EJn grosses Alter neuntzig Jahr
Vnd fuͤnffe noch daneben!
Was kan indessen fuͤr Gefahr
Vnd Elend sich begeben.
Kein Morgen weiß was truͤber Rauch
Werd 'umb den Abend kommen /
Von tausend Faͤllen wird offt auch
Ein Stuͤndlein mit genommen.
Vnd gleichwol hat die werthe Fraw /
Die so viel Jahr 'erlebet /
Jn jhres schwachen Leibes Baw
Das alles uͤberstrebet /
Jtzt koͤmmt sie seelig zu der Rhu /
Jn diese Noht nicht wieder /
Man deckt mit einer Erde zu
Jhr Leid und jhre Glieder.
DieDie jhr im hohen Alter schwebt /
Vnd mehrentheils in Schmertzen
Kranck / duͤrfftig und verlassen lebt
Vnd weinet offt von Hertzen /
Vnd nach dem Tode sehnlich thut /
Wie die Nachtwaͤchter sorgen /
Vnd sehen mit betruͤbtem Muth
Hin nach dem rothen Morgen /
Geduldet euch / der Sonnen Ritt
Kan niemahls sich verweilen /
Jhr seht mit ungezaͤhmten Schritt
Die Tag und Monden eilen.
Wer haͤlt die Fluͤss 'und Brunnen auff?
Der grosse Tag wird tagen
Vnd enden ewres Lebens-Lauff
Sampt allen ewren Plagen.
Die ersten Vaͤtter vor der Zeit
Wie alt sie immer waren /
Sind nach einander allerseit
Vnd lange schon verfahren.
SoSo bald ein Mensch / wie steinalt er
Gewesen seyn mag / stirbet /
Stracks gleicht er dem / der mit beschwer
Jetzt jung wird jetzt verdirbet.
Der Zeit-Klump schluckt sie beyd hinab
Jhr Alter unermessen /
Wir gleichen alle durch das Grab
Vnd gehn in das Vergessen /
Wie wann man netzt ein duͤrres Land /
Vnd wenn es schneyt im Mertzen.
Es steigt der Noht - und Wollust-Stand
Vns nimmermehr zu Hertzen.
Die ihr den strengen Richter schewt
Vnd seinen Spruch wollt meiden /
Was ewer Widerpart euch drewt /
Das doͤrfft ihr hie nicht leiden.
Hier hoͤret auff des Treibers Last
Hie ist nicht Furcht noch Wuͤtten /
Hie wohnet aller Dinge Rast
Jn ewig-stillen Huͤtten.
O Mut -O Mutter Erde sey gegruͤsst!
Wie lieblich thust du denen /
Die hie beaͤngstigt arm und wuͤst
Allein nach dir sich sehnen.
Wenn sie verdreusst auff diese Welt /
Sie schaͤtzen sich verlassen /
Ein schwaches Alter sie befaͤllt
Weist du sie zu umbfassen
Ohn Vntterscheid auch nackt und bloß
So wie sie sind gebohren
Verbirgst sie tieff in deinem Schoß /
Nichts bleibet dir verlohren.
Vnd nimmst du den nicht besser an
Der Kron 'und Scepter traͤget
Als einen armen Bawersmann
Der neulich noch geeget.
So bald man dir sie hat vertrawt
Die Armen sampt den Reichen
So wird kein Vorzug mehr geschawt
Denn du kanst alles gleichen.
DuDu du treibst die Tyrannen ein
Daß / wenn sie dich bedencken /
Sie offt die Boßheit lassen seyn
Vnd sich zur Klugheit lencken.
Der Armen Zuversicht bist du /
Vnd hertzliches Verlangen /
Sie werden jhre beste Ruh
Zu letzt in dir empfangen.
Gedenck 'ich an die liebe Zeit
Wenn du mich nun wirst haben /
So werd ich warlich mehr erfrewt
Als uͤber grosse Gaben.
Jch muß doch endlich nur daran /
Es wird so lang nicht wehren /
Gieb was ich nicht vermeiden kan /
End bald mir meine Zehren.
Thu aber meiner Aschen wol /
Laß niemand mich bewegen
Biß mich die letzte Trommte sol
Sampt allem Fleische regen.
VndVnd nimm auch dieser Leichen war
Die wir dir jetzt vertrawen /
Vmb sie schweb 'ewig nicht Gefahr
Nicht Furcht noch oedes Grawen
Der HErr hatt 'jhr in dieser Zeit
Ertheilt ein langes Leben /
Wiewol auch manche Trawrigheit /
Die nirgends fehlt daneben.
Was tausent andern nicht geschieht
Jst jhr bey vns geschehen /
Daß sie biß in das vierdte Glied
Kinds-Kinder hat gesehen /
Auch Mann vnd Kinder uͤberlebt.
Nun ist jhr Geist geschieden /
Der ewig vmb den Hoͤchsten schwebt
Ohn Arbeit vnd in Frieden.
Wol jhm / auch jhrem Leichnam wol /
Der ehrlich wird begraben
Von allen Neffen / wie er sol /
Als Leuten nicht ohn Gaben!
Ver -Versichert euch / jhr Zier der Stad /
Was Pflicht weiß zu erreichen
Vnd ewre Trew erwiesen hat
An dieser ewrer Leichen /
Wofern ein Danck sich noch eraͤuͤgt /
Wird ewren grawen Haren
Von allen Enckeln die jhr zeugt
Entlebt jhr / wiederfahren.