PRIMS Full-text transcription (HTML)
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Montag
Nr. 13.
13 Januar 1840.
0097

Großbritannien.

Der Courier berichtet in zuversichtlichem Tone: Der Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha und seine beiden Prinzen werden am 20 Jan. im Buckinghampalast eintreffen, und die Vermählung der Königin wird am 10 Februar stattfinden. Nicht Lord A. Paget, wie der M. Herald angab, sondern ein anderer Stallmeister Ihrer Majestät, der ehrenwerthe Obrist Grey, soll den Befehl haben, sich zur Abholung des erlauchten Bräutigams bereit zu halten. Wie es scheint, werden die Engländer zu Ehren der Hochzeit ihrer Königin seidene Bänder oder Binden tragen. Die Bandfabricanten von Coventry sind an Ihre Maj. mit der Bitte eingekommen, die Farbe zu bestimmen, worauf Victoria Lilienweiß oder sogenanntes Englisch-Weiß wählte.

Prinz Wilhelm August Eduard von Sachsen-Weimar (Sohn Sr. Hoh. des Herzogs Karl Bernhard in den Niederlanden) ist aus dem Haag zum Besuch bei der Königin-Wittwe in Marlborough-House angekommen.

Im Ministerium des Auswärtigen fand heute (6) ein Cabinetsrath statt.

Ein Sonntagsblatt sagt: Lord Palmerston wird gleich nach Eröffnung des Parlaments zur Pairswürde erhoben werden und aus dem Cabinet austreten, um dem Grafen v. Clarendon im Staatssecretariat des Auswärtigen Platz zu machen, vorausgesetzt nämlich, daß die Whigs am Ruder bleiben.

Den so eben veröffentlichten amtlichen Tabellen über die Staatseinkünfte des am 5 Januar abgelaufenen Etatsquartals zufolge ergibt sich für das ganze Jahr 1839, im Vergleich mit dem vorhergehenden, eine Revenuenzunahme von 824,395 Pf. St.; dagegen im Vergleich mit dem entsprechenden letzten Vierteljahr 1838 ein Ausfall von 342,245 Pf. Derselbe trifft hauptsächlich mit 200,789 Pf.) auf die Rubrik Accise, während hingegen[in]den Zöllen sich eine Zunahme von 55,687 Pf. ausweist. Die Torypresse ist natürlich bereit, dieses Deficit zu Gunsten ihrer Parteizwecke gegen die Regierung auszubeuten, und das Sonntagsblatt Age hatte vorausgesagt, der Ausfall werde so stark seyn, daß selbst Lord Bergkrähe (Mountcrow so verdrehen die Tories den stolzen Pairstitel Mounteagle, Bergadler, des weiland Hrn. Spring Rice) geäußert habe, das sey past Baring (nicht zu ertragen.) Der M. Herald ist indeß billig genug, zu bemerken: Wir müssen gestehen, daß der Ausfall geringer ist, als wir befürchtet hatten, auch glauben wir, daß man darum nicht zu verzagen braucht. Bedenkt man die Handelsklemme des Landes und die nothwendigen Folgen einer ungünstigen Jahresperiode, so liegt vielmehr in dem geringen Betrag des Ausfalles der beste Grund, dem Lande zu seiner unermüdlichen Energie und seinen ungeschwächten Hülfsquellen Glück zu wünschen. Der Standard bemerkt: Ein verhältnißmäßig großer Theil des Deficits trifft auf die Postgefälle, nämlich 14,000 Pf. Man vergesse nicht, daß dieser Ausfall sich in der kurzen Frist von 23 Tagen ergeben hat, so daß man die Abnahme dieses Revenuenzweigs für das Vierteljahr wohl auf 52,500 Pf. anschlagen darf. Es soll uns freuen, wenn die Penny-Panacee dieses Ergebniß whiggischer Finanzverwaltung heilt. Zu dem großen Ausfall in der Accise scheint der Theetotalismus wesentlich mitgewirkt zu haben. Die Abnahme der Trunksucht in Irland ist unzweifelhaft eine Wohlthat, die Pater Mathew seinem Heimathland erzeigt hat, wenn es gleich auf Kosten der Staatseinkünfte geschah. Aber haben seine theologisch-politischen Verbündeten, die O'Connell-Minister, das vorausgesehen?

In den letzten Tagen haben, wie das vor Parlamentseröffnungen gewöhnlich ist, mehrere Wählerschaften im Land ihren Repräsentanten Festmahle gegeben; so unter andern die liberalen Wähler von Wolverhampton ihren Mitgliedern HH. Thorneley und Villiers (letzterer der jüngere Bruder des Grafen v. Clarendon). Die Versammlung, unter der sich auch Dr. Bowring befand, war sehr zahlreich und glänzend. Mehrere Eingeladene, wie die HH. Hume, O'Connell und Sir William Molesworth, hatten Entschuldigungsbriefe geschrieben. Der Spectator, der, wie alle englischen radicalen Blätter, seit längerer Zeit auf dem ministeriellen irischen Agitator schlecht zu sprechen ist, bemerkt spottend: O'Connells Brief voll herablassender Gönnerschaft muß die Wähler von Wolverhampton sehr ergötzt haben, besonders aber Hrn. Villiers, der nachgerade den Kopf in die Höhe halten darf, denn Daniel hat ihn für einen redlichen Mann und hoffnungsvollen Parlamentsredner erklärt. Hr. Villiers äußerte in seiner Rede unter Anderm: Man hat mich einen Feind der Staatskirche genannt, weil ich mit Dissentern freundlich verkehre; aber gewiß kein noch so eifriger Dissenter zeigt solche Feindseligkeit gegen die Kirche, wie ihre vorgeblichen Freunde, die sie zum Schauplatz eines ekelhaften Haders um ganz andere als geistliche Dinge machen, sie zum Vehikel für die armseligsten Leidenschaften und persönlichen Gehässigkeiten herabwürdigen. Ich bin ein Glied der bischöflichen Kirche, und wünsche, daß sie unsere Staatskirche0098 bleibe, aber ebendarum beklage ich alle die Abscheulichkeiten, die in ihrem Namen gesagt und gethan werden. (Zuruf.) Hr. Villiers ließ sich dann gegen die Korngesetze vernehmen, auf deren Abschaffung, respective Modificirung er in letzter Session die bekannte Motion stellte. Diesen Gesetzen und dem jetzigen Geldumlauf (Villiers neigt sich in dieser Hinsicht zu Th. Attwoods Ansichten) gab er den dermaligen beklagenswerthen Zustand des Landes schuld. Das P. M. Obrist Anson hielt den Ministern eine warme Vertheidigungsrede. Die einzige Hoffnung der Tories, sagte er, sey, die Regierung zu einer Parlamentsauflösung zu treiben, aber auch da würden sie eine Niederlage erleiden, falls nicht etwa die Chartisten verblendet genug seyen, sich auf die Seite der Tories zu schlagen. Indeß meinte er mit einem Irish bull: Lord Melbourne sollte allerdings etwas schneller vorwärts schlendern (jog on a little faster. ) Hr. Leader, das junge radicale Mitglied für Westminster, wurde mit dem Toast: Leader und das Ballot zum Sprechen aufgerufen. Er äußerte in Bezug auf die Chartisten: Lassen Sie uns nicht zu hart seyn gegen unsere chartistischen Landsleute. Während wir ihre Blindheit beklagen und ihre Gewaltthätigkeit verdammen, lassen Sie uns ihnen zugleich einige Sympathie zeigen, denn die Schuld liegt nicht ausschließlich auf ihrer Seite. Was insbesondere die irregeführten Menschen betrifft, die jetzt vor Gericht stehen, so hoff 'und glaub' ich, daß ihr Blut nicht wird vergossen werden. Nicht bloß die Menschlichkeit, sondern auch die Staatsklugheit verbietet es; denn gewiß es würde unter den jetzigen Umständen höchst unweise seyn, auf dem politischen Schaffot Blut fließen zu lassen. Dr. Bowring sprach für volle Handelsfreiheit. Bei einem conservativen Diner in Coleraine hielt Edward Litton Esq. eine heftige Rede gegen das Ministerium, dem er sklavische Abhängigkeit von dem Landesverräther O'Connell vorwarf. Bei einem großen Tory-Meeting in Lancaster am 30 Dec. bemerkte man unter den Anwesenden einen Enkel des Feldmarschalls Blücher.

Vor den Specialassisen in Monmouth ward am 4 Jan. das Verfolgungsverfahren gegen John Frost mit Abhörung der letzten Belastungszeugen geschlossen, und am 6 sollte das Vertheidigungsverfahren, d. h. das Plaidoyer der Rechtsräthe des Angeschuldigten beginnen. Ob derselbe Entlastungszeugen stellen würde, war zweifelhaft. Die Grand Jury erklärte wieder eine Anzahl Gefangener wegen Aufruhrs in Anklagestand versetzt, und erledigte damit ihre Aufgabe. Der Petty Jury ward auf das Gesuch ihres Vormanns (foreman) von den Richtern gestattet, am 4 Abends und am folgenden Tag (Sonntag) frische Luft zu schöpfen und mit ihren Familien zu verkehren. Da es dem Sir F. Pullock gelungen ist, zu Gunsten seines Clienten Frost den neulich erwähnten Präliminarpunkt in Betreff der Formgültigkeit der Anklage reservirt zu erhalten, so zweifelt man nicht, daß die definitive Entscheidung über denselben sich bis zur Vermählung der Königin hinausziehen werde, wo dann, im Falle seiner Verurtheilung, nach aller Wahrscheinlichkeit Begnadigung eintreten dürfte, es müßten denn neuere Bewegungen der Chartisten die Statuirung eines Exempels unerläßlich machen. Daß man solche Bewegungen, und zwar eine allgemeine Chartistenerhebung fürchtet, beweist ein Tagsbefehl, den der Generalmajor Sir C. Napier unterm 29 Dec. von seinem Hauptquartier Nottingham aus an die Truppen des nördlichen Militärbezirks von England erlassen hat.

Frankreich.

Das Journal de Paris behauptet, der König habe erklärt, er habe im Sinn, sich am Tauftage seines Enkels, des Grafen v. Paris, krönen zu lassen.

Briefe aus Cambrai melden, dem Univers zufolge, den Tod des Bischofs von Cambrai. Hingegen hat sich die Nachricht von dem Hinscheiden des Bischofs von Metz nicht bestätigt, wiewohl derselbe bedenklich krank darnieder liegt.

In der Sitzung der Pairskammer am 6 Jan. hielt, bei der Adressediscussion wie wir schon erwähnten, Hr. v. Noailles eine sehr umständliche Rede, deren wesentlicher Inhalt aus der Antwort des Ministers des öffentlichen Unterrichts, Hrn. Villemain, hervorgeht. Hr. Villemain sagte unter Anderm: Zwischen der Türkei und einer gewandten, unermüdlichen, in ihren Hülfsquellen wie in ihren Hoffnungen unbeschränkten Macht war ein Krieg ausgebrochen. Oesterreich und England, welche die dem ottomanischen Reiche drohende Gefahr einsahen, intervenirten, um zu bewirken, daß Rußland still halte, und die Türkei nicht allzu tief sinke. Welche Macht war es, welches Cabinet, das sich dieser Intervention entgegen zeigte, und das sich damals nicht bloß von England, für welches man uns eine Vorliebe zuschreibt, sondern auch von dem staatsklugen Oesterreich trennte? Die französische Politik von 1829, das damalige Cabinet der Tuilerien war es, das sich weigerte, die vermittelnden Mächte zu unterstützen. Es war der vor 1830 abgeschlossene Tractat von Adrianopel, der von der Restauration begünstigte Tractat, welcher die Türkei schwächte und die weitern Absichten bestärkte, die eine große Macht von nun an mit eben so viel Geduld als Energie vorbereitete ... Man sagt, daß 1833 ein französischer Botschafter drei Tage zu spät in Konstantinopel angekommen sey. Inzwischen folgte der Ankunft jenes Botschafters eine kräftige Mittheilung, sie forderte die Entfernung einer fremden Flotte, die Sie als drohend für jenes Reich ansahen, das man vertheidigen und beschützen muß, obgleich man es freilich schon dadurch, daß man es vertheidigt, exponirt. Es war nicht eine Nachlässigkeit unserer Diplomatie, eine Verzögerung unseres Botschafters, welche den Tractat von Hunkiar-Skelessi herbeiführte; und es ist nicht die französische Politik, die dadurch am meisten überrascht und verletzt wurde. Man muß diesen Vorwurf anderswohin richten, gegen eine andere Macht, deren Wachsamkeit einen Augenblick überrascht worden seyn mochte. Wenn Sie aber dieser Macht eine so furchtbare Gewandtheit zuschreiben, wie können Sie sich dann wundern, daß Frankreich, das darin weniger ein unmittelbares Interesse erkannte, und durch die Entfernung mehr gehindert war, weniger Thätigkeit entwickelte als jene Macht, die dennoch ebenfalls überrascht und überholt ward? Die französische Regierung machte wenigstens diesen weit mehr gegen England als gegen Frankreich gerichteten Tractat sogleich zum Gegenstand einer Beschwerde, welcher die Zeit Bedeutung ertheilen sollte ... Ich habe gesagt, daß Frankreich, weit entfernt den Tractat von Adrianopel zu verhindern, ihn begünstigt, daß die Politik jener Zeit sich darin von der österreichischen und englischen Politik getrennt habe; ich habe aber nicht gehört, daß Frankreich damals als Preis dieses Opfers die Chance gewonnen habe, das wieder zu bekommen was ihm die Restauration entzogen oder vielmehr, was es zur Zeit der Restauration verloren hatte. (Sehr gut!) ... Was ist denn neuerer Zeit gegen den Willen, gegen das Interesse, ohne die Mitwirkung Frankreichs Großes geschehen? Sie sprechen anklagend von einem verlängerten status quo, Sie beschweren sich darüber, daß große Fragen ihre Lösung nicht erhalten; Sie beschweren sich, daß unermeßliche Streitkräfte, bereit aufeinander zu stoßen, gewissermaßen suspendirt bleiben. Glauben Sie, daß gerade diese Unbeweglichkeit nicht der Beweis einer, wenigstens negativen Thätigkeit ist? Wenn die Aufrechterhaltung des Friedens das erste Interesse0099 Europa's bildet, glauben Sie dann nicht, daß jene langmüthige und gemäßigte Politik, welche die Ursachen des Kriegs neutralisirt, eine große Katastrophe verhindert, nicht mächtig wirkend sey? Eben, indem sie den Waffen Stillstand gebietet, den erhobenen Schwertern Einhalt thut, handelt sie ... Der ehrenwerthe Redner vor mir stellt Frankreich zwischen zwei große Mächte, und sagt zu ihm: Du mußt einer dieser Mächte beitreten; was sie auch thun mag, du mußt es billigen; denn mit ihr kannst du theilen, mit der andern nicht. Vielleicht aber läßt sich darauf eine edle, wahre, politische Antwort geben: wir bedürfen keiner Theilung, wir wünschen keine; wir glauben daß das, was ungerecht, auch gefährlich ist die Zerstückelung; wir glauben, daß es unpolitisch wäre, so großen Eifer zu zeigen, an einer Erbschaft Theil zu nehmen, die noch nicht eröffnet ist. (Sehr gut!) ... Der Stand der diplomatischen Beziehungen garantirt das türkische Reich. Und Sie wollen nun hinter jener einstimmigen Erklärung des Friedens und der Freundschaft, fast möchte man sagen hinter jenem Protectorat, die Absicht verbergen, mit gierigen Händen die Fetzen jenes Reichs aufzugreifen, dieses Stück England, jenes Rußland, ein anderes Stück Oesterreich, ein anderes Frankreich zuwerfen? Weder die öffentliche Politik, noch die geheime Diplomatie können diesen Gedanken hegen. Wenn er irgendwo existirt, so gesteht man ihn nicht, abgesehen davon, daß er unausführbar ist, Frankreich, das sich ihm widersetzen würde, kann nicht die Grundlage einer politischen Berechnung für sich selbst daraus machen. Der andere Einwurf scheint mir eben so wenig begründet. Was ihr auch immer thun mögt, so sagt man uns, was ihr auch im Sinne habt, nehmt euren Stützpunkt hier und nicht dort. Ich glaube in diesen Aeußerungen einige jener Eindrücke wieder zu erkennen, die sich an andern Stellen der Rede des ehrenwerthen Pairs nur zu deutlich zu erkennen geben. (Hört, hört!) Hier, so sagt man uns, würdet ihr eine starke Allianz finden, die euch, wenn sie Alles nimmt, etwas davon ablassen dürfte; anderwärts würdet ihr wenig Freundschaft, wenig Beistand finden. Man setzt hinzu, daß jene andere Allianz eine Zeit lang allerdings nothwendig gewesen seyn möge; es ist als ob man uns sagen wollte, daß sie einer der Nachtheile des großen Ereignisses gewesen, welches die innere Lage Frankreichs geändert habe. Warum sollte aber jene Allianz nicht dauernd seyn? Sollte die gleiche Regierungsform, ohne gerade ein absolutes Gebot der Annäherung zu seyn, nicht einigen Einfluß haben bei dem gegenwärtigen Zustande von Europa, wo jeder große Krieg eine politische Revolution wäre? Sollte das beiden Ländern gemeinsame Ereigniß eines legalen Dynastiewechsels nicht einige Bedeutung haben? Und warum sollte ein gemeinschaftliches Princip nicht ein großer Beweggrund der Vereinigung seyn? Der ehrenwerthe Redner erschrickt über eine Allianz von entgegengesetzten Interessen, ein Bündniß, das sich plötzlich bilden und Frankreich isolirt und getäuscht dastehen lassen könnte. Darauf kann man antworten, indem man auf die Neigung verweist, welche uns an der Allianz einer großen Macht festhalten läßt, welche mehr See - als Landstreitkräfte besitzt, und welche eben durch diese Neigung auf die Unterstützung hingewiesen wird, die sie bei uns finden kann. Frankreich ist nicht isolirt; es ist unabhängig, es ist nicht das erstemal, daß seit einiger Zeit außerhalb seiner Allianz Annäherungen versucht wurden, ein Streben, das in sich selbst den Beweis der Unmöglichkeit trägt. Während Sie sehen, daß in Betreff eines Punkts des Orients zwei große Mächte im Begriff sind, sich zu verständigen, um Frankreich isolirt zu lassen, sehen Sie nicht auch, daß auf andern Punkten diese zwei Mächte unaufhörlich sich begegnen und sich aneinander reiben? Ueberzeugt, wie wir sind, von den unüberwindlichen Hindernissen, die dieser projectirten Vereinigung entgegenstehen, sollte es da nicht besser seyn, zuzuwarten, statt nachzugeben? Denn die Zeit ist für uns; die Zeit gewährt der Politik der Mäßigung und des Rechts den Sieg; die Zeit ist für die Gerechtigkeit, so wie man den Ausbruch des Kriegs und der Gewaltthat verhindert hat. (Allgemeine Zeichen der Beistimmung. ) ... Ich will nicht länger bei so delicaten Punkten verweilen, bei denen man, wenn auch nicht gegen Gerechtigkeit und Wahrheit, doch gegen die politische Schicklichkeit verstoßen kann. Ich will nicht, um den ehrenwerthen Redner nicht ganz zu desavoniren, sagen, daß gar kein Interesse uns der Macht nähern könne, deren riesenhafte Vergrößerungen er so kräftig geschildert hat; ich muß aber sagen, daß die Allianz Englands und Frankreichs eine der Grundlagen der Sicherheit Europa's und der Freiheit der Welt ist.

(Univers.) Wir haben von einem Annäherungsversuche zwischen dem Grafen Molé und Hrn. Thiers gesprochen. Die Unterhandlungen dauerten in den letzten Tagen des Decembers fort. Der Kanzler, Hr. Pasquier, war der eifrige Vermittler dieser Annäherung. In Folge einer neuen Zusammenkunft der HH. Molé und Thiers aber, wobei es unmöglich war, die Forderungen dieser zwei vormaligen Conseilspräsidenten auszugleichen, ward jede Unterhandlung abgebrochen.

Auf dem Markte von Autun gab es wegen Einführung der neuen Maaße und Gewichte einige Zusammenrottungen und Widersetzlichkeiten, denen die Gendarmerie lange vergeblich Einhalt zu thun suchte. Die Behörden begaben sich dann selbst auf den Markt, und leiteten den Verkauf des Getreides. Dadurch ward die Ordnung hergestellt. Mehrere Aufwiegler wurden inzwischen verhaftet.

Es gibt in dem französischen Charakter eine Seite, die stets Anerkennung und Bewunderung bei den andern Nationen, besonders den Deutschen, gefunden hat, und die als Entschädigung für mancherlei Leichtsinn und Untugend gelten kann: das ächte, warme und darum hochfahrende und ritterliche Nationalgefühl, mit welchem sie die Sache, das Interesse und den Ruhm ihres Landes empfinden, und das sie in den Verhandlungen über diese Gegenstände an den Tag legen. Da verschwinden die getheilten Ansichten der Parteiungen und der Haß der Personen in dem gemeinsamen Wunsche, dem Vaterlande Aller, seinen Feinden gegenüber, den größtmöglichen Glanz und Vortheil zu sichern. In diesem Sinne hatte die Thronrede von den afrikanischen Angelegenheiten gesprochen. Man bemerkte dabei die absichtliche Betonung des Königs, als er von der Tapferkeit der Armee, ihren Opfern und von den Gesetzen sprach, die ihr Loos erleichtern und ihre Rechte sichern sollen. In diesem Sinne ist in der Adresse der Pairskammer der Paragraph entworfen, der Algier berührt, und in gleicher Sprache der Adreßentwurf der Deputirtenkammer über den nämlichen Gegenstand. Beifall, Zustimmung, Unterstützung in Wort und That, das heißt in Lob und Subsidien, sind der Regierung versprochen, um die schnellste und vollständigste Rache an Abd-El-Kader zu nehmen. Nach dem Siege, fügt die Adresse der Deputirten hinzu, möge der König mit den beiden Kammern berathen les moyens définitifs de garantir la sureté et la stabilité des établissemens que la France veut conserver dans l'Algérie. Was heißt das? eine bloße Hindeutung auf die Vorsicht im Allgemeinen, die gegen fernere Ueberfälle angewandt werden soll, oder aber liegt die Betonung auf les établissemens que la France veut conserver, und heißt hier veut so viel wie voudra? In diesem letztern Falle, und dahin ging die Deutung mehrerer Personen, die dem Verlesen des0100 Entwurfs beigewohnt, würde die Ansicht der Adressecommission für eine beschränkte Occupation auf afrikanischem Boden seyn. Dieser Zweifel wird in den öffentlichen Verhandlung gehoben werden, wo weder Angriff noch Vertheidigung fehlen können. Unterdessen dauert der Krieg in Afrika mit großer Erbitterung fort; die französischen Truppen knirschen in ihren befestigten Lagern, daß sie sich nicht öfter mit den Arabern im freien Felde messen können, allein die Klugheit der Anführer, durch harten Verlust gereift, widersetzt sich vorerst noch diesem Beginnen. Der Angriff, den die Araber zur See auf französische Fahrzeuge gewagt, ist darum von Wichtigkeit, weil er ihre Verwegenheit und eine zu Allem entschlossene Tollkühnheit beurkundet. Auch hier war der erste Anfang den Franzosen ungünstig, und mußte den Feind in seinem Fanatismus bestärken; er berechnet nicht, daß die Vergeltung ihn etwas später um so gewisser und unvermeidlicher erreichen wird. Die Rentenverminderung ist in dem Adreßentwurf der zweiten Kammer ausdrücklich berührt mit dem Wunsche, daß die Regierung in dieser Beziehung die Initiative ergreifen und einen Gesetzesvorschlag machen möge, dem der Beifall der Kammer im voraus gesichert sey. Die spanischen Streitigkeiten sind in den Adressen der beiden Kammern mit jener entschiedenen Ruhe und Bestimmtheit behandelt, die in der Ueberzeugung begründet sind, daß der Hauptknoten der Schwierigkeit gelöst ist und fortan die Carlistische Sache ohne Hoffnung und Aussicht bleibt. Des Prätendenten Don Carlos wird nirgends besonders erwähnt; das gerade bringt die legitimistischen Redner der Pairskammer in Harnisch, aber ihre elegischen Phrasen über verletzte Majestät des bourbonischen Prinzen haben auf den Bänken der modernen Pairie wenig Anklang gefunden; die Thatsache ist unlängbar: das bürgerliche Element durchdringt mehr und mehr den sonst so aristokratischen Staatskörper, und Hr. v. Pasquier und Decazes, der Marquis de Dreur-Brézé und der Herzog v. Noailles werden nächstens auf ihre eigenen Stimmen beschränkt seyn. Nicht bloß über Frankreich, auch über die andern europäischen Großmächte klagt Hr. v. Dreur-Brézé, indem er ihnen vorwirft, daß sie die Ansprüche des Prätendenten verlassen, sobald das Glück ihm den Rücken gewandt hatte. Beachtenswerth scheint uns noch die Uebereinstimmung der beiden Kammeradressen in Betreff der englischen Allianz, die man durch unverhaltenes Lob ermuthigt, und als Grundlage des europäischen Friedens verkündet, daneben die unverkennbare Abneigung gegen eine Verbindung mit Rußland und endlich die erneuerte Protestation zu Gunsten Polens. In den wesentlichen Punkten der Adreßentwürfe, wie wir sie jetzt genannt haben, liegt zugleich das charakteristische Merkmal der französischen Politik im Jahr 1840. Alles wohl erwogen, muß man in den äußern wie in den innern Angelegenheiten einen Geist erkennen, der einer mächtigen Nation würdig ist und von dem stets rührigen Streben nach Fortschritt zeugt, das sie durchdringt.

Bei der unglaublichen Menschenmenge, die sich mit Neujahrsgeschenken in den letzten Tagen durch unsre Straßen drängte, sollte man nicht glauben, daß Lyon irgendwie Mangel litte. Und doch ruhen nach einem öffentlichen Zeugniß von etwa hundert Atelierchefs (Webermeistern) die Hälfte, wo nicht zwei Drittel sämmtlicher Webstühle. Man wird um Almosen, wenn man gut gekleidet ist, oft dringend und drohend angesprochen. In solchen Zeiten machen die geheimen Gesellschaften, auf welche Merilhou's Bericht ein Schlaglicht wirft, leider nur zu viel Proselyten. Da kommen denn die Legitimisten mit ihrem Minuit, le loup garou! mit ihrem Spuk von 1840; da verkünden die Napoleonisten eine neue Auflage von St. Simon und Fourrier, und die Republicaner werben mit Glück für die Wahlfähigkeit Aller. In der That ist die große Aufgabe, den Zustand der Fabrikarbeiter zu bessern, durch die beiden Lyoner Aufstände zu heftig angeregt, als daß sie sich durch Forts und Sparcassen lösen ließe. Das sind aber bis jetzt die beiden einzigen Mittel der Regierung. Man hat die Associationen verboten die Zahl der Kaffeehäuser wächst; die geheimen Gesellschaften werden entlarvt die Arbeiter bilden Lesecirkel, wodurch die demokratischen Blätter mehr Leser und Abnehmer finden. Kurz, wenn man die gutmüthige Kannegießerei deutscher Handwerker mit der doctrinirten Bitterkeit des niedern Volks großer Städte in Frankreich vergleicht, so hat man großes Unrecht, diese Gährungen belächelnd zu verachten. Man sollte ihnen vielmehr einen Ableitestoff geben in großen Arbeiten, Deich -, Straßen - und Eisenbahnanlagen. Algier kommt hier der Regierung willkommen; es beschäftigt die Massen, gibt dem Heere Aussicht auf Avancement, und bleibt eine praktische Kriegsschule, in welcher freilich auch bei Beduinenmetzeleien die Rohheit und Blutgier dem Volk eingeimpft wird. Alle diese moralischen Zustände Frankreichs sind furchtbare Keime, auf welche Europa zu wenig Acht hat; sie allein können inzwischen die größern Ereignisse erklären. So ist die Mittelmäßigkeit der jetzigen Kammer ein Resultat des Hasses der Vertretenen und Nichvertretenen, der Besitzenden und der Tagwerker; so kommt das Journal des Débats mit seiner Klage über die schlimme Stellung Frankreichs der Opposition gerade recht. Wozu das Ministerium wechseln, sagt unser Censeur. Einen schlechten Weg bessert man durch Verstopfung der Untiefen, Abtragung der Hügel aus, aber man hält sich nicht bloß an Räder, Pferde und Fuhrmann. Wir sind auf einer schlimmen politischen Bahn; bessern wir sie. Nicht auf beide Prärogativen muß man den Stein werfen, sondern vielmehr auf die Charte, welche die Keime trauriger Conflicte trägt, die uns unmöglich machen zu handeln! Wir haben vorgestern die 500 sogenannten Vincenner Schützen gesehen, die nach Afrika gesendet werden, und gestern Morgen mit dem Dampfschiff abgingen. Ihre Tracht besteht in einem kurzen blauen Ueberrocke mit gelbem Vorstoß in einem verjüngt zulaufenden, mit Wachstuch überzogenen Tschako, einem über die Brust gehängten Wachstuchmantel, einem schwarzfelligen, mit einem breiten Riemen sehr fest geschnürten Tornister, einer kleinen unten breiteren ledernen, den Arbeitsbeuteln der Frauen gleichenden Patrontasche, die, auf der rechten Hüfte ruhend, doch an dem Gurte vor den Bauch geschoben werden kann. Die Gewehre sind zwar rund, wie die gewöhnlichen, doch kürzer, inwendig sechsrinnig gezogen, und für Pflasterkugeln bereitet; der für Zündhütchen bestimmte Hahn ist zwar an der Seite, schlägt aber auf das oben am Laufe befindliche Zündloch. Das Bajonnet von gewöhnlicher Länge wird auf gewöhnliche Weise befestigt, nur ist es eine einen Zoll breite Klinge mit einer Schneide vorn, einer Rinne in der Mitte und einem breiten Rücken, der auch im obersten Drittel schneidet. Ein kurzer messingener reifiger Griff, an dem Bandelier in einer ledernen Oese steckend, kann, wie das Gewehr, an die Bajonnettülle befestigt werden, und schafft dasselbe zu einem Hirschfänger um. Diese Waffe erinnert uns an die weiland reitenden Jäger Schills, deren Pallasch gleichfalls als Bajonnet dienen konnte, und deren Mechanismus einfacher als der an den spätern Büchsen angebrachte war. Die Einführung dieser Waffe, aus den besten Schützen der Armee gewählt, ist von großer Wichtigkeit; sollte sie allgemeiner werden, so gäbe sie dem französischen Fußvolk eine besondere Stärke, die ihm bis jetzt mangelte. Merkwürdig ist, daß in den Unruhen 1834 die gezogenen Büchsen in den Händen0101 der Arbeiter dem Militär ziemlichen Schaden zugefügt haben. Volksaufstände benutzen oft die neuesten Erfindungen. Fichte hatte sich 1813 auf eine eigenthümliche Art bewaffnet, Jahn träumte von einer Ausbildung der Pikenirer, und legte dem General Scharnhorst seinen Plan vor; Okens neues Heer, neue Bewaffnung enthielt die merkwürdigsten Vorschläge der Art. Jetzt arbeiten preußische Predigersynoden den Schützenvereinen entgegen, aber die Regierung, welche bei Gelegenheit der Aufrufsfeste bewiesen, wie sehr sie auf das Volk rechnet, darf nicht an den ewigen Frieden denken, so lange dem Ehrgeiz und der Ruhmsucht noch stündlich Opfer an der Seine, der Loire, Rhone und Garonne gebracht werden. Deutschlands Regierungen können dem französischen Treiben nur so lange ruhig zusehen, als sie Heer und Volk verschmelzen, und eine geübte Landwehr neben der Armee erhalten.

Das Dampfboot Fulton ist so eben auf unserer Rhede eingetroffen und bringt wichtige Nachrichten aus Algier. Der Marschall Valée hat den Truppen Abd-El-Kaders ein Treffen geliefert. Es scheint, daß man keinen Pardon gegeben, denn man spricht nur von Todten, nicht von Gefangenen. Folgenden kurzen Bericht bringt der Moniteur Algérien: Eine Colonne unter den Befehlen des Marschall-Gouverneurs hat am 31 Dec. zwischen dem Lager bei Belida und der Chiffa die Truppen Abd-El-Kaders angegriffen. Der Feind hatte ungefähr 1500 Reiter, drei Bataillone Infanterie und eine Kanone. Die reguläre Infanterie des Emirs wurde zersprengt, theils von der französischen Cavallerie zusammengehauen, theils über die Chiffa geworfen. Die Kanonen, drei Fahnen des Beys von Miliana und 400 Flinten wurden genommen. In den Händen unserer Truppen blieben 300 Leichen der regulären Infanterie Abd-El-Aders; der Feind verlor überdieß gegen hundert Reiter. Am Abend kehrte die Colonne in das obere Lager bei Belida zurück. Kein Flintenschuß wurde nach dem Gefecht mehr auf sie abgefeuert. Unsere Briefe aus Algier berichten noch folgende Details: Ein bedeutender Transport von Lebensmitteln und Kriegsmunition wurde von Algier unter Escorte einer Colonne von 2500 Mann nach Belida abgeschickt. Das dortige Lager war seit langer Zeit nicht mehr verproviantirt worden. Dieser Convoi wurde zwischen Buffarik und Belida von einer ziemlich bedeutenden Zahl Feinde angegriffen. Ueberdieß war die Landstraße an den schwierigsten Stellen zerstört worden, und es bedurfte Zeit, sie zu repariren. Der Convoi kehrte demnach wieder zurück. Auf diese Nachricht hin stellte sich der Marschall Valée an die Spitze einer Colonne von 3500 Infanteristen, 600 Reitern und einer halben Batterie. Unter seiner Begleitung brach der Convoi wieder auf. Am 30 Dec. wurde der Feind aus all seinen Stellungen geworfen, und der Convoi erreichte Belida. Am 31 war man im Begriff, das obere Lager zu verproviantiren, als der Bey von Miliana mit 5000 Mann erschien, um uns den Weg zu versperren. Die Feinde kämpften tapfer, aber die Colonne des Marschalls schlug sie nach einem vierstündigen mörderischen Feuer in die Flucht. Unsere Cavallerie zeichnete sich sehr aus. Die Araber verloren 500 Mann; noch größer war die Zahl der Verwundeten. Sie hatten dießmal nicht Zeit, die Leichen vom Kampfplatz fortzuschleppen. Wir hatten gegen 100 Todte und 200 Verwundete. In Algier war man freudetrunken. Wir wissen nicht, ob der Marschall Valée die Feinde über die Chiffa verfolgen wird. Bei El-Arbah, Fonduk und Maison carrée fielen einige Scharmützel vor, die aber unbedeutend sind im Vergleiche mit jenem Gefecht vom 31 Dec., das man recht gut ein Treffen nennen darf.

Deutschland.

In der heute stattgehabten ersten öffentlichen Sitzung der zweiten Kammer beeidigte der Präsident zwei erst nach der Eröffnung der ständischen Versammlung eingetretene Mitglieder, und verlas ein allerhöchstes Rescript, gemäß welchem Se. Maj. der König geruht haben 1) für das Ministerium des k. Hauses und des Aeußern den k. Ministerialrath Bezold, 2) für das Justizministerium den k. Ministerialrath Frhrn. v. Gumppenberg, 3) für das k. Ministerium des Innern die k. Ministerialräthe v. Mayr und v. Zenetti, 4) für das Ministerium der Finanzen den k. Ministerialrath v. Weigand, 5) für das Kriegsministerium den Oberkriegscommissär und Ministerialreferenten Habel zu k. Commissären während der gegenwärtigen ständischen Sitzungen zu ernennen, und gleichmäßig denjenigen Ministerialreferenten, welche von den k. Ministern mit allerhöchster Genehmigung Sr. Maj. außer den genannten zu den ständischen Sitzungen werden abgeordnet werden, die Eigenschaft k. Commissäre zu ertheilen. Der k. Minister des Innern, Hr. v. Abel, brachte folgende Gesetzesentwürfe in die Kammer, und begleitete die Vorlage der einzelnen mit umständlich motivirten Vorträgen: 1) den Schutz des Eigenthums an Werken der Litteratur und Kunst gegen Veröffentlichung, Nachbildung und Nachdruck betreffend; 2) die Aufhebung des Gesetzes vom 29 nivose XIII, die Erziehung von Söhnen jener Familien, welche sieben Kinder haben, betreffend; 3) die Abänderung des §. 6 Tit. VII der Verfassungsurkunde betreffend. Der k. Minister der Finanzen machte sodann der Kammer Vorlagen 1) über Abänderung des §. 7 des Gesetzes vom 1 Jul. 1834, die Errichtung einer bayerischen Hypotheken - und Wechselbank betreffend; 2) über das Maximum der Kreisumlagen für 1840 / 41 - 1842 / 43; 3) über die Ausscheidung der Kreislasten und Kreisfonds für die IVte Finanzperiode; 4) bezüglich der Nachweisung über die Verwendung der Staatseinnahmen für die Jahre 1835 / 36 - 1837 / 1838; 5) bezüglich der Nachweisung über den Stand der Staatsschuldentilgungscasse für die Jahre 1835 / 36 - 1837 / 38. Ueber sämmtliche Mittheilungen werde ich des Zusammenhanges wegen das Nähere berichten, wenn dieselben von den betreffenden Ausschüssen zur Berathung in die Kammer gebracht werden. Die Berathung und Beschlußfassung über die Urlaubs - und beziehungsweise Entlassungsgesuche, 11 an der Zahl, bot keine das allgemeine Interesse berührende Fragen. Die Verhandlungen über den Druck der Protokolle ergaben in der Hauptsache die einstimmigen Beschlüsse der Kammer, daß alle öffentlichen Verhandlungen dem Druck übergeben, und den Journalisten alle Erleichterung zu Theil werden soll, welche die Umstände gestatten.

Der Prinz Albert hat seine Reise hierher noch durch eine Reihe edler Handlungen bezeichnet. Seit seiner Großjährigkeitserklärung im vorigen Jahre war ihm sein mütterliches Vermögen ausgeantwortet; es soll jährlich 28,000 fl. Revenue geben. Aus dieser hat er nun dem Oberhofmarschall v. Meyern, dem Oberstallmeister v. Alvensleben der ihn schon früher nach England begleitete dem geh. Rathe Florschütz, seinem Erzieher (2000 fl.), dem Stallmeister Schüller, seiner Wartfrau (500 fl.) u. a. Personen seines früheren und jetzigen Dienstes lebenslängliche Jahrgehalte ausgesetzt. Der Rest jenes Einkommens, man sagt 20,000 fl. jährlich, wurde von ihm seinem Bruder dem Erbprinzen Ernst überlassen. In Gotha wird in kurzem die große englische Ambassade erwartet, welche dem Prinzen Albert den Hosenbandorden überbringt; sechzehn Edelleute sollen sie begleiten. Das dortige Prinzenpalais wird eiligst zu ihrer Aufnahme in Stand gesetzt. 0102 Prinz Albert wird nur seinen geheimen Cabinetssecretär Schnur mitnehmen. Die jährliche Apanage soll bereits entschieden auf 100,000 Pf. St. (1,200,000 fl.) festgesetzt seyn*)Etwas Definitives festsetzen kann in dieser Hinsicht nur das Unterhaus, das demnächst zusammentritt., obgleich die englischen Blätter, besonders die Toryjournale noch darüber mäkeln. (Fränk. M.)

Preußen.

Wir haben durch unsere, in Nr. 326 der Allg. Zeitung vom Jahr 1839 enthaltenen Nachrichten über den Ausfall der ritterschaftlichen Wahlen den Zorn eines Verfechters des autonomischen Adels der Rheinprovinz auf uns herabgezogen, und er tritt uns mit heftigen Schmähungen in Nr. 352 entgegen. Weßhalb erbost er sich denn so? Nicht etwa weil wir irgend eine Thatsache unrichtig angegeben, denn er selbst gesteht zu: daß wir nur zu genaue Kenntniß der Verhältnisse haben; zwei andere Vorwürfe sind es vielmehr, welche er uns macht: 1) daß wir die Wahlen auf das religiöse Gebiet hinüber ziehen, um unter dieser jetzt geläufigen Form gegen den Stand der rheinischen Ritterschaft und ihre Autonomie in gehässiger Weise zu Felde zu ziehen, und, 2) daß wir die Autonomie als impopulär darstellen und dem autonomischen Adel nicht den gebührenden Respect erweisen. Was den ersten Vorwurf betrifft, so überhebt uns das Geständniß unsers Gegners jeder Rechtfertigung. Wenn er mit dürren Worten zugesteht, daß der autonomische Adel, in den von uns nicht bestrittenen Gränzen seines Rechts, bloß deßhalb keine Protestanten habe wählen wollen, um dem protestantischen Könige und dem protestantischen Gouvernement zu zeigen, was der Provinz in katholisch kirchlicher Beziehung noth thue, so bewegt sich die Wahl doch wohl auf dem religiösen Gebiete, und braucht nicht erst auf dasselbe hinübergezogen zu werden. Wenn wir nun glauben und hoffen, daß die kirchliche Aufregung in der Rheinprovinz mehr und mehr beruhigt sey, wenn wir uns deßhalb im Interesse des Vaterlandes gegen die Absicht aussprechen, die so beruhigte Aufregung wieder aufzuwecken, haben wir dann durch diese patriotischen, gewiß nicht unchristlichen Gesinnungen Veranlassung zu der Schmähung gegeben: wir möchten, daß das Herz der Katholiken so lange zusammengedrückt würde, bis es spränge!? Die blinde Heftigkeit dieses Vorwurfs zeigt, wie wenig unser Gegner und die mit ihm gleiches Sinnes sind, sich unbefangen und gutgesinnt nennen dürfen, und dieß ergibt sich um so mehr, wenn man den Vorwurf in Verbindung bringt mit der unmittelbar vorhergehenden Analyse der protestantischen Elemente des preußischen Gouvernements und aus dieser Verbindung folgert: daß unter solchem eine derartige Behandlung der Katholiken als möglich, als im Werke angedeutet werden solle unter einem Gouvernement, welches sich mit solcher Fürsorge und Liberalität den Interessen der katholischen Kirche widmete, mit solcher Langmuth die geflissentliche Vereitlung seiner wohlmeinendsten Absichten ertrug. Wie sich damit, wenn unsere Auslegung die richtige wäre, die Versicherung der unerschütterlichen Treue verträgt, wissen wir nicht, das aber bestreiten wir, daß, wie auch hie und da einzelne Wahlen der andern Stände aus dem katholischen Gesichtspunkt erfolgt seyn mögen, der autonomische Adel, dessen Stellung nie im Volke war, die Gesinnung des Volkes repräsentire, und daß dieses ihn zu der bekannten Deputation nach Berlin, wo er mit den Interessen der Kirche auch besonders die seines Standes zu vertreten Veranlassung hatte, für befugt und berufen erachtet habe. Bedürfte es deßhalb noch eines Beweises, so würden wir uns auf den Ausfall der ritterschaftlichen Wahlen in Düsseldorf beziehen, wo auch die Mehrzahl katholisch war, aber nicht zum autonomischen Adel gehörte und wo, wie wir berichtigend bemerken müssen, auf siebenzehn Wahlstellen zehn Protestanten gewählt wurden. Unser Gegner hält den autonomischen Adel für populär. In einem Lande aber, wo es freudig von einem Ende zum andern widerhallt: daß eine vollkommene Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze; die feste Begründung der Familie und der Rechte ihrer Mitglieder unter dem unmittelbaren Einfluß und unter der Aufsicht der Staatsgewalt; die gleiche Zulassung aller Kinder, so wie zum Herzen, so auch zum Gute ihrer Eltern; die Freiheit in der Disposition über das Eigenthum und in der Ausübung der Gewerbe; die Theilbarkeit des Grundeigenthums, bei welcher es auch dem Geringsten vergönnt wird, eine Scholle Erde sein zu nennen, und in ihrer Pflege die Liebe zum großen Vaterlande zu nähren beneidenswerthe Güter sind, in deren Besitz uns unsere Rechtsverfassung gesetzt und erhalten hat in einem solchen Lande konnte es wohl keinen Anklang finden, wenn aus einer Bevölkerung von mehr als zwei Millionen, neunundzwanzig Familien hervortraten, um einen status in statu zu bilden, und als einleitendes Privilegium für andere im Hintergrund liegende das Recht erlangten, einem einzelnen Kinde den ganzen Reichthum ihres Vermögens mit alleinigem Vorbehalte einer geringen Ausstattung für die übrigen zuzuwenden, so zwar, daß nicht etwa eine von Anbeginn her feststehende Ordnung in den Familien den Enterbten als eine Nothwendigkeit erschiene und ihnen mindestens den traurigen Trost ließe: weh dir, daß du ein Enkel bist! sondern daß die persönliche Gunst des Vaters, zu deren Erringung ja alle Mittel führen können, den glücklichen Bevorzugten mit autonomischer Machtvollkommenheit bestimmt, während den andern sogar der ordentliche Rechtsweg abgeschnitten bleibt, zu des Lebens Nothdurft irgend etwas mehr zu erlangen, als der Wille eines ungerechten Vaters ihnen zuweiset. Hierüber erkennt vielmehr ein souveränes ebenbürtiges Schiedsgericht, welches sogar in dem Falle, wo eine Disposition wegen formeller Nichtigkeit ungültig würde, mit möglichster Aufrechthaltung der Absicht dieser nicht mehr existirenden Disposition die Succession und Abfindung, mit Ausschließung der Intestaterbfolge, zu bestimmen hat! Unsern Gegner zu überzeugen, daß ein solches Recht weder im Rechte noch in der Geschichte begründet sey, daß es namentlich dem niedern Adel am Rheine nie zugestanden, würden wir uns vergeblich bemühen, wenn wir ihm auch ein Collegium über den Adel und seine Rechte lesen und uns auf die ein solches Recht durchaus verneinende Autorität sämmtlicher Gerichtshöfe der Rheinprovinzen beziehen wollten. Wenn aber unser Gegner nie etwas davon gehört zu haben behauptet, daß die Stimme des Volks am Rhein sich gegen die Autonomie ausgesprochen habe, so vergißt er oder will er vergessen die kräftigen Anträge, welche das eigentliche Organ der Provinz der (fünfte) Provinciallandtag, gegen dieses Recht an das Gouvernement richtete, und welche uns wenigstens vor fernern Bevorrechtungen dieses Standes schützen mögen. Die Gesinnungen, woraus diese Anträge hervorgingen, theilen wir mit den Vertretern der Provinz und mit der großen Mehrzahl ihrer Bewohner, ohne daß wir deßhalb zu den Freiheits - und Gleichheitsmännern von 1789 gehören, und wir müssen daher die Jakobiner-Mütze eben so wie den uns etwa zugedachten Sanbenito ablehnen. Freiheit aber wollen wir gegen Standesfreiheiten, und Gleichheit vor dem Gesetz. Und so räumen wir denn dem autonomischen Adel, auf die Gefahr hin, von ihm gemeiner Natur gescholten zu werden, kein anderes Recht ein, als das eben nicht beneidenswerthe, willkürlich seine0103 Kinder zu enterben und im Uebrigen gelten uns seine Glieder nur nach ihrem Verdienste als Menschen und Bürger. Daß sie sich mit wenigen bemerkenswerthen Ausnahmen durch Besitz auszeichnen, gestehen wir zu, wenn dieß anders eine Auszeichnung genannt werden darf; daß sie sich bisher durch Wissenschaft ausgezeichnet haben sollen, ist uns völlig neu, und was ihre Sittlichkeit betrifft, so können wir nicht die Absicht haben, deßhalb Jemand anzuklagen oder zu richten. Wir werden uns freuen, wenn sie ihrem Herrgott die gebührende Liebe und Ehrfurcht erweisen, was ja nicht eben statutenmäßig zu geschehen braucht, da er doch wohl unser aller Gott und Vater ist wenn sie sich die moralischen Vorschriften zur Richtschnur nehmen, welche die Einleitung zu ihrem Statute bilden, und welche im Allgemeinen für Bauern und Handwerker eben so gut passen wie für Ritter nur sollen sie Wissenschaft und Sittlichkeit nicht auch als ein Standesvorrecht in Anspruch nehmen, und sich allein alle geistige und materielle Realität beimessen, nur sollen sie, wie sie es in eben den statutarischen Sittenregeln thun, uns das ehrliche Gewerbe nicht schmähen, indem sie, sich es untersagend, es mit der Haltung schändlicher Spielbanken in eine Classe setzen.

Türkei.

Die Commission, die zur Verwirklichung der im Hattischerif eröffneten Aussichten auf eine Reihe von radicalen Reformen nicht nur im Gebiete der Staatsadministration, sondern auch in dem der Verfassung des Reichs von der Pforte aufgestellt worden, ist bereits in der größten Thätigkeit begriffen. Nichtsdestoweniger beschäftigt sich auch der Ministerrath mit diesem Gegenstande, und nicht ohne Grund besorgt man, daß sich dadurch die Meinungen durchkreuzen und manche Uebereilungen das Resultat des übertriebenen Eifers, mit dem man die Sache betreibt, seyn dürften. Anstatt den Arbeiten der aufgestellten Commission ihren freien Gang zu lassen, anstatt die Ergebnisse ihrer Untersuchungen abzuwarten, scheint man das größte Gewicht auf Schnelligkeit des Verfahrens zu legen, ohne gehörig zu überlegen, daß jede Abweichung vom alten System auf unzählige Hindernisse stoßen muß, daß die Vereinbarung oder vielmehr die vorläufige Bearbeitung der Volksansichten vorausgehen sollte, bevor man sich zum großen Werke der Trennung des Staatsgesetzbungsrechts von dem Mohammedanischen Kirchenrechte anschickt. Es ist leicht zu erkennen, daß man ein Riesenwerk unternommen, in dessen Ausführung man bei jedem Schritte Gefahr läuft, mit dem göttlichen Gesetze in Conflict zu gerathen, so daß man mit größter Umsicht vorzugehen hat, wenn man nicht schon im Beginn sein eigenes Werk vernichten will. Es wäre daher zu wünschen, erstens daß die Zahl der Commissionsglieder bedeutend verstärkt werde, um mehr Einsichten und eine größere Masse von Erfahrungen benützen zu können, dann aber auch, daß der Commission die nöthige Zeit zur Auffindung der geeignetsten Mittel gewährt werde, um Collisionen mit der Kirche so viel möglich zu vermeiden, unvermeidliche aber siegreich zu überwinden. Was den ersten Punkt betrifft, so ist beschlossen worden, daß die Zahl der Mitglieder auf 15 vermehrt, und daß an den Berathungen derselben auch außerordentliche Beisitzer Theil nehmen sollen, unter denen Reschid Pascha, der Urheber des Reformplans, und sein begeisterter Unterstützer, Achmed Fethi Pascha, die vorzüglichsten seyn dürften. Hinsichtlich des zweiten Punkts scheint man von der Ansicht auszugehen, daß es bereits höchste Zeit, die durchgreifendsten Reformen zu unternehmen, und auf jeden Fall rathsamer sey, mit einem Schlage die bestehenden Uebel auszurotten, als mit allmählichen Abänderungen die fanatischen Anhänger des Alten unaufhörlich zu necken. Man scheint dabei zu übersehen, daß außerordentliche Maaßregeln auch außerordentliche Männer verlangen, die man unter den türkischen Machthabern nirgends erblickt. Die türkischen Finanzen scheinen sich nach der eingetretenen Wirksamkeit des mit England abgeschlossenen Handelstractats vom 16 Aug. 1838 bedeutend besser gestellt zu haben, und Reschid Pascha, der jenen Vertrag schloß, feiert eine Art von Triumph über seine zahlreichen Gegner, die nichts Angelegentlicheres kannten, als sein Werk und seine Absichten zu verdächtigen, Es befindet sich gegenwärtig der berühmte französische Marine-Maler, Hr. Gudin, in Konstantinopel, der im Auftrage Ludwig Philipps reist, um in die königliche Galerie dreißig See - und Landschaftsgemälde zu liefern. Auch der große Taschenspieler Bosco scheint länger hier verweilen zu wollen. Der Internuncius hat dem Hrn. v. Pontois ein großes diplomatisches Diner gegeben, zu dem das gesammte Corps eingeladen war.

Eine äußerst stürmische Sitzung hat im Divan stattgefunden. Gegenstand derselben waren die im Hattischerif versprochenen organischen Verbesserungen und ihre Ausführung. Mit Vergnügen melde ich Ihnen, daß die türkischen Triumvirn, Chosrew, Reschid und Halil Pascha fest aneinander hielten, um die Einwendungen zu entkräften und die auf sie gemachten Angriffe abzuwehren. Mit wahrer Erbitterung lehnten sich die anwesenden Ulemas gegen die gefahrdrohenden Neuerungen auf, die man im osmanischen Reiche einzuführen versuche. An sie schloß sich der zweite Schwager des Sultans an, ein ziemlich beschränkter Kopf. Der Streit währte eine Zeit lang mit Animosität von einer mit und nicht hinlänglicher Ruhe von der andern Seite, bis man endlich über folgendes Auskunftsmittel sich vereinigte. Die Vollziehung des Hattischerif soll sich einstweilen auf den ersten der drei darin aufgestellten Cardinalpunkte beschränken; zur Ausführung der zwei übrigen soll ein geeigneterer Zeitpunkt abgewartet werden. Man wird sich daher vorläufig mit der Aufstellung der Garantien beschäftigen, welche den Unterthanen für ihr Leben, ihre Ehre, ihr Vermögen vollkommene Sicherheit gewähren sollen. Die Erlassung der nöthigen Anordnungen zu einer regelmäßigen Vertheilung und Erhebung der Steuern hingegen, so wie ein regelmäßiges Recrutirungsgesetz und die Festsetzung einer bestimmten Capitulationszeit für den dienenden Militär bleiben aufgeschoben. Sie werden billig über dieß seltsame Resultat erstaunen, welches gerade jenen Punkt unmittelbarer Discussion unterwirft, durch welchen die Macht der Ulemas eigentlich als am meisten gefährdet erscheint und dessen Sinn so umfassend ist, daß leicht alle Gegenstände der Gesetzgebung darunter begriffen, ja selbst die auf geeignetere Zeit aufbehaltenen zwei Punkte ohne Zwang subsumirt werden können. Insofern scheint das weltliche Triumvirat den Sieg davon getragen zu haben. Der Veloce ist bereits von Trapezunt zurück in unseren Hafen eingelaufen und bestätigt die früher gegebene Nachricht, daß Graf Sercey mit seinem zahlreichen Gefolge glücklich daselbst ans Land gebracht worden. Wir hatten in der letzten Zeit, besonders während des Fastenmonats, ein sommerähnliches Wetter; ich benützte daher fast jeden Nachmittag, um mich mit dem Innern der Stadt bekannt zu machen. Es ward mir dabei das Glück zu Theil, den türkischen Corso zu sehen, wo das schöne Geschlecht sich in äußerst uneleganten und ungestalteten Wagen auf und abfahren läßt, und wie überall durch Schmuck und feurige Blicke, die unter dem Schleier durchblitzen, die Aufmerksamkeit der Vorübergehenden auf sich zu leiten strebt. Der Sultan übersah aus einem Kiosk, oberhalb derselben Butike, in welcher Mahmud0104 sich dem Volke zu zeigen pflegte, hinter vergitterten Fenstern diese öffentliche Promenade. Wenige Tage zuvor hatte ich Abd-Ul-Medschid in einem mit vier herrlichen Schimmeln bespannten Wagen zu sehen Gelegenheit; ich fand ihn seit vier Monaten bedeutend verändert, wozu ein sichtbarer Anflug von Bart und wie man mir sagte, ein leichtes Unwohlbefinden beigetragen haben mag. Der Sultan fuhr im stärksten Trab, und das Volk und die andern Wagen flogen bei seinem Erscheinen unter den Peitschenhieben der vorausreitenden Polizei in zwei Reihen auseinander. Von seiner Lebensweise weiß man nur wenig; man behauptet, er entwickle in den Staatsgeschäften immer mehr Eifer und Thätigkeit; im Allgemeinen ist er bedeutend weniger sichtbar als sein Vater.

Ostindien und Lahore

Aus Lahore berichten unsere Blätter: Kurruk Singh, Maharadschah und Nachfolger Rundschit Singhs, der seinem geschickten und energischen Minister Dhian Singh durch seine Halsstarrigkeit (den Transport der Lebensmittel für die englische Armee durch seine Staaten nicht bewilligen zu wollen) Gelegenheit zu Zwiespalt gegeben, hat diese Spaltung noch erweitert, indem er Dscheyt Singh, einen intriganten unternehmenden Mann, zu seinem Günstling machte, auch demselben Würden und Ehrenbezeugungen ertheilte, die nur zum Sturze Dhian Singhs führen konnten. Dieß konnte von einem Manne, dessen Einfluß und Rath bei Rundschit Singh so bedeutend war, nicht ruhig angesehen werden, und führte zu einer Verschwörung zwischen Dhian Singh, Nau Nihil Singh (Kurruks Sohn) und mehrern andern Häuptlingen, um sich Dscheyt Singhs durch den Tod zu entledigen. Am 8 October umgab Nau Nihil Singh, würdiger Sohn eines würdigen Vaters, den Palast mit seinen Soldaten, und in Gegenwart seines Vaters in vollem Durbar wurde Dscheyt Singh ermordet, auch mehrere Häuptlinge erschossen, einer so nahe beim Maharadschah. daß die Kugel dessen Arm streifte. Alle Wachen wurden sodann gewechselt, und Kurruk Singh unter Aufsicht gestellt. Einige Tage nachher begab sich der ganze Hof nach Umritsir, um den Dessarah zu genießen; man hatte aber Sorge, den Maharadschah streng zu bewachen. Er ritt auf einem Elephanten von zwei Regimentern Soldaten umgeben. Der Schatzmeister und Liebling Rundschit Singhs Bene Ram, der nur Dhian Singh in Gunst nachstand, ist ins Gefängniß geworfen worden, angeklagt, vergessen zu haben, den präsumtiven Thronerben (Nau Nihil) in den Schatz zu führen. Sein Hauptverbrechen besteht in seinem unermeßlichen Reichthum und den 10 Bataillonen unter seinen Befehlen. Dewan Sawan Mull, Häuptling von Multan, einer der mächtigsten Männer des Pendschab, soll sich für Nau Nihil Singh erklärt haben. Der listige Minister Dhian Singh hat es an keinen Versuchungen fehlen lassen, um den Neffen Rundschit Singhs zu verführen, obgleich er wenige Zeit vorher diesem letztern geschworen, seinen Lieblingssohn Kurruk Singh durch seinen Einfluß und seine Kenntnisse zu unterstützen. Shere Singh (Kurruks Bruder) bleibt bis jetzt im Hintergrunde, jedoch auf der Seite seines Neffen Nihil Singh, der wahrscheinlich in seinen und Dhian Singhs Händen nur ein Werkzeug ist, welches man wegwirft, wenn man es nicht mehr braucht. Die Engländer müssen sich jetzt darein mischen, wenn sie die Integrität des Pendschab sichern und Kurruk Singh auf dem Throne erhalten wollen; es wäre vielleicht besser, die verschiedenen Parteien handgemein werden zu lassen, um sich zu versichern, welche derselbe die mächtigste sey.

Die Pariser Blätter vom 8 Jan. enthalten Auszüge aus der neuesten über Marseille nach England gehenden indischen Post, deren Hauptinhalt, namentlich die wichtigen Nachrichten aus China, wir schon gestern in Correspondenzen aus Alexandria mittheilten. (Das Ausführlichere über China s. in der heutigen Beilage.) Folgende jenen Auszügen entnommenen Notizen mögen zur Ergänzung unserer eigenen Berichte dienen. Nach einer Berechnung in der Bombay Gazette vom 28 Nov. beträgt seit der Unterbrechung des Opiumhandels mit China der bloße Ausfall in den Zöllen beinahe 9 Millionen Rupien (die Rupie ungefähr = 1 fl. 12 kr. ), und der Verlust (resp. entgehende Gewinn) der Kaufleute von Bombay gegen 5 Millionen Pf. St. Die Zahl der brittischen Handelsschiffe, die beim Ausbruch der Feindseligkeiten unthätig an der Küste von China lagen, war 58. Nach Briefen aus Lahore vom 1 Nov., die man in Bombay erhalten, war der älteste Sohn Rundschit Singhs und dessen Nachfolger in der Herrschaft, Kurruk Singh, durch seinen eigenen Sohn, Nau-Nihil Singh, entthront worden, welcher, obwohl erst 21 Jahre alt, an Fähigkeiten und Charakterstärke das Abbild seines verstorbenen Großvaters seyn soll. Diese Eigenschaften haben ihm das Vertrauen der Anführer des Heers, auch der französischen Officiere, gewonnen, so daß man sagen kann, es bestehe jetzt nur noch Eine Partei in Lahore. Der Thronwechsel ging indeß nicht ohne einiges Blutvergießen vor sich, indem mehrere angesehene Eingeborene ihre Widersetzlichkeit gegen den neuen Herrscher mit dem Leben büßten. General Ventura, der das ganze Vertrauen des neuen Maharadschah zu besitzen scheint, soll mit einer besondern Sendung an den Generalstatthalter von Brittisch-Indien, Lord Auckland, beauftragt worden seyn.

0097
Beilage zur Allgemeinen Zeitung
13 Januar 1840

Die neuesten Händel mit den Chinesen.

Folgendes sind die gestern erwähnten näheren Berichte über die Vorgänge in China: Bay von Hong-Kong, an Bord des Hercules, 9 Sept. Am 22 August wurde allen Engländern in Makao geboten, die Stadt in Zeit von zwölf Stunden zu verlassen. Mit Ausnahme des Hrn. Beale, der als preußischer Consul zurückbleibt, und des Hrn. P. Stewart, dessen Frau krank darnieder liegt, und daher bei Hrn. King, amerikanischem Kaufmann und Freund von Lin (dem kaiserlichen Commissär) Zuflucht genommen, haben wir uns alle so schnell eingeschifft, daß wir kaum Zeit hatten, unsere Bücher und Kleider mitzunehmen. Die Fregatte Ihrer Maj., Volage, lag noch in den Gewässern von Makao vor Anker. Der Tod eines Chinesen bei einer in der Bay Hong-Kong stattgehabten Schlägerei ist die Ursache dieser Vertreibung. Lin verlangte die Auslieferung des Mörders, da ihn aber Niemand kannte, so gab er den Portugiesen Befehl, die Engländer zu verjagen; hätte man auch gewußt, wer und wo er sey, würde man ihn doch auf keinen Fall ausgeliefert haben. Die Chinesen fingen wiederum an, uns unserer chinesischen Bedienten zu berauben, und als wir portugiesische annahmen, hielten sie die Lebensmittel für die Engländer zurück, und würden ebenso gegen die Portugiesen gehandelt haben, wenn wir uns nicht eingeschifft hätten. Wir müssen gestehen, daß die Regierung von Makao, die ganz machtlos ist, keine geschriebenen Befehle zu unserm Einschiffen erließ, officiell machte der Gouverneur vielmehr bekannt, daß er uns, so viel es in seiner Macht liege, beschützen würde, aber unter der Hand ließ er uns wissen und ließ es uns durch seine Freunde beibringen, daß er nichts für uns thun könnte, daß wahrscheinlich die Häuser der Engländer von den in der Umgegend befindlichen chinesischen Truppen umzingelt werden würden, und unserm Leben und Eigenthum alsdann ernstliche Gefahr drohe. Am 23 August Nachmittags benachrichtigte er Hrn. Astell, Präsident der Committee der öffentlichen Sicherheit, daß, wenn die englischen Residenten nächsten Tags um Mittag zum Einschiffen bereit wären, die Garnison sich zu ihrer Beschützung, gegen Beleidigungen von Seite des chinesischen Pöbels, unter den Waffen befinden würde. Am folgenden Tage um Mittagszeit war indessen weder Garnison noch chinesischer Pöbel zu sehen, nur der Gouverneur in voller Uniform wollte sich vom Einschiffen der Engländer überzeugen, bevor er dem Senat darüber Bericht erstattete. Als die Einschiffung stattgefunden, gab der Senat den Mandarinen davon sogleich Nachricht.

Am folgenden Tag ließ Lin den Portugiesen für die Vertreibung der Engländer seinen Dank abstatten, wobei er ihnen anzeigte, daß er nächsten Sonntag selbst nach Makao kommen würde, um ihnen seine Zufriedenheit zu bezeugen. Bei seiner Ankunft empfingen ihn die portugiesischen Truppen an der Barrière und begleiteten ihn nach Makao, wo die Staatsbeamten ihn unter dem Donner der Kanonen empfingen. Er blieb jedoch nur kurze Zeit in der Stadt, da, wie man sagte, er einem andern von Peking angekommenen Commissär entgegen gehen müsse. Unser Handel mit Canton ist nun gänzlich abgebrochen; die Amerikaner ziehen den besten Nutzen daraus. Unsere Geschäfte sind, wie Sie leicht denken können, in größter Confusion.

Ein trauriger Zufall hat dieser Tage stattgefunden. Die Goelette Black Joke verließ Makao mit einem Passagier, Hrn. Moß und 6 Lascars, mußte indessen, um die Ebbe abzuwarten, bei Lanhao vor Anker gehen. Dort wurde sie, als auf dem Schiffe sich Alles dem Schlaf überließ, von drei Mandarinenböten überfallen, deren Mannschaft an Bord stieg und die Lascars bis auf einen, der sich durch Schwimmen rettete, tödtete. Dem Hrn. Moß, der in der Cajüte schlief, wurde der linke Arm beinahe ganz abgehauen; er erhielt überdieß eine Wunde am Kopf, und als sie ihm ein Ohr abgeschnitten, steckten sie es ihm zum Spott in den Mund. Nachdem sie das Schiff beraubt, wollten sie es in Brand stecken, wurden aber durch das Ansegeln eines andern Schiffs daran verhindert. Hr. Moß, obgleich schwer verwundet, wird wahrscheinlich gerettet werden.

Den 4 Morgens, als für den Augenblick Alles ruhig schien, begab sich Cap. Elliot (der seit dem 23 Aug. sich an Bord in Hong-Kong befand), mit seinem Kutter und der Goelette Pearl nach der Bay von Coalloan, um Lebensmittel einzukaufen. Als sie daselbst ankamen und ihr Begehren bekannt machten, wurden Lebensmittel in Menge herbeigebracht, die Mandarinen der Kriegsdschonken widersetzten sich indessen ihrem Einschiffen. Cap. Elliot gab ihnen eine halbe Stunde Bedenkzeit, bevor er auf sie feuern würde. Die halbe Stunde verging, und die erste Kanone wurde gelöst. Um 3 Uhr Nachmittags hörte man den Kanonendonner in Hong-Kong, schrieb ihn aber Freudenbezeugungen der Chinesen zu; da er fortfuhr, so verließen wir die Schiffe um halb Fünf, und als wir die Spitze von Hong-Kong erreichten, näherten sich schon mehrere unserer Boote, Munition verlangend, und dem Volage den Befehl bringend die Anker zu lichten. Drei Kriegs-Dschonken wollen in See stechen, das wohlgerichtete Feuer des Kutters und der Pearl nöthigten sie aber unter den Kanonen von Caolloan Schutz zu suchen. Um 6 Uhr war die Fregatte im Gesicht, da gerade Capitän Douglas in seinem Boote mit 24 europäischen Matrosen und drei andern Booten mit Lascars eine Kriegs-Dschonke durch Entern zu nehmen suchte. Er mußte indessen davon abstehen, da das Fahrzeug zu hoch und mit Netzen umgeben war. Das Resultat war, daß wir ohne Lebensmittel blieben und die Dschonken uns in der Nacht entwischten. Befehl wurde alsdann gegeben, Alles für den nächsten Morgen vorzubereiten, um die Festung und die Dschonken zu zerstören; wir waren auch alle zur bestimmten Stunde bereit, gegen 1000 Mann; indessen zu Aller Erstaunen sahen wir die Fregatte, die Pearl und den Kutter von ihren Booten im Schlepptau genommen davon fahren, während sie uns durch Signale mahnten, dasselbe zu thun. Capitän Elliot war in der Nacht anderer Meinung geworden.

Ohne entscheiden zu wollen, ob er Recht hatte oder nicht, den Streit anzufangen, scheint es doch keinem Zweifel unterworfen, daß, da er den ersten Schlag gethan, er durch Wegnahme der, die Einschiffung der Lebensmittel hindernden Dschonken der Sache ein Ende machen mußte, während jetzt durch dieses Kanonenfeuer, das von 3 Uhr Nachmittags bis in die Nacht dauerte, nichts Anderes erzielt wurde als uns noch mehr mit der chinesischen Regierung zu überwerfen, ohne ihr Furcht einzuflößen, denn nach dem, was vorgefallen, werden sie sich ohne Zweifel den Sieg zuschreiben. Ihr Verlust an Getödteten besteht in einem Mandarin von hohem Range, einem von niedrigerem und vier Soldaten; von unserer Seite wurden vier Matrosen verwundet, deren einer wahrscheinlich sterben wird. Capitän Douglas wurde durch eine Kugel am Arme verwundet. Die Chinesen sollen Brander verfertigen, um die Flotte0098 bei Hong-Kong durch Feuer zu zerstören, auch sollen sie 60 bis 70 große Kriegs-Dschonken versammelt haben; wir fürchten indessen nichts, da Capitän Smith, Commandant der Fregatte Volage, das Obercommando übernommen.

Ein anderer Brief vom 7 Sept. lautet: Hong-Kong. Den 5 Sept. begab sich Capitän Elliot mit Capitän Smith von der Fregatte Volage, in seinem Kutter, von einer bewaffneten Goelette begleitet, nach dem östlichen Eingange dieses Ankerplatzes, um den daselbst befindlichen Kriegs-Dschonken wegen des Rückhaltens der Lebensmittel Vorstellung zu machen; das Betragen der Mandarinen war aber so insolent, daß nach einigen Unterhandlungen Capitän Elliot, in der Hitze des Augenblicks, das Feuer anzufangen befahl. Dieses wurde von den Dschonken und der Festung Schuß für Schuß ohne Resultat bis in die Nacht erwiedert. Die Fregatte war unterdessen mit den bewaffneten Booten der Kauffahrteischiffe nach dem Schlachtfelde unter Segel gegangen; da jedoch die Mandarinen den folgenden Morgen nichts weiter unternahmen, so schien es dienlich, die Feindseligkeiten nicht zu erneuern. Capitän Elliot soll die Absicht haben, die chinesische Regierung wissen zu lassen, daß er gesonnen sey, die chinesischen Gewässer beim ersten Nordwinde zu verlassen; wir werden alsdann wahrscheinlich Alle nach Manilla abgehen, und die Geschäfte können von da aus mit neutralen Schiffen fortgesetzt werden. Zu einem verlängerten Widerstande, besonders wenn die Chinesen mit Brandern drohen, reichen unsere Vertheidigungsmittel nicht hin. Folgender officielle Bericht wurde den 21 August in Makao bekannt gemacht:

Da der Superintendent des englischen Handels in China sich überzeugt hat, daß man von den portugiesischen Einwohnern verlangt, den Engländern die Bedienten zu nehmen, auch Lebensmittel und alle andere Art von Beistand zu verweigern, so ist er nicht gewillt, sie fernerhin durch unsere gegenwärtigen Differenzen mit der chinesischen Regierung bloßzustellen; er zeigt daher allen brittischen Unterthanen an, daß er sich diesen Abend mit den Officieren der Superintendenz einschiffen werde. Alle brittischen Unterthanen, die ihn nach Hong-Kong begleiten wollen, sind benachrichtigt, daß er die Nähe des Ankerplatzes nicht vor dem 22 d. Morgens verlassen werde.

Ostindien und Afghanistan.

In der Times findet sich ein Schreiben von einem englischen Stabsofficier im Lager von Kabul, dem wir Folgendes entnehmen: Unser Marsch von Quetta bis Kandahar war höchst beschwerlich. Die Einwohner wagten keinen offenen Krieg, hieben aber jeden Nachzügler zusammen. Unsere Kameltreiber wurden häufig von Wegelagerern zu Gefangenen gemacht und ihre Thiere in die Berge getrieben. Da auf solche Weise unsere Transportmittel geschmälert wurden, zerstörten wir lieber viele Habseligkeiten, als daß wir sie in die Hände der unsere Armee umschwärmenden Maraudeurs fallen ließen. Die Nächte waren eben so kalt, als die Hitze bei Tag ausnehmend war; während um 2 Uhr Nachts in unsern Zelten der Thermometer 52° zeigte, stieg er bis gegen 2 Uhr Nachmittags auf 104° F. Diese großen atmosphärischen Wechsel hatten bei unsern Truppen Fieber und heftige Unterleibsbeschwerden zur Folge. Zudem mangelte es sehr an Lebensmitteln, so daß die Rationen mitunter auf den vierten Theil vermindert werden mußten. Am meisten litten aber die armen Thiere. Dem 16ten Lanciersregiment allein fielen über hundert Pferde durch Hunger; bei andern Reiterregimentern noch mehr. Hier und da konnte man etwas Weizen, das Kupee zu 2 Seers (4 Pfd. St.) kaufen; die Officiere ließen ihn mahlen und zu Kuchen für ihre Pferde herrichten. Die Officiere theilten mit ihrer Mannschaft dieselben Entbehrungen; nur wenige besaßen noch einigen Branntwein, die meisten waren auf klares Wasser reducirt; das Brod war sehr theuer, weniger das Fleisch. Der Fürst von Kandahar rückte uns halbwegs entgegen, um uns eine Schlacht zu bieten; aber der Bericht einiger Spione aus dem Afghanenlager, die sich in das unsrige geschlichen, erschreckte ihre Führer dergestalt, daß sie sich augenblicks zurückzogen. Zum Glück für uns hatten sie unseren wahren Zustand nicht errathen; denn was hätten wir thun können? Unsere Cavallerie (zwei brittische Regimenter und drei von Eingebornen) war durch Hunger und Todesfälle großentheils entmuthigt und unbrauchbar, die Artilleriepferde konnten mit knapper Noth die Kanonen noch fortschleppen, und nicht selten mußten sich noch 30 bis 40 Mann davor spannen, um sie weiter zu bringen. Die Infanterie endlich war durch Strapazen und Hunger schwach und krank ... Ich bin sehr froh, daß der Feldzug, und zwar so glücklich, zu Ende ist. Wir haben fünf Monate lang Strapazen und Entbehrungen ausgestanden, wie vor uns selten ein Heer; nur die des Napoleonischen Feldzugs in Rußland lassen sich damit vergleichen. (?!) Die Regierung hat, glaub 'ich, die Absicht, jedem Officier einjährige Extra-Batta (Soldzulage) zu bewilligen. Um Ihnen einen Begriff zu geben, was der Unterhalt eines Pferdes in dieser Campagne kostete, bemerk' ich, daß meine zwei Pferde monatlich für 150 Rupien (15 Pfd. St. = 180 fl.) Hafer fraßen ... Der Einzug Schah Schudschah's in seine Hauptstadt war ein prachtvolles Schauspiel. In Kabul herrscht jetzt vollkommen Ruhe, aber um diese Ruhe zu erhalten, werden 6 Infanterieregimenter, 1 Cavallerieregiment und eine Brigade Artillerie in Afghanistan stehen bleiben. Was man in England über Lord Aucklands Politik nrtheilen mag, weiß ich nicht; aber ich, der ich mich hier an Ort und Stelle befinde, behaupte ohne Anstand, daß ohne sein entschiedenes Auftreten unsere indischen Besitzungen in die größte Gefahr gerathen wären. Alle die kleinen Staaten waren zum Aufstand reif; aber der Fall von Ghisni wird sie ruhig bleiben lehren, wenigstens den größern Theil derselben, denn in Nepal und Birma möchte allerdings etwas zu gewärtigen seyn ... Kabul ist die schönste Stadt in diesen Landen, die ich noch gesehen, mit einer Bevölkerung von mehr als 60,000 Seelen. Die Straßen sind breit, reinlich und regelmäßig, der große Bazar mit seinen reichen Waarenvorräthen, besonders englischen, russischen und chinesischen, sehr sehenswerth. Der Menschenschlag ist schön von Gesicht und Gestalt; die Züge haben den jüdischen Typus und deuten offenbar auf Abstammung von einem der zerstreuten israelitischen Stämme. (?) Hin und wieder glaubt man eine Mischung mit dem griechischen Blut wahrzunehmen. Das umliegende Land heißt noch im Munde der Eingebornen Bacturezamin (das Land Bactrien*)Die eigentliche Landschaft Bactriana (Balk) lag dem Lande der Paropamisaden, zu denen die Kaboliten gehörten, nordwestlich. A. d. R.. Es ist ein reiches Feld für den Alterthumsforscher: seit meinem fünfwochentlichen Aufenthalt habe ich bereits mehr als hundert Münzen der alten bactrischen Herrscher, von Theodotus bis auf Eukratides, gesammelt; auch schöne indoscythische Münzen finden sich. Ich betrachte meine Münzsammlung als sehr schätzenswerth, da sie über einen so dunkeln Theil der Geschichte einiges Licht verbreitet. **)Vergl. Ueber bactrische Alterthümer Ausland 1858 Nro. 26 ff.Dazu ist dieses herrliche Thal ein wahrer Fruchtgarten: ungeheure Trauben von der sonnigsten Durchsichtigkeit, Aepfel, Birnen, Pfirsiche, Pflaumen aller Art, Melonen, Granatäpfel, Wallnüsse u. s. w., alles spottwohlfeil. 0099Dazu die besten und feinsten Gemüse. Die Stadt Ghisni wird im Orient als ein zweites Medina betrachtet, so viel Gräber und Reliquien von Heiligen und berühmten Männern befinden sich daselbst, unter andern das Grab Schah Mohammeds, des Eroberers von Hindostan im eilften Jahrhundert. In dem Drunter und Drüber nach der Erstürmung der Festung kribs'te ich (I cribbed), à la Lord Elgin, ein kleines mit persischer und arabischer Schrift bedecktes Marmorgrab, das ich nach England senden werde. Nun noch ein Wort über die Schönen des Afghanenlandes. Ihre Gestalten sind ausgezeichnet hübsch, von ihren Gesichtern kann ich nur wenig sagen, da sie immer dicht verschleiert gehen, bis auf ein kleines Gitterwerk für die Augen; wenigstens so lange wir Feringhis (Engländer) hier sind, wird dieser Schleier nie beiseite gelegt. Nur die alten und häßlichen Schönen zeigen sich unverschleiert. Doch einmal, auf einem Spazierritt, erhaschte ich einen Blick auf ein junges schönes Weib; sie saß vor ihrer Thüre, das hübscheste Geschöpf, das ich je gesehen eine wahre Rebecca und was sie noch interessanter machte, sie reichte eben einem kleinen Engel von Knaben die Mutterbrust. Leider trieben ihre älteren Verwandten sie sogleich ins Haus ... Das Klima ist jetzt köstlich, nicht zu warm und nicht zu kühl, dazu Ueberfluß an Lebensmitteln und afghanischem Branntwein.

Ueber die Zunahme der Verbrechen und Rückfälle in Frankreich von Guerry.

S. Annales d'Hygiène publique et de Médecine légale. Octobre 1839.

Während der zwölf Jahre von 1825, wo der erste, bis 1836, wo der letzte Rechenschaftsbericht der Criminaljustizverwaltung erschien, wurden nahe an 826,000 Individuen beiderlei Geschlechts vor die Assisen und die Zuchtpolizeigerichte des Königreichs gestellt.

In diesem Zeitraum stieg die ganze Summe der Verbrechen und Vergehen von 57,669 auf 79,930, also um 39 Procente. *)Hievon sind die politischen Vergehen und Verbrechen, so wie die Uebertretung der Gesetze und Verordnungen über Wasser, Wälder, Finanzen, Fischerei, Minen, Häfen und öffentlichen Unterricht abgezogen.

In demselben Zeitraum von zwölf Jahren hat sich die Anzahl der Verbrechen des falschen Zeugnisses und der Verführung zum falschen Zeugniß um ein Viertheil, jene des Mords und Mordversuchs um etwas über ein Drittheil, jene der Fälschung fast um die Hälfte vermehrt.

Wenn auch das Verbrechen der Körperverletzung und der Nothzucht Erwachsener sich gegen die vorausgegangenen Jahre vermindert hat, so sind auf der andern Seite die Angriffe auf Kinder unter 16 Jahren im Jahr 1836 doppelt so häufig gewesen als im Jahr 1825.

Vergleicht man aber, statt der Jahre 1825 und 1836, wodurch der Unterschied freilich viel auffallender wird, das mittlere Ergebniß der sechs ersten und sechs letzten Jahre dieser Periode mit einander, so erscheint die Zunahme weniger beträchtlich, und beträgt für die ganze Summe der Vergehen und Verbrechen ungefähr 13 Procent.

Die verhältnißmäßige Zunahme der bedeutendsten Verbrechen während der zweiten Periode beträgt:

Verbrechen gegen die Person. Zunahme gegen die ersten sechs Jahre: Vatermord 84 Procent. **)Während dieser zwölf Jahre waren 219 Individuen wegen Vatermords angeklagt!Drohung 73; Todtschlag, Versuch des Todtschlags, und Verwundungen, welchen der Tod folgte 35; Rebellion 34; Gewaltthätigkeiten, von Bettlern und Vagabunden begangen 26; Schändung und Angriff auf die Unschuld von Kindern unter 16 Jahren 23; falsches Zeugniß und Verführung hiezu 19; Mord und Mordversuch 16; Kindsabtreibung 13; Kindsmord und verheimlichte Niederkunft 3 Procent.

Verbrechen gegen das Eigenthum. Brandstiftung an nicht bewohnten Gebäuden, Wäldern etc.: Zunahme 103 Procent; Fälschung von Urkunden und Unterschiebung falscher Personen 94; Falschmünzerei 89; Zerstörung fremden Eigenthums 55; Brandstiftung an bewohnten oder zur Wohnung dienenden Gebäuden 19; Fälschung von Privatschriften und in Conscriptionssachen 17 Procent.

Die Mehrzahl der übrigen Verbrechen bietet eine Verminderung dar.

Der Zunahme der Verbrechen und Vergehen steht die noch raschere und überdieß allgemeinere der Rückfälle zur Seite.

Die Verbrechen sind keineswegs, wie man annehmen sollte, von der ganzen Masse der Angeschuldigten im ungefähr gleichen Verhältnisse begangen, sondern großentheils von einer besondern Classe von Uebelthätern, welche ihrem ersten Verbrechen stets neue hinzufügen, und welche mehr und mehr Verbrecher werden, sobald sie einmal die Schwelle eines Gefängnisses überschritten haben. Nur von 1828 bis 1836 hat sich die ganze Summe der Rückfälle um das Doppelte vermehrt, indem sie von 4760 auf 9682 gestiegen ist.

Scheidet man die Verbrechen und Vergehen aus, so findet man, daß die Zunahme jener 25, dieser hingegen 113 beträgt.

Vergleicht man nun die Anzahl der Rückfälle mit den der in jedem Jahre Angeklagten, ohne Vergehen und Verbrechen zu unterscheiden; so bemerkt man eine sehr auffallende verhältnißmäßige Zunahme, welche rapider ist, als die absolute.

Von 1000 Angeklagten, welche im Jahr 1826 vor den Assisen standen, waren 108 rückfällig; 10 Jahre später, 1836, waren unter eben so vielen 205, also fast die doppelte Anzahl Rückfälliger.

Von 1000 dem Zuchtpolizeigerichte im Jahr 1828 Uebergebenen waren 60 rückfällig, im Jahr 1836 hingegen in derselben Anzahl nicht weniger als 113.

Der deutlichste Beweis, daß diese allgemeine Vermehrung der Rückfälle nicht zufällig sey, liegt in der erstaunlichen Regelmäßigkeit derselben, nicht nur wenn man die beiden äußersten Punkte (1825 und 1836) oder die erste und zweite Hälfte dieser Periode, sondern auch, wenn man die einzelnen Jahre mit einander vergleicht.

〈…〉〈…〉

Besonders häufig sind die Rückfälle junger Delinquenten unter 21 Jahren, gleichsam als sey es in der Jugend leichter den zweiten Fehler zu begehen, nachdem man einmal den ersten begangen, oder vielmehr, nachdem man einmal die verderbliche Luft unserer Gefängnisse geathmet hat.

Im Jahr 1827 zählte man unter 1000 Rückfälligen 131 unter 21 Jahren, 1836 in derselben Zahl 162.

Die verhältnißmäßige Zunahme der Rückfälle in der ganzen0100 Masse der Angeklagten, ohne weitern Unterschied, fällt traurigerweise mit einer andern Zunahme zusammen, welche bisher nicht bemerkt worden zu seyn scheint, nämlich mit jener der Häufigkeit der Rückfälle bei einem und demselben Individuum.

Unter 1000 Verurtheilten und später wieder Entlassenen, welche 1827 vor den Assisen standen, waren nur 180, welche schon mehr als eine criminelle oder correctionelle Strafe erlitten hatten; neun Jahre später, 1836, waren in derselben Zahl deren bereits 363, also noch einmal so viele.

Wenn man, wie oben, immer zwei Jahre zusammenstellt, so findet man, daß diese Zunahme mit einer schreckenerregenden Regelmäßigkeit vor sich geht.

Von 1000 Rückfälligen hatten zur Zeit ihres neuen Verbrechens bereits mehr als Eine Verurtheilung erlitten

〈…〉〈…〉

In dieser Classe sind diejenigen die Gefährlichsten, welche aus dem Verbrechen ein Gewerbe machen, so daß sie trotz der Gewandtheit, mit der sie der Gerechtigkeit zu entschlüpfen wissen, nach und nach zehn und mehr Verurtheilungen erlitten.

Die einfache Aufzählung dieser Thatsachen, deren Genauigkeit unbestreitbar ist, beweist mehr, als lange Abhandlungen, wie tief das Uebel sitzt, und wie wichtig es ist, seine Fortschritte zu hemmen.

Die allgemeine Meinung, mit allem Recht über diese Ergebnisse der Statistik beunruhigt, dringt auf Reformen, welche sowohl für die Strafgesetze, als für die Gefängnißeinrichtungen unerläßlich sind; und der Gesetzgeber, welcher die Verbesserung derselben noch hinausschieben wollte, würde eine schwere moralische Verantwortung auf sich laden.

Die dießjährige französische Kammersession.

Bis jetzt hat es den Anschein, daß es wenig Rumor in der Kammer geben werde. Auf hohe Fluth ist tiefe Ebbe eingetreten; der einzige Thiers hat schärfere Rancune, indem ihm seine Adjutanten abtrünnig geworden sind, ein ganzes Rudel aus dem Tiers-Parti, ohne die Minister des Tiers-Parti zu erwähnen. Auch soll er gesagt haben, in gewissen Momenten würde es ihm einen Spaß machen, den wilden Jäger zu spielen, damit hin und wieder die Minister ein leichter Schauder überliefe. Aber über das Peitschengeknall hinaus wird es keinen Lärm geben. Tant mieux sagen die Minister, und hoffen sich so ziemlich ungeschoren aus dieser Sitzung herauszuziehen, denn die Kraft ist abgestumpft, mit der man im vorigen Jahre Sturmleitern anlegte zur Demolirung des Ministeriums Molé. Der große Fabius Cunctator hat Thiers und Guizot sich mühen, winden, krümmen lassen, und eben weil sie sich gemüht, gewunden, gekrümmt haben, d. i. eben weil sie kleine Menschen gewesen sind, hat das unveränderliche System über diese stürmischen Competenten seiner Gunst einen impassibeln Triumph davon getragen. Thiers und Guizot können oder sollen einzeln oder zusammen noch möglich werden in seinem Geiste, aber nur nach einer vollständigen Offenbarung ihrer Nichtigkeit. Guizot drängt sich der erste an diese Möglichkeit hinan, capitulirend, um sich in den Sattel zu schwingen; sollte er aber einmal in den Steigbügeln beide Füße haben, so kann man überzeugt seyn, daß sein Arm so paralysirt worden, daß das Pferd seinen Reiter führen wird und nicht der Reiter das Pferd. Thiers setzt unterdessen seine Opposition fort in allerlei neckischen Mischungen, und instruirt sich bei irgend einem amerikanisirten Franzosen à la Carter oder Van Amburgh, wie man wilde Thiere zu zähmen habe, um mit ihnen unschuldig zu paradiren; aber kömmt er einmal wieder an die Reihe, so wird er auch nichts seyn, als ein dem Volke zum Besten gegebener Gladiator, dem Augustus den ersten Applaus zuwirft. So lange kein neues Element in die Deputirtenkammer kommt, mag man sich nur immer beruhigen; mit allen Oppositionen hat es dann nicht viel zu sagen. Das alte Lied, das alte Lied! Es ist wahr, die Frage einer Umänderung in den Wahlgesetzen wird immer mehr Bedeutung gewinnen, aber es ist leichter sie aufregen als sie herbeiführen. Die jetzigen Wahlcollegien herrschen, die Deputirten sind ihre Mandatare; auf Unkosten der Grundeigenthümer sind alle Geschäftsleute, von den Notarien an bis zu den Huissiers herab, die dirigirende Seele der Wahlcollegien; ihr Einfluß in den Departements bildet dort den Kern des bürgerlichen Philippismus und ist ungeheuer. Man denke, wie gut Hr. Teste mit seiner Reform hat angeschrieben seyn müssen, und wie sehr eine allerhöchste Person hat zufrieden seyn können mit den Neuerungsvelleitäten dieses Ministers.

Großbritannien.

Vor einigen Tagen fand in Birmingham eine Chartistenversammlung statt, um einen Abgeordneten zum Nationalconvent zu wählen. Der Vorsitzende las ein Schreiben des Convents, worin der Rath ertheilt war, keinen Mann zu wählen, der nicht gelobe, in einem gemeinsamen Versuch zur Befreiung John Frosts, falls dieser verurtheilt würde, sein Leben zu wagen. Ein Hr. Brown ward als Abgeordneter der arbeitenden Classen vorgeschlagen. Derselbe erklärte: Das Amt, das ihr mir anbietet, ist ein gefahrvolles; wer in den Convent eintritt, kann sagen, daß er den Strick um den Hals hat. Ihr habt weder Muntz, noch Attwood, noch überhaupt die Mittelclassen auf eurer Seite. Ganz auf eure eignen Hülfsquellen seyd ihr angewiesen, und ich fürchte, die Regierung ist nur allzu geneigt, die rohe Gewalt zu eurer Unterdrückung anzuwenden. Der Kampf wird ein verzweifelter werden. Hätten die arbeitenden Classen früher ihre Schuldigkeit gethan, so wäre Frost jetzt nicht im Gefängniß; im Gegentheil, die Minister stünden unter der Anklage auf Hochverrath vor den Schranken des Volks. Mögen die arbeitenden Classen mit lauter Stimme verkündigen, daß sie lieber durch das Eisen als durch das Feuer fallen wollen, daß sie der Soldateska der Gewalthaber herzhaft die Waffen in der Hand zu Leibe gehen wollen, und ich werde zu Sieg oder Tod in ihren vordersten Reihen auf den Feind stürmen. Aber ich habe keine Lust, mich wie ein Don Quixote gegen Windmühlen zu schlagen. Wenn ihr mich zu eurem Abgeordneten wählt, will ich meine Pflicht thun, aber thut ihr auch die eurige. Der Vorsitzende, ein Hr. Porter, äußerte hierauf: Wir brauchen einen Mann, der klug und kaltblütig ist. Ich enthalte mich, die Absichten des Convents im Einzelnen anzugeben; ich kündige euch nur an, daß bald ein Versuch stattfinden wird, der die Gesellschaft bis in ihr Innerstes erschüttern und ganz Europa durch die Kühnheit des Plans in Erstaunen setzen soll. Hr. Brown wurde zum Abgeordneten ernannt.

Solche Dinge werden von den Chartisten bei hellem Tage verhandelt! Angesichts derselben enthält der radicale Spectator0101 einen Artikel unter der Aufschrift: Der Elephant und seine Wärter , worin er letztern (den liberalen Ministern) Schuld gibt, durch falsche Behandlung in Güte und Strenge den Elephanten John Bull wahnsinnig gemacht zu haben. Die Wahrheiten, heißt es darin, sind entweder absolute oder bedingte. Daß Wissen eine Macht ist , mag eine absolute Wahrheit heißen; daß Unwissenheit ein Glück ist , ist eine bedingte Wahrheit. Es mag wahr seyn, daß das englische Volk glücklicher war, als es unwissender war; aber diese Wahrheit ist bedingt durch die weitere Thatsache, daß das Volk damals besser versorgt war. Jetzt ist es schlecht behaust, schlecht genährt, schlecht unterrichtet, kurz in Allem schlecht daran. Nun kommt ihm, dem kein anderer Befreier kommen wollte, das Wissen als ein Befreier, und nachgerade erweist es sich als eine Macht und droht hinzureichen, wenn auch nicht zur Beglückung des Volks, doch zum herben Unglück der übrigen Staatsgesellschaft. So war es immer, in der Geschichte und in der Sage. Erschien kein Retter den Unterdrückten? Den Kindern Israel in der ägyptischen Dienstbarkeit kam ein Gott, der nicht nur sie errettete, sondern Plagen und Tod dem Unterdrücker brachte. Gleichwohl gibt es für ein Volk keine verderblichere Art, sich zu befreien, als jene Art der Selbstbefreiung, wobei es das Land vom Norden bis zum Süden erschüttern lernt, und in der ersten Erprobung seiner ungewogenen Kräfte, blind und ohne Berechnung, nicht bloß die Mauern seines Gefängnisses, sondern das ganze gesellschaftliche Gebäude umstürzt.

Wenn sich die Völker selbst befrei'n, Da kann die Wohlfahrt nicht gedeih'n , sagt Schiller, ziemlich absolutistisch vielleicht denn wie soll es z. B. auf Amerika passen? aber doch bedingungsweise wahr. Aber wer wird Ziel und Schranken den Bewegungen eines tollen Elephanten vorstecken? Seine Kraft ist zu groß, um genau zu ermessen, was sie mit den ungeschlachten Beinen niedertritt. Armselige Rindfleischesser, die ihr den Elephanten wartet! er war nicht toll, bis ihr ihn toll machtet; er quälte sich sogar wenig mit Gedanken, die jenseits seines Stalles lagen, bis ihr ihn dazu reiztet, indem ihr erst diese, dann jene Schranke wegnahmt, und mittlerweile an der dritten und vierten herumspieltet, als wolltet ihr sie ebenfalls wegnehmen. Da freilich fingen die kleinen scharfen Augen dem Elephanten zu funkeln an, denn er dachte, ihr meintet es im Ernst, und die Zeit sey wirklich nahe, wo er wieder frei über die Ebenen traben dürfe. Und auf diesen Gedanken kam, ganz in natürlicher Aufeinanderfolge, ein zweiter: mochtet ihr es ernstlich meinen oder nicht, der Elephant fühlte sich immer mehr überzeugt, daß die Schranken hinweggehörten. Was Wunder, daß er da den Rüssel aus dem Loch steckte und so sanft, wie ein so schweres Thier es nur vermochte, euch bei eurem Wegräumungsgeschäft unterstützte? O ihr armseligen tändelnden Thierwärter! machtet ihr dieses Loch denn nicht mit selbsteigenen zarten Fingern? Und, bei allem Gewissen und gesunden Menschenverstand! wozu machtet ihr das Loch, wenn es nicht eure Meinung war, daß euer Elephant herauskommen solle? Aber, als nun die Proboscis des Elephanten durch das Loch heraussah, was thatet ihr da? Ihr prügeltet ihn in seinen Käfig zurück, und in unverhohlener Todesangst finget ihr an, die Querbalken wieder einzusetzen und einzurammen, nicht ohne üble Behandlung und Drohung, an deren Stelle dann bald wieder krabelnde Liebkosungen und ein tändelndes Herumspielen an den Schranken traten. Und so ging es fort: bald mit Freiheitshoffnung lockend, bald wieder enger einsperrend (der Spectator spielt mit soldering und soldiering, d. h. Soldaten auf das Volk loslassend), bald schmeichelnd, bald polternd brachtet ihr das Thier in Wuth. Noch mehr, ihr ließt euren Elephanten hungern. Geschah es vielleicht in der Hoffnung, daß er zur etwaigen Selbstbefreiung zu schwach werden möge? Ihr vergaßt die Verzweiflung sie, das Kind des Hungers und die Mutter der Kraft, einer jener grimmen Götter, die, wenn alle übrigen Mittel fehlschlagen, auf die Bühne treten, um ein Werk der Befreiung zu vollbringen, das schlimmer ist als das Uebel selbst. Aber noch mehr: während ihr euren Elephanten hungern ließet, wetztet ihr ihm die Fangzähne! Könnte ein Kornak wohl thörichter verfahren? Wohlan, endlich bricht er los toll, ausgehungert, mit geschärften Zähnen, wuthblind, und tritt einige hundert unschuldige Menschen und weite Erntefelder in den Boden. Wessen ist die Schuld, als die eure, elende Wärter? Vor Allem, wer hieß euch das arme Thier in einem so engen, schmutzigen Käfig halten? Sehet zu: stand er zu einer so großen Thiergestalt in irgend vernünftigem Verhältniß? War es recht und billig, ihn für immer in einem Raum einzusperren, worin er sich kaum umdrehen konnte? Ja, war der Käfig eines so scharfsinnigen, gutmüthigen und nützlichen Thieres auch nur würdig? Doch genug, man kennt euch und euer Gelichter. Ihr habt euch benommen als die armseligsten, feigsten, dümmsten Elephantenwärter, und wenn euer Elephant, nachdem er ausgebrochen, nicht aus euch allen beim ersten Stoß gestampfte Kartoffeln macht, dann wollen wir von dieser Zeit an die Parabeln verschwören.

Preußen.

Von jeher ist der Jahreswechsel an sich etwas Wichtiges gewesen: das menschliche Leben ist kein ebenmäßig fortlaufendes Continuum, sondern theilt sich durch natürliche wie durch künstliche Einrichtungen in Abschnitte, und in diesen Abschnitten übersieht und überlegt man das Vergangene wie das Künftige ruhiger, zieht Schlüsse, und faßt Beschlüsse. Gewiß wäre es gut, wenn auch jeder Staat beim Jahresschluß sich und den Bewohnern öffentlich Rechenschaft von dem, was geschehen ist, ablegte, und eine Uebersicht dessen, was geschehen soll, gäbe. Man würde dann vielleicht besser sehen, was geschehen muß und mußte! Ist nun schon ein gewöhnlicher Jahresabschluß wichtig genug, um zu allerlei Betrachtungen aufzufordern, so ist es der gegenwärtige für Preußen mehr als jemals. Das 40ste Jahr des Jahrhunderts ist bereits zweimal hintereinander der Anfangspunkt einer wichtigen Aera für den Staat gewesen. Im Jahr 1640 kam der große Kurfürst, im Jahr 1740 der große Friedrich zur Regierung, die beiden geschichtlichen Säulen, auf denen Preußens Existenz gegründet ist. Es bedarf aber nicht eben eines Regierungswechsels den der Himmel noch fern von uns halte um neue Lebensabschnitte eines Staats zu beginnen; andere Conflicte können eben so mächtig darauf hin drängen. Wir feiern in diesem Jahre das Bestehen eines fünfundzwanzigjährigen Friedens; auch ein seltenes Ereigniß in der Völkergeschichte. Kein Zweifel, daß ein solches Vierteljahrhundert viel Segensreiches reift; aber eben so wahr, daß ein so langer, behaglicher Glücksgenuß manche durch den Krieg oder andere Zeitbedrängnisse gestählte Kraft abspannt, manchen Vorsatz einschläfert, Vieles allmählich ins Stocken bringt, wodurch sich ein gewisses Morsch - und Mürbewerden der Dinge und Kräfte erzeugt, ein Zerbröckeln, das manche Zustände unvermerkt in der That unterhöhlt, so daß sie nur anscheinend haltbar sind, aber eigentlich keine Erschütterung ertragen können. Jede Krisis im Allgemeinen wird auch für sie eine. Ein durchgreifendes Zeitereigniß, ein Regierungswechsel bilden solche Krisen, wie wir0102 das so eben in Dänemark gesehen, wo der Tod des Monarchen plötzlich tausend Stimmen weckt, die den Ruf nach Reformen erheben, zu welchen es sie lange gedrängt hat. Eine solche Plötzlichkeit ist nie heilsam, wenn sie auch lauter Richtungen zum Guten nimmt. Die Nationen können sie so wenig ertragen, wie ein Ausgehungerter eine gute Mahlzeit. Deßhalb, hoffe ich, wird man wahre Vaterlandsliebe nicht darin verkennen, wenn wir auf Manches aufmerksam machen, was bei einem so bedeutsamen Zeitabschnitt, wie der jetzige, wie uns dünkt, recht ernsthaft ins Auge gefaßt werden sollte. Betrachten wir zuerst, wie der Staat von Seite seines Grundpfeilers, des Rechts, beschaffen ist. Preußen besitzt keine Einheit der Gesetzgebung: am Rhein gelten andere Gesetzbestimmungen, andere Rechtsformen als hier; wir bedürfen zweier Justizminister deßhalb. Niemand wird behaupten, daß ein solcher Zustand ein wünschenswerther sey, wodurch der Staatsbewohner für zwei Besitzungen, die er hat, oft eine ganz verschiedene Form des Handelns annehmen muß. Außer diesem großen Rechtsunterschied bestehen sehr verwickelte Abweichungen der Provincialrechte, und zwar in den wichtigsten Angelegenheiten. Ja, in den Provinzen selbst spalten sich die Einrichtungen wieder, und es tritt z. B. ein völlig verschiedenes Erbrecht ein, je nachdem Jemand, der in Breslau ein Haus und auf dem nächsten Dorf daselbst einen Landsitz hat, zufällig auf seiner Stadt - oder Landbesitzung, die kaum eine halbe Stunde auseinanderliegen, stirbt. Daß Zusammenschmelzungen solcher altbestehenden Rechte ihre großen Schwierigkeiten haben, wird Niemand läugnen; allein dürfen wir behaupten, daß ernste, durchgreifende Versuche dazu geschehen sind? Es waren früher dergleichen ernsthaft im Werke. Bereits im Jahr 1825 (falls wir nicht höchstens um ein Jahr irren) befand sich eine Commission von Rechtsgelehrten in Berlin beisammen, um ein neues praktisches Gesetzbuch für das ganze Land zu entwerfen. Eine Menge Materialien wurden einzeln bearbeitet, doch die Vereinbarung rückte sehr langsam vorwärts. Damals, erinnern wir uns, gab eine auswärtige Zeitung einen auf nur etliche Jahre hinausliegenden Termin an, innerhalb dessen die Arbeiten beendigt seyn würden. Diese Angabe fand man so entfernt, daß sie für einen Scherz gehalten und energisch widerlegt wurde, und der Termin ist vielleicht schon zehn Jahre verflossen, und noch heute kein Resultat da. Was würde man sagen, wenn man jenen Zeitungsartikel mit der Widerlegung wieder auffrischte! Niemand wird läugnen, daß gerade in den letzten Jahren die Justiz durch Beschleunigung und Vereinfachung der Proceßformen, durch das eingeführte mündliche Verfahren und Aehnliches große Verbesserungen erfahren hat; doch die Grundreform, eine Erneuerung der in den Jahren 1778-1780 durch den Großkanzler v. Carmer so zeitgemäß begonnenen, seit welcher nunmehr zwei Menschenalter mit einem für zehn Menschenalter ausreichenden Stoff von ungeheuren historischen Ereignissen und geistigen Umwälzungen verflossen sind, ist immer noch zu erwarten, und eine unübersehbare Zahl nachträglicher Verordnungen zur Abhülfe des Dringendsten hat den ganzen Wald unserer Gesetzgebung durch Nachwuchs eher verworrener als lichter gemacht. Wir wiederholen es, die Schwierigkeiten sind sehr groß, und es ist leichter tadeln als bessern. Doch sollte man nicht beginnen, weil das Ziel mühsam zu erreichen ist? Wir glauben, es sey ein Fehler, der bei unserer Regierungsweise öfters vorgekommen ist, unbehagliche Zustände lieber zurückzuschieben, für den Moment zu entfernen, als ihnen entschieden ein Ende zu machen. Offenbar hat sich in den letzten zwei Jahren das Bedürfniß zu einem scharf ausgeprägten Gesetz über die gemischten Ehen, über das Verhältniß der Geistlichen beider Confessionen zum Staat u. s. w. dringend herausgestellt. Eine Zeit lang sprachen alle Tagesblätter von der Discussion, von der nahen und nächsten Promulgation dieser Gesetze; doch das Resultat ist für jetzt in suspenso geblieben. So mag es denn unser Neujahrwunsch für die Verwalter der Justiz wie für die Verwalteten seyn, daß der langgestreute Same auf dem langvorbereiteten Acker baldigst zur Frucht reifen möge.

[71-72] Preisfrage.

Welches sind die Ursachen, warum so viel Gutes, was die Kinder in den Schulen gelernt haben, wieder verloren geht, sobald und nachdem sie die Schulen verlassen haben? Welche Mittel können gegen diesen Verlust nach dem Verlassen der Schulen angewendet werden durch die Kinder selbst, durch Eltern, Lehrer, Geistliche, Privatpersonen und Vereine, auch durch den Verein der deutschen Philologen und Schulmänner, und endlich durch den Staat, besonders in Hinsicht auf solche Kinder, welche nicht für den gelehrten Stand und damit zu dem Besuch einer Universität bestimmt sind?

Bei der Beantwortung dieser Frage soll man erstens untersuchen, ob nicht vielleicht in dem Unterricht selbst der Keim des Verlustes liegt: theils weil viel von dem, was die Kinder in den Schulen lernen, wenn es auch den Namen eines guten Unterrichtes trägt, eigentlich nicht gut ist, und also vermöge seiner Beschaffenheit wieder verloren geht; und theils wenn es auch gut ist, nicht auf eine solche Weise gelehrt und gelernt werde, die es wahrscheinlich macht, daß es nicht wieder verloren gehe. Zweitens und hauptsächlich soll man aber die Mittel angeben, dem Verluste von dem, was wirklich gut ist und gut gelehrt und gelernt wurde, zuvorzukommen.

Für die beste Lösnng wird ein Preis von dreihundert Gulden rhein. Währung bestimmt. Die Antworten müssen bis 1 Januar 1841 eingeschickt und der Name des Verfassers auf einem versiegelten Zettel beigelegt seyn, welchem die nämliche Ueberschrift zu geben ist, wie dem Aufsatze.

Die zweite Versammlung der deutschen Philologen und Schulmänner bringt vermöge Beschlusses vom 1 October d. J. vorstehende Preisfrage eines ihrer Mitglieder mit der Bemerkung zur öffentlichen Kenntniß, daß der Gegenstand derselben zwar ihren Gesichtskreis nicht unmittelbar berühre, daß sie aber den edlen Absichten des menschenfreundlichen Preisstellers mit Vergnügen als Organ der Veröffentlichung diene. Eine Commission erfahrener Schulmänner ist zur Prüfung der erwarteten Preisschriften ernannt und wird das Resultat ihrer Arbeiten der 4ten Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner vorlegen. Die Preisschriften werden durch Buchhändlergelegenheit an Hrn. Geheimen Hofrath Dr. Nüßlin in Mannheim eingesandt. Die zum Preis bestimmte Summe ist bei der Sparcasse dahier angelegt. Mannheim, den 3 October 1839.

Das Bureau der deutschen Philologen und Schulmänner.

Hofrath Fr. Thiersch, als Stellvertreter des dießjährigen Präsidenten.

Dr. Kayser. Karl Bisfinger, Lyceumslehrer.

[85] Bekanntmachung.

In der am 11 d. M. gehaltenen General-Versammlung der Mitglieder der neuen Berliner-Hagel-Assecuranz-Gesellschaft ist den erschienenen Interessenten nachgewiesen worden, daß die Gesellschaft im abgelaufenen Jahre die bedeutende Summe von 311,853 Rthlr. 27 Sgr. 6 pf. an Schäden zu vergüten gehabt hat. Diese Vergütungen sind bis auf einige tausend Thaler, welche verschiedener Anstände0103 wegen noch nicht zur Zahlung gelangen konnten, vollständig geleistet und die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Statuten gemäß vollkommen erfüllt worden.

Durch den vorgedachten Verlust ist das Grundcapital der Gesellschaft von 500,000 Rthlr. auf die Summe von 290,875 Rthlr. 4 Sgr. 6 pf. vermindert worden, mit welcher nach dem gefaßten Beschlusse die Versicherungsgeschäfte fortgesetzt werden sollen.

An Abänderungen ist beschlossen worden: daß die bisherige Zahl von 3 Directoren auf 5 zu vermehren sey, demzufolge der Hr. Stadtrath Keibel und Hr. Fr. Schauß zu neuen Directoren, und Hr. Prätorius zum Substituten erwählt worden sind, der statutenmäßig austretende Director Hr. F. G. v. Halle aber aufs neue in seinem Amte bestätigt ist, und daß künftig nur Versicherungen mit Stroh, nicht ohne dasselbe angenommen werden sollen.

Diese Beschlüsse haben die Genehmigung des hohen Ministeriums des Innern bereits erhalten, wovon wir ein geehrtes landwirthschaftliches Publicum mit dem Bemerken unterrichten, daß wir die Agenten s. Z. mit den Prämiensätzen für das Jahr 1840 bekannt machen werden. Berlin, den 31 December 1839.

Direction der neuen Berliner-Hagel-Assecuranz-Gesellschaft.

[76-78] Neuer Gasthof in Triest.

Die Zahl der Fremden, welche diese blühende Stadt wegen ihrer Handelsthätigkeit, oder auf ihrem Wege nach und aus dem Oriente und Italien besuchen, wächst mit jedem Tage. Bei dieser Zunahme ward die Unzulänglichkeit unserer Gasthäuser und der völlige Mangel eines solchen Gasthofes immer fühlbarer, der mit einer geschmackvollen Ausstattung alle Erfordernisse verbände, um jedem, auch dem höchstgestellten Reisenden den Aufenthalt hier so angenehm als bequem zu machen. Einige Bürger sind daher in Gesellschaft getreten, um diesem Bedürfnisse entgegenzukommen, und schon erhebt sich das hierzu bestimmte Gebäude über die Grundfeste, um binnen wenigen Monaten vollendet dazustehen. Ein Kaffeehaus, Kaufläden, Stallungen, Wagenschoppen und dazu gehörige Gelasse werden das Erdgeschoß einnehmen. Das erste Stockwerk wird große Säle und andere Gemächer, ferner Küchen und alle zur Speisewirthschaft nöthigen Räume, wie auch nächst der Wohnung des Gastwirthes mehrere Badezimmer enthalten. Die zwei obern Stockwerke werden ungefähr 90 Gastzimmer für Fremde umfassen.

Damit die Bedienung jeder Anforderung an einen vollkommenen Gasthof und zugleich der Absicht der Gesellschaft ganz entspreche, erläßt die letztere hiemit an alle, welche die Führung dieses Unternehmens ganz oder theilweise, nämlich den Gasthof, die Speisewirthschaft, das Kaffeehaus und die Bäder zu übernehmen geneigt sind, die Aufforderung, deßfalls ihre Anträge bis Ende März d. J. an den Hrn. Ingenieur G. B. Dr. Princivalli in Triest zu richten, welchem die Gesellschaft alle die Ausführung des Unternehmens betreffenden Geschäfte übertragen hat, und bei dem alle Bedingungen, wie die genauesten Umstände und Aufschlüsse einzuholen sind.

Da die Gesellschaft die ganze oder theilweise Leitung des Unternehmens nur jenen anvertrauen wird, welche die pünktlichste und vorzüglichste Leistung verbürgen können, und da sie gesonnen ist, im andern Falle die Verwaltung ganz oder getrennt für eigene Rechnung führen zu lassen, so ladet sie auch diejenigen ein, in der obenbezeichneten Art ihre Anerbietungen bekannt zu geben, welche dem Unternehmen in der Eigenschaft eines Directors und Verwalters vorzustehen wünschten.

Jeder Bewerber wird außer den Belegen für seine Befähigung und seine Sittlichkeit eine Bürgschaft für das ihm anvertraute Geräth und für die genaueste Einhaltung seiner Verbindlichkeit zu leisten haben.

Die Speisewirthschaft, das Kaffeehaus und die Kaufläden im Erdgeschoß werden bis zum 24 August 1840, die obern Stockwerke aber und die Bäder wenige Monate später im Stande des Gebrauchs seyn.

Triest, am 1 Januar 1840.

[5629-30] Aufforderung.

Wiblingen.

Dem ledigen Anton Baur von Dietenheim wurde den 13 Junius 1831 von seinem Schuldner und Schwager Aloys Glaz in Dietenheim für ein zu 4 Proc. verzinsliches Capital von 1068 fl. 30 kr. eine gerichtliche im Unterpfandsbuche Th. I. Fol. 210 vorgetragene Obligation ausgestellt, welche, nachdem der Gläubiger auf seiner Wanderschaft als Bierbräuer den 5 Jan. 1839 in dem Hospital der barmherzigen Brüder in der Leopolds-Vorstadt zu Wien gestorben ist, zufolge waisengerichtlicher Theilung vom 22 August 1839 an den Schuldner Namens seiner Ehefrau, Schwester des Verstorbenen, Theresia Baur, erbsweise zurückfiel.

Die fragliche Schuldurkunde ist verloren gegangen

Gemäß Gerichtsbeschlusses vom Heutigen ergeht nun auf Anrufen des Erben an den etwaigen Inhaber der Obligation die gerichtliche Aufforderung, dieselbe binnen 45 Tagen peremtorischer Frist dem Oberamtsgericht dahier vorzulegen, und seine Ansprüche hierauf geltend zu machen, widrigenfalls die Schuldurkunde als kraftlos erklärt, und im Unterpfandsbuch gelöscht werden würde.

Wiblingen, 23 December 1839.

Das königl. würtembergische Oberamtsgericht.

v. Zwerger.

[45-47] Versteigerung.

Montag den 20 Januar 1840 werden im k. Zwirkgewölbe (Lederergasse Nr. 26), Vormittag von 9 bis 12 Uhr, mehrere Partien Wilddecken gegen sogleich baare Bezahlung an die Meistbietenden öffentlich versteigert. Kaufsliebhaber werden hiemit eingeladen.

München, den 2 Januar 1840.

Königliche bayer. Hofjagd-Intendanz.

[5653-54]

In meinem Verlag ist so eben erschienen und in allen Buchhandlungen vorräthig: Taschenbuch dramatischer Originalien.

Herausgegeben von Dr. Franck.

Vierter Jahrgang.

Mit Castelli's Bildniß und drei scenischen Darstellungen.

8. Elegant cartonnirt 3 Thlr.

Inhalt: D'Schwoagarin a Kumödigschbül a so z'amagsödzd, wia s' in Esdaraich röd'n doan, von J. F. Castelli. Liebesbotschaften. Lustspiel in zwei Acten, von K. Weichselbaumer. Das Gespenst auf der Brautschau. Ritterliches Lustspiel in drei Aufzügen, von J. B. v. Zahlhas. Der Heckthaler. Schwank in zwei Acten, von R. v. Lagusius. Der Bräutigam von Haiti. Lustspiel in fünf Acten und in Alexandrinern, von Dr. Franck.

Der erste bis dritte Jahrgang enthalten Beiträge von Albini, Bauernfeld, Franck, F. Halm, Immermann, Liebenau, Maltitz und Pannasch, mit den Bilonissen von Bauernfeld, Immermann, Grabbe, Albini, einem Facsimile und scenischen Kupfern. Der erste Jahrgang kostet 2 Thlr. 8 gr., der zweite 3 Thlr., der dritte 2 Thlr. 12 gr.

Leipzig, im December 1839.

F. A. Brockhaus.

[24] Für Landwirthe und Schäfereibesitzer.

Bei Georg Wigand in Leipzig ist so eben erschienen: Gumprechts Mittheilungen aus der Generalversammlung deutscher Landwirthe in Potsdam, insbesondere Zusammenstellung der Verhandlungen der Abtheilung für Schafzucht.

Gr. 8. brosch. 18 gGr. 22 1 / 2 Sgr. od. 1 fl. 12 kr.

0104
[73-74]

In allen Buchhandlungen der österreichischen Monarchie ist zu haben und zum Debit im Auslande durch die Friedrich Beck'sche Universitäts-Buchhandlung in Wien zu beziehen: Jurende's Vaterländischer Pilger.

Geschäfts - und Unterhaltungsbuch auf 1840.

Mit einer Ansicht der Eröffnungsfahrt der priv. Kaiser-Ferdinands-Nordbahn von Wien bis Brünn am 7 Julius 1839 und vielen andern Abbildungen.

Preis, im größten Median-Format, 57 Bogen stark, 2 Rthlr.

Dieses Jahrbuch, welches seit 29 Jahren erscheint und zu den verbreitetsten und wohlfeilsten Werken gehört, enthält außer einem musterhaft eingerichteten Kalender und einer ausführlichen astronomisch-chronologisch-meteorischen Charakteristik des Jahres 1840 eine große Anzahl theils wissenschaftlicher, theils unterhaltender Artikel, welche vorzugsweise bestimmt sind, über die Fortschritte der Wissenschaft und der materiellen Cultur, über die Fragen und Interessen der Zeit genügende Aufschlüsse zu geben. Es sind vorzugsweise die Eisenbahnen, die Dampfschifffahrt, die Industrie-Ausstellungen, die Fortschritte des Fabrikwesens, die Gesittung der arbeitenden Classen in Fabrikstädten, die Kleinkinderbewahranstalten u. dgl., über welche Gegenstände dieses Buch gründliche übersichtliche Würdigung und statistische Zusammenstellungen in einem Umfange enthält, daß dasselbe vorzugsweise geeignet wird, als Wegweiser in den Bewegungen der Zeit zu dienen. Nicht minder umfangreich sind die übrigen wissenschaftlichen und unterhaltenden Aufsätze, welche die Ueberschriften tragen: Das Meer und seine Wunder, Naturgemälde, Landschaftsbilder, Bergersteigungen, Menschenkunde, Bilder und Charakterzüge aus dem Leben des weiblichen Geschlechts, Jagdbilder, Jagdabenteuer, das Historienfach, Spiegelbilder, Belehrung und Warnung in Beispielen, Polytechnik, Welt - und Zeitereignisse, tabellarische Uebersichten etc. Jedem Geschäftsmanne, jedem Familienkreise kann dieses Buch als eine reichhaltige Quelle der Belehrung und Unterhaltung empfohlen werden.

[83] Bekanntmachung.

Besonderer Verhältnisse wegen werden aus meiner Tuchmanufactur folgende Maschinen in ganz gutem, fast neuem Zustande verkauft: zwei vollständige Assortiments zur Schafwollspinnerei, bestehend aus 3 Drousetten, 2 Lockenmaschinen, 1 Wolf, 2 Vorspinnmaschinen, 7 Feinspinnmaschinen und 2 Haspel, und wird für deren Solidität und richtigen Mechanismus Garantie geleistet.

Die Preise sind so gestellt, daß jeder, welcher sich derartige Maschinen anzuschaffen beabsichtigt, wohl nicht leicht eine vortheilhaftere Gelegenheit hiezu finden wird. Auf frankirte Anfragen ertheilt die Expedition der Allgemeinen Zeitung die Adresse mit.

[82] Ulmer Spargel-Pflanzen.

Ich beehre mich hiemit, Ulmer dreijährige Spargelpflanzen, welche ich in größern Quantitäten bauen lasse, für nächstes Frühjahr zu nachstehenden Preisen ergebenst zu empfehlen: 100 Stück erster Qualität à 1 fl. 20 kr. 100 Stück zweiter Qualität à 1 fl. 12 kr.

Für ein Fäßchen zu 100 Stück sind extra zu rechnen 24 à 30 kr., für eines zu 200 Stück 36 à 42 kr., zu 300 Stück 48 kr., und nach diesem Verhältnisse für jedes weitere 100 Stück 6 Kreuzer mehr.

Die Versendungen durch sichere Fuhrgelegenheiten, in entferntere Gegenden mittelst auswärtiger solider Handlungshäuser, beginnen bei aufgehender anhaltend guter Witterung und dauern bis Ende April.

Gütige Bestellungen bitte ich zu frankiren, und mit solchen von mir bisher unbekannten verehrlichen Abnehmern Namen und Wohnort gefälligst genau aufzugeben, einer jeden aber den Betrag, wenn er hier nicht angewiesen werden kann, sogleich beizufügen, oder zu gestatten, denselben (sofern der Versandt nicht per Post statt finden soll, die auf Sendungen nichts vorausbezahlt) nachzunehmen, wogegen auf reelle und prompte Bedienung meinerseits sicher zu zählen ist.

Ulm im Januar 1840.

F. Bohnacker Sohn.

[66] Aergerlicher Druckfehler.

Ein solcher verunziert das schöne Sonett, mit welchem F. A. v. Stägemann den Tod Adelberts v. Chamisso gefeiert hat, und welches in dem eben erschienenen, von mir herausgegebenen Leben Chamisso's (Band 2. Seite 228) abgedruckt ist.

Die Quatrains jenes Sonetts lauten nämlich:

Aus ihrem Laub 'in finsterm Ungewitter
Hinweggescheucht zum deutschen Eichenhaine,
Ward diese Nachtigall der Unsern Eine,
Und schlug so süß die Saiten ihrer Cither.
Doch schmerzlich oft, als wein' es innen bitter,
Erklang ihr Lied; oft schaurig, als erscheine
Der Sängerin ein Geist am Leichensteine.
Ach! war die Fremd 'ihr doch ein Kerkergitter?

In dem Buche nun steht im ersten Verse des zweiten Quatrains statt als wein 'es innen bitter , als wein' es immer bitter.

Ich halte es für Gewissenspflicht gegen den trefflichen Dichter, durch das gelesenste deutsche Blatt die rechte Lesart wieder herzustellen. Ein solcher Druckfehler in einem solchen Sonett ist wie ein schwarzer Fleck auf einem kostbaren Miniaturbilde.

Berlin, den 18 December 1839.

Julius Eduard Hitzig.

[59]

Jungen Leuten ist zur innern und äußern Bildung zu empfehlen: Ueber Umgang mit Menschen.

Eine Anweisung zur Weltkenntniß Lebensklugheit und des geselligen Umgangs, zur Selbstbelehrung für Jedermann. Herausg. von Prof. Kerndörffer. Br. Preis 15 Sgr. oder 54 kr.

Weltkenntniß und Lebensklugheit muß man sich erwerben, wenn man glücklich in der Welt fortkommen und beim Umgange unbekannter Menschen nicht gefährdet werden will. Hierzu, und wie das äußere Benehmen des Mannes von gutem Ton seyn soll, gibt dieses Buch die besten Anweisungen, und ist solches in allen Buchhandlungen zu haben.

[27-30] Taubheit und Migräne.

Alle Blätter haben die Entdeckung des Dr. Moriz Mene aus Paris über die Heilung der Taubheit und der Migräne (nicht aber der Taubheit von Geburt) angekündigt. Als außerordentliche Heilungen, welche durch ihn in Deutschland vollzogen worden, betrachtet man: die an dem Frhrn. v. Winkell, Oberwaldinspector zu Rosbach, seit langen Jahren an Taubheit leidend; Hrn. Baron von Risbeck zu Berlin; dem Hrn. Postdirector zu Hamburg, seit wenigstens fünfzehn Jahren fast vollkommen taub; Hrn. Müller zu Raval; Hrn. Ramer zu Forst; Freiherrn Dertzen, Edelmann u. Kammerherr des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz, seit achtzehn Jahren in Folge eines Rothlaufs fast ganz taub u. a. m. A. Der Dr. Moriz hat die dritte Ausgabe seines Werkchens in französischer Sprache herausgegeben, in welchem seine Entdeckung über die Selbstheilung vermittelst einer einfachen am Ohr vorzunehmenden Behandlung sich enthüllt findet. Das Werkchen kostet 1 / 2 Fr. od. 18 kr. Es findet sich vor: in Frankfurt a. M. bei den HH. Fischer, Steinweg 223; in Wien bei Hrn. Bermann, Kupferstichhändler; in Hamburg bei Hrn. Gotthelf Voß; in Lüttich bei Hrn. Gillon; in Paris bei dem Verf., rue Jacob 6., wo man auch schriftlichen Rath vermittelst frankirter Briefe und zehn Franken Ehrensold ertheilt.

[67] Patentisirte Schnellschreib-Maschinen.

Diese praktische und sehr gemeinnützige Erfindung wird zum Ankaufe für Fabrication und Alleinverkauf mit Patenterwerbung in Bayern und in dem Kaiserthum Oesterreich oder in einzelnen Provinzen derselben ausgeboten. Prospecte des neuen Schnellschrift-Systems und Schriftproben sind von der Buchhandlung Sonnewald in Stuttgart, die Bedingungen aber von dem Erfinder J. Naeher in Ellwangen auf portofreie Anfragen zu bekommen. Offerte sind bereits aus beiden Staaten eingetroffen.

[90-91] Vacante Stelle.

In einem auswärtigen Bankhause ersten Ranges ist eine Stelle im Fache der Buchführung und des Rechnens vacant. Dieselbe erfordert einen gesetzten, zuverlässigen Mann, der sein Fach gründlich versteht, und namentlich in den Calculationen eines großen Wechselgeschäftes wohl bewandert ist, also vollkommene Kenntniß und Uebung im Geld - und Rechnungswesen besitzt. Nur auf ganz genügende Anträge kann Rücksicht genommen werden. Dagegen ist entsprechenden Falles die Aussicht auf eine angenehme und lohnende Stellung vorhanden. Offerte beliebe man unter Chiffre L. F. bei der Expedition dieses Blattes franco einzureichen.

[41] Compagnon wird gesucht.

Zu einem im besten Fortgange begriffenen litterarischen Geschäfte, womit Druckerei - und Verlagsgeschäfte jeder Art in Verbindung gebracht werden können, und das sich mit 10,000 bis 15,000 fl. rentirt, wird ein Compagnon mit einer Einlage von 20,000 fl. Reichsw. gesucht. Offerte beliebe man unter der Adresse A. B. Z. an die Expedition der Allg. Zeitung zu senden.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
Author[unknown]
Extent16 images; 16075 tokens; 5485 types; 113049 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 13. 13. Januar 1840 . Augsburg1840.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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Editorial principles

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;

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ShelfmarkDWB 1996/32
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