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über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte.
Nach der dritten Ausgabe und den Erinnerungen des Verfassers übersetzt, und mit einigen Zusätzen und erläuternden Anmerkungen herausgegeben von Johann Gottfried Gruber Doktor der Philosophie.
Mit Kupfern.
Leipzig, bey Breittopf und Härtel1798.
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III

Seiner Hochwürdigen Magnifizenz dem Herrn Vize-Präsidenten Herder in Weimar aus innigster Verehrung gewidmet.

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V

Gewiß ist es, wenn auch nicht eben für den Naturforscher von Profession, welcher ein so trefliches Original wohl mit keiner Uibersetzung vertauschen möchte, so doch für den Naturliebhaber, ein weder unangeneh - mes noch ungewünschtes Geschenk, was ich ihm hier übergebe. Uiberhaupt hoffe ich auf keinen Fall wegen Uibertragung dieses Werks getadelt zu werden, es müßte denn die Ausführung desselben Tadel verdienen. Denn abgerechnet das Interesse, welches die behandelte Materie, für den philosophi - schen Geschichtsforscher der Menschheit, ja gewissermaßen selbst für den bloßen Univer - salhistoriker hat, wüßte ich auch überhaupt keine, welche für den Menschen als solchen wichtiger seyn könnte. Ich getraue mich zu behaupten, und was sich von selbst versteht, mit Beweisen zu belegen, daß in Europa allgemeine Duldung, ächte Humanität, nieVI so verbreitet gewesen sind, als seit die Be - handlung dieser Materie von einigen Schrift - stellern, welche Einfluß auf das Publikum hatten, auf die Bahn gebracht worden ist. Und, wie natürlich, unvermerkt erweiterten sich die vorher engen Begriffe über Charakter und Werth der Menschheit. Indem man, erst die verschiedenen Veränderungen durchgieng, welche der physische Mensch erfahren konnte, gewöhnte man sich schon, ihn nicht so einsei - tig mehr zu nehmen, als leider es vorher geschehen war. Und als man dann den Ursachen nachspürte, welche diese Verän - derungen hervorgebracht hatten, und sie in Klima, Nahrungsmitteln und andern ähn - lichen Dingen fand, dabey aber, durch eine natürliche Verbindung der Ideen, auch immer mehr einsehen lernte, welchen mäch - tigen Einfluß dieses hinwiederum auf den Geist, dessen mehrere oder geringere Aus - bildung, und dann selbst mittelbar auf Moralität und Religion habe, fieng man nach gerade an, zu fühlen, daß man sichVII selbst verächtlich, und wenigstens einer Gedankenlosigkeit verdächtig mache, wenn man fortführe, Menschen etwas zuzurech - nen, was wir bey einer nur etwas anders modifizirten Lebensweise, und unter einem andern Himmelsstriche ebenfalls thun wür - den oder in ihrer äußern Bildung von uns abweichende Brüder als Lastthiere zu betrachten, da es wiederum nur auf einige zufällige Umstände ankommt, um vielleicht unsere Urenkel schon mit derselben Bildung zu sehen. Genug die Erörterung dieser Frage war ein äußerst schöner Kommen - tar über den Text: alle Menschen sind Brüder! welcher jeden an die vergeßnen Worte aus dem Katechismus: du sollst deinen Bruder lieben wie dich selbst neuer - dings heilsam erinnerte.

Allein es gab da Leute, und unter die - sen ist auch der Toleranzprediger Voltaire, welchen das Ansehen des Katechismus ein großer Dorn in den Augen war. Das hätte er nun immerhin seyn mögen, nur hätten sieVIII nicht deshalb alle Resultate einer vernünfti - gen Geschichtsforschung, und nebenbey auch der Physiologie, Physik, Chemie u. s. um stoßen sollen, wie dies z. B. Voltaire freylich mit aus dem Grunde, weil er nicht sonderlich darin bewandert war that. Nichts aber wird so abgeschmacktes oder al - bernes behauptet, das, wenn es ein großer, oder vielleicht auch nur namhafter Gelehrter (oft wohl wider eigne Uiberzeugung) gesagt hat, nicht wenigstens ein Dutzend Jünger aus leidigem Drange doch auch etwas zu sagen, und etwas recht Genie verrathen - des zu sagen nachbeten sollten.

So gieng es auch hier. Indeß ist nichts so schlimm, das nicht auch seine guten Folgen hatte, und es gab noch immer Mittel, die Sklavenhändler gepriesen sey der britti - sche Aedelsinn und die brittische Regierung, welche sie dulden! aus ihrem Schlum - mer zu erwecken. Genug es bestätigte sich auch hier, daß man eine Wahrheit nur be - zweifeln oder abläugnen dürfte, wenn sieIX über kurz oder lang sich in einem neuen Glanze, und von einer vorher vielleicht über - sehenen Seite zeigen soll.

Unter den mancherley Gelehrten von verschiedenen Nationen, welche die Einheit des Menschengeschlechts zu vertheidigen such - ten, meist Männern von nicht geringer Be - deutung, trat unter uns auch Herr Hofrath Blumenbach auf. Im Jahr 1776 erschien sein erster Versuch über diese Materie, wel - cher schon nicht mehr als Versuch im Jahr 1781 neubearbeitet ins Publikum kam. Man kann schon daraus beurtheilen, wie viel die zweyte Auflage vor der ersten voraus haben muß, wenn ich sage, daß in dieser der Herr Verfasser von der damals so beliebten Ein - schachtelungshypothese anhebt, in jener aber schon vorläufig von dem Bildungstriebe, zu dessen Hauptvertheidiger ihn vorerst der unerwartete Erfolg eines Versuchs (mit ei - nem grünen Armpolypen) machte, den er recht in der Absicht angestellt hatte, um die Richtigkeit jener Evolutionstheorie zu erwei -X sen ausgeht. Uibrigens noch sehr erwei - tert, bleibt aber dennoch diese zweyte Ausga - be in Plan und Darstellung der ersten ähnlich.

Nach vierzehn Jahren aber, 1795, er - schien die dritte Ausgabe von diesem Werk. Man weiß, daß der Herr Verfasser keiner von jenen ist, die um eine einmal gesagte Meinung zu behaupten, lieber aller Wahr - heit Hohn sprechen; man weiß, daß sein philosophischer Forschungsgeist nicht ge - wohnt ist, die Sachen von der Oberfläche zu greifen, sondern immer ins Innere derselben dringt; man weiß, daß sein Fleiß keine Mühe, wie groß sie sey, scheut, wenn, es gilt eine neue Wahrheit zu entdecken, oder eine verkannte in ihr wahres Licht zu setzen, und jedermann endlich kennt seine streng logische Darstellungsweise. Uiberdieß mit einer Menge der ausgesuchtesten Hülfsmit - tel, seinem und des Göttinger Museums anthropologischem Vorrathe, häufiger Av - topsie, u. a. ausgerüstet, wie konnte diese Ausgabe da anders werden, als:

XI
innumeris modis aucta, emendata et ad                     ipsam naturam perfecta

wie sie der Herr Verfasser selbst nennt, und welche Worte um so mehr Gewicht erhal - ten, je bescheidner dieser Gelehrte sich stets gezeigt hat.

Von dem darauf verwandten Fleiße des Verfassers kann folgendes, was er in seinen Beyträgen zur Naturgeschichte S. 71. dem Herrn Hofrath Meiners auf ge - wisse Einwendungen entgegnet, als eine klei - ne Probe dienen:

Ich habe zu diesem Zweck (den Ge - brauch der Reisebeschreiber, und anderer fähigen und glaubwürdigen Zeugen bey dieser Untersuchung zu benutzen) etwas gethan, was vielleicht nicht viele thun, daß ich, nachdem ich ihrer scholl eine Menge gelesen hatte, vor ohngefähr zehn Jah - ren anfieng, die ganze sehr beträchtliche Sammlung von Reisebeschreibungen auf der hiesigen Universitätsbibliothek von vorne bis zu Ende durchzugehen,XII so daß ich mehrere Jahre hindurch im - mer ein halbes Dutzend nach dem andern, so wie sie der Ordnung nach im Fache folgten, zu Hause hatte, und die, so ich nicht vorher schon benutzt hatte, zu mei - nem Gebrauch excerpirte, so daß ich nun seitdem blos die immer neu hinzukom - menden gelegentlich nachzuholen suche.

Die unerwartete Gütigkeit des Herrn Hofrath Blumenbachs selbst, womit die - ser würdige Gelehrte was in Israel sel - ten funden wird mir nicht allein die Er - laubniß dies Werk zu übertragen, sondern auch so manche zu benutzende Bemerkung mitgetheilt hat, muß ich hier zugleich mit rühmen. Habe ich vorher ihn bloß verehrt; so hat er mich jetzt auch gezwungen ihn zu lieben, und ich wünsche nichts so sehr, als Gelegenheit, ihm dies irgend thätig zu be - weisen. Dem Herrn D. Ludwig statte ich ebenfalls meinen Dank für die gütige Unter - stützung mit Hülfsmitteln, deren ich bey die - ser Arbeit bedurfte, hier öffentlich ab, eineXIII Unterstützung, die man in Leipzig um so mehr zu schätzen hat, je stiefmütterlicher diese alma mater die öffentlichen Bibliotheken verabsäumt, und wer sollte es glauben! an ein Naturalienkabinet gar nicht ge - dacht hat.

Und so hatte ich jetzt nun nichts mehr zu sagen, als die Angabe einiger Gründe, wel - che mich einige kleine Nebensachen wenn es anders welche sind beyzufügen, be - wogen haben.

Aus der ersten und zweyten Ausgabe manche wichtige Stelle noch auszuheben, ha - be ich um so nothwendiger erachtet, je selt - ner beyde geworden, und im Buchhandel gar nicht mehr zu finden sind. So habe ich auch daraus z. B. das os intermaxillare nachstechen lassen, denn außerdem, daß es für meine Leser sehr erläuternd seyn wird, werde ich auch denen keinen unangenehmen Dienst dadurch erwiesen haben, welche we - gen demselben bey Herder, Feder, Meiners, Ludwig und andern, auf BlumenbachsXIV Schrift hingewiesen, es in der dritten Aus - gabe nicht gefunden haben würden, und doch die älteren nicht bekommen können. Dieses aber glaubte ich um so mehr, da es mir ehe - mals selbst so ergangen ist. Warum ich das menschliche Skelett habe beyfügen lassen, darüber brauche ich aber, nach meiner obi - gen Erklärung, wohl weiter nichts zu sagen.

So sehr übrigens diese Arbeit selbst mich schon dadurch reichlich belohnt hat, daß ich durch die so glücklich war, einem unserer ge - schätztesten Gelehrten bekannt zu werden; so sehr soll es mich doch noch freuen, wenn ich hören sollte, daß sie seinen Beyfall nicht gänzlich verfehlt. Leipzig zur Ostermesse 1798.

Gruber
.
XV

An Herrn Baronet Joseph Banks, Präsidenten der königl. Soc. zu London.

Mehr als Ein Grund bewegt mich, Ihnen diese Schrift zu widmen.

Denn, abgerechnet das Vergnügen, wel - ches ich darin finde, Ihnen das Gefühl meiner Dankbarkeit für jene, seit ich Ihnen genauer bekannt wurde, so vielen mir aufgelegten Ver - bindlichkeiten, einmal öffentlich erkennen geben zu können; so verdankt auch gerade die gegen - wärtige Ausgabe dieses neubearbeiteten Werks, die vortreflichsten Zusätze, und merkwürdigsten Verzierungen, wodurch sie die vorhergehenden Übertrift, größtentheils Ihrer Güte.

Denn außerdem, daß Sie seit mehrern Jahren her weder Mühe noch Kosten gespartXVI haben, meine Sammlung der Hirnschädel ver - schiedener Völker mit solchen Stücken zu berei - chern, nach welchen mich gerade am allersehn - lichsten verlangte, mit Hirnschädeln nämlich von Amerikanern und Insulanern des Süd - meers, erlaubten Sie mir, als ich vor drey Jahren in London war, noch besonders mit der - selben edelmüthigen Uneigennützigkeit, mit wel - cher Sie unserm Gärtner einst Ihre Baum - schule, andern andere Reichthümer Ihres Mu - seums zu benutzen verstatteten, von allen für das Studium der Anthropologie gesammelten Schätzen, womit Ihre Bibliothek prangt, als der Gemählde, der von den besten Künstlern nach der Natur selbst gezeichneten Abbildungen auch einen so gänzlich uneingeschränkten Gebrauch, daß ich mir Kopien davon machen, von allem nach Belieben Abschrift nehmen, und also mit so vielen und so wichtigen Hülfmitteln versehen, zu einer neuen Auflage meines Werkes schreiten konnte, so daß ich es nun ohne Verdacht von Pralerey unendlich vermehrt, verbessert und nach der Natur selbst vollendet zu nennen wage.

Nehmen Sie also diese kleine Schrift, wo - von ein großer Theil Ihr Eigenthum ist, und welches Ihnen auch deshalb nicht unange - nehm seyn wird, weil es einen, zwar an Wich - tigkeit keinem andern nachstehenden, doch aberXVII zum verwundern, unter allen am längsten ver - nachläßigt und unbearbeitet gelegenen Theil der Naturgeschichte in Ordnung bringt, ge - fällig an.

Dem unsterblichen Linnée bleibt auch dies Verdienst, daß er, so viel ich weiß, unter den Schriftstellern über die Naturgeschichte, der erste gewesen, welcher schon vor sechzig Jahren in der Hauptausgabe seines Systems der Na - tur, die Menschengattung nach den äußern Kennzeichen unter gewisse Varietäten zu brin - gen sich bemüht hat; und dies zwar nach der Kenntniß der damals nur bekannten vier Theile unsers Erdwasserballs und deren Bewohner, ziemlich adäquat.

Nachdem aber seit der von Ihnen unternommenen dreyjährigen Erdumseglung die Liebhaber der Naturgeschichte und An - thropologie eine genauere Kenntniß von denen auf den Inseln des Südmeers weit und breit verstreuten Völkerschaften bekamen, sah man leicht ein, daß jene linnéesche Eintheilung des menschlichen Geschlechts nun nicht länger an - wendbar seyn könne; weshalb ich denn auch kein Bedenken getragen habe, in diesem Werk - chen, nach anderer Beyspiel von dem großen Manne darinn abzugehen, und die Varietäten der Menschen der Natur und Wahrheit, welcheXVIII hauptsächlich durch Ihre Sorgfalt und äußerst genaue Beobachtung uns bekannt gemacht wor - den ist, gemäßer zu ordnen.

Ja sogar im Allgemeinen achtete ich es für Forscher der Zoologie nützlich und vortheilhaft, Linnées Methode, die Säugthiere nach dem Verhältniß der Zähne zu ordnen, welche eben - falls zu der Zeit, wo er sie aufstellte, tauglich genug war, aber jetzt, nachdem so viele und so wichtige neue Gattungen dieser Ordnung ent - deckt worden sind, sehr mangelhaft ist, und ungeheuer viel Ausnahmen erfordern würde, zu verlassen, und statt jenes künstlichen Systems, ein natürlicheres von dem ganzen Habitus der Säugthiere hergenommenes, aufzustellen.

Denn wiewohl ich ganz nicht der Meinung jener bin, welche sich, besonders in neuerern Zeiten, in ihrem Gedankenspiele von, ich weiß nicht welcher Stetigkeit oder Stufenfolge der Natur, wie sie es nannten, so wohl gefielen, daß sie des Schöpfers Weisheit und der Schö - pfung Vollkommenheit darinn suchten, daß die Natur, wie sie sagen, keinen Sprung mache, sondern die Naturdinge aus allen drey Reichen in Ansehung ihrer äußern Bildung gegenseitig wie die Stufen an einer Leiter, oder die Glie - der und Ringe an einer Kette auf einander fol - gen: da doch denen, welche vorurtheilsfreyXIX und ernstlich zu Werke gehen, leicht einleuchtet, das; es sogar einerseits im Thierreiche ganze Ordnungen, als der Vögel, oder Gattungen, z. B. der Blakfische (Dintenfische, sepiae) gebe, welche sehr übel, und nur durch gewisse Affektation in einem solchen Schema der Stu - fenfolge in den Naturdingen mit andern benach - barten verbunden werden; anderer Seits aber sich Thierarten finden, z. B. die Schildläuse (cocci), wo zwischen der Beschaffenheit beyder Geschlechter ein so großer Unterschied eintritt, daß man, um sie in eine solche Leiter zu passen, die Männchen von ihren Weibchen sehr weit entfernen, und die verschiedene Geschlechter von einerley Art an ganz verschiedenen Orten an - bringen müste; daß es aber im Gegentheile in diesen Schematen unläugbar sehr große Lücken gebe, wodurch die Naturreiche sich am offen - barsten von einander unterscheiden; und ande - res der Art mehr; wiewohl, sage ich, alles recht erwogen, ich jene gewöhnliche von den Physikotheologen insgemein ausgeschmückte und gepriesene Wichtigkeit und Würde in der Lehre von der Stufenfolge der Natur auf keinen Fall an - erkennen kann, so gebe ich doch sehr gern das zu, daß diese metaphorischen und allegorischen Spie - le einen unläugbaren Nutzen für die Erleichte - rung der Methode in der Naturgeschichte haben.

XX

Denn sie legen gleichsam den Grund für jedes natürliche System, worin die Dinge nach ihrem Totalhabitu und den äußern Eigenschaf - ten, in denen sie gegenseitig am allermeisten mit einander übereinkommen, geordnet werden, da die künstlichen hingegen nur ein einzelnes Merkzeichen zum Grunde ihrer Eintheilung an - nehmen.

Da es aber keinem Zweifel unterworfen ist, daß solch ein natürliches System vorzüglicher sey, als ein künstliches, weil es die Urtheils - kraft schärft, und dem Gedächtniß seine Be - schäftigung ungemein erleichtert; so habe ich mir um so mehr Mühe gegeben, die Klasse der Säugthiere auf eine solche Ordnung eines na - türlichen Systems zurückzuführen, da Linnées künstliches, von dem Verhältniß der Zähne hergenommenes, durch die Hinzukunft so vieler neuerdings entdeckten Gattungen, täglich lästi - gere Anomalien und Ausnahmen bekäme.

Denn so, um dies wenigstens nur zu be - rühren, kennen wir jetzt zwey Gattungen vom Rhinozeros, welche nach ihrem Habitus sich völlig ähnlich, den Zähnen nach aber so ver - schieden sind, daß man, um Linnées Systeme noch zu folgen, die eine Gattung eben so gut zu den großen Säuge - (belluae), als den Nagethieren (glires) und die andere zu denXXI Säugethieren ohne Schneidezähne (bruta) rech - nen müßte! *)Eine Abbildung ihrer Schädel s. in Herrn Blu - menbachs naturhistorischen Abbildungen 1. Heft 7. Tafel. Das Afrikanische Rhinozeros hat nur vorn am Gaumen ein ganz kleines und blindes os intermaxillare. Beym asiatischen hingegen ist dieser berühmte Knochen größer, und faßt zwey kurze stumpfe Vorderzähne, der Unterkiefer zwey von fast pfriemenartiger Gestalt. Auch reichen bey diesem die Backenzähne nicht so weit vor als bey jenem, sondern sind durch einen ansehnlichen leeren Zwischenraum von den Schneidezähnen ge - trennt.G.

So müßte man denn auch das äthiopische Schwein ohne Schneidezähne von den übrigen großen Säugethieren wegbringen, und es zu Linnées Säugethieren ohne Schneidezähne rechnen.

Von dem gezahnten afrikanischen Ameisen - fresser, welcher nun von jener, Linnées Mei - nung nach, zahnlosen Art; oder von einigen Faulthieren (lemures), (dem Lori und wollig - ten indrum et lanigerum), welche aus Erman - gelung der Zähne, von Linnées Faulthierarten weggerechnet werden müßten, u. s. w. sage ich gar nichts.

Dieser Verwirrung, welche für das Stu - dium der Zoologie unläugbar sehr beschwerlich wird, habe ich durch folgende festgesetzte zehnXII natürliche Ordnungen der Säugethiere abzuhel - fen mich bemüht, von welchen mir, weil ihrer an gegenwärtigen Werke hin und wieder ge - sucht ist, hier eine Uibersicht zugeben erlaubt seyn wird.

  • I.Zweyhändige.
    • 1.Der Mensch.
  • II.Vierhändige.
    • 2.Der Affe.
    • 3.Der Pavian.
    • 4.Die Meerkatze.
    • 5.Der Maki. (Lemur).
  • III.Tragfüßige, (Bradypoda).
    • 6.Das Faulthier.
    • 7.Der Ameisenbär.
    • 8.Das Schuppenthier, (formosa - nisches Teufelchen, Manis).
    • 9.Armadill, (Panzerthier)
      *)

      Ich bin ganz kein Freund von jener Neuerungs - wuth einiger Neueren, welche sich dann, daß sie solchen Naturdingen, die jedermann unter ihren Namen kennt, neue beylegen, außerordentlich gefallen; denn dies Spiel der Namenmacher ist dem Studium der Naturgeschichte ungemein nach - theilig gewesen; und deshalb bin ich von dem Systemsnamen der Säugthiere nur sehr ungern, und sehr selten Linnées Terminologie abge -XXIII gangen, dann nämlich, wenn der von dem gro - ßen Manne gebrauchte Name einen ganz irrigen und falschen Begriff enthielt. So habe ich z. B. dem Armadill den angebornen Geschlechtsnamen Tatu wieder beygelegt, da der von Linée Dasy - pus sich auf keine Weise vertheidigen läßt. Be - kanntlich stammt dieser Name aus dem Griechi - schen her, und bezeichnet ein rauchfüßiges Thier, weshalb er von den Alten dem Haasen und Ka - ninchen beygelegt worden ist, weil bey diesen selbst die Tatzen und Fußsohlen haaricht sind, da es hingegen kaum einer Erinnerung bedarf, daß dies auf die von der Beschaffenheit der Kaninchen wun - derbar weit abweichenden Panzerthiere der neuen Welt nicht passe.

      So glaube ich auch, müsse man bey dem Fle - dermausgeschlechte, jener Gattung, welche Lin - nee das Gespenst (spectrum) genannt hat, denXXIV Namen Vampyr wieder geben, da er hingegen die Benennung Vampyr jener in Ostindien und auf den Inseln des Südmeers befindlichen Fleder - maus, welche man insgemein den fliegenden Hund nennt, gegeben hat, denn es ist bekannt, daß das Wort Vampyr gleichbedeutend ist mit dem blutsaugendes Thier; und da paßt es denn wohl auf jene amerikanische, eben deshalb andern Thieren, und selbst Menschen, feindselige Fledermaus; aber keinesweges auf die benannte hundische, welche blos von Vegetabilien lebt, und meines Wissens nie das Blut anderer Thiere saugt.

      *).
  • IV.Handgeflügelte, (Chiroptera).
    • 10.Fledermaus.
  • V.Nagethiere, (Glires).
    • 11.Eichhörnchen.
    • 12.Ratze, Billich.
    • 13.Maus.
    • 14.Murmelthier.
    • 15.Halbkaninchen.
    • 16.Haase.
    • 17.Erdhaase, (jaculus).
    • 18.Biber.
    • 19.Stachelschwein.
  • VI.Reissende, oder sonst fleischfres - sende Thiere, (Ferae).
    • 20.Ygel.
    • 21.Spitzmaus, (Sorex).
    • 22.Maulwurf.
    • 23.Beutelratte.
    • 24.Stinkthier, (Viverra)
    • 25.Wiesel.
    • 26.Fischotter.
    • 27.Robbe.
    • 28.Dachs.
    • 29.Bär.
    • 30.Hund.
    • 31.Katze.
  • VII.Thiere mit Hufen, (Solidungula).
    • 32.Pferd.
  • XXVVIII.Wiederkäuende Thiere mit ge - spaltenen Klauen, (Pecora).
    • 33.Kameel.
    • 34.Ziege.
    • 35.Antilope.
    • 36.Ochse.
    • 37.Giraffe.
    • 38.Hirsch.
    • 39.Bisamthier.
  • IX.Große, aber unförmliche, bor - stige oder dünnbehaarte Säuge - thiere, (Belluae).
    • 40.Schwein.
    • 41.Tapir.
    • 42.Elephant.
    • 43.Nashorn.
    • 44.Nilpferd.
    • 45.Wallroß, (Trichechus).
  • X.Fischartige Säugethiere, (Ce - tacea).
    • 46.Seeeinhorn, (Monodon).
    • 47.Wallfisch.
    • 48.Potfisch, (Physeter).
    • 49.Delphin.
XXVI

Dies und vieles andere, worin ich in dem Werke, dem ich dies vorsehen zu müssen glaub - te, hin und wieder von Anderer Meinung ab - gewichen bin, unterwerfe ich nun mit eben so viel Ehrfurcht als Achtung Ihrem Urtheil, dem Urtheil des Mannes, an welchem die königliche Gesellschaft der Wissenschaften, welche seit ih - rer ersten Entstehung den goldnen Wahlspruch führte: Schwöre auf keines Menschen Wort! einen so würdigen und verdienten Präsidenten zu haben sich erfreut.

Leben Sie denn wohl, und schenken auch ferner Ihre Gewogenheit

Ihrem ganz ergebenen Diener.

XXVII

Inhaltsverzeichniß.

  • Verzeichniß von dem anthropologischen Vorra - the des Verfassers. Seite 1
    • 1.Schädel verschiedener Völker. 2
    • 2.Ungemein charakteristische Fötus von dem Mittelschlage und der beyden Extreme. 10
    • 3.Haare von verschiednen Völkern. 11
    • 4.Anatomische Präparate.
    • 6.Sammlung von Abbildungen von verschie - denen Völkern, von geschickten Künstlern nach der Natur bezeichnet.
  • Erster Abschnitt. Von dem Unterschied des Menschen von den übrigen Thieren. 17
    • I.Eigenheiten des menschlichen Körpers in Ansehung der äußern Bildung. 19
      • A)Aufrechte Stellung.
      • B)Das menschliche Becken breit und flach. 24
        • Rundliche Hinterbacken. 25
        • Richtung der weiblichen Scheide. 26
        • Das Hymen. 28
        • Etwas von den Nymphen und der Klitoris. 29
      • C)Der Mensch ein zweihändiges Thier. 30
        • Die Affen und verwandten Thiere hingegen sind vierhändig.
      • D)Eigenheiten der menschlichen Zähne. 32
        • Was noch sonst dem äußern Menschen eigen scheint, als ein unbehaarter Körper u. s. w. 33
    • XXVIIIII.Merkwürdige Eigenheiten des menschlichen Körpers in Ansehung der innern Einrich - tung. 35
      • A)Innere Theile, welche dem Menschen fehlen.
        • Fleischfell. 36
        • Wundernetz.
        • Aufhängemuskel des Auges. 37
        • Hornhaut.
        • Asellische Gekrösedrüse.
        • Leberblasengänge.
        • Körper des Highmore.
        • Nickhaut.
        • Aufhängeband des Halses.
        • Zwischenkinnladenknochen. 38
      • B)Die Unterschiede einiger innern Theile des Menschen von denen anderer Säuge - thiere. 42
        • Verhältniß des Gehirns zu den Nerven. 43
        • Steinchen der Zirbeldrüse.
        • Lage des Herzens. 44
        • Besonderheiten der menschl. Speiseröhre.
        • und der weiblichen Sexualtheile. 45
        • Nabelbläschen des Embrio.
    • III.Eigenheiten des Menschen in Ansehung der Berrichtungen der thierischen Oekonomie.
      • Zartheit des Schleimnetzes. 46
      • Durch dieses fügt sich der Mensch jedem Klima. 47
      • Langsames Wachsthum des Menschen.
      • Spätes Ende des menschlichen Lebens.
      • Der Mensch ist am Morgen größer als am Abend.
      • Der Mensch ist zur Befriedigung des Liebes - triebes auf keine bestimmte Zeit im Jahre eingeschränkt. 48
      • Vorzug der nächtlichen Saamenergießungen.
      • Monatsfluß.
    • XXIXIV.Eigenheiten des Menschen in Ansehung der geistigen Vermögen. 49
      • Gebrauch der Vernunft. 51
      • Erfindungsgeist.
      • Der Mensch ein Geschöpf, das seine Werk - zeuge selbst verfertigt.
      • Erfindung der Sprache.
      • Etwas über Lachen und Weinen. 52
    • V.Merkwürdigste, dem Menschen eigene Krank - heiten. 53
    • VI.Kurze Uibersicht von allen dem, wodurch man, aber fälschlich, den Menschen von den Thieren unterscheiden zu können geglaubt hat. 56
      • Daß die Augen nahe bey einander stehen.
      • Wimpern auf jedem Augenliede.
      • Prominirende Nase. 57
      • Unbewegliches äußeres Ohr.
      • Tastungsorgan.
      • Zäpfchen.
      • Rülpsen.
      • Und daß der Mensch nicht gemästet werden kann.
  • Zweyter Abschnitt. Von den Ursachen und Arten der Degeneration der Thiergattungen im Allgemeinen. 58
    • Vorausgeschickte Untersuchung der Frage: was heißt Spezies in der Zoologie. 59
    • A)Haupterscheinungen von Degeneration der Thiere. 64
      • Farbe.
      • Textur der Haare. 65
      • Statur. 66
      • Figur und Proportion der Theile.
      • Besonders der Formen der Schädel. 67
    • XXXB)Ursachen der Degeneration. 68
      • Macht des Bildungstriebes. 69
      • Klima. 73
      • Nahrungsmittel. 77
      • Lebensart. 79
      • Bastardzeugung. 80
      • Eigenheiten, die von krankhafter Schwäche angeerbt sind. 83
      • Problematische Frage: ob auch wohl Ver - stümmelungen und andere Künsteleyen zu natürlichen Verschiedenheiten unter den Thieren Veranlassung geben können? 85
      • Vorsichtigkeitsregeln welche bey Untersu - chung von den Ursachen der Degeneration zu beobachten sind. 87
  • Dritter Abschnitt. Von den Ursachen und Arten der Degeneration des Menschengeschlechtes insbesondere. 91
    • Hautfarbe. 92
    • Sitz derselben. 93
    • Verschiedenheit der Nationalfarbe. 94
    • Ursachen derselben. 96
    • Besonders der Neger Schwärze.
    • Von den Kreolen. 105
    • Von den Mulatten. 106
    • Schwarze Haut mit weißen Flecken. 112
    • Aehnliche besondere Veränderungen der Haut - Farbe. 115
    • Einige andere Nationaleigenheiten der Haut. 119
    • Uibereinstimmung des Haupthaars mit der Haut. 121
    • Nationale Hauptverschiedenheiten des Haars. 122
    • Die Sehen stimmen mit der Farbe des Kopf - haars zusammen. 125
    • Hauptfarben der Augen. 127
    • Nationalgesicht. 128
    • Verschiedenheiten desselben. 129
    • XXXIUrsachen desselben. 133
    • Nationalform der Schädel. 143
    • Bemerkungen über Campers Gesichtslinie. 145
    • Scheitelnorm, als Maas, die Nationalcha - raktere der Schädel zu bestimmen. 147
    • Nationalverschiedenheiten der Schädel. 149
    • Ursachen derselben. 152
    • Einige Nationalverschiedenheiten der Zähne. 161
    • Ursachen derselben. 164
    • Aeußeres Ohr. 167
    • Brüste. 169
    • Geschlechtstheile. 172
    • Schenkel. 175
    • Hände und Füße. 178
    • Nationalverschiedenheiten in Ansehung der Statur. 179
    • Patagonen. 182
    • Quimos. 186
    • Von den Ursachen der Nationalstatur. 188
    • Fabelhafte Verschiedenheiten des Menschen - geschlechts. 190
    • Sage von geschwänzten Völkern. 192
    • Nationalverschiedenheit durch krankhafte Be - schaffenheit bewirkt. 195
    • Menschliche Leukäthiopie. 196
  • Vierter Abschnitt. Das Menschengeschlecht hat fünf Hauptvarietäten, aber nur Eine Gat - tung. 203
    • Unzählige Verschiedenheiten des Menschenge - schlecht fließen durch unmerkliche Gradation mit einander zusammen.
    • Doch unterscheidet man fünf - Hauptvarietäten der - selben, als:
      • A)die Kaukasische.
      • B)die Mongolische.
      • C)die Aethiopische.
      • D)die Amerikanische und
      • E)die Malayische.
    • XXXIICharaktere und Grenzen dieser Varietäten. 205
    • Eintheilungen anderer Schriftsteller von den Va - rietäten des Menschengeschlechts. 208
    • Einige Anmerkungen über die fünf hier festgesetz - ten Varietäten. 212
    • Uiber die Kaukasische213
    •          Mongolische214
    •          Aethiopische215
    •          Amerikanische217
    •          Malayische223
    • Schluß224
    • Anmerkungen und Zusatze aus den beyden frühern Ausgaben dieses Werks. 225
    • Erläuterung der Kupfertafeln. 289
1

Verzeichniß von dem anthropologischen Vorrathe des Verfas - sers, dessen er sich bey Vervollkommnerung dieser neuen Ausgabe hauptsächlich bedient hat.

Aus drey Gründen hielt ich es der Mühe werth, dieses Verzeichniß hier einzuschalten.

Einmal, damit der gelehrte und billige Leser sähe, mit welchen, und mit wie wichtigen, aus der Natur selbst hergenommenen, Hülfsmitteln versehen, ich zu einer neuen Ausgabe dieses Buchs geschrit - ten bin.

Dann aber auch, um ein Zeugniß meiner Dank - barkeit aufzustellen für die besondere Milde, mit welcher meine Gönner und Freunde diesen Vorrath zum Gedeihen des anthropologischen Studiums bis - her zu bereichern so gütig gewesen sind.

Und endlich, um zu zeigen, welche mir noch mangeln, und mit welchen sie, wenn sie ferner Gelegenheit und Gütigkeit haben, denselben noch vermehren könnten.

2

I. Hirnschädel von verschiedenen Völkern.

Eine Auswahl dieser, in Ansehung ihrer Größe und Verschiedenheit, meines Wissens einzigen Samm - lung, (denn weder Kampers noch Joh. Himters ähn - liche können in diesem Betreff ihr gleich gestellt wer - den,) habe ich in drey Dekaden ausführlicher beschrie - ben, und mit den genauesten Abbildungen versehen, wo ich auch von der Gelegenheit und dem Wege, worauf ich jeden Schädel erhalten Rechenschaft abgelegt habe. Um den ächten Ursprung eines je - den zu beweisen, bewahre ich einen, mit diesem Schatze verbundenen, Apparat eigenhändiger Briefe auf, welcher statt Dokumente dient. Die einiger - maßen zweifelhaft oder zweydeutig scheinen können, stelle ich besonders. Zu gegenwärtiger Untersuchung gehören:

  • A)Fünf ausgesuchteste Musterschädel der Haupt - varietäten des menschlichen Geschlechts.
    • a)von dem Mittelschlage, nämlich der kaukasi - schen Varietät.
      • 1)Den Schädel einer Georgerin. Taf. 1. Fig. 2. Taf. 2. Fig. 3.
        • (Dritt. Zehnd erläut. Hirnschädel. Taf. 21.)
        • Ein Geschenk des Freyherrn von Asch.
        • Dann zweyer Extreme, nämlich:
    • b)Von der mongolischen Varietät.
      • 2)Eines Rehnthier-Tungusen. (Tungusa rangifer) Taf. 1. Fig. 1. Taf. 2. Fig. 2.
        • (Zweytes Zehnd, Taf. 16.)
        • Ein Geschenk des Herrn von Asch.
  • 3Und c) der äthiopischen Varietät.
      • 3)Einer guineischen Negerin. Tafel 1. Fig. 3. Taf. 2. Fig. 5.
        • (Zweytes Zehnd. Taf. 19.)
        • Ein Geschenk des berühmten Steph. Joh. van Geuns, Prof. zu Utrecht.
        • Endlich zweyer Uebergänge (Varietas in - termedia) nämlich:
    • d)Der amerikanischen Mittelrasse.
      • 4)Eines karaibischen Fürsten von der Insel St. Vinzenz. Taf. 2. Fig. 2.
        • (Erstes Zehnd. Taf. 10.)
        • Geschenk des Herrn Baronet Banks. Und
    • e)der malayischen Varietät.
      • 5)Eines Otaheiten. Taf. 2. Fig. 4.
        • ( Drittes Zehnd. Taf. 26.)
        • Geschenk von eben demselben.
  • B)Fünf andere Proben auf eben die Weise ge - sammelt; als:
    • a)Von der kaukasischen Varietät.
      • 6)Den Schädel eines Natoliers aus Tokat.
        • Ein Geschenk des Herrn von Asch.
    • b)Von der mongolischen Varietät.
      • 7)Eines sinischen Tungusen oder Dauriers.
        • ( Drittes Zehnd. Taf. 23.)
        • Ein Geschenk von demselben.
    • 4c)Von der äthiopischen Varietät.
      • 8)Eines Mohren.
        • ( Erstes Zehnd. Taf. 8.)
        • Ein Geschenk von Herrn Michaelis, Hes - senkasselischem Hofrath und Professor zu Marburg.
    • d)Von der amerikanischen Varietät.
      • 9)Eines nordamerikanischen Indianers.
        • ( Erstes Zehnd. Taf. 9.)
        • Ein Geschenk von demselben.
    • e)Von der malayischen Varietät.
      • 10)Eines Neuholländers.
        • ( Drittes Zehnd. Taf. 27.)
        • Ein Geschenk des Baronet Banks.
  • C)Zum Erweis für die Scheitelnorm (s. §. 61.)
    • a)Von der kaukasischen Varietät.
      • 11)Den Schädel eines kasanischen Tatarn.
        • ( Zweytes Zehnd. Taf. 12.)
        • Ein Geschenk von Herrn von Asch.
    • b)Von der mongolischen Varietät.
      • 12)Eines Jakuten.
        • ( Zweytes Zehnd. Taf. 15.)
        • Ein Geschenk von eben demselben.
    • c)Von der äthiopischen Varietät.
      • 13)Eines Mohren.
        • Ein Geschenk von dem berühmten Söm - mering, Hofrath und Prof. zu Mainz.
  • 5D)Drey andere Proben, woran sich, trotz der, theils durch den Gebrauch beym Studiren, theils durch Einwirkung einer Krankheit, damit vorgegan - genen Umformung, doch der Karakter und Ha - bitus der Scheitelnorm deutlich zeigt.
    • a)Von der kaukasischen Varietät.
      • 14)Den Schädel eines Türken.
        • Ein Geschenk von dem Herrn von Asch.
    • b)Von der mongolischen Varietät.
      • 15)Eines Kalmucken.
        • ( Zweytes Zehnd. Taf. 14.)
        • Eben so wie der folgende Schädel, ein Geschenk des Herrn von Asch.
    • c)Von der äthiopischen Varietät.
      • 16)Eines Mohren.
        • ( Zweytes Zehnd. Taf. 17.)
  • E)Dreyerley Schädel, welche zwar von Kindern, doch die Scheitelnorm aufs klarste darthun.
    • a)Von der kaukasischen Varietät.
      • 17)Der Schädel eines Judenmädchen.
        • ( Drittes Zehnd. Taf. 28.)
    • b)Von der mongolischen Varietät.
      • 18)Eines burätischen Kindes.
        • ( Drittes Zehnd. Taf. 29.)
        • Geschenk von Herrn von Asch.
    • c)Von der äthiopischen Varietät.
      • 19)Eines eben gebornen Mohrs.
        • ( Drittes Zehnd. Taf. 30.)
        • Ein Geschenk von dem berühmten kassel - schen Wundarzt Herrn Billmann.
  • 6F)Proben, welche wegen des ausgezeichneten Ueberganges, wodurch sie verschiedene Varietä - ten des Menschengeschlechts gleichsam mit einan - der verbinden, merkwürdig sind: So stehen z. B.
    • α)zwischen der kaukasischen und mongolischen Varietät mitten inne
      • 20)der Hirnschädel eines donischen Kosaken.
        • ( Erstes Zehnd. Taf. 4.)
        • Dieser und die nächstfolgenden, sind Ge - schenke von Herrn von Asch.
      • 21)Eines Kirgis-Kaisaken.
        • ( Zweytes Zehnd. Taf. 13.)
      • 22)Ein anderer desselben Stammes, dem vo - rigen sehr ähnlich.
    • β)Zwischen der kaukasischen und äthiopischen Varietät.
      • 23)Einer ägyptischen Mumie.
        • ( Zweytes Zehnd. Taf. I.)
      • 24)Eines ächten Zigeuners.
        • ( Zweytes Zehnd. Taf. II.)
        • Ein Geschenk von dem berühmten Patoki, Arzt zu Clausemburg.
    • γ)Zwischen der mongolischen und amerikani - schen Varietät.
      • 25)Eines Eskimo.
        • ( Drittes Zehnd. Taf. 24.)
        • Nebst dem folgenden Geschenk von dem be - rühmten Joh. Lorenz.
      • 26)Ein anderer von einem Eskimo.
        • ( Drittes Zehnd. Taf. 25.)
  • 7G)Schädel, die einst im Kindesalter, durch be - sondere Künsteleyen, vergestaltet worden.
    • 27)Eines, wahrscheinlich tatarischen Lang - kopfs, (Macrocephali.)
      • (Erstes Zehnd. Taf. 3.)
      • Geschenk vom Herrn von Asch.
    • 28)Einer Karaibin.
      • ( Zweytes Zehnd. Taf. 20.)
      • Geschenk vom Herrn von Banks.
  • H)Der übrige Vorrath dieser Art.
    • 29)Der Schädel eines Teutschen.
    • 30)Einer deutschen Frau.
    • 31)Eines jüdischen Jünglings.
    • 32)Eines jüdischen Greises.
    • 33)Eines Holländers.
      • Ein Geschenk von dem berühmten Utrech - ter Arzte Herrn Wolff.
    • 34)Eines Franzosen.
      • Ein Geschenk von Herrn Sömmering.
    • 35)Eines Italieners.
    • 36)Ein anderer, von einem Italiener, und zwar von einem Venediger.
      • Nebst dem folgenden ein Geschenk von dem berühmten Herrn D. Michaelis, hannöverischem Feldarzt.
    • 37)Eines Lombarden.
    • 38)Eines alten römischen Soldaten von der Leibwache.
      • Ein Geschenk Sr. Eminenz, des Herrn Kardinal Steph. Borgia.
    • 839)Eines sarmatischen Litthauers.
      • ( Drittes Zehnd. Taf. 22.)
      • Ein Geschenk vom Herrn von Asch.
    • 40)Die Hirnschale eines alten Cimbriers.
      • Ein Geschenk von Sr. Hochwohlgeboren, dem kaiserlichen Hauptkonsul bey den Dänen, Herrn Bozenhord.
    • 41)Der Schädel eines Finnen.
      • Geschenk, nebst allen folgenden, bis No. 80. von Herrn von Asch.
    • 42)Ein anderer eines Finnen.
    • 43)Einer finnischen Frau.
    • 44)Eines cingarischen Russen.
    • 45)Eines russischen Jünglings.
      *)

      Die folgende Reihe russischer Schädel bis zu No. 63 ist wegen der wunderbaren Zweifels ohne von ehelicher Vermischung herstammenden Verschiedenheit, vermö - ge welcher viele derselben sich mehr oder weniger dem mongolischen Habitu nähern, hauptsächlich merk - würdig.

      *)
    • 46)Eines russischen Greises.
    • 47)Eines Russen aus Moskau.
    • 48)Eines andern.
    • 49)Eines dritten.
    • 50)Eines vierten.
    • 51)Eines fünften.
    • 52)Einer Frau aus Moskau.
    • 53)Eines Russen aus Sweingorod.
    • 54)Eines jungen Urussers.
    • 55)Eines Russen aus Wenewks.
    • 956)Eines Russen aus Romanof.
    • 57)Eines andern aus Ribnock.
    • 58)Eines andern aus Ribnist.
    • 59)Eines Kostromers.
    • 60)Einer Krasnoi Cholmerin.
    • 61)Eines Nischnei Nowgoroders.
    • 62)Eines Kurskers.
    • 63)Eines Orlowers.
    • 64)Eines Tataren aus Orenburg.
    • 65)Eines Tataren, (wahrscheinlich aus Kasan.)
    • 66)Eines dritten Tataren.
    • 67)Eines vierten.
    • 68)Eines fünften.
    • 69)Eines Tschuwaschiers.
    • 70)Eines Lesghiers.
    • 71)Eines Georgiers.
    • 72)Eines Türken.
    • 73)Eines andern.
    • 74)Eines dritten.
    • 75)Eines Kalmucken aus Orenburg.
    • 76)Eines andern Kalmücken.
      • ( Erstes Zehnd. Taf. 5.)
    • 77)Eines dritten.
    • 78)Eines vierten.
    • 79)Eines fünften.
    • 80)Eines sechsten.
    • 1081)Eines Neger-Kreolen aus Neu-York.
      • ( Erstes Zehnd. Taf. 7.)
      • Ein Geschenk von Herrn Michaelis aus Marburg.
    • 82)Eines Negers von Kongo.
      • ( Zweytes Zehnd. Taf. 18.)
      • Geschenk von Herrn von Asch.

II. Ungemein charakteristische Foetus der Mittelschlags, und der beyden äußersten Varietäten.

  • a)Von der kaukasischen Varietät.
    • 1)Teutsche Zwillinge verschiedenen Ge - schlechts, durch außerordentliche Schönheit sich auszeichnend. Vier Monathe alt.
  • b)Von der mongolischen Varietät.
    • 2)Den Fötus eines Kalmucken aus Oren - burg, weiblichen Geschlechts, drey Mo - nate alt.
      • Ein Geschenk von Herrn D. Kosegarten.
  • c)Von der äthiopischen Varietät.
    • 3)Eines männlichen Negers von fünf Mo - naten.
      • Ein Geschenk von dem berühmten Herrn Meyer, hannöverischem Archiater.
11

III. Bloße Haare und Haupthaare verschiedener Völker.

Wiewohl dieses beym ersten Anblick kaum hieher gezogen werden zu können scheint, so ist doch un - leugbar, daß auch eine solche Sammlung, wenn sie durch Mannichfaltigkeit sich auszeichnet, aus jeden Fall für ein sorgfältigeres Studium der Anthropolo - gie ihren Nutzen hat. Diese enthält Proben von al - len fünf Hauptvarietäten des Menschengeschlechts: und unter diesen ziemlich merkwürdige, von denen hinten an seinem Orte hin und wieder ist geredet wor - den, als von dem zweyfarbigen Haupthaar eines mit weißen Flecken untermischten Nigritiers, wel - chen ich zu London sah u. a.m.

IV. Anatomische Präparate.

Der größte Theil hiervon geht auf die Naturge - schichte des Mohren. In dem Buche selbst habe ich hin und wieder umständlichere Nachricht davon ertheilt.

V. Eine Sammlung von Abbildungen verschiedener Völker, nach der Natur selbst, von geschickten Künstlern, aufs sorgfältigste gezeichnet.

Es erhellt an sich*)Vergleiche die hierauf Bezug habende Stelle bey Vol - ney in seinen Ruines, ou meditation sur les Revo - lutions des empires. S. 349. schon, daß ein solcher Ap - parat, besonders, wenn man ihn immer mit der ge -12 nannten Hirnschädel-Sammlung zusammen hält, zu den ersten vorzüglichen und untrügbaren Quellen des Studiums der Anthropologie gehöre; und deshalb ha - be ich seit zwanzig Jahren mir alle Mühe gegeben, solcher noch der Natur selbst, und was ein Haupt - umstand ist, von geschickten Künstlern verfertigten Abbildungen viele mir zu verschaffen. Zwar findet man in Reisenbeschreibungen eine Menge ähnlicher Abbil - dungen; allein sobald man sie unter das Messer der Kritik bringt, so findet man in der That sehr wenige, denen man trauen könnte. Denn rechnet man eini - ge, z. B. die aus Korn. de Brün persischer und indi - scher Reise, und aus der Erdumsegelung des unsterb - lichen Kook von ihm selbst beschrieben, und mit den schönen, von dem berühmten Hodges gezeichneten Kupfern versehen, hinweg; so wird man leicht fin - den, daß die übrigen, nur nicht alle, bisweilen zwar wohl mit sehr glänzenden Kupfertafeln prangen, welche bey genauerer Besichtigung aber, und einer Vergleichung mit richtigen Abbildungen, oder der Natur selbst, kaum irgend einen Nutzen für die Na - turgeschichte des Menschengeschlechts haben. Man muß also zu diesem Behuf vielmehr andere hie und da befindliche Abbildungen fremder Völker verglei - chen, welche man theils in Kupfer gestochen einzeln herausgegeben, oder zerstreut in Büchern eingeschal - tet, theils als eigne Handzeichnungen von der ge - schickten Hand eines Künstlers antrift. Von jenen habe ich mir eine nicht gemeine Menge angeschaft, worunter sich hauptsächlich des in dieser Art großen Künstlers Wem. Hollar geätzte Figuren, und die nicht gemeinen Blätter der neueren englischen Ku -13 pferstecher auszeichnen, welche jedoch einzeln aufzu - zeichnen, der Raum dieser Anzeige nicht gestattet. Indeß dürfte ich doch wenigstens eine Uebersicht von den merkwürdigsten Handzeichnungen beyfügen:

  • a)Von der kaukasischen Varietät.
    • 1)Ein Türke. Mit Röthelstift zu Berlin nach dem Leben gezeichnet, von dem unge - meinen Künstler: Dan. Chodowieki, wel - cher mir mir dieser Handzeichnung ein Ge - schenk gemacht hat.
    • 2)Eine Frau aus Indostan, von einem in - dianischen Mahler mit bewundernswürdiger Genauigkeit und Feinheit gezeichnet.
      • Ich erhielt es zu London von dem gelehrten Herrn Sam. Lysons.
  • b)Von der mongolischen Varietät.
    • 3)Cossim Ali Chan, einst Präsident (Na - bob) von Bengalen, der nachher zu Delhi ein Priester Muhameds (Faquir) wurde. Mit lebendigen Farben von einem muha - medanischen (maurischen) Mahler gemahlt.
      • Nebst dem folgenden ein Geschenk des nun der Erde entnommenen Baron Braun, englischen Residenten zu Bern, ehema - ligen englischen Obristen in Indien.
    • 4)Die Gattin des letzten mongolischen Kaisers, Scha Allun, welcher im Jahr 1790 starb. Mit ähnlicher künstlicher Hand gemahlt.
      *)

      Des Ursprungs halber habe ich diese beyden Abbil - dungen von den Fürsten des neueren Indiens zur14 mongolischen Varietät gerechnet, obschon sie in der Gesichtsbildung sich wenigstens von den Hindus ent - fernen wovon man die Gründe unten sehen kann.

      *)
    • 5)Das Bildniß eines Kalmucken, Feodor Iwanowitsch, zu Rom, wo er mit dem glücklichsten Erfolge sich auf die Mahlerey legt, von ihm selbst, mit eigner Hand, ganz unvergleichbaren Kunst und Geschmack und einer Aehnlichkeit zum Sprechen, mit schwarzer Kreide gezeichnet.
      • Dies besondere Geschenk erhielt ich von Rom, von dem berühmten königlichen großbrittannischen Gesandtschaftssekre - tär, Tatter.
        *)

        S. Herrn Hofrath Blumenbachs naturhistorische Abbildungen. Erstes Heft, erste Kupfertafel. Göt - tingen 1796. Mit Begierde muß man die Fort - setzung dieser Abbildungen erwarten, denn durch die dürfte Herders Wunsch erfüllt werden: Daß Je - mand, der es kann, die hie und da zer - streuten treuen Gemälde der Verschie - denheit unsers Geschlechts sammelte und mit den Grund zu einer sprechen - den Naturlehre und Physiognomie der Menschheit legte. S. Ideen z. Ph. d. G. d. M. Th. 2. S. 82.

        G. A.

        *)
    • 6)Zwey sinesische Schiffer. Zu Wien ge - mahlt.
      • Ein Geschenk von Sr. Hochwohlgeboren, des Herrn Nik. Jos. von Jacquin, kai - serlichem Finanzrath.
    • 7)Ettuiak, ein eskimoscher Zauberer, wel - cher in, Jahr l773 von der Küste Labrador nach London gebracht wurde.
      • 15Dies und das folgende Gemählde ist nach der Handzeichnung des Nathan Donce im Museum des Herrn von Banks von dem trefflichen Londonschen Mahler G. Hunnemann abgemahlt.
    • 8)Ein eskimosches Weib, Namens Laubwik (welcher Name in der Muttersprache jener Barbaren einen einäugigen Bär bedeutet) welche mit ebengenannten vorigen von dem berühmten Cartwright zugleich nach London gebracht wurde.
  • c)Bau der äthiopischen Varietät.
    • 9)Eine Hottentottin aus Amak.
      • Nebst der folgenden ebenfalls aus der Bibliothek des Herrn von Banks.
    • 10)Ein waldbewohnender Hottentotte (holl. Boschmann) mit Weib und Kind.
    • 11)Eine Hottentottin.
      • Dieses und die vier folgenden Gemählde wurden den auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung nach dem Leben gezeichnet, und an Kayser Joseph nach Wien ge - schickt. Die sehr sorgfältigen Kopien davon habe ich von Herrn von Jacquin zum Geschenk erhalten.
    • 12)Karmup, ein Hottentotte aus Amak.
    • 13)Kosjo, ein Hottentotte aus Chonoga, an der Grenze des Kaffernlandes.
    • 14)Koba, ein Fürst der Kaffern.
    • 15)Puseka, die Tochter desselben.
  • 16d)Von der amerikanischen Varietät.
    • 16)Ein Einwohner der Magellansstraße, aus dem Feuerlande.
    • 17)Ein Weib von demselben Volke.
  • e)Von der malayischen Varietät.
    • 18)Zwey neuseeländische Männer.
    • 19)Ein neuseeländischer Fürst.
    • 20)Zwey Jünglinge von demselben Volke.
      • Alle, so wie die Abbildungen der Anwoh - ner der Magellansstraße, sind aus der Sammlung der Schätze, welche der Herr Baronet von Banks von seiner Erdumsegelung mitgebracht hat.
17

Erster Abschnitt. Von dem Unterschied zwischen dem Menschen und den übrigen Thieren.

§. 1. Schwierigkeit der Untersuchung.

Wer von der Verschiedenartigkeit des Menschenge - schlechts schreiben, und die Unterschiede aufzählen will, welche in Hinsicht auf ihren Körperbau zwi - schen den verschiedenen Menschenstämmen statt finden, muß vor allen Dingen eine Untersuchung anstellen über jene Unterscheidungen, welche den Menschen und die übrigen Thiere von einander sondern. Da trift es denn aber auch hier, was bey dem Studium der Naturgeschichte, und zwar insonderheit der Zoo - logie öfters der Fall ist, daß man bisweilen eine Gattung von ihren Nebengeschlechtern weit leichter auf die erste Ansicht, und zwar zu Folge eines ge - wissen sinnlichen Eindrucks, unterscheiden, als diese unterscheidenden Merkmale selbst aufzählen, und mit Worten ausdrücken kann. So ist es ziemlich leicht die Ratte von der Maus, das Kaninchen von dem Haasen zu unterscheiden, schwer hingegen die charak - teristischen Zeichen, auf denen diese allgemein be - merkte Verschiedenheit beruht, heraus zu suchen. Daß aber die Materie, welche wir jetzt bearbeiten, dieselbe Schwierigkeit habe, haben in diesem Fache18 große Männer frey und offenherzig gestanden, ja selbst Linné, dieser unsterbliche Mann, der in der That dazu geboren war, die unterscheidenden Merk - male an den Gegenständen der Natur zu erforschen, und um diese systematisch zu ordnen, nennt es in der Vorrede zu seiner schwedischen Fauna, eine der schwierigsten Untersuchungen, den eigentlichen spezifischen Unterschied des Menschen anzugeben; ja bekennt, daß er kein Merkmal habe ausfindig machen können, wodurch man den Menschen von dem Affen unterscheiden könne; und hat es in dem System der Natur für wunderbar gehalten, daß der dümmste Affe von dem klügsten Menschen so wenig abweiche, daß der[ Marchbestimmer] der Natur noch zu suchen sey, welcher diese Grenz - scheidungen festsetze; und endlich hat er wirklich dem Menschen weder ein generisches noch spezifisches Merkmal beygelegt, sondern ihn im Gegentheil mit dem langhändigen Affen (Linnés Homo Lar, Gib - bon) zu einer Gattung gerechnet.

§. 2. Die gehörige Behandlungsart dieser Materie.

So will ich denn einstweilen das aufzählen, wo - durch sich der Mensch, wenn ich irgends richtig be - obachtet habe, von den übrigen Thieren zu unter - scheiden scheint, wobey ich folgendermaßen verfahren will, daß ich

1) das aufzähle, was zur äußern Bildung des menschlichen Körpers;

2) zur innen, Einrichtung,

3) zu den Geschäften seiner animalischen Oekonomie, gehört;

19

4) was Bezug hat auf die Geistesfähigkei - ten; welchen ich

5) weniges über die dem Menschen eigenthüm - lichen Krankheiten beyfügen werde. Und

6) werde ich endlich jene Merkzeichen durch - gehen, durch welche man insgemein, aber fälschlich, den Menschen von den Thieren unterscheiden zu kön - nen geglaubt hat.

§. 3. Aeußere Bildung.

Hierher ziehe ich auch einige Merkzeichen, welche zwar zunächst in eine Zusammenstellung des Skelets gehören, allein sich doch in der äußeren, von jener ab - hängenden, Beschaffenheit des Körpers zeigen, wo denn folgende, zumal wenn man sie zusammenge - stellt betrachtet, eine vollständige Erklärung von der menschlichen Gattung zu enthalten scheinen:

  • A)Aufrechte Stellung.
  • B)Breites, flaches Becken.
  • C)Zwo Hände.
  • D)Zähne in gleicher Ordnung an einander ge - reiht und aufrechtstehende Unterscheidezähne.

Hierauf wird man, als auf seine Hauptstücke, alles übrige, was die Beschaffenheit des menschlichen Körpers besonderes hat, füglich beziehen können; und wir wollen daher von jedem einzelnen besonders handeln.

§. 4. A) Aufrechte Stellung.

Hier liegt uns der Beweis von zwey Punkten ob: daß nämlich

20

1) die aufrechte Stellung zur Natur des Men - schen passe; und

2) daß sie dem Menschen eigenthümlich sey.

Dieses wird unten erhellen (s. §. 10.). Jenes bestätigt a priori der Bau des menschlichen Körpers selbst, und a posteriori die einmüthige Uibereinstim - mung aller uns bekannten Völker jedes Zeitalters. Um bey der Sache nicht lange zu verweilen, bedarf man keines weiteren Beweises als dessen, welchen man für das Gegentheil anzuführen, und von den Beyspielen vierfüßiger, unter Thieren aufgewachse - ner Kinder, herzunehmen pflegt. Denn wer die - ser Sache ernstlicher nachdenkt, sieht leicht, daß man sich keinen andern Zustand des Menschen den - ken könne, worin er weiter von dem ihm von der Natur bestimmten abwiche, als eben diesen, worin wir die unglücklichen Kinder gesehen haben; denn mit ebendemselben Rechte könnte man jede Mißgeburt für die ideale Norm der menschlichen Bildung halten, als man das Beyspiel solcher wilden Kinder miß - braucht, um die dem Menschen natürliche Art zu gehen und zu leben, daraus zu beweisen. Und den - noch darf man nur diese Nachrichten von den wilden Kindern etwas genauer beseitigen, so erhellt aus den ächtesten, der Ungewißheit und dem Zweifel wirklich nicht ausgesetzten Beyspielen darunter, als unsers berühmten Peters von Hameln1)Man vergleiche Wiats Magazin für Physik und Naturgeschichte 4ter Theil, 3ter Abschn. S. 91. Und (Mondoddos) antient metaphysics, 3ter Theil, Lond. 1784. 4. S. 57. und 367.21Wie wichtig diesem schottischen Philosophen vor al - len andern Peter von Hameln ist, bekennt er in fol - genden Worten: Diese Erscheinung däucht mich ist außerordentlicher, denn der neue Planet, oder eine Entdeckung von noch 30,000 Fixsternen, außer denen kürzlich entdeckten. b) (Peter the wild boy, Juvenil Hannoveranus, Linn.); des Mädchens aus Champagne2)(de la Condamine) histoire d'une jeune fille sau - vage. Paris 1761, 12.; des pyrenäischen Mannes3)Vergl. Leroy sur l'exploitation de la Nâture dans les Pyrenées. Lond. 1776. 4. S. 8. und anderer, klar, daß diese Unglücklichen aufrecht gegangen sind; in der Geschichte der übrigen aber, welche man gemeiniglich für vierfüßige gehalten hat, als des irrländischen Jünglings unter den Schaafen Linn. stößt man auf verschiedenes, was sie sehr zweifelhaft macht4)Man sehe z. B. was der übrigens sehr verdiente Tulpius von diesem irrländischen Junglinge erzälhlt im 9ten Kap. des 4ten Buchs seiner Observat. medi - car. Ein Jüngling von 16 Jahren, der in Irrland unter den wilden Schafen von Kindheit an auferzogen war, hatte gleichsam die Natur der Schaafe angenommen hatte wilden Blick war roh, kühn, unerschrocken. Er hatte auf rauhen Gebirgen, in wilden Gegenden gelebt, selbst so wild als ungebändigt u. s. w. Wie mögen denn wohl die wilden Schaafe in Inland beschaffen seyn? Wel - ches man ihre Natur seyn? Wild und ungebändigt? Gewiß jeder, der dieses Geschichtchen mit dem Messer der Kritik zerlegt, wird auf die Vermuthung kom - men, daß dieser dumme Klotz, der des Schauspiels halber als ein Wunderwert durch Holland geführt wurde, leicht eben so wenig zu den unter Thieren erzogenen Menschen gehort habe, als einst eben da - selbst ein ähnliches von einem listigen Betrüger für einer Eskimo ausgegebenes Wunderwerk (man sehe hierüber Recherches philosoph sur les Améric. Th. I. S. 258.) zu den wahren Eingebornen der Küste La - bradir.; ja jener wilde Mensch des Linné (Homo sapiens ferus, S. N. Ausg. 12. 1ster Th. S. 28.) scheint in der That mit nicht größerem22 Rechte vierfüßig als behaart benennt werden zu können.

§. 5. Daß die Natur den Menschen aufrecht gebildet habe, wird aus seiner Einrichtung dargethan.

Zwar ist es ein verdrüßliches Geschäft, eine an sich klare und einleuchtende Sache mit langen Bewei - sen zu untersuchen; allein sie gänzlich unberührt zu lassen, verbieten ein paar berühmte Männer, der Italiener P. Mascati nämlich, und der Holländer A. Schrage5)S. dessen Verhandeling over de Longteering in dem Handbuche, welches den Titel hat: Genees-Natuur - en Huishoud-kundige Jaarboeken, 3ter Theil, 1ster Abschnitt S. 32., die paradoxen Begünstiger der ent - gegengesetzten Meinung. Indessen wird es hinrei - chen, nur weniges aus dem sehr vielen herauszuheben.

Daß also der Mensch von Natur zum ausrechten Gange bestimmt sey, bezeugt gleich auf dem ersten Anblick die Länge der Schenkel im Verhältniß des Rumpfes und der Aerme. Denn kann ich schon dem Daubenton nicht beystimmen, wenn er meint, daß kein Thier, außer dem Menschen, so große Hinter - füße habe6)S. Memoires de l'acad. des sciences de Paris 1764. S. 596., deren Länge gleich wäre der Länge des Kopfes und Rumpfes; welches die Beyspiele ver - schiedener Säugthiere, als des Gibbon Simia lar und des kapschen Springers (Jerboa Capensis) wi - derlegen; so ist doch jedem klar, daß der also ge - baute Mensch auf keine Weise wie die vierfüßigen Thiere gehen könne; da selbst die Kinder nicht anders,23 als mit den Knien aufgestemmt, kriechen können, ob - schon ihre Schenkel in diesem zarten Alter in dem schon benannten Maaße kürzer sind, als bey Erwachsenen.

Allein nicht bloß die Größe, sondern auch die besondere Stärke der Schenkel, mit den schwächeren Aermen verglichen, zeigen deutlich, daß diese einzig von der Natur zur Stütze des Körpers bereitet sind; was hauptsächlich durch einen aus der Osteogonie entlehnten Beweist dargethan wird, wo man nämlich weiß, daß bey einem jüngstgebornen Kinde die Kno - chen des Vorderfußes und zwar hauptsächlich die Ferse weit geschwinder hart werden und zur Voll - kommenheit gedeihen, als die Knochen in der Hand, und das, wie es die Natur der Sache mit sich bringt, da die zarten Händchen in den ersten Lebensjahren kaum einige Kraftäußerung nöthig haben, die Füße aber schon beym Verlauf des ersten Jahres zur Stütze des Körpers und zum aufrechten Gange geschickt seyn müssen. Von den starken Muskeln der Wade, haupt - sächlich des Schienbeinmuskels mit seinen beyden, durch Sehnen verwachsenen Muskeln (solei musc. c. gemello suo), c) welche zur Aufrechthaltung des Menschen so stark und auszeichnend von der Natur bereitet sind, daß die alten Anthropologen deshalb mit Aristoteles meinten, man könne dem Menschen allein wahre Waden zuschreiben, will ich nicht ein - mal etwas sagen.

Ferner lehrt die ganze Zusammenfügung der Brust, daß der Mensch auf keinen Fall wie die Thiere gehen könne. Denn wenn diese langfüßig sind, ist ihre Brust an den Seiten gleichsam zusam - mengedrückt, vorwärts aber gebogen, und die24 Schlüsselbeine mangeln ihnen, damit die Füße von beiden Seiten einander besser ausweichen, und mit - hin die Last des Körpers leichter und fester tragen können. Uiberdieß haben die vierfüßigen Thiere ent - weder ein längeres Brustbein, oder mehrere Rippen, welche weiter an den Rand des Hüftbeines (Crista ilei) herabgehen, um die Eingeweide des Unterlei - bes in der Lage des horizontalen Rumpfes zu halten. Dies alles aber verhält sich anders den dem zweyfü - ßigen Menschen. Seine Brust ist flacher, die Schul - tern durch die Schlüsselbeine weit von einander abge - sondert, der Brustknochen kurz, der Unterleib mehr als bey den genannten Thieren der beinernen Stützen entblößt, und anderes der Art mehr, was keinem, der auch nur wenige Skelette vier - besonders lang - füßiger Thiere, etwas aufmerksam mit dem mensch - lichen vergleicht, wird entgehen können, was denn alles zeigt, wie unpassend der Bau des Menschen zum Ganze auf Vieren sey, daß er nicht anders als unsicher, schwankend, äußerst beschwerlich und er - müdend für ihn seyn könnte*)Mehreres hierüber siehe in Ger. Vrolik unter Geb. Just. Brugmanns Präs. vertheidigter Differt de ho - mine ad statum gressumque erectum per corporis fabri - cam disposito. Leiden 1795. 8..

§. 6. B) Das menschliche Becken breit und flach.

Dem bisher gesagten giebt die Betrachtung des menschlichen Beckens die größte Bekräftigung, dessen ganz besondere Bildung ebenfalls ein unterscheidendes Kennzeichen ist, wodurch sich der Mensch wunderbar weit von den Menschenähnlichen Affen, und im25 Allgemeinen von allen und jeden übrigen Säugthie - ren am weitesten und offenbarsten entfernt.

Die Behauptung, daß nur dem menschlichen Skelette ein wahres Becken beyzumessen sey, könnte, so paradox und affektirt sie auch scheinen dürfte, doch zu vertheidigen seyn. Wenn man nämlich unter Becken versteht, eine solche Zusammenfügung der Hüft - mit dem heiligen und Kukuksbeine (os coc - cygis), welche der Gestalt eines Beckens nahe kommt; so weichen die länglichten Hüftbeine der übrigen Säugthiere von dieser Beckenbildung außerordentlich weit ab. Denn ob schon des Orangutang (fimiae fatyri) und des Elephanten Hüftblätter, etwas mehr Aehnlichkeit mit der Gestalt des menschlichen Beckens zu haben scheinen, als die der andern Säug - thiere, deren Skelette ich untersucht habe: so sind sie doch nichts destoweniger bey dem erstem länger als breiter, bey dem letztern aber ragt eine sehr verlän - gerte Verknorpelung des Schaambeines hervor, und so fällt bey beyden offenbar die Ähnlichkeit des Bek - kens, von welcher wir reden, hinweg, welche sich also bloß bey dem Menschen, durch die Ebnung der Hüftknochen über dem Schloßbeine, ihrer zarten Verknorpelung, der Krümmung des heiligen Beines von der Erhebung an und der vorwärts gerichteten Schwanzbeinwirbel (os coccygis) äußert.

§. 7. Verhältniß der benachbarten welchen Theile zur Gestalt des menschlichen Beckens.

Die hintere Seite des Beckens dient den Steiß - muskeln zum Fundament, deren äußersten oder großen26 kein anderer Muskel des Körpers an Dicke gleich ist, und welche mit einer sehr starken Lage Fett bedeckt die Hinterbacken bilden, deren fleischigte, gefügige, und gerundete Fülle, welche den After verbirgt, nicht minder klassische Schriftsteller der Naturgeschichte, wie Aristoteles7)Von den Theilen der Thiere. IV. 10. und Büffon8)Hist. nat. 2ter Theil S. 544. Hinterbacken sind bloß der menschlichen Gestalt eigen. als die größten Physiologen, ein Galenus9)De usu partium. XV. 8.Den physikotheplogischen Zweck dieses Vorzuges hat Spigel sehr scharfsinnig ausgedacht in seinem Werke: de humani corporis fabrica, S. 9. Einzig der Mensch kann unter allen Thieren be - quem sitzen, denn er erhielt fleischigte und große Hin - terbacken, welche ihm statt Unterlage, Kissen und ge - polsterten Sopha dienen, damit er durch das Sitzen keine Beschwerlichkeit empfindend, den Geist besser be - schäftigen könne, mit Nachdenken über göttliche Dinge. und Haller10)De corp. hum. functionibus, 1ster Theil, Seite 57. Auch werden die Affen durch ein anderes Zeichen nicht leicht von den Menschen unterschieden. für das Hauptkennzeichen halten, durch welches der Mensch sich von den Affen, welche ganz ohne Gefäß sind, am meisten unterscheide.

Ferner hängt von der benannten Krümmung des Heiligen - und des Schaambeines eine merkwürdige Richtung der innern weiblichen Geburtsglieder, und besonders der Mutterscheide ab, deren Achse sich weit mehr als bey den übrigen weiblichen Säugthie - ren von der sogenannten Achse des Beckens vorwärts neigt, was zwar die Geburt etwas zu erschweren pflegt, hingegen andern Unbequemlichkeiten, welchen die aufrechtgehende Frau, besonders bey dauernder Schwangerschaft, unterworfen seyn könnte, unge - mein vorbeugt.

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Derselben Richtung der Mutterscheide ist es bey - zumessen, daß das andere Geschlecht in der menschli - chen Gattung, nicht wie die Thierweibchen den Urin hintenaus läßt; und das um so weniger, da bey diesem (so viel bis jetzt bekannt ist) die Oeff - nung der Harnröhre nicht wie bey dem menschlichen Weibe zwischen den Schaamlefzen ausgeht, sondern rückwärts in die Mutterscheide selbst tritt, welche Erfahrung ich sogar bey Menschenähnlichen Thieren, als dem Teufel oder Maimon und dem Makako, (papio maimon, Sim. cynomolgno) die ich dem anatomischen Messer unterworfen, gemacht habe d).

Und nach eben dieser Richtung der Mutterscheide, wird man den seit Lukrezens Zeiten öfters erregten Streit über die Frage, welche Stellung dem Men - schen beym Beyschlafe am angemessensten sey,

Und auf welcherley Art man behandle die süße - ste Wollust?

beylegen können; denn wiewohl der Mensch auf meh - rerley Art diese Feyer begehen kann, und diese ver - schiedene Art, sie zu begehen, von Menschen aus den mönchischen Zeiten11)Man vergl. z. B. Carpus (Berengartus) Commen - taria super anatomia Mundini S. 13. Unter den übrigen Thieren hält der Mensch in verschiedenen La - gen Beyschlaf, giebt Umarmungen und Küsse, worin er verdammlich ist, weil das lasterhafter, wollüstiger und teuflicher ist, als vernünftig. zu jenen Stücken gezogen worden, wodurch er sich von den Thieren unterschei - de, ja unterweilen wohl physische Ursachen eintreten können, welche ihn

nach Art und Sitte der Thiere

zum Beyschlaf reizen können12)S. Kämpfs enchiridion medicum. S. 181., so scheint doch im28 Allgemeinen der wechselseitige Bezug der Mutter - scheide auf die männliche Ruthe der obwaltenden Liebe am gemäßesten13)Als ich vor zwei, Jahren (1793.) in London den ungeheuren Schatz von Zeichnungen durchgieng, wel - che in der Bibliothek des Königs von Großbritannien aufbewahrt wird, bewunderte ich von allen, und be - trachtete ich sorgfältiger einen berühmten Band Ge - mählde, welche für die menschliche und verglichene Zergliederung sehr nützlich sind, und von dem großen Mahler Leonardo de Vinci mit der Feder gemacht waren, unter welchen hauptsächlich eine ganz besondere, und in ihrer Art einzige Zeichnung, von einem Manne, der mit einem Weibe im Beyschlaf begriffen ist, sich auszeichnete. Bey der Rumpf aber war so durchschnit - ten, daß man das schicklichste Verhältniß der ausge - dehnten männlichen Ruthe auf die Richtung der Mut - terscheide, worauf ich hingewinkt habe, deutlich sehen konnte. Der Freundschaft des Herrn Jo. Cham - bertaine, des Aufsehers dieser königlichen Sammlung, dieses menschenfreundlichen Mannes und ungemeinen Künstlers verdanke ich eine seht genaue Copie dieses sparsinnigen Blattes..

§. 8. Kurze Nachricht von dem Hymen, den Nymphen und der Clytoris.

Um die dem weiblichen Geschlechte der menschli - chen Gattung eigenthümlichen Schaamtheile, mit einemmale abzufertigen, müssen wir des Hymens noch erwähnen welches Häutchen, so viel ich weiß, bisher bey keinem andern Thiere ist gefunden worden. Weder bey den Weibchen der gemeinen Affen, noch der Paviane sind mir, so oft ich sie untersuchte, ir - gend eine Spur davon, oder in Warzen verwandelte Ueberreste vorgekommen; eben so wenig als in dem weiblichen Elephanten, dem man vor mehreren Jah - ren durch Teutschland führte, und dessen Geburts -29 theile ich deshalb sorgfältiger untersuchte, weil mir war berichtet worden, daß der selige Trendelenburg, ein damals sehr berühmter Arzt zu Lübeck, in diesem Thiere eine Art von Hymen bemerkt habe. Mir ist dieser Theil im weiblichen Körper übrigens merkwür - dig, da ich schlechterdings durch keine Muthmaßung irgend einem physischen Nutzen desselben auf die Spur kommen kann. Was die Physiologen über den Zweck des Hymen vorgebracht haben, ist kaum annehmbar; unter allen aber am wenigsten die von Hallern hier - über geäußerte, nicht sehr scharfsinnige Meinung: da man es bloß bey dem Menschen finde, so sey es ihm auch zu moralischem Zwecke verliehen, als Zeichen der Keuschheit.

In Ansehung der Nymphen und Clytoris scheint Linné ungewiß zu seyn, ob sie außer dem weiblichen Geschlechte der menschlichen Gattung auch andere Weibchen haben? Ich aber habe selbst erfahren, daß keiner von diesen Theilen dem Menschen eigenthüm - lich sey, denn die Clytoris habe ich nach so viel an - dern nicht verwerflichen Zeugen, in mancherley Säug - thieren verschiedener Ordnungen häufig beobachtet und zum Theil sehr groß gefunden, wie in dem Teu - fel oder Maimon und dem Faulthieraffen, am unge - heuersten aber, in der Größe einer Faust, in einem 52 Fuß langen Wallfisch, welchen ich, als er vor Kurzem im Monat December 1791 bey Sandfort in Holland aus Ufer geworfen worden, sorgfältig be - trachtet habe.

Die Nymphen aber habe ich an einem Mongus, den ich selbst einige Jahre lebendig aufgezogen habe, den menschlichen sehr ähnlich gefunden.

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§. 9. C) Der Mensch, ein zweyhändiges Thier.

Aus dem, was über des Menschen Stellung bisher gesagt worden ist, ergiebt sich der größte Vor - zug seiner äußern Bildung, nämlich: der freyste Gebrauch zweyer sehr vollkommener Hände; durch deren Bildung er so weit über den übrigen Thieren steht, daß dadurch des Anaxagoras abgedroschenes, von Helvetius in unsern Zeiten wieder aufgewärmtes Sophisma entstanden ist: Der Mensch scheine des - halb am weisesten zu seyn, weil er mit Händen aus - gestattet ist. Dies ist wirklich zu paradox; weni - ger scheint sich im Gegentheile die Behauptung des Aristoteles von der Wahrheit der Natur zu entfernen, daß bloß der Mensch wirklich Hände habe, welche wirkliche Hände seyen; da selbst bey den Menschen - ähnlichen Affen ein Haupttheil der Hände, ich meine der Daumen, nach Verhältniß kurz, fast abgekippt, und, um mich eines Ausdrucks des großen Eusiachius zu bedienen, sehr lächerlich ist; daß mithin wirklich keine Hand, außer die menschliche, die Benennung eines Organs der Organe verdient, womit derselbe Stagirite sie beehrt hat.

§. 10. Die Affen und verwandten Thiere hingegen sind vier - händig.

Die Affen und andere Thiere, welche man ins - gemein Menschenähnliche nennt, von der Gattung der Paviane, Meerkatzen und Faulthieraffen (Le - mur) sind in der That weder zwey noch vierfüßig, sondern, vierhändig zu nennen. Denn ihre Hinter -31 füße haben ebenfalls einen ächten Daumen und keine Zehen, welche der zweyfüßige Mensch allein erhalten hat14)Der so große[ Paradoxenfreund] und Robinet hat im fünften Theile seines Werks de la nature auf der neunten Tafel die Abbildung eines Embrio geliefert, den er für einen Waldmenschen ausgiebt, da doch aus den bloßen Füßen, welche mit einem Finger, nicht mit einer Zehe, versehen sind, auf den ersten Anblick erhellt, daß es eine menschliche Frucht sey., daß sie demnach mit größerem Rechte als ihre Vorderfüße den Namen der Hände verdienen, da sie bekanntlich geschickter zum Greifen eingerichtet sind, als jene, auch giebt es eine Art von Meerkaz - zen, (den Coaita, Paniscus, Waldteufel), welche an den Vorderhänden keinen Daumen hat, da man hingegen nirgends ein vierhändiges Thier dieser Gat - tung gesehen, welches an der Hinterhand desselben ermangelt hätte.

Daraus kann man leicht den Streit schlichten, der darüber geführt worden ist, ob nämlich die Wald - menschen (sim. satyrus) und andere Menschenähn - liche Thiere ihrer Natur nach in den Wäldern auf Zweyen oder Vieren gehen. In der That keins von beyden. Denn da die Hände nicht zum Gehen, son - dern zum Greifen eingerichtet sind, so ist an sich klar, daß die Natur diese Thiere bestimmt habe, ihr Leben meist auf den Bäumen hinzubringen. Auf diese klet - tern sie, und suchen ihren Unterhalt darauf, wo ih - nen dann das eine Paar Hände zum Anhalten, das andere zum Abreissen der Früchte und andern Ver - richtungen dient; und zu diesem Behufe hat die Na - tur die mit unvollkommenen Händen versehenen Meer - katzen mit einem Wickelschwanze versorgt, mit wel - chem sie auf den Bäumen sich sicherer halten könnten.

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Und nun ist es kaum einer Erinnerung bedürftig, daß es das Werk erlernter Kunst sey, wenn man Unterwelten aufrechtgehende Affen entdeckt hat, da schon aus genauen, nach dem Leben gezeichneten Abbildungen des Waldmenschen15)S. z. B. des berühmten Wasmaer Monographie. klar zu sehen ist, wie unbequem und widernatürlich erzwungen eine solche Stellung sey, wo man sich mit den Vorder - händen auf einen Stock stützt, indessen die hintern auf eine nicht paßliche Weise zu einer Faust verschlun - gen sind16)Linné behauptet daher ohne gehörigen Grund: daß es Affen gebe welche eben so gut als der Mensch mit aufrechtem Körper, auf zwey Füßen gehen, und daß sie wegen des Gebrauchs, den sie von Händen und Füßen machen, zu der Menschengattung gehören. *)S. Herrn Hofrath Blumenbachs naturhistorische Ab - bildungen, Zweyt. Heft, Taf. 12. Götting. 1797. a).. Und noch ist mir nirgends ein Bey - spiel von einem Affen, oder einem andern Säugthie - re außer dem Menschen bekannt geworden, welches wie dieser, auf beyden Füßen aufrecht stehend, das Gleichgewicht halten konnte.

Hieraus erhellet, daß die aufrechte Stellung nicht minder zur Natur des Menschen passe, wie wir gesehen haben, als sie ihm eigenthümlich ist. (§. 4.) Demnach hebt allein das Menschengeschlecht das Haupt in die Höhe und stehet leicht auf geradem Körper.

§. 11. D) Eigenthümlichkeiten der menschlichen Zähne.

Die Zähne, sind bey dem Menschen mehr, als bey den übrigen Säugthieren in gleicher Ordnung aneinander gereiht.

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Die untern Schneidezähne gehen mehr auf - wärts, was ich unter die Hauptunterscheidungsmerk - male des menschlichen Körpers rechne.

Die Hundszähne stehen weder heraus, noch weit ab, sondern sind in gleicher Ordnung mit den benachbarten verbunden.

Die Backenzähne haben besondere krumme stumpfe Spitzchen, wodurch sie sich von den Backen - zähnen des Waldmenschen, des Gibbon, und aller Thierarten dieser Gattung, von deren Schädeln ich viele untersucht habe, am augenscheinlichsten unterscheiden.

Endlich zeichnet sich der menschliche Kinnbacken durch drey Merkmale aus; nämlich durch die unge - meine Kürze, durch das etwas hervorragende zu den aufrechten Schneidezähnen passende Kinn, am mei - sten aber durch die besondere Form der Knorren an dem Hinterkopfe (Condyli) und ihre Richtung und Verbindung mit den Knochen der Schläfe e), wodurch er sich von den Kinnbacken, wenigstens aller mir bekannten Säugthiere, unterscheidet, und welches alles deutlich zeigt, das der Mensch von der Natur bestimmt sey, alle Arten Nahrung zu verzehren, oder zu einem Allverzehrer.

§. 12. Das übrige, was dem äußern Menschen eigenthümlich scheint, als ein glatter Körper u. a.m.

Ich übergehe einiges minder Wichtige, was man ebenfalls zu dem auszeichnend Charakteristischen des Menschen zu rechnen pflegt, als das Ohrläppchen, schwellende Lippen, besonders die Unterlippe, und anderes der Art mehr.

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Von der kahlen Glätte des menschlichen Körpers muß wenigstens etwas gesagt, und untersucht werden, in wie fern sie zu den unterscheidenden Zeichen, durch welche der Mensch von den übrigen, ihm einigerma - ßen ähnlichen Säugthieren, sich trennt, können ge - rechnet werden. Nach Linnés Behauptung giebt es zwar irgendwo Affen, welche unbehaarter sind, als der Mensch ; aufrichtig aber gestehe ich, daß ich bis - her nach diesem Irgendwo vergebens geforscht habe. Hingegen weiß man aus der einmüthigen Ueberein - stimmung glaubwürdiger Reisebeschreiber, daß jene Menschenähnlichen, auf Angola und der Insel Bor - neo einheimischen, Affen, welche man gewöhnlich unter dem gemeinsamen malagischen Namen Oran - utan begreift, nicht minder als der Langarm ihrer Natur nach, weit behaarter sind als der Mensch, und die Beyspiele jener hin und wieder in Europa gesehenen Thiere bestätigen es, welche, wiewohl noch nicht völlig ausgewachsen, und von schwächli - cher Gesundheit, doch nichts desto weniger mehr Haare hatten, als der Mensch.

Das aber ist außer Zweifel gesetzt, daß man hin und wieder, und zwar hauptsächlich auf einigen In - seln des stillen Meeres, Einwohner bemerkt hat, wel - che durch behaartere Körper sich ausgezeichnet haben: von denen jedoch bis jetzt noch eine Beschreibung mangelt.

Zuerst hat ihrer der durch seine Seefahrten be - rühmte Spangberg17)Müllers Sammlung russischer Geschichte, 3ter Theil, S. 174. Meldung gethan, der von den Japanischen Küsten nach Kamtschatka zurückkeh -35 rend auf der südlichern von den kurilischen Inseln (im 43° 50 'der Breite) ein solches Volk gefunden zu haben erzählt18)Zweifels ohne die Insel Nadigsda, von deren Einwohnern dieses, aber nur durch Sage der Gefähr - ten des großen Cook, Jac. King, gehört hatte, in voyage to the northern hemisphere, 3ter Th. S. 377..

Der berühmte J. N. Forster19)S. dessen Bemerkungen auf seiner Reise um die Welt. S. 218. hat unter den Einwohnern der Inseln Tanna, Mallicolle und Neu - kaledonien nur zuweilen solche abweichende Indivi - duen wahrgenommen.

Man erzählt noch von einer ähnlichen Race auf Sumatra, welche im Innern der Insel wohnen soll, und Oranggugu genennet wird20)Der über diese Insel klassische Schriftsteller Mars - den erzählt es nach Hörensagen History of Sumatra. S. 35. Not. *).

Wiewohl nun aber im Allgemeinen die Haut des Menschen durch Glatte und Haarlosigkeit sich aus - zeichnet, so scheinen doch im Gegentheile einige be - sondere Theile des menschlichen Körpers haarigter als bey den Thieren, z. B. die Schaam und die Höhlung unter dem Arm, welche die Alten deshalb ebenfalls zu den dem Menschen eigenthümlichen Merkmalen gerechnet haben.

§. 13. II) Merkwürdige Eigenheiten des menschlichen Körpers, in Ansehung der innern Einrichtung.

Da wir, was von den Eigenheiten des äußern menschlichen Körpers zu erinnern war, abgemacht haben, kommen wir nun auf den zweyten Punkt der Abhandlung (§. 2.) nämlich seine innere Einrich -36 tung; wobey uns jedoch die engen Grenzen dieses Orts auferlegen, dem Neoptolemus zu folgen, und unser Philosophiren nicht weitläuftig auszudehnen. Man wird diese ganze Untersuchung wieder auf zwey Hauptstücke zurückführen können, indem wir

  • A)das ausforschen, wessen entweder der Mensch allein, oder nächst ihm nur einige wenige Thiere, ermangeln; und
  • B)das, was im Gegentheile ihm eigenthüm - lich ist.

§. 14. Die inneren, dem Menschen fehlenden, Theile.

Diese Theile, welche man in den Säugthieren, hauptsächlich den zahmen findet, wurden sonst, da die Gelegenheit menschliche Kadaver zu zerlegen selt - ner war, oder aus Liebe zur Zootomie vernachläßigt wurde, sonst durchgängig alle auch dem Menschen zugeschrieben.

Hierher gehört z. B. das Fleischfell, oder der Hautmuskel, welcher von Galenus und dessen An - hängern, ja sogar von dem Reformator der mensch - lichen Zergliederungskunst, der sie von den galeni - schen Irrthümern so streng reinigte, ich meine von Vesalius, dem Menschen fälschlich beygelegt, von Nikolaus Steno aber abgesprochen, und einzig den unvernünftigen Thieren zugeschrieben wurde f).

Das wunderbare Netz (aus Blutadern beste - hend hinter dem kleinen Gehirne) zählte Galenus unter die Theile des menschlichen Körpers, Vesalius aber zeigte nach Berengarius, einem Anhänger des Carpus, daß es der Mensch nicht habe g).

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Daß der Mensch keimen Aufhängemuskel des Auges oder Augapfel, oder siebenten Muskel habe, womit die vierfüßigen Säugthiere versehen sind, hat nach der natürlichen Wahrheit zuerst Fallopius gelehrt h).

Daß die menschliche Frucht in keine Hornhaut (allantois) eingewickelt sey, was bey den übrigen, nur nicht allen, Säugthieren der Fall ist, hat man nur neuerlich erst dargethan i).

Ich übergehe andere Theile, welche, wiewohl sie nur in wenigern Thiergattungen angetroffen, doch um nichts minder eine Zeitlang auch dem Menschen fälschlich beygelegt worden sind, als die sogenannte Asellische Gekrösedrüse, die eigenen Kanäle aus der Leber in die Gallenblase, den Körper des High - morus (Hodenkamm) u. s. w.

Oder die Theile, welche auch nur einigen Ord - nungen der Säugthiere zukommen, und dem Men - schen so offenbar verweigert sind, daß sie ihm nicht leicht jemand wird zuschreiben können, wohin ich z. B. die innere Augendecke rechne (welche ich der Ordnung der Darstellung gemäßer hier nennen zu müssen glaubte, obschon sie mehr zu den äußern Thei - len gehört) und das Spannaderband des Halses (ligamentum suspensorium colli) und noch mehre - res von dieser Art k).

Das Zungenloch an den obern Vorderzähnen (foramen incisiuum) hat der Mensch zwar mit den vierfüßigen Thieren gemein, doch ist es nach Ver - hältniß kleiner bey ihm, und einfach, da es bey den meisten übrigen Säugthieren doppelt, und bey vielen ungeheuer groß ist.

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§. 15. Das Zwischenkinnladenbein.

Dieses merkwürdige Bein muß aus mehr als ei - ner Ursache einzeln abgehandelt werden. Denn die Knochen, welche in der obern Kinnlade bey dem Menschen zusammenstoßen, und alle und jede Ober - zähne fest in sich halten, sind bey den Thieren durch einen gewissen dritten vorwärtsgehenden Knochen, der wie ein Pfahl zwischen ihnen steht, von einander getrennt worden, welchen Haller deshalb, weil die obern Schneidezähne (wenn welche vorhanden sind) in ihm stehen, den Namen Schneideknochen gege - ben hat. Allein da man ihn auch in jenen Säug - thieren findet, welche diese Oberzähne nicht haben, wie die wiederkäuenden Thiere und der Elephant, und das afrikanische zweygehörnte Rhinozeros sind, oder in ganz zahnlosen, als dem Ameisenbär und Wall - fisch; so glaubte ich ihn eher den Zwischenkinnladen - knochen nennen zu müssen21)Bey den sehr berühmten Zootomikern Vitet und Vicq d'Azyr heißt es des Unterkinnbackenbein, und bey Blair in der Osteographie des Elephanten, das Gaumenbein.. Bey einigen ist es ein einziger ungetheilter Knochen, bey vielen hinge - gen ist er in zwey Stücken getheilt, bey andern aber durch eigne Näthe von den benachbarten Knochen des Hinterhauptes gesondert, deren eine bey sehr vielen im Gesicht auf beyden Seiten nach der Nase, zu den äußersten Höhlen der Schneidezähne, die an - dere im Gaumen von dieser Höhle gegen das vordere gewölbte Gaumenloch hinläuft. Da nun Kamper den Mangel dieses Knochens zu den Hauptmerkma - len gerechnet hat, wodurch der Mensch von andern39 Säugthieren sich unterscheide, so entsteht freylich die doppelte Frage:

1) ob er dem Menschen wirklich mangele, und

2) ob er in allen übrigen Säugthieren sich findet?

Das erste hat vor drittehalb Jahrhunderten den Anatomikern der damaligen Zeit Stoff zu einem sehr heftigen Streite gegeben. Denn da Galenus die ebenbenannte Rath des Zwischenkinnladenbeins zu den übrigen des Hirnschädels rechnet, so bediente sich Vesalius nach so viel andern Zeugnissen auch die - ses, zu beweisen, daß er sein, so lange für ein Ka - non gehaltenes osteologisches Handbuch nicht nach dem menschlichen, sondern nach dem Skelett des Affen verfertigt habe. Nach den vergeblichen Ver - suchen des Jak. Sylvius aber, durch elende Vorwän - de seinen Galen zu retten22)Er quält sich dergestalt mit der Rettung seines göttlichen Galenus, daß er endlich auch zu der Ent - schuldigung sich herabläßt, daß die Menschen, wiewohl sie jetzo keine Zwischenkinnladenbeine mehr hätten, doch zu Galens Zeiten allerdings dieselben gehabt haben, und daß man deshalb den Fürsten der Anato - miker nicht anzuklagen habe, sondern einige Verhinderungen der Natur, welche in un - sern Zeiten die Folgen der Leckerey und einer unzeitigen und übermäßigen Liebe gewesen wären. , hielt man diese ganze Untersuchung für so vollkommen beendigt, daß der neuerliche Versuch des berühmten Vicq d'Azyr, die Analogie zwischen der Einrichtung des Menschen und der Thiere, in Ansehung des Zwischenkinnladenbeins, zu beweisen, in der That wider alles Vermuthen und alle Erwartung war23)S. Memoires de l'academie des sciences de Paris, 1780.. Denn die einzige Spur einer Ähnlichkeit, worauf diese Analogie sich grün -40 det, ist eine Lücke im halben Bogen, welche man an den Kinnbackenbeinen der menschlichen Früchte und Kinder schräg über bey den Höhlen der Schneidezähne erblickt, und welche, wie allgemein bekannt, auch jezuweilen bey Erwachsenen noch übrig ist24)Man sehe schon Vesalius und Coiters Abbildungen.. Daß aber diese Lücke unrichtig durch die Benennung Nath bezeichnet werde, hat schon vor zweyhundert Jahren und drüber weislich und nach der wahren Natur der scharfsinnige Fallopius angemerkt25)Ich bin nicht der Meinung derer, welche öffentlich bezeugen, daß man unter dem Gaumen eine Nath finde, die schräg über zu den beyden Hundszähnen gehöre, welche bey Kindern erkennbar sey, bey Er - wachsenen aber so vertilgt werde, daß keine Spur davon übrig bleibe. Denn ich finde, daß dies mehr eine Theilung oder Lücke ist, als eine Nath, da sie Knochen nicht von Knochen trennt, noch äußerlich sichtbar wird.. Daß sich aber auf der Gesichtsoberfläche der Kinnla - denknochen, im menschlichen Schädel nicht einmal durch eine solche Spalte, geschweige eine Nach be - merkbar mache, welche bey dem Affen so sichtbar ist26)S. Eustathius Tab. anat. 46. 2te Fig., verdient kaum eine Erinnerung.

Was aber die andere Frage betrift, ob dem Menschen allein unter den Säugthieren der Zwischen - kinnladenknochen mangle, da muß ich freylich beken - nen, daß ich ihn in mehrerern Hirnschädeln vierhän - diger Thiere vergebens gesucht habe.

Die Näthe, welche diesen Knochen umschrän - ken, fehlen in dem Skelett der unzeitigen Meerkatze, welches in dem akademischen Museum aufbewahret wird, an deren Hirnschädel sonst die übrigen Näthe ziemlich deutlich zu sehen sind.

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Eben so wenig habe ich sie in einem andern Ske - lett von derselben Spezies gefunden, welches der berühmte Bellmann, dieser geschickte kasselsche Wund - arzt, aufbewahrt. Es ist von einer sehr alten Meer - katze, worin mehrere Näthe vertilgt sind, daß man also aus diesem einzigen Belege nichts schließen kann.

Allein ein drittes Beyspiel einer solchen Meer - katze ist mir durch den Herrn Prof. Schacht zu Her - ford, meinen sehr lieben Freund, bekannt gewor - den, au welcher jener Knochen ebenfalls mangelte. Von einem vierten Beyspiele einer solchen Meerkatze, woran die Spur eines Zwischenkinnladenbeins gänz - lich mangelt, hat mir der sehr berühmte Arzt zu Manchester, Herr Holme, in einem Briefe Nach - licht gegeben. Es dürfte wohl der Mühe werth seyn, wo dies Thier sonst angetroffen wird, zu untersu - chen, ob der Zwischenkinnladenknochen an ihm zu finden sey oder nicht.

In dem entsetzlichen Skelett eines wirklich unge - heuer großen Menschenähnlichen Affen von der Insel Borneo, welches ich in dem Naturalienkabinet des Fürsten von Oranien zu Haag sorgfältig und zu wie - derholtenmalen untersucht habe, habe ich auch nicht die geringste Spur von jenen Näthen entdeckt; daß aber dieser Affe alt gewesen, zeigt sowohl die ganze Beschaffenheit des Skeletts, als besonders das Ver - wachsen der meisten Hirnschädelnäthe27)Ich wundere mich, wie Camper die entgegengesetzte Meinung hat in Schutz nehmen können. Er behauptet nämlich, daß dieses daß Skelett eines noch nicht alten Menschenähnlichen Affen gewesen sey. S. dessen Na - turgeschichte des Orang-Utang. S. 146..

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Mit dem Hirnschädel eines jüngern Menschen - ähnlichen Thieres, dessen Skeletts Ueberreste ich zu London im britannischen Museum entdeckte, verhält es sich aber anders. Dem alten noch daran han - genden Zettel zu folge, war es ein Orang-Utang, welchen der Schifskapitain Aprix von der Insel Su - matra mitgebracht hatte. In diesem Hirnschädel war auch nicht ein Schatten von den Näthen des Zwischenkinnladenbeines, ob schon die übrigen ins - gesamt vorhanden waren.

Aber auch weder Ed. Tyson hat sie in seinem Troglodyten von Angola gefunden, noch sind sie sichtbar in Daubentons Abbildung eines ähnlichen Hirnschädels von einem ebendaselbst erzeugten Thiere.

Dem sey indessen, wie ihm wolle, so ist doch dieses ausgemacht, was man ebenfalls zu den Merk - zeichen des Menschen rechnen kann, daß die Kinn - backen in den Hirnschädeln der genannten Affen und übrigen Säugthiere bey weitem mehr vorwärts ragen.

§. 16. B) Die Unterschiede des Menschen von den andern Säug - thieren in Ansehung einiger innern Theile.

Man sieht leicht ein, daß hier nur von wenigen und zwar den besondersten Unterschieden der Art die Rede seyn könne.

Um also von dem Kopfe anzufangen, so hat der Mensch einiges minder Wichtige, z. B. die Kry - stall - oder Augenlinse, welche (das Wallfischgeschlecht etwa ungerechnet) bey ihm nach Verhältniß sehr klein scheint, und bey dem Erwachsenen nicht so erhaben, als bey andern Thieren, ist das große43 Hinterhauptsloch (foramen occipitale), welches wei - ter vorwärts liegt, als bey den vierfüßigen Thie - ren28)d'Aubenton in Memoires de l'acad. des sciences de Paris 1764. und anderes der Art mehr, ausgenommen; hat der Mensch, sage ich, die größte Gehirnmasse, und nicht (welche Meinung seit Aristoteles Zeiten sich behauptet hatte) nach dem Verhältniß des ganzen Körpers, sondern nach des berühmten Sömmering schöner Beobachtung in Rücksicht der zarten Ner - ven, welche hier ihren Ursprung haben29)S. dessel. Abhandlung: De basi encephali. Goet - ting. 1778. S. 17.Derselbe über die körperliche Verschie - denheit des Negers vom Europäer. S. 59.Auch J. Gottfr. Ebel observ. neurol. ex anatome comparata. Frankf. an der Oder 1788.. Wird nun also das gesamte Nervensystem in physiologischer Hinsicht in zwey Theile getheilt, in den sogenannten Nerventheil, als welcher die Nerven selbst, und die Masse bey der Gehirne, und des ihrem Ursprunge am nächsten liegenden Rückenmarks enthält, und in den Empfindungstheil, welcher näheren Bezug hat auf das Band, durch welches die Verrichtungen der Ner - ven mit den Seelenvermögen verknüpft sind; so hat der Mensch die größte Masse jenes edleren Empfin - dungstheils erhalten.

Gleich merkwürdig ist eine andere Entdeckung, ebenfalls des scharfsinnigen Forschers Sömmering, daß die, von andern zwar öfters bemerkten Stein - chen der Zirbeldrüse, von dem vierzehnten Jahre an, so durchgängig in den menschlichen Hirnschädeln gefunden werden, daß sie gleichfalls zu den Eigen - thümlichkeiten des Menschen gezählt zu werden ver -44 dienen30)Sömmering de lapillis vel prope vel intra glandu - lam pinealem sitis. Mainz 1785.Eine Abbildung hat er geliefert in der Dissert. de decussatione nervorum opticorum. das. 1786.. Nur einmal hat er ähnliche Steinchen in der Zirbeldrüse des Dammhirsches gefunden. Und haben sie ja einmal in dem Gehirne eines erwachsenen Menschen gefehlt, so gehört dies in der That zu den seltensten Anomalien, und das Beyspiel einer solchen Ermangelung verdanke ich dem nicht gemeinen Phy - siologen C. M. A. Caldani zu Padua, welcher in einem Briefe mir berichtete, daß unter vier mensch - lichen Gehirnen, welche er im Jahre 1786 insgesamt zu diesem Behuf untersucht habe, eins gewesen sey, und zwar von einem dem Greisesalter nahen Manne, worin sich keine Spur derselben gefunden habe.

In der Brust müssen wir die Lage des Herzens dem Menschen eigenthümlich nennen, denn dieses Eingeweide liegt nicht wie bey vierfüßigen Thieren, auf dem Brustknochen auf, sondern wie es die auf - rechte Gestalt mit sich bringt, auf dem Zwergfelle. Auch ist die Grundfläche desselben nicht wie bey jenen, dem Kopfe, sondern den Brustwirbeln entgegen, so wie die Spitze der linken Brust, weshalb bey jenen rechtes und linkes Herz, was bey diesem im Gegen - theile vorderes und hinteres ist. Auch stößt bey sehr wenigen andern Säugthieren, außer dem Menschen, der Herzbeutel mit dem Zwergfelle zusammen.

Die Speiseröhre ist vollkommen so, wie sie ein alles fressendes Thier haben mußte.

Man dürfte nämlich sagen, daß sie gewisserma - ßen ähnlich sey der der fleischfressenden Thiere, in45 Ansehung des Baues des Magens, und der Kürze des Blinddarms:

Der der Kräuterfressenden hingegen in der Länge der dünnen Därme, und dem auszeichnenden Unter - schiede von den dicken; in dem faltigen Grimmdarm; dem Mangel der scharfen Drüsen, welche bey dem After den Reinigungssaft (Smegma) absondern; u. s. w.

Endlich findet man bey den Geburtsgliedern des Menschenweibes außer den obenbenannten Stük - ken noch ein besonderes Mittelgefäß, die Gebärmut - ter; (Uterus) und die Leibesfrucht zeichnet sich durch das Gewebe des Mutterkuchens, (Nachgeburt) die Länge der Nabelschnur, und eine einzige Nabelblut - ader, aus.

Dem noch sehr zarten menschlichen Embrio aber, ist, so viel ich weiß, das bisher räthselhafte Nabel - bläschen eigen, von dem ich schon an einem andern Orte angemerkt habe, daß es allen menschlichen Früchten bis ohngefähr zum vierten Monat nach der Empfängniß gemein sey, und ihrer Natur gemäß zukomme9)30b) Im 9ten Theile der Commentationum societatis Regiae scient. Goettingensis. S. 116., wo ich auch von einiger Analogie desselben mit der Dotterhaut des gebrüteten Küchel - chens gehandelt habe.

§. 17. III. Eigenheiten des Menschen in Ansehung der Verrich - tungen der animalischen Oekonomie.

Vorzüglich muß hier die ganz besondere Zartheit und nachgiebige Weichheit des schleimichten Ge -46 webes (des insgemein sogenannten Zellgewebes) unter der menschlichen Haut erwähnt werden. Denn es ist die bekannteste Sache, daß in Hinsicht auf die Dichtigkeit dieses netzförmigen Schleimes unter den verschiedenen Thiergattungen und ihren Arten, ein auszeichnender Unterschied statt findet; bey der Schlange z. B. ist sie zähe, bey der Forelle weicher: und schon vorlängst bemerkte auch unser Zinn, dieser so genaue Anatom, daß der Mensch vor den übrigen Säug - und andern Thieren, das feinste und zarteste Schleimnetz habe.

Wo mich nun, nicht alles trügt, so glaube ich die Weichheit dieses Mittelgefäßes (parenchyma) zu den Hauptvorzügen des Menschen rechnen zu müssen, durch welche er vor den übrigen Säugthie - ren sich auszeichnet. Denn da dieses Netz einerseits von der Haut an über den ganzen Körper bis zu des - sen Innerstem sich verbreitet, und gleichsam als ge - meinsames Band, zwischen alle und jede Theile der ganzen Maschine, eingewebt ist; von der andern aber den Sitz der allgemeinsten unter allen Lebens - kräften, der Elasticität (contractilitas) nämlich, bestimmt, wovon Stahls Tonus scheint entstanden zu seyn l); so ist es mir ausgemacht, daß der Mensch eben dieser nachgiebigen Weichheit des netz - förmigen Schleimes es verdanke, daß er leichter, als irgend ein anderes Säugthier an jedes Klima sich gewöhnen, und unter jedem Himmelsstriche leben kann.

Wie also die Natur was wir vorhin gesehen haben den Menschen in Ansehung der Nahrung zu einem Allverzehrer gemacht hat; so hat sie auch47 gewollt, daß er in Ansehung des Aufenthaltes jedem Boden und Klima angehöre (ταντοδαπον)[]; und deshalb hat sie seinen Körper aus dem nachgiebigsten Schleimnetze bereitet, damit er desto leichter nach den mannichfaltigen Einwirkungen der verschiedenen Klimate sich fügen und einrichten könne.

Dieser Gefügigkeit sich zu gewöhnen, kommt eine andere physiologische Eigenheit des Menschen ungemein zu statten, nämlich langsames Wachs - thum, lange Kindheit, schöne Mannbarkeit. Bey keinem andern Säugthiere wächst die Hirnschale so spät zusammen, brechen so spät die Zähne hervor, keins, außer dem Menschen, lernt so spät erst auf den Füßen stehen, wächst so spät völlig aus, oder reift so spät zur Ausübung der Geschlechtsverrich - tungen.

Hingegen giebt es von der andern Seite auch kein Säugthier, dem in Betracht der mäßigen Kör - permasse die Natur ein so spätes Lebensende gesetzt hätte31)Das natürliche Ende des menschlichen Lebens (wel - ches man nämlich für das gewöhnlichere und gleichsam festbestimmte Ziel des Greifesalters halten könnte) kann man kaum bestimmen. Doch ist es merkwürdig, was ich durch genaue Vergleichung mehrerer Morta - litätslisten gelehrt worden bin, daß, nach Verhältniß, ziemlich viel europäische Greise das 84 Jahr erreichen, wenige aber es überleben. Nun erhellt bey einer Be - rechnung des menschlichen Lebensalters, durch eine Vergleichung desselben mit dem Lebensende an - derer Säugthiere, leicht, welch ein großer Vorzug auch in diesem Betracht, oder wenigstens, welche Ver - gütung mit Wucher für die lange Kindheit dem Men - schen ist zugestanden worden..

Die Körpergröße, deren ich erwähnte, erinnert mich an eine sonderbare Eigenheit, welche man, so48 viel ich weiß, außer an dem Menschen ebenfalls an keinem andern Thiere beobachtet hat, und welche von seiner aufrechten Stellung abhängt, daß näm - lich das Maas seines Körpers am Morgen um einen Zoll breit und drüber länger ist, als am Abend32)Dies beobachtete zuerst ein englischer Geistlicher, Waffe, im Jahr 1724. S. Philosophical Transactions, Theil 33..

Die Geschlechtsverrichtungen, deren ich gedachte, erinnern mich an einiges hierher gehörige, welches ich nach der Reihe anführen will.

Es ist dem Menschen keine besondere Jahreszeit zu dem Verlangen nach Beyschlaf bestimmt, wie den Thieren33)Wenn man nicht lieber dem Augustinus Niphus trauen will, der in einem besondern Werke über die Liebe (das er Johannen von Arragonien, so berühmt durch ihre außerordentliche Schönheit zugeeignet hat) die Ursachen zergliedert, woher es komme, daß die Mädchen im Sommer wollüstiger und verliebter, die Männer es hingegen im Winter sind.

Den Männern ist der Vorzug nächtlicher Saa - menergießungen zu Theil geworden, welche ich in sofern zu den natürlichen Absonderungen eines gesun - den Menschen rechne, als er durch sie, wenn es ihm nach Verhältniß des Temperaments und der Körperbeschaffenheit zuträglich ist, von einem be - schwerlichen und sonst reizenden und überflüßigen Saamen befreit wird*)Mehreres hierüber sehe man in Chr. Rudolph - nisch Dissert. de pollutione nocturna. Gott. 1775. 4..

Dagegen haben die Weiber nicht minder eigen - thümlich, aber allgemeiner und alle insgesamt den monatlichen Blutfluß, so daß ich glaube, Plinius habe das Weib mit Recht das einzige monatliche49 Thier genannt. Ich weiß zwar wohl, daß hin und wieder Schriftsteller einen solchen Fluß auch weibli - chen Thieren, und hauptsächlich aus der Klasse der vierhändigen zugeeignet und gesagt haben, daß z. B. die Dianen (simia Diana) durch die Schwanzspitze die monatliche Reinigung halten, n. dgl. m. So oft ich aber seit zwanzig Jahren in Menagerien oder bey Herumführern Affenweibchen, Paviane u. a. zu sehen bekommen, und diesen Umstand untersucht habe, habe ich zwar unterweilen eines oder das an - dere gesehen, welches einen Mutterblutfluß hatte, allein keins, wo er, nach der Aussage aufrichtiger Wärter, periodisch gewesen wäre, diese hingegen hielten ihn für die Wirkung einer Krankheit und wi - dernatürlich, ja mehrere bekannten offenherzig, daß man ihnen gemeiniglich für einen monatlichen Fluß ausgäbe, um die Bewunderung des Pöbels dadurch desto mehr zu erregen.

Die fabelhaften Erzählungen des leichtgläubigen Alterthums von ganzen Völkerschaften, deren Wei - ber keinen monatlichen Fluß gehabt hätten, wollen wir an einem andern Orte mit wenigem berühren.

§. 18. IV. Die Eigenthümlichkeiten des Menschen, in Ansehung der Seelenvermögen.

Hierher zählen alle mit einem Munde als den höchsten und größten Vorzug des Menschen, den Gebrauch der Vernunft. Wenn man nun aber über die Bedeutung dieses Worts genau nachforscht; so muß man in der That über die himmelweit ver -50 schiedenen Erklärungen erstaunen, welche die ver - nünftigsten Philosophen von dem Begriffe der Ver - nunft geben. Nach einigen ist sie ein ganz besonde - res, dem Menschen allein eigenes Seelenvermögen, nach andern wenigstens ein ungemeiner und vorzüg - licher Grad desselben, von dem man in der thierischen Seele nur schwache Spuren vorfinde. Nach diesen ist sie der Einigungspunkt aller höheren Vermögen des menschlichen Geistes, nach jenen eine besondere Richtung der geistigen Vermögen des Menschen, u.s.f.

Unser ist's nicht unter diesen so wichtige Streite                                           zu schlichten.

Kürzer aber und sicherer, glaube ich, kann man diese Untersuchung abthun, wenn man a posteriori, wie es heißt, diesen Vorzug des Menschen darein setzt, daß er ihn zum Herrscher und Herrn der übrigen Thiere macht34)Wer auch immer das Loos des Menschen unter seiner Würde schätzt, der bedenke, welche wichtige Vorzüge unser Vater uns verlieben hat, wie wir weit stärkere Thiere unterjochen, weit schnellere verfolgen, wie alles, was irdisch ist, unsern Streichen unter - liegt.Seneca.. Daß er diese Herrschaft habe, liegt am Tage. Eben so offenbar aber ist es, daß die Ursache dieser Herrschaft nicht in der körperlichen Kraft des Menschen liege. Sie muß also einzig auf die Geistesgaben und deren Vorzüge bezogen werden. Und diese Gaben, durch welche nun der Mensch vor allen übrigen Thieren den Vorrang hat, mögen sie übrigens von welcherley Art und Natur seyn, wol - len wir Vernunft nennen.

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Die Natur hat den Menschen, wie wir gesehen haben, so eingerichtet, daß er alles essen und den ganzen Erdkreis bewohnen kann. Diese unbegrenzte Freyheit aber im Genuß der Nahrung, und in der Wohnung, bringt nach den unendlich verschiedenen Klimaten, Boden und andern Umständen eben so mannichfaltige Bedürfnisse in dem Menschen hervor, denen er auf einerley Art nicht abhelfen kann. Der Schöpfer steuerte ihn also mit Vernunft und Erfin - dungsgeist aus, durch welche er diesen Bedingungen gemäß sich einrichten kann.

Deshalb haben auch schon im höchsten Alterthu - me die weisesten Völker, diesem größten Herrschafts - geber des Menschen, dem Erfindungsgeiste nämlich, göttlichen Dienst erwiesen. Thoth hies er bey den Aegyptern, Hermes bey den Griechen.

Denn so, um vieles in wenigem zu fassen, ver - fertigt sich der Mensch Werkzeuge, weshalb ihn Franklin scharfsinnig als ein Instrumentmachendes Thier beschreibt (a tool-making animal); so hat er Rüstung und Pfeile sich selbst verfertiget, so hat er die Arten Feuer hervorzulocken sich ausgedacht, und so hat er, damit einer sich des Beystandes und der Hülfe des andern bedienen könne, sich die Sprache erfunden, welche ebenfalls unter die Eigenthümlich - keiten des Menschen zu rechnen ist35)Die Spitzfindigkeiten der alten und neuen Schola - stiker über die Sprachen der Thiere sind zahllos. Es wird genug seyn, wenn ich zur Probe Alberten, mit dem Zunamen der Große, anführe, der außer dem Menschen, auch einem menschenähnlichen Affen, dem keinen Gibbon nämlich, Sprache zuschreibt, jedoch52 nicht ohne eine merkwürdige Einschränkung. Der kleine Gibbon sagt er spricht, ob er gleich ein vernunftloses Thier ist, allein er disputiert nicht (hat nicht zweyerley Mei - nung über ein Ding?) spricht auch nicht von den Dingen im Allgemeinen, sondern seine Töne sind vielmehr auf das Einzel - ne der Dinge gerichtet, von denen er spricht. , da sie nicht wie die Stimme der Thiere ihm angeboren, sondern, was schon die willkührliche Verschiedenheit derselben zeigt, von ihm zum Gebrauche erdacht worden ist36)Daß der Mensch sich die Sprache erfunden habe (woran noch in unsern Zeiten der sonst so sehr verdiente Süßmilch zweifelt), hat schon Hobbes eingesehen: Die edelste und vortheilhafteste Erfin - dung unter allen andern, war die Spra - che, wodurch die Menschen einander ihre Gedanken zum wechselseitigen Nutzen, und zur Unterhaltung erofnen, ohne wel - che unter den Menschen weder allgemei - nes Wohl noch Gesellschaft härte beste - hen können, so wenig, als unter Löwen, Bären und Wölfen. S. dessen Leviathan S. 12. Ausg. von 1651. M..

§. 19. Einige flüchtige Bemerkungen über Lachen und Weinen.

Außer der abgehandelten Geistesäußerung, der Sprache nämlich, müssen wir nun noch zwoer ande - rer erwähnen, von welchen es weniger außer Zweifel gesetzt ist, ob sie, wie die Sprache, dem Menschen einzig zukommen, indem sie nicht von ihm erfunden, sondern ihm gleichsam angeboren sind, und nicht so - wohl zum Vernunftgebrauch, als zu den Leidenschaf - ten des Gemüths gehören; Lachen nämlich, der Be - gleiter der Fröhlichkeit, und Weinen, dieser beste Theil unserer Empfindung.

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Daß außer dem Menschen noch viele Thiere Thränen vergießen, ist etwas allbekanntes. Allein es fragt sich, ob sie auch aus Kummer weinen. Von einigen behaupten es zwar gültige Zeugen, als Stel - ler37)Nov. Comment. acad. scient. Petropolit. Theil 2. S. 353. von der Bärenrobbe (phoca ursina), und der berühmte Pallas38)S. dessen Nachricht über die mongolischen Völkerschaften. Theil I. S. 177. von den Kameelen. Ob aber die Thiere durch Lachen ihre Heiterkeit offenba - ren, scheint zweifelhafter, wiewohl Schriftsteller bin und wieder Beyspiele davon aufgezeichnet haben. Le Cat z. B. behauptet, den Troglodyten von An - gola lachen und weinen gesehen zu haben39)S. dessen Traité de l'existence du fluide des nerfes S. 35..

§. 20. V. Die merkwürdigsten dem Menschen eigenthümlichsten Krankheiten.

Obschon diese pathologischen Bemerkungen beym ersten Anblicke nicht mit zur Naturgeschichte des Men - schen zu gehören scheine, so dürfte ich deshalb doch die ihm eigenen Hauptkrankheiten mit einigen Worten durchgehen, da auch diese widernatürlichen, bey ihm allerdings ausschließlich sich ereignenden Erscheinun - gen in der natürlichen Beschaffenheit, Haltung und animalischen Oekonomie seines Körpers ihren Gruud haben: und also auch hier mit demselben Rechte be - merkt zu werden verdienen, als man auch die ge - wissen Thieren eigenen Krankheiten in ihrer Naturge -54 schichte aufzuzählen pflegt, wie die Rindviehseuche, den Rotz der Pferde, oder die Hundswuth.

Indessen versteht sich von selbst, daß hier bloß von den merkwürdigsten Krankheiten die Rede seyn kann, und daß auch dies wenige, aus mehreren, aus - gehobene noch nicht außer allen Zweifel gesetzt ist, da die Krankheitslehre der Thiere, wenige von un - sern Hausthieren ausgenommen, wegen der vielen und zum Theil unüberwindlichen Schwierigkeiten, noch fast gänzlich unausgearbeitet ist.

Doch kann man mit vieler Wahrscheinlichkeit - unter die der Menschengattung allein eigenen Krank - heiten folgende rechnen:

Ausschlagsfieber, (Febres exanthematicae)[ wo] nicht alle,[ doch] von diesen vorzüglich:

die Pocken40)Der vortrefliche Arzt Jonson hat mir gemeldet, daß vor einigen Jahren bey einem Affen zu Amster - dam durch eine Blätteransteckung sich zwar ein örtli - ches Geschwür, aber keine mit Fieber vergesellschaftete Blättern zusammengezogen haben., (Variolae).

Masern, (Morbilli)

Scharlachfieber, (Scarlatina).

Friesel, (Miliares).

Fleckfieber, (Petechiae).

Pest.

Von den Blutstürzen.

Nasenbluten, (?) (Epistaxis).

Hämorrhoiden, (goldne Ader).

Blutgang, (Menorrhagia).

55

Von den Nervenbeschwernissen.

Den Hypochonder.

Mutterbeschwerung, (Hysteria).

Eigentlich sogenannte Gemüthskrankheiten, als:

Melancholie, Heimweh, (Nostalgia) u. s. w. vielleicht auch Satyriasis und Nymphomanie.

Kretinenkrankheit (Cretinismus) n).

Von der Cachexie. (Geschwulst durch üble Mi . schung der Säfte).

Zweywuchs, (?) (Rachitis).

[Drüsenkrankheit], (?) (Scrofula).

Lustfeuchte.

[Palagra].

Aussatz nebst der Elephantiasis.

Von lokalen Krankheiten.

Amenorrhöe, (Ausbleiben des Blutflusses).

Krebs (?).

Leichdorn, (Hühneraugen), (Clavus).

Angeborner Bruch, (?) (Hernia congenita).

Vorfälle verschiedener Art, als jener der ein - wärtsgehenden Urinblase, dessen genauere Kenntniß wir dem Scharfsinne des vortreflichen Bonn verdanken41)Die Ursache, warum dieser so merkwürdige Fehler der Bildung so oft an menschlichen Geburten, und meines Wissens noch niemals an den Jungen anderer Säugthiere ist bemerkt worden, glaube ich in der nach56 Verhältniß bey dem Menschen engern Verknorpelung der Schaam, in einer besondern, (ebenfalls von dem berühmten Bonn sehr genau untersuchten) gleichsam zweygespaltenen Ritze suchen zu müssen. Vergl. Roose Diss. de nativo vesicae urinariae inversae prolapsu. Göttingen 1793. 4. mit K..

Schuppiger Ausschlag, (?) (Herpes).

Böser Grind.

Ich bin sehr zweifelhaft, ob ich die Eingewei - dewürmer des Menschen, und zweyerley außer ihm, so viel ich weiß, an keinem andern Säug - thiere wahrgenommene Arten Läuse auch hieher rech - nen soll.

Von jenen Krankheiten, welchen der Mensch, obschon sie ihm nicht allein eigen sind, doch weit öf - ter unterworfen ist, als andere Thiere, als schweres Zahnen, Geburt von Mondkälbern, unzeitige, schwere Geburt, u. a.m. sage ich gar nichts.

§. 21. VI. Kurze Uebersicht der Merkmale, welche gemeiniglich, aber fälschlich, für den Menschen vom Thiere unterschei - dend sind gehalten worden.

Mehreres hieher gehörige ist schon oben gelegen - heitlich angemerkt worden. Das übrige, was man von der Art noch angeführt hat, soll hier beysammen aufgezählt werden:

So gehört z. B. hieher das Naheaneinander - seyn der Augen, denn diese stehen bey den Affen weit näher aneinander, als bey dem Menschen.

Die Wimpern an beyden Augenliedern, wel - che außer dem Menschen noch viele andere, besonders vierhändige Thiere, ja selbst der Elephant haben.

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An hervorragender Nase übertrift den Men - schen der Rüsselaffe42)S. Bisson hist. des quadrupedes, Supplement. Th. 7. Taf. II. 12., (Sim. rostrata)*)und Blumenbachs naturhistorische Abbildungen 2tes Heft. Taf. 13. wo der Rüsselaffe aus diesem Supple - mentbande des büffonischen Werks genommen ist. G..

Das äußere Ohr ist nicht bey allen Menschen unbeweglich, und nicht bey allen übrigen Säug - thieren beweglich. Der Ameisenbär z. B. macht eine Ausnahme.

Das Tastungsorgan haben sehr viele vierhän - dige Thiere mit dem Menschen gemein.

So auch das Zäpfchen.

Fast aber schäme ich mich folgende allzuunschick - liche Meinung aufzuführen, wo man das Rülpsen unter die Vorzüge des Menschen gezählt hat43)S. Aemilianus de ruminantibus S. 50. Da der Mensch allein aufrecht geht, so rülpst er auch unter so viel Thieren allein; denn da die Winde leichter sind, erfordern sie eine höhere Region, und werden durch einen gewissen natürlichen Trieb in die Höhe gehoben. .

Und daß der, Mensch nicht wie die Thiere könne gemästet werden44)Lorry in histoire de la societé de médicine. J. 1779. und anderes von dieser Sorte mehr.

Zweyter Abschnitt. Von den Ursachen, wodurch, und der Weise, wie die Thierspezies im Allgemeinen verarten.

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§. 22. Behandlungsweise.

Bisher forschten wir nach dem Unterschiede des Menschen von den übrigen Thieren. Jetzt sind wir dem eigentlichen Zwecke der ganzen Abhandlung näher gekommen, denn wir werden untersuchen, welche und welch eine große natürliche Verschiedenheit unter den Völkern und mancherlei Nationen der Menschen selbst statt finde, und erwägen, ob diese Verschiedenheit durch Verartung habe entstehen können, oder ob sie so groß sey, daß man eher mehrere ursprüngliche Spezies des Menschengeschlechts annehmen müsse. Allein bevor dies geschieht, müssen noch zwo Fragen erörtert werden.

  • I.Was man in der Zoologie unter Spezies verstehe?
  • II.Wie die Urspezies im Allgemeinen in Va - rietäten ausarten?

Wir handeln jede besonders ab.

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§. 23. I. Was heißt eine Spezies.

Thiere werden zu einer und derselben Spezies (Gattung) gehörig genannt, in wiefern sie an Ge - stalt und Verhaltungsweise so zusammenfassen, daß ihre Verschiedenheit von einander bloß durch Abar - tung hat entstehen können.

Diejenigen Gattungen hingegen nennen wir ver - schieden, deren Unterscheidendes so wesentlich ist, daß[ es] aus den bekannten Quellen der Abartung sich nicht erläutern läßt.

Als abgezogener Begriff wäre dies gut.

Nun aber die Kennzeichen darzustellen, wodurch wir in der Natur selbst die bloßen Verschiedenheiten und ächten Spezies von einander unterscheiden kön - nen das ist eben das Schwierige.

Ray, der unsterbliche Mann, hat schon im vo - rigen Jahrhunderte, also lange vor Büffon, dieje - nigen Thiere zu einer Gattung zählen zu müssen ge - glaubt, welche sich mit einander vermischen, und fruchtbare Junge erzeugen.

Da aber dieses Merkzeichen bey den, von dem Menschen unterjochten Hausthieren, der gezwunge - nen Lebensweise halber, zweydeutig und unsicher scheint, so hat es der scharfsinnige Frisch schon zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts blos auf die wilden Thiere eingeschränkt, und diejenigen zu einer Gattung gehörig erklärt, welche von Natur sich mit einander paaren1) Wenn sich Thiere von Natur mit einander gat - ten, so ist solches ein unfehlbares Kennzeichen, daß sie von einerley Spezie sind. 60Dasselbe Kennzeichen von einer Species hat neuer - lich Berthout von Berchem der Sohn angenommen: Wenn die Thiere im natürlichen Zustan - de sich begatten u. s. w. Er erwähnt aber we - der Frischens, noch selbst Ray's, ja behauptet sogar: Herr von Büffon, welcher zuerst von den wenig sichern Kennzeichen der Nomen - klatoren abgewichen sey, sey auch der Er - ste, welcher bemerkbar gemacht habe, daß die Vermischung am besten hinleite zur Erkennung der Arten o).S. Mem. de la So - ciété des sciences physiques de Lausanne. T. II. S. 49..

Allein ich muß gestehen, daß wir auch mit dieser Einschränkung wenig gewonnen haben.

Denn fürs erste, wie fast ganz nichtig ist die Hoffnung, so viel wilde Thiere, besonders sich selbst überlassene, (bey denen uns am meisten daran liegt zu wissen, ob man sie für bloße Verschiedenheiten, oder zu verschiedenen Gattungen gehörig zu halten habe) jemals zu dieser Vereinigung zu bringen? Hauptsächlich wenn ihr Vaterland weit von einander entfernt liegt: Z. B. den Troglodyten von Angola, (Schim pansé) mit dem Waldmenschen von der In - sel Borneo, (Orang-Utang).

Dann aber ist die Unsicherheit und Dunkelheit in benannter Hinsicht bey wilden Thieren lange nicht so groß und wichtig, als gerade bey denen, welche man in dieser Liste nicht mit aufzählt, nämlich bey den zahmen; denn hier stokt es am meisten.

Da giebt es denn unter den Schriftstellern außer - ordentliche Uneinigkeiten, z. B. über den Hund, von[ dessen] Racen einige mehrere Urgattungen auffüh - ren; andere sie für bloße Verschiedenheiten halten, abgeartet von jenem Stamme, welchen man Haus - hund, (Schäferhund, Chien de berger) nennt;61 noch andere diese Verschiedenheiten alle von dem Geldhunde (Schakal) ableiten; und wieder andere endlich behaupten, daß auch dieser nebst allen Ver - schiedenheiten des Haushundes von dem Wolfe ent - sprossen sey, u.s.f.

So unzulänglich als dieser von der Begattung hergeleitete Grund ist, den Begriff der Spezies und seinen Unterschied von der Abart festzusetzen, sind jedoch andere nicht, welche man zu diesem Behufe hervorgebracht hat, z. B. das Bleibende eines ge - wissen Kennzeichens; denn die weiße Farbe, und rothen Augensterne in der weißen Abart der Kanin - chen, sind so durchaus bleibend, als jemals ein spe - zifisches Kennzeichen seyn kann:

So, daß ich fast alle Hoffnung aufgebe, in dem Studium der Zoologie den Begriff der Spezies aus etwas anderm, als der Analogie und Wahr - scheinlichkeit herauszubringen.

Ich sehe z. B. daß die Backenzähne des afrika - nischen Elephanten in ihrer Bildung von denen des asiatischen wunderbar weit abweichen. Zwar weiß ich nicht, ob die Elephanten dieser so von einander abgelegenen Theile der Erde je sich vermischen wer - den; und eben so wenig weiß ich, wie bleibend diese Bildung der Zähne bey beyden sey; da ich aber bey allen bis jetzt mir bekanntgewordenen diese Verschie - denheit beobachtet habe, und mir noch kein Beyspiel vorgekommen ist, daß blos durch Verartung die Backenzähne so wären verändert worden, so muth - maaße ich nach der Analogie, daß diese Elephanten nicht bloß für Spielarten, sondern für wirklich ver - schiedene Gattungen zu halten sind.

62

Hingegen scheint mir das Frettchen, nicht für eine besondere Gattung, sondern für eine bloße Abart des Iltis gehalten werden zu müssen, nicht sowohl weil ich weiß, daß beyde sich mit einander gatten, sondern weil jenes rothe Augensterne hat, und mei - nes Dafürhaltens alle jene Säugthiere, deren inne - res Auge des dunkeln Pigments ermangelt, nach der Analogie für bloße Abarten von ihrer Urspezies zu halten sind.

§. 24. Anwendung des Gesagten auf die Untersuchung, wie man in dem Menschengeschlecht entweder Abarten oder Gattun - gen zu setzen habe?

Man sieht leichtlich ein, wohin das bisher Ge - sagte ziele. Es giebt ihm zufolge außer der Analo - gie keinen andern Weg, auf welchem man das oben angeführte Promblem zu lösen im Stande wäre (§. 22.)

Wer aber diesen Weg einschlägt, muß immer die zwo goldnen Regeln des großen Newton im Phi - losophiren vor Augen haben.

Die erste heißt: Für natürliche Wirkungen von einerley Gattung muß man auch einer - ley Ursachen auszeichnen.

Wir müssen also für die körperliche Verschieden - heit der Völker des Menschengeschlechts dieselben Ur - sachen anzeichnen, welche wir den ähnlicher körper - licher Verschiedenheit anderer zahmen, weit auf der Erde verbreiteter Thiere, anzeichnen.

63

Die andere Regel ist: daß man bey Ereignis - sen der Natur nicht mehrere Ursachen anfüh - ren müsse, als zur Erklärung ihrer Er - scheinungen hinlänglich sind.

Wenn sich denn nun ergeben wird, daß die Ur - sachen der Verartung zureichen, die Erscheinungen der körperlichen Verschiedenheit im Menschengeschlecht zu entwickeln, so muß man keine andere, von meh - rern Menschengattungen hergeleitete, annehmen.

§. 25. II. Wie arten die Urspezies in Verschiedenheiten aus?

Jetzt, da wir von der Art und Weise der Ab - artung handeln wollen, werden wir hoffentlich für die Deutlichkeit der Darstellung am besten sorgen, wenn wir sie wieder auf zwey Hauptabschnitte zu - rückbringen; in deren ersterem

A) bloß die vornehmsten Erscheinungen der Ab - artungen der Säugthiere, (brutorum ani - malium) erzählt, und

im zweyten dann

B) die Ursachen dieser Verartung der Thiere untersucht werden sollen;

denn wenn dies deutlich gemacht ist, so wird es leich - ter seyn, im folgenden Abschnitte die Erscheinungen von Verschiedenheiten im Menschengeschlecht mit jenen von Verartung der Thiere, und zugleich die Ursachen davon mit einander zu vergleichen.

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§. 26. A) Die Haupterscheinungen von Verartung der Säug - thiere.

Wenige Beyspiele werden hinreichen zu beweisen, daß es in der Menschengattung gar keine natürlichen Abänderungen gebe, welche man nicht ebenfalls an andern zahmen Thieren, und als eine bloße, durch Verartung entstandene Verschiedenheit bemerken könne. Diese Beyspiele wollen wir von warmblüti - gen Thieren hernehmen, und zwar, so viel als möglich, bloß von Säugthieren, indem diese in An - sehung der körperlichen Beschaffenheit dem Menschen unter allen am ähnlichsten sind.

Es wird aber gut seyn, auch dies in einzelne Hauptstücke zu vertheilen.

§. 27. 1 ) Die Farbe.

So sind z. B. in Ansehung der Farbe die Schwei - ne in der Normandie insgesamt weiß, in Savoyen schwarz, in Bayern rothbraun2)Vergl. Voigts Magaz. B. 4. Th. I. S. 10. u. s. w.

Das Rindvieh in Ungarn ist mehrentheils grau - weißlich, in Frankreich roth u. s. w.

Auf der Insel Korsika sind die Hunde und Pfer - de auszeichnend gesteckt.

In der Normandie sind die Puter schwarz, die unsrigen hingegen meistentheils weiß.

Auf der Küste von Guinea sind die Vögel und besonders aus der Ordnung der Hünerart3)S. Dan. Beckmanns Voyage to and from Borneo, Lond. 1718. und65 die Hunde schwarz, wie die eingebornen Menschen; und vorzüglich merkwürdig ist an dem guineischen Hunde (welchen Linnée, ich weiß nicht mit welchem Rechte, den Aegyptischen nennt) die an ihm so gut als an den Menschen jenes Himmelsstrichs befindli - che seidne Weichheit der glatten Haut, und die grö - ßere, fast spezifische, Ausdünstung derselben4)Vergl. Böchlin de habitu et solers Aethiopum, Kiel, 1677. S. 56.

§. 28. 2 ) Gewebe der Haare.

Welch eine mächtige Verschiedenheit finden wir bey Verachtung des Gewebes der Haare nicht bloß an der Wolle der Schaafe in verschiedenen Klimaten, von der so zarten tibetischen an, bis zur fast starren und groben äthiopischen.

Oder in den Schweineborsten, welche z. B. in der Normandie so weich sind, daß sie auch zu Kehr - bürsten nicht einmal taugen.

Und welcher Unterschied in dieser Hinsicht zwi - schen den zahmen Schweinen und dem Eber, beson - ders im Betreff der kurzen zwischen den Borsten be - findlichen Wolle!

Und wie wunderbar hingegen ist die besondere Wirkung eines gewissen Erdstrichs auf die Haare, nicht Einer Gattung zahmer Säugthiere, als des galazischen Klimas auf die Ziegen von Anzyra, die Kaninchen und Katzen, bey welchen sie durch eine Sammetweiche, und ungewöhnliche Länge sich nicht66 minder als durch einen fast schneeweißen Glanz aus - zeichnen.

§. 29. 3 ) Größe.

In Rücksicht auf die Größe ist der Unterschied zwischen den Lappen und Patagonen weit geringer, als dir, welchen man hin und wieder an andern zah - men Thieren verschiedener Erdstriche beobachtet. So sind z. B. die aus Europa auf die Insel Kuba gebrach - ten Schweine nm das zweifache größer geworden5)S. Voigts Magaz a. a. O..

Eben so verhält es sich mit denen, nach Para - guay gebrachten Ochsen, u.s.f.6)Vergl. J. Saver Clavigero Storia antica del Messico.T. IV. p. 142. .

§. 30. 4 ) Gestalt und Verhältniß der Theile.

Wie auszeichnend ist in Ansehung des Verhält - nisses der Theile die Verschiedenheit zwischen den arabischen, oder den syrischen und nördlich deutschen Pferden; und zwischen den langfüßigen Ochsen auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung, und den kurz - füßigen Englands.

Bey den Schweinen in der Normandie sind die hintern Pfoten weit länger als die vordern.

In einigen Provinzen von England, Island, u.s.f. haben die Ochsen gar keine Hörner7)Vergleiche auch Hippocr. de aeribus, aquis et loois, Obs. 44., in Sizilien hergegen ungemein große; um der ungeheu - ren Hörner abyssinischer Ochsen, wovon der Herr67 Baronet Banks mir eins gezeigt hat, nicht einmal zu gedenken, weil diese, wenn Bruce recht hat, mehr die Wirkung einer Krankheit zu seyn scheinen.

Allein das vielgehörnte Schaaf muß hier mit Recht genannt werden.

Und im Betreff der Varietät der Hufe, ganze Stamme Schweine, (stirpes) sowohl mit Hufen als gespaltenen Klauen8)Voigts Magaz. a. a. O..

In Ansehung anderer Theile die breitgeschwänz - ten Schaafe, Kanarienvögel mit Hauben, (die Kapvögel, fringillae canariae cristatae) und ande - res der Art mehr.

§. 31. 3 ) Besonders die Form der Hirnschädel.

Man hat beobachtet, daß die Formen der Hirn - schädel bey den Verartungen des Menschengeschlechts hin und wieder von einander abweichen; Allein dies Abweichen ist um nichts größer, ja kaum einmal so groß, als jenes, welches man an verschiedenen Ge - schlechtern anderer zahmen Thiere beobachten kann. Der Schädel des Aethiopiers z. B. weicht von dem des Europäers nicht mehr ab, als der Kopf des Schweines von dem des Ebers, oder der Kopf eines neapolitanischen Pferdes, welchen man der Aehnlich - keit halber Widderkopf nennt, von dem des ungari - schen, von welchem die Kenner wissen, daß er durch besondere Kürze und Weite der Kinnlade sich aus - zeichnet.

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An dem Aurochsen, dem Stamme des Zweiges der zahmen Ochsen, sieht man, nach Campers Be - obachtung, die Thränengruben sehr deutlich; welche hingegen an unsern Ochsen durch Verartung gänzlich vergangen sind.

Die ganz wunderbare Verartung des Schädels an jener Varietät von Hünern, welche man batavi - sche nennt, übergehe ich ganz9)S. Pallas Spicileg. zool. IV. Samml. S. 22. Und Sandiforts Museum anat. acad. Lugd. Batav. Th. I. Seite 306..

§. 32. B) Ursachen der Verartung.

Das thierische Leben setzt zwey von den Lebens - kräften abhängige Vermögen, gleichsam als erste und Hauptbedingungen aller und jeder Verrichtun - gen desselben voraus.

Erstens nämlich das Vermögen einer solchen Em - pfänglichkeit der auf den Körper wirkenden reizenden Eindrücke, (stimuli) daß die Theile dadurch ange - regt werden;

und zweitens, daß diese nach dieser Anregung so zurückwirken, daß dadurch die Bewegungen des lebenden Körpers rege gemacht, und wirklich verrich - tet werden q).

Es giebt also in der thierischen Maschine keine Bewegung ohne einen vorhergegangenen Reiz, und eine nach diesem zurückwirkende Thätigkeit.

Dies sind die Angeln, in welchen die ganze Physiologie der thierischen Einrichtung sich bewegt.

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Und dies sind auch die Quellen, woraus eben so das Geschäft Arten hervorzubringen selbst, als die Ursachen der Verartung, herfließen; und um dies auch denen deutlich zu machen, welche nur we - nige Kenntnisse in der Physiologie haben, muß et - was aus dieser Lehre vorausgeschickt werden.

§. 33. Bildungstrieb.

Ich habe schon anderswo in einer besondern Schrift über diese Materie*)Uiber den Bildungstrieb. Götting. 1791. welche der Herr Verfasser selbst in seinem Handbuch der Natur - geschichte mit einer andern unter ähnlichen Titel von l781. nicht zu verwechseln bittet. S. 17. mich bemüht zu zeigen, daß jenes gemeine, sogenannte Entwickelungssystem (S. evolutionis) (welchem zu folge keine Pflanze und kein Thier erzeugt wird, sondern alle Individuen organischer Körper gleich in der ersten Schöpfung als Keime eingeschlossen liegen, und nun nur allmählich sich entwickeln), daß dieses weder den Erscheinung - gen der Natur selbst, noch einer uneingenommenen Philosophie entspreche: sondern im Gegentheile eine schickliche Verbindung zweyer Hauptsätze zur Erklä - rung des Wesens organischer Körper, der physisch mechanische nämlich, und teleologische, nebst den Erscheinungen der Erzeugung, und einem gesunden Vernunftschlusse uns vielmehr nöthigen zu bestimmen:

Der Zeugungssaft sey nichts als der ungeform - te Stoff zu organischen Körpern, unterschieden von dem Stoffe zu Körpern aus dem unorganisirten Na -70 turreiche, durch eine angeborne, durch die Er - scheinungen sich offenbarende Kraft, vermöge wel - cher er unter den erforderlichen Umständen der Reife, der Vermischung, des Orts seiner Bestim - mung u. s. w. erst die ihnen festgesetzte und be - stimmte Form der Zeugung annimmt, dann durch das Geschäft der Ernährung beständig erhält, und falls sie etwa verstümmelt worden, soviel möglich durch das Reproduktionsvermögen wieder herstellt.

Damit man diese Kraft nicht mit andern Arten der Lebenskraft, oder andern schwankenden, und unbestimmten Ausdrücken der Alten, als der plasti - schen Kraft und andern mehr vermenge, so wollen wir sie durch die Benennung des Bildungstriebes unterscheiden*)Da ich gefunden habe, daß selbst sonst gute Natur - historiker, den Nisus formativus und die vis plastica für fast synonim hielten; so erlaube man mir hier anzumerken, daß man unter der letztern nichts anders zu verstehen habe, als: eine bildende oder vielmehr zusammenordnende Kraft nach den bloß mechani - schen Regeln und Gesetzen der Natur, z. B. der che - mischen Affinität und daß sich Trieb von Kraft besonders dadurch unterscheide, daß jener schon eine gewisse Lebenskraft voraussetzt, welche nach ihren eigenen Gesetzen wirkt, und den Begriff von Zweck - mäßigkeit involvirt. Demnach dürfte vis plastica auf das Mineralreich eingeschränkt werden müssen, und nisus formativus hauptsächlich auf organisirbare We - sen, Vegetabilien und Locomoventia gehen.G.: wodurch ich jedoch nicht sowohl eine Ursache, als eine gewisse, immer dauernde, sich stets gleiche, a posteriori von der Bestandheit und Allgemeinheit abgezogene Wirkung bezeichnen will fast auf dieselbe Weise, als man sich der Ausdrücke Schwere oder Anziehung bedient, gewisse Kräfte71 dadurch anzudeuten, deren Ursachen doch auch in cimmerischer Finsterniß begraben liegen r).

Wie also andere Lebenskräfte, wenn sie durch ihre ihnen zukommenden Reize aufgeregt worden, wirksam und zum Gegenwirken geschickt werden; so wird auch der Bildungstrieb durch ihm entsprechende Reize, z. B. durch das Eindringen der Wärme in das bebrütete Ey, aufgeregt.

Da aber andere Lebenskräfte, als[ Zusammenziehungskraft], Reizbarkeit u.s.f. bloß durch Bewegung sich äußern, äußert sich diese hingegen, von welcher wir jetzt spre - chen, durch Wachsthum, und daß sie der Materie eine ihr bestimmte Form ertheilt; wodurch denn jede Pflanze, jedes Thier (geschehe dies nun unmittel - bar oder stufenweise durch allmähliges Hinzukom - men oder Wechseln anderer Reize, durch Meta - morphose) seine Gattung auf seine Jungen fort - pflanzen kann.

Auf dreyfache Art aber kann der Bildungstrieb von der ihm bestimmten Richtung und Norm abwei - chen. Einmal durch die Hervorbringung von Miß - geburten; (monstrosa fabrica) dann durch Erzeu - gung von Bastarden (hybrida generatio), aus ei - ner Mischung des Zeugungsstoffes verschiedener Gat - tungen; und endlich durch Ausartung in eigentlich sogenannte Verschiedenheiten.

Die Mißgeburten, wo die organischen Körper, sey es nun durch Störung und gleichsam Verirrung des Bildungstriebes, oder auch durch ungefähren Zufall, als Pressung von außen, u. a. eine ganz72 fehlerhafte und ungestaltete widernatürliche Bildung erhalten, gehen uns gegenwärtig nichts an.

Eben so wenig gehören die aus einer Zeugungs - vermischung verschiedener Gattungen[ entstandenen] Bastarde hieher, da nach einem sehr weisen Gesetze der Natur (wodurch einer grenzenlosen Verwirrung der spezifischen Formen vorgebeugt wird) solche Ba - starde, besonders im Thierreiche, kaum jemals ohne Zwang des Menschen entstehen; und dann,[ wo] nicht immer, unfruchtbar sind; daß sie also eine neue, aus ihrer anomalen Liebe entstandene, von der Aeltern ihrer abweichende, Form weiter fortzu - pflanzen unvermögend sind. Indessen kann doch die Geschichte der von verschiedenen Gattungen er - zeugten Bastarde uns Erläuterung in der gegenwär - tigen Untersuchung geben; theils wegen der Analo - gie mit jenen aus verschiedenen Spielarten (varieta - tibus) entsprossenen Bastarden, von welchen unten wird geredet werden; theils weil sie statt aller die - nen jene Theorie von der Auswickelung der präfor - mirten Keime zu widerlegen, und die Kraft und Wirksamkeit des Bildungstriebes offenbar darzuthun, welche jeder wird kennen lernen, der jene so bekann - ten und sehr merkwürdigen Versuche gehörig beseitigt hat, nach welchen, den seltnern Beyspielen zeugen - der Bastarde zu Folge, deren Befruchtung mehrere Zeugungen hindurch vermittelst des männlichen Saa - mens derselben Spezies öfters wiederholt wurde, die neue Bildung der Urenkelbastarde von der ursprüng - lichen Form der Mutter so sehr abgewichen, daß sie gegentheils mehr und mehr in die Form des Vaters einer andern Spezies übergegangen, und so end -73 lich jene in diese ( gleichsam durch willkührliche Metamorphose ) gänzlich verwandelt erschienen ist10)Kölreuter dritte Fortsetzung der Nachricht von einigen das Geschlecht der Pflanzen betreffenden Versuchen u. s. w. Seite 51 und 24 nebst der Nachricht: Gänzlich vollbrach - te Verwandlung einer Pflanzengattung in die andere s)..

Wie aber die Vermischung spezifisch verschiedener Geschöpfe, obschon sie nicht jede Regung des Bil - dungstriebs untergräbt, und gleichsam erstickt, ihm doch eine besondere und unregelmäßige Richtung giebt, so trägt auch ein fortdauernder, langwieriger, durch lange Reihen von Zeugungen hindurch fortgesetzter Einfluß gewisser besonderer reizender Eindrücke auf organische Körper, ebenfalls viel dazu bey, den Bildungstrieb nach und nach von dem gewöhnlichen Wege abzulenken; welche Abweichung nun der häu - figste Ursprung der Ausartung und der eigentlich sogenannten Spielarten Mutter ist.

So wollen wir denn nun die hauptsächlichsten dieser reizenden Eindrücke durchgehen.

§. 34. Das Klima.

Daß die Macht des Klima, wie auf alle orga - nische Körper, so besonders auf die Thiere mit war - men Blute ohne Grenzen sey, wird ein jeder leicht einsehen, wenn er erstens erwägt, durch welch ein inniges und unauflösliches Band diese Thiere, so lange sie leben, mit der Einwirkung der atmosphä -74 rischen Luft zusammenhängen; dann aus wie man - chen Elementartheilchen, theils gasförmigen Grund - stoffen, theils hinzugekommenen des Lichts, der Wärme, der elektrischen Materie, u. a. diese (sonst selbst für ein einfaches Element gehaltene) Luft wun - derbar zusammengesetzt ist; endlich aber, wie viel - fach sie nach dem Verhältniß dieser Elemente modi - ficirt ist, und wie verschieden dieser Veränderung zu Folge die Einwirkung der Atmosphäre auf die eben - benannten Thiere seyn muß: hauptsächlich, wenn man noch so viel anderes mit in Rechnung bringt, durch dessen Hinzukommen das Klima so sehr verän - dert wird, als die Lage der Gegenden in Ansehung der Erdgürtel, der Sonnenhöhe, Gebirge, Nachbar - schaft des Meeres, oder Seen und Flüsse, endemi - scher Winde, und unzähliges der Art mehr.

Die von benannten Thieren nun von jung auf eingesogene, nach Veränderung des Klima so sehr modifizirte Luft, wird in ihren Lungen gleichsam als in einem lebendigen Laboratorium zersetzt; ein Theil davon wird mit dem Blute in den Schlagadern durch den ganzen Körper vertheilt, nach Verhältniß dieses Theils aber werden hingegen andere Elemente von hier weggeschaft, und legen theils an die peripheri - schen Bedeckungen des Körpers an, theils werden sie durch den Strom der Blutadern zu den athmen - den Eingeweiden zurückgeführt.

Daher denn die mancherley Modifikationen des Blutes selbst, und deren merkwürdiger Einfluß auf die Absonderung der Flüssigkeiten, besonders der ölichten, als des Fettes, der Galle, u. a.

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Daher endlich die Einwirkung von dem allen, gleichsam als von eben so viel reizenden Eindrücken auf das dichte solidum-vivum*)Wenn ich hier den lateinischen Ausdruck beybehalte, so mag der Herr Verfasser mich selbst vertreten, wel - cher in seinen Beyträgen zur Naturgeschichte S. 49. sagt: ich bediene mich dieser beyden (stimuli) in der Physiologie der organisirten Körper so allgemein angenommener und allgemein verständli - cher Kunstwörter ohne sie zu verteutschen, da sie, so wie daß Wort organischer Körper selbst u. a. m. gewiß durch die Verteutschung an Deutlichkeit ver - lieren würden t). , und die davon abhängige Rückwirkung dieses wirksamen solidi, und was unsere Untersuchung zunächst betrift die Rich - tung und Bestimmung des Bildungstriebes.

Obschon diese große und ununterbrochene Macht des Klima auf die thierische Oekonomie, Haltung und Bildung des Körpers von aufmerksamen Be - obachtern zu alten Zeiten ist anerkannt worden, hat man sie doch hauptsächlich zu unsern Zeiten, theils durch die großen Fortschritte, welche man in der Che - mie gemacht hat, theils durch ein genaueres Stu - dium der Physiologie, erst in ihr Licht gesetzt und gewürdigt.

Nichts desto weniger ist es doch bey Untersuchung der Varietäten oft nur zu schwierig genau zu bestim - men, wie viel davon bloß dem Klima, oder viel - mehr andern Ursachen der Ausartung, und wie viel endlich dem Zusammentreffen dieser beyden zuzuschrei - ben sey.

Indeß dürfte ich noch ein oder anderes Beyspiel von Ausartung anführen, welches offenbarer von76 dem Einflusse des Klima scheint müssen hergeleitet zu werden.

Die weiße Farbe z. B. vieler Thiere unter dem Nordpole, welche in gemäßigten Zonen eine andere haben. Beyspiele liefern der Fuchs, die Haasen, das Zugvieh, die Falken, die Raben, die Krähen, die Amseln, die Buchfinken, u. a.m.

Daß die Weiße von der Kälte herkomme, lehrt die Analogie solcher Thiere, welche unter demselben Himmelsstriche im Winter die Sommerfarbe in eine weißliche oder gräuliche verwandeln; wie das Her - melin, und gemeine Wiesel, die Haasen, Eichhörn - chen, Rennthiere, das Schneehuhn, die Schnee - ammer, u. a.11)Vergl. nach andern Linnée in flora Lapponica. S. 55. 332. nach Smidt's Ausgabe..

So schreibe ich auch das durch seine Sammet - weiche und Schneeweiße sich auszeichnende Fell der genannten Thiere auf Anzyra (§. 28.) mehr dem Klima als dem Futter zu, weil auch die von der ver - schiedensten Nahrung lebenden Thiere, die Fleisch - fressenden, wie die Katze, eben so gut, als die Kräuterfressenden, wiederkäuenden, z. B. die Ziege, es mit einander gemein haben.

Einen ähnlichen Grund scheint die Kohlenschwär - ze zu haben, welche unter gewissen Thieren der hei - ßen Erdzone, als auf den Küsten von Guinea, die Thiere verschiedener Klassen, sowohl Säugthiere als Vögel, bekommen haben. (§. 27.)

Und am merkwürdigsten ist, daß diese Mohren - schwärze eben sowohl, als jene Weiße der syrischen77 Thiere, auch wenn sie in entfernte Gegenden von weit verschiedenem Klima versetzt worden, doch be - ständig lange Reihen von Zeugungen hindurch sich erhalten.

Nicht geringer ist die Kraft und Macht des Kli - ma aus die Größe (statura) organischer Körper; da die Kälte ihr Wachsthum hindert, die Wärme hingegen es offenbar vermehrt und befördert. So z. B. die schottischen Pferde, oder die Füllen in dem kalten Nordwales; auf Schonen sind die Pferde und das Rindvieh, wie die eingebornen Menschen, groß und stark von Statur, in Seeland werden sie all - mählig kleiner, und im nördlichen Ostgothland end - lich sind sie nach Verhältniß am kleinsten.

§. 35. Nahrungsmittel.

Zwar ist des berühmten G. Fordyce scharfsinnige Meinung sehr wahrscheinlich, daß die ersten Urbe - standtheile aller Arten von Nahrung, gleichviel ob aus dem Thier - oder Pflanzenreiche genommen, die - selben seyen; und daß deshalb von den vielerley Fleisch - und Kräuterfressenden Thieren mit warmen Blute, von den verschiedensten Nahrungsmitteln, ein ähnlicher Chylus, und im allgemeinen ähnliches Blut zubereitet werde, sobald sie nur von den Ver - dauungswerkzeugen gehörig verarbeitet worden. Al - lein, so wahrscheinlich als diese Sache auch immer seyn möge, so ist doch keineswegs zu läugnen, daß die unzähligen, der verschiedenen Nahrung zukom - menden Eigenschaften, bey der Veränderung des78 Wesens, und der Eigenthümlichkeiten der Thiere von großem Gewichte sind.

Wenige Beispiele werden zureichen, dies zu beweisen.

Daß z. B. die Macht gewisser besonderer Nah - rung auf die Farbe der Thiere spezifisch sey, lehren die Singevögel, besonders von den Geschlechtern der Lerchen und Finken, von welchen man weiß, daß sie nach und nach schwarz werden, wenn sie bloß Hanfsaamen fressen.

Daß sich das Gewebe der Haare bey veränder - ten Nahrungsmitteln außerordentlich verändere, sieht man an dem Beyspiele des afrikanischen, nach Eng - land übergeführten Schaafes, dessen von Natur schlechte und wie Kameelhaare stehende Wolle, nach einer jährigen Weidung auf englischer Trift, die feinste Weichheit erhielt12)Vergl. Jam. Pates on the literal doctrine of Origi - nal Sin. London, 1766. 8. S. 224..

Wie mächtig aber die Nahrung auf Verände - rung der Statur und Verhältniß der Größe (pro - portio) wirke, erhellet deutlich aus einer Verglei - chung der Hausthiere. Die Pferde z. B. welche in den Marschländern (terris uliginosis) eine fette Wei - de haben, als die friesischen, u. a.m. werden sehr groß, da sie hingegen in felsigten und steinigten Ländern, wie in Oeland, oder auf trockenen Hei - den niedrig bleiben. So werden die Ochsen, auf fettem Boden auch ungewöhnlich fett und bauchigt, aber mit verhältnißmäßig kürzern Schenkeln; die auf trockener Trift geweideten aber, wie auf dem Kap79 z. B. sondern weniger Fett ab, zeichnen sich aber durch stärkere und fleischigte Schenkel aus; um vie - lerley ebenfalls von veränderter Nahrung abhängige Verschiedenheiten des Fleischgeschmacks, oder Ge - wichts, u. s. w. ganz zu übergehen.

§. 36. Lebensart.

Wenn ich von der Lebensart als einer Ursache des Ausartens rede, so ziehe ich hier alle jene Stücke her, welche außer dem Klima und der Nahrung in einem solchen Verhältnisse mit der natürlichen Oeko - nomie der Thiere stehen, daß sie nach einem langen und unausgesetzten Wirken auf dieselbe, den Habi - tus des Körpers endlich auf einige Art umzuändern im Stande sind; wozu denn verfeinernde Ausbil - dung (cultura) und Macht der Gewohnheit am meisten beytragen, deren kräftige Wirksamkeit am allersichtbarsten an unsern Hausthieren wird.

Bedenken wir z. B. den gewaltigen Unterschied zwischen der Bildung und Proportion eines ädeln schulgelernten, und eines wild im Walde herum - schweifenden Pferdes. Wenn dieses mit andern streitet, beißt es mehr, als daß es ausschlägt; jenes hingegen, aufgezäumt und mit eisernen Hufen be - wafnet, fordert den Feind mehr mit diesen heraus, und hat das Beissen fast verlernt. Mehrere von den Menschen unterjochte Säugthierarten mit hängendem Schwanze und schlappen Ohren, zeigen ein sanftes, und durch Sklaverey verdorbenes Gemüth. Bey vielen ändern sich die eigensten körperlichen Verrich -80 tungen, der Absonderung, Zeugung, u. a.m. auf die außerordentlichste Weise. So wächst z. B. bey dem Schweine eine sehr große Fetthaut, welche der Eber nicht hat, dessen weichere gleichsam wolligte, mit Borsten untermengte Haare im Gegentheil sich bey der Varietät der Hausschweine nach und nach verlieren. Bey diesen Hausthieren findet man weit mehr mißgestaltete Geburten, als bey ihrem wilden Originalstamme; eine Menge neuer Krankheiten, ja sogar ganz neue Arten von Würmern, von denen man an ihrer wilden und originalen Art nicht einmal eine Spur antrift: welche, wiewohl paradoxe, doch gewiß unläugbare Behauptung zu bewahren, man bloß das Beyspiel der Finnen (hydalides intercutes, ital. Lazaroli) zum Beweis anführen kann13)S. Malpighi opera posthuma. S. 84. London, Ausg. 1697. Fol. U. J. A. E. Goeze Entdek - kung: daß die Finnen im Schweineflei - sche keine Drüsenkrankheit, sondern wah - re Blasenwürmer sind. Halle 1784. 8.. Hieher rechne ich auch die durch einen frühzeitigen und übermäßigen Genuß der Liebe unvollkommen ge - bliebene Statur, u. a. der Art mehr.

§. 37. Bastard-Erzeugung.

Die bisher aufgezählten dreyfachen Quellen der Verartung können bloß durch ein sehr langwieriges und sehr viele Reihen von Zeugungen hindurch fort - gesetztes Einwirken, den Charakter, und die Beschaf - fenheit der Originalthiere nach und nach umändern, und Spielarten hervorbringen.

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Ganz anders verhält sich dies, und schon die nächste Zeugung bekommt einen neuen Charakter, wenn verschiedene solche, aus jenen Ursachen endlich entstandene, Varietäten mit einander gepaart werden, woraus denn Bastarde einstehen, welche keinem von den Aeltern ganz ähnlich sind, sondern von beyder Form etwas haben, und gleichsam ein Mittelding zwischen beyden ausmachen.

Gemeiniglich nennt man zwar diejenigen Ba - starde, welche von Aeltern ganz verschiedener Gat - tung entstehen, wie die vom Pferd und Esel erzeug - ten Maulesel, oder die durch eine Begattung des Kanarienvogels mit dem Hänfling entstandenen - gel. Allein von solchen ist hier nicht die Rede, in - dem sie unter den Veraltungen des Menschenge - schlechts nicht vorkommen. Zwar fehlt es nicht an scheußlichen Erzählungen von Begattung des Men - schen mit Thieren, wo entweder Männer mit Thier - weibchen sich eingelassen (sey es aus ungebändigter Geilheit14)Vergl. z. B. Th. Warton zu Theokr. Idyll. I, 88. S. 19. Von einem gewissen gelehrten Freunde, welcher auf einer Reise durch Sizilien die alten Denkmäler und die Volkssitten daselbst genauer untersucht hatte, hörte ich, daß bey den einsam auf den Bergen lebenden sizilischen Ziegen - hirten, unter den Bekenntnißpunkten von eigenen Priestern auch gewöhnlich nach dem geforscht werde, ob sie nichts mit ih - ren Ziegen zu thun gehabt. , oder aus einer wahnwitzigen Meinung von Enthaltsamkeit geschehen15)S. Ritters Mart. v. Baumsarten peregrinatio in Aegyptum, Arabiam ꝛc. S. 73. Beym Ausgang aus Alchanic in Aegypten kamen wir an82 ein gewisses Dorf Belbes, wo wir zu ei - ner nach Damaskus gehenden Karawane stießen. Daselbst sahen wir einen saraze - nischen Heiligen, so wie er aus Mutter - leibe gekommen war, nackt zwischen Sand - haufen sitzen. Wir hörten, daß dieser hier sitzende Heilige von Staatswegen sehr empfohlen wurde: er sey ein heili - ger, göttlicher Mann, von vorzüglicher Unbescholtenheit, denn er habe nie mit Mädchen oder Knaben, sondern bloß mit Eselinnen und Maulthieren zu thun ge - habt. , oder weil sie etwa einen medizinischen Nutzen von einer solchen Handlung hofften16)So z. B. erzählt Pallas in den neuen nordi - schen Beyträgen Th. 2. S 38. daß die Perser, welche am Huftweh leiden, in dieser Hinsicht mit den wilden Eseln sich einlassen. oder wo Weiber Thiermän - nern untergelegen haben (entweder genothzüchtigt17)Z. B. von Pavianen. Vergl. Th. Phillips Reise nach Guinea in Churchill's collection of voyages Th. 6. S. 101. Es giebt hier eine ungeheure Menge sehr großer starker Paviane, eini - ge so groß wie ein großer Bullenbeißer, welche Truppenweise zu 50 und 100 mit einander gehen. Es ist sehr gefährlich ihnen zu begegnen, besonders für das Frauenzimmer; denn glaubwürdige Leu - te haben mir versichert, daß sie diesen oft nachgesetzt sind, sie ergriffen, und so eins nach dem andern gemißbraucht und so getödtet haben v)., oder von rasend geilen Weibern dazu gereizt18)So erzählt Steller in der Beschreibung von Kamtschatka S. 289. daß sonst die Frauenzimmer in Kamtschatka mit den Hunden sich gepaart haben., oder weil diese aus religiösem Aberglauben sich der Schande Preiß gaben19)Wie die Weiber aus Mendesta sich dem heiligen Bocke: von welchem Ritus man d'Hancarville nach - lesen kann, welcher in seinen Recherches sur l'origine des arts de la Gréce Th. I. S. 320. sehr weitläuftig davon handelt.. Allein es ist uns doch83 kein von einem glaubwürdigen Zeugen erzähltes Bey - spiel vorgekommen, wo eine solche Verbindung frucht - bar gewesen, und aus der abscheulichen Begattung des Menschen mit dem Thiere ein Bastard erzeugt worden wäre.

Sondern wir handeln blos von jenen Bastarden, welche aus einer Verbindung verschiedener Ausar - tungen einer und derselben Thierspezies entsprießen, wie z. B. die aus der Verbindung des grünen Ka - narienvogels mit der weißen Varietät entstandenen, sind; welche Vermischung zur Umänderung der Far - be, und Bildung der neuen daraus entstehenden Nach - kommenschaft so auffallend wirkt, daß man sich ih - rer auch zur Verbesserung und Verädlung der Zucht der Hausthiere, besonders der Pferde und Schaafe, mit sehr großem Nutzen bedient.

§. 38. Thieren durch Kränklichkeit angeerbte Eigenschaften.

Die durch Kränklichkeit angeerbte Verfassung scheint zwar beym ersten Anblick mehr zur Patholo - gie, als zur Naturgeschichte zu gehören. Erwägt man aber die Sache sorgfältiger, so wird man leicht einsehen, daß sie aus mehr als einem Grunde auch zu diesen jetzt abgehandelten Ursachen der Verar - tung könne gerechnet werden.

Denn erstens scheinen gewisse äußere Beschaffen - heiten der Thiere, wiewohl man sie nach den gemei - nen Begriffen gar einem wirklich kranken Zustande nicht zuzuschreiben pflegt, doch zunächst von ihm herzukommen, indem sie mehrentheils widernatürlich84 mit einer gefunden Wirksamkeit verknüpft sind. Hie - her ziehe ich z. B. eine besondere Weiße gewisser Thie - re, welche schon der weise Verulam die Krankheits - farbe genennt hat20) The colour of defect. . Wenigstens lernt man an dem ungarischen Ochsen, dessen Fell bloß durch die Verscheidung so weiß wird, daß man nicht selten eine fehlerhafte Konstitution, und Mangel in der Oekonomie des Körpers als Ursache davon anzusehen habe; andererseits aber erhellt aus den Beyspielen der Angorischen Katzen und Hunde, welche nach ei - ner sehr gemeinen Bemerkung fast alle sehr schwer hören, daß auf ein solches besonderes Weiß auch Symptome von Krankheiten folgen.

Dann aber scheinen auch einige wirkliche Krank - heiten, wenn die Natur der Thiere lange Reihen von Zeugungen hindurch sich gleichsam an sie ge - wöhnt hat, nach und nach gelinder und ihnen selbst minder beschwerlich zu werden, so daß man sie endlich kaum mehr für Krankheit zu halten pflegt. Ein Beyspiel davon liefert jene Art von fehlerhaftem Weiß, welches in Verbindung mit dem Mangel des, das innere Auge der Thiere mit war - men Blute überziehenden schwarzen, Pigments, unter der Benennung der Levkäthiopie (weiße Negerart) bekannt ist. Wenn ein oder anderer Fötus damit behaftet ist, (denn diese Beschaffenheit ist immer angeboren) zeigt sie sich offenbar als eine Art Ca - chexie, welche fast an Aussatz grenzt; Bey andern hingegen, wo sie gleichsam durch Erbschaft von vielen Zeugungen her angestammt, ist sie zur andern Na -85 tur geworden, wie z. B. in der weißen Varietät der Kaninchen auch nicht die Spur von einer vormaligen krankhaften Beschaffenheit zurückgeblieben ist (welche doch die Analogie mit andern anomalisch weißen Thieren mit rothen Augensternen offenbar beweißt): so, daß Zoologen das Frettchen auch für eine beson - dere Gattung des Wieselgeschlechts gehalten haben, von welchem ich jedoch schon oben erinnert habe (§. 23.) daß man es, wo mich nicht alles trügt, für eine bloße Abartung von dem Iltis, und zwar lev - käthiopisch kranken Ursprungs zu halten habe.

§. 39. Problematische Frage: ob auch Verstümmelungen, oder andere Künsteleien, zu angebornen, Verschiedenheiten un - ter den Thieren Gelegenheit geben können?

Man hat sich gestritten, ob auch Verunstaltun - gen oder Verstümmelungen, welche Zufall oder Ab - sicht an den Thieren hervorgebracht, hauptsächlich wenn sie durch lange Reihen von Zeugungen wieder - holt werden, mit der Zeit gleichsam zur andern Na - tur werden könnten, so daß nun, was vorher Wir - kung der Kunst gewesen, zu einer an den Geburten sich fortpflanzenden Bildung anarte. Von einigen ist es behauptet21)Schon vom Hippokrates und Aristoteles. Noch neuerdings von Herrn Klügel. S. Th. I. der Ency - klop. S. 541. der 2ten Ausgabe., von andern gegentheils ver - worfen worden22)Z. B. von Kant in der Berliner Monats - schrift 1785. Th. 4. S. 400..

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Die welche es behaupten, führen die Beyspiele junger Thiere verschiedenen Geschlechts an, von Hunden, z. B. Katzen, u. a. welche, indem sie mit verstümmeltem Schwanz oder Ohren geboren wurden, wenn diese Theile ihren Aeltern vorher ver - stümmelt worden, keine ungültigen Zeugen sind: ferner, daß bey Völkern, welche ihre Knäbchen be - schneiden, unterweilen einige mit kurzer Vorhaut gleichsam beschnitten (apellae) geboren werden23)Vergl. Voigts Magaz. Th. 4. Absch. I. S. 22. fg. u. Absch. 4. S. 40. fg., oder daß Kindern Zeichen von Narben, welche bey den Aeltern aus einer Wunde entstanden waren, nachher angeboren worden. Ja Büffon leitete sogar aus einer ähnlichen Quelle gewisse besondere Merk - zeichen einiger Thiere her, als die Schwielen auf Brust und Schenkeln der Kameele, oder die kahle schieferfarbige Stirn der Saatkrähe (Corvus fru - gilegus).

Die dies nicht annehmen wollen, werden diese Meinung Büffons aus dem Grunde, weil er den zu erweisenden Satz schon als Beweißgrund annimmt (petitio principii), nicht ganz mit Unrecht verwer - fen, die übrigen genannten Beyspiele aber vielmehr einem ungefähren Zufall beymessen zu müssen glauben.

Bis jetzo nun trete ich zwar weder durch Beja - hen noch Verneinen einer von diesen beyden Meinun - gen bey, ich werde aber willig den Kalkul der Ver - neinenden unterzeichnen, wenn sie zuvor Rechen - schaft abgelegt haben, warum solche Besonderheiten der Bildung, sie mögen nun ursprünglich durch87 Kunst oder Zufall entstanden seyn, auf keinen Fall auf die Nachkömmlinge fortgepflanzt werden können, da doch andere Geschlechtszeichen, welche aus an - dern, bis jetzt noch unbekannten Ursachen, Haupt - sächlich in der Physiognomie entstehen, als Nasen, oder Lippen, oder Augenbraunen, u. a.m. in Fa - milien unterweilen mehrere oder wenigere Zeugungen hindurch, mit wehr oder weniger anhaltender Aehn - lichkeit, sich eben so gut fortpflanzen, als Fehler an den Sinnorganen24)Ein merkwürdiges Beyspiel liefert der berühmte Hacquet in Voigts eben angeführtem Magazine, Th. 6. St. 4. S. 34. fg., z. B. Fehler in der Rede und Aussprache, und anderes der Art mehr; falls sie nicht etwa Lust haben, auch dieses alles ei - nem besonderen Zufalle zuzuschreiben*)Von glaubwürdigen Personen ist mir versichert wor - den, daß die Pferde in England, seit das Stutzen der Schwänze Mode geworden, öfters mit weniger, Schwanzwirbelbeinen geboren wurden. Wenn sich diese und ähnliche Erfahrungen bestätigen; so wüßte ich in der That nicht, was auch mehr gegen die Evolutionshypothese und für den Bil - dungstrieb sprechen könnte..

§. 40. Einige Verwahrungsregeln der Vorsichtigkeit bey Erörte - rung der Ursachen der Verartung.

Viele von den bisher aufgeführten Ursachen der Verartung springen so klar in die Augen und sind so außer allen Zweifel gesetzt, daß man die meisten oben aufgezählten Erscheinungen der Verartung mir leich - ter Mühe, und unbezweifelt auf sie, wie die Wir - kungen auf ihre Ursachen beziehen kann.

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Von der andern Seite aber stößt man auch hin - wiederum auf einen Punkt, wo man sieht, daß mehrere dieser Ursachen zwar zusammenwirken, aber sich gegenseitig aufheben; man sieht so verschiedent - lich und vielfach, theils eine Geneigtheit, theils ein Widerstreben der organischen Körper zur Verartung; dann wieder eine verschiedne Wirkung jener Ursachen auf diese Körper, in wiefern sie mittelbarer oder un - mittelbarer auf sie wirken; und endlich die Verschie - denheit dieser Wirkungen, wodurch sie einmal gleich - sam in einer beharrlichen Bestandheit lange Reihen von Zeugungen hindurch sich unversehrt erhalten, und dann weit veränderlicher in einem kurzen Zeit - raum sich wieder verwischen; daß man dieser vielar - tigen und mannichfaltigen Beziehung halber bey Er - örterung der Varietäten auch wieder die größte Vor - sichtigkeit nöthig hat. Deshalb möchte ich wohl der Ungeübteren halber beym Schlüsse dieser Abhandlung, bevor wir zu den Menschenvarietäten selbst überge - hen, wenigstens einige Hauptvorsichtigkeitsregeln, die bey gegenwärtiger Untersuchung sehr in Erwä - gung gezogen werden müssen, als Corollarien bey - fügen.

1) Je mehrere Ursachen der Verartung ver - eint zusammen kommen, und je länger sie auf eine und dieselbe Thiergattung wirken, um desto offenbarer wird diese von ihrer Originalbildung abweichen können.

In dieser Hinsicht kann man also kein Thier mit dem Menschen vergleichen, dem Allverzehrer, der unter jedem Himmelsstriche lebt, und vor allen an -89 dern den Namen eines Hausthiers verdient, was er seit dem ersten Beginne seines Geschlechtes war; auf welchen also des Klima, der Nahrung und Le - bensart, vereinte Kraft am längsten wirken mußte.

2) Im Gegentheile aber kann auch eine sonst hinlänglich wirksame Ursache der Verartung ver - ändert, ja geschwächt werden, durch Hinzukunft anderer Bedingungen, besonders wenn sie jener, als entgegnende zuwiderwirken.

Hier bemerkt man z. B. in verschiedenen Stri - chen unsers Erdwasserballs, auch wenn sie unter demselben Grade geographischer Breite liegen, doch unterweilen die verschiedenste Temperatur der Luft, und eine eben so verschiedene und mithin fast entge - gengesetzte Wirkung derselben auf die Beschaffenheit der Thiere, denn diese sind nach der höhern oder niedrigern Lage, der Nachbarschaft von Meer, Flüs - sen, Bergen oder Wäldern, dem Unterschied des neblichten oder reinen Himmels, oder der besondern Beschaffenheit des Bodens, und andern Umständen der Art mehr, verschieden.

3) Und so muß denn eine besondere Erschei - nung von Verartung nicht sowohl auf einen un - mittelbaren, als einen mittelbaren, entfernteren, auf den ersten Anblick verborgenen Einfluß einer gewissen Ursache bezogen werden.

Hier muß man z. B. die dunklere Farbe von Völkern nicht bloß von der geraden Wirkung der Sonne auf die Haut, sondern auch von einer ent -90 fernteren, als ihrer besondern Macht auf das Ge - schäft der Leber herleiten.

4) Veränderungen, welche aus einem mit - telbaren Einfluß solcher Ursachen entstanden sind, scheinen hernach desto tiefer Wurzel zu fassen, und auch desto beständiger auf die folgenden Ge - nerationen fortgepflanzt zu werden.

Hier z. B. muß man, wo ich nicht irre, den Grund aufsuchen, warum die unter der heißen Zone röthlich gewordene Hautfarbe (§. 35.) auch unter anderm Himmelsstriche fortdauernder ist, als die weiße Farbe der Nordländer, wenn sie gegen - den kommen.

5) Und endlich können die mittelbaren Ein - wirkungen solcher Ursachen so versteckt und ver - borgen liegen, daß auch die Muthmaßung, sie noch nicht heraus zu bringen, und man die bisher räthselhaften Erscheinungen von Verartung, aus sie als auf ihre Quellen zurückzuführen, nicht im Stande gewesen ist.

So z. B. muß man zweifelsohne solchen mittel - baren, und großentheils uns unbekannten Ursachen die bleibenden und Nationalformen der Hirnschädel, die Nationalfarben der Augen, u. a.m. zuschreiben.

Dritter Abschnitt. Von den Ursachen und Arten, wodurch und wie die Gattung des Menschengeschlechts degenerirte.

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§. 41. Verhandlungsweise.

So wollen wir denn nun, was bisher von den Arten und Ursachen der Verartung der Thiere im Allgemeinen erklärt worden, auf die durch Geburt fortpflanzenden Varietäten des Menschengeschlechts anwenden, wo wir die Arten der Verartung einzeln aufzählen, und was bey jeder von den Ursachen, welchen sie zugeschrieben werden können, bekannt ist, beyfügen wollen. Den Anfang wollen wir mit der Hautfarbe machen, denn wenn gleich kein ganz irr - thumsfreyes, ist sie doch vor allen übrigen ein sehr beständiges und forterbendes Merkzeichen1)S. Kant in der Berliner Monatschrift 1785. St. 6. S. 391. und im teutschen Merkur 1788. St. 1. S. 48., wel - ches auch bey Bastarderzeugungen entstanden, aus einer Verbindung von Varietäten verschiedener Far - be (§. 37.) am offenbarsten in seiner Vermischung von der Tinktur beyder Aeltern sich zeigt; und hat92 dann auch viel Zusammentreffendes mit der Farbe der Haare und des Augensternes, und Bezug auf das Temperament der Menschen; und springt dem - nach im Allgemeinen auch allen Ungelehrten am mei - sten in die Augen.

§. 42. Sitz der Hauptfarbe.

Das Schleimnetz, insgemein Zellgewebe ge - nannt, von dessen sehr hohen Wichtigkeit in der Oe - konomie des menschlichen Körpers wir oben (§. 17.) geredet haben, dient nicht bloß der ganzen Maschine gleichsam zum Fundament, in wiefern es den übri - gen, nur nicht allen, ähnlichen Theilen bis zum Mark der Knochen eingewebt ist, sondern ist auch auf der äußern Oberfläche des Körpers in Verbin - dung gebracht mit der weißen und zähen allgemeinen Bedeckung, der eigentlichen Haut nämlich, welche den übrigen Körper umfaßt und einschließt, und welche außer andern, besonders von einem großen Apparate von Hautnerven und lymphatischen Venen, endlich aber auch von sehr engverbundenen und feinen Netzen blutführender Gefäße angeschwellt ist.

Jene, die Nerven nämlich, ertheilen der Haut Empfindung, damit sie das Gefühlsorgan, und gleichsam Wächter des ganzen Körpers sey.

Die andern, die lymphatischen Venen nämlich, machen wiederum die Haut zum Werkzeug des Aus - dünstens und Einsaugens.

Diese aber, ich meine die blutführenden Ge - fäße, gehören zunächst zu gegenwärtiger Streitfrage,93 indem die allgemeinen Bedeckungen des Körpers, nebst der Lunge und dem Darmkanale einen großen Reinigungs - und chemischen Verarbeitungsplatz für die menschliche Maschine durch sie errichten, welcher, wie sich bald ergeben wird, bey Festsetzung der Hautfarbe sehr großen Antheil hat.

Das Fell ist mit einem sehr zarten Schleime überzogen, welchen man nach der irrigen Beschrei - bung des Erfinders das Malpighische Netz nennt. Es macht dieses gleichsam ein leimigtes Band aus, wodurch die äußerste Lage der Bedeckungen, das die Oberfläche des Körpers überziehende und zu oberst bedeckende, halb durchsichtige, und bey dem gebor - nen Menschen zunächst der atmosphärischen Luft ausgesetzte Fellhäutchen nämlich, endlich mit der Haut zusammenhängt.

Netz und Fellhaut sind durch ihren ganz einfa - chen von Nerven und Gefäßen völlig entblößten Bau, von der Natur des Felles sehr weit unter - schieden, kommen aber in mehr als einem Stücke mit einander überein, so daß eine Verwandschaft dieser gleichartigen Theile, ja gewissermaaßen das Entspringen der äußersten Haut aus diesem unterge - legten Netze, sehr wahrscheinlich scheint.

Diese beyden verwandten Unterlagen bestimmen insofern den Sitz der Farbe der Bedeckungen, daß sie bey den weißen Menschen, wo sie kein Pigment haben, die natürliche röthliche Weiße des Fells durch - schimmern lassen; da bey den Oliven - oder anders - farbigen hingegen das Hauptpigment der Haut auf dem malpighischen Netze haftet, und das, obschon blassere Fellhäutchen offenbar an dem Farbenanstrich94 desselben Theil nimmt; und daß, je schwärzer das Netz, es auch um desto dicker und der Gattung Mem - bran, davon es eine Art ist, ähnlicher, je durchsichtiger hingegen es ist, um desto zarter wird, und nur die Beschaffenheit eines flüßigen Schleimes bekommt.

§. 43. Die Nationalverschiedenheiten der Farbe.

Wiewohl zwischen dem reinen Weiß der Euro -[ päerin], und dem höchsten Schwarz der senegambi - schen Negerin die Hautfarbe der Menschen in zah - lenlose Nüancen2)Was bey dem Studium der Naturgeschichte über - all ungeheure Schwierigkeiten erzeugt, der unbestimm - te und willkührliche Sinn nämlich, in welchem die mehresten Schriftsteller die Namen der Farben brau - chen; das ist gewiß bey gegenwärtiger antrophologi - scher Untersuchung besonders beschwerlich. Damit man mich nun nicht desselben Fehlers beschuldige, muß ich anmerken, daß ich zwar alle die Benennungen, wel - che ich jeder von den fünf unterschiedenen Hauptfar - ben gab, keineswegs für reine Synonimen halte, als die englischen Ausdruck yellow und Olive tinge, u. a.m. sondern daß ich bloß habe andeuten wollen, daß diese Ausdrücke von verschiedenen, und zwar klassischen Schriftstellern gebraucht worden, die Na - tionalfarbe eines und desselben Volkes zu bezeichnen. zu spielen scheint: und keine von diesen weder allen Menschen eines und desselben Vol - kes gemein, noch irgend einem Volke so eigen ist, daß man sie nicht auch bisweilen bey andern, übri - gens von diesen sehr verschiedenen, antreffen sollte; so scheinen doch im Allgemeinen alle Nationalver - schiedenheiten der Farbe sehr bequem auf folgende fünf Hauptklassen zurückgeführt werden zu können.

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1) Die weiße Farbe, wie bey den meisten euro - päischen Völkern. Diese Varietät hat die Röthe der Wangen fast eigenthümlich, welche man an den übrigen wenigstens seltner bemerkt.

2) Die Gelbe (englisch yellow, olive tinge) welche gleichsam das Mittel hält zwischen der Farbe vom Waizen und gekochten Quitten, oder getrockne - ten Citronenschaalen; bey den mongolischen Völkern gewöhnlich.

3) Kupferartige (engl. copper-colour, franz. bronzé) oder dunkel Goldgelbe, und fast rostfarbige, dem Zimmet oder Lohfarbe nicht unähnlich; den Amerikanern fast eigenthümlich.

4) Die Braune (badius, engl. tawny franz. basané) oder Mittelfarbe zwischen neuem Mahago - nyholze: und den Gewürznägelein oder Kastanien; der malayischen Rasse, und den Südseeinsulanern gemein.

5) Endlich die schwarze (engl. tawny-black) welche bey gewissen äthiopischen Völkerschaften pech - schwarz (engl. iet-black) ist: doch ist diese Ruß - schwärze keinesweges den Aethiopiern eigenthümlich, sondern man trift sie auch an andern sehr verschiede - nen, und von einander weitentfernten Varietäten des menschlichen Geschlechts, in Mischung mit der Hauptfarbe der Haut an, wie bey den Brasiliern, Californiern3)Von den Brasiliern vergl. z. B. G. Forsters Anmer - kungen zu Wilsons Nachrichten von den Pelew - Inseln S. 36. Von den Kaliforniern Begert, Nachrichten von Kalifornien S. 89., Indiern und Südseeinsulanern, wo die Neukaledonier z. B. einen in dieser Hinsicht un -96 merklichen Uibergang von der hellbraunen Farbe der Otaheiter durch die kastanienbraune der Bewohner der Insel Tongatabu zu der schwarzen der Neuhol - länder machen.

§. 44. Ursachen dieser Verschiedenheit.

Der Sitz der Hautfarbe ist zu unfern Zeiten au - ßer allen Zweifel gesetzt. Die Eintheilung und Ver - theilung in Klassen, obschon sie willkührlich ist, scheint doch ziemlich plan und deutlich. Allein nun die Ur - sachen dieser Verschiedenheit aufzusuchen dies ist das Schwierige bey der Sache. Und zwar besonders haben die Schriftsteller mit der Erklärung der Neger - falbe sich gemartert, welche vor allen übrigen Na - tionalfarben schon in den ältesten Zeiten den Euro - päern auffallen, und die Köpfe zu Untersuchungen reizen mußte. Kein Wunder denn, daß zu diesem Behuf mancherley Hypothesen erdacht wurden, wel - che ich aber als hinlänglich bekannt4)Dem Klima z. B. schreiben das Meiste zu Büffon histoir. natur. Th. 3. S. 526. Zimmermann geogr. Geschichte des Menschen u. s. w. Th. 1. S. 77. Der Abt Nauton im Journal de Physique Th. 18. 1781.Der Galle Peter Barrere in einer Diss. Sur la cause physique de la couleur des negres. 1741. 12.Dem Blute außer so viel andern besonders Th. Towns in den philosophical Transactions Th. 10. S. 398. welcher im Gegentheile an der Wirksamkeit der Sonne bey dem Färben der Haut der Neger zweifelte.Den Kügelchen im Blute, welche an der Haut anschließen, der Verf. der mehr als einmal z. B. von des Moles im Jahre 1742. von Mounier 1775. ver - theidigten Pariser medizinischen Untersuchung.97Einem Eisenüberflusse im Negerblute, welcher durch die Transpiration der Phosphorsäure auf dem Schleim - netze präcipitirt werde. Kant im Engels Philoso - phen für die Welt, Th. 2. T. 151.Jene, ich weiß nicht welche Mischung des Nerven - safts und eines gewissen in den Spitzen der Bedek - kungsnerven und Arterien verborgenen Liquidums, die sich zur Erklärung der Negerschwärze der in Träu - men große Physiolog le Cat in Traité de la couleur de la peau humaine, Amsterdam 1765. 8. erfand, über - gebe ich.Oder der Eingebornen von Rubien verlängerte Fi - bern, ihr rothes aufgelößtes Blut, ausdünstendes Fließwasser, die festen in der Haut zurückbleibenden Salz -, Oel - und Fetttheilchen des Bluts, durch welche Liste Attumonelli die Negerschwärze zu erklären sich bemüht in elementi di fisiologia medica, Neapel 1787. Th. 1. S. 410. und schon von andern zusammen aufgestellt5)So hat z. B. die Meinungen der Alten darüber ge - sammelt B. S. Albin de sede et causa coloris aethio - pum u. s. w. Leiden 1737. 4.Unter den Neuern s. Haller elementa physiolog. Th. 5. S. 20. Eine Menge Schriftsteller citirt Krunitz im Hamburgischen Magazin, Th. 19. S. 379., unberührt lasse. Ich werde bloß jene Meinung aufstellen, welche, wenn ich nicht irre, der Natur und Wahrheit am nächsten zu kommen scheint.

Ich glaube dann, daß man die nächste Ursache der verbrannten oder schwarzen äußeren Hautbedek - kungen, in einem Uibermaaße von Kohlenstoff (car - bonaceum elementum) im menschlichen Körper su - chen müsse, welcher mit dem Hydrogen durch das Fell ausgesondert, durch den Zutritt eines atmosphä - rischen Oxygens aber präcipitirt, und an dem mal - pighischen Schleime angesetzt wird x).

Es ist allgemein bekannt, daß selbst den Negern ihre Nationalfarbe nicht angeboren wird, sondern98 daß sie dieselbe nach der Geburt, wenn das Band, welches die Frucht mit der Mutter zusammengehal - ten hatte, getrennt ist, durch Hinzukunft der äu - ßern Luft erhalten.

Ferner scheint zum Absondern und Ansetzen des Kohlenstoffes die Wirkung der blutführenden Gefäße des Fells (§. 42.) erforderlich.

Denn wird diese gestört, oder hört sie gar auf, so bekommen auch die Schwarzen und Neger zuweilen eine widernatürliche fehlerhafte Weiße der Haut.

Dagegen hat man die Erfahrung gemacht, daß auf der weißen Haut, wenn jene Wirkung der Fell - gefäße hervorgebracht worden, Sommersprossen und Flecken von schwarzer Farbe entstanden sind, ja daß sie fast eine Negerschwärze angenommen hat.

Jener Kohlenstoff scheint nun im Allgemeinen bey Schwarzgalligten am Häufigsten zu seyn; denn zwischen der Verrichtung der Galle und der allge - meinen Bedeckungen (wozu auch die Haare gehö - ren) ist eine offenbare Uibereinstimmung; indem beyde Organe, Leber nämlich und Haut, zu den hauptsächlichsten und wechselseitig zusammenstimmen - den Reinigungsörtern der Blutmasse gehören.

Dann aber ist die Einwirkung der Klimate auf das Geschäft der Leber überaus stark, welches durch die heftigere Sonnenhitze zwischen den Wende - zirkeln außerordentlich aufgeregt und verstärkt wird. Deshalb giebt es zwischen den Wendekreisen mannich - faltige und endemische Gallenkrankheiten. Deshalb ferner ist das Temperament der meisten zwischen den Wendekreisen eingebornen Völker cholerisch und zum Zorn geneigt. Deshalb ist auch, wie die Aerzte99 vorlängst beobachtet haben6)S. v. Haen praelectiones in Boerhavii institut. patho - logicas. Th. 2. S 155., die Beschaffenheit und der Habitus derer in Indien lebenden Europäer, und hauptsächlich ihrer daselbst gebornen Kinder gallicht.

Kein ander Klima kann in Heftigkeit und An - halten der Hitze, und den ganz besondern hievon ab - hängigen chemischen Eigenschaften der Atmosphäre, z. B. spezifischen Winden, Regen u. a.m. mit jenem heißen und brennenden Himmel verglichen werden, welcher über den nassen und sumpfigten Gegenden des östlichen und westlichen Afrika unter der heißen Zone hängt.

Die eingebornen Aethiopier sind am längsten, und schon durch eine lange Reihe von Generatio - nen hindurch, der Wirkung jenes Klima's ausgesetzt gewesen, indem sie zweifelsohne unter die ältesten Völker der Erde zu zählen sind7)Für wen diese Untersuchung Interesse hat, der sehe die Werke dreyer großer Gelehrten: Jac. Bryant new System of ancient mytholog. Th. 1.Jac. Bruce Reisen zur Entdeckung der Quellen des Nils. Th. 1.Und Wilh. Jones Dissert. in den Asiatic Resear - chis. Th. 2. und 3.. Deshalb ist es denn auch kein Wunder, wenn sie dieselbe Beschaf - fenheit, welche seit ihrem entfernten Ursprünge in ihren Vorältern so tiefe und feste Wurzeln geschlagen, auch unter fremden Himmelsstrichen auf die nächsten Zeugungen unverändert fortpflanzen. Andererseits aber scheint auch aus eben dieser bleibenden Anhäng - lichkeit des äthiopischen Habitus um so deutlicher zu100 erhellen, daß er nur in langen Reihen von Zeugun - gen habe anarten können, und daß es also zu den widernatürlichen Wundern gehören würde, wenn die Erzählung, welche wir hin und wieder lesen, wahr wäre, daß die heutigen Enkel im 15ten Jahrhundert nach Guinea gezogner, portugisischer Kolonisten in ei - nem so kurzen Zwischenraume von wenigen Jahrhun - derten bloß durch die Macht des Klima8)Daß man an dem Gambiafluß Schwarze findet, de - ren Vorältern Portugiesen waren, ist allgemein be - kannt. Daß aber der Grund ihrer Schwärze in einer Verbindung der Vater mit eingebornen Negerinnen zu suchen sey, wird auch dadurch sehr wahrscheinlich, weil bekanntlich Europäerinnen, welche unmit - telbar aus ihrem Vaterland nach Guinea gebracht worden, nur sehr selten dort dauern konnten, indem die Macht des Klima sie zu starken monatlichen Rei - nigungen aussetzt, welche, wiewohl nicht immer, in kurzer Zeit in tödliche Mutterblutflusse auszuarten pflegen. jenen äthiopischen Habitus schon angenommen hätten.

§. 45. Fernere Erläuterung der Ursachen von der Hautfarbe.

Was wir eben von den Ursachen der Hautfarbe als Resultat und in einzelnen Sätzen aufgestellt ha - ben, wird bey einem genaueren Forschen durch viel - fache aber richtig mit einander übereinkommende und aus Beobachtungen über die Natur des Menschen selbst hergenommene Beweise, ungemein bestätigt.

Daß der Kohlenstoff zu den Grundstoffen (radi - calia elementa) des thierischen Körpers gehöre, und auch der Grund einer dunklern Farbe, gleich viel ob101 einer gelben, braunen oder schwarzen sey, hat die antiphlogistische Chemie der Franzosen gelehrt9)S. Hrn. Girtanners Anfangsgründe der an - tiphlogistischen Chemie. S. 202. Aa).

Der Beschwerlichkeit und Gefahr aber, welche ein Zurückritten dieser Materie der thierischen Oeko - nomie bringen könnte, ist durch mancherley Aussau - gungswerkzeuge vorgebeugt, worunter Leber und Haut nicht die unterste Stelle behaupten.

Das Zusammenstimmen der Werkstätte der Galle mit den gemeinschaftlichen Bedeckungen, erläutert, außer den schon erwähnten Erscheinungen, auch die Pathologie, welche, wie oft so auch hier, die Physiolo - gie belehrt. Denn wiewohl ich die Analogie zwischen der Gelbsucht und der Nationaltinktur der Farbe nicht zu weit treiben möchte, so stößt man doch auf man - cherley besondere, Aufmerksamkeit verdienende Er - scheinungen, welche die Gelbsüchtigen und die gefärb - ten Völker gemeinschaftlich haben, wohin ich z. B. die in den Augen gelbgetünchte weißliche Haut (albugi - neam) rechne, welche die schwarzen Völker und na - mentlich die Indier10)An denen disseits des Ganges habe ich es selbst be - obachtet. Von denen disseits des Ganges merkt es an: Laubere in Déscription du Royaume de Siam. Theil 1. Seite 81. Theil 3. Seite 151. Von den Nicoba - ren Nic. Fontana in Asiatik Researches. Theil 3. S. 151. Von den Maynas, den Einwohnern vom südlichen Amerika am obern Maragnon s. Xav. Veigl in v. Muers Journal zur Kunstgeschichte. Th. 16. S. 115. In ihren Augen ist das, was bey uns weiß ist, ein wenig gelb gefärbt , Amerikaner11)Von den Karaiben s. Rochefort Histoire naturelle des Antilles. S. 383. und Aethio - pier12)Sömmering üb. die körperl. Verschied. des Negers vom Europäer. S. 11. gewöhnlich haben.

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Und auch daß die Gelbsüchtigen ihre nach der Verschiedenheit der Krankheit selbst mehr oder minder gefärbte, der farbigen Völker ihrer sehr ähnliche Haut, nach gehobener Krankheit nicht selten be - halten13)S. z. B. Stracks observationes de febribus inter - mittentibus Buch 3. Kap. 2. de ictere ex febre inter - mittente. Ich habe gesehen, sagt er S. 194. daß die von einer Gelbsucht entstandene Oliven - farbe, wie sie die Asiaten haben, in der Folge geblieben ist. Einer wurde durch ein Fieber fast so schwarz als ein Indianer. Ein anderer behielt eine schwarze Haut am ganzen Körper, als wenn er von einem Indianer mit einer Europäerin erzeugt worden wäre: und auf ähnliche Weise wa - ren die flache Hand und die Fußsohlen weiß. .

Aber auch davon hat man Beyspiele, daß bey schwarzgallichten Krankheiten sich unterweilen gleich - sam durch eine kritische Verwandlung eine wahre Rußschwärze in der Haut festgesetzt habe14)Vergl. z. B. Lorry de melancholia Th. 1. S. 273..

Aus der Verwandschaft der Galle mit dem Fette15)S. Fourcroy philosophie chimique. S. III. ergiebt sich fernes ganz deutlich die an den schwarzen Völkern beobachtete16)An den Mohren bemerkte sie J. Fr. Meckel, s. Hi - stoire de l'Academie des sciences de Berlin, Jahr 1753. S. 92. Und Sömmering a. a. O. S. 43. Wachstinktur des - selben.

Wenn ich nicht irre, muß hievon der Grund her - geleitet werden, warum die Völker, welche häufig das Fette von Thieren essen, nicht nur nach diesem Fette riechen, sondern auch eine schwarze Hautfarbe103 annehmen17)Die schwarze Haut der Grönländer z. B. schreibt Cranz in seiner Historie von Grönland Th. I. S. 178. hauptsächlich ihrer thranichten Speise zu.Sloane berichtet, daß die Haut der Europäer in Westindien von dem häufigen Genuß der grünen Schildkröten (testudo mydas) gelblich werde. S. dessen voyage to Jamaica, Th. 1. Einl. S. 18. und Th. 2. S. 331.; da hingegen die reinlicheren Ota - heiter, die gern eine blasse Hautfarbe haben wol - len, alljährlich einige Monate hindurch bloß von der Frucht des Brodbaums leben, welchem Nah - rungsmittel sie eine große Wirkung auf das Bleichen der Haut zuschreiben18)S. den Bericht des Wundarztes Anderson in Cooks voyage to the northern hemisphere Th. 2. S. 147.; obschon ein Theil dieser Wirkung daraus herzuleiten ist, daß sie zugleich diese Zeit, über zu Hause bleiben, und mit einer Men - ge Kleider angethan, sich nicht öffentlich sehen lassen.

Wieviel ein solches Enthalten von freyer Luft und offnem Himmel dazu beyträgt, die Haut weiß zu erhalten, lehrt auch bey unsern Landsleuten die jährliche Erfahrung; im Frühling haben die den Winter hindurch eingezogner lebenden Frauenzimmer eine glänzendweiße Haut, welche aber bey denen, die für die Erhaltung dieser Schönheit weniger be - sorgt sind und sich nachher der Sommerluft und Son - ne aussetzen, vor Anfang des nächsten Herbstes, jenen Frühlingsreiz verliert, und allmählich bräunt19)Aus der Menge von Zeugen, welche diese sehr be - kannte Wirkung der Lebensart auch unter andern Erd - gürteln beobachtet haben, will ich nur einen anführen. 104Poiret, welcher in voyage on Barbarie, Th. 1. S. 31. von den Mohren spricht. Die Mohren sind nicht von Natur schwarz, wie das Sprich - wort sagt, und wie mehrere Schriftsteller glauben; sondern sie kommen weiß zur Welt, und bleiben Lebenslang weiß, wenn ihre Arbeiten sie nicht der Sonnenhitze aussetzen. In den Städten sind die Wei - ber so glänzend weiß, daß sie die meisten unserer Europäerinnen verdunkeln wür - den; aber die mohrischen Bergbewohner, welche unaufhörlich von der Sonne gebra - ten werden und fast immer halb nackt ge - hen müssen, werden von Kindheit an so braun, daß sie beynahe rußig aussehen. .

Wenn nun schon verschiedene Jahreszeiten unter einem und demselben Himmelsstriche die Farbe der Haut ändern, was Wunder, wenn Klimate, von so wesentlicher Verschiedenheit als oben (§. 34.) ange - führt worden ist, eine sehr große und dauernde Macht auf die Nationalfarbe haben; welche zuweilen schon innerhalb weniger Grade geographischer Breite20)Es wird genug seyn, von vielen Beyspielen nur einige auszuheben: Es ist bekannt, daß die Biskaye - rinnen glänzend weiß, die Granaderinnen hingegen schwärzlich sind, daß sogar Ol. Toree Reise nach Surate u. s. w. S. 9. beobachtet hat, baß man in dieser südlichern Provinz selbst die Bilder der Maria von eben dieser Nationalfarbe mahlt.Von den Malabaren wird ausdrücklich gesagt, daß ihre schwarze Farbe sich immer mehr der braunen und gelben nähere, je weiter sie nach Mitternacht wohnen; In den tranquebarischen Missionsberich - ten 22ste Forts. S. 896.Die Negern am nördlichen Ufer des Senegal sind braun, die am südlichen schwarz. S. außer andern Barbot in Churchill's Collection of voyages Th. 5. Seite 34. ja sogar, bey dem Zusammenflusse der oben genann -105 ten Ursachen21)So bemerkt z. B. Marsden die Wirkung der See - luft auf die Hautfarbe in history of Sumatra S. 43. und Wallis in Hawkesworths Collection of voyages. Th. 1. S. 260.Der Waldluft, Hartsink Beschryving van Guia - na. Th. 1. S. 9.Der Bergluft, Bouguer figure de la terre. Einl. Seite 101.Der Erdhöhenluft, de Pinto in Robertsons history of America., auch unter einerley Breite22)S. hierüber die von Herrn Zimmermann bey Ge - legenheit des Problems, warum nicht auch auf dem unter dem Aequator gelegenen Striche von Amerika Mohren erzeugt werden, angestellte mühsame und gelehrte Untersuchung, in der geographischen Geschichte des Menschen. Th. 1. S. 86. sich an den Einwohnern offenbar verschieden zeigt.

§. 46. Die Kreolen.

Eine vortrefliche Erläuterung über die Macht des Klima auf die Bereitung der Farbe geben die (selbst von klassischen Schriftstellern23)Z. B. von G. Hyde in den Anmerk. zu Abr. Peri - stol itineribus mundi, in Ugolinis the sauro antiqui - tatum sacrarum. Th. 7. S. 141. hin und wieder fälschlich mit den Mulatten verwechselten) Kreolen24)Der Ursprung dieser Benennung schreibt sich von dem im 16ten Jahrhunderte nach Amerika geführten Negersklaven her, welche zu allererst die von ihrer Nation daselbst gebornen Kinder Criollos und Criollas nannten; welchen Namen die Spanier nachher von ihnen entlehnten, und ihrer eigenen in der neuen Welt gebornen Nachkommenschaft beylegten. S. Gar - cilasso del origen de los Incas S. 255. Jetzo wird dieses Wort in Westindien auch sogar auf die Haus - thiere ausgedehnt, welche in Amerika nicht eingebo -106 ren von den Europäern dahin verpflanzt worden sind. S. Oldendorps Geschichte der Mission auf den caraib. Inseln. Th. 1. S. 232., oder diejenigen Menschen, welche in Ost - und Westindien25)Von diesen, den antillischen Creolen nämlich, lese man die trefliche Abhandlung von Herrn Hofrath Gir - tanner über die französische Revolution. Th. 1. S. 60-72. der 2ten Ausgabe., welche von europäischen Aeltern geboren worden sind). Diese haben eine so unverkennbare, gleichsam Süden athmende Ge - sichtsbildung (vultus) und Farbe, auch besonders der Haare und der brennenden Augen, daß man die weißesten und schönsten Weiber durch diese Eigenheit leicht von andern, und selbst von ihren in Europa gebornen Blutsverwandten unterscheiden kann26)Vergl. Hawkesworth's Collection of voyages. Th. 3. S. 374. Wenn zwey geborne Engländer in ihrem Vaterlande heyrathen, und dann in Westindien sich niederlassen, so wer - den die vorher erzeugten Kinder jenen Habitus und jene Gesichtsbildung bekom - men, welche die Kreolen auszeichnen; kehren sie aber zurück, so werden die nach - her gebornen Kinder so etwas Charakte - ristisches nicht an sich haben u. s. w.. Ja dies gilt nicht bloß von den Europäern, sondern auch von Asiaten, welche in Ostindien von dahin gezognen persischen oder mongolischen Aeltern gezeugt werden27)S. Hodges's Travels in India. S. 3..

§. 47. Mulatten u. a.

Merkwürdig ist ferner die bleibende Mittelschat - tirung der Hautfarbe, welche die Nachkommen von Aeltern verschiedener Farbe, gleichsam als Mischung von diesen beyden an sich haben. Denn wiewohl107 aus hin und wieder sonderbare Beyspiele von derglei - chen Bastardkindern berichtet worden sind, welche aus einer solchen Verbindung verschiedener Raçen entsprossen waren und (§. 37.) bloß die Farbe des Einen von den Aeltern hatten28)Vergl. z. B. Jac. Parsons in den philosophicalTransactions Th. 55. S. 47; so ist jene ge - mischte Schattirung im Allgemeinen doch so fest und erblich, daß Jac. Bruce's Erzählung von den Ne - gern in gewissen Gegenden des Königreichs Tigre, welche die schwarze Farbe unversehrt erhielten, auch wenn einer von ihren Aeltern eine andere gehabt hätte; und von den Arabern, welche mit Negerin - nen weiße, bloß dem Vater ähnliche Kinder zeug - ten29)Reisen nach den Quellen des Nils, Th.3. S. 106 und Th. 4. S. 470. Vergl. zu dieser Stelle Herrn Tychsens Anmerkungen, Th. 4. S. 357., verdächtig scheint.

Da man aber solche Bastardgeburten von Ael - tern verschiedner Farbe, mit besondern Namen be - zeichnet, so dürfte es der Mühe werth seyn, diese hier in gedrängter Kürze aufzustellen.

A) Aus der ersten Zeugung.

Von Europäern mit Negern werden Mulat - ten30)Einen Prozeß über den Habitus und die Kennzei - chen der Mulatten s. in Kleins Annalen der Ge -setzgebung in den preussischen Staaten. Th. 7. S. 116. geboren.

Die Kinder von Europäern mit Indianern heis - sen Mestizen31)Die Abbildung eines cingalischen Mestizen s. in de Bruin Reisen over Moscovie u. s. w. S. 358.108Eines aus Ternate, aber minder treu darstellend, in Valentyns oud en nieuw Oost-Indien, Th. 1. Ab - schnitt 2. S. 18..

Eben so32)Garcilasso a. a. O. Um anzuzeigen, daß sie Mischlinge zweyer Nationen sind. Bb) nennt man die von Europäern mit Amerikanern Erzeugten, auch Westindier33)Twisses Travels trough Portugal and Spain, S. 332. nach Blättern von Malaga, die er gesehen., Me - lisen34)Labat voyage aux Isles de l'Amérique, Theil 2. Seite 132. und Mamelucken35)v. Hauterive in Histoire de l'Acad. des sc. de Paris, J. 1724. S. 18..

Kinder von Negern mit Amerikanern heißen Zamben36)Gily, Storia Americana, Th. 4. S. 320., welche einige aber ebenfalls Mulat - ten nennen37)Garcilasso a. a. O., andere Loben38)Twiß a. a. O. und noch andere Kuriboken und Kabuglen39)Marcgrav, tractatus Brasiliae, S. 12..

Diese alle haben eine durch die Mischung von beyden Aeltern entstandene Mittelfarbe und Gesichts - bildung, und zwar mehr oder weniger schwärzlich oder gelblich, ohne kaum einiges auf den Wangen sichtbares Roth; die Haare der Mulatten sind meh - rentheils kraus, bey den übrigen schwach, und bey allen, fast durchgängig, schwarz; die Augentrau - benhaut aber ganz schwarz.

B) Aus der zwoten Zeugung.

Mulatten, welche sich mit einander vermischen, zeugen Kasquen40)v. Hauterive a. a. O..

109

Die Europäer mit den Mulatten Terceronen41)(Ed. Long) History of Jamaica. Theil 2. Sei - te 260. welche einige aber Quarteronen42)Aublet, Histoire des plantes de la Guiane, Th. 2.Anh. S. 122., andere Mo - riscen43)Twiß., ja selbst Mestizen nennen44)S. Moreton's manners and customs in the West - India-Islands, S. 123.. In Gesichtsbildung und Haaren gleichen sie den Euro - päern, die Haut hat einen ganz leichten schwärzli - chen Teint, die Wangen aber eine schwache Röthe. Die Lippen und Schaamlefzen der Weiber sind dun - kelroth, der Hodensack der Männer schwärzlich.

Die Neger mit den Mulatten zeugen Griffen45)v. Hauterive a. a. O. sonst auch mulattische Zamben46)History of Jamaica a. a. O. und Cabern genannt47)Bomare Dictionnaire d'histoire naturelle 4. Ausg. Th. 9. Art. Neger..

Die Europäer mit indianischen Mestizen, Ka - stizen48)Tranquebarische Missionsberichte. Fort - setz. 33. S. 919..

Die Kinder von Europäern und indianischen Mestizen aber nennt man Quarteronen49)Gumilla, Orinoco illustrado, Th. 1. S. 83., oder Quatralven50)Garcilasso, a. a. O. Um anzuzeigen, daß sie vierten Theils von den Indianern, und drittens von Spaniern sind. Cc). Die Spanier nennen sie auch Kastizen51)Twiß..

110

Die Amerikaner bringen mit eben diesen Mesti - zen die sogenannten Tresalven52)Garcilasso. Um anzuzeigen, daß sie drit - ter Seits von Indianern und einer von Spaniern sind. Dd) hervor.

Die Kinder von Amerikanern und Mulatten werden auch zuweilen Mestizen genannt53)History of Jamaica..

So werden auch die Kinder erster Zeugung von Europäern und Zamben oder Loben zuweilen wie - derum Mulatten genannt54)Fermiu sur l'oecon. animale, Th. 1. S. 179..

Die von den Amerikanern und eben diesen Zam - ben oder Loben heißen Zambaigen55)Garcilasso..

Die Nachkommenschaft dieser Zamben oder Lo - ben selbst aber nannten die Spanier Verachtungs - weise Choles56)Twiß..

C) Aus der dritten Zeugung.

Die von Europäern und Terceronen Erzeugten nennen einige Quarteronen57)History of Jamaica. Man nenne die Nachkom - menschaft von einem solchen Quarteronen und Terce - ronen zwoter Zeugung Tente-egel-ayre., andere Ochavo - nen58)Gumilla a. a. O. S. 86. oder Oktavonen, die Spanier auch Alvi - nos59)Twiß.. Sehr scharfsichtige Beobachter behaupten, daß man bey diesen schon keine Spur ihres äthiopi - schen Ursprungs mehr vorfinde60)Z. B. Aublet..

111

Die Kinder von Mulatten und Terceronen nen - nen sie Saltatros61)History of Jamaica..

Von Europäern und indianischen Kastizen Po - stizen62)Tranquebarische Missionsberichte a. a. O..

Von Europäern und amerikanischen Quartero - nen zweyter Zeugung, Oklavonen63)Gumilla a. a. O. S. 83..

Von Quarteronen und amerikanischen Mestizen erster Zeugung Coyoten64)Twiß..

Von den Griffen oder mulattischen Zamben mit Zamben ersterer Zeugung Giffern65)History of Jamaica..

Von den Zambaigen und Mulatten Cam - bujen66)Twiß..

Einige dehnen nun die Genealogie der Bastarde bis zur vierten Zeugung aus, und sagen, daß man die Kinder von Europäern und Quarteronen dritter Zeugung Quinteronen67)History of Jamaica., spanisch Puchuelen68)Gumilla S. 86., nenne, welche Benennung aber ebenfalls den Kin - dern von Europäern und amerikanischen Oktavonen beygelegt wird69)Ders. S. 83.; daß aber an diesen Geburten selbst die kleinste Spur des gemischten Ursprungs noch fortdaure70)So berichtete der oft angeführte Twiß, daß man die Kinder von Coyoten dritter Zeugung und Ameri - kanern Harnizen; von Cambujen und Mulatten, Albarassados; und endlich von diesen und Mu - latten erzeugte Barzinos nenne., scheint nach den Berichten der112 glaubwürdigsten Augenzeugen von den Menschen dritter Zeugung, daß sie nämlich im Betreff der Farbe und ihres Habitus den europäischen Urgroßäl - tern vollkommen ähnlich seyen, nicht einmal kaum glaublich.

§. 48. Schwarze Haut weiß gefleckt.

Dem was wir eben (§. 44.) über die Wirkung der blutführenden Gefäße des Fells zur Aussonde - rung des Kohlenstoffs, welcher nachher durch Zu - treten des Oxigens präcipitirt werden muß, gesagt haben, dem geben die Beyspiele schwarzfarbiger Menschen noch ein besonderes Gewicht, besonders derjenigen Negern, bey welchen sich die Haut und zwar fast immer, von der ersten zartesten Kindheit an71)Ein Beyspiel von einem Negerknaben, an welchem die Flecke erst im vierten Jahre zum Vorschein ge - kommen waren, und mit Verlauf der zeit an Um - fang zugenommen hatten, erzählt, W. Byrd, in Phi - losophical Transactions, Th. 19. S. 781., durch weiße Flecke auszeichnet, (franz. Ne - gres-pies, engl. piebald-Negroes.).

Ich habe einen solchen Neger, Namens Joh. Richardson, zu London gesehen, welcher bey T. Clarke diente, welcher (in Exeter-change-house) lebendige ausländische Thiere sehen läßt, und ver - kauft. Der junge Mensch war vollkommen schwarz bis an den Unterleib um die Oberbauch - und Nabel - gegend, und in der Mitte beyder Füße, welche die Kniee mit den Gegenden des Oberschenkels und der Tibia einnimmt, waren doch, wiewohl sie durch113 eine glänzende, ich möchte sagen, Schneeweiße sichaus - zeichneten, wiederum mit einzelnen schwarzen Flecken, gleichsam pantherartig gesprenkelt. Sein Haar war ebenfalls zweyfarbig. Der mittlere Theil des Hin - terhaupts nämlich, welcher von dem Scheitel nach der Stirne in einen spitzigen Winkel zuläuft, war weiß, doch nicht so, wie die eben genannten Haut - stellen schneeweiß, sondern fiel ein wenig mehr ins Gelblichte. Sonst war er wie die übrigen Haare, wie es bey den Negern gewöhnlich ist, kraus: und die Probe der Haare, die ich von beyderley Farbe von ihm abkaufte, behält noch heute nach zwey Jahren unversehrt ihre Krausheit. Ich habe eine Abbildung von diesem Menschen mitgebracht, und besitze außer - dem noch drey andere von ähnlichen Negern, von einem Knaben und zwey Mädchen. Wenn ich diese vier mit einander vergleiche, da scheint mir dieß merkwürdig, daß bey allen die Gegenden des Unter - leibes und der Unterschenkel bey einigen größere, bey andern kleinere weiße Flecken haben, Füße und Hän - de aber, gerade die Theile, welche bey neugebornen Negern wirklich zu allererst schwarz werden, voll - kommen schwarz sind, die Vertheilung der weißen Gegenden aber im Allgemeinen ziemlich symmetrisch ist. Das Zahnfleisch, um auch dies nicht zu vergessen, war bey dem, welchen ich sah, eben so wie die Zunge und der ganze Schlund, von einerley schönem Roth.

Beyde Aeltern, sowohl dessen, den ich sah, als auch der übrigen gefleckten Neger72)Die Abbildung eins solchen Mädchens siehe bey Buffon, Nachträge, Th. 4. Taf. 2. S. 565. Es ist,114 wo ich nicht irre, dasselbe, das Gumilla beschreibt, Orinoco illustrado, Th. 1. S. 109.Andere Beyspiele von solchen Negern liefern z. B. La Mothe in der Bibliotheque impartiale, Monath April. 1752.D. Morgan in den Transactions of the philosophical Society at Philadelphia, Th. 2. S. 392., so viel ich deren von andern beschrieben finde, sind vollkommen schwarz gewesen, daß also Büffons Muthmaßung, der diese Geburten einer Verbindung der Neger mit weißen Negerinnen von krankhafter Beschaffenheit der Haut und Augen, wovon hinten ausdrücklich wird ge - handelt werden, zuschreibt, auf schlechtem Grunde ruht.

Auch muß man sich im Allgemeinen sehr vorse - hen, um diese Flecke, von welchen hier geredet wird, nicht[ mit andern] zu verwechseln. Bey die - sen bleibt das Fellhäutchen[ unversehrt], und sie unterscheiden sich von der übrigen Haut bloß durch ein glänzendes Weiß, dahingegen jene andern, womit die Bedeckungen zu - weilen behaftet sind, nicht bloß an der verschiednen Farbe, sondern auch an einer verdorbnen, rauhen, gleichsam schuppichten Textur des Felles selbst er - kannt werden. Diese Hautkrankheit haben die Schrift - steller, besonders bey den Malabaren73)Tranquebarische Missionsberichte. Fort - setzung 21. S. 741. heißt es: es sey ein mit dem Aussatz verwandtes Uibel. und tschu - lymischen Tatarn74)v. Strahlenberg sagt, Nord-Ostlich Europa und Asien, S. 166 es habe sonst eine einzige tata - rische Horde der Art gegeben, welche Piogaja oder Pe - straja Orda geheißen.115J. G. Gmelin schreibt sie einer Krankheit zu, Rei - se durch Sibirien, Vorr. Th. 2.Und zwar einem scorbutischen Uibel. J. Bell Tra - vels from St. Petersburg to diverse parts of Asia, Th. 1. S. 218. beobachtet.

Allein jene weißen und weichen Flecke, welche nur bey einer veränderten Wirkung der kleinsten Fell - gefäßchen erfolgen, kommen nicht bloß bey den Ne - gern, sondern, auch zuweilen in unsern Gegenden vor; und ich selbst habe Gelegenheit gehabt, zwey solche Beyspiele an Teutschen, an einem jungen und einem sechzigjährigen Manne zu beobachten. Bey beyden war die schwärzliche Haut hin und wie - der mit den weißesten Flecken von verschiedener Größe untermischt: keinem von beyden aber waren sie angeboren, sondern bey diesem in der Kindheit, bey jenem hingegen im Mannesalter nach und nach und von freyen Stücken entstanden.

§. 49. Aehnliche besondere Veränderungen der Hautfarbe.

Diese eben angeführten Beyspiele scheinen die Wirkung der kleinsten Fellgefäße auf die Bereitung der Hautfarbe zu beweisen; es kommen aber hin und wieder auch andere hieher gehörige Erscheinungen vor, welche meine oben angeführte Vermuthung (§. 44. 45. ) bestätigen, daß jene Farbe den nächsten Grund in einem auf dem malpighischen Schleime an - gesetztem Uiberflusse von Kohlenstoff habe.

116

Hierher rechne ich vor allen eine besondere an Europäerinnen nicht seltene Veränderung der Haut75) Bey vielen Weibern wird der Unter - leib und die Ringe um die Brüste, so oft sie schwanger sind ganz schwarz. Cam - per kleinere Schriften Theil 1. Abschnitt 1. Seite 471. Neuerdings hat sich eine gleiche Me - tamorphose in der Person einer Dame von Stande, von schönem Teint und sehr weiße Haut jährlich von neuem ge - zeigt. Von der Empfängniß an begann sie braun zu werden und gegen das En - de ihrer Schwangerschaft wurde sie eine wahre Negerin. Nach der Niederkunft schwand die schwarze Farbe allmählig, ihre erste Weiße kam wieder, und ihre Frucht hatte keine schwarze Hautfarbe. S. Bomare a. a. O. Art. Neger Ee)Mehreres vergleiche hiemit aus Le Cat a. a. O. z. B. S. 141. Eine Bäuerin aus der Ge -117 gend von Paris, die sich als Ammenährt, hat in der Regel bey jeder Schwanger - schaft einen ganz schwarzen Leib, und diese Farbe verliert sich im Kindbett. Bey einer andern ist in diesen Umständ - den die rechte Hüfte schwarz u. s. w. Ff)Auch Lorry de melancholia, Th. 1. S. 298. u. s. w.. Bey Frauenzimmern, welche sonst sehr weiß waren, färbten sich während der Schwanger - schaft mehrere oder wenigere Theile des Körpers mit einer Kohlenschwärze: diese aber schwand allmählig nach der Entbindung, und die vorige frische Farbe des Körpers kam wieder. Eine Anwendung der neuern Chemie auf die Physiologie der Schwanger - schaft wird dieses räthselhafte Problem uns auflösen. Bey der nicht schwängern Mutter nämlich sondert sich die überflüßige Kohlenstoffmasse des eignen Kör - pers durch eine mäßige Ausdünstung der Haut, be - quem aus, bey der schwangern hingegen kommt zu jener eignen Masse noch eine andere von dem Fötus hinzu, welche in dem Schafwasssr (liquor amnii) enthalten ist und noch nicht ausdünstet. Das Blut der Mutter hat also jetzt einen zu großen Uiberfluß von Kohlenstoff: denn dieser ist aus zwey Körpern gleichsam in einen einzigen zusammengeführt worden. Natürlich kann sich also die ganze Masse desselben nicht wie gewöhnlich durch Ausdünstung absondern, sondern bleibt zum Theil präcipitirt auf dem mal - pighischen Schleime hängen, und färbt die Haut, bis nach der Entbindung das ehemalige Gleichgewicht zwischen dem Kohlenstoff des eignen Körpers, und den Ausdünstungsgefäßen der Haut wieder hergestellt ist, und das Oberhäutchen, welches sich mit seiner beständigen Schleimunterlage nach und nach abnutzt, und wieder neu herstellt, seine natürliche Weiße wieder erlangt hat.

Dieselbe Bewandnis scheint es auch, nach den nöthigen Veränderungen, mit so viel andern Bey - spielen von Europäern zu haben, an welchen einige Körpertheile widernatürlich mit einer Rußschwärze gefärbt waren. Es mag ebenfalls ein Zusammen - fluß von Kohlenstoff statt gefunden haben. So hat man eine ähnliche Schwärze an Weibern bemerkt, die niemals einen Monatsfluß gehabt hatten76)Vergl. z. B. Jac. Youge in philosof. Transact. Bd. 26. S. 425.. 118Auch an andern Menschen77)Ich habe selbst unter meinem anatomischen Vorra - the ein Stück von den Unterleibsbedeckungen eines vor einigen Jahren hier verstorben Bettlers, wel - ches in Ansehung seiner Schwärze der Negerhaut nicht nachsteht.Eine Menge solcher an Europäern beobachteter Bey - spiele stellen andere auf, s. z. B. Haller elementor - physiologiae, Th. 5. S. 18.Ludwig in epistolis ad Hallerum scriptis, Theil 1. Seite 393.V. Riet de organo tactus, S. 13.Albin de sede et causa coloris aethiopum. S. 9.Klinkosch de cuticula, S. 46.Sömmering über die körperliche Verschie - denheit des Negers vom Europäer. S. 48.Loschge im Naturforscher, St. 23. S. 214.Eine Beschreibung von dunkelbraunen Flecken ver - schiedener Große, und bis zu zwey Zoll im Durch - schnitt, welche man an einem sechszigfährigen Manne beobachtet hat, bey welchem sie in seinem Jünglings - alter durch ein viertägiges Fieber entstanden waren, s. ebend. St. 16. S. 170., besonders aus der niedrigsten Volksklasse, an Schwarzgallichten, und Cachektischen, Entkräfteten und Schmutzigen, zu - weilen auch an Skorbutischen78)Vergl. unter andern, Ja. Narborough's voyage to the streights of Magellan, S. 64. Ihre Schen - kel und Beine wurden so schwarz, wie ein schwarzer Hut. u. s. w. Gg)119Und Philipp's voyage to Botany bay, S. 229. und andern.

Dagegen hat die Erfahrung gelehrt, daß selbst die Schwärze der Neger zuweilen lichter, oder gar in die weiße Farbe verwandelt werden könne. Denn man hat allerdings Nachrichten, daß Neger, wenn sie in zarter Kindheit aus ihrem Vaterlande in ge - mäßigtere Zonen versetzt wurden, nach und nach gelblichter geworden sind79) Ein Schuster von dieser Nation lebt noch zu Venedig, dessen Schwärze, durch den langen Zwischenraum von Jahren, (denn er kam als Knabe von dieser Küste) sich allmählich so vermindert hat, daß er bloß eine gelinde Gelbsucht zu haben scheint. Caldani institutiones physiologicae, Seite 157. Aus - gabe 1786.Vergl. auch Pechlin de habitu et colore Aethiopum, Seite 128.Und Oldendorp, Th. 1. S. 406. Dasselbe pflegt, und zwar weit schneller, bey den Negern sich zu ereignen, welche schwere Krankheiten überstehen80) Man hat ihrer so gebleichte gesehen, daß man sie kaum von einem schwächlichen Weißen unterscheiden konnte. Labat Re - lation d'Afrique occidentale. Th. 2. S. 260. Hh).Auch Klinkosch a. a. O. S. 48..

Aber auch davon hat man sehr bekannte Bey spiele81)Vergl. z. B. Jak. Bat in philosophical Trans - actions, Band 51. St. 1. S. 175., daß sich ohne eine bedeutende Krankheit die angeborne Schwärze der Negerhaut von freyen Stücken allmählig in Weiß, wie das der Europäer ist, verwandelt hat.

§. 50. Einige andere Nationaleigenheiten der Haut.

Außer der Farbe legt man der Haut einiger Völker zuweilen auch noch andre Beschaffenheiten120 bey, welche wir wenigstens mit einigen Worten be - rühren wollen. Ich rechne hieher die sammtne Glätte und Weichheit der Haut, welche von Schriftstellern hin und wieder an verschiednen Völkern, z. B. den Karaiben82) Ihr Fleisch ist schwärzlich und sehr weich, und ihre Haut, wenn man sie an - fühlt, scheint von Atlaß zu seyn Birt, voyage de la France équinoxiale. S. 352. Ji)., Negern83)Pechlin a. a. O. S. 54.Sömmering a. a. O. S. 45., Otaheiten84) Ihre Haut ist sehr zart, weich und sanft. Hawkesworth collection Th. 2. S. 187. Kk).; selbst an den Türken85) Im Asien (der Türkey) ist keine Frau eines Tagelöhners oder Bauers, deren Haut nicht so glatt wäre, daß sie sich nicht wie feiner Sammet anfühle. Belon Ob - servations, S. 198. Ll) bemerkt worden ist. Es liegt am Tage, daß sie bey allen entweder von einem zartern Fellhäutchen, oder einer dickern Unterlage von mal - pighischem Schleim herrühre.

Einen andern und mehr auf die chemische Ver - wandschaft des Körpers und der Elemente der At - mosphäre zu beziehenden Grund scheint gegentheils die an manchen afrikanischen86)Bruce's Reisen nach den Quellen des Nils, Th. 2. S. 552. Th. 4 S. 471 u. 489. und ostindischen87)Von den Indianern s. Kant in Engels Philo - soph für die Welt. Th. 2. S. 154.121Von den Sumatranen Marsden, Seite 41. seines klassischen Werks. Völkern merkwürdige kältlich anzufühlende Haut zu haben.

Endlich gehört auch hieher die von Sanctorius zuerst mit Genauigkeit beobachtete Ausdünstungsma - terie Mm), welche ebenfalls bey gewissen Nationen, z. B. den Karaiben88) Sie haben alle einen starken und un - angenehmen Geruch. Ich finde nichts ähnliches ihm zu vergleichen. Wenn man anderwärts einen ähnlichen Geruch fin - det, so nennt man ihn auf den Inseln (den Antillen) Karaibengeruch: welches die Schwierigkeit beweißt, worin man ist, ihn zu bezeichnen. Thibault von Chauvalon voyage à la Martinique. S. 44. Nn)., Negern89)Vergl. nach andern Schotte on the synochus atra - biliosa. S. 104.History of Jamaica. Th. 2. S. 352. 425. und andern90)So z. B. erzählt Pausanias, daß unter den Pho - cäern die Ozolen, eingeborne Völker von Lokris, wegen der Eigenheit der Luft durchaus übel riechen.Vergl. auch Lavater physiognomische Frag - mente. Th. 4. S. 268.Auch Jak. Friedr. Ackermann de discrimine sexuum practer genitalia. S. 10. einen besondern Geruch hat. Man bemerkt etwas ähnliches an gewissen Raßen von Hausthieren, wo unter den Hunden, z. B. der ägyptische, unter den Pferden die Rothschimmel bekanntlich auch eine spezifische und ganz besondere Ausdünstung haben.

§. 51. Uibereinstimmung des Haupthaars mit der Haut.

Da die Haare, und zwar hauptsächlich die Haupthaare von den allgemeinen Integumenten er - zeugt und genährt werden, treffen sie auch im All -122 gemeinen mit diesen sehr und vielfach überein. So haben aus diesem Grunde die gefleckten Neger, von welchen wir geredet haben, auch Haare von unglei - cher Farbe, und die Menschen, deren weiße Haut Sommersprossen hat, rothes Haupthaar91)Unter den Europäern ist dies etwas sehr gemeines. Allein es ist auch bey den entferntesten Völkern be - obachtet worden; z. B. auf der Insel Otaheiti im stillen Meer. S. I. R. Forster Bemerkungen auf seiner Reise um die Welt. S. 205.An vielen kupferfarbigen und rothhaarigen Timo - tern s. Van Hagendorp Verhandeligen van het Bata - viaasch Genootschap, Th. 1. S. 319.123Marcgrav sah eine Afrikanerin, mit ganz rothen Haaren Tractatus Brasiliae. S. 12. u. f. Ja die Haupthaare stehen sogar im Verhältniß mit der ganzen Constitution und Mischung des Körpers. Dies lehren selbst pathologische Erscheinungen; denn bey den Blenden brechen wegen des nachgiebigern Zellgewebes die Blattern, und ähnliche Hautausschlä - ge leichter aus; die schwarzhaarigten hingegen haben beynahe alle einen festern Habitus und schwarzgal - lichte Säftemischung, weshalb man auch in Toll - und Zuchthäusern bey weitem die meisten Menschen von sehr schwarzem Haare findet.

§. 52. Die hauptsächlichsten Nationalverschiedenheiten der Haupthaare.

Der Nationalunterschied der Haupthaare scheint im Allgemeinen auf vier Hauptverschiedenheiten zu - rückgebracht werden zu können.

1) Schwärzliches oder nußbraunes (franz. cen - dré) einer Seits ins Gelbe und anderer Seits ins Schwarze spielendes Haar. Weich, lang und wel - lenförmig fliessend. Man trift es häufig an den Nationen des gemäßigten Europa: sonst wurde es besonders an den alten Germaniern gerühmt92)Conring de habitus corporum Germanicorum antiqui ac novi causis. S. 85..

2) Schwarz, starrer, gerade und dünn, wie es gewöhnlich an den mongolischen Völkerschaften und den Amerikanern ist.

3) Schwarz, weicher, gelockt, dicht und reich - lich: wie es die meisten Bewohner auf den Inseln des stillen Meeres haben.

4) Schwarz und krauß, welches man insgemein mit der Schaafwolle vergleicht, haben es die Neger.

Eine solche Eintheilung wird im Allgemeinen statt finden und von Nutzen seyn können. Indeß bedarf es jetzt keiner Erinnerung mehr, daß sie von der Natur selbst nicht mehr als die andern Einthei - lungen der Nationalverschiedenheiten im Menschen - geschlecht beschränkt worden ist. Um jedoch dies, wiewohl es nicht eben nothwendig ist, durch ein oder das andere Beyspiel zu beweisen, so ist weder das Krause an den Negerhaaren, noch die Schwärze an den drey letztgenannten Verschiedenheiten allen gemein124 und eigenthümlich. Es giebt nämlich Stämme von Negern, welche langes Haar93)Vergl. z. B. von den Gallas Bruce, Reisen nach den Quellen des Nils. Th. 2. S. 214.Von den Einwohnern des Königreichs Borün pro - ceedings of the African Association. S. 201. und gegentheils kupferfarbige Völker, welche krauses Kopfhaar, wie die Neger, haben94)Z. B. die Einwohner der Insel des Herzogs von York (the Duke of Yorks Island) unfern Neu-Irr - land im Südmeer. S. I. Hunters Historical Jour - nal of the Transactions at Port Jackson u. s. w. S. 233. Sie haben eine lichte Kupfer - farbe ihr Haar ist wollig Oo).. Es giebt andere, z. B. die Neuholländer, deren blondes Haar, wie ich aus den Proben sehe, die ich zur Hand habe, zwischen dem krausen Haar der Neger und dem lockigten der Bewohner der Inseln im stillen Meere, so vollkom - men das Mittel halten, daß die Reisebeschreibungen von dem ersten der Holländer aus dem vorigen Jahr - hunderte bis zu dem neuesten der Engländer; äußerst uneinig darüber sind, ob man es eher zu der einen oder richtiger zu der andern Verschiedenheit der Haa - re rechnen solle.

Im Betreff der verschiedenen Farbe der Körper - haare aber, welche auch bey denen Völkern, vor - kömmt, deren Haupthaar mehrentheils schwarz ist, darf ich bloß giltige Zeugen anführen, welche be - richten, daß man in allen drey Varietäten, außer der zuerst aufgeführten, sehr viel rothe gefunden habe95)Z. B. von den Esthen vergl. ein Ung. im teut - schen Merkur 1788. Th. 2. S. 341.125J. G. Gmelin erzählt, daß er mehrere Wotjäken gesehen, welche roth gewesen. Reise durch Si - birien. Th. 1. S. 89.Von blondhaarigen Eskimos erzählt Charlevoix in Histoire de la nouvelle France. Th. 3. S. 179.Von rothen Negern s. Lopez, Relazione del Reame di Congo. S. 6.Einen Mulatten mit rothem Haupthaar habe ich selbst gesehen, und habe eine Probe von den Haaren.Dasselbe bemerkt von den Mulatten, die er an Sierra Liona sah, van der Gröben, guineische Reisebeschreibung. S. 29.Von den Papus bey Neu-Guinea, Sonnerat, Voyage à la nouvelle Guinée. S. 153.Von den Neu-Seeländern, Marion und Ducles - meur, Nouveau voyage à la mer du Sud. S. 138.Von Otaheiten, Wallis in Hawkesworth's Colle - ction. Th. 1. S. 260..

§. 53. Die Regenbogenhaut der Augen (Irides oculorum) kommt mit der Farbe der Haupthaare überein.

Daß die Haupthaare mit den gemeinsamen Be - deckungen des Körpers übereinkommen, haben wir gesehen. Daß aber die Farbe der Augen sich nach der Hautfarbe richte, daß die Weißfarbigen blauäu - gig, die Schwarzen schwarzäugig seyen, sah vor - längst Aristoteles96)Problemat. Abth. 10 S. 416 in Casaub. Ausgabe.. So z. B. haben die neuge - bornen Kinder bey uns meist blaue Augen und blei - ches Haar, welches sich bey denen, die nachher brü - nett werden, gleichsam in gleichem Schritte allmählig bräunt. So verliert gegentheils im Greisesalter, wenn die Haare grau werden, auch das Pigment des innern Auges viel von der sonstigen dunkelbraunen Farbe. Die weißen Neger endlich, von welchen hin -126 ten ausdrücklich wird geredet werden, deren Haupt - haar von einer besonderen weißgelblichen Farbe ist, haben gar kein Pigment des Auges, und aus diesem Grunde ist die Iris blaßroth.

Auch ist im Allgemeinen merkwürdig, daß nur bey denen Thieren eine Verschiedenheit der Augen sich findet, bey welchen auch die Farbe der Haut und Haare variirt, welches bekanntlich nicht nur bey den Menschen und Pferden, wie die Alten meinten, sondern auch bey andern, hauptsächlich aus der Ord - nung der Hausthiere, sich ereignet.

Ja man sieht sogar bey denen, deren Fell ge - fleckt ist, daß auch die Regenbogenhaut sehr ost in mehr als eine Farbe spielt. An den verschiedenfar - bigen Hunden z. B. hat man diese Bemerkung schon längst gemacht97)Vergl. Molinelli in Commentar. instituti Bona - niensis. Th. 3. S. 281.. Daß man an den Schaafen und Pferden etwas ähnliches bemerke, an keinem andern Thiere aber so offenbar, als an den Kanin - chen, ist allgemein bekannt.

Ich habe bey den weißlichen, (die nämlich die angeborne Farbe ihres wilden Zustandes; behalten haben), die Iris durchaus braun, bey den gefleckten aber, deren Fell aus schwarz und weiß bestand, auch die Iris auf diese Art gefleckt gefunden. Bey den ganz weißen aber, welche Aehnlichkeit mit den wei - ßen Negern haben, ist sie von bleicher Rosenfarbe.

127

§. 54. Hauptfarben der Augen.

Schon der oben angeführte Aristoteles hatte, und zwar sehr gut, drey Originalfarben der Iris im menschlichen Auge festgesetzt, und zwar:

1) die blaue,

2) die dunkelgoldgelbe, oder sogenannte ziegen - farbige (franz. yeux de chévres)98)Die Mittelfarbe zwischen blau und goldgelb ist ein besonderes lauchenfarbiges Grün, welches man öfters an Menschen mit fast feuerrothem Haar und einer Haut voll Sommersprossen beobachten kann.Vergl. ein besonderes Werk: De coloribus oculo - rum vom Sim. Portius. Florenz, 1550. 4. und

3) endlich die schwarzbraune.

Alle drey kommen zwar unterweilen an Personen von einem und demselben Volke vor, allein man beobachtet sie auch an verschiedenen Stämmen eines Landes innerhalb dem Bezirk weniger Grade geogra - phischer Breite in größerer Bestandheit und gleichsam als national. So z. B. legte Linné99)Fauna Suecica. S. 1. unter den schwedischen Völkern den Gothen weißes Haupthaar, aber gräulichblaue Sehen; den Finnen mit blondem Haupthaar, braune; den Lappen endlich mit schwar - zem Haar, schwärzliche bey.

Blaue Augen und blondes Haar rechnete man sonst zu den angebornen Kennzeichen der alten Ger -128 manem. Allein zuweilen trift man sie auch unter den entferntesten Nationen100)Beyspiele habe ich zusammengetragen in den An - merkungen zu Jak. Bruce Reise zu den Quel - len des Nils. Th. 5. S. 239..

Bey den Negern sind die Regenbogenhäute am schwärzesten, so daß man sie, besonders in lebhaf - ten Augen, nur nach näherer Untersuchung von dem Sehpunkt selbst unterscheiden kann101)So muß man die Ausdrücke J. Gottl. Walters de venis oculi S. 23. Die Neger haben kei - nen Augenstern u. s. w. erklären..

§. 55. Nationale Gesichtsbildung.

Von den Augen gehen wir nun sehr füglich zu der übrigen Gesichtsbildung fort, welche im Allge - meinen bey den einzelnen Menschen so sehr und so merkwürdig verschieden ist, daß es nah an Wunder grenzen dürfte, wenn man auch nur zwey mit nicht unterschiedenem, und, wie man gemeiniglich sagt, in eine Form gegoßnem Munde fände. Ja es ist nur mehr als zu gewiß, daß man diese Gesichtsunter - schiede nicht bloß an Europäern, sondern auch an unkultivirten Völkern beobachten kann102)Dies ist z. B. geschehen von dem sehr sichern Be - obachter Willh. Anderson an den Eingebornen der Freundschaftsinseln im südlichen Ocean (the Friendly Islands): Ihre Gesichtszüge sind sehr verschieden; daß es kaum möglich ist au - ßer ihren sehr dicken Nasenspitzen, welche sie mit einander gemein haben, eine allge - meine sie charakterisirende Gleichheit129 festzusetzen. Allein anderer Seitstrafen wir zu hunderten von wirklich europäi - schem Gesicht, und einige unter ihnen hatten ächte römische Nasen. Siehe Cooks letzte Reise, Th. 1. S. 380. Pp).Andere Beyspiele der Art, welche unter äthiopi - schen und amerikanischen Völkern beobachtet worden sind, sollen unten angegeben werden.Gegenseitig trift man bey einzelnen Europäern in Hinsicht auf Gesichtsbildung sehr häufig Aehnlichkeit mit Negern oder Mongolen, und sie ist sogar zum Sprichwort geworden.. Ob schon aber diese Wahrheit völlig ausgemacht ist, so ist doch nicht minder keinem Zweifel unterworfen, daß verschiedene Varietäten des Menschengeschlechts (ja zuweilen sogar Bewohner einzelner Provin - zen)103)So sagte vorlängst, schon vor zweyhundert Jah - ren, Libavius, ein nicht zu verachte der Schriftsteller: Eine andere Gesichtsbildung haben die Thüringer, eine andere die Sachsen, eine andere die Sueven, und jeder Gau hat fast seine eigene, daß man, wenn man einiger - maßen Mühe darauf verwenden wollte, jedem beynahe sein Vaterland würde an - sehen können. In seinem Werke: De Ae - thiopibus Virgilianis, Singularium, Th. 1. S. 659. im Allgemeinen eine nationale, jeder der - selben eigenthümliche und gemeinsame Gesichtsbil - dung haben, wodurch man sie von den übrigen Va - rietäten leicht unterscheiden kann.

§. 56. Nationale Gesichtsverschiedenheiten.

Ich habe deshalb, nachdem ich mir eine ziemli - che Anzahl von geschickten Künstlern nach dem Leben gemachte Abbildungen ausländischer Menschen mit130 großer Mühe angeschaft, und dam eine große An - zahl derselben auf Messen, welche vorzüglich von fremden Völkern bezogen werden, besonders zu Lon - don und Amsterdam, selbst gesehen hatte, einen Versuch gemacht, diese Verschiedenheiten der Nation - nalgesichter in sichere Klassen zu bringen, und da ergeben sich, wo mich nicht alles trügt, fünf, wel - che Muster und Hauptformen der übrigen Verschie - denheiten von minderer Erheblichkeit sind. Es kön - nen wohl besondere Ausnahmen dabey statt finden, allein sie sind doch wirklich der Natur gemäß.

1) Ein ovales, ziemlich gerades Gesicht mit nicht zu stark hervorspringenden einzelnen Theilen.

Flächere Stirn.

Schmälere, leichtgebogene Nase, oder mit nur etwas erhöhtem Rücken.

Die Backenbeine nicht sehr hervorstehend, der Mund klein, mit nur sanft geschwellten Lippen, (welches besonders von der Unterlippe gilt).

Volles gerundetes Kinn.

Dies ist im Allgemeinen, nach unserm Urtheile von Symmetrie, die schönste und wohlgebildeteste Gesichtsform.

Sie ist gleichsam die Mittelform, welche nach beyden Seiten hin durch Verartung in die entgegen - gesetztesten Extreme übergegangen ist, wovon das eine ein in die Breite gezogenes, das andere ein nach unten verlängertes Gesicht darstellt.

131

Beyde aber enthalten wiederum zwey ver - schiedene Unterarten, welche sich hauptsächlich im Profil von einander unterscheiden. Bey der einen dieser Unterarten sind nämlich die Nase und übrigen Theile nicht so regelmäßig, und fließen gleichsam in einander. Bey der andern aber sind sie, um mich so auszudrücken, gleichsam von einander abgeschnit - ten und winklicht hervorspringend.

Demnach müssen, außer jener ersten Mit - telform des Gesichts, die folgenden vier Varietäten festgesetzt werden. Als

A) Zwey, mit in die Breite gezogenen Gesichten:

2) nämlich, ein breites und zugleich plattes Gesicht, also mit minder von einander gesonderten, sondern gleichsam in einander fließenden Theilen.

Die Glabelle (der unbehaarte Zwischenraum zwischen den Augenbraunen) ist sehr breit.

Stumpfe Nase.

Fast runde, seitwärts erhobene Backen.

Enggeschlitzte linienförmige Augenlieder (franz. yeux bridés).

Hervorstehendes Kinn.

Diese Gesichtsbildung haben die mongolischen Völkerschaften (und deshalb heißt sie nach dem ge - wöhnlichen Sprachgebrauch, der die Tatarn mit den Mongolen vermengt, wovon wir hinten sprechen werden, bey den Engländern the Tartar face).

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3) Ein zwar breites Gesicht mit sehr vollen Backen, aber nicht flach und platt, sondern en pro - fil besehen von ausgearbeitetern, gleichsam tiefer ausgegrabenen Theilen.

Kurze Stirn.

Tiefer liegende Augen.

Zwar etwas stumpfe, aber doch hervortreten - de Nase.

Dies ist das Gesicht der meisten Amerikaner.

B) Zwey nach unten verlängerte Gesichtsvarie - täten.

1) Ein schmäleres, unterwärts hervorstehendes Gesicht.

Kleine höckerichte Stirn.

Hervorragendere Augen (à fleur-de-tête).

Dicke und mit den vorstehenden Backen gleich - sam zusammengefloßne Nase (le nez épaté).

Wulstige Lippen (besonders Unterlippe).

Hervorragende Kiefern.

Zurückgezogeneres Kinn.

So ist die Gesichtsbildung der Negern (engl. (the Guinea face).

Ein etwas breiteres Gesicht, doch unterwärts ein wenig herausstehend, im Profil besehen aber mit hervorspringendern und von einander abgesonderten Theilen.

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Vollere, ziemlich breite, gleichsam ausgedehnte Nase, mit dickerer Spitze (engl. bottled).

Großer Mund

ist das Gesicht des malayischen Stammes, beson - ders der Südseeinsulaner.

§. 57. Ursache der Nationalgesichter.

Vor allen Dingen muß ich erinnern, daß hier nicht von der Gesichtsbildung im physiognomischen Sinne (Blick, Ausdruck) dem Zeiger der Ge - müthsbeschaffenheit, die Rede sey, welche indeß doch auch bisweilen national, gewissen Völkerschaf - ten eigenthümlich seyn, und ebenfalls aus jenen Ur - sachen hergeleitet werden kann.

Als Ursache dieser physiognomischen Gesichtsbil - dung könnte man z. B. nicht ohne Grund die Nah - rungsmittel mit in Anschlag bringen, denn es ist nicht unwahrscheinlich, daß die sauften Mienen der enthaltsamen Braminen und Banianen in Indien, und gegentheils die wilde der menschenfresserischen Boticuden in Brasilien104)Die Kenntniß dieser sehr wilden menschenfresseri - schen Nation verdanke ich den portugiesischen Duumvirn zu Brasilien, von Camara und von Andrada. von ihnen herrührt.

Eben so auch die Religion, welche Madonnen - gesichter hervorgebracht hat, wodurch sich besonders das andere Geschlecht in einigen Ländern des südli - chern Europa auszeichnet:

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Oder auch Verfeinerung und Luxus, worin z. B. die weichen und weibischen Otaheiten so weit über den männlichen und festen Neu-Seeländern stehen.

Nicht von dieser physiognomischen Gesichtsform also, sondern von den Ursachen der Nationalgesich - ter, der eigensten Figur, Verhältniß und Richtung ihrer Theile handeln wir, in welchen Stücken allen die verschiedenen Racen des Menschengeschlechts al - lerdings, wie wir gesehen haben, etwas Eigenthüm - liches und Charakteristisches haben.

Allein die Untersuchung dieser Ursachen hat so große Schwierigkeiten, daß man wohl bloße Wahr - scheinlichkeit durch Muthmaßung herausbringen dürfte.

Mich überzeugen besonders drey Gründe, daß in der That das Klima eine Hauptursache des Na - tionalgesichts sey.

1) Sehen wir, daß das Nationalgesicht bey gewissen Völkern eines gewissen bestimmten Him - melsstriches so gemeinsam, und bey den Menschen verschiedner Stände und Lebensarten immer eins und dasselbe sey, daß man es kaum einer andern Ursache zuschreiben kann. Zum Beyspiel dienen die Sineser, welche alle ihr gleichsam flaches Gesicht eben so gut charakterisirt, als bey uns Europäern die Englän - der und Majorkaner105)S. Memoires du Cardinal de Retz. Th. 3. S. 343. ihre symmetrische und unge - meine Schönheit.

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2) Auch findet man Beyspiele von Völkern, welche, nachdem sie ihre Wohnsitze verändert haben, und anderwärts hingewandert sind, im Verlauf der Zeit auch die vorige Gesichtsbildung in eine neue, dem neuen Klima eigenthümliche, verändert haben. Die Jakuten z. B. werden von den meisten Geschicht - schreibern der ältern nordischen Geschichte als ein Zweig von den Tatarn aufgeführt. Genaue Augen - zeugen aber versichern, daß sie jetzt mongolische Ge - sichtsbildung haben, und ich sehe es selbst an dem Schädel eines Jakuten, welcher durch die Freigebig - keit des Freyherrn v. Asch in meinem anthropologischen Vorrath gekommen ist106)Zweytes Zehnd. Hirnschädel. S. 11.. Etwas ähnliches wird unten von den Amerikanern beyder kalten Zonen be - merkt werden (§. 88.).

Daß gleicherweise die von englischen Aeltern und Vorältern aus den Antillen entsprossenen Kreolen endlich die natürliche Physiognomie der Engländer mit der charakteristischen der amerikanischen Einge - bornen einigermaßen vermischt, und die tiefern Au - gen und hervortretendern Backen der letzteren ange - nommen haben, hat man schon vorlängst beobach - tet107)History of Jamaica. Th. 2. S. 261..

Allein die augenscheinlichsten Beyspiele liefern Aegypten und die Halbinsel jenseits des Ganges.

Die ersten Einwohner, waren in einem so ent - wervenden Klima weichlich geworden, und wurden136 immer von andern tapferern nordischen Völkerschaf - ten besiegt. Es wurde also diese Halbinsel von den verschiedensten Völkern nach und nach unterjocht, allein jedesmal scheint sich die Gesichtsbildung dieser neuen Ankömmlinge nach dem neuen Himmel gleich - sam umgewandelt zu haben, daß man z. B. die na - tionale und völlig charakteristische Physiognomie der ältesten Besitzer Indiens jetzt bloß aus den ältesten Kunstwerken Indiens, den ungeheuern mit ungemeiner Kunst in den unterirdischen Tempeln der Inseln Sal - fette und Elephanta ausgegrabenen Statüen kennt, von welchen ich zu London im britannischen Museum und unter den antiquarischen Schätzen des so huma - nen Herrn Karl Townley108)Archaeologia. Th. 7. Taf. 25. 26. 27. bewundernswerthe Proben gesehen habe. Daß aber auch die neuern Eroberer Indiens, die Mongolen nämlich, seit Ti - murs Zeiten viel von ihrer angebornen Gesichtsbil - dung unter dem neuen Himmel verloren, und der indischen sich genähert haben, hat mir ebendaselbst ein großer Kenner Indiens, Herr Jo. Walsh, mit Belegen von Portraits augenscheinlich dargethan.

Im Betreff der Nationalgesichtsbildung der Ae - gypter, so kann ich mich nicht genug wundern, wie die berühmtesten Archäologen, die größten Untersu - cher alter ägyptischer Kunst, allen und jeden eine und dieselbe Physiognomie haben beylegen kön - nen109)Z. B. Winkelmann Description des pierres gra - vées de Stosch. S. 10. und noch an andern Orten.137d'Hancarville, Récherches sur l'origine des arts de la Gréce. Th. 1. S. 300.; da eine genauere Betrachtung und Verglei - chung dieser Denkmale mich völlig deutlich gelehrt hat, man habe drey Gesichtsgattungen bey ihnen zu unter - scheiden; eine den Negern; die andere den Indianern ziemlich ähnliche; die dritte aber, in welche im Ver - lauf der Zeit, und durch Einfluß des spezifischen, Aegypten eigenthümlichen, Klimas, beyde überge - gangen, sind, ist an dem schwammigen und schlap - pen Habitus, kurzem Kinn, und hervortretenden Augen kennbar110)Weitläuftiger habe ich über diesen dreyfachen Cha - rakter der Denkmäler alter ägyptischer Kunst gehan - delt in den philosophical Transactions, Jahr 1794. St. 2. S. 191..

3) Sehen wir, daß Völker, welche bloß für Zweige eines und desselben Stammes gehalten werden, unter verschiedenem Himmelsstriche auch eine ver - schiedene Nationalgesichtsbildung bekommen haben. Die Ungarn z. B. werden mit den Lappen zu dersel - ben Urrace gerechnet111)Vergl. Ol. Rudbecks des Sohns analogia linguae Finnonicae cum Ungarica am Ende des specim. usus linguae Gothicae. Upsal 1717. 4. hauptsächlich S. 77.Und noch andere Neueren J. Hager Neue Be - weise der Verwandschaft der Hungarn mit den Lappländern. Wien 1794. 8.. Diese aber haben im äußersten Norden eine den nördlichen Völkern Haupt - sächlich eigene Gesichtsbildung angenommen, da je - ne gegentheils in der gemäßigten Zone in der Nach - barschaft Griechenlandes und der Türkey eine schö - nere Gesichtsform bekamen.

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Allbekannt ist übrigens hierbey, daß auch den ehelichen Verbindungen zwischen verschiednen Völkern vieles beyzumessen sey, und ich selbst werde bald ei - niges von der Macht derselben auf die Umänderung des Nationalgesichts vortragen. Ja es wird sogar sehr wahrscheinlich, daß das Klima schon an und für sich eine große Gewalt auf sie habe, hauptsäch - lich wenn man sie mit dem zusammenstellt, was wir oben von den Ursachen und Arten der Degeneration der Thiere erinnert haben.

Schwieriger ist es indeß, den Grund anzugeben, warum ein Klima dieses und ein anderes jenes Na - tionalgesicht bilde; und doch haben die scharfsinnig - sten Männer den Versuch gemacht, die Verschieden - heit der Nationalgesichter zu erklären; wie Kant des mongolischen112)In Engels Philosoph für die Welt. Th. 2. S. 146.; Volney des äthiopischen113)Voyage en Syrie et en Egypte. Th. 1. S. 74. Wirklich beobachte ich, daß die Züge der Neger genau jenen Zustand von Verzie - hung des Gesichts darstellen, welche es an - nimmt, wenn es vom Lichte und den star - ken Strahlen einer Flamme geblendet wird: Die Stirn runzelt sich dann, die Wange zieht sich in die Höhe, das Augen - lied schließt sich, der Mund wird aufge - worfen. Diese Verziehung des Gesichts, welche in den nackten und heißen Ländern der Neger unaufhörlich vorkommt, muß - te endlich ihrer Physiognomie eigen - thümlich und charakteristisch an ihr wer - den? Qq).

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Daß zuweilen endemische, einem besondern Kli - ma eigene, Ursachen, z. B. beständige Wolken von Schnacken, etwas zur Bereitung einer eigenthümli - chen Gesichtsbildung der Einwohner beytragen kön - nen, scheint Dampiers Beobachtung über die Be - wohner des westlichen Neu-Holland, zu lehren114) Die Augenlieder sind immer halb ge - schlossen, um zu verhindern, daß die Mücken nicht in die Augen kommen. Daher kommt es, daß sie, weil sie von Kindheit an von diesen Insekten beunru - higt werden, die Augen niemals öfnen wie andere Völker. Th. 2. S. 169. Rr).

Ob die Muthmaßung unsers Leibnitz von der Aehnlichkeit der Nationen mit denen in ihrem Lande eingebornen Thieren, daß nämlich die Lappländer in ihrer Physiognomie dem Bäre ähnelten, die Neger den Affen, von welchen aber auch die äußer - sten Morgenländer etwas hätten115)S. Fellers Otium Hannoveranum. S. 150. Der Aehnlichkeit des Inhalts halber möchte ich dieser noch eine Stelle aus Marsden History of Sumatra S. 173. beyfügen. Einige Schriftsteller haben be - merkt, daß gewöhnlich zwischen der Be - schaffenheit und den Eigenschaften der einem Lande eigenen Thiere und der ein - gebornen Bewohner wo eine Vermi - schung mit Fremden ihren ächten Charak - ter nicht vertilgt hat, eine Aehnlichkeit statt finde. Die Malayen können mit dem Büffel und dem Tieger verglichen werden. In seinem häuslichen Zustand ist er fühllos, träg und wollüstig, wie der erste, und auf seinen Abentheuern hinterlistig, blutdürstig und räuberisch wie der letztere. So soll der Araber sei - nem Kamele, und der sanfte Gentoo sei - nem Schaafe gleichen. Ss) u. s. w. ob die -140 se auch von dem Einflusse des Klimas auf die Bil - dung der Menschen und großen Landthiere erklärt werden müsse, darüber ist meine Meinung noch schwankend.

Daß aber außer dem Klima auch die Lebensart etwas zur Nationalgesichtsform beytragen könne, wird aus dem Beyspiel der Neger behauptet, de - ren dicke Nase und schwellende Lippen hin und wie - der der Art und Weise zugeschrieben werden, auf welche sie in ihrer zartesten Jugend von den säugen - den Müttern, während diese Reis ausdreschen oder andre harte und schwere Arbeiten verrichten, ge - wöhnlich auf dem Rücken getragen werden116)Vergl. z. B. außer so vielen andern, Barbot in Churchills Collection of voyages. Theil 5. Seite 36. Man hat beobachtet, daß die Weiber von der bessern Klasse, die nicht so harte Arbeiten verrichten, Kinder haben, de - ren Nasen nicht allgemein so platt sind, als bey den andern; weshalb man muth - maßen kann, daß die Nasen dieser armen Kinder dadurch geplätscht werden, daß sie, so lange sie von ihren Müttern auf dem Rücken getragen werden, immer von diesen beständig müssen gestoßen wer - den, wenn die Bewegung ihrer Aerme oder Körper einigermaßen heftig ist; be - sonders wenn sie alle Morgen ihren Hir - sen stoßen oder schlagen, welches der be - ständige Gebrauch der Weiber aus dem niedern Range ist. Tt).

Ja durch sehr häufige Beyspiele der glaubwür - digsten Augenzeugen ist es außer Zweifel gesetzt, daß141 bey verschiedenen rohen Völkern, Negern117)S. nach so vielen andern Zeugen: Report of the Lords of the Committee of Council for the conside - ration of Slave-Trade, 1789. Fol. Erste Abtheilung. C. 1. 6., Bra - siliern118)Lery Voyage en la terre de Brésil. S. 98. 265., Karaiben119)de la Borde Relation des Caraibes, in Melchis. Thevenots kleinerer Samml. Paris 1674. 4. S. 29., Sumatranern120)Marsden History of Sumatra, S. 38., den Bewohnern der Gesellschaftsinseln im Südmeere121)J. R. Forster, Bemerkungen auf seiner Reise um die Welt, S. 482. 516. u. a. die Nase der neugebornen Kinder mit Gewalt eingedrückt wird; obschon die Erzählungen von sol - chen verquetschten oder aus den Fugen getriebenen Nasenknochen zuweilen übertrieben seyn mögen122)S. z. B. Kolbe Beschreibung des Vorge - birges der guten Hofuung, S. 567..

Allein kaum bedarf es einer Erinnerung, daß durch einen solchen gewaltsamen und lange wieder - holten Druck der Nase ihre natürliche Bildung bloß verstärckt und nur so erhalten, keineswegs aber erst geformt werde, da es allgemein bekannt ist, daß man schon in abortirten Früchten das Nationalge - sicht erkennen könne.

Endlich aber wird diese Nationalgesichtsbildung bey der Nachkommenschaft aus Verbindung ver - schiedener Varietäten des Menschengeschlechts eben so wie ihre Hautfarbe gemischt, und fließt gleichsam zusammen, so daß sie dann ein Mittelgesicht zwi -142 schen dem beyder Aeltern ausmacht. Daher schreibt sich die gemischte Gesichtsbildung der Mulatten, da - her die durch Vermischung mit den Kalmucken all - mählig verunstaltete Nachkommenschaft der Kosacken und Kirgisen123)Von den Kosacken s. Erstes Zehnd von Hirn - schädeln, S. 18.Von den Kirgisen zweytes Zehnd, S. 8. und gegentheils die verschönerte der nogayischen Tatarn durch Mischung mit Geor - giern124)Peyssonel Sur le commerce de la mer noire. Th. 1. S. 177..

Beyspiele von Veränderlichkeit der Gesichtszüge bey Völkern, welche sich nicht durch Heyrathen mit andern Nationen vermischt haben, gaben sonst die alten Germanen125)Tacitus de moribus Germanorum. C. 4., jetzt aber die ächten[ Zigeuner (Cingari)], eingeborne Siebenbürgen126)Zweytes Zehnd der Hirnschädel, S. 3. und vor allen die - dische Nation, die unter jedem Himmelsstriche ihre ursprüngliche Gesichtsbildung127)Deshalb hält man für den höchsten Beweis der Kunst des holländischen Kupferstechers Bern Picart, daß er in dem sehr bekannten Werke: Ceremonies et coutumes religieuses fast unzählbare Juden dargestellt hat, welche, bey aller Verschiedenheit unter sich, doch alle jenen Nationalcharakter an sich tragen, durch welchen sie sich von den Nationen unterscheiden, deren Abbildungen mit den ihrigen vermischt sind. beybehält und sich durch den, diesem Volk fast durchgängig eigenen Na - tionalcharakter auszeichnet, ein Charakter, der auch ohne Kenntniß der Physiognomik beym ersten Anblick143 unterschieden, obwohl schwer durch Worte bezeichnet und ausgedrückt werden kann128)Dem großen Künstler Benj. West, Präsidenten der königl. Akademie der Künste, mit dem ich mich über die Nationalgesichtsbildung der Juden unter - hielt, schien es, daß sie außer andern hauptsächlich etwas besonders und charakteristisches ziegenartiges hätten, welches nicht sowohl in dem Bug der Nase, als in dem Uibergang und der Verbindung der Na - senscheide mit der Oberlippe läge.Deshalb scheint Camper die Meinung des schätz - baren Künstlers nicht ganz genau gefaßt zu ha - ben, da er, zu meiner Verwunderung, in seiner Schrift: über den natürlichen Unterschied der Gesichtszüge, S. 7. behauptet, die Nase der Juden sey der mongolischen ähnlich..

§. 58. Nationalform der Schädel.

Daß zwischen der äußern Oberfläche des Ge - sichts und dem ihr untergelegten Knochenbau ein we - sentliches Verhältniß sey, erhellt an sich129)Vergl. Th. Brown's Discourse of the Sepulchral Urns found in Norfolk, S. 13. Derselbe scharisichti - ge Mann hat meines Wissens zuerst auf die Natio - nalform der Negerschädel gemerkt: es ist schwer sich im Unterscheiden der Negerschädel zu betrügen. Vv), so daß ein Blinder sogar, wenn er nur einige Kennt - niß von dem großen Unterschiede hätte, wodurch die mongolische von der Negergesichtsbildung abweicht, durch das bloße Gefühl sogleich den Hirnschädel eines Kalmucken von dem eines Negers sicher unterschei - den könnte, und daß man auch den Unkundigsten nicht würde überreden können, daß einer von beyden ein Gesicht von jener Bildung an sich getragen habe,144 nach welcher die göttlichen Werke altgriechischer Kunst gebildet worden sind. Und eben dies gilt im Allge - meinen von jedem Nationalhabitus.

Eine genauere anatomische Untersuchung ächter Schädel130)Die Regeln und Kriterien, deren ich mich bey Beurtheilung der Schädel in jener Hinsicht bediene, habe ich in dem ersten Zehnd der Schädel - sammlung S. 5. aufgezählt. von verschiedenen Völkerschaften würde auch deshalb auf das Studium der Verschiedenheit des Menschengeschlechts vieles Licht verbreiten, weil die von den weichen und veränderlichern Theilen des Gesichts, entblößten Schädel, das feste und blei - bende Fundament des Kopfes aufstellen, und beque - mer bey der Untersuchung gebraucht und in verschie - denen Ansichten betrachtet und mit einander vergli - chen werden können.

Zwar zeigen sich bey einer solchen Vergleichung, der Schädelformen eben solche stufenweise Abweichun - gen, wie bey der Hautfarbe oder andern solchen Ei - genheiten, doch so, daß verwandte Schädel sich nur durch unmerkliche Uibergänge einander nähern. Im allgemeinen behaupten sie jedoch eine so unleugbare, ja auszeichnende Beständigkeit der Charaktere, wel - che zum Nationalhabitus sehr viel beytragen und mit der, den Nationen eigenthümlichen Gesichtsbildung im Ganzen übereinstimmen. Diese Beständigkeit der Form hat einige vortrefliche Anatomen seit Adr. Spiegel131)De corporis humani fabrica. S. 17. darauf geführt, ein allgemeines Maas145 und Verhältniß festzusetzen, durch welches man die Schädelverschiedenheiten gleichsam nach Graden be - rechnen, und in Classen abtheilen könnte; worun - ter denn vor allen übrigen des scharfsinnigen Cam - pers132)S. dessen kleinere Schriften, Th. 1. Ab - schnitt 1. S. 15. Dessen Naturgeschichte des Orang-Utang, S. 181. 212. Und ein besondres Werk über den natürlichen Unterschied der Gesichtszüge u. s. w. Gesichtslinie einer besondern Erwähnung verdient.

§. 59. Campers Gesichtslinie.

Er stellt sich nämlich im Profil des Hirnschädels zwey gerade, sich durchschneidende, Linien vor. Die erste ist horizontal durch den äußern Gehörgang und den Nasengrund gezogen. Die andere aber fällt von dem hervorragenden Theile des Stirnknochens herab bis zum äußersten Zahnhölensaum der obern Kinnlade. Nach dem Winkel, in welchem sich diese beyde Linien durchschneiden, glaubte dieser scharfsinnige Forscher den Unterschied der Schädel sowohl bey den Thieren als bey den verschiedenen Na - tionen des Menschengeschlechts berechnen zu müssen.

§. 60. Bemerkungen über diese Gesichtslinie.

Dieses Verfahren zu Ausmessung der Schädel ist jedoch, nach meiner Einsicht, auf Mehr als eine Weise unrichtig. Denn 1) ist, wie aus dem oben146 über die Varietäten der Nationalgesichtsbildung ge - sagten (§. 56.) von selbst erhellt, diese ganze Ge - sichtslinie höchstens nur aus diejenigen Varietäten des Menschengeschlechts anwendbar, welche in der Richtung der Kinnladen von einander abweichen, keineswegs aber auf jene, welche auf ganz entge - gengesetzte Weise sich vielmehr durch ein in die Breite gezogenes Gesicht auszeichnen.

2) Trift es sehr oft, daß an Hirnschädeln sehr verschiedner Völker, welche, man möchte sagen, wie Tag und Nacht, von einander unterschieden sind, doch die Richtung der Gesichtslinie die nämliche; und umgekehrt, an mehrern Schädeln eines und desselben Volks, welche im Ganzen mit einander übereinstimmen, einerley Habitus haben, die Ge - sichtslinie sehr verschieden ist. Denn aus dem bloßen Umrisse des Gesichts im Profil kann man wenig schließen, wenn man nicht zugleich auf seine Breite Rücksicht nimmt. So habe ich z. B. indem ich dieses schreibe, zwey Schädel vor mir, den eines Negers aus Congo133)Zweytes Zehnd der Schädelsammlung. Taf. 18. und eines Litthauers134)Drittes Zehnd. Taf. 22.; an beyden ist die Gesichtslinie fast eine und die - selbe; und der Habitus doch äußerst verschieden, wenn man den engen und fast schiffförmigen Kopf des Negers mit dem viereckigtern des Litthauers vergleicht. Dagegen aber habe ich zwey andere Schädel von Negern bey der Hand, die im Profil147 erstaunlich weit von einander abweichen135)Vergl. des ersten Zehends Taf. 7 und 8. und bey - de bezeugen, wenn man sie von vorne betrachtet, durch die enge fast zusammengedrückte Hirnschale, höckerichte Stirne u. a.m. offenbar ihren Neger - ursprung.

3) Bedient sich Camper selbst, in den seinem Werke beygefügten Abbildungen, seiner beyden Nor - mallinien so willkürlich und unbeständig, variirt so oft mit den fixirten Punkten, nach welchen er jene Linien richtet, und von welchen alle ihre Wirkung und Richtigkeit abhängt, daß er hierdurch selbst still - schweigend eingesteht, er sey über ihren Gebrauch ungewiß und zweifelhaft.

§. 61. [Uiber die Scheitelnorm, als Maaß, um die Verschiedenheiten der Schädel zu bestimmen. ]

Je größer und genauer täglich meine Bekannt - schaft mit meiner Sammlung von Schädeln verschie - dener Nationen wird, desto unmöglicher kommt es mir vor, diese Nationalabweichungen, bey der so großen Verschiedenheit in der Proportion und Bil - dung der mannichfaltigen einzelnen Theile der Schä - del, welche mehr oder minder zum Nationalcharakter beyträgt, auf die Grade und Winkel einer gewissen Hauptlinie zurückzuführen.

148

Inzwischen hat diese Methode zu Bestimmung der Schädelverschiedenheiten den Vorzug, daß sie die meisten und die vornehmsten Theile des Kopfes, nach welchen sich die Nationaleigenthümlichkeiten am leichtesten vergleichen lassen, mit einem Blick übersehen läßt; und ich bin durch Erfahrung überzeugt worden, daß sie diesem Zwecke vor al - len ungemein entspreche, wenn man die Schädel ohne die untern Kinnladen mit ihren Jochbeinen alle auf Einer horizontalen Linie richtet, und in Einer Reihe auf den Tisch stellt, sodann aber sie von hin - ten betrachtet. Denn auf diese Art fällt alles, was hauptsächlich den Nationalcharakter der Hirnschädel ausmacht, sey es nun die Richtung der Kinnladen oder der Jochbeine, die Breite oder Enge der Hirn - schaale, die Flachheit oder Erhabenheit der Stirn u. s. w. auf einen Blick so deutlich ins Auge, daß man diese Ansicht nicht unschicklich die Scheitelnorm nennen dürfte, deren Grund und Anwendung die erste Tafel leicht darthun wird, wo z. B. drey auf diese Weise gestellte Schädel abgebildet sind. Der mitt - lere (Fig. 2.) der die meiste Symmetrie und Schön - heit hat, ist von einer Georgierin; von diesem weichen die zu beyden Seiten gestellten Schädel auf ganz entgegengesetzte Art ab. Der eine (Fig. 3.) welcher von vorne verlängert ist und gleichsam schnabelartig zuläuft, ist von einer Negerin aus Guinea; der an - dere aber (Fig. 1.), welcher nach den Seiten hin ausgetrieben und gleichsam platt gedrückt ist, ist von einem Rennthiertungusen.

149

In dem ersten verbergen sich der Augenhölen - rand, die schönverengten Jochbeine und selbst die Kinubacken unter der Peripherie des sanftgeebneten Stirnknochens.

In dem zweyten hingegen ragen die auf beyden Seiten eingedrückten Kinnladenknochen hervor;

Und in dem dritten endlich stehen die Jochbeine, welche mit den Nasenknochen und der über ihnen be - findlichen Vertiefung fast in einer und derselben ho - rizontalen Fläche stehen, auf beyden Seiten unförm - lich heraus.

§. 62. Nationalverschiedenheiten der Hirnschädel.

Die ganze Verschiedenheit des knöchernen Ko - pfes der verschiedenen Nationen scheint sich eben so gut, als die oben abgehandelte der Nationalgesichts - bildung (§. 56.) auf fünf Hauptabänderungen zu - rückbringen zu lassen, und die zweyte Tafel enthält Beyspiele davon, welche aus vielen herausgesucht worden sind.

1) Das Mittel von allen hält der Kopf, an welchem man das meiste Ebenmaas, eine sanft ge - rundete Form, eine mäßig geebnete Stirn und enge - re Jochbeine findet, welche nirgends hervorspringen und von dem Jochfortsatze des Stirnknochens her - ablaufen.

150

Der Zahnhölenrand ist ziemlich rund, die Vor - derzähne in beyden Kiefern stehen senkrecht.

Zum Muster dient die dritte Figur auf der zwey - ten Tafel, ein sehr schöner Schädel von einer Geor - gierin. ( Vergl. §. 56. No. 1. )

Diese schöne Schädelform ist das Mittel zwischen zwey Extremen und an deren einem ist

2) der Kopf gleichsam viereckigt; die Joch - beine stehen heraus; die Nasenvertiefung und der Knochen der stumpfen Nase stehen mit den Jochbei - nen fast horizontal; die Augenbraunenbogen sind kaum merklich; die Nasenlöcher sind enge; die Wangengrube nur leicht gehölt; der Zahnhölenrand macht vorwärts einen flachen Bogen; das Kinn ragt hervor.

Diese Schädelform ist den mongolischen Völker - schaften eigen.

Man findet eine ähnliche von einem Rennthier - tungusen auf der zweyten Tafel, Fig. 1. ( s. §. 56. N. 2. )

An dem andern Extreme hingegen

3) ist der Kopf schmal und an den Seiten ein - gedrückt; die Stirn sehr uneben und höckericht; die Jochbeine hervorstehend; die Nasenlöcher weit; die Wangengrube neben den Furchen am untern Rande der Augenhölen sind tiefer gehölt; die Kinnbacken stehen hervor; der Zahnhölenrand ist schmäler, län - ger und ovaler; die obern Vorderzähne stehen schräg hervor; die untere Kinnlade ist groß und stark; der obere Hirnschädel dick und schwer.

151

Solche Schädel haben die Neger, wie der von einer Negerin aus Guinea Taf. 2. Fig. 5. zeigt ( s. §. 56. N. 4. )

Endlich folgen zwey Varietäten, welche zwi - schen jener ersten, und den beyden Extremen das Mittel halten, nämlich:

4) diejenigen, welche zwar breitere aber doch gebognere und gerundetere Wangen hat, als die mongolische Varietät ( N. 2.) und wo sie nicht wie bey dieser auswärts ragen, und winklicht sind.

Sie hat gemeiniglich tiefe Augenhölen; die Form der Stirn und des Scheitels ist bey den meisten durch Kunst bewirkt; die Hirnschädel sind leichter.

Dies ist die amerikanische Varietät. S. Taf. 2. Fig. 2. Den Kopf eines karaibischen Fürsten von der Insel St. Vinzent ( s. §. 56. N. 3. )

5) Eine mäßig verengte Hirnschaale; eine et - was aufgeschwollne Stirn; keine nicht hervorragen - de Backenknochen; der Oberkiefer etwas hervorste - hend; die Scheitelbeine nach den Seiten ausgebogen.

So ist der malayische Stamm in der Südsee.

Eine Probe davon liefert der Hirnschädel eines Otaheiten. Taf. 2. Fig. 4. ( s. §. 56. N. 5. )

Und zwar bleibt sich diese nationale Schädelform immer so gleich, daß sie auch in den Köpfen sehr zarter Kinder schon bemerkbar ist. Denn so besitze ich z. B. den Schädel eines burätischen Kindes136)Drittes Zehnd. Taf. 29.,152 welcher offenbar den mongolischen Charakter an sich trägt; und ein anderer von einem neugebornen Ne - ger137)Daselbst. Taf. 30. verräth den Negerhabitus.

§. 63. Ursachen der Nationalverschiedenheit der Schädel.

Zwar sind die Knochen unter allen gleichartigen Theilen des menschlichen Körpers die festesten und beständigsten, und dienen in der Verbindung mit den übrigen festen Theilen gleichsam als Grundlage und Stützen.

Nichts destoweniger aber sind sie immerwähren - den Veränderungen weit mehr als die weichen Theile des Körpers ausgesetzt, wie dies physiologische Ver - suche und pathologische Erscheinungen augenschein - lich lehren.

Die Bestandtheile der Knochen werden unmerklich aufgelöst, und wieder eingesogen; dagegen sondern sich aus dem Blute neue ab, setzen sich statt jener an, werden fest, und ersetzen den Verlust.

Was also schon seit der ersten Bildung der Kno - chen geschah, wird durch diese ununterbrochne Um - wandlung der Knochenmaterie fortgesetzt und vollen - det; sie fügen sich nämlich nach der Form der be - nachbarten Theile, und werden durch ihre Einwir - kung gleichsam geformt und ausgebildet.

153

Am augenscheinlichsten erhellt dies besonders an den Formen des knöchernen Kopfes eines bejahrteren Menschen. Denn bey diesem giebt die innere Ober - fläche des Schädels gleichsam einen Abdruck der Lap - pen und Windungen des Gehirns ab, welchem sie angepaßt war, von außen hingegen zeigt das Ge - sicht des Schädels unläugbare Spuren, sowohl von der Einwirkung der Muskeln, als auch der ganzen Gesichtsbildung, deren allgemeinen Habitus und Verhältnis man ziemlich leicht aus dem fleischlosen Schädel bestimmen könnte.

Wenn nun das Klima (wie es denn höchst wahr - scheinlich ist), zu der Nationalgesichtsbildung sehr mächtig mitwirkt (§. 57.); so folgt von selbst, daß dieselbe Ursache auch an der Bereitung der nationa - len Schädelform, besonders bey den Gesichtskno - chen, großen, wiewohl mittelbareren, Antheil habe.

Doch ist zu glauben, daß außer dieser Haupt - ursache auch andere Nebenursachen, als ein gewalt - samerer, lang anhaltender Druck u. dergl. auf die Gesichtsknochen wirken können.

Meine Sammlung verdankt der Freygebigkeit des Herrn Baronet Banks den sehr seltenen Schädel eines Neuholländers138)Drittes Zehnd. Taf. 27. aus der Nachbarschaft der Botany-Bay, der sich unter andern durch eine besondre Flachheit des Oberkiefers, da wo die vor - dern und Eckzähne stehen, auszeichnet. Nun ist bekannt, daß jene rohen Völker die sonderbare Sitte154 haben, sich mit einem Querholze die Scheidewand der Nase zu durchbohren, und die Nasenlöcher gleichsam mit einem Riegel so zu verstopfen, daß sie bloß mit offnem Munde Athem holen können. Es ist also glaublich, daß jene Flachheit durch den be - ständigen Druck dieses Querriegels nach und nach entstehe.

Weit häufiger aber erleiden die flachen Knochen der Hirnschaale durch einen langen Druck eine be - sondere und zuweilen auch wohl nationale Umwand - lung der Bildung, die sich entweder von der, ge - wissen Nationen eignen, Sitte, die Kinder in Wiegen zu legen, oder von einem gewaltsamen, täglich absichtlich wiederhohlten Druck der Hand herschreibt.

Daher zeichneten sich zu den Zeiten des Vesalius, nach dessen Aussage die Teutschen mehrentheils durch ein eingedrücktes Hinterhaupt und einen breiten Kopf aus, weil die Knaben in der Wiege immer auf dem Rücken lägen.

Den Holländern aber schrieb er länglichere Köpfe als den übrigen zu, weil die Mütter ihre in Windeln gewickelten Kinder gewöhnlich auf der Seite und auf den Schläfen schlafen ließen.

Daher zeichnen sich die rohen amerikanischen Völkerschaften um Nord-Karolina bis nach Neu - Mexico hin, durch eine eingedrückte Hirnschaale aus, welche sie den Kindern durch eine abschüssige Lage in der Wiege zuziehen, in welcher sie mit dem Schei -155 tel und mit dem ganzen Körpergewicht unbeweglich auf einem mit Sand gefülltem Sacke liegen139)S. Adair's History of the North-American In - dians, S. 9. Sie legen ihre zarten Kin - der in eine Art von Wiege, wo ihre Füße eingewickelt sind, etwa einen Fuß höher als in horizontaler Lage; ihre Köpfe hängen hinterwärts in ein Loch, welches zu diesem Behufe gemacht ist, wo der größte Theil ihrer Schwere auf dem Scheitel liegt, und da liegen sie auf ei - nem Säckchen mit Sand, ohne sich im ge - ringsten bewegen zu können; durch diese Pressung und Zusammendrückung ihrer Scheitel, werden natürlich ihre Köpfe dick, und ihre Gesichter breit. Xx).

Mehrere dergleichen Gebräuche, die Köpfe neu - geborner Kinder durch Drücken der Hände, durch Binden und andre Mittel in eine gewisse nationale Form zu bringen, sind bey den ältesten, wie bey den neuern Völkern, und unter uns sowohl, als unter den entferntesten Nationen herrschend gewe - sen140) Von dem Urheber unsers Wesens wür - den unsere Köpfe übel gestaltet seyn: da müssen von außen die Kinderweiber und innen die Philosophen sie erst formen. Die Karaiben sind zur Hälfte glücklicher als wir. J. J. Rousseau Emil, Theil 1. Seite 19. Yy).

Wir wissen aus mehreren Zeugnissen, daß solche Gebräuche entweder sonst üblich gewesen, und es zum Theil in manchen teutschen Provinzen141)Von den jetzigen Vogtländern s. J. Chr. Gottl. Ackermann in Baldingers neuen Magazin für die Aerzte. Th. 2. S. 506.156Von den Hamburgern seiner Zeit s. Laurembergs Pasicompse, S. 63. noch sind; bey den Holländern142)Spiegel de humani corporis fabrica. S. 17., Franzosen143)Von den Parisern, s. Andry Orthopedis, Theil 2. S. 3., Italienern144)Von den Genuesern z. B. s. Vesalius de corporis hamani fabrica. S. 23. Spiegel a. a. O., den griechischen Insulanern des Ar - chipelagus145)Namentlich von den Chiern hat es mir ein Au - genzeuge erzählt, mein ehemaliger Zuhörer, Herr Philites, Arzt zu Epirus., den Türken146)Herr v. Asch meldete mir in einem Briefe vom 20sten Jul. 1788, daß zu Konstantinopel die Hebam - men nach der Geburt gewöhnlich die Mutter fragen, welche Form sie für den Kopf ihres eben gebornen Kindes wünsche, und daß denn die Asiaten diejenige vorzögen, welche durch eine, Stirn und Hinterhaupt fest umschließende Binde entsteht, weil sie glauben, daß die rothen Turbane, welche sie gewöhnlich tra - gen, dann besser sitzen.Vergleich die zweyte Tafel des ersten Zehnds von Hirnschädeln., den alten Sigy - niern147)Strabo B. II. S. 358. Ausg. d. Casaubonus. und den Langköpfen an dem Pontus Eu - xinus148)Hippokrates de aeribus, aquis et locis. Charters Ausg. Th. 6. S. 206., den jetzigen Sumatranern149)Marsden History of Sumatra. S. 38., den Nikobaren150)Nik. Fontana in den Asiatik Researches. Theil 3. S. 151., besonders aber bey mehreren ame - rikanischen Völkern, z. B. den Anwohnern des Nootka-Sundes151)S. Meares's Voyages, S. 249., den Schakten, einer georgi -157 schen Nation152)Adair a. a. O. S. 8. 254.Vergl. Taf. 9. des ersten Zehnds von Hirnschädeln., den Maxsawen in Karolina153)Lawson's History of Carolina, S. 33., den Karaiben154)(Oviedo) Historia general de las Indias. Sevil - la 1535. Fol. S. 256.Raymond Breton, Dictionnaire Caraibe-François. Auxerre 1665. 8. S. 58. 92. 145. 289.Vergl. Taf. 10. des ersten Zehnds von Hirn - schädeln, und die zweyte Figur der diesem Werke beygefügten zweyten Tafel.Auch Taf. 20. des zweyten Zehnds., Peruanern155)Torquemada Monarchia Indiana. Sevilla 1615. Fol. Th. 3. S. 623.De Ulloa Relacion del viage para medir algunos Grados de Meridiano. Madrit 1748. Fol. Theil. 2. S. 533., ja auch bey den freyen Negern auf den antillischen Inseln156)Thibault v. Chawalen Voyage à la Martinique. Seite 39..

Es ist in der That zu verwundern, daß neuer - lich Schriftsteller aufgestanden sind, welche diese ganze Künsteley mit der Kinderkopfsbildung in Zwei - fel ziehen wollten157)S. Haller, Camper, Sabatier u. a.; eine Sache, die, meines Erachtens, durch einmüthige Uibereinstimmung von Augenzeugen außer Zweifel gesetzt ist; von welcher mehrere Nationen, sowohl des südlichen158) Der Name Omaguas bedeutet in der Sprache der Peruaner und der Name Campevas, welche ihnen die Portugie - sen in der brasilischen Sprache geben, Flachkopf: wirklich haben diese Völker158 die seltsame Gewohnheit, die Stirn der eben gebornen Kinder zwischen zwey Bret - ter zu drücken, und ihnen die fremde Ge - stalt zu verschaffen, welche sie, wie sie sa - gen, dem Vollmond ähnlicher machen soll. De la Condamine in den Mémoires de l'A - cad. des sc. de Paris 1745. S. 427. Zz), als des nördlichen Amerika159)Kugelköpfe und flache Köpfe. Vergleiche Charlevoix Histoire de la nouvelle France, Th. 3. S. 187. 223. Aaa), ihren Namen haben; welche bekanntlich schon vor zweihundert Jahren auf den Concilien des spanischen Klerus den Wilden in der neuen Welt untersagt wurde160)Jos. Saenz v. Aguirre Collectio maxima concilio - rum omnium Hispaniae et novi orbis, zweyte Ausg. Rom 1755. Fol. Th. 6. S. 204. wo in der Geschichte der dritten Synode limaischer Dioces vom Jahre 1585. d. 17. Jul. ein Beschluß steht, daß die India - ner die Köpfe ihrer Kinder nicht durch Formen bilden sollen. Da wir den abergläubischen Misbrauch der Indianer, die Köpfe ihrer Kinder in Formen zu pressen, welche sie Caito, Omma, Ogalla nennen, gänzlich auszurotten wünschen, so haben wir be - schlossen und gebieten u.s.w. nämlich ver - schiedene Strafen auf den Uibertretungsfall, daß z. B. ein Weib, welches dieses thue, für das er - stemal ganzer zehn Tage lang früh und Abends dem Unterrichte beywohne; für das zweyte Mal aber zwanzig u.s.w.; von deren Ausübung, und den dazu gebrauchten Hülfsmitteln, Binden u. s. w.161)Vergl. z. B. die genauen Abbildungen solcher Bin - den, deren die Karaiben sich bedienen, in dem Jour - nal de Physique, Monat Aug. 1791. S. 132., mit welchen sie durch Jahre lang fortgesetzten beständigen und einförmigen Druck der nachgiebigen Kindeshirnschaale die ihnen ange - nehme Form verschaffen, wir die genauesten Be -159 schreibungen haben; und welchen allen endlich die Schädel von jenen rohen Völkern selbst, die nach Europa gebracht, und hin und wieder schon früher abgebildet worden sind162)Z. B. in den Mémoires de l'Acad. des sc. de Paris. 1740. Taf. 16. Fig. 1., aufs genaueste und völ - lig entsprechen.

So sehr indeß die Sache selbst außer allen Zwei - fel gesetzt ist, so läßt sich doch jene seit Hippokrates öfter wiederhohlte gelesene Behauptung nicht so leicht annehmen, daß solche besondre Schädelformen, die anfangs mit Fleiß und durch Künsteleyen gebildet und[] viele Generationen hindurch[ im] gleichen Gebrauch beybehalten worden, dann durch die Länge der Zeit gleichsam erblich und zur andern Natur geworden wären.

Es findet sich nämlich in der vortreflichen Schrift des Hippokrates von der Luft, den Wasserarten und den Gegenden, eine berühmte Stelle von den Lang - köpfen, einem Volke aus der Nähe des Pontus Euxinus, von welchem er zuerst und hauptsächlich handelt, weil überall kein andres Volk sich finde, das ähnliche Köpfe habe. Anfänglich, sagt er, habe die bey ihnen übliche Gewohnheit diese langen Köpfe hervorgebracht; späterhin aber habe die Na - tur mit der Gewohnheit gestimmt. Es werde aber bey diesem Volke für vornehm gehalten, einen sehr langen Kopf zu haben. Und zwar sey der Anfang folgender Gewohnheit gewesen: Sie drückten den160 Kindern gleich nach der Geburt, den noch ganz wachsweichen und gleichsam einem feuchten und wei - chen Leimen ähnlichen Kopf zwischen den Händen zusammen und trieben ihn dadurch ins längliche; sie zwängten ihn sogar durch Binden und andre Hülfs - mittel zusammen, um die runde Form desselben in eine länglichte umzugestalten. Diese Gewohnheit sey Anfangs die Ursache solcher langen Köpfe gewesen. In der Folge aber habe die Natur diese Form frey - willig hervorgebracht, so, daß man sie durch die vorige Gewohnheit nicht mehr zu erzwingen brauchte.

Hippokrates sucht den Grund dieses sonderbaren Phänomens aus seiner berühmten Zeugungshypothese zu erklären, welche von der büffonischen nicht gar viel abweicht. Dieser zufolge glaubte er, daß der Zeugungssaft aus allen Gliedern des Körpers hervor - komme und gleichsam aus ihnen ausfließe, wodurch die Formen der Theile des zu bildenden Fötus gleich - sam nach einer Urform gemodelt würden. Und dies sey denn der Grund, warum von Kahlköpfen wieder Kahlköpfe, von Blonden Blonde und von Langkö - pfen Langköpfe erzeugt würden.

Etwas ähnliches hat man in neuerer Zeit auch von andern Völkern, z. B. den Peruanern163)Von den Einwohnern der Provinz Puerto Viejo Cardamus de rerum varietate, Theil 3. Seite 162. Spons Ausg. und den Genuesern164)Jul. Cäs. Scaliger Comment. in Theophrastum de causis plantarum. S. 287. erzählt.

161

Ohne überhaupt über diese Sache noch zu ent - scheiden, verweise ich blos auf das, was ich oben (§. 39.) über andere ähnliche Erscheinungen gesagt habe.

§. 64. Einige Nationalverschiedenheiten der Zähne, nebst ihren Ursachen.

In der Ordnung folgen nun zunächst auf die Formen der Schädel einige an gewissen Völkern be - merkte Verschiedenheiten der Zähne.

So habe ich z. B. schon im Jahr 1779. sowohl in einem Stücke von einem einbalsamirten ägyptischen Leichnam, als in dem ganzen Hirnschädel einer Mu - mie165)Zweytes Zehnd von Hirnschädeln, Taf. 1. eine besondere Anomalie in den Vorderzäh - nen bemerkt, deren Kronen nicht[ meiselartig] in die Breite gezo - gen und mit einem dünnen Rande versehen, sondern dick und abgestumpften Kegeln ähnlich waren. Die Hundszähne aber konnte man in Ansehung der Kro - ne blos durch ihren Stand von den benachbarten zweyspitzigen unterscheiden. Und dieselbe ganz be - sondere Bildung hat man auch an andern Mumien bemerkt; wie an der zu Cambridge166)Midleton monumenta antiquitatis. im 4ten Theil seiner Werke Seite 170. Alle Zähne in dem Oberkiefer findet man noch fest stehend; was aber sonderbar und beynahe für ein Wunder zu halten ist, ist, daß die vor - dern oder Schneidezähne nicht scharf und zum schneiden eingerichtet, sondern eben162 so wie die Backenzähne, breit und stumpf sind. und zu Kas - sel167)Vergl. des braunschweigischen Archiaters Brück - manns Bericht von dieser Mumie. Braunschweig 1782. 4.; auch etwas ähnliches an der zu Stutt - gard168)Storr prodr. methodi mammalium. Tübingen 1778. 4. S. 24.; ich selbst fand, als ich vor zwey Jahren zu London war, in einer jugendlichen Mumie, wel - che mir ihr Besitzer, Herr Jo. Symmons, zu zer - legen erlaubte, sehr ähnliche Schneidezähne169)Philosophical Transactions, J. 1794. Abschnitt 2. S. 184.S. auch Observations on some Egyptian Mummies opened in London by J. F. Blumenbach. From the Philosophical Transactions. 4.Gr.. Es bedarf aber freylich kaum einer Erinnerung, daß bey einer so großen Reihe von Jahrhunderten, seit das Einbalsamiren der Leichname in Aegypten Sitte war, und bey dem Wechsel so verschiedner Herren und Bewohner dieses Landes, auch eine große Ver - schiedenheit unter den Mumien und deren Schädeln herrschen müsse, und daß man daher sehr Unrecht haben würde, die erwähnte besondre Form der Zähne an allen Mumien zu erwarten. Doch scheint es immer eine merkwürdige Varietät, die viel - leicht noch einst als unterscheidendes Merkmal an - gewandt werden könnte, um die Mumien eines Zeitalters und Volks von den übrigen zu unterschei - den. Die Ursachen dieser besondern Bildung auszu - mitteln, möchte freylich schwer seyn, doch ist es nicht unwahrscheinlich, daß sie wenigstens großen -163 theils in den Nahrungsmitteln zu suchen seyen, von welchen Diodorus Siculus ausdrücklich anführt, daß sie bey den alten Aegyptiern aus Standen und Wur - zeln bestanden haben. Dadurch wurden die Zähne mehr abgerieben; daß aber Zähne, welche stärker abgerieben, oder mit Fleiß abgestumpft werden, in die Dicke wachsen, ist eine Bemerkung, die man an Menschen170)Birch's History of the Royal Society, Th. 4. S. 3. und Thieren171)Von den elfenbeinenen Stoßzähnen der Elephan - ten, s. tranquebarische Missionsberichte, 106te Forts. gemacht hat.

Diese Muthmaßung bekömmt noch mehr Gewicht durch Winslovs172)Siehe Mémoires de l'Acad. de sciences de Paris 1722. S. 323. Beobachtung, welcher in dem Hirnschädel eines Grönländers von der Hundsin - sel173)Die Hundsinsel (Hond-Eyland) ist eine so be - kannte Insel bey der Meerenge Disto an der westli - chen Küste von Grönland, die auf allen genauen Land - charten seit Zorgdragers Zeiten vorkommt, daß ich Campern nicht begreifen kann, wenn er Winsloven der Unwissenheit beschuldigt, und ihn aus Hübners Geographie eines bessern zu belehren sucht, in welcher nämlich die Hundsinsel richtiger in das stille Meer und unter den südlichen Wendekreis u. s. w. gesetzt werde. Wußte er denn nicht, daß diese südliche Insel von Schouten, der sie im J. 1616 entdeckte, in seiner bekannten Reisebeschreibung als völlig unbewohnt be - schrieben wurde, ja sogar seit jener Zeit, meines Wissens, von keinem Europäer wieder besucht worden ist! Da jenes nördliche Land hingegen, aus welchem Winslov seinen Schädel erhalten hatte, von unzähli - gen Europäern des Wallfischfanges halber besucht wird. eine solche ungewöhnliche Dicke der Schnei -164 dezähne und Aehnlichkeit mit den Backenzähnen be - merkt hat, und sie der Art und Weise zuschreibt, wie jene Wilden das rohe Fleisch essen174) Die Schneidezähne sind kurz; dies sind Winslovs Worte, sie sind von vorn nach hinten breit und flach, statt daß sie scharf seyn sollten, und den Backenzähnen ähnlicher als den Schneidezähnen. Herr Riecke der diesen Schädel gefunden hatte, sagte mir, daß die Bewohner die - ser Insel ganz rohes Fleisch essen. Sie machen verschiedene außerordentliche Be - wegungen mit dem Kinnbacken, und ver - zerren das Gesicht beym Kauen und Ver - schlucken. Dieser Anblick besonders war es, welcher Herrn Riecken veranlaßte, einige Leichname dieser Insulaner aufzu - suchen, um zu sehen, ob ihre Kiefer und Zähne eine besondre Bildung hätten u.s.w. Bbb).

Wirklich entsprechen dieser Beobachtung die dik - ken und wunderbar abgeriebenen Zähne in zwey Hirn - schädeln von Eskimos, welche ich aus der Kolonie Nain von der Küste Labrador neulich erhalten ha - be175)Siehe drittes Zehnd von Hirnschädeln. Taf. 24. 25.. Denn daß die Eskimos mit den Grönlän - dern zu einem und demselben Stamme gehören, und daß selbst der Name dieses Volks insgemein von dem Essen rohen Fleisches abgeleitet wird, ist längst bekannt.

Mehrere Schriftsteller176)Vergl. z. B. Büffon, Erxleben u. a. haben angemerkt, daß die Kalmucken längere und weiter auseinander -165 stehende Zähne hätten; diese Nachricht haben sie jedoch, wie ich itzt finde, und zwar nicht mit gehö - riger Genauigkeit aus dem im Jahr 1243 gelieferten Berichte Yvo's, eines Geistlichen zu Narbonne ge - schöpft, von welchem unten mehreres angeführt werden soll; sie stimmt auch keineswegs mit den Schädeln jetziger Mongolen, welche ich in meiner Sammlung aufbewahre, überein.

Andre Nationaleigenheiten der Zähne endlich rühren blos von Künsteleien her; wie bey einigen Negerstämmen, welche sich die Zähne durch Fei - len177)van Linschoten Schipvaert naer Oost, Theil 1. S. 60.von der Gröben guineische Reisebeschrei - bung, S. 51. 94.Barbot in Churchill's collection of voyages, Theil 5. S. 139. 143. 385.Schotte in Philosophical Transactions, Theil 73. Abschn. 1. S. 92.Report of the Lords of the Committee of Council for the consideration of Slave Trade, Fol. L. und M. wie Pfriemen spitzen178)Es ist zu verwundern, daß einige vortrefliche Schriftsteller, wie Römer und der berühmte Niebuhr, diese künstliche Verunstaltung der Zähne für ihre na - türliche Bildung angesehen haben. S. des Ersteren Esterredning om Kysten Guinea. S. 21. und dieses Ab - handlung im deutschen Museum 1787. St. 1. Seite 425.; oder wie bey ei - nigen malayischen Völkern, welche den glasartigen Ueberzug der Zähne großentheils vertilgen179)Von den Philippinen, Magindanao, s. Forrest voyage to New-Guinea, S. 237.,166 oder ihnen auch überdies Furchen eingraben180)Von den Peruanern, Hawkesworth's collection of voyages, Th. 3. S. 349. u. s. w.

Etwas ähnliches habe ich selbst an einigen Sine - sen von Japan beobachtet, welche sich die glasartige Rinde von dem äußersten Rande der Vorderzähne sehr sorgfältig weggerieben hatten.

§. 65. Einige andere Nationalverschiedenheiten in Ansehung ein - zelner Theile des Körpers.

Bisher haben wir die Hauptvarietäten verschie - dener Völker, welche in Ansehung der Farbe (ihrer Haut, Haare und Augen) der Gesichtsbildung und Schädelform zu bemerken waren, erörtert.

Es finden indeß noch einige solche Abweichungen an den andern Theilen des Körpers statt, welche zwar minder erheblich sind, doch keineswegs über - gangen werden können. Ich will sie kürzlich nach einander anführen.

Können auch gleich nicht von allen die Ursachen und Gründe mit voller Gewißheit angegeben werden, so wird doch keine so unerklärbar und gänzlich räth - selhaft seyn, daß man sie nicht durch Vergleichung mit analogen Erscheinungen, dergleichen von Säu - gethieren hergenommene Analogien wir im vorigen167 Abschnitte zusammengestellt haben, begreiflicher soll - te machen können.

§. 66. Aeußeres Ohr.

Den Alterthumsforschern ist bekannt, daß viele Götterbilder des alten Aegyptens, sie mögen nun aus Erz und Thon oder aus verschiedenen Steinar - ten bereitet, oder aus ägyptischem Feigenholz ge - schnitzt, oder endlich auf Sarkophagen gemahlt seyn, sich durch ziemlich hohe Ohren auszeichnen. Einem neueren Schriftsteller hat es beliebt, dies kurz weg den Künstlern als einen Fehler der Zeichnung anzu - rechnen181)Recherches philosophiques sur les Egyptiens, Th. 1. S. 212.. Dies aber kann ich um so weniger zu - geben, da ich an manchen solchen Werken eine nicht gemeine Kunst und einen richtigen Geschmack gefun - den habe; dann aber auch, weil ich es hauptsächlich an solchen Bildern beobachtet habe, welche indiani - sche Gesichtsbildung hatten182)S. Philosophical Transactions, J. 1794. St. 2 S. 191. Taf. 16. Fig. 2., und eine ähnliche äußerst genau gezeichnete Stellung auch an ächt in - dianischen Portraits angetroffen wird. Im Allge - meinen aber ist diese Verschiedenheit nicht größer, als jene, welche wir auch an Varietäten der Haus - thiere, besonders der Pferde und der Schweine be - merken, bey welchen die Stellung und Lage der Ohren sich verschieden zeigt. Ja wenn wir an die -168 sen ägyptischen und indianischen Figuren zugleich auf die Richtung der Augenwinkel von der Nasenwurzel nach den Ohren zu, Rücksicht nehmen, so scheint diese Höhe der Ohren großentheils blos von der Art und Weise, wie sie den Kopf tragen, nämlich mit erhobenerem Hinterhaupte und gesenkterem Kinne herzukommen.

Daß auch die alten Bataver eine ganz besondere Form und Lage der Ohren gehabt haben, bezeugen sowohl Stellen aller Schriftsteller, als auch Bild - nisse183)Abbildungen liefern des Smetius antiquitates Neomagenses, S. 70. und Cannegieter de Britten - burgo, matribus Brittis u. s. w. S. 144..

So sollen sich auch die Ohren der Bewohner Biscajas durch Größe auszeichnen184)Rélation du voyage d'Espange, von der Gräfin d'Aunoy, Th. 1. S. 23.Auch bestätigt dies mein Freund Dieze in den Anmerkungen zu Puente's Reise durch Spanien. Th. 2. S. 271..

Daß bey den Wilden die Ohren mehr von dem Kopfe abstehen und beweglich sind, ist eine sehr be - kannte Sache, so auch, daß viele Völkerstämme, besonders aus Ostindien und dem stillen Meer sie durch mancherley Künsteleien sehr groß und unnatür - lich lang machen; welche seltsame Sitte zu den mährchenhaften Erzählungen einiger alten Schrift - steller von den ungeheur großen Ohren gewisser Völ - ker Veranlassung gegeben hat.

169

§. 67. Brüste.

Daß bey manchen rohen Völkern, besonders in Afrika185)Ueber die Negerinnen, s. Fermin sur l'oeconomie, animale, Th. 1. S. 117.Von den Hottentottem, Kolbe S. 474. und auf einigen Inseln des stillen Mee - res186)S. die Einwohner der Insel Horn bey Schouten in Dalrymple collection, Th. 2. S. 58., die Weiber lange und schlaff herunterhän - gende Brüste haben, ist durch eine Menge Zeugen außer Zweifel gesetzt. Doch sind diese Erzählungen zum Theil übertrieben187)Z. B. Towrson's Behauptung in Hakluty's collection, Th. 2. S. 26. von den Negern, am St. Vinzenzflusse. Verschiedne Weiber haben so außerordentlich lange Brüste, daß manche von innen sie auf die Erde legen, und auf denselben liegen. Ccc)Bruce sagt von den Brüsten der Schangallas, daß sie bey einigen fast bis auf die Kniee herabhingen. Reisen nach den Quellen des Nils, Th. 2. S. 546.Eben so wenig Glauben verdienen Mentzels Erzäh - lungen von den Tabaksbeuteln, welche aus den Brü - sten von Hottentottinnen gemacht, und auf dem Vor - gebirge der guten Hoffnung in Menge feil geboten würden. Beschreibung des Vorgebirgs der guten Hoffnung, Th. 2. S. 564., auch findet sich diese Eigenheit nicht an allen Weibern eines und desselben Volks; denn es giebt sehr viele Südseeinsulanerin - nen188)J. R. Forster Bemerkungen u. s. w. S. 242. und nicht weniger Negerinnen, die man täglich in europäischen Handelsplätzen sehen kann,170 welche durch schön geformte Busen sich auszeichnen; endlich aber ist auch diese Verlängerung keineswegs blos den wilden Völkerschaften eigen, sondern man hat sie hier und da auch bey europäischen Weibern, z. B. sonst an den irrländischen189)Lithgow's rare Adventures and painefull pere - grinations, S. 433. In den nördlichen Theilen von Irrland sah ich Weiber, wel - che auf der Straße arbeiteten, oder heim - wärts gingen, und ihre Kinder auf den Nacken trugen, und ihre Brüste über die Schultern gelegt, die Säuglinge hinter ihren Rücken saugen ließen, ohne sie in ihre Arme zu nehmen. Solche Art von Brüsten deucht mich, wären sehr passend, Geldbeutel für ost - oder westindische Kauf - leute daraus zu machen; denn sie sind länger als eine halbe Elle und so zuge - richtet, als nur immer ein Lohgerber solches Leder zurichten könnte. Ddd und noch in neuern Zeiten bey den morlachischen190)Fortis viaggio in Dalmatia. Th. 1. S. 81., gefunden.

Die Ursache davon scheint hauptsächlich in der Gewohnheit, die Kinder, auf dem Rücken der Mut - ter hangend, zu säugen, zum Theil auch in einem langen, mehrjährigen Säugen der Kinder zu liegen. Hin und wieder wird uns sogar berichtet, daß bey Völkern, welche diese Verlängerung für schön hiel - ten, die Brüste durch Kunst verlängert worden sind191Von den Bewohnern der östlichen Küste Afrikas, zwischen dem weißen Vorgebirge und dem Fluß Se - nega. Cadamosto in Ramusius Sammlung, Theil 1. S. 100.Vergl. L'amiral l'Afrique et le peuple Africain. Paris 1789. 8. S. 45.171 In Senegal wenden die jungen Frauen - zimmer alles an, ihren Busen schlapp zu machen, damit man sie für Weiber halte, und ihnen mehr Achtung bezeige. Eee).

Andere Nationen zeichnen sich durch weite und dicke Brüste aus, wie die Aegyptier, und schon Juvenal spricht

Von Warzen auf Meroens Brust Die größer, als ein dickes Kind gewesen

als von einer bekannten und nicht ungewöhnlichen Sache. Ja nicht die Weiber allein, sondern auch die Männer in Aegypten sollen ungewöhnlich starke Brüste haben192)Alpinus, historia naturalis Aegypti, Th. 1. S. 14..

Unter den europäischen Nationen haben die Por - tugiesinnen die vollsten Brüste193)Dies erzählte mir Herr Abildgaard, welcher neu - lich von einer Reise durch Portugall zurückgekom - men ist., da sie hingegen bey den Spanierinnen schwach und klein sind, denn sie suchten, wenigstens im vorigen Jahrhundert, das Wachsthum derselben durch Einpressen zu ver - hindern194)Gräfin d'Aunoy a. a. O. Th. 2. S. 128..

Daß dagegen durch andere Mittel die Dicke der Brüste noch vergrößert werden könne, ist außer Zweifel; wieviel übrigens eine zu früh ausgeübte Befriedigung des Geschlechtstriebes dazu beytragen könne, davon geben die noch nicht ganz erwachsenen und unmannbaren feilen Weibspersonen ein auffal -172 lendes Beyspiel, welche nach London aus den näch - sten Vorstädten zusammenströmen, um ihren Körper für Geld Preis zu geben, und die Straßen des Abends in unglaublicher Menge[ durchstreifen].

§. 68. Geschlechtstheile.

Linné verwirft zwar in seinen Prolegomenen zu dem System der Natur eine ausführlichere Untersu - chung der Geschlechtstheile und verabscheuet sie; al - lein in der Folge seiner Untersuchungen hat er anders davon gedacht, wie dies augenscheinlich seine Ter - minologie der Conchylien, und vor allen die ächte Venusmuschel (Venus Dione) beweißt, welche er in einer in der That sehr schlüpfrigen metaphorischen Sprache beschrieben hat. Die Manen des großen Mannes mögen mir es daher verzeihen, wenn auch ich hier einige nicht unmerkwürdige Nationalverschie - denheiten der Geburtstheile, einzeln aufzähle.

Von den Negern sagt man insgemein, daß ihr Geburtsglied ziemlich lang sey. Wirklich entspricht dieser Behauptung ein ausgezeichnetes Präparat von den Geburtsgliedern eines Negers, welches ich in meiner anatomischen Sammlung aufbewahre. Ob aber diese Eigenschaft allgemein und der ganzen Na - tion eigen sey, weiß ich nicht195)Dasselbe sagt Faust von den nördlichen Schotten, welche niemals in Beinkleidern gehen.Wie der Geschlechtstrieb der Menschen in Ordnung zu bringen etc. S. 52.173Daß aber diese Behauptung von den Schotten nicht ganz richtig sey, habe ich durch sehr gültige Zeugnisse bewiesen in der medicinischen Bibliothek, Th. 3. S. 413.. Sehr wollüsti - ge Frauenzimmer sollen den Beyschlaf mit den Ne - gern andern vorziehen196)Siehe Saar, ostindische Kriegsdienste Seite 45..

Umgekehrt versichert man auch, daß die Euro - päer die beste Befriedigung bey den Negerinnen197)Chanvalon voyage à la Martinique, S. 61.Sparrmann Reise nach dem Vorgebirge der guten Hoffnung, S. 72. und Mulattinnen198)S. de Werken van W. V. Focquenbroch Theil 2. S. 421. finden. Die Ursache dieses Vorzugs, deren es verschiedene geben kann, ist mir unbekannt.

Ob sie etwa darin den mongolischen199)Georgi Beschreibung aller Nationen des russischen Reichs, Abschn. 2. S. 220. und amerikanischen200)S. Vespucci Lettera a Lorenzo de Medici, Seite 110. Bandinis Ausg.Riolani des Sohns anthropographia, S. 306. Weibern gewisser Völkerschaften ähnlich sind, von welchen man sagt, daß sie auch nach der Verheyrathung und selbst nachdem sie schon Kinder geboren haben, enge Geburtstheile behalten?

Eine ganz entgegensetzte Beschaffenheit der Schamtheile, schreibt Steller den Kamtschadalin - nen zu201)Beschreibung von Kamtschatka, S. 299..

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Er behauptet, daß sich viele unter ihnen durch lange und vorhängende Nymphen auszeichnen, die, wie von mehreren Schriftstellern versichert wird202)Vergl. W. ten Rhyne de promontorio bonae spei, Schafh. 1686. 8. S. 33., bey den Hottentottinnen zu fingerförmigen Läppchen werden sollen. Doch scheint dieser Schaambusen (Sinus pudoris) wie Linné ihn nannte, mehr in einer Verlängerung der Lefzen selbst zu bestehen203)S. Hawkesworth's collection, Th. 3. S. 388.Verschiedene auf dem Vorgebirge der guten Hoff - nung nach der Natur selbst gemachte Abbildungen dieses Schaambusens verdanke ich dem Wohlwol - len des Herrn Baronet v. Banks. Bey einer darun - ter halten die so verlängerten Lefzen sechs und einen halben Zoll rhein. Maaß., welche nicht natürlich, sondern erkünstelt seyn soll204)le Vaillant, voyage dans l'intérieur de l'Afrique. S. 371.; und sie hat eigentlich zu dem fabelhaften häutigen Bauchschurz Veranlassung gegeben, von welchem leichtgläubige Schriftsteller glaubten, daß er von dem Unterleibe herabhänge205)S. eine Abbildung bey F. Leguat voyage et avan - tures, Th. 2. Taf. 13. und die Schaamtheile dieser Weiber bedecke206)Voltaire führt unter anderen Beweisen von glei - chem Gewichte diesen fabelhaften Schurz an, um zu beweisen, die Hottentotten konnten nicht mit den Europäern zu derselben Menschengattung gerechnet werden. Lettres d'Amabed, Th. 45., seiner Werke S. 224..

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§. 69. Schenkel.

Ferner wissen wir, daß gewisse Völker in der Bildung und Proportion der Schenkel von einander abweichen. So zeichnen sich z. B. die Indianer durch die Länge ihrer Schenkel207)De la Boullaye-le-Gouz voyages et observations, S. 153.Kant in Engels Philosoph für die Welt. Theil 2. Seite 155., die Mongolen dage - gen durch die Kürze derselben aus208)Yvo von Narbonne in Matthäus Paris, historia majore, nach Wats Ausgabe S. 530.. Die Irr - länderinnen sollen sehr starke Lenden haben209)Twiss's Tour in Ireland, S. 39..

Den Neu-Seeländern legt man so dicke Schen - kel bey, daß sie die[ Wassergeschwulst] Fff) zu haben scheinen210)Monneron in de la Borde historie de la mer du Sud, Th. 2. S. 97.

Andere sagen, daß diese Antipoden von uns krumme und ungestaltete Schenkel haben, und diese Mißgestalt durch die Lage des Körpers bekommen, in welcher sie zu sitzen pflegen211)G. Forsters voyage round the world, Theil 2. S. 480..

Die sehr krummen Schenkel der Kalmucken leitet man theils von der Beschaffenheit ihrer Wiegen,176 theils von dem Reiten her, wozu sie sich schon in der zartesten Jugend gewöhnen212)Pallas über die mongolischen Völker - schaften, Th. 1. S. 98..

Aeußerst unförmlich werden die Füße der Feuer - länder beschrieben213)J. R. Forster Bemerkungen, S. 225. Die Füße haben kein Verhältnis zu dem Ober - leibe: die Schenkel sind dünn und hager; die Beine gekrümmt, die Knie ausge - dehnt, die Zehen einwärts gekehrt. , welche Bougainville Pesche - rais benamt hat214)Voyage autour du monde, S. 147. Wir haben sie Pescherais benamt, weil dies der erste Laut war, den sie von sich gaben, als wir landeten, und welchen sie uns unaufhörlich wiederholten. Ggg).

Daß aber eine Mißgestalt der Schenkel und Füße, besonders bey einigen afrikanischen Völker - schaften, national sey, haben schon die Alten, haupt - sächlich von den Aegyptern215)Aristoteles problematum, 5. 14. S. 431. in Ca - saubons Ausgabe., Aethiopiern216)Virgil. moretum, V. 35.Vergl. Heynens Anmerkungen zu dieser Stelle im vierten Theil von Virgils Werken, S. 215. fg. und Negersklaven217)Petron. Satyricon, K. 102. angemerkt. An den Schen - keln der schwarzen Sklaven muß man dreyerley Fehler unterscheiden, welche auch von verschiednen Ursachen herrühren: erstlich krumme Beine218)Sömmering über die körperliche Ver - schiedenheit des Negers u. s. w. S. 40.177Chanvalon voyage à la Martinique, Seite 58. Diese Form der krummen Beine ist auch unter den Amerikanern sehr gemein, al - lein sie ist zuweilen nicht so merklich als unter den Negern. Hhh) (jambes cambrêes) dann eine verunstaltende Dik - ke219)Albrecht Dürer von menschlicher Propor - tion, Fol. Theil 3. Ausgabe vom Jahr 1528. Der Morn ire schinbeyn mit dem knie unn füß sind zu knorret nit so gut zu se - hen alß der weyßen. Ramsay on the treatment and conversion of African Slaves, S. 217. und endlich Striemen und Risse, welche häu - fig daran aufspringen sollen220)Im Monat Januar 1789 erhielt ich das frische, übrigens ganz gesunde rechte Pein eines eben zu Kas - sel verstorbenen Mohren, wovon ich einen Theil noch unter meinem anatomischen Vorrath aufbewahre, woran die Oberhaut der Fußsohle außerordentlich dick, ritzig und in vielgespaltne Stückchen aufgesprun - gen war..

Jene Krümmung scheint hauptsächlich von der Stellung herzurühren, in welcher die Kinder auf dem Rücken der Mütter hängen und sich mit ihren Knieen festhalten221)Chanvalon a. a. O.. Manche solche Unförmlich - keiten sind auch Folgen von Krankheiten222)Fr. Allamand in den Novis actis academiae na - turae curiosorum, Th. 4. S. 89..

Die Dicke der Füße (wo sie nicht ebenfalls aus der Pathologie zu erklären ist) kann auch wohl von starker und anhaltender Arbeit herkommen.

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Daß aber die an der starken Haut, vorzüglich auf der Fußsohle, der Neger aufspringenden Spal - ten von dem brennenden sandigen Boden herrühren kann, ist nicht zu bezweifeln223)S. Hier. Mercurialis de decoratione, S. 103..

§. 70. Füße und Hände.

Endlich haben aufmerksame Beobachter ange - merkt, daß bey gewissen Nationen Hände und Füße verhältnißmäßig sehr klein sind.

Dies wird z. B. von den Indianern224) An den häufig nach England gebrach - ten Waffen der Hindus hat man beobach - tet, daß die Säbelgefäße für die meisten europäischen Hände zu enge sind. Hod - ge's Travels in India, S. 3. Iii), Si - nesern225)Dampier suite du voyage autour du mond, S. 100. de la Barbinais voyage autour du monde, Theil 2. Seite 62.Osbeck's Ostindisk Resa, S. 171., Kamtschadalen226)Steller a. a. O., Eskimos227)S. H. Ellis, Dav. Cranz u. a.Der vortrefliche Astronom Wales in den Philoso - phical Transactions, Th. 40. S. 109. und Curtis daselbst, Th. 64. S. 383., Peruanern228)de Ulloa Nachrichten u. s. w. Th. 2. S. 92., Neuholländern229)Watkin Tench's Account of the Settlement at Port Jackson, S. 179. und Hotten - totten230)Sparrmann a. a. O. S. 172. gesagt.

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Daß hiezu oft Verkünstelung mitwirken könne, lehren die straußfüßigen Sineserinnen. Sehr wahr - scheinlich mögen aber auch die harte Lebensart231) Ein (Amerikaner) Indianer hat kleine Hände und Handgelenke aus ebendemsel - ben Grunde, aus welchem der Ruderer stark an Arm und breitschulterig ist, oder ein Lastträger statte Schenkel und Beine hat. Jefferson in Morse's American universal Geography, Th. 1. S. 87. Kkk) und die Nahrungsmittel232)S. Tench a. a. O. nach der Beobachtung eines Gouverneurs vom Cap: Der Obrist Gor - don erzählte mir, daß dies von Armuth und elender Lebensart zeige. Er führte mir die Hottentotten und Kaffern zum Beyspiel an: die erstern leben kummer - lich und haben kleine Hände und Füße; an den Kaffern, ihren Nachbarn, dage - gen, welche im Ueberflusse leben, findet man sie sehr groß. Lll) Schuld daran haben.

§. 71. Nationalverschiedenheiten in Ansehung der Statur.

Nachdem wir nun die merkwürdigsten Verschie - denheiten in Bildung einzelner Theile und ihrer Pro - portion unter einander berührt haben, müssen wir auch die Verschiedenheiten der ganzen Leibesstatur kürzlich abhandeln; und zwar ist dieser Theil der Geschichte des Menschen bisher am meisten durch fabelhafte und übertriebene Erzählungen verfälscht und entstellt worden, welche jedoch itzt großentheils schon so weit widerlegt oder berichtigt und auf den wahren Grund zurückgeführt worden sind, daß sie180 kaum einer weitern Erwähnung, geschweige einer wiederholten genauen Untersuchung, bedürfen.

So hat man z. B. bewiesen, daß in den äthio - pischen Pygmäen der Alten nichts als eine symboli - sche Bedeutung der Grade auf dem Nilmesser zu suchen sey.

So hat man ferner nach einem sorgfältigern Studium der Knochenlehre gefunden, daß die sehr großen hin und wieder in unsern Erdgegenden aus - gegrabenen Knochen, welche das Vorurtheil sonst Giganten beygemessen hatte, von großen Land - und Seethieren (belluae) herrühren233)Es ist in der That unbegreiflich, wie ganz neuer - lich Büffon in dem fünften Supplementbande seines klassischen Werks, mehrere solcher zu verschiedenen Zeiten und Orten ausgegrabener fossiler Thierknochen wiederum Giganten habe beylegen können, z. B. die - jenigen, welche im Jahr 1577. bey Luzern ausgegra - ben worden sind, und noch jetzt auf dem Rathhause dieser Stadt aufbewahrt werden, wo ich sie selbst untersucht, und beym ersten Anblick für Elephanten - knochen erkannt habe. Der verdiente Arzt und vor - treffliche Anatom. Felix Plater hingegen, hat diese geognostischen Denkmäler damals, als sie ausgegra - ben wurden, sehr sorgfältig ausgemessen und unter - sucht und ganz zuversichtlich erklärt, sie haben einem menschlichen Giganten von 17 Fuß Länge zugehört. Er hat auch ein seltsames kolossalisches Gemählde ei - nes menschlichen Skeletts von dieser Größe mit vieler Sorgfalt verfertigen lassen, welches noch in dem Je - suitencollegium zu Luzern zu sehen ist: zum merkwür - digen Beweise, wie mächtig die Herrschaft des Vor - urtheils auch in einem so großen Manne sey, wenn es einmal so tief eingewurzelt, daß es selbst gegen den Augenschein noch streitet. u. s. w.

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Vielmehr beweisen einstimmig alle auf uns ge - kommene Ueberreste und Alterthümer, wonach wir die Statur der alten Völker schätzen können, als Mumien, Knochen, besonders Menschenzähne, wel - che in den ältesten Grabmählern und Urnen gefun - den worden sind234)Ich besitze durch die Güte des Herrn von Bozen - hard, kaiserl. Oberkonsuls in Copenhagen, die Hirn - schaale und andere Knochen eines erwachsenen Men - schen, welche unlängst in einem sehr alten cimbrischen Grabmahle gefunden wurden, und die weder in Ver - hältniß noch der Größe von unsrer heutigen Statur abweichen., Waffen u. a.m. daß jene Völker wenig oder gar nicht größer gewesen seyen, als die jetzigen.

Zwar findet man auch unter den neuern Völkern allerdings Nationalverschiedenheiten hierin. So sind z. B. unter den europäischen Nationen die Schonen, oder die Schweizer gewisser Kantons, z. B. die Schwytzer, langer, die Lappländer aber kleinerer Statur; in der neuen Welt sind die Abiponer von größerem, die Eskimos von kleinerem Körperbau; doch so, daß keins zu sehr von der Mittelgröße ab - weicht; und im Allgemeinen ist unter den Nationen der jetzigen Welt keine Verschiedenheit im Betreff der Körpergröße so abweichend von der Regel, daß sie nicht nach der gewöhnlichen Degenerationsweise und analogen Erscheinungen an andern Säugthieren leicht erklärt werden könnte.

Ich muß jedoch zwey solche Verschiedenheiten besonders berühren, wovon selbst nach neuern Nach -182 richten, die eine weit über die gewöhnliche Men - schenstatur hinausgehen, die andere aber weit unter ihr bleiben soll. Ich meine die gigantischen Pata - gonen im südlichsten Amerika, und die zwerghaften Quimos, die angeblichen Bergbewohner der Insel Madagaskar.

§. 72. Patagonen.

In dem südöstlichen Theile des festen Landes von Süd-Amerika ist eine Nation, die seit Magal - haens Weltumseglung den Europäern bekannt wor - den, welche ihnen den zusammengesetzten Namen der Pata-gonen gaben, weil sie sie nämlich für ver - wandt mit den benachbarten Chonen hielten, ihre in Guanakofelle eingewickelten Füße aber den behaar - ten Thierpfoten, welche die Spanier Patas nennen, ähnlich waren. Nach der eigenthümlichen und Lan - desbenennug aber heißen sie Tehuelheten.

Von diesen sogenanten Patagonen nun fabelte zuerst Anton Pigafetta, Magalhaens Reisegefährte, in seiner Erzählung, sie seyen Giganten, am Kör - perbau doppelt größer als die Europäer235)S. dessen Viaggio atorne il mondo, bey Ramusius Th. 1. (4te Ausg.) S. 35. 36.. Von jener Zeit an bis nach drittehalb Jahrhunderten be - streiten und widersprechen sich gegenseitig die Berichte in denen von den Europäern nach dieser Gegend der neuen Welt angestellten Reisen m Betreff der Pata -183 gonen so sehr, und sind sich so äußerst ungleich, daß sie ein merkwürdiges Warnungsbeyspiel zur Behut - samkeit und zum Mißtrauen beym Gebrauch der Rei - sebeschreibungen abgeben können.

Wem daran liegt, diese verschiedenen Berichte und die Meinungen der Anthropologen darüber zu durchsuchen und zu vergleichen, der lese die unten angeführten zehn Schriftsteller236)Büffon histoire naturelle, Theil 3. und Supple - mente, Theil 5.de Brosses histoire des navigations aux terres au - strales, Th. 1.de Pauw Recherches sur les Americains, Th. 1.Ortega in Viage del comand. Byron al rededor del mundo, traduc. del Ingles. Robertsons history of America, Th. 1. In Schil - lers Uebersetzung S. 348-350. und S. 540. fgg. wo man noch mehrere Citate hierüber findet. G.Zimmermann geographische Geschichte des Menschen, Th. 1. S. 60-63.J. R. Forster Bemerkungen.Com. Carli-Rubbi Lettere Americane, Th. 1.Pennant of the Patagonians. Relacion del ultimo viage al Estrecho de Magallanes en 1785 y 86.. Zu unserm Zwecke ist blos nöthig jene Folgerungen darzulegen, welche nach reiferer Prüfung die wahrscheinlich - sten sind.

Es ist also ein Menschenstamm, der sich keines - wegs durch gigantische Größe, ob wohl durch einen langen Körper und noch mehr durch robusten Habi -184 tus auszeichnet237)Denn so werden sie von den wahrhaftesten Augen - zeugen mit einem Munde beschrieben. So waren auch die, welche gegen das Ende des 16ten Jahrhun - derts nach Spanien gebracht wurden, die allereinzi - gen Patagonen, welche, wenigstens meines Wissens, Europa jemals gesehen hat.Diese sah zu Sevilla der große und wirklich klassische Reisebeschreiber von Linschoten, und saht von ihnen: waren wol gestatueert ende graf van leben u. s. w. (wohlgestaltet und stark von Glie - dern).. Das Maas der Länge kann man zwar bey dem so sehr veränderlichen und schwan - kenden Berichten keineswegs mit Sicherheit bestim - men; jedoch beträgt es nach der Autorität sehr glaub - würdiger Zeugen kaum über sechs und einen halben englischen Fuß.

Diese Länge aber ist so außerordentlich nicht, da man vorlängst weiß, daß auch andere eingeborne Stämme von Amerika (besonders dem südlichern) von sehr langer Statur sind, welches besonders von denen Völkern gilt, welche sich, so wie es Tacitus von den alten Germanen meldet, nicht mit andern Völkerschaften durch Heyrathen verbunden, sondern sich als einen eignen unvermischten und daher kei - nem andern Volke ähnlichen Stamm erhalten haben.

Sie sind Nomaden, wie die Bewohner des Feuer - landes und andre herumziehende Völkerschaften in Süd-Amerika; weshalb es kein Wunder ist, wenn die Europäer, welche zwar an einer und derselben Küste dieses Landes, aber zu verschiedenen Zeiten, landeten, nicht immer Menschen von demselben lan - gen Stamme sahen.

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Von der andern Seite aber ist es auch nicht schwer zu errathen, wie die Fabel von den giganti - schen Patagonen habe entstehen können.

Denn erstlich waren uns aus der ältern Fabel - geschichte schon Giganten aus der alten Welt bekannt; sollten also wohl abentheuersüchtige Reisebeschreiber in der neuen Welt nicht an sie gedacht haben, da sie in der That lange und starke Menschen, auch außerordentlich große Begräbnisse238)Vergl. Ed. Brown's Travels S. 50. Herr Wood, der sehr genaue Karten von der Magellansstraße gemacht hat ... erzähl - te mir, daß er in den südlichen Theilen von Amerika verschiedne fast zwölf Fuß lange Gräber gesehen, welches ihn um so mehr gewundert habe, weil er nie einen sechs Fuß hohen Amerikaner gesehen hät - te; er öfnete deshalb eins dieser langen Begräbnisse von einem Ende zum an - dern, und fand darin einen Mann und ein Weib so gelegt, daß der Kopf des Wei - bes zu des Mannes Füßen lag, wozu denn freylich ein Grab von jener Länge erfor - dert wurde. Mnm) und bey diesen öfters Knochen von ungemeiner Größe fanden239)Nemlich Knochen von Pferden, deren Skelette sie bey den Gräbern der Verwandten aufstellen. S. Falk - ner Beschreibung von Patagonien, S. 49.Im Allgemeinen konnte jene sehr alte, und bey sehr vielen Völkern übliche Sitte, die Pferde tapferer Krieger zugleich mit den Leichnamen dieser zu begra - ben, späterhin den Irrthum veranlassen, diese Pfer - deknochen für Riesenknochen zu halten.So werden z. B. in den, ältesten sibirischen Begräb - nissen Pferdeknochen gefunden: siehe J. G. Gmelin Reisen, Th. 3. S. 313.186Auch in den Sarkophagen christlicher Ritter, welche in dem sogenannten Mittelalter in die Kirchen begra - ben wurden, hat man außer ihren Gerippen und - stungen zuweilen auch Pferdeknochen gefunden. S. Dorville Sicula, S. 148.?

Bey den Spaniern konnte noch die Absicht da - zukommen, durch solche Nachrichten andere europäi - sche Nationen von der Schiffahrt nach der Magel - lansstraße abzuschrecken240)S. Io. Winter in Hakluyt's Collection, Theil 3. S. 751.Auch Sir John Narborough's Voyage to the Streights of Magellan, S. 90.; bey diesen aber kam leichtgläubige Furcht und der Hang zum Wunderba - ren und zur Prahlerey dazu, wie denn noch in die - sem Jahrhundert der Verfasser der holländischen Be - schreibung von Roggeweius Erdumseglung sich ver - leiten lies, die Bewohner der Osterinsel im stillen Meere für Giganten von zwölf Fuß Länge auszu - geben241)S. eines Ungenannten tweejaarige Reyz rondom de wereld, Dordrecht 1728. 4.Weit wahrhafter und genauer spricht hiervon Beh - rens (ein Lebküchlergeselle), der diese Reise mitge - macht hat, in der Reise durch die Südländer und um die Welt, Frankfurt 1737. 8. wo er S. 87. die Bewohner der damals erst entdeckten Oster - Inseln blos wohlgestalt, stark von Glie - dern nennt..

§. 73. Quimos.

Nach einer alten Sage, welche jedoch schon im vorigen Jahrhundert von Steph. Flacourt, einem187 sehr glaubwürdigen Schriftsteller, für eine fabelhafte Erdichtung erklärt wurde, soll es in der innern Ge - birggegend der Insel Madagaskar ein zwar von Sta - tur pygmäenmäßiges, allein von kriegerischem Geiste beseeltes Volk geben, welches die übrigen Einwoh - ner oft durch plötzliche Ueberfälle beunruhigte ꝛc. Diesem Völkchen hatte man den Namen Quimos, oder Kimos beygelegt.

Dieses Gerücht hat neuerdings wieder Verthei - diger an Moldave und dem berühmten Botaniker Commerson gefunden. Nimmt man aber von die - sen Erzählungen das hinweg, was beyde nur vom Hörensagen haben, und viele Dinge, in welchen sie sich einander selbst widersprechen, so läuft das übrige da hinaus, daß Moldave irgend eine Zwerg - art von Sklavin, welche man ihm für eine Quimo - tin verkauft, erhalten hatte, die sich durch blaßgelbe Farbe, herabhängende Brüste, und lange, fast bis auf die Kniee gehende, Arme auszeichnete. Allein der berühmte Freyherr v. Clugny, welcher mit eben dieser Pygmäin einen ganzen Monath lang auf ei - nem Schiffe war, hat deutlich gezeigt, daß sie blos durch fehlerhaften Wuchs und krankhafte Beschaffen - heit eine Zwergin geworden sey; sie habe einen dik - ken Kopf und einen sehr blöden Verstand gehabt, und habe nur in einzeln abgerissenen Tönen gespro - chen u. s. w.; lauter Umstände, nach welchen ihre Krankheit höchst wahrscheinlich für eine Art Kreti - nism zu halten war, da sich bey den Kretinen gleiche Symptomen zeigen; denn auch die langen Arme sind an vielen derselben, und namentlich den salzbur -188 gischen, von Beobachtern ausdrücklich angemerkt worden.

Sonnerat hat diese ganze Tradition scharfsinnig so erklärt, daß man sie von der Zephe Racqui - mussen (Zafferaminen) oder den sechs Oberhäuptern des Stammes zu verstehen habe, welcher die Pro - vinz Manatan auf dieser Insel bewohnt. Diese Oberhäupter sollen noch von dem ältesten Stamm - vater dieses Stammes abstammen, welcher ein Zwerg gewesen seyn soll, worauf auch obiger Name in ih - rer Sprache hindeutet242)Der berühmte Pallas hält die Quimos für ein Bastardgeschlecht. S. dessen Observations sur la for - mation des montagnes, Seite 14. wo er von dem Ur - sprung der Neger spricht: Es ist nicht noth - wendig, hier eine solche unedle Vermi - schung (Mesalliance) des Menschengeschlechts anzunehmen, wie diese Statt gefunden haben muß, um die langhändigen Bergbe - wohner, oder Quimos auf Madagaskar hervorgebracht zu haben. Nnn).

§. 74. Von den Ursachen der Nationalstatur.

Es giebt also weder ganze Völker von Giganten noch Pygmäen. Die Nationalverschiedenheit der Statur aber, welche wir oben (§. 71.) beyläufig erwähnt haben, scheint verhältnismäsig in engere Grenzen beschränkt zu seyn, als jene, welche wir an Hausthieren hin und wieder finden (§. 29.). Auch wird, nach dem, was über die Ursachen der Verartung angeführt worden ist, ihre Erklärung nicht mehr schwierig seyn.

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Wie viel das Klima hierbey mitwirke (§. 34.), zeigt außer so vielen andern Beweisen, die Verglei - chung der Lappen mit den Ungarn, welche beyde Völker von gemeinschaftlichem Ursprunge abstam - men, jedoch unter verschiedenen Himmelsstrichen auch eine verschiedne Statur angenommen haben.

Daß auch die Nahrungsmittel (§. 35.) viel da - zu beytragen, die Statur entweder zu vergrößern, oder zu verkleinern, lehrt die Physiologie sehr deutlich.

So wird z. B. der schlanke Körper der vorneh - mern Otaheiter den feineren Nahrungsmitteln zuge - schrieben, welche sie genießen243)J. R. Forster Bemerkungen, S. 236., und gegentheils wird uns berichtet, daß die Statur gewisser wilder Völker durch mehrere Generationen hindurch allmäh - lig abgenommen habe, weil sie sich an den unmäßi - gern Genuß des Brantweins gewöhnt hatten244)Von den wilden Anwohnern der Hudsonsbay, s. H. Ellis Reise Hudsons Meerbusen, S. 201. Umfreville über den gegenwärtigen Zustand der Hudsonsbay, S. 21..

Ferner muß hier auch die bey verschiednen Völ - kern frühere oder spätere Mannbarkeit angeführt werden, welche gewiß in so fern auf die National - statur wirkt, daß bey Völkern, welche später reifen, der Wuchs durch diese längere Enthaltsamkeit aller - dings befördert werde, (wie Cäsar von den alten Germanern angemerkt hat); wogegen nach den Beobachtungen glaubwürdiger Schriftsteller über die190 verschiedensten und entlegensten Himmelsstriche, eine zu frühe Ausübung des Geschlechtstriebes den Körper hindert, zur vollen Länge auszuwachsen245)Vergl. z. B. nach so viel andern von den Kam - tschadalen: Behm. in Cook's Voyage to the northern hemisphere, Th. 3.Von den Otaheitern Cook in Hawkesworth's Col - lection, Th. 2. S. 187.Von den Sumatranern, Marsden, S. 41..

Auch erhalten sich Nationen eine eigenthümliche Statur, so lang sie sich von der Vermischung mit Fremden enthalten: dahingegen die Nationalstatur schon in einigen Generationen verändert wird, wenn sie sich mit fremden Nationen von anderer Statur durch Heyrathen vermischt haben246)Maupertius Venus physique, S. 131..

Daß eine gewisse Statur sich auf die Nachkom - menschaft forterbe, ist hierbey allerdings auch in Betracht zu ziehen, und wird durch unläugbare Bey - spiele von Familien bestätigt, die sich durch lange oder kleine Statur auszeichnen.

§. 75. Fabelhafte Verschiedenheiten des Menschengeschlechts.

Fast unzählich sind die Nachrichten, welche seit Herodot aus verschiedenen Quellen, hauptsächlich aus dem Aristeus, Kthesias und Megasthenes durch die Erdbeschreiber von der monströsen Bildung man - cher Nationen auf uns gekommen sind. Als z. B.191 von einäugigen Arimaspen; von Cinamolgen mit Hundsköpfen; von einfüßigen Monoskelen; von Waldmenschen auf dem Imaus, mit hinterwärts ge - kehrten Füßen u. dgl. m.247)Vergl. Jo. Alb. Fabricius Abh. de hominibus or - bis nostri incolis ꝛc. Hamburg 1721. 4..

Hier ist nun freylich der Ort nicht dazu, bey diesem Dingen länger zu verweilen; wiewohl eine Untersuchung der Umstände, welche zu jenen Erdich - tungen Veranlassung gegeben haben mögen, gewiß nützlich und unterhaltend seyn würde, denn es ist bey der Geschichte des Menschen eben so gewiß, als bey den übrigen Theilen der Naturgeschichte, daß nicht leicht in sie eine so ungereimte und widersinnige Fabel hineingebracht worden sey, bey welcher nicht etwas Wahres zum Grunde läge, welches blos durch hyperbolische Uibertreibung oder Misverstand ent - stellt worden ist248)So z. B. hat mein Freund Heyne die fabelhaften Berichte von den Hermaphroditen auf Florida auf ihre echten Quellen zurückgebracht in den Commenta - tion. soc. reg. scient. Gottingens. Th. 1. S. 39..

Aus jenem Schwall von Abentheuerlichkeiten will ich nur ein einziges Beyspiel anführen. Das so oft wiederholte Gerücht von geschwänzten Völkern, deren Existenz von mehreren Schriftstellern in ver - schiedenen Zeitaltern wiederholt behauptet wor - den ist249)Der neuste Vertheidiger und Behaupter geschwänz - ter Menschen war Monboddo in den beyden Werken nämlich: of the origin and progress of language, Th. 1. S. 234. und ancient Metaphysics, Th. 3. S. 250..

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§. 76. Die Fabel von geschwänzten Völkern.

Zu allererst haben Plinius und nach ihm Ptolo - mäus und Pausanias geschwänzter Völker in Indien erwähnt; dann hat sie im sogenannten Mittelalter der Geograph Nubiens, der Venezianer Marko Polo und andere neuerdings behauptet: und in den neuern Zeiten endlich haben mehrere Reisebeschreiber ähnliche Dinge von verschiedenen geschwänzten In - sulanern des indischen Archipelagus250)S. außer dem noch bald anzuführenden Schriften stellern Harvey de generatione animalium, S. 10. von den Borneern.: andere von solchen Einwohnern einer gewissen russischen Provinz251)Rytschkow orenburgische Topographie Th. 2. S. 34.Falk Beyträge zur Kenntniß des russi - schen Reichs, Th. 3. S. 525.: und noch andere Schriftsteller von andern Ländern252)Z. B. auf dem Feuerland siehe die Karten bey Alonzo d'Ovaglie relatione del Regno di Cile. Rom 1646. Fol. angeführt.

Wenn man nun diese Behauptungen näher be - leuchtet, so findet man leicht, wie wenig darauf zu achten sey. Die meisten Schriftsteller hatten diese Nachrichten blos von Hörensagen; überdies ist die Glaubwürdigkeit mancher vorgeblichen Augenzeugen davon schon an sich sehr verdächtig253)Z. B. von den Nikobaren, die mit albernen Mähr - chen angefüllte Beskrifning om en Resa genom Asia,193 Africa ꝛc. of N. Matthss. Köping (Schiffsleute - nant) S. 131. welche doch Linne eine äußerst glaub - würdige Erzählung nennt, in dem Briefe an Mon - boddo of the origin of language a. a. O.Dav. Tappe funfzehnjährige ostindische Reisebeschreibung, Seite 49. von den Suma - tranern..

Ferner aber werden ihre Berichte über diesen Umstand schon durch ihre widersprechende Verschie - denheit verdächtig254)Vergl. z. B. von geschwänzten Formosanern drey vorgebliche Augenzeugen, Jo. Strauß, Jo. Otto Helbig und El. Hesse.Der erste, Reisen, S. 32. Ein Formosa - ner von der Südseite mit einem Schwanz, einen guten Fuß lang, und ranch mit Haaren bewachsen. Der zweite in Ephem. naturae curiosor. erstes Jahrzehnd J. 9. Seite 456. Die nackten Schwänze glichen denen der Schweine. Der letzte, ostindische Reisebeschreibung, S. 216. Unter andern unsern Sclaven bey dem Bergwerk hatten wir auch eine Scla - vin, welche gleich einer schändlichen Be - stien mit einem kurzen Stiel oder Zie - genschwanz über dem Hintern ausgeschän - det war. .

Die aufrichtigsten und genauesten Untersucher jener Gegenden aber, schweigen entweder ganz von diesen abentheuerlichen Mißgestalten, oder erklären sie nach dem Zeugniß der Einwohner geradezu für fabelhafte Erdichtungen255)So von den Philippinern le Gentil Voyages dans les mers de l'Inde, Th. 2. S. 52..

Andere endlich merken ausdrücklich an, was zu dem falschen Gerücht Veranlassung gegeben haben194 könne: z. B. ein von dem Rücken herabhängender Zipfel der Kleidung256)Nic. Fontana on the Nicobar Isles in Asiatik Re - searches, Th. 3. S. 151., oder Menschenähnliche geschwänzte Affen257)Mithin war die bekannte, oft wiederholte und gewöhnlich für einen geschwänzten Menschen ausgege - bene Abbildung ursprünglich blos die Darstellung ei - nes ächten geschwänzten Affen; welche aber späterhin ein Schriftsteller von dem andern entlehnte, wobey sie beynahe jeder zugleich etwas menschlicher machte. Martini nämlich hat diese Abbildung in seiner Ueber - setzung des büffonischen Werks aus Linnées amo nita - tibus genommen, dieser aus Aldrovandi, dieser aus Geßnern, welcher selbst gesteht, die seinige aus einer gewissen deutschen Beschreibung des gelobten Landes genommen zu haben, deren Verfasser er zwar ver - schweigt, welchen ich doch in Bernard v. Breydenbach leicht erkannte; dieser liefert in der Hauptausgabe seines 1486. zu Mainz gedruckten Werkes: (Reyss in das gelobte Land) die Figuren gewisser ausländi - scher Thiere, die er in dem heiligen Lande gesehen hat, und unter diesen auch gerade die ziemlich genaue Abbildung, von welcher hier die Rede ist, und welche einen wirklichen vierhändigen Affen darstellt, bey welchem die Daumen nämlich von den übrigen Fußzehen abstehen u. s. w. welche aber späterhin durch Sorglosigkeit der Zeichner, beym Kopiren derselben, endlich in die menschliche zweyhändige Figur um - gewandelt worden ist..

So daß auch nicht ein einziges ächtes, von mehreren glaubwürdigen Augenzeugen bestätigtes Beyspiel von einem geschwänzten Volke übrigbleibt; ja nicht einmal von einer Familie, welche durch diese widernatürliche Bildung sich ausgezeichnet hät - te, da doch sonst Beyspiele von Familien, in wel - chen manche Misgestalten, z. B. die Uiberzahl des sechsten Fingers, in mehreren Generationen erblich bleibt, allgemein bekannt sind.

195

Daß aber von einzelnen Menschen, welche auch unter den Europäern hin und wieder durch ei - nen monströsen Auswuchs am Schwanzbeine sich ausgezeichnet haben, hier eben so wenig, als von den andern Misgeburten die Rede seyn könne, be - darf keiner Erinnerung.

§. 77. Nationalverschiedenheit als Folge von Krankheit.

Es ist schon (§. 38.) oben angemerkt worden, daß auch kränkliche Schwäche die äußere Gestalt der Thiere und sonderlich ihre Farbe so verändert, daß sie endlich, wenn sie sich durch mehrere Generatio - nen hindurch fortgeerbt hat, gleichsam zur andern Natur wird und in manchen Thiergattungen sonder - bare und bleibende Varietäten hervorbringt. Wir haben die bekanntsten Beyspiele von der weißen Haus - maus und den Kaninchen angeführt, deren weißes Fell und rothe Augensterne ohne allen Zweifel von einer krankhaften Schwäche, der Leukäthiopie, her - rühren.

Eben dergleichen angeerbte Krankheiten findet man auch hin und wieder bey Menschen. Doch zeig - ten sie sich bey ihnen nie so allgemein und bleibend, als unter den eben benannten Thieren, in so fern sie nämlich zu einer besondern und zahlreichen Varietät ausgeartet ist.

Dem ungeachtet müssen wir hier jene menschli - che Leukäthiopie noch berühren und zwar nur beyläu - fig, weil sie bey den Menschen eigentlich nicht als196 eine besondere Varietät angesehen weiden kann, und weil ich nicht gern wiederholen möchte, was ich schon anderswo über diese merkwürdige Krankheit gesagt habe258)Commentation. soc. Reg. scientiar. Gottingens. Th. 7. S. 29. und medizinische Bibliothek, Theil 2. S. 537..

§. 78. Menschliche Leukäthiopie.

Dieser krankhafte Zustand scheint unter die Ka - chexien zu gehören: man erkennt ihn, und zwar immer, an zwey Syptomen.

Das eine ist eine ungewöhnlich fehlerhafte Weiße der Haut, zu welcher oft eine unnatürliche Röthe hinzukommt, die einem leichten Ausschlage gleicht259)Vergl. z. B. Hawkesworth's Collection, Th, 2. S. 188., dann aber in einem anomalen Weiße der Haare und der Schaam, nicht jener Schnee - weiße, wie bey Greisen,[ noch] dem schönen blassen etwas ins Grau spielendem Gelb, wie bey Personen, welche sehr blond sind, sondern einem Weiß, wel - ches vielmehr mit dem gelblichen Weiß des Milch - rahms (cream colour) der Engländer verglichen werden kann.

Das zweyte Symptom zeigt sich in den Gesichts - organen, welches der dunkeln Farbe beraubt ist, das einige innere Häute des gesunden Auges über - zieht, zum Einsaugen des allzuvielen Lichtes be -197 stimmt, und für ein richtiges und gutes Sehen von höchster Wichtigkeit ist. Deshalb ist die Regenbo - genhaut des Auges der Leukäthiopier blaß rosenfarb und halb durchsichtig, die von einem dunklerem Roth schimmernde Pupille aber gleicht an Farbe einem bleichen Karneol.

Diese Symptome findet man stets beysammen, so daß man, meines Wissens, diese sonderbare - the der Augen nie allein und ohne jenes fehlerhafte Weiß der Haupt - und übrigen Haare gesehen hat. Daß aber jene Röthe der Pupillen von den Beobach - tern öfters nicht bemerkt worden, ist kein Wunder, da die übrigen genannten Symptome ihnen mehr in die Augen fielen, die Leukäthiopier aber, welche das Licht nicht gut vertragen können, die Augenlieder mehrentheils geschlossen halten.

Stets ist diese Krankheit angeboren, niemals, meines Wissens, nach der Geburt entstanden. Sie ist stets unheilbar; denn es findet sich kein einziges Beyspiel, daß sich jemals nach der Geburt eine dunklere Farbe noch angesetzt habe.

Nicht selten ist sie erblich, denn fälschlich sind die Leukäthiopier von einigen für unfruchtbar und entweder zum Zeugen oder zum Empfangen für un - tüchtig ausgegeben werden.

Im Allgemeinen aber ist die Kenntnis von dieser merkwürdigen Krankheit durch vielerley irrige Mei - nungen verfälscht worden. So z. B. sind einige ungewiß gewesen, ob sie die Leukäthiopie für einen wirklich krankhaften Zustand halten sollten;198 andere haben sie unrichtig mit dem Kretinism, an - dere mit der Geschichte des Orang-Utang verwech - selt; und noch andere haben ohne Grund behauptet, man finde sie blos innerhalb der Wendekreise u. s. w.

Freylich hat man sie zuerst unter den Aethio - piern beobachtet, denn das Weiß auf der Haut und den Haaren einer schwarzen Nation mußte besonders in die Augen fallen, und deshalb erhielten die mit diesem Zustand Behafteten dem Namen weiße Neger (franz. Negres blancs, die Holländer in Ostindien nennen sie verachtungsweise mit den Namen eines lichtscheuen Insekts Kackerlacken, die Spanier Al - binos, die Franzosen Blafards u. s. w.). Allein man findet sie doch nicht blos unter Negern, oder wohl gar blos in der heißen Zone, sondern es ist vielmehr nur zu gewiß, daß es keine Gegend der Erde giebt, wo sich diese Krankheit nicht erzeugen könne.

Denn mir selbst sind schon sechszehn Beyspiele von Leukäthiopiern bekannt, die in verschiednen Pro - vinzen von Teutschland geboren worden sind260)Von mehreren wird Nachricht gegeben in der medizinischen Bibliothek, Th. 3. S. 161. fg., und noch mehrere von andern europäischen Ländern, von Dännemark261)Ebendaselbst, S. 170., England262)Benj. Duddell's Supplement to his Treatise on the Diseases of the Horny-coat. London 1736. 8. Seite 19.Auch Jo. Hunter on certain parts of the animal oeconomy, S. 206., Irrland263)C. Perceval in den Transactions of the Irish Aca - demy, Th. 4. S. 97.,199 Frankreich264)Le Cat de la couleur de la peau humaine, S. 103., der Schweiz265)Medizinische Bibliothek, Th. 1. S. 545., Italien266)Von den Savoyern, von denen ich auch selbst Beschreibungen geliefert habe, s. Saussure voyages dans les Alpes, Th. 4. S. 303.Von den Venezianern erzählt es Bourguet in den Lettres philosophiques sur la formation des sels, Seite 163.Einen mailändischen hat Buzzi secirt, s. dessen Dissertazione sopra una varietà particolare d'Uomi - ni bianchi Eliofobi, Mailand 1784. 4.Jo. Hawkins erzählte mir, daß er ein ähnliches Mädchen zu Rom gesehen habe., den Inseln des Archipelagus267)Ebenfalls, nach Hawkin's Zeugniß, welcher aus seiner erstern Reise nach den Archipelagus bey seinem Aufenthalte auf der Insel Cyprus zwey zu Larnika geborne leukäthiopische Brüder von ungefähr zwölf Jahren sah. und Ungarn268)Michael Klein Naturseltenheiten von Ungarn, Presburg 1778. 8. S. 15.. Ferner außerhalb Europa, unter den Arabern269)Ledgard in Proceedings of the African associa - tion, S. 45., Malabaren270)Tranquebarische Missionsberichte, St. 46. S. 1239. und an noch andern Stellen., Madagassen271)Cassigny in Histoire de l'Acad. des sc. de Paris J. 1744. S. 13., Kaffern272)de la Nux, dessen Geschichte der Par. Akad. J. 1760. S. 17., und Negern, sowohl unter den in Afrika selbst gebor - nen, als unter den Negerkreolen der neuen Welt273)Aus vielen Augenzeugen hiervon will ich wenig - stens drey der Neuern anführen.200Oliv. Goldsmith History of the Earth, Vol. 2. Seite 240.Buffon Supplement à l'histoire naturelle, Vol. 4. S. 559. nebst Abbildung.Und Arthaud in Journal de Physique, 8. 1789.. Dann auch unter den Amerikanern auf der Landenge von Darien274)Waser's Description of the Isthmus of America, 2. Ausg. S. 107. und in Brasilien275)de Pinto bey Robertson History of America, Th. 2. S. 405.. Endlich unter den wilden Insulanern des indischen und stillen Meeres; z. B. auf Sumatra276)van Ipern in Verhandelingen van het Batavi - aasch Genootschap, Th. 1. S. 314., Bali277)Eben derselbe am angeführten Orte, nebst Ab - bildung., Amboina278)Valentyn Beschryving van Amboina, Theil 2. Seite 146., Manila279)Camelli in den Philosophical Transactions, Th. 25. S. 2268., Neu-Guinea280)Argensola Conquista de las islas Moluscas, S. 71., den Freundschafts -281)Cook's Voyage to the northern hemisphere, Th. 1. S. 381. und Societätsinseln282)Hawkesworth's Collection, Th. 2. S. 99. u. 188..

Diesen krankhaften Zustand findet man jedoch nicht blos an Menschen, sondern auch an vielen andern warmblütigen Thieren; die bekanntesten Bey - spiele geben die Kaninchen, Mäuse, Marder und Pferde (bey welchen vier Thiergattungen jene kränk - liche Beschaffenheit durch Länge der Zeit gleichsam201 zur andern Natur geworden ist (§. 38.)), doch findet man dies auch an Affen283)Sir Rich. Clayton in den Memoirs of the Soc. of Manchester, Th. 3. S. 270, Eichhörn - chen284)Wagner Historia naturalis Helvetiae, S. 185.Gunner an Lem de Lapponibus Finmarchiae, S. 207., Ratten285)Gessner de Quadrupedibus, S. 829., Hamstern286)Der berühmte Sulzer, Verfasser der klassischen Monographie von diesem Thierchen, hat mir eines von dieser Art zum Geschenk gemacht., Halbka - ninchen287)Boddaert naturkundige Beschouwing der Dieren, Th. 1. S. 210., Maulwürfen288)Dasselbe ebendaselbst., Beutelratten289)Dasselbe a. a. O., Mardern290)Kramer Elenchus animalium austriacorum, S. 312., Wieseln291)Boddaert a. a. O. und Rehen292)Themel im obererzgebirgischen Journal, Freyberg 1748. 8. St. 1. S. 47..

Unter den Vögeln findet man dies an Raben293)Nach dem Berichte meines Freundes Sulzer., Amseln294)Jo. Hunter on certain parts of the animal oeco - nomy, S. 204., Kanarienvögeln, Rebhühnern295)Buffon Histoire naturelle des oiseaux, Theil 2. S. 416., Hühnern und Pfauen.

An kaltblütigen Thieren aber hat man, so viel ich weis, auch nicht ein einziges merkwürdiges Bey - spiel von diesem krankhaften Zustande beobachtet.

202

§. 79. Schluß dieses Abschnitts.

So viel über die mannichfaltigen Abartungen des Menschengeschlechts in Farbe, Bau, und Pro - portion und Statur des Körpers, und über die Ur - sachen derselben. Meines Wissens habe ich dabey keinen Umstand unberührt gelassen, welcher auf ei - nige Weise dazu beytragen kann, den bekannten Streit: ob es nur Eine oder mehrere Hauptgattun - gen des Menschen in diesem Geschlechte gebe, bey - zulegen. Wie nun diese Frage obigen Erörterungen und der Natur und Wahrheit gemäs entschieden wer - den müsse, wollen wir im folgenden Abschnitt sehen.

Vierter Abschnitt. Es giebt fünf Hauptvarietäten des Menschenge - schlechts, jedoch nur Eine Gattung desselben.

203

§. 80. Die unzähligen Varietäten im Menschengeschlecht fließen durch unmerkliche Abstufungen in einander über.

Wir haben in der ganzen eben beendigten Uibersicht der wirklichen Varietäten im Menschengeschlechte, auch nicht Eine gefunden, welche nicht (wie im vorletzten Abschnitte gezeigt worden ist) auch bey andern warmblütigen Thieren, besonders den Haus - thieren, und zwar bey diesen meist noch weit deutli - cher gleichsam vor unsern Augen aus den bekannten Ursachen der Verartung entstände; und eben so fin - det man hingegen, (wie in dem letzten Abschnitte dargethan worden ist) keine Varietät in Farbe, Ge - sichtsbildung, oder Gestalt, so auffallend sie auch sey, die nicht mit andern Varietäten ihrer Art durch einen unmerklichen Uibergang so zusammenflösse, daß daraus deutlich erhellt, sie seyen alle blos rela - tiv, und nur in Graden von einander unterschieden.

204

Eben daher ist es auch nicht zu verwundern, wenn eine blos willkührliche Eintheilung dieser Va - rietäten Statt finden kann.

§. 81. Die fünf festgesetzten Hauptvarietäten im Menschen - geschlecht.

Da jedoch auch bey solchen willkührlichen Ein - theilungen immer eine schicklicher und besser als die andere ist, so scheint mir, nach langer und genauer Erwägung, das ganze bis jetzt bekannte Menschen - geschlecht am füglichsten, und zwar der Natur ge - mäs, in folgende fünf Hauptvarietäten eingetheilt werden zu können; welche sich mit den Namen:

  • A)der kaukasischen,
  • B)der mongolischen,
  • C)der äthiopischen,
  • D)der amerikanischen und
  • E)der malayischen

bezeichnen und von einander unterscheiden lassen.

Der kaukasischen habe ich den ersten Platz gege - ben, weil man sie, aus später aufzuführenden Gründen, für die ursprüngliche Race halten muß.

Von beyden Seiten ging diese in die zwey ent - ferntesten und verschiedensten Extreme über, von der einen Seite, nämlich in die mongolische, von der andern in die äthiopische Varietät.

205

Die übrigen zwey aber halten zwischen jener Urvarietät und diesen Extremen das Mittel.

Die amerikanische nämlich zwischen der kauka - sischen und mongolischen.

Die malayische wieder zwischen der kaukasischen und äthiopischen.

§. 82. Kennzeichen und Gränzen dieser Varietäten.

Uiberhaupt lassen sich diese fünf Varietäten durch nachfolgende Merkmale und Beschreibungen unterscheiden und bestimmen. Ehe ich diese Merk - male aufführe, muß ich jedoch im voraus erinnern, daß man erstlich, wegen ihrer mannichfaltigen[ gradweisen] Ver - schiedenheit dem Grade nach, nicht blos eines oder das andere derselben, sondern mehrere in Verbindung mit einander betrachten müsse; dann aber, daß auch selbst diese zusammengenommenen Kennzeichen nicht so bleibend seyen, daß sie nicht in jeder Varie - tät unendlichen Ausnahmen unterworfen seyn sollten. Indes ist doch diese Uibersicht so abgefaßt, daß sie im Allgemeinen hinlänglich deutliche und klare Be - griffe giebt.

A) Kaukasische Varietät.

Von weißer Farbe, mit rothen Wangen (§. 43.) schwärzlichen, oder nußbraunem Haar (§. 52.), ge - rundetem Kopf (§. 62.).

206

Mit ovalem regelmäßigerem Gesicht, in wel - chem die einzelnen Theile nicht zu stark ausgezeich - net sind, flacherer Stirn, engerer, leicht gebogner Nase, kleinem Munde (§. 56.).

Mit senkrecht unter einanderstehenden Vorder - zähnen des obern und untern Kiefers (§. 62.).

Mit sanft hervorstehenden Lippen (vorzüglich der Unterlippe), vollem runden Kinn (§. 56.)

Uiberhaupt von jener, nach unsern Begriffen von Ebenmaas, reizenden und schönen Gesichtsform.

Zu dieser ersten Varietät gehören die Europäer (mit Ausnahme der Lappen und übrigen Finnen) die westlichern Asiaten bis zum Fluß Obi, dem ka - spischen Meere und Ganges. Endlich die Einwoh - ner des nördlichen Afrika.

B) Mongolische Varietät.

Von gelbbrauner Farbe (§. 43.).

Von schwarzem, härtern, weder krausem noch dichtem Haar (§. 52.).

Mit gleichsam viereckigtem Kopfe (§. 62.), brei - tem und plattem Gesicht; und deshalb mit minder abgesonderten, sondern gleichsam in einander flie - ßenden Zügen, eine flache sehr breite Glabelle, eine kleine eingedrückte Nase, runde herausstehende Baus - backen, die Oefnung der Augenlieder enger gerad - linichter, das Kinn hervorragend (§. 56.).

Zu dieser Varietät gehören die übrigen Bewoh - ner Asiens (mit Ausnahme der Malayen auf der207 letzten Halbinsel des Ganges) die finnischen Völker in dem kalten Theile von Europa, Lappen und an - dere, und aus dem nördlichsten Amerika die von der Beringsstraße bis zum äußersten bewohnten Grönland verbreiteten Eskimos.

C) Die äthiopische Varietät.

Von schwarzer Farbe (§. 43.), schwarzem und krausem Haar (§. 52.), schmalem an den Seiten eingedrücktem Kopfe (§. 62.), mit unebener, hök - kerichter Stirne, herausstehenden Jochbeinen, mit mehr hervorliegenden Augen, mit einer dicken und mit den herausstehenden Oberkiefern gleichsam zu - sammenfließenden Nase (§. 56.), mit engerer vorwärts verlängerter Kinnladenwölbung, schräg hervorragende Oberschneidezähne (§. 62.), wulstige Lippen (besonders die Oberlippe) und ein zurückge - bogneres Kinn (§. 56.).

An vielen krumme Beine (§. 69.).

Zu dieser Varietät gehören alle Afrikaner, bis auf die nördlichen.

D) Amerikanische Varietät.

Von Kupferfarbe (§. 43.), schwarzem, har - tem und schwachen Haar (§. 52.), die Stirn nie - drig, die Augen tiefliegend, eine stumpfe, jedoch herausstehende Nase.

Das Gesicht ist zwar insgemein breit und dick - wangig, jedoch nicht flach und platt, sondern die208 Theile drücken sich en profil deutlich aus und son - dern sich von einander ab (§. 56.).

Die Form von Stirn und Scheitel ist bey den meisten erkünstelt (§. 62.).

Hiezu gehören alle Bewohner Amerikas bis auf die Eskimos.

E) Malayische Varietät.

Ihre Farbe ist schwarzbraun (§. 43.), das Haar schwarz, weich und kraus, dabey dicht und voll (§. 52.), die Stirn schmäler (§. 62.), die Nase fleischiger, breiter und kolbig; der Mund groß (§. 56.), der Oberkiefer etwas hervorragend (§. 62.), die Gesichtszüge, en profil besehen, ziemlich her - vorspringend und von einander abgesondert (§. 56.).

Diese letzte Varietät enthält die Südseeinsulaner nebst den Bewohnern der marianischen, philippini - schen, molukkischen, sundischen Inseln und der Halbinsel Malakka.

§. 83. Die Eintheilung des Menschengeschlechts in Racen, nach andern Schriftstellern.

Wir müssen jedoch auch die Meinungen anderer Schriftsteller, welche das Menschengeschlecht nach Racen abgetheilt haben, hier neben einander auf - stellen, um den Leser in den Stand zu setzen, sie mit einander zu vergleichen, zu würdigen, um dar - aus die annehmlichsten wählen zu können.

209

Meines Wissens hat zu allererst ein gewisser Ungenannter am Ende des vorigen Jahrhunderts einen solchen Versuch gemacht; er vertheilt das Menschengeschlecht in vier Stämme, wo denn unter den Ersten ganz Europa bis auf das einzige Lapp - land, dann Südasien, Nordafrika und ganz Ame - rika, unter den zweyten das übrige Afrika, unter den dritten das übrige Asien, nebst denen gegen den Vulturnus gelegenen Inseln, und unter den vierten Lappland gehört1)Im Journal des Sçavans, J. 1684. S. 133.Vergl. Rob. de Vaugondy des Sohns Nouvel At - las portatif. Paris 1778. 4. 4tes Blatt..

Leibnitz brachte die Menschen in vier Ordnun - gen. Zwey nämlich waren die Extreme: 1) Lapp - länder und 2) Aethiopier; die andern beyden stun - den zwischen ihnen inne; 3) der Orientalische näm - lich (Mongolische) und 4) Occidentalische den Eu - ropäern ähnliche2)Bey Feller in otio Hannoverano, S. 159..

Linné folgte der gemeinen Erdbeschreibung, und theilte die Menschen ein 1) in den rothen Amerikaner, 2) den weißen Europäer, 3) den gelben Asiaten und 4) den schwarzen Afrikaner3)In allen seit 1735 erschienenen Ausgaben seines un - sterblichen Werks. Der neuerlichen Ausgabe hat der berühmte Gmelin, der Herausgeber derselben, mei - ne Eintheilung beygefügt. Th. 1. S. 23..

Büffon unterschied sechs Menschenracen, 1) die Lappländische, oder Polarrace, 2) die Tatarische (so nannte er nämlich nach der gemeinen Sprache210 die Mongolische), 3) die Südasiatische, 4) die Europäische, 5) die Aethiopische und 6) die Ameri - kanische4)Diese sechs Varietäten findet man vortreflich be - schrieben und mit lebendigen Farben geschildert in Herders klassischem Werke: Ideen zur Philo - sophie der Geschichte der Menschheit. Th. 2. S. 273..

Unter denen, welche drey Urvölker des mensch - lichen Geschlechts nach der Anzahl von Noahs Söh - nen annehmen, zeichnet sich der berühmte Gouver - neur Pownall aus, welcher, meines Wissens, bey dieser Untersuchung zu allererst seine Aufmerksamkeit auf die Nationalform der Schädel gerichtet hat. Er theilt jene Stämme nach den Hauptfarben, 1) in den weißen, 2) rothen und 3) schwarzen. In ei - nem mittlern faßt er die Mongolen und Amerikaner zusammen, weil sie außer andern Kennzeichen noch in der Gestalt der Hirnschädel und der Beschaffenheit der Haare mit einander übereinträfen5)Vergl. a new collection of voyages u. s. w. London 1767. 8. Th. 2. S. 273..

Der Abt de la Croix theilt die Menschen in weiße und schwarze. Jene aber 1) in eigentlich so - genannte weiße und 2) braune (bruns), 3) gelbe (jaunâtres) und 4) olivenfarbige ein6)S. dessen Géographie moderne, Th. 1. S. 62. 5te Ausgabe und Vaugondy a. a. O. 3tes Blatt..

Der berühmte Kant leitet aus einer ursprüngli - chen Menschenrace, einer weißen von brünetter Farbe, vier Abarten ab: 1) die weiße des nördli - chen Europa, 2) die kupferfarbige amerikanische,211 3) die schwarze senegambische und 4) die olivenfar - bige indianische7)In Engels Philosoph für die Welt, Th. 2. und in der Berliner Monatsschrift, 1785. Theil 6..

Doct. John Hunter zählt sieben Varietäten auf: 1) schwarze Menschen, als Aethiopier, Papus u. a. 2) die schwärzlichen Bewohner von Maurita - nien und dem Vorgebirge der guten Hofnung, 3) die kupferfarbigen in Ostindien, 4) die rothen Ame - rikaner, 5) die braunen, als Tataren, Araber, Perser, Sineser u. a. 6) die bräunlichen, als die mittägigen Europäer, z. B. Spanier u. a. die Türken, Abessinier, Samojeden und Lappen, 7) die wei - ßen, als die übrigen Europäer, Georgier, Min - grelier und Kabardiner8)Disput. de hominum varietatibus. Edinb. 1775. Seite 9..

Herr Zimmermann tritt denen bey, welche den Urstamm des menschlichen Geschlechtes auf die asiatische Gebirgsebene zwischen den Quellen des Indus, Ganges und Obi setzen, und leitet davon folgende Varietäten ab: 1) die europäische, 2) die nordasiatische und nördlichste amerikanische, 3) die arabische, indische und des indischen Archipelagus, 4) die südöstliche asiatische, sinesische, corea'sche u. a. Er findet es wahrscheinlich, daß die Aethio - pier entweder aus der ersten oder dritten dieser Va - rietäten stammen9)In dem sehr reichhaltigen Werke: Geographi - sche Geschichte des Menschen u. s. w. Th. 1..

212

Herr Meiners führt alle Völker auf zwey Stäm - me zurück: 1) von schönen und 2) von häßlichen Völkern; zu jenen rechnet er die weißen, zu diesen die dunkelfarbigen. Zu dem schönen Stamme gehören nach ihm die Celten, Sarmaten und morgenländische Völker. Zu dem häßlichen hingegen das übrige menschliche Geschlecht, so weit es verbreitet ist10)S. desselben Grundriß der Geschichte der Menschheit, 2te Ausg. Lemgo 1793. 8..

Herr Klügel unterscheidet vier Stämme, 1) den Urstamm der ersten Menschen auf der eben genann - ten asiatischen Gebirgsebene, von welchen er die Bewohner des ganzen übrigen Asiens, des ganzen Europa, des nördlichsten Amerika und nördlichen Afrika herleitet. 2) Die Negern, 3) die Amerika - ner, (jene nördlichsten ausgenommen) und 4) die Südseeinsulaner11)Vergl. dessen Encyklopädie, Th. 1. S. 522. 2te Ausg..

Herr Metzger setzt nur zwey Hauptvarietäten als Extreme: 1) den weißen Menschen in Europa, und den nördlichen Gegenden von Asia, Afrika und Amerika, 2) den schwarzen, oder Mohren in, übri - gen Afrika. Den Uibergang zwischen beyden mach - ten die übrigen Asiaten, die südlichen Amerikaner und Südseeinsulaner12)S. dessen Physiologie in Aphorismen, S. 5..

§. 84. Anmerkungen über die fünf Varietäten des Menschen - geschlechts.

Wir kehren nun zu unsern oben beschriebenen fünf Abarten des Menschengeschlechts zurück. Die213 Kennzeichen, welche wir jeder beygelegt, haben wir in dem vorigen Abschnitte alle einzeln untersucht. Jetzt wollen wir zum Beschluß des Werks, der Voll - ständigkeit halber, über jede dieser Abarten noch ei - nige allgemeine Anmerkungen beyfügen.

§. 85. A) Kaukasische Varietät.

Diese Race erhielt ihren Namen von dem Berge Kaukasus, weil die ihm benachbarten Länder, und zwar vorzüglich der Strich nach Süden, von dem schönsten Menschenstamme, dem georgischen bewohnt sind13)Es wird genug seyn, aus der Menge von Augen - zeugen einen einzigen, aber klassischen, anzuführen, Jo. Chardin Th. 1. S. 171. Der Stamm der Georgier ist der schönste des Orients, und ich kann wohl sagen der Welt. Ich habe in diesem Lande kein häßliches Ge - sicht unter keinem der beyden Geschlech - ter bemerkt; aber ich habe Engelsgesich - ter gesehen. Die Natur hat hier die mei - sten Weiber mit Reize, geschmückt, wel - che man sonst nirgends sieht. Mir scheint es unmöglich sie zu sehen, und sie nicht zu lieben. Reizendere Gesichter, schönern Wuchs als der Georgerinnen, kann man nicht mahlen, u. s. w. Ooo).; und weil alle physiologischen Gründe dar - in zusammenkommen, daß man das Vaterland der ersten Menschen, nirgends anderswo suchen könne, als hier. Denn erstlich hat dieser Stamm, wie wir gesehen haben (§. 62.) die schönste Schädelform, aus welcher, gleichsam als aus ihrer ursprünglichen Mittelform, die übrigen, bis zu den zwey äußersten Extremen hin (der mongolischen auf einer Seite und214 der äthiopischen auf der andern) durch ganz einfache stufenweise Abweichungen entsprungen sind.

Dann ist dieser Stamm von weißer Farbe, wel - che wir ebenfalls für die ursprüngliche, ächte Farbe des Menschengeschlechts halten können, da aus ihr, wie wir oben dargethan haben (§. 45.) eine Verar - tung in Schwarz leicht ist, weit schwerer hingegen aus Schwarz in Weiß (wenn nämlich die Sekretion und Präcipitation dieses Kohlenpigments (§. 44.) durch Lange der Zeit Wurzel gefaßt hat).

§. 86. B) Die mongolische Race.

Sie ist ebendieselbe, welche man sonst ziemlich unbestimmt die tatarische nannte14)Uiber den Ursprung dieser Verwirrung, nach wel - cher man den Namen der Tatarn auf die mongolischen Völkerschaften übertrug, sehe man Jo. Eberh. Fischer Conjecturae de gente et nomine Tatarorum, unter dessen quaestionibus Petropolit. S. 46. auch dessen siberische Geschichte, Th. 1., eine Benen - nung, welche bey der Untersuchung der Racen des Menschengeschlechts, zu wunderbaren Irrthümern Veranlassung gegeben hat, so daß z. B. Büffon und dessen Anhänger, von diesem Ausdrucke verführt, die von alten Schriftstellern entlehnten Nationalcha - raktere der Mongolen15)Die erste Quelle, aus welcher die so oft wieder - holte Beschreibung der Mongolen, unter dem Namen der Tatarn in die neuen Naturhistoriker gekommen ist, fand ich in einem Briefe Yvo's, eines Geistli - chen von Narbonne, v. J. 1243. aus Wien an den Erzbischof Girald zu Bourdeaux, welchen ein gleich - zeitiger Mönch, Matth. Paris, seiner sogenannten größern Geschichte, S. 530. Londn. Ausg. 1686. Fol.215 eingescholten hat. Dieser Brief Yvo's handelt de horribili vastatione inhumanae gentis, quam Tarta - ros vocant, und diese (Tatarn) beschreibt er in fol - genden Worten: Ihre Brust ist hart und fest, ihre Gesichter hager und blaß; sie haben hohe Schultern, verquetschte und kurze Nasen, ein hervorragendes und spitzes Kinn; der obere Kiefer ist klein und tief, die Zähne lang und weit von einander abstehend, die Augenbraunen gehen von den Haaren bis zur Nase, die Augen sind schwarz, sie schielen häßlich, ihre Glieder sind knochicht und nervig, auch die Schenkel sind dick, die Röhren aber kürzer; doch sind sie uns an Statur gleich, denn was ihnen an den Röhren ab - geht, das ersetzt der obere Körper. , welche sie unter dem Na - men Tatarn beschrieben hatten, auf die wahren Ta - tarn selbst, (welche zweifelsohne zu der genannten ersten Race gehören) fälschlich übertrugen.

Uibrigens fließen freylich die Tatarn, durch die Kirgisen und angrenzenden Völker eben so mit den Mongolen zusammen, wie diese durch die Tibeta - ner16)So darf ich auf jeden Fall aus den Abbildungen von Tibetanern schließen, welche der große Künstler Kettle nach der Natur gemahlt und Hr. Warr. Ha - stings mir gezeigt hat. zu den Indianern, und durch die Eskimos zu den Amerikanern, ja selbst gewissermaßen durch die Bewohner der Philippinen17)Vollkommen eine solche mittle Gesichtsbildung216 hatte der Indianer von den Philippinen, den ich bey Alex-Dalxymple zu London sah. zur malayischen Race übergehen sollen.

§. 87. C) Aethiopische Race.

Diese Race hat, besonders wegen ihrer von der unsrigen so weit abweichenden Farbe, sehr viele be - wogen, sie mit dem witzigem Gelehrten, aber schlechtem Physiologen, Voltaire, für eine beson - dere Gattung des Menschengeschlechts zu halten. Doch ist es nicht nöthig, sich mit ihrer Widerlegung hier lange aufzuhalten, da schon aus dem vorigen Abschnitte erhellet, daß die Aethiopier keine so blei - bende und charakteristische Eigenheit haben, die man nicht hie und da auch unter andern Menschenracen fände18)Zu dem, was im vorigen Abschnitte weitläuftiger hierüber aus einander gesetzt worden ist, will ich nur noch hinzusetzen, daß der rußähnliche Staub, welchen man in der Haut der Schwarzen unterscheiden kann, keineswegs blos dem malpighischen Schleime der Aethiopier eigen sey, wie gewisse Schriftsteller ge - glaubt haben, da ich eben dieselbe Schwärze an viel indianischen Schiffern, welche man Lascaren nennt, wiewohl ungleicher und nur stellenweise gefunden ha - be; bey einer Indianerin aus Bombay aber, welche bey mir dient, sehe ich denselben Ruß mit der Zeit im Gesicht und auf den Armen allmählich schwinden, da übrigens der unter dem Fellhäutchen verbreitete präcipitirte Kohlenstoff der braunen Farbe unversehrt bleibt. und welche nicht auch selbst manchen Ne - gern mangelte, und keine endlich, welche nicht auch bey dieser Menschenrace durch unmerkliche Gra - dation mit den benachbarten in einander flösse, wie jeder finden wird, der die Verschiedenheit nur eini - ger Stämme dieser Race, z. B. der Fuhls, Wu - lufs und Mandingonen, und wie sie sich durch die Gradationen dieser Verschiedenheit immer mehr den Mauren und Arabern nähern, genauer erwogen hat.

Was man aber von den Aethiopiern behauptet hat, daß sie sich den Affen mehr nähern, als die andern Menschen, das gebe ich in dem Sinne sehr gern zu, als man z. B. sagen kann, daß sich jenes217 Race von Hausschweinen mit Hufen (§. 30.) dem Pferde mehr nähere, als die übrigen Schweine; indeß erhellt schon daraus, daß eine solche relative Vergleichung im Allgemeinen doch ohne Gewicht sey, weil es auch unter den übrigen Hauptvarietäten des Menschengeschlechts keine einzige giebt, aus der nicht ebenfalls ein oder das andere Volk, und zwar von genauen Beobachtern, in Ansehung der Gesichts - bildung mit den Affen verglichen worden wäre; wie uns z. B. von den Lappländern19)Deshalb schließt z. B. Regnard seine Beschreibung von den Lappländern mit diesen Worten: Hier ist die Beschreibung dieses kleinen Thiers, welches man Lappländer nennt, von dem man sagen kann, daß nach den Affen nichts so sehr dem Menschen sich nähere, als er. Oeuvres, Th. 1. S. 71. Ppp)., Eskimos20)Der Eskimo Ettuiak, dessen Abbildung nach dem Leben ich dem Hrn. v. Banks danke, fragte, als er zum ersten Male zu London einen Affen sah, voll Er - staunen seinen Begleiter Cartwright: Ist das ein Eskimo? und dieser fügt seiner Erzählung bey: Ich muß gestehen, daß beydes, Farbe und Gesichts - bildung eine beträchtliche Aehnlichkeit mit dieser Na - tion hat. Qqq)., den Caaiguern in Südamerika21)Nic. del Techo nennt sie in seiner Relatione de Caaiguarum gente, S. 34. Den Affen so ähn - lich als den Menschen. und den Bewoh - nern der Insel Mallikollo22)Hierüber s. J. R. Forster, welcher in seinen Be - merkungen S. 217. sagt: Die Bewohner218 der Insel Mallikollo scheinen unter allen Menschen, welche ich je gesehn, die meh - reste Verwandschaft mit den Affen zu ha - ben. ausdrücklich erzählt wird.

§. 88. D) Amerikanische Race.

Es ist in der That wunderbar, wie viele und seltsame Erdichtungen man von charakteristischen Ei - genheiten dieser Race verbreitet hat.

Einige sprachen den Männern den Bart ab23)Z. B. de Paw in Recherches philosophiques sur les Americains, Th. 1. S. 37., andere den Weibern die monatliche Reinigung24)S. Schurigs parthenologium, S. 200.. Einige gaben allen Amerikanern nur einerley Far - be25)Z. B. Home in Sketches of the history of Man, Th. 1. S. 13., andere eine vollkommen gleiche Gesichtsbil - dung26)Vergl. Robertsons History of America, Th. 2. S. 404..

Daß die Amerikaner nicht von Natur unbärtig sind, ist jetzt durch das einmüthige Zeugniß genauer und wahrer Beobachter so überzeugend dargethan, daß mich die überflüßige Mühe gereut, mit welcher ich ehemals eine Menge von Zeugen zusammenge - bracht habe27)Wenige von vielen habe ich schon vor mehreren Jahren angeführt im göttingischen Magazin 2ter Jahrg. St. 6. S. 419., durch deren Aussage bestätigt wird, daß es durch ganz Amerika von den Eskimos bis zu den Feuerländern ganze Stämme von Einwohnern gebe, welche Bärte tragen; und daß es sich auch von den übrigen Bartlosen beweisen läßt, daß sie mit Fleiß die Wurzel des Barthaars ausreißen, wie dies auch viele, besonders mongolische28)S. unter andern J. G. Gmelin Reise durch Si - birien, Th. 2. S. 125. Man findet nicht leicht bey einem Tun - gusen so wie bey allen diesen Völkern, einen Bart. Denn sobald sich derselbe einfindet, so raufen sie die Haare aus,219 und bringen es endlich dahin, daß keine mehr wachsen. und malayi - sche29)Von den Sumatranern bezeugt es Marsden; von den Magindanern, Forrest; von den Pelewinsulanern Wilson; von den Papus, Carteret; von den Admirali - tätsinseln, Bougainville u. a.m. Völker thun.

Daß das Barthaar bey den Amerikanern wie bey vielen mongolischen Nationen allerdings dünn und schwach sey, ist bekannt; doch kann man sie deshalb eben so wenig mit Recht bartlos nennen, als man etwa Menschen mit wenig Haaren kahl nennen könnte.

Die also die Amerikaner von Natur für bartlos hielten, fielen in denselben Fehler, welcher die Alten verleitete, sich und andere zu bereden, der Para - diesvogel, dem man die Füße abzuschneiden pflegt, habe von Natur keine Füße.

Die andere fabelhafte Sage, daß nämlich die Amerikanerinnen keinen monatlichen Veränderungen unterworfen wären, scheint dadurch entstanden zu seyn, daß die Europäer, welche in die neue Welt kamen, an den unzähligen, fast ganz nackten Ein - wohnern vom andern Geschlechte, welche sie sa - hen, niemals Spuren dieser Reinigung sahen30)Lery voyage faict en la terre du Brésil, S. 270.. Davon giebt es aber wahrscheinlich einen doppelten Grund; theils werden bey jenen amerikanischen Völkern die Weiber, während ihrer Reinigungszeit, durch ein heilsames Vorurtheil gleichsam für giftig gehalten, und von allem gesellschaftlichen Umgange ausgeschlossen; und sie genießen indeß in abgelege - neren Hütten und von dem Anblick der andern ent -220 fernt, eine für sie wohlthätige Ruhe31)Vergl. z. B. Sagard Voyage du pays des Hurons. S. 78.; theils aber hat man auch bemerkt32)Von Berkel's Reisen nach R. de Berbice und Su - rinam, S. 46., daß ihre gepriesene körperliche Reinlichkeit und bescheidene[ Zusammenlegung] der Schenkel dazu beytragen, daß keine Spur des Blutabgangs sichtbar wird.

Ueber die Hautfarbe dieser Race ist schon oben angemerkt worden, daß sie keineswegs sich immer so gleich bleibe, daß sie nicht hin und wieder ins Schwarze spielen sollte (§. 43.); und anderer Seits ergeben sich aus der Beschaffenheit des ameri - kanischen Klimas33)Zimmerman geographische Geschichte des Menschen, Th. 1. S. 87. und aus den Gesetzen der Ver - artung, welche man auf den sehr wahrscheinlichen Ursprung der Amerikaner aus dem nördlichen Asien anwenden muß34)Kant im teutschen Merkur, Jahrg. 1788. St. 1. S. 119., die Gründe sehr deutlich und leicht, weshalb sie nicht so auffallenden Farbenver - schiedenheiten unterworfen seyn können, als die übrigen Nachkommen der ursprünglichen Bewohner Asiens, welche sich über die alte Welt verbreitet haben.

Fast dasselbe gilt von der Gesichtsbildung der Amerikaner. Schon haben sehr sorgfältige Augen - zeugen die Ungereimtheit der fast lächerlichen Be - hauptung gezeigt, daß die sämtlichen Bewohner der neuen Welt in ihren Gesichtszügen sich durchaus so gleich wären, daß wer einen gesehen hätte, sagen221 könne, er habe sie alle gesehen u. s. w.35)S. Molina, sulla storia naturale del Chili S. 336. Rido fra me stesso, quando leggo in certi scrittori moderni riputati diligenti observatori, che tutti gli Americani hanno un medesimo aspetto, e che quando se ne abbia veduto uno, si possa dire di aver gli vedutti tutti. Codeste autori si lasciarano troppo sedurre da certe vaghe apparenze di somiglianza procedenti per lo piu del colorito, le quali suaniscono tosto che si confrontano gl' individui di una nazione con quelli dell 'altra. Un Chilese non si differenzia meno nell' aspetto da un Peruviano, che un 'Italiano da un Tedesco. Io ho veduto pur dei Paraguaj, de' Acja - ni, e dei Magellanici, i quali tutti hanno dei linea - menti peculiari, che li distinguono notabilmente gli uni dagli altri. Rrr).. Viel - mehr beweisen es viele von den größten Künstlern verfertigte Abbildungen von Amerikanern, und die Zeugnisse der glaubwürdigsten Augenzeugen, daß unter dieser Race des Menschengeschlechts allerdings eben so gut als unter den übrigen, Verschiedenheit der Gesichtszüge Statt finde36)So z. B. beschreibt Nik. del Techo, um aus dem südlichen Amerika einige Beyspiele anzuführen, die Caaignen mit Stumpfnasen; von den benachbarten Adiponern hingegen sagt Martini Dobrizbofer, daß sie nicht selten durch Adlernasen sich auszeichnen; Pe - ruanern schreibt Ulloa eine enge und gebogne Nase zu; Molina den Chiliern eine etwas breite; G. For - ster den Insulanern des Feuerlands eine sehr platte.; ob schon im All - gemeinen jene Nationalbildung, welche wir ihnen oben (§. 56.) beygelegt haben, für ihre fundamen - tale zu halten ist. Daß sie zunächst an die mongo - lische grenze, haben schon die ersten Europäer, welche auf das feste Land der neuen Welt kamen, richtig ange - merkt37)S. Lettere di Amer. Vespucci S. 9. nach Bandi - nis Ausgabe. Non sono di volto molto belli, perche tengono il viso largo, che voglion parere al Tartaro. Sss), und dies bestätigt aufs neue die sehr wahr -222 scheinliche Meinung, daß die Amerikaner aus dem nörd - lichen Asien herübergekommen, und von einer mongo - lischen Völkerschaft entsprungen sind; daß aber mehre - re solcher Auswanderungen in langen Zwischenräumen erfolgt sind, wozu sowohl physische und geogenische als politische Katastrophen Veranlassung geben konnten, ist wahrscheinlich; und hieraus ist, wenn eine Ver - muthung bey solchen Erörterungen statt finden kann, muthmaßlich der Grund abzuleiten, warum die Es - kimos noch weit mehr als die übrigen Amerikaner diese Gesichtsbildung an sich haben38)Diese sehe ich sehr deutlich in zwey Schädeln von Eski - mos von der Kolonie Naln auf Labrador, welche meine Sammlung zieren, und in denen von sehr guten Künst - lern nach dem Leben gemahlten Portraits dieser Wil - den, welche ich der Güte des Hrn. Banks verdanke.? theils näm - lich, weil sie weit später, durch eine neuere Kata - strophe vertrieben, aus dem nördlichen Asien ange - kommen sind39)Denn Robertsons paradoxe Meinung, welcher in History of America, Th. 2. S. 40. die Esquimos von den Normannen herleitete, bedarf jetzo kaum einer ernsthaften Widerlegung.; theils weil das Klima der neuen Erde, die sie jetzt bewohnen, dem Klima des vori - gen Vaterlandes ähnlicher ist. Ja man muß sogar, wenn ich nicht irre, derselben Macht des Klima auf Erhaltung oder Wiederherstellung der Nationalge - sichtsbildung, wovon wir oben (§. 57.) gesprochen haben, es zuschreiben, daß die äußersten kalten Be - wohner des andern Amerika, wir die wilden Be - wohner der Magellansstraße, wieder der vorigen mongolischen Gesichtsbildung sich nähern, und gleich - sam wieder darein zurückfallen40)So z. B. vergleicht der klassische Seefahrer und beobachtende Augenzeuge Linschoten die Anwohner der223 Magalanstraße, welche er sah, im Betreff ihrer Phy - siognomie, Gesichtsbildung, Farbe, Haare und Bart mit den Samojeden, welche ihm von seiner berühmten Reise an die nassanische Straße sehr bekannt waren. In den Anmerkungen zu Acostas, S. 46. b).

§. 89. E) Malayische Race.

Wie die Amerikaner in Ansehung der National - bildung zwischen dem Mittelschlage im Menschenge - schlechte, welchen wir die kaukasische Race nannten, und einem der beyden Extreme, dem mongolischen nämlich, gleichsam das Mittel halten, so macht die malayische einen ähnlichen Uibergang von dieser Mit - telrace zur andern äußerßen, der äthiopischen.

Die malayische kann man sie nennen, weil bey weitem die meisten Menschen aus dieser Race, be - sonders der an Malakka liegenden indianischen In - seln, der Sandwichs -, Societäts - und Freund - schaftsinseln, ja selbst die Madagassen, bis zu den Bewohnern der Osterinseln hinauf, die malayische Sprache reden41)Zuerst lehrte dies der Baronet Banks in Hawkes - worth's Collection, Th. 3. S. 373.Nach ihm Bryant in Cooks Voyage to the Northern hemisphere, Th. 3. Anh. No. 2. zu S. 528.Und Marsden in Archaeologia, Th. 6. S. 154..

Indeß sind auch diese durch mannichfache Grade der Schönheit und des übrigen körperlichen Habitus so sehr von einander unterschieden, daß es nicht an Leuten gemangelt hat, welche z. B. selbst die Otaheiter in zwey von einander verschiedne Racen theilten42)Z. B. Bougainville in Voyage autour du monde. S. 214., die eine nämlich von blässerer Farbe, schlanker Statur und einer von der europäischen we - nig oder gar nicht verschiedenen Gesichtsbildung; die224 andere hingegen von mittlerer Statur, an Farbe und Gesichtsbildung wenig von den Mulatten ver - schieden, mit krausem Haar u. s. w.43)Deshalb hat auch schon der unsterbliche de Quiros, wel - cher die Societätsinseln zuerst entdeckte, diese Varietät der Insulaner des stillen Meeres genau unterschieden, da er einige für weißlich ausgiebt, andere aber den Mulatten, und noch andere den Aethiopiern vergleicht S. Dalrymple collect. of voyages to the South-pacific Ocean. Th. 1. S. 164.. Diese letztere also ist den Bewohnern der westlichern Inseln im Südmeer am ähnlichsten, unter welchem beson - ders die Bewohner der neuen Hebriden sich allmählig den Papus und Neuholländern nähern, welche selbst endlich durch einen so unmerklichen Uibergang mit der äthiopischen Race zusammenfließen, daß man sie sogar, wenn man wollte, nicht unschicklich zu der Race, welche wir gegenwärtig vor uns ha - ben, zählen könnte.

§. 90. Schluß.

Und eben dieser unmerkliche Uibergang, durch welchen auch andere Racen, wie wir gesehen haben, in einander fließen, führt uns endlich nach einer Vergleichung mit dem, was in den vorigen Abschnit - ten dieses Werks, von den Ursachen und Arten der Degenerationen und den analogen Erscheinungen von Verartung an andern Hauschieren, gesagt wor - den ist, zu dem Schlusse, welcher aus den Princi - pien der Physiologie, wenn sie mit Hülfe der zoolo - gischen Kritik auf die Naturgeschichte des Menschen - geschlechts angewendet wild, sich von selbst zu erge - ben scheint: daß nämlich unstreitig alle bisher bekanntgewordene Abarten des Menschen nur zu Einer und derselben Gattung gehören.

225interleaf

Erläuternde Anmerkungen zu vorstehendem Werke nebst Zusätzen aus den frühern Ausgaben desselben.

227

Vorerinnerung.

Der beste Erklärer, der in einem Werke vor - kommenden Sätze, ist zweifelsohne der Verfas - ser selbst. Deshalb habe ich vorzüglich bey der Erläuterung dieses Werks an Herrn Hofrath Blumenbach mich gehalten. Und an wen könnte man sich in dieser Untersuchung sicherer wenden, als an ihn? Die in dem Werke vorkommenden anatomischen Stellen trug ich um so weniger Be - denken hier genauer auseinander zu setzen, da der Herr Verfasser selbst seine in der zweyten Ausgabe geäußerte Meinung, daß es lästig seyn dürste, hierin so weit zu gehen, dadurch, daß228 er in dieser dritten wirklich weiter gegangen ist, stillschweigend widerlegt hat. Den eigentlichen Zweck meiner Anmerkungen darf man übrigens nicht aus den Augen sehen, wenn man mich nicht unbillig beurtheilen will. Alle mit Bl. bezeich - nete sind von dem vortreflichen Verfasser vorste - hender Abhandlung selbst.

Erster Abschnitt.

229

§. 5. S. 24.

Des solei mit seinem gemello. Die eigentliche Wade besteht aus folgenden Muskeln: den gastro - cnemiis großen Wadenmuskeln, dem soleo unteren Wadenmuskel, plantari Fußsohlenmuskel, und poplitaeo Kniekehlenmuskel. Die gastrocnemii bestehen aus zwey, oder wenn man lieber will, drey Muskeln, und werden in den externus und inter - nus eingetheilt. Der äußere besteht aus zwey sehr starken und großen Muskelkörpern, welche unten in eine gemeinschaftliche Sehne übergehn, und deshalb von Albin die Zwillingsmuskeln der Wade ge - nannt wurden, gemellus. Der innere, wel - cher den größten Theil der Wade bilden hilft, eine beynahe eyförmige Figur hat, und von den Zwil - lingsmuskeln bedeckt wird, heißt dann der soleus. Diese Muskeln werden gleich nach ihrem Ur - sprung fleischig, nehmen an Dicke und Breite zu, und bilden unten, wo sie in eine sehr dicke und brei - te Sehne übergehen, die sogenannte Achillessehne (tendo Achillis). Man wird sich nun die Mei - nung des Herrn Verfassers leichtlich erklären können.

230

Längeres Brustbein. Das Brustbein (ster - num os xiphoides) schließt gleichsam den Thorax nach vorn von der Halsgrube bis zur Herzgrube; liegt zwar eigentlich nur zwischen den fünf obern Rippenpaaren, doch reichen auch die knorplichen Anhänge des sechsten und siebenden Paares hinauf. Der Mensch scheint unter allen warmblütigen Thie - ren das allerkürzeste erhalten zu haben; höchstens kommt ihm etwa der ächte Orang-Utang darin bey *). Bey den Menschen ist es ein länglichter schmaler Knochen, nach vorn etwas convex, nach hinten etwas concav: Bey den mehresten übri - gen vierfüßigen Säugethieren aber ist es cylindrisch und gegliedert, selbst bey den meisten Affenarten, und bey dem Bären, dessen Gerippe sonst (Kopf und Becken ausgenommen) viel Analogie mit mensch - lichen hat.

*) S. Tysons anatomy of a Pygmy Fig. 5.

Mehrere Rippen. Gewöhnlich hat ihrer der Mensch 12 Paare, doch hat man hinwieder einzelne Variationen aufgefunden. Die Säugthiere ha - ben mehrere. Viele Affen 14 Paare, so auch der Marder u. a. Der Iltis, Igel u. a. 15 Paare. Der kleine brasilische Ameisenbär 16 Paare, so auch das Frettchen. Das Pferd 18. Der Elephant 19 Paare.

Bl.

Alles was noch über den aufrechten Gang gesagt werden kann, ist aus den frühern Ausgaben concen - trirt, folgendes:

231
Der Kopf des Menschen ruht und bewegt sich am bequemsten bey der aufrechten Stellung des Leibes. Man stelle den Menschen auf vier Füße: dann hängt augenscheinlich der Kopf, seiner Schwe - re überlassen, gegen die Erde, da er hingegen jetzt, wenigstens dem größten Theil nach, unterstützt ist. Da aber das kleine Gehirn und überhaupt die größ - te Masse des Gehirns in dem Hinterkopfe liegt, und die vordern Theile des Kopfes, als die Nase und das Innere des Mundes zum Theil hohl sind, so überwiegt der Hinterkopf augenscheinlich den vordern, und es ist unläugbar, daß durch die jez - zige Stellung des großen Lochs (foramen magnum occipitale) die Unterstützung des Kopf so vortreflich eingerichtet ist, als es nur seyn könnte. Ferner gebe man auf die Einrichtung der Halswirbel acht; sind diese nicht flach, ohne in einandergreifende Fortsätze, wie bey den Thieren, selbst bey den meisten Affen 1)? Gerade so waren sie auch nur nöthig, wenn der Kopf senkrecht auf ihnen ruhen, und dabey frey alle nöthige Bewegung vornehmen sollte. Mit Recht bewundert Eustach, der scharf - sinnigste Anatom seiner Zeit, diesen herrlichen Bau, wo die Natur, wie er sagt, die stärksten Knochen durch sehr schwache so vortreflich zu stützen gewußt hat, daß sie dem Kopfe hinreichende Sicherheit verschaften, ohne ihm irgend eine nöthige Bewe - gung fehlen zu lassen 2). Und wie konnte es dem Moskati einfallen, diese Lage des Kopfs für unsi - cher, oder nicht gehörig unterstützt zu halten 3)? Hat doch der Mensch nicht einmal das sogenannte Haarwachs, ein weisses, starkes, tendinöses Li -232 gament, wodurch der Kopf der Thiere gehalten und aufwärts gezogen wird. Linné merkt aus - drücklich an, daß dieses Ligament, welches er Pax - wax nennt, sich weder bey den Affen noch bey dem Menschen finde 4). Gäbe man nun auch dem Moskati zu, daß, im Fall der Mensch vierfüßig wäre, sich diese Haut nach und nach selbst erzeuge: so ist es doch bey denen sich selbst überlassenen Af - fen, welche gleichfalls oftmals aufrecht gehen, nicht da, wo aber die Struktur der in einander greifen - den Halswirbelbeine diesen Mangel ersetzt, welches bey den Menschen nicht ist. Uiberdem ist die Lage der Augen und Ohren gar nicht für ein vierfüßiges Thier eingerichtet. Die Augenaxe steht bey dem Menschen beynahe senkrecht auf dem vertikalen Durchschnitte des Kopfs, da sie hingegen bey den Thieren, die großen Assen ausgenommen, einen spitzigen Winkel macht; das heißt, das Auge des Menschen wäre, wenn er auf vier Füßen stünde, mehr der Erde zugekehrt als bey den Thieren. Auch hat die Natur den Thieren, bis auf den Urang, einen eigenen Muskel (suspensorius ocu - li), den Augapfel in die Höhe zu ziehen, gegeben, welcher dem Menschen fehlt. Wird Moskati die - sen auch nach und nach wachsen lassen? Gingen wir also auf Händen und Füßen; so wäre nicht nur das Gesicht des Menschen mehr als bey einem andern Thiere eingeschränkt, sondern dieses wäre auch ebenfalls der Fall mit dem Gehör; denn die Ohren stünden gleichfalls der Erde zu. Wiederum ist der Rückgrad zu dem zweybeinigten Gange besser, als irgend bey einem andern Thiere eingerichtet. 233Nehmen nicht die Wirbelbeine an Stärke zu, wo sie mehr zu tragen haben? Daher sind die Lenden - wirbel viel stärker als alle die übrigen; sie tragen den ganzen Stamm des Körpers. Dies war bey einer Horizontallänge nicht nöthig, und eben daher findet sich dieses Verhältniß nicht bey den Thieren.
Dann vergleiche man die breiten Hüftbeine des Menschen (ilia), welche sich in die verengten Sitz - beine (ischia) endigen, ferner unser kurzes Becken, das oben weit ist, und nach unten zusammenläuft, wodurch es gerade so geräumig wird, daß es der Frucht hinreichenden Platz läßt, aber dabey den Vorfall der Mutter hindert, mit den ovalen cylin - derförmigen Becken der Thiere, nebst ihren breiten Sitzbeinen, und auseinanderstehenden Hüftbeinen; dabey gebe man zugleich auf den Bau der Gesäß - muskeln und Waden in beyden acht, und urtheile dann, zu was für eine Art von Gange der Mensch und das Thier eingerichtet sind. Auch gehört noch hierher der längere und nur allmählich schieflausen - de Hals des Schenkelbeins (cervix ossis femoris) bey dem Menschen, welcher selbst bey den Affen nur kurz ist, und in die Quere (oder beynahe hori - zontal) in die große Pfanne (acetatabulum ossis ischii) eintritt. Endlich sind die Waden, die sehr starken Schenkelbeine, die ganze Zusammenfügung des menschlichen Fußes, die starke Ferse, lauter Zeugnisse für den aufrechten Gang.

S. 1ste Ausg. S. 22. 33. fgg. und 2te Ausg. S. 26. fgg. vgl. mit E. A. W. Zimmermann geographische Geschichte des Menschen u. s. w. Th. 1. Seite 124. fgg.

234

1) Vergl. Taf. 3. Fig. 3. 4.

2) Eustachius de motu capitis, in seinen opusc. anatom. Venet. 1563. S. 238.

3) Moskati von dem körperlichen Unterschie - de zwischen der Struktur des Menschen und der Thiere. S. 20. in der Note.

4) Syst. nat. XII. T. I. S. 48.

§. 6. S. 24. fg.

Was man unter der Benennung Becken eigent - lich zu verstehen habe, ist in diesem §. mit völliger Bestimmtheit angegeben: allein nichts destoweniger dürften einige Worte über die einzelnen Knochen, durch deren Zusammenfügung das Becken gebildet wird, hier nicht am unrechten Orte stehen. Es sängt beym Vorgebirge an, und enthält das Kreuz - bein, Kuckuksbein und die ungenannten Knochen. Das Vorgebirge entsteht durch eine auszeichnende Eigenschaft des untersten Lendenwirbels. Sein Kör - per nämlich ist vorn auffallend höher als hinten, und dadurch entsteht durch seine Verbindung mit den Kreuzbeinen, in der Fuge zwischen beyden, diese mit einem eigenen Namen benannte Erhöhung, wel - che man sonst auch den Winkel des Kreuzbeins nennt (angulus ossis sacri). Zu beyden Seiten lau - fen die größten von allen flachen Knochen des gan - zen Gerippes, welche man die ungenannten nennt. Diese werden, da sie bey der Leibesfrucht und dem neugebornen Kinde aus drey abgesonderten, in der Hüftpfanne zusammenstoßenden Knochenkernen beste - hen, welche ohngefähr im siebenten Lebensjahr zu - sammen verwachsen; jedoch so, daß die Spuren die - ser Verwachsung selbst bis gegen die Mannbarkeit235 merklich bleiben, in drey besondere Einschnitte ab - getheilt, als:

1) Die beyden obern großen ausgebreiteten Theile, die Hüftknochen (ossa ilium).

2) Die mittlern vordern an einanderstoßenden, die Schaam - oder Schooßbeine (ossa pubis s. pectinis).

3) Die nach unten herabsteigenden, die Sitz - beine (ossa ischii s. coxendicis). Diese ungenannten Knochen sind vorn durch ein Knorpelband mit einan - der verbunden. Hinten fassen sie das heilige oder Kreuzbein, den bey weitem allergrößten Knochen am Rückgrad, auf welchem dieses, und mit ihm auch Brust, Kopf und Arme, wie auf ihrer Basis, ruhen. Es ist nach vorn ausgeschweift und ziemlich glatt, und hat ohngefähr die Gestalt einer gekrümm - ten, am Ende stumpf zugespitzten, keilförmigen Schaufel. Unterhalb diesen ist das Kuckuks - oder Steisbein, auch Schwanzbein genannt (os cau - dae), weil die Wirbel desselben bey den Thieren sich hintenaus in den Schwanz verlängern, welches aus vier Stücken besteht, die gleichsam einen Anhang des Kreuzbeins ausmachen, mit dessen unterem Ende in gleicher Richtung fortlaufen, von hinten in die untere Oeffnung des Beckens hineinragen, und be - sonders dem Mastdarm zur Stützt dienen. In den Hüftpfannen des Beckens sind die Schenkelkno - chen gerade an der Stelle, wo im unreifen Alter die drey Stücke des ungenannten Beins zusammenstoßen, eingelenkt.

236

Der in diesem §. vorkommende stumpfe Rand (linea innominata), geht vom Vorgebirge des Kreuzbeins, abwärts, unten am Hüftbeine vorbey, und verläuft sich nach dem obern und innern Rande der Schaambeine. Es wird leicht seyn, sich dieses alles mit Zuziehung von Fig. 1. Taf. 3. zu erläutern und die Meinung des Herrn Verfassers einzusehen. Ich füge nur noch seine Aeußerung, daß dem Men - schen das Becken eigenthümlich zukomme, welche er mit Belegen aus der verglichnen Anatomie bewährt, bey.

Dieser Bau des Beckens sagt er ist aus - schlüßlich dem Menschengeschlechte eigen, und ent - spricht der Bestimmung desselben, zum aufrechten Gange, auf das vollkommenste, da der breite Rand des großen Beckens die benachbarten Gedärme unter - stützt, und ihren sonstigen Druck auf die im kleinen Bek - ken enthaltenen Eingeweide abhält oder doch mindert.

Ein Blick in die Osteologia comparata zeigt dies aufs unverkennbarste. Bey allen vierfüßigen Säugethieren ist das Becken im Verhältniß länglich - ter, schmaler, konischer, mit den Hüften nicht so weit divergirend als bey dem Menschen. Man sehe z. B. die Abbildungen der Becken an den verschiede - nen Arten von Orangutangs bey Tyson a. a. O. Fig. 5. und in Prof. Campers natuurkundige Verhan - delingen, Taf. 3. Fig. 7.

Am koyterischen Affengerippe (bey seiner Ana - logia ossium humanorum simiae et verae et caudatae, atque vulpis) taugt hingegen das Becken gerade nichts, da die ungenannten Beine durch ein seltsa -237 mes Versehen bey der Zusammensetzung völlig ver - kehrt gestellt worden, mit den Hüftbeinen nach un - ten, mit den Sitzbeinen nach oben u. s. w.

Uiber die mannichfaltigen besondern Verschie - denheiten im Baue des Beckens bey den Säugthieren und bey den Vögeln vergleiche man die zahlreichen und überaus genauen Abbildungen bey Koyter an seiner Ausgabe von Fallopii lectionibus de partibus similaribus und in Johann Daniel Meyer Vorstel - lung allerhand Thiere nebst ihren Skeletten.

§. 7. S. 26.

Ferner hängt von der benannten u. s. w. Wenn wir die Lage der innerlichen Geburtstheile im Becken im ungeschwängerten Zustande betrachten, so finden wir, daß sich die Lage desselben nach der Achse des Beckens richtet. Folglich werden sie in dem beschwängerten Zustande nach dieser in die Höhe steigen und die äußerlichen Bedeckungen des Unter - leibes vorwärts drängen müssen. S. mit mehrerem hierüber Sommer über die Axe des weiblichen Beckens, Weissenfels 1797.

Was übrigens die Eigenthümlichkeit der Weiber menschlicher Gattung, daß sie den Urin nicht wie die übrigen Thierweibchen hinten auslassen, betrift, so darf man nur, um sich über diese Einrichtung völlig sicher zu setzen, die hierher gehörigen Abschnitte aus den Anfangsgründen der Physiologie des Herrn Verfassers nachlesen.

238

§. 9. S. 30.

Der Mensch ein zweyhändiges Thier. Ich kann nicht umhin, die ganze Stelle auf welche sich der Herr Verfasser in diesem §. bezieht, hier noch mitzutheilen. Der Mensch ist das weiseste unter allen Thieren, aber seine Hände sind auch Werk - zeuge, wie sie einem weisen Geschöpf zukommen. Zwar ist er nicht, wie Anaxagoras meint, das weiseste Thier, weil er Hände hat, sondern er hat, wie Aristoteles richtig urtheilt, Hände, weil er das weiseste Thier seyn sollte. Denn nicht die Hände, sondern die Vernunft haben den Menschen die Künste gelehrt; jene sind aber die besten Werk - zeuge, womit man sie üben kann. Galenus de usu partium B. 1. Cap. 3. Sonderbar stimmt mit dieser vernünftigen Meinung eine andere von Mos - kati. Dieser Paradoxen Freund glaubt, daß die Menschen, wenn sie auch auf Vieren gingen, alles dies verrichten würden, weil es wohl eher Men - schen gegeben, die, bey verstümmelten Händen, oder in Ermangelung der Aerme, mit den Füßen geschrieben, genähet und andere künstliche Sachen verrichtet haben. Diese Meinung scheint mir gerade so viel werth als jene, wo man, trotz den überzeu - genden Gründen des Herrn Hofrath Blumenbachs, und gegen den Augenschein, nicht annehmen wollte, daß die Affen vierhändige Thiere seyen, weil Herr Hofrath Blumenbach darinnen sich selbst wi - derspräche, indem er bey dem Lemur tardigradus von Hinterfüßen desselben redet.

239

§. 11. S. 32. fgg.

Es dürfte vielleicht nicht unnöthig seyn, über die Zähne etwas besonders anzumerken, zumal da Linne 'und viele andere, von ihnen den Grund zur Klassifikation der Thiere nahmen.

Die Schneidezähne haben bey den Menschen meiselartige Kronen und dünne einfache Wurzeln. Dies ist um so nothwendiger hier anzuführen, weil sich in der Anzahl, Bildung und Richtung dieser Klasse von Zähnen bey den verschiedenen Geschlech - tern der Säugethiere, nach der Erforderniß ihrer Lebensart und Lebensmittel, mannichfaltige Ver - schiedenheit zeigt. Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewöhnlich sechs in jedem Kiefer mit ausgezack - ten Kronen, die wie Zangen fest auf einander grei - fen. Die Eichhörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse und ähnliche Thiere; aber auch die Stachelschweine, der Biber und andere mehr, haben nur ein Paar Schneidezähne in einem jeden Kiefer mit überaus scharfen meiselartigen Schneiden; das untere Paar hat fast eine pfriemenförmige Gestalt, und zu der großen Kraft, die es beym Nagen an den Wänden anwenden muß, ganz außerordentlich lange Wur - zeln, die z. B. bey der gemeinen Hausmaus die ganze Länge des Unterkiefers haben.

Die Eckzähne haben konische, stumpf zugespitz - te, überaus robuste Kronen, einfache, starke, seit - wärts zusammengedrückte Wurzeln. Auch die Eck - zähne fehlen manchen Säugethieren gänzlich, wie den Mäusen und andern nagenden Thieren; oder sie240 sind doch sehr klein, wie beym Pferd. Von ansehn - licher Größe und ausnehmender Stärke sind sie bey den reissenden Thieren; aber auch bey den mehresten Affen. Der Bär und Dachs haben hinter den gro - ßen Eckzähnen in beyden Kiefern noch einige ganz kleine von sonderbarer Bildung. Der Backenzähne sind fünf hintereinander, wovon die beyden vordern kleinere Kronen mit einer meist halbmondförmigen Grube haben, da die drey hintern hingegen breite, mehrentheils auf der Oberfläche mit einer Kreuzfurche durchschnittene Kronen mit stumpfen Ecken haben. Die Backenzähne der Säugthiere zeigen, zumal in Bildung ihrer Kronen, überaus viel merkwürdige Ver - schiedenheiten, die den Nahrungsmitteln, zu denen sie bestimmt sind, aufs genaueste angemessen sind. Bey den reissenden Thieren, zumal aus dem Hund - und Katzengeschlecht, sind sie scharf zugespitzt, schnei - dend ausgezackt, und die untern gleiten im Kauen dicht hinter den obern vorbey, fast wie die beyden Blätter einer Scheele, wodurch das rohe Fleisch, zähe Sehnen u. s. w. gleichsam zerschnitten werden. Der Bär, der sich aus beyden Reichen nährt, hat schon breitere Kronen, deren Zacken mehr gerade auf einander schließen.

Auch die Menschenähnlichsten Affen haben doch weit scharfzackigtere Zähne als der Mensch.

Bl.

Kürze des Unterkiefers. Nur der Elephant macht unter allen Thieren eine Ausnahme, denn dessen Unterkiefer ist wenigstens eben so kurz als der menschliche. Ausnehmend groß ist er hingegen schon241 bey den Affen; selbst bey einigen der Menschenähn - lichsten.

Bl.

Die beyden Gelenkknöpfe (condyli) sind ein Paar rundliche aber flachgedruckte Köpfe, die auf einem engern Halse aufstehen, und in die Breite von aussen nach innen und zugleich in etwas nach hinten gerichtet sind, so daß sie nicht in gleicher Li - nie neben einander, sondern von vorn nach hinten stumpf convergirend laufen. Mittelst des processus condyloideus ist der ganze Unterkiefer mit dem Schädel eingelenkt. Von der verschiedenen Bildung der condylorum bey den Thieren hängt die eben so verschiedene Beweglichkeit ihrer Kinnladen ab. Bey rundlichen Knöpfen bewegt er sich wie in einer Nuß (arthrodia) und folglich ist ihm eine vielseitige Be - wegung gestattet. Sehr breit in die Quere laufende hingegen bilden gleichsam ein Gewinde (charniere, ginglymus), und haben mithin eine weit einge - schränktere, bestimmtere, einseitigere Einlenkung. Jenes ist der Fall bey vielen Gras fressenden Thie - ren, besonders beym Elephanten u. a. dieses hin - gegen bey den Raubthieren; auch bey dem Marder, Iltis u. s. w.

Bl.

Dies wäre die äußere Beschaffenheit des Men - schen, wonach der Mensch Erectus bimanus; men - to prominulo; dentibus aequaliter approximatis; incisoribus inferioribus erectis ist. Man wird leicht finden, daß der Herr Verfasser in diesem letz - ten Zusatze einen Charakter der Humanität angegeben hat, wodurch sich der Mensch von den noch so men -242 schenähnlichen Affen, und überhaupt von allen Säugethieren, auszeichnet. Dagegen hat er einen andern, welcher noch in der vierten Ausgabe seines Handbuchs der Naturgeschichte steht, weggelassen. Dort beschreibt er nämlich den Menschen also: homo

Animal erectum, bimanum, inerme, rationale,                                          loquens.
Dentes primores incisores supra et infra quatuor.
Laniarii longitudine reliquis aequales approximati.

Man sieht leicht, daß es das inerme ist, was ich meine, und ich trage deshalb um so weniger Be - denken, die sonst hierüber geäußerte Meinung des Herrn Verfassers beyzufügen.

Außer der aufrechten Stellung aber und den beyden Händen, sagt er, haben wir auch noch einiges andere zu betrachten, welches dem Menschengeschlechte ebenfalls eigenthümlich zuzu - gehören scheint. Unter allen Thieren ist allein der Mensch waffenlos und nackt auf die Welt gesetzt worden. Ihm ist weder Zahn noch Horn, weder Klaue noch Bedeckung, oder rauches Fell, gege - ben. Der Einwurf, den man vielleicht dagegen machen könnte, daß es auch Thiere gebe, denen alles dieses mangelt, ist nicht giltig; denn immer trift man doch etwas an ihnen, was zu ihrer Ret - tung dient 1). Der Mensch aber hat entweder dieses alles gar oder größtentheils nicht. Er ist fast unbehaart, da hingegen die Quadrupeden, welche ihre Rücken dem freyen Himmel und der Witterung entgegen tragen, mit rauchen, Felle243 oder dickerer Haut, Schildern, Schuppen oder Stacheln bewaffnet sind. Nur an wenig Gegen - den des Leibes hat der Mensch Haare, der Rücken aber ist ganz kahl, was in der That einen neuen Beweis für den aufrechten Gang des Menschen abgiebt. Seine Zähne stehen einander gleicher, sind runder, ebener, und mit einem Worte so ge - baut, daß man auf den ersten Hinblick einsehen muß, sie seyen dem Menschen zum Kauen, und gewissermaßen zur Rede, keinesweges aber als Waffen gegeben 2). Selbst die Zähne der Affen weichen von den menschlichen sehr ab; ihre Hunds - zähne sind länger, spitziger, und von den benach - barten mehr entfernt; die Backenzähne aber tief eingeschnitten und äußerst scharfzackigt. Aber außer den Zähnen zeigt auch der enge, mit Lippen verzierte Mund, wodurch er sich ebenfalls von den Affen und andern ähnlichen Thieren unterscheidet, der Mensch sey ein friedliches, waffenloses Ge - schöpf 3).

1) Der Polyp z. B. hat kaum irgend einen Feind, und wenn er etwa verwundet wird, so entstehen daraus neue Thiere seiner Gattung.

2)Der Mensch ist ein sanftes in Gesell - schaft lebendes (civile) Geschöpf, dessen Stärke und Kraft mehr in Weisheit, als körperlicher Uibermacht besteht. Eustach. de dentibus. S. 85.

3) Ausg. 1. S. 27. 28.

Ich wundere mich um so mehr, daß der Herr Verfasser den Grund, warum er diesen Charakter wegläßt, nicht angeführt hat, da er mir doch immer wegen seiner Konsequenz, die in Eustachs Worten244 kürzlich aber vollständig angegeben ist, wichtig zu seyn scheint. Man kann mit mehrerem hierüber nachsehen:

Herders Ideen zur Philosophie der Geschich - te der Menschheit. 1. Bd. S. 218.

§. 14. S. 36.

Das Fleischfell oder der Hautmuskel (panni - culus carnosus seu musculus subcutaneus) wurde sonst von vielen als die vierte gemeinsame Bedeckung des Körpers beschrieben. Er besteht aus einer musku - lösen Haut zwischen dem Felle und Fette, allein er ist nur bey den Thieren, nicht bey den Menschen anzu - treffen. Vermittelst selner erschüttern sie das Fell, und verscheuchen so die Insekten.

Das Wundernetz: ein netzförmiges Geflecht von Gefäßen, liegt neben der Schleimdrüse der Nase unter der dura mater, und Ruysch, welcher es erst beschrieben und abgebildet hatte, zählte es nachher unter die Fabeln. S. Adversar. anatom. II. S. 45. Nach Willich dient es solchen Thieren, deren Kopf niederwärts hängt, den zu heftigen und schnellen Lauf des Geblütes in das Gehirn aufzuhalten.

Was der Aufhängemuskel des Auges sey, zeigt schon sein Name, so wie die Ermangelung desselben, daß der Mensch wohl schwerlich zum Gange auf Vieren bestimmt sey, denn er dient den Quadrupeden das Auge zu erheben, wenn sie über sich blicken wollen.

Die innere Augendecke (membrana nictitans, Nickhaut) ist eine dreyseitige Haut, die sich über245 den Augenstern zieht. Die eine Seite derselben ist in dem innern Augenwinkel desselben, an die harte Haut des Augapfels befestiget; der gegenüberstehen - de Zipfel hängt mit einem langen dünnen Muskel zu - sammen, der an dem Augapfel hinterwärts um den Sehnerven in einen Winkel herumläuft, und mit dem breitern Ende sich in die harte Haut neben dem innern Augenwinkel einfügt. Dieser Muskel geht durch ein Loch in dem Ende eines kürzern Muskels, der von dem andern Augenwinkel, von der Hinter - seite des Augenballes, bis nahe an den Sehnerven sich hin erstreckt, gleichsam als über eine Rolle. Wenn nun beyde Muskeln sich verkürzen, so wird die Nickhaut über den Augenstern, nach dem äußern Augenwinkel, hingezogen; lassen sie nach, so zieht sich die Nickhaut, durch die Schnellkraft ihrer eige - nen Fibern, wieder zurück. Jene Verbindung zweyer Muskeln war nöthig, weil ein Muskel sich nur nach Verhältniß seiner Länge verkürzen kann, ein gerade ausgespannter einzelner Muskel hier aber nickt lang genug gewesen wäre. Die Nickhaut dient die Augen der Vögel für Staub zu bewahren, und gegen das blendende Sonnenlicht zu schützen, ohne ihm alles Licht zu nehmen, da sie doch dünn genug ist, daß die Vögel dadurch etwas unterscheiden kön - nen. Zugleich dient sie die vordere durchsichtige Haut im Auge feucht und geschmeidig zu erhalten, da aus der Thränendrüse ein Ausführungsgang bis in die Mitte der Nickhaut geht, so daß sie bey der Bewegung derselben das Auge reinigt und erfrischt. Die meisten vierfüßigen Thiere haben auch eine Nick - haut. Das menschliche Auge würde durch eine solche246 Decke alle Kraft des Ausdrucks verlohren haben; auch kann der Mensch feinen Augen mit den Händen und mit Wasser zu Hülfe kommen. Klügel Ency - clopädie Th. 1. S. 290. fgg. An einigen habe ich nur schwache Spuren davon vorgefunden, wie an dem Mongus. An den gemeinen Affen ist sie sehr klein. Erste Ausgabe S. 34. N. a).

Der Aufhängemuskel des Auges ist fast allen Quadrupeden 1) eigenthümlich, so wie das Spann - aderband des Halses, welches bloß dem Men - schen und Affen fehlt. Dieser weisse und sehnigte Theil, welcher bey den unsrigen unter dem Namen Haarwachs bekannt ist, und welchen die Englän - der Paxwax, Taxwax, Fixfax, und Whitelea - ther nennen, dient den Quadrupeden darzu, daß sie Kopf und Hals aufrecht halten. Wiewohl es nun dem Menschen und Affen zugleich mangelt, so folgt doch keineswegs daraus, daß diese letztern auch aufrecht gehen müssen, da bey diesen eine sehr artige Struktur der Halswirbel, bey dem Men - schen aber blos der zweyfüßige Gang den Mangel dieses Bandes ersetzt. Alles beruht auf diesen Halswirbeln, und aus der Vergleichung dieser Knochen in dem Gerippe des Menschen und Affen sieht man sehr wohl, warum ich die ganze Zusam - menfügung der Halswirbel dieses Pavians (man - dril, maimon) habe abzeichnen lassen (Taf. 3. Fig. 3.) weil sein Beyspiel die Sache am klarsten macht, da er niemals auf zwey Füßen geht. Von den Menschen ist der fünfte und sechste Halswirbel beigefügt (Fig. 4.). Diese sind parallel, flach247 und diskusförmig, da sie hingegen bey den Affen wie schuppigte Fortsätze abschüssig auf die erstern herunter gehen, und Dachregelförmig übereinan - der liegen.

1) Es mangelt dem Orangutang. Tyson S. 85. S. de gen. hum. nat. var. Ausg. 1. S. 34. fgg.

Das Schneidezahnloch (foramen incisivum) ist in dem vordern Theile des Zahnhöhlenrandes und in dem Theile des Randes, welcher den Schneide - zähnen gegenüber steht, befindlich. Bey Erwach - senen fehlt es öfters, allein bey jungen Leuten befin - den sie sich fast beständig. Sie sind sehr klein.

Bertin. Traité d'osteologie. Vol. II. S. 231.

Halleri icon. anat. Fasc. II. S. 12. not. y.

§. 15. S. 38.

Zu diesem § habe ich bloß die Bemerkung beyzu - fügen, daß das os intermaxillare sehr viel zur Ver - längerung der hervorstehenden Schnauze beyträgt, die das thierische Profil so sehr von dem menschlichen auszeichnet. Eine Abbildung dieses Knochens in dem Schädel eines Mandril siehe Taf. 3. Fig. 2. Man kann übrigens mit dem, was der Herr Verfas - ser hier über dieses merkwürdige Bein sagt, Herrn Hofrath Loders Bericht vergleichen. S. dessen ana - tomisches Handbuch Bd. 1. S. 85. fgg.

§. 16. S. 43. fgg.

Der Mensch hat die größte Gehirnmasse. Die vergleichende Anatomie liefert uns hierüber sehr248 schöne Beyspiele. In einem Menschen von hundert Pfund Gewicht hält das Gehirn vier Pfunde; hin - gegen in einem Ochsen von acht bis neunhundert Pfund, hält das Gehirn nur ein Pfund. Das Ge - hirn ist daher beym Menschen der fünfundzwanzigste Theil seiner Masse; beym Ochsen ist es nur der acht oder neunhundertste Theil. Ein Hund von dreyzehen Pfund Schwere hat nur etwas über zwey Unzen Ge - hirn. Im Haasen ist das Gehirn nicht einmal der zweyhundertste Theil vom Gewicht seiner ganzen Masse. Inzwischen giebt es hierbey einige werk - würdige Ausnahmen. Denn der Delphin scheint verhältnißmäßig eben so viel Gehirn, als der Mensch zu haben, und bey den Seekälbern ist dasselbe, in Proportion ihrer ganzen Masse, noch größer als im Menschen gefunden worden. S. Bonnet in seinen Betrachtungen über die Natur. Th. 1.

Wäre es nun der Fall, wie man hieraus fol - gerte, daß der Mensch das klügste Geschöpf wäre, weil er die größte Gehirnmasse habe, so folgte hier - aus offenbar, daß der Delphin, wo nicht klüger, doch eben so klug seyn müßte, als der Mensch. Und der Schwierigkeiten dieser Art fanden sich mehrere. Wie nun sie heben? Wir wollen hierüber Herrn Hof - rath Sömmering, welcher durch seinen Scharfsinn sie zuerst bey Seite schafte, selbst hören. Man vermuthete sonst, sagt er, oder nahm auch wohl geradezu an, der Mensch habe das größte Gehirn. Wie bewies man aber dieses? Man wog das Gehirn und den Körper der Men - schen, und eben so der gemeinsten Hausthiere: so249 weit hielt nun dieser Satz noch ziemlich die Probe. Allein Physiologen, die weiter gingen, und diesen Satz durch mehrere Thiergeschlechter genauer be - stimmen wollten, kamen in nicht geringe Verle - genheit, wenn sie fanden, daß z. B. die Vögel in der Proportion des Gewichts ihres Gehirns, verglichen mit dem Gewicht ihrer Körper, gar weit den Menschen übertrafen. Auch die Delphine, Seehunde, und noch mehr die kleinen Säugethiere als Mäuse, Eichhörnchen u. s. w. schienen für ih - ren kleinen Körper ein ungeheuer groß Gehirn zu besitzen. Diese Schwierigkeit machte, daß auch Herder drey tüchtige Ursachen hinstellt, weshalb dies Wägen keine reinen Resultate geben kann, welche bey ihm nachzusehen sind. S. Ideen zur Ph. der G. d. M. S. 191. Th. 1.

Mit Genauigkeit, Sorgfalt und Nutzungen glücklicher Gelegenheiten, angestellte Vergleichung der Gehirne aus verschiedenen Thierklassen, führ - ten mich aber am Ende auf den sehr wichtigen, von mir zuerst entdeckten, Hauptsatz: daß der Mensch beym größten Gehirn die kleinsten Nerven habe; oder daß man nur in Rücksicht der Vergleichung des Gehirns mit seinen Nerven sagen könne, der Mensch habe das größte Gehirn.

S. Sömmering über die körperliche Verschie - denheit des Negers vom Europäer. Der - selbe über Hirn - und Rückenmark, Maynz 1788. Desselben Nervenlehre, Frft. a. M. 1791.

Aus dieser schönen Bemerkung entspringt die Eintheilung des Herrn Hofrath Blumenbachs von250 den thierischen Verrichtungen des menschlichen Kör - pers. Die Werkzeuge derselben, als: das große und kleine Gehirn, das daran hängende Rückenmark, und die aus dieser dreyfachen Quelle entspringenden Nerven, theilt er in zwey Hauptklassen ein, in das Sensorium, und die Nerven. Das Sensorium begreift alles dasjenige, was außer den Nerven und ihren ersten Anfängen zum Nervensystem gehört und wodurch die Verrichtungen der Nerven mit unserm Seelenvermögen verknüpft zu seyn scheinen. S. Blumenbachs Physiologie, 15. Abschn.

Also nicht blos in der Größe der Gehirnmasse besteht der Vorzug des Menschen vor dem Thiere, sondern hauptsächlich darin, daß er in Vergleichung mit der Hirnmasse sehr dünne Nerven hat. Je stär - kere Nerven zur Empfindbarkeit aus dem Hirnmarke auslaufen, desto stumpfer finden wir die Vorstel - lungskraft der Thiere.

Höchst wahrscheinlich dürfte es aber auch man - chem nicht unangenehm seyn, hier noch den Unter - schied zwischen der Bildung der inneren Theile von dem Gehirn eines Menschen und Menschenähnlichen Affen zu finden, und dieses wird am füglichsten mit den eigenen Worten des Herrn Verf. selbst geschehen.

Da sagt er das Gehirn als das ädelste Eingeweide des thierischen Körpers, unzählicher leicht begreiflicher Ursachen halber, vor allen übri - gen Theilen die größte Aufmerksamkeit verdient; so haben sich die größten Männer 1) mit der verglei - chenden Anatomie derselben ämsig beschäftigt, und251 alle, welche zu ähnlicher Arbeit Gelegenheit haben möchten, ebenfalls dazu ermuntert 2). Dieser Erinnerung eingedenk, habe ich auch, als ich im vorigen Winter (1775) Gelegenheit hatte, Affen von mehrern Geschlechtern zu seciren, vor allem meine Aufmerksamkeit auf die Gehirne derselben gerichtet. Ich will hier die Beschreibung von dem Gehirne eines Pavians, des Mandril, beyfügen. Bey dem großen Hinterhauptsloche abgeschnitten, und aus dem Schädel herausgenommen, wog es drey Unzen und eine Drachme; das ganze übrige Cadaver des Affen aber acht und ein halbes Pfund. Die Hauptstücke, in denen die Basis desselben von der Struktur des menschlichen abweicht, sind fol - gende: die vordem Gehirnlappen sind fast ganz verwachsen. Das Hirnlein ist im Verhältniß des Gehirns ziemlich groß, und größer als in der Pygmie. Die Varolsche Brücke ist durch gar keine Spalte von dem verlängerten Rückenmarke abgesondert, sondern läuft immer ununterbrochen mit demselben hinab. Von den Pyramidalkörpern und den ovalen Erhabenheiten ist, wie bey der Pygmie, auch nicht eine Spur vorhanden. Das Rückenmark selbst ist weit dicker als in dem Men - schen oder der Pygmie. Das zweyte Nervenpaar, das in eine große Masse zusammen verwachsen ist, theilt sich wieder bey dem Eintritte in die Augen - höhlen. Das Wundernetz ist nicht vorhanden.

1) S. Sam. Collins comparative anatomy. Hallers Physiol. Th. 4. opp. minor. Th. 3.

2) Haller Physiol. Th. 5. S. 529. S. de gen. hum. nat. var. Ausg. 1. S. 32. 33.

252

Steinchen der Zirbeldrüse. Entweder auf, oder selbst in den markichten Leistgen, also vor dem Zirbelkörper, oder auch in der Substanz dieses Zir - belkörpers selbst, habe ich nun der Reihe nach in achtundsiebenzig Körpern allemal ohnausbleiblich, so wie auch andere Zergliederer für gewöhnlich eigen be - schaffne Steinchen gefunden; sie liegen mehrentheils vor dem Zirbelkörper in einem Häufchen beysammen, sind Citronengelb und halb durchsichtig, werden aber durchs trocknen weißlicher und undurchsichtiger, und ich trage kein Bedenken, sie wegen ihres beständigen Daseyns und immer gleichen Ansehens als zum na - türlichen Bau des Gehirns gehörig anzusehen. S. Sömmering über Hirn und Rückenmark S. 94. 95. und das Kupfer in Nöthigs Dissertation de de - cussatione nervorum.

Was die Gebärmutter und die Nachgeburt betrift, so siehe hierüber Blumenbachs Physiolo - gie Absch. 41. von den weiblichen Geschlechtsver - richtungen.

In eben dem Werke siehe über das Nabelbläs - chen den 47sten Absch. Von dem Unterschiede des neugebornen und ungebornen Kindes, und das Kupfer in Blumenbachs specimen physiologiae com - paratae inter animantia calidi sanguinis vivipara et ovipara, wo der Herr Verf. S. 12. sagt: Es sey wahrscheinlich, daß dieses Bläschen ebenfalls wie die Dotterhaut zur ersten Nahrung des gallertar - tigen Embrio beytrage, bevor er so groß geworden, daß schon das Blut der Mutter zu seiner Nahrung dienen könne.

253

§. 17. S. 45.

In diesem § spricht der Herr Verfasser von den Kräften in der animalischen Oekonomie, deren er an einem andern Orte fünf aufzählt, als 1) Contrak - tilität, 2) Hallers Reizbarkeit, oder Muskelkraft, 3) Empfindbarkeit, welche drey er unter der Be - nennung der gemeinschaftlichen Lebenskräfte begreift. Hierauf folgt 4) das besondere Leben, worunter er diejenigen Kräfte versteht, welche man an einzelnen, zu einzelnen[ Verrichtungen] bestimmten Organen, wahrnimmt. Und endlich 5) den Bildungstrieb. Hier haben wir es besonders mit der Contraktilität oder Zusammenziehbarkeit zu thun. Sie zeigt sich an dem ganzen Körper, so weit er aus Zellgewebe besteht. Wenn wir nun auch nicht mit Platnern annehmen, daß alle festen Theile gänzlich aus ihm bestehen, wiewohl seine Meinung die höchste Wahr - scheinlichkeit für sich hat, so hängen doch alle Theile des Körpers, mittelst desselben zusammen und es ist aufs innigste zwischen dieselben verwebt, macht also gleichsam die Grundlage des thierischen Körpers aus, und so besteht durch dasselbe zwischen allen, auch den verschiedensten und von einander entferntesten, Theilen des Körpers ein gemeinschaftlicher Zusam - menhang. Hieraus folgt denn, wie weit diese Kraft in dem Körper sich äußern könne. Auf ihr, sagt der Herr Verfasser in seiner Physiologie, beruht hauptsächlich die Stärke und Gesundheit des mensch - lichen Körpers, denn um nur ein Beyspiel anzufüh - ren, so saugt das Zellgewebe in dem gesunden Körper die ausgedunsteten Feuchtigkeiten wie ein Schwamm ein, und treibt sie, eben vermöge der Contraktilität,254 in die lymphatischen Gefäße fort; da es hingegen im kranken erschlaften Zustande mit stockender Feuchtig - keit angefüllt, die Veranlassung zu Wassergeschwül - sten und anderem der Art mehr giebt. Da nun diese Contraktilität des Zellgewebes über den ganzen Kör - per geht, so sieht man ihren Einfluß auf die übrigen Lebenskräfte gar bald ein.

Dieses bisher gesagte macht mir es unnöthig, weiter etwas beyzufügen, denn man sieht deutlich daraus ein, wie es möglich sey, daß der Mensch, eben vermöge dieser Kraft des Zellgewebes, leichter als jedes andere Säugethier, bey denen allen es bey weitem nicht so nachgiebig ist, unter jedem Him - melsstriche leben könne.

Was Stahl sich eigentlich unter seinem Tonus (Spannung) dachte, s. Stahl de motu tonico vitali, Halle 1702. 4.

§. 18. S. 49 bis 52.

Zu der in diesem § abgehandelten Materie ge - hört noch, daß der Mensch außer dem Begattungs - triebe wenig Spuren von Instinkt, von Kunsttrieben aber ganz und gar keine zeigt. Die Stelle, wo dieses in den frühern Ausgaben dieses Werks abge - handelt wird, ist zu schön, um sie hier nicht ganz beyzufügen.

Demnach (heißt es) wäre das Menschenge - schlecht elend daran, wenn nicht der Gebrauch der Vernunft es für Schaden sicherte, welche den übrigen Thieren gänzlich fehlt. Der Instinkt bleibt sich immer gleich, wird durch Kultur nicht besser,255 und ist bey dem Thiere in zartester Jugend nicht geringer oder schwächer, als wenn es erwachsen ist. Die Vernunft hingegen gleicht einem Keime, der nur in dem Verfolg der Zeit, durch Hinzukunft des gesellschaftlichen Lebens und anderer äußeren Umstände, gleichsam entwickelt, ausgebildet, und zur Vollkommenheit gebracht wird. Der junge Stier spürt seine Kraft schon so sehr, daß er mit den noch nicht vorhandenen Waffen auf dich losgeht.
Losgeht der junge Stier, wenn du ihn erzürnst oder                     reizest,
Auf dich, ehe noch ihm auf der Stirn die Hörner                     gekeimt sind
sagt Lukrez. Woher kommt das, wenn er nicht seinen Führer in sich hat? Bey dem Menschen zeigt sich so etwas nicht. Nakt und waffenlos wird er geboren, und mit keinem Instinkte bewaf - net, hängt er ganz vom gesellschaftlichen Leben, von der Erziehung, ab. Dieser regt das Flämm - chen der Vernunft allmählig an, welches am Ende allein den Mangel alles dessen, wodurch das Thier besser daran zu seyn schien, als der Mensch, glück - lich vergütet. Der Mensch unter Thieren erzogen, des menschlichen Umgangs beraubt, wird wild: nie aber ereignet sich das Gegentheil bey Thieren, wenn sie unter Menschen leben. Weder Biber noch Seehunde, die in Gesellschaft leben, noch die Hausthiere, welche immer um uns sind, wer - den je Vernunft erlangen. *)

*) Vergl. hiermit Handb. d. Naturgesch. Ausg. 5. S. 60.

256
Hieraus erhellt auch der Unterschied zwischen Stimme (vox) und Sprache (loquela). Blos dem Menschen können wir Sprache, oder die Stimme der Vernunft, den Thieren nichts als die Stimme der Affekten zuschreiben. Der Geist des Menschen, wenn er im Verlauf der Zeit seine Ver - nunft entwickelt, strebt mit den Ideen Töne zu verbinden. Kinder belegen im zartesten Alter Per - sonen, die ihnen lieb sind, mit Namen, aber nie noch hat dieses ein Thier gethan, obschon es seinen Herrn, und andere die zum Hause gehören, sehr gut kennt. Alles was alte Reisebeschreiber von von den Sprachen gewisser entfernter Völker, wel - che blos unartikulirte Töne hervorbringen sollen, gesagt haben, verdient keine Aufmerksamkeit. Es ist nur zu gewiß, daß die wildesten Völker, die Kaliformer, die Anwohner des Kap und andere, eine besondere Mundart und eine Menge von Wör - tern haben, dahingegen die Thiere, sie mögen nun dem Menschen im Körperbau ähneln, wie der Orangutang, oder, um mit Plinius von dem Ele - phanten zu sprechen, ihm in Ansehung der Sinne nahe kommen, keine Sprache haben, und nur wenige sehr gleichlautende Töne ausstoßen. Daß die Sprache blos ein Werk der Vernunft sey, er - hellt schon daraus, weil die übrigen Thiere, wenn sie auch dieselben Stimmorgane haben wie der Mensch, doch gänzlich derselben ermangeln.

S. 1. Ausg. S. 20. bis 22. 2. Ausg. S. 25. fgg.

Hierauf fügt der Herr Verfasser in einer Note noch die Bemerkung bey, daß er an den Affen das257 Zäpfgen und die übrigen Stücke dem menschlichen Kehldeckel sehr ähnlich gefunden habe. Hierbey will ich nur folgende Anmerkung mit Sömmerings Wor - ten anfügen. Selbst die sich den Menschen am meisten nähernden Affen sagt er besitzen noch einen sehr geräumigen häutigen Sack an ihren Stimm - werkzeugen 1), der gleichsam den sich formirenden Laut verschluckt, und sie daher zu stummen Thieren macht. Bey andern Affenarten ist dieser Sack sogar knöchern. So besitze ich durch die Güte des Herrn Doktor Ehrmanns zu Frankfurt das merkwürdige Zungenbein des Brüllaffen, das eine große Kno - chenhöhle bildet. Es wäre wohl zu versuchen, ob etwa durch vorsetzliche künstliche Zerstöhrung des Sacks die Affen fähiger gemacht würden, auch menschliche Töne nachzuahmen.

1) S. Camper in den Phil. Transact. von 1779 und seine Verhandeling over den Orangutang, durch vor - trefliche Zeichnungen erläutert.

§. 19. S. 52.

Daß die Thiere weinen können, ist gewiß, da sie Organe dazu habe 1), die den menschlichen zum Theil sehr ähnlich sind. Es ist aber die Frage, ob sie dies aus Betrübniß thun, wie einige Schriftstel - ler vorgeben. Von dem Lachen als einer Wirkung der Freude ist es noch zweifelhafter. Zwar haben einige Thiere eine besondere Art ihre Freude zu äu - ßern, der Hund zieht zum Beyspiel den Schwanz ein, die Katzen schnurren, allein noch ist mir keine Beobachtung bekannt, daß sie dabey die Gesichts - muskeln veränderten, oder ein Gelächter ausstießen. Ausg. 1. S. 28. 29.

258

1) Bertin sur le Sac nasal ou lucrymal de plusieurs Especes d'animoux. mém. de Par. 1766. p. 281. sqq.

§. 22. S. 54. 55.

Masern, Paulets Erzählung, daß ein Affe die Masern soll bekommen haben, ist zuverläßig eine Fabel. S. Berliner Sammlung. Bd. 5. S. 174.

Cretinismus, von dieser Krankheit der Creti - nen, kleiner Blödsinniger mit dicken Köpfen und lan - gen Armen, dergleichen sich im Salzburgischen, im Walliser Lande, vorzüglich aber im Piemontesischen in Menge finden, und deren Krankheit großentheils in einem Weichwerden der Knochen besteht, s. J. F. Ackermann über die Cretinen oder Tölpel in den Alpen, Gotha 1790.

Pelagra, s. Cerris Brief an J. P. Frank über das Pelagra, in Weigels und Kühns italienischer medizinischer Bibliothek. Bd. 2. St. 1. S. 226.

Zweyter Abschnitt.

259

§. 23.

Es ist eine allgemeine Klage unter den Naturge - schichtschreibern des Menschen, daß die Begriffe von Gattung, Art, Abart, Spielart u. s. w. so außer - ordentlich variiren. Wie der Herr Verf. die Wörter Species und genus gebraucht, wird man leicht aus dem Contexte sehen, und die Gründe dazu kann man in der Vorrede von der neuesten Ausgabe seines Handbuchs der Naturgeschichte nachschlagen, wo man sie von Seite 7 bis 11 befriedigend finden wird.

Uebrigens weiß ich nicht, warum sich die neuern Naturgeschichtschreiber des Menschen nicht der von unserm großen Kant gesetzten Bestimmungen bedie - nen. Ich zweifle, ob man eine bestimmtere finden würde. Sie ist im kurzen folgende:

Natureintheilung in Gattungen und Arten sagt er gründet sich auf das gemeinschaftliche Gesetz der Fortpflanzung. Schuleintheilung geht auf Klassen, welche nach Aehnlichkeiten; die Na - tureintheilung aber auf Stämme, welche die Thie - re nach Verwandschaften in Ansehung der Erzeu - gung eintheilt.

260

Hierauf theilt er nun folgende Natureinthei - lung mit:

Stamm

enthält unter sich nicht Arten, denn diese bedeuten Verschiedenheit in der Abstammung, sondern

Abartungen

d. h. erbliche Abweichung vom Stamme. Hierauf folgen

Nachartungen

mit erblichen Merkmalen der Abstammung. Und endlich

Ausartungen

ohne Merkmal der ursprünglichen Stammbildung.

Den Abartungen subordinirt er:

1) Racen

d. h. diejenigen Abartungen, welche sich sowohl bey allen Verpflanzungen in langen Zeugungen unter sich beständig erhalten, als auch in der Vermischung mit andern Abartungen desselbigen Stammes jeder - zeit halbschlächtige Junge zeugen.

Anmerk. Der Ausdruck halbschlächtige Kinder ist bey ihm synonym mit Blendlinge.

2) Spielarten

d. h. die bey allen Verpflanzungen das Unterschei - dende ihrer Abartung zwar beständig erhalten, und also nacharten, aber in der Vermischung mit andern nicht nothwendig halbschlächtig erzeugen,

261

3) Besondrer Schlag

d. h. welcher mit andern zwar halbschlächtig erzeugt, aber durch die Verpflanzung nach und nach erlischt.

Unter die Nachartungen subsumirt er:

Varietäten

die zwar oft, aber nicht beständig nacharten.

Endlich hat Kant auch einen

Familienschlag

wo sich etwas Charakteristisches endlich so tief in die Zeugungskraft einwurzelt, daß es einer Spielart nahe kommt, und sich wie diese perpetuirt.

S. Kant über die Menschenracen. Was er darüber im teutschen Merkur 1788. Bd. 1. S. 48. sagt, konnte ich nicht zu sehen bekommen, und eben so wenig habe ich noch nachlesen können, was Herr Girtanner hierüber sagt in seinem Werke über das Kantische Prinzip für die Naturge - schichte. Göttingen 1796.

Mit dem, was Kant hier gesagt hat, vergleiche man G. Forster über die Menschenracen. Deutscher Merkur, Bd. 2. S. 57 und 150.

Blumenbach über Menschenracen u. Schwei - neracen. S. Lichtenbergs Magazin VI. 1. 1.

§. 32. S. 68.

Es däucht mich sehr nothwendig diesen §, der wegen der Folgerungen, die daraus gezogen werden, so wichtig ist, hier genauer aus einander zu setzen.

In jedem belebten Körper haben wir besonders auf drey Stücke Rücksicht zu nehmen: 1) auf seine festen, 2) seine flüssigen Theile, und ohne welches262 keine Einwirkung dieser Theile statt finden könnte, sich wohl überhaupt organisirte selbst wirkende Wesen nicht wohl denken liessen, 3) die Lebenskräfte, jene qualitates occultae, die wir blos aus ihren Wirkun - gen kennen, ohne irgend im Stande zu seyn, zu bestimmen, was sie eigentlich sind, wie sie entstehen oder wirken. Es giebt deren fünferley Arten, die ich jetzo nicht einzeln aufzuzählen brauche, weil ich die Leser auf die Anmerkung zu §. 17., wo sie ein - zeln aufgeführt sind, zurückweisen kann.

Diese drey Stücke sind in dem solido vivo in einer fortdauernden wechselseitigen Wirkung und Ge - genwirkung. Die flüssigen Theile wirken als eben so viel Reize auf die festen, und diese wirken hinwie - derum auf die flüssigen Theile, wozu der Körper durch die ihm beywohnenden Lebenskräfte geschickt gemacht wird. Vergleiche Blumenbachs Physiolo - gie Absch. 4. 5. Desselben Beyträge zur Natur - geschichte Absch. 8. Ausartung des vollkommen - sten aller Hausthiere, des Menschen. 9. Eine hierher gehörige physiologische Eigenheit des menschlichen Körpers.

Da also, wie hieraus erhellt, kein lebender Körper selbstthätig wirken kann, außer in wiefern er durch äußern Reiz dazu angeregt wird, so muß man die Wichtigkeit der daraus gezogenen Folgerungen, leicht begreifen. Verschiedene äußere Reize werden nämlich auch verschieden auf den Körper wirken, und nach Modifikation derselben wird sich dann, was sich hier so zeigte, anderswo anders zeigen. Die263 verschiedenen Reize, welche dazu beytragen, den Körper zu verändern, sind in den nächstfolgenden § §. angegeben.

§. 33. S. 73.

Selbst die Erscheinungen bey Zeugung der Ba - starde widersprechen allen Begriffen von Präexistenz eines präformirten Keims so schlechterdings, daß man kaum absieht, wie bey einer reifen Erwägung der erstern, die letztern noch ernstliche Vertheidiger haben finden können. Mich dünkt, eine einzige Er - fahrung wie die, da Herr Kölreuter durch wieder - holte Erzeugung fruchtbarer Bastardpflanzen, end - lich die eine Gattung von Tabak (Nicotiana rusti - ca) so vollkommen in eine andere (Nicotiana pani - culata) verwandelt und umgeschaffen, daß sie nicht eine Spur von ihrer angestammten mütterlichen Bildung übrig behalten hat, müßte doch die einge - nommensten Verfechter der Evolutionstheorie von ihrem Vorurtheil zurückbringen. Dieser vortrefliche Beobachter hatte nämlich durch die künstliche Be - fruchtung der ersten Gattung von Taback mit dem Blumenstaube von der letztern, fruchtbaren Ba - stardsaamen erhalten, und hatte dann die daraus gezognen Pflanzen, (die in ihrer Bildung schon das Mittel zwischen ihren beyden Stammältern hielten), vom neuen und mit gleichem Erfolg mit Blumenstaube von der paniculata befruchtet. Da dies wiederum fruchtbaren Saamen, und dieser wiederum Pflanzen gab, die von der mütterlichen Gestaltung noch mehr abwichen, so hat er mit diesen letztern den nämlichen Versuch noch einmal264 wiederholt, und so endlich sechs Pflanzen erhalten, die sämmtlich, ihrer ganzen Bildung nach, mit der natürlichen paniculata vollkommen überein - stimmten, ohne sich im mindesten weiter von der - selben zu unterscheiden, so daß er seinem klassischen Werke, der Nachricht von diesen berühmten Ver - suchen, mit ganzem Rechte die Aufschrift giebt: Gänzlich vollbrachte Verwandlung einer natür - lichen Pflanzengattung in die andere. Siehe Blumenbach über den Bildungstrieb. 1791. S. 74 fgg.

Dieses ist das berühmte Beyspiel, dessen der Herr Verfasser in dem Text erwähnt, und welchem die Evolutionisten nichts weiter als Ausflüchte entgegen - setzen können, welches aber den Nisus formatious aufs auffallendste bestätigt. In Ansehung der Wirk - samkeit desselben zur Hervorbringung des Embrio im thierischen Körper, welche S. 69. 70. blos im allge - meinen angegeben ist, drückt sich der Herr Verf. in seiner Physiologie Absch. 45. §. 592. Ausg. 1. folgen - dermaßen aus: Die verschiedenen in den Körpern jedes Sexus befindlichen Flüssigkeiten, die sich bey einem fruchtbaren Beyschlafe zugleich in die Höhle der Bärmutter ergießen, erfordern vor allem andern eine bestimmte Zeit, um sich desto inniger mit ein - ander zu vermischen, und die gehörige Reife zu er - langen. Erst wenn diese Vorbereitung vorüber, diese Flüssigkeiten verarbeitet sind, und ihre gehö - rige Reife erlangt haben, äußert sich der Bildungs - trieb in ihnen, und dadurch wird der noch unge - formte Zeugungsstoff, entweder in die Hüllen des Eyes, oder in die Gestalt des darin befindlichen265 Foetus ausgebildet und belebt. Dies ist auch der Grund, warum wir unserer, gegenwärtig so sehr vervollkommnerten, dioptrischen Hülfsmittel unge - achtet, in den ersten Wochen nach der Conception nur eine ungeformte flüssige Masse in der Höhle der Gebärmutter, aber keine ausgebildete Spur eines Foetus entdecken können. Erst in der dritten Wo - che ohngefähr erscheint er, fast plötzlich, und als ein nicht unbeträchtlicher Körper.

Durch die in jeder Organisation eigen bestimmte Wirksamkeit des Bildungstriebes werden die Gattun - gen in der organisirten Schöpfung erhalten, und da es für die ganze gegenwärtige Untersuchung so wich - tig ist, ihn gehörig zu kennen, so will ich die bis jetzt bekannten Gesetze, denen er zu folgen pflegt, noch beyfügen. 1) Die Stärke des Bildungs - triebes steht mit dem zunehmenden Alter der or - ganisirten Körper im umgekehrten Verhältniß.

2) Doch ist dieser frühe Bildungstrieb bey den neu empfangenen Säugethieren noch ungleich stärker, als bey den bebrüteten Küchelgen im Eye.

3) Bey der Formation der einzelnen Theile des organisirten Körpers ist der Bildungstrieb bey manchem derselben von einer festern, bestimm - tem Wirksamkeit als bey andern.

4) Unter die mancherley Abweichungen des Bildungstriebes von seiner bestimmten Richtung gehört vorzüglich diejenige, wenn er bey Bil - dung der einen Art organischer Körper, die für eine andere Art derselben bestimmte Richtung annimmt.

266

5) Eine andere eben so merkwürdige Ab - weichung des Bildungtriebes ist, wenn bey Aus - bildung der Sexualorgane, die beym einen Ge - schlecht mehr oder weniger von der Gestalt des andern annehmen.

6) Wenn aber endlich der Bildungstrieb nicht blos wie in den vorigen Fällen eine fremd - artige, sondern eine völlig widernatürliche Rich - tung befolgt, so entstehen eigentlich sogenannte Mißgeburten. S. mit mehrerem hierüber über den Bildungstrieb, S. 101. bis 115.

Natürlich muß es bey dem Bildungstriebe ein ganz eignes Phänomen geben, wenn Geschöpfe von zweyerley Spezies einander befruchten, woraus die Bastarde entstehen.

Allein nicht blos bey der uranfänglichen Forma - tion zeigt er sich wirksam, sondern er wirkt lebens - wierig fort, indem er sie durch das Nutritionsge - schäft erhält, und falls sie etwa verstümmelt wor - den, durch das Reproduktionsvermögen so viel mög - lich wieder herstellt. Hierbey ist er aber, wie alle Lebenskräfte der besondern Wirkung äußerer Reize unterworfen, denen gemäß er sich fügen muß. Er artet allmählig aus und bringt Racen und Spiel - arten hervor. Die vorzüglichen äußern dieses be - wirkenden Reize s. im Texte.

§. 34. S. 73.

Es bedarf wohl kaum einer Erinnerung, daß hier immer nur auf das physikalische, keineswegs267 aber auf das geographische Klima gesehen werden müsse, eine Bemerkung, die ich gar nicht mitgetheilt haben würde, wenn ich nicht gefunden hätte, daß die Verwechslung derselben, selbst bey berühmten Naturforschern, zu mancherley Irrungen Anlaß gegeben hat.

§. 36. S. 79.

Hierher müssen zweifelsohne bey den Menschen noch gerechnet werden: Sitten, Gewohnhei - ten, Gebräuche, Wohnungen, Klei - dung, Erziehung, Regierungsform. Uibrigens vergl. Voigts Magazin a. a. O.

§. 37. S. 80.

Bastarde. In den frühern Ausgaben dieses Werks hat der Herr Verfasser diese Materie auf drey Fragen zurückgebracht; 1) ob Thiere von verschie - dener Species sich mit einander begattet haben, 2) ob dadurch Junge entstanden sind, und endlich 3) ob diese Jungen auch fruchtbar und zeugungs - fähig gewesen? Was die erste Frage anbetrift, so meint er, könne der Fall zwar wohl eintreten, daß geile Thiermännchen in Ermangelung von Weibchen ihrer Gattung bisweilen so auf andere brennen, daß sie versuchen, sich mit ihnen zu begatten, jedoch gestattet er einen wirklichen Erfolg davon nur dann, wenn die Gattungen sehr nahe mit einander verwandt waren. Die Gründe, welche er für die Unmöglichkeit einer darauf folgenden Empfängniß und Geburt anführt, sind folgende: 1) die unglei -268 chen Verhältnisse der Geburtstheile, welche für die Sexus von einer und derselben Species genau abge - messen sind, nicht so aber für entferntere; 2) wider - streiten dieser Meinung die besondern Gesetze, nach welchen sich die Bildung der Jungen und die be - stimmte Zeit von Schwangerschaft bey jeder Thier - gattung richten. Die zweyte Frage verneint er übri - gens nicht, indem es hinlänglich bekannt ist, daß sehr nahe verwandte Thiergattungen, wie z. B. Maulesel und Stute wirklich Junge erzeugen, und giebt auch nur die dritte unter dieser Bedingung zu. Daß aber Bastarde von Begattung der Thiere ganz verschiedner Ordnungen entstanden seyn sollen, läug - net er gänzlich, wobey er unter andern anführt, daß z. B. an eine Bastarderzeugung aus Begattung von Affen und Menschen nicht zu denken sey, weil ja selbst die Reisebeschreiber, welche von derselben erzählen, sagen, daß die Weiber unter den viehischen Umfassungen dieser Liebhaber elendiglich umgekom - men seyen. S. Text S. 82. Not. 17. Man vergl. hiermit Zimmermann geographische Geschichte des Menschen Bd. 1. S. 130. fgg.

S. 142. sagt Herr Hofrath Zimmermann in der angeführten Stelle: Wenn ich drey Arten wilder Thiere finde, welche, dem Aeußern nach, dem Hunde sehr gleich kommen, ferner einen gleichen Grad der Zähmung anzunehmen fähig sind, endlich sich sogar mit ihnen fortpflanzen und fruchtbare Junge zeugen: was hält mich denn ab, den Hund von diesen entsprungen zu glauben?

Diese Stelle hat mich auf den Gedanken ge - bracht, daß man vielleicht diese ganze Streitfrage269 durch nur eine etwas nähere Bestimmung des Be - grifs Bastard beendigen dürfte. Bastard nämlich ist ein Geschöpf, das der Vermischung von Indi - viduen zweyerley Gattung, aber einerley Ge - schlechts, seinen Ursprung dankt. Irre ich nicht gänzlich, so hatte der Herr Verfasser dieselbe Mei - nung, als er die Worte non nisi affinibus nieder - schrieb.

Mir scheint die Erklärung dieses Begrifs um so annehmbarer, da sie mit den richtigen Dans hier - über vollkommen übereinstimmt, alles hingegen, was dazu dienen könnte, die Streitfrage zu verdrehen, sogleich ausschließt.

Sollte übrigens der Mangel an Zeugungsfähig - keit bey Bastarden nicht in ihren eigen organisirten Geschlechtsgliedern liegen, welchen kein anderes in der Natur entspricht?

Sollte nicht vielleicht genaue Vergleichung der Geschlechtstheile des Bastards mit denen der Aeltern desselben, uns hierüber einen nähern Aufschluß ver - schaffen können?

Man vergesse nur nicht, daß dieses nichts weiter als bescheidne Anfragen seyn sollen. Uibrigens glau - be ich nun nicht nöthig zu haben, nur noch etwas über jene scheuslichen Erzählungen von Vermischung der Menschen mit Thieren beyzufügen. Man vergl. noch hierüber Zimmermann a. a. O. Bd. 1. S. 117. Not. h und was er zu dieser Stelle in der Vorrede zum dritten Theile dieses Werks sagt.

Dritter Abschnitt.

270

§. 42. S. 92.

Man wird über diesen § und auch einige folgende mit vielen Nutzen nachlesen: Experiments on the Insensible Perspiration of the human Body, shewing its affinity to Respiration. Published originally in 1779. and now republished with Additions and Corrections. By William Cruikshank; und in Blumenbachs Physiologie, Abschn. 14.

§. 45. S. 101.

Die in den Augen gelbgetünchte Haut. Der vielleicht etwas größere Augapfel sagt Hr. Söm - mering ist bis zu einer halben Linie rings um die durchsichtige Hornhaut schwärzlich, und das übrige nicht glänzend weiß, sondern gelblich braun, fast wie bey einigen Affen, tingirt.

Verwandschaft der Galle mit dem Fette. Die Galle ein öligter seifenartiger Saft, aus einem fast an den Zustand des Wallraths grenzenden Oele und aus Soda zusammengesetzt, mit einer dem Eyweiß - stoff ähnlichen Flüssigkeit vermischt, wird in der Le - ber, einem Eingeweide, das selbst eine große Menge281 Oel enthält, gebildet. In dem ganzen System die - ser Drüse von so großem Umfange, zeigt alles von einer Anlage und Organisation, welche bestimmt ist, aus dem Blute die große Menge Fett abzusondern, die darin durch den gehemmten Umlauf dieses Flui - dums in den Blutgefäßen des Unterleibes erzeugt wird. Diese Bemerkung, welche noch einst eine von den Hauptstützen der künftigen auf Chemie ge - gründeten Physiologie ausmachen wird, erklärt den Umfang der Leber im Foetus, der noch nicht geath - met hat, so wie in den Thieren, deren Respira - tionswerkzeuge denen des Menschen, der Säugethiere und der Vögel unähnlich sind; sie erklärt auch den Ursprung der Krankheiten der Leber, und besonders der Conkretionen in der Gallenblase oder Gallensteine.

Das Fett ist eine Art von öligter Materie, wel - che an den äußersten Enden der Pulsader, so weit als möglich von dem Mittelpunkte der Bewegung und der thierischen Wärme entfernt, gebildet wird, und eine Art von Behältniß abgiebt, worin sich die große Menge Wasserstoff, welche durch die Lungen nicht ausgeführt werden konnte, festsetzen kann; dieses Oel ist in sehr beträchtlichem Verhältnisse mit Sauerstoff vermischt, und enthält noch außerdem die Fettsäure. Diese Art, das Fett zu betrachten, macht ebenfals einen der merkwürdigsten Punkte in der neuern Physik des thierischen Körpers aus. S. Fourcroy philosophie chimique a. a. O.

§. 50. S. 120.

Sanctorius Ausdünstungsmaterie. Nach der Meinung dieses Gelehrten nahm ein Mensch binnen272 vierundzwanzig Stunden acht Pfund fester und flüs - siger Substanzen, wovon drey Pfund durch Stuhl und Urin weggingen, die übrigen fünf aber unmerk - lichen Ausdünstungen überlassen blieben, wobey er die Ausdünstungen aus den Lungen auf ein Sechs - theil des ganzen setzte. Es ist sagt Cruikshank mehr als wahrscheinlich, daß wenn Sanctorius das Gewicht des Körpers beträchtlicher fand, als er erwartete, ein gewisser Umstand, welchen er den gehemmten Ausdünstungen zuschrieb, diese Schwere vermehren mußte, die vermehrten unmerklichen Aus - dünstungen der Atmosphäre nämlich. Vergl. hiermit Blumenbachs Physiologie a. a. O. §. 186. fgg.

§. 58. S. 143.

Da man hauptsächlich mit dem Herrn Verfasser über die Meinung, daß man bey Klassificirung der Varietäten des Menschengeschlechts, sehr füglich auf die Formen der Schädel Rücksicht nehmen könne, uneinig ist, so würde ich mich bemüht haben, diese Meinung näher ins Licht zu setzen, wenn mich nicht der Herr Verfasser der Mühe völlig überhoben halte. So darf ich meine Leser blos bitten, in desselben Beyträgen zur Naturgeschichte Absch. II. S. 62. bis 78. nachzulesen. Dafür will ich aber, weil sich der Herr Verfasser selbst darauf beruft, aus seiner collectio craniorum diversarum gentium, Göttingen 1790. die Kriterien beyfügen, deren er sich bey Be - urtheilung der Schädel in dieser Hinsicht bedient, denn so sind seine eigen Worte omnis vis et usus ejusmodi rerum in studio anthropologico ex eo pendet, ut genuinae sint. Was das erste dieser273 Kriterien betrift, so ist dieses bereits vorn bey dem Verzeichniß vom anthropologischen Vorrathe des Herrn Verfassers, und zwar S. 6. angeführt wor - den, also

2) Ich bewahre alle die accessorischen Theile auf, welche etwa einem oder dem andern Schädel anhangen, wenn sie nämlich von solcher Beschaffen - heit sind, daß sie schon an sich die Aechtheit desselben beweisen; z. B. bey Mumienschädeln Uiberreste von Erdharz oder Byssus. So sind an dem Karai - benschädel, welchen ich der Güte des Herrn Baroner Banks verdanke, mit gutem Vorbedacht die hin und wieder anhangenden, ziemlich geraden, starren Haare aufbewahrt worden, wodurch sogleich auf den ersten Anblick im nöthigen Fall der Zweifel geho - ben werden kann, daß er nicht etwa von einem über - gelaufenen Aethiopier sey 1), welche seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts bekanntlich die karaibi - schen Inseln, und hauptsächlich die Insel St. Vin - cent in großer Anzahl bewohnen, und unterweilen die besondere Form des Kopfes der eingebornen In - dier, die sie durch Kunst bewirken, an sich haben 2).

3) Nun muß aber der Schädel selbst untersucht und erörtert werden, ob er auch wirklich charakteri - stisch sey, und zu dem antropologischen Zwecke die - nen könne. Denn es kann sich treffen, daß auch ein wirklich ächter Schädel diesem Zwecke schlecht entspricht, wenn er etwa an kranker Beschaffenheit leidet, oder durch ein zufälliges individuelles Mis - verhältniß der Theile verunstaltet worden ist. So finden wir unterweilen unter unsern Landsleuten274 Menschen von einer so besondern Form des Kopfes, daß wir, wenn diese einem ganzen Volke gemein wäre, dasselbe mit allem Fug und Rechte unter die Verschiedenheiten des Menschengeschlechts setzen wür - den. Man hat sich also sehr in Acht zu nehmen, daß man eine ähnliche zufällige Verunstaltung an ei - nem ausländischen Schädel nicht für national hält; ein Irrthum, welchen man am besten dadurch ver - meidet, wenn man mehrere Schädel von einer und derselben Nation mit einander vergleicht.

4) Wo dies nicht statt findet, muß man we - nigstens Portraits vergleichen, denen entweder die gelehrte Hand des Künstlers, oder das Zeugniß ei - nes erfahrnen Richters, der Autopsie für sich hat, Glauben verschaff.

5) Hierher rechne ich auch, oder ziehe wohl gar noch vor, die Abbildungen, welche, obwohl sie keine Person darstellen, doch für den Charakter eines Volks ungemein viel beweisen, z. B. alte Siegel und ägyptische Götzenbilder, oder Mignaturen von jetzigen Sinesen, Kalmücken, nordamerikanischen Indianern u. s. w.

6) Und endlich wende ich mich an die Schrift - steller, hauptsächlich Reisebeschreiber, und mittle aus, in wie weit ihre Berichte mit der Natur selbst übereinstimmen.

1) Vgl. Labat voyage aux de l'Amérique Ausg. 2. Th. 2. S. 243. fg. Die gleichförmige Kleidung ist kein Hinderniß, daß man nicht sogleich die Karaiben von den Negern unterscheiden sollte, denn diese letzten haben krauses und feines Haar275 wie Wolle, bey den ersten hingegen ist es schwarz, lang, gerade und sehr stark.

2) Vergl. Thibault de Chanvalon voyage à la Martinique, S. 39. fg. Die zu den Karai - ben gekommenen Neger nehmen die Sitten und Ge - wohnheiten derselben an. Sie platten, wie diese, den Kopf ihrer Kinder nach hinten ab, indem sie ihnen nach der Geburt denselben zwischen zwey Seiten drücken, wodurch sie unförmlich und mon - strös werden.

Uibrigens wird es wohl am besten seyn, wenn ich nun jeden auf jene Schädelsammlung selbst hin - weise, die in der That hierüber äußerst belehrend ist.

§. 59. S. 145.

Campers Gesichtslinie. Der Grund, worauf sich der Unterschied der Nationen gründet, besteher ein einer graben durch die Hohlen des Ohrs (Ge - hörgang) bis auf den Boden der Nase gezogenen Linie, und in einer andern geraden Linie, welche die Hervorragung des Stirnbeins oberhalb der Nase berührt, und bis auf den am meisten hervor - ragenden Theil des Knochens der Kinnbacken gezo - gen wird, wohl verstanden, wenn man die Köpfe im Profil betrachtet. In dem Winkel nun, den diese beyden Linien beschreiben, bestehet nicht allein der Unterschied der Thiere, sondern auch der unter - schiedenen Nationen; und man würde sagen kön - nen, die Natur habe sich gleichsam dieser Winkel bedienet, alle Verschiedenheiten der Thiere zu be -276 stimmen, und sie gleichsam stufenweise bis zum Schönen der schönsten Menschen hinaufsteigen zu lassen. Also beschreiben die Vögel die kleinsten Winkel, und diese Winkel werden größer, je nach - dem das Thier sich mehr der menschlichen Gestalt nähert, welches aus den Affenköpfen erhellet, von denen einer den Winkel von 42 Grad, der andere (den man gemeiniglich den Todtenkopf nennt, und der am meisten einem Menschen ähnlich sieht) ei - nen von 50 Graden beschreibt; nächst dem der Kopf eines afrikanischen Mohren, der, so wie der Kalmücke einen Winkel von 70 bildet, der Euro - päer aber macht einen Winkel von 80 Graden. Siehe Camper kleinere Schriften Bd. 1. S. 15. und vergl. hiermit Herder am schon oft angeführten Orte S. 21.

Außer dieser Gesichtslinie Campers führt der Herr Verfasser in seiner Schädelsammlung die Hin - terhauptslinie Daubentons und Albrecht Dürers Schema an. Daubenton denkt sich zwey gerade Linien. Die erste läuft von dem hintern Rande des großen Hinterhauptslochs durch den untern Rand der Augenhöhle herab: die andere aber ist durch die Ho - rizontalfläche dieses Lochs, in der Mitte zwischen beyden Gelenkhügeln gezogen: und den Winkel, worin diese beyden Linien mit einander zusammenlau - fen, hält er gleichsam für den normalen Charakter des Schädels. Allein die Richtung der Fläche des großen Lochs ist oft an den Köpfen eines und des - selben Volks, z. B. an zwey Türkenschädeln, wel - che ich, indem ich dieses schreibe, vor mir habe, oder in drey Negerschädeln, höchst verschieden.

277

Füglicher wird, in Ansehung der menschlichen Gesichter im Profil, zum antropologischen Zwecke das Schema von dem unsterblichen Dürer dienen, welches er in seinen, treflichen Werke von der Proportion der Theile an der rechten Form der menschlichen Kör - per, in dem Abschnitte, wo er von der Zusammen - setzung des menschlichen Kopfes handelt, gleich oben angestellt hat, und welches drey Grenzlinien des Gesichts darstellt; an Stirn, Nase und Kiefer.

Herr Hofrath Blumenbach selbst nimmt beson - ders auf zwey Knochen Rücksicht, auf den Stirnkno - chen nämlich und die Kinnbacken. Denn fährt er fort nach der Form des Stirnknochens richtet sich der Habitus beynahe der ganzen Hirnschaale, da die Richtung des plani circularis von dem an den Seiten verengerten oder erweiterten Kopfe beweist; der oberste Rand des Knochens aber, wo er mit der Pfeilnath zusammenläuft, von dem spitzigen oder flachen Scheitel. Von den Verschiedenheiten an den Augenbraunenbogen und der Vertiefung zwischen den - selben (glabella), welche einzig auf diesem Knochen beruhen, will ich gar nichts sagen.

Von dem Kinnbackenknochen aber hängt erstlich die Weite der Nasen, und dann die Richtung der Nasenbeine, und nach der jedesmaligen Bildung der Kinnbackenfortsätze die größere oder kleinere Pro - tuberanz der an ihm anliegenden Jochbeine, (und worauf bey dieser Untersuchung sehr viel ankommt) das Verhältniß der Oberkiefergrube, wovon das Jochbein nach dem Vordertheil des Oberkiefers fort -278 geht, und endlich die Enge oder Weite des Zahnzel - lenrandes, ab. Ja man kann sogar die Form und den Habitus des Unterkiefers, da seine Zellen und Zahne denen im Oberkiefer entsprechen, nach dessen Einrichtung würdern.

Von beyden Knochen aber, dem Kinnbacken - und Stirnknochen nämlich zusammen genommen, hängt auch die Richtung, Weite und Tiefe der Au - genhöhlen ab.

Nimmt man nun also diese Normalknochen zum Fundament an, so wird man leicht feste und bestän - dige Charaktere des Totalhabitus, auch in wie fern sie in den benachbarten Knochen liegen, weiter dar - aus herleiten können. Feste und beständige, sage ich, denn was sich von diesen Knochen weiter ent - fernt, z. B. das Hinterhaupt, scheint mehr von ei - ner beytretenden Verschiedenheit der Weite und Figur herzurühren, Dinge, welche oft an Schädeln eines und desselben, sich übrigens sehr ähnlichen Volks, sehr vielfach nuanciren. S. Decas prima S. 7. bis 10. vergl. hiermit Ch. F. Ludwig Grundriß der Naturgeschichte der Menschenspecies, Lpz. 1796. S. 101. §. 28. fgg. S. 129. §. 167. fgg.

§. 61. S. 148.

In diesem §. wird man, gegen das Original gehalten, einige Aenderung finden. Die Worte: junctim cum maxillis suis inferioribus nämlich sind weggelassen, statt deren aber (Zeile 7. S. 204. des Originals) eingeschaltet worden remotis maxillis infe -279 rioribus. Ich verdanke diese Aenderung der Güte des Herrn Hofrath Blumenbachs.

§. 74. 75. S. 190.

Ich weiß zuverläßig, daß es sehr vielen ange - nehm seyn wird, hier auch noch etwas von den er - künstelten Varietäten des Menschengeschlechts zu le - sen, und deshalb schalte ich hier aus der zweyten Ausgabe dieses Werks folgende Stelle von Seite 99 bis 105 ein.

§. 68. Ausgabe 2. Beschneidung.

Ich gehe nun zu denjenigen Theilen fort, wel - che verschiedne Nationen mit Hülfe der Kunst zu ver - andern pflegen; und da will ich zuerst von den Ver - stümmelten sprechen, wo Glieder und Theile des Körpers abgeschnitten oder abgerissen werden. Die älteste von diesen Verstümmelungen ist die Beschnei - dung, wie die Bibel, Herodots Berichte von Kol - chiern, Egyptern und Aethiopiern 1), und die weite Verbreitung dieses Ritus bezeugen. Und zwar ist er nicht nur bey dem männlichen, sondern unter mehreren morgenländischen Völkern auch beym schö - nen Geschlechte im Gebrauche, welchem jener Theil der Schaam, der dem Vorhäutchen des männlichen Gliedes entspricht, abgeschnitten wird; von welcher Ceremonie Martin Schurig 2) und Theodor Tron - chin 4) eine Menge Zeugnisse und Geschichten aus alten und neuen Schriftstellern gesammlet haben.

280

1) S. 102. 125. fg. in Gronovs Ausg.

2) Die Negern von Angola Hughes barbad. S. 14. Die Otaheiten, N. Forster observations. S. 269.

3) Muliebr. p. 116. sqq. 142. sq. parthenol. p. 379. sq.

4) Diss. de clitoride p. m. 75. sqq.

§. 69. Monorchiden.

Die Evnuchen gehören nicht sowohl zur gegen - wärtigen Materie, als die Monorchiden, denen in der Kindheit der eine Hode ausgeschnitten wird. Die - se Sitte ist besonders bey den Hottentotten im Ge - brauche gewesen, welche mehrentheils im achten, ja wenn man Kolben 1) trauen darf, bisweilen erst im achtzehenden Jahre, zu Monorchiden gemacht worden. Sie glauben dadurch schneller im Laufen zu werden, allein die Reisebeschreiber erinnern zugleich, daß es der Fruchtbarkeit schade 2). Einen ähnlichen Verlust des Hoden erleiden nicht selten die Bauern in der Schweiz, denn die Quacksalber pflegen durch denselben nach alter Sitte die Brüche zu heilen 3).

1) Vorgebirge der guten Hofnung, S. 141.

2) Io. Schreyer ostindische Reise S. 34.

3) v. Haller adv. Buff. operum minor. T. III. p. 183.

§. 70. Die unbärtigen Amerikaner.

Zu den Verstümmelungen rechne ich auch, daß einige Völker an verschiedenen Theilen des Körpers das Haar auszuraufen pflegen. So erhalten die Buratten blos den Bart unter dem Kinne, den281 übrigen reissen sie aus 1); alle Türken vertilgen au - ßer dem Haupthaare und Barte die übrigen Haare an dem Körper durch verschiedene Salben 2); die Otaheiten reissen die Haare unter den Achseln aus 3); und die mehresten amerikanischen Völkerschaften rot - ten den Bart aus, welcher Umstand zu jener alten Meinung Anlaß gegeben hat 4), daß die Amerikaner von Natur bartlos seyen. Ich habe aber schon an - derwärts beynahe aus allen Zonen von Amerika Beyspiele von wirklich bärtigen Völkern angeführt 5), und umständlich auseinander gesetzt, daß, wenn den einigen von Natur kein Bart kommt, dies nach den Erscheinungen der Erzeugung, und den Gesetzen des Bildungstriebes geschehe 6).

1) Le Brun Voyage p. 120. Mémoir. sur les Samojé - des ꝛc. p. 39. sq.

2) Leonh. Rauwolf Raiß p. 31. sq. Buff. T. III. p. 438 sq.

3) Hawkesworth T. II. p. 188.

4) Neuerdings wiederholt in Recherch. sur les Ameri - cains, T. I. p. 37. Quest. sur l'Encycl. T. VII. p. 98.

5) S. auch Herr Zimmermann geograph. Geschich - te des Menschen S. 70. fg.

6) Uiber den Bildungstrieb und das Zeu - gungsgeschäfte. S. 66. fgg. Ausg. 1781.

§. 71. Andere Verstümmelungen.

Das bey den Bewohnern einiger Inseln des stillen Meeres gebräuchliche Abschneiden des kleinen Fingers 1), das künstliche Schärfen der Zähne bey andern 2) und andere Verstümmelungen von eben so wenig Belange, übergehe ich.

282

1) Friendly Islands. Iac. Cook zweyte Reise. Vol. I. p. 222.

2) Bey den Negern. Hemmersam p. 37.

§. 72. Ungeheure Ohrläppchen.

Zu den Verunstaltungen der Theile rechne ich vorzüglich die ungeheuren und hängenden Ohrläpp - chen, in welche sich so viele Völker seit langer Zeit verliebt hatten, daß sie zu der alten Fabel von den scythischen Völkern im Pontus Veranlassung gegeben haben, welche so große Ohrläppchen gehabt haben sollen, daß sie den ganzen Körper mit denselben be - decken könnten 1). Von den Malabaren 2), Bey - naren, den Einwohnern der Molucken 3) und Mal - likolo 4) wissen wir es mit Gewißheit, daß sie diesel - ben durch verschiedne Künste überaus groß und wirk - lich monströs machen. An den Gemählde eines Südländers bey Cornelius le Brun sehen wir es auf eine wunderbare Weise Zerfleischt 5).

1) Plin. IV. 13. VII. 2. Pompon. Mela Lib. III. de Hisp. et Septenr. insulis.

2) Schreyer a. a. O. S. 117.

3) Maximil. Transylv. Bey Zahn spec. T. III. p. 69.

4) Sie durchbohren sie mit Pfriemen.

5) n. 197.

§. 73. Andere Verunstaltungen.

Die Berichte von Reisebeschreibern belehren aus, daß einige Völker die Vorhaut des männlichen Glieds mit Fleiß verlängern, wie die Anwohner der Magel -283 lansstraße 1), Neuseeländer 2) und andere. Die gro - ßen Nägel der Chinesen 3), die durchbohrten Wangen und Lippen so vieler anderer Völker, oder die durch - bohrten Scheidewände der Nase und Ohrläppchen, um Ringe hineinzuhängen, und anderes mehr, liefern eben so viele Beweise der bewundrungswürdigen Sucht die natürliche Schönheit des Körpers durch Kunst zu erhöhen, und von der vielartigen, so sehr verschied - nen Meinung über das Ideal des Schönen.

1) Oliv. v. Noort. p. 22.

2) Hawkesworth Vol. III. p. 50.

3) Die Abbildung bey Gregor Sharpe de lingua Sinens. zu Ende des Syntagm. dissertationum Thomae Hyde, Vol. II. p. 512.

§. 74. Gemahlte Körper.

Der Gebrauch der Mahlereien und der verschie - denen Arten von Schminke verändert zwar die Form der Glieder nicht, ist aber doch bey gewissen Völkern so konstant, daß es unrecht wäre, ihn gar nicht zu berühren. Einige überstreichen blos die Haut mit verschiedenen Farben, aber andere durchstechen sie erst mit einer Nadel, und reiben hernach die Farben ein, wo sie dann beständig haften. Beyderley Ri - tus ist bey den entferntesten und verschiedensten Na - tionen im Gebrauche gewesen. Die Kanagysten z. B. Kalifornier, Türken, die Bewohner der Insel Santa Cruz, Mallikolo, Neuholland, des grünen Vorge - birgs u. a. mahlen sich. Die Tungusen aber, Tschuk - tschen, Araber, Eskimos, Neuseeländer, Otaheiten und viele Völkerschaften aus ganz Amerika tatowiren sich (acu in ispa cute lineas ducunt).

284

§. 78. S. 196. bis 201.

Leukäthiopie. In gedrängter Kürze ist alles, was über diese besondere Krankheit zu sagen ist, von welcher irre geführt der große Linné seinen homo nocturnus als eine besondre Varietät des Menschen - geschlechts aufstellte, gesagt worden. Man kann übrigens damit vergleichen Beyträge zur Naturge - schichte Absch. 14. S. 119. bis 126. und zu noch ge - nauerer Nachricht hierüber Blumenbach de oculis Leucaethiopum et iridis motu. Goettingae 1786.

Statt aller weitern Bemerkungen hierüber will ich lieber folgende Bemerkung aus der zweyten Aus - gabe dieses Werks noch beyfügen, s. daselbst

§. 88. S. 122. Andere Krankheiten gehören weit weniger hierher.

Es würde ein ungeheueres, gar nicht hierher gehö - riges Unternehmen seyn, wenn ich von allen bey Ver - fassern medicinischer Beobachtungen widernatürlich vorkommenden Fehlern unsers Körpers, eine Uibersicht geben wollte. Es würde von diesen leicht ein Uiber - gang zu den Mißgeburten und der ganzen Nosologie gemacht werden können, und das göttliche Studium der Naturgeschichte würde zu einer verworrnen un - förmlichen Masse auswachsen. Ich überlasse also das schwarze und hornartige Fellhäutchen des italie - nischen Knaben 1), oder des englischen Mannes 2) und anderer, und ähnliche besondre Verirrung von dem natürlichen Zustande, den Physiologen und Pa - thologen. Auch gehört die harte Krankheit der Cretinen nicht hierher, welche nicht den Bewohnern des Walliser Landes allein eigenthümlich, sondern285 auch anderwärts beobachtet 3), aber durch sonder - bare Fabeln hier und da verunstaltet worden ist 4).

1) Stalp. v. d. Wici Obs. Cent. II. p. 376. Tab. II. et Tab. 12. Fig. 1. 2. 3.

2) Der Stachelschweinmann G. Edwards Gleanings of natural history. T. I. t. 212.

3) v. Fel. Plater Obs. med. S. 140. D. Langhans Merkw. des Siementhals, Bourrit Mont - Blanc p. 80. Haller de vento Rubensi Nov. Comm. Goett. T. I. p. 43.

4) Z. B. in Guidant variat. de la nat. dans l'espece hum. à P. 1771. 8 in Encycl. de Par. ꝛc. emendat. in Fed. Cl. de ylice T. XII. 312.

§. 89.

Die Centauren, Sirenen, Cynocephalen, Sa - tyren, Pygmäen 1), Giganten, Hermaphroditen und andere erdichtete Species von diesem Schrot und Korne, brauchen hier kaum in Erwähnung ge - zogen zu werden. Wer an solchen ungeheuren Mähr - chen Vergnügen findet, mag sich an die leichgläubi - gen Zusammenschreiber derselben Tevet, Maillet, Robinet wenden; Wer aber wünscht, sie ihrer lee - ren Schminke entledigt zu sehen, der wende sich an den gelehrten Joh. Alb. Fabricius 2).

1) Vergl. über diese Fabeln Tysons Werke.

2) De hominibus orbis nostri incolis ꝛc. Erst neulich aber hat uns Herr Hofrath Heine ein Muster von ei - ner solchen mit höchstem Scharfsinn entwickelten und erläuterten Fabel geliefert, wodurch alle Versuche sei - ner Vorgänger übertroffen worden sind, in seiner Abhandlung de maribus inter Scythas morbo effemi - natis et de Hermaphroditis Floridae. Comm. Soc. Goett. a. 1778 p. 28. sqq.

Vgl. übrigens hiermit Ludwig a. a. O. S. 148-169.

Vierter Abschnitt.

286

§. 82. S. 205. fgg.

Wir sind jetzt durch die Bemühungen des Herrn Verfassers in den Stand gesetzt die Avtopsie hierüber einigermaßen zu ersetzen. Man sehe dessen Natur - historische Abbildung Heft 1. Taf. 1 bis 5.

§. 83. S. 208 bis 212.

Erxleben zählt sechs Varietäten auf: 1) den Lappen, 2) den Tatar, 3) den Asiaten, 4) den Europäer, 5) den Afrikaner, 6) den Amerikaner. S. Ausg. 2. S. 50. Erxlebens Mammalia B. 1.

Von der ersten Eintheilung des Menschenge - schlechts in vier Racen, welche der Herr Verf. in der ersten Ausgabe dieses Werks mitgetheilt hat (S. 41.)[ will > / corr >{mill}] ich hier weiter nichts erwähnen, da er sie selbst in allen seinen neuern Werken verworfen hat.

§. 87. S. 216.

Der Neger sieht dem Affen näher als der Mensch. Vergl. hiermit Sömmering über die kör - perliche Verschiedenheit des Negers vom Euro - päer. Vorrede S. 19. 20. und Text §. 72.

Dies dürfte wohl das nothwendigste gewesen seyn, was zum leichtern Verständniß dieses vorstehenden287 Werks zu sagen wäre. Ich kann aber wohl meine Bemerkungen nicht besser schließen, als mit jener Stelle in der zweyten Ausgabe, welche von der Ent - stehung der Streitfrage: ob es nur Eine oder mehre - re Gattungen im Menschengeschlecht gebe, handelt.

Bosheit, Mangel an Aufmerksamkeit und Neuerungssucht begünstigten die letzte Meinung. Denn seit den Zeiten des Kaisers Julians 1) fanden alle, deren Interesse es war die Glaubwürdigkeit der Bibel herabzusetzen, ungemeines Behagen 2) an der Meinung von mehreren Gattungen im Men - schengeschlechte. Ferner war es leichter die Neger oder bartlosen Amerikaner gleich beym ersten An - blick für verschiedne Gattungen zu halten 3), als Untersuchungen über die Struktur des menschlichen Körpers anzustellen, die Anatomen und so zahlrei - chen Reisebeschreiber nachzuschlagen, und deren Glaubwürdigkeit und Leichtgläubigkeit mit Fleiß zu untersuchen, aus dem ganzen Umfang der Natur - geschichte parallele Beyspiele zusammen zu tragen, und nur dann erst zu urtheilen und die Ursachen der Verschiedenheit zu erörtern. So hat z. B. der be - rüchtigte Theophrastus Paracelsus, der liebe Mann! wenn ich nicht irre zuerst nicht begreifen können, wie die Amerikaner eben so gut als die übrigen Menschen von Adam abstammen könnten; und um sich kurz aus der Sache zu ziehen, nahm er an, daß Gott zwey Adams erschaffen habe, einen in Asien und einen in Amerika 4). Und end - lich kommt noch hier hinzu die Neuigkeitsliebe des menschlichen Geistes, welche so groß ist, daß viele lieber eine neue Meinung annehmen, gesetzt sie288 wäre auch bey weitem nicht hinlänglich überdacht, als sich zu den alten Jahrtausende hindurch an - genommenen Wahrheiten neuerdings bekennen wollen.

Ich für meinen Theil habe nach der bloßen Be - trachtung der unverhüllten Natur keinen Anstand ge - nommen, die entgegengesetzte d. h. die alte 5) Mei - nung von nur Einer Gattung im Menschengeschlechte anzunehmen, und ich habe das Vertrauen, daß ein - sichtige, Wahrheit liebende, und von den eben ge - nannten Schwächen freye Leser, eben diese Wahrheit willig unterschreiben werden.

1) Iuliani oper. p. 192.

2) v. c. (Simon Tyssot de Patot) voyages et aventures de lac. Massé. T. 1. p. 36. sqq. Bazin (Voltaire) philosophie de l'histoire p. 45. Derselbe in Quest. sur l'Encyclop. T. IV. p. 112. T. VII. p. 98. 179. ꝛc. widerlegt von Haller in den Briefen übereini - ge Einwurfe noch lebender Freygeister wi - der die Offenbarung, 1. Th. S. 102. 184. 196.

3) Soz. V. haben es Griff. Hughes nat. hist. of. Bar - badoes. p. 14. (Henr. Home) Sketches of the History of Man, Vol. 1. p. 12. sq.

4) De philosoph. occulta 1. 1.

5) cf. Jo. Alb. Fabricii diss. de hominibus orbis nostri in - colis specie et ortu avito inter se non differentibus. Hamb. 1721. 4.

Erläuterung der Kupfertafeln.

289

Tafel 1.

Liefert ein Schema zur Uibersicht der Erläute - rung der Scheitelnorm, von deren Nutzen und Be - schaffenheit im anthropologischen Studium S. 148. gesprochen worden ist.

Figur 1. entspricht der ersten Figur auf Tafel 2.

Figur 2. der 3ten Fig. jener nachfolgenden Tafel.

Figur 3. der 5ten Figur derselben Tafel.

Tafel 2.

Stellt fünf Schädel aus meiner Sammlung dar, wodurch die fünf Hauptverschiedenheiten des Men - schengeschlechts dargethan werden, wovon mit meh - rerem S. 149.

Figur 1. Stellt einen sogenannten Rennthiertun - gusen dar. Er hieß Tschewin Amureew aus den gilgekirskischen Stamme, und lebte 350 Werste von der Stadt Bargusin, schnitt sich aber im Jahr 1791 selbst die Gurgel ab, weshalb der berühmte Schilling, Oberchirurgus der Armee dorthin geschickt wurde, die Läsion und die Ursache des Todes gesetz -290 mäßig zu untersuchen. Dieser nahm den Kopf des Selbstmördes mit, und übersandte ihn dem Herrn Baron v. Asch.

Figur 2. Ist der Kopf eines karaibischen Fürsten von der Insel St. Vinzent, der vor acht Jahren dort verstarb, und dessen Knochen Herr Anderson, Aufseher des königlichen Gartens auf jener Insel auf Verlangen des Hrn. Baronet Banks ausgraben ließ.

Figur 3. Der Kopf einer jungen Georgierin, welche im neulichen Türkenkriege von den Russen ge - fangen genommen, und nach Moskau gebracht wur - de, wo der dortige würdige Professor der Anatomie, Herr Hiltebrandt, da sie sehr plötzlich starb, die Ur - sache ihres Todes in einer gesetzmäßigen Sektion ex officio untersuchte. Er bewahrte den knöchernen Kopf wegen seiner ungemein eleganten Form sorgfäl - tig auf, und schickte ihn Herrn Baron Asch nach Petersburg.

Figur 4. Der Schädel eines Otaheiten, welchen der tapfere und muthige Schiffskapitain William Bligh, auf Bitten des Herrn Baronet Banks, bey der Rückkunft von seiner merkwürdigen Reise, auf welcher er Stämme von dem Brodtfruchtbaum von den Societätsinseln im Südmeer mit dem glücklich - sten Erfolge nach Westindien überbrachte, mitge - bracht hat.

Figur 5. Einer Negerin von Guinea, der Bey - schläferin eines gewissen Holländers, welche in ihrem291 28sten Jahre zu Amsterdam gestorben ist, wo sie der verdiente Utrechter Professor Jo. von Geuns unter das anatomische Messer gebracht hat.

Tafel 3.

Figur 1. Bedarf im Ganzen keiner Erinnerung, denn es dient zu einer leichtern Uibersicht bey den osteologischen Bemerkungen in diesem Werke. Es hätte aber wohl leicht besser gerathen können.

Figur 2. Ist der Hirnschädel des Mandrill, in welchem der Zwischenkinnladenknochen aufs deutlich - ste bemerkt ist.

Figur 3. Sind die Halswirbel desselben Pa - vians, wovon schon in den Anmerkungen gesprochen worden ist, so wie von

Figur 4. welche den fünften und sechsten Hals - wirbel von einem erwachsenen Manne darstellt.

292

Einige Aenderungen im Texte.

S.55.statt Kröpfe l. Drüsenkrankheit.
-71.Z. 9. st. Elastic. l. Zusammenziehungskraft.
-84.Z. 11. nur nicht immer l. fast alle.
-147.l. die Uiberschrift zu §. 61. also: Uiber die Schei - telnorm, als Maaß, um die Verschiedenheiten der Schädel zu bestimmen.
-161.§. 64. Z. 10. l. nicht meiselartig.
-175.Z. 9. l. Wassergeschwulst.
-205.§. 82. Z. 7. l. mannichf. gradweisen Verschiedenheit

Verbesserungen.

S.6.Z. 19. lies statt Eingaren Zigeuner.
-18.Z. 14. l. Marchbestimmer.
-31.Z. 1. in der Note l. Paradoxenfreund.
-47.Z. 2. streiche sey weg.
-54.Z. 14. statt nur l. wo.
-54.Z. 15. st. oder l. doch.
-55.st. Podagra l. Palagra.
-59.Z. 9. st. sie l. es.
-60.Z. 20. st. deren l. dessen.
-64.Z. 1. st. der l. von.
-72.Z. 4. l. entstandenen.
-72.Z. 9. st. nur l. wo.
-83.Z. 11. streiche denn aus.
-114.Z. 9. statt mit einander l. mit andern.
-114.Z. 20. nach Fellhäutchen setze unversehrt hinzu.
-142.Z. 11. l. Zigeuner (Cingari).
-159.Z. 10. l. und viele Gen. hindurch im gleichen ꝛc.
-172.Z. 4. l. durchstreifen.
-196.§. 28. Z. 10. st. nach. l. noch.
-220.Z. 3. st. Umwicklung l. Zusammenlegung.
Tab. I
Tab. 1Taf. I.
interleafTab. II
Tab. 2Taf. II.
interleafTab. III
Tab. 3Taf. III.
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About this transcription

TextÜber die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte
Author Johann Friedrich Blumenbach
Extent334 images; 62162 tokens; 12130 types; 432476 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Akademie der Wissenschaften zu GöttingenNote: Projektträger Editura GmbH & Co.KG, BerlinNote: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung Bearbeiter des Projekts Johann Friedrich Blumenbach – onlineNote: Bearbeitung Johann Friedrich Blumenbach – onlineNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate2013-08-26T09:00:15Z Frank WiegandNote: Konvertierung nach DTA-Basisformat2013-08-26T09:00:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationÜber die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte Nach der dritten Ausgabe und den Erinnerungen des Verfassers übersetzt, und mit einigen Zusätzen und erläuternden Anmerkungen herausgegeben Johann Friedrich Blumenbach. Johann Gottfried Gruber (ed.) . Breitkopf und HärtelLeipzig1798.

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LanguageGerman
ClassificationWissenschaft; Anthropologie; ready; blumenbach

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