PRIMS Full-text transcription (HTML)
Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr Nr. 533.

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Nr. 241.
Würzburg, Dinstag den 8. Oktober. 1850.

Amtliche Nachrichten.

Dem Schullehrer Balthasar Müller zu Greß - hausen wurde die Schulstelle zu Löffelsterz kgl. Ldg. Schweinfurt; dem Schuldienstexspektanten u. dermaligen Schulverweser zu Löffelsterz J. Zehe wurde die Schul = und Kirchendienerstelle zu Markt - steinach k. Ldg. Schweinfurt und dem Schullehrer Strasser zu Lohr die 1. Schulstelle zu Riedenberg k. Ldg. Brückenau übertragen.

Die Steuerverweigerung.

Nun, ihr Herrn Demokrateu, dort in Darm - stadt ist kein Hassenpflug von der Spitze des Mi - nisteriums wegzuintrikiren -- ein Mann, so un - populär wie Graf Sedlnitzky in Wien . Alles das, wessen die demokratische Kammer in Darm - stadt das Ministerium beschuldigt, hat ein Mann wie Jaup gethan, ein Mann, der vor dem März das Jdeal der Liberalen in Hessen war, ein Mann, an dessen Biederkeit und Redlichkeit laut zu zweifeln noch heute selbst die Demokratie nicht den Muth hat, ein Mann, dessen Thun und Las - sen während der Zeit seiner Ministerpräsidentschaft genau und ängstlich mit der Verfassung harmo - nirte, der selbst zu Zeiten offener Rebellion sich kaum einen Schritt von der Verfassung zu treu - men wagte. -- Und dennoch verweigert man sei - nem Nachfolger, der sich offen zu dem System Jaup's bekannte, dem man noch keinen Vorwurf machen kann, weil von ihm noch keine irgend be - langreiche Regierungshandlung ausgegangen ist, da er erst wenige Wochen an der Spitze des Mi - nisteriums steht, -- wir sagen, dennoch verweigert man dem Staatsminister v. Dallwigk die Steu - ern, obgleich, oder vielmehr weil, er das System Jaup's adoptirte!! -- Wer erkennt hier nicht die Absicht, die günstige Gelegenheit zu ergreifen, um in die Bahn der kurhessischen Kammer einzulenken und an dem kurhessischen falschen Martyrerthum theilzunehmen? Es ist ein Jubel im Lager der Demokratie! Nur Eines übersieht man, nemlich, daß diese zweite Steuerverweigerung zwar die darmstädtische Regierung nicht in Verlegenheit bringen wird, da die konservativen Bewohner sicher - lich die Steuern bezahlen, daß aber dem Lande diese Steuerverweigerung, diese große demokratische That, das liberale Wahlgesetz kostet, und daß das allgemeine Wahlgesetz zum letzten Male in Hes - sen = Darmstadt zur Anwendung gekommen sein wird. -- Es knüpfen sich aber noch andere Be - trachtungen an dieses unsinnige Gebahren der Kammern der Kleinstaaten, und an die Klein - staaterei, so lange noch keine festgegliederte und mächtige Centralregierung Deutschlands vorhanden ist. Wir werden der Reihe nach in allen kleinen Kammern diesen Scandal erleben; diese legalen Zwerg = Propaganden in Kassel, in Darmstadt, in Stuttgart, in Wiesbaden ec. sämmtlich an sich unbedeutend, gewinnen dadurch an Bedeutung, daß sie gleichsam die Revolution verewigen; man ge - langt nicht zur Ruhe, noch weniger zu Organisa - tionen, und das eben ist's, was die Demokratie jetzt will. -- Von den Putschen auf offener Straße hat man sich losgesagt, es genügt die stets lebendige Agitation in den Kammern, unddas Abhalten jeder wahrhaft wohlthätigen Orga - nisation. Ueber den Stoff zur Klage kommt man nie in Verlegenheit; die eine Kammer klagt die Regierung an, weil sie sich bei dem engern Rathe betheiligt, und nicht bei der Union; die andere Kammer klagt, daß man sich bei der Union be - theiligt, und nicht beim engern Rathe; die dritte klagt über beides (wie z. B. in Darmstadt), und die vierte klagt, daß die Reichsverfassung des Par - laments durch den Fürsten von Lippe = Detmold noch keine Wahrheit geworden ist. Sie pfuschen in die große allgemeine, und in die kleine lokale, Politik; sie verlangen, daß durch eine Zauber - ruthe aus einem Chaos ein neues Deutschland konstruirt werde, und sie entziehen zugleich ihren Regierungen die Geldmittel, ohne welche weder im Kleinen noch im Großen etwas geschaffen wer - den kann. -- Dieses Kammerunwesen muß auf - hören, wenigstens so lange, bis über Deutschland im Großen entschieden ist. Für die deutschen Großmächte aber muß die legale Revolution in den kleinständischen Kammern eine Mahnung sein, keinen Augenblick mehr zu zögern, sondern rasch und fest einen Bund zu schließen, der von diesem unseligen Kammergeschrei nicht erreicht werden kann. Das Gebiet der Theorie muß verlassen, die Rechtsstreitigkeiten müssen bei Seite gelegt werden. Die Zeit des Handelns ist gekommen, die Verständigung ist eine Nothwendigkeit gewor - den, und es kann sich bei dieser Verständigung nicht mehr darum handeln, ob der eine oder der andere Theil einen Vortheil mehr oder weniger zieht, sondern nur darum, daß das Ganze gerettet wird, denn die Monarchie ist in Gefahr, wenn dieser trostlose Zwiespalt in Deutschland nur noch Monate besteht. -- Jm Jahre 1815 drängte Napoleon's Wiedererscheinen auf der Weltbühne den Wiener = Kongreß zu Entschlüssen. Jetzt droht kein Napoleon -- aber eine größere Gefahr klopft an die Pforte; der Zerfall Deutschlands und die sociale Revolution stehen vor der Thür. Möchte mann begreifen, daß diese kleinen Kammerwirren, in Kassel und in Darmstadt und überall, nur Symptome eines kochenden Kraters sind!

Süd = und West = Deutschland und Frankreich.

Je mehr die Verhältnisse in Deutschland und folgeweise in Europa sich verwickeln, je mehr sich insbesondere in dem Süden und Westen unsres Vaterlandes der Zündstoff wieder aufhäuft für eine zweite gefahrdrohendere Explosion, um so aufmerksamer folgen wir den Bewegungen und Zuckungen des von Parteien zerrissenen Frank - reichs, wohl wissend, daß uns das Signal aber - mals von dort kommen wird, und daß es wohl nur eines Funkens und günstigen Windes bedarf, den kaum gedämpften Brand der Revolution von Neuem zu einer verzehrenden Glut zu entzunden. Nur die kurzsichtigen Fanatiker der Ruhe können sich darüber täuschen, daß die Revolution einen neuen Schlag vorbereitet, und daß die verfassungs - treue Steuerverweigerung und der patriotische passive Widerstand in ähnlicher Weise ihre Rund - reise an die Höfe der deutschen Fürsten machenwerden, wie vordem die beiden Schüsse mit dem blutigen Mißverständniß, freilich nur als Prolog zu dem Schauspiel, was man in Frankreich in Scene setzen wird. Was aber ist es, was wir in Frankreich erblicken? Haß und Eifersucht nicht nur unter den verschiedenen Fraktionen der gro - ßen Partei der Ordnung , sondern auch im Schooße dieser Fraktionen selbst, Haß und Eifersucht ge - steigert zu einer Höhe, daß man schon zweifeln muß, ob die Furcht vor dem Communismus noch stark genug ist, ihnen das Gleichgewicht zu hal - ten. Daneben die rothe Republik thätiger und hoffnungsreicher als je, und zwischen beiden Nichts als ein Präsident, der unbeirrt durch irgendwelche Prinzipien, kaum ein anderes Ziel kennt als seine Person, und deshalb die Geschicke Frankreichs er - füllen wird wie es seine Wähler verlangen. Und die Armee, dieser letzte Pfeiler der gesellschaft - lichen Ordnung , ein treues Bild der Parteien und geködert von diesen so wie von dem Prä - sidenten der Republik durch die Lockerung der Disziplin und durch die Anreizung des Partei - geistes ihrer Führer. Was werden wir von diesen Saaten ernten?

Deutschland.

München, 6. Okt. Der erste Sonntag -- der Haupttag des Oktoberfestes, die Preiseverthei - lung des landwirthschaftlichen Centralfestes von Bayern mit seinem herkömmlichen (ersten) Pferde - rennen, wäre glücklich überstanden. Wir sagen glücklich überstanden, weil düstere Wolken, welche jede Minute sich zu entladen und darüber das ganze Volksfest zu stören drohten, diese Hauptzeit über leidlich aushielten. Schon der frühe Mor - gen weckte uns mit bis gegen Mittag währendem Regen, und schon sollten Vormittags Vorkehrun - gen zur Preisevertheilung an die Landwirthe ec., in der k. Hofreitschule -- statt auf der Festwiese -- getroffen werden, als König Max, wohl ein - gedenk der Tausend und Tausenden von Nah 'u. Ferne, welche sich bei solcher Gelegenheit gerne herbeidrängen, um den geliebten Landesvater zu sehen, die erfreuliche Bestimmung traf: jedenfalls auf die Festwiese zu kommen, selbst wenn das (Königs =) Zelt ob Nässe durchschlagen sollte. Maueranschläge verkündeten alsbald für 2 Uhr die Ankunft des Königs auf der Festwiese. Trotz drohender Wetterwolken wogte es schon um die Mittagsstunden zu Tausenden aus allen Ständen und Gegenden durch die dahin führenden Straßen, und als nach 1 Uhr dorten das vor dem Königs - zelt die Ehrenwache bildende (2. ) Jnf. = Bat. der k. Landwehr anlangte, war bereits die Anhöhe daselbst von unabsehbarer Volkszahl besetzt. Eine halbe Batterie der k. Landwehr = Artillerie rückte zur Salutirung bei dortiger Ankunft und Ab - fahrt des Königs aus. Schon nahte die zweite Stunde und alles drängte sich, um den König kommen zu sehen, an welcher Seite ja auch des - sen kgl. Bruder, König Otto von Griechenland erwartet wurde. Mit der ersten Kanonensalve -- welche die Abfahrt des Königs aus der Re - sidenz verkündete, womit bis zur Ankunft auf der Festwiese fortgesetzt wurde -- erhoben sich die Blicke der Volksmasse in sichtlicher Freude nachjener Gegend, von welcher der kgl. Wagen kom - men mußte. Alsbald verkündeten schon von der Ferne und immer näher und lauter werdende Hoch das Herannahen desselben. Von einer Es - kadr. Cavallerie der k. Landwehr geleitet, langte König Max, ihm zur Seite König Otto, in blauem, reich mit Silber gesticktem griechischem Costüme, unter dem lebhaftesten Volksjübel am Königszelte an, in welchem sich bereits das ge - sammte diplomatische Corps, die Staatsminister und die höhern Staatsstellen, dann der Magi - strat zum Empfange eingefunden hatten. Die vis à vis dem Königszelte auf der Anhöhe postirten 6 Regimentsmusiken begannen vereinigt die Volkshymne -- heute begleitet von circa 90 Tambours (! ) -- zu spielen. Der Volksjubel wollte sich kaum etwas legen als von ferne abermals Hoch ertönten, in welche die Gesammtmasse beim Anblicke des Herannahens der Königin Marie, ihr zur Seite die Prinzessin Luitpold, aufs neue rauschend ein - fiel, so daß sie darüber die Gesammtmusik sammt ihren 90 Tambours weit übertönte. Nach gegen - seitig ceremoniellem Empfange begann nun die von dem König selbst vorgenommene Preisever - theilung an die Landwirthe ec., während welcher vorgenanntes, aus 6 Regimentsmusiken bestehendes Musikkorps, verschiedene Stückweisen aufspielte. Nach gänzlich beendeter Preisevertheilung begann das Pferderennen. 20 Rennmeister ließen hiebei ihre Pferde laufen. Die Rennbahn, welche 1 / 4 deutsche Meile beträgt, wurde, bei sehr nassem Boden, binnen 12 -- 13 Minuten umritten. Nach Beendigung des Rennens kehrten König Max mit dem König Otto, die Königin Marie mit der Prinzessin Luitpold ec., im Geleite der Landwehr - Cavallerie unter gleichem Volksjubel und dem Donner der Kanonen sofort zur Stadt zurück. Hinter dem Königszelte hatte sich ein vierspänni - ger mit Gemüsen und Früchten beladener, mit Guirlanden und Blumen festlich gezierter Wagen aufgestellt, den die Bamberger Gärtner gleich vor. Jahre zum Feste gebracht hatten. 4 schmucke Gärtnerinnen hielten in Körbchen die schönsten ihrer Früchte, dem hohen Königspaar wohl zuge - dacht, während einer der mit angekommenen Gärt - ner den silbernen Pokal, welchen König Max den - selben vor. Jahr zum Andenken gegeben, zum Credenz für dasselbe bereit hielt, aber -- leider mußte dies Vorkommen wohl dem König zu mel - den entgangen sein, denn noch harrten sie des Königs, als solcher bereits die Rückfahrt schon angetreten. -- Die Bamberger entschlossen sich nun zur Residenz noch zu fahren -- ob sie dort heute noch vorgekommen, wissen wir nicht. -- Die unzählige Volksmasse, welche sich entlang der Anhöhe, sowie auf dem Festplatze selbst aufgestellt hatte, zog sich nach Rückfahrt des Hofes zum Theil nach den dortigen Wirthsbuden, zum Theil nach der Stadt zurück. -- Gestern Abend erschien König Otto an der Seite seines kgl. Bruders Max und der Königin Marie im Hoftheater und wurden von dem der Vorstellung der Jungfrau von Orleons zahlreich anwohnenden Publikum enthusiastisch begrüßt. -- Morgen gehen die obengenannten Majestäten nach Hohenschwan - gau zurück, während der König und die Königin von Sachsen, welche dem heutigen Volks - feste gleichfalls anwohnten, nach Sachsen zurück - kehren. -- Die Enthüllung der Bavaria wird, wenn der Himmel es gestattet am kommenden Mittwoch stattfinden. -- Fürst von Schwarzen - berg wird morgen Mittag 11 Uhr nach Bregenz abreisen, dort dem Kaiser von Oesterreich seine Aufwartung machen und dann denselben nach Hohenschwangau begleiten, wohin sich -- neueren Nachrichten zufolge -- auch König Otto von Griechenland begeben wird. -- Heute sind Kuriere von Wien und Frankfurt, direkt an den k. k. Mi - nisterpräsidenten, Fürsten Schwarzenberg abgesen - det, hier eingetroffen. Außerdem beehrten den österr. Diplomaten mehrere hohe Personen mit ihrem Besuch. -- Morgen findet ein Manöver nach Neu = Freiman statt, wozu 8 Bataillone Jnfanterie, 6 Eskadronen Cavallerie, 1 fahrende und 1 rei - tende Batterie Artillerie auszurücken haben. DerAusmarsch findet bei günstiger Witterung schon Morgens 6 Uhr statt. -- Vom 10. angefangen, wird die Jnfanterie wieder bis auf 50 Mann per Kompagnie beurlaubt.

Blieskastel, 3. Okt. Gestern kam der be - kannte Christian Zinn, zur Freischaarenzeit Com - mandant der Sensenmänner, aus Frankreich hier durch, um sich in Zweibrücken der Staatsbehörde zu stellen. Wahrscheinlich war es die Noth, welche ihn zu diesem verzweifelten Schritte gedrängt hat. Die übrigen politischen Flüchtlinge, welche sich bisher in der Nähe der Grenze aufhielten, wur - den kürzlich gezwungen, im Jnnern Frankreichs ihren Aufenthalt zu nehmen. Nur zwei, König und Helwig, durften bleiben, der erstere, weil er sich häuslich niedergelassen, der zweite, weil er bei einer verheiratheten Tochter lebt. Die übri - gen, worunter die Herren Didier, Notär Schmidt, Kötz, Mayer u. a. mußten theils in die Bre - tagne, theils entschlossen sie sich zur Auswande - rung nach Amerika. (Pf. Z.)

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel 5. Okt. Beschlüsse kurfürstl. General - auditoriats auf die vom bleibenden landständischen Anschusse gegen den Generallieutenant v. Haynau erhobenen Anklagen: Auszug aus dem Jnquisi - tionsprotokolle des Generalauditoriats. Kassel, am 4. Okt. 1850. Nr. 4240 betreffend die vom bleibenden landständischen Ausschusse gegen den Generallieutenant v. Haynau dahier erhobene An - klage wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt, Ver - fassungsverletzung und Theilnahme am Hochver - rath. Beschluß. Dem hiesigen Garnisonsgerichte wird diese Anklage des bleibenden Ständeaus - schusses vom 2. d. M. hieneben zugeferdigt und dabei Nachstehendes eröffnet: Die Anklage hat zum Gegenstande, daß der Generallieutenant v. Haynau unter Berufung auf die ihm durch Ver - ordnungen vom 7. und 28. v. M. beigelegte Ei - genschaft eines Oberbefehlshabers über den Com - mandeur der hiesigen Bürgergarde, Seidler, we - gen verweigerter Anerkennung seiner Autorität vorbehaltlich weiterer Maßregeln die Suspension vom Dienste ausgesprochen hat. Jnsofern dem Generallieutenant von Haynau zu einer solchen, auf die Bestimmungen des Bürgergardengesetzes vom 23. Juni 1832 nicht zu gründenden, Hand - lung die Berechtigung fehlt, würde solche mit Rücksicht auf die von demselben eingenommene öffentliche Stellung und die hienach für den Fall der Nichtbefolgung seiner Anordnungen in Aus - sicht stehenden Gewaltmaßregeln als eine Verge - waltigung zu betrachten sein. Eine Berechtigung des Generallieutenants v. Haynau zu der dem Bürgergardecommandeur Seidler gegenüber vor - genommenen Handlung liegt aber nicht vor. Denn, was zunächst die Verordnung vom 7. v. M. be - trifft, so ist die Erklärung des Kriegszustandes, wie die Motive der Verordnung selbst ergeben, nicht in Folge einer Kriegserklärung gegen ir - gend einen Feind, sondern nur zur Aufrecht - haltung der Sicherheit des Staats und der öffent - lichen Ordnung, mithin als eine auf die innere Landesverwaltung bezügliche Anordnung erfolgt, und konnte sonach, in so fern dadurch die ge - setzlichen Bestimmungen über die Bürgergarden abgeändert werden sollen, in Ermangelung der landständischen Zustimmung und, da es sich nicht um Vollziehung oder Handhabung bestehender Gesetze handelt, nur auf die Vorschrift des § 95 der Verfassungsurkunde Absatz 2 (von den Worten: Auch kann ec. an) gegründet werden. Zur Rechtsbeständigkeit einer in der letzteren Weise zu erlassenden Anordnung gehört aber nicht nur eine vorausgegangene Erklärung des Ge - sammtstaatsministeriums, daß die betreffenden Maßregeln zur Sicherheit des Staats oder zur Erhaltung der ernstlich bedrohten öffentlichen Ord - nung wesentlich und unaufschieblich sei, sondern auch die Zuziehung des ständischen Ausschusses zu dieser Erklärung, d. h. einstweiligen Supplirung des landständischen Consenses durch Zustimmung des Ausschusses. Während das erste Erforder -niß in der Verordnung sich beurkundet findet, fehlt es an der Beurkundung des zweiten hinge - gen gänzlich, indem vielmehr das Gegentheil, daß eine Zustimmung des bleibenden Ständeausschus - ses nicht stattgefunden habe, in der Verordnung geradezu gesagt ist. Bei einer solchen Sachlage kann die Contrasignatur der Minister dem frag - lichen unzuverständigerweise einseitig erfolgten Er - lasse allgemeine Vollziehbarkeit nicht sichern. Die weitere Verordnung vom 28. v. M. schließt nun zwar jede Cognition über die rechtliche Giltigkeit oder Wirksamkeit der Verordnung vom 7. v. M. aus (§ 1), es ist dieser Ausspruch je - doch nicht rechtsverbindlich. Die Verordnung vom 28. kündigt sich nämlich nicht als eine solche an, welche mit landständischer Zustimmung erlassen worden sei, sondern bezieht sich allgemein in dem, dem § 1 zunächst vorhergehenden Satze, auf den § 95 der Verfassungsurkunde, dessen Absatz 2 von den Worten: Auch kann ec. an, hiernach allein in Be - tracht gezogen werden kann. Es ist nun aber die Vorschrift des § 95 in Ansehung der bei außer - ordentlichen Maßregeln vorher erforderlichen Zu - stimmung des landständischen Ausschusses als beo - bachtet nicht nachgewiesen, was aus Folgendem hervorgeht. Nach dem Eingange der Verordnung vom 7. v. M. hat der bleibende Ständeausschuß gegen seine Zuziehung zum Erlaß der darin ent - haltenen Maßregeln allgemeinen Widerspruch ein - gelegt. Jm Anhange zu der Verordnung vom 28. v. M. aber wird verkündigt, daß der ge - dachte Ausschuß die von der Ständeversammlung begonnene Rebellion fortsetze. Nach dem dabei weiter Angeführten bezieht sich dieser Ausspruch auf das Verhalten des Ausschusses, den Verord - nungen vom 4. und 7. v. M. gegenüber. Folge - weise wird hierdurch dargelegt, daß sich derselbe mit der Staatsregierung auch hinsichtlich des Er - lasses der Verordnung vom 28. nicht in Einver - ständnisse befinde. Denn diese letztere ist gerade zur Handhabung und Ergänzung der Verordnung vom 7. v. M. erlassen worden und wenn der Ausschuß damit einverstanden gewesen wäre, hätte von seinem Verhalten als von einer fortgesetzt werdenden Rebellion nicht geredet werden können. Hiernach steht nicht anzunehmen, daß die in der Verordnung vom 28. v. M. stattgehabte allge - meine Beziehung auf den § 95 der Verfassungs - urkunde den Sinn haben solle, daß eine Zustim - mung des landständischen Ausschusses zu den frag - lichen Maßregeln stattgefunden habe. Eine solche Zustimmung ist deßhalb auch nicht durch die mi - nisterielle Contrasignatur bezeugt und beurkundet. Damit stimmt die von dem bleibenden Stände - ausschusse in glaubhafter Form gemachte Mitthei - lung über die der vorliegenden Verordnung vor - ausgegangenen Verhandlungen überein, indem danach der gedachte Ausschuß seine Theilnahme an der deßfallsigen Berathung und Beschluß - fassung geradezu abgelehnt hat. Wäre aber auch eine Zustimmung des bleibenden Stände - ausschusses erfolgt, so würde die Verordnung nichts desto weniger unzuständiger Weise erlassen sein, weil dieselbe geradezu Bestimmungen der Verfas - sungsurkunde aufhebt, eine solche Aufhebung aber nach Maßgabe der im § 153 der Verfassungsur - kunde enthaltenen Vorschriften nur unter Mitwirk - ung der Landstände selbst bewirkt werden kann. Hiernach ist der erhobenen Anklage, in so weit sie das Vergeben einer Vergewaltigung als indi - cirt darlegt, stattzugeben und wird demnach dem Garnisonsgerichte auf den Grund des § 33 der Militärstrafgerichtsordnung Auftrag ertheilt, die Untersuchung gegen den genannten Angeklagten, einzuleiten und hierin das weitere Rechtliche zu verfügen. 2) Dem bleibenden landständischen Aus - schusse wird hiervon Nachricht ertheilt v. Urff, Ge - neralmajor. Eichenberg, Generalauditeur. Auszug aus dem Jnquisitionsprotocolle des Generalaudi - torats. Kassel, am 4. Oktober 1850 Nr. 432. Betreffend die von dem permanenten landständi - schen Ausschusse gegen den Generallieutenant von Haynau dahier, wegen Auflösung der hiesigen Bür - gergarde erhobene Anklage. Beschluß: Die Ein - gabe des bleibenden landständischen Ausschusses vomheutigen Tage wird dem hiesigen Garnisonsgericht unter Bezugnahme auf die zur Nr. 424 Jn. = Pr. gegebene Entscheidung zur Untersuchung und wei - teren rechtlichen Verfügung hier neben zugefertigt und 2) dem bleibenden landständischen Ausschuß hiervon Nachricht ertheilt. v. Urff, Generalmajor Eichenberg, Generalauditor. An den permanenten landständischen Ausschuß hier.

Hanau, 6. Okt. Eine gestern Abend von Kassel hier angekommene Deputation, bestehend aus den Oberappellationsgerichtsräthen Schotten, Schellenberg und Elwers, sowie dem General - staatsprokurator Kerstig begab sich heute Vormit - tag nach Wilhelmsbad, um Sr. k. Hoheit dem Kurfürsten eine auf die jüngsten Ereignisse in Kas - sel sich beziehende Adresse des Oberappellations - gerichts zu überreichen. Es wurde diesen Herren die Antwort, da die Minister nicht anwesend seien, (sie hatten sich früh Morgens nach Frankfurt be - geben) könne der Kurfürst sie nicht empfangen; derselbe wolle sie morgen erwarten. -- Zugleich ist der Obristlieutenant Hildebrand als Beauf - tragter des Offiziercorps von Kassel hier anwe - send. Er hatte Mittags Audienz bei Sr. k. Ho - heit, von dem man nur erfahren, daß sich der Kurfürst geäußert, es befremde ihn, daß man un - terstelle, er verletze die Verfassung, oder wolle sie verletzen. Hr. Hildebrand soll auf 4 Uhr Nach - mittags nochmals vorbeschieden sein. Näheres hat über den Erfolg seiner Sendung nicht verlautet.

Hanau, 7. Okt. 1 1 / 2 Uhr Nachmittags. Die Sendung des Obristleutenants Hildebrand und der Deputation des Oberappellationsgerichts an Se. k. Hoh. den Kurfürsten ist ohne Erfolg ge - blieben.

Schleswig = holsteinische Ange - legenheiten.

Flensburg, 1. Okt. Der außerordentliche Regierungscommissär hat folgende Bekanntmachung erlassen: Da öffentlichen Blättern zufolge die so - genannte Statthalterschaft in Kiel Scheidemünze ausprägen zu lassen beabsichtigt, so werden alle Bewohner des Herzogthums Schleswig hierdurch vor der Annahme solcher Münze verwarnt und darauf aufmerksam gemacht, daß dieselbe jeder Garantie ermangelt, indem sie als gesetzlich gil - tige Münze nicht wird anerkannt und ein An - spruch an die Staaatskasse so wenig in Beziehung auf diese Münze, als auf irgend welche von ei - ner der insurrectionellen Regierungen ausgestellte Repräsentiven, namentlich die sogenannten Kassen - scheine, wird zugestanden werden.

Vor Rendsburg, 3. Okt. Die sogenannte Belagerung von Friedrichstadt dauert fort; doch nur von einer Seite, wie solches auch nur mög - lich, denn die beiden andern Seiten. sind von Was - ser umgeben und die vierte, nördliche Seite steht den Dänen offen. Es wachsen täglich neue Schan - zenwerke aus der Erde und bei dem moorigen Terrain kann man gar nicht wissen, wie und wo die Dänen ihre Schanzenanlagen alle haben; ein Sturm ist deshalb nicht gut zu wagen und sind deshalb die Aussichten, um Friedrichstadt in Be - sitz zu bekommen, sehr schwach, ja Terrainkundige behaupten, daß bei den angewandten Mitteln gar keine Aussicht auf Erfolg sei. Man erwartet auch in den nächsten Tagen auf Aufgeben des ganzen Planes. Das Bombardement erfolgte heute auch nur sehr schwach und in 8 bis 10 Minuten lan - gen Pausen fiel immer ein Schuß von den schles - wig = holst. Batterien, während die der Dänen ganz schwiegen. Ein Vordringen mit Massen ist ganz unmöglich, weil nur ein schmaler Chausseeweg und einige Dämme durch dieses Marschland passirbar sind. Fast scheint es aber auch, daß es mit die - sem Angriff gar nicht recht Ernst gemeint sei, sondern man will durch diese Art, mit dem Feinde sich zu engagiren, bewirken, daß derselbe seine fe - sten Positionen im Centrum verlassen soll und selber in die Offensive übergehe, wie solches gleich - falls bei dem Angriff auf Missunde beabsichtigtworden war; allein darin wird man sich auch diesesmal gewaltig täuschen, denn die Dänen wol - len vorläufig nur Schleswig bis zu ihren festen Positionen behalten, alles Weitere hoffen sie auf dem Wege den Unterhandlung mit den Großmäch - ten zu erreichen um ihre Kräfte zu schonen. Sie vertheidigen deshalb auch nur ihren Landstrich in - nerhalb ihrer Schanzen und lassen sich auf ein Vorschreiten nicht ein Hier sind sie aber auch gänzlich gesichert und werden von der schleswig - holsteinischen Armee nicht herausgebracht werden.

Kiel, 3. Okt. Jn der heutigen Sitzung der Landesversammlung wurde der Departementschef Francke von dem Dr. Müller wegen der in den Hamburger Nachrichten von gestern enthaltenen Mittheilung über die Friedensmänner interpellirt. Der Departementschef gab eine ausführliche Dar - stellung des Thatsächlichen, zollte den Bestrebungen der Friedensmänner die größte Anerkennung und wünschte ihren Bemühungen den Erfolg, den die aufopfernden Anstrengungen dieser höchst ehrenwer - then Männer, den Frieden zu bewirken, verdienen müßten. Er erklärte es für seine volle Ueber - zeugung, daß die schlesw. = holsteinische Sache ruhig einem Schiedsgericht überlassen werden könne; so gut sei das Recht des Landes. Da er diese Zu - versicht habe, so habe er keinen Anstand genommen, dasselbe den Friedensmännern zu erklären, vorbe - haltlich der Zusammensetzung des vorgeschlagenen Schiedsgerichts. Die Friedensmänner hätten mit dem dänischen Minister der auswärtigen Angele - geheiten in Kopenhagen und dem dortigen Con - seilspräsidenten Unterredungen gehabt, und auf eine schriftliche Anfrage habe man sich auch dort für eine solche Entscheidung erklärt. Die Friedens - männer hätten nur gemeint, daß Männer in die - sem Gerichte Sitz nehmen müßten, die an dem Kriege zwischen Deutschland und Dänemark nicht Theil genommen und kein Jnteresse an dieser Sache hätten. Auf die Schwierigkeit der Zusammensetzung sei aufmerksam gemacht worden. Es sei auf die al - ten Recesse, namentlich den gültigen Koldinger Receß von 1533, hingewiesen worden. Es sei aber kein Versuch in Betreff eines Stillstandes des Krieges gemacht, weßhalb er den Friedens - männern zu erkennen gegeben habe, daß man dies - seits den Atrocitäten, Abnormitäten und Scheuß - lichkeiten, die täglich im Schleswigschen vorfielen, entschieden entgegentreten werde. Wenn indeß von Dänemark eine auf Grundlage der angeführten Recesse fundirte Proposition gemacht werden wür - de, so werde er dem zweiten Organ des Landes diese mittheilen, wenn sie nicht ganz ungehörig sei. Dr. Müller dankte für die ausführliche Beantwort - ung seiner Frage. Die Antwort des Departe - mentschefs stimmt wesentlich mit dem von den Herren Sturge und Gen. veröffentlichten Bericht überein.

Altona, 4. Okt. Die H. N. veröffentlichen eine Widerlegung des bayerischen ehemaligen Feld - caplans Filser der vom Flensb. Corresp. und dänischen Blättern gegen die bayerischen Soldaien erhobenen Beschuldigungen, als hätten diese in der Kirche zu Skanderup die scheußlichsten Greuel ver - übt. Uebrigens hat das dänische Ministerium da - durch sich veranlaßt gesehen, den Gegenstand in amtliche Behandlung zu nehmen, deren Resultat demnächst amtlich veröffentlicht werden dürfte.

Kiel, 4. Okt. Die langen geheimen Sitzungen der letzten Tage, zu denen gestern und vorgestern auch noch Abendsitzungen kamen, haben, wie man hört, die Verhandlungen über die Finanzfrage end - lich zum Schluß gebracht. Als das Wesentliche der Beschlüsse, soweit sie vor die Oeffentlichkeit treten werden, wird bezeichnet eine gezwungene An - leihe, welche vom Vermögen und vom Einkommen erhoben werden wird; vom Vermögen zu 1 pCt., vom Einkommen nach dem Ansatz des letzten Jah - res, falls nicht eine Veränderung von mindestens 1 / 4 des Betrags nachgewiesen werden kann.

Koburg, 2. Okt. Unsere Ständeversammlung hat die vom Staatsministerium in den letzten Ta -gen getroffenen außerordentlichen Vorkehrungen zur Erhaltung der Ruhe und Ordnung einstimmig genehmigt und zum Gesetze erhoben. Am 9. d. M. wird eine Abtheilung gothaischer Soldaten hier eintreffen; die Familie des Staatsministers von Seebach ist von hier nach Gotha abgereist, da ihr nach den Jnsulten der letzten Tage -- ein Pöbelhaufe zertrümmerte beinahe alle Fenster in der Wohnung des Ministers -- der Aufenthalt hier verleidet worden ist.

Wien, 1. Okt. Ungarns Zustände sind zum Verzweifeln trübselig, und die zahlreichen, immer rührigen Feinde benutzten sie, um das Ministe - rim darüber anzuklagen, was eine Folge hundert - jährigen Unrechts ist. Ein kurzer Ausflug, den ich dieser Tage in die nahen Grenzcomitate von Preßburg und Tyrnau machte, hat mich mit ei - genen Augen überzeugt; das gesegnete Land liegt zur Zeit wild und unangebaut, viele Grundbesitzer stehen am Abgrund des Ruins, denn sie haben während der zwei letzten Jahre nicht nur keine Rente gezogen, sondern die schwersten Ausgaben machen müssen. Wie mag es nicht im Jnnern des Landes und nach der türkischen Grenze hin ausschauen? Es ist eine Riesenarbeit, aus Un - garn ein Stück civilisirter Erde zu machen, und bei dem besten Willen, denn die Regierung zeigt, ist es doch nicht minder wahr, daß sie die Größe der Uebel, womit sie zu kämpfen hat, noch gar nicht in ihrer ganzen Größe zu übersehen vermag. Demnach wird auch der Plan einer deutschen Colonisirung auf bessere Zeiten vertagt werden müssen.

Wien, 3. Okt. Was die Ernennung des Hrn. von Radowitz zum preußischen Minister der aus - wärtigen Angelegenheiten hier für einen Eindruck gemacht habe? Keinen sonderlich günstigen. Ei - nige fromme Seelen meinen zwar, daß Hr. von Radowitz, weil er ein strenggläubiger Katholik sei. auf seinem jetzigen hochverantwortlichen Posten in sich gehen und eine Politik ändern werde, welche vollkommen geeignet ist, Deutschland an den Rand des Verderbens zu bringen. Diese Meinung wird aber nur von sehr wenigen getheilt, weil man weiß, daß Hr. v. Radowitz bei weitem mehr Diener seines kgl. Gebieters, als der katholischen Kirche ist. Wäre er das letztere mehr, so würde die Politik, der er huldigt, die seinige unmöglich sein können. Glauben Sie das einem ächten Ka - tholiken! Nie vermöchte ein solcher die Hand zur Spaltung Deutschlands zu bieten. Wenn der König von Preußen die gegenwärtige preußische Politik für seinen eigensten Gedanken erklärt hat, so bleibt dem Hrn. v. Radowitz, nachdem er den Ministerposten angenommen hat, nur übrig, diese Politik unter einigen geringen Motifikationen fort - zusetzen. Und so erwartet man denn hier im Ganzen die Fortspielung des seit zwei Jahren ge - triebenen Spieles. Darauf deutet auch ein Leit - artikel der Deutschen Reform vom 25. Sept. hin. Zuverlässig hat dieses Spiel Deutschlands Macht und Ansehen nach Außen nicht erhöhet, und eben so wenig hat es sein inneres Glück ge - fördert. Es muß also dieses Spiel, gelinde ge - sagt, ein eminent der wahren Staatsweisheit wi - dersprechendes genannt werden. Jst es politische Beschränktheit, oder politischer Starrsinn, daß das - selbe von Preußen nicht endlich aufgegeben wird? Vielleicht beides. Es hat nur noch gefehlt, was jetzt geschehen ist, daß nämlich der hessische Steuer - verweigerungs = Aufruhr von preußischer Seite für legal erklärt wurde. Wer schreit gegen die kur - hessische Regierung? Alle demokratischen und re - publikanischen Schattirungen im Unisono. Jhnen hat das preußische Cabinet sich jetzt durch offen - kundige Aktenstücke beigesellt. Ein schlimmer An - fang der amtlichen Thätigkeit des neuen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Preußens! Wie soll das Alles enden? Der jetzige Zustand der Dinge ist wahrhaft unerträglich; er verletzt das Rechtsgefühl, er verletzt den gesunden Menschen - verstand. Nur wenn Preußen auf den Rechts - boden der Bundesverträge zurückkehrt, wo leider kein Anschein vorhanden, können die deutschen Wir - ren in befriedigender Art gelöst werden.

Berlin, 5. Okt. Wunderbare Versionen werden über den Jnhalt einer neuerdings von dem russischen Cabinet an das österreichische ge - richteten Note in Gang gebracht. Aus zuver - lässiger Quelle können wir versichern, daß der Jnhalt dieser allerdings vorhandenen Depesche der ist, daß Rußland ausspricht, es werde für den Fall einer zwischen Preußen und Oesterreich ausgebrochenen Streitigkeit sich auf Seiten dessen stellen, welcher den Verträgen von 1815 am nächsten steht.

Berlin, 5. Okt. Zwischen dem Minister des Auswärtigen Herrn v. Radowitz und dem Herrn v. Manteuffel soll neuerdings wieder eine Span - nung eingetreten sein, welche letzteren leicht ver - mögen könnte, sein Portefeuille vor dem Zusam - mentritte der Kammern niederzulegen. Die gest - rige Fahrt des Herrn v. Manteuffel nach Sans - souci zum Könige soll darauf Bezug gehabt ha - ben. Es heißt gleichzeitig, daß Herr v. Rado - witz sich sehr willfährig zeige, dem österreichischen Cabinette und dessen Verbündeten Concessionen zu machen, und von energischen Maßregeln ab - rathe. Die hier accreditirten fremden Gesandten sollen es übrigens dem Herrn v. Radowitz nicht sehr freundlich aufgenommen haben, daß er sich von ihnen abschließe und zur Zeit gar nicht per - sonlich mit ihnen verkehre. -- Jn diplomatischen Kreisen erachtet man es für keinen Beweis freund - licher Gesinnung Rußlands gegen Preußen, daß Herr v. Meyendorff als russischer Gesandte von hier abberufen worden ist. Man hält es sogar für leicht möglich, daß der russische Gesandt - schaftsposten hier vorläufig nicht wieder von einem Gesandten, sondern nur von einem Geschäftsträ - ger verwaltet werde. Höheren Orts soll man wegen der Abberufung des Herrn v. Meyendorff etwas verstimmt sein. -- Aus guter Quelle ver - mögen wir die Mittheilung zu machen, daß im Laufe d. M. die Zusammenberufungsschreiben an die Kammern ergehen werden und deren Zusam - mentritt dann am 8. oder 10. November d. J. erfolgen wird.

Posen, 2. Okt. Ueber die desertirten Tscher - kessen geben wir hier den Bericht der ministeriel - len Const. Cor. , da die anderweitigen Nachrich - ten sich vielfach widersprechen: Am 1. d. M. lieferte der Distrikts = Commissarius in Kruchwitz 10 Tscherkessen bei dem Landrathsamte Jnowra - claw ab, welche ihrer Angabe nach am 29. v. M. aus ihrer Garnison Skierniewsce im Lowiczer Kreise desertirt waren und am 30. die diesseitige Grenze überschritten hatten. Zugleich überstandte der gedachte Beamte eine an ihn ergangene Re - quisition des Commandeurs der kaukasischen Rei - terdivision um Auslieferung der Deserteurs. Die sämmtlich berittenen, mit Flinten, Pistolen, - beln u. s. w. stark bewaffneten Flüchtlinge erklär - ten bei ihrer Vernehmung, in preußischen Mili - tärdienst treten zu wollen. Man stellte ihnen das Unthunliche der Ausführung dieses Vorsatzes und die Nothwendigkeit ihrer Auslieferung in Gemäß - heit der bestehenden Kartellconvention vor. Hier - auf gaben sie die Erklärung, freiwillig nach Ruß - land zurückkehren zu wollen. Als man ihnen aber bemerkte, daß sie vor Allem ihre Waffen abgeben und sich militärisch escortiren lassen müßten, wei - gerten sie sich, Folge zu leisten, und als darauf der Rittmeister von Jlow mit einem Theil der in Jnowraclaw stehenden Dragoneneskadron an - kam, um zur gewaltsamen Entwaffnung der De - serteurs zu schreiten, ergriffen diese die Flucht, die Bromberger Chaussee entlang, wobei sie zugleich ihre Gewehre abfeuerten, und einen Dragoner - Unteroffizier tödteten und mehrere Dragoner ver - wundeten. Das Militär erwiderte nun das Feuer, wodurch zwei Tscherkessen fielen und einer ver - wundet wurde, zwei wurden eingefangen. Die übrigen fünf begaben sich nach dem Vorwerk Kruslewice und setzten sich dort fest, indem sie ein lebhaftes Feuer auf das nachrückende Militär unterhielten, wobei mehrere Einlieger = Häuser des Vorwerks eingeäschert wurden. Es wurde nun einJnfanteriecommando vom 4. Regiment von Brom - berg geholt, mit dessen Hilfe vier der Flüchtlinge schwer verwundet gefangen genommen wurden, während der fünfte in dem Vorwerkshause, wo die Tscherkessen sich zuletzt festgesetzt hatten, und welches sie endlich selbst in Brand steckten, todt zurückblieb. Von den Jnfanteristen ist leider ebenfalls ein Mann gefallen und Einer leicht ver - wundet.

Neuestes.

Karlsruhe, 5. Okt. Der Prinz von Preußen hat seine in hiesigem Schloße befindliche Canzlei aufgelöst und die desfallsigen Beamten nach Kob - lenz beordert.

Berlin, 2. Okt. Jn der heutigen Sitzung der Philologen = Kongresses wurde Erlangen zum nächsten Versammlungsort und Prof. Döderlein zum ersten, Prof. Nägelsbach zum zweiten Vice - präsidenten vorgeschlagen, welchen Anträgen die Versammlung zustimmte.

Paris, 2. Okt. Ein Mitglied der provisori - schen Regierung, der edle Jude Cremieux, hat die prachtvolle Domäne und den Wald von Saon erkauft und 800,000 Fr. baar darauf angezahlt. Die Stelle eines provisorischen Regenten muß doch ziemlich einträglich gewesen sein, denn im Februar 1848 hatte der Jude Cremieur notorisch kein Vermögen.

Rom, 26. Sept. Der Erzbischof von Cag - liari ist hier angekommen und hat bereits eine Audienz beim Papste und beim Cardinal Anto - nelli gehabt.

Turin, 1. Okt. Nach der Jtalia libera hätte der Großherzog von Toscana zu Gunsten seines Sohnes abgedankt. -- Man erwartet die Ankunft Pinellis aus Rom.

T. D. 1) Hamburg, 5. Okt. der Sturm auf Friederichstadt hat begonnen; die Holsteiner sollen bis zum Marktplatz vorgedrungen sein.

2) Hamburg, 6. Okt. Man spricht von be - deutendem Verlust; es geht das Gerücht, der Sturm sei abgeschlagen worden.

3) Hamburg, 6. Okt. Der offizielle Bericht des Oberbefehlshabers, Generals v. Willisen, da - tirt aus dessen Hauptquartier Süderstapel, bestä - tigt die früheren telegraphischen Angaben. Der Sturm auf Friedrichstadt geschah am 4. d. M. Abends. Bei dem Bombardement ist die halbe Stadt nebst der Hauptkirche in Asche gelegt wor - den. Der Verlust der Holsteiner ist sehr bedeu - tend; das Heer hat sich bis nach Süderstapel (fast zwei Wegstunden südöstlich von Friedrichstadt am rechten Ufer der Eider) zurückgezogen.

4) Wien, 6. Oct. Feldzeugmeister Heß ist von hier nach Kamnitz, in Nordböhmen, abgereist. Es wird offiziell widerlegt, daß österreichische Trup - pen in Sachsen eingerückt seien.

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Theater = Anzeige.

Mittwoch den 9. Oktober 1850. Zum Erstenmale: Geistige Liebe, oder: Gleich und gleich gesellt sich gern. Lustspiel in 3 Akten von Dr. Fr. Lederer. Vorher: Der arme Poet. Schauspiel in 1 Akt von Kotzebue. Zwischen und nach beiden Stücken: Ballet ausgeführt von der Familie Jerwitz = Lindor und Frl. Weidner.

Verzeichniß der aus dem Keller des kgl. Julius = Hospitals dahier pro 1850 / 51 zum Verkaufe bestimmten selbstgezogenen Weine.

fl.kr.
A. Jn Bouteillen zu einer bayer. Maas.
I.1834rWürzburger gelb gesiegelt, per Bouteille ........--39
II.1834rRödelseer schwarz .........--48
III.1841rStein A. roth .........112
IV.1834rStein A. grün .........145
V.1822rStein A. weiß .........337
B. Jn Eimern bayer. Aiche.
I.1846rFahrerB ................ per Eimer16--
II.1846rFahrer A ................ 18--
III.1842rAstheimer ............... 18--
IV.1846rRetzbacher = Stein ............. 20--
V.1846rOberdürrbacher (Kreuzberg) ......... 22--
VI.1846rPfaffenberger .............. 24--
VII.1841rHeinrichsleitener ............. 24--
VIII.1842rStein ................ 27--
IX.1841rPfülben ............... 30--
X.1834rStein ................ 36--
XI.1846rRödelseer ............... 40--

Hiebei wird Folgendes bemerkt:

  • 1) Der bouteillenweise Verkauf findet täglich, jedoch ausschließlich nur in den Vormittagsstunden von 11 bis 12 Uhr statt.
  • 2) Zur Weinabgabe in größeren Quantitäten, insbesondere in Eimern, jedoch nicht unter 1 / 4 Eimer, sind die beiden Wochentage Dinstag und Freitag von 2 -- 5 Uhr Nachmittags festgesetzt.
  • 3) Jede Weinabgabe findet nur gegen gleich baare Zahlung in kassamäßiger Münze mit Ausschluß der Goldmünzen statt.
  • 4) Bezügliche portofreie Aufträge von Seite Auswärtiger, direkt an das unterfertigte Rentamt ge - richtet, werden pünktlichst besorgt; dabei wird aber auch gewärtiget, daß vor Absendung der Weine an den Besteller von diesem für die baare Zahlung gesorgt wird.
  • 5) Die bisher bei Wein = Abfüllungen üblichen, von den Käufern zu tragenden Aichgebühren für den Büttner à 24 kr. per Eimer bestehen zur Zeit noch fort.
  • 6) Auf Verlangen wird die Verpackung von Bouteillen durch den diesseitigen Büttner besorgt und per Bouteille 6 kr. in Aufrechnung gebracht.
  • 7) Nach dem Wunsche der Käufer werden die zum Weineinfüllen nöthigen Fäßchen hierorts gestellt, und für ein halbeimeriges 1 fl. 24 kr., für ein eineimeriges 2 fl. berechnet.

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
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Extent4 images; 5822 tokens; 2386 types; 42482 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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