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Die Bayerische Presse.
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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533.

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Nr. 275.
Würzburg, Samstag den 16. November. 1850.

Amtliche Nachrichten.

München, 15. Nov. Se. Maj. der König haben vermöge allerhöchster Entschließung vom 9. Nov. l. J. allergnädigst geruht: Jeder Kreisre - gierung für den beiden Kammern gemeinschaft - lichen Kanzlei drei Kanzlisten, welchen die Uniform der Regierungs = Sekretäre 1. Klasse, jedoch mit einfachen Lisière ohne Eckverzierung am Kragen, zukömmt, beizugeben und in Folge dessen zu Kanz - listen zu ernennen, und zwar bei der Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg: die Funkti - onäre Johann Heinrich Dauch von Mainbernheim Philipp Joseph Sauer und Jonas Pfriem von Würzburg.

Würzburg, 16. Nov. Dem Schuldienstex - spektanten zu Poppenlauer Elias Wohlmacher wurde der Schul = und Kirchendienst daselbst in ständiger Eigenschaft übertragen.

Die Parteien in Preußen.

Während der Pause gespannter Erwartung, welche jetzt eingetreten ist, dürfte es nicht ohne Jnteresse sein, einen Blick auf die Parteien zu wer - fen, welche sich in Preußen gebildet haben, und auf die Stellung, welche sie dem Kriege gegenüber ein - nehmen. Ein oberflächlicher Beobachter könnte der Meinung sein, daß jetzt, da sie alle gleich gewal - tig laut für die Ehre Preußens und für den Krieg eifern, ein augenblickliches Einverständniß unter ihnen herrschend geworden. Aber ist es nichts weniger als dieses der Fall. Die demo - kratische Partei, unzweifelhaft der Kopfzahl nach die größte in Preußen, wünscht den Krieg zu ihrem eigenen Jnteresse. Sie ist von Haß erfüllt gegen ihr Königshaus, wie gegen alle Dynastien, und hat nicht einmal Liebe zu der Jdee des preu - ßischen Staats. Nur eine Minorität derselben mag ein specifisch deutsches Gefühl besitzen; ihre große Mehrheit betrachtet diesen Krieg, wie jeden andern, der in Europa von Konstantinopel bis Kopenhagen, von Cadir bis St. Petersburg aus - brechen könnte, als ein willkommenes Mittel zum Beginn einer allgemeinen Revolution. Sie sieht den Krieg entstehen mit derselben bewußten Freude, mit welcher Mazzini, Louis Blanc, Ruge, Hein - zen und Genossen denselben begrüßen werden. Sei das Resultat des Kampfes, welches es wolle, sie weiß, daß es ihre eigene Lage nicht verschlimmern kann. Sie ist entschlossen, den ersten besten Mo - narchen, der in die Noth kommt, sie anzurufen, zu ihrem Werkzeuge zu machen, um zu einer spä - teren Zeit über seinen Leib hinweg zur Macht zu schreiten. Die Einigkeit der großen Mächte bildete bisher das große Gewicht, welches die De - mokratie in Deutschland zu Boden drückte. Die demokratische Partei weiß, daß deren Uneinigkeit sie von diesem Drucke befreien wird. -- Die Partei der Kreuzzeitung, die ultra = conservative und par exellence preußische, welche der demokrati - schen schroff gegenübersteht, führt auch eine kriege - rische Sprache, ohne jedoch die Gefahren eines Krieges für sich selbst zu verkennen. Sie weiß, daß ihre mühsam befestigte Macht bei der ersten verlorenen Schlacht rettungslos zusammenbrechen müßte. Sie weiß auch, daß ihr eine gewonnene Schlacht keinen Vortheil bringen könnte. Wennsie doch jetzt eine martialische Attitude einnimmt, so geschieht es theilweise aus dem Jmpuls, wel - cher alle Leute, die ihr Vaterland lieben, dazu treibt, dem fremden Gegner gegenüber Front zu machen, habe derselbe Unrecht oder auch Recht, theilweise aus einer altpreußischen Abneigung ge - gen Oesterreich und Bayern, theilweise, weil ihr jetzt gar kein anderer Ausweg übrig bleibt, als mit den Wölfen zu heulen. Dennoch sind wir überzeugt, daß die klügsten, patriotischsten und ein - flußreichsten Männer dieser Partei, die zu ermes - sen verstehen, welchen Gefahren ihre Dynastie und sie selbst durch einen deutschen Krieg entgegenge - hen, diejenigen sein werden, welche noch in dem letzten Momente zu einem Frieden mit Ehren ra - then werden. -- Die Gothaer Partei, welche in einer sehr zerflossenen Stellung noch in Preußen vorhanden ist, und gerne ihren stark in Verruf gekommenen Namen mit dem der constitutionellen Partei vertauschen möchte, schreit am allerlustigsten nach einen deutschen Kriege -- nach einem Kriege um jeden Preis. Die guten, blödsinnigen und po - litisch ganz unzurechnungsfähigen Leute, welche diese Partei bilden, sind in der That der Mei - nung, daß der Krieg sie rehabilitiren und ihre Chefs Gagern, Dahlmann, Bassermann u. s. w. wiederum zur Macht emporheben könne. Sie ha - ben keine Ahnung davon, daß sie höchstens zu ei - nem Tritte tauglich sind, auf dem ihre erbitter - sten Feinde, die Demokraten, zur Macht empor - steigen können. Es ist charakteristifch von diesen Leuten, welche sich vorzugsweise deutsch nennen, daß sie die Ersten und die Eifrigsten gewesen, ei - nen Krieg zwischen deutschen Stämmen als eine nothwendige deutsche Aufgabe zu predigen. Sie haben jetzt kein sehnlicheren Wunsch, als recht bald von einem Zusammenstoße zwischen Bayern u. Preußen in Kurhessen, zu hören. Wie alle ohnmächtigen und impotenten Parteien sind sie gewaltig kühn mit dem Munde. Wenn der Tag der Gefahr kommt, werden sie sich jedoch unzweifelhaft zeigen -- wie sie sich in Frankfurt gezeigt haben -- unweise, unmächtig und unzuverlässig. -- Ohne Zweifel fühlen die Männer, welche an der Spitze der preuß. Regierung stehen, die ganze Gefahr ihrer Lage, falls sie in einem ausbrechenden Kriege sich auf die Demokraten ihres Landes oder auf die Gothaer, deren unfreiwillige Werkzeuge -- das sind sie ja auch im Jahre 1848 gewesen -- stützen müßten. Die Wunden, welche dem - nige die Revolution in den Märztagen schlug, werden nie vernarben. Der Prinz von Preußen, welcher wie ein Mann, der außer dem Gesetze steht, verkleidet, auf Feldwegen, aus seinem Va - terlande fliehen mußte, wird nie einen Vertrag mit den Demokraten freiwillig schließen wollen. Die Mitglieder der Dynastie fühlen überhäupt instinktmäßig die starre Consequenz in dem de - mokratischen Prinzipe heraus, welches sich den Thro - nen gegenüber, nie anders als feindlich kundgegeben kann. Man ist in Berlin wohl entschlossen, den Krieg zu beginnen, ohne Concessionen an die Revolution selbst, oder an ihr Mittelglied, die Gothaer, zu machen. Ob er sich enden kann, ohne solche Zu - geständnisse, diese Betrachtung erfüllt gewiß die preußischen Staatsmänner, und nicht ohne Grund, mit schweren Sorgen.

Die Ereignisse in Kurhessen.

Fulda, 10. Nov. Gestern zog das Haupt - quartier mit der Avantgarde um 2 Uhr hier ein; General Fürst Taxis wurde, sowie die Truppen sehr gut empfangen. Die einrückenden Truppen stellten sich auf dem Domplatze auf, Fürst Taxis ließ die Offiziere vortreten und dankte denselben für den an den Tag gelegten E〈…〉〈…〉 mit herzli - chen und doch soldatischen〈…〉〈…〉 Wer. Dann trat er zu dem k. k. Jäger = Bat. und ließ sich einen Mann vorstellen, den auch er über die Verwun - dung seines Kameraden trösten wollte. Zur Er - läuterung des Vorfalles Folgendes: Die bei Bronzell verwundeten Jäger wurden in unser Hauptquartier nach Löschenrod gebracht und dort bestens gepflegt. Es drängte mich, diesen armen braven Leuten auch meinen schwachen Trost zu geben, ich trat vor das Lager und sprach ihnen Muth zu, sie bedurften es vielweniger als ein öster. Jäger, der neben einem der Verwundeten in voller Rüstung stand und bitterlich weinte. Jch schloß aus dieser erschütternden Mitleidsbezeugung, daß der einem Mißverständniß Geopferte sein Bruder sein müßte, und fragte ihn hierüber. Nein antwortete er mir, unter heftigem Schluch - zen, er ist blos ein Kamerad; haben wir gemacht die zwei Feldzüge in Ungarn immer nebeneinan - der, nix passirt -- und jetzt muß ihn schießen ein so Malefiz -- Fritz! (Preuße). Die Offiziere der Kompagnie, der Arzt, alle versuchten dem trostlosen Kameraden vorzustellen, die Wunde sei nicht tödtlich -- umsonst -- er glaubte, der Freund müsse sterben, und er würde ihm dann in's Grab folgen. Dieser war es nun, den der Fürst Taxis selbst beruhigen wollte, indem er ihm versprach, der Verwundete solle im Spitale zu Fulda gut untergebracht werden und er könne ihn dann täglich besuchen. Dieser Zuspruch von sei - nem eigenen General schien ihn zufrieden zu stel - len! Daß ein solcher Zug die Liebe und das Ver - trauen einer Truppe für ihren neuen General, der ihr in Gesinnungen und Tüchtigkeit nur dem Rufe nach bekannt ist, schnell gewinnt, brauche ich Jhnen nicht zu sagen.

Fulda, 14. Nov. Es sind Gegenbefehle ge - kommen, und das Hauptquartier bleibt noch einige Tage hier. Der Grund der Zögerung liegt da - rin, daß man von Stunde zu Stunde die völlige Räumung Kurhessens von den preuß. Truppen erwatet. Es soll dies in Folge einer in Wien zu Stande gekommenen Uebereinkunft geschehen. Die in Schlüchtern gestandene Nachhut ist seit gestern in der Stadt, nachdem die Avantgarde bis Hünfeld vorgeschoben war. Ein Theil der Rei - terei ist links in die Dörfer anf den Straßen nach Lauterbach und Alsfeld gelegt worden. Das Corps des F. = M. = L. Legeditsch kam gestern in Bi - schoffsheim an der Rhön, 6 Stunden von hier, an. Der hiesige Bürgerverein ist vom Bezirksdirektor bis auf Weiteres geschlossen und die Ausgabe der Hornisse und Neuen hessischen Zeitung ver - boten worden. v. Warnsdorf, Obergerichtspräsi - dent, ist, um der starken Einquartierung zu ent - gehen, um seine Entlassung eingekommen. Ein Gleiches that Obergerichtsrath Pfeifer. -- Es verdient bemerkt zu werden, daß Graf RechbergBundescivilkommissär, immer zu Pferde mit vo - ran ist, so auch bei dem Zusammenstoß bei Bronn - zell, obgleich sein Körper gerade nicht für Kriegs - strapazen geschaffen zu sein scheint. Er befindet sich stets an der Seite des Fürsten von Thurn und Taris.

Deutschland.

Vom obern Neckar, 10. Nov. Die Auflö - sung der Revidirenden, in Verbindung mit der Auflösung des Gesetzes vom 1. Juli 1849, hat allerwärts auch in unserer Gegend unter allen Gutgesinnten den besten Eindruck hervorgerufen, und die Regierung hat sich durch diese Maßre - gel, zu welcher es doch endlich kommen mußte, den aufrichtigsten Dank aller wahren Vaterlands - freunde erworben. Man ist nachgerade des Trei - bens von Versammlungen, die das Revolutions - prinzip im Lande permanent zu machen suchten, und dieses zu keinen geordneten Zuständen kommen ließen, herzlich satt geworden. Die demokratische Partei ist durch das thatkräftige Auftreten der Regierung verblüfft, und setzt jetzt ihre Haupt - hoffnung auf einen Krieg, welcher, wie sie meint, Deutschland in neue Verwirrung stürzen und aus dem allgemeinen Unglücke ihrem Revolutionsge - lüste einen neuen Glücksstern anfgehen lassen werde. Wir vertrauen indessen zu Gott, der Deutschlands Geschicke lenkt, daß diese ihre Erwartung nicht wird erfüllt werden. Möge jedenfalls unsere Re - gierung auf dem von ihr betretenen Wege fest und unbeirrt weiter gehen und mit konsequenter Energie diejenigen Maßnahmen ergreifen, welche uns von der jetzigen Unstätigkeit unserer Verhält - nisse erlösen und dem Geist des Ungehorsams und der Entsittlichung in Vereinen und in der Presse steuern! Das Volk hat das Vertrauen zu seinem königlichen Führer, der in langer Regierung die überzeugendsten Proben seiner wahrhaft landesvä - terlichen Gesinnung gegeben, daß es mit der Hilfe Gottes seiner Weisheit und seinem Heldenarm gelingen werde, das Staatsschiff Württembergs auch jetzt durch die hochgehende Brandung glück - lich und unversehrt hindurchzuführen.

Stuttgart, 14. Nov. Die heutige Württ. Z. bringt das Protokoll der Sitzung, welche der un - gesetzliche Ausschuß der aufgelösten Landesver - sammlung in Gegenwart sämmtlicher Mitglieder (mit Ausnahme von Mack, welcher sich in Urlaub [Wer hat ihn ertheilt? ] befinden soll,) am 11. Nov. hielt, und deren Beschlüsse dahin lauten: 1) der unterm 6. Nov. 1850 von der Landes - versammlung verfassungsmäßig gewählte Aus - schuß erachtet es für seine heilige Pflicht, ohne Rücksicht auf die an der Verfassung und gegen den Beruf des Ausschusses verübte Gewalt, seinem gesetzlichen Beruf nach Kräften obzuliegen; ins - besondere 2) die Rechte des Landes den Vor - schriften der Verfassung gemäß, zu wahren, 3) die Verwaltung der Staatsschuldenzahlungskasse mit allen ihm zu Gebot stehenden gesetzlichen Mitteln den Bestimmungen der Verfassung und vertragsmäßigen Rechten der Staatsgläubiger ge - mäß, sowie im Jnteresse des Staatskredits fort - zuführen! 4) gegenwärtiges Protokoll der Oef - fentlichkeit zu übergeben. Unterzeichnet: Schoder, Rödinger, Stockmayer, Schnitzer, Moriz Mohl, A. Seeger, Reyscher, Tafel, Fetzer, Schweickhardt, Pfähler. Diese Erklärung einer gegen den Be - fehl der Regierung und gegen die Bestimmung des §. 89 unserer Verfassungsurkunde sich als Ausschuß gerirenden Versammlung von Privaten ist ein offener Aufruf zum Ungehorsam und zur Unbotmäßigkeit gegen die bestehende rechtliche Re - gierung. Der Pseudoausschuß hat sich des Hoch - verraths schuldig gemacht, und diejenigen, welche seine Befehle und Verordnungen annahmen, sind in gleicher Verdammniß. Der §. 89 der Verfassung hat den Nothstand des Staates vorgesehen; dieser ist wie durch den drohenden äußeren Krieg, so durch in - neres Zerwürfniß veranlaßt worden, und über die Zweckmäßigkeit seiner Anwendung kann bei Allen, welche für Ordnung und Recht noch Sinn haben, kein Zweifel sein. Die Maßregel derRegierung war eine verfassungsmäßige, und Pri - vaten (die Mitglieder des Pseudo = Ausschusses sind aber nichts anderts) steht bloß das in dem §. 36 ff. der Verfassung bestimmte Beschwerderecht der Staatsbürger, aber keineswegs ein Befehl und Aufruf zur Widersetzlichkeit zu. Die auf dem Boden der Verfassung stehende Regierung hat nicht bloß das Recht, den verfassungsmäßigen Gehorsam der Staatsbürger und Staatsdiener zu fordern, sondern auch die heilige Pflicht, mit der ganzen Schärfe des Gesetzes gegen diejenigen ein - zuschreiten, welche durch Advokatenstreiche Staats - streiche verursachen wollen, und den verdeckten Hochverrath predigen. Die Regierung wird ihre Pflicht nicht verabsäumen, solche Angriffe gegen ihr gutes Recht in die Schranken zu weisen, und das Vertrauen aller rechtlichen Bürger zu recht - fertigen, welche in dem Regimente des §. 89 vor der Hand die einzige Wahrung der Verfas - sung, des Rechtes und der Ordnung im Lande erkennen.

Dresden, 10. Nov. Ueber die Stellung und Verwendung unserer Truppen kann ich Jhnen fol - gende Mittheilungen machen, die Jhnen um so erwünschter sein werden, da von dergleichen in einem Theile der sächsischen Blätter aus Vorsicht, in dem andern aus Jgnoranz nicht die Rede ist. Jch selbst würde Anstand nehmen, Jhnen darüber zu schreiben, wenn sich überhaupt solche Dinge ganz verheimlichen ließen, was sich in diesem Fall um so weniger wird thun lassen, als ich Gelegen - heit hatte, schon seit einigen Tagan preußische Beobachter hier zu bemerken. -- Unsere brave Armee, unter der Führung des jetzigen Kriegsmi - nisters Rabenhorst, eines allgemein beliebten und tüchtigen Militärs, wird die Vorhut gegen Preu - ßen ausmachen und sich zu diesem Zwecke nach zwei Seiten, bis Obschatz und Grossenhayn, der preußischen Grenze gegenüber ausbreiten. Leipzig wird von Besatzung ganz entblößt werden, da es sich nicht halten lassen würde. Ob die Regierung wenigstens für einen moralischen Halt dieser Stadt sorgen wird, indem sie den jetzigen, ohnehin in Untersuchung befangenen Bürgermeister, dessen un - patriotische Gesinnungen wohl erwarten lassen, daß er die Schlüssel der Stadt bis Schkeuditz den Preußen entgegentragen wird, sofort absetzen und durch einen guten und patriotischen Mann ersetzen wird, ist eine Frage, die wohl in den nächsten Tagen bejahend beantwortet werden wird. Es gibt Gottlob noch Männer genug in Leipzig, die nach dem Musterbilde jenes Mannes handeln wür - den, der Hardenberg's Versuch, ihn mit 100,000 Rth. zu dem Zweck zu bestechen, daß er sein Ge - wicht bei der traurigen Theilung Sachsens für die sächsische Grenzlinie diesseits Leipzig einlegen solle, ohne Prunken mit seinem Patriotismus ab - wies. -- Bei dem ersten Zusammenstoßen, wel - ches auf irgend einem Punkte zwischen preußischen und Bundestruppen folgen würde, wird Sachsen bis Dresden und Bauzen hin von einer starken öster. Armee, die hart an der böhmischen Grenze steht, besetzt werden, so daß man die Gesammt - zahl der dann zum Schutze Sachsens vereinigten Truppen wohl auf 80,000 Mann schätzen kann. Unsere Königliche Familie ist von Trauer über die neue Wendung der Dinge tief erfüllt, ein Zug, der um so edler scheinen muß, da nach so vielfältigen Beleidigungen, die selbst das Königl. Haus von Preußen erfahren mußte, wohl das ver - söhnlichste und mildeste Herz sich hätte verbittern müssen.

Leipzig, 10. Nov. Die Neue Preußische Zeitung bietet in ihrer nenen Richtung Alles auf, um die Wucht des Hasses von ganz Deutsch - land auf Bayern zu lenken; so ersindet sie in bei - spiellos gehässiger Weise, daß diese deutsche Macht alles Ernstes damit umgehe, das Großherzogthum Baden zu theilen, und daß auch Hessen und Württemberg Stücke davon zugeworfen werden sollen. Und am folgenden Tage will sie Bayern und seine Verbündeten als russische Vasallen dar - stellen, die von der russischen Gesandtschaft zu Berlin Befehle empfangen, indem sie sagt: Wie wir hören, ist russischer Seits eine Depesche anden Fürsten Thurn und Taxis von hier (Berlin) abgegangen, in welcher dieser bayerische Oberbe - fehlshaber auf die Gefahr aufmerksam gemacht wird, welche für seine Regierung aus einem ei - genmächtigen Vorgehen auf hessischem Gebiete er - wachsen dürfe. Und in dem nämlichen Blatte, in welchem diese Erfindung steht, in dem vom 8. November, hält diese Zeitung einen Sermon über die Verbindlichkeit der Gebote Gottes und über sein Gericht!

Berlin, 11. Nov. Zuverlässigen Nachrichten zufolge hat das Ministerium den von Wien aus gestellten Anträgen durchgehends nachgegeben und daher insbesondere die Einstellung alles und jedes Widerstandes gegen die Maßregeln des Bundes in Hessen und Holstein zugesagt und nur die Si - cherheit der Etappenstraßen vorbehalten. Auch das formelle Aufgeben der Unionsverfassung steht in naher Aussicht.

Berlin, 13. Nov. Die Presse ergeht sich in den wunderlichsten Versionen über die Audienz, welche am vergangenen Sonntag der öster. Ge - sandte, Ritter Prokesch von Osten, bei Sr. Ma - jestät dem Könige in Sanssouci gehabt. Der Gesandte hatte die Audienz nachgesucht; sie wurde ihm bewilligt und, sind wir sonst gut unterrichtet, hatte sie keinen andern Jnhalt, als daß die Af - faire bei Bronzell hier in ihrer Bedeutung ganz auf das zurückgeführt wurde, was sie wirklich nur ist.

Belgien.

Brüssel, 12. Nov. Für die minderjährigen Kinder des Königs Leopold ist nach den belgischen Gesetzen ein Untervormund (subrogétuleur) in der Person des Herzogs v. Nemours ernannt worden. Der Familenrath, welcher den Untervormund zu ernen - nen hatte, bestand von mütterlicher Seite aus dem Herzog von Nemours, dem Herzog von Aumale und dem Prinzen von Joinville, vertreten durch den Fürsten von Ligne, General Jacqueminot und General Evain; von väterlicher Seite: Prinz Albert, vertreten durch Hrn. J. van Praet, Hrn. v. Gerlache, erster Präsident des Cassationshofes, und Hrn. Leclercq, Staatsprocurator. Der König hatte für seine Person dazu abgeordnet Hrn. Co - novay, Jntendanten der Civilliste. Der Untervor - mund wurde ermächtigt, die Erbschaft der Königin unter Vorbehalt der Rechtswohlthat des Jnven - tars, Namens seines Mündel anzutreten. -- Heute wurden die Kammern eröffnet. Der König wohnte nicht bei.

Neuestes.

München, 14. Nov. Se. Maj. der König hat durch allerhöchstes Handschreiben vom 11. d. den auf Nachsuchen unterm 10. Aug. l. J. aus der Armee entlassenen Oberstlieutenant Frhrn. Ludwig v. d. Tann wieder in seine Stellung als Oberstlieutenant und früheren Anciennetät anzu - stellen und denselben zum k. Flügeladjutanten zu ernennen geruhr.

Speyer, 14. Nov. Ueber das Anrücken von preußischen Truppen gegen Kirchheimbolanden können wir folgendes Nähere mittheilen: Vier preußische Offiziere machten einen Spazierritt nach genanntem Orte, und als sie in Erfahrung ge - bracht hatten, daß in diesem Städtchen bayerisches Militär liege, begaben sie sich sogleich wieder auf den Rückweg. -- Germersheim ist in Belagerungs - zustand erklärt.

Frankfurt, 15. Nov. Aus dem Pulverma - gazin, welches vor der Stadt bei der Mainzer Warte liegt, sind heute in aller Früh von preu - ßischen Artilleristen die Munitionsvorräthe genom - men und in das Nassauische abgeführt worden.

Heidelberg, 11. Nov. Die preußischen Trup - pen sind jetzt in und um Heidelberg concentrirt und Generallieutenant v. Schreckenstein tritt mor - gen mit seinem gesammten Corps den Abmarsch an. Wahrscheinlich wird man die Eisenbahn wählen, denn sicherem Vernehmen nach hat dasCorps die Bestimmung, in Eilmärschen nach West - phahlen zu gehen, um den dort von Truppen ent - blößten Gegenden zur Besatzung zu dienen.

Karlsruhe, 12. Nov. Die Haltung der Karlsr. Ztg. erregt hier Aufsehen und Entrü - stung; zu einer Zeit, wo die Regierung ihre ent - schiedene Annäherung an die in Frankfurt vertre - tenen Verbündeten in offiziellen Akten zu erkennen gibt, ist das Regierungsorgan in den Händen ei - nes preußischen Juden, der keine Gelegenheit vor - übergehen läßt, wo er nicht seinem verbissenen Aerger auf die Partei des Bundesrechts Luft machte.

Karlsruhe, 13. Nov. Wenn bis jetzt kein Systemwechsel der badischen Regierung stattfand, der neue Staatsminister denselben (hinsichtlich der preußischen Union) vielmehr von der Jnitiative der preuß. Regierung abhängig machte, so drängt doch die Natur, oder vielmehr die Unnatur der Verhältnisse, in welche das Klüber = Marschall'sche Regieren unser Land zu den Nachbarstaaten sowohl, als zu sich selbst versetzt hat, zu einer Entscheidung, und wie nicht zu zweifeln, zu ei - nem totalen Systemwechsel hin. -- Jn nächster Zeit müssen im Schooße des Staatsministeriums Fragen von tiefeingreifender Bedeutung zur Er - örterung kommen, wobei von einem Lawi - ren, Vermitteln u. Zwischendurchmanöveriren schon um deßwillen keine Rede mehr sein kann, weil es sich um Feststellung von Regierungsprinzipien handeln muß. Von diesen Fragen dürften einige sehr brennend werden. Wir beschränken uns da - rauf eine derselben näher zu bezeichnen. -- Ba - den zählt über 900,000 Katholiken und 400,000 Einwohner von gemischter Konfession. Die ka - tholische Kirche aber ist in Baden mehr als fast in irgend einem andern deutschen Lande der un - würdigsten büreaukratischen Bevormundung unter - worfen; in Baden haben, wie sich durch Zahlen nachweisen läßt, namentlich in früheren Jahren die Katholiken im Staatsdienste die auffallendsten Zurücksetzungen erfahren; -- hier zu Lande wurde gegen ihre Confession mit jenem Lande büreau - kratischen Zelotenthum vorgefahren, welches an dem Zerfall unseres Staates so große Schuld trägt. Die Katholiten Badens wissen dies, -- und wir werden bald erfahren, wie ernst es ihnen ist um die Erringung einer würdigeren Stellung ihrer Kirche und ihrer selbst. -- Der Chef des Ministeriums des Jnnern, v. Marschall, hat es bereits von der Hand gewiesen, der katho - lischen Kirche diejenigen Zugeständnisse, wenn vor - erst auch nur grundsätzlich, zu machen, die in Preußen, Oesterreich und den meisten deutschen Staaten derselben schon lange gemacht sind und von keiner Macht der Erde länger verweigert werden können. -- Der Hr. v. Marschall hat vor einem Vierteljahre das einzige Organ der Katholiken, und daß einzige in Baden sehr ver - breitete conservative Organ, das Deutsche Volks - blatt mit dem Verbot belegt, und ver - weigert jetzt noch, selbst dem aüsdrücklichen Wunsche höchster Personen gegenüber, die Zurück - nahme des Verbotes, -- lediglich, weil bas Volks - blatt der katholischen Richtung angehört, und weil es unter den Katholiken eine große Ver - breitung besitzt!

Stuttgart, 14. Nov. Außer der gerichtlichen Untersuchung, welche die Regierung gegen den Ausschuß der aufgelösten Landesdersammlung durch den Staatsanwalt beim Gerichtshof zu Eßlingen einleiten ließ, ist nun heute den Mitgliedern des Ausschusses von der k. Stadtdirektion eröffnet wor - den, daß, da sie sich fortwährend als Ausschuß geriren und gestern sogar ein Protokoll über ihre Wirksamkeit veröffentlichten, auf Grund des Po - lizeistrafgesetzbuches wegen angemaßter Amtsge - walt gegen sie werde einschreiten werden.

Wien, 12. Nov. Der frühere preußische Bundestagsgesandte, Graf v. Dönhoff, ist von Berlin hier angekommen, und hat wichtige Eröff - nungen Seitens seiner Regierung überbracht; nach denselben verzichtet Preußen förmlich aufdie Union, und jeden ferneren Wider - stand gegen die Besetzung Kurhessens und die Pazification Holsteins durch Bundestruppen. Um sich über einen Entwurf zu einer künftigen Gesammtver - fassung Deutschlands zu einigen, sollen in Dresden sogenannte freie Conferenzen statt - finden. Während der Dauer derselben bestände die Bundesversammlung rechtlich fort, enthielte sich aber thatsächlichen Eingreifens in die Ange - legenheiten solcher Staaten, welche den Bundes - tag noch nicht beschickt haben. Der in den Con - ferenzen berathene und angenommene Verfassungs - entwurf würde der Bundesversammlung zur endgültigen Entscheidung vorgelegt werden. Jn Betreff des Verfassungsentwurfes hören wir, daß ein Direktorium, aus den grö - ßern Staaten bestehend, behufs der Bildung ei - ner starken Executivgewalt geschaffen werden soll, derselben aber, wie es scheint, von preußischer Seite keine Vertretung der ständischen Kammern der Einzelstaaten beigegeben werden will; ohne Zweifel um sich das Agitationsmittel der Volksvertre - tung in einem etwa später wieder einzube - rufenden Parlament für günstigere Zeiten vorzu - behalten. Oesterreichs Gedanke scheint, wie schon öfter ansgesprochen, die Vertretung der Jnteressen jedes einzelnen Staates, oder jedes nach Stäm - men geordneten Staatenvereins durch Ausschüsse, welche gleichsam als Sachverständige in der Regel einzeln ihr Votum abzugeben, nicht aber in unge - ordneter, massenhafter Versammlung nach Kopf - iahl, Entscheidung zu fassen hätten. Aehnlich wurde es bekanntlich Jahrhunderte lang auf den deutschen Reichstagen gehalten.

Lecco, 5. Nov. Truppenweise langen hier vom Splügen täglich die für Neapel geworbenen Schweizer an, und werden von dem mit Weib und Kind hieher gezogenen Transportsinspektor übernommen, verpflegt, dann auf Stellwägen bis Monza, und von dort mit Umgehung Mailand's nach Lodi befördert. Und von da gehen sie nach Carossa, gegenüber von Piacenza. Bis jetzt sind auf diese Weise etwa 2000 Mann hier durch - passirt, und es sollen noch 3000 nachfolgen.

Berlin, 12. Nov. Die Flucht Kinkel's aus Spandau betrachtet man hier allgemein als ein Ereigniß, wie es der Regierung im Augenblicke nicht erwünschter kommen konnte.

London, 12. Nov Cardinal Wiseman ist an - gekommen.

Königin Victoria, heißt es, habe mit eigener Hand einen Teppich gestickt, der zur großen Jn - dustrieausstellung im Hyde = Park kommen soll und Prinz Albert wird einige Bildhauerarbeit heisteu - ern. (Also auch Bildhauer? ) Ferner wird das Publikum den unschätzbaren Diamant Koh = i = nur zu sehen bekommen, welchen England im Pendschab erbeutet hat.

Bern, 4. Nov. Jn einer hiesigen Buchdru - ckerei ist eine Flugschrift erschienen mit dem Titel: Comité national. Manifeste et circulaires. Aux Italiens. Sie stellt den nahen Ausbruch einer allgemeiner europäischen Revolution in Aus - sicht und ruft die nationale Partei Jtaliens zur Wachsamkeit auf; die Stunde der Befreiung Jta - liens sei nahe.

Strasburg, 13. Nov. Vorgestern ist hier zu - fällig ein beabsichtigtes Verbrechen entdeckt worden, das, wenn es zur Ausführung gekommen wäre, die schrecklichsten Folgen hätte nach sich ziehen können. Jn unserm Schauspielhause scheinen nämlich von einem Uebelthäter alle Vorkehrungen zu einer Brandanlegung getroffen worden zu sein, nicht al - lein um das große und schöne Gebäude selbst und alles, was es enthält, zu zerstören, sondern viel - leicht eine größere Zahl Menschen, als selbst bei dem Theaterbrande in Karlsruhe, dem schauder - haftesten Tode zu überantworten. Man fand näm - lich in dem ersten Unterbau der Bühne ein Paket Zündhölzchen, welches in einer der Fugen lag, die zur Bewegung der Coulissen dienen, so daß nicht zu vermuthen ist, daß dies Paket zufällig vergessen worden, um so mehr, da noch andereSchwefelhölzchen unter Holzspäne gemischt waren welche von einer Schreinerarbeit herrührten, die durch die Maschinerie der Rosenfee nöthig geworden war. Hoffen wir, daß die Oeffentlich - keit dieser Thatsache, im Verein mit den strengen Aufsichtsmaßregeln, die sie hervorrufen wird, ge - nügen, die Ausführung der strafbaren Anschläge zu verhindern, deren Vorhandensein solche Anzei - chen vermuthen lassen.

Rom. (F. u. Sch. der päpstl. Allocution bezüglich Piemonts. ) Wir hofften daher, daß die k. Minster eine gelegnere Zeit für das Geschäft, nämlich Unsre Rückkehr nach Rom, abwarten wollten. Wenige Monate nachher hören Wir, daß dieselbe königl. Regierung dem Parlament einen neuen Gesetz - Entwurf vorgelegt habe, welcher den befreiten Gerichtsstand der Geistlichen und der Kirche gänz - lich aufheben, den Laiengerichten gar eine Ent - scheidung über die Ernennung der Patrone für die geistlichen Einkünfte übertragen sollte (il giu - dizio circa le nomine dei patroni ai bene - ficii ecclesiastici) und noch verschiedene andere Dinge sogleich oder in Bälde einzuführen ver - sprach, gegen alles Recht der Kirche und sicher - lich nicht ohne Gefährdung der Religion. So - bald Wir Nachricht von diesem Entwurf erhiel - ten, trugen Wir Unserm Cardinal = Staatssecretär auf, dagegen seine Stimme zu erheben, und das gleiche befahlen Wir Unserm apostolischen Nun - cius in Turin. Da aber weder des einen noch des andern Mahnung fruchtete, so waren Wir genöthigt, gegen gedachte Neuerung Uns zu ver - wahren, nachdem sie von den Kammern angenom - men und von dem König alsbald genehmigt wor - den war. Bei diesem Vorgang und seinem Ende ist nicht allein zu beklagen, daß die heiligen Rechte der Kirche, welche durch so viel Jahrhunderte nach Sanction der Kirchensatzungen in Kraft bestanden, verletzt und mit Füßen getreten (conculcati) worden sind, sondern daß gar viele Abgeordnete und Senatoren, welche an der Ver - handlung in der einen oder andern Kammer theil - nahmen, und deren Meinung schließlich siegte, ohne Anstalt sich oder der Laiengewalt die Befugniß anmaßten ohne Unsre Zustimmung sogar gegen Unsre Vermahnung die feierlichen Verträge mit dem apostolischen Stuhle über die Ausübung jener Rechte zu brechen und sie für null und nichtig zu erklären. Jhr seht nun, ehrwürdige Brüder, wie und von welcher Bedeutung jene Angelegenheiten sind, Jhr werdet wohl erwägen, in welchen Zu - stand alles Heilige gerathen müßte wenn man die Rechte der Kirche nicht mehr achtet, wenn man ihre heiligen Satzungen geringschätzt, wenn man sich nicht mehr um ein ununterbrochenes Besitz - thum kümmert, nicht mehr die Verträge hält, welche zwischen dem heiligen Stuhl und der Lan - deshoheit vereinbart worden sind. Gewiß leuchtet es jedem ein, wie dringend und wichtig, nicht bloß für die Religion, sondern für die Staats - ordnung, die öffentliche sowohl als die private, es ist, daß solche Kirchenverträge für heilig und unverletzlich gehalten werden, denn wenn ihre Kraft und Rechte mißachtet und mit Füßen getreten werden, dann fällt gleichzeitig die Geltung aller andern öffentlichen oder bürgerlichen Verträge. Auf die Verletzung der Kirche und des heiligen Stuhles durch die Sanktion der gedachten Gesetze folgten in kurzer Zeit andere, als die königlichen Minister und die Laienrichter die heiligen Prälc - ten, Unsre ehrwürdigen Brüder, die Erzbischöfe von Sassari und Turin vor Gericht luden; jener mußte im eigenen Hause eine Haft bestehen, diesen brachte man mit Waffengewalt in die Citadelle der Haupt - stadt und verurtheilte endlich beide zu einer bür - gerlichen Strafe, aus keiner andern Veranlassung, als weil sie nach den Pflichten ihres Amtes den Priestern ihrer Erzbisthümer das Verhalten vor - geschrieben hatten, damit sie ihr und ihrer got - tesfürchtigen Heerde Gewissen bezüglich jenes neuen Gesetzes rein hielten. Und damit maßte sich die Laien - gewalt das Recht an über die Vorschriften zu urtheilen,welche die Hirten der Kirche nach ihrer Pflicht in Ge - wissenssachen verkündet hatten. Später geschah noch eine andere und viel schwerere Unbill, als eine hervorragende Person, welche, wie allen bekannt, ganz vorzüglich zu jenem ungerechten Gesetz ge - rathen, und sich geweigert hatte ihren Antheil an jenem Vorgange öffentlich zu mißbilligen, von dem Erzbischof von Turin für unwürdig erklärt wurde die letzten Tröstungen der Sterbenden zu empfangen. Da wurde derselbe Erzbischof von einem Haufen Soldaten aus seiner Kirche geschleppt (strappato) und in eine Festung unter strenger Bewachung geworfen, der Pfarrer aus der religiösen Gemein - schaft der Serviten aber, der pflichtschuldig ihm gehorcht hatte, wurde mit Gewalt aus Turin ver - trieben, und seine Ordensbrüder aus ihrem Turi - ner Kloster gewiesen, und in ein anderes gebracht, als ob es der Laiengewalt zukäme über die Ver - waltung der heiligen Sakramente und über die Vor - schriften bei ihrem Empfang ein Urtheil zu haben. Aber nicht genug! Derselbe Streit über Ver - abreichung der Sacramente und die neuen Vor - schriften in Gewissenssachen, welche schon früher von genanntem Erzbischof erlassen waren, wie er dazu von Uns bevollmächtigt worden, wurde vor den Appellationshof von Turin gebracht, der ohne Verzug am 25. Sept. beschloß, daß der Erz - bischof sich über die Grenzen des königlichen Ge - biets begeben müsse, und daß alle Güter des Erzbisthums unter Sequester zu stellen seien. Fast gleichzeitig, nämlich am 21. desselben Mo - nats, verfügte der Appellationshof der Jnsel Sar - dinien dasselbe gegen Unsern ehrwürdigen Bru - der, den Erzbischof von Cagliari, dem zum Ver - brechen gemacht wurde, daß er mit ganz allge - meinen Worten (denn keiner war persönlich be - zeichnet) alle den Kirchenstrafen verfallen erklärte, welche das Heiligthum des erzbischöflichen Pala - stes verletzt und mit Gewalt in die erzbischöfliche Kanzlei zu dringen versucht hatten. Jn Folge dieser Urtel sahen sich diese Prälaten aus ihrem Besitzthum vertrieben, der Verwaltung ihrer zeit - lichen Güter und der Einkünfte ihrer Erz - bisthümer beraubt, und mußten sich der eine nach Frankreich retten, der andere in diese Unsre hohe Residenz begeben. Es gibt aber außer - dem noch manche andere und keineswegs unbedeu - tende Dinge, welche die subalpinische Regierung gegen die Rechte der Kirche und zum Schaden der Religion eingeführt und angeordnet hat. Da - hin müssen Wir zu höchstem Bedauern das ver - derbliche Gesetz über die öffentliche Erziehung und über die höhern und untern, öffentlichen und Pri - vatschulen rechnen, welches unterm 4. Okt. 1848 erlassen worden. Die oberste Leitung derselben wurde mit einer einzigen und theilweisen Ausnahme bei den bischöflichen Seminarien durch jenes Ge - setz dem königlichen Minister und den ihm unter - geordneten Behörden übertragen, und nach den Bestimmungen des Artikel 58 desselben Gesetzes förmlich erklärt, daß keine andere Behörde das Recht habe, sich in die Schulerziehung, in die Lei - tung des Unterrichts, in die Ertheilung der wis - senschaftlichen Grade und Bestätigung der Lehrer zu mischen. Es wurden also in jenem katholischen Staate alle Schulen jeder Art, als Lehrstühle, auch jene über kirchliche Wissenschaften, wie es das Gesetz ausdrücklich erwähnt, wie nicht min - der der erste Unterricht der Kinder in den Ele - menten des christlichen Glaubens, womit das Gesetz die Unterlehrer an den Schulen beauftragt hatte, kurz alles und jedes der Aufsicht der Bischöfe entzogen. Und damit auch der letzte Zweifel hier - über schwände, werden in demselben Artikel die geistlichen Rectoren denen beigezählt, welche von dem königlichen Minister und seinen Unterbehörden ohne Beiziehung irgendeiner andern Behörde ent - fernt oder eingesetzt werden können. Nicht allein, daß dadurch die Priester willkürlich jener besondern Befugniß beraubt werden welche sie seit vielen Jahrhunderten, wenigstens in der Mehrzahl jener wissenschaftlichen Jnstitute Kraft königlicher und päpstlicher Constitutionen, oder nach den Stif -tungsurkunden befaßen, sondern man ließ ihnen nicht einmal die Oberaufsicht bei jenen Unter - richtsfächern, welche sich auf Glaubenslehren, christliche Gebräuche oder auf den göttli - chen Dienst beziehen. Noch aber hofften Wir daß wenigstens bei der Ausführung des Gesetzes einigermaßen die bischöfliche Autorität berücksichtigt werden würde. Schon hat jenes Gesetz augen - scheinlich seine verderblichen Früchte getragen, in - dem täglich vergiftende Begriffe und Gelüste, die unvereinbar sind mit der unveränderlichen Lehre der Kirche, nicht allein in Broschüren und Flug - blättern der frechen Presse unter das Volk ge - streut, sondern auch von einigen öffentlichen Leh - rern der Jugend eingeflößt und offen vertheidigt werden. Wir finden keine Worte, ehrwürdige Brüder, den allzuherben Schmerz auszudrücken den Wir bei Empfang dieser Nachrichten empfan - den. Ohne Verlust eines Augenblicks werden Wir Uns auch über diese Sache des Nähern unterrich - ten, und nichts unterlassen was von Uns gefor - dert werden kann, da Uns von Gott das Amt ge - worden über den Glauben zu wachen und in ihm die Brüder zu erhalten. Endlich wurde, wie Jhr wißt, von der subalpinischen Regierung eine von den ersten Personen des Reichs mit dem Auftrag hierhergeschickt die Unterhandlung wieder auszuneh - men und mit dem heiligen Stuhle die geistlichen Angelegenheiten in Ordnung zu bringen; Wir konnten sie aber durchaus nicht zur Ueberreichung ihrer Beglaubigungsschreiben unter den üblichen feierlichen Formen zulassen. Deßhalb hat sie sich Uns theils privatim vorgestellt, theils mit Un - serm Cardinal Pro = Staatssecretär verkehrt, und bei den Besprechungen über das obenge - nannte Gesetz bezüglich der geistlichen Gerichtsbe - freiungen die Behauptung aufgestellt: daß durch die Verkündung desselben die Laiengewalt nur ihr Recht geübt trotz dem Wortlaut der Kirchen - satzungen und der Concordate mit dem apostoli - schen Stuhle. Sie schob daher die Schuld des Vorgefallenen auf die Geistlichkeit und die heili - gen Prälaten, vorzüglich auf den Erzbischof von Turin, Unsern ehrwürdigen Bruder, der damals wegen seiner standhaften Pflichterfüllung in stren - ger Haft gehalten wurde. Ueber diesen vortreffli - chen Kirchenfürsten eiferte sie noch viel härter, als sei er ein Mensch, dem wenig an Ruhe und Frie - den des Volkes liege; sie erklärte dabei, daß sie hauptsächlich von ihrer Regierung beauftragt sei, auf die Versetzung dieses Präläten außerhalb der Grenzen des Königsreichs zu dringen. Nachdem dieß gesagt war, konnte man sich auch bei dem übrigen nicht zurechtfinden, und vergebliche Ver - suche wurden von ihr und dem genannten Cardi - nal gemacht, irgendeinen Ausweg zu erdenken, wie der Vertrag zu Stande gebracht werden könnte. Weit entfernt aber in der Zwischenzeit auf dem eingeschlagenen Wege inne zu halten, wurden von der Regierung in derselben Zeit jene beiden Urtel der Laiengerichte in geistlichen Angelegenheiten er - lassen, und sowohl an dem vorerwähnten Erzbi - schof als an dem von Cagliari vollstreckt. Nichts - destoweniger wollen Wir hiermit bezüglich jener Sondergerechtsame der Kirche und der Geistlichkeit alle wissen lassen, daß Wir die von der subalpini - schen Regierung im vorigen Jahre gemachten Vor - schläge nicht zurückweisen, und auch heute keinen Anstand nehmen die Bestimmungen der Kirchen - gesetze über jene Befreiungen mit Rücksicht auf Ort und Zeit zu mildern, und zwar wie es Uns in dem Herrn räthlich erscheinen wird, und damit die Kirche auf andern Gebieten eine freiere Uebung ihrer Rechte erlange, besonders da auch Uns kein geringeres väterliches Wohlwollen beseelt wie es die römischen Päpste, Unsre Vorgänger, gegen das berühmte Haus Savoyen bekanntlich immer gehegt haben. Auch geht Uns die Trübsal und die Qual sehr nahe, welche unter solchen Umstän - den Unsre Brüder in jenen Staaten dulden müs - sen, und wir sind bereit zu ihrer Erlösung alle geeigneten Mittel zu gebrauchen nach dem unver - änderlichen Geist der heiligen römischen Kirche,die wie eine liebende Mutter immer bereit war ihren Söhnen in Angst und Drangsal beizustehen, und durch ihre apostolischen Diener das zerknirfchte Jsrael wieder aufrichten zu helfen. Von der Macht aber die Uns gegeben ist, aufzubauen nicht zu zerstören, können Wir hier keinen Gebrauch machen, solange es noch scheinen könnte als würde durch Unsre Geduld, Unsre Nachsicht und Unsre Zugeständnisse gebilligt, was zu Unserm Bedauern dort verhandelt, beschlossen und geschehen ist gegen das Recht der Kirche, aus Mißachtung der ca - nonischen Gesetze, gegen feierliche Verträge, ja sogar mit Verletzung des Vertragsrechtes über - haupt, und endlich gegen die Priester und Bi - schöfe die nur ihre Amtspflichten vollzogen zur Beruhigung der Gewissen und zur Verwaltung der Sacramente. Da sei Gott vor, ehrwürdige Brüder, daß Wir jemals Unsre Macht zum Verderben der Kirche und des katholischen Glau - bens mißbrauchten! Nein, im Gegentheil wollen Wir beharrlich alle Kräfte zum Nutzen der Religion und zur Erhaltung der heiligen Rechte der Kirche anstrengen. Mit diesem Vorsatz erheben Wir heute in dieser Versammlung Unsere apostolische Stimme, beschweren Uns feierlich über die eben - genannten Vorgänge und über alles andere, was auf den festländischen wie überseeischen Gebieten der piemontesischen Fürsten gegen die Rechte der Kirche oder zum Schaden der Religion geschehen oder auszuführen versucht worden, und verlangen von allen die es angeht, daß sie aufhören, die Priester und heiligen Diener der Kirche zu be - unruhigen, und ohne Verzug alle Unbill gegen das Heilige wieder gut machen. Jnzwischen, ehrwür - dige Brüder, wollen wir nicht aufhören demüthige Bitten und Gebete zu dem Gott der Barmher - zigteit zu senden, und die unbefleckte jungfräuliche Gottesmutter wie die heiligen Apostel Peter und Paul anzurufen, sie möchten ihr demüthiges Flehen mit Uns vereinen, damit er seine Rechte ausstrecke und mit seinem heligen Arm jenes herrliche Stück vom Weinberge des Herrn vertheidige!

Verantwortlicher Redakteur u. Verleger: Franz v. Faber.

Bekanntmachung.

Auf Andringen eines Gläubigers werden zwei k. k. österreichische Staatsschuldverschreibungen, im Nominalwerthe, jede zu 100 fl. im 20 fl. Fuße, d. d. Wien, 1. März 1846

Mittwoch den 27. d. Mts. Vormittags 9 Uhr

im diesgerichtl. Sekretariate öffentlich versteigert, und Strichlustige hiemit in Kenntniß gesetzt.

Theater = Anzeige.

Sonntag, den 17. Nov. 1850.

Die Räuber. Schauspiel in 5 Akten mit Gesang von Friedrich v. Schiller. Montag, den 18. Nov. Doktor Faust's Hauskäppchen, oder: Die Herberge im Walde. Posse mit Gesang in 3 Akten von F. Hopp. Musik von Kapellmeister Hebenstreit.

Gestorbene: Den 14. November.

Julius Maria Schwink, Bürgermeisterskind, 4 M. -- Georg Obert, 9 M. -- Johann Ge - org König, 9 M. -- Georg Häußler Wegma - cherskind, 26 W. -- Bernard Fleischmann, Gar - küchnerskind, 3 J. -- Theresia Anderer, Schloß - verwalterstochter, 24 J.

Druck von Joseph Steib in Würzburg. Hiezu das Ergänzungsblatt Nr. 92.

About this transcription

TextDie Bayerische Presse
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Extent4 images; 6145 tokens; 2465 types; 44375 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Institut für Deutsche Sprache, MannheimNote: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription Peter FankhauserNote: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format. CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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