PRIMS Full-text transcription (HTML)
Allgemeine Zeitung.
Nr. 61.
Augsburg, Donnerstag, 2 März 1871. Verlag der J. G. Cotta 'schen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Gosen.

Uebersicht.

Die Friedensnachricht am Oberrhein.

Circulardepesche des Grafen Bismarck vom 17 Febr. 1871.

Deutsches Reich. München: Prinz Luitpold. Bayerische Beamte für den Reichsdienst. Graf v. Arnim. Karlsruhe: Wahlstatistik. Mainz: Zu den Wahlen. Friedensfeier. Berlin: Aus dem Bundes - rath. Stimmung. Betheiligung der Südstaaten an den Friedensver - handlungen. Oberst Stoffel. Landestrauer. Friedensfest. Provincial - landtage. Reichstagswahlen.

Oesterreichisch = ungartsche Monarchie. Wien: Arbeitertag. Graf Wimpffen. Ludwig Löwe. Hofrath Fidler. Zum Hohenwart'schen Programm.

Schweiz. Bern: Frankreich und die Schweiz. Der Verkauf der Pferde der Ostarmee.

Frankreich. Aufklärungscommissionen. Der Friede und die amerika - nische Präsidentenbotschaft. Aus dem deutschen Hauptquartier.

Jtalien. Rom: Wider die Jesuiten. Civilehe. Der maskirte Kreuzzug.

China. Peking: Die Christenmetzeleien in Tientsin.

Ver. Staaten von Nordamerika. Washington: Zur Waffen - ausfuhr.

Verschtedenes.

Jndustrie, Handel und Verkehr.

Neueste Posten. Prag: Untersuchung wegen Bruchs der Neutralität. Pest: Befestigungsprojecte. Katholiken = Congreß. Bern: Bundesver - fassungsrevision. Paris: Dr. Kern und Hr. Thiers. Der Einzug. Stockholm: Die deutsche Kaiserwürde. Das Befinden des Königs. Konstantinopel: Aus Teheran. Räuberbanden. Die tunisische Frage.

Außerordentliche Beilage. Nr. 34.

Telegraphische Berichte.

München, 1 März. Der König verlieh dem Ministerialrath und Cabinetssecretär Eisenhardt den Kron = Orden. Dem Vernehmen nach regt Preußen einen gemeinsamen Friedensfesttag in Deutschland an.

(*) Berlin, 28 Febr. Die Kreuzzeitung meldet aus Versailles: Die Verhandlungen mit Thiers hatten in letzter Zeit sehr scharfe, schwierige Wendungen genommen, da Thiers gegen die Abtretung von Metz den heftigsten Widerstand erhob, und entschlossen schien eher abzudanken als die Verantwortlichkeit hiefür zu übernehmen. Vornehmlich soll ihn das Vertrauen auf die vermeintliche Stellung Englands zu dieser Frage er - muthigt haben. An der Festigkeit der diesseitigen Politik jedoch scheiterte sein Widerspruch. Das einzige was zugestanden werden konnte, ohne das wesentliche Jnteresse der deutschen Sicherheit zu gefährden, war Belfort.

(*) London, 28 Febr. Der Times wird aus Versailles vom 27 d. gemeldet: Außer Thionville geht auch Longwy in deutschen Besitz über. Luneville, Nanzig und die Festungen der Nordgränze bleiben bei Frankreich. Prinz Friedrich Karl ist zum Generalgouverneur der Cham - pagne mit dem Hauptquartier in Reims designirt.

* Parts, 27 Febr. Die Directoren von 43 Journalen haben ein Manifest erlassen, worin sie die Bevölkerung auffordern die Ruhe und Würde, welche die Umstände gebieterisch fordern zu bewahren. Jhre Blätter er - scheinen während der Occupation nicht. Börse und Theater bleiben ge - schlossen. Die Deutschen dürfen die Stadtviertel welche sie besetzt halten nicht verlassen. Gestern wurde die Pulverfabrik in Villette durch Solda - ten der Nationalgarde geplündert. Dem Français zufolge werden die südlich der Seine gelegenen Departements von den Deutschen geräumt, sobald die Ratification der Friedenspräliminarien durch die Nationalver - sammlung stattgefunden haben wird. Die Räumung der andern Depar - tements erfolgt nach der Bezahlung von 500 Millionen Franken, während die Besetzung der festen Plätze erst nach Erlegung der ganzen Kriegsent - schädigung aufhören wird.

* Paris, 27 Febr. Die Regierung und die Commission der fünf - zehn Mitglieder sind heute Abends nach Bordeaux abgereist, nachdem sie Mittags eine gemeinschaftliche Berathung abgehalten. Picard verbleibt in Paris. Die Erregung dauert fort, eine Ruhestörung hat jedoch bis jetzt nicht stattgefunden. Die Nationalgarde zieht sich zurück. Alle noch auf dem Platze Wagram stehenden Kanonen sind nach dem Platz Vosges geschafft. Die Blätter loben Thiers daß er lieber den Einzug in Paris zugegeben als auf Belfort verzichtet habe.

* München, 1 März. Serienziehung der bayerischen Prämien - Loose von 1866: 120, 241, 247, 283, 309, 390, 412, 432, 476, 490, 624, 674, 684, 848, 1019, 1094, 1096, 1152, 1349, 1362, 1632, 1634, 1644, 1873, 1980, 2001, 2100, 2152, 2184, 2218, 2440, 2586, 2588.

* Frankfurt a. M., 28 Febr. Abend = Effectensocietät: 1882er Amerikaner 96 3 / 8; 1885er95 7 / 8; Silberrente55 15 / 16; 1860er L. --; 1864er L. --; Credit - actien 241; Lombarden 171; Staatsbahn 363; Galizier --; Elisabeth --; 3proc. span. ausl. Schuld30 1 / 8. Tendenz: Amerikaner sehr lebhaft.

Frankfurt a. M., 28 Febr. Effectensocietät. Amerikaner sehr gefragt; 1882er96 1 / 2; 1885er 96.

* Wien, 28 Febr. Wocheneinnahme der Staatsbahnen: 179,680 fl. mehr. -- Getreide effectiv angenehmer, Termingeschäfte leblos. Weizen 540, Roggen 355, Mais fest, 315, Hafer niedriger, 217, Reps 15.25.

* Wien, 1 März Ziehung der 1864 er Loose. Serie 3261 Nr. 28 gewinnt 200,000 fl. Serie 1092 Nr. 86 gewinnt 50,000 fl. Serie 3755 Nr. 89 gewinnt 15,000 fl. Serie 3261 Nr. 78 gewinnt 10,000 fl. Weitere gezogene Serien: 330, 700, 2168, 2896, 3003.

* London, 27 Febr. Schlußcurse: 3proc. Consols91 5 / 8; 1882er Amerikaner91 1 / 2; Türken 41 7 / 8.

* London, 28 Febr. Schlußcurse: Consols91 15 / 16; 1882er Amerikaner 91 1 / 4; Türken42 5 / 16; Lombarden --; Jtaliener --.

London, 28 Febr. Börse: 3proc. Consols91 3 / 4; 5proc. Türken42 1 / 4; 1882er Amerikaner91 5 / 8; 5proc. Jtaliener54 3 / 8; Lombarden14 3 / 4; 3proc. Spanier 30 1 / 8. Tendenz: fester.

Liverpool, 28 Febr. Baumwollenmarkt. Tagesumsatz〈…〉〈…〉 800 B., zur Ausfuhr verkauft 1000 Ballen. Stimmung matt. Orleans7 13 / 16, Middling 7 9 / 16, fair Dhollerah6 1 / 4, middl. fair Dhollerah5 3 / 4, good middl. Dhollerah 5 1 / 8, fair Bengal5 7 / 8, fair Oomra6 1 / 2, good fair Oomra6 15 / 16, Pernam8 1 / 8, Smyrne7 1 / 4, Egyptian 8. Tagesimport 12,000 B., davon indische keine, ameri - kanische 9000 B.

* Paris, 27 Febr. Schlußcurse: 3proc. Rente 51.50; Anleihe --; österr. - franz. Staatsbahn 772 50; Lombarden 382 50; 5proc. Jtal. 56.90. Geschäftslos.

Amsterdam, 28 Febr. Börse. Wechsel auf London 11 84 Geld; 3proc. Spanier30 1 / 8; 1882er Amerikaner 96; 5proc. Papierrente46 7 / 10; 5proc. Silberrente 54; 5proc. Türken40 15 / 16; 5proc. Russen von 185576 5 / 8.

Antwerpen, 28 Febr. Petroleum = Markt. Petroleum loco 50; per März --, per April --, per Mai --, per Sept. = Dec. 54.

Amsterdam, 28 Febr. Termin = Roggen höher. Roggen per März 212 fl., per Mai 217 fl., per October 224 fl. -- Banca = Zinn = Auction am 30 März 808,000. -- 420 Kranjans Java Zucker zum Novemberwerth verkauft.

* New = York, 27 Febr. Goldagio 111; Wechsel in Gold109 1 / 2; 1882er Bonds112 1 / 4; 1885er 112; 1904er 112; Baumwolle15 1 / 4; Petroleum in Philadelphia 24 1 / 2.

New = York, 27 Febr. Per Kabel. Gold, Schlußcurs 111; Wechsel per London109 1 / 2; 1882er Bonds112 1 / 4; 1885er Bonds 112; Erie = Actien 22 1 / 4; Jllinois133 1 / 2; Baumwolle15 1 / 4; Petroleum 24 5 / 8.

Die Friedensnachricht am Oberrhein.

0 Vom Oberrhein, 28 Febr. Seit acht Tagen schwebte die Bevölkerung bei uns in steter und sogar steigender Spannung und Auf - regung, und die Frage ob Krieg oder Frieden? beschäftigte alle Gemüther. So sehr auch die Presse die Friedensbedürftigkeit des französischen Volks darlegte, so sehr zweifelte man doch daran daß die Hartnäckigkeit des fran - zösischen Dünkels in die geforderte Landabtretung willigen werde, und vielfach überwog im Volke die Ueberzeugung daß erst dann Frankreich zum Nachgeben und zur Einsicht seiner definitiven Niederlage gebracht werden könne, wenn man auch ganz Frankreich bis zum Mittelmeer mit unsern Truppen überzogen habe. Allerdings war man einstimmig überzeugt daß in diesem Fall der Krieg an Grausamkeit zunehmen werde, und unsere Soldaten kaum mehr im Zaum gehalten werden könnten; aber so tief gieng die Erregung im Volke, daß man auch unter dieser Voraus - setzung lieber die Fortsetzung des Kriegs sah als das geringste Abgehen von den deutschen Forderungen, deren unumgängliche Nothwendigkeit nicht bloß in officiellen und andern Blättern, sondern auch in diplomati - schen Actenstücken und Erklärungen aus dem Hauptquartier nachgewiesen und begründet wurde. Sah man auch ein daß der Versammlung in Bor - deaux und den neuen Gewalthabern immerhin einige Zeit gelassen werden mußte, so beruhigte man sich doch über die Waffenstillstandsverlängerung nur dadurch daß sie bloß auf zwei Tage sich erstreckte, und steigerte sich so - dann die Spannung am Sonntag und Montag als von Stunde zu Stunde keine Nachricht kam. Nur dunkle Gerüchte flogen hin und her, und gestern Morgens veranlaßte ein Telegramm vom Abschlusse1022des Friedens daß in einzelnen Städten geflaggt und geschossen wurde; aber nur um alsbald wieder die Flaggen einzuziehen, denn allmählich kamen Nachrichten aus Brüssel von einer erheblichen Herabminderung unserer Forderungen, der Zurückgabe von Belfort und einem neuen Waf - fenstillstand bis zum 6 März. Als im Laufe des Nachmittags die Depesche des Kaisers nach Berlin bekannt wurde, die nichts als die Unterzeichnung der Präliminarien enthielt, glaubte man in den Brüsseler Nachrichten nur französische Wünsche entdecken zu können, und die Zuversicht auf unsere diplomatische Vertretung wuchs wieder; als aber noch am Abend eine badische Ministerialdepesche durchs Land flog, welche die Brüsseler De - pesche bestätigte, gab sich überall eine große Enttäuschung kund, welche wohl von ganz Deutschland getheilt, aber nirgends so tief gefühlt wird als gerade bis uns.

Erst sechs Wochen sind es her wo unser Südosten von einer starken französischen Armee ernstlich bedroht wurde, wo nach einem halbjährigen Kampfe mit lauter deutschen Siegen sich doch eine französische Armee bis auf wenige Stunden unserer Gränze näherte, und nach noch einem einzigen Tagemarsch das ganze Elsaß zu hellem Aufstand entflammen konnte, und wo nur der heldenmüthige Widerstand des Werder'schen Corps mit der badischen Division unter schweren Verlusten unser Land vor dem feind - lichen Raubeinfall gerettet hat, und jetzt sollte das Bollwerk, vor dem unsere Widerstandskraft sich jene uneinnehmbaren Stellungen an der Lisaine geschaffen hatte, wenige Tage nachdem wir es mit Landwehr und großen Verlusten bestürmt und dann durch diplomatische Mittel in unsere deutsche Hand bekommen hatten, wieder herausgegeben werden an die Franzosen, nachdem es sich so recht gezeigt welche furchtbare Ausfallpforte Belfort gegen Deutschland bildet? Wahrlich, die Nachricht erschien den meisten als geradezu unglaublich, und ich sah manchem wackern Mann, der sonst keiner Gemüthsüberwältigung zugänglich war, die hellen Thränen über das Antlitz rollen, und ich hörte Aeußerungen welche da auch mein - ten: die Diplomatie habe wieder verdorben was die Armee gut gemacht hatte.

Jch bin nicht derjenige welcher unsere großen Strategiker zu meistern sich unterfängt, aber hier liegt doch im natürlichen Jnstincte des Volks etwas das noch höher geht als strategische Bedenken und Zugeständnisse. Es sind erst wenige Tage her daß man die Nothwendigkeit des Besitzes von Belfort für Deutschland in einer Weise demonstrirte wie man es bei keinem andern Waffenplatz, außer Straßburg, so schlagend ge - than hatte. Nachdem man hundertfach das Minimum unserer Forderun - gen dargelegt und begründet hatte, und vor Paris ein Waffenstillstand abgeschlossen wurde, nahm man ausdrücklich das Operationsfeld im Osten davon aus, denn hier lag noch der Theil des Oberelsaßes in französischem Besitze der für uns als unumgänglich nothwendig erklärt wurde, und noch vor dem Beginne der eigentlichen Friedensverhandlungen um jeden Preis in unsere Hände gelangen sollte. Vor diesem Waffenplatze bluteten in den Tagen des 15 -- 17 Jan. so viele unserer Söhne und Brüder, nur um den Entsatz desselben durch die Franzosen zu verhindern, und von Ver - sailles aus hat man auch den Kampf an der Lisaine für eine der größten Waffenthaten aller Zeiten erklärt; nachher gieng man mit vermehrter Eile und Energie daran um den Platz zum Falle zu bringen, und es wurde sogar Landwehr zum Stürmen verwendet. Dann bedang man auf diplo - matischem Wege die Uebergabe von Belfort in unsere Hände, offenbar nur deßhalb um bei den Unterhandlungen bereits im Besitze des ganzen Gebiets zu sein das wir verlangten.

Wenn je dem deutschen Hauptquartier die Möglichkeit vor Augen ge - schwebt hätte auf der Erlangung von Belfort nicht zu bestehen, nachdem man dasselbe so nachdrücklich verlangt hatte, so hätte man doch wahrlich den Platz besser noch den Franzosen gelassen, und nicht die schweren Opfer zu seiner Erlangung gebracht; denn man kann doch leichter auf etwas ver - zichten was man noch nicht besitzt, als auf das was man mit so vielem Blut bezahlen mußte und dem deutschen Volk als der höchsten Opfer werth erklärte. Außerdem tritt aber bei Belfort noch ein Moment hervor das man wohl zu beachten hat. Wir wollen die Wiedererlangung von Elsaß - Lothringen hauptsächlich aus dem Grund um uns auf der Westgränze gegen die Angriffe Frankreichs besser zu schützen, und erachteten dafür den Besitz von Metz, Straßburg und Belfort als unumgänglich nothwendig. Alle drei Plätze hatten sich bisher bewährt als die besten Ausfallpforten gegen Deutschland und gewaltige Stützpunkte für einen Angriffskrieg; ob und wie sich dieselben als Vertheidigungsstützen gegen den Westen bewähren, darüber liegen aber noch gar keine Erfahrungen bezüglich der erstgenann - ten Festungen vor, und in allen militärischen Kreisen wird ausdrücklich hervorgehoben daß gegen einen neuen französischen Angriff noch neue for - tificatorische Arbeiten unternommen werden müssen.

Belfort allein hat im Januar gezeigt daß es der Schlüssel zum Ober - Elsaß und dem Schwarzwald ist; denn hatten wir noch während der Be -lagerung von Belfort dort einen unüberwindlichen Wall gegen einen drei - fach so starken französischen Angriff gebildet, so würden wir, schon im Besitze von Belfort, noch viel leichter den Feind haben abweisen und zurückwerfen können. Kehrt dieser Platz nun an Frankreich zurück, so liegt nur wenige Stunden von unserer Gränze und in unmittelbarer Nähe einer wider - willigen Bevölkerung des Oberelsaßes diese französische Ausfallpforte, und es ist die Frage ob wir auch mit dem Aufwand von vielen Millionen die - selbe durch ein deutsches Werk werden paralysiren können. Die durch die neuesten Depeschen hervorgerufene Enttäuschung hat daher gerade am Oberrhein, wo wir der größten Gefahr erst in den letzten Wochen so unmittel - bar nahe gerückt waren, eine ungemeine Mißstimmung hervorgerufen, und dieselbe wird auch die Freude über den wirklichen Friedensschluß dämpfen, wie überhaupt eine solche ganz unerwartete und für unmöglich gehaltene Enttäuschung auf jeden Fall in diesem Zeitpunkt hätte vermieden werden müssen, wo wir in wenigen Tagen die Wahlen in den Reichstag vorneh - men, und die Gegner, ihre alten Vorwürfe gegen Preußen wieder hervor - holend, sagen werden: es habe dieses wohl zu seinem besseren eigenen Schutze das für die Franzosen schmerzlichste Opfer der Abtretung von Metz durchgesetzt, aber dafür das für die Vertheidigung Süddeutschlands so nothwendige Belfort den Franzosen aus Courtoisie zurückgegeben.

Die Mißstimmung wird aber auch noch gerade in dem Moment erregt wo am Oberrhein ein wahres Werderfieber herrschte, und man sich gegenseitig darin zu überbieten suchte wie man die tapfere Vertheidigung vor Belfort würdig ehren könne. Nicht bloß Ehrengaben kamen für Werder in Vorschlag, sondern Freiburg will dem Lebenden sogar schon ein Denk - mal setzen, und andere Landestheile wollen ihm ein Landgut schenken. Auch darauf wird diese Enttäuschung wie kaltes Wasser wirken, und ich halte es daher für dringend nothwendig daß, sobald als möglich tüchtige strategische Stimmen dieses Zugeständniß rechtfertigen, den Ersatz dafür bestimmt nach - weisen und so wieder das Volk beruhigen. Heute wenigstens herrscht hier die erwähnte Stimmung vor, die sich theilweise dazu verstieg die Abweisung der Präliminarien in Bordeaux zu wünschen, und ziemlich allgemein die Ansicht hervorrief daß die Rückgabe von Belfort nur um so eher die Franzosen zu einem neuen Krieg gegen Deutschland veranlassen werde, in welchem wir sodann das heute Versäumte nachholen müßten.

Es thut mir leid in diesem wichtigen Augenblick, wo wir endlich vor dem ersehnten Frieden stehen, dieser Mißstimmung hier Ausdruck geben zu müssen, aber sie offenbarte sich ja auch schon sofort in allen Zeitungen des Landes welche diese Zurücknahme mit einem Frage = oder Ausrufungs - zeichen begleiteten, und daher selbst daran zu glauben sich scheuten!

* Wir haben im vorstehenden die Aeußerungen unseres Hrn. Cor - respondenten unverändert wiedergeben zu müssen geglaubt, da sie die An - sichten eines ansehnlichen Theils der Bevölkerung Süddeutschlands zum Ausdruck bringen, müssen aber bemerken daß wir dieselben -- insbesondere soweit sie die große Wichtigkeit der Festung Belfort betreffen -- nicht für richtig halten, und beziehen uns zum Belege dieser Meinung auf ein Urtheil welches der militärische Berichterstatter der Schles. Ztg. vor einiger Zeit, als die Festung noch nicht genommen war, fällte. Derselbe, dessen Urtheile sich bis jetzt immer als richtig und zutreffend erwiesen, schrieb: Sollte auf den Erwerb von Belfort vielleicht schließlich verzichtet werden müssen, so würde uns das damit zu bringende Opfer als ein unschwer zu verschmerzen - des erscheinen. Die Lage der Festung inmitten des natürlichen Thores welches sich zwischen den Vogesen und dem Jura öffnet und das obere Elsaß mit den Thälern des Oignon und des Doubs verbindet, gibt dem - selben zwar strategische Wichtigkeit, dennoch aber möchten wir davon ab - mahnen dieselbe zu überschätzen. Aller Voraussicht nach werden die fran - zösischen Gebiete an den Gränzen der Schweiz auch in einem künftigen Krieg immer nur ein secundäres Operationsgebiet bilden. Die Festung Belfort ist schon ihren Dimensionen nach keiner von denjenigen festen Plätzen welche bei einer Offensiv = Unternehmung gegen das obere Elsaß dem Feind außerordentliche Vortheile zu gewähren vermöchten. Bleibt es nicht in französischer Hand, so würde eintretenden Falles Besançon diesel - ben und wohl noch bessere Dienste zu leisten vermögen ... Eine deutsche Offensive gegen das südliche Frankreich, wie sie dießmal eingeleitet wurde, liegt jedenfalls nicht in dem Maß im Gebiete der Wahrscheinlichkeit daß bei den neuen Gränzbestimmungen auf dieselbe in entscheidender Weise Rücksicht genommen werden müßte; gegen eine Offensive von französischer Seite aber würde uns ein großes verschanztes Lager bei Mülhausen und Altkirch gewiß denselben, wenn nicht besseren, Schutz gewähren als der Besitz von Belfort. Diesem Urtheil des Militärs darf noch der politische Grund beigefügt werden: daß nämlich Belfort und seine nächste Umgebung französisch ist, und daß aus diesem Grund eine Einverleibung desselben, wenn nicht zwingende strategische Gründe dieselbe erheischen, unzweckmäßig erscheint. Auch darf nicht vergessen werden daß die Schweiz in dem Verzicht auf Belfort ein wichtiges Zugeständniß an ihre Jnteressen erblicken wird. Seien wir zufrieden mit den Bedingungen des langersehnten Friedens; sie enthalten mehr als wir je erwarten zu können glaubten!

1023

Circulardepesche des Grafen Bismarck vom 17 Febr. 1871.

Berlin, 27 Febr. Der St. = Anz. ist in den Stand gesetzt die folgende Circulardepesche des Kanzlers Grafen v. Bismarck zu veröffent - lichen:

Versailles, 17 Febr. 1871. Seit Erlaß meines Circulars vom 9 v. M. über die völkerrechtswidrige Kriegführung der Franzosen sind von den Militärbehörden und von anderer Seite neue Fälle zu meiner Kennt - niß gebracht worden.

Jn dem Gefechte bei Le Mans am 11 Januar sind nach dem Bericht des Generals v. Kraatz = Koschlau von dem Feinde mehrfach Sprenggeschosse aus Handfeuerwaffen angewendet worden. Eine gleiche Anzeige ist dem General v. Tresckow über die Gefechte bei Montbéliard in der zweiten Hälfte des verflossenen Monats zugegangen. Jn Betreff beider Vorgänge sind gerichtliche Erhebungen im Gange. Daß bei dem Ausfall aus Paris am 19 Januar mehrere Verwundungen deutscher Truppen durch kleine Sprengkugeln vorgekommen sind, wird durch eine Anzeige des General - arztes der dritten Armee bescheinigt, und welche Wirkungen diese Geschosse in einem bestimmten Falle gehabt haben, ist in einem Berichte des Divi - sionsarztes der zur dritten Armee gehörigen Garde = Landwehr beschrieben. Von beiden Schriftstücken beehre ich mich Abschrift beizufügen. Eine ähn - liche in dem Gefecht bei St. Jean erhaltene Verwundung ist an einem Unterofficier des oldenburgischen Jnfanterieregiments Nr. 91 durch den Armeegeneralarzt Dr Löffler constatirt. Das Geschoß, in die Vorderseite des Schenkels eingedrungen, hatte keine Ausgangsöffnung wie bei gewöhn - lichen Schußcanälen hinterlassen, dagegen die innern Weichtheile und die Hinterseite des Schenkels durch furchtbare Brandwunden zerrissen. Endlich liegt ein Beweisstück französischen Ursprungs darüber vor daß sich ver - tragswidrige Sprenggeschosse im Besitz der Pariser Garnison befunden haben. Nach dem Aufstandsversuche des 101. Marschregiments vor dem Hôtel de Ville am 22 Januar erließ der Maire von Paris, Jules Ferry, eine in den Pariser Blättern abgedruckte Mittheilung an die Maires der Arrondissements, in der es wörtlich heißt:

Die Häuser welche dem Hôtel de Ville gegenüberliegen waren im vor - aus besetzt worden, und es wurde von dort ein lebhaftes Feuer auf das erste Stockwerk des Hôtel de Ville eröffnet, welches die Spuren davon zeigt. Es ist bemerkenswerth daß sich unter den Wurfgeschossen viele Spreng - kugeln und kleine Bomben befanden.

Verwundungen deutscher Patrouillen durch Schrot sind an mehreren Orten vorgekommen, und bei den Gefechten südlich von Tours, vom 19 bis zum 24 Januar, in zwei Fällen bewaffneten Bauern Gewehre abgenommen worden die mit gehacktem Blei geladen waren.

Auch von Verletzungen der Genfer Convention, Ermordungen und barbarischen Verstümmelungen sind neue beklagenswerthe Beispiele zur Anzeige gebracht worden.

Am 30 November v. J. wurde der badische Stabsarzt Dr. Klein in Nuits, während er mit dem Verbinden Verwundeter beschäftigt war, von feindlichen Soldaten überfallen und durch Gewehrschüsse, sowie durch Kol - benschläge auf den Kopf getödtet. Diese von zwei unverdächtigen Zeugen erhärtete Thatsache wird sogar durch das Zugeständniß des französischen Generals Cremer bestätigt. Letzterer räumte dem an demselben Tage gleich - falls bei Ausübung seines Berufs gefangen genommenen Stabsarzt Dr. Klehe gegenüber die Erschießung des ec. Klein und zweier andern Gefan - genen ein.

Bei Villarie, Kanton Naveil bei Vendôme, wurde am 1 Januar die Leiche eines Soldaten vom ostpreußischen Cürassierregiment Nr. 3 aufge - funden dem laut ärztlichem Befund beide Augen aus den Höhlen geschnitten waren. Auch aus der Gegend von Montbéliard sind ähnliche Schand - thaten gemeldet worden, über die eine nähere Untersuchung im Gang ist.

Vielfach sind im Bereiche des vierzehnten Armeecorps Fälle vorge - kommen daß Aerzte und Krankenwärter gefangen genommen und entweder gar nicht, oder erst nach tagelangen Mißhandlungen verschiedener Art, als Steinwürfen des Pöbels in den Städten durch die sie geführt wurden, und dergleichen, wieder in Freiheit gesetzt worden sind. Einer dieser Aerzte, der Stabsarzt Dr. Bürck, war in der Lage constatiren zu können daß dem vorgenannten General Cremer die Bestimmungen der Genfer Convention, seinem eigenen Zugeständnisse nach, gänzlich unbekannt waren. Einem andern in gleicher Lage befindlichen Arzt, dem Dr. Müller, wurde von einem französischen Major, als er seinen neutralen Charakter geltend machte, erwiedert: Berufungen auf die Genfer Convention würden nicht respectirt. Entsprechend dieser in der französischen Armee leider weit verbreiteten und in die Praxis übertragenen Anschauung, ist das Personal des sechsten Feld - lazareths des vierzehnten Armeecorps, welches beim Abzuge der deutschen Truppen aus Dijon am 27 December v. J. mit den Kranken zurückgeblieben war, kriegsgefangen nach Nizza und von dort nach Lourdes, Departement der Basses = Pyrénées, geführt; es ist ferner die Freilassung eines bei dem Ueberfalle von Fresnes St. Mamés gefangen genommenen Delegirten der freiwilligen Krankenpflege und dreier Lazarethgehülfen von dem Com - mandanten von Besançon beharrlich verweigert, und es sind endlich nach der Räumung von Vésoul die in dem dortigen Lazareth befindlichen schwer - verwundeten und kranken deutschen Soldaten in Gefangenschaft geführt worden.

Eure ec. ersuche ich ergebenst dem Hrn. Minister der auswärtigenAngelegenheiten eine Abschrift dieses Erlasses und seiner Anlage mittheilen zu wollen. v. Bismarck.

Anlage I. St. Germain en Laye, 22 Jan. 1871. Ew. Hochwohl - geboren mache ich, in der Voraussetzung daß höhern Orts die Mittheilung einschlägiger Fälle gewünscht wird, hiedurch folgende Meldung:

Am 19 Januar ist der Lieutenant Barbenés vom Jnfanterieregiment Nr. 50, welcher bei dem an diesem Tage erfolgten Ausfall durch einen Gewehrschuß aus nächster Nähe in den rechten Oberarm verletzt worden war, in meine Behandlung gekommen.

Der Schußcanal beginnt in der Ellenbogenbeuge am vordern Rande des Musculus biceps mit einer sehr kleinen Oeffnung von dem Umfang eines kleinen Fingers, läuft über die äußere Fläche des Oberarmknochens, ohne denselben beschädigt zu haben, hinweg, und endet mit einer 3 Zoll langen Rißwunde an dem obern Drittheile der Außenseite des Oberarms.

Die Eigenthümlichkeit der Verletzung, nämlich die ungeheuer große Ausgangsöffnung, im Verhältniß zu der kleinen Eingangsöffnung, die vollständige Zertrümmerung der ganzen Musculatur, sowie die umfang - reiche Ablösung vom Knochen mit anfangs starker venöser Blutung, liefert den deutlichen Beweis daß sie durch eine Explosionskugel zu Stande ge - kommen sein muß. (Gez. ) Dr. Starck, Divisionsarzt der Garde = Landwehr - Division. An den königl. Armee = Generalarzt der III. Armee, Ritter hoher Orden, Hrn. Dr. Boeger, Hochwohlgeboren.

Anlage II. Br. m. s. p. r. Dem königl. Obercommando der III. Armee zur Kenntniß gehorsamst überreicht mit dem Hinzufügen daß bei dem letzten Ausfall in mehreren Fällen derartige Verwundungen mit Zerreißungen der Weichtheile, welche nur durch Sprenggeschosse möglich sind, beobachtet wurden. (gez. ) Boeger, Armee = Generalarzt der III. Armee.

Deutsches Reich.

sym5 München, 28 Febr. Der k. Feldzeugmeister Prinz Luitpold, welcher während des ganzen Feldzugs als Bevollmächtigter Bayerns im deutschen Hauptquartier fungirte, wird nach mehr als siebenmonatlicher Abwesenheit bis nächsten Sonnabend hier zurückerwartet. -- Wie wir ver - nehmen, wird eine größere Anzahl bayerischer Staatsbeamten, namentlich auch der Justiz, in den Dienst des Reiches treten, und demnächst An - stellungen in Elsaß = Lothringen erhalten. -- Hr. v. Arnim ist aus Rom hier eingetroffen, und wird nächster Tage nach Berlin weiter reisen.

Karlsruhe, 25 Febr. Ueber den gegenwärtigen Stand der Can - didaturen zum Reichstag gibt die Bad. L. Z. folgende Uebersicht: 1. Wahlbezirk (Ueberlingen, Pfullendorf, Meßkirch, Stockach, Radolfzell, Konstanz) Abg. Eckhard (nat. = lib. ), Frhr. v. Bodmann (ultram. ) (de - mokratisch vacant). 2. W. = B.: Abg. Kirsner (nat. = lib.), Fürst zu Für - stenberg (ultram. ) (demokr. vacant). 3. W. = B. (Jestetten, Waldshut, Säckingen, St. Blasien, Schopfheim, Schönau, Neustadt) Abg. Hebting (nat. = lib.), v. Stotzingen (ultram. ) (demokr. vacant). 4. W. = B. (Lör - rach, Müllheim, Staufen, Breisach), Frhr. v. Roggenbach (nat. = lib.) (ultram. und demokr. vacant). 5. W. = B. (Freiburg, Emmendingen, Wald - kirch), Oberbürgermeister Fauler (nat. = lib. Annahme noch ungewiß), Pro - fessor Alban Stolz (ultram. ) (demokr. vacant). 6. W. = B. (Kenzingen, Ettenheim, Lahr, Wolfach) Abg. Kiefer, Part. Dahmen (ultram. ) (de - mokratisch vacant). 7. W. = B. (Offenburg, Gengenbach, Oberkirch, Kork) Abg. Eckhard (nat. = lib. ), Abg. Roßhirt (ultram. ) (demokr. vacant). 8. W. = B. (Achern, Bühl, Baden, Rastatt) Abg. Renk (nat. = lib.), Abg. Len - der (ultram. ), Graf Berlichingen (demokr., Aufstellung und Annahme unbestimmt). 9. W. = B. (Gernsbach, Ettlingen, Durlach, Pforzheim) Fa - bricant Dennig (nat. = lib.), Notar Vogel (ultram. ), Rechtsanwalt Faas (demokr. ), Fabricant Mez (nat. = conserv.). 10. W. = B. (Karlsruhe, Bruch - sal) Prinz Wilhelm von Baden (nat. = lib. und nat. = conserv. ) (ultram. und demokr. vacant). 11. W. = B. (Mannheim, Schwetzingen, Weinheim), Abg. Lamey (nat. = lib.), Abg. v. Feder (demokr. ) (ultram. vacant. ) 12. W. = B. (Heidelberg, Eberbach, Mosbach) Abg. Kiefer (nat. = lib.), Dr. Mittermayer (demokr.). 13. W. = B. (Sinsheim, Eppingen, Bretten, Wiesloch, Philippsburg) Abg. Lamey (nat. = lib. ), Frhr. A. v. Göler (nat. = conserv. ) (ultram. und demokr. vacant). 14. W. = B. (Buchen, Wall - dürn, Wertheim, Tauberbischofsheim) Dr. Herth (nat. = lib. ), Bischof Ketteler von Mainz (ultram. ) (demokr. vacant). Sonach hat aufgestellt die nat. = lib. Partei 14 Bewerber, nämlich: die HH. Eckhard (zweimal), Kirsner, Hebting, v. Roggenbach, Fauler, Kiefer (zweimal), Renk, Dennig, Prinz Wilhelm von Baden, Lamey (zweimal) und Herth; die national - conservative Partei 3 Bewerber: die HH. Mez, v. Göler und Prinz Wilhelm (letztern gemeinschaftlich mit den Nat. = Lib.); die ultramon - tane Partei 8 Bewerber, nämlich: die HH. v. Bodmann, Fürst v. Für - stenberg, Stolz, Dahmen, Roßhirt, Lender, Vogel und Bischof Ketteler; die demokratische Partei, mit Ausnahme der noch ziemlich nebelhaften Bewerbung des Grafen Berlichingen, 3 Bewerbungen; nämlich: die HH. Faas, v. Feder und Mittermayer. Wir glauben übrigens daß im letzten Augenblick, namentlich von ultramontaner Seite, noch manche Bewerbung auftauchen wird, da die Leiter derselben entschlossen scheinen ihre Batterien erst im letzten Augenblick zu demaskiren. Neuere Nachrichten wollen wis - sen daß von ultramontaner Seite im 7. Wahlkreis Abg. Lender, im 8. der Abg. Lindau aufgestellt sei.

1024

*** Mainz, 28 Febr. Die Wahlbewegung ist hier zur Zeit eine sehr lebhafte. Am Sonntag fand im kurfürstlichen Schlosse, im sogenann - ten Akademiesaal, große Versammlung der Fortschrittspartei statt, an welcher wohl 1200 Personen theilnahmen, und welche sich mit großer Be - geisterung für die Wahl Bambergers aussprach. Heute hält die demo - kratische Partei, welche nach einigem Schwanken Hrn. Dr. Alexis Dumont aufgestellt hat, ihre Wahlversammlung; doch läßt sich behaupten daß diese Partei in einer sehr schwachen Minderheit bleiben und höchstens 12 bis 1500 Stimmen auf sich vereinigen wird, obwohl auch unsere Social - demokraten Hrn. Dumont ihre Stimmen geben wollen. Bedenklicher ist die Candidatur Moufangs, des Regens und Domcapitulars, für welche mit dem bekannten Eifer und mit den bekannten Mitteln agitirt wird. Gestern Abend hielt Hr. Moufang u. a. einen Vortrag über die Arbeiter - frage, zu welcher alle Arbeiter und Arbeitgeber von Mainz eingeladen waren; die 90 Proc. Arbeiter unter der Gesammtbevölkerung, die Wehr - osigkeit derselben den Fabrikherren und überhaupt dem Capital gegenüber, dann die unbillige Besteuerung (welche mit höchst tadelnswerther Absicht - lichkeit so dargestellt wurde als ob die bessergestellten Classen absolut, nicht relativ weniger Steuern bezahlten als die Arbeiter) spielten in diesem Vor - trag eine große Rolle, und als Heilmittel wurden nicht nur Gesetze gegen Frauen = und Kinderarbeit, gegen übertriebene Arbeitszeit, gegen ungesunde Fabriklocale u. dgl., sondern auch gegen zu niedrigen Lohn und gegen willkürliche Entlassung von Arbeitern verlangt, und nicht minder, ganz in Lassalle'schem Sinne, die Hergabe von Staatssub - vention für Arbeiter = Associationen, da ja der Staat auch Garantie für den Ertrag von Eisenbahnen übernehme. Auf solche Weise erfüllt die Kirche ihre humanistische Aufgabe. Einstweilen ist es nicht unwahrschein - lich daß weder Bamberger noch Moufang die absolute Mehrheit erhält und also eine Nachwahl stattfinden muß. -- Aus der Eingangs erwähnten Ver - sammlung im Akademiesaal verdient ein charakteristischer Vorfall mitge - theilt zu werden. Hr. Bamberger sprach sich mit großer Heftigkeit über das Ministerium Dalwigk aus, und äußerte unter anderm: von den deut - schen Grundrechten, die er aufstellen würde, gälte sicherlich §. 1 der Be - seitigung dieses Ministeriums. Zum Belege wie unhaltbar dasselbe der neuen Gestaltung der Dinge gegenüber sei, führte er sodann die Thatsache an daß zu den Verfassungsverhandlungen in Versailles Hr. v. Dalwigk nicht gleich den übrigen süddeutschen Ministern eingeladen worden sei, son - dern erst habe anfragen lassen müssen ob sein Erscheinen nicht auch ge - wünscht werde; und gegenwärtig wieder, wo man die süddeutschen Minister anläßlich der Friedensunterhandlungen nach Versailles eingeladen habe, sei Hr. v. Dalwigk der einzige an den eine solche Einladung nicht ergangen. Während die Versammlung in stürmischen Beifall ausbrach, glaubte der anwesende Polizeibeamte sich dieser Anführung gegenüber seines Vorge - setzten annehmen zu müssen, und drohte mit Auflösung wenn in diesem Sinn weiter gesprochen werde. Die hieraus entstehende heftige Aufre - gung wurde durch die Erklärung des Redners beschwichtigt: er halte zwar sein Recht so zu sprechen wie er gesprochen für zweifellos, wolle aber, mit Rücksicht auf den Polizeibeamten selbst und dessen peinliche Lage diesen Gegenstand verlassen. Uebrigens wird auch mir aus guter Quelle versichert daß es wohl in nicht zu ferner Zeit mit dem Dalwigk'schen Regiment zu Ende gehen werde. -- Zur Feier des Friedens wird auch Mainz eine Be - leuchtung veranstalten; gelegentlich der Uebergabe von Paris war ange - regt worden die Kosten einer Beleuchtung lieber für wohlthätige Zwecke zu verwenden. Damals mochte dieß in der Ordnung sein. Eine Friedens - feier aber läßt die Stadt sich nicht nehmen, und auch für den Empfang der heimkehrenden Truppen sind die großartigsten Vorbereitungen schon im Gange.

Berlin, 27 Febr. Der Bundesrath hielt heute Nachmittags um 2 Uhr unter Vorsitz des Staatsministers Delbrück eine Plenarsitzung. Nach Verlesung des Protocolls theilte der Vorsitzende den Wortlaut des amtlichen Telegramms über Unterzeichnung der Friedens = Präliminarien, beziehungs - weise Verlängerung des Waffenstillstands, mit. Auf Antrag des Präsi - diums erklärte sich demnächst die Versammlung damit einverstanden daß die vom Norddeutschen Bund erlassenen Ausfuhrverbote, soweit sie be - stehen, durch kaiserliche Verordnung wieder aufgehoben werden sobald der Friede abgeschlossen ist. Durch kaiserliche Verordnung sind in die Aus - schüsse für Landheer und Seewesen ernannt: I. Landheer und Festungen: Preußen, Baden, Sachsen, Mecklenburg = Schwerin, Sachsen = Coburg und Anhalt. II. Seewesen: Preußen, Mecklenburg = Schwerin, Oldenburg, Lübeck, Bremen. Sodann wurden folgende Vorlagen eingebracht und an die betreffenden Ausschüsse verwiesen: Handels - ec. Vertrag mit Honduras (Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten); Antrag Badens wegen Zoll - einschluß des auf Schweizer Gebiet belegenen Theils des Bahnhofes zu Constanz; Anträge Badens zum Schadenersatz = Gesetz; Entwurf der Norma - tiv = Bedingungen für Hafenregulative; Antrag Hessens wegen der Umzugs - kosten für die zu den vereinsländischen Hauptämtern in den Hansestädtenzu entsendenden Beamten; Antrag Braunschweigs zu dem Schadenersatz - Gesetz; Antrag Hamburgs wegen der Zollvereinsniederlagen; ein Antrag, betreffend die Abfertigung von Branntwein aus dem Zollvereins = Gebiet zum Transit nach Elsaß und Lothringen; Antrag Mecklenburgs wegen des Weinzoll = Rabatts; Antrag Württembergs wegen derjenigen württember - gischen Orte die nach dem Wechselstempel = Gesetz als ein Ort zu betrachten sind. Hiernach wurden nach kurzer Berichterstattung, und zwar überall in Gemäßheit die Ausschuß = Anträge, angenommen: der Antrag Oldenburgs wegen Aenderung der Gränze des Freihafenbezirkes Brake, zweitens die Vorlage über die Wahlkreise in den süddeutschen Staaten und der Entwurf der Geschäftsordnung. Schließlich kam eine Anzahl von Eingaben zur Erledigung. Die oben erwähnten Anträge Badens zu dem Schadenersatz Gesetze betreffen zunächst die Erstattung des gesammten Vermögensnach - theils welchen der Getödtete während der Krankheit durch Verlust oder Ver - minderung der Erwerbsfähigkeit erlitten hat. Ferner Verjährung der Forderung nach zwei Jahren vom Tage der Verletzung auch gegen Min - derjährige und diesen gleichgestellte Personen. Endlich einige Bestimmun - gen, wonach in den Fällen in denen die Landesgesetze einen höheren Ersatz - anspruch gewähren als das Reichsgesetz, das Landesgesetz in Kraft bleibt. (K. Ztg.)

(--) Berlin, 27 Febr. Sämmtliche öffentliche Gebäude und eine große Anzahl von Privathäusern haben sich jetzt für die bevorstehenden Friedensfeste gerüstet. Nach dem Wetteifer bei den Vorkehrungen für die Jllumination zu schließen, wird Berlin in dieser Richtung einen beispiel - los feenhaften Glanz entfalten. Man kann sich daher denken in welcher fieberhaften Spannung uns das Ausbleiben bestimmter Nachrichten über die Lage der Friedensverhandlungen erhält. Niemals griff die Bevölke - rung gieriger nach den Extrablättern als gestern, da sie von den fliegenden Zeitungsverkäufern unter den bestechendsten Friedensgesängen ausge - schrieen wurden. Aber der Jnhalt dieser Extrablätter entsprach nicht ent - fernt den pomphaften Ankündigungen, und nie sah ich verblüffte Mienen in solcher Menge als an diesem Tag. Jndessen tröstet man sich ziemlich allgemein mit der Hoffnung daß der heutige Tag der peinigenden Ungewiß - heit ein Ende bereiten werde. Wenn man übrigens hie und da sich nicht ganz der Sorge entschlagen kann daß die Feindseligkeiten heute wieder beginnen werden, so ist die Ursache eben in jener Ungewißheit zu suchen, deren beängstigender Eindruck durch den in den letzten Tagen bewerk - stelligten ziemlich starken Nachschub von frischen Streitkräften wesentlich erhöht wird. Bis jetzt hat dieser Pessimismus jedoch noch nicht sehr an - steckend gewirkt. Und in der That liegt ja in der zwingenden Kraft der Thatsachen eine ziemlich sichere Bürgschaft für das Zustandekommen des Friedens. Durchaus willkürlich und unberechtigt ist übrigens die Unter - stellung Brüsseler Blätter daß die Berufung der süddeutschen Minister nach Versailles deßhalb erfolgt sei, weil es sich bei den Bestimmungen des Friedens hauptsächlich um die Deckung des süddeutschen Gebiets durch Elsaß und Lothringen handle. Jhre Einladung ist vielmehr aus keinem andern Grund als aus dem des Rechts und der Pflicht erfolgt. Der Bundeskanzler war zu einer solchen Hinzuziehung der Südstaaten zu den Friedensverhandlungen durch das Versprechen verpflichtet welches diesen Staaten von unserer Seite bei Ausbruch des Krieges ertheilt worden war, und letztere hatten auch ohne dieses Versprechen ein Anrecht auf eine Be - theiligung an den Friedensverhandlungen kraft der Thatsache daß sie als selbständige Alliirte des Norddeutschen Bundes mit in den Krieg gegen Frankreich gezogen waren. Eine bedeutende Mitschuld an dem Ausbruch dieses Krieges hatte unsere Presse dem letzten französischen Militärbevoll - mächtigten am hiesigen Hof, Oberst Stoffel, zur Last gelegt, weil derselbe angeblich in allen seinen Berichten sich sehr wegwerfend über die Leistungs - fähigkeit der preußischen Armee ausgesprochen habe. Wie man sich er - innert, hatte der Oberst Stoffel unter dieser Jnsinuation sehr arg zu leiden. Schon damals trat ich jenen Ausstreuungen mit der Erklärung entgegen daß Oberst Stoffel im Gegentheil mit der höchsten Anerkennung über den Geist, die Disciplin, die Bewaffnung und die Führung der preußischen Armee nach Paris berichtet, und mit allem Freimuth sich dahin ausgespro - chen habe daß die französische Armee der unsrigen nicht gewachsen sei. Wie sehr ich zu diesem Widerspruch berechtigt war, beweist der jetzt vom Staats = Anzeiger veröffentlichte Wortlaut der Stoffel'schen Berichte, die unter den geheimen Papieren des französischen Kaiserreichs in den Tuile - rien entdeckt worden sind. -- Das Gerücht daß nach dem Friedensschluß eine allgemeine Landestrauer für die in diesem Kriege gebliebenen Söhne des Vaterlandes angeordnet werden soll, ist schwerlich begründet, obgleich dasselbe der Corresp. Zeidler von beachtenswerther Seite bestätigt wird. Wahrscheinlich wird man das Andenken der Gefallenen nicht durch eine allgemeine Landestrauer, sondern durch ein feierliches Todtenamt ehren. Vielleicht wird sich dasselbe an die Einzugsfeierlichkeiten schließen, und an jenes die großartige Feier der Enthüllung des Denkmals Friedrich Wil - helms III. Außerdem stehen noch in Aussicht die feierliche Enthüllung1025des Sieges = Denkmals und der Schiller = Statue. Die erbeutete Riesen - kanone Valérie wird wohl gleichzeitig mit dem Kaiser hier eintreffen und im Castanienwalde neben den drei in den Freiheitskämpfen erbeuteten Geschützen gegenüber dem Zeughaus aufgestellt werden. -- Die von den hiesigen Blättern schon gemeldete Berufung der Provinciallandtage gleich nach dem Schlusse des Reichstages hat ihre ausschließliche Veranlassung in der Nothwendigkeit der Einsetzung von Organen für die Handhabung, resp. Ausführung des Bundesgesetzes, betreffend den Unterstützungs - wohnsitz. -- Jn sämmtlichen hiesigen Wahlbezirken ist die Wiederwahl der bisherigen Reichstagsabgeordneten gesichert. Von conservativer Seite sind dießmal die im vorigen Jahr gescheiterten Versuche einen Compromiß mit den Nationalliberalen herzustellen nicht wieder erneuert worden. Jm fünften Wahlbezirke wollen die Conservativen dem Candidaten der Fort - schrittspartei, Hrn. Franz Duncker, in erster Linie den General v. Werder, in zweiter den vortragenden Rath im Cultusministerium Hrn. Linhoff entgegenstellen, die weiter vorgeschrittenen Demokraten den Dr. Johann Jacoby. Linhoffs Candidatur scheint auf einem Compromiß zwischen den Katholiken und den Conservativen zu beruhen, wird aber ebensowenig gelingen wie die Candidatur Werders oder diejenige Jacoby's. Die Ka - tholiken wollen sonst selbständig wählen und für den geistlichen Rath Müller stimmen, für welchen mit mehr Aussicht auf Erfolg in einem schlesi - schen Wahlbezirk gewirkt wird.

Oesterreichisch = ungarische Monarchie.

sym13 Wien, 28 Febr. Alle Parteien rüsten. Dem deutschen Partei - tage, dieser Versammlung virorum obscurorum -- mit geringen Aus - nahmen, die sich in dieser Umgebung sichtlich wenig behaglich fühlten -- ist gestern ein Arbeitertag gefolgt, der freilich erst dann gestattet wurde als derselbe sein Programm der Socialdemokraten in ein harmloseres Pro - gramm der Arbeiterpartei umgetauft. Das Ergebniß der Debatte war abermals eine Resolution, dießmal des Jnhalts daß die Partei ihre Unterstützung des neuen Cabinets von der Gewährung directer Wahlen, unbeschränkter Preßfreiheit und vollen Vereins = und Versammlungsrechts abhängig mache. Neu und nicht ganz bedeutungslos war daß die ein - zelnen Redner nicht mehr als Arbeiter N. N., sondern als Bürger N. N. zur Tribüne gerufen wurden. -- Der Gesandte in Berlin, Graf Wimpffen, ist hier angekommen und sofort nach Graz weiter gegangen. Familienangelegenheiten haben seine Anwesenheit veranlaßt, und er wird nach Ordnung derselben in kürzester Frist auf seinen Posten zurückkehren. -- Abermals droht der alten Garde des Burgtheaters ein schwerer Ver - lust. Ludwig Löwe, schon seit längerer Zeit seiner Bühnenthätigkeit ent - zogen, ist seiner Auflösung nahe.

sym10 Wien, 28 Febr. Die Ernennung des bisherigen Leiters der Triester Statthalterei, Hofraths Fidler, zum Sectionschef im Unterrichts - ministerium hat in allen Kreisen guten Eindruck gemacht. Durch diese Ernennung ist auf den so hochwichtigen Posten nunmehr ein seiner Cha - rakterreinheit und wissenschaftlichen Bildung halber hochgeachteter Mann gestellt. Fidler ist in weitern Kreisen -- er war bekanntlich unter Schmer - ling Preßleiter -- zu sehr als ein unparteilicher und besonders in religiösen Angelegenheiten vorurtheilsfreier Mann bekannt, als daß nicht seine Be - rufung beruhigend auf diejenigen wirken sollte welche eine rückschreitende Bewegung in unsern Cultus = und Unterrichtsangelegenheiten besorgten. Würde das Ministerium in dieser Weise fortfahren sich für die verschiede - nen Ressorts nach den geeigneten Männern -- wirklichen Capacitäten -- umzusehen, so könnte es ihm am Ende wohl noch gelingen manche seiner Gegner zu bekehren und das ihm -- mit Recht oder Unrecht -- entgegen - getragene Mißtrauen zu beschwichtigen. -- Von unterrichteter Seite wird mir versichert daß Graf Hohenwart mit dem Hinweis auf die even - tuelle Abhängigmachung gewisser auf erweiterten Befugnissen beruhen - der Landtagsbeschlüsse von der Entscheidung des Reichsraths nur den Weg andeuten wollte auf welchem die Regierung die Herbeiführung eines Ausgleichs -- um uns des vielmißbrauchten Ausdrucks zu bedienen -- für möglich hält. Auch hören wir daß die Regierung entschlossen ist sich keineswegs auf einen weitern Schriftenwechsel mit den Landtagen im Wege von Adreßantworten und Rescripten einzulassen, und daß sie die Verhandlungen der Landtage mit dem Reichsrath für den geeignetsten modus procedendi hält.

Schweiz.

Bern, 27 Febr. Der erste diplomatische Vertreter welcher Hrn. Thiers, dem neuen Lenker der Geschicke Frankreichs, officiell seine Aufwartung gemacht hat, war Dr. Kern. Jules Favre, welcher, als der Gesandte der Schweiz sein neues Beglaubigungsschreiben überreichte, ge - genwärtig war, soll hierin ein gutes Omen für die Fortexistenz der fran - zösischen Republik erblickt haben; Gedanken ganz anderer Art mögen in Hrn. Thiers aufgestiegen sein. Jmmerhin soll auch er die dankbarsten Worte für das schnelle Entgegenkommen der Schwesterrepublik gehabthaben. J. Favre hatte dem Bundesrath durch Vermittlung der französi - schen Gesandtschaft in Bern auf telegraphischem Weg für seine schnelle Wiederaufnahme des amtlichen Verkehrs bereits wie folgt gedankt: Die Freundschaft des Schweizer Volkes ist uns theurer als je, und wenn Gott es zugibt daß wir unsere jetzigen Schwierigkeiten überwinden, so werden wir keine Gelegenheit versäumen um ihr die Aufrichtigkeit der unsrigen zu beweisen. Auch der neue französische Kriegsminister sandte dem Bun - desrath durch Hrn. Dr. Kern ein Dankschreiben. Dasselbe lautet wört - lich: Das Kriegsministerium hat durch gefällige Vermittlung des Ober - sten Favre die Listen der in Deutschland internirten französischen Militärs erhalten, welche durch die Fürsorge des schweizerischen internationalen Comit é's entworfen worden sind. Das Kriegsministerium hält es für seine Pflicht der Gesandtschaft für ihre bei dieser Gelegenheit geleisteten guten Dienste bestens zu danken. Bei diesem Anlaß sei auch ausgesprochen wie tief sich die französische Regierung für die Sympathien verpflichtet fühlt mit welchen die Schweiz inmitten einer so grausamen Prüfung unsere Ar - mee bei sich aufgenommen hat. Diese Gefühle sind die des ganzen Lan - des, das sich lebhaft gerührt fühlt durch die Bemühungen Jhrer Mitbür - ger die Leiden unserer Soldaten zu lindern. Endlich hat Frankreich der Schweiz einen thatsächlichen Dank für ihre Sympathien bereits dadurch abgestattet daß die Zollverwaltungen in Bordeaux, Marseille, Besançon, Bourg und Chambéry Weisung erhielten die Aus = und Einfuhr von Ge - treide, Mehl, Futter und Meersalz nach der Schweiz zu gestatten. -- Hinsichtlich des Verkaufs der Pferde der Ostarmee, welcher seit einigen Tagen begonnen, vernimmt man daß bis jetzt überraschende Erfolge er - zielt worden sind. Für nur noch einigermaßen im guten Zustande be - findliche Thiere wurde nicht unter 300 Fr. gezahlt, ja die Preise stiegen sogar bis auf 600 Fr. und darüber. Die Mehrzahl der Käufer sind fran - zösische Juden.

Frankreich.

Der nichtamtliche Theil der Amtszeitung vom 25 gibt die Zusam - mensetzung der 8 Commissionen welche, jede aus 45 Mitgliedern (3 von jedem Bureau) bestehend, den Zweck haben die Nationalversammlung über 1) den Stand der Militärmacht, 2) den Zustand der Marine 3) den Zustand der Finanzen, 4) den Zustand der Eisenbahnen, Straßen, Flüsse und Canäle, 5) den Stand der Post = und Telegraphenverbindungen, 6) den Stand der inneren Administration, 7) den Zustand der besetzten De - partemente, 8) den Zustand des allgemeinen Handels von Frankreich, auf - zuklären.

Der Constitutionnel schließt einen Artikel in dem er die Aussicht auf das Zustandekommen des Friedens bespricht mit den Worten: Wir sind besiegt, und derart besiegt daß der Sieger uns fast auf Gnade oder Ungnade in seiner Hand hat. Das muß man begreifen, und warum, von unserer Seite, solange der Widerstand uns möglich schien, wir ihn ener - gisch und entschlossen verlangten, und daß wir uns jetzt gar nicht gede - müthigt fühlen unser Land zur Resignation aufzufordern. Wir haben un - sere Pflicht gethan; unsere Ehre ist unangetastet; aber der hartnäckigste Wille verschwindet vor der Nothwendigkeit.

Die vorgestern mitgetheilte Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika ist einem Theile der französischen Presse sehr verdrießlich, und selbst die am meisten gemäßigten Blätter, wie das J. des Débats und der Temps, können nicht umhin ihrem Unwillen und, wie sie angeben, ihrem Erstaunen über die Haltung des Generals Grant Luft zu machen. Das Siècle sagt mit Entrüstung: Kein Wort der Sym - pathie für Frankreich; gerade im Gegentheil ein pomphaftes Lob Deutsch - lands, welches der Präsident vom Gesichtspunkte der Jnstitutionen der Vereinigten Staaten rühmt. Dieser sonderbare Vergleich wird gar viele Leute in Erstaunen setzen, ohne selbst Hrn. v. Bismarck auszunehmen; Graf Bismarck wird ganz besonders entzückt sein über das Vergessen Frank - reichs seitens des Präsidenten der Vereinigten Staaten. -- Das J. des Débats meint: wenn auch General Grant große Aehnlichkeit zwischen den Verfassungen des deutschen Reichs und der nordamerikanischen Repu - blik finde, so übersehe er dabei daß noch viel größere Verschiedenheiten be - stehen. Bemerkenswerth sei jedoch in der Präsidentenbotschaft die Stelle welche von der durch die Stammesverwandtschaft erzeugten großen Jnti - mität zwischen Deutschland und Amerika spricht, weil sie beweise daß in Folge der beständigen Emigration der letztern Jahre und der Mischung der Racen die Vereinigten Staaten heute weniger englisch als deutsch sind. Man darf demnach nicht darüber erstaunen wenn die Botschaft des Gene - rals Grant ohne irgendwelchen Vorbehalt so lebhafte Sympathien für Deutschland ausspricht. Ohne irgendetwas zu übertreiben, kann man sagen daß wir noch bei dieser Gelegenheit eine der Früchte unserer Expedition von Mexico ernten -- eines Unternehmens, wie die bonapartistischen Organe Sorge trugen es sehr laut zu schreien, welches ausgeführt wurde um die Entwicklung der angelsächsischen Race zu Gunsten der lateinischen Race zurückzuhalten. Nun aber ist die Unfähigkeit dieser unglückseligen bona - partistischen Politik so groß, daß wir in dieser schrecklichen Krisis welche wir durchmachen nicht einmal die Völker der lateinischen Race für uns haben.

1026

Aus den Hauptquartieren in Versailles, 21 Febr. berichtet der St. = Anz. : Die Stadt Paris verfehlt nicht sich für die ausländische Hülfe die ihr bei der Wiederverproviantirung zutheil geworden, durch Dankschreiben und Adressen erkenntlich zu erweisen. Dagegen hat es noch kein Journal für der Mühe werth erachtet des Factums zu gedenken daß die erste Unter - stützung den Parisern von deutscher Seite dargebracht worden ist. Woran es gleich nach der Capitulation am meisten fehlte, war bekanntlich Mehl. Als Jules Favre bei Beginn seiner Unterhandlungen in Versailles um Ueberlassung eines größeren Quantums von diesem Verbrauchsartikel bat, erhielt von allerhöchster Stelle der General = Jntendant der Armee, General v. Stosch, den Auftrag 60,000 Ctr. Mehl gegen taxmäßigen Preis zur Disposition des Gouvernements der nationalen Vertheidigung zu stellen, und das Gouvernement machte denn auch von dieser Wohlthat zum großen Theil Gebrauch. Die um Paris führende Demarcationslinie mußte der - artig gezogen werden, daß sie durch mehrere größere Ortschaften vor der Stadt mitten hindurch läuft. So fallen z. B. von der Vorstadt St. Denis die nördlichen Quartiere in den preußischen, die südlichen in den französi - schen Rayon. Als die deutschen Truppen in St. Denis einrückten, waren die Vorräthe an Lebensmitteln gänzlich erschöpft, und da Paris sich wei - gerte die von den Deutschen besetzten Stadttheile ferner zu verproviantiren, so war hier eine Bevölkerung von einigen tausend Seelen auf die Gnade der Deutschen angewiesen. Se. Majestät vollzog einen Act kaiserlicher Huld, indem Allerhöchstdieselben befahlen, daß der Stadt 15,000 Portio - nen, nach dem reichlichen Maßstab welcher in der Armee üblich ist, unent - geltlich dargereicht würden. Die angesehenern Journale von Paris, die für Ordnung und Frieden sind, zollen sämmtlich der staatsmännischen Klug - heit mit der Thiers in der Sitzung des 17 Febr. die Kammer von einem in seinen Folgen nicht zu übersehenden Fehlschrittt bewahrte die höchste Anerkennung. Die stenographischen Berichte, die jetzt vorliegen, lassen keinen Zweifel daß die Versammlung in Gefahr war sich von Empfindungen fort - reißen zu lassen die mit der realen Lage der Dinge nicht in Einklang zu bringen gewesen sein würden. Der Verfasser der Lettres Girondines -- der besten und unbefangensten Berichte welche von Bordeaux aus nach Paris geschrieben werden -- bemerkt zu dem Vorfall: daß die Kammer beinahe die Unbesonnenheit begangen habe das bekannte Wort Jules Favre's: keinen Zollbreit Landes und keinen Stein von unseren Festungen zu wiederholen. Die Formel von Ferrières -- heißt es in jenem Bericht -- sanctionirt von der National = Versammlung! Das ist sehr schön, es ist ergreifend, es ist patriotisch, aber es ist -- unpraktisch. Keine Jllusion kann Stich halten vor dem gegenwärtigen Verhältniß der deutschen und der französischen Streitkräfte. Das Blatt dem diese Berichte zufließen, der National, ein der neuen Regierung nahestehendes Organ, beurtheilt die Gruppirung der Parteien die zur Ernennung des Hrn. Thiers geführt hat, in derselben Weise wie dieß in früheren Berichten des Staats = Anzeigers bereits angedeutet wurde. Er constatirt daß die Trennung zwischen den Orleanisten und den mit den Klerikalen verbundenen Legitimisten jeden Ge - danken einer monarchischen Gestaltung für den Augenblick unmöglich gemacht hat. Der stolze Trotz (morgue) und das Mißtrauen mit welchem die Par - teien des, ancien régime dem Orleanismus begegneten, hätten diesen -- so ist die Ansicht des genannten Blattes -- in sein natürliches Lager, den. 〈…〉〈…〉Liberalismus, hinübergeführt. Auf diese Weise -- lautet die Schluß - folgerung wörtlich -- hat sich eine große liberale Partei gebildet, die, ohne orleanistisch oder republicanisch zu sein, einfach liberal und fortschritt - lich ist. Mit Hülfe dieser Partei ist Thiers ohne Beschränkung (restric - tion) zum Oberhaupte der Executivmacht ernannt. Dieß ist zugleich die Partei die endlich bei uns die gemäßigte Republik begründen wird. Ver - gleicht man hiermit die Rede welche Thiers am 19 Februar vor der Ver - sammlung in Bordeaux bei Uebernahme der Präsidentschaft des Minister - conseils gehalten hat, so steht fest daß er die Frage der Verfassungsforma - tion bis zur Wiederherstellung des Friedens, der Ordnung und der ma - teriellen Wohlfahrt vertagt haben will.

Jtalien.

= = Rom, 19 Febr. An einem unruhigen Tag mußte der Papst vor seiner Flucht nach Gaëta in die Verweisung der Jesuiten aus der Stadt willigen; dem Befehle wurde ohne Bedenken gehorcht, so daß man noch vor Abend desselben Tags die Nachricht est locanda (zu vermiethen) am Portal des römischen Collegiums für das Publicum angeschlagen fand. Der Orden scheint jetzt noch einmal in den Fall wie 1848 kommen zu sollen, nur mit dem Unterschied daß dießmal nicht wie damals tumultuarisch, sondern unter der Leitung einer soliden Autorität wider ihn vorgegangen werden dürfte. Der Circolo Cavour hat eine Aufforderung an Roms Einwohner erlassen, eine Petition an die Kammern um die Entfernung der Gesellschaft Jesu aus Rom und den römischen Provinzen zu unter - zeichnen. Nicht wenige Väter werden die Entscheidung gar nicht abwarten, vielmehr dem Beispiel derer folgen die bereits freiwillig ihre Convicte verließen und sich in Civilkleider steckten, hier zu bleiben oder von dannen zu ziehen. Ohne die Predigten des Paters Curci, unter denen eine Philip - pica wider die hohen und höchsten Personen des neuen Regiments den Ausschlag gab, wäre es wohl noch nicht so weit gekommen. -- Ein Erlaß Cardinal Patrizi's über die Civilehe ist bemerkenswerth. Nach frühern Aeußerungen des Generalvicariats und den betreffenden Vorschriften fürdie Pfarrer hätte man von dieser Seite her nur eine unwandelbare Oppo - sition dawider erwarten sollen, die schließlich bloß die natürliche Folge der Erklärungen des Papstes in seinen Allocutionen und des Syllabus des vaticanischen Concils gewesen wäre. Dagegen wird den Pfarrern in dem Erlaß eine einlenkende Praxis zur Pflicht gemacht, denn die Civilehe wird unter den gegenwärtigen Umständen für ein unabweisliches Jnstitut hingenommen und zugelassen, vorausgesetzt daß der Ehebund vorher den kirchlichen Segen vom Priester erhielt. -- Der Maskenzug der Kreuzritter am Mittwoch wird von den Klerikalen als eine nichtswürdige, verbreche - rische, ruchlose Beleidigung Jtaliens, der ganzen katholischen Welt, ja Gottes selber verdammt. Sie behaupten: der Papst und kein anderer sei mit dem Führer gemeint gewesen, weil auf seiner Fahne l'infallibilità zu lesen war. Die siebenzig Kreuzritter waren übrigens nicht, wie sie sagen, der größern Zahl nach Fremde, sondern ohne Ausnahme Römer.

China.

Aus Peking enthält das J. de St〈…〉〈…〉. Pétersbourg höchst pikante Mittheilungen über den weiteren Verlauf der im Juni vorigen Jahrs vorgefallenen Christenmetzeleien in Tien = tsin. Bekanntlich wurden im October 16 Jndividuen hingerichtet welche als Theilnehmer an dem Morde der Katholiken bezeichnet waren, und der französische Geschäftsträger hatte es sich nicht nehmen lassen dieser seinem Lande gewährten Genugthuung beizuwohnen. Wie sich jetzt herausstellt, waren die Hingerichteten jenen Gräuelthaten ganz fremd geblieben; es waren zum Tode verurtheilte Ver - brecher, denen man das Geständniß der Mitschuld an jener Metzelei dadurch abkaufte daß man ihnen versprach für ihre Familien zu sorgen; es war abgemacht worden wie viele Verbrecher die Civil = und wie viele die Mili - tärbehörde beizustellen habe. Gleichzeitig fiel aber auch das Haupt eines unschuldigen Studenten, dessen sich der Commandant von Dagu aus Ei - fersucht entledigen wollte. Jhre gemeinschaftliche Geliebte mußte gegen den Studenten Zeugniß ablegen; die Sache kam jedoch ans Tageslicht, und der Commandant soll nun seines Amtes entsetzt werden. Besser ver - traut mit der chinesischen Justiz, hat deßhalb der russische Generalconsul in Tientsin es verweigert seine Zustimmung zur Hinrichtung jener vier Chine - sen zu geben welche als die Mörder der damals gefallenen drei Russen von den Behörden bezeichnet werden. Er verlangt namentlich daß die Schuldi - gen in seiner Gegenwart verhört werden, was bis jetzt verweigert wurde. Uebrigens ist die nach Frankreich abgesandte Mission, unter Anführung von Tschun = heu aus 27 Personen bestehend, bereits auf dem Wege; sie soll dem Kaiser der Franzosen Genugthuung bieten für jene Gräuelthaten, sich aber gleichzeitig nach London und St. Petersburg begeben; die Dauer der Reise ist auf sechs Monate festgesetzt. Jn Schanghai, wo sich die Ge - sandtschaft aufhielt, soll der englische Consul den Botschafter auf offener Straße gezwungen haben sein Palankin zu verlassen und beim französi - schen Consul einzukehren um dort Abbitte zu thun. Die Einheimischen, denen die Mission ohnehin Widerwillen einflößt, freuten sich der Demüthi - gung des Botschafters und prophezeiten ihm noch viel schlimmere Dinge bei seiner Ankunft in Europa. Tientsin soll nächstens der Sitz des Gene - ral = Gouverneurs der Provinz Tschi = li werden, welcher bisher in Bao = din = fu residirte; es soll dadurch eine größere Aufsicht über die Fremden und Ein - heimischen erzielt werden; der Posten eines Commandanten der drei nörd - lichen Hafenstädte wird abgeschafft; die Consuln treten in directen Verkehr mit dem General = Gouverneur, und die Garnisonen werden in Tien = tsin und Dagu erheblich vermehrt.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Washington, 30 Jan. Zur Waffenausfuhr wird der N. Pr. Z. geschrieben: Endlich hat sich die hiesige Administration veranlaßt gesehen den von der gesammten deutsch = amerikanischen Presse verdammten Waffen - schacher durch das Kriegsministerium zu verbieten. Seit Anfang dieses Jahres waren Extra = Arbeiter im hiesigen Arsenal beschäftigt Waffen und Munition zu verpacken, und zwar von der besten Sorte, welche sofort zu Eisenbahn nach Fort Lafayette und Governor's Jsland im Hafen von New = York verschickt wurden, woselbst die französischen Dampfer sie für Frankreich in Empfang nahmen. Außerdem wurden von Washington 64 neue gezogene Geschütze mit Laffetten und Geschirren dorthin versandt. Das beweist daß die nördlichen Vereinigten = Staaten = Arsenale wahrschein - lich nichts mehr zu verschicken gehabt haben. Daß man schließlich doch noch ein solches Verbot von Seiten der hiesigen Regierung erlassen, wird dem Hrn. Grant und seiner Administration schlecht zu stehen kommen. Der Krieg ist hoffentlich bald vorüber, und dadurch der Waffenschacher so wie so seinem Ende nahe, und deßhalb wäre es wohl ziemlich überflüssig gewesen jetzt noch damit zum Vorschein zu kommen. Namentlich gab es noch viele Deutsche welche, durch Parteirücksichten verblendet, in dem Wahne verharrten daß die Regierung kein Recht habe den Waffenverkauf zu sistiren. Da es nun aber doch geschehen ist, so werden selbst die der Grant'schen Partei freundlich Gesinnten fragen: warum der Präsident dieß nicht früher gethan habe. Das Verdienst dieses Verbot erzwungen zu haben, gebührt dem hiesigen Rechtsanwalt Louis Schade, einem gebornen Berliner oder Brandenburger. Bisher war von dem Waffenschacher nichts im Congreß vorgekommen. Die drei deutschen Repräsentanten Schurz, Finkelnburg und Degener hatten aus Parteirücksichten nicht gewagt diese so wichtige Angelegenheit weder im Senat, noch im Hause zu berühren. 1027Schade brachte die Sache endlich in den Congreß dadurch daß er am 23 Jan. durch den Repräsentanten Boyd von Missouri ein Memorial im Hause einreichen ließ. Dasselbe wurde an das Comit é für Militär - Angelegenheiten überwiesen, dessen Vorsitzer, General Logau, vorher die Versicherung gegeben hatte daß er gegen den getriebenen Waffenschacher sei. Die Ueberweisung an dieses Comit é ist wohl der Hauptgrund des obigen Verbots, welches schon am nächsten Tage, am 24 Jan., erfolgte. Logau, ein ehemaliger Volontär = General von Auszeichnung, ist nicht gut auf Grant, Sherman und andere aus der Kriegsschule von West = Point hervorgegangene Generale, welche das Kriegsdepartement inne haben, zu sprechen. Früher schon hat sich bei andern Gelegenheiten eine gewisse Eifersucht zwischen beiden Parteien geoffenbart. Da nun Logau kürzlich zum Senator von Jllinois (auf 6 Jahre) gewählt worden ist, und deßhalb keine besondere Rücksicht auf Grant und dessen Administration zu nehmen hat, so war diese Ueberweisung gerade an Logau's Comit é den Waffen - schacherern sehr unangenehm, um so mehr als sie weit mehr Waffen verkauft haben als bekannt ist, und, um eine Untersuchung zu verhindern, ent - schlossen sie sich den Handel aufzugeben. Schade's geschicktes Manöver wird von allen Seiten anerkannt, nur Schurz scheint damit nicht einverstanden zu sein, um so mehr als ihm ein politischer Gegner (Schade ist Demokrat) in einer so wichtigen Angelegenheit zuvorgekommen ist. Es ist hier kein Geheimniß daß die Regierung nicht schlechte, sondern die besten Waffen an französische Zwischenhändler verkauft hat. Ohne diesen Waffenverkauf wäre der Krieg längst vorüber.

Verschiedenes.

* Literarisches. Wieder unser. Gedenkblätter zur Geschichte dieser Tage v. Berthold Auerbach. (J. G. Cotta'sche Buchhandlung. Stutt - gart. ) Der patriotische Dichter, der anerkannterweise viel zur Verständigung zwischen Nord und Süd gewirkt hat, bietet hier ein farbenreiches Bild der Stim - mungen und Zustände bei Ausbruch und im Fortgange des Krieges. Die Mitlebenden werden die Treue und Tiefe seiner Darstellung freudig begrüßen, und für die Geschichte wird dieses Buch eine lebendige Quelle bilden. Der Hr. Verfasser sagt in seinem Vorwort: Ein kleiner Beitrag zur großen Ge - schichte unserer Tage. Was ich, in der Stimmung des Augenblicks, auf Reisen und in Ruhestunden durch flüchtige Merkzeichen mir festhielt, gebe ich hier in kurzen Ausführungen. Jch behalte die fragmentarische Form bei. Autor und Leser haben jetzt nicht Sammlung für zusammenhängende abgerundete Dar - stellungen. Auch mußte ich mich über so vieles und mannichfaltiges ausspre - chen, daß ich das Einzelne nur anregen konnte. Jch berufe mich dabei gern auf ein Wort Karl Augusts von Weimar, der auch aus dem Kriege (am 2 Oct. 1793), aus dem Lager von Pirmasens, an Goethe schrieb (Briefwechsel, Bd. I, S. 190): Jch habe (die Resolution) in Aphorismen eingekleidet ... und da - durch communicabler einzurichten geglaubt.

Die Erderschütterungen dauern fort. Zum Beleg aus vielen Be - richten nur folgende zwei Notizen. Die H. Z. meldet aus Hanau, 25 Febr.: Heute Morgens, kurz vor 9 Uhr, wurde abermals eine sehr heftige gegen 5 Secunden andauernde Erderschütterung verspürt. Manche Gebäude erzitterten in ihren Grundvesten. Der D. Z. schreibt man aus Nieder = Beerbach, 26 Febr: Nach dem heftigen Erdstoße der am 12 Febr. Vorm. halb 11 Uhr die beim Gottesdienst versammelte Gemeinde so erschreckte, daß viele laut aufschrieen, be - merkte man hier tägliche, aber nur geringe Erschütterungen, zum Theil mit dumpfem Rollen, bis gestern früh 8 Uhr 49 Minuten wieder ein sehr heftiger Stoß erfolgte, der das ganze Haus erbeben, die Schränke wanken, Gläser klir - ren ließ, und etwa 25 Secunden, sich allmählich mindernd, andauerte. Die Kinder in der Schule schrieen und weinten; Holzmacher erzählten: das Rauschen und Widereinanderschlagen der Bäume habe ihnen Schrecken eingejagt; dazu seien zwei Mauern der Ruine Frankenstein mit Getöse theilweise eingestürzt, so daß die Leute entsetzt aus dem Walde heimliefen. Von diesem ersten Stoß an erfolgten in größern oder geringern Unterbrechungen bis zum Abend noch neun Erschütterungen; zwischen Mitternacht und halb 1 Uhr wieder zwei Erschütte - rungen mit dumpfem Rollen. Fünf Minuten nach 4 Uhr Morgens wieder ein Stoß, der dem von gestern früh an Stärke nichts nachgab, von starkem Rollen begleitet, welches sich auch binnen einer halben Stunde noch viermal ohne Stoß wiederholte, und wie fernes Donnern klang. Auch dießmal war zu bemerken daß die Richtung der Stöße von Süd und Südwest her zu kommen schien.

New = York, 9 Febr. Ueber ein kürzlich von uns erwähntes Eisen - bahnunglück bringt die Frkf. Ztg. unter obigen Datum folgenden Bericht: Jn der Nacht vom 6 zum 7 Febr. ereignete sich in der Nähe von Poughkeepsie (Staat New = York) ein Eisenbahnunglück wie unser mit Eisenbahnunglücken leider so reich gesegnetes Land bis heute kein zweites in dieser Art aufzuweisen hat. Es war etwa eine halbe Stunde nach 10 Uhr des Abends als ein aus 30 Wagen bestehender Extragüterzug, der mit Petroleum beladen war, die Sta - tion Neu = Hamburg über New = York passirte. Eine kurze Strecke davon gerieth einer der Wagen aus dem Geleise, was jedoch der Locomotivführer nicht eher bemerkte als bis er auf die Brücke von Wappinger's Creek kam. Hier schien ihm etwas nicht recht in Ordnung, und er gab dem Zug neue Zugkraft, indem er den Dampf voll anließ. Der Effect war daß inmitten auf der Brücke der Wagen, der bereits aus dem Geleise war, auf das andere Geleis geschleudert wurde. Jn demselben Augenblicke brauste der Courierzug von New = York heran. Der Locomotivführer sah zwar den Wagen auf seinem Gleise liegen, aber keine menschliche Macht konnte den Zusammenstoß mehr vermeiden, undmit aller Macht fuhr der Expreßzug in den mit nichtraffinirtem Petroleum be - ladenen Wagen hinein. Ein markerschütternder Stoß, dann ein Aufflammen bis zum Himmel hinan und darauf eine furchtbare Explosion -- das war das Werk eines Augenblicks! Eine Secunde später ein neuer Krach, und die höl - zerne Eisenbahnbrücke bricht zusammen, und der ganze Courierzug mit dem in Flammen stehenden Petroleumwagen stürzt hinunter in den zugefrornen Fluß! Aus mehr denn 50 menschlichen Kehlen dringt ein Schrei der gräßlichsten Todes - angst durch die Luft; oben der Zug hat diese letzten Rufe Verunglückter hören können, während sie ihre Todesfahrt von 200 Fuß von der Brücke herunter in den Fluß machten; dann erfolgte ein Krachen und Zischen, wie wenn Feuer mit Wasser sich mengt -- und es ward still in der Tiefe. Alle die im Courier - zuge waren, sie hatten wenige Minuten darauf ihr Leben ausgehaucht! Am Morgen des 7 Febr. brachte man die Leichen aus dem Wasser. Sie waren schrecklich verstümmelt, denn nicht allein der Sturz in die Tiefe und in das Eis hinein hatte seinen furchtbaren Effect auf die Verunglückten gehabt, sondern auch das brennende Oel hatte seine Spuren auf den Körpern zurückgelassen, und einige Gesichter sind total verkohlt. Einen wahrhaft schrecklichen Anblick ge - währten 33 in einem Salonschlafwagen befindliche Leichen, welche bunt durch - einander lagen und sich meist zwei zu zwei umschlungen hielten. Mehrere der Frauen waren reich gekleidet und mit Juwelen bedeckt. Andere der verunglück - ten Passagiere sind derart verbrannt daß die Gesichter ganz unkenntlich sind; Feuer und Wasser haben ihr äußerstes gethan.

Jndustrie, Handel und Verkehr.

Berlin, 27 Febr. Vorgestern ist die rühmlichst bekannte, bisher im Besitze des Dr. Strousberg gewesene, ehemals Egestorff'sche Locomotiv = und Ma - schinen = Fabrik zu Linden bei Hannover in den Besitz einiger der angesehensten Bankhäuser Hannovers durch Kaufvertrag übergegangen, und es soll auf der Basis derselben eine Actiengesellschaft begründet werden. -- Jn der am Sonnabend ab - gehaltenen Generalversammlung der Betheiligten der Norddeutschen Paket - Beförderungs = Gesellschaft standen folgende Punkte auf der〈…〉〈…〉 Tagetordnung: 1) die Genehmigung des mit dem persönlich haftenden Gesellschafter Hrn. Reinecke geschlossenen Bertrags über sein Ausscheiden als persönlich haftender Gesellschafter, 2) die Auflösung der Gesellschaft, 3) Wahl der Liquidatoren. Nach einer sehr lebhaften Debatte, in welcher es auch an gegenseitigen Vorwürfen der mannickfasten Art nicht fehlte, wurde ad 1 die Genehmigung mit sehr bedeutender Mehrheit abge - lehnt, und ad 2 die Liquidation der Gesellschaft einstimmig beschlossen. Zum Li - quidator hatte die Opposition unter andern auch Hrn. S. A. Keitger in Posen aufgestellt. Nachdem Hr. Vallette die in den verschiedenen agirenden Cirenlaren von Hrn. Krüger gegen die Direction und speciell gegen Hrn. Vallette vorge - brachten Angriffe durch die Acten der Gesellschaft und durch Belege widerlegt hatte, wurde indessen Hr. Krüger nicht gewählt, dagegen ernannte die Versamm - lung die HH. Kaufmann Theodor Lassally und Director Hermann Geber hier mit sehr bedeutender〈…〉〈…〉 Mehrheit zu Liquidatoren, welche gemeinschaftlich mit den persön - lich haftenden Gesellschaftern Hrn. Vallette und Reinecke das Amt auszuüben haben werden.

Berlin, 27 Febr. Die Börse war im gestrigen Privatverkehr anfangs matt, später fest; auch heut eröffnete sie auf speculativem Gebiet etwas matter, obwohl die Nachricht von der Unterzeichnung der Friedenspräliminarien bekannt war. Auch später wurde die Haltung der Börse nicht viel fester. Das Geschäft war nur in der Liquidation von Ausdehnung; anfangs stellten sich überall Deports heraus, später wurde für Franzosen bis 1 / 4 Thlr. Report bezahlt; für Lombarden 1 / 8 Thlr. Deport. Banken und Eisenbahnen wenig belebt; Rheinische in gutem Verkehr. Jnländische und deutsche Fonds fest, inländische höher, Schatzanweisun - gen, Bundes = Anleihe und Köln = Mindener Prämien Antheilsscheine (95 1 / 2) belebt. Von Russen Prämien = Anleihen aus Mangel an Stücken etwas höher, wenigstens neue, gesucht, Bodencredit höher und lebhaft, alte etwas knapper. Jn inländischen Prioritäten fand ein gutes Geschäft statt, namentlich in 5proc., in Halberstädtern, 5proc Oberschlesischen und Aachen = Mastrichtern, russische fest aber still, österreichische schwach behauptet; amerikanische fest, Fort = Wayne begehrt und 2 bis 3 Procent höher, Alabama fest und auf die Nachricht von der Couponsbezahlung höher Ungarische Loose wurden mit51 1 / 8 heute gehandelt. Oldenburger37 3 / 8 G.

Frankfurt a. M., 28 Febr. Württ. 5proc. Oblig. 99 7 / 16 bez; 4 1 / 2 proc 93 3 / 8 bez. ; 4proc. 86 1 / 4 G.; 3 1 / 2 proc. 83 G.; bad. 5proc. Odl. 99 1 / 2 bez. ; 4 1 / 2 proc 93 G.; 4proc. 87 bez; 3 1 / 2 proc. 84 1 / 4 G.; pfälz. Max = B. 109 1 / 4 bez. 4proc. hess. Ludw. = B. 137 1 / 8 bez. : bad. 35fl. = L. 61 bez. ; kurh. 40Thlr. = L.64 5 / 8 G.; nass. 25fl. L.38 1 / 2 P.; großh. hess. 50fl. = L.170 1 / 4 P.; 25fl. = L.49 1 / 2 P.; Ausbach - Gunz. 7fl. = L. 12 P.; Pistolen fl. 9.42 -- 44; doppelte fl. 9.43 -- 45; preuß. Friedrichsd'or fl. 957 1 / 2 58 1 / 2; holl. 10fl. = Stück fl. 9.54 58;〈…〉〈…〉 Ducaten fl. 5. 35 -- 37; Ducaten al marco fl. 6.36 -- 38; Napoleorsd'or fl. 9.24 1 / 2 -- 25 1 / 2; engl. Sover. fl. 11.53 -- 57. (Cursbl. d. Ver. Frkf. Ztgu.)

sym11 Frankfurt a. M., 27 Febr. Die Regierung des Kaiserreichs Brasilien hat mit dem Bankhause v. Rothschild in London ein fünf - procentiges Staatsanlehen im Betrage von drei Millionen Pfund Ster - ling abgeschlossen. Da die brasilischen Werthe von jeher an der Londoner Börse sehr beliebt sind, so wurde auch die neue Anleihe mit entsprechendem Vertrauen begrüßt und aufgenommen. Noch vor der Allotirung ward diese schon mit1 1 / 2 Procent Agio bezahlt. Zu bedauern ist daß ein solches Werthpapier, welches un - zweifelhaft gute Garantien bietet, nicht auch unseren deutschen Geldmärkten zuge - führt wurde. Auch in unseren Capitalistenkreisen dürften dergleichen solide Werthe für feste Geldanlagen willkommen sein, namentlich im Hinblick auf die nächste Zu - kunft, indem der Friedensschluß mit Frankreich in allen Ländern des deutschen Reichs viel Geld in Umlauf bringen wird, und deßhalb ein Steigen der meisten soliden und gut fundirten Werthe zu erwarten steht. Am meisten werden freilich hiebei die deutschen Papiere gewinnen, da von der Kriegsentschädigung auch den Einzelstaaten sehr beträchtliche Summen zufließen, und die voraussichtlich eintretende Tilgung von Staatsschulden das solide Material für feste Capitalanlagen nicht unerheblich vermindern dürfte.

Der Bericht des bleibenden Ausschusses des deutschen Handels - tags an den Reichskanzler über die handelspolitischen Beziehun -1028gen zu Frankreich lautet folgendermaßen: Der nahe bevorstehende Friedens - schluß zwischen Deutschland und Frankreich hat in den Kreisen der diesseitig mate - riell Betheiligten lebhafte und eingehende Erörterungen hervorgerufen. Eine Reihe von Thatsachen liegt vor welche die Erweiterung der politischen und wirthschaft - lichen Gränzen Deutschlands als außer Zweifel stehend erscheinen lassen. Es gereicht uns zu besonderer Genugthuung〈…〉〈…〉 hier aussprechen zu können daß in allen Handelskammern und kaufmännischen Corporationen des gesammten Zollvereins die Erkenntniß zu Tage getreten ist daß für die Einverleibung von Elsaß und Lothringen politische und nationale Motive für die speciellere Bestimmung der künftigen Gränze lediglich militärisch = technische Rücksichten maßgebend sein können. Und wir dürfen mit einigem Stolz hinzufügen daß auch die schweren wirthschaft - lichen Bedenken welche sich dagegen anführen ließen nirgends als unbesiegbar be - zeichnet worden sind. Jndem wir uns unsererseits der Thatsache〈…〉〈…〉 nicht verschlie - ßen daß durch die Erweiterung des Marktes nicht nur für den inländischen Con - sumenten, sondern für diesen Markt selbst dem ausländischen Consum gegenüber erhebliche Vortheile geschaffen werden, dürfen wir doch nicht verkennen daß einigen großen Jndustrien des Zollvereins, wie namentlich der Baumwollen = und Eisen - Jndustrie, durch die Einverleibung der gedachten bisher französischen Landestheile eine bedenkliche Concurrenz erwächst. Wenn aber selbst aus den betheiligten Krei - sen dieser Jndustrien ein Widerstreben gegen die Annexion nicht zu Tage getreten ist, so beruht dieß freilich auf Voraussetzungen deren Erfüllung der ehrerbietigst unterzeichnete bleibende Ausschuß des Deutschen Handelstags zu unterstützen auf das lebhafteste sich gedrungen fühlt. Die Form der Verkehrsbeziehungen zwischen Deutschland und〈…〉〈…〉 Frankreich ist gegeben durch den zwischen beiden Nationen im Jahr 1863 errichteten Handelsvertrag. Dieser Vertrag ist bereits vor Ausbruch des Kriegs unausgesetzt der Gegenstand mannichfaltiger und ernstlicher Klagen von Seiten des Deutschen Handels = und〈…〉〈…〉 Jndustrie = Standes gewesen. Nicht allein die Höhe des Zolltarifs, welcher jede〈…〉〈…〉 billige Parität zwischen den〈…〉〈…〉 Producenten beider Länder zu unsern Ungunsten vermissen läßt, sondern auch einzelne anderweitige Bestimmungen des Vertrags haben diese Klagen angenscheinlich begründet. Alle diese Uebelstände, namentlich aber die Normirung des〈…〉〈…〉 französischen Tarifs, erhal - ten ein wesentlich erhöhtes Gewicht durch Einverleibung solcher Territorien in denen die concurrirenden Jndustrien in größtem Maßstab vertreten sind, und welche, wenn ihnen durch den französischen Tarif der dortseitige Markt erschlossen wird, lediglich auf den deutschen Markt angewiesen sein werden. Dieser Gesichtspunkt erfor - dert nicht nur eine Berücksichtigung für die zollvereinsländische Jndustrie, sondern er ist ebenso durchschlagend für die Jndustrie der neu einverleibten Landestheile. Aus diesen Gründen müssen wir eine Revision des deutsch = französischen Handels - vertrags als durchaus nothwendig bezeichnen. Bei der Erörterung der Frage je - doch: was für den Augenblick am dringendsten erforderlich und was nach Lage der Dinge erreichbar ist, hat der ehrerbietigst unterzeichnete Ausschuß geglaubt die sofortige Herstellung irgendwelcher gesetzlichen Normen für den Verkehr zwischen den beiden Ländern an die Spitze seiner Desiderien stellen zu müssen. Es kann keinem Zwei - fel unterliegen daß beim Friedensschluß die Wiedererweckung des erloschenen Han - delsvertrags als das geeignetste〈…〉〈…〉 Mittel für diesen Zweck angesehen werden muß. Wir dürfen dabei rücksichtslos vertrauen daß es der Weisheit Ew. Excellenz ge - lingen wird bei Abschluß des Friedensvertrags diejenigen Maßregeln zu treffen welche eine Revision des Handelsvertrags in kürzester Frist sicherstellen, und zwar auf Grundlagen welche den Anforderungen unsers Handels und unserer Jndustrien ent - gegenkommen. Ew. Excellenz bitten wir zugleich uns zu gestatten in kürzester Frist eine Denkschrift Ew. Excellenz zu übergeben, welche die Tariffrage nach Maßgabe des in unsern Acten befindlichen Materials erörtert, und zugleich die Uebelstände ausführt welche aus den anderweitigen Bestimmungen des bisherigen Handelsver - trags wie auch einige Mißbräuche aufführt welche uns aus einer willkürlichen Jn - terpretation des Vertrags von Seiten der französischen Regierung erwachsen sind. Als solche erlauben wir uns schon heute namentlich und ganz bestimmt anzufüh - ren 1) das schiedsrichterliche Verfahren bei Beanstandung der Werthdeclaration, 2) die mißbräuchliche Ausgabe der titres d'acquits-à-caution, 3) die ungleiche Be - handlung von Schiffen. Unsere Bitte faßt sich daher dahin zusammen: daß es Ew. Excellenz gefallen möge, sofern schon bei Abschluß des Friedensvertrags integrirende Bestimmungen des bisherigen Handelsvertrags nicht modificirt werden können, diesen Handelsvertrag zwar sofort pure vorläufig wieder in Kraft treten zu lassen, gleichzeitig aber hochgeneigtest Sicherstellung für eine demnächstige Revision dessel - ben in der angegebenen Richtung nehmen zu wollen.

Berlin = Kiel. Von Seiten des Handelsministeriums ist einem Comit é die Erlaubniß zur Vornahme der generellen Vorarbeiten für die Herstellung einer Eisenbahn von Berlin über Schwerin und Lübeck nach Seegeberg, resp. Kiel, er - theilt worden.

Prag = Dux. Die Wiener Ztg. meldet die erfolgte Eröffnung dieser Eisen - bahn. Dieselbe soll von Prag (Smichow) nach Dux zum Anschluß an die Aussig - Teplitzer und an die Lobositz = Dux = Niklasberger Bahn gehen. Gleichzeitig wird eine Zweigbahn nach Brüx gebaut. Die constituirende Generalversammlung soll am 28 Februar in Prag stattfinden.

Bodensee = Gürtelbahn. Das heut ausgegebene Stück des R. = G. = Bl. bringt den am 27 August v. J. zwischen Oesterreich = Ungarn, Bavern und der Schweiz abgeschlossenen und am 11 December ratificirten Staatsvertrag über die Herstellung einer Eisenbahn von Lindau über Bregenz nach St. Margarethen, so - wie von Feldkirch nach Buchs.

Die neue Fünfzehn = Millionen = Anleihe der schweizerischen Eid - genossenschaft, auf welche die Zeichnungen im Anfang etwas zaghaft eingiengen, hat, wie wir bereits telegraphisch meldeten, kurz vor Ablauf des Termins einen unerwartet hohen Aufschwung genommen, so daß bedeutende Abminderungen der gezeichneten Summen stattfinden müssen. Das Gesammtergebniß der Subscrip - tionsliste beträgt nicht weniger als 105,250,000 Fr., also eine mehr denn sieben -fache Deckung. Obenan steht in der Zeichnungsliste der Kanton Zürich mit 27 Mill. Fr., ihm zunächst Baselstadt mit 23,689,500 Fr.

* Verloosungskalender für den Monat März 1871.

1März.Bayerische 4proc. 100 Thlr. = Loose von 1866. Gewinnziehung 1 Mai.
1Ocsterr. 100 fl. = Loose von 1864. Zahlung 1 Juni.
1Herz. Sachsen = Meiningen'sche 7 fl. = Loose von 1870〈…〉〈…〉 Zieh. 1 April.
1Stadt Augsburg 7 fl. = Loose von 1864. Zahlung 1 März.
1Graf Pappenheim 7 fl. = Loose von 1864. Zahlung 1 Juni.
1Stadt Brüssel 3proc. Loose von 1862 Zahlung 1 Juni.
1Stadt Ostender 25 Frcs. = Loose von 1858. Zahlung 1 Juli.
1Stadt Liller 3proc. 100 Frcs. = Loose von 1860. Zahlung 1 April.
1Stadt Neapel4 2 / 5 proc. 150 Fr. = Loose von 1868. Zahl. 1 Mai.
1Jtalienische Provinz Lerce 10 = Fr. = Loose.
1Stadt Bukarest 20 Fr. = Loose von 1869. Zahlung 5 März.
13Russisches 5proc. Prämien = Anlehen von 1866. Zahlung 13 Juni.
16Stadt Mailand 10 Frcs. = Loose von 1866. Zahl. 15 Juni
31Braunschweiger 20 Thlr. = Loose von 1868. Zahlung 30 Juni.
31Badische 35 fl. = Loose von 1845. Zahlung 1〈…〉〈…〉. Oct.

Neueste Posten.

Prag, 27 Febr. Gegen den Tschechenführer Barak ist eine Unter - suchung eingeleitet, weil mit ihm der französische Consul Lefaivre wegen Errichtung einer tschechischen Legion für Frankreich unterhandelt habe. (T. N.)

Pest, 26 Febr. Die officiöse Reform plädirt für die Befestigung von Pest = Ofen, und behauptet daß für die Versehung Ofens mit entspre - chenden Forts ein Plan bereits fertig sei. -- Der ungarische Katholiken - Congreß ist für den 9 März wieder einberufen worden. Derselbe wird das Elaborat des Siebenundzwanziger = Ausschusses, welcher von ihm behufs Ausarbeitung der Autonomie = Organisation aufgestellt worden, in Ver - handlung nehmen. Betreffs des genannten wichtigen Gegenstands hat die Minderheit des Ausschusses ein Separatvotum eingebracht.

Bern, 27 Febr. Heute trat die nationalräthliche Bundesverfassungs - Revisionscommission zusammen; Militärsection und Rechtssection erstatten kurzen Bericht. Die Berathungen werden voraussichtlich einige Wochen dauern. (Schw. M.)

Paris, 27 Febr. Die Amtszeitung sagt: Hr. Kern, als er ge - stern sein Beglaubigungsschreiben überreichte, sprach seine große Genugthu - ung darüber aus daß er zuerst im Namen der helvetischen Republik die republicanische Regierung begrüße welche Frankreich sich gegeben hat. Hr. Kern fügte hinzu: niemand sei mehr berechtigt aufrichtig deren Erfolg zu wünschen als die Schweizer Regierung, denn die Republik sei es welche ihrem Land Unabhängigkeit, Ordnung und Wohlfahrt gesichert habe; jedoch wenn sie zu diesem Erfolg gelangt sei, so sei es nur durch Wach - samkeit auf die Ausführung der Gesetze, mit einer Festigkeit die sie niemals verläugnet habe. Hr. Kern schloß, indem er daran erinnerte daß er Hrn. Thiers immer mit lebhaften Sympathien gefolgt sei in allen Phasen seiner poli - tischen Laufbahn; er sei glücklich gesehen zu haben wie er mit so viel Muth und Ergebenheit die schwierige Aufgabe übernommen habe die Uebel des Vaterlandes zu heilen und freie Jnstitutionen zu gründen. Thiers antwortete, indem er Hrn. Kern bat seine Regierung der Gesinnungen lebhaftester und aufrichtigster Freundschaft zu versichern. Unsere beiden Länder werden keine Mühe haben in engem Verbündniß zu leben. Sie lieben und achten sich und haben nur gemeinsame Jnteressen. Die Schweiz gibt uns so gute Beispiele, daß wir schuldig wären wenn wir ihr nicht Dank wüßten, und schuldiger noch wenn wir sie nicht nachahmten in dem was sie gutes gethan hat. Er schloß mit sympathischen Worten für Kern. -- Die meisten der heutigen Blätter kündigen an daß sie nicht erscheinen werden falls die Preußen in Paris einrücken. Alle Blätter rathen der Bevölkerung gegen den Einzug zu protestiren durch Schweigen und Theil - nahme = Enthaltung; sie mögen sich zurückziehen in ihre Häuser unter Schlie - ßung der Fensterläden. (T. N.)

Stockholm,〈…〉〈…〉 25Febr. Der Gesandte des Norddeutschen Bundes hat in einer Audienz bei dem Regenten die Annahme der Kaiserwürde seitens des Königs von Preußen angezeigt. -- Das Befinden des - nigs ist fortwährend besser. Seit mehreren Tagen ist derselbe fieberfrei. (T. N.)

Konstantinopel, 26 Febr. Der Basiret meldet die Ankunft eines außerordentlichen russischen Gesandten in Teheran. -- Aus Janina berichtet man daß 150 Räuber über die Gränze drangen; 40 wurden ge - fangen, ein Theil flüchtete in die Gebirge, ein anderer Theil gieng über die griechische Gränze zurück. -- Jn Bezug auf den tunisisch = italienischen Zwist hat nun auch die Pforte Stellung genommen, und behauptet allein berechtigt zu sein in auswärtigen Angelegenheiten für Tunis zu unter - handeln -- ein Anspruch der von Jtalien zurückgewiesen und auch bei der französischen Regierung auf Widerspruch gestoßen sein soll. (T. N.)

Dr. Kles 'Schrothisch-Diätetische Heilanstalt[40 -- 51] zu Dresden, Bachstraße 8, am Walde.

Brust =, Herzleiden, Magen =, Leber =, Darmkrankheiten, Scropheln, Syphilis, Flechten, Rheuma, Frauenkrankh., Bleichsucht, Nervenleiden ec. werden gründl. gebeilt. Regenerationscur bei Säfteverderbnissen. Prosp. gratis. Dr. Kles 'neuestes Werk üb. d. Heilverfahren: Schrothisch = Diätetische Heilmethode. Dresden, Wolfs Buchh. 1870.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
Author[unknown]
Extent8 images; 12171 tokens; 4440 types; 88567 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 61 . Augsburg (Bayern)1871.

Identification

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz1

Editorial statement

Editorial principles

Die Transkription erfolgte manuell im Double-Keying-Verfahren. Die Annotation folgt den formulierten Richtlinien.Besonderheiten der Transkription: Bogensignaturen: nicht übernommen.Druckfehler: ignoriert.fremdsprachliches Material: nur Fremdskripte gekennzeichnet.Kolumnentitel: nicht übernommen.Kustoden: nicht übernommen.langes s (?): in Frakturschrift als s transkribiert, in Antiquaschrift beibehalten.rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert.Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert.Vollständigkeit: vollständig erfasst.Zeichensetzung: DTABf-getreu.

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T10:54:52Z
Identifiers
Availability

Dieses Werk steht unter der "Creative Commons Namensnennung - Nicht kommerziell 3.0 Deutschland Lizenz" (CC-BY-NC).

Holding Library
Shelfmark
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.