PRIMS Full-text transcription (HTML)
[II]
Jean Pauls Sämtliche Werke Hiſtoriſch-kritiſche Ausgabe
Dritte Abteilung Briefe
Berlin/Akademie-Verlag/1952
[III]
Jean Pauls Sämtliche Werke Hiſtoriſch-kritiſche Ausgabe
Dritte Abteilung Sechſter Band
Briefe 1809 1814
Mit 5 Tafelbeilagen
Berlin /Akademie-Verlag /1952
[IV]
Copyright 1952 by Akademie-Verlag GmbH., Berlin Alle Rechte vorbehalten
Erſchienen im Akademie-Verlag GmbH., Berlin NW 7, Schiffbauerdamm 10 Lizenz-Nr. 202 · 100 / 98 / 50 Herſtellung: Buchdruckerei Nich. Hahn (H. Otto), Leipzig O 5, Oſtſtr. 24 26 Beſtell - und Verlagsnummer 3005 / 6 Printed in Germany
V

Vorwort

Der vor nunmehr faſt vierzig Jahren von dem Unterzeichneten in Gemeinſchaft mit Julius Peterſen aufgeſtellte Plan für eine hiſtoriſch-kritiſche Geſamtausgabe von Jean Pauls Werken ſah eine Gliederung in drei Abteilungen vor: Ausgeführte Werke, Nachlaß und Briefe. Da ſich damals für die Ausführung dieſes Geſamtplanes noch keine Möglichkeit bot, nahm ich zunächſt ein - mal eine geſonderte Ausgabe der Briefe in Angriff. In den Jahren 1922 bis 1926 erſchienen im Verlag Georg Müller in München vier Bände, die in chronologiſcher Folge die Briefe des Dichters bis zu ſeiner Niederlaſſung in Bayreuth im Auguſt 1804, nebſt Lesarten und Anmerkungen ſowie Verzeichniſſen der fehlenden Briefe und der Briefe an ihn, enthielten. Als dann nach der Feier des hundertſten Todestages (1925), die erneut die unvergängliche Lebendigkeit ſeines Werks erwieſen hatte, die Preußiſche Akademie der Wiſſenſchaften in Verbindung mit der Deutſchen Akademie in München und der neugegründeten Jean-Paul-Geſellſchaft in Bay - reuth die Herausgabe der Sämtlichen Werke Jean Pauls im Ver - lage von Hermann Böhlaus Nachfolger in Weimar beſchloß und im Frühjahr 1927 mir die Leitung übertrug, mußte ich die Fort - ſetzung der Briefausgabe vorläufig hintanſtellen, zumal da auch der Verlag Müller deren Weiterführung unter den bisherigen Be - dingungen verweigerte. Bis zum Jahre 1938 war ich durch die Herausgabe von mehr als zwanzig Bänden der Werke und des Nachlaſſes voll in Anſpruch genommen, wenn ich dabei auch die Briefausgabe als notwendige Ergänzung immer im Auge behielt und die ſyſtematiſche Materialſammlung dafür fortſetzte.

VI

Im Herbſt 1938 wurde mir durch die nationalſozialiſtiſche Be - wegung die Weiterarbeit an der Ausgabe unmöglich gemacht; ich ſah mich gezwungen, Deutſchland zu verlaſſen, konnte aber wenig - ſtens das geſamte Material für die noch ausſtehenden Briefbände mit in die Schweiz nehmen und hier, wenn auch unter ungünſtigen Verhältniſſen, zum Druck vorbereiten.

Nach dem Zuſammenbruch des nationalſozialiſtiſchen Staates wurde ich von der nunmehrigen Deutſchen Akademie der Wiſſen - ſchaften zu Berlin wieder mit der Leitung der Geſamtausgabe be - traut. Da ſich aber herausſtellte, daß die Vorarbeiten für die noch fehlenden Bände der Werke faſt reſtlos zugrunde gegangen und auch die ſämtlichen Nachlaßpapiere, die ſich im Beſitz der ehemaligen Preußiſchen Staatsbibliothek befunden hatten, verſchwunden waren, wurde auf meinen Vorſchlag beſchloſſen, zunächſt einmal die Brief - ausgabe fortzuſetzen, und zwar nunmehr, wie es urſprünglich ge - plant geweſen war, als dritte Abteilung der Geſamtausgabe. Es iſt in Ausſicht genommen, die vier bereits früher erſchienenen Briefbände, die zur Zeit im Buchhandel nicht mehr erhältlich ſind, neu zu drucken, wobei manche Verbeſſerungen und Ergänzungen vorgenommen werden können, erſt aber die noch ausſtehenden vier Bände erſcheinen zu laſſen.

Im Mai 1948 konnte ich das druckfertige Manuſkript des fünften Bandes, der die Briefe vom Auguſt 1804 bis Ende 1808 enthielt, der Akademie übergeben. Aber das Verhängnis wollte es, daß das Auto, in dem das Manuſkript in die Leipziger Druckerei befördert werden ſollte, mitſamt ſeinem Inhalt geſtohlen wurde und trotz aller Nachforſchungen ſpurlos verſchwunden blieb. Da das Manuſkript, ſeinem Namen getreu, ganz mit der Hand geſchrieben war, hatte ich keine Kopie behalten und kann es daher nur mit großen Schwierigkeiten allmählich teilweiſe wiederherſtellen, voll - ſtändig nur dann, wenn der Nachlaß Jean Pauls, in dem ſich die Mehrzahl der Originalbriefe und die wichtigen Briefkopierbücher befanden, wieder zum Vorſchein kommen ſollte.

Um die Fortſetzung nicht noch länger zu verzögern, wurde be - ſchloſſen, zunächſt den folgenden ſechſten Band erſcheinen zu laſſen, der nun hier vorliegt. Er enthält die Briefe der Jahre 1809 bis 1814. Es war dies für Jean Paul eine an äußeren und innerenVII Veränderungen verhältnismäßig arme Periode; aber die großen politiſchen Zeitereigniſſe warfen ihre Schatten doch auch in ſein Bayreuther Stilleben und ſpiegeln ſich vielfach in ſeinem Brief - wechſel. Bayreuth, anfangs noch unter franzöſiſcher, ſeit Mitte 1810 in bayriſcher Verwaltung, war oft vom Kriege bedroht, ſo daß Jean Paul an Wegzug in weniger gefährdete Gegenden denken mußte. Obwohl wirtſchaftlich durch die ihm vom Fürſt-Primas Dalberg ausgeſetzte Penſion einigermaßen geſichert, bekam er doch das Daniederliegen des deutſchen Buchhandels ſtark zu ſpüren und mußte ſeine ohnehin nachlaſſende Kraft faſt ganz auf Beiträge zu Zeitſchriften, Kalendern und zum Frankfurter Muſeum, auf Neu - auflagen (Vorſchule der Äſthetik, Levana) und Sammlungen ſeiner zerſtreuten Aufſätze (Herbſt-Blumine) verwenden. An größeren Dichtungen hat er in dieſen Jahren nur das Leben Fibels voll - endet und den großen komiſchen Roman, der ſpäter Der Komet betitelt wurde, begonnen. Die mit dem Heranwachſen der drei Kinder brennender werdenden Erziehungsfragen führten zeitweiſe zu heftigen ehelichen Zerwürfniſſen, von denen er ſich durch kleine Reiſen nach Bamberg (1810), Erlangen (1811) und Nürnberg (1812) erholte. Auch an Konflikten mit Freunden und Bekannten fehlte es nicht, wie ſich denn überhaupt vielfach ſtarke Reizbarkeit bekundet. Eine ſchwere ſeeliſche Erſchütterung brachte ihm der tra - giſche Liebestod der unglücklichen Marianne Lux.

Jean Pauls Briefwechſel war in dieſen Jahren nicht mehr ſo umfangreich wie in der Zeit um die Jahr hundertwende, doch immer noch beträchtlich genug. Seine Briefe werden durchweg kürzer und ſachlicher; nur auf Reiſen nahm er ſich noch die Zeit zu ausführ - lichen Berichten. Manches überließ er nach Herders Vorbild (vgl. S. 258, 29) ſeiner Frau, z. B. die Korreſpondenz mit Char - lotte von Kalb; viele Briefe ließ er auch unbeantwortet, ſogar einen ſo liebenswürdigen wie den von Johann Peter Hebel. Unter den Korreſpondenten begegnen wir von den älteren Freunden neben den Getreuen Otto und Emanuel noch Jacobi, Knebel, Schlichte - groll, Thieriot, Ahlefeldt, Ludwig von Oertel, Ernſt Wagner, Friedrich Schlegel, Vogel, von Freundinnen Emilie von Berlepſch (nunmehriger Harmes), Helmina von Chézy, Renate Otto uſw. Dazu kommen viele neue: die Hamburger Beneke und Hudtwalcker,VIII der Schweizer Mumenthaler, der Deutſchfranzoſe Villers, der Maler Meier, der Frankfurter Hofrat Jung, der Freiherr von Meuſebach, die Dichter Fouqué, Arnim, Haug, Gelehrte wie Langermann, Welcker, Wolke, Niethammer, Schwarz, Mehmel, Schweigger, Köppen, Staatsmänner wie Schuckmann, Stägemann, Thürheim, Bentzel-Sternau uſw. Sehr intenſiv iſt der Briefwechſel mit Verlegern, hauptſächlich mit Cotta, dann mit Perthes, Vieweg, Göſchen, Mohr & Zimmer, Schrag, Kunz u. a. m. Die Sorge um die eigne oder fremde Exiſtenz nötigte Jean Paul, ſich vielfach auch an Fürſtlichkeiten zu wenden: an den Fürſt-Primas Dalberg, den Herzog Emil Auguſt von Gotha, den König von Preußen, die Königin von Bayern, die Erbprinzen von Weimar und von Mecklen - burg-Strelitz, ja an Kaiſer Alexander von Rußland und deſſen Schweſter. Immer wichtiger wird mit den Jahren auch der Brief - wechſel mit Weinhändlern.

Von den Briefen aus dieſen Jahren der Reife ſind oder waren uns verhältnismäßig mehr im Original erhalten als aus den Anfängen ſeiner Laufbahn. Wo die Originale fehlen, treten ältere, leider meiſt unzuverläſſige Drucke (durch Sternchen vor der Über - ſchrift gekennzeichnet) oder die Briefkopierbücher Jean Pauls ein, welch letztere jetzt oft, namentlich wenn er ſie durch ſeine Frau oder ſeine Kinder beſorgen ließ, einen ganz oder annähernd vollſtändigen Text geben, nicht bloß Exzerpte, wie es in früheren Jahren die Regel war. Sehr vieles erſcheint hier zum erſtenmal im Druck, beſonders viele Hunderte von Billetten an die nun mit ihm am gleichen Orte lebenden Freunde Otto und Emanuel, die dieſe Dokumente treu bewahrt haben. Manches Unwichtige habe ich hier ausgeſchieden, z. B. eine Anzahl Blätter mit kritiſchen An - merkungen zu Manuſkripten Ottos. Aber gerade dieſe meiſt raſch hingeworfenen und doch oder gerade deshalb immer originellen und charakteriſtiſchen Zettelchen gewähren die intimſten Einblicke in Jean Pauls inneres und äußeres Leben, ſeine Stimmungen und Verſtimmungen, ſeine Sorgen und Hoffnungen, ſeine Anti - und Sympathien, und können in vieler Hinſicht als Erſatz von Tage - büchern (die er für gewöhnlich nicht führte) dienen. Leider hat er ſolche Billette nur ganz ſelten datiert. Emanuel hat die an ihn gerichteten faſt immer mit dem Präſentat verſehen, das in derIX Regel mit dem Abfaſſungsdatum übereinſtimmt. Otto hat das nicht mehr ſo regelmäßig getan wie in den neunziger Jahren in Hof. Die Einordnung der zahlreichen undatierten Billette war eine Hauptſchwierigkeit für den Herausgeber und konnte oft nur nach mehr oder weniger unbeſtimmten Vermutungen erfolgen. Jean Pauls Rechtſchreibung, die in früherer Zeit oft wechſelte und dadurch Anhaltspunkte für die Datierung gab, iſt in dieſen Jahren ziemlich konſtant; ebenſo ſeine Handſchrift. Nur gewiſſe gegen Ende 1812 unter dem Einfluß Wolkes beginnende Sprachformen, wie jetzo, mehre, letzte (ſtatt letztere), ſelber (ſtatt ſelbſt), vor allem die Aus - laſſung des Fugen-s in zuſammengeſetzten Wörtern, ergeben zu - weilen einen terminus a quo oder ad quem.

Die Briefe an Jean Paul, die zum Verſtändnis der ſeinigen oft unentbehrlich ſind, weiſen in dieſer Zeit bedeutende Lücken auf, namentlich in den Jahren 1812 1814. Beſonders zu beklagen iſt der Verluſt der Briefe von Marianne Lux, für den die Wiedergabe von Ernſt Förſter nur einen ganz unzulänglichen Erſatz bietet.

In der Behandlung der Texte und der Einrichtung des kritiſchen Apparats folge ich in allen weſentlichen Punkten den Grundſätzen, die ich in der Einleitung zum erſten Briefbande ausführlich dar - gelegt und begründet habe. Als kleine Abweichungen von dem früheren Verfahren ſei hier nur erwähnt, daß Briefe, von denen im Briefkopierbuch nur der Inhalt, aber nichts vom Text angegeben iſt, nicht mehr im Textteil, ſondern im Verzeichnis der fehlenden Briefe (S. 592ff. ) angeführt werden, und daß Briefadreſſen nur dann, wenn ſie in irgend einer Hinſicht bemerkenswert ſind, im Text ab - gedruckt ſind, ſonſt aber im Apparat.

Leider iſt es mir nicht möglich, an dieſer Stelle allen denen zu danken, die mich in den langen und ſchweren Jahren der Vorbereitung dieſes Bandes mit Materialien oder Auskünften unterſtützt haben. Ich hoffe das am Ende der ganzen Briefausgabe nachholen zu können. Nur für die Freundlichkeit, mit der mir die Verlage Cotta und Vieweg Photokopien der in ihren Archiven bewahrten Briefe und Herr Profeſſor Dr. Ernſt Küſter in Gießen ſeine reiche Samm - lung von Jean-Paul-Autographen zur Verfügung ſtellten, ſowie für die Unermüdlichkeit, mit der Herr Profeſſor Dr. Kurt Schreinert in Göttingen und Herr Dr. Johannes Reiher in Dresden Bücher,X die mir unzugänglich waren, für mich nachgeſchlagen haben, und mit der die Herren Dr. W. Müller und H. Lauterbach von der Stadt - bibliothek Bayreuth und Herr Oberſtudienrat Dr. Otto Veh vom dortigen Gymnaſium mir über lokale Verhältniſſe Auskunft gaben, möchte ich doch hier ſchon den wärmſten Dank ausſprechen. Herrn Dr. F. U. Apelt in Zittau, der mir den ungemein reichhaltigen Nach - laß Emanuel Osmunds ſowie ſeine übrigen Autographenſchätze jederzeit aufs entgegenkommendſte zugänglich machte, trifft mein Dank leider nicht mehr unter den Lebenden; doch verwaltet ſeine Witwe das Erbe mit gleicher Treue.

Eduard Berend

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1. An Emanuel.

Guten Morgen, gutes Jahr, mein guter Emanuel! Sie be - kommen viele Wünſche und von Vielen; trifft nur die Hälfte ein, ſo ſind Sie glücklich genug. Mir thu ich ſelber einen Neujahrs - wunſch, und dieſer wird gewiß erfüllt: Emanuel liebe mich fort.

R.

Beiliegendes bitt ich Sie bald an Otto zu ſchicken.

2. An Chriſtian Otto.

Guten Morgen! Hier ſend ich dir das Büchlein eines recht guten Nachahmers. Sende mir doch ſeinen Brief zurück; ſo wie Reinholds Wörterbuch, falls du es ſchon ganz durch haſt.

3. An Emanuel.

Guten Morgen, Guter! Ich glaube zum Glück an alle ſolche Sagen nicht, deren ſchon 20 umlaufen. Kanne’s Briefe [ſind] von Herzen ſchön, mit dem Kopfe aber es weniger.

4. An Freiherrn von Meuſebach in Dillenburg.

1

Mein erſter Brief in dieſem Jahre iſt an Sie, ſo wie meine erſte erhaltene Morgengabe dieſes J [ahres] Ihr Brief geweſen, den ich den 1ten J [enner] bekommen, ſammt dem Büchlein, deſſen Anfang ich ſchon lange und ſo froh aus der eleganten Zeitung gekannt. 1 Jean Paul Briefe. VI. 2In Weimar bekam ich einen anonymen Brief aus Jena, der gewis der Ihrige geweſen. Ich danke dem Schickſal, daß Sie mich lieben: und Sie lieb ich herzlich, wenn Sie auch nur Ihr Büchlein, nicht Ihren Brief geſchrieben hätten.

Nachahmung iſt etwas anderes als Nachäffung oder Nachahmerei; denn ſonſt gäb es nur Einen originellen Autor, den erſten Schreiber. In Ihrem Büchlein gehören die Einfälle ja nur Ihnen allein; auch die Manier konnten Sie nicht abſchreiben, ſondern ſie fort - ſetzen, wie ich ja ſelber thue, wenn ich weiter ſchreibe. Ihre Laune und deren Berechnung, oft bis auf das Wörtchen herab, hat mich ſehr erquickt; und mein Wunſch iſt nun, daß Sie vom Fragmen - tariſchen zum Ganzen überſchreiten und den Witz ꝛc. ꝛc. nur ein - ſchalten, der ſich jetzt ein Privileg des Einſchaltens einſchaltet.

Ich und meine Frau erinnern uns noch ſehr lebhaft, d. h. ſehr froh der drei Schweſtern, welche ſo ſchön an die ſchönſte mytho - logiſche Drei erinnern. Aber Ihnen, und Ihrer Gattin noch mehr, kann das Schickſal den durchbohrenden Blitzſtrahl nur durch einen ſeltnen Frühling vergüten; mich und noch mehr meine Frau hat die Thee-Waſſerprobe zum Schaudern gebracht. Aber das hin - gegangne Weſen muß als Engel herunterſchweben oder wer die Stelle vertritt und es muß längere Leiden heilen als es empfangen hat. Kurz nach einem ſolchen Unglück glauben Sie mir bereitet das Schickſal großes Glück zu; oder hat es ſchon gethan.

Leben Sie denn wol, trefflicher Mann! Jede Nachricht Ihres Fortlebens iſt mir willkommen. Gegrüßet von ganzer Seele ſei die Schöne, Zarte, und Lebens-Verwundete, wenn der letztere Ausdruck erlaubt iſt, da ſie einen ſolchen Mann hat! Es geh Ihnen beiden wol!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

5. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel. Gern gäb ich Ihnen die Re - zenſion, könnt ich ſie nur erſt aus dem Umlaufe im Leſe-Zirkel herausbekommen. Doch will ich an Langermann ſchreiben. Hier ſoll aber noch ein anderer die heidelberger Jahrbücher haben. 3 Freilich lieſet man eine Rezenſion am beſten und als ihr Rezen - ſent ſelber ſogleich nach dem Buche.

N. S. Können Sie mir nicht in dieſer Woche die Hieroglyphen von Lilienstern zurück verſchaffen?

6. An Schmidt.

2

Kanne Die Unterſtützung eines Talents und die Achtung einer bedeutenden Individualität iſt noch keine Freundſchaft. Das Schickſal erleichtert Kanne, als wenn er mir mehr ſchuldig wäre als Dank, jetzt jede Zurückzahlung durch ꝛc. ꝛc.

7. An Otto.

Guten Morgen! Seine Adreſſe iſt: Major von Lilienſtern, Gouverneur des Prinzen Bernhard von Weimar. Neulich ver - gaſſen wir über das Buch ganz deſſen Schickſal. Auch ins Win - koppiſche Journal könnt es vielleicht kommen. Ging es der Größe wegen nicht, ſo müßteſt du es deinem beſonderen Werke über Preußen beifügen.

8. An Friedrich Perthes in Hamburg.

3

Viele Neujahrswünſche! Und in welche die verworrene Zeit keine Jahrsflüche hineinthue! 14 Druckbogen ſtark, jeder zu 5 Ld’or in Gold Ende Februars das letzte Blatt O [ſter] M [eſſe] 1809 zahlbar; im Nothfall kann es zu Johannis erſcheinen

9. An Otto.

Guten Morgen! Bei dir und bei Emanuel ſpitzte ich mich zuweilen auf Dank, wo ich nachher froh ſein mußte, mit der bloßen Nachſicht wegzukommen. An Golz ſchrieb ich, er möchte den Prinzen an deine Kräfte erinnern, mit dem Beiſatze, daß ich dieß ohne dein Wiſſen ſchriebe. Auch ſteht es jetzt immer noch bei1*4dir, meinen Fehler gut zu machen durch einen andern. Ihn ver - doppeln wäre freilich beſſer für dich und lieber für mich.

N. S. Erſt heute fand ich dein richtiges Billet-Urthel über den Theologen; daher ſchick ich dir feinen Brief mit meiner N. S. für Kanne.

10. An Emanuel.

Guten Abend, lieber Emanuel! Laſſen Sie ſich doch von Otto meinen Golzischen Brief zurück geben, da ich, wenn Sie ihn ge - leſen und ich O. ’s Namen daraus weggefärbt, ihn Roſalien zu zeigen habe. Je früher, je beſſer. Aber Sie hätten ihn ſchon vor - geſtern bekommen haben ſollen.

11. An Otto.

Guten Abend! Noch immer hat mir Emanuel den Brief von Golz nicht gebracht. Schicke mir ihn, da ich doch mit Ros [alie] enden muß.

12. An Emanuel.

Guten Abend, mein Emanuel! Ich ſoll überall ein Hund ſein, nicht der hetzende, ſondern der gehetzte. Ich foderte von Otto Golzens Brief mit der rechten Vorausſetzung, oder Sie hätten ihn ſchon bekommen . Denn Ihnen gehört er ſo gut als mir. Hier ſeine Antwort! Künftig brauch ich neue Auslaufmädchen, um zu antworten. Der Teufel hole die Welt oder mich.

Das beiliegende Briefchen an Sie war ſchon kaſſiert; doch mögen Sie es vergeben.

13. An Emanuel.

Mein geliebteſter Emanuel! Erlauben Sie mir nur zur Ant - wort bis Nachmittags. Auch Otto hat das Rechte gethan wie ich und Sie. Nur Zeit, mein Alter!

Den Golziſchen Brief ſenden Sie mir heute zurück, da vielleicht heute noch Ros [alie] kommt.

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14. An Emanuel.

Guten Abend, lieber Alter! Eigentlich hab ich außer dem Danke für Ihr ſchönes Blatt wenig mehr auf dem meinigen zu ſagen als: der Brief der Unbekannten werde ohne Weiteres bekannt gemacht, ſogar mit dem Beiſatze, daß ſie, dieſe holde Predigerin, mich zum Friedensprediger gemacht*)Ich warf darnach nämlich alle andere Arbeit weg und ſchrieb eben die Predigt. (wie im alltäglichen Sinne verwittibte Predigerinnen Kandidaten auf die Kanzel heben).

Ihrem Vater kann ich heute kein neues Glück wünſchen; denn er hat ja noch ſein altes an ſeinen Söhnen. Von dieſer Seite her, kann niemand in Bayreuth einen frohern Geburtstag erleben. Gute Nacht!

15. An Emanuel.

Vielen Dank, lieber Emanuel und Kopf, für das volle Blatt. Ich kenne kein gutes Fabelbuch für Kinder; ein ſchlechtes hab ich ſelber gekauft. Der alte Aeſop iſt noch am beſten. Jetzt bin ich doch über Otto in ſo fern ruhiger, als einige Ausſicht da iſt; nichts iſt ſchrecklicher als ein täglich abnehmendes Kapital aufzehren.

16. An Johann Georg Zimmer in Heidelberg.

Mein Schwager Mahlmann, der Redakteur der eleganten Zei - tung, bat mich, daß ich ihm da ich ſeit langem nichts hinein - lieferte wenigſtens die Aushängebogen meiner Werke un - frankiert möchte zuſchicken laſſen, damit er Proben daraus dem Publikum gäbe zum Vortheile des Abſatzes. Ich bitte Sie daher ihm alle fertigen Aushängebogen meines Buches ſogleich zuzuſenden und mir ſie an meinen Freiexemplaren abzurechnen. [Auch] mir ſchicken Sie gefällig vor der Vollendung Aushängebogen, damit ich die Druckfehler, welche in meinen Werken ſo häufig ſind als Gleichniſſe, wenigſtens anzuzeigen bekomme. Ich habe ſchon längſt6 Ihrem gütigen Verſprechen gemäß einen abgedruckten Band er - wartet; und erklärte mir das Ausbleiben nur daraus, daß Sie (zu - folge unſerem Commerzientraktat vom 21 Jun. 1808) dem Paquet etwan die Jenner-Beilage hätten mitgeben wollen.

Ohne Brief wurde mir der Einſiedler zugeſchickt. Sein Selbſt - mord welcher mit einer kleinen, Göthen nachgeahmten, Nachſicht für den Haufen, wäre abzuwenden geweſen thut mir ſehr leid. Z. B. die Geſchichte des Bernhäuters iſt für mich ein Meiſterſtück und Meiſtereſſen und Leckerbiſſen; denn dem Scherze vergeb ich alle Anſpielungen Ich wünſchte, die Geſellſchaft liehe mir einige ihrer altdeutſchen Komus-Schätze, damit ich ſie nach meiner Weiſe ausprägte; beſonders den Schelmufski. In Bayreuth kann man weder das Neueſte noch das Älteſte haben, ſondern nur Mittel - alter.

Leben Sie wol!

Der Inhalt meines Briefs thut von ſelber die Bitte einer bal - digen Antwort.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

N. S. Iſt die Rezenſion von Fichtens Reden abgedruckt?

17. An Knebel in Jena.

Mein alter, aber nie veraltender Freund! Ich komme auch wieder zu Ihnen; gebe der Himmel, daß Sie, da Sie leichter und ſchneller Ihre Thüre öffnen als einen Brief, mich nicht lange draußen vor letzterem ſtehen laſſen; denn ich wünſchte gern bald Ihre Antiphonie, d. h. Ihre Antwort Und zwar nicht blos auf einen Brief ſondern auf eine ordentliche Frage zugleich. Nämlich ich arbeite eben eine Fortſetzung der Friedenspredigt zu Ende, obwol unter anderem Titel und Kleide. Die moraliſchen und politiſchen Grundſätze allein ſind die vorigen. Ich wünſche nun ſo gern dem Erbprinzen und ſeiner Gemahlin, welche beide mir wolwollen wie ich weiß, das Werkchen zuzueignen. Gleichwol wünſcht ich vorher7 eine kleine Abſage oder Zuſage von Ihnen dazu, wobei Sie un - kompromittiert bleiben wie ſichs verſteht; d. h. einen Rath. Wer kennt Weimar außerhalb Weimar? Kaum einer in Weimar. Auch hat die Zueignung nicht ſowol das fürſtliche Paar als Weimar ſelber zu bedenken, da im Werkchen leider Gottes, Gott ſelber oft genug vorkommt; wobei mich nichts entſchuldigen könnte, wenn ich nicht vorausſetzte, Gott ſei für Weimar ein Bi - ſchof in partibus infidelium.

Ohne alle Satire iſt freilich das Werkchen ſo wenig als die Friedenspredigt; aber dieſe letztere iſt ja ſchon verziehen worden?

Entweder ich hörte oder las neulich, daß Sie Ihren Lukrez her - ausgeben wollten. Dieß gebe ein lebendigerer Gott als der, den er und Sie überſetzen!

Vor einigen Wochen las ich erſt Werners Luther. Aber er hat mich bei allem meinen äſthetiſchen Kosmopolitiſmus erzürnt. Ein ſolcher Luther eine ſolche Eliſabeth nach der Geſchichte und nach Göthens Götz! Werner iſt ein abgewebtes Stückchen Zeit; er aber wird die Zeit nicht weiter weben. Sogar Collin in ſeiner Waſſer - und Leibes-Dürre zieh ich vor.

In der Oſter Meſſe erſcheinen 2 Werke von mir; Schmelzle’s Reiſe halt ich für mein ausgearbeite [t] ſtes im Komiſchen. Auch Katzenberger iſt mir und (hoff ich) Ihnen lieber als er Weibern ſein kann.

Bald ein Zuwort, lieber Freund, deſſen neulichen Logogryph Ihre Freunde nicht verfehlen konnten. Meinen Gruß an Ihre Gattin von mir und meiner.

Jean Paul Fr. Richter

18. An Emanuel.

Mein Geliebter! So kann ich nicht dreimal anfangen vor drei Menſchen. Ich weiß nichts. Ich werde Ihre Belege [?] leſen. Und jetzt dank ich.

N. S. Aber die Zeitung lügt mehr als ſich gehört.

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19. An Emanuel.

Guten Abend, lieber Alter! Hier Ihr Brief, zu welchem ich Bleiſtift-Noten gemacht, weil ich Ihre Dinten-Noten zu ſtark und dunkel gefunden. Freilich iſt nicht jeder ein Lamm wie ich; doch ahme man mich in Milde wenigſtens von weitem nach.

Ich habe Otto gefragt und ſeine Antwort wieder vergeſſen wie jetzt die ſächſiſchen Thaler zu preußiſchen ſtehen, ob 5, oder 6 proc. Belehren Sie mich.

20. An Emanuel.

Dank, Freund, für ein Lob des Witzes, das ſelber ſein eignes iſt und am andern ſich meinen darf. Doch red ich nicht von Spitz - büberei. Apropos! kann mir denn Ihr Weich nicht für Geld und gute Worte etwan 20 Fliegen für meine armen Laubfröſche in beifolgendem Glaſe fangen? Einer verhungerte ſchon am Winter.

21. An Emanuel.

Guten Morgen, alter Spaßvogel! Hier zur Antwort ein Paar fremde Briefe. Dem Weich will ich gern ſeine Fliegen wie Kram - metsvögel bezahlen.

22. An Emanuel.

Dank, mein alter Witz-Kopf! Leider hör ich ſelten in Bayreuth einen Einfall (wie Ausfall) als der von Ihnen kommt. Fallen Sie nur ſo fort ein und aus.

N. S. Brauchten Sie eben einen Wechſel von 400 fl. rh. auf Frankfurt: ich könnte dienen; im andern [Fall] bekommen Sie we - nigſtens über Geld davon.

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23. An Emanuel.

Sie haben mich misverſtanden, guter Emanuel! Nein, Nicht; denn jetzt leſ ich Ihr Billet wieder. Ich wollte Ihnen dienen, wenn Sie es gebraucht hätten. Ein Wechſel auf Frankfurt iſt ſonſt ſtets ein geſuchter. Ich gehe denn zu meinem alten Wechſel-Träger.

24. An Emanuel.

Guten Morgen, Lieber! Ich danke für Geleſenes und zu Leſendes. Neues weiß ich nichts, als daß Enzel geſtern bei uns war; eine größere Neuigkeit wäre freilich ſein Bruder geweſen.

25. An Frau von Lochner in Regensburg.

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... Dem Fürſt-Primas bin ich nicht blos wie Deutſchland Achtung ſchuldig, ſondern wie ſeine Bürger, auch Dank.

26. An Minna Spazier in Leipzig.

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Gut Kritiker und Dichter zugleich zu ſein; einige waren jenes bei der Vorſchule, andere dieſes; die Halliſche L [iteratur] Z [eitung] keines von beiden.

27. An Otto.

Lieber Otto! Hier ſend ich dir als einer Oberrechnungskammer Enzels Rechnung zur Ratifikazion. In die kaufmänniſchen Stel - lungen find ich mich nicht recht. Die beiden letzten Summen (56 rtl. pr. und 35 fl. Konv. Geld) ließ ich mir eigentlich auf den Frankfurter Wechſel geben; doch thuts nichts, daß er ſie daher rechnet, um künftig jenen rein zu haben und zu geben. Unter - brich aber nicht eine fruchtbare Stunde, ſondern ratifiziere nach Gelegenheit. Morgen iſt auch ein Heute.

Über den Retour Kanne möcht ich nach den neueſten Nachrichten viel mit dir reden. Sei der edeln Jette Seelſorger und Vormund.

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28. An Otto.

Lieber Otto,

Beiliegenden Zettel ſchickte mir mit dem Buche K [anne] gerade in der böſen Stunde (ich habe nämlich deren 3, die mitten im Arbeitsfeuer, die nach der Sieſte, und Abends ſpät) und ich ſchrieb ihm, wie er ſich unterſtehen könne, noch an mich zu ſchreiben und zu ſchicken. (Nämlich in meinem Brief an Schmidt wurde blos zum Poſtſk [ript] an Kanne nach den Worten: erſparen Sie mir den ekeln Briefwechſel mit ihm; noch zugefügt: ſo wie Ihren Beſuch ſeit Ihrem Urtheil über E [manuel]. Die Jahrbücher laſſ ihm zurückgeben. Gute Nacht, Alter! Ich werde täglich milder, und mit Recht; Wildheit paßt wenig.

Die Parabeln ſind meine erſte Rezenſion.

Erſchien mir je ein Karakter und ein guter auf bloßem Briefpapier: ſo wars der Villerssche.

29. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier Briefe! Perthes kann die Friedens - Nachpredigt nicht annehmen was mir von der einen Seite lieb iſt, da jeder an mich frankierte Brief 47 kr. mich koſtet folglich geb ich ſie Cotta mit der Erlaubnis, ſein halbes Morgenblatt damit zu füllen. Aber ich möchte dann auch ſogleich dabei ihm ein Aviſo ſeines Wechſels ſchicken. Sei alſo ſo gut und frage bald nach, aber ohne meinen Namen. Ich hätte faſt Luſt, ihn dem Enzel zu geben, da er jetzt ſchon weniger betrügen wird. Auch ſind wir beide an Einer Deichſel zuſammengewöhnt, das Wölfchen und der Fuchs.

Benekens Aufſätze lege doch bei Seite.

Haſt du nicht das Niebelungen Lied von mir?

N. S. Du lachſt doch über den Schmelzle?

30. An Emanuel.

Ei, der Prozeß hat mir gerade am beſten gefallen, obwol frei - lich blos durch Sie; Ihre letzte Antwort iſt beſonders trefflich und11 treffend. Das ganze Kollegium kann aus ſeinen Gehirnen nicht eine halbe Seite ſo viel Geiſt herauspreſſen. Der Döhlauer Schächer wird durch Strafen nur ein größerer. Heil Ihrer himmliſchen Freundin, für welche ich eine eigne Achtung habe, die ſie, ungeachtet meiner weiblichen Bekanntſchaften, nicht mit dreien theilt.

N. S. Wahrſcheinlich ſind die Fliegen blos erſtickt.

31. An Johann Friedrich Cotta in Tübingen.

Ihre Briefe bringen mir, faſt immer, nur Frohes; ſo Ihr letzter. Und empfangen Sie meinen herzlichen Dank für Ihre Verwendung und Sorgfalt in der Konkurs-Sache; aber ich vertraue Ihnen, Sie mir, was iſt weiter nöthig? Das Übrige gehört dem Schickſal und Zufall an.

Ich bitte Sie, mir die Anweiſung auf 550 fl. ꝛc. in einem (aber nicht weitſichtigen) Wechſel auf Frankfurt a / M mit umgehender Poſt zu geben.

Mein Schmelzle iſt vielleicht mein am ſchärfſten durchgearbeite - tes Werk im Komiſchen; und ſogar das weinende Deutſchland muß dabei das lachende auf einige Viertelſtunden werden. Mich dauert bei ſo etwas nichts, als daß ichs gemacht habe; denn ich möchte es wieder machen, und dann zum 3ten mal ſchreiben, blos aus Luſt an der Sache. Aber wie ſogar in der Merkurius-Anrede ſo ſehr viele Druckfehler ſind darin. Wie kann ich da helfen?

Was Ihren Wunſch meiner Beiträge zum Morgenblatte die ohnehin fortdauern ſollen betrift, ſo hab ich vor der Hand nur 2 Antworten (denn die Zeit gibt vielleicht die dritte) die erſte iſt ſogar eine bloße Frage:

Meine in Deutſchland ſo gut hineinwirkende Friedenspredigt foderte nach vielſeitigen Wünſchen eine Fortſetzung. Dieſe hab ich ſeit einem ½ Jahre ausgearbeitet; Ende Februars iſt das Geſchriebene zu Ende korrigiert (denn Korrigieren koſtet mich faſt ſo viel Zeit als Schaffen). Das Werkchen höchſtens 14 oder 16 Bogen ſtark könnten Sie, wenn Sie es wollten, um Johannis*)35Freilich wäre mir die Oſtermeſſe lieber, aber es ſcheint nicht wol möglich.12 geben; mir für den Druckbogen (wie für Schmelzle) fünf Ld’or in Gold und dabei in Ihrem Morgenblatte wenigſtens 4 mal Proben davon. Die Zenſur befürcht ich nicht; es iſt in der Haltung der Friedenspredigt geſchrieben; auch will ich es ſogar dem Erb - prinzen von Weimar und deſſen Gemahlin dedizieren. Dadurch würd ich ein ſehr rüſtiger Arbeiter am Morgenblatte; denn ſonſt kann ich nur von Ihnen der ſo ſchön für Kunſt und Künſtler ſorgt ein Honorar von 38 fl. für bisherige mehrere Aufſätze annehmen, deren keinen einzigen ich einem andern als Ihnen um dieſen Preis hingäbe. Gleichwol erkenn ich Ihre Billigkeit; denn Sie ſind eben zu freigebig in Druck und allem gegen Ihre Leſe - Käufer. Der Titel und die Einrichtung des Werks iſt ganz von der Friedenspredigt verſchieden; (denn ſonſt könnt ich es nicht, als etwann als eine Veſperpredigt, dedizieren). Dieſer ganze Brief iſt eine Bitte um ſchnelle Antwort.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

N. S. Das Werkchen, halb Scherz, halb Ernſt, durchbricht die längern Aufſätze z. B. über den Gott in der Geſchichte und im Leben, Vorſchlag eines neuen beinahe unentgeldlichen Geſandt - ſchaftsperſonale für Fürſten, Geldnoth und Nothpfennig, Vorſchlag politiſcher Trauerfeſte, Germaniſmen und Galliziſmen ꝛc. ꝛc. mit einer Reihe alphabetiſch-geordneter Einfälle über die jetzige Zeit.

32. An Emanuel.

Vielen Dank, Guter, für die Fliegen! Der Froſch war in ſo ſchlimmem Zuſtand als der Handelsſtand. (Seine beiden Kollegen ſind ſchon in der andern Welt, und ich hoffe in der Hölle, wo es wüſter böſer Fliegen genug gibt.) Aber noch mehr Dank für den himmliſchen Säuſack, der keinen andern Fehler hat als daß Sie ihn nicht genießen. Gleichwol will ich Sie werden Sie ſichtbar mit einigen Biſſen Ihres Geſchenks beſchenken. Sie müſſen ſagt immer C [aroline] zu jedem, der nicht eſſen will.

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33. An Emanuel.

Hier, lieber Emanuel, das wild-wegreißende Dekret! Freilich iſts leicht, ohne alle Hinſicht auf Gegenwart Zukunft zu ſäen nicht ſo wol als zu ernten. Auch dieſe Feder-Züge gehören zu den Feld - Zügen, welche an das D’rein - und Durchſchlagen gewöhnen. Glücklich, wer jetzt ein Advokat iſt!

34. An Karoline Richter.

Nur unter 2 Bedingungen; die erſte, daß du nicht tanzeſt, nicht einmal herumgehſt die zweite, daß ich den Gulden bezahle.

Die zu Hauſe bleibenden Kinder befriedigſt du durch Schokolade, anſtatt durch Befehl?

Ich gehe ſchwerlich hin, aus Stiefel - und Zeitmangel.

35. An Emanuel.

Willkommen, Beſter! Das erſte Verſäumen eines Rück - kehrenden ärgert mich am meiſten. Hier haben Sie auch etwas meiner Seits. Was ſoll ich denn thun? Ich ſchwimme jetzt in Geld. Können Sie 400 fl. Konvenzions Geld noch annehmen?

36. An Otto.

Hier iſt, lieber Otto, der Brief Lil [iensterns], der der Franzoſen wegen deinen Aufſatz nicht abdrucken kann, den ich dir Abends ſelber bringen will. Es geht dir wie mir mit der Teufels Predigt. Aus fliegenden Zeitſchriften ſchließt man aus, was man in feſten Büchern duldet, wohin du deinen auch thun kannſt. Sende mir doch die Heidelberger Jahrbücher.

R.

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37. An Johann Georg Zimmer in Heidelberg

Ich danke Ihnen, wie für die bezahlten 400 fl., ſo für die nied - liche Einrichtung des Buchs.

Grämen Sie ſich ſo wenig über die Druckfehler als ich; aus meinem Ergänzungsblatte und der Vorſchule ſehen Sie, daß es mir bei allen guten Buchhandlungen gleich ſchlecht geht. Ein Grund dieſer Setzer - Interpolazion liegt vielleicht mit in meinem Stile, der ihnen nicht wie bei vielen andern Autoren das Gewöhnlichſte zu errathen verſtattet.

Schicken Sie mir zu die reſtierenden Bogen.

Meine Bitte für Mahlmann vergeſſen Sie nicht.

H. Hofrath Creuzer werd ich bei der Rückſendung der Bücher antworten.

Leben Sie recht froh!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

38. An Emanuel.

Rechten Dank, Emanuel, für Ihr Noten-Deſert! Wie Tugend im Himmel nur durch Tugend belohnt wird, ſo belohnen Sie Noten mit Noten. Für den Misverſtand des es kann kein Autor; und doch ärgert mich die Möglichkeit. Ich verlaſſe mich bei ſolchen Unglücksfällen auf den Ton aller meiner Werke, welche ungeachtet aller Anſpielungen nie in ſolche hineinſinken.

39. An Emanuel.

Mein guter Emanuel! Dieſe 5 Kleinigkeiten geben Sie gütig der umkehrenden Emma wieder mit. Eine iſt von Goethe.

40. An Emanuel.

Dank für den Dank! Am liebſten zu Ihnen laſſ ich meine Kinder; nur da bin ich ihrer ſicherer, zumal da mit den Jahren die Gefahren wachſen, ſo daß ich allmählig Max und Emma von ihren Spiel - kindern trennen muß.

Haben Sie nicht noch 2 Gedichte auf die Herzogin?

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41. An Emanuel.

Guten Morgen, mein alter Emanuel! Heute erſt (um Uhr) will der alte gute Franzoſe zu uns kommen. Es würde ihm und mir wol thun, wenn Sie dreißig Schritte thäten und zwar zu uns. Es wäre gewis nicht der ſchlimmſte Anfang eines Sabbaths.

42. An Otto.

Lieber Vor-Leſer! Hier iſt etwas für einen fleißigen oder ſchnellen*)Emanuel ſoll es auch durchfliegen, denn es ſoll ſelber fortfliegen.. Gott gebe, daß nicht verdammt viel zu ändern iſt. Schreibfehler ändere ſelber. Matte Gedanken ſtreich ich gern aus, wenn du ſie notierſt. Heute Abend iſt ein kleines Eſſen in der Sonne; es wäre eine Möglichkeit, den ganzen Abend [neben?] dir zu ſitzen, wenn du mit mir dahin gingeſt.

43. An Emanuel.

Guter! Eben ſchick ich die Dämmerungen für Deutſchland von J P zu Otto. Niemand klagt weniger als ich, aber aus Spaß wol. Können Sie mir den Jaſon verſchaffen?

44. An Otto.

Sollt ich denn das Wort Harmonie zu ſchreiben vergeſſen haben? In der Sonne findeſt du nur Mittags-Reſte; dort aber neue Schöpfungen. Auch hab ich mich ſchon dorthin aufgeſchrieben. Alſo wähle für heute H [armonie], oder für welchen Tag du willt, die S [onne]. Gewöhnlich etwas vor 7. Uhr geh ich in die H [ar - monie].

Amoene wird mir Antwort und Bötin bringen.

Volti subito

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Auch muß ich dir ſagen, daß wir in der H [armonie] vielerlei uns ſagen könnten.

Emma hatt es übergeben ſollen.

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45. An Emanuel.

Vielen Dank für dieſe Briefe, deren Sinn, wenn auch [nicht] Stil, mich dießmal ſehr erfreuete. Indeßen kommt doch der gute Th [ieriot] mit aller wachſenden Selbſtbeſchauung dem Glücke der Einheit nicht näher, ſondern bleibt ein ſich ſelber und der Ordnung bewußtes Chaos.

46. An Emanuel.

Guten Morgen, Guter! Gern hör ich Ihr Lob und Lachen. Hier haben Sie ihn zurück für Fischer. Nächſtens das Mehrere.

47. An Emanuel.

Die Fabeln ſind ganz gut für Kinder, nur müſſen ſie wie die Nahrung der Säuglinge, erſt den Weg durch die Mutterbruſt nehmen. Hätten Doehlau’s Obergerichte das zugeſchriebne Recht der Nothzucht ꝛc. : ſo wäre das Gut wahrſcheinlich das theuerſte in Deutſchland. Können Sie mir nicht auf einige Minuten die Abſchrift des verbrannten Briefs an mich (in Jaſon) ſchicken?

48. An Emanuel.

Mein Alter! Ich unterſchreibe Ihren Witz und Verſtand zu - gleich; und es wäre Schade, wenn W [angenheim] ein Salz - und Goldkörnchen davon einbüßte. Morgen früh, eigentlich heute kommt mein Paquet an Cotta auf die Poſt; in dieſes könnten Sie Ihres einſchließen. Am Ende fall ich im Morgenblatt darüber her.

49. An Emanuel.

Das Abſchreiben rieth ich ſelber an. Zurück zu bekommen aber koſtet es ja nur mein Wort. Auch wünſcht ich, daß Sie die Über -17 ſchrift: An H. Pr. v. W. ꝛc. ſelber hinſetzten. Auch beſſert ſich alles unter dem Abſchreiben, (ſo wie bei mir) um Vieles. Z. B. das Individuelle mit dickem Poſtpapier und ähnl. arbeitet ſich unter Ihrem Kopieren um. Wir haben ja Zeit bis 7 Uhr.

N. S. Auch könnten Sie noch beſondern Scherz an W. anbringen.

50. An Cotta in Tübingen.

Hier ſend ich Ihnen meine Daemmerungen , welche meine Freunde ſehr der Friedenspredigt vorziehen. Die Dedikazion kommt auf die Verhältniſſe der Zukunft an. Laſſen Sie unter die Auszüge für das Morgenblatt die Note ſetzen, daß nicht ich jene gewählt. Die leeren Seiten des Mſpts dürfen keine des Drucks werden.

Ein Ungenannter aus Norden ſchickte mir Beiliegendes über mich für das Morgenblatt.

Das Inhalts Verzeichnis meines Buch [s] muß vor die Vorrede kommen.

Leben Sie wol in dieſer ſeltſam dämmernden Zeit!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

Eben gibt mir ein anderer Freund der aber etwas Weniges dafür verlangt etwas über die Poſten für das M [orgen] bl [att]. Mögen Sie entſcheiden.

* 51. An Varnhagen von Enſe in Tübingen.

Ihre Scheeren-Plaſtik macht nicht blos meinen Kindern, ſondern auch meinen Freunden und mir große Freude; nur dauert mich bei dieſer Zeichnungs - oder Bildungs-Kraft zweierlei; erſtlich, daß ſie nicht zu ordentlichen künſtleriſchen Zwecken ſich einlenkt und zweitens Ihre Augen. Doch letztere noch [mehr] bei Ihrer feinen kleinen Handſchrift. Haben Sie denn ſo viel Augen als Argus, daß Sie nach ein Paar weniger nichts fragen? Sie ſind der größte Augenverſchwender, da Sie ſogar fremde mit verſchleudern.

2 Jean Paul Briefe. VI. 18

In unſerem illiterariſchen Bayreuth kann ich Ihren Roman nicht bekommen, wenn Sie mir ihn nicht ſchicken. Iſt er gut: ſo hat meine Perſönlichkeit keinen Einfluß auf meine Unparteilichkeit. Ich wünſchte ihn ſehr. Grüßen Sie Dlle Levi, mich könnte ſie am beſten grüßen laſſen durch ein Schock voller Bogen. Leben Sie wol.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

52. An Emanuel.

Alter! Es iſt ſehr gut, daß ich beſonders ſo wie Ihre andern Freunde des Jahrs nur Einmal geboren werde; ſonſt würde ſich Ihr Döhlau bald auf Ihre Koſten zerſchlagen. Wahrlich mir iſt allemal ordentlich bange vor Ihrem Übermaaß des Gebens. Den Geſchmack treffen Sie freilich treffend für 4 Sinne, 1) für den Geſchmack es iſt gut daß ich Johannes heiſſe 2) den Geruch, 3) das Ohr und 4) den geiſtigen Sinn; denn von den Wein-Titeln an bis zum Kantors-Briefchen ſtrömt das über, was in andern Gaſſen Bayreuths längſt eingetrocknet iſt. Wer lehrt Sie denn in mein Amt greifen und ſo viel Mythologie wiſſen und ver - brauchen?

Aber herzlichen Dank, Geliebter! Ich will ihn heute abends wiederholen, wenn ich Sie (nebſt Otto) bei mir auf einen bloßen Punſch ſehe; wozu ich Sie bitte.

R.

53. An Otto.

Mein älteſter Alter! Deine herzliche Liebe macht mir freilich die höchſte innigſte Freude; nur aber ſollteſt du ſie anders aus - drücken. Dieſes Lexikon aus dem Keller iſt zu koſtbar. Abends will ich dir ſo wie der Blumiſtin und der Stickerin wieder danken, wenn ich dich nebſt beiden und Emanuel bei mir habe auf bloßen Punſch; wozu ich euch recht bitte. In meiner Nachmitter - nachts Stunde gingen heute zufällig meine Dämmerungen ab auf der Poſt; mögen euch allen die böſen auch mit entflohen ſein.

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* 54. An Thieriot.

Mein alter guter Thieriot! Kennen Sie Liebe, ſo kommen und laufen Sie ohne Weiteres zu, zu mir! Lauter Herzen erwarten Sie. Der Teufel hole Sie, wenn Sie erſt morgen kommen. Thieriot, nehmen Sie die Gabe des Augenblicks mit, wie ich.

J. P. Fr. Richter

55. An Emanuel.

Meinen, unſern Thieriot hab ich nie beſſer und lieber gefunden und gehabt! Wär es denn nicht möglich, daß wir ſämmtlich nach Eremitage gingen, um Ein Wort zu ſagen? Nämlich Otto mit, in welchem Falle Sie es ihm abfragten, da heute bei der größten Wäſche durchaus keine Magd frei iſt.

56. An Emanuel.

Mein treuer redlicher Emanuel! Alles hat ſich verändert. Mein liebenswerther Offizier will wieder mit ſeinem Billet meine Frau ins Schauſpiel führen folglich folg ich nach. Wir haben noch viele ſchöne Tage (aber nur des Himmels bei dem Kriege der Erde) übrig; und dieſe ſollen gebraucht werden. Mir hat mein alter Thieriot nie mehr gefallen als eben jetzt; Peſtalozzi war das ſtärkende Gegengift Leipzigs, ſeiner Zeit, Vor-Jugend und Leſerei.

57. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Guter! Hier iſt noch ein wenig Nachfeier des Geburtstages. Ich ſagte Thieriot Sie zu bitten, daß Sie ſich für ihn den Katzenberger von Fi [s] cher möchten geben laſſen. Kunzens Brief wünſcht ich, um ihm das Geld zu ſenden.

58. An Emanuel.

Auch [mich] erquicken ſolche Liebesquellen, die über die Chauſſeen 2 er Städte hinüber ſpringen, um in einander zu ſpielen.

2*20

59. An Emanuel.

Lieber! Ihre Briefe brachten mir viel das Schönſte, Peſta - lozzi’s Achtung für Thieriot Dann den Aufſatz von N [iederer]; er ſtrebt nach dem Höchſten oder Allgemeinſten, oder Himmel, aber er hat doch auf der Erde nicht derbe dicke Luft genug, um in den dünnen Aether zu gelangen. Danken Sie unſerem W [angenheim], der für das Gute brennt ja ſich verbrennt, es mag in ſeiner Stadt oder 60 Meilen weiter liegen und keimen. Weder das Werk noch die Urtheile darüber kenn ich. Mit Freuden nehm ich Ihre Anweiſung nach Bamberg an.

60. An Emanuel.

Guten Morgen, meiner! Ich habe die letzten Druckfehler an Zimmer zu ſenden; ich brauche alſo den Katzenberger; und er - ſuche Sie um das Erſuchen, da heute der Brief fort muß. Es ſind wieder 582 fl. conv. bei mir zu verwechſeln.

61. An Johann Georg Zimmer in Heidelberg.

Zu meiner Freude ſind in Ihrer heutigen Lieferung gar keine Druckfehler und in der geſtrigen nur wenige. Die lange Anzeige der erſteren Druckfehler (welche Sie doch bekommen haben werden) wurde ſonach wahrſcheinlich durch die Handſchrift ſelber, noth - wendig gemacht, weil gerade die meiſten in das neue Werkchen fielen.

Haben Sie Dank für die ſo ſehr prompte Bezahlung. Wie könnt ich mit Männern wie Sie und Ihr Handelsbunds-Genoſſe ſind die ſchöne Verbindung nicht fortzuſetzen wünſchen, ſo lange Sie meinen Wunſch auch theilen?

Z. B. dieſe vermiſchten Schriften können (wenn Sie vom Pu - blikum ſo behandelt werden als ich von Ihnen) lange fortdauern in beſtändiger Vermiſchung des Neuen mit Altem. Aber auch ohne vermiſchte Schriften können wir beiſammen arbeiten.

Ihre Wechſel nach Frankfurt ſind gerade die beſten.

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Hiebei die vergeſſene Quittung. In einigen Wochen ſend ich Rezenſionen.

Geh es Ihnen wol in dieſer Sturm-Zeit, worin man leichter Gutes thun als erleben kann!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

N. S. Für den Kaufmann der Zukunft mach ich die Nachſchrift: unſere Rechnung der zweiten [?] 2. Bändchen und Ihre Bezahlung iſt quitt; und ich bin Ihnen nichts ſchuldig als Dank; und Sie mir auch keinen Heller mehr, außer wenn es gut geht, das was ich Ihnen ſchuldig bin.

[2.] N. S. Möglich wär es wol, daß der Kriegs Sturm mir nichts zuwehte als ſein Gegentheil, einen ſchönen Frühlingsfrieden in Heidelberg; nämlich die Beſchleunigung meines Vorſatzes, H [eidelber] g zu ſehen; ich ſehne mich eben ſo ſehr nach den H [eidel - berger] Menſchen als Bergen und Strom und Lichtern.

62. An Friedrich Meier in Dresden.

Ihr freundlicher aus dem Herzen geſchickter Brief an eines hat mir die Freude über eine ſchöne Seele (eigentlich über zwei*)eigentlich über eine ganze Familie, deren äſthetiſche Einigkeit ſo ſchön eine höhere vorausſetzt.) mehr gegeben auf der dürren Welt; und darum antworte ich. Schön iſt dieſer Doppellauter der Freundſchaft dieſes cœur à cœur ſtatt eines bloßen tête à tête , der Entſchluß an Einem Tage daſſelbe zu leſen und zu bedenken. Ob ichs bin oder nicht, macht das Schöne weder ſchlimmer noch ſchöner.

Wer mich malen will, kann mich noch dieſſeits des Sargs haben. Ich wurde nie getroffen.

Auch herzlich ſei Ihr unbenannter Freund gegrüßt von mir; ſo wie er geachtet iſt ſeit Ihrem Wort.

Der Himmel gebe euch beiden das ins Herz was ſchwer heraus geht und wovon er den Namen hat nämlich den Himmel!

Jean Paul Fr. Richter

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63. An Frau von Lochner in Regensburg.

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Freilich iſts leichter ſo wie ſchöner, Ihnen zu antworten, wenn man dabei zugleich ins geiſtreiche Geſicht ſieht. Gebe der Himmel Ihrer ſchönen innern Welt auch eine ähnliche äußere dazu.

64. An Emanuel.

Mein Emanuel! Ich ſage Ihnen Dank für Ihre Note; ich ſetzte daher dem Briefe noch etwas für eine Familie hinzu, deren äſthetiſche Einheit eine höhere verſpricht. Und noch mehr Dank für den ſchönen Abend; ich ſollte immer Geld austragen, um zu bekommen, was man dafür nicht kauft, Freude.

65. An Emanuel.

Guten Morgen! Es ſchmerzt [mich] ſeine ſtumme Flucht; jede heilt ſich ſchwer.

Hat er Ihnen nicht die von mir geborgte muſikaliſche Zeitung hinter laſſen?

66. An Emanuel.

Emanuel! lieber! Dank für den Todtenkranz oder die Grabes Blume des Abgeſchiednen. Wohin iſt er? Dießmal hätt ich ihn ſo gern ſo lange geſehen. Leider wählte er trotzig immer die ſchlimmſte Beſuchs Zeit, nämlich meine Arbeitszeit.

Sie begehren ein Gedicht zurück? Ich entſinne mich keines mehr bei mir.

Emma ſagte, Sie hätten ſie für Heute verlangt.

* 67. An Thieriot.

Lieber Thieriot! Sie haben leider das Requiem Ihres Ab - ſchiedes durch den Klavierſtimmer und die Kirchhofsblume eines Ab -23 geſchiedenen durch den Gärtner dagelaſſen. Der Teufel hole jeden, den er zu bald holet! Ich hoffte noch ſo viel mit Ihnen zu thun und zu ſprechen. Doch vorbei iſt vorbei! Gehen Sie künftig nur nicht früher vorbei als hindurch! Mit Ihnen iſt nichts anzufangen als was der Tod und Gott weiß das Ende. Meinen herz - lichen Gruß an Eva!

Richter

68. An Emanuel.

Ich ſende Ihnen ſogleich dieſen guten Morgen für Otto und Sie nach ſeinem Verlangen , da man Ihnen fremde Freude nicht ſchnell genug geben kann.

69. An Otto.

Lieber Otto! Mache dir nur nicht ſo viel aus meinen Spaß - Monitorien. Du kannſt mir ſie ja gerecht zurück geben. Napoléon ſchicke ich dir doch wieder, da ich ihn nicht immer haben kann wie meine Sachen.

70. An Hofrat Creuzer in Heidelberg.

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Wenn einem [?] etwas ſeitwärts des Äquators plötzlich der Nord - oder Polſtern aufginge: dieſer Mann [?] hätte meine [?] Empfindung der Freude über dieſes Geſtirn aus Norden. Bei Ihrem Wunſche, daß ich Herders Werke rezenſieren möchte, hatten Sie wahrſcheinlich keinen Spiegel! Sie mit Ihrem reichen großen hiſtoriſchen Sinn und Können und Kennen müßten dieſe Bitte an Niemand thun als an H. Hofrath Creuzer in Heidelberg. Gerade das hiſtoriſche Auge iſt Herders Polyphem Auge. Ich habe Schmetterlings Augen. Gott ſegne Ihre Studien , ſagte man ſonſt zu Abiturienten. Nun Ihre Studien ſegnen uns ſelber und Sie gewiß auch mit.

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71. An Emanuel.

Guten Morgen! Ich kann meinem Emanuel die heutige Freude nicht früh genug ſchicken.

72. An Emanuel.

Nach einer Freude hab ich allemal noch 2, die Hoffnung der Ihrigen und den Ausdruck derſelben.

Wenn Sie ſo fortfahren im Franzöſiſchen: ſo brauchen Sie kaum mehr fortzufahren. Ich bin ſehr neugierig über den Grund der Weinfrage ..

73. An Emanuel.

Leſen Sie doch das Beſte in deutſcher Sprache und Seele, was je eine Deutſche geſchrieben.

74. An Emanuel.

Auch ich dachte ſchon daran. Einigen beſten Freunden können Sie es vertrauen. Das bureau kann doch nicht auf bloßes, nicht offizielles Gerücht, wenigſtens vor der Hand höher ſchrauben. Viel - leicht ändert die Zeit die Furcht und Abgabe.

Billet sans tâche

75. An Otto.

Guten Morgen! Guter! Es war fatal, daß mich geſtern Langer - mann, weil ich ihn vorgeſtern verſäumt, eingeladen hatte und ich zugeſagt. Jetzt kann ich paſſen. Doch kann ich auch kommen. Hier ein Oelblättchen für Weiber; ich glaube nicht, daß viel von einem Uriasbrief für die Herausgeberin darin iſt; da ich mich jetzt aus Gründen mehr auf Linde lege. Das Schreiben der Vorſteher des Muſeums haſt entweder du noch oder Emanuel. Schicke, ſei ſo gut, noch heute das Oelblatt an Emanuel. Die Rezenſion, deren noch 2 kommen, kannſt du erſt morgen an mich ſchicken.

Emma kehrt vor dem Eſſen wieder um.

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76. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Sie haben ſehr Recht, und ich hatte vor 10 Jahren ſehr [Unrecht], da ich mit ihr ſogar an meinem Geburtstage, den ſie mir feierte, nach dem Abſchiede der übrigen Gäſte mit ihr über Frankreich zankte. Mallet hab ich nicht geleſen.

77. An Hofgerichtsrat Nikolaus Vogt in Frankfurt a. M.

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Mit freudiger Dankbarkeit nehm ich den Ehrenplatz in Ihrem Muſeum an, das ſelber unter den Muſeen Deutſchlands einen ſo ſchönen Ehrenplatz behauptet. Glücklich ſind Muſen und Wiſſen - ſchaften unter den Auſpizien eines Fürſten wie der Ihrige; indeß verdient Er doch nicht darum ein Mäcen oder Auguſtus derſelben zu heißen; denn erſtlich beſchirmt Er an ihnen gerade das, wogegen beide Römer lebten, das Sittliche und Edle; zweitens ſteht Er beiden auch in der Unparteilichkeit nach, indem es ſehr natürlich iſt, die Muſen zu begünſtigen, wenn man (wie Er) von ihnen ſelber ſo ſehr begünſtigt geworden; und Er belohnt eigentlich, wenn Er fremdes Verdienſt belohnt, nur Sein eignes im Spiegel.

Oefters werd ich da ich mir das Vergnügen der körperlichen Erſcheinung bei Ihnen noch verweigern muß mir das der geiſtigen machen; und Ihnen kleine Aufſätze zuſenden. Mögen ſie meinen Wunſch und Ihren Zweck erreichen!

78. An Emanuel.

Guten Morgen! Warum nicht, Lieber? Warum nicht das Porto erſparen und den Wangenheim überraſchen? Hier der Brief, den Sie, wie mehr gute Sachen, gerettet haben.

79. An Emanuel.

Dank, Rechter! Auch mich entflammt die Geſinnung, wenn auch die Einſicht nicht die meinige iſt. Und dieſes deutſche Volk ſoll gefallen ſein, Mr. Fichte?

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80. An Emanuel.

Guten Morgen, mein geliebter Emanuel! Ich hätte Ihnen ſchon geſtern meinen preiſenden Dank für Ihr herrliches Blatt ſagen ſollen. Meine in Zeit einer Stunde hingeſtürmte Arbeit muß durchaus umgearbeitet und die wichtige Idee philoſophiſch ent - wickelt werden.

Eine alte Frau, der ich zum Hauszins leihe, ſagte mir, es ſtände an der Poſt ꝛc. angeſchlagen: Carl Fried. Rex. Der König von Sachſen hat Dresden mit allem Kriegeriſchen geräumt und den Befehl zurückgelaſſen, die Schlüſſel der Stadt dem zu über - geben, der käme. Wunder-Zeiten!

Odilie kehrt ſogleich um.

81. An Emanuel.

Guten Morgen! Allerdings muß aus Pflicht und Klugheit zu - gleich dieſes gedruckt werden. Geſtern ging ich getröſtet und wol bepackt mit angenehmen Zweifeln und Nachrichten aus der Harmonie nach Hauſe. Ich möchte faſt Odilia ſo lange bei Ihnen laſſen bis der Korreſpondent gekommen wäre, den ſie ſchnell brächte und zurück brächte.

82. An Emanuel.

Hier iſt das Zeichen. In der Zeitung ſind Kains Zeichen.

83. An Emanuel.

Hier, Guter! Mein Sinn iſt der: damit etwas gen Himmel wachſe, muß es Boden und nährende dicke Luft haben (für Pflanzen die beſte); Th [ieriot] aber iſt durch frühzeitige Überverfeinerung und Reflexion etwas entkräftet. Dank für die Zeitung; ich halte ſie jetzt ſelber mit einem andern mit. Die dritte Zeitung mußte anders ſein, und zwei ſich gleich.

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84. An Emanuel.

Dank für die Nachrichten! Nicht auf 3 Tage ſind die Wendungen des Kriegs zu weiſſagen. Mit dem Wetter iſt es anders; 9 Jahre lang prophezeit Lamark, ob er gleich nicht ſonderlich trift (denn ich gehe ſehr von ihm ab). Ich meines Orts hätte längſt mich anders beſonnen.

84a. An Otto.

Guten Morgen, Lieber! Hier ein närriſcher Brief, der auf der einen Seite ſo genau wie Wachs mich kopiert, daß man an Parodie denken ſollte, auf der andern aber ſo viel Witz und Laune hat, daß ichs doch nicht denke.

* 85. An Martin Hieronymus Hudtwalcker in Bamberg.

Kommen Sie nur! Ihr Brief iſt ein beſſeres Vorgemälde als ſonſt Prinzeſſinnen vorausſenden, um geliebt zu werden.

Ich hätte Ihnen gern früher geantwortet, wenn der Poſtſtall welcher die Poſtſtube überwiegt es erlaubt hätte.

Inſofern Sie an mich ſchreiben, haben Sie an dem Humor und Witze Ihrer Briefe nichts zu ändern; inſofern Sie an andere, d. h. ans Publikum, müſſen Sie Ihre Perioden mehr verengern und Ihre Anſpielungen mehr beleuchten.

Ich freue mich auf Ihre Anſicht.

Vom Teufel ſollen Sie hier nichts finden als deſſen begehrte Papiere.

Ich wohne in der Friedrichsſtraße No. 343.

So erſcheinen Sie denn; Ihr Blättchen hat mir viel Freude mit - gebracht.

Leben d. h. fahren Sie wol von Bamberg bis Bayreuth und dann weiter ſo fort.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

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86. An Karoline Herder in Weimar.

Theuere Herder! Entſchuldigen Sie mein Schweigen und Zögern. Ich wollte Ihnen alle meine neueſten Werke auf einmal ſenden; und wartete alſo bis zur Ankunft der letzten. Sie werden in allen meine alte Ruhe, ja die humoriſtiſche Heiterkeit wieder - finden, aber auch das Herz, das einen Herder liebte.

Sagen Sie nicht wie in Ihrem Briefe daß Herder eine ſtille Gemeine habe; jetzt hat er eine laute; ja faſt keinen Wider - ſacher in ſo vielen Büchern mehr. Warum gab man aber dem Unſterblichen dieſe leichte Freude nicht früher, als er noch ein Sterblicher war?

Noch konnt ich für die Huber hier nichts thun; und in Bayreuth iſt überhaupt wenig zu machen als Bücher, wozu man aber nur Einen braucht, ſich ſelber.

Meine liebende Herder wird es freuen, daß mir der Fürſt - Primas neulich 100 Dukaten gab; und vom April an eine jährliche Penſion von 1000 fl. rh. Jacobi in München hat auch noch nicht das Kleinſte für mich gethan in dieſer Hinſicht.

Noch rührte uns die Kriegs-Wetterwolke nicht an. Einzelne Öſtreicher kamen und nahmen, aber für Geld; kurz ſie nahmen nichts mit als Dank.

Alles unter meinem Dache iſt geſund und ſtark. Wär es nur zu machen, daß Sie und meine Luiſe auch darunter kämen! Wäre kein Krieg, ſo wär es eben zu machen! Leben Sie wol mit der Seelen-Tochter! Grüßen Sie Wieland! Ihr

Jean Paul Fr. Richter

* 87. An Dr. Ferdinand Beneke in Hamburg.

Um Ihnen meine Antwort und Ihre Aufſätze durch Ihren aus - gebildeten lieben Landsmann zu ſenden, ſchreib ich lieber eilig und kurz. Sein Wort iſt mein Siegel, da die Poſt ihm und mir jedes andere verbietet.

Ihr letzter Brief hat mich ſchön in Ihre Familien-Zimmer ein -29 geführt. Sie ſollen, weil Sie es verlangen, auch in meine treten. Ich bin mit einer Tochter des Tribunals Raths Mayer in Berlin verheirathet Namens Caroline wie Ihre unſer erſtes Mädchen, das uns auch im September geboren wurde, heißt Emma, wie Ihre. Jetzt iſts an Ihnen, dieſe lieben Aehnlichkeiten fortzuſetzen und folglich den nächſten Sohn Max taufen zu laſſen und das nächſte Mädchen Odilia: ſo ſind wir ganz parallel.

Mir that dieſes Gleichungs-Spiel des Schickſals wol.

Caroline grüßt Caroline, Emma Emma und ich den Vater und alles. Es geh Ihnen wol.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

88. An Knebel in Jena.

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Blos um die Freude zu haben an Sie zu ſchreiben ſend ich Ihnen dieſes leere Blättchen, in der Hoffnung der größern, daß Sie ant - worten. An einen Freund iſt ein Briefchen ein Brief, es mag darin ſtehen oder fehlen was will. Der Überbringer, der auf Isola bella ꝛc. und folglich unterwegs geweſen, wird ſich leicht ohne mich empfehlen.

89. An Otto.

Hier, lieber Otto, haſt du mein Mit-Gefüllſel für das Cot - t [aische] Taſchenbuch. Ich habe mir drei Tage Ferien des ge - wöhnlichen Trinkens und Schreibens gegeben ein Leib-Herkules ſteht jetzt da. In vier Wochen wollt ich der geſündeſte Menſch werden, wenn ich wollte; und in der fünften dadurch ein beſſerer Schriftſteller.

Aber mit klein zu machenden Aufſätze [n] für andere Bücher als meine peitſcht mich ewig der Teufel; denn z. B. die Penſion oder das Muſeum erwartet dergleichen 4 mal jährlich, wenn nicht öfter.

Verbeſſere doch ſelber jedes Verſchreiben.

Die Anlage des Klubs gab mir freilich zu bogenlangen Aus - ſpinnungen Raum und Recht.

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90. An Cotta in Tübingen.

Hier, guter Cotta, ſind die Beiträge für das Taſchenbuch; das Komiſche wird den poetiſchen Kleinigkeiten vor gedruckt.

Der Aufſatz über die Poſten iſt an H. Präſident Wangenheim in Studtgardt von ſeinem Freunde geſchrieben; wollen Sie ſolchen ihm zuſtellen?

Ihr Anerbieten iſt ſehr gütig. Da mir aber mehr an der Be - ſchleunigung des Drucks als des Bezahlens gelegen iſt beſonders in dieſer jedes Rathes bedürftigen Sturmzeit : ſo bitt ich Sie blos um eine Anweiſung an Bethmann auf die muthmaßliche Hälfte des Honorars.

Ich wünſche Ihnen herzlich Freude und Frieden.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

D. Varnhagen, für den ich neulich ein Briefchen an Sie ein - ſchloß, hat mir noch nicht geantwortet.

91. An Fräulein von Knebel in Bayreuth.

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Dank für ſolche Frühlingsblüten, welche Herbſtfrüchte zugleich ſind. Ich rechne ſie unter die beſten und feinſten, die uns unſer Eden-Gärtner Knebel je gegeben. Mein neuliches Verlieren macht, daß ich täglich zwar nicht das ganze Vater unſer, aber doch die 5te Bitte daraus bete. Leben Sie frühlingswol.

92. An Otto.

Guter Otto! Etwas Kleineres kann ich dir ſchwerlich ſchicken als Folgendes ans Muſeum.

Dein Büchlein leſ ich mit Freude und Aufmerkſamkeit zu - gleich; daher, da du einige Noten darüber begehrſt, hab ich es noch nicht durch.

Max hat 1 Stunde Urlaub.

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93. An Emanuel.

Willkommen, Zugvögelchen! Ihr Aufſatz iſt beſtimmt und treffend und kurz geſchrieben. Auch ich bedecke mir durch Schreiben Krieg und ſeine General-Stäbe, die uns früher ſchlagen und prügeln als den Feind. Nur laſſen Sie ganz die Erwähnung der Poſten aus; dieſe könnten gegen den ganzen Vorſchlag proteſtieren, auch Becker, der ihr Abhängiger, ihn nicht einrücken. Man verſteht Sie doch. Durch Cotta ließ ich Ihren Brief an W [angenheim] über - geben. Ich bin jetzt faſt von mediziniſchen Nöthen [frei], blos weil ich eine Woche lange mäßiger ſchreibe und trinke. Ich könnte der geſündeſte Menſch in Bayreuth [ſein], wollt ich ſonſt. Sagt ich Ihnen nicht das beſte Wetter voraus?

N. S. Heute, noch gewiſſer Morgen kommt ein Gewitter; und ich erlaube Ihnen, Gebrauch für andere von der Vorausſage zu machen.

94. An Emanuel.

Es ſind zwar nur Kleinigkeiten für das Muſeum (in Frankfurt); da aber ihr künftiger Druck ſich lange verzögern [wird]: ſo können Sie ſolche ja durchlaufen und der Emma zurückgeben.

95. An Emanuel.

Groſſen Dank!

Glück auf dieſe nöthige Reiſe! Jetzt wird manches bei ihm [Thieriot] beſſer werden als ſeine verdammte Dinte iſt. Er legt ſich ordentlich auf Bleiſtift-Dinte.

96. An Friedrich de la Motte Fouqué in Berlin.

Ihr geiſtiges und leibliches Geſchenk erhielt ich eben, als ich die Rezenſion des Alwins mit vieler Freude über dieſen geſchloſſen hatte Aber wie übertraf meine Erwartung und dieſen Ihr Sigurd! Er ließ mich nach einem zweimaligen Leſen an Einem Tage im alten Entzücken und Urtheil und ſiegte; wenige obwol gute Bücher halten bei mir dieſes doppelte Schachgeben aus.

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Und darauf hab ich ihn noch beurtheilt, d. h. gelobt.

Ich erſpare mir Briefpapier durch das Druckpapier der Heidel - berger Jahrbücher, wohin ich Sie darüber verweiſe.

Allen meinen Freunden gab ich mit Sigurd denſelben Feſttag.

Auf die Vollendung eines ſolchen Cyclus und Zauberkreiſes bin ich begieriger als auf den quad [r] ierten Zirkel.

Haben Sie Dank! Das Leben ſei Ihnen ſo gewogen als die Muſe!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

[Adr.] H. Baron de la Motte Fouqué, Verfaſſer des Sigurds, Berlin. Abzugeben bei H. Buchhändler Hitzig.

97. An Otto.

Deine neue und feine Dedukzion und Devalvazion hab ich heute zu Ende geleſen; aber deſto mehr ihren Reſt der aber wahrſchein - lich den größern Theil ausmacht gewünſcht zum Vergnügen und Urtheil. Das mir beſonders Gefallende hab ich mehrmals vertikal angeſtrichen. In der Fortſetzung wirſt du vermuthe ich dich mehr auf den kameraliſtiſchen und moraliſchen ꝛc. Beitrag zum Verfalle einlaſſen, ſo wie jetzt auf den diplomatiſchen. Aber nicht ohne alle Parteilichkeit gibſt du dem preußiſchen Aberglauben an den veralteten Kriegswerth zu viel Gewicht beim Unterſinken; ein anderer würde aus dem Glauben an ſich ſelber geradezu Siege ableiten; folglich ergänzt ſich deine Dedukzion erſt durch die Bei - ziehung mehrerer Staats-Krebſe.

Was mir am meiſten gefiel, (außer der Ruhe, womit du Moral und Politik in ihren Gränzen ausreden läßeſt, und außer der Dar - ſtellung, wie N [apoleon] immer auf den Augenb [l] ick zu höhern Planen ſtieg) nämlich die Selbſttäuſchung über eigne und fremde Beſitztitel, ſollteſt du in Kürze umarbeiten. Erſt unter dem Schreiben entwickelt ſich der Gedanke immer erwachſener, und du gibſt anfangs das punctum saliens, dann das Kind, endlich das erwachſene Weſen. Gib doch lieber nur letzteres. Mach es wie ich und andere;33 ſtürme alles auf ein Nebenblatt hin, alle Hülfs - und Anfangs Ge - danken. Dann haſt du die volle Materie unter deiner Hand und Macht, und du ziehſt blos das gedrungne vollendete aus ihr aus und verſchonſt uns mit den Keimen.

Die übrigen Noten liegen bei.

Der Titel des a [ndern] Aufſatzes könnte ſein: Deutſche Ver - ſündigung an Deutſchland zum Vortheil Englands oder Vor - ſchläge für Deutſchland zum Siege über England oder irrige Selbſt-Devalvazion der Deutſchen zur irrigen Valvazion der Britten oder Aufruf an die Deutſchen, über wider, gegen die Britten weniger zu ſchreien als zu ſiegen handeln und zu arbeiten . Indeß ſind, wie du leicht ſiehſt, dieß noch nicht die 100 Titel ſämmtlich, die ich dir zu deinem Aufſatz zu liefern habe.

N. S. Jetzt hab ich auch den 2ten Aufſatz wieder geleſen. Ohne Rückſicht auf Zeit müßte er bleiben wie er geweſen. So aber iſt er noch immer nicht der politiſchen Zenſur angefügt. Die Blätter 9, 10, 11, ꝛc. 14 ſtänden beſſer vor und der Anfang nach. Mache denn da du dieſe diplomatiſchen Ausweichungen nicht ſo kennſt als die Poetik ſie kennen lehrt blos einen andern Eingang und ſprich (am beſten mit den Blättern 9, 10 etc.) lange davon, wie der Handels-Sieger Deutſchland ſeine Waffen dem Beſiegten übergibt und letzterer wird und wie Engl [änder] über die Sachſen ſiegen wie ſonſt umgekehrt. Entweder arbeite um oder ſetze um. Den hohen Werth des Aufſatzes geht freilich dieſer Rath der Zeit nichts an.

98. An Emanuel.

Guten Morgen! So geſund wie ein Fiſch im Waſſer und ein Aal in dem Erbſenfeld.

Obgleich der Kirchenrath Schwarz eine ſehr gute, aber dicke Erziehungslehre geſchrieben wovon er mir den neueſten Theil zum Verſilbern geſchenkt ſo iſt doch in ſeinem Briefe allerlei Geiſtliches, was mir nicht gefällt.

N. S. Die Pfingſten werden ſchön.

3 Jean Paul Briefe. VI. 34

99. An Emanuel.

Und wir wollen noch klagen? An Gerechtigkeit iſt jetzt nicht zu denken, nur an Verſtand. Das Ende, das unmaſkierte Carnaval, erquickte mich. Ihr Leute, wartet doch; jetzt gibts keinen großen Menſchen, das ſtürmiſche Europa zu glätten und zu ordnen; folg - lich wär es ein Unglück geweſen, wenn deutſche Siege, d. h. ein deutſcher Bauernkrieg, ohne den Dito-Kopf erfolget wären, der erſt die Kriege gut macht. Haben wir uns freilich jetzt wieder geſchwächt, ſo gilts für die zweite Partei auch; und beide erholen ſich mit einander, ja nur auf Einer Seite wächſt der Haß aber nur erſt einen Prinzipal-Kopf her!

N. S. Muß man auch jetzt nach Hof einen Paß löſen?

100. An Emanuel.

Nun, ſo hat Sie Ihn den [n] am Kopulier-Band! So gehts allen Männern, ſogar von Goethe an! Mit einem Paar Tauſend kann man umgehen, ohne Traualtar; aber mit Einer, wie ſie auch ſei, und wäre ſie der Teufel oder Göethens [!] Frau nächſtens iſts vorbei und der Mann auf ihrem Kopfkiſſen. Übrigens find ich in Thieriots Briefe nicht eben beſondern Ordnungsgeiſt, ſondern ſeinen alten Zart-Sinn.

101. An Frau von Dobeneck in Bayreuth.

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Dieſes Blättchen ſag Ihnen meine Freude über die Wiederkehr eines für Ihre Freunde ſo ſchönen Feſtes und drücke den Wunſch aus, daß der Tochter des Maies der Lebensweg mit nichts härterem beſtreuet werde als mit den Blumen dieſes Monats, denen ſie ſo gleicht an Beſcheidenheit und Reiz. Dann werden durch 1 Glück 4 Menſchen beglückt.

102. An Frau von Lochner in Regensburg.

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das Wort Regensburg mir ſonſt ein ſo lieber Laut zeigte mir, ſeit der Würgengel ſein Schwert darüber ausgeſtreckt, nur Wunden und Thränen

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* 103. An Profeſſor Böckh in Heidelberg.

Meine Theilnahme an den Heidelberger Jahrbüchern belohnt mich reich durch die Verbindung und Bekanntſchaft, in welche ſie mich mit ſo vielen hochgeachteten Gelehrten ſetzt. Ihr Brief ge - hört unter dieſe Belohnungen.

Sehr gern ſtreich ich den Namen Schlegel aus der Rezenſion. Nicht einmal meinen Feinden mag ich weher thun als es literariſch nothwendig iſt; geſchweige einem Manne wie Schlegel, deſſen ſel - tenen Kunſtgeiſt ich ſo achte und den ich perſönlich kenne. So wie ich aber gerechten Tadel über mich nicht verzeihend aufnehme, ſondern dankend: ſo ſetz ich freilich dieſelbe Aufnahme meiner wolwollenden Rügen zu leicht bei andern voraus.

1) Baggeſen Wallers Briefe und 2) Delbrück über die Dicht - kunſt will ich gern beurtheilen, wenn ich ſie habe. Leider find ich bei dem hieſigen Buchhändler nicht viel mehr Neuigkeiten als etwan den Meßkatalog. Leben Sie wol! Ich grüße meine Freunde.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

104. An Cotta.

Ich danke Ihnen für Ihre Nürnberger Anweiſung.

Hier ſend ich aus einem noch im Juny erſcheinenden Buche: Dr. Auguſt Friedrich Schweiggers Nachrichten über die Irren - häuſer, Kranken - und Pflegeanſtalten zu Paris, herausgegeben mit Zuſätzen und einer Nachſchrift von Dr. J. G. Langermann, Leipzig bei Beygang die Beſchreibung eines Schauſpiels von Wahnſinnigen und für Wahnſinnige aufgeführt, zum beliebigen, wenn auch abkürzenden Einrücken ins Morgenblatt.

Mit Mühe hab ich deſſen Werke auf dem Nachttiſche jeder Jungfrau gefunden werden dürfen die 2 wahrſcheinlich anſtößigen Stellen errathen. Die eine iſt in der Rede des Konſiſtorialis; ſtreichen Sie alſo von Und denkt nicht mancher dichtende Nach - ahmer bis pißt durch. Die andere von der Stadtpfarrerin3*36werde nach beiliegendem Rezept verbeſſert. Eine neue Lieferung verbieten mir jetzt meine Geſchäfte. Im Falle der Nicht-An - nahme erbitt ich es zurück.

Darf ich einen Mann, der den halben deutſchen Buchhandel in den Händen und auf dem Halſe hat, wol um die Mühe erſuchen, unter den poetiſchen Kleinigkeiten in der betitelten Liebesſehn - ſucht ſtatt hangt ſie ſich zu ſetzen: hängt Liebes Sehnſucht ſich an das Herz ?

Leben Sie wol.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

N. S. Fände die Zenſur im Alltagsklub politiſchen Anſtoß: ſo ſtreiche man nur aus. Oder gibts einen dritten zyniſchen Anſtoß: weg damit!

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Als Gaſt war im Klub ein durchreiſender Schauſpieler, welcher wie ein franzöſiſches Trauerſpiel, nicht ohne Liebe ſein konnte. Die alte Kehrſtephaniſche Stadtpfarrerin mußte nach kurzem Finger - ſchütteln ſich ſo gegen ihn auslaſſen: die alten Griechen hatten blos ganze Dramen voll lauter ſpielender Satyrs, wir zuweilen ganze Schauſpielertruppen. ꝛc.

105. An Otto.

Du biſt doch gar zu gut, du Alter! So zu halbieren, nämlich dich. Andere halbieren andere. Ich werde den alten Bekannten mit ſchöner Erinnerung an ſeine Vorgänger trinken und wirklich etwas dabei erſchreiben. Vielleicht kann ich dir heute die Rezenſion der Vorschule in der J [enaischen] L [iteratur] Zeitung ſchicken. Gleichen guten Morgen! Mein Schauer war geſtern vorbei. Heute abends komme mit Amoene zum Thee; vielleicht kommt die Dobeneck und die Gräfin.

106. An Emanuel in Döhlau.

Theuerer Emanuel! Der geſtrige Tag war uns durch die ganze vorige Woche ein künftiger. Hier wollen fünf Menſchen ich,37 C [aroline] und drei Kleinen [!] Sie in Ihren Haarſchlingen fangen und legen ſie Ihnen ohne Lockſpeiſe, damit Sie hinein gehen.

Unſere Liebe hängt weder an einem Haare noch an mehreren, ſondern an Banden, die wol ein Leben tragen. Ich wollte, mein Emanuel, Sie feierten lieber den nächſten Geburtstag und die ge - heimnisvolle Lücke wäre ſchon ausgefüllt. Nun, ſegnet der Himmel nicht, ſo heilet er doch; und ſo wollen wir hoffen. Es gehe Ihrem Herzen wol! Und in dieſes rückt zum Glücke kein Krieg ein.

Wenn und wie werden wir uns wieder ſehen? Caroline grüßt Sie. Leben Sie wol!

Ihr Richter

107. An Otto.

Lieber Otto! Da ich jetzt wegen meiner Kränklichkeit immer jeden dritten Tag in Einem fort leſen muß wie ein Miniſter und da mich die Bücher im Repoſitorium (meiſtens wiſſenſchaftliche) faſt anekeln: ſo bitt ich dich um einige mich wiegende: 1) Roußeaus Brief an d’Alembert über die Schauſpiele 2) Müllers 1 Band der Schweizergeſchichte (dir wird gewis ſeine Todes Anzeige den giftigen Stich gegeben haben wie mir, da uns der Sarg eine einzige Univerſalgeſchichte einſargt) 3) Buch über die Ehe, oder haſt du es nicht, bürgerliche Verbeſſerung der Weiber. Ich werde ſie nicht ſo lange behalten als den längſt geleſenen aber noch nicht exzerpierten Montesquieu. Morgen Vormittag will ich meine zwei Zwerg-Packträger ſchicken.

108. An Emanuel.

Guter Emanuel! Vielen Dank für ſo viele Öfnungen und Ein - ſichten in ſchöne Herzen. Wang [enheims] Urtheil über Stockar haben leider 2 unparteiiſche Literaturzeitungen wiederholt. Otto hat einige von dieſen Briefen noch nicht geleſen. Geſund bin ich noch nicht ganz; die dritte Nacht iſt immer eine Teufels Nacht für mich.

Max hat eine Stunde Urlaub, wenn Sie ihn erlauben.

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109. An Emanuel.

Guten Morgen, Emanuel! Meine Nacht war recht ſchön ge - ſtirnt und heute kann ich tanzen bis morgen abends, wenn anders die Arznei nicht hilft, die ich morgen nehme. Darf ich Sie mit 2 Fragen plagen: kann ich nicht für pr. cour. oder auch pr. rtl. Gold bekommen mit einem Aufwechſel, daß ich nicht viel verliere wenn ich es wieder verwechsle? Soll ich wegen des Kriegs - ſturm [s] wieder mein Käſtchen nach Baden ſchicken oder in Ihr geheimes Loch, das ich einmal ſehen möchte?

110. An Otto.

Lieber Otto! Genieße S. 30 die ſchöne Stelle Hippels. Nach der Poſtamtszeitung hat Nap [oleon] den Pabſt ab - und auf Penſion geſetzt und den Kirchenſtaat zum italieniſchen Reich gezogen. Welche Kühnheit mitten in einem Kriege durch und wider Katholiken! So aber ſteht keine Krone, kaum was darunter iſt feſt. Die Nemeſis iſt jetzt die Stubenkameradin der Aſträa.

Der ö [ſterreichiſche] General ſoll geſagt haben, bei Ankunft der Franzoſen zieh er ſich zurück.

111. An Emanuel.

Lieber Emanuel! Ich bejammerte geſtern ſehr meine vom Himmel verordnete Abweſenheit. Nachts ſchlief und am Morgen ſchrieb ich wie ein Jüngling. Wie kann Thieriot für ſolche Miseren ( ich ſtreue den Spatzen Futter ) Poſtgeld verſchwenden! Schreiben Sie ihm doch im Punkte der alternierenden Heirath gerade heraus, daß er ein Narr iſt und daß Sie für humoriſtiſche Weiber nicht ſeinen Geſchmack hätten. Der Brief an Seiffarth iſt ſcharf, witzig, trefflich; deſto unverzeihlicher das Wort Ver - ehrung Treuergeben will ich nicht ſehr rechnen. Warum will denn der Menſch einen Brief voll Wahrheit immer mit einer Unwahrheit ſchließen. Oder verehren Sie wirklich einen Seif - farth? Ich habe daher ſeit Jahren am Ende der Briefe nach dem Lebewol ſogar an Fürſten nichts geſagt (nicht einmal39 ich bin) als z. B. an Primas: dieſer Wunſch wird vielleicht vom Schickſale leichter erfüllt.

Ihrer Hoheit ꝛc. ꝛc. ꝛc.

So mach ichs auch mit den Anreden. Hier iſt auch der Wechſel zum Verlängern. Den Teller wollt ich blos durch Kinder nicht ſchicken, darum blieb er ſolange zurück. Gute Nacht, Lieber.

112. An Emanuel.

Lieber Emanuel! Ich hab es ſchon längſt mit mehreren Völkern bemerkt, daß ordentlich hinter jeder geiſtigen Ent - zückung die körperliche wird eher gegönnt ein böſer Geiſt lauert, der ſeinen ſchwarzen kalten Schatten darauf wirft. So war dem böſen Geiſt Ihr Idyllenleben in Döhlau nicht recht.

Mein Fieber kommt jeden Tag 2 Stunden früher, freilich ſchwächer, koſtet mich aber doch viel Zeit, da ich nur leſen kann. Jetzt, Nach - mittag bin ich ganz wol; morgen iſt der noch beſſere Tag. Schaden kann es ja nichts, daß ich meine Penſion ſpäter mir zahlen laſſe?

R.

113. An Emanuel.

Guten Morgen! Es war ſchön, daß Sie geſtern nicht wie ſonſt davongeflogen, ſondern ordentlich davongegangen ſind. Hier Bethmann. Schreiben Sie mir doch auch außer der Quittung die Anweiſung mit vor. Der einfältige Münch wollte mir wieder 50 pr. rtl. aufhängen. Alſo bitt ich Sie um die Abnahme nach Ihrem geſtrigen Vorſchlag.

114. An Emanuel.

Verzeihen Sie ja, Theuerer, den Aufſchub auf heute!

Hier iſt alles Begehrte.

Mein Fieber, das täglich früher kommt (das Beſſerungs Zeichen) wird mich bald gar verlaſſen. Möchte nur das europäiſche Wechſel [fieber] auch endlich durch Pulver und (3 pfündige) Pillen weichen.

Das Papier, worauf ich ſchreibe, erinnert mich an meinen Dank dafür.

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115. An Emanuel.

Verzeihen Sie die Verſpätung des Geldes, lieber Emanuel! Ich war 2 mal nicht zu Hauſe. Hier auch der Teller, womit Sie immer außer Hauſe traktieren. Zum Schreiben weiß ich nichts neues, aber zum Sagen und Verſchweigen viel.

116. An Otto.

Lieber Otto! Um 1 Uhr will das Fieber aus ſpaßhaften Gründen, die du erfahren ſollſt den ſtärkſten und letzten Sturm auf meinen Leichnam laufen, der ſich aber ſchon wehren wird. Da ich aber Langweile als bloßer Zuſchauer habe: ſo will ich während ſie fechten etwas leſen, etwan Montesquieu’s Privatbriefe und Müllers zweiten Theil, wenn du ſie mir geben willſt.

117. An Emanuel.

Lieber Emanuel! Geſtern Vormittag arbeitete ich und Nach - mittags wurd ich bearbeitet von meinem Fieber-Kobold, vielleicht das letzte mal.

Ich leſe keine weiblichen Briefe lieber als die J [ettens], weil eben ſo viel Verſtand und Blick als Gefühl darin. Sie ſieht die H [offmann?] wie ich dieſe längſt errathen. In Rückſicht des Politiſchen fürchte und hoff ich nicht; jede Stunde vernichtet die andere.

118. An Otto.

Ich bedauere, daß ich dich geſtern verſäumet habe; heute wär es nicht geſchehen, da zum Glück das Fieber mich mit ſeinen zwei Jahrszeiten, Winter und Sommer, wieder umzogen hat.

Kannſt du mir nicht Montesquieu’s reſtierenden Esprit des lois geben?

Gute Nacht!

Der Geplagte iſt ein Plager.

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119. An Emanuel.

Guten Morgen ſtatt der guten Nacht! Die Furcht, die heute die Thore verſperrte und aufmachte, möcht ich näher kennen, da ich Nachmittags nach Hainersreuth fahren und doch bei der Rück - kehr das Thor offen finden möchte. Könnten Sie mir nicht bis gegen 1 Uhr recht beſtimmte Nachrichten verſchaffen?

120. An Emanuel.

Mein lieber Emanuel! Sie überſchütten mich mit Früchten; und für Sie iſts am Ende ein Misjahr, weil Sie alles verſchenken. Meinen Dank für die kleinen Freuden, deren ſo viele auf Einen Teller gehen. Ich ſende Ihnen nur Einen Teller aus Angſt des Zerbrechens.

Ach wenn ich doch recht ſichere Beweiſe und Quellen der tröſtenden Nachricht des Waffenſtillſtands hätte!

Mein Fieber iſt in der Nacht jetzt ſo unbedeutend, daß ich den warmen Theil davon in ſchönen Träumen verſchlafe.

Und doch werden einem eben jetzt die Ohren und alles übrige warm gemacht durch allerhand Gerüchte!

121. An Emanuel.

Guten Morgen, Guter! Ich komme heute, wenn auch etwas ſpäter. Auch ich fürchte nichts, da ja die Behörden, nicht die Waffen entſcheiden können. Und überhaupt iſt vielleicht jetzt ſchon Friede.

* 122. An Profeſſor Böckh in Heidelberg.

Verehrteſter Herr Profeſſor! Den 31. Mai hab ich Ihr gütiges Schreiben beantwortet. Da ich nun die beiden zum Rezenſieren ge - wählten Werke von der Buchhandlung noch nicht erhalten Bag - geſen Wallers Briefe und Delbrücks Gaſtmal ꝛc. ſo vermuth ich, daß mein Brief, da der Krieg alles, alſo auch Briefe nimmt, nicht angekommen. Ich wiederhole ihn gern, da mir ſoviel an der42 Erfüllung Ihres Wunſches liegt, daß der Name Schlegel aus der Rezenſion weggelaſſen werde. Er kam ohne bittere Beziehung hin - ein, da ich ihn als Kritiker und jetzt beſonders als Menſch ſehr achte und wir längſt einander perſönlich in Weimar liebgewonnen. Leben Sie wol! Was vielleicht jetzt leichter wird, da der Friede mit ſeinem Morgenrothe heraufdämmert.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

123. An Friedrich Vieweg in Braunſchweig.

Ihr Schweigen über welches ich hier ſelber ſchweigen will müſſen Sie Ihrem Worte gemäß durchaus auf meine Frage unter - brechen, ob Sie das Werkchen über das Abcbuch, das ich jetzt voll - enden will, auf Oſtern 1810 verlegen wollen. Leben Sie wol!

Jean Paul Fr. Richter

124. An Chr. Heinr. Gottlieb Hake in Bayreuth.

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daß ſich bei mir ſeit 6 Wochen etwas ſchlimmeres als Soldaten einquartiert, nämlich das Wechſelfieber; jene wollen Eſſen, dieſes will keines Fieber-Sechs-Wöchner Laſſe dich nicht in deinen Arbeiten ſtören, die ich leider um eine neue vermehre.

125. An Chriſtoph Otto in Hof.

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Ich komme immer mit einer Bitte zu dir, aber das Recht dazu gibſt du ſelber durch dein Bureau-Siegel. Es iſt eine Trink - oder vielmehr merkantiliſche Schande für Bayreuth, daß eine ſo ſchön gebauete Stadt keinen Keller hat, worin ungariſcher Wein iſt.

126. An Emanuel.

Meiner! Wenn ich nur alle mal wüßte, wie viel Sie von einem Geſchenke ſelber genößen: ſo ſchmeckte mir Ihres noch ſüßer. Senden Sie mir nur nicht ſo viel, Guter, damit ich weiß, es eſſen43 2 Menſchen zugleich. Dieſe Johannisb [eeren] ſind die beſten dieſes Jahrs.

Meine Heilung geſchah durch den Geiſt. Niemand kennt dieſen und deſſen Körper-Futteral ſo gut als ich; daher iſt O [tto’s] Rath, eine Zeit lange nichts zu thun, der ungeſundeſte.

Ich bin froh, daß L. [?] fort iſt; ſie hätte Ihre Güte oft in den Schmerz geſetzt, Nein zu ſagen.

Dank!

Hier iſt der vorige Teller.

127. An Emanuel.

Guten Morgen! Wollen Sie aus Spaß bis auf Morgen meinen Spaß für Göſchen in Leipzig leſen? Es gibt doch nichts Neues?

128. An Georg Joachim Göſchen in Leipzig.

Hier ſend ich Ihnen für Ihr Taſchenbuch endlich den Beitrag, der nur auf den Abzug der Öſtreicher wartete, um den Weg zu einem beſſern Leſer, als die bewaffneten Leſer auf der Poſtſtraſſe ſind, anzutreten.

Sogar die ſächſiſche Zenſur, welche ſo gern amputiert oft weniger kranke als ſtarke Glieder , wird, hoff ich, an meiner Belagerung ihre Inſtrumente nicht anzuſetzen brauchen.

Ich bitte Sie, wenn es Ihre Geſchäfte erlauben, um Anzeige des Empfangs. Mit Vergnügen ergriff ich die Veranlaſſung Ihres Kriegskalenders, an Sie zu ſchreiben und Sie meiner Hoch - achtung zu verſichern.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

1 N. S. Peter Stöcklein war wirklich der erſte Buchhändler in Leipzig und ſtarb 102 J [ahre] alt; aber das Zitatum konnt ich in meinen etwas dicken Exzerpten nicht ſogleich finden.

2 N. S. Krause findet nicht ſogleich Zeit zu einem Briefe; auch wartet er noch immer auf den Ihrigen, den Sie ihm durch mich verſprochen.

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129. An Emanuel.

Der Verf. iſt ein heller guter Kopf; aber da er im Allgemeinen bleibt bei welchem er ſich vielleicht das Beſondere denkt ſo helfen ſeine Regeln gerade ſo viel als wenn ich dem Menſchen - geſchlechte anrathe: ſchlage nur überall den Mittelweg ein und bedenke alles, ſo wird es ſchon gehen, oder ich heiſſe nicht Richter.

Lieber, Sie ſollten einzelne Erziehungs Bemerkungen geben; nur wiſſen Sie nicht, wo Sie anfangen ſollen. Am beſten wär es, Sie gäben überhaupt Exzerpten aus Ihren Briefen ohne weitere Wahl. Gute Nacht, Alter!

130. An Emanuel.

Sind Sie ungefähr um Uhr zu Hauſe? Ich habe nur eine kurze Frage zu thun und nachher wieder fort zu gehen.

131. An Emanuel.

Guten Morgen! Eine Frage für mein Buch: wie viel kann wol der größt mögliche Smaragd in einem Ringe werth ſein?

Könnten Sie doch heute wie neulich Waffenstillstand ſo Friede mit großen Buchſtaben ſchreiben!

132. An Otto.

Lieber Otto! Emanuels Brief an ſeinen Vater hab ich gefunden und ihm geſchickt.

Geſtern nahm ich ein Brechmittel, das mir eine köſtliche Nacht gab. Die Geſchichte meiner jetzigen Krankheit iſt zu lange für ein Stückchen Blättchen; du ſollſt ſie hören nach meiner Heilung. Hier haſt du vor der Hand weniger Herder als Müller. Kannſt du mir die Horen*)Die Propyläen haſt du wol nicht. geben? Beſtelle nur die Bötin wieder zum Füllen ihres Fruchtkörbchens, wenn du im Ausleeren des deinigen gehindert wirſt.

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Wechſelfieber iſts nicht, aber Folge davon. Ich wollte, man könnte den ſteilen kahlen tarpeiiſchen Felſen der Krankheit und des Sterbens aufſteigen mit den beſten Werken von der Welt, eh man hinuntergeworfen würde.

133. An Emanuel.

Guten Auguſt, lieber Emanuel! Aus Scherz ſchick ich Ihnen die vierte drei gedruckte lobende Rezenſion des Wörterbuchs der Levana wenn Sie von meiner anfangen zu zählen p. 30.

Mich beſchießt wieder der Krankheits-Teufel Doch iſts kein Wechſelfieber und auch der Teufel 5 mal gelinder als das vorige mal ; vorgeſtern antwortete ich ihm mit einem ſchwachen Brech - mittel, das mir viel half, und heute mit einer ſchwachen Purganz, die ihn zum Frieden zwingt!

Aber wie iſts mit dem andern, ich meine mit dem politiſchen Frieden?

134. An Otto.

Guten Morgen! Hier haſt du eine Kleinigkeit, damit ich aufs Morgenblatt nur etwas hecke; dießmal iſt die Brut nur für gewiſſe Inſekten berechnet. *)Iſts möglich: ſo laſſe Emma ſo viele Stunden warten, bis du es durch haſt. Auch ſchreibe mir dein Wort an Cotta noch einmal, da ich dein Blättchen durchaus nicht mehr finden kann.

Unmöglich konnteſt du eine Wiederkehr des Wechſelfiebers vor - ausſehen wie [es] denn auch zu nichts kam, als zu deiner pro - phetiſchen Schande Abſichtlich ſchrieb ich das Billet im Zittern, um zu zeigen, daß ich meiner Vorausſicht oder meinem geſchriebnen Worte trotz des Scheines traue. Ich werde dir alles deduzieren. Jetzt iſt ſogar der letzte Kriegsgefangene zurück: urina chyli.

135. An Cotta.

Hier, lieber Cotta, etwas für das Morgenblatt.

Kön [n] ten wir denn die Bedingungen des Honorars nicht ſo46 machen, daß Ihr Setzer ausrechnete, wie viel ein Bogen Schmelzle, im Morgenblatt darüber ausgäbe? Ich würde dann gleichwol nur 4 Ld’or dafür begehren.

Ein gewiſſer Georgius unter deſſen Namen ſich ein großer Geſchichtsſchreiber und Geſchäftsmann und mein älteſter Freund verſteckt, bittet und ich mit um die ſchnelle Zurückſendung zweier an Rühl [e] geſandter Aufſätze, wenn ſie nicht gedruckt werden. Kann er künftig der Poſt wegen ſeine Aufſätze für die Pallas oder europ [äiſchen] Ann [alen] nicht an Sie ſenden und von Ihnen das Honorar empfangen?

Leben Sie wol und antworten Sie gütigſt. Ich hätte noch viel zu ſchreiben, aber die Poſt drängt.

Ihr Jean Paul F. R.

136. An Emanuel.

Lieber Emanuel! Etwas elenderes, altweibiſcheres, unnützeres hab ich nicht geleſen als Peſt [alozzi’s] Kanzelgewäſch. Was ſoll denn ein Kind mit der allgem [einen] Formel bilde den Kopf machen? *)Oder gar mit der ſo leicht verdrehbaren Formel: wer für den Leib ſorgt, ſorgt für die Seele?Warum ſagt er nicht: du lerne jetzt in der Mathe - m [atik] bis zum nächſten Kapitel weiter du eile daß du bald den Kornel ꝛc. ꝛc. ? Thieriot ſagt: es ſei kein Sinn und keine Autorität da. Teufel! dann iſt überhaupt nichts da. Die Un - ordentlichkeit und Engköpfigkeit der Lehrer ſeh ich aus ihren Schmier-Briefen. Welche Unreinlichkeit mögen dann die Kinder haben. Gute Nacht Emanuel. Geſchrieben Freit. um Uhr.

Gewöhnen Sie doch Th [ieriot] die erbärmliche Dinte [ab]. Einer auf dem Umſchlage kaum ſichtbaren vertraut er den Inhalt.

Guten Morgen! Wie ſchwarz iſt dagegen dieſe meine neue. Ich fürchte in Yver [dun] drehen ſie den armen Th., der ſich ohne - hin um ſich ſelber dreht, in immer engere Kreiſe und Strudel!

Max können Sie fortſchicken wenn Sie wollen.

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137. An Emanuel.

Lieber Emanuel! Man plagt, wenn man aufzuheben gibt, alle - mal 2 mal. Meine Frau bittet Sie morgen dem Weig das Silber - zeug zu geben, weil ſie ihre Perlen-Garnitur Rosal [ien] zum Ball leihen will. Jetzt wird B [ayreuth] nun vollends auch durch einen neuen Luxus verwandelt.

R.

138. An Emanuel.

Guten Morgen, Geplagter! Immer frag ich: es gibt doch halbe Souverains? Es wäre für mein Buch ein verfluchter Streich, wenn es blos unter den Münzſorten keine halben gäbe.

Nach ihrem Dintenrezept*)Ich kanns eben leider nicht wieder finden. mach ich ſchon (aber ohne Alaun) Dinte; Sie [haben] aber zwei widerſprechende Behandlungen zu - ſammengeſetzt; die untere iſt die richtige.

Mich wird Mariä Himmelfahrt (morgen) auch mit einem Offi - ziere ſegnen.

139. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Nur eine Frage, die noch einen weiten Weg zur Bitte hat: da ich und C [aroline] in die Kirche gehen: dürft ich wol zu Uhlfelder die Kinder zum ſein ſollenden Anſchau der Prozeſſion denn ein Blick iſt ihnen genug, aber nicht andern, deren viele an den Fenſtern ſein mögen gehen laſſen oder noch ſchöner einführen laſſen durch Sie, da Sie gewiß hingehen?

140. An Kammerrat Miedel in Bayreuth.

Darf ich Sie denn bitten, lieber Herr Kammerrath, die Längſte mit auf den Thurm zu erheben, indeß ich die Kürzern mit in den Schloßgarten nehme? Halten Sie aber den Thurm für ſchon zu beſetzt: ſo ſenden Sie ſie mir nur ſogleich wieder zurück.

Ihr Richter

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141. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Eine Handſchrift iſt in Er - manglung der Hand, doch immer etwas. Jene werden Sie mir gewis ſchicken, wenn ich Sie in C [aroline] ’s Namen frage, wenn Amoenens Geburtstag iſt.

Dann hab ich auch meine Bitte. Der katholiſche Prediger will einen franzöſiſchen General, der in 7 Monaten in den 4 Welt - theilen war und ein ganzes Paquet Sprachen, alſo auch Deutſch ſpricht, mit meinem Gedruckten bekanntmachen. Dazu paſſen für einen Franzoſen abgerißne Gedanken am beſten. Könnten Sie ſich nicht die verſchenkte Chreſtomathie aus mir leihen laſſen, um ſie mir zu leihen?

Da der Teufel ſo gut als ich weiß, daß das ſchönſte Wetter einfällt: ſo will er michs nicht ganz genießen laſſen. Mittags hab ich immer ein halbſtündiges Froſtzittern, aber keine Hitze, das mich indeß hindert am rechten Mittagseſſen. Übrigens hab ich Appetit, Schlaf und das Übrige; aber keine Gehkraft.

Wie hoch ſteht Convent. zu pr. cour. ?

142. An Otto.

Du mußt die Verzögerung der Noten zu deinem Aufſatze mit meinem halbſtündigen Quäcker - oder Zitterübel entſchuldigen, das der Teufel gerade um 10 Uhr mitten in meine Arbeit wirft. *)Ich fertige jetzt unglaublich wenig für das Publikum; am Ende muß ich Nachmittags daran gehen.Ich kanns wol durch Anſtrengung hinausſchieben, aber dann wird das Mittags Eſſen auch verſchoben. Willſt du blos Zuſätze machen, ſo wird dir die jetzige daran reiche Zeit ſchwerlich erlauben, ihn zu endigen.

Den Brief vom Käſe-Mann ſoll mir Emanuel recht bald zurück ſchicken. Guten Abend!

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143. An Emanuel.

Guten Morgen! Leſen Sie doch von dieſem unverſchämten Buche das Titel - und das letzte Blatt, und darauf das Übrige, das zweifelhaft läßt, wie viel Lüge darin iſt oder ob lauter. Geben Sie es dann Otto. Wahr [ſcheinlich] werd ich ihn öffentlich Lügen ſtrafen müſſen.

R.

* 144. An Joh. David Mumenthaler in Langenthal.

Mit Freude ſah ich wieder Ihr Frühlings-Grün und die Vergiß - meinnicht, welche Sie darauf geſäet.

Gern erfüll ich alle Ihre Wünſche.

Die grönländiſchen Prozeſſe (2 B [ände] bei Voß in Berlin) ſind mein erſtes Werk, auf Univerſitäten gemacht im 18ten Jahr, blos voll Einfälle. Das zweite, die Auswahl aus des Teufels Papieren, iſt nicht mehr zu haben, weil der Verleger bankerut gemacht; ein Theil davon iſt in die Palingeneſien aufgenommen; das Übrige laſſ ich auch noch drucken.

Heinſe iſt nicht der Verfaſſer der Dya-na-Sore (ein armer Soldat in Wien wars), noch der Briefe aus Italien , aber der von Anaſtaſia iſt er.

Meine kleinen Aufſätze könnt ich Ihnen unmöglich alle auf - zählen; auch ſind manche in große Werke (z. B. Litteratur und Völkerkunde von Archenholz) verſteckt, folglich unkaufbar. Aber ſie werden alle von mir geſammelt; und Sie haben dann das herum - flatternde Gevögel in Einem Käfig.

Das zweite Blatt gehört in Ihr Stammbuch.

Verzeihen Sie meinem Zeitmangel, der bisher durch ein kleines Wechſelfieber noch größer wurde, die Kürze!

Leben Sie wol, geliebter Mann!

Ihr J. P. Fr. Richter

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Die Alten baueten ihre Tempel immer auf Anhöhen. Auf Euern Alpen, Ihr Schweizer! ſtehen die alten unſichtbaren Tempel4 Jean Paul Briefe. VI. 50der Freiheit und der Religion; laſſet ſie nie einſinken! Dieſe Pyramiden der Gottheit zeigen mit Rieſenfingern nach dem Aether der Freiheit, nach dem Himmel der Zukunft.

Dieſes Blättchen erinnere meinen guten M [umenthaler] an meine Liebe und Achtung für ihn!

J. P. F. Richter

145. An Vieweg in Braunſchweig.

Ich wiederhole heute den Inhalt meines Schreibens vom 19. Jul., weil dieſes doch vielleicht vom Kriegsſturm kann verweht geworden ſein und weil ich des Handelns nach rechtlicher Form bei mir recht gewis ſein will.

Da ich endlich zur O [ſter] M [eſſe] 1810 die Biographie Fibels nebſt einigen kleinen Aufſätzen herausgebe zu deren Verlage Sie ſich verbindlich gemacht ſo muß ich Sie bitten, um eines oder des andern Verlegers gewiß zu ſein ſich in 2 Poſttagen zu erklären. Ihr (nicht erlaubtes) Schweigen höbe bei mir den Kontrakt auf und ich müßte einen andern Verleger ſuchen.

Jean Paul Fr. Richter

146. An Emanuel.

Lieber Emanuel! Ich habe eine für mich wichtige Bitte an Sie. Heute wurde mir von Johannis das letzte Fäßchen von 19 Maaß altes Bier gebracht. Und gerade heute will mir der Bäcker Schamel, der auch nicht viel mehr hat, etwas geben. Da in jedem Haushalten leere Krüge oder Flaſchen ſind: ſo bitt ich Sie um Ihre; ſie ſollen vornenweg getrunken werden und ich will alles thun, was meine ſchwachen Kräfte vermögen. Träfe mich das neue Bier in meiner Krankheit: das Fieber und der Teufel wären da.

147. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Ich bitte um den Oberförſter Wolf zur Anzeige im Morgenblatt.

51

148. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Ich ſage zu allen Ihren Ver - muthungen über die fremden Briefe, und zu den meiſten Behaup - tungen im Ihrigen Ja.

Da ſo viele Bekannte ſich um mich bekümmern, ſo konnten durch ſie meine Freunde längſt erfahren, daß ich wieder geſund bin.

Dieſes Blatt gegen Wolf geben Sie gütig meiner Emma wieder zurück.

149. An Cotta.

Sie werden meinen Aufſatz vom 11ten (Unterſchied des Orients vom Occident) erhalten haben. Hier iſt ſchon wieder einer, der eine ſeltene buchhändleriſche und ſchriftſtelleriſche Schlechtigkeit ſtraft und den Sie, ohne meine Bitte, bald ins Morgenblatt einrücken werden.

Weiß denn das Publikum die Exiſtenz des Schmelzle? Kann es nicht die Bruchſtücke für bloße Aufſätze für das Morgenblatt anſehen? Sie ſollten ihn anzeigen.

Können Sie mir nichts Beſtimmtes über die Erſcheinung der Dämmerungen ſagen? Ich weiß recht gut, wie ſehr Sie die Zeiten berechnen müſſen; aber eben die Summe dieſer Rechnung möcht ich wiſſen.

Leben Sie wol!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

150. An Frau von Lochner in Regensburg.

27

Fürſt Primas hat ſeine Hände faſt nur zum Abtrocknen fremder Thränen. Seltne Mütter haben ſeltne Töchter, und Sie können den Beweis haben, ohne die Treppe hinab zu gehen.

151. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Ich hätte auch ſeit drei Tagen etwas beſſers thun können als daß ich auf den Empfang Ihres ſchönen Geſchenks für die K [alb?] ſo lange ſchwieg. Wären Sie4*52freilich oft zu verdoppeln: ſo wäre jene bald glücklich. Mich drückt eine öffentliche Ungerechtigkeit wie Ihre Kontribuzion halbe Tage lange; und der Druck überraſcht mich wie ein Herz - geſpann, oft mitten in der Freude.

An die Lochner hab ich geſchrieben; mit Feldmann will ich reden und damit gut; nicht einmal die tolle Bittſchrift an die Berliner ſchreiben, welche ohnehin, da ich nicht da wohne, zu viel Anmaſſung meines Namens voraus ſetzte. Aber vollends an Deutſchland? Zwei ſolche, des Weltlaufs kundige Männer, wie Sie und O [tto] können ſo etwas Phantaſtiſches rathen? Soll ich meinen Namen, den ich einmal für ein bedeutenderes Unglück eines Menſchen oder Orts gebrauchen kann, auf dieſe Weiſe verſchwenden? Wär ich in Dresden geweſen, ſo hätt ich für die polniſchen Familien etwas geſchrieben. Was geht ſie Deutſchland an? Müßt ich mich nicht ſchämen, es zu bekennen, daß ich für eine Perſon, welche als Adeliche noch immer Hülfsquellen haben muß, welche ſelber ökonomiſch ſo oft mit Phantaſterei und Leicht - ſinn handelte, und deren Leiden doch z. B. gegen das Leiden eines Hausvaters mit Familie ein kleines iſt, ganz Deutſchland auf - gerufen? Ich wüßte nicht einmal die Anzeige wirkend und treffend zu ſchreiben. Fragen Sie doch Otto: wohin haben Sie gedacht, lieber Otto?

Eben kommt Ihr Billet.

152. An Emanuel.

Ein ſolcher Brief kann nicht ſchnell genug umkehren. Auch ich fand im ganzen Briefe der Wilh [elmine] Krankheit und Über - ſpannung durch letztere. Vor Freunden mach ich gern ſo bittere Brief-Einſchiebſel; indeß in meinem Innern auch nicht die geringſte Eſſigmutter iſt. Wie heißt denn der Bamberger Kaufmann, der mir einmal Wein zuſchickte?

* 153. An Carl Friedrich Kunz in Bamberg.

Nun wende ich mich an Sie mit einer Bitte, die mir Bayreuth nicht erfüllen kann. Ich wünſchte nämlich 12 Bouteillen alten53 ächten Franzwein (den Sie für den Augenblick am zuträglichſten für meinen Geiſt und Körper erachten), zur Probe ſeines Werthes und ſeines Preiſes. Vielleicht können Sie mir durch Ihre Bekannt - ſchaften falls Sie ihn nicht ſelber haben dieſen Wunſch er - füllen; wofür ich Ihnen herzlichen Dank ſagen würde. Sollte er aber viel über einen Thaler koſten, ſo wünſcht ich erſt Nachricht.

154. An Otto.

Hier haſt du die Kleinigkeiten, ſogar die Rezenſion, deren Gegen - ſtand du nicht kennſt. Der Poſt wegen bitt ich dich heute wieder darum. Ich begreife recht gut, daß Lilienstern 2 mal Thresor - scheine*)30Du fragteſt: warum nicht Schatzſcheine? Ich glaube blos des abſcheu - lichen Misklangs wegen bei dieſer ſonſt nicht klingenden Münze. ſchreibt, der gewiß im Franzöſiſchen nicht thresor ſchriebe, da mich mein eignes Beiſpiel ſo oft des Irrens oder Zweifelns überführt. Ich muß zuweilen das Wort ſchnell hin - ſchreiben, um es zu treffen. So hab ich ganz falſch dein richtiges Bezeigen (Betragen) im letzten Aufſatze getadelt und es mit Bezeugen (testari) vermengt. Wagners Reiſe in die Heimat B [and] 2t hab ich ungebunden von ihm; willſt du ihn?

155. An Johann Georg Zimmer in Heidelberg.

29

ſo froh als es bei den wenigen Sonnenblicken aus dem dunkeln Himmel der Zeit möglich iſt.

156. An Hofgerichtsrat Vogt in Frankfurt a. M.

30

die Aufſätze ſind ernſthaft wie die Jahrszeit und die Zukunft.

157. An Otto.

Guten Morgen! Lies die närriſche Beilage, die mich 29 kr. koſtet. Ich mag, beſonders nach der Penſion, manche Feinde haben.

54

158. An Otto.

Guten Morgen, Lieber! Willſt du mir nicht den Gefallen thun, den du nur Einmal in meinem Leben zu thun brauchſt weil ich die Vorſchrift aufhebe dieſes Formular von Anweiſung anzuſehen und im Nothfall zu beſſern? Und dann möcht ich wol auch um ein kleines Quittungs Formular dich bitten.

Langermann ſagte mit geſtern, das Diplom-Siegel ſei das jeſuitiſche; und in einigen Tagen könne von Stuttgart Nachricht in der andern Gegend ſein.

Weißt du keinen Kaufmann, der gutes Schreibpapier hat? Störe dich nicht, ſage nur, wenn ich wieder ſchicken ſoll.

159. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Sei doch ſo gut und lies hier nach, ob ich nach dem Vorlegeblatt deiner Quittung die meinige richtig aus - gearbeitet habe. Aus der Kanzleibibliothek ſoll ich noch einen Band Schillerſch. Mémoires haben; läugn es aber. Auch erinnere ich mich nicht, dir einen gegeben zu haben.

N. S. Anlangend den Wein, ſo faſte ja nicht; es iſt unmöglich, das theuere Unglück, daß ich die Ohm früher leere als deine ankommt.

160. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.

Deine liebe Handſchrift fuhr wie ein Sonnenblick aus dem Winterhimmel in mein Aug und Herz, lieber Heinrich. Ich er - freue mich, daß du mich nicht ganz vergeſſen haſt, und will daher nicht nachwägen, wie groß das Stück iſt, das dir von mir geblieben. Eigentlich ſollten Freunde in dieſer dumpfen Zeit ſich näher an einander drängen, um gegen die Verflüchtigung der Plane und Aus - ſichten und der äußern Thätigkeit ſich durch die innere der Liebe und der darin zurückwirkenden Vergangenheit einen feſten Lebens - Kern zu bewahren. Es geſchieht aber gerade das Gegentheil; die Menſchen lieben einander weniger, wenn ſie neben einander nur zuzuſchauen haben.

55

Ich folge jetzt deinem Briefe.

In meinen ſehr ernſten Daemmerungen (ſie ſind die fortgeſetzte Friedens Predigt) wirſt du mehr für dich finden als in meinen komiſchen Werken, welche dich, glaub ich, zu wenig anſprechen wie mich viel. Ich erlaubte Cotta ſie ſind ſchon vom Auguſt 08 bis März 09 geſchrieben eine Verſpätung der Herausgabe bis zur Oſtermeſſe 1810.*)Sie ſollen doch ſchon im jetzigen Meßkatalog ſtehen. Nicht am Verlegen, ſondern am Machen deiner opp. omn. fehlts. Cotta nähme ſie mit eben ſo viel Ver - gnügen als du nachher über ſeine ganze liberale Handlungs Weiſe haben würdeſt. Auch eigentlich nicht am Machen deiner Werke fehlts; viele ſind ſchon gemacht, ſo wie deine Briefe, aus denen du geben willſt; Pensées à la Pascal (die à la Montaigne weniger) kommen ſogleich mit ihrer ganzen beſten Form auf die Welt. Du biſt wirklich der jetzigen ſich ſelber immer durchſichtiger aushölenden Zeit deine Fülle und Aufopferung ſchuldig ſogar (im Zeitmangel durch Krankheit) auf einige Koſten der Form. Schreibe nur nicht zu viele Briefe von mir an bis zu Goethe ; mit dem nämlichen Magen, Kopfe, Auge (es iſt hier blos vom Körper-Hemmſchuh an Apollons oder Pſychens Wagen die Rede) hätteſt du eben ſo gut 16 Seiten für den Druck, als 4 für Goethe ausarbeiten und geben können.

Aber wie Johnson Geſpräche über Leſen und Schreiben**)35Aber, hoff ich, mit Ausnahme der Empfängnis der Kunſtwerke und Syſteme und mit Ausnahme der Darſtellung von deren Lebens - und Seelen - Stellen. ſetzte, ſo du (wahrſcheinlich) Briefe über Bücher; und in Rückſicht des Genuſſes habt ihr beide Recht. Schriftſtellerei muß man ſich zu - letzt zur Pflicht machen; hätt ich indeß dieſen Grundſatz nicht, ſo wüßt ich nichts amüſanteres als Briefe und Geſpräche. Du als Präſident und Weltmann und Thée-Geber den meiſten Arzneien wird Thée nachgetrunken

wirſt zum Doppelgenuſſe des Geſprächs verlockt und genöthigt. So werd ich haben fortfahren wollen. Über Werner bin ich deiner äſthetiſchen und philoſophiſchen Meinung. Am tollſten wurd ich über ſeinen Luther; daß er aus Luther und Eliſabeth ſolche zer -56 floßne Fratzen-Schatten gemacht, dafür hätt ihm Luther ſeinen ächten Band Tiſchreden an den Kopf geworfen. Der karfunkelnde Famulus allein iſt ächt theatraliſch, wenn er durch einen guten Schauſpieler, einen Weſton, Foote, Carlin, oder auch Schuch richtig dargeſtellt wird. Nicht die Darſtellung des Myſtiſchen iſt hier die Entheiligung deſſelben, ſondern die Armuth daran bei dem Beſtreben, den Leſer in der Guckkaſten-Nacht unbeſtimmter Floſkeln mehr ſehen zu laſſen als der Kaſten-Künſtler ſelber ſieht und weiß. Die letzten Auftritte des Attila waren mir eine wahn - ſinnige Verſchraubung aller menſchlichen Empfindungen wie ſie nur jetzt floriert.

Koeppen war dieſe Woche bei mir. Sein nordiſch-redlicher Charakter und ſeine freie philoſophiſche kraftvolle Anſicht haben mir ihn mehr gewonnen und liebgemacht (ſo wie dem genialen D. Langermann) als er ſelber vielleicht vorausgeſetzt, da ich durch Nachwehen meines Wechſelfiebers*)Dennoch war ich nie auf dem Krankenbette ausgenommen einmal in der Kindheit 35 [ihn] zweimal nicht ſehen konnte und Einmal aus Arbeits-Urſach. Alles übrige erzähl er dir ſelber.

Der freche Tiek ſammt ſeiner frechen Frau und Schweſter ſind nach Bernhardi wirklich katholiſch geworden, um endlich das zu ſein, was du von einem Dichter ſo ſehr fodereſt. Nachdem nämlich Tiek und Schlegel ꝛc. lange genug aus poetiſchem Scheine und Spaße vor der h. Marie gekniet, haben ſie zuletzt im proſaiſchen Ernſte angebetet, wie Lügner am Ende ſich ſelber glauben. So wird denn aus poetiſcher Form doch Stoff.

Dein Gegenſatz der Wiſſenſchaft als Spinoziſmus und Pla - toniſmus wird neuerlich durch Oken recht klar, der das Zero oder Nichts**)das er auch das Abſolute nennt. zum Inbegriff der Mathematik und Gott zum ſelbſtbewußten Nichts macht und alle Einzelweſen zu beſtimmten Nichtſen folglich zu beſtimmten Absolutis. Ich ſchrieb einmal aus Spaß, dem tranſzendenten Steigern bleibe nun kein noch höheres Prinzip übrig als das Nichts; jetzt ſagt der wirklich, es exiſtiert nichts als das Nichts.

57

Spaßhaft ſind mir ſeine Sprünge wie er von o (wenn wir das römiſche Zahlenſyſtem hätten, wär er um den ganzen Anfang aus o-Mangel gebracht) und vom leeren + und zur Eins hinüber ſetzen will. Sonſt in andern Fächern iſt er ein trefflicher Kopf, aber durch einen Feen-Fluch der Zeit werden jetzt alle gute Köpfe, wie in Dante’s Hölle die der Heuchler, umgedreht; die andern guten köpft der Tod.

Okens Nichts iſt ziemlich dem Un-Grunde gleich, den Schelling in Gott anbringt, um allda für den Teufel Quartier zu machen.

Ancillon hab ich noch nicht geleſen.

Deine Frage über Goethens Fauſt begehrt zur Antwort ein Büchlein. Die poetiſche Kraftfülle darin begeiſtert mich. Ich weiß wol, deine Frage meint mehr die philoſophiſche als äſthetiſche Schätzung. Eigentlich iſts gegen die Titanen-Frechheit geſchrieben, die er ſehr leicht in ſeinem Spiegel, wenigſtens ſonſt, finden konnte. Aber vor der Vollendung des Werks iſt kein gerechtes Urtheil möglich. Daß ihn der Teufel nur dann holen ſolle, wenn er einmal wahrhaft befriedigt und ſeelig wäre, für dieſen ſchweren Punkt gibts mir keine Auflöſung als die, daß er ſich bekehrte und ſein hungriges Herz durch den Himmel ſtillte und dann käme der Teufel.

Mögen mir die Dämmerungen bald einen Brief von dir ein - tragen. Lebe wol! Dein

J. P. F. Richter

N. S. Beſſer iſts, ich frage dich als du mich. Nichts gibts worüber ich lieber deine beſtimmtere Meinung wovon du nur das Allgemeine in deinen Schriften gibſt hören würde und auf was ich gewiß bei einer Durchreiſe durch Bayreuth am öfterſten gekommen wäre, als der Punkt, worüber die jetzigen Schwärmer nicht einmal viel ſchwärmen, weil ihnen mehr an ihrem Woher als an ihrem Wohin gelegen iſt. Herder’ſche, ſogar zuweilen Lavaterſche Analogien über das beſtimmtere Ob und Wie der Zukunft ſind mir gleichſam Hin - und Herſchritte und Wendungen in einem finſtern Bergwerk, an dem man auf dem Boden einen lichten kleinen Fleck erblickt; man trift vielleicht doch endlich mit dem Auge oben den Strahl, der ihn macht und der in den Himmel ein wenig ſehen läßt. Ich glaube jetzt einen höhern Standpunkt58 für (nicht über) die Unſterblichkeit zu haben als im Kampaner Thal. Freilich wie das All zu Gott, ſo verhält ſich immer dieſes Leben mit ſeinem unbegreiflichen entzweieten Zwielicht zum künftigen aber dich will ich darüber hören, wenn auch nur auf 1 Brief - ſeite. Nach dem Kampaner Thal wollt ich etwas Aehnliches über das Daſein Gottes (vergib dieſes Pinſelwort der Menſch - lein) ſchreiben; hielt mich aber noch nicht für fromm d. h. würdig genug dazu. Jetzt könnt ich etwas viel beſſeres darüber ſagen; aber leider! das alte Hindernis iſt noch da.

2. N. S. Die alte Herder iſt auch todt.

161. An Friedrich Schlichtegroll in München.

35

Ich konnte die Schläge des Kriegsgewitters nicht von fernen hören, ohne an das deinige zu denken, das [?] auch darunter ſtand. Jetzt kommt meines vielleicht auch unter dieſe Wolke.

162. An Otto.

Willſt du, Lieber, ſo gut ſein und mir die Theodizee ſchicken und von den beiden Jakobi und Müller welchen du eben nicht brauchſt? Die Daemmerungen ſtehen im Meßkatalog. Langermann ſage, daß ich die verlangten Sachen ſchon gefunden habe. Aus meinem Morgen-Übelbefinden Maifröſteln ſah ich, welches größere ich mir bei Dob [eneck] hätte ertrinken können. Jenes verlängerte ſich, weil ich dachte, ich könne nicht arbeiten, und alſo keinen Wein trank. Endlich fing ich um 10½ Uhr meine alte Lebensweiſe an ſiehe da, alles war vorbei und Mittags ich zum erſten male in dieſer Woche mit Hunger und kommt das Gefühl der Geſundheit mit Flügeln herbei. Ich muß wirklich nur mir folgen. Langermann, der geſtern einen Magen, der mich 40 Jahre lange geſund gelaſſen, zu einem eben ſo alten Schwäch - ling machen wollte, war wirklich Sophiſt und inkonſequent und widerſprach ſich und einem frühern Abend bei ihm. Sag ihm meinen Abendgruß und drücke das Obige ſo aus: er habe ganze Jahre lange Recht gehabt, nur nicht den 4 Oktober Nachts.

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163. An Emanuel.

Lieber Emanuel! Ich ſchicke Ihnen hier einige Briefe, damit ich durch deren Annahme recht gewiß weiß, daß Sie ſo gut da ſind als Ihre bekannte Unſichtbarkeit. Sie leſen ſie alle nach Bequemlichkeit, zumal da Sie ſo viele andere werden zu leſen und zu ſchreiben haben; nur den Brief von Goethe an Jacobi und den von Jacobi an Goethe bitt ich mir vor der Poſtzeit wieder aus, weil ich heute beide zurückſende.

R.

Sonntags. Blos die 3 Briefe in einem beſondern Umſchlag er - bitte ich mir morgen zurück. Die alte Herder iſt auch todt.

164. An Auguſte Schlichtegroll in München.

36

Der Friede iſt der Welt nöthig zum Ausruhen, wie zum Aufgehen der Saat, welche der Krieg genug gedüngt hat. Nur ihr alter dicker Stammvater mußte ſich vom Wechſelfieber durchwehen und ſchütteln laſſen. Er half ſich aber ohne Arzt und Bett.

165. An Konſiſtorialrat Schwarz in Heidelberg.

37

Freude mir mitten in dieſe bewölkte Zeit hineingeſchickt, worin man warme Strahlen mehr in als außer ſich zu ſuchen hat. Wie dir jetzt die Bruſt der Mutter die Leiden der Welt verbirgt und dich warm verhüllt und ſüß ernährt in kalter karger Zeit: ſo wirſt du an der Bruſt des Vaters dich gegen geiſtige Leiden be - ſchirmen und er wird dich durch geiſtige Nahrung ſtärken und wärmen.

166. An Johann Georg Zimmer in Heidelberg.

38

Fibel erſt zur M [ichaelis] M [eſſe] 1810. ab 1811 kommt die Biographie in ein anderes Werk und ich würde im dritten Theile wenig mehr als ſchon gedruckte Aufſätze zu geben haben.

60

167. An Otto.

Guten Morgen! Geſtern auf dem Wege zu dir einige Schritte von deinem Hauſe ſagte mir meine Magd neben einem das Meuſelſche Bier holenden Kärner gehend daß du bei Dob [eneck]; und ſo ging ich mit dem Discurszettel und der Weinprobe dorthin. Ich ließ mir ein Kiſtchen alten Franz aus Bamberg kommen; ver - ſuche, ob er dir ſo gut und ächt vorkommt als mir. Vielleicht komm ich morgen abends. Da möcht ich gern das Kampaner Thal mitnehmen.

168. An Dr. Ferdinand Beneke in Hamburg.

Ihr mich rührender und erfreuender Brief beweiſet, wie ſtark Sie zugleich lieben und verabſcheuen; und ich bin froh, nur vom erſtern der Gegenſtand zu ſein. Gegen Fremde alſo auch gegen H r bin ich, wenigſtens anfangs, nur allgemein und halb-offen (wiewol leider doch zu wenig), weil ich immer mein ſtilles Wort im nächſten Buche oder Briefe ſchreiend wieder zu finden fürchte. Wie kommt H. zum Misverſtändnis von warmem Verehrer ? Wär ich wirklich dieſer mir untergeſchobnen Meinung: ſo hätte mich ja bisher nichts abhalten ſondern nur alles anreizen können, ſie öffentlich recht ſtark zu ſagen. In meinen Büchern liegt, ſobald man meine Ironien verſteht, meine Meinung offen da; lieber ſchweige als heuchle ich. In den Daemmerungen, die viel - leicht jetzt heraus ſind, werden Sie die Widerlegung der H r’ſchen Nachricht noch ſtärker finden.

Ihre Hypotheſe zur Erklärung iſt alſo die wahre. Was un - moraliſche Mittel ſind, darüber waren von jeher alle poli - tiſchen wie religiöſen Parteien mitten im Zanken eins; nur ob irgend ein Heros der Zeit mit ihnen ein ſittliches oder unſittliches Ziel verfolge und verfolgen dürfe, darüber gabs Parteien. Faſt die allgemeine Meinung iſts aber nicht meine daß ſo wie Vaterlandsliebe auf Koſten der Welt-Liebe, ſo monarchiſche oder republikaniſche Vorſorge für ein beſtimmtes Land auf Koſten aller Länder umher gelte ja rechtlich ſei. Daher das Gebot, jedes an -61 wachſende Land, auch ohne Anlaß, zu bekriegen. Wie haben nicht Sparta, Rom und London die Welt verwundet, um ſich ſelber in Blutbädern zu ſtärken und zu heilen! Mit dieſer politiſchen Verblendung ſollte man manche neuere Härten gegen Ausland wenigſtens entſchuldigen. Der Machiavellianiſmus nach außen iſt in England blos in ein ganzes Miniſterium vertheilt, wie ſonſt in Rom in den Senat; und durch dieſes Umherſchweifen unter einem Kollegium wird der moraliſche Unwille zertheilt und ent - kräftet ; iſt hingegen Ein Menſch ein machiav. Miniſterium, ſo hat der Haß ſein Ziel und ſeinen feurigen Fokalpunkt.

Niemand kann den Krieg ohne den Frieden, die Saat ohne die Ernte beurtheilen.

Ja geſetzt ſogar, ich wäre das, was mich H r fälſchlich nennt, ein warmer Verehrer : ſo ſeh ich treffliche Menſchen um mich, welche jenes und dieſes ſind; und der wahrhaft edle Graf von Benzel-Sternau denn er macht noch beſſere Sachen als ſeine Bücher iſt ſtatt eines Verehrers gar ein Anbeter.

Mir iſt jede Meinung eines andern gleichgültig, ſobald ſie nur nicht aus egoiſtiſchen Wünſchen abſtammt.

Ihre Aufſätze hab ich Ihnen alle geſchickt. Freilich ſchreib ich kleine Briefe, weil ich viele zu ſchreiben habe und große Bücher dazu. Von Perthes bekam ich ſeit H r’s Hierſein nichts.

Der Himmel umgebe Sie mit Menſchen, welche lieben wie Sie, und mit jedem andern Glück. Ich grüße Sie und Ihre Gattin und Perthes.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

* 169. An Stephan Schütze in Weimar.

Der Himmel weiß, warum Sie ſo glücklich ſind, daß ſogar Ihre Wirklichkeit deren ſcharfe Spuren überall als Lokalfarben Ihren Wanderungen nachbleiben ſich in Poeſie verklärt. Eh ich las, wünſcht ich lieber ein zweites Luſtſpiel von Ihnen in der Hand zu haben. Aber Sie haben dieſe Entbehrung ſchön vergütet durch reinen Scherz und reinen Ernſt, durch beſtimmte Charaktere und62 durch den harmloſen, unbefangenen des Reiſenden, mit deſſen Rock und Magen man ſo viel mitleidet unterwegs.

Ihre Beſtechung zur Kollaboratur am Taſchenbuche wirkt ſehr ſtark gegen meine Abneigung vor Arbeiten ſolcher Art, welche mich ermatten, weil ſie mich einſchränken. Um indeß mein Wort be - quemer zu halten, geb ich lieber keines. Sie und ich haben ja noch Zeit genug.

Leben Sie wol! Werde Ihnen in Weimar die Muſe nicht zur Hausfrau, ſondern bleibe die Braut!

Jean Paul Fr. Richter

170. An Cotta.

Ich danke Ihnen für das Taſchenbuch, das ich ſchon längſt , und für Herders Werke, die ich obwol vom 8. Sept. ab - geſandt erſt vorige Woche empfangen. Deſto mehr wünſcht ich oder eigentlich meine Freunde die Dämmerungen zu ſehen, welche Ihr Brief und der Meßkatalog verſprachen. Deren Abdruck in Jena iſt mir lieb; weil ich dadurch der engbrüſtigen und eng - köpfigen Zenſur entgehe, welche mir aus meinem letzten Aufſatze für das Morgenblatt gerade die beiden beſten Artikel wegköpfte.

Wahrſcheinlich iſt Fromman an der verzögerten Abſchickung ſchuld. In jedem Falle bitt ich ſehr um die ſchnellere.

Der Oberförſter Wolf wünſcht, daß ich ihm einen derben Stoß vor den Hintern gäbe, um ihn hinauf zu ſtoßen. Dazu iſt mein Fuß zu gut; denn es iſt zu unverſchämt, ſich blos auf den Gebrauch des Namens J. Paul berufen zu wollen, da er hinten mich ja Richter etc. nennt. Doch auch ohne dieß darf niemand einen an - genommenen Namen eines Autors wieder annehmen, weil ſonſt 10 Spitzbuben in jeder Meſſe ſich J. P.’s, Novalis ꝛc. nennen und ſo die Titel-Verwirrung ins Unendliche fortpflanzen könnten. Ja ſogar nach der bloßen Jurisprudenz wäre ihm erlaubt, Geſchlechts - namen anzunehmen; und ein neuer Herder brächte dann Zuwürfe zum alten wo hörte am Ende der Wirrwarr auf?

Leben Sie wol!

Ihr alter Jean Paul Fr. Richter

63

171. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Ich frage Sie ſo oft wie ein Katechet.

  • 1. quaest. Iſt der Erbprinz von Weimar jetzt in Weimar?
  • 2. qu. Wie heißt der Verfertiger der Lichtmaſchine, damit man ſie bei [ihm] kann beſſern laſſen?

R.

172. An Otto.

Guten Abend!

Nach meinen Beinen zu urtheilen denn ich geſtern mit Weib und Kind bei der Rollwänzel, d. h. vortrefflich ſteht der Friede auf guten Füßen, um ſo mehr da ich geſtern noch 2 Meilen hätte zu gehen Kraft gehabt.

Seltſam! Wahrlich jenes ſchrieb ich am Morgen der Abend ſteht nur wegen der Abſendungszeit da ; jetzt um 4 Uhr bekomm ich die Friedens Bedingungen.

Ich wollte dich heute, wären nicht zu viele Läuferinnen im Gange geweſen, eigentlich fragen, wie die Titel des Weim [arischen] Erb - prinzen und deſſen Frau ſind; ja, wenn möglich, wie die Vornamen; und wie innen und außen, und oben und mitten und unten alle Anrede geſchickt zu ſetzen.

Indeß bedarf die Erfüllung meiner Bitte keiner Eile; denn ich habe ja das dedizierliche Buch noch nicht.

Donnerſtags. Eben find ich den Zettel. Deine Magd hält wenig aufs Antworten und gab deines unten an der Hausthüre ab. Ich danke dir für deine Mühe. Hätt ich nur ein Buch, um deine zu ſparen! Denn [ich] behalte dergleichen nicht.

173. An Otto.

Die Regel muß nur ſo ausgedrückt werden: alle irregulären Verb. auf e, die in der 3ten Perſon des Präſens i haben ſtatt e und ein a im Imperfekt. ; z. B. geben, gibt, gib. Hievon gibts64 keine Ausnahme: z. B. helfen, ſterben, befehlen, ſchelten (er - ſchrecken, ſchmelzen als neutr.*)als Aktiv aber erſchreckt dich, ſchrecke. So wie wieder ſtehen, wenden, ſenden ꝛc. weil es nicht ſtieht hat (außer in Hof), auch nicht ſtieh (wiend) hat außer in Hof. 35, nehmen, werfen, werben, bergen, berſten, gelten, eſſen, freſſen, meſſen, verderben, ſehen. Hin - gegen die andern irr [egulären] V [erba] haben wegen der Regel - mäßigkeit oder auch aus J-Mangel des Praesens auch keinen ſolchen Imperativ: gehen, heben, brennen ging, hob, brannte , reiben, ſpringen, triefen, ſprießen, fließen, ringen, ſingen, ſaufen (ſäuft), laufen, ſtoßen, blaſen, tragen, hängen ꝛc. durch alle Vokale durch. Auch hier gibts keine Ausnahme, ausgenommen kaum ge - bären gebar , gebiert; denn ich kann und ſoll auch ſagen: gebier. Du ſiehſt, wie ſchon hier das ins a verſchmolzne e zu wirken an - fängt; wieder in hängen; er hängt, daher hänge**)aber die Urſache iſt: hängen hat nicht hang, ſondern hing; ſo regelrecht iſt die Sprache.. So iſt die Sache rein abbeſtimmt; und ſo muß es der Franzoſe auch gemeint haben.

Habe voraus Dank.

174. An Otto.

Guten Morgen! Jetzt hat in Bayreuth niemand weniger Ruhe als ich, ſeit dem ich weiß, daß Goethen’s Roman hier iſt. Es hilft nichts, dem Spitzbuben Buchner ſagen zu laſſen, er ſoll es mir ſchicken. 1000 mal, wenigſtens 20mal hat er mir verſprochen, zu ſchicken, zu bringen, zu bewahren und nie gehalten. Es gibt alſo kein anderes Mittel als daß ich dich anflehe, deine Magd mit dem Buche in der Hand zu mir zu ſchicken; ſie wird dann (ſie hats noch immer darin) von meiner zu Buchner begleitet u. ſ. w.

Sag es auch Amoene, damit die Magd nicht etwan wie ein Rechtſchaffner, den geraden Weg geht.

Auf meinem grammatiſchen Blatt iſt aus Irrthum ſchmelzen als Neutrum eingeſchlichen. Da es ſchmolz hat: ſo muß es wie bellen, fechten auch ſchmelze haben, es mag ſchreiben wer da will: ſchmilz.

N. S. Denke ja an mich.

P. S. Und vergiß es nicht.

65

175. An Otto.

Guten Morgen, Lieber! Es traf ſich recht ſchön, daß ich durch die Gefälligkeit Hagens der deinigen begegnen konnte. Dieſer dra - matiſche Roman wird der Welt, beſonders der weiblichen, mehr gefallen als der epiſche höhere Meiſter. Kunſt und Menſchen - kenntnis ꝛc. ꝛc. iſt viel darin; nur intereſſ [iert] blos Ein Charakter, Ottilie. Seite 207 unten und 208 iſt empörend und ſo faſt un - möglich. Meine C [aroline] wollte von da aufhören zu leſen; ihr gefallen die Charaktere, deren matte Verdorbenheit und das Meiſte wenig. Wär er vollkommner: ſo hätt ich vielleicht eine Rezenſion gewagt; ſo aber hätte ich nichts davon als ein - mal in Weimar den Anblick des aufgeſpreizten Gefieders an dieſem Jupiters Adler. Kannſt du mir den 2ten Theil ohne deine oder A [möne] ’s Unbequemlichkeit auf den Nachmittag ſchicken: ſo wär es mir lieb. Doch thuts nicht ſo noth; geſtern abends ſchickte Krause mir den 1. Theil, heute abends will ers mit dem 2ten.

176. An Fr. Frommann in Jena.

41

Preßfreiheit in andern Ländern, d. h. Freiheit zu preſſen. An Knebel iſt jedes Buch ein Brief und jeder Almanachsaufſatz ein Briefchen; er ſoll antworten.

177. An Emanuel.

Guten Morgen, guter Emanuel! Aber den guten Morgen, den Sie uns gemacht, und vor [dem] wir ein Paar mal vorüber gegangen waren, hätten Sie ſehen ſollen es rührte uns zu ſehr. Ihren Dank geb Ihnen Ihr Herz.

Ich bitte Sie abends auf einen Tropfen Thée und halben Bi - ſchoff; ich habe mich lange genug geſehnt. Otto kommt wahr - ſcheinlich auch.

5 Jean Paul Briefe. VI. 66

178. An Otto.

Morgens.

Ich wünſche dir auch den guten Morgen, den ich heute hatte, beſonders durch deinen Wein.

Abends.

Ich bitte dich denn um 10 Bouteillen den beſſern verſuch ich morgen und bitte dich auch um 10 ſchon voraus aber nicht heute zu ſchicken. Außer dem Komparativ-Wein und Superlativ - Wein bitt ich dich, da ich heute nach Hof ſchreiben will, blos um die Beantwortung: ob ich, wie man gewöhnlich thut, meinen Namen hinſetze blos unter einen drei Zeilen leeren Raum. Denn ſo macht ichs oft.

R.

179. An Emanuel.

Guten Morgen, Lieber! Hier haben Sie das Taſchenbuch zum zweiten male, nach Ihrem neulichen Verlangen. Hat Ihnen Otto nicht den Cotta’schen Brief ſchon gegeben?

180. An Emanuel.

Lieber Emanuel!

Eben erhalt ich, was ſchon am Morgen ankommen ſollen. Geben Sie Otto ſein, und Emanuel Ihr Exemplar. Ob ich mit - komme, weiß ich noch nicht.

181. An Emanuel.

Guten Morgen, mein lieber Emanuel! Wollen wir den dunkel - feurigen Abend durchſtreichen und jede Wirkung deſſelben. Oft iſt ein ſolcher vulkaniſcher Ausbruch beſſer als ein ſtilles verhaltnes Erdbeben; es fängt ſich eine neue beſſere Periode an. Geben Sie mir Ihre Friedens Hand.

Otto’s Misverſtändnis begreif ich noch immer nicht, da ich auch nicht das Geringſte bei Gott! gegen ihn ſagen wollte. Nannt ich mich einen Heiligen: ſo konnt ich doch wahrlich ohne Wahn -67 ſinn mir dieſen Namen nicht anders geben als in ſatiriſcher Selbſt - verſpottung. Sagen Sie ihm dieß.

182. An Emanuel.

Sie geben mir noch einen ſchönen Abend, nicht durch das Bier ſondern durch das Erinnern deſſelben und durch die Nachricht von Otto. Sogar in die Freundſchaft gehört ein Sturm.

Schlafen Sie wol, mein Freund, von dem keine Gewalt mich ſo leicht losreißt, nicht einmal Ihre.

R.

183. An Emanuel.

Guten Tag, mein Emanuel! Hier ſend ich vier Krüge, die ich jedoch zur Hälfte nicht in mich ausgeleert, ſondern in andere Flaſchen. Aber mach ich nicht zu viele Plage? Wenigſtens bitt ich Sie, mir irgend eine Ihnen beliebige Stunde zu ſagen, wo ich das Bier von Ihnen holen laſſe. Vielleicht komm ich morgen Abends ein wenig zu Ihnen. *)35denn Sie ſollen auch die 2 ſchweren Dedikazionen und 2 Briefe leſen.

R.

184. An Emanuel.

Guten Morgen! Hier nur erſt die 2 Zueignungs-Briefe. Die Zueignung kommt nach. Jene hol ich abends ſelber; ich bitte Sie aber ſehr, alles darin unverbeſſerlich zu finden; denn einmal iſts mit ſchöner Hand auf ſchönes Papier geſchrieben.

185. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Ich habe in der Zueignung den magern Artikel Magnetiſmus, hier fetter gemacht unter dem Titel: Schön - heit. Sage deine Meinung (denn ich kann ihn gar weglaſſen). Leider mußt ich deine Änderungs Vorſchläge einen ausgenommen ſämmtlich annehmen. Schreibe mir doch die 2 Preiſe der Weine. Schicke mir Cotta’s Brief. Geſtern hab ich 3 Al - manache, und darunter einen überſetzenden von Fouqué erhalten.

5*68

186. An Otto.

Lieber Otto,

Eh ich mir die Mühe des Einſchreibens gebe, zeig ich dir den Band, den der dumme Buchbinder 2mal falſch gemacht, 1) hell - blau ſtatt dunkelblau 2) die Zueignungsblätter vor ſtatt hinter den Titel. Es wird doch angehen? Vielleicht bring ich dir heute die Dedikazions Wirthſchaft ferner dein Geld für den gar zu wolfeilen Wein endlich die heute gekaufte Repetieruhr.

187. An Emanuel.

Guter Emanuel! Ihr Briefchen hat mich ſo gerührt wie der geſtrige Abend gefreuet. Für Otto wäre der Anzeiger auch, wegen der Kurſe. Ihre Briefe hab ich aus Zeitmangel noch nicht geleſen. Ich habe dem Franzoſen die Uhr doch abgekauft und meine dabei für 37 fl. angebracht. Jene avanciert gar nicht, ſondern läßt retardieren wie man will. Unterdeſſen nur ſo viel Dinte; jetzt ſetz ich neue an (ſchöne aber kurze Zeit) und dann ſollen Sie die beſte Sorte haben.

188. An Emanuel.

Es iſt alles ſchön und erquickend, nur zu kurz.

Die Weichheit der Mutter ſpringt am leichteſten in Härte um. Ich zweifle ſehr, ob ein bloßer Zuſchauer zu hart ſei. So ſind auch die Eltern nicht zu weich [gegen] das 10te, ꝛc. ꝛc. Kind und erwachſene, aber wol gegen das 1te und jüngſte.

189. Des Erbprinzen von Sachſen-Weimar, Karl Friedrich herzoglichen Hoheit und der Frau Großfürſtin und Erbprinzeſſin, Maria Paulowne kaiſerlichen Hoheit

widmet der Verfaſſer ſein Buch in dieſen Polymetern:

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1. Der Fackeltanz.

Ich kenne einen ſchönern Fackeltanz der Fürſten als den kurzen der Vermählungs-Feier, ich kenn ein Land, klein und licht, wo Genien wohnen und den Fürſten Fackeln erſchaffen und reichen; die Fürſten tragen ſie in ſchöner, leichter, nichts verletzender Be - wegung umher, und hell wird es weit in fremde Länder hinaus. Zwei Genien und deren Gönnerin ſind nicht mehr; aber die Gegen - wart reift fort und die Zukunft blüht entgegen.

2. Streit der Perle mit der weiſſen Roſe.

Ich bin Ihr ähnlicher und gehöre Ihr mehr an als Du; denn ich glänze rein ſagte die Perle.

Aber ich trage die Unſchulds Farbe noch heller ſagte die weiſſe Roſe ich bin ähnlicher.

Aber mein Werth verwelket nicht

Aber ich hauche Lebens-Frühling dem Zephyr zu.

Und ich berühr als blaſſer Schmuck Ihr Haupt.

Und ich ruh an Ihrer Bruſt zuweilen.

Plötzlich that eine rothe Roſe alle ihre jungen Reize aus ein - ander und ſagte im blühenden Prangen: wetteifert nicht ſo ver - geblich, ihr Schönen! Ich bin Ihr ja auch ähnlich.

3. Die Schönheit.

Wie in Zimmern mit roſenrothem Spiegelglaſe jedes Angeſicht blüht und überall Morgenröthe umher liegt: ſo verſchönert und verjüngt die Schönheit alles was ſie umgibt. Sie der Frühling der Geſellſchaft wärmt jede Kraft zum Aufblühen und die ge - ſellige Proſe zur einſamen Poeſie das Alter wird jugendlich, die Jugend wird ernſt jedes Herz bewegt ſich mit neuer freudiger Macht und deutſche Zepter richten ſich als zartgezogne Magnet - nadeln nach Norden.

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4. Die Zueignung der Dämmerungen an Zwei.

Zweierlei Dämmerungen, die des Abends und des Morgens eigneſt du zu, Ihm und Ihr; und beiden durch daſſelbe Wort; wie rechtfertigſt du was du wagſt?

Beides durch den Himmel; über eine Dämmerung regiert der Abendſtern, auch der Stern der Liebe genannt; die andere Däm - merung beherrſcht der Morgenſtern, der Licht-Träger genannt. So mögen auch meinen Dämmerungen (iſt der Wunſch) zwei günſtige Sterne ſcheinen!

Aber beiden ſagſt du einerlei Wort?

Am Himmel iſt Abend - und Morgen-Stern nur einer und eins.

Ihrer herzoglichen Hoheit und Ihrer kaiserlichen Hoheitunterthänigſter Jean Paul Fr. Richter

190. An den Erbprinzen Carl Friedrich von Sachſen - Weimar-Eiſenach.

Durchlauchtigſter Erbprinz, Gnädigſter Erbprinz und Herr!

Der Verfaſſer dieſer Doppel-Zueignung hat zwei Entſchuldi - gungen derſelben, wenn nicht zehn.

Die erſte iſt, daß er einmal ſeelig, nämlich einige Jahre in Weimar war und daß er unter den geiſtigen Freuden des deut - ſchen Reſonanz-Athens auch die der Bekanntſchaft mit Ihrer Her - zoglichen Hoheit genoß. Dieſe Freude und dieſe Zeit kehrt ihm lebendiger um durch das Schreiben an einen Fürſten, welcher einſt den Glanz der Muſenſtadt fortſetzt und welcher von mehr als einer Reiſe die Erfüllung der ſchönſten Wünſche mitbrachte, die Ihm Schiller und Vaterland nachſandten.

Die zweite Entſchuldigung machen die blos geſchriebnen Buch - ſtaben, welche erſt der Beifall Ihrer Hoheit und des Publikums71 in gedruckte verwandeln kann bei einer zweiten Auflage. In dieſer ernſten Zeit die Ahnenprobe deutſcher Fürſten und Völker , welche mit Vielem ſpielt, aber nicht mit ſich ſpielen läßt, darf kein Autor ohne Erlaubnis einen Fürſten gleichſam wie bei einem Frie - densſchluße, öffentlich zum Garanten dedizierter Meinungen machen.

Dämmerungen Deutschlands einem deutſchen Fürſten widmen, heißt Hoffnungen zueignen und unter jenen nur die morgendliche meinen, welche in den Tag verſchmilzt.

Möge für Sie etwas in meinen Werken geweſen ſein, das die Wahl dieſer Entſchuldigungen wieder entſchuldigt!

Ihrer herzoglichen Hoheit unterthänigſter Jean Paul Fr. Richter

191. An die Erbprinzeſſin Maria Paulowna von Sachſen-Weimar-Eiſenach.

Durchlauchtigſte Großfürſtin und Erbprinzeſſin, Gnädigſte Großfürſtin und Frau!

Die freundliche Sage, daß Ihre Kaiserliche Hoheit einiges in meinen Werken mit Zuſtimmung geleſen, gab den Muth zum Briefe und zur Zueignung der Daemmerungen durch die Hoffnung, daß Sie die Nachſicht für das Gedruckte vielleicht auch auf das Geſchriebne ausdehnen.

Seltſam genug hatte der Verfaſſer einen entgegengeſetzten Traum: Er überreichte ſo kam es ihm darin vor perſönlich Ihrer Kaiserlichen Hoheit ſeine Dämmerungen Sie erſchienen als Göttin Aurora, Licht und Roſe tragend, und er ſagte, indem er Aurorens Wagen anhielt und das Buch hinein legen wollte, keine Göttin ſei Dämmerungen, zumal langen, ſo unentbehrlich als Aurora und er widme Ihr daher ſeine Darauf drückte er ſeine Freude über die Erfüllung eines alten Wunſches mit den Worten aus, jeder andern Gottheit ſtehe Unſichtbarkeit beſſer als der Schönheit Aber Aurora zürnte ſehr darüber und ſagte, Ihr Geſchäft ſei eben, Dämmerungen zu verſcheuchen, nicht zu verewigen, denn der Lichtgott Apollo ſei Ihr Bruder Und da72 flog Sie mit Ihrem weiſſen Geſpann ſchneller den Himmel hinan und ließ den Verfaſſer mit ſeinen Dämmerungen in der Hand, unten im Staunen ſtehen, welcher Ihr lange nachſchauete und ſogar die Roſen, welche der Unwille unter die andern miſchte, nicht von Ihren Reizen unterſcheiden konnte.

Zum Glücke erwachte er, ganz erfreuet über den Traum; denn da Träume nach allen Auslegungen ſtets ihr Gegentheil bedeuten: ſo verkündigt ſchloß er die unwillige Aufnahme eben die nach - ſichtigſte und am ganzen Traume bleibt nichts buchſtäblich wahr als die Schönheit der Erſcheinung.

Möge dieſe kühne Auslegung von Ihnen erhört und verziehen werden!

Ihrer Kaiserlichen Hoheit unterthänigſter Jean Paul Fr. Richter

192. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Geſtern fand ich kein Blättchen von Ihnen bei der zurückgeſandten Dedikazions Wirthſchaft. Ich hab es doch nicht überſehen und mit eingepackt? Im Ja-Falle kann ich die Paquete noch aufmachen.

R.

193. An Otto.

Guten Morgen! Ich hätte dich beinahe betrogen um 2 Bouteil - len deines Weines, deſſen Preis ohnehin ſo niedrig ſteht als ein Wiener Bankzettel , indem ich dir nur 12 fl. 50 kr. ſchickte. Hier ein Almanach. Die Tragödie ſoll ſehr gut ſein. Die Nach - richt der hieſigen Quartier-Laſten ſteht ſchon im Korreſpondent.

[Adr.] H. Otto. Mit Vierundzwanziger.

194. An Emanuel.

Guten Morgen! Ein ſolches Blättchen iſt der einzige ächte Ehrenſold (Honorar). Mit Freuden ſchick ich der verehrten Voigt den Almanach und einen rechten Gruß dazu.

R.

Fakſimile des Briefs Nr. 191
Jean Paul Briefe. VI.
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195. An Emanuel.

Guten Morgen, Guter! Jetzt thut der Anblick des herrlichen Geſichts wehe, über welches die Politik ſiegte. Ich unterſchreibe alle Ihre ſchönen Bemerkungen. Gab O [tto] Ihnen meine neueſten Briefe nicht?

196. An Otto.

Guten Morgen! Hier 2 Voſſe; und leider Einen Necker, den ich aber freilich in 5 oder 6 Tagen zurückwünſchte. Ich hatte über die Flaſchen einen Zank mit einer unbeſonnenen Frau, die ſich in meine Geſchäfte miſcht. Ich konnte anfangs, da meine bei weitem größere Hälfte Flaſchen von Steinmüller geborgt ſind, nicht ſo viel geben als ſie eingepakt [!]. Hinterher hört ich aber von Anna, daß er ſie mir ſo lange laſſen wollte als ich verlangte; und ſo hab ich denn gleichgültig gegen den Schein der Unbeſtän - digkeit noch fünf mehr eingepackt, nämlich 30.

Krüge kannſt du 25 haben.

197. An Emanuel.

Guten Morgen! Ja wol hab ich eine Freude, zumal da ich nach ſo langem Schweigen auf keinen Erfolg mehr rechnete. Sie werden der Wolthäter des Handels, aber nicht der Poſt, die Ihren Namen dabei nie erfahren ſollte.

Beide Briefe geben Sie Otto mit der Bitte, die neueſten allemal mir oder Ihnen wieder zu geben.

198. An Emanuel.

Hier, lieber Emanuel, einen Brief obwol an meine Frau, doch auch an Sie. Solche thatſachenreiche Briefe ſind eigentlich die rechten, zumal ſeltene; man iſt ordentlich wieder beiſammen. Sie werden Ende dieſes Blättchens ohne Poſtgeld in Meiningen ſein.

Meine Rechnung an Bier und Biergläſern? So geben uns die Chineſen chineſiſche Theetaſſen und Thee.

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199. An Emanuel.

Dank dem Danke, dem nichts fehlt als die Farbe des Undanks nämlich Schwärze. Ihre Gedanken verdienen nämlich dauerhafter und ſchwärzer geſchrieben zu werden als mit der elenden Dinte ge - ſchieht, die Sie wieder haben. Senden Sie mir doch das Fläſchchen wieder. Meine, anfangs bleich, wird dann recht ſchwarz.

Hier leider nur 24 kr.

200. An Emanuel.

Guter Emanuel! Beide Leute meinen es freilich recht gut ſogar bei Irrthümern, welche freilich oft 1 fl. 39 kr. rh. koſten, nicht ſie, ſondern Sie. Die gute W [ilhelmine] heilt wahrſcheinlich kein Arzt und Ort wahrſcheinlicher ein Jahrzehend, ſobald ſie es über - lebt. Auch ich finde närriſche Undeutlichkeiten; aber blos weil ich keine andern Briefe leſe als die an mich und für mich (nämlich von Ihnen). Langermann oder irgend ein trefflicher Arzt hilft nicht, wie etwan Gott, aus der Ferne herab. Allerdings hälfe mehr erſtlich die Reiſe zu uns, dann das Dableiben; nur iſt Brief - und Weiber-Porto ſtark. Überall aber erſcheint der Mann mir ächt und gut weiter als es nur ſonſt ein Edelmann iſt und er ſteht in ſeiner Unbefangenheit eigentlich höher als er weiß und ſie ſelber.

201. An Emilie Harmes (geſch. v. Berlepſch) in Füllbach.

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Willkommen aus der deutſchen Schweiz in die deutſche Schweizerei! Vordichterin eines ſchweiz [eriſchen] Feſtes Die Zeit hat mich zwar gereift und meine zu weichen Roſendornen beſſer gehärtet [ von außen iſt mein Leben ziemlich öde] Leichter werden 1000 Männer von Kraft und Talent als 1 Frau von beiden, glücklich und beruhigt, für welche letztere weder der gewöhnliche noch der ungewöhnliche Mann ſich recht fügt.

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202. An Emanuel.

Guten Morgen! Langermann trift bis auf die kleinſten Züge der K [ehler] Verſchrobenheit; ich ſagte dieſe Heilmittel derſelben ſchon vor Jahren meiner Frau und erſt geſtern wieder. Ich kann ihren unbedeutenden Brief nicht finden; auch erführe L. nichts neues dadurch. Ganz können Sie den Brief von L. nicht an K. ſchicken, erſtlich der Schärfe wegen, zweitens weil der Mann zu unbeholfen iſt und ſagen wird: ſiehſt du, daß ich Recht hatte? Ich habe das eingeklammert, was Sie weglaſſen könnten, Guter!

203. An Emanuel.

Guten Morgen, Lieber! Hier haben Sie die leichte Kleinigkeit, eh ſie aus meinem Muſeum ins Frankfurter einflattert. Es iſt doch beſſer als Nichts, man meine nun darunter Schweigen oder Unſichtbarkeit.

R.

Der Ohr-Tambour Stephan iſt geſtorben, ich hoffe nicht an mir.

204. An Cotta.

Lieber Cotta! Für Ihr Morgenblatt dieſes Jahrs arbeit ich oder beſſere ich an einem Aufſatze, der wol 4 Blätter einnehmen wird und welcher ſchon ſeiner Anſpielungen wegen einen Theil der letzten Jahresblätter beſetzen muß. Er heißt: kurzes Programm der Feſte oder Aufſätze, welche der Verf. in jedem Monate des künftigen Morgenblatts 1810 den Leſern geben will. Ich nenne darin jeden einzelnen Monats Aufſatz und gebe Abriß und Proben davon; z. B.: Stammbuch des Teufels für den 1. Auguſt Küſtenpredigt an die Engländer für den 5. Febr. Erziehungs - anſtalt für Fötus von Stande Steckbrief hinter einer Frau von Stand ꝛc. ꝛc. ꝛc. und der letzte: mein Erwachen auf dem hieſigen Sylveſter-Balle im Kaſino-Saale. Ich verſchwende darin 12 Er - findungen; denn aus jeder wäre leicht ein langer Aufſatz zu machen; ob ich aber nur einen dazu ausſpinne, weiß der Himmel.

Meine Bitte geht hier nur voraus, damit Sie mir Papier dazu offen laſſen; in jedem Falle langt er zur rechten Zeit an.

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An dieſen Aufſätzen wird ſich die Zenſur weniger ſtoßen als an meinem letzten (Orient und Occident), woraus ſie gerade die zwei beſten Abſätze ausſtrich.

Ich danke für Ihre Bezahlung der Daemmerungen; und für den Druck in Jena, wo Zenſur und Druck gut ſind, nämlich jene keine Fehler vorausſetzt, dieſer keine hineinſetzt oder doch wenige. Was ſagen denn bei Ihnen die 2 Gegenpartheien zu den Daemme - rungen? Wer jetzt die Wahrheit liebt und ſchreibt, macht ſich gegenſeitige Feinde ſelber zu Feinden.

Grüſſen Sie doch recht herzlich von mir, wenn es Sie nicht zu viel Dinte, d. h. Zeit koſtet, meinen Wangenheim in Stuttgart.

Die Morgenblatts-Berechnung verſchieben Sie bis mein Auf - ſatz dazu gekommen iſt; wiewol ſie durch Ihr allzeitfertiges Be - zahlen nur ſehr klein ſein kann.

Profeſſ. Matthiae aus Frankfurt ſchrieb mir, daß wirklich ein hochachtungswerther Mann die Papiere des Oberförſters Wolf zu deſſen Vortheil geordnet und bearbeitet und daß er deſſen 2ten Theil liegen laſſe u. ſ. w. Keine Wolthat für Einen ent - ſchuldigt eine Uebelthat am Ganzen. Ich ſchwieg und ſchweige; und ſo werde der Kadaver begraben.

Nach dem Empfange des Aufſatzes bitt ich Sie ſehr, mir zu ſchreiben. Der Himmel lohne und ſegne Ihre Unermüdlichkeit mit einem frohen Jahre!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

205. An Emanuel.

Guten Morgen! Hier wieder Briefe aus dem Hamburg, die ich Sie dann Otto zu geben bitte. Er kann zum vorgeſchlagnen Muſeum auch beitragen.

206. An Emanuel.

Guten Morgen! Ich danke für Ihr Blättchen. Aber die Ham - burger dürfen ſchon an ſich denken, da niemand ſo viel im Kriege und Frieden gelitten als ſie, wie die vielen, ihnen ſonſt ſo ungewöhn - lichen Bankerute beweiſen.

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207. An Dr. Büſching in Berlin.

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Nur eilig d. h. durch Gelegenheit antwort ich auf Ihre ſchöne Einladung, bei welcher ich freilich lieber und öfter ohnehin Gaſt als Wirth und Koch ſein möchte wäre . Es iſt ſchön, daß in Berlin voriger Aufklärungsſchimmer und deutſches Licht ſich jetzt immer dichter zu deutſcher Wärme ſammelt. Mein Gewiſſen verbietet mir, an eine Zeit des Verſprechens mich zu binden; indeß könnt ich Ihrer Monatsſchrift nach freiern Monaten vielleicht Zuſätze zur äſthetiſchen Vorſchule, (z. B. über die nothwendige Unergründlichkeit des Genies d. h. des Inſtinkts, alſo des uns un - bewußten Weltgeiſtes) geben. Ich bitte Sie, wenn Sie H. D. Wolfart kennen, [ihm] meinen Dank wie meine Achtung zu be - zeigen. Dieſer Brief iſt nicht ein Nichtsſagebrief wie etw [an] ein Berührmeinnicht; und Männer, denen Deutſchland das Nibelungen Lied und ſo viel weiter und Weiteres verdankt, wiſſen gewis, daß ein anderer Deutſcher ihnen in Geſinnung und Feuer für das Gute ähnlich iſt. Aber ich habe Zeit und Geſundheit von nöthen für lange Werke und kaum Zeit für Werkchen.

208. An Emanuel.

Guten Morgen, Hülfreicher! Ihre Lichter ſind Wachslichter; beſtellen Sie alſo ſo viel davon, wenn Sie wollen, als ſonſt. Von beiden Sorten Papier kann ich natürlich hat es keine Eile ſchon noch einmal ſo viel gebrauchen. Das Bier macht mich noch ſchwanken in der Wahl nämlich. Hier mein empfind - ſamer Aufſatz, den ich um 12 Uhr wiederholen laſſen will, um ihn zur rechten Zeit zu packen. Recht herzlichen Dank, mein Alter, für Sie. Otto will im Aufſatze durchaus den Titel Kammer - präſidenten wegen der Beziehung weghaben; wärs nicht genug wenn ich blos Präſident ſchriebe? Oder Appellazionspräſident? Oder am beſten wol: Kammerherr?

Es fehlen noch einige Blätter, die Ihnen Emma ſogleich bringen wird.

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209. An Emanuel.

Ich will, Lieber, das Ding bis um Uhr bei Ihnen laſſen und dann von Ihnen gepackt abholen laſſen, damit ichs nur zu ſiegeln brauche. Gott! wie gehts Satirenſchreibern in Deutſch - land? Freilich muß es auf 100 paſſen; aber was wäre denn das für eine Satire, die auf niemand paßte? Gott weiß, was ich erſt wieder mit dem Zenſor für Händel bekomme. Leſen Sie doch jetzt die Korrekturen im Unglücks-Aufſatz nach.

210. An Cotta.

Ihren werthen Brief bekam ich gerade Einen Tag nach der Ab - ſendung des meinigen, der Ihnen alſo die Erfüllung Ihres Wunſches ſchon ankündigte. Lieber wählte ich reitende Poſt, um nur noch ins Jahres Ende hineinzukommen; iſts aber doch nicht: ſo können Sie wenigſtens im alten Morgenblatt den Aufſatz für das neue anſagen.

Die Almanachs Arbeiten werden mir ordentlich abgepreßt und ich ſchlage doch mehrere ſo wie Beiträge ab als ich zuſage. Sie laſſ ich am wenigſten unter allen ohne Almanachs-Beitrag; nur erlauben Sie mir, ihn recht ſpät zu ſenden.

Möge doch der Korrektor recht die Augen aufthun! Und der Zenſor zuweilen eines zudrücken.

Meine innigſten Wünſche für das Wohl meines guten Cotta im nächſten Jahre!

Jean Paul Fr. Richter

N. S. Sie werden ſchon ohne meine Bitte den Aufſatz in ſolche Blätter vertheilen, welche mit einander verſendet werden.

Wagner ſchreibt mir, daß Sie mir auf ſein Verlangen den 2ten Theil der Reiſen und den Ferdinand Miller ſenden würden.

211. An Friedrich Perthes in Hamburg.

Dank für Ihre mir immer erfreulichen Blätter, ſie mögen mich bejahen oder verneinen. Zuerſt: Ihrem Muſeum bau ich gern79 meines an. Nur erlauben Sie meinen Papieren anderthalb Re - ſpekt - oder Reſpitmonate, oder ſächſiſche 6 Wochenfriſt zu deren Einbringung. Ich hatte mir oder meinem Körper eben 4 Wochen Ferien gegeben, welche darin beſtehen, daß ich leſe, exzerpiere, Bücher und Papiere ordne, für mich ſchreibe aber nicht für das Publikum. Ich hatte dieſen Sommer hindurch, ein Terzianfieber ſeit meiner Kindheit die erſte Krankheit doch braucht ich (ſeit 40 Jahren) weder Bett noch Arzt und machte am Zwiſchen - tage Satiren z. B. für den Kriegskalender, ja ich konnte (bei meiner Heiterkeit des Kopfes ſogar im Fieber, das ich durch philo - ſophiſche Werke zu vergeſſen ſuchte) fortarbeiten bis ans Froſt - zittern der Schreibhand hinan. Indeß fodert dieſes in ſeiner Art ſo einzige Wechſelfieber von ganz Deutſchland noch immer Scho - nung für den langſam-geheilten Körper; denn nur Nachzügler nach Nachzüglern zogen fort.

Ihre Ankündigung iſt vortrefflich; blos das viel zu harte und unwahre Wort unterjocht ausgenommen und den Titel; denn vaterländiſches Muſeum hieße demnach: griechiſches Muſeum. Das Honorar beſtimmen Sie für meine Kleinigkeiten ſelber; nur aber nicht deßhalb wie Sie ſchon früh [er] einmal gethan eines über meine möglichen gerechten Wünſche hinaus.

Zimmermanns Aufſatz hatte mich längſt begeiſtert. Die Er - hebungen ein trefflicher Titel hab ich noch nicht geſehen im illiterariſchen Bayreuth; aber Herrmann, den ein Freundes-Paar wie Benecke und Villers lobt, muß ſeinen Namen verdienen. Es war mir unmöglich, ihm etwas aus den Daemmerungen zu ſenden, da Cotta daraus exzerpierte *)Überhaupt zerſplittere ich mich jetzt ordentlich durch die Miniaturſtücke, die mir immer von Almanachs Redaktören ꝛc. ꝛc. abgedrungen werden; und die größern freiern Werke werden kaum angefangen. Und dabei hole der Teufel die Poſten, die uns ordentlich die immergrünende Kontribuzion auf - legen, ja die ſogar dem frankierten Briefe ſein Recht ſo wegrauben, daß man den Muth nicht hat, wieder zu frankieren; wenigſtens in nordiſcher Korreſpondenz kann ein Brief-Empfänger durch Franko verarmen.

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Ihre Zeit-Anſichten thun meinem Verſtande und Herzen wol, um ſo mehr, da ich mich über jeden Deutſchen freue, welcher ſagt: ihr Leute, was bebt ihr denn da ſo? Kommt doch zu euch ſelber!

Was meine gedruckten Urtheile über Englands Miniſterium nicht Volk anlangt, ſo halt ich Hamburg für eine der Vor - ſtädte Londons, welche leider bei Belagerungen zuerſt abgebrannt werden, ſogar vom Freunde. Aber Parteilichkeit mitten im feſten Lande gegen Engländer hebt ſich vielleicht mit Parteilichkeit an Küſten für ſie gewiſſer maſſen auf; Bücher ſind auch Realien und laſſen um ſo reiner ſchließen, je weniger man auf der Bühne untergehender Realien ſteht. Alle gut meinende und denkende Menſchen, die einander widerſprechen, dürfen ſich gegenſeitig der Parteilichkeit anklagen und der Unparteilichkeit rühmen.

Ich grüße von ganzem Herzen unſern Beneke. Nur nehme nie - mand einem von eignen und fremden Büchern und Briefen übel geplagten Menſchen Schweigen übel. Daſſelbe ſagen Sie auch unſerem deutſchen Villers, dem ich aber mit dem Mſpt an Sie, eine Antwort ſammt meinem franzöſiſchen Bittſchreiben an Ber - nadotte ſenden werde.

Leben Sie wol, geliebter Perthes! Das künftige Jahr befriedige Ihr deutſches Herz!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

212. An Emanuel.

Dank für den herrlichen Brief; es iſt wenigſtens (gegen Otto) Einer für meine vielen geliehenen. Sie behandelt Mariens Heftig - keit trefflich; nur 2 Punkte ausgenommen; 1) nämlich ſie ſoll ſie nicht durch Erzählungen weinen machen denn der Thränen-Regen kommt auch von Sturm und es iſt einerlei, worin ein Kind heftig iſt, in Freude, Schmerz oder Zorn 2) keine Mutterhärte; dieſe weckt die Heftigkeit, wenn ſich dieſe auch verſtecken muß. Feſte Sanftmuth und Entfernen aller aufreizenden Anläße ſind jetzt die81 beſſern Mittel, bis ſpäter die Vernunft ſogar den herbeigeführten Sturm beſchwören lernt.

N. S. Ottos Antwort hat er auf Ihre Treppe gelegt.

Ich bitte Sie, meinen Max ſo lange als das Scharlachfieber bei Weidm [anns] herrſcht, nicht zu Otto zu ſchicken.

* 213. An Ernſt Wagner in Meiningen.

Mein lieber Wagner! Sie geben zugleich viel Schmerz und viel Freude; aber dieſe mehrt jenen. Wär ich nur bekannter mit Ihrer Krankheitsgeſchichte, ſo wollt ich Ihre höchſt wahrſchein - lich nur hyſteriſchen Beſorgniſſe umwerfen. Beim Teufel! er ſoll Sie noch nicht holen, und Gott eben ſo wenig.

Auch ich hatte ſo einen Krankheits-Beſuch den Sommer hin - durch (das Wechſelfieber), der erſte ſeit 40 Jahren; indeß heilt ich mich ſelber ohne Bett und Arzt.

Ich habe gar nichts dagegen, daß Sie mein Geſicht als Ihre Maſke aufſetzen. Leider ſchickten Sie mir nur ſo wenige Regiſter - Buchſtaben. Es iſt eine ſchöne Individualität in dieſem Regiſter, das wie ein Roman anzieht und fortführt. Erfreulich waren für mich der ich nie daran dachte ſolche Kombinazionen des Zufalls und Ihres Witzes wie bei Kuhſchnappel und beſonders bei Hornrichter.

Meine Kinder ſind ſo wenig krank als die Sterne; können aber auch kaum ihren Namen ſchreiben. Vid. infra!

Rufen Sie meinen jüngſten Gruß aus Ihrem Fenſter dem Alt - Jüngling in ſeines hinüber, meinem theuern Heim, den ich eben ſo erfreuet lachen als dozieren hörte. Ja ich glaube, er könnte mich ſchelten, und ich fände noch Reize.

Hier nur einige unbedeutende Sprachanmerkungen über Ihre trefflichen Hefte .... ꝛc.

Leben Sie wol! Nein! ſondern: leben Sie, guter Wagner, damit ich Sie wieder ſehe.

Ihr J. P. F. Richter

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6 Jean Paul Briefe. VI. 82

214. An Friedrich Köppen in München.

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Ich war wie immer paſſiver ſo bisher aktiver Titularrath d. h. ich wollte zu Titeln rathen und mußte zu Titeln rathen und mußte alſo lange auf Titel rathen. Titel ſeines Buchs: Harmonie der philoſophiſchen Evangeliſten philoſophiſche Optik Pnev - matologie der Pnevmatologen oder auch Geiſterlehre der Geiſter - lehrer die Brennpunkte des Wiſſens Geiſt der metaphyſiſchen Geſetze metaphyſiſche Adraſtea der Schlußſtein der Syſteme Vorherbeſtimmte Harmonie der Philoſophen Ideen zur Idee metaphyſiſche Summarien Ultimata Endreime Bank - ſchlüſſe Ich konnte nie eine Stunde lange ſeine [Kannes] ab - ſprechende umherſchwimmende ausgekernte Gegenwart aushalten, am wenigſten ſein hohles Wollen [?].

215. An Otto.

Guten Morgen, Lieber! Auch ich ſuchte vergeblich nach den 2 Seiten. Von Langermann erbat ich mir geſtern den Woltmann, unter meiner Bedingung, ihn nicht aufzuſchneiden. Hier iſt er. Ganz hab ich ihn noch nicht durch; viel wäre zu ſagen, ſtände die Magd nicht neben der Feder. p. LIV biſt du da.

216. An Otto.

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Nimm mit meinem Scherflein vorlieb, zumal da mir ein Wink deines Billets die ſo kurze Friſt deiner Abweſenheit dazu gelaſſen. Du ſiehſt tief in die Zeit; und vor deinen Augen geht kein Ereignis unbenützt und unerforſcht und unverknüpft vorüber. Du ziehſt aus ſo wenigen Hülfsmitteln ſo volle Reſultate. Du ſollteſt eigentlich alle beſte Zeitungen z. B. Moniteur ꝛc. haben; wiewol ſie die Re - ſultate nicht ändern ſondern nur die Indukzion der Beweiſe ver - mehren, dich aber am Ende mit der Bürde des Überfluſſes drücken würden. Lilienſterns Brief wollteſt du ſchicken die Briefe ſchicke an Emanuel.

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217. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Durchfliege doch den Kotzebue; und zwar das Haus an der Landſtraße zuerſt und dann das Erſte ſo witzige und dann den Hageſtolzen. Bekanntlich liebte er ſeine zwei erſten ſehr guten Weiber, und nahm ein drittes, von welchem wenigſtens nichts Mishelliges bekannt iſt.

218. An Emanuel.

Hier, guten Abend! ſend ich alle Papiere und noch neueſte dazu. Nach einigen halben Stunden bring ich eigenhändig das Geld. Aber vorher bemerk ich: daß Sie ſchwer ohne Ihre Unkoſten zwei Wechſel in Einen bringen können, da einer davon auf jedesmalige Begehren lautet. Das zweite iſt nur Frage an Ihr Rechnungs Buch: ſeit Jacobi (bezeugt die Magd) haben wir kein Holz von Ihnen bekommen; und Ihre Zinſen-Unter - ſchriften lauten vor Jacobi, wo doch alles abgemacht ſein kann; aber nur kann; denn ich weiß es nicht, wenn es Ihr Buch nicht weiß. Auf Wiederſprechen! Und auf Widerlegen!

219. An Otto.

Guten Morgen, Lieber! Ich danke dir, weiß aber voraus, daß es mir beſſer gefallen wird als du denkſt. Hüte dich nur, daß du dir keinen Bankerut in den Leib hinein arbeiteſt; denn du ſtrengſt dich wirklich jetzt zu unabläſſig an.

220. An Otto.

Guten Morgen!
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Von meinen 12 Aufſätzen wurden noch im vorigen Jahr gedruckt: Baurede Steckbrief*) Bankerut [ierer] und Sylveſterball*); alles andere aber der Verſtümmelung wegen ausgelaſſen mit der Bemerkung der Redakzion: wir wünſchten, wir hätten alle 12 Vor -6*84ſchmäcke geben können. Laſſe mich den Zenſor hier einen Hund nennen. Ich glaube gar nicht, daß der König helfen wird; au contraire. Du ſcheineſt doch über Weimar Recht zu haben und mein Brief iſt Schuld.

*) Machten wie ich ſchon wußte gar keine Senſazion. Heute kommen ſie vom Tiſche in den Schrank; dann werden ſie in einen Quartanten gebunden; dann wird dieſer geſtohlen, wie die dicke elegante Zeitung, das Morgenblatt und der R [eichs] Anzeiger vorigen Jahrs, von welchen dreien wir nur noch die Reſt-Schwänz - chen haben.

Der Himmel gebe dir ein beſſeres Jahr als meines mit ſeiner Unfalls-Kette anfing und fortwährt.

221. An Cotta.

Erfreulich war mir Ihr letzter Brief, blos die Nachſchrift von der literariſchen Douane ausgenommen. Ich bitte Sie ſehr, mir den Namen des Mannes zu ſagen. Ich zweifle, ob Ihre Appel - lazion an den König ihn und meine Aufſätze zu beſſern dienen werde. Eine ſolche Zenſur kenn ich in ganz Deutſchland nicht, Wien etwan ausgenommen. Immer lieber bin [ich] ungedruckt als verdruckt und mit ſeinen Dintenflecken beſudelt. Was ſoll ſich ein Leſer bei den Tabatièren (in der Baurede) und bei dem Schluß (in der Sylveſternacht) denken als höchſtens dieß, daß ich da nicht denke? Können Sie alſo die Freiheit des unver ſtümmelten Drucks nicht erhalten: ſo ſenden Sie mir die Aufſätze zurück, damit ich entweder den Verſtümmlungen durch organiſche Zuſätze abhelfe, und alles Ihnen wiederſchicke, oder, wenn jene zu unförmlich wären, die Aufſätze mit der Angabe des frühern alibi anders wo drucken laſſe. Zuletzt zwingt er mich, öffentlich ihn anzureden, eine Anrede, welche eben keine Dedikazion für ihn ſein würde.

Hab ich am Hofe Freunde meiner Werke: ſo iſt die Sache leicht abgethan.

Für Ihren reichen Kartenkalender dank ich ſehr. Ich und dieſer Künſtler müſſen zuſammen einmal eine komiſche Handlungs-Reihe wie Hogarth gab, verabreden. Hätt ich nur erſt Zeit! Schon85 ſeit Jahren ſinn ich für Sie auf zwei Taſchenbücher von mir allein, eines: Taſchenbuch für Männer; das andere: Taſchenbuch für Weiber; und welche beide zugleich herauskämen. Nur iſt das letztere ſchwerer zu ſchreiben.

Leben Sie wol, verdienſtvoller Deutſcher!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

222. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Ich zweifle, daß du in den Wunſch der Berlepsch*)bei dir einige Wochen oder Monate zu wohnen. eingehſt; wiewol er wahrſcheinlich nicht ganz gegen die Wünſche Amoenens ſein wird. Jene erſetzte dieſer ein wenig das getödtete Journaliſtikum. Wenn ich mit dir ſpreche, wirſt du mir überhaupt Rath geben.

NB Gott gebe nur, daß ſie ſo fortgeht wie ſie herkommt.

N. S. Sei ſo gut und ſage Emanuel, daß C [aroline] aus Ver - ſehen, weil ich ihr deſſen Billet an ſie zugleich mit ſeinem fremden Briefe im Couvert hinüber ſchickte, ihm auch alles und alſo ſein Billet mit, hingeſandt damit er nicht ungerechte Abſicht darin ſuche.

223. An Emilie Harmes (v. Berlepſch) in Füllbach.

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Nur verſprechen Sie ſich zwar von meiner Frau und meinen Kindern vielerlei, ja viel aber von dem wenig, der, harten Sinnes, nur dem Publikum gibt und wenig andere Freuden mehr hat als die, bis zum Sterben zu ſchreiben und nicht blos von der Feder ſondern auch für die Feder zu leben, müßt er ſie ſogar in eignes Blut ein - tunken. Einige treffliche Menſchen werd ich durch Sie beglücken können und Sie durch jene Aber mich, Ihr Menſchen, laſſet bei Seite, ich bitt euch ſehr.

N. S. Ich bin jetzt im Umgang ſcherzhafter als je. Sonſt der Alte, nur dicker und wilder.

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224. An Cotta.

Auf Ihr letztes mir angenehmes Blättchen aber jedes von Ihnen iſt mir ein angenehmes hab ich in Betreff der letzten Sendung für das Morgenblatt zu ſagen, daß der unabgedruckte Theil ganz wol bis zur Zeit des Urtheils liegen bleiben kann. Meine künftigen vermiſchten Schriften geb ich Ihnen mit Freuden um ſo mehr, da ſo viele Aufſätze aus Ihren Verlags-Zeit - ſchriften darein kämen ; aber vor der Hand, d. h. vor 2 Meſſen kanns [!] ich nicht aus Zeit-Mangel. Zimmer gibt zur M [ichaelis] M [eſſe] 1810 den dritten Band des Katzenbergers. Für Perthes vaterländiſches Muſeum hab ich ein ziemliches Paquet Nach - daemmerungen für Deutschland abgeſchickt. Sollte etwann dieſe Zeitſchrift gar nicht zu Stande kommen: ſo ſend ich jene Ihnen als Nachſchrift zu den Daemmerungen oder als kleines 2tes Theilchen derſelben.

Hier leg ich ein Blättchen von meiner Schwägerin Minna Spazier an die Redakzion bei, eine Rezenſion der Urania betreffend. Sie beklagt ſich ſehr über dieſe. Ein Schulze, auch Mitarbeiter des Morgenblatts, habe früher eine unpartheiiſchere ohne ihr Wiſſen eingeſandt. Ich weiß von nichts als von der Urania ſelber, worin ich gerade die Briefe eines genialen Frauenzimmers ſo anziehend gefunden als früher in Berlin die Urbilder dazu ſo abſtoßend. Übrigens kann ich ſchon als Verwandter, und aus vielen andern Gründen kein Wort für Urania im Morgenblatt ſagen; aber dieß bitt ich Sie und die Redakzion, das Urtheil Schulzens darin aufzunehmen, wie wol ich es nicht geleſen. Der unparteiiſche Mann widerſpricht ſich ſelten; aber die unparteiiſche Rezenſur - Anſtalt widerſpreche ſich recht oft; und nichts war mir von jeher in Literatur-Zeitungen erwünſchter und achtbarer, als in der näm - lichen zuweilen 2 widerſprechende Rezenſionen 1 Buchs aufgenom - men zu finden. Denn Zeit und Mitwelt widerſprechen ja auch nun ſo ahme das Journal es nach. Minna Sp. gehört übrigens unter die genialſten Schreib-Weiber jetziger Zeit, die Stael aus - genommen.

Wagners beide neueſte Werke hab ich noch nicht erhalten.

Leben Sie wol, lieber Cotta! In der nächſt-vorigen und jetzigen87 Zeit haben Sie als wahrer deutſcher Patriot gearbeitet und (merkantiliſch) gewagt.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

N. S. Die Ober-Zenſur des Unter-Zenſors bitt ich Sie mir ſogleich zu melden, ich müßte ſie denn aus dem Morgenblatt er - rathen können.

* 225. An Profeſſor Böckh in Heidelberg.

Verehrteſter Herr Profeſſor! Schon einmal hab ich mit Dank für das Zutrauen der Redakzion die Beurtheilung der Herderschen Werke ausgeſchlagen, weil ſie Kräfte fodert, welche meine überſteigen und welche die Redakzion gewiß leichter in ihrem Zirkel aufbietet. Auch, glaub ich, wären, da ſeine Werke ſchon von der Zeit rezenſiert worden, keine mehr zu beurtheilen nöthig als die zum erſten male gedruckten.

Zu beurtheilen wünſch ich Köppens Darſtellung des Weſens der Philoſophie, welche in kurzem erſcheint in ſo fern ſie eines Schülers meines Freundes Jacobi ſo würdig iſt als ich hoffe. Die übrigen vorgeſchlagenen Werke Krummacher, Woltmann, Conti ſind nicht hier zu haben und leider bei mir jetzt zu wenig Zeit zum Rezenſieren, das mich die dreifache eines eignen Produ - zierens koſtet. Leben Sie wol in Ihrem ſo fruchttragenden Leben.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

226. An Otto.

Guten Tag, Lieber! Hier meine Nachdämmerungen. Es ſollte mir lieb ſein, wenn ſie mehr werth wären als ich immer fürchte. Du kannſt ſie wegen ſpäter Poſt gemächlich leſen. Beide Kalender gaben mir; der hieſige ſchönen Scherz, der andere Ernſt. Laß dir doch Arnims Wintergarten geben. Bei dem Laß da oben fällt mir erſt die Regel des Franzoſen ein die ich unlängſt bei dir mit einer andern von mir ſelber ſehr gut durchgeführten ver - wechſelt habe Nämlich alle irregulären Zeitwörter (meine haben88 noch eine Nebenbeſtimmung des Umlauts) haben kein e im Impe - rativ, zB. trink, laß, aber nicht haß, hink. 2 Gute Nacht! kann man jedesmal zu dir ſagen, wenn man nicht kommt.

227. An Otto.

Dein Treſor-Aufſatz hat mir ſo gefallen wie der nächſte, d. h. ſehr; beſonders das mir verſtändlichſte Wort über die Domänen. Sogar im Stile fand ich die Schickſa [lsw] iederholung bei meinen Aufſätzen, daß ich nämlich nach dem Drucke gerade ſo wenig zu ändern finde als vor ſelbem ſo viel. Er iſt recht augenfällig wie die allgemeine Zeitung von deinem Aufſatz ſagt,*)Mit der Bemerkung, er ſei im Mai geſchrieben und ſeitdem ſei vieles ab - beſtellt von der Regierung. die ich dir nächſtens an einem Morgen zuſammen ſuchen will.

228. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Habe Dank für deine Noten, von denen ich viele benützen werde. Die Sache mit der Triumphator Glocke muß doch der überaus gelehrte Pancirollus wiſſen, den ich vor 15 J [ahren] geleſen. Heute abends kommt es auf die fahrende Poſt; haſt du denn nichts beizulegen?

229. An Otto.

Indem ich heute die Anzeige leſe, daß Buchholz aus Woltmanns Journal ſeine Aufſätze geſammelt herausgegeben: ſo ſeh ich beim Henker nicht ein, warum du nicht deine noch verbunden mit frühern edieren willſt für ein ziemliches Stück Geld, und was noch mehr iſt, unter dem Einen feſt-fixen Namen Georgius (der mir gefällt), um dir alle Buchläden aufzumachen.

230. An Perthes.

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Ich ſcheue die Lüneburger Wüſte und die Hamburger Eßfülle gleich ſtark. Ihr ſeid die rechten ächten Deutſchen, wenn auch mit etwas Kaufmännerei verſetzt.

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231. An Charles Villers in Lübeck.

Verehrteſter Mitbürger in der deutſchen Gelehrten - und in der bremiſchen Stadt-Republik! Ihre Antwort und Ihre Gabe hätten einen frühern Dank verdient. Ich bewunderte Ihre Intro - duction des Ambassadeurs philologiques quoique allemans bei den Franzoſen; ein reiches Werk, wofür Ihnen zwei Nazionen zugleich zu danken haben, die belehrte und die dargeſtellte. Gleichwol haben Sie darin zwei Männer vergeſſen, eben weil ſie Ihnen unvergeßliche ſind; nämlich Herder und Lessing; denn wahrſcheinlich ſtand Ihrem Geiſte der philoſophiſche und der dichteriſche Werth dieſes Genius-Paares zu leuchtend vor als daß Sie an den untergeordneten philologiſchen hätten denken können.

Hier folgt, weil Sie es wollten, mein Blatt an den Prinzen von Pontecorvo.

Schon der ſchöne Titel Erhebungen und noch mehr Ihre Theil - nahme daran d. h. Ihre Flügel daran hätten mich zum Mit - fluge begeiſtern müſſen, wenn ich näher geweſen wäre und wenn ich ferner die Proben aus den Daemmerungen nicht dem Verleger für ſein Morgenblatt hätte verſprechen müſſen.

Noch immer heg ich den ſchönen Traum und Wunſch, daß Sie mich Ihrer Nazion in einer Auswahl von Einfällen, Reflexionen, Herzens-Ergüſſen darſtellen; denn nur Sie als Kenner zweier Nazionen und Sprachen zugleich vermögen dieß am beſten. Ich fand im Publiziſten einmal ein Urtheil über meinen Geiſt, ohne allen Geiſt; warum ſoll ich nun blos als Karikatur präſentiert bleiben vor einer (geographiſch -) ſo großen Nazion? Ihre Zeit iſt freilich zu koſtbar zum Überſetzen; ich wünſche aber auch nur Ihr Wählen und Korrigieren.

Leben Sie wol, Edler Mann, und ſchreiten und fliegen Sie fort auf Ihrer Bahn, wo Sie noch keinen Vorgänger finden, der ſo geiſtig zwei Völker, ohne Krieg verband.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

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232. An Otto.

Lieber! Hier ſend ich dir zum Anbiſſe ([wenn du das Geb] dazu haſt) ein Stückchen Käſe, der [am beſten gerieben auf S] uppen wird. Ich wollte, er ſchmeckte [dir ſo gut wie m] einer Frau. *): nur am Rande ſchmeckt er ſchlecht, aber [die Mitte iſt] leicht käubar.Sobald ich ausgemittelt, [wie hoch der] Preis eines iſt: ſo ſchlag ich ihn [an Käufer los]. Ich wollte, ich hätte vom vorigen [mehr verkauft. ] Hier 4 Journale. No III und IV im Jaſon endlich.

233. An Kammerrat Miedel in Bayreuth.

Hier präſentier ich Ihnen, lieber Herr Kammerrath, zu Ihrer Wiederkehr-Feier ſtatt eines Ehrentrunks ein Stückchen Käſe von meinem Schweizer Leſer. Man ſchneidet ihn blos mit der Säge und reibt ihn auf Suppen u. ſ. w. Ich inzwiſchen eſſe ihn ohne etwas anderes. Nur rath ich Ihnen, zuerſt von der Mitte ab - zubeiſſen. Ich freue mich, Sie wieder zu ſehen.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

234. An Otto.

Hier, mein Alter, hab ich dir endlich die dießjährige All [gemeine] Zeitung verſchaffen können, wozu ein Morgen-Ausgang gehörte. Kannſt du ſie mir Morgen um 6 Uhr Abends oder im Nothfall übermorgen zurückſchicken? Noch 2 Blätter vom Dezember liegen unten, mich und Ad. Müller betreffend, wiewol du mir (viel - leicht) geſagt, du habeſt den ganzen December geleſen.

Über deine Biographie der Treſorſcheine v. No. 34.

N. S. Du wollteſt einmal Schatz ſcheine dafür haben; es iſt deutſcher, aber unausſprechlicher.

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235. An Otto.

Mein guter Otto! Ich bitte dich um Allwill, aber erſt für übermorgen früher als übermorgen wär er mir unbrauchbar, denn ich habe nur Krause durch eine Stelle zu widerlegen. Es gehe dir ſo gut als mir bei dir!

R.

236. An Aſſeſſor Chr. S. Krauſe in Bayreuth.

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Ihre blühende Winterroſe mit Dank für alle Blumen, welche darin nicht zu den Diſtelblumen für mich gehören, die Sie freilich ſo häufig zeugen als wäre jeder Leſer ein Schmetterling oder Stieg - litz Sie ſind noch von niemand widerlegt worden als von ſich.

237. An Otto.

Du biſt zu ordentlich! Deine Muthmaßung muthmaßt ich am Morgen bei meiner Frau und ſagte, du würdeſt mit deinem kom - binatoriſchen Sinne gewiß darauf fallen. Und ſie iſt auch die meinige. Der Himmel weiß, welche Anſpielungen nicht noch in Schlichte-Groll, Heimburg, Höchſt ſtecken. Ich muß mit dem Poſt - meiſter über das Zurückſenden ſolcher Briefe ſprechen. Aber ins Morgenblatt ſchick ichs nicht; wozu mehr Erbitterung; nur in meinen vermiſchten Schriften werden (blos) die Sedezaufſätze ge - druckt; und höchſtens an Vogt in Frankfurt Siegel und Brief ge - ſchickt. Gute Nacht, Lieber!

R.

238. An Otto.

Guten Morgen! Hier nur einige Bogen wegen unaufhörlicher Störungen; dafür aber deſto intereſſantere Briefe. Was ich vor - ausſagte: meine Daemmerungen erfahren gerade das Doppel - Urtheil, daß ſie zu deutſch und daß ſie zu franzöſiſch geſchrieben ſind; und ſo iſt der Zweck des Titels ſchon erfüllt. Warum gibſt du Emanuel meine Briefe nicht?

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239. An Fürſt Primas Dalberg.

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Ihrer Hoheit wag ich die Daemmerungen die Fortſetzung der Friedens Predigt mit dem Wunſche zu überſenden, daß ihnen von der Aurora ſo viel Licht und Farbe zu Theil geworden, als Sie in manche Dämmerungen der Völker und des Verfaſſers ſelbſt durch die Fortdauer und Größe Ihrer Güte brachten! Wenigſtens hoff ich, daß der erſte Aufſatz: über den Gott in der Geſchichte und im Leben, die Zuſtimmung eines im höhern Sinne geiſtlichen Fürſten nicht ganz verfehlen werde. Alsdann hat ſich das Gefühl meiner Dankbarkeit gegen J [hre] H [oheit] zwar nicht befriedigt, aber doch ausgedrückt.

240. An Otto.

Mein Unveränderlichſter! Ob ich gleich deine Güte voraus weiß: ſo überraſcht ſie mich doch zumal durch die Größe. Habe Dank für alles und beſonders für dein Bruderblatt. Ich hoffe für uns alle eine frohere Zeit. Sei ſo gut und komme abends auf einen Tropfen Thee. Blos Dobeneck wird da ſein.

R.

241. An Otto.

Guten Morgen, mein Alter! Unſere Vermuthung mit dem Spinnrocken-Surrogat war richtig. Lieb iſt mirs, daß der Ober - förſter gerade in Frankfurt wohnt.

242. An Knebel in Jena.

Verehrter Freund! Wenn Sie nur ſo viele Briefe an mich ſchrieben als ich Bücher an Sie: ſo wär ich froh und dankbar; denn ich hätte 3 Briefe mehr bekommen, nämlich für Schmelzle, Katzenberger und Daemmerungen; und in allen dreien einige kritiſche Worte von meinem ſo geachteten Kunſtrichter. Gibts denn keine Brieffedern und Poſtpferde mehr in der Welt? Poſt - meiſter wenigſtens genug, da jeder Fürſt jetzt einer iſt. Wie ſehn93 ich mich, nur einen Tag lang mit Ihnen über die lusus naturae et diaboli der jetzigen Zeit zu reden! Auch über die literariſchen Naturſpiele möcht ich Sie hören, z. B. über die Wahlverwandt - ſchaften, für welche ich beinahe ein öffentliches Wort gegen den Halliſchen Halloren geſprochen hätte, ob mir gleich auch das ideale Ehebrechen darin nicht gefällt. Reelles wäre viel ſittlicher.

Wenn Sie mir, theuerſter Freund, die Freude eines Briefes machen, ſo verdoppeln Sie doch ſolche, indem Sie einige Ihrer Gedichte beilegen. Mir gefallen Gedichte jetzt immer ſeltner; und daher muß ich nach ſeltnen wie die Ihrigen, jagen.

Leben Sie wol; ich grüße herzlich Frau und Sohn.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

243. An Minna Spazier in Leipzig.

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Über Ihre Überſetzung kann ich aus Ermanglung ihrer und des Urbildes nichts öffentlich ſagen; mehr thun hieße die Verwandt - ſchaft und Freundſchaft in kritiſche Urtheile verwandeln. Kuhn, nicht der Frei - ſondern Frechmüthige, der keine Seite Ihnen nach - ſchreiben kann, wenn er ſie nicht abſchreibt, ſcheint von zweierlei Schönheiten eiferſüchtig gemacht worden zu ſein, nicht blos von geiſtigen allein.

244. An Otto.

Hier haſt du wieder, lieber Otto, ein Papierlumpen-Pack, das ich mir heute von Wagner geben ließ, weil ich in der J [enaischen] L [iteratur] Zeitung geleſen, daß Jacobi (mit Schlichtegroll, Jacobs, Niethammer ꝛc. ) ihren Anklagsprozeß puncto injuriarum atrocissimarum et satisfactionis gegen Aretin verloren. Ich kann nun keine Prämie auf die ſchlechteſte dümmſte Rezenſion meiner Daemmerungen ſetzen; hier folgt ſie ſchon; (gleich mit dem Anti-Jacobi voraus). Du wirſt ſchon ſo ſchnell durchfliegen wie ich.

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245. An Otto.

Habe Dank! Aber du irrſt dich. Der Rezenſier-Tropf iſt ein patriotiſcher enragé. Wie könnt er gegen das lange Leben großer Eroberer lauter gemordete anführen? Eine eigentliche Belei - digung für Napoleon. Aus jener patriotiſchen Dummheit kommt der Gedanke an Alexander, deſſen Nennung als Alliierter Napo - leons ja nicht boßhaft ſein kann. War er mir aretiniſch feind: ſo ſtanden ihm ganz andere Stellen zu Gebot, von welchen ſogar mir Gutgeſinnte fürchteten. Er tadelt an mir ja ſogar das Wunder - Finden an Napoleon. Häßlich dumm iſt er bei Ironien. Vorher beſorgt ich wirklich ſo etwas von Einflechtung ins Jakob. -Schick - ſal; und war daher froh über bloße Dummheit.

N. S. Noch einmal las ich eben die Rezenſion und wurde noch mehr meiner Meinung; z. B. bei der Taube mit dem Oelblatt und Grün über den Gott in der Geſchichte bei ſeiner Dumm - heit über das Erdefreſſen bei Selbſtſtillen der Staaten über das Feſthalten der Bildung auf Lumpenpapier, wo er ſogar das vorige Baiern anführt über Statuen.

Jakobs und Schlichtegroll und Niethammer ſind meine ächten Freunde; auch Jakobi, nur aber unvertragſam mit meinem Scherze.

Du ſollteſt meine Grönländiſchen Prozeſſe (bei mir zu haben) und die Teufelspapiere wieder leſen; an letztern hab ich nichts, an jenen wenig zu ändern, ob ſie gleich im 17 und 18 J [ahre] gemacht worden.

N. S. Im Gegentheil hab ich einmal die Baiern die deutſchen Engländer genannt. Die Rezenſion iſt wahrſcheinlich von einem bayreuth. Feinde wie faſt alle Rezenſionen meiner Werke.

Warum hätt er ſonſt z. B. nicht mein Sprechen gegen große Reiche und das Behaupten ihres Zerfallens, mein Tadeln der Er - oberer, der Franzoſen, das Spotten über Kontribuzionen ꝛc. ꝛc. ꝛc. angeführt? Könnt ich dich nicht dieß mal mit Buch und Rezen - ſion in der Hand bekehren: ſo wärſt du der leibhafte Krause.

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246. An Cotta.

Lieber Cotta! Ich wünſche, daß Sie die vortrefflichen Aufſätze eines meiner Freunde, der an der Pallas mitgearbeitet, aufnehmen können. *)Er gibt vielleicht nächſtens ein Bändchen ſeiner vermiſchten Schriften, theils in andern berühmten Zeitſchriften ſtehenden, theils ungedruckten.

Eben arbeit ich an einer ernſthaften Erzählung für Ihren Damenkalender, die in einigen Wochen kommen wird.

Ich bitte Sie, zur Oſtermeſſe für mich an Buchhändler Heinsius in Gera 3 rtl. und 18 gr. zu bezahlen.

Aus Ihrem Schweigen errath ich den Ausgang der Zenſur - Bitte. Überhaupt iſt jetzt eine Bitte um gemilderte Zenſur nicht blos vergeblich, ſondern ſogar ſchädlich.

Leben Sie wol! Nächſtens mehr!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

247. An J. B. Engelmann in Frankfurt a. M.

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Dem Spinnrocken-Surrogat bin ich viel Dank, nämlich das Ver - gnügen Ihres Schreibens ſchuldig. Ich bitte Sie, der verehrten Direkzion des Museums meinen innigſten Dank für eine ſo ver - bindliche Aufmerkſamkeit mitzutheilen, welche mir wol ein größeres Misvergnügen verſüßen könnte als das kleine über einen muth - willigen Scherz geweſen. Auch hab ich nie nur im Geringſten die ꝛc. Direkzion irgend einer Schuld der Mittheilung fähig halten können ꝛc. ꝛc. Dergleichen fliegt über mich hinweg ohne Erkälten wie der laue Schatten einer Sommerwolke. Auch über Glaube ꝛc. hätt ich kein Wort verloren weil Er meinen Namen ja hinten wieder in integrum reſtituiert , wenn ich das Wort nicht der Achtung für das Publikum und für das Recht ſchuldig zu ſein ge - glaubt hätte. Auch gehört unter die guten Früchte jener böſen Frucht die längere Beilage von Ihnen.

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248. An Otto.

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Früher ſprach ich, ohne einen Namen, nicht ſo furchtſam von mir, denn ich hatte mehr [?] Freude an meinem Schaffen und an deſſen Leichtigkeit. Jetzt vermindert ſich die Kraft bei der Vermehrung der Einſicht, was ſonſt umgekehrt.

249. An Otto

Guten Morgen! Hier das Blättchen. Ich arbeite eben an Cott. Damenkalender.

Auch Perthes kannſt du geben und dabei das Honorar nicht nach Bogen, ſondern ſogleich beim Empfange des Mſpts ver - langen, wie ich zuerſt bei Voß gethan.

250. An Otto.

Mein lieber Otto! Hier Perthes Brief! Da ich ihm heute ant - worte: ſo ſage mir, ob ich ihm nicht etwas von dir verſprechen ſoll; lies aber vorher den Brief. Über Jacobi hört ich geſtern wieder die traurigſten Nachrichten, und ich konnte kaum ſchlafen. Er ſoll in Arreſt, ja in Banden ſein. Dieß zerreißt die Seele. Nächſtens das Weitere.

Deinen Irrthum über den Rezenſenten kann ich dir nun mündlich ganz benehmen.

251. An Otto.

Guten Morgen, Alter, nach dem ſo ſchönen Abend! An Perthes hab ich noch nicht geſchrieben; indeß zweifl ich bei der Nähe der Meſſe an Annahme Bedenke nun gar den Hin - und Herweg Gibs dem Bertuch, der dir durch das Lob Rühle’s gewiß ſo viel bietet, als die Zeit erlaubt. Auch wirds ja größer gedruckt. Ein neuer Buchhändler gibt wenig. Indeß bei der Nähe Nürnbergs kannſt du vorher ohne Manuſkript fragen und ſagen wie viel mehr du willſt und ihm dich durch Anführung97 deiner ſchon gedruckten Arbeiten kenntlicher machen. Wir ſprachen geſtern alle ſo froh zuſammen, daß ich 1000 Dinge dir zu ſagen vergeſſen habe. Auch ich hörte über Jacobi Beruhigendes. Ein ſpäter Brief v. 27. meldet nichts. Grieshammer hört es auch nur nach ſeiner Abreiſe.

N. S. Gib doch die Bibliothek der redenden Künſte mit.

252. An Otto.

Alter! Hier Schleſiſches Brief-Pack einer noch an Emanuel koſtet 2 fl. 59 kr. 1 Pf. Die Arme nähert ſich der Verrückung. Mein Frankfurter Ehr (en) mann gefällt mir mit ſeinem Spaſſe mehr; am Ende iſt er mir etwas gut. Der vielleicht einfältige Fikenscher hat die oberdeutſche Rezenſion gemacht, quod demon - strabitur. Sende mir die Ehrenmannia bald zurück. Mein Rath über dein Buch bezog ſich blos auf die Vorausſetzung, daß es noch dieſe Meſſe herausſolle.

253. An Otto.

Lieber! Erlaube mir nur eine kurze Erwägung, deren Reſultat ich entweder heute abends ſelber bringe oder (falls die Poſt früher es begehrt) früher ſchicke.

254. An Otto.

Lieber! Verzeihe das Geſtern! Ich gerieth an mein neu ge - ſtimmtes Fortepiano und verſpielte die Zeit. Pandora iſt gut, aber mit dem Beiſatze Kameral - oder kameraliſtiſche oder Finanz - Pandora der neueſten Zeit (letzten neueſten Jahre). Das über den Adel gib lieber Cotta; oder wenn ers nicht annehmen darf, ſo gib es in einer eignen Sammlung heraus, was ich am meiſten wünſchte. Verleger wollt ich dir leicht ſchaffen. Da dein Titel gut iſt: ſchlag ich keinen vor, wie etwa Finanz-Ultimata (- Ab - ſchlüſſe, - Summarien) der neueſten Zeit. Sogar, im Falle der Nicht-Annahme, könnteſt du das über den Adel der Pandora7 Jean Paul Briefe. VI. 98mitgeben, ohne Titel-Änderung*)denn einem Buche iſt nichts ſchädlicher als ein Titel, der mehrere Leſer - Klaſſen herruft., da es am Ende auch auf Finanz - Wirthſchaft ausläuft.

N. S. Kannſt auch noch beiſetzen Handels - und Finanz-Pandora der ꝛc.

255. An Otto.

Geſtern war ich, Meiner! gegen alle Regel zweimal froh, im Gymnaſium und bei dir. Was wird das Schickſal zu dieſem Duplum ſagen? Dieß: das Simplum iſt ſchon zu viel für Einen Tag. Sei ſo gut und ſchicke mir die Literaturblätter.

R.

N. S. Voriges hatt ich geſchrieben eh du ſchriebſt. Dein neueſter Titel iſt der beſte.

256. An Otto.

Solche Eile hat es nicht. Ausgezogen muß durchaus werden. Hier iſt mein ernſter Aufſatz für Cotta’s Taſchenbuch. Alles ver - fluchte Kleine arbeit ich hinter einander weg, um nur einmal in etwas Größerem friſche Luft zu ſchöpfen. Morgen abends 4 Uhr geht die Poſt. Willſt du es Emanuel ohne Poſtzeit-Verluſt geben: ſo hab ich nichts dagegen. Was Max gebracht, gehörte in die Harmonie. Willſt du es aber leſen: ſo brauch ichs nur abends. Die Rezenſion iſt aber unbedeutend. Ich unterbreche dich heute oft.

257. An Cotta.

Hier mein Aufſatz, der mit ſeinem ernſten Inhalte der Beſtimmung Ihres Damen-Kalenders entſprechen will.

Da ich in meinen Haushaltungs Rechnungen kaufmänniſche Be - ſtimmtheit habe: ſo werden Sie es blos für eine Nachahmung der99 Ihrigen hoff ich anſehen, wenn ich Sie bitte, daß Sie für die Kleinigkeiten in Ihrem Morgenblatte von der Bitte an den Merkur Ende Dezembers 1808 an bis zu den Aufſätzen Ende De - zembers 1809, welches zuſammen fünf Aufſätze ſein werden mir nach unſerem neueſten Kommerzientraktate eine Anweiſung an wen Sie wollen, übermachen möchten.

Hat die Zenſur nur einzelne Gedanken und Wendungen in meinen ungedruckten Aufſätzen für das Morgenblatt ausgeſtrichen: ſo könnt ich leicht abhelfen durch zehn neue für fünf alte.

Über den Oberförſter Wolf will ich Ihnen nächſtens Novitäten ſagen, wenn nicht geben. Dank ſind wir ihm aber doch ſchuldig, nämlich die treffliche Satire Weissers, welcher als ein wahrer ſatiriſcher Simſon*)Er wächſt zuſehends von der Rabnerſchen Satire (Witz hat er ohnehin 1000 mal mehr als Rabner) zur brittiſchen hinan. die Kinnbacke des Titelblatts-Kopfes hand - habte. Gleichwol iſt der Verfaſſer Doct. Ehrmann in Frankfurt ein Mann von vielem Witz und Wiſſen und der wirklich zum Vortheil einer armen Familie das Buch aus deren Papieren ge - macht.

Leben Sie wol, beſonders auf der Meſſe! Ihr J. P. F. Richter

N. S. Eben bekomm ich einen Brief von unſerem trefflichen Wagner. Da er mich fragte, ob ich am Titel ſeines ſchon nach einigen Proben mir ſo gefallenden Abc. nichts zu ändern finde: ſo werd ich ihm mit nächſter Poſt antworten, daß ich allerdings am Titel Leſebengel entweder in Leſeſchütz oder Abcſchütz oder Buchſtabierſchütz oder Abc - und Leſe-Schütz zu ändern fände. Iſts möglich, ſo laſſen Sie den ſtets zurück ſtoßenden Titel Bengel ungedruckt bis er entſcheidet.

258. An Otto.

Alter! Vielleicht iſt doch etwas in den Ephemeriden für dich. Laſſe doch deine Frau das Beutelchen anſehen. Meine hat mich heute in einen linden Fieberſchweiß verſetzt, der Krankheitsmaterie7*100abtreiben kan [n], durch die Darſtellung von geſtern. Es iſt mir freilich heilſam, wenn ſie mich ein wenig ſchüttelt; aber war ich denn ſo ſehr wild, zumal da ich allen ohne Ausnahme Freude machen wollte und weniger trank als ſonſt? Ich bin ordentlich meiner müde. Kannſt du mich aber ein wenig tröſten: ſo thu es. Künftig werd ich mit dir mimiſche Hemmketten meines Weſens verabreden. Emanuel gib allemal alles.

* 259. An Ernſt Wagner in Meiningen.

Lieber Wagner! Ihr Brief hat mir ich weiß nicht ob mehr Freude oder mehr Schmerz gebracht. Der letztere iſt, daß ich mir den Mann, der ſo viel Leben hat und gibt, immer es verlierend denken ſoll; was ich nicht einmal mediziniſch kann, oder ſonſt konnte; daher Sie auch dato noch leben. Eine poetiſche Seele wie die Ihrige iſt die beſte Wunder-Arzenei eines ſiechenden Leibes.

Aber Freude brachte mir Ihr Blatt nicht blos durch die Dar - ſtellung Ihrer liebenden Seele, ſondern auch durch die Nachrichten von Andern, die ſie belohnen. So ſei es! So müſſen Sie geliebt werden! Und Sie werden noch mehr Geſänge geben als Ihren Schwanengeſang!

Für Ihre empfangenen Bücher danke ich herzlich. Über den Titel des neueſten ſchrieb ich an Cotta geſtern mit der Bitte, ihn noch nicht ohne Ihre zweite Ratifikazion abdrucken zu laſſen. Nämlich Leſebengel ſchreckt, zumal auf einem Titelblatte, ab. Warum nicht ABC-Schütze, oder Buchſtabier-Schütze, oder ABC - und Leſe-Schütze?

Über die Wahlverwandtſchaften bin ich ganz Ihrer Meinung; aber das jetzige Publikum iſt es gewiß auch; und wozu ihm ſeine eigne Meinung vorſagen?

Gegrüßt ſei der alte hohe Ritter Truchſeß dann alles was den Namen Heim führt ... O ich ſehne mich wol nach drei Feſttagen in Meiningen und nach dem Anblicke der Herzogin, in welcher ich obwol ſchmerzhaft genug meinen Freund Georg zum zweiten male wieder lieben würde und müßte. Es geh Ihnen wie der Erde, d. h. haben Sie Frühling!

J. P. F. Richter

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260. An Medizinalrat Langermann in Bayreuth.

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Guter Medizinal - und Staats Rath! Freilich wäre mir der kleinere Titel lieber. Könnten Sie mir nicht noch etwas ſchenken, einen Schwanengeſang, eine Finalkadenz, nämlich den morgenden Abend? Sie würden dann Ihre Freunde auch mit beſchenken, die ich dazu bäte.

261. An Otto.

Alter! Dieſes liebevolle Briefchen des Primas das ich ſorg - fältig aufbewahren werde hat auch politiſche [n] Werth für mich, wenn man die Daemmerungen politiſch angriffe; denn jetzt iſt ja, das Wahrſcheinliche ausgenommen, alles möglich. Himmel, wie viele Briefe geb ich nicht! Du aber ſchickſt mir z. B. von deiner baierſchen, preußiſchen Korreſpondenz kein Blatt. Dein jetziges buchhändleriſches Verhältnis iſt endlich nach meinem Wunſch; wird es aber doch [!] mehr werden.

262. An Göſchen in Leipzig.

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Vergeben Sie mein Verzögern meinem Bejahen. Ich wollte erſt gewiß ſein, ob ich etwas erfände, was für Ihren Kriegs Ka - lender ſich nicht nur einigermaſſen im Werthe ſondern auch im Gegenſtande eignete. ꝛc. ꝛc. Denn im Feuer der Arbeit ſetz ich mir keine typographiſche, nur äſthetiſche Gränzen .... Der treff - liche Verleger Klopſtocks ꝛc. hat nur den einen Fehler, daß er nicht genug Selbſt-Verleger d. h. der ſeiner eignen Schriften iſt; denn er könnte etwas in [?]

263. An Otto.

Guten Morgen, Theuerer! Der gute Maler Maier wollte zwar heute den Kopf meines Leichnams abzukonterfeien anfangen; aber lieber hab ich sedes als eine Sitzung an dieſem herrlichen Tage. Ich will mit ihm (er lief eben nach Fantaisie ſeinen Freunden102 entgegen) nach Hermitage, und wünſchte ſo ſehr mit dir zu gehen. Willſt du mich um 2 Uhr hier abholen, oder um 2 Uhr in der Sonne holen laſſen: ſo ſchreibs. Auch meine Frau, Dobeneck, Harms ꝛc. ſind da. Das dicke Ungewitter hat die Liebe wieder zertheilt: ſo wir armen Menſchen und Gatten!

* 264. An Joh. Dav. Mumenthaler in Langenthal.

Mein Schweigen und mein Verſchieben des Danks werden Sie, hoff ich, nicht blos aus meinen Geſchäften ſich erklären, ſondern aus meinem Beſtreben, Ihren Wunſch zu erfüllen; der denn auch erfüllt iſt. Beide hier folgende Bücher längſtens aus den Buchhandlungen verſchwunden waren in einer fernen Stadt nur Beſitzern abzugewinnen. Die grönländiſchen Prozeſſe ſchrieb ich im 17ten Jahr auf der Univerſität; das andere im 24ten zu Hauſe. Wollen Sie mir die unbedeutende Auslage wie Sie drohten wieder erſtatten, ſo muß ich leider ſo viel von Ihrem Käſe, als ich noch nicht aufgezehret, Ihnen zurückſchicken. Alter Käſe und jugendliche Werke gegen einander getauſcht dabei kann wenigſtens ich nicht verlieren, und ich wünſche, daß Sie nur halb ſo viel Ge - ſchmack an meiner Sendung finden als ich an der Ihrigen.

Ihre Freude über die Dämmerungen macht mir eine große. In der Oſter-Meſſe erſcheint nichts von mir; aber im Sommer kommen Nachdämmerungen von mir im vaterländiſchen Muſeum bei Perthes. In Cotta’s Damenkalender erſchein ich dießmal ernſt als Maler der Elternliebe, dann ſcherzhaft in der Urania und im Kriegskalender.

Durchleben Sie, herzlich von mir geliebter Mann, die jetzige frohere Zeit froh!

Ihr J. P. F. Richter

265. An Otto.

Guten Tag! Wer einen haben will, gehe heute in die Hermitage, von der ich eben zurück komme. Lies zuerſt Dalbergs alten Brief dann im geſtern angekommnen Muſeum S. 145 dann den 2ten Legazionsrath Vogt S. 92, 93 oder beide Dramen. 103 Eine Stunde lange kocht ich geſtern und wollte den ſchwarzen Krebs ſchamroth kochen. Jetzt nehm ich aber an allen eine be - quemere Rache und geb ihnen nichts. Dagegen iſt mir D. Ehr - mann ein Ehrenmann.

Sage mir doch deine Meinung über den Wein und deſſen Namen [?]. Mum ſagte, ich möchte ja nicht vorher jemand etwas davon verſprechen, eh ich ihn gekoſtet.

266. An Emanuel.

Guten Morgen! Ihrem gütigen Anerbieten hab ich zu ant - worten und zu danken verſäumt im Wirrwarr der Fremden bei mir. Ich brauche das Geld erſt Ende Monats; auch hab ich erſt wieder einiges eingenommen. Reiſen Sie froh in der froheſten Jahrszeit.

R.

267. An Otto.

Hier, Lieber, ein Paar Blätter, worin vielleicht etwas für dich iſt. Emma kann ſo lange bleiben bis du fertig biſt. Ein Lob in einer politiſchen Zeitung iſt durch die Leſer-Menge einträglicher als eines in einer gelehrten. Haſt du Buttmanns Brief noch? Ich lebe jetzt in einem und dem andern Saus und Braus.

268. An Hans von Ahlefeldt in Berlin.

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Gerlach macht mein Blatt zum Blättchen, da er dir erzählen kann ꝛc. Dein letzter Brief hat mich aus ſchroffen [?] Zeiten in vergangne luſtigere zurückgeführt. Die Jugend nachträumen.

269. An Otto.

Guten Tag! Ich ſchicke dir hier das Wiener Sonntagsblatt; gefällts dir, ſo kannſt du noch einen Band haben. Es iſt viel beſſer als ich von Wienern erwartete. Wagners Ferdinand kann ich nicht finden. Ich habe auch den theuern Kunſtkalender von Goeschen bekommen, den du bald haben ſollſt. Hahnemann iſt verſchrieben auf der Poſt. Ich beſuche dich nächſtens.

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270. An Friedrich Meier in Dresden.

Hier, lieber theurer Meier, Ihren ſchönen Nach - und Wieder - ſchein mehr Ihrer als Meiner, ſo ähnlich auch jeder Anſchauer das Bild gefunden hat; denn auch die treueſte Kunſt zeigt etwas beſſers als die Natur. Seit langem wurd ich im Spätjahr des Lebens, das ich bis zur finſtern kalten Neujahrsnacht des Endes zu durch - leben habe, nicht ſo ſchnell und anhaltend für zwei Menſchen er - wärmt als für Sie und Ihren Freund. Meine ganze Seele grüßt Euch beide meine Frau ohnehin und meine Kinder dazu. Es geh Euch Guten ſo, wie Ihr ſeid!

Jean Paul Fr. Richter

271. An Cotta in Leipzig.

Mitten unter Ihre Geſchäfte ſchick ich Ihnen ein neues. Nämlich der herrliche Dichter des Schlangentödters den ich in den Heidelberger Jahrbüchern ſo gelobt und deſſen Rezenſion der neuen Ausgabe, betitelt Held des Nordens, vorgedruckt iſt , nämlich der Baron La Motte-Fouqué bittet mich, dieſen Brief an Sie noch in der Meſſe abzuſenden, damit Sie mit ſeinem bisherigen Verleger Hitzig ſich über den Verlag der Manuſkripte beſprechen können, die dieſer nicht annehmen kann. Allerdings verdient Fouqué einen Verleger wie Cotta iſt.

Ich danke Ihnen für Ihre ſchnelle Antwort und Gabe für Morgenblatts-Arbeiten; aber eben aus der Schnelle erklär ich mir, daß Sie nicht Zeit gehabt, an meine Bitte vom 11 Auguſt 1809 zu denken, deren Bejahung von Ihnen hier beiliegt, nämlich mir die Aufſätze im Morgenblatt nach dem Drucke Schmelzle’s zu honorieren, weil ich ſonſt für jeden Aufſatz kaum Einen Louisd’or bekäme, z. B. jetzt für 9 Aufſätze kaum 9 Louis. Laſſen Sie einen Setzer dieſe leichte Berechnung machen und ſchreiben Sie mir den kleinen Überreſt zu Gute.

Mein Almanachs-Aufſatz habe blos dieſen einfachern Titel: Eltern und Kinder. Eine Erzählung.

Ich möchte wol zur M [ichaelis] Meſſe ein Bändchen geſam - melter Schriftchen herausgeben (den Titel weiß ich noch nicht), da105 ich ohnehin in dieſem Jahre dem Publikum nichts anderes liefern kann. Ich würde Aufſätze von mir aus früherer Zeit z. B. aus der Litteratur - und Völkerkunde von Archenholz, mit aufnehmen und aus Almanachen; nur müßten Sie mich belehren, was buch - händleriſch Rechtens iſt, nämlich wie alt ein Almanach ꝛc. ꝛc. ſein muß, damit man daraus nehmen kann. Vieſe Leſer wünſchen dieſe flüchtigen Kalender-Blumen in Einen Strauß gebunden. Neu, viel - leicht lang, wäre nur die Vorrede, und die Verbeſſerungen. Bei Mohr und Zimmer kann ich ſchon des Titels wegen dieſe Sammlung nicht fortſetzen, da der Katzenberger ja geſchloſſen iſt. Thu ichs nicht, ſo kommt mir bald ein Nachdrucker raubend zuvor.

Die Antwort auf dieſes alles erwart ich, wie ſich verſteht, nicht aus Leipzig ſondern aus Tübingen. Ein ſolches Bändchen in zwei Abſchnitte, in den ernſten und in den komiſchen geordnet müßte nicht über 12 oder 14 Druckbogen ſtark ſein; und ſo könnten wir in jedem Jahre eines geben.

Bei dem Abdrucke der reſtierenden Aufſätze für das Morgen - blatt wünſcht ich wol, daß die Redakzion irgend einen feinen Wink der ſchon frühern Einſendung derſelben gäbe.

Ich thue faſt zu viele Bitten an Sie. Leben Sie wol und be - halten Sie mich ſo lieb als ich Sie!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

272. An Perthes in Leipzig.

Nur einige wenige Worte, lieber Perthes, wenn nicht ſchon deren zuviel iſt! Ich freue mich kindlich auf Ihr Muſeum und weiß voraus, daß keine Feder daran ſchreibt, die nicht in einem Flügel ſteckte, keine Schwanzfeder, die nur ſteuert, nicht hebt.

Alle Ihre Briefe (über Gotha) hab ich empfangen. Das un - bedeutende Honorar für meine unbedeutenden Aufſätze können Sie mir auf eben dieſem Wege vermachen; oder auf jedem andern ohne Geld, da ich hier alle Anweiſungen anbringen kann oder aus Leipzig ſelber das Geld oder wie Sie wollen.

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Unſerem Freunde B [eneke] hätt ich viel zu ſchreiben, ſchrieb ich nicht ſo eilig. Was nur Ironie war oder Hinweiſung z. B. die wichtige Stelle aus Montesquieu über die Römer, welche in Griechenland Souverainitäten austheilten hielt er für Ernſt. Aber ich achte hoch ſein deutſches Herz; und unter allen ſeinen An - merkungen über mein Buch war keine, die mich ihn nicht hätte mehr lieben lernen. Er ſei herzlich gegrüßt!

Gott weiß, wie es mit ſeinen Papieren gegangen. Alle, alſo auch die fehlenden gab ich dem Reiſenden mit. Bei mir iſt wie bei einem Kaufmanne nach Jahrzehenden jedes Blatt zu finden. Was verloren iſt, ging unter Wegs verloren; aber ich hätte auch dieß nicht gewagt, wenn B. mir nicht ſelber geſchrieben hätte, daß ich ſeine Aufſätze an Wagner in Meinungen ſenden ſollte.

Die neue Auflage der Vorſchule Ach die Gedanken dazu ſind alle niedergeſchrieben oder die übrigen im Kopfe; aber noch fehlt die Zeit dazu; und der Poſtwagen deßfalls; denn ich habe Bücher nachzuſchlagen, die ich im bücher-armen Bayreuth nicht finden kann. Aber bald, bald geh ich an dieſe mir ſo liebe Arbeit, wenigſtens in Jahr und Tag.

Mein ganzes Herz grüßt Sie.

Jean Paul Fr. Richter

273. An Auguſt Mahlmann in Leipzig.

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Ein Liederkomponiſt hat wenig dabei zu thun als den einen Klang in einen andern zu verwandeln.

274. An Emanuel.

Willkommen, Wiedergekommner! Hier der Wechſel, und der Dank für 200 fl.! Seltſam iſt der Menſch; ſchon vor Ihrer Abreiſe wollt ich Sie beſuchen; aber noch immer heb ich dieſe Minute, wie ein Winter den Frühling, mir auf, halb auch aus Angſt, Sie Nachmittags nicht allein zu finden. Geſtört wurd ich ohnehin bisher, da nie ſo viel Leute bei mir waren und was noch mehr iſt aßen als bisher.

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275. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Das Programm zum Exaudi-Feſt iſt aber ſo:

  • 1. Sämmtliche Herrſchaften ſpeiſen in der hölzernen Stiftshütte neben der Rollwenzelei
  • 2. Nach dem Eſſen erheben ſie ſich nach Kohlendorf zum Kaffee ein Paar vorher auf der Treppe ins Bett
  • 3. Nachmittags rückt aus Bayreuth die lange Reſerve-Armee von Kindern in Kohlendorf ein
  • 4. Abends geht man nach Haus und du doch auch?

276. An J. B. Engelmann in Frankfurt a. M.

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Empfehlung d [er] Fräulein Klamer die jetzige Weltſprache, die wahre lingua franca Das Schloßerſche Muſeum hab ich erhalten, aber nicht verziehen.

277. An Otto.

Hier haſt du endlich die politiſchen Sachen. Villers Brief brauch ich noch zu einem begehrten Schreiben an den Herzog von Gotha, um deſſen jetzigen Titel ich dich bei Gelegenheit bitte. Möglich, daß ich des Georgius, d. h. der Aufſätze in Pallas, der etwas an Perthes geben könnte weil du es wollteſt erwähnte; (deinen wahren Namen, verſteht ſich, nicht, wiewol du auf das Schweigen dieſes Redlichen dich verlaſſen und ſo eine Menge Couverts-Plakereien vermeiden könnteſt) ſollteſt du aber ſo etwas übel anſtatt gut aufnehmen: ſo weiß ich nicht.

Gute Nacht.

278. An Emanuel.

Guten Tag und großen Dank, lieber Emanuel! Ich bitte Sie, mir [die] ungefähre Stunde zu melden, wo ich die Zeitung abholen laſſen kann, da ich mir Zeitungsträger genug dazu gezeugt habe. Otto wird Ihnen noch einen Brief von der Herder (aus108 Bern geſchrieben) geben. Der arme Harmes härmet ſich noch hier ab, da ſeine Harm. nicht fortkann, aber er fort wünſchte. Doch ihn tröſtet Beiſammenſein, das er bisher ſo lange durch verſpätetes Ankommen entbehren mußte.

Ich bitte Sie, doch nachzuzählen, ob dieſe 13 fl. 7 kr. fränk. ge - rade ſoviel ſind, da man mir es ſchon zurück geſchickt und ich nicht klug daraus werde. Ich bin es der Bücher-Verſteigerung ſchuldig.

Villers Brief geben Sie Otto.

279. An Herzog Emil Auguſt von Sachſen-Gotha.

Durchlauchtigſter Souverainer Herzog, Allergnädigſter Souverainer Herzog und Herr!

Die vereinigte Bitte eines Franzoſen und eines Deutſchen wagt ſich vor Ihro Hoheit, Villers und die meinige; auch ſo die ver - einigte Hoffnung, denn Villers verſteht ſoviel Deutſch und Poeſie, daß er ſogar Ihre Werke verehrt.

Der große Schlötzer in Göttingen hinterließ bekanntlich mehr Erben als Erbſchaft und Deutſchland gab wol ſeinen Büchern Buchbindergold, aber dem Verfaſſer wenig anderes. Nun wurde jetzt durch den Verkauf ſeines Hauſes ſeine jüngere oder jüngſte Tochter ausgetrieben Lisette , welche nun nirgends in Göt - tingen wohnt als in vier vortrefflich eingerichteten Kammern in Gotha, in welche man bekanntlich das Herz eintheilt. (Ver - zeihen Ihro Hoheit dieſe Wendung nach ſo vielen ähnlichen in meinen Büchern.) Sie iſt nämlich die wärmſte Liebende und Ge - liebte und Verſprochne des Rentenkommiſſärs Gelbke bei Ihrer Kammer. Beide dachten bei ihrer Liebe an eine edlere Silber - hochzeit als die metalliſche iſt, womit man ſo oft Ehen anfängt. Aber Ihro Hoheit können die Sonne ſein, welche beiden, nur an Liebe Reichen die Roſenknoſpe der Liebe zum Roſenfeſte der Hoch - zeit aufſchließt, wenn Sie hier müſſen ich und Villers in die Rentei-Proſe herab dem guten Gelbke die Jahre hindurch, eh er avanciert, einige 100 rtl. bewilligen wollten. Er ſelber iſt zu furchtſam, dieſe Bitte nur zu denken, geſchweige zu thun; auch ſchrieb der edle Villers ohne deſſen Mitwiſſen an mich. Villers und meine Bitte und Hoffnung iſt, daß der deutſche Fürſt deutſche109 Fürſten ergänzt und von deren Schulden an Schlötzer etwas an deſſen Tochter abträgt daß der, der die Liebe ſo zaubernd be - ſungen, ſie auch beglückt und daß auch hier Sie Sie ſind.

Ein Blättchen von Ihnen kann auf ſeinen Flügeln groſſe Freuden für viele tragen, für vier Menſchen wenigſtens.

Euer Hoheit unterthänigſter Jean Paul Fr. Richter

280. An Emanuel.

Guten Abend und gute Nacht! Wollen Sie den am ſchönſten Pfingſtmorgen geſchriebnen Brief leſen und mit der Bedingung an Otto ſchicken, daß ich ihn morgen bald wieder bekomme? Sollten Sie Mums Brief noch haben: ſo bitt ich Sie, mir die Wein-Abbreviatur zu erklären, die nicht einmal Otto verſtanden.

281. An Otto.

Guten Morgen! Wieder etwas von meinem Villers. Ich weiß nicht mehr gewiß, ob du die ähnliche (p. 74) nur von dir mehr durchgeführte Meinung ſchon drucken laſſen; denn dann hätt er ſie von dir, da er alles lieſet. Ich bitte dich, geh am Mitwoche [!] in das mechaniſche Theater. Hier ſieht man im Kleinen, was die große Oper in Paris vermögen mag. Solche köſtliche Dekorazionen ſolches unbegreifliche Spiel der (lebensgroß-ſcheinenden) Puppen, das du ſchlechterdings nicht von menſchlichem unterſcheiden kannſt, und ſolche Verwandlungen geh hinein.

282. An J. G. Zimmer in Heidelberg.

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Ich weiß kaum, ſoll ich um Verzeihung [bitten] oder nicht, daß ich Ihren frühern Wunſch erfülle, Fibel erſt zur O [ſter] M [eſſe] zu geben. [Da ich keine Möglichkeit ſehe, Fibel als einen dritten Theil von Katzenberger zu geben: ſo kommt er als ein eignes einziges Buch in 1 Bändchen heraus. ] .... Nachricht, daß ich die vermiſchten Aufſätze bei Cotta gebe.

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283. An Emanuel.

Guten Morgen, Unſichtbarer! An dem letzteren Beiwort iſt vielleicht Emma ſchuld, welche vorgeſtern ein Einladungs Billet durch Ihr Gitter ein zu werfen hatte. Von Otto müſſen Sie bald (heute) wieder Zirkulier Briefe bekommen; Sie bekomm ich freilich nicht. Harm iſt fort ſchrieb ich eben an Otto; oder heißts Harmes.

284. An Otto.

Guten Morgen! Buchhändler Schrag ein äußerſt redlich ausſehender Mann wollte dir dieſen Reviſions Bogen über - geben; ich übernahms ohne deinen Namen zu ſagen. Dabei wünſcht er, damit die 20 Bogen ſtarke Pandora ſchnell herauskomme, daß er gleich hinterher, aber beſonders und abgetrennt, das über den Adel drucken dürfe; was ich billige; nur muß letzteres einen andern Titel haben. Du kannſt deine Antwort in den Anker (bis Nachmittags) ſchicken oder nach Nürnberg.

285. An Otto.

Fouquet [!] ſollſt du bald haben, und die Rezenſion dazu; denn an der arbeit ich eben. Die Doppel-Revüe wird noch abge - ſchrieben.

286. An Otto.

Guten Abend, Alter! Hier meine Revüe und dein Torſo-Auf - ſatz! Max wird hoffentlich das Wild gut in ſeiner Jagdtaſche überliefern.

Am Montage wünſcht ichs wol zurück aber ohne deine Be - ſchwerde , da ich [es] doch gern Emanuel gäbe. Richte, ich bitte dich, recht ſtrenge, damit ich noch ſtrengern Richtern entgehe.

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287. An Emanuel.

Guten Tag! Hier mein toller Aufſatz, ſogar mit Otto’s gün - ſtigem Urtheil, das ich mir ganz ungünſtig drohte. Morgen Vor - mittags können Sie mir ihn wieder ſchicken.

288. An Otto.

Guten Morgen, mein Alter! Überlaufe doch das Marionetten - Programm. Dir hätt ich das vorige mal etwas Beſſeres ge - wünſcht. Mit deinem Preis-Urtheil haſt du mich wahrhaft überraſcht. Ich hatte ſogar ein verſiegeltes Blättchen beilegen wollen, mit tadelnden zweifelnden Fragen über dieſe und jene Stelle. Deine Bemerkungen hab ich dankbar benützen können. Haſt du die Zeiten durch?

R.

289. An Emanuel.

Guten Morgen, Lieber! Vielen Dank für die wehmüthig-ſüße Erinnerung an Vergangenheit, die Sie mich mit Ihnen theilen laſſen. Und Dank für Ihre Einfälle. Die eine Stelle iſt leider Satire auf das philoſophiſche Syſtem-Machen überhaupt.

N. S. Beſuchen Sie doch die 2 neu angelegten köſtlichen Aus - ſichts-Altane in der Birke.

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2. N. S. Ich verſtand Ihre Frage falſch; allerdings hab ich den Antonius von A [möne] bekommen und geleſen. Wollen Sie ihn?

290. An Göſchen in Leipzig.

Hier kommt mein Aufſatz für den Kriegs Kalender, aber leider um 10 Quartſeiten ſtärker als der vorige, ungeachtet aller meiner Verkürzungen; denn es ließe ſich daraus leichter ein Buch machen als ein Büchelchen.

112

Ich bin darin andringenden Anſpielungen nicht entgegen, ſondern abſichtlich aus dem Wege gegangen; die Zenſur wird mir alſo auf keiner Zeile im Wege ſtehen.

Haben Sie herzlichen Dank für beide Almanache; den Kunſt - Almanach hätten Sie mir nicht ſo freigebig ſchenken ſollen.

Seltſam genug iſt’s daß meine Erinnerung Sie als den Ver - faſſer von Johann’s Reiſen blos aus einem Ihrer Briefe an mich und aus behaltenen Bruchſtücken des Buchs errieth. Deſto mehr wünſch ich, daß der Verleger ſo mancher witzigen Reiſen bis zu Thümmel ſelber neue auf dem Papiere mache, gleichviel wohin, wenn er nur in der Meſſe ankommt.

Leben Sie wol! Belohne eine beſſere Zeit den ſo guten Verleger!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

291. An Charles de Villers in Göttingen.

Geliebter Villers! Dieſes eilig geſchriebne Blättchen bringt Ihnen Mde Laffont; deren Seele viel Ähnliches von ihrem Ge - ſichte hat und ſchön iſt. Obgleich Frau eines franzöſiſchen Kapitäns, iſt ſie doch eine deutſche geblieben an Geſinnung und Art. Schicken Sie mir nur bald die Belohnung, nämlich eine ſchöne Seele, die mir von Ihnen noch mehr erzählt als dieſe Ihnen von meiner Frau und meinen Kindern erzählen wird.

Hier leg ich Ihnen die kopierte Bitte an den Herzog von Gotha bei, den ich darin nach ſeiner ſeltſamen obwol genialen Natur be - handeln mußte. Ich ſchweige vor Ihnen ſo lange als er ſchweigt; aber dieß wiſſen Sie, daß ſein Ja auf unſern Doppelwunſch Ihnen ſogleich aus meiner Hand zufliegen würde; dieß wäre für mich der froheſte Brief, den ich anno 1810 ſchriebe.

Ihr Werkchen über Luther wofür ich danke macht mich deſto begieriger auf Ihr Werk über ihn; komm es nur bald!

Eben ſo freu ich mich auf das Werkchen, worin Sie als Sauve - Garde ſich und mich vor und gegen Ihre Landesleute ſteller. wollen, wie Sie ſchon in anderem Sinne in Lübeck gethan. Wollen Sie113 mir vorher das Manuſkript zuſchicken, ſo werd ich Ihnen aus einer Urſache danken, die Sie ſchlechterdings nicht errathen können, die ich Ihnen aber künftig ſagen werde; denn an und für ſich bedarf es dieſer Zuſendung nicht, da Sie Deutſch ſchreiben wie ein Deutſcher und Franzöſiſch wie blos der kräftigere Franzoſe; und ich weiß, daß wenn es für mich einen Überſetzer ins Franzöſiſche gibt, (oder auch einen Rezenſenten), daß Sie es ſind.

Bernadotte*)Meinen Brief an Bernadotte können Sie drucken laſſen, wenn der Brief es verdient. Sie dürfen viel, weil Sie noch mehr können. ging nicht durch Bayreuth, alſo konnt er meine Bitte nicht erfüllen; aber auch bei dem Durchgange hätt ers nicht gekonnt; und ich hätte ſie gar nicht thun ſollen, da man jede Frei - heit im Kriege leichter erlangt als die von Einquartierung. Unter Maitre du greffe meint ich einen Kammer-Regiſtrator.

Ich war nie in Göttingen. Aber jetzt möcht ich wol da ſein und Ihnen meinen Brief und mich ſelber bringen. Freilich wird die ſchöne Überbringerin Ihnen mehr Vergnügen geben; aber der Überbringer würde ein größeres haben.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

[Adr.] A Monsieur Charl. Villers, homme de lettres, homme et qui est plus Villers à Gottingue.

292. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier haſt du den herrlichen Fouqué wieder, der mir immer mehr gefallen, je länger ich daran rezenſiert. Die Rezenſion welche jetzt abgeſchrieben wird dürfte einiges Neue für Leſer enthalten, die das Buch nicht geleſen; für andere freilich nichts. In meiner Abweſenheit bezahlte C [aroline] die Weinfracht; ich bin doch nicht ſtark betrogen worden?

N. S. Max bekam geſtern ein ſchriftliches Lob, unter andern auch darüber, daß er mitten unter den heftigſten Zahnſchmerzen aufmerkſam geblieben. Auch der Zeichenmeiſter lobt ihn neulich ſehr gegen meine Frau.

8 Jean Paul Briefe. VI. 114

293. An Otto.

Guten Morgen, Lieber! Ich wußt es ſchon, daß es mit dem gekrönten Phantaſten in Gotha nichts werde. Er thut ſogar, als habe ein anderer als ich, ein gewiſſer Bokh aus Göttingen an ihn geſchrieben und ſchickt mir daher meinen Brief zurück. Zornig iſt er auf mich wegen Levana B. II S. 143 184 221; vielleicht auch weil [ich] in den Dämmerungen S. 220 ſein Lieblings Volk, die Sineſer, geläſtert. Hundert Dinge ſind mir unverſtändlich;*)Dieſe Stellen will ich mit Fragezeichen beſetzen. Die ganze Propugnatio verſteh ich nicht. ich wollte, du erhellteſt ſie mir. Ich bitte dich um das Sonntags - blatt. Schicke die Briefe mir zuerſt wieder; nachher geb ich ſie Emanuel.

294. An Emanuel.

Guten Tag, Lieber! Hier iſt der Brief der niedrigen Hoheit aus Gotha! Ich wußt es voraus. Aber ſo viele Dinge ſind mir unverſtändlich; Otto ſollte mir auf Bleiſtift-Fragen Licht geben und ich brauche wieder über ſein Licht Licht. Erbittert wurde (ohne Frage) der Herzog durch Levana B. II S. 143. 184. 221 und durch die Dämmerungen S. 220, wo ich ſein Lieblings Volk, die Sineſer, antaſte.

Erſt Morgen, Übermorgen brauch ich Antwort!

N. S. Es fehlt nicht viel: ſo räch ich mich.

295. An Otto.

Guten Abend! Dank für viele Lichtblicke, die du mir gegeben. Aber nicht alle Blicke gehören dahin. Zwei Bände Sonntags - blatt (von Lindner) hab ich dir beſtimmt gegeben und du haſt ſie alſo noch nicht angeſehen; nur fodert man ſie mir jetzt ab. Gute Nacht!

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296. An Freiherrn von Meuſebach in Dillenburg.

Jeden Tag, geliebter Freund und Schriftſteller, beging ich eine Sünde mehr durch den wachſenden Schein meiner Undankbarkeit. Dieß iſt gewiß anno 1810 mein größter Fehler geweſen. Aber Sommers Anfang ſoll auch Beſſerungs Anfang ſein. Was hälf’s, die Urſachen der Zögerung vorzuzählen? Aber Mangel an Liebe war nicht unter ihnen.

Ihre beiden Briefe ſo wie das Geſchenk brachten mir nur Roſen ohne Dornen, anſtatt daß es ſonſt im Leben und Winter ſo viele Dornen ohne Roſen gibt.

Glauben Sie dem namenloſen Rezenſenten Ihres Büchleins in der J [enaischen] L [iteratur] Z [eitung] doch weniger als einem ehrlichen Briefſchreiber mit Namens Unterſchrift. Ich erinnere mich ſogar einer Ihrer als irrig angeführten Bemerkungen über den Menſchen, wo er offenbar gegen Sie irrt. Was ich Ihnen höchſtens rathen würde, wäre, da Deutſche für bloßen Witz und bloße Ironie zu wenig Sinn beſitzen, beide ihnen in der Schüſſel aufzutiſchen, aus der ſie alles eſſen, ſogar das Beſte in einem Romane.

Leben Sie wol! Ich ſage nicht: verzeihen Sie mir! Denn Ihr liebendes und wiedergeliebtes Herz hat mir gewiß ſchon ſeit 2 Minuten verziehen!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

297. An Frau von Meuſebach.

An die Rosen-Gaertnerin

Ich habe, Unvergeßne und Verehrte, meinen Dank ſo lange verſchoben, daß er Ihnen kaum einer mehr ſein wird in der Zeit wirklicher Roſen für Ihre perennierenden. Sie haben Ihre Eben - bilder trefflich getroffen, wie wenigſtens Leute ſagen, die es ver - ſtehen, z. B. meine Frau, der ich daher das ſchöne Beutelchen mehr werth als alles, was hinein kommt gegeben habe, da es für ein Mannes Fäuſtchen zu gut iſt.

8*116

Noch recht klar erinner ich mich unſerer ſchönen Tage leider nicht ſondern nur Stunden in Cassel. Aber es kehrt nichts um, höchſtens der Schmerz, nicht die Freude.

Auch dieſe kehre nicht zu Ihnen um, ſondern ſie gehe gar nicht fort von Ihnen.

Meine Frau grüßt Sie mit wahrhafter wärmſter Liebe. Und ich ahme ihr nach.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

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298. An Fouqué in Nennhauſen.

Ihr treffliches Werk hab ich erhalten, aber gegen Ihre Ver - muthung, wenn nicht gar beſſer, doch eben ſo ſchön als den erſten Theil gefunden, und darüber in der Heidelberger Rezenſion ge - ſagt: daß hier nicht der jüngere Bruder deſſelben, ſondern der erſt - geborne Zwillingsbruder erſcheine. Die Rezenſion ſetzt meinen Brief fort! Lange, lange hatt ich eine ſolche poetiſche Erquickung nicht.

Den Roman Ihrer Gattin, auf welchen mich Varnhagen und meine frohe Erinnerung eines verlebten Abends mit ihr ſo begierig machen, hab ich noch nicht bekommen.

Cotta hat wie er ſchreibt ſchon zu viel für ſeine Kräfte (nämlich der Geſundheit) übernommen, bittet Sie aber, ihm ins Morgenblatt ſo viel Sie wollen, zu ſenden. Aber in Nürnberg iſt ein neu angehender Buchhändler, Schrag, zugleich reich und brav, welchem Sie mit einem Mſkpte Freude machen würden. Sie können ſich, wenn Sie es der Mühe werth finden, auf meinen Wunſch berufen. Ihre Freude über die meinige an Ihrem Sigurd hat mir zugleich wol - und weh-gethan; denn beim Himmel, das Publikum hat Sie noch nicht genug erkannt. Ihre Werke halten was ſonſt ſogar ſehr gute bei mir nicht vermögen das zweimalige Leſen hinter einander zum Rezenſieren, bei mir aus. Gebe der Himmel und Sie, daß mein Wunſch in der Rezenſion, daß Sie mit dem Zauberſtabe Ihres Pinſels aus den hohen Hühnen-Gräbern117 des nordiſchen Heroums noch mehrere große Schatten vorrufen und herausnöthigen in unſer kleines Tages Licht, von Ihnen er - füllet werde. Vor der Hand weiß ich den zweiten nicht, der den Wunſch erfüllen kann.

Ihr und Ihrer Gattin Freund Jean Paul Fr. Richter

1.) N. S. Sie ſollen nicht überſetzen, ſondern überſetzt werden; denken Sie an meinen öffentlichen Wunſch, daß Sie das nordiſche Heroum emporheben wollen möchten.

2.) N. S. Ich möchte Sie wol geſehen haben; mein Inneres hätte Ihres gefunden und wir wären wol beide froh geweſen.

299. An Emanuel.

Glauben Sie mir, lieber Emanuel, unſer Säkulum macht Toll - häusler, aber keine Tollhäuſer. Dieß ſpür ich bei ſo vielen Briefen, Büchern und ſonſt. Wir beide (obgleich ich Tolle gemalt) und Otto und noch einige Frühere wollen Gott danken, daß wir nicht ſpäter geboren worden. Thieriot und die Köehler [!], der Gothaische Herzog und wen ich eben vor mir habe (v. Arnim) bringen mich auf dieſe trübe Idee. Der ſchlichte Koehler hat mehr ethiſchen Religionsfond als ſeine verworrene Frau je konnte geglaubt haben; und Sie dürfen auf ſeine altdeutſche Seele bauen. Leben Sie wol, wenn es anno 1810 möglich iſt.

R.

300. An Otto.

Guten Morgen, Otto! Ich bitte dich um eine Mühe, deren Reſultat ich aber erſt nach 10, 14 Tagen brauche. Nämlich du ſollſt urtheilen, ob die Satire über das Bathos, die ich in meinem letzten Univerſitätsjahr geſchrieben, vielleicht der Aufnahme in die neue Sammlung würdig zu machen iſt, wenn ich unendlich viel wegſchneide und umlenke. Nachmittags eſſ ich beim Miniſter, den ich geſtern bei einem langen Geſpräche ordentlich perſönlich liebgewonnen.

118

301. An Emanuel.

Guten Morgen, Lieber! Ihr Taſchenbuch hatt ich ſchon gehabt und zwar auch von Ihnen. Und darin hatt ich S. 21 das über die Weiber auf der Inſel Metelin geleſen. Am Ende hat doch Bethmann geſchrieben. Der Hofrath Jung, der den 28. Jun. hier abreiſete, und dem ich einiges Ausſetzen meiner Muſeums-Lieferungen als Folge des Unwillens über Schlosser S. 145 geſtand, kann, zumal als Direktor, ſich dieſes Vehikels bedient haben. Geſtern war [es] nur wie gewöhnlich bei Ihnen nämlich recht ſchön.

302. An Göſchen in Leipzig.

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Verzeihen Sie, daß ich den Verleger in den halben Autor ver - wandle.

* 303. An Gottlieb Richter in Sparneck.

Lieber Bruder!

Aengſtige dich nicht umſonſt. Wer bezahlt dir denn ſonſt deine Angſt? Du ſitzeſt recht gut und feſt im Sattel und ich will ſchon ſorgen, daß er weich gepolſtert wird, und daß man dich daran bindet und knüpft und daß du eine Pferde-Mähne vorbekommſt, um dich im Reiten feſtzuhalten.

Dörnberg ſeh ich wol zuweilen wie Sonntags, als ich beim Miniſter aber ich rede nicht mit ihm; ich liebe ihn nicht. Mit dem Miniſter Rechberg einem der redlichſten hellſten Miniſter, die ich gekannt, einem wärmſten Freunde unſeres Landes, ſo wie es der König auch iſt, der ihn aus Vorliebe für Bayreuth geſchickt bin ich ſehr oft recht freundſchaftlich zuſammen. Allein eben darum wende ich mich nicht an ihn; eben ſo wenig an andere Bayern, die meine Freunde ſind. Denn ich will frei bleiben keinem Miniſter etwas zu danken haben er ſoll nicht glauben, daß ich ihn aus Nebenzwecken ſuche, wenn ich ihn ſelber aufrichtig liebe folglich will ich ſo wenig ein Wort für dich als für mich bei119 ihm ſprechen. Aber deine Sache läßt ſich ſehr leicht machen. Setze an den Finanzrath Yelin blos deinen Wunſch auf, in Sparneck zu bleiben oder wenigſtens in eine gleich rentierende Stelle zu kommen ꝛc. ꝛc.

Lebe wol. Ich grüße deine Frau. J. P. F. Richter

304. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! Was ſagen Sie zu dieſem Briefe vom Hofrath Jung aus Frankfurt, der neulich bei mir war?

305. An Otto.

Guten Morgen, lieber Münzwärtel! Du machſt es gerade wie ich und tadelſt dich, eh dich andere loben. Dein Buch, das ich an dieſem Morgen, nämlich die mir neue 2te Abtheilung, ganz aus - geleſen, iſt vortrefflich und erregt gewiß Aufſehen. Der (mit vieler Feinheit durchgeführte) Artikel Frankreich, ferner Rußland, Preuſſen, über die Domainen ꝛc. ꝛc. und der Daten-Schatz haben mich un - gemein erfreuet, ſo wie die letzten, beſonders ſchön darſtellenden Bogen. Habe Dank dafür! Mittags ißt der alte Cloeter bei mir; möchteſt du nicht auch mit eſſen? Auch er wünſcht ſo ſehr, dich einmal zu ſehen.

306. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Hier ſend ich Ihnen die zweite Dolores. Leſen Sie die Gallerie der Charaktere oder wie der Titel heißt, früher als die Dolores, die ich ja behalte. Entweder Sie oder Otto haben noch Briefe, auf die ich endlich zu antworten habe, z. B. von Jung und Petrik. Cloeter wird Sie nächſtens be - ſuchen. Otto’s Buch hat mich unbeſchreiblich befriedigt und er - freuet. Damit hat er, wenn er einmal keine Bücher mehr ſchreiben will, viele Staats-Stufen überflogen, um auf einer recht gepolſterten ſich niederzulaſſen.

120

307. An Hofrat Jung in Frankfurt a. M.

Wahrſcheinlich ſterb ich in Frankfurt; denn ich ziehe hin, d. h. ich bleibe da So wollt ich anfangen. Es iſt aber daſſelbe, wenn ich fortfahre: Vortrefflicher Mann! welche Freude ich mir auch von Ihrem Briefe verſprechen konnte: er hat mich doch durch eine neue überraſcht. Denn eine neue iſt ein Mann wie Ihr Freund Aldebert, von deſſen ſchönem Leben Sie mir ein ſo ſchönes des Urbilds und des Malers würdiges Bild gegeben. Ja, nur von einem ſolchen Manne nehm ich ein Paar Flügelfedern mehr nach Frankfurt an, welchem ſchon lange ſo viele bedeutende Menſchen die ſich ſeit Ihrem Hierſein vermehrt haben , der Wolſtand, die Gegend, der deutſche Geiſt meine Wünſche zugewandt. Nur kann ich mir dieſe vor dem künftigen April nicht erfüllen; auch ſchon mit darum, weil ich im Herbſt und Winter mich gern recht tief in mein altes Neſt eindrücke und nur erſt im Frühling, in dieſer Jugendzeit des Jahrs, im Gefühl der meinigen gern auffliege als Zugvogel. Freilich würden Sie dann künftig die Mühe haben, mein ökonomiſcher Rathgeber und Beſteller für das ſo zuſammen - geſetzte Räderwerk des äußerlichen Lebens zu ſein, wiewol ſchon andere Ihnen von dieſer Mühe etwas abnehmen ſollen.

Nächſtens ſchreib ich an Ihren edeln Freund; danken Sie ihm früher für das Anerbieten ſeiner friedlichen Subſidiengelder.

Vielleicht Ende Auguſts ſend ich dem Muſeum doch etwas.

Ich grüße achtend Ihren bücher -, welt - und Paris-erfahrnen Oelsner.

Meine Frau grüßt Sie mit beſonderer Liebe und Achtung, auch wegen Ihrer Aehnlichkeit mit ihrem Vater.

Leben Sie wol und haben Sie Dank!. Ihr Jean Paul Fr. Richter

308. An Emanuel.

Guten Tag! Hier auf Zurückſchicken vor 3 Uhr mein Blättchen an Jung. Dann das von Villers, dem ich mein Schreiben an den Herzog (wie aus Ahnung) durch die Md. Laffont geſchickt. Villers Brief geben Sie Otto, Alter!

121

309. An Emanuel.

Ich habe Ihnen außer Odilien nichts zu ſchicken als einen guten Morgen und einen großen Dank für die drei Gläſer, wovon ich freilich neben Ihnen auf dem Kanapée den beſten Gebrauch machen könnte. So bedeutete dießmal wie immer das Zerbrechen der Gläſer bei Dachbaureden und bei luſtigen Gelagen etwas Gutes, nämlich 3 neue.

R.

310. An Otto.

Guten Morgen, liber Geſchichter und Spracher! Mein prach - tiger Cotta hat mich wider mit Muntsſtücken bevolkt. Ich wunſchte, das du das, was Wolke gegen die Worterfuscher grund - lich oflich geſchöpfert, ohne Lacheln läſeſt. Vile Staben ſind auffallig verfalſcht. Schick es nur morgen wider. Gruse Amone, die ſo wol Leſin als Leſerin iſt, wie du ſo wol Schriftſtellinner als Schriftſteller.

N. S. Recht hat er meiſtens, aber leider usus tyrannus. Alle ſachsiſche und andere Schrifteller der Welt werden nicht über eine gantse fuschende Volkſchaft, gesweige ein Volk Her.

311. An Achim von Arnim in Berlin.

Haben Sie herzlichen deutſchen Dank für Ihre ächtdeutſche Schöpfung, d. h. für Ihre altdeutſche. Schon aus dem Winter - garten, aber noch mehr aus der Dolores-Geſchichte errieth ich, daß Sie das Meiſterſtück des Bärenhäuters gemacht, das mir immer wieder gefällt, obgleich ich und Cotta darin vorkommen. Sie halten die Lachmuſkeln der Leſer wie Zügel in der Hand und machen mit deren Geſichtern was Sie wollen. Gäben Sie doch einmal ein langes blos komiſches Werk!*)Ihre vis comica übertrift die Tiekiſche durch ihre altdeutſche Originalität und durch warme Karnazion vermittelſt der Phantaſie, gegen Tieks komiſche Skelette vermittelſt des Verſtandes. Ihre Charaktere ſind ſcharf wie in Stein geſchnitten; und oft ein einziges phyſiogno - miſches Beiwort (wie der fiſchköpfige Primaner) hält einen122 Charakter geſpießt wie einen Türken oder Käfer feſt uns vor; wozu noch Ihre ſchöne dichteriſche, wenn auch ſchneidende Unparteilichkeit gegen alle kommt, z. B. gegen Frank, Waller, die Dolores. Ungeachtet der ziemlich auseinander laufenden Oberfläche der Erzählung (nach Meiſters Lehrjahren) erhebt ſie ſich doch zuletzt zur Bergſpitze eines zuſammen faſſenden dramatiſchen Ausgangs. Auch die Gedichte ſcheinen zuweilen zu weit und ſeicht auseinander zu rinnen. Der Sprache ſind Sie Herr und Meiſter, aber gar nicht (oder abſichtlich) der unbedeutenden Interpunkzion.

Verzeihen Sie die Offenherzigkeit meines Lobes und meines Tadels. Koſtete mich förmliches Rezenſieren nicht nach meiner Kunſt-Gewiſſenhaftigkeit zehn mal mehr Zeit als eignes Arbeiten: ſo rezenſierte ich dieſe Dolores; aber meine d. h. dieſe Meinung kann ich ja leichter öffentlich ſagen, wenn ich mir vornehme, im Morgenblatte unter meinem Namen ein fortlaufendes Protokoll deſſen zu geben, was wider oder für meinen Geſchmack geweſen, blos als Meinung; wenigſtens der Verwandte des meinigen weiß dann, was er fliehen oder ſuchen ſoll.

Leben Sie wol! Bleiben Sie der Muſe treu!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

312. An Emanuel.

Guten Tag, lieber ungedruckter Kinderfreund! Nur um Eine Zeile bitt ich, um den Namen des Verlegers der Dolores, da ich heute an den Verf. geſchrieben.

313. An Graf Münſter in Bayreuth.

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Da Taſchenbücher für Damen und Liebe faſt noch flüchtiger ſind als ihre Gegenſtände: ſo fehlen mir ꝛc.

314. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.

Guter Heinrich! Mehr ein Blättchen als ein Blatt hier! Der alte gute Eiſenhammermeiſter Cloeter den ich beinahe begleitet123 hätte, wenn Ihr Münchner Vorige wäret taugt freilich nicht in deinen Théezirkel aus Mangel an Poeſie und Philoſophie; aber ich ehre an ihm, der vom ſchwarzen Huſaren des 7jährigen Kriegs ſich zu einem Amt -, Kauf - und Land-Mann und zum Vater be - glückter Söhne aufſchwang, den ſcharfen Blick auf Geſchäfte, Leben und Menſchen, die Originalität und das redliche Herz und weit mehreres, denn ich war Lehrer ſeiner Kinder.

Dieſer ſoll mir mündlich etwas von dir bringen, damit ich doch zwei Antworten auf meinen vorigen und dieſen Brief zugleich erhalte.

Beſonders möcht ich, da ich lange in politiſchen Kümmerniſſen deinetwegen geweſen, etwas mündlich wiſſen nicht ſo wol über die Geiſel der Fürſten wie ſich der alte Aretin nannte als über die Geiſel der Geiſter-Fürſten.

Koeppens Buch hat mich überraſchend erquickt; und ich habe daher Auszüge und Lobſprüche nach Heidelberg geſchickt. Warum machſt du uns durch die elegante Zeitung zu den Tantalis der innern Offenbarung ?

Lebe wol! Ich bin jetzt mit euch Münchner Proteſtanten ſehr vereinigt durch einerlei Zepter.

Dein Jean Paul Fr. Richter

315. An Freiherrn von Rechberg in Bayreuth.

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Eine ſchöne Verlängerung des geſtrigen Abends und heutigen Mittags, daß ich Ihnen dieſe Bücher ſchicken darf. Im Freiheits - büchlein [werden Sie] etwas beſſers als den Herzog finden, näm - lich Sich; und in den Daemmerungen die Sonne, die Sie heben.

316. An Tribunalrat Mayer in Berlin.

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Thür Einbruch bei Emma (die vollends nachher in der Har - monie mir mit einem [?] Mädchen nachgeſchickt wurde) die ſchwarze Idee der Scheidung wurde mir immer lichter. Ein Engel in Geſellſchaft, gegen Mann, Kinder, und Hausgenoſſen eine Furie.

124

317. An Cotta.

Ich danke Ihnen, guter Cotta, für den Wechſel von 105 auf Frege. Zuvielerlei Anſtrengungen anderer Art haben mich am Sammeln meiner kleinen Aufſätze die Sammlung bekom [m] t jedoch einen beſſern Titel gehindert. Am meiſten ſtörte es mich, daß ich erſt von mehreren Orten her die Zeitſchriften verſchreiben mußte, worin ſie ſtehen. Auch Sie muß ich zum Darleihen oder Verkaufen um die Jahrgänge von Taſchenbuch für Damen bitten, worin etwas von mir ſteht; blos die Jahrgänge auf 1804 und auf 1808, 1810 beſitz ich noch.

Aus Archenholz Literatur und Voelkerkunde nehm ich drei Aufſätze von mir, anno 1786 1788 geſchrieben, welche, zumal ver - beſſert, manchem Leſer Freude geben werden.

Da das Bändchen nur klein wird: ſo werd ich hoffentlich in der Mitte Auguſts nicht zu ſpät bei Ihnen eintreffen.

Das Honorar für die ſchon von Ihnen gedruckten Aufſätze iſt 3 Ld. pro Bogen nach Schmelzle; und für die übrigen um ſo mehr 5 Ld., da ich von meiner Schwägerin Spazier bei dem erſten Ab - druck nichts dafür bekommen habe und von Archenholz wenig mehr als nichts.

Da es noch immer ſcheint, daß die Zenſur den Abdruck der 12 verſprochnen Aufſätze für das Morgenblatt erſchwert: könnten wir ſie nicht (ſammt den ſchon davon abgedruckten, aber unkaſtriert) in die Sammlung einlaſſen?

Leben Sie wol! Für Sie immer der Alte in Liebe und Achtung!

Jean P. Fr. Richter

N. S. Schon längſt hegt ich den Gedanken da das kunſt - mäßige Rezenſieren in den Heidelberger Jahrbüchern mir zu viele Zeit koſtet in Ihrem Morgenblatte von Zeit zu Zeit meine Meinung ganz abgekürzt über neue Bücher, die ich gerade geleſen, zu ſagen mit Namens Unterſchrift. Wenigſtens wüßten dann die Verwandten meines Geſchmacks, was ſie zu ſuchen oder zu fliehen hätten. Was ſagen Sie zu dieſem ſtehenden Artikel?

125

318. An Minna Spazier in Leipzig.

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Über die Almanache Verzeihen Sie dieſe Bitte und überhaupt die ganze.

319. An Emanuel.

Guten Abend, Alter! Leider ſchreib ich überall nach Taſchen - büchern herum Poſtporto à 30, 40, 60 kr. worin etwas von mir zu haben iſt; aber noch hab ich nichts. Leichter wär es, wenn mir H. v. Pöllnitz die Taſchenbücher für Liebe und Freund - ſchaft bei Wilmans, und die Damenkalender bei Cotta was er davon nur eben gerade hätte mittheilen wollte, er der ſonſt gern ein Taſchenbuch für Liebe und ein Damenkalender iſt. Können Sie es machen? Er ſoll es bald zurück haben. Gute Nacht.

320. An Emanuel.

Guten Abend, Guter! Vielen Dank für Alles! Den einen Al - manach hab ich. Den gräflichen Brief hab ich mühſam ent - ziffert; man ſieht, daß jede Pfote eine Hand-Schrift machen kann. Die beiden Druckbogen müſſen nach unphiloſophiſchen Grundſätzen und wegwerfenden Machtſprüchen, die ich beide nicht liebe, durchaus von Buchholz ſein; deſto ſchöner, wo er nicht wegwirft. Ich muß ſchon wieder um etwas bitten, um den 1. Th. der Flegeljahre: [für] meinen Hirſch Schreckenberger, der meine Friedens-Predigt abgeſchrieben und der mir überhaupt ſehr kluge Fragen über un - deutliche Stellen darüber gethan. Es nützt oft mehr, ein Buch abzuſchreiben als es zu kaufen, ja zu leſen.

321. An Profeſſor Schwarz in Heidelberg.

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Hier, geliebter kanoniſcher und ſonſtiger Verwandter! zwei Rezenſionen zweier guten Bücher wiewol aus verſchiednen Fächern. Ich beurtheile freilich am liebſten was mir gefällt, da mir [mein]126 Kunſt-Gewiſſen eine wiederholte Leſung anbefiehlt, [die ich bei] mittelmäßigen Büchern nicht aushalte. Das ſchlechte verdient ohne - hin nur Machtſprüche.

Vielleicht zieh ich im künftigen Frühling auf neuen, mir ge - bahnten Wegen nach Frankfurt; und dann wär ich, lieber Schwarz, ſogar Ihrem phyſiſchen Herzen näher und allem Liebenden, das Sie umgibt.

Die H [eidelberger] Jahrbücher dieſes Jahrs hab ich noch nicht geſehen, weil das hieſige Journaliſtikum vom Staatsrath Langer - mann abging mit ihm ſelber und der hieſige Kanzlei-Bibliothekar Wagner ſie bisher ohne ſie zu bekommen, verſchrieben.

Zwei Brüder v. Gerlach aus Berlin wovon einer dahin zu - rückgegangen waren bei mir, eine ſeltene und heitere Erſcheinung aus der jetzigen Jünglings Welt. Der eine, nach Heidelberg um - kehrende bat mich, ihm einen Einlaßzettel bei Dlle Rudolphi zu verſchaffen. In Ihrer Hand liegt der Zettel. Ich grüße die Rudolphi, meine poetiſche Nebengevatterin. Leben Sie wol!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

322. An Otto.

Guten Tag, Alter! Leider hab ich deine Adreſſe an F [ürſt] Primas verloren. Schicke ſie mir, da es Abends fort muß. Zur Probe die ganz anders paginierten (zurück zu ſendenden) Nach - dämmerungen, was ich nie verlangt. Auch du kommſt bei dieſem engen Drucke nicht viel beſſer weg als in der Pallas. Eine Hunds - Koppel von Druckfehlern hab ich gegen Abend noch todtzuſchlagen.

323. An Fürſt Primas Dalberg, Großherzog von Frankfurt.

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Durchlauchtigſter Großherzog, Allergnädigſter Großherzog und Herr!

Ihrer königlichen Hoheit überſend ich als eine Fortſetzung der Dämmerungen beifolgende Nachdaemmerungen, die ich aus [dem127 Vaterländiſchen Muſeum] habe abdrucken laſſen. Mögen dieſe fliegenden Blätter Ihnen als keine ſinkenden erſcheinen. Ihre ſo ſchönen [?] Worte über die Daemmerungen haben mich gerührt und belohnt und erquickt. Und dieſe mögen mich entſchuldigen, wenn ich Ihnen ähnliche Arbeiten zuſende. Nicht Ihnen ſondern Ihren Ländern hab ich zur neulichen Vergrößerung Glück ge - wünſcht. Und dieſe deutſchen Länder werden freilich Ihnen die einzige Unſterblichkeit wünſchen, die Sie nicht haben, die gemeine des Lebens. Aber die höhere erſetzt die unmögliche.

324. An Profeſſor Wagner in Bayreuth.

Mög ich, geſchätzter H. Profeſſor, mit dem Halten meines Ver - ſprechens nicht zu ſpät kommen, damit ich Ihnen doch auch etwas zugeſchickt habe! Wenigſtens leſen Sie es zum zweiten male der vertilgten Druckfehler wegen, welche verdammte Blattern alle meine Kinder überſtehen müſſen. Bringen Sie mir bald wieder eine Geſpräch-Dämmerung.

R.

325. An Karoline Richter.

Die Morgenmuſik hat, zumal mit ihrem Todtenliede, mein wundes Herz ganz umgewandt. Wir wollen dem einſamen ver - wundenden Leben an dieſem ſchönen Tage wieder ein Ende machen.

326. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Ich muß geſtern bei dir froher geweſen ſein als das Schickſal gerne ſieht. Denn es hätte beinahe die ſchwarze Allee im Katakomben-Sinn zu einer gemacht. Denn bei gießender Regennacht ſtürzte ich nicht weit von dir in den Main. Mein Stock und meine Kaltblütigkeit halfen mir. Den Hut fand man heute am andern Ufer. Die Bücher kamen an der Mühle ge - mahlen an. Schreibe mir alſo den Titel der Vogtiſchen Schrift und den der andern. Es hat mir weiter nichts geſchadet, als daß ich nicht gut ſitzen kann, wegen hohen Ufer-Falles.

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327. An Tribunalrat Mayer in Berlin.

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Die Wetterwolke war ſchon ſeitwärts gezogen, als ich an dem Tage, wo ich Ihren ruhigen Brief auf meinen unruhigen empfing, Ihnen antworten wollte. Ich danke Ihnen [für] Ihre philoſo - phiſche Aufnahmes meines ſtür [miſchen] Ausdrucks, der weniger gegen die Wahrheit als gegen die Liebe für Sie und Ihre Tochter ſündigte. Denn dieß iſt eben das Schmerzliche und Gute zugleich, daß ich und ſie einander fortlieben daß dieſe Liebe uns ein - ander unentbehrlich macht, aber dafür deſto reizbarer und daß alſo jede Trennung moraliſche oder geographiſche uns nur mehr vereinigt und aus ihrem Winter die erſten Maiwochen der Liebe wiederbringt. Eine Reiſe zu Ihnen wäre die beſte Kur C [arolinens], litten es ſonſt die Umſtände. Sie der Sie ſo unendlich von ihr geliebt und geachtet werden würden durch Wiederholung meiner Grundſätze leichter ſiegen, daß ein Ehemann durchaus die Oberherrſchaft haben müße daß ein beſter Vater, wofür ſie mich ſelber erklärt, auch der beſte Ehemann ſein könnte, wäre ſonſt alles gleich daß ein Mann, der im Kriege ſogar nicht borgte, ſondern verborgte, und der blos für Wiſſenſchaft und Frau und Kinder lebt, mehr zu ſchonen wäre. Aber ſtatt einer Reiſe könnten ja Briefe daſſelbe ſagen. Ihre unerſchöpfliche Liebes Quelle gegen andere und ihren Muth brauch ich Ihnen nicht zu malen. Unſere erſten Kämpfe waren mediziniſche über die Kinder und ſie. Meine Kenntnis, ihre Unkenntnis der Arzneikunde, die Verzärtelungen der Kinder. Ich bitte Sie um Ihre allmächtigen Ermahnungen.

328. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! Hier ſchick ich Ihnen das ſchöne aber leere Fruchtkörbchen mit 2 Büchern zurück. Solche Johannis Beeren ich anno 1810 noch nicht. Meinen Dank! Von Otto werden Sie die in Ihrer Abweſenheit eingegangnen Briefe erhalten. Max will ein wenig Raſtſtunde bei Ihnen halten, wenn er darf.

R.

129

329. An Emanuel.

Guten Morgen, Gute-Morgen-Macher! Meinen herzlichen Dank! Wenn Sie nur auch genießen wollten, zu Hauſe und bei andern! Major Schutz hat mir beiliegendes ſchöne Gedicht geſchickt.

R.

330. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Und noch einmal Dank! Oertel von Regensburg war hier, mit dem ich geſtern bei dem Miniſter .

R.

331. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Ich mags anfangen wie ich will, ſo muß ich dich doch um zwei Dinge mitten unter deinen Arbeiten bitten. Nämlich um den Titel des Erbprinzen, des Bruders der pr [eußiſchen] Königin. Und nach einigen Tagen um Durch - leſung beifolgender Satire; nicht ſo wol wegen der Frage, ob ſie unverändert zur Probe voriger Schreibart in die neue Sammlung ſoll dieß geht nicht als wegen der andern, ob ſie überhaupt hinein ſoll, wenigſtens ins 1te Bändchen, das ohnehin zu meinem Jammer ſo viel Spaß enthält und ſo wenig Thränen und Ernſt. Da du wahrſcheinlich die Georgiana nicht dem Dobenek gibſt: ſo will ichs thun. Oertel aus Regensburg war hier; ich mit ihm auch beim Rechberg.

Ich glaube, ich laſſe mir zu viel von Krause gefallen.

332. An Emanuel.

Lieber Emanuel! Ich bitte Sie, mir zu ſagen, ob Sie Otto’n von meiner Leſung der Buchholzischen Blätter geſagt? Im Ja-Falle werd ich Ihnen die Urſache meiner Frage ſagen; denn ich habe Errathen zu errathen.

N. S. Dank für Ihre beiden Blüten-Blättchen.

9 Jean Paul Briefe. VI. 130

333. An Emanuel.

Guten Morgen, Geliebter! Senden Sie mir doch wieder das Lübecksche Taſchenbuch. (Noch eines hab ich von Ihnen. ) Warum ſeh ich Sie nicht? Mein Herz iſt ſo einſam.

334. An Otto.

Guten Morgen! Eilig! Ich habe dein Blatt noch nicht ge - leſen. Hier Minerva, S. 138. Auch Do [be] nek hat mir geſtern viel Lobs deiner Pandora geſagt.

335. An Otto.

Guten Abend [verb. aus Morgen], Lieber! (Denn Morgen kann ichs erſt ſchicken). Hier folgen die Zueignung und die ſchmerz - lich-tröſtenden Erinnerungen an den neunzehnten Julius . Heute abends bei E [manuel] wirſt du mir ſagen, ob letztere beſſer ſogleich hinter die Zueignung oder erſt hinter das Buch gedruckt werden. Hier das ſehr gute Muſeum. Deinen an neuen Wahrheiten reichen Aufſatz wozu die ſcharfe Ironie über Napoleons Dekret gehört hab ich faſt durch; aber du mußt ihn vor meinen Nach - dämmerungen geſchrieben haben, weil du ſonſt meine Gründe für die Sicherheit der deutſchen Sprache widerlegt hätteſt. Heeren in dieſem Muſeum iſt ſo ſehr meiner Meinung, daß ich ihn ab - geſchrieben zu haben glaube. Gute Nacht!

R.

336. An Otto.

Hier, Lieber, ſend ich dir mit Dank deinen Aufſatz, (dem aber der Schluß fehlt). Ich wollte ihn noch einmal leſen. Einiges, aber nicht alles, was mir gefallen, hab ich mit einem ſteilrechten Striche bezeichnet. Im Museum S. 35 38 findeſt du meine Hauptein - wendung, z. B. gegen 40. Dem Weſtphalen mitten in Deutſchland werden ſie der Sprache nichts anhaben. Das von Natur franzö - ſiſche Elſaß und an der Gränze und unter Louis XIV imponierender131 Zeit und deutſcher dummer und unter unſerer damaligen Franzoſen - Liebe ſtatt jetziger Franzoſen Scheu ja natürlich. Du haſt übrigens [über] die 3 Weltſprachen manches Neue geſagt. Die Zergliederung des Preß-Dekrets iſt trefflich und ſehr ſcharf; ich glaube ſogar, daß der Urheber nicht alle Folgen ſo berechnet hat. Schaden wird es in die Länge ſo wenig als unter Louis XV das Einkerkern der Encyclopédie in die Baſtille und das Drucken hinter Holzhaufen; oder Friedrich W [ilhelms] Religions Edikt.

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Schick es an Perthes.

Von deinen Anmerkungen zu mir hab ich guten Gebrauch ge - macht. Bei Sans souci dacht ich blos an Ihren beſtändigen Auf - enthalt allda. Gute Nacht.

Deine Magd hat dir doch 3 Journale und 1 Billet übergeben?

337. An Otto.

Die Stelle mit Sans souci hab ich nach den Worten wo der Verfaſſer das erſtemal neben Ihnen die Erhabne in jenem unſterb - lichen Königs Hauſe erblickte ſo fortgeſetzt: das nun ſeit dem neunzehnten Julius an Sterblichkeit und Unſterblichkeit zugleich erinnert.

338. An Cotta.

Hier, guter Cotta, das Manuſkript, das etwan 12 Druckbogen geben wird. Wahrſcheinlich iſt mein Brief vom 27. July an Sie verloren, worin ich an Sie allerlei Bitten that, welche nun weg - fallen. Für den Druckbogen (nach Schmelzle gedruckt) wünſch ich 5 Louisd’or; für 2 Aufſätze aber aus Ihren Almanachen für 1 Bogen nur 3 Ld. Aber, lieber Cotta, wollen Sie mir jemals einen größten Gefallen thun, ſo können Sie es jetzt, wenn Sie dieſes verſpätete Buch doch ſchon zur Michaelis Meſſe oder ſo - gleich nach ihr geben; und zwar weil ich es, wie Sie leſen, dem Erbprinzen von Mecklenburg vornen zu [ge] eignet und mit Er - innerungen an die Königin von Preußen geendigt habe. Eine Trauerglocke aber ſoll doch nicht erſt ein Jahr nach dem Todes -9*132falle tönen. Daher nehm ich bittend alle Ihre Druck-Kräfte in Anſpruch; und dieſe ſind ja bekanntlich groß.

Senden Sie mir daher auch 6 Exemplare auf feinſtem Papiere, da ſie für Fürſten beſtimmt ſind; und 4 auf gewöhnlichem.

Der Himmel gebe daß ein Zenſor von 1810 nicht ein Vidi imprimatur verſagt, was ſchon 1786 gegeben worden.

In 14 Tagen ſend ich Ihrem Morgenblatte einige Gedanken über die Liebe bei Beurtheilung der eben erſchienenen Briefe der Lespinasse.

Aus Wilmanns Taſchenbuch hab ich ſogar neues, aber ver - beſſert und vermehrt aufgenommen; wobei ich für mich noch die Entſchuldigung habe, daß ich ſie meiner Schwägerin geſchenkt.

Leben Sie wol und antworten Sie meiner Hoffnung und Furcht ja bald.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

339. An Emanuel.

Guten Morgen, mein herzlich Geliebter! Nehmen Sie mein letztes und erſtes Wort, das ich heute auf meinem Schreibtiſche ſchreibe, als Dank für Ihre geſtrige Güte an! Möchten doch Sie immer auch einen Emanuel für ſich finden! Leben Sie wol, Guter!

R.

Mein Max weint aus Liebe, weil ich fortgehe. Du guter Junge! Denn es war nicht blos Pferde-Liebe, obwol auch einige darunter.

340. An Emanuel.

Nichts iſt für mich einheimiſcher als im Gaſthofe nichts früher ein Paar Gläſer ausgenommen zu nehmen als die Feder. Otto weiß dieß. So ſitz ich denn hier im goldnen Adler, trefflich angekommen und aufgenommen. Vom hieſigen Felſenkeller-Bier will ich zwar nicht lange reden denn trinkt man eben ſo lange davon, ſo kann man über gar nichts mehr reden; und darein ſetzt133 es eben ſeine Tugend, gleich der höchſten Entzückung nur ſtammeln zu laſſen aber wol von den hieſigen Lohn - und Lehn-Lakaien. Dazu werden nun in dieſem Gaſthofe blos ſchöne Mädchen*)30Es ſind 3 Schweſtern für meinen Gaſthof. Die, die ich habe, iſt nach meinen gewiſſenhaften Prüfungen ſehr keuſch. genommen wahrlich ich war ganz erſtaunt und erfreuet darüber. Seit einer halben Stunde iſt die zarte mit meinen Karten fort; inſofern wäre mir freilich ein Pudel, zumal ein weiblicher, lieber, weil er mir früher alles in ſeinem Maule zurück brächte; indeß kann ich ſie ja nachher anſehen. Meiner Frau ſagen Sie nichts davon**)Jetzt hats keinen Anſtand, da ich leider den Brief ſelber mitbringe. alſo auch Amoenen nicht ; es iſt genug, wenn Sie oder Otto ihr ganz andere Texte erklären und Predigten leſen. Beim Himmel!

Noch iſt der Lehn-Lohn-Lakai nicht da und doch paſſ ich auf den Lakai. Ich glaube faſt, Leute ſeines Gelichters könnten mich mit der Sitte der Großen verſöhnen, ſich von Lakaien aus - und an - ziehen zu laſſen; zumal bei einer Erwiederung, die die Menſchlich - keit ohnehin fodert.

Der Lakai iſt noch nicht da. So martert uns das Leben, nicht etwan das Jahr, das Jahrzehend, ſondern die Stunde, der Augen - blick Kurz der Lehn-Lakai iſt noch nicht da. Sie ſollen ſeine Ankunft wenigſtens auf der nächſten Seite erfahren.

Der Teufel hole Leute, die nie zum Wegſchicken und Wieder - kommen gemacht ſind: noch paſſ ich, bin aber begierig.

Eben iſt der köſtliche Lehnlakai angekommen, hatte aber ſo ſehr verkennt man Lakaien und Weiber während meiner Schreib - zeit meine***)Auch iſt der Weg zu H. v. Kalb eine halbe Stunde lang, und der zur Gräfin Rotenhan nicht kurz. Weſte trefflich gewaſchen. Ich hatte nämlich 2 im134 Koffer, wovon die eine durch die zerſprungne Geldrolle ange - ſchwärzt wurde indeß ſonſt Geld umgekehrt rein und glänzend macht und die andere hatte vom Boden des Koffers allen Koth ſehr gut weggeſäubert, nur daß ich nicht den Koffer ſondern die Weſte tragen muß. Sehr weiß ſeh ich am Nabel jetzt aus, durch die Treffliche mit ſchwarzen Bändern.

Himmel! welch ein Bier! Kaum eine Maß hab ich getrunken.

341. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Lieber! Hier der tolle Brief und das Glas, das mich ſo erfreuete als was ich daraus nahm. Das Übrige kommt nach.

Fahren Sie bald fort und ſpät zurück, um das Gewitter zu ver - meiden.

342. An Legationsrat N. Vogt in Frankfurt a. M.

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Halten Sie einen ſpäten Dank für keinen zu ſpäten.

343. An Finanzrat Yelin in Bayreuth.

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Ich wollte Ihre Leſeplagen lieber auf einem ¼ Bogen abthun als 2 mal erſcheinen. Sie werden ohnehin eine ganze ſchriftliche Leſe-Bibliothek dieſer Art im Hauſe haben.

344. An Otto.

Ich danke dir für die Frage. Wenn unter weiſſen Wein Franz - wein verſtanden wird: ſo ſag ich freudig Ja, zumal da ich deinen Lieferanten kenne. Ich wollte, ich fände dich morgen an irgend einen ſteilen Felſen gelehnt. Der Reiſeteufel iſt in mir [!] ge - fahren alſo führt er mich wol nach Regensburg.

135

* 345. Ins Fremdenbuch des Gaſthauſes in Sanspareil.

Zum Andenken an dieſe artig auseinander gebrochene Schweiz, wahrſcheinlich von Rieſen, um ſich ein wenig damit zu ſteinigen:

  • Alles iſt ſchön und vorhanden, ſogar die Nachtigallen, die man aus der Erinnerung her hört,

Nichts iſt ſchlecht als die Feder, womit man ſich einſchreibt.

Jean Paul Fr. Richter

346. An Emanuel.

Guter! Hier allerlei Briefe, worunter ſogar einer an meine Frau mit deren Erlaubnis iſt. Da eine Freude keine Pflicht iſt; und eine auch nur halb von Wolken getrübte keine volle : ſo dächt ich, Sie verſchöben morgen die Abfahrt. Aber mir glaubt, in Wetterſachen, kein Teufel und kein Engel.

R.

An Otto geben Sie es.

347. An Otto.

Alter! Hier der Almanach! Suche doch bei Gelegenheit Herders 3 Bände hervor da ich ihn (buchbinderiſch) ordnen will ; auch den Kunſtkalender. Die Heidelberger Jahrbücher hab ich nun ohne Begehren; und du darfſt jetzt nur wählen.

348. An die Herzogin Luiſe von Meiningen.

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Prophezeiung

Was die Einwohner Meiningens am Tage der Zurückkehr ihrer verehrteſten Fürſtin und deren Kinder, wenn nicht ſagen, doch fühlen werden.

Viele aber für uns zu lange Tage haben Euch viel Schönes und Großes geſchenkt, Waſſerfälle, Seen, Gebirge und Inſeln.

Aber uns ſchenkt ein einziger Tag mehr: nämlich Euch zurück. 136Und das Schöne und Geliebte lebt bei Euch nur im Gedächtnis, aber bei uns vor den Augen fort, und wir genießen das längere Glück.

349. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier die Lespinasse und zugleich meine Predigt darüber, welche Morgen fortfahren ſoll nämlich auf der Poſt. Lies, beſonders um das Buch zu verſtehen, zuerſt die Biographie und Vorrede am 2ten Bande. Ich zweifle, ob du das Gleichnis am Ende billigſt.

350. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! Hier mit zweitem Dank die Flaſche und die Schachtel. Ihr Philodor ſetzte mich in ein an - genehmes Erſtaunen über die Stärke ſeiner Sprache obwol bei einiger Inkorrektheit, die aber bei ſeiner franzöſiſchen nicht iſt über ſeine ſchöne Gluth der Phantaſie und des Herzens zugleich. Dieſem Jüngling fehlt nichts als der Mann, ſo wird er viel. Sein Vaterunſer und der Lebens Morgen (beſonders das Ende) ſind trefflich; ſo wie das Franzöſiſche an den Frieden beſſer als die Hymne, welche ich anfangs immer an Gott gerichtet glaubte. Machen Sie doch daß er einmal von 5 6 zu mir kommt. Iſt denn Ihr Brief nach Bamberg ganz verloren?

351. An Emanuel.

Guten Tag, Guter! Was thut es, wenn ich Ihnen meine drei Briefe an Perthes, Villers, Hagen ſende, da ich ohnehin ſo wenig daraus exzerpiere? Ich thu es öfter, und wäre Otto und ſeine Magd näher, ich ſchickte auch ihm abgehende Briefe, nicht blos ankommende. Der franzöſiſche von einem Sprachmeiſter nicht ſo wol als einem Meiſter hat doch einige Bedenklichkeiten, die ich bei dem zweiten Leſen bemerken will. Perthes und Villers ſenden Sie mir mit umlaufender Poſt.

R.

137

352. An Pfarrer Hagen in Dottenheim.

89

Es würde mich ſchmerzen wiewol ich dieſen Schmerz verdiente wenn Sie mein bisheriges Schweigen für ein Mißurtheil über Ihr Werk genommen hätten. Aber die Liebe, welche Sie darin für meine Anſicht gezeigt, und die Abſicht und der Werth Ihres Buchs [mußten] Ihnen unſere Zuſammenſtimmung zuſichern. Ihr Enthuſiaſmus erfreuet mich, er iſt das Herz des innern Menſchen, ohne welches er leichenkalt umliegt; die warme Sonne des ganzen Lebens, indeß bloße Einſicht der Mond iſt, der freilich nicht brennt und keine Gewitter erzeugt, aber auch keine Früchte und Frühlinge. Allerdings taugt eine Sonne ohne Mond ſo wenig als ein Mond ohne Sonne für niedere Leſer dem Buch mehr Klarheit und eine andere Ordnung wünſchen Gegen Fichte: denn ja nicht an An - ſchauungen und Empfindungen fehlts dem Kinde darin ſchwimmt ſogar das Vieh wie das Kind ſondern [an] Kräften und Mitteln, dieſes allgemeine verworrene Leuchten in beſtimmte Sternbilder ab - zutheilen und durch die Auflöſung des Ganzen in Theile ſich ein Bewußtſein zu verſchaffen. Dieß vermag aber nur die Sprache, welche gleichſam die weite einfarbige Weltkarte illuminiert. Und daher iſt das Peſtalozziſche Abc der Empfindung die beſte Leſe - methode des Buchs der Natur. Er hätte zwar ſtatt der Anſchauung eben ſo gut das Anhören wählen können, aber die Meßlehre für das Auge theilt feiner, bleibt länger, kommt öfter und erinnert ſich leichter als die für das Ohr (Muſik) ... Ermatten Sie nicht auf Ihrem Wege bergan. Und kämen Sie ſogar nicht hinauf: ſo tröſte Sie das Bewußtſein, recht lange das Auge gegen einen Berg - gipfel gerichtet zu haben, nicht gegen das platte Land des Furchen - Ziehens nach Brod.

353. An Perthes in Hamburg.

90

Heeren konnte mich nicht angenehmer loben als daß er meiner Meinung war, eh er ſie geleſen Marheinecke gibt ein etwas zu breit geſchlagnes Gold. Sehr wirkſam für Deutſchland würde138 eine fortlaufende Chreſtomathie von patriotiſchen Stellen aus allen deutſchen Klaſſikern ſein, welche vor dem jetzigen deutſchen Luſtrum geſchrieben. Einem ſolchen antediluvianiſchen Patriotiſmus könnte kein Zenſor beikommen. Eine Menge kleiner Aufſätze für Almanache, Muſea (in Frankfurt und bei Perthes) haben mich zerſplittert und mir mehr Zeit und Kräfte weggefreſſen als ein einziges großes, nicht immer von vornen anfangendes Werk ge - than hätte. Jetzt aber will ich mein Sein und Treiben genießen.

354. An Villers in Göttingen.

Geliebter Villers! Mein Schweigen ſagte Ihnen das Nein des Herzogs voraus. Ich ſelber weiſſagte es Ihnen durch Mittheilen des Bittbriefes. Gleichwol ſchrieb ich an ihn, weil man auch bei kleinſter Wahrſcheinlichkeit des Erfolgs das Gute verſuchen ſo wie bei ähnlicher das Böſe vermeiden muß. Der Herzog iſt ein per - ſonifizierter Nebel bunt leicht ſchwül kühl in alle phantaſtiſchen Geſtalten ſich zertheilend zwiſchen Sonne und Erde ſchwebend bald fallend bald ſteigend; nur nie greife man nach dieſem Nebel. Hätt er ein Herz, ſein dichteriſcher Kopf wäre der größte. Er ſchrieb mir auf einmal mit umgehender Poſt 3 dicke Briefe Witz Phantaſie Zorn über die Daemmerungen und über die Levana, worin phantaſtiſche Fürſten getadelt werden Zürnen über das verſchwendende Brautpaar Zürnen über mich, der ich mich nicht an die reiche Schweſter gewandt u. ſ. w. erfüllten die Briefe. Sie lobt er als einen Antikrites wegen Ihres Patriotiſmus für Deutſche, welchen ich Krites ihm zu ent - behren ſcheine.

Ich habe nicht geantwortet.

Jetzt werden Sie von Ihrer Reiſe zurück und wieder bei dem Schreibepult ſein, aus welchem Sie mir eine Schöpfung ver - ſprachen, welche für Frankreich nur von Ihnen kommen kann. Leben Sie nicht wie Sie ſchreiben, nämlich deutſch, ſondern froh.

Jean Paul Fr. Richter

[Adr.] An den gelehrten Gelehrten Villers.

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355. An Emanuel.

Einen frühen guten Morgen, meiner! Da ich ihn im Blau ge - nießen will: ſo bitt ich Sie um die Briefe für die Poſt.

356. An Kandidat Petrick in Muskau.

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Die zweite Leſung Ihrer ſo ſchönen [?] Blätter ſtraft mich mit verdienter Reue für mein bisheriges Antworts Zögern. Ich über - gehe alle Urſachen deſſelben, da keine davon in Ihren Blättern liegt. ... Ihre Kraft und Tendenz iſt poetiſch, nämlich elegiſch - poetiſch obwol auf die Flügel ziemlich viel Abendthau des Lebens gefallen ſein mag, den Sie da abſchütteln müſſen, wo er nicht ſchimmert .... Bilden Sie ſich der elegiſchen Gattung zu und erheben Sie den Regen des Lebens zum Regenbogen der Dicht - kunſt; nur iſt eben dazu die heitere Seele nöthig (ohne Sonne gibts keine Iris); und ich würde Ihnen gerade Dichter ganz verſchiedner Gattungen zu leſen rathen, elegiſche aber am wenigſten. Der Dichter nährt die von der Natur in ihn geſäeten Kerne am beſten nicht wieder mit ähnlichen Kernen, ſondern durch alles Entgegen - geſetzte; der Komiker leſe Tragiker und umgekehrt ..... In dem Hauptvorzuge des Molltons ſtimm ich mit Ihnen. Sogar in Kriegsmärſchen, z. B. der Franzoſen, thut er beinahe gräßliche Wirkung, Tod, Mord, Sehnſucht und Jauchzen parend. Ich hätte aber noch mehr hinzuzufügen als ein Blatt das man ſchon wieder umkehren muß. Moll wirkt auch durch den Luxus des Wechſels oder der Antitheſe, durch die doppelte Leiter auf und ab. Moll iſt nie ohne Dur gedenklich, gleichſam ohne ſeinen Leib. Dieſe Ton - Antitheſe fehlt dem reinen aber feſtern Dur, das kein Moll bedarf. Zur Erklärung Ihrer Bemerkung, daß die beſten Kompoſizionen immer in Moll ſind, nehm ich noch, daß von Moll aus, wie aus einem Gartenſaale, alle enharmoniſche und andere Gänge mehr offen ſtehen als aus Dur ... Der Himmel ſei Ihnen ſo günſtig im Leben als ers vor dem Leben geweſen, indem er Ihnen Sie mitgegeben. Bleiben Sie nur dem Guten mit Verzicht auf nächſten Lohn getreu: der ſpätere kommt doch.

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357. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Freund! (Seltſam genug, daß die letzten 2 Wörter, alſo gerade die beſten zum Ausdruck des Gegen - theils gemisbraucht werden.) Unſer Juden-Franzoſe iſt geſtern nicht gekommen. Ich bitte Sie um den Brief an Petrik für die Poſt. Muſkau liegt doch in der Lauſitz? Von Otto laſſen Sie ſich, wenn er damit durch iſt, den Cottaischen Kalender geben, worin meine Erzählung über die von der Kinderliebe iſt.

R.

358. An Emanuel.

Guten Morgen, Emanuel! Verzeihen Sie die Verzögerung; ich konnte den Brief nicht ſogleich finden; verloren aber geht bei mir ſo viel wie bei Ihnen nämlich nichts. Mit Philodor hab ich noch nicht über den Punkt geſprochen, worüber Sie ſehr Recht haben. Im Ganzen mag er, wie ſeine gezirkelte Hand - ſchrift und ſeine franzöſiſche Phraſen-Jagd beweiſen, nicht die rechte Innigkeit, die zum Schreiben wie zum Leben gehört, be - wahret haben.

359. An Emanuel.

Herzlichen Dank, Fortgeber! Zum Glück hatt ich ſo langes ſchönes Wetter mich zum Reiſen zu entſchließen, daß ich mit dem Entſchluße zufrieden ſein kann, wenn es morgen (wie es Ihnen ſcheint und mir gewiß iſt) elend wird.

360. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier Goethe von den drei angekom - menen Literaturzeitungen erſt eine und der geſtern angelangte Roman von der Fouqué. Während euerem Leſen leſ ich das Ältere durch, um zu wiſſen, ob es rezenſierbar.

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361. An Otto.

Guten Morgen! Du mußt gleich meine Morgen-Entzückung von Fouqué theilen. Laß dich nur die Schreib-Pfote nicht ſtören, womit er dir altdeutſchen Himmel reicht.

362. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Für den zweiten, oft faſt mit Schillerischer Kraft geſchriebnen Aufſatz von Weil dank ich Ihnen recht ſehr; ſo wie ich es recht ſehr beklage, daß Sie leider zweimal unſer Neſt leer gefunden, als Sie zu ätzen kamen. Max läßt Sie grüßen und benachrichtigen, daß heute Nachmittags gymna - ſtiſche Übungen im Holzgarten (des Hofgartens) gehalten werden.

363. An Auguſt Mahlmann in Leizig.

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Ich beſuche dich öfter auf dem Papiere, lieber Bruder, als du mich; und dieß mit darum, weil ich immer etwas von dir haben will. Dieſes mal will ich von dir nichts haben als einen Befehl an deine Bedienten, beiliegendes Briefchen an Mdme Feind, Frau des Buchhändlers, zu befödern.

Du könnteſt wol mir und meiner Frau, da mehr als Ein ſchönes Band uns an dich knüpft, zuweilen die Freude zuwerfen, daß du uns ſchriebeſt, wie es dir und deiner Gattin dann und wann geht.

Man erkauft die Zeitung für die elegante Welt faſt zu theuer, falls du ihrentwegen keinen Herodes und keine Gedichte mehr machſt. Wie man aufhören kann, Spaß zu machen, wenn man einmal einen gemacht hat, begreif ich wie du in jeder Meſſe ſehen kann [ſt] meines Orts nicht.

Die neue Auflage der Vorschule wird mich wol einmal nach Leipzig treiben, um da alles nachzuleſen und nachzuſchlagen, wovon in unſerer Bücher-Wüſte kein Blatt zu finden iſt.

Meine Frau grüßt dich und die deinige herzlich, wie ich. Lebe wol!

Dein Jean Paul Fr. Richter

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364. An Buchhändler Schrag in Nürnberg.

Hier ſend ich Ihnen ein kleines, aber bezauberndes Werk von Fouqué. Auf das Titelblatt muß ſein ganzer Name kommen: Baron de la Motte Fouqué. (früher unter dem Namen Pellegrin bekannt. ) Ich bitte Sie nun, ſich blos an ihn ſelber zu wenden, da ich wenig Zeit zu Briefen habe. Im Ihrigen, wünſcht ich, ſagten Sie ihm, daß ich es beinahe für ſein beſtes Werk erkläre und daß ich es in den Heidelberger Jahrbüchern beurtheilen d. h. bewundern werde (wie ich ſchon früher mit ſeinem zweimal aufgelegten Sigurd gethan). Sollten Sie gleichwol aus Verleger - Verhältniſſen ihm das Werkchen zurück ſenden: ſo ſagen Sie ihm meinen Rath, es in Perthes vaterländisches Museum zu geben, wo es mit ſeinem deutſchen Glanze eine ſchöne Stelle füllen wird. Leben Sie wol!

Jean Paul Fr. Richter

365. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Verzeih daß ich immer dein Hemmſchuh bin bei dem Bergauffahren. Leider muß ich faſt. Obgleich mein einfältiger Bruder zu ſehr klagt, da er ja d [en] 4 [ten] Artikel für ſich hat: ſo will ich ihm doch eine Bittſchrift an Thürheim rathen; nur frag ich dich, ob er ſie nach ſeinem vorgeſchlagnen Entwurf machen ſoll. Deinen Rath brauchſt du mir nur ſo zu ſchicken, daß ich heute noch ſchreiben kann. Hier iſt die 2te Porzion für meine Kinder, die du durchaus annehmen muß [t],*)zumal da auch ſo die Rechnung doch noch gegen dich parteiiſch iſt. wenn ich ſie künftig ſoll mitbringen. Auch ſollteſt du mich nicht mehr mit dem Titel oder dem Preiſe der 2 erſoffnen Bücher quälen, um mir die Um - wege es zu erfahren, zu erſparen.

366. An Otto.

Guten Tag, Lieber! Hier folgt die H [allische] L [iteratur] Z [eitung] und von Perthes das 4. Museum, das viel beſſer iſt als das 3te. Ich wollt, ich wäre bei dir geweſen, damit ich nachher bei Dürheim [!] geweſen wäre. Kommt Zeit, kommt Rath und Legazions-Rath.

R.

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367. An Emanuel.

Sind Sie, guter Emanuel! um 7 Uhr zu Hauſe: ſo bring ich meine ſeidnen Strümpfe und Hoſen zu Ihnen und mich oben darauf.

368. An Emanuel.

Rechten Morgengruß für die Morgengabe! Ich leſe keine weiblichen Briefe lieber als die Ihrer Braun, welche ſtatt der Blumen Früchte gibt. Ich bin ſehr eins mit ihren und Ihren Grundſätzen. Ich war heute doch bei Thürheim und wurde ſehr gut aufgenommen.

369. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Hier mein Büchlein. Leſen Sie doch ungebunden die Zueignung und die ſchmerzlich-tröſtenden Er - innerungen ꝛc.

370. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier beides von Cotta! Ich hatte nur 3 Fürſten-Exemplare ſchön auf Schreibpapier verlangt; da ſind denn leider die andern wie Goethe gedruckt. Es iſt doch Eine Aehnlichkeit mit ihm.

371. An Cotta.

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Herzlichen Dank für Ihr Worthalten, wiewol ich nicht daran zweifelte und ich Ihnen eben ſo gut für Ihr Exiſtieren danken könnte 2 [tes] Bändchen zur O [ſter] M [eſſe] Ich freue mich auf ſolche (Müllers Weltgeſchichte) ſo ſehr als ich mich über Goethens Farbenlehre gefreuet, welche eines der reichſten Werke, ſogar unter den ſeinigen, iſt. (Nachher der Rath, für Nicht-Phyſiker beſonders aus dem 2ten Bande ausziehen zu laſſen.)

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372. An Otto.

Guten Abend! Fragen will ich dich ſchon heute, wie es zu machen. Nämlich wie die Exemplare für die Fürſten zu brochieren ſind. Aber 2tens ob ich nicht dem Könige von Preußen eines ſchicken könne. Allerdings ſpricht die Zueignung, die nicht an ihn iſt, nicht dafür, und es iſt die Frage, ob er ſelber nicht auch ſpäter (früher ohnehin) etwas gegen den äſthetiſchen Bruder gehabt. Aber könnt er nicht des Denkmals wegen verzeihen, gegen welches ſo wie gegen die Zueignung*)Lies doch beides ungebunden und ſchreibe morgen, wenn du nicht jetzt ſchon deine Meinung weißt. ich jetzt wirklich nichts habe? Dieß alles muß nun gut überdacht werden, nicht blos von mir, auch von dir. Wahrſcheinlich hatteſt du Cotta etwas geſchickt, was dem immer mehr Hörner hervortreibenden Zenſur-Teufel misfiel.

R.

N. S. Den Dobenekschen Brief kannſt du leſen, wenn die Magd fort iſt.

373. An Emanuel.

Guten Morgen, Emanuel! Weil ich darüber lachte, ſo ſollen Sie das Billet Odiliens auch leſen. So ſind ja alle Opfer der Juden und Chriſten vor Gott.

374. An Erbprinz Georg von Mecklenburg-Strelitz.

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Da das Ende des beiliegenden Werkchens die erhabne Schweſter Ihrer Hoheit erhaben jetzt nicht auf dem Thron, ſondern über Thronen und Sterne anredet: ſo iſt die Anrede des Anfangs an Sie vielleicht an einem Schriftſteller entſchuldigt, der es ge - wohnt war, immer eine ſolche Schweſter und einen ſolchen Bruder zuſammenzudenken. Mögen Ihre Hoheit mir verzeihen, daß ich145 mich vor dem Publikum des Glücks, Sie zu kennen d. h. zu lieben, erinnere und rühme! Ach es waren ſchöne Stunden, aber ſie hatten Flügel, um davon zu eilen, die böſen Stunden haben jetzt auch Flügel, aber um früher heran zu kommen. Möge die ſchweſter - liche Grazien-Drei die heiße Wunde eines ſo zarten Bruder-Herzens verbinden, kühlen und heilen! Möge Ihre Zukunft ſein wie Ihr Werth! Dann ſind alle froh, welche Sie lieben wie ich.

375. An König Friedrich Wilhelm III. von Preußen.

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Ew. [Majeſtät] verzeihen allergnädigſt, daß ich vor Ihren Thron dieſes ein Werkchen niederlege, das ich nicht Ihrer mit den großen Gegenſtänden eines Reichs beſchäftigten Aufmerkſamkeit würdig halten könnte, wenn es nicht die zwei erſten und die drei letzten Seiten mit den ſchmerzlich-tröſtenden Erinnerungen an den 19 Julius enthielte.

Um die Erhabne, [die] nicht blos von ihrem Reiche, ſondern von Deutſchland, ja darüber hinaus, betrauert wurde, ſeien auch mir Fernen Trauerthränen verziehen, ſo wie einige Troſtworte an Deutſchland. Das größte können allein Ihre Majeſtät (ſich) ſagen: ich habe ſie beglückt und geliebt bis in den Tod.

376. An Emanuel.

Guten Abend, lieber Emanuel! Bei den jetzigen Zeitläuften voll verſiegelter Kaufläden, muß man borgen; und ich will es daher thun und Sie auf mein Wiedergeben um ½ Buch blaues, und ½ Buch weißes Papier erſuchen, da ich heute 2 Exemplare der Blumine an Fürſten abzuſenden habe. Gute Nacht!

377. An Emanuel.

Guten Morgen, Guter! Sie haben mir neulich ſchon das rechte Papier geliehen. Briefpapier hab ich noch. Doch ſchreib ich Ihnen und dem ſchönen Papier zu Ehren heute, jetzt erſtlich10 Jean Paul Briefe. VI. 146dieſes Billet darauf und ſogleich meinen Brief an den Fürſten Primas; um ſo viel beſtehl ich Sie geradezu. Otto wird Ihnen mein Zurückſenden des Krauseschen Blattes, das wie ſchon manches in einem Tone geſchrieben iſt, den ich gegen niemand unter mir annähme, und mein fortgehendes Schweigen, er mochte Bücher oder Briefchen ſchicken, vielleicht geſagt haben. Hier ſind ſeine beiden letzten. Er will mich verachten; höchſtens haſſen kann er mich. Ich ſelber thue gegen ihn keines von beiden. Herzlichen Dank für Ihre Hülfen.

R.

378. An Fürſt Primas Dalberg in Hanau.

98

Die zwei erſten und die 3 letzten Seiten des Werkchens, welche von der edeln Königin von Preußen ſprechen, mögen dieſes Werkchen bei Ihrer Hoheit einführen und vorſtellen. Aber hätt es auch noch weniger Werth, ſo würd ich es Ihnen doch zuſenden, da ich kein anderes, wenn auch ſchwaches Mittel des Fortdankens für Ihr Fortgeben habe als das Fortſchreiben. Der Deklamator H. v. Sydow hat mir von Ihnen unter dem Schönſten auch das Schlimmſte geſagt, nämlich Ihr körper-gefährliches Geiſtes-An - ſtrengen. Was bei manchem andern Fürſten ein Glück für ſeine Völker wäre: iſts nicht für die Ihrigen; das jetzige Deutſchland würde bei jeder Krönung zuviel durch die alte Frage verlieren: iſt kein Dalberg da?

379. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier iſt das Trauerblatt ſammt der Trauer-Beilage. Geſtern hab ich ſchon am Briefe an Th [ürheim] gearbeitet, brachte ihn aber nicht zuſammen. Auch möcht ich wiſſen, was L [iebmann] begehrt. Die Salzfaktoreien ſind, wie mir K. R. Fischer geſtern ſagte, ſchon beſetzt. Um Liebmanns Supplik möcht ich den Umſchlag meines Briefes machen. Durch - fliege dieſen Taſchenkalender; der Poſtmeiſter iſt ſehr gut. Für die Rollwenzel werden wir bald ſchönes Wetter bekommen.

147

380. An Graf Thürheim in Bayreuth.

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Den 2 Bittſchriften an Ihro [Exzellenz] wag ich 2 Bitten an - zufügen. Die erſte Bittſchrift iſt von einem Liebmann in Schwar - zenbach, die eines Abgebrannten, der nichts aus dem Scheiterhaufen ſeines Glücks neben ſeinem Hauſe errettete als ſeine Familie und ſeinen Kopf. Dieſer, von der Natur begünſtigt, wurde ausgebildet durch einen Kaufmann Herold in Hof, der mit mehr als kauf - männiſcher Genialität eine (noch dauernde) Kattunfabrik errichtet und eine preußiſche Salzfaktorei verſehen.

Die zweite Bittſchrift iſt von meinem Bruder, Rendant in Sparneck. Ich darf den Gründen, womit er in ſeiner Supplik die Bitte um einen beſſern Poſten z. B. bei der Mauth wird unter - ſtützt haben, bei Ihrer Exzellenz, deren Einſicht das Rechte erräth und durch Ihr Herz das Rechte ausführt, nichts hinzuſetzen als höchſtens die Thatſache, daß er von der hieſigen Kammer ſogar eine Prämie für ſeinen Dienſt-Eifer erhalten.

Ew. [Exzellenz] überſend ich dieſen Suppliken-Dualis zuſammen, um Sie in Ihren großen Geſchäften nur Einmal mit kleinen zu unterbrechen. Ich wünſche das Glück, von Ihnen gekannt zu ſein, ungetrübt von meinen perſönlichen Bitten zu genießen, zumal da Fürſten und Miniſter ſo oft mit Recht hinter jedem befreundeten Beſuche und Worte irgend eine Bittſchrift wie ein Schnupftuch aus der Taſche herauslauern ſehen, die man etwa nach einigen Minuten [?] hervorzieht und überreicht. Möge das Aufblühen des Landes Sie für Ihre geiſtige Unermüdlichkeit wenigſtens ent - ſchädigen, ja ſogar belohnen!

381. An Kammerrat Miedel in Bayreuth.

Guten Morgen! Der alte gute Bergrath Werner beſuchte mich wieder. Er fragte nach der Bergkarte Tirnesi’s. Wenn Sie dieſe wie ich mich gehört zu haben erinnere erſtanden: ſo würde er ſich vielleicht Nachmittags das Vergnügen machen, Sie und die Karte zu beſuchen. Er freuet ſich, hier noch einen Freund ſeiner Wiſſenſchaft anzutreffen.

Richter

10*148

382. An Advokat Dürrſchmidt in Wunſiedel.

100

Ew. hab ich auf Ihr werthes v. 30 Okt. zu antworten:

Erſtlich hab ich nie die Erbſchaft meiner Mutter angetreten, weil keine da war, indem ſie ſelber wie mein jüngſter Bruder die 10 letzten Jahre ihres Lebens von mir erhalten wurde und ſie zu - letzt auf meine Koſten beerdigt. Daher auch, obgleich mein mino - renner Bruder nebſt 2 andern noch lebte, die Obrigkeit keine Notiz von dem leeren Trauerhauſe genommen. Den minorennen, der nun todt iſt, nahm ich ſogleich nach Leipzig mit, um ihn ſtudieren zu laſſen. Folglich hab ich keine Verpflichtung zur Bezahlung der Schuld, nämlich auch nur des 4 Theils derſelben.

Denn zweitens unſerer Brüder waren bei der Mutter Tode, wie ſchon geſagt, vier.

Drittens was die Sache entſcheidet hab ich aus meinem Beutel die Schuld bei Lebzeiten meiner Mutter aus Liebe gegen dieſe und gegen meinen alten Lehrer bezahlt. Der Beweis iſt ein eigenhändiger Brief des ſeel. Werners ſelber, den Sie bei Herrn Superintendent V [ogel] einſehen und konfrontieren können. Zurück gefodert hab ich den Schuldſchein nicht, weil ich gar nicht wußte, daß einer da war, indem ich mich zur Zeit ſeiner Ausſtellung 1781 in Leipzig als Student befand. Mithin kann ich ſo wenig etwas zahlen als mein nachfolgender [?] Bruder, ein Balbiergeſell, der ohnehin nichts hat ꝛc.

383. An Superintendent Vogel in Wunſiedel.

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Verehrteſter Herr Superintendent! Nach langer körperlicher und ſchriftlicher Abweſenheit von Ihnen unterbrech ich wenigſtens die letztere; und zwar durch eine Bitte. Ich übergebe in Ihre Hände die Quittung des Rekt. Werners über eine bezahlte Schuld meiner Mutter, welche Schuld der Advokat Dürrschmidt von mir zum zweiten male bezahlt verlangt. Das Übrige werden Sie aus meinem offnen Briefe an Dürrschmidt leſen, (den ich erſt Sie zu ſiegeln149 bitte,) damit ich mit Ihnen, ohne Wiederholung ſeines Inhalts von etwas Beſſerem ſprechen kann.

Z. B. von Ihnen. Sind Sie denn ganz der literariſchen Welt abgeſtorben und blos in der Konſiſtorial-Welt lebend? Und pre - digen Sie keinem größern Publikum mehr als dem, das um Ihre Kanzel ſitzt? Warum geben Sie wenigſtens nicht Büchelchen an der Stelle der Bücher, kleine Aufſätze wie geworfne Schwärmer, in theologiſchen Journalen? Ich ſehe aber an Ihnen ein: um ein fortarbeitender Schriftſteller zu ſein, muß man in keinem Amte ſtehen, das man nur anfangs mit Schreiben unterbricht und ver - bindet.

Endlich hab ich doch noch eine zweite Bitte an Sie zu thun und Ihre Güte entſchuldige zwei Bitten auf einmal , die nämlich, daß Sie, wenn der Advokat die Quittung eingeſehen und Sie mir ſolche aus keinen andern Händen als aus den Ihrigen zurück geben (wie Sie als 7 / 8 tels oder 31 / 32 tels Juriſt ohnehin thun werden), noch eine Einſicht, die Ihrige, in die Kirchenbücher beifügen; nämlich die Meldung des Jahrs, worin mein Vater Organiſt und Terzius in Wonsiedel wurde, und des andern, wo er abging als Pfarrer nach Joditz; in meine nahe Selbſt-Lebensbeſchreibung gehört dieß ſo gut als das dankbare Andenken an Ihre literariſchen Wolthaten. Ich grüße alle Ihrige.

Ihr alter Jean Paul Fr. Richter

N. S. Wollen Sie mir bei der Zurückſendung die Antwort des Advokaten kurz beifügen.

384. An Otto.

Guten Morgen, Otto! Hier unbedeutende Briefe und wieder Lieferungs-Flachs, aus dem du Spitzen klöppelſt. Der brave Cotta muß ſich geirrt haben; ich bekomme 6 Ld. für den Kalender - bogen; und dabei ſcheint das Agio zu fehlen. Indeß geb ich doch die Anweiſung auf 611 fl. (24 fl. Fuß) morgen ab. Du brauchſt alſo nicht ſogleich zu antworten.

150

385. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Schreibe mir doch, obwol erſt Nach - mittags, da Morgen erſt die Poſt abgeht, was ich meinem Angſt - Bruder, nicht frère terribilis ſondern territus, außer meinen andern günſtigen Vermuthungen, noch zu ſchreiben habe. Winkopp’s Kanal iſt einer der beſten, in Rückſicht der Preßfreiheit, des Abſatzes, des Honorars, des Formats. Auch ſein Plan iſt gut, wenn er ſeine Enge behält.

386. An Ludwig von Oertel in Regensburg.

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Ich wollte, ich hätte dir, mein unvergeßlicher Alter und alſo ewig Junger, die ſchönſten Sachen zu ſchreiben, zum Beiſpiel von einem beglückten, alſo nicht ſeptembriſierenden November von offnen Herzen und Läden von einer kurzen Sperre, die durch den Sphinkter nicht über 2 oder 3 Reiche [?] hinausgeht von erfüllten Träumen (aber nicht böſen) kurz nur von einem, der genug behält

Aber dieß iſt eben bei mir nicht der Fall; ich habe Regensburger altes Märzbier, ungefähr 2 Eimer nöthig für meinen elenden Magen, der immer [?] hinauf herrſcht (auf Herz und Hirn), weil der Bauch-Sack glaubt, er werde etwas, wenn er ſeine 2 Obern plagt und beſtimmt.

Ich habe am 10 [ten] ſchnell und wild hingeſchrieben .... Laſſe das Bier durch einen Untergeordneten deines Abgeordneten be - ſorgen, damit du keine andere Mühe haſt als Dank und Geld zu empfangen und mir einen ſehr artigen Brief zu ſchreiben.

387. An Emanuel.

Hier, guter Emanuel, dieſen Brief von Jacobi*)den Sie an Otto geben., der mir in einer Zeit wol thut, wo ſo vieles, bis aufs Herzblut verſiegen will! Anbei die Dolores.

R.

151

388. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Ich bekam [von] Hanau die Blumine mit Buch und Brief rétour. Sieh doch [das] Couvert an; mir iſts unerklärlich, nicht einmal durch die Reiſe des Fürſten.

389. An Otto.

Leider iſt das Fürchterlichſte beinahe die einzige Erklärung. Mein Paquet war gar nicht aufgemacht. Wie aber wußte man meinen Namen? Möglich wär es aber auch, daß er überhaupt alles an ihn Kommende, franzöſiſchen Verdachts wegen, zurückzuſenden anbefohlen. Der Lage des Königs von Holland iſt er nahe.

Meinen Brief an ihn haſt du mir ſchon geſchickt.

390. An Hofrat Jung in Frankfurt a. M.

Ich wollte, ich hätte einen längſt angefangnen Brief an Ihren in Freud und Leid edeln Aldebert fortgeſchickt, eh ich den Ihrigen trüben bekam. In jenem, wo ich die Hand lobte, die ſo vielen den Wanderſtab zum Zauberſtab macht, dankt ich Ihm ſogleich für viele Jahre voraus, da ſein Wollen ja das geiſtige Geben iſt; fügte aber hinzu, daß ich doch nichts annehmen könnte, weil meine und die Frankfurter Verhältniſſe viel zu ungleichartig ſind. Darüber ein anderes mal mehr. Gleichwol werd und muß ich einmal Frankfurt ſehen und Sie und Ihren Freund. Was Sie von ihm in Ihrem Briefe ſagen, was er von ſich in dem ſeinigen, beweiſet den Werth und die Unauflöslichkeit Ihrer gegenſeitigen Freund - ſchaft.

Eine zweite Urſache meines Briefes iſt die Bitte, mir eine ſchlechterdings unauflösliche Charade aufzulöſen. Ich ſchickte vor 8 Tagen nach Hanau an den Fürſt-Primas meine Herbst-Blumine mein neueſtes Werkchen, worin ein kleiner Blumenkranz an den Sarkophag der Königin von Preußen gehangen iſt und zwar, wie man bei Fürſten pflegt, unfrankiert. Heute bekam ich das Paquet unentſiegelt und doch mit den fremden Buchſtaben152 retour an H. Legations Rath Richter zurück. Iſt der Fürſt in Paris, wie man mir ſagte? Wär er ungünſtig gegen mich geworden? Oder was ſonſt? Keine Vermuthung erklärt.

Ich bitte Sie bei der großen Liebe, die Sie bisher immer ächt d. h. in Thaten gegen mich bewieſen, mir einen Stern über dieſe zweideutige Nacht recht bald aufgehen zu laſſen.

Oberförſter Wolf gab ſeinen zweiten Teil [!] mit einer (angeb - lichen) Vorrede von mir heraus: ſteht viel Böſes darin?

Leben Sie wol und gedenken Sie meiner Bitte.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

391. An Emanuel.

Guten Morgen und willkommen, Guter! Ihr vergeblicher Be - ſuch, da Sie hinter unſerem Rücken ſilbern gekrönt haben, that mir und C [aroline] wehe. Sie wäre noch geſtern gekommen, wenn ſie Sie zu Hauſe geglaubt hätte. Aber heute wird ſie es thun. Max hat ſeine Krone, wofür wir Ihnen herzlich danken, durch ſeine Tapferkeit, wodurch er eine ziemliche Krankheit und einen Blutverluſt von mehr als ½ Seidel ohne Arzenei überwand, [ver - dient]. Anbei ein Brief des guten Königs von Preußen; er macht es wie ich und läßt blos ſich beſchenken.

392. An Otto.

Guten Tag, Lieber! Der Teufel läßt jetzt alle Hunde auf mich los. Ich begehrte von Oertel Regensburger Bier, weil mir Werner es ſo lobte und ich Wein erſparen wollte. Hier mein Brief an Oertel, aber der morgende an ihn ſoll anders klingen. Heute fand ich in der Herbſtblumine den 1 [ten] Aufſatz ganz zum Unſinn in einander geſtürzt; 2, 3 Seiten, die vorn ſtehen ſollten, ſtehen hinten und umgekehrt. Aber merkts denn kein Leſer? Die Minerva iſt gut; nur das über dich ſauer-ſüß und oft dumm. Schicke mir die dummen Rezenſionen. Gib alles Emanuel.

153

393. An Cotta.

Lieber Cotta! Ich bitte Sie recht ſehr, mir v. Müllers Welt - geſchichte ſogleich mit der nächſten fahrenden Poſt zu ſchicken, weil ich ſie zu einem Geburtstags-Angebinde eines Freundes brauche.

Ich danke Ihnen für die überſandte Anweiſung von 651 fl.; das Agio der Ld’or haben Sie indeß nicht berechnet.

So gut die Herbst-Blumine nach Verhältnis einer ſolchen Eile abgedruckt iſt: ſo findet ſich doch eine wichtige Verſetzung*)N. S. Jetzt da ich den Almanach von 1808 vor mich bekomme, find ich den Unſinn und die Verwirrung der Verſetzung ſo groß, daß ich Sie gerade - zu um Einrückung des Blättchens ins Morgenblatt bitten muß. gerade im beſten Aufſatze darin, deren Umſtellung ich Sie herzlich entweder im Morgenblatt oder ſonſt wo zu geben bitte.

Verzeihen Sie mein Bitten. Leben Sie wol!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

394. An Ludwig von Oertel in Regensburg.

105

Kein Mann in Deutſchland, weder ein berühmter noch ein feind - ſeliger, hätte gewagt, mir den Brief zu ſchreiben, den ich leider beantworte. Wer mir irgendwo Herz - oder Sinnloſigkeit vor - wirft, begeht ſie blos ſelber. .... (Die Erzählung vom Schau - ſpielhauſe) ein Unſinn wenigſtens für jeden Hörer, der zwiſchen ſeinen Ohren noch einen Kopf trägt.

* 395. An Emanuel, Otto u. a.

P. P.

Der erſte Aufſatz in der Herbſtblumine iſt ſo ana - [und] meta - morphotiſch durch einander gerückt, daß ich für nöthig gehalten, beifolgenden Aufſatz nicht blos ins Morgenblatt zum Abdrucken zu ſenden, ſondern auch an die H. H. Beſitzer der Freiexemplare zum Leſen, damit ſie daraus erſehen, daß nur die Seiten-Ordnung verrückt iſt, aber nicht der Autor.

Das Zirkulare kann mehrere Tage behalten werden.

154

396. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! Geſtern hätt ich Ihnen lieber für Ihr Billet ans treue Herz fallen mögen. Ich ſagte es aber meiner Frau voraus: ich habe wenigſtens 2 Menſchen hier, die mir nachfühlen, E [manuel] und O [tto]. So hart, ſtark, ſchroff es mich auch macht, wenn ſo recht viele Teufels Griffe auf mich eindringen: ſo beglückt und erweicht mich doch ein mitleidendes Freundes Herz unendlich. Den Brief an Oertel erbitt ich ſo - gleich wieder. Das Zirkulare können Sie einige Tage behalten und dann weiter befödern. Guten Morgen, Geliebter!

397. An Regierungsrat von Dobeneck in Bayreuth.

Eilig, weil es meine Frau mitnehmen will.

Verehrteſter H. Regierungs-Rath! Endlich leider endlich ſend ich Ihnen Ihre drei himmelblauen Bändchen zurück, die den Leſer, wiewol ſie ihn auf die rechte Weiſe in den helldunkeln Vor - hof der zweiten Welt führen, doch an die alte Eintheilung in drei Himmel erinnern. In dieſem [?] Vorhof wohnt mehr Wahres und uns Verwandtes als man jetzt verſteht, da ja ſonſt alle deſſen Geſtalten, wären ſie nichtig, nur als Arabeſken blos unſer Auge, nicht unſer Gefühl berühren würden.

Deſto erfreulicher war es mir, daß Sie im alten gläubigen Tone alles darſtellten, ohne es durch Erklärung zu vernichten; ſondern daß Sie ſelber die Empfindung heilig bewahrten, ohne Rückſicht auf deren Grund. Da iſt ſie doch und war da ſeit der Menſchen - Geſchichte und bleibt.

Dürft ich loben, ſo würd ich außer Ihrer ſchönen objektiven Darſtellung und Sprache noch die ſparſame Auswahl aus dem Chaos loben, da Sie z. B. aus dem Hexen-Kapitel ſich blos vor der Fluth zu retten ſuchten und die Ebbe vorzogen ferner thut die pikante Wahl aus wenigen, aber alten Quellen wol, zumal mit dem Urtext. Gegen Ihre Rangordnung find ich nichts einzuwenden, wenn Sie den Phönix verjagen, der, meines Wiſſens, im Mittel - alter ſein Neſt nicht erneuerte. Auch das Endigen mit dem Helden - buche und der Rechtfertigung eines ſolchen Endigens iſt ächt poetiſch.

155

Meinen kleinen Anti-Noten in Zahlen am Rande ausgedrückt ſtehen blos im 1ten Bande (im 2ten nur Eine, im dritten keine, weil Sie da ſelber geſchrieben) und beziehen ſich meiſtens auf kleine Sprach-Verhältniſſe; oder auf Schreibfehler. Daher ich manche Worte nur unterſtrich, weil ich wußte, daß ich Sie auf nichts auf - merkſam zu machen brauchte als auf Ihre Aufmerkſamkeit. Im Artikel Kobold hat der Abſchreiber oft Kobolt geſchrieben. Dieſes Werk, das einen Dichter ſo anzieht, ſollte ſogleich vor oder nach der Vorrede das Inhalts-Verzeichnis geben. Auch das zu beſcheidene Über auf dem Titelblatte ſtreichen Sie weg; beſonders da es noch dazu den Irrthum gibt, als ob Sie blos über des Mittelalters Glauben räſonnieren wollten, anſtatt ihn ſelber dar - zuſtellen. Leider werd ich Ihnen durch meine Kommata und Linien nur als Kommatiſt und Linealiſt erſcheinen; aber dieſes Erſcheinen beweiſet doch meine aufmerkſame Liebe für das Buch.

N. S. Meine Frau iſt ſchon fort zu Ihnen; und erſpart mir alſo das Couvert; denn ich komme ſelber.

398. An Fürſt Primas Dalberg.

106

Sie können nicht durch Zufall Schmerzen geben, ohne ſie durch Abſicht in Freuden zu verwandeln. Die Herbſt-Blumine wurde den 13 [ten] mit dem beiliegenden Briefe und Umſchlage nach Hanau geſandt, wurde aber unentſiegelt zurück geſchickt. Dieſen harten Zufall ſucht ich mir zum Glück nur aus Zufälligkeiten, nicht aus Ihrem Herzen zu erklären; ſonſt hätt er mir zu viele Leiden ge - geben. Und doch hätte auch ſogar dieſe Ihr neueſtes geiſt - und liebreichſtes Schreiben vergütet und geheilt und in ihr Gegentheil verklärt. So möge denn auch der Himmel Ihnen nachahmen und Ihnen alles vergüten, was der Zufall verſchuldet.

399. An Emanuel.

Guten Morgen, Fortſchenker! Sie freilich geben Nüße von ganz anderen Kernen aufzubeißen als andere, die harte Schale und ſchwarze Würmer reichen. Herzlichen Dank dafür!

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400. An Emanuel.

Guten Abend, Alter! Endlich bekomm ich doch nach Ihren Nüßen eine Nuß mit einem fatalen Wurme, der mich wieder beißen kann. Indeß aus Achtung für die verſtorbne Schweſter, die meiner Frau zur Entbindung zu Hülfe kam, gab ich gerade zu meiner C [aroline] die Erlaubnis nach Altenburg zu reiſen, ſobald ſie nur will und kann. Dieſe Briefe geben Sie Otto.

401. An Karoline Richter in Altenburg.

Dein Blatt fand ich am Morgen; es war meiner ſo lange ver - lechzeten und ausgetrockneten Seele ein Blatt voll warmen Regen. Habe Dank dafür! Die Kinder ſind glücklich. Obgleich man mir heute den Dobeneck faſt todt anſagte: ſo iſt er doch durch einen Rath, den ich ſeiner Frau ſchickte, auf einmal wieder beſſer. Der neue Arzt, den man aus Kulmbach geholt, beſtätigte alle meine Rathſchläge. Eben komm ich von ihr; ihre heißen Thränen ſind nun getrocknet, Gott gebe, auf lange; denn ein - mal ſtirbt doch jeder Familienvater. Mußt du bleiben, ſo ſchreibe ſogleich an deinen Vater, damit er vielleicht dich ſieht Frankiere nichts; es iſt doch Bezahlung aus derſelben Hand Nacht - Wachen ſind dir durch den Brief an Ludwig ſchon verſagt Die Krämpfe deiner Schweſter, ſo fürchterlich ſie dem Zuſchauer ſind, hab ich bei Amöne, Ottos Schweſter und andern oft erlebt, ſie ſind ohne Bedeutung, ja ſogar ohne Empfindung ausgenommen für das Auge.

Seltſam wars, daß heute beide Kinder herein ſprangen und ſagten: die Mutter iſt da! Sie hatten dein Portrait von Meier gefunden. Dieſes ſollen ſie aber auch, bis du wiederkommſt, als Madonna verehren bei mir. Leb wol, wenn es hienieden mög - lich iſt.

Richter107meine libbe muder Max.

[Adr.] Frau Legazions Räthin Richter, Altenburg in Sachsen. Abzugeben bei H. Kammer-Verwalter Ludwig auf dem Kornmarkte.

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402. An Emanuel.

Guten Morgen, Guter! Dieſen Brief mit den 2 Büchern er - hielt ich heute vom Bruder der Königin, der aber noch einen ſchon abgegangnen verſpricht. Bei mir geht alles vortrefflich; mög es meiner C [aroline] eben ſo gut gehen.

N. S. Senden Sie mir gütig die 2 Büchelchen um 1 Uhr wieder.

403. An Otto.

Alter! Was ſagſt du zu des Prinzen Briefe, der einen voraus - gegangnen verſpricht? Die 2 Büchelchen, die er mir mitſchickte (von Adam Müller und eines nur als Mſpt gedruckt) ſollſt du nächſtens haben. Der Brief vom anonymen Arzte bei ſeinem trefflichen Werkchen ſcheint mir aus der Nähe zu kommen.

404. An Emanuel.

Guten Morgen, Treuer! Der kürzeſte Tag hat nun Todes Froſt und Schmerzens Dunkelheit faſt ziemlich viel vorausgeſchickt.

Hier folgt Ihr Almanach. Haben Sie Otto ſchon [den] Kriegs - kalender gegeben? Ich bitte mir zu ſagen, was beide Geldſtücke werth ſind, ferner ein bayerſcher Thaler, dann ein Laubthaler; ich vergeſſ es, wenn ichs nicht aufſchreibe. Wir ſollten uns künftig Korreſpondenz-Schachteln halten.

405. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Das harte vielſchneidige Geſtern iſt vorüber. Ich habe bedacht, [daß] wenn du alle juriſtiſchen Formalitäten für den formaliſierenden Montgelas ꝛc. mir auf - ſchreibſt, es ja gerade ſo viel iſt als machteſt du die Bittſchrift Und ich würde ſie doch etwas in die Queere machen. Und dir iſts ein Spiel.

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406. An Emanuel.

Guten Morgen, Emanuel! Geſtern kamen an meine Frau (aus Altenburg) von der Ehrenberg und von Brockhaus Briefe, daß Minna körperlich viel beſſer geworden, außer dem Bette ſei, Klavier ſpiele, ſinge; daß ihr aber doch oft (jedoch zuweilen ½ Tag aus - genommen) fixe Ideen (z. B. von der Untreue ihres ihr ſo lieben Geliebten ꝛc. ꝛc. ) zuſetzen. Die Ludwig ſoll eine treffliche Frau ſein. Alle dieſe angenehme Geſellſchaft und der Umſtand, daß Minna ſich ſchon gebeſſert, da ſie vom Schreiben an C [aroline] gehört machen wahrſcheinlich, daß ſie ſich ſobald nicht losreißt; was ich auch bei dieſem Mordwetter nicht wünſche. Hier ſteht auf der Seite 398 der L [iteratur] Zeitung meine ſehr alte Meinung über die Semmeln.

407. An Emanuel.

Guten Morgen, Emanuel! Hier iſt der ſchön geſchriebne Brief Ludwigs, der ein Dutzbruder Wangenheims und ein Hausfreund Thümmels iſt. Ich willige gern ein. Emma iſt ſehr heiter. C [aroline] ſchrieb mir einen ſehr ſchönen Brief. Sie grüßt Sie und Ottos. Sie lobt beide Ludwigs und Brockh [aus] ſehr. Anfangs kannte Minna ſie nicht, erſt nach langem Nachfragen und Befühlen .

408. An Karoline Richter in Altenburg.

Liebe! Die Kinder ſind heiter und geſund Odilie iſt immer bei mir nur Max machte mir geſtern durch eine ſehr komplizierte Lüge einen harten Schmerz, der ihn aber auch, ohne beſondere Körperſtrafe, von jeder ſoll geheilet haben. Odilie hat niemals ſeit deinem Wegſein heftig geweint, geſchweige getrotzt und iſt überhaupt köſtlich.

Alles geht in guter Ordnung, weil du wirklich alles in dieſer zurück gelaſſen; und das Nachkaufen und Herausgeben macht mir keine Mühe. Anna macht Eſſen, Kaffee, Arbeit und Frühſtück und Fürſorge für Kinder vortrefflich; daher du ihr ein kleines Geſchenk mitbringen mußt. Sie bleibt ſogar kürzer aus als ſonſt. Nur fehlt159 es ihr nächſtens, da ſie alles durchgeplättet und die Strümpfe ſogar aus Mangel andern Garns mit grobem Zwirn geſtopft, an Arbeit, weil der Spitzbuben-Weber ihr erſt auf den nächſten Montag die Wolle zum Spinnen verſpricht, ſo oft ſie auch darnach gelaufen. Gleichwol lauer ich ihr ſcharf auf; ſogar neulich über den Verbrauch des zweierlei Brodes hatt ich eine Unterſuchung, die aber zu ihrer Rechtfertigung ausfiel. Die Kinder behalten die alte Lebens - ordnung in allem; nur daß ſie am Morgen blos Brod ſtatt der Semmel bekommen, weil dieſe nicht blos theuerer und ungeſünder (das Neugebackne noch nicht einmal gerechnet), ſondern auch weniger nahrhaft ſind als Rockenbrod, wie du bei dem erſten beſten Arzte in Altenburg oder aus der neueſten halliſchen Literatur Zeitung und überall erfahren kannſt. Und künftig laſſ es dabei.

Jeder will die Kinder zu Gaſte haben. Sogar bei Fischer mußte Odilie ſchon 2mal eſſen, ſo wie Auguste ſchon einmal bei mir .

Heute waren Amoene und Paulline bei mir und ich konnte ihnen als Hausvater etwas geben; und eben war Emanuel da. Alle grüßen dich innig; ſogar Anna trug mir ihren Gruß auf, da du ſie eines Grußes gewürdigt. Sie fegt als wärſt du da, und ich nicht.

An mehreren Tagen, wo ich aus der Harmonie , braucht ich zu den 24 kr. kaum mehr als 4 oder 6 kr. zuzulegen und aus - zugeben den ganzen Tag.

Die arme, arme Dobeneck!

Doch ich fahre im Frohen fort. Der letzte vortreffliche Brief Ludwigs hat mich ſehr erfreuet, und ich weiß nun, daß du in der ſchönſten Seelen-Umgebung wohnſt. Meine Weihnachten werd ich, wie ſeit Jahren mehrere Feſte, mit der alten neblichten dumpfen Feier begehen. Es hängt eine große Nacht über meinem Leben, und vielleicht nur, wenn die Erde unter meinen Füßen weg - geſtoßen iſt (d. h. ich in ſie gelegt bin), mag mich die Mitternachts - ſonne unter der weggeworfnen Erde ſtehend, ſchön anleuchten; und das ſollte ſie, dächt ich, wol thun können.

Ich ſagte oben nicht: der arme Dobeneck.

Schreibe mir, was ich der Magd zu Weihnachten an Geld und ſonſt zu geben habe. Kommen wichtige Briefe an dich: ſollſt du ſie haben; andere aber würden, wenn ich nicht ein Paquet für160 die fahrende Poſt daraus machte, zu viel koſten bei ſo vielen Koſten, welche z. B. als bloßes Weggeld über 5 fl. betragen im kothigen Sachſen. Der Bruder der Königin in Preußen hat mir eine ſchöne Biographie von ihr und eine ſchöne Antwort von ſich ge - ſchickt, ſonſt nichts. Ich werde dir nicht oft ſchreiben, da ich dir jetzt die Grundierung der nächſten Zukunft geſchickt; auch von dir begehr ich nicht poſttägliche Nachricht. Brockhausen [!] ſoll dir meinen Aufſatz für die ungedruckte Urania durchaus mitgeben. Fehlt es dir an Geld für die Rückreiſe: ſo borg es; durch An - weiſung bezahl ichs ſogleich. Du bleibſt ſonach 3 Wochen aus, da die Hin - und Herreiſe eine ausmacht. Deinem Gewiſſen und Gefühle bleibe die Dauer der Ferne überlaſſen. Da mein Inneres ohnehin ſo dunkel-trauernd wie ein Trauerzimmer ausgeſchlagen iſt: ſo kommt es nicht darauf an, welche Hand oder Stunde mehr, noch einen neuen Flor darin annagelt. Aber ich liebe dich herzlich und innigſt und habe nie aufgehört es zu thun, obwol manchmal, glück - lich zu ſein, denn ich habe ſtets dein Weſen von einzelnen That - ſachen, das Leben von einzelnen Minuten geſchieden und daher fort geliebt, auch wo ich gezürnt. Es gehe dir wol und das Leben glänze dir in dieſer dunkeln Zeit!

Dein Richter

Den Ehrenbergischen Brief an Herseel kann ich ohne nähere Kenntnis der Sache nicht von hier abſchicken.

N. S. Sage doch H. Ludwig und Md. Ehrenberg, daß es bei mir nicht wie bei andern Leuten ſteht, ſondern daß ich oft 10 [?] Briefe zu beantworten habe, die ich nicht beantworte, aber dafür hundert Seiten habe, die ich ſchreiben muß. Jetzt vollends!

N. S. Ohne Noth ſollen keine, auch keine frankierten Briefe an mich abgehen. Denn ich habe überhaupt nicht viel Luſt aber viel Zwang, zu ſchweigen.

Schreibe mir den Ort deiner Perlen und Steine, der Feuers Gefahr wegen.

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Da Perſonen in Minna’s Zuſtand am leichteſten argwöhnen: ſo nimm in deinem Betragen gegen Brockh. darauf Rückſicht, damit ſie dich nicht für ſich halte.

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409. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.

Mein alter und verjüngter Heinrich! Wie viel Freude und Hoffnung hat mir dein letzter Brief gebracht! Freilich deine per - ſönliche Erſcheinung wäre mehr aber zu viel geweſen; und aller dein Verſtand hätte da nicht vermocht, den meinigen aus der Freude wieder zurechtzurücken auf der Stelle. Ich halte auch den ganzen Vorſatz für einen flüchtigen ſechsfach geflügelten Einfall. Ach gieb uns doch deine Gedanken ſo wie ſie funken - oder ſternen-weiſe aus dir ſpringen; was ſoll eine beſondere ſteife Soldaten-Reihung im Firmament? Ich habe bei dir noch keine Wiederholungen ge - funden, und zwar darum keine, weil du organiſch, nicht baukünſtelnd (ſyllogiſtiſch) erſchaffſt. Kann ein Vater denſelben Sohn wieder erzeugen? Familienähnliche Brüder höchſtens. Mir thun jetzt deine Schriften noth (nöthig); und Leibnitz, den ich eben wieder leſe und bewundere, erinnert mich zu oft an dich. Ein ſolcher Doppel - Rieſe (von Philoſophie und Mathematik) iſt doch nie erſchienen wie er geweſen. Über ſeine 5 Briefe an Clarke und deſſen 5 Ant - worten ſollte man Vorleſungen*)Beinahe komiſch weiſet jeder auf ſeine vorige Widerlegung zurück, indeß der andere unwiderlegt immer daſſelbe reproduziert. So liefen beide Parallel - linien ohne Berührung neben einander fort; aber oben in der Unendlichkeit werden ſie ſich ſchon wie andre Parallellinienabc)nach der Analyſis. berührt haben. zur Gymnaſtik halten, um zu be - weiſen was du einmal geſagt daß auch in Wiſſenſchaften Streiten nicht viel erobere , ausgenommen, ſetz ich dazu, Fechter - arme und Fechteraugen.

Auf deine Seelenwanderung nicht durch Leiber ſondern durch Seelen oder Syſteme freu ich mich innigſt; zumal in der jetzigen Zeit, wo der meiſte répos im Bücher-Repoſitorium iſt. Indeß verzagt niemand weniger an der Zeit oder Nazion als ich; oder gar an der Vorſehung. Wer überhaupt in einer Theodizée irgend ein kleines Übel mit der Gottheit zu reimen weiß, muß es auch mit jedem größeren können, da der Einwand bei Größe und bei Kleinheit derſelbe bleibt, Sonnenfinſterniſſe und längſte Nächte be - decken gleich ſehr die Ur-Sonne.

11 Jean Paul Briefe. VI. 162

Stunden-lange Briefe mach ich oft an dich, wenn ich auf dem Kanapée liege; richt ich mich aber auf, ſo iſt alles verflogen.

Göthe’s Farbenlehre hat mich durch ſeine wiederkehrende Menſch - werdung ſehr erquickt. Überhaupt bemerk ich an mehrerern, die ſonſt, wie es in London einen hölliſchen Feuerklub gab, ſo zum hölliſchen Froſt-Klub gehörten, ſchönes Schmelzen*)Wie ſehr mußt du wirken, da Tiek, früher dein Freund nicht, bei Ernst Wagner in Meiningen dich für einen Gott erklärte.. Freilich in Jena damals zeigte man leichter die Scham als das Herz und er - röthete nur über Thränen. Dieß hält aber das Menſchenherz nicht lange aus; und ich bin überzeugt, daß eben ſo viele Kälte vorſpiegeln als andere Wärme.

Lebe froh! Lieber kürz ich den Brief ab als daß ich ihn in der Abſicht ſeiner Verlängerung, immer liegen laſſe. Du gehſt in ein neues Jahr; komme dir das Schöne, Frohe, Gute entgegen, das du ſelber uns ſo oft ſchaffend zugeführt!

Dein alter J. P. F. Richter

Schreibe bald, wenn möglich.

N. S. Ich bitte dich ſehr um Verzeihung des Korrigierens. Mir iſts unmöglich und ſchreib ich an Fürſten vorher ein Konzept des Briefes aufzuſetzen; denn es hälfe auch nichts, da ich doch im Abſchreiben des Konzeptes wieder ins Korrigieren hinein geriethe.

2. N. S. Ich bitte dich, hab ich nicht Recht? Die jetzige Zeit iſt groß, aber die Menſchen ſind klein? Folglich beſteht die Zeit aus etwas Höhern als Menſchen ſind. Nenn es Vergangenheit oder Gottheit, beide verfließen in Eins.

410. An Ludwig von Oertel in Regensburg.

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Es ſei vergeben und vergeſſen! Von heute an ſteigt die Erde wieder zur Wärme empor und der wollen wir auch nachahmen. 163 Harmes, die alle Menſchen von einigem Rufe mit Ruß von ihrem Kanapee herab bewarf. Weiber freilich ſchminkte ſie am meiſten ſchwarz. Ich habe ſonſt mich wie ſie ſelbſt ſich, über ſie getäuſcht, welche glaubt, alles Edle zu beſitzen, weil ſie es bei andern bewundert und fodert, und welche z. B. nicht die Menſchen, ſondern nur die Menſchenliebe liebt. Deinem Bruder verdank ich das letzte Anſpornen zum Zerreiſſen eines Eheſtrangs und Stachel - gürtels mit ihr, denn zu etwas beſſern hätte ſich das Eheband nicht gewebt. Sie färbe mich ſchwarz; ich habe in mehr als einer Stadt ſchon Leute, die mich weiß waſchen, da ich kein Mohr bin .... Wenn das neue Jahr ſein Thor aufmacht, zeig es dir nicht nur ferne blühende Gärten welche auf Neujahrswünſchen ſogar geſtickt und gemalt zu haben ſind ſondern es führe dich auch hinein, von einer Blume und einem Fruchtbaum zum andern.

411. An Otto.

Guten Tag, lieber Otto! Hier die L [iteratur Z [eitung]. Mein ziemlich krank geweſener Max iſt wieder beſſer; dennoch ließ ich geſtern den D. Sackenreiter holen, der zufrieden mit der antiphlogi - ſtiſchen Kur, blos ein Senfpflaſter und Malventrank anrieth. Müllers Werke, die erſt geſtern abgegeben wurden, werden dich und mich ſehr erfreuen. Seine Geſchichte iſt nicht etwan entworfen, ſondern ordentlich ausgearbeitet. Haſt du den Kriegskalender durch? Ein Rezenſent in der eleganten Zeitung vermißt friſches Leben in meinem Aufſatze.

412. An Emanuel.

Guten Morgen, Emanuel! Ich bitte Sie um die Güte, das kleine Paar nur eine Stunde zu beherbergen, da ich mit Anna auf den Freuden-Markt gehe. Der Anonymus meint es unmöglich ernſthaft*)denn wer wird bei einer Bitte 2mal nicht-frankieren?; will ſich etwan einer rächen, (oder Sie ausforſchen) mit dem Sie in München prozeſſierten?

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413. An Karoline Richter in Altenburg.

Fünf Tage lief jeder von unſern Briefen; ausgenommen, wenn ich am Dienſtage (heute) abſchicke und du mit umgehender Poſt antworteſt, dann nur Tag. Ich und andere haben lange auf den heutigen Brief geharrt.

Meinen vorigen ſchrieb ich am Begräbnistage Dobenecks. Sie iſt in die Poſt, uns gegenüber, gezogen; reſigniert, gefaßt, geſund. Er ſtarb wie ein Engel zu Engeln hinüber. Max war ziemlich krank an einer Halsentzündung. Ich behandelte ihn nach der aſtheniſchen (kühlenden) Methode; aber am harten 3ten Tage ließ ich endlich Sackenreiter kommen, der die Methode richtig fand und nichts verſchrieb, außer äußerlich ein Senfpflaſter und inner - lich den Pappeltrank. *)Drei Nächte ſchlief er hernach mit Anna in der warmen Stube.Dann gab ſichs, ob er gleich einige Tage ſchwere Mattigkeit hatte. Jetzt iſt er ſo friſch wie ſonſt oder wie Odilia. Beide ſehnen ſich weder nach dir noch nach Emma (ſo wenig als die Dob [eneckschen] Kinder nach dem Vater); ſo ſind Kinder; Emma’s Sehnſucht kommt nur daher, daß ſie aus ihren lieben befreundeten Umgebungen geriſſen iſt.

Ich habe nichts gegen deine Reiſe zum Vater, wenn ſie kurz dauert. Du fragſt aber mich immer, und eh ich antworte, haſt du ſchon alles gethan, was ich verneinen könnte.

Der Kutſcher hat ſchwerlich zu viel gefodert; denn du mußt be - rechnen, daß er auch herwärts zu zahlen hatte. Frankiere keine Briefe; ſie kommen ſo ſicherer an; und am Ende gehts doch aus Einem Beutel. Brauchſt du Geld, ſo nimm einiges auf; ich kann es ja leicht durch Anweiſung bezahlen. Überhaupt bin ich, ſeitdem ſo vieles meine Kaſſe und Berechnung bekämpft, ganz gleich - gültig gegen das Geld geworden; wozu ſoll ich mich martern, da doch jeder Gewinn bald wieder ſinkt? Der Anna gab ich, da Amoene es thut (wenn ich ſie recht behalten), ſechs preußiſche Thaler und 1 Stollen zu 1 fl.**)Die Kinder hatten ihren frohen Weihnachts Abend; doch Odilia vielleicht zu wenig; daher theile darnach ein beim Mitbringen. Sie ſind eben bei Hake, ſonſt ſchrieben ſie. Sie iſt ordentlich und ich aufmerkſam. 165 Antonie ſchickte dir 2 Strumpfbänder und eine Chemisette. Ich wünſchte, ich wüßte über deine Zurückreiſe die Mittel. Gib in dieſen Diebs Zeiten recht auf das Anbinden und unterwegs auf das Bleiben des Koffers Acht; und fahre ſo wenig als möglich Nachts. Sogar in der Brandenburger Alle [e] wurde Abends ein Koffer abgeſchnitten; und einem Beamten in Berneck in der Amtsſtube das Amtsgeld abgezwungen. Dein Vater hat die Rückſicht auf mein Kapital für Minna vergeſſen; jetzt hat ſie vom Richterschen, das ſie nicht angreifen wollte, ſchon 500 rtl. genommen und noch teſtiert: denke bei ihm oder ihr an mein Recht. Nach deinem Bericht heilt ſie langſam oder kaum; folglich kannſt du durchaus nicht dein Bleiben nach ihrem Wahnſinn einrichten. Emanuel wünſcht als der Alles-Liebende, du möchteſt bei deiner Durchfahrt durch Gera dem blinden Sachse die Himmels-Stunde deiner Erſcheinung geben: gib ſie ihm, wenn es ſonſt geht.

Messerschmidts flatternde Blüten ſetzen viel Früchte voraus und gefielen mir ſehr.

414. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Geſtern hat meine Frau ge - ſchrieben und meinen Brief, der 5 Tage ging wie ihrer, am Tage der Ankunft beantwortet. Meine geſtrige Antwort hab ich in [das] unfrankierende Nebenfach geworfen; es ging doch ab? Sie iſt wol, ſehnt ſich aber unendlich zurück. Geiſtig iſt Minna noch nicht hergeſtellt; ſie ſoll zu ihrem Vater, wohin C [aroline] (wenn ich ja ſage) ſie begleiten und dann mit demſelben Wagen wieder um - kehren will. Eben ſo leicht könnte ſie den Wagen ſelber ziehen.

415. An Emanuel.

Ich ſage zum Briefe M [umme] ’s, daß er darin eine über ſein Alter gehende Sprachkenntnis (einige orthographiſche Fehler aus - genommen, z. B. Auqu’un, embresser) und treffliche Hand und recht viel Verſtand des Ausdrucks (Empfindung etwas weniger) gezeigt hat.

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416. An Emanuel.

Guten Morgen, Lieber! Wieder ein heiliges Feſt im dumpfen Bayreuth ausgeſtanden! Preußen hätte wol ein Paar Feiertage mehr wegſchneiden ſollen, da ich ſie ohnehin in nichts von Wochen - tagen unterſcheide als durch die ziegelfarbigen Hoſen, die ich an jenen anziehe. Darf ich Sie bitten, mir die Preiſe beigeſetzter Bettler zu beſtimmen, welche ihren Umzug anheben.

417. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Ob ich gleich heute mit den Kindern nach Eremitage fahre und ſonſt nicht gern zwei Freuden als 2 Schüſſeln genieße: ſo nehm ich doch freudig Ihr Einladen an, da hier die größere auf die kleinere folgt, was ſo gut zu ertragen iſt als Wein auf Bier, nicht Bier auf Wein.

418. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier Eine Literaturzeitung. Zwei warten auf dem Kanapee auf dich. Ich fahre heute mit 3 Kindern und 1 Pferde auf die Hermitage. Iſt draußen einem Hunde ein Ge - ſellſchaftszimmer ſo gut verboten als die Gaſſe? Quaestio. Wagner verſicherte mich ernſthaft, ſein Schneidermeiſter habe das Handwerk durch den Galgen bei der Revüe-Affaire beleidigt ge - funden. Seltſam wär es, wenn ich mit dieſem Gewerke zu fechten bekäme; und inſofern dabei blos geſchrieben, nicht geprügelt würde, wär ich freilich ein glücklicher Mann. Endlich hat der Buch - binder Zeit gewonnen. Was hier von Müller folgt, iſt das Herausgekommene, ungeachtet der unterbrochnen Zahl. Magſt [du] mir nicht den 1 [ten] oder den 8 [ten] B. leihen? Aber vorher ſieh die Suite an.

419. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier iſt das Geld, wobei mir die ſchlim - mere Schuld der beiden erſoffnen Bücher einfällt, um welche du mich nicht bringen ſollſt. Ich bitte dich um den Prinzen von167 Ligne. Wider mein Wiſſen blieben die Intelligenzblätter ſo gehäuft liegen. Ich hatte geſtern einen (faſt zu) frohen Abend mit Wolf.

420. An Otto.

Zweites Billet.

Lieber! In Abweſenheit meiner Frau hab ich dieſe dem bairiſchen Officier-Corps gegeben, welche heute mit Gartenmuſik und Ball unſere Artigkeit erwiedern und erreichen wollen; daher ſie heute den Thée wider ihren Willen entbehren muß. Der verdammte Prinz v. L [igne] ſtiehlt mir eine Morgenſtunde nach der andern; noch leſ ich am Satan. Über Bülows ſchwediſchen König haſt du faſt gar zu ſehr Recht; weder der Mann noch der Maler ver - dienen eine andere Stelle im Muſeum als die Abtritts Stelle.

421. An Otto.

Guten Morgen, Fleißiger! Wahrſcheinlich arbeiteſt du an der Landes Sache, zu der ich dir ſo ſehr gerathen. Vielen Dank für dein Buch, das du aber nur nicht hätteſt binden laſſen ſollen. Du kannſt dir leicht denken, daß ich auch für die Wagner [schen] Bücher keinen Erſatz nehme, wenn ich für deine ihn nicht geben darf. Es iſt ohnehin des Dualiſmus ſchon genug. Die ſchöne, ſo manches beſtimmende Vorrede hätte durchaus ins, wenigſtens hinten ans Buch kommen ſollen. Was du geleſen, ſende mir.

422. An Emanuel.

Guten Morgen, gutes Jahr, guter Emanuel! Wie im Orient die Liebenden ſtatt der Liebesbriefe Blumen ſchicken: ſo ſchicken Sie den Neujahrswunſch in der lieblichſten Geſtalt meiner Herzens - Blume. Innigen Dank dafür! In dieſem Jahre des Friedens werden doch einige Wünſche mehr für meinen Emanuel eintreffen. Ach das Leben iſt ſo geflügelt, ein Neujahrstag berührt beinahe den andern; nur das Herz und der ſich darauf leider reimende Schmerz iſt etwas Feſteres. Mögen die ſich nie bei Ihnen reimen.

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423. An Emanuel.

Guten Morgen, Freund im neuen Jahre! Die Broſchüre gefällt mir in ſo fern ſehr als mir alles gefällt, was den Regenhimmel dieſer Zeit nicht zu einem Gewitterhimmel anſchwärzt. Indeßen wärs mir doch lieber, wenn es viel gründlicher wäre ...... So weit hab ich am Morgen geſchrieben ehe Sie geſchrieben. Selber die deſpotiſchen Franzoſen haben mich im Kriege nicht ſo empört als die Baiern im Frieden; ſo muß man denn immer die Zähne blos knirſchen, die ſich durch kein Beißen wehren dürfen. Th [ie - riots] Brief iſt ſchön; und ſein Gefühl und Anſchauen rein und tief; aber man erhält doch wenig mehr aus ſolchen Allgemeinheiten und Abgeriſſenheiten als man ſchon mitbringt. Meine Frau ant - wortete mir heute; ſie geht denn auf Berlin. Sie grüßt Sie herz - lich. Wann kann ich ihr denn nächſtens antworten, da ſie Geld braucht? Ich hatte heute ſo viele Schreib - und Haushaltungs Arbeit, daß ich Ihnen Ihre Scheine erſt ſpäter ſchicke. Hier der Interims Schein: Herr Emanuel hat mir alle Zinſen meines Kapitälchens bezahlt, ſage heute den 2ten Jenn. 1811. Gute Nacht, Lieber!

N. S. Des Teufels möchte man werden über die baierſche Deſpotie; ſo iſt ja keiner auf 1 Tag lang ſeines Vermögens ſicher.

Wi [e] der meine böſe 2. Sie wiſſen, es mußte ſchon ein Vor - gänger vor Chriſtoph fort.

424. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Hier die Scheine und das Buch. C [aroline] grüßt Sie ſchon wieder; und iſt wahrſcheinlich ſchon in Berlin. Ich hatte ihr geſchrieben, ſie ſollte im nöthigen Falle Geld borgen; ich würd es hier z. B. durch H. Enzel bezahlen laſſen. Aber ſie will ungern borgen; und ich ſoll hier anweiſen. Wie mach ich das? Ich habe mich doch auf einer rechten Partei - lichkeit ertappt. Als der erſte Mauthinſpektor in Hof dem Otto weichen mußte: verſpürt ich die Ungerechtigkeit weniger als ſein Glück. Jetzt iſts ganz anders. Doch erhöht die Wiederholung das Abſcheuliche.

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425. An Emanuel.

Einen guten Morgen für den guten Morgen, den Sie mir, Guter, wieder gegeben. Jaques iſt ein tüchtiger Mann und ein beſſerer Styliſt als ſein Bruder, der ſich immer widerlicher ver - ſchraubt. Dieſer Bund von Geſchäftstüchtigkeit, Gefühl, Philo - ſophie und Dichtung vollendet den Mann. Frage: da ich von Jung in Frankfurt noch keine Antwort auf meine Frage erhalten, ob ich die monatliche Penſion auch bei dem Rentmeiſter durch An - weiſungen beziehen dürfe: (ſo weit hatt ich geſchrieben, als Ihre Aufwärterin kam; die Antwort ſoll folgen) ſo frag ich, ob es mir nicht ſchade, daß ich noch nichts bezogen.

426. An Emanuel.

Lieber! Gott mag wiſſen, was Th [ieriot] will; er ſelber weiß es auch nicht. Ich durfte doch die unverſiegelte Schachtel der Frau anvertrauen?

427. An Emanuel.

Guten Abend, Guter! Haben Sie Dank! Ich hab ihr ſchon geſchrieben, aber nichts geſchickt, da ich nicht gewiß weiß wo ſie iſt, und da ſie jetzt ſchon längſt geborgt haben muß, (im letzten Briefe hatte ſie nur noch 7 fl.) und ſonſt aus Urſachen. Sie borge, wie ich geſchrieben, lieber zu viel als zu wenig; bezahlen kann ich ja leicht und gleich.

428. An Emanuel.

Guten Morgen, Emanuel! Odilie bettelt ſich von mir zu Ihnen hinüber. Wollen Sie die Bettlerin einlaſſen? C [aroline] wird, wenn ſie kann, den Blinden in Gera beſuchen; und er wirds ihr und Ihnen danken.

429. An Eliſe Feind in Leipzig.

Liebe ſchweigende Freundin! Seit wie vielen Jahren wohnen Sie für mich auf einem andern Planeten, ſo wenig weiß und erfahr170 ich von Ihnen! Jetzt könnten Sie wenigſtens meiner Frau ein Blättchen mitgeben, da ſie nach Leipzig reiſet. Auch bitt ich Sie, ihr etwas dickeres aufzupacken, nämlich meine zwei Kupferſtiche und die Bücher, die ich bei Ihnen gelaſſen. Die Frau, bei der ich die Betten gelaſſen, mag wol nicht reich an Ehrlichkeit oder an Gelde ſein, oder an beiden.

Ich grüße mit allen Wünſchen für Ihr Glück Sie und alle Ihrigen.

Jean Paul Fr. Richter

430. An Ludwig von Oertel in Regensburg.

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Drillings-Sendung Wäre der Reichstag ſo ſtark und ſo geiſtig geweſen als das Bier daſelbſt: er wäre jetzt ein Reichsjahr und beherrſchte die jetzigen Herrſcher trinks als Wein-Vikarius Aber beim Himmel und beim Henker! ſonach verlang ich ja immer etwas von dir, Bier oder Adreſſen oder alles. Letzteres aber das Böſe davon ausgeſchieden wünſcht ich wol, daß es dir das neue Jahr gäbe. Indeß befeſtige dich in dir ſelber, ſo brauchſt du nichts von oben ſondern erträgſt leicht das Von oben herab . Ein Paar Eimer Arzenei.

431. An Hofrat Jung in Frankfurt a. M.

Schon aus Ihrem Schweigen, und aus des Großherzogs Schreiben, vortrefflicher thätiger Freund, errieth ich, daß Sie eben der letztere wieder wären. Meinen Dank dafür zu dem Danke Ihres Bewußtſeins!

Für das Muſeum hab ich eben Aufſätze geſchickt. Sogar für den 8ten Februar könnt ich ihm wieder ein Blättchen ſenden, das ſich blos auf den Großherzog bezöge, in ſo fern am 8ten ſein Geburts - tag iſt.

Ihr Wenner gefällt mir als Menſch und Buchhändler zugleich. Mit ihm könnt ich über Ihren Vorſchlag leichter einig werden als mit mir jetzt. Erſtlich müßt ich ſchon ein Jahr voraus arbeiten und bereit haben, um frei und für die Zeitung täglich ge - rüſtet zu ſein, zumal da mich kleine Aufſätze mehr plagen als große,171 ſo wie den Menſchen Moſkiten mehr als Löwen. Zweitens hab ich ſo viele große Arbeiten in der Vorbereitung liegen, zu welchen ich immer nicht gelangen konnte. Kurz, nur Zeit laſſen Sie mir; damit ich nicht verſpreche, was ich nicht halten kann.

Dem trefflichen Wenner könnt ich übrigens ein gutes Buch von einem eben verſtorbnen Freunde von mir, Regierungs Rath v. Dobeneck, zum Verlage anbieten: Des deutſchen Mittelalters Volksglauben und Heroenſagen etwa zwei mäßige Bände ſtark; alles aus alten Quellen geſchöpft und dieſe ungetrübt zugeleitet und mit poetiſchem Sinne. Ich würde eine Vorrede dazu machen. Doch wozu ſo viele vorläufige Worte, da ich doch einen Theil des Mſpts und die Beſtimmung der Bedingungen ſchicken muß? Sogar der berühmte Klüber in Erlangen wollte von ihm Auf - ſätze über das Mittelalter.

Ich habe ſehr im Thränen - oder Wein-Monat 1810 gelitten, nicht an mir ſondern mit tauſend Menſchen und hundert Städten.

Leben Sie froh, wenn es jetzt möglich iſt, Sie recht herzlich von mir geliebter Mann. Meine Frau würde Sie ſo innig grüßen wie ich, wäre ſie jetzt nicht bei ihrer kranken Schweſter, mit der ſie nach Berlin zu dem ging, der Ihnen ähnlich iſt. Leben Sie wol!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

432. An Emanuel.

Guten Morgen, Lieber! Da Otto mir es ſo ſehr räth, den Auf - ſatz für das Muſeum von Welzel kopieren zu laſſen: ſo bitt ich Sie, ihn ihm zu geben. Dienſtags muß ich ihn wieder haben. Es braucht blos leſerlich und ohne leeren Rand geſchrieben zu ſein. Möchte Sie das Leſen für die Mühe des Gebens belohnen.

433. An Emanuel.

Lieber Emanuel! Der poetiſchen Tugend-Virtuoſinnen kenn ich viele; und närriſch iſts, daß ich drei davon heirathen wollte;172 z. B. in Hildburg [hausen], in Hof (jetzt nicht mehr da) ꝛc. ꝛc., bis ich zum Glück die proſaiſche Virtuoſin erwiſchte, welche wie Sie glaubt, es ſei faſt beſſer, zu handeln. Auch Männer der Art gibts, z. B. (doch mit Einſchränkung) der ſeel. Oertel in Leipzig ꝛc. Wenn die Harms den Aufſatz lieſet, wird ſie ſagen: ein wahres Wort zu ſeiner Zeit! Ich ſelber kenne deren ſo viele, lieber Richter! Aber ich konnte keiner beibringen, daß ſie eine ſei.

434. An Emanuel.

Wahrlich, Satiriker!, Ihr Einfall iſt gut. Senden Sie mir das Billet und den erſten ½ Bogen.

435. An Frau von Lochner in München.

117

Nicht der Wechſelfieberkranke begrüßt Sie in dem neuen Jahr ſondern der Geſunde, dem nichts fehlet als ſeine Frau, welche in Altenburg ꝛc. In dieſer ſtürmenden Zeit thut man deſto mehr Wünſche für Geliebte, je weniger eben davon erfüllt werden und wurden. Einer Mutter wie Sie ſind kann ich nichts wünſchen als beglückte Kinder. Alle andere Freuden können Sie weniger be - kommen als geben, und die höchſten ſäet und pflückt nur das Herz denn wahrlich die Außenwelt legt ſich jetzt mehr aufs Plündern als Bereichern des Innern. Für mich haben Sie keinen Wunſch zu thun, aber wol können Sie wenn Sie meine Bitte annehmen einen erfüllen. Sie haben mir ſchon ſo viel durch den Großherzog gegeben denn ich weiß, daß ich Ihrem Liebes Worte zum größten Theile meine Penſion verdanke. Iſts möglich, ſo ſagen Sie ihm ein 2tes Wort das nicht ich, nur die Freundin eines ſolchen Freundes ſagen darf nämlich das Wort, daß er meine Penſion (bisher blos aus ſeiner Privat-Chatoulle) in den allgemeinen Pen - ſions Fonds aufnehme und anweiſe, deſſen Regulierung er nun bald vollendet haben wird. Nur Seiner deutſchen Hand dieſer deutſchen, ſie mag die Feder oder den Zepter halten, ſchreiben oder regieren oder geben will ich das Erleichtern meiner Kinder-Zukunft ver - danken, aber keiner ausländiſchen Hand. Einige Eile des Winks oder der Bitte iſt jetzt nöthig am Ende der Regulierung. Dalberg173 iſt allerdings ein Louis XIV im Kleinen, inſofern er wiſſenſchaft - liche Preiswerber erweckt und belohnt, aber iſt größer als Louis, inſofern er ſelber unter den Preiswerbern ſteht, nur unerweckt und unbelohnt. Übrigens wird jeder Erfolg Ihres Verwendens nichts an der Größe meiner Dankbarkeit gegen Sie ändern. Verzeihen Sie dem, der Ihnen ſo viel vertraut. Noch einmal, es gehe Ihrem ſchönen reichen Herzen wol.

436. An Perthes in Hamburg.

Ich bin endlich entſchloſſen, lieber Perthes, die neue Auflage der Vorschule in der Oſtermeſſe 1812 zu geben. Da ich aber nicht blos Zuſätze ſondern auch Textveränderungen ſelber zu machen habe: ſo kann ich den Käufern der erſten Auflage mit keinem be - ſondern Anhange helfen, wie denn überhaupt die wenigſten Schrift - ſteller es thun und vermögen.

Leben Sie wol, wenn dieß jetzt in Hamburg möglich iſt. Ich grüße Ihren Freund.

Jean Paul Fr. Richter

437. An Otto.

Guten Morgen, Otto! Hier das Briefchen. Meiner Freude an Cöleſtins Fragmenten erinnere ich mich noch ſehr wol. Laſſe ſie drucken; aber gib mir ſie vorher. Welzel kopiert mein Ding.

438. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! Ein ſolcher Abſchreiber iſt mir noch nicht vorgekommen, der ſtatt einiger Fehler gar keinen macht; was nicht einmal meine Frau vermag, die doch meine Hand (zumal da ich ihr ſie am Altare gegeben) ſo lange kennt. Ich werde H. Welzel jedesmal nehmen*)Z. B. bei der neuen Auflage der Vorschule, wo oft nur Gedrucktes zu kopieren iſt. , wo meine Handſchrift nicht zu ab - ſcheulich durchkorrigiert iſt. Sagen Sie mir, was ich ihm zu geben habe. Seltſam: jeden, den Sie mir empfahlen, fand ich allemal vortrefflich und behielt ihn.

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439. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier mein Aufſätzchen für Primas. Sollt ich über ſein Alter (71 Jahr) irren, ſo beſſere es*)Hab ich etwas über einander geſetzt, ſo ſtreich eines davon. Daß Salomon 40 Jahr regierte, brauch ich wol nicht in der Note zu ſagen?.

Von Cöleſtin hat mir bei weitem der erſte Theil mehr gefallen als der zweite; was am meiſten daher kommt, daß er nicht mehr ſpricht und mithin ohne die vorige Selbſtironie. Da man ferner nach dem erſten den Charakter und deſſen Leben nur als Holſpiegel - bild karikierender idealiſierender Selbſtironie kannte: ſo paßt nach - her das Spiegelbild wirklichen Lebens nicht gut; und noch weniger die ernſthaften Bemerkungen, er ſei den Kleinſtädtern lächerlich vorgekommen. Ja, wenn ers ſelber mit dem größten Erſtaunen erzählte! Auch nimmt man an ſeinem wirklichen Schickſal im zweiten Theile ſo wenig Intereſſe, als am wirklichen Schickſale eines Traums. Laſſe dieſen alſo weg, oder, da ſo viele gute all - gemeine Bemerkungen darin vorkommen, laſſ ihn ſelber erzählen und bringe die Bemerkungen etwan als eigne Noten an. Eine Haupt-Note haſt du überhaupt zu machen, (kannſt ſie ſogar ihm ſelber in den Mund geben,) nämlich daß er nach der (damaligen) Äſthetik ſelber ein lebendig herum gehendes Gedicht und athmendes Selbſtepos ſein wolle; denn zur Zeit ſeiner Entſtehung war deine Satire auf die ſtofloſe Darſtellung deutlicher als jetzt. Eine ähn - liche Note mache bei Geſchmack. Weitläuftige oder zu kalte Aus - ſpinnungen hab ich durch Parentheſen mit Rand-Nummern an - deuten wollen; das mir beſonders Gefallende durch ſteilrechte Striche. Zu leſen iſt oft das Eingebeſſerte ſchwer, zumal da deine jetzige Dinte es für unſittlich hält, die Unſchuld des Papiers anzuſchwärzen. Den komiſchen Namen Herbelſamer ſollteſt du öfter anbringen.

120

So viel über den 1ten Theil, wobei ich noch manches mag ver - geſſen haben. Ich ſetze meinen Titel zum Pfande, daß du bald einen Titel für das Buch bekommſt von mir.

Heute ſehen wir uns wieder. Den Emanuel hab ich das vorige mal nach der langen Trink-Seſſion glücklich nach Hauſe gebracht,175 indem ich ihn feſt nicht am Vorder-ſondern am Hinterarme führte. Auch wartete ich zum Überfluße ab, bis er ſeine Hausthüre auf - gebracht hatte; er dankte mir aber ſehr dafür. Wie ich ſelber nach Hauſe gekommen, weiß ich aus Mangel eines Zeugen, weniger genau.

440. An Emanuel.

Guten Morgen, Lieber! Geſtern bekam ich ſchon wieder be - glückende Antwort von C [aroline]. Des guten Ludwigs Brief wollen die Kinder auf ihrer Rückreiſe von Miedel wieder holen, weil ich Otto gern bald damit erfreuen möchte. Zu meiner alſo zu Ihrer Freude leb ich doch einmal ſchönen Tagen entgegen.

441. An Emanuel.

Eilig. Guten Morgen, und Dank für heute und vorgeſtern. Ihre Gegennoten ſollen die Aufſchrift Geburtstag und Proteſtanten durchſtreichen. Aber o Himmel wie viel muß ein Menſch, Autor, ſogar von 47 Jahren korrigieren an bloßen 4 Seiten!

442. An Profeſſor F. G. Welcker in Gießen.

121

Aus meinem Schweigen werden Sie ſchwerlich meine Freude an Ihrem ꝛc. Ariſtophanes errathen, deſſen Wolken mir das Dezember - gewölk verjagen könnten, wenn es tief auf mich hereinhinge ... daß Sie uns den ganzen Ariſtophanes geben, den uns das attiſche Muſeum faſt nimmt, indem es ihn gibt. Ich würde meine Freude noch ſtärker ausdrücken, wenn ich griechiſche Gelehrſamkeit genug beſäße, um das Vor-Echo Ihrer Lobredner zu ſein. Indeß haben Sie mich beſſer als einer mit dieſem Genius bekannt gemacht, dem ſogar ein Äſchylos nicht gefiel und der (aber mit Recht) einen Sophokles*)Homer, Sophokles, Shakeſpeare ſiehe da dieſe drei ſind eins. vorzog. Wer an deſſen Obſzönitäten ein Aergernis nimmt, ſucht eines und iſt ſelber eines. Eben ſo gut wäre die ganze176 Anatomie und Phyſiologie eine Obſzönität. Eine bei Ariſtophanes oder bei Juvenal oder Rabelais wirkt gerade ſo ſittlich als manche franzöſiſche oder wielandiſche Hand unſittlich, welche wie die be - kannte an der Venus zudeckt .... Nur verſchatten Ihnen faſt ein wenig die Wolken den Sokrates, dieſen liberalern atheniſchen Kato II, das Ideal eines Platons, das nicht einmal Ariſtoteles angegriffen. Überhaupt wiſſen wir von Sokrates Jugend ſo wenig, als von Chriſtus Jugend; deſto jämmerlicher; ich gäbe für dieſe beiden Jugendgeſchichten die römiſche und die halbe deutſche Kaiſerhiſtorie; denn ſolche Leute ſind nicht Menſchen, ſondern Welten und verkörpern ſoweit möglich die Ewigkeit. Mein Herz hat indeß den rechten Sokrates nie weder in Platon noch in Xenophon ganz gefunden ſondern in beiden widerſpänſtigen und in kleinen Anekdoten .... Fahren Sie ja bei der Kraft Ihres Bundes älteſter Literatur mit neueſter fort, dieſen koloſſalen Satyr aus dem Schutt der Zeit hervorzugraben, wiewol wir nur Glieder, nicht einmal den Torſo finden ... Die Glücksgöttin ſei Ihnen ſo günſtig als die Muſe es iſt!

443. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Hier ein Paar Briefe, mit denen wieder herrlich eingebundne Bücher eingelaufen ſind, die von mir rezenſiert ſein wollen. Zuletzt ſetzt mich dieſes Beſchenken in Ver - legenheit, da ich ſo ſelten dieſes Wollen erfüllen kann. Schön iſts, daß heute ſchon Donnerſtag iſt; der Schabbes muß doch endlich kommen.

* 444. An C. F. Kunz in Bamberg.

Ich bin Ihnen lange meinen ſchriftlichen Dank für den heitern reichen Tag bei Ihnen ſchuldig geblieben; aber ich wollte mit dem Danke zugleich die Antwort auf ein Briefchen geben, worin Sie mir etwas vom Anonymus oder Monsieur gemeldet hätten. Leider kam es nicht. Möge doch die Mutter mit den ſchönen Seelen -177 augen über den ſteilen Hügel der Entbindung, der oft ein Grabes - hügel wird, leicht hinüber gekommen ſein! Ihr Schweigen läßt mich dieſen Wunſch mehr bang als freudig thun!

Ich war lange an keinem Tiſche ſo froh und Herr meiner Kräfte als an dem Ihren. Aber freilich die Kräfte bringt man mit, allein nicht den Tiſchgenoſſen, der ſie erregt. Grüßen Sie, außer der geiſtreichen Tiſchgeſellſchaft, noch von mir Herrn Hofrath Marcus, deſſen Fieberlehre ich zweimal mit Freuden geleſen. Er ſoll mir ein Evangeliſt Markus ſein, wenn er bald die Geſchichte der Magne - tiſierten gibt. Ich bereuete zwei Tage nach der Abreiſe meine Flucht vor ſo vielen Freuden, zu welchen ſogar der Eintritt ins berühmte Krankenhaus gehört hätte.

Noch bitt ich Sie um etwas, um 2 Thaler Kredit; nämlich bei [Lachmüller], dem Vater des Bücherverleihers und Spielſachen - Verkäufers, kauft ich ¼ Hundert ſogenannte harte Federn (See - kiele oder Hamburger) für 1 rtl. ; ich wünſchte 50 wieder zu haben, und zwar vom linken Flügel, deſſen Federn ſich vom Schreibfinger abbeugen, gegen den Daumen zu. Wollen Sie nun Bürgſchaft und Aſſekuranz leiſten, damit er mir ſie zeitig ſchicke?

Hierbei folgt das zweimal verſprochene Kirchenregiſter meiner Federkinder. Grüßen Sie von mir bei Gelegenheit einen von hier verſetzten Regierungsrath Hake, meinen Freund und Gevatter. Leben Sie herzlich wol!

Jean Paul Fr. Richter

445. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier geb ich dir den nach fremdem Rathe geänderten Aufſatz, der heute abgeht. Perthes iſt doch zu hypochondriſch und zu bedenklich zugleich. *)35Ich meine die Schlußanmerkung des Heftes. Was hat er dir geſchrieben?Freilich lieber den Schlag des Kriegs als die Baitze eines ſolchen Friedens. Auch mir gehen die Marſchälle im Kopfe herum, ob ich gleich nicht daran glaube. Wer 4 Könige und 1 Pabſt abgeſetzt, kann indeß viel probieren.

Ich ſende dir, damit ich doch nicht allein darüber urtheile, Do - benecks Buch (1 B.) zum Anſehen.

12 Jean Paul Briefe. VI. 178

446. An Hofrat Jung in Frankfurt a. M.

Noch vor Ihrer Antwort auf mein Blättchen vom 5ten, ſend ich Ihnen wieder eine, obwol kleinſte Lieferung für das Museum, welche ich Sie bitte, der Behörde zu übergeben. Mein Herz und mein Glaube und mein Dank und mein Wunſch haben den kleinen Auf - ſatz geſchaffen, der wenigſtens Einem Menſchen die höchſte Freude gewährt dem Verfaſſer. Aber ich rechne Sie zum zweiten, den die Freude über den Großherzog erfreuet, und alle brave Frank - furter zu den übrigen Mitfreudigen. In der Geſchichte wird es künftig nicht mehr heiſſen: iſt kein Dalberg da? ſondern: er war da und blieb da, denn jedes deutſche Herz war ſein Thron.

Der Himmel gebe, daß ich Ihn einmal ſehe. Wir würden uns leicht verſtehen; denn ſchon im 20ten Jahre las ich freudig ſeine Ideen über das Univerſum .

Meine Seele verfinſtert ſich, wenn ich an jene lichte Zeit gedenke.

Aber ich bin ſo ſehr als von meinem Daſein vom Aufgang einer deutſchen Sonne, wenn auch hinter Morgengewittern überzeugt.

[Schluß fehlt]

* 447. An Ernſt Wagner in Meiningen.

Heute am Tage der Rückkehr meiner Frau aus Berlin ſchreib ich endlich was ich hundertmal gedacht, nämlich meinen Dank und meine Freude Sie betreffend. Ihr Fibelſchütz ſteht im Zeichen des Schützens, dem Apollo die Pfeile gibt; und mit ſolcher Indivi - dualität ſchießt man nicht fehl. Ich wollte, Ihr Wörterbuch wäre ſo dick als das Adelungſche; auch wäre freilich die Dicke die einzige Aehnlichkeit, die es mit ihm hätte, ſo wie Sie ſelber die mit Ihrem Werkchen; ſonſt übrigens muß der Seelige bei Ihnen betteln und beten und fluchen zugleich.

Unbeſchreiblich hat mich Ihr Werkchen recht aus dem Herzen und dem Wald und Feld, wie Sie ſo oft gebahren ergötzt; und ich habe jede Derbheit des Worts oder der Anekdote nicht ſowol ver - ziehen als genoſſen. Sie ſind mir ein rechter Wald -, Berg -, Ebenen -, Auen - und ſonſtiger Menſch. Ach bleiben Sie nur über der Erde!

179

Gott weiß, was ich noch wußte und Ihnen zu ſchreiben gedachte. Ganz treffen wir in der Kindheitfreude an Johannisbeeren, Pfeifen und Vogelfang zuſammen. Dem Leſer Ihres Büchleins thut eben das Beſondere, ja Individuelle der Darſtellungen ſo wol, eben weil im Beſtimmteſten zugleich das Allgemeine liegt, aber nicht um - gekehrt in dieſem jenes. Und es gehört eben Muth und Blick und Kraft dazu, das Individuelle an und in ſich nur zu faſſen, geſchweige zu geben.

Ehe Sie Ihren Jeſus von Nazareth malen, leſen Sie ja vorher alle chriſtliche Schriften Herders durch, für mich der 13te Apoſtel. Mir iſt in der Kirchengeſchichte noch kein Geiſt vorgekommen, der ſo ätheriſch und ſo fromm und ſo leicht und ſo weit ſich breitend und ſo innig in ſich gehend, den großen Chriſtus-Geiſt in ſich auf - genommen hätte, als eben der Herder, deſſen Antlitz nun ohne den hebenden Geiſt verfällt in der Kirche, die ich nie betreten werde; denn ein vor Kurzem Geſtorbner ruft zu mächtig uns ſeine Unſterb - lichkeit zu, als daß wir die Ruinen der Bekanntſchaft ſehen, und zu ſchmerzhaftern machen möchten.

Heut iſt Pauli Bekehrung, d. h. auch meine; denn ich ſchicke endlich dieſen Brief ab. Meine Herzensgrüße an alles was Heim heißt! Es gehe Ihrer ſchönen lichten Seele wol in der verfinſterten Zeit!

Ihr J. P. Fr. Richter

448. An Emanuel.

Willkommen, Guter! Ihr Zeichen der Ankunft, nämlich das Eßgeſchenk, kam geſtern nicht ſogleich vor mich; denn ſonſt hätt ich mich für ſie früher bedankt als von ihnen gezehrt. Doch haben wir noch die Walfiſch-Forelle. Aus dem Briefe des Rentmeiſters will Otto ſchließen, daß mein Penſion nun aus der Staatskaſſe gezahlet werde; und Sie?

Von Langermann wird Otto Ihnen einen ſchönen Brief an mich geben.

124
12*180

449. An Emanuel.

Guten Morgen, Seltener geiſtig und ſichtbar! Das dicke Bündel iſt von Eva über die Levana, das ich erſt mit ihr in der Hand durchgehen kann. Th [ieriot] hätt es aber an mich gleich adreſſieren ſollen. Die Neujahrswünſche werden Sie ergötzen, beſonders das Ehepaar, Auge [?] ꝛc. Otto muß den Langermannschen Brief noch haben.

450. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! Eva’s Anmerkungen ſind oft vortrefflich; nur möcht ich wiſſen, wie Th [ieriot] zu ihnen ge - kommen. Überall offenbart ſich eine ſchöne Seele. Ich werde an ihn ſchreiben. Nikolai iſt jetzt durch ſein Grab gegen mich ge - deckt; denn dieſes deckt wieder die Literatur gegen ſeine Feder. Können Sie mir nicht Napoleons Anrede ꝛc. ſchicken, die Ihnen Otto wird gegeben haben? An Langermann muß ich bald ſchreiben ſchon der verlaſſenen Dobeneck wegen.

451. An Frau von Dobeneck in Bayreuth.

125

unter jeder, Ihnen beliebenden Bedingung zum Leihen zu Ge - bote, wobei doch der am meiſten gewinnt, der Ihnen zuerſt an - bietet .... Mit Schmerzen erfuhr ich zwei Ungerechtigkeiten oder Härten, von Berlin und München

Erſt heute

(Ich bleibe immer Ihr Schuldner, Sie mögen bezahlen wie Sie wollen)

452. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Habe vielen Dank für deine Belehrung. Du biſt ordentlich mein auswärtiger Verſtand, oder dein Kopf das Leihhaus des meinigen, ſo daß ich ganz gut durch die Geſchäfte durchkomme. Voß wird dich ſehr intereſſieren; für mich waren die Spitzbuben das Angenehmſte. Heute ſchreib ich an Langer -181 mann; was hab ich eigentlich für die Dobeneck zu bitten? Hier haſt du den Roman wieder; ich will ihn ſpäter verſilbern. In der beifolgenden Zeitung brütet ſich für 2 Könige ein Unglück aus.

453. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Deine Neuigkeit war in unſern Zeiten eine ſeltene nämlich eine ſchöne; aber ich kann nicht alle, obwol einige Gründe deines Abſchlagens errathen. Damit ich für die Dobeneck auch etwas thue, ſo ſende mir bald das Mſpt mit deinem Urtheil, da ich ſchon deßhalb an den Buchhändler Wenner in Frankfurt Anfrage gethan. Sogar über die Bedingungen, die ich vorſchlage, will ich mit dir reden.

454. An Staatsrat Langermann in Berlin.

126

Sie haben mir in mein immer mehr verarmendes Bayreuth - Leben eine reiche Stunde geſchickt. So oft ich aus meiner Schlaf - kammer an Ihr nun verwaiſetes Palais d’inégalité hinüber ſehe, zank ich mich aus, daß ich Sie nicht öfter beſucht habe. Jetzt ſteh ich mit leerem Ohr vor dem leeren Bauer wie ein Bauer und der Vogel ſchlägt in Berlin. Es iſt aber eine Eigenheit des Menſchen; ſobald er nur weiß, die beſte Geſellſchaft wohnt ihm bei der Hand: ſo verbleibt er ruhig einſam in ſeinem Neſte; iſt ſie aber entflogen: ſo jammert er wie ich. Eine Univerſität in eine große ſittenloſe Stadt, ein Studierzimmer in einen Tanzſaal zu ver - legen, noch dazu einem Hofe gegenüber, hab ich immer für einen Misgriff gehalten. Der Student muß herrſchen und die Stadt von ihm abhängen und er nichts größeres um ſich kennen als den Pro - rektor; das triennium iſt das goldne und poetiſche Zeitalter der Wiſſenſchaft. Die beſten Univerſitäten waren immer kleine Städte. Wenn ſonſt in Paris, Padua, Bologna, Prag Univerſitäten waren: ſo machte ſich die Größe wieder gut durch die Menge der Studenten, deren oft 20,000 waren, und durch die höhere Achtung, die man damals für die blühende Wiſſenſchaft hatte.

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455. An Fürſt Primas Dalberg.

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Der Tag, an welchem wahrſcheinlich die Beilage bei Ihnen an - kommt, wird vielleicht deren Überſenden entſchuldigen ... Ich hielt es für meine Pflicht für Vergnügen ohnehin Ihnen das zu ſagen, was ich von Ihnen geſagt: ob ich gleich nicht das Glück genieße, in Ihrem eignen Land Ihr Geburtsfeſt als ein Landesfeſt zu feiern; ein Feſt, welches nicht oft genug wiederkommen kann, um uns mit den dunkeln Tagen der Zeit zu verſöhnen.

456. An Emanuel.

Guten Morgen, Emanuel! Hierbei die ausgelegten Kopialien. Ich ſchrieb an Kunz in Bamberg, mir für 2 rtl. Seekiele zu beſorgen; und hätte längſt Antwort erhalten ſollen. Haben Sie niemand in B [amberg], der mir ſie kaufte und ſtatt deſſen ich Sie hier bezahlte? Sie brauchten mir blos Ihr Briefchen [zu geben] und ich ſchriebe ihm die Beſtimmungen. Welche Dinte! Und [doch] wird dieſes Blatt morgen noch ſchöner ausſehen. Ihr Glanz, der nicht klebend iſt wie der vom Zucker, kommt [von] einer Hand voll Salz.

457. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Dieſer geiſtige Fürſtenbrief, der eben Ihn ſelber zum Fürſten kreiert, wird dich erfreuen. An den Rentmeiſter werd ich ſchreiben, daß ich ihm Ende Monats 2 Quit - tungen und Anweiſungen ſchicken werde, falls er nicht vorher Nein ſchreibt. Jungs Schweigen begreif ich nicht.

458. An Emanuel.

Einen ſchönern guten Morgen kann ich Ihnen, lieber Emanuel, nicht geben als durch dieſen ſeelen-fürſtlichen Brief, den ich Ihnen ſchon geſtern zutragen ließ. Senden Sie ihn mir nach der Leſung wieder. Das Federn-Geſchäft bleibt Ihrer Reiſe am beſten.

183

459. An Emanuel.

Lieber! Ich gehe heute um 6 Uhr ins Theater. Kommen Sie ja ſo, daß ich die Freude habe, 3 Worte mit Ihnen zu ſprechen, oder 30, oder 3 000000; denn wo wo hört*)Ein Biograph von mir könnte ſchwerlich begreifen, warum jenes O nicht gleich daſteht. es denn bei uns beiden auf? Ich frage.

R.

Emma ſagte eben: Du, Emanuel, Dobenek und Onkel Mahlmann; dieß ſind die vier Lieben und ſie ſagt ſelber dazu: die vier lieben Götter!

460. An Emanuel.

Willkommen und Dank! Sie ſollten der Kommiſſionär der ganzen Welt ſein, ſo hätte dieſe (Sie ausgenommen) es gut. Ich ſchreibe eben mit der gekauften Feder. Die 3 andern ſind ſchon der Dicke wegen weniger gut. Alles iſt geſund und grüßt.

461. An Otto.

Guten Morgen, Lieber! Eben ſchreib ich mit dieſer Exzerpier - feder meine Entſchuldigung, daß ich ſo ſündlich lange, eben ihrent - wegen, Müller behalten. Jetzt ſollſt du nicht mehr gehemmt werden. Kannſt du mir die netten Wünſche zurück ſchicken?

129

462. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier die Rezenſion Emma’s, worüber nicht viel Gutes und nicht viel Böſes zu ſagen ſein wird. Ich brauche ſie erſt Montags wieder.

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463. An Profeſſor Schwarz in Heidelberg.

130

Unter ſo vielen Briefen, denen ich Antwort ſchuldig bin, fand [ich] faſt mit Schrecken den Ihrigen vom Jenner darunter ein - gebauet. Ihre Güte kann mich darüber leichter entſchuldigen als ich ſelber. Meines Treibens und Schreibens iſt zu viel, und wenn Sie meinen Regiſtratur-Apparat für die Schreib-Zukunft ſähen (der aber ſchon unter Ihrem Herreiſen zugenommen hätte), ſo würden Sie finden, daß ich vielleicht im Bettler - und Soldaten - Alter von 150 Jahren die Hälfte des Vorbereiteten möchte geben und entwickeln können ... Es iſt ſchwerer, den Kindern als den Männern zu geben, nämlich ſo daß aus jenen dieſe werden, indeß man bequemer dieſe zu jenen herunterſchreibt.

464. An Johann Georg Zimmer in Heidelberg.

Beifolgenden Brief ſammt der Rezenſion bitt ich Sie, H. Kon - ſiſtorialrath Schwarz zu übergeben.

Ihr Schweigen und mein eignes über die Herausgabe des armen Fibels beweiſen freilich, daß er obſchon ¾ abgeſchrieben iſt doch nicht zur Oſter Meſſe erſcheinen kann. So viele Jahre ich auch an ihm gearbeitet habe wiewol oft unterbrochen ſo wird doch daraus nur Ein dünnes Oktavbändchen. Dieſes nun muß zu Johannis erſcheinen, und brochiert wie Katzenberger; und ich rechne hierin auf Ihre Güte.

Ich bitte Sie, unſere Berechnungen in Rückſicht meiner Rezen - ſionen für die Jahrbücher vom vorigen Jahre zu beſtimmen und zu berichtigen.

In der hieſigen Kanzlei-Bibliothek wünſcht man ſchon ſo lange die trefflichen Jahrbücher; aber ungeachtet alles Verſchreibens kam nichts an. Der Bibliothekar klagte über die Poſt; der nächſte Buch - händler über Sie. Wer hat Recht?

Kann ich nicht bald eine neue Auflage der Friedenspredigt geben, welcher ich außer großen Zuſätzen noch eine ganz eigne Zueignung an den Großherzog v. Frankfurt beizufügen habe?

Ich bitte Sie um baldige Antwort.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

185

465. An Ludwig von Oertel in Regensburg.

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für das Heldenbier, das blos den Fehler hat, daß man dabei kein Heldengedicht machen könnte. Seine Stärke macht es blos zur Würze, nicht zum Gericht. In dieſer (Oertels Briefe) Phönix - Aſche ſchlug er vor mir ſeine unbeſchreiblich ſchönen Liebes Augen wieder glänzend auf. Seine Briefe ſind eigentlich der Superlativ ſeiner Bücher.

466. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier L [iteratur] Zeitung, welche du mir ſpäter zurück ſchickſt als die Annalen, weil dieſe der Harmonie ge - hören. Ein anziehendes Buch über die Differenzial Rechnung, das mir geſtern Schweigger ſchickte, hielt mich vom Ausgehen ab. Oertels Brief ſende mir, der Berechnung wegen. Und wie gehts dir?

467. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Hier mit Dank Ihr Keller - meiſter, der ſich durch beifolgende Bierprobe zu empfehlen wünſcht, welche er geſtern auch an Otto ablaufen ließ. Sogar Seebeck, der geſtern ſo ſchnell nach Ihnen kam, daß ich ihn wieder nicht beſuchen konnte, genoß das erſtemal etwas bei mir mit Luſt und gab mir ſelber viele.

468. An Emanuel.

Mein guter guter Emanuel! Ach wie zu viel des Guten und Schönen und Frohen haben Sie mir heute wieder geſchickt! Ich ſollte Ihrer Gaben wegen an einem Schalttag geboren ſein. Den Vogel und ſogar mich will ich zähmen; und ich freue mich auf beides. Wenn Ihre herrliche Jette ſchon den ſo lobt, der die Erziehung nur beſchreibt: wie iſt erſt die zu preiſen, die ſie ausführt. Auch die Nachricht von der hieher ziehenden Vogt gehört unter die Gaben. Nur das erſchütternde Endes Ihres Briefs (mit dem auffliegenden Vogel) nicht; das wolle Gott verhüten, daß ich dieſen Schmerz erlebte!

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469. An Emanuel.

Guter! Wollen Sie nicht heute mit Otto zu einem Abend - brödchen kommen? Es wäre niemand dabei als Schweigger, wenn Sie nichts gegen ihn haben.

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470. An Otto.

Mein Alter! Ich muß immer meine Geburtstage zu Dankfeſten gegen dich und E [manuel] machen. Habe meinen ganzen Dank und mich. Ich habe neulich daran gedacht, wie ſeeliger wir beide ſein könnten, wenn uns unſere alten Jugendfreunde geblieben wären. So wollen wenigſtens wir beide einander aufheben und bewahren.

Komme heute zu einem Abendbrödchen; es iſt blos Emanuel und Schweigger dabei.

471. An Cotta.

Wir haben uns lange nicht auf dem Papier geſehen. Ich zögerte, weil ich Ihnen pädagogiſche Miſzellen für das Morgenblatt ſchicken wollte; und doch komm ich leer, aus Mangel an Zeit.

H. v. Arnim in Berlin trug mir ſchon vor langen auf, Sie zu fragen, ob Sie ihn nicht für Ihr Morgenblatt als romantiſchen und hiſtoriſchen Mitarbeiter annehmen möchten. Er hat ächtes Genie; und ſeine Frage beweiſet ſelber ſchon, daß er in Berlin über manches nicht mehr ſo denkt wie in Heidelberg.

Die Herbst-Blumine bleibt wie leicht [zu] errathen, ihrem Titel treu und kommt erſt in der Michaelis Meſſe.

An H. Hofrath Mahlmann in Leipzig hab ich zu Oſter Meſſe 50 ſächſ. Thaler zu zahlen. Ich wünſchte es durch Sie thun zu können, wenn meine Rechnung im Morgenblatte nach Schmelzle’s Fuß um die ich Sie daher bitte und welche vom Dezember 1809 anfängt dazu ausreicht.

Leben Sie wol und ſchreiben Sie mir bald.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

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472. Zeugnis für Flamin Cloeter.

133134

Endes Unterſchriebner glaubt der Wiſſenſchaft, dem Verdienſt und dem Bedürfnis es ſchuldig zu ſein, unaufgefodert das Zeugnis zu geben, daß er nicht nur aus dem Privat-Unterrichte ſeines Sohnes den Jüngling Fl [amin] als einen geiſt - und kenntnisreichen Kopf ſondern auch bei den öffentlichen Prüfungen als den Ausgezeich - [netſten] kenne, welcher immer die Preiſe des Fleißes, der Sprach - kenntnis, der Mathematik und der Philoſophie erhalten erhielt ; und daß endlich er dieſen intellektuellen Werth noch durch ſeinen moraliſchen verdoppelt.

135

Paupertas cum nemini dedecori sit, qui scientiarum et vir - tutis divitiis abundare nititur, sane non est quod erubescat is, qui sibi has literas s [c] ribi voluit, juvenis ornatissimus Jo. J. F. C. Nam tanta hic juvenis flagrat discendi cupiditate, ut quasi sponsores esse possimus, non sine voluptate quicunque, Cl. progressus explorare voluerit re ipsa esse intellecturum, eum non in linguis solum, sed in Philosophia et Mathesi potis - simum, quantum quidem haec aetas patitur, admodum pro - gressum esse. Est igitur dignissimus, qui cuique harum lite - rarum lectori de meliori commendetur, compensaturus, quid - quid beneficii acceperit, et fautoribus et patriae.

Scribebam B [aruthi]

R.

473. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Scherz-Macher und Scherz-Geber! Den Rector Scholae et Chori ſollte man bei allen Leichen haben, um etwas munter zu werden. Um das Werk ganz zu genießen, muß man es nach ſeinem angenommenen Metrum von Trochäen leſen, nämlich die erſte Sylbe lang, die zweite kurz. Keinen Batzen hab ich und C [aroline]*)Nein! C. hat auch einen Auszug gewonnen; hätte ſie meine 63 nicht ausgeſtrichen, ſo wäre eine Ambe gewonnen. gewonnen, aber die Magd mit meinen Zahlen 1 Auszug.

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474. An Emanuel.

Guten Morgen, Lieber! Ich habe außer den 3 erſten Worten wenigſt zu ſchreiben. Nur die Bitte, in Ihrem nächſten Briefe nach Bamberg meine Federnſchuld von 2 rtl. an H. Kunz abtragen zu laſſen. Bei der letzten Ziehung hätte mein Balbier 500 fl. ge - wonnen, wenn er alle meine 5 Nummern geſetzt hätte, anſtatt einiger. Andern kann ich rathen, nur nicht mir, wie gewöhnlich bei den Menſchen iſt.

475. An Otto und Emanuel.

Guten Abend, Alter! Es iſt mir als wenn hinter dieſem witzigen Briefe, der aber alle Kennzeichen ächter Weiblichkeit trägt, noch etwas ſteckte, wozu Couvert und die Buchſtaben unten auf der Seite und anderes gehören. Ich bin begierig, was ein Paar feine Diebe wie O [tto] und E [manuel], welche immer wiſſen, wo etwas zu holen nämlich zu errathen iſt, zur Sache ſagen. Mir als einem ehrlichen Schafe iſt der Wunſch einer Erhellung gar nicht zu verdenken. Indeß antwort ich, und, wie gewöhnlich, redlich und recht und klar und kurz und (wenns mir einfällt) kaum. Denn ich bin wol der ganzen vergangnen Welt ſchuldig, aber nichts der gegenwärtigen.

Guten Morgen! Ich war geſtern nicht heiter. Vergeſſen Sie ja nicht, mich an dem ungeheuern Gewinn in Frankfurt durch ein Loos Antheil nehmen zu laſſen.

476. An Otto.

Gutes Oſterfeſt, Alter! Kannſt du mir nicht den 6ten Band vom unendlich liebenswürdigen Müller ſchicken? Beim Himmel! dein Kuchen ſchmeckt mir beſſer als ſeit vielen Oſtern ein Oſterkuchen; freilich hab ich noch den alten Joditzer Erd - und Dorf-Geſchmack; aber was ſchadet er dem Bäcker, der mich befriedigt?

189

477. An Joh. Georg Zimmer in Heidelberg.

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Wird Ihr Schweigen nun von Ihren Geſchäften, oder von der Poſt, die entweder meinen oder Ihren Brief nicht brachte, ver - anlaßt? babyloniſches Gewäſche im Morgenblatt, als hätt es der 24 Julius geſchrieben.

478. An Profeſſor Schwarz in Heidelberg.

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Empfehlung des Grafen Giech Ich beneide das Kleeblatt um den reichen Boden, in welchen es verpflanzt wird zu kräftigerm Fortwachſen.

479. An Otto.

Guten Abend, lieber Alter! Hiebei 2 Zeitungen. Wagner zögert lange mit ſeinen. Den Brief von der Wolffin haſt du mir gegeben. Ich ſchicke dir den Künſtler-Almanach, da ich ihn vielleicht Wagnern ſchenke, welcher leider kein Geld annimmt und dadurch mehreres koſtet.

480. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Sie machen mich ja zum Blumengotte und beblümen und bekränzen die arme Glatze des ausgebrannten Vulkans. Gott ſegne Sie und gebe Ihnen, wie ich ſchon einmal geſagt, eine [n] Dito-Emanuel.

481. An Natalie Wolffin in Deſſau.

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Leider verlieren Sie und ich zugleich, Sie die Wette und ich den Ruhm, ein witziges Buch gemacht zu haben, denn H. Hofadvokat Hempel [iſt der Verfaſſer]. Auch hätte Ihnen ſeine Leichtfertig - keit ſo wie ſein Mangel an ächter Laune bei aller Witzes Fülle die Wette erſparen oder erſchweren können. Vielen Genuß hat mir190 Ihr langes Briefchen (denn der Witz macht es zu einem Briefchen, ſo wie Gewöhnlichkeit andere Blätter zu Briefen und Langweilig - keit noch andere zu Schreiben macht) geſchenkt; und nur viele ſchöne Züge eines weiblichen Geiſtes ließen mich bei ſoviel ſchönen eines männlichen an eine Urheber in glauben. Was hab ich Ihnen noch zu ſagen, da ich Sie nicht kenne? Eben die Bitte, ſich mir mehr bekannt zu machen, wie Sie auch verſprochen. Mögen Ihre geiſtigen Flügel Sie zu nichts tragen als zu Blumen.

482. An Emanuel.

Guten Morgen und ſegnende Jahre für die neue Wohnung, Guter! Damit die Kräfte, die Sie heute verſchwenden müſſen, wenigſtens ein wenig erſetzt werden, ſchick ich Ihnen 2 Regens - burger Tropfen. Antworten Sie mir im Gewühle zwiſchen 2 Woh - nungen nicht!

483. An Cotta in Stuttgart.

Ihrem Morgenblatte, lieber Cotta, hab ich einen ziemlich langen Aufſatz über die Erziehung gegeben, über die wenigſtens, hoff ich, noch zenſurfrei zu ſchreiben iſt. In der That gab mir bisher der Zenſor, der wie in Aegypten jede Erſtgeburt mit Roth zum Tod verurtheilte, Widerwillen gegen kleine Aufſätze, die mir ohnehin ſo ſchwer werden. Bei dieſer Gelegenheit hab ich außer dem Danke für die 50 rtl., die Sie in Leipzig zahlen wollen, noch das zu ſagen, daß Sie bei der Rechnung von 62 rtl. 12 gr. noch nicht den Aufſatz von den 12 zu liefernden Beiträgen zum Morgen - blatte, der Ende Dez. 1809 ſteht und welchen der Zenſor unterbrach, eingerechnet haben. Dieß führt mich zugleich auf die Frage, ob ich jene 12 halb verbotne Entwürfe nicht im 2ten Theile der Herbſt - Blumine ohne Zenſurbeſchwerden geben kann; widrigenfalls würd ich ſie einem andern Buche von mir anhängen.

Es gehe Ihnen und alſo dem Buchhandel wol!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

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484. An Kammerrat Miedel in Bayreuth.

Ihrem dreifachen Geſchenke von Garten, Obſt und Wein iſt freilich kein Gegengeſchenk gegenüber zu machen; aber doch die Frage zu thun, ob Ihnen Regensburger Bier ſchmeckt, das viel - leicht bei unbeſtimmter Unpäßlichkeit nützt? Hätte der Regens - burger Reichstag ſo viel Geiſt gehabt, es wäre gerade das nicht geſchehen was nur bei Getränken iſt daß der Reichs-Körper, worein er gefüllet war, zerſprengt worden wäre.

Ihr alter Gartenfreund J. P. F. Richter

485. An Profeſſor Mehmel in Erlangen.

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Ich weiß nicht, ſoll ich Sie bitten, die Verſpätung oder den Inhalt meiner Antwort zu verzeihen; denn ich bitte Sie um etwas darin Die Bitte um ein möbliertes Zimmer ein Diogenes -, kein Regulus-Faß mit einer Schlafkammer, die (d. h. das Bette) ſogar in der Stube ſtehen könnte Ausſicht wie die Judenleichen und Chriſtenkirchen nach Oſten ꝛc.

486. An Präſident Schuckmann in Berlin.

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Endlich ſehen wir uns beide wieder, obwol geiſtig und am Schreib -, nicht am - und Sprechtiſche; und erſt eine Reihe Pferde trägt meine Gedanken zu Ihnen. Faſt möcht ich in dieſem ſeltſamen Tone fortfahren; ſo lebhaft kommen mir in dieſer Minute unſere alten früheren Stunden mit vergeblichen Nachwünſchen in die Bayreuther Einſamkeit zurück, die Stunden, wo uns ſtatt der Chaußéen nur das Tiſchbret ſchied. Aber Tempi passati iſt die Parole des 19ten Jahrhunderts.

Ich gehe gerade zu aus der Erinnerungs-Poeſie in die Gegen - warts-Proſa über und lege Ihnen meine Bitte vor, wenn ſie anders das Recht hat, etwas mehr als eine Frage zu ſein.

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Nämlich Ihr König gab mir 1801 die Anwartſchaft auf eine Präbende. 5 Jahre ſpäter wurde auf meine Bitte das Verſprechen wiederholt. Da nun jetzt zufolge der anerkannten Gerechtigkeit des Königs bei der Veräußerung der Domänen die entſchädigt werden, welche Präbenden genoſſen: ſo wag ich die Frage, ob ich nicht für den Verluſt ſo ſchöner alter 10 jähriger Hoffnungen einige Ver - günſtigung von des Königs Gnade zu erwarten habe. (Die Ab - ſchreiberin der Beilage, meine Frau, grüßt wie ich Sie und Ihre Gemahlin herzlich.) Sie haben mir ſchon öfter helfend Ihre Hand gereicht; daher wär es unſchicklich, Ihrer Güte durch Bitten ſo wie Ihrer Einſicht durch Gründe vorzugreifen. Einen Gewinn trägt mir hoff ich in jedem Falle dieſes Blatt nämlich eines von Ihnen.

487. An Emanuel.

Guten Morgen, guter Emanuel! Hier ſend ich Ihren Auf - ſeeßiſchen Shakespeare wieder, der nur dadurch zu übertreffen iſt, wenn er gar ſich ſelber aufführt. Ich möchte dabei ſein. Darf ich Ihnen wieder die Mühe der Verlängerung des Bükow’schen [?] Wechſels machen?

488. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Anbei die extrafeine Dinte, die wie Gemälde am andern Tage nachdunkelt. Haſt du Prof. Witte’s Brief noch? Jung hat mir ein dickes Trauerſpiel geſchickt.

489. An Karoline Richter in Bayreuth.

Meine liebe gute Caroline! Wie einen jetzigen ſchönen Morgen hab ich endlich deinen lang erſehnten Brief erhalten. Jedes Wort aus dir war mir ſüß. Zum Glück erhielt ich ihn nicht abends, wo ich mich ſehr und beklommen nach dir und Kindern ſehne. Ich nämlich bis hieher jeden Abend zu Hauſe, allein, ein Stückchen Käſe und Brod (aber Mittags deſto derber).

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Ich will aber von vornen anfangen. Max war unterwegs ſo zart, gefällig, vorſichtig, genügſam, alles liebend, alles ordnend (er vergißt gewiß nie etwas auf Reiſen) und überhaupt ſo gut, daß ich ſah, ich könne die Früchte der Erziehung meiner Kinder am beſten auswärts pflücken und wie ſehr ſie beſſer ſind als ſie oft ſcheinen. Er ſchlief die Nacht angekleidet ohne Bettdecke ſo feſt wie ein Todter; am Morgen war er raſch und ſein Abſchied wollte den ganzen Tag nicht aus meiner Seele gehen. Mein Quartier iſt nicht ſo wie ichs gewünſcht ſondern ſogar noch beſſer die 3te Stube, die für daſſelbe Geld mit dazu gemiethet war, nahm ich nicht einmal an. Alles mein Heer von Bedürfniſſen iſt befriedigt ſogar das Bett iſt recht und wie meines die Magd der halbalten Mad. Schilly kommt wenn ich klingle und iſt ehrlich und hurtig und macht Kaffee und Bett wie ichs haben will. Der Gaſtwirth Toussaint, der mich ſchon früher kannte, erfüllt mir jeden Wunſch ſo wie der dienſtfertige Prof. Mehmel. Ich habe noch bei niemand gegeſſen, bin blos bei den Prof. Mehmel, Hilde - brand und Ammon geweſen, habe aber einen Wuſt Menſchen geſprochen. Am Morgen wohnt der Himmel in meiner einſamen Stube voll Bücher und ich bin ſo heimiſch aber einſamer da als in Bayreuth. In den Welsenschen Garten, der mir ohne Schlüſſel und ohne 6 kr. offen ſteht (eines von beiden muß man ſonſt mit - bringen), ging ich während der großen Pfingſtkirchweih, die dir Otto ohne Dinte malen kann. Dieſe Garten-Terraſſe iſt der einzige Naturthron der bettelhaften Umgebung*)In Rückſicht der Spaziergänge. Erlangens; indeß doch tief unter allen Schönheiten Bayreuths. Die Stadt ſelber iſt eine der glänzendſten, denn ſie beſteht aus Einer Hauptſtraſſe und einer Querſtraſſe, die als ein Kreuzbalken jene durchſchneidet; neben beiden ſind zum Überfluß noch kurze Sackgäßlein angebracht. Frage nur Otto. Dieß allein (der Mangel an Geſellſchafts-Menſchen, nicht an Gelehrten) würde mich von einem Einzuge hieher ab - ſchrecken, zu welchem man mich bereden will. Das einzige para - dieſiſche, himmliſche iſt das, was eine halbe Stunde vor Erlangen aufhört, der Weg durch das Bambergische. Ordentlich mit Sehnſucht werd ich an meine vertraulichen Stunden mit meinen13 Jean Paul Briefe. VI. 1942 Stuben, im Winter zurück denken. Die Malzen will ich noch ſehen. Auf Einen Tag geh ich vielleicht nach Nürnberg. Das Bier iſt ſo gut daß ich ungeachtet des mehreren Trinkens doch bisher nie am Morgen etwas ſpürte; Roſoglio hab ich mir, da ich weniger zu arbeiten habe, im Ganzen abgewöhnt; ſelten ein Spitzgläschen. Ich bin ungewöhnlich geſund und ſcherze häufig in Geſellſchaft. Ich lege die Feder weg, um heute einmal beſſer als gewöhnlich zu ſoupieren, erſtlich ein Stückchen Preßſack, dann ein Stückchen Deſſert-Kuchen. Ach eingeſchnittene Kartoffeln, wo ſeid ihr? In einer ganzen Woche keine.

(Setze auch den Wochentag ſtatt des Datums)

Danke Otto für den Kuchen und quäle ihm oder A [mönen] den Preis und das Porto eines ganzen ab (denn der vorige halbe iſt noch unbezahlt). Entziehe ja dir und den Kindern den reſtierenden Kuchen nicht, von welchem bei meiner Ankunft genug verhärteter übrig bleiben wird. An meinen Otto und Emanuel, die beide herzlich grüße, ſchreib ich nächſtens. Ich eile, damit der Brief nur heute abläuft. Alle ſüßen warmen Zeilen des deinigen hab ich oft geleſen. Ich will künftig ein Blatt für dich herlegen und jeden Tag etwas daran ſchreiben, um nicht von der Eile im Genuße des Schreibens geſtört zu werden. An Jung hab ich hier Nach - richt erlaſſen. Wie könnteſt du denn über die Wichtigkeit der Briefe ohne deren Erbrechen entſcheiden? Schicke mir ſie ohne Couverts des Portos wegen; hebe aber die Couverts auf. Meine 1) Papiere und 2) Bücher ſoll die Magd (nicht der Wind) ausſtäuben; an der Ordnung der erſtern iſt mehr gelegen als der andern. Meine Stube fertige ja am erſten ab. Laſſe die Kinder gar nichts von meinen Sachen, auch nicht von den Büchern nehmen, weil leicht die Zettel darin verloren gehen. Der Kutſcher fährt prächtig, iſt aber eigennützig; ich bezahlte immer die Zwiſchen - Freßſtücke; gab ihm fünf 24ger Trinkgeld und er war recht laut froh darüber am Morgen ſagt er doch, er werde für das Mehl von dir noch einige Kreuzer kriegen die er auch gewiß wird ge - fodert haben. Wieder geſtört. Lieber wenig als zu ſpät auf die Poſt. Lebe wol, wol, liebe, liebe Seele! Das nächſtemal mehr Worte aus dem Herzen als Nachrichten.

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* 490. An Otto.

Guten Abend, mein Alter! Seit langer, langer Zeit genoß ich nicht die fortgehende heitere Seelenharmonie wie jetzt. Die ars semper gaudendi, die ich in Bayreuth theoretiſch entwarf, ſetz ich hier praktiſch fort; und zwar was das Beſte, mit einer mich ſelten täuſchenden Ahnung, daß kein Schloßenwetter in Bayreuth die Gärten meines Lebens niederſchlägt. Alle Leute ſo gefällig Bücher mehr als zuviel; ich kann in Welsens oder auch in Walthers näherm Gartenhauſe wohnen und ſchreiben. Toussaint darf keinen Wunſch hören, weil er ihn ſonſt erfüllt; ſogar die Zeitungen ſchickt er mir am Morgen, ob ich ſie gleich 5 Stunden ſpäter an ſeiner Wirthstafel auch zu leſen bekomme. Noch hab ich bei niemand gegeſſen und keine Erlangerin geſprochen. Hier hat man viel beſſere Hörröhre für die Politik als in Bayreuth. Meusel ſagte mir, daß in Frankfurt nur einige alte engliſche Knöpfe gefunden worden, überhaupt hab ich manche politiſche Neuigkeit hier eingethan, die ich ſchon in Bayreuth für dich auspacken will.

Aber zu etwas Wichtigerm. (Da ich unmöglich dieſelbe Sache dreimal ſchreiben kann, ſo iſt meiner Meinung nach eine befriedi - gende Darſtellung meines hieſigen Aufenthalts ſchwerlich anders zu gewinnen als daß man meine dreierlei Briefe nach Bayreuth ſorg - fältig durchgeht und aus dreien die gegenſeitigen Erzählungen aus - hebt, bis man das Ganze hat; einen andern Weg wüßt ich nicht vorzuſchlagen.) Es kann ſein, daß ich nächſtens ein bedeutender Chronolog werde; denn ich bin jetzt ſchon im Stande (aus dem Kopfe) zu ſagen: 4000 v. C. wurde Adam, 3000 v. C. Noahs Kaſten gemacht 2000 v. C. Semiramis, Joſeph, Cecrops (als etwas beſonderes bemerk ich, daß gerade dieſe eben ſo viele Jahre von Adam als von Chriſto abſtehen, nämlich 2000). Will ich aber nicht aus dem Kopfe ſchreiben, ſo wird es mir leicht, anzu - geben, daß anno 449 die Sachſen in England eingefallen (auch Kirchenglocken wurden 449 erfunden), daß 651 das Reich der Saſſaniden untergegangen; wie das Chalifat 1258; 732 die Araber bei Tours geſchlagen wurden u. ſ. fort. Denn z. B. am 23 Mai 1618 fing in Böhmen der 30jährige Krieg an, dagegen entſetzte den 12 Sept. 1683 J. Sobieski von Polen Wien, nicht zu13*196gedenken des Friedens zu Baden den 7 Sept. 1714 ꝛc. Und dieß geht bis zur franzöſiſchen Einverleibung der Hanſeſtädte. Du kannſt denken, was für Zahlen in dieſe Zwiſchenräume fallen müſſen, die ich künftig alle weiß ſo gut wie du. Und wodurch? Durch ein Ding für 1 fl. 12 kr. ganz in Geſtalt und Größe eines kleinen engliſchen Taſchenperſpektivs oder Stockknopfs. (Du kannſt dieſe rothſaffianene und mit Perlenmutter verzierte Röhre mit Einer Hand umſchließen.) Du ſollſt es ſelber ſehen, um nur zu begreifen, wodurch ich auf einmal ſo weit in der Chronologie vorgerückt. Und noch dazu kannſt du dieſes Futteral weder vorn noch hinten aufmachen.

Ich ſehne mich nach Bayreuther Briefen, die leider den Weg über Nürnberg nehmen und wöchentlich nur 3 mal ankommen.

Lebe wol, mein guter Alter! Ich ſehne mich nach deinem Wieder - ſehen. Grüße deine Amöne.

Dein R.

491. An Emanuel.

Mein guter alter Emanuel! Endlich gelang ich auch zu einer Zeile an Sie. Gerade Nachmittags, in der Briefſchreibe-Zeit, ſtört man mich am häufigſten, weil man Vormittags in der Buchſchreibe - Zeit es nicht zu thun wagt. Mein Leben iſt ſo heiter und geſund als Sie mir nur wünſchen können; und dieß iſt bei Ihrem Wol - wollen ein Stückchen Himmel mehr als ich verdiene. Nichts plagt mich als abends das Sehnen nach den Meinigen. Mein Max (zum Reiſen wüßt ich kein herrlicheres Kind) entdeckte kurz vor Truppach meinen Bruder Balbier in einem Wäldchen; ich hielt, er kam mit zwei Bündelchen, zeigte mir eine neue Weſte und ſich erträglich reſtauriert. Er gehe nach Culmbach ꝛc., ſagt er. Ob er gleich keine Einbuße bei dieſem Begegnen hatte: ſo ſchnitt doch lange der Gedanke hart in mir herum, daß der eine Bruder da freudig fahre und der andere in Wälder-Ecken ſtehe und ohne Sonn - und Feſttage lebe, die der Stadt-Aermſte doch hat. Aber ihn könnte nicht einmal das große Loos für immer erretten.

Ich wollte, ich könnte mein Logis aufpacken und vor dem Hauſe Fischers abladen; er möchte dann ſeines behalten. Woh -197 nungen ſind hier, wie mir auch die Malzen ſagte, um wolfeiler. In der erſten halben Woche, worein gerade die glänzende Pfingſt-Kirchweihe fiel, wollten ſich doch zu meinem Prunk-Rock und anderem Prunke meine Pfauenfüße nicht recht ſchicken, nämlich die Stiefel daran, wovon der eine durch eine Seiten-Oeffnung, der andere durch die aufgegangne Vorderſpitze mehr von meinen Lilien-Strümpfen ſehen ließ als man zu ſehen brauchte. Doch Donnerſtags holten mich die Prunkſtiefel ein und ich zeige mich jetzt mit einigem Schimmer. Das Volk hier iſt friedſelig, froh - ſinnig und gebildet. Am Kirchweihfeſte, das zum erſten mal das Lagerbier über ſie ausgießt, gab es doch, ſo weit es auch in die Nacht hinein währte, keine Lager-Bürger, die entweder der Krug oder ein Prügel hingebettet hätte. Die Bürger haben eine Leſe - geſellſchaft. Zu Meusels Zeitungskollegien drängen ſie ſich. Viele Mägde (nett gekleidet) haben nichts auf dem Kopfe; was aber ſo artig ſteht, daß man einige bei demſelben nehmen möchte. Das Übrige, Guter, finden Sie in den übrigen Briefen. Ver - dopple der Himmel meine Freude, d. h. er gebe auch Ihnen meine.

Ihr alter Richter

Sprach-Bereicherung: Den Rahm nennen ſie hier Kern. Nun, ſo nennt ihr gewiß, ſagt ich zur Magd, das was in der Nuß iſt Rahm? Ja freilich, wie anders ſonſt? ſagte ſie.

492. An Karoline Richter.

Meine Gute! Wie ſchmacht ich nach einem Briefe von dir. Am Sonntage vor 8 Tagen ſchriebſt du mir ſeit der Zeit keine Zeile dieſe einzige Wolke, die aber breit genug iſt, zieht durch meinen blauen Himmel. Vorigen Freitag ſchrieb ich dir; aber meine Briefe ſind dir nicht ſo nöthig da mein einzelnes Leben keine beſondern Veränderungen annehmen oder erleiden kann als mir deine, da ja meine Freude an ſo vielen fremden Freuden hängt. Hätt ich nicht ſeit 2 Monaten gewiſſe Troſt Grundſätze198 oder hier nicht ein beſonderes Vertrauen auf meine Ahnung, daß meine Heiterkeit kein entferntes Unglück bedeute: ſo müßt ich durch dein Schweigen furchtſam werden. Himmel! Wie viel haſt du mir nicht über dich, Kinder, Hausweſen, Verhältniſſe, ein - gegangene Briefe zu geben? Sonſt biſt du eine ſo ämſige Brief - ſchreiberin. Etwas von deinem Schweigen ſchreib ich allerdings der Anhäufung deiner Geſchäfte zu.

Freitags

Noch hab ich nichts von dir. Knipp [en] berg nimmt alles mit. Schreibe ja mit umgehender Poſt. Auf deinen nächſten Brief werd ich recht viel anworten. Sei fröhlich, Gute!

493. An Karoline Richter.

Meine gute Karoline! Endlich bin ich ungetrübt heiter; denn ich bekam heute dein lang gewünſchtes Blatt. Aber ich wußt es ſchon aus meinen immer zutreffenden Ahnungen, daß meine hieſige ſtille unſchuldige Heiterkeit, an der kein Gott etwas auszuſetzen finden könnte, kein Gewitter der ſchönen Tage mir zuführen würde. Habe für jedes Herzens Wort und für die Herzens Thaten in meiner Abweſenheit Dank. Vorigen Sonntag erſchrak ich ordentlich, daß ich deinen Geburtstag vergeſſen; und ich fand ihn im Kalender unter dem Namen Lucretia, wodurch [ich] mir ihn immer gemerkt als Aehnlichkeit. Nach meiner Rückkehr wollen wir ihn beide an einem beſtimmten Tage (und den 27ten Mai dazu) nachfeiern. Gäbeſt du genauer Acht, ſo hätteſt du ſehen können, daß ich den Ring in der letzten Maiwoche am kleinen Finger der rechten Hand getragen. Das Herz ſoll nächſtens auch einmal ſeinen Feſttag haben.

Ich will jetzt alles ohne Ordnung ſchreiben, und das Ungleich - artige nur durch Gedankenſtriche abſondern. Lies unſern Freunden vor was du willt, ſo wie du aus meinen Briefen an ſie zu leſen haſt. Ich könnte mich freilich auf geſelligen Wogen umher treiben (jeder kommt mir hier liebend entgegen), aber ich habe ſo viele Bücher vor mir, daß ich den Morgen mir durch allerlei Winke199 einſam gemacht. Unbeſchreiblich vergnügt bin ich in den hohen Zimmern keine einzige alte Bequemlichkeit entbehrend Abends einſam leſend und eſſend mit meinem Hunde. Noch immer hab ich ſeit Maxens Abreiſe abends nichts Warmes gegeſſen, nur Käſe und Preßſack. Freilich freu ich mich auf deine Abendſuppen, Kartoffeln u. ſ.w. Ja auch auf die Mittagskoſt; denn obgleich das diner 30 kr. koſtet und allerlei gute Gerichte kommen (doch zieh ich faſt die Sonne vor), ſo wäre mir doch Ein derbes altväterliches Gericht von dir lieber. Indeß meinetwegen läßt Toussaint ſogar Kartoffeln braten zuweilen. Die Magd kauft mir (ohne mein Erinnern) für 4 kr. Milch, bringt mir den abgeſchöpften Rahm, woran ich 2 Tage habe; die Milch ſäuft der Hund und ich. Die 2 Loth Kaffee koſten 10 kr. Von meinem am 1 Pfingſttage ge - kauften 1 Groſchen Brod hab ich noch viel. Mittags trink ich zum vielen Eſſen ¼ Bouteille Wein; das zweite Viertel hebt mir Toussaint auf. Entweder dieſer Wein oder das treffliche Bier (hier trink ich noch einmal ſo viel als in Bayreuth) oder die Luft oder der ungemein ſeltene Roſoglio-Trank oder das wenige Arbeiten oder alles zuſammen macht mich ſo geſund wie ich ſeit Jahren nicht war; Nachts keinen Waſſerdurſt, am Morgen keine Düſterheit, kein Zittern, Erbrechen ohnehin nicht. Verzeihe dieſes Eingehen in körperliche Kleinlichkeiten; aber du liebes Eheweib nimmſt ja eben darum ſo vielen Antheil daran als ich an dem Bulletin deiner geringſten Körperlichkeiten nehmen würde. Die Malzen grüßt und liebt dich herzlich und wünſcht dich ſo ſehr her. Hier, ſagt ſie, ſei Logis und alles wolfeiler; keine Aſſembléen - Jägerei wie in Bayreuth; heute kommt eins, morgen eins; man ſei halb auf dem Lande. In der That fand ich ſie im Garten mit 3 Damen, wozu nachher 1 Franzoſe kam; kein Gebacknes ein paar Früchte mir Bier. So geſtern in Walthers Garten, wo viele Männer, nur Thee ein Paar trockne gebackne Schnitz - chen von einem Bäcker kein Kuchen kein Rack kein Wein nur Bier und lauter Luſt. Das doppelte Gebäck und den Rack (wenigſtens für Weiber) müſſen wir künftig auch abkommen laſſen.

An die Monts hab ich ſchon gedacht; morgen werd ich ſie ſehen und abends zurück kommen. Der Erlanger Gegend hab200 ich Unrecht gethan; Mehmel hat mir köſtliche Umgebungen gezeigt, doch aber keine bayreuthiſchen. Wahrſcheinlich komm ich erſt Ende der künftigen Woche (laſſe daher abends immer die Schlüſſel in deiner Abweſenheit bereit liegen). Ich habe noch ſo viel zu leſen. Eigentlich leb ich ſo wolfeil wie zu Hauſe, 2 fl. Wochenzins ab - gerechnet, die ich aber in Bayreuth auch verſchwenden würde bei Rollwenzel oder ſonſt. Höfe und Weiber ſuch ich jetzt weniger als ſonſt; am Ende aber, deines Briefes wegen, geh ich doch zur Marggräfin. Mich reuet nur die Morgen-Unterbrechung. Mich lieben hier alle meine Geſellſchafter; noch keinem hab ich eine un - angenehme Minute gemacht, ihm höchſtens eine genommen. Toussaint verſpricht mir eine Rétour-Fuhre. Überhaupt wäre, da jetzt die Briefe entweder über Nürnberg oder Bamberg laufen, es unbequem, ſich in Bayreuth einen Wagen zu beſtellen. Wagner treibt zwar ſeine Rechnung ſehr hoch; aber der arme Max muß ja auch mit für den Sitz im Wagen bezahlen. Grüße Otto und meinen Emanuel, der mit mir an Einem Tage ſchrieb. Nicht einmal zum Grafen Soden mag ich gehen, ob ich ihn gleich hier geſprochen und er mich in Bayreuth beſucht. Haſt du etwas mir nicht Liebes gethan oder erfahren: ſo ſchreib es mir lieber, damit ich es unter weges verdaue und den himmliſchen Abend des Wiederſehens geheilt durchlebe. Soll ich der Magd etwas mit - bringen? Schwerlich. Oder was alsdann? Ach die Poſt-Sperre naht. Und ich hätte meinem lieben treuen Herzen, das ſo ſehr ſich jetzt abarbeitet und mich ſo ſchön wieder liebt, ſo viel noch zu ſagen. (Und es ſoll auch im nächſten Briefe geſagt werden. Himmel! wie oft dacht ich mir die überwältigende Entzückung, wenn ſo Nachts nichts weiter als dein Geſicht mit den unbeſchreiblichen Liebes Augen und dem Liebesblick, der ſich in ungewöhnlichen Linien auch um das Auge herum zieht, mir plötzlich erſchiene wie eine Geſtalt aus der Luft. Freilich wär es zu viel. Aber das Viele bleibt mir doch, denn ich komme und du lebſt. Es gehe deiner Seele wie meiner!

R.

N. S. Du ſollteſt meine Palingeneſien leſen, wo ich dieſelbe Reiſe nach Erlangen gemacht in der Erdichtung einer Heirath Ferner meinen bevorſtehenden Lebenslauf in Jean Pauls Briefen .

201

494. An Karoline Richter.

Ich will, geliebtes Weib, ein Bischen an dich ſchreiben, ob ich gleich nichts zu beantworten habe. So ungern ich in Bayreuth ſchreibe, ſo gern ſchreib ich an dich. Geſtern war ich in Nürnberg mit dem Hofmeiſter des Grafen Rothenhahn und mit dem Buch - händler Walther. Über alles gefiel mir der ſüdliche frohe herzige Ton des Volks. Ich ſah Schweigger, die Sebalds Kirche, das prächtige Muſeum, den kindlichen Schubert (aber natürlich nicht den Egoiſten Kanne) und die gute Monts. Sie reiſet mit mir zu halben Koſten Freitags nach Bayreuth. Sie liebt dich recht treu. Alſo Freitags kommen wir. Auch bin ich zu dieſer Verkürzung (???) meines hieſigen Aufenthalts ſchon dadurch gezwungen, daß ich an Schrag meinen Fibel*)den Bogen nur für 4 Ld’or. Otto’s Nachricht von Schrag hätt ich früher haben ſollen. verhandelte, der zur Michaelis Meſſe heraus ſein muß. Schreibe daher, Liebe, jeden Tag 4 Seiten ab. Mir wird alles ſchön und neu erſcheinen. Auch bin ich doch dann des Jammers los, daß ich an ſchönen Tagen nicht wieder ins Weite begehre. (Meinen Brief vom 14 Jun. oder Freitag wirſt du erhalten haben) Ich verſpreche mir ein ſchönes warmes Zuſammenleben, das ſich aber nicht auf bloße ſo kurz nachhaltige Empfindungen bauen ſoll wiewol ich dieſen gern ihre ſüße Allmacht gönnen will ſo lange ſie dauert ſondern auf meine hel - len Vorſätze und Gründe**)die ich mir ſogar aufgeſchrieben.. Ich kann nach einem recht hell ein - geſehnen Grundſatze ſehr lange handeln; du kennſt nur darin mein Inneres nicht. Die Liebe gegen dich iſt und war mir immer Be - dürfnis, und über die Unterbrechung derſelben tröſteten mich Kinder und Bücher nie ganz. Wenn ich bedenke, wie du ſo mütterlich gegen die Kinder, ſo arbeitſam, ſtill, genügſam, uneigennützig, ſo edel - müthig gegen Fremde biſt: ſo ſollt ich dir nicht etwan einige Ab - weichungen von meinem Haushaltungs-Plane nachſehen denn dieß that ich längſt ſondern ich ſollte (was freilich am ſchwerſten iſt) einige Worte gegen mich als Menſch und Mann, die ich auf der Erde zum erſten male an mich gerichtet höre, nicht anders202 bis zu einem gewiſſen Grade nehmen als mütterliche oder väterliche Hart-Worte gegen die lieben Kinder zu nehmen ſind, die man zu - weilen in der Eile ausſtößt, indeß man dieſe doch fortliebt. Und ſo will ich denn auch Vergangnes nehmen und mich für dein Kind anſehen, das du doch gern haſt. Wir beide könnten wirklich das ſeeligſte Erdenleben führen, wenn wir nun das Seelige weniger durch Empfindung, die ſo leicht zu ſtören iſt, als durch moraliſche Vernunft feſtzuhalten ſuchten. Eben ſpielt jetzt die Nürnberger Theater-Truppe zum erſten male, aber die briefliche Einſamkeit dieſer Stunde gibt mir mehr Genuß. Morgen werd ich zur Dobeneck und vielleicht zur Marggräfin gehen.

Morgen erſt will ich mich entſcheiden, ob ich der Gräfin den Freitag oder den Sonnabend zur Abreiſe anſage. (Morgen wird hoff ich auch ein Blatt von dir ankommen) Wie gewöhnlich häufen ſich immer Vergnügungen und Einladungen gerade gegen die Abreiſe hin an, wozu hier noch Bücher kommen. Heute war ich bei der trefflichen Dobeneck, welche mich durch ihre Anmuth, Bonhommie, Unbefangenheit und ſelber durch die liebliche Geſtalt ſo erfreuet hat, daß michs reuete, ſie erſt ſo ſpät beſucht zu haben. Morgen werd ich die Marggräfin ſehen. Heute bin ich beim Kirchenrath Ammon zum Thée und Abendeſſen; Donnerſtags bei Walther in einem Gartenkonzert voll Damen. Auch Schubert kommt Donnerſtags hieher. Dieß und ähnliches verſchiebt wahr - ſcheinlich meine Abreiſe bis Sonnabends, aber auch keine Stunde länger. Hier muß man für einen guten Wagen nach Bayreuth 16 fl. geben*)Eine Putzhändlerin, die bei Feldmann in der Sonne logierte, mußte von dort nach hier auch 16 fl. geben.35; der Gräfin wegen**)Sie nimmt ihre 2 Kleinen mit. Ich thu es wahrlich mehr ihr zu Ge - fallen als aus dem kaum merklichen ökonomiſchen Gewinn. hab ich (und durch Toussaint) bis zu 12½ fl. (kein Futter hab ich zu bezahlen) herab gehandelt.

Der hieſige Buchhändler Bräuning ſagte mir, daß er in Leipzig keine Levana mehr bekommen können und daß ihm Vieweg ſelber geſagt, ſie ſei vergriffen. So werd ich denn an dieſen zögernden Dieb ſogleich in Bayreuth eine Anweiſung auf die noch nachzu - zahlenden Louisd’or (für jeden Bogen Einen L.) abgeben. Sag203 es Otto. Denn iſt das ganze Werk vergriffen, ſo hätt er mir ſchon vor 1 Jahre die kontrahierte Nachzahlung leiſten müſſen. Jetzt da ich in Nürnberg war, iſt mir das wolwollende Erlangen eine alte Stadt geworden, ſo daß es mich immer heftiger nach Bayreuth hindrängt. Auf der folgenden Seite werd ich mit dir erfahren, wann ich abfahre.

Am Sonnabend nach acht Uhr bin ich bei meiner lieben Karoline. Heute um 7 Uhr (nämlich jetzt am Morgen) lag ſchon dein letzter Brief mit den beiden andern auf dem Tiſche. Warum quälſt du dich denn ſo, liebe Seele, indeß ich hier blos froh bin? Du haſt alles recht gemacht. Laſſe nur dein Kanapée auch machen für deine viele Hausmühe. Mein freitägiger Brief, den du am Sonntage bekommen haben wirſt, wird die Nebel zertheilet haben, die um dein gutes Auge hingen. Kannſt du denn nicht errathen und feſthalten, wie ich dich liebe? Glaubſt du denn gar keinem Worte und Zeichen? Deſto weher thaten mir die Stellen deines Briefs, wo du meine jetzige Heiterkeit ganz falſch auslegſt. Du könnteſt eben ſo gut ſchließen, ich wäre nur glücklich, weil ich meine Kinder nicht um mich hätte. Eben läßt mich die Marggräfin zum Mittags Eſſen laden.

Voriges ſchrieb ich nach 7 Uhr; denn ob ich gleich geſtern bei Ammon Rack-Thée, dann Bier, dann faſt 1 Bonteille Wein ge - trunken und um 12½ Uhr zu Bette gegangen: war ich doch am Morgen geſund und zum Briefſchreiben friſch. Ich will lieber jetzt endigen und fortſchicken, weil ich nicht weiß, wenn ich von der Fürſtin zurück komme. Wie hätt ich hier ſo heiter ſein können, wenn ich nicht fromm geweſen wäre und dich nicht geliebt hätte? Grüße Emanuel und Otto; wegen des Budget des letztern will ich Meusel fragen. Von den Erlangerinnen weiß ich noch nichts Sonderliches zu ſagen. Was gibts hier für ausgezeichnete Weiber? fragte ich Mehmel; ſeine einfache blöde Tochter (ſehr der Rosalie ähnlich) fing gerade zu darüber zu lachen an; dieß war Antwort genug. Ich freue mich auf deinen morgenden Brief, er wird gewiß froher ſein. So lebe denn wol, du gutes Herz, bis ich an deinen Lippen hänge.

R.

An Jaco bi will ich ſchreiben.

204

495. An Kammerrat Miedel in Bayreuth.

Ich grüße Sie herzlich bei meiner Zurückkehr. Hier iſt der zweite Brief von Knippenberg, den ich durch einen zweiten er - preßte, der aber die Münzſorte nicht beſtimmt. Da Sie und andere wahrſcheinlich ſchon bezahlet haben: ſo bitt ich Sie um die Nach - richt, wie viel Sie gegeben.

Richter

496. An Buchhändler Schrag in Nürnberg.

Die Verſpätung meiner Rückkehr und die neue Poſtordnung machen, daß ich Ihnen erſt am Sonnabend das Manuſkript ſenden kann, deſſen Abdruck dann ungehindert eilend fortgeht.

Wegen Kürze der Zeit konnten wir neulich unſern Kontrakt nicht beſtimmt genug abſchließen.

  • 1. Für den Druckbogen nach dem mir von Ihnen gezeigten Format 4 Louisd’or in Gold
  • 2) 40 (vierzig) Louisd’or zahlen Sie Ende Auguſts
  • 3) Das Übrige nach dem Abdruck
  • 4) Der Abdruck wird für die Michaelis Meſſe vollendet, welche zum Glücke 1 Woche ſpäter einfällt Verzögerte ſich durch Zufälle, die aber keine Schuld ſein dürften, der Abdruck einige Wochen über den September hinaus: ſo wären doch Ende Septembers wieder 40 Ld. zu zahlen
  • 5) Funfzehnhundert Exemplare ſtark wird die Auflage
  • 6) Das Werkchen wird nach meiner neueſten Nachzählung viel - leicht um einige Bogen ſtärker ausfallen
  • 7) 12 Frei Exemplare auf Schreibpapier für mich Eines auf Druckpapier bitt ich Sie ſogleich nach dem Abdruck an meinen Schwager Mahlmann in Leipzig zu ſchicken, welchem ich für ſeine elegante Zeitung etwas zu ſchicken keine Zeit habe und welcher ſich daher freuet, wenn er aus einem noch205 nicht in der Meſſe einlaufenden Buche von mir einige Stücke für ſein Blatt einweben darf.

Ich bitte Sie, mir mit umkehrender Poſt alle dieſe Artikel zu beſtätigen. Leben Sie wol!

Jean Paul Fr. Richter

497. An Friedrich Perthes in Hamburg.

Da Sie ſchon vor anderthalb Jahren den Wunſch zu Anſtalten einer neuen Auflage der Vorschule geäußert; ſo hab ich deren nun genug gemacht, um eine zweite zur Oſtermeſſe 1812 geben zu können. Die Bedingungen, über welche wir beide am leichteſten einig werden, laſſ ich noch weg, bis Sie mir ſchreiben, daß Sie die Vorschule nicht aus Ihren Händen bei ihrer zweiten Erſcheinung in fremde wünſchen. Ich würde nicht anders als ungern die Pflege - väter dieſes mir ſo lieben Kindes wechſeln.

Das Vergreifen auch der Levana hört ich von einem fremden Buchhändler, aber nicht vom Verleger, welcher mir doch ſchon bei dem Abſatze von 1300 Exemplaren einen Honorar-Nachſchuß ver - tragsweiſe zu bezahlen hat. Verträgt ſich meine Bitte mit Ihren Verhältniſſen, ſo bitt ich Sie der Sie es als Buchhändler am beſten wiſſen und dem ich am ſtärkſten glaube um die Nachricht, ob die Levana ſich wirklich vergriffen.

Ich bitte Sie um möglich-ſchnellſte Antwort.

Der Himmel, der allein zu geben nicht aufhört, gebe Ihnen Freude und wo es nöthig, Troſt.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

N. S. Sie kennen das Poſtverhältnis; alſo hab ich nicht frankiert, aber unter der Bedingung daß Sie auch nicht frankieren.

498. An Vieweg in Braunſchweig.

Bei meinem Aufenthalte in Erlangen hört ich vom H. Buch - händler Bräuning, daß er auf die Nachfrage nach 1 Exemplar der206 Levana, von Ihnen die Nachricht bekommen, daß ſie vergriffen ſei. Nach unſerem Kontrakte und nach Ihrem Briefe vom 18 April 1806 erhalte ich, wenn von der Auflage von 2500 Exemplaren 1300 Ex. abgeſetzt ſind, für jeden Bogen des Werks noch 1 Louis - d’or in Gold Nachſchuß. Ich werde daher eine Anweiſung an Sie auf dieſen Nachſchuß geben. Ihr Schweigen auf dieſen Brief iſt, wie ſich von ſelber verſteht, Akzeptazion.

Jean Paul Fr. Richter

499. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.

Lieber guter Heinrich! (Laſſe mir die alte liebe Anrede, ſo wenig du auch anredeſt) Ich ſchreibe hier nur ein Bitt - und Geſchäfts - Briefchen.

Nämlich ein gewiſſer Kandidat Knippenberg, welcher ſehr gute Predigten heraus gegeben und fruchtbare Erziehungsreiſen zu Pe - stalozzi und noch mehr zu Fellenberg gemacht, wünſcht eine Stelle am hieſigen Gymnaſium. Sein Erziehungs - und Unterweiſungs - Talent beweiſ ich aus ſeinen Geſprächen mit mir, aus ſeinen Zöglingen (er war Hofmeiſter bei dem Kammerpräſidenten von Doerenberg) und aus dem Umſtande, daß er nach Niederlegung der Hofmeiſterſtelle hier für ſeine neueröffnete Winkelſchule ſogleich 20 Schüler und Schülerinnen aus den beſten Häuſern bekam. Das größte Lob deſſelben aber iſt wol, daß ich meine 3 Kinder auch hinein ſchicke.

Ich empfehle dir ihn, damit du auch ohne deine Mühe wenigſtens Niethammer in den Fall ſetzeſt, ihn zu empfehlen. Letztern grüß ich, und bei der annahenden Auflage meiner Levana werd ich Rückſicht auf ſein gründliches Buch zu nehmen ſuchen.

Ein Fremder gab mir erfreuliche Nachrichten von deiner Geſund - heit. Mir werden ſie durch das fortgehende Elektriſieren der Erde von dem Himmel glaublich, der ſich jetzt auch zum Vortheil alles vegetabiliſchen Lebens unaufhörlich mit dem Irrdiſchen vermählt. Du biſt einem warmen Klima zugeboren ſo wie Herder, der in Neapel am meiſten blühte, wenn alles um ihn ſchwitzte.

Wie ſehn ich mich mit ſo vielen nach deinen verſprochnen207 Werken! Wie fruchtbar würde dein warmer Regen auf ſo manche dürre Wiſſensfelder fallen!

Lebe wol und gönne mir ein Wort!

Dein Jean Paul Fr. Richter

500. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier ſchon wieder etwas, damit das Vorige nicht zu ſehr unterbrochen werde. Es geht ſchneller als ich dachte; alſo brauchſt du weniger ſchnell zu leſen. Dem 15ten Halbbogen hab ich zum Spaße das Manuſkript mit Zeilen aus meinem vorigen Wechſelfieber, beigelegt.

501. An Otto.

Guten Morgen, mein Otto! So viel mag am Sonnabende nach Nürnberg abgehen, obgleich noch ein hübſches Stück kopiert da liegt. Auch dir will ich nicht zu ſehr zuſetzen. Offenbare Schreib-Fehler verbeſſere ohne Weiteres.

502. An Buchhändler Schrag in Nürnberg.

Ihr gütiges Schreiben vom 26ten hab ich erhalten. Hier folgt der größere Theil des Mſpts. Ich werde Ihnen früher als ich bisher dachte, den Reſt nachſchicken können. Hinten wird das bekannte ſächſiſche Abcbuch, weil auf daſſelbe immer das Werkchen anſpielt, als Anhang abgedruckt; es beträgt etwan 10 Seiten, mit Auslaſſung der illuminierten Holzſchnitte, zu denen jetzt keine Zeit da wäre. Das Nähere, wenn ich es Ihnen ſchicke.

Um etwas bitt ich Sie inſtändig: um einen beſſern Setzer und Korrektor, als mir bisher meiſtens zu Theil geworden; der Setzer wurde immer mein Zerſetzer und der Korrektor ein Inkorrektor, und letzterer dieſes immer um ſo mehr, je leichter er mich zu er - rathen und zu ergänzen glaubte. Bei einzelnen Blättern desNB Mſpts bitt ich ſehr auf die Seite zu merken, auf welcher die Pagina ſteht, weil dieſe Seite die erſte iſt und die unpaginierte der Revers.

208

Gelegentlich (bitt ich Sie) bemerken Sie mir, wie viel acht ſolche Schreibſeiten Druckſeiten geben.

Leben Sie wol! Deßgleichen der Setzer und der Korrektor, damit ſie wol ſehen!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

503. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Etwas Weniges hab ich in dieſer literariſchen Wüſte für dich aufgebracht. Die Minerva (aus der Harmonie) kannſt du doch einige Tage behalten. Zum Glücke zieht Grau hieher.

quaeritur: haſt du mein Zettelchen an Schrag erhalten?

quaer: wie lange geht ein Brief nach Braunschweig?

quaer: gehſt du heute auch zur Geigenmüllerin?

504. An Oberkirchenrat Niethammer in München.

147

Die Schlaffheit der Lehrer, die jeden Caca du Dauphin in usum Delphini zuzubereiten wiſſen. Da Wagner die Saite ſo langſam hinaufzuſtimmen weiß ohne die Gefahr zu überſtimmen oder zu zerſprengen: ſo thut er alle Schritte nur vorwärts.

505. An Profeſſor Mehmel in Erlangen.

148

Freuden-Paroli (von 3 Wochen) in meiner Biographie, damit ichs nacherlebe. Iſt Zimmermann nicht da? Petrarch? Eine Antwort von Ihnen? Dieſe gewiß. Leben Sie ſo froh als wären Sie von Bayreuth nach Erlangen abgereiſet und wohnten bei Md. Gilly eine Treppe hoch drei Wochen lange.

506. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Alter! Ihr Kleeblatt von Geſchenken hätte auch einen frühern Dank verdient; aber geſtern wollt ich209 ihn ſelber bringen und kam zu nichts und nicht aus dem Hauſe. So oft ich auch an Sie denke, ſo machts das Himmelblaue des Sandes [?] neben mir, daß ichs doch noch öfter thun muß. Näch - ſtens gedenk ich Ihnen mit veritablem Dintenſatze aufzuwarten. Sehen Sie doch morgen dieſes Briefchen wieder an, um mehr über die Dinte zu erſtaunen.

N. S. Eben indem ich ſtippte, gewann ſogleich ohne einen Morgen die Dinte; daher ich die Nachſchrift ungeſtippt ſtehen laſſe.

Zum Glücke bin ich heute erſt über das Feuer erſchrocken; geſtern erfuhren wir nichts.

507. An Kandidat Knippenberg in Bayreuth.

Der Präſident Jakobi ſchrieb mir heute:

Ich habe deinen Auftrag wegen Knippenberg ſogleich beſorgt, und zur Antwort erhalten: Knippenberg müße zu allererſt ſich das Indigenat verſchaffen; erſt nachdem er dieſes erhalten, könnten weitere Schritte geſchehen. Niethammer meint, da Knipp. ſo viele gute Zeugniſſe und bedeutende Fürſprecher für ſich hätte, be - ſonders auch den Kammerpräſidenten von Doerenberg, ſo würde er leicht das Indigenat erhalten. Dann aber ſei der Weg zum Ziele noch immer weit und ſchwierig. Vielleicht kommt Niethammer in Kürze nach Bayreuth; dann wird er ſelbſt mit dir über die Sache ſprechen.

In einem vor einigen Tagen abgegangnen Briefe an Niet - hammer ſelber erinnerte ich dieſen wieder daran und dabei an den zweiten Umſtand, daß Sie bei Fellenberg 72 Schullehrer gebildet. Der Himmel ſegne meine Wünſche für Sie.

Richter

508. An Cotta in Stuttgart.

Wie werden wir es machen, lieber guter Cotta? Ihr Schweigen in allen Ihren vorvorigen Briefen in Rückſicht des Damenkalenders ließ mich, zumal bei dem jetzigen Antiklimax des Buchhandels auf ein Ausſetzen des erſtern ſchließen; und ich habe daher nichts14 Jean Paul Briefe. VI. 210gemacht. Dabei bin ich jetzt noch mit der Vollendung der Fibels Biographie für die M [ichaelis] M [eſſe] beſchäftigt. Ohne dieſe hätt ich gewiß die zweite Herbſtblumine gegeben; künftig aber bald, wenn mich nicht neue Auflagen der Vorſchule der Aeſthetik und der Levana hindern.

Die letztere betreffend, möcht ich faſt eine Frage an Sie thun, wenn ſie nicht indiſkret iſt. H. Buchhändler Bräuning in Erlangen ſagte mir, die Levana ſei vergriffen. Vieweg, der mir ſchon bei einem Abſatze von 1500 Exemplaren, 1 Louisdor für den Bogen nachzuzahlen hätte, ſchrieb mir nichts. Die zweite Auflage kann ich geben wem ich will. Vielleicht wiſſen Sie es durch Ihre Be - ſtellungen.

Ich bitte Sie um Verzeihung meines Irrthums über das Honorar von 1809 des Morgenblatts; ich habe Ihren Brief vom 11 Jul. 1810 und alſo die Beſcheinigung der Bezahlung gefunden.

Ich erſuche Sie, mir auch die neueſt erſchienenen Werke von Müller durch Buchhändler-Gelegenheit zu übermachen.

Alles was ich dem Damenkalender in der Eile geben könnte, wären abgeriſſene Bemerkungen über den Menſchen, Einfälle u. ſ. w.; nur nichts romantiſches. Leben Sie froh!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

Kein Taſchenkalender auf 1812 hat etwas von mir, wenn nicht Brockhausen [!] die zweite ſchon für 1811 beſtimmte Urania mit einem jährigen Aufſatze von mir nachliefert.

509. An Vieweg in Braunſchweig.

Heute gab ich Herrn Kaufmann Friedr. Carl Münch in Bay - reuth die Anweiſung auf Sie, von 27½ Ld’or in Gold, zahlbar 3 Tage nach Sicht, welche Sie nach dem Schweigen auf mein letztes vom 25. Jun. und noch mehr nach dem Vergreifen der ganzen Auflage welches neueſte Berichte von beſten Buch - händlern mir verſichern honorieren werden.

Jean Paul Fr. Richter

211

* 510. An Friedrich Meier in Dresden.

Ich wollte, Sie machten noch ein freundliches Geſicht gegen das von Ihnen abgemalte, das ich ſeitdem nur im Spiegel ſuchen mußte, wo es mir weniger gefiel. Zu meinem Schweigen gehört als Ur - ſache Ihres mein früheres Verlegen Ihrer Adreſſe meine Hoffnung, einen breiten Sarg in Quadrat zu bekommen, worin ich lag, aber verklärt durch Sie und meine Sünde Doch wird dieſe dadurch kleiner, daß ich immer wollte, ſogar anfing z. B. an meinem Geburtstage ein Blatt an Sie auch wird der Wunſch nach einem Geſchenke wie Ihr Kunſtwerk iſt, auszudrücken ſchwer. Deſto öfter haben mir ihn Kunſtfreunde, die das Bildnis geſehen, geäußert. Thun Sie was Sie wollen, hierin, ſogar das Schlimmſte; aber meine Seele liebt doch den innigen feurigen kunſt - und lebens - warmen Jüngling fort.

Ihr trefflich getroffener Jean Paul Fr. Richter

511. An Otto.

Guten Tag, Alter! Hier kommt endlich das Ende einer durch ſo viele Jahre durchlaufenden Metallader. Geht Freitags Nach - mitt. um 4 Uhr die Poſt: ſo kann ichs abſchicken, doch unter dem Vorbehalte, daß dich Leſen und Bemerken nicht ſtört; der Montag iſt auch ein Tag.

512. An Emanuel.

Hier, Alter, die alten Wechſel zurück! Thieriots Eigenthüm - lichkeit des Stils gefällt mir jährlich weniger; die Ihrige jährlich mehr. Die der Hofmann auch immer mehr. Das Unglück iſt, daß er mehr fühlt als weiß was er ſagt; und doch ſtudiert und kennt er die Griechen. Daher kommt bei dem Menſchen der Stil weniger auf ſeine Bibliothek als auf ſein Inneres an.

14*212

513. An Juſtizkommiſſar Fiſcher in Bayreuth.

149

Bei Überſendung des Hauszinſes hab ich auf Ihre letztere Frage zu antworten:

Gern zieh ich zu Martini aus, wenn ich bis dahin ein mir be - quemes Quartier ausfinde worüber ich Ihnen wahrſcheinlich in den nächſten 14 Tagen Ja oder Nein ſagen kann

Im Falle, daß ich keines finde, muß ich bis zum Februar bleiben

Ihr J. P. Fr. Richter

514. An Schrag in Nürnberg.

Hier ſend ich Ihnen endlich das Ende eines Buchs, an welchem mehrere Jahre mitgearbeitet als man ihm wol anſieht. Schicken Sie mir bei Gelegenheit immer etwas Abgedrucktes, damit ich bequemer die Druckfehler anmerke. Im Bogen A war nur Ein Druckfehler S. 15. Erzſchweinhalter ſt. Erzſchreinhalter. Auch bitt ich Sie um Nachricht des Empfangs. Leben Sie wol!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

Eben ſeh ich das Übrige nach und finde leider auf der Seite 9 folgende Druckfehler: Verzeichnis ſtatt Verzeichnus Januar ſtatt Jauner Kiſten ſtatt Liſten.

Ich bitte ſehr um genauere Korrektur.

Jetzt folgt nur noch das kleine einen ½ Bogen betragende alte Abebuch nach.

515. An Emanuel.

Guten Morgen, Guter! Anbei mach ich Ihnen das anſehnliche Präſent mit dem Dintentopfe. Sie können dieſen Mohren von Zeit zu Zeit waſchen mit Waſſer und werden ihn doch nicht bleichen.

213

516. An Cotta.

Eiligſt, daher Bitte um Verzeihung des ſchlechten Schreibens.

Hier, guter Cotta, das was die Zeit zu geben erlaubte für den Kalender. Eben wurde mir aus Hamburg der Orient zu - geſchickt, in deſſen gedruckter Ankündigung ſteht, daß man ſich mit mir in Verbindung geſetzt. Nicht ein halbes, Wort iſt daran wahr. Gäb ich künftig doch etwas hinein was ich vielleicht aus Gründen der Zeit thun könnte : ſo würde zur ſelben Zeit auch in Ihrem Morgenblatte etwas von mir erſcheinen. Wie können Sie denken, daß ich Ihnen ſpätere Buchhändler (nicht ein - mal frühere) vorziehe, da ich zugleich 1) Ihre Handels-Klugheit und 2) Handels-Rechtlichkeit und 3) Liberalität aus ſo vielen Proben kenne? Zur Michaelis Meſſe 1812 geb ich die neue Auflage der Äſthetik in 4 Bändchen; aber bei einem andern Ver - leger (noch hab ich keinen geſucht), weil Perthes, der immer Redliche, ſein Näherrecht wegen der neuen Einverleibung mir ab - getreten. *)Ich müßte denn, ſagt er problematiſch, bis 1813 warten wollen, was ich nicht will und ſoll.Zur Oſtermeſſe kommt die neue vermehrte Auflage der Levana; und noch ſteh ich an, dem alten Verleger ſie anzubieten, da er zweifach durch zwei Verheimlichungen an mir geſündigt. Neulich verſchrieb ich mich; nicht bei 1500 ſondern bei 1300 ab - geſetzten Exemplaren der Levana mußte Vieweg nachzahlen.

Leben Sie wol! Gehen die Buchhändler zu Grunde: ſo bleiben Sie, nur aber im wichtigſten Sinne, als der buchhändleriſche Methuſalem zuletzt übrig und man kann alsdann den ganzen Handel bei Ihnen wieder von vornen anfangen.

Ihr alter unveränderter Jean Paul Fr. Richter

N. S. An die Herbſtblumine, an meine eigne Lebensbeſchreibung, an einen Almanach für Weiber und einen für Männer iſt jetzt vor lauter Arbeit gar nicht zu denken.

517. An Otto.

Hier, guter Alter, die Kleinigkeit für Cotta. Findeſt du etwas wiederholt oder zu trivial ohne Gnade durchſtreich es. Ginge214 die fahrende Poſt bald: ſchickt ichs mit dieſer; ſonſt mit der reiten - den. Den ſchnell hingeworfnen Brief an Cotta ſollſt du auch beurtheilen, ob ihn der kurze Scherz nicht ärgert.

* 518. An Hofrat Wolke in Dresden.

Verehrungswürdiger Mann! Ich habe mehr gegen mich ge - ſündigt als gegen Sie, daß ich auf Ihr Schreiben und Ihr Geſchenk mit einem ſo ſpäten Danke antworte. Eine Menge Geſchäfte ließen mich noch nicht das Studium eines ſolchen Sprach - und Sach - Forſchers vollenden. Nicht einmal die Unterſuchung über die Gründe des Wechſels der beiden deutſchen Sprach-Fügungen bald zu ſagen Löwenhaupt, Pfauenſchwanz, dann wieder Thau - tropfen, Gaugraf; bald weiblich Liebesdienſt, Entenjagd, dann Beerwanze, Saujagd; bald geſchlechtlos Geſchäftsträger, dann Werkmeiſter konnt ich durchführen, weil durchaus Gründe zu dieſer anſcheinenden Grundloſigkeit durch die Überzählung aller Fälle aufzufinden ſein müßen. Was aber eben wieder meine dankende Antwort verſchob, war daß ich im künftigen Jahre die zweite Auflage meiner Aeſthetik gebe, worin dieſe Unterſuchungen, nach meinen Kräften angeſtellt, vorkommen müßen.

Ich gäbe eine halbe Büchermeſſe darum für die Erſcheinung einer deutſchen Sprachlehre von Ihnen, durch welche Sie, wie ich höre, mündlich eine deutſche Academia della Crusca um ſich bilden. Mit halb wehmüthiger Freude ſieht man Sie kurz vor Ihrem Davon - und Auffluge noch am Sprach-Gewande unſerer Gedanken arbeiten, um ordentlich wie ein Elias uns den Mantel zurück zu werfen.

Ihre Verdeutſchungen ſind deutſch und kräftig geſchaffen. Den - noch bleiben wir beide zuweilen nicht auf Einem Wege neben einander, woran auch vielleicht dieß Schuld iſt, weil Sie voraus gehen. Keine der menſchlichen Sprachen behauptete die Gleich - mäßigkeit ihrer Bildung fort, ſondern verba anomala und regulae falsi erzeugten als die grammatiſchen Leidenſchaften, nur aber beſſer, das Clinamen der Epikurs Atomen. Nichts auf der Erde iſt regel-beſtändig. Und warum ſoll denn immer die erſte, alſo die fortgeleitete Form die beſſere bleiben? Danken wir alte Landes -215 Formen, Philoſophien, Fürſten und 10,000 Dinge ab: ſo mögen alte Sprach-Gleichmäßigkeiten auch daran kommen.

Nicht der Dichter, wie Sie mir ſchreiben, ſcheint mir am leich - teſten Ihre ſo wichtigen Sprach-Umwälzungen einführen zu können denn er hängt von der Gewalt des äſthetiſchen Augenblicks ab und ein Wort z. B. wie prachtig könnte ein ganzes Bild zer - ſtören ſondern ein Weltweiſer, Naturlehrer u. ſ. w.

Leben Sie nicht blos wol, ſondern lange!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

N. S. Verzeihen [Sie] meinen Einſchluß, den ich als Antwort an Maler Meier erſt ſeit dem 25 July 1810 ſchuldig bin.

519. An Dr. Brendel in Erlangen.

151

Ich komme mit allerlei, wenigſtens dreierlei Bitten zu Ihnen. Die erſte (Ihnen ſchon in Erlangen ins Ohr geſagte) thu [ich] um meine Rechnung für das Valet-Nachtmahl bei Toussaint, dem bei ſeiner Wärme nichts zu wünſchen geweſen wäre als die Länge einer kalten Thomas Nacht. Die zweite betrift Ihr Klub-Bier; Klub-Leim hätt ich geſchrieben, wäre Erlangen Bayreuth. Ob ich gleich der Kunſt, dort ſtets fröhlich geweſen und geworden zu ſein, die eine Hälfte der Heilkräfte kunſt meines Körpers ver - danke, der zwar nie ein Krankenbette, aber doch eine Krankenviertel - ſtunde kennt: ſo gehört doch die andere Hälfte, welche ſogar alle Krankenminuten wegſtrich, dem Doppelbiere des Klubs an. Daher wünſcht ich 1 oder 2 Eimer davon hier in meinem Keller [zu] haben, wenn das Wetter, der Klub und Sie, oder Mehmel oder Toussaint (denn ich weiß nicht, wem unter Ihnen dreien ich mit der Bitte am wenigſten beſchwerlich falle) es erlauben wollten. Je - der Geld-Preis, um welchen ich meinen Erlanger Leib wieder erſtehe oder auferwecke, iſt mir gleichgültig (und dieſe geſchwärzte Charte ſei eine Charte blanche). Meine dritte Bitte iſt, alle meine Freunde und Abend [ge] noſſen von mir zu grüßen, ſo wie Ihren H. Grafen. H. Prof. Mehmel ſagen Sie außer dem Gruße noch: ich dächte dar -216 über nach. Levana und Vorschule haben ſich vergriffen und kommen im künftigen Jahre wie Rezidive ſehr verſtärkt wieder.

520. An Joh. Georg Zimmer in Heidelberg.

152

Wider mein Vermuthen und zu meinem Bedauern legten Sie mein Schweigen unrichtig aus. Sie ſchrieben mir den 23 April: wir haben bisher wegen des Verlags des Fibel mit uns ſelbſt gekämpft, aber können jetzt nicht umhin, Sie zu bitten die Heraus - gabe entweder bis Oſtern 1812 zu verſchieben oder uns unſers Verſprechens zu entbinden. Sie ſchreiben jetzt den 30 July: Eine frühere Anzeige (nämlich meines ausgeführten Wunſches und Beſchluſſes der frühern Herausgabe) hätte uns auf andere Maaßregeln geführt. Aber wenn Sie unter dieſen die Annahme des Fibels doch auf 1811 verſtehen: ſo konnt ich dieß Ihren deutlichen Worten gemäß nicht vorausſetzen, zumal da ich Ihren Entſchluß vor der ſchlechten Meſſe ja noch feſter nach der ſchlechten Meſſe annehmen mußte. Meinen Sie unter andern Maaßregeln ſolche für anderweitigen Verlag auf 1812: ſo durft ich ſchließen, daß Sie den übertragnen Verlag ohne meine Briefe die ich mir ſo gern erſpare längſt vor der M [ichaelis] M [eſſe] erfahren würden, wie es denn auch geſchehen. Einen übeln Eindruck kann Schrags Ankündigung nicht machen. Ich habe dieſem ſelber geſagt, daß nicht Sie, ſondern die Zeit und ich an dieſer Verlags Übertragung Schuld hätten, indem ich von 1809 bis 11 immer das Buch geben wollte und doch nie fertig bekam. Daher ich auch nach meinen ſo wiederholten Aufſchiebungen der Herausgabe Ihr Nein vom 23. April nicht im Geringſten übel nahm, was ich Ihnen durch Anbieten neuer Artikel am beſten be - weiſen werde. Ich ſelber war, da das ſo lange bearbeitete Buch endlich fertig vor mir lag, des Zögerns müde, zumal da ich das Unglück habe, an einem ſogar kopierten Werke, ſo lang es neben mir liegt, immer wieder von neuem anzufangen und ſo über ein altes jedes neue zu verſäumen. Das Unvorhergeſehene thut mir um ſo mehr leid, da ich Sie immer ſo redlich und liberal und prompt gegen mich gefunden. Es ſteht Ihnen frei, von dieſen Äußerungen jeden Ihnen nothwendigen Gebrauch zu machen.

217

521. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Eben iſt die ältere Schuckmann bei mir und ich bekomme folgenden Brief von ihrem Bruder. Gib ihr ihn geleſen wieder, damit ich es Emanuel ſende.

522. An Emanuel.

Lieber Emanuel! Da ich Ihnen kein beſſeres Geſchenk machen kann als mit der Nachricht von einem, das ich bekomme: ſo mache ichs hier.

In der Stunde der Ankunft des Briefs war eben die ältere Schuckmann bei mir.

523. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Ich wünſch Ihnen eine zehnmal frohere Reiſe als die menſchliche durchs Leben iſt.

524. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Dieſen kleinen Aufſatz ans Muſeum ſend ich Ihnen, da er doch ſo bald nicht erſcheint. Mög er auch auf Sie ſo wirken wie neulich auf mich! Heute abends werd ich es ſelber abholen gegen Uhr.

525. An Vieweg in Braunſchweig.

Auf die ſieben und vierzig und einen halben Louisd’or in Gold, welche Sie mir als Nachſchuß des Honorars für die Levana ſchul - dig ſind, hab ich H. Kaufmann Friedrich Carl Münch Sen. da - hier eine Anweiſung an Sie unter heutigem Datum gegeben.

Jean Paul Fr. Richter

218

526. An Friedrich Heinrich Jacobi in München.

Geliebter Heinrich! Der Überbringer dieß, der hieſige katho - liſche Pfarrer Oestreicher, ein im Charakter wackerer und im Geiſte weit über den Katholiziſmus hinaus gebildeter Mann, wünſcht ſich, nachdem du ihm ſchon viele angenehme Stunden geſchenkt, noch eine halbe dazu zu ſtehlen. Wahrſcheinlich begleitet ihn, in ähn - licher Abſicht, der Kreisrath Kraser, den du vielleicht aus ſeiner Erziehungslehre Divinitaet etc. , worin er die Gottähnlich - werdung zum Prinzipe des Erziehens macht, theoretiſch auf einer ſo guten Seite kennſt als er praktiſch noch mehr in den Schulen Bambergs bekannt iſt.

Mit Freuden las ich im Morgenblatte von der endlichen Er - ſcheinung deines neueſten Werks, welches mir ſehr noth thut und ſehr wol thäte, ungeachtet ich eben an einer Kunſt, ſtets heiter zu ſein, arbeite. Zur Meſſe kommt bei Schrag in Nürnberg meine Lebensbeſchreibung Fibels heraus, im Geſchmacke des Fixlein und Wutz; im künftigen Jahre kommen die neuen vergrößerten Auflagen der Vorschule und der Levana. Wir würden beide gewinnen, hätteſt du etwas von meinem fleißigen und ich von deinem philoſophiſchen Weſen. Im Spätjahr des Lebens ſollte man wirklich mehr geben, weil man mehr hat; und nicht das Wenige, was das kleinere Feuer an der Form etwan nicht ausbrennen kann, als einen Grund vor - wenden, die Fülle des ganzen Gefäßes zurück zu behalten. Und zuletzt bleibt doch jedem Genius auch im Alter ſeine angeborne Form; die von zufälliger Anſpannung gewonnene oder irgend eine angebildete läßt ſich über großen Inhalt ſchon entbehren. Ich ſage dir freilich nichts als was du weißt; aber der Menſch hat ſo oft nöthig, das zu hören was er ſchon weiß, ſo wie man den andern um einen Rath fragt, um den eignen zum zweiten male zu hören und zu bewähren.

Die Sonne der Philoſophie ſteht jetzt im Zeichen des Thomas - tags und wirkt alſo bei aller ihrer Nähe (über eine ½ Million Meilen iſt am beſagten Tage die phyſiſche uns näher) mit weniger Wärme und Glanz. Mögeſt du durch dein Werk dieſe Sonne ſich wieder ein wenig weiter von der Erde himmelwärts entfernen219 laſſen; d. h. gib uns wieder Luſt zum Philoſophieren. Ich habe lange kein neues philoſophiſches Buch geleſen. Gib dem Pfarrer die Nachricht wenigſtens mündlich mit, wann deines gewiß erſcheint.

Lebe wol, Guter! und bilde dir einmal verſuchs - und tauſch-weiſe ein, geſund zu ſein. Crede et manducasti. Ich grüße dich mit brüderlicher Liebe.

Dein Jean Paul Fr. Richter

527. An Fürſt Primas Dalberg.

153

Ew. [Hoheit] verzeihen, daß auch ich gleich denen, die Ihnen und ihrer Freude näher ſind, die meinige über Ihre ſo beglückende Rückkehr in Ihr Land ausdrücke, ſo klein immer mein Lichtchen bei einer Freuden-Illuminazion eines Landes ſein mag. Ich über - ſende Ihnen eine Abſchrift von einem ans Frankfurter Muſeum geſandten Bruchſtück über die Kunſt, ſtets heiter zu ſein; eine Kunſt, in welcher freilich ein Fürſt wie Ihre H [oheit] leichter Schüler und Künſtler bilden kann.

528. An Profeſſor Menzel in Bayreuth.

154

Obwol ohne Ihr Verlangen, wag ich es doch, Ihnen 50 fl. rh. zum Darlehn auf 5 Jahre ohne Zinſen anzubieten. Übrigens werd ich allen Einfluß, den ich etwan höhern Orts haben kann, zum Vor - theil eines Mannes verwenden, welchem ich ſo viele Verbindlich - keit für meine Kinder ſchuldig bin und welchem der Staat bald größere für die Landeskinder ſchuldig ſein würde, wenn er Ihn auf die rechte Wirkungs Höhe Seiner Kräfte ſtellte. Leben Sie ſo phyſiſch wol als Sie moraliſch wol leben.

Den 1ten Theil der Levana erbitt ich mir zurück, da ich Oſtern 1812 die 2te Auflage davon zu geben habe.

529. An Graf Rottenhan in Erlangen.

155

Der Magen iſt der Dünger des Kopfes

220

530. An Hofrat Jung in Frankfurt a. M.

156

Länger erlaubt mir mein Gewiſſen das Schweigen und Ver - ſchieben nicht, ob ich ihm gleich mit einigen Entſchuldigungen aus meinen Arbeiten hergenommen, antworte C [aroline] grüßt Sie mit ihrem ganzen Herzen.

531. An Schrag in Nürnberg.

157

Alle meine Bücher haben die Erraten-Blattern. Dießmal hat das Mſpt ſie eingeimpft. Das verdammte Wort Erzſchwein - halter würd ich, wär ich die O [berdeutſche] L [iteratur] Z [eitung], die ich ein bischen nicht ſo wol geköpft denn ſie hat keinen Kopf dazu als ſanft gerädert, zu einem Einfall gegen mich wegen einiger nothwendiger Zyniſmen im Buche verbrauchen.

532. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Die Schönheit des Tags und C [aroline] und die Kinder bereden mich auch nach Matzenreuth [?]. Könnteſt du nicht mit? Dieſe Woche bekommſt du die allgemeine Zeitung und zwar gebunden, weil jetzt alles gebunden wird. S. 342 und 43 der bürgerlichen Verbeſſerung iſt ein Beiſpiel der Sentenz-Gleich - niſſe und zugleich eine Selbſt-Parodie.

533. An Emanuel.

Guten Morgen, mein Emanuel! Geſtern nach einem arkadiſchen Tage in Mazenreuth [?] mit der neun-ſeel - ames igen Seebeck, C [aroline], A [möne] ꝛc. fand ich dieſes ſchöne Blättchen vom Primas, der mir immer mit umkehrender Poſt antwortet. Wollen Sie nicht Menzel den 2ten Theil der Levana leihen, da ich meinen zum Arbeiten brauche und er ihn gewis ſo bald durchgeflogen ſein wird als Sie den erſten?

221

534. An Otto.

Guten Morgen, lieber Alter! Schon geſtern war Odilie mit dieſen Sachen vor deiner zugeſperrten Thüre. Sage mir doch, ob ich dir anſinnen ſoll, die Levana, wenn auch nur flüchtig zu leſen, damit [ich] überall Verbeſſerungen auftreibe. Von der Seite ſollt ich meines Erachtens deine wenige Zeit bedenken.

535. An Emanuel.

Guten Morgen, mein guter Emanuel30*)Sie abbrevieren ſich Eml; das lieſet man aber Emil . Lieber ſo: Emnl. ! Unſer lieber W [angen - heim] reift an der ſcharfbrennenden Zeit immer ſchöner. Sein Brief gefällt mir; aber ſein Poſtſkript verſteh ich nicht. Warum ſagt er denn bei einer ſo wichtigen Frage nicht alles klar? Herzlichen Dank für Ihre Levana’s Noten! Nur mehr, mehr!

536. An Schrag in Nürnberg.

Hier iſt das Abc, das Sie genau Männchen auf Männchen nachdrucken laſſen; das Kartenpapier und die Holzſchnitte aus - genommen, die man nur durch leere Räume darſtellt, z. B.

A a Affe

A a Apffel

Ein Affe gar poſſirlich iſt,
Zumal wenn er vom Appfel frißt.

Die Druckfehler ſind nicht bedeutend.

Ich danke für die 384 fl., bemerke aber, daß der Ld. über 5 rtl. ſteht. Indeß will ich nur noch 10 kr. zu den 36 kr. nachbezahlet verlangen. Ich bitte Sie, mir künftig entweder Gold oder deſſen Repräſ [ent] anten nach dem laufenden Kurſe zu [ſchicken]. Ich be -222 komme gewöhnlich für meine Werke 6 Ld.; und dieſes ſchon für 5 Ld. verkaufte gab ich Ihnen für 4. Alſo folgen Sie künftig dem Kurſe!

Leben Sie wol.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

537. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Hier kehrt die Levana zurück. Dagegen bitt ich Sie um die Herbſtblumine, welche ich zur neuen Auflage der L [evana] nöthig habe. Herzlich dank ich Ihnen für den Käſe, den ich noch nicht habe und der mir ſehr ſchmecken ſoll. Dieſes Blättchen iſt nämlich am Früh-Morgen geſchrieben, weil ich jetzt ausgehe.

N. S. Guten Morgen! Jener Spaß war geſtern geſchrieben. Heute find ich bei dem Erwachen meine Emma durch Ihr Über - maaß der Liebe glücklich. Möge ſie es einmal erwiedern, wenn ſie älter iſt und Sie.

538. An Göſchen in Leipzig.

Wenn der Himmel will, können wir uns viele Briefe nach dieſem ſchreiben. Ich wünſchte nämlich, daß Sie die zweite Ausgabe meiner Levana verlegten.

Der Verleger der erſten mit welchem überhaupt über keine zweite kontrahiert war hat auch das kleinſte Höflichkeitsrecht dadurch verwirkt, daß er mich das Vergreifen der Auflage von 2500 Exemplaren, welches nach Ausſage redlicher Buchhändler ſchon früher als vor einem Jahre geweſen, nicht wiſſen laſſen, da er mir ſchon nach dem Verkauf von 1300 hätte Nachricht geben müſſen, weil er nach dieſen 1300 noch den 6ten Louisd’or per Bogen nachzuzahlen hatte, welchen ich eben abgefodert. Ich habe noch andere Gründe; kurz aber er verdient und erhält die zweite Auflage nicht; und zum Glück bittet er auch nicht darum.

223

Indeß bleibt ihm ſein großes Verdienſt um die Levana, durch ſeine Glanzpreſſe in jedem Sinn. Und da dieſe Verſchönerung niemand ſo gut fortſetzen kann als Sie, ſo gehört auch dieſes unter die vielen Urſachen, warum ich Ihnen die zweite Auflage unter folgenden Verhältniſſen zum Verlage anbiete:

  • 1) Das Werk kommt in drei Bändchen heraus, weil wenigſtens 9 10 Druckbogen neuer hineingewebter Zuſätze dazu kommen
  • 2) Das Format wird bequemer und kleiner gewählt, ungefähr wie Ludwig’s Reiſe (bei Gräf 1810) ſo wie auch die Lettern der - ſelben (die Ihrigen mir durch Thümmel ſo lieben); nur müßten die Zeilen einige mehr und dieſe ſelber etwas länger werden
  • 3) Für den Druckbogen vier Louisd’or in Gold; nach dem Ab - ſatze von 1000 Exemplaren Einen Louisd’or Nachſchuß die ganze Auflage zu 2000 Exemplaren
  • 4) Nach Abdruck des erſten Bändchens erfolgt die Zahlung für das erſte und ſo fort nach dem Abdruck eines jeden Bändchens
  • 5) Zur Oſter Meſſe 1812 erſchiene das Ganze; und im November finge der Druck an
  • 6) Zwölf Freiexemplare auf Schreibpapier und zwei Dedikazions - exemplare auf velin
  • 7) Ich wünſchte auch dieſe Ausgabe broſchiert; doch müſſen hier Ihre Verhältniſſe über meine Wünſche entſcheiden.

Verzeihen Sie die Spuren der Eile meiner Abneigung vor der - gleichen Briefen; ich ſchreibe lieber ein Buch, als einen Wander - paß für ein Buch.

Meine Wünſche, mit einem Verleger Klopſtocks, Wielands, Göthes, Thümmels in nähere Verbindung zu kommen, brauche ich Ihnen nicht zu ſagen, da ja der ganze Brief ſie ausſpricht.

Antworten Sie mir recht bald.

Unſer Thümmel iſt hier, ſo heiter wie unſere Gegend oder wie die Jahreszeit, die ſein Ebenbild iſt.

Leben Sie froh!

Ihr ergebenſter Jean Paul Fr. Richter

224

539. An Emanuel.

Mein guter alter Emanuel! Da ich nicht weiß, ob ich nicht zu ſpät zurück komme: ſo dank ich Ihnen voraus für den trefflichen Schuldner, den Sie mir zuführen wollen und den die ächten Men - ſchen hier faſt ſo loben als wär er ein Stück Emanuel. Dennoch kann ich nur 300 fl. verleihen, 1) wegen verdammter Ausgaben gerade in dieſem Vierteljahr 2) weil es doch viel iſt, daß ich in Kurzem 500 fl. als Überſchuß weggeben konnte. Otto ſoll Ihnen Wolke’s Sachen geben.

N. S. Der inländiſche Käſe iſt ſo gut wie ausländiſcher. Nach Verhältnis Ihrer Käſeprobe wünſcht ich ſolche Weinproben, die dann in Fäſſern beſtänden.

540. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Entſcheiden Sie wer Recht hat. Ich will heute dem Fischer das Miethgeld ſammt der Anzeige des morgendlichen Auszugs ſchicken. Caroline aber will das Geld, Schlüſſel, Abſchied erſt nach dem Auszug haben, weil jenes früher zu geben unter meiner Würde ſei und er, hab er das Geld, neues Zeug ſich ausſinnen könne. Ich aber ſage, wenn er wollte, könn er, bevor ich bezahlt, ſogar den Auszug aufhalten ferner will [ich] höflich ſein.

541. An Juſtizkommiſſar Fiſcher in Bayreuth.

159

Hier ſend ich Ihnen 21 fl. fr. 16 gr., wenn ich mich nicht ver - rechnet und verzählt habe, als Miethzins der Monate Auguſt und September; da die Frau Finanzräthin die Bezahlung des Oktobers übernimmt. Auſſer dem Danke für den Genuß Ihrer ſchönen Wohnung füg ich noch bei, daß ich morgen auszuziehen anfange. Am Sonnabend könnten Sie etwan, wo alles geſcheuert und her - geſtellt ſein wird, nachſehen, ob etwas noch nachzuholen iſt, wiewol ich nicht fürchte, etwas im Kontrakt mit Ihnen und der Frau Finanz - räthin Verſprochenes vergeſſen zu haben.

Friedrichſtr. 10 in Bayreuth Hier wohnte Jean Paul vom November 1808 bis September 1811
Jean Paul Briefe. VI. 225

542. An Juſtizkommiſſar Fiſcher in Bayreuth.

160

Ihrem Wunſche gemäß werd ich Ihnen den ganzen Miethzins dieſes Vierteljahrs zu Martini abtragen. Die Frau Finanz - räthin hatte, wie Sie mir ſelber ſagte, nur darum den Monat meines neuen Quartiers bezahlen wollen, weil ſie es für theuerer hielt. Da aber der Miethzins nur 150 fl. rh. und folglich für den Monat blos 12½ fl. beträgt: ſo verſprach ſie mir die Übernahme des Oktoberzinſes für Ihres, wahrſcheinlich aus dem Billigkeits Gefühl, daß ja ſie, nicht ich das größere Logis genieße. Indeß beträgt der ganze Unterſchied nur 1 fl. rh. und ich nehme Ihre wiederholte Verſicherung gern an, daß ſie den Oktoberzins meines neuen Logis bezahlen wolle. Treten über dieſe Kleinigkeit wieder Weigerungen ein: ſo laſſ ich gern willig das alte bis Martini leer ſtehen. Ich bitte daher Ihre Frau Schwägerin um ein ſchrift - liches Ja oder Nein. Für dieſen Monat iſt zwar mit H. Aſſeſſor Braun nichts ausgemacht; aber im Falle er aus zu großer Gefällig - keit Geld ausſchlüge, müßt ich mich meiner Verbindlichkeit gegen ihn auf eine andere Weiſe entledigen, welche, nur unter einem andern Namen, meine Schuld an ihn abtrüge.

Übrigens wär es mir ſehr angenehm ſo wie für Sie vielleicht bequem wenn Sie heute eine Stunde beſtimmen wollten, wo es Ihnen gefällig wäre, das gereinigte Quartier zu beſehen.

543. An Finanzräthin Dorothea Georg in Bayreuth.

161

Mit Vergnügen ſeh ich Ihre wie meine Wünſche erfüllt. Nur bemerk ich noch, daß Sie das Geld nicht an H. A [ſſeſſor Braun] ſchicken können ſondern an mich, weil er nur mit mir kontrahiert hat und alſo nur von mir annehmen oder nicht annehmen kann; in welchem letzt [eren] Falle ich das Geld zur Erwiederung ſeiner Gefälligkeit zu verwenden hätte.

Zum Glücke wurde Ihnen das Schwierigſte in der Herſtellung der Zimmer im Frühjahr erſpart, wo ich malen und tünchen ließ. Mögen Ihre Tage in der neuen Wohnung ſo ſchön verfließen als dieſe ſelber iſt!

15 Jean Paul Briefe. VI. 226

544. An Cotta.

Eben erhielt ich, beſter Cotta, Ihr Briefchen und Ihr Geſchenk Meiners welcher mir ſehr wol thut , als ich Sie bitten wollte, mir des Hofrath Wolke Aufſatz, der aus Zeit, Ort, Geiſt 400 Wörter ableitet, auf ſeine Erlaubnis mit der fahrenden Poſt möglichſt ſchnell zuzuſenden. (Des Portos wegen muß irgend ein Werth darauf ſtehen.) Nach der Leſung dieſes ſo wie anderer Aufſätze von Wolke will ich für das Morgenblatt einen kleinen Aufruf an das Publikum ausarbeiten, einen ſolchen Sprachkenner mit einem ſolchen Sprachſchatze nicht ungenützt und unbelohnt untergehen zu laſſen. Vom Hamburger Morgenblatte hör ich nichts; mich ekelts nach dem erſten geleſenen Bogen, nur eine Zeile dahin zu ſchicken. Sollte Ihnen Hofrath Jung aus Frankfurt a. M. ein Gedicht Clara zuſchicken: ſo will ichs empfohlen haben, da ichs geleſen habe.

Ich wünſchte im Damenkalender hätte Lafontaine den kürzeſten und Weisser den längſten Aufſatz gemacht. Leben Sie wol.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

N. S. Auf Oſtern, noch gewiſſer auf Michaelis bitt ich Sie etwas von mir zu verlegen, und wär es eine neue Auflage.

545. An Präſident Schuckmann in Berlin.

162

Sie könnten mich nur überraſchen, wenn Sie mir nähmen, nicht wenn Sie mir geben. Die Ausſicht, die Sie mir auf dem Baders - berge zeigen wollten, zeigen Sie mir jetzt durch das Öffnen einer ſchönern Zukunft als der Buchhandel und die Weltlage verſprechen. Möge der Staat das Laſttragen Ihres Pegaſus wenigſtens negativ dadurch belohnen, daß daſſelbe nicht deſſen Flügel verletzt. Es geh Ihnen und Preuſſen wol!

227

546. An Vieweg in Braunſchweig.

163

Ich ſchweige über das Proteſtieren meines Wechſels, der 1 Tag jünger war als das verſchriebene Aviso. Zwei noch übrige Seiten in der Levana und 36 Seiten im Ergänzungs Blatte, das Sie unter den Bedingungen der Levana angenommen, machen noch 2⅓ Louisd’or in Golde Nachſchuß, auf welche ich H. Kaufmann Carl Friedr. Münch sen. dahier eine Anweiſung gegeben.

Zur Oſtermeſſe 1812 kommt die zweite Auflage der nach dem Zeugnis der ſolideſten Buchhändler ſchon ſeit 1 Jahre vergriffnen Levana bei einem andern Verleger heraus. Leben Sie wol!

547. An Göſchen in Leipzig.

In einem Briefe vom 20 Sept. hab ich Ihnen die zweite Auf - lage der Levana angetragen, ohne noch Ihre Antwort bekommen zu haben. Ich will unter den Möglichkeiten die mir angenehmſte nämlich die ſeines Verluſtes annehmen, und bitte Sie daher um einige Zeilen mit umgehender Poſt, damit ich auch in jenem Falle vom Briefe eine zweite Auflage veranſtalte. Leben Sie wol.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

Darf ich Sie bitten, beiliegenden Brief auf die Poſt zu ſenden?

* 548. An Ernſt Wagner in Meiningen.

Ich freue mich über Ihre Chriſtus-Geſchichte, wie über Ihr Wiederaufleben, das mir mehr als Ein mündlicher Zeuge aſſe - kurierte. Überhaupt hat ein Dichter ein zähes Leben und der Geiſt tröpfelt von ſeiner Unſterblichkeit immer ein Paar Tropfen dem mürben Gehäuſe zu.

Ihre Chriſtus-Geſchichte könnte, wenn ſie höchſt einfach voll - endet würde, ein Volksbuch werden, zumal da Sie ſo vortheilhaft das Erklären und Ergänzen ins Erzählen verweben. Ich habe auf dem15*228Nebenblatte meine Meinung durch Zeichen angedeutet, weil ich aus Zeitmangel mehr meine Gefühle als meine Gründe ſagen kann ... ꝛc.

Zur Michaelis-Meſſe kommt Fibels Leben, zur Oſter-Meſſe 1812 die neuaufgelegte Levana, zur Michaelis-Meſſe 1812 die neue Vorſchule heraus; jedes Werk um ein Bändchen vermehrt. Aber darüber gelang ich zu einem großen komiſchen Werke nicht, deſſen Ausführung ich nach einem ſo langen Entwurfe gar nicht erwarten kann. Nachher hab ich blos noch einige tauſend Sachen zu ſchreiben, und hinter dieſen die opera omnia zu geben. Leben Sie fort wol, guter Wagner!

J. P. Fr. Richter

549. An Emanuel.

Guten Tag, Alter und Aelteſter im beſten Sinn! Hiebei mein Neugeborenſtes; und mein Glückwunſch zu fremder Freude und zu Ihrer darüber.

550. An Rat Falkmann in Detmold.

164

Der Name Detmold war mir ſchon ſo lange freundlich als die da regiert, deren Krone eine Blumenkrone iſt, welche ſich zertheilend neue Blumen ausſäet. Es gehört unter die alten Wünſche meiner Seele, die Fürſtin zu ſehen, deren Krone ein Bürgerkranz iſt. Daß er mit der Landesmutter in der nähern Verbindung einer Fürſt - Mutter iſt, für die er die glückliche Zukunft des Landes erzieht. Ein Autor, der nur aus 50 Büchern zu errathen iſt, muß den Schrift - ſteller aus 2 errathen. Titan, in welchem ich den ganzen Ge - ſichtskreis meiner Erde und meines Himmels ausgebreitet ſchauen laſſen wollte, wiewol der erſte Band, der wie korinthiſches Erz aus den Metallen mehrerer Jahre zuſammen geglüht, den rei - nen Guß der andern Bände entbehrt, das tadelnde Publikum mehr entſchuldigt als mich. Leben Sie wol unter den Wolken der Zeit.

229

551. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier haſt du die neueſten Bände von Müller, an denen aber die Titelblätter verwechſelt ſind. Schrag zahlte unerwartet großmüthig. Himmel, welchen köſtlichen lateiniſchen Stil ſchreibt nicht der 19jährige Jüngling im zim - briſchen Kriege!

552. An Cotta.

Lieber Cotta! Ich biete Ihnen die zweite Auflage meiner Levana zum Verlage an. Mit Vieweg hatt ich zum Glücke nichts über eine zweite kontrahiert, welche er, anderer Punkte ſeines Betragens gegen mich zu geſchweigen, ſchon dadurch verwirkte, daß er mir vom Vergreifen der erſten (2500 Exemplare ſtark), welches wie Perthes ſchreibt ſchon vor länger als 1 Jahre eintrat, nichts meldete und ſogar das noch frühere von 1300 Ex. verſchwieg, wor - nach er mir den 6ten Louisd’or für jeden Bogen nachzuzahlen hatte. In Ihren Händen dieſe Auflage zu ſehen, iſt nicht blos mein inniger Wunſch aus alter Bekanntſchaft her, ſondern auch darum mit, weil Sie durch Ihre Verhältniſſe in Paris dem ohnehin von allen poli - tiſchen Anſtoße reinen Werk*)ſogar die kleinſten der Misdeutung fähigen Anſpielungen ſind vertilgt. den Eingang ins nördliche Deutſch - land aufthun könnten. Druck und Format bliebe wie bei den Flegel - jahren. Die übrigen Bedingungen leg ich auf einem beſondern Blatte bei, das ich Sie mir im Falle der Nicht-Annahme zurück - zuſenden bitte, weil mir nichts verdrüßlicher iſt als Verlags Be - dingungen mehrmals aufzuſetzen und ich lieber ein Buch als den Wanderpaß deſſelben ſchreibe. Ich bitte Sie, mir wo möglich mit umgehender Poſt zu antworten.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

166
  • 1. Die zweite Auflage der Levana kommt in drei Bändchen auf einmal zur Oſtermeſſe 1812 heraus. Außer den kleinen Ver - beſſerungen kommen noch 9 oder 10 Druckbogen neue Ein - ſchaltungen dazu.
  • 230
  • 2. Für den Druckbogen vier Louisd’or in Gold; nach dem Ab - ſatze von 1300 Exemplaren noch Einen Louisd. Nachſchuß. Die ganze Auflage zu 2000 Exemplaren.
  • 3. Nach dem Abdruck des erſten Bändchens erfolgte die Zahlung für das erſte, und ſo fort nach dem Abdruck die eines jeden Bändchens.
  • 4. Im November finge der Druck an.
  • 5. Zwölf Freiexemplare auf Schreibpapier zwei Dedikazions Exemplare auf Velin.

553. An Schrag in Nürnberg.

Ich ſage Ihnen Dank für die ſchönen Freiexemplare und die pünktlichſte Abtragung der letzten Hälfte des Honorars und des Agio. Dieſes Blättchen gelte als Quittung. Sie klagen über Voreiligkeit des Druckers; ich klage nach, denn außer neuen Druckfehlern findet ſich auch ein willkürlicher Abdruck des Abcbuchs (z. B. die oben fortgehende Abcde ꝛc. Zeile fehlt). Indeß muß man das Beſte reden zu gedruckten Sachen.

Ich hoffe künftig noch mehrere Geſchäfte, zu welchen noch dazu unſere Nähe einlädt, mit Ihnen zu machen. Vertragen ſich Ihre ſchon eingegangnen Verbindlichkeiten vielleicht mit der Annahme eines ſtärkern Werks von mir in den nächſten Meſſen?

Leben Sie recht wol! Und grüßen Sie von mir den trefflichen Schubert und Schweiger.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

554. An Fürſt Primas Dalberg.

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Ihrer [Hoheit] wag ich mein neueſtes Werkchen zu überſenden. Das Leben ſpielt zwar darin nur auf dem Parterre des gemeinen Standes; aber vielleicht ſehen [Sie] darauf aus der Fürſtenloge verzeihend nieder, da ſich wenigſtens ſchuldloſer Scherz vor Ihnen abſpielt; und Scherz iſt in unſerm Jahrhundert noch nöthiger als Kolonialwaren. Möge wenigſtens das Überſenden als ein wiederholtes obwol ſchwaches Zeichen meiner innigſten Verehrung und Liebe gegen den hohen Empfänger gelten.

231

555. An Emanuel.

Willkommen und Dank, lieber Mitbringer! Das Beſte was Sie mitgebracht haben, hoff ich recht bald zu ſehen.

556. An Otto.

Guten Morgen, mein Alter! Blos des herrlichen Sismondi wegen ſend ich dir die Jahrbücher. Mache keine Krimaſſe bei dem foldernden Imbiß (es iſt Wunders Rechtſchreibung); muß ich doch 180 Folio-Seiten hinein freſſen. Der Aufſeeſer Rektor iſt gegen ihn ein Sophokles. Schicke mirs Morgen wieder, damit ich ſeinen Beſuch vermeide.

557. An Emanuel.

Guten Morgen, mein treuer Emanuel! Ich will Ihnen vor der Hand nur herzlich danken und ſpäter antworten. Hebel aus Karlsruhe hat mir geſchrieben und ſein Buch geſchickt. Geſtern hab ich über den Eßtiſch hinüber Krause die Hand gereicht und ihm vergeben, um mir eine unerwartete Freude zu machen.

558. An Wunder in Bayreuth.

168

Meine bei meinen Geſchäften nur flüchtige Durchſicht Ihres Schauſpiels erlaubt mir blos das Urtheil, daß Sie bei der jetzigen Lage oder Niederlage des Buchhandels ſchwerlich einen Verleger für ein ſo ſtarkes Werk gewinnen werden. Sie könnten das Mſpt einer Schauſpiel-Geſellſchaft ungedruckt antragen, welche am beſten über die Einwirkungen ſolcher Werke auf [das] Publikum urtheilen kann. Die Zertheilung Eines Schauſpiels übrigens in 2 Auffüh - rungen könnte wol nur ein Schiller zumuthen und erwarten. In Ermanglung jedes andern Erfolgs bleibt Ihnen doch der Genuß des frohen Umgangs mit den Muſen unter ungleichartigen Ge - ſchäften [?] ungeſtört.

232

559. An Friedrich Perthes in Hamburg.

Wir faſſen uns ſo wenig jetzt bei dem Schreib-Ärmel als wären wir durch La Manche geſchieden. Ich habe jetzt die 2te Auf - lage der Levana ausgearbeitet, weil bei einer Erziehungslehre die frühere Erſcheinung doch wichtiger iſt als bei einer Geſchmackslehre. Die Vorschule will ich daher in der Mich [aelis] M [eſſe] 1812 in 4 Bändchen geben. Vielleicht können Sie ſie bei dieſer Verſpätung, meinem Hoffen und Wünſchen gemäß, verlegen. Ich wünſch es um ſo mehr, weil ſie durch Verlag auf franzöſiſchen Territorien den freieſten Um - und Durchlauf bekäme, zumal da im Buche kein Staatsinquiſitor auch nur die kleinſte politiſche Unwiſſenheits - oder Wiſſenheits Sünde finden könnte. Die alten Bedingungen der 1ten Auflage würden ſich erneuern, doch ſo, daß für jeden Bogen nur 4 Ld’or in Gold gegeben und nur der fünfte nachgezahlet würde. Ungefähr 12 neue Druckbogen werden eingeſchaltet, die kleinen Verbeſſerungen ungerechnet. Schon im Februar könnte der Druck angehen.

Im Falle der Nicht-Annahme belehren Sie mich, ob ich in Straßburg einen ſoliden Verleger dazu fände.

Vom Hamburger Morgenblatte hab ich noch nichts gehört und einen Bogen ausgenommen geſehen; exiſtiert es fort?

Ich bitte um baldige Antwort.

Leben Sie wol!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

560. An Cotta.

Da Sie immer Antworten ſo wenig ſchuldig bleiben als Geld, das auch eine iſt; da ich gleichwol noch keine auf meinen Brief vom 2ten Okt., worin ich Sie um Wolke’s etymologiſchen Aufſatz (nach ſeiner Bitte), zur Benutzung eines eignen für das Morgen - blatt, erſuchte, und zweitens noch keine auf meinen vom 14ten Okt. erhalten, worin ich Ihnen die 2te Auflage der Levana antrug: ſo will mir keine Vorausſetzung einer Meßreiſe nach Leipzig hin -233 reichen, mir Ihr Schweigen zu erklären. Und ſo ſchick ich lieber dieſes Frage-Blättchen dem Brief-Paare noch nach, mit der Er - wartung der möglichſt-ſchnellſten Antwort.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

561. An Emanuel und Otto.

Guten Tag, Alter! (Kurz vor dem Einſchlafen nach dem ein - ſamen Eſſen geſchrieben) Nur wer meine bittern Tage, die ich in meinen alten von dem mir nächſten weiblichen Weſen Caroline ge - nannt erleben muß nach ſo vielen Leiden in der und einigen Ver - dienſten um die Welt, [kennt,] kann ſich verwundern, daß ich nicht wieder ein Hageſtolz geworden und daß ich aber blos durch Gunſt der Muſen nicht wilder ſchreibe und trüber lebe. Es leben die Freunde, E. und O.!

562. An Emanuel.

Guten Morgen, Gutemorgen-Geber! Ihre Geſchenke wachſen mit den Kindern, und würden es Rieſen, ſo bekämen ſie endlich Döhlau. Mein guter Emanuel! Es iſt des Guten wahrlich zu viel, ſogar der Güte. Ich kann nichts thun als ſchweigen und mich erinnern. Der Himmel ſegne Ihr Herz dafür.

R.

563. An Otto.

Mein guter Alter! Was treibſt denn du für Wirthſchaft! Du biſt gar zu gut. Es freuet mich freilich in eine Menge Seelen hinein. C [aroline] ſoll ſeinen Beſchluß befolgen und heute an - ſchneiden, ob ſie gleich erſt Morgen die Kinder will feiern laſſen.

564. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Ich dächte, Sie hätten in dieſer Woche genug geſchenkt. Ich danke herzlich. Hier leſen Sie doch das treffliche Hebels Buch.

234

565. An Otto.

Guten Abend, Alter! Die von mir erwartete Antwort über Dobeneck iſt gekommen; und der ſehr gebildete Buchhändler hat, beſonders oder wenigſtens buchhändleriſch Recht. Noch ſchwank ich, ob ich der Dobeneck den Brief oder durch meinen nur einen Auszug gebe; in der Rollwenzelei das Nähere.

566. An Otto.

Guten Tag, Alter! Haſt du Jungs Briefe ſchon Emanuel gegeben oder hab ich ſie verlegt? Ich habe broſchiert eben des Maler Müllers Werke geborgt; und will ſie dir auch zuborgen, da du ein ſo reinlicher Leſer biſt.

N. S. Zu meinem Anti-Titan ſchicke mir doch bald deine Winke; ich bin des Teufels aufs Werk, denn es wird zehn mal beſſer als ich nur denke und mir verſpreche. Daher iſts mir ordentlich fatal (obwol einträglich), daß ich jetzt 2 ernſte Auflagen beſorgen muß. Himmel! wären die Staats-Auflagen nicht ſo ſetzte man Bücher - Auflagen auch etwas länger hinaus.

567. An Emanuel.

Guten Morgen, guter Emanuel! Damit ich den guten Morgen ſage, ſend ich Ihnen zum überleſen den morgenden Brief an die Dobeneck. Den Sonntag will ich ihr nicht verderben.

568. An Frau von Dobeneck in Bayreuth.

169

... Mein Inneres ſehnte ſich, wenigſtens auf ſein Grab einige Blumen zu pflanzen, da ich in ſeine Hand keine mehr ge - ben kann.

235

* 569. An Helmine von Chézy in Aſchaffenburg.

Unvergeßne Helmine! (Verzeihen Sie dieſe vertrauliche An - rede, da ſie zugleich eine Widerlegung Ihrer ſchönen Klage iſt) Der Gartenmorgen, wo ich Sie zum erſten male ſah, hat ſeine Blumen und ſeinen blauen Himmel noch nicht verloren; und Sie ſtehen mir noch immer darin mit Ihrer liebenswürdigen und freu - digen Unbefangenheit. Mein Schweigen auf Ihren Brief aus Heidelberg rechnen Sie meinem Unvermögen, Ihre Wünſche zu erfüllen, und auch meinem Zeitmangel zu, der mich nur auf wenige Briefe antworten läßt. Ich kann mir Sie gar nicht verändert denken, ſondern Sie bleiben mir immer die vorige naive Grazie leiblich und geiſtig. Wenn ich Sie wiederſähe, würde eine ſchöne Vergangen - heit mit einer ſchönen Gegenwart in Einem Nu zuſammen treffen. Da Sie aus einer großen Stadt nur in eine größere gezogen: ſo können Sie auch geiſtig nicht von Paris und Zeit verwandelt worden ſein Und Sie ſinds ja auch nicht, da Sie mir noch gut geblieben.

Ich beneide Sie um die Nachbarſchaft des Großherzogs, die niemand ſo freudig theilen würde als ich. Es iſt einer meiner älteſten Wünſche, zu dieſem Fürſten zu reiſen; aber dabei wird Er ſelber alt. Warum ſind jetzt die Teufel ſo jung, und die Götter ſo alt? Sein Vergißmeinnicht an die Fuldaer wird dem ganzen Deutſchland wolthun, bis zum Schmerze der Sehnſucht hinauf.

Ich hoffe, wir ſehen uns wieder auf dieſem närriſchen Planeten, der alles auseinander ſprengt, und alles zu einander führt.

Können Sie mir etwas vom Großherzoge ſchreiben: es iſt eine Gabe für mich, und ein Erſatz der Reiſe.

Es geh Ihnen wol, gute Helmine! Und möge die ewige Wunde, die ein dahingegangnes Kind dem Mutterherzen geſchlagen, durch die dableibenden Kinder gelindert werden! Es geh Ihnen wol!

Ihr alter Jean Paul Fr. Richter

Meine Frau grüßt Sie mit herzlicher Erinnerung. Ich habe 3 kräftige Kinder, worunter 1 kräftigſter Knabe iſt.

236

570. An Otto.

Guten Morgen, mein Alter! Der närriſche Wagner läßt einen [!] keinen Tropfen. Geſtern bat er ſchriftlich, daß wir beide ſchon um Uhr kämen. Ich wenigſtens muß gehorchen. Mein Bild iſt da.

571. An Cotta.

Die Beantwortung Ihres werthen vom 12. Nov. verſchob ich immer auf die verſprochne Ankunft des Wolkeschen Manuſkripts, das aber immer noch nicht gekommen iſt. Ich wünſchte ſo gern noch in dieſem Jahre, dem Morgenblatt etwas zu geben; auch für Wolke wünſcht ich es. Senden Sie mir es aber nicht durch Buchhändler-Gelegenheit. Die 3te Lieferung von Müllers Werken, den 19. Apr. abgegangen, hab ich vorige Woche erſt aus Lübeks Nachlaß erhalten.

In Rückſicht der neuen Levana willige ich in Ihre Vorſchläge; nur aber ſetz ich 2 Wünſche dazu; den erſten daß Sie mir in der Mitte Jenners, wo ich Ihnen 2 Bände ſchicken werde, 40 wenigſtens 30 Louisd’or anweiſen, weil ich einmal meine ökonomiſchen Rech - nungen auf eine frühere Ausgabe gemacht habe. Zweitens wünſcht ich ſehr die Herausgabe zu Johannis, was auch für Sie (wie Sie beſſer wiſſen als ich) wegen des Meßkatalogs vortheilhaft wäre, zumal da zu Michaelis die zweite Ausgabe der Äſthetik mit jener zuſammentreffen würde. Ich bitte Sie ſehr um die Realiſierung dieſes zweiten Wunſches, da ich in allem Übrigen ſo gern jeden Ihrigen erfülle.

Das Hamburger Morgenblatt wird, wie mir Perthes ſchreibt, nicht einmal in Hamburg geleſen, weil man es für ein Zwangsblatt hält. Um deſto weniger bekommt es eine Zeile von mir.

Leben Sie wol und ſiegeln Sie bald ein Blättchen an mich zu.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

572. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier die Zeiten von Voß, die du ge - mächlich durchleſen kannſt. Ich habe noch die September-Minerva. 237 Was ich voraus ſah, fand ich geſtern, daß nämlich Wagners Misverſtehen blos vom Körperlich-Geiſtigen im Kopfe herkam, neben welchem das Geiſtig-Geiſtige ſich etwas enge einrichten mußte. Er ſagte mir, er habe nie einen frohern Abend gehabt, und er habe auch den misverſtehenden Seifert ſchon aufgeklärt. Sich vergaß er dabei, ich erinnerte nicht. Ich wünſchte die Vorschule an Schrag zu geben,*)Ich habe einen eignen Ekel vor galliſcher Zenſur; auch würde die Douane ſchon das Schmier-Exemplar beſchlagen. wenn man zumal unter der Hand einige Nachrichten von ſeinem Handels-Etat einziehen könnte. Wie? Gib mir deine Antwort nie auf der Stelle, ſondern bequemer außer der Arbeitszeit.

573. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Außer dem Koehlerschen Brief ſend ich Ihnen (freilich nur auf ein Paar Tage) die Urania, worin kein Koehler für die Weiber war.

574. An Profeſſor Wagner in Bayreuth.

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Beifolgendes ſo unbedeutende Trink-Eſſen auf den 2ten Advent kommt daher, weil ich gerade heute den letzten weſtfäliſchen Schinken bei Fr. zu kaufen bekam. Sie bekommen das Omega ich laſſe morgen das Psi kochen Er iſt ſehr gut und ich ſetze voraus, daß die jetzigen weſtfäliſchen Regierungsbeamten eben ſo geräuchert ſind als ihr Schinken, weil ſich ſonſt Chriſt [i] Wunder umkehrte und die Säue in die Teufel führen. Als Schinken-Schwemme hab ich noch eine franzöſiſche Wein-Dryas beigefügt, die eben heute ab - gezogen worden. Der Wein heißt St. Joseph. So mag ſich denn morgen dieſer keuſche Joſeph zum erſten male auf Ihrem Tiſche mit der weſtfäliſchen Potiphar (Sus) gatten und wieder ſeinen leeren Mantel, aber in Geſtalt einer leeren Flaſche zurücklaſſen. Glauben Sie aber nicht, daß ich mit dieſer Spielerei viel oder etwas von meiner engliſchen Nazionalſchuld an Sie abzutragen glaube. Ich bedarf e [ines] größern Sinkings Fond dazu. Leben und eſſen Sie wenigſtens halb ſo wol als Sie lehren.

238

575. An Profeſſor Degen in Bayreuth.

172

Verzeihen Sie, daß mein erſtes Blättchen an Sie mit zwei Bitten anfängt. Der treffliche Überſetzer und Kommentator des Ariſto - phanes, Welcker, ſchickte mir die Wolken und die Fröſche. Sein mit ſo viel Begeiſterung für Begeiſterte geſchriebnes Programm ſein bibliothekariſcher Reichthum ſo groß wie meine Armuth.

576. An Emanuel.

Guten Morgen, guter Emanuel! Damit Sie am ſchönen Ge - burtstags Morgen unſers Ottos etwas Ernſthaftes von mir leſen was Ihnen doch das liebere iſt ſo ſchick ich Ihnen dieſes Taſchen - kalenderchen.

577. An Emanuel.

Guten Morgen, Theuerer! Ich hatte am Max die höchſte Freude, die ein Vater haben kann. Auch die andern Eltern hatten höchſte Freuden. Wagner iſt ein tüchtiger Mann.

578. An Otto.

Guter Otto! Anbei Briefe und die Reiseschatten, die mir der Verf. ſelber geſandt. Die ſchlechtere Ausgabe will ich verkupfern, d. h. verleſen; ſende ſie mir alſo. Das neue Lagerbier trank ich ohne deine Angſtregeln die ich ohnehin aus Haß alles warmen Getränks nicht befolgen konnte und es bekam mir geſtern, da ichs unvermiſcht und ohne altes trank, nicht ſchädlich.

Die Einkleidung über Wolke wird durch den Anzeiger eine ganz andere.

Verte. Am Sonnabend [21. Dez. ] um 2 Uhr iſt im Anker ein Wurſteſſen für 48 kr. Ich und Krause ſind dabei; und du?

239

579. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Sei ſo gut und ſende mir das Wochen - blatt. Gehſt du in den Anker? Emanuel thut mir ſogar einen Gefallen, wenn er an Benzel ſchreibt.

580. An Otto.

Guten Morgen, Lieber! Von den geſtern gekommenen Heften ſchick ich dir nur noch zwei, da ich das dritte noch nicht geleſen. Krausen hab ich für dein Mitkommen wie für meines gebürgt. Du haſt wahrſcheinlich Welcker noch; ich frage blos; denn ich brauch ihn nicht.

R.

581. An Cotta.

Der verſprochne Aufſatz für das Morgenblatt kann wegen ſeiner Länge und wegen jetziger Poſtzeit-Kürze erſt anfangs Jenners er - ſcheinen. Der Titel iſt: Bußpredigt über den Bußtext im Allg. Anzeiger der Deutſchen No 335 S. 3617 bis 3622, betreffend deutſche Vorausbezahlung auf Wolkens verſprochnes Werk über die deutſche Sprache. Ob er gleich beiläufig für den Vortheil des trefflichen Wolke ſpricht: ſo iſt das Ganze doch eine allgemeine Satire auf die Kälte der Deutſchen gegen Deutſche und Deutſch (ſo heißt auch das Predigt-Thema), obwol mit Vermeidung jedes politiſchen Seitenblicks.

Die Aeſthetik, die ich zum Glücke noch keinem Verleger an - geboten, trug ich Ihnen nicht an, weil ich nicht vorausſetzte, daß Sie auf einmal 2 zweite Auflagen von mir annehmen würden. Deſto beſſer und ſeltener wäre die Annahme zweier fremd geweſenen Auflagen! Ich denke ohnehin bei der künftigen Herausgabe meiner ſämmtlichen Werke (zu welchen die Vollendungen der Mumien, der Flegeljahre und der biographischen Belustigungen gehören) oft an Sie und Ihre Theilnahme; und muß alſo ſchon darum wünſchen, daß ſich meine Werke in Ihrem Gewölbe, wenn auch für ein noch mehr als 5 Jahre fernes Ziel, vorläufig konzentrieren.

Die Bedingungen der 2ten Auflage der Aeſthetik ſind:

240
  • 1. Erſcheinung zur Mich [aelis] M [eſſe] 1812 Format wie Levana
  • 2. Zwölf neue Druckbogen kommen außer kleinen Verbeſſerungen noch dazu; daher man alles in 4 Bändchen geben kann; da aber dieſe ſehr klein ausfallen: ſo kommt es auf Sie an, ob in 3 oder 4
  • 3. Für den Druckbogen drei Louisd’or in Gold, wovon 40 L. zur Jubilate Meſſe, die übrigen nach dem Abdruck der vierte nach dem Abſatze von 500 Exemplaren der fünfte nach Abſatze von 1300 Exemplaren fällig ſind (Aus perſönlichen Beziehungen muß ich auf der dritten Klauſel beſtehen. Bei einem andern Ver - leger hätt ich ſogleich die 4 L. bezahlt gefodert)
  • 4. Die Stärke der Auflage wie bei der Levana
  • 5. Zwölf Freiexemplare auf Schreibpapier

Und ſechſtens denn ſonſt helfen alle 5 Klauſeln nichts daß Sie dazu Ja ſagen.

Die Anweiſung der 40 L. im Jenner ſtellen Sie gefällig auf Leipzig aus.

Dem Aufſatze für das Morgenblatt werd ich noch ein früheſtes Jugendgedicht von Schiller zu Ihrem Gebrauche beilegen, worin wenn nicht ſeine Sonne doch ſchon ſeine Morgenröthe glüht.

Meine Wünſche für Sie, lieber Cotta, am Schluſſe des Jahres fallen mit denen für die Literatur faſt zuſammen. Mögen Sie aber nicht blos belohnen, ſondern auch belohnet werden!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

582. An Hofrat Wolke in Dresden.

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daß Cotta die Pränumerazion ihm zahlen werde zu Oſtern Verſage nur das Schickſal den jetzt blos wort-reichen Deutſchen das Heben Ihres Sprachſchatzes nicht. Meier, der einzige tref - fende Seelen - und Körpermaler meines Geſichts.

241

583. An Friedrich Meier in Dresden.

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Das Jahr machte wie ein Fürſt, erſt bei dem Abſchiede das größte Geſchenk. Sie haben nun den beſten gemalten Steckbrief in Händen, den man hinter mir nachſchicken kann. Spazier ich einmal durch die Dresdner Gaſſen, wo Beſchauer Ihres Bildes wohnen: ſo iſt mein Gang ein Triumphzug für Sie. ... So gleichgültig mir es iſt, ob jemand das Stückchen organ [iſierte] Erde, welches man mein Geſicht nennt, nach meinem Tod außerhalb der unorgan [iſierten], im Nachbild zu ſehen bekommt: ſo wichtig iſt mirs doch, daß man davon nicht ein Zerrbild von desorganiſiertem Erdkloſe vor ſich auf jeder Seite aufrolle, die man von mir lieſet. gute Kupferſtiche werden durch Holſpiegel zu Marmorgeſtalten, ſo wie darin alles [?] Nachdunkeln der Farben in reine Lebensfärbung übergeht. ... Drilling nicht von Kindern, Vater nicht von Vätern (im Buch Die Verſuche und Hinderniſſe Karls ). Was ich ſelber darin geſagt, gefällt mir, ohne Eitelkeit zu reden, ausnehmend ... Es geh Ihrem treuen ſchönen heißen wilden Herzen wol, mein Meier!

584. An Emanuel.

Guten Morgen, alter Unſichtbarer! Ausgenommen durch Geben; denn ſonſt hätt ich keine leere Schachtel mit Dank zu ſenden. Mögen Ihnen die Feiertage froh, ungeachtet des Jeruſalems, vergangen ſein.

Beiliegende Briefe geben Sie gefällig Otto.

585. An Otto.

Mein alter Geliebter! Du gibſt mir ein Stück Geſtern ins neue Jahr hinein. Gott thue mehr und gebe dir alles, was ich ſogar entbehren möchte, wenn es ſein ſollte.

586. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Kannſt du dieſe überflammende Rezen - ſion die nur vom bilderüppigen Goerres ſein kann mir um16 Jean Paul Briefe. VI. 242 Uhr wiederſchicken, damit ich ſie auch ganz durchleſe und dir dagegen Voß November ſchicke, den ich erſt um 3 Uhr bekomme? Abends komm ich, glaub ich und bin begierig was du zum Nov. Stück ſagſt über die Preßfreiheit.

587. An Otto.

Guten Morgen, Meiner! Heute ging die Wenzelei ſchwieriger, weil die Wirthin auf dem Markt iſt. Abends will ich mit See - beck ſprechen und morgen dir alles ſchreiben. Ich dachte an keine Weiber, nur an zeinigkeit der Männer. Das Freitag bleibe, wenn du willſt Eile nicht mit den Jahrbüchern Leider hat Wagner in dieſem Jahre die Ober D [eutsche] L [ite - ratur] Zeitung aufgeſagt. In jedem Falle kann weder eine lobende noch tadelnde Rezenſion darin ſein, von welcher du einige Notiz nehmen könnteſt

588. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Ich war geſtern bei Seebeck; er roll - wenzelt mit. Nur wir 3 Herren beſetzen das Land des Tiſches. Die Roll [wenzel] weiß es ſchon. Ihr neuer franzöſiſcher roth Wein iſt reiner.

589. An Otto.

Guten Morgen! Der Profeſſor Ammon iſt hier. Ich möcht ihn, der mir in Erlangen ſo viele Höflichkeiten erwieſen, nun gern heute zum Abendglanze, wenn du mir ſagen könnteſt, daß er nie - mandem zuwider ſei. Oder in Ermanglung ſeiner die ſchöne Franzöſin ohne den Mann. Gib mir bei Gelegenheit die neuen Briefe. Komme bald.

590. An Otto.

Guten Abend, Lieber! Ich glaube, du irreſt auf Koſten Schrags. Ein neuer Buchhändler mit einem Artikel, wovon die Hauptſache243 denn dafür wird ſchon das Diebs-Comptoir geſorgt haben ſchon umläuft und wovon der Reſt nur für ſpätere ächte Forſcher Werth hat, und welcher noch dazu ſeinem Buche voreilt, darf ſchon ſo reden. Freilich nur 2 Bogen, aber Gott weiß, wie enge und was darauf! Eigentlich freilich hätte weder Er noch Du der Diebs - höle nur Eine Zeile laſſen ſollen; und es war ein ſeltſamer Kon - trakt, der ſo gut für ſein Vertrauen auf dich als für deines auf Rühle beweiſt. Bedenke auch, daß kameraliſtiſche, philoſophiſche, philologiſche und faſt alle Werke weniger honoriert werden als poetiſche trotz der letzteren Unwerth oft. Wende alſo deinen Zorn nach einer andern Weltgegend. Auch erweiſt ſich ſeine Redlichkeit aus ſeinem Zutrauen, da nur alles zwiſchen 2 ſpaniſchen Wänden, Kanne und mir, vorging. Es ſoll mir herzlich lieb ſein, biſt du von Bertuch gänzlich los, nämlich bezahlt.

N. S. Ich verſichere dich, Perthes, Cotta und jeder Buchhändler hätte geſchrieben wie Schrag; ausgenommen ſchlechter.

* 590a. An Profeſſor Wagner in Bayreuth.

Guten Morgen! Hier ſend ich Ihnen das Beſte von Jacobi gegen Kant. Darauf hab ich Ihnen noch ſein erſtes Schreiben gegen Schelling zu geben. Anbei folgen ſechs Trabanten um ..... da Ihnen geſtern die Spiritualität des Weins gefallen. Wahrlich jetzt unter den Plagegeiſtern der Zeit braucht man den Weingeiſt als spiritus familiaris neben ſich zu haben und ich laſſe mir gern von ihm einflößen.

591. An Emanuel.

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Guten Tag, Geliebter! In dieſem Jahre bekommen Sie die erſten Schreibzeilen von mir. So wie die geiſtige Edelfrau oder Edelmännin die Frage ſtellt: iſt ſie ſchon ſelber Antwort; denn der Knabe bleibe unter dem wachen Mutterauge mit andern Schülern. Erſt ſpäter, im 12, 14ten Jahre möge ein Knabe ins künftige Leben durch öffentliche Schüler-Gemeinſchaft ins Männer -16*244leben eingeübt und eingefahren werden. Früher iſt die zarte Pflanze der Sittlichkeit der höhern Pflege werth. Und am Ende: der Kopf wird ſo leicht voll und das arme Herz ſo leicht leer. Er bleibe bei der, die ich mit allen Kräften eines vollen Herzens hier zum neuen Jahre grüße.

592. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Gern komm ich abends. Hier ein an ſich angenehmer Brief, deſſen Beantwortung aber in lauter klugen Fragen beſtehen wird.

593. An Emanuel.

Guten Morgen, größten Dank, Abend-Vergolder! Mir be - kommt Unmäßigkeit faſt beſſer als Mäßigkeit. Die gebratne Leber vertrug ſich ſo gut mit meinem Magen als die ungekochte neben ihm. Ich habe leider den Verfaſſer des guten Biers vergeſſen, wovon Sie geſtern ſprachen.

594. An Emanuel.

Guten Morgen, Guter! Ich bin ganz geſund, denn ich weiß es ſchon zu machen. Kommt Ihnen im Morgenblatt etwas über Fibel vor: ſo bitt ich um ¼ Stund [e] darum; denn in der Har - monie iſt es vor der Hand geſtohlen, ſo wie der Aufſatz über den Schwimm-Apparat.

595. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Ich ſoll morgen die Familien - ſteuer in den Cassino-Saal abſchicken; und doch hab ich Ende vorigen Jahrs ſchon die erſte bezahlt. Wie iſt dieß zu nehmen, dieſes zweite Nehmen? Bai reuth*)reuth von roden lichten. wird bald ſeinen etymolo - giſchen Namen zum 2ten mal erhalten.

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596. An Otto.

Guten Abend, Alter! Hier endlich das Blättchen an Pauli, an das ich ſchwer ging. Ich hab es des Großherzogs und meiner für würdiger gehalten, mein Nein hinter keine langen Ausfor - ſchungen zu verſtecken. Erſt morgen Nachmittag brauch ichs zurück zum jetzt nöthigen Mundieren und Abſchicken. Deine Anſicht des Buchhandels iſt neu und recht. Mit einigen Bereicherungen aus deinen neueren Anſichten könnt es als ein beſonderes Büchlein laufen. Das literariſche Schauamt, nämlich eine Literaturzeitung vor dem Drucke iſt freilich das wichtigſte und ſchwerſte.

Guten Morgen!

* 597. An Staatsrat Pauli in Aſchaffenburg.

Hochgeehrteſter Herr Staatsrath! Die Verzögerung meiner Ant - wort auf Ihr Werthes vom 2. Jenner entſtand aus der Schwierig - keit derſelben. Ich wurde innigſt gerührt von der Güte Ihres herr - lichen Fürſten, deſſen Zepter, wie ſeine Feder, weit über ſein Land beglückend hinausreicht und welcher, ſo wie er bisher der helfende Beſchützer meiner Gegenwart war, eben ſo der Schutzgeiſt meiner ganzen Zukunft werden will. Meinem Herzen iſt ers auch durch Ihren Brief ſchon geworden und die Frage war hier Gabe.

Aber über die Annahme eines ſolchen Amtes muß ich nicht nur meine Wünſche, ſondern auch meine Kräfte fragen, ob dieſe zum Lehren und zum Schreiben zugleich auslangen. Letzteres fodert von mir auf der einen Seite weit mehr Zeit, als man vielleicht meinen Werken leider anſieht, und auf der andern hab ich noch ſoviel ſchon nach jetzt fertigen Zurüſtungen auszuführen, daß ich mir wol etwas vom Alter der Erzväter wünſchte, um zwar nicht ein vielſchreiben - der Kirchenvater, wie Origenes und Auguſtinus, aber ein viel - leſender Büchervater zu werden, welcher z. B. nur eben des ge - dachten Auguſtins 232 Bücher (die exegetiſchen noch ungerechnet) etwan durchbrächte, die nach Gennadius Zweifel ſchwerlich ein Menſch noch ſämmtlich durchgeleſen. Die Belohnung, welche mir der edle Großherzog anbietet, würde mir auch im gütigſten246 Falle mehr Zeit abfodern, als mein Schreibamt entbehren kann zumal in dem abſteigenden Zeichen der Jahre, dem ſogar in dem aufſteigenden eine ſeit 20 Jahren ungetheilte Widmung nicht genug thun konnte.

Noch wichtiger und ſchwieriger wird die Antwort, ob ich, der ich früher nur Kinder unterrichtet, mit einigem Glücke einem andern Hör-Publikum, das nicht mit dem Les-Publikum zu vermengen, zu dienen vermag.

Meinen beſondern Dank werd ich J [hrer] K [öniglichen] H [oheit] bei Ueberſendung eines Aufſatzes für das Frankfurter Muſeum über das Entſtehen der erſten Thiere und Menſchen darbringen, deſſen Länge noch ſeine Vollendung verzögert. Ich ꝛc.

Jean Paul Fr. Richter

598. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! In der Harmonie iſt dieſes Jahr noch kein Morgenblatt gekommen. Und an Sie? Denken Sie an meine neuliche Bitte. Ich zahle wie viele andere kein Familiengeld.

599. An Otto.

Guten Abend, Alter! Hier vor der Hand etwas vom Aufſatze für Wolke, einige Druckbogen; meine Frau ſchreibt noch am Reſte. *)Ihr Schreibfleis läßt nichts für morgen übrig. Sei ja beſonders mein erſter politiſcher Zenſor! Morgen muß ich über den Aufſatz für das Muſeum her. Dann hab ich kurze Zeit Ruhe bis die Taſchenbücher-Folter Reden auspreßt. Und ſo iſt das Leben.

Wann geht die fahrende Poſt nach Tübingen?

600. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Sonach ſtehen 2 Auflagen in meiner Gewalt.

Aber wie kann denn ſelber ein deutſcher Hypochondriſt an Auf -247 löſung des Buchhandels glauben, ſo lang es Leſer, Profeſſoren, Menſchen gibt und Franzoſen und Europäer? Wahrſcheinlich wird er, ich glaube auch nach deiner Bemerkung, blos ſolider.

2500 war die Auflage der Levana.

601. An Cotta.

N.B. Dieſer Brief wurde vor Empfang des Ihrigen vom 14. Jenner angefangen.

Lieber Cotta! Endlich bring ich meinen Aufſatz, deſſen Länge ſein Abſchicken verzögerte. Wolke iſt nur kurze Veranlaſſung; das Meiſte könnt ich eben ſo gut in meiner Vorschule ſagen. *)und überhaupt iſt der Aufſatz ſo gut ein Kunſtwerk als irgend ein Roman von mir, nur nicht ſo leicht anſchaubar.Schwer - lich wird auch der ſcheueſte Zenſor etwas darin zu ſtreichen finden; wär es indeßen doch: ſo bitt ich Sie, mir die Stelle, inſofern der Zuſammenhang dabei litte, zu ſenden, damit ich ihn ergänze.

Hier iſt auch Schillers Gedicht.

Auf meinen Verlags Antrag der Vorschule (vom 22. Dec.) haben Sie mir noch nicht geantwortet, weil Sie wahrſcheinlich auf den Aufſatz warteten. Die Levana, obgleich beinahe bis zum 3ten Bande wieder beſſernd vollendet, kann ich erſt im künftigen Monat ſenden, da ein Aufſatz für das Frankfurter Museum und neue Nachbeſſe - rungen jener mich aufhalten. Die Anweiſung der 40 L. ſtellen Sie, wie ich ſchon geſchrieben, gefällig auf Leipzig. Bei der Rechnung des vorigen Jahres, Morgenblatt und Damen-Kalender betreffend, vergeſſen Sie Ihre eigne Gegenrechnung nicht, welche durch J. von Müllers Werke ſtark ſein muß.

Ich bitte Sie um baldige Nachricht des Empfangs, ſo wie um baldigen**)und wenigſt möglichen unterbrochnen Abdruck, zumal des Anfangs. Druck, ſchon des guten Wolke wegen.

Ihr Jean Paul Fr. Richter

N. S. In der Oſtermeſſe bitt ich Sie an H. Hofrath Wolkens Ordre die 2 rtl. Pränumerazion für ſein Buch auf meine Rechnung zu bezahlen.

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Ihren letzten Brief bekam ich durch Zufall 5 Tage zu ſpät. Meinen herzlichen Dank für die Liberalität Ihres Anweiſens ungeachtet des wahrſcheinlich zu übermächtigen Eindrucks, den der erſte Augenblick der böſen Nachricht gemacht. Noch las man ja in keiner Zeitung, daß das beſtehende zum Vortheil der Amortiſazions-Kaſſe gegebne Verbot, ein ausländiſches Buch vor 20 Jahren nachzudrucken, zu - rückgenommen worden. S. Voß. Zeiten. Sollte denn franzöſiſcher Nachdruck ſogar viel mehr ſchaden als öſtreichiſcher? Und ſollten Deutſche ihn kaufen? Ferner bleibt Ihnen ja bei meinen Werken der Schutz durch Pränumerazion und Subſkripzion*)da ich gewis ſo viele Freunde in Deutſchland habe als zu Ihrer Deckung nöthig ſind. übrig. Mein Ihnen bekannter ſcharfſinniger Freund Georgius glaubt, daß gerade ein Krieg mit Rußland dem Buchhandel mehr Wege bahnen würde. Ein anderer Freund, der in der vorigen Woche aus Rußland kam, wußte nichts von Courier-Wechſel, oder Zurüſtung oder ſonſt einem Kriegs Zeichen. Indeß da doch immer die Möglichkeit des Aus - bruchs ſo wie des Nachdrucks fortdroht und da ich meine Aeſthetik nicht für ſolche Unbeſtimmtheiten verſchieben kann: ſo möge denn uns beiden die gegenſeitige Freiheit zurück gegeben ſein. Gleich - wol frag ich, bevor ich Ihre letzte Antwort habe, nirgend anderswo an, da ich ohnehin für die Aeſthetik nur die Materalien, aber noch nicht deren Form vollendet habe. Auch über die Levana bitt ich Sie bald um beſtimmteſte Nachricht. Es wäre aber ſehr ſchmerz - haft für meine Anhänglichkeit an den liberalen und letzten und ſtärkſten Aſſekurator des deutſchen Buchhandels, wenn ich auf ein - mal ſogar zwei Werke und meine wichtigſten aus ſeinen Händen in fremde müßte übergehen ſehen. Noch hoff ich.

Sehr bitt ich Sie, die Bußpredigt genau abdrucken zu laſſen, z. B. Kriegfuß, nicht Kriegsfuß, ſo nicht Bildungs-Wechſel.

In irgend einer freien Viertelſtunde machen Sie doch umſomehr meine und Ihre Rechnung vom vorigen Jahre, da ich jetzt 40 Ld’or von Ihnen voraus erhalten und ich gern weiß, wie viel ich ſchul - dig bin.

Für den Damenkalender kann ich nicht jetzt ſogleich wegen ſo249 vieler Nebenarbeiten etwas liefern. Wäre denn nicht für ihn irgend eine Hogarthiſche Bilderreihe zu erfinden, die ich dann er - klärte?

Leben Sie wol, Guter! Ihr Jean Paul Fr. Richter

602. An Emanuel.

Guten Morgen, lieber Emanuel! Damit ich nicht ohne Sonntag bin, der ſonſt bei mir in nichts beſteht als in ein Paar andern Hoſen: möcht ich wol heute abends zu Ihnen kommen. Otto will es auch. Aber wollen Sie?

603. An Emanuel.

Guten Morgen, Alter! Da man den übrigen Theil des Charak - ters der Kleinen nicht kennt: ſo kann die Einwirkung der Neuheit eben ſo gut von Schwäche, Reizbarkeit als von Eitelkeit herkommen. Ich fürchte letztere, weil ſie was ein viel bedenklicherer Zug iſt ihre [r] Mutter nicht viel Liebe zeigt, Kindern ſonſt faſt unmöglich. Sollte dieſe zu männlich-kaltphiloſophiſch mit ihr umgehen? Ich glaube, Kinder, wie wir, lieben eben ſo wenig eine zu männliche Mutter als einen zu weiblichen Vater.

604. An Frau Dr. Seebeck in Bayreuth.

Verehrte Wiedergeborne! Der über Ihrer Loge in der Groſchen - gallerie Sitzende wünſcht Ihnen zu Ihrem heutigen Neujahrstage Glück hinunter. Es ſind erſtlich acht ſchöne Gründe da, Ihr Leben lang und froh zu wünſchen; und dann noch gar ein neunter, über fünf Fuß lang, da Sie für alle dieſe die Namensheilige Ihres Ge - burtstages ſind, die Agatha oder zu deutſch die Αγαϑη.

Es gehe Ihrem Herzen und dadurch allen Ihrigen wol in dieſer dunkeln Wolkenzeit!

Ihr Jean Paul Fr. Richter

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605. An Emanuel.

Guten Morgen, Guter! Verzeihen Sie, daß ich auf Maxens Bitte Ihnen das ganze Kleeblatt in Ihre Stube pflanze, wiewol bald Zeit ſein wird, daß dieſe Pflanzen wieder aus Ihrer reichen Erde verſetzt werden in meine.

606. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier endlich der lange Aufſatz. Meine Exzerpten ſpringen mir in ernſten Unterſuchungen ſo gut bei als in ſpaßhaften, wiewol ich dieſe und poetiſche jenen vorziehe, weil auf jene doch irgendeinmal jemand kommen kann, auf dieſe aber als individuell niemond. Ich bin in Zweifel, ob ich den Aufſatz Dienſtags abends auf die fahrende Poſt gebe, oder früher auf die reitende; aber das Porto

Das von meiner Hand Geſchriebne laſſ ich erſt kopieren nach deinem Ja.

607. An Emanuel.

Guten Abend, mein Emanuel! Hier ſend ich meinen Aufſatz für das Museum, der erſt morgen abgeht und welchen Sie übrigens ſpät im Drucke zu leſen bekämen. Gute Nacht, Guter!

608. An Legationsrat Vogt in Frankfurt a. M.

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Verzeihen Sie ſo wol die Verſpätung als die Länge dieſes Auf - ſatzes. Die Sünde der jetzigen Länge wird [ſich] leicht mit der Sünde früherer Kürze entſchuldigen und durch abgetheiltes Leſen verbergen laſſen.

609. An Fürſt Primas Dalberg in Aſchaffenburg.

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Durchlauchtigſter Großherzog, Allergnädigſter Großherzog und Herr!

Der beiliegenden Arbeit hat der Verfaſſer ſchwere Opfer ge - bracht. Ihre Länge und der Andrang neuer Materie wollte nicht251 aufhören; und doch ſollte ſie meinen neuen Dank für neue Güte Ihrer königl. Hoheit und die alten Seelen-Wünſche für den Tag begleiten, welcher Wiſſenſchaft und Staat und Zeit mit einem ſo wichtigen Leben beſchenkte.

Was aber die Feder unterließ, that das Herz. Sogar die Zei - tungen, welche zu Ihren Handlungen auch Ihre Worte gaben, bewegten mein Inneres mit Wunſch und Dank; und tröſteten über die Zeitungen der Zeit.

Nur die Gründe, welche Ihrer Hoheit H. Staatrath Pauli wird vorgetragen haben, konnten mich zur Aufopferung des Glückes zwingen, unter Ihren Augen und in Ihrer ermunternden Nähe zu Ihren Zwecken mitzuwirken. Aber der Dankbarkeit bleibt das An - erbieten dieſes geiſtigen Glückes unvergeßlich ſo wie [die] Vater - ſorge für mein irdiſches, welche die Wolken der ſchriftſtelleriſchen Gegenwart und Zukunft auch bei dem zertheilen will, dem der hohe Muſenfreund ſchon mehr als eine Wolke der Zeit vergoldet hat.

Dem hier folgenden Aufſatze, deſſen Abſchrift nach Frankfurt in das Museum ging, iſt außer der Länge leider noch vieles nach - zuſehen; aber er hat die Empfehlung an den Verfaſſer der Be - trachtungen über das Univerſum für ſich, daß darin nicht über die Schöpfung der Schöpfer vergeſſen wird, indeß das Jahrhundert, ſogar das gelehrte, ſich mit jener dieſen erſetzt, anſtatt es umzu - kehren.

Möge beides, das lange Schweigen und das lange Schreiben verziehen werden!

610. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Um das Bischen Schnee [?] wie ein Italiener zu benützen, ſetz ich neuen Geiſt - nämlich Dintentrank an. Laſſe den Satz ausſchütten und ausſchütteln. Seltſam, nach - dem ich mit dem Morgenblatt fertig bin, kommt Cotta’s Bitte für den Almanach; heute, da der Aufſatz nach Asch [affenburg] ab - geht, ſchickt mir Schlegel ſein neues (ſehr gutes) Muſeum, obwol ohne Brief. Ich werde denn ihm wenigſtens etwas jetzt ausarbeiten.

Den ganzen vorigen Jahrgang der Zeiten hat der edle J [uſtiz] Komiſſär Fischer im Hauſe.

252

611. An Otto.

Guten Morgen, Alter! Hier hab ich doch Einen Mann, bei aller Unentſchiedenheit, ob Miethleute einen bekommen. Wie iſt der Titel, womit ich mich an die Comité wende? Kann ich außer dem Grunde der Fremdheit noch den der privil [egierten] Miethleute anführen? Seebeck bekam noch nichts.

612. An Otto.

(Finanz -) Augurien die preußiſche Staat (sverfaſſung) betreffend (oder über, aus d. pr. St.) Winterſeite d. pr. St. Preußens (Politiſche) Bedenken über ꝛc. Krankheitsmaterien Gloſſen Wund - Kranken - zettel (?) Reflexionen (Verſuch einer) Kritik der einiger Mängel ꝛc.