Koͤntt 'jrgends etwas ewig wehren /
Muͤſſt Alter vnd Verweſenheit
Vnd dann der Roſt der ſchnellen Zeit
Nicht endlich / was nur lebt / verzehren /
Wir ſenckten jetzt mit nichten ein /
Du edle Seele / dein Gebein.
Es weinten nicht bey deiner Leichen
Der Kinder vnd der Enckel Schaar /
Der Eidam 'hochbegabtes Paar
Erwieſen ſo viel Trawer-Zeichen /
Der vngefaͤrbten Liebe Pflicht /
Jn ſchmertzlichen Geberden nicht.
Du bliebeſt vns zu allen Zeiten
Der thewren Frommheit wahres Gut /
Es wuͤrde deiner Andacht Glut
Zur Gottesfurcht vns ferner leiten /
Die Jugend ſaͤhe ſtets an dir
Ein Muſter aller Tugend-Zier.
WirdWird Mißgunſt auch ſo gifftig ſtechẽ /
Daß ſie / wie gern ſie jmmer woltt '
Ein boͤſes Vrtheil von dir ſoltt'
Jn deinem gantzen Leben ſprechen?
Der reinen Zucht vnd Vnſchuld Rhum
Jetzt ſtets geweſt dein Eigenthum.
Es mus mir wie vor Augen ſchweben /
Eh du fuͤr Schwachheit noch erlagſt /
Wie eiffrig du doch allzeit pflagſt
Jn Gottes Haus dich zu begeben /
Vnd hatteſt deſſen nie beſchwer /
Der Toͤchter eine gieng vorher.
Kein Wetter war dir hie entgegen /
Kein finſtrer Morgen that dir weh /
Kein Herbſt / kein Schlag / kein tieffer
Schnee /
(gen.
Kein Froſt / kein ſtarcker Wind / kein Re -
Dies triebeſt du ohn Maaß vnd Ziel /
Bis dich das Alter uͤberfiel.
Vnd) (ijVnd war es deñ zur Predigt kom̃en /
So hat dein Aug '(als ich erkant)
Sich von dem Prieſter nie gewandt /
Kein Schlaff hat je dich eingenommen /
So hertzlich lieb war fort vnd fort
Dir Gottes Wohn-haus vnd ſein Wort.
Hie haſt du jhm das Leid geklaget /
Das Witwen zu begegnen pflegt.
Wie hoch das Gluͤck auch Frawen traͤgt /
Wie hoch jhr Stam̃ vnd Anſehn raget /
Dennoch verfolgt ſie Drang vnd Hohn
So bald jhr Mann nur iſt davon.
Was ſchoͤners aber iſt zu ſchawen /
Als wann ſie in ſo ſchwerer Zeit
Jn jhrer Muͤh vnd Einſamheit
Auff GOtt hinſtellen jhr Vertrawen /
Vnd dienen jhm mit aller macht
Jn ſeinem Tempel Tag vnd Nacht?
GottGott kehrt ſich mehr zu jhren Zehren /
Als zu des beſten Opffers Rauch /
Vnd wird gewißlich jhnen auch
Bald Rettung / Troſt vnd Schutz ge -
Weh aber deſſen uͤbermuth /
(wehren /
Der trotzig jhnen Schaden thut!
Wie loͤblich haſtu aufferzogen
Die lieben Kinder allerſeit!
Nur hochgelahrt vnd weiſe Leut '
Hat deiner Toͤchter Zucht bewogen /
Durch welche du (was ſeltzam iſt)
Auch Elter-Mutter worden biſt.
Sol ich das Armuth uͤbergehen /
So offt es dich erſucht vmb Brodt?
Sol melden / wie in jhrer Noht
Du nie ſie troſtlos laſſen ſtehen /
Vnd gern gewendet jhr Beſchwer?
Wo nehm ich Zeit vnd Worte her?
Was) (iijWas aber nuͤtzen ſolche Gaben
Fuͤr Alter vnd fuͤr Todes-Macht?
Du giebſt zu letzt vns gutte Nacht /
Vnd wirſt / o Mutter / jetzt begraben.
Vnd haſt das Weſen dieſer Welt
Aus dem Gedaͤchtnis fern geſtellt.
Du wirſt beweint ohn alle maſſen /
Die wehrten Toͤchter ſonderlich
Thun uͤberaus betruͤbt vmb dich /
Vnd wollen ſich nicht troͤſten laſſen /
Es iſt ſo gros auch jhre Pein /
Als muͤſten ſie nun Waͤiſen ſeyn.
Vmbſonſt! vnd waͤren jhre Thraͤnen
Viel koſtbahrer als Diamant /
So fuͤhrſt doch du jetzt ſolchen Standt /
Aus dem ſich Niemand her wird ſehnen.
Hoͤrſt fuͤr der Engel Melodey
Gantz nichts von vnſerm Angſt - geſchrey.
JhrJhr diesfalls trawer-haffte Hertzen /
Weint / Sie iſt ewer Fleiſch vnd Blut /
Nur daß jhr keinen Abbruch thut
Dem Glauben durch zu groſſe Schmer -
Jhr wiſſet / daß wir in gemein
(tzen
Wie Menſchen ſo auch ſterblich ſeyn.
Jſt beſſer / jmmer ſich befinden
Fuͤr hohem Alter kranck vnd matt /
Vnd dieſes armen Lebens ſatt /
Dies? oder ſeelig ſich entbinden?
Vnd ſtracks durch einen ſanfften Todt
Gelangen zu dem lieben GOtt?
Hie unbegreifflich Ding erfahren /
Vnd ſchawen Jhn / das wahre Liecht /
Von Angeſicht zu Angeſicht?
Vmbringt ſeyn von der Engel Scharen /
Vnd auff die Flucht der ſchnoͤden Zeit
Sehn vnvergaͤnglich Herrlicheit?
DiesDies iſt der Zuſtandt vnſrer allen /
Koͤmpt vnſer Ziel / wir muͤſſen fort /
Das obs / auch ſchadet jhm kein Nort /
Jſt es nur reiff / ſo mus es fallen /
Nur dieſer Vnbeſtandt beſteht /
Was mit der Zeit beginnt / vergeht.
Auch dies ſol ewren Troſt vermehren /
Jhr habt der Mutter gnug gepflegt /
Sie ſelbs in jhren Sarg gelegt /
Begrabt Sie jetzt in groſſen Ehren /
Vnd wuͤnſchet / daß auff ſeinen Tag
Euch gleiches wiederfahren mag.
Was iſt es mehr? was ſol ich ſorgen?
Es fallen viel 'jetzt ploͤtzlich hin /
Wol mir / wenn ich bereitet bin /
Jch ſterbe heut ſo gut als morgen /
Mein Abſchied iſt Geſetz vnd Pflicht /
Ob deſſen grahm iſt / oder nicht.