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Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533.

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Nr. 136.
Würzburg, Freitag den 7. Juni. 1850.

Amtliche Nachrichten.

München, 5. Juni. Se. Maj. der König haben unterm 16. Mai. d. Js. dem Postkonduk - teur Johann Wehner zu Würzburg wegen der von ihm in verschiedenen Eigenschaften zurückge - legten mehr als 50jährigen tadellosen Militär - und Civil = Dienstleistung die Ehrenmünze des kgl. Ludwigordens allergnädigst zu verleihen geruht.

München, 6. Juni. Se. Maj. der König haben vermittelst allerhöchster Entschließung vom 1. d. M. nachstehende Beförderungen und Ernen - nungen im formationsmäßigen Stande der Armee - Aerzte anzuordnen geruht. Befördert werden: zum Regimentsarzte I. Klasse: der Regimentsarzt II. Klasse Dr. Anton Vogel im 7. Jnf. = Reg. Karl Pappenheim; zu Regimentsärzten II. Klasse: die Bataillonsärzte 1) Dr. Friedrich Kühn vom 4. Chevauxl. = Reg. König im 6. Jnf. = Reg. vacant Herzog Wilhelm, 2) Dr. Friedrich Recknagel v. 14. Jnf. = Reg. Zandt im 5. Jnf. = Reg. Großher - zog von Hessen; zu Bataillonsärzten: die Unter - ärzte I. Klasse 1) Dr. Gregor Schmalz vom Ge - nie = Reg. bei der Kommandantschaft Wülzburg, 2) Dr. Wilhelm Fruth im 1. Jäger = Bat., 3) Dr. Hugo Schröder im 5. Chevauxl. = Reg. Leiningen, 4) Dr. Karl v. Bezold im 13. Jnf. = Reg. Hert - ling, 5) Dr. Eduard Sämer im 5. Chevauxl. - Reg. Leiningen; zu Unterärzten I. Klasse: die Un - terärzte II. Klasse 1) Dr. Adam Stucky von der Kommandantschaft Landau im 5. Jnf. = Reg. Groß - herzog von Hessen, 2) Dr. Maxim. Lindenmayer von der Kommandantschaft Nürnberg im 4. Chev. - Reg. König, 3) Dr. Christian Hoffmann von der Kommandantschaft Würzburg im 12. Jnf. = Reg. König Otto von Griechenland, 4) Dr. Heinrich v. Hinsberg von der Kommandantschaft München im 14. Jnf. = Reg. Zandt, 5) Dr. Jsaak Frank von der Kommandantfchaft Würzburg im 12. Jn - fant. = Reg. König Otto v. Griechenland, 6) Dr. David Ullmann von der Kommandantschaft Augs - burg im Genie = Reg., 7) Dr. Nikolaus Bayer von der Kommandantschaft Augsburg im 2. Artillerie - Regiment vac. Zoller. Ernannt werden in provi - sorischer Eigenschaft: zu Unterärzten 2ter Klasse: 1) der Soldat im 5. Jnf. = Reg. Großherzog von Hessen Dr. Gustav Döderlein bei der Komman - dantschaft Landau, 2) Dr. Joh. Mich. Streeb aus Wendelstein bei der Kommandantschaft Würz - burg, 3) Dr. August Eckart aus Emskirchen bei der Kommandantschaft Augsburg, 4) Dr. August Deisch aus Regensburg bei der Kommandantschaft München, 5) Dr. Franz Martin aus Amorbach bei der Kommandantschaft Nürnberg, 6) Dr. Franz Joseph Roth aus Aschaffenburg bei der Komman - dantschaft Würzburg, 7) der Soldat im 12. Jn - fant. = Reg. König Otto v. Griechenland Dr. Franz Heger aus Silbach in Unterfranken bei der Kom - mandantschaft Augsburg.

Se. Maj. der König haben unterm 4. Juni l. J. allergnädigst geruht, den geprüften Rechts - praktikanten Kilian Küttenbaum aus Würzburg, dermalen zu Königshofen, zum Aktuar bei der Gerichts = und Polizei = Behörde Ellingen zu er - nennen.

Nach Beschluß der kgl. Regierung von Schwa - ben und Neuburg ist auf Grund des Art. 19. Ziffer 4. des Gesetzes vom 26. Februar dieses Jahres, (die Versammlung und Vereine betr.) die Schließung des Arbeiter = Bildungs = und des Wander = Unterstützungs = Vereines zu Augsburg, des Arbeiter = Bildungs = und Unterstützungs = Vereines zu Kempten, dann des Arbeiter = Bildungs = und Unterstützungs = Vereines zu Memmingen verfügt worden.

Die Stimmung der Arbeiter und die Arbeitervereine.

Es ist eine sehr beachtenswerthe Thatsache, daß in der Unzufriedenheit der Arbeiter eines der wich - tigsten und gefährlichsten Gährungselemente unse - rer Zeit liegt. Die Februarrevolution von Paris war großentheils ihr Werk, und überall in Deutsch - land stützen sich die demokratischen und Revoluti - onsparteien vornehmlich auf die arbeitenden Clas - sen. Unter den Arbeitern hat man aber nach dem neuerlich aufgekommenen Sprachgebrauch nicht alle die arbeiten, selbst nicht alle welche Leibesarbeit verrichten, sondern im prägnanten Sinn in der That nur die Handwerksgesellen, und in zweiter Linie noch die Fabrikarbeiter und die städtischen Tagelöhner zu verstehen, keineswegs aber die große Masse der kleinen Bauern und ihrer Knechte. -- Es ist eine merkwürdige Erscheinung, daß die ver - neinenden Lehren unserer Tage in sozialer, poli - tischer und religiöser Richtung ganz vorzüglich in dem Stande der Handwerksgesellen einen empfäng - lichen Boden gefunden haben, und daß die Saat der Revolution gerade unter diesen Classen üppig aufgegangen ist. Die Erscheinung wird um so auffallender wenn man bedenkt, daß diese Arbei - ter von der Verwirklichung jener Lehren wenig für sich zu hoffen, vieles zu fürchten haben, und daß somit ihre natürlichen Jnteressen von der Strömung welcher sie sich hingeben, selber bedroht sind. Sie lassen sich von den Sozialisten und Communisten leicht beschwatzen und gewinnen; und es ist klar daß der Communismus und Sozialis - mus, würde er irgendwo für den Moment -- auf die Dauer hält derlei Unsinn nicht an -- praktisch eingeführt, gerade diese Arbeiter um ihr Brod brächte. Das Eigenthum ist zwar nicht das Produkt der Arbeit, aber das Eigenthum be - darf zu seiner Ausbildung und Benutzung der Ar - beit, und es lohnt auch die Arbeit. Wird das Ei - genthum zerstört, oder in seiner Sicherheit gefährdet, so vermindert sich in dem Maße der Gefährdung auch das Begehren nach Arbeit u. damit der Lohn für die Ar - beit. Die Eigenthümer beschränken sich auf das absolut nöthige. Sie vermeiden jede Ausgabe zu welcher sie nicht gezwungen sind. Die Bauten werden eingestellt, keine neuen Möbeln angeschafft, neue Kleider nur von gemeinem Stoff und so spärlich als möglich begehrt; für Luxusgegenstände, für künstlerische Werke welche wieder eine Menge von Händen auch der Handwerker beschäftigen, nichts verwen - det. Diese Stockung der Arbeit, wie wir sie im Jahr 1848 in Frankreich voraus, in schwächeren Nachwirkungen aber auch in Deutschland erfahren haben, hält so lange an als das Eigenthum sich bedroht fühlt. Erst wenn das Vertrauen der Ei - genthümer wieder steigt, nehmen auch die Arbeits - bestellungen und damit die Aussicht der Arbeiter auf Verdienst wieder zu. So sehr sind ihre Jn - teressen mit denen der Eigenthümer verbunden, daß weder diese ohne die Leistungen der Arbeiterzum Genuß ihres Vermögens gelangen, noch die Arbeiter ohne die Sicherheit der Eigenthümer Be - schäftigung und ein befriedigendes Auskommen fin - den können. Wenn daher die communistischen und sozialistischen Systeme die Ruhe des Eigenthums bedrohen, so gefährden sie ganz gleichzeitig und in demselben Maß auch die Existenz der Arbeiter. -- Nicht minder auffallend ist es, daß die Arbei - ter in unsern Tagen so leicht für demokratische und politisch revolutionäre Tendenzen gewonnen werden. Sie können unmöglich dabei gewinnen, denn würde der Staat noch so demokratisch ein - gerichtet werden, so würde die Regierung desselben doch nie von den Handwerksgesellen weder direkt noch indirekt geleitet werden. Jm günstigsten Fall hätten sie von der Demokratie doch nur den un - nützen Schein der Mitherrschaft, und wären in Wahrheit bloße Werkzeuge in der Hand betrüge - rischer Führer, welche ihre Zahl und ihre Arme zu selbstsüchtigen Zwecken zu mißbrauchen und ihre Zeit und ihre Kräfte sich dienstbar zu machen ver - ständen. Die Arbeiter würden aber bei dem Um - sturz auch der politischen Staatsordnung jedenfalls schwere Verluste erleiden; denn die Erschütterung des öffentlichen Credits wird von der Jndustrie viel stärker empfunden als von dem Landbau, und jedes revolutionäre Erdbeben -- unter der Herr - schaft der ihnen angepriesenen Grundsätze aber würden diese Erdbeben so gewöhnlich werden wie die physischen in Columbien -- zerstört einen gro - ßen Theil der vorhandenen Kapitalkräfte, und schließt und entvölkert eine Masse von Werkstät - ten. -- Endlich haben auch irreligiöse und sogar atheistische Lehren unter den Arbeitern eine grö - ßere Verbreitung in neuester Zeit gefunden als in irgendeiner andern Classe der Bevölkerung. Nicht bloß Auszüge von kritischen Werken mit negativer Richtung, wie von Strauß 'Leben Jesu, und die abgeschmackten Erdichtungen des modernen Unglau - bens, wie die mancherlei Enthüllungen des wah - ren Lebens und der Todesgeschichte Christi, finden unter den Arbeitern einen zahlreichen Leserkreis, sondern selbst die abstrakten Spekulationen von Feuerbach, Edgar Bauer u. a., und was immer die neuere Litteratur an philosophisch klingendem Atheismus hervorgebracht hat, werden nicht selten von Arbeitern eifrig studirt, als hätten sie hier einen Born erfrischender Weisheit entdeckt. Die Negation scheint sie anzuziehen; und so hat denn auch der Deutschkatholizismus seine Rekruten vor - zugsweise unter den Arbeitern gesucht und gefun - den, und viel zahlreichere Anhänger hat der reli - giöse Jndifferentismus nun in dieser Classe erwor - ben, welche früher das Gepräge jener bürgerlichen Ehrbarkeit und jener schlichten, von methodistischer Kopfhängerei wie von spekulativen Zweifeln freien häuslichen Frömmigkeit an sich trug, durch die sich das niedere Bürgerthum der deutschen Städte einst auszeichnete. Auch diese neue Richtung der Verneinung in religiösen Dingen kann unmöglich den wahren Bedürfnissen und den natürlichen Jn - teressen der Arbeiter zusagen; denn wo wirkliche Leiden den Menschen beugen und die Noth ihn niederdrückt, da hat sich von jeher die moralische Kraft der Religion am herrlichsten bewährt. Sie mildert das Leiden, indem sie es ertragen lehrt; sie richtet den Gebeugten auf, indem sie ihn auf Gottes Macht und Liebe hinweist. Des Trostes,der Hoffnung und der Erlösungszuversicht aus den Uebeln der Welt, welche die Religion allein ge - währt, können gerade die leidenden und gedrückten Classen der Menschen am wenigsten entbehren. Das Christenthum vollends ist ja in ganz spezifi - scher Weise die Religion der Armen, der Geplag - ten, der Unglücklichen. Wenn daher die arbeiten - den Classen wirklich, wie behauptet wird, mit so viel Noth des Lebens zu kämpfen, wennn sie Grund haben ihre Zustände als drückend und un - glücklich zu beklagen, wie sollten denn sie ein Jn - teresse dabei finden die Wahrheit der Religion zu läugnen, von der allein sie die heilsamste Stär - kung in der Noth empfangen können?

Das Schauspiel, welches Frankreich seit der Februar = Revolution darbietet, ist eins der trau - rigsten und zugleich eins der belehrendsten, die man sehen kann; es zeigt klar die stets wachsende und täglich mehr hervortretende Ohnmacht der Jdeen und Grundsätze, welche die französischen Revolution in der Welt geltend machen wollte. Seit 60 Jahren suchen diese Jdeen und Grund - sätze eine Regierung zu gründen, wodurch sie die Gesellschaft leiten konnten, und all ihre Versuche sind gänzlich mißlungen. Alle Regierungen, wel - che die Revolution seit 1789 zu gründen gesucht hat, sind gefallen, die einen unter dem Gewicht der Verachtung, die sie einflößten, die andern da - durch, daß sie sich dem Prinzip zu entziehen such - ten, dem sie ihr Dasein verdankten. Selbst das Kaiserreich, dessen Fall zur unmittelbaren Ursache die Niederlage unserer Heere und das Einrücken der Feinde in Frankreich hatte, ist durch das Phantom der Revolution an den Rand des Ab - grundes gebracht. Napoleon gestand auf St. He - lena: ich mußte ohne Unterlaß siegen, um den revolutionären Concessionen zu entgehen, die der Friede von mir verlangt haben würde. Er wollte also lieber seinen beständigen Krieg gegen Europa führen, als im Jnnern gegen die revolutionären Consequenzen seines Ursprunges kämpfen, die Wech - selfälle des Krieges schienen ihm minder gefähr - lich, als der Abhang, auf dem sein Thron stand. Der revolutionäre Ursprung seiner Macht war es also, welcher den Kaiser zu den thörichten und riesigen Kriegszügen nöthigte, die seinen Sturz herbeigeführt haben. -- Die Restauration ist gefallen, indem sie gegen die in der Charte von 1814 enthaltenen revolutionären Grundsätze anzu - kämpfen suchte. -- Louis Philipp hat den Kampf nicht einmal versucht. Die Nationalgarde hatte im Namen der Volkssouverainetät feinen Thron aufgerichtet, sie hat ihn, ohne es zu wissen und zu wollen, umgestützt durch ihr Geschrei: es lebe die Reform! und es gelang der Revolu - tion, nach einer mehr als 40jährigen Unterbre - chung Frankreich auf's Neue die republikanische Regierungsform aufzulegen, welche der wahrste Ausdruck ihrer Grundsätze ist. Diese privilegirte Regierung der Revolution hat nur 4 Monate dauern können, vom 24. Februar bis zum 25. Juni. Seit dem Juni 1848 ist die Revolution unter Vormundschaft gesetzt: die Republik hat der Militärdiktatur unter Cavaignac Platz gemacht, um sich dann unter Louis Nepoleon in eine Quasi = Monarchie zu verwandeln. Der Name der Republik steht noch an den öffentlichen Gebäuden, die republikanischen Regierung hat aber aufgehört, zu existiren. Diejenigen, welche in ihrem Namen handeln, sprechen von ihr mit der größten Ver - achtung. Die niedern Klassen, welche sie mit Be - geisterung begrüßt haben, finden ihren Glauben an sie sehr erschüttert. Die Arbeiter und die Bauern stimmen noch für die republikanischen und socialistischen Candidaten und werden es noch lange thun, aber es fällt ihnen nicht mehr ein, sich für die Chimären des Socialismus zu schla - gen. Nur die untersten Schichten der Pariser Bevölkerung sind der Republik noch wahrhaft er - geben. Wird also die Republik bald aufhören? Ja und nein. Ja, denn sie hängt nur an einem Faden. Nein, denn man ist nicht einig darüber, wer ihr folgen soll und wird sich auch vielleicht nicht sobald darüber einigen. Die Zeit hat indeßseit einigen Monaten die Frage sehr vereinfacht und vereinfacht sie täglich mehr. Die Täuschun - gen und Hoffnungen z. B., welche Louis Napo - leon 6 Millionen Stimmen verschafft haben, be - ginnen schon zu zerrinnen. Das Volk, nament - lich auf dem Lande, hat sich durch diesen Namen verleiten lassen und sich eingebildet, er allein ver - möge den Ruhm und die Sicherheit des Kaiser - reichs zurückzuführen; der Kaiser schläft aber im Hotel der Jnvaliden den ewigen Schlaf und das Volk hat bald von dem Erwählten des 10. De - zember gesagt, was der Fuchs in der Fabel von der Larve: o quanta species. cerebrum non habet. -- Diese Schwierigkeit ist also beseitigt; eine viel größere besteht aber noch, die Rivalität der beiden Zweige des Hauses Bourbon; so lange sie dauert, bleiben wir im Provisorium. Vor 6 Monaten war das, was man la fusion nennt und was eigentlich nichts anders ist, als eine einfache Verzichtleistung des Hauses Orleans auf die Krone, viel weniger vorgerückt, als jetzt, wenigstens glaubten dieses diejenigen, welche bei dieser Sache thätig sind. Man rechnete auf den jetzt in England stattfindenden Familien = Congreß und die Anwesenheit der Herzogin von Orleans zu Claremont, hat sich aber ganz getäuscht. Die Herzogin hat bis jetzt allem Zureden kein Gehör gegeben, und hält, wie sie sagt, ihren Sohn zur Disposition für Frankreich, für den Fall, daß es, der revolutionären Experimente müde, zur Monar - chie zurückkehrt. Die Herzogin ist sicher die aus - gezeichnetste Fürstin unserer Zeit; sie hat einen seltenen Geist und ein heroisches Herz. Der Muth und die Geistesgegenwart, die sie am 24. Febr. bewiesen hat, müßten sie allein unsterblich ma - chen; aber sie hat mehr Phantasie als Verstand. Sie ist aus einer Prinzessin eines kleinen deut - schen Hofes die Gattin des Thronerben von Frankreich geworden und es ist darum begreiflich, daß sie damals eine glänzende Zukunft erwartete. Jhre gerechten Hoffnungen wurden durch den Tod des Prinzen vernichtet, und da mußte sie natür - lich ihre Gefühle und Erwartungen ganz auf ih - ren Sohn übertragen. Seit dem 24. Febr. mag ihr oft das Bild Maria Theresia's vorgeschwebt und ihre mütterliche Zärtlichkeit gesteigert haben. Alle diese Gefühle sind so natürlich, so edel und erhaben, daß man sich über den Jrrthum nicht wundern kann, zu dem sie ein Geist verleitet hat, der es nie recht verstanden hat, sich vor den ge - bieterischen Forderungen der Politik zu beugen.

Landtagsverhandlungen.

München, 3. Juni. Der III. Ausschuß der Kammer der Abgeordneten hat auf Antrag des Referenten Hirschberger über die Gesuche und Vorstellungen um Ausscheidung aus der allge - meinen Jmmobiliar = Feuerversicherungsanstalt und beziehungsweise Abänderung des Gesetzes vom 1. Juli 1834, die allgemeine Brandversicherungs - ordnung betreffend, beschlossen, folgende Anträge an die Kammer zu bringen: I. den Anträgen auf Aufhebung der allgemeinen bayerischen Jmmobi - liar = Versicherungs = Anstalt sowohl, als auf bloße Dezentralisation derselben und Ausscheidung nach Kreisen und Städten sei nicht statt zu geben, da - gegen II. an die königl. Staatsregierung unter Mittheilung sämmtlicher Original = Vorstellungen die Bitte zu stellen, 1) die dermalen geltende Brandversicherungsordnung unter besonderer Rück - sichtsnahme auf die erhobenen Beschwerden a) über mangelhafte Klassifikation, b) über Ueber - schätzung des Gebäudewerthes, c) über Mangel an Kontrolle durch die Betheiligten, d) über mangelhafte Handhabung der Feuerpolizei und e) über Mängel am Vollzug überhaupt, einer gründ - lichen Revision zu unterstellen und einen hierauf gegründeten Gesetzentwurf dem nächsten Landtage vorzulegen; 2) die Abstellung jener Gebrechen, deren Beseitigung schon nach den gegenwärtig gel - tenden Gesetzen und Berordnungen verfügt wer - den kann, sofort anzuordnen.

München, 5. Juni. Die Kammer der Ab - geordneten hat heute, um endlich über den Gese - tzes = Entwurf: die Geschäftsordnung des Land - tags betr., einen Gesammtbeschluß zu erzielen, den Anträgen der Reichsräthe nachgegeben, wonach der Gesetzes = Entwurf schon morgen an Se. Maj. den König in der von der Regierung genehm be - fundenen Fassung übergeben wird. Deßgleichen wurde den Wünschen der Reichsräthe über den Gesetzes = Entwurf: die Vorspanns = und Quar - tierlasten betr., in den meisten Punkten entsprochen.

Deutschland.

München, 1. Juni. Gegen den hiesigen Volksboten ist wegen Beleidigung des 2. Prä - sidenten Weis auf Grund des Preßgesetzes von der Staatsbehörde eine Untersuchung eingeleitet.

München, 1. Juni. Se. k. Hoh. der Prinz Albert von Sachsen ist heute Mittag 11 Uhr mit Extrapost von hier nach Salzburg abgereist. Vor dieser Abreise machten JJ. kk. MM. Max und Ludwig noch persönlich die Abschiedsvisite. Der Telegraph meldet im Voraus nach Salzburg, daß der hohe Reisende München verlassen, heute in Trauenstein übernachten und morgen zum Mit - tagszeit in Salzburg ankommen wird. -- Das erlauchte Königspaar Max und Marie begibt sich erst morgen nach Berg. -- Der Armeebefehl ist heute von Sr. Majestät unterzeichnet worden und enthält gegen 400 Beförderungen. Das Erschei - nen desselben dürfte jedoch erst in der nächsten Woche erfolgen. -- Eine projektirte theilweise Beurlaubung im 2. Armeecorps ist wieder rück - gängig gemacht worden.

g München, 4. Juni. Wir haben hier ein Blättchen, das wegen seines Annoncenreichthums viel gelesen, inmitten der Haupt = und Residenz - stadt des Königreichs Bayern nichts eifriger zu thun hat, als uns den Bayern feindlichen und Preußen freundlichen Blättern Alles zusammenzu - lesen, was irgend die Politik Preußens in ein günstiges, diejenige Bayerns oder Oesterreichs in ein ungünstiges Licht zu stellen ihm geeignet scheint. Es ist dies eine traurige Erscheinung, wenn der sich so nennende Liberalismus mit dem Hasse gegen das eigene nächste Vaterland anfangen zu müssen glaubt, um seine Jdeen zu veranschau - lichen. Wer das engere Vaterland nicht zu lie - ben versteht, wird nie und nimmermehr das wei - tere zu lieben vermögen. Es ist durchaus nicht etwa die Gerechtigkeitsliebe, die sich hier geltend macht, indem sie auch die preuß. Anschauung der Dinge mitvertreten lassen wollte, noch ist es der liebe Zufall oder eine Art von Unzurechnungsfä - higkeit des Redigirenden, sondern die strengste Par - tei = Auffassung vom reinsten Wasser, welche überall nur Dasjenige aus der Unmasse von verschieden - artigsten politischen Nachrichten den Lesern mit - theilt, was der specifisch preußischen Politik irgend - wie Vorschub leisten kann. Jn der Regel werden auch -- wie dies allerdings bei ganz unbedeuten - den politischen Tagesblättern zu geschehen pflegt -- die Quellen nicht angegeben. Man merkt aber nicht, woher die Nachrichten fließen. Heute lesen wir eine sehr neue Nachricht in diesem Blättchen, die ohne Zweifel die Absicht hat, Oesterreich recht schrecklich in der öffentlichen Meinung herunterzu - setzen, damit Preußen desto höher steige. Man höre nur ein Stück dieser politischen Weisheit: Nach einer andern nicht minder zuverlässigen Quelle hat der Prinz von Preußen zugleich den Auftrag, den Kaiser von Rußland dahin zu be - stimmen, daß er -- falls Oesterreich einen im Bundesrecht nicht begründeten Krieg gegen Preußen beginne -- sich nicht einmische, damit dieser Krieg nicht zu einem europäischen werde. Erstens möch - ten wir fragen: in welchem Artikel des Bundes - rechts wohl angegeben ist, wie ein Krieg ausse - hen muß, damit er als im Bundesrecht begrün - det erscheine. Nach diesem erst wäre es wohl möglich anzugeben, welches ein im Bundes - recht nicht begründeter Krieg sei. Zwei - tens müssen wir allerdings nach jener nicht min - der zuverlässigen Quelle die Großmuth des preu -ßischen Kabinets mit allen uns zu Gebot stehen - den Mitteln bewundern, nach welcher der Kaiser von Rußland aus keinem anderen Grunde um Nichtintervention zwischen Preußen und Oesterreich gebeten wird, als damit der Krieg nicht zu ei - nem europäischen werde, sondern damit Preußen allein das Vergnügen habe, mit Oesterreich in der Zerrüttung der beiderseitigen Finanzen zu wettei - fern. Jn derselben Numer bringen unsere Neue - sten Nachrichten einen Brief der Berliner mini - steriellen Deutschen Reform aus Wien.

Der Karlsruher Ztg. wird aus Frankfurt vom 4. Juni geschrieben: Die Demokratie ist in Frankfurt für den Augenblick machtlos, aber zahl - reich und ununterbrochen thätig, und sie hat, wie anderswo, nachdem bisher vorzugsweise an der Haltung der Truppen ihr Bestreben gescheitert, ihre Thätigkeit gegen dies hauptsächlichste Hinder - niß zu richten begonnen und zunächst die Einen gegen die Andern aufzuhetzen versucht. Die Bayern liegen in Sachsenhausen und kommen mit den übrigen Truppentheilen weniger in Berührung; die Oesterreicher sind theilweise Böhmen, die kein Deutsch verstehen, theilweise sind sie erst eben hier eingerückt; es bleiben also die Preußen und die Frankfurter, und bei diesen -- namentlich den Frankfurtern -- geworbenen Leuten aus aller Herren Länder, und mitunter von den zweifelhaf - testen Antezedentien, sind die Hetzereien nicht ohne Erfolg geblieben, und so bedurfte es nur eines bestimmten Anlasses, um die Verstimmung in Er - bitterung zu verwandeln. Ein solcher Anlaß war das kürzliche Manöver.

Heidelberg, 2. Juni. Auf dem vor zwei Jahren in Jena abgehaltenen Universitäts = Congresse wurde beschlossen, daß der nächste in Heidelberg sollte gehalten werden. Allein wie so Vieles bei den damals obwaltenden Verhältnissen in den Hin - tergrund treten mußte, so war es auch mit die - sem Congresse. Er konnte unter den damaligen Verhältnissen nicht stattfinden. Dieses soll nun in diesem Jahre geschehen, und zwar in dem Mo - nate September. Unsere Staatsregierung hat dazu nicht nur bereits die Erlaubniß ertheilt, sondern auch der betreffenden Komission zur Bestreitung von dadurch herbeigeführten Ausgaben eine be - stimmte Summe zur Verfügung gestellt.

Stuttgart, 3. Jum. Unsere Landesversamm - lung befindet sich in einem mitleiderregenden Zu - stand; sie kann nicht leben und nicht sterben, und ist sich selbst zur Qual. Viele Mitglieder gehen deßhalb mit dem verzweifelten Gedanken um, ih - rem Leben ein gewaltsames Ende zu bereiten, und sind nur noch in der Wahl der Todesart verle - gen. Wozu das elende Dasein noch länger fri - sten? rufen sie in richtiger Erkenntniß der Unheil - barkeit ihrer Krankheit aus; ein rascher Tod, ein schnelles Ende ist diesen Martern langsamen Hin - siechens weitaus vorzuziehen. Andere dagegen ha - ben noch mehr Religion, indem sie den Entschluß aussprechen, ihr Sterbestündlein in Geduld und Ergebung abzuwarten, und als wahre Christen - menschen mit Fassung zu ertragen, was der Him - mel über sie kommen läßt. Seit die Minister durch ihr Ausbleiben in der letzten Verhandlung zu erkennen gegeben haben, daß sie vorerst nichts mehr mit der Versammlung zu beginnen wissen, und sich damit die leidende Versammlung als wie der Kranke von seinem Arzte aufgegeben sieht, ist bleicher Schrecken in ihre Glieder gefahren. Die - ser Landesversammlung geht es nun wie einem vollblütigen Jüngling, dem erfahrene Männer stets wohlmeinend und warnend zuriefen, nicht allzusehr auf seine Gesundheit hineinzustürmen, der aber im Glauben an die Unerschöpflichkeit seiner Kraft sämmtlichen Warnungen zum Trotz sich allen Leidenschaften überließ, bis er endlich siech und matt auf das Krankenlager kam. Nim - mermehr wollte die Landesversammlung glauben, daß auch ihre Kraft gebrochen werden könne; sie fühlte sich äußerlich stark und kräftig, tobte nach allen Seiten hin, aber siehe da, plötzlich befällt sie ein schleichendes Fieber und ohnmächtig und gebrochen wälzt sie sich nun auf ihrem Lager,und wenn sie dem Fieberkranken gleich auch noch öfters unmuthig vom Lager aufspringt und ihren Zustand unerträglich findet, so muß sie fortan doch Alles geduldig über sich ergehen lassen, und manche bittere Pille schlucken.

Stuttgart, 4. Juni. Die Abstimmung von gestern Nacht hat im Lager der Demokratie eine große Erbitterung gegen die beiden Abgeordneten A. Seeger und Zimmermann hervorgebracht, durch deren Nein die Anklage des Ministers des Aus - wärtigen Frhrn. v. Wächter = Splitter vor der Ver - tagung der Landesversammlung nicht mehr be - schlossen werden konnte, um so mehr, als Alle überzeugt sein zu dürfen glauben, daß die Ver - sammlung nicht wieder werde zusammenkommen, sondern während der Vertagung aufgelöst werden wird.

Dresden, 2. Juni. Die gestern stattgehabte Auflösung der Kammern hat hier im Allgemeinen mehr einen befriedigenden als einen aufregenden Eindruck hervorgebracht, und schon heute sucht man fast vergeblich nach einer äußerlichen hervor - tretenden Wirkung derselben. Ein großer Theil der Abgeordneten hat bereits gestern Dresden ver - lassen. Wie wenig die Regierung von der Auf - lösung der Kammern für Störung der öffentli - chen Ruhe gefürchtet hat, geht am deutlichsten daraus hervor, daß sowohl während des Auflö - sungsaktes selbst, als auch nach demselben, fast gar keine außergewöhnlichen Sicherheitsmaßregeln getroffen worden waren. Jm Landhause waren außer den gewöhnlichen beiden Ehrenposten nur einige Polizeidiener zu bemerken, die denn auch mehr als ausreichend gewesen sind, um einige aus dem Galleriepublikum sich bildende Gruppen er - folgreich zum Auseinandergehen einzuladen. Die Verstärkung mehrerer Wachtposten und einige in der Nacht die Stadt durchziehende Patrouil - len finden ihre Ursachen mehr in der Na - tur des Belagerungszustandes als in der Beforg - niß vor staatsgefährlichen Demonstrationen. Wie wir vernehmen, wird die Regierung die Gründe, welche sie zu der Auflösung der Kammern bewo - gen haben, dem Lande in einer besonderen An - sprache darlegen.

Dresden, 3. Juni. Das Justizministerium macht bekannt, daß nunmehr Todesstrafen, welche wegen von heute an begangener Verbrechen erkannt werden, zum Vollzuge kommen, insoweit nicht Se. Maj. der König in einzelnen Fällen aus besonde - ren Gründen eine Begnadigung eintreten zu lassen geruhen wird.

Dresden, 4. Juni. Das Gesammtministe - rium hat beschlossen, den mittelst Bekanntmachung vom 8. Mai v. J. über die Residenzstadt Dres - den und deren Umgebung im Kreise von drei Mei - len verhangenen Kriegszustand wiederum aufzu - heben.

Hannover, 31. Mai. Unlängst hat eine Be - rathung der Minister mit dem Präsidenten und Vicepräsidenten stattgefunden, der in der Ver - tagung der Stände Ende Juni für zweckmäßig erachtet und bestimmt wurde, welche von den Ge - setzentwürfen noch zuvor erledigt werden sollen. Unter den Gesetzentwürfen, welche aber einstweilen zurückgelegt werden sollen, ist auch der über das Volksschulwesen. Gegen die Vertagung, welche namentlich von den ländlichen Abgeordneten ge - wünscht wird, sollen sich Stüve und Ellissen er - klärt haben.

Wien, 31. Mai. Nach einem ministeriellen Erlasse werden die Herbstferien an der hiesigen Universität schon am 15. Juni beginnen und bis zum 15. Okt. dauern, damit die Reformen, welche das Ministerium in dem höheren Studienplane vorzunehmen gedenkt, vollendet werden könnten.

Wien, 1. Juni. Auf der Durchreise des Kaisers durch Klagenfurt hatte sich Arthur Gör - gey eine Audienz bei Sr. Majestät erbeten, welche ihm auch gewährt wurde. Derselbe soll, wie von einem Augenzeuge versichert wird, sehr leidend und kränklich aussehen.

Wien, 1. Juni. Unter den aus der revolu - tionären Periode Ungarns herrührenden, neuer - dings aufgefundenen Schriftstücken befindet sichein Briefwechsel Bems mit Kossuth, deren Erste - rer sich damals, augenblicklicher Sieger, in Her - mannstadt befand und den Lenker der Schicksale Ungarns zur Milde gegen die kaum bezwungenen Sachsen und Romanen zu stimmen suchte. Doch Kossuth, der trotz, des hellen, beinahe gemüthlichen Glanzes seiner blauen Augen stets große Vor - liebe für terroristische Maßregeln nährte, sprach sich in ziemlich schlechtem Französisch gegen das System der Nachsicht aus und scheint jedenfalls den Ausschlag gegeben zu haben: die Hinrichtung des Pfarrers Roth und eine Reihe ähnlicher, beauerlichen Maßregeln liefern dafür nur all - zudeutliche Belege. Daß überhaupt Milde keine Tugend der revolutionären ungarischen Regierung war, ist durch eine Menge unwi - dersprechlicher Thatsachen festgestellt. Nahebei hundert angeblich wegen Hochverraths gefällte und in der That vollzogene Urtheile, fast durchweg auf Todesstrafe lautend, sind bereits nachgewiesen. Wie wir vernehmen, wird das betreffende Verzei - chniß als sehr charakteristischer Beitrag zur Ge - schichte des magyarischen Aufstandes demnächst ver - öffentlicht werden.

Wien, 2. Juni. Aus Venedig wird be - richtet: Die Stimmung ist hier ziemlich befriedi - gend, auffallend war nur, daß gerade an jenem Tage, wo die Kunde von dem gegen die Person Sr. Majestät des Königs von Preußen versuchten Attentate hieher kam, zahlreiche rothe Abzeichen, als: z. B. Halsbinden, Hutbänder u. dergl. auf - tauchten.

Berlin, 1. Juni. Die Vorarbeiten des Mi - nisters von der Heydt für den Kasseler Zoll - kongreß haben im Staatsministerium entschie - dene Widersacher gefunden; die Herren v. Rabe und v. Manteuffel, die dem Princip des freicn Handels zugethan sind, werden ihnen nicht zu - stimmen, und somit erscheint es zweifelhaft, ob sie die Billigung des Staatsministeriums überhaupt finden werden. -- Von Seiten unserer Jndustriel - len wird die Kündigung des Handelsvertrages mit Belgien dringend gefordert, und Herr v. d. Heidt ist geneigt, diesem Verlangen nachzugeben.

Posen, 1. Juni. Die Zeitungen haben bereits des Aufenthalts des Geh. Raths (in catholicis) aus unserm Cultusministerium, Hrn. Aulicke, er - wähnt; wie wir jetzt berichten können, hat dessen Anwesenheit wichtige Früchte getragen, indem ein - mal der Streit wegen der Eidesleistung der ka - tholischen Geistlichen auf die Verfassung zur völli - gen Zufriedenheit der Regierung ausgeglichen ist, so daß schon heute die katholischen Religionslehrer diesen Eid in Folge einer Anweisung von Seite des Erzbischofs abgelegt haben; und dann das seit 1842 vom hiesigen Clerus mit großem Eifer betriebene Werk der Gründung einer katholisch - theologischen Fakultät in unserer Stadt, gleich wie in Münster in Westphalen, und in Braunsberg (Collegium Hosianum) in Ostpreußen, nunmehr zur Ausführung kommen wird. Seit 1842 hat sich ein Fundationskapital von mehr als 100,000 Thlrn. angesammelt; dazu kommen die Fonds des hiesigen, jetzt aufhörenden Priesterseminars, so daß es an Geldmitteln nicht gebricht. Es werden acht Lehrstühle eingerichtet werden: 5 für katholifche Theologie, 1 für Philosophie, 1 für classische Philologie und 1 für Geschichte. Ob die Anstalt einen ausschließlich polnischen Charakter erhalten werde, haben wir bisher nicht in Erfahrung brin - gen können; doch ist so viel gewiß, daß dem Erz - bischof das Recht, die Fakultätslehrer zu berufen, eingeräumt worden ist.

Frankreich.

C Paris, 2. Juni. Die Stellung des Ge - rals Changarnier zum Präsidenten der Republik ist seit einem Jahre der Gegenstand der wider - sprechendsten Beurtheilungen. Nach dem 29. Jan. 1849 glaubte man, daß Changarnier Herrn L. Bonaparte zur Erlangung des Kaiserthrons be - hülflich sein werde. Am 13. Juni desselben Jah - res rettete Changarnier die Gesellschaft , indem er einen Putsch vereitelte und vor Allem die Na - tionalversammlung von einigen unbequemen Mon -tagnarde, worunter namentlich Ledru = Rollin, be - freite. Dafür wurde ihm nun so viel Weihrauch gestreut, daß er sich selbstständig fühlte. Man überreichte ihm einen Ehrendegen, das Journal Le Pays war sogar taktvoll genug, eine Sub - seription für eine Geldbelohnung zu eröffnen, die nur durch Changarnier's Erklärung, er brauche kein Geld, vereitelt wurde. Nach dem 13. Juni war also die Stellung Changarnier's zum Präsi - denten völlig verändert. Die Majorität der Na - tionalversammlung erblickte in ihm ein heilsames Gegengewicht gegen eine etwaige Erinnerung an den 18. Brumaire. Mit diesem Zeitpunkte ge - nießt Changarnier eine Verehrung von der Ma - jorität, die man wohl im Elysee etwas übertrie - ben finden dürfte. Gerüchte sprechen unaufhörlich von Eifersüchteleien zwischen dem Manne in den Tuilerin und dem Manne im Elysee. Der Na - tional scheint es sich zur Aufgabe gemacht zu ha - ben, hier einen Bruch herbei zu führen. Bald hetzt er den General, bald den Präsidenten. Vor Kurzem reitzte er die Bonapartisten durch seine Erzählung, daß Changarnier für den Fall einer Jnsurrektion allen Generalen der Pariser Armee befohlen habe, nur von ihm Befehle anzunehmen. Der Moniteur enthält vorgestern eine Berichti - gung, welche nach der Versicherung eines Blattes aufgenommen wurde, bloß um die Empfindlichkeit des Kriegsministers zu beruhigen. Jn derselben heißt es: die Details über einen Zwist Chan - garniers und d'Hautpauls seien ungenau berichtet worden, und hinzugefügt, der Präsident der Re - publik ertheile Befehle dem Kriegsminister, dieser aber dem General Changarnier. Heute hetzt nun der National den General Changarnier durch ei - nen Artikel unter der Ueberschrift: Die dem General Changarnier zugefügte grobe Beleidi - gung. Es wird von einer Scene im Elysee ge - sprochen, welche gewiß übertrieben dargestellt, doch wohl nicht ganz ohne Begründung ist. Changar - nier soll nämlich im Elysee ex abrupto den Befehl erhalten haben, sein Commando niederzu - legen. Die Art und Weise, wie dieser Befehl zurückgenommen wurde, möge aber der National selbst erzählen: Bloß durch Vorstellungen, Bit - ten und Betheuerungen seiner Ergebenheit brachte es Changarnier dahin, den Präsidenten der Repu - blik zu erweichen. Changarnier führte eine Wi - derholung seiner berüchtigten Scene mit Marschall Bugeaud auf. Jn Paris war er aber glücklicher als in Afrika. Er bemühte sich so sehr zu er - weichen, daß er einen Bruch vermied. Die Lec - tion, welche ihm gegeben wurde, war ehrenvoll für Hrn. Bonaparte. Schweige der Moniteur etwa deßhalb darüber? Hr. Bonaparte wird von seinen Ministern so wohl bedient, daß wir versucht sind, es zu glauben. Dieser Artikel, dem bekannten Obersten Charrao zugeschrieben, erregt Aufsehen. Man ist begierig, ob er widerlegt wird.

C Paris, 4. Juni. Gesetzgebende Versamm - lung: Den Vorsitz führt Dupin. Mit 439 ge - gen 102 Stimmen wird ohne Debatte dem Bud - get der Ehrenlegion für 1848 ein Supplementar - Kredit von 16,584 Fr. für unvorhergesehene Aus - gaben bewilligt. -- Jm Conferenzsaale der Na - tionalversammlung erfuhr man heute, daß viel - leicht noch in der laufenden Sitzung, längstens aber morgen ein Gesetzes = Entwurf eingebracht werden wird, den Gehalt des Präsidenten auf drei Millionen zu erhöhen. -- Der Pariser Schnei - dermeister Fabieu hat den bei ihm bestellten Krö - nungsmantel des Kaisers Sonlanque nach Hayti expedirt. Der Mantel ist von Sammt, mit Gold und Edelsteinen verziert und kostet 50,000 Fr.

Jtalien.

Rom, 26. Mai. Mit Jndignation liest man hier die fortwährend eingehenden Berichte über die persiden englischen Umtriebe in Piemont. Es ist Thatsache, daß die meisten dortigen Journale mit dem Gelde der englischen Propaganda bezahlt sind, und offen den Protestantismus predigen. -- Vor - gestern erhielt der Pabst einen offiziellen Berichtüber das wunderbare Ereigniß in Rimini. Ein auf Leinwand gemaltes Marienbild im dortigen Missionshause begann am 11. d. M. die Augen in ganz bemerkbarer Weise zu öffnen und zu schließen. Wegen des großen Zudrangs mußte das Bild in die Domkirche gebracht werden, wo die wunderbare Erscheinung aber unverändert fort - währte. Die Abnahme des das Bild umfassenden Krystall = und Goldrahmens, darauf die Entfer - nung aller etwaigen Lichteinwirkungen, brachten keine Aenderung hervor, sondern machte die Be - wegung noch sichtbarer. Zeitungen und Privat - briefe bestätigen die Thatsache in gleicher Weise. Das Zusammenströmen von Menschen nach Ri - mini soll außerordentlich sein. Nach den dem Berichte an den h. Vater beigelegten Zeichnungen muß das Emporziehen der Augenlieder sehr bedeu - tend und selbst in ziemlicher Ferne bemerkbar sein.

Vermischte Rachrichten.

Weimar, 4. Juni. Gestern ist die erste Com - pagnie Militär von hier nach Neustadt a. d. O. aufgebrochen, wo es bei Gelegenheit des Jahr - markts zwischen dem Volke und den Soldaten zu einem Zusammenstoß gekommen ist. Einige vom Lagerbier begeisterte Bauern haben das Militär geneckt, bis einer von ihnen verhaftet wurde. Dies veranlaßte einen Auflauf, das Volk verlangte mit Ungestüm die Freilassung des Verhafteten und machte Versuche, ihn gewaltsam zu befreien. Der kommandirende Offzier versprach, den Gefangenen herauszugeben, wenn die Versammelten dann ruhig auseinander gehen wollten. Sie sagten es zu; kaum war aber der Verhaftete entlassen, so fing der Spuck von Neuem an, und der kommandi - rende Offizier sah sich genöthigt, eine Attaque gegen die Widerspenstigen ausführen zu lassen, wodurch viele Personen (man sagt von einigen dreißig) mehr oder weniger schwer verwundet wurden. -- Auch hier ist es am vergangenen Sonntag zwischen preußischen Soldaten, welche von Erfurt ausgerückt und hier einquartirt wa - ren, auf einem nahen Dorfe zu heftigen Schlä - gereien gekommen. Die Betheiligten waren Schle - sier und Polen: Veranlassung soll die verschieden - artige Meinung über die gegenwärtigen politischen Zustände gegeben haben. Einige waren so übel zugerichtet, daß sie nicht transportabel waren und zurückbleiben mußten.

Der Oesterr. Volksbote schreibt: Frage: Weßhalb hat der König von Preußen die Unions - fürsten nach Berlin berufen? -- Antwort: weil er der Erlöser von Deutschland sein will, hat er gesagt: Lasset die Kleinen zu mir kommen.

Neuestes.

* Würzburg, 7. Juni. Jm Lokale des hiesigen Arbeiterbildungsvereins fand heute Haussuchung statt, wobei der Vereinsbibliothek besondere Recherche gewidmet wurde.

Nürnberg, 6. Juni. Laut Bekanntmachung des kgl. Telegraphenamtes wird die Telegraphen - linie von Augsburg bis Bamberg als Fortsetzung der bereits dem Betrieb übergebenen Linie von Salzburg über München nach Augsburg am 10. d. M. eröffnet.

Stuttgart, 5. Juni. Dem Vernehmen nach hat der Ausschuß der Landesversammlung, gestützt auf §. 188 der Verfassungs = Urkunde eine Bitte au die königliche Staatsregierung um Einberuf - ung einer außerordentlichen Versammlung zum Zweck der Berathung der beantragten Ministeran - klage beschlossen, welche heute an die königliche Staatsregierung abgehen soll. -- Nachdem das königl. württembergische Obertribunal in Stutt - gart am 1. Mai erklärt hat, daß es sich in sei - ner ferneren Funktionen als oberste Appellations - instanz für die Rechtspflege der beiden hohen - zollernschen Fürstenihümer als enthoben betrachte und jedes weitere Verfahren eingestellt hat, so ist ein Ersatz dringend nöthig geworden und die C. C. glaubt, daß ein nächstgelegenes preußischesObergericht, etwa der Justiz = Senat in Ehrenbreit - stein, als Appellationsgricht für die Fürstenthümer bestellt werden solle. Die höchste Jnstanz würde dann das Obertribunal in Berlin bilden.

Gießen, 5. Juni. Gestern starb hier der or - dentliche Prefessor der Rechte Dr. Karl Otto v. Madai.

Koblenz, 4. Juni. Gestern ward hier der Grundstein zu einem katholischen Waisenhause ge - legt. Die Prinzessin von Preußen sowie die Staats = und Gemeindebehörden betheiligten sich persönlich an der Feier.

T. D. Wien, 3. Juni. Kaiser Franz Joseph ist nach Warschau abgereist.

Berlin, 4. Juni. Wie wir hören, ist in Hannover ein Mann festgenommen worden, auf welchen wegen mancherlei bedenklicher Anzeichen die ernste Aufmerksamkeit der Behörden gerichtet ist. Derselbe ist in halb unzurechnungsfähigem Zustande und war, heimlich mit einem Dolch in rothem Futteral bewaffnet, auf der Reise nach Berlin begriffen. Er hat sich früher in der Ge - gend von Köln aufgehalten u. dort mit den hervor - ragensten Demokraten verkehrt; gegenwärtig kommt er von London, wo er nach gewissen Anzeichen mit einem der verworfensten Flüchtlinge, welcher in den dortigen geheimen Gesellschaften sehr thä - tig ist, in genauer Verbindung stand.

§ London, 3. Juni. England soll vom Papste 12000 Pf. St. Entschädigung für englische Un - terthanen verlangen.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Frankfurter Cours. Den 6. Juni 1850.
Geld.Papier.
Oesterreich Bankaktien ......10851090
5% Metallique ....79 3 / 878 5 / 8
4%....61 1 / 262
3%....46 3 / 846 1 / 8
2 1 / 2 %....4242 1 / 2
4 1 / 2 % Bethmann ...75 1 / 276
4%...--68 1 / 2
fl. 250 Loose v. J. 1839.9494 1 / 2
500 1834.148 1 / 2149
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine.86 1 / 287
Trhl. 50 Prämien Scheine.102 1 / 2--
Bayern3 1 / 2 % Obligationen...8383 1 / 2
4%....88 1 / 888 5 / 8
5%....100 3 / 4101 1 / 4
Württemberg3 1 / 4 % ....81 1 / 882 3 / 8
4 1 / 2....96 1 / 496 3 / 4
Baden3 1 / 2 %....80 1 / 281
fl. 35 Loose......3232 1 / 4
50......52 5 / 853 1 / 8
Nassau fl. 25 ......24 3 / 824 5 / 8
Hessen Darmst. fl. 50 Loose...74 5 / 875 1 / 8
25...26 3 / 427
Polen fl. 300...127--
Sardinien Fes. 36 ...3333 1 / 2

Die am 1. März d. J. fällig gewesenen frei - herrl. Groß von Trockau'schen Zins = Coupons des Anlehens von 58,000 fl. werden von heute an bei mir bezahlt.

Fremden = Anzeige.

Adler: Kflte. : Pabst u. Mayer v. Frkft., Schramm v. Offenbach, Berger v. Bremen, Berlieu v. Cöln, Reknagel v. Nürnberg.

Kronprinz: Dr. Schulz v. Deidesheim. Kflte. : Leve - ring v. Elberfeld, Benz v. Kannstadt, Schöller v. Hildburg - hausen, Völklein in Fam. v. Hamburg.

Russ. Hof: Frau Gräfin v. Sagan v. Sagan in Schlessen. Kflte. : Müller v. Crefeld, Schmayer v. Frankft., Käseberg v. Magdeburg.

Wittelsbacherhof: Geyer, Rent. v. Ulm. Anernhei - mer, Fabrik. d. Lpzg. Schmitt, Oekon. v. Neustadt. Kflte. : Honer m. Frl. Tochter v. Ravensburg, Wucherer v. Nürub. Deneke v. Frkft.

Württembergerhof: Hübsch, Domainenrath von Werth. Bar. v. Müller v. Saarburg. März, Buchbdlr. v. Nürnb. Feller, Hofmstr v. Ronneburg. Frl.: Feller u. Güthe, u. Frau Lindner v. Rethenbg. Kflte. : Pour v. Wien, Filler v. Lübek.

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationDie Bayerische Presse Eine constitutionell-monarchische Zeitung. . Würzburg (Bayern)1850.

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ClassificationZeitung; ready; mkhz1

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  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
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