PRIMS Full-text transcription (HTML)
Allgemeine Zeitung.
Nr. 80.
Augsburg, Dienstag 21 März 1871. Verlag der J. G. Cotta 'schen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Gosen.

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Uebersicht.

Die Störung der deutschen Siegesfeier in Zürich und ihre Lehren. I.

Deutsches Reich. München: Die neue Verfassungsurkunde des deutschen Reichs. Erbgroßherzog von Mecklenburg. Deutsche National - Lotterie. Deutscher Landwirthschaftsrath. Gefangenentransporte. Die bayerischen Staatseisenbahnen. Graf Arco. Dr. E. Förster. Würz - burg: Die medicinischen Facultäten. Berlin: Die Correcturen der neuen Gränze. Städtische Feierlichkeiten. Zur Eröffnung des Reichs - tags. Die Gebietsabtretung. Hr. v. Mühler. Ein neuer Pla - net. Vorlagen des Bundesraths. Zum Empfang des Kaisers und des Kronprinzen. Kaiser Napoleon. Aufmerksamkeit des Kaisers von Rußland. Prinz Wilhelm von Württemberg. Der kaiserliche Ge - burtstag und die deutschen Fürsten. Denkmal. Wahlen. Convention betreffend die Rückkehr der französischen Gefangenen.

Oesterreichisch = ungarische Monarchie. Wien: Die besondere Botschaft nach Berlin.

Großbritannien. Die Vermählung der Prinzessin Louise. Diploma - tisches. Aus dem Parlament. Deutsche Friedensfeier. Dr. Liebreich.

Frankreich. Anerkennung der Republik. Promulgationsformel. Ge - neral Uhrich. Die Abgeordneten der Linken. Unheimliche Anzeichen. Gustav Flourens. Der Montmartre. Deutschenhetze. Neue Blätter. Einiges aus der Presse. Ruhigere Zustände. Die Kriegsentschädigung. Das Tabakmonopol. Schutzzoll. Die an Deutschland abzutretenden Eisenbahnen. Volksversammlungen. Ministerrath. Milliarden.

Belgien. Brüssel: Die Conferenz. Ein Pamphlet. Marschall Leboeuf.

Jndustrie, Handel und Verkehr.

Neueste Posten. London: Eugenie. Herzog von Nemours. Brüs - sel: Ausweisung der Luxemburger aus Paris. Madrid: Die Köni - gin von Spanien.

Außerordentliche Beilage. Nr. 45.

Telegraphische Berichte.

Nachstehende Depeschen aus einem Extrablatt hier wiederholt.

(*) Kelheim. Bei der am 16 d. M. vorgenommenen Stichwahl erhielt der liberale Candidat, Gutsbesitzer v. Lottner, von Herrenziers - dorf 7161 von 11,659 Stimmen.

(*) Breslau, 19 März. Die Breslauer Hausblätter schreiben: Aus Rom wird von maßgebender Stelle mitgetheilt daß weder am 6 März noch nachher ein geheimes Consistorium stattgefunden habe, die gegenthei - lige verbreitete Nachricht ebenso wie die gemeldeten Vorgänge im angeb - lichen Constistorium am 6 März unrichtig seien. Richtig sei nur daß am 6 d. M. mehrere Bischöfe ernannt wurden.

O Kassel, 19 März. So eben um 11 Uhr 40 Minuten Morgens hat Napoleon Wilhelmshöhe verlassen, um über Frankfurt und Belgien nach England zu reisen. Er kam im offenen vierspännigen königlichen Wagen mit Vorreitern, vom Gouverneur Grafen Monts begleitet, an den Bahnhof, wo eine Ehrenwache vom 83. Regiment mit Musik ihn empfieng; letztere spielte bis zum Abgang des Zuges. Er nahm im Civil - anzug die Parade ab, dankte den Officieren, sprach denselben sein Bedauern aus ihnen nochmals Mühe verursacht zu haben. Graf Monts begleitete ihn eine Strecke. Husaren in Gala hatten den Bahnhof vor der zahlreichen Menge abgesperrt.

* Kassel, 19 März. Napoleons Reiseroute geht über Gießen, Köln, Aachen, Herbesthal, Verviers und ohne Aufenthalt daselbst über Brüssel, Ostende, Dover nach Chiselhurst. Der größte Theil des Reisegepäcks, Pferde und Wagen sind nach Arenenberg abgegangen.

R Heidelberg, 18 März. Die Wissenschaft und das Vaterland verloren heut einen ihrer besten Männer. Georg Gottfried Gervinus, ge - boren in Darmstadt am 20 Mai 1805, endete bald nach Mittag sein thätiges Leben in Folge einer von heftigem Fieber begleiteten Grippe, die ihn seit kaum einer Woche ans Bett fesselte, und zuletzt zu einer Gehirnlähmung führte.

(*) Paris, 18 März. Heute Morgens war eine Proclamation des Hrn. Thiers angeschlagen, worin er sich mit größter Entschiedenheit gegen diejenigen ausspricht welche durch ihre aufrührerische Haltung die Republik compromittiren und eine eigene Regierung aufrichten wollen. Jn der Proclamation heißt es: Die Regierung hätte längst vermocht sich der Geschütze auf Montmartre zu bemächtigen und jene verbrecherischen Men - schen der Gerechtigkeit zu übergeben, wenn sie nicht eine Frist hätte ge - währen wollen, innerhalb deren sich die Betrogenen von den Betrügern lossagen konnten. Thiers schildert darauf den trostlosen Zustand von Handel und Gewerbe, und fährt alsdann fort: Jm Jnteresse der Haupt - stadt und des Landes ist die Regierung nunmehr zum Handeln entschlossen. Jene verbrecherischen Menschen werden der Gerechtigkeit überliefert, die geraubten Geschütze den Arsenalen zurückgegeben werden. Hierzu rechnet die Regierung auf eure Unterstützung; mögen die guten Bürger sich von den schlechten trennen und die öffentlichen Gewalten unterstützen, so werden sie der Republik einen wichtigen Dienst leisten, welche durch fortdauernde Unruhen in der allgemeinen Meinung zu Grunde gerichtet würde. Wir würdigen euren gesunden Verstand, euren Patriotismus, eure Weis - heit, und nachdem wir diese Ankündigung erlassen haben, werdet ihr uns beistimmen wenn wir jetzt Gewalt anwenden; denn um jeden Preis und unverzüglich muß jetzt der Zustand der Ordnung und des allgemeinen Wohlbefindens vollständig und unerschütterlich wiederhergestellt werden.

(*) Paris, 18 März. Das J. des Débats dementirt das Ge - rücht als beabsichtige die Regierung eine Anleihe in dreiprocentiger Rente auszugeben. Jm Gegentheil, die Regierung sei entschlossen eine fünfpro - centige Anleihe abzuschließen; hierdurch sei eine Conversion in kurzer Zeit und eine wirksame Amortisation in einigen Jahren möglich. Der betref - fende Gesetzentwurf über den Abschluß einer fünfprocentigen Anleihe werde am nächsten Dienstag der Nationalversammlung vorgelegt werden. Es heißt: man habe mit dem Hause Rothschild betreffs der Anleihe contra - hirt, und es werde sich um2 1 / 2 Milliarden Franken handeln. Als Emis - sionscurs wird 85 genannt.

(*) Paris, 18 März, Nachmittags. Die Regierung entsandte in ver - gangener Nacht Truppenabtheilungen, welche die Stellungen auf Mont - martre besetzen sollten; es gelang denselben die Mehrzahl der Kanonen zu entfernen. Die Gendarmerie verhaftete 400 Personen. Heute Morgens rückten Nationalgarde = Bataillone von Belleville vor das Gefängniß und befreiten sämmtliche Gefangene. Die Nationalgarden waren anmarschirt, den Gewehrkolben oben tragend. Vinoy hatte Truppen um Montmartre herum aufgestellt, und in jeder auf Montmartre mündenden Straße Mitrailleusen auffahren und gegen dieselben richten lassen. Auf Verlangen1346des Volkes ließen die Truppen die Fortschaffung der Mitrailleusen zu. Auf Montmartre fraternisirte die Linie mit der Nationalgarde. Auf dem Platze Pigalle wollte ein Chasseur = Lieutenant sich von der umdrängenden Menge losmachen, und machte dabei drohende Bewegungen mit dem Säbel, worauf ihn das Volk tödtete. Beiderseits fielen darauf Flintenschüsse, wo - bei mehrere verwundet wurden. Die Linientruppen verließen ihre Stel - lungen und fraternisirten mit dem Volke, welches sich zweier Mitrailleusen bemächtigte. Viele Bataillone Nationalgarde ziehen nach Montmartre, alle den Gewehrkolben nach oben haltend, mit dem Rufe: Es lebe die Republik!

(*) Paris, 18 März, Abends. Die Lage hat sich nicht wesentlich geändert. Die Stimmung ist noch sehr erregt. Die Militärbehörde hat die Truppen, soweit möglich, aus den aufrührerischen Faubourgs zurück - gezogen. General Farron, welcher auf Montmartre mit mehreren Truppen eingeschlossen war, hat sich durchgeschlagen, wobei die Truppen, da sie die Barricaden überstiegen, vom Bajonnette Gebrauch machten. General Comte und mehrere andere Officiere werden vermißt; sie sind wahrschein - lich im Château Rouge gefangen. Ein Generalstabsofficier wurde mit dem Bajonnett niedergestoßen; General Paturel ist verwundet. Auf Mont - martre, in Belleville und St. Antoine werden Barricaden erbaut. Die Truppen hatten auf Montmartre 40 Geschütze genommen, wovon die Aufständischen am Morgen 5 wiedernahmen ohne Widerstand von Seite der Linientruppen. Die Regierung erließ eine Proclamation an die Nationalgarde, worin es heißt: Man verbreitet das absurde Gerücht die Regierung beabsichtige einen Staatsstreich; indessen die Regierung der Republik hat keinen andern Zweck, und kann keinen andern haben, als das Heil der Republik. Die getroffenen Maß - regeln waren unumgänglich nothwendig, denn die Regierung wollte und will ein Ende machen mit jenem Jnsurrectionscomit é, dessen Mitglieder fast sämmt - lich der Bevölkerung unbekannt sind. Dieselben vertreten communistische Doctrinen; sie würden Paris der Plünderung überantworten und aus Frankreich ein großes Grab machen, wenn nicht die Nationalgarde und die Armee sich erheben und gemeinschaftlich das Vaterland, die Republik ver - theidigen. -- Picard hat in einer Proclamation die Nationalgarde aufge - fordert zu den Waffen zu eilen, um die Herrschaft der Gesetze wiederher - zustellen und die Republik vor der Anarchie zu bewahren.

(*) Paris, 18 März, Abends 9 Uhr. Das Journal l' Avant - garde bringt in einer Extra = Ausgabe von 7 Uhr Abends die Nachricht, daß die Generale Lecomte und Clément Thomas von den Jnsurgenten auf Montmartre um 4 Uhr Abends nach summarischem Verfahren füsillirt worden seien. Die Nachricht entbehrt jedoch einer anderweitigen Bestätigung. General Vinoy mit seinem Stab und mit sämmtlichen Linientruppen und Gendarmerie hat sich auf das linke Seine = Ufer zurückgezogen und es der Nationalgarde überlassen die Ordnung wiederherzustellen. Die Natio - nalgarde ist an verschiedenen Punkten gesammelt. Auf den Boulevards zahlreiche Gruppen; die Läden geschlossen; seit 6 Uhr der Omnibusver - kehr eingestellt. Der Barricadenbau in den Faubourgs dauert fort. Ein weiterer Zusammenstoß hat, soweit die Meldungen reichen, nicht stattge - funden.

(*) Florenz, 19 März. Die Zeitungen veröffentlichen ein Breve des Papstes an den Cardinal Patrizi, Dekan des Cardinalcollegiums, worin sich der Papst zu Gunsten der Jesuiten ausspricht, aber erklärt: er unterliege nicht dem Einfluß derselben. Der Papst weist darin die Garantien - gesetze zurück welche die italienische Regierung der Deputirtenkammer vor - legte, und drückt sein Mißfallen über die Amendements aus welche die Kammer dem Gesetz beifügte.

(*) Bukarest, 19 März. Die Kammer hat in der Eisenbahnfrage den Antrag des Generals Flores angenommen, nach welchem die Ent - scheidung aller Differenzen theils einem Schiedsgericht, theils dem gesetzt lichen Richterspruch überlassen wird, und ist dann unter Verweisung aller übrigen Anträge, also auch jenes der Commission, zur Tagesordnung übergegangen.

Weitere Telegramme siehe letzte Seite.

Die Störung der deutschen Siegesfeier in Zürich und ihre Lehren. I.

Zürich, Mitte März. Telegramme und Correspondenzen haben bereits nach allen Seiten hin über die schmachvolle Störung der deutschen Frie - densfeier in Zürich berichtet, an welche sich auch noch an den beiden nächsten Tagen blutige Tumulte mit mehreren Todten und vielen Verwundeten reihten, bis am vierten Tag eidgenössische Jntervention und massenhaftes Aufgebot von Truppen die Ruhe vorläufig wiederhergestellt hat. Die Tage vom 9 bis 12 März waren Tage tiefer Schmach und Schande für den Kanton Zürich, und werden die Gedanken der Deutschen und der Schweizer wahrscheinlich noch lange beschäftigen. Eine Versammlung friedliebenderdeutscher Gelehrter und Studierender, Geschäftsleute und Arbeiter will sich, an 1000 Mann stark, in Gemeinschaft mit Damen und befreundeten Schweizern im geschlossenen Kreis auf dem republicanischen Boden der deutschen Schweiz des wiederhergestellten Friedens freuen; sie miethet sich ein besonderes Local, in welches nur gegen besondere Karten, auf den Namen ausgestellt, der Zutritt gestattet ist; sie erhält nicht nur von der Polizei - behörde, sondern auch von dem Platzcommando die bündigsten Zusiche - rungen daß, obwohl dem Vernehmen nach Ruhestörungen beabsichtigt seien, man das Fest ruhig abhalten könne, da für die Ordnung außerhalb durch die Militärbehörden gesorgt sein werde -- und sie wird trotz dieser Zu - sicherungen, trotz des friedlichsten Charakters ihres Zusammenseins, der sich gleich im Anfange des Festes durch den ernsten Lobgesang Nun danket alle Gott! bekundet, von einem tumultuarischen Pöbel auf die gemeinste Weise insultirt. (Die weitern Einzelheiten des Tumults sind bekannt und im wesentlichen von keiner Seite in Abrede gestellt worden. D. R.)

Diese traurigen Ereignisse müssen überall das größte Aufsehen er - regen und fordern zu einer Untersuchung der tiefern Ursachen und mög - lichen Folgen auf. Wenn schon jeder gute Schweizer jetzt nur mit Erröthen an diese Vorgänge denkt, und sich zweifelnd fragt: wozu es führen soll wenn die persönliche Sicherheit der Bewohner eines Staats so bedroht ist und die republicanischen Grundrechte der freien Meinungsäußerung und des Versammlungsrechts so mit Füßen getreten werden, so ist es noch viel be - greiflicher daß die beleidigten Deutschen, wenn sie zur Feder greifen, ihre innere Erregung nur schwer bemeistern können. Und doch ziemt es den Deutschen gerade jetzt mit kaltem Blut in dem Sturm der Leidenschaften einer von Neid und Haß gegen das Deutsche Reich erfüllten Volksmenge zu stehen, und von dem Ergebniß der aus den Händen der Züricher Behörden in die Hände des Bundes übergegangenen Untersuchung die ihnen gebüh - rende Genugthuung zu erwarten, ehe sie ihr machtvolles Vaterland zum Einschreiten gegen einen schwächern Nachbar, der selbst im Jnnern krankt und gährt, veranlassen.

Der tiefere Grund der Ereignisse ist in erster Linie der Deutschen - haß, welcher sich schon seit Jahren im stillen, insbesondere im Kanton Zürich, gegen die zahlreiche deutsche Einwanderung, ihre Berufsconcurrenz und angebliche Bevorzugung in der Werkstatt, im Bureau und auf dem Lehrstuhl angesammelt hat, und nun in Folge der großen Umgestaltung der europäischen Machtverhältnisse zum Ausbruch gekommen ist, geschürt durch die franzosenfreundliche Haltung der schweizerischen Presse im deutsch - französischen Krieg und durch das Liebäugeln der Gebildeten und Unge - gebildeten mit der französischen Republik im Gegensatze zum neuen deutschen Kaiserreich. Der zweite Grund ist die gegenwärtige politische und sociale Krankheit des Kantons Zürich, welcher gerade wegen seiner innern Wirren und der Lockerung der staatlichen Disciplin wohl leichter als andere Kan tone der Schauplatz einer solchen Unthat werden konnte.

Der Kanton Zürich hat in den beiden letzten Jahren den glorreichen Uebergang von der repräsentativen zur sogenannten reinen Demokratie vollzogen, deren Hauptmerkmal man in einem dem Volke bis dahin schon dem Namen nach ganz fremden Ding, dem sogenannten Referendum erblickt, wonach alle wichtigern Gesetze und größern finanziellen Ausgaben dem souveränen Volke zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Auch die Wahl der obersten Regierungsbehörde, welche früher durch die kanto - nalen Vertreter, den sogenannten großen Rath, erfolgte, geschieht jetzt direct durch das souveräne Volk. Diese politische Umgestaltung wurde vor zwei Jahren mit einer wüsten Pamphlet = Literatur und dem Losungsworte Nieder mit dem Respect! eröffnet; der bisher im Kanton als herrschend verschrieenen Geldwirthschaft wurde der Krieg erklärt; dem Volk wurde eine Reihe materieller Erleichterungen, wie Ermäßigung des Salzpreises, Abschaffung des Schulgeldes, Uebernahme der militärischen Ausrüstung durch den Staat, versprochen, wofür die Mittel durch eine Progressivbe - steuerung der Reichen aufgebracht werden sollten; dem mangelnden Credit der Landwirthschaft sollte durch eine Staatsbank abgeholfen werden; den Arbeitern versprach man ein neues Fabrikgesetz mit Herabsetzung der Arbeitszeit und Erhöhung des Lohns, während in den Volksversammlungen gewaltig gegen das Capital gedonnert und von den Führern der Bewegung auffällig mit der Socialdemokratie geliebäugelt wurde. Mit solchen Mit - teln gelang es die frühere Regierung zu stürzen und den Kanton Zürich mit einer neuen Verfassung zu beglücken, welche der preußische Socialdemokrat J. Jacoby nicht verfehlt hat zum Rang einer Musterverfassung zu erheben. Die directen Volkswahlen brachten in der That, wenn auch nur mit knapper Mehrheit, eine neue Schule von Staatsbeglückern ans Ruder, welche es durch ihre Unfähigkeit zum Regieren allerdings in kürzester Zeit fertig gebracht ha - ben den Respect vor den Züricher Autoritäten im Jnnern des Staats und nach außen gründlich zu vernichten. Der neudemokratische Staatsge - danke hat sehr schlimme Früchte zur Reife gebracht, obgleich die neue Re - gierung sogar einen besondern neuen Lehrstuhl für sog. demokratisches 1347Staatsrecht errichtet hat, weil der bisherige Lehrer des Staatsrechts den neuen Staatslenkern zu monarchisch und preußischgesinnt erschien. Der Regierungspräsident wagte es die Wirksamkeit dieses Lehrers und seinen Einfluß auf die Jugend öffentlich im Kantonsrathe zu verunglimpfen, ob - wohl sämmtliche schweizerische Zuhörer desselben ihm das Zeugniß aus - stellten daß sie sich in seinen Vorlesungen niemals in ihren republicani - schen Gefühlen verletzt gefühlt hätten.

Das schlimmste an den neuzüricherischen Zuständen ist nicht die Un - fähigkeit der Regierung, deren baldigen Sturz man jetzt schon von allen Dächern predigt, sondern die betrübende Thatsache daß das wirkliche Staatsbewußtsein, der staatsrechtliche Gedanke an die Gewalt des Ganzen über die Einzelnen, und die Achtung vor den Gesetzen in den beiden letzten Jahren immer mehr aus den Gemüthern des Volkes geschwunden ist, und daß das Beispiel von Zürich auch viele andere Kantone angesteckt hat. Popularitätshascherei und Volksschmeichelei haben der Menge so viel von der erhabenen Volkssouveränetät vorgeschwindelt, daß jeder sich zum Herr - schen berufen glaubt, und seinen eigenen Willen an Stelle des Gesammt - willens zum Gesetz erheben möchte. Man denkt nicht mehr an Lasten und Pflichten für das Ganze, sondern nur an Rechte und Freiheiten. Neid und Mißgunst gegen den größern Besitz, gegen die höhere Bildung, gegen über - legene Arbeitskraft und geschäftliche Tüchtigkeit werden zu bewegenden politischen Triebfedern, und der ordnungliebende fleißige Bürger, der nicht in dieses Geschrei einstimmt, sieht sich von tausend Tyrannen umgeben, die jeden Augenblick seine persönliche Freiheit und Sicherheit bedrohen können, während sie über die Monarchie schimpfen, wo man solcher Massentyrannei noch keinen Geschmack abzugewinnen vermag.

Von einer solchen Volksregierung zur Pöbelherrschaft ist nur noch ein kleiner Schritt. Der Umsturz aller Bande der Ordnung ist vollzogen so - bald die Regierung bei Ausbruch des Sturms so den Kopf verliert wie es in den tumultuarischen Tagen vom 9 bis 12 März in Zürich der Fall ge - wesen zu sein scheint. Die eidgenössische Untersuchung wird den Umfang der Kopflosigkeit, Zerfahrenheit und Feigheit, welche sich insbesondere am Abend der deutschen Friedensfeier der Behörden und der Commandirenden bemächtigt hatte, hoffentlich in das hellste Licht setzen.

Aber die im Kanton Zürich herrschende politische und sociale Krank - heit hat die lebensgefährliche Bedrohung von etwa tausend Deutschen nicht unmittelbar hervorgerufen, sondern nur in zweiter Linie verschlimmernd gewirkt und die eigentliche Gefahr vergrößert. Der tiefere Grund liegt auch nicht in den Umtrieben der Socialisten und der internationalen Ar - beiterassociation, obwohl man am 11 März Nachts beim Angriff auf das Rathhaus, den Sitz der Regierung, allerdings Drohungen von Arbeitern gehört hat, welche riefen: Wir haben 1868 die alte Regierung gestürzt, die neue muß auch herunter, sie hat uns größern Lohn versprochen, und wir haben nicht mehr bekommen. Wir sind von ihr betrogen worden. Socialisten waren bei den Tumulten auch mit betheiligt, aber nicht der Socialismus, sondern der Deutschenhaß war das Hauptmotiv der schmachvollen Auftritte bei der deutschen Friedensfeier. Der Stadtpräsi - dent Dr. Sulzer, das geistige Haupt der neuzüricherischen Verfassung, hat als Referent einer wegen dieser Vorfälle niedergesetzten Commission im Züricherischen Kantonsrath am 14 März u. a. folgendes geäußert: Wäre die Stellung der Deutschen noch dieselbe wie vor zehn Jahren gewesen, so wär 'eine solche Spannung nicht eingetreten; seither aber sind die Forde - rungen und Ansichten der deutschen Nation ganz andere geworden. Sie war von der Ueberzeugung erfüllt daß ihr nicht die Achtung gezollt werde auf die sie Anspruch machen könne. Dieß hat sie nun in glänzendem Siegeslauf erreicht. Was heißt aber das: eine Machtstellung ersten Rangs in Europa erringen? Das heißt jedem andern, sobald es beliebt, Furcht einflößen. Wer diese Stellung einnimmt, muß sich nicht wundern daß man ihm nicht mit Liebe entgegen kommt. Von der Furcht zum Haß ist aber nur ein kleiner Schritt. Wenn daher in unserer Bevölkerung Befürch - tungen aufgetaucht sind, so ist dieß nichts unerklärliches. Es kommt zu diesem noch eine andere psychologische, nicht zur Unehre gereichende Re - gung -- das Mitleid mit der zu Boden getretenen Nation. Es ist in einem großen Theil unserer Geschichte niedergelegt daß das schweizerische Volk mit stärkern Banden der Freundschaft mit jener Nation verbunden ist, die nicht unsere Sprache spricht und zu einem andern Stamme gehört.

Die Offenheit dieser Sprache eines Referenten läßt nichts zu wün - schen übrig. Jn Deutschland wird man jedoch erschrecken daß es in der Schweiz sogenannte Staatsmänner gibt welche solche abscheuliche Attentate auf die persönliche Sicherheit, auf das freie Vereins = und Versammlungs - recht noch zu beschönigen wagen. Als Ehrenmänner, wie Alfred Escher und Prof. G. v. Wyß, im Kantonsrath diese Beschönigung scharf angriffen, hatte Dr. Sulzer noch die Stirn in seinem Schlußreferat zu antworten: Je frappanter solche Massenerscheinungen wie der Deut - schenhaß sind, um so mehr pflege ich mich zu hüten sofort zu billigenoder zu verwerfen. So schmeicheln und kriechen schweizerische Demagogen selbst vor den gehässigsten Leidenschaften ihres souveränen Pöbels, anstatt dem guten und ehrlichen Kern ihres belogenen Volks Wahrheit und Buße zu predigen.

Die schweizerische Presse hat mit wenigen ehrenvollen Ausnahmen leider ihre Schmähpolitik gegen Deutschland wieder aufgenommen, und sucht nun den Deutschen die Schuld der Vorfälle aufzubürden. Die deutsche Colonie in Zürich -- so ruft die Berner Tagespost -- hat durch ihren Commers unheilvolles Unglück provocirt. Der Haß der schwei - zerischen Arbeiter gegen die Deutschen kam dadurch zum offenen Ausbruch. Und diese schweizerischen Arbeiter, die seit Jahrzehnten sehen mußten wie die deutschen Michel jede schöne Stelle, sei's in der Werkstatt, Fabrik, sei's in einem Bureau oder als Dienstboten ihnen vor der Nase wegschnappten -- diese Arbeiter, die sehen mußten wie unsere schweizerischen Kräfte den deut - schen Professoren, die nichts als ihre monarchischen Jdeen und ein gutes Maul haben, an allen schweizerischen Lehranstalten Platz zu machen hatten -- diese werden heut 'als Pöbel verschrieen und, wo sie sich für ihre Exi - stenz wehren, zu Paaren getrieben!

Aehnliche und noch viel schlimmere Schmähungen und Auffassungen ließen sich aus der St. Galler Ztg., aus dem Freien Rhätier, aus der Winterthurer Ztg., aus dem Neuen Tageblatt von St. Gallen und zahlreichen anderen Blättern zusammenstellen. So ehrenvoll es auch für die Deutschen ist daß man ihnen, die als Fremde doch so viel größere Anstrengungen machen müssen, ihre Ueberlegenheit im Kampf um das Dasein zugesteht, so betrübend ist es die Begriffsverwirrung über das Wesen einer Republik und das Schwinden republicanischer Tugenden in der Schweiz selbst mit erleben zu müssen. Es gibt in Deutschland viel mehr wirkliche Republicaner als in der Schweiz selbst. Man schwört hier auf republicanische Formen und Formeln und Verfassungsparagraphen, und entfernt sich mehr und mehr vom republicanischen Wesen und von der republicanischen Gesinnung. Man will über andere herrschen und nicht dem Ganzen dienen. Die Selbstberäucherung hat auf Schützen = und an - dern nationalen Festen einen so hohen Grad erreicht, daß man jeden Eid - genossen mindestens als einen Tell oder Winkelried oder Stauffacher be - grüßen möchte.

Jst denn diesem Volke der Gerechtigkeitssinn und Wahrheitssinn ab - handen gekommen? So haben sich Hunderte von Deutschen gefragt welche in der Schweiz die großen Thaten ihrer Landsleute in dem gerechtesten aller Kriege täglich verunglimpfen hörten. Die Republik wurde als eine Panacee aller politischen Leiden betrachtet und Gambetta als Held gefeiert, als ob der bloße Name Republik auch sofort die Republicaner aus dem Boden stampfen könnte. Der französische Republicaner Grévy, der Prä - sident der Bordeauxer Nationalversammlung, hat die schweizerischen Re - publicaner tief beschämt, als er in seinem Wahlmanifest den Terrorismus Gambetta's an den Pranger stellte, und seinen Landsleuten zurief: Weil man ohne ernsthafte Motive die Ausübung eures souveränen Rechts verschoben hat, seid ihr in das Unglück gerathen -- so sehr ist es wahr daß alle Dictaturen sich selbst zerstören. Man scheint auch in der Schweiz das Wesen der Republik mehr im individuellen Herrschen und Terrorisiren anderer als in der Achtung vor den Gesetzen und vor den Majoritäten zu erblicken; denn es ist der Mehrheit der schweizerischen Bevölkerung fast un - möglich den französischen Volkswillen, der in der großen Mehrheit der Re - publik abgeneigt scheint, gehörig zu würdigen.

Es wäre die Pflicht der politischen Führer und vor allem der Presse, dieser großen Volkserzieherin, weniger dem Volke nach dem Munde zu sprechen, sondern ihm die harten Thatsachen und schweren Opfer und Tugenden vor die Seele zu führen welche allein Republiken begründen und lebensfähig erhalten können. Aber wie wenig ist dieser Pflicht genügt worden! Die Wahrheitswidrigkeit der schweizerischen Presse, welche meist die wichtigsten Momente der Zeitgeschichte verschwieg und dafür alle Deutschland ungün - stigen Berichte mit Bienenfleiß sammelte und ohne Kritik abdruckte, dieser politische Formalismus und Dilettantismus, in welchem die meisten Poli - tiker und Publicisten mit einer Republik liebäugelten welche noch viel verlogener und tyrannischer war als das französische Kaiserreich je gewesen ist, dieser Mangel an Wahrheitsmuth und an historischem Verständniß der Thatsachen trägt jetzt seine bitteren Früchte. Denn alle Schuld rächt sich auf Erden!

Eine patriotische Schweizerin hat vor kurzem geäußert: Unsere Presse klärt uns ja nicht auf, sie verwirrt uns -- sie sündigt nicht bloß durch das was sie uns sagt, sondern noch mehr durch das was sie uns ver - schweigt. Und der Schweizerbote schreibt über die Züricher Ereignisse: Was ist nun Schuld an diesem schmählichen Ereigniß? Nicht wenig ein Theil der Presse unseres Landes, die, ohne zu wissen daß sie dem Losungs - wort der Ultramontanen folgt, in ebenso kurzsichtiger als gewissenloser Weise gegen die Deutschen hetzt und die Franzosen = Sympathien befürwortet.

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Wenn zahlreiche schweizerische Zeitungen, diese verdienten Vorwürfe ihrer eigenen Landsleute mißachtend, in der Vertuschung und Entstellung von Thatsachen und in dem Hetzen gegen das deutsche Element fortfahren, wenn sie selbst vor der eigenen Schande pöbelhafter Rechtsverletzungen und Freiheitsstörungen nicht mehr erröthen, so beschwören sie Gefahren und Demüthigungen herauf welche jeder ruhige deutsche Politiker der Schweiz gewiß gern ersparen möchte, sobald sie die Sicherheit der Personen in Zu - kunft besser zu schützen sucht.

Deutsches Reich.

** München, 18 März. Die jüngsten Nachrichten aus Berlin bestätigen daß der Verfassungsausschuß des Bundesraths über den revidir - ten Reichsverfassungsentwurf Bericht erstattet habe, und es steht zu er - warten daß das Elaborat, wie es vom Bundesrath genehmigt ist, rechtzeitig der Oeffentlichkeit übergeben werde, damit auch die öffentliche Meinung darüber sich zu äußern Gelegenheit erhalte. Selbstverständlich wird aber die Kritik, wenn sie darauf Anspruch machen will an maßgebender Stelle gehört und beachtet zu werden, sich auf den Standpunkt stellen müssen von welchem die Revision ausgeht, auf den Standpunkt nämlich welcher es vorerst für unrathsam erklärt materielle Aenderungen an der so mühsam errungenen Vereinbarungsurkunde der deutschen Staaten vorzunehmen, sondern sich zur Zeit mit formellen Correcturen begnügt -- ein Standpunkt mit welchem die besonnene Mehrheit der Deutschen sicherlich einverstanden sein wird. Jetzt heißt es vor allem das Gewonnene festhalten, sich in das neugeschaffene Reich hineinleben, und dann erst wird die Zeit kommen zu bessern, fortzubilden und allenfalls zu ändern. Vielleicht wird man in einigen Kreisen von Politikern eine solche Redactionsarbeit für wenig bedeutend erachten: wir sind anderer Ansicht. Von der Hoffnung ausgehend daß die neue Magna Charta Germaniae für längere Zeit die Grundlage unseres öffentlichen Rechtes sein werde, dünkt es uns mindestens anständig daß man auch auf deren sprachliches und stylistisches Gewand den mög - lichsten Fleiß verwende. Zudem wissen wir ja auch daß von einer formellen Wendung die richtige Stellung eines Princips abhängt. Als Beispiel diene der Eingang der Verfassung. Ganz correct und dem historischen Gang der Dinge entsprechend, lautet jetzt das Proömium der Urkunde folgendermaßen: Se. Maj. der König von Preußen im Namen des Nord - deutschen Bundes, Se. Maj. der König von Bayern u. s. w. Wie gesagt, aus historischen Gründen mußte seinerzeit diese Form gewählt werden, denn es war ein Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bund und den Süd - staaten wodurch das Reich geschaffen wurde, und allein geschaffen werden konnte. Allein jetzt wo das Ziel erreicht, jetzt wo der Norddeutsche Bund verschwunden und im großen Deutfchen Reich aufgegangen ist, jetzt muß schon am Eingang der Verfassung hervortreten daß sie das Werk sämmt - licher deutschen Fürsten, daß sie ein Vertrag aller mit allen ist. Selbst streng juristisch betrachtet, wäre die Urkunde, wenn sie diesen Eingang be - hielte, eine mangelhafte, sie wäre ein referens sine relato; denn wenn sie auf das Recht des Königs von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes Staatsverträge abzuschließen Bezug nimmt, so mußte formell dieses Recht durch Anfügung der Verfassungsurkunde des Norddeutschen Bundes beur - kundet werden. Deßhalb geht unser Modificationsantrag dahin: ebenso wie Art. 1 nicht sagt: Das Bundesgebiet besteht aus dem Gebiete des Norddeutschen Bundes u. s. w., sondern dem früheren Art. 1 nur die Na - men der südlichen Staaten beigefügt hat, auch als Eingang der neuen Verfassungsurkunde den bisherigen Eingang der Norddeutschen Bundes - verfassung für die bevorstehende Redaction der Reichsverfassung zu Grunde zu legen, also sämmtliche Staaten Deutschlands, beziehungsweise ihre Souveräne, namentlich aufzuführen, um dadurch den dem gegenwärtigen Stand der Dinge allein entsprechenden Sachverhalt urkundlich festzu - stellen. Man könnte, um dem Document ein seiner Wichtigkeit würdiges Kleid zu geben, die Unterschrift sämmtlicher vertragsschließenden Fürsten und freien Städte der neuen Urkunde beifügen. Es ist keineswegs leeres Formelwesen das unserem Vorschlag zu Grunde liegt, sondern der Wunsch der Gemeinsamkeit aller deutschen Staaten einen äußerlich sichtbaren Aus - druck gegeben zu sehen.

× München, 19 März. Der Erbprinz von Mecklenburg, welcher gestern vom König empfangen wurde, ist heute bei dem Prinzen Luitpold zur Tafel geladen. -- Se. Maj. der König hat dem bayerischen Landes - hülfsverein, und dem Centralausschuß des bayerischen Frauenvereins die Bewilligung zur Vornahme einer Sammlung freiwilliger Gaben für die deutsche Nationallotterie zum Besten der Verwundeten, der Jnvaliden und der Hinterbliebenen der Gefallenen, sowie zur Verbreitung und Erlassung von Aufrufen in der Presse, und zum Absatz von Loosen unter Befreiung derselben von der Stempelpflicht ertheilt. -- Das Generalcomit é des land - wirthschaftlichen Vereins hat um die Genehmigung zum Beitritt in den zu bildenden deutschen Landwirthschaftsrath nachgesucht. -- Bezüglich derbevorstehenden Gefangenentransporte ist nunmehr ein Fahrplan dahin ent - worfen daß täglich sechs Sonderzüge abgehen, die so eingelegt werden daß die fahrplanmäßigen Personen = und Güterzüge dadurch keine Störung erleiden.

: München, 19 März. Wie wir vernehmen, sind von einer Wiener Actien = Gesellschaft in den letzten Tagen Delegirte hieher gesendet worden, um Schritte zum Ankaufe der bayer. Staatsbahnen zu machen. Wir glauben diesen Schritten keinen Erfolg versprechen zu dürfen, um so we - niger als anerkannte Autoritäten, z. B. der verstorbene Staatsrath v. Herrmann, derartige Entäußerungen als vollständig dem Staatsinteresse zuwiderlaufend erklären. -- Nachdem sämmtliche Spitäler des 2. bayer. Armee = Corps evacuirt haben und mobil gemacht worden sind, und auch die Central = Commission der freiwilligen Krankenpflege in Frankreich ein län - geres Verbleiben des Corps = Delegirten für entbehrlich gehalten hat, ist der bei diesem Armee = Corps delegirte Graf Ludwig v. Arco = Valley nach München zurückgekehrt. -- Wie wir vernehmen, reist Dr. Ernst Förster in nächster Zeit nach Jtalien um seine italienische Kunstgeschichte zu vollenden; er hat zu diesem Behufe durch S. M. den König eine namhafte Subvention aus der Cabinetscasse erhalten.

ck Würzburg, 19 März. Bezüglich des in Jhrem gestrigen Blatte gebrachten Correspondenzartikels aus München -- medicinisches Prüfungs = und Promotionswesen betreffend -- kann ich Jhnen aus sicherer Quelle berichten daß die hiesige medicinische Facultät aller - dings diese Angelegenheit ernstlich in die Hand genommen, und be - schlossen hat auf baldmöglichste Vereinbarung eines gemeinschaftlichen Prüfungsmodus für ganz Deutschland, und zwar nach Maßgabe des Prü - fungsreglements der norddeutschen Universitäten vom 25 Sept. 1869, hin - zuarbeiten, wobei möglicherweise Promotion und Gewerbegesetz ganz außer Spiel bleiben können.

* Berlin, 17 März. Die Nordd. Allg. Ztg. beseitigt die auf eine nachträgliche Correctur der deutsch = lothringischen Gränze gegen Frankreich gerichteten Erwartungen durch folgende Ausführung: Mit Recht zweifelt die National = Zeitung daran daß man in Brüssel deutscherseits noch nach - träglich gewisse in der Nähe von Metz bei Frankreich verbliebene Ortschaf - ten in Anspruch nehmen wird; wenn sie dieselben aber als deutsche bezeichnet, und somit in die Sprachgränze einschließt welche das deutsche Ele - ment umfaßt, so beruht dieß auf Jrrthum, der dadurch nicht zur Wahrheit wird daß einige Gelehrte sich für die Vereinigung dieser Orte auf Grund ihres angeblichen Deutschthums mit dem deutschen Reiche verwendet haben. Daraus daß ein Dorf, dessen Name auf ange endigt, in alter Zeit ein - mal auf ingen geendigt hat, und aus ähnlichen Zeichen zu schließen es sei deutsch in Sprache und Sitte -- der Gesinnung, und Sympathie, welche bekanntlich noch viel weiter nach der bisherigen Gränze hin französisch ist, nicht zu gedenken -- ist mindestens sehr gewagt. Jn Betreff der in Rede stehenden Ortschaften aber ist zu sagen daß, mögen sie auch vor 200 oder mehr Jahren der deutschen Nationalität angehört haben, die Behauptung sie seien gegenwärtig noch deutsch, nach Erfahrungen die an Ort und Stelle gesammelt wurden, absolut unrichtig ist. -- Unsere Stadtverord - neten haben gestern dem Magistrat 150,000 Thlr. bewilligt, von denen 100,000 Thaler zur Unterstützung der heimkehrenden Berliner Reservisten und Landwehrmänner und 12,000 Thaler für die Einzugsfeierlichkeiten, der Rest dagegen für den Empfang des Reichstags u. s. w. verwendet wer - den soll. Sobald der Reichstag sich constituirt hat, sollen seine Mitglieder wie diejenigen des Bundesraths, die städtischen Ehrenbeamten, der Kaiser und der Kronprinz, sowie die Notabilitäten der Kunst und Wissenschaft in die Festräume des Rathhauses geladen werden, um dort eine leichte Er - frischung bei sanften Klängen der Musik einzunehmen. Gleichzeitig be - schlossen die Stadtverordneten, in Anerkennung der Verdienste welche die Grafen Bismarck und Moltke sich um das Vaterland erworben haben, deren Büsten im Rathhaus aufzustellen und beiden Männern das Ehren - bürgerrecht der Stadt Berlin zu ertheilen. Die auch im Schooße der De - putation hervorgetretene Ansicht daß diese letztere Auszeichnung eigentlich mit der Aufhebung der Bürgergewinnung werthlos geworden sei, wurde mit der Hinweisung auf die Alexander v. Humboldt und anderen ver - dienten Männern ertheilte gleiche Auszeichnung erfolgreich bekämpft. -- Die Mitglieder des Reichstags werden vom Bundeskanzler benach - richtigt daß das nähere über die Eröffnungssitzung im Bureau, Leip - ziger Straße 75, vom 20 März ab, zu erfahren ist. Jm Sitzungs - saale des Reichstags haben die Mitglieder der katholischen Partei Plätze rechts neben der Bundesraths = Estrade und links neben dem Präsidentensitz belegen lassen, während die übrigen Parteien ihre alten Plätze in Beschlag genommen haben. Die Reichstagsabgeordneten Sa - vigny und Reichensperger fordern diejenigen Mitglieder des Reichstags welche gewillt sind der auf Grund des Aufrufs vom 11 Januar 1871 sich bildenden Centrumspartei beizutreten, auf zu einer Vorversammlung am 20 März sich einzufinden. -- Neben den als Mitgliedern des deut - schen Bundesraths fungirenden Chefs des badischen Staatsministeriums und Ministeriums des Auswärtigen ist noch der Vorstand des badischen Finanzministeriums, Präsident Elstätter, zum Bevollmächtigten beim Bun - desrathe des Deutschen Reichs ernannt worden. Gleichzeitig wurde für1349den Fall der Verhinderung dieses Bevollmächtigten Ministerialrath W. Eisenlohr zu dessen Stellvertreter ernannt. -- Die der Weser = Ztg. von hier telegraphisch zugegangene Nachricht: daß der Bundeskanzler inner - halb der preußischen Regierung Verhandlungen über die künftige Organi - sation von Elsaß und Lothringen eingeleitet habe, welche constatiren daß eine Abtretung einzelner Gebietstheile an Bayern nicht in Frage stehe -- ist durchaus unbegründet, und wird auch schon durch das gestrige officiöse Communiqu é der N. A. Z. widerlegt. -- Der Cultusminister hat nach der Voss. Ztg. den katholisch = theologischen Facultäten die strenge Befol - gung der Vorschrift des §. 7 der Facultätsstatuten anempfohlen, nach welcher denselben nicht gestattet ist in eine directe Correspondenz mit den Bischöfen ihrer Diöcese zu treten. -- Hr. Dr. R. Luther, Director der Sternwarte bei Düsseldorf, entdeckte am 12 März seinen 18. Planeten, der in der Gruppe der Asteroiden die Nummer 113 führen wird. Auf Wunsch des Entdeckers wurde dieser Planet von den Berliner Astronomen benannt und ihm der Name Almathea beigelegt.

(*) Berlin, 17 März. Jn der heutigen (5. ) Sitzung des Bundes - raths, in welcher der Staatsminister Delbrück in Vertretung des Bundes - kanzlers den Vorsitz führte, wurden I. die Vorlagen des Präsidiums betref - fend a) den Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Reichs - beamten, b) den Entwurf eines Gesetzes über die Jnhaberpapiere mit Prämien, c) den Abschluß einer Uebereinkunft mit Schweden und Nor - wegen über den gegenseitigen Schutz der Waarenbezeichnungen; II. die Anträge Bayerns betreffend a) den Entwurf eines Gesetzes über die Ein - führung der Gesetze des Norddeutschen Bundes als Reichsgesetze in Bayern, b) die Kosten für die zollamtliche Begleitung der Dampfschiffe auf dem Bodensee, den betreffenden Ausschüssen überwiesen. Sodann wurden Ausschußberichte erstattet über a) den Entwurf einer berichtigten Verfas - sung des Deutschen Reiches, b) die Militär = Vorspannvergütung, c) die Nachtragsetats für das Bundeskanzleramt, das auswärtige Amt, die Consulate, die Marine, das Bundesoberhandelsgericht und die Postver - waltung auf das Jahr 1871, d) die Kosten der Nebenzollämter zweiter Classe und der Legitimationsscheinausfertigung, e) die Umzugskostenent - schädigung der Zollvereinsbeamten, f) die Berechnung der Tabaksteuer von Grundstücken, deren Flächenraum zu hoch declarirt worden ist, g) die Entbindung der Rübenzuckersteuer = Obercontroleure von der Verpflichtung zum Halten von Dienstpferden, h) die Erhöhung des Unterstützungsfonds für die beim vereinsländischen Hauptamt in Hamburg stationirten Beam - ten, i) die Besetzung der Zollabfertigungsstelle auf dem sogenannten Bau - hof in Hamburg.

(--) Berlin, 18 März. Der gestrige Tag ist ohne Unfall und ohne jede Ausschweifung verlaufen, und überhaupt in so würdiger Weise gefeiert worden, daß der Polizeipräsident sich heute veranlaßt gesehen hat der Bevölkerung für ihre musterhafte Haltung seinen Dank auszusprechen. Den ersten Gruß der Bewillkommnung innerhalb des Berliner Weichbildes hatten die Lehrer und Schüler des Wilhelms = Gymnasiums, welche in fest - lichem Zug unter Vorantragung von Fahnen nach Schöneberg hinausge - zogen waren, dem Kaiser von den Einfriedungen des Bahndammes herab zugerufen. Auf dem Perron des Potsdamer Bahnhofes war ein rothes Empfangszelt errichtet. Dort nahm der Kaiser die Glückwünsche und Be - grüßungen der Prinzen und Prinzessinnen und der übrigen hochgestellten Personen einzeln entgegen. Einen sehr rührenden Eindruck machte es auf die Umstehenden als die kleinen Prinzen Wilhelm und Friedrich Leopold, Söhne des Kronprinzen und des Prinzen Friedrich Karl, ihren bis zu Thränen gerührten Großvater und Großoheim begrüßten. Die Prinzen Alexander und Georg, welche sich vor dem Kaiser auf das Knie niederge - lassen und ihm die Hand geküßt hatten, wurden huldvoll von Sr. Majestät aufgerichtet und auf die Stirne geküßt, während der Kaiser unmittelbar darauf den Grafen Bismarck, den Kriegsminister v. Roon und den General - Feldmarschall v. Wrangel fast stürmisch in seine Arme schloß und auf die Wangen küßte. Reich beladen mit Blumensträußen und Lorbeerkränzen bestiegen der Kaiser und der Kronprinz mit ihren Gemahlinnen die bereit gehaltenen Wagen, denen der Polizeipräsident voraus ritt. Nach der Ein - kehr in das k. Palais sah sich der Kaiser genöthigt sich wiederholt vom Balcon aus dem freudig erregten Volke zu zeigen, das immer stürmischer nach ihm verlangt hatte. Abends gegen 9 Uhr hielt der ganze Hof Um - fahrt durch die festlich erleuchteten Straßen. Die Glanzpunkte der Jllu - mination, welche nicht so allgemein war wie das letztemal, dafür aber im ganzen sehr viel großartiger, bildeten das Rathhaus mit seinem wie von einer wilden Feuersbrunst erleuchteten mächtigen Thurm, das in elektri - schem Licht strahlende Museum, das äußerst sinnig geschmückte Zeughaus mit dem gegenüberliegenden kronprinzlichen Palais, die Universität, die Hedwigskirche, die Bibliothek, die Akademie der Künste und Wissenschaf - ten, das Hausministerium, das Kriegsministerium und einige Privathäuser. Jn der Königsstraße, unter den Linden, in der Wilhelmsstraße und in der Leipziger Straße war das Gedränge so groß, daß der Verkehr oft minuten -lang stockte. Gute Dienste leisteten bei der Aufrechthaltung der Ordnung die bei dieser Gelegenheit zum erstenmal wirkenden Bürger = Constabler. -- Eine Zusammenkunft des Kaisers Wilhelm mit dem Kaiser Napoleon hat nicht stattgefunden, obgleich sie von letzterem speciell in einem Brief erbeten worden sein soll, welchen General Castelnau angeblich nach Frankfurt über - bracht hat. Aus dem Umstande daß Napoleon seine Abreise nach England auf morgen festgesetzt hat, geht auch ziemlich klar hervor daß er Wilhelms - höhe nicht hatte verlassen wollen ohne den Versuch gemacht zu haben sich vom Kaiser Wilhelm persönlich zu verabschieden. Außer den schon genannten Officieren hat der Kaiser von Rußland auch noch den Generalmajor v. Aller, Commandeur des Grenadierregiments, dessen Chef unser Kronprinz ist, zu des letzteren Begrüßung hierher gesandt. -- Der präsumtive Thronfolger in Württemberg, Prinz Wilhelm, ist zum Rittmeister à la suite des preußi - schen Garde = Dragoner = Regiments ernannt worden. -- Jn unsern Hofkreisen hatte man sich mit der Hoffnung geschmeichelt daß sämmtliche deutsche Fürsten sich zu dem bevorstehenden Geburtstage des Kaisers hier einfinden würden. Wie indeß aus einer eigenthümlich gefaßten Hofnotiz der Krzztg. erhellt, hat der König von Bayern diese Erwartung getäuscht. Das Nichterscheinen des Königs von Württemberg wird damit entschuldigt daß derselbe sich eben erst in Versailles vom Kaiser verabschiedet habe, und das Ausbleiben des Herzogs von Coburg mit dessen augenblicklicher Anwesenheit in England, wo er der Vermählung seiner Nichte beiwohnt. Außerdem werden fern bleiben: der Herzog von Braunschweig und die Groß - herzoge von Mecklenburg = Strelitz und Hessen. -- Auf Anregung des Directors der Gewerbeakademie, Dr. Reuleaux, hat sich ein Comit é der drei Akademien zu dem Zwecke gebildet um den im Kriege gefallenen Commilitonen im Castanienwäldchen ein Denkmal zu errichten. -- Jn Siegburg hat der Candidat der katholischen Partei über seinen nationalliberalen Gegner bei der Stichwahl gesiegt, und in Hagen der Compromißcandidat der Conser - vativen, Katholiken und Nationalliberalen, Flerschütz, über den Candi - daten der Fortschrittspartei, Fr. Harckort.

Berlin, 18 März. Folgendes ist der Wortlaut der Convention zwischen der deutschen und der französischen Vertretung über die Rückkehr der französischen Kriegsgefangenen in die Heimath: Art. 1. Die französische Regierung wird das Kriegsministerium über die Ankunft franz. Schiffe in Hamburg und Bremerhaven in Kenntniß setzen. Drei Tage nach Em - pfang dieser Nachricht wird das Kriegsministerium in Berlin 10,000 Mann nach Bremerhaven, 14,000 Mann nach Hamburg abliefern. Art. 2. Was die mittelst Eisenbahn zu transportirenden Gefangenen betrifft, so über - nimmt die französische Regierung die nöthigen Communicationsmittel bei - zustellen um die Gefangenen nach Frankreich zu befördern. Die nämlichen Fahrmittel sollen dazu dienen die deutsche Armee, in Uebereinstimmung mit den Stipulationen der Specialconvention, zurückzubefördern. Art. 3. Die Züge zur Beförderung der nach Frankreich rückkehrenden Gefangenen werden theils von Metz nach Charleville, theils von Straßburg nach Lune - ville, theils von Mülhausen nach Vésoul dirigirt werden. Art. 4. Die fran - zösische Regierung ist ermächtigt für Charleville, Luneville und Vésoul einen Platzcommandanten, Militär = Jntendanten und Zahlmeister mit dem nöthi - gen Assistenzstabe einzusetzen, und wird für Vorräthe an Proviant und Kleidung Vorsorge tragen. Art. 5. Die französischen Behörden können an diesen drei Orten die militärfreien Gefangenen aus den benachbarten De - partements sofort entlassen; alle übrigen heimkehrenden Soldaten, seien sie militärfrei oder nicht, werden in Uebereinstimmung mit Art. 3 der Prä - liminarien mittelst Eisenbahn nach Orten jenseits des von den deutschen Truppen besetzten Gebietes geschickt, während die wieder in den activen Dienst tretenden Soldaten jenseits des linken Loire = Ufers abgesetzt werden müssen. Art. 6. Die deutschen Behörden übernehmen auf jedem der drei erwähnten Punkte täglich nur vier Züge zu je 800 bis 1000 Mann zu stellen, und nur im Falle die französischerseits beigestellten Beförderungs - mittel hinreichen und der Transport auf der deutschen Linie frei ist. Art. 7. Die französischen Behörden werden einen Convoi auf der Linie Mülhausen - V ésoul ablassen, im Fall der Marsch zu Fuß von Dannemarie nach Belfort ernste Schwierigkeiten bieten sollte. Art. 8. Die deutschen Behörden wer - den in derselben Weise entweder nach Charleroi oder Luneville jene fran - zösischen Soldaten befördern die im Gefängniß oder in den Strafanstalten in Metz und andern Festungen detinirt sind. Art. 9. Die Garnison von Bitsch wird sofort mit Kriegsehren abziehen. Dieselbe wird alle Waffen, Bagage, Kriegsmaterial und alle nicht die Festung selbst betreffenden Ar - chive mitnehmen. Die Garnison wird mittelst Eisenbahn nach Luneville und von da über die von deutschen Truppen besetzten Gebiete hinaus be - fördert. Gegeben in Ferrières, 11 März 1871. J. Favre. v. Moltke.

Oesterreichisch = ungarische Monarchie.

** Wien, 19 März. Es ist Jhnen jüngst gemeldet worden daß Graf Potozki dazu ausersehen sei den Deutschen Kaiser bei der großen Sie - ges - und Einzugsfeier Anfangs Mai im Namen des Kaisers Franz Joseph zu begrüßen. Graf Potozki hat aber aus triftigen Gründen diese Mission abgelehnt, und nun ist Graf Karolyi, der frühere Gesandte in Berlin, für dieselbe in Aussicht genommen. Graf Potozki ist auf seine Güter in Ruß - land abgereist.

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Großbritannien.

London, 18 März.

Am nächsten Dienstag, 21 d., wird die Vermählung der Prinzessin Louise mit dem Marquis of Lorne, dem ältesten Sohn des Herzogs von Argyll, stattfinden, und die Vorbereitungen auf Schloß Windsor für diese Feierlichkeit gehen ihrer Vollendung entgegen. Die Brautreise wird nur eine kurze sein, da das junge Paar die Flitterwochen in Claremont House bei Esher in der Grafschaft Surrey zuzubringen gedenkt. -- Graf Szecsen und Graf Alexander Apponyi sind von hier nach Wien abgereist, und der sächsische Kriegsminister, Generallieutenant von Fabrice, ist hier einge - troffen.

Jn der Sitzung des Unterhauses vom 15 d. bildete die Vorlage zur besseren Regelung des Eisenbahnverkehrs den ausschließ - lichen Gegenstand der Verhandlungen, und gab zu einer ziemlich belebten Erörterung Veranlassung -- einer Erörterung welche in diesem Augenblick aus bekanntem Grund auch für Deutschlands Gesetzgeber nicht uninteres - sant ist. Sir H. Selwin = Jbbetson beantragte die zweite Lesung, und ließ sich in einer längeren Rede über die Nothwendigkeit der Bill verneh - men. Als die Hauptempfehlungen des Entwurfs sind das sogenannte Blocksystem und dann die allgemeine Einführung der Bremse zu bezeichnen. Was das Blocksystem anbelangt, so ist darunter die in Deutschland und anderswo lange schon vorgeschriebene Regel zu verstehen daß eine Bahn - strecke in eine bestimmte Anzahl Abschnitte getheilt wird, und kein Zug in einen dieser Abschnitte einlenken darf bis telegraphisch oder sonstwie fest - gestellt ist daß die Linie bis zum nächsten Abschnitt frei ist. Jm übrigen sind noch Bestimmungen aufgenommen welche die Macht der vom Handels - amt ernannten Jnspectoren erhöhen und ein schiedsgerichtliches Tribunal zur Abschätzung des durch Eisenbahnunfälle erlittenen Schadens einführen, sowie eine Gränze für den Betrag der Entschädigung bestimmen. Für die Bahngesellschaften erhob sich Hr. Leemann mit einem Verwerfungs - antrage gegen die Bill. Er verglich die Betriebsstatistiken der Haupt - bahnen mit den Statistiken über die Unfälle, um nachzuweisen daß die Befürchtungen der Urheber des Gesetzvorschlages weder gerechtfertigt noch das Eingreifen des Parlaments berechtigt sei. Jm weiteren trat er für die Belassung der Verantwortlichkeit für den Betrieb bei den Bahngesell - schaften ein, und suchte darzuthun daß eine erzwungene Durchführung eines bestimmten Betriebssystems nur der Einführung neuer Erfindungen hindernd in den Weg treten würde, während unter den heutigen Verhält - nissen die Directoren stets bereit seien das Nützliche und Empfehlenswerthe zu verwerthen. Die eigentliche Debatte wurde von Hrn. Dodson ein - geleitet, der zwar die Verantwortlichkeit der Directoren nicht vermindert, allein die Vollmachten der Jnspectoren des Handelsamtes entschieden ver - mehrt zu sehen wünschte. Auch die Bestimmungen der Vorlage wegen Entschädigung für Unglücksfälle schienen ihm für die Gesellschaften zu gnädig. Hr. Palmer redete darauf der Vorlage im allgemeinen das Wort, dann aber erhob sich Hr. Chichester Fortescue, um in seiner neuen Eigenschaft als Präsident des Handelsamtes die Ansichten der Regierung kundzugeben. Diese laufen kurz darauf hinaus: daß die Einführung des Blocksystems auf allen stark frequentirten Strecken und überhaupt auf allen Hauptlinien ungemein empfehlenswerth sei, indessen wegen der Schwierigkeit die Betriebsleitung von der Verantwortlichkeit zu befreien auf Hindernisse stoße. Die Frage der Entschädigung für Bahnunfälle, wurde im weiteren auseinandergesetzt, sei die Regierung bereit in die Hand zu nehmen, und was die Erhöhung der Befugnisse der Regierungsinspec - toren anbelange, so herrsche über deren Nothwendigkeit nicht der geringste Zweifel, und er beabsichtige über diesen Punkt dem Parlament demnächst Vorschläge zu unterbreiten. Seine Bedenken gegen das Eingreifen der Regierung in den Bahnbetrieb seien indessen so gewichtig, daß er zur zwei - ten Lesung wohl seine Zustimmung geben könne. Der Vorgänger des Ministers unter Disraeli, Hr. S. Cave, war im ganzen mit den Erklärun - gen der Regierung einverstanden, und redete Sir H. Selwin = Jbbetson zu die Vorlage einzuziehen. Dazu war der letztere indessen nicht geneigt, und als noch Hr. Price gegen die Bill gesprochen, und das Haus sich ab - geneigt gezeigt hatte in eine Vertagung der Debatte zu willigen, nahm er selbst den Faden der Erörterung auf und redete bis die regelmäßige Ab - schlußstunde der Mittwochssitzung die factische Vertagung nothwendig machte. -- Jm Oberhause beantragte vorgestern Lord Kimberley die zweite Lesung der Vorlage behufs Wegräumung der religiösen Schranken an den Universitäten Oxford und Cambridge, und der Marquis v. Salisbury gab in wenigen Worten der Zustimmung der Opposition Ausdruck daß die Bill das zweite Stadium passiren möge. Die zweite Lesung wurde denn auch ohne Anstand vorgenommen.

Die großartige deutsche Friedensfeier ist nunmehr auf den 13 April festgesetzt worden. Die Theilnahme des deutschen Botschafters und des sächsischen Gesandten steht in Aussicht; die besten deutschen Namen welche Wissenschaft, Kunst und Kaufmannschaft hier in London aufzuweisen haben sind im Festvorstande vertreten, aber nicht minder die Arbeitergesangver - eine des Ostendes. Mehrere Ausschüsse sind bereits rege an der Arbeit; und das Fest verspricht nicht nur dem deutschen Namen Ehre zu machen, sondern auch das großartigste zu werden das in dieser Richtung von un - sern Landsleuten in England noch je zu Stande gebracht worden ist.

Unter den Deutschen welche von Paris nach London übersiedeln, istauch der berühmte Augenarzt Dr. Liebreich, welcher hier zum Professor der Augenheilkunde am St. Thomas = Hospital ernannt worden ist.

Frankreich.

Paris, 16 März.

Die französische Republik ist, wie die Amtszeitung meldet, von Däne - mark, von Schweden und Norwegen und von der Argentinischen Conföde - ration anerkannt worden. Fürst Metternich hat am 11 in Bordeaux dem Hrn. Thiers neue Schreiben überreicht, welche ihn als außerordentlichen Botschafter des Kaisers von Oesterreich und apostolischen Königs von Un - garn in Paris beglaubigen.

Die Formel mit welcher die Gesetze der französischen Republik publi - cirt werden lautet: Die Nationalversammlung hat verordnet, der Chef der vollziehenden Gewalt der französischen Republick verkündet das Gesetz dessen Jnhalt folgt. -- Die Publicationsdecrete tragen die Unterschrift des Präsidenten der Versammlung, diejenige der Secretäre, endlich die die Zeichnung des Chefs der vollziehenden Gewalt.

General Uhrich soll demnächst von Montreux nach Paris zurückkehren. Wie der Electeur libre versichert, hat Thiers die Absicht den Vertheidiger von Straßburg zum Großkanzler der Ehrenlegion an Stelle des vor sechs Monaten verstorbenen Generals Flahault zu ernennen.

Die der äußersten Linken angehörigen Abgeordneten von Paris ver - öffentlichen folgende Erklärung: Theure Mitbürger! Der Bericht über die Sitzung vom 10 März hat euch gesagt wie eindringlich wir darauf be - standen haben daß die Nationalversammlung nach Paris verlegt werden möge. Es verlangte uns gar sehr wieder in eurer Mitte zu sein. Wir haben wenigstens dazu beigetragen das Project zu vereiteln, demzufolge die Stadt Fontainebleau der Versammlung als Sitz angewiesen werden sollte. Es braucht nicht erst hinzugefügt zu werden daß, wenn man später den provisorischen Aufenthalt zu Versailles in einen definitiven umwan - deln wollte, dieser Eingriff in das Recht der Stadt Paris, der einzig mög - lichen Hauptstadt Frankreichs, bei uns auf einen unbeugsamen Widerstand stoßen würde. Einstweilen, und im Hinblick auf den kläglichen Zustand in welchen das Kaiserreich unser Land versetzt hat, halten wir es für noth - wendig alles zu vermeiden was zu Aufregungen Anlaß geben könnte, aus welchen unfehlbar unsere politischen Gegner und der noch auf dem Boden Frankreichs lagernde Feind Nutzen ziehen würden. Wir erachten ferner daß unser Verbleiben auf dem Posten den eure Stimmen uns angewiesen haben nicht unnütz sein mag, mag es sich nun darum handeln die Republik zu befestigen oder sie zu vertheidigen. Die Republik unversehrt zu erhalten und die Befreiung des französischen Bodens zu beschleunigen, das sind die beiden großen Jnteressen des Augenblicks. Die Republik! Wir wollen ihr dienen, indem wir auf der Bresche bleiben bis die gegenwärtige Natio - nalversammlung, die nur ernannt ist um die Frage ob Krieg oder Friede zu entscheiden, und die mit dieser Entscheidung zusammenhängenden An - gelegenheiten zu erledigen, einer constituirenden Versammlung Platz macht. Frankreich! Wir wollen ihm dienen, indem wir uns vor allem hüten was geeignet sein könnte Conflicte herbeizuführen, über welche, wir wiederholen es, unsere innern und äußern Feinde nur allzu sehr sich zu freuen Grund hätten. Dieß ist, theure Mitbürger, die Richtschnur welche wir uns gezogen haben. Wir hoffen daß ihr sie gutheißen werdet. Peyrat, Edmond Adam, Edgar Quinet, Schölcher, Langlois, Henri Brisson, Greppo, Tolain, Gambon, Lockroy, Jean Brunet, Floquet, Tirard, Clé - menceau, Martin Bernard, Farcy, Louis Blanc.

Dem Daily Telegraph wird aus Paris vom 16 d. berichtet: Die Behörden sind einer ernstlichen Organisation auf der Spur. Einige Com - pagnien der Hülfsingenieure haben sich geweigert den Stadt = Jngenieuren bei Ausbesserung des Bois de Boulogne an die Hand zu gehen, weil das Centralcomit é des dortigen Viertels sie zwinge bei den Artillerie = Parks Wache zu thun. Sobald die Bewohner von Montmartre sich der Ordnung fügen, wird der Belagerungsstand aufgehoben und unumschränkte Preß - freiheit gewährt werden. Auf dem Boulevard Richard le Noir giengen vier Garibaldiner in ihren rothen Blousen in ein Caf é. Der Eigenthümer desselben nannte sie crapule à la Garibaldi und versuchte sie an die Luft zu setzen; statt dessen wurde er selbst nach einer Prügelei unter Zischen und Pfeifen des Pöbels auf die Wache gebracht. Der Garten des Luxembourg ist dem Publicum gegenüber geschlossen worden, und das 115. Linienregiment ist dort gelagert. Drei andere Regimenter halten die Boulevards in der Nähe der Sternwarte besetzt.

Wie das Paris = Journal mittheilt protestirt Gustave Flourens in einem Maueranschlag gegen seine Verurtheilung, da der Angeklagte das Recht habe von seines gleichen gerichtet zu werden. Demnach hätte Flourens von Pyat, Rochefort, Blanqui und ähnlichen Ehrenmännern gerichtet wer - den sollen.

Dieser Protest lautet: Bürger! Angesichts des Urtheils welches mich trifft, ist es meine Pflicht auf das energischste gegen die Verletzung aller in alle Verfassungen eingeschriebenen Rechte zu protestiren. Der Ange - klagte muß von seines gleichen gerichtet werden. So ist der Text des Ge - setzes. Nun verweigere ich aber den patentirten Mördern der Reaction vollständig den Titel von Richtern. Von einer Regierung ernannt welche am 31 October 1870 noch von niemandem anerkannt worden war, konnte sie ihre Macht nur außerhalb des Gesetzes schöpfen. Uebrigens weiß ich durch lange Erfahrung daß die Freiheit durch das Blut der Martyrer ge -1351stärkt wird. Wenn das meinige dazu dienen kann Frankreichs Be - schmutzungen hinwegzuwaschen und die Einheit des Vaterlandes und die Freiheit zu befestigen, so biete ich es freiwillig den Mördern des Landes und den Januarschlächtern an. Gruß und Brüderlichkeit. G. Flourens.

Wir fanden heute, berichtet das Journal des Débats , den Mons Aventinus recht traurig, woran wohl die Gleichgültigkeit des Publicums und das regnerische Wetter allein Schuld gewesen sein mögen. Die weni - gen Gäste indeß welche trotz des Regens das verschanzte Lager und die Artillerieparke von Montmartre besuchten, durften dießmal dem gehei - ligten Depot viel näher treten als sonst. Die Nationalgardisten vom 168. und 142. Bataillon, welche die 200 Kanonen bewachen, ließen jeder - mann ungestört auf allen Seiten des Berges und selbst in der Rue des Rosiers, wo das berühmte leitende Comit é seinen Sitz hat, verkehren. Darf man mehreren Rednern Glauben schenken welche in einer Gruppe auf dem ersten Plateau am Eingang der Rue Ste Eleuthère plauderten, so ist gestern im Vaux = Hall eine Versammlung abgehalten worden, mit deren Resultat eine große Anzahl gutgesinnter Officiere und National - garden gar nicht zufrieden gewesen sei. Dieselben sollen dem leitenden Comit é vorgeworfen haben daß es sich wie ein Dictator gebärde und sich weigere eine Controlcommission an seiner Seite zuzulassen. Einzelne Nationalgarden von Montmartre giengen selbst so weit das republicanische Centralcomit é laut anzuklagen daß es sie verrathe, und daß es an das Ministerium des Jnnern verkauft sei. Was den Artilleriepark betrifft, der sich in dem Garten der Place des Vosges (der ehemaligen Place Royale) befindet, so kümmert sich im Publicum niemand mehr um ihn. Eine Compagnie des 22. Bataillons bewachte heute friedlich die 50 Ka - nonen, mit welchen der Garten gespickt ist.

Die vereinigten Syndicatskammern beschlossen am 12 mit Einstimmig - keit daß kein Deutscher mehr in die Pariser Handlungshäuser aufgenommen werden dürfe. Dieser Beschluß hat eine bedeutende Tragweite, da mehr als zehntausend Pariser Häuser den Weisungen der Syndicatskammer ge - horchen.

Zwei höhere preußische Officiere, schreibt der Gaulois, sind in Paris, obgleich sie bürgerliche Kleidung trugen, erkannt, und von der Menge nach dem Club der Marseillaise geführt worden. Hier erklärte ein Natio - nalgardist daß man, nachdem ein Officier des 147. Bataillons vom Feind zum Gefangenen gemacht worden sey, Delegirte zum General v. Medem schicken wolle um den Austausch zu bewirken, widrigenfalls man die beiden Officiere zurückbehalten werde. Die Behörde hat bis jetzt vergebens diese beiden Officiere reclamirt, um sie zu den Vorposten führen zu lassen.

Auf der Straße wurde vorgestern ein Flugblatt ausgerufen welches den freundlichen Titel führt: Faut-il pendre les proprietaires? Soll man die Hausherren aufhängen? -- Jn dem Augenblick da drei Miethen auf einmal fällig zu werden drohen, allerdings eine wohl aufzuwerfende Frage.

Ein neues Blatt, welches gestern unter dem Titel L'Ami du Peuple, herausgegeben von Marat, erschien, wurde auf Grund des Decrets des Generals Vinoy sogleich confiscirt. An den Straßenecken kündigt Hr. Delescluze an daß er demnächst eine neue Zeitung unter dem Titel La Justice veröffentlichen werde.

Nicht Hr. Nefftzer, sondern ein mehrjähriger Mitarbeiter des Temps, Hr. Kämpffen ist von Hrn. Picard zum Director des Journal officiel ernannt worden.

Die conservative Presse äußert sich sehr befriedigt über das Manifest der äußersten Linken, unter dessen Unterzeichnern übrigens einige mar - kante Namen, wie Delescluze, Millière u. a., vermißt werden. Jn der dop - pelten Abmahnung dieses Manifestes von Agitationen und Ruhestörungen erblickt man allgemein eine Mahnung an die kriegerischen Nationalgarden von Montmartre und Belleville, obgleich die Deputirten sich jeder directen Aeußerung über diese brennende Frage des Augenblicks enthalten.

Das Blatt Le bon Sens hat die Genugthuung seinen Lesern die vollständige und unumschränkte Unterwerfung des Herrn Darboy, Erz - bischofs von Paris, unter die Decrete des vaticanischen Concils anzuzeigen. Der Erzbischof habe in diesem Sinn an den heiligen Vater geschrieben. Nun seien nur noch die Bischöfe von Orleans und Marseille ausständig, doch hat das römische Blatt gute Hoffnung daß auch sie bald dem guten Beispiel ihres Oberhirten folgen werden.

Wie der Courrier de Lyon vom 13 d. mittheilt wurde, am 11 ein junger Elsäßer, den man für einen Deutschen hielt, im Stadtviertel Ainay in die Saône gestürzt. Trotz einer schweren Kopfwunde kam er mit dem Leben davon, da er sich durch Schwimmen rettete. Das Blatt fügt bei daß solche Verwechselungen künftig vermieden werden müssen, und die Mairie den Elsäßern und Lothringern amtliche, ihre Nationalität nach - weisende, Documente einhändigen solle. Gegen das Ertränken der Deut - schen findet der Conrrier de Lyon nichts einzuwenden, nur sollen Verwech - selungen vermieden werden. Für die geistige Rohheit eines solchen Blat - tes findet man keine Worte.

sym2 Paris, 14 März. Das sogenannte bürgerliche Leben tritt allmäh - lich in einen annähernd normalen Zustand. Mit Schaudern blickt man auf den Abgrund an welchem man sich befand und wirklich noch befindet. Die Stunde hat geschlagen welche an die Verpflichtungen mahnt, an das was man schul -det, an das wofür zu sorgen, um leben zu können. Die Politik tritt in den Hintergrund wo für den täglichen Unterhalt zu kämpfen. Die Regierung schreitet jetzt mit Energie ein, um die gesellschaftliche Ordnung wieder her - zustellen und aufrecht zu erhalten. Der schlechten Presse wird jetzt zu Leibe gegangen. Was die finanziellen Obliegenheiten des Staates gegen - über Deutschland betrifft, so ist deren allmähliche Abmachung gesichert. Es werden wohl in diesem Jahre noch 2 -- 2 1 / 2 Milliarden abgetragen werden kön - nen. Eine wichtige Frage -- die Cession des Tabakmonopols an eine große europäische Finanzgesellschaft -- ist in Anregung gebracht. Es würden dadurch mehrere Milliarden verfügbar werden. Englische, amerikanische und französische Koryphäen der Geldmacht haben sich bereits verständigt dem armen Frankreich zu Hülfe zu kommen. Ueber das zu befolgende System der Nationalökonomie sind noch keine definitiven Beschlüsse ge - faßt, wiewohl als ausgemacht gilt daß Schutzzölle (wie es scheint vorwie - gend Rohstoffzölle. D. R.) die Oberhand behalten. Die an Deutschland abzutretenden Eisenbahnen bilden ein Capital von etwa 580 Millionen Franken. Trotz des Geschreies gegen Deutschland sind in Bezug auf ein Handelsübereinkommen nicht alle Aussichten verschlossen. Der blinde Haß wird nach und nach einer ruhigern Auffassung Platz machen.

× Paris, 15 März. Gestern Abend fanden in den revolutio - nären Vierteln stürmische Volksversammlungen, zum Theil unter freiem Himmel statt, in denen beschlossen wurde sich jedem Versuche der Entwaff - nung oder der Reorganisation der Nationalgarde mit den Waffen in der Hand zu widersetzen. Wie man hört, wird der neue Präfect eine Procla - mation erlassen, in welcher er den Aufrührern eine letzte Frist stellt, um auf gütlichem Wege die Herausgabe des Artillerieparks zu erwirken. -- Jn dem Ministerrathe der heut in Versailles stattfand, und dem der Po - lizeipräfect beiwohnte, war der Zustand von Paris natürlich der Haupt - gegenstand der Berathung. Der Finanzminister Pouyer = Quertier drang namentlich darauf daß den anormalen Zuständen schleunigst ein Ende ge - macht werde, da es ihm erst dann möglich sein werde Geld zu schaffen. -- Es hat sich in Paris ein Consortium von französischen, englischen, hollän - dischen, belgischen und österreichischen Bankiers gebildet, welches ein An - lehen bis zum Betrage von 1500 Millionen übernehmen will. Der Fi - nanzminister wird natürlich von allen Seiten mit Finanzprojecten be - stürmt, und jedes Journal hat seinen Plan um Geld zu schaffen, und das edle Frankreich baldigst von den preußischen Horden zu befreien. Die Deutschenhetze dauert fort. Unter den als Deutsche halbtodt geschlagenen Opfern der stupiden Volkswuth figuriren auch mehrere Schweizer, Oester - reicher und Belgier. Dieselben verlangen natürlich eine Entschädigung, und haben sich dieserhalb an ihre resp. Gesandten gewandt.

Belgien.

Brüssel, 18 März. Dem Vernehmen nach werden die Bevoll - mächtigten Deutschlands und Frankreichs in den letzten Tagen der nächsten Woche die Friedensverhandlungen beginnen. Die französischen Bevoll - mächtigten werden hier heute Abends erwartet. Harry v. Arnim wird am nächsten Dienstag in Brüssel eintreffen. -- Der Geschichtschreiber Alfred Michiels, dem Hr. v. Sybel in seiner hier erschienenen Broschüre Les droits de l'Allemagne sur l'Alsace et la Lorraine so gründlich heimge - leuchtet hat, veröffentlicht heute ein neues Pamphlet, eine angebliche Bio - graphie des Grafen Bismarck. Es ist natürlich eine gemeine Schmähschrift, von Lügen und Entstellungen angefüllt. Das komischste dabei ist daß der Verfasser als Quelle meistens das bekannte Buch Georg Hesekiels citirt. -- Marschall Leboeuf, ehemaliger Kriegsminister und Chef des Generalstabs der französischen Rheinarmee, ist heute hier angelangt. Derselbe reist unter dem Namen eines Generals Rancon.

Jndustrie, Handel und Verkehr.

* Frankfurt a. M., 19 März. (Börsenwoche. ) Der große lange schon sehnlichst erwartete Moment ist endlich eingetreten: die Speculation steht wieder herrschend im Vordergrunde des Börsengeschäfts. So ganz rosiger Laune ist man indeß immer noch nicht, denn ein großer Theil der Geschäftsmänner will eine Hausse mit gedankenlosen Sprüngen nach aufwärts, und findet sich kaum be - friedigt wenn die Werthe wie jetzt nur auf Grund wohlerwogener Schätzung ihrer finanziell maßgebenden innern Eigenschaften höher gehen. Dieß war bei Staats - bahn und Creditactien der Fall, während man bei Lombarden ungewiß hin und her schwankte. Auch diese gewannen übrigens einige Gulden und wurden auf Deckungskäufe bis zu 172 hinaufgetrieben, wichen jedoch auf Grund nachtheiliger Gerüchte über die innern Verhältnisse der Bahnverwaltung auf 168 zurück, und konnten sich selbst auf eine günstige Wocheneinnahme nur bis zu 171 erholen, zu welchem Preise sie gestern Abend bezogen wurden. Staatsbahn verkehrte in bedeu - tenden Umsätzen, permanent steigend auf Grund ihrer glänzenden Einnahmen seit Anfang dieses Jahres bis zu384 1 / 2. Creditactien waren zu Anfang der Woche kaum noch beliebt, wurden aber in den letzten Tagen Gegenstand nicht unbedeutender Geschäfte, da man den von Wien ausgehenden günstigen Jmpulsen folgte, und die großartigen Geld = und Jndustrie = Unternehmungen welche die Anstalt auszuführen im Begriffe steht, oder an welchen sie sich betheiligen wird (französische An - leihe) jetzt schon zu escomptiren sich bemühte. Sie schließen mit256 1 / 4. über 8 Gulden höher als zu Ende voriger Woche. Von andern sogenannten specula - tiven österreichischen Eisenbahnwerthen erzielten Nordwestbahn bei lebhaften Um -1352sätzen eine Avance von über 6 Gulden; ebenso haben sich Galizier und böhmische West - bahn gehoben; Elisabeth schließen mit 212 wie am Ende der Vorwoche. Jüngere Bah - nen nur sehr mäßig gefragt. Von ausländischen Staatspapieren hielten sich österrei - chische trotz nachlassender Nachfrage fest im Curs, oder giengen um kleine Bruch - theile an einzelnen Tagen höher. Auf Amerikaner Staatsbonds drückten einige Verkäufe für Privatrechnungen, und waren Bruchtheile niedriger. Die jetzt aus - geschriebene Conversion hat bis jetzt noch nicht den geringsten Eindruck auf dieses festeste aller Papiere gemacht. Neueste Russen von 1871 hielten sich trotz Berliner Reali - sationen aus schwachen Händen 1 -- 3 / 4 über dem Emissionscurs. Ein Steigen dieses neuen Werthes ist indessen in sicherster Aussicht, da man in London jetzt schon fürchtet von den Vortheilen dieser Capitalanlage nicht genug abzubekommen, und alle patriotischen Bedenken im Handumdrehen verschwunden sind. Russische Pfand - briefe aller drei Emissionen verkehrten steigend fast gleichmäßig bis zu85 1 / 4 -- 85 3 / 4. Neueste Spanier haben sich um Bruchtheile über 30 gehoben, da wieder einmal das Gerücht vom Verkauf überseeischer Colonien aufgetaucht ist. -- Jm Geschäft mit den soliden deutschen Anlagepapieren ist Stillstand eingetreten, wenigstens ha - ben die großartigen Aufträge für feste Anlagen nachgelassen. Rückgänge haben nur um unbedeutende Bruchtheile stattgefunden. Bundesanleihe und Schatzscheine noch immer al pari und darüber; süddeutsche 5procentige Werthe fast unverändert Süddeutsche Loose stabil; österreichische deßgleichen bei ruhigem Verkehr. Köln - Mindener Loose94 3 / 4 -- 95; dem Aufschwung derselben stehen die Berliner Ange - bote aus schwachen Händen, die sich mit dem gegenwärtigen Agio zufrieden geben, hindernd im Wege. Sehr fest hielten sich bei mäßigen Umsätzen fast sämmtliche Eisenbahnprioritäten. Von deutschen Eisenbahn = Actien verloren bayerische Ostbahn fast 2 Procent; dagegen waren Pfälzer Linien (Alsenz = und Maxbahn) bei steigen - den Cursen in belangreichem Verkehr. Von Bankactien Nationalbank um einige Gulden höher; Darmstädter bei kleinen Schwankungen zwischen 329 -- 330 in guter Frage. Darmstädter Zettelbank zu vorwöchigem avancirten Curs erhältlich. Am Wechselmarkt verkehrten Amsterdam und Paris eine Kleinigkeit höher; London und Wien ohne Aenderung. Geld flüssig und Dieconto 3 Procent.

§ Paris. 15 März. Die Börse verharrt in ihrer günstigen Stimmung, welcher einstweilen nichts anderes als die Rede des Hrn. Thiers in der National - versammlung zu Grunde liegt. Rente hob und behauptete sich auf 51.80, neues neues Anlehen 52 60. Jtaliener waren etwas schwächer 53 90 à 95. Autrichiens rückten bis 795 und Lombarden bis 368 vor. Nord 927, Lyon 802. Jn den übrigen Werthen kein Geschäft.

* Southampton, 16 März. Das Postdampfschiff des Nordd. Lloyd Amerika, welches am 4 März von New = York abgegangen war, ist heute 10 Uhr Morgens hier eingetroffen und hat alsbald die Reise nach Bremen fortgesetzt.

Neueste Posten.

London, 18 März. Eugenie reiste mit ihrem Sohn in Folge eines Depeschen = Jrrthums nach Dover, um ihren Gemahl Napoleon abzuholen. Sie bleibt dort bis Napoleon, der jetzt zum Montag erwartet wird, ein - trifft. Der Herzog von Nemours begab sich nebst seinen beiden Töchtern über Dover nach Frankreich. (T. N.)

Brüssel, 18 März. Die Jndépendance meldet daß die in Paris wohnhaften Luxemburger mit Ausweisung bedroht seien. Diese Maßregel werde dadurch motivirt daß die Luxemburger Regierung dem französischen Consul das Exequatur entzogen habe. Nach einer andern Mittheilung seien nur solche Personen mit der Ausweisung bedroht welche den Besitz von Subsistenzmitteln nicht nachweisen können.

Madrid, 17 März. Die Königin von Spanien ist heute Morgens in Alicante unter dem Andrang einer unermeßlichen Volksmenge gelandet. Es herrscht großer Enthusiasmus. (T. N.)

Telegraphische Berichte.

* Paris, 19 März, Morgens 6 Uhr. Die Zeitungen bestätigen daß die Generale Lecomte und Clément Thomas gestern von den Jnsur - genten in einem Garten der Rue des Rosiers, wo der Sitz der Central - Comit és, erschossen worden sind. Das J. des Débats sagt: Der Tag vom 18 März wird zu den traurigsten unserer Geschichte zählen. Die Emeute ist Herrin von Paris. Dieser schreckliche Tag hat der Republik größeres Uebel zugefügt als alle bonapartistischen Jntriguen gekonnthätten und Frankreich, das sich mit eigenen Händen zerfleischt, leidet nicht minder als die republicanische Verfassung. Die guten Bürger haben die Pflicht sich um die von den legitimen Vertretern der Constituante ernannte Regierung zu schaaren. Die Nationalversammlung und ihre Delegirten haben allein das Recht zu befehlen und nur durch Gehorchen bleibt die letzte Hoffnung, das unglückliche Land zu retten. Der Electeur libre meldet: Ein Theil der Regierung ist in Paris geblieben, ein anderer nach Versailles ge - gangen, um der Nationalversammlung nahe zu sein, und um Maßregeln welche die Ereignisse fordern, treffen zu können. Gestern Abend besetzten die Natio - nalgarden von Montmartre das Generalstabsgebäude der Nationalgarde am Vendômeplatz. Die Mitglieder des Centralcomit é's verkünden: sie hätten keine feindlichen Absichten, sie wollten nur daß die Nationalgarde ihren selbsternannten Chef habe mit dem Mandate die Republik mit allen Mitteln zu vertheidigen. Die heutige Amtszeitung ist noch nicht er - schienen.

* Paris, 19 März. Nachmittags. Das Centralcomit é der Natio - nalgarde, unterzeichnet von folgenden Mitgliedern: Assy, Bellevray, Fer - rat, Babeck, Moreau, Dupont, Varlin, Boursier, Marthier, Couhier, Va - lette, Jourch, Rousseau, Lullier, Blancher, Grollard, Baron, Geresme, Holse und Pougeret, erließ zwei Proclamationen. Die erste lautet: Bür - ger! Das Volk von Paris hat das Joch abgeschüttelt welches man ihm auferlegt hat. Ruhig und unerschütterlich in seiner Kraft, hat es ohne Furcht und Provocation die schamlosen Thoren erwartet welche die Repu - blik antasten wollten. Dießmal haben die Brüder von der Armee nicht Hand an die Heiligthümer der Freiheiten legen wollen. Dank allen! Jhr und Frankreich habt die Grundlagen zur Republik gelegt. Nur ein solche Regierung kann für immer die Aera der Jnvasionen und der Bürgerkriege abhalten. Der Belagerungsstand wird aufgeboben. Das Pariser Volk wird in seinen Conventionen (? ) zusammentreten, und die Communalwahlen vollziehen. Die Sicherheit aller Bürger ist unter Beihülfe der Natio - nalgarde verbürgt. Jn einer andern Proclamation heißt es: Jhr habt uns mit der Vertheidigung von Paris beauftragt, wir haben diese Mission durch euren Muth, eure Kaltblütigkeit erfüllt. Wir haben die Re - gierung welche uns so eben verrathen, vertrieben, unser Mandat ist erlo - schen. Wir geben es zurück. Wir wollen nicht darnach trachten die Stelle derjenigen zu nehmen, welche ein Volkshauch umgestürzt hat. Bereitet euch vor! Vollziehet sofort die Wahlen der Commune, gebet uns nur die Belohnung daß wir erleben können euch eine wirkliche Republik be - gründen zu sehen. Bis dahin handeln wir im Namen des Volkes.

* Frankfurt a. M., 19 März. Effectensocietät. Bayer. 5proc. von 1870 99 7 / 8; 4 1 / 2 proc. Anl. 96 1 / 8; 4proc. Präm. = Anl. 107 3 / 4; bayer. Ostbahn = Actien 127 3 / 8; mit 15 Proc. Einzahl. --; 4proc. Alsenzbahn94 1 / 4; bad. Präm. = Anl. 107 3 / 4; 1882er Amerikaner96 3 / 4; österr. Silberrente55 3 / 4; Papierrente 48; österr. 1860er L.77 3 / 4; 1864er L.117 3 / 4; Bankactien 695; Creditactien256 1 / 4; Lombarden 173; Staatsbahn384 3 / 4; Köln Mindener Loose94 7 / 8; Galizier --; Elisabeth211 1 / 4; Rudolfsbahn --; Ungar. Ostbahn --; 3proc. span. ausländ. Sch. 30 1 / 2. Wechsel: London --; Wien95 1 / 4. Tendenz: fest.

* Wien, 19 März. Privatverkehr. Creditactien 269.10; 1860er L. 95.80; 1864er L. 123.60; Staatsbahn 404.50; Lombarden 183.30; Napoleons 9.94; Papierrente 58.50; Franco = Austrian 107.20; Anglo = Austrian 236.60. Tendenz: fest.

Liverpool, 18 März. Baumwollenbericht. Tagesumsatz 12,000 B. Tagesimport 6000 B. Stimmung sehr fest.

* Paris, 18 März. Schlußcurse: 3proc. Rente 51.50; Staatsbahn 806 25; 5proc. Jtal. 53.65. Matt.

New = York, 17 März. Per Kabel. Gold, Schlußcurs111 1 / 2; Wechsel per London109 7 / 8; 1882er Bonds112 7 / 8; 1885er Bonds112 1 / 4; Erie = Actien 20 3 / 4; Jllinois 134: Baumwolle15 1 / 8; Petroleum --.

* New = York, 18 März. Goldagio110 7 / 8; Wechsel in Gold109 3 / 4; 1882er Bonds 113; 1885er112 3 / 8; 1904er109 1 / 4; Baumwolle 15; Petro - leum in Philadelphia 23 5 / 8.

Kundmachung der Direction des Actien-Vereins der Prager Kaiser Franzens-Kettenbrücke.

Die General = Versammlung des Prager Kettenbrück = Actien = Vereins hat am 13 März 1871 über Antrag der Direction und des berathenden Ausschusses be - schlossen: daß für das Jahr 1870 der Coupon von den noch unverloosten Actien mit Einundzwanzig Gulden österr. W. und von den für die ver - loosten Actien an deren Stelle hinausgegebenen Antheils = Urkunden mit Zehn Gulden 50 kr. öst. W. einzulösen sei.

Die HH. Actionäre und die HH. Besitzer der Antheils = Urkunden werden hievon mit dem Beifügen in Kenntniß gesetzt daß diese Einlösung vom 1 April 1871 angefangen wieder von dem Großhandlungshause Moriz Zdekauer in Prag gegen Einziehung des Jahres = Coupons aus dankenswerther Gefälligkeit für den Actien = Verein übernommen wurde.

Uebrigens werden aus diesem Anlasse jene HH. Actionäre welche die Dividende aus früheren Jahren, dann den in Folge der Verloosung verfallenen Actien - Einlösungsbetrag und die an Stelle der verloosten Actien ausgefertigten Antheils = Urkunden noch nicht erhoben haben, hiemit wiederholt eingeladen die Erhebung bei dem genannten Großhandlungshause gefällig veranlassen zu wollen.

Dr. med. Dantone, Schüler von Gräfe, langjähriger I ter Assistent an der Dr. Rothmund'schen Augenklinik München, hat sich in Rom niedergelassen. [2509 -- 12]

Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nr. 80.
Dienstag, 21 März 1871. Verlag der J. G. Cotta 'schen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Gosen.

Correspondenzen sind an die Redaction, Jnserate dagegen an die Expedition der Allgemeinen Zeitung zu adressiren. ANZEIGEN werden von der Expedition aufgenommen und der Raum einer dreigespaltenen Colonelzeile berechnet: im Hauptblatt mit 12 kr., in der Beilage, welcher das Montagsblatt gleich geachtet wird, mit 9 kr. ; ausserdem ist zu Ermöglichung der Selbstausrechnung des Insertionspreises durch den Tit. Auftraggeber und der Anhersendung des Betrags in Papiergeld und Briefmarken eine wortweise Berechnung eingeführt, bei welcher eine Anzeige (Aufschrift, Firma etc. durch fette Lettern ausgezeichnet) um baar und franco 4 kr. südd. (auch 7 Ngr. ö. W., 1 1 / 4 Ngr., 15 Cent) für jedes Wort oder Zahl in der Beilage Aufnahme findet: bezüglich der Collectivanzeige vid. am Schluss der Beilage.

Uebersicht.

Zur Universitätsreform in Oesterreich. -- Graf Bismarck und die deutsche Nation. Von Dr. Constantin Rößler.

Neueste Posten. Berlin: Nachwahlen zum Reichstag. Köln: Neue Fuldaer Bischofsversammlung. Wilhelmshöhe: Abreise des Kaisers. Schreiben desselben an Mac Mahon.

Telegraphische Berichte.

Bern, 20 März. Der Bundesrath dementirt die Nachricht: Frankreich habe die Rückkehr der kriegsgefangenen Franzosen aus Deutsch - land durch die Schweiz nachgesucht. Wegen Schneefalls wurde seit dem 17 März über Pontarlier täglich nur ein Zug internirter Franzosen heim - befördert, zwei Züge gehen jetzt über Morges.

* Paris, 19 März. Die Regierung hat folgende Proclamation er - lassen, unterzeichnet von Dufaure, Favre, Picard, Simon, Pothuau und Lefl ô: Ein Nationalgarden = Comit é, welches den Namen Central = Comit é annahm, bemächtigte sich einer gewissen Zahl von Kanonen, bedeckte Paris mit Barricaden, schoß auf die Vertheidiger der Ordnung, machte Ge - fangene und ermordete kaltblütig die Generale Lecomte und Thomas. Wer sind die Comitémitglieder? Niemand kennt sie, niemand kann an - geben zu welcher Partei sie gehören. Sind sie Communisten, Bonaparti - sten, Preußen? (!! ) Sind sie aus dreifacher Coalition hervorgegangen? Jedenfalls sind sie Feinde von Paris, welches sie der Plünderung überlie - fern, Feinde Frankreichs, welches sie Preußen (! ) überliefern. Die verab - scheuungswürdigen Verbrechen jener Männer benehmen denen die es wagen ihnen zu folgen jede Entschuldigung. Wollt ihr die Verantwortlichkeit der Mordthaten und Verbrechen, die sich noch steigern werden, auf euch nehmen, dann bleibt in euren Behausungen; wenn euch aber an der Ehre und den heiligsten Jnteressen gelegen ist, so schaart euch um die Regierung der Re - publik und die Nationalversammlung.

* Paris, 19 März. Die Aufständischen zogen auf dem Stadt - hause die rothe Fahne auf. Das Stadthaus ist von Barricaden umgeben. Der Straßenverkehr ist nicht gehemmt. Bis jetzt wurde kein neuer Con - flict gemeldet.

Diese Depeschen aus dem Hauptblatt hier wiederholt.

* München, 20 März. Graf Quadt, der bayerische Delegirte für die Brüsseler Friedensverhandlungen, reist morgen Abends ab. Heute hatte er Audienz beim König. Jn seiner Begleitung befinden sich der Legationsrath Rudhart und Graf Lerchenfeld.

* Dresden, 20 März. Das Dresd. Journal meldet: Der König von Sachsen reist am 26 d. zum Besuch an den kaiserl. Hof nach Berlin. Der commandirende General des sächsischen Armeecorps, Prinz Georg, ist gestern hier eingetroffen und freudigst empfangen worden; er reist am Mittwoch nach Frankreich zurück.

Weitere Telegramme siehe fünfte Seite.

Zur Universitätsreform in Oesterreich.

Veritas odium parit.

Bei Eröffnung der gegenwärtigen Reichsrathssession im November v. J. kündigte die Thronrede auch eine Vorlage für Universitätsreform an. Obschon nun unter Sachverständigen eine solche Reform schon lange Gegenstand eines lebhaften Verlangens war, so wollte doch der Glaube daß es sich um eine sogenannte reformatio in capite et membris handle nicht recht aufkommen. Die Gründe dafür waren mannichfach. Das Unsichere und Schwankende unserer Zustände beeinflußt und lähmt auch die Thätigkeit der Minister, und die Erfahrung daß es zum minde - sten klug am Tage der ministeriellen Taufe auch schon an das Grab zu denken, ist keine große Aufmunterung zu einer umfassenden und durch - greifenden Thätigkeit, da keiner weiß ob er seine Vorschläge auch noch wird vertreten können, oder wohl gar es erleben muß dieselben von seinem Nachfolger als schätzbares Material behandelt zu sehen. Ferner weiß man ja daß auch die gemeinnützigsten Anträge, sollen sie auf die ganze Westhälfte ausgedehnt werden, an der gereizten Stimmung der Nationa - len schon oft gescheitert sind, und endlich durfte man sich auch nicht ver - hehlen daß die unmittelbar Betheiligten Schwierigkeiten entgegenstellen würden, wenn eine Beeinträchtigung ihrer Privatinteressen als möglich er - scheinen sollte.

Diese Bedenken bezüglich einer entsprechenden Heilung wurden durch die nachfolgende Vorlage des Ministers Stremayr selbst nicht gehoben; sie befaßte sich nur mit der Organisirung der akademischen Behörden, und war, mit wenigen Ausnahmen, eine fast wörtliche Abschrift eines seit zwanzig Jahren bestehenden provisorischen Statuts, und selbst diese Vor - lage ist nun zurückgezogen und eine neue Redaction derselben in Aussicht gestellt worden.

Diesem Zaudern und Schwanken wollen wir nun eine wahrheitsge - treue Schilderung der Krankheit gegenüberstellen, mag auch die Stimme ungehört verhallen und das Motto seine Kraft erweisen.

Die bureaukratische Einrichtung des gesammten Unterrichtswesens, wie sie die josephinische Periode geschaffen, blieb mit geringen Aenderun - gen bis zum Jahr 1848 bestehen; von da an wurde aber der Ruf nach einer zweckmäßigen Reform desselben so laut daß er auch in maßgebenden Kreisen nicht überhört werden konnte. Es erschien noch im Spät - sommer des Jahrs 1848 ein Entwurf zur Regelung des gesammten österreichischen Unterrichtswesens von dem damaligen Leiter des Unter - richtsministeriums, dem edlen und hochgebildeten Feuchtersleben, welcher Entwurf von competenten Stimmen als ebenso freisinnig wie den Zeit - bedürfnissen entsprechend freudig begrüßt wurde.

Was nun die Universitäten anbelangt, so hat Feuchtersleben den bei jeder Neubildung allein richtigen Weg betreten: er nahm nur die Licht - seiten seines Vorbildes auf, vermied aber die Schattenseiten desselben. Als Vorbild dienten ihm die deutschen Universitaten mit ihren corporati - ven, freiheitlichen Einrichtungen; von dieser Grundlage gieng er aus ohne sie sklavisch zu copiren, denn wie wäre es möglich gewesen den schon da - mals laut erhobenen Ruf nach Reform des deutschen Universitätswesens, der auf der Versammlung in Jena energischen Ausdruck fand, zu überhö - ren! Feuchtersleben starb aber bald darauf, und eine nachfolgende Zeit beseitigte, wo es angieng, alles was an das Jahr 1848 erinnerte.

Graf Thun, selbst kein Mann der Wissenschaft, sondern nur von dem Rath anderer abhängig, gab ein Statut welches fast durchweg die Einrich - tung der deutschen Universitäten auf österreichischen Boden verpflanzte. Nun ist es aber unläugbar daß Einrichtungen, auf dem heimischen Boden erwachsen, ungeachtet ihrer Reformbedürftigkeit noch länger fortbestehen können, weil die Zeit an sie gewöhnt und manches an ihnen gemildert hat, während sie, auf einen fremden Boden verpflanzt, leicht zu ungünsti - gen Ergebnissen führen können. Aehnlich gieng es in Oesterreich mit dem neuen Universitätsstatut; rasch und ohne Bereitung eines günstigen Bo - dens hingestellt, blieb der gute Weizen taub unter der Erde liegen, und nur das Unkraut wucherte üppig empor.

Die ersten Fehler giengen vom Minister selbst aus. Graf Thun klagte es jedem der es nur hören wollte wie arm Oesterreich an Lehrkräf - ten sei, und wie nothwendig eine umfassende Berufung Auswärtiger erscheine. Dieses Verhalten brachte aber mannichfache Nachtheile. Es verletzte zunächst die Einheimischen. Es ist zwar auch in Oesterreich wie anderwärts dafür gesorgt daß nicht alle Bäume in den Himmel wachsen, aber die übertriebene Klage des Ministers entstammte einem österreichischen Erbübel, vermöge dessen man nicht geneigt ist die Kräfte zu Hause zu suchen und, wo sie zufällig sich zeigen, sie auch zu benützen. Dazu kommt daß man bei den Berufungen nicht immer glücklich war, und gerade die tüchtigen Männer darunter nicht zu halten versuchte, sondern ohne Sang und Klang wieder ziehen ließ. Der erstere Umstand war je - doch kein Hinderniß die Neuankommenden aufmerksam zu machen daß man sie als das Salz betrachte welches der bisherigen Fäulniß abhelfen solle.

Was das Verhältniß der einzelnen Facultäten zu einander und mit - hin ein harmonisches Wirken anbelangt, so wurde dasselbe auch von oben her mannichfach verrückt. Der Glanz der medicinischen Schule in Wien verleitete zu einer Ueberschätzung des naturwissenschaftlichen Studiums auf Kosten anderer Fächer, besonders der philosophischen und theologischen. Damit verschwand von den österreichischen Universitäten immer mehr das Bewußtsein von dem Zusammenhang und der Wechselwirkung der einzel - nen Fächer in welche die eine und ganze Wissenschaft sich verzweigt, und es bürgerte sich dafür ein bedenklicher Zunftgeist ein. Professor Lazarus sprach bei Gelegenheit der Säcularfeier der Wiener Universität bedeu -1354tungsvolle Worte, indem er sagte: Keine Facultät dürfe die andere hem - men, keine sie klemmen, denn man sage ja literarum universitas und nicht diversitas.

Was speciell die theologischen Facultäten anbelangt, so gab ihnen Graf Thun, um dem Episkopat sich freundlich zu zeigen, eine Einrichtung welche das bisherige Band derselben mit den Universitäten lockerte, und letztere mit dem Verlust eines bisher integrirenden Theils derselben be - drohte -- ein Umstand der aber nicht nur mit Gleichgültigkeit hingenom - men wurde, sondern manchen Professoren Veranlassung war laut den Ruf nach völliger Beseitigung zu erheben, und solange dieß nicht angieng sich in entschiedener Mißachtung der an Talent und Wissen ebenbürtiger Glie - der dieser gedrückten Facultät zu ergehen. Ein Vorgang wie in Bonn, wo die Universität sich der gemaßregelten Professoren der katholisch = theologi - schen Facultät warm angenommen, ist in Oesterreich undenkbar.

Haben diese von oben ausgegangenen Mißgriffe ein gesundes Wachsen und Gedeihen nicht gefördert, so trugen auch die Universitäten selbst das ihrige dazu bei. Es zeigte sich bald, und trat bei verschiedenen Anlässen immer deutlicher hervor, daß sie von einem schätzenswerthen Gute, nämlich dem Rechte der freien Selbstbestimmung, den rechten Gebrauch im allge - meinen Jnteresse der Wissenschaft zu machen nicht verstanden haben; es hat sich nur eine bedenkliche Cliquenwirthschaft herausgebildet, für die es freilich an Mäntelchen nicht fehlt. Die Zeit, sagt man, dränge zur Partei - Bildung; es können mithin auch die Universitäten diesem Drange sich nicht entziehen. Die Wissenschaft muß allerdings, um der Zeit und ihren Be - dürfnissen zu entsprechen, von den Parteien Kenntniß nehmen; aber sich mitten in dieselben hineinstürzen, in ihnen völlig aufgehen und das oft wüste Treiben derselben auf den eigenen Boden verpflanzen, scheint doch kaum die richtige Aufgabe der Wissenschaft und ihrer Vertreter zu sein. Und so sehen wir die Clique nach innen und außen in voller Thätigkeit. Sie beherrscht das ganze Leben der Universität, sie wählt Rector und Dekane, beeinflußt die Vorschläge zur Besetzung erledigter Lehrämter, und wehe dem Manne der es verschmäht sich vor ihr zu beugen -- er ist in sei - ner Jsolirung verloren, mag er auch an Charakter und Wissen ausgezeich - net dastehen. Die Clique ist aber auch nach außen thätig, und sucht ihre Glieder in die verschiedenen Vertretungskörper zu bringen, wo sie, nicht immer zum Vortheile des Lehrstuhles, der darüber vernachlässigt wird, mit ihrem Lichte leuchten wollen, dabei aber durch pedantische Rechthaberei oft mehr schaden als nützen.

Endlich muß noch des Verhältnisses gedacht werden in welchem sich die Universitätsprofessoren in Wien zu denen in der Provinz befinden. Am Sitze der Regierung lebend, verschmähten sie es nie sich dort Respect zu verschaffen, um gelegentlich Einfluß üben zu können. Dadurch gewöhn - ten sie sich aber sich selbst Patriciern gleich zu achten, die nach allen Seiten Vorrechte beanspruchen dürfen, während sie ihre Collegen in den Provin - zen wie Plebejer behandelten, bei denen jeder Wunsch nach gleicher Be - handlung als Selbstüberhebung betrachtet wurde. An diesem Uebelstand konnte auch unsere dem Nivelliren so günstige Zeit bisher nichts ändern.

Jst aber dieser ungesunde Zustand der Fortbildung der Wissenschaft überhaupt abträglich, so kommt dazu noch weiter der unvermeidliche schlimme Einfluß auf die akademische Jugend. Was soll aus derselben werden wenn ihre Herren und Meister, in Parteien gespalten, oft mit kleinlicher Feindschaft sich verfolgen, und den Gemeingeist so weit verläug - nen daß sie jeden innern Vorgang zu einer öffentlichen Angelegenheit hin - aufschrauben? Dafür ist aber auch die Disciplin unter den Studenten auf bedauerliche Weise gelockert, und es hat ein so unwissenschaftlicher Geist Platz gegriffen, daß die Klagen über Unbrauchbarkeit der absolvirten Jugend in den praktischen Richtungen des Lebens immer lauter werden. Die Hörsäle sind fast verödet, Rigorosen und Staatsprüfung zeigen eine sehr mangelhafte Vorbereitung; dagegen werden die Bewohner einer Uni - versitätsstadt an den Anfang eines Studienjahres immer recht lebhaft er - innert durch vermehrte nächtliche Ruhestörungen, durch Zeitungsberichte über erregte Comité = Wahlen zu der großen Anzahl von Bällen im näch - sten Fasching und durch Mittheilungen über Commerse und andere Unter - haltungen.

Wie könnte es aber auch, bei dem großen Mißbrauche welcher bezüglich der verspäteten Aufnahme von Hörern sich nach und nach eingeschlichen, anders kommen? Das Gesetz erlaubt diese nur in besonderen Fällen, und auch nur so lange als die Vorlesungen noch nicht so weit fortgeschritten sind daß der neu Eintretende eine Einbuße erlitte. Erfahrungsmäßig wer - den aber solche Gesuche bis Weihnachten in der Regel, öfter sogar bis in den Januar hinein, zustimmend erledigt. Wer aber in drei oder vier Mona - ten noch nichts verloren hat, der dürfte überhaupt nichts verlieren, wenn er auch gar nicht frequentirt.

Es sind bisher Uebelstände besprochen worden welche in den unmittel - bar betheiligten Kreisen schon lange Gegenstand einer ernsten, aber auchunfruchtbaren Erörterung sind, weil bisher theils der Muth, theils der Wille gefehlt hat laut auf die Quelle hinzuweisen und auf Beseitigung der - selben zu dringen. Wir meinen das Jnstitut der Collegiengelder, welches in Oesterreich sich nicht bewährt, Professoren und Studenten auf gleiche Weise demoralisirt hat. Nimmt man die Jugend wie sie eben ist, mit ihren unklaren und einseitigen Anschauungen, mit dem ihr so oft eigenen Dünkel, so liegt die Gefahr nahe daß die Grundbedingung eines gedeih - lichen Unterrichts, Achtung vor dem Lehrer, abgeschwächt wird, und wohl ganz verloren geht, wenn der Zuhörer denselben wie jeden andern für eine gelieferte Arbeit zahlen muß; und wenn der Docent, um diese Erwerbs - quelle im Fluß zu erhalten, die Gränzen der erlaubten Nachsicht überschrei - tet, so müssen Zucht und Ordnung zur leeren Phrase werden, und es darf sich niemand mehr wundern wenn der Student sagt: Wenn ich nur zahle, so ist alles gut, und somit sind die Gegner dieser Neuerung sehr gerecht - fertigt.

Wie täuschend und seicht waren aber auch die Gründe die man dafür ins Feld stellte. Es müsse auch auf diese Weise ein festeres Band zwischen Oesterreich und Deutschland geknüpft werden, meinten große Politiker; nun hat die Erfahrung gezeigt daß das Jnstitut der Collegiengelder unsern Ausschluß aus Deutschland nicht verhüten konnte. Da auch die besten Kräfte ins Stocken gerathen, so müssen die einzelnen Docenten fortwährend in gegenseitiger Aemulation erhalten werden; dazu empfehlen sich aber vorzugsweise Collegiengelder, sagten andere. Verdient aber derjenige der eines solchen Reizmittels bedarf noch den Namen eines Mannes der Wis - senschaft? Nimmermehr! Ein Mann der Wissenschaft kann nur derjenige sein der den in seinem Jnnern glühenden göttlichen Funken erkannt, ge - pflegt und zur erleuchtenden und erwärmenden Flamme angefacht hat. Ein solcher ist auch erhaben über die Aussicht auf größeren oder geringeren Erwerb, und überzeugt daß seine Gabe nicht wie eine Waare feilgeboten und verkauft werden kann. Er wird vielmehr in seiner vom Staate ge - sicherten unabhängigen Stellung als wahrer Menschenfreund bereit sein mit seinem Licht allen die es wünschen vorzuleuchten, ohne eine Entschädi - gung dafür von ihnen zu verlangen. Feuchtersleben hat dieß richtig erkannt; er sagt in seinem Entwurfe §. 67.: Ordentliche Professoren beziehen Ge - halte die ihnen eine den Localverhältnissen entsprechende anständige Exi - stenz sichern. Und um die Mittel dazu zu beschaffen wurden in demselben §. die damals üblichen gar nicht drückenden Unterrichtsgelder beibehalten. Dafür aber heißt es §. 76.: Für die öffentlichen Collegien sind keine Honorare zu bezahlen. Hätten wir diese Bestimmungen beibehalten, Zucht, Würde, Ordnung und ein wissenschaftlicher Geist würden uns erhalten, den Eltern mancher Kummer erspart und dem praktischen Leben tauglichere Kräfte zugeführt worden sein. Ja, noch heute würden die meisten Professoren einem Gehalte der als Compensation für diese prekäre Einnahme gelten könnte den Vorzug geben, denn nicht alle erfreuen sich, bei sonst gleichen Leistungen und Pflichten, einer materiell günstigen Lage. Während die Träger von Fächern welche Gegenstand der Staatsprüfung und der Rigo - rosen sind, besonders an den juridischen und medicinischen Facultäten, Schätze sammeln können, steht den philosophischen und theologischen Pro - fessoren oft die Sorge um die täglichen Lebensbedürfnisse zur Seite. Da - her kommt es denn auch daß die ersteren so schwer überzeugt werden können wie nöthig es schon lange gewesen wäre sich und dem Lehrstuhle die nöthige Ruhe zu gönnen.

Endlich wurde als Vertheidigung auch der Umstand angeführt daß die so wichtige Pflanzschule künftiger Professoren, das Privatdocententhum, ohne das Jnstitut der Collegiengelder nicht bestehen könne. Die Erfah - rung hat diese Anschauung als eine irrige dargethan, denn selbst an gro - ßen Universitäten können Privatdocenten von den Collegiengeldern allein nicht leben, wenn nicht ein anderes Einkommen ihnen zu Gebote steht, welches aber oft auf ihre wissenschaftliche Thätigkeit wieder lähmend ein - wirkt. Feuchtersleben dachte auch an eine Pflanzschule künftiger Profes - soren, und sagt in §. 69. seines Entwurfs: Außerordentliche Professuren sind Vorstufen für die ordentlichen. Zu außerordentlichen Professoren werden jüngere Männer zu ihrer Aufmunterung befördert welche sich be - reits durch vorzügliche Leistungen hervorgethan. Sie werden dadurch zu Staatsbeamten und können Gehalte und Remunerationen beziehen.

Die nun so naheliegende Frage: was wird der Reichsrath mit der ihm zugesagten neuen Redaction der betreffenden Vorlage machen? kann man vielleicht heute schon beantworten mit: wenig oder gar nichts. Solche Reformarbeiten können nur bei einer fertigen und gesicherten innern Lage mit Erfolg in Angriff genommen werden, und müssen in eine Zeit fallen in welcher das Bedürfniß nach ihnen zur Anstrengung der Kräfte drängt. Wird aber für Oesterreich diese Zeit noch kommen, und wird es dann möglich sein die Uni - versitäten als Pflegestätten deutscher Cultur zu reformiren? Krakau ist bereits polonisirt, Lemberg zur Hälfte, um es bald ganz zu werden. Prag hat schon mit der Tschechisirung den Anfang gemacht und wartet auf die1355Vollendung; an der Juristenfacultät in Jnnsbruck werden italienische Vorträge gehalten, Graz hat derlei slovenische in Aussicht -- es bleibt also nur noch das ohnehin polyglotte Wien!

Graf Bismarck und die deutsche Nation. Von Dr. Constantin Rößler. *)

- a - Eine ausgezeichnet geschriebene Broschüre, deren vornehmer Aus - druck und geistvolle Auffassung uns auch in solchen Fragen Anerkennung abnöthigt in welchen wir die Zustimmung versagen müssen.

Einige einleitende Worte rechtfertigen den Versuch einen noch Leben - den geschichtlich zu würdigen, mit der treffenden Bemerkung daß manche Züge nur von Zeitgenossen richtig aufgefaßt und als Grundlage für das Urtheil der Nachwelt fixirt werden können. Daß ein allgekannter Mann besser erkannt werde, dazu beizutragen setzt sich die nachfolgende Skizze vor. An der Schwelle dieser Laufbahn, wie sie dem gewöhnlichen Auge der Zeitgenossen erscheint, erblicken wir den Junker, der mit vorurtheilerfülltem Haß sich abwendet von den besten Männern, von den besten Regungen seiner Zeit; hinter der Schwelle steht der geniale Mann, der ... den unauf - geblichsten und unerreichbarsten Wunsch seines Volkes plötzlich mit gewal - tiger Hand in die Wirklichkeit reißt. Dabei aber bleibt dieser Mann in seinem Wesen der Junker, oder die despotisch geartete Natur wie sie nur frühere Jahrhunderte ertrugen, der seine Zeit und alle ihre edeln und hohen Jdeale nicht verstehen mag oder kann, ihrer Größe sich nicht beu - gen will. Daher darf man ihn bewundern, wenn man muß, aber man soll ohne Unterlaß vor ihm auf der Hut sein, ihn oft bekämpfen, ihn stets be - schränken. Das Unerläßliche wird er schon durchsetzen, die Gefahr ist bloß daß er auch seine Launen erzwingt.

Die Darlegung des Widerspruchs in dieser gewöhnlichen Anschau - ung wird von der Broschüre mit Scharfsinn und nach vielen Richtungen mit Erfolg versucht; aber in manchem Stück erblicken wir in der volkthüm - lichen Vorstellung einen richtigen Jnstinct. Wir kommen darauf zurück.

Vortrefflich ist der Nachweis wie einen Mann von dem Geburtsstand, den preußischen Traditionen und individuellen Anlagen Bismarcks zahl - reiche Elemente in dem Liberalismus der Zeit vor 1848 abstoßen und in schroffen Widerspruch drängen mußten; die Bewunderung für die fran - zösische Freiheit, der Socialismus, die Emancipation des Fleisches, das höhnische Verachten des bestehenden Staats, die Vagheit der Ziele, die Ohnmacht der Mittel, die formlose Gährung: die Unmöglichkeit den Jn - halt der deutschen Bewegung in den vierziger Jahren praktisch zu ergreifen und als lebensfähiges Gebilde hinzustellen, auch nur zu unterscheiden was an diesem Jnhalt nachhaltiger Trieb und was kraftloser Schein -- da liegt das aufgelöste Räthsel des Junkers Otto von Bismarck.

Hier ist doch festzustellen daß man unter Junkerthum die meisterlose selbstherrliche Hebung des Adels über die Zucht der Staatsgewalt verstehe -- und in diesem Sinn wird kein Mensch jenen Staatsmann einen Junker schelten, der mit der eisernen Gewalt des Staats über den Einzelnen echt preußischen Ernst macht; die aristokratische Natur aber jenes Mannes soll man nicht Junkerthum nennen; sie führt freilich leicht zu einer Schätzung der popularis aura im Style Coriolans, und enthält nothwendig, wie jede scharf ausgeprägte Eigenart, auch eine Schranke; omnis deter - minatio negatio. Daß die Broschüre dieß nicht einfach einräumt, scheint der einzige Fehler der geistvollen Schrift. Und wenn jener Coriolan, zur Zeit da er sich der tiefsten Verhaßtheit erfreute, wettete: er werde noch der populärste Mann in Deutschland werden, so lag darin neben dem ernsten Bewußtsein seines Ziels und seiner Kraft, doch auch ein Anflug jener Ver - achtung der öffentlichen Meinung, welche wir uns hüten wollen durch Fort - setzung des dermaligen maßlosen Cultus zu rechtfertigen. Warum es nicht eingestehen daß jener Mann mehr auf die Autorität und die Einheit als auf die Freiheit angelegt ist? Daraus erklärt sich sein gewiß unrichtiger Gedanke: die Freiheitskriege des deutschen Volks von 1813 hätten lediglich den Sturz der Fremdherrschaft, nicht auch freiere Verfassungsreformen zum Gegenstand der Hoffnung gehabt; daher auch das enge Bündniß mit dem positiven Christenthum, ja Kirchenthum, welches solcher Sinnesart als eine starke Schutzwehr der Autorität gegen den nivellirenden Geist der Neuzeit erscheint. Daher der Verdruß über die Zugeständnisse welche die Krone Preußen der Bewegung von 1848 machen mußte. ( Die Ver - gangenheit ist begraben, und ich bedaure es schmerzlicher als viele von Jhnen daß keine menschliche Macht im Stande ist sie wieder zu wecken, nachdem die Krone selbst die Erde auf ihren Sarg geworfen hat. ) Und wenn der Verfasser, um den Widerwillen seines Helden gegen die ganze Bewegung von 1848 zu rechtfertigen (statt sie nur psychologisch zu er - klären) behauptet: Jn Deutschland gab es damals, d. h. vor 1848, keine öffentlichen Mißbräuche oder wenige und untergeordnete, so geht hier der*) Berlin 1871. Ernst Siegfried Mittler und Sohn. Königl. Hofbuchhand - lung. S. 62.apologetische Eifer wohl etwas zu weit. Waren die Knebelung der Presse, die Versagung des Versammlungs = und Vereinsrechts, die Gutsunterthä - nigkeit, die Patrimonialgerichte, die Verkümmerung der Budgetrechte der Kammern, die Nichterfüllung des Art. 13 der Bundesacte in Preußen ec., nicht öffentliche, zahlreiche, bedeutende Mißbräuche?

*) Berlin 1871. Ernst Siegfried Mittler und Sohn. Königl. Hofbuchhand - lung. S. 62.

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Ausgezeichnet ist die Erörterung über den Einfluß welchen die Er - kenntniß der Strebungen der Schwarzenberg'schen Politik auf Bismarck als Bundestagsgesandten in Frankfurt üben mußte, wenn wir auch den Satz: Die Einsicht darf man sich keinen Augenblick verdunkeln lassen daß von 1850 -- 1866 Preußen in der Vertheidigung befindlich war, Oester - reich im Angriff, nicht gelten lassen können; wir wissen wohl daß er in Norddeutschland als Dogma gilt, um die Politik Bismarcks in der Herzog - thümerfrage und schließlich den Krieg von 1866 zu rechtfertigen. Sage man doch lieber die nackte Wahrheit: Graf Bismarck hat erkannt daß der Waf - fenkampf um die Führung Deutschlands zwischen Oesterreich und Preußen unvermeidlich war, und hat die politische und militärische Rüstung Preu - ßens zu diesem Kampfe meisterhaft vorbereitet. Warum nicht die Behaup - tung der reinen Defensive fallen lassen, wie der Verfasser doch auch die Behauptung juristischer Ansprüche Preußens auf die Herzogthümer fallen läßt, und einräumt (S. 24) daß das Jnteresse, freilich ein Lebensinteresse Preußens, die Erwerbung jener Landschaften erheischte.

Ebenso verwirft der Verfasser die in dem Budgetconflict von Bismarck aufgestellte mehr als gewagte Verfassungsauslegung, für welche freilich, nach dem Sieg von 1866, der Kanzler selber Jndemnität nachgesucht hat. Die Schwierigkeiten welche der große Staatsmann damals zu bekämpfen hatte werden sehr gut aufgedeckt: Man kann nicht vierthalbhundert Volks - vertretern ins Ohr raunen daß man eine active Politik vorbereitet -- und doch war diese Vorbereitung (und darin hauptsächlich die Heeresorganisa - tion) die einzige stichhaltige Vertheidigung für die verfassungswidrigen Erhöhungen des Militärbudgets. Ein Meisterstück der Diplomatie -- und ein Cabinetsstück der Darstellung unserer Broschüre -- ist: wie, um den übelwollenden Argwohn von Frankreich und England zu tauschen, Bismarck scheinbar für das Londoner Protokoll gegen Dänemark zu Felde zieht. Ebenso ausgezeichnet ist die Schilderung des schweren diplomatischen Spieles welches Graf Bismark von 1866 bis 1870 gespielt und gewonnen hat: Deutschland liegt mit allseitig schutzlosen Gränzen zwischen den drei stärksten Militärmächten Europa's. Der Sieg von 1866 schuf uns ein grollendes Oesterreich, ein neidisches Frankreich, ein von unserer unge - wohnten Stärke beunruhigtes Rußland: in allen Lagern, in dem der Be - siegten wie in dem der Neutralen, gährte es, arbeitete es, nach einer Coalition, um die plötzlich emporgeschlagene Flamme preußischer Größe zu zertreten. Jn diesen langen und bangen vier Jahren hat der Bundeskanzler ein langsames, zähes, vorsichtiges und doch am rechten Orte muthiges Schach - spiel geführt, das vielleicht unerreicht ist in der Geschichte aller Politik: die Bündnißverträge mit den Südstaaten vom August 1866, die Entschä - digung der Depossedirten, die Enthaltung von jedem Druck auf Bayern und Württemberg, die Abweisung sogar des zum Eintritt in den Nordbund drängenden Badens, ja auch die Lösung der Luxemburger Frage! Leicht ist es dermalen, post factum, zu prophezeien: Man sieht, der Krieg mit Frankreich war ja doch unvermeidlich, besser das vollgerüstete Preußen hätte ihn im Jahre 1867 mit dem ungerüsteten Frankreich für die Erhaltung des Rechts auf Deutsches Reichsland geführt, als 1870 gegen die Chassepots und um einen spanischen Handel. Darauf ist erstens zu antworten daß ein Besatzungsrecht Preußens in Luxemburg nach 1866 einfach nicht mehr bestand, weil weder Preußen noch der Nordbund Rechtsnachfolger des zu jener Besatzung allein berechtigten völkerrechtlichen Rechtssubjects, als des deutschen Bundes, die Rechtsfrage also keineswegs günstig für Deutschland gelagert war. Zweitens, daß es kein Mensch, auch der Kanzler nicht, wissen konnte daß die wahnsinnige Eifersucht des französi - schen Volkes in der That diesen Krieg unvermeidlich machen werde, und daß kein Mensch auf Erden das Recht hatte diesen grauenvollen Kampf durch die vorgefaßte Meinung von seiner Unvermeidlichkeit zu beschleunigen. End - lich drittens, daß die große politische Kunst des Grafen Bismarck dem Han - del vom Juli 1870, vor Ausbruch des Krieges, den spanischen Mantel so völlig abgestreift hat, daß nicht einmal die süddeutschen Ultramontanen auf die Dauer ihren Haß gegen Preußen und ihren Widerwillen gegen diesen Krieg dahinter bergen konnten. Eine glückliche Zufallskarte für des Grafen Politik war die spanische September = Revolution von 1868, welche den Napoleonischen Plan einer spanischen Ablösung der Besatzung in Rom und einer Coalition von Frankreich, Oesterreich, Jtalien, Dänemark, viel - leicht auch Schweden, wider Deutschland zerstörte.

Jn dem vorletzten Abschnitt, Bismarck und Napoleon III, wird überzeugend und in ausgezeichneter Darstellung erörtert wie der Kanzler niemals der Versuchung nachgegeben dem Beispiel Cavours in Opferung vaterländischen Bodens zu folgen, wie es eine leere Phrase, ja eine Belei -1356digung ist den deutschen Staatsmann einen Schüler Louis Napoleons zu nennen, und wie Deutschland diesem Herrscher keinen andern Dank schul - det als der dem Feinde gebührt, der uns zu immer größerer Anstren - gung unserer Kraft genöthigt hat. Endlich wird andrerseits mit Recht hervorgehoben daß nicht der Kaiser, sondern Frankreichs Eifersucht in letzter Jnstanz für diesen Krieg verantwortlich ist -- der Kaiser hat nur gethan was ihn und seine Dynastie den Franzosen am meisten erträglich machen sollte; daß dieß ein Sieg über Preußen, der Einzug in Berlin und die Eroberung des Rheins gewesen wäre -- wer will das läugnen der den Juli vorigen Jahrs erlebt hat?

Auch mit dem Abschluß der Broschüre, Rückblick und Vorblick kön - nen wir uns ganz einverstanden erklären. Nur in einem Punkte nicht. Die Leitung der äußeren Politik kann nie ein Parlament, kann nur ein Ein - zelner ersprießlich führen, und wohl uns daß sie in den Händen eines so großen Staatsmannes liegt. Aber in der innern Politik können wir uns zu der auch vom Verfasser, wenn auch geistvoller als von den meisten seiner Genossen, gepredigten Seligkeit des Vertrauens nicht bekehren, und zwar auch gegenüber dem allerdings gewichtigen Satze nicht:

S. 57: Einflußreiche Parlamente setzen die Erziehung des tüchtigsten Theils der Staatsbürger durch den freiwilligen Staatsdienst voraus, den wir (fügt der Verfasser etwas boshaft bei) bis jetzt noch gewohnt sind mit einem verdunkelnden ausländischen Worte Selfgovernment zu nennen. Ei, ei, das ist ein circulus maxime vitiosus! Wo sollen wir denn das Schwimmen lernen, wenn uns der Reichskanzler nicht in das Wasser läßt?

Er breche im weiten Gebiete Preußens mit dem System Eulenburg und zumal mit dem System Mühler -- er löse den Bund mit dem licht - scheuen Kirchenthum. Wahrlich, die Autorität des Heldenkaisers Wilhelm hat in ihrem sieghaften Schwert eine Stütze welche jene morsche Krücke entbehrlich macht. Bis das geschehen, bilden wir liberalen Süddeutschen in diesen Dingen des großen Kanzlers dankbare Opposition.

Neueste Posten.

* Berlin, 19 März. Von den norddeutschen Nachwahlen zum Reichstag sind wieder zwei für die Liberalen günstige zu melden: in Altona hat Senator Dr. Rud. Schleiden über seinen socialdemokratischen Rivalen gesiegt, in Dresden Prof. Dr. Wigard (mit 5420 gegen 2529 Stimmen) über den conservativen Candidaten Dr. Stein.

Köln, 19 März. Sicherm Vernehmen nach beabsichtigen die deutschen Bischöfe in kurzem wieder eine Zusammenkunft in Fulda zu hal - ten um ihren weitern Operationsplan gegen die Concils = Opponenten zu berathen. Vermuthlich hat auch dießmal unser Hr. Erzbischof die Rolle des sogenannten Einpeitschers übernommen, und allerdings, wenn wirklich die Protestirenden gegen den Primat Kampf und Widerspruch erhoben haben, wie das der hochwürdigste Herr in seinem Fastenhirtenbriefe behauptet, so läßt sich nicht läugnen daß eine nach gleichförmiger Methode geschwungene Fuchtel sehr vonnöthen ist. Es steht jedoch, zumal nach dem seitens des Cultusministers unter dem 13 v. M. an den Vorstand des katholischen Vereins zu Breslau erlassenen Schreiben, zu hoffen und zu wünschen daß die deutschen Regierungen diese Gelegenheit endlich ergreifen werden um den Streit zwischen Alt = und Neu - Katholicismus staatsrechtlich zu regeln.

O Wilhelmshöhe, 19 März. Meinem telegraphischen Bericht über die Abreise Louis Napoleons von hier, wo er nun über sechs Monate weilte, füge ich brieflich noch einiges nähere hinzu, womit wohl das Wil - helmshöher Capitel aus dem Leben des Exkaisers abgeschlossen sein dürfte. Eine Stunde vor der Abfahrt hatte der katholische Geistliche aus Kassel noch eine Messe gelesen. Während derselben traf das Telegramm des Wolff '- schen Bureau's ein, welches die Unruhen in Paris vom 17 und 18 meldete. Dasselbe rief bei dem Kaiser und dessen Gefolge, wie leicht begreiflich, eine große Aufregung hervor, und Napoleon unterhielt sich, wie ich Jhnen aus bestimmter Quelle mittheilen kann, auf dem ganzen Weg zum Bahnhof über dieses Thema. Der Kaiser hat sich auf Wilhelmshöhe sichtlich erholt und sieht ausgezeichnet aus. Namentlich ist der Contrast für diejenigen auffallend welche ihn damals hier ankommen sahen. Die Hess. Morgen = Ztg. hatte zur Zeit die Nachricht verbreitet, nach Abschluß des Friedens habe man von allem Eigenthum des Kaisers die kaiserlichen Abzeichen entfernt. Heute hatte ich persönlich Gelegenheit wahrzunehmen daß dieß nicht geschehen, da Wagen, Koffer ec. diese Abzeichen noch breit zur Schau trugen. Daß Napoleon überhaupt nicht gesonnen ist so leichthin zu resigniren, dafür spricht mancherlei was hier auf Wilhelmshöhe vor sich gieng. So sprechen namentlich die reichen Unterstützungen welche er täglich an gefan - gene Officiere und Soldaten abschickte, und für welche sogar in einer hiesigen Druckerei ein besonderes Briefschema mit angehängter Quittung gedruckt wurde, dafür daß ihm alles daran liegt sich seine Popularität bei derArmee zu erhalten. Jn dieser Hinsicht ist auch der anfolgende Brief nicht ohne Bedeutung, welcher ebenfalls in Hunderten von Exemplaren gedruckt und unter den Gefangenen von Sedan verbreitet wurde. Derselbe ist an Mac Mahon gerichtet und lautet: Mein lieber Marschall! Sie stehen im Begriff nach Frankreich zurückzukehren und ich halte es für meine Pflicht Sie jetzt an die Dienste zu erinnern welche diejenige Armee geleistet hat, die bei Sedan so unglücklich unterlag. Es ist eine Ungerechtigkeit daß die Officiere, Unterofficiere und Soldaten, welche sich in den verschiedenen vorgekommenen Kämpfen so wacker hielten, aller Vortheile und Belohnun - gen beraubt sein sollen, auf welche sie doch ein Recht haben. Seit ich Gefangener bin, sind über diesen Gegenstand mehrfache Reclamationen an mich gerichtet worden, und mit großem Kummer mußte ich darauf ver - zichten, hier Gerechtigkeit walten zu lassen, da die Armee von Sedan sich tapfer geschlagen hat und die einzige ist welcher gar keine Belohnung zu theil geworden ist. Jch halte es Jhrer angemessen daß Sie ein Memoran - dum mit dießbezüglichen Vorschlägen für die Soldaten ausarbeiten welche unter Jhrem Befehl standen, und solches dem Kriegsminister bei Jhrer An - kunft in Frankreich unterbreiten. Seien Sie, lieber Marschall, von meiner aufrichtigen Freundschaft überzeugt. Napoleon.

Jndustrie, Handel und Verkehr.

Augsburg, 20 März. Bayer. Staatspapiere: 5proc. halbj. Oblig. --: 4proc. Oblig. 90 1 / 4 G.; 4proc. halbj. Oblig. 90 1 / 4 G.; 4 1 / 2 proc. Obl. 96 1 / 2 P.; 4 1 / 2 proc. halbj. Obl. 96 1 / 2 P.; 3 1 / 2 proc. Obl. 83 G.; 5proc. Anl. v. 1870100 1 / 4 P.; 4proc. Grundr. = Ablös. = Obl. 90 1 / 4 G.; 4proc. Präm. = L. à 100 Thlr. 108 1 / 4 P. -- Jndustrielle Papiere: Bayer. Ostbahn 127 G., 2. Emis. 113 3 / 4 P., mit 15 Proc. Einz. 111 5 / 8 P.; Bankactien 887 G.; 4proc. Bankoblig. 99 3 / 4 G.; 4proc. Pfand - briefe 92 1 / 2 G.; Augsburger 7fl. = L.6 1 / 3 P.; Augsburger Kammgarn = Spinnerei 107 G.; Mech. Spinn = u. Weberei Augsburg 200 P.; Baumw. = Spinn. Stadtbach Augsburg 200 P.; Haunstetter Weberei 150 P.; Baumw. = Spinnerei u. Weberei Bamberg 85 P.; Gas = Jndustrie = Actien Augsburg82 1 / 2 G.; Gasbeleucht. = Gesellschaft Augsburg 180 G.; Maschinenfabrik Augsburg 98 P.; Seilerwaarenfabrik Füßen 136 G.

Berlin, 18 März. Börsenwoche. Die Berliner Börse hat eine neue Schwenkung gemacht; die Speculation war wieder fast ausschließlich auf dem Gebiete der fremden Speculationspapiere thätig und vernachlässigte den inländi - schen Markt in solchem Grade daß derselbe fast ganz in den Hintergrund trat. Es ist mehr als eine müßige Reflexion, wenn ich bedaure daß die Berliner Börse in einem Augenblick, in welchem der Deutsche Kaiser seinen Einzug hält, sich vor - wiegend mit einem ganzen Troß fremder Nationalitäten beschäftigt und man mehr von Franzosen, Lombarden, Jtalienern, Türken u. s. w. als von preußischen und deutschen Anleihen sprechen hörte. Jch kann aber mein Bedauern nur bedingungs - weise aussprechen, denn die große speculative Theilnahme entspringt jetzt aus Motiven welche dem bloßen Hazardspiel sehr nahe stehen, sich aber von demselben unterscheiden, weil in letzterem die Entscheidung dem Einsatze folgt und im Börsenspiele die realen Verhältnisse in letzter Jnstanz zu voller Geltung kommen. Jch will hier keine Abhandlung über Börsenspiel schreiben, glaube aber daß deutsche Auleihen und ähnliche Papiere sich um eine auf solcher Basis ruhende speculative Theilnahme zu bewerben keine Ursache haben. Der Jmpuls für die eingetretene Haussebewegung gieng von Wien aus, mit einer staunenswerthen Leichtfertigkeit setzte man sich dort über die Verfassungs = und finanziellen Verhältnisse weg, das Bedürfniß einer Bewegung gab die erste Veranlassung für dieselbe; sie konnte sich nur in steigender Richtung entwickeln, weil die Speculanten in der Voraussetzung die Verhältnisse in Frankreich würden sofort nach dem Friedensschluß eine Krisis veranlassen, sich getäuscht sahen, und nicht sehen wollten daß wenn eine solche ein - tritt, sie sich erst nach Aufhebung des Moratoriums und nach der Zahlung eines größeren Theils der Kriegskosten entwickeln kann. Das Jnteresse welches die Börse für die Haussebewegung gewann, förderte dieselbe, denn es ist Börsen - praxis, den vorwiegenden Engagements entsprechend, nicht allein Thatsachen zu escomptiren, sondern auch Gerüchte zu fabriciren. Dieß ist auch in den letzten Tagen geschehen, man ließ Türken steigen, weil eine verfügte Steuererhöhung die Einnahme um 1 Mill. Pf. St. steigern soll, ungeachtet dieses Plus auf bloßer und kaum zutreffender Schätzung beruht und das Deficit in Wirklichkeit seit Jahren zwischen 1 und 3 Mill. Pf. St. geschwankt hat. Jtaliener stiegen ungeachtet der Nachricht daß das Defieit 270 Mill. Fr. beträgt und durch die Ausgabe einer neuen Serie von 150 Mill. Fr. Bankbillets und einem Zuschlage zu den directen Steuern von 1 / 10, also auch zur Couponsteuer gedeckt werden soll. Die erstere wird die italienische Papiervaluta ungünstig beeinflussen. Für österreichische Credit - actien wurde mit der Nachricht operirt, die Anstalt bewerbe sich um eine Bethei - ligung an der neuen französischen Anleihe. Oesterreich will eine financielle Groß - macht werden, trotz schwankender Valuta und der Nothwendigkeit zur Deckung seiner eigenen financiellen Bedürfnisse immer aufs neue an das Ausland appelliren zu müssen. Rumänier endlich steigen weil die Jntervention des Bundeskanzler - amtes zu Gunsten der Obligationsinhaber zur Wahrheit geworden ist. Der nord - deutsche Generalconsul hat in Bukarest die Anerkennung der Garantieverpflichtun - gen seitens der Regierung befürwortet. Leider liegt der Schwerpunkt nicht bloß in dem Wollen, sondern auch in dem Können, und das ist mindestens zweifelhaft. Ferner hat die Kammer die Angelegenheit vor ihr Forum gezogen und deren Entscheidung ist nach den Auslassungen der Commission, also nach einem Acten - stücke welches an gewaltsamen Deutungen reich ist, unberechenbar. Jch will die Motive der Haussebewegung nicht noch weiter ausführen, und nur constatiren daß die Speculation augenblicklich ihren Willen eingesetzt und es verstanden hat diesen allein zur Geltung zu bringen. Es ist möglich daß dieß auch weiter der Fall sein wird, die Dauer ist unberechenbar. Jm Vordergrunde standen Staats - bahnactien (Franzosen), für welche man Dividenden = Gerüchte in Umlauf setzte. Diesen folgten österr. Creditactien, für Lombarden konnte sich die Börse nicht erwärmen, ich täusche mich kaum in der Voraussetzung daß dieses Papier noch immer als contre-valeur dient, d. h. daß es zur Deckung anderweitiger Hausse Engagements in Blanco verkauft ist und wird. Jtaliener, Türken u. s. w. spielten eben -1357falls eine hervorragende Rolle. Jnländische Eisenbahnactien waren still, aber fest, nicht in Folge einer herrschenden guten Kauflust, sondern weil die Haltung des internationalen Speculationsmarktes überhaupt befestigend wirkte. Deutsche und preußische Fonds waren ruhiger und vorübergehend etwas matter, in den bayeri - schen Anleihen erhielt sich aber fortdauernd Frage. Das flottante Material der letz - teren istauf ein Minimum zusammengeschmolzen, und darin liegt der Grund daß sich ein größeres Geschäft nicht mehr entwickeln kann. Das erste Debut der Actien der Deutschen Unionsbank war sehr stürmisch, die Speculation drängte sich zu 103 zur Betheiligung, im Verkehr stieg der Curs bis104 1 / 2, später wurde das Geschäft ruhiger, ohne daß die Notirung unter103 1 / 2 gefallen ist Noch hat die Bank ihre Wirksamkeit nicht begonnen, noch fehlt jeder Maßstab für die Beurthei - lung; die Statuten derselben gestatten die Ausdehnung des Geschäftskreises in allen Richtungen. Die Höhe des Actiencapitals würde aber bei weitem nicht ausreichen alle zugelassenen Zweige zu cultiviren, da aber die Generalversammlung über die Er - höhung des Actiencapitals zu beschließen hat, so liegt darin eine gewisse Garantie gegen eine zu weite Ausdehnung der Geschäfte. Jedenfalls fällt der Schwerpunkt in die Verwaltung und speciell in die Direction, deren Zusammensetzung für die Solidität der Bank bestimmend sein wird. Was die Gründung neuer Actiengesell - schaften betrifft, so scheint der Anfang vom Ende bereits erreicht zu sein. Die Betheiligung an den letzten Zeichnungen ließ gewiß vieles zu wünschen übrig.

Telegraphische Berichte.

* Wien, 20 März. Der erste General = Adjutant des Kaisers, Gene - ral Graf Bellegarde, reist heute Abend nach Berlin als Ueberbringer eines eigenhändigen Gratulationsschreibens des Kaisers zu Kaiser Wilhelms Geburtstage.

* Wien, 20 März. Die Abendpost schreibt: Seit Uebernahme der Leitung des auswärtigen Amts wurde an der allein maßgebenden Stelle eine Personalveränderung weder beabsichtigt, noch wird eine solche gegenwärtig beabsichtigt.

* Paris, 19 März. Die Amtszeitung meldet aus Versailles vom 19 März: Sämmtliche Mitglieder der Regierung sind hier versam - melt. General Vinoy hat 10,000 Mann unter seinem Commando hier zusammengezogen. Sämmtliche Oberbehörden sowie die Befehlshaber der Truppen sind eingetroffen. Die Civil = und Militärbehörden werden nur die von der Versailler Regierung gegebenen Befehle befolgen, widrigen - falls sie ihrer Stellen entsetzt werden. Jn Paris dauert der Barrica - denbau in verschiedenen Stadttheilen fort. Der Verkehr der Omnibusse und Fiaker ist eingestellt. Das Centralcomité der Aufständischen hat in sämmtlichen Mairien provisorische Commissarien eingesetzt, und sich sämmt - licher Telegraphen der Ministerien bemächtigt. Die Municipalitätswah - len sollen auf den 21 März angesetzt sein. Sämmtlichen Präfecten, Ge - neralen, Generalprocuratoren und Maires ist von Versailles aus eine Pro - clamation zugegangen welche betont daß alle welche der insurrectionellen Regierung folgen als Rebellen angesehen werden.

* Brüssel, 20 März. Der französische Delegirte zu den Friedens - verhandlungen Baron Baude ist hier eingetroffen. Hr. v. Arnim wird heut Abend erwartet.

* Ostende, 20 März. Der Kaiser Napoleon ist gestern Abend hier angekommen. Heute Morgen hat er sich nach England eingeschifft.

* Madrid, 19 März. Das Königspaar ist eingetroffen und en - thusiastisch empfangen worden.

Stuttgart, 20 März. Productenbörse. Tendenz ruhig, in Brod - früchten ziemliche Umsätze. Ungarischer Weizen ungehandelt, bayerischer 7 fl. 22 bis 42 kr. ; Kern 7 fl. 12 kr. bis 24 kr. ; bayerische Gerste 5 fl. 24 kr., Hafer 4 fl. 54 kr. bis 5 fl. 12 kr., Einsermehl 21 fl. 36 kr. bis 22 fl.

* Berlin, 20 März. Schlußcurse: Bayer. 5proc. Anl. v. 187093 3 / 4; bayer. 4 1 / 2 proc. Anl. 96 1 / 2; 4proc. Präm. = Anl. 107 1 / 2; bad. Präm. = Anl. 107 1 / 2: 4 1 / 2 proc. preuß. Anl. 94 1 / 8; 1882er Amerikaner97 1 / 4; österr. Silberrente55 1 / 4; Papierrente47 3 / 8; österr. L. v. 186077 1 / 4; v. 1864 67; Creditactien142 3 / 4; Lombarden96 3 / 4; österr. = franz. Staatsbahn215 1 / 2; Prior. 278; Galizier102 1 / 2; Türken42 3 / 4; Schatzanweisungen100 1 / 8; Köln = Mindener Loose94 1 / 2. Wechsel: Wien80 3 / 4. Tendenz: matt.

Berlin 20 März. Schlußcurse: Creditactien142 3 / 4; Staatsbahnactien 215 1 / 2; Lombarden96 3 / 4; Galizier102 1 / 2; 1882er Amerikaner 97; Bundes - Anleihe 100 1 / 8; Rumänier 46;〈…〉〈…〉 Seuil = Missouri 68 1 / 2; Rockford58 3 / 4; Peninsular 61 1 / 4; Oberschl. Eisenbahn = Actien --. Tendenz: matt.

Berlin, 20 März. Productenmarkt. Roggen lauf. Monat53 5 / 8, per April = Mai53 7 / 8, per Mai = Juni54 1 / 2, per Juni = Juli55 1 / 4. Tendenz: --. Weizen lauf. M. 79 1 / 4, per April = Mai79 1 / 2. Tendenz: fest. -- Rüböl lauf. M. 28 5 / 12, per Sept. = Oct. 28 2 / 3. Tendenz: still. -- Spiritus: loco eff. 17 Thlr. 8 Sgr., per lauf. Monat 17 Thlr. 15 Sgr., per April = Mai 17 Thlr. 17 Sgr., per Mai = Juni 17 Thlr. 20 Sgr. Tendenz: matt.

Köln. 20 März. Productenmarkt. Weizen eff. hiesiger8 1 / 2 Thlr., fremder8 1 / 6 Thlr., per März 8 Thlr. 2 1 / 2 Sgr., per April 8 Thlr. 8 Sgr., per Mai 8 Thlr. 9 Sgr., per Juni 8 Thlr. 11 1 / 2 Sgr. Tendenz: behauptet. -- Roggen eff. 6 2 / 3 Thlr., per März 6 Thlr. 7 Sgr., per Mai 6 Thlr. 8 Sgr., per Juni 6 Thlr. 9 1 / 2 Sgr. Tendenz: fest. -- Rüböl eff. 15 15 / 20 Thlr., per Mai 15 1 / 2 Thlr., per Oct. 14 9 / 10 Thlr. Tendenz: behauptet. -- Letuöl per 100 Pfd. 12 1 / 2 Thlr. Schönes Wetter.

* Frankfurt a. M., 20 März. Eröffnungscurse. Oesterr. Creditactien 252; Staatsbahn 381; 1860er L. --; 1882er Amerikaner96 1 / 2; Lombarden 170 3 / 4; Galizier --; span. ausl. Schuld --. Matt.

* Frankfurt a. M., 20 März. Schlußcurse: Bayer. 5proc. Anl. v. 1870 fehlt; bayer. 4 1 / 2 proc. Anl. 96 1 / 8; 4proc. bayer. Präm. = Anl. 107 1 / 2; 4 1 / 2 proc. bayer. Ostbahn 127; neue Emission --; mit 15 Procent Einz. 110 3 / 4; 4proc. Alsenzbahn93 3 / 4; 4proc. bad. Prämien = Anl. 107 3 / 4; 1882er Amerikaner96 1 / 4; österr. Silberrente55 3 / 8; Papierrente47 1 / 4; 1860er L. 77; 1864er L.116 1 / 2; Bankactien 692; Creditactien251 1 / 2; Lombarden170 1 / 4; österr. = franz. Staatsbahn 379 3 / 4; Köln = Mindener Loose94 3 / 4; Galizier --; Elisabeth 210; Franz = Joseph - Bahn 77 7 / 8; Rudolfsbahn72 1 / 4; Ungarn. Ostbahn68 1 / 2; 3proc. Span. 30 1 / 8; Napoleons 9.27. Wechsel: London119 5 / 8; Paris94 5 / 8; Wien 95.

* Frankfurt a. M., 20 März. Nachbörse. Creditactien 251; Staats - bahn 378 3 / 4; 1860er L. --; 1882er Amerikaner96 5 / 16; Lombarden 170; Silber - rente 55 5 / 16; Galizier233 1 / 2; Spanier --; Elisabeth --. Schwankend.

* Frankfurt a. M., 20 März. Abend = Effectensocietät: 1882er Amerikaner 96 1 / 8; 1885er --; Silberrente 55; 1860er L. 77; 1864er L. --; Creditactien 248 1 / 2; Lombarden 169; Staatsbahn 376; Galizier 237: Elisabeth --; 3proc. span. ausl. Schuld --; Nordwestbahn --. Tendenz: Schluß besser.

* Wien, 20 März. Schlußcurse: Silberrente 68 20; Papierrente 58.50; 1860er L. 95.70; 1864er L. 123 50; Bankactien 727; Creditactien 266.70; Lombarden 181 70; Staatsbahn 402; Anglo = Austrian 233.20; Franco = Austrian 106.70; Galizier 252.75; Franz = Joseph 195: Prior. 95.60; Rudolf 162; Prior. 89.20; Elisabeth 220 75; Napoleons 9.97. Wechsel: Augsburg 103.90; Frankfurt 104.35; London 125 30; Paris 49 10. Tendenz: besser.

* Wien, 20 März. Abend = Privatverkehr: Creditactien 263.30; 1860er L. 95 30; 1864er L. 123 20; Staatsbahn 398; Lombarden 179.50; Napoleons 9.98 1 / 2; Papierrente 58 50; Franco = Austrian 105.50; Anglo = Austrian 227.50. Tendenz: sehr flau.

London, 20 März. Börse. 3proc. Consols 92; 5proc. Türken43 1 / 2; 1882er Amerikaner92 1 / 8; 5proc. Jtaliener53 1 / 2; Lombarden --; 3proc. Spanier 30. Tendenz: flau

Liverpool, 20 März. Baumwollenbericht. Tagesumsatz 12,000 B., Tagesimport 13,000 B. Stimmung unverändert

Paris, 20 März. Rente 51.45.

New = York, 19 März. Per Kabel. Gold, Schlußcurs110 7 / 8; Wechsel per London109 3 / 4; 1882er Bonds 113; 1885er Bonds112 3 / 8; Erie = Actien 20 5 / 8; Jllinois 54: Baumwolle 15; Petroleum 24.

Aufforderung und Bitte.

Die Universität Leipzig beabsichtigt ihren in dem eben beendeten Kriege für die Ehre und Unab - hängigkeit unseres Vaterlandes in der Blüthe der Jugend gefallenen Commilitonen ein Denkmal dankbarer Erinnerung zu widmen. Dieses Denkmal soll außer den Namen der Gefallenen wo möglich auch Tag und Ort der Geburt und Tag und Ort des Todes enthalten. Da es den Universitätsbehörden nicht möglich ist diese Angaben vollständig und sicher festzustellen, so richtet der Unterzeichnete an die Angehörigen aller derjenigen die beim Beginn oder während des Kriegs von der Universität Leipzig aus in die deutsche Armee eingetreten sind, und dem Vaterland ihr Leben zum Opfer gebracht haben, das freundliche Ersuchen gefälligst die Namen der Gefallenen nebst Angabe des Tages und Ortes der Geburt, sowie des Tages und Ortes des Todes (auch, wo der Tod erst später erfolgte, des Tages und Ortes der Verwundung) möglichst bald hieher anzeigen zu wollen.

Die Bender 'sche Lehr = und Erziehungs = Anstalt für Knaben

beginnt ihren Sommer = Cursus Montag am 24 April. [2467 -- 69] Weinheim a. d. Bergstraße, Großh. Baden.

Deutsches Erziehungs - u. Lehr-Institut für Mädchen zu Neapel. Ganz-Pensionat, Halb-Pensionat, Externat.

Das neue Schul-Quartal beginnt am 1 April. Prospecte und nähere Auskunft bei den Vor - steherinnen im Schullocale: Palazzo Lucchesi, Corso Vittorio Emmanuele 2 0 p 0 nobils. [2579 -- 80]

Edictalladung.

Durch Urtheil des kgl. Bezirksgerichts zu Franken - thal vom 22 Februar 1871, erlassen auf Anstehen von Marie Herrmann, ohne Gewerbe zu Speyer wohnhaft, geschiedene Ehefrau von Johann Georg Rau, quiesc. k. Lycealprofessor und Archivar, zu Speyer wohnhaft, dermalen in München sich auf - haltend, welche den unterzeichneten, zu Franken - thal wohnhaften Advocaten Carl Merckle zu ihrem Anwalte bestellt hat, wurde das Amorti - sationsverfahren bezüglich der auf den Namen der besagten geschiedenen Ehefrau Rau am 18 August 1862 sub Nr. 703 vinculirten Actien älterer Emission Nr. 124846; Nr. 165829 und Nr. 165830 der k. priv. Actiengesellschaft der bayer. Ostbahnen de dato München, den 1 Juli 1859, eingeleitet und die Gesuchstellerin zur Vor - nahme zweier Edictalladungen an den unbekann - ten Jnhaber dieser Urkunden durch Einrückung in die zu Speyer erscheinende Pfälzer Zeitung und in die Beilage der zu Augsburg erscheinenden Allgemeinen Zeitung mit einem 6monatlichen Zwischenraum ermächtigt; demgemäß ergeht an den unbekannten Jnhaber der vorbezeichneten Actien die Aufforderung

binnen Jahresfrist

seine Rechte auf fragliche Actien gegenüber der Gesuchstellerin geltend zu machen, widrigenfalls nach Ablauf dieser Frist verfahren wird wie Rechtens. Note: [2575]

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 80 . Augsburg (Bayern)1871.

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz1

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Die Transkription erfolgte manuell im Double-Keying-Verfahren. Die Annotation folgt den formulierten Richtlinien.Besonderheiten der Transkription: Bogensignaturen: nicht übernommen.Druckfehler: ignoriert.fremdsprachliches Material: nur Fremdskripte gekennzeichnet.Kolumnentitel: nicht übernommen.Kustoden: nicht übernommen.langes s (?): in Frakturschrift als s transkribiert, in Antiquaschrift beibehalten.rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert.Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert.Vollständigkeit: vollständig erfasst.Zeichensetzung: DTABf-getreu.

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