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Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533.

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Nr. 132.
Würzburg, Montag den 3. Juni. 1850.

Aus dem Hirtenbrief des hochw. Herrn Fürstbischofs von Seckau Joseph Othmar. (Forts. und Schluß.)

Vielleicht, meine Freunde, kommen euch auch Solche vor, welche zwar an den Verfügungen vielerlei Bedenken finden; doch politischer Fernblick ist nicht ihre Sache; sie sind mehr Glücksmen - schen. Die Aufhebung des hochgepriesenen Pla - cetum, welches ihnen der schönste Edelstein der Krone und die stärkste Bürgschaft der Kaisermacht ist, erfüllt sie mit Unwillen und Bangen. Eine Menge Dinge, welche sie in Zeitungen und Ro - manen gelesen haben, tauchen verworren in ihrer Seele auf. Das finstere Mittelalter, meinen sie, ist in vollem Anzuge; schon sehen sie die Bann - bullen, die Absetzung von Königen, die spanische Jnquisition gleich zurückkehrenden Gespenstern na - hen, und manchem ehrlichen Manne graut es, als ob bereits der Scheiderhaufen angezündet werde und der Scherge die Hand nach ihm ausstrecke. Theuere Mitbrüder! man müßte bei diesen Trau - men lächeln, wenn es nicht kläglich wäre, daß Katholiken von solchen Träumen heimgesucht wer - den! des Mittelalter, welches von Wenigen ein - seitig gepriesen und von Unzähligen einsertig ge - schmäht wird, war eine Zeit, welche die heiligsten Bedürfnisse des Geistes nicht nur mit tiefer Jn - nigkeit fühlte, sondern auch als Richtschnur des ganzen Lebens geltend machte; es suchte alle irdi - schen Ordnungen dem ewigen Ziele, welchem der Mensch entgegengeht, zu unterwerfen, und dieß ist seine Größe und sein Ruhm. Aber die Gestal - tungen, welche jenes edle Streben hervorrief, wa - ren von Mängeln keineswegs frei und überdieß stützten sie sich auf Entwickelungen, welche vor - übergezogen sind mit ihren Licht = und ihren Schat - tenseiten. Die Einheit der christlichen Welt unter dem Papste als dem Boten eines höheren Wil - lens und dem Kaiser, als dem gewaltigen Horte des Rechtes war ein großer, schöner Gedanke; aber auch damals vermochte er den schnöden Stoff nur unvollkommen zu bemeistern und ihn jetzt aus - führen zu wollen, wird einem Verständigen wohl eben so wenig einfallen, als er unseren Kriegern rathen möchte, den Harnisch anzulegen, in welchem Gottfried von Bouillon unter den Mauern von Jerusalem kämpfte. Die Kirche ist ein großer Bruderband, in dessen Heiligthume die wahren Güter der Menschheit hinterlegt sind. Nicht ver - gebens erscholl das Wort der Verheißung: Sehet, ich bin bei euch bis an's Ende der Welt! Das Mittelalter konnte sich den Staat nicht anders als getragen von der Kirche denken, und wie die Kirche das Salböl der Heiligung über das Haupt des irdischen Herrschers ausgoß, so glaubte auch der irdische Herrscher sich verpflichtet, wider Jene das Schwert zu zücken, welche das Reich Gottes auf Erden durch Jrrthum und Spaltung zu trü - ben suchten. So war es in der schönsten Zeit des Mittelalters. Später mischte die Berechnung weltlicher Machthaber sich ein. -- Aber wir ha - ben ja auch die Kirchenstrafen wieder bekommen. O Finsterniß, o Barbarei! Nun werden wir näch - stens die Leute in Sack und Asche von den Kir - chenthüren stehen sehen! Genossen meiner Sorgenund Bemühungen, ich gestehe es, ein peinliches Gefühl der Scham ergreift mich, nicht für uns, aber für unsere Landsleute, unter welchen so man - cher ehrenwerthe Mann über seine eigene Kirche so ganz und gar im Dunkeln ist. Sollte irgend eine furchtsame Seele vor der öffentlichen Buße bangen, so sagt ihr kühn: Kein Bischof denkt daran, die Kirchenbuße wieder einzuführen! Jhr lauft nicht Gefahr, der Lüge geziehen zu werden: denn die Kirchenbuße ist entweder eine gehässige Polizeianstalt, welche wir mit Recht ablehnen, oder sie fordert einen sittlichen Ernst, wie er un - serer Zeit sehr ferne steht. Was die Kirchenstra - fen im Allgemeinen betrifft, so hat jede Gesell - schaft das Recht, solche Mitglieder, welche die übernommenen Pflichten verletzen, unter gewissen Bedingungen aus ihrer Mitte auszuschließen. Die - ser Befugniß kann und wird die Kirche sich nie - mals begeben, weil sie sich nicht selbst für recht - los erklären darf. -- Aber wir sind die Kinder eines Gottes, welcher schon im alten Bunde ver - heißen hat, daß er das geknickte Rohr nicht zer - brechen und den glimmenden Docht nicht auslö - schen werde; welcher schon im alten Bunde zu den Reuigen gesprochen hat: Wenn eure Sün - den wie Scharlach wären, sollen sie weiß werden wie Schnee, und wenn sie roth wie Purpur wa - ren, sollen sie weiß werden wie Wolle! Der Geist der Kirche ist und war der Geist der Milde; sie straft nur um zu heilen, nur um den Sünder auf den Weg wahrer Buße zu leiten und seine Seele zu retten. Wofern das Einschreiten der äußersten Strafgewalt mehr des Schlimmen als des Guten hervorrufen würde, überläßt sie den Schuldigen seinem Gewissen und der stillen Wirksamkeit im Beichtstuhle. Aber woraus schließt man denn, daß die Bischöfe nun nach allen Sei - ten hin den Bannstrahl versenden werden? Das Concilium von Trient verordnet die größte Vor - sicht in Anwendung von Kirchenstrafen; die zu Wien versammelten Bischöfe haben sich die um - sichtlichste Klugheit zum Gesetze gemacht. Sollte Jemanden das Schreckbild der Kirchenstrafen äng - stigen so ersucht ihn, einen Blick nach Belgien hinüber zu werfen. Dort haben die Bischöfe seit zwanzig Jahren die volle Freiheit, jede Kirchen - strafe nach Maßgabe der Kirchengesetze anzuwen - den, und hat man je über ihre Grausamkeit kla - gen gehört? Uebrigens ist nicht einmal Das, was für Belgien allenfalls passen möchte, auf unsere Zustände anwendbar; aber unsere Zustände werden auch in gewissenhafte Erwägung gezogen werden. -- Die Kirche wird nicht umsonst eine Mutter genannt. Jhr Vorbild ist der Hirt, welcher das verirrte Schaf mit unerschöpflicher Geduld in der Wüste sucht, ihr Meister ist Der, welcher sein Leben hingab für seine Freunde und am Kreuze bat für seine Feinde; Milde und Erbarmen sind die Engel, welche sie begleiten, und die Liebe ist die Sonne, welche über ihrem Pfade strahlt; doch jene ächte Liebe, welche das Kleinod des Herzens und der Lebenshauch der Menschheit ist. Die Kirche weiß nichts von der weichlichen Sentimen - lalität, welche mit schwächlichen Gefühlen spielt und die Gleichgültigkeit gegen Gute und Böse mit schillernden Redensarten bekleidet. Sie übt und verkündet den Ernst der Ueberzeugung, dieKraft des Pflichtgefühles, die Ehrfurcht vor dem Heiligen. Aber wenn diese Güter der Welt ab - handen kommen, so muß sie in Schmutz und Blut versinken. Dies wird uns nun schon im dritten Jahre nicht durch Stimmen der Menschen, son - dern durch die Gewalt der Ereignisse gepredigt. Wer auch jetzt nicht Ohren hat, zu hören, der verzichte wenigstens darauf, über die Bedürfnisse der Zeit eine Stimme zu haben. -- Vor sechs - zehn Jahrhunderten sprach ein Mann von seltenen Geistesgaben, welchen man aufforderte, das Chri - stenthum wider die Verläumdungen und Trug - schlüsse der heidnischen Gelehrsamkeit zu vertheidi - gen: Als unser Herr, und Heiland durch falsche Zeugnisse angegriffen wurde, verstummte er; er antwortete auf die Beschuldigungen nichts: denn er war überzeugt, daß durch sein ganzes Leben und die Werke, die er in Mitte der Juden ge - than, die falschen Anklagen viel kräftiger wider - legt würden, als durch irgend eine Rede gesche - hen könnte. So werden auch die Verläumdungen und Anschuldigungen, welche man wider die Chri - sten und den Glauben der Kirche vorbringt, durch die Sache selbst der Lüge überwiesen und durch eine Lehre, welche trefflicher denn jede Schrift der Sterblichen ist, dergestalt zernichtet, daß ihnen kein Schatten der Wahrscheinlichkeit übrig bleibt. Dies gilt auch von den Einrichtungen und Ge - setzen, in welchen die Kirche von der Fürsehung geleitet, die Ergebnisse tausendjähriger Erfahrung niedergelegt hat. Um die ergrimmten Anklagen der Feinde verstummen zu machen, und die Zwei - fel und Besorgnisse von Jrregeleiteten zu zer - streuen, gibt es kein wirksames Mittel, als daß die Kirche, so wie sie ist, hervortrete und walte. Dies in dem uns zugewiesenen Bereiche zu voll - bringen, ist die Aufgabe, welche der Herr uns vorzeichnet. Es ist ein großer Augenblick: denn er beginnt in weit verbreiteten Ländern für die Kirche Gottes eine neue Zeit! Noch schweben donnerschwangere Wolken über Europa, noch gäh - ren die Leidenschaften und Entwürfe des Verder - bens lauern auf den günstigen Augenblick; noch schreitet der Haß Gottes und der Pflicht mit ge - hobener Stirne einher und prahlt mit dem Her - annahen seines Sieges. Da winkt der Allmäch - tige und die Hemmnisse schwinden, durch welche viele gottergebene Bestrebungen gelähmt und ent - muthigt wurden. Wir treten hinaus in die freien, frischen Lüfte des kirchlichen Lebens. Was soll nun geschehen? Um mit Wenigem Vieles zu sagen: Das kirchliche Bewußtsein soll in der Brust des Katholiken belebt und wahrhaft aufge - klärt werden; der Katholik soll lernen, was es bedeute, ein Glied zu sein an dem Leibe, dessen Haupt Christus ist. Hat er dies gelernt, so ist auch das Band zwischen Zeit und Ewigkeit fest geknüpft und immer tiefer wird es sich dem Her - zen der Gläubigen einprägen, daß das irdische Leben eine Wanderschaft ist nach dem ewigen Va - terlande. -- Eine schwere Last der Verantwort - lichkeit haben jetzt vor Allem Jene zu tragen, auf welche die Pflichten übergingen, die der Herr den Aposteln auflegte, da er sprach: Wie mich der Vater sandte, so sende ich euch! Die Bischöfe haben, wie es ihr Amt erheischte, für die Rechte der Kirche die Stimme erhoben; sie haften nunGott und den Menschen, sie haften der Kirche, ihren Gemeinden, dem Staate dafür, daß sie Al - les, was menschliche Bemühung vermag, aufbie - ten, um jedes wieder erworbene Recht zu einer neuen Bürgschaft des christlichen Fortschritts, das ist des Fortschrittes in Erkenntniß und Pflicht - treue zu machen. Doch muß die Klugheit mit dem Eifer sich vereinen. Wer in überstürzender Hast den Lauf beginnt, ermattet bald. -- Wich - tige Angelegenheiten sind noch in Verhandlung begriffen, und der Vater der Barmherzigkeit, von welchem jede gute Gabe kommt, verleihe, daß sie zur Ehre seines heiligen Namens geordnet wer - den. Andere Gegenstände sind so beschaffen, daß wir sie vorher an dem Stuhle des heil. Petrus niederlegen und uns von dem Nachfolger Dessen, welcher zum Felsen der Kirche geordnet wurde, Gutheißung und Bekräftigung erbitten müssen. Aber das Erste und Wichtigste, worauf es zu wahrhafter Verjüngung der Kirche ankommt, ver - mögen wir ohne Säumen, jetzt, in dieser Stunde zu beginnen. Wenn die Priester des Herrn von dem Glauben und Heldenmuthe der Apostel er - füllt sind, so vermag keine Macht der Erde ihrer Wirksamkeit Fesseln anzulegen, und fallen sie, so ist ihr Blut ein fruchtbarer Same der Christen. Wenn die Priester des Herrn das Jrdische im Heiligthume suchen, wenn sie -- was Gott ab - wende -- von sündiger Lust befleckt sind oder doch in Trägheit und Gleichgültigkeit es sich be - quem machen, so nützt es wenig, wenn sie die vollste Freiheit haben, ihres Amtes genau nach den Gesetzen der Kirche zu walten. Von uns hängt es ab, ob die Anordnungen, in welchen wir die Morgenröthe eines neuen Tages begrüßen, einem Funken gleichen, welcher auf feuchten Moor - grund fiel, oder das Feuer erneuern sollen im Hause des Herrn! Dies ist die Zeit der Gnade, dies ist der Tag des Heiles: denn der Herr hat Großes an seinem Volke gethan. Gegeben zu Gratz am 6. Mai 1850.

Landtagsverhandlungen.

München, 31. Mai. Der Finanzausschuß der Kammer der Abgeordneten hat in einer seiner letz - ten Sitzungen die für die Durchführung der vom Staatsministerium beabsichtigten und prinzipiell durch die ärztliche Berathungskommission eingelei - tete Reform des bayerischen Medizinalwesens vor - anschlagte Summe gestrichen, resp. deren Einsetz - ung in das Budget der Kammer gegenüber nicht begutachtet. Der Voranschlag beträgt nämlich nur 23,000 fl. jährlich, und ist zudem angewiesen auf die seit vielen Jahren schon fließenden ehemals den chirurgischen und Baderschulen bewilligten Fonds.

Deutschland.

München, 29. Mai. Gestern wurde der Ab - geordnete Reinhart zum k. Stadtgerichte vorgela - den und demselben eröffnet, daß wegen eines Ar - tikels im Gradaus , mit der Aufschrift: Offe - ner Brief an den Landrichter Welsch , welcher auch in der Neuen fränkischen Zeitung mit der Aufschrift, Landrichter Welsch in der Klemme gestanden habe, eine Untersuchung wegen Amts - ehren = Beleidigung gegen ihn eingeleitet sei, weil er darin dem Landrichter Welsch den Vorwurf ge - macht, derselbe habe ihn vier Mal böswilliger - weise denunzirt, auch den Ausdruck gebraucht habe: Schande und Schmach ist der Lohn aller bös - willigen Denunzianten. Jn diesen Sätzen liege Calumnie. Reinhart setzte die Einrede der Wahr - heit entgegen, weil Welsch ihn dreimal wegen Majestätsbeleidigung, Aufreizung des Volks und Amtsehrenbeleidigung denunzirt und jedesmal der Staatsanwalt keinen Grund gefunden habe, die Anklage zu erheben. Zum vierten Male habe Landrichter Welsch den von ihm (Reinhart) ver - breiteten Aufruf der Märzvereine an das deutsche Volk dem Centraluntersuchungsgericht eingesandt; auf diese Denunziation hin seien er und sein Sohn unter der Anschuldigung des nächsten Versuchs desHochverraths verhaftet und nach Augsburg abge - liefert, jedoch freigesprochen worden, ohne der Amnestie zu bedürfen. Reinhart erhielt nun einen Termin von 14 Tagen, die Beweise zu liefern. Er erklärte, er wolle den Beweis dadurch liefern, daß er das Untersuchungsgericht Augsburg um Einsendung der in den erwahnten vier Fällen ge - führten Akten ersuche.

München, 31. Mai. S. k. H. der Prinz Karl inspicirte heute als Feldmarschall der Ar - mee die Artillerie, und wird dieses demnächst in Bezug der Kavallerie thun.

München, 1. Juni. Dem deutsch = katholischen Prediger Schell wurde durch den Untersuchungs - richter Frhrn. v. Lupin im Verhör Beleidigung der übrigen Confessieoen und deren Geistlichkeit, so wie Anlaß zur Aufregung im Lande durch Wort und Schrift zur Last gelegt.

Jn Landshut ist der dortige Arbeiter - Bil - dungsverein am 18. d. durch einen auf Grund des Art. 10 des neuen Versammlungs = und Ver - einsgesetzes einstimmig gefaßten Magistratsbeschluß gänzlich aufgehoben, resp. geschlossen worden. Als Grund dieser Maßregel nennt man die von die - sem Verein angeblich stets unterhaltene Verbin - dung mit auswartigen Vereinen, namentlich mit dem gleichnamigen Münchener Verein und durch diesen mit dem Central = Arbeiterverein zu Leipzig.

Frankfurt, 30. Mai. Jn Berlin finden in diesem Augenblicke zwischen Oesterreich, Preußen und Thurn und Taxis zum Abschluß einer Post - ubereinkunft Unterhandlungen statt, welche bis zum 1. Juli zu einem Ergebnisse gefuhrt haben und dem allgemeinen Verkehr wesentliche Erleichterun - gen verschaffen werden. Bis dahin wird auch der Vertrag zwischen Würtemberg und Thurn und Taxis mit beiderseitigem Einverstandnisse aufgelöst sein. Der fürstl. Thurn und Taxis'sche General - postdirector, Freiherr von Dörnberg, hat sich nach Stuttgart begeben und das Oberpostamt dahier ist angewiesen worden, keine Bücher für Würt - temberg mehr aufzustellen. Bemerkenswerth ist, daß sich die Postamter der hohenzollerischen Für - stenthümer nun nennen: Königl. preuß. fürstlich Thurn und Taxis'sches Postamt ec. Das heu - tige Frohnleichnamsfest wurde von unserer katho - lischen Gemeinde mit seltenem Pompe und unter Zufluß einer großen Menschenmenge begangen. Die Mitglieder des diplomatischen Corps wohnten in Gallauniform der Feier bei und bei der gro - ßen Prozession bildete das österreichische Jäger - bataillon auf dem Domplatz die Spaliere. Das bayerische Jägerbataillon hatte in der deutschen Ordenskirche zu Sachsenhausen Gottesdienst.

Freiburg, 31. Mai. Heute wurde das Denk - mal Karl v. Rotteck enthüllt, und zwar ganz in der Stille, ohne Sang und Klang. Das Denkmal selbst steht auf dem Dominikanerplatz, und befieht aus einem metallenen, zwischen 3 -- 4 Fuß hohen, auf einer ziemlich großen, schön gearbeiteten Säule ruhenden Brustbilde. Die Stirne ist mit einem Kranze geschmückt. Man gewahrt sehr wenige Leute, die es beschauen.

* Von der württembergischen Grenze, 29. Mai. Wir haben in Stuttgart wieder ein Bei - spiel, wie gegenwärtig in den politischen Dingen eine politische Begriffsverwirrung herrscht, die zu den beklagenswerthesten, weit unheilschwangersten Erscheinungen der Gegenwart gehört. Die sog. liberale , vulgo = rothe Partei, die jetzt in der Kammer die Mehrheit bildet, hat in ihren letzten Beschlüssen die reinste Jlliberalität bewiesen, während umgekehrt das als illiberal und reaktionär verschrieene Ministerium eine wahrhafte Lamms - geduld an den Tag legte, was man doch wohl eher liberal als illiberal wird nennen dürfen. Rühmt sich andererseits die linke Majorität, daß sie offen und entschieden aufgetreten sei, so kann man ihr diese Anerkennung allerdings nicht ver - weigern; aber auch in dieser Beziehung wird man den größten Ruhm auf Seite des Ministeriums finden, indem dasselbe nicht nur mit derselben Offenheit seine Forderungen stellte und die Gren - zen der möglichen Concessionen bestimmt, sonderndieses auch in Mitten einer Menge von Hinder - nissen und Herausforderungen aller Art gethan hat. -- Es ist wirklich staunenswerth, sehen zu müssen, wie eine Landesversammlung sich so weit gehen = lassen kann, in so höchst kritischen Umstän - den einer zu allen möglichen Concessionen geneig - ten Regierung gegenüber wie das Trotzköpfchen zu spielen, und im Uebrigen zu thun, als dächte man, es komme, was kommen mag. Jst nicht gerade dieser Umstand, dieses Benehmen einer großen Majorität der Landesversammlung ein neuer Beweis des Werthes oder Unwerthes des allgemeinen Wahlrechtes?! Es ist aber auch ein Zeichen, wie tief das Land unterwühlt sein muß, wenn diese Vertreter des Volkes so zahlreich gewählt werden und dann so zuversichtlich auf - treten, als hätte sie die feste Ueberzeugung, daß sie für ihre Politik die Mehrheit des Volkes hin - ter sich haben. Nach den Beschlüssen vom 25. d. ist übrigens keine Aussicht vorhanden, daß die auf Montag anberaumte Debatte zu einer Ver - ständigung mit der Regierung in Betreff eines revidirten Wahlmodus für die zweite Kammer führen wird.

Stuttgart, 29. Mai. Auch wir haben un - sern Tschech und Sefeloge; man erzählt mir we - nigstens aus guter Quelle, daß vorgestern ein Mann in anständiger Kleidung in den Park des Schlosses Rosenstein (eine halbe Stunde von hier) habe dringen wollen, von dem Posten aber zu - rückgehalten und, als er sich ungebührlicher Aus - drücke gegen den König erlaubt, von demselben verhaftet worden. Bei der Durchsuchung seiner Kleider fand man Waffen verschiedener Art bei ihm. Er ist den Gerichten bereits übergeben, und wird wohl auch etwas verrückt sein, wie Sefeloge.

Stuttgart, 30. Mai. Der heute ausgege - gebene Bericht der Verfassungscommission der Landesversammlung, betreffend die Aeusserungen des Departementschefs der auswärtigen Angele - genheiten über die Fortdauer des deutschen Bun - des und der Bundesakte (Berichterstatter Rey - scher, Correferent Pfeiffer), enthält folgende An - träge: 1) Das Gesammtministerium zu ersuchen, die Landesversammlung unverweilt darüber auf - zuklären, ob dasselbe die Aeusserungen des Depar - tementschefs der auswärtigen Angelegenheiten über die Fortdauer des des deutschen Bundes und der Bundesakte und aller daraus hervorgehenden Rechte und Verbindlichkeiten der Bundesglieder in ihrem ganzen Umfang theile und deren Folgen auf seine Gesammtverantwortung übernehme, an - dern Falls aber der Landesversammlung darüber Beruhigung zu geben, daß der in seinem Jnnern herrschende Zwiefpalt und die Gefahr, welche aus der Führung der auswärtigen Geschäfte in einem den Volksrechten gefährlichen, wo nicht feindlichen Sinn erwachse, sofort beseitigt sei. 2) Gegen das Gesammtministerium die Erwartung auszu - sprechen, daß einer Rückkehr zum deutschen Bunde oder einer andern Verletzung der Rechte des deut - schen Volkes und des württembergischen insbeson - dere, von seiner Seite kein Vorschub geleistet, vielmehr alles angewendet werde, um in Verbind - ung mit den andern deutschen Regierungen das deutsche Verfassungswerk durch Wiederberufung einer Nationalversammlung zu Ende zu bringen. 3) Ueber den Protest einiger vormaligen Stan - desherren zur Tagesordnung überzugehen.

Hohenzollern. Der Chef des Jngenieurkorps, Hr. Generallieutenant von Brese, ist dem Ver - nehmen nach mit der Leitung des Wiederaufbaues der Burg Hohenzollern beauftragt. Der Bau soll nach einer alten, im K. Hausarchiv aufbe - wahrten Zeichnung ausgefertigt werden.

Koblenz, 1. Juni. Die Einwohner von Kob - lenz haben ihre Pietät gegen ihren großen Lands - mann, den in München verstorbenen Professor Joseph von Görres, dadurch bethätigt, daß sie die Einleitungen zur Errichtung eines Denkmales für denselben in der hiesigen St. Castorkirche ge - troffen und dessen Marmorbüste, gefertigt vom Bildhauer Schorb, zu dem Behufe angekauft ha - ben.

Gotha, 30. Mai. So eben erhalte ich die Privatmittheilung, daß in Folge eines am 28. d. Mts. in Erfurt von Berlin eingelangten Be - fehles die Stadt sowie die Festung sofort in Kriegs - zustand versetzt werden soll. Es haben deßhalb auch die nöthigen Arbeiten sogleich begonnen, und die Pioniere und Artilleristeu sind bereits beschäf - tigt, Pallisaden aufzurichten; ebenso wird in den nächsten Tagen mit dem Rasiren der Wälle be - gonnen werden. Ein gleicher Befehl ist auch an die übrigen Festungskommandanten der preußischen Provinz Sachsen ergangen.

Bokow (bei Zwickau), 27. Mai. Gestern fand hier eine furchtbare Schlägerei zwischen Ci - vilpersonen und Militär statt. Es liegen zwei Berichte vor, die bis auf weiteres, gleiche Glaub - würdigkeit in Anspruch zu nehmen haben. Die Freimüthige Sachsenzeitung erzählt: Der Wirth Falk hatte längere Zeit keinen Tanz gehalten, weil er Reibungen gefürchtet. Denn die Wühler und Anarchisten waren rastlos bemüht gewesen, die Civilisten gegen das Militär aufzustacheln. Als nun gestern Abend die Soldaten an dem Tanzvergnügen Theil nehmen wollten, schimpften Civilisten das Militär Bluthunde ec. Die Schlägerei, von Civilisten veranlaßt, begann nun. Der Wirth verbarg sich unter ein Bett. Die an Zahl nachstehenden Soldaten mußten weichen; doch durch herzukommende Kameraden verstärkt, umzwingelten sie das Wirthshaus. Von innen wurde herausgeworfen, unter anderm mit Flaschen und Krügen. Ein herbeigerufener Offi - zier vermochte nicht, mit seiner kleinen Patrouille die im Kampfe begriffenen Soldaten zu entfernen. Diesen vermeinten, das Recht, sich zu rächen und ihre Ehre zu retten, müßten sie so gut wie die Civillisten besitzen. Erst nachdem der Offizier mehr Leute aus der Stadt nachgesendet erhalten, konnte er die gereizten Soldaten bändigen. (Nach der Freimüthigen Sachsenzeitung wurde ein Fabrikarbeiter getödtet und zwei Bergleute schwer verwundet. ) Die Dresdener Zeitung schreibt darüber: Gestern fand hier bei dem Gastwirth Christoph Falk ein furchtbarer Soldatentumult statt, welchem nicht nur die Wirthschaft völlig verwüstet wurde und mehrere Einwohner, wie der Gemeindevorstand Kästner, thätliche Mißhandlun - gen erlitten, sondern auch ein Arbeiter der Dev - rientschen Fabrik, Müller, unweit des Rheinhold '- schen Gutes unter den Händen wüthender Solda - ten unverschuldet seinen Tod fand. Der Ersto - chene wurde, seiner Uhr beraubt, aufgefunden.

Schleswig = Holstein, 27. Mai. Das Gene - ralkommando hat folgende Bekanntmachung erlas - sen: Um entstandene Mißverständnisse zu heben, macht das Generalkommando hiermit bekannt, daß deutsche Offiziere aller Waffen noch immer in die schleswig = holsteinische Armee aufgenommen werden können, falls sie hinreichende Atteste über ihre Führung und über ihre Brauchbarkeit beibringen. Es wird dabei aufmerksam gemacht, daß Gene - ralstabs - und Jngenieur = Offiziere verhältnißmäßig unter den vortheilhaftesten Bedingungen angestellt werden. Die geehrten Redaktionen der deutschen Zeitungen werden um weitere Verbreitung des Obigen ergebenst gebeten. Hauptquartier Kiel, den 27. Mai 1850. -- Das Generalkommando der schleswig = holsteinischen Armee.

Schleswig = Holstein, 29. Mai. Jn und um Rendsburg, in einem befestigten Lager, werden 15,000 Mann concentrirt. Auch die Werke der kleinen Festung Friedrichsort am Eingang des Kieler Hafens werden verstärkt.

Wien, 28. Mai. Auf Antrag des Handels - ministers hat die Regierung beschlossen die Be - schickung der im Frühjahr 1851 in London statt - findenden großen Jndustrieausstellung mit öster - reichischen Erzeugnissen selbst in die Hand zu neh - men, zunächst die Kosten des Transports der für diese Ausstellung geeigneten Gegenstände aus dem Staatsschatz zu bestreiten, und behufs der einheit - lichen Besorgung der diese Angelegenheit betref - fenden Geschäfte eine besondere ständige Commis - sion zu ernennen, welche die zur Londoner Aus - stellung bestimmten Erzeugnisse unserer Jndustrieübernehmen und sie einer entsprechenden Auswahl unterziehen wird. Der Hauptsitz dieser Commis - sion ist in Wien, während eigene Filiallommissionen in Prag, Feldkirch und Mailand errichtet werden. Die Eröffnung der Eisenbahnstrecke zwischen Prag und Lobositz wird am 1. Juni stattfinden. Die telegraphischen Cursnotirungen aus Paris werden nun täglich an der hiesigen Börse veröffentlicht.

Wien, 28. Mai. Der ehemalige deutsche Reichsminister der Justiz, Advokat Dr. Heckscher von Hamburg, befindet sich seit dem 27. Mai hier.

Wien, 28. Mai. Nach der halboffiziellen Reichszeitung ist in der ungarischen Frage be - schlossen worden, sich streng auf den Boden der Märzverfassung zu stellen, wodurch Ungarn vor - läufig wenigstens ihr bürgerliches und Strafrecht gesichert wird, was früher beanstandet wurde.

Die O. C. schreibt: Es ist die in der That auffallende Bemerkung gemacht worden, daß die in England weilenden Chefs der verschiedenen eu - ropäischen Jnsurrektionen zum großen Theile ih - ren Aufenthalt verlassen und sich nach dem Con - tinente gewendet haben. Während die Franzosen und Jtaliener sich zunächst nach der Schweiz be - gaben, weilen die deutschen und die Flüchtlinge der osteuropäischen Länder derzeit in geraumer Menge in Belgien, namentlich in Lüttich. Die Solidarität dieser continentalen Exkursionen, eini - germaßen an das Wahre der Stürmvögel erin - nernd, will uns nicht eben ganz ohne Bedeutung erscheinen.

Berlin, 30. Mai. Ueber die Rüstungen Preußens vernehmen wir specieller, daß Ordres ergangen sind zur Armirung und Proviantirung auf ein Jahr von Erfurt, Magdeburg, Wittenberg und der schlesischen Festungen, nicht der rheini - schen. Jm Ganzen sollen in Schlesien und Sach - sen circa 100 -- 120,000 Mann in zwei Corps aufgestellt werden mit einem Park von einigen dreißig Batterien. Die Garde = Artillerie wird theilweise schon in den nächsten Tagen nach Sach - sen gehen.

Berlin, 30. Mai. Die Mediatisirungspläne mehrerer kleiner Länder und namentlich der thü - ringischen Staaten durch Preußen gehen im Stil - len ziemlich schnellen Schrittes ihrer Verwirkli - chung entgegen, und zwar wirkt hierbei der regie - rende Herzog von Koburg vor Allem thätig ein. Derselbe hat nunmehr auch die unbedingte Ein - willigung des Prinzen Albert, Gemahls der - nigin von England, erwirkt. Nur der Großherzog von Weimar widersteht bis jetzt noch entschieden, doch werden von hier aus die Unterhandlungen thätig fortgesetzt.

Berlin, 30. Mai. Jn Bezug auf die gegen die Presse der Umsturtzpartei zu ergreifenden Maß - regeln erfahren wir, daß diese Maßregeln sich auch auf Bestimmungen der Gewerbeordnung stü - tzen werden, wonach Druckern und Herausgebern, die sich offenbaren Mißbrauchs ihres Gewerbs schuldig machen, die Betreibung des Gewerbs ent - zogen werden kann.

Die N. Pr. Zeitung schreibt, Berlin, 28. M.: Man prüfe und ergründe die Quellen, aus denen der demokratische Presse die Mittel zufließen; man zähle die Männer, welche nicht bloß heute, son - dern schon seit Jahren einen boshaften und er - bitterten Vernichtungskampf führen gegen alles, was Christ und Christenthum heißt, und man wird uns nicht der Uebertreibung bezüchtigen, wenn wir behaupten, daß die Leiter und Beförderer der gottlosen, hochverrätherischen Presse mindestens zu zwei Drittelen aus den Reihen des jüdischen Volkes hervorgegangen sind: ein Zahlenverhältniß, welches die christlichen Völker zur gerechten Noth - wehr treiben könnte. So war es, so ist es, und so wird es auch bleiben, bis das gerechte Gericht Gottes den Verrath und die Undankbarkeit des abgefallenen Theiles des jüdischen Volkes durch eine Verfolgung tilgen wird, dergleichen die Welt noch nimmer erlebt und die dann unzweifelhaft auch die Unschuldigen mit ergreifen wird.

Die N. preuß. Ztg. schreibt aus Berlin unter dem 26. Mai: Gestern Morgen um 4 Uhrist an circa 40 verschiedenen Stellen durch die Polizei bei Mitgliedern der Arbeiterverbrüderun - gen und verschiedenen Gesellenvereine eine uner - wartete Haussuchung gehalten worden. Der Er - folg dieser Maßregel ist ein sehr bedeutender ge - wesen. Wie verlautet, sind wichtige schriftliche Beweise aufgefunden worden, daß eine genaue und organisirte Verbindung der Arbeiterverbrüde - rungen und unter allerlei Vorwänden gegründeter ähnlicher Vereine unter sich und mit dem Aus - land besteht, und daß die Tendenz dieser Verbrü - derungen politischer Natur ist. -- Die Voss. Ztg. schreibt: Jm Staatsministerium ist, wie uns aus bester Quelle zugeht, so eben beschlossen, sämmtliche Arbeitervereine aufzulösen.

Von der preußisch = russischen Grenze, 26. Mai. Unsere Grenzverhaltnisse mit Rußland haben sich günstiger gestaltet. Unter persönlicher Verantwortlichkeit des Konsuls ist jetzt folgenden Personen der Eintritt in Rußland gestattet, vor - ausgesetzt, daß gegen sie nicht der entfernteste Verdacht wegen Theilnahme an den letzten Un - ruhen vorliegt: 1) Kaufleuten und ihren Frauen, ausgenommen sind ausdrücklich die Handlungsdie - ner. 2) Fremden, welche sich nach Rußland be - geben, sei es, um Erbschaftsangelegenheiten zu ordnen, sei es, um Schulden einzukassiren oder anderer Jnteressen wegen, welche ihre persönliche Anwesenheit erfordern, jedoch unter der ausdrück - lichen Voraussetzung, daß sie sich durch glaubwür - digen Atteste über die Nothwendigkeit der Reise ausweisen können. 3) Den Fremden, welche sich zum bleibenden Aufenthalt in Rußland niederge - lassen oder dort nahe Verwandte besuchen wollen, sowie alle denen, die sich nur einstweilen nach dem Auslande begeben haben. Alle übrigen Pro - hibitivmaßregeln, die sich auf Lehrer, Lehrerinnen, Handwerker und Künstler beziehen, bleiben dage - gen nach wie vor in volister Kraft. Endlich dür - fen auch Schiffscapitanen mit ihren Familien, wenn sie nicht verdächtig sind, und auch Einge - bornen, nicht aber nationalisirten Engländern Passe fortan nach Rußland ertheilt werden. Diese Be - stimmungen, welche den Grenzverkehr bedeutend erleichtern, haben in unserm Handelsstande die Hoffnung erregt, daß ihnen bald die Aufhebung aller Paßbeschränkungen folgen werden.

Frankreich.

C Paris, 30. Mai. Vor den gestrigen As - sisen erschien Proudhon wegen Preßvergehens, mit einem Gensdarmen an jeder Seite. Die Auf - merksamkeit des Publikums ist höchst gespannt. Er drückt Cremieur und Laugraud die Hand. Der Präsident: Sie hatten dem Gerichtshofe ein Ersuchen zu stellen. Proudhon: Allerdings. Erst vorgestern hat man mich nach Paris gebracht. Jch hatte, wegen Unpäßlichkeit meines Vertheidigers Cremieur, nicht Zeit, mich über die Art meiner Vertheidigung zu verständigen. Jch bemerke, daß die betreffende Angelegenheit sehr ernster und sehr delicater Natur ist. Daher wünschte ich eine ver - nünftige Frist, mindestens 5 Tage. Da die ge - genwärtige Sitzung bereits übermorgen endigt, wird der Prozeß vor die nächsten Assisen verwie - sen. Pxäsident: Verpflichten Sie sich, am be - stimmten Tage zu erscheinen. Jch verpflichte mich aufs Bestimmteste. Laugraud, sein Gerant, eben - falls. Letzterer ersucht um die Erlaubniß, Proud - hon in seinem Gefängnisse besuchen zu dürfen. Der Präsident verweist ihn deßhalb auf den Mi - nister des Jnnern und den Staatsanwalt. -- Die Patrie behauptet, der Kaiser von Rußland habe, sobald er vom griechisch = englischen Friedens - abschluß Kunde erhalten, sofort seinen Gesandten in London, Herr v. Brunow, abberufen. Der mit Ueberbringung des Abberufungsschreibens beauftragte Courier habe diese Abberufung dem russischen Ge - sandten in Paris zu überbringen, welcher nach Umständen selbe weiter senden oder zurückbehalten soll. -- Der Gerant der Demokratie pacifique ist gestern zu acht Monaten Gefängniß, u. 3000 Franken Geldstrafe verurtheilt worden.

Schweiz.

Bern, 29. Mai. Wenn je noch ein Zweifel obwalten konnte, welche Partei im neuen Großen Rathe die Mehrheit erhalten werde, so ist er durch die am 26. stattgefundenen Nachwahlen vollstän - dig gehoben worden. Von den 13 an diesem Tage in verschiedenen Kreisen getroffenen Wahlen sind 9 den Conservativen und 4 den Radikalen zugefallen. Hierdurch ist der Sieg zu Gunsten der ersteren entschieden. Dieses Resultat hat ei - nen mächtigen moralischen Eindruck hervorgebracht. Schien die Regierung früher zum Aeußersten ent - schlossen, und mußte man sich auf irgend einen Gewaltstreich gefaßt machen, so scheint sie sich jetzt mit Resignation in das Unabänderliche schi - cken zu wollen. Wenigstens wurde gleich Tags darauf vom Regierungsrathe beschlossen, sämmt - liche neugewählte Mitglieder zur Sitzung einzube - rufen, und den Entscheid über die Zulassung der - jenigen, deren Wahl beanstandet worden, dem Großen Rathe selbst anheimzustellen. Somit wäre wenigstens ein Stein des Anstoßes gehoben, und es gereicht der Regierung zum Lob, daß sie -- wenn auch etwas spät -- zur Ueberzeugung ge - langte, daß es gerathener sei, ihr Sündenregister nicht noch kurz vor ihrem Abtreten durch einen offenbaren Gewaltakt zu vergrößern. Freilich gibt es noch Manche, welche dem Handel selbst jetzt noch nicht ganz trauen. Wir halten aber dafür, die Regierung sei nicht mehr in der Lage, selbst wenn der Wille dazu vorhanden wäre, ein derar - tiges Wagstück zu unternehmen. Die Gewalt der Regierung ist gebrochen. Selbst auf das Militär könnte sie nicht mehr unbedingt zählen. Uebrigens ist die Stimmung auf dem Lande so, daß die Re - gierung, ihr gegenüber, geradezu tollkühn sein müßte, durch irgend einen Staatsstreich die allge - meine Erbitterung noch mehr zu steigern und das Volk zu nöthigen, von der ultima ratio Ge - brauch zu machen. Zudem sollen auch von dem Bundesrath Schritte gethan worden sein, um die Regierung zu bestimmen, es nicht zum Aeußersten zu treiben und die Sache ihren ordentlichen gere - gelten Gang gehen zu lassen. Ueber die Candi - daten des neuen Regierungsraths ist noch nichts Zuverlässiges bekannt. Der Ochsenbein'sche Ver - mittlungsversuch ist vollständig gescheitert, und es kann mit ziemlicher Bestimmtheit angenommen werden, daß er aus ganz neuen Elementen zusam - mengesetzt werden wird. Die Mitglieder der bis - herigen Regierung sind zur politischen Unmöglich - keit geworden, und allgemein ist man der Ansicht, daß frisches Holz herbeigeschafft werden müsse, wenn das neue Gebäude von Dauer sein soll.

Jtalien.

Dem Univers wird unter dem 20. Mai aus Rom geschrieben: Da der Papst nicht gern Geistlichen Orden verleiht, so beabsichtigt er, eine alte Jnstitution, den Orden vom heil. Johannes von Lateran, welcher ausschließlich für Geistliche bestimmt ist, wieder ins Leben zu rufen.

Die neapolitanische Regierung hat einen ei - genthümlichen Weg eingeschlagen, um die Aufhe - bung des Repräsentativsystems im Königreich der beiden Sicilien durchzuführen. Jn dem Budget für das Dienstjahr 1850 hat sie den auf die Ausgaben für die Kammern bezüglichen Artikel gestrichen und zugleich den Befehl ertheilt, daß auf die Anweisungen der Quästoren der Kammern keine Zahlung zu leisten sei. (Frkf. J.)

Vermischte Nachrichten.

Ratibor. Ein wegen Straßenraubs vor die Assisen gestelltes Frauenzimmer fiel bei Anhörung des freisprechenden Urtheils vor Freude ihrem Vertheidiger um den Hals, zur schallenden Belu - stigung des zahlreich versammelten Publikums.

Neuestes.

* Würzburg, 2. Juni. Gestern Abend traf Jhre Majestät die Königin von Württemberg hier ein. und setzte heute früh ihre Reise nach Bad - Kissingen weiter.

* Am 30. Mai geriethen im Orte Theilheim Gerichts Werneck die jungen Bursche Abends in Streit und Schlägerei, wobei der ledige Adam Bonengel von Pusselsheim Gerichts Sulzheim einen Schlag auf den Kopf erhielt und Tags darauf in Folge dieser Wunde starb. Der flüch - tige Thäter wurde bereits zu Gerichtshänden ge - liefert.

München, 31. Mai. Ein im Laufe dieser Woche hier verbreitetes Gerücht, als habe der Staatsminister des Kriegs, v. Lüder, seine Ent - lassung genommen, ist unbegründet. Der Armee - befehl wird schon in dem Laufe der nächsten Woche erscheinen.

München, 31. Mai. Der Prediger der Deutschkatholiken, Professor Schell, wurde noch nicht auf freien Fuß gesetzt.

Darmstadt. Die Regierung hat beschlossen, noch einmal nach dem bestehenden Wahlgesetze wählen zu lassen und erst, wenn dieser Versuch mißlingt, zu octroiren. -- Es scheint, als woll - ten die deutschen Mittelstaaten die Demokratie gründlich pflegen, um den Beweis zu liefern, daß die deutsche Centralgewalt fortan eine andere Stel - lung zu den Einzelstaaten erlangen muß, als es seit 30 Jahren der Fall war.

Fulda, 1. Juni. Frhr. Clemens v. Korff aus Münster, früher preuß. Husaren = Lieutenant, empfing bei der letzten Ordination die Tonsur und die niedern Weihen.

Wien, 28. Mai. Der Pariser Korrespondent des Magyar Hirlap erzählt: Laut einem Briefe des Grafen Casimir Batthyanyi habe die ungarische Emigration in Kutahia eine sehr schlechte Behandlung zu erleiden. Den Grafen ausgenom - men, hat kein Einziger eine Privatwohnung. Kos - suth hat man wohl eine versprochen, aber er hat sie noch nicht erhalten. Die ganze Emigration, auch die Generale = nicht ausgenommen, sind in ei - ner Kaserne und die Generale zusammen haben blos ein Zimmer. Nur selten dürfen sie sich in der Stadt ergehen und auch dann nur unter Be - gleitung einer Wache. Jhre Jnternirung gleicht somit mehr einer Haft.

Berlin, 29. Mai. Der Propst Ketteler hat eine freiwillige Anleihe zur Erbauung eines neuen katholischen Krankenhauses der barmherzigen Schwe - stern in Berlin ausgeschrieben und sind ihm be - reits ansehnliche Beiträge zugegangen.

Breslau, 27. Heute früh gegen 7 Uhr traten drei Damen in den Orden der Elisabetherinnen. Der Fürstbischof segnete die der Welt Entsagenden für ihren neuen Beruf ein. Die Kirche war zum Erdrücken gefüllt.

Kopenhagen, 29. Mai. General Krogh ist, wie Flyveposten meldet, zur Armee abgereist, deren Oberbefehl er erhalten hat.

Paris, 31. Mai. Die Nationalversammlung hat in ihrer heutigen Sitzung die Discussion des Wahlreform = Gesetzes erledigt; die Art. 9 (Aus - schließungen enthaltend), 10 (Geheimhaltung der Abstimmung des Militärs), 11 (als Stimmen - zahl zur Erwählung ein Viertel der eingeschriebe - nen Wähler erforderlich), 12 (sechsmonatlicher Termin für Ersatzwahlen), 13, 14 und 15 wur - den angenommen. -- Jn vergangener Nacht wur - den viele Verhaftungen und Haussuchungen vor - genommen. Die letzteren führten zur Entdeckung von Documenten. Die gestern Nacht verhafteten Personen, 45 an der Zahl, sind Bevollmächtigte der verschiedenen Arbeiter = Associationen. Die Un - tersuchung ist eingeleitet. -- Der Gerant des National wurde zu einem Jahr Gefängniß und einer Geldstrafe von 3000 Frk. verurtheilt. -- General Barral ist bei einem Ausfalle, den die afrikanische Armee unternommen hatte, von den Arabern getödtet worden. -- Aus Florenz wirdvom 25. Mai gemeldet, daß man daselbst zwei geheime Pressen mit Beschlag belegt hat. -- Die Katholiken, welche Californien bewohnen, haben sich an den Bischof von New = York mit dem Ge - suche gewandt, kath. Priester nach Californien zu senden. Da dieser Bischof keine Geistlichen zur Verfügung hat, sandte er das Gesuch nach Pa - ris, und werden von dort nächstens mehrere Mis - sionäre nach San Francisco abgehen.

C Paris, 1. Juni. Das Wahlgesetz wurde mit 433 gegen 241 Stimmen angenommen.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Mittelpreise hiesiger Schranne vom 1. Juni.

Weizen 11 fl. 40 kr. Korn 7 fl. 12 kr. Gerste -- fl. -- kr. Haber 4 fl. 18 kr.

Frankfurter Cours. Den 2. Juni 1850.
Geld.Papier.
Oesterreich Bankaktien ......10641069
5% Metallique ....77 1 / 877 3 / 8
4%....59 1 / 260
3%....45 1 / 845 5 / 8
2 1 / 2 %....41 1 / 441 1 / 2
4 1 / 2 % Bethmann ...7374
4%...--68 1 / 2
fl. 250 Loose v. J. 1839.91 1 / 292
5001834.146 1 / 2147
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine.86 1 / 486 3 / 4
Tthl. 50 Prämien Scheine.102 1 / 2--
Bayern3 1 / 2 % Obligationen ...82 1 / 283
4%....87 3 / 488 1 / 4
5%....100 3 / 4101 1 / 4
Württemberg3 1 / 4 % ....81 3 / 482 1 / 4
4 1 / 2....95 1 / 895 3 / 8
Baden3 1 / 2 %....78 1 / 878 5 / 8
fl. 35 Loose ......31 1 / 431 1 / 2
50 ......51 1 / 252
Nassau fl. 25 ......23 5 / 823 7 / 8
Hessen Darmst. fl. 50 Loose ...7272 1 / 2
25 ...25 5 / 825 3 / 4
Polen fl. 300...126 1 / 2--
Sardinien Fcs. 36 ...31 3 / 432 1 / 4

Bekanntmachung.

Forderungen und Ansprüche an die Verlassen - schaft des am 11. d. M. zu Hohestadt bei Och - senfurt verlebten Hrn. Pfarrers,

Franz Anton Schneider,

sind binnen 4 Wochen bei dem unterfertigten Te - stamentariat anzumelden, widrigenfalls dieselben bei Vertheilung der Masse nicht berücksichtigt werden.

Fremden = Anzeige.

Adler: Vogel, Revisor u. Mad. Bernhofer v. Adelsh. Gebr. Boulon v. Erlang. Kflte. : Bühler v. Kitzgn., Frank v. Kissingen, Frohmann v. Frkft., Zichelli v. Forst.

Kronprinz: Frau Gräfin v. Tek und Gräfin Auguste v. Tek mit hoh. Gefolge und Dienerschaft v. Stuttgart. Frl. v. Holz, v. Stuttgart, Fr. von Gemmingen v. Stutt - gart, Fr. v Massei mit Frl. Tochter v. München. Mann, Banquier v. Frkft. Bürger u. Schwester, Rent. v. Dresden. Schmitt, Geistl. v. Aschffbg.

Russ. Hof: Lord Forbes v. London. Fitsch, Rent. v. Linz. Kflte. : Maß v. Bamberg, Rollhausen v. Frkft.

Schwan: Kflte. : Volter v. Offenb., Reiß v. Wallen - berg, Rosenfeld v. Regensb., Krees v. Mainz.

Wittelsbacherhof: Rothgeber, Stud. v. Speyer. Kflte. : Henneberg v. Memmingen, Fischer von Rudolstadt, Matern v. Leipzig, Lammer v. Stuttg.

Württembergerhof: v. Dumas, Postassistent mit Gat. v. Miltenb. Gerlach v. Mktheidenf. Dederer, Finanz - Assessor v. Stuttgart.

Gestorbene: Den 2. Juni.

Weiß, Joh. Adam, 4 Wochen alt, Weinhänd - lers Sohn. Reuß, Johann, 38 Jahre alt, pens. Wachtmeister.

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
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Extent4 images; 6124 tokens; 2660 types; 43782 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationDie Bayerische Presse Eine constitutionell-monarchische Zeitung. . Würzburg (Bayern)1850.

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; mkhz1

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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