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Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

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Nr. 156.
Würzburg, Montag den 1. Juli. 1850.

Thiers über das allgemeine Stimmrecht. (Schluß.)

Aber, sagt man uns, Jhr fehlt gegen den Geist der Constitution; diese will ja das allge - meine Stimmrecht. Trauriges Spiel mit Wor - ten! Was will das Wort allgemein sagen? Entweder es beweist zu viel, oder es beweist Nichts. Wenn es beweist, daß man alle Welt stimmen lassen soll, so frage ich, warum die Ver - fassung in Wirklichkeit nur 6 Millionen Jndivi - duen stimmen läßt. Jch weiß wohl, man wird mir einwenden, daß ja die Frauen ausgeschlossen sind, und warum sind sie Dieß? Weil ihnen die Kenntniß des Landes nicht zugetraut wird. Au - ßer diesen 18 Millionen sind aber noch 9 andere Millionen ausgeschlossen, weil sie ihres Alters wegen eben so wenig die Jnteressen des Landes kennen. Es sind ja Kinder, werden Sie sagen. Allein, warum schließen Sie den emanzipirten Jüngling von 18 Jahren aus? Warum? weil es Jhnen gefallen hat, das Alter von 21 Jah - ren zu wählen. Es bleiben 9 Millionen, aber auch von diesen sind 3 Millionen so einfältig, daß sie nicht wissen, daß das Gesetz sie zu Sou - veränen gemacht hat, oder so gleichgültig, daß sie der Gesellschaft nicht die Wohlthat erweisen, nach ihrer Ueberzeugung zu stimmen. So sind Sie von 36 Millionen bis zu 6 Millionen herabge - stiegen. Aus welchem Grund? Weil Sie in diesen 6 Millionen die Kenntniß der Jnteressen des Landes finden. Dieses ist das allgemeine Prinzip, dieses ist der Geist der Verfassung; er berechtigt uns nach dem Maße der Befähigung die guten oder schlimmen Beförderer des öffent - lichen Wohls zu wählen. Jn diesem Sinne muß das Wort allgemein gedeutet werden; es bedeu - tet gar Nichts, wenn es Alles bedeuten soll. -- Sie, meine Herren, nennen sich die aufrichtigen, begeisterten, ausschließlichen Anhänger des allge - meinen Stimmrechts; es ist über Alles erhaben, ihm muß Alles gehorchen. Welche Fragen aber hat man in diesen letzten Tagen in den Wahl - versammlungen aufgeworfen? Man hat gefragt, wenn zwischen der Republik und dem allgemeinen Stimmrecht zu wählen ist, wer muß da siegen? Wenn z. B. das allgemeine Stimmrecht die Re - publik beseitigen wolle, würde es Dieß im Stande sein? Was hat man geantwortet? Nein! die Republik steht über dem allgemeinen Stimmrecht. Was beweist Das? Daß das allgemeine Stimm - recht Euch weiter Nichts ist, als ein Sklave in Eurem Dienst, den Jhr achtet, wenn er Euch zu Willen ist, den Jhr nicht mehr achtet, wenn er anderer Meinung ist, als Jhr. Was sagte man, als die konstituirende Versammlung sich bildete? Daß, wenn sie nicht Eurer Meinung wäre, man sie in die Seine werfen würde. Und diese aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangene Ver - sammlung, hat man nicht versucht, sie zu vernich - ten am 15 Mai? Hat man nicht ihre Entschei - dungen angegriffen im Juni 1848? Nicht im Juni 1849 sie außer dem Gesetz erklären wol - len? Frankreich weiß, daß diese angebliche Ach - tung vor dem allgemeinen Stimmrecht Nichts ist, als die Anbetung, die Jhr Euch selber widmet. So wie das allgemeine Stimmrecht Euch zuwider sein wird, so werdet Jhr Nichts mehr davon wis - sen wollen. Jhr nennt das allgemeine Stimm - recht, in Eurem Sinne verstanden, den öffentlichen Frieden. Wir verstehen Euch. Es ist der Friede, so lange es Euch gefällt, in der Gesellschaft zu bewilligen; es ist der Krieg an dem Tage, wo Jhr glaubt, daß er Euch nützlich sei. Keiner von uns ist naiv genug, um sich über diese Wahrheit zu täuschen.

Zum Schlusse erlauben Sie mir noch eine Betrachtung. Sie sagen, das Gesetz ist unwirk - sam, allein es ist eine Herausforderung. Gut! was verstehen Sie unter einer Herausforderung? Wenn Sie sagen wollen, eine Voraussicht, o! ja! Gibt es doch Orte, wo man die Frage erörtert, ob man den gesetzlichen Gewalten den Krieg er - klären soll oder nicht, ob eine Steuerverweigerung einer Kriegserklärung vorzuziehen sei? Angesichts dieser Thatsachen, die für die Gesellschaft die grausamste und die frechste Herausforderung sind, mußte die Regierung Vorkehrung treffen! Ja, die Armee, welcher diese Menschen die Schmach an - gethan hatten, Hoffnungen auf sie zu bauen, ist bereit, ihre Schuldigkeit zu thun; sie hat Anfüh - rer voll Energie, voll Vaterlandsliebe, Verehrung und Hingebung für das Gesetz, und man weiß wohl, daß, wenn man nicht klug wäre, man es wahrscheinlich lernen würde, es zu werden, Ange - sichts der Vereinigung aller Kräfte der Gesell - schaft. Wo ist die Herausforderung? Jch will es Jhnen sagen. Nicht allein von einer Maßre - gel der Voraussicht handelt es sich in dieser un - glücklichen Gesellschaft, die jeden Tag neuen Auf - regungen hingegeben ist, wo der Vater, der für seine Kinder ein Vermögen erworben hat, nicht weiß, ob er es erhalten kann, wo Derjenige, wel - cher arbeitet, um ein Vermögen zu gründen, in dem Augenblick, wo es ihm gelungen ist, seinen Kindern das Brod zu reichen, dieses Brod unter den stets erneuerten Drohungen eines Aufruhrs in seinen Händen zerrinnen sieht; ja in dieser so glänzenden Gesellschaft, welche durch Sie so un - glücklich und so aufgeregt ist, ja da habe ich nicht selten das Gefühl der Verzweiflung in den Wor - ten hervorbrechen sehen: Da wir nun einmal angegriffen werden sollen, da einmal unser Blut eines Tages vielleicht für die Vertheidigung der Gesetze fließen soll; in dieser Gesellschaft, sage ich, habe ich die Worte gehört: Wohlan, da wir ein - mal dem Bürgerkrieg ausgesetzt sein sollen, so möge er kommen je eher je lieber! Einen Schrei der Verzweiflung habe ich vernommen, Sie neh - men ihn für eine Herausforderung. Aber wer bringt sie hervor, diese Verzweiflung? Keine Herausforderung ist es; es ist die furchtbarste der Anklagen gegen Diejenigen, welche die Gesellschaft zu dieser Verzweiflung gebracht, zu diesem furcht - baren Ausrufe je eher je lieber hingedrängt haben. Rühmen Sie sich dieser Herausforderung nicht, denn sie klagt Sie an; sie klagt Diejeni - gen an, welche die Gesellschaft zur Verzweiflung gebracht haben und die unabläßlich über ihren Häuptern die Drohung eines Blutbades schweben lassen. Diese furchtbare Anklage wird einst schwer in der Geschichte auf Jhnen lasten. Doch nein! ich habe Unrecht, zu sagen auf Jhnen. Jch sollsagen auf Denen, zu deren Vertheidiger Sie sich aufwerfen; auf Denen, für welche Sie die Bürg - schaft übernehmen: Diese sind es, welche die Ge - sellschaft in die Verzweiflung stürzen; Diese sind es, welche sie anklagt; sie sind es, welche wir anklagen; sie sind es, auf welchen das Gewicht dieser Anklage vor dem Lande und der Nachwelt ruhen wird. -- (Nach diesen Worten verließ der Redner unter dem stürmischsten Beifall der Mehr - heit der Versammlung die Tribüne.)

Landtagsverhandlungen.

München, 27. Juni. (CXXXVI. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Die Gallerien sind schwach besetzt. Am Ministertische Staatsminister v. Ringelmann, v. Zwehl v. Aschen - brenner und mehrere Ministerialräthe; später Staatsminister v. d. Pfordten. Der I. Präsident eröffnet um halb 5 Uhr die Sitzung. Nach Be - kanntgabe des letzten Sitzungsprotokolls verliest Referent Hirschberger den Gesammtbeschluß über den Gesetzentwurf: die Einrichtung der die Kunststraßen befahrenden Fuhrwerke. Hierauf er - stattet der Referent im II. Ausschusse, v. Koch, Vortrag über Straßen =, Brücken =, Wasser =, dann über Landbauten pro 1845 / 46 und 1846 / 47, wo - rauf der Präsident zur Fortsetzung der Berathung und Schlußfassung des Ausgaben = Budgets über - geht. -- IV. Zuschüsse an die Universitäten. Die Regg. beantragt im ordentlichen Budet 112,760 fl. und im außerordentlichen Budget 10,000 fl. Der Ausschuß schlägt vor 103,760 fl. ins ordent - liche und 29,000 fl. (10,000 fl. für München, 9000 fl, für Würzburg, 10,000 für Erlangen), ins außerordentliche Budget zu setzen. -- Dr. Narr beantragt für einen Neubau der Univesi - tät Würzburg eine Summe von 20,000 fl. zur Unterstützung zugeben. -- Ruland empfiehlt diesen Antrag. -- Dr. Bayer und Dr. Narr sprechen sich über die Leistungen der dortigen Uni - versitäten aus. -- Lassaulx weist nach, was Preußen für seine sechs Universitäten leistet, näm - lich 800,000 fl., gerade 16mal so viel wie Bay - ern. Er würde daher den Antrag recht sehr em - pfehlen, wenn nicht die dermalige Finanzlage eine solche wäre, welche nur die dringendsten Ausga - ben erlaubt. Lerchenfeld spricht sich entschieden gegen den Antrag Narr's aus, indem der Aus - schuß gewiß schon das Seinige gethan habe. -- Bei erfolgter Abstimmung wird der Ausschußan - trag angenommen, der Antrag Narr's verworfen. Das III. Kapitel bezieht sich auf wissenschaftliche und praktische Ausbildung. Der einzige Posten dieser Abtheilung sind Stipendien der Candidaten der Medicin und Chirurgie mit 5000 fl., welche Summe von der Kammer bewilligt wird. Das IV. Kapitel bezweckt die Kunstausbildung. Für die Filialgemäldegallerie und Kunstschulen in Augs - burg und Nürnberg bestimmt die Kammer die Summe von 3824. V. Kapitel. Besondere Unter - richtsanstalten. Für die Hebammenschulen postulirt die Regierung 3497 fl., für die Veterinärschulen die Summe von 16,021 fl., für den historischen Verein in Würzburg 300 fl. Der Ausschuß streicht diesen letzten Posten, welchen jedoch Ru - land wieder einzusetzen beantragt; derselbe wirdjedoch abgelehnt, das Uebrige bewilligt. Der Po - sten für ständige Bauausgaben mit 4176 fl. erhält gleichfalls die Genehmigung. Es wird der Etat der Zuschüsse der Centralfonds zu den Kreis - fonds für die deutschen und isolirten Lateinschulen berathen. Die Regierung schlägt die Summe von 371,105 fl. im ordentlichen und 121,496 fl. im außerordentlichen Budget vor. Der Ausschuß re - ducirt diese Summe auf 345,494 fl. 26 1 / 4 kr. im ordentlichen und 93,886 fl. 26 1 / 4 kr. im au - ßerordentlichen Budget. -- Dr. Bayer beantragt künftig für jeden Lehrer auf dem Lande 250 fl. und in der Stadt 300 fl. als geringste Besol - dung. -- Hetterich stellt einen Antrag auf Ver - größerung der Etats um 50,000 fl. zur Auf - besserung der Schuldienste. -- Lerchenfeld be - merkt, daß die Summe von 250,000 fl. nicht hinreichen würde, sämmtliche Schuldienste auf min - destens 300 fl. zu stellen; es käme übrigens bald ein Schulgesetz zur Vorlage, daher solle man für dieses ohnehin nur auf 2 Jahre geltende Budget, von dem jedoch schon ein Jahr verflossen, diese Sache auf sich beruhen lassen. -- Cremer er - klärt sich für den Antrag Hetterich's. Wenn Red - ner das Budget einzubringen gehabt, würde er den Militäretat für die Unterrichtsanstalten und den Etat für Unterrichtsanstalten für das Mili - tär eingestellt haben. -- Thinnes bemerkt, daß er recht gerne 300 fl. für den Lehrer auf dem Lande und 400 fl. für den Lehrer in der Stadt bewilligen würde, wenn herausgestellt wäre, wie viel die Gemeinde thun könne und was der Staat zuschießen müsse. Man solle diese Erhebung ma - chen und dann werde er der erste zur Bewilli - gung einer wenn auch sehr großen Summe sein. -- Cremer stellt hierauf den Antrag das kgl. Staatsministerium solle Recherchen einziehen, wie viele Schuldienste auf dem Lande die Fassion von 300 fl. und 400 in der Stadt nicht erreichen, und die Summe des Zuschusses von Seite des Staates in das nächste Budget setzen. -- Heine glaubt, daß die Schullehrer in der Regel schwäch - liche und minder starke Leute seien. -- Weipert stellt dies in Abrede. Die Beschäftigung und der strenge Dienst, der dem Schullehrer obliege, ver - lange eine kräftige Körperconstitution, und keinen verkommenen Mann. Dagegen protestirt nun Heine, indem er sich dahin berichtet, daß der Bauer, wenn er einen äus seinen Kindern zum Schulmeister machen will, immer den Schwächsten dazu auserlese. Es wird endlich Schluß gerufen und nach den Aeußerungen des Referenten und des Ministerialkommissars Bechtelsheim zur Abstimmung geschritten, nachdem jedoch Fürst v. Wallerstein noch eine durch den Referenten her - vorgerufene factische Erklärung bei seiner Amts - führung abgegeben hatte. Es wird nun der An - trag des Ausschusses und Cremers angenommen, alles Uebrige verworfen, und zuletzt noch einen eventuellen Antrag Hertterichs bei Feststellung der Congrua der Schullehrer, die Nebenbezüge als Ornanist, Gemeindeschreiber nicht einzurechnen, namentlich abgestimmt und derselbe mit 65 gegen 55 Stimmen angenommen. Hierauf wird die Sitzung um halb 8 Uhr geschlossen.

München, 28. Juni. (CXXXVII. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Die Gallerien sind schwach besetzt. Am Ministertische: Staatsminister v. Zwehl v. Ringelmann, v. - der, v. d. Plordten, v. Aschenbrenner und mehrere Ministerialräthe. Der I. Präsident eröffnet um halb 9 Uhr die Sitzung. Nach Bekanntgabe des letzten Sitzungsprototolls erstattet Langguth Vortrag über das Militärbudget, worauf der Präsident zur Fortsetzung der Berathung und Schlußfassung über das Ausgabenbudget übergeht. Es wird der Etat des Cultus berathen. Der - selbe theilt sich in zwei Abtseilungen. A. Ka - tholischer Cultus. Für denselben schlägt die Re - gierung die Summe von 1,189,631 fl. vor und zwar 1) für die Reichnisse des Staats an die Domkapitel bis zur Ausweisung der förmlichen Dotation 343,303 fl., 2) für Leistungen des Staates an organisirte Kloster = Pfarreien 440,318 fl., 3) für Leistungen des Staates an Säkular -Pfarreien 289,844 fl., 4) für fundationsmäßige Reichnisse von Cultusstiftungen für gestiftete Got - tesdienste 9644 fl., 5) Unterstützungen der Seku - largeistlichkeit 86,298 fl., 6) Reichnisse an Stifte und Klöster 11,224 fl., 7) Dispositionsfond zur Deckung besonderer Bedürfnisse vormaliger Stifts - und Klosterkirchen 9000 fl. -- B. Protestanti - scher Cultus. Für diesen wurde von der Regie - rung 355,631 fl. vorgeschlagen und zwar 1) für das Oberconsistorium 26,903 fl., 2) für Kreis - consistorien 30,490 fl., 3) für Leistungen des Staatsärars an protestantische Kirchen und Pfar - reien 201,308 fl., 4) für Generalsynoden 7130 fl., 5) zur Disposition für außerordentliche Be - dürfnisse, nämlich Anschaffung von Orgeln, Uhren, Glocken 1000 fl., 6) auf Unterstützungen 88,791 fl. -- Der Ausschuß reducirt die von der Re - gierung beantragten 9000 fl. (Nr. 7 des kathol. Cultus) auf 6000 fl., die aber Thinnes wieder einzusetzen beantragt. -- Kronberger erzählt hierauf der Kammer die großen Leiden und Mal - tretationen seiner Kirche von Seite der Regierung, welche das Präsidium veranlaßt, denselben auf die Sache zu verweisen. -- Jn einer sehr weit - läufigen Debatte, in welcher Reinhart und Ruland über Zehntenablösung in Streit gera - then, werden verschiedene Mängel in jeder Be - ziehung gerügt. -- Forndran lehnt sich zuletzt dagegen auf, daß Reinhart schon mehreremal ge - sagt habe, die Majorität d. H. habe große Vir - tuosität im Schuldenmachen. -- Reinhart be - merkt, daß er Niemanden beleidigt, da er Nie - manden genannt habe. -- Da sich durch mehrere Zwischenbemerkungen (Lerchenfeld Ungezogenhei - ten , Forndran Schwachheiten ) ein Streit zu entwickeln in Aussicht stand, wird Schluß geru - fen, einstimmig beschlossen und nach einigen Be - merkungen des Staatsministers v. Ringelmann werden die Regierungspostulate angenommen. Der nächste Etat ist der Etat für das Staatsministe - rium des Handels u. der öffentl. Arbeiten. Für das Ministerium beantragt die Regg. 54,187 fl., u. einen Nachtrag von 9600 fl., für die oberste Bau - behörde 30,590 fl.: für ständige Bauausgaben 500 fl., für Umzugsgebühren 500 fl., für Pensionen der Staatsdiener 6000 fl., Gesammtsumme 101,377 fl. Der Ausschuß schlägt den Ministeretat zu 57,187 fl. an, läßt die übrigen Posten unverän - dert, reducirt also die Gesammtsumme auf 94,777 fl., wie ihn auch die Kammer annimmt. Nun wird die Sitzung gegen 12 Uhr geschlossen.

München, 28. Juni. (CXXXVIII. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. ) Die Gal - lerien sind besetzt. Am Ministertische: v. d. Pford - ten, v. Ringelmann, v. Aschenbrenner und meh - rere Ministerialräthe. Der I. Präsident eröffnet um halb 5 Uhr die Sitzung und geht nach Ver - lesung des letzten Sitzungsprotokolls sogleich zur Berathung des Ausgabenbudgets über. Der nun an die Berathung kommende Punkt ist der Etat für Ausgaben auf Jndustrie und Kultur. Da dieser Etat aus mehreren Abtheilungen besteht, scheidet der Präsident die Debatte über die ein - zelnen Punkte. Erste Abtheilung. I. Für die po - lytechnischen Schulen schlägt die Regierung vor, 35,185 fl. einzusetzen. Der Ausschuß erhöht diese Summe auf 39,934 fl. II. Den Beitrag zum polytechnischen Vereine auf 3000 fl. einzusetzen stimmten Ausschuß und Regierung überein. III. Für Prämien, Mustermaschinen, Jndustrieausstel - lung beantragt die Regierung 87,500 fl. Der Ausschuß schlägt vor, diese Ansätze auf den Fond von 1 Million zur Förderung der Jndustrie zu verweisen. -- Nach einer langen Debatte wird I. im Ausschußvorschlag, II. und III. nach der Regierungsvorlage angenommen. Zweite Abthei - lung. Zur Förderung der Landeskultur beantra - gen Regierung und Ausschuß 20,000 fl.; als Beitrag zum landwirthschaftlichen Verein 4500 fl. Hirschberger schlägt vor noch 30,000 fl. zu den 20,000 fl. hinzuzufügen, wovon 18,000 fl. allein nur auf Ackerbau und Viehzucht verwendet werden sollen. Dr. Lanzer beantragt, 50,000 fl. in Summa einzusetzen, von denen jedem Kreise 8000 fl. zuzutheilen wären. -- Die übrigen18,000 fl. sollen zu sonstigen landwirthschaftlichen Zwecken verwendet werden. Adam Müller schlägt noch 50,000 fl. zu den schon gestellten 20,000 fl. vor, welche gleichheitlich in die Kreise zu vertheilen und zu landwirthschaftlichen Zwecken zu verwenden seien. Die Diskussion wird hier - auf vertagt. Die Sitzung wird um 7 Uhr ge - schlossen und die nächste auf Montag anbe - raumt.

Deutschland.

München, 23. Juni. Die Sammlungen zweier protestantischen Geistlichen aus der Pfalz für das dort zu gründende Rettungshaus sind hier sehr ergiebig ausgefallen. Se. Maj. der König Lud - wig hat 1000 fl., Jhre MM. die Königinnen Marie und Therese haben je 100 fl., die Mini - ster und mehrere Reichsräthe 25 -- 50 fl. gegeben. König Max war zur Zeit der Sammlung schon nach Aachen abgereist, wird aber seinen Beitrag nachträglich geben.

München, 28. Juni. Wir hatten Gelegen - heit die erläuternden Vorschriften für die Abfas - sung der Sitten = und Fähigkeitslisten der zur - heren Beförderung sich eignenden Unteroffizieren, Kadetten u. Soldaten zu lesen, welche vom Kriegs - ministerium für die von jetzt an bei den verschie - denen Heeresabtheilungen abzuhaltenden Junker - Prüfungen an die Kommandostellen ergangen sind, und müssen gestehen, daß in denselben das, was man von den künstigen Offizieren fordert und voraussetzt, mit vorzüglicher Klarheit und lobens - werther Strenge festgestellt ist. Die Vorschriften haben gegen früher eine Ausdehnung dahin erhal - ten, daß zur näheren Ermittelung der Eigenschaf - ten der Vorzuschlagenden diese eigenhändig die kurze Beschreibung ihres Lebens, des Anfangs, Fortgangs und die erreichte Stufe ihrer wissen - schaftlichen und praktischen Ausbildung verfassen und vorlegen müssen, und daß der Regiments - oder Bataillionskommandant mit sämmtlichen am Besatzungsorte anwesenden Stabsoffizieren und Offizieren in gemeinschaftliche Versammlung auf Grund des Leumunds, des Jnhalts der Straf - listen und der Lebensbeschreibung bei ihrer Pflicht und Ehre zu erklären haben, ob sie den Vorge - schlagenen so wohlgesittet, gebildet und kriegeri - schen Sinnes erachten, daß er unbedenklich in den Offiziersstand überzutreten würdig sei. Auch über die natürlichen Fähigkeiten müssen die versammel - ten Stabsoffiziere und Offiziere gehört werden, und die Schul =, Sprach =, mathemathischen und militärischen Kenntnisse, schriftlicher Vortrag und Zeichnen müssen aus den Ergebnissen der statt - gefundenen Junkerprüfungen, den Prüfungen im Cadettencorps ec. nachgewiesen sein. Was die praktischen militärischen Kenntnisse und Befähigun - gen betrifft, so werden die Concurrenten über die Obliegenheiten des Gemeinen, des Gefreiten, des Bombardiers, der drei Unteroffiziers = Grade und des Unterlieutenants vor den versammelten, in der Garnison anwesenden Stabsoffizieren und Offizie - ren des Regiments oder Bataillons mündlich und praktisch geprüft, und es ist hiefür das erforder - liche Maß für jede der einzelnen Waffengattungen genau und streng festgestellt. Wirft man einen Blick auf die bei einer ähnlichen Gelegenheit vor etwa1 1 / 2 bis zwei Jahren erlassenen Vorschriften für solche Offiziersprüfungen, so muß man es dem jetzigen Kriegsminister Dank wissen, daß er den Forderungen, welche er an künftige Offiziere stellt, jene Ausdehnung wieder gegeben hat, die unerläß - lich ist zur Aufrechthaltung der Würde des Offi - zierstandes, und die zugleich die Garantie gewährt, daß die dem Offizier nothwendig obliegende große Verantwortlichkeit ihm auch wirklich zugemuthet werden kann.

Ludwigshafen, 28. Juni. Nach jetzt defini - tiv erfolgter Regulirung werden am 1. Juli die hiesigen Beschädigte ihre Partialobligationen in der Summe von 282,000 fl. aus der Speye - rer Kreiskasse ausgehändigt erhalten.

Speyer, 23. Juni. Se. Durchl. der Gene - rallieutenant Fürst v. Thurn und Taxis hat inFolge des gestern Abend ihm gebrachten Fackel - zugs folgendes Schreiben an den functionirenden Bürgermeister ergehen lassen: Euer Wohlgebo - ren! Bei dem gestern stattgehabten Fackelzug, der mir stets eine schmeichelhafte Erinnerung bleiben wird, hatte ich nur zu beklagen, daß nicht eine größere Anzahl Bürger der Stadt Speyer sowohl meinen Dank, als den Ausdruck meiner Gesin - nungen hat vernehmen können! Als ein treuer Diener meines Herrn, unseres geliebten Königs, habe ich die mir dargebrachte ehrenvolle Auszeich - nung lediglich als den Dank angesehen, welchen eine große Anzahl achtbarer Bürger der Stadt Sr. Maj. dem König bei Verkündung der Auf - hebung des Kriegszustandes in der Pfalz hat öf - fentlich aussprechen wollen. Jn dieser Gesinnung sehe ich die Bürgschaft einer schönen Zukunft, denn zu all' den Segnungen, in deren Besitz die Pfalz ist und unter der glorreichen Regierung unserem König ungeschmälert erhalten wurde, gehört nichts, um ihr Glück dauernd zu begründen, als ihr fe - ster und inniger Anschluß an die milde und ge - rechte Regierung, der wir uns zu erfreuen haben. Auch ich ermahne zur Einigkeit, aber nicht im Sinne des Widerspruchs und der Abwehr gegen vermeintliche Angriffe von einer Seite, die an kei - nen Angriff denkt, -- sondern im Sinne vollkom - meuer Versöhnung und innigen Anschlusses an un - ser gemeinsames Vaterland. Die Continuität des Gebiets ist nur so lange ein frommer Wunsch, bis wir es verstehen, mit unsern Herzen eine Brücke bis in die Hofburg nach München zu schlagen. Von dort her kommt Glück und Se - gen und nicht von jenem ängstlichen Drängen und Treiben, das die Pfalz wieder zu jener abschüssi - gen Bahn unvermerkt hinzieht, auf deren schwin - delnder Höhe sie sich nicht zu erhalten wußte! -- Sagen Sie Jhren verehrten Mitbürgern, daß wenn ich so glücklich war, einiges Vertrauen zu erwerben, ich auch damit das Recht erworben habe, meinen auf langjährige Erfahrung und vor - urtheilsfreier Beurtheilung unserer Verhältnisse ge - gründeten Rath in die Wageschaale der öffentli - chen Angelegenheiten der Pfalz zu legen. Halten Sie fest am König und an der Verfassung, und lassen Sie sich das Vertrauen nicht untergraben, daß Sie das Wohl des Landes nur da zu suchen haben, und daß eine jede Umwälzung, sie mag Namen haben, welchen sie will, die Pfalz in das Verderben stürtzen muß, ganz abgesehen davon, daß der Uebergang von einem Zustand in den andern solchen blutigen Zusammenstoß zur Folge haben wird, daß ein kleines Opfer der Eitelkeit und Selbstsucht Jhrer gegenwärtigen Parteiungen dagegen zu Nichts zusammenschrumpft! -- Jndem ich Euer Wohlgeboren, so wie die verehrl. Bür - gerschaft hochachtungsvoll grüße, habe ich die Ehre, zu bestehen Jhr ergebener Diener: (gez. ) Karl Theodor Fürst v. Thurn u. Taxis, Generallieu - tenant. Speyer, 23. Juni 1850. -- Bei Ge - legenheit des Fackelzugs hielt Se. Durchl. vom Fenster aus eine kurze, aber eindringliche Rede an die Versammelten, und schloß mit einem Hoch auf Se. Maj. den König, welches von den Tausen - den, die zugegen waren, in stürmischer Weise wie - derholt wurde.

Frankfurt, 21. Juni. (Forts. der Denkschrift des kaiserl. österreichischen Handelsministers ec. ec. ) Gerade diese wirthschaftliche, diese continentale und maritime Ergänzung und Abrundung, welche durch den Zusammenschluß der österreichischen, mittel - deutschen und norddeutschen Zollgruppen gewonnen wird; sodann die Größe des dadurch zum freien Austausche aller eigenen oder einmal eingeführten Erzeugnisse erlangten Marktes, Beides wird die Handelspolitik dieses mächtigen Zollbundes verein - fachen und eine praktische Verständigung über das leitende Grundprincip derselben herbeiführen. Trotz des kurzen Bestehens des Zollvereins und seiner im Ganzen unzweifelhaft günstigen Wirkungen hatte sich doch bereits ein Zwiespalt der Ansichten über das Zollsystem von der größten Schärfe und Schroffheit in demselben festgestellt, und in der That wäre kaum abzusehen, wie dieser Widerspruch zur wahren Befriedigung beider Theile gelöst wer -den könnte, wenn der Zollverein auf seine jetzigen, öconomisch engen und ungenügenden Grenzen be - schränkt bliebe, selbst wenn es ihm gelänge, sich einseitig nach der Nordsee auszudehnen. Der Süden und Westen würden sich in ihrer beeng - ten Lage gespornt fühlen, immer entschiedener auf ein höheres Schutzsystem zu dringen; die nord - deutschen Küstenländer würden immer abgeneigter werden, einem solchen Verlangen nachzugeben, weil beide Theile für ihre vorwiegende Thätigkeit bei der fortdauernden Scheidewand gegen den gesamm - ten Südosten keinen genügenden Spielraum er - langten. Gegensätze aber, die nach einem Natur - gesetze innerhalb enger Grenzen immer schroffer werden, und entweder zu neuer Spaltung oder zu Unterdrückung des einen Theils durch den andern führen, können durch Erweiterung der Grenzen überwunden und zu einem Höheren vermittelt wer - den. Jn dem vereinigten Königreich der Nieder - lande waren die vielfach verwandten nördlichen und südlichen Theil zwar durch die gewichtigsten materiellen Bande verknüpft, dennoch reichten diese innerhalb der engen Grenzen zur Vermittelung des in den Jnteressen vorhandenen Dualismus nicht aus, und dieser führte weiter und weiter bis zur Wiederabtretung Belgiens von Holland, die viel - leicht nie erfolgt wäre, wenn das vereinigte - nigreich der Niederlande einem größeren handels - politischen Bunde angehört hätte, in dessen weiten Grenzen jene Gegensätze sich auszugleichen und zu versöhnen hinlänglich Raum gefunden hätten. Der Spielraum, den der Anschluß Oesterreichs an den deutschen Zollbund in jeder Richtung der Ue - berzeugung und des Verkehrs nach Osten eröff - nete; die volkswirthschaftliche und handelspolitische Ergänzung, welche damit nothwendig verbunden wäre, würde jenem bedenklichen Dualismus der Ansichten und Jnteressen thatsächlich sofort die Spitze abbrechen, und fortan auf der gewonnenen breiten öconomischen Grundlage den ungestörten, der Wohlfahrt des Ganzen entsprechenden Ausbau der einheitlichen Handelspolitik gestatten. Darum ist es wahrscheinlich, daß die Nordseestaaten unter den in beiden Fällen sonst gleichmäßigen Bedin - gungen sich weit eher entschließen werden, einem 70 Mill. Bewohner umfassenden österreichisch = deut - schen Zollverbande mit verhältnißmäßig wirksamen Schutzzöllen für die Haupt = Jndustriezweige, als dem Zollverein in seinem gegenwärtigen Bestande beizutreten. Jn der That, die unbefangenen Freunde der Handelsfreiheit müssen im mitteleuropäischen Handelsbunde einen unendlich wichtigeren Schritt zur wahren Verkehrsfreiheit erblicken, als in der bloßen Ausdehnung des Zollvereins über die Nord - seestaaten, und gerade bei festbegründeter Ueber - zeugung von der Wahrheit ihrer Ansichten müssen sie der wohlthätigen Wirkungen des freien Ver - kehrs auf einem so umfassenden Territorium so gewiß sein, daß sie aus jenem Schritte viele wei - tere in gleicher Richtung und endlich den Sieg ihrer Sache ableiten sollten. Andererseits müssen aber auch die Anhänger eines rationellen Schutz - zoll - und Reciprocitätssystems jenem großen Han - delsbund den Vorzug geben, nicht blos, weil hier die nationale Grundlage die breiteteste und um - fassendste, sondern auch weil dieser Handelskörper allein im Stande ist, jenes System zur vollstän - digen Durchführung zu bringen. Handelsfreiheit und Schutzzollsystem bilden nicht im Princip noth - wendige Gegensätze, und der Kampf zwischen Schutzzoll und Freihandel kann durch die öster - reichisch = deutsche Zolleinigung auf befriedigende Weise gelöst werden. Durch diese Einigung wird dem einen wie dem andern Princip wesentlich Rechnung getragen, denn je kleiner das Land, desto bedenklicher wird der Schutzzoll, desto noth - wendiger der Freihandel; je ausgedehnter dagegen der eigene Markt, desto größer der innere Mit - bewerb; je größer dieser, desto unmöglicher das Monopol, desto niederer die Waarenpreise, desto größer auch die Fähigkeit zum Mitbewerb auf dem Weltmarkte. Auf einem engen Markte wird der Schutzzoll zum Vorrecht der Einzelnen und zur Bürde der Uebrigen; auf einem weiten Markte gleicht sich dies zum Vortheil des Ganzen baldaus, der spornende Schutz erweckt die schlummern - den Kräfte zur Thätigkeit, er verleiht den nöthi - gen freien Spielraum zum Erstarken und gibt dem Auslande gegenüber die fehlende Ebenbürtig - keit. Allerdings begegnet man, auf den Stand - punkt der Sonderinteressen hinuntersteigend, noch manchen Befürchtungen und Conflieten. Allein war es anders, als man in den dreißiger Jahren zum Abschlusse der Zollvereinsverträge schritt?

Frankfurt, 28. Juni. Es hat mit der Union die eigenthümliche Bewandtniß, daß sie gewöhn - lich dann in einem abnehmenden Stadium sich be - findet, wenn sie äußerlich in sehr glänzenden Ver - hältnissen hervortritt. Auch gegenwärtig, wo das Fürsten = Collegium eröffnet, Unions = Minister desig - nirt und Herr v. Radowitz ernannt ist, dürfte nicht alles Gold sein, was in den gothaischen Blättern leuchtet. Gerade in diesem Momente ist vielleicht die Sache der propagandistischen Union schlechter als je bestellt. Preußen darf nach den letzten Vorgängen nicht mehr die Hoffnung haben, sich auf revolutionäre Kräfte zu stützen, es mögen diese sich im gothaischen oder im demokratischen Lager befinden. Die Union aber kann nur dann durchdringen, wenn sie sich auf revolutionäre Ele - mente stützt; denn sie ist eine Frucht und Conse - quenz der Revolution. Ja, es ist der Nachhall der Revolution vom vorigen Jahre, rief Herr Camphausen auf der Tribüne zu Berlin aus. Es ist aber mehr als Nachhall der Revolution in der Union, es ist eine Revolution selbst in diesem Projekte, wo eine Verfassung für ganz Deutsch - land einseitig hingestellt wird. Die deutsche Union dieser Name bekundet ein Prinzip, welches man nur als revolutionär bezeichnen kann. Nicht preu - ßische Union nennt die preußische Regierung das von ihr gestiftete Bündniß, Deutschland, das ganze Deutschland, Deutschland ohne Oesterreich, vielleicht zum Theile auch dieses, soll die Union umfassen, den deutschen Bund soll sie ersetzen, das ist doch wohl nur gegen den Willen der süddeut - schen Regierungen möglich, man muß auf revo - lutionärem Wege dahin gelangen, gleichviel, ob sich die Revolution in Emeuten oder in Steuer - verwilligung äußert. Dürfte aber die preußische Regierung nach den gegenwärtigen Vorgängen noch hoffen, die Revolution in die Hand nehmend, sie leiten zu können? Es ist eine alte Regel, daß die Revolution ihre eigenen Kinder frißt. Sollte die preußische Regierung, die sich mit solcher Ver - kennung aller nicht nur revolutionären, sondern sogar liberaler Ansprüche benimmt, noch glauben können, diesen Löwen als Jagdhund zu benützen? Schon das nächste Parlament zu Erfurt würde sie in eine Lage versetzen, aus der sie sich nur durch eine rettende That würde ziehen können, und Preußen dürfte bereits des Eclats genug ha - ben, und zwar eines Eclats, der nicht gerade zu seinem Vortheile war. Unsere Nachbarn an der Spree haben sich daran gewöhnt, stets von der Ehre zu sprechen; die Pariser gloire hat in Ber - lin ihren Doppelgänger gefunden. Bei einem Staate, der durchweg militärisch organisirt ist, mußte auch dieser Hebel besonders in Anwendung kommen. Die politische Ehre aber soll Preußen nicht erlauben von seinem Wege umzukehren, so lange nicht alle Wege zum Ziele zu gelangen, erschöpft sind, so lange es nicht an die Grenze des Möglichen gegangen ist. Jrren wir jedoch nicht, so ist diese Grenze des Möglichen so weit nicht, und ein Anschwellen des Plenums, wie es ein scharfsinniger Staatsmann nannte, nicht mehr so ferne. Es ist jedenfalls klug von den Leitern des preußischen Staates, jene Persönlich - keit, welche diese Politik von Anfang an trug, auch die letzten Versuche, von denen zu vermuthen steht, sie würden scheitern, machen und dann diese Persönlichkeit fallen zu lassen, damit das Cabinet um kein theures Haupt ärmer würde, aber die preußischen gotha'schen Organe, die seit einigen Tagen wieder entzückt sind, thäten nach so man - chen gemachten Erfahren doch gut, etwas weniger laut zu jubeln. Besonders wäre dies der Deut -schen Zeitung zu wünschen, damit man nicht sage, sie sei als Närrin aus der Welt gegangen.

Stuttgart, 28. Juni. Gestern Abend noch verbreitete sich hier das Gerücht, das Ministerium habe in Folge des gestrigen Kammerbeschlusses seine Entlassung eingereicht, doch hörte man schon heute früh, daß dieselbe nicht angenommen wor - den sei, was sich auch, nachdem eben erst die Bildung eines Ministeriums gescheitert war, vor - aussehen ließ. Jnzwischen sind der Versicherung der Deutschen Chronik zufolge von 2 Mitglie - dern der äußersten Rechten, Kapff und Walfer, Versuche gemacht worden, die Auflösung der bei Hofe sehr ungern gesehenen Landesversammlung dadurch in möglichster Bälde herbeizuführen, daß man die Mitglieder der Linken zum Austritt ver - anlaßte; es sind jedoch diese Versuche gescheitert. So wird denn die Versammlung noch beisammen bleiben, bis sie durch ein Votum gelegentlich der Budgetberathung ihre Auflösung herbeiführt, und es der Regierung unmöglich macht, länger mit ihr zu arbeiten. Vielleicht hat das heutige Votum in Betreff der Steuerverlängerung (s. d. Kam - merbericht) eine Veranlassung gegeben. -- Vor dem Kaffationshofe wurde heute die Nichtigkeits - klage des Redakteurs des Eulenspiegel L. Weisser verhandelt gegen das Erkenntniß des Schwurge - richtshofs zu Eßlingen, was ihn wegen Maje - stätsbeleidigung zu 8 Monaten Festungsstrafe ver - urtheilte. Sein Gesuch ist verworfen, und er muß heute noch die Strafe antreten.

Dresden, 26. Juni. Mit Sachsen = Weimar ist ein Staatsvertrag über die Förderung der Rechtspflege abgeschlossen. Die Gerichte leisten sich in Civil = und Strafsachen gegenseitige Rechts - hilfe wie die Gerichte des eigenen Staats. Ur - theile in Civilsachen werden in dem andern Staate vollstreckt und flüchtige Verbrecher ausgeliefert. Während die Regierung das Turnen in den Lehr - plan der Schulen aufnimmt, tritt sie gegen die Turnvereine sehr entschieden auf: die beiden Turn - vereine in Hohenstein und der Lausitzer Turner - bund in Löbau sind aufgelöst, die andern werden folgen.

Wien, 23. Juni. Die Oesterr. Reichsztg. veröffentlicht heute die vom Ministerpräsidenten Fürsten Schwarzenberg an den diesseitigen Ge - sandten in London in Betreff der englischen For - derung an Toscana gerichteten Note. Es heißt in derselben gegen den Schluß: Die erste Be - rechtigung jedes unabhängigen Staats bleibt im - merhin jene, seine eigene Erhaltung durch alle ihm zu Gebot stehenden Mittel zu wahren. Sobald ein Sonverän -- bei Ausübung dieses Rechts -- sich gezwungen sieht, die Waffengewalt zu Hilfe zu nehmen, um einen offenbaren Aufruhr zu däm - pfen, und wenn in dem daraus entstehenden Bür - gerkrieg das Eigenthum der im Lande ansäßigen Fremden beschädigt wird, so ist dies meines Er - achtens ein offentliches Unglück, woran die Frem - den ebenso gut, als die Einheimischen ihren Theil tragen müssen, und welche ihnen ebenso wenig ein Recht auf ausnahmsweise Entschädigung gewähren kann, als ein solches aus andern, von dem mensch - lichen Willen unabhängigen Unglücksfällen herge - leitet werden könnte. So verhält sich, auf seinen einfachsten Gehalt zurückgeführt, der streitige Punkt in der Toscana gegenüber erhobenen Reclama - tion. Die Note ist zur abschriftlichen Mitthei - lung an Lord Palmerston bestimmt und vom 14. April datirt. -- Frhr. v. Jellachich wurde am Tage vor seiner Abreise zur kaiserl. Fami - lientafel geladen, bei welcher sämmtliche Glieder der kais. Familie und Prinz Albert von Sachsen anwesend waren. Nach derselben überreichte S. M. der Kaiser dem Banus unter den schmeichelhafte - sten Ausdrücken das Armeeverdienstkreuz. Am 21. wurde demselben das Diplom eines Ehrenbürgers von Wien durch eine Deputation des Gemeinde - raths überreicht.

Berlin, 27. Juni. Heute ist die Ankunft des diesseitigen Gesaudten am österreichischen Hofe, Grafen Bernstorff, erfolgt, der sofort mit demMinister des Auswärtigen, Hrn. v. Schleinitz, in Berathung trat. Auch General v. Radowitz soll von Erfurt hier eintreffen. Die Staatsregierung wünscht, wie die Reform meldet, die Ansichten beider Staatsmänner über die obschwebenden Schwierigkeiten in der deutschen Frage zu hören. Hr. v. Radowitz übernimmt jetzt den Vorsitz im Fürstencollegium der Union. -- Ein hiesiger Künstler, welcher vor geraumer Zeit nach Nord - amerika ausgewandert war, weil die hiesigen Ver - hältnisse seiner demokratischen Gesinnung unerträg - lich waren, ist von dort mit der conservativsten patriotischsten Gesinnung hierher zurückgekehrt. Auf Fürsprache bei Sr. Majestät dem König ist demselben hier künstlerische Beschäftigung zu Theil geworden. Hier angekommene Briefe aus Nord - amerika deuten auf mehrere solcher Radikalku - ren hin.

Jtalien.

Das Univers vom 24. Juni enthält einen Bericht des Hochw. Ant. Forci Missionairs zu Rimini an den General der Congregation des kostbaren Blutes zu Rom über das wunderbare Ereigniß zu Rimini. Da die Einzelheiten genau mit dem übereinstimmen, was wir seither schon mitgetheilt haben, so beschränken wir uns auf fol - gende Stelle dieses Schreibens: Die eigentliche Bewegung besteht darin: Man sieht, daß das Bild häufig die Augen zum Himmel erhebe als ob es flehte, bisweilen bewegt es sie nach ver - schiedenen Seiten hin, oft leuchtet die Pupille wie ein Diamant. Mehrere Personen versichern selbst eine Bewegung der Lippen und eine gänzliche Veränderung der Gesichtszüge gesehen zu haben. -- Aus diesem Briefe aus Neapel vom 18. d. erfahren wir, daß am 17. Juni ein Theil des großen Gebäudes Grenaglio, wo angenblicklich eine Anzahl von Truppen casernirte, zusammenge - stürzt ist, u. 4 -- 500 Menschen unter den Trüm - mern begraben worden sind.

Neuestes.

München, 28. Juni. Jhre Maj. die Köni - gin Marie, welche gestern der Königin Therese das Geleit bis Augsburg gab, ist Nachmittags 4 Uhr wieder in Nymphenburg eingetroffen. -- Se. Maj. der König Ludwig hat seinen Bade - reiseplan dahin abgeändert, daß er sich nicht nach Brückenau, sondern am 4. k. Mts. nach Salzburg begeben wird; bereits ist das Quartier daselbst bestellt worden. -- Jn Betreff der für den näch - sten Monat anberaumten Prüfungen bezüglich der höheren Beförderung von Unteroffizieren und Sol - daten, ist gestern ein kgl. Kriegsministerialreskript an alle Abtheilungen der Armee ergangen. Die Adspiranten haben eine Selbstbiographie vom 6. Lebensjahre angefangen einzureichen und hängt dann die Zulassung zur Hauptprüfung von einer vorherigen mündlichen Prüfung vor sämmtlichen Stabs = und Oberoffizieren ab. -- Die hiesige Artillerie wird vom 1. k. Mts. angefangen auf einen Präsentstand von 75 Mann per Kompagnie durch Beurlaubung reduzirt. -- Jhre kais. Hoheit der Herzog von Leuchtenberg wird, wie ich höre, mehrere Wochen hier verweilen und abwechslungs - weise auch sein Schloß Eichstädt besuchen.

§ Rothenfels, 28. Juni. Abends 8 Uhr ent - lud sich auf den Gemarkungen Steinfeld, Rohr - bach und Stetten ein Gewitter, welches durch Hagelschlag auf der Steinfelder Markung allein 1200 Tagwerk Ackerland mit den darauf befind - lichen Früchten verwüßtete, und einen Schaden von mehr als 10,000 fl. verursachte. Der den Gemeinden Rohrbach und Stetten zugegangene Schaden wird auch auf 5000 fl. taxirt.

Frankfurt, 29. Juni. Gestern gab Se. kön. Hoheit der Kurfürst von Hessen in dem Schlosse Philippsruhe ein großes Diner, zu welchem die Mitglieder der Bundescentral = Commission und des hier anwesenden diplomatischen Corps ec. eingela - den waren.

Frankfurt, 30. Juni. Ueber die Entdeckung einer Falschmünzergesellschaft erfahren wir aus gu - ter Quelle folgendes Nähere: Auf das Gasthaus zum Donnersberg , bekannt als Clublokal der äußersten Linken, hatte schon seit längerer Zeit unsere Polizei ihre besondere Aufmerksamkeit ge - richtet. Als nun vorgestern das Polizei = Amt von dem Bestehen jener Gesellschaft genaue Kunde er - hielt, dasselbe aber nach den Grundrechten für sich ohne richterlichen Spruch keine Hausuntersu - chung vornehmen darf, so wurde noch spät Abends besagtes Amt durch einen Beschluß des Appella - tionsgerichtes hierzu ermächtigt. Um 10 Uhr ge - stern Früh umzingelten plötzlich zwölf Gendar - men den Gasthof, und es gelang, die aus mehrern Personen bestehende Gesellschaft im Keller des Hauses auf frischer That zu ertappen. Es fand sich eine vollständige Einrich - tung zum Geldprägen vor; eine sehr starke ei - serne Stempelpresse, gewalztes Compositionsmetall, um Zwei = Guldenstücke zu prägen u. s. w., sowie auch eine große Anzahl gemünzter Guldenstücke, zu welchen das Frankfurter Gepräge angewendet war. Zu der Gesellschaft gehört namentlich die Eigenthümerin des Hauses, eine Wittwe, in deren Taschen man eine Anzahl falscher Goldstücke vor - fand und ihr Bräutigam, ein Herr Schönecker, der, wie man hört, schon in Bayern wegen Falsch - münzerei in Untersuchung stand, nebst einem Li - thographen, welcher die Stempel geliefert haben soll. Alle wurden zur Haft gebracht. Die Un - tersuchung und das Verhör im Hause durch das Kriminalamt dauerte den ganzen Tag über. Das Haus wird noch fortwährend von Gendarmen be - bewacht.

Kassel, 27. Juni. Heute ist ein Ausschrei - ben des Gesammtministeriums, die indirecten Ab - gaben und Weggelder betr., erschienen, wonach im Einverstand mit dem ständischen Ausschusse die Forterhebung dieser Abgaben auch nach Ablauf der Finanzperiode verfügt wird. Diese Gelder sollen aber nicht verwendet, sondern bei der Haupt - staatskasse aufbewahrt werden.

Leipzig, 27. Juni. Eine zu gestern Nach - mittag berufene Studentenversammlung zum Be - huf der Annahme einer Beifallsadresse an den akademischen Senat hat das entgegensetzte Resultat gehabt. Es wurde beschlossen, keine Beifallsadresse zu überreichen. --

Prag, 25. Juni. Nicht nur in unserer böh - mischen Hauptstadt, auch in 83 andern benachbar - ten Orten wüthet jetzt die Cholera.

C Paris, 28. Juni. Baron August v. Wäch - ter hat dem Präsidenten der Republik sein Be - glaubigungsschreiben als württemb. Ministerresident überreicht.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Mittelpreise hiesiger Schranne vom 28. Juni.

Weizen 12 fl. 28 kr. Korn 7 fl. 21 kr. Gerste -- fl. -- kr. Haber 4 fl. 37 kr.

Bekanntmachung.

Bei der unterfertigten Kasse ist nunmehr eine Sendung von Obligationen au porteur des neuen 5procentigen Staatsanlehens eingetroffen, was den sich bereits hieran Betheiligten Behufs der bald - gefälligen Empfangnahme der treffenden derartigen Obligationen gegen Rückgabe der Haftscheine hier - mit bekannt gegeben wird.

Zugleich verbindet man anmit die fernere An - zeige, daß fortwährend noch Einzahlungen auf das vorbemerkte Anlehen bewirkt werden können.

Würzburg, 29. Juni 1850.

Königliche Kreiskasse von Unterfranken und Aschaffenburg.

Bocke, k. Kreiskassier.

Berger, k. Kreiskassacontroleur.

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

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TextDie Bayerische Presse
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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