesem porus acu - sticus internus am Rande des for. laceri ein enger gewölbter Gang der zur vordern Co - tunnischen Wasserleitung führt.
Man theilt das ganze Gehörwerkzeuga)Es sind wenige Theile des thierischen Körpers, die beydes durch ihren bewundernswürdigen Bau so - wohl als durch die Wichtigkeit ihrer Verrichtungen so viel anziehendes zu ihrer nähern Untersuchung haben, als die Gehörwerkzeuge. – Kein Wun - der also daß sie, zumahl seit 200 Jahren, von so vielen der größten Zergliederer so sorgfältig bear - beitet worden sind, daß uns auch wenig andre Theile mit einer solchen genauen Vollständigkeit bekannt sind.Der erste der hierin reckte Bahn gebrochen, und beynah allein schon das wichtigste des ganzen innern Ohrs entdeckt hat, war der große und be - scheidne Fallopia in seinen unschätzbaren obser - vat. anat. Venet. 1561. 8.Von den übrigen hebe ich nur die vorzüglich - sten Classiker aus, die in besondern Werken die Gehörorgane beschrieben haben. Unter diesen vor allen der eisersuchtige aber zum erfinden in der Anatomie gebohrne Eustach in der epist. de au - ditus organis unter den opuscul. anatom. Venet. 1564. 4. und verschiedne Figuren dazu in den erst 1714 ans Licht gekommenen Tafeln, zumahl tab. XLIII. fig. 2. 3. tab. XLIV. fig. 2. 3. tab. XLV. fig. 2.Nachher sind zumahl zu Ende des vorigen und Anfang des jetzigen Jahrhunderts durch die gleich - zeitigen Bemühungen einiger verdienten Zerglie -145 derer große Schritte in der nähern Kenntniß dieses Sinnwerkzeuges gethan worden, – a. 1683 er - schien die erste Ausg. von duverney Tr. de l'or - gane de l'ouie das auch dem ersten Bande von dessen erst 1761 herausgekommenen oeuvres ana - tomiques einverleibt ist. – Ihnen setzte Mery seine descr. de l'oreille entgegen, die mit lamy explication mechanique des fonctions de l'ame sensitive. Par. 1683. herauskam. – valsalvae tract. de aure hum. Bonon. 1704. 4. ist die Frucht einer 16 jährigen Arbeit über diesen Ge - genstand, wobey ihr Verf. über tausend Menschen - schädel geöffnet. – Und doch fand sie einen Rival an vieussens Tr. nouveau de la struct. de l'oreille. Toulouse. 1714. 4. – Aber auch einen desto kräftigern Vertheidiger an Vasalva's Freund dem unendlich verdienten Morgagni, dessen epistolae anat. XVIII ad scripta pertinentes Valsaluae, zuerst zu Venedig 1740. 4. mit der Ausg. von Valsalva's sämmtlichen Werken her - ausgekommen sind, und selbst größtentheils das Gehörwerkzeug betreffen. – Ihm hatte indeß ein Deutscher, – der unermüdete Caßebohm – mit deutschen Fleiß und Scharfblick vorgearbeitet, dessen Tractatus VI de aure humana. Hal. 1734 u. 35. als ein Muster in Untersuchungen der Art anzu - sehen sind. – Neuerlich haben sich zumahl Scarpa durch s. disquisitiones anatomic. de auditu et olfactu. Pav. 1789. fol. und Comparetti durch s. obseruationes anatomic. de aure interna com - parata. Patav. 1789. 4. um die weitere Unter - suchung dieses Organs verdient gemacht. Und jetzt sehen wir Sömmering's großen Werke dar über entgegen. 146Ich übergehe was Santorini in den tab. posthum. Albinus im IVten B. der annotat. acad. Monro in seinem Werk übers Nervensystem u. a.m. gelegentlich über den Bau des innern menschlichen Ohrs gesagt haben.Zu den ausführlichern Monographieen gehören C. F. L. Wildberg's Versuch über die Gehör - werkzeuge Jena 1795. 8. und conr. joach. kühnau de organis anditui insernientibus.Goetting. 1798. 4.Aber auch in der anatome comparata sind we - nige Fächer so genau und so glücklich bearbeitet als eben das von den Gehörwerkzeugen der Thiere, worüber ich die wichtigern Schriftsteller im Handb. der vergleich. Anat. S. 360 u. f. angeführt habe. am füglichsten in drey Abschnitte:
A) in das äußere, bis zum Paukenfell.
B) in das mittlere, das nämlich die Pauke und die darin liegenden kleinen Knochen begreift.
und C) in das innere, oder den Laby - rinthb)Eine treffliche von Sömmerring besorgte Abbil - dung des ganzen Gehörwerkzeugs im Zusammen - hange findet sich, wo sie wohl mancher nicht ge - sucht hätte, in Heinse's Hildegard von Hohenthal.Und mehrere belehrende eigne Vorstellungen der besondern Theile s. in Loder's anatomischen Tafeln tab. LIV. LV..
A) Was vom äußern Ohr in die Osteo - logie gehört, ist der Gehörgang der schon im 49. §. beschrieben worden. Seine äußere Mündung ist Trichterförmig erweitert, und seine obre Wand ungleich kürzer als die untre, so wie es die schrägt Lage des Paukenfells mit sich bringt die ihn am Ende verschließt und die Scheidewand zwischen dem äußern und mittlern Ohre macht. Dieses Fell liegt näm -147 lich mit seinem obern Rande sehr vorwärts und nach außen und ist hingegen mit dem untern nach innen zurückgezogen. – So weit der ob - gedachte Ring beym ungebohrnen Kinde ge - schlossen war, so weit bleibt auch nachher zur Anlage des Paukenfells eine sauber ausgefurchte Rinne; die hingegen nach oben an der Stelle wo jener Ring unterbrochen war, wenigstens nicht so deutlich ist.
Nun B) zum mittlern Ohr, das die Paukenhöhle nebst den drey kleinen Gehör - knochen begreift.
Erst die Höhle selbst. – Sie hat im Ganzen genommen fast die Gestalt und Lage eines schräg umgekehrten Kessels, der nämlich mit seinem Rand um das Paukenfell anschließt und hingegen mit seinem freylich sehr höckrich - ten Boden aufrecht und vielmehr etwas nach oben gekehrt ist.
Wir nehmen die darin zu merkenden Theile in der Ordnung wie sie fürs Gedächtniß am faßlichsten zu seyn scheint.
Zuförderst die beyden sogenannten Fen - ster. – Das Eyförmige und das rundliche.
Jenes, die fenestra oualis, liegt in einer besondern kleinen Grube fast mitten im Boden der Paukenhöhle, doch etwas mehr nach oben:148 meist mit dem Paukenfell parallel. Der obere Rand ist mehr bogenförmig ausgeschweift, der untre mehr gerade. Es stößt nüber in den dahinter liegenden Vorhof des Labyrinths; und ist durch den Fustritt des darin sitzenden Steigbügels ausgefüllt.
Das andre Fenster, das rundliche (fenestra rotunda) oder vielmehr dreyecktec)scarpa de struct. fenestrae rotundae auris et de tympano secundario. Mutin. 1772. 8., liegt unter dem vorigen, nach hinten zu, und in einer ganz andren Richtung als jenes; nämlich nicht mit dem Paukenfelle parallel, sondern vertical. Es stößt auf den untern Gang (scala inf. ) der Schnecke; und ist durch eine überaus zarte Haut verschlossen.
Gerade unter dem eyförmigen Fenster, und vor dem rundlichen, liegt das sogenannte Vorgebürge (promontorium), eine ansehn - liche ziemlich glatte Erhöhung, unter welcher sich die größte Windung der Schnecke endigt.
Ueber dem eyförmigen Fenster hingegen, und mehr hinterwärts, also fast in der Diagonale vom Vorgebirge liegt eine andre ähnliche Erhöhung, die von den vordern Schenkeln des obern und äußern Bogenganges (canal. semicircular. super. und exterior) verursacht wird.
149Neben dem gleichen Fenster nach vorn fängt sich eine ansehnliche Rinned)Die doch zuweilen eine völlige Röhre bildet. an, die der Spitze einer Hohlsonde ähnelt, und von da längs des Felsenbeins vorwärts schräg hinab - steigt. In ihr liegt der tensor tympani dessen zarte Sehne am Stiel des Hammers ansitzt.
Ebenfalls neben der fenestra ouali, aber nach hinten, also meist jener Rinne gegen über, zeigt sich ein kleines wie mit einer Nadel eingebohrtes Löchelchen, aus welchem die faden - förmige Sehne des stapedius heraustritt und sich an den Kopf des Steigbügels befestigt. Dieser kleinste Muskel des menschlichen Kör - pers selbst liegt aber in einer spindelförmigen Höhle, die sich von jener kleinen Oeffnung nach unten und hinten erstreckt.
In einiger Entfernung von dieser letztge - dachten Oeffnung, aber meist mit derselben horizontal, nach außen, ist nahe am hintern Ende der eingefurchten Rinne des Paukenfells eine andre kleine Mündung, die nach dem for. stylomastoideo hin in einen Canal führt, durch welchen die chorda tympani läuft.
Unmittelbar vor dem obern Rande der ge - dachten kleinen Grube, in deren Boden das eyförmige Fenster eingegraben ist, quer zwischen der Rinne für der tensor tympani und dem150 kleinen Loche für den stapedius, kommt ein Theil des Fallopischen Canalse)fallop. observ. anat. p.27. b. u. f. (aquae - ductus fall. ) zum Vorschein, der den harten Ohrnerven einschließt, und dessen Anfang wir oben beym porus acusticus internus, so wie seine aperturam internam (§. 50.), und seinen Ausgang als for. stylomastoideum (§. 49.) gesehen haben.
Endlich die ebenfalls schon gedachte Eu - stachische Röhref)eustach opusc. anat. p.161. u. f. (tuba evstach. §. 44.) die vor dem canal. carotico und neben der Rinne des tensor tymp. liegt, und sich vom vordern Rande des Paukenfells nach der obern und vordern Fläche des Felsenbeins erstrecktg)Die Vögel haben sehr sichtliche Eustachische Röh - ren. – Den Fischen hingegen scheinen sie so wie überhaupt allen den rothblutigen Thieren die kein Paukenfell haben..
In dieser Paukenhöhle liegen nun die drey kleinen Gehörknochen, der Hammer, der Ambos, und der Steigbügelh)Bey den Säugethieren und selbst bey im Wall - fischen sind die Gehörbeinchen – im ganzen ge - nommen – der Gestalt nach, den Menschlichen ziemlich änlich.Die Vögel haben nur eines oder wenn man will – zweye, weil es aus einer knorplichten und151 einer knöchernen Hälfte besteht, wovon jene am Paukenfell anliegt und gleichsam die Stelle des Hammers vertritt, die sogenannte columella aber als Steigbügel im eyförmigen Fenster steht. – Casserius hat es zuerst in der Gans entdeckt und abgebildet, l. c. p.78. s. auch derham's phy - sicotheology. p. 343 u. f. der Ausg. v. 1716.Bey den Amphibien findet fich bloß ein noch weit einfacheres Beinchen, das die fenestr. onalis schließt, und bey einigen wie z. B. beym Sala - mander kaum nur dafür angesehen werden kann.Die Fische haben theils eine, theils zwey, theils drey sonderbare Steinartige Beinchen, die dem äußern Ansehen nach dem Porcellan ähneln aber sehr spröde und brüchig find, eine flachläng - liche Gestalt mit scharf gezähnten Rand haben, und ganz bloß in einem besondern Beutel hangen. klein hist. pisc. natur. Missus I. tab. II., die sich durch ihre Kleinheiti)Auch bey den größten Thieren, bey den Wallfischen, den Elephanten ꝛc. find doch die Gehörbeinchen und meist das ganze innre Ohr – so wie auch das Auge – nur klein. Die Art wie die sinnlichen Eindrücke auf diese beyderley Organe würken, giebt von selbst den Grund warum dieselben in keinem Verhältniß mit der Große des ganzen Körpers zu stehen brauchen. und Sauberkeit aus - zeichnen, und die wichtige Verrichtung haben den Schall vom Paukenfell zum Vorhof des Labyrinths fortzupflanzen. Sie verbinden gleichsam zu diesem Behuf durch die Art wie sie mit einander eingelenkt sindk)eustach. tab. XLI. fig. 9. 10., das Paukenfell mit dem eyförmigen Fensterl)Beym innern Wasserkopf behalten zwar die drey Stücken, woraus anfänglich das ganze Schlafbein152 besteht, ihre natürliche Größe (Th. I. S. 15. N. e) aber sie werden doch auch zuweilen durch die Ausdehnung der Hirnschale aus einander ge - trieben, und dadurch die Gehörbeinchen aus ihrer behörigen Lage und Verbindung gebracht. Am meisten habe ich bey denjenigen Wasserköpfen, an welchen ich das Schlafbein auf diese Weise verzo - gen gesehen, den Hammer und Ambos mit dem Schuppenbeine aufwärts getrieben, und letztern ganz vom Steigbügel getrennt, in einem Fall aber auch diesen selbst aus seinem eyförmigen Fenster ausgehoben gefunden. – Dieß giebt wahrschein - lich einen Grund warum manche auch nachher erwachsne Wasserköpfe zugleich taub und stupide sind, da andre hingegen dabey ihr völliges Ge - hör behalten.Die ungestöhrte Lage des Steigbügels scheint freylich zum Gehör am allerwichtigsten zu seyn. – Wenigstens sind Fälle angemerkt, wo Leute nach dem Verlust der andern beyden Knöchelchen doch noch ganz gut haben hören können. s. Caldani in den epistol. ad haller scr. Vol. VI. p. 142. 145. Caet. Torraca im VI. B. des Giorn. di medic. p. 321 u. f. und Scarpa a. a. O. S. 84 u. f., und können durch die gedachten zarten Mus - keln, zwar unmerklich – aber doch zum Theil willkürlich bewegt werdenm)Schon der große Eustach hat die willkührliche Bewegung der Gehörbeinchen eingesehen de au - ditus organ. p.157. s. auch fontana dei moti dell 'iride p. 65 u. f..
Sie sind die einzigen Knochen des ganzen Körpers die schon vor der Geburt ihre ganze Größe, Form, vollkommne Verknöcherung u. s. w.n)cassebohm Tract. IV. pag. 56 u. f. tab. III. fig. 1 – 23. – albini icon. oss. foetus tab. VI. fig. 46 – 51. erreichen: und haben, im ganzen153 und in ihren Haupttheilen genommen eine sehr bestimmte, im Verhältniß derselben aber eine oft verschiedentlich variirende Gestalt.
Der Hammero)Der Hammer und Ambos sind zu Ende des 15ten Jahrhunderts, man weis aber nicht eigentlich von wem, erfunden – Alex. Achillinus hat beyde gekannt. – s. nic. massae epistolar. medicinal. T. I. pag. 55. b.Vesalius hat sie zuerst abgebildet a. a. O. cap. 8. (malleus) hat ehr die Figur einer kurzen krummgebognen kolbichten Keule – oder des obern Theils vom Schen - kelbein – und wird in den Kopf, Griff und noch zwey andre kleinere Fortsätze eingetheilt.
Der Griff (manubrium) liegt an dem Paukenfelle an, und zwar mit seinem untern äußersten Ende meist im Mittelpunkte desselben, den er einwärts zieht, so daß das Fellchen an dieser Stelle von außen eine kleine trichterför - mige Grube zeigtp)Bey den Vögeln ist die Wölbung des Pauckenfells gerade umgekehrt, nemlich nach außen erhaben. scarpa l. c. p.110. tab. II. fig. 2. d.. – So liegt der Griff hinter diesem Fellchen gleichsam wie ein radius eines Cirkels, und setzt oben mit einem stum - pfen Fortsatze ab (processus obtusus).
Seitwärts von diesem process. obtusus, etwas höher, gleichsam am Halse des Kopfs154 liegt ein dornförmiger Fortsatz (processus spi - nosus) der vorwärts nach der schaufelförmigen Schulpe (§. 49.) des außern Gehörganges gerichtet ist, und zuweilen bey Leibesfrüchten und kleinen Kindern in eine lange gekrümmte am Ende gleichsam flachgedruckte und sehr elastische Gräteq)Diese Gräte ist es eigentlich die Rau zuerst ent - deckt oder doch näher bestimmt hat, und die da - her auch nach seinem Namen process. Ravianus genannt wird, s. boerhaave praelect. in instit. proprias T. IV. p. 358.Der eigentliche processus spinosus, wie er ge - wönlich ist, war schon über hundert Jahre vorher nicht unbekannt, s. sal. alberti hist. plerarum - que partium c. h. p.84. der ersten Ausg. v. 1583. und Fabric. Hildani Beschreibung der Fürtref - lichkeit der Anatomy. Bern 1624. 8. S. 190. – weit genauer aber, und seiner Meynung nach zu - erst, hat ihn Folius abgebildet s. dessen nov. auris internae delineat. Venet. 1645. Fol. die auch in th. bartholini epistol. medicinal. Cent. I. p. 255. sq. und im IV. B. der Haller'schen anatom. Samml. S. 365. u. f. wieder abgedruckt worden. ausläuft.
Der Kopf macht mit dem Stiel einen stum - pfen Winkel, gleicht einer rundlichen Kolbe, liegt über dem Paukenfell hinaus, und hat nach hinten eine gleichsam ausgeschnitzte läng - liche Vertiefung womit er in der Gelenkfläche des Amboses wie in einer Pfanne aufliegt.
Der Ambos (incus) ist kürzer aber dicker als der Hammer, und seiner Gestalt nach von155 Vesalius nicht uneben einem Backenzahn ver - glichen worden. Er dient zur Verbindung des Hammers mit dem Steigbügel und wird in den Körper und zwey Fortsätze eingetheilt.
Jener, das corpus, ist mit einer ungleich ausgeschweiften Gelenkfläche versehen, in welcher, wie gedacht, der Kopf des Hammers, wie in einer Pfanne articulirt.
Von den beyden Fortsätzen ist der eine kürzer aber dicker, fast wie ein flachgedruckter Kegel, und liegt meist in gleicher Linie mit dem obgedachten process. spinosus des Ham - mers, aber rückwärts gekehrt.
Der andre Fortsatz ist schlanker und ragt mitten in die Paukenhöhle hinab. Er liegt meist mit dem Stiel des Hammers parallel, so daß zwischen beyden die chorda tympani hin - durchläuftr)meckel de quinto p. n. cerebri Fig. I. 1. 71..
Am Ende dieses schlanken Fortsatzes wo er mit dem Steigbügel eingelenkt ist, nehmen die mehresten Zergliederer ein vierters Gehör - knöchelchen an, das Linsenbeinchens)Der ber. Leidner Lehrer Franz de le Boë Syl - vius glaubte es entdeckt (oder vielmehr erfunden) zu haben, s. lindani physiol. med. p.526. – Hingegen wollte sein großer Antagoniste Drelin - court es schon dem R. Columbus zuschreiben, praelud. anat. p.199. der Börhaavischen Ausg. (lenticu - lus s. ossic. orbiculare), das da wo sich dieser156 Fortsatz nach innen krümmt, zwischen ihm und dem Steigbügel inne liegen soll ꝛc. das ich aber nach oft wiederhohlten und möglichst ge - nauen Untersuchungen im natürlichsten ge - wöhnlichsten Bau für nichts anders, als für eine – noch darzu sehr unbeständige – epiphysist)ph. conr. fabricii meth. cadav. hum. rite se - candi ed.2. p. 141 sq. dieser apophysis ansehen kann. Sie fehlt oftu)dom. de marchettis anat. p. 222. der Harderw. Ausg. v. 1656., auch bey den übrigens voll - kommensten Gehörknöchelchen – und wenn sie bey erwachsnen Personen da ist, so springt sie nur nach einiger angewandten Gewalt davon ab, da sich dann aber unter dem Microscop die zackichte Spur des Knochenbruchs aufs deutlichste zeigt. – Und wenn sich hingegen, wie ich auch selbst gesehen, ein würklich abgeson - dertes Beinchen zwischen dem Ambos und Steigbügel zeigt, so darf man dieß doch, mei - nes Bedünkens eben so wenig für den gewöhn - lichen natürlichen Bau halten als andre überzählige Gehörknöchelchen die auch nicht so gar selten in Menschenx)teichmeyer vindiciae quorund. inuentor. ana - tomicor. Jen. 1727. – cassebohm Tract. IV. pag. 55. oder Thiereny)eustach. tab. VII. fig. 3. – cowper's new ad - ministr. of all the muscles fig. 9. F. gefunden werden.
Das dritte wahre Gehörbeinchen ist der Steigbügelz)Der Steigbügel ist wol unläugbar von Ingrassias erfunden, s. fallopii obseruat. p.26. und in - grassiae in Galeni libr. de oss. comment. (post - huma) Panorm. 1603. fol. p. 57. (stapes, stapha), der kleinste Knochen am Gerippe, von einer ausnehmenden Eleganz, und von einer sehr ausgezeichneten Gestalt, wovon er eben seinen so völlig passen - den Namen erhalten hat.
Er liegt horizontal und man unterscheidet an ihm den Knopf, die beyden Schenkel und den Fustritt.
Der Knopf ist an der untern Seite rund - lich gewölbt, an der obern aber mit zweyen, meines wissens sonst noch nicht bemerkten, flachen Grübchen zur Anlage des stapedius ausgehöhlt.
Von den beyden Schenkeln ist der vordere gerade und folglich kürzer als der nach hinten gekehrte, mehr krumm gebogne. Sie sind nach innen wie eine Rinne ausgefurcht, und ihr nach oben liegender Rand ist etwas weiter aus - geschweift, als der unterwärts gekehrte.
Der Fustritt hat meist völlig die Form des eyförmigen Fensters das er ausfüllt, mithin ist auch der obre Rand mehr bogenförmig, der untre hingegen mehr gerade.
Es folgt endlich C) das innere Ohr oder der Labyrintha)S. Scarpa's oben S. 145. angeführt. Werk. – der wieder in drey Ab - schnitte eingetheilt wird, nämlich:
1) in den Vorhof, der zwischen den beyden folgenden mitten inne liegt;
2) die drey Bogengänge, nach hinten; und
3) die Schnecke, nach vorn.
1) der Vorhof (vestibulum), bildet gleichsam eine zweyte Paukenhöhle, die gerade hinter der vorigen eigentlich sogenannten liegt, und durch das eyförmige Fenster mit derselben verbunden wird. Ihre Höhlung ist kleinerb)Bey den Wallfischen ist der Vorhof sehr klein: – bey den Vögeln hingegen überaus geräumig., aber ihr innern Wände weit glatter als je - ner ihre.
Sie zeigt außer dem eyförmigen Fenster, und dem einen cotunnischen Wassergange, dessen nachher gedacht werden wird, sechs andre an - sehnliche runde Oeffnungen; davon fünfe zu den Bogengängen, die sechste aber zur Schnecke führt.
Die eine derselben liegt im Hintergrunde des Vorhofs, dem eyförmigen Fenster meist159 gegenüber, etwas nach oben, und ist die ge - meinschaftliche Mündung der beyden zusam - menstoßenden Schenkel vom obern und un - tern Bogengange. – Die zweyte, vorn, gerade über dem eyförmigen Fenster, vom vor - dern Schenkel des obern Bogenganges. – Die dritte gleich daneben, nach hinten, vom vordern Schenkel des äußern Bogenganges. – Die vierte auch mehr im Hintergrund, rück - wärts. – Die fünfte, auch rückwärts aber tiefer unten, vom andern Schenkel des untern Bogenganges. – Endlich die sechste gerade unter dem eyförmigen Fenster, vom obern Gange (Scala) der Mündung an der Schnecke.
2) die drey Bogengängec)Die Bogengänge finden sich fast bey allen roth - blütigen Thieren. Bey den Vögeln und Fischen sind sie ausnehmend groß und ansehnlich. selbst (ca - nales semicirculares): die hinter dem Vorhof und mehr nach oben liegen: und deren sechs Schenkel sich gedachtermaßen mit fünf Mün - dungen in den Vorhof öffnen.
a) der obere (canal. semicircular. super. s. minor) steht aufrecht: mit dem Bogen nach oben, die Schenkel niederwärts gerichtet.
160b) der untre (canal. semicircular. infer. s. maior) liegt vertical; meist mit der Schnecke in gleicher Richtung – mit dem Bogen nach hinten; sein oberer Schenkel macht mit dem hintern des vorigen Bogenganges die gedachte gemeinschaftliche Mündung. (§. 59.)
c) der äußere (canal. semicircular. exterior s. minimus) liegt gleichsam mitten zwischen beyden vorigen: aber mehr horizontal: sein Bogen auch nach hinten. Sein vorder Schen - kel macht mit dem vordern Schenkel des obern Ganges beynah einen rechten Winkel, sein hinterer läuft mitten zwischen beyde Schenkel des untern Bogenganges.
3) die Schnecked)Die Einrichtung der Schnecke ist zuerst von Eu - stach a. a. O. – ihr feinerer Bau aber von zwey verdienten Göttingischen Lehrern, Brendel und Zinn beschrieben worden, s. des Erstern analecta de concha auris humanae mit einem saubern Kupfer; und de auditu in apice conchae. Beyde Goetting. 1747. und des letztern observ. botanic. et anatomic. ib. 1753. (cochlea) eins der bewundernswürdigsten Organee)Haller sagt: haec in corpore humano machinula mihi dudum artificiosissima videtur omnium. , das doch so ganz versteckt mitten im dem festen Knochen - guß des Felsenbeins vergraben liegtf)Alle Säugethiere haben eine gewundene Schnecke. Die Vögel hingegen an deren statt nur eine gerade161 am Ende verschloßne kurze Röhre (wie ein stum - pfer Zapfen), die aber in ihrer innern Einrichtung der Schnecke der Säugethiere vollkommen ähnelt, auch eben so in zwey Gänge abgetheilt ist u. s. w. – s. perrault Ess. de Physique. T. II. p. 215. fig. III. e. und Scarpa, Ph. Fr. Meckel, und Galvani a. a. O.. –
Sie ähnelt einer kleinen Gartenschnecke von drittehalb Windungen. – Sie liegt vertical gleichsam aufgerichtet, neben dem Vorhof nach vorn und etwas nach unten – ihre Grund - fläche im Boden des innern Gehörganges (§. 50) und ihre letzte große Windung hinter dem promontorium in der Paukenhöhle (§. 53.)
Die Windungen der Schnecke im rechten Ohr sind wie bey den gewöhnlichen Garten - schnecken rechts gewunden, die im linken Ohr aber links (anfractibus sinistris). Sie laufen – ebenfalls wie in den Garten - schnecken – um eine Spindel (modiolus, nucleus, s. columella) die aber hohl ist und einen starken Faden vom weichen Gehörnerven aus dem innern Gehörgang aufnimmtg)Monro und Scarpa a. a. O., der sich an ihrer Spitze in einen kleinen Trich - ter (scyphus vievssenii)h)La coupe du nerf auditif. vieuss. a. a. O. p.72. verbreitet.
Die Windungen selbst werden aber längs ihres ganzen Laufs durch eine überaus merk - würdige äußerst seingebaute Scheidewand (la -162 mina spiralis) die gegen die Spitze zu in einen kleinen Hacken (hamulus) ausläuft, in zwey Gänge (scalae) – einen obern und einen un - tern – abgetheilt.
Die Scheidewand ist da wo sie um die Spindel herum läuft, knöchern: – wo sie hingegen an den äußern Wänden der Gewinde anliegt, häutig. Jener, der knöcherne Theil, besteht aber eigentlich aus zwey seinen Kno - chenblättchen, zwischen welchen sich die End - fädchen des Gehörnerven, in der Gestalt eines unbeschreiblich feinen quergestreiften oder netz - förmigen Bändchensi)Monro und Scarpa a. a. O., verbreiten; dessen streifichte Eindrücke sich auch auf dem Knochen - blättchen der Scheidewand selbst zeigenk)zinn l. c. p. 31 sq..
Der untre der beyden, durch die Schei - dewand von einander abgesonderten Gänge, stößt, wie obgedacht, aufs rundliche Fenster der Paukenhöhle: und heißt deßhalb scala tympani. – Der obere aber scala vestibuli, weil er sich wie gesagt, in den Vorhof des Labyrinths öffnet.
Der ganze Labyrinth ist mit einem wäß - richten Dufte (aquula cotvnnii) gefüllt, der durch die beyden, neuerlich berühmt wor -163 denen Wassergänge (aquaeductus co - tunniil)domin. cotunnii de aquaeductibus auris huma - nae anat. diss. Neap. 1760. 4. und anderwärts mehrmalen aufgelegt. oder diuerticula meckeliim)ph. fr. meckel diss. de labyrinth. auris con - tentis Argent. 1777. – eine vorzüglich auch für die anatome comparata der Gehörwerkzeuge über - aus lehrreiche Schrift. abgeleitet werden kann.
Der hintere, (diuerticulum vestibuli) öffnet sich im Vorhof, gleich unter der gemein - schaftlichen Mündung des obern und untern Bogenganges (§. 59.) nach vorn; und führt zu der obgedachten (§. 50.) schrägen Ritze des Felsenbeins, nahe bey der fossa sigmoidea.
Der vordere (diverticulum cochleae) läuft von der scala tympani (§. 61.) nach dem ebenfalls oberwähnten (§. 50.) gewölbten Gang am for. lacerum.
Das Keilbein (os sphenoideuma)galen. de ossib. p.7. sq. s. cu - neiforme, sonst auch basilare, polymor - phon s. multiforme, vespiforme etc.b)Die Arabisten nannten das Keilbein os colatorii s. cribratum weil sie in dem durch lange Jahrhun - derte herrschenden Wahn stunden, daß dadurch der Unrath aus dem Gehirne seinen Abfluß hätte. – Der erste der diesen so allgemein angenommnen verjährten Irrthum stürzte und dadurch ein ganz neues Licht über einen wichtigen Theil der Physio - logie und Anatomie – besonders auch über die genaue und richtige Kenntniß des Keilbeins – verbreitete, war der schon oft angeführte Witten - berger Lehrer, Conr. Vict. Schneider in seinen weitschichtigen aber classischen 5 Quartanten de catarrhis besonders Lib. I. Sect. II. cap. 2 – 7. pag. 153 – 257. ge - nannt –) hat diesen seinen gewöhnlichsten und ganz angemessenen Namen von den vielseitigen Nähten. Furchen und andern Verbindungen, womit es zwischen die ganze übrige Hirnschale und mehrere andre Knochen wie eingekeilt steckt. – Eben daher rührt aber auch seine ganz eigne vielzackichte schwer zu beschreibende oder zu vergleichende Gestaltc)vesal. cap. 6. fig. 8. von oben. – eustach. tab. XLVI. fig. 11 bis 14 und 16 von allen Seiten., und die große165 Menge seiner Fortsätze die an keinem andern Knochen des Gerippes so zahlreich sind.
Es steht dieser Knoche erst, wie schon er - innert, mit allen übrigen sieben Knochen der Hirnschale – außerdem aber auch 8. mit der Pflugschaar 9. 10. mit den Jochbeinen und 11. 12. mit den Gaumenbeinen, in Verbindung.
Bey der reifen Leibesfrucht besteht das Keilbein aus drey einzelnen Stücken: dem Mittelstück nämlich, und den beyden Seiten - flügelnd)albin. icon. oss. foet. tab. IV. fig. 20 bis 25. und tab. II. fig. 6..
Dem zu folge läßt sich auch der ganze Knochen am füglichsten in das mittlere corpus und die beyden partes laterales eintheilen.
Jenes begreift den Türkensattel mit dem darunter liegenden sinus sphenoidalis, und den processibus clinoideis.
Diese aber die großen Flügel und die pro - cessus pterygoideos.
An dem corpus des Keilbeins zeigt sich sehr häufig eine Verschiedenheit, die um so merkwürdiger ist, da übrigens der Bildungs - trieb in der Ausbildung des Gehirns und der innern Grundfläche des Hirnschädels weit selt - ner und weniger als in andern Theilen des Körpers von der bestimmten Richtschnur abweichte)schneider de osse cribriformi p.36..
Diese Verschiedenheit besteht darin, daß in manchen Schädeln die obere Seite der pars basilaris des Hinterhauptbeins (§. 44.) dicht an die hintern process. clinoideos anstößt – in andern hingegen weit davon entfernt bleibt, so daß eine ganz eigne schräge Fläche des Keil - beins vom Ende jener pars basilaris zu den ge - dachten process. clinoideis schräg emporsteigtf)Die Fläche selbst hat Eustach schon abgebildet tab. XLVI. fig. II. a. die wohl durch den besondern Namen der Abdachung (cliuus) unterschieden zu werden verdient.
Dieser Unterschied ist so sehr beträchtlich und auffallend, daß dadurch das Profil von diesem corpus des Keilbeins, wenn es von vorn nach hinten vertical durchschnitten wird, im ersten Fall ein Quadrat, im letztern hingegen ein Pentagon vorstellt. – Die obere Seite dieses Pentagons läuft von den hintern pro -167 cessib. clinoideis nach den vordern, über den Sattel weg. Die zweyte Seite macht vorn die scharfe Kante zur Anlage für die Scheide - wand der Nase. Die dritte nach unten zur An - lage für die Pflugschaar. Die vierte nach hinten die ans Hinterhauptbein stößt, und endlich die 5te aufwärts nach vorn, der cliuus, der zu - weilen länger ist als die ganze vierte Fläche an welcher das Hinterhauptbein anliegtg)Die Entstehung und Ausbildung des clivus hängt wohl unter andern hauptsächlich von dem ver - schiedenartigen Druck ab den das Mittelstück des Keilbeins, als Centralpunct der mechanisch auf den Schädel bey belasten des Scheitels oder ge - waltsamen Beißen ꝛc. würkenden Kräfte, erleidet. s. Richerand über das Bordeusche Problem im IIIten Bande der Mém. de la Soc. médicale S. 180 u. f..
Zu den Veränderungen die dieser cliuus in den Verhältnißen der basis cranii hervor - bringt, gehört vorzüglich die weit tiefere und engere Lage des Sattels und die große Ver - längerung des Raums von den hintern pro - cessib. clinoideis bis zum for. magnum des Hinterhauptbeinsh)Ueber den Einfluß den die Bildung des olivus ꝛc. auf die ebenmäßige Bildung der darauf liegenden und damit correspondirenden wichtigen Theile des Gehirns haben muß s. C. metzger de sceleti dignitate p. 33 u. f..
Der Sattel (selia turcica) hat oben eine ausgehöhlte Fläche für die glandula pituitaria:168 und zu jeder Seite eine andre zur Anlage für die receptacula oder sinus cauernosos der harten Hirnhauti)morgagni aduers. VI. animadv. 6. 18. 21. 28. – haller icon. anat. Fascic. I. tab. VI. VV. p. 41. not. 16. – id. de corp. hum. functionib. vol. VIII. p. 251 sqq..
Vor dem Sattel liegen die sogenannten Säbelfortsätze (process. ensiformes s. cli - noidei anteriores) die zu beyden Seiten in ein paar lange Spitzen, nach vorn mit einer zackichten Schneide auslaufen.
Hinter dem Sattel, an dem cliuus, die weit kleinern processus clinoidei posteriores (s. inclinati.)
Zuweilen erheben sich aber auch noch zu beyden Seiten des Sattels, doch mehr nach vorn, processus clinoidei medii (s. pyramida - les) die sich auch wohl mit den hintern Knöp - fen der vordern process. clinoideor. verbin - den und ein eignes foramen bilden. – In noch seltnern Fällen findet man sogar die hin - tern processus clinoideos sowohl mit den vordern (fast ringförmig), als auch wenn dabey noch dergleichen proc. medii da sind, mit diesen selbst verbunden.
Unter diesen vordern processib. clinoideis steigt der scharfe Rand zur Anlage des septi - narium hinunter; zu dessen beyden Seiten sich169 die sogenannten Schleimhöhlen (sinus) dieses Knochen in den obern Nasengang öffnen.
Er macht unten eine stumpfe Ecke von welcher ein ähnlicher Rand nach hinten läuft, und auf der Pflugschaar aufsteht. – Zu dieses seinen beyden Seiten liegen die cornua sphenoidalia ein paar dreyeckte gewölbte kleine Knochenschalen, die oft dem Keilbein selbst – zuweilen aber auch dem Siebbein zugehören, und hier die gedachten Schleimhöhlen ver - schließen helfenk)Diese kleinen Knochenschalen sind längst dem scharfsichtigen C. V. Schneider bekannt gewesen, de catarrh. L. III. cap. I. p. 483. auch Düver - ney hat sie gekannt, oeuvr. anatomiques vol. I. p.219. Bertin hat sie nur näher untersucht und cornets sphenoidaux genannt Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris. 1744. p. 412. u. f. – Eine ge - naue Beschreibung derselben s. in iancke prolus. de cauernis quibusd. quae ossib. capitis hum. continentur p.X. sq. und ihrer Varietäten in Walter's Abh. von trocknen Knochen des mensch - lichen Körpers. S. 109. u. f. – getreue Abbildun - gen der Varietät wo diese Blättchen mit dem Siebbein zusammenhängen s. in boehmer instit. osteologic. tab. IV. fig. 5. G. G.; 6. K. K. und 7. L. L. und in Süe großen französischen Ausg. von Monro's Werke tab. VIII. fig. 3. K. K. und 4. H. H..
Hierauf folgt endlich nach hinten diejenige schon erwähnte Fläche, an welcher der process. basilaris des Hinterhauptbeins anliegt, und mit zunehmenden Jahren gewöhnlich gar mit170 ihm zu einem Stücke verwächst. (Th. I. §. 48. Th. II. §. 44.)
Der größte Theil dieses Mittelstücks des Keilbeins, ist, nur etwa die sämmtlichen pro - cessus clinoideos ausgenommen, durch die sinus sphenoidales ausgehöhltl)schneider de catarrh. L. I. cap. 5. p. 208. sq., die kleiner sind als die Stirnhöhlen, übrigens aber den gleichen Zweck haben. Gewöhnlich sind ihrer zweye die durch eine verticale Scheidewand von einander abgesondert werden, die aber nicht wie die zwischen den Stirnhöhlen durch - brochen ist. – Nach vorn öffnen sie sich wie ge - dacht, in den meatus narium superior. – Zu - weilen sind sie durch mehrere Knochenblättchen in Zellen und Fächer abgetheilt: – in andern, aber weit seltnern Fällen fehlen sie gar und sind mit einer Art von diploë ausgefüllt.
Ihre innere Bekleidung ꝛc. ist so wie bey den übrigen sogenannten Schleimhöhlen des Sieb - beins, Oberkiefers ꝛc. die nämliche die oben bey den Stirnhöhlen angegeben worden (§. 21.)
Nun die beyden Seitentheile des Keil - beins: worunter wie gedacht die großen Flügel und die beyderley processus pterygoidei be - griffen werden.
171Von jenen zuerst. – Sie erstrecken sich von innen und hinten nach außen und vorn, und zugleich auch aufwärts. – Sie haben eine beynah prismatische Gestalt, daher man sie in folgende drey Hauptflächen eintheilen kann.
1. Superficies cerebralis s. interna, auf welcher die lobi cerebri medii liegen; daher sie auch so wie die übrige Hirnhöhle ihre impres - siones digitatas, iuga cerebralia u. s. w. hat.
2. Superficies temporalis s. externa, die größte Fläche: Sie stößt oben an den angulus sphenoideus der Scheitelbeine: wird in der Mitte durch einen erhabnen in die quere laufen - den Rücken gleichsam in zwey Helften getheilt; und endigt sich nach hinten und unten in die spina sphenoidalis s. angularism)Diese spina macht zuweilen einen ganz beträcht - lichen Stachel fast wie ein processus styliformis., an deren hintern Seite die alae paruae ingrassiaen)ingrassiae in Gal. de ossib. comm. p.75. anliegen.
3. Superficies orbitalis s. anterior: die kleinste Fläche, welche die hintre Hälfte der äußern Wand in den Augenhöhlen bildet.
Die beyderley processus pterygoidei stei - gen hinten, neben dem corpus des Keilbeins172 hinab. Es sind ihrer auf jeder Seite zweye, ein größerer und ein kleinerer.
Jener, der proc pteryg. maior liegt nach außen, und seine Außenfläche continuirt mit der superfic temporalis der großen Flügel; unten stößt er an die Hinterseite des Oberkiefers.
Die proc. pteryg minores sind schmaler, liegen nach innen, nächst hinter den Gaumen - beinen, mit welchen sie die große fast viereckte hintre Oeffnung der Nasenhöhle, die sogenannte choana bilden helfen. – Nach unten endi - gen sie sich in einen auswärts gekrümmten klei - nen Hacken (hamulus) zur Anlage des cir - cumflexus palati.
Der hintre Zwischenraum zwischen den beyderley processib. pterygoideis heißt die fossa pterygoidea. (Tab. I. fig. 2. c.)
Gerade über derselben, und nach der choana zu steigt vom Ende des Felsenbeins eine flache rinnenförmige Furche herab, in welcher das knorpliche Schallstück der Eustachischen Röhre liegt. (§. 50.)
Endlich die am Keilbein befindlichen fo - raminao)schneider de catarrh. L. II. Sect. I. cap. 19. p. 195. sq. und Sect. II. cap. 2. p. 261. sq.. Sie liegen meist zu beyden Sei - ten des corporis. –
173Zu vorderst nämlich unter den processib. clinoideis anterioribus die foramina optica zum Durchgang des Sehenerven, und der unter ihm hinauslaufenden arteria ophthalmica.
Dann weiter unten und nach hinten, wo die großen Flügel ansitzen die foramina ro - tunda s. maxilliara super. zum Durchgange des zweyten Astes vom fünften Paare.
Noch weiter zurück und nach außen die foramina oualia s. maxillaria inferiora (Tab. I. fig. 2. d.) für den dritten Ast vom fünften Paare. – Dieses foramen steht auf der obern Fläche mit dem vorigen durch eine flache Furche in Verbindung.
Noch mehr nach außen, in der spina sphe - noidali die foramina spinola (Tab. I fig. 2. e.) zum Eingang der arter meningea media.
Hinten gerade über den processib ptery - goid. internis ist ein Gang durch den Knochen wie eingebohrt, der canalis vidianusp)vidi vidii de anat. c. h. L. VII. tab. VII. fig. 8. O. p. 30. sq. der Venetian. Ausg. v. 1611. s. pterygoideus, zum Durchgang des nach diesem Canal benannten Zweiges vom zweyten Ast des fünften Paaresq)meckel de quinto p. neruor. cerebr. p. 50..
Von den beyderley fissuris orbitalibus s. sphenoidalibus die sich in den Hintergrund der174 Augenhöhle öffnen, ist die obere eine fissura propria, die nämlich bloß vom Keilbein allein gebildet wird und in Weite, Gestalt ꝛc. viel - artig variirt. Sie dient zum Durchgange dreyer ganzen Nervenpaare, des dritten näm - lich, vierten, und sechsten: dann des ersten Astes vom fünften Paare: ferner auch des seh - nichten Bandes, von welchem drey Muskeln des Augapfels, der abducens, adducens und deprimens, entspringen: und der vena ophthalmica.
Die untere Spalte der Augenhöhle (fis - sura sphenomaxillaris Tab. I. fig. 2. r.) ist eine fissura communis; die hauptsächlich durch das Keilbein und den Oberkiefer; doch auch zum Theil nach hinten vom Gaumenbein und nach vorn vom Jochbein gebildet wird. Sie läßt den zweyten Ast des fünften Paa - res durch: und ist übrigens mit Beinhaut verschlossen.
Das Siebbeina)schneider de osse cribriformi et sensu ac organo odoratus. Witteb. 1655. 12. eine kleine aber un - schätzbare Schrift, die in der ganzen Physiologie Epoche gemacht und zuerst den doppelten vorher ganz allgemein angenommenen Wahn widerlegt hat, daß die Gerüche durchs Siebchen dieses Knochen ins Gehirn hinauf - und hingegen der Unrath aus dem Gehirn durch die gleichen Wege in die Nase hinunter stiegen. – Besonders enthält sie auch einen Reichthum eigner Bemerkungen zur anatome comparata. [os ethmoideum s. cribriforme, auch spongoidesb)So nannte Galenus das Siebbein, weil es nicht bloß wie ein Siebchen durchlöchert, sondern viel - mehr wie ein Schwamm mit Röhrchen durchzogen sey, de vsu partium L. VIII. cap. 7. p. 335. der Gesnerschen Ausg. v. 1562., colato - rium ꝛc. ] ist der kleinste unter den acht Knochen der Hirnschale und ungemein leicht: aber sowohl wegen seines überaus zarten und verwickelten Bauesc)Der erste der das Siebbein genauer beschrieben hat ist wieder der so oft mit Ruhm genannte Fallo - pius in den observ. anat. p.30. b. sq. – Die erste Abbildung des einzelnen Knochen hat dessen Schüler Vid. Vidius gegeben a. a. O. tab. V. fig. 15 und 16., als weil er die vorzüg - lichsten Werkzeuge des Geruchs enthält, dop -176 pelt wichtig. So schwer zu bestimmend auch seine Gestalt scheint, so läßt sie sich doch nicht uneben mit einem stumpfeckichten durchhöhlten Würfel vergleichen, der gerade zwischen beyde Augenhöhlen eingeschobend)Bey den Affen liegt das Siebbein nicht wie beym Menschen mitten zwischen beyden Augenhöhlen, sondern etwas tiefer in die Nase hinunter: daher auch bey diesen Thieren die Augenhöhlen weit näher beysammen zu stehen kommen als beym Menschen: und sich dadurch der von je so allge - mein angenommne Irrthum widerlegt, als ob die Augen beym Menschen näher beysammen stünden als bey allen andern Thieren., oben nach der Hirnhöhle und unten in die Nase gekehrt ist.
Eben diese versteckte Lage setzt ihn aber mit einer großen Menge der benachbarten Knochen in Verbindung. – Gewöhnlich nämlich 1. mit dem Stirnbein 2. dem Keilbein 3. 4. den Oberkiefern 5. 6. den Gaumenbeinen 7. 8. den Nasenbeinen 9. 10. den Thränenbeinchen und 11. der Pflugschaar. Zuweilen aber auch noch 12. 13. mit den untern Muschelbeinen.
Beym ungebohrnen Kinde besteht die ganze Scheidewand der Nase und selbst der Hanen - kamm bloß noch aus einem Knorpelblatte: und nur in den Seitentheilen des Siebbeins hat die177 Verknöcherung angefangen: diese Theile sind aber so wie das ganze Geruchwerkzeug des Fötus und des neugebohrnen Kindes noch sehr unvollkommen, eng, bey weiten noch nicht ausgebildet u. s. w.e)rousseau Emile vol. I. p.85. not. 16..
Am faßlichsten läßt sich das Siebbein in drey Abschnitte eintheilen: nämlich in
A) das Siebförmige Blatt:
B) die mittlere Scheidewand nebst dem Hanenkamme: und
C) die verwickelten Seitentheile.
A) das Siebchen (cribrum) wovon der ganze Knochen den Namen hat, liegt oben horizontal, von vorn nach hinten, paßt in die incisura ethmoidea des Stirnbeins (§. 24.) und deckt folglich nur das mittlere Drittel der ganzen Oberfläche des Knochen, da hingegen das übrige zu beyden Seiten von der pars nasa - lis des Stirnbeins (§. 20.) bedeckt wirdf)Da das ganze Siebbein, wie in der vorletzten Note erinnert worden, bey den Affen tiefer liegt als beym Menschen, so ist besonders auch die Lage des Siebchens selbst, bey diesen Thieren sehr von der im Menschenschädel verschieden. Das Stirn -178 bein hat bey ihm gar keine incisura ethmoidea, sondern mitten zwischen beiden partibus orbita - libus dieses Knochen steigt bloß ein ziemlich enger blinder Gang in die Nase hinab, der fast der Oeff - nung des innern Gehörganges ähnelt und auf dessen Boden das kleine unansehnliche Siebgen befindlich, und nur mit wenigen Oeffnungen durchbohrt ist.. Nach vorn wird es durch den Hahnenkamm unterbrochen, der aus seiner Mitte emporragt.
B) die Scheidewand (septum osseum) nebst dem vorn auf ihr stehenden Hanenkamm (crista galli) liegt vertical von vorn nach hin - ten. Der letztere variirt sehr in der Höhe und Dicke. Meist enthält er leere Zellen wie der zitzenförmige Fortsatz. Ich habe aber auch Exemplare vor mir wo er wie zu einem kleinen sinus ausgehöhlt ist, der nach vorn mit den Stirnhöhlen zusammenstößt. An seiner Wur - zel ragen vorn zu beyden Seiten die kleinen apophyses alares heraus, womit er in einem Paar dazu passender Grübchen des Stirnbeins (§. 24.) aufliegt.
Das eigentlich sogenannte septum narium ist da wo es vorn vom Hanenkamm herunter steigt, und an der spina nasalis des Stirnbeins (§. 20.) anliegt, am stärksten. Uebrigens bildet es ein dünnes, sehr oft nach einer oder179 der andern Seite schief gebognesg)sam. theod. quelmalz de narium earumque septi incuruatione. Lips. 1750. 4. – just. gottfr. günz in den Mém. présent T. I. p. 289 sq., Knochen - blatt; das unten in einen wieder etwas stär - kern bogenförmigen rauhen Rand ausläuft der auf der Pflugschaar aufliegt.
In den Fällen wo die cornua sphenoidalia (§. 68.) Theile des Siebbeins ausmachen, sitzen sie entweder an dem hintern Rande dieses septi oder an den hintersten cellulis ethmoi - dalibus fest.
C) die Seitentheile haben wegen ihres verwickelten Baues auch den Namen des Laby - rinths erhalten, und lassen sich am füglichsten wieder eintheilen in
1) die Muscheln;
2) die Zellen; und
3) die sogenannten Papierbeinchen.
1) die Muscheln (conchae s. ossa tur - binata s. spongiosa superiora) stellen eigentlich ein schwammichtes rauhes Knochenblatt vorh)Bey den scharfriechenden Thieren, zumal unter den digitatis und bisulcis, sind die Muscheln des Siebbeins aufs bewundernswürdigste gerollt180 und gewunden um in einem engen Raum doch die möglichst größte Fläche zur Aufnahme einer desto größern Menge von riechbaren Theilchen zu erhalten.Unter den mannigfaltigen Thierschädeln, die ich auch besonders aus dieser Rücksicht untersucht, habe ich doch bey keinem diese Muscheln von einer so ganz ausnehmenden Eleganz gefunden als bey der gemeinen Ziege. Sie ähneln da dem allerfein - sten Flor oder Spitzen die aufs kunstreichste und regelmäßigste zusammengefaltet wären., das mit der Scheidewand (§. 78.) parallel läuft: mit seinem obern Rande am Siebchen (§. 77. befestigt ist, und mit dem obern Theil des vordern am processus nasalis des Ober - kiefers anliegt: das aber nach hinten bis über die Mitte quer durchschnitten und dadurch wie in zwey Flügel abgetheilt ist.
Diese Flügel sind gleichsam muschelförmig gewölbt, so daß die convexe Fläche nach der Scheidewand, die concave aber nach den Au - genhöhlen zu gekehrt ist.
Der untre gleichsam frey hängende dieser beyden Flügel ist die concha media: die sich noch hinten tutenförmig zusammenrollt und mit ihrer hohlen Seite den meatus narium me - dius deckt. Zuweilen bildet sie eine kleine ver - schloßne Blase, die Santorini zu den Schleim - höhlen zähltei)S. dessen eigne obseruat. anat. p.88. sq. und Hrn. Girardi's Auslegung der nachgelaßnen Santori - nischen Tafeln S. 53..
181Der obere Flügel (concha superior s. mor - gagniana)k)morgagni aduersar. anatom. VI. tab. II. fig. 3. q. q. pag. 244. ist weit kleiner als der vorige, ist nach oben und hinten gewölbt, läuft hinge - gen unten in einen bogenförmigen etwas her - vorstehenden Rand aus, der den meatus narium superior bedeckt. – Zuweilen ist auch diese oberste Muschel durch eine tiefe Furche wieder wie in zwey noch kleinere getheiltl)io. domin. santorini obseruat. anat. p. 89. sq. der Venetian. Ausg. v. 1724. – Dann auch in den XVII. tabulis posthumis Parm. 1775. kl. Fol. tab. IV. F., und was dergleichen Varietätenm)Denn für nichts mehr als eine sehr ungewönliche Varietät sieht auch der gel. Herausg. der letzt gedachten Tafeln, Hr. Prof. Girardi, diese so - genannten Santorinischen Muschelgen an. Ex - plicat. p. 52 sq. mehr sind.
2) die cellulae ethmoideae oder sinus ste - hen zu beyden Seiten des Siebbeins zwischen den Muscheln und den Papierbeinchen fast wie Bienenzellen von vorn nach hinten an einan - der. – Nach oben sind sie offen und werden da von den beyden untern Rändern der pars nasalis des Stirnbeins bedeckt. – So die vordersten nach außen von den Thränen - beinchen, und dem process. nasalis des Ober - kiefers. Die hintern (die rückwärts und nach182 unten zuweilen eine zarte knöcherne Blase bilden) an ihrem obern Rande von der pars orbitalis der Gaumenbeinchen u. s. w. – Die Anzahl und Abtheilung dieser Zellen ist ziem - lich unbeständig. Gewöhnlich sind fünf größere auf jeder Seite wovon sich die vordern in die Stirnhöhlen, die mittlern und hintern aber in den obern Nasengang öffnen. – Zu - weilen stehen aber auch ihrer mehrere neben - oder übereinander. – Ihre Zwischenwände sind wohl die feinsten Knochenblättchen am ganzen Gerippe.
Gerade unter den vordern Zellen liegt ein schmales hakenförmig gekrümmtes aber viel - zackichtes sonderbar gewundnes Knochenblatt, das nur nach vorn, theils mit der vordern Wand der Zellen, theils mit dem vordern Ende der concha media verbunden ist, übrigens aber ganz frey nach hinten lang hinaus ragt, und deßhalb wohl processus vncinatus genannt werden könnte, und mit seinen untern zackich - ten Fortsätzen zuweilen an die untern Muschel - beine stößt.
3) die ossa papyracea s. planan)Tertium maxillae os vesal. L. I. cap. 9. p. 49. u. f. Es ist vermuthlich das secundum ge - nae supernae gal. de ossib. p.11. A. ders aber mit dem planum orbitale des Oberkiefers zu vermengen scheint. sind eben die äußern Wände dieser Zellen, die183 von ihrer Zartheit und glatten Außenfläche den Namen haben; und nebst dem an ihren vordern Rand anstoßenden Thränenbeinchen die innere Wand der Augenhöhle ausmachen.
Zu den foraminibus des Siebbeins gehö - ren zuförderst die auf dem obern Querblatte, die dem ganzen Knochen den Namen gegeben habeno)Bey den gedachten scharfriechenden Thieren ist auch das Siebchen ausnehmend groß und mit zahl - reichen und sehr symmetrisch geordneten Löcherchen durchbohrt. – Ganz vorzüglich beym Bären. Auch beym Fuchs, beym Igel, und bey den bisulcis.Am alleransehnlichsten und merkwürdigsten aber beym Elephanten.Hingegen ist bey den cetaceis, wenigstens beym Delphin, dessen Schedel ich vor mir habe, auch nicht eine Spur eines Siebchens oder sonstigen Oeffnung zum Durchgang der Geruchnerven eines ersten Paars zu sehen.. Sie sind in unbestimmter Anzahl: zuweilen wohl drey bis vier Dutzend. Sie sind vorzüglich zum Durchgang der Geruch - nerven bestimmt, und zwar sind die, welche dicht zu beyden Seiten des Hanenkammes lie - gen und durch welche die Scheidewand der Nase ihre Nervenfäden erhält, [wie schon der verdienstvolle Schneider richtig angemerkt hatp)De osse cribriformi p. 40 sq.] größer als die nach außen liegen -184 den. – Die erstern zumahl sind nicht sowohl bloße Löcher als Röhrchen die am obern Rand der Scheidewand rückwärts hinab laufenq)scarpa anatomicar. annotationum L. II..
Die übrigen foramina – nämlich die or - bitalia interiora; und dann das coecum – sind schon oben §. 25.) erwähnt worden.
Beym Schluß der zur eigentlichen Hirn - schale gehörigen Knochen, muß noch eines und das andre was sie im allgemeinen betrifft, nachgehohlt werden.
Zuförderst noch ein Wort über die ihnen eignen ächten Nähte (1 Th. S. 77.) deren, wie gedacht eigentlich nur dreye gezählt werden; die am vordern -, am obern -, und am hin - tern Rande der Scheitelbeine hinlaufen; näm - lich, sutura coronalis, sagittalis, und lamb - doidea (§. 31.)
Nicht selten erhält sich aber auch, selbst noch bey Erwachsnen die vierte Nahta)Selbst an dem oben S. 37. erwähnten Schädel einer hundertjährigen Frau ist auch die Stirnnaht noch in ihrer vollen Integrität erhalten., sutura frontalis (§. 16.) die dann mit der Pfeilnaht in gleicher Richtung fortläuft und die Kranz - naht gleichsam durchschneidetb)Und eben von diesem Fall, wo sich die Kranznaht mit der Pfeil - und Stirnnaht kreutzt, versteht186 ich die sonst so allgemein und noch vom Hrn. v. Haller bibl. anat. T. I. p. 16.) für unerklär - lich gehaltne Stelle in dem ächten Hippocrati - schen Werke de capitis vulneribus (p. 28 der Paawischen Ausg. im succenturiatus anatomi - cus Lugd. Batav. 1616. 4) von Schädeln deren Nähte übers Kreuz liefen. – Vergl. damit galen. de vsu partium Lib. IX. cap. 17. p. 353..
Seltner sind die Fälle wenn eine unächte Naht (sutura spuria Th. 1. S. 77.) schon von außen eben so in Zickzack geschlängelt ist als sonst nur die ächten zu seyn pflegen. – Solche Beyspiele haben ich an der Naht zwi - schen beyden Nasenknochen; auch an der zwi - schen dem Jochbeine und Schlafbeine; und zwischen dem großen Flügel vom Keilbein und dem vordern Rand des Schlafbeins vor mirc)Aeußerst selten und merkwürdig sind die Fälle, wenn auch ein Scheitelbein oder das Hinterhauptbein, durch eine ächte Naht durchschnitten wird.Ein solches durch eine dergleichen Naht ge - theiltes Scheitelbein besaß Winslow, wovon Tarin in der Vorrede zu seiner Osteograhie tab. V. eine Abbildung gegeben hat.Einen Schädel mit einer Quernaht am obern Theile des Hinterhauptbeins hat Eustach abgebil - det tab. XLVI. fig. 8. – Ich besitze ein ähnliches Stück wo diese sonderbare Naht noch weiter unten liegt, und folglich der obere abgesonderte Theil noch größer ist als bey dem Eustachischen. – S. auch i. s. albrecht im IV. B. der nov. Act. N. C. p. 69. i. f. schreiber im III. B. der nov. comm. Petropolit. tab. IX. und albinvs de sce - leto p.131. 187Einen ganz sonderbaren Fall, wo bey einem 8jährigen Knaben alle drey ächten Nähte doppelt, oder vielmehr durch einen zwischen denselben lie - genden anderthalb Zoll breiten Knochenstreifen von einander abgesondert waren, beschreibt Mauchart in den Ephem. N. C. Dec. III. ann. 4. p. 147. – An dem Schädel des oben [S. 110. n. i)] gedach - ten 17jährigen ungeheuren Wasserkopfs in meiner Sammlung sind die Seitentheile der Kronnaht und die Hinterhauptsnaht ebenfalls durch Fingers - breite Knochenstreifen von einander getrennt, die aber selbst wieder aus einer Unzahl von Zwickel - beinchen zusammengesetzt sind.Mancherley andre Varietäten an den Suturen s. bey v. doeveren observ. acad. p. 193 sq. und sandifort obs. anat. pathol. Lib. III. p. 103 sq..
So unbestimmt auch der Bau der ächten Nähte auf den ersten Blick zu seyn scheint, so regelmäßig zeigt er sich doch bey näherer Beleuchtung: da man sieht wie bestimmt ihre Lage, Richtung ꝛc. an gewissen Stellen ist, um dadurch die Hirnschalknochen desto dauerhafter und fester mit einander zu ver - bindend)Daher sind auch die ächten Nähte, die sonst über - haupt bey den mehresten Thieren minder zackicht sind als beym Menschen, doch bey den gehörn - ten bisulcis ausnehmend stark gezähnelt, um die Hirnschale bey der Gewalt die sie mit ihren Hörnern ausüben müssen, für dem auseinander - weichen zu sichern. – Vorzüglich ist deßhalb die sutura frontalis bey diesen Thieren von einer ausnehmenden Dicke und Festigkeit.. So ist z. B. am Stirnbein der obere Rand mehr einwärts gezänelt; die bey - den Seitenränder hingegen mehr nach außen,188 damit der Knochen mittelst dieser verschiednen Richtungen desto fester in die umgekehrt dar - auf passenden vordern Ränder der Scheitel - beine eingreifen kanne)hunauld in den Mém. de l'Acad. des Scienc. de Paris a.1730. p. 547. sq..
Es läßt sich kein genau bestimmter Zeit - punkt angeben, in welchem die Nähte beym jungen Kinde gebildet werden. Gewöhnlich fangen doch die gedachten drey Ränder der Scheitelbeine (§. 31.) schon zu Ende des ersten Lebensjahres, an, sich an die Ränder der an - stoßenden Knochen zu schließenf)Ein sehr sinnliches Beyspiel der Macht des Bil - dungstriebes sieht man hier beym innern Wasser - kopfe wo die flachen Knochen der Hirnschaale (welche durchs Wasser so ausgedehnt und von einander getrieben worden) die Knochenfasern an ihren Rändern gleichsam wie Strahlen einander ent - gegen treiben, um damit in einander greifen und anschließen zu können. und bey gesunden Kindern sind sie meist schon in der Mitte des zweyten Jahres bis auf die vordre Fontanelle ausgebildet.
Vom nachwärtigen Verwachsen dieser Nähte, entweder im höhern Alter, oder durch Krankheiten, ist schon oben (Th. 1 §. 48.) die Rede gewesen. – Am frühsten und häu -189 figsten verwächst die Pfeilnaht. – Hinge - gen gehört das völlige Verwachsen aller ächten Nähte zu den sehr ungewöhnlichen Selten - heiteng)schneider de catarrhis Lib. II. cap. 6. p. 391. sq.rolfink dissert. anatomicae p. 311 sq.An einem ausnehmend characteristischen Schä - del eines hundertjährigen Juden in meiner Samm - lung sind nicht nur die sämmtlichen ächten Nähte sondern auch fast alle unächte so verwachsen, daß der ganze Kopf wie aus einem Guß geformt er - scheint. s. Decas cranior. IV. tab. 34..
Der ehedem oft misgekannte oder bestrittne Hauptnutze der Nähte ist leicht abzusehen – Um nämlich die einzelnen Knochen woraus die Hirnschale zusammengesetzt seyn mußte zwar zur Sicherheit des Gehirns fest genug – aber auch so mit einander zu verbinden, daß sie sich in den Jugendjahren ausdehnen, und dem wachsenden Gehirne Platz machen können.
Unter dem gemeinschaftlichen Namen der Zwickelbeinchen (ossicula suturarum s. triquetra) lassen sich füglich alle die kleinen Knochenstückchen zusammenfassen, die nicht selten zwischen den ächten Nähten wie eingeflickt sitzen. Man nennt sie auch, aber aus einem irrigen Grunde, ossicul. wormianaa)Als ob sie Ole Worm erfunden hätte, s. wor - mii et ad eum epistolas T. I. Proleg. p.XXVIII.Aber fast hundert Jahre vorher hatte sie schon der abentheurliche Paracelsus in seinem Buch von den hinfallenden Siechtagen folgendermaßen beschrieben:„ Ein Bein ist am Haupt, und näm - lich es ist gerad und gleich der Centrum. Das Bein ist nicht über einen Kreutzer breit, etwas eckicht, und wird nicht in allen Schalen gefunden sondern in etlichen u. s. w. “Auch Eustach hat diese Zwickelbeinchen ge - kannt und abgebildet; und Sal. Alberti (hist. plerar. part. h. c. p.3.) und Marc. Aurel. Se - verin (Zootom. Democrit. p. 194. sq.) u. a.m., und hat auch zwischen den sogenannten Wormianis und triquetris einigen, aber sehr gesuchten, Unterschied machen wollenb)th. bartholini anat. reformat. p. 482. u. f. der Ausg. v. 1669..
Ihre Gestalt, Anzahl ꝛc. variirt unend - lichc)staehelin theses phys. anat. botan. in der Hal - lerschen anat. Samml. VI. B. pag. 671. fig. 3. i. e. hebenstreit rariora ossium momenta. Lips. 1740. al. monro pat. in Ess. of a Soc. at Edinb. T. V. P. I. p. 220. sq. tabarrani im III. B. der Atti dell 'Accad. di Siena. Append. p.35. sq. und Hünauld, v. Döveren, und Hr. Prof. Sandifort a. a. O.. – Hingegen muß man die auffallend regelmäßige Symmetrie bewundern, die sich bey schön ausgebildeten Schädeln in diesen Zwickelbeinchen zeigtd)Ich besitze z. B. Schädel an welchen zu beyden Seiten der Kranznath nach den Schläfen zu Zwickelbeinchen liegen, die so symmetrisch mit einander accordiren als ob ihre Lage mit dem Zir - kel abgemessen und sie selbst aus einer Form ge - gossen wären. – Eben so zu beyden Seiten der Hinterhauptsnaht, wo die auf der rechten Seite mit denen auf der linken in Rücksicht der Anzahl, Gestalt, Richtung ꝛc. aufs genaueste harmoni - ren. – Andre mit eben so exact regelmäßigen Gruppen solcher Zwickelbeinchen da wo hinten die sutura sagittalis an die lambdoidea stößt u. s. w.Am auffallendsten ist diese Symmetrie an den unzähligen Zwickelbeinchen des schon gedachten (S. 187. N. c) 17jährigen Wasserkopfs in meiner Sammlung. Denn wirklich kann man diese un - zählig nennen, da ihrer bloß in einer kleinen Strecke, nämlich in der rechten Schuppennaht zum wenig - sten 130 liegen. Auch die beyden Seiten der Kronnaht, so wie die Hinterhauptsnaht sind voll derselben. Die Pfeilnaht hingegen hat gar keine..
Am leichtesten und häufigsten entstehen sie bey Großköpfichten Kindern, deren Nähte sich192 sonst nicht leicht schließen könntene)Diese Entstehungsart der Zwickelbeinchen ergiebt sich am deutlichsten bey innern Wasserköpfen von ansehnlicher Größe, wovon ich Beyspiele vor mir habe an welchen die großen häutigen Zwischen - räume zwischen den vergrößerten ausgedehnten flachen Knochen der Hirnschale, mit einer Menge kleiner linsenförmiger Knochenkernchen wie durch - säct sind.Diese so zufällige – meist erst durch eine Krankheit veranlaßte – Entstehung dieser Knö - chelchen, scheint mir, vollends in Verbindung mit dem was in der vorigen Note von ihrer oft so eleganten Symmetrie gesagt worden, wiederum einen nicht unbeträchtlichen Beweis für die Macht des Bildungstriebes abzugeben, und hingegen die Präexistenz der präformirten Keime zu ent - kräften., wenn nicht solche kleine Knochenkernchen zwischen ihnen erzeugt, und durch ihre Vermittelung die Verbindung der Nähte befördert würde.
Nun noch ein Wort von der Grundfläche der Hirnschalenhöhle (basis cranii) in ihrem Zusammenhange. Erst von ihrer Eintheilung. Dann von den darin eingedruckten Furchen der Blutbehalter in der harten Hirnhaut, und dann die Wiederholung der in dieser basis be - findlichen Oeffnungen.
Man theilt die Hirnhöhle überhaupt ins A. cauum cerebri und B. cauum cerebelli.
A. Vom cauum cerebri sind auf der basis cranii dreyerley große Gruben und gewölbte Flächen für die dreyerley lobos des großen Gehirns zu merken.
1. nämlich die Wölbung über den Augen - höhlen (§. 23.) für die lobos cerebri anteriores.
2. die großen Gruben, die zumahl von der innern Fläche der großer. Flügel des Keilbeins (§. 70.) und des daran stoßenden Schlaf -194 beins (§. 50.) gebildet werden, für die lobos cerebri medios.
3. die fossae superiores zwischen der emi - nentia cruciata des Hinterhauptbeins, (§. 42.) für die sogenannten lobos cerebri posteriores.
B. Das cauum cerebelli ist der tiefe kessel - förmige Raum, dessen obrer Rand sich von dem scharfen Rücken der Felsenbeine (§. 50.) rückwärts nach der protuberantia occipitali interna (§. 42.) erstreckt.
Zu den Furchen die von der Anlage der Blutbehalter der harten Hirnhaut auf der basis cranii merklich und gewöhnlich zu sehen sinda)Vergl. mit diesem § vieussens nevrograph. uni - versal. p.93. tab. XVII. fig. 1. – duverney oeuvr. anat. vol. I. tab. IV. haller icon. ana - tom. Fasc. I. tab. VI. tabarrani observat. anatomic. Luc. 1753. 4. tab. IV. V. VI. walter de morbis peritonaci et apoplexia tab. III. IV. vicq d'azyr tab. XXXV., gehört zuförderst der Anfang und das Ende des sinus longitudinalis der innerhalb der Sichel liegt, und sich vom foramen coecum vor dem Hahnenkamm an, unter der Pfeilnaht weg, bis zur protuberantia occipitali interna erstreckt.
Von dieser Protuberanz gehen zu beyden Seiten in stark gekrümmten Bogen die sinus195 laterales oder transuersi magni (§. 42.) die in den fossis sigmoideis (§. 50.) hinlaufen und sich von da durch die foramina iugularia (§. 45. 49. ) ergießen. – Gewöhnlich sind diese beyden Furchen von ungleicher Tiefe und Weite: und zwar wie es scheint öfter die zur rechten Hand so wie auch das foramen lace - rum derselben Seite weiter als die auf der linkenb)Bey der großen Anzahl von Schädeln die ich zur Hand und deßhalb nachgesehen habe, ist weit selt - ner das rechte enger als das linke. – Gerade das Gegentheil behauptet der bekannte Delametrie oder vermuthlich sein Freund Camper, der vie - len Antheil am ouvrage de Penelope hat, im Iten Th. dieses Buchs S. 24 u. f. Unter einem Dutzend Schädel sey bey zehnen das linke for. iu - gulare weiter als das rechte, daher er rathet, man solle beym Schlagfluß, der Schlafsucht, catalepsis etc. immer lieber die linkt Drosselader öffnen als die rechte.Vergl. rich. lower de corde p.152. der Amsterd. Ausg. v. 1669. io. zachar. petsche (Praes. M. Alberti) Sylloge anat. selectar. observ. p. 4 sq. hunauld in den Mém. de l'Ac. des Sc. a.1730. p. 559 sq..
Von der nämlichen protuberantia occipit. interna laufen unterwärts zu beyden Seiten des for. magni nach den gleichen foraminibus iugularibus die sinus occipitales posteriores. (§. 42.)
Vor den foraminibus iugularibus liegen zu beyden Seiten der pars basilaris des Hin -196 tenhauptbeins wo es neben dem vordern Ende der Felsenbeine anliegt, die sinus petrosi inferiores. (§. 44.)
Am scharfen Rücken der Felsenbeine die kleinen sinus petrosi superiores. (§. 50.)
Und endlich zu beyden Seiten des Türken - sattels die sogenannten receptacula oder sinus cauernosi. (§. 68.).
Zuletzt wiederhohlen wir die auf der basis cranii befindlichen beträchtlichen Oeffnungenc)Der erste der die foramina am Kopfe recht genau bestimmt hat, ist Vesal's Nachfolger reald. columbus in seinem überhaupt viele interessante und feine Bemerkungen enthaltenden Werke de re anatomica Lib. I. Cap. II. p.67. sq. der Pa - riser Ausg. v. 1572..
Es sind folgende:
1. das for. coecum (§. 25.)
2. die foramina im Siebchen (§. 83.)
3. die optica (§. 72.)
4. die fissurae orbitales superiores (§. 72.)
5. die for. rotunda (§. 72.)
6. die oualia (§. 72.)
7. die spinosa (§. 72.)
1978. der Ausgang des canalis caroticus (§. 50.)
9. die apertura interna des Fallopischen Ganges (§. 50.)
10. der porus acusticus internus (§. 50.)
11. der Ausgang des vordern aquaeductus cotunnii (§. 50.)
12. der Ausgang des hintern dieser Was - serleitungen (§. 50.)
13. die for. iugularia (§. 45. 49.)
14. die for. mastoidea (§. 49.)
15. das for. occipitale magnum (§. 45.)
16. die for. condyloidea anteriora (§. 45.)
17. die condyl. posteriora (§. 45.)
Die bisher abgehandelten Knochen machen die eigentliche Hirnschale aus. Alle übrige Knochen des Kopfs die Oberkiefer nämlich nebst den mit ihnen verbundnen Knochen, die untre Kinnlade und die Zähne, werden zusammen unter dem Namen der Gesichts - knochen begriffen.
Sie dienen zuförderst zum Gebiß: und helfen dann auch, in Verbindung mit der Hirnschale die Nasen - und Augenhöhlen bilden.
So wie sie überhaupt durch ihr Verhält - niß zur Hirnschale den Menschenschädel von anderer Thiere ihren auszeichnen (§. 4 u. f.), so bestimmen sie auch insbesondre, vorzüglich bey erwachsnen Menschen, das meiste in der Nationalen - oder inviduellen Gesichtsbildung. Außer der Richtung der Gesichtslinie tragen die Jochbeine, die Lage der Nasenknochen, und der große Winkel des Unterkiefers das meiste dazu bey.
Man theilt die Gesichtsknochen den mit dem Schädel unbeweglich verbundnena)Es sind nur wenige Thiere die ihren Oberkiefer bewegen können, vorzüglich die Papageyen, bey welchen der knöcherne Zapfen der in der hornichten Scheide des Oberschnabels steckt, durch eine über - aus merkwürdige Articulation, die theils zum Ginglymus (Th. I. §. 105.) und theils zur Syn - neurosis (Th. I. §. 101.) zu rechnen ist, und zwi - schen den Nasenlöchern und den Augenhöhlen liegt, mit dem übrigen Schädel eingelenkt ist.Bey den mehresten übrigen Vögeln ist zwar auch der Oberschnabel mehr oder weniger biegsam; diese schwache Beweglichkeit rührt aber nicht von einem würklichen Gelenke wie bey den Papageyen, sondern davon her, daß der Knochenzapfen des Oberkiefers meist nur zu beyden Seiten über den Nasenlöchern durch ein paar ziemlich elastische Knochenblätter mit der Hirnschale zusammen hängt. S. Herissant in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Par. v. 1748.Ueber die Beweglichkeit der Kiefer des Croco - dils ist ehedem viel gestritten worden. – Manche Zergliederer, wie Vesalius, Columbus ꝛc. hiel - ten bloß seinen Oberkiefer für mobil, den untern aber für unbeweglich. Aber schon Vesling hat das Gegentheil erwiesen und dem Oberkiefer alle eigne Beweglichkeit abgesprochen – observ. ana - tomicar. cap. 5. p. 39. der Ausg. v. 1740. 8.Hingegen können die Schlangen den Oberkie - fer bewegen; wie ich z. B. an der lebendigen coluber natrix oft bemerkt. Und so auch viele Fische. Vom Zevs faber z. B. s. morgagni aduersar. anat. VI. p. 228. Theil und in den Unterkiefer. Jenerb)Bey Galenus und den folgenden Zergliederern bis auf Vesalius herrscht in Rücksicht der un -200 beweglichen Gesichtsknochen viel Verwirrung. Erst Fallopius und dessen Schüler Vidus Vidius haben sie recht bestimmt und genau auseinan - der gesetzt. begreift, außer den Zähnen, folgende 13 Knochenc)theoph. de bordeu sur les articulations des os de la face im IIten B. der mém. présentés. pag. 13. sq.: 1. 2. die Oberkiefer; 3. 4. die Gaumen - beine; 5.6. die Jochbeine; 7. 8. die Nasen - beine; 9. 10. die Thränenbeine; 11. 12. die untern Muscheln; und 13. die Pflug - schar.
Die Oberkiefera)galen. de ossib. pag. 11. B. (ossa maxillaria s. ma - lae) sind die beyden ansehnlichen aber großen - theils hohlen und ziemlich leichten Knochen von schwer zu bestimmender vieleckichter Gestalt, die unter der Nase und am Gaumen an einan - der stoßen, und sich seitwärts nach den Backen - knochen und in die Höhe bis zum Stirnbein erstreckenb)eustach. tab. XLVII. fig. 1. 3. 6. 7..
So wie das Keilbein mit allen übrigen Knochen der Hirnschale in Verbindung steht: so die Oberkiefer mit allen übrigen unbeweg - lichen Gesichtsknochen; denen sie gleichsam auch als ein os basilare zur Anlage und Stütze dienen. Außer diesen stoßen sie auch ans Stirn - bein und ans Siebbein; und fassen mit ihrem untern Rande die obere Reihe Zähne in sich.
Beym reifen ungebornen Kind haben die Oberkiefer zwar im ganzen genommen schon202 meist die gleiche Gestalt, wie bey Erwachsnen, auch besteht jedes schon aus einem einzigen Stücke. Nur haben die Theile ein andres Verhältnißc)albini icon. ossium foetus tab. V. fig. 28. 29. 33. – j. hunter nat. hist. of the human. teeth. P. I. tab. VIII. fig. 2. 3. 5.; zumahl sind sie, wie es schon die ganze kindliche Gesichtsform anzeigt, überaus niedrig (Th. 1. §. 40.) besonders nach der Außenseite zu. Auch ist die nachwärtige große Schleimhöhle, eben wegen Mangel des Raums, nur noch sehr unvollkommen, klein: hingegen die sechs Zahnzellen in jedem dieser beyden Knochen desto ansehnlicher.
Jeder Oberkiefer läßt sich füglich in vier Seiten eintheilen:
A) in die große, meist gewölbte Außenseite;
B) in die der Nasenhöhle zugekehrte innere;
C) in die obere, zur Augenhöhlegehörige; und
D) in die untere die den größten Theil des Gaumen bildet.
A) die Außenseite (Facies malaris), bey weiten die größte von allen, erstreckt sich oben von der Nasenwurzel und unten von der Naht203 zwischen den Schneidezähnen an, erst nach den Jochbeinen und dann noch weiter rückwärts bis zu den Weisheitszähnen und gegen die Flü - gel des Keilbeins hin.
Sie läßt sich wieder unter vier Abschnitte bringen.
1) den obern macht der processus nasalis, ein schmaler fast Spatelförmiger Zapfen der nach dem Stirnbein hin, zwischen den Nasen - und Thränenbeinen liegt. Da von seiner ver - schiednen Breite großentheils die Richtung der eigentlich sogenannten Nasenknochen abhängt, so trägt er folglich viel zum auszeichnenden der Gesichtsbildung bey. – Seine Außenseite wird durch einen ziemlich scharfen Rücken in zwey Abschnitte getheilt. Der vordre ist zu - weilen zu einer merklich tiefen Furche ausge - schweiftd)Ueber diese Furche und wie sie wol ehe bey Ope - rationen der Thränenfistel zu einem Fehlschnitt An - laß gegeben s. bromfield's chirurg. observ. and cases vol. I. p.341. sq.. Mit dem hintern hilft er den Nasengang des Thränensacks bilden, und mit dem obern Ende seiner innern Seite den trich - terförmigen Ausweg der Stirnhöhlen (§. 21.) und zuweilen schließt er auch damit die vorder - sten Zellen des Siebbeins. (§. 81.)
2) ganz nach außen unter den Augenhöhlen liegt der processus malaris, ein kurzer dicker,204 überaus robuster Fortsatz, mit einer zackichten rauhen Endfläche, die aufs festeste ins Joch - bein eingreift.
3) nach unten wird diese Außenseite der Oberkiefer durch den limbus alueolaris be - gränzt und zeigt zumahl auf der vordern Hälfte, da wo sich das Knochenblatt an die dahinter liegenden Wurzeln der Zähne fest anschließt, der Länge herab gefurchte Eindrücke.
4) nach hinten endigt sich diese Außenseite in eine gewölbte Fläche, (tuberositas maxillaris) die nach unten die Weisheitszähne einschließt, und oben mit einem dünnen Blatt nach dem Rand der Augenhöhlen hinaufsteigt.
B) die innere Seite der Oberkiefer (facies nasalis) ist nach der Nasenhöhle zu gekehrt, und fängt zu oberst mit der innern Fläche des pro - cessus nasalis an, hinter welcher der Nasen - gang der Thränenwege in eine tief ausgeschnittne Rinne (canalis lacrymalis) herabsteigt. Diese Fläche endigt sich mit einem in die quere laufen - den kleinen Rücken, der zur Anlage der untern Muschelbeinchen dient.
Der übrige und größere Theil dieser innern Seite ist ziemlich tief und eben ausgeschweift, und macht den größten Theil des Bodens der Nasenhöhle aus.
205In der Mitte wo beyde Oberkiefer mit einer tief gezackten und gefurchten Naht aneinander stoßen, bilden sie aufwärts einen rauhen Rücken (crista nasalis), mit einer Furche in der Mitte in welche die Pflugschar einschneidet; und nach vorn eine stumpfe Spitze (spina nasalis) auf welcher die knorplichte Scheidewand der Nase aufliegt.
Nach hinten ist die äußere Seitenwand dieser facies nasalis wie ausgebrochen, da sich nämlich beym einzelnen, – von den benachbarten Knochen abgesonderten – Oberkiefer der sinus maxillaris mit einer sehr weiten eckichten Mün - dung öffnet.
C) die obere Fläche dieses Knochen bil - det das planum orbitale, das gleichsam den Boden der Augenhöhle ausmacht; ziemlich glatt und eben ist; und nur nach hinten mit einer tiefen Rinne durchschnitten wird, die sich gegen die Mitte unter das obere Knochenblatt wie unter eine Brücke verliert und den Canal für den zweyten Ast des fünften Nervenpaares bildet. Nicht selten läuft vom Eintritt jener Rinne in diesen Canal, bis zu dessen Ausgang als for. infraobitale eine eigne Spalte oder Ritze (fissura infraorbitalis).
Endlich D) die untere Seite des Oberkie - fers (facies palatina), die am äußern Rande den limbus aueolaris bildet, und dann rückwärts als gewölbter Gaumen in die Höhe steigt.
Im vollkommen reifen Alter hat jeder Ober - kiefer acht Zahnzellen, die im limbus alueolaris fast wie eine bogenförmige Reihe vom Bienen - zellen aneinander liegen, und sich genau nach der Größe und Form der in ihnen eingekeilten Zahnwurzeln richten. Vorzüglich tief sind folglich die von den sogenannten Augenzähnen. Die Scheidewände, zumahl die zwischen den Zellen der Backenzähne sind meist porös und schwammicht.
Der Gaumen ist bey manchen Schädeln mehr – bey andern minder gewölbt; doch wie es scheint ohne Bezug auf den Geschlechts - unterschied (Th. 1. §. 114.) und stößt hinten mit einer Quernaht an die eigentlich soge - nannten Gaumenbeine, die daselbst von den Oberkiefern gleichsam umfaßt und eingeschlos - sen werden.
Vorn am Gaumen, hinter den Schneide - zähnen zeigt sich, zumahl bey ungebohrnen Lei - besfrüchten oder jungen Kindern – doch auch oft noch bey erwachsnen – an jedem Oberkiefer207 eine mondförmige Spalte oder Ritzee)Auch diese, von vielen neuern Osteologen vergeßne oder übersehne Fissur ist von den großen Zerglie - drern des sechszehnten Jahrhunderts aufs genauste bemerkt worden: s. vesal. cap. 9. fig. 2. a. a. und p. 52. fallop observ. anat. p.35. b. co - lumbus p. 55. vergl. auch riolan. anthropogr. p.649. und h. eysson de ossib. infantis p.26. sq. (fissura incisiua), die von der Scheidewand zwischen dem äußersten Schneidezahn und dem Eckzahn anfängt und nach dem for. palat. anterius lauft, und gleichsam eine schwache Spur des bey andern Säugethieren befindlichen ossis intermaxillarisf)Ich habe diesen so berühmten Knochen lieber os intermaxillare, als mit Hrn. von Haller und andern Zergliederern os incisiuum nennen wollen, weil er sich auch bey solchen Säugethieren findet die entweder wie die wiederkauenden mit gespalt - nen Klauen, und Armadille ꝛc. keine Schneide - zähne im Oberkiefer haben, oder wie das Schna - belthier und die Ameisenbären ꝛc. gänzlich zahn - los sind. Bey denen aber, die mit obern Schnei - dezähnen versehen sind, sitzen dieselben nie wie beym Menschen in den Oberkiefern selbst, sondern immer in diesem zwischen denselben eingekeilten besondern – einfachen oder gepaarten – Knochen.Da Galenus in seiner Osteologie cap. 4. p. 12. A. B. diesen Knochen unter die übrigen am Schädel zählt, so erwies Vesalius daraus, daß jenes canonisirte kleine Werk nicht nach Men - schengerippen verfaßt seyn könne, wodurch er sich denn bekanntlich den fast wüthigen Haß so vieler seiner Zeitgenossen zuzog, die ihren Galenus dieses Knochen wegen theils mit unglaublich ge - zwungnen Sophistereyen zu retten suchten. s. z. B. iac. sylvii depulsio calumniarium Vesani cu - iusdam in Galenum §. 5. 208Ausführlich habe ich von diesen merkwürdigen Knochen sowohl in der IIIten Ausg. des Buchs de generis hum. variet. natiua p. 34 u. f. als im Handb. der vergleich. Anat. S. 22 u. f. ge - handelt. Vorzüglich aber s. die treffliche Mono - graphie von Gotth. Fischer über die verschiedne Form des Intermaxillarknochens in verschiednen Thieren. Leipz. 1800. 8. m. Kupf. bezeichnet.
Das eigentliche corpus des Oberkiefers ist durch den sinus maxillaris [das sogenannte an - trum highmorng)Ohngeachtet die Höhlen des Oberkiefers schon von den Osteologen des sechzehnten Jahrhunderts genau beschrieben waren (s. z. B. fallopii observ. anat. p.35. b.); so hat man sie doch nachher nach Highmor'n genannt, weil dieser in seiner disquis. anat. corporis hum. über die Fisteln und andere Zufälle derselben einiges neues gesagt hatte.] ausgehöhlth)Und doch sind Fälle bekannt, wo auch diese Schleimhöhlen bey Erwachsnen gefehlt haben. mor - gagni aduersar. anatom. I. p. 38. und VI. p. 116., der an den Wänden herum, zumahl nach dem pro - cessus zygomaticus (§. 107.) zu, durch ver - schiedne kleine Scheidewände wie in Neben - zellen abgetheilt wird, und an dessen obern und vordern Seite der canalis infraorbitalis hindurch laufti)Bey manchen großen Thieren mit langgestreckten Oderkiefern, wie beym Pferd ꝛc. bildet dieser ca - nalis infraorbitalis eine lange Röhre, die mit - ten durch den sinus maxillaris Länge nach hindurch läuft.. – Am innern Rande der Augenhöhlen, dicht unter den ossib. planis des Siebbeins, finden sich zuweilen die cellulae209 orbitariae des Hrn. von Hallerk)v. haller ad boerhaavii praelection. in pro - prias institut. vol. IV. p.43. und in den iconib. anatom. fascic. IV. p. 21. tab. II. fig. 2. O. O., die sich in die vordern Zellen des Siebbeins öffnen. – Die weite Mündung des sinus maxillaris (§. 108.) wird durchs Gaumenbein, durch das untre Muschelbein, und durch die obere Muschel des Siebbeins großentheils geschlossen, so daß er sich nur mit einem oder zuweilen mit zweyen runden Ausgängen in den mittlern Nasengang öffnetl)monro on the nervous System. tab. XXIV. fig. 1..
Nun die übrigen foramina an den Ober - kiefern, außer der gedachten Mündung des sinus maxillaris.
Es gehört dahin das infraorbitale, der Ausgang des Canals gleiches Namens, dessen schon mehrmahlen gedacht worden (§. 109. III. ), und der sich vorn unter der Augenhöhle (zu - weilen mit mehrern neben einander liegenden Ausgängen) öffnet.
Dann das palatinum anticumm)Bey den vierfüßigen Säugethieren und selbst bey den Affen sind die vordern foramina palatina ohne Vergleich größer alt beym Menschen, länglicht,210 und so viel mir wissend, immer doppelt, und bey manchen gar dreyfach, so daß wie beym Pferd ꝛc. zwischen den beyden großen Oeffnungen noch eine dritte kleinere nach vorn in der Mitte liegt. Bey manchen, wie z. B. beym Löwen, sind die Aus - gänge dieser großen Oeffnungen am Gaumen sogar beym lebendigen Thiere sehr sichtlich. (S. Joh. El. Ridinger Abbildung des zahmen Löwen, der 1760 in Deutschland zu sehen gewesen. gr. Fol.) oder der canalis incisiuus, der vorn mit zwey Anfängen aus dem Boden der Nasenhöhle zu beyden Sei - ten der crista nasalis (§. 108.) herabsteigt und sich in ein foramen commune (Tab. I. fig. 2. a.) verbindet, das sich mitten hinter den Schneidezähnen auf der Gaumennaht öffnet. Es geht ein zellichtes Band hindurch, das die Gaumenhaut mit der in der Nase verbindetn)Die canales incisiuos selbst hatte der vortrefliche Zergliederer Nil Stenson (nic. stenonis) ums J. 1662. zuerst an Ochsen und Schafen entdeckt, und sowol in seinen obseruat. anatom. de na - rium vasis p.107. als in dem specim. obseruat. de muscul. et glandulis p. 34. beschrieben. Nur blieb man lange über ihren Nutzen strittig: – ob sie nicht auch beym lebenden Menschen würk - lich als offne Gänge dienten, die aus den Nasen - höhlen zum Gaumen führten; – oder womit sie im gegenseitigen Fall gefüllt wären u. s. w. Das ersten behauptete Santorini obseruat. anatom. p. 93 sq. doch findet es nur in sehr ungewöhnlichen Fällen statt. Gewönlich verlaufen sich die trich - terförmigen Gänge, die aus der Nase zu beyden Seiten der Pflugschar convergirend hinabsteigen in die oben im vordern foram. palatino liegende carunculam incisiuam, die Morgagni in seinem Brief an Hrn. Girardi beschreibt: s. des letzt. Erklärung der nachgelaßnen Santorinischen Ta - feln in der Vorr. S. XVII. und im Text S. 56. –211 Vergl. damit duverney oeuvr. anatom. vol. I. p.221. 137. und morgagni aduersar. anat. VI. pag. 237.; auch Blutgefäße, und ein paar Nervenfäden vom zweyten Ast des fünften Paars; welche letz - tere in den vollkommensten Schädeln zu beyden Seiten des gemeinschaftlichen for. palat. antici durch ein paar kleinere besondre Gänge laufeno)scarpa annotat. anatomicar. L. II. tab. II. fig. 1..
Der Ausgang des canalis lacrymalis (§. 107. 108. ) öffnet sich in den untern Na - sengang.
Ferner hilft auch der Oberkiefer großentheils die fissuram orbitalem infer. bilden (§. 72.)
So wie endlich auch den sulcum pterygo - palatinum, von dem im folgenden Abschnitt die Rede seyn wird.
Die Gaumenbeinea)galen. de ossib. pag. 11. D. (ossa palatina) sind gleichsam als eine Fortsetzung der Ober - kiefer anzusehen, da sie fast von allen Seiten wie in einem Stücke mit denselben fortlaufen; eben so in der Mitte an einander stoßen u. s. w. Sie sind weit kleiner, aber ebenfalls von einer schwer zu vergleichenden, vieleckichten Ge - staltb)eustach. tab. XLVII. fig. 1. 3. 6. 8. – vid. vi - dius a. a. O. tab. VI. fig. 19. pag. 37. – ar - cant impetus prim. anatom. LB. 1721. tab. V. fig. 9. 10. – und vorzüglich Loder's anatomisches Handbuch tab. I. II..
Sie liegen größtentheils zwischen den Ober - kiefern und den processib. pterygoideis des Keilbeins und stehen außerdem auch noch mit dem Siebbein, mit den untern Muschelbeinen, und mit der Pflugschar in Verbindung.
Schon bey der reifen Leibesfruchtc)albini icon. ossium foetus tab. V. fig. 27. 30. 32. stehen sie im gleichen Verhältniß mit den Oberkie -213 fern; sind so wie diese schon sehr ausgebildet, nur ebenfalls noch niedrig; der obere zur Au - genhöhle gehörige Theil sehr klein; der pro - cessus pyramidalis hingegen sehr groß u. s. w.
Da die Gaumenbeine den hintern Theil des Gaumen, der Nasenhöhle und der Augen - höhlen bilden helfen, so theilt man sie füglich in A) pars palatina: B) nasalis; und C) orbitalis.
A) die pars palatina liegt horizontal, dicht hinter der Gaumenfläche des Oberkiefers. Sie ist eben so wie diese auf der untern Seile un - eben, auf der obern hingegen glatter und mehr ausgeschweift. Auch wird da wo beyde Gau - menbeine aneinander stoßen eben so die crista nasalis für die Pflugschar fortgesetzt; und nach hinten am Ende der Naht, die den Gau - men der Länge nach durchschneidet, eine spina palatina gebildet.
Nach hinten und außen verläuft sich dieser Theil des Gaumenbeins in einen ziemlich star - ken, eckichten, am Ende scharf zugespitzten Zapfen (processus pyramidalis), der sich zwi - schen das untre Gabelförmige Ende der bey - derley processuum pterygoideor. einlegt und mit seiner hintern Fläche die fossa pterygoidea nach unten zu schließt.
B) pars nasalis steht, gleichsam am äußern Rande des vorigen horizontalen Theils, ziem - lich senkrecht in die Höhe, und bildet ein brei - tes Knochenblatt, das sich nach oben und zu - gleich etwas rückwärts erstreckt, und einen be - trächtlichen Theil der großen Mündung des sinus maxillaris zuschließt.
Ohngefähr in der Mitte dieses Knochen - blatts lauft auf der innern Seite ein erhabner Rücken in die Quere, der zur Anlage des untern Muschelbeins dient.
Nach dem obern Rande zu zeigt sich eine schwache Spur einer ähnlichen Erhabenheit für die dem Siebbein zugehörige, sogenannte mittlere Muschel.
C) pars orbitalis der kleinste Theil, der einen vieleckichten, doch in den schönsten Köpfen ziemlich vierseitigen Körper bildet, der sich in dem Hintergrunde der Augenhöhle zwischen den Oberkiefer, das Keilbein und das Siebbein einlegt, und den letzten Winkel des Bodens der Augenhöhle ausmacht.
Gewöhnlich ist er mit Knochenzellen gefüllt; zuweilen hat er nach hinten eine größere Zelle,215 die mit dem sinus sphenoideus zusammen - stößtd)S. Walter's Abhandlung von trocknen Knochen des menschlichen Körpers S. 143. – albinus de sceleto p. 196 sq.: – in sehr gut ausgebildeten Schä - deln aber habe ich auch diesen ganzen Theil des Gaumenbeins mit einem eignen sinulus völlig wie eine Blase rein ausgehöhlt gefunden, der sich nur mit einem engen Gange in den sinus sphenoideus öffnet.
An der Außenseite der pars nasalis des Gaumenbeins lauft von oben nach unten und zugleich ein wenig nach vorn eine ansehnliche tiefe Rinne (sulcus spheno – oder pterygo – palatinus), der nach oben mit den hinten dran stoßenden processib. pterygoideis des Keil - beins, und nach unten mit dem dran liegenden Oberkiefer den canalis pterygo – palatinus bildet, in welchem der Nerve gleiches Namens vom zweyten Aste des fünften Paares herab - steigt. Oben fängt sich dieser Canal mit einem tiefen verschiedentlich ausgeschweiften Ein - schnitt, nämlich dem foramen pterygo – pala - tinum an, welches im hintern Winkel zwischen der parte nasali und orbitali des Knochen ausgeschnitten ist. Unten aber vertheilt er sich in drey Gänge, wovon der größte (canalis216 pterygo – palatinus anterior s. maiore)i. f. meckel de quinto p. nerv. cerebr. p.61. q) und Scarpa a. a. O. sich auf der Gaumenfläche in das große foramen palatinum posticum (Tab. I. fig. 2. b.) endigt: von den beyden kleinen öffnet sich der eine [canalis pterygopalatinus posteriorf)meckei l. c. pag. 62. v) auf der untern Seite des porcessus pyramidalis; der andre aber [canalis pterygo – palatinus exteriorg)id. ibid. pag. 64. c)] zwischen diesem Fortsatz und der daran liegenden Zelle des Weisheitzahns.
Die Jochbeinea)Galenus a. a. O. S. 10. u. f., wie sie nach der all - gemein angenommenen griechischen und latei - nischen Benennung füglich heißen; oder die Backenbeine ossa iugalia s. zygomatica, auch theils so wie die Oberkiefer ossa malarum ge - nannt –) sind ein paar sehr robuste starke von außen gewölbte von innen flach ausgehöhlte Knochen, wodurch die Oberkiefer vorzüglich mit den Schlafbeinen verbunden werden; und die auch mehr als ein Drittel zum Umfang des äußern Rades der Augenhöhlen beytragenb)eustach. tab. XLVII. fig. 1. 3. 6. 7..
Außer den Oberkiefern stehen sie mit keinen andern Gesichtsknochen sondern mit der Hirn - schale, nämlich wie gedacht mit den Schlaf - beinen, dann mit dem Stirnbeine, und mit dem Keilbeine in Verbindungc)Bey vielen Quadrupeden (zumahl unter den Digi - tatis und Palmatis) verlauft sich der processus malaris des Oberkiefers in einen eben so langen schmalen Fortsatz als der ihm vom Schlafbein entgegenkommende; so daß er nach Verhältniß die Stelle einnimmt wo bey andern so wie beym218 Menschen, das Jochbein liegt; und dieses selbst nur als ein Zwischenstück zwischen jene beyden Fortsätze wie eingeschaltet ist; mithin gar nicht ans Stirnbein reicht, und folglich auch nichts zur Bildung der Augenhöhlen beyträgt. Hiernach ist das zu verbessern was im Handb. der vergleich. Anat. S. 28. gesagt worden..
Da sie vorzüglich dienen den Oberkiefer und die Hirnschale unter einander zu befesti - gen, so werden sie früh gebildet und haben schon bey der reifen Leibesfrucht eine ansehnliche Größe, aber doch noch nicht ganz die nachwär - tige Bildung, indem ihnen dann noch beson - ders die zackichten Endflächen an ihren drey großen Fortsätzen mangelnd)albini icon. oss. foet. tab. V. fig. 26. 31..
Jedes Jochbein hat ohngefähr die Gestalt eines verschobnen Vierecks von drey breiten und einer schmalen Seite; doch findet sich überhaupt in dem Verhältniß dieser Seiten gegen einander viele Verschiedenheit.
Am füglichsten läßt es sich in drey Fort - sätze eintheilen: A) processus maxillaris: B) frontalis; und C) zygomaticus.
A) der processus maxillaris ist der brei - teste, und nimmt die ganze schmale Seite des Vierecks ein. Er fängt oben nahe bey dem for. infraorbitale an, läuft nach unten und außen, und hat auf der innern Seite219 eine mehrentheils große, theils recht scharf - zackichte Fläche, womit er aufs festeste an den processus malaris des Oberkiefers (§. 107.) anschließt.
B) der processus frontalis steht nach außen gleichsam aufrecht in die Höhe und greift mit einer scharfgezähnelten Naht in den processus orbitalis externus des Stirnbeins (§. 18.)
Nach vorn verlauft er sich in den rundlich ausgeschweiften Rand der Augenhöhle. Nach hinten hilft er die incisura zygomatica bilden, und nach innen wird er in ein dünnes Knochen - blatt verlängert, das mit einer rauhen unäch - ten Naht an den vordern Rand des großen Flügels vom Keilbeine (§. 70.) stößt.
C) der processus zygomaticus liegt rück - wärts nach unten, ist weit kleiner als der maxillaris, lauft aber meist in der gleichen Richtung schräg nach hinten und schließt fest an den processus zygomaticus des Schlaf - beins (§. 49.) an.
Die kleinen Löcher in diesem und den nächst, folgenden Knochen sind zum Durchgang des neruus subcutaneus malae und kleiner Blut - gefäße bestimmt, noch dazu unbeständig und daher keiner besondern Erwähnung werth.
Die Nasenbeinea)Galenus a. a. O. S. 12. (ossa nasi) sind ein paar länglichte, kleine, aber ziemlich starke Knochen, die zusammen beynah die Gestalt eines flachen Sattels haben, und den obern oder knöchernen Theil des Nasenrückens ausmachenb)eustach. tab. XLVII. fig. 4. vid. vidius tab. VI. fig. 13. 14. p. 37..
Sie stehen bloß mit dem Stirnbein und den Oberkiefern in Verbindung, da sie dicht unter der glabella des erstern auf seiner spina nasali, und zwischen den processibus nasali - bus der letztern, an einander liegen. Selten reicht das septum narium des Siebbeins so weit vor, daß sie auch an dieses anstoßen.
Gewöhnlich sind sie nur durch eine unächte – zuweilen aber auch durch eine von außen stark gezähnelte, folglich ächte Naht mit einander verbunden. – auch habe ich sie ganz zusam - menverwachsen gefunden u. s. w.
Bey der reifen Leibesfrucht – und selbst schon in der ersten Hälfte der Schwanger - schaft – sind diese Knochen nicht nur schon überaus vollkommen ausgebildetc)albini icon. oss. foet. tab. V. fig. 36. 37., sondern auch weil sie nach vorne frey liegen und ziem - lich ungehindert wachsen können im Verhältniß gegen die übrigen Knochen, der Hirnschale sowohl als des Gesichts, von ansehnlicher Größe. – So wie überhaupt wohl außer den Gehörbeinchen keine andere Knochen am gan - zen Gerippe früher zu einer solchen Ausbil - dung gelangen als eben diese.
Jeder Nasenknochen hat ohngefähr die Ge - stalt eines irregulären länglichen Vierecksd)Die mehresten Affen, Paviane und Meerkatzen haben nur einen einzigen Nasenknochen, in Gestalt eines Dreyecks mit einer schmalen nach oben ge - kehrten Spitze.Die mehresten übrigen Säugethiere haben zwey theils ausnehmend lange und schmale Nasenknochen.Beym Elephanten hingegen ist gleichsam nur ein Rudiment davon zu finden.: ist nach oben am stärksten; gegen die Mitte schmahl, und nach unten am breitesten, wo er sich zugleich nach außen in eine abwärts stei - gende Spitze verlängert: zuweilen aber auch222 nach innen, da wo beyde Nasenknochen an einander stoßen, ebenfalls eine vorwärts lau - fende kurze und stumpfe Spitze bildet.
Auf der Außenseite sind die Nasenknochen ziemlich eben. Auf der innern aber rauh: und durch einen scharfen Rücken zumahl nach oben wie in zwey Flächen abgesondert, wovon die innern aneinander selbst, die äußern aber über die Nasenhöhle zu liegen kommen.
Die Thränenbeinea)Galenus a. a. O. S. 11. B. (ossa lacrymalia, s. vnguis) sind die kleinsten Gesichtsknochen, von einem überaus zarten eleganten Bau, und ohngefähr von der Gestalt einer länglich - ten Fischschuppeb)vid. vidius tab. VI. fig. 6. 7..
Sie liegen am innern Rande der Augen - höhlen: stoßen nach oben ans Stirnbein; nach vorn an den processus nasalis des Oberkiefers und nach hinten an die ossa papyracea des Siebbeins, wovon sie gleichsam eine Fortsetzung ausmachen. Zuweilen reichen auch die untern Muschelbeine bis zu ihrer innern Seite hinauf.
Die Thränenbeinchen wachsen zwar bey unreifen Embryonen nicht so bald zu der an - sehnlichen Größe als die Nasenbeine. (§. 131.) Hingegen sind sie doch bey der reifen Leibes - frucht schon überaus vollkommen und scharf224 ausgebildetc)albini icon. oss. foet. tab. V. fig. 34. 35.: und ohngeachtet sie am ganzen Rande von andern Knochen eingeschlossen sind, doch im Verhältniß gegen diese beträchtlich groß.
Sie helfen fast in ihrem ganzen Umfange die Augehöhle bildend)Auch von diesen Knochen findet sich bey den Ele - phanten nur ein Rudiment – so wie ihnen auch überhaupt der Thränengang mangelt. S. p. cam - per description anatomique d'un Eléphant mâle. Par. 1802. fol. p. 45. 60.. Nur verläuft sich das untre Ende ihres vordern Randes in einen zarten etwas einwärts gebognen kleinen Hacken (hamulus), der den ductus lacrymalis an der innern Seite der Oberkiefer (§. 108.) schließen hilft.
Die Außenseite jedes Thränenbeins ist im ganzen genommen glatt und flach ausge - schweift. Wird aber durch einen scharfen fast schneidenden Rand (crista longitudinalis) der nach vorn von oben bis unten zum hamulus herabsteigt, in zwey Abschnitte von ungleicher Breite getheilt.
Der hintere Abschnitt ist der größte und macht mit den daranstoßenden drey Knochen eine ebne gemeinschaftliche Fläche der Augenhöhle.
225Der vordere ist an manchen Köpfen sehr, an andern minder schmal – allemahl aber weit schmaler als der vorgebuchte. Er ist wie eine Rinne ausgefurcht, die in Verbindung mit dem hintern Rande des processus nasalis am Ober - kiefer (§. 107.) den Eingang zum canalis la - crymalis bildete)Bey den Makis (dem Lemurgeschlechte) liegt, wie Hr. Hofr. Fischer gefunden, dieser Eingang des Thränencanals außerhalb der Augenhöhle, auf dem Oberkiefer selbst; eine Eigenheit die einen Hauptcharacter dieses eleganten Thiergeschlechts abgibt. s. Gotth. Fischer's Anatomie der Maki. I. B. Frankf. 1804. 4. S. 6..
Die innere Fläche des Thränenbeins ist flach gewölbt, uneben, und rauher als die äußere, und deckt größtentheils die vordern cel - lulas ethmoideas (§. 81.). Auch hilft sie den Ausgang der Stirnhöhlen bilden (§. 21.) – In der Gegend wo außen die crista longitudi - nalis lauft, zeigt sich hier eine flach eingedruckte Furche.
Die untern Muschelbeinea)Der erste der die untern Muschelbeine für ein paar eigne besondre Knochen anerkannte, war wieder der mehrmals gerühmte Columbus a. a. O. S. 58.Doch sind sie auch von neuern Osteologen bloß für Fortsätze oder Anhänge andrer Gesichtsknochen gehalten worden. – So z. B. für Theile der Thränenbeinchen von Winslow im Tr. anat. vol. I. p.86. und von hensing de apophysib. p.15. – Für Fortsätze der Gaumenbeine von san - torini observ. anat. p.88. – Für Theile des Siebbeins von Hünauld in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Par. v. 1730. p. 560. so wie vorlängst von fallop. observ. anat. p.35.Mit diesen dreyerley Knochen sind sie aber ge - wiß nur in den seltesten Fällen verwachsen. Weit eher könnte man sie für Theile der Oberkiefer halten, als mit welchen ich sie bey einigen übrigens ausnehmend schön ausgebildeten und doch noch jugendlichen Köpfen, vollkommen zu einem Stücke verwachsen gefunden habe. (conchae inferiores, ossa turbinata s. spongiosa in feriora) liegen unten in der Nasenhöhle nach außen, sind so wie die Muscheln des Sieb - beins von mürber schwammichter Textur und haben allerdings einige Aehnlichkeit mit den ein - zelnen Schalen einer gemeinen Flußmuschel, wenn man sich dieselben in der Lage denkt, daß227 ihr langer äußerer Rand nach unten, das Schloß nach oben und ihre gewölbte Außen - fläche nach der Scheidewand der Nase zu ge - kehrt ist. Doch variiren die Muschelbeine so - wohl in der Bildung als in der Größe, und ich habe sie z. B. selbst in sehr schön geformten Schädeln fast nur wie einen scharfen, gar nicht muschelförmig gerollten, Rand gesehen.
Sie sind vorzüglich am Oberkiefer und an den Gaumenbeinen befestigt, zuweilen aber stoßen sie, wie gedacht, mit dem obern Rande auch an die kleinen Fortsätze des processus vn - cinatus am Siebbein (§. 81.) und mit ihrer obern und vordern Ecke auch an die innere Seite der Thränenbeine. (§. 135.)
So zart sie sind, so fangen sie doch auch schon um die Mitte der Schwangerschaft we - nigstens in so weit an verknöchert zu werden, daß die kleine knorplichte Muschel wie mit einem lockern Netz von schwammichten Knochen - fäden durchwebt ist. Bey der reifen Leibes - frucht aber sind sie schon fast so vollkommen als die Nasen - und Thränenbeine ausge - bildetb)albini icon. oss. foet. tab. V. fig. 38. 39..
Jeder dieser beyden Knochen stellt wie ge - sagt ein muschelförmig gebognes Blatt vor, dessen Außenseite ausgehöhlt, die nach innen gekehrte hingegen flach gewölbt ist: und läßt sich füglich in drey Ränder abtheilen; A) den vordern; B) den obern; und C) den untern.
A) der vordre Rand ist der kürzeste und wie flach abgeschnitten: liegt in einer schrä - gen Richtung vorn an der innern Seite des Oberkiefers, gleichsam an der Wurzel des processus nasalis: deckt mit seiner obern Ecke den Ausgang des canalis lacrymalis, und reicht mit seiner vordern bis an den äußern Rand der Nasenhöhle.
B) der obere Rand ist nach außen zu wie umgeschlagen, so daß ein schmales gleichsam runterwärts gebognes Knochenblatt neben ihm hinlauft, das auf dem untern Ausschnitt der großen Mündung des antri maxillaris (§. 111.) aufsitzt. Nach hinten stößt dieser Rand mit dem untern in eine länglichte Spitze (hamulus palatinus) zusammen, die an einem besondern Rücken der pars nasalis des Gau - menbeins (§. 118.) anliegt.
C) der untere Rand ist der längste und dickste von allen dreyen, vorzüglich schwam - michtc)Zumahl bey den scharfriechenden grasfressenden Thieren, dem Pferd, Rindvieh ꝛc. s. Salvat. Morand in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Par. v. 1724. p. 405. sq. tab. XXIV. rauh und uneben; und bogenförmig gekrümmt. Er deckt den untern von den drey sogenannten Nasengängen.
Die Pflugschara)Auch die Pflugschar ist erst von Columbus a. a. O. S. 48. und von Fallopius observ. p. 33 b. als ein besonderer Knochen beschrieben, und vomer genannt worden.Vesalius hielt sie für einen Anhang des Sieb - beins, und in diesem Irrthum sind ihm auch noch neuerlich Santorini a. a. O. S. 88, Ant. Petit in seiner Ausg. des Palfyn, so wie Lieutaud und Portal gefolgt, s. des letztern Ausgab. von Lieutaud's anat. hist. et pratique vol. I. pag. 66. sq.Vidius sah sie für einen Theil des Keilbeins an. (vomer) wie sie ihrer Gestalt wegen genannt worden, ist der einzige ungepaarte unter den zum Schädel gehörigen Gesichtsknochen. Sie stellt, das obere Ende ausgenommen, ein flach zusammengedrucktes vertical-stehendes Blatt vor, und macht einen beträchtlichen Theil der Scheidewand der Nase ausb)vidius tab. VI. fig. 8. 9..
Sie steht nach oben mit dem Keilbein und dem Siebbein; nach unten aber mit dem Ober - kiefer und den Gaumenbeinen in Verbindung.
Sie hat schon bey der Leibesfrucht in der Mitte der Schwangerschaft eine ansehnliche Größe: aber doch beym ungebohrnen Kinde überhaupt eine von der nachwärtigen ziemlich abweichende Gestalt. Ihr Umriß nämlich ist dann noch nicht so wie nachher rhomboidal, sondern mehr Spindelförmig; ihre beyden Blätter stehen nach oben, ihrer ganzen Länge nach, noch weit auseinander, und schließen nach unten nicht in einen scharfen Rand, son - dern in eine länglichte Fläche.
Mit den Jahren schließen die beyden Blät - ter dichter aneinander, und wachsen zuweilen ganz zusammen; oder lassen wenigstens nur in der Mitte noch einen engen Zwischenraum oder nach vorn eine Spalte u. s. w. Zugleich wird aber dieses Blatt höher und kriegt die Gestalt eines geschobnen Vierecks, das sich dann füglich in vier Ränder abtheilen läßt: A) der obere; B) der vordere; C) der untere; und D) der hintere.
A) der obere Rand ist bey weiten der stärkste, bildet eine ausgefurchte Fläche, die zu beyden Seiten und theils nach hinten in ein paar platte rundliche Fortsätze auslauft. 232Die flach ausgefurchte Rinne, wodurch diese von einander abgesondert werden, nimmt den untern scharfen Rand des Keilbeins auf (§. 68.). Die Fortsätze aber legen sich an die cornua sphenoidalia. (§. 68. 78.)
B) der vordre Rand ist mehrentheils der längste und zugleich der zarteste: oft fein aus - gezackt oder wie durchbrochen u. s. w. Er dient nach hinten dem knöchernen septo des Siebbeins und nach vorn der knorplichen Scheidewand der Nase zur Anlage: und nimmt sie oft in eine gleichsam eingeschnittene Spalte auf, die noch von dem vormaligen Abstande der beyden abgesonderten Blätter (§. 150. 151. ) übrig bleibt.
C) der untre Rand ist gleichsam die Schneide der Pflugschar die in der obgedach - ten Furche der crista nasalis sowohl der Ober - kiefer (§. 108., als der Gaumenbeine (§. 117.) einliegtc)Dieser untre Rand der Pflugschar kann, wie ich an Beyspielen vor mir sehe, bey Leibesfrüchten durch eine Kopfwassersucht oder einen andern me - chanischen Druck die Oberkiefer und Gaumenbeine auseinander treiben, und dadurch wohl einen ge - spaltnen Gaumen verursachen..
D) der hintere Rand endlich, der die choana (§. 71.) in zwey Hälften scheidet, ist glatt und eben: fängt oben von den platten Fortsätzen des obern Randes (§. 152.) ziem - lich breit an, und lauft unten nach der spina palatina (§. 117.) scharf zu.
Jetzt zum Schluß der unbeweglichen Gesichtsknochen noch ein Wort ins besondre über die zur Aufnahme der Gesichts - und Ge - ruchwerkzeuge bestimmte Höhlen, die durch ihre Verbindung unter einander und mit den Knochen der Hirnschale gebildet werden. – Zuerst von jenen.
Die beyden Augenhöhlena)Die Augenhöhlen sind nur erst neuerlich in ihrem wahren Zusammenhang und Verhältnissen beschrie - ben worden. Außer dem wenigen was Winslow in den Mém. de l'Ac. des Scienc. de Par. v. 1721 davon gesagt, hat Camper zuerst hier - über Licht verbreitet in s. diss. physiol. de qui - busd. oculi partib. LB. 1746. cap. I. und dann unser unvergeßlicher Zinn in seinem classischen Werke cap. 7. (orbitae, oder wie sie Celsus nennt foramina oculo - rum) haben fast die Gestalt ein paar vierseitiger aber abgerundeter und schrägliegender Pyra - miden, die mit den Grundflächen nach vorn und mit den Spitzen nach hinten gerichtet sindb)Sömmerring Abbildungen des menschlichen Auges tab. III. fig. 1. und tab. VII..
So vielartig auch die individuelle Gestal - tung der Augenhöhlen in Rücksicht der Weite, Tiefe zumahl des respectiven Verhältnisses der Breite ihres vordern Randes zur Höhe dessel - benc)Ich habe Schädel an welchen der Umfang der Au - genhöhlen beträchtlich höher als breit ist, und andre wo hingegen die Höhe derselben von ihrer Breite auffallend übertroffen wird. variirt, so ist doch beyder ihre gegen - seitige Lage beym erwachsnen Menschen immer so, daß die beyden innern Wände derselben ziemlich parallel mit einander laufen und nur wenig von vorn nach hinten von einander divergiren: die äußern aber von vorn nach hinten sehr stark convergiren: die Decke zim - lich horizontal liegt: der Boden aber schräg von außen nach innen und zugleich von vorn nach hinten in die Höhe steigt.
Es sind sieben Knochen des Schädels durch deren Verbindung die Augenhöhlen zusammen - gesetzt sind:
1. die pars orbitalis des Stirnbeins näm - lich macht die Decke oder das Gewölbe (§. 19. 23.)
2. das planum orbitale des Oberkiefers (§. 109.) den größten Theil – und 3. die pars orbitalis des Gaumenbeins (§. 119.) den236 hintersten kleinen Winkel des Bodens dersel - ben aus.
4. die innere Fläche des Jochbeins (§. 126.) und 5. die superficies orbitalis der großen Flügel des Keilbeins (§. 70.) bilden die äußere Wandd)Außer dem Menschen haben meines wissens nur die Quadrumanen diese äußere Wand völlig geschlos - sen, und bey vielen derselben ist ihre orbita eben so fest verwahrt als beym Menschen: bey manchen Pavianen vielmehr noch robuster; so daß es Ein - schränkung leidet, wenn Haller sagt: hoc oculi tutamen in homine, quam in vllo alio ani - male quod ego nouerim, tutius. Bey den übrigen Säugethieren reicht das Joch - bein entweder gar nicht hinauf zum Stirnbein, (S. 217. N. c. ) oder die großen Flügel des Keil - beins treten auch nicht so weit seitwärts hervor, sondern die Augenhöle ist an den Schädeln dieser Thiere nach außen mehr oder weniger offen; und das, wie H. Geh. R. Sömmerring vermuthet um dem process. coronoideus des Unterkiefers der bey ihnen mehrentheils weit größer ist als beym Menschen oder Affen etc eine freyere Bewe - gung zu gestatten.Der Maulwurf hat gar keine eigentlichen Au - genhölen – da seine kleinen so lange ganz ver - kannten Augen ganz vorn unter der Haut liegen. Fast einen änlichen Bau habe ich bey der Zer - gliederung des kleinen Brasilischen Ameisenbären (myrmecophaga didactyla) gefunden, dem man auch kaum wahren Augenhöhlen zuschreiben kann.Die ungeheure Größe dieser Höhlen bey den mehresten Vögeln ist bekannt. Aber auch in Be - treff der Säugethiere ist es nicht ganz richtig wenn Haller sagt: homini maior quam vlli bestia - rum orbitae pars ossea est: denn schon die Katze237 hat nach Verhältniß weit größere Augenhöhlen, vollends aber so manche Makis.Von mächtiger Weite find die orbitae bey der Robbe (Phoca vitulina); hingegen auffallend enge beym Beutelthier (Didelphis marsupialis)..
6. das Thränenbein (§. 137.) aber, und 7. die pars papyracea des Siebbeins (§. 76.) die innere.
Die in den Augenhöhlen zu merkenden Gänge und Oeffnungen sind:
1. das foramen supraorbitale (§. 25.)
2. 3. die orbitalia interna (§. 25.)
4. das opticum (§. 72.)
5. das rotundum (§. 72.)
6. 7. die beyden fissurae orbitales, superior und inferior (§. 72.) die in Rücksicht der Weite und Länge gar sehr variiren;
8. der canalis infraorbitalis (§. 112.)
und 9. der Eingang des canalis lacrymalis (§. 112. 138.)
Die Nasenhöhlena)Die erste genauere Beschreibung und Abbildung der Nasenhöhlen im Menschen und verschiednen Thieren hat Casserius gegeben, de fabrica nasi im pentaestheseion. p. 115 sq. der Ausg. v. 1610.Unter den neuem s. außer den demnächst zu nennenden vorzüglich sam. aurivillii diss. de naribus internis. Upsas. 1760. (Nares internae) sind zwey dicht an einander liegende kurze aber sehr geräumige Gänge, von deren Sei - tenwänden und Decke mancherley gewundne Knochenblätter hinabragen. Sie werden durch die Scheidewand des Siebbeins (§. 78.), die Pflugschar (§. 147.), und die crista nasalis der Oberkiefer (§. 108.) und der Gaumen - beine (§. 117.) in zwey Hälften, die aber oft von ungleicher Weite sind (§. 78.) abge - theilt: und öffnen sich nach vorn durch die von den Oberkiefern und den Nasenbeinen gebildete Oeffnung; nach hinten aber durch die choana die aus der Verbindung des Keilbeins mit den Gaumenbeinen entsteht.
Diese Höhlen werben eigentlich durch fol - gende zwölf Knochen zusammengesetzt: durch239 vier gepaarte nämlich, und vier ungepaarte. Diese sind:
1. das Siebbein;
2. das Keilbein;
3. das Stirnbein;
4. die Pflugschar.
Jene: 5. 6. die Oberkiefer;
7. 8. die Gaumenbeine;
9. 10. Nasenbeine;
11. 12. die untern Muschelbeine.
Gewissermaßen kann man aber auch noch 13. 14. die Thränenbeinchen dazu rechnen.
Durch die Anlage der dreyerley Muscheln werden zu beyden Seiten der Scheidewand der Nasenhöhlen, nach außen, drey Bogenförmige Rinnen oder Gänge (meatus s. semicanales) gebildet, die über einander liegen, und meist in gleicher Richtung von vorn nach hinten laufenb)Mit diesem ganzen Abschnitt vergl. folgende Ab - bildungen: duverney oeuvr. anat. vol. I. tab. XIV. – v. haller tab. narium internar. im IV Fascic. der icon. anat. – santorini tab. posthum. tab. IV. – die Kupfertafel zu m. Prolus. de sinib. frontalib. – scarpa annotat. anatomic. L. II. tab. I. – und i. chr. rosen - müller descr. anat. partium externar. oculi hum. Lipl. 1797. 4. tab. I. II. III. V..
240A) der meatus inferior, unten, nah am Boden der Nasenhöhle, wird durchs untre Muschelbein bedeckt. – In seinen obern vor - dem Winkel öffnet sich der Ausgang des cana - lis lacrymalis.
B) der meatus medius lauft vor dem pro - cessus vncinatus des Siebbeins (§. 81.) und der großen Mündung des sinus maxillaris hin, und wird durch die sogenannte concha media des Siebbeins bedeckt. – Es öffnen sich in diesen Gang eben die gedachten großen sinus des Oberkiefers, und die Stirnhöhlen.
C) der meatus superior ist der kürzeste, lauft rückwärts über dem vorigen, wird durch die obere Muschel des Siebbeins gedeckt, und offnen sich in ihn sowohl cellulae ethmoideae als auch der sinus sphenoidalis.
Die Nasenhöhlen stehen eben durch die ge - dachten im meatus medius und superior be - findlichen Oeffnungen mit den sogenannten Schleimhöhlen in Verbindung, die vorzüglich den wichtigen Nutzen haben, daß im gesunden Zustande aus der Gefäßreichen Haut, womit sie ausgekleidet sind, ein wäßriger Duft abgeschie - den wird, der unmerklich durch die meatus herabfließt, und da die eigentliche Schneider - sche Haut womit die Muscheln überzogen sind,241 gleichsam bethaut, und dadurch für den Ge - ruch desto empfänglicher macht.
Ueberhaupt aber sind sie so vertheilt, und ihre Ausgänge öffnen sich nach so verschiednen Richtungen in die Nasenhöhlen, daß auch bey jeder veränderten Lage des Kopfs doch immer wenigstens die einen oder die andern ihren Duft auf die Geruchwerkzeuge abgeben könnenc)boerhaave praelect. in propr. institut. ad §. CCCCXCVII. vol. IV. p. 59. sq. – morgagni aduersar. anat. VI. p. 236..
Der großen – und nur in sehr seltnen Fällen beym erwachsnen Menschen fehlenden – Schleimhöhlen, sind viere:
A) die sinus frontales (§. 20 u. f.)
B) die maxillares (§. 111.)
C) die ethmoidei (§. 81.)
und D) die sphenoidales. (§. 69.)
Zu den kleinern nicht so beständigen Höh - len dieser Art gehören:
1) die Hallerischen cellulae orbitariae (§. 111.)
2422) der Santorinische sinus in der concha media des Siebbeins (§. 80.)
und 3) der oben beschriebne sinulus in der pars orbitalis des Gaumenbeins (§. 119.)
Die in die Nasenhöhle gehenden foramina sind außer den Mündungen der Schleimhöhlen:
1. die im durchlöcherten Querblatte des Siebbeins (§. 83.) in unbestimmter Anzahl.
2. die orbitalia interna (§. 25.)
3. die palatina antica (§. 112.)
4. der Ausgang des canalis lacrymalis (§. 108.)
und 5. das foramen pterygo-palatinum (§. 120.)
Dahin gehört zuförderst die incisura zygomatica, der so robuste Bogen, durch welchen das Jochbein mit dem Schlafbein befestigt wird, und welcher überhaupt viel zur Verbindung der Gesichtsknochen mit der eigent - lichen Hirnschale beyträgt. Ueberhaupt aber ist er von sehr verschiedentlicher Länge und Weite, jene hängt meist von der Form der fossa basilaris ab (S. 100. §. 7. N. e): diese hingegen vorzüglich von der Größe derjenigen Gruben in der Grundfläche der Hirnhöhle, welche die lobos cerebri medios aufnehmen. (§. 96.) Sind diese nach außen weit ausge - schweift, so ist die incisura zygomatica enger, – und umgekehrt.
Die übrigen merkwürdigen Oeffnungen an der Außenseite des Schädels sind:
1. die parietalia (§. 34.)
2. die supraorbitalia (§. 25.)
3. die infraorbitalia (§. 112.)
2444. das palatinum anticum (§. 112.)
5. die palatina postica nebst den beyden be - nachbarten Ausgängen für die kleinern canales pterygo-palatinos (§. 120.)
6. die canales vidiani (§. 72.)
7. die fissurae orbitales inferiores (§. 72.)
8. die foramina oualia (§. 72.)
9. die spinosa (§. 72.)
10. die Eingänge zu den canalibus caroti - cis (§. 49.)
11. die ausgerundeten glatten Gruben für die bulbos der venar. iugularium, und darneben die for. lacera (§. 49.)
12. die fissurae glaseri (§. 49.)
13. die äußern Gehörgänge (§. 49.)
14. die for. stylomastoidea (§. 49.)
15. das occipitale magnum (§. 45.)
16. die condyloidea antica (§. 45.)
17. die condyloidea postica (§. 45.)
18. die mastoidea (§. 49.)
Der Unterkiefera)galen. de ossib. pag. 15. [maxilla inferior s. mandibulab)vesal. cap. 10. fig. 1. 2. – eustach. tab. XLVII. fig. 5.] ist bey weiten der größte und der robusteste von allen Gesichtsknochenc)Beym Menschen ist der Unterkiefer, wie schon Vesalius anmerkt, kürzer als bey allen andern Thieren. Doch möchte ich fast noch den Elephan - ten davon ausnehmen, dessen Unterkiefer wenig - stens eben so kurz ist.Ausnehmend gros ist er hingegen schon bey vielen Affen; selbst bey einigen der Menschen - ähnlichsten; nun vollends beym Pferd ꝛc. und Hippopotam.Am allerungeheuersten aber scheint er mir beym Nil-Crocodil.; hat die bekannte parabolische Gestalt; und steht bloß mit dem Schlafbein in Verbin - dung, an welchem er auf die unten zu be - schreibende Weise eingelenkt ist.
Er sängt sehr früh an zu verknöchern, und zeigt sich schon bey sehr frühzeitigen Leibesfrüch - ten, aus dem zweyten dritten Monat nach der Empfängniß, in einer sehr ansehnlichen Größe,246 aber in einer Gestalt die von seiner nachheri - gen noch sehr abweicht. Ueberhaupt besteht er beym Fötus und beym neugebohrnen Kinded)fallopii observ. anat. p.36. – albini icon. oss. foetus tab. VI. fig. 43. 44. 45. – j. hun - ter's nat. hist. of teeth. tab. VIII. fig. 1. 4. 6. aus zwey abgesonderten Hälften, die vorn am Kinn an einander stoßen: ist auch wegen Man - gel hervorstehender Zähne dann noch sehr nie - drig, zumahl an den Seitentheilen: hat dann nur noch 12 Zahnzellen statt der nachherigen 16: u. s. w. Schon in den ersten Monaten nach der Geburt verknöchert die synchondrosis des Kinns aufs festestee)Bey vielen Thieren hingegen bleiben die beyden Hälften des Unterkiefers entweder noch späte oder theils gar für immer durch eine bloße Synchon - drose die sich in kochen oder maceriren leicht von einander giebt, verbunden. – So z. B. bey vielen reisenden Thieren ꝛc. – Auch beym Igel, bey vielen der kleinen Thiere mit Mauscartigen Ge - biß ꝛc. – Eben so bey den Wallfischen und Del - phinen u. s. w. die Kinnlade verwächst hingegen zu einem Stück bey den Quadrumanen, den Ele - phanten, beym Pferd, Rindvieh, Schwein u. a.m., und mit dem nach - wärtigen Ausbruch der Milchzähne wird auch die anfänglich elliptische Form des Knochen mehr und mehr zur parabolischen umgebildet.
Man theilt den ganzen Unterkiefer am füg - lichsten in den bogenförmigen Körper, und in247 die flügelartigen Fortsätze die an beyden En - den dieses Bogen in die Höhe stehen.
Jener begreift wieder das Rinnf)In der specifischen Form des menschlichen Kinnes glaube ich einen Hauptcharacter der Humanität gesunden zu haben. Nur beym Menschen ist es prominirend, mithin haben seine untern Alveo - lon verticale Richtung und folglich auch seine untern Vorderzähne aufrechte Stellung. Und darin kommen alle Raßen seines Geschlechts mit einander überein, da hingegen die Richtung der obern Schneidezähne gar verschiedentlich variirt z. E. bey der äthiopischen weit schräger läuft als bey der caucasischen. – s. Decas cranior. I. tab. VI. VII. VIII. und Dec. II. tab. XVII. XVIII. XIX. – Schon beym Orang-Utang und noch mehr bey andern Assen, vollends aber bey den übrigen Thie - ren ist das Kinn, (das überhaupt bey ihnen kaum diesen Namen verdient) mehr oder weniger zu - rückgezogen. – s. die IIIte Ausg. der Schrift de generis hum. varietate natiua p. 26 u. f. und den Orang-Utangsschädel in den Abbild. natur - historischer Gegenstände tab. 52. verglichen mit dem von der Georgianerin ebendaf. tab. 51. und Dec. cranior. III. tab. XXI.An letzterm zeigt sich zugleich ein sprechendes Wahrzeichen der individuellen Schönheit, näm - lich die üppige Fülle und Rundung des Kinnes die gegen das eckige scharfkantige an gemeinen Schä - deln auffallend contrastirt und hingegen mit der wunderschönen Form dieses Theils übereinstimmt so wie sich dieselbe an den edelsten Köpfen von alter griechischer Kunst zeigt, von welchen ich einen der mit eben zur Hand liegt, als Muster anführen248 darf, den der Arethusa (oder Proserpina) auf den großen Silbermünzen von Syrakus, der durch Tassie's und Mionnet's Paften bekannt genug ist, und dessen Schönheit wie sich Winkelmann aus - drückt,„ alle Einbildung übersteigt. “ und am obern Rand die untre Reihe Zahnzellen (limbus alueolaris) die in Rücksicht ihres Um - fangs und des Bogens den sie macht vollkom - men mit der im Oberkiefer (§. 110.) zusam - men paßt. – Er wird zu beyden Seiten von den daran gränzenden Fortsätzen durch den sul - cus obliquus abgesondert neben welchem nach innen ein rauher Rand zur Anlage des bucci - nator hinlauft. – Vorn am Kinne an der ehemahligen Synchondrose (§. 170.) ist auf der innern Seite eine mehr oder minder merk - liche stumpfe Spitze (spina mentalis interna), die von der Anlage des genioglossus und genio - hyoideus ausgewürkt wird; und daneben am untern Rande zwey flache Gruben für den bi - venter des Unterkiefers.
Die flügelartigen Fortsätze (§. 171.) fan - gen zu äußerst nach unten mit dem großen Winkel an, der nach dem Ohre hinaufsteigt und dessen verschiedne Richtung so viel zum cha - racteristischen der Gesichtsbildung beyträgtg)Lavater's Fragmente IV. B. S. 145..
Nach außen ist er flach und dient da zur Anlage des masseter. – An der innern Seite249 des hintern Randes sind rauhe Eindrücke von der Befestigung des pterygoideus internus.
Der Fortsätze worein sich dieser Flügel noch theilt sind zwey. Der coronoideus und der condyloideus.
Jener liegt nach vorn, und hat die Gestalt eines flachen rückwärts gebogenen Hacken, der von einer breiten Wurzel entspringt und oben ziemlich spitz zulaufth)Etwa die Ameisenbären, das Hasengeschlecht, die Schweine, Elephanten, und cetacea ausgenom - men, haben wohl die mehresten übrigen Säuge - thiere größere und höhere processus coronoideos als der Mensch. – Bey manchen, wie z. B. bey der Giraffe sind sie von ganz auffallender Länge.. Er kommt in die incisura zygomatica zu liegen, und dient vor - züglich dem temporalis zur Anlage.
Sein hintrer ziemlich scharfer Rand ist bogenförmig ausgeschnitten (incisura sigmoi - dea) und verlauft sich in den processus condy - loideus mittelst dessen der ganze Unterkiefer mit dem Schädel eingelenkt ist.
Diese beiden condyli sind ein paar rund - liche aber flachgedruckte Köpfe, die auf einem engern Halse aufstehen, und in die Breite von außen nach innen und zugleich in etwas nach hinten gerichtet sind, so daß sie nicht in gleicher250 Linie neben einander, sondern von vorn nach hinten stumpf convergirend laufeni)Von der verschiednen Bildung dieser condylorum bey den Thieren hängt die eben so verschiedne Beweglichkeit ihrer Kinnladen ab. Rundliche Knöpfe machen eine Art arthrodia (Th. I. §. 106.) und gestatten folglich eine vielseitige Bewegung. – Sehr breit in die Quere laufende hingegen bilden gleichsam einen ginglymus (Th. I. §. 105.) mithin eine weit eingeschränktere, bestimmtere, einseiti - gere Einlenkung. – Jenes ist der Fall bey vielen Herbivoren, besonders beym Elephanten, Biber ꝛc. – Dieses hingegen bey den reißenden Thieren. – Beym Dachs greifen die Ränder der Rinne in welcher der walzenförmige condylus wie in einem Gewinde läuft, so weit über denselben her, daß der Unterkiefer selbst nach der Maceration nicht abfallen kann.Bey den Wallfischen und andern cetaceis ste - hen die condyli gar nicht in die Höhe, sondern liegen ganz flach nach hinten.Am allersonderbarsten habe ich diese Einlen - kung am americanischen Crocodil gefunden, da sie viele Aenlichkeit mit der Articulation des Ober - arms und der Ellenbogenröhre beym Menschen hat: die condyli nämlich sind fast wie das obre Ende der vlna ausgeschweift, und passen in ein convexes Gewinde des Schädels ein, das ebenfalls der trochlea am untern Ende des humerus ähnelt..
Ueber die Art wie diese Knöpfe mit dem Schlafbeine eingelenckt seyenk)jul. leop. th. f. zincken dictus sommer de maxillae inferioris luxatione. Gotting. 1794. 4. besonders ob sie mehr in der cauitas oder mehr am tuber - culum articulare desselben (§. 49.) liegen, ist251 ehedem viel gestritten wordenl)Die alte Meinung war daß die condyli in den Gruben selbst lägen. – Und der pflichteten auch Albinus, Ferrein in den Mém. de l'Acad. des Sc. v. 1744. u. a. bey.Der erste der hingegen die Einlenkung der Knöpfe mit dem tuberculo artic. des Schlafbeins behauptete, war der genaue Leidner Zergliederer J. J. Rau; s. albini vitam Ranii vor dem catal. supellectil. anat. Rauian.Umständlich über die ganze Streitfrage s. hal - ler ad boerhaav. praelect. in institut. propr. vol. I. p.142. sq. und die elem. physiol. vol. VI. pag. 8. sq.. Der Au - genschein lehrt aber daß sie mit beyden verbun - den sind. Bey geschloßnem Munde liegen sie mehr in den Gruben, bey geöffneten Munde aber werden sie mehr vorwärts gegen die Hügel gezogen.
Im Gelenke selbst liegt eine ausgehölte bewegliche Knorpelscheibem)Dieser meniscus ist schon von car. stephanus de dissect. part. corp. hum. Paris. 1545. fol. p. 37. beschrieben. Auch von Vesalius cap. 10. p. 55. abgebildet. – Genauer aber in morgagni adversar. anat. II. fig. 1. 2. 3. (Th. I. §. 92.), wodurch der Unterkiefer elne leichtere und aus - gedehntere Bewegung erhält, so daß er nicht nur im Bogen auf und nieder gehen, sondern auch vorwärts und wieder zurück, auch seit - wärts hin und wieder, und sogar wie im Kreis geschoben werden kannn)Das Schwinden dieses meniscus und die Ab - sorbtion der knorplichten Articulations-Rinden ist zuweilen ein äußerst lästiges vermuthlich Gichtar -252 tiges und namentlich in manchen Gegenden am Niederrhein nicht seltnes Uebel, wobey die Kran - ken bey jeder Bewegung der Kinnlade, im sprechen, zumahl aber im Kauen über ein unleidliches Ge - räusch in den Ohren klagen, als ob Holz gesägt oder Blech gefeilt würde ꝛc. f. Leidenfrost in Duisb. 1785. 4..
Noch sind am Unterkiefer die zweyerley Mündungen des Canals zu merken, in welchem der neruus maxillaris inferior vom dritten Ast des fünften Paares, nebst den beyderley Blutgefäßen gleiches Namens laufeno)Durch diesen Canal erhalten zwar die Zähne ihre Gefäße und Nerven; er findet sich aber auch bey völlig zahnlosen Säugethieren wie bey den Amei - senbären und bey den eigentlich sogenannten Wall - fischen (balaena mysticetus etc). Die Unterkie - fer dieser letztern werden insgemein für Wallfisch - rippen angesehen; ein seltsamer Irrthum, den aber schon Wilh. Rondelet, ein treflicher Zer - gliederer, widerlegt hat, de piscib. Lugd. 1554. fol. pag. 53.. Nach hinten und innen nämlich, ohngefähr in der Mitte der Seitenflügel das for. maxillare posticump)io. fr. meckel de quinto pare neruor. cerebr. pag. 87. sq. als der Eingang dieses Canals; von da auch noch eine Furche für den neruus mylohyoideus nach vorn schräg herabsteigt: und dann zum Ausgang das for. mentale s. maxillare anticum an der Außenseite des Kinns, vorn ohngefähr unter dem zweyten Backenzahn.
Ohngeachtet es, wie schon Galenusa)De ossib. ad tyrones p.13. sq. erinnert, eine bloße Spitzfindigkeit seyn würde, wenn man die Zähneb)Bloß den rothblütigen Thieren kann man wahre Zähne zugestehen. Was bey den Insecten und Würmern so genannt wird, ist ganz von der Sub - stanz würklicher Zähne verschieden.Unter den rothblütigen fällt ferner die ganze Classe der Vögel aus, als welche sämmtlich ohne alle Ausnahme zahnlos sind.Und selbst unter den übrigen drey Classen, nämlich unter den warmblütigen Säugethieren und unter den kaltblütigen Amphibien und Fischen giebt es doch auch noch zahlreiche Ausnahmen von ungezähnten Geschlechtern. – Denn Haller's Aeußerung (elem. physiol. vol. VI. p.19.) als ob alle warmblütige vierfüßige Thiere mit Zähnen versehen wären, leidet beträchtliche Ausnahmen; da bekanntlich die Ameisenbären und die Formo - sanischen Schuppenthiere (manis) keine Zähne haben; eben so wenig als die eigentlichen Wallfische.Und so halte ich auch das wundersame Schna - belthier von Botanybay für zahnlos, von dessen ganz anomalischen Kauorganen, (die weder sub - stantia vitrea noch ossea, weder Wurzeln noch Alveolen haben und die Hr. Home dem allem ohngeachtet für Zähne ausgegeben, und dennoch selbst ihre Structur mit der von der innern Haut des Hühnermagens vergleicht), ich in Voigt's neuen Magazin IV. B. S. 719 u. f. gehandelt habe. gar nicht zu den254 Knochen rechnen wolltec)Sie sind doch allemahl Knochenartig, so gut als Nußschale holzartig ist, wenn gleich zwischen einer Nuß und dem Holz ihres Baums ein großer Unterschied bleibt.: so zeichnen sie sich doch durch so besondre Eigenschaften von den übrigen Knochen aus, daß ihre ganze Ge - schichte billig besonders abgehandelt werden mußd)Aus dem Heer von Schriftstellern über die Zähne überhaupt nenne ich nur zweye statt aller: eu - stachii libellus de dentibus. Venet. 1563. 4. und i. hunter's natural History of the human Teeth Lond. 1771. 4. m. Kupf. und das sup - plement dazu, eben das. 1778..
Schon ihre Substanze)Ueber die Textur der Zähne s. so wie über die Organisation der Knochen überhaupt die drey clas - sischen coaetaneos, Malpighi, Gagliardi, und Havers in den oben (Th. I. S. 45. N. a) ange - führten Schriften. unterscheidet sie von andern Knochen. Man theilt dieselbe wieder in die Knochenartige (substantia ossea); und in die Schmelzartige (substantia vitrea): denen man aber füglich noch die dritte näm - lich die Hornartige (substantia cornea) zuzäh - len kann.
Die substantia ossea macht bey weiten den größten Theil eines Zahns, nämlich sein gan - zes corpus bis auf das Ende der Wurzeln und255 die Glasur der Krone aus. Sie ist zwar weicher als der Schmelz, aber doch immer weit härter als irgend ein andrer Knochen; ohne Markzellen; auch von ganz andern weit com - pactern Kornf)Ueberhaupt sind die Zähne die einzigen Theile des Gerippes die auch in der Osteosarcosis (Th. I. S. 49.) unverändert bleiben., und auf dem frischen Bruche stralicht, mit matten Glanze, wie ein sehr fester Zeolith: übrigens ziemlich kreiticht - weiß, und völlig undurchsichtig.
Die substantia vitrea, oder der Schmelz, die Glasur, das Emaille der Zähne (exter - num inuolucrum malpigh. ), ist bey weiten der allerhärtesteg)So hart, daß sie theils am Stahl Feuer schlagen wie schon Th. Bartholin und Gagliardi be - obachtet, s. des erstern histor. anatomicar. rarior. cent. II. obs. 24. und des letztern anat. ossium p.62. Auch Broussonet in Voigt's Magaz. für die Naturk. IV. B. 3. St. S. 180., und wie es scheint, zu - gleich der allermindst-organisirteh)Im verdünnten Salpetergeist und ähnlichen mine - ralischen Säuren schwindet der Schmelz der Zähne nach und nach völlig, ohne wie andre Knochen eine solche Grundlage von Schleimge - webe zu hinterlassen. – S. Herissant in den oben (Th. I. S. 11. N. i) genannten Abhandlungen. – Auch I. Christl. Remme's Zweifel und Erinne - rungen wider die Lehre von der Ernährung der festen Theile. Halle, 1778. 8. S. 76 u. f. gefäßloseste von allen festen Theilen des menschlichen Kör -256 pers. Nächst der Oberhaut und den Nägeln und Haaren wohl der einzige der nicht einmahl eine Grundlage von Schleimgewebe hat, und ver - muthlich eben deßhalb nebst den eben gedachten partibus similaribus auch der einzige welcher dem Zutritt der Luft ausgesetzt seyn kann. Er bekleidet die sogenannte Krone des Zahns, und unterscheidet sich sehr sichtlich von der Knochen - artigen Substanz, sowohl durch das ungleich festere Porcellanartige Ansehn, als durch die mehr milchweisse Farbei)Zweye meiner Freunde, der sel. Camper und der würdige D. S. f. Simmons glaubten die unge - wöhnlich milchblaue Farbe der Zähne für ein Zeichen der Lungensucht ansehen zu können, das hingegen D. Reid in seinem trefflichen Werke on the phthisis pulmonalis nur selten und oft gar nicht bestätigt gefunden zu haben versichert. – Ich habe genau auf dieses Zeichen geachtet, und bey einigen Lungensüchtigen im ganzen Lauf ihrer Krankheit keine merkliche Spur davon, hingegen bey andern Personen die doch keine Anlage zu diesem Uebel hatten, diese auffallend weiße Farbe entstehen gesehen, wenn sie die Hallerschen Tropfen oder andre saure Arzneyen eine zeitlang anhaltend gebraucht hatten. – Nachher habe ich auch durch Versuche gefunden, wie leicht man noch so gelben ausgerißnen Zäh - nen durch kurzes einbeizen in Mynsichtisches oder Dippelsches Elix. und dergl. eine milchblaue halb - durchsichtige Farbe geben kann. – Es fragt sich also ob nicht vielleicht überhaupt diese Farbe der Zähne mehr vom Gebrauch solcher Arzneyen, (– so wie bey vielen Landleuten vom Genuß des gesäuer - ten schwarzen Brodes –) als von einer Verderb - niß der Lungen herrührt., und durch die Richtung seiner Fasern, die nicht der Länge257 nach laufen, sondern alle nach dem Mittelpunkt gerichtet sind, und sich auf dem Bruche ohn - gefähr wie die am faserigen Kalksinter aus - nehmen.
Die substantia cornea macht endlich den - jenigen – von beyden vorhergehenden sehr leicht zu unterscheidenden – Theil aus, womit die Wurzeln der Zähne (und zwar der kern - gesundesten sowohl als vieler schadhafter) zu - mahl nach den Endspitzen zu bekleidet sind. Er ist der weichste von allen dreyen, so daß er sich, wenigstens weit leichter als die knöcherne Substanz mit dem Messer schneiden läßt; halb-durchsichtig wie ein dünnes Horn; und von ganz andrer Farbe als die übrigen Substanzen, fast Wachsgelb. Endlich zeigt er auch auf dem Bruche kein faseriges Gefüge, sondern bloß einen Fett-Glanz fast so wie der frische Bruch des Pechsteins ꝛc. Ein Hauptnutze dieser Substanz ist wohl daß sie die knochenartige der Wurzel welche von ihr umkleidet wird, für dem Verwachsen mit der Zahnzelle sichert.
In Rücksicht der äußern Gestalt theilt man überhaupt jeden Zahn in seine Krone, Hals und Wurzel.
258Die mit dem Schmelz überzogne Krone ist der einzige Theil des ganzen Gerippes der von Beinhaut entblößt und der äußern Luft ausgesetzt ist.
Den Hals nennt man denjenigen Rand, an welchem das Zahnfleisch anschließt.
Die Wurzel endlich, den mit der hornich - ten Substanz bekleideten Theil, womit der Zahn in den Zahnzellen gleichsam wie einge - nagelt steckt (Th. 1. §. 100.)
Jeder Zahn enthält in seiner Mitte eine kleine Höhle, die im ganzen genommen der Form des Zahnes selbst entspricht, und sich mit schmal zulaufenden Gängen in den äußersten Enden der Wurzeln öffnetk)fallop. l. c. p.39. b. – eustach l. c. p. 60 sq..
Die Höhle selbst ist mit einer weichen Haut ausgekleidet, die eben durch die gedachten Gänge feine Nervenfäden und Blutgefäße erhältl)monro on the nervous System tab. XXV..
Man theilt die Zähne nach ihrer Lage und der sich darauf beziehenden Bildung in drey259 Classenm)Diese Eintheilung gilt bloß vom Gebiß der warm - blütigen vierfüßigen Thiere. – Schon bey den Delphinen sind die zahlreichen Zähne womit der ganze limbus alneolaris beyder Kiefer besetzt ist, von einerley Bildung.: A) Schneidezähne; B) Eck - zähne; und C) Backenzähne.
Die Schneidezähnen)Außer den obgedachten völlig zahnlosen Thieren gehen manchen andern doch die Vorderzähne ab: wie den Faulthieren, Armadillen ꝛc.Andern fehlen wenigstens die Vorderzähne im Oberkiefer, wie den Bisulcis.Aber auch in der Anzahl und Bildung und Richtung dieser Classe von Zähnen zeigt sich bey den verschiednen Geschlechtern der Säugethiere nach der Erforderniß ihrer Lebensart und Nah - rungsmittel mannichfaltige Verschiedenheit. – Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewöhnlich 6 in jedem Kiefer, mit ausgezackten Kronen, die wie Zangen fest auf einander greifen. – Die na - genden Thiere (glires linn. oder scalpris den - tata hunt. ) unter den Digitatis und Palmatis haben nur Ein Paar Schneidezähne in jedem Kie - fer mit überaus scharfen, meiselartigen Schneiden; das untere Paar hat fast eine pfriemenförmige Gestalt, und zu der großen Kraft die es beym Nagen anwenden muß außerordentlich lange Wur - zeln, die z. E. bey der gemeinen Hausmaus fast die ganze Länge des Unterkiefers hoben. (oder Vor - derzähne, incisores s. primores) haben mei - selartige Kroneno)Daß hierin zumahl bey bejahrten Personen viele in - dividuelle Verschiedenheit herrscht, braucht keiner260 Erwähnung. – Man sieht täglich Menschen mit überaus stumpfen, und andre mit ungemein schar - fen Schneidezähnen u. s. w.Aber das ist merkwürdig, daß ganzen Natio - nen die eine oder die andre Form dieser Art von Zähnen eigen scheint. – So habe ich z. B. schon vor 25 Jahren an mehrern Mumien-Schädeln, die sowohl in Rücksicht der so sehr characteristischen altaegyptischen National-Physiognomie, als der Art der Balsamation, alle Zeichen der frühesten älte - sten Zeiten zu haben schienen, die Vorderzähne in beyden Kiefern nicht meiselartig, sondern von der Gestalt wie kurze abgestumpfte Kegel mit flachen Kronen gefunden. Da man mehrere Jahr - tausende hindurch und unter so verschiednen Völ - kern Mumien gemacht, so versteht sich wohl von selbst daß nicht alle Mumien solche sonderbare Zähne haben können: aber die Bemerkung kann vielleicht unter andern eben dazu dienen, die Mumien aus den ältesten Zeiten von nachwärti - gen neuern zu unterscheiden u. s. w. Mehreres darüber habe ich in den Observations on some Egyptian Mummies opened in London in den Philosophical Transactions v. 1794. P. II. p. 184 u. f. gesagt.Aehnliche Zähne hat Winslow an einem Schädel von Hond-Eyland, (in der Disko-Bucht an der Westküste von Grönland) beschrieben, in den Mém. de l'Acad. des Scienc. de Par. 1722. pag. 324 sq. – und dünne einfache Wurzeln.
Es sind ihrer viere in jedem Kiefer; und die im obern stehen meist vor den untern et - was hervorp)In Dühalde's Descr. de la Chine vol. II. p. 275. und in Osbeck's Reise nach Ostindien ꝛc. S. 226. werden den Schinesen besonders hervorstehende ohre Vorderzähne zugeschrieben. Das habe ich nun weder bey 21 Schinesen die ich in Amsterdam lange und genau zu sehen Gelegenheit gehabt, noch261 an einem übrigens ausnehmend characteristischen Schädel eines 30jährigen Mannes von diesem merkwürdigen Volke irgend auffallend gefunden, den ich vor kurzen nebst mehrern andern von Ostindischen Völkerschaften durch die Güte des Hrn. D. Jassoy Stadtphysikus zu Batavia er - halten; wohl aber zeichnet sich dieser Schädel unter andern durch eine sonderbare gleichsam kuglichte Wölbung des Vordertheils der Oberkiefer und die damit correspondirende eigne Krümmung der darin sitzenden Schneidezähne aus.; sind auch mehrentheils breiter als diese, wenigstens das mittlere Paar. Haben auch (so wie überhaupt die obern Zähne) größere Wurzeln als die untern. – Daß die aufrechte Stellung der letzteren einen Haupt - character der Humanität ausmache ist schon oben gedacht (S. 247. N. f)
Die Eckzähneq)Auch die Eckzähne fehlen entweder manchen Säu - gethieren gänzlich, wie den auf der vorletzten Seite genannten Mäusen und andern nagenden Thieren: oder sie sind doch sehr klein wie beym Pferd. – Von ansehnlicher Größe und ausnehmender Stärke sind sie bey den reißenden Thieren; aber auch bey den mehresten Affen. – Das gemeine Schwein hat die größern Fänge im Unterkiefer: der Hirsch - eder (Babirussa) aber außer diesen auch die eignen parallelen fast in Cirkel gebognen langen Eckzähne im Oberkiefer. – Am allersonderbarsten aber zeich - nen sich die ungeheuren Hauzähne des furchtbaren Eders im innern von Südafrieg (Sus aethiopi - cus) besonders auch in ihrer Substanz und Ver - bindungsart von den eben gedachten aus. An einem mächtig großen Schädel dieses famosen262 Thiers den ich so eben in einer reichen Sendung Capscher Naturseltenheiten von der Güte des Hrn. Pastor Hesse in der Capstadt erhalten, haben die fast 9 Zoll lang aus ihren Alveolen seitwärts her - ausstehenden, wie Ochsenhörner gekrümmten obern Hauzähne gleichsam Elfenbeinsubstanz, die untern hingegen sind nur 4 Zoll lang und wie bey dem gemeinen Schwein mit Schmelz überzogen und schließen so dicht an eine genau damit correspirende Fläche jener obern an daß sie zusammen auf den ersten Blick gleichsam nur Einen Zahn auszu - machen scheinen.Die Bären, der gemeine sowohl as der Eisbär (auch der Waschbär und der Dachs) haben hinter den großen Eckzähnen in beyden Kiefern noch einige ganz kleine von sonderbarer Bildung, die hingegen dem präadamitischen foßilen Höhlenbär (Vrsus spelaeus) abgehen. (oder Spitzzähne, Hundszähne, canini s. laniarii s. cuspidati) haben conische, stumpfzugespitzte aber überaus robuste Kronen; und zwar auch nur einfache, aber dabey sehr starke seitswärts zusammenge - druckte Wurzeln, die vorzüglich bey denen im Oberkiefer, (den sogenannten Augenzähnen) von ansehnlicher Länge sindr)Auch haben die Eckzähne das vorzügliche, daß sie seltner als die übrigen vom Beinfraß angegriffen werden..
Sie liegen zunächst an den Schneidezäh - nen, auf jeder Seite einer, und zwar mit den Wurzeln etwas mehr nach vorn oder außen, daher auch ihre Zahnzellen in beyden Kiefern, zumahl bey Kindern in etwas protuberiren.
Der Backenzähne (oder Stockzähne molares s. malares s. genuini) sind fünfe auf263 jeder Seite; die aber untereinander selbst wie - der merkliche Verschiedenheit zeigens)Die Backenzähne der Sängethiere zeigen zumahl in Bildung ihrer Kronen überaus viel merkwür - dige Verschiedenheiten, die den Nahrungsmitteln wozu sie bestimmt sind, aufs genauste angemessen sind.Bey den reißenden Thieren, zumahl aus dem Hunde - und Katzengeschlecht sind die Kronen wie beym Menschen und den Quadrumanen ganz mit Schmelz überzogen, überdem aber scharf schnei - dend ausgezackt und die untern gleiten im Kauen dicht neben den obern vorbey, fast wie die bey - den Blätter einer Scheere, wodurch das rohe Fleisch, zähe Sehnen u. s. w. gleichsam zerschnit - ten werden. – Der Bär, der sich aus beyden Reichen nährt, hat schon breitere Kronen, deren Zacken mehr gerade auf einander schließen.Auch die menschenähnlichsten Affen haben doch weit scharfzackichtere Zähne als der Mensch, wie ich z. B. aus der Vergleichung eines ausnehmend schönen Schädels des wahren Orang-Utang, (womit Hr. D. von Marum meine Sammlung bereichert hat), mit allen meinen Nationalschädeln ersehe.Die bloß grasfressenden Thiere dieser Classe, haben breite Kronen, die aber auf der Oberfläche nach eignen meist geschlängelten Richtungen ausge - furcht und durchschnitten sind, so daß auch Knochensubstanz auf der Endfläche derselben zu sehen ist. Da bey den wiederkauenden der Un - terkiefer ungleich schmähler zuläuft als der obere, so passen die Backenzähne der beyden Kiefer nicht auf einander, sondern werden erst durch die Sei - tenbewegung des Unterkiefers abwechselnd an ein - ander geschoben und dadurch das Gras ꝛc. zerrieben.Bey den Elephanten-Gattungen sind die Kro - nen der Backenzähne sehr breit: nur die substan - tia ossea etwas vertieft und bey der Africanischen wie mit rhomboidalen bey der Asiatischen aber mit geschlängelten Leisten von substantia vitrea belegt. s. die Abbild. naturhistor. Gegenstände tab. 19. fig. B. C. .
264Die beyden vordern nämlich, die zunächst auf die Eckzähne folgen, und die J. Hun - ter mit dem besondern Namen bicuspides be - legtt)Schon Mundinus trennte diese beyden sogenann - ten bicuspides von den drey hintern eigent - lichen Backzähnen, und nannte jene maxillares und hingegen nur diese molares p.370. b. der Ausg. mit Berengar's comment.Auch Leon. da Vinci hat in seinen bewun - dernswürdigen anatomischen Handzeichnungen von welchen ich in der medicin. Biblioth. III. B. S. 241. und 728. Nachricht gegeben die mensch - lichen Zähne in vier ordines abgetheilt und die bicuspides von den eigentlichen molaribus un - terschieden., haben kleinere Kronen, auf der Mitte mit einer meist halbmondförmigen Grube; und flachgedruckten der Länge nach tief eingefurch - ten Wurzeln mit zwey Spitzen.
Die hintern dreye hingegen haben breite, mehrentheils auf der Oberfläche mit einer Kreuzfurche durchschnittne Kronen mit stum - pfen Ecken; und zackichten Wurzeln; die im Unterkiefer nämlich meist mit zwey Zinken, die im obern aber gewöhnlich mit dreyenu)Eine überaus genaue und für dir Zahnärzte wich - tige Tabelle über alle Verschiedenheiten bey den Wurzeln der Backenzähne hat Eustach gegeben de dentib. pag. 33. 37..
Die erste Gestalt, unter welcher sich bey der unreifen Leibesfrucht die Anfänge der künftigen Zähne zeigen, ist die von kleinen265 hohlen eckichten Schalen, die in einer dicken schleimichten gefäßreichen Haut der Zahnzellen wie in kleinen Säckchen eingeschlossen liegenx)S. des ber. Leidner Lehrers io. iac. rav disp. de ortu et regeneratione dentium L. B. 1694. eine meisterhafte Schrift, die auch im VI. B. der Hallerschen Samml. wieder abgedruckt ist, – und dann Herissant sur la formation de l'Email des dents, et sur celle des gencives, in den Mém. des Sc. de Par. v. 1754. pag. 429 sq. tab. XVI. fig. 1. 2..
Diese kleinen Schalen machen die Grund - lage desjenigen Theils der substantia ossea aus, der in die Krone des Zahns zu liegen kommty)fallopius l. c. pag. 40 sq. eustachius l. c. pag. 50 sq..
Die vitrea wird weit später theils aus dem häutigen Säckchen worin diese Grundlage ein - geschlossen ist, darauf ergossenz)herissant l. c. tab. XVI. fig. 3.: theils aus der äußern Oberfläche derselben gleichsam aus - geschwitzta)Ungemein anschaulich sehe ich dieß an einem Milch - backenzahn eines jungen Elephanten in meiner Sammlung, auf dessen obern Ende das Email in Gestalt unzähliger dicht an einander liegender kur - zen Zäpfchen aus der substantia ossea ausschwitzt: es hat fast das Ansehen wie der samtartige Ueber - zug an den Schilfkolben (typha palustris max.), Eine Abbildung davon habe ich in der Preis - schrift über die Nutritionskraft, St. Petersb. 1789. 4. S. 16. Fig. 1. gegeben..
Die substantia cornea macht den Beschluß und wird erst nach dem Ausbruch der Kronen zuletzt gebildet.
Die ersten oder sogenannten Milchzähne werden bekanntlich mit den Jahren gegen die nachherigen perennirenden Zähne gewechseltb)S. über dieses ganze merkwürdige Geschäfte außer den angeführten Schriftstellern, besonders io. andr. ungebauer (Praes. i. e. hebenstreit) diss. de dentitione sequnda iuniorum. Lips. 1738. c. f. ac. die auch im VII. B. der Hallerschen Sammlung befindlich ist. – io. godofr. jancke Diss. I. II. de ossibus mandibularum puerorum septennium. Lips. 1751. c. f. ae. – und albini annotat. academ. L. II. cap. 1. 2. 3. tab. I. II..
Zu beyden Arten aber werden die ersten Grundlagen schon großentheils bey der unge - bohrnen Leibesfrucht gebildet. Die zu den 20 Milchzähnen nämlich schon in den vier letzten Monaten der Schwangerschaft. Die aber zu den nachwärtigen dauerhaftern Zäh - nen theils auch schon in den letzten beyden Monaten des Aufenthalts in Mutterleibe; theils vollends nach der Geburt in den Kin - derjahren.
Das Hervorbrechen der Milchzähnec)S. Hrn. Hofr. Sternberg's Erinnerungen und Zweifel gegen die Lehre der Aerzte von dem schwe - ren Zahnen der Kinder. Hannov. 1802. 8. m. K. erfolgt in den ersten Lebensjahren gewöhnlich in folgender Ordnungd)So wie überhaupt kein andres Thier in der Natur außer dem Menschen so sehr lange Kind bleibt,267 so spät erst auf seine Füße treten lernt, so sehr spät mannbar wird u. s. w. so sind auch alle Ter - mine des Zahnens bey ihm in Vergleich gegen andre ihm irgend ähnliche Thiere ganz auffallend verspäter.):
Zu allererst zeigen sich, meist zu Ende des siebenten Monats das mittlere Paar der untern Schneidezähne – und ein paar Wochen nach - her das obere.
Wieder etliche Wochen später das äußere Paar Schneidezähne: – ebenfalls die untern gewöhnlich zuerst.
Zu Ende des ersten Jahres die Eckzähne.
Nach fünf Vierteljahren die ersten Backen - zähne.
Und zu Ende des zweyten Jahres dann die übrigen Backenzähne.
Die Zahl der sämmtlichen Milchzähne ist von manchen auf 20 von andern auf 24 gesetzt wordene)fallopius l. c. pag. 39. b.. Die Sache kommt darauf naus, daß allerdings Kinder von etlichen Jahren sehr oft schon 24 Zähne haben, nämlich drey Backenzähne auf jeder Seite: und daß man auch schon in den beyderley Kinnladen unge - bohrner Kinder eben so viel Zahnzellen unter - scheiden kann (§. 105. und 170.), daß aber268 auch in diesen Fällen dennoch nur 20 davon gewechselt werden, und hingegen der äußerste auf jeder Seite perennirend bleibt.
Sonderbar ist dabey, daß die beyden zu wechselnden Backzähne jeder Seite sowohl in Rücksicht der größern Kronen als der viel - zackichten Wurzeln nicht sowohl denjenigen Zähnen die nachher ihre Stelle einnehmen sollen (die Hunterschen bicuspides), als den beträchtlich größern äußersten Backenzähnen ähneln.
Im siebenten und den folgenden Jahren werden die Zähne gewechselt. Die Milch - zähne nämlich fallen allgemach aus, und die für die übrige Lebenszeit bestimmten nehmen dagegen die Stelle derselben ein.
Den ausfallenden scheint die Wurzel wie abgebrochen; es fehlt ihr fast die ganze sub - stantia cornea. Man hat das ehedem so erklärt, als ob sie durch die Krone des neuen nachsol - genden Zahnes der herauszubrechen strebt, gleichsam abgeschliffen würde. Das ist aber nicht. Die Wurzel schwindet ehe sie von der Krone des neuen Zahns berührt werden kann: beyderley Zähne sind noch dazu anfangs durch eine knöcherne Querwand von einander abge - sondert: auch liegen die Zellen der neuen269 Zähne nicht gerade unter den Zellen der Milchzähne, sondern ehe zwischen denselben, und etwas mehr zurück nach hinten. – Ueber - haupt aber werden die Milchzähne gar nicht von den nachfolgenden fortgestoßen, sondern von der Natur selbst als nun todte überflüssige Theile ausgeworfenf)Von diesen und andern Beweisen der Lebenskraft in den Kiefern bey Bildung der Zahnzellen ꝛc. s. fallopius l. c. pag. 37., so wie man noch nach - her ohngefähr das gleiche beym Verlust der Zähne im hohen Alter, oder auch zuweilen noch auffallender bey dem Triebe sieht, womit die Natur zurückgebliebne Wurzelstifte von hohlen Zähneng)ruysch obseruat. anat. chirurg. p.78. fig. 66. Ich habe vollkommen ähnliche Beyspiele, zumahl am Unterkiefer einer zwanzigjährigen Person vor mit. aus den Zahnzellen heraus - treibt und auswirft.
Diese nun gewechselten neuen bleibenden Zähne sind im ganzen genommen größer und robuster als die Milchzähne, haben zumahl stärkere Wurzeln u. s. w. Die alleräußersten, nämlich die sogenannten Weisheitszähne kommen bekanntlich theils späte, (und auch dann gewöhnlich die Untern eher als die Obern) theils aber gar nicht zum Durchburch. Zuwei - len fehlen sie ganz: so wie hingegen manchmahl270 überzählige Zähne bemerkt werden; theils gar an ungewohnten Stellen der Kinnladenh)plin. hist. natural. L. XI. S. 63. – eustach. l. c. p. 92 sq. – albin. annotat. acad. L. I. tab. IV. und id. de sceleto p. 477. – hunter l. c. etc..
Wie sie im hohen Alter endlich meist von selbst wieder ausfallen, und was dann so wie nach einem zufälligen Verlust derselben für Veränderungen mit den Zahnzellen vorgehen, davon ist schon oben (T. 1. §. 50.) gehan - delt worden.
Das bestimmte Wachsthum der ausge - bildeten Zähne wird durch den Druck der auf - einander stehenden Kiefer in den gesetzten Schranken gehalten, wie sich aus den daher entstehenden Fassetten an den Endspitzen der Zahnkronen, und aus dem Mangel derselben an Zähnen die im entgegengesetzten Kiefer auf eine Zahnlücke stoßen, ergiebti)albini annotat. acad. L. VI. p. 18..
Jenes Abschleifen aber kann im höhern Alter oder aus zufälligen Ursachen so stark wer - den, daß endlich die Kronen ganz abgenutzt, und die innere Höhle der Zähne (§. 184.) ge - öffnet werden würde, wenn nicht die Natur271 diesem letztern Zufall und seinen Folgen gemei - niglich durch den Absatz eines eignen knochich - ten Stoffes vorbeugte, womit sie eben so all - gemach diese Höhlen wiederum ausfülltk)S. prochaska obseruationes de decremento dentium, im Isten Stück seiner adnotat. acad. pag. 5 u. f..
Der Schmelz der Kronen scheint sich hin - gegen nach erlittnen Verletzungen nur sehr schwach oder gar nicht zu reproducirenl)Dieß scheint um so auffallender da doch die To - talreproduction der ganzen Zähne, bey Personen die sie nämlich zum zweytenmahl gewechselt, nicht unerhört ist. s. z. B. Simmons in den Medi - cal observ. and Inquiries Vol. III. p. 187 u. f. Dachs in den Haarlemer Verhandelingen XVI. Th. II. St. S. 317. und j. c. gehler progr. de dentitione tertia. Lips. 1786. 4. m. Kupf..
Außerdem aber ist offenbar der Bildungs - trieb an wenigen andern Theilen des Körpers von so ausgezeichneter Bestimmtheit und Stärke als eben an den Zähnenm)Bey den zahlreichen Fällen von unvollkommner Empfängniß im Eyerstocke selbst, werden nächst den Haaren keine andere Theile so deutlich, be - stimmt, und oft ausschließlich einzig ausgebildet, als Zähne. Einige auffallende Beyspiele der Art habe ich im VIII. B. der Commentationum So - cietat. Reg. Scient. Goetting. p. 55 u. f. beschrie - ben. Neuerlich habe ich durch die Gefälligkeit272 des Hrn. Hofmed. Sachse zu Schwerin ein faust - großes mit drey Backzähnen besetztes sogenanntes Fleischgewächs nebst einer Anzahl unförmlicher zackichter Knochenstücken und einem dutzend ein - zelner Zähne verschiedner Art erhalten, welches alles von einer 24jährigen Frau nach einer con - ceptio ouaria durch ein Bauchgeschwür ausge - nommen worden. Unter den Zähnen sind viere mit einer gemeinschaftlichen Wurzel versehen, ein andrer an der Krone carios ꝛc.Ein äußerst merkwürdiger und meines wissens in seiner Art einziger Fall ist von Hrn. Prof. Ploucquet in der Diss. sistens memorabile physconiac ouaricae, nec non osteogeniae et odontogeniae anomalae exemplum. Tubing. 1798. 4. beschrieben, da sich im rechten Eyerstock eines 20jährigen Weibes außer mancherley Knochen, großentheils mit Alveolen, nicht weniger denn 300 Zähne aller Art und von der verschiedensten Größe (bis zur microscopischen Kleinheit) gefun - den, wovon Hr. Prof. Autenrieth mir ein sehr instructives Sortiment für meine Sammlung mit - zutheilen die Güte gehabt.Ja selbst bey Mädchen, wo übrigens alle Um - stände für ihre unverletzte jungfräuliche Integrität bürgten, hat man wohl ehr Zähne (und unförm - liche vieleckichte Knochen und Haarbüschel) in einem ihrer Eyerstöcke gefunden. Die unverdächtigsten Beyspiele dieses für die Physiologie des Bildungs - und Zeugungsgeschäftes höchst merkwürdigen Phä - nomens geben unter andern lentin in observ. medicar. fasc. l. c. 33. Baillie in den philosoph. Transact. vol. LXXIX. p.71. und Lassüs in der Seance publique de l'Ecole de Médecine de Paris. du 27 Brum. an 12. p. 8..
Das Zungenbeina)fallopii obseruat. anatomicae p. 42 sq. bau - hini theatr. anatomic. p. 512 sq. jo. v. rever - horst de fabrica et vsu linguae LB. 1739. und im Iten B. der Hallerschen anat. Samml. S. 101. u. f. haller de c. h. funct. Vol. VII. pag. 285 sq. (os hyoides, s. ypsi - loides, s. gutturis, s. linguae, s. pharyngo - theron) liegt über dem Schildförmigen Knorpel des Kehlkopfes, unter der Zungenwurzel, um - faßt gleichsam den Kehldeckel, und hat ohnge - fähr die Gestalt wie ein paar in etwas diver - girende Ochsenhörnerb)w. cowper's myotomia reformata (posthuma) Lond. 1724. gr. sol. tab. XXVII. fig. 1 – 4..
Beym weiblichen Geschlecht ist es, so wie der ganze Kehlkopf im Verhältniß kleiner als beym männlichen (Th. 1. §. 114.)
Ueberhaupt aber variirt es gar sehr, so - wohl in der Größe, als im Verhältniß und selbst in der Anzahl seiner Theilec)Ueber die ausnehmend vielfache und ihren Absich - ten genau entsprechende Verschiedenheiten der Zun - genbeine bey den rothblütigen Thieren s. fabric.274 ab aquapendente de larynge vocis instru - mento p. 276 sq. der Albinischen Ausg. casse - rius de vocis organis durchs ganze Werk, und vorzüglich cuvier Leçons d'Anatomie comparés T. III. pag. 227 u. f..
Es ist der einzige Knochen am ganzen mensch - lichen Köper der außer aller unmittelbaren Ver - bindung mit dem übrigen Gerippe stehtd)Daher auch Galenus in der Osteologie seiner nur ganz beyläufig gedenkt. Umständlicher hingegen in den Büchern de dissect. neruor. c. 10. p. 106. de musculor. dissect. c. 13. p. 91. und besonders in dem Werke de vsu partium L. VII. c. 19. p. 325 u. f. der Ausg. v. 1562.. Hingegen ist er durch mancherley Muskeln und Bänder sowohl mit der Zunge, und dem Kehl - kopf und dem Schlunde, als auch mit dem Un - terkiefer, den Schlafbeinen, dem Brustbein und den Schulterblättern verknüpft.
Er ist daher wie es seine Bestimmung er - fodert, auf eine mannichfaltige, aber dabey doch sehr bestimmte, eingeschränkte Weise be - weglich, und dient vorzüglichst die Zunge an ihrer Wurzel gleichsam ausgespannt zu erhalten, und dadurch ihre Bewegung be - sondern in Beziehung aufs Schluckene)Daher die bloße Verrenkung des Zungenbeins, zu - mahl seiner Seitentheile, bey gewaltsamer Verzer - rung der mittlern constrictorum pharyngis ein sehr Gefahrdrohendes aber doch zuweilen durch275 einen leichten Handgriff wieder zu hebendes Hin - derniß des Schluckens werden kann. s. valsalva de aure humana p.35. der Venet. Ausg. s. Werke von 1740. 4. und p. p. molinelli in den Com - ment. Bononiens. T. V. P. II. p. 1 sq. zu modificiren.
Bey der reisen Leibesfrucht ist er noch weit von seiner nachwärtigen Verknöcherung ent - fernt, da sich gegen die Zeit der Geburt nur erst hin und wieder im Mittelschilde und in den beyden großen Hörnern zerstreute Knochen - kernchen zeigenf)albini icon. ossium foetus tab. XVI. fig. 152. 153. 154.. Doch ist er schon zu Ende des ersten Lebensjahres meist vollkommen ausgebildet.
Gewöhnlich besteht das Zungenbein aus fünf Stücken, die man eigentlich als eben so viele besondere kleine Knochen ansehen kan, da sie nur durch eine Art von Synneurosis (Th. I. §. 101.) unter einander verbunden werden.
Es ist dieß: A) der Mittelschild,
B) die beyden Hörner,
und C) die beyden kleinen Waizenkörner.
A) Das Mittelschild (basis) hat die Gestalt eines kleinen niedrigen in die Breite276 gezogenen Schildchens, das nach außen ge - wölbt, nach innen aber flach ausgehöhlt istg)Bey einigen Meerkatzen, z. B. bey dem sogenann - ten Musicantenaffen (Beelzebul linn. l'Ouarine buff. ) und beym rothen Brüllaffen (Seniculus linn. l'Alouatte buff. ) bildet das Mittelschild eine ansehnliche knöcherne Blase, die schon in grew mus. reg. Societ. tab. II. p. 11. abgebildet ist. Aufs genaueste beschreibt sie Camper in s. Naturgeschichte des Orang-Utang S. 152 u. f. tab. IV. fig. 4.5..
Die Außenseite ist höckricht, uneben, und wird gewöhnlich durch einen erhabnen in die Quere laufenden Rücken in zwey Flächen abge - theilt, in die obere und untere.
Auf der obern dieser beyden Flächen sind zwey deutliche Gruben, dicht neben einander zur Anlage für die geniohyoideos.
Unter diesen, an dem Querrücken sitzen die mylohyoidei.
Auf der untern Fläche in der Mitte die sternohyoidei.
Und neben diesen nach den Hörnern hin die coracohyoidei.
B) Die beyden Seitenhörner (cornua lateralia s. maiora) sitzen zu beyden Seiten des Mittelschildes, meist an den obern schräg - abgeschnittenen Ecken, von da sie divergirend nach hinten laufen.
277Sie sind flach, wie eine Klinge theils mit ziemlich scharfen Rändern. Zu beyden Seiten des Mittelschildes laufen sie seitwärts nach vornen in eine stumpfe Spitze, und sind da am breitesten. Dann werden sie schmaler, und en - digen sich zuletzt wieder in ein rundliches mit Knorpelfläche bekleidetes stumpfes Knöpfchen.
Vorn auf der Fuge wo sie am Mittelschild ansitzen, sind die stylohyoidei und die basio - glossi befestigt.
C) Die Waizenkörner (ossicula triticea s. graniformia s. cornicula minora) haben den Namen von ihrer ohngefährlichen Größe und Gestalth)Bey den mehresten Quadrupeden findet sich statt dieser Waizenkörner ein Paar ansehnlicher bey den verschiednen Geschlechtern und Gattungen viel - artig gestalteter Hörner, die nach der Gegend des Schlafbeins sich erstrecken wo beym Menschen und vielen Quadrumanen der Griffelfortsatz liegt.. Sie liegen vorn am obern Rande, gerade auf der Fuge zwischen dem Mittelschild und den Seitenhörnern.
Von ihnen läuft das ligamentum sus - pensoriumi)Weitbrecht schien dieses Ligament bezweifeln zu wollen, Syndesmolog. p. 211 sq. Man s. aber morgagni de sed. et causs. morbor. per anat. indag. epist. LXIII. Sect. 14. Vol. II. p. 417. zum Griffelfortsatz des Schlaf -278 beins, das zuweilen mit überzähligen ähn - lichen knorplichen oder knöchernen Körnern durchreiht istk)Dieß war die seltene Varietät die Vesalius für den gewöhnlichen Bau angesehen, und worin ihm lange seine Abschreiber gefolgt sind, de corp. hum. fabr. cap. XIII. fig. 1. 2. – Allein schon Fallo - pius a. a. O. und Eustachius im ossium. exam. p. 197. haben den Fehler gerügt. s. auch des letztern tab. XLVII. fig. 14. 15. und jan. plan - cus de monstris. Venet. 1749. 4. tab. III. fig. 3..
Der zweyte Haupttheil des Gerippes und zwar bey weitem der ansehnlichste von allen, ist der Rumpf oder Stamma)Außer den allgemein bekannten Quellen vergl. man zu diesem Theil der Osteologie corn. henr. à roy Comment. de Scoliosi. LB. 1774. 4. Und über das Rückgrath insbesondere adolph murray diss. de spinae dorfi luxationbus. Upfal. 1780. 4., der zur Aufnahme der Eingeweide der Brust und des Unterleibes dient, und weit mehr knorplichte Stückenb)Am Rumpfe des Vogelgerippes sind doch ungleich weniger knorplichte Theile als bey den Säuge - thieren. Der Grund davon ergiebt sich aus dem was oben (Th. I. S. 66.) von den Luftwerkzeu - gen der Vögel gesagt worden. in seiner Zusammensetzung hat, als der Kopf oder die Gliedmaßen.
Man theilt ihn wieder in Rückgrath, Brust, und Becken.
Das Rückgrathc)galen. de ossib. p.15. C. im weitläuftigen Sinn genommen, ist eine gegliederte Röhre, die sich vom Nacken an bis zum After erstreckt,280 da sie sich unten in ein nicht-hohles zugespitz - tes Ende verläuftd)vesal. cap. 14. p. 71. eustach. tab. XLVII. fig. 11..
Diese Röhre giebt gleichsam die erste Grundliniee)Das gallertige Rückgrath, oder die sogenannte Carina giebt die erste Spur vom Anfang der Aus - bildung des Küchelchens im neubebrüteten Eye. s. malpighi de format. pulli in ovo fig. 5 sq. S. 5 u. f. der Londner Ausg. v. 1673. C. F. Wolf theoria generationis tab. II. fig. 5. und meine Abbild. naturhist. Gegenstände tab. 64. fig. 1. a. b. c. zur Bildung der neuerzeug - ten Leibesfrucht, da sich ihre Hauptform schon von der dritten Woche nach der Empfängniß an, so wie der Anfang ihrer Verknöcherung mit zahlreichen Knochenkernchen ohngefähr ge - gen Ende des zweyten Monats zeigt.
Sie besteht eigentlich aus 29 Stücken, wo - von 24 wahre Wirbel sind, und das eigent - liche Rückgrad ausmachen, das auf dem 25sten nämlich auf dem Kreuzbein aufruht, dessen unteres Ende sich zuletzt in die übri - gen 4 nämlich in die Glieder des Kukuks - beins verläuftf)Die Anzahl der Wirbel des Rückgraths scheint mir bey den Thieren wohl durchgehends mit der281 Größe und Stärke ihrer übrigen Bewegungswerk - zeuge im umgekehrten Verhältniß zu stehn. Die Schlangen z. B. die gar keine äußeren Organe der locomotiuitas erhalten haben, sind dafür mit den zahlreichsten Wirbeln versehen; meist zu meh - reren hunderten: so zähle ich an der Natter 248 ꝛc. – Zunächst folgen die langgestreckten Fische, wie der Aal der 90 Wirbel hat ꝛc. – Die Frösche hingegen haben den ihren großen Springfüßen ein ganz kurzes Rückgrath von wenigen Wirbeln..
Das eigentlich sogenannte Rückgrath wird wieder in die zum Hals, zur Brusthöle und zu den Lenden gehörigen Wirbel abgetheilt, und ist längst seines Laufs von ungleicher Stärke.
Unten nämlich, wo es vom Kreuzbein her - aufsteigt, am stärksteng)Hingegen find an den Gerippen ungebohrner Lei - besfrüchte zumahl aus der ersten Hälfte der Schwangerschaft die Lendenwirbel am dünnsten, und hingegen die Nackenwirbel am allerstärksten.. Dann im Rücken hinauf allgemach dünner bis oben zwischen den Schultern. Der übrige hierauf folgende Theil, der die Halswirbel begreift, ist wieder unten etwas dicker und nach oben schmaler, bis er sich zuletzt am Hinterhauptsbein mit einem breiten Wirbel endigt.
Im Profil und in aufrechter Stellung be - trachtet, macht das Rückgrath nach vorn eine Art Wellenlinie, aber von sehr ungleichen282 Wölbungenh)Die kränklichen Abweichungen des verwachsenen Rückgraths werden bekanntlich unter drey Haupt - gattungen gebracht: cyphosis, der Buckel, wenn es zu stark rückwärts gewölbt ist: lordosis, wenn es vorwärts verwachsen: und scoliosis, wenn es seitwärts gekrümmt ist.S. chr. gottl. ludwig de distorta spina dorsi im II B. der aduersar. medico - practic. p. 327 sq. 538 sq. und 579 sq. auch s. Abh. de dolorib. ad spinam dorsi im I. B. S. 711 u. f. andr. l. chr. watzel (praes. Hartmann) efficacia gibbositatis in mutandis vasorum di - rectionibus. Franc. ad Viadr. 1778. 4. m. Kupf. – vergl. auch cheselden's osteographia tab. XLIV. und sandifort Mus. anat. acad. L. B. vol. II. tab. XXXI – XLIV. und L – LX.. Die Körper der Halswirbel nämlich sind nur ganz flach vorwärts gewölbt. Die an den Rückenwirbeln hingegen sind mit einem großen flachen Bogen rückwärts ausge - schweift; um nämlich den Raum der Brust - höhle dadurch zu vergrößern. Der Lenden - wirbel ihre treten in etwas vorwärts in die Bauchhöhle hinein. Das Kreuzbein endlich ist nebst dem Kukuksbein das mit dem untern Ende desselben in gleicher Richtung fortläuft, wieder nach hinten tief ausgeschweift, um die Beckenhöhle zu erweitern.
Ganz anders hingegen und sehr von der vorigen abweichend, läuft die Linie die man am äußersten Ende der Dornfortsätze zieht, da die verschiedne Richtung und Länge desselben an den dreyerley Arten von Wirbeln, dieselbe283 im ganzen weit flacher und ihre wellenförmigen Beugungen schwächer macht.
Der durch das Rückgrath laufende Canal ist gleichsam die Fortsetzung der Hirnschalen - höhle. Er erstreckt sich von der großen Oeff - nung des Hinterhauptbeins bis ins Kreuzbein, wo er sich hinten in einen offnen Ausschnitt desselben endigt.
In den Lendenwirbeln ist dieser Canal am weitesten, und zwar so wie in den Halswir - beln meist dreyeckigt. In den Brustwirbeln hingegen ist er mehr rundlicht und von der 6ten bis zur 9ten zugleich am engsteni)cheselden osteographia tab. XIII. und Cam - per's Betrachtungen über einige Gegenstände aus der Geburtshülfe. tab. I. fig. 6..
Die beyden obersten Halswirbel abgerech - net, von deren eignen Besonderheiten nachher umständlich die Rede seyn wird, so haben die übrigen Wirbel folgendes mit einander gemein:
Sie bestehen nämlich nach vorn aus dem sogenannten Körper, der einem runden Cy - linder ähnelt; seitwärts hingegen und nach hinten wird durch den Zusammenfluß ihrer Fortsätze der sogenannte Bogen gebildet.
Bey der Leibesfrucht und dem neugebohr - nen Kinde besteht jeder Wirbel noch aus drey einzelnen Knochenstückenk)albini icon. oss. foetus tab. VIII. fig. 57 bis 59.: wovon das eine den Körper, die andern beyden aber, die nach hinten nur durch einen Knorpel miteinander verbunden sind, den Bogen ausmachenl)Daher diese Hinterseite des Rückgraths beym unge - bohrnen Wasserköpfen leicht vom Wasser ausein - ander getrieben und zur spina bifida verunstaltet werden kann. An einem ganz abentheuerlich miß - gestalten sogenannten Krötenkopf (foetus anence - phalus) in meiner Sammlung, der ohngefähr die Größe einer viermonathlichen Leibesfrucht hat, und sich außer dem nur aus wenigen Wirbeln bestehenden auffalend kurzen Rückgrath und einem großen Occipitalsack, auch durch einen mächtig großen prolapsus des Herzens, der Leber, der Milz, des Magens und des größten Theils der Därme auszeichnet, sind die Bogen der hinten offnen Rückenwirbel Fingers breit anseinander getrieben und bilden gleichsam eine länglicht vier - eckte ausgeweitete flache Grube..
Der Körper ist von schwammichter Tex - tur, gleichsam nur wie mit einer dichten Knochenrinde überzogen. Auf der Rückseite die den Canal bildet, und theils auch auf der vordern sind ansehnliche Oeffnungen, wodurch die ernährenden Blutgefäße desselben hinein - tretenm)gagliardi anat. ossium p. 77 der Röm. Ausg. – Pitschel glaubte in diesen Löchern die Verbindung285 des Brust - und Bauchfells nut der harten Hirn - haut gefunden zu haben. s. dessen anatom. chirurg. Anmerk. Dresd. 1784. 8. S. 38 u. f. II. Taf..
Vom zweyten Halswirbel an liegt zwischen den Körpern aller übrigen eine sehr elastischen)Von der Verschiedenheit die durch den Druck auf diese Knochenscheiden in der Statur des aufrech - ten Menschen bewirkt wird. s. Th. I. S. 67. N. *) Knorpelscheibe, (Cartilago interverte - bralis) thelis von ansehnlicher Dicke, zumahl an der Vorderseite, und durchgehends von einer überaus merkwürdigen Textur. Diese Scheiben halten das Mittel zwischen einem Knorpel und einem Gelenkbande, da sie gleich - sam nur eine Fortsetzung der kurzen Gelenk - bänder sind, womit vorn die Fugen dieser Körper kreuzweis überzogen sind. Wenn sie horizontal durchschnitten werden, so zeigen sie concentrische Ringe, die nach der Mitte und etwas nach hinten zu immer weicher werden, und daselbst wie mit einem schleimichten Kerne gefüllt sindo)rvysch thes. anat. IV. n. 63. thes. V. tab. III. fig. 1. 2., der aber doch dem Drucke weit weniger nachgiebt als seine härteren Ränder, und der eigentlich die Hauptstütze im Rückgrath ausmacht, so wie hingegen die mehr elastischen Ränder das meiste zur gelenken Biegsamkeit desselben beytragenp)winslow s. les mouvements de la tête, du col. et du reste de l'epine du dos in den Mém. de286 l'Ac. des Sc. de Paris 1730. p. 351 sq. vergl. mit einem Aufsatz des ältern Alex. Monro in s. Wer - ken S. 281 u. f. der engl. Ausg..
Der Bogen an den Wirbeln ist von dich - term Gefüge als ihr Körper, und bildet, den obersten Halswirbel abgerechnet, bey allen übrigen 7 Fortsätze: nämlich die beyden trans - versos zu beyden Seiten; den spinosus nach hinten; und zwey Paar obliquos oder die ei - gentlichen articulares die dem Rückgrath die meiste Haltung und Festigkeit geben, und wo - von die obern ascendentes (s. feminei), die untern aber descendentes (s. masculini) ge - nannt werden.
Der Bogen macht in Verbindung mit der Hinterseite des Körpers die große Oeffnung zum Durchgang des Rückenmarks, die gleich - sam als eine Fortsetzung des großen Loches im Hinterhauptbein anzusehen ist.
Nächstdem hat jeder Wirbel ohngefähr an der Wurzel seines processus transversus auf jeder Seite sowohl oben als unten einen meist halbmondförmigen Ausschnitt, der dann mit dem auf ihn passenden ähnlichen Ausschnitt des benachbarten Wirbels ein foramen com - muneq)Ueber die Verschiedenheiten dieser Oeffnungen an den drey Haupttheilen des Rückgraths s. umständ - lich Vesalius im großen Werke S. 83. bildet, das durch die zwischen den287 Körpern der Wirbel liegende Knorpelscheibe noch mehr Raum gewinnet) und deren auf jeder Seite 25 zum Durchgange der 8 Paar Nackennerven, der 12 Paar Rücken - oder Brustnerven, und der 5 Paar Lendennerven herablaufenr)s. eustach. tab. XVIII. fig. 2. – und besonders die unter des großen Malers Peter Berrettini Namen erst a. 1741 herausgegebnen tab. anatom. tab. XII. fig. 1. tab. XIII. fig. 1. tab. XIV. fig. 1..
Die sämmtlichen Wirbel sind, wie es zu ihrer nöthigen Festigkeit unumgänglich war, durch zahlreiche und starke Gelenkbänder un - ter einander verbunden. Die beyden obersten Halswirbel haben einen ganz eignen Vorrath von dergleichen Bändern, die im folgenden Ab - schnitt beschrieben werden sollen. Die Liga - mente der übrigen Wirbel hingegen lassen sich unter zwey Classen bringen: nämlich A) die gemeinschaftlichen (communia); und B) die besondern (propria).
Die gemeinschaftlichen sind die beyden so an der vordern und hintern Seite der Kör - per hinablaufen: nämlich
a) Das Ligam. longitudinale anteriuss)weitbrecht Syndesmologia tab. X. fig. 37. vom obersten Halswirbel an.
288b) Das Ligam. longitudinale posteriust)id. tab. XI. fig. 39. 40. 41.
(oder eigentlich wohl interius) eigentlich erst vom dritten Halswirbel an; denn von den beyden obersten steht es etwas ab.
Zu den besondern hingegen gehören:
a) Das interuertebraleu)id. tab. XII. fig. 41.; das vor den Fugen der Körper an den Wirbeln liegt, und aus kurzen aber überaus robusten sich kreuzen - den Fasern besteht, die sich, wie schon erwähnt, (§. 216.) in die Knorpelscheiben zwischen die - sen Körpern verlieren.
b) Die Ligamenta intercruraliax)id. tab. XII. fig. 43. 44., hin - ten in den Zwischenräumen der Bogen, die sich in die interspinaliay)id. tab. XII. fig. 45. e. verlaufen, welche längs zwischen den processibus spinosis liegen.
c) Die Ligamenta apicumz)id. tab. XII. fig. 45. f. und 46. d., an der äußersten Spitze der processum spinosorum von einem Wirbel zum andern.
Endlich d) die vorzüglich wichtigen eigent - lichen Ligamenta articulariaa)id. tab. XII. fig. 45. g. an den bey - derley processibus obliquis.
Die beyden obersten Halswirbel haben, wie schon gedacht, viel auszeichnendes wo - durch sie sich von den übrigen unterscheiden.
Einiges was über beyde zusammen gesagt wer - den wird, bleibt bis zu Ende des folgenden Abschnitts verspart. Erst nun von jedem ins besondre.
Der erste dieser Wirbela)galenus de ossib. p. 16 sq. (Atlas) ist niedrig, flach, fast ringförmigb)vesalius cap. 15. fig. 2. 3. 4., hat vorn keinen sogenannten Körper wie andre Wir - bel, und hinten keinen dornichten Fortsatz, da - für aber zwey desto ansehnlichere robuste Sei - tentheilec)Diese Seitentheile werden deßwegen auch von manchen Zergliederern wie z. B. von Mauchart in den unten anzuführenden Dissertationen, und von Ad. Murray a. a. O. die corpora dieses Wirbels genannt. wodurch er oben mit den Knöpfen des Hinterhauptbeins, und unten mit dem zweyten Wirbel in Verbindung steht.
Auch besteht er bey der Leibesfrucht und dem neugebohrnen Kinde nicht wie andre Wir - bel aus drey, sondern nur aus zwey Knochen - stückend)albini icones ossium foetus tab. VIII. fig. 55. 56. trew tabulae osteologicae tab. B..
Statt des Körpers hat dieser Wirbel einen kurzen wenig gekrümmten Bogen, wo - durch seine beyden Seitentheile nach vorn ver - bunden werden, und mitten auf der innern oder hintern Seite desselben eine kleine runde Knorpelfläche, an welcher sich der große Zapfen des folgenden Wirbels mit einer ähnlichen Knorpelfläche bewegt.
Die beyden dicken Seitentheile sind oben und unten zu schrägen Gelenkflächen ausge - schweift, und vertreten die Stelle der proces - suum obliquorum an andern Wirbeln. Die beyden obern stehen etwas weiter auseinander, oder sind vielmehr nur etwas schmäler aber länglichter als die untern.
Am innern oder untern Rande der obern Gelenkflächen ist auf jeder Seite eine kleine Grube in welcher die beyden Enden des Quer -291 bandes befestigt sind, das hinter dem Zapfen des zweyten Wirbels liegt.
Die Seitenfortsätze sind von ansehnlicher Größee)Bey den Raubthieren, zumahl bey denen die ihre meiste Stärke im Nacken zeigen, wie die Wölfe, Hyänen, Löwen ꝛc. ist der erste Halswirbel von ausnehmender Stärke, und zumahl mit zwey überaus großen breiten flügelförmigen Seitenfort - sätzen versehen.: statt des dornichten Fortsatzes hingegen (der das Drehen des Kopfs auf dem zweyten Wirbel behindert haben würde) ist an der Hinterseite des großen Bogen, der von den Seitentheilen nach hinten läuft, bloß eine kleine stumpfe Spitze. Der Bogen selbst läßt, wenn der Kopf nicht zurückgebogen ist, eine ansehnliche Lücke zwischen sich und dem dornich - ten Fortsatz des zweyten Wirbelsf)Dieser ganz natürliche Zwischenraum ist wohl ehr von unkundigen Wundärzten bey Legalsectionen für eine gewaltsame Verzerrung gehalten worden. s. chr. gottl. ludwig de luxatione vertebra - rum colli a medico forensi circumspecte disqui - renda. Lips. 1767. 4. Und im IIten Bande der Aduersar. pag. 253 sq..
Das foramen magnum das dieser ring - förmige Wirbel bildet, ist weit größer als an den folgenden, da es ausser dem Rückenmarke auch noch den Zapfen des zweyten Wirbels aufnehmen muß.
292Die Löcher womit die Seitenfortsätze an ihrer Wurzel durchbohrt sind, haben auch eine ansehnlichere Weite als die an den übrigen Halswirbeln, und sind zuweilen durch eine Scheidewand verdoppelt.
Auch die Einschnitte zu den vier gemein - schaftlichen Oeffnungen (§. 218.) die hinter den beyden Seitentheilen liegen, sind tiefer und laufen mehr gerade als an den folgenden Wir - beln. Die auf der obern Seite, die zum Ein - gange der arter. vertebralis und zum Aus - gang des ersten Paars der Nacken-Nerven dienen, sind zuweilen wie mit einer Brücke wieder bedeckt, so daß sie dann ein foramen proprium (S. 116 §. 25.) bildeng)Wie fast durchgehends bey den vierfüßigen Thie - ren. Doch findet sich zuweilen bey manchen Affen auch nur ein Einschnitt statt des vollkom - menen Loches. s. Camper natuurkund. Ver - handel. over den Orang - outang ꝛc. p.21. vergl. mit eustach. ossium examen. p. 211. 214..
Dieser ganze Wirbel ist aufs genaueste mit dem Hinterhauptbein verbundenh)Daher man ihn auch nicht gar selten mit dem Hinterhauptbein verwachsen findet. Beyspiele die - ser Art von Ankylose s. in Hrn. Prof. Sandifort Exercitat. academicis P. I. tab. I. II. III. und in van de wynpersse diss. de Ancylosi tab. I. fig. 1. 2. 3. 293Vor hier habe ich kurz hinter einander zwey dergleichen Schädel erhalten, die dem vom Sandi - fort a. a. O. tab. II. fig. 2. abgebildeten, zum Bewundern gleicht., dessen Knöpfe eine Art ginglymus (Th. I. §. 105) mit ihnen bilden, und dem Kopf fast bloß in der geraden Richtung nach vorn und hinten sich darauf zu bewegen gestatten.
Vorzüglich dienen vier Gelenkbänderf)Sie sind am genauesten von Mauchart in der ersten von den beyden unten zu nennenden Dis - sertationen beschrieben. zu dieser Verbindung.
Zuförderst nämlich die beyden eigentlich so - genannten lig. articularia (s. annularia) welche die obern Gelenkflächen des Wirbels an die Knöpfe des Hinterhaupts befestigen:
Dann drittens das lig. obturatorium anterius am vordern Bogen:
Und endlich viertens das obturarorium posterius am hintern Bogen.
Der zweyte Halswirbela)Galenus a. a. O. (Epistropheus s. Axis) hat eine von dem vorigen ganz auf - fallend verschiedne Gestaltb)vesalius cap. 15. fig. 5. 6. 7.: ist ungleich schmäler, aber durchgehends weit robuster, und zumahl an der vordern Seite von einer sehr beträchtlichen Höhe und ganz eignem Bauc)Lorry hielt denjenigen Theil des Rückenmarks der in diesem Wirbel steckt gleichsam für den Cen - tralpunkt des Lebens und Sitz der Seele. – Mém. présentés. T. III. p. 366. 370 u. f..
Auch besteht er bey der reifen ungebohrnen Leibesfrucht weder wie der vorige Wirbel aus zweyen, noch wie alle übrige aus dreyen, son - dern aus vier Knochenkernend)albini icones oss. foetus tab. VII. fig. 52. 53. 54..
Was besonders den Körper dieses Wirbels gleich vor allen auszeichnet, ist der zahnför - mige Fortsatz (processus odontoides) ein ab -295 gerundeter Zapfen, der am obern Ende dessel - ben emporragt, und zu einer ganz eignen Art von Articulation dient, davon schon oben Er - wähnung geschehen (Th. I. §. 104.). An sei - ner vordern Seite nämlich ist eine Gelenkfläche die auf die gedachte ähnliche Fläche des ersten Wirbels (§. 225.) paßt, der sich nebst dem ganzen Kopfe auf diesem Zapfen wie an einer Angel hin und her drehen kane)vesalius cap. 15. fig. 10. 11.. Der Zapfen sitzt gleichsam auf einem etwas schma - lern Halse, hinter welchem das Querband im ersten Wirbel (§. 226.) ausgespannt ist.
Unten gleichsam am Fuße des Zapfens lie - gen zu beyden Seiten zwey gewölbte Gelenk - flächen, auf welchen die gedachten untern Ge - lenkflächen des obersten Wirbels (§. 226.) auf - ruhen. Doch schließen sie nicht ganz dicht auf einander, und man will auch zuweilen noch eine besondre kleine Knorpelscheibe zwischen ihnen inne liegend gefunden habenf)id. pag. 79..
Auf der untern Seite des Wirbels und weiter nach hinten, sind ein paar andre weit kleinere Gelenkflächen, die den schrägen her - absteigenden Fortsätzen der übrigen Wirbel (§. 217.) ähneln.
296Zwischen diesen letzten und den vorigen lie - gen nach außen die processus transuersi dieses Wirbels, die aber merklich kürzer sind als am Atlas.
Hinten ragt endlich der dornichte Fortsatz hinaus, der desto länger und dicker ist. Er hat einen scharfen schräg hinabsteigenden Rücken, und ein abgestumpftes theils gespalt - nes Ende.
Die große Oeffnung in diesem Wirbel ist doch weit enger als die im vorigen; und über - haupt der in den folgenden Halswirbeln ähnlich.
Das Loch womit die Seitenfortsätze an ihrer Wurzel durchbohrt sind, hat hingegen eine ganz eigne Richtung, und öffnet sich, da es oben von den obern Gelenkflächen (§. 233.) meist bedeckt wird, schräg nach der Seite, macht gleichsam ein gebognes Knie, beynah wie der canalis caroticus im Felsenbein.
So wie überhaupt die Wirbel, und beson - ders die am Hals aufs festeste untereinander verbunden sind, um die sonst so furchtbar ge - fahrvolle Verrenkungen derselben, auf alle Weise zu verhüten: so sind dieselben nun vollends bey den beyden obersten Wirbeln297 durch einen ganz eignen merkwürdigen Apparat von mancherley festen Gelenkbänderng)Ueber diese Gelenkbänder s. vesalius L. II. cap. 30. p. 332 sq. und besonders Eustach's an - sehnliche Schrift de motu capitis (am ossium examen p.227 – 260.) wo er aber doch an einigen Stellen, bloß um seinen angebetheten Galenus zu retten, ein paar wirkliche Irthümer desselben zu vertheidigen gesucht hat.Besonders gehören zwey Dissertationen von Mauchart hieher. Die eine, capitis articulatio cum prima et secunda vertebra. Tüb. 1747. 4. steht auch im VI. B. der Hallerschen Sammlung anatomischer Streitschriften. Die andere, de luxatione nuchae ib. im gleichen Jahr; ist im II B. der chirurgischen Samml. wieder abgedruckt.Vergl. auch ph. conr. fabricius de morte laqueo suspensorum in s. schiagr. hist. physica - medicae Butisbaci p. 48 u. f. und die Abbildung bey weitbrecht tab. XI. fig. 38. bey - nah so gut wie unmöglich gemachth)Wie schon Columbus gegen das gemeine Vorur - theil sehr richtig, und nach zahlreichen Unter - suchungen an Gehängten angemerkt hat, de re anat. L. III. cap. 2. p. 194.Düverney hielt die Verrenkung sowohl des Kopfs vom ersten Halswirbel, als dieses letztern vom zweyten für unmöglich: oeuvr. anatom. Vol. I. p. 446 sq. – J. L. Petit gab zwar die letztere zu, und hielt sie sogar für die gewöhnliche Todesart der Gehängten, im Tr. des maladies des os Vol. I. p. 68 der Ausgabe v. 1758. – Allein auch diese hat Mauchart in der zweyten von den beyden angeführten Dissert. §. 11. bloß auf wenige bestimmte Fälle eingeschränkt.Daß von solchen Fällen hier nicht die Rede ist, wobey die Wirbel zugleich zerbrochen sind,298 braucht keine Erinnerung. s. chr. gottl. lud - wig de paraplegia ex fractura vertebrarum colli. Lips. 1767. 4. und im III B. der Ad - versar. pag. 507 sq.Ueberhaupt aber wird auch gar häufig manche andre Todesart oder Verletzung ganz irrig auf die Verrenkung der Halswirbel oder aufs Halsbrechen geschrieben. – Meist mit nicht besserm Grunde als weiland der heil. Abälard in seiner merk - würdigen Epistola calamitatum von sich selbst er - zählt, wie er einmahl den Hals gebrochen:„ de nostra lapsum equitatura, manus Domini vehe - menter collisit, colli mei canalem confringens. “.
Es gehören dahin außer denen die schon im vorigen Abschnitt benannt worden (§. 224.) vorzüglich folgende:
a) Das ligam. suspensoriumi)eustach. tab. XLVII. fig. 9. f. von der vordern Seite des zahnförmigen Fortsatzes, nahe unter seiner stumpfen Spitze nach dem vordern Rande der großen Oeffnung des Hin - terhauptbeins.
b) Die beyden ligam. lateraliak)id. ib. e. e. (s. alaria Maucharti) ein paar kurze robuste Bänder die oben zu beyden Seiten des Zapfen ansitzen und zum vordern und äußern Theil des gedachten for. magni laufen.
c) Das schon erwähnte Querbandl)id. ib. g. (ligam. transversum atlantis s. cruciforme299 Maucharti) hinter dem Halse des Zapfen (§. 226. 232. ) das allerdings auch aufwärts am Hinterhauptbein und niederwärts am Kör - per des zweyten Wirbels befestigt ist, um allem Druck des Zapfen aufs Rückenmark vorzubeugen.
d) Das ligam. vaginale (s. capsulare) wodurch die Gelenkfläche vorn am Zapfen des Epistropheus mit der an der Hinterseite des vordern Bogens am Atlas verbunden wird.
Die übrigen fünf Halswirbela)galenus de ossib. pag. 17. bilden zu - sammen gleichsam einen abgestumpften Kegel, und sind überhaupt kleiner als die andern folgenden Wirbel, aber wie es scheint von einem desto dichtern festern Kornb)Merkwürdig ist die, bey allen vierhändigen vierfüßigen Säugethieren bis auf die anoma - lische Ausnahme beym dreyzehigen Faulthier un - veränderlich gleiche bestimmte Anzahl der Hals - wirbel. Die langhalsichte Giraffe, und das Ka - meel und das Pferd ꝛc. haben nicht mehrere als 7: und der Maulwurf und der zweyzehichte Ameisen - bär ohngeachtet ihres so kurzen Halses nicht weniger.Auch beym Menschen sind die Varietäten in der Zahl der Halswirbel fast unerhört, und hin - gegen bey den übrigen Theilen des Rückgraths bis zum Kukuksbein gar nicht selten. – Denn Spie - gel's Behauptung, daß man bey langhalsichten Personen zuweilen 8 Halswirbel finde, scheint nicht aus der Natur geschöpft. Columbus will ebenfalls mitunter 8 und auch nur 6 Halswirbel gefunden haben. In betreff des überzähligen ist Eustach's Anmerkung wenigstens von größerm Gewicht:„ Collum ex septem vertebris constat, nisi natura in conformandis particulis aberrans et a communi lege discedens, vt quandoque mihi videre contigit, octo pro septem efficiat. “Ossium exam. pag. 210. 301Die Vögel haben zahlreichere Halswirbel. Die Eulen, Raben ꝛc. ihrer 12. – Die Hühner, Tau - ben ꝛc. 13. – Der Straus 18. – Der Storch 19. – Der Schwan 23.Durchgehends ist der Hals bey den Vögeln überaus beweglich und gelenk, um gleichsam die Steifigkeit ihres Rückens zu ersetzen..
Ihre Körper sind nach vorn nicht stark gewölbt und hervorragend wie die an den Rückenwirbeln, sondern weit flacher, um dem Schlunde der zwischen ihnen und der Luftröhre hinabsteigt mehr Raum zu lassen.
Auf ihrer obern Fläche erheben sie sich zu beyden Seiten in zwey ansehnliche Fortsätzec)vesalius cap. 15. fig. 8. 9. p. 82., die in ein paar darauf passende Vertiefungen des darüberstehenden Wirbels eingreifen und auch hierdurch die Festigkeit des Nackens ver - stärkend)Bey manchen vierfüßigen Thieren die kein so star - kes ligamentum suspensorium colli haben, das bey andern den vorhängenden Kopf tragen hilft, zeigt sich dagegen eine überaus sonderbare Ein - richtung in den Nackenwirbeln, deren Körper vorn nach unten einen schuppenförmigen Fortsatz bildet, der als Stütze die Last des Kopfs erleichtert. Ich habe in den beyden ersten Ausgaben der Schrift de generis humani variet. natiua tab. II. fig. 1. eine Abbildung dieses merkwürdigen Baues beym Pavian (Papio mandrill. ) gegeben..
Die schrägen Fortsätze dieser Wirbel haben eine schiefere Richtung als die am übri -302 gen Rückgrath; auch ist bey ihnen und bey den gleichen Fortsätzen an den Rückenwir - beln der scharfe Rand nach außen gekehrt, nicht wie bey den Lendenwirbeln nach vorn und hinten; so wie auch ihre Flächen mehr eben und nicht wie an den Lendenwirbeln gewölbt und vertieft sind.
Die Seitenfortsätze sind erstens so wie an den obersten beyden Wirbeln an der Wurzel mit der Oeffnung zum Durchgang der Wirbel - blutgefäße durchbohrt, so daß sie zusammen nach vom gleichsam einen durchbrochnen Canal bildene)v. haller de c. h. function. vol. VIII. p.213.: zweytens aber haben sie das beson - dre, daß sie auf der obern Seite wie eine Dachrinne oder Schnepfe ausgefurcht sind und gleichsam nach vorn und hinten zwey besondre Fortsätze bilden, zwischen welchen diejeni - gen Nackennerven, aus welchen die großen Stämme der Armnerven gebildet werden, her - austreten; daher auch manche Zergliederer neun Fortsätze an diesen Wirbeln gezählt haben.
Der Dornfortsatz ist an diesen Wirbeln, zumahl an dem 3ten, 4ten und 5ten kurz und breit, damit der Kopf bequem zurückgebogen werden kann, meist auch am Ende wie gespal - ten, und nach unten etwas ausgefurcht. Bis herunter zum 5ten Wirbel ist das hintre Nacken - band vom Hinterhauptsbein daran befestigt.
Der unterste Halswirbel zeichnet sich noch durch einige Besonderheiten von den übrigen aus. Er hat einen mehr hervorragenden ge - wölbten Körper (daher er auch vertebra pro - minens genannt wird), und macht überhaupt auch in Rücksicht seiner übrigen Structur den Uebergang zu den Rückenwirbeln. – Am untern Rande seines Körpers hilft er zuweilen schon in Verbindung mit dem ersten Rückenwir - bel die Gelenkfläche zur Aufnahme des ersten Rippen-Paares bilden: Auch fehlt zuweilen an seinen Seitenfortsätzen das Loch für die Wirbel - blutgefäße: und diese Fortsätze sind auch am Ende nicht mehr so auszeichnend wie eine Rinne ausgefurcht als die obern. So ist auch der Dornfortsatz dieses Wirbels schon weit län - ger als an den vorigen und überhaupt dem an den Rückenwirbeln änlicher u. s. w.
So wie der Kopf auf dem obersten Hals - wirbel vor und rückwärts gebogen, – und auf dem zweyten wie in einer Angel hin und her bewegt werden kann: so dient ihm nun die gemeinschaftliche Verbindung der übrigen Halswirbel sowohl jene beyden Arten von Be - wegung noch zu verstärken als auch ihm die Seitenbeugung nach den Schultern zu gestatten.
Die zwölfa)Beyspiele von wenigern oder von überzähligen Wirbeln s. in ph. ad. böhmer obseruat. anatom. P. I. praefat. p. V. not. e) und in haller de c. h. funct. Vol. VI. p. 7 sq. Brust - oder Rückenwir - belb)galenus de ossib. p. 18 sq. (vertebrae thoracis s. dorsi) sind unter allen am ganzen Rückgrath am mindesten beweglichc)Bey den Vögeln sind die Rückenwirbel unbeweg - lich, und wenigstens auf der Rückseite ganz zu - sammenverwachsen.Ueber ihre Anzahl bey diesen Thieren s. Mer - rem's vermischte Abhandlung aus der Thier - Geschichte S. 125. und Schneider's vermischte Abhandlung zur Aufklärung der Zoologie und der Handlungsgeschichte S. 162 u. f., haben die dünnesten Knorpel - scheiben zwischen ihren Körpern, und über - haupt manches auszeichnendes, das sich auf ihre Verbindung mit dem übrigen Thorax, zumahl auf die Einlenkung der Rippen an den - selben beziehtd)vesalius cap. 16. fig. 1. 2. 3..
Die Körper dieser Wirbel halten in Rücksicht der Größe das Mittel zwischen den Hals - und Lendenwirbeln. Sie haben plat - tere – nicht so ausgeschweifte – Oberflächen als die Halswirbel. Die beyden obersten sind nach vorn gleichsam platt gedruckt, wie die an den Halswirbeln; die drey darauf folgenden hingegen wie an den Seiten zusammenge - drückt und überhaupt die allerschmälsten am ganzen Rückgrath.
An diesen Körpern der Brustwirbelsäule steigt der ductus thoracicus herauf; der unten meist beym dritten Lendenwirbel als so - genannte (aber selten durch eine beträchtliche Weitung zu unterscheidende) cisterna chyli anfängt, und oben bey den untersten Hals - wirbeln bogenförmig nach der linken vena subclauia herabsteigte)b. s. albini tabula vasis chyliferi. Lugd. Batav. 1757. gr. fol..
Was sie aber am meisten auszeichnet sind an ihrem hintern Rande, wo sich der Bogen dieser Wirbel anfängt, die kleinen Knorpel - flächen (facies articulares s. sinus laterales) zur Aufnahme des innern Gelenkkopfes (capi - tulum) der Rippen.
306Bey einigen Wirbeln sitzt die ganze Knor - pelfläche am Körper selbst (sinus proprius).
Bey den übrigen hingegen gleichsam in der Fuge zwischen zwey und zwey auf einander liegenden Körpern. (sinus communes.)
Der erste dieser Wirbel und dann die bey - den untersten haben sinus proprios. Doch stößt bey jenem der sinus zuweilen auch noch oben an den letzten Halswirbel (§. 239.) und unten macht er auch wohl mit dem darunter liegenden zweyten Wirbel einen sinus commu - nis: dergleichen überhaupt bey den übrigen 9 Rückenwirbeln zu finden.
Die schrägen Fortsätze dieser Wirbel stehen mehr aufrecht als an den Halswirbeln, aber auch so wie bey diesen mit den Flächen nach vorn oder hinten gekehrt.
Die Seitenfortsätzef)Bey den Fröschen vertreten die überaus breiten Seitenfortsätze gleichsam die Stelle der ihnen ab - gehenden Rippen. entspringen gleich - sam aus den vorigen: sie sind stark und lang; doch bey den obersten Wirbeln kürzer, bey dem siebenten hingegen meist am längsten. Weiter hinunter nimmt ihre Länge wieder ab, und bey den beyden untersten sind sie am aller - kürzesten. Sie endigen sich sämtlich in merk -307 lich dicke Knöpfe: wovon die an den beyden untersten Wirbeln fast wie in einen halben Mond ausgeschnitten sind. Ohngefähr von der 4ten bis zur 11ten läuft ein eignes Band längs von einem dieser Knöpfe zum andern herabg)weitbrecht syndesmologia tab. XIII. fig. 46. c..
Besonders sind aber am Ende der Seiten - fortsätze an den zehn obern Wirbeln andre, mehr oder weniger vertiefte Knorpelflächen zu merken, in welchen die äußern und hintern Gelenkknöpfe (tubercula) der Rippen anliegen.
Von den Dornfortsätzenh)Bey den mehresten vierfüßigen Säugethieren sind diese Dornfortsätze von einer auffallenden Länge, besonders beym Elephant, Pferd, und durchgehends bey den Thieren mit gespaltnen Klauen. Bey keinem aber doch so ungeheuer lang und stark als beym Camel und Dromedar. dieser Wir - bel liegen die drey oder vier obern ziemlich gerade aus und stehen merklich von einander ab. Die folgenden 6 hingegen laufen sehr schräg herunter, und stoßen daher fast dicht auf einander. – Die letzten endlich liegen wieder meist horizontal und ähneln überhaupt - schon denen an den Lendenwirbeln, nur daß sie dünner sind. Im ganzen sind diese Fortsätze fast prismatisch haben wenigstens oben einen scharfen Rückeni)Daß diese Fortsätze bey Frauenzimmern die sich enge schnüren, schief wachsen sollen, sagt jo. c. ins - feld diss. de lusibus naturae LB. 1772. 4. p. 28..
Ueberhaupt sind die gemeinschaftlichen Seitenöffnungen zwischen diesen Wirbeln, zum Durchgange der Rücken - oder Brustnerven enger als die zwischen den Halswirbeln.
Auch die großen Oeffnungen die den Canal fürs Rückenmark bilden sind bey diesen Wir - beln, zumahl von dem 6ten bis zum 9ten am engsten.
So wie der letzte Halswirbel auch in Rück - sicht seines Baues den Uebergang zu den Brustwirbeln macht, so macht der unterste Brustwirbel gleichsam den zu den Lenden - wirbelnk)Vesalius a. a. O. fig. 4..
Besonders stehen seine beyderley schrägen Fortsätze in ganz entgegengesetzter Richtung. Die aufsteigenden nämlich, wie bey den übri - gen, mit der Fläche nach hinten: die herab - steigenden hingegen mit der Fläche nach außen, wie bey den Lendenwirbeln; auch ist diese Fläche schon wie bey diesen in einen runden Rücken gewölbt.
Die fünfa)Auch diese Wirbel variiren zuweilen in der Anzahl, zumahl ist ein überzähliger eben keine Seltenheit. Namentlich hat man dergleichen zuweilen bey Niesenartigen Menschen gefunden, wie z. E. am großen Jonas in Berlin. Aber lächeln muß man, wenn Maupertins deßhalb dessen Scelet le plus singulier nennt qui soit peut etre au monde.Unter den Fragen welche die Pariser Academ. der Wissensch. dem unglücklichen de la Perouse mitgegeben ist auch (in dess. voy. autour du monde T. I. p.167.) die, daß man nachsehen möge ob sich bey Völkern von auffallend großer Statur etwa sechs Lendenwirbel fänden?So viel ist aber gewiß daß hier zu Lande diese Zahl den Leuten von großen Wuchs weder allge - mein noch etwa ausschließlich eigen ist. Man findet sie nicht gar selten auch an Sceleten von ganz gewöhnlicher Länge. Lendenwirbelb)galenus de ossib. p.19. machen das untere Ende des eigentlichen Rückgraths ausc)Die meisten Affen und viele andere vierfüßige Thiere haben mehr als fünf Lendenwirbel. Der Mandrill z. B. ihrer 7. – Hingegen habe ich das Gerippe eines geschwänzten Affen vor mir, der doch auch nur 5 Lendenwirbel, aber 14 Brustwirbel hat.Den Vögel kann man eigentlich keine wahren Lendenwirbel zuschreiben wie schon der brave Roiter richtig angemerkt hat im 10 Kap. seiner Schrift310 de aulum sceletis, an seiner Ausgabe von fal - lopius de partibus similaribus c. h. – s. auch Merrem a. a. O. S. 126.. Sie sind die robustestend)vesalius cap. 17. fig. 1. 2. 3. und zugleich bey der vorzüglichen Dicke der Knorpelscheiben zwischen ihren Körpern, die beweglichsten von allen.
Ihre Körper sind sehr merklich dicker als die an den vorigen Wirbeln und auf der untern Fläche, zumahl nach hinten, flach ausgehöhlt. Vorn sind sie höher als hinten, wie es das Gleichgewicht bey der obgedachten natürlichen Beugung des Rückgraths (§. 211.) und die natürliche Bestimmung des Menschen zum aufrechten Gange erfoderte.
Die schrägen Fortsätze verdienen hier bey den Lendenwirbeln kaum diesen Namen, da sie fast ganz senkelrecht stehen. Sie sind überhaupt robust, und haben eine ganz andere Richtung als die an den übrigen Wirbeln, nämlich mit den Rändern nach vorn und hin - ten gekehrt. Die obern sind wie eine Rinne ausgefurcht. Die untern hingegen die auch enger an einander stehen, haben cylindrisch ge - wölbte Gelenkflächen.
311Die Seitenfortsätze entspringen gleichsam aus dem Körper und aus den schräg aufsteigen - den Fortsätzen, und sind ein wenig zurück ge - bogen. Die an den beyden obern Lendenwir - beln sind kurz; die an der dritten länger; die an den beyden untersten hingegen wieder kurz und theils auch dünner und stumpf zuge - spitzt. – Alles um die Seitenbewegung des Körpers zu erleichtern.
Zuweilen – aber sehr unbeständig – finden sich zwischen diesen Seitenfortsätzen und den schräg aufsteigenden, nach hinten zu, noch die sogenannte processus accessoriie)Auch diese processus accessorii haben in dem heftigen Streite zwischen Vesalius und seinen Gegnern, Auffehen gemacht. Galenus nämlich hatte sie (a. a. O. p.19. D.) als gewöhnlich be - schrieben. – Vesalius folgerte hieraus so wie auch aus vielen andern Stellen der Galenischen Osteologie, daß dieselbe nach Affen - und nicht Menschen-Gerippen verfaßt sey, de c. h. fabr. p. 95 sq. cap. 17. fig. 4. – Eustach hingegen vindicirte sie wieder dem Menschen, im ossium exam. p.217. und bildete sie auch auf seiner Tab. XLVII. fig. 11. D. nach Menschenwirbeln ab., derhal - ben manche Zergliederer den Lendenwirbeln 9 Fortsätze haben zuschreiben wollen.
Der Dornfortsatz ist bey diesen Wirbeln kurz, aber breit, flach zusammengedruckt, nach oben und unten wie mit einer Schneide und am Ende gleichsam stumpf abgeschnitten. Am312 ersten und letzten Wirbel ist er am kürzesten, und hat bey allen eine fast horizontale Lagef)Bey den Affen hingegen ist der Dornfortsatz auf - wärts gekehrt. Und es ist offenbar verdächtig, daß Galenus a. a. O. diesen Fortsätzen gerade diese Richtung zuschreibt!.
Der unterste Lendenwirbel hat so wie der unterste Hals - und Brustwirbel auch et - was eignes auszeichnendes. Sein Körper nämlich ist vorn auffallend höher als hinten und bildet daher durch seine Verbindung mit dem Kreuzbein in der Fuge zwischen beyden das sogenannte Vorgebürge. Seine herab - steigenden schrägen Fortsätze aber haben meist wieder die Richtung wie bey den Brustwir - beln, nämlich mit der Fläche nach vorn ge - kehrt, und stehen auch weiter auseinander als die an den andern Lendenwirbeln.
Das Kreuzbeina)calenus de ossib. cap. XI. p. 20. oder heilige Bein (os sacrumb)Ueber den Grund dieser Benennung ist viel gestrit - ten worden. Eine Menge Vermuthungen darüber hat Riolan zusammengetragen, anthropograph. p.848. der Pariser Ausg. v. 1626. 4., s. latum s. os clunium) ist bey weitem der allergrößte Knochen am Rück - grathc)vesalius cap. 18. fig. 1. 2., von schwammichter leichter Textur, nach vorn ausgeschweift und ziemlich glatt, nach hinten gewölbt und rauh und uneben; im Ganzen ohngefähr von der Gestalt einer gekrümmten am Ende stumpf zugespitzten keil - förmigen Schaufel.
Am weiblichen Gerippe ist er mehrentheils flacher und minder stark gekrümmet als am männlichend)Ueberhaupt variirt zwar das Kreuzbein gar man - nichfaltig, in Rücksicht der kleinen Abweichungen von Länge, Breite und Krümmung. Allein an den schönsten Gerippen und die ich in der ganzen übrigen Ausbildung für Muster des natürlichsten Baues halten muß, habe ich die Verschiedenheit zwischen dem männlichen und weiblichen Kreuz -314 beine immer so gefunden, wie sie oben angegeben ist. Daher ich es nicht verstehe wie einige neuere Französische Zergliederer gerade das Gegentheil behaupten können: Bertin z. B. sagt im Tr. d'osteologie Vol. III. p.159:„ L'extrémité in - férieure est toujours recourbée en devant; elle l'est ordinairement plus dans la femme que dans l'homme. “Und Hr. Sabatier im Tr. complet d'anatomie Vol. I. p. 125. „ Dans la semme au contraire il est – plus courbé. “Offenbar ist beym schönsten Bau das weibliche Kreuzbein an sich flacher, minder gekrümmt; aber es macht in seiner Verbindung mit dem letzten Lendenwirbel, am sogenannten Vorgebirge (§. 244.) einen schärfern Winkel und tritt dann stärker rück - wärts als am männlichen Gerippe. Und gerade so haben es auch die ältern Zergliederer ganz rich - tig angemerkt. Zu allererst, so viel ich weis, Lud. Bonaccioli, der schon zu Ende des 15ten Jahrhunderts ale Prof. zu Ferrara lebte, in seiner sehr schlüpfrigen Enneas muliebris (die er den - noch seiner – freylich ohnehin sehr berüchtigten – Herzoginn Lucretia zu dediciren, kein Bedenken getragen hat!) wo er sagt:„ os sacrum in viris rectius (nämlich in Verhältniß seiner Verbindung mit den Lendenwirbeln) in feminis in exteriora magis, quo secius partui impedimento sit, recuruatum conspicitur.In exteriora heißt hier, so wie bey vielen nachherigen Zergliederern die Richtung der Kreuz - beins nach hinten. Eben so nimmts z. B. auch Riolan a. a. O. p.705. und Boerhaave in den institut. §. 659. u. a.m.Diese Richtung mit der das weibliche Kreuz - bein stärker nach hinten austritt, ist aber bloß am315 Gerippe und nicht am vollständigen weiblichen Körper merklich, weil bey diesem bekanntlich auch die fleischichten Theile derselben Gegend ein ansehnlicheres Verhältniß von Umfang und Wöl - bung haben als am männlichen. Desto merklicher wird sie hingegen bey Mannspersonen, wenn dieser ihr Kreuzbein etwa so stark als beym andern Geschlecht zurücktritt die daher in manchen Gegen - den geschwänzte Menschen genannt werden. s. fallopii expos. de ossib. p. 577 sq. paw pri - mit. anatom. p.101.Ganz nach der Natur ist übrigens die Be - schreibung des weiblichen Kreuzbeins bey albinus de sceleto p.476. „ Sacrum feminis latius, per longitudinem rectius, infra non aeque incur - vatum in priora. “– So auch bey Marherr in den praelect. Vol. III. p. 573. der Ausg. v. 1785.Und eben so nach der richtigen schönen Natur ist auch das Profil eines weiblichen Kreuzbeins in trew tabul. osteolog. tab. IX. fig. 6. zur Ver - gleichung mit dem von einem männlichen; ebendas. fig. 5..
Er ist hinten zwischen die Hüfftknochen eingekeilt, hilft die Beckenhöle bilden, und ist gleichsam der Fuß worauf das ganze Rück - grath, und mit diesem auch Brust und Kopf und Arme ruhen.
Gewissermaßen ist das Kreuzbein ein zu - sammengesetzter Knochen, der nämlich aus fünf [– seltner aus sechs –e)Gewöhnlich besteht das Kreuzbein aus fünf wirbel - artigen Stücken. – So auch in den Abbildungen bey Eustach, Bidloo, Cheselden, Albinue, Sue u. a.m.Sehr selten nur aus vieren dergleichen ich eins der Güte des Hrn. Geh. R. Sömmerring316 verdanke. s. auch schon fallopii expos. de ossib. p.579.Sechse sind weit häufiger. – So bey Vesa - lius, Trew, Smellie u. a. Auch in Amat. Bourdon ungeheuer großen tabulis anatom. tab. 5. fig. 32.Nur muß man nicht die Fälle wo das erste Glied des Kukuksbeins mit dem untern Ende des Kreuzbeins ankylotisch verwachsen ist, mit jenem verwechseln, wo dasselbe aus 6 wahren Wirbel - stücken besteht, und folglich dann mit 5 Paar Oeff - nungen zum Durchgange der Kreuznerven durch - bohrt ist. Ich habe von beyden Arten mehrere Beyspiele in meiner Sammlung. Auch eins wo das Kreuzbein aus 6 wahren Wirbelstücken besteht, und dennoch das erste Glied des Kukuksbeins noch gleichsam als ein siebentes ankylotisch damit ver - wachsen ist.Dieß ist der Fall, wo der alte Sal. Alberti ein Kreuzbein von 7 Wirbeln zu sehen gemeint, und es dafür abgebildet hat, in s. hist. plerarum - que partium h. c. Viteb. 1583. 8. p. 89. und den auch Pet. Paw gefunden zu haben versichert primit. anat. p.102.Ein mehreres über dergl. Verschiedenheiten findet sich in albini annot. acad. L. IV. p. 53 sq. v. doeveren obseruat. acad. p. 206 sq. und bey tabarrani in den Atti di Siena Vol. III. pag. 142 sq.Eine gar sonderbare Abweichung des Bildungs - triebes verdient doch hier Erwähnung, weil so viel mir bekannt am übrigen Rückgrath nichts ähn - liches vorkommt und sie hingegen am menschlichen Kreuzbein nicht gar selten, bey Thieren aber meines wissens unerhört ist; da nämlich der oberste Wirbel desselben an der einen Seitenhälfte die völlig aus -317 gebildete Form eines Lendenwirbels und hingegen an der andern die gewöhnliche vom Oberstück des Kreuzbeins hat. Ich besitze ihrer mehrere; und Abbildungen von dergleichen haben Albinus in den Annotat. a. a. O. tab. VII. fig. 5. und San - difort im Museum tab. XLV. fig. 5.] wirbelähn - lichen Stücken wie in eins geschmolzen scheint, die man an jugendlichen Subjecten, zumahl auf der ausgeschweisten Vorderseite zu unter - scheiden glaubtf)Bey den mehresten Affen, und selbst bey einigen ziemlich menschenähnlichen, besteht das Kreuzbein nur aus drey Wirbelstücken, die folglich nur zwey Paar Oeffnungen für die durchgehenden Nerven haben. Und da Galenus a. a. O. überhaupt das Kreuzbein also beschreibt, so sieht man offenbar daß er seine Beschreibung nicht nach Menschen - beinen sondern vermuthlich nach solchen Affen ꝛc. verfertigt; wie schon Vefalius – trotz Jac. Sylvius und Eustach – vollkommen richtig erwiesen: sowohl in der epistola de radicis Chynae decocto p. 49 sq. der Oporinischen Orig. Ausg. als auch im großen Werke p.99. wo er deshalb auch die Abbildungen vom Kreuzbein der Affen gegeben.Bey den Vögeln macht das Kreuzbein mit den übrigen beyden Beckenknochen ein einziges zusam - menhängendes Stück aus: ist aber bey den ver - schiedenen Arten von ungleichem Verhältniß der Länge ꝛc. – Viele genaue Bemerkungen darüber s. bey Roiter a. a. O. cap. 10..
Im Grunde aber besteht doch schon die knorplichte Grundlage dieses Knochen, bey der ungebohrnen Leibesfrucht aus einem einzigen Stückeg)albini icon. oss. foet tab. VII. fig. 52. 53. 54., in welchem man gegen die Zeit der Geburt 21 Knochenkernchen unterscheiden kann.
318Fünfe nämlich für jedes der drey obern wir - belähnlichen Stücke, von welchen das mittlere den Körper derselben; zweye die zu beyden Sei - ten nach vorn liegen, gleichsam die Seitenfort - sätze; und zwey größere die eben so nach hinten liegen, die schrägen Fortsätze bilden. – Die beyden untersten Stücken hingegen haben wie die Wirbel des eigentlichen Rückgraths jeder nur drey Knochenkernchen.
Derjenige Theil der wirbelähnlichen Stücke der die Körper derselben vorstellt, ist flach und in der Kindheit und Jugend durch Knor - pelscheiben wie in Absätze getheilt, die zwar gegen die Zeit der Mannbarkeit meist verwach - sen, doch daß sich die Spuren davon oft noch sehr kenntlich bis ins höhere Alter erhalten.
Der oberste dieser Absätze bildet nach oben eben so eine breite Gelenkfläche wie die an den eigentlichen Wirbeln des Rückgraths.
Der unterste hingegen verläuft sich in eine abgestumpfte Spitze mit einer in die Quere lie - genden Gelenkfläche, an welcher das erste Glied des Kuckucksbeins anliegt.
Die sämmtlichen Fortsätze an diesen wir - belähnlichen Stücken sind wie zusammenge -319 flossen und undeutlich. Nur die zwey schräg - aufsteigenden am obern Ende ausgenommen, die mit ihren ausgeschweiften ansehnlichen Flächen nach hinten und innen gerichtet sind, und in die schräg herabsteigenden Fortsätze des untersten Lendenwirbels einlenken.
Die übrigen schrägen Fortsätze beyderley Art sind wie in rauhe Knoten verwachsen, die auf der Hinterseite des Kreuzbeins paarweise von oben nach unten convergiren.
Die Seitenfortsätze sind am allerunkennt - lichsten, da sie in die dicken breiten Seiten - theile des Knochen zusammen schmelzen. Das oberste Paar macht vor den gedachten schräg - aufsteigenden Fortsätzen ein paar breite Flügel, deren oberer und hinterer Rand mit den Sei - tenfortsätzen des letzten Lendenwirbels parallel laufen, und einen Zwischenraum lassen, durch welchen der letzte Lendennerve hervortritt, ihr vorderer Rand hingegen steigt an dem Vorge - bürge (§. 249.) seitwärts herunter, und verläuft sich in die stumpfe Grenzlinie, (linea innominata) welche das sogenannte große Becken von dem kleinen scheidet.
Die beyden obersten wirbelänlichen Stücke des Kreuzbeins sind zu beyden Seiten mit - telst der sogenannten Symphysis sacro-iliaca zwischen den Hintertheilen der ungenannten Beine eingekeilt. Diese Knorpelfläche selbst320 ist flach ausgefurcht und hat ohngefähr einige Aenlichkeit mit dem Umriß eines Menschen - ohres.
Von den Dornfortsätzen sieht man ge - wöhnlich nur an den drey obern wirbelähnlichen Stücken des Kreuzbeins kenntliche Spuren. Weiter herunter sind sie meist wie in eine di - vergirende Spalte auseinander getrieben, deren Ränder zu beyden Seiten herab mit etlichen kleinen Knoten besetzt sind, wovon die unter - sten wie ein paar ganz kurze stumpfe Spitzen hinabragen, und gleichsam ein paar schräg herabsteigende Fortsätze vorstellen, die an die schräg heraufsteigenden des ersten Gliedes vom Kukuksbein stoßen.
Nach hinten läuft durch das Kreuzbein der Länge herab ein dreyeckter Canal, der das Ende der ganzen Rückgrathshöle ausmachth)cheselden osteographia tab. XIII. smellie's Set of anatom. Tables, tab. II. u. a.m. hun - teri anatom. vteri hum. grauidi tab. IX.. Nach oben ist er weit und seine Mündung schräg, von vorn nach hinten und unten wie abgeschnitten. Unten verliert er sich in die ge - dachte divergirende Spaltei)In seltnen Fällen erstreckt sich auch wohl diese Spalte längs der ganze Hinterseite des Kreuzbeins, das dann an der Stelle wo die Dornfortsätze liegen321 sollten mehr ober weniger weit von einander steht. Gewöhnlich, aber eben nicht allemahl, ist dieß Folge des innern Wasserkopfs. Unter mehrern von solchen gespaltnen Kreuzbeinen erwachsner Per - sonen die ich besitze ähnelt eines vollkommen dem - jenigen das Sandifort im Museum tab. XIX. fig. 4. abbilden lassen..
Gegen die Mitte ist das Kreuzbein der Länge herab mit vier Paar ansehnlichen con - vergirenden Oeffnungen durchbohrt, die zu beyden Seiten neben den gedachten Fugen (§. 254.) liegen, welche die Körper der wir - belähnlichen Stücke abtheilen.
Nach vorn sind diese Oeffnungen größer, und verlaufen sich nach außen wie in eine Trich - terförmige Mündung, die zum Durchgange der Kreuznerven dientk)walter tab. neruor. thorac. et abdom. tab. 2. fig. 2..
Nach hinten sind sie enger, ihre Ränder rauher ꝛc. und größtentheils mit Beinhaut verschlossen.
Das Kuckucksbeina)galen. de ossib. cap. XII. p. 21. (os coccygis) oder Steisbein hat den erstern Namen von der Aenlichkeit die man in seiner schwachgekrümm - ten Hakenförmigen Gestaltb)vesalius cap. 18. fig. 3. und Exam. observatio - num fallopii p. 37., mit dem Schnabel jenes Vogels zu finden gemeint hat.
Es besteht gewöhnlich aus vierc)Beym natürlichsten Bau ist das Kukuksbein aus vier Stücken zusammengesetzt. – So ist es auch in den Abbildungen bey Vesalius, Cheselden, Albinus, Trew u. a.Zuweilen nur aus dreyen. – So in veslin - gii syntagma anatom. tab. 2. fig. 5. 6. p. 18. der Ausg. v. 1666. und in Sue großen Tafeln Tab. XVII. fig. 3. 4.Manchmahl hingegen auch aus fünfen. – So bey Sal. Alberti a. a. O. und in bidloo anat. hum. corporis tab. XCVIII. fig. 3. 4. und in Hrn. v. Haller's iconib. anat. Fasc. IV. tab. III. B. 1. 2. 3. 4. 5.Casp. Bauhin tribuirte (– aber ohne zu - reichenden Grund –) dem weiblichen Kukuks - bein 5 Wirbel, und dem männlichen hingegen 4. s. dessen theatr. anat. L. I. tab. XLI. fig. 8 und 9. p. 85. der Ausg. v. 1640. Stücken, die im natürlichsten Zustand auch beym er -323 wachsenen Menschen nicht zusammenverwach - send)Aber wohl verwachsen sie nicht selten durch Anky - losen. Und zwar (wie Camper in den gedachten Zusätzen zum Mauriceau anmerkt, und auch ich mehrmahlen gefunden habe) zuweilen schon im erwachsenen jugendlichen Alter.Am häufigsten verwächst das erste Stück des Kukuksbeins mit dem Ende des Kreuzbeins (s. oben S. 316.), und dann die letzten Stücke von jenem untereinander selbst, so wie in Hunter's anat. vteri hum. grauidi tab. IX. lit. H. K. – vergl. levret art des accouchemens p.4.Man hat behauptet die Ankylosen des Kukuks - beins entständen besonders leicht bey Frauenzim - mern die viel reiten, und hat davon die häu - figern schweren Niederkunften unter solchen Völ - kern, und namentlich auch beym englischen Frauen - zimmer ableiten wollen. Der Pater Dobrizhoffer handelt daher ausführlich von den schweren Ge - burten der Adiponischen Weiber, die, wie er sagt, den größten Theil ihres Lebens mit Reiten zubrin - gen, und dabey nach der Männer Art auf ihren harten rindsledernen Sätteln sitzen. s. dessen Ge - schichte der Abiponer, einer berittenen und krie - gerischen Nation in Paraguay IIter B. S. 269 u. f. Daß inzwischen diese Behauptung nicht zu un - bedingt angenommen werden darf, sehe ich z. B. an einem schon oben erwähnten Skelet eines be - jahrten Donischen Cosacken, an welchem mehrere Knochen, z. B. 4 Lendenwirbel zusammen anky - losirt sind, aber gerade das Kukuksbein gar nicht mit dem Ende des Kreuzbeins verwachsen son - dern vollkommen beweglich geblieben ist., sondern durch eine wahre Symphysise)Daher das Kukuksbein leicht durch ein gewaltsames hartes Niedersetzen oder durch einen Stoß dessel - ben an eine Ecke leicht verrenkt werden, und dann in Beinfras übergehen, und auch wohl starke Eiterung der benachbarten Theile und den Tod nach sich ziehen kann, s. sue et dangerville de coccygis luxatione Paris. 1770. 4.324 (Th. I. §. 101.) mit einander verbunden, mit - hin etwas nachgiebigf)Diese Nachgiebigkeit hat schon beym Stuhlgange, vorzüglich aber bey der Niederkunft ihren Nutzen. – Harvey hat schon angemerkt, wie man sich durch einen leichten Versuch überzeugen kann, daß die geschwänzten vierfüßigen Säugethiere weder ihre Junge werfen, noch ihren Mist fallen lassen können, wenn sie nicht den Schwanz dabey zurückbeugen. De generat. animal. p. 196. der Londner Originalausg. v. 1651. sind.
Auch sind schon bey der ungebohrnen Lei - besfrucht vier einzelne Knorpel, – nicht wie beym Kreuzbein nur ein einziger gemeinschaft - licher, – zur Grundlage ihrer nachherigen Verknöcherung vorräthigg)albini icon. oss. foetus tab. VII. fig. 52. 53. 54..
Diese vier Stücke machen gleichsam einen Anhang des Kreuzbeins aus, laufen mit dessen unterm Ende in gleicher Richtung fort, ragen von hinten in die untre Oeffnung des Beckens hinein, und dienen besonders dem Mastdarm zur Stützeh)Bey den geschwänzten Thieren läuft hingegen das zur Schwanzrippe verlängerte Kukuksbein außer - halb des Körpers fort, und ist bekanntlich bey manchen von einer ausnehmenden Länge.So besteht z. B. das Schwanzbein am Gerippe eines Winselaffen (Cercopithecus capucinus) in325 meiner Sammlung aus 26 Wirbeln; beym kleinen zweyzehichten Ameisenbär aus 41.In der ganzen Classe der Vögel ist das Ku - kuksbein nie zu einer wahren beweglichen Schwanz - rippe verlängert, sondern besteht meist aus 7-8 Wirbeln, die besonders zur Anlage der großen Oehldrüsen am uropygium dienen.An dem ungeschwänzten Kluthahn (Gallus ecandatus) bey welchem sich dieses Organ durch eine hochstmerkwürdige Degeneration verlohren zu haben scheint, ist, wie ich durch wiederhohlte Un - tersuchung gefunden, auch vom Kukuksbeine nur ein unförmlicher Rest geblieben, der aus einem ganz unsymmetrischen knorrichten Stücke besteht, das meist wie aus 4 misgestalten Wirbeln zusam - menverwachsen ist..
Das oberste Stück ist bey weitem das größeste, von ansehnlicher Breite, und beym vollkommensten Baui)Wie in albini tab. ossium tab. VII. fig. 5. 6. 7. mit zwey Paar deut - lichen Fortsätzen versehen, nämlich mit zwey kurzen stumpfen Seitenfortsätzen, und dann nach hinten mit zwey emporragenden längern und spitzern, welche gleichsam die Stelle der schräg aufsteigenden Fortsätze an den vorigen Wirbeln vertreten, und nach den beyden gedach - ten ähnlichen Fortsätzen am hintern und un - tern Theile des Kreuzbeins (§. 255.) gerich - tet sind. An den übrigen drey Stücken die an Größe in der Folge ihrer Verbindung immer mehr abnehmen, sieht man nur schwache min - der kenntliche Spuren von Seitenfortsätzen, außer diesen aber gar keine andere.
Die sämmtlichen vier Stücke des Kukuks - beins sind übrigens ganz dicht, ohne durch - laufenden Kanal und ohne andre bestimmte Oeffnungk)Bey den mehrsten Affen hingegen und selbst bey den gemeinen ungeschwänzten, (Simia syluanus, inuus ꝛc. ) deren Kukuksbein meist nur aus drey Wirbeln besteht, sind dieselben sowohl mit einem Canal für das sich so weit erstreckende Rückenmark als mit Löchern zum Ausgang für Nerven durch - bohrt. Und da Galenus a. a. O. diesen Bau dem Kukuksbein überhaupt zuschreibt, so hat Vesalius in beyden obgedachten Werken auch hieraus erwiesen, daß seine Osteologie nicht nach dem menschlichen Gerippe verfertigt seyn könne.Beym Schimpanse (Simia troglodytes) aber ist das Kukuksbein aus vier Wirbeln zusammen - gesetzt, die nicht durchbohrt sind. Also in so fern wie beym Menschen. s. Tyson a. a. O. S. 69 u. f..
Die beyden ungenannten - oder Hüft - knochena)galenus de ossib. pag. 27. E. (ossa innominata, s. anonyma, s. coxarum) sind die größten von allen flachen Knochen des ganzen Gerippes; nach oben und hinten mehr breit und schön ausgeschweift, nach unten und vorn massiver, mehr conver - girend und theils durchbrochen und ausge - höhltb)vesalius cap. 29. fig. 1. 2. 3..
Vorn sind sie durch ein Knorpelband mit einander verbunden, hinten fassen sie das Kreuzbein zwischen sich: und bilden mit diesem und dem Kukuksbein die sogenannte Becken - höhle. In ihren Hüftpfannen sind die Schen - kelknochen eingelenkt.
Bey der Leibesfrucht und dem neugebohr - nen Kinde bestehn sie aus drey abgesonderten Knochenkernenc)albini icon. oss. foetus tab. IX. fig. 67. 68. 69. die in der Hüftpfanne zu - sammenstoßen, und erst ohngefähr im sieben -328 ten Lebensjahr zusammen verwachsen; doch daß auch oft noch später und selbst zuweilen bis gegen die Zeit der Mannbarkeit die Spu - ren dieser Verwachsung merklich bleiben.
Eben nach der Lage dieser anfänglichen dreyen Knochenkerne wird nun auch überhaupt jedes ganze ungenannte Bein, wieder in eben so viele Abschnitte eingetheilt, die man mit den Namen von besondern Knochen belegt.
Die beyden obern großen ausgebreiteten Theile nämlich, die Hüftknochen (ossa ilium).
Die mittlern vordern aneinanderstoßenden, die Schaambeine (ossa pubis s. pectinis).
Die nach unten herabsteigenden, die Sitz - beine (ossa ischii s. coxendicis).
Von allen dreyen insbesondre. Zuerst vom Hüftknochen, der bey weitem den größten Theil des ungenannten Beins ausmacht.
Er variirt gar sehr in der Dicke; zu - mal nach dem mittlern Theil zu: und das zwar, wie es scheint, ohne bestimmte Bezug auf Geschlecht oder Alter.
Die Außenseite oder der sogenannte Rücken dieses Knochen ist flacher, und hat nur329 ein paar ganz schwache wellenförmige breite Eindrücke und Erhabenheiten.
Die innere Seite wird in zwey ungleiche Hälften abgetheilt, die in einem stumpfen Winkel (cubitus alb.) aneinander stoßen.
Die hintre dieser beyden Hälften (plani - ties articularis) ist bey weitem die kleinere und wird durch einen scharfen Rand von der vor - dern abgesondert. Sie dient zur festen Ver - bindung mit dem Kreuzbeind)Mit welchem man sie zuweilen ankylotisch ver - wachsen findet. s. z. B. columbus de re anat. p.108. pinaeus de virginitatis notis p. 128. duverney oeuvres anatom. Vol. I. p. 458. und lamorier im IIten B. der Hist. de la Soc. de Montpellier v. 1778. p. 243 u. f., (symphysis sacro – iliaca) und hat daher nach vorn, wo sie an den gedachten scharfen Rand stößt, einen etwa daumenbreiten etwas erhabnen rauhen Wulst, ohngefähr vom Umriß eines Men - schenohres, der auf die völlig änliche flach ausgefurchte Knorpelfläche des Kreuzbeins paßt, deren oben gedacht worden (§. 255). Nach hinten ist der übrige größere Theil dieser Hälfte ebenfalls rauh und uneben.
Die vordre Hälfte der innern Seite des Hüftbeins ist ungleich größer als jene hintre, glatter, und nur gegen die Mitte zu ganz flach ausgeschweift. Nach unten stößt sie an den stumpfen Rücken (linea innominata) der330 von den Vorgebürge des Kreuzbeins hier fort - setzt. (§. 249. 255.)
Nun die Ränder dieses Knochen. – Der obere, größte, (crista ilei) ist fast eine Spanne lang, bogenförmig und bey jugend - lichen Subjecten mit einer schmalen Leiste be - legt, die oft noch bis in die Jahre der Mann - barkeit als eine Epiphysis nur wie angeleimt scheint. Sie bildet die eigentlich sogenannten Hüften, ist hinten wo sie über dem Kreuzbeine hinausragt am dicksten; in der Mitte ihres Laufs am dünnesten: und endigt sich vorn in eine stumpfe Ecke (tuberculum s. spina supe - rior ilei). – Von da steigt der vordere kleinere Rand mit einem halbmondförmigen Ausschnitt bis zu einem stumpfen Hügel (spina inferior ilei) herab, der gerade über dem obern Rande der Hüftpfanne hervorragt.
Unten, gleichsam am Fuße dieses Hügels stößt der Hüftknochen mit dem Schambein zusammen, und macht in der Fuge einen ganz flachen Eindruck, über welchem der Fallopi - schee)fallopii obseruat. anatomicae p.85. b. oder Poupartischef)Hist. de l'Acad. des scienc. de Paris 1705. p. 51. sehnichte Bo - gen der schrägen Bauchmuskeln ausgespannt istg)v. haller icones anatomicae. Fasc. VI. tab. 1., der die großen Schenkelblutgefäße aus dem Becken herausläßth)dan. koch diss. de hernia crurali. Heidelb. 1726. §. 111..
Das Schambein oder Schoosbein oder Schloßbein, macht den zweyten und kleinsten Haupttheil des ungenannten Beins aus, und besteht aus einem robusten auswärts mehr prismatischen Querstück und einem davon vorn herabsteigenden platten Stücke.
Jenes (ramus superior s. transuersalis s. horizontalis) fängt von der vorgedachten Fuge (§. 267.) und vom vordern Rande der Hüftpfanne an und macht nach oben einen flach ausgeschweiften Bug, der sich vorn nahe an der Synchondrose der Schaambeine in eine stumpf hervorragende Ecke tuberculum spino - sum pubis endigt. – Ueber diesem Bug, ohngefähr in der Mitte, liegt der sogenannte Bauchring oder Spalte in den äußern schrägen Bauchmuskelni)albini tabulae musculorum tab. I., durch welchen bey Manns - personen die Samenschnur und beym andern Geschlecht die runden Mutterbänder heraus - tretenk)Eine genaue Beschreibung dieser Theile und ihrer Veränderungen bey Entstehung der Leisten - Brüche s. in pfann diss. de entero-oscheocele antiqua. Erlang. 1748. §. X sq..
Unter dem gedachten tuberculo spinoso steigt dann das andre Stück nach unten und nach außen herab, so daß damit die beyden332 Schambeine zusammen unter der Synchon - drose den großen Bogen bilden, der beym weiblichen Gerippe in einen stumpfen Winkel ausgeschweift und mehr nach vorn ausgebogen ist, und schärfere Ränder hat, als beym männ - lichenl)Beym männlichen Becken beträgt dieser Winkel gewöhnlich 70 Grade. – Beym weiblichen 90 und zuweilen noch drüber..
Beyde Schambeine sind durch die merk - würdige Synchondrose mit einander verbun - den, die neuerlich durch den kühnen Versuch sie bey manchen Arten von schweren Geburten zu durchschneidenm)Nur einen Schriftsteller statt aller hierüber anzu - führen, s. jo. peters. michell de synchondro - tomia pubis Comm. Amst. 1783. gr. 8., so allgemein berühmt, und bey der Gelegenheit ihr wahrer Bau näher untersucht wordenn)Besonders vom W. Hunter in den medical obs. and Inquiries Vol. II. p. 333 sq. tab. I. fig. 3. 4. Andr. Bonn in den Verhandel. van het Ge - nootschap te Rotterdam III. D. pag. 151 sq. tab. II. III. IV. eman. bentely de sect. syn - chondroseos ossium pubis. Argent. 1779. 4. und J. G. Walter von der Spaltung der Scham - beine in schweren Geburten. S. 11 u. f.. – Es besteht dieselbe aus einer länglichten schmahlen vertica - len Knorpelscheibeo)Die Fälle sind nicht gar selten wo diese ganze Knorpelscheibe fehlt, und die Schambeine vorn von einander ab und auseinander stehn. – Ein333 Becken der Art hat Hr. Geh. R. Walter bey der angeführten Schrift in Kupfer stechen lassen. –Sonderbar ist nur, daß dieser Mangel ge - wöhnlich mit einem ganz eignem angebohrnen Feh - ler der Harnwege verbunden ist, da nämlich die Harnröhre gespalten und auseinander getrieben, und durch diese widernatürliche Oeffnung die Harnblase umgekehrt aus dem Leibe heraus ge - drängt ist (prolapsus vesicae inuersae), welche dann in Gestalt eines derben rothen schwammich - ten immer nässenden Fleischgewächses in der Schamgegend über den Zeugungstheilen heraus - liegt. – Eine bey Kindern beyderley Geschlechts gar oft beobachtete angebohrne Mißbildung, deren Entstehung zuerst von Hrn. Prof. Bonn aufge - klärt worden und die hingegen meines wissens niemahlen bey irgend einem andern Säugethier gesehen ist., die in ihrem ganzen Bau die größte Aehnlichkeit mit den horizon - talen Knorpelscheiben hat, die zwischen den Körpern der Rückgrathswirbel liegenp)Sie ähnelt diesen auch darin, daß sie eben so nach Verschiedenheit der Umstände entweder aufschwel - len oder aber mehr zusammengezogen werden kann. – Darauf gründet sich die seit Sever. Pineau's Zeiten und zumahl in den letztern 15 Jahren so endloß verfochtne oder bestrittne Frage von der Möglichkeit oder Beträchtlichkeit des Auseinanderweichens dieser Knorpelscheibe so - wohl während der Schwangerschaft als auch bey der Niederkunft. – s. ein Heer von Citaten pro und contra bey Hrn. Michell a. a. O. S. 51 u. f. (§. 216). Sie ist von außen eben so mit einem sehnichten Bande umwunden, wird eben so nach der Mitte zu weicher und verliert sich endlich eben so in eine Art von gallertigen schleimichten Kern, aus welchem das flüßige334 resorbirt werden kann, da er dann gleichsam eine hohle Spalte in seiner Mitte zu haben scheintq)Es ist doch überaus merkwürdig, daß alle Ver - knöcherung der Schambeinknorpel so außerst sel - ten, und eine vollkommne Ankylose derselben fast unerhört ist; daher sie auch schon von Pineau so wie nachher von Düverney a. a. O. neuer - lich von Hrn. Louis de partium generationi infer - vientium in mulieribus dispositione u. a.m. gänz - lich bezweifelt worden.Unvollkommene Ankylosen der Schambeinknor - pel sind von Sandifort im II. Bande seiner observat. anat. patholog. von van de wyn - persse diss. de Ancylosi, und von Michell im angeführten Werke beschrieben werden.Bey Pferden ist hingegen der Fall nicht selten.Und bey manchen Säugethieren, wie beym Biber und Känguruh (Didelphis gigantea) ist schon im natürlichen Bau die Symphyse knöchern.. – Am weiblichen frischen Becken ist diese Knorpelscheibe etwas niedriger als am männlichen, aber desto breiter; auch der Wulst den das sehnichte Band um selbige nach vorn und hinten macht stärker gewölbt.
Das noch übrige letzte Drittel des ganzen ungenannten Beins das in der Größe ohnge - fähr das Mittel zwischen den beyden vorigen hält, macht endlich das Sitzbein aus (os ischii) an welchem selbst wieder der vordere, untere, und hintere Theil unterschieden wer - den kann.
335Der vordere und bey weitem kleinere Theil desselben (ramus anterior) stößt an den Scham - beinbogen, und ist gleichsam eine Fortsetzung des gedachten herabsteigenden platten Stückes des Schambeins.
Der untere (tuber ischii) ist dick, kolbicht, knorricht, und ist eigentlich der, auf welchem man sitzt.
Beyde, er und der vorige, sind so wie der große Bogen des Hüftbeins, bis gegen das männliche Alter mit einer langen Leistenartigen Epiphyse eingefaßt.
Der hintere Theil (ramus posterior) ist der größte und stärkste von allen; dessen äuße - rer Rand, vom tuber ischii an, rückwärts hinauf bis zum hintern Ende des großen Hüft - beinbogens gerechnet wird, und zwey ansehn - liche Einschnitte von ungleicher Größe und Tiefe bildet. – Der untere Einschnitt (luna: alb. s. incisura ischiadica inferior) ist klein und flach, und dient den daran vorbeylaufen - den obturator internus aufzunehmen. – Er wird durch eine scharf hervortretende Ecke (spina) von dem andern Einschnitt abgeson - dert. – Dieser (incisura ischiadica superior), der aber eigentlich zum Hüftbeine gehört und vielmehr incisura iliaca heißen sollte, ist sehr tief elliptisch ausgeschnitten, liegt zwischen der Hüftbeinpfanne und dem hintern Ende des336 Hüftbeins, (von welchem sich oben die Beschrei - bung des ganzen ungenannten Beins anfieng,) und dient zum Ausgange des großen ischiadi - schen Nerven, und zweyer ansehnlichen Schlag - adern, der iliaca posterior (s. glutaea) und der ischiadicar)Auch diese Oeffnung kann der Sitz eines freylich äußerst seltnen Bruches werden. s. chrph. h. papen epist. ad Hallerum sistens stupendam et nunquam descriptam herniam dorsalem. Goett. 1750. 4..
Die Hüftpfannes)tabarrani cose anatomiche im Anhang zum III. B. der Atti dell 'accad. di Siena p. 4 sq. (acetabulum) mit - telst deren der ganze übrige Körper auf den Schenkelknochen ruht und von denselben getra - gen wird, liegt gerade da, wo im unreifen Alter die drey Stücke des ungenannten Beins zusammenstoßent)albini icones oss. foetus p. 156 sq.. Ihre Richtung ist schräg, mit dem obern ziemlich scharfen Rande (super - cilium) nach außen hervorstehend, der zugleich die allerdickste Stelle des ganzen ungenannten Beins ausmacht.
Die Höhlung her Pfanne selbst ist auf ihrem Boden und nach dem innern und untern Rande durch eine kleinere aber tiefere Grube unter - brochen, und dadurch gleichsam in zwey un - gleiche Hälften abgesondert. Die obere und337 äußere ist von einer meist halbmondförmigen Gestalt, und mit einer knorplichten Gelenk - fläche ausgeglättet. Die untere und innere ist rauh und verläuft sich an ihrem untern Rande in einen tiefen Einschnitt (incisura acetabuli) der hinter dem untern Ende jener halbmond - förmigen Knorpelfläche herabsteigt, und mit einer vorgespannten knorpelartigen Sehne be - deckt wirdu)Icon membranae vasculosae ad infima acetabuli ossium innominatorum positae – delineata et coloribus distincta typis impressa a jo. ladmi - ral Amst. 1738. 8..
So wie die äußere Knorpelfläche das ei - gentliche Gelenk ausmacht an welchem sich der Schenkelkopf bewegt, so dient die rauhe innere Grube zur Aufnahme Haversischer Drüsen deren Gelenkschmiere diese Bewegung erleichtert.
Endlich ist auf dem Boden der innern Grube nach unten noch eine rauhe kleine Ver - tiefung zu merken, in welcher das runde kurze Band ansitzt, dessen andres Ende auf dem Schenkelkopf befestigt istx)th. schwencke obs. anat. de acetabuli liga - mento interno, caput femoris firmante an dess. haematologia. Hagae C. 1743. 8. p. 201 sq..
Neben der Hüftpfanne nach vorn und un - ten, wird durch die Verbindung des Scham - beins und Sitzbeins das sogenannte eyförmige Loch (foram. magnum ovale) – das aller - größte foramen proprium am ganzen Ge - rippe – gebildet, das am weiblichen Becken meist merklich größer ist als am männlichen. Es hat ohngefähr die Gestalt eines ungleich - seitigen Dreyecks, dessen längste Seite vor der Hüftpfanne, die kürzeste aber unter dem Schambeine liegt.
Im obern Winkel zwischen jenen beyden Seiten ist eine flache Furche zum Durchgange für den neruus obturatorius und die Blutge - fäße gleiches Namens. Das übrige dieser großen Oeffnung ist mit einer sehnichten Haut verschlosseny)Kann aber ebenfalls der Sitz einer eignen Art von Brüchen werden. s. Hrn. Hofr. Richter's Abh. von den Brüchen. S. 787 u. f. der 2ten Aufl. und duverney oeuvres anatom. Vol. I. p. 462..
Durch die Verbindung der in den drey letztern Abschnitten beschriebenen Knochen, wird das sogenannte Becken gebildet, eine offne Höhle, die (das etwas nachgiebige Ku - kuksbein ausgenommen) aus unbeweglich un - tereinander verbundnen Stücken zusammen - gesetzt ista)sandifort diss. de pelui LB. 1763. und im III B. seines thesaurus diss. p. 169 sq. ripping diss. quasdam de pelui animaduersiones sistons. ib. 1776. 4..
Man theilt das Becken wieder in seinen obern nach hinten breitausgeschweisten Rand (labra peluis) oder das große Becken: und in seine untre Höhle, oder das kleine – oder im engern Sinne eigentlich sogenannte – Becken.
Beyde werden von einander durch den stumpfen Rand (linea innominata) abge - sondert, der vom Vorgebirge des Kreuzbeins (§. 249. 255. ) abwärts unten am Hüftbeine vorbey (§. 261.) sich nach dem obern und innern Rande der Schambeine verläuft.
Diese Form des Beckens ist dem Men - schen so ausschließlich eigen, daß man, so pa - radox es auch klingt doch behaupten kann daß außer ihm gar kein anders Thier ein Becken (das nämlich seiner Bildung nach diesen Namen verdient) habeb)Ein Blick in die osteologia comparata zeigt dieß aufs unverkennbarste. Bey allen Quadrupeden, aber auch selbst bey den Menschenähnlichern Qua - drumanen ist das Becken in Verhältniß länglich - ter, schmahler, conischer, mit den Hüften bey weitem nicht so divergirend als beym Menschen. Man sehe z. B. die Abbildungen des Beckens vom Orang-Utang in Camper's Naturgeschichte dieses Thiers tab. III. fig. 7. und vom Schim - panse bey Tyson a. a. O. fig. 5.Am Royterschen Affengerippe (bey seiner analogia oss. humanor. simiae et verae et cau - datae, atque vulpis) taugt hingegen das Becken gerade nichts, da die ungenannten Beine durch ein seltsames Versehen bey der Zusammensetzung völlig verkehrt gestellt worden, mit den Hüftbeinen nach unten, mit den Sitzbeinen nach oben ꝛc.Ueber die mannichfaltigen besondern Verschie - denheiten im Baue des Beckens bey den Säuge - thieren und bey den Vögeln vergleiche man die zahlreichen und überaus genauen Abbildungen bey Royter an seiner Ausg. von fallopii lection. de partib. similar. und in Joh. Dan. Meyer Vorstellung allerhand Thiere nebst ihren Skeleten.Unter den vierfüßigen Säugethieren hat der Maulwurf wohl eins der sonderbarsten Becken. Es ist so eng und schmahl, daß es außer einigen schlanken Muskeln, blos Nerven und Blutgefäße zu fassen im Stande ist, hingegen die Geburts - theile u. a. benachbarte Eingeweide außerhalb der Schambeine liegen müssen.. Bey ihm entspricht hin -341 gegen jene auffallend ausgezeichnete Form seiner Bestimmung zum aufrechten Gange aufs vollkommenste, da der breit ausge - schweifte obre Rand des sogenannten großen Beckens die benachbarten Gedärme unterstützt und ihren sonstigen Druck auf die im kleinen Becken enthaltnen Eingeweide abhält oder doch mindert ꝛc .c)De generis hum. varietate natiua. ed.III. p. 13 sq..
Im kindlichen Alter und den ersten Jugend - jahren ist die Verschiedenheit zwischen den Becken der beyden Geschlechter noch kaum merklich.
Erst gegen die Zeit des vollkommnen Wachsthums zeigt sich das weibliche Beckend)smellie's Set of anatomical Tables tab. I. auf die schon mehr berührte Weise geräumiger und weitere)Außer den schon oben (Th. I. S. 92. u. anderw. ) angeführten Schriften und Abbildungen s. unter andern auch Camper's Betracht. über einige Ge - genstände aus der Geburtshülfe S. 5 u. f. bonn over het Maakzel en de Loswording van het Bekken etc. im III. B. der Rotterdamer Abh. S. 267. und j. c. f. koeppe (praes. krause) de pelui feminea metienda. Lips. 1781. 4. als das männliche, so wie es alsdann die Bestimmung des andern Ge - schlechts zur Empfängniß, zur Schwanger -342 schaft und besonders endlich zur Niederkunftf)Die Nachrichten der Reisenden von der leichten Niederkunft der Negressen ꝛc. könnten auf die Vermuthung führen, daß ihr Becken geräumi - ger gebaut sey, als bey Europäischen Weibern. – Allein Camper schrieb mir daß er den Körper einer Negresse die im Kindbett gestorben, zugleich nebst dem Kinde selbst erhalten habe, und die Maaße dieses Beckens (so wie auch die vom Kopfe des Kindes) seyen aufs vollkommenste wie bey hieländischen wohlgebildeten Weibern. Vergl. da - mit nic. corn. de fremery de mutationibus figurae peluis ꝛc. Lugd. Batav. 1793. 4. p. 79. aber auch die gegenseitigen Bemerkungen bey Sömmerring über die körperliche Verschiedenheit des Negers vom Europäer S. 34 u. f.Dr. Rollin glaubte auf seiner großen Welt - reise mit La Perouse an den Nordwestlichen Ame - rikanerinnen ein ungewöhnlich geräumiges Becken gefunden zu haben, dem er auch ihre leichten Niederkünften zuschrieb. Allein der bloße äußre Umfang des sogenannten großen Beckens, so wie er es gemessen, beweiset dieß noch keinesweges. Ueberdem war derselbe aber gar nicht eben auf - fallend weit, und nach der gegebnen Vergleichungs - Tabelle, bey den Männern noch weiter als bey den Weibern. s. Voyage de la Perouse autour du monde vol. IV. p.60. erfordertg)Auch bey manchen vierfüßigen Thieren ist das weibliche Becken merklich geräumiger als das männ - liche. So z. E. bey der Stute. s. gio. brugnone Mascalcia ꝛc. Tor. 1774. 8. p. 146 sq. not. a).Vergl. die Dimensionen des Beckens der Kuh bey j. gunth. eberhard over het Verlossen der Koeijen. Amst. 1793. 8. tab. IV u. f..
Die merkwürdigsten Dimensionen eines schön geformten musterhaft regelmäßigen weiblichen343 Beckens aus den Jahren der Mannbarkeit ver - haltensich folgendermaßen:
Querdurchmesser des großen Beckens da wo die Hüften am breitsten sind = 11 Zoll Rheinl.
Querdurchmesser der obern Apertur oder des Eingangs am kleinen Becken = 5 1 / 2 Z.
Die sogenannte coniugata von der Hin - terseite der Synchondrose bis zur Mitte des Vorgebürgs (§. 249. 255. 173.) = 4 1 / 2 Z.
Deventer's Diagonaldurchmesser von der symphysis sacro-iliaca (§. 255. 267. ) der einen Seite zu derjenigen Stelle der andern Seite wo das obre Querstück des Schamstücks des ungenannten Knochen an das Hüftstück anstößt (§. 268.) = 5 Z.
Querdurchmesser der untern Apertur oder des Ausgangs am kleinen Becken = 4 Z.
Durchmesser von der Hinterseite der Synchon - drose zum Endstück das Kukuksbeins wenn dieses in Ruhe liegt = 4 1 / 2 Z.
Außer der Synchondrose der Schambeine sind noch folgende Gelenkbänder am Becken zu werken:
A) Zur Verbindung der Hüftbeine mit dem Kreuzbeine:
344Zuerst dreye auf der Hinterseite des Beckens:
a) Ligamentum posticum longumh)weitbrecht syndesmologia tab. XVI. fig. 51. f.. Vom hintern kolbichten Ende der spina ilei nach den Seitenknoten (§. 255.) des vierten wirbelartigen Stück des Kreuzbeins.
b) L. posticum breuei)id. ibid. – g.. Gerade unter dem vorigen.
c) L. posticum lateralek)id. ibid. – h.. Ebenfalls von jenem Ende der crista ilei quer nach dem obern großen flügelartigen Seitenfortsatz des Kreuzbeins. (§. 255.)
Dann zweye nach vorn:
a) Ligamentum transuersale superiusl)id. tab. X. fig. 37. i.. Vom obern Rande der crista ilei nach dem Seitenfortsatz des untersten und zuweilen auch des vierten Lendenwirbels.
b) L. transuersale inferiusm)id. ibid. – k.. Kürzer als das vorige aber desto stärker, etwas nie - griger als jenes. Vom innern hintern Ende der crista ilei nach dem Seitenfortsatz des un - tersten Lendenwirbels.
345B) Die Bänder zur Verbindung des Sitz - beins mit dem Kreuzbein und Kukuksbein.
a) Ligamentum sacro-ischiadicumn)id. tab. XVI. fig. 51. k. d.. Hinten vom vierten und fünften wirbelartigen Stück des Kreuzbeins nach dem innern Ende des tuber ischii.
b) L. spinoso-sacrumo)id. tab. XVII. fig. 52. l.. Kürzer als das vorige. Vom fünften wirbelartigen Stück des Kreuzbeins und dem ersten Stück des Kukuksbeins nach der spina ischii.
Die Rippena)galenus de ossibus p. 21 sq. sind 24b)Die Anzahl der Rippen variirt zuweilen so wie die der Rückenwirbel. Beyspiele von mangelnden oder aber von überzähligen Rippen sind gesammlet in haller de c. h. funct. Vol. IV. p. 8. – bertin Tr. de osteologie T. III. pag. 97. – sabatier Tr. d'Anat. T. I. p. 152. – böhmer obserr. anat. P. I. praef. p. VI. not. f) sqq. – s. auch Malacarne in bonnet contempl. de la anat. P. I. p. 290 sq. des IV. B. der großen Ausgabe seiner Werke. Paarweis - gereihete bogenförmige, schlanke, elastische Knochen, von sehr spröder Textur, verschied - ner bestimmter Länge, und mehr oder weniger schräg von hinten nach vorn herabsteigender Richtung.
Sie sind hinten an die Rückenwirbel ein - gelenkt, und stehen nach vorn unmittelbar oder mittelbar mit dem Brustbein in Verbin - dung, und tragen folglich bey weiten das mehreste zur Bildung der beyden Brusthöhlen beyc)Bey den Thieren herrscht eine große Verschieden - heit in Rücksicht der Anzahl, Gestalt und andrer Verhältnisse der Rippen. 347Die Frösche haben gar keine, sondern statt der - selben desto größere Seitenfortsätze der Brustwir - bel (S. 306. N. f).Bey den Schildkröten sind die Rippen meist ganz mit der großen knochichten Rückenschale ver - wachsen. Am meisten bey den Landschildkröten, denen daher Royter die Rippen gar abspricht. Deutlicher sind sie hingegen bey den Meerschild - kröten zu unterscheiden. s. caldesi osservaz. anat. intorno alle Tartarughe tab. I. fig. 2.Die Vögel haben keine zahlreichen Rippen. höchstens 10 Paar – von ihren sonstigen Eigen - heiten s. das Handbuch der vergleichend. Ana - tomie S. 88.Es giebt nur wenige Gattungen von Säuge - thieren (im Geschlecht der Fledermäuse und Ar - madille) die ein Rippenpaar weniger haben als der Mensch, die mehrsten übrigen haben zahl - reichere. Viele Affen 14 Paar. – So auch der Marder ꝛc. – Die Robbe, der Iltis, auch der Igel ꝛc. 15 P. – Der kleine Brasilische Ameisen - bär 16 P. – Das Pferd 18 P. – Der Ele - phant 19 P.Die allerzahlreichsten Rippen finden sich bey den Schlangen. Die gemeine Natter z. B. hat ihrer 173 Paar, die sich vom Nacken bis zur cloaca beym Anfang des Schwanzes erstrecken..
Ihre Verknöcherungd)albini icon. oss. foetus tab. VIII. fig. 60-63. beginnt bey der noch sehr zarten kaum zweymonatlichen Leibes - frucht sehr früh, (Th. I. §. 9.) und zugleich sehr vollkommen (Th. I. §. 15.); so daß nur gar wenige andre Knochen schon vor der Ge - burt eine so völlige Ausbildung erreichene)Albinus sagt a. a. O. S. 73. die zweyfachen Ge - lenkknöpfe der Rippen womit sie an den Brust -348 wirbeln eingelenkt sind, und die bey der reifen Leibesfrucht noch aus bloßen Knorpel bestehn, würden nachher erst zu Epiphysen ehe sie mit dem Hauptstück der Rippen zusammenwüchsen: das geschehe aber sehr geschwinde; und nur beym obersten Rippenpaar erst um die Zeit des völlig erreichten Wachsthums.Ich habe dieses alles nicht so finden können, sondern bey einer großen Menge von Rippen un - gebohrner Leibesfrüchte und kleiner Kinder die ich deßhalb untersucht und theils vor mir habe, ist nichts einer wahren Epiphyse (in dem Sinne wie er Th. I. §. 42. bestimmt worden) ähnliches zu finden; sondern offenbar werden die Anfangs bloß knorplichen Gelenkknöpfe nach und nach von den benachbarten Stellen der Diaphyse (Th. I. a. a. O.) eingenommen: ohne daß sich erst be - sondre Knochenkernchen in denselben erzeugen..
Man theilt jede Rippe, wie alle solche lange Knochen, in das Mittelstück und die beyden Enden.
Das hintere Ende dient zur Verbin - dung der Rippen mit den Rückenwirbeln, an welchen sie mit zwey besondern Gelenkknöpfen articulirenf)vesalius cap. 19. fig. 3. 4. 5..
A) Der innere von diesen beyden (capitu - lum articulare) liegt am äußersten Ende der Rippe, (das aber bey seiner gekrümmten Rich - tung nach der Brusthöhle zugekehrt ist), und paßt genau in die obgedachten (§. 242) Ge - lenkflächen die entweder als sinus proprii an349 dem Körper der Rückenwirbel selbst, oder als sinus communes am Rande in der Fuge zwischen zweyen und zweyen derselben befind - lich sind.
Im ersten Fall ist der Gelenkknopf der daran liegenden Rippe rundlich; im andern hingegen wie in zwey Fassetten abgetheilt.
Zu ihrer Befestigung und Verbindung dienen die Ligamenta capitelli costarumg)weitbrecht tab. XIII. fig. 47. a..
B) Der äußere Gelenkknopf des hintern Endes der Rippen (tuberculum articulare) ist bloß an den zehn obern Paaren deutlich zu sehen: und paßt auf die oben erwähnten Ge - lenkflächen am äußersten Ende der Seiten - fortsätze an den Rückgrathswirbeln (§. 243): und zwar so, daß das tuberculum der Rippe nach unten gekehrt ist, und auf den obern Rand des darunter anliegenden Seitenfort - satzes aufstößt.
Ihre Befestigung geschieht durch die Liga - menta transuersalia externah)id. tab. XIII. fig. 46. a. fig. 48. a..
Zwischen diesen beyden Gelenkknöpfen liegt der sogenannte Hals (collum s. ceruix) der Rippen, der bey den verschiednen Rippen von verschiedner Richtung ist, und an welchem eben - falls besondre sehnichte Bänder befestigt sind.
350a) nämlich die Ligamenta transuersaria internai)id. tab. XIII. fig. 47. b. fig. 48. b., die ebenfalls nach den benachbar - ten Seitenfortsätzen der Rückenwirbel laufen:
und b) von der zweyten Rippe an, die L. externak)id. tab. XIII. fig. 48. c. nach den schrägen Fortsätzen hin.
Das Mittelstück das im Ganzen beym Menschen stärker gekrümmt ist als bey andern Säugethierenl)eustachii examen ossium p.175. läßt sich bey den mehresten Rippen (nur etwa die beyden obersten Paare und das unterste ausgenommen) wieder in zwey ungleiche Hälften abtheilen, die durch einen nach hinten merklichen Ausbug von ein - ander unterschieden werden.
Die hintere Hälfte ist bey weitem die kleinste, – meist cylindrisch oder prisma - tisch, – und läuft vom äußern Gelenkknopf (§. 281) schräg abwärts nach außen bis zu dem gedachten Ausbug.
Die vordere weit längere Hälfte ist mehr flach gedruckt mit scharfen Rändern, und macht bey diesem Ausbug mit der vorigen einen dop - pelten schwachen Winkel, indem sie daselbst351 sowohl etwas stärker vorwärts, als auch zu - gleich mehr niederwärts gebogen wird, als jene.
Mehrentheils ist am untern Rande dieser längern Hälfte, nahe beym Ausbug ein schnei - dender Fortsatzm)Die Vögel haben in der Gegend dieses schneiden - den Fortsatzes an ihren mittlern Rippenpaaren einen ganz besondern schmalen Anhang, der wie ein flacher Hake nach hinten gekehrt ist – Royter glaubt (de auium sceletis cap. 9.) er diene zum Schutze der Brust gegen die starke Bewegung der Flügel: ein Nutze der mir doch nicht recht ein - leuchtend ist., der zumahl von der dritten bis zur zehnten Rippe merklich ist, und eine Furche bildet, die aber nicht (wie insgemeim gesagt wird) zur Aufnahme der Intercostal - Blutgefäße und Brust - oder Rückennerven dient, als welche merklich weit davon entfernt laufenn)b. s. albini tabula vasis chyliferi, c. vena azyga, arteriis intercostalibus etc.Die Wichtigkeit der obigen Bemerkung für die Chirurgie, bey der Oeffnung der Brusthöhle, zeigt ein Aufsatz des Dr. Löffler von der Verletzung der Rippenschlagadern in meiner medicinischen Bibliothek III. B. S. 535 u. f..
Das vordere Endeo)Dieses vordere Ende findet sich zuweilen gabel - förmig gespalten. Beyspiele von dergl. costis bi -352 fidis s. in c. nic. lange lapid. figuratis Hel - vetiae tab. LII. lit. B. und in albini annotat. acad. L. II. tab. VII. fig. 8. cap. 13. – vergl. v. haller de c. h. funct. vol. VI. p.8. n. o) und bonn descript. thesauri ossium morbosor. Houiani.Eben so hat man auch im Gegentheil mehrere Rippen wie zusammen geschmolzen oder zusammen verwachsen gefunden. s. Haller a. a. O. S. 15. Auch Albinus a. a. O. und mehrerley solche ano - malische Varietäten in sandiforti museum acad. LB. tab. XLIX.So habe ich auch bey einem Schweine zwey Rippen ohngefähr in der Mitte durch ein dickes gemeinschaftliches Knochenstück mit einander ver - bunden gesehen.Die Fälle hingegen, wo mehrere ächte Rip - pen durch eine Verknöcherung eines großen Stückes vom Brustfell mit einander fest verknüpft sind, dergleichen ich auch in meiner Sammlung besitze, rechne ich nicht hieher. der Rippen ist wieder etwas stärkerals der benachbarte Theil des Mittelstücks, rundlicht, und hat eine rauhe höckricht Endfläche, an welcher die knorplich - ten Anhängep)herissant sur la structure des cartilages des côtes in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Paris 1748. p. 141 sq. der Rippen sitzen, von deren Verschiedenheit in den folgenden Abschnitten die Rede seyn wird.
An den siebenq)Auch hier herrscht viele Varietät bey Menschen und Thieren. Nicht gar selten z. B. reicht beym353 Menschen so wie bey vielen Affen, der knorp - lichte Anhang der achten Rippe ebenfalls hinauf zum Brustbein u. s. w. – s. Sömmerring über die körperliche Verschiedenheit des Negers vom Europäer. S. 32. N. a) obern Paaren erstrecken sich diese Anhänge bis zum Brustbeine selbst, und diese werden daher ächte Rippen (costae genuinae) genannt.
Die Anhänge der fünf untern Paare hin - gegen stehen außer unmittelbarer Verbin - dung mit dem Brustbeine, und heißen daher unächte Rippen (costae nothae s. spuriae).
Die oberste Rippe hat in ihrem ganzen Bau viel auszeichnendes, das besonders an - gemerkt zu werden verdient.
Ueberhaupt nämlich ist sie die kürzeste von allen; und zugleich die allerbreiteste; und am stärksten gekrümmt.
Auch liegt sie im ganzen meist horizontal, mit ihren Rändern nach außen und innen; nicht so wie die übrigen mehr oder weniger ver - tical, die mit den Rändern nach oben und unten gekehrt sind: – hat also vielmehr eine Sichelförmige als (wie die andern Rippen) bogenähnliche Gestalt.
Der Hals an ihrem hintern Ende macht mit dem Körper einen minder stumpfen Winkel als bey den übrigen Rippen, und ist meist etwas mehr zusammengedruckt, und nicht so rundlicht, als an diesen.
Der Körper ist auf der obern Fläche überhaupt unebner als auf der untern; und hat zumahl um die Mitte herum eine flache Furche ꝛc. zur Anlage des scalenus medius. – Seine hintere Hälfte hat stumpfere, die vor - dere hingegen scharfe Ränder.
Das vordere Ende macht eine ansehnliche etwas vertiefte Fläche, in welcher der knorp - liche Anhang festsitzt, der aber bey dieser Rippe vielmehr ein Stück des Brustbeins ausmacht.
Am obern Rande jenes Endes bildet das darauf ruhende Schlüsselbein zuweilen eine Vertiefung, und vor derselben sitzt zum Theil der subclauius an.
Der gedachte knorpliche Anhang unter - scheidet sich, außer dem daß er wie gedacht mehr dem Brustbein als der Rippe zugehört, auch dadurch von dem Anhange der übrigen Rippen, daß er durchgehends von gleicher Dicke und überhaupt weil kürzer und stärker als bey allen folgendena)Aber übrigens doch lang genug, und nicht so sehr von den Anhängen des zweyten Rippenpaars ver - schieden, daß man ihn bloß für eine Symphysis –356 oder gar das Brustbein und das erste Rippenpaar wie für ein Stück – halten dürfte; wie doch Albinus und mehrere andre neuere Zergliederer gemeint haben.; mithin die Rippe selbst aufs mindst beweglichste mit dem Brust - bein verbunden istb)v. haller Mém. sur plusieurs phenomenes im - portans de la respiration p.252. – und de c. h. function. vol. VI. pag. 18. – Auch theod. fr. trendelenburg de sterni costarumque in re - spiratione vera genuinaque motus ratione Goett. 1779. pag. 9..
Von den übrigen sechs ächten Rippen (§. 283.) gilt im ganzen genommen alles das was im vorletzten Abschnitt von den Rippen überhaupt gesagt worden.
Was ihnen eigen ist, kommt nur etwa auf folgendes hinaus:
Sie nehmen nach der Ordnung ihrer Lage von oben herunter immer an Länge zu.
Ihre Lage ist nicht ganz parallel mit ein - ander, sondern die hintern Ende stehen merk - lich näher an einander als die vordern, von welchen nachher die knorplichten Anhänge wie - der zu einander convergirend nach dem Brust - bein hinlaufen.
In Rücksicht ihrer Bildung kommt die zweyte Rippe noch der obersten am nächsten, ist fast so wie diese stark gekrümmt: und die Richtung ihres Körpers hält das Mittel zwischen dieser und der folgenden ihrer; sie ist358 nämlich weder so horizontal wie jene, noch so vertical wie die übrigen, sondern mehr diagonal: und macht daher einen sanft ge - wölbten Uebergang von jener zu der dritten und folgenden.
Die knorplichten Anhängea)Die Vögel haben statt dieser knorplichten Anhänge ein zweytes schmahles Knochenstück, das sowohl mit der Rippe wozu es gehört, als mit dem Brust - bein, eingelenkt ist. an ihren vordern Enden, nehmen nach der herabsteigen - den Ordnung immer an Länge zu, aber an Stärke abb)Folglich sind die untern auch die beweglichsten, am leichtsten nachgiebigen, wie es der Mechanis - mus des Athemholens erfordert.Daher ist es eine zweckmäßige Einrichtung, daß diese zum leichten Athemholen so nothwendi - gen Knorpel (so wie überhaupt die cartilagines permanentes am ganzen Gerippe) nicht leicht verknöchern. Th. I. S. 68. N. *).Geschieht dieß aber, so wird es leicht eine unheilbare Ursache einer lästigen Engbrüstigkeit. v. haller de c. h. funct. vol. VI. p.11. – bertin Tr. d'osteologie T. III. p. 100. – jo. steph. bernard epist. ad Haller scriptar. Vol. III. p. 362. 394. – rud. aug. vogel observ. de asthmate singulari ex cartilaginum costarum ossescentia. Goett. 1773. – Medical obs. and. Inquiries Vol. V. pag. 254..
Sie laufen conisch zu, und legen sich in verschiednen bestimmten Winkeln vorn aus Brustbein an. Statt daß nämlich die knorp -359 lichten Anhänge des obersten Rippenpaars von oben nach dem Brustbein herabsteigen: so lau - fen hingegen die vom zweyten Paar meist ho - rizontal: die von den übrigen hingegen steigen von unten nach dem Brustbein hinauf: und werden in immer spitzern Winkeln an dasselbe befestigtc)Die Anhänge an den untersten ächten Rippenpaa - ren und an den obersten unächten Paaren stoßen zuweilen, ohngefähr in ihrer Mitte, aneinander, so daß sie aus jeder Seite gleichsam ein zusammen - hängendes Stück ausmachen. eustach. tab. XLIII. fig. 1. – vergl. g. martini in Eustachii tabulas Commentaria. Edinb. 1755. 8. p. 396..
An ihren Spitzen endigen sie sich wie in ein Knöpfchen, das in die dazu bestimmten Seitengrübchen des Brustbeins einpaßt, und eine Art von Articulation mit demselben machtd)Man findet zuweilen sogar Haversische kleine Drüsen in diesen Gelenken., die sowohl durch besondre Capsu - larligamente, als auch durch die gemeinschaft - lichen sich durchkreuzenden Bänder befestigt wird, womit das Brustbein von außen gleich - sam überzogen iste)weitbrecht tab. XIV..
So wie die ächten Rippen der Ordnung nach an Länge zunehmen, so nehmen hin - gegen die fünf unächten Rippenpaare (§. 283.) an Länge wieder ab.
Das oberste derselben ist gemeiniglich das allerlängste von allen zwölfen.
Das unterste ist kurz. Zuweilen (– aber nicht beym schönsten natürlichsten Bau –) sogar kürzera)So ist sie in Trew's Tafeln, tab. C. u. tab. VIII. fig. 22. 23. vergl. mit fig. 7. 8. als das oberste Paar der ächten Rippen (§. 284).
Ueberhaupt sind sie minder stark ge - bogen als die ächten Rippen.
Zumahl sind die untersten beyden Paare nur sehr schwach gekrümmt.
Auch haben diese letztern am hintern Ende keinen merklich zu unterscheidenden Hals.
Was diese Rippen aber am meisten aus - zeichnet, ist, daß die knorplichten Anhänge an ihrem vordern Ende nicht bis zum Brust - bein selbst hinaufreichen; sondern die Anhänge des achten Paars bloß an den Anhängen des untersten Paars ächter Rippen anliegen; – so die vom neunten Paar an den Anhängen jenes achten, – und die vom zehnten an de - nen des neunten.
Die Anhänge dieser drey Paare heißen daher zum Unterschied von den folgenden con - fluentes.
Die an den untersten beyden Rippenpaaren hingegen stehen weder mit den obern, noch auch untereinander in unmittelbarer Verbin - dung, sondern verlaufen sich bloß zwischen den benachbarten Rücken - und Bauchmuskeln.
Das Brustbeina)galenus de ossibus p. 21 sq. (sternum, os pecto - ris, os xiphoides) ist ein länglichter schmahler Knochen, einigermaßen von der Gestalt eines Dolchsb)vesalius cap. 19. fig. 6. 7.; nach vorn etwas convex, nach hinten etwas concav; und von ganz eigner Textur: – schwammicht und doch sehr derb und fest.
Er schließt gleichsam den Thorax nach vorne, von der Halsgrube bis zur Herz - grubec)Der Mensch scheint unter allen warmblütigen Thieren das allerkürzeste Brustbein erhalten zu haben: – Höchstens kommt ihm etwa der Schim - panse darin bey. s. tyson's Anatomy of a Pygmie fig. 5.Von dem wundersamen sternum abdominale der Crocodile s. das Handbuch der vergleichend. Anatomie S. 102.; – liegt zwar eigentlich nur zwischen den fünf obern Rippenpaaren, doch reichen wie gedacht auch die knorplichten Anhänge des sechsten und siebenten Paares zu ihm hinauf: –363 und steht außerdem auch noch oben mit den beyden Schlüsselbeinen in Verbindungd)Unter allen rothblütigen Thieren sind meines Wissens die Schlangen die einzigen die gar kein Brustbein haben. Denn selbst bey den Fischen ist doch etwas demselben ähnliches. Und die Frösche haben zwar keine Rippen, aber dennoch ein gar ansehnliches Brustbein.Bey den Vögeln hat es die bekannte, Pflug - schaar-ähnliche Gestalt, zur Anlage der ausneh - mend großen Brustmuskeln, die den mehresten dieser Thiere zum Flug nöthig waren. – Der Straus hingegen, der nicht fliegt, hat auch ein flacheres Brustbein, das sich schon dem Baue der Säugethiere nähert.Unter diesen letztern hat wieder umgekehrt das Brustbein des Maulwurfs viel ähnliches mit der Vögel ihrem, nämlich an seinem obern Ende gleichfalls eine scharfe Schneide zur Anlage für die robusten Muskeln, die dieses animal subterraneum zum Graben braucht. Auch bey der Robbe, die überhaupt im Totalhabitus des skeletirten Rumpfs auffallende Aehnlichkeit mit des Maulwurfs seinem zeigt, verläuft sich das vordre Ende des Brust - beins in einen langen cylindrischen Knorpel.Bey den mehresten übrigen vierfüßigen Säuge - thieren ist das ganze Brustbein cylindrisch und ge - gliedert, selbst bey den meisten Affenarten, und beym Bären, dessen Gerippe sonst (Kopf und Becken ausgenommen) viel Analogie mit dem menschlichen hat..
Die Verknöcherung des Brustbeins hat überaus viel eignes. Sie nimmt bey der un - gebohrnen Leibesfrucht spät, ohngefähr erst im vierten Monath ihren Anfang. Zeigt aber schon dann so wie nachher in ihrem langsamen364 Fortgang weit mehr abweichende Verschieden - heit als bey irgend einem andern Knochen des Gerippes.
Zuerst nämlich schon darin, daß der Knor - pel der vorher die Stelle desselben vertritt, zu - weilen aus einem einzigen Stücke)albini icones oss. foetus tab. IX. fig. 65.Dieß hielt Berlin für den gewöhnlichen Fall. Tr. d'Osteologie T. III. p. 133 sq. er ist aber sicher bey weitem der seltnere., gemeinig - lich aber freylich so wie nachher beym erwachse - nen Menschen aus drey besondern Stückenf)Albinus a. a. O. fig. 64 u. 66. besteht.
Noch weit mannichfaltigerg)Daher die Widersprüche und Zänkereyen der Zer - gliederer des 16ten Jahrhunderts über die Anzahl der Stücke woraus das Brustbein bestehe, weil sie nur nach dem einen oder den wenigen Mu - stern urtheilten, die sie gerade vor sich hatten, und keinen größern Vorrath von jugendlichen Brustbeinen mit einander verglichen. s. Vesal's Critik über Galen's Beschreibung des Brustbeins, sowohl in der Epist. de radice Chynae p. 52 sq. als auch im großen Werk S. 113 u. f. – Dann Fallopii Erinnerungen gegen Vesalius, in den obseruat. anatom. p.50. b. – und dieses seine Vertheidigung im obseruationum Fallopii exa - men p. 66 sq. – Und dann Eustach's große Apo - logie für die Galenische Osteologie im ossium examen p. 197 sq.201. der zuerst den rechten Weg einschlug, und zahlreiche Varietäten mit einander verglich. s. tab. anatom. XXXXVII. fig. 18. 19. 20. 21. aber und fast ganz unbestimmth)Albinus a. a. O. S. 75 bis 95. der eine sehr große Menge solcher Verschiedenheiten nach der365 Natur beschreibt. Und doch habe ich unter mei - nem Vorrath noch manche andere von ihm un - berührte. ist die Anzahl und die relative Lage der Knochenkernchen die sich nun in dieser knorplichten Grundlage, zumahl in der nachher sogenannten Klinge, erzeugen.
In den Jugendjahren schmelzen diese Kerne nach und nach immer mehr zusammen, bis endlich, mehrentheils um die Zeit der Mann - barkeit herum, nur noch drey Stückei)Doch besitze ich auch das Brustbein von einem Erwachsnen, das noch aus sechs distincten Stücken besteht, wovon viere der Klinge zugehören.An dem schon mehrmahlen gedachten Gerippe eines Donischen Cosacken das ich der Güte des Herrn Baron von Asch verdanke, ist das unge - heure Brustbein fast Handbreit, also meist noch einmahl so breit als es gewöhnlich zu seyn pflegt.Ein andres eben so breites aber sehr kurzes und durch eine schaudervolle Lordosis ganz entstelltes, in meiner Sammlung, ist trefflich abgebildet in corn. jac. van den bosch anatomia systematis respirationi inseruientis pathologica. Harlem. 1801. 4. pag. 65. am Brustbein zu unterscheiden sind, in welche es auch am füglichsten eingetheilt wird, und die ihre Namen von der oben berührten Aehnlich - keit mit einem Dolche erhalten haben:
1) nämlich das oberste, breitste Stück; – der sogenannte Griff:
2) das mittlere längste; – die Klinge:
366und 3) zu unterst der oft bloß knorplichtek)Denn die Albinischen Abbildung tab. ossium XIV. da dieser untere Anhang anderthalb Zoll lang, und seine obere größere Hälfte noch knöchern ist, gehört zu den ungewöhnlichern Varietäten. Anhang; – die Spitze.
Oft machen also bloß die beyden ersten Stücke das wahre Brustbein aus, und wer - den durch einen sehnichten Ueberzug, womit der ganze Knochen auf seinen beyden Seiten bekleidet istl)weitbrecht syndesmologia tab. XIV. XV. – Museum anat. Ruyschianum p. 103. fig. 9. unter einander befestigt.
Der Griff (manubrium sterni) läßt sich eigentlich wieder in sein großes knöchernes Hauptstück und in seine beyden, nach außen und oben zu dem ersten Rippenpaare gerichteten, knorplichten Anhänge eintheilen. Denn die letztern gehören wie schon gedacht (§. 287) weit mehr zum Brustbein als zu jenen Rippen. Doch bin ich der leichtern Faßlichkeit wegen auch hier lieber dem alten Gebrauch gefolgt, und habe diese Anhänge oben zum ersten Rip - penpaare gerechnet.
Am knöchernen Haupttheil des Griffs sind sechs Ränder zu unterscheiden.
Der erste nämlich, oben in der Mitte, ist halbmondförmig ausgeschnitten, abgerundet,367 um die Luftröhre bequem hinter sich herabstei - gen zu lassen.
Von den Spitzen jenes halbmondförmi - gen Ausschnitts steigen zu beyden Seiten zwey andre breite Ränder divergirend herab, an welchen die vordern Ende der Schlüssel - beine mittelst einer dazwischen liegenden beweg - lichen Knorpelscheibe (Th. I. §. 92) eingelenkt sind. – Diese breiten Ränder sind nach oben und vorwärts gewölbt, nach unten und hinten hingegen vertieft, überhaupt aber wie andere Gelenkflächen mit Knorpelrinde überzogen.
Von den äußersten Ecken dieser Ränder steigen zwey andre convergirend herab; die längsten von allen. An ihrer obern dickern Hälfte rage die gedachten knorplichten Anhänge wie ein paar Hörner heraus (§. 287); die untre Hälfte hingegen ist dünn und gleich - sam scharf.
Endlich der unterste Rand ist rauh, uneben, und mit einer deutlichen und in der Jugend biegsamen Fugem)Bey sehr engbrüstigen Kindern kann man zuwei - len, wenn sie tief Athem holen, sogar einige Be - wegung in der Gegend dieser Fuge gewahr werden. an einen ähnlichen Rand der Klinge wie angeleimt.
Die Klinge ist von ungleicher Länge, doch meist ohngefähr noch einmahl so lang als der368 Griff: aber schmahler, und zwar da wo sie an diesen anstößt, am allerschmahlsten: unten nach der Spitzen)Diesen untern Theil der Klinge haben manche Zergliederer für ein besonderes drittes Knochen - stück des Brustbeins gehalten, weil es zuweilen noch bey erwachsenen Subjecten durch eine Spur einer änlichen Querfurche wie die obere zwischen dem Griffe und der Klinge ist, abgesondert werde. v. haller de c. h. funct. Vol. VI. p. 23.Allein solcher anomalischen Spuren sind dann gemeiniglich mehrere auf der Klinge. (vergl. S. 365. N. i). Besonders zwischen den knorplichten An - hängen des 3ten und 4ten Rippenpaares. Sie sind aber alle von der gewöhnlichen wahren Fuge zwischen dem Griff und der Klinge sehr leicht zu unterscheiden, und geben keinen Grund, die Klinge selbst wieder in mehrere besondere Stücke einzutheilen. wieder etwas breiter.
Die Seitenränder der Klinge sind mit drey bogenförmigen Ausschnitten flach ausgeschweift: zwischen welchen, so wie unten an der rund - lichen breiten Spitzen andre weit kleinere aber tiefere Ausschnitte liegen, in welchen die An - hänge der ächten Rippen eingelenkt sind (§. 291.)
Die vom zweyten Rippenpaar nämlich stoßen auf die Fuge zwischen dem Griff und der Klinge (§. 299.). – Die Ausschnitte für die Anhänge vom dritten, vierten und fünften Paare sind ohngefähr in gleicher Weite von einander entfernt. Die hingegen für die bey - den untersten Paare liegen wie in einem halben Mond am rundlichen Ende der Klinge, nahe an einander.
Endlich ragt von der gedachten rundlichen Spitze des Brustbeins, mitten zwischen den benachbarten knorplichten Anhängen des letz - ten Paares ächter Rippen in der Herzgrube der sogenannte schwerdförmige Knorpel (cartilago xiphoides s. ensiformis s. mucro - nata) herab, ist aber auch von mannichfal - tiger Bildung, – oft Zungenförmig, – oder aber nach dem untern Rande zu, breit wie abgeschnitten, – oder gabelförmig, – oder dreyzackicht u. s. w.
Er dient vorzüglich zur Anlage der benach - barten Stellen des Zwerchfells, der schrägen Bauchmuskeln, und des triangularis sternio)Dieses Knorpelblatt leistet beym Athemholen so große Dienste, daß ich glauben sollte, der gänz - liche Mangel desselben, den Haller einmahl be - merkt zu haben versichert, müsse sehr lästige Fol - gen gehabt haben. – Er sagt a. a. O. S. 25. „ Vidi, nullam omnino cartilagineum hoc loco fuisse, et costas oppositas marginibus suis se adtigisse, fuisseque connexas. “Das letztere sehe ich zwar auch an einem sehr schönen Skelet vor mir, wo ebenfalls die Anhänge des obersten unächten Rippen-Paares mit ihren obern Enden unter dem Brustbein aneinander liegen: allein hinter denselben ragt demohngeachtet ein, frey - lich sehr dünner, übrigens aber vollkommen aus - gebildeter Herzgruben-Knorpel herab.Es ist schon ein Grund für seine wichtige Be - stimmung, daß er so äußerst selten verknöchert ge - funden wird. Haller selbst hat ihn bey einer370 100jährigen Frau noch völlig knorplicht ange - troffen. Und in den wenigen Fällen wo man ihn verknöchert gesehen, hat et auch lästige Be - schwerden verursacht.Auch die fehlerhaften Beugungen dieses Knor - pels, einwärts oder auswärts, verursachen habi - tuelle Engbrüstigkeit, Herzgespann, Erbrechen u. s. w. s. bapt. codronchius de prolapsu mucronatae cartilaginis an seinem Werke de morbis qui Imo - lae vulgati sunt. Bonon. 1603. 4. und lud. septa - lius de morbis ex mucronata cartilagine eue - nientibus. Mediol. 1632. 8. und guil. pisonis hist. naturalis Brasiliae p. 36 sq..
Zuweilen, doch ziemlich selten, findet man das untere Ende der Klinge mit einem Loche durchbohrtp)Die alte Sage, daß dieses Loch am weiblichen Gerippe weit häufiger seyn solle als am männ - lichen, ist nicht in der Natur gegründet., das aber sowohl in seiner Lage als Weite sehr variirt und wohl bloß zufällig entsteht, wenn sich die anfänglichen benachbar - ten Knochenkerne unvollkommen schließen.
Noch seltner findet sich ein ähnliches Loch im schwerdförmigen Knorpelq)Durch dieses laufen zuweilen kleine Blutgefäße, Zweige von den mammariis..
Aus denen im dreyßigsten, und in den fünf letztern Abschnitten beschriebnen 37 Knochen ist der Thoraxa)Eine genaue Abbildung des ganzen Thorax in sei - nem natürlichen Zusammenhange aus einem weib - lichen Körper s. in der angeführten Probeschrift des jüngern Hrn. Dr. Trendelenburg Taf. I. und mit dem übrigen Rumpf in der Stellung und mit den Umrissen der mediceischen Venus bey Söm - merring über die Wirkungen der Schnürbrüste. Berl. 1793. 8. Fig. 2. einer überhaupt für die ganze Osteologie des Thorax ausnehmend reich - haltigen Schrift. zusammengesetzt, von dessen Bau überhaupt nur noch einige allgemeine Bemerkungen nachgehohlt werden müssen.
Er stellt gleichsam einen von vorn nach hinten etwas flachgedrucktenb)Der menschliche Thorax unterscheidet sich in sei - ner ganz eignen Bildung besonders durch die vor - dere Fläche der Brust von anderer Säugethiere ihrem, namentlich von den Affen, die schon eine seitwärts zusammengepreßte und hingegen nach vorn scharf zulaufende Brust haben, wie die meh - resten eigentlich vierfüßigen Thiere.Der Schimpanse so himmelweit er sonst in seinem übrigen Körperbau vom Menschen abweicht,372 kommt ihm doch im Bau des Thorax näher als andere Affen. s. Tyson a. a. O. fig. 5.Bey den übrigen Säugethieren ist die Brust nach der Verschiedenheit ihrer Lebensart und des derselben angemeßnen übrigen Körperbaues auch von verschiedner Bildung; mehr oder weniger schmahl, hochgewölbt ꝛc. – z. B. bey den kurz - beinigen, z. E. den Wiesel - und Mäuseartigen klei - nen Thieren, bey den Maulwürfen ꝛc. breiter als bey andern. – Am schmahlsten ist sie meines Wissens bey den Thieren aus dem Hirschgeschlecht.Nach Verhältniß der Breite des Thorax sind nun auch die Rippen mehr oder weniger ge - krümmt. Beym Menschen folglich wie obengedacht am stärksten; bey Thieren mit scharfer Brust sehr schwach. Und eben wegen der Breite der Rück - seite seines Thorax und seiner Lenden und der damit correspondirenden flachern Form seines ganzen Rucken kann auch nur der Mensch – aus - schließlich oder wenigstens bequemer als irgend ein andres Säugethier – mit ausgestreckten Bei - nen auf dem Rücken liegen., nach oben gewölbten, Käficht vor; der an seinen beyden Seitentheilen am längsten, nach vorn aber am kürzesten, und daselbst unten in einen Winkel von ohngefähr 80 Graden ausgeschnitten ist.
Seine innere Höhle wird durch die hinten hineinragenden Rückgrathswirbel in zwey, Hälften getheilt.
Die Richtung des Brustbeins gegen diese Rückgrathswirbel ist so, daß es mit seinem untern Ende meist gerade noch einmahl so weit von denselben absteht als mit seinem obern.
So ist er geräumige)Die Weite des menschlichen Thorax variirt doch sehr nach der Verschiedenheit des Alters und Ge - schlechts. – Bey ungebohrnen Leibesfrüchten und jungen Kindern ist er nach Verhältniß un - gleich weiter und mehr hochgewölbt als beym er - wachsenen Menschen. Der Grund liegt wohl größtentheils in den besondern Wegen des Blut - laufs nach der Leibesfrucht, und der davon abhän - genden ansehnlichen Größe der Leber bey derselben.Beym weiblichen Geschlecht ist er auch im erreichten Wachsthum etwas schmahler, und vorn wo die Brüste aufsitzen flacher als beym männ - lichen (Th I. §. 115.)Auch scheint einige National-Verschiedenheit in der Weite und Wölbung des Thorax statt zu finden. Sömmerring fand die knöcherne Brust bey drey männlichen Mohren groß, geräumiger und gewölbter als beym Europäer. (über die kör - perliche Verschiedenheit des Negers vom Europäer S. 31.) – Eben so wird von genauen Beobach - tern die Brust der schönen Tschirkassier be - schrieben. (s. Dr. Schober's memorabilia Rus - sico - Asiatica in Müller's Samml. Russischer Geschichte VII. B. S. 130.) – Und so ward auch schon bey den Griechen eine prächtig gewölbte Brust an männlichen Figuren für eine allgemeine Eigenschaft der Schönheit gehalten (Winkel - mann's Gesch. der K. S. 183. der Dresdn. Ausg.)Eine unförmlich hohe Brust, wobey besonders dos Brustbein sehr schräg zu liegen kommt, mit seinem untern Ende hervorgetrieben wird ꝛc. fin - det sich zumahl häufig bey atrophischen, rhachiti - schen u. a. Kindern die unverhältnismäßig große Lebern haben. genug, um zu - förderst die sämmtlichen Eingeweide der Brust, und dann auch zum Theil einige im Unterleibe, zumahl Leber, Milz und Nieren zu fassen: –374 und festd)Die Festigkeit und Stärke des Thorax ergiebt sich schon aus den bekannten Erfahrungen, daß er bey robusten erwachsenen Menschen Ambose u. a. Lasten von 7 Centnern und drüber, zu tragen im Stande ist. Hingegen wollen die gewöhnlichen Nebenumstände bey dergleichen Versuchen, da man zugleich mit Schmiedehammern auf den Am - bos schlagen läßt ꝛc. gar nicht viel sagen; sind wenigstens bey weitem nicht so wunderbar, als sie Unkundigen scheinen mögen. s. senac sur les organes de la respiration in den Mém. de l'Acad. des Scienc. de Paris. 1724. p. 174 sq. genug sie vor äußern Druck ꝛc. zu schützen.
Was ihn aber vor allen andern Höhlen am Gerippe auszeichnet, die ebenfalls zur Auf - nahme und zum Schutz von Eingeweiden be - stimmt sind, ist seine mit dieser Festigkeit ver - bundne große, und doch nur nach bestimmten Richtungen abgemeßne Beweglichkeite)Am weiblichen frischen Gerippe scheint ceteris pa - ribus der obere Theil des Thorax beweglicher als er es beym männlichen ist. Allemahl doch aber minder beweglich als der untere.Bey vielen lebendigen Säugethieren ist, wenn sie athmen, die sehr wenige Beweglichkeit der vor - dern Rippenpaare in Vergleich gegen die über - aus beweglichen hintersten Paare, sehr auffallend merklich. Besonders bey großen Thieren, wie beym Cameel, Pferd ꝛc.Ueberhaupt haben die Rippen bey den vierfüßi - gen Thieren eine weit andere Richtung als beym Menschen. Ihre Verbindung mit dem Rückgrath – zumahl der vordern Paare ihre – nähert sich mehr einem rechten Winkel u. s. w., von welcher die gehörige Vollziehung eines der beym gebohrnen Menschen zum Leben unent - behrlichsten Geschäfte, abhängt.
Der Rumpf, dessen sämmtliche Knochen, aus welchen er zusammen gesetzt ist, bisher abgehandelt worden, macht gleichsam die Grundlage der ganzen thierischen Bildung aus; trägt den Kopf, wird von den Beinen gestützt, und hat die Arme von seinem obern Theile zu den Seiten herabhängend.
Die Armea)Unter den ältern Zergliederern hat vorzüglichst der schon oft gerühmte Columbus diesen Theil der Osteologie genau und lehrreich behandelt, de re anatomica. L. I. cap. 21 – 27. von denen nun zunächst die Rede ist, sind meist durch weiche Theile Mus - keln ꝛc. mit dem Rumpfe verbunden; und nur mittelst des vordern Endes der Schlüsselbeine an dem Brustbein eingelenkt.
Sie sind bey der zarten ungebohrnen Leibes - frucht in den beyden ersten Monathen nach der Empfängniß, so wie auch die Beine, in Ver - hältniß zum Rumpfe nur sehr kurz und un -376 förmlich. Aber schon zu Ende des dritten Mo - naths erreichen sie eine ungleich vollkommnere Ausbildung, obgleich die Verknöcherung in ei - nigen ihrer Theile nur später, und theils erst nach der Geburt ihren Anfang nimmtb)Die individuelle Verschiedenheit in der Länge der Arme an übrigens gut proportionirten Körpern ist bekannt und längst von den Schriftstellern über menschliche Proportion und Symmetrie bemerkt und bestimmt.Beym weiblichen Geschlecht sind sie ceteris paribus gewöhnlich etwas kürzer. s. sömmer - ring tab. sceleti feminei.Unter den Neuholländischen Wilden haben die Waldbewohner die von Kindesbeinen an die Bäume beklettern, um ihrer Nahrung nachzugehn, längere Arme und Beine als ihre bloß an den Küsten lebenden ichthyophagischen Brüder. s. dav. col - lins's Account of the English Colony in New South-Wales. Vol. I. p. 550..
Man theiltc)Im ganzen genommen, sind diese Haupttheile des Armes an den Vorderfüßen aller vierfüßigen Säu - gethiere, wenn sie auch gleich auf den ersten Blick noch so verschieden und vom menschlichen Baue abweichend scheinen (wie bey den Fledermäusen, Maulwürfen ꝛc. ) sehr deutlich zu erkennen.Die Vorderfüße der Seeottern, Robben, Wall - rosse, Seekühe ꝛc. machen in ihrem Knochenbau den Uebergang zu den sogenannten Brustflossen der Wallfische und Delphine, die aber im Grunde eben so gut ihre sehr deutlichen Schulterblätter, Knochen des Oberarms und Vorderarms und der fünffingerichten Hände haben, als die Vorderfüße377 andrer Säugethiere, deren Vorderbeine den Men - schenarmen ähnlich sind, s. tyson's phocaena or the anatomy of a Porpess. Lond. 1680. 4. fig. X. XI.Auch bey den kaltblütigen vierfüßigen Thieren ist der Bau der Vorderfüße und ihrer vier Haupt - theile dem an den warmblütigen sehr ähnlich. s. z. B. von den Schildkröten caldesi osservaz. anat. intorno alle Tartarughe tab. III. fig. 1. 4. 5.Eben so haben endlich auch die Vogelflügel eine auf den ersten Blick unerwartet auffallende Aehnlichkeit mit den Armen des Menschen oder den Vorderfüßen der andern gedachten Thiere. s. die mehrgedachten Werke von Royter, Joh. Dan. Meyer ꝛc. – Auch Merrem's vermischte Abhandlungen aus der Thiergeschichte S. 131 u. f. den Arm am füglichsten wieder in vier Abschnitte: nämlich
1. in die Schulter, welche das Schlüs - selbein und Schulterblatt begreiftd)Diese beyderley Knochen sind auch von manchen Zergliederern, doch auf eine etwas unnatürliche Weise zum Thorax selbst gerechnet worden.Schon der unglückliche Jessen hat gezeigt, daß beydes die Schlüsselbeine und die Schulterblätter, eigentlich bloß zur Bewegung und Haltung der Arme bestimmt sind, de ossibus p.24.Er bezieht sich deßhalb auch auf das Beyspiel eines Menschen zu Hall in Schwaben der ohne Arme gebohren war, und dem zugleich auch jene beyderley Knochen fehlten.Doch dieß allein würde freylich nicht genug beweisen. Ich selbst habe mehrere Männer gese - hen, die ohne die mindeste äußere Spur von Armen gebohren waren, und dennoch auf beyden Seiten sowohl Schlüsselbeine als Schulterblätter hatten, und die letztern auch leicht bewegen konnten..
2. in den Oberarm, bis zum Ellenbogen.
3. in den Vorderarm (cubitus) bis zur Handwurzel.
4. in die Hand selbst.
Die Schlüsselbeinea)galenus cap. 15. p. 25. (clauiculae, cla - ves, ligulae, furculae, ossa iuguli) sind ein paar kleinere aber sehr feste Röhrenknochenb)vesalius cap. 22. fig. 1. 2. 3., die nach ihren beyden Enden zu in entgegenge - setzter Richtung, – und zwar bey Mannsper - sonen stärker als beym andern Geschlechtec)Schon Fel. Plater hat die schwächre Krümmung der weiblichen Schlüsselbeine angemerkt, mit dem Zusatz: vnde neque ita agiles sunt vt viri brachiis; vt videre est cum lapides iaciunt. de corp. hum. struct. et vsu pag. 48. Andry macht die gleiche Bemerkung in Bezug aufs Fe - derball-Spiel. Orthopedie T. I. p. 60. Vergl. auch w. goeree's Schilderkonstig Ontwerp der Mensch-kunde p.386.Daß die Schlüsselbeine vorzüglich bey denjeni - gen Frauenzimmern am geradesten seyen,