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Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

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Nr. 265.
Würzburg, Dinstag den 5. November. 1850.

Oesterrich und Preußen.

Eine der vornehmsten Ursachen von Oester - reichs Einfluß in Deutschland besteht in der Zu - versicht der deutschen Regierungen zu der Redlich - keit seiner Absichten. Die Thatsache läßt sich nicht ableugnen, daß die deutschen Staaten in demsel - ben Grade Preußen mißtrauen, wie sie Oesterreich vertrauen. Die Ursache dieser Erscheinung ist nicht eine vorübergehende, sie ist eine permanente. Sie liegt nicht in dem Charakter einzelner Persönlich - keiten; sie ist in den innersten Zuständen der bei - den Großstaaten begründet. Oesterreich und Preu - ßen sind während der letzten dreißig Monate nicht Rivale in Deutschland gewesen, denn Preußen hat ein Ziel angestrebt, welches Oesterreich gar nicht erreichen wollte. Preußen wollte seinen Einfluß in Deutschland vermehren, Oesterreich wünschte den seinen nur zu erhalten. Preußen wollte wach - sen, erobern, herrschen. Es wollte Staaten me - diatisiren, ohne den Namen Mediatisirung zu ge - brauchen, ihre Truppen durch Militärconventionen an sich ziehen, ihre Politik durch seine Gesandten vertreten, das heißt, beherrschen, und den Rest von Macht, der ihnen dann übrig geblieben, durch ein Unions = Parlament neutralisiren, in welchem seine Unterthanen die große Mehrheit der Stim - men gehabt hätten. Oesterreich hatte solche Pläne nicht. -- Es würde nicht sehr schwer sein, Preu - ßen davon zu überzeugen, daß die Franzosen ihr Augenmerk auf das linke Rheinufer jenes Staates gerichtet haben, und es gern bei einer günstigen Gelegenheit an sich zu reißen suchen werden. Keine Beredsamkeit in der Welt wird aber irgend einen Preußen zu dem Glauben bewegen können, daß man in London beabsichtige, Köln oder Koblenz zu englischen Städten zu machen. Die Anwen - dung dieser Sätze auf deutsche Verhältnisse ist nicht schwer zu finden. Welcher König auch in Preu - ßen herrsche, welches Ministerium auch dort re - giere, welche Politik dort auch befolgt werde, im - merhin werden andere deutsche Staaten sich der Besorgniß nicht erwehren können, daß Preußen ihre Selbstständigkeit bedrohen werde, ja müsse. Bedarf Frankreich des deutschen linken Rheinufers, um wie unendlich näher liegt nicht Preußen das Gelüste, ja das Bedürfniß, Braunschweig, Ham - burg, Hannover, Hessen, Sachsen, Oldenburg, Holstein und noch eine große Anzahl anderer deut - scher Staaten an sich zu bringen. Diese und an - dere deutsche Länder werden aber nicht einen ähn - lichen Vergrößerungstrieb von Seiten Oesterreichs voraussetzen, weil sie wissen, daß das Vergröße - rungsbedürfniß nicht da ist. -- Diese thatsächliche Lage der Dinge hat dem preußischen Vierkönigs - bündniß drei Könige abwendig gemacht, und vier Könige Oesterreich als Alliirte zugeführt. Die Union scheiterte einfach an der Unmöglichkeit, den deutschen Mittelstaaten ein Zutrauen zu Preußen und seinen Absichten einzuflößen. Der Bundestag in Frankfurt konnte darum zu Stande kommen, weil von der Eider bis zur Donau das Vertrauen zu der österreichischen Erhaltungspolitik im Gegen - satze zu Preußens Vergrößerungspolitik fest be - gründet war. Diese moralische Ursache hat Oe - sterreich stark in Deutschland gemacht. -- Die preußischen Politiker haben dieses Faktum wohl erkannt, und wir können es ihnen von ihremStandpunkte aus kaum verargen, wenn sie sich bemühen, Oesterreich aus der starken Position, welche es jetzt einnimmt, hinauszudrängen. Sie wollen nichts Anderes, als daß Oesterreich selbst das natürliche Vertrauen, welches es den deutschen Regierungen einflößt, entwurzele. Die ministeri - elle Presse Preußens schreibt die Schuld an dem Zerwürfnisse in Deutschland hauptsächlich auf den Ehrgeiz der Mittelstaaten, welche sie ja so weit treibt, ihre eigene Unabhängigkeit sicher zu stellen. Besonders ist Bayern derselben ein Dorn im Auge. Wenn die Mittelstaaten nicht wären, heißt es in Berlin, so würde eine Aussöhnung zwischen den beiden Großstaaten nicht mehr schwer herzu - stellen sein. Man gibt Oesterreich nicht undeut - lich zu verstehen, daß man die Herrschaft über Deutschland, da man sie nicht allein hat erringen können, jetzt gerne mit demselben theilen wolle, unter den Bedingungen jedoch, daß kein Dritter an derselben Theil habe. -- Oesterreich ist zu ehrlich, um seine Hand zu der Erreichung eines solchen Dualismus in Deutschland zu bieten. Aber es ist auch zu weise, um es zu thun. Dieser Dualismus würde Preußen freie Hand im Nor - den geben, wo gerade die kleineren Staaten sich befinden, welche, wenn Oesterreich sie verläßt, hilflos in die Gewalt ihres mächtigen Nachbars fallen müssen. Er würde dann das Mißtrauen der größeren süddeutschen Staaten weit heftiger gegen Oesterreich, als gegen Preußen entstehen lassen. Oesterreichs jetzige treue Verbündete wür - den sich dann voll gerechten Zornes über das Spiel, welches dasselbe mit ihnen getrieben, gegen dieses rüsten und sich nöthigenfalls an das neu arrondirte und mit einer stärkeren Taille ver - sehene Preußen anschließen, um zu verhindern, daß Oesterreich im Süden das thue, was Preußen be - reits im Norden gethan hätte. Oesterreich, wenn es Lust hat, das Gagern'sche Programm zu einer Wahrheit zu machen, braucht blos einen Treu - bruch gegen die Mittelstaaten zu begehen. -- Der in Berlin projektirte Dualismus ist nur ein kur - zer Umweg zu der auch in Berlin projektirten unitarischen Beherrschung Deutschlands. Oester - reich wird diesen Vorschlag zur Güte von der Hand weißen müssen. Oesterreich will seine Macht in Deutschland nur auf der Basis der Verträge, des Rechts und der Redlichkeit ruhen lassen. Es will seinen Einfluß in jenem Lande nicht durch unbefugte Uebergriffe verkürzen, noch durch recht - lose Vortheile vermehren lassen.

Die Ereignisse in Kurhessen.

Kassel, 2. Nov. Heute um 10 Uhr Vor - mittags rückte königl. preußisches Militär zum holländischen Thore, auf der Straße von Marburg her, hier ein. Die Truppen haben in der letzten Nacht um 12 Uhr Marschbefehl erhalten und die ganze Nacht hindurch marschirt. Voran befand sich General v. Tiezen mit seinem Stabe; ihm folgte das 12. Husarenregiment, das 18. Linien - infanterieregiment (jede Compagnie 180 Mann stark) und ein dazu gehöriges Füsilierbataillon ferner eine Batterie Artillerie. General v. Tiezen reichte beim Einmarsch am Thore mehreren Bür -gern die Hand u. sprach mit den freundlichsten Worten die Versicherung aus, daß er und sein Corps als Freunde kämen, und deßhalb um eine freundliche Aufnahme bäten. Hierauf ist ihm erwidert wor - den, daß er mit solchen Ansichten den Bewohnern willkommen sei. Die preußischen Truppen beziehen die leer stehenden Kasernen nicht, sondern werden bei den Bürgern einquartiert. Ebenso besetzen dieselben außer den Thoren keine Wachen inner - halb der Stadt. -- Gegen Mittag werden wei - tere Zuzüge preußischer Truppen in der Richtung von Eisenach her erwartet, ebenso ist bereits ein Kürassierregiment angemeldet, welches um 1 Uhr von Ossendorf und dessen Umgegend her hier ein - treffen soll. Die Begegnung zwischen Militär und den hiesigen Bewohnern ist freundlich. Meh - rere höhere preußische Offiziere haben dem noch hier verweilenden hessischen Commandanten, Oberst von Stark, die Versicherung der freundschaftlichsten Gesinnungen ausgedrückt. Die Bürgergarde be - zieht die Wachen in der Stadt und wird für Aufrechthaltung der inneren Ruhe und Ordnung Sorge tragen.

Fulda, 2. Nov. Jn diesem Augenblicke ist die preußische Avantgarde dahier eingezogen, be - stehend aus ungefähr 1600 Mann Husaren, Jn - fanterie, Jäger und Artillerie. Die Generäle v. d. Gröben, Radzivill und Katte befindet sich hier. Morgen werden diese Truppen hier bleiben, aber auch neue Massen eintreffen. Unsere Bezirksdirek - tion hat heute von Wilhelmsbad Ordre erhalten, für die Unterkunft einrückender Bayern und Oe - sterreicher Sorge zu tragen und über die Ankunft der letzteren zu berichten; dagegen hat nun die Bezirksbehörde den Einmarsch der Preußen per Estafette berichtet. Die Bayern sind auch von der Röhn in einige kurhessische Dörfer eingerückt. Auf einer Anhöhe vor der Stadt sind preußische Husaren aufgestellt. Die Thore der Stadt sind besetzt.

Gelnhausen, 2. Nov. Gestern wurden wir hier plötzlich von dem Einmarsch der Bayern über - rascht. Die Truppen betrugen sich sehr gut. Jhre Mannszucht ist eben so tüchtig, als ihr Aussehen und ihre Haltung vortrefflich. Jn der ganzen Gegend herrscht übrigens tiefe Ruhe, da die Ein - wohner überhaupt nur wenig Theil an der Be - wegung nehmen. Man hätte die Steuern gern bezahlt, erbot sich auch hierzu, wenn sie die Be - amten nur angenommen hätten. Diejenigen, welche solches über uns gebracht, tragen große Verant - wortlichkeit. Mögen wir nur wenigstens mit ei - nem Kriege verschont bleiben; dann wollen wir gern noch Alles ertragen. -- Heute traf nun das Hauptquartier Sr. Durchl. des Fürsten v. Thurn und Taxis bei uns ein, mit dem Civilkommissär des Bundes, Graf Rechberg und dem kurh. Ci - vilkommissär Staatsrath Scheffer. Wie man hört, ziehen die Truppen morgen weiter nach Schlüch - tern und gegen Fulda. Sie sind voller Kriegs - muth, wir aber wünschen, daß ein blutiger Con - flikt, dessen Folgen gar nicht abzusehen wären, vermie - den werden möge! Preußen wird ein solch Unglück nicht über das deutsche Vaterland bringen, Gott wolle es verhüten. Es würde eine enorme Verant - wortung auf sich laden, wenn es sich den deut - schen Bundestruppen widersetzen wollte, welche sichvollkommen auf dem Boden des Rechts bewegen, während die Preußen, die niemand rief, gegen deren Einmischung vielmehr der Landesfürst förm - lich protestirte, nicht das mindeste Recht haben, in die kurhessische Angelegenheit sich zu mengen. Wir hoffen darum noch immer auf einen fried - lichen Ausgang. Mitten unter den einziehenden bayerischen Truppen sehen wir heute ganze Schaa - ren beurlaubter kurhessischer Soldaten, ein recht schmerzlicher Anblick für uns; jene, trotz des mühsamen Marsches auf den durch den Regen grundlos gewordenen Straßen, munter voll krie - gerischen Eifers und guter Haltung, ihrer ern - sten Bestimmung, deren Ausgang noch jedem un - bekannt, entgegenziehend; diese still und in sich gekehrt, den Stab in der Hand, der Heimat zu - wandern!

Aus dem Hauptquartier an der eisenach = hes - sischen Grenze, 2. Nov. Gestern Abends ist die Ordre zum Einrücken in Kurhessen und zwar zu - nächst in Fulda eingetroffen. Jn Folge dessen ist das in Eisenach stationirte Bataillon sammt dem Generalstabe heute früh mittelst Extrazuges nach Gerstungen, um von da noch heute bis Hünfeld zu gehen und morgen in Fulda einzutreffen. Zu ihm wird der größere Theil der auf der Linie von Gerstungen bis Geisa stationirten Truppen stoßen. -- Der Eilmarsch bezweckt den heranrü - ckenden Bayern zuvorzukommen. Doch zweifeln die HH. vom Generalstabe selbst, ob sie Befehl zum Zurückdrängen derselben erhalten würden, wie denn auch die Bayern noch keinen zum Angriff erhalten haben.

Kassel, 3. Nov. Jm Ganzen befinden sich gegenwärtig, mit den gestern eingerückten Truppen, wenigstens 8000 Mann hier. Das Kommando führt General v. Tiezen und Generalmajor v. Koch.

Hanau, 3. Nov. Jn Folge des ergangenen Befehls, bis heute Nachmittag um 2 Uhr die Waffen ec. abzuliefern, wurde eine größere Zahl derselben nach dem Neustädtischen Rathhause ge - bracht und daselbst in Empfang genommen. Nach - mittags stellte sich ein Theil der hiesigen königl. bayerischen Besatzung, Jnfanterie und Cavallerie, auf dem Markte auf. Die Kanonen wurden be - spannt und ziemlich starke Jnfanterie = und Ca - valleriepatrouillen durchzogen die verschiedenen Stra - ßen der Stadt, während kleinere Pikets vor den - jenigen Häusern sich aufstellten, in denen die Con - trole wegen Ablieferung der Waffen vorgenommen wurde, was der Reihe nach in allen Straßen theils schon geschah, theils noch geschehen wird. Durch diese militärische Bewegung kam eine grö - ßere Lebhaftigkeit in die sonst am Sonntag ziem - lich stillen Straßen unserer Stadt. Da gestern bereits ein Theil von den hier verbliebenen Trup - pen weiter marschirt ist, wonach die hiesige Be - satzung nur noch aus etwa 2300 Mann besteht, wurden theilweise Umquartierungen, resp. Ver - minderungen einzelner Einquartierungen vorge - nommen. Die Hauptwache ist mit 60 bis 70 Mann, der Bahnhof mit 30 bis 40 Mann und die Wachen der Hauptthore verhältnißmäßig be - setzt. Jm übrigen waltet die größte Ruhe und die Wirthschaftslocale sind ebenso stark als ge - wöhnlich am Sonntage besucht.

Hanau, 3. Nov. Das hiesige Obergerecht hat seine Auflehnung gegen die Gesetze auch auf die Anordnungen der Bundesbehörde ausgedehnt, und auf den Befehl des Bundeskommissärs wegen sofortiger Erhebung der Stempel durch das Ober - gericht und die Untergerichte, ablehnend verfügt, und sich nur dazu bequemt, jenen Befehl den Un - tergerichten nachrichtlich mitzutheilen. Jn der Nichtberechtigung des Commissärs und der den Befehl zersetzenden Verfügung des Obergerichts, die wir auch von anderer Seite bestätigt finden, ist zugleich wieder jene, unsern faulen Zuständen eigene rabulistische Zweideutigkeit zu erkennen, welche um jede Widerspänstigkeit ein quasilegales Mäntelchen zu hängen sucht.

Fulda, 3. Nov. Das preußische Militär ver - schiedener Waffen, welches von gestern auf heute übernachtet hat ist heute Morgen bis auf eine halbeStunde vor Neuhof (3 Stunden von hier nach Hanau zu) vorgerückt und andere Truppen, preu - ßische Jnfanterie, Kuirassiere und Artillerie, sind wieder eingerückt. Wie freundlich die Preußen gesinnt sind, kann man daraus ermessen, daß sie nicht nur die Thüren der hiesigen Jnfanterieca - serne, sondern sogar auch die des Marstalls im hiesigen kurfürstlichen Schlosse mit Aerten einge - schmissen und sich in Besitz dieser Räumlichkeiten gesetzt haben. Die Truppenmasse, welche im Au - genblick zwischen Hünfeld und Neuhof sich bewegt, mag nach einem ungefähren Ueberschlag an 8000 Mann betragen. Die Bayern sind heute in Neu - hof eingerückt. Cheveanrlegers bilden ihre äußerste Spitze und grüne Husaren die der Preußen. Zwi - schen beiden Truppen liegt eine Distanze von kaum einer halben Stunde.

Hanau, 4. Nov. Es haben uns jetzt alle bayer. Truppen verlassen, um zu der Hauptmacht bei Schlüchtern zu stoßen, blos 2 Bat. Fußvolk, 1 Schwadron Reiter und eine halbe Batterie sind im Augenblick noch hier, indeß werden stündlich neue Truppen, darunter auch Oesterreicher, von Würzburg und Heilbronn her erwartet.

Frankfurt, 4. Nov. Wie wir vernehmen, hat General v. d. Gröben, nachdem er in Hessen eingerückt, an die kurfürstl. Regierung ein Schrei - ben gerichtet, in welchem er in den höflichsten Ausdrücken diesen Einmarsch anzeigt, und als Zweck desselben die Besetzung der Preußen zuste - henden Etappenstraße angibt, sowie beifügt, daß er sich in keinerlei Weise in die innern Angele - genheiten des Kurstaates mischen werde. Auf die - ses Schreiben und die Nachrichten hin, daß Kassel und Fulda wirklich durch preußische Truppen be - setzt seien, hat die kurfürstliche Regierung sofort feierliche Verwahrung gegen einen solch gewalt - thätigen Eingriff in die Unabhängigkeit des Staa - tes und in die Selbstständigkeit der kurfürstlichen Regierung erhoben, und ihrem Gesandten in Ber - lin den Befehl gegeben, sofort diese Stadt zu verlassen, auch hat sie sogleich alle Verbindungen mit dem bei der kurfürstlichen Regierung beglau - bigten kgl. preußischen Gesandten förmlich abge - brochen. Ferner vernimmt man, daß die kurfürst - liche Regierung sich gestern noch an den deut - schen Bund um Schutz und Hilfe gewandt hat.

Frankfurt, 4. Nov. Der kurhessische Ge - sandte in Berlin, Herr v. Dörnberg, ist abbern - fen. Die Verwahrung lautet wie folgt: Die kgl. preuß. Regierung hat durch kgl. preuß. Truppen die Grenzen des Kurfürstenthums Hessen über - schritten und am heutigen Tage Kassel, die Haupt - und Residenzstadt Sr. kgl. Hoheit des Kurfürsten von Hessen, militärisch besetzen lassen und durch das abschriftlich anliegende Schreiben des k. preuß. kommandirenden Generals, Grafen von der Grö - ben, der kurfürstl. Staatsregierung hiervon Kennt - niß gegeben. Ebenso hat ein Einmarsch königl. preuß. Truppen in die Provinz Fulda stattgefun - den. -- Sowohl dieser Einmarsch königl. preuß. Truppen, als auch die Besatzung kurhessischer Ge - bietstheile durch dieselben, hat ungeachtet der durch die Note des kurfürstlichen Ministeriums des Aeu - ßern vom 23. Sept. dieses Jahres dem königl. preußischen Ministerium des Aeußern ausgespro - chenen vorläufigen Verwahrung, ohne eine deß - halbige Requisition seitens der kurfürstlichen Re - gierung und gegen deren Willen stattgefunden. Durch diese Handlungsweise der königl. preußischen Regierung ist die Unabhängigkeit und Unverletz - barkeit des Kurfürstenthums, welche demselben durch das deutsche Bundesrecht, als einem deut - schen Bundesstaate, gewährleistet ist, beeinträch - tigt worden. -- Jm Auftrag und im Namen Sr. königl. Hoheit des Kurfürsten von Hessen er - klärt das kurfürstl. Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, daß es allerhöchstdenselben zu - stehende Rechte gewahrt wissen will, legt gegen die Verletzung der Souveränetät Sr. königl. Hoheit des Kurfürsten hiermit feierliche Verwah - rung ein und beruft sich auf die Vertretung und den Schutz des durchlauchtigsten deutschen Bun - des.

Schleswig = holsteinische Ange - legenheiten.

Vor Rendsburg, 28. Okt. Man hofft hier auf einen baldigen Winter, um den Angriff über die festgefrornen Moore, Sümpfe und Gräben ausführen zu können. Das klingt recht schön, wenn nicht zu der Zeit dann auch das ganze Terrain um ein Bedeutendes erweitert würde und die Dänen bei ihrer großen Zahl dieses Terrain überall besser besetzen könnten. Die Macht der dänischen Armee ist seit den letzten 14 Tagen enorm verstärkt worden, alle Reservemannschaften und bis jetzt einerercirten Rekruten aus Dänemark und Nordschleswig sind zur Armee herangezogen, so daß dieselbe mindestens eine Stärke von 42 bis 45,000 Mann zählt. Außerdem wird aber Tag und Nacht an den Befestigungen des Cen - trums und des rechten Flügels gearbeitet, so wie an den Verbindungspunkten derselben bei Helling - beck und an den Verbindungspunkten des Centrums mit dem linken Flügel. Der linke Flügel bei Missunde ist zu jeder Jahreszeit gesichert wegen seiner Stellung hinter der Schlei. Nun wird sich in einigen Wochen die ganze Linie von Eckern - förde bis Friedrichstadt in einem Vertheidigungs - zustand befinden, wie ihn eine mit kriegswissen - schaftlichen Talenten ausgerüstete Armee in einer Zeit von 4 Monaten, bei fast ununterbrochener Ruhe, auszuführen im Stande ist. Lange Jn - santerie = Schanzen, hinter welchen hohe Wälle sich befinden, die mit Geschütz vom schwersten Kaliber bespickt, wechseln mit zahlreichen Blockhäusern, vor welchen Sternschanzen, Redouten und Laufgräben angebracht sind, alle Werke mit genauer Be - rechnung angelegt, so daß eins das andere er - gänzt. Auf der ganzen Linie befinden sich in den Wällen und Schanzen wohl 600 bis 800 schwere Geschütze, die man von Kopenhagen zu Schiffe nach Flensburg gebracht hat und die meistens von alten Kriegsschiffen herrühren. -- Unter diesen Umständen ist, auch wenn das gehoffte Frostwet - ter eintreten sollte, nicht viel Günstiges für die schleswig = holstein'sche Armee zu erwarten. Möchte man also noch vor dieser Zeit die Sache in Frie - den zu Ende bringen! --

Deutschland.

Frankfurt, 30. Okt. Man ist durchaus im Ungewissen darüber, wie das neue hannöv. Mi - nisterium sich zur Bundesfrage stellen werde. Den Premierminister v. Münchhausen hält man für entschieden und treu; ebenso den Kriegsminister, General Jakobi. Dagegen befürchtet man, daß Lindemann und Mayer nur noch im erhöhten Maße die Bedenklichkeit theilen werden, welche Stüve der Ausführung des Bundehbeschlusses in Bezug auf Kurhessen entgegengesetzt hat. Der hannöv. Bundestagsgesandte Detmold ist in einer höchst unangenehmen Situation. Er hatte sich nach einem heftigen Kampfe der Meinung der übrigen Bundestagsgesandten gefügt, und auf ei - gene Verantwortlichkeit Namens Hannovers seine Zustimmung zu dem Bundesbeschlusse gegeben. Die Nothwendigkeit desselben hatte er auch gewiß nicht verkannt; wohl aber mochte es ihm nicht unbekannt sein, wie sehr die Popularität seines Freundes und Vorgesetzten Stüve durch ein Zu - rückziehen auf den Bundesbeschluß vom 28. Juni 1832 gefährdet.

Frankfurt, 3. Nov., Nachmittags 3 Uhr. So eben treffen die Quartiermacher des seither in Karlsruhe stehenden k. preußischen 28. Jnf. - Regiments hier ein und verkünden uns für mor - gen die Ankunft zweier Bataillone und für über - morgen des 3. Bataillons des genannten Regi - ments. Auch 2 Schwadronen vom 6. Uhlanen - regiment sind bereits angekündigt. Wie es heißt, sollen aus Baden überhaupt in diesen Tagen 4000 Mann preuß. Truppen hier eintreffen. Die Be -stimmung dieser Truppen ist noch ganz unbekannt; man sagt jedoch, sie würden theils hier, theils in den Ortschaften unserer Umgebung einquartiert werden.

Frankfurt, 3. Nov. Abends. Nach den, dem hiesigen Quartieramte heute Nachmittag zu - gegangenen Anzeigen sollen die morgen und in den nächsten Tagen hier aus Baden eintreffenden preußischen Truppenabtheilungen angeblich nur ei - nen Tag hier verbleiben und sodann in das Kur - hessische einrücken. Das Quartieramt hat aber gegen die unserer Stadt zugedachte Eiquartierung protestirt und bis heute Abend gegen 6 Uhr war von ihm dieselbe noch nicht bewilligt. Auch die heute Nachmittag 3 Uhr angekommenen circa 20 Mann des morgen hier eintreffenden 28 preußi - schen Regiments standen noch gegen 7 Uhr auf dem Main = Neckar Eisenbahnhof, ohne Ouartier - billets erhalten zu haben. Auf die vom Ouar - tieramt erhobene Protestation gegen die Einquar - tierung soll ein preußischer Offizier geantwortet haben, daß er dann die Mannschaften auf eigene Autorität einquartieren werde. -- Heute Abend 7 Uhr kamen zwei schwer mit Waffen beladene Wagen mit österreichischem Vorspann und starker bayrischer Bedeckung, in der Richtung von Hanau kommend, hier durch nach Sachsenhausen in's Deutsch - ordenshaus, in welchem sich bekanntlrch die Kaserne eines bayerischen Bataillons befindet. Die Waf - fen werden wahrscheinlich morgen weiter noch Mainz transportirt werden.

Frankfurt, 4. Nov. Von den seit mehreren Tagen aus Baden angesagten preußischen Trup - pen ist heute ein Bataillon des 28. Regiments, das bisher in Durlach gelegen, auf der Main - Neckar = Bahn hierher gekommen, und nachdem die Einquartierung in der Stadt durch die hiesigen Behörden abgelehnt worden war, auf der Straße nach Oberursel im Nassauischen weiter gezogen. Heute Abend oder morgen kommt aus Baden ein zweites Bataillon von demselben Regiment, nach ihm das dreißigste Regiment und so fort, bis, wie es heißt, das dortige preuß. Corps auf 6000 M. vermindert ist.

Frankfurt, 4. Nov. Die Besetzung der Etap - penstraßen in Kurhessen durch Preußen nimmt ei - nen ernsten Charakter an; doch ist noch Hoffnung zur Erhaltung des Friedens, da Radowitz entlas - sen. Sollte das Verhaltniß es aber anders wol - len, und unsere Hoffnung getäuscht werden, sollte der Vater der Union nur in den Hintergrund ge - schoben sein, um durch neue Unwahrheiten zu er - reichen, was durch das alte Blendwerk nimmer - mehr erlangt wird; sollte die Theorie von den Etappenstraßen jetzt die Aufgabe erhalten, dem in Dunst aufgelösten Unionsgedanken wieder eine körperliche Hülle zu verleihen, und sollte das schöne Kattenland mit seinen lieblichen Wiesengründen und waldumsäumten Hügelreihen der großpreußi - schen Krone durch Besetzung aller Wege und Stege eingeflochten werden wollen, -- dann freilich, dann sind wir am Ende, und des Schicksals eiserne Würfel mögen ferner entscheiden! Ehe ein Preu - ßen war, war Deutschland, und ehe der schwarze Adler an den Gestaden der Ostsee seine Fittiche ausbreitete, kämpften die hochgewachsenen Söhne der Lahn und der Fulda für die Unabhängigkeit unseres Vaterlandes. Der Name der Hessen war unter den ersten, als es galt, die Anmaßungen römischer Cäsaren niederzuwerfen; die hess. Bauern standen im vordersten Gliede, als dem Corsen das Urtheil gesprochen wurde, und wahrlich Der, wel - cher die Theorie von der Besetzung der Etappen - straßen erfunden hat, streicht im Jahre 1850 das Kattenvolk noch nicht aus der Geschichte! Merk - würdige Jdee, diese Etappentheorie! Um von Ei - senach nach Wetzlar, von Paderborn nach Erfurt gelangen zu können, wird das ganze Land besetzt, von Kassel bis nach Fulda, und werden die Bewohner mit einer Einquartie - rung von zehn und zwanzig, ja gar noch mehr Tausenden von Soldaten heimgesucht. Vergebens sieht man sich um nach dem Grunde zu einer solchen Maßregel, nach dem Rechte zu einem solchen Gewaltschritte. Jn den Etappenconven -tionen erhält Preußen eine derartige Befugniß nicht; auch war noch nirgends davon die Rede, daß dem Durchmarsche preußischer Truppen durch Kurhessen auf der festgesetzten Route jetzt oder in Zukunft irgend ein Hinderniß in den Weg ge - legt werden solle. Die Bundestruppen sind in den Kurstaat eingerückt, zur Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung, und nicht als Feinde Preußens, es müßte denn das Unmögliche mög - lich sein, daß trotz aller Verwahrung man in Berlin dennoch in tiefster Brust den Ge - danken nährte, je nach Umständen auch einmal für die ungesetzliche Ordnung in die Schran - ken treten zu wollen. Die von den Gothaern mit großer Geschäftigkeit in all ihren Blättern ver - kündete Mähr von der Ernennung des Königs - berger Simsons zum preußischen Unterstaatssecre - tär hätte mit diesem Gedanken in Zusammenhang gebracht werden dürfen, wenn nicht der energische Entschluß des Königs das Gewebe der Lüge und der Untreue zerrissen und durch die Entlassung des Generals v. Radowitz dem schlimmen Spiele ein plötzliches Ende bereitet hätte.

Meiningen, 4. Nov. Heute rückte ein preu - ßisches Jägerbataillon unter dem Commando des Majors v. Peez hier ein, und zwar so unerwar - tet, daß die Staatsregierung und der Magistrat nicht eher Nachricht hiervon erhielten, als bis die Truppen sich auf dem Markte aufgestellt hatten und ihre Einquartierungsbillete verlangten. Zwi - schen dem Herzogthum Meiningen und dem - nigreich Preußen besteht gar keine Durchmarsch - und Etappenconvention und es hätte daher um förmliche Erlaubniß zu diesem bewaffneten Durch - zug nachgesucht werden müssen. Daß dies unter - lassen wurde, ist wohl nicht bloß auf Rechnung der Eile zu bringen.

Wien, 1. Nov. Gestern ist ein Aufruf des Kaisers an seine treuen Grenzer zur neuen wiederholten Kraftanstrengung abgegangen, und wurde von einer schwunghaften Proclamation ih - res hier weilenden Bans begleitet. Beide Do - cumente sollen von dem vertrauten Freund des Bans, General Denkstein, überbracht werden. Aus der heutigen Wiener Ztg. werden Sie er - sehen haben, daß der Kaiser den Marschall Ra - detzky mittelst Telegraphen hierher berufen hat. Die Auflegung des lombardisch = venezianischen Zwanganlehens hat bereits stattgefunden. Man erwartet nächster Tage schon ein kaiserliches Ma - nifest bei Gelegenheit der großen Recrutirungs - ausschreibung. -- Der preußische Gesandte Graf Bernstorff hat heute Wien verlassen, wie einige sagen, um durch seine persönliche Anwesenheit in Berlin versöhnend zu wirken, wie andere meinen, um nicht mehr zurückzukehren. Leider ist die letzte Meinung vorwaltend, weil die Erzherzogin Sophie mit der Königin von Preußen dieser Tage eine Zusammenkunft in Dresden haben sollte, und diese nun nicht stattfinden wird.

Berlin, 1. Nov. Jch kann die weitere Nach - richt nicht verschweigen, daß Hr. v. Manteuffel auf dem Austritt der HH. v. Radowitz und v. d. Heydt bestand und, von dem König aufgefordert ein bestimmt formulirtes Programm einzureichen, dieß in einer Weise that, daß Preußen seine bis - herige Politik nach außen aufgeben und nach in - nen durch liberale Jnstitutionen vorangehen sollte. Als Nachfolger der beiden genannten Minister wurden Hr. v. Bodelschwingh und Hr. v. Patow bezeichnet. Dies ist der alte Widerstreit des prak - tischen Verstandes gegen die Jdeen ; -- daß der König mitten inne zwischen beiden Richtungen steht, weiß man; auf welche Seite aber zuletzt sein Gemüth sich neigt, ist leicht zu errathen.

Berlin, 1. Nov. Man hörte hin und wie - der auch von den Aeußerungen des Kaisers v. Ruß - land die außerordentlichsten Dinge. Gutheißung des Bregenzer Vertrages zur Aufrechthaltung des Bundestages und zur Durchführung der Execu - tion gegen Kurhessen hatten in Warschau statt - gefunden. Jn Schleswig sollte Rußland positiv die bewaffnete Jntervention des Bundestages un - terstützen. Von Preußen sollte überdieß die Her -stellung mehr geordneter und sicherer Zustände im eigenen Lande verlangt worden sein!

Frankreich.

Paris, 26. Okt. Der neue Kriegsminister, General Schramm, hat beim Antritt seines Am - tes folgenden Tagsbefehl an die Armee erlassen; Soldaten! Durch das Vertrauen des Präsiden - ten der Republik zum Kriegsministerium berufen, habe ich den vollen Umfang der Pflichten erkannt, die mir diese wichtige und delikate Sendung auf - erlegt, und ich habe sie nur mit den festen Ent - schluß angenommen, sie mit Sorgfalt für die Ar - mee, Achtung für unsere Jnstitutionen, Ergeben - heit und Treue gegen das Staatsoberhaupt zu erfüllen. Aus diesen Gründen bin ich berechtigt, auf die Mitwirkung der Generale zu zählen, die an eurer Spitze stehen, und die durch ihre ruhm - vollen Dienste, wie durch die unablässige Sorg - falt, mit der sie sich mit eurem Wohle beschäftigen, eurer vollen Achtung und aller eurer Sympathien würdig sind. Sie werden mich bei meinen Bemühun - gen, eure Jnteressen zu vertheidigen, die Dienste, die ihr dem Lande leistet, geltend zu machen, und ih - nen den gerechten Lohn zu sichern, unterstützen. Fahret demnach fort, euch um eure Chefs zu schaa - ren, die euer Vertrauen in so hohem Grade recht - fertigen. Sie haben gelernt, wie ich es selbst in einer militärischen Laufbahn von fünfundvierzig Jahren gelernt habe, eben so zu gehorchen, wie zu befehlen, und sie werden euch wie mir das Beispiel der Achtung für die hierarchische Autori - tät geben, der sie, wie sie wissen, alle ihre Er - folge verdanken, und die, indem sie die Aufrecht - haltung der Disziplin sichert, die Stärke der Ar - meen ausmacht. Paris, 25. Oktbr. 1850. Der Kriegsminister de Schramm.

Jtalien.

Die Nachrichten aus Turin reichen bis zum 26. Oktbr., sind aber ohne besonderes Jnteresse. Der Finanzminister Nigra ist seit einigen Tagen erkrankt. Graf von Pralormo, piemontefischer Gesandter zu Paris, ist um seine Abberufung ein - gekommen, weil die guten Beziehungen zwischen der Turiner und der französischen Regierung be - deutend abgenommen haben sollen. -- Die Ar - monia vom 23. Okt. veröffentlicht im Namen der Direktion dieses Blattes und vieler Diözesa - nen eine Zuschrift an den Hochwürdigsten Erzbi - schof von Turin. Ein schönes Zeugniß des Glau - bens und der kindlichen Ergebenheit der Turiner Katholiken gegen ihren verbannten Oberhirten. -- Vor der Eröffnung der Kammern sollen meh - rere neue Senatoren ernannt werden, damit das Ministerium Azeglio = Siccardi den Senat vor Al - lem auf seine Seite bekommt. -- Der Gesund - heitsrath von Genua hat auf von Triest kommende Schiffe wegen einiger daselbst vorgekommenen Cho - leranfälle eine Quarantäne von 6 Tagen gelegt. -- Der Gazetta di Bologna vom 23. Okt. zufolge war Seine Eminenz Cardinal Wiseman Tags vorher daselbst angekommen. Auf seiner Reise von Rom durch Toscana ist der würdige Prälat überall glänzend empfangen worden. -- Der Osservatore romano vom 18. bringt fol - gende bemerkenswerthe Zeilen über das Treiben der römischen Republik: Die römische Republik von 1849 konnte sich nur durch Mord erhalten. Ancona, Jesi, Sinigaglia, Rimini, Faenza, Jmola ec. ec. werden auf lange Zeit die blutigen Spu - ren dieser mörderichen Menschen zeigen, und sich ihrer Grausamkeiten erinnern. Die Bevölkerung des Kirchenstaates ist in weniger als 4 Wochen von mehr als 1000 Menschenmorden Zeuge ge - wesen, wo die Thäter fast immer ungestraft davon kamen. So kann man bestimmt sagen, daß man unter der Mazzini'schen Gesetzgebung nicht ver - pflichtet ist, den Meuchelmord zu verhindern, und daß es dagegen nicht einmal eine Strafe gibt ec.

Vermischte Nachrichten.

(Die Bestrebungen der revolutionären Par - teien Mitteleuropas. Fortsetzung. ) Die Arbeiter -Partei kann unter Umständen sehr gut andere Parteien und Partei = Fraktionen zu ihren Zwe - cken gebrauchen, aber sie darf sich keiner an - dern Partei unterordnen. Diejenigen Leute aber, die in der letzten Bewegung an der Regierung waren und ihre Stellung dazu benutzten, die Be - wegung zu verrathen und die Arbeiter = Partei, wo sie selbstständig auftreten wollte, niederzudrücken, diese Leute müssen unter allen Umständen fern ge - halten werden. Die besagte Schrift geht dann zur Schilderung ihrer Wirksamkeit und ihrer Aus - sichten in verschiedenen europäischen Ländern über. Jn Belgien, seitdem die Hauptmitglieder des Bundes im Jahre 1848 verhaftet, zum Tode verurtheilt, und zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt wurden, gestehen sie ein, daß es ihnen wegen der bestehenden Polizeiverhältnisse sehr schlecht gehe, und daß nur in Brüssel sich eine Gemeinde erhalten habe. Ueber die Schweiz erwartet man erst genauere Mittheilungen. Jn Frankreich werden Verbindungen mit den deutschen Arbeitern in Besançon und in den übrigen Orten am Jura erhalten. Ueber Deutschland läßt sich die Schrift sehr ausführlich aus: Der Bund hat seinen Hauptsitz in Deutschland: in Köln, Frankfurt a. M., Hanau, Mainz, Wiesbaden, Hamburg, Schwerin, Berlin, Breslau, Liegnitz, Glogau, Leipzig, Nürnberg, München, Bamberg, Würzburg, Stuttgart, Baden. Zu leitenden Krei - sen sind ernannt: Hamburg für Schleswig = Hol - stein; Schwerin für Mecklenburg; Breslau für Schlesien; Leipzig für Sachsen und Berlin; Nürn - berg für Bayern; Köln für Rheinland und West - phalen. Die Gemeinden in Göttingen, Stuttgart und Brüssel bleiben vorläufig in direkter Verbin - dung mit der Centralbehörde, bis es ihnen ge - lungen ist, ihren Einfluß hinreichend auszudehnen, um neue leitende Kreise bilden zu können. Die Bundesverhältnisse in Baden werden erst bestimmt werden nach dem Bericht des dorthin und in die Schweiz gesandten Emissärs. Wo, wie in Schles - wig = Holstein und Mecklenburg, Bauern = u. Land - Taglöhner = Vereine bestehen, ist es den Bundes - Mitgliedern gelungen, direkteren Einfluß auf sie zu gewinnen, und sie theilweise ganz in seine Hand zu bekommen. Die sächsischen, fränkischen, hessi - schen und nassanischen Arbeiter = und Taglöhner - Vereine stehen ebenfalls größtentheils unter Lei - tung des Bundes. Die einflußreichsten Mitglie - der der Arbeiterverbrüderungen gehören auch dem Bunde an. Die Centralbehörde macht alle Ge - meinden und Bundesmitglieder darauf aufmerksam, daß dieser Einfluß auf die Arbeiter =, Turner = u. Taglöhnervereine ec. von der höchsten Wichtigkeit ist, und überall gewonnen werden muß. Sie for - dert die leitenden Kreise und direkt mit ihr cor - respondirenden Gemeinden auf, in ihren nächsten Briefen speziell zu berichten, was in dieser Beziehung geschehen ist. Der Emissär nach Deutschland, der für seine Thätigkett ein Anerkennungsvotum von der Centralbehörde erhielt, hat überall nur die zulässigsten Leute in den Bund aufgenommen, und ihrer grö - ßern Lokal = Kenntniß die Ausdehnung des Bundes überlassen. Es wird von den Lokal = Verhältnissen abhängen, ob die verschiedenen revolutionären Leute direkt in den Bund aufgenommen werden könnten.

Schluß folgt.)

Neuestes.

* Würzburg, 5. Okt. Eine gestern Abend dahier angelangte Mittheilung bringt die Nach - richt, daß auf der Bamberg = Nürnberger Bahn zwei Militärzüge so heftig auf einander stießen, daß mehrere Wagen zertrümmert wurden. Mehr - fache Verletzungen österr. Militärs fielen vor.

Mannheim, 2. Nov. Das in Karlsruhe, Durlach, Bruchsal ec. garnisonirende k. preußische 28. Linieninfanterieregiment hat Marschordre nach Kurhessen erhalten, und geht morgen und über - morgen bataillonsweise nach Frankfurt a. M. Auch das hier stehende 30. Regiment erwartet täglich Befehl zum Abmarsche. Man sieht die kurhessi -schen Angelegenheiten hier überall als eine für Preußen willkommene Gelegenheit an, seine Trup - pen aus Baden zurückzuziehen, und die Union end - lich definitiv aufzugeben.

Gotha, 2. Nov. Jn unserm Landtage ist gestern Seitens des betreffenden Ausschusses der Antrag gestellt worden, dem dänischen Friedens - vertrage die ständische Zustimmung zu verweigern, weil die Rechte der Herzogthümer und resp. Deut - schlands durch denselben gekürzt würden.

Wurzen, 30. Okt. Da der Gutsbesitzer und ehemalige Landtagsabgeordnete Arndt aus Roitzsch sich der, wegen seiner Betheiligung an den hoch - verrätherischen und aufrührerischen Maibewegungen wider ihn verhängten Untersuchung durch die Flucht entzogen hat, so ist vom königlichen Landgericht Wurzen, so lange Arndt nicht zurückkehrt, über dessen sämmtliches Mobiliar = und Jmmobiliar - vermögen die Beschlagnahme und gerichtliche Ver - waltung zu verhängen beschlossen und der Amts - landschöppe und Ortsrichter Hertzsch in Remt un - serm 25. Okt. zum Arndt'schen Vemögensverwal - ter bestellt worden.

Wien, 31. Okt. Sr. Eminenz der Cardinal Wiesemann, Erzbischof v. Westminster ist von Rom hier angekommen.

Berlin, 31. Okt. Graf Brandenburg ist heute früh nach Berlin zurückgekehrt. So viel von den Mittheilungen desselben über die Stel - lung des Kaisers von Rußland zu unsern bren - nenden Fragen verlautet, scheint der letztere die deutsche und die dän. Frage als völlig von einan - der getrennt u. von sehr verschiedenem Standpunkte aus zu betrachten. Während er die Erhebung der Schleswig = Holsteiner schlechtweg als Rebellion pflichtvergessener Unterthanen gegen ihren rechtmä - ßigen Landesherrn ansieht und daher, von der Noth - wendigkeit einer gewaltsamen Pacificirung der Her - zogthümer überzeugt, eine solche auch zu unterstützen geneigt ist, erscheint ihm die deutsche Verfassungs - frage als eine solche, die ganz aus sich selbst und ohne fremde Einmischung zur Entwickelung ge - langen muß. Von irgend einer Einwirkung auf die einzelnen Phasen der letzteren will er sich da - her gänzlich fern halten: höchstens würde er sich zu einer Maßregel entschließen, die im Jnteresse seiner eigenen Sicherheit liegt. Falls nämlich Oesterreich wirklich in einen Krieg verwickelt u. genö - thigt werden sollte, einen Theil seiner Truppen aus Ungarn zurückzuziehen, so steht zu erwarten, daß die Unzufriedenen dort und in Galizien die Gelegenheit zu einem neuen Aufstande benutzen. Derselbe könnte leicht die Polen zur Nachahm - ung reizen und aufs neu den Fenerbrand der Em - pörung in den russ. Kaiserstaat werfen. Um die - sen Uebel vorzubeugen, ist der Czaar gewillt, im Falle eines deutschen Krieges Ungarn und Gali - zien zur Sicherheit mit seinen eigenen Truppen zu besetzen, womit, nach den neuesten Berichten, gegenwärtig bereits der Anfang gemacht werden soll.

Berlin, 1. Nov. Man erfährt (meldet die Berl. Ztg.), daß von Oesterreich die Vorschläge Preußens in der schleswig = holsteinischen Angelegen - heit abgewiesen sind.

Berlin, 2. Nov. Dem Vernehmen nach hat der Generallieutenant Graf v. d. Gröben nach - träglich von hier aus den Befehl erhalten, die Bayern in die Provinz Hanau einzulassen, den Eintritt in die Provinzen Kassel und Fulda aber nicht zu gestatten.

Der Verkauf und die Verbreitung folgen - der Schrift ist für den Umfang des preußischen Staates durch den Minister des Jnnern verboteu worden: Hermann's von Lehnin Weissagung über das Brandenburgische Haus.

Warschau, 30. Okt. Um 1 Uhr in der Nacht reiste Se. Maj. nach St. Petersburg ab, beglei - tet von den Geueral = Adjutanten Grafen Orloff und Adlerberg.

Von der polnischen Grenze, 29. Okt. Die russischen Truppen, welche eine zeitlang sich we - nig haben blicken lassen, so daß man fast hätteglauben mögen, sie seien in ihre Steppen zurück - gegangen, sind auf einmal wieder zum Vorschein gekommen. Seit einigen Tagen werden nämlich mit der Warschau = Krakauer Eisenbahn eine Menge Truppen auf Krakau zu befördert. Es steht fest, daß die russischen Truppen, wenn auch nicht nach Ungarn, so doch an die galizische Grenze, unweit der ungarischen Grenze, sich hin - begeben werden. Daselbst werden sie einstweilen als Wächter stehen bleiben, um, damit wenn Oe - sterreich nöthig hätte, seine Truppenmacht im We - sten zu entfalten, die Russen alsdann den Osten der österreichischen Monarchie, besonders Ungarn, daß bei einer Entrückung der österreichischen Streit - kräfte aus dem Osten jedenfalls sich aufs Neue wieder erheben möchte.

T. D. 1) Berlin, 3. Nov. Die ministerielle Deutsche Reform vertraut, nach dem Ausgang der gestrigen Kronberathung, auf Erhaltung des Friedens. -- Der Minister der auswärtigen An - gelegenheiten, Hr. v. Radowitz, hat seine Ent - lassung genommen.

(Bestätigung der bereits mitgetheilten Nach - richt, welche also lautet: Frankfurt, 3. Nov. Nach so eben hier eingegangenen sichern Privat - nachrichten aus Berlin von gestern hat Herr v. Radowitz in der letzten Sitzung des Gesammt - ministeriums wiederholt die Mobilmachung der neun preußischen Armeekorps beantragt, und, als diese von sämmtlichen übrigen Ministern verwei - gert wurde, sofort seinen Abschied einge - reicht, der auch angenommen wurde.

2) Wien, 2. Nov. Die heutige Nummer der ministeriellen Oe. C. besagt: Jn der deut - schen Frage besteht vollkommene Solidarität zwi - schen Rußland und Oesterreich. Nebst Radetzky seien noch mehrere andere Generale zu einem Hauptkriegsrath einberufen. Von Preußen seien berhigende Vorschläge vorliegend, jedoch insofern nicht annehmbar erscheinend, als sie gleichzeitig hinsichtlich Kurhessens ein unausweichliches Ein - schreiten des deutschen Bundes behindert wissen wollten. Von der Annahme der Rückvorschläge Oesterreichs werde nun Krieg oder Frieden ab - hängen. (F. O. = Z.)

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Mittelpreise hiesiger Schranne vom 2. Novbr.

Weizen 13 fl. 5 kr. Korn 10 fl. 6 kr. Gerste 8 fl. 33 kr. Haber 4 fl. 43 kr.

Frankfurter Cours. Den l. November 1850.
Geld.Papier.
Oesterreich Bankaktien ......11501156
5% Metallique ....7878 1 / 4
4%....60 1 / 261
3%....45 3 / 446 1 / 4
2 1 / 2 %....41 1 / 241 3 / 4
4 1 / 2 % Bethmann ...72--
4%...63 1 / 2--
fl. 250 Loose v. J. 1839.97 3 / 897 7 / 8
5001834.155155 1 / 2
Preußen3 1 / 2 % St. Schuld Scheine.86 1 / 486 3 / 4
Tthl. 50 Prämien Scheine.--121 1 / 2
Bayern3 1 / 2 % Obligationen ...83 1 / 284
4%....8888 1 / 2
5%....100 1 / 8100 5 / 8
Württemberg3 1 / 4 % ....82 3 / 483 1 / 4
4 1 / 2....98 1 / 898 3 / 8
Baden3 1 / 2 %....81 1 / 282
fl. 35 Loose......32 1 / 432 1 / 2
50......52 5 / 853 1 / 8
Nassau fl. 25 ......2626 1 / 4
Hessen Darmst. fl. 50 Loose...76 3 / 876 7 / 8
25...28 5 / 828 7 / 8
Polen fl. 300...135 1 / 2--
Sardinien Fcs. 36...33 3 / 833 7 / 8

Für die Waldförsterswittwe Assemann in Er - bach sind ferner eingegangen: Von Sch. 12 kr. Transport von früher 2 fl. 24 kr. Summa 2 fl. 36 kr.

Druck von Joseph Steib in Würzburg.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
Author[unknown]
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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ClassificationZeitung; ready; mkhz1

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