PRIMS Full-text transcription (HTML)
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Der Schutzgeist.
Eine dramatische Legende in sechs Akten nebst einem Vorspiel
Leipzig,bei Paul Gotthelf Kummer. 1814.

An Ihro Kaiserliche Majestaͤt Elisabeth Alexiewna.

Das Wunder jener grauen Zeit, Es hat in unsern Tagen sich erneut; Der Russe darf der Nachwelt kuͤhn erzaͤhlen, Wie, zu Zeit des Gluͤckes Unterpfand, Um eine Menschen-Huͤlle zu beseelen, Gott seinen Engel herab gesandt.

[1]

Der Schutzgeist.

Dramatische Legende in sechs Akten nebst einem Vorspiel.

A[2]

Personen.

  • Otto der Große,

    deutscher Kaiser.

  • Berengar,

    Koͤnig von Italien.

  • Adelheid,

    verwitwete Koͤnigin von Italien, (die spaͤter unter die Heiligen versetzt worden.)

  • Der Geist des ermordeten Koͤnigs Lothar.
  • Markgraf Azzo von Este,

    Burggraf zu Canossa.

  • Oswald,

    sein alter Knappe.

  • Astulf,

    dessen Vater.

  • Eugenia,

    dessen Mutter.

  • Antonio,

    ein alter Fischer.

  • Margarethe,

    seine Tochter.

  • Herrmann Willing,

    Herzog der Sachsen.

  • Conrad der Welse,

    Herzog der Franken.

  • Heinrich,

    Herzog in Bayern, Otto's Bruder.

  • Ludolf,

    Herzog in Schwaben, Otto's Sohn.

  • Harald,

    ein Daͤnenkoͤnig.

  • Der Burgvoigt des festen Schlosses zu Como.
  • Der Schultheiß von Pavia.
  • Gesandter der Westfranken.
  • Tribut bringende Slaven.
  • Burgundische Frauen der Koͤnigin.
  • Lombardische Frauen der Koͤnigin.
  • Reiter.
  • Waͤchter.
  • Trabanten.
  • Fischer und Fischerinnen.
    • Der Bischoff,
    • Der Stadtgraf,
    • Geistlichkeit und Buͤrger
    • von Pavia

    (Die Zeit faͤllt in die Mitte des zehnten Jahr - hunderts.)

[3]

Das Vorspiel.

(Die Straße nach Pavia, an derselben ein Grab - mal. Auf einer Bahre liegt der todte Guido. Der alte Vater steht vor ihm mit gefalteten Haͤnden, wehmuͤtig den Leichnam betrachtend.)
Astulf.
Gehab dich wohl mein schoͤner Traum!
Die herrliche Bluͤte sie ist gefallen!
Entwurzelt steht der alte Baum
Mir soll kein Kind den Vaternahmen lallen!
Sind es doch funfzehn Jahre kaum,
Noch toͤnt der Ruf in meine Ohren:
Astulf! dir ist ein Knabe gebohren!
Da fuͤhlt 'ich ploͤtzlich in Mark und Bein
Die Glut der Freude stroͤmend ergossen
Ich sah der Mutter Haupt umflossen
A2Von4
Von einem milden Heilgenschein
Ich sah vertilgt auf blassen Wangen
Die Schmerzens-Spur mit Himmels-Lust
Hielt sie den Knaben laͤchelnd umfangen,
Und druͤckt 'ihn laͤchelnd an ihre Brust!
Und als er sich lebendig regte,
Und als im roͤthenden Morgenstrahl,
Die Mutter das Kind zum Erstenmal
Auf meine Vaterarme legte
Da wurde mir das Herz so groß!
Da lebt' ich stolz in diesem Sohne!
Und nicht um eine Koͤnigskrone
Vertauscht 'ich meiner Armuth Loos!
Die Erdennoth sie war verschwunden,
Verschwunden die enge Gegenwart
Und alle des Lebens Feyerstunden
Mir fuͤr die Zukunft aufgespart
Sie ist gekommen im schwuͤlen Gewit - ter
Ein Blitz durchzuckte den jungen Baum
Mein5
Mein Kelch ist leer die Hefe bitter!
Gehab dich wohl mein schoͤner Traum!
Die Mutter
(wankt heran mit einem Korbe voll Blumen.)
Hier bring ich Blumen zur letzten Weihe,
Gepfluͤckt von bebender Mutterhand
Bethaut mit Thraͤnen Nimm sie und streue
Sie auf der Lieb 'entseeltes Pfand!
Astulf.
(den Leichnam mit Blumen be - streuend.)
Mir bricht das Herz indem ich scheide
Von meines Alters Hoffnungsstab!
Eugenia.
Mit ists gebrochen! jede Freude
Faͤllt mit den Blumen in dieß Grab?
Astulf.
Noch gestern in schoͤner Jugendfuͤlle,
Der Eltern Hoffnung Freude Trost
Euge -
6
Eugenia.
Und heute nur eine kalte Huͤlle,
Erstarrt in ewgem Todesfrost!
Astulf.
Du wirst nicht mehr die Stirn mir kuͤhlen
Am heißen Tag auf lechzender Flur!
Eugenia.
Wirst nicht mehr um die Mutter spielen,
Du Kind der Unschuld und Natur!
Astulf.
Genug! wir segnen den schlummernden
Knaben,
Wir scheiden von ihm mit nassem Blick
Laß unsern Todten uns begraben
Dem Staube geben wir Staub zuruͤck.
Eugenia.
O laß, eh mich die Thraͤnen ersticken,
Nur Einmal noch der Trennung Kuß
Auf die erblaßten Lippen druͤcken!
O goͤnne mir den letzten Genuß!
(sie wirft sich auf den Leichnam.)
Astulf.
7
Astulf
Was auch ein trauernd Vaterherz empfinde,
Die ihn gebohren nagt ein and'rer Schmerz;
Denn von dem heißgeliebten Kinde
Reißt auch der Tod kein Mutterherz!
Eugenia
(auffahrend und zuruͤckbebend.)
Er lebt!
Astulf.
Verwirrt der Gram ihre Sinne?
Eugenia.
Des Lebens Waͤrme hab 'ich verspuͤrt
Astulf.
Hinweg du quaͤlende Taͤuschung! zerrinne!
Eugenia.
Dein Athem hat mich sanft beruͤhrt
Astulf.
Laß dein Gebet den eitlen Wahn zerstreuen.
Eugenia.
Woher der Schauder, der mich durchbebt?
Ists8
Ists nicht mein Kind? was darf ich scheuen?
Ich bin seine Mutter! er lebt! er lebt!
(sie wirft sich wieder auf ihn.)
Astulf.
(hinzutretend und bittend)
Eugenia! Ihr himmlischen Maͤchte!
Taͤuscht mich die gaukelnde Hoffnung nicht?
Gott! Gott! du gehest mit deinem Knechte
In ein erbarmendes Gericht!
Eugenia.
Aus dem erstarrten Busen windet
Ein leiser Athem sich herauf
Astulf.
Des Todes bleiche Farbe schwindet
Eugenia.
Er laͤchelt
Astulf.
Er seufzt
Eugenia.
Er schlaͤgt die Augen auf;
Beide stuͤrzen auf ihre Knie.
Wir beugen uns vor dir im Staube!
Wir9
Wir jauchzen und preisen dich fuͤr und fuͤr!
Beschaͤmt empfaͤngt der schwache Glaube
Der Allmache Wunder-Geschenk von Dir!
Guido
(die Arme gen Himmel breitend)
Gott! ich gehorche.
Eugenia.
Wir haben dich wieder?
Astulf.
An jener Eiche traf dich ein Blitz.
Guido
(ohne auf sie zu achten)
Auf Strahlen deines Lichts schwebt 'ich her - nieder
Und nahm von diesem Leichnam still Besitz.
Astulf.
Guido besinne dich, du bist genesen.
Eugenia.
Warum entziehst du dich der Mutter Kuß?
Guido.
Ihr seyd auf Erden Guidos Eltern gewesen,
Ich kenn 'Euch wohl. Empfangt des Sohn - nes Gruß.
Astulf.
10
Astulf.
Du lebst! wir leben im erwachten Sohne!
Eugenia.
Durch dich so ploͤtzlich arm, und wieder reich!
Guido.
Ja, Euer Guido lebt vor Gottes Throne,
Doch ich was hab 'ich zu schaffen mit Euch?
Astulf.
Seltsame Rede
Eugenia.
Heimlich Grauen
Befaͤllt mich dieser Schmuck so fremd
Das Silber mit dem Aetherblaue
So flimmernd gemischt, war nicht sein
Todtenhemd
Astulf.
Und diese Gestalt wie so erhaben
In seinem Auge ein strahlend Licht!
Eugenia.
Sind das die Blicke des scheuen Knaben?
Nein das ist Guido's fromme Einfalt nicht!
Guido.
11
Guido.
Wo sich der Allmacht Wunder offenbaren,
Die keines Sterblichen Zunge lallt;
Wo ewger Lobgesang der Engelschaaren
Aus einem Lichtmeer wiederhallt,
Stand ich vor Gott, als Eurem Erden - staube
Die Seele Guido's sich entwand.
Und keiner Unschuld kindlich frommer Glaube
Am Thron des Richters Gnade fand.
Doch kaum ist ihm das Urtheil zugewogen.
Als fernes Stoͤhnen die Wolken zerreißt
Und sieh 'es schwebt herauf am Sternen - bogen
Ein bleicher, Wehe rufender Geist!
Es ist Lothar, der Lombardey Gebieter,
Den weder Tugend, seiner Krone Zier,
Noch die gezuͤckten Waffen treuer Huͤter
Geschuͤzt vor Mord und Herrschbegier.
Auf Erden bluͤht ihm eine schoͤne Blume,
Ein12
Ein Weib, hienieden schon verklaͤrt,
In dem die Nachwelt einst zu Gottes Ruhme
Die heil'ge Adelheid verehrt.
Doch jeder Willkuͤhr, jeder Schmach zum
Raube
Erbebt sie jezt im Lasterschlund!
In Geyers Krallen eine weiße Taube,
Die edle Koͤnigstochter von Burgund.
Und ihre Seufzer stiegen aus der matten,
Von Angst gequaͤlten Brust empor,
Und schmiegten sich an das Gebet des Gatten,
Und drangen zu des Richters Ohr.
Da winkte Gott ich lauschte seinem
Winke,
Vernahm in Demuth das Gebot:
Hinab zu der entweihten Erde sinke,
Wo Unschuld weint, Gewalt ihr droht;
Beseele dort den Koͤrper dieses Knaben,
Den noch der Eltern Schmerz umgibt;
Sie moͤgen an dem Himmels-Trost sich
laben:
Er13
Er ist nun mein, den sie geliebt.
Du aber, zu der edeln Fuͤrstin eilend
Sey du ihr Schutzgeist in der kalten Welt,
Bis einem hoͤherm Geist ', auf Erden weilend,
Sie mein Verhaͤngniß zugesellt.
Nur mit beschraͤnkter Macht sollst du voll - ziehen,
Gleich Sterblichen, was Huͤlfe schafft;
Doch sey der Taͤuschung Gabe dir verlie - hen
Und des Gebetes Wunderkraft,
Bis du bekaͤmpft des Lasters freche Hyder,
Dann loͤse sich das lockre Erdenband,
Und schwinge dich mit luftigem Gefieder
Herauf zu mir! Er sprachs ich schwand.
Im Nu durchflattert' ich die Himmelsraͤume
Mich senkend in die Erden-Nacht
Hinab ins duͤstre Land der schwuͤlen Traͤume
Und Euer Guido ist erwacht.
Astulf
14
Astulf und Eugenia
(die ihm staunend zugehoͤrt, jetzt scheu zuruͤckweichend.)
Nicht unser Guido
Guido.
Doch! denn keine Schranke
Trennt Geister wo ist hoch? wo tief?
Was lebt und webt ist doch nur Ein Ge - danke
Der Allmacht, die das Werde rief.
Schaut uͤber Euch auf zahllos funkelnde Sterne,
Aus ihrem Kreis scheint ihr gebannt,
Und doch, in unermeßlich weiter Ferne
Sind durch das Licht sie Euch verwandt.
Im All nichts fremdes wo das Licht er - scheinet,
Von ihm umflossen, nichts getrennt;
Im ewgen Lichte wir Alle vereinet,
Licht ist der Geister Element!
Drum nenne mich Sohn, ich will dich Mut - ter nennen;
(zu Astulf.)
Dich15
Dich Vater begruͤßen nach Erdenbrauch,
Bis wir uns dort am Thron des Lichts er - kennen
Als Eines Geistes einzgen Hauch.
Eugenia.
O Guido! sey mir Sohn nicht Engel!
Sey wieder in kindlicher Einfalt mein!
Was kuͤmmern die Mutter des Kindes Maͤngel?
Sie will nur lieben geliebt nur seyn!
Astulf.
Laß ihn! wer mag ins Dunkel dringen,
Wenn die geweihte Lippe spricht?
Berufen ist er zu hohen Dingen,
Moͤg 'er mit Gott das Goͤttliche vollbringen!
Wir scheiden von ihm und murren nicht.
Waͤchst doch leicht wieder die Weidenruthe,
Vom Stamme geloͤst, fuͤr sich allein;
Und ob des Stammes Wunde blute,
Wird es dem Daͤumchen kuͤmmernd seyn?
So loͤsen sich auch vom Vaterherzen,
Vom Mutterbusen die Kinder ab.
Das16
Das Schicksal spart der Trennung Schmer - zen
Den Eltern nicht bis an das Grab!
In der Erinnerung kaltem Lohne
Ruft eng beschraͤnkt des Alters Gluͤck;
Der Eltern Blicke folgen dem Sohne,
Doch vorwaͤrts nur schweift Sohnes Blick.
Drum ziehe hin! das ist die Straße,
Die nach Pavia fuͤhrt Leb wohl!
Bald ruhen die Herzen unter dem Grase,
Die jetzt noch seufzen: Lebe wohl!
Guido.
Ja, nach Pavia fuͤhl 'ich mich gezogen!
Es trozt mein freyer Geist des Koͤrpers
Haft,
Und in des Erdenlebens blutige Wogen
Stuͤrz' ich hinab mit rettender Himmels - kraft!
Dort fodert einst, hoch uͤber dem Sternen - bogen,
Der mich gesandt die hohe Rechenschaft!
Dann17
Dann werf 'ich von mir die entlehnte Huͤlle
Und stammle: Herr! es ist vollbracht dein
Wille!
(Er eilt fort. Astulf und Eugenia mit ausge - breiteten Armen ihm nach, doch als sie den Fliehenden nicht erreichen koͤnnen, sinken beyde auf ihre Knie und heben ihre Haͤnde segnend empor!)
Der Vorhang faͤllt.
BErster18

Erster Akt.

Gemach der Koͤnigin Adelheid.
(Ueber einem Sessel haͤngt ein Pilger-Gewand; Auf der Tafel liegt ein Pilgerhut.)

Erste Scene.

(Eine Kammerfrau in Trauer bringt einige Schmuckkaͤstchen, welche sie seufzend auf die Ta - fel stellt und sich wieder entfernen will, Mark - graf Azzo tritt herein.)
Azzo.
Melde der Koͤnigin, Markgraf Azzo wolle
Von ihr beurlaubt seyn.
(Die Kammerfrau geht.)
Ja19
Ja besser so!
Ich tauge nicht fuͤr eine Hoͤflings-Rolle;
Und nimmer werd 'ich hier des Lebens froh.
Mag, wem es gnuͤgt, um eitlen Prunk sich
muͤhen,
Mir ekelt vor der schaalen Gleisnerey;
In meine alten Mauern will ich fliehen,
In meinen Waͤldern athm' ich wieder frey!
Hier, wo ich stets mit Haß und Liebe
ringe,
Ist mir die muntre Lebenslust verscheucht,
Doch wenn ich meinen Jagd-Spieß wieder
schwinge,
So wird auch wohl das Herz mir wieder
leicht.
Nur Einmal noch verbirg das wilde Feuer!
Ehrfurcht gebietend ist ihr stummer Schmerz.
Sie kommt! so ruͤhrend schoͤn im Witt - wenschleyer!
Bewache dich du ungestuͤmes Herz!
B 2Zweyte20

Zweyte Scene.

Adelheid, Azzo.

Adelheid.
Herr Markgraf, wie? auch Ihr wollt mich
verlassen?
Hier, wo mein Fuß den Rand des Abgrunds
streift,
Muß ich den letzten Freund mit Angst um - fassen!
Den letzten fuͤhlt, wie mich das Wort
ergreift!
Azzo.
Ja, Euer Freund, ich bin's und werd 'es
bleiben;
Weiß Gott ich bleibs! Nah oder fern,
gleichviel.
Adelheid.
Was kann Euch ploͤtzlich aus Pavia treiben?
Azzo.
Frau Koͤnigin, die Luft ist mir zu schwuͤl.
Ich21
Ich koͤnnte Vorwand in Geschaͤften suchen,
Doch hab ich nie Verstellungskunst erborgt;
Ich moͤchte unbelauscht dem Schicksal flu - chen
Wer darf das hier, wo jede Mauer horcht?
Ich bin ein freyer, stolzer Mann gebohren.
Darin ist Freyheit der Gesundheit gleich:
Erkannt wird erst ihr Werth, wenn sie ver - loren,
Und arm ist nur, der gluͤcklich war und
reich.
Seit Herrschgier uns den milden Koͤnig raubte,
Ist Sclaverei uns auf die Stirn gepraͤgt,
Da Berengar auf fluchbeladnem Haupte
Die alte Krone der Lombarden traͤgt.
Ich mag nicht laͤnger sehen, wie geschaͤndet
Ihn das Geschmeiß umkriecht, den Fuß ihm
leckt,
Und, wenn er die geraubten Schaͤtze spendet,
Wie Jeder dann die Haͤnde gierig streckt.
Ich mag nicht laͤnger hoͤren laut gepriesen
Ver -22
Verhoͤhntes Recht und Mißbrauch der Ger - walt;
Ich will mich fest in meine Burg verschlie - ßen
Auf daß mein eigner Seufzer dort verhallt.
Wenn in der Brust die letzte Kraft ver - glommen,
Entwichen ist der Freiheit Genius,
Dann gute Nacht! dann ist die Zeit ge - kommen,
Wo sich der Redliche verbergen muß.
Adelheid.
Ihr geht ich tadl 'es nicht doch ich,
der Frauen
Ungluͤcklichste! ich bleib allein zuruͤck!
Mir oͤffnet sich kein Busen mit Vertrauen,
Kein Auge schenkt mir einen nassen Blick!
Wo darf hinfort des Jammers Thraͤne rinnen,
Wenn mir der letzte Freund Lothar's ent - wich?
Denn23
Denn wißt, auch meine treuen Dienerinnen,
Mir aus Burgund gefolgt, verlassen mich!
Noch heute, noch in dieser bangen Stunde,
Trennt des Tyrannen Wille sie von mir,
Und ich mit meiner tiefen Herzens-Wunde
Steh 'unter Fremden eine Fremde hier!
Azzo.
Ha! wie? er wagt ?
Adelheid.
Was darf der Mann
nicht wagen,
Der mit des Gluͤckes bunter Wimpel schifft?
Er hat das Graͤßlichste gewagt! muß ich
noch sagen,
Wie mein Gemahl ?
Azzo.
Ich weiß er starb
an Gift.
Adelheid.
An Gift! in seines Lebens Jugendfuͤlle!
Man24
Man log, er sey durch Zauberey verdorrt;
Allein die Flecken der entseelten Huͤlle
Verriethen deutlich den verfluchten Mord.
Der Undankbare! dem mein edler Gatte
Ein warnender Freund, ein rettender Engel
war,
Als Koͤnig Hugo schon beschlossen hatte,
Sich zu befrey'n von diesem Berengar;
Der ihm den Paß gezeigt in den Gebirgen,
Daß er nach Deutschland unverfolgt entwich;
Den konnt 'er nun mit kaltem Blute wuͤr - gen!
Und taͤglich mordet seine Hand auch mich!
Azzo.
So flieht und suchet Schutz im Vaterlande,
Wo Euch die Mutter-Arme offen stehn?
Adelheid.
Gewahrt Ihr nicht, daß mich zum Unter - pfande
Von seiner Macht der Wuͤtrich ausersehn?
Mich25
Mich liebt das Volk, das weiß er meine
Guͤter
Sie haben schnoͤde Habsucht angefacht
Darum bewachen tausend feile Huͤter
Den kleinsten meiner Schritte Tag und Nacht.
Wenn ich die Schwelle des Pallasts betrete,
Steht schon bereit ein lauernder Trabant;
Wenn ich am Grabe meines Gatten bete,
Wird mir der Seufzer von der Lipp 'ent - wandt;
Wenn ich der Armuth stille Huͤlfe bringe,
Schleicht bis zur Huͤtte mir ein Lauscher nach,
Und horcht, und zahlt genau die Silber - linge,
Und wiegt die Worte, die ich troͤstend sprach.
In stiller Nacht hoͤr' ich den Fußtritt kni - stern,
Der an die Thuͤr des Lauschers Ohr mir
traͤgt;
Zu meinem Gott darf ich nur leise fluͤstern,
Ich bebe wenn zu laut mein Herz mir schlaͤgt.
Azzo.
26
Azzo.
Ha! es soll anders werden! los und ledig
Sind wir des Schwurs, den er von uns
erzwang;
Wir stehn bereit so wahr ein Gott uns
gnaͤdig!
Mit Gut und Blut zu seinem Untergang!
Schon gaͤhrt es uͤberall in den Gemuͤthern
Und Gottes Rache-Schwert ist schon ge - zuͤckt!
Vergriffen hat er sich an Kirchenguͤtern
Und Mailands frommen Erzbischoff gedruͤckt;
Und der von Como seufzt und Wehe ru - fen
Die Edlen, die gebeugt am Joche stehn;
Und an des deutschen Kaiserthrones Stufen
Beschlossen alle, Rettung zu erflehn.
Wenn Einer nur von Allen, die sich ruͤsten,
Nur Einen guͤnst'gen Augenblick ersah,
Des Wuͤtrichs Wachsamkeit zu uͤberlisten.
Vertrauet mir, dann ist die Huͤlfe nah,
Dann27
Dann sind gezaͤhlt die Thraͤnen, die hier
fließen,
Denn Deutschlands maͤcht'ger Kaiser schwingt
den Speer.
Adelheid.
So hat auch mir ein Traumbild juͤngst ver - hießen
Ich nenn es Traum es war wohl mehr.
Ich lag ermattet durch Wachen und Weinen,
Am Grabe Lothars ich schlummerte nicht
In halber Ohnmacht lag ich auf den Steinen,
Die Grabes-Lampe warf ein duͤstres Licht
Hinab in die Halle, wo die Marmor-Saͤu - len
Wie schwarze Riesen standen im Schatten - reich;
Es flatterten im hohen Dom die Eulen
Mit dumpfem Gekreisch, der Geister Aech - zen gleich:
Da sah ich Nebel aus den Gruͤften steigen,
Der28
Der seine Streifen nach und nach geballt,
Sah ihn herab in Wellenform sich neigen
Bis er geworden eine Luftgestalt.
Die Lampe flackerte hin starrt 'ich be -
bend
Und schmiegte mich verhuͤllt ins Trauerge - wand
Es war Lothar mir langsam naher schwe - bend,
Er trug die Kaiser-Kron' in seiner Hand
Und sie allein umfloß ein milder Schim - mer
Mit duͤsterm Laͤcheln wandt 'er seinen Blick
Auf sie und mich doch nur ein leises Ge - wimmer
Schwamm in der Luft er schwieg er
wich zuruͤck
Und die Gestalt zerfloß im Saͤulengange
Und schwand allmaͤhlig mir aus dem Gesicht,
Nur sah ich durch den Nebelstreif noch lange
Die Krone schimmern wie ein weißes Licht.
Azzo.
29
Azzo.
Vertraut dem Winke. Ehe noch die Blaͤt - ter
Sich faͤrben in des Herbstes kuͤhler Nacht,
Erscheinet uns und Euch der Held als Ret - ter,
Dem schon die halbe Welt Tribut gebracht.
Doch wenn ein neuer Sturm Euch hier um - brauset,
Eh 'Eurem Henker Gottes Rache blitzt,
So denkt, daß in Canossa Einer hauset,
Der froͤhlich dann sein Blut fuͤr Euch ver - spruͤzt.
(ab.)
Adelheid.
Gott sey mit ihm! O daß er von mir
scheidet,
Der letzte, der mir unverwandelt blieb!
An ihm hat sich Erinnerung geweidet;
Des Gatten Freund wird auch der Gattin
lieb.
Dritte30

Dritte Scene.

Waͤhrend ihrer letzten Worte find drey tief be - truͤbte Frauen in Trauerkleidern schuͤchtern hereingetreten: hinter ihnen drey Andere in bunten Gewaͤndern mit hei - tern Gesichtern.
Adelheid.
(ihre Frauen erblickend)
Ha!
( Eine Pause, in welcher sie sich zu fassen sucht)
Tretet naͤher
(bei Seite)
Aus der Leidensschaale
Ein bittrer Zug!
(laut)
Ich weiß, warum Ihr kommt
Ich weiß, wir sehen uns zum letzten Male
Seyd standhaft wo zu klagen doch nicht frommt.
(Die fremden Frauen erblickend.)
Wer seyd Ihr? und wie moͤgt Ihr Euch erkuͤhnen
Herein zu treten ohne mein Geheiß?
Eine
31
Eine der Frauen.
Uns ward geboten Euch hinfort zu dienen.
Adelheid.
Wohl! so gehorcht und geht!
( Die Frauen ent -
fernen sich.)
Den Trauerkreis,
Den kummervolle Lieb 'um mich gezogen
Entweihen soll ihn mir kein fremdes Herz;
Der um die lezte Freude mich betrogen,
Belausche nicht den letzten, heil'gen Schmerz.
Ihr weint? ein Balsam fuͤr die leidende
Seele
Der Thraͤnen Thau auf bleichem Angesicht!
Mein Aug ist heiß in seiner trocknen Hoͤhle
Ihr habt noch Thraͤnen ach! die hab'
ich nicht!
Wir sollen uns fuͤr diese Welt nun tren - nen
Auch Euch entreißt mir hoͤhnende Gewalt!
Ich soll die theuern Nahmen nicht mehr
nennen,
Die32
Die in der Wiege schon das Kind gelallt.
Von Eltern und von Vaterland geschieden
Stand ich umringt von lauter Fremden da;
Ach! da gewaͤhrt 'es mir oft stillen Frieden,
Wenn ich die wohlbekannten Zuͤge sah.
(Zu der Ersten.)
Auf deinem Arm, in kindlich frohen
Scherzen,
Hab 'ich die ersten Jahre suͤß vertraͤumt;
Auf deinem Arm, an deinem Mutterherzen
Hat meine erste Geisteskraft gekeimt.
(Zu der Zweiten.)
Und du, Gespielin meiner Kindheit
Schwester!
Die mir ein gleiches Alter zugesellt
Ein suͤßes Band umschlang uns beide fester,
In dieser neuen, ach! so fremden Welt.
(Zu der Dritten.)
Camilla, du von meiner muntern Jugend
Die ernste, doch so milde Fuͤhrerin,
Du33
Du zeigtest mir den steilen Pfad der Tugend
Und streutest Blumen freundlich druͤber hin.
Dir hofft ich einst die Augen zuzudruͤcken
Euch allen zu vergelten waͤhnt 'ich suͤß
Fuͤrwahr, mich selbst wollt' ich in Euch be -
gluͤcken
Versunken ist mein Hoffnungs-Paradies!
Zch bin ein armes, armes Weib geworden!
Mein Loos die Sclaverey, mein Wit - thum Harm!
Ich sah schon laͤngst mir jede Freude morden
Und selbst an Thraͤnen bin ich arm!
Doch ohne meiner Liebe letzte Gabe
Von mir Euch trennen, sollt Ihr nicht.
Da, nehmt und theilt s'ist alles was ich
habe
Mir ziemt der Schmuck nicht mehr, ver - schmaͤht ihn nicht.
(sie giebt ihnen die Schmuckkaͤstlein.)
Auch die Gewaͤnder, die ich einst getragen,
CIn34
In meiner Herrlichkeit, in meinem Gluͤck
Sie rufen Euch von unsern bessern Tagen
Die wehmutsvoll 'Erinnerung zuruͤck.
Nehmt alles hin! mir ist kein Gold ge - sponnen!
(sie deutet auf das Pilgerkleid)
Mir bleibe nur dieß haͤrne Bußgewand,
In dem zu spaͤt die Wallfahrt ich begon - nen
Zur heilgen Jungfrau in der Roͤmer Land.
Im Pilgerkleid hofft 'ich das theure Leben
Von ihrem Wunderbilde zu erflehn,
Und mußte mir den Witwenschleyer weben,
Denn ach! daheim schon wars um ihn
geschehn!
Vergebens hatt' ich mit bethraͤnten Wan - gen,
Mit wunden Knieen heißer mich gefleht!
Auch seinen letzten Seufzer zu empfangen
Es war mir nicht vergoͤnnt ich kam zu
spaͤt!
Ver -35
Verstumme endlich, klagend Herz, ver - stumme!
Denn ach! wer hoͤrt dich, wer versteht dich
hier?
In dieses kalten Drohnenschwarms Gesumme
Die Einzigen, die Letzten, raubt man dir!
Gehabt Euch wohl! des Wiedersehens
Freude
Im Vaterland vergaͤll 'um mich kein Schmerz;
Verheimlichet dem Vater was ich leide
Und schont mir auch das weiche Mutter - herz.
Mein Kindergaͤrtchen wollet kuͤnftig pflegen
Die alten Diener Jeder sey gegruͤßt
Noch einmal meinen Dank und meinen
Segen
Nun fort! fort eh mir Blut vom Auge
fließt!
(Die Frauen kuͤssen weinend ihre Haͤnde und ge - hen.)
C 2Vierte36

Vierte Scene.

Adelheid.
Sie ziehen fort zum schoͤnen Vaterlande
Ziehn ohne mich! Zerreissen mußt 'ich
sie,
Des Erdenlebens starke Doppelbande,
Lieb' und Gewohnheit Arme Phantasie!
Wenn kuͤnftig du in bittersuͤßer Freude
Mit Sehnsucht nach der Heimath mich er - fuͤllst,
Auf Wolken mich im ersten Fluͤgelkleide
Zu den geliebten Bergen tragen willst;
Was bleibt dir, um die luftigen Gestalten
Hervorzurufen oder fest zu halten?
Kein Ton der Stimme, kein bekannt Gesicht!
Die holde Muttersprache hoͤrst du nicht!
Und will die Sehnsucht mir das Blut vom
Herzen schroͤpfen
Nur aus dir selber kannst du Nahrung schoͤ - pfen!
Fuͤnfte37

Fuͤnfte Scene.

Vorige. Eine Kammerfrau.

Kammerfrau.
Verzeiht, wenn ungerufen ich es wage
Ein junger Fremdling bittet um Gehoͤr.
Adelheid.
Was sucht er? Huͤlfe? weg mit eitler
Klage!
Des Ungluͤcks Freistatt ist bei mir nicht
mehr.
Die Kammerfrau.
Umsonst versuchten wir ihn abzuweisen.
Adelheid.
Wohlan er komme.
Kammerfrau
(oͤffnet die Thuͤr.)
Fremdling, tritt herein.
(sie entfernt sich)
Sechste38

Sechste Scene.

Guido erscheint.
Adelheid.
Was willst du?
Guido.
Mir hat juͤngst ein Traum
verheißen,
Ich solle kuͤnftig Euer Diener seyn.
Und wenn am schoͤnsten unter allen Gaben
Den Dienenden die Treue ziert,
So nehmt ihn auf den armen Knaben,
Den Lieb und Treue hergefuͤhrt.
Adelheid.
Von wannen trugen dich die Lebenswellen?
Guido.
Dem Vater hab ich Schweigen angelobt.
Adelheid.
Du wolltest dich dem Ungluͤck zugesellen?
Guido.
39
Guido.
Im Ungluͤck wird die Treue ja erprobt.
Adelheid.
Nur der Gewalt muß hier die Treue froh - nen.
Guido.
Nur um Vertrauen buhlt sie und ist reich.
Adelheid.
Es kann die Witwe Treuer Dienst nicht
lohnen.
Guido.
Auch fodert Guido keinen Lohn von Euch.
Adelheid.
Was willst du hier? Furcht, Gram und
Sorgen theilen?
Guido.
Ja theilen, wohl auch mildern was Euch
nagt.
Adelheid.
O! meine Wunden kann der Tod nur heilen.
Guido.
40
Guido.
Es ist ein Gott Ihr kennt ihn und ver - zagt?
Adelheid.
Hier kann die Tugend keinen Sieg erringen.
Guido.
Doch unbesiegt ein Fels im Meere stehn.
Adelheid.
Du sollst nicht nothlos in die Wellen sprin - gen.
Guido.
Euch retten oder mit Euch untergehn.
Adelheid.
Wie? Tausende, die schamlos mich verrie - then,
Sobald der Pfeiler meines Gluͤcks gewankt,
Beschaͤmt des Knaben freundliches Erbieten,
Der mir aus bessern Zeiten nichts verdankt?
Mir hat kein Herz, mit Wohlthat uͤber - schuͤttet,
In41
In Ungluͤcks Feuerprobe sich bewaͤhrt;
Und dieser Knabe, der nichts will, nichts
bittet,
Der meinen Gram zu theilen nur begehrt
Nein! nein! mich soll der Jugend Leichtsinn
jammern;
Der Knab 'ist fremd, er kennt nicht Hof
noch Welt;
Er soll nicht an das schwache Rohr sich klam - mern,
Das muͤhsam nur im Sturme sich erhaͤlt.
Er soll nicht Glanz noch Waͤrme hoffen
Von meiner Abendsonne truͤben Blick.
Es steht dir ja die Welt noch freundlich
offen;
Geh Knabe, such' ein bessres Gluͤck.
Guido.
Verstoßt mich nicht! Ihr duͤrft mich nicht
verstoßen!
Ich schmiege mich an Euch, sanft aber fest.
Ich42
Ich waͤre ja so gern der Hoffnungslosen
In Lebensglut ein Kuͤhlung bringender
West;
Ich boͤte gern die eigne Brust zum Schilde,
Abwendend was Gefahr Euch droht;
Jung schein 'ich zwar, doch bin ich ernst und
milde
Und stark im Kampf und huͤlfreich in der
Noth.
Adelheid.
Bedarf ich deiner? Bald hab ich voll - endet
Mein Ziel die Gruft warum dich nach
mir ziehn?
Guido.
Vertrauet mir! ich bin von Gott gesen - det; Mir ist, zu Eurem Schutz die Kraft ver - liehn.
Siebente43

Siebente Scene.

Berengar tritt auf. Vorige.
Berengar.
Seyd mir gegruͤßt! noch Thraͤnen auf der
Wange?
Die letzten sey zu trocknen mir vergoͤnnt.
Fort mit des Hofes kaltem, laͤstgen Zwange,
Der jedes trauliche Verstaͤndniß trennt!
Ich bin gekommen, frei mit Euch zu ko - sen;
Es ist mein Herz, das mich heruͤber zieht;
Zu lange schon verscheucht der Gram die
Rosen
Von Wangen, die so lieblich einst gebluͤht.
Doch sind wir nicht allein? hm! ich er - staune!
Aus welchem Lande kam der Unhold her,
Den warlich die Natur in boͤser Laune
So haͤßlich schuf? o sprecht, was soll Euch
der?
Adelheid.
44
Adelheid.
Ihr nennt den Knaben haͤßlich?
Berengar.
Wie? ein Knabe?
Adelheid.
An Muth ein Juͤngling.
Berengar.
Nun fuͤrwahr! mich deucht,
Es mach 'ihn reif, und uͤberreif zum Grabe
Der graue Bart, der bis zum Guͤrtel reicht.
Adelheid.
Ihr scherzt.
Guido.
Bisweilen taͤuscht der Schein
Berengar.
Im Blicke
Traͤgst du ein grelles Licht was willst du
hier?
Ists doch als ob mich etwas fremdes druͤcke!
Laß uns allein! mir ist nicht wohl bei dir
Guido.
45
Guido.
Ich gehe wenn die Koͤnigin gebietet,
Sie warnend werde mein Beruf erfuͤllt!
Denn was in Eures Herzens Tiefe bruͤtet,
Das steht vor meinen Augen unverhuͤllt.
Berengar.
Du wagst?
Adelheid.
Was soll das Knabe? geh! ich will es.
Guido.
Besinnt Euch! dieser Mann ist Berengar.
Adelheid.
Vernommen hast du mein Gebot, erfuͤll 'es!
Guido.
Durch ihn gemordet fiel Lothar.
Berengar.
Ha! Wache!
(Trabanten dringen herein.)
Greift ihn!
Adelheid.
Flieh!
Berengar.
46
Berengar.
An Ketten geschlossen
Zum schmaͤhlichsten Tode werd 'er aufbewahrt!
Guido
(zu Adelheid)
Du wirst bereuen, daß du mich verstoßen.
(zu Berengar)
Dir wird die neue Blutschuld noch erspart.
(Er geht. Die Trabanten treten mit gesenkten Spießen ihm entgegen. Er winkt sie wei - chen zuruͤck, erheben ihre Spieße und bilden ein Dach, unter welchem er ruhig hinaus schreitet.)
Berengar.
Was ist das? meine Wachen seh 'ich beben?
Ein Trabant.
Ein unwillkuͤhrlich Grauen packt uns an.
Berengar.
Ihr Memmen! fort! Ihr buͤßt mit Eurem
Leben,
Wenn Euch der alte Boͤsewicht entrann.
(die Trabanten ab)
Achte47

Achte Scene.

Berengar. Adelheid.

Berengar.
Ich hoffe nicht, dem Frevler sey gelungen
Argwohn zu wecken in der edlen Brust.
Adelheid.
Was er laut sprach, das haben tausend
Zungen
Schon oft gefluͤstert waͤrs Euch unbe - wußt?
Berengar.
Das ist des Poͤbels alte naͤrrische Weise,
Daß er so oft ein Großer ploͤtzlich faͤllt
Kopfschuͤttelnd steht und aus der Fuͤrsten
Kreise
Gewaltsam ihn hinausgestoßen haͤlt.
Da hoͤren wir nicht selten Volkspropheten
Aus Mißgeburten schwere Deutung ziehn,
Und Sonnen-Finsternisse und Kometen
Mit unsern Erdenhaͤndeln keck bemuͤhn,
Doch48
Doch laͤchelnd stehen wir, die Eingeweihten,
Vergoͤnnend und benutzend Poͤbelwahn,
Und frei von Kinderglaubens Fesseln schrei - ten
Wir ohne Furcht auf angestaunter Bahn.
Adelheid.
Nicht scheuen moͤgt Ihr Euch vor Finster - nissen, Noch vor dem drohenden Kometenschweif; Doch Einen Schrecken gibts er heißt Gewissen!
Berengar
(spottend)
Ich weiß, der Tugend Schatz bewacht ein
Greif.
Auch so ein Maͤhrchen aus der Ammenstube.
Wer hat fuͤr Leidenschaft Ziel oder Maaß?
Im tiefsten Herzen ist die Loͤwengrube,
Aus der kein Beten rettet, glaubt mir das.
Und soll der Mensch fuͤr seine Leidenschaften
Sprecht! fuͤr das Blut in seinen Adern haft - ten?
Schuf49
Schuf er dieß Blut? konnt 'er die Lagen
waͤhlen,
In die der Zufall ihn geschleudert hat?
Er ist gebohren um sich selbst zu quaͤlen,
Gleichviel ob Antonin, ob Herostrat;
Was ihn bestimmt, wornach er hier ge - rungen
Das waͤhlt' er nicht, das wurd 'ihm aufge - drungen.
Adelheid.
Es mag Vernunft an solchen Klippen schei - tern,
Nicht fromme Einfalt, die an Tugend glaubt;
Nur dieser Glaube kann die Nacht erheitern
Und Wehe dem, der ihn dem Volke raubt.
Berengar.
Wohl moͤgen Einzelne die Tugend lieben,
Der stumpfe Bloͤdsinn staunt den Dulder an;
Ein Volk kann Tugend ehren, nicht sie
uͤben.
DDas50
Das eben war Lothars gutmuͤthger Wahn
Unwuͤrdig und verderblich einer Krone
Des Herzens truͤgende Sophisterei:
Daß Tugend auch in einem Volke wohne.
Daß sie ein Zuͤgel fuͤr die Menge sey.
Adelheid.
Der schoͤne Irrthum, ja, er war ihm eigen.
Berengar.
Wer leugnet, daß er Gutes stets gewollt?
Und hab 'ich selbst Ihr moͤgt es mir be - zeugen
Nicht laut und willig Achtung ihm gezollt?
Adelheid.
O laßt die Witwe dessen nicht gedenken.
Berengar.
Doch mit dem Herzen, wird kein Volk re - giert.
Nur der vermag das wilde Thier zu lenken,
Der es mit starker Faust an Ketten fuͤhrt,
Vielkoͤpfig ists, doch jedes Haupt am Rumpfe
Ein51
Ein Sitz der Thorheit, trotzig und verzagt;
Im Ungluͤck feig und grausam im Triumpfe;
Das heute nichts, und morgen Alles wagt;
Das jedem Schwaͤrmer taub und blind ver - trauet,
Stets nach dem Neuen gierig hascht und
laͤuft;
Das heute seinem Herrn Altaͤre bauet
Und morgen bruͤllend ihn zum Richtplatz
schleift.
So hat Lothar es nicht erkannt; sein Stre - ben,
Geliebt und immer nur geliebt zu seyn,
Was hats gefrommt? er setzte Kron 'und Leben
An einen matten Heiligenschein?
Die Krone fiel, der Schein ist ihm geblie - ben
Ein Stern, wenns Euch beliebt, kein Erden - licht.
Drum wollen wir in ihm den Menschen
lieben,
D 2Den52
Den Koͤnig bewundern duͤrfen wir nicht.
Habt Ihr doch selbst in Euren Marmor - hallen
Mit Argwohn stets gekaͤmpft, in Furcht ge - haust;
Denn ihm gebrach hochmuͤthige Vasallen
Zu baͤndigen die starke Koͤnigsfaust.
Adelheid.
Vasallen? ich entsinne mich so eben,
Daß Ihr der Markgraf von Yvrea wart.
Berengar.
Jetzt schimmert Euch, von neuem Glanz um - geben, Des Thrones Gluͤck, mit Sicherheit ge - paart.
Adelheid.
Mir? Gluͤck? Ihr scherzt. Wohl hab ich es genossen, Und daß mein Herz um das Verlorne klagt, Ist jetzt mein Gluͤck.
Berengar.
53
Berengar.
Fuͤnf Monden sind verflossen,
Seit Ihr den Witwenschleier tragt;
Den Wohlstands-Pflichten thatet Ihr ein
Gnuͤge,
Und, wie sichs ziemt, ehrt 'ich die Trauer - zeit;
Doch nun begehr' ich, daß der Gram sich
fuͤge,
Wenn Liebe bittet und Vernunft gebeut.
Ich lieb 'Euch schoͤne Frau
Adelheid.
Ha! mir das!
Berengar.
Lange
Schon liebt 'ich Euch, doch nur mit stiller
Pein;
Die Zeit ist endlich da, vom laͤstgen Zwange
Den ungestuͤmen Busen zu befreyn.
Ich bitt' Euch Herz und Hand. Noch Ein - mal steiget
Auf54
Auf diesen Thron, den Euch die Liebe beut;
Empfangt noch einmal diesen Purpur
Adelheid.
Schweiget!
Ihr mahnt mich nur an meine Niedrigkeit.
Jetzt erst gewahr 'ich kann den Schimpf
nicht raͤchen
Wie tief, wie tief das Schicksal mich ver - warf,
Weil so zu seiner Koͤnigin zu sprechen
Ein Berengar sich keck erdreisten darf.
Berengar.
Ich bin jetzt Euer Koͤnig.
Adelheid.
Laut verlesen
Ward es dem Volke bei Trompetenschall;
Ihm seyd Ihr Koͤnig was Ihr mir
gewesen,
Das seyd Ihr noch und bleibt es mir
Vasall.
Berengar.
55
Berengar.
Viel kann die Liebe hoͤren und ertragen.
Adelheid.
Entweiht der Liebe heilgen Namen nicht.
Berengar.
Wohlan, so moͤgt Ihr die Vernunft befragen.
Adelheid.
Mich lehrt mein Herz die ewig theure Pflicht.
Berengar.
Der Koͤnigs-Toͤchter Herzen muͤssen schweigen.
Adelheid.
Sind einer Witwe Thraͤnen nicht vergoͤnnt?
Berengar.
Die Fuͤrstin gilt dem Staate fuͤr leibeigen.
Adelheid.
Die Sklavin hat noch Rechte, die sie kennt.
Berengar.
Wo Volks und Koͤnigs Wuͤnsche sich ver - schwistern,
Heischt Eure Pflicht des neuen Bundes Schwur.
Adelheid.
56
Adelheid.
Bekennt, Ihr seyd nach meinem Brautschatz
luͤstern?
Pavia leiht mir Schmuck und Liebreiz nur.
Berengar.
Warum nicht gern des Staates Ruhe gruͤn - den,
Auch wenn die Klugheit nur den Plan ent - warf?
Adelheid.
Nehmt hin Pavia, mich laßt Ruhe finden
In heilgen Mauern, wo ich weinen darf.
Berengar.
Genug der Thorheit aus dem schoͤnen Munde!
Ihr werdet mein, Ihr muͤßt es werden!
Adelheid.
Wie?
Die Hand soll ich zu frevelhaftem Bunde
Dem Moͤrder meines Gatten reichen?
Nie!
Berengar. 57
Berengar.
Reizt nicht den Zorn, der schon die Brust
erschuͤttert.
Adelheid.
Wo Wahrheit Zorn erweckt, ist das Gewis - sen wund.
Berengar.
Ihr seyd in meiner Gewalt! bedenkts und
zittert!
Adelheid.
Vor dir? die Koͤnigstochter von Burgund?
Berengar.
Mein letztes Wort ich will es noch ver - schwenden
Der naͤchste Morgen findet uns vermaͤhlt.
Noch Einmal liegt das Loos in Euren Haͤn - den:
Hier Thron und Liebe dort ein Kerker
waͤhlt!
(ab)
Neunte58

Neunte Scene.

Adelheid.
Die Wahl ist leicht: hinab zum tiefsten
Thurme!
Daß nie dorthin dein giftger Athem dringt.
Nun fuͤhl 'ichs: wenn von Truͤmmern sich
im Sturme
Der Schiffer auf die steile Klippe schwingt,
Wo finstre Nacht und Grausen ihn umge - ben,
So ist das nicht der schrecklichste Moment!
Noch hofft er nahes Land er hofft mit
Beben
Erst wenn es tagt, erst wenn sein Aug' er - kennt,
Daß Wolken nur und Wellen ihn umflie - ßen,
Kein leckes Boot ihm Rettung bringen kann
Erst dann muß er das Licht mit starrem Blick
begruͤßen,
Und59
Und die Verzweiflung packt ihn graͤßlich an!
So ist die letzte Hoffnung mir geschwun - den!
Auch stille Thraͤnen sind mir nicht vergoͤnnt
Kein Tropfen Oel in meine Herzens-Wun - den
Von Allen, die ich liebte, weit getrennt
Mit schweren Ketten an den Mann gebun - den,
Den meine Lippe nur mit Schaudern nennt
In liebender Brust die fremde Qual zu
hassen!
So steh 'ich da von Gott und Welt verlas - sen!
Von Gott? der sich erbarmend zu dem
Staube
Des Wurmes neigt? Vergib die Laͤste - rung!
Du lebst! es lebt in mir der feste Glaube
An deine Macht, an deine Vorsehung!
Nicht60
Nicht der Verzweiflung schufst du mich zum
Raube
Mein Geist erhebet sich mit Adlerschwung
Vernimm, es Gott! ich schuͤttle meine Ket - ten
Vertrauend seufz 'ich: du, du wirst mich rett - ten!
(sie geht, die Haͤnde ringend, in tiefen Gedanken auf und nieder.)
Die Flucht wohin? gleichviel!
ich muß entweichen.
Fort in die Mutter-Arme will ich fliehn!
Und sollt ich auch die Heimath nicht errei - chen,
Mir wird in jeder Huͤtte Schutz verliehn.
Aus niedern Huͤtten Elend zu verscheuchen,
Es war ja oft mein freundliches Bemuͤhn;
Deß werden die Bewohner nun gedenken
Und freundlich mir im Elend Huͤlfe schen - ken.
Doch61
Doch ach! wem soll wem darf ich
mich vertrauen?
Hier herrscht mit tausend Augen der Des - pot
Kein Herz hab 'ich zu jenen fremden Frauen,
Mir aufgedrungen durch ein fremd Ge - bot
Auf keines Dieners Treue darf ich bauen
Der Markgraf ging der letzte Freund in
Noth
Und jeder Seufzer, den die Lippen senden,
Toͤnt mir zuruͤck von kalten Marmor - waͤnden.
Wohlan ich geh 'allein! Gefahren
schrecken
Die Unschuld nicht hervor mein Pilger - kleid!
(sie wirft es hastig uͤber.)
Vorlaͤngst hat im Gebet zu frommen Zwecken
Der Gattin heiße Liebe dich geweiht.
Der62
Du sollst mich nun vor Spaͤher-Augen dek - ken
Der Strick umguͤrte mir die Niedrigkeit,
Und vor des Lichts verraͤtherischen Strah - len
Verberge mich der Hut mit Muschelscha - len.
(sie setzt den Hut auf und ergreift den Pilger - stab)
Es daͤmmert schon ich sehe Sterne
blinken
Was zaud'r ich noch? Geworfen ist mein
Loos.
Oft in Gefahren muß der Mensch versin - ken,
Nicht, rasch befolgend was er klug be -
schloß.
Drum soll mir Hesperus nicht zweimal win - ken,
Ich fliehe, stille Nacht, in deinen Schoos!
Ich63
Ich wandre muthig fort am Pilgerstabe,
Wo nicht zur Heimath doch zum sichern
Grabe!
(sie eilt fort.)

Ende des ersten Akts.

Zweiter64

Zweiter Akt.

(Das feste Schloß zu Como vorn See umflossen. Ein Soͤller tritt hervor, doch mit eisernen Staͤ - ben vergittert, hinter welchen ein duͤsteres Laͤmp - chen flimmert. Nacht und Mondschein. Ein Fi - scherboot ist auf das Ufer gezogen. Zwei Waͤch - ter gehn am Strande auf und nieder.)

Erste Scene.

Berengar tritt hastig auf. Ihm folgt der
Burgvoigt.
Berengar.
O wiederhol 'es mir! Sie ist ergriffen?
Burg -
65
Burgvoigt.
Bis Como, bis zum See gelang die Flucht;
Hier wollte sie an fremdes Ufer schiffen,
Und sucht 'ein Fischerboot in dieser Bucht;
Doch als die Pilgerin Verdacht erregte,
Gewohnte Koͤnigswuͤrd' ihr Stolz verlieh,
Und doch die Angst in jeden Blick sich
praͤgte;
Ward mirs gemeldet, ich erkannte sie.
Zu meinen Fuͤßen sah ich nun sie zittern
Und manche Thraͤne ihr vom Auge floß;
Doch konnte sie die Treue nicht erschuͤttern,
Und seufzt gefangen nun im festen Schloß.
Berengar.
Hab Dank. Um reichen Lohn sey unbe -
kuͤmmert.
Burgvoigt.
Verloren hat sie das gewagte Spiel.
Schaut hin, wo jenes Laͤmpchen duͤster flim -
mert,
Dort fand verwegne Flucht ihr Ziel.
EBe -
66
Berengar.
Doch daß sie nicht zum zweiten Mal entrinne!
Hat deine Wachsamkeit
Burgvoigt.
Seyd unbesorgt;
Kaum dringt in diesen Kerker eine Spinne;
Wenn sie von Schwalben nicht die Fluͤgel
borgt,
So wird sie jenen starken Eisenstaͤben,
Die ihr Gemach vergittern, nicht entfliehn,
Auch ist vom See die Feste rings umgeben,
Fuͤrwahr, so waͤre eitel ihr Bemuͤhn.
Am Ufer hier noch Wachen aufzustellen
Schien 'unnuͤtz, doch ich that es wie Ihr
seht.
Berengar.
Sobald der Mond sich taucht in diese Wellen,
Aus ihrem Schoos die Morgensonn 'ersteht,
Soll festlich man die Schloßkapelle schmuͤk - ken,
Wo67
Wo ein geschmeidger Priester uns vereint;
Denn Morgen will ich diese Rose pfluͤcken
Und waͤre sie von Dornen rings umzaͤunt.
Burgvoigt.
Wollt Ihr indeß der kurzen Ruhe pflegen?
Mit einem harten Lager nehmt vorlieb.
Berengar.
Zum Pfuͤhle magst du einen Stein mir le - gen,
Wenn ihr Besitz mir unbestritten blieb.
Versuch 'es nun Empoͤrung anzufachen,
Ein Markgraf Azzo mit der Priester Schaar
In ihrem Arm will ich hinfort erwachen,
In ihrem Arm verspott' ich die Gefahr.
Ich weiß, was gegen mich die Fuͤrsten bruͤten,
Ich weiß, was unter heißer Asche glimmt;
Doch ist sie mein, so trozt ohnmaͤchtgem
Wuͤten
Der auf des Gluͤckes reissendem Strome
schwimmt.
(ab mit dem Burgvoigt)
E 2Zweite68

Zweite Scene.

Die beiden Waͤchter.
Erster Waͤchter.
Der Koͤnig wars. Er ist heraufgezogen
Mit Roß und Mann aus seiner Koͤnigs - stadt.
Der Zweite.
Schnell wie ein Sturmwind ist er hergeflo - gen,
Weil wuͤthger Zorn sein Roß gestachelt hat.
Von einem Knappen hoͤrt 'ich schon erzaͤh - len:
Wie er, die Flucht vernehmend, wild gerast;
In Marterkammern ließ er Zofen quaͤlen
Und mancher Waͤchter Blut floß im Pallast.
Der Erste.
Fuͤrwahr ich bin ein armer Kriegsgeselle,
Doch ungern steh ich hier. Um alles Gold
Erkauft 'ich nicht des Koͤnigs Ehrenstelle.
Der
69
Der Zweite.
Was kuͤmmerts uns? wir haben Brod und
Gold.
Adelheids Stimme hinter dem Gitter.
Keinen Trost kann mein Gebet erfassen!
Alles schlaͤft nur mein Verfolger wacht;
Wehe! Wehe! mich hat Gott verlassen!
Ich verschmachte in des Kerkers Nacht!
Der erste Waͤchter.
Hoͤrst du die Klagetoͤn 'heruͤber schallen?
Mir schneiden sie durchs Herz o waͤr' ich
taub!
Der Zweite.
Was kuͤmmerts mich?
Der Erste.
Einst hochgeehrt von allen,
Und nun ihr Schmerzenslager duͤrres Laub!
Der Zweite.
Was haben wir denn? Kalte nasse Steine,
Und70
Und uͤbern See bestreicht uns der Nordest;
Ein giftger Nebel schwimmt im Monden - scheine
Und Mark und Dein durchschuͤttelt Fieberfrost.
Der Erste.
Ein Wirbelwind erhebt sich.
Der Zweite.
Sieh, da oben
Gestaltet er die Wolken wunderlich;
Hu! wilde Jagd! Der See beginnt zu to - ben
Am Ufer brechen schaͤumende Wellen sich
Der schwarze Himmel will den Mond ver - schlucken,
Hat ihm den Trauermantel umgethan.
Der Erste.
'sist eine Nacht, in der die Geister spuken
Ich wollt es kraͤhte schon der Hahn.
Der Zweite.
Wer da!
Der71
Der Erste.
(faͤhrt erschrocken zusammen)
Was siehst du?
Der Zweite.
Siehst du nichts? da
druͤben
An jenem Baum es regt sich eine Ge - stalt
Der Erste.
(sich kreutzigend)
Ich habe meine Seele Gott verschrieben.

Dritte Scene.

Vorige. Guido tritt auf als Fi - scherknabe.
Der zweite Waͤchter.
Wer da!
Guido.
Ein armer Fischerbube.
Der zweite Waͤchter.
Halt!
Der
72
Der Erste.
Laß ihn mir luͤpft das Haar ein heim - lich Grauen
Der Zweite.
Mir nicht. Was suchst du hier in dunkler
Nacht?
Guido.
Der Fischer will nach seinen Netzen schauen.
Der Zweite.
Weg da! hier wird das Ufer scharf bewacht,
Guido
(leise betend)
Laß deinen Wolkenschleyer niederfallen,
Daß er das schwache Mondenlicht erstickt!
Laß kuͤhle Duͤnste sich zum Nebel ballen,
Der den getaͤuschten Augen mich entruͤckt!
Der Zweite.
Was murmelst du? wo bist du? bist
verschwunden?
(zu dem Ersten)
Siehst du nichts mehr?
Der
73
Der Erste.
Ich sehe nichts.
Der Zweite.
Fuͤrwahr,
Den Ruͤckweg hat der Bube schnell gefun - den.
Der Erste.
Wenns kein Gespenst um uns zu necken war.
Guido.
Sie stehn geblendet.
Der Zweite.
Hm! was kanns bedeuten?
Die Ammenfurcht hab 'ich schon laͤngst be - siegt,
Sieh nur den dichten Nebel sich verbreiten,
Ists da ein Wunder, wenn das Auge truͤgt?
Der ganze See will sich in Duͤnste loͤsen
Erkenn' ich doch dich selbst nicht mehr.
Der Erste.
Das geht
Un -74
Unheimlich zu, das ist ein Werk des Boͤ - sen
Wer weiß, was noch erfolgt!
Der Zweite.
Ungluͤcksprophet.
Guido.
Wird Adelheid auch jetzt noch widerstre - ben?
Wohl jedem Sterblichen, ihm unbewußt,
Ward auf der Welt ein Schutzgeist zugege - ben,
Der in der Noth sich schmiegt an seine Brust;
Der wenn sich Erd und Himmel hart
verschworen
Durch Flammen noch den Rettungspfad ent - deckt,
Und wenn der Hoffnungsanker schon verlo - ren,
Oft ploͤtzlich ungekannte Kraͤfte weckt.
Doch moͤgen nur die Kinder ihm vertrauen;
Heran75
Heran gereift, schwand ihre Zuversicht
Und weil sie ihn mit Augen nimmer schauen,
So ahnen sie sein freundlich Daseyn nicht.
Daß er sie oft gehoben und getragen,
Wenn Muthwill 'gaukelt' um das offne Grab,
Das haben sie vergessen! Maͤnner zagen,
Wo sich das Kind dem Schutzgeist kuͤhn er - gab
Mensch! laß die freudige Ahnung dir nicht
rauben:
Er schwebt um mich! versinken kann ich
nie!
O moͤchte sie nur dießmal kindlich glauben!
Denn warlich! nur der Glaube rettet sie.
(er geht den Kahn loszubinden und vom Ufer in den See zu schieben)
Der erste Waͤchter.
Vernimmst du nichts?
Der Zweite.
Wohl hoͤr 'ich, wie mit Grimme
Der See an's Ufer schlaͤgt; was sonst?
Der
76
Der Erste.
Es summt
Mir vor dem Ohr, es fluͤstert eine Stirn - me
In unsrer Naͤhe
Der Zweite.
Wer da!
Der Erste.
Sie verstummt
Der Zweite.
Wo war es?
Der Erste.
Dort!
Der Zweite.
Will uns ein Spuk verwir -
ren?
Der Erste.
So scheints.
Der Zweite.
Ein guter Christ bleibt ungeschreckt.
Gehn wir drauf los!
Der
77
Der Erste.
Wir koͤnnten uns verirren,
Mir sind die Augen wie mit Flor bedeckt.
Der Zweite.
Taumel 'ich doch selbst in dichten Nebelkap - pen.
Und steif ist mir das bleierne Genick;
Doch wenn wir auch die Gegend blind durch - tappen
Uns fuͤhret stets der Wellen Geraͤusch zuruͤck.
Der Erste.
Es koͤnnte leicht die Dunkelheit uns trennen.
Der Zweite.
Dann rufen wechselnd wir einander zu.
Der Erste.
Mag ich doch kaum den naͤchsten Banm er - kennen
Der Zweite.
Ich will voraus dir schreiten folge du.
(beide tappen fort, indem sie mit den Speeren die Luft vor sich her theilen) (ab)
Vierte78

Vierte Scene

Guidohat sich indessen in das Boot gesetzt, und rudert bis unter den Soͤller.)
Adelheid
hinter dem Gitter)
Keinen Trost kann mein Gebet erfassen!
Alles schlaͤft nur mein Verfolger wacht!
Wehe! wehe! mich hat der Gott verlassen!
Ich verschmachte in des Kerkers Nacht!
Guido.
(hinaussprechend)
Wohl einen Trost kann dein Gebet erfassen;
Nicht alles schlaͤft, dein Schutzgeist wacht;
Vertraue nur, dich hat Gott nicht verlassen,
Es dringt ein Strahl in deines Kerkers
Nacht.
Adelheid.
Ha! welche Stimme!
Guido.
Moͤchtet Ihr sie kennen!
Es ist der Guido, den Ihr von Euch stießt.
Adelheid.
79
Adelheid.
O! wie so tief mich Scham und Reue
brennen.
Da des Verschmaͤhten Stimme mich begruͤßt.
Guido.
Auf leckem Boote kam ich angeschwommen,
Doch muß im Sturm es unbeweglich stehn.
Mein Wort zu loͤsen bin ich hergekommen:
Euch retten oder mit Euch untergehn!
Adelheid.
Mich retten? ach! unmoͤglich frommer Knabe!
Guido.
Was ist unmoͤglich dem der glaͤubig fleht.
Adelheid.
O wuͤßtest du, wie ich gebetet habe
Guido.
Vertrauen ist das kraͤftigste Gebet.
Adelheid.
Kann ich das Eisen dieses Gitters brechen?
Guido.
80
Guido.
Warum nicht! wenn der Glaub 'Euch Kraft
verleiht.
Adelheid.
Willst du noch Hohn dem schwachen Weibe
sprechen?
Guido.
Nur der ist schwach, den Glaube nicht er - freut.
Natur entsagt den ewigen Gesetzen,
Nach jenem Wink, den ihr ein Gott-Mensch
gab;
Des Glaubens Senfkorn Berge solls ver - setzen!
Und Euch verwirrt ein duͤnner Eisenstab?
Auf Koͤnigin! mit Freudigkeit erhebe
Das Auge sich zum starken Gott empor!
Mit Zuversicht und Glauben faßt die Staͤbe,
Brecht und zersplittert sie wie duͤrres Rohr!
Adelheid.
81
Adelheid.
Dein Hauch beseelt mein Herz wird
groß ich hebe
Zum starken Gott das nasse Aug 'empor
Mit glaͤub'ger Zuversicht faß ich die Staͤbe
Und schuͤttle sie und breche sie wie Rohr.
(sie zerbricht das Gitter)
Ha! neue Hoffnung will den Busen schwel - len,
Da seiner Magd Gott Wunderkraft verliehn!
Guido.
So stuͤrzt Euch nun herab in diese Wellen!
Herab in meinen Arm, durch Glauben kuͤhn.
Adelheid.
Wie? meinen Gott versuchen? darf ichs wa - gen?
Ein Abgrund gaͤhnt herauf dein Arm ist
schwach
Guido.
Noch immer koͤnntet Ihr an dem verzagen,
Durch den der Glaube dieses Eisen brach?
FAdelheid.
82
Adelheid.
Nein! nein! ich will ich muß warum
dieß Zaudern?
In schwarze Tiefe stuͤrzt der scheue Blick
Wenn Seel 'und Koͤrper, sich entsetzend,
schaudern
Ach! unwillkuͤhrlich bebt der Fuß zuruͤck!
Guido.
Schon ist Verderben uͤber Euch beschlossen,
Seit Berengar in diese Mauern drang,
Und der Verbrecher kalte Mitgenossen
Bereiten grinsend Euch den Untergang,
Schon sind die Hochzeitkerzen angezuͤndet,
Schon hat der Priester den Altar geschmuͤckt
Und eh 'die Sonne sich dem Meer entwindet
Hat Eure Seufzer die Gewalt erstickt.
Adelheid.
Halt ein!
Guido.
(bittend)
Herab zu mir!
Adelheid. 83
Adelheid.
Wie Dolche dringen
Mir deine Wort 'ins Herz
Guido.
Herab geschwind!
Adelheid.
Ja, lieber in des Todes Rachen springen,
Als Ketten tragen, die mir schimpflich sind!
Guido.
Es daͤmmert schon.
Adelheid.
Hinab! Weh mir! die
Wellen
Guido.
Die Wellen tragen den, der Gott vertraut
Adelheid.
Die Angst
Guido.
Horch! Schluͤssel klirren! Stimmen
gellen!
F 2Adelheid.
84
Adelheid.
Sie kommen
Guido.
Sie ergreifen die Braut.
Adelheid.
Allmaͤchtger! rette mich!
Guido.
Er will dich retten.
Adelheid.
Vor mir und hinter mir ein offnes Grab!
Guido.
Die Pforte knarrt
Adelheid.
Er kommt!
Guido.
Zerbrich die Ketten!
Adelheid.
Er ists! Gott schuͤtze mich! hinab! hinab!
(sie springt in die Wellen. Guido rettet sie, und der Nachen gleitet, von ihm gerudert, leicht uͤber
die85
die Wogen dahin. Berengar tritt mit einer Fackel auf den Soͤller, schaut wild um sich erblickt mit Entsetzen die Fliehenden, und schleu - dert ihnen die Fackeln nach. Der Vorhang faͤllt.)
Ende des zweites Akts.
Dritter86

Dritter Akt.

Eine laͤndliche Gegend am Comer See mit einer Fischerhuͤtte. Der Morgen ist angebrochen.

Erste Scene.

Der alte Fischer Antonio
tritt aus der Huͤtte)
Die buͤchnen Tische blank gescheuert
Die Becher von Buxbaum ausgeschwenkt
Die Kessel tuͤchtig unterfeuert
Die Kuchen mit suͤßem Oel getraͤnkt
Die schoͤnsten Fische sind erlesen,
Wir haben gezapft vom besten Wein,
Und87
Und horch! es fegen schon die Besen
Die niedrige Stube zum Tanze rein.
Die Kerzen flackern vor der Madonne,
Die schnurrenden Geigen werden gestimmt,
Und uͤberall hochzeitliche Wonne,
In der das junge Voͤlkchen schwimmt.
He! Margarethe! bist du fertig?
Die Dirne inwendig.
Gleich Vater, gleich.
Antonio.
Das putzt sich noch,
Des schmucken Braͤutigams gewaͤrtig
Und luͤstern nach dem Ehstandsjoch.
So spielen die Fischlein im klaren Gewaͤsser
Und wiegen behende sich her und hin;
Sie habens wohl gut und haͤttens gern
besser,
Und schluͤpfen ins Netz und zappeln
drin,
Zweite88

Zweite Scene.

Margarethe. Antonio.
Margarethe.
Da bin ich Vater.
Antonio.
Wohl auf Margarethe!
Bevor ich mit dem Schleier dir
Im Kreis der Verwandten entgegen trete,
Vernimm noch ein trauliches Woͤrtchen von
mir.
Du hast den froͤhlichen Kindermorgen
Durchflattert mit Behaglichkeit;
Du, in der Aeltern Huͤtte geborgen,
Was kuͤmmerten dich des Lebens Sorgen?
Sie kommt nicht wieder die schoͤne Zeit!
Der Jugend Frohsinn Allen vertrauend,
Nie hinter sich, nie um sich schauend,
Den jedes Bluͤmchen kindisch freut,
Dem alles Gold ist, wenns nur blinket.
Den89
Den jeder Pfennig ein Schatz beduͤnket,
Und Jahresfrist eine Ewigkeit
Sie kommt nicht wieder die schoͤne Zeit!
Oft wirst du ihrer noch gedenken,
Wenn Sorgen in deine Brust sich senken,
Erkennen, was oft im Jugendrausch
Wohl unbeachtet dir geblieben:
Wie Aeltern sorgen, wie Aeltern lieben,
Und was du verloren beim froͤhlichen Tausch.
Du sollst nun eine Hausfrau werden.
Es ist der edelste Stand auf Erden,
Des Gluͤckes Grund auf ihn gebaut;
Dich wird der Mutter Name zieren,
Du wirst die Wesen, dir anvertraut,
Zu Ordnung, Fleiß und Tugend fuͤhren,
Dein Haus mit Ernst und Milde regieren,
Stillwirkend und schaffend fruͤh und spaͤt;
Nicht karg die Nothdurft zugemessen,
Doch auch das Kleinste nicht verschmaͤht.
Der Armuth wolle nie vergessen,
Ihr90
Ihr Segen bringt und mehrt das Gluͤck;
Und kehrt dein Gatt 'am Abend muͤde
Vom sauern Tagewerk zuruͤck,
Empfange ihn der haͤusliche Friede
Und seiner Gattin freundlicher Blick.
Nagt dir bisweilen ein Gram die Seele,
Ei den verrathe nicht ohne Noth,
Daß ihm der froͤhliche Muth nicht fehle
Zur maͤnnlichen Sorg' ums taͤgliche Brod.
Vor Allem bleibe fest im Glauben,
An deinem Gotte halte fest!
Laß dir den Himmelstrost nicht rauben,
Der nie zu Schanden werden laͤßt;
Den Himmelstrost, vor Gott zu treten,
Wenn Erdennoth die Seele druͤckt;
Wer beten kann, von Herzen beten,
Der kann auch tragen was Gott ihm schickt.
Dieß letzte Wort von Vaters wegen
Mußt 'ich ans kindliche Herz dir legen.
Genug schon werden die Gaͤste laut,
So91
So ziehe denn hin mit meinem Segen,
Geliebte Tochter! fromme Braut!

Dritte Scene.

Fischer und Fischerinnen fuͤhren den Braͤuti - gam mit Gesang und Tanz. Vor ihnen her zieht ein Knabe und ein Maͤdchen. Der Knabe traͤgt eine brennende Fackel, das Maͤdchen einen Schleier.
Froͤhlicher Marsch und Chor.
Zur Hochzeit! ihr Alten und Jungen,
Am Ufer des Comer See
Da werde die Fackel geschwungen,
Die Braut verschleiert,
Die Liebe gefeiert,
Gesungen, gesprungen,
Mit lautem Juchhe!
Antonio.
Seyd mir gegruͤßt, ihr Nachbarn alle!
Ich dank 'Euch, daß Ihr willig und froh
Herauf -92
Heraufgezogen mit Jubelschalle
Zum alten Nachbar Antonio.
Verdoppelt wird am Hochzeittage
Des Vaters Freude wie ihr wißt,
Wenn er bei solchem Ehrengelage
Die guten Nachbarn nicht vermißt.
Der Tochter karges Brautgeschmeide
Noch Eines so herrlich schimmert es dann;
Denn was ist Gluͤck, und was ist Freude,
Wenn sie der Mensch nicht theilen kann?
Noch Einmal, willkommen in meiner
Huͤtte!
Doch eh 'ich nun, wie sichs geziemt,
Die Braut verschleire nach alter Sitte;
So werde dankbar in Eurer Mitte
Der Gott gepriesen, der Engel geruͤhmt,
Der ploͤtzlich mir nach langen Sorgen
Den Lebensfaden freundlich spann;
Denn ists Euch allen doch unverborgen:
Ich war ein armer, blutarmer Mann,
Den93
Den oft in seinem muͤhseligen Leben
Des Fleißes Hoffnung hart betrog,
Wenn er bei Tag und Nacht mit Beben
Das leere Netz ans Ufer zog!
Nur Einmal ist mirs doch wie heute!
Es zappelt 'im Netz ein großer Fisch,
Ein koͤstlicher Fisch war meine Beute,
Erlesen fuͤr des Koͤnigs Tisch.
Da spracht ihr Nachbarn: Antonio, eile!
Die Fuͤrstentochter von Burgund
Wird unserm guten Koͤnig zu Theile
Durch einen frommen Liebesbund,
Schon ziehen die stattlich geschmuͤckten
Gaͤste,
Voran der erzbischoͤffliche Hirt,
Auf allen Straßen zum herrlichen Feste,
Das in Pavia bereitet wird.
Drum eile! des Koͤnigs Tafel zu schmuͤcken
Ist dieser koͤstliche Fisch wohl werth;
Wer weiß was dir an Silberstuͤcken
Die Hand der Baut dafuͤr bescheert.
Da94
Da fuͤllt 'ich die Mulde mit klarem Ge -
waͤsser,
Und warf den lebenden Fisch darein,
Und baut' in die Luft mir herrliche Schloͤsser,
Und wanderte lustig die Welt war mein!
Und Gott sey Dank! mein kuͤhnstes Hoffen
Mir selber schien es ungereimt
Doch wurd 'es dießmal uͤbertroffen!
Von Silber hatt' ich nur getraͤumt,
Eine Hand voll Gold sah ich mir spenden!
Und daß die Braut, so wunderhold,
Es mir gereicht mit eignen Haͤnden,
O warlich! das war mehr als Gold!
Denn Fuͤrsten Huld zerbrochene Scherbe
Verwandelt sie in Edelstein!
Von Weib und Kindern und Gewerbe
Und wie wir leben und wie wir gedeihn,
Mnßt ich erzaͤhlen mit breiten Worten,
Sie hoͤrte den Schwaͤtzer freundlich an,
Und wahrlich! meines Herzens Pforten
Hatten sich weit weit aufgethan.
Ich95
Ich meint 'ich muͤßte sie in mich saugen
Die holde Gestalt der Koͤnigin;
Sie schwebt mir immer noch vor Augen,
Sie schwebt mir ewig vor dem Sinn!
Mein Fleiß, der ihr Geschenk verzinste,
Trug Gottes Segen mir ins Haus,
Und mit dem redlichen Gewinste
Statt 'ich die Tochter nun dankbar aus.
Doch ach! im schwarzen Witwenkleide
Haͤrmt sich die fromme Koͤnigin!
Gott troͤste sie in ihrem Leide!
Gott troͤste meine Wohlthaͤterin!
Alle.
Gott troͤste sie!
Antonio zieht die Muͤtze ab und betet still. Alle thun ein Gleiches.)
Antonio.
Nun reicht mir den Schleier.
Die96
Die brennende Fackel reicht mir auch,
Auf daß ich die Verlobungs-Feier
Mir Ernst beginne nach altem Brauch.
(er verschleiert die Braut)
Mit diesem Schleier, dicht gewoben,
Verhuͤllt dein Haupt die Vaterhand;
Von keinem werd 'er aufgehoben,
Bis du geknuͤpft das heilige Band.
(er schwingt die Fackel uͤber ihn.)
Und vor der geschwungenen Fackel weiche
Der boͤse Geist in ewige Schmach!
Die Flamme nicht loͤsche noch erbleiche,
Bevor der Priester den Segen sprach.
(Die Fackel wird vor der Huͤtte aufgepflanzt.)
Antonio
(umarmt den Braͤutigam)
Mein Sohn! von meines Lebens Reste
Vertrau ich nun die Obhut dir!
Vierte97

Vierte Scene.

Adelheid und Guido (landen mit dem Boote)
Antonio.
Sieh da! es kommen noch mehr der Gaͤste.
Gleichviel woher, willkommen mir!
Guido.
Gott sey mit Euren grauen Haaren!
Und hoch gepriesen die himmlische Macht,
Die, an der Unschuld sich zu offenbaren,
Auf leckem Boot uns hergebracht.
Antonio.
Habt Ihr gewagt den See zu befahren
Im Sturme der entwichnen Nacht?
Guido.
Gewagt mit Gott!
Antonio.
Still wurd 'es heute,
Doch grimmig hat der See getobt.
Ihr kommt fuͤrwahr in Gottes Geleite.
GGuido.
98
Guido.
So ists.
Adelheid.
So ists. Gott sey gelobt!
Antonio.
So thut Euch guͤtlich in meiner Huͤtte,
Wenn gleich mir fremd von Angesicht;
Ihr seyd willkommen in unsrer Mitte.
Woher des Landes? fragen wir nicht.
Verknuͤpft die Freude doch alle Wesen,
Ist doch die Welt ihr Vaterland,
Mit Roͤmern und mit Calabresen
Durch Freude der Lombarde verwandt!
Adelheid.
Vergoͤnnt mir heute unter Euch zu weilen,
Um Stand und Nahmen unbefragt,
Wenn gleich der Freude Taumel hier zu theilen
Ein herbes Schicksal mir versagt.
Antonio.
Wie ist mir? Blendet mich die Sonne?
Mir99
Mir werden die Augen wacker und klar
So helfe mir Gott zur ewigen Wonne!
Ich sehe die Witwe des Lothar!
Alle.
Die Koͤnigin!
Guido.
Sie ists.
Adelheid.
Erbarmen!
Verrathet eine Fliehende nicht,
Die sich entwunden verhaßten Armen,
Die ihre schimpflichen Ketten zerbricht.
Antonio.
Ihr auf der Flucht? wir Euch verrathen?
Ha! lieber den martervollsten Tod!
Wenn auch der Papst durch seinen Lega - ten
Uns mit dem ewigen Bannfluch droht!
Hier soll keine Muͤcke Euch verwunden,
Saͤh 'gleich die Hoͤlle dazu scheel!
G 2Durch100
Durch Wohlthun habt Ihr uns gebunden
Und Euer sind wir mit Leib und Seel!
Alle.
Ja, Euer sind wir mit Leib und Seel!
Adelheid.
Gott! wenn das Herz im Brechen und
Scheiden
Die letzte Hoffnung zuckend begruͤßt,
So traͤufelst du in den Kelch der Leiden
Den Tropfen der Liebe, der Alles versuͤßt!
Antonio.
Habt Ihr, seit Eurem Ehrentage,
Des alten Fischers wohl gedacht,
Der Euch zum frohen Brautgelage
Vom Comer See den Fisch gebracht?
Ich war es, der Geringsten Einer,
Gewuͤrdigt Eures gnaͤdigen Blicks.
Adelheid.
Recht Alter, ich entsinne mich Deiner,
Du sahst mich auf dem Gipfel des Gluͤcks!
Antonio.
101
Antonio.
Nun, damals haben Lieb und Treue
Im Herzen Euch Altaͤre gebaut;
Durch Euch erbluͤhte mein Gluͤck aufs neue,
Durch Euch ist dieses Maͤdchen Braut;
Und was ich habe, und was ich besitze,
Von Eurer Gnad 'ists ein Geschenk:
Nun fragt noch, ob ich Euch beschuͤtze,
Der Koͤnigs-Milde eingedenk?
Wir Alle, so gering wir scheinen,
Wir achten die Treue ein Ehrenkleid,
Nun fragt noch, ob wir Alle fuͤr Einen
Im Kampfe stehn fuͤr Adelheid?
Doch seyd getrost! zu unsern Huͤtten
Verirrt kein Spuͤrhund sich so leicht,
Denn wo die Armuth eingeschritten,
Da wird die Habsucht bald verscheucht.
Adelheid.
So bleib 'ich ruhig in Euren Haͤnden
Und halte mich verborgen still,
Bis102
Bis nach Canossa mich zu wenden,
Erneute Kraft vergoͤnnen will.

Fuͤnfte Scene.

Vorige. Eine junge Dirne eilt herzu.
Ach Huͤlfe! Huͤlfe! des Koͤnigs Reiter
Sie suchen und fluchen sie toben und
pochen
Sie haben verschlossene Thuͤren erbrochen
Sie dringen im Dorfe mit Ungestuͤm wei - ter
Durchstoͤbern die Winkel und forschen und
fragen
Kaum bin ich entronnen Euchs anzusagen.
Adelheid.
Ich bin verloren!
Antonio.
Ei mit nichten?
Wie viele sind ihrer?
Die
103
Die Dirne.
Zwei.
Antonio.
Nur Zwei?
Und waͤrens Zwanzig, vor solchen Wich - ten
Seyd ruhig tragen wir keine Scheu.
Ist Ihnen mit Geld der Mund zu stopfen,
Mein letztes geb 'ich her wo nicht,
So wollen wir sie mit Rudern klopfen,
Bis auf den Koͤpfen das letzte bricht.
Doch moͤchte, wenn ichs schlau bedenke,
Auch eine List hier wohl gedeihn,
Und wenn ich die alte Sitte kraͤnke,
So moͤg 'in der Noth mirs Gott verzeihn.
Der Sittsamkeit den Schleier entwenden,
Die Braut enthuͤllen vor der Zeit
Ist wohl ein Frevel von kuͤhnen Haͤnden,
Doch Freunde, hier gilts Dankbarkeit.
Fuͤr unsre Koͤnigin nichts zu theuer!
Sie104
Sie hat im Ungluͤck uns vertraut.
Wohlan! herunter mit dem Schleier;
(Er nimmt seiner Tochter den Schleier und verhuͤllt Adelheid damit.)
Ihr meine Tochter, Ihr die Braut.
Adelheid.
Ha! redlicher Greis!
Antonio.
Still! folgt meinem Rathe.
Wir taͤuschen die Buben. Sprecht kein
Wort.
Und daß die Angst Euch nicht verrathe
Fort in die Huͤtte! eilig fort!
(Er schiebt sie sanft hinein.)
Sie werden die Landessitte ehren,
Und wenn sie die brennende Fackel sehn,
Den lauten Hochzeitjubel hoͤren,
So werden sie ruhig voruͤbergehn.
O! Gott! laß nur dieß Eine gelingen!
Dann fahre zur Grube mein graues Haar!
Sie105
Sie kommen! jubelt mit Singen und
Springen,
Als wuͤrdet ihr sie nicht gewahr.
Chor und Tanz.
Zur Hochzeit ihr Alten und Jungen!
Am Ufer des Comer See.

Sechste Scene.

Vorige. Ein alter und ein junger Reiter.
Der Alte.
Gluͤck auf! so lustig?
Antonio.
Kein truͤbes Woͤlkchen
Steht heut an unserm Firmament.
Der Alte.
Was giebts denn hier?
Antonio.
Das junge Voͤlkchen
Sey106
Sey ihm die seltne Freude vergoͤnnt
Es huͤpft wie auf der Himmels-Leiter.
Gott schenkte mir einen frohen Tag!
Seyd mir willkommen, ihr Herren Reiter,
Bei meiner Tochter Brautgelag.
Ein guter Wein, vollauf zu essen
Macht Euchs bequem, die Koller sind schwer.
Der Alte.
Uns ist die Zeit karg zugemessen,
Wir jagen rastlos hin und her.
Die Koͤnigin Adelheid ist entsprungen,
Da druͤben aus Como's festem Schloß,
Ihr wohl durch Zaubermittel gelungen,
Da ihren Kerker der See umfloß.
Doch wird sie auch das Wagstuͤck buͤßen
Und waͤre sie in der Kirche versteckt.
Dem ist ein herrlicher Lohn verhießen,
Der die verlorne Spur entdeckt.
Antonio.
Was zwang die Edle zu entfliehen,
Von der ganz Mailand ruͤhmlich spricht?
Der
107
Der junge Reiter.
Was kuͤmmerts uns, warum? vollziehen
Des Koͤnigs Befehl ist unsre Pflicht.
Antonio.
In Gottes Namen! Gluͤck auf die Reise!
Der alte Reiter.
Ist, die wir suchen, nicht unter Euch?
Antonio.
Schaut selbst umher in diesem Kreise,
Sieht Eine hier einer Koͤnigin gleich?
Der alte Reiter.
Ich habe die Koͤnigin nie gesehen,
Stand auf der Grenzwacht Jahre lang,
Und darum koͤnnt 'es leicht geschehen,
Daß mir entginge der koͤstliche Fang.
Antonio.
Und Ihr? kennt Ihr sie?
Der junge Reiter.
Wie mich selber.
Ich war ja taͤglich ihr nahe genug.
Wenn108
Wenn durch der Vorhalle weite Gewoͤlber,
Almosen spendend, ihr Weg sie trug.
Oft stand sie lange im dichten Kreise
Mit vollem Seckel in der Hand,
Gab hier dem Kinde, dort dem Greise,
Bis auch der letzte Heller schwand.
Antonio.
So habt ihr sie gesehn und koͤnntet
Nun sie verfolgen?
Der junge Reiter.
Scheint es doch,
Als ob ihr mir den Preis nicht goͤnntet?
Mir ist dergleichen viel zu hoch.
Der Koͤnig befiehlt, ich muß gehorchen;
Soldat und Gruͤbeln, das steht nicht fein.
Obs recht und gut? sind seine Sorgen,
Und die Verantwortung ist sein.
Drum auf Kamerad! was nuͤtzen die Fra - gen?
Hier steht sie nicht, doch ihre Flucht
Hat109
Hat schwerlich weiter sie getragen;
Die Huͤtte blieb noch undurchsucht.
Antonio.
Verschonen wollet ihr diese Huͤtte,
Denn was sie birgt die Fackel verraͤth,
Ihr kennt des Vaterlandes Sitte;
Dort harret die Braut im stillen Gebet.
Der junge Reiter.
Die Braut? wir muͤssen sie betrachten.
Antonio.
Sie ist verschleiert wie sichs ziemt.
Der junge Reiter.
Hier duͤrfen wir der Sitte nicht achten.
Antonio.
Es werde Schonung euch nachgeruͤhmt.
Der junge Reiter.
Wir wollen ihr kein Leid zufuͤgen;
Wir schauen sie an und damit gut.
Antonio.
Verlangt ihr Geld? Da, laßt euch gnuͤgen.
Nur keinen frechen Uebermuth!
Der
110
Der alte Reiter.
Ich daͤchte, Kamerad, wir gingen,
Der junge Reiter.
Mit nichten, denn mir waͤchst Verdacht.
Antonio
(tritt vor die Thuͤr)
In meine Huͤtte soll Niemand dringen!
Der junge Reiter.
Hinein! und waͤr 'sie vom Satan bewacht!
(er schleudert Antonio auf die Seite und geht hinein)
Antonio.
Auf Nachbarn! Freunde! Bruͤder! Soͤhne!
Verflucht, wer seinen Schwur nicht haͤlt!
Wer duldet, daß der Knecht uns hoͤhne?
Ergreift was euch in die Haͤnde faͤllt.
(Alle bewaffnen sich mit Rudern und Knuͤtteln)
Der alte Reiter.
He! Kinder, bleibt ruhig bei euren Netzen!
Bedenkt doch kluͤglich was euch droht!
Wollt ihr dem Koͤnig euch widersetzen?
Ihr hoͤrt, es ist des Koͤnigs Gebot.
Antonio.
111
Antonio.
(Und stuͤnd 'ich an der Todespforte,
Die heilige Pflicht gebietet hier!
Der alte Reiter.
He Alter! was bedeuten die Worte?
Nun weckst du auch Verdacht in mir

Siebente Scene.

Vorige. (Der junge Reiter zieht Adelheid nach sich)
Der junge Reiter.
Heraus an's Licht mit deinem Schleier!
So wahr ich ein ehrlicher Kriegsmann bin,
Kamerad, hier ist es nicht geheuer,
Das ist die Gestalt der Koͤnigin.
Der alte Reiter.
Wie magst du doch so seltsam traͤumen,
Die Koͤnigin eine Fischersbraut?
Der junge Reiter.
Sie zittert wie Laub auf Espenbaͤumen,
Warum? Wenn ihr vor uns nicht graut?
Antonio.
112
Antonio.
Kein Wunder! sie mag wohl zittern und
beben,
Da ihr so toͤlpisch sie gefaßt;
Denn wahrlich! sie sah in ihrem Leben
Noch keinen so ungeschliffenen Gast.
Der junge Reiter.
Gleichviel, doch jetzt den Schleier herunter!
Was gilts, ich halte Fortunen beim Schopf?
Antonio
(zwischen Adelheid und den Reiter tretend.)
Herr! laßt euch rathen! machts nicht noch
bunter;
Es tanzt mein Knuͤttel euch auf dem Kopf!
Der junge Reiter.
Ihr wollt mir meine Pflicht verwehren?
Der alte Reiter.
Laß gut seyn komm 'sist doch nicht
recht,
Daß wir die Hochzeitfreude stoͤren.
Antonio.
113
Antonio.
Da hoͤrt ihrs!
Der junge Reiter.
Gleichviel, gut oder schlecht;
Ihr wagt des Koͤnigs Befehlen zu spotten?
Auf eure Gefahr! mein Schwert! heraus!
Will sich das Voͤlkchen zusammen rotten,
So treibe den Ungehorsam aus.
Antonio.
He da! ich warn 'euch, kecker Geselle,
Eh' ihr den Ernst der Drohung spuͤrt!
Der ist des Todes auf der Stelle,
Deß Fingerspitze den Schleier beruͤhrt!
Der junge Reiter.
Drauf will ichs wagen. Zuruͤck!
Antonio.
Auf Bruͤder!
Schlagt ihn zu Boden, den trotzigen Wicht!
Der junge Reiter.
Graukopf zuruͤck! ich stoße dich nieder!
HAdel -
114
Adelheid.
Halt! halt! ich bins!
(sie schlaͤgt den Schleier zuruͤck. Guido, der waͤh - rend dieser ganzen Scene mit verschraͤnkten Armen ein ruhiger Zuschauer gewesen, schmiegt sich jetzt behende an Adelheid und man erblickt statt ihres Gesichts ein ganz fremdes. Alle stutzen. Pause.)
Der junge Reiter.
Nein, sie ists nicht.
Antonio.
(stammelnd)
Nein, sie ists nicht
Der junge Reiter.
Was staunt ihr alle?
Adelheid.
Ich bin es nicht?
Der junge Reiter.
Wars nun wohl recht,
Daß ihr um nichts getobt? die Galle
Mir aufgereizt? ihr Thoren, sprecht!
Antonio.
(fromm gen Himmel blickend)
Nein, sie ists nicht! wohl waren wir Thoren!
Wohl115
Wohl unser Beginnen frevelhaft!
Weil wir den schoͤnen Glauben verloren
An eine schuͤtzende Wunderkraft!
Der junge Reiter.
Ich meint es ja ehrlich mit euch allen.
Nun schoͤne Dirne, so erschreckt?
Laß nur den Schleier wieder fallen;
Muthwillig wirst du nicht geneckt.
(Adelheid verschleiert sich wieder)
Der alte Reiter.
Und wenn kein Groll dir nachgeblieben
Soll doch eine Braut sanftmuͤthig seyn
So geh um Gastfreundschaft zu uͤben
Und hol uns einen Becher voll Wein.
Antonio.
Geh, bringe den Wein, geh ohne Zagen,
Es droht dir ferner keine Gefahr.
Nun darf beherzt der Glaube fragen:
Wer kruͤmmt der Unschuld hier ein Haar?
Adelheid.
(geht in die Huͤtte)
H 2Der
116
Der alte Reiter.
Auch ihr, laßt uns in Frieden scheiden.
Glaubt mir, es ist ein saurer Gang,
Wenn oft zum Werkzeug fremder Leiden
Den Knecht des Herren Wille zwang.
(Adelheid bringt Wein.)
Antonio.
So trinkt und alles sey vergessen.
Der alte Reiter.
(trinkt)
Auf die Gesundheit der schoͤnen Braut!
Der junge Reiter.
(trinkt)
Vergebt mir, war ich zu vermessen,
Dem Schein hatt 'ich zu rasch vertraut.
Der alte Reiter.
Der Wein kann jeden Groll ersaͤufen.
Der junge Reiter.
Wir muͤssen fort. Gehabt euch wohl!
Ihr thut euch guͤtlich bei Trommeln und Pfeifen,
Indessen wir das Land durchstreifen
Bis an die Graͤnze von Tyrol.
Der
117
Der alte Reiter.
So treibt nun wieder mich alten Knaben Bergauf Bergab der leidige Stand. Wir, die wir keine Heimath haben, Oft nicht einmal ein Vaterland, Und taͤglich die Haut zu Markte tragen, Des Gluͤckes Ball und Wuͤrfel sind, Und wenn wir den kargen Sold erjagen, Ihn nicht verzehren mit Weib und Kind, Nur immer nach Betaͤubung streben; Uns bleibt es doch wohl unverdacht, Wenn oft das wilde, muͤhselige Leben Uns rauh und unempfindlich macht?
(Beide ab.)

Achte Scene.

Vorige, ohne die Reiter.
Antonio.
Fort sind sie die Gefahr verschwun - den.
Wie118
Wie ist mir denn? war es ein Traum?
Ob sie die Koͤnigin gefunden?
Ob nicht? weiß ich nun selber kaum.
Adelheid.
(entschleiert sich)
Ich bins.
Antonio.
Ja, ja, nun seyd ihrs wieder!
Es senkte sich mit taͤuschender Kraft
Ekw himmlisch Blendwerk auf euch nieder.
Adelheid.
Wie ist mir alles noch so raͤthselhaft?
Entschleiert und dem Schicksal mich erge - bend,
Wie wurd 'ich ploͤtzlich von der Angst be - freit?
Guido.
Vertraut ihr nun der Macht, die euch um - schwebend,
Bedraͤngter Unschuld eine Wolke leiht?
Adelheid.
119
Adelheid.
(betend)
Ja. Du hast mir die Huͤlle zart gewoben!
Von Dir verschleiert stand ich unerkannt!
Vertrauen will ich kindlich Dir geloben,
Und Vater, Vater sey von mir genannt!
Ich fuͤhle mich ermuthigt und erhoben,
Und kraftvoll jede Nerve mir gespannt;
Du, dessen Engel schuͤtzend mich begleiten,
Wirst nach Canossa meine Schritte leiten!
Antonio.
Duͤnkt unsre Huͤlf 'euch schon entbehrlich?
O zoͤgert! scheidet nicht zu bald!
Der Weg ist weit, auch wohl gefaͤhrlich,
Er fuͤhrt durch einen dichten Wald,
Die Pfade laufen krumm verworren,
Es ist die heiße Erntezeit,
Wo Baum und Strauch in Glut verdorren,
Kein Labetrunk Erquickung beut.
Adelheid.
O laßt mich ziehn! mit ungehemmten Schrit - ten
Eilt120
Eilt nach Canossa der befluͤgelte Fuß;
In jenen Mauern, wie in euren Huͤtten,
Wohnt noch der Treue maͤchtger Genius.
Doch will ich ewig dieses Tags gedenken,
Wenn betend sich mein Herz mit Gott be - spricht;
Und wird mein Schicksal sich zum bessern
lenken,
So sey Vergeltung meine erste Pflicht.
(sie verschleiert die Braut.)
Den Schleier, der mich barg vor Raͤuber - blicken,
Nimm ihn zuruͤck und Segen sey dein Lohn!
Nur eine Myrthenkrone wird dich schmuͤcken,
Doch stille Haͤuslichkeit ist auch ein Thron.
Dir soll kein Diadem die Schlaͤfe druͤcken,
Fern bleibt von dir der Herrschsucht Scor - pion!
Lebt wohl, erhalt euch Gott den stillen Frieden!
Mir ist ein andres bittres Loos beschieden.
(ab mit Guido)
Antonio. 121
Antonio.
O Freunde! Nachbarn! hier auf dieser Stelle,
Wo durch ein Wunder Gott ihr Schutz ver - lieh,
Erbauen wir und weihen die Kapelle
Der heil'gen Jungfrau zum Gebet fuͤr sie!
Doch was beduͤrfen wir der Mauern?
Bruͤder!
Der erste Christentempel war ein Stall;
Drum werft euch flugs im Staube nieder,
Denn unser Gott ist uͤberall!
(Er kniet. Alle mit ihm. Der Vorhang faͤllt.)
Ende des dritten Akts.
(Die Musik des Zwischenakts, die anfangs das Ge - bet der Fischer sanft begleitet, wird nach und nach wild und rauschend, ein Ungewitter vorberei - reitend.)
Vierter122

Vierter Akt.

Wald und Felsen, Sturm und Donner.

Erste Scene.

Berengar tritt auf von mehrern Trabanten be - gleitet.
Des Donners Bruͤllen hallt vom Felsen
wieder
Es rauscht der Wald die Wipfel beugen
sich,
Der Himmel senkt den schwarzen Schoos
hernieder
Empoͤrte123
Empoͤrte Natur! wen willst du schrecken? mich? Umsonst! ich bebe nicht vor Donnerkeilen, Noch wenn die Blitzentladne Wolke kracht, Doch wirst du mir die Fluͤchtige ereilen, So sey willkommen! huͤlle sie in Nacht! Gieß Stroͤm 'herab, daß ihre stolzen Traͤume Der kalte Schauer aus dem Busen schwemmt! Zerschmettre um sie her die alten Baͤume, Auf daß der Schrecken ihren Fußtritt hemmt!
(Zu den Trabanten.)
Hier ist der Kreuzweg Theilt Euch
Dorthin reitet
Zu dem Gestade, das der See umbraust
Ihr Andern hierher dieser Hohlweg leitet
Euch nach Canossa, wo der Markgraf haust.
Ja, sicher hat zu seiner Burg die Schlaue
Sich einen Weg zu bahnen schon versucht;
Doch wenn ich einer leisen Ahndung traue,
So hemmt wohl noch mein Gluͤck die kuͤhne
Flucht.
Ihr124
Ihr moͤgt 'im Wald ihr am Gestade
lauern,
Daß kein verkapptes Haupt voruͤber zieht;
Und ihr spaͤht fleißig um Canossa's Mauern,
Erforscht und fragt was in der Burg ge - schieht.
Wird der Verrath durch Drohung nicht er - zwungen,
Verheißet Gold, spart auch kein Schmeichel - wort;
Die Mittel gleich, wird nur der Zweck er - rungen.
Hierher berichtet mir am Abend. Fort!
(Die Trabanten zerstreuen sich nach verschiedenen Seiten.)

Zweite Scene.

Berengar.
Ha! Undankbare! meine Rache lodert!
Warum verschont 'ich sie im ersten Schmerz?
Haͤtt '125
Haͤtt ich sogleich mit kuͤhlem Ernst gefodert,
Betaͤubung schleuderte sie mir ans Herz.
Warum ihr Zeit vergoͤnnt sich zu besinnen?
Ein rascher Schritt, und laͤngst schon war
sie mein!
Wer mag ein widerspenstig Herz gewin -
nen?
Geraubt, erstuͤrmt, ertrotzet will es seyn!
Ich gleiche fast dem eigensinnigen Kinde,
Das um verschmaͤhtes Spielwerk sich gebracht;
Mich will beduͤnken, daß ich Lieb 'empfinde
Nun erst, da sie entronnen meiner Macht.
Ich Liebe? Ha! in ihren bunten Netzen
Mich zu verschlingen war ich nie verdammt;
Daß man es wagt sich mir zu widersetzen,
Mir Hohn zu sprechen, das hat mich ent - flammt!
Es giebt eine Qual, die nicht gemeine See - len,
Die auf dem Throne nur den Herrscher nagt:
Die126
Die Eifersucht der Macht! er muß be -
fehlen
Und wehe! wird Gehorsam ihm versagt.
Will Andrer Gluͤck den Wuͤnschen nicht
entsprechen,
Im Hoffnungs-Wechsel finden sie Ersatz;
Er nie! er muß den fremden Willen brechen,
Sonst wird zur Marterbank sein Ehrenplatz,
Und alles was ihm vormals kuͤhn gelungen,
Und alles was ihm kuͤnftig noch gelingt,
Bleibt ohne Werth, denn ihm scheint nichts
errungen,
Wenn er nicht auch das Eine noch erringt.
Dieß Eine Hoͤchste werd 'ich es er - reichen,
So lange dieser stolze Markgraf lebt?
Aus meiner Bahn soll der Verhaßte weichen!
Wie? das gilt gleich, wird nur das Ziel er - strebt.
Um seine Freundschaft will ich kunstreich
werben,
Er -127
Erbuhlen will ich sie. Er sey mein
Knecht
So lang 'es nutzt dann moͤg' er ploͤtzlich
sterben
Im Dunkel richten ist ein Koͤnigsrecht.
Hat mich umsonst Luitprand, der schlaue
Pfaffe,
In seiner Staatskunst Tiefen eingeweiht?
Schliff nicht zu Rheims ein Gerbert mir die
Waffe
Der Menschenkunde, die Gewalt verleiht?
Da lernt 'ich Menschen und Natur belauschen,
Da drang ich luͤstern bis znm Goͤttersitz,
Und Zittre, Donner, nicht vor deinem Rau - schen,
Und zittre, Wolken, nicht vor Eurem Blitz.
Mir dienen sollt ihr! jede Spur beleuchten!
Wenn eure Schrecken ans dem offnen Thal
Den Fluͤchtling tief in Felsenkluͤfte scheuchten
Verrath' ihn ploͤtzlich mir ein Feuerstrahl!
(er entfernt sich)
Dritte128

Dritte Scene.

Adelheid und Guido. ) (treten aus dem Gebuͤsch.)
Adelheid.
Ich kann nicht weiter Elemente kaͤm - pfen
In schwarzen Schleier huͤllt sich die Natur
Und doch kein Tropfen diese Glut zu daͤm - pfen!
Gott! einen Regentropfen gieb mir nur!
Guido.
Noch eine Stunde laßt den Muth nicht sinken.
Adelheid.
Die Zunge brennt ich athme heiß und
schwer
Guido.
Bald werden euch Canossas Thuͤrme winken.
Adelheid.
Ein Wassertropfen nur! ich kann nicht mehr!
Guido.
129
Guido.
Wollt ihr am Ziel der letzten Muͤhe achten?
Ermannt Euch! stuͤtzt den muͤden Arm auf
mich.
Adelheid.
Mein Fuß versagt ich lechze muß ver - schmachten
Ich kann nicht weiter Gott erbarme sich!
(sie sinkt am Felsen nieder)
Guido.
Umringt von Feinden, die den Wald durch - streifen
Adelheid.
Ich bin verloren! Armes Herz, nun brich!
Guido.
Noch ist es Zeit
Adelheid.
Sie moͤgen mich ergreifen!
Ich kanns nicht hindern Gott erbarme
sich!
I / JGuido.
130
Guido.
Bedauernswerth Geschlecht der Menschenkin - der!
Was ist die Tugend, die es prunkend zeigt,
Wenn oft ein Wassertropfen mehr oder min - der
Sie aufrecht haͤlt, sie kraftlos niederbeugt?
Du, der die Seele dieses edlen Wei -
bes
Durch mich gestaͤrkt, daß sie die Furcht be - siegt,
Erbarme dich nun auch des zarten Leibes,
Der ungewohnter Buͤrde unterliegt!
Ein Fremdling ist die Seele, hart gefangen
In engen Banden, die der Tod nur bricht;
Sie will das Gute mit heißem Verlangen
Die Fessel druͤckt sie kann es nicht!
(knieend)
O laß dir gnuͤgen an dem reinen Willen,
Und blick 'erbarmend auf der Menschheit Loos!
Und131
Und oͤffne, um den brennenden Durst zu
stillen,
Wohlthaͤtig einer Wolke feuchten Schoos!
Du hast in mir die hoͤhere Kraft entfaltet,
Doch was vermag dein Engel ohne dich?
Umsonst mein Schuh, wo deine Macht
nicht waltet,
Drum Vater! liebender Vater! hoͤre mich!
(ein heftiger Donnerschlag, nach welchem ploͤtzlich eine Quelle aus dem Felsen sprudelt)
Guido.
Ich bin erhoͤrt! Auf Adelheid! genieße
Was dieser Fels dir beut auf Gottes Wink;
Daß neue Kraft in deine Adern fließe,
Nimm diese volle Muschel, nimm und trink.
Adelheid.
Es taͤuscht kein Blendwerk die gebrochnen
Augen?
Noch einmal fuͤhl 'ich mich dem Tod ent - ruͤckt?
O laß die duͤrren Lippen in sich saugen
I / J 2Den132
Den Labetrunk, der mehr als Wein er - quickt.
Nie duftete aus goldenem Pokale
So lieblich mir des Koͤnigs Rebensaft.
Noch einen Zug aus dieser Muschel-Schale
Durch jede Ader stroͤmt mir neue Kraft.
Nun ist mir wohl sehr wohl hab 'Dank
mein Retter!
Und goͤnne mir noch eine kurze Ruh,
Denn eingewiegt vom Duft der frischen Blaͤt - ter
Faͤllt unwillkuͤrlich mir das Auge zu.
(Pause)
Guido.
Sie schlummert suͤß ihr Athemzug so
leise
Die Unschuld schlummert und der Don - ner schweigt
Und aus der Wetterwolken duͤsterm Kreise
Mit neuer Pracht die strahlende Sonne steigt.
Die Voͤglein zwitschern ihre liebliche Weise,
Ein133
Ein laues Luͤftchen kaum den Grashalm beugt;
Und um die Welt hat schon der Regenbo - gen,
Den Gnadenbund verkuͤndend, sich gezogen.
So kann der Unschuld Kraft sich offen -
baren,
Ihr unbewußt in stillem Heldenmuth;
Das ist ihr himmlisch Recht, daß in Gefah - ren
Sie an des Abgrunds Rande laͤchelnd ruht;
Ein guter Engel wird sie doch bewahren,
Es netzt und brennt sie weder Strom noch
Glut;
Unschuld! du holder Schmuck der Schoͤpfungs - werke!
Du bist so stark und kennst nicht deine
Staͤrke.
Sie moͤge sich in sanfte Traͤume wiegen,
Indeß die Quelle kuͤhlen Thau ihr spritzt.
Den134
Den starken Zweig will ich heruͤber biegen,
Der vor der Sonne Strahl sie deckt und
schuͤtzt.
Auch moͤg 'er sie vor Spaͤherblicken bergen,
Sein Blaͤtterschirm verdichtet vor ihr stehn,
Daß Berengar und seine feilen Schergen,
Durch ihn getaͤuscht, an ihr voruͤber gehn.
So woͤlben sich die Zweige dir zur Laube,
Sie schaffen dir die kuͤhle, gruͤne Nacht,
Und dich umschweben Hoffnung, Liebe, Glau - be
So schlummre sanft dein Schutzgeist[ wacht. ]
(er setzt sich an die Quelle.)

Vierte Scene.

Markgraf Azzo tritt auf, nur mit einem leichten Jagdspieß bewaffnet, ein Thierfell um die Schul - ter geschlagen, dessen Klauen auf der Brust sich schließen.
Sieh da, fast irrt 'ich selbst im eignen Forste;
Mich trennend von der Jagd am Felsenhang,
Ver -135
Verfolgt 'ich blind den Adler, der vom Horste
In weiten Kreisen sich zur Sonne schwang;
Und meines Koͤchers Pfeile sind verschossen,
Mir blieb zum Kampfe nur der schwache
Speer.
Umirrend suchen mich die Jagdgenossen,
Im dichten Walde irrt' ich selbst umher,
Der Donner bruͤllte und der Sturm ver - schlang
Der Stimme Ruf, des Hifthorns rauhen
Klang.
Doch war mir Einmal wohl in dem Ge - toͤse,
Und als der Blitz in jene Eiche schlug,
Da wurde mir als ob die Brust sich loͤse
Zu einem ersten freien Athemzug.
Wo das gefolterte Herz im ewigen Krampfe
Sich zuckend hin und her im Busen warf,
Da ist ihm wohl, wenn einmal es im Kampfe
Der Elemente sich vergessen darf.
Ist136
Ist das die Liebe? der gefeierte Goͤtze,
Von dem so mancher Geck sich heißer schrie:
Dem Armen sey sie mehr als alle Schaͤtze?
Der Reiche sey ein Bettler ohne sie?
Es koͤnne nie ein Herz mit ihr verzagen?
Sie lebe mit der Tugend nie im Streit?
Muth gebe sie das Schwerste zu ertra - gen
Und trag 'es gern mit stiller Heiterkeit?
Warum muß ich denn nur in kalten
Schauern
Mich rastlos winden unter ihrer Last?
Warum bin ich in meinen eignen Mauern,
Im eignen Herzen mir ein fremder Gast?
Ist Adelheid zu lieben ein Verbrechen?
Steht mir zu fern die edle Koͤnigin?
Will zuͤrnend sich der Geist des Freundes raͤ - chen,
Daß ich ein Mensch, daß ich kein Engel
bin?
Du137
Du edler Geist! o komm und hilf mir
siegen!
Der Will 'ist redlich, staͤrke meine Kraft!
Geflohen bin ich, habe ja geschwiegen,
Nur in der stummen Brust gluͤht Leiden - schaft.
Auch soll zu hoch der kuͤhne Wunsch nicht
fliegen,
Durch den ich oft mich keuchend aufgerafft:
Nur Ein Verdienst, Ein Gluͤck laß mich er - werben,
Fuͤr die Geliebte kaͤmpfen bluten ster - ben!
Was seh ich? hier am Kreuzweg eine Quelle? Folgt gaukelnd mir die zaubernde Liebe nach? Oft stand ich an der wohlbekannten Stelle, Doch sah ich nie den klaren Felsenbach. Und dieser fremde blondgelockte Knabe
Gar138
Gar wundersam ergreift sein Anblick mich
Es zieht mich hin, daß ich am Quell mich
labe.

Fuͤnfte Scene.

Guido, Azzo.
Guido.
Herr Markgraf, gruͤß Euch Gott!
Azzo.
Wer bist du? sprich.
Guido.
Auch ein Geschoͤpf, das mit verwandtem
Triebe
Das Gluͤck der Sterblichen zu foͤrdern strebt;
Auch ein Geschoͤpf der reinen ewigen Liebe,
Die Euch und mich und diesen Wurm be - lebt.
Azzo.
Des Knaben Worte mir bedenklich scheinen.
Wo kommst du her?
Guido.
139
Guido.
Aus meines Vaters Haus.
Azzo.
Dein Name?
Guido.
Guido. Ich habe noch einen, Doch spricht des Menschen Zung 'ihn hier nicht aus.
Azzo.
Warum nicht?
Guido.
Fraget nicht.
Azzo.
Ein heimlich Grauen
Befaͤllt mich.
Guido.
Faßt ein Herz zu mir!
Ein Biedermann darf mir ins Auge schauen.
Azzo.
Ich bins. Wohlan! ich fass 'ein Herz zu dir.
Guido.
140
Guido.
Und zu Euch selbst. Der Kranke wird ge - nesen,
Kaͤmpft unverdrossen. Eure Tugend siegt.
Azzo.
Kannst du in meines Herzens Tiefe lesen?
Guido.
Gleich einem offnen Buch es vor mir liegt.
Azzo.
Bin ich gewuͤrdigt eines Himmelsboten, So sprich, wie wirds um meine Zukunft stehn?
Guido.
Das Schicksal loͤst den hart verschlungnen
Knoten,
Und euer Wunsch wird in Erfuͤllung gehn.
Azzo.
Mein Wunsch fuͤr sie zu sterben?
Guido.
Ausgesprochen
Hat141
Hat ihn das Herz, vernommen Gottes Ohr:
Ihr fallt mit Ruhm bedeckt, sie wird ge - rochen,
Und eine neue Sonne steigt empor.
Azzo.
Wie? wenn zu armer Sterblichen Verblen - dung
Ein boͤser Geist den schlauen Trug ersann?
Gieb mir ein Zeichen deiner himmlischen Sen - dung.
Guido.
Unglaͤubiger, Ihr zweifelt noch? Wohlan!
Was mit des Landes Edlen ihr beschlossen;
Wie ihr zum deutschen Kaiser Euch gewandt,
Verkappte Boten auf den schnellsten Rossen
Mit Brief und Bitte fleißig ausgesandt;
Wie Berengar sie alle aufgefangen
Durch seiner Waͤchter schlau vertheiltes Heer,
Und wie der Rache keiner noch entgangen
Das Alles weiß ich. Wollt Ihr mehr?
Auf Eurer Brust, hier unter den Baͤrenklauen
Verbergt142
Verbergt Ihr neue Briefe eben jetzt;
Ihr sucht den Boten, dem sie zu vertrauen,
Die oft getaͤuschte Vorsicht wuͤrdig schaͤtzt.
Ihr sucht ihn noch und habt ihn nicht ge - funden,
Und Eure letzte Hoffnung schwindet schier.
Gebt mir die Briefe und in wen'gen Stunden
Liegt die bewachte Grenze hinter mir.
Azzo.
Ja, das Verborgenste hast du enthuͤllet,
Und gegen des Tyrannen maͤcht'gen Grimm
Mit neuer Zuversicht die Brust erfuͤllet;
Fuͤrwahr, du bist ein guter Geist. Da, nimm.
(er zieht die Briefe aus dem Busen und gibt sie ihm)
Guido.
Noch eins. Ihr habt es klug bedacht, und
schicklich
Sind eure Wuͤnsch 'in Worte ausgepraͤgt;
Doch fehlt dem Schreiben, was allein nach - druͤcklich
Des Kaisers liebesehnend Herz bewegt.
Azzo.
143
Azzo.
Was fehlt?
Guido.
Ihr wollt ihm Welschlands Krone
bieten?
Genug der Kronen traͤgt er ohnehin.
Wollt Ihr den schweren Kriegszug ihm ver - guͤten,
So bietet ihm die Hand der Koͤnigin.
Ihm hat der Tod die Gattin juͤngst entris - sen,
Er steht betruͤbt in seinem Ehrenkreis
Und mng die liebende Gefaͤhrtin missen,
Die sanft getrocknet ihm den Heldenschweiß.
Soll ihm ein neuer Gluͤcksstern nun er - glaͤnzen,
Und sie entrinnen des Tyrannen Haß;
So laßt in Eurem Namen mich ergaͤn - zen
Was diesem Schreiben mangelt. Wollt Ihr
das?
Azzo.
144
Azzo.
(zuruͤckschaudernd)
In meinem Namen Zwar was du
gesprochen,
Ist weise ich bekenn 'es Ottos Heer
Kann nur das Land sie Herzen unterjo - chen
Doch ach! ich selbst ich soll nein,
nimmermehr!
Guido.
Gedenkt der Pflicht und Eures Fuͤrstenstan - des!
Ein leidend Volk blickt seufzend auf Euch hin:
Es gilt die Rettung Eures Vaterlandes!
Es gilt das Gluͤck der edlen Koͤnigin!
Azzo.
Was foderst du?
Guido.
Ich weiß von wem ich fodre. Nichtswuͤrdge Liebe, die ein Opfer scheut; Die reinre Flamm 'in Eurem Busen lodre, Die hoch sich aufschwingt uͤber Raum und Zeit!
Um145
Um die Geliebte gern sich selbst verlieren,
In ihrem Gluͤcke froͤhlich untergehn,
Mit eigner Hand in fremden Arm sie fuͤh - ren,
Und blutend, aber schweigend vor ihr stehn;
Das ist der Ruhm, auf den ich Euch verweise,
Das der Genuß, den wahre Liebe kennt;
Erstrebt ihn! denn der Lohn, den ich ver - heiße,
Ist nur der Geister Edelsten vergoͤnnt.
In Truͤmmern stuͤrzen alle Koͤnigsthronen
Und aufgeloͤst wird jedes Erdenband;
Nur solche Liebe ewig wird sie lohnen;
Denn nicht auf Erden ist ihr Vaterland.
Azzo.
Es sey.
Guido.
Triumph! des Herzens blutende Wunde
Sanft heilend werde sie von mir beruͤhrt:
Du wirst nicht Zeuge seyn von jener Stunde,
KDie,146
Die, vorbereitend, du herbeigefuͤhrt:
Es hat ein Gott den reinen Willen gewogen,
Und wiss ', ihm gnuͤgt er fodert nicht die
That;
Ich sehe dem Getuͤmmel dich entzogen,
Eh noch die Stunde schwerer Pruͤfung naht.
Azzo.
Allein wird sie den Schleier von sich wer - fen,
Die fromme, keusche Witwe des Lothar?
Guido.
Wenn kluge Freunde ihre Blicke schaͤrfen
Fuͤr Vaterlands und eigene Gefahr;
Wenn ihr ein Kaiserthron zum Wohlthun
winket,
Ein frommer Held Bewundrung ihr entlockt;
So schweigt das Herz, der Witwenschleier sinket,
Wenn auch das Ja auf ihrer Lippe stockt.
Azzo.
Doch wenn sie lieber eines Moͤrders Dolche
Die147
Die Brust enthuͤllt, wer ruft ihr warnend
zu?
Du sprachst von klugen Freunden gibt es
solche?
Wer wird mit Sanftmuth sie bereden?
Guido.
Du!
Azzo.
Ich!?
Guido.
Du!
Azzo.
Auch das noch mir?
Guido.
Sie zu begluͤcken
Was waͤre dir zu schwer?
Azzo.
Du folterst mich
Und koͤnnt 'ich auch das eigne Herz erdruͤcken,
Wer wird zu ihr den Weg mir bahnen?
K 2Guido.
148
Guido.
Ich!
(er schiebt die Zweige aus einander)
Schau her.
Azzo.
Sie ists!
Guido.
Ich habe sie gerettet.
Sie flieht zu Dir auf Deinen Edelmuth
Hat ihre letzte Hoffnung sie gebettet
Wirst Du sie von Dir stoßen?
Azzo.
Ha! mein Blut,
Mein Leben, meine Liebe opfr 'ich freudig!
Und was ein Mensch vermag, wird Azzo
thun!
Guido.
So wird im Feuer auch das Gold geschmei - dig.
Du siegst und gern vertrau 'ich Dir sie nun.
In -149
Indessen in der Ferne ihr zu nuͤtzen,
Nach Deutschland ich entschwebe, bleibst Du
nah;
Du wirst in Deine Burg sie fuͤhren
schuͤtzen
Mit Deinem Blut sie schuͤtzen?
Azzo.
Ja?
(er reicht ihm die Hand)
Ja!
(hebt die Hand zum Schwur empor)
Ja!
Guido.
Gott hoͤrt den Schwur! Wenn aber Blut
und Leben
Nicht wenden mag die drohende Gefahr,
So moͤge schuͤtzend sie und dich umschweben
Der Schatten des ermordeten Lothar.
Ihn ruf 'ich an! vernimm des Bruders
Stimme!
Erflehe dir den Gnadenwink von Gott!
Vor deines Geisterblickes stillem Grimme
Erbleiche und erbebe der Despot!
Kann150
Kann Menschenkraft das Kleinod nicht mehr
huͤten,
Und waͤchst und steigt am hoͤchsten die Ge - fahr;
So decke du, vor eines Moͤrders Wuͤthen,
Mit deinem Schilde dieses edle Paar.
Leb wohl! noch einen Trost darf ich Dir
geben,
Er staͤrke Dich in jeder Erdennoth:
Der Tugend weihtest Du ein schoͤnes Leben,
Vergelten wird sie Dir durch einen schoͤnen
Tod.
(ab)

Sechste Scene.

Azzo.
Die ist mir? traͤumt 'ich? warlich
nein! ich wache!
Sie ist's, auf die mein trunknes Auge blickt.
Ich fuͤhre Gottes und der Unschuld Sache
Und151
Und der gemeinen Welt bin ich entruͤckt!
Und Himmelskraft spannt alle meine Nerven!
Mir ist Gefahr und Menschenfurcht ein
Spott!
Es moͤg 'ein Heer sich mir entgegen werfen,
Sie ward mir anvertraut ich bin ein
Gott!

Siebente Scene.

Azzo, Adelheid. (erwachend.)
Adelheid.
Erquickend war mein Schlummer, sanft er - quickend;
Ich fuͤhle die geschwundne Kraft erneut.
Azzo.
Das schoͤne Auge, fromm gen Himmel blickend,
Es zaubert mich in die Vergangenheit.
Adelheid.
Wer spricht? Herr Markgraf! Ihr!?
Gott sey gepriesen,
Der152
Der mir die gute Vorbedeutung gibt.
Mich hat mein banges Herz an Euch ver - wiesen,
Weil es in Euch die letzte Hoffnung liebt.
Azzo.
Ich dank 'Euch. Traun! es war kein eitles
Hoffen.
Schon weiß ich Alles. Nehmt mein Fuͤrsten - Wort:
Ich schuͤtz Euch und Canossa steht Euch offen,
So lang' ich athme lebt Ihr sicher dort.
Adelheid.
Habt Dank. Wo ist mein Guido?
redet '! Haben
Verfolger ihn entdeckt? ihn mir geraubt?
Azzo.
Er ist in Sicherheit. Kennt Ihr den Kna - ben?
Adelheid.
Wenn sich mein Herz noch einen Wunsch
erlaubt,
So153
So ist es der, dem Fremdling zu vergelten,
Der mir in hoͤchster Noth huͤlfreich erschien;
Den Lieb 'und Treu der Blinden zugesellten,
Die ihn verschmaͤhte
Azzo.
Aber kennt Ihr ihn?
Adelheid.
Ich durfte kuͤhn mein Leben ihm vertrauen;
Woher er mir gekommen weiß ich nicht,
Und mich ergreift ein unbekanntes Grauen,
Wenn er von seiner fernen Heimath spricht.
Wo ist er? Warum hat er mich verlassen?
Azzo.
Seyd ruhig, Euer Schutzgeist kehrt zuruͤck.
Ihr moͤgt indeß die schoͤnste Hoffnung fassen:
Jenseits der Alpen sucht er Euer Gluͤck.
Dort herrscht ein Held, den Sieg und Tu - gend kroͤnen,
Ihn ruft er Euch zum Retter zum
Gemahl.
Adelheid.
154
Adelheid.
Auch Guido koͤnnte diesen Schmerz verhoͤh - nen,
Der jede Freude mir auf ewig stahl?
Azzo.
Es kann Vernunft der Witwe Schmerz be - zwingen.
Adelheid.
Im Kloster thu 'ich auf die Welt Verzicht.
Azzo.
Ihr sollt dem Vaterland ein Opfer bringen.
Adelheid.
Auf Kosten meiner Ruhe? meiner Pflicht?
Azzo.
Lothar ist todt wie moͤgt Ihr Pflicht
verletzen?
Adelheid.
Ich leb 'und habe Treue ihm gelobt.
Azzo.
Kann ein Geluͤbde Voͤlkergluͤck ersetzen?
Adelheid.
155
Adelheid.
Nur in Versuchung wird die Treu erprobt.
Azzo.
Schwer ists, die Pflichten redlich abzu - waͤgen.
Adelheid.
(auf ihr Herz deutend)
Hier schrieb sie Gott kein Richter in sein
Buch.
Azzo.
Befreiter Voͤlker Dankgebet bringt Segen.
Adelheid.
Und mein Gewissen braͤchte mir den Fluch!
Azzo.
Mit Rednergaben bin ich ungeruͤstet;
Ich sprach wie ichs vermocht ' und Ihr
bezeugt
Den redlichen Willen mir O wenn Ihr
wuͤßtet
Genug! der Freund that seine Pflicht und
schweigt.
Adelheid.
156
Adelheid.
Ich dank Euch. Ja, Ihr habt zu mir ge - sprochen
Und ich zu Euch, so wie uns beiden ziemt.
Daß Adelheid die Treue nicht gebrochen,
Das werd 'allein im Grab' ihr nachgeruͤhmt.
Azzo.
So folgt mir nun. Gesegnet meine Schwelle,
Wenn Euer Fuß in Frieden sie erreicht.
Was seh 'ich! ha! ein Gaukelbild der Hoͤlle!
Ist das nicht Berengar, der uns beschleicht?
Der duͤster wandelt unter jenen Baͤumen,
Mit leisem Tritt, die Arme fest verschraͤnkt,
Sich wiegend in der Herrschsucht boͤsen Traͤu - men,
Das Fluchbeladne Haupt zur Erde senkt?
Adelheid.
Er ists! Weh mir! es ist um mich geschehen.
Azzo.
Noch wurd 'er nichts gewahr. Schluͤpft ins
Gestraͤuch!
Er157
Er komme nur! ich will ihm Rede stehen;
Nur durch mein Herz fuͤhrt ihn der Weg
zu Euch.
(Adelheid verbirgt sich im Gebuͤsch.)
Azzo.
Was will er hier was sucht er? Hm!
ich frage?
Den Fluͤchtling zu erspaͤhen ist sein Ziel.
Geduld, daß ich den Uebermuth ertrage.
Hier gilts Verstellung fasse dich sey
kuͤhl.

Achte Scene.

Berengar tritt auf. Vorige.
Berengar.
Sieh da Herr Markgraf! Traun! Euch hier
zu finden
Ist mir erwuͤnscht.
Azzo.
Herr Koͤnig seyd gegruͤßt.
Berengar.
158
Berengar.
Vom Hofe sah man Euch so schnell ver - schwinden
Noch weiß ich nicht, warum Ihr uns ver - ließt?
Azzo.
Es lag mir ob nach eignem Herd zu schauen,
Der wohl zu lange schon veroͤdet stand!
Berengar.
Gleichviel. Nah oder ferne, mein Vertrauen
Bleibt immer Euch in Gnaden zugewandt!
Ich hasse selbst den Zwang der Hofgesetze,
Will nicht daß er die Freunde mir entfuͤhrt,
Am mindsten Euch, den ich vor allen schaͤtze,
Weil alter Sitte Gradheit ihn noch ziert.
Azzo.
Die alte Sitte? Altes Hausgeraͤthe,
Bequem, allein unfoͤrmlich.
Berengar.
Ihr seyd wohl gelaunt;
Fragt159
Fragt nicht einmal, warum an dieser Staͤtte
Ihr mich erblickt?
Azzo.
Fuͤrwahr, ich bin erstaunt
Berengar.
Es haben, waͤhrend Ihr, durch Reiten und
Jagen
In Eurem Forst, die Langeweile scheucht,
Sich wunderliche Dinge zugetragen,
Auch Euch, Herr Markgraf, schon bekannt
vielleicht?
Azzo.
Es sind Geruͤchte hier herum geschlichen,
Als sey die Koͤnigin entflohen.
Berengar.
Recht!
Und an demselben Tag ist sie entwichen,
An dem Ihr von uns gingt. Wohl selt - sam! Sprecht?
Azzo.
Ein Zufall.
Berengar.
160
Berengar.
Freilich, und so sprechen viele
Mit mir; indessen andre keck gemeint,
Ihr haͤttet wohl die Hand dabei im Spiele.
Ein jeder schwazt wie ihm die Sache scheint.
Azzo.
Es truͤgt der Schein und Hoͤflingszungen
pflegen
Ihn gern zu beuteln, das ist ihre Lust.
Doch nehmt mein Wort wenn Euch dar - an gelegen
Mein Ehrenwort: es blieb mir unbewußt.
Berengar.
Dem Ehrenmanne glaub 'ich mit Vergnuͤgen,
Und acht' ihn gern des Koͤnigs Freundschaft
werth.
Vertrauen soll den alten Groll besiegen,
Der etwa noch im edlen Busen gaͤhrt.
Von gleichem Stande wurden wir gebohren,
Ein blindes Schicksal wirft die Kronen zu;
So hat es auch zum Opfer mich erkohren,
Ein161
Ein Opfer, ja, fuͤr Vaterlandes Ruh;
Denn meiner Freuden sind fuͤrwahr zu we - nig,
Und glaubts, ich trage schwer um kargen
Lohn.
Azzo.
(ausbrechend)
Wenn das ist, warum mußt 'ein guter
Koͤnig
Herab von seinem vaͤterlichen Thron?
Berengar.
Ihr sollt mich wahr, wie's Maͤnnern ziemet,
finden;
Denn fuͤr Verstellung dacht 'ich stets zu groß.
Der schwachen Hand den Zuͤgel zu entwin - den
War eine Pflicht und diese Pflicht mein
Loos.
Azzo.
Wahrheit verlangt Ihr? Wohl, so laßt mich
reden,
LWie162
Wie mir ums Herz schon seit der Kindheit
war:
Verachten und bedauern muß ich Jeden
Und schmuͤckte, gleich der goldne Reif sein
Haar
Der, um sein Vaterland zu unterjochen,
Gewalt und List und Raub und Mord ge - wagt
Verachten weil er seinen Schwur gebro - chen;
Bedauern weil ihn sein Gewissen nagt.
Berengar.
Ihr sprecht sehr kuͤhn mit einem Ueberwinder; Doch wird mein Zorn durch Freimuth nicht geweckt. Ein Woͤrtchen im Vertrauen: sind wir Kin - der, Die man noch jetzt durch Ammenmaͤhrchen schreckt? Verachten? hm! nur an der Schwaͤche klebet
Was163
Was Ihr so nennt und warlich unbe - dacht Denn man verachtet nicht, wornach man stre - bet, Und jeder Sterbliche strebt nach der Macht! Laßt große Worte dem Sentenzenschreiber, Kein Weltlauf spiegelt sich im Dintenfleck. Verachtet wird der Dieb doch nicht der Raͤuber. Denn schwach und feig 'ist Jener dieser stark und keck. Gewissen? Furcht vor Strafe quaͤlt den Knaben, Allein auch sie den Schwachen nur erreicht; Sey stark, sey uͤber das Gesetz erhaben, So athmest Du im blut'gen Purpur leicht. Macht ist das Ziel der Schlauheit wie der Waffen, Denn was dem Sterblichen behaglich ist: Gold, Herrschaft, Wollust, Ruhm sie kann es schaffen!
L 2Altaͤre164
Altaͤre dampfen wenn du maͤchtig bist.
Wie Du's geworden? fragt vielleicht im
Dunkeln
Ein muͤß'ger Schwaͤtzer, den der Neid ver - zehrt;
Doch er verstummt, wenn Gold und Schwert
ihm funkeln
Und er das Jauchzen von Millionen hoͤrt.
Ziemt Euch nun wohl im Dunkel noch
zu weilen?
Seht, Euer Koͤnig bietet Euch die Hand,
Er ist bereit die Macht mit Euch zu theilen;
Auf! seyd nach ihm der Erst 'im Vater - land!
Ich weiß gar wohl, Ihr wart mir nicht
gewogen,
Habt unter die Verschwoͤrer Euch gemischt,
Und manche Boten, die nach Deutschland zo - gen
Mit165
Mit Euren Briefen, sind mir nicht ent - wischt;
Doch seys vergessen Freundschaft neu ge - gruͤndet
Vertrauend kam ich selbst in Eure Mark.
Wo wechselseitiges Beduͤrfniß bindet,
Da ist das Band der Treue fest und stark.
Azzo.
Ich mag nicht uͤber Dinge mit Euch rechten,
Die Gottes Langmuth selbst zu dulden schien;
Doch zaͤhlt mich auch nicht zu den feilen
Knechten,
Die scharenweis um Eure Tafel knien.
Vergebt, es muß heraus ich kann nicht
heucheln
Denn lieber naͤhre mich in Hitz 'und Frost
Der eigne Forst mit Wurzeln und mit Ei - cheln,
Als Eure Tafel mit der Koͤnigskost.
Und wie gering Ihr auch die Menschheit
achtet,
An166
An mir, Herr Koͤnig, findet Ihr den Mann,
Der nicht verwegen nach der Hoheit trachtet,
Die freudig er doch nicht besitzen kann.
Mir gnuͤgt an meiner Vaͤter kleinem Erbe,
Mir gnuͤgt an meines Gottes freier Luft,
Doch weiß ich, daß nicht unbeweint ich sterbe
Und daß kein Fluch mir nachhallt in die Gruft.
Berengar.
Trotzkopf! wohlan! moͤgt Ihr die Grille
naͤhren,
Und, was ich freundlich bot, verschmaͤhn mit
Haß;
Nur wollet nicht des Volkes Ruhe stoͤren,
Und meine Ruhe nicht versprecht mir
das.
Azzo.
Ich? was vermag ich? Kaum noch in
Turnieren
Wird Azzo's Wapenschild mit aufgehaͤngt.
Ihr seht, ich kaͤmpfe nur mit wilden Thie - ren,
Der167
Der leichte Jagdspieß hat das Schwert ver - draͤngt.
Berengar
Soll ich den milden Worten gern vertrauen,
Wohlan, Herr Markgraf, gebt mir den Be - weis.
Ich muß den Thron auf festern Grund mir
bauen,
Den Lorbeer bindet fuͤglich Myrtenreis!
Gelingts, der mehr noch Stolzen als Be - truͤbten
Mich nennt es aufzudringen als Ge - mahl;
So ehrt das Volk in ihr, der Vielgeliebten,
Den neuen Koͤnig, ihre neue Wahl.
Umkrochen wird mein Thron von Ungezie - fern,
Die solche Hymensfackel nur verjagt;
Drum zoͤgert nicht, den Fluͤchtling auszulie - fern,
Dem Eure Burg die Freistatt zugesagt.
Azzo.
168
Azzo.
Ihr irrt. In meiner Burg sucht Ihr ver - gebens
Die Hochbedraͤngte. Faͤndet Ihr sie dort,
Nur mit dem letzten Hauche meines Lebens
Entrißt Ihr sie dem sichern Zufluchtsort.
Berengar.
Noch Einmal warn 'ich Euch! Seyd vor dem
Schlimmern
Auf Eurer Hut! benuzt die Gnadenzeit,
Auf daß Ihr nicht den Starrsinn auf den
Truͤmmern
Der schnell zerstoͤrten Burg zu spaͤt bereut.
Azzo.
Nicht doch. Ihr moͤgt durch Eure Mieth - lings-Scharen
Die Burg zerstoͤren, meine Treue nicht.
Poch koͤnnt Ihr glaubt es die Ge - waltthat sparen,
Der vor der Hand es noch am Zweck ge - bricht.
Noch169
Noch ist die Koͤnigin dort nicht erschienen
Kann seyn, daß sie recht bald so hoch
mich ehrt
Dann will ich es mit Gut und Blut ver - dienen,
Verlaßt Euch auf mein Wort und auf
mein Schwert.
Berengar.
Der Argwohn waͤchst. Wo nicht in Euren
Mauern,
So ist sie doch nicht fern und eben jetzt
Wollt Ihr vielleicht den Augenblick erlauern,
Sie heim zu fuͤhren still und unverletzt,
Sprecht! habt Ihr keine Spur? sie nicht
gesehen?
Gebt Antwort! ritterlich und ohne Trug.
Azzo.
Muß ich denn stets der Neugier Rede stehen?
Ich bin es muͤde
Berengar.
Ha! ich weiß genug!
Sie170
Sie ist nicht fern, sie ist in unsrer Naͤhe
Wer weiß, ob dieß Gestraͤuch sie nicht ver - steckt?
Herr Markgraf, zittert, wenn ich sie erspaͤhe!
Muthwillig habt Ihr den Verdacht geweckt.
(er will in das Gebuͤsch dringen)
Azzo.
Soll ich Gewalt in meinen Grenzen dulden?
Zuruͤck! die Straß 'ist breit der Wald ist
mein.
Berengar.
Wollt Ihr den Tod durch Euern Trotz ver - schulden?
Azzo.
In meinem Forste bin ich Herr allein.
Sucht Ihr Verbrecher? wohl! ich helf 'Euch
suchen
Und wie gewaͤhr' ich Raͤubern Aufenthalt;
Doch nie soll mir verfolgte Unschuld fluchen,
Daß ich sie preis gegeben der Gewalt.
Berengar.
171
Berengar.
Vermag denn nichts den Frevler abzumah - nen?
Azzo.
Der Frevler ist, der Landesfrieden stoͤrt.
Berengar.
Soll ich den Weg mit meinem Schwert mir
bahnen?
Azzo.
Versuchts. Ihr seht, ich bin ja unbewehrt.
Berengar.
Laßt ab! ich warne Euch zum letzten Male.
Azzo.
Zum letzten Male sprech 'ich Nein! nein!
nein!
So wahr mir Gott den Lohn der Treue
zahle!
Berengar.
(das Schwert ziehend)
Wohlan, so gilt es Euren Kopf!
Neunte172

Neunte Scene.

Adelheid.
(hervortretend)
Halt ein!
Berengar.
Ha endlich! seyd willkommen!
Adelheid.
Mich laßt buͤßen.
Azzo.
Was thut Ihr, Koͤnigin!
Adelheid.
O gebt mich auf!
Kein Tropfen redlich Blut soll um mich fließen!
Laßt meinem herben Schicksal freien Lauf.
Berengar.
So sprecht Ihr nun verstaͤndig, und nicht
herbe
Ist Euer Schicksal folgt mir unverzagt.
Azzo.
(zwischen sie tretend)
Nur wenn ich hier zu Euren Fuͤßen sterbe,
Wird ungestraft das Bubenstuͤck gewagt!
Berengar.
173
Berengar.
Wie? auch noch jetzt kann die Vernunft nicht
siegen?
Weicht meines Gluͤckes maͤchtigem Gestirn!
Azzo.
Nur der Gewalt kann Treue unterliegen,
Doch biet 'ich Dir im Fallen noch die Stirn!
Adelheid.
So moͤgtet Ihr die edle Hitze daͤmpfen!
Azzo.
Ich kann nicht und ich will nicht!
Berengar.
Nun wohlan!
So moͤgt Ihr um die Beute mit mir kaͤm - pfen
Die Ehre werd Euch noch Mann gegen
Mann.
(zieht)
Adelheid.
Er unbewehrt
Berengar.
174
Berengar.
Er wills. Ich schone seiner,
Folgt mir, so geh 'er frei.
Azzo.
Ich wanke nicht!
Und nie erbarm 'ein gnaͤdger Gott sich mei - ner,
Wenn jetzt der Muth zu sterben mir gebricht!
Berengar.
Die Langmuth hat ein Ziel. Tollkuͤhner!
weiche!
Azzo.
(ihm seinen Speer entgegenstreckend)
Entfliehet Koͤnigin! ich halte Stand.
Berengar.
So nimm das hin!
(er zersplittert ihm den Speer)
Sieh da, Mit Einem Streiche
Entfiel die morsche Waffe deiner Hand.
Adelheid.
Erbarmen!
Berengar.
175
Berengar.
Wohl! noch will ich Großmuth uͤben,
Das Leben schenk ich Dir. Jetzt folge sie.
Azzo
Mir ist der Schaft noch in der Faust ge - blieben!
So prahlst Du mit dem Siege noch zu fruͤh.
(er faßt Adelheid in den linken Arm, und schwingt drohend den Schaft des Speers)
Berengar.
Unsinniger! so stirb von meinen Haͤnden!
(Azzo faͤngt die ersten Streiche auf, indem er Adelheid zuruͤckdraͤngt. Fast ohnmaͤchtig strau - chelt sie und faͤllt, wodurch Azzo neben ihr auf ein Knie sinkt. Berengar faßt sein Schwert mit beiden Faͤusten, um durch einen gewaltigen Streich dem Gegner den Kopf zu spalten.)

Zehnte Scene.

(In diesem Augenblicke erscheint ploͤtzlich ein Ritter in glaͤnzender Silberruͤstung mit geschlossenem Vi -
sir,176
sir, der mit feinem Schilde Adelheid und Azzo schirmt, und seines Schwertes Spitze dem Koͤnige entgegen streckt.)
Berengar.
(stutzt)
Wer bist du Fremdling? der es wagt, so kuͤhn
Hier aufzutreten? fort! laß mich vollenden!
Aus koͤniglicher Huld sey dir verziehn.
Noch weichst du nicht? Gehorsam dich
zu lehren
Darf ich nur winken der Trabanten Schar;
Doch soll des Koͤnigs eignes Schwert dich ehren,
So oͤffne dein Visir!
(Des Ritters Visir oͤffnet sich von selbst.)
(Berengar zuruͤckbebend)
Lothar!
Adelheid und Azzo.
(sich aufraffend)
Lothar!
Berengar.
Ein Gaukelspiel ein Blendwerk meiner
Sinne
Nicht177
Nicht außer mir in meinem Blute nur
Hinweg du lustges Hirngespinst! zerrinne!
Umsonst beluͤgst du mich und die Natur!
Der Geist.
(ohne seine Stellung zu veraͤndern, wendet das Haupt nach Adelheid und gibt ihr einen freundlichen Wink, indem er mit der Linken andeutet, daß sie fliehen soll. Azzo und Adelheid empfangen den Wink mit Schaudern und dankbarer Weh - muth.)
Azzo.
(indem er Adelheid hastig auf dem Wege nach Canossa nach sich zieht.)
Fort Koͤnigin! Gott ist mit uns!
Berengar.
Tod und Hoͤlle!
Sie fliehen! halt! Trabanten! eilt herzu!
Ihr seyd des Todes, weicht ihr von der Stelle!
Verdammtes Trugbild! fort! verschwinde Du!
Trabanten! herbei! Ha es versagt die
Stimme
Und jede Kraft ist ploͤtzlich mir gelaͤhmt
MEin178
Ein Knabe steh 'ich mit ohnmaͤchtgem Grim - me
Durch eigner Sinne Gaukelspiel beschaͤmt
Wohlan ich weiche bebt vor meinem Er - wachen!
Verschwinden wird was heute mich bethoͤrt!
Und wenn Canossa's stuͤrzende Mauern kra - chen,
Wasch ich den Schimpf mit Blut von mei - nem Schwert.
(er eilt fort) (Pause.)
Der Geist.
(hebt mit beiden Haͤnden das Schwert gen Himmel
und versinkt)
Ende des vierten Akts.
Fuͤnfter179

Fuͤnfter Akt.

(Am Hoflager Kaiser Otto des Großen.)

Erste Scene.

Kaiser Otto auf seinem Thron stehend, umgeben von den Großen seines Reichs, unter welchen sein Sohn Ludolf, sein Bruder Heinrich, der Franken Herzog. Conrad der Weise und Herrmann Billing. Vor dem Throne stehn die Gesandten des Koͤnigs der Westfranken, Ha - rald, der uͤberwundne Daͤnenkoͤnig, und mehrere Slaven, welche Tribut bringen
Otto.
(zu den Gesandten)
Sagt Eurem Herrn, dem Koͤnig der West - franken,
Es sey nun Friede zwischen mir und ihm;
M 2Der180
Der klugen Unterwerfung moͤg 'er danken,
Daß ich gehemmt des Sieges Ungestuͤm.
Auch knuͤpf' ich gern das Band der Freund - schaft fester,
Und daß hinfort kein neuer Groll uns trennt,
So sey Gerberge, die geliebte Schwester,
Wie Ihr's begehrt, ihm zum Gemahl ver - goͤnnt.
Doch muͤss 'er Schonung auch mit Ernst ver - sprechen
Den Grafen Hugo und Vermandois,
Denn wißt, ich schuͤtze beid' und werde raͤ - chen,
Was Unbills oder Uebermuths geschah.
(er winkt, die Gesandten verbeugen und entfernen sich)
Euch, Slaven, gruͤß 'ich als die juͤng - sten Soͤhne, Die ich der Kirch' erkauft durch Christen - blut; An sanftes Joch der Nacken sich gewoͤhne;
Mit181
Mit kaiserlicher Huld empfang 'ich den Tri - but;
Auch soll hinfort kein Goͤtzendienst vergiften
Die Seelen, die mein Schwert dem Him - mel gewann;
Zu Havelberg will ich ein Bisthum stiften,
Mit Beispiel gehe Brandenburg voran.
(er winkt, die Slaven verbeugen und entfernen sich)
Du, Koͤnig der Daͤnen, Harald, sey
willkommen!
Und zu der heilgen Taufe nun bereit;
Bist in den Gnadenbund du aufgenommen,
So ist auch Otto's Freundschaft dir geweiht.
Du Herzog Conrad, den wir weise
nennen
Und wohl mit Recht Lothringen sey dein
Lohn
Dir, Bruder Heinrich, will ich Baiern goͤn - nen
Und182
Und Schwaben dir, Ludolf, geliebter Sohn.
Es thut mir wohl, die Laͤnder Euch zu spen - den,
In deren Mitte Euer Kriegsruhm weilt;
Dem Kaiser ziemt das Große zu vollenden,
Indem er dankbar dessen Fruͤchte theilt.
Nun noch zu dir, mein Herrmann Bil - ling, dessen
Gewichtge Faust mir Boͤhmen unterwarf;
Was Helden ziert, ist reich Dir zugemessen,
Und was zum Schmuck ein Fuͤrstengeist be - darf.
Nur Eins versagte Dir des Zufalls Laune,
Geburt Doch wem der Sieg den Lor - beer reicht,
Weß Nam 'erschallt aus Heldenruhms Po - saune,
O der entbehrt der Purpurwindeln leicht.
Mir gilt kein Stamm, mir gelten keine Wappen
Ich183
Ich ehre Tapferkeit und Biedersinn,
Ich ehre sie im Ritter wie im Knappen
Und achte nicht des Zufalls Eigensinn.
So moͤg 'aus Dir ein neu Geschlecht er - wachsen,
Deß Ahnherr Du vom Enkel stolz genannt,
Denn ich erhebe Dich zum Herzog meiner
Sachsen,
Vertraue Deiner Hut mein Vaterland.
Nun geht! laßt mich allein.
(Alle, außer Herrmann, entfernen sich. Otto steigt vom Throne und geht tiefsinnig umher.)

Zweite Scene.

Kaiser Otto, Herrmann.
Herrmann.
Die Fuͤrsten All' entweichen,
Nur Herrmann nicht, den Euer Kummer
druͤckt;
Ich184
Ich sehe finstern Gram den Thron umschlei - chen,
Der, Otto tragend, eine Welt begluͤckt.
Ihr konntet schnell zum Fuͤrsten mich erhe - ben
Und doch verzeiht! dem Freunde
seys geklagt:
Ihr gabt mir viel und habt mir nichts ge - geben,
Wenn Ihr Vertraun, das Koͤstlichste versagt.
Otto.
Du kannst noch fragen? Hoheit, Macht und
Wuͤrde,
Gewaͤhren sie was Herzen still begluͤckt?
O! auch die Kaiserkron 'ist eine Buͤrde,
Wenn sie mit kaltem Glanz Verwaiste schmuͤckt.
Muß ich auf einem Thron mich einsam haͤr - men,
So gnuͤgt mir nicht der Sonne Macht und
Schein.
Mag jeder doch an ihrem Strahl sich waͤrmen,
Sie185
Sie aber glaͤnzt und steht allein allein!
Sich Goͤttern gleich zum eignen Gluͤck erhe - ben
Durch Andrer Gluͤck, steht nicht in Men - schenkraft;
Gern will er in und mit Begluͤckten leben,
Nicht sehen nur, auch theilen was er
schafft.
Nur wenn sein Herz, an fremdem Gluͤcke
bauend,
Nach Sorg 'und Muͤh' an treuer Brust er - wacht,
Der liebenden Gefaͤhrtin still vertrauend:
Sieh her, das hab 'ich heute still voll - bracht.
Und dann aus ihrem unbestochnen Munde
Die Herzlichkeit das schoͤnste Lob ihm sprach;
O Freund! das ist die suͤße Abendstunde,
Die auch ein Kaiser nicht[entbehren] mag.
Herrmann.
Es hat der Tod, der unerbittlich strenge,
Die186
Die edelste Gemahlin Euch geraubt,
Und wohl mag nun das kalte Hofgepraͤnge
Euch schal, unleidlich duͤnken doch erlaubt
Dem treuen Diener, daß er Euch ermahne,
Auf daß ein großes, fast erstorbnes Herz
Zu neuem Gluͤck den Blumenpfad sich bahne,
Maͤnnlich besiegend den unmaͤnnlichen Schmerz.
Bedenkt! noch seyd Ihr fern vom Lebens - ziele,
Noch ruͤstig steht Ihr da in Manneskraft;
Der edlen Fuͤrstentoͤchter gibt es Viele,
Wohl wuͤrdig einer edlen Leidenschaft.
Blickt um Euch waͤhlt.
Otto.
Es sey Dir unverholen,
Daß oͤfter schon der Wunsch in mir ge - glimmt,
Auch die Vernunft mir gleichen Trost em - pfohlen,
Wenn schon das Herz unwillig beigestimmt.
Wohl manche sind voruͤber mir gegangen.
Die187
Die ich fuͤr schoͤn und edel gern erkannt;
Doch keine sah ich luͤstern mit Verlangen,
Und keiner hat mein Herz sich zugewandt.
Nur durch ein Wunder konnte das geschehen,
Es ist erfolgt und dennoch glaub ichs kaum.
Vernimm: ich hab ein fremdes Weib gesehen,
Ein engelschoͤnes Weib doch nur im Traum.
Wie sie mit tiefem Gram in Blick und
Mienen
Um Rettung flehend meine Knie umfaßt.
So ist sie dreimal mir im Traum erschienen,
Und nun im Herzen mir ein lieber Gast.
Ja, uͤberall erblick 'ich nur die Eine!
War es ein Spiel der Phantasie? gleich - viel!
Verspotten magst du mich sie oder keine!
Laß meinem kranken Herzen dieses Spiel.
Herrmann.
Fern sey von mir, der Traͤume kuͤhn zu
spotten,
Die oft der Zukunft Schleier aufgedeckt;
Fern188
Fern sey von mir, die Hoffnung auszurotten,
Es sey kein leerer Traum, der Euch geneckt.
Doch daß nicht langer einsam darf ich
rathen
Die Phantasie nach einem Trugbild hascht,
So macht Euch auf, durchziehet Eure Staa - ten,
Bis Euch die Wirklichkeit froh uͤberrascht.
Und wärs auch nicht, doch dem Gemuͤth er - goͤtzlich
Ist in der heitern Fremde jeder Schritt.
Folgt meinem Rath, wer weiß wo Euch ur - ploͤtzlich
Die ruͤhrende Gestalt entgegen tritt.
Otto.
Noch manches Gute muß ich hier vollenden,
Bevor mein Herz Zerstreuung suchen darf,
Geh harre schweig ich werde nach
Dir senden
So oft der Freund des biedern Freunds be - darf.
Jetzt laß mich.
Herr -
189
Herrmann.
Ich gehorche.
Otto.
Mir behagen,
Nach dem Getuͤmmel, Einsamkeit und Ruh;
Es soll kein Fremder mich zu stoͤren wagen.
Geh, des Pallastes Pforte schließe zu.
(Herrmann ab.)

Dritte Scene.

Otto.
Wohl mir! ich darf die Einsamkeit nicht
scheuen,
Wo keines Opfers Schatten mich umschwebt;
Ich darf mich des gelungnen Werkes freuen,
An dem kein Hohn, kein Fluch, kein Seuf - zer klebt.
Daß eine Scholle Landes mir verbliebe,
Darum hab 'ich der Herrschsucht nie gefroͤhnt,
Nie Furcht geheischt, Vertrauen nur und
Liebe;
Wohl190
Wohl mir! ich bin geliebt ich bin be - lohnt.
Der Wahrheit Stimme hab 'ich stets geach - tet,
Und gern erkannt der Menschheit hohen
Werth;
Sie wird veraͤchtlich, wenn man sie ver - achtet,
Und sie erhebt sich, wenn der Fuͤrst sie ehrt.
Drum weg von mir, du tolle Herrschbegierde!
Du stellst mich nie dem Hohn der Nachwelt
blos;
Durch strenges Recht der Krone hoͤchste
Zierde
Die Macht freiwillig zuͤgeln das ist groß.

Vierte Scene.

Guido erscheint.
Gott gruͤß Euch!
Otto.
Ha! wer ist der Unbekannte,
Der191
Der in des Kaisers Burg so kuͤhn sich wagt?
Wer bist du? rede! hat denn kein Trabante,
Kein Waͤchter mein Verbot dir angesagt?
Guido.
Wie? Kaiser Otto koͤnnte sich verschließen?
Bedraͤngten zeigt er gern sein Angesicht;
Und auch in ernster Stund 'ihn zu begruͤßen,
Wehrt ja der Vater seinen Kindern nicht.
Otto.
Wohlan, es sey dieß Recht dir unbenommen.
Wo kommst du her?
Guido.
Aus Welschland.
Otto.
Lange schon
Ist keine Botschaft mir von dort gekommen.
Guido.
So schenkt mir Eure Huld fuͤr Botenlohn.
Otto.
Wer sendet dich?
Guido,
192
Guido.
Die Fuͤrsten.
Otto.
Dich?
Guido.
Geringe
Moͤgt Ihr den Knaben achten, doch bedenkt:
Ost foͤdert schwaches Werkzeug große Dinge,
Und klein ist oft was Menschenherzen lenkt.
So manche Boten, stattlich ausgeruͤstet,
Hat Euch der Fuͤrsten Drangsal zugeschickt,
Doch stets von Berengar schlau uͤberlistet,
Ward jede Bitte durch Gewalt erstickt.
Da mußten sie den Fischerbuben senden,
Der unbelauert uͤber die Alpen schlich,
Und Ihr empfangt gleichviel aus welchen
Haͤnden
Der Fuͤrsten Briefe. Les't dann hoͤret
mich.
Otto.
(nachdem er gelesen)
Wie? dieser Berengar? ha! wie vermessen!
Nach193
Nach Kron 'und Insul streckt er seine Hand?
Hat er sobald der eignen Noth vergessen,
Die einst an meinem Hofe Zuflucht fand?
Als Koͤnig Hugo seinem Leben drohte,
War ich es, der den Fliehenden beschuͤtzt.
Guido.
Durch ihn erlag Lothar dem fruͤhen Tode,
Er hat sein Gift dem Edlen zugespruͤtzt;
Und noch ersteht kein Raͤcher der sich ruͤste;
Der Fuͤrsten Ohnmacht seufzt, das Volk er - bebt.
O duldet nicht, daß Uebermuth sich bruͤste,
So lange Deutschlands großer Kaiser lebt.
Otto.
Was wollen sie von mir? Daß ich im
Kriege
Das Reich erkaͤmpfe? mir ein schnoͤder
Lohn!
Nur Blut erkauft den leichtesten der Siege;
Ein Tropfen ist zu viel fuͤr einen Thron.
NGuido. 194
Guido.
Ein wahrhaft fuͤrstlich Wort! nicht feile Her - den
Sind Voͤlker Euch; Ihr zuckt kein fressend
Schwert;
Doch der bedraͤngten Unschuld Retter werden
Ist wohl ein Preis auch eines Otto werth.
Des Schicksals labyrinthische Verkettung
Birgt Sterblichen des Schoͤpfers weisen Plan:
Lothars gebeugte Witwe fleht um Rettung!
Burgunds gequaͤlte Fuͤrstin ruft Euch an!
Durch ihre Hand will im verhaßten Bunde
Der Moͤrder sichern das geraubte Reich;
Das holdeste Weib auf diesem Erdenrunde
Ist das ungluͤcklichste zugleich.
Zu Markgraf Azzo von Este gefluͤchtet,
Gewaͤhrt ihr noch Canossa schwachen Schutz,
Doch hart belagert bietet, fast vernichtet,
Sie Feindes Grimm und Hungers Wuͤthen
Trutz.
Auf! rettet sie! von dem besudelten Throne
Stoßt195
Stoßt den verruchten Schoͤpfer ihrer Qual!
Auf! rettet sie! empfangt die eiserne Krone
Aus ihrer Hand und werdet ihr Gemahl.
Otto.
Meinst du, daß solche Lockung mich bethoͤre?
Mir bietest du Ersatz? eitles Bemuͤhn!
Guido.
Wie aber dann, wenn Adelheid es waͤre,
Die dreimal Euch im Traume juͤngst erschien?
Otto.
Was sagst du? Adelheid? wie kannst
du wissen
Wer hat dir meinen Traum enthuͤllet? Sprich!
Guido.
Otto! der Schleier ist fuͤr dich zerrissen
Dein Geist verbruͤdert mir erkenne
mich!
Otto.
Ha! du ich ahne dich der Nebel
schwinde:
N 2Mir196
Mir ist ein Geist ein guter Geist genaht
Mein Traum mein Hoffen ja es un - terwindet
Die Kraft, von dir geweckt, sich kuͤhn der
That!
Du freundliche Erscheinung, sey willkommen!
Ich bebe nicht vor dir ich kenne dich
Tief in der Seele hab ich dich vernommen,
Ja, dir verbruͤdert ist mein bessres Ich!
Wohlan! zerbrechen will ich jene Ketten,
In welchen sich die Unschuld aͤchzend kruͤmmt!
Auf! schwebe vor mir her! ich will sie retten,
Die zur Gefaͤhrtin mir ein Gott bestimmt.
Guido.
So ruͤste dich, entrolle deine Fahnen
Und sammle deine Krieger um dich her!
Wohl auf! ich will dir Siegespfade bahnen,
Erscheine ploͤtzlich, du Gewaltiger!
All deine Schritte will ich sorgend lenken,
Den Fels dir ebnen, der sich steil erhebt,
In sichern Uebermuh den Feind versenken,
Bis197
Bis er, geweckt durch Kampfgeschrei, erbebt!
Bis deine Scharen drohend ihn umschwenken
Umsonst der Rach 'er zu entrinnen strebt;
Umsonst Verbrechen auf Verbrechen haͤufet,
Und der Verzweiflung Taumel ihn ergreifet!
(ab)
Otto.
Nun sammelt euch, ihr wackern Fuͤrsten alle,
Um eures Kaisers flatterndes Panier!
Die Pauke wirble! die Trompet 'erschalle!
Nun Herrmann gilts! wer treu ist folge mir!
(ab)
Ein Gemach in der Burg Canossa mit einem Soͤller nach außen.

Fuͤnfte Scene.

(Markgraf Azzo, und Oswald sein alter Knappe, tre - ten auf. Der Knappe setzt einen Wasserkrug auf den Tisch. Am Fenster steht ein Blumengefaͤß.)
Azzo.
Hieher, daß nicht die Koͤnigin uns hoͤre,
Denn Gutes weissagt mir dein Auge nicht.
Oswald.
198
Oswald.
Ach leider nein! wenn ich den Gram Euch
mehre,
So mag mirs Gott verzeihn! es ist doch
Pflicht.
Azzo.
So rede. Sind doch laͤngst die Hiobsboten
Mir nicht mehr fremd.
Oswald.
Die Knecht 'hab' ich behorcht;
Im Zwinger standen sie gekreist und drohten
Euch zu verlassen.
Azzo.
Was ich laͤngst besorgt.
Oswald.
Die Koͤpfe steckten sie gar eng zusammen,
Und habens kluͤglich zu berathen vermeint,
Und Euer Burgvoigt schuͤrte selbst die Flam - men,
Gleich wie besessen durch den boͤsen Feind.
Sind199
Sind wir so sprach er, nicht schon lang
umzingelt?
In dieser Burg verwuͤnschtes Felsen - nest!
Gleich einer Raupe in ihr Blatt geringelt?
Und Mann an Mann bei Hunderten ge - preßt?
Kein Huͤndlein darf sich aus der Pforte
wagen,
Des Koͤnigs Heer hat jeden Pfad gesperrt,
Stiehlt einer sich hinaus, flugs wird beim
Kragen
Der arme Wicht zum Galgen hingezerrt
Hinauf mit ihm! da haͤngt er, uns zur
Schande,
Wir von der Mauer sehn es knirschend an,
Und stehen selbst an eines Abgrunds Rande.
Uns wird geschehen wie man ihm gethan.
Wen fruͤher nicht der Hunger aufgerieben,
Der ziert den Galgen wenn sein Stuͤnd - chen schlaͤgt.
Wollt200
Wollt ihr die Rettung laͤnger noch ver - schieben,
Da zum Entsatz sich keine Hoffnung regt?
Da wir schon lange Speis 'und Trank ver - missen,
Der einzge Brunnen abgegraben steht?
Schon waren Ratten unsre Leckerbissen,
Umsonst wird Regen fuͤr den Durst erfleht.
Wir nagten schon das Leder von den Schu - hen,
Und jeder Baum gab seine Rinde her,
Indessen sie sich draußen guͤtlich thuen
Wer unter euch mags laͤnger dulden?
wer?
Drum wollet rasch, was retten mag, be - schließen;
Die Koͤnigin ergreift, fuͤhrt sie hinaus,
So ist des Koͤnigs Gnade uns verhießen,
Und jeder zieht wohl gar belohnt nach
Haus.
So sprach er und ich sah die Koͤpfe nicken.
Sie201
Sie schwiegen als ich ploͤtzlich naͤher trat,
Doch las ich deutlich in den scheuen Blicken,
Daß ihnen wohlgefiel der boͤse Rath.
Azzo.
Gesindel! sollst mich vorbereitet finden.
Oswald.
Auch blieb ein wackres Haͤuflein noch Euch
treu,
Und will mit Euch den Teufel uͤberwinden,
Erhuͤbe nur der Magen kein Geschrei.
Nun, wir sind Maͤnner, hart wie Stahl
und Eisen,
Mich jammert nur die zarte Koͤnigin,
Was wird aus der? Wohl trug ich selbst
die Speisen
Bisher im Ueberfluß ihr taͤglich hin,
Und, waͤhrend uns der Hunger fast ver - zehrte,
Ihr Euch entzogt den letzten Tropfen Wein,
Genoß sie wahrlich was ihr Herz begehrte,
Nicht einmal ahnend unsre Sorg 'und Pein.
Doch202
Doch moͤgt Ihr nun die hoͤchste Noth be - trachten
Ein scheußlich Bild, vor dem der Seele
graußt!
Selbst Euren Lieblingsfalken mußt 'ich schlach - ten,
Mir zitterte das Messer in der Faust.
Den duͤrren Gaum schon laͤngst kein Regen
netzte,
Es bleibt fuͤr uns der Himmel taub' und
hart,
Und dieser Krug voll Wasser ist der letzte,
Den fuͤr die Koͤnigin ich aufgespart.
Azzo.
Recht so! fuͤr sie den letzten Wassertropfen!
Fuͤr Adelheid den letzten Tropfen Blut!
Mag das Geschick Elend auf Elend pfropfen,
Bleibt sie verschont, so trag ich es mit Muth.
Es will kein rettender Engel uns erscheinen,
Wir sind auf eigne Kraft beschraͤnkt
wohlan!
Im203
Im Kampf noch einmal diese Kraft vereinen
Das wollen wir! oft Kuͤhnheit Sieg gewann.
Im Burghof sammle mir sogleich die Knechte,
Ruf auch die Kinder von der Mutter Schooß,
Sie moͤgen Steine schleudern, die Verzweif - lung fechte,
Sieg oder Tod! geworfen sey das Loos!
Ich wappne mich und tret 'an eure Spitze
Die Nacht bricht ein die Pforte thut sich
auf
Hinaus! die Schwerter wandeln sich in
Blitze
Und tausend Leichen thuͤrmen wir zu Hauf!
Wenn ich mein Blut fuͤr Adelheid verspruͤtze,
Wohl mir! so end' ich herrlich meinen
Lauf!
Fort! mahne jeden Knecht an Ehr 'und
Eid,
Und gib die Losung: Gott und Adel -
heid!
(Der Knappe geht.)
Sechste204

Sechste Scene.

Azzo.
(allein)
Doch fall 'ich wer wird dann zum Schutz
ihr dienen?
Wo bleibst du Guido? hast du mich bethoͤrt?
Warst du kein guter Geist, der mir erschie - nen?
Verhallen ihre Seufzer ungehoͤrt?
Herbei! und rette du sie vom Verderben,
Wenn mich in Todeskampf Verzweiflung
treibt!
Ich bin ja nur ein Mensch, ich kann nur
sterben
Es sey! wenn Adelheid nicht huͤlflos bleibt.
Du siehst, ich muß den Knoten nun zer - hauen,
Den sonst mit duͤrrer Hand der Hunger loͤst;
Schon darf ich kaum der alten Kraft noch
trauen
Der Muskeln starkes Band scheint aufgeloͤst,
Denn205
Denn dieser heiße Durst will mich ersticken
Auf meiner Lippe brennt ein trockner Schaum
Ich koͤnnt 'ihn loͤschen, koͤnnte mich erquik - ken
Sieh da, ein voller Krug mir lechzt der
Gaum
Nein! brenne fort! mag sich der Koͤrper
straͤuben,
Noch ihn zu baͤnd'gen hat die Seele Muth!
Es ist der letzte Trunk ihr soll er blei - ben.
Fort, loͤsche deinen Durst in Feindesblut!
Wer kommt? sie ists.

Siebente Scene.

Adelheid.
(tritt auf)
Was soll der Laͤrm bedeuten?
In eurem Burghof ploͤtzlich ein Gewirr,
Ein wuͤst Getuͤmmel von bewaffneten Leuten,
Und heisere Stimmen und Schwertgeklirr?
Azzo.
206
Azzo.
Sie ruͤsten sich. Ein Ausfall ist beschlossen.
Adelheid.
Herr Markgraf, wie? Ihr wagt
Azzo.
Fuͤr Euch, mit Gott!
Adelheid.
Ihr wolltet trotzen feindlichen Geschossen?
Der Menge trotzen ohne dringende Noth?
Azzo.
Nicht ohne Noth.
Adelheid.
Erwaͤget, ists auch weise?
Was treibt Euch zu dem kuͤhnen Wagestuͤck?
Was mangelt uns? wir haben Trank und Speise,
Der Fels verhoͤhnt des Koͤnigs Waffengluͤck.
Azzo.
Und doch ich darf nicht laͤnger Euch ver - heelen
Der Speise Vorrath will zu Ende gehn
Adelheid.
207
Adelheid.
Ihr scherzt
Azzo.
Auch Wasser moͤchte bald uns fehlen.
Adelheid.
Doch war die Tafel mir stets wohl versehn.
Sogar der Wein schien unerschoͤpft zu flie - ßen,
Und hab ich Wasser nicht einmal entbehrt,
Um diese Blumen taͤglich zu begießen.
Azzo.
(bei Seite)
Doch war ein jeder Tropfen Goldes werth.
Adelheid.
Da seht!
(sie ergreift den Krug um die Blumen zu begießen.)
Azzo.
(sie zuruͤck haltend)
Ha! jetzt? was wollet Ihr beginnen?
Adelheid.
Die Blumen
Azzo.
208
Azzo.
Haltet ein!
Adelheid.
Warum?
Azzo.
Erfahrt!
Dieß Wasser keinen Tropfen laßt verrin - nen
Es ist der letzte Trunk, Euch aufgespart.
Adelheid.
Der letzte? ha!
Azzo.
Schon seit vier bangen Tagen
Entbehrt mein murrend Kriegsvolk den Ge - nuß,
Drum wollen wir vom Feinde kuͤhn erjagen
Fuͤr Euch und Uns den neuen Ueberfluß.
Nur dießmal spart, und gern seh 'ich mein
Leben
An Eure Blumen selbst mit Freudigkeit.
Adelheid.
209
Adelheid.
Ists moͤglich! O! das moͤg 'Euch Gott ver - geben!
So weit war es gekommen? ha! so weit!?
Und ich den Mangel durft' ich nie be - merken?
Ich mußte schweigen, waͤhrend ihr vielleicht
Azzo.
Nehmts nicht zu hoch. Wenn Lieb und Treue
staͤrken,
So wird Entbehren einem Manne leicht.
Adelheid.
Es muß mein Herz mit bittrer Wehmuth
fuͤllen
Herr Markgraf seht mich an der hohle
Blick
Die duͤrre Lippe O um Gotteswillen!
Bekennt, Euch duͤrstet
(sie reicht ihm hastig den Krug)
nehmt und trinkt.
OAzzo.
210
Azzo.
Zuruͤck!
Nicht einen Tropfen! mir das Schwert
umguͤrten
Will ich mit letzter Kraft Hinaus! hinaus!
Der stolze Berengar soll mich bewirthen,
An seine Tafel winkt der blutge Schmaus
Und wenn ich dort an seinem Wein mich
labe,
So werd 'in mir das Hochgefuͤhl erregt,
Daß ich fuͤr Euch, fuͤr Euch geduͤrstet habe!
Lebt wohl! erfleht mir Sieg. Die Stunde
schlaͤgt!
(ab)

Achte Scene.

Adelheid.
Ich bin erschuͤttert seltner Treue Muster!
Die, alles wagend, Freundes Witwe schuͤtzt;
Die unvergolten, nur in selbstbewußter
Hoch -211
Hochherzigkeit fuͤr Wasser Blut verspritzt.
Wie hat er stets den Dank so zart vermie - den,
Ja, mir verpflichtet duͤnkt er sich wohl
gar!
So bist du doch nicht ganz von mir geschie - den,
Im edeln Freunde lebst du mir Lothar!
O schweb herab aus seligem Gefilde,
Wo Tugend dir den Sternenkranz gereicht;
Zieh vor ihm her, deck 'ihn mit deinem
Schilde,
Wenn, fuͤr mich kaͤmpfend, ihm die Kraft
entweicht.

Neunte Scene.

Oswald.
(tritt auf und seht zum Soͤller)
Sie sind hinaus. Gott wolle Sieg verlei - hen!
Vom Soͤller koͤnnt Ihr alles uͤberschaun.
O 2Seht212
Seht wie die Unsern sich im Thal zerstreuen,
Erschrockne Waͤchter einzeln niederhau'n
Die Letzten klimmen noch den Fels hinunter,
Indeß die ersten schon im Lager sind
Hu! hu! schaut her, da wird es ploͤtzlich
munter,
Als rausche durch die Zelt 'ein Wirbelwind
Da schluͤpfen sie hervor aus ihren Loͤchern,
Und zuͤcken die Schwerter zu Hieb und
Stich,
Und reißen die Pfeile aus den Koͤchern,
Und spannen die Bogen und tummeln sich.
Doch wie verworren seht ein wuͤst Ge - draͤnge
Es wirbelt Staub das ganze Lager scheint
In Wolken verhuͤllt was nutzt der Glie - der Menge,
Wenn Ordnung nicht zum Koͤrper sie ver - eint?
Sey immerhin der Unsern Haufe kleiner,
Den ersten Schrecken traͤgt er ins Gefecht.
Rasch213
Rasch vorwaͤrts nur! ha! ha! da stuͤrzt
schon Einer
Dort wieder Einer! Juchhe! so
recht!
Seht unsre Schwerter Blut in Stroͤmen
trinken
Schon kuͤßt den Boden mancher trotzige
Schelm
Wo ist der Markgraf? wohl! ich seh ihn
blinken,
Den goldnen, schwarz befiederten Helm
Hu! hu! wie saust sein Schwert um ihre
Koͤpfe!
Wie duͤrre Disteln werden sie geknickt
Nur frisch drauf los! daß keiner Athem
schoͤpfe!
Daß jeder stuͤrze, dem der Nacken juͤckt.
Er streckt sie reihenweis auf blutgen Rasen
Ihm scheint das Wuͤrgen nur ein Kinder - spiel;
Als habe sie ein Sturmwind umgeblasen,
So214
So fallen sie um ihn im Kampfgewuͤhl
Er macht sich Luft ins Lager will er
dringen
Ins Koͤnigs-Zelt Gefahr den Muth nicht
daͤmpft.
Ha, braver Herr! wird dir auch das gelingen,
So ist mit einem Streich der Sieg er - kaͤmpft.
Sey auf der Hut! der Feind ist uͤberlegen
Der erste Schreckenstaumel nun vorbei
Die Fluͤcht'gen stehn es will die Scham
sich regen
Kaum sind der Unsern Einer gegen drei
Die Wen'gen noch zerstreut. Um Vieh zu
rauben,
Ging dort ein Haufe seinem Hunger nach
Ein Andrer schoͤpft mit Haͤnden und Pickel - hauben
Den Labetrunk sich aus dem nahen Bach
Fort! fort Gesindel! ist nun Zeit zu trin - ken?
Fort!215
Fort! seht Ihr nicht? der Markgraf kommt
in Noth.
Sein Haͤuflein zu gering die Speere
blinken
Dort eine Lanze dort ein Schwert ihm
droht
Noch seh 'ich ihn mit Loͤwenmuthe streiten
Da schwingt er sich rasch auf den erbeuteten
Gaul
Doch stuͤrzt der Feind herzu von allen Sei - ten
Schon gibt es einen dichten Menschenknaul
Nun gilts! der Loͤwe ist umringt von
Hunden
He da! herbei! herbei wer fechten kann!
Der schwarze Federbusch er ist verschwun - den!
Adelheid.
(stuͤrzt auf die Knie)
Oswald.
(das Schwert zuckend)
Heraus mein Schwert! O Gott! ich al - ter Mann!
Da216
Da muß ich stehn, als waͤr 'ich angefroren!
Das Herz noch jung, der Arm des Feindes
Spott!
Ja, betet nur, denn habt Ihr ihn verloren,
So ist es aus mit Euch und uns.
Adelheid.
(die Haͤnde ringend.)
Gott! Gott!
Oswald.
Ha! frische Hoffnung! neue Schaaren
dringen
Mit unserm Faͤhnlein hastig schon herbei
Sie schwenken die Speere theilen sich
umringen
Den dichten Haufen mit gellendem Kriegs - geschrei
Jetzt greifen sie an die Feinde fallen
wie Fliegen
Es schallt heruͤber, unser Losungswort
Der Knaul entwickelt sich die Unsern
siegen!
Allein der schwarze Federbusch ist fort!
Die217
Die Feinde weichen sammeln sich und
lauern
Der duͤstre Mordplan wird nun wieder
licht
Die Unsern nahen unverfolgt den Mauern
Doch ach! der Markgraf ihn gewahr 'ich
nicht!
Dort um die Zelt' ist schon der Raum ver - oͤdet
Und nirgend ragt hervor die Heldengestalt!
Ist er gefangen? todt? wo ist er?
redet!
Ließt Ihr den Leichnam in des Feindes Ge - walt?
Was seh 'ich! Knappen tragen eine Bahre
Den Felsenpfad herauf weh mir! er ists!
Mit Blut bedeckt! hinab ihr grauen
Haare,
Hinab in die Gruft! mein guter Herr! du
bists!
Adelheid. 218
Adelheid.
So schließt euch nun, ihr wundgeweinten
Augen,
Zum Todesschlaf!
Oswald.
Hinaus! ich will ihn sehn!
Ich will das Blut aus seinen Wunden sau - gen,
Und Rettung ihm wo nicht, mir Tod
erflehn!
(ab)

Zehnte Scene.

Adelheid.
Weh mir! ich Aermste muß den Greis
beneiden,
Der nicht den Fall des Edlen uͤberlebt!
Indessen mir der bittre Kelch der Leiden
Noch immer an der bebenden Lippe klebt!
O meine Jugendkraft! laß dich erdruͤcken!
Gibts219
Gibts keine Qual, die dich zerstoͤrt und
bricht?
Es will mein Blut das zuckende Herz erstik - ken,
Und doch zerreißt der morsche Faden nicht!
Sie kommen mich durchbohrt ein kaltes
Eisen

Eilfte Scene.

Einige Knechte tragen den bleichen, blutenden Azzo auf einer von Zweigen geflochtenen Bahre herein und stellen sie vor Adelheid. Noch haͤlt Azzo sein Schwert in der Faust.
Adelheid.
Herr Markgraf! Ihr verwundet?!
Azzo.
Toͤdtlich!
Adelheid.
Nein!
O nein!
Azzo.
220
Azzo.
Mir ward ein schoͤner Tod verheißen
Und bald erfuͤllt wird die Verheißung seyn
Den Friedensengel seh 'ich freundlich winken
Ich sterb' um Euch und sterbe unbesiegt
Mag nun das Schwert der schwachen Faust
entsinken,
Wenn es geehrt zu Euren Fuͤßen liegt.
(er laͤßt das Schwert fallen)
Adelheid.
O Rettung! Rettung!
Azzo.
Wolle Gott Euch senden
Nicht mir, der ruͤhmlich in dem Kampfe fiel
O goͤnnet mir das Gluͤck, so zu vollenden
Fuͤr Euch zu sterben war mein Wunsch,
mein Ziel
Laßt mich bekennen in der Scheidestunde
Den schweren Frevel, den mein Herz ver - uͤbt
Und Euch versoͤhne meine Todeswunde
Denn221
Denn wisset nun ich habe Euch geliebt
Geliebt mit einem Feuer einem Stre - ben
Das nur die Scham der Tugend uͤberwand
Koͤnnt Ihr den kuͤhnen Frevel mir vergeben,
So reicht versoͤhnt dem Sterbenden die Hand
Adelheid.
(reicht ihm schluchzend die Hand)
Azzo.
Nun ist mir wohl nun bin ich hier schon
selig
Vertilgt hat Eure Hand den Todesschmerz
Der letzte Funke er verglimme allmaͤhlig
Zum letzten Male schlaͤgt fuͤr Euch dieß
Herz
Ihr weint? um mich? o hoͤchster
Lohn der Leiden!
In Eurem Perlenschmuck vor Gott zu stehn
Es waͤre suͤß so von der Welt zu scheiden
Doch nein Ihr sollt mich auch nicht ster - ben sehn
Mein letztes Roͤcheln sollet Ihr nicht hoͤren
Gott222
Gott sey mit Euch Ihr Knappen tragt
mich fort
Moͤg 'Euer Schutzgeist bald bald wieder - kehren!
Lebt wohl! Lebt wohl! wir sehn uns
wieder dort!
(Die Knappen tragen ihn hinaus.)

Zwoͤlfte Scene.

Adelheid.
Ha! diese Angst aus meinen Blicken
schwand er,
Doch seh 'ich ihn noch immer Fieber - frost
Schlaͤgt mir die Zaͤhne klappend an ein - ander
Und schuͤttelt mich wo such' ich Huͤlfe
Trost?!
Wenn so die Tugend die Verirrung buͤßte,
Wer ist vor Gott der Makellose? wer?
Ich223
Ich schaudre! Gott! ich steh 'in einer
Wuͤste
Und tausend Schlangen zischen um mich her!
(sie sinkt auf die Knie)
Erbarmer! sprich ein Gnadenwort! er lebe!
Nimm es zuruͤck das grausame Gebot!
Erbarmet! hoͤre mich! wer kommt?
ich bebe
Oswald.
(schwankt uͤber die Buͤhne)
Adelheid.
Nun Knappe rede
Oswald.
Er ist todt.
(ab)
Adelheid.
(vernichtet)
Todt!
(sie erhebt sich langsam)
Todt!
Auch diese Eiche hat der Blitz zerschmettert,
Und ach! in ihrem Schatten mich verschont!
Mir ist der letzte Hoffnungszweig entblaͤttert
So224
So wird auf Erden die Treue belohnt!
O Tugend! die, bei frechem Weltgetuͤmmel,
Du in die seltnen Herzen dich verbirgst;
Warum verweilst du nicht in deinem Himmel,
Wenn du auf Erden nur die Edeln wuͤrgst?
Was suchst du, Fremdling, hier uneingeladen,
Wo nur Verbrechen suͤße Frucht genießt?
Wo, mit der Menschenkinder Fluch beladen,
Du die Verfuͤhrten stuͤrzend nach dir ziehst?
Entsagung forderst du, nur um zu quaͤlen;
In ewgem Kampfe hadert wer dir frohnt,
Du treibst ein haͤmisch Spiel mit frommen
Seelen
Die, arglos dir vertrauend, Spott belohnt.
Auch ich gewoͤhnt dich kindlich zu um - fassen
Wie hab ich mich geschmiegt an dein Panier!
Da steh 'ich nun verfolgt beschimpft
verlassen
Des rohen Siegers blutend Opferthier.
Der letzte Freund er ist durch dich gefallen
Mit225
Mit ihm der letzte Muth die Zaͤhne blekt
Der bleiche Hunger und des Tigers Krallen
Sind nach der zuckenden Beute ausgestreckt.
Ich kann nicht laͤnger mit dem Schicksal
ringen
Schon hoͤr'ich wie der wilde Sieger schnauft
Der Knechte Schaar seh 'ich herein schon
dringen,
Die, mich verderbend, Schonung sich erkauft
Weh mir! sie naht, die schrecklichste der
Stunden!
Den letzten Seufzer stoͤhnt die Unschuld aus
Sie schleppen mich hinab verhoͤhnt ge - bunden
Die Pforte gaͤhnt sie stoßen mich hinaus
Und draußen wiehert mir der Hohn entge - gen
Auf meinem Haupte straͤubt sich jedes Haar
Des Gatten Moͤrder bietet mir verwegen
Die blutge Hand und schleift mich zum Al - tar
PNein!226
Nein! nein! den Tod! den Tod; nicht
meine Schande!
Den schnellen Tod 'eh' solch ein Fluch mich
trifft!
Gewaltsam loͤs 'ich die verworfnen Bande
Nur einen Dolch nur einen Tropfen Gift
Ein Tropfen gnuͤgt, das Leben aufzuzehren,
Das kaum noch in der matten Brust sich
regt
O hoͤre mich; du wirst, du mußt mich hoͤren?
Die Nacht bricht ein die letzte Stunde
schlaͤgt
(sie wirft sich auf den Boden)
Ich winde mich im Staube ich ersticke
In meinem Jammer
(sie erblickt Azzos Schwert zu ihren Fuͤßen.
Ha! ein Schwert! ein Schwert!
Des Freundes blutges Schwert vor meinem
Blicke
(sich aufraffend)
Triumph; ich bin gerettet bin erhoͤrt!
Nein,227
Nein, du wierst kein verdammend Urtheil
sprechen,
Der du mich siehst in meiner tiefsten Noth!
Ich kann nicht mehr! nein es ist kein
Verbrechen,
Waͤhlt die bedraͤngte Unschuld rasch den Tod!
Um makellos den Himmel zu erwerben,
Entriß schon Manche so sich der Gewalt
Was rauscht! sie kommen makellos zu
sterben
Vergoͤnn 'auch mir! Gott sey mir gnaͤ - dig!
(sie setzt das Schwert gegen ihre Brust)

Dreizehnte Scene.

Guido.
(ploͤtzlich erscheinend und ihr in den Arm fallend)
Halt!
Adelheid.
Guido!
P 2Guido.
228
Guido.
Ich bins.
Adelheid.
Mein Guido!
Guido.
Wehe! Wehe!
Du hast mich tief betruͤbt!
Adelheid.
Verdamme nicht.
Guido.
Ich seh 'und mag nicht glauben was ich sehe.
Ist das der Unschuld fromme Zuversicht?
Der einst zu Como sprengte deine Ketten,
Der uͤber den tobenden See dich trug,
Der Graͤber oͤffnete um dich zu retten,
Der that fuͤr dein Vertrauen nicht genug?
Wie? sichtbarlich umschwebt von schuͤtzenden
Geistern
Wenn gleich von schroffen Felsen rings um - thuͤrmt
Kann229
Kann sich Verzweiflung einer Brust bemei - stern,
Die Gottes Liebe wundervoll geschirmt?
O Adelheid!
Adelheid.
Die strafenden Worte brennen
In meiner Seele daͤmmert neues Licht.
Du, den die Lippe kaum noch wagt zu nen - nen,
Geh mit der Reuigen nicht ins Gericht!
Guido.
Vernimm beschaͤmt: im selben Augenblicke,
In dem du moͤrderisch das Schwert gefaßt,
Erschien dein Retter mit dem Siegesgluͤcke,
Es trieb uͤber Stroͤm 'und Berg' ihn edle
Hast.
Blick auf und sieh ein dichter Wald von
Speeren,
Den jenes breiten Huͤgels Ruͤcken traͤgt;
Ein weites Feld von hohen, goldnen Aehren,
Das wogend sich ins Thal herab bewegt.
Hoͤrst230
Hoͤrst du mit dumpfem Schall den Boden
stampfen?
Es draͤngt in dichten Reih'n sich Mann an
Mann,
Die Reiter keuchen und die Rosse dampfen,
Es weht das goldne Reichspanier voran.
Der Kaiser schwur, es schwuren tausend
Ritter
Laut auf das heilge Kreutz: Sieg oder Tod!
Sie ruͤcken still herauf wie ein Gewitter
Das murmelnd noch in schwarzer Wolke
droht.
Adelheid.
Gott! Gott! ich danke dir!
Guido.
Sieh das Gewirre
In Feindes Lager alles wuͤhlt und gaͤhrt
Die losgerissnen Pferde in der Irre
Die Knechte suchen taumelnd Schild und
Schwert
Des231
Des Feldherrn Stimme wird nicht mehr ver - nommen
Die feigen Miethlinge verlassen ihn
Man hoͤrt nur Ein Geschrei: Die Deut -
schen kommen!
Des starren Schreckens Fittig rauscht sie
fliehn.
Adelheid.
Gott! Gott! ich danke dir!
Guido.
Seht Ihr den Reiter,
Der jenes wilde Roß zu baͤndgen wagt?
Den Stattlichen, der uͤber die Begleiter
So hoch hervor in goldner Ruͤstung ragt?
Es winden sich die gruͤnen Lorbeerreißer
um den gekroͤnten Helm, die Lanze blitzt
Adelheid.
Wer ist der Stattliche?
Guido.
Der deutsche Kaiser,
Otto der Große, dessen Schwert Euch schuͤtzt.
Adelheid.
232
Adelheid.
O koͤnnt 'ich ihm vergelten!
Guido.
Wollt Ihr?
Adelheid.
Gerne!
Pavia raͤum 'ich ihm und was sonst mein!
Mir sey vergoͤnnt, in abgeschiedner Ferne
Des Lebens Rest dem Kloster still zu weihn.
Guido.
Mit nichten! fuͤr den Thron seyd Ihr ge - boren,
Wo Tugend wirken darf ist Heiligthum.
Euch zur Gemahlin hat der Held erkoren,
Und theilen sollt Ihr Liebe, Segen, Ruhm.
Auf schmuͤcket Euch!
Adelheid.
Mit eitlen Weltgedanken
Quaͤlst du die Himmelsbraut vergebens nur;
Denn233
Denn wahrlich! nimmer soll die Treue wan - ken,
Die ich dem Gatten bis zum Grabe schwur.
Guido.
Die Treue? Gott hat Euren Bund ge - schieden.
Was Euch beduͤnken mag verletzte Pflicht,
Das stoͤrt fuͤrwahr dort keinen Himmelsfrie - den,
Es eifern ja die selgen Geister nicht.
Ihr duͤrft, Ihr muͤßt, Ihr werdet Euch ver - maͤhlen!
Dem Busen sey das letzte Ach entschluͤpft;
Es bleibt ja doch das schoͤne Band der See - len,
Das Erd 'und Himmel an einander knuͤpft.
Adelheid.
Du muͤhest dich umsonst, mit schlauen Gruͤn - den
Das Herz zu schwichtigen, das sich empoͤrt;
Was kann von der geliebten Pflicht entbinden,
So234
So lang 'mein Ohr nur diese Stimme
hoͤrt?
Wohl wahr, daß sich die irdschen Bande
trennen,
Es bleibt darum des Herzens Reinheit doch!
Darf Keuschheit selbst vor Gott sich Tugend
nennen,
So schaͤtzt auch wohl ein selger Geist sie
noch.
Guido.
Es ist und bleibt des Menschen eitle Gabe,
Daß er den Geistern sein Empfinden leiht.
Wie, wenn Lothar nicht Ruhe faͤnd 'im Grabe
Bis Ihr geliebter Voͤlker Gluͤck erneut?
Adelheid.
Nicht Ruh 'im Grabe his ich treulos wuͤrde?
Das uͤberredest du die Witwe nie.
Guido.
Wer war es, der, als Euch die Schmerzens - buͤrde
Am Grabe niederbeugt 'auf wunde Knie,
Mit235
Mit einer Krone Euch entgegen schwebte?
Die Kaiserkrone ward von Euch erkannt;
Und wenn kein Laut von Geisterlippen bebte,
Hat doch sein Wink die Kron 'Euch zuge - wandt.
Adelheid.
So ists doch diese Deutung waͤr 'es
moͤglich!
Guido.
Ihr zweifelt noch? der freundlich truͤbe Blick
Adelheid.
Ich sah ihn wohl!
Guido.
Zwar stumm, doch tief beweglich
Erfleht 'er seine Ruhe, Euer Gluͤck.
Adelheid.
Ich moͤchte zweifeln doch mein Herz er -
zittert
Nie hatt 'ich so der Deutung nachgedacht
Du236
Du hast den festen Willen mir erschuͤttert,
Hast uneins mit mir selber mich gemacht
Wenn mir sein Wink die Krone zugespro - chen
Guido.
Vollendet.
Adelheid.
Ja bekennen muß ich dann:
Es waͤre mein Geluͤbde nicht gebrochen.
Und ihm gehorchen schwere Pflicht!
Guido.
Wohlan!
Erfuͤllet sie.
Adelheid.
Muß jeder Zweifel schweigen?
Hat nicht ein Traum die Schlummernde
getaͤuscht?
Doch wird auch wachend mir sein Geist sich
zeigen,
Nun dann erfuͤll 'ich was er hofft und heischt.
Bis237
Bis aber so die letzten Zweifel schwanden,
Sey mir vergoͤnnt, im Kloster fromm
und still
Guido.
Blickt auf!
Adelheid.
Er ists!
(sie stuͤrzt auf die Knie und kreuzt die Arme uͤber der Brust)
(Lothars Geist im koͤniglichen Schleppgewande, mit der eisernen Krone auf dem Haupt, mit langem herabwallenden Haar, in der Hand die Kaiserkrone tragend, schwebt langsam voruͤber, deutet auf die Krone, indem er den Arm nach Adelheid ausstreckt, legt dann die Hand auf die Brust, deutet gen Himmel und verschwindet)
Guido.
Habt Ihr den Wink verstan -
den?
Adelheid.
Ich habe.
Guido.
238
Guido.
Zweifelt noch?
Adelheid.
Er wills ich will.
(Der Vorhang faͤllt. Ende des fuͤnften Akts.)
Sechster239

Sechster Akt.

Pavia mit dem offenen Stadtthor. In den Stra - ßen, auf den Mauern, vor dem Thor, wimmelt es von Menschen, die saͤmmtlich ihre Aufmerksam - keit nach der Gegend richten, aus welcher Otto kommen soll.

Erste Scene.

Ein Buͤrger
der seitwaͤrts im Vordergrunde in seinen Mantel gehuͤllt steht.
Da stehen sie und gaffen mit offnen Maͤu - lern
Und haben die Daͤcher, die Mauern gespickt,
Und klettern empor an allen Pfeilern
Juchhe! wer ihn zuerst erblickt!
Sie240
Sie meinen sich seiner gar maͤchtig zu freuen,
Und haben in allen Segeln Wind
Ist doch nur Schaugier, Lust am Neuen;
Ist doch nur ein Voͤlkchen wie Alle sind.
Das kuͤmmert sich wenig um große Thaten;
Gebt ein Paar Faͤsser voll Wein ihm Preis,
Laßt auf dem Markt ihm Ochsen braten,
So jubelts dem Teufel auf sein Geheiß.
Zwei andere Buͤrger
(im Gespraͤch be - griffen)
Der Zweite.
Das ganze Land hat er gewonnen,
Fast ohne Schwertstreich.
Der Erste
(fuͤr sich)
Welche Schmach!
Der Zweite.
Nur Berengar ist ihm entronnen,
Doch spuͤrt man dem schon fleißig nach.
Der Dritte.
So mußte nun der Freiheitswuͤrger
Selbst vor Canossa untergehn.
Doch241
Doch werden auch Pavia's Buͤrger
Noch heute ihre Koͤnigin sehn?
Die Vielgeliebte von uns Allen,
Um die wir betend oft geweint,
Wird sie in unsers Tempels Hallen
Mit ihrem Retter auf ewig vereint?
Der Zweite.
Noch hat der Kaiser sie nicht gesehen,
Durch Boten nur sie freundlich beschickt;
Er meint ', erst muͤsse ganz geschehen
Was vor Canossa halb gegluͤckt;
Drum hat er, sonder Ruh noch Rasten,
Den Feind verfolgt von Schritt zu Schritt,
Bis er fuͤr immer dem Verhaßten
Den letzten Hoffnungsfaden zerschnitt,
Wer weiß, in welcher Hoͤhle der Tieger
Noch kuͤmmerlich die Freistatt fand;
Und nun erst hat der edle Sieger
Sich zu uns nach Pavia gewandt.
Doch wird er hier wohl schwerlich weilen,
Man sagt, daß sein Verlangen gluͤht,
QDer242
Der frommen Braut entgegen zu eilen,
Die von Canossa heruͤber zieht;
Und bis den feuchten Witwenschleier
Ihr zu entwinden ihm gelang,
Verbot er Musik und Freudenfeuer
Und jeden prunkenden Empfang.
Wir sollen ihn still und zuͤchtig begruͤßen,
Das sey die zarte Wohlstands-Pflicht;
So lange der Koͤnigin Thraͤnen fließen
Gezieme sich laute Freude nicht.
Der Dritte.
Doch wird und kann der Mund verstummen
Wenn Jubel aus dem Herzen steigt?
Der Erste.
(spoͤttisch)
Nun freilich wohl, die Muͤcken summen
Sobald sich eine Sonne zeigt.
Der Dritte.
He Nachbar! scheint es doch als truͤget
Ihr einen Groll in dunkler Brust,
Daß eure Stimme sich hoͤhnend fuͤget
Zur allgemeinen Voͤlkerlust.
Der
243
Der Erste.
Ein Groll? mit nichten. Mir hat der Him - mel
Nur Augen und Ohren gesund bewahrt,
Und mich betaͤubt nicht das Getuͤmmel,
Das nur den Leichtsinn offenbart.
Es schallten, wie heute, die Jubellieder,
Als Hugo fiel und als Lothar
Vorn Thron gestuͤrzt, da schallten sie wieder
Dem neuen Herrscher Berengar;
Nun werden wir Ottos Ruhm vernehmen.
So ist des Volkes beweglicher Sinn:
Es mag sich gern zu allem bequemen
Und hofft vom Neuem stets Gewinn.
Der Dritte.
War nicht ein Jeder hoch bekuͤmmert,
Als ihn der Koͤnigin Flucht erschreckt?
Der Erste.
O ja, sie haben geseufzt, gewimmert, Doch hat einem Jeden sein Essen geschmeckt.
Q 2Der
244
Der Dritte.
In seines Vaterlandes Wunde
Fuͤhlt auch der Buͤrger verwundet sich.
Der Erste.
Das Vaterland tragt ihr im Munde,
Im Herzen nur das liebe Ich.
Der Zweite.
(den Dritten bei Seite ziehend)
Laß ihn! wir kennen ihn ja, den Suͤnder;
War er doch Schultheiß durch Berengar,
Und meinte Stadtgraf zu werden nicht min - der,
So ist des Grolles Ursach klar.
Vertrieben hat ihn die Gemeinde,
Dem Wuͤrdigern das Amt ertheilt.
Tyrannen behalten immer noch Freunde,
Die naͤmlich, die ihre Macht getheilt.
Der Erste.
Sprecht was ihr wollt, ihr neuen Propheten.
(Man hoͤrt in Pavia die Glocken laͤuten.)
Der Dritte.
Horch! alle Glocken laͤuten schon.
Der
245
Der Zweite.
Nun hat er das Weichbild der Stadt be - treten.
Der Erste.
(spottend)
Ein Caͤsar uͤber den Rubicon.
Der Zweite.
Seht auf der Mauer die Haͤlse recken Die Kappen schwingen und wie gedraͤngt Sie dem die Arme entgegen strecken, Den schon das Herz mit Lieb 'umfaͤngt.
(aus dem Thor zieht der Bischoff an der Spitze der Geistlichkeit. Ihm folgt der Stadtgraf, das Wahrzeichen von Pavia tragend, ihm der Schultheiß mit den Schluͤsseln der Stadt)
Der zweite Buͤrger.
Nun naht auch schon in Wolken von Rauche
Mit Fahn 'und Kreuz die Klerisei;
Der Schultheiß traͤgt, nach altem Brauche,
Die Schluͤssel von Pavia herbei.
Und dort dort flimmerts im Gewuͤhle
Sie ziehn herauf mit stiller Zucht
Der246
Der stattlichen Herren sind wohl viele,
Doch Einen nur das Auge sucht.
Ists der, dem eine Reiherfeder
So stolz vom guͤldenen Helme nickt?
O draͤngt Euch naͤher! daß ein Jeder
Sich ruͤhmen duͤrf ', er hab' ihn erblickt.
(sie verlieren sich unter der Menge)
Das Volk auf der Mauer.
Willkommen! Willkommen! es lebe der Kaiser!
Das Volk unten.
Otto der Große! der deutsche Held!
Der erste Buͤrger.
Die Thoren schreien die Brust sich heiser,
Wie vormals um des Koͤnigs Zelt.
(Auch er verliert sich im Gedraͤnge.)

Zweite Scene.

Der Kaiser tritt auf mit stattlichem Gefolge.
Otto.
So steh ich nun als Sieger vor den Thoren
Der247
Der hochberuͤhmten Stadt seyd mir ge - gruͤßt!
Zu Eurem Retter hat mich Gott erkohren!
Ihr seyd nun frei, des Sieges Frucht ge - genießt.
Der Bischof.
Heil unserm Retter! Fluch dem Verwegnen,
Der nun gebuͤßt fuͤr seinen Herrschergeiz!
Gesalbter des Herrn! wir kommen dich zu
segnen,
Die Diener Gottes mit dem heilgen Kreuz.
Otto.
(kuͤßt das Kreuz und empfangt knieend den Segen)
In Demuth laß den himmlischen Gruß mich
hoͤren,
Den mir ein frommer Friedens-Herold spricht.
Die Kirche schuͤtzen, Diener Gottes ehren,
War immer Otto's erste Kaiserpflicht.
Der Schultheiß.
Seht Herr, mit welchem bruͤnstigen Verlan - gen
Das248
Das Volk an Euch mit tausend Augen haͤngt.
Die Schluͤssel von Pavia wollt empfangen;
Nicht die Gewalt hat Euch das Thor ge - sprengt,
Denn Eure Milde fand die Herzen offen,
Das Schwert erobert Liebe fesselt nur,
Und was wir kuͤnftig wuͤnschen, bitten, hoffen,
Ist Eure Huld empfangt der Treue
Schwur.
Otto.
Nehmt sie zuruͤck, die Schluͤssel, die Euch
zieren;
Ein Vater bin ich unter Kindern nun;
Dem Kaiser soll Ein Vorrecht nur gebuͤh - ren
Nur Eine Macht Euch allen wohl zu
thun.
Und koͤnnt 'ich je Gewalt fuͤr Recht erkiesen,
Ich, dieses Rechtes erster Unterthan,
So moͤgt ihr selbst die Thore mir verschlie - ßen,
Die249
Die ihr vertrauend froͤhlich aufgethan.
Ihr moͤgt hinfort die Obrigkeiten waͤhlen,
Die wuͤrdigsten aus eigner Buͤrger Kreis,
Denn gern gehorcht der Buͤrger den Befeh - len,
Die gleicher Vortheil ihm zu mildern weiß.
Es moͤgen Consuln euch hinfort regieren,
Die, wenn mein Heerbann rufet zum Gefecht,
An Eurer Spitze Schwert und Lanze fuͤhren,
Im Frieden Euch handhabend Fug 'und Recht.
Die alte Koͤnigsstadt, der, wohl gelegen,
Natur den Po ihn zu beherrschen gab,
Auf dem sich ihre Schiffe munter bewegen
Bis tief zum adriatischen Meer hinab;
Die stets befruchtend der Ticino waͤssert,
Der jeder Strom der schoͤnen Lombardei
Das uͤppge Land durch Anschwemmung ver - groͤßert
Pavia bluͤhe! sey geehrt und frei!
Das Volk.
Es lebe der Kaiser!
Der
250
Der Schultheiß.
Eure ersten Schritte,
Sie triefen Segen auf das durstge Land.
O zieht herein! verweilt in unsrer Mitte,
Wo Dankbarkeit die Ehrenkraͤnze wand.
Hier mochten gern die edelsten und besten
Der Koͤnige von ihren Thaten ruhn,
Sie hausten in veroͤdeten Pallaͤsten,
Die zu erneutem Glanz nun auf sich thun.
O Herr! betretet sie mit Gottes Segen!
Willfahrt der Kinder bangen Ungeduld!
Herein zu uns! empfangt was wir vermoͤ - gen
Mir Kaiserlicher nein mit Vaterhuld.
Otto.
Gern werd 'ich kuͤnftig unter euch verweilen
Im Garten der geschmuͤckten Lombardei;
Nur heute muß ich schnell voruͤber eilen;
Doch zieh' ich eure Thore jetzt vorbei,
So moͤgt ihr meine Ruͤckkehr zwiefach seg - nen,
Denn251
Denn wißt, mein ungestuͤmes Herz ergluͤht
Der Koͤnigin noch heute zu begegnen,
Die von Canossa mir heruͤber zieht.
Schon sandt 'ich ihr, zum prunkenden Ge - leite,
Die Edelsten mit meiner Macht beliehn;
Ich folge schnell und nur an ihrer Seite
Will im Triumpf durch dieses Thor ich ziehn.
Dann schmuͤcket koͤstlich Pforten, Kirchen,
Haͤuser,
Und wallet und stroͤmt zu ihren Fuͤßen
hin!
Empfanget jauchzend Euren gluͤcklichen Kai - ser!
Und segnet Eure holde Kaiserin!
(ab)
Der Schultheiß.
(gegen das Volk)
Der Liebe Geleit ', er wird es nicht verschmaͤ - hen,
Bild' ihm das ganze Volk die Ehrenschar!
Alles
252
Alles Volk.
(dem Kaiser nachstuͤrzend)
Ihm nach! ihm nach! sie wieder sehen!
Die unsre frundliche Mutter war!
Die Straße nach Pavia mit dem Grabmahl.

Dritte Scene.

Der fliehende Berengar im Bettlergewand, mit falschem Haar und Bart.
Hier kein Verfolger? Darf ich Athem holen? Horch! ein Gesumm ' nicht doch, ein Kaͤ - fer schwirrt Gekreisch dicht hinter mir? es kraͤchzen Dohlen Ein Jagdhorn? nein es blies der Alpen - hirt Was raschelt? habt ihr Fluͤgel an den Sohlen? Was253Was fluͤstert? ruhig! eine Taube girrt. Ermanne dich, das Leben ist gewonnen; Ein Bettler doch dem Henkerschwert ent - ronnen.
So hat nunmehr das Gaukelspiel geendet, In dem ich kuͤhn die erste Roll 'erstrebt, Und ploͤtzlich von mir haben sich gewendet, Die gestern noch vor meinem Wink gebebt, Die tausendmal der Treue Schwur verpfaͤn - det; Mein Sturz von Keinem werd' er uͤber - lebt! Sie hatten mich zu ihrem Gott erhoben, Und es gebrach an Worten mich zu loben.
Doch kaum ist meiner Krone Glanz ver - blichen, Fort Alle wie durch Wirbelwind zerstreut! Der Eine achselzuckend mir entwichen, Der Andre mich verhoͤhnend ungescheut, Der Dritte hat des Feindes Gunst erschli - chen,Ver -254Verraͤtherei gewaͤhrt ihm Sicherheit; Zerstiebt sind Alle, gleich dem Volk der Muͤk - ken, Das nur getanzt in warmen Sonnenblik - ken.
Und konnte mich solch Gaukelspiel be - thoͤren? Ist jeder nicht des Gluͤcks geborner Knecht? Soll mich die Weltgeschichte noch belehren: Es sey der Menschen Troß ein feil Geschlecht? Er wisse schnell den Ruͤcken dem zu kehren, Dem Gluͤckes Laune Ruhm und Macht ge - schwaͤcht? Sinds doch nur Alltagspossen die sie treiben; So wars ja immer und so wird es blei - ben.
Ich steh 'allein der Gluͤcksstern will sich neigen, In Bettlerlumpen steh' ich mag es doch! Mir soll das Schranzenvolk den Muth nicht beugen,Ich255Ich war mir selbst genug und bin es noch. Nur was ich in mir trage, ist mein eigen Und fuͤr den Willen gab es nie ein Joch! Ich steh 'allein doch frei und unbezwun - gen Durch eigne Kraft wird Großes nur errungen.
Nicht ungerochen will ich untersinken! Mir blieb ein Dolch mein Arm noch Kraft bewußt. Er ward geschliffen Feindes Blut zu trinken, Der Feige nur durchbohrt die eigne Brust. Mir soll die Rach 'ins neue Leben winken, Gelungne Rache edler Geister Lust! Mein Kopf ist feil hab' ich den Preis gegeben, So bin ich Herr von jedes Menschen Leben.
(man vernimmt in weiter Ferne Glockengelaͤut und sanfte feierliche Musik.)
Horch auf! was giebts? ich hoͤre Glocken schallen
Und256
Und vieler Stimmen fernen Jubelsang,
Die von den Bergen zwiefach wiederhallen,
Gemischt in heller Cymbeln weichen Klang;
Ein Zug beginnt ins Thal herab zu wallen,
Ein langer Zug mit feierlichem Gang;
Es wird ein Kreuz dem Bischoff vorgetragen
Und Faͤhnlein flattern um den goldnen Wa - gen.
Und dort am Po, dem Heilgenbild zur
Seite,
Sind Lauberhuͤtten, bunte Zelt 'erbaut
Das ist kein Kriegsgetuͤmmel nicht zum
Streite
Zog diese Schaar hier wird die Freude
laut.
Mir ahnet ha! es ist ein Brautge - leite!
Ist Adelheid, die kaiserliche Braut!
Ihr jauchzt das Volk sie will der Sie - ger kroͤnen
Sie feiert den Triumpf, mich zu verhoͤhnen?
Ha!257
Ha! triumphire nicht zu fruͤh! Noch
wiegen
Nur Traͤume dich; das Gluͤck ist wandelbar;
Des Siegers Bett hast du noch nicht bestiegen;
Erzittre! noch lebt Berengar!
Zu seinen Fuͤßen blutend sollst du liegen!
Erstarren soll die bunte Hoͤflingsschaar,
Die sich geschmuͤckt zu einem Siegesfluge,
Doch unbewußt dir folgt im Leichenzuge.
(er verbirgt sich hinter das Grabmal)
(Die Musik, die sich genaͤhert hatte, verstummt.)

Vierte Scene.

Adelheid (reich geschmuͤckt) und Guido treten auf.
Adelheid.
Noch immer will die Furcht sich leise regen,
Im Freudentaumel selbst, der mich umkreist.
Was zoͤgern wir? warum nicht ihm entge - gen,
Den zum Gemahl mir das Geschick verheißt?
RGuido.
258
Guido.
Ermuͤdet straucheln vor dem Siegeswagen Die Zelter, die des Schmuckes Buͤrde druͤckt; Mit Jubel wird ein Lager aufgeschlagen, Durch Otto's bunte Faͤhnlein ausgeschmuͤckt. Der Reiter hat den Harnisch losgeschnallet Und mit Gesang das Maulthier abgezaͤumt; Und der Trompete Abendruf erschallet, Der zum Gebet die fromme Schaar ver - eint. Sie tummeln, Roß und Mann, sich nun im Grase Und jeden Helm verziert ein frisches Gruͤn.
Hier schlaͤngelt nach Pavia sich die Straße, Von dort herauf wird euer Retter ziehn. Ruht, edle Fuͤrstin, von des Tages Schwuͤle; Am Scheidewege stehn und harren wir; Ich kenne diesen Platz wir sind am Ziele Die Heimath findet Euer Guido hier.
Adelheid.
259
Adelheid.
(das Grabmal erblickend)
Wie? hast du mich zu einer Gruft geleitet?
Guido.
Hier haucht fuͤr Euch die Myrthe suͤßen
Duft.
Ihr lebt ich werde leben. Laͤngst
bereitet
War mir ein Blumenbett in dieser Gruft.
Adelheid.
O stoͤre nicht die Geister, die hier wohnen.
Warum ergreift dich ploͤtzlich finstrer Wahn?
Nun erst vermag die Kaiserin zu lohnen,
Was am verfolgten Weibe du gethan.
Guido.
Ihr mich belohnen? Euren Gram zu
theilen
War mir hienieden nur vergoͤnnt;
Ich darf nicht laͤnger auf der Erde weilen,
Muß dem gehorchen, dessen Wink uns trennt.
Adelheid.
260
Adelheid.
Von die mich trennen? Nimmermehr!
nur fester
Wird nun im Gluͤck der Ungluͤcksbund er - neut;
Du warst und bleibst mir Bruder ich
dir Schwester,
Auch einer Krone Zier ist Dankbarkeit.
Guido.
Als die Natur den zarten Stoff des Wei - bes
Aus einem Hauch des ersten Fruͤhlings wob,
Und in der Huͤlle eines schoͤnen Leibes
Ihn zu der Schoͤpfung Feierschmuck erhob,
Da schien es sich den Engeln anzueignen
Das holde Weib so lieblich! und
schoͤn!
Nur seinen Ursprung konnt 'es nicht verlaͤug - nen,
Den Fruͤhlingshauch, den Stuͤrme leicht ver - wehn,
Den261
Den fremder Athem leicht zerstoͤrt, vergiftet,
Wenn mit sich selbst in zarter Brust ent - zweit
Die Leidenschaft ein irdisch Blendwerk stiftet,
Das jenen himmlischen Beruf entweiht.
Gott sah es und dem schoͤnsten seiner
Werke
Verhieß er Schutz vor seinem Angesicht
Erschien der Genius der Unschuld der der
Staͤrke
Ein Wink und beid 'entschwebten seinem
Licht.
Der Jungfrau ward die Unschuld zur
Aegide,
Und wehrlos wandelnd durch das Erden - thal
Fuͤhrt dennoch sie der reine Himmelsfriede
Auch uͤber'n Abgrund auf geschliffnem Stahl;
Bis sich die Schoͤnheit an die Staͤrke
schmieget,
Schutz262
Schutz heischend, Kraft empfangend durch den
Bund!
Die siegende Kraft zum reinen Willen ge - fuͤget,
Dann ruht des Weibes Gluͤck auf sicherm
Grund.
Bis hieher durfte Guido dich umschwe - ben,
Jungfraͤulich Weib! nun muß er scheidend
dich
Des staͤrkern Geistes Obhut uͤbergeben
Der Unschuld Genius war ich.
Adelheid.
Kann Otto's Schutz dieß Kleinod mir ge - faͤhrden?
Ists Unschuld nicht, die auch die Gattin
schmuͤckt?
Und darf sie fremd selbst einer Mutter wer - den,
Die ihren Saͤugling an den Busen druͤckt?
Sie263
Sie wohnt ja nicht in zuͤchtigen Geberden,
Noch in der Bluͤte, die das Aug entzuͤckt;
Es raubt sie nicht der irdschen Gunst Ge - meinheit,
Denn wahre Unschuld ist des Herzens Rein - heit.
So will auch ich nun den Gemahl begruͤ - ßen,
Es schuͤtze mich des Helden Kraft und
Macht;
Doch soll ich drum den holden Fuͤhrer mis - sen,
Der mich so treu an dieses Ziel gebracht?

Fuͤnfte Scene.

Berengar tritt auf und spricht mit dumpfer Stimme.
O daß die Hoffnung einen Greis nicht taͤu - sche!
Vergoͤnnet, edle Fuͤrstin, Welschlands Zier,
Daß264
Daß ich die erste Gnade von Euch heische;
Der neuen Wuͤrde Kraft beweist an mir.
(er sucht sich ihr zu naͤhern, Guido tritt zwischen beide.)
Adelheid.
Sprich, was begehrst du? kann ich doch im
Leide
Nun wieder huͤlfreich seyn. Du schoͤnes Recht!
Nur du gewaͤhrst den Kronentraͤgern Freude,
Du adelst, und vergoͤtterst ihr Geschlecht!
Guido.
Sey auf der Huth.
Adelheid.
Nicht also. Frei ergießen
Mag sich die Brust, die meine Huͤlf 'erfleht;
Kein kalter Hauch soll Fuͤrstenherz verschlie - ßen,
Wenn es Bedraͤngter Bitten offen steht.
Entbehrt' ich selbst doch jede Lebensfreude,
In langer Nacht schien mir kein Hoffnungs - stern,
Drum265
Drum blieb mein Herz empfaͤnglich fremdem
Leide,
Drum rede Greis; ich hoͤr 'und helfe gern.
Berengar.
Ein schweres Siechthum druͤckt schon lang
mich nieder,
Ich wanke keuchend mit erloschnem Blick;
Es brachte mir in die gelaͤhmten Glieder
Kein heilend Kraut die alte Kraft zuruͤck.
Doch fesselten mich bange Vatersorgen,
Ich mußte seufzend meiner Gruft mich nahn;
Bis mir ein frommer Klausner diesen Morgen
Den Himmel neuer Hoffnung aufgethan.
Geh , sprach er, du von Schmerzen Un - terjochter!
Noch lebt ein Arzt, der dir Genesung
schafft;
Such Adelheid, die edle Fuͤrstentochter;
Den Kaiserthron umfließet Wunderkraft.
Auf diesem Thron, nach harten Schicksals
Schlaͤgen,
Hat266
Hat nun die Tugend ihr den Preis er - theilt;
Wird auf dein Haupt die zarte Hand sie
legen,
So bist du ploͤtzlich wundervoll geheilt.
Da wankt 'ich fort an meinem Bettler -
stabe,
Der nun ein gruͤner Hoffnungsstab mir ist,
Hier knie' ich edle Fuͤrstin, dicht am Grabe:
Verlaͤngert Ihr dem Greis die Lebensfrist!
Und wenn das Stammeln von des Bettlers
Danke
Vor einer Fuͤrstin Ohren Gnade fand,
Wenn nicht umsonst vertraut der arme
Kranke,
So streckt nun aus nach ihm die Wunder - hand!
Adelheid.
Ich, Gottes Magd, anbetend nur im Staube,
Empfinde keine Wunderkraft in mir;
Doch moͤglich daß der fromme Kinderglaube
Sich267
Sich wunderbar verherrlichet an dir.
Es moͤge huͤlfreich dir ein Gott erscheinen,
Der gnaͤdig auch des Armen nie vergaß!
Ich kann nur mein Gebet mit dir vereinen,
Und sieh, von Herzen thu ich das.
(sie geht auf ihn zu und legt die Hand auf ihn. Er ergreift ihren Arm mit der Linken, springt auf, zieht mit der Rechten den Dolch[und] stoͤßt nach ihrer Brust. Guido, sich dazwischen werfend, faͤngt mit seiner eignen Brust den Stoß auf. Der Dolch bleibt stecken. Berengar bebt zuruͤck und starrt ihn an)
Adelheid.
(an einen Baum sinkend)
Ha!
Guido.
(fest stehend, und ohne Schmerz zu aͤußern)
Berengar! gefuͤllt ist deine Schale.
Erkenne mich, du schnoͤder Höllengeist!
Der, tief verborgen vor des Lichtes Strahle,
Verderbend eine Menschenbrust zerreißt.
(Ein268
(Ein Donnerschlag. Guido steht ploͤtzlich schnee - weiß vor ihm da und schleudert ihm dem Dolch vor die Fuͤße. Die Wunde blutet.
Berengar.
(von Grausen ergriffen)
Was ist das! Knabe graͤßlich wiederhal - lend
Ist deine Stimm 'in hohler Brust Lo - thar!
Es packt mich dein Gespenst das Herz um - krallend
Wo bin ich? warum straͤubt sich jedes
Haar?
Der Boden wankt ich steh' auf schroffen
Klippen
Der Abgrund gaͤhnt ich bin der Hoͤlle
Spott
Welch 'eine Kraft erpreßt mir von den Lip - pen:
Es ist ein Gott? nein! nein! es ist kein
Gott!
Guido269
(Guido folgt ihm, wie er herum wankt, stets mit abgemessenen Schritten und sieht ihn starr an.)
Was starrst du mich so an? Haupt der
Meduse!
Laß ab von mir du feiger Himmelsknecht!
Es ist kein Gott! was soll mir Reu und
Buße!
Der Zufall gaͤngelt nur das Kinder-Ge - schlecht!
Ha dort! es blitzt! es flammen feurige
Ruthen
Warum verfolgst du mich mit starrem Blick?
Laß ab von mir! ich stuͤrze in die Flu - then!
Es giebt keine Ewigkeit! Zuruͤck! zuruͤck!
(er taumelt fort)

Sechste Scene.

Guido, Adelheid.

Guido.
Entwichen ist er mit verworrnen Sinnen.
SDer270
Der Menschen Fluch! der hoͤllischen Geister
Spott!
Dem Flammenpfuhle wird er nicht entrin - nen!
Adelheid.
(sich aufraffend)
Guido! du bist verwundet!
Guido.
Mich ruft Gott.
Adelheid.
Wie ist mir? Ha! in uͤberirdschem Lichte,
In reinem Himmelsglanze stehst du da!
Was leuchtet mir aus deinem Angesichte?
Du bist ein Engel!
Guido.
War Dein Engel, ja.
Adelheid.
(sinkt auf die Knie)
Guido.
(sie aufhebend)
Vor Gott allein sollst du die Kniee beugen;
Auf sein Geheiß erschien ich huͤlfreich dir.
Steh271
Steh auf! es will der letzte Tag sich neigen;
Der Trennung Stunde naht willkommen
mir!
(man vernimmt aus weiter Ferne einen kriegerischen Marsch, der gegen das Ende immer naͤher kommt)
Adelheid.
Du mich verlassen!?
Guido.
Hoͤrst du? schon verkuͤnden
Die fernen Pauken, daß der Sieger naht.
O zage nicht, muß Guido dir verschwinden,
Du wirst den Maͤchtigern in Otto wieder
finden,
Es soll nunmehr dein ebner Blumenpfad
Die rauhe Bahn des Helden sanft beruͤhren,
Er mit dir theilen: Sorge, Liebe, Ruhm,
Er dich mir starker Hand durchs Leben fuͤhren,
Bis vor der Himmelspforte Heiligthum!
Dann jauchzen wir alle in lieblichen Choͤren
Der Schwester entgegen, der himmlischen
Braut!
S 2Dann272
Dann wirst du vor allen die Stimme hoͤ - ren,
Der du auf Erden so willig vertraut.
(zuruͤckwankend und sanft am Grabe niedersinkend)
Schon seh 'auch ich den Sternenkranz mir
strahlen
Nur der geliehne Kirper mahnt mich noch,
Der irdischen Natur die Schuld zu zah - len;
Es loͤst vom Nacken sich das fremde
Joch.
Wenn keine Fesseln den Scheidenden druͤk -
ken,
Der Pflichten Erfuͤllung suͤß bewußt
Heil ihm! dann senket mit stillem Entzuͤcken
Sich himmlische Ruh in die muͤde Brust.
Der Geist entwindet allmaͤhlig der Huͤlle
Sich sanft und heiter und ohne Schmerz
Nur aufgeloͤst in freundlicher Stille,
Nicht zuckend gebrochen wird das Herz.
Adelheid
273
Adelheid.
(mit gerungenen Haͤnden sich neben ihm nieder -
werfend)
Du stirbst! weh mir! als Braut mich zu
umfassen
Naht sich ein fremder Mann ich steh '
allein
In dieser Stunde willst du mich verlassen?
Dein letzter Seufzer soll mein Brautlied
seyn?
Du stirbst! O Qual! Der Todes - pfeil durchschneidet
Auch mir das Herz Guido! verweile noch!

Siebente Scene.

Der Kaiser.
(seinem Gefolge hastig vor - auseilend)
Sie ists! was soll das?
Adelheid.
Herr! mein Engel scheidet!
Otto.
274
Otto.
Ha! ich erkenne dich! verweile noch!
Guido.
Ich darf nicht sey willkommen! sieh
gelungen
Ist unser Werk Heil dir! das Traum - bild schwand
Der schoͤne Preis, um den dein Schwert
gerungen,
Empfang 'ihn jetzt aus meiner kalten Hand
(er legt die zitternde Hand der Koͤnigin in Ottos Hand)
Und schwoͤre mir, daß nie dein Herz sich
wendet.
Otto
(Adelheid umarmend)
Ich schwoͤr es dir!
Guido.
(zu Adelheid)
Wohlan, dein Schutzgeist wacht
Triumph! Triumph! ich habe vollendet
Gott! nimm mich auf! dein Will 'ist vollbracht!
(die275
(Die ausgebreiteten Arme sinken das Haupt neigt sich auf die Brust er stirbt. Otto und Adelheid, sich umarmt haltend, sinken vor ihm nieder. Das Grabmal wird ploͤtzlich sanft erleuchtet. Trompeten und Pauken hinter der Scene.)
Der Vorhang faͤllt.
Ende.

About this transcription

TextDer Schutzgeist
Author Kotzebue August von
Extent282 images; 24964 tokens; 6094 types; 164635 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Robert CharlierAV GWB BerlinNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-01-11T12:18:01Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationDer Schutzgeist Eine dramatische Legende in sechs Akten nebst einem Vorspiel Kotzebue August von. . Paul Gotthelf KummerLeipzig1814.

Identification

Bayerische Staatsbibliothek P.o.germ. 769 b-9https://opacplus.bsb-muenchen.de/search?oclcno=243804194&db=100https://books.google.de/books?id=YsE6AAAAcAAJ&hl=de&pg=PP1#v=onepage&q&f=falseurn:nbn:de:bvb:12-bsb10113012-0

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationBelletristik; Drama; ready; gwb

Editorial statement

Editorial principles

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;

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