PRIMS Full-text transcription (HTML)
Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe - titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei.

Nr. 87.
Würzburg, Donnerstag den 11. April. 1850.

Amtliche Nachrichten.

Kaplan Joh. Georg Stein wurde auf die Lokalkaplanei zu Mainaschaff befördert.

Die Pfarrei Heustreu gewährt einen Reiner - trag von 581 fl. -- Birnfeld von 479 fl. -- Bergreinfeld von 600 fl.

Landtagsverhandlungen.

München, 8. April. (XCI. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Die am Samstag wegen Mangel an Abgeordneten nicht zu Stande gekommene 91. Sitzung fand heute statt. Bei der Eröffnung um9 3 / 4 Uhr befanden sich auf den Galerien richtig gezählt 16 Zuhörer vor, ein Beweis, wie die übermäßige Länge des Landtags die Theilnahme abstumpft. Nach den gewöhnlichen Formalien und Vorlesung des Be - schlusses über das Einquartierungsgesetz erstattete Hr. v. Herrmann als Referent Vortrag über die Verwendung der Staatseinnahmen in Bezug auf Eisenbahnen pro 1845 / 47. Es folgt hierauf der Bericht des Referenten des I. und II. Ausschusses, Hrn. v. Breitenbach, über den Antrag des Abgeordneten Högg: die Vermin - derung der Taxen bei Verträgen betr. Der Ausschuß erachtet den Antrag als unbegrün - det und stellt seinerseits den Antrag: Eine Re - vision des Taxwesens überhaupt ungesäumt vor - nehmen zu lassen, und auch darauf Rücksicht zu nehmen, das a) bei Kaufsübergabsverträgen, so - wie bei Eheberedungen und Heirathsverträgen un - ter allen Umständen, wenn auch zwei oder meh - rere Briefe zu errichten sind, nur die einfache Brieftaxe von den sämmtlichen Jnteressenten zu entrichten und die Duplicate auf dem für be - glaubigte Abschriften vorgeschriebenen Stempel zu fertigen seien; b) daß bei Anfertigung von Jn - ventarien die Taxen nur von jenem Vermögen zu erheben seien, welches nach Abzug der Schulden noch übrig bleibe. Ehe man zur Berathung des Antrags übergeht, bringt Hr. Staatsminister v. d. Pfordten zwei Gesetzentwürfe ein. Der eine betrifft die Herstellung eines ausgebreite - ten Telegraphennetzes über ganz Bayern zum Anschluß an das Ausland. Es sollen nach diesem Gesetz folgende 11 Telegraphenverbindun - gen hergestellt werden; 1) München = Salzburg, 2) München = Hof, 3) Augsburg = Ulm, 4) Bamberg - Frankfurt, 5) München = Kufstein, 6) München - Regensburg = Passau, 7) München = Jngolstadt, 8) Augsburg = Lindau, 9) Nürnberg = Ansbach, 10) Bamberg = Baireuth, 11) Ludwigshafen - Speyer - Germersheim = Landau. Die Kosten sind auf den Maximalbetrag von 300,000 fl. festgestellt und sollen aus dem Eisenbahnbaufond vorschußweise ent - nommen werden. Der zweite Gesetzentwurf be - trifft das die Kunststraßen im Königreiche befahrende Fuhrwerk. Hiernach geht man zur Berathung des Högg'schen Antrags zurück. Es kommt hierzu von Hrn. Paur folgende Mo - difikation: Es möchte an Se. Maj. den König die Bitte gerichtet werden, daß a) bei den in §. 16 der Taxordnung vom Jahre 1810 bezeichne - ten Rechtsgeschäften immer nur die einfache Taxe eines Briefes erhoben, die weitere Ausfertigungaber lediglich als beglaubigte Abschriften behan - delt; und b) bei Anfertigung von Jnventarien die Taxen nur von jenem Vermögen erhoben wer - den, welches nach Abzug der Schulden übrig bleibt. Hr. Lanzer beantragt Absatz a) des Ausschußantrags beginnen zu lassen: a) daß bei Kaufs = und Pacht-Uebergabsverträgen u. s. w. Bei der nun eröffneten Diskussion bemerkt Hr. Ministerialrath v. Wanner, welcher Ansicht die Regierung über diesen Antrag sei, nämlich, daß sie gegen die Fassung desselben, wie sie aus dem Ausschuß hervorgegangen, nichts einzuwenden habe, die Modifikation des Hrn. Paur aber nicht billige, weil der Staat unmöglich in diesen bedrängten Zeiten den finanziellen Ausfall tragen könne. Der Hr. Justizminister v. Kleinschrod fügt hinzu, daß der Zweck, den hier herbeizuführen man be - absichtigt, im Laufe dieses Landtags noch voll - ständig realisirt werden dürfte durch die Vorlage eines von der Regierung beabsichtigten Gesetzes von Notariats = und damit natürlich in Verbin - dung stehender Notariats = Tax = Ordnung. Hr. Thinnes vertritt den Ausschußantrag. Wolle man hieran modificiren, so würde man sich von dem sicheren Standpunkt entfernen, der nöthig ist zur Feststellung des vorliegenden Budgets. Die beantragten finanziellen Ausfälle der Taxen wür - den das Budget durchlöchern. Hr. v. Lerchen - feld ist ebenfalls gegen den Paur'schen Antrag. Gleicherweise Hr. v. Breitenbach. Hr. Paur bestreitet, daß durch seinen Antrag irgend eine Verwirrung im Finanzwesen hervorgerufen werde. Hiermit schließt die Diskussion. Man stimmt ab, nachdem vorher Hr. Lanzer seine Modifikation zu - rückgezogen hat, und nimmt den Antrag des Hrn. Paur an. Zuletzt geht man über zur Berichterstattung des Sekretärs des V. Ausschus - ses, Hrn. v. Gäßler, über die geprüften und zur Vorlage der Kammer nicht geeignet befundenen Beschwerden. Nach Beendigung dieses Berichtes schließt um 12 Uhr die Sitzung, nachdem der Hr. I. Präsident eine neue auf morgen anberaumt hat. Die Bänke der Abgeordneten waren heute noch sehr lückenhaft besetzt.

Deutschland.

München, 7. April. Se. Maj. der König wohnte gestern Nachmittags2 1 / 2 Uhr in Beglei - tung sämmtlicher Prinzen des kgl. Hauses, sowie des ganzen Generalstabes einem Experiment mit Congreveschen Raketen bei. Der Erfolg, insbe - sondere aber die furchtbare Zerstörungskraft dieses Geschosses hat alle Anwesenden ins höchste Stau - nen versetzt. Die Entfernung betrug 800 Schritte, eine hölzerne Wand von 180 Fuß Länge bildete das Ziel. Von 18 Raketen, welche auf diese Entfernung geschleudert wurden, war je ein Drit - theil mit Brandhauben, Kartätschen oder Granat - kugeln versehen. Das Ziel wurde achtmal durch - schossen. Gleich die ersten Schüsse zündeten und ein Theil der Holzwand brannte in einer Länge von 30 Schritten nieder. Zuletzt ward noch ein Wurf im höhern Bogen, auf größere Entfernung versucht. Die Rakete überflog mit einer Vollku - gel auf 1200 Schritte den Erdwall des Kugel - fangs. Die Congreve'sche Rakete ist an einem6 / langen Stabe befestigt, der ihr zum Gleichge - wicht und zur Richtung dient. Auf einem drei - füßigen Gestell wird sie zum Zielen aufgesetzt, entzündet und in Bogen geworfen. Prasselnd und zischend saust das höllische Geschoß durch die Luft, weniger schnell als eine Bombe, so daß seinem Fluge das Auge des Zuschauers leicht folgen kann. Die bayerische Artillerie ist nun vollkommen im Besitze dieses Geheimnisses, und wird durch die Errichtung von vier Raketen = Batterien auf eine Höhe gebracht, daß sie keiner andern mehr nach - steht. Demnächst wird das erste Probe = Experi - ment mit sogenannten Fallschirm = Raketen stattfin - den. Diese beleuchten bei Nacht das ganze Ter - rain, das sie bestreichen. Die Arbeitszeit in dem Laboratorium der Artillerie ist von Früh 6 Uhr bis Abends 6 Uhr festgesetzt worden. -- Nach dem Entwurfe des Festprogramms zur Enthüllung der Bavaria soll jene am 25. August l. J., so - hin am Namens = und Geburtstage des Königs Ludwig stattfinden. Am 26. August würde dann die feierliche Einweihung und Eröffnung der Ba - silika vorgenommen, und am 27. endlich, ein großes Künstlerfest abgehalten werden.

München, 8. April. Diesen Nachmittag reiste ein englischer Kourier, von Wien kommend, nach kurzer Einkehr im englischen Gesandtschaftshotel nach Frankfurt weiter. Fast gleichzeitig traf ein Kourier aus Paris ein, der nach Abgabe von Depeschen an den französischen Gesandten seine Reise nach Wien eiligst fortsetzte. Der Kourier - wechsel war in den letzten Tagen hier sehr leb - haft, diplomatische Geschäftigkeit, nicht die Ge - schäfte floriren, die deutschen Angelegenheiten lie - gen in den letzten Zügen. Während Briefe aus Wien von einer Einigung mit dem preußischen Kabinet über Verlängerung des Jnterims berich - ten, höre ich aus verlässiger Quelle, daß die bayerische Regierung dagegen energisch protestire, wobei sie, wenn eine Volksvertretung noch ein entscheidendes Wort in der deutschen Frage mit - reden dürfte, auf ein zustimmendes Votum der Volkskammer sicher rechnen kann.

München, 8. April. Heute Nachmittag wird eine Deputation der Kölner Bürgerschaft, beste - hend aus den Herren J. P. Weyber, Stadtbau - meister, R. Ruhl, Kaufmann, und Karl Becker, Goldschmied, eine Audienz bei Sr. Maj. dem König Ludwig haben, um demselben eine Adresse in Begleitung eines prachtvoll und künstlerisch reich ausgestatteten Albums zu überreichen.

Rastatt, 5. April. Heute erst ist es, nach Beseitigung der Schwierigkeiten, welche von Sei - ten der Frankfurter Commission für den Festungs - bau aufgeworfen wurden, durch die Verbringung der Sträflinge in die Bastion XXX, möglich ge - worden, mit der endlichen Errichtung der badi - schen Strafcompagnie zu beginnen. Gestern kam unter eigenthümlichen Umständen eine bedenk - liche Verwundung eines preußischen Soldaten durch ein Mädchen vor, über welche der Erfolg der Untersuchung wohl nähere Aufklärung geben wird.

* Von der württembergischen Grenze, 7. April. Die deutschen Angelegenheiten scheinen seit jüngster Zeit sich wieder besser gestalten zu wollen, wenn wir im verrätherischen April = Monat dengünstigen Wetterzeichen auch nur einiges Gewicht beizulegen berechtigt sind. Die deutschen Stämme, welche zum Erfurter Parlament mit so wenig Be - geisterung gewählt haben, hatten zwar gute Gründe zu dieser Nachläßigkeit; aber sie werden doch kaum geahnt haben, daß -- was sich jetzt immer deut - licher herauszustellen beginnt, die preuß. Regie - rung -- für die sie doch am Ende jene Opfer brachten -- diese jetzt selber wieder zurückweisen werde. Das Recht über Krieg und Frieden, ohne welches von einer wahren Selbstständigkeit der zum Mai = Bündniß vereinten Staaten kaum wird die Rede sein können, will jetzt von der preuß. Regierung selbst beschnitten werden! Warum? offenbar nur deßhalb, damit so ein weiterer Bund der deutschen Stämme verhindert werde. Und so sehr jene zum Dreikönigsbündniß gehörigen Staaten über solche Anträge, die man hier wohl etwas mehr als Anträge, vielleicht octroyirungs - schwangere Jnsinuationen nennen darf, erschrecken müssen (insofern dieß beinahe eine Aufgabe der wesentlichen Partheifarben wäre), so kann sich Deutschland im Ganzen und Großen doch dazu Glück wünschen. Es ist ein Beweis, daß das sogenannte Vierkönigsbündniß -- ohne Zweifel durch das Organ Oesterreichs -- bei Preußen ei - niges Gehör zu finden beginnt. Auch die Nach - richt, daß man in Berlin gesonnen sei, die däni - sche Angelegenheit Oesterreich in die Hand zu ge - ben, beweist, daß keine erhebliche Spannung zwi - schen den beiden deutschen Großmächten mehr vor - handen sein kann. Wir wollen dabei nicht läng - nen, daß Preußen dadurch auf diesen Gedanken verfallen sein mag, daß es bei dem Drängen Rußlands in dieser Sache keinen bessern Ausweg sieht, als einen förmlichen Verbündeten Rußlands, Oesterreich, dazu in Anspruch zu nehmen. Der Kaiser aller Reußen wird Oesterreich bei den ge - genwärtigen politischen Constellationen eher etwas zu Gefallen thun, als Preußen. So bricht manch - mal die Noth das Eisen, so führt der Egoismus oft zur Großmuth, so kann vielleicht aus Klein - deutschland noch ein Großdeutschland werden! Wir sehen aber aus jenen Vorgängen in Berlin und Erfurt auch, daß diejenigen doch Recht hatten, welche schon längst den höchst liberalen Redens - arten der Gothaisch = Deutschzeitunglichen Parthei mißtraut haben. Die Gothaer erscheinen jetzt preußischer als Preußen selbst. Denn diese Par - thei wird, wenn die preuß. Regierung auf diesem Wege weiter fortschreitet, in ihrer Einseitigkeit gegen Alles was von Oesterreich und den Staa - ten des sogenannten Vierkönigsbündnisses kommt, desavouirt. Für diese Partei tritt hier die preuß. Regierung fast octroyirend auf, und dieß stimmt wenig mit den Reden von constitutioneller Volks - souveränität (man erlaube mir diesen Ausdruck um der Verwirrung unserer Zeit willen! ), womit man namentlich in Württemberg für das Erfurter Haus Geschäfte zu machen sich bemühte. Die Freunde eines großen Deutschlands hingegen kön - nen jene Vorgänge nur erfreulich finden, und die seit Langem arg genug verhöhnten Feinde der Deutschen und Constitutionellen Zeitung wer - den darin endlich eine Satisfaction für die vielen übermüthigen Reden finden, mit denen sie so reichlich perhorrescirt worden,

Sigmaringen, 6. April. Die Uebergabe des Fürstenthums Hohenzollern = Sigmaringen an die Krone Preußens ist heute erfolgt. Jn einer Pro - clamation nimmt Fürst Karl Anton Abschied von seinen Unterthanen Der Rückblick auf seine Regierung ist durchweg edel, wenn auch nicht frei von einer oft nur zu gerechten Bitterkeit. Die Neuzeit -- mit diesen vielfach treffenden Worten schließt das Aktenstück -- hat die Existenz der kleinen Staaten in ihren Grundfesten erschüttert, das patriarchalische Verhältniß zwischen Fürst und Volk der kleinen Länder ist unwiderbringlich ver - nichtet; man will nicht mehr die väterliche Liebe des Fürsten, man will von seinem Rechte Ge - brauch machen; der Fürst soll nicht mehr der erste Diener des Staates sein, sondern ein willenloses Werkzeug der Volkslaunen; er soll nicht mehr sreigebig gewähren, sondern es soll ihm gewalt -thätig genommen werden; er soll nicht mehr die Richtung bezeichnen dürfen, auf der das Volks - wohl zu erreichen ist, sondern ihm soll das trau - rige Recht und auch dieses nur halb verbleiben, die zügellos die Schranken des Gesetzes und der Ordnung durchbrechenden Leidenschaften zu bän - digen. Täuschen wir uns nicht, das Lebensele - ment einer wahrhaft constitutionellen Regierung, der fruchtbare Boden für das Gedeihen und Wachsthum der Volksfreiheiten, ein gesunder, kräftiger, für Aufrechthaltung der öffentlichen Ord - nung thätiger Mittelstand fehlt in Meinem klei - nen Lande, wenn nicht ganz, doch in dem Maße, welche die unerläßliche Bedingung für die heil - bringende Entwickelung der Jnstitute der Neuzeit ist. Mit einem großen Staate mußte Mein Land in Verbindung treten, eine mächtige Hand mußte die Zügel Meiner Regierung ergreifen, wenn Volkswohl, wenn Volksglück hier heimisch werden sollte. Soll der heißeste Wunsch Meines Herzens, soll das Verlangen aller wahren Vaterlandsfreunde erfüllt werden, soll die Einheit Deutschlands aus dem Reiche der Träume in Wirklichkeit treten, so darf kein Opfer zu groß sein; Jch lege hiermit das größte, welche ich bringen kann auf den Al - tar des Vaterlandes nieder. Die Proclamation des neuen Herrschers zeigt einfach die geschehene Besitzergreifung und die Vereinigung der Fürsten - thümmer mit dem preußischen Staate an und als Folge davon die Einführung der preußischen Ver - fassung, und spricht schließlich die Hoffnung aus, daß die Sigmaringer eingedenk des Unsegens, der nach den Erfahrungen der letzten Jahre an der Untreue haftet, treue Unterthanen sein und sich des preußischen Namens würdig zeigen werden.

Kiel, 4. April. Das Kieler Korresp. = Blatt schreibt Folgendes: Eine geheime Sitzung der Lan - desversammlung folgt auf die andere. So viel scheint gewiß, daß man mit einer nicht sehr großen Stimmenmehrheit einen erneuerten Vermittelungs - versuch in Kopenhagen abgelehnt und den Einmarsch in Schleswig vorgeschlagen hat. Jn solchem Falle würden demnach die hieher kommandirten preu - ßischen Offiziere abberufen, die Truppen, die in Schleswig liegen, räumten das Herzogthum, Hol - stein als unbestreitbar deutsch, bliebe unter dem Schutze preußischer Truppen unangegriffen, und der Krieg würde allein zwischen dem Königreich und den Herzogthümern geführt. Preußen bliebe dabei neutral und überließe es dem Lande selbst, auch in Bezug auf den Frieden betreffs Schleswigs mit Kopenhagen direkt zu unterhandeln. Was Ruß - land dann thun wolle, ist unklar: es droht überall, in Depeschen und durch die Presse. Ein Friedens - abschluß zwischen Preußen und Dänemark ist nahe, aber reicht wohl der Waffenstillstand zur Beruhi - gung der Handelsinteressen Elbings, Königsbergs und Magdeburgs, die sich beschwert haben, hinläng - lich aus. Daß man mit den bekannten Friedens - präliminarien nichts ausrichten kann, wird in Ber - lin wohl eingesehen, wo zwar die Stimmung aller Besseren und Kundigen unter Staatsmännern und Journalisten für die Sache Schleswig = Holsteins spricht, aber in überwiegendem Maße eine kriege - rische Entscheidung nicht gewünscht, sondern die abwartende Politik wegen der vielen deutschen Ver - wicklungen und russischen Jntriguen noch für zweck - mäßig gehalten wird. Wir unterlassen es, das für und wider in dieser Frage zu erörtern, da die Landesversammlung in dieser Sache fast in zwei Hälften getheilt ist und jegliche Vorherverkündigung dessen, was in nächster Zukunft daraus folgen könnte, theils unmöglich, theils mißlich ist. Die Mehrzahl der Nachrichten über Unterhandlungen und Noten ist theils entstellt, theils unwahr, theils von solchen geschrieben, die eben nur das melden, was sie melden sollen.

Kiel, 5. April. Es wird erzählt, daß wegen der bekannten Hamburger Postangelegenheit, welche hier eine große Entrüstung erregt hat, die diessei - tige Regierung beschlossen habe, als Repressalie gegen die Hamburgische Regierung das schleswig - holstein 'sche Postamt von Hamburg nach Altona zu verlegen.

sjplus Erfurt, 4. April. Der Verfassungs - ausschuß des Volkshauses hat schon gestern in einer Sitzung, welche von 5 Uhr Nachmittags bis 1 Uhr Nachts dauerte nicht nur die Bera - thung der Additionalakte, des Wahlgesetzes und der Eröffnungsbotschaft vollendet, sondern auch über die dem Hause vorzuschlagenden Anträge in Betreff des Verhältnisses der Revision zur An - nahme der Verfassung Beschluß gefaßt. Ehe man an die letztere Frage gelangte, bemerkte Herr v. Radowitz noch, daß sein Antrag auf Modification des §. 10 (der Reichsgewalt ausschließlich steht das Recht des Kriegs oder des Friedens zu) zwar in dem Ausschusse ohne Unterstützung geblieben sei, er sich aber dennoch vorbehalten müsse, den - selben zur Verhandlung des Hauses zu bringen. Der Antrag ging in der Fassung des Hrn. v. Radowitz nicht nur auf Streichung des Wortes ausschließlich , sondern auch auf folgenden Zu - satz: Sie (die Reichsgewalt) übt dasselbe mit Vorbehalt der Rechte und Pflichten, welche der Union aus der herzustellenden Verbesserung des Bundes vom 8. Juni 1848 erwachsen werden. Hierauf entspann sich eine lange und lebhafte Debatte über die Schlußanträge, welche sich zuerst namentlich um die Rechtsfrage bewegte. Herr v. Radowitz selbst brachte diese zur Sprache, indem er sich von Seiten der Staatsrechtskundigen Aeu - ßerung darüber erbat, ob denn wirklich eine, wie er zu seinem Bedauern höre, viel verbreitete, von ihm aber nicht getheilte Ansicht rechtlich begrün - det sei, daß nämlich jeder der verbündeteten Re - gierungen aus einzelnen, von dem Parlamente u. der Mehrzahl der Regierungen beschlossenen Ab - änderungen das Recht des Rücktrittes erwachse. Man sprach sich hierauf fast allgemein dahin aus, daß, wenn die weitere Entwickelung der Dinge diese Frage wirklich vor das Reichsschiedsgericht bringen sollte, sie von diesem nur bejahend würde entschieden werden können. Besonders wurde diese Ansicht von Hrn. Simson mit juristischer Schärfe entwickelt. Auch Herr Triest, obwohl ein Geg - ner der Annahme en bloc, erkannte an, daß die bloße Rücksicht auf den Rechtspunkt für dieselbe spreche. Hr. Camphausen brachte als Referent einen Antrag ein, nach welchem das Volkshaus folgende drei Beschlüsse von einander getrennt u. nach einander fassen soll: 1) Annahme der Ver - fassung; 2) Annahme der Additionalakte; 3) Ue - berreichung der zu beschließenden Abänderungen der Verfassung an die Regierungen mit der Er - klärung, daß das Volkshaus sich an diese Abän - derungen gebunden erachte. Sollten einzelne der - selben von den Regierungen zurückgewiesen wer - den, so bleibt es in den betreffenden Punkten einfach bei den Bestimmungen der Verfassung. Der Beschluß, die Verfassung en bloc anzunehmen, sei für sich allein und selbstständig an die Spitze zu stellen, um ihre formelle Giltigkeit vor Allem außer Zweifel zu setzen. Jndem man aber die Additionalakte und eine zweite Reyisionsakte un - mittelbar folgen lasse und den Regierungen zu - gleich überreiche, gebe man diesen bindende Ga - rantien in Betreff aller etwaigen materiellen Be - denken. Die gesammten Mitglieder der Bahn - hofspartei erklärten sich für diese Anträge; nur Herr v. Bodelschwingh trennte sich von ihnen, indem er sich zwar den Propositionen ihrem gan - zen Jnhalte nach anschloß, aber verlangte, daß sie kombinirt und als ein einheitlicher Gesammtbe - schluß den Regierungen übergeben würden. Nur in dieser ungetrennten Verbindung mit der Re - vision würden diese in die Annahme en bloc wil - ligen. Hieran schloß sich zunächst ein von den Mitgliedern des Zentrums und der Rechten un - terstützter Antrag des Hrn. Triest, nach welchem sofort zur Revision geschritten, die einfache An - nahme der Verfassung jedoch vorbehalten werden soll, im Falle erstere zu keinem Resultate führe. Man berief sich von dieser Seite auf die in den unmittelbar gegebenen Verhältnissen liegenden Zweckmäßigkeitsgründe, und auch Herr v. Rado - witz gab diesem Wege seine Billigung, obgleich er im Ganzen sich schweigsam verhielt und sich jedes positiven Eingreifens in die Debatte ent -hielt. Außerdem wurden von den Herren Hassel - bach und von Senden Anträge gestellt, welche der einfachen Annahme der Verfassung gar nicht ge - dachten, sondern nur eine Formel für die Ueber - reichung der Revisionsbeschlüsse an die Regierun - gen gaben. Bei der Abstimmung stimmte zuerst Herr v. Bodelschwingh mit der Rechten gegen den Camphausen'schen, dann mit der Linken gegen den Triest'schen Antrag, so daß beide mit 11 ge - gen 10 Stimmen verworfen wurden. Der Bodel - schwingh 'sche Antrag erhielt hierauf zwar von bei - den Seiten einige Unterstützung, wurde aber mit 15 gegen 6 Stimmen verworfen. Auch die übri - gen Anträge erhielten 5 bis 6 Stimmen. Es ist also der Ausschuß in dem Falle, gar keinen Majoritätsantrag an das Haus bringen zu kön - nen, und es wird der Bericht sich auf die bloße Erwähnung der gefallenen Anträge beschränken müssen. Man schlug zwar schließlich vor, in ei - ner spätern Sitzung noch eine Vermittelung zu versuchen. es wurde jedoch auf einige Gegenbe - merkungen des Hrn. Vinke darüber hinwegegangen.

Erfurt, 6. April. Jn der heutigen Sitzung des Staatenhauses legte v. Carlowitz die Pro - tokolle des Verwaltungsraths auf das Bureau nie - der und beantragte, sie dem Verfassungsausschuß vorzulegen. Sie enthalten die Verhandlungen des Verwaltungsraths bis zum 20. März. Sodann wurden Wahlprüfungen vorgenommen und der Be - richt des Ausschusses über die Geschäftsordnung berathen, an welcher mehrere Abänderungen, meist indeß nur die durch die Mitgliederzahl bedingten Zahlenverhältnisse betreffend, beschlossen wurden.

sjplus Erfurt, 7. April. Der Ausgang der Schlußberathung im Ausschusse des Volkshauses, welcher als ein Zeichen der Rathlosigkeit aufge - nommen werden mußte und nach dem Urtheile gewichtiger Stimmen der Sache des Parlaments mehr geschadet hat, als alle diplomatischen Noten, hat sich im Ausschusse des Staatenhauses nicht wiederholt. Vielmehr sind hier die von dem Referenten der Unterkommission, Herrn v. Patow, eingebrachten Anträge, welche mit denen des Herrn Camphausen im andern Ausschusse im Wesentli - chen identisch sind, mit der sehr bedeutenden Ma - jorität von 19 gegen 5 Stimmen angenommen worden. Die Sitzung des Ausschusses dauerte gestern von 5 bis gegen 10 Uhr Abends. Zuerst brachte Hr. v. Carlowitz im Namen des Verwal - tungsrathes noch den Antrag ein, Art. 5 der Additionalakte in folgender Weise zu modifi - ciren: Das der Unionsgewalt zustehende Recht des Krieges und Friedens übt dieselbe unbeschadet der Rechte und Pflichten aus, welche der Union aus dem Bunde vom Jahre 1815 erwachsen. Es darf daher den außer der Union verbleibenden deutschen Staaten gegenüber nicht ausgeübt wer - den, vielmehr bleiben im Verhältnisse zu diesen die den Landfrieden betreffenden Bestimmungen der Bundesgesetzgebung in Kraft. Das Heerwesen der Union wird in einer Weise geordnet, welche sich der künftigen Gestaltung der deutschen Bun - desverhältnisse anschließt. Der im andern Aus - schusse bekanntlich vielbesprochene Antrag fand in dieser Form keinen weiteren Anstoß und wurde mit 21 gegen 1 angenommen. Was die Haupt - frage betrifft, so lagen 5 verschiedene Anträge vor. I. Antrag Brüggemann: Der Ausschuß wolle beantragen, 1) daß die Verfassung sofort revidirt werde; 2) daß die aus der Revision her - vorgehenden Abänderungsvorschläge dem Verwal - tungsrathe mitgetheilt, dabei jedoch bemerkt werde, daß das Staatenhaus sich den Beschluß über die Annahme der Verfassung bis zum 15. Mai in der Erwartung vorbehalte, bis dahin die Erklä - rung der verbündeten Regierungen über die An - nahme oder Verwerfung der Abänderungsvorschläge zu erhalten; 3) daß das Staatenhaus über die Annahme der Verfassung nach Maßgabe der er - folgten Erklärungen, eventuell auch ohne irgend eine Abänderung des Verfassungsentwurfs, nach der Mitte des Monats Mai beschließe. II. Even - tueller Antrag Brüggemann: Der Ausschuß wolle beantragen, 1) daß man sofort zur Revision schreite; daß nach erfolgter Revision sofort dieErklärung beschlossen werde, daß das Staatenhaus für den Fall, daß die verbündeten Regierungen der vorgeschlagenen Abänderungen nicht beitreten sollten, auf die Annahme derselben Verzicht leiste und bei der Fassung des Entwurfs stehen bleibe. Der erste Antrag des Hrn. Brüggemann wurde mit 23 gegen 1, der zweite mit 22 gegen 2 Stimmen verworfen. III. Antrag des Grafen Rittberg: Der Ausschuß wolle folgenden Gang der Verhandlungen und folgende Beschlüsse vor - schlagen: 1) Es erfolgt zuerst die Berathung und Beschlußnahme über die zur Verfassung ec. ec. vorgeschlagenen Verbesserungen. 2) Dann werden folgende Beschlüsse gefaßt: a) das Staatenhaus nimmt die Verfassung ec. ec. an; b) das Staa - tenhaus proponirt indeß in Uebereinstimmung mit dem Volkshause den verbündeten Regierungan die ad 1 beschlossenen Verbesserungen mit der Wir - kung, daß die von ihnen angenommenen Verbesse - rungen sofort in Kraft treten, die von ihnen ab - gelehnten dagegen außer Anwendung und statt derselben die ursprünglichen Bestimmungen der nach Nro. 2 a in unveränderter Fassung ange - nommenen Entwürfe in Kraft bleiben. Die vor - stehenden Beschlüsse werden in Continuität gefaßt, und es erfolgt ihre Mittheilung an den Verwal - tungsrath gleichzeitig. Der Antrag wurde mit 19 gegen 5 Stimmen verworfen. IV. Antrag von Watzendorf: Das Staatenhaus wolle in Einer Abstimmung beschließen: mit der Revision der Entwürfe der Verfassung ec. sofort zu beginnen, zugleich aber zu erklären, daß die zu beschließen - den Veränderungen nicht als Bedingungen der Annahme der Entwürfe zu betrachten seien, viel - mehr die letzteren, soweit die Veränderung vom Parlamente nicht beschlossen werden oder die be - schlossenen Abänderungen von den verbündeten Re - gierungen nicht genehmigt werden sollten, im Gan - zen und unbedingt anzunehmen. Der Antrag wurde mit 22 gegen 2 Stimmen verworfen. Ge - gen alle diese Anträge erhob sich besonders der Einwand, daß sie die Annahme der Verfassung nicht einfach und für sich allein voranstellten, son - dern entweder nur für gewisse Eventualitäten vor - behielten, oder sie doch erst in zweiter Reihe nach Erwähnung der Revision aussprächen. Man ge - langte zuletzt zu dem von Hrn. v. Patow formu - lirten Antrage der Untercommission: das Staa - tenhaus beschließt: 1) die Verfassung und das Wahlgesetz anzunehmen; 2) die Additionalakte an - zunehmen; 3) die in der Eröffnungsbotschaft ge - forderte Ermächtigung in Betreff der Handelsver - hältnisse Oldenburgs und der Hansestädte zu erthei - len, jedoch mit Vorbehalt der definitiven Geneh - migung der zu treffenden Vereinbarungen durch den nächsten Reichstag; 4) den verbündeten Re - gierungen folgende Veränderungen der Verfassung, des Wahlgesetzes und der Additionalakte vorzu - schlagen. (Hier werden sämmtliche Revisionsan - träge des Ausschusses eingeschaltet. ) Für den Fall, daß die vom Staatenhause und Volkshause übereinstimmend beschlossenen Veränderungen im Ganzen oder Einzelnen die Genehmigung der ver - bündeten Regierungen erhalten, erklärt das Staa - tenhaus hierdurch seine Zustimmung, daß die Ver - fassungsurkunde, das Wahlgesetz und die Additio - nalakte hienach abgeändert und in dieser Gestalt promulgirt werden, wobei das Staatenhaus jedoch gleichzeitig damit einverstanden ist und erklärt, daß es, in soweit jene Vorschläge die gedachte Genehmigung nicht erhalten, bei den durch Zustim - mung des Reichstages nach allen Seiten hin rechtsverbindlich gewordenen Bestimmungen der Verfassungsurkunde, des Wahlgesetzes und der Additionalakte zu verbleiben hat. Der Antrag erhielt, wie eben erwähnt, 19 Stimmen gegen 5. Hierauf wurde noch Hr. v. Sybel zum Referen - ten für den politischen, Hr. v. Patow für den allgemeinen Theil ernannt. Schließt das Staa - tenhaus sich dem Antrage des Ausschusses an, so würde, was die formelle Behandlung betrifft, zuerst eine gesonderte Diskussion und Abstimmung über die Annahme der Verfassung stattfinden, worauf bekannt - lich die Bahnhofspartei vorzugsweise Werth legt. Erst nach ausgesprochener Annahme würde mandann an die Berathung und Beschlußnahme über die Revisionsvorschläge (Punkt 4.) gelangen Es würde zwischen den verschiedenen Anträgen ad 1 bis 4 nur insofern ein Zusammenhang eintreten, als sie nebst der Schlußerklärung zuletzt gleichzei - tig dem Verwaltungsrathe würden überreicht wer - den. Dieser würde nach der dem Antrage zu Grunde liegenden Auffassung sich ausschließlich über den 4ten Punkt zu erklären haben, indem die Rechtsverbindlichkeit der Verfassung selbst un - mittelbar aus der Zustimmung des Parlaments gefolgert wird.

Münster, 5. April. Heute waren die Pro - fessoren der hiesigen theologischen und philosophi - schen Fakultät zum königlichen Schlosse beschieden, um daselbst den Eid auf die Verfassung zu leisten. Dem Vernehmen nach haben die Professoren der Theologie, die selbstredend sämmtlich Geistliche sind, erklärt, daß sie den Eid nur unter ausdrück - licher Verwahrung der Rechte der katholischen Kirche leisten können, weßhalb sie zur Eidesleist - ung nicht zugelassen sind. Die Oberpräsidien sollen von Berlin die Weisung erhalten haben, denjeni - gen Geistlichen, welche den Verfassungseid nicht unbedingt leisten würden, sofortige Suspension anzukündigen.

+ Wien, 6. April. Die Aburtheilung des FML. Ludolf, welcher im Jahre 1848 Treviso der provisorischen italienischen Regierung ohne Ge - genwehr übergab, wird nächstens vor dem Kriegs - gericht zu Prag stattfinden. -- Zu Pesth wurden neuerdings vom dortigen Militärgericht acht To - desurtheile gefällt, welche FZM. Haynau in 12 - bis 20jährige Festungsstrafe in Eisen umwandelte. -- Aus dem Jnnern von Bosnien verlautet, daß Omer Pascha (ein Renegat, aus der k. k. Grenze gebürtig) bereits mit einem Heere von 40,000 Mann in Bosnien bei Novi Bazar eingerückt sei. Seine Avantgarde soll bei Sieniza auf der Straße nach Sarajewo stehen. -- Glaubwürdigem Ver - nehmen nach steht die Emission der neuen Reichs - schatzscheine in naher Aussicht und soll sich daran die Einziehung aller übrigen Kategorien von Pa - piergeld knüpfen.

Frankreich.

Paris, 4. April. Der Vorfall, welcher dem Präsidenten auf seiner Rückkehr von der Truppen - musterung in Vincennes zustieß, wird vom Kon - stitutionnel wie folgt erzählt: General Changar - nier, der sich nach der Musterung vom Präsiden - ten getrennt hatte, verließ Vincennes zuerst in Be - gleitung einiger Kavalleristen. Er bemerkte unter den Leuten, die zu beiden Seiten des Weges stan - den, eine gewisse feindselige Haltung und drohende Geberden, es gelang ihm jedoch, die Uebelgesinn - ten durch die bloße Kraft seiner Ruhe und seiner unerschrockenen Blicke im Zaum zu halten. Jndes - sen stieg die Aufregung mehr und mehr. Endlich kam der Präsident der Republik in einer Kalesche an, den Kriegsminister General d'Hautpoul zur Seite und zwei Adjutanten gegenüber. Begleitet war er etwa von 30 Dragonern. Der Ruf: Es lebe die demokratische und soziale Republik! be - gann alsdann und dauerte einen großen Theil der Fahrt über. Die Menge war bedeutend und das Geschrei hörte gar nicht auf. Wir wollen hier die aufrührerischen Rufe, die vorgebracht worden, nicht wiederholen. Jndividuen mit nackten Armen näherten sich dem Wagen und fügten die Keckheit der Geberden der Keckheit ihrer aufrührerischen Rufe hinzu. Man erzählt ferner noch folgende Episoden der beklagenswerthen Szene nach der Revue von Vincennes. Ein leichter Wagen folgte dem Präsidenten der Republik, um ihm nöthigen - falls beim Umkehren behilflich zu sein. Zwei Be - dienten in Livree befanden sich darauf. Dieser Wagen wurde von den eifrigsten unter den Tu - multuanten umringt, die beiden Bedienten herun - tergerissen und geschlagen, grobe Späße ausgesto - ßen und der Wagen eine Zeitlang angehalten. Der General Changarnier wurde ebenfalls einen Augenblick von der lärmenden Menge umringt. Auf das wüthende Geschrei derselben ritt der Ge - neral mitten unter die Gruppen, redete die keckstenscharf an und forderte sie heraus, ein Schimpf - wort oder eine Drohung gegen ihn zu wagen. Durch die ruhige Festigkeit seiner Haltung und die militärische Energie seiner Worte zwang er sie zum Schweigen. Als er unter der Menge, setzt man hinzu, zwei Soldaten in betrunkenem Zustande bemerkte, die ihre Mützen auf dem Kopfe behiel - ten, näherte er sich ihnen, machte ihnen lebhafte Vorwürfe in Betreff der unwürdigen Gesellschaft, in der sie sich befanden und forderte sie auf, die Epauletten ihres Generals durch ihren Gruß zu respektiren, worauf die beiden Soldaten ehrfurchts - voll ihre Mützen abnahmen.

C Paris, 6. April. Der berühmte Botaniker Decandolle d. J. ist vom Ministerium des öffent - lichen Unterrichts nach Paris berufen worden, um einen Lehrkurs der Botanik zu übernehmen. Er hat bereits seinen bisherigen Aufenthaltsort Genf verlassen. -- Die Legitimisten sind über die neue Zusammensetzung des Bureau der Nationalver - sammlung, welches nun durch die gestrige Vice - präsidenten = Wahl aus lauter Orleanisten besteht, sehr aufgebracht. -- Hr. Persigny ist gestern in Paris angelangt, und hatte sogleich nach seiner Ankunft eine lange und geheime Conferenz mit dem Präsidenten der Republik. Hierauf wohnte er noch dem Ministerrathe bei, der zusammenbe - rufen wurde.

Schweiz.

Bern, 5. April. Heute eröffnete der Präsident den Nationalrath mit einer Rede; dieselbe ist ein Rückblick auf die wichtigen Ereignisse seit der letz - ten Sitzung. Er gedenkt der feindseligen Absich - ten der europäischen Reaktion gegen die Schweiz, welche zwar für den Moment ihre Pläne wohl aufgeschoben, nicht aber aufgehoben haben möge. Er definirt sodann seine Begriffe über die Völker - solidarität, welche keineswegs solchen Spott ver - diene, wie ihr zu Theil werde, sondern im Gegen - theil eine der schönsten und trostreichsten Jdeen politischer Denker der Neuzeit sei. Nur könne sie in Bezug auf die Verhältnisse der Schweiz zum Auslande nicht die von Vielen gewünschte Anwen - dung finden. Die Pflicht der Selbsterhaltung ei - nes so kleinen demokratischen Staates, wie die Schweiz sei, verwerfe die Befolgung einer solchen Politik. Die ohne große Schwierigkeiten und Be - schwerden vollzogene Einführung des Zollgesetzes begrüßt der Redner als eine erfreuliche Erschei - nung, und ermahnt dringend, sich einer leidenschafts - losen, nur das Wohl des Ganzen im Auge hal - tenden Berathung der Münzfrage zu befleißen. Auf seiner Rundreise über die seitherigen wichtig - sten Erscheinungen auf dem Gebiete der Kantonal - politik, wobei er einen scharfen Blick auf die ei - nen sonderbündlerischen Geist athmenden Zuger Wahlen wirft, gelangt der Redner dann auch zum Schlusse auf die bevorstehenden Maiwahlen im Kanton Bern, welche mit Recht das ungetheilte Jnteresse aller Eidgenossen und die gespannteste Aufmerksamkeit der Bundesbehörden insbesondere in Anspruch nehmen, denn die Aufregung im Kan - ton Bern sei so bedeutend und noch nie seien zwei Parteien so schroff und feindlich einander gegenüberge - standen. -- Jm Ständerath war an der Tagesord - nung das eidgenössische Militär = Organisationsge - setz. Der Abschnitt über die Dauer der Dienst - pflicht, welche vom Nationalrathe vom 17. bis zum vollendeten 50. Altersjahre festgesetzt worden war, veranlaßte eine lange Diskussion, welche mit dem Resultate endigte, daß die Dienstzeit mit dem vollendeten 20. Altersjahre beginnen und mit dem vollendeten 44. Altersjahre enden soll. Auf diese Weise wird das Bundesheer, ohne die Landwehr, etwa 120,000 M. stark.

Spanien.

sjplus Madrid, 2. April. Der König ist nach Aranjuez abgereist, um einem großen Empfange als am Namenstage seines Vaters auszuweichen. Der Prinz und die Prinzessin von Joinville ha - ben sich in Kadir nach England eingeschifft. JnFolge dessen ist der brasilianische Gesandte, Cabal - cante de Albuquerque wieder nach Madrid zurück - gekehrt. Sobald die Regierung die Antwort Eng - lands erhalten haben wird, sollen die betreffenden Aktenstücke offiziell veröffentlicht werden und die beiderseitigen Gesandten abgehen. An der Börse wenig Geschäfte. 3%,25 3 / 8.

Jtalien.

Turin, 3. April. Die piemontes. Staats - Zeitg. veröffentlicht eine Ordonnanz über Errich - tung zweier Lehrstühle für Handelswissenschaft und Comptabilität zu Genua. -- Jn der Deputirten - Kammer wurde beschlossen, daß die Budget = Com - mission, unbeschadet der Budgets von 1847 -- 49, sich vorzugsweise mit dem Budget für 1850 zu beschäftigen habe. -- Folgendes ist die Geschichte der Unterhandlungen mit dem pabstlichen Stuhle über Abschaffung der geistlichen Privilegien. Jm November sandte Graf Avet eine bezügliche Denk - schrift nach Rom. Dieser folgte im Mai 1848 eine zweite vom Grafen Selojun, Beide gegrün - det auf das Statut. Eine päbstliche Commission wurde niedergesetzt und verlangte vom Gesandten Pareto ein articulirtes Project. Kardinal Anto - nelli erwiderte mit Uebersendung eines unmögli - chen Gegenprojeets. Da Rom hartnäckig darauf bestand, sandte man Abbate Rosmini dahin, um bestimmt zu erfahren, ob man überhaupt zur Un - terhandlung geneigt sei oder nicht. Rosmini wollte endlich auf der päbstlichen Basis unterhandeln, was die Regierung nicht konnte; daher legte er seine Sendung nieder. Margherin〈…〉〈…〉 schickte endlich Sie - cardi nach Rom, einen letzten Versuch zu machen, der gleichfalls erfolglos blieb. Darauf wurde das bekannte Gesetz vorgelegt.

Amerika.

London, 3. April. Nachrichten aus Philadel - phia zufolge ist es im Senate zu Washington zwischen den beiden Senatoren Foote und Borland zu einer Schlägerei gekommen bei Gelegenheit der Verhandlungen über die Sklavenfrage und die bei - den HH. Senatoren konnten nur durch die An - strengungen ihrer beiderseitigen Freunde auseinan - der gebracht werden.

Vermischte Nachrichten.

* Straubing. Am 8. d. M. fand dahier die Hinrichtung des Raubmörders Niedermayer Statt.

* Gießen. Privatdocent Leuckhard in Göt - tingen hat einen Ruf an hiesige Universität an Vogt's Stelle erhalten und angenommen.

Paris, 6. April. Die Frau des vor 8 Mo - naten verstorbenen Repräsentanten Graudin hat ein beklagenswerthes Ende genommen. Sie war krank und streckte Nachts, als ihre Wärterin sie verlassen, die Hand über das Nachtlicht aus. Jhr Kleid sing Feuer, setzte das Bett in Brand und bevor ihr Hulferuf gehört worden, war sie bereits eine Leiche. -- Madame Graudin war schwanger und sah binnen wenigen Tagen ihrer Niederkunft entgegen.

Neuestes.

München, 9. April. Hr. v. Beisler, Präsident des Oberrechnungs = Raths, wurde zum Staatsrath im ordentl. Dienste mit Beibehaltung der obengenannten Präsidentenstelle ernannt.

S Mainz, 6. April. Die außerordentl. Assi - sen für den politischen Prozeß sind auf Mitte Mai festgesetzt.

S Mainz, 9. April. Dr. M. Mohr wird vorläufig, da der General = Staatsprokurator Kas - sation eingelegt hat, seiner Hast nicht entlassen.

Dresden, 7. April. Gestern Abend ist der in die Maiuntersuchung verwickelte Professor Dr. Richter gegen 2000 Thaler Kaution auf Hand - gelöbniß seiner Haft im Neustädter Stockhause entlassen worden.

§ Hamburg, 8. April. Der Prinz von Würt - temberg, Major des hier stehenden pr. Husaren -regiments, hat in Folge der Thronrede des Königs von Württemberg um seine Entlassung eingegeben, und dieselbe erhalten, und ist bereits von hier ab - gereist.

* Prag, 3. April. Heute starb J. W. Tona - scheck, der große Tonkünstler, der sich einen euro - päischen Ruf erworben hat.

C Paris, 8. April. Am 4. d. M. ist der heilige Vater von Portici abgereist, und hat die Rückkehr nach Rom angetreten.

Bern, 5. April. Seit vier Wochen be - findet sich Hr. Oechelhäuser (ein Beamter der gegenwärtigen Handels = Abtheilung der Bundes - Commission in Frankfurt) hier, um Preußen, das eine möglichst enge Zolleinigung mit der Schweiz anbahnen will, zu vertreten.

Rom, 24 März. Vor vier Tagen ist die erste Silberladung der Rothschild'schen, Anleihe hier angekommen. Es sind meist Barren, aber auch ein guter Theil mexikanischer Münze darun - ter, welche in päpstliche umgeprägt werden soll.

+ Rom, 3. April. M. Parceval, Vizead - miral des französischen Geschwaders, hatte mit sei - nem ganzen Generalstabe am 25. v. M. bei Sr. Heiligkeit eine Aufwartung.

Verantwortlicher Redakteur: Dr. Stehle.

Frankfurter Cours. Den 10. April 1850.
Geld.Papier.
Oesterreich Bankaktien ......11201125
5% Metallique ....80 1 / 880 3 / 8
4%....62 1 / 462 3 / 4
3%....----
2 1 / 2 %....----
4 1 / 2 % Bethmann ...75 3 / 476 1 / 4
4%...68--
fl. 250 Loose v. J. 1839.----
5001834.----
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine.----
Tthl. 50 Prämien Scheine.102--
Bayern3 1 / 2 % Obligationen ...8080 1 / 2
4%....86 7 / 887 3 / 8
5%....99 3 / 4100 1 / 4
Württemberg3 1 / 4 % ....80 1 / 880 5 / 8
4 1 / 2....94 7 / 895 3 / 8
Baden3 1 / 2 %....77 3 / 478 1 / 4
fl. 35 Loose......3131 1 / 4
50......51 3 / 452 1 / 4
Nassau fl. 25......23 1 / 223 3 / 4
Hessen Darmst. fl. 50 Loose...7272 1 / 2
25...25 3 / 826
Polen fl. 300... -- -- Sardinien Fcs. 36...32 1 / 233

Dinstag am 16. April l. J. Nachmittags 2 Uhr werden dahier auf dem Rathhause nachver - zeichnete am Kirchengebäude vorzunehmende Repa - raturarbeiten unter den noch bekannt zu gebenden Bedingnissen an tüchtige und cautionsfähige Mei - ster im Versteigerungswege überlassen:

fl.kr.
1)Erdarbeiten, im Voranschlage.340
2)Maurerarbeiten ....6530
3)Dachdeckerarbeiten ...2727
4)Zimmerarbeiten ....558
5)Schlosserarbeiten ....105
6)Spenglerarbeiten ....1336
7)Tüncherarbeiten ....9311
8)Oelanstrich ......2544

Fremden = Anzeige.

Adler: Magranner, Stud. v. Jena. Kflte. : Bühler v. Kitzingen, Friedrich v. Lößnitz.

Russ. Hof: Kflte: Weddingen v. Minden, Vrogsitter v. Ahrweiler, Linkenbach v. da.

Schwan: Resch, k. Schloßverwalter v. Aschffbg. Kief - haber, Priv. v. Rastatt. Herrmann Lippmann, Großhdlr. m. Fam. v. Breslau. Seuffert, Liquidations = Aktuar v. Hilders. Geiger, Kfm. v. Nürnb.

Wittelsbacherhof: Kflte. : Pfeiffer v. Bieberich, Göppner v. Spandau, Fröhlich v. Gunzenhausen, Wölfel v. Nürnberg.

Württembergerhof: Frau Jönisch, Frk. Täuber u. Frl. Strehlin v. Mktbrt. Dr. Friedrich, Rechtsanw. m. Gat. v. Schweinfurt.

Druck von Joseph Steib.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationDie Bayerische Presse Eine constitutionell-monarchische Zeitung. . Würzburg (Bayern)1850.

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ClassificationZeitung; ready; mkhz1

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