Die Jahre 1815 bis 1819, die dieſer vorletzte Briefband um - ſpannt, ſind hauptſächlich durch die längeren Reiſen nach Regens - burg, Heidelberg, Frankfurt, Stuttgart und Löbichau gekennzeichnet, durch die Jean Pauls ſchon etwas eingetrocknetes Leben neuen Auf - ſchwung erhielt und ſein Bekannten - und Freundeskreis und damit auch ſein Briefwechſel ſich ſtark erweiterte. Da er ſtets allein reiſte, nur von ſeinem Hunde begleitet, wird der intenſive Briefwechſel mit der daheimgebliebenen Gattin zur ergiebigſten Quelle. Unter den neugewonnenen Freunden ſteht Heinrich Voß an erſter Stelle; Jean Pauls Briefe an ihn ſind uns nahezu vollſtändig, wenn auch nicht immer im Original, erhalten, während die ſehr zahlreichen und aus - führlichen Briefe von Voß, die Jean Paul nach dem frühen Tode des Freundes der Familie zurückgab, meiſt nur in ſtark gekürzten, unzuverläſſigen Drucken vorliegen. Die Freundſchaft mit Sophie Paulus in Heidelberg, eine ſpäte Nachblüte der vorehelichen Lieb - ſchaften, dauerte nur ein Jahr und führte zu keiner intenſiven Kor - reſpondenz, da Sophie eine ſchlechte Briefſchreiberin war und Jean Paul auf ſeine eiferſüchtige Frau Rückſicht nehmen mußte. Der Briefwechſel mit der ſympathiſchen Frau von Ende wurde meiſt von Karoline geführt. Das Verhältnis zu Emanuel, der ſich in dieſen Jahren eine Familie gründet, wird womöglich noch inniger, während das zu Otto ſich merklich abkühlt. Der Briefwechſel mit Jacobi ſchläft ſchon einige Jahre vor deſſen Tode (1819) faſt ganz ein. Neben dem Hauptverleger Cotta tritt jetzt Reimer mehr und mehr in den Vordergrund. Die Penſionsangelegenheit, die den Dichter anfangs noch ſtark beſchäftigt, findet ſchon nach einem Jahre einen glücklichen Abſchluß. Gegen Ende des Bandes beginnt der Brief - wechſel mit dem in München ſtudierenden Sohn und mit der nach Berlin verreiſten Gattin.
VIDie Briefe an Cotta und Reimer, an Heinrich Voß, an Karoline und Max Richter, an die Familie Paulus ſind in der vorliegenden Ausgabe zum erſtenmal vollſtändig abgedruckt. Ganz ungedruckt waren bisher der größte Teil der Billette an Emanuel und Otto, die Stammbuchblätter und Briefe an Frau von Ende, ſowie zahl - reiche einzelne Originalbriefe und Kopien, wie aus den Anmer - kungen genauer zu erſehen iſt.
Schriftſtelleriſch finden wir Jean Paul in dieſen Jahren mit den Neuauflagen des Siebenkäs und des Heſperus, ſowie mit der Unter - ſuchung über die Doppelwörter beſchäftigt, während der große komiſche Roman nur langſam reift und die Selbſtbiographie nach kurzem Anlauf abgebrochen wird. Für Cottas Morgenblatt und Damenkalender liefert Jean Paul nach wie vor regelmäßige, zum Teil umfangreiche Aufſätze, während er die häufig an ihn er - gehenden Aufforderungen zur Mitarbeit an andern Zeitſchriften durchweg ablehnt. Ältere Aufſätze werden in der Herbſt-Blumine und den Faſtenpredigten geſammelt und zum Teil vermehrt.
Auch bei dieſem Bande haben mich wieder ſo viele Privatperſonen und öffentliche Stellen mit Materialien und Auskünften unter - ſtützt, daß ihre Aufzählung hier zu weit führen würde. Sie mögen mir verzeihen, wenn ich mich an dieſer Stelle mit einem ſehr herz - lichen Generaldank begnüge.
Genf, im Juni 1953Eduard Berend
Gutes, hebendes, mildes, entwölktes Neujahr!
Das im Umſchlag eingeſchloßne Finanzliche lies, um mir einen Rath zu geben.
Das Übrige lies nach der Lagen-Reihe. Es wird dich erſchüttern wie mich, aber doch weder mehr noch weniger. Froh bin ich, daß ich ſtrengern Rathgebungen für meine Antworten an Mariane nicht gefolgt; zumal da ſogar meine mildern jetzo mir erbärmlich für dieſe nun ſeelige Seele vorkommen, wiewol in meiner unwiſſenden Lage keine andern möglich waren. Übergeh in Müllers geiſtreichem Be - richte bei dem erſten Leſen die oft pedantiſchen philoſophiſchen Ein - ſchaltungen und eile zum großen Charakter.
Ich muß dir und E [manuel] einmal ihre gehefteten Briefe mit meinen eingeſchalteten Briefen wieder zum Leſen geben. Gute Nacht!
Guten Morgen, lieber Emanuel! Ich komme mit Freuden. — Beikommendes Paquet leſen Sie nach Bequemlichkeit. Es wird Sie erſchüttern durch das Gemälde der heiligen einzigen Mariane L [ux].
Guten Morgen, Alter! Irgend ein Beiwort, etwas ornans muß doch vor Gouvernement — denn an dieſes halt ich zu ſchreiben für beſſer — ſtehen. Schreib das Wort mir nur mit Einem Wort.
Ein höchſtpreisliches Generalgou vernement geruhe, ſich eine lang verſchobene Bitte vortragen zu laſſen. Im Jahre 1808 wurde mir von des vorigen Großherzogs und Fürſten Primas Königlicher Ho - heit eine jährliche Penſion von 1000 fl. rh. bewilligt, welche ſpäter auf die Civilliſte angewieſen wurde. Sie wurde lange Zeit alle Monate, dann vierteljährig bezahlt. Das letzte Penſions-Quartal wurde im Jahre 1813 Ende Dezembers von dem höchſtlöblichen Gouvernement berichtigt, und alſo durch die That ſelber die Fort - ſetzung der Penſion im Namen der hohen Verbündeten als Recht anerkannt und verſprochen. In der am 1ten Februar 1814 erlaſſenen Bekanntmachung erklärte ein höchſtpreisliches Generalgouverne - ment im Art. 6: „ Alle Civilpenſionen von 600 fl. und darunter wer - den vollſtändig, die übrigen aber überhaupt zur Hälfte, jedoch nach namlichen in Art. 3 beſtimmten Maaßſtabe, bezahlt. Tauſend Gulden ſind das Maximum, welches vor der Hand auf Penſionen entrichtet wird ꝛc. ꝛc. “ Nach dem Art. 1. wurden alle auf die Civilliſte angewieſene Gehalte, wenn ſie monatlich waren, ſogar ganz zu be - zahlen verſprochen. Noch hab’ ich die Penſion für das Jahr 1814, ungeachtet meiner an Herrn Staatsrath Steitz abgeſandten Anwei - ſungen, weder ganz noch halb bezahlt erhalten.
Einem höchſtpreislichen Generalgouvernement brauche ich keine Gründe für die Gerechtigkeit meiner Bitte vorzutragen, da daſſelbe ſie alle in der angeführten Verordnung ſelber ausgeſprochen hat. Die Belohnung und Aufmunterung, welche der Fürſt Primas den Wiſſenſchaften in einem von Deuſchland lange und mit nachſichtiger Liebe geleſenen Schriftſteller geben wollte, werden die hohen verbün - deten Mächte am wenigſten zurück nehmen, da Sie Wiſſenſchaft wie Gerechtigkeit gleich ſehr beſchirmen und lieben und beide für Deutſch - land mit den Waffen gleichſam zurück erobert haben.
Mit ſolchen Hoffnungen und mit tiefem Reſpekt für ein höchſt - preisliches Generalgouvernement verharrt
Baireuth d. 4 Jenn. 1815unterthänigſt Jean Paul Friedrich Richter Legazionsrath
Guten Morgen, Geliebter! Ich habe geſtern etwas bei Ihnen verloren, was Sie nie verlieren werden, weil Sie es nie gebrauchen werden — meine Brille. Aber das Andenken an den ſprach - und freudenreichen Abend, der immer ſchneller zu fliegen ſchien, je länger er flog, hab’ ich mitgenommen.
Ich thue an Sie eine Frage, die ich Sie für keine Bitte zu halten [er] ſuche (über die 2 Aufſätze im Kriegskalender). 2 Fragen: ob der Abſatz nicht durch dieſen Wiederdruck jetzo leidet, 2) ob Sie ſolche nicht ſelber herausgeben wollen. Im letzten Falle will [ich] eine etwas veränderte Auflage zu liefern verſprechen. Leben Sie wol unter jeder Regierung, und wär’ es die — ſächſiſche.
Guten Morgen, Theuerſter! Ich werde eine Leſebibliothek für Sie allein errichten, um zu etwas zu kommen. Herzlichen Dank da - für! Wenn es nur [nicht] gar zu viel wäre. — Ich dachte daran, daß Jettens Korreſponde [n] tin durchaus nicht den Titan ſelber, ſondern nur deſſen Anhang, die Schilderung eines Menſchenfeinds muß gemeint haben.
Guten Tag, Lieber! Ich habe nun die Antwort von Frankfurt erhalten, die ich gewiß voraus ſah und woran mich nichts wundert als die Schnelle; denn den 4ten ſchrieb ich. — Jetzo iſt wol ein Gang zu Stein der beſte, mit Beilage des Briefs an Alexander.
Soll ich in meine Biographie ſchreiben (und ich ſchreib’ es hier im voraus): nicht einmal der Kongreß erhielt mich, ſondern er nahm1*4mir das Gegebne von den kleinen Fürſten? — Können die verbün - deten Mächte Verſprechungen des Primas blos für die Wiſſenſchaft, zu den gemeinen Penſionen rechnen? — Die Nachwelt wird meinen Namen am leichteſten leſen in meinen Werken. — Sollten die Alliier - ten verſchieden von England bleiben? — Es gibt Punkte, die nicht der Kameralgeiſt entſcheidet, weil er eben öfter Kameralkörper iſt.
Guten Morgen, Freund! Käm’ auch meine Bitte zu ſpät: ſo thu ich ſie doch der bittenden Kinder wegen, die gern auf Ihrem Schlit - ten ſo lange bis zum Rollwenzel hin ſitzen möchten. Um 3½ Uhr wär’ ich raſiert und bereit.
Das Bändchen gäbe 16 Bogen nach Goethe’s Druck; zu 4 Ld’or 1500 Auflage. — Die Wintermonate werden trotz aller typogra - phiſchen und metallnen Hebebäume zu heben ſchwer und ſauer wer - den, da es ſo wenig witzige Erzähler und ſo viele Erzähler-Bühnen gibt. — Jedes Jahr mach’ ich mir ein Paar gute — Feinde, welche für ihre Taſchenbücher etwas haben wollen und nicht bekommen.
Guten Morgen, mein geliebter Emanuel! — Ich nehme alſo Ihre Güte an und ſitze um 3¼ Uhr auf dem Schlitten und dann in Meiersberg. — Wie ſchön iſt Ihr Gedanke „ menſchliches Jehova “!
Hier kehrt endlich der lang verreiſete Don Quixote zurück. Er hat auf Reiſen nicht an Gewand gewonnen; aber bedenken Sie, daß er vorher auch in weiblichen Händen war, die keinen Einband ſchonen als den ihres Körpers. — Haben Sie nicht Novalis Werke und von Tieck etwas anders als den Sternbald? Ich bäte darum.
Ich habe, lieber alter Freund, den 30 Dez. einen langen Brief an Sie nach Wien geſchrieben. Ihr Schweigen droht faſt deſſen5 Nicht-Empfang. Hier ſein abgekürzter Inhalt: ich bat Sie um die ganze Abrechnung des vorigen Jahrs und zugleich für dieſes um 6 Ldor für den Aufſatz im Beobachter, und um 30 L. für die „ ehe - liche Wahlkapitulazion “, damit wir bei der Herbſtblumine rein zu rechnen anfangen können. — Ein ganzes Vierteljahr arbeitete ich blos für Morgenblatt und den Beobachter. — Geld — nur aber kein vorausbezahltes, ſondern vorausverdientes — kann ich jetzo ge - brauchen, da ſeit 1 Jahre meine Primas-Penſion von 1000 fl. ausbleibt. — Der Himmel habe nur verhütet, daß Ihr Schweigen nicht vom Krankenbette befohlen war.
Ihr Jean Paul Fr. Richter
Der Kongreß, der wie eine Pilgerwallfahrt jeden Progreß mit einem Regreß erkauft.
Guten Morgen, Alter! Auf Cotta’s Brief wartete ich, um an Staegemann und Metternich zu ſchreiben, um deſſen innern und äußern Titel ich dich gelegentlich bitte. Dießmal foderte ich ſtark von Cotta; 6 Ld. für die Hamburger 10 □ Seiten und 30 L. für 50 vulkaniſche; er macht ſich aber nichts daraus. — Endlich ſind die 3 Bände von J. v. Müller auch angelangt, meiſtens Briefe, aber weit in die Gegenwart reichende.
Der Graf wird ſchwerlich einen zweiten ſo witzigen Brief bekommen, er müßte denn von Ihnen ſein. Die Schärfe und Schneide wird durch den Glanz derſelben gemildert und alſo gewiß gern verziehen.
Herzlichſter! — Hier alles zurück. — Die Voigt findet jedes und ich auch heute trefflich getroffen. — Arme Goldſchmidt! — Entweder6 ein Zögling oder noch gewiſſer die Magd iſt wenigſtens Helfershelfer. Daß eine Magd weinen, ſchreien, die Hände ringen, ſich verfluchen und vermeſſen und doch den Wein geſtohlen haben kann, erfuhr ich auf der Dürschnitz und bei Fischer. — Dank für Geſtern und die Hoffnung des Heute.
Guten Morgen, Alter! Ich folge dir doch und ſchreibe übermorgen nach Endigung der Herbſtblumine über den Nachdruck; aber nicht in langer philoſophiſcher, oder gar ironiſcher Dedukzion, ſondern in kurzen ernſten Stechgedanken, wovon ich vorgeſtern an 40 hinge - worfen. Du ſchriebſt mir von einigen datis, die du mir dare könnteſt.
Guten Morgen, Alter! Ich danke dir für das Büchelchen, das ich nur wieder las, damit ich nicht aus Vergeßlichkeit etwas daraus ſtähle. Ich halt’ es gar nicht für geiſtlos; nur ſollt’ es entweder beredter oder für hohe Häupter kürzer und franzöſiſcher geſchrieben ſein. — Ich misverſtand deine „ data “. Deinen Aufſatz über Nach - druck, den ich daher erſt nach meinem gebrauchen kann, weil ich ſonſt nach — ſchreiben müßte, übereile alſo nicht, ſondern arbeit ihn für den Druck aus. Meiner ſoll blos popular ſein.
Mein guter Emanuel! Über alles — und über das mich ent - zückende und rührende Bild O [tto] ’s, eine Mumie bei Lebzeit — und über den Münchner Brief übermorgen — — Bis dahin hab ich mit der Abſendung des 2ten Theils meiner Blumine ſehr zu arbeiten.
Ich kann dir nicht ſagen, lieber Otto, was ich geſtern für eine Freude der Rührung gehabt, da ich dein Meiſterbild bekommen und7 dich endlich einmal in meiner Stube geſehen. Nur weniges iſt ver - fehlt und verquollen, verflüchtigt oder vergißt ſich aber wieder bei längerem Anſehen. — Wenn er mich nur zum Theil ſo trift: ſo ſchick’ ich mich meinem Käſe-Mäzen in der Schweiz. — Kannſt du mir nicht von meinem Anti-Mäzen Kr [ause] die Schrift über den Nachdruck verſchaffen? Ich will mich recht zwingen, daß das Auf - ſätzchen eines wird und kein Büchelchen.
Ich hatte dich nicht verſtanden und das Bild an Emanuel ge - ſchickt auf eine Minute, der es nachher zurück ſchickte und dann auf ſeine Bitte wieder bekam von mir, mit der Anweiſung, es an dich zu ſchicken, da du mir in deinem Billet die Freiheit ließeſt. Du haſt um 12 Uhr 50 Minuten ſtärker geſchrieben als ich ſonſt ſchreibe, nämlich an Freunde. Irrthum, aber nicht Unrecht iſt bei mir möglich.
Herzlich gerne; ich bin dir ohnehin vielen Dank für deine ſo wich - tigen Anmerkungen ſchuldig, die ich ohne große Verſchiebungen benützen konnte. Nur komm’ Er nicht heute; nicht vor drei; aber Morgen etwa ſitz ich ihm.
Hier folgt der 2te Theil der Herbſtblumine, den H. D. Cotta für die O [ſter] M [eſſe] 1815 zu drucken verſprach, wenn ſie anders jetzo nicht zu ſpät anlangt. Antwort von ihm bekam ich gerade einen Tag ſpäter, als ich an Sie geſchrieben hatte. Wahrſcheinlich wird jetzo die Anweiſung auf Frankfurt, die er mir verſprochen, auf dem Wege ſein.
Da in meiner Rechtſchreibung kein y bei deutſchen Wörtern gilt: ſo wird der Setzer fremde Falſchſchreibung wie z. B. bey von ſelber berichtigen.
Jean Paul Fr. Richter
Mitten in der erhabnen Zeit, da Euere Kaiſerliche Majeſtät der Schiedsrichter Europas ſind, wie vorher der Befreier deſſelben, und Sie aus dem Schutzgeiſte des Siegs der Schutzgott des Friedens werden, tritt eine kleine Angelegenheit vor Ihren Thron.
Doch wie dem Geiſte nichts zu groß iſt, ſo iſt der Güte nichts zu klein.
Über fünf und zwanzig Jahre lange hatt’ ich als Schriftſteller für die Muſen und die Philoſophie gearbeitet, als mir ein einziger deut - ſcher Fürſt, der vormalige Großherzog von Frankfurt, im Jahr 1808 eine jährliche Penſion von 1000 fl. bewilligte, um den Arm - gebornen zu unterſtützen, deſſen Körper blos von ſeinem Geiſte lebte.
Nach der ſegenreichen Beſetzung des Großherzogthums wurde mir von 1814 an die Fortſetzung der Penſion vom Generalgouvernement verweigert bis auf höhere Entſcheidung.
Werden die hohen Verbündeten, welche für deutſche Freiheit und deutſche Wiſſenſchaft zugleich gekämpft, die fürſtliche Unterſtützung eines Schriftſtellers zurück zu nehmen gebieten, welcher zu einer Zeit für europäiſche Freiheit geſchrieben, wo er ſeine eigne einem Davoust bloßſtellte?
Ich wende mich hier an das Herz Alexanders, da die wolwollende Vorſehung gerade im Jahrhunderte des Egoiſmus die Menſchen - liebe auf den höchſten Thron Europas geſetzt.
Ich wende mich hier an Seinen Geiſt, der Geiſter beſchützt und welcher, da er kein anderes großes Reich mehr zu vergrößern hat, als das größte gränzenloſe, das der Wiſſenſchaften, dem Norden auch geiſtig-längſte Tage zu den geographiſchen geben will.
Möge der Herrſcher, deſſen Zepter dem Magnete ähnlich iſt, welcher zugleich liebend anzieht und lehrend die Gegenden des Him - mels zeigt, die Kühnheit der Hoffnungen verzeihen, zu welchen Er Individuen wie Länder erhebt!
Genießen Euere Majeſtät lange die einzige dauerhafte Univerſal - monarchie, die durch Liebe — nachdem Sie die haſſende und gehaßte9 geſtürzt — und lange weine die Freude vor Ihnen und erſt ſpät die Trauer um Sie!
Baireuth d. 9 Febr. 1815.Euerer Kaiſerlichen Majeſtät allerunterthänigſter Jean Paul Friedr. Richter
Es iſt kühn, aber nicht zu kühn, vor Ew. D [urchlaucht], während Sie die Wage halten, worin ganzen Ländern Glück und Zukunft zugewogen wird, die kleine Angelegenheit eines Einzelnen zu bringen. Wie dem Geiſte nichts zu groß iſt, ſo iſt der Güte nichts zu klein.
An die Ihrige richtet ſich meine Bitte und Hoffnung.
Im Jahre 1808 erhielt ich nach einem faſt dreißigjährigen Schriftſtelleramte die erſte und letzte Aufmunterung von einem Fürſten, nämlich eine Penſion von 1000 fl. jährlich, von des vorigen Frankfurtiſchen Großherzogs königlicher Hoheit.
Noch das letzte Quartal des Jahrs 1813 nach der Beglückung Deutſchlands wurde bezahlt; darauf aber wurde die weitere Bezah - lung von dem höchſtpreislichen Generalgouvernement bis auf höhere Entſcheidung verweigert.
An dieſe höhere Entſcheidung wend’ ich mich hier bittend und hoffend. Euer Durchlaucht werden, als Günſtling der Muſen, gewiß auch deren Gönner bleiben; und der geiſtige Nepotiſmus, wenn Sie am meiſten befördern, was Ihrem Geiſte am nächſten anverwandt iſt, nämlich die Wiſſenſchaft, iſt die ſchönſte Partei - lichkeit, welche ein ſo großer Staatsmann wie Euer Durchlaucht zeigt.
Die hohen Verbündeten, welche eben ſo wol für deutſche Wiſſen - ſchaft als für deutſche Freiheit und zugleich für Parnaß und Thronen geſtritten, werden gewiß die Unterſtützung eines Schriftſtellers, der auch in den gefährlichſten Zeiten immer nur für Deutſche geſchrieben zurückzunehmen und aufzuheben nicht gebieten.
Möge die Güte E [uer] D [urchlaucht] es verzeihen, daß ich ein Auge, das jetzo nur auf der großen Länderkarte ruht und mißt, auf das kaum ſichtbare Pünktchen einer Einſiedelei zu leiten gewagt!
10Empfangen Sie hier den Ausdruck der tiefen Verehrung, womit ich bin
Jean Paul Fr. Richter
Guten Abend, Alter! Endlich hab ich die 2 Briefe fertig; du ſollſt ſie mehr loben als tadeln, weil [ich ſie] aus Ekel an der Sache und an der nöthigen Schönſchreiberei unmöglich wieder abſchreiben kann. In dem verkürzten an den Kaiſer ſagt ich nichts von ſeinem vorausgegangnen Zwilling; denn hatt’ er ihn bekommen, ſo iſt das Schweigen auch eine Bitte; und aus andern Gründen. An Stein ſchrieb ich [nicht] aus obigem Ekel; auch weil ich ſonſt an Harden - berg, mit [dem] er etwa darüber ſpräche, ſchmieren müßte. Wenn nur Metternich ſeinen Brief und den kaiſerlichen nicht vergleicht, weil derſelbe locus communis in beiden vorkommt. Die Variante der Jahre iſt blos ein Euphemiſmus der Kürze und des Klangs; die Wahrheit in der Mitte. — Wenn ich alles nur morgen wieder habe. — Moniteur N. 30 wird dir wegen Bign ons Auszug wichtig ſein. — Du haſt noch zweierlei franzöſiſche Zeitungen von mir.
Ich dank’ Ihnen, werthgeſchätzter und vielgeplagter Freund, für die den 4ten d. erhaltenen 600 fl. — Den 3ten d. ging der zweite Theil der Herbſtblumine fertig nach Stuttgart ab. Gott und Sie geben, daß er noch zur O [ſter] M [eſſe] erſcheint.
Ich wollte noch die 2 erzählenden Aufſätze aus dem Göschenschen Kriegkalender dazu fügen; aber das Bändchen war ohne dieſe dick genug. Göſchen überläßt ſie mir — will aber für ſeine kahlen Winter - monate künftig einen Aufſatz —; ich kann ſie alſo in der Michaelis M [eſſe] mit neuen politiſchen, ernſten Noten vermehrt, als ein 14, oder 16 Bogen ſtarkes Bändchen beſonders drucken laſſen; und biete ſie Ihnen hier zum Verlage an. —
Ich habe mich doch zu einem kleinen Aufſatze gegen den Nach - druck für das Morgenblatt entſchloſſen, aber zu einem ernſten, weil die Ironie in deutſchen Köpfen leicht ihr eignes Ziel umrennt.
11Leider zu Ihrem Porto-Schaden, den ich gern vergüten möchte, folgen dieſe Inlagen, welche niemand ſo gut als Sie an die Behör - den*)Die rußiſche iſt mir die wichtigſte und Ihnen vielleicht die unzu - gänglichſte. zu bringen vermag. Sie betreffen meine Penſion. An Har - denberg ſchrieb ich nicht, erſtlich weil ich mich auf den vortrefflichen Staegemann verlaſſe, zweitens weil ich von ſeinem König ſchon im Jahr 1801 und dann 1810 die verſprechende Kabinetunterſchrift einer Präbende erhalten.
Grüßen Sie mir herzlich dieſen unſichtbaren Schutzgeiſt meiner Sache. Ich möchte wiſſen, ob er und der treffliche Vaterlanddichter deſſelben Namens Eine Perſon ſind; was mich jedoch der Werth ſeiner Briefe und die Schilderungen ſeiner Bekannten hoffen laſſen. Durch Schlegel hab’ ich im vorigen Jahr an ihn ein Briefchen geſandt.
Ihr deutſcher Beobachter hat ſogar das Verdienſt eines Muſter - deutſch, obwol den Fehler Ihrer Freigebigkeit, nämlich, wie das Morgenblatt, ſo gar viel auf einem Bogen.
Es geh’ Ihnen wol unter Ihren Mühlrädern und Mühlgängen von Arbeiten!
Jean Paul Fr. Richter
Guten Morgen, mein alter lieber Emanuel! Was machen Sie? C [aroline] ſagt mir, Sie hätten Katarrh, den auch die jetzige Wech - ſelwitterung leicht voraus ſchickt dem erſehnten Frühling. — Ich weiß nicht, ob Sie dieſe Briefe ſchon von Otto gehabt. — Der über meinen Vater erfreuet mich am meiſten. In meiner Lebenbeſchrei - bung ſind nur die Stellen über meine Eltern mir die liebſten. Denn ich bin faſt wie Sie.
Guten Morgen, Alter! Lies doch Spaßes halber den guten Aufſatz über den Nachdruck, den ich heute gefunden. — Die Sache der Regemann bleibe blos bei dir.
Verehrteſter Freund! Nicht blos mir, auch einer Freundin zu Gefallen ſchreib’ ich dieſes Blättchen. Fr. v. Regemann wünſcht, daß ich Ihnen bezeuge, daß ſie in ihrem heutigen Briefe die Sache gerade ſo erzählt habe wie ſie mir ſolche vor 1½ Jahren vorgetragen. Auch damals überzeugte ſie mich, daß nicht Eigennutz, ſondern falſche Berechnung und Großmuth ſie ſo unangenehm verwickelt habe. Ihr wird hier nur der Vorwurf der Liberalität und Großmuth gemacht; es gehören aber mehre Tugenden dazu einen ſolchen Vorwurf zu verdienen als zu vermeiden. Am weheſten that ihrem Ehr - und Verwandten-Gefühl, daß nicht Ihre Hand geſchrieben. — Und jetzo hab’ ich mein Verſprechen gehalten; und ſtelle vertrauend den Erfolg Ihrem edeln Gemüthe anheim.
— Neulich hatt’ ich die Freude, 1½ Stunden lang von Ihnen mit Fr. v. Knebel zu reden. Aber wann werd’ ich das größere haben, mit Ihnen zu ſprechen? Gibt es denn keinen Sommer und keinen Wagen mehr, der Sie hieher brächte? — Wär’ ich bei Ihnen, ſo würd ich Sie — wie ich bei Thümmel gethan — aus Ihrem äſthe - tiſch-genießenden Farniente wecken und zur Sammlung Ihrer Werke ſtimmen oder quälen, damit unſer Goetz-Properz nicht ſpäter in die Hände und ſineſiſchen Fingernägel eines Ramlers falle. Denn geſammelt werden Ihre Gedichte doch einmal.
Seit vielen Jahren arbeit ich am Plane zu einem großen komiſchen Werke, verſplittere mich aber immer in die verdammten Zeitſchrift - Stücke. Ich habe ſo viel zu ſchreiben und habe noch ſo wenig zu leben; geht’s ſo fort: ſo fahr’ ich aus der Welt und habe nichts darin geſagt.
Leben Sie wol, mein alter werther Freund! Ihr Leben bleibe immer ein ſüdliches Land, wo man Winter und Sommer wenig unterſcheiden kann. Ich grüße die Ihrigen.
Ihr Jean Paul Fr. Richter
Göthe und Einſiedel ſeien gegrüßt. Hier iſt meine ganze Drei - einigkeit Ihrer Gegend genannt.
Guten Morgen, Alter! Magſt du dieſes Schriftchen, im anſtän - digſten Tone geſchrieben, bis morgen durchleſen? Der preußiſcht Generaladjutant Bursky — ganz mit Orden bedeckt, ſogar dem Annaorden — brachte mirs geſtern. — Müllers Geſchichte hat Wagner nicht von dir, denn ſie iſt in der Kanzleibibliothek; ich auch nicht mehr; vielleicht aber Krause.
Guten Morgen, Emanuel! Leider will das Schickſal, daß Sie auf keine Art zweimal da ſein ſollen, da es bei andern Leuten, wo einmal zu viel iſt, gar nicht aufhört. Sogar die Kinder ergriff die Unähnlichkeit. Max: der Mund iſt gar nicht da. — Caroline: alles Liebende fehlt — und ich: alles Kräftige. — Mich und Sie nahm er ſehr bei der Naſe, doch Sie am meiſten. — Die Saale wird vor dem 1. März flüßig; aber kann das Schrön wiſſen? Gibt es ſo viele Wetterpropheten? In ganz Hof nur einen, als ich da war. — Und dieſes Abderitendekret müſſen Sie doch bezahlen? — Ein preu - ßiſcher Generaladjutant v. Bursky — mit Orden, eiſernen und edel - ſteinernen beſetzt — gab mir ein treffliches Werkchen: Preußens Recht gegen den ſächſiſchen Hof, vom Staatsrath Niebuhr. Ich kenne nichts Schöneres über Preußen. Es iſt nur 100 Seiten ſtark. Leider iſts mit ihm abgereiſet.
Das Zerrbild — — „ wie der gemalte Saufbruder auf dem Markte ſiehts aus “ſagt die Magd. Das ganze Haushalten iſt über die Ungleichheit eins. Schreiben Sie — der Folgen in der Zukunft wegen — irgend einen falſchen Namen auf den Rücken. Ich bedau - ere nur Sie. — Sie gar zu Guter! wie leicht machen Sie eine ge - gebne Freude zu einer wiedergegebnen — Wär’ es nur überall ſo leicht, froh zu machen und zu ſein als bei Ihnen. — Geſtern war unſer Otto einmal bei mir und ſehr vergnügt.
14Renz findet das Bild ähnlich, aber alle Theile verzeichnet, aus - genommen das Auge.
Wie thut es mir wehe, mein theuerer Emanuel, daß Sie ſich eines Theils mit fremder Schwäche, andern Theils mit fremder Schlechtigkeit beſudeln müßen! — Daß Sie Recht haben, weiß ich wol, aber nicht wie. — Der elende M ...
Guten Abend, Alter! Wahrſcheinlich gab deine Magd aus Einfalt der meinigen den Anzeiger. — In der allg. Zeitung ſteht ein Bericht voll Hoffnung über den Buchhändler - und Nachdruckerkrieg; auch die Erzählung der neuen Spitzbübereien und Konvulſionen der letzten. Die Sache ſteht gut.
Guten Morgen, Guter! Geſtern erſt bekam ich den herzigen Müller vom Buchbinder. Ich will ihn rückwärts leſen und bitte dich alſo um den 18ten Band zuerſt.
Hier, Alter, das verflucht lange Ding! — Erſt am Montage abends gehts ab. Leider kreuz ich um deine Staaten ſehr nahe herum und fürchte dein Schießen. Aber andere Verbeſſerungen als weg - ſtreichende kann ich nicht annehmen. Leider war Wiedergeſagtes gar nicht zu umgehen. — Schicke mir durch den Expreſſen ſogleich deine Arbeit. — Hundertmal fehlte mir der juriſtiſche Terminus; aber leider hab ich mein juriſtiſches Minimum längſt ausgeſchwitzt. — Zwei Zeitungnummern waren bisher bei Emanuel eingeſperrt; daher ſo viele aufeinmal.
Schreibfehler beſſere lieber gleich als daß du dir die längere Mühe der Anzeige machſt.
Ich werde Ihre Poſt-Hoffnung ſo oft getäuſcht haben, bis Sie endlich dann keine mehr hatten, da ſie erfüllt wurde. So wenig Zeit mir zu Briefen bleibt, ſo gewinnt mir doch die Erinnerung an meine einſamen Jünglingjahre Briefe an Jünglinge ab, welche durch ihre innere Aufmunterung äußere verdienen wie Sie.
Dichtend nehmen Sie die Welt in ſich auf; nur aber gehört noch dazu, daß Sie ſie dichtend aus ſich herausſtellen.
Am meiſten — um mit der Sonnenſeite anzufangen — gelangen Ihnen die Elegien und Epigramme, worunter ich die Elegie Seite 222 am höchſten auszeichne, dann auch die Seite 230 bis 232, 238 und 239; — darauf die Romanzen und Balladen, worunter die auf S. 187 die trefflichſte, dann S. 202 und „ die Nachtfahrt “S. 171, — Schwächer ſind die Lieder; doch iſt „ der Bergmann “, Seite 106, kräftig, dann Seite 21, 116, 109, 6, 123, 96 (letztes nach einigen Verkürzungen).
Einem Briefe und meinem Zeitmangel iſt keine motivierte Kritik möglich. Kürzen Sie künftig Ihre Lieder mehr ab — denn ein ewiges iſt Proſe — ringen Sie bei Ihrer Korrektheit, bei Ihrem dichteriſchen Sinne und Ihrer Verskunſt nach noch größerer Ge - danken - und Bilderfülle — und ahmen Sie nicht Einem nach (Göthe), ſondern allen großen Dichtern, weil eine allſeitige Nachahmung alles Schönen zur Selberſtändigkeit reift — und leben Sie dadurch für die Dichtkunſt, daß Sie auch für das Leben leben und für die Wiſſenſchaften, welche beide die unſcheinbaren, bedeckten, ſchweren Wurzeln der leichten bunten Blüten der Dichtkunſt ſind; ſo wird das Schickſal künftig Ihre Dichtkunſt eben ſo belohnen, wie jetzo Sie der Genuß derſelben.
Dieß ſind meine herzlichſten Wünſche für Sie und Ihr Leben!
Ihr Jean Paul Fr. Richter
Hier, mein guter Cotta, ſchon wieder etwas für das Morgenblatt. Man wird doch nicht den Angriff des Nachdrucks in St-t für einen16 Angriff der Privilegien halten? Ich bitte Sie, mir dafür ein und zwanzig Louisdor gut zu ſchreiben.
Den Aufſchub der Herbstblumine hatt’ ich vorausſetzen müßen. Herzlichen Dank für Ihre gütige Beſorgung meiner Briefe. Deſto mehr ſchmerzt das Porto mich, das ich und der Zufall Ihnen aufge - laden. Aber in Wien hatt’ ich keinen zugleich ſo gewandten und ſo hinauflangenden Freund wie Sie. — Leben Sie froh!
Ihr Jean Paul Fr. Richter
Immer mach’ ich Sie zum negativen Mitarbeiter meiner Mſpte. Ich bitte Sie auf der erſten Seite meiner Vorrede zur Herbſt - blumine den Satz: „ Schriftſteller ſind hierin ſehr zu empfehlen ꝛc. ꝛc. — „ als meine Lage. “auszuſtreichen. Ein edler Menſch könnte durch Auslegungen unedler Menſchen dadurch gekränkt werden.
Zweitens bitte ich Sie für einen Freund, dem N. 50, 51 und 52 des Morgenblatts verbrannt wurde, dieſe den hieſigen Poſtliefe - rungen wieder beizulegen und mir den Betrag zu berechnen.
Du alter guter Hans! Du denkſt ſo früh an mich. Dieſe Vigilien ſind mir wie alle des Lebens, faſt lieber als der Feſttag. — Habe herzlichen Dank! — Das Andenken deines Bruders macht mir mehr Freude als er denkt. — Ich werd’ ihm einmal, da ich doch noch einmal früher nach Hof als in den Himmel komme, recht danken, und danke du ihm voraus.
Guten Morgen, mein Geliebter! Meine eigentlich ſchönſte Minute war (mit der häuslichen) geſtern bei Ihnen. Ich ſah Sie den ganzen Tag und am meiſten im blauen Himmel, der mir recht zu Hülfe kam. Dank für das Viel zu Viele was Sie geben, Körper - liches und Geiſtiges.
Verehrteſter H. Oberkirchenrath! Sie haben meine Briefe eigentlich weniger mir als denen zu verzeihen, die mich durch ihre Wünſche und Hoffnungen dazu bereden. Im gegenwärtigen bin ich blos ein Zeuge deſſen mehr, was Ihnen das Rektorat wird vorge - tragen haben; die Bitte und Ihre Erfüllung derſelben kommen dann von ſelber. Leider iſts wahr und außer dem Gymnaſium noch mehr anerkannt als in ihm, daß wenn man ihm den jetzigen spiritus rector — welches nicht der Rektor Degen, ſondern Wagner iſt — nähme, es zerfallen müßte. Sie können ihm aber durch die Beſetzung des Mittelgymnaſiums neue Wurzeln geben. Es iſt durchaus ein kräftiger mit klaſſiſchem Geiſte ausgerüſteter Mann eilig noth - wendig, der den Oberklaſſen reife Lehrlinge zuſchickt; ja ſogar einer von einigem literariſchen Rufe, der nach Außen auf das Vertrauen der Eltern wirkt. Wenn das Rektorat ſo eifrig einen berühmten Mitlehrer wünſcht: ſo ſetzt dieſer Wunſch zum wenigſten nicht Neid und Eigennutz voraus. Die Zukunft der Schule ruht nun in Ihrer Hand; und ich hoffe, dieſe wird als handelnde ſo ſegenreich für die Wiſſenſchaften eingreifen als ſie es längſt als ſchreibende gethan.
— Grüßen Sie unſern Jacobi. Leider könnt’ er für mich eben ſo gut in Elyſium ſein, ſo wenig hör’ ich, ſeh’ ich, bekomm’ ich von ihm; denn nicht einmal ſein verſprochner zweiter Theil iſt erſchienen.
Leben Sie wol in der ſtürmiſchen Tag - und Nachtgleiche, wo zu Oſtern in Frankreich nicht Chriſtus auferſtanden iſt, ſondern der unbußfertige Schächer! — Mit innigſter Hochachtung
Ihr ergebenſter Jean Paul Fr. Richter
Mein guter Emanuel! Schön iſt jedes Wort Ihres Briefs, zu - mal da jedes ein Stück Ihres Lebens iſt. Das einzige Mittel, die Erde zu genießen, iſt ſie zu überbieten.
Meine geſtrige Beſtürzung hat ſich in klare ja tröſtende Anſicht aufgelöſet; 1) daß der Moniteur jetzo wieder nur große Lügen und kleine Wahrheiten ſagt und b) daß die andern Marſchälle hinter2 Jean Paul Briefe. VII. 18ihm gar nicht als abfallende erwähnt ſind und c) daß wie in der Revoluzion, Norddepart [ements] noch königlich bleiben.
Am 13ten März ſchickte ich für das Morgenblatt eine Abhandlung gegen den Nachdruck ein. Da ich gleichwol nichts von ihr in jenem gedruckt finde: ſo bitte ich Sie — da H. D. Cotta wahrſcheinlich jetzo in Leipzig iſt — mir einige Nachricht über das Schickſal des Auf - ſatzes zu geben oder H. D. Cotta dazu zu veranlaßen.
Ihr ergebner Jean Paul Fr. Richter
Guten Morgen, Alter! Hier ein kurzer Spaß für das Morgen - blatt! — Wie erbärmlich werden mir alle Rezenſionen, wenn man den Namen erräth! Kr [ause] hat überall das rechte Rezenſenten - Air, das recht viel verſpricht und fodert. Er turniert auch in der Halliſchen L [iteratur] Z [eitung] und hat eben den Verfaſſer der Divinität mehre Bogen hindurch geärgert, der ihn wieder auf einigen zu ärgern geſonnen iſt. — Auch die Bonapart [iſten] letzen mich jetzo, weil ſie unter zwei widerſprechenden Lügen eine aufopfern müßen, nämlich zwiſchen der Zahl der Royaliſten und zwiſchen der eignen Tapferkeit.
Guten Morgen, mein Emanuel! Nach Niethammers Brief hat alſo der Pfarrer Weiß erhalten, und was? — Könnt ich nicht in die - ſem Blütenwetter auch etwas erhalten, nämlich einen Sitz in Ihrem Wagen um 3 Uhr für Eremitage? — Wie geht es Ihnen unter dieſem hellen Himmel und auf dieſer ſturmwolkigen Erde?
Guten Morgen, mein lieber Emanuel! Wie gehts Ihnen in der närriſchen Zeit, die immer den Frühling verſpricht und ſtiehlt? —19 Sie wollten die Güte haben — oder haben ſie ſchon gehabt —, die 20 fl. an Kunz in Bamberg bezahlen zu laſſen. Hier ſend’ ich ſie. — Die Unkaiſerin Louise iſt in ein Nonnenkloſter in Ungarn gebracht worden. Wäre ſie nur ein Jahrzehend eher in eines gegangen!
Guten Morgen, mein Emanuel! Ich höre leider, daß Krankſein gerade in Ihre Feſtzeit fällt. Schonen Sie ſich ja in Ihrem Katarrh, da in dieſem Jahre die K [atarrhe] ſo bösartig ſind wie N [apoleon]. — Hier ſchick’ ich zu einiger Erheiterung dieſes Büchlein, wovon Sie nur die Theateranekdoten und die Reiſe wider willen zu leſen haben.
Immer mein alter Geber, der nicht ſatt kriegt, zu geben, wie andere nicht ſatt, zu nehmen. Aber eben von Ihnen, da ich Ihre Freude an fremdem Genuße kenne, nehm ich alles am liebſten an und ſage blos: Gott geb es Ihm in ſchöner Geſtalt wieder.
Gnädige Frau! Gäb’ es keine höhere Pflicht als die der Dank - barkeit, ſo würd’ ich Ihren Wunſch mit Freuden erfüllen. Aber Wahrhaftigkeit iſt eine noch höhere. Zum erſten male in meinem Leben müßt’ ich gegen eine edle Seele Wärme und Unabſichtlichkeit heucheln, um jene zu einem Mittel meines Ziels zu verbrauchen, gerade gegen eine Seele, der ich ſelber Dank ſchuldig bin. Ich müßte alſo ihr Vertrauen und meinen Namen zur Lockſpeiſe und Schlinge meiner Abſicht misbrauchen. Denken Sie ſich, wie ich vor ihr ſtände, wenn ſie mich erriethe. Sogar das Errathen iſt wahrſcheinlich. Aber auch ohne dieſes, und ſogar, wenn ich durch dieſes Mittel das Un - wahrſcheinliche wirklich durchſetzte, würde ich es nicht thun, weil ich nie auf dieſe Weiſe täuſchen kann und darf. Dazu kommt vollends auf der andern Seite, daß meine Einmengung als die eines entfernten bürgerlichen Privatmannes in eine ſo bedeutende Entſchließung eine2*20wahre unſchickliche Anmaßung, ja Beleidigung ſcheinen müßte, oder eine grobe Predigt, die die bewußte Perſon erſt an ihre Pflichten erinnern wollte. Heb’ ich denn durch meine Worte die Gründe auf, die ſie zu ihrem Zögern beſtimmen?
Wäre vollends Ihr Verdacht über die Urſachen der Zögerung gegründet — wiewol ich andere muthmaße —: ſo hälfe kein Brief und kein Zudringen und Zureden, geſchadet aber könnte damit werden.
Ich bitte Sie daher überhaupt nicht eifrig anzudringen, ſondern lieber — um am Ende nicht das Ganze zu verlieren — Zeit aufzu - opfern, zumal da die Zeit am leichteſten den bewußten Verdacht zer - ſtören kann. Erſtürmen läßt ſich hierin nichts.
Bedenken Sie noch das Schwanken der jetzigen großen Welt - verhältniſſe, welches entſchiedene Entſchlüſſe erſchwert und verſchiebt.
Durch Wenigthun werden Sie vielleicht am meiſten thun, be - ſonders gegen die von Ihnen vermuthete Beſorgnis.
Ich und m [eine] Fr [au] grüßen Sie und alle Ihrige, beſonders die Fr. Gr [äfin] und H. G [eheim] R [ath] v. M [ann]. Leben Sie wol und ſuchen Sie das Erdenglück nicht in Einem Ereignis oder in Einem Menſchen.
Ihr ꝛc.
Der Sicherheit der Ankunft wegen hab’ ich nicht frankiert.
Guten Abend, Alter! Wenn Sie meinen Verlooſungs Spaß leſen wollen: ſo brauch’ ich ihn erſt Montags Vormittags wieder.
Sie waren vorhin nicht zu Hauſe. Eben hab’ ich den Brief an die L — vollendet, der mitkommt.
Guten Morgen, Emanuel! Ich hätte geſtern, da der Lochneri - sche Brief ankam, meinen auf die Poſt geſchickten wieder abholen laſſen können; aber ihr ſollte ihr Recht geſchehen und mir meines. — Im Kalender gefällt mir das Wort Niſan ſehr; es ſollte in jedem Monate ſtehen.
Ihr Schweigen über meinen Aufſatz gegen den Nachdruck war mir faſt lieber als das Schreiben. Denn jenes entſtand durch Ihr Sprechen auf dem Landtag, welches mich, ſogar in den zu kurzen Auszügen in Zeitungen, durch Kraft und Muth und Durchblick erfreuete, zumal da Sie alles, wie einer meiner Freunde ſchreibt, nicht an luftige Theorien ſondern an das alte urkundliche Recht und Beſitzthum anzuſchließen ſcheinen.
Bei dem Aufſatze über den Nachdruck hab’ ich mich nicht „ „ in der Bogenzahl überſchätzt ““, ſondern ich rechnete ſo: nach unſerem ſchon lange beſtehenden Vertrage wird der Druckbogen des Morgenblattes auf Druckbogen des Schmelzle zurückgeführt, von welchen jener etwa 3 oder 3½ enthalten mag und für deren jeden Sie mir 5 Ld. bisher gegeben. Nun machen 12 Quartſeiten einen Schmelzle - Druckbogen; ich glaubte Ihnen alſo in den 40 oder 42 Quartſeiten ungefähr 3½ Druckbogen*)Nach Ihrem Briefe machen dieſe 40 Quartſeiten im Morgenblatte 1 Bogen zu 5 Ld. Kaum die leere Wüſten-Breite eines Launs oder die Fauſt eines franzöſiſchen Überſetzers wäre damit bezahlt, würd’ ich ſagen, wenn überhaupt Sie nicht ſchon längſt anders mit mir gerechnet hätten, und wenn Sie nicht auf Koſten Ihrer Kaſſe und fremder Leſe-Augen den Käufern Geſchenke machten. zu ſchicken, foderte aber ſtatt der bis - herigen 5 L. d’or bei der beſſern Zeit 6 wie für den Damenkalender, zumal da Sie dieſelbe Rechnung bei der „ Wahlkapitulazion “hatten gelten laſſen.
Jetzo aber, da der Aufſatz ſchon gedruckt iſt, überlaſſ’ ichs Ihnen, ihn nach dem Schmelzle’s Konvenzionfuß zu berechnen, oder nach dem neuern. — Den beifolgenden Aufſatz hingegen reduzieren Sie blos auf den gedachten Konvenzionfuß nach unſerem alten Kommer - zientraktat, den ich Ihnen ſchon einmal zur Wiederanſicht zurück - geſchickt, wiewol Sie nichts vergeſſen.
Ich bitte Sie, dieſen Aufſatz recht bald zu geben, weil der Scherz in der nahen Zukunft des 30ten Juny liegt. Auch wär’ es gut, wenn er blos in 2 Hälften getheilt gegeben würde. — Übrigens iſt jetzo meine alte Abneigung gegen das Zeit und Plane freſſende Aus - arbeiten einzelner Aufſätze dermaſſen geſteigert, daß das Morgen -22 blatt, in welchem ich mich bisher zu breit gelagert, in Langem nichts von mir zu beſorgen hat.
Ich bitte Sie mir von Ihrem trefflichen „ Beobachter “, von welchem ich ungeachtet ſeines doppelten Daſeins allhier doch meinen Traum über den 18ten Oktober nicht erhalten kann, dieſen für Geld und gute Worte zu ſchicken.
Sehr dringend erſuch’ ich Sie, mir meine bei Ihrer Ordnung ſo leichte Rechnung über alles Gelieferte (exclusive der Herbſtblumine, welche Sie übrigens früher unter die Preſſe gegeben als Napoleon die Jungfer Europa und die alſo nicht unter die neuen Werke gehören kann, die Sie vor Ende des heiligen Krieges nicht anfangen wollen) zu ſchicken und mir das Wenige, was ich noch bekomme, in einer Anweiſung auf Augsburg oder Frankfurt zu übermachen.
Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Beſorgung meiner Briefe. Jetzo erſt weiß ich, daß unter allen Dichtern, die bisher über unſern Schlachtfeldern ſangen und flogen, Stegemann am höchſten geflogen und geſungen.
Leben Sie wol und ſchreiben Sie bald!
Ihr Jean Paul Fr. Richter
Guten Morgen, Alter, an dieſem Sonnentag! — Sie ſollten alle Teſtamente machen, Ihres ausgenommen; ſo juriſtiſch-beſtimmt iſt auch das Kleinſte vorhergeſehen und feſtgeſetzt. — Deſto weher that mir der Brief an Th [ürheim], ſo wie ein ſolcher unter allen Ihnen am ſchmerzlichſten werden muß. Warum wiederholen Sie immer Exz [ellenz]? Wer es nicht wüßte, hielt’ es für Parodie eines Titelſtolzen.
Guten Tag, lieber Otto! Endlich iſt die Vorrede — abgeſchrieben. Ich will lieber zu 10 eignen Büchern als zu 1 fremden Vorreden machen. Schon Rezenſionen ſind ſchwer; ſolche Vorreden, auch eine Art Rezenſionen aber lobende, darum noch ſchwerer. Es wird23 wenig für und wider dieſe zu ſagen ſein. — Haſt du ſchon den frühern Monat der L [iteratur] Zeitung durch? — Drei Oberoffiziere wurden gehangen, 10 oder 20 Gemeine erſchoſſen, nach Siberien geſchickt der Reſt der wahren Majeſtätverbrecher an Deutſchland. Mein alter Groll gegen die Sachſen ſchwillt durch guten neuen Sauerteig.
Guten Abend, mein guter Emanuel! Mögen Sie geneſen zurück gekommen ſein! — Hier iſt die Vorrede zu Dobenecks „ Volksſagen des Mittelalters “. Ernſtes leſen Sie doch am liebſten, zumal in der ernſten Zeit. Sie können mir ſie übermorgen wiederſchicken. — Napoleon wird immer von 4 Menſchen aufs Pferd gehoben; der Wort - und Bundbrüchige hat auch am Bauche 2 Brüche und hinten noch eine Afterfiſtel. Ich bin ſchon damit zufrieden.
Guten Morgen, mein Theuerer, den ich auch einmal wieder zu ſehen die Freude gehabt! Hier die Vorrede zu den „ Volksſagen aus dem Mittelalter “von Dobeneck.
Dieſer bloße flüchtige Schein des Empfangs bringt noch nicht den Dank für Ihr zartes Geſchenk. Ich hebe ihn dem Wiederſehen auf.
Jean Paul Fr. Richter
Die Kunſt verſchönert nicht nur die Gemeinheit des Lebens ſondern ſogar die Schönheit des Lebens. So macht es die Perlenmuſchel; wirf ein Steinchen in ihre Schaale und es wird eine Perle daraus, oder eine kleine Perle und es wird eine größere.
24@Dieß ſetzt’ ich mir geſtern Abend vor in Ihr Stammbuch zu ſchreiben, als mich Ihr Muſterſpiel und Muſterdichten in der ſchwä - biſchen Bäuerin ins halbe Schwaben — nämlich ins ganze weibliche verliebt machte.
Baireuth d. 30ten Mai 1815Jean Paul Fr. Richter
Guten Morgen, Alter! Ich ſchicke dir hier einen ſchönen Abend in dieſem Buche, eines der beſten ſeit langer Zeit trotz ſeinem Über - ſchwange. Leſet es ſchnell durch, damit ich vom Grafen Münſter den zweiten Theil kann abholen laſſen. Seit geſtern hatten ich und C [aroline] es durch. — Für meine Anweiſung hab ich ſchon Münch, freilich mit einem Verluſt von ½ pc.
Guten Morgen, Alter! Dieſer Band wird dich noch mehr hin - reißen. Wenn ich ihn nur Sonntags wieder habe — und da kaum. — Diſkurſe könnten wir jetzo halten von hier bis Berneck. Könnten wir denn nicht wenigſtens einige abthun in meiner Stube — z. B. heute abends?
Guten Morgen, Alter! Hier kommt unſer alter Thieriot zurück bis aufs kleinſte Läppchen. — Er mag ſich und andere mit ſeinem Stile quälen wie er will: er erfreuet doch. Von ſeiner Naturdich - terin verſteht ſichs ohnehin, die gerade ſo leicht findet als er ſchwer ſucht.
Guten Morgen, Emanuel! 10,000 mal beſſer iſt dieſes Ebenbild als das vorige Unebenbild. Ihr ganzer Ernſt iſt zwar nicht darin,25 aber Ihre ganze Schalkhaftigkeit. Das ſämmtliche Haus findet es ähnlich; nur Odilie (die immer geſünder wird) will an dem Munde vermiſſen. Das Geſicht des Malers verſpricht, daß er jedes andere trifft.
Eben bittet meine Frau, Sie möchten doch zur Vergleichung das Mißbild auf einen Augenblick ablaſſen.
C [aroline] ſchauderte ordentlich zurück vor der zerfloßnen Un - geſtalt. Er greift bei Ihnen, wie bei mir, gleich Raubvögeln die Augen an; ordentlich lebendig zerfaulen und zerfließen läßt er das Geſicht. Ich weiß daher nicht, ob Sie meines in die Schweiz ſchicken ſollen.
Wenn man ſich in Sie verlieben ſoll, ſo muß man beide Gemälde ſehen, weil einem das ähnliche liebenswürdige Ge - ſicht ordentlich zum Mitleid bewegt, daß es zu einer ſolchen Verunſtal - tung gemisbraucht wurde. Alſo thun Sie ſehr wohl es nicht zu zeigen, weil Sie ſonſt das ganze weibliche Geſchlecht unglücklich machen, denn nur Eine kann Sie beſitzen.
Guten Morgen, lieber Emanuel! Der Malers Brief iſt freilich gemein; aber Ihre zarte Empfindlichkeit für Recht und Ehre wird immer ſo beleidigt werden, weil die wenigſten eine ſolche ahnen und wirklich auch bei den meiſten nicht voraus zu ſetzen brauchen. Der Jüdin Brief iſt etwas dumm und unnütz. Vom Schatze aber, deſſen Stelle Sie nicht zu finden ſchreiben, beſitzen Sie ſchon 2 / 3 ſelber in Ihre [n] eignen Kräften; Sie brauchen nur noch das dritte Drittel zu ſuchen.
Guten Morgen, mein Emanuel! Eine faſt ſchmerzhafte Empfin - dung unſerer allgemeinen Flucht über die Erde geben mir ſolche Briefe an Vermeintlich-Lebende, worin noch dazu dieſen Dahin -26 gegangnen von noch lebenden Kranken vorgeſprochen wird. Wie mag erſt der Schreiberin ſelber bei Ihrer Antwort werden! — Was thut es aber, in der Poſtadreſſe gefehlt und Baireuth ſtatt Himmel geſchrieben zu haben! Ich denke, der Brief kommt doch an, und wär’ es mit poste restante.
Guten Tag, lieber Emanuel! Hier der Aufſatz für den Frauen - kalender, den ich erſt Sonntags wieder brauche. Der Kunſtrichter kann nicht halb ſo zufrieden damit ſein als der Menſch; aber ich konnte den Gegenſtand nicht zur Hälfte mit den Flammen und Farben außer mir heraus ſtellen, womit er mir zum erſten mal in mir in Miedels Garten erſchienen.
Mein hochgeſchätzter Freund! Hier erhalten Sie den Aufſatz für den Damenkalender; ferner einen (ſchon vor 4 Wochen fertigen) komiſchen für das Morgenblatt, den ich Sie bei ſeiner Kürze un - zerſchnitten zu geben bitte. Auch folgen mit meinem Danke hier die geliehenen Morgenblätter.
Ich danke Ihnen herzlich für die 607 fl. (vom 20ten Mai), deren Anweiſung ich jedoch, da Sie ſolche nicht in Augsburger Kurrent ausgefertigt, nur mit dem Verluſt von 1 Prozent anbrachte.
Ihr Wunſch in Ihrem letzten vom 20ten Mai „ daß Ihnen bei „ dem Wiederdruck der ſchon nach Schmelzles Maßſtab bezahlten „ Aufſätze in der Blumine ein kleiner Wiedererſatz werde “iſt zwar an ſich ſehr billig, aber er kommt etwas zu ſpät. Denn vor dem Abdrucke des erſten Theils der Blumine wurde er ſchon — antizipiert und erfüllt. Es iſt nämlich zwiſchen uns beiden Hohen Mächten in dem den 27. Jul. 1810 über die Blumine geſchloßnen Vertrage aus - drücklich feſtgeſetzt worden, daß die von Ihnen ſchon einmal be - zahlten Aufſätze nur 3 Ld’or zu erheben hätten, blos die übrigen aber 5 L. Jedoch iſt bei dieſer zweiten Herbſtblumine der geheime Artikel noch nachzutragen, daß nur ſolche Aufſätze des Morgen -27 blattes, welche erſt ſeit dem 11ten Aug. 1809 nach Schmelzle*)bei Überſendung des Aufſatzes über Orient und Occident, worauf Sie mir ſtatt gewünſchten 4 L. ſogar 5 bewilligten. honoriert worden, ſo wie auch die Ihres Damenkalenders das Recht der 3 Ld’or genießen, keinesweges aber die vorhergehenden, wofür ich nur 1½ L. d’or erhalten, oder auch die beiden aus der Urania meiner Schwägerin, wofür ich gar keinen bekommen. —
Aber in welcher Jahrzeit erſcheint denn endlich dieſe Spät - herbſt blumine? Ob ich gleich dieſe Frage ſchon einige mal gethan: ſo ſoll mir doch eine Einzige Antwort genug ſein.
Da die Entſcheidung über meine Penſion ſich wieder in einen neuen Frieden hinein zu verſchieben droht: ſo thäten Sie mir wol mit der Nachricht einen großen Gefallen, wo der edle Stägemann jetzo arbeitet, damit ich ihn über das Schickſal meiner beiden Abgebe - Briefe befrage.
Beiliegende Druckfehler bitten um den zweiten Druck.
Ich bitte Sie noch, daß Sie die Güte haben möchten, mir künftig von jedem Morgenblatte, worin eine Arbeit von mir iſt, Ein Exemplar den Sendungen an die hieſige Harmonie beizulegen, damit ich Freunden, die die ganze Wochenſchrift ſpät bekommen, dienen kann.
Leben Sie ſo wol als jetzo Europa, wenn man 28 Millionen ausnimmt.
Ihr Jean Paul Fr. Richter
Mein geliebteſter Emanuel! Am ſchönſten Tage, wo man einen ſo geliebten theuern Menſchen ans Herz drücken möchte, bleiben Sie unſichtbar und begeben ſich in Ihre Sonnenfinſternis. Und nicht einmal weiß man den Tag recht beſtimmt. — Er iſt aber doch in dieſer Woche dageweſen; — und ſo nimm denn, du von mir innigſt geliebter, innigſt hochgeachteter Menſch, meine heißen Wünſche für dich freudig an und nie fehle deiner himmliſchen Liebe eine Gegenliebe!
Richter
Guten Morgen, mein Emanuel! Hier der alte Göthe mit Dank, der wie die Sonne auch bei Jahren das Feuer nicht verliert. — Wie trifft meine 2 in der doppelten Abdankung und Einziehung und dem 18-Feſte ein!
Sei recht willkommen, Alter! Wenn du nur recht froh geweſen biſt! Und ſchöneres Wetter gehabt hätteſt! — Du ſiehſt die Länge deiner Abweſenheit aus dem Aktenrotul über den dießjährigen großen Weltdualiſmus vom 18ten. — Ich wünſche dich recht bald zu hören. Briefe von dir ſind mir nicht zugekommen, ausgenommen der heutige.
Wie ſoll ich dich nennen, alter guter Schweiger, gegen welchen ich, wenigſtens mit Druck Buchſtaben, der ewige Sprecher bin? Aber jetzo hab’ ich einen Plan, dich zum Sprechen zu zwingen — ich will nämlich ſelber kommen und folglich mit dir reden. Schon ſeit 2 Jahren trag’ ich mich mit dem Entwurfe, nach R [egensburg] zu reiſen und da 1 Monat zu verleben — und zwar ſo, wie ich es früher in Erlangen und Nürnberg gemacht: ich miethe mir nämlich, um ganz frei zu bleiben, ein Zimmerchen mit einem ſchlechten Kanapee und guten Bette und eſſe im Gaſthof und — damit gut. — Nur muß ich vorher von dir wiſſen — alſo wirſt du doch ein Paar Worte früher ſchrift - als mündlich zu ſprechen haben —, ob der Fürſt ꝛc. nicht jetzo die verdammten Badreiſen gemacht, die einem monatlang jedes Reiſen verleiden, Badreiſen ausgenommen. Wär’ es indeß und wären beide nicht zu Hauſe und überhaupt manche bedeutende Menſchen nicht (z. B. die Gräfin Schlitz), welche ich ſo gern öfters zu ſehen wünſche: ſo verſchieb’ ich meine Reiſe bis in den Wein - leſemonat hinein, um den Himmel und die Trauben in der Donau zu beſchauen ... Meine ganze Familie grüßt dich. Sie knoſpet und blüht; ich aber werde leider nichts anders als fett.
Guten Morgen, mein lieber Emanuel! Hier ein Stückchen Kaiſerleben, das Sie bald durchhaben werden. Hätte man vor einem, der ſo leicht zittert, ſelber zittern [ſollen] und ſo wahnſinnig iſt? Ich antworte: eben deßwegen.
Darf ich Sie nicht für den Oestreicher um Ihren Epimenides wieder bitten?
Mein guter Emanuel! Dank für den Foliokuchen, der in die Ebbezeit fiel. Sie halten mich ordentlich kuchenfrei, was mehr iſt als koſtfrei, weil ich hier die Koſt für Geld haben kann. — Meine wichtige Frage bring’ ich ſogleich: kann ich dem Kutſcher Schatz die Zurückbringung meiner Emma anvertrauen?
Guten Morgen, lieber Otto! Ich danke dir recht ſehr. Geſtern Nachmittags las ich alles auf Einem Sitze. Ich lobe ſowol den Hauptgedanken als ſeine Ausformung. Allerdings iſts keine bloße luftige Ironie, ſondern ein wahrhafter Paralleliſmus der europä - iſchen Sündhaftigkeit, der eben zwei Raubbienen mit Einer Klappe trifft. Nur S. 446 und S. 450 geräthſt du aus der anfänglichen Haltung heraus. Auch die beiden andern Aufſätze waren mir will - kommen. — Warum ſteht wieder nicht dein ganzer Name darunter? Freilich freimüthig biſt du ziemlich.
Guten Morgen, Alter! Haſt du meine letzten Briefe noch, oder Emanuel? — Einsiedel, der Nicht-Einsiedler, will durch Hagen ſeinen Aufſatz zurück. — Die Antwort der würtenbergiſchen Land - ſtände auf ihre Vertagung iſt das freieſte ſchönſte Deutſch in dieſem Jahrhundert.
Verehrteſter H. Kirchenrath! Hier ſchick’ ich Ihnen mit dem größten Danke das Inventarium Ihrer reichen Bibliothek zurück, die Sie noch dazu als Doublette beſitzen, einmal auf dem Bret, einmal im Kopfe. — Darf ich Sie um zwei libri rari bitten? In Duodez No 68 Facetiae und No 183 Venus physique.
Mit Verehrung Ihr gehorſamſter J. P. F. Richter
Lieber Bruder aus der jungfrohen Zeit! Wirſt du es übel nehmen, daß ich deiner eleganten Zeitung nichts gebe als was der Zenſorhaſe nicht ins Morgenblatt eingelaſſen? — Haſenöhrchen — ... Das Publikum erkauft ſich die elegante Zeitung ſehr theuer durch die Meßferien ſo ſchöner poetiſcher Kräfte in dir.
Im warmen Klima bezaubert die Schönheit der Vögel; im kalten der Geſang derſelben. Ich kenne aber eine Ehe, welche die Zauber beider Klimas vereinigt.
Baireuth d. 12. Aug. 1815Zum Andenken Jean Paul Fr. Richter
In Paris bekämpfen ſich die Blumen .... aber im Leben ſoll keine Blume der Freude mit der andern ſtreiten ...
Baireuth d. 12. Aug. 1815Jean Paul Fr. Richter
Guten Morgen, Alter! Der Auszug aus dem herrlichen Col - quhoun wird dich wieder zu Auszügen nöthigen; du kannſt ihn aber ganz gelaſſen benützen und behalten. — Sei ſo gut und ſuche mir — bei Gelegenheit — das „ heimliche Klaglied “heraus, das ich irgend einem größern Liebhaber deſſelben als du, muß geliehen haben.
Ich ſchwitze an den baierſchen Bittſchriften. In der an Montgelas iſt wol Erwähnung der 2ten nicht nöthig.
Da die Huld Ew. M [ajeſtät] an allen Lebens-Verhältniſſen Ihrer Unterthanen beglückend Theil nimmt: ſo darf ich auch die meinigen vertrauend vor das landesväterliche Auge zu bringen wagen. Im Jahre 1808 wurde mir von dem vormaligen Fürſten Primas und von Aſchaffenburg eine jährliche Penſion von 1000 fl. rh. aus der Zivilliſte bewilligt, um den armgebornen [Schriftſteller] — nach 25 Jahren ſchriftſtelleriſcher Arbeiten für Religion, Dichtkunſt und Philoſophie — in armmachenden Zeiten zu unterſtützen.
Nach der Abdankung des Großherzogs von Frankfurt wurde mir von dem proviſoriſchen Gouvernement die Penſion blos bis Endes J. 1813 ausgezahlt; und ich mußte ſeitdem die Laſten der Zeit, beſonders des Kriegs allein und ohne andere Hülfe als die geringe tragen, welche der geſunkne Buchhandel geben konnte.
Da nun das Fürſtenthum Aſchaffenburg aus der Hand eines Fürſten, der ſo eifrig die Wiſſenſchaften belohnte, in die Hand eines Königs übergegangen, welcher die Sonne der Wiſſenſchaft und Kunſt über alle ſeine Länder aufgehen läßt: ſo darf ich als einge - borner Unterthan Ew. k [öniglichen] M [ajeſtät] um ſo mehr hoffen und bitten, daß Aller Höchſt-Dieſelben die unterbrochne Unter - ſtützung eines Schriftſtellers allergnädigſt erneuern werden, welcher 30 Jahre lang für die Wiſſenſchaft (ohne eine andere als die ſeit anderthalb Jahren verlorne) arbeitete und welcher für die Tage des nahenden Alters, worin die ſchriftſtelleriſche Fruchtbarkeit abwelkt, die Hand der Güte zum Aufrechtbleiben bedarf. —
32Und dieſe gütige, dieſe mächtige Hand wird ihm ſein Landes Vater reichen. Mit tiefſter Ehrfurcht
Eurer Königlichen Majeſtät allerunterthänigſt-treugehorſamer Jean Paul Fr. Richter
Ew. Ex [zellenz] bitt’ ich um die Gnade, unter der Menge ſo vieler wichtigen Angelegenheiten, welche Ihren Blick erwarten, auch einen flüchtigen auf eine kleine zu werfen. Möcht’ ich meine Bittſchrift ſo kurz machen als eine Antwort auf eine iſt!
Im Jahre 1808 wurde mir vom Fürſten-Primas eine jährliche Penſion von 1000 fl. rh. aus der Zivilliſte bewilligt, um den arm - gebornen Schriftſteller nach 25 Jahren ſchriftſtelleriſcher Arbeiten in armmachenden Zeiten zu unterſtützen.
Nach der Abdankung des Großherzogs von Frankfurt wurde mir die Penſion von dem proviſoriſchen Gouvernement blos bis Ende J. 1813 ausgezahlt; und ich mußte ſeitdem die Laſten der Zeit, beſonders des Kriegs allein und ohne andere Hülfe als die geringe tragen, welche der geſunkene Buchhandel geben konnte.
Nach anderthalb Jahren Verluſt darf ich mir vielleicht aus fol - genden Gründen die kühne Hoffnung und Bitte der wiederkehrenden Unterſtützung durch meinen Landes Vater erlauben.
Ich bin ein gebornes Landes Kind Seiner königlichen M [ajeſtät] aus Wonſiedel gebürtig. Nie hab’ ich, nachdem ich 30 Jahre lang für Religion, Dichtkunſt und Philoſophie mit einiger Zufriedenheit Deutſchlands gearbeitet, von meinem Vaterlande eine Unter - ſtützung erhalten, ſondern blos in ihm die auswärtige und meinen ſchriftſtelleriſchen Erwerb verwandt.
Da nun jetzo das Fürſtenthum, deſſen Fürſt mir die erſte und ein - zige gegönnt, auch ein Theil meines Vaterlandes geworden: ſo hab’ ich vor E [uer] Ex [zellenz], die Sie das Licht - und Sonnenſyſtem der Wiſſenſchaften von den Akademien an bis zu den Landſchulen herab gleichſam als eine geiſtige Milchſtraße heruntergeführt und mit unermüdeter Kraft feſt erhalten, vielleicht meine Hoffnungen mehr vorzutragen als zu entſchuldigen nöthig.
33— So überlaſſ’ ich denn ſchweigend meine Zukunft dem mäch - tigſten und beredteſten Vertreter meiner Sache — dem Auge eines großen Staatsmannes.
Mit ſchuldigſtem tiefſten Reſpekt Ew. Exzellenz Jean Paul Friedrich Richter
Aus Dankenden werden immer wieder Bittende — dieß erfahren Königinnen oft, und Ew. K [önigliche] M [ajeſtät] am meiſten, je öfter Sie dieſe in jene verwandelt; und der, welcher dieſen Fehler der Dankbarkeit hier bemerkt, begeht ihn ſogleich darauf.
Ich habe heute gewagt, Seiner K [öniglichen] Majeſtät die Bitte um die Erneuerung der unterbrochenen Penſion von 1000 fl. rh., welche mir der Fürſt Primas ſo lange gegeben als er Fürſt von Aſchaffenburg war, vorzutragen, und mich als ein eingebornes Landes Kind, das während dreißigjähriger ſchriftſtelleriſcher An - ſtrengungen immer nur außerhalb des Vaterlandes unterſtützt worden, meinem gnädigſten Landes Vater darzuſtellen.
Wenn Güte die warme helle Morgen - und Sonnenſeite des Thrones iſt: ſo ruht der Thron, worauf die gütigſte Gemahlin des gütigſten Gemahles regiert, im vollſten Glanze.
Weiter geb’ ich meiner Bitte und Hoffnung keine Worte mehr. Das Herz meiner Königin kann ſchöner für mich ſprechen als ich ſelber. — —
Möge die ſchöne Seele, welche, wie jener Engel, vor dem Para - dieſe ſteht, aber nicht um, wie er, es zu verſchließen, ſondern um es zu öffnen, nie andere Stunden erleben als ſolche, die ſie belohnen!
Mit tiefſter Ehrfurcht
Ich kann nicht.
Verſe werden bei ſolchen Überreichungen leichter gemacht und erlaubt als Proſa, wozu große Einkleidungen gehören.
(Geburttag) Am heutigen Tag war mir nichts erwünſchter als der Oſtwind, der Bote ſchöner Zeit. Sein [?] Geburttag, das Zei - chen der ſchönen Zukunft. Vierzahl von Leuchtern, der Sie wie bei der Tetralogie des Heid [elberger] Wagners, nichts zu geben brauchen als das Licht.
Guten Morgen, lieber Emanuel! Eh ich noch für das reiche Geſtern gedankt: kommt wieder ein gebendes Heute. Ihr Rieſen - rettig ſieht wie eine Vignette zu meinem dicken ſatiriſchen Roman aus. Wenn Sie nur ſelber jagen könnten, was noch mehr werth iſt als das Wildpret! Noch einmal herzlichen Dank!
Wenn das Räthſel aufgegeben würde: „ wer ſchreibt jährlich 1 Brief im Herbſtäquinokzium “: ſo könnteſt du es errathen; denn der Brief wäre an dich und von mir.
Denn der Fortſchreiber J [ean P [aul] braucht gute Bindlocher Kartoffeln.
Guten Morgen, lieber Otto! Hier das Briefchen von der Lochner mit Queervorſchlägen. Ich zeigte ihr natürlich nur meine Bitt - abſendungen an, um etwa frühere Nachrichten durch ſie zu erhalten; denn ſie und ihre Tochter konnt’ ich natürlich zu nichts beſtellen. — Sogar an Jacobi mag ich nicht ſchreiben, der nie ſehr hülfreich für mich gehandelt. — Geſtern ſtand ich endlich bei der Rollwenzel alles aus, was erbärmlichſte Honorazioren von Langweile geben können — ein Weiß, Wolter, Zehelein, Ehrlicher, Deahna, Heinel der Ältere, Lützenberger und noch einer. — Ich hatte auf dich gehofft;35 jetzo iſts mir deinetwegen lieb. — In der Berlin. Zeitung wird die Fortſetzung deines Aufſatzes über Nachdruck fort gelobt.
Zum Proſit des neuen Jahrs, wozu ich Ihnen heute dieſe Blumen aus Wonsiedel mit dem Briefe der Überſenderin ſchicken wollte, gehört nun auch der Th. sche Brief, wenn er redlich iſt und keinen Aufſchub erſchleichen will. Otto hatte die 2 Briefe noch nicht. Gute Nacht, gutes Jahr.
Guten Morgen, mein Emanuel! Deutſche Blüten bezahlen Sie mit italieniſchen. — Haben Sie nicht Tiecks Werke (nicht den Sternbald) oder Novalis?
Alter! Oeſtreicher, der mir Kannens Umänderung erzählte — ich beneide dieſem ſeine Bekehrung — ſagte, daß ſeine Schweſter das Paquet von ihm an dich, worin auch ein Exemplar ſeiner Leben - beſchreibung an mich liegt, ſchon gebracht oder bringe. Daher ſchick’ ich. — Montgelas Sekretär ſagte vor 3 Wochen zu ihm in Betreff meiner Bittſchrift: „ die Milchſtraſſe (meine Vergleichung des Schulweſens) wird Milch geben “. M. beſtand ſogleich auf Erkundigung-Schreiben nach Aſchaffenburg wegen Zeit und Be - dingung der Penſion. Gute Nacht!
Täglich hofft’ ich auf Briefe und Bücher. Der Meßkatalog verſprach die Herbſtblumine. Gleichwol hab’ ich die ſo nöthigen Aushängebogen nicht erhalten.
Ich bitte Sie, mich recht bald aus meiner Unwiſſenheit zu erlöſen. 3*36Auch erſuche ich Sie, mir eine Anweiſung von 500 fl. auf Frankfurt oder Augsburg (aber in dortigem current) gefällig mitzuſchicken.
Leben Sie wol. Ich grüße die Landſtände.
Ihr Jean Paul Fr. Richter
Guten Morgen, mein guter Emanuel! Ich will Ihnen ſogleich alles ſenden; nur vorher den Brief der Königin leſen.
Vielen Dank Ihnen in allem ſo Beſtimmten. — Die arme Königin! Wie wehe muß es thun, ſich das Wolthun verleidet oder doch erſchwert zu finden.
„ Wie kann doch ein Mann, ſagt’ ich mir oft, deſſen Buchſtaben „ ſeinen Freunden und deſſen Ziffern ſeinen Handelsfreunden und Han - „ delsfeinden ſo wichtig ſind, mit ſo elender grauer Dinte ſchreiben. “ Daher wart’ ich mit einem Glaſe ſchwarzer auf. Mit dieſem Freu - denöl können Sie viele Glückliche machen. — Geſtern am 14ten Oktober, auch ein langer Tag für Deutſche, dacht’ ich oft an — Sie. Ob Sie gleich ihn ertragen, ſo doch ich nicht Ihrentwegen.
Guten Morgen, Lieber! Hier nur einige hergeworfne Titel, deren Kombinazionen du wieder kombinieren magſt. Du kannſt mehr haben. — Ich bitte dich auch um Titel, nämlich um den der Herzogin von Oldenburg, die jetzo den Kaiſer in Frankfurt erwartet. Meine Frau meint, ich könne an ſie, da ich ſie geſprochen, wieder ſchreiben; und es will mir einleuchten. — Geben denn baierſche37 Finanz - und Gnadenkammern ihr Nein blos durch Schweigen zu erkennen? Und wie lange muß ein ſolches Schweigen dauern?
Zeitwinke für Finanzminiſter < - kammern >, beſonders in Rückſicht des Handels und der Geſetze für ihn < von neueſten Thatſachen der Politik und des Handels gegeben > — (Neueſte) Sammlungen für Finanz - und Handelsweſen in wechſelſeitiger Beziehung — Theoretiſche Staatspapiere, oder neueſte Thatſachen (Zeitmagazin) des Finanz - und Handelsweſens —
Sonnenobeliſkus — [gestr. Fee Wünſche] — die Schönheit gibt den Muth, den der hohe Stand nimmt; und der Glanz der Krone wird durch ein ſchönes Antlitz gemildert — Erinnern Sie ſich meiner, ſo vergißt mich der Kaiſer nicht — und über ein ſchönes Angeſicht vergißt man die Krone.
Ich habe ſo oft die Schönheit gemalt, daß Sie parteiiſch für mich ſein ſollten. —
Im Vertrauen auf die Fortdauer der Güte, womit Sie bisher die Zuſendung meiner Werke aufnahmen, ſend’ ich Ihnen mein neueſtes. Wenn es einige Sonnenblicke durch die Wolken der Jahrzeit fallen läßt: ſo bin [ich] belohnt. Der Herbſt verſprach mir die Freude, den Fürſt von Angeſicht zu Angeſicht zu ſehen, den ich ſchon als ein Jüngling liebte und ehrte, eh ich ihm noch einen nähern Dank ſchuldig war als den, den ihm die leſende Welt brachte. Der Herbſt hielt ſein Wort nicht; aber der Frühling ſoll es ſtatt ſeiner erfüllen.
Willkommen, guter Emanuel! Mögen Sie mir etwas von Be - lohnung Ihrer Reiſe ſagen können! — Dieſes Exemplar hat der38 Hund rezenſiert. Ich könnte Ihnen zwar ein unbeflecktes geben, aber es wäre nur eines von ſchlechterem Papier. Der Buchbinder des dritten Bändchens wird ja das zweite ſchon reinigen. — Zum Überfluße ſend ich einen reinen Bogen, damit Sie wählen können.
Guten Morgen, mein Emanuel! Hier iſt das abgeriebene arme Taſchenbuch wieder, dem die innere Einkleidung die äußere nahm.
... Das hieſige Gymnaſium war für den philoſophiſchen Tempel, worin er Sie aufzuſuchen hat, kein Heidenvorhof ſondern ein Vorhof — politiſche Zeit, wo leichter die unwahrſcheinlichen Hoffnungen eintreffen als die wahrſcheinlichen und man leichter Paris gewinnt als Elſaß.
Guten Morgen, mein Emanuel! Nur auf einige Stunden bitt ich um den Damenkalender zum Ausziehen der ſchwarzen Druck - fehler. Dank für Beilage.
Ich danke Ihnen, mein guter Cotta, für die ſo ſchnell geſandten Freiexemplare und die 600 fl. Hier leg’ ich die Honorar-Berechnung der 2ten Herbſtblumine bei. Ich bitte Sie um den noch kleinen, ſehr kleinen Reſt und um das Honorar des Damenkalenders. Man ſpürt es immer, wenn man 1000 fl. jährlich weniger einnimmt, zumal wenn man wie ich, außer der eben gedachten primatiſchen Penſion weiter keine Hülfquelle hat als das Dintenfaß. Da Ihre Ordnung ſo groß iſt wie Ihre Geſchäfte — beide ſind eben correlata — ſo kann es Ihnen nicht ſchwer werden, meine Bitte zu erfüllen, nämlich nachzuſehen, ob 500 Exemplare von der Levana oder 500 von39 der Vorschule abgeſetzt ſind; in welchem Falle ich dann nach unſerer Übereinkunft (vid. meinen Brief vom 22. Dec. 1811 und den andern vom 10. Jul. 1812) für jeden Druckbogen noch 1 Ld’or nachgezahlt erhalte. Verzeihen Sie meine Geld-Vorrechnungen; Sie wiſſen, ich zögere oft Jahre damit.
— Zur Oſtermeſſe wird mich meine Arbeitſamkeit an meinem großen komiſchen Roman ſchwerlich etwas geben laſſen.
Die Druckfehler des Aufſatzes im Damenkalender bitt ich im Morgenblatte anzeigen zu laſſen. Sie zerdrucken und zerdrücken den Sinn zu ſehr. Mit unveränderlicher Liebe und Hochachtung
Ihr J. P. F. Richter
Guten Morgen, mein Emanuel! Für den Haſen dank’ ich recht ſehr; ich feiere an ihm, wenn ich ihn eſſe, ordentlich ein Stückchen eignen Geburttages. — Aber für die andern Geſchenke, die jährlich noch ſtärker wachſen, als die drittelswüchſigen Empfänger ſelber, weiß ich wahrlich keine Dankworte zu finden, zumal wenn ich die Zahl derer bedenke, deren Geburttage wie, ja als jüdiſche Feſte Ihren Kalender durchziehen. So mög’ Ihnen denn der Himmel danken.
Guten Morgen, ewig lange Ungeſehener! Ich will dich daher dieſe Woche ordentlich auf einen Abend bitten. — Schicke mir mit den Briefen etwa abends die Antworten auf meine Fragen: zahlte mir Mohr nicht vielleicht weniger Honorar als ausgemacht war? — Die Levana wurde 1814 gedruckt, die Vorſchule 1813 (von der ich einen ſchönen öſterreichiſchen Nachdruck von 1815 zu 2 fl. geſehen. Alles Meinige wird jetzo dort wieder gedruckt). — Leider hat der mit Geſchäften ringende Cotta mir einen Augſpurg [iſchen] Wechſel in 24 fl. Fuß geſchickt; weißt du etwa jemand, der ihn beſſer annimmt als Enzel? — Den Kameralkorreſpondenten haſt du noch. Halte alle ſolche Erinnerungen nur für Vorbauungen gegen die Magd. — Willſt du das ſtarke Druckfehler-Verzeichnis der Herbſtblumine?
Guten Morgen, mein Emanuel! Endlich leuchtet doch einmal wieder Ihr Fenſternachthimmel. — Wagner hatte mich ſchon für den vorigen Montag um den Damenkalender gebeten zu einer Re - ligionſtunde für ſeine Primaner. Er bittet wieder für den nächſten. Wieder haben können Sie ihn ja allemal.
Guten Tag, Alter! Wagner plagt mich durch Schicken. „ Er habe den Aufſatz ſeinen Schülern auf Morgen verſprochen und ſie freueten ſich darauf und morgen Nachmittags könnt’ ich den Kalender ſogleich wieder haben. “ Alſo, lieber Emanuel, ſchicken Sie mir ihn, auch unvollendet-abgeſchrieben, zumal da ich ihn W. und ſeinen Schülern ſchon am vorigen Montag verſprochen.
Guten Morgen, Alter! Wiegt im beifolgenden Briefe das Ja oder das Nein vor? — H. v. Mann, der geſtern aus Würzburg bei mir war, glaubt ſehr an ein künftiges Ja; und will (ohne mein Bitten) ſelber mit ſchieben helfen. Wie viele Räder, bis endlich der Stunden - zeiger die rechte Stunde zeigt! — Zuletzt laſſ ich meinen Penſion - Briefwechſel drucken, um doch etwas zu ziehen bei dem Verleger.
Guten Morgen, Alter! Willſt du nicht heute um 1 Uhr — denn Nachmittags reiſet v. Oertel ſchon wieder ab, der auch den Georgius ſehen will — mit mir eſſen? — Sei ſo gut und gib dir die alte Mühe und gib mir die Titel von Hardenberg und Schuckmann, bei welchen endlich gebeten werden ſoll.
Guten Morgen, Alter! Willſt du mir die Titel ſchicken? — Willſt du mir nicht aber auch — wenn du vor Kälte ſchreiben kannſt, deren41 Vermehrung erſt morgen aufhört — nicht die Titel des Königs und Thürheims ſchnell hinwerfen, damit deine und meine Plage auf einmal abgethan iſt?
Ein Eimer alten Franzwein. Mein Wein verſiegt als wär’ ich damit in Frankreich. Ich bitte um einen Aufguß von 1 Eimer. ꝛc.
Guten Morgen, mein ſo lange ungeſehener Emanuel! Um nur ein Paar Worte zu Ihnen zu bringen, ſchick ich dieſes Buch und den Brief von Primas. Sind Sie ſo geſund als fleißig?
Hier, mein guter Cotta, folgt der Neujahranfang für das Morgenblatt. Einige Zenſurwunden verträgt der Aufſatz; nur müſſen die Gedankenwegſtriche durch Gedankenſtriche dem Leſer angedeutet werden.
Für die erhaltenen 242 fl. dank’ ich. — Eine Frage aber thu’ ich, die Sie — nach Ihrem gütigen Anerbieten — in eine Bitte ver - wandeln könnten, ob Sie nicht den Abſatz der Levana, dem zu 500 nur noch 60 Expl. fehlen, ſchon für vollſtändig und den 4ten Louisd. für nachzahlbar anſehen möchten, doch ſo, daß ich, im Falle die 60 noch nicht zur Oſtermeſſe würden abgeſetzt ſein, zur Entſchädigung durch Intereſſen oder ſonſt verpflichtet wäre. Die Anweiſungen erbät’ ich mir nach Frankfurt oder Augsburg (in augsburg. Current).
Noch eine, aber leichtere Frage, die blos Wahl unter Titeln betrifft. Ich will nämlich meine beiden luſtigen Erzählungen im Kriegskalender, dann meine ernſten Aufſätze in Schlegels und in Perthes Muſeum und höchſtens noch zwei poetiſche Aufſätze im Morgenblatte zu Einem blos politiſchen Bändchen von 14 oder 16 Bogen ſammeln, mit neuen Anmerkungen vermehrt — alſo zu42 einem Büchlein von 3 Beſtandtheilen, Scherz-Geſchichten, Betrach - tungen und Phantaſien. Soll ich nun daſſelbe — dieß iſt die Frage, die Sie als Buchhändler zu entſcheiden haben — als drittes der Herbſtblumine oder als ein eignes privatiſierendes mit einem Titel geben, der ſeine politiſche Richtung ausſpricht? Ich folge Ihnen.
Ihr lieblicher vorſiebenwöchentlicher Neujahrwunſch iſt freilich nicht in der Zeit einzuholen — vielleicht nicht einmal in der Zahl, wenn Sie mir in dieſem Jahre wieder ſchreiben — aber doch in der Wärme, mit welcher ich meine Wünſche für das Wol eines für die Literatur und mich gleich wichtigen Mannes und Freundes thue. Es geh’ Ihnen gut in der gelehrten Republik und in der landſtändi - ſchen Monarchie!
J. P. F. Richter
Ein Exemplar des abgedruckten Aufſatzes bitt’ ich für mich dem Morgenblatte für die hieſige Harmonie beizulegen.
Guten Morgen, Emanuel! Glückwunſch, Glückwunſch zum ge - bornen Knaben! Ich that einen Freudenſprung. Sagen Sie es Enzel und ihr. Gott ſei Dank, der auch Sie unter dem Winter - ſchnee der Geſchäfte eine Blume finden ließ.
Eure K [önigliche] M [ajeſtät] haben mir auf meine allerunter - thänigſte Bitte, für meine ſeit einigen Jahrzehnden fortdauernden literariſchen Anſtrengungen, deren Ziel und zuweilen deren Lohn höhere ſittliche Bildung war, zuerſt im Jahre 1801 d. 12ten Mai eine Anwartſchaft auf eine Präbende allergnädigſt zu ertheilen, und dann im Jahr 1805 den 18ten März ſolche auf meine erneuerte Bitte zu beſtätigen geruht.
Der Verfluß von 14 Jahren — die vermehrten Bedürfniſſe durch verfallenen Buchhandel und ertragne Kriege — das ununterbrochene Ausarbeiten äſthetiſcher und wiſſenſchaftlicher Werke — und die befeſtigten Hoffnungen und die Huld E [urer] K [öniglichen]43 M [ajeſtät] werden mich entſchuldigen, wenn ich es wage, die Bitte um die allergnädigſte Ertheilung der Präbende bei einem König zu erneuern, welcher Glück und Wiſſenſchaft noch über den glücklichen Kreis ſeiner Länder hinaus zu verbreiten ſucht und vermag u. ſ.w.
Der Glanz, der Sie und das Königreich umgibt, wird doch Ihr gutes Auge nicht hindern, in die dunkle Zeit hineinzuſehen, wo Sie mich gefunden. Auch werden Sie Ihrer gütigen Erinnerung an mich im September 1811, wo Sie mir die leider vom Kriege auf - gehaltene Unterſtützung verſprachen, ſich wieder erinnern. Schon im Jahre 1801 den 11ten Mai gaben Seine Königliche Majeſtät die erſte Verſicherung einer Präbende — und auf meine Bitten, im J [ahre] 1805 den 18ten März die zweite. Seit dieſen 14 Jahren, wo ich 7 Jahr um die Lea und 7 Jahr um die Rahel literariſch ge - dient, darf ich mir leicht Hoffnung auf die Präbende-Rahel machen, da zumal meine beſſern Werke nach dem Verſprechen der königlichen Gnade erſchienen ſind. Ja unter dieſer Zeit hat mir der König durch ſeine Siege eine Präbende ſogar — genommen. Ich verlor nämlich durch die Thron-Abdankung des Fürſten Primas meine auf deſſen Zivilliſte fundierte Penſion von 1000 fl., die erſte und einzige Fürſten - Unterſtützung meines vielſchreibenden und vielbändigen Lebens. Was mir nun zum Fortleben geblieben, iſt blos meine Schreibfeder, die aber in der buchhändleriſchen ecclesia pressa mehr Haarröhrchen als Saftröhre iſt. Ihrer Kraft und Güte übergeb’ ich denn ver - trauend meine Präbenden-Zukunft. Auch vor dem Könige hab’ ich meine Bittſchrift wieder erneuert. Zur vollendeten Geneſung Ihres Körpers, deren Nachricht mir Ihre Fräulein Schweſtern gaben, wünſch’ ich nicht nur Ihnen Glück, auch dem Staate u. ſ.w.
Auf dem großen Wege, wo Ihro D [urchlaucht] Länder retten, vergrößern und beglücken und wo mit Ihrem Glanze zugleich der Glanz eines Königreichs wächſt, wagt doch eine kleine Bittſchrift Ihnen zu begegnen und Sie um einen Blick zu bitten. Seine Ma -44 jeſtät der König haben mir im Jahr 1801 eine Anwartſchaft auf eine Präbende allergnädigſt zu ertheilen, und ſolche im Jahre 1805 auf meine erneuerte Bitte zu beſtätigen geruht, wie beiliegende Abſchriften bezeugen. Heute wagt’ ich es, vor S [ein] e Königliche Majeſtät mit der wiederholten Bittſchrift zu treten. Während des Abfluſſes der 14 Jahre haben weder Verfall des Buchhandels noch Druck der Kriege mich im Baue wiſſenſchaftlicher und äſthetiſcher Werke unterbrochen: eine Hoffnung, welche unter ſo ſchwierigen Verhältniſſen 14 Jahre alt geworden, darf ſich vielleicht ohne Vor - wurf zu großer Jugend dem großen Staatsmann nahen, welcher zugleich der Gönner und der Günſtling der Muſen in ſo ſchönem Grade iſt. Wenn es nicht zu großes Vertrauen auf die verzeihende Geduld Ihrer D [urchlaucht] iſt, ſo füg’ ich noch hinzu, daß ich die einzige fremde Unterſtützung meines blos ſchreibenden Lebens, eine Penſion von 1000 fl. aus der Zivilliſte des Fürſt-Primas, ſeit deſſen Thronentſagung verloren habe; und daß deren Erſatz noch auf die Entſcheidung der hohen Verbündeten wartet, welche zugleich für Gerechtigkeit und Wiſſenſchaft geſtritten. Mög’ es die überflie - ßende Güte eines warmen, auf politiſchen Höhen ſeltnen Herzens verzeihen, daß ich von meiner kleinen Angelegenheit zu einem ganz Europa angehörenden Staatsmanne geſprochen, deſſen, verdunkelte Zeiten durchblickender Geiſt zuerſt den Ariadnens Faden ſpann und reichte, an welchem man den europäiſchen Minotaurus beſiegte, und der jetzo die Ableitungkette europäiſcher Gewitter wurde! —
Mit tiefer Ehrfurcht u. ſ.w.
Guten Morgen, mein Alter! Hätt’ ich Sie doch geſtern geſehen! Nichts erquickt unter der Muſik — beſonders der erhabenen Orgel — ſo ſehr als der Blick in ein Freundes Geſicht. — Iſt Otto’s Geburttag am 9ten oder 10ten? — Woher haben Sie Ihre herrliche Dinte? Ich ſollte denken, von mir.
Guten Morgen, Alter! Ich habe dir nichts zu ſchicken als zum flüchtigen Anſehen des neulichen Zitats aus dem vortrefflichen Aufſatz45 über den Adel. — Abends kommt das Leibregiment des Königs zurück und bleibt bis Dienſtags.
Guten Morgen, Alter! Ihr ſchöner Brief war ſehr nothwendig; wenn er nur eben ſo verſtändlich geweſen iſt! — Doppelte Eheloſig - keit macht, wegen der weiblichen Hoffnungen, jede Freundſchaft recht ſchwer. Leſen Sie doch in meiner zweiten Herbſtblumine den Aufſatz über die Briefe der Lespinasse. — Dank für die recht brave Sulamith.
Das Leben iſt kurz — die Zeit eines Staatsmannes iſt noch kürzer — Bittſchriften ſollten daher am kürzeſten — und meine ſoll die allerkürzeſte ſein. Im September trug ich S [einer] K [öniglichen] M [ajeſtät] die Bitte um die Penſion von 1000 fl. vor, welche ich aus der Zivilliſte des Großherzogs von Frankfurt und Aſchaffenburg 1808 bis 1813 als die einzige fürſtliche Unterſtützung eines blos von der Feder und für die Feder lebenden Lebens empfangen habe. Darf ein Landeskind eine Penſion hoffen, welche aus einer ausländiſchen eine inländiſche durch Aſchaffenburgs Szepter-Wechſel wird? Ew. E [xzellenz] bitt’ ich um nichts als um recht ſtarke Partei - lichkeit oder um geiſtigen Nepotiſmus; denn Sie können keinen größern zeigen als wenn Sie die am meiſten befördern, welche die nächſten Anverwandten Ihres Geiſtes ſind, die Muſen. Möge der eben ſo gelehrte als wolwollende Staatsmann meine Bitte ver - zeihen und unterſtützen und dieſen Briefbogen zu den vielen Druck - bogen geſellen, die Er mit ſo vieler Nachricht geleſen! u. ſ.w.
Wenn Ew. [Exzellenz] meine erſte Bitte verziehen haben: ſo werden Sie auch deren Wiederholung vergeben. Vielleicht hab’ ich mir zu große Hoffnungen ſchuld zu geben, aber von dieſen iſt niemand ſo ſehr Urſache als Ew. [Exzellenz] ſelbſt, da Sie als Mäzen einer46 Akademie und nicht nur vaterländiſcher, auch ausländiſcher Gelehrten die ſchönſten einem Schriftſteller einflößen müſſen, der eben ſo viele Bücher geſchrieben als Jahre gelebt, nämlich 53, und welcher arm - geboren nicht mehr als Eine Feder zu Flug und Decke hat, nämlich die Schreibfeder. Möge die Güte Ew. [Exzellenz] es verzeihen, daß ich ein Auge, das auf der großen Länderkarte eines Königreichs meſſend und ordnend ruht, auf das kaum ſichtbare Pünktchen einer Einſiedelei zu leiten gewagt, um die Entſcheidung zu erfahren, mit welchen Hoffnungen ſich mein Jahr beſchließen ſoll, mit unerfüllten oder mit erfüllten.
Mit ſchuldigſtem Reſpekt
Wie wird ſich mein Emanuel freuen!
Guten Morgen, Alter! Geſtern bekam ich Jacobis Schriften und die Minerva; heute gar die Penſion. Könnteſt du mir auch eine ſolche Freude machen als ich dir hier mache! —
Dießmal muß ich dich noch einmal plagen, nämlich um Machen der Quittungen und überall um nähere Beſtimmungen, zu wem ich zu gehen habe ꝛc. ꝛc. ; es hat aber mehre Tage noch Zeit.
Dieſe Bouteille von meinem beſten ungariſchen Probe-Wein ſollſt du auf das Wol deines frühern Glaubens trinken.
Muß ich Dankſchreiben an König und Montgelas machen?
Leider gingen gerade vorgeſtern die Doppelbitten nach München ab.
Ich werde wol bei Hardenberg und Schuckmann die Erwähnung der Nicht-bezahlten Penſion widerrufen müſſen.
— Quittungen, worunter Sie ſetzen ſollen, daß ich weder ſeelig noch verdammt bin ſondern noch lebe und ſündige.
Ew. [Exzellenz] wiſſen die Furcht zugleich am Stärkſten und am Angenehmſten zu beſchämen und die Wiederholung einer Bitte durch die frühere Erfüllung derſelben zu beſtrafen. Empfangen Sie hier meinen gerührteſten Dank für nicht blos erhörte, ſondern ſogar übertroffene Hoffnungen. Aber am beſten dank’ ich Ihnen, wenn ich Ihnen — ſo weit der Abſtand der Kraft verſtattet — nachahme, nämlich wenn ich das Licht, das Sie durch Akademien und Schulen, durch Vereinigung und Belohnung heller Köpfe in die dunkeln und jungen ſenden, mit meiner kleinen Feder fortpflanzen helfe; das Licht, das, moraliſch wie phyſiſch, das köſtlichſte und kräftigſte Element der Erde bleibt, ohne welches jedes andere Element erſtirbt.
J. P. F. Richter
Ew. K [önigliche] M [ajeſtät] haben mich durch die allergnädigſte Erhörung meiner Bitte um die Wiederherſtellung der Fürſt-prima - tiſchen Penſion mit Dankbarkeit, mit Freude, mit Rührung erfüllt.
Wenn ich ſchon als Bürger des Königreichs die allgemeinen Wol - thaten der Gnade Ew. M [ajeſtät] dankend mit der Menge theile, ſo wird mein Herz noch tiefer durch die beſondere ergriffen, deren Sie mich einzelnen würdigen, und welche für die frühern Arbeiten in der Wiſſenſchaft belohnt und zu den zukünftigen befeuert.
Ein neuer Eifer und Dank widmet daher den Reſt meines Lebens dem huldvollen Landes Vater — dem Vaterlande — der Wiſſenſchaft — und der Welt.
Mit tiefſter Ehrfurcht
So vertrauend die Bitte vor Ew. K [önigliche] M [ajeſtät] tritt, ſo naht ſich Ihnen doch noch zuverſichtlicher der Dank, weil jene Ihr menſchenliebendes Herz oft betrüben, dieſer aber es allezeit48 erfreuen kann. Und meiner allergnädigſten Königin kann ich eine Freude bringen, nämlich den gerührteſten Dank für die huldreichſte Aufnahme und Erhörung meiner Wünſche einer Penſion. — Güte wie Schönheit können nur von ihren Ebenbildern belohnt werden; wo kann aber eine Königin dieſe näher finden als in ihren Kindern? Mögen Ew. [Majeſtät] noch lange und ohne die Trübungen des Zufalls in die verjüngten Spiegel Ihres Glanzes ſchauen.
Aus dem Verzeichnis ſoll er mir wieder mein Bücherſchmuck - käſtchen füllen, damit ich zu Weihnachten ein anderes beſſeres Schwarz auf Weiß ſehe als Koth auf Schnee — Die Brützeit der Kreuzſchnäbel, die jetzo beſſeres Futter haben, iſt meine Leſezeit.
Ihrer Durchlaucht bin ich zu berichten verpflichtet, daß in meiner Bittſchrift vom 5. Dec. l. J. die mit dem Präbendengeſuche nicht un - mittelbar zuſammenhängende Bemerkung über das Ausbleiben des Erſatzes der Fürſtprimatiſchen Penſion, einige Tage nachher zum Glücke ihre Wahrheit verloren hat, indem der König von Baiern die Fortſetzung dieſer Penſion wenigſtens „ bis auf weitere Verfü - gungen “übernommen haben.
Der Güte, der Weisheit, der Gerechtigkeit Ihrer Durchlaucht, — eine Triple-alliance, welcher Europa ſo viele Ausgleichungen des Erſatzes zumuthet und verdankt, — wird dadurch jede kleinere erſpart.
Nur die eigentliche und nähere Bitte um die von Ihrer K [önig - lichen] Majeſtät von Preußen zweimal zugeſicherte Präbende bleibt mit ihren Hoffnungen unverändert vor dem Fürſten ſtehen, [welcher] früher ſchon meine Bitten erfüllte, wenn ich ſie blos für andere gethan.
Guten Morgen, mein alter Emanuel! Nicht wahr, dieſes ſo höfliche Schreiben mit der närriſchen Geheimſchrift unten iſt von Montgelas? — Anbei folgt ein Nußknacker, den ich ſchon ſeit Jahren Ihnen zurück zu geben vorhabe; aber ſo iſt der Menſch.
Um den Brief bitt ich Sie wieder.
— Schon im Sommer erhielt ich ein Briefchen, welches — wie ſonſt Zwerge auf Ritterſchlößern den Rieſen — das Folio ankün - digte, das aber nicht eher kam als Ende Nov. mit einem 2ten Brief - chen — — Zueignung eines berühmten Arztes und Anatomen an einen dichtenden und ſcherzenden Schreiber, der Ihre beiden Titel nur in ſehr fernem und figürlichem Sinn zu erwerben vermag — daß wir die Wege der Natur am ſchärfſten auf ihren Irrwegen oder vielmehr Auswegen berechnen und überſehen können, wie Bewe - gungen der Himmelkörper aus ihren Anomalien. Gäb’ es lauter Geſunde, ſo wäre niemand unwiſſender als der Phyſiolog; und gingen nicht, würde Katzenberger fortfahren, mit den Krankheiten die beſten Pathologien unter und nur die elenden blieben lebendig?
Rathen Sie mir zu keinen Satiren gegen modiſche d. h. fliegende Thorheiten. Sie ſind vorüber gefahren, ehe man nur zum Bogen E oder gar zur Vorrede ſich hingeſchrieben. Die Wurzeln, nicht die Blätter der Narrheit muß man abreißen, da dieſe von ſelber fallen, jene von ſelber bleiben.
Empfangen Sie hier nicht blos meinen Dank für Ihr mich ſo belehrendes Geſchenk, ſondern auch den Ausdruck meiner Achtung für den Mann, der ſo ſchön die Gegenſätze des Wiſſens und des Dichtens nicht etwa in einem bloßen Indifferenz -, ſondern Durch - dringpunkt vereinigt. Denn ſeltſam genug iſt die neuere Theorie, welche gerade die Zuſammenſtrömung zweier Kräfte mechaniſch als Aufhebpunkte, anſtatt als wechſelſeitige Hebpunkte annimmt. In der Geiſterwelt iſt ja gerade der ſogenannte Indifferenzpunkt der höchſt-wirkende überall hin; und an den Polen gibts nur Geſchöpfe, in der Mitte nur einen Schöpfer.
4 Jean Paul Briefe. VII. 50Sie ſehen, ich wollte auf der vorigen Seite gehorſamer Diener ſagen; und kam doch in die jetzige herüber.
Ihrem Briefe ... fehlt nichts als zuweilen Kommata; ein fran - zöſiſcher Fehler. Das Streben nach Gutem iſt ſelber ein Gut und Sie haben, weil Sie ſuchen; nur wollen Sie nie das Gute, wornach Ihre Natur trachtet, es ſei Wiſſen oder Thun, um des Glanzes willen, der es begleitet. Das Höchſte muß für ſich ſelber und als Zweck erwählt und nur das Gemeine als Mittel gebraucht werden. Alles Gute muß geliebt werden wie eine Geliebte, der man an und für ſich, nicht aber weil ſie andern gefällt, oder weil mit ihrem Beſitz zu glänzen iſt, Herz und Leben weiht. Zur Stärkung gegen den glanzſüchtigen Zeitgeiſt gebrauchen Sie die Eiſenkur von Plutarchs Biographien. Bei den Alten war „ Verſtand nicht von Gemüth “geſondert. Sprechen Sie von keinem „ Mangel an genialer Leichtig - keit “. Der größte Genius hat etwas das ihm ſchwer wird und ſogar ſeine ſcheinbare Leichtigkeit iſt oft die heimliche Tochter einer langen Mühe. Leſen Sie nur, wie furchtſam und mühſam ſich Göthe hinaufgebildet oder wie Rouſſeau oder wie Friedrich II. Früh - zeitige Leichtigkeit wird ſpätere Schwerfälligkeit ... Verzagen und übereilen Sie nicht; eine fleißige Jugend iſt lang, nur eine faule überkurz.