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Nr. 234.
Würzburg, Montag den 30. September. 1850.

Revolution und Gesetzgebung.

Revolution ist Umsturz, Gesetzgebung ist Auf - bau; Revolution ist thatsächlicher Zustand ohne Rechtsbasis, Gesetzgebung ist das Ergebniß eines Rechtslebens im Staate. Darum sollten Beide stets als Gegensätze erscheinen. Es hat wohl Fälle gegeben, bei denen man sagen konnte, daß die Gesetzgebung, sei es durch Unterlassen oder durch Handeln, die Revolution herbeiführte, aber nie wird man mit Beifall der Vernunft und des Rechtes sagen mögen, die Revolution sei ein rechtliches Mittel, Veränderungen im Staate her - beizuführen; denn das dem Staate Entgegenge - setzte, das den Staat Aufhebende, kann unmög - lich zu den Faktoren gezählt werden, welche den Staat erhalten. Andern Standpunkt wählen die, welche in der Revolution einen Rechtsfactor des Staates erblicken. Allein es gibt zweierlei Ar - ten der Revolution oder des Umsturzes, von de - nen die eine für den Moment unerträglicher sich darstellt als die andere, dies aber doch nicht ist. Alle Revolutionen, aller Umsturz ist und bleibt gefährlich, aber der gefährlichste, vernunftwidrigste, unheilvollste ist der, welcher durch Gesetze ge - schieht; denn wo das Recht den Unsinn und das Unrecht heiligt, da ist der gründlichste Umsturz. Von jeher waren selbst die Revolutionsmänner bemüht, ihrem bösen Treiben die Rechtsform an - zudichten, und solche Verfahren hat die Recht - lichen aller Zeiten am meisten empört. Als man den unglücklichen Ludwig XVI. unter scheinbarer Beachtung einer gerichtlichen Form mordete, da empörte gerade diese Art des Verfahrens doppelt. Als der Taumel des Jahres 1848 seine Satur - nalien feierte, da war für die das Recht ehrende Männer am Traurigsten, daß die Demagogen sich auf die Form des Rechtsweges zu spielen suchten. Es war dies wahrhaft widerlich, und die Regierungen mögen sich hüten vor Gesetzen, welche nichts weiter bezwecken, als ein Fesseln der Vernunft, des Rechts, der Gottesfurcht, ein Ausroden von ehrwürdigen Grundlagen der Ge - sellschaft; mit dem Ehrenkleide von Recht und Gerechtigkeit angethan, sollte nach dem Willen der Demagogie das Unrecht einhergehen und die Lüge verewigt werden. Will man Beispiele, so lese man einen großen Theil der Satzungen von damals. Gott hat von solcher heillosen Verfüh - rung Seitens der Demagogen die Staaten und Regierungen in etwas zurückkommen lassen, allein man würde sich sehr irren, wollte man die Ge - fahr als beseitigt ansehen, ja, es ist diese um so größer, je mehr den Förderern der Revolu - tion vor der Hand kaum etwas Anderes übrig bleibt, als die Revolution durch die Ge - setzgebung. Wenn der tolle Pöbel lärmt und zerstört, da ist der Gegensatz sehr bald gefunden; wenn aber die Revolution in die Gesetzgebung sich zu flüchten beginnt, dann arbeitet sie zwar mit weniger augenblicklichem Erfolge, aber um so sicherer. Sie greift zur Lüge, um ein Reich der Lüge aufzubauen, denn nichts als eitel Lüge und Gaukelspiel ist dieses Reich. Wir wollen nur einige von diesen Gesetzgebungsphrasen an - führen. Mit der Organisation der Arbeit sollte dem Proletariat ein Punkt gegeben werden, wor - auf dies stehen sollte, um den Führern der Em -pörung als Hebel dienstbar zu werden. Com - munismus war eine noch gröber ausgeprägte Form für Diebstahl und Beraubung. Der Aus - druck Feudallast sollte alle mögliche Rechte des größeren Grundbesitzes -- (die oft nicht im Ent - ferntesten mit dem Lehn = und Herrschaftswesen zusammenhängen) -- zerstören. Freiheit der Wissenschaft sollte die Zügellosigkeit auf das Feld der Jntelligenz bringen -- (denn die wahre Wissenschaft war nicht gebunden und war frei. ) -- Geschwornengerichte bei politischen Ver - brechen waren geeignet, nicht nur die Straflosig - keit zu garantiren, sondern auch den Verbrecher eine billige Ovation für die wenige Gefahr hof - fen zu lassen. Breiteste demokratische Grundlage mit monarchischer Spitze war der Weg zur grauenvollen ochlokratischen Republik. -- Die Pflicht der Gesetzgebung ist es, diese Jrrpfade zu verlassen und nicht zu wähnen, als wandle sie auf festem Boden, wenn auch der Krater des Revolutionsvulkans augenblicklich nicht speit, er raucht noch, und in die Nähe dieses Rauches soll man die Gebäude der Gesetzgebung nicht bauen; schon um deswillen nicht, weil selbst dieser Rauch, dieser Typhos, Jdeen und Begriffe verwirret. Man untersuche nur mit Unbefangen - heit, wieviel von jenen sogenannten Fundamental - begriffen gewachsen, wieviel gemacht sei; man un - tersuche nur, was man sich unter jenem Feldge - schrei denkt und man wird die richtige Linie fin - den. Thut man dies nicht, so hat man, möge man es glauben oder nicht, mit der Revolution transigirt; der Vortheil ist auf Seiten der Letz - tern, sie hat augenblicklich und praktisch nicht Alles gewonnen, aber grundsätzlich ungeheuer viel; sie hat sich festgesetzt; sie hat sich in Besitz ge - bracht, in einen Besitz, den die Menge gläubig verehrt. Revolution arbeitet durch ihre Gesetze maschinenmäßig weiter; es hängt Gewicht sich an Gewicht, der wahre Staat kann zuletzt nicht wi - derstehen, er hat durch seine Gesetze sich selbst den Untergang bereitet.

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel, 27. Sept. Der bleibende landstän - dische Ausschuß hat heute folgende Zuschrift an Se. königl. Hoheit den Kurfürsten abgehen lassen: Königliche Hoheit! Der von den Ministern Ew. königlichen Hoheit bei und nach Auflösung der letz - ten Ständeversammlung betretene Weg hat sich nach kurzer Zeit schon als ein verfassungswidriger erwiesen, nur geeignet, Fürst und Land an den Rand des Abgrunds zu führen. Das hessische Volk hatte auch, als es dieses vorausgesehen, die Hoffnung nicht aufgegeben, daß Ew. k. Hoheit end - lich das Verderbliche des Raths erkennen würden, dem Sie in jüngster Zeit gefolgt sind. Es hatte vom Eintritt dieser Erkenntniß die Wiederkehr einer bessern Zeit erwartet. Es hat sich getäuscht. Die Verordnung vom 23. d. M. belehrt es, daß es nicht eine Rückkehr auf der Bahn der Verfas - sung zu gewärtigen hat, sondern daß auswärtige Hülfe stattfinden soll, um die Hindernisse zu be - seitigen, welche die Verfassung selbst ihrem Um - sturze entgegenstellt. Aber auch jetzt wird das hessische Volk festhalten an dem Rechte, das jedeGewalt überdauert. Die Mitwirkung des Bun - destags ist angerufen oder angenommen worden, um die Landesverfassung vernichten zu helfen; des - selben Bundestags, der in 33jähriger Wirksam - keit sich die deutsche Nation mehr und mehr ent - fremdet hat, der den deutschen Fürsten Hoffnungen auf einen Schutz erweckt hat, den er in der Stunde der Prüfung nicht zu leisten vermochte; der dann unter Mitwirkung Eurer königlichen Hoheit wie aller deutscher Regierungen sein Ende gefunden hat, und nach amtlicher, von den dermaligen Vor - ständen der kurfürstlichen Ministerien der Justiz, des Jnnern und des Aeußern den Landständen ge - gebenen Erklärung ohne der letzteren Zustimmung nicht wieder soll ins Leben treten können. Dieser Bundestag taucht wieder auf, obgleich ihn die Nation verwirft, obgleich ihn die Mehrzahl der deutschen Regierungen nicht anerkennt. Er macht die alten Ansprüche und Eingriffe den verpfände - ten Worten zum Trotz, daß er nicht zu den frü - heren Zuständen und Formen zurückkehren, son - dern im Gegentheil nur zu einer den Bedürfnissen der Zeit entsprechenden Neugestaltung gelangen wolle. Er verläßt selbst den Boden des Bundes - rechts, der Garantien nicht achtend, die sogar die - ses in dem im Jahre 1834 eingesetzten Schieds - gerichte den Landständen hatte gewähren wollen. Und dieser Bundestag wird von Kurhessens Re - gierung anerkannt, ihren bestimmtesten Versicher - ungen zuwider! Die aufgelöste Ständeversamm - lung hat gegen diesen neuen Bundestag feierlich protestirt, dem bleibenden landständischen Aus - schuß liegt nur ob, diesen Protest gegenüber je - dem Anrufen oder Einschreiten desselben zu er - neuern. Das Ansehen der Regierung Ew. k. Hoheit ist gefährdet, nicht durch die Landstände, nicht durch die Behörden, nicht durch das Volk, sondern durch Rathgeber, die die Verfassung ver - kennen oder mißachten. Auswärtige Hülfe kann nur geeignet sein, dieses Ansehen mehr und mehr zu schmälern. Das Einschreiten des Auslandes besteht nicht zu Recht, es wäre, wenn statthaft, doch unnöthig. Es wird darauf zu stützen ge - sucht, daß die Ständeversammlung die erforder - lichen Mittel zur Führung der Regierung ver - sagt habe. Dieses ist jedoch nicht der Fall. Es ist den Landständen kein Budget vorgelegt wor - den, auch nicht ein provisorisches; es ist sowenig in dem vorgelegten Entwurfe eines Gesetzes über Fortverwilligung der Steuern als in dessen Mo - tiven auch nur mit einer Sylbe des Bedürfnisses alsbaldiger Verwendung derselben gedacht wor - den, es ist nicht entfernt versucht worden, den Bedingungen zu genügen, welche §. 144 der Verfassungsurkunde an eine jede Steuermehrfor - derung klar und unzweideutig knüpft. Es ist zwar gesagt worden, daß durch Bezugnahme auf das letzte Budget die Erforderlichkeit der demnach zu erhebenden Steuern und Abgaben hinreichend nach - gewiesen worden sei. Eine derartige Bezugnahme findet sich nicht, würde auch nicht geeignet sein, die der Regierung obliegende Verbindlichkeit zur Nachweisung des Staatsbedarfs zu erfüllen. Zu - dem wäre eine solche Bezugnahme ohne alle Be - deutung gewesen, weil die finanziellen Bedürfnisse des Jahres 1849 so außergewöhnlicher Art waren, daß gerade regierungsseitig bei Vorlage des da -maligen Budgets ausführlich den Landständen ent - wickelt wurde, es könne dasselbe für die Folge nicht maßgebend sein. Das Verhalten der Land - stände hat nicht darauf hingezielt, der Regierung die Mittel zur Bestreitung der erforderlichen Aus - gaben zu entziehen, vielmehr hat, wenn es wirk - lich an diesen Mitteln fehlt, die Regierung selbst sich ihrer beraubt. Denn sie hat im Monat Juni d. J. die vorletzte Ständeversammlung aufgelöst, ohne ihr nur die geschäftsordnungsmäßige Zeit zur Berathung der Steuervorlage zu gönnen. Sie hat die letzte Ständeversammlung, die erst am 26. vorigen Monats berufen wurde, gedrängt, bis spätestens zum 31. über die Steueranfor - derung zu beschließen, und sie somit hinsichtlich der Zeit der Erwägung eben so sehr beschränkt, wie sie dieselbe hinsichtlich des materiellen Bedürfnisses der erhobenen Anforderung jeden verfassungsmä - ßigen Anhalts baar gelassen hat. Wenn dennoch in einem Falle der landständische Ausschuß, im andern die Ständeversammlung es über sich ge - nommen haben, die Forterhebung der indirekten Steuern vor deren näherer Begründung zu ge - nehmigen, so haben sie damit fast mehr gethan, als zulässig sein mochte. Die letzte Ständever - sammlung blieb, als sie der Verwendung der in - direkten und der Erhebung der direkten Steuern Anstand gab, der näheren Nachweisung des Be - darfs derselben gewärtig. Es war dieses eine gerechte Erwartung, der innerhalb weniger Tage zu genügen gewesen wäre. An Ew. Königlichen Hoheit Ministern war es, die deshalb nöthigen Vorlagen noch zu machen, es hatten dieselben da - zu Zeit, denn es standen ihnen, wie die Erfahrung bewiesen hat, nicht nur noch Mittel zu Gebot, um für den Monat September die nothwendigen laufenden Ausgaben zu bestreiten, sondern sogar um eine außerordentliche Truppenaufstellung zu er - möglichen. Die Minister haben es vorgezogen, in Ew. Königlichen Hoheit den Glauben zu er - wecken, es habe eine Steuerverweigerung statt ge - funden. Dieselben haben auf diese grundlose Be - hauptung hin jene Auflösung der Ständeversamm - lung beantragt, deren Folgen schwer auf dem Lande lasten. Mögen Ew. k. Hoheit das Vorgestellte genau würdigen und die Ueberzeugung wird nicht ausbleiben, daß in den unzeitigen zweimaligen Auf - lösungen der Ständeversammlung die Ursachen der Verlegenheiten zu finden sind, die Ew. k. Hoheit mit dem ganzen Lande zu beklagen haben. Und doch sind diese Verlegenheiten noch immer nicht der Art, um nicht bei redlichem Willen leicht über - wunden werden zu können. Dem kurhessischen Staate stehen reichliche Quellen der Einnahme neben den Steuern zu Gebote, sie fließen in jetzi - ger Jahreszeit am ergiebigsten. Sie werden hin - reichen, um die nothwendigen Ausgaben der Re - gierung so lange zu bestreiten, bis eine neue Ständeversammlung zusammentreten kann. Sollten Ew. k. Hoheit dieses bezweifeln, so geruhen Sie, die pflichtmäßigen Berichte der betreffenden Be - hörden darüber einzuziehen, die es wenigstens für den Fall werden bestätigen können, daß die Mini - sterien sich der bereits anempfohlenen Sparsamkeit befleißigen. Ew. k. Hoheit haben schon die Wahl einer neuen Ständeversammlung verordnet, in we - nigen Wochen kann dieselbe zusammentreten. Un - ter deren Mitwirkung kann der ordnungsmäßige Gang des Staats erhalten bleiben ohne jede Aus - nahmsmaßregel. Wir haben nicht unterlassen wol - len, dieses Ew. k. Hoh. noch vorzustellen, um zu zeigen, daß es nur verfassungstreuer Rathgeber bedarf, um die Regierung ohne Schwierigkeiten auf den Boden der Verfassung und der Gesetze zurückzuführen. K. Hoh. beherzigen Sie Dieses! noch ist es Zeit zu erwägen, ob in Kurhessen fremde Gewalt treten soll an die Stelle von Recht und Gesetz! Ehrerbietigst verharret Ew. k. Hoheit der bleibende landständische Ausschuß. Namens desselben dessen Vorstand: Schwarzenberg. Kassel, am 26. September 1850.

Kassel, 27. Sept. Staatsrath Scheffer soll sich geweigert haben, bei der Bildung eines neuen Ministeriums sich zu betheiligen. Derselbe hat Wilhelmsbad wieder verlassen. ObersinanzrahtZuschlag hat der Aufforderung, nach Wilhelms - bad zu kommen, bis jetzt noch keine Folge gege - ben; man sagt, er werde seine Entlassung ein - reichen. Heute Morgen hatte das Oberappella - tionsgericht eine erst gestern Abend spät ange - sagte Sitzung, zu welchem Zwecke ist unbekannt. Auch der landständische Ausschuß hielt heute eine Berathung.

Kassel, 27. Sept. Polizeikommissär Müller ist seiner Haft entlassen, das Jnstruktionsverfah - ren gegen ihn wird indeß fortgesetzt. Die Ent - lassung ist die Folge einer durch das Justizmini - sterium veranlaßten Beschwerde der Staatspro - curatur.

Kassel, 28. Sept. Soeben erfahre ich aus zuverlässiger Quelle, daß der Finanzminister Hassenpflug an die Hauptstaatskasse den Befehl hat ergehen lassen, 44,000 Thlr. an das Kriegs - ministerium abzuliefern. Zugleich ist der Direk - tion der Main = Weserbahn die Weisung zugegan - gen, bis Sonntag einen Extrazug nach Gießen zur Aufnahme und Beförderung eines Bataillons abgehen zu lassen. -- Jn Folge eines am 26. d. M. gefaßten Stadtrathsbeschlusses ist heute auf Einladung des Hrn. Oberbürgermeister Hart - wig ein Comite hierselbst zusammengetreten, um über die geeigneten Mittel und Wege zu bera - then, die Staatsdienergehalte, deren Auszahlung unter den obwaltenden Umständen beanstandet werden möchte, gegen Cession der betreffenden Ansprüche vorzuschießen. Das Comite besteht aus den Herren Oberbürgermeister Hartwig, Bürgermeister Henkel, Geheimrath Koch, Ban - quier Pfeiffer, Obergerichtsanwalt Alsberg, Ober - gerichtsanwalt Dr. Harnier, Obergerichtsanwalt v. Schlemmer, Kaufmann Knappe, Fabrikant Eg - gena, Oberpostmeister Nebelthau, Obergerichts - anwalt Fr. Oetker, und wird alsbald einen Auf - ruf erlassen.

Wilhelmsbad, 28. Sept. Die Kasseler Zei - tung enthält die nachfolgende Erklärung: Die gestrige Frankfurter Oberpostamtszeitung (wie das Frankfurter Journal und die Deutsche Zeitung ) bringt eine telegraphische Depesche, wo - nach eine an den kgl. Geschäftsträger am kurfürst - lichen Hofe, Hrn. v. Thiele, gerichtete preußische Note, vom 23. Sept. 1850, den Widerstand des kurhessischen Volks als einen legalen und das Un - ternehmen des kurfürstlichen Ministeriums als Ver - fassungsbruch bezeichne; dies sei als Ansicht des preußischen Gouvernements mitzutheilen und schließe sich daran die Mahnung zur Rückkehr auf den verfassungsmäßigen Weg. -- Die Unwahrschein - lichkeit dieser Angaben leuchtet bei nur einigem Nachdenken von selbst ein, und nur für die mehr befangenen Gemüther können wir die bestimmte Versicherung für nöthig halten und hiermit abge - ben, daß die kurfürstliche Regierung eine preu - ßische Note obigen oder dem ähnlichen Jnhalts nicht erhalten hat.

Wilhelmsbad, 28. Sept. Heute geht siche - rem Vernehmen nach die Denkschrift der Staats - regierung über die kurhessischen Wirren an die sämmtlichen resp. Höfe ab; die Denkschrift wurde sehr beeilt, da man auswärts den Verlauf der Wirren nur nach den Berichten der hessischen Op - positionspresse zu beurtheilen scheint. Die Denk - schrift macht mit Beilagen etwa 17 Druckbogen aus.

Fulda, 27. Sept. Gestern Abend durchzo - gen starke Patrouillen die Stadt; die Weisung des kommandirenden Unteroffiziers lautete: in allen Gast = und Wirthshäusern sich nach fremden Soldaten zu erkundigen. Was dieses Manöver bedeuten soll, weiß hier niemand.

Schleswig = holsteinische Ange - legenheiten.

Schleswig = Holstein, 25. Sept. Der Aufruf zum freiwilligen Eintritt in unsere Armee hat den gehegten Erwartungen noch lange nicht entsprochen und hat unser Heer nicht auf die Stärke gebracht, die es in Stand setzt, die Offensive mit Erfolg ergreifen zu können. Statt 15 -- 16,000 Mann,wie man gehofft hatte, die hinzukommen werden, sind seit der Jdstedter Schlacht nur etwas über 4000 hinzugekommen. Freilich trägt die Statt - halterschaft auch zum großen Theil die Schuld hiervon, indem bei der Annahme zu sehr auf die politische Färbung Rücksicht genommen wurde. Es ist doch aber denn einmal so, und das Heer ist in seiner jetzigen Stärke zu schwach, die festen Positionen des Feindes mit Erfolg anzugreifen. Es soll auch eine solche Erklärung von dem kom - mandirenden General gegeben worden sein, mit dem Zusatze, daß das Heer noch mindestens um 10,000 Mann stärker sein muß, wenn die Offen - sive ergriffen werden soll. Diese Erklärung des Generals von Willisen soll zusammenhängen mit einem Antrag, der in einer der geheimen Sitzun - gen unserer Landesversammlung zur Sprache ge - bracht worden sein soll und der dahin geht, die Verheiratheten bis zu 30 Jahren und die Unver - heiratheten bis zu 40 Jahren auszuheben. Der Antrag ist noch nicht definitiv gestellt worden; man hat erst die Stimmung der Landesversamm - lung erkunden und ihn erst dann einbringen wol - len, wenn man sich vorgewissert hat, daß man auf die Majorität rechnen kann. Jnzwischen setzen die schleswig'schen Flüchtlinge Himmel und Erde in Bewegung, um zu entscheidendem Angriff zu drängen, in der Hoffnung, daß unsere Waffen glücklich sein und die Dänen bis an der Königsau zurückdrängen werden. Es wünschen diese Leute, die Hab und Gut, Frau und Kind im Stiche ge - lassen haben, wieder in ihre Heimaih zurück, und viele von ihnen sind auch entschlossen, im Falle das Glück der Waffen uns nicht bald günstig ist, dennoch zu den Jhrigen zurückkehren, von denen sie seit ihrer Entfernung von ihnen fast keine Sylbe gehört haben.

Deutschland.

Aus Frankfurt, 25. Sept., wird der N. M. Z. geschrieben: Es scheint, daß die in den Ber - liner Blättern schon laut gewordenen preußischen Prätensionen in der kurhessischen Angelegenheit wirklich sich geltend machen wollen. Wie mir aus gut unterrichteter Quelle versichert wird, ist vorgestern dem kurfürstlichen Ministerium zu Wil - helmsbad eine Note des preußischen Kabinets, Berlin, vom 21. datirt, zugekommen, in welcher es im Wesentlichen heißt: Man habe zu Berlin in Erfahrung gebracht, daß die kurfürstliche Re - gierung sich nach Frankfurt an die Bundesversamm - lung um Hilfe und Jntervention in ihrem Con - flicte mit den Ständen und Behörden des Lan - des gewendet habe. Es wird nun wiederholt die Nichtanerkennung der Bundesversammlung als sol - cher, so wie aller und jeder Beschlüsse u. Schritte derselben, namentlich auch in der kurhessischen An - gelegenheit ausgesprochen, und erklärt, das Berli - ner Kabinet müsse sich, in Rücksicht auf die poli - tische Stellung sowohl, als die geographische Lage Kurhessens Preußen gegenüber, seine Entschlüsse im eigenen Jnteresse, wie im Jnteresse Deutsch - lands vorbehalten. So wird der Jnhalt der preu - ßischen Note angegeben, die aber ihren erläutern - den Kommentar erst durch eine mündliche Erklä - rung des preußischen Geschäftsträgers am kurhes - sischen Hofe erhielt, dahin lautend, daß Preußen ein etwaiges Einrücken von Bundestruppen in Kurhessen, um dort nöthigenfalls den Beschlüssen der Bundesversammlung Kraft zu geben und Voll - zug zu verschaffen, nicht dulden werde. Es ließ sich erwarten, daß die kurfürstliche Regierung eine solche Prätension nicht stillschweigend hinnehmen würde. Es waren von Preußen zwei gleich unzu - lässige Eventualitäten in Aussicht gestellt. Ein - mal will es die bnndesgetreuen Regierungen an der Geltendmachung eines unbestreitbaren Rechts und an der Erfüllung einer unabweislichen Pflicht, nemlich der gegenseitigen Hilfeleistung, wenn die - selbe noth thut und verlangt wird, und des Voll - zugs der Befehle der obersten Bundesautorität hindern; auf der andern Seite stellt Preußen eine unverlangte, daher unberufene und unbefugte Ein - mischung seinerseits durch Einrücken preußischerTruppen auf kurhessisches Gebiet in Aussicht. Bei - des ist, wie gesagt, in jeder Beziehung unzulässig. Wenn Preußen sich der Erfüllung seiner Verpflich - tung gegen den Bund entziehen, wenn es dem ge - setzlichen Organ, der höchsten Behörde desselben die Anerkennung versagen will, so kann ihm dar - aus doch unter keinerlei Umständen ein Recht er - wachsen, die bundesgetreuen Regierungen daran zu hindern, ihrerseits die ihnen unbestreitbar zu - stehenden Rechte zu üben, ihre Pflichten zu erfül - len; noch viel weniger aber kann es sich ein Recht anmaßen, eine Hilfeleistung aufzudringen, wo solche nicht verlangt wird, Truppen auf das Gebiet ei - nes andern deutschen Staates einrücken zu lassen, ohne daß die Regierung dieses Staates solches verlangt oder genehmigt. Wenn solches zugelas - sen würde, so wäre damit faktisch die Unabhängig - keit der betreffenden Regierung, hier der kurhessi - schen, in ihren Entschlüssen und Handlungen, die Souveränetät des Landesherrn mit den daraus fließenden Rechten und Gewalten desselben, vernich - tet. Die Zulassung einer solchen Anmaßung, eines solchen Uebergriffes von Seite Preußens wäre ein gefährliches Präzedens, es wäre der erste Schritt zur förmlichen Mediatisirung und Aufspeisung der sämmtlichen mittleren und kleineren deutschen Staaten durch Preußen, und die einfachste Weise die Verwirklichung jener bekannten Jdee eines Großpreußens, das man zu Berlin so gerne an die Stelle eines großen mächtigen Deutschlands setzen möchte. Als im Mai vorigen Jahres preu - ßische Truppen in Sachsen einrückten, um dort zur Erdrückung des Aufstandes mitzuwirken, ge - schah es mit der Zustimmung des Landesherrn und seiner Regierung, welchen die durch die Bun - despflichten gebotene Hilfe geleistet wurde. Ebenso in Baden. Darum fiel es auch weder Oesterreich noch irgend einer anderen deutschen Regierung ein, Einsprache dagegen zu erheben. Anders aber ist es im gegenwärtigen Falle mit Kurhessen, wo es dem Kurfürsten wie jedem anderen Gliede des deutschen Bundes freistehen muß, Hilfe da zu verlangen, wo es ihm angemessen dünkt. -- Der obersten Bundesbehörde allein, welche die Pflicht hat über Ruhe und Aufrechthaltung der gesetzlichen Ordnung im Jnnern wie über die äußere Sicherheit Deuschlands zu wachen, stünde, selbst wenn ihr Dazwischentreten nicht angerufen würde, nicht nur das Recht, sondern selbst die Pflicht zu, dasselbe eintreten zu lassen, sobald das Jnteresse, die Sicherheit des ganzen Bundes es erforderte. Nimmermehr aber kann ein ein - zelner Staat eine solche Befugniß für sich in An - spruch nehmen oder gar üben wollen. Es wäre dies die schreiendste Rechtsverletzung, die maßlo - seste Willkür. Wenn demnach die kurhessische Re - gierung, wie ich höre, durch eine Note vom 23. sich von vornherein gegen jede unverlangte, daher ihr aufgedrungene preußische Hilfeleistung verwahrt hat, so hat sie dadurch nicht blos das eigene Recht und Jnteresse, sondern zugleich das aller anderen deutschen Bundesglieder gewahrt, indem sie einem Prinzip entgegengetreten ist, dessen Zulassung die gefährlichsten, heillosesten Folgen für ganz Deutsch - land, dessen Untergang zur Folge haben müßte.

Freiburg, 27. Sept. Heute sind eine An - zahl Hohenzollern'scher Soldaten hier eingetroffen, um unter die im Großherzogthum liegenden kgl. preußischen Truppen eingereiht zu werden. Ei - nige, welche dem hier liegenden Regimente zuge - theilt worden sind, werden hier verbleiben, die an - dern morgen ihre Reise an ihre resp. Bestimmungs - orte fortsetzen.

Darmstadt, 27. Sept. Die heute erschienene Nr. 45 des großherzogl. Regierungsbattes enthällt nachstehendes großherzogl. Edict, die Auflösung der Ständekammern und die Anordnung neuer Wahlen betreffend. Ludwig III., von Gottes Gna - den Großherzog ec. Wir haben auf den Grund der Artikel 63, 64 und 65 der Verfassungsur - kunde des Großherzogthums verordnet und ver - ordnen wie folgt: Art. 1. Die dermalige Ver - sammlung der Stände des Großherzogthums ist aufgelöst und die Wirksamkeit jeder der beiden Kammern der Landstände hört mit der Verkündig -ung dieses Edicts in denselben auf. Art. 2. Alle Rechte der in Beziehung auf den dreizehnten Land - tag stattgefundenen Wahlen sind erloschen. Art. 3. Es sollen sobald als thunlich neue Wahlen an - geordnet werden. Art. 4. Unser Ministerium des Jnnern ist mit der Vollziehung dieses Edicts be - auftragt. Urkundlich ec. Darmstadt, den 27. Sept. 1850. Ludwig. v. Dalwigk.

Aus Nassau, 26. Sept. Das Frankfurter Journal wird durch seinen Correspondenten über die Bornhofer Angelegenheit so rasch bedient, daß man in Versuchung kommt, denselben auf dem herzogl. Kreisamte Nassau zu suchen. Am 16. d. M. dekretirt das herzogl. Kreisamt Nassau auf das Gesuch der Redemptoristen um Gestattung des temporären Aufenthaltes, daß diesem Gesuche nicht zu willfahren sei, weil die Bittsteller kirch - liche Handlungen vornehmen wollten, dies aber von auswärtigen im Herzogthum nicht geprüften und von der zuständigen Staatsbehörde nicht an - gestellten Geistlichen nach der bestehenden Gesetz - gebung unzulässig sei, und droht gewaltsame Ausweisung, welche der Bürgermeister zu Camp, ein sehr gelehriger Jünger der Freien Zeitung und williger Handlanger des Kreisbeamten bei den Maßnahmen gegen die Redemptoristen, un - term 21. auf den 25. ankündigt. Diese Expedi - tionsverspätung nicht erwartend, sondern die als - baldige Ausführung des Hattischerifs mit voller Sicherheit annehmend, meldet der Correspondent des Frankfurter Journals triumphirend: Die Redemptoristen haben sich am 17. d. vor den nas - sauischen Landjägern nach Preußen geflüchtet. So schnell ist es nun freilich nicht gegangen; auch haben die Redemptoristen alsbald gegen die kreis - amtliche Decretur den Recurs an das Ministe - rium angezeigt, welchen der Herr Bischof ausfüh - ren wird. Ob sich der Kreisamtmann dadurch abhalten lassen wird, seinen Proscriptionsbefehl in Kraft zu setzen, wäre es auch nur, um eine zweite rettende That im Herzogthum Nassau vollbracht zu haben, wage ich allerdings nicht zu behaupten, nachdem derselbe die ihm durch § 28 der Amts - verwaltungsordnung auferlegte Pflicht darüber zu wachen, daß allen Religionsgesellschaften die freie und ungestörte Ausübung ihres Be - kenntnisses gesichert und gegen ungesetzliche Be - hinderungen der erforderliche Schutz gewährt werde so verstehen zu dürfen scheint, daß er die Prie - ster der katholischen Kirche nur dann Messe le - sen, die Sakramente ausspenden und das Evan - gelium predigen läßt, wenn sie sich gegen ihr Bekenntniß die Vollmacht dazu nicht vom katho - lischen Bischofe, sondern von ihm, dem Kreisbe - amten, auswirken. Für den Fall, daß des ein - gelegten Recursus ungeachtet die Redemptoristen von Bornhofen ausgewiesen würden, werden die - selben sich in einen der benachbarten Flecken, welche ihnen das Gemeindebürgerrecht geschenkt haben, zurückziehen und dort die Verleihung des nassauischen Staatsbürgerrechts resp. die Ministe - rial = Entschließung auf den ergriffenen Recurs ab - warten. Der Wallfahrtsgottesdienst wird für diese Zwischenzeit unterbrochen sein, da das bi - schöfliche Ordinariat verfügt hat, daß vom Au - genblicke eines der angerufenen Ministerial = Ent - scheidung vorgreifenden gewaltthätigen Einschreitens gegen die Wallfahrtspriester durch das Kreisamt oder den radicalen Bürgermeister zu Camp in der Wallfahrtskirche zu Bornhofen aller und jeder nicht von jenen verrichtete Gottesdienst unter Stra - fe von selbst eintretender Suspension des dagegen handelnden Priesters zu unterbleiben habe. Diese Verfügung ist es wohl, welche das Frankfurter Journal in eine Excommunicationssentenz umge - wandelt, mit überraschender Schnelligkeit in seinem letzten Tagesberichte über Bornhofen angezeigt hat. -- Natürlich sehen die Katholiken des ganzen Lan - des der Ministerial = Entschlinßung mit größter Span - nung entgegen. Bis jetzt haben schon vierzehn Gemeinden die Redemptoristen als Bürger aufge - nommen, und bereits von drei Decanaten hat die Geistlichkeit dem Herrn Bischif für die Berufung derselben in einer Adresse gedankt. Gewiß wird das Ministerium hierauf mehr Rücksicht nehmen,als das Kreisamt Nassau, für welches eine an - dere Gesetzgebung zu bestehen scheint, als die im Nassauischen Verordnungsblatte publicirte, welche nach einer früheren Mittheilung in diesen Blättern nichts von einer Staatskirche, also consequent auch nichts von einer Anstellung der Diener irgend ei - ner Kirche, am Wenigsten derer der katholischen, durch die Staatsbehörde etwas weiß. (M. Z.)

Dresden, 25. Sept. Jn Zittau sind von 6 Handwerksgesellen, die sich am vorjährigen Mai - aufstande betheiligt hatten, 5 zur Todesstrafe und einer zu 20jährigem Zuchthaus verurtheilt wor - den. -- Die wegen Theilnahme an der Maiin - surrektion vorigen Jahres in Haft befindlichen Bürgermeister Tzschukke und Lehrer Thürmer in Meißen sind in erster Jnstanz Ersterer zu5 3 / 4 - jähriger, Letzterer zu lebenslänglicher Zuchthaus - strafe ersten Grades verurtheilt worden.

Schwerin, 24. Septt Von den Mitgliedern der ehemaligen Linken wird heute Abend folgende Erklärung durch die Schweriner Zeitung ver - öffentlicht: Am 10. Oktober 1849 ward die zwi - schen dem Großherzog und der Abgeordnetenver - sammlung vereinbarte Verfassung als das giltige Staatsgrundgesetz veröffentlicht. Der Großherzog hatte bereits am 23: August v. J. gelobt, das - selbe treu und unverbrüchlich zu halten. Nicht minder leisteten die Mitglieder der ersten nach diesem Grundgesetz berufenen Abgeordnetenkammer das in demselben vorgeschriebene Gelöbniß, die Verfassung treu zu beobachten und zu bewahren. Einem Zweifel an der Giltigkeit dieser Verfas - sung war auf keiner Seite Raum gelassen, und dieselbe stand unlängst in anerkannter Wirksam - keit, als ein von dem Großherzog eingeholter Schiedsspruch und eine auf diesen Schiedsspruch gegründete Verordnung des Gesammtministeriums vom 14. d. M. das Staatsgrundgesetz vom 10. Oktober 1849 für aufgehoben erklärte. Durch unser Gelöbniß an die Verfassung des Landes gebunden und zur treuen Beobachtung und Be - wahrung derselben verpflichtet, konnten wir jener Ministerialverordnung eine rechtliche Wirkung nicht beilegen. Wir erschienen daher nach der uns bin - denden Vorschrift des §. 99 des Staatsgrund - gesetzes ohne Einberufung in Schwerin, um zu der verfassungsmäßigen Versammlung der Abge - ordneten am heutigen Tage zusammenzutreten. Die - ses Zusammentreten ward jedoch durch die von dem Ministerium über uns verhängten landkundi - gen Gewaltmaßregeln der Polizei zu einer that - sächlichen Unmöglichkeit. Der Gewalt hatten wir nichts entgegenzusetzen als unser Recht. Wir scheiden von Schwerin mit dem Bewußtsein, nichts unterlassen zu haben, um unserm Worte und un - serer Pflicht zu genügen. Verwahrende Erklärun - gen an das Ministerium hielten wir für unnütz. Die Thatsachen bekunden auch ohne Worte, daß wir das Staatsgrundgesetz vom 10. Okt. 1849 für rechtlich aufgehoben nicht erkennen. Ostorf bei Schwerin, den 24. Sept. 1850. Chr. Wil - brandt. Napp. Raber. Mecklenburg. Genzke. F. Wendt. Wenzlaff. Reinhard. R. Josephy. Möller. E. Türk. S. Schnelle. J. Reding. Modes. Heussi. J. Ritter. J. C. W. Beutler. M. Wiggers. Ju - lius Wigners. H. Zesch. J. H. Nevermann. M. B. Aarons. H. F. Deiters.

Linz, 26. Sept. Die kathol. Versammlnng fährt fort, ihre öffentlichen und geschlossenen Sitz - ungen zu halten. Die Redner in der ersten Abend - versammlung, Professor Michaelis aus Paderborn, Licentiat Wick aus Breslau, Michaelis aus Lu - xemburg, Moufang aus Mainz dürfen wohl selbst zu den ersten Kanzelrednern Deutschlands gezählt werden. Es schien uns, als sei ihnen auch be - gegnet, was der Prophet des alten Bundes spricht: der Engel habe ihre Lippen mit glühender Kohle gereinigt, so strömte das Feuer der Beredsamkeit von ihren Lippen. Wick sprach über die großen Lügen der Zeit, Michaelis schilderte mit Rührung u. Be - wegung die Schicksale des verbannten Bischofes Lau - rent, der der freimaurerischen Partei in Luxem - burg das Feld räumen mußte, und wie ihn das ganze Volke jetzt reklamire. Jch brauche Jhnen nicht weiter zu sagen, daß dieß derselbe Michaelsist, der die Verbannung und Gefangenschaft des großen Clemens August getheilt hat. Moufang verbreitete sich über die bereits im Leben ersicht - lichen wohlthätigen Folgen des katholischen Ver - einslebens. Dr. Maierhofer, Arzt aus Krems - münster, hielt einen höchst interessanten Vortag über den Lebensmagnetismus, Dr. Sepp über die Großthat einer katholischen Politik, nämlich die Freilassung der Kirche in Oesterreich, und über die Nothwendigkeit eines näheren Aneinander - schlusses zunächst der Bayern und Oester - reicher, solle das deutsche Vaterland aus den Stürmen der jüngsten Jahre glücklich hervorgehen, und nicht die Beute norddeutscher Anmaßung wer - den; Graf Stolberg erklärte sich über die hohe Bedeutung der Bonifacius = Vereine, deren Vor - stand er selbst ist, Legationsrath Lieber aus Nassau zog eine interessante Parallele zwischen dem Wir - ken der politischen Vereine und obendrein der Frankfurter Nationalversammlung und den katho - lischen Vereinen, Buß eiferte für die Nothwendig - keit der katholischen Associationen, als das einzige Mittel, die Gesellschaft zu retten. Heinrich aus Koblenz, selber noch im angehenden Jünglingsal - ter, über die Nothwendigkeit, die Jugend auf bes - sern Weg zu bringen, was um so ergreifender war, als sich im Redner eine wahrhaft reine katholische Jünglingsseele aussprach. Maler Stolz aus Jnspruck sprach über die Nothwendigkeit, die Kunst in dem Bereich der Kirche zu erhalten. Dr. Merz aus München redete über die Noth - wendigkeit, mit dem Schwert der Wissenschaft die Gegner aus dem Felde zu schlagen, und über die Pflicht, den Schulen aufzuhelfen. Endlich schloß Herr Jörg aus München mit einem Vor - trag über das geistige Proletariat in unserer Zeit, welches sich in Salons und Caffeehäusern herum - treibe, aus verkommenen Schreibern, Studenten, Praktikanten und Adspiranten, angehenden Beam - ten und Aerzten recrutire, und die ständige Re - volutionsarmee bilde. Die meisten Vorträge schlossen mit gewaltigem Applaus des zahlreichen Auditoriums. Gestern war auch eine allgemeine Versammlung im hiesigen Volksgarten, der ein Ausflug in die Umgegend folgte. Eben begin - nen heute wieder die Sitzungen. Gott gebe, daß der Eindruck ein nachhaltiger bleibe, und segne und mehre die Wirksamkeit der katholischen Vereine.

Berlin, 27. Sept. Wie die N. Pr. Ztg. hört, wird der neue Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Hr. v. Radowitz, die von ihm für die Zukunft einzuhaltende Politik baldigst in einer Circulardepesche an die sämmtlichen Gesandt - schaften darlegen. -- Die Gerüchte von einer weiteren Veränderung im Ministerium entbehren, wie dasselbe Blatt behauptet, vorläufig jeder Be - gründung.

Frankreich.

Paris, 26. Sept. Die Geschichte der Reise L. Napoleon's in den Osten und Westen von Frankreich ist jetzt erschienen. Der Verfasser, Bar - rail, gibt als Zweck seines Buches an, daß das - selb diese Zusammenkunft und den Händedruck, den das französische Volk und Napoleon gewech - selt, heiligen solle. -- Die französische Akademie hat in ihrer heutigen Sitzung ihr Bureau erneu - ert. Guizot ist zum Direktor und Pouqueville zum Kanzler ernannt worden. -- Ein Sohn des Ministers Baroche, bisher im Ministerium des Auswärtigen angestellt, geht jetzt als Gesandt - schaftssekretär nach Madrid. -- Ueber die Unter - drückung des Peuple de 1850 ist nachzutragen, daß das Zuchtpolizeigericht zu dieser Maßregel durch eine vom öffentlichen Ankläger gegen die drei verantwortlichen Herausgeber des Journals erhobene Anschuldigung veranlaßt ward. Diese lautete dahin, daß die Herausgeber bezüglich des Cautionsgeldes eine falsche Erklärung abgegeben hätten, indem sie nemlich angaben, daß dasselbe ihr eigenes persönliches Eigenthum sei, während doch der größere Theil dem von den Actionären aufgebrachtenKapital entnommen war. Das Gericht entschied, daß eine falsche Erklärung abgegeben worden sei, verurtheilte jeden der drei Angeklagten zu 3000 Frs. Geldstrafe und verfügte, daß das Journal nicht mehr er - scheinen dürfe. -- Die zu Lyon wegen Errichtung einer geheimen Gesellschaft unter dem Namen Mutuellisten angeklagten Personen sind vom Kriegsgerichte freigesprochen worden. Sie erklärten, daß sie Freunde der Ordnung seien und nicht ent - fernt eine gesetzwidrige Handlung beabsichtigt hät - ten. -- Die halbamtlichen Blätter melden ganz kurz, daß Persigny, den man beschuldigt, daß er der Anstifter des Artikels Was der Präsident will sei, mit einer Mission beauftragt, Paris ver - lassen hat. Worin diese Mission besteht, wird nicht gesagt. L. Napoleon ergreift von Zeit zu Zeit diesen Ausweg, um sich dem, seinen Ministern gegenüber stets compromittirenden, Einflusse seines vertrauten Rathgebers Persigny zu entziehen. Der Präsident scheint es nicht über sich gewinnen zu können, mit einer durch frühere Gemeinschaft der Unternehmungen und Geschicke ihm aufgebürdeten Umgebung zu brechen; aber er strebt, so oft er Gelegenheit dazu findet, seine Unabhängigkeit wieder zu erlangen und die halb gerissenen Be - ziehungen zu seiner Regierung und den Füh - rern der National = Versammlung herzustellen. Uebrigens ist man von allen Seiten be - müht, vor dem Wieder = Zusammentritte der National - Versammlung -- an eine frühere Einberufung durch die Permanenz = Commission glaubt man schon nicht mehr -- jeden augenfälligen Bruch zwischen den verschiedenen Parteien zu vermeiden. Auch ist die Stimmung dahier bereits wieder eine ganz ruhige, da die Desavouirungen dem sogenannten napolonischen Manifest fast seine ganze gegenwär - tige Bedeutung genommen haben, was fast nicht minder von dem Rundschreiben Barthelmy's be - hauptet werden kann. Den Oppositionsblättern, namentlich der Union , gibt heute der Umstand, daß zu Versailles nach der Revue die Truppen bewirthet wurden, willkommenen Stoff zu der Be - hauptung, daß der Präsident durch solche Mittel die Armee für sich zu gewinnen suche, womit zu - gleich die angebliche Absicht seiner Anhänger, eine neue Vermehrung seiner Dotation zu beantragen in Verbindung gesetzt wird. -- Ein Journal in Dijon wird wegen einer Rechtfertigung des lon - doner Attentats auf Haynau gerichtlich verfolgt. -- Einem Gerüchte zufolge soll in nächster Kam - mer = Session ein neues Ministerium sofort die Prä - sidenschafts = Verlängerung beantragen.

Jtalien.

Jn Betreff der Ergebnisse der Mission des Hrn. Pinelli wird aus sonst zuverlässigen Quellen bestätigt, daß die Sendung trotz der entgegenge - setzten Nachrichten vollständig gescheitert ist. Die piemontesische Regierung verlangte als nothwen - diges Präliminar einer etwaigen Uebereinkunft die Absetzung des Msgr. Fransoni. Der heil. Vater forderte hingegen als Conditio sine qua non aller ferneren Unterhandlungen die sofortige Frei - lassung des Hochwürdigsten Hrn. Erzbischofs. Die - se Extreme zu vereinigen, war bei dem bekannten Umständen sehr schwer, wenn nicht unmöglich. Der Minister möchte aber nun um jeden Preis eine Versöhnung herbeigeführt sehen, wie auch der Gazette de Lyon aus Turin geschrieben wird, und hat den Ritter Pinelli beauftragt, einst - weilen in Rom zu bleiben, um sich mit den dor - tigen Verhältnissen bekannt zu machen, ohne sein Beglaubigungsschreiben zu überreichen. Azeglio scheint zu Allem entschlossen; er würde von der Bahn, die er seither betreten, gerne ablenken, wird aber von seinen Collegen, Siccardi an der Spitze, gehalten. Es bliebe ihm dann nichts An - deres mehr übrig, als das Ministerium aufzulösen, und ein gemäßigtes zu bilden. Der Ministerpräsident verhehlt sich keines - wegs die Zweckmäßigkeit dieser Maßregel, und auch der König ist sehr geneigt, darauf einzugehen. Es entsteht aber da die andere Frage: Wird dasneue Ministerium die Majorität der Kammer für sich haben? Diese Frage müßte jedenfalls ver - neint werden. So müßte auch die Kammer auf - gelöst, und, wenn man sich nicht der Gefahr aus - setzen will, daß dieselben Männer wieder gewählt werden, ein neues Wahlgesetz ausgeschrieben. So unüberwindlich diese Hindernisse auf den ersten Anblick auch scheinen mögen, so wäre ein we - nig Muth schon hinreichend, sie alle mit ei - nem Schlage zu besiegen. Eine Maßregel müßte freilich gleichzeitig ergriffen werden, um der Haupt - stadt sowohl, als auch den größern Städten des Königreichs den Frieden und die Ruhe wiederzu - geben, -- die vielen Tausende von Flüchtlingen, die aus Ungarn, der Lombardei, aus dem Kir - chenstaate und aus Toscana in Piemont zusam - mengeströmt sind, müßten unschädlich gemacht oder ausgewiesen werden, und dann wird Victor Em - manuel seine bekannten treuen Unterthanen wie - derfinden.

Neuestes.

München, 28. Sept. Reisende, welche von Salzburg kommen, haben hier die Nachricht ver - breitet, daß der Kaiser von Oesterreich den am 30. dieses stattfindenden Passionsvorstellungen zu Oberammergau anzuwohnen gedenke.

Aus Baden, 27. Sept. Die gute Witterung, welche wir seit vier Wochen hatten, übt den besten Einfluß auf den Weinstock und dürfte das diesjährige Herbstergebniß alle Erwar - tungen übertreffen.

Stuttgart, 28. Sept. Wie man sich unter dem Volke Sympathien erwirbt, mag man aus der Tübinger Chronik ersehen. Gedachtes Blatt enthält ein Schreiben des Herrn Fürsten v. Wald - burg = Zeil, worin er für die Theilnahme an seinem Prozeß vor den Tübinger Geschwornen dankt. Es heißt darin: Etwas bedauere ich! Jch hatte im voraus erklärt, ich wünschte, im Falle einer Frei - sprechung, grade der gedrücktesten Klasse des Vol - kes, den Armen, eine freundliche Erinnerung an den 18. Sept. zurückzulassen, und hatte hierzu eine Summe bestimmt, welche etwa den Unkosten eines dreimonatlichen Festungsarrestes, der Prozeßkosten und der Geldstrafe, mithin ungefähr 1000 fl., 12 bis 1500 fl. gleichkäme. Dies ist nun nicht er - folgt, und selbst beim besten Willen bin ich außer Stande, diesen meinen Wunsch in Anbetracht der bedeutenden Kosten, die mir nun aufliegen, zu er - füllen. Sollte es aber meinem Vertheidiger ge - lingen, eine Richtigkeitsklage gegen das gefällte Urtheil durchzusetzen, und ich später, wo immer, freigesprochen werden, so soll mein Wunsch nach - träglich noch erfüllt werden!

Wien, 25. Sept. Dem Vernehmen nach ist es im Antrage, zu gestatten und freizustellen, daß Briefmarken zugleich zum Versiegeln der Briefe verwendet werden können.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Fremden = Anzeige.

Kronprinz. Weber, Kammerpräsident v. Koblenz. v. Neumann, Lieut. v. Bayreuth. v. Truchses, Oberlieut. von Ansbach. v. Rauscher, Lieut. v. Ansbach. Zipperich, Guts - besitzer v. Heubach. Mad. Walter v. Oppenheim. Kflte. : Renor v. Köln. Sepelmann v. Mainz.

Schwan. Röhmert, Fabrikant v. Erfurt. Beckmann, Rent. v. Dresden. Kflte. : Weber v. Mannheim. Mohr v. Eichstädt.

Witelsbacher Hof. v. Wendell, Gutsbes. v. Bres - lau. Joßberger, Pfarrer v. Urspringen. Med. Finke v. Salzburg. Kflte: Färber v. Neuenburg. Lemp v. Leipzig. Lönhard v. Koburg.

Württemb. Hof. Mr. u. Mrs. Harley, Rentier m. Bed. v. London. Leeb, k. b. Appell. = Ger. = Rath v. Passau. Kflte. : Fischer v. Marktbreit. Jänke u. Fleischner v. Berlin. Hillberger v. Memmingen Kleinhard v. Antwerpen. Flü - gel v. Freiburg.

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

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TextDie Bayerische Presse
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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