PRIMS Full-text transcription (HTML)
0145
Ausgburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonntag
Nr. 19.
19 Januar 1840.

Portugal.

Die Eröffnung der Kammern ist auf den 2 Jan. festgesetzt, und das Programm bekannt gemacht. Dem Act der Eröffnung geht eine feierliche Messe, do Espirito Santo, in der Kathedrale voraus, der alle Senatoren und Deputirten beiwohnen. Um Mittag versammeln sich dieselben in dem Cortes-Palast und erwarten die Ankunft der Königin, die durch eine Girandola angekündigt wird. Der Königin voraus schreiten die Porteiros, Herolde, Wappenkönige, Arautos und Passavantes, die Baronen, Viscomtes, die Hofbeamten, die Minister und Oberhofchargen, die Deputationen der Kammern, welche die Königin am Eingang empfangen. Darauf die beiden Majestäten. Die Oberhofmeisterin trägt den Schlepp des königlichen Mantels. Sobald sich die Majestäten gesetzt haben, setzen sich auch die Senatoren und Deputirten, worauf die Königin die Thronrede verliest, und die Sitzung der Kammer für eröffnet erklärt. Girandolas knallen, die Forts und die Kriegsschiffe salutiren. Noch liegt es ziemlich im Dunkeln, was diesesmal von den Arbeiten der Kammern zu erwarten ist, ja, ob es wirklich so weit kommt, daß sie Beschlüsse fassen können. Die Senatoren zeigten schon in letzter Session, wie wenig Eifer sie haben, ihr Geld in Lissabon zum Wohl des Vaterlandes zu verzehren. Man hätte glauben sollen, daß die Senatoren, die zum erstenmal nach der neuen Constitution zusammen traten, wenigstens durch das Neue ihrer Lage zum Erscheinen bestimmt werden würden, allein ihre Privatinteressen überwogen den Patriotismus. Die von den alten Pairs, welche man abermals zu Senatoren erwählt, sehen sich nicht geschmeichelt dadurch, daß sie vom Volke gewählt wurden, da eben dieses Volk sie ihrer erblichen Pairswürde beraubt hat. Der Herzog v. Palmella soll bedeutend krank seyn. Der König stattete ihm vor einigen Tagen einen Besuch ab. Die Sonntags-Soiréen am Hof haben seit einiger Zeit wieder ihren Anfang genommen. Die beiden kleinen Prinzen gedeihen trefflich. Der Kronprinz besonders zeigt viele Anlagen. Der König, der sich in müßigen Stunden mit Kupferstechen beschäftigt, hat dessen Bild in allen Situationen seiner kindischen Beschäftigungen auf einer Kupferplatte meisterhaft dargestellt, und vielen Personen damit eine Weihnachtsfreude gemacht. Aus der Provinz Tras - os - Montes berichtet man, daß der Schmuggelhandel mit allen möglichen Artikeln aus Spanien gegenwärtig außerordentlich überhand nimmt, so daß man dessen Betrag jährlich auf 60-70 Contos (100,000 Thlr.) schätzt. Nach Maranhao ist zum Schutze portugiesischer Unterthanen gegen die Rebellen ein Kriegsschiff von hier abgegangen. Von den Oppositionsblättern werden noch fortwährend die vergiftetsten Pfeile auf das neue Ministerium abgeschossen, so wie selbst gegen die ersten Personen des Staats, jedoch ohne Wirkung. Man kümmert sich nicht um die Schreier.

Großbritannien.

Ein norddeutsches Blatt meldet Lord Clarendons Eintritt ins Cabinet als bereits erfolgt, mit dem Beisatz, derselbe sey am 3 Jan. in Windsorschloß als Lord Siegelbewahrer, an Lord Duncannons Stelle, beeidigt worden. Daß der edle Graf dem Ministerium beitreten werde, haben ministerielle Blätter wiederholt als unzweifelhaft angegeben; daß dieses aber bereits geschehen, darüber liegt zur Zeit nichts Officielles vor, auch möchte seine Uebernahme des obenangegebenen Departements einigermaßen zweifelhaft seyn.

Die M. Post ertheilt auf die vorgestern erwähnte vornehme, aber in der That sehr vage Abfertigung dieses Journals von Seite des Globe, in Betreff des Standes der Unterhandlungen mit Rußland in der orientalischen Frage, die Replik: Indem der ministerielle Globe sich die Miene gibt, uns der Unwissenheit hinsichtlich der Thatsachen zu überführen, sieht er sich leider nur vermüssigt, seine eigene Unwissenheit darüber einzugestehen. Die Wahrheit ist, das Ministerium des Auswärtigen durfte es nicht wagen, sein gehorsames Organ mit einem Widerspruch unserer Behauptung zu beauftragen, und so unternahm der Globe sie auf eigene Faust. Aber ja, du redliches und würdiges Zeitungsblatt der Downing-Street! der Vertrag von Hunkiar-Skelessi enthält eine Stipulation, vermöge welcher die Türkei den Russen ein ausschließliches Recht der Dardanellendurchfahrt für russische Kriegsschiffe zugesteht, und dieses Recht involvirt, für den Fall einer etwanigen Modification jenes Vertrags, für Rußland das weitere Recht, die Zahl der englischen und französischen Kriegsschiffe zu bestimmen, denen fortan die Durchfahrt gestattet seyn soll. Lord Palmerstons Erklärung im Parlament, die der Globe gegen uns anführt, beweist eben nur, daß der Vertrag von Hunkiar-Skelessi die erwähnte Stipulation wirklich enthält. Es ist überhaupt auffallend, wie die englische Presse, der in Angelegenheiten der inneren Politik auch das Kleinste nicht entgeht, in Fragen der auswärtigen Politik so oft ganz im Dunkeln tastet. Charakteristisch ist z. B. folgende Notiz des Courier: Hinsichtlich0146 der Mission des Hrn. v. Brunnow nach England erhalten wir so eben über Holland eine Mittheilung, die von hohem Interesse ist, um so mehr als sie aus einer Quelle fließt, auf die wir uns ganz verlassen können. Hiernach ist es der hauptsächliche, wo nicht der einzige Zweck von Brunnows Mission, für Rußland Zeit zu gewinnen, um seine Plane hinsichtlich der Türkei und Aegyptens zu vervollständigen und die Zufälle und Uneinigkeiten, welche die Zeit entwickeln mag, gehörig auszubeuten. Hr. v. Brunnow, so versichert unser Berichterstatter, hat vorgeschlagen, drei englische und eben so viele französische Kriegsschiffe sollen die Dardanellen passiren dürfen, jedoch unter der Bedingung, daß dieselben ihren Stand nicht jenseits von Gallipoli nehmen und keinesfalls bis Konstantinopel vorgehen werden. Rußland behält sich allein das Recht vor, eine Seemacht im Angesicht der türkischen Hauptstadt aufzustellen. Zugleich will es 40,000 Mann in Kleinasien einrücken lassen, um die Defiléen des Taurus zu bewachen. Außerdem wird von Hrn. v. Brunnow vorgeschlagen, daß es England und Frankreich freistehen solle, den Hafen von Alexandria zu blokiren, um Mehemed Ali zur Herausgabe der türkischen Flotte zu zwingen; ferner daß diese Mächte Geschwader zur Kreuzung an der Küste Syriens detachiren mögen, während ein russisches Heer die Aegyptier im Rücken (?) angriffe. Unser holländischer Correspondent bemerkt, Vorschläge wie diese werde das französische Cabinet unfehlbar mit Spott zurückweisen, hingegen könne er nicht errathen, welche Bahn der englische Staatssecretär des Auswärtigen einschlagen werde, da bei den Continentalhöfen zu Großbritanniens auswärtiger Politik unter dessen jetziger Verwaltung kein Vertrauen herrsche.

Das M. Chronicle läßt sich also vernehmen: Das Débats räth eifrigst, man solle den Pascha und den Sultan ihre Händel unter sich ausmachen lassen, ohne weitere Einmischung von Seite europäischer Mächte. Das wäre Alles schön und gut, wenn europäische Mächte sich nicht eingemischt hätten und sich einzumischen fortführen wider ihren eigenen Willen. Die künftige Einmischung auf ein fortgesetztes Verbot des Kriegs beschränken hieße bloß den status quo sanctioniren und den Waffenstillstand des vorigen Jahrs fortflicken, der, wie alle Welt einräumt, für beide Länder, Aegypten und die Türkei, so erschöpfend ist wie der Krieg. Die Wünsche der Großmächte sind in dieser Frage allvermögend, und da drei in Einem Wunsche vereinigt sind, so sollte diese Thatsache hinreichen, die vierte zur Ausgleichung ihrer Differenzen zu vermögen und zu einer Beilegung der Sache beizutragen, bei der man es sich sorgfältigst wird angelegen seyn lassen, die Wünsche der, wenn schon in der Minorität stehenden, vierten Macht zu Rathe zu ziehen. Statt dessen eine isolirte, beobachtende, mißvergnügte Stellung einzunehmen, ist weder freundlich noch redlich gehandelt. England wird gewiß stets bereit seyn, dem Entgegenkommen Frankreichs halbwegs zu begegnen, seine Freundschaft zu verdienen und seine Allianz zu wahren; aber dieß kann nicht um den Preis geschehen, daß Englands uneigennützige Zwecke dem Eigennutz Frankreichs aufgeopfert werden. So weit wir den Stand der Unterhandlungen kennen, hat Frankreich die Zugeständnisse nicht gemacht, die sonst ein Gleicher dem Gleichen in einem Streitpunkte zu machen pflegt, über den man zu einer einträchtigen Vereinigung zu gelangen wünscht. Rußland, müssen wir sagen, scheint geneigt, solche Zugeständnisse zu machen; ja, es hat Beweise davon gegeben, daß es ihm mit einer Ausgleichung Ernst ist. Seine Anerbietungen, wie unsere Annahme derselben, involviren keine Feindschaft gegen Frankreich, dessen Gebiet und Einfluß dadurch keine Schmälerung erleiden. Denn jedwede Bedingungen, zu denen England seine Zustimmung gibt, müssen in Einklang stehen mit der Unabhängigkeit der Türkei. Wenn also eine gütliche Uebereinkunft befriedigender Art ohne lästige oder unehrenhafte Bedingung erreicht werden kann, so sehen wir nicht ein, warum sie bloß darum verworfen werden sollte, weil es Rußland ist, das sie anbietet, oder weil Frankreich, mehr aus verletztem Stolz als wegen verletzter Interessen, seinen Zutritt dazu verweigert.

Galignani's Messenger läßt sich von einem Londoner Correspondenten schreiben, das brittische Cabinet habe Hrn. v. Brunnows Vorschläge verworfen, weil sie ihrem Wesen nach nicht annehmbar, und überdieß nicht in der Form einer directen Mittheilung vom St. Petersburger Cabinet gestellt worden, sondern bloß auf ein vertrauliches Schreiben von dort basirt seyen. (Wir erwähnen diese Notiz, brauchen jedoch kaum erst zu bemerken, wie wenig sie Beachtung verdient.)

Frankreich.

Der Leibarzt des Königs, Dr. Marc, ist am 13 Jan. an einem Schlagfluß gestorben. Auch der älteste dramatische Schriftsteller, Hr. Bouilly, ist in einem Alter von 80 Jahren mit Tod abgegangen. Endlich ist die Wittwe des Eigenthümers des Moniteurs, Madame Agasse, am 13 Jan. in hohem Alter verschieden.

(Moniteur.) Ein Bericht des Marschalls Valée aus Algier vom 5 Jan. meldet dem Kriegsminister Folgendes: In Belida sind mehrere Couvois angekommen, ohne auf Feinde in der Ebene gestoßen zu seyn. Die Citadelle und das Lager von Belida sind in einem trefflichen Vertheidigungszustand, und die Verproviantirung ist für alle Bedürfnisse hinreichend. Der Marschall hat den Lauf der Chiffa von Belida bis Coleah durchzogen, ohne eine Versammlung von Arabern getroffen zu haben, und die Ebene der Hadschuten schien verlassen. Die von dem Obristen Lamoricière zu Coleah eingezogenen Erkundigungen sind, daß nach der Niederlage der Araber zu Uad Lallg am 31 Dec. der Khalifa M'Baruk, an der Schulter verwundet, sich weit zurückgezogen habe; daß das Infanteriebataillon von Medeah nicht mehr existire; daß das Bataillon von Miliana, das weniger gelitten, allein im arabalischen Lager geblieben sey; daß 15 Kaids getödtet und die Reiter in ihre Stämme zurückgekehrt seyen. Die Nachrichten aus Constantine lauten sehr gut; alle Stämme sind dort ruhig.

(Commerce.) Die Regierung hat vor 4 oder 5 Tagen Depeschen von Graf Sebastiani erhalten, nach welchen Lord Palmerston und Hr. v. Brunnow die Angelegenheit des Orients unter den in frühern Schreiben der Allg. Zeitg. enthaltenen Bedingungen geordnet haben. Wenn sich Mehemed dieser Anordnung nicht unterwerfen will, so soll eine vereinigte Flotte die Häfen von Aegypten und Syrien blokiren und 25,000 Russen dem Ibrahim Pascha in Syrien entgegengestellt werden. Die andern Mächte sind zum Beitritt zu dieser Anordnung eingeladen. Das Ministerconseil hat im Einklang mit dem König und Hrn. Guizot entschieden, daß es ihr nicht beitreten, übrigens aber keine Schritte zu Gunsten des Vicekönigs machen und den Ereignissen ihren Gang lassen würde. *)*)Aufmerksame Leser werden bemerken, daß ein Schreiben aus Paris schon in der Allg. Zeitg. vom 15 Jan. alle diese Nachrichten, und noch umständlicher als es hier geschieht, gab. Wahrschein ist das Conseil der Ansicht, daß Zwangsdemonstrationen keinen Eindruck auf Mehemed Ali machen, und die andern Mächte genöthigt werden würden, zu bewaffneten Demonstrationen zu schreiten. Man kann aus einer Phrase des Hrn. Villemain0147 in der Sitzung am Samstag schließen, daß das Cabinet noch auf eine Spaltung unter den Mächten hoffte.

Aus der Sitzung der Deputirtenkammer vom 13 Jan. haben wir gestern den Hauptinhalt der Rede des Hrn. Thiers mitgetheilt. Wir werden dieselbe, da sie den Glanzpunkt der ganzen Adressediscussion bildet, ausführlicher folgen lassen, und verweisen heute auf unsere Pariser Briefe. Der Paragraph über den Orient ward unverändert angenommen. Nur Hr. v. Corcelles hatte ein unbedeutendes Amendement vorgeschlagen, es aber selbst wieder zurückgezogen. Der Paragraph über Spanien gab Anlaß zu Fragen über Passages, und ob die Engländer den Hafen je wieder räumen würden. Marschall Soult antwortete, das Cabinet zweifle nicht an dieser, wahrscheinlich nahen Räumung; übrigens nehme auch Frankreich an der dortigen Occupation Theil, indem es Schiffe dort habe, so wie in Bilbao, Santander etc. Der Paragraph ward angenommen. Ebenso der über Polen, und zwar ohne alle Discussion.

* In der Deputirtenkammersitzung vom 14 Jan. kam der §. 7 hinsichtlich des Vertrags mit Mexico zur Sprache. Der Präsident des Conseils, Marschall Soult, erklärte, daß der Vertrag vollständig vollzogen worden sey, die Fonds seyen in Paris eingetroffen, und man beschäftige sich eben mit einer Abrechnung zwischen den Betheiligten. Auf eine Frage des Hrn. Mauguin erklärte der Siegelbewahrer, Hr. Teste, daß unter den der Entscheidung Englands vorgelegten Streitpunkten nicht die Wegnahme mexicanischer Fahrzeuge durch die französische Flotte mit inbegriffen gewesen. Unwahr sey es auch, daß Frankreich die Vermittelung Englands anfangs abgelehnt, und nur dann in dieselbe gewilligt habe, als eine zahlreichere brittische Flotte im Golf von Mexico erschienen. Der §. 7 wurde angenommen. Hr. Mermilliod schlug ein Amendement zum §. 8 vor, wodurch er größere Energie gegen Buenos-Ayres empfahl. Man müsse, sagte er, dem Streit mit dieser Republik bald ein Ende machen. Hr. Remusat, Commissär der Adresse, sprach gegen dieses Amendement, durch welches man die Regierung zum Ausschiffen von Truppen an der Küste von Buenos-Ayres nöthigen würde. Auch der Marineminister meinte, man müsse erst weitere Nachrichten abwarten, ehe man sich zu einer solchen äußersten Maaßregel entschlösse. Er hielt die neuerdings nach Buenos-Ayres abgesegelten Kriegsschiffe für hinreichend. Das Amendement des Hrn. Mermilliod wurde verworfen, und der §. 8 angenommen. Bei Abgang der Post kam der §. 9 hinsichtlich der Algierer Angelegenheiten zur Sprache. Hr. Lanyer und General Bugeaud hatten Amendements vorgeschlagen.

(Journal des Débats.) Hr. Odilon-Barrot hat am 12 Jan. bei dem Könige gespeist.

(Moniteur.) Die Nationalgarden, die sich am Sonntag in Uniform versammelt haben, um mehrere Deputirte über ihre Entwürfe zur Wahlreform zu begrüßen, haben sich gegen die ihnen von dem Gesetz aufgelegten Pflichten verfehlt. Die Behörde wird Maaßregeln zur Verhinderung der Erneuerung solcher Auftritte treffen. Die Officiere, welche zu der Zusammenrottung gehörten, werden sich über ihr Betragen zu verantworten haben.

(Capitole.) Die Manifestation zu Gunsten der Wahlreform hat die Leute der Camarilla mit einer solchen Ueberraschung betroffen, daß das ganze Schloß in panischem Schrecken ist. Sogleich wurden Staffetten nach allen Punkten abgeschickt, in den Casernen und in den Hauptwachen Lärm geschlagen; am ganz n Abend und während der Nacht wurde Paris von Patrouillen der Nationalgarde der Infanterie, der Municipalgarde durchzogen, ohne die grauen Patrouillen der Polizei zu rechnen; die der Municipalgarde, 15 bis 20 Mann stark, waren von Adjutanten und Ordonnanzofficieren befehligt.

Am 13 Januar begann der Pairshof seine Verhandlungen über die politischen Verhafteten der zweiten Kategorie. Wir sind, wegen Zudrangs an Stoff, genöthigt, den Bericht darüber auf morgen zu verschieben. Wir bemerken bloß, daß Blanqui eine kurze Rede zur Vertheidigung der verhafteten Republicaner hielt, in Betreff der einzelnen Anklagepunkte aber auf seinem früheren Schweigen beharrte. Ein oder zwei andere traten diesem Systeme bei, während die übrigen sich bestmöglich rein zu waschen suchten.

(Temps.) Mehrere Mitglieder der Opposition wollen bei der Unmöglichkeit, in die sie sich versetzt sehen, irgend eine Wahlreform im Laufe dieser Session durchzusetzen, wenigstens das Parlament in sich selbst zu reformiren, versuchen. Da sie es nicht an dem Gesetze fassen können, so wollen sie es wenigstens an der Ehre fassen. Der Vorschlag des Hrn. Gouguier über die Ausschließung öffentlicher Staatsbeamten aus der Kammer kann als allzu absolut betrachtet werden: die Annahme des Princips, worauf er sich gründet, macht nichtsdestoweniger eine der dringendsten zu lösenden Fragen aus. Hr. L'Herbette hat in der letzten Sitzung der Kammer eine Resolution aufgesetzt und umlaufen lassen, wodurch sich alle unterzeichnenden Mitglieder verpflichten, keine Verrichtung anzunehmen, keinen Theil zu nehmen an den von der Regierung unternommenen oder begünstigten Kaufverhandlungen oder Unternehmungen, nicht nur während der Dauer ihres Mandats, sondern auch noch zwei Jahre nach dem Erlöschen desselben. Wir hoffen, daß das von den Bänken der Opposition ausgegangene Beispiel von der ganzen Kammer befolgt werde.

Die bei dem Centralcomité der Subscription für die Opfer des Erdbebens von Martinique eingelaufene Summe betrug am 1 Jan. 606,261 Fr.

Thiers hat gestern in der Deputirtenkammer einen glänzenden Triumph gefeiert. Schon die überfüllten Galerien, die große Zahl der anwesenden Damen und Staatsmänner, und die Masse derer, die im Saale der verlorenen Schritte vergeblich harrten um noch Zutritt zu erlangen, beweist, welchen Werth das gebildete französische Publicum auf Hrn. Thiers und seine politische Meinung legt. Seit lange der geistvollste Staatsmann in Frankreich, hat Hr. Thiers gestern gezeigt, daß er es jetzt mehr ist als je, und Jedermann hat es anerkannt, die Minister und Hofblätter nicht ausgenommen, wenn nicht ausdrücklich doch stillschweigend. Ich will Hrn. Thiers Lobredner nicht machen, ich habe mich früher zum öfteren gegen ihn ausgesprochen, aber seine Größe als Staatsmann und Redner habe ich nie verkannt, und es hat mir immer kleinlich, unwürdig und lächerlich geschienen, wenn man unter Anspielungen auf sein Aeußeres von Thiers als von einer unbedeutenden Erscheinung sprach. Unbedeutend? ein Mann, der nur die Tribune zu besteigen braucht, um über eine Versammlung von Tausenden aus der Elite einer großen Nation eine Todtenstille zu verbreiten, daß man eine Nadel zur Erde fallen hört. ein Redner, der die Köpfe und Herzen der Feinde wie der Freunde, der Phlegmatischen und Gleichgültigen wie der Enthusiasten mit sich fortreißt und zu einem einzigen Beifallruf vereinigt, der sogar das wohlgefütterte Centrum vergessen macht, aus welchen Händen er zur Zeit sein täglich Brod empfängt! In der That die Zweihunderteinundzwanzig waren nicht diejenigen, die Hrn. Thiers am wenigsten Beifall bezeigten. Man hat sie ordentlich wachsen und in ihnen den Gedanken0148 aufgehen sehen, wie viel Demüthigung ihnen erspart wäre, stände ein solches Talent an ihrer Spitze. Ich behaupte, wenn Hr. Thiers vorher nicht der Unvermeidliche war, am gestrigen Tage ist er es geworden. Seine ganze Rede athmet bei aller Tiefe der Ideen eine solche ich möchte sagen naive Einfachheit, Alles ist so klar und so aus dem Leben und den Verhältnissen gegriffen, daß jeder glaubte, er habe ja doch alles dieß schon lange vorher selbst gedacht, und nur eben die Worte zu seinen Gedanken nicht finden können. Ohne Zweifel werden Sie Ihren Lesern diese Rede mittheilen, und diese werden mein Urtheil bestätigen, daß die orientalische Frage noch nie mit so vieler Klarheit behandelt worden ist. Und mit welcher Feinheit gab er zu verstehen, daß nun der Grund der Differenz zwischen ihm und dem König gehoben sey (die spanische Angelegenheit) wußte er den Männern der richtigen Mitte zu demonstriren, kein System könne Bestand haben, das nicht auf die Erhaltung des europäischen Friedens gegründet sey sucht er sich den fremden Cabinetten, ja dem Großtürken selbst angenehm zu machen, indem er ihm andeutet, welch reiches Feld ihm zwischen dem Balkan und dem Taurus übrig bleibe, um die türkische Nationalität zu restauriren. Wie ist Alles Allen so schön und auf eine so wenig gesuchte, so natürliche Weise zu Ohren gesprochen, nur nicht den Ministern, die er als Leute darstellt, die eben ihr Metier gar nicht verstehen. Aber mit welcher Großmuth, mit welcher Schonung sagt er dieß! Er läßt die Fehler mehr errathen als er sie ausspricht. Er enthält sich aller Persönlichkeit. Er bedauert, die Blößen der französischen Politik aufdecken zu müssen, er will aber dabei nur so weit gehen, als es seine unerläßliche Pflicht ist. Kurz, er spricht so lehrreich, verständlich, versöhnend, captivirend, großmüthig und zartsinnig, daß das Journal des Débats selbst ihm seine Lobsprüche nicht versagen kann. Freilich mußte dieses Journal die Minister in Schutz nehmen, und Hrn. Duchatel das Zeugniß geben, daß er den Tadel des Hrn. Thiers zureichend zurückgewiesen habe. Mit diesem Ausdruck gibt das Journal selbst zu verstehen, was es mit dieser Zurechtweisung eigentlich für eine Beschaffenheit habe. Sie ist recht kläglich zu nennen, und muß zu Vergleichungen zwischen den Talenten des linken und des rechten Centrums Veranlassung geben, die den gegenwärtigen Planen des letztern nicht besonders förderlich seyn dürften. Ich schließe mit der Bemerkung: ist die parlamentarische Regierung eine Regierung des parlamentarischen Talents, so ist das Ministerium Thiers unvermeidlich.

Die Verhandlungen über die orientalische Frage in der Deputirtenkammer sind beendet worden, wie sie unter den bestehenden Verhältnissen enden mußten, d. h. man ist dadurch über den wahren Stand der Dinge um nichts klüger geworden, man hat keine der obwaltenden Schwierigkeiten gehoben, man hat nicht einmal den Weg näher bezeichnet, auf welchem man schneller und mit Bestimmtheit zum Ziele gelangen könnte. Man ist folglich im Wesentlichen um keinen Schritt weiter gekommen. Ein neuer Beweis, daß parlamentarische Discussion und diplomatische Verhandlungen zwei ganz verschiedene Elemente des politischen Lebens sind, welche sich je in ihrer Sphäre bewegen müssen, wenn sie innerhalb der ihnen von der Natur der Sache angewiesenen Gränzen bleiben wollen. Diese haben ihren Zweck mehr in der Zukunft, welche sie nicht durch voreilige Enthüllung compromittiren dürfen, jene dagegen ist vorzugsweise, und namentlich wenn es sich um auswärtige Politik handelt, an die Vergangenheit gewiesen, und hat hier für ihre Kritiken freies Feld, während ihr für die Zukunft eben nichts weiter übrig bleibt, als fromme Wünsche und wohlgemeinte Theorien, welche leider nur zu oft und zu leicht in das Gebiet der politischen Phantasien hinüberschweifen. Dieß bedingte im voraus theils den Charakter der Verhandlungen in den letzten Sitzungen im Allgemeinen, theils die Stellung, welche die Opposition und das Ministerium bei dieser Frage gegeneinander einnehmen mußten. Dieses stand dabei ganz auf dem Terrain der Diplomatie und war schon dadurch im Vortheil, daß es sich hinter einem fast absoluten Stillschweigen verschanzen konnte; jene mußte sich ganz an die Vergangenheit halten, und hatte selbst da nur wenig feste Stützpunkte, von denen ein sicherer Operationsplan hätte ausgehen müssen. Eben deßhalb konnte die Opposition bei der Discussion der orientalischen Frage eben so wenig etwas gewinnen, wie sie dazu gemacht war, der Majorität zum Prüfstein zu dienen und ihre Kräfte zu heben; es ist mit Einem Worte keine parlamentarische Frage, und sie kann nicht in den Kammern, sondern nur zwischen den Cabinetten entschieden werden. Aus demselben Grunde hatten diese ganzen Verhandlungen etwas Unzusammenhängendes, etwas Zerrissenes, was nach unserer Meinung nur dafür zu sprechen scheint, daß sich in der Kammer, wie im Lande, eine bestimmtere Ansicht von den orientalischen Angelegenheiten und der Art, sie zu schlichten, noch nicht durchgebildet hat. Alle Redner, welche nach und nach in dieser Sache das Wort ergriffen haben, haben nicht im Namen oder im Auftrage ihrer Parteien wenn es deren überhaupt gibt, zu denen sie sich rechnen können gesprochen; sie haben bloß ihre eigenen Ideen und Vorschläge entwickelt, welche in den weiteren Kreisen kaum einigen vorübergehenden Anklang gefunden haben. Von diesem individuellen Standpunkte aus betrachtet, wenn ich mich so ausdrücken darf, waren die Debatten dem letzten Tagen in vielfacher Hinsicht interessant und lehrreich, selbst wenn man zugeben muß, daß sie wenig Neues dargeboten haben, und oft nur als ein Nachhall der Verhandlungen bei Gelegenheit des außerordentlichen Credits der zehn Millionen im Julius des vorigen Jahres erschienen. Abgesehen von den Rednern, welche dabei die zweite und dritte Linie eingenommen haben, theilt sich der Ruhm der ganzen Debatten zwischen Villemain und Thiers. Villemain hat sich dadurch eigentlich erst zum privilegirten Redner des Ministeriums vom 12 Mai erhoben, und ist als solcher in der öffentlichen Meinung seit drei Tagen ungemein gestiegen; und dieß kommt natürlich dem Ministerium im Ganzen um so mehr zu gute, je weniger markirte Talente es in dieser Beziehung besitzt. Nur hat sich Villemain noch nicht genug als Staatsmann hervorgethan, und die Rolle, welche er früher in der Pairskammer gespielt hat, macht es ihm ziemlich schwer, jetzt seinen Ruf als solchen fester zu begründen. Er steht in dieser Hinsicht am Eingange seiner politischen Laufbahn, welche ihm allerdings eine glänzende Zukunft verspricht, wenn es ihm gelingt, eine seinem eminenten Talente entsprechende Festigkeit und Bestimmtheit der Principien zu gewinnen, und sie in der bedeutenden Stellung, in welcher er sich gegenwärtig befindet, geltend zu machen. Thiers gehört in eine ganz andere, beinahe möchte ich sagen entgegengesetzte Kategorie öffentlicher Charaktere. Thiers, das ist die allgemeine Meinung, hat den besten, den glänzendsten Theil seiner politischen Laufbahn hinter sich, wird aber in Zukunft nichtsdestoweniger noch gebraucht werden, und besitzt Fügsamkeit genug, sich brauchen zu lassen, wenn er es einigermaßen mit seinen Interessen vereinbar halten sollte. Thiers versteht es vortrefflich, so von Zeit zu Zeit sein Daseyn bemerklich zu machen, und am rechten Fleck hervorzutreten. Daß er in den Verhandlungen über die orientalische Frage sprechen würde, war schon lange vorher allgemein0149 bekannt, und erregte nicht geringe Erwartungen, welche wenigstens nicht getäuscht worden sind. Thiers hat gerade bei dieser Frage den Vortheil einer völlig unabhängigen Stellung, welche noch durch nichts compromittirt ist, wie dieß mit seiner Interventionspolitik in der spanischen Frage der Fall ist, wo ihn die Ereignisse und persönliche Klugheit nun zum Stillschweigen verdammt haben. Thiers hat gestern eine der glänzendsten Seiten seines ausgezeichneten Talents gezeigt, wodurch er in der Kammer fast einzig dasteht, nämlich das einer klaren und doch belebten Darlegung des wahren Standes verwickelter Fragen. Noch nie, am wenigsten auf der Tribune, sind die Interessen der verschiedenen Mächte in den orientalischen Angelegenheiten, und die durch diese bedingten Triebfedern ihrer Politik im Orient mit mehr Klarheit und Bestimmtheit entwickelt worden, und Thiers hat dadurch, selbst in den Kreisen, wo man ihm nicht sehr wohl will, um so mehr wieder gewonnen, je mehr er bewiesen hat, daß er wirklich Herr seines Talents ist, und frei von persönlichen Rücksichten und nationellen Vorurtheilen ohne Leidenschaft sprechen kann. Und dieß ist gerade der beste Weg, auf welchem man dazu gelangen kann, gewisse politische Wahrheiten zu sagen, welche zwar an sich keine Geheimnisse sind, welche aber eben erst mit klaren Worten in bestimmte Form gebracht werden müssen, um sich als Ueberzeugungen zu befestigen und in ihren Wirkungen ein praktisches Gewicht zu erhalten. Eine Wahrheit dieser Art ist z. B. die Darlegung der Politik Rußlands im Oriente, wie sie gestern Thiers mit eben so viel Freimüthigkeit als Gewandtheit versucht hat. Kein Mensch wird jetzt mehr daran zweifeln, daß es sich bei allen Windungen und scheinbaren Wandlungen des Cabinets von St. Petersburg am Ende doch um weiter nichts handelt, als um die Erhaltung des Vertrags von Hunkiar-Skelessi, nur in anderer Form, gerade weil Rußland für den Augenblick noch keine bestimmten Plane in Bezug auf das osmanische Reich hat, und für die Zukunft doch möglichst freie Hand behalten will. Das ist der wahre Zweck jener lächerlichen englischen Allianz, an deren Möglichkeit das Cabinet von St. Petersburg in allem Ernste geglaubt zu haben scheint; hierum drehen sich die Sendungen des Hrn. v. Brunnow nach London, und deßhalb macht man jetzt noch dem Cabinet von St. James den unbegreiflichen Vorschlag, daß England zugleich mit Frankreich je vier Schiffe in die Dardanellen einlaufen lassen solle, während Rußland seine Truppen nach Konstantinopel schicke, unter der Bedingung jedoch, daß jene Schiffe nicht das Meer von Marmora überschreiten sollten. Sie würden also eine ziemlich klägliche Rolle zu spielen haben; denn sie würden, wie Thiers sich deutlich genug ausgedrückt hat, von Anfang an compromittirte Schiffe seyn. Die höhere politische Bedeutung von Thiers 'ganzer Rede liegt eben darin, daß sie diese und einige ähnliche Wahrheiten enthält, welche in den Cabinetten der Großmächte ihr Echo finden dürften, noch ehe sie ihre Kraft verloren haben. Denn selbst da kann man es sich nicht verheimlichen, daß sie auf der Tribune der Deputirtenkammer und von einem Manne gesagt worden, dessen Wort in der europäischen Politik schon oft bedeutendes Gewicht gehabt hat, und in Zukunft noch haben könnte.

Ein Schreiben aus Algier vom 5 Jan. meldet, daß der Marschall Valée an diesem Tage von Belida zurück in Algier eingetroffen ist. Er begegnete auf seinem Weg keinem Feind mehr. Die Araber sind gänzlich demoralisirt, und seit dem Treffen vom 31 Dec. herrscht Zwiespalt unter ihnen. Das Linienschiff Algier hat auf der Rhede von Algier am 5 Anker geworfen und bei Abgang des Paketboots war man beschäftigt, die angekommenen Truppen auszuschiffen. Die Dampfboote Krokodil und Aetna sind mit Truppen nach Oran abgegangen. Seit 14 Tagen wurde gegen das Lager Fonduk kein Angriff mehr gemacht. Die Wagen der Diligence könnten wohl unter schwacher Escorte bis Bussarik fahren, wagten sich aber doch nicht über Duera hinaus. Täglich sind diese Wagen mit Reisenden angefüllt, welche ihre zerstörten Niederlassungen in der Metidscha besuchen. Unter andern nahmhaften Reisenden, welche in letzter Zeit zu Algier angekommen sind, befindet sich auch Hr. Enfantin, Ex-Papst der St. Simonianer; derselbe ist Mitglied der wissenschaftlichen Commission. Von einer Expedition nach Scherschel ist keine Rede mehr, doch sind die Kriegsschiffe, welche an diesem Hafen vorüberfahren, beauftragt, jedesmal einige Kugeln gegen diese Stadt zu feuern.

Italien.

Das Auftreten des Herzogs von Bordeaux in Rom hat verschiedenen öffentlichen Blättern Stoff zu mehrfachen Betrachtungen geliefert, von denen einige eine so unrichtige Schilderung seines Charakters, so wie namentlich des Zweckes seines hiesigen Aufenthaltes enthalten, daß es für einen unparteiischen Beobachter, der durch eigene Wahrnehmung und vielfache persönliche Berührungen mit der Sachlage genauer bekannt geworden, Bedürfniß wird, diese Mißdeutungen zu berichtigen. Der Zweck der Reise des Herzogs und seines hiesigen Aufenthalts war lediglich ein wissenschaftlicher, den er bisher unablässig und mit dem besten Erfolge vor Augen gehabt hat; seine politische Stellung hat er vollkommen erkannt, denn er weiß recht gut, daß wenn er durch höhere Fügungen jemals zu einer andern berufen werden sollte, dieß nur durch Ereignisse geschehen könnte, die herbeizuführen außer seiner Macht liegen. Je schwieriger in jeder Beziehung die gesellschaftliche Stellung des Herzogs ist, um so mehr ist der richtige Tact anzuerkennen, mit dem er sich in den verschiedenartigsten Lagen zu benehmen weiß. Von seiner Seite ist nichts geschehen, was die Ruhe der hiesigen Regierung oder das gute Vernehmen des diplomatischen Corps hätte stören können; ist dennoch zwischen einigen Mitgliedern des letzteren eine augenblickliche Spannung eingetreten, so kann wenigstens dem Herzog keinesfalls die Veranlassung zugeschrieben werden. Seine äußere Erscheinung ist geeignet einen angenehmen vertrauenerweckenden Eindruck hervorzubringen. Ein blühendes kräftiges Ansehen, eine würdevolle Haltung und eine Sicherheit des Benehmens zeichnen ihn um so auffallender aus, als sich ihm in dem beschränkten Familienkreise in Görz keine Gelegenheit darbot, die für das öffentliche Auftreten nöthige Festigkeit und Gewandtheit zu erlangen. Hierdurch wird es erklärlich, daß sich in den höheren Kreisen der hiesigen Welt ein lebhaftes immer steigendes Interesse für die Person wie für das Schicksal des Herzogs deutlich aussprach. Einmal in der Woche empfängt er die ihm vorgestellten Personen aller Nationen; bei dem letzten Empfange waren 170, darunter allein über 100 Franzosen gegenwärtig, unter vielen Bekannten und Ausgezeichneten auch der Graf de la Ferronnays, der hier einer großen und allgemeinen Achtung genießt; auch die Zahl der Franzosen aller Classen, die nur in der Absicht den Herzog zu sehen hierher kommen, ist bedeutend. Von Seite der hiesigen Autoritäten haben die Cardinäle Lambruschini und Bernetti dem Herzog ihre Aufwartung gemacht.

Ueber die Unterhandlungen mit Portugal vernimmt man aus sicherer Quelle, daß die begründetsten Hoffnungen vorhanden sind, durch sie zu einem gewünschten Resultat zu gelangen. Dagegen ist hinsichtlich Spaniens an eine Regulirung der kirchlichen Angelegenheiten fürs erste nicht0150 zu denken. Heute früh reiste der Herzog von Bordeaux, wie ich Ihnen schon früher voraussagte, nach Neapel ab, wo er bis zum 20 d. verweilen wird. Auf seiner Rückreise wird er sich, wie man sagt, nur einige Tage hier aufhalten, und ohne weitern Aufenthalt in Italien nach Görz eilen. Die hiesige Sparcasse, zu deren Präsident kürzlich der Fürst Rospigliosi gewählt wurde, nimmt an Bedeutsamkeit und Umfang immer mehr zu. Durch ihr bereits erworbenes Capital ist sie in den Stand gesetzt, zur Aufmunterung der kleinen Ersparnisse einige zwanzig Prämien, jede von 25 Scudi, auszusetzen für diejenigen, welche seit Errichtung der Casse regelmäßig ihren wöchentlichen Beitrag unter einem halben Piaster belegten. Diese Prämien wurden vorige Woche durch Loose gezogen ausgetheilt und sollen als Aussteuer bei Verheirathungen ausgezahlt werden. Die Familie Borghese, die dafür bekannt ist, sich bei jeder Gelegenheit durch Mildthätigkeit auszuzeichnen, hat diesen edlen Sinn wiederum dadurch bewiesen, daß die Fürstin-Wittwe eine Anstalt errichtet, worin hundert Knaben, welche in den Straßen ohne Aufsicht umherirren, aufgenommen werden sollen. Hier soll, ganz auf Kosten der Fürstin, für ihren Unterhalt und ihre Erziehung gesorgt werden, bis sie als Handwerker selbst ihr Fortkommen finden können, und statt Müßiggänger und Verbrecher zu werden, dem Staat als nützliche Bürger erwachsen. Ferner hat der junge Fürst sich der hinterlassenen Familie des kürzlich verstorbenen Archäologen Nibby liebevoll angenommen; er hat einen der Söhne in eine Anstalt untergebracht, wo er auf seine Kosten erzogen wird, während zwei der Töchter desselben namhafte Summen als Aussteuer zu ihrer Verheirathung ausgesetzt erhielten.

Gestern ist Monsignore Pacca als Ablegato des heiligen Vaters nach Paris abgereist, um von dem kürzlich ernannten Cardinal de la Tour d'Auvergne Lauraguais, Bischof von Arras, den Cardinalseid in Empfang zu nehmen, und zugleich der Eminenz das Barrett zu überbringen, welches ihm vom König in der Capelle der Tuilerien zum erstenmal aufs Haupt gesetzt wird. In Gesellschaft des Prälaten reist der durch seine Schriften bekannte Redacteur der Annali delle Scienze religiose, Professor Abbate de Luca, welcher unterm 23 Nov. v. J. von der neuerrichteten katholischen Universität in Löwen zum Doctor der Theologie, honoris causa, ernannt wurde. Gestern wurden Sr. Heil. dem Papst durch den hannover'schen Gesandten, Legationsrath Kestner, Lord Meath, irischer Pair, Lord Bruce, englischer Pair, die beiden Lords Mauley und Emlyn, so wie der General Sir Frederic Adam, ehemaliger Gouverneur in Indien und der jonischen Inseln, in einer Privataudienz vorgestellt. Der Papst empfing diese Herren mit seiner gewöhnlichen Leutseligkeit, und unterhielt sich geraume Zeit mit ihnen. Er nimmt mit besonderm Interesse Alles auf was England betrifft, wo die katholische Religion in der letzten Zeit so bedeutende Fortschritte gemacht.

Deutschland.

Der nun eingetretene strenge Winter hindert nicht, daß die Arbeiten in dem neuen Schloßbau fortgesetzt werden. So wie Schnorr und Hiltensperger noch thätig sind, den Bilderschmuck dieser Räume zu fördern, eben so ist Stieler beschäftigt, die interessante Bildergalerie weiblicher Schönheiten, deren er bereits 23 gemalt, und die vor der Hand die Zahl von 36 erreichen wird, zu vervollständigen, welche Galerie bestimmt ist, zwei Säle des genannten Palastes zu zieren. In den Werkstätten der übrigen Künstler herrscht nicht minder rege Thätigkeit; namentlich ist Monten mit einem großen Bild für den Kaiser von Rußland beschäftigt; es stellt eine Scene des Lagers bei Augsburg, welches im Jahr 1838 statt hatte, dar, und zeigt ein Cavalleriemanöuvre, welchem der Kaiser, von unserm König geleitet, beiwohnte. Die Porträts der allerhöchsten und höchsten Personen, so wie der meisten Officiere, welche sich auf diesem Oelgemälde befinden, sind von sprechender Aehnlichkeit, und geben diesem Werke nebst seinem objectiven Kunstwerthe noch ein erhöhtes subjectives Interesse. Professor Amsler hat in den letzten Tagen einen Kupferstich nach dem in unsrer Pinakothek befindlichen Gemälde von Raffael, unter dem Namen Madonna di Casa Tempi bekannt, vollendet, welcher nächstens der Oeffentlichkeit übergeben wird. Ein Werk von Führich in Wien, den Triumph des Christenthums darstellend (11 Blätter in Kupfer radirt) in der hiesigen Wittmayer'schen Kunsthandlung erschienen, findet bei Künstlern und Kunstfreunden viele Teilnahme. Der gestrige Hofball war einer der glänzendsten und besuchtesten seit mehreren Jahren. Se. Maj. der König waren in der heitersten Stimmung, und unterhielten sich mit den Anwesenden, worunter sich fast sämmtliche Mitglieder der Kammer der Reichsräthe befanden, auf die huldreichste Weise. Der Carneval hat in den höhern Kreisen sehr lebhaft begonnen; Bälle bei Ihrer k. Hoh. der Herzogin ven Leuchtenberg, beim Fürsten Karl Wallerstein, bei Colloredo, Pallavicini, Severin etc. folgen sich ununterbrochen, auch spricht man von einer Hofmaskerade, die auf dem Foyer-Ball erscheinen wird, der während eines der Maskenbälle im großen Hoftheater stattfindet.

Die in öffentlichen Blättern enthaltene Nachricht, als wenn alle im Verlage von G. J. Manz in Regensburg erschienenen Schriften in Preußen verboten wären, ist aus zuverlässiger Quelle dahin zu berichtigen, daß es laut Beschluß der preußischen Gesammtministerien vom 27 Nov. v. J. heißt: Alle von jetzt ab im Verlage von G. J. Manz in Regensburg erscheinenden oder als Commissionsartikel von ihm ausgegebenen Schriften, Blätter etc., von welcher Art sie auch seyn mögen, sind innerhalb der k. preuß. Staaten dergestalt verboten, daß dieselben, insofern nicht die k. Obercensurbehörde den Absatz ausnahmsweise ausdrücklich gestattet, weder öffentlich angekündigt und verkauft, noch in Leihbibliotheken und öffentlichen Lesecirkeln oder von Antiquarien gehalten werden dürfen.

Als Schlüssel der Donau und Mittelpunkt der von allen Seiten hier zusammenlaufenden Straßen hat Ulm nicht bloß große militärische Bedeutung, sondern auch für den Handel und Verkehr gibt es wenig so wohl gelegene Orte. Kein Wunder, daß man auch hier an der obern Donau zuerst den Plan einer Dampfschifffahrt entwarf. Durch Umstände, deren Auseinandersetzung hier zu weit führte, wurde die Ausführung dieses Plans der vereinigten bayerisch-würtembergischen Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft in Regensburg übertragen, welche durch eine Probefahrt hieher mit einem nicht einmal für diese Strecke erbauten Schiffe und bei ungewöhnlich niederm Wasserstande, so wie durch die neulich in 13 Stunden bewerkstelligte Rückfahrt den Beweis lieferte, daß einer regelmäßigen Dampfschifffahrt zwischen Ulm und Regensburg bei mittlerm Wasserstand und mit dazu besonders geeigneten Schiffen kein Hinderniß von Belang mehr im Wege steht, wenn die von der k. bayerischen Regierung unternommenen Uferbauten so kräftig als bisher fortgesetzt werden. Ein für diese Fahrt bestimmtes Schiff liegt nun eben auf dem Regensburger Werft in Arbeit, und es ist nicht zu bezweifeln, daß der dortige technische Director, der nun schon seit mehrern Jahren die Natur des Donaustroms, und namentlich in neuester Zeit die seiner obern Strecke (von Ulm bis Regensburg)0151 genau kennen gelernt hat, die Aufgabe mit gewohnter Tüchtigkeit lösen werde. Da aber für eine solche Strecke ein einziges Schiff nicht zureicht und die Casse jener Gesellschaft im Augenblick die Erbauung eines weitern nicht zuläßt, so hat dahier in neuester Zeit eine Hülfsgesellschaft sich gebildet, um die zu Erbauung eines zweiten für die Fahrt auf der obern Donau geeigneten Dampfschiffes nöthigen Fonds zusammenzubringen und alle zu endlicher Realisirung der Dampfschifffahrt von Ulm aus für zweckmäßig zu erachtenden Mittel zu ergreifen. Die regste Theilnahme für endliche Ausführung des für die an der obern Donau liegenden Staaten und Orte so wichtigen Unternehmens legt sich vielfach an den Tag, und wie es für Bayern von großem Vortheil seyn wird, in dessen Gränzen die Donau bis nahe vor Ulm fließt, so will Würtemberg auch nicht das letzte in der Flußdampfschifffahrt seyn, nachdem es mit Einführung der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee das erste war.

Statt der gestrigen Nummer der deutschen Volkshalle wurde von der Redaction eine kurze Anzeige ausgegeben, wornach das Blatt ein Schicksal erfahren, welches der neuesten Censurverordnung geradezu widerspreche. Heute liest man nun in Nr. 10 der Volkshalle: Wir haben unsern Lesern angezeigt, daß die Nummer 53 des ersten Jahrgangs der deutschen Volkshalle von der Polizeibehörde in Konstanz mit Beschlag belegt worden ist. Zugleich hatte dieselbe Behörde, welche die Beschlagnahme in polizeilicher Eigenschaft vollzog, diese Handlung in richterlicher Eigenschaft bestätigt. Dasselbe war mit den Nummern 54, 55 und 56 der Fall. Auf die von uns dagegen erhobene Berufung hat nun der Obergerichtshof des Seekreises am 11 d. M. zu Recht erkannt, daß die geschehene richterliche Bestätigung der Beschlagnahme wegen Incompetenz als nichtig aufzuheben und die Staatscasse die Kosten zu tragen schuldig sey. Wir werden das ganze Urtheil nebst den Entscheidungsgründen demnächst mittheilen. (Bad. Bl.)

Unsere vaterländische Zeitschriften-Litteratur ist noch immer im Wachsen, und trotz der bereits bemerklichen Ueberbefruchtung treten fortwährend neue Schößlinge hervor, besonders in Leipzig. Eine tüchtige Zeitschrift, die vorzüglich vaterländische Angelegenheiten beachtete, fehlt freilich noch immer, so reicher Stoff sich dazu darbieten möchte, und so bereitwillig gewiß die Regierung ein solches Unternehmen begünstigen würde. Die Kreisblätter , die in den vier Kreisdirectionsbezirken Dresden, Leipzig, Zwickau und Bautzen erscheinen, ersetzen diesen Mangel auf keine Weise. Dem vor kurzem begonnenen Dresdener Wochenblatt für vaterländische Interessen ist Gedeihen zu wünschen. Die Leipziger Zeitung , die sich seit einigen Jahren gehoben hat, gibt über die Landtagsverhandlungen nur fragmentarische Berichte, weil sie die ausführliche Darstellung den Mittheilungen überlassen kann, aber sonst häufig vaterländische Nachrichten. Die Leipziger Allgemeine Zeitung ist seither in ihren Berichten vom Landtag den Mittheilungen gefolgt. Dieses Blatt hat, wie Sie wissen, mit dem Anfange dieses Jahrs eine abermalige Veränderung der Redaction erfahren. Dr. Franck erklärte am 31 Dec., daß er die Leitung der Zeitung aufgebe, welche er nur für die Dauer des vorigen Jahres übernommen habe, und da er sich aus diesem Grunde nicht öffentlich als Redacteur genannt habe, so sey er als solcher größtentheils nur den Mitarbeitern bekannt geworden, welchen er das Aufhören seiner Geschäftsführung anzeige. Die Verlagshandlung äußert ihr Bedauern, daß es ihr nicht habe gelingen wollen Dr. Franck auf längere Zeit für ihr Institut zu gewinnen; die jetzige Redaction (Namen werden nicht genannt), für die sie wie seither die Verantwortlichkeit übernehme, werde die Zeitung in dem bisherigen Geiste fortzusetzen streben. Gewiß ist Francks Rücktritt ein Verlust, den sie zu bedauern hat. Der jetzige erste Redacteur ist ein Hr. G. Günther (seit 1837 bei der Redaction thätig) und Mitredacteur ein ehemaliger Lieutenant Thoschesky, der unter dem Namen Pons die Allg. Ztg. des Geld -, Staatspapier -, Wechsel - und Actienwesens herausgibt. Uebrigens werden Sie bemerkt haben, daß die frühern Oppositionsartikel gegen Bayern, so wie die Angriffe gegen Rom in diesem Blatte seit einiger Zeit fast spurlos verschwunden sind. Um auch über örtliche Angelegenheiten einige Worte zu sagen, so sey erwähnt, daß der Ausbau des neuen Theaters schnell vorrückt und die Hoffnung gehegt wird, in diesem Jahre es eingeweiht zu sehen, wiewohl man mit den neuen Decorationen noch sehr zurück ist. Erst vor kurzem ist der schon lange hier angestellte geschickte Theatermaler Arrigoni nach Paris gereist, um die dortigen Bühnen hinsichtlich der Decorationen kennen zu lernen. Die hierher berufenen französischen Decorationsmaler sind indeß mit Arbeiten der Art beschäftigt, rücken aber nur langsam vor. Die Regierung hat von den Ständen eine Bewilligung von 250,000 Thalern für den Theaterbau verlangt. Man erwartet darüber interessante Verhandlungen, und glaubt, daß wenigstens in Beziehung auf das Formelle des Antrags eine Opposition hervortreten dürfte, insofern man die ständische Bewilligung erst in Anspruch genommen hat, nachdem der Bau größtentheils vollendet ist. Ueber den Bau des Museums zur sicheren Aufbewahrung der Bildergalerie und anderer Kunstschätze ein dringendes Bedürfniß ist dem Vernehmen nach nichts entschieden. Es sollen zwei Plane vorliegen: ein neues großartiges Gebäude auf passendem Platze, oder zweckmäßiger Umbau des alten. Der letztere ist der wohlfeilere, der erste aber in jeder Hinsicht der vorzüglichere Entwurf. Professor Semper hat dazu einen Riß entworfen.

Preußen.

Die Besorgnisse, welche man hier gehegt, daß man in Berlin dem Plane treu geblieben sey, dem Rheinlande seine Gerichtsverfassung zu nehmen, sind schon durch die Ernennung des Hrn. Ruppenthal fast gänzlich beseitigt worden. Mehr noch geschieht dieß durch die in der letzten Zeit immer mehr um sich greifenden Versuche, das Hauptprincip derselben, die Oeffentlichkeit und Mündlichkeit, auch auf die ältern Provinzen auszudehnen. Die Wohlthaten dieses Verfahrens finden auch dort immer größere Anerkennung, und man versichert, daß im Staatsrathe darüber berathen werde, ob dasselbe nicht als Norm für die ganze Monarchie aufgestellt werden solle. Dieß wäre einer der wichtigsten Schritte für die Verschmelzung der östlichen und westlichen Provinzen, da man sonstige Aenderungen, wie in der Zusammensetzung der Jury, im Gesetzbuch sich gern gefallen lassen würde, weil man auch hier deren Mängel wohl erkennt. Man verlangt nur Aufrechthaltung der Grundideen; man will wohl das Gute des Landrechtes übernehmen, aber nicht das Ganze, so weit es den Ansprüchen der Zeit widerstrebt, insofern es den Richter zu einer Art Maschine macht und dem lebendigen Geist entgegen ist. Wie es heißt, wird einstweilen binnen kurzem eine officielle Uebersetzung des Code erscheinen, da bisher noch keine anerkannt rechtskräftige existirt hat und immer der Recurs an das Original nöthig wurde. In unsern religiösen Verhältnissen hat sich nichts Neues ereignet. Das Capitel von Trier hat noch keine Antwort von Rom und kann auch wohl keine befriedigende erhalten. Mit der Absendung der Briefe des Capitels von Berlin aus hat man wohl nur deßhalb0152 so lange gezögert, weil man es für unnütz hielt, eine Wahl anzuzeigen, die von der Regierung im voraus verworfen war und weil man auf Anknüpfung eines besseren Verhältnisses mit der Curie hofft. Das Capitel erfuhr diese Zögerung, wie es heißt, durch ein Schreiben des Cardinals Pacca. Der Papst zeigte ihm übrigens zugleich an, daß er die Wahl des Propstes, Hrn. Günther, ebenfalls nur wegen der noch obschwebenden Wirren nicht bestätigen könne, nicht aber weil er etwas gegen seine Person habe. Der letztere Zusatz fehlte jedoch bei dem Bescheide auf die Wahl der beiden Domherren.

Der Fränkische Courier enthält einen vom Rhein 8 Dec. datirten Artikel, worin mit großer Bestimmtheit berichtet wird: Es sey vor einigen Wochen dem Trierer Domcapitel durch ein Schreiben von Monsignore Capaccini angezeigt worden, daß dem päpstlichen Stuhle bis dahin keine officielle Kunde von der in Trier vollzogenen Bischofswahl zugekommen und habe deßhalb auch in dieser Angelegenheit noch nichts verfügt werden können. Was aber die Bestätigung der von der Regierung ernannten Domherren anlange, so könne der heilige Vater sie nicht ertheilen, und eben so wenig die Ernennung des Weihbischofs Günther zum Dompropst genehmigen, jedoch mit dem ausdrücklichen Bemerken, daß Hr. Günther keineswegs eine mißbeliebige Person sey, sondern nur die obschwebenden kirchlichen Wirren seine Bestätigung nicht gestatteten. Hierauf soll sich dann das Domcapitel in einem Schreiben an das k. preußische Ministerium gewendet und von da die in dem erwähnten Artikel näher angegebene Antwort erhalten haben. Diese Nachricht ist, so viel sie die angebliche Correspondenz des Monsignore Capaccini betrifft (und nur so weit kann über ihre Wahrheit geurtheilt werden) durchaus unrichtig, da der genannte Monsignore nie über was immer für eine Angelegenheit an das Trierer Domcapitel geschrieben hat. Der Urheber derselben scheint aber überhaupt nicht gut unterrichtet zu seyn; denn es ist dem päpstlichen Stuhle allerdings über die Wahl des Hrn. Arnoldi zum Bischof von Trier durch den k. preußischen Geschäftsträger v. Buch eine officielle Mittheilung gemacht und von den Gründen Kenntniß gegeben worden, aus welchen die Wahl des Hrn. Arnoldi bis jetzt die Bestätigung der Regierung nicht erhalten hat. Diese Gründe beschränken sich im Wesentlichen einzig und allein darauf, daß das Capitel eine nicht im voraus als grata bezeichnete Person gewählt habe, während im Uebrigen gegen die Eigenschaften des Hrn. Arnoldi selbst keine Einwendung gemacht wird. Bis jetzt ist in dieser Sache eine Antwort des päpstlichen Stuhles noch nicht erfolgt. (Fränk. Cour.)

Rußland.

Ein trauriges Ereigniß hat in der Nacht zum 1 d. M. in der Nähe unsrer Residenz stattgefunden. Die nur 1 1 / 2 Meilen von hier auf dem Wege nach Schlüsselburg gelegene große, trefflich organisirte Manufactur Alexandrowsk, eine Schöpfung der verewigten Kaiserin Maria Feodorowna, ward in jener Nacht von einer schrecklichen Feuersbrunst heimgesucht, die den wichtigeren Theil dieser Anstalt in Asche legte. Die Baumwollenspinnereien mit ihrem Depot wurden ein Opfer der Flammen, die erst in der folgenden Nacht völlig gelöscht werden konnten. Der Schaden wird nach approximativer Schätzung der officiellen sehen wir noch entgegen auf einige Millionen Rubel angegeben. (Preuß. St. Z.)

Aegypten.

Am 18 d. ist endlich ein türkischer Gesandter auf einem türkischen Dampfboot hier angekommen Kiamil-Pascha, der frühere Gesandte in Berlin, eine ziemliche Fleischmasse, die sich in Berlin etwas aufgestutzt zu haben scheint. Er hat jedoch nichts Anderes gebracht als den Hattischerif über die neuen erst zu schaffenden Gesetze. Der Hattischerif war überschrieben: An den erblichen Statthalter Aegyptens, und dieser erbliche Statthalter empfing den Hattischerif mit aller der Demuth, die einem von dem Großherrn selbst unterzeichneten Schreiben gebührt. Als es ihm Kiamil-Pascha überreichte, legte er es an die Stirne, dann auf den Kopf, erbrach es endlich, las es mit vieler Aufmerksamkeit von Anfang bis zu Ende durch, obgleich er den Inhalt längst kannte, und schmunzelte wohlgefällig. Alle Empfangsfeierlichkeiten wurden mit gehörigen Artilleriesalven begleitet, die auf Compagnien verstärkten Wachen traten bei Kiamils Ankunft ins Gewehr, und begleiteten ihn mit klingendem Spiel bis zum Palast des Vicekönigs, daß der Gesandte über so viel Höflichkeitsbezeugungen ein wenig verdutzt schien. Er machte dem Pascha einige Complimente über das gute Aussehen seiner Truppen, und fügte hinzu, daß die Differenzen zwischen ihm und der Pforte wohl bald auf das beste beendet werden würden. Das denke ich auch, erwiederte der Pascha, ich beende meine Angelegenheiten immer auf das beste, und auch diese werde ich hoffentlich dahin führen, und wenn es nicht bald geschieht, so müssen wir auf Mittel denken, den Gang der Dinge zu beschleunigen. Den Tag der Ankunft des türkischen Gesandten fand auch die Präsentation des neuen englischen Generalconsuls, Oberst Hodges, in der gewöhnlichen Art statt.

0145

Barthold Georg Niebuhrs Denkwürdigkeiten. *) *)Lebensnachrichten über Barthold Georg Niebuhr aus Briefen desselben und aus Erinnerungen einiger seiner nächsten Freunde. 5 Bände. Hamburg bei Fr. Perthes. 1838-39. Niebuhr ist geboren zu Kopenhagen am 27 Aug. 1776, gestorben zu Bonn am 1 Jan. 1851.

Savigny, einer der Freunde, aus deren Beiträgen das Denkmal der Schrift hervorgegangen ist, das uns das Bild eines der seltensten und edelsten Zeitgenossen zur Totalanschauung zurückruft, hat Recht 1)1)Bd. 3, S. 543., wenn er für die Sammlung Niebuhr'scher Briefe vorzugsweise den Charakter von Memoiren in Anspruch nimmt, und zwar nicht jener Memoiren im französischen Geschmack, welche nur zu oft durch die Leichtfertigkeit der Gesinnung mehr abstoßen als durch die Anmuth der Darstellung erfreuen, sondern einer ernstern, den Confessionen verwandten Gattung. Das war das Eigenthümliche von Niebuhrs Natur, was ihn zu einer so großartigen und doch so liebenswürdigen Erscheinung macht, daß er der gelehrteste unter den Geschäftsmännern und der gemüthvollste unter den Gelehrten war, daß er, der Bewanderte auf allen Gebieten menschlichen Wissens, gegen die austrocknende Kraft der Bücher sich jene weiche Seele bewahrt hatte, die von Allem, was das Leben bewegte, besonders was die Ehre und das Schicksal des deutschen Vaterlandes betraf, ergriffen wurde in Lust und Leid, und darum ist auch sein Briefwechsel als treuer Ausdruck eines reichen mittheilungsbedürftigen Herzens ein so kostbares Vermächtniß. Die frühe Gediegenheit des Geistes, die ihm schon als Jüngling eine ausgezeichnete Stellung in der Gesellschaft gab, verbunden mit einer durchaus sittlichen Willensrichtung und einem scharfen Beobachtersblick, befähigte ihn zu einem Stimmführer der Wahrheit mit derselben Sicherheit des Urtheils über die Entwicklungen der Gegenwart, mit welcher seine historische Kunst Licht geschaffen hat in einigen der dunkelsten Räume der Vergangenheit. Allerdings hat die Herausgabe seiner Correspondenz außer der Beschränkung auf den mehr biographischen Zweck 2)2)Vorwort zu Band 1. noch eine weitere Verkürzung erlitten in ihren Aufschlüssen durch die nothwendig gebotene Rücksicht auf hochstehende Personen und delicate Verhältnisse und wir haben ja neulich wieder Arndts Klage gehört über diese vielfältigen Hindernisse deutscher Aufrichtigkeit wenn aber auch Bunsens Wunsch 3)3)Niebuhr als Diplomat in Rom, Bd. 3, S. 307., daß die eben deßwegen in Niebuhrs Leben gelassenen Schattenpartien dereinst unter den Brennpunkt der Geschichte gebracht werden möchten, wohl nicht sobald in Erfüllung gehen wird, immerhin bleiben diese Reliquien auch so eine der erhebendsten Erscheinungen für die Mitwelt.

Wie erweckend ist nicht die Geschichte seiner Jugend, von der ersten Erziehung im elterlichen Hause 4)4)Bd. 1, S. 3-31. zu Meldorf in Süderdithmarschen bis zu seinen Universitätsjahren in Kiel! Die Abgeschiedenheit des Orts pflanzte und nährte in ihm den Hang zu diesem Insichgekehrtseyn, der ihn auch nachmals unter den Zerstreuungen der großen Welt stets mit einer wahren Sehnsucht zu den stillen Musen zurückführte, aber sein Vater, Carsten Niebuhr, der berühmte Reisende, anfangs Ingenieurofficier, damals Bezirksbeamter, war ein Mann von zu gesundem Verstand, als daß der Sohn hätte ein trüber Dämmerer, ein bloßer Bücherwurm werden dürfen. Der Vater erzählte ihm von seinen Wanderungen im Orient, von den Ländern und Völkern, die er gesehen, ihren Sitten, Gebräuchen und Staatsformen; er beschäftigte ihn mit geographischen, statistischen oder politischen Ausarbeitungen, ließ ihn Baurisse, Karten und Maschinen zeichnen, trieb mit ihm Heraldik und Münzkunde, nahm ihn zu Berufsgeschäften mit und erregte sein dauerndes Interesse für die Verfassung des Ländchens, das seine Heimath war, überhaupt für einen freien Bauernstand. Deutsch und Dänisch waren Familiensprache, für das Englische und Französische hatte er wieder den väterlichen Unterricht, dazu vom zehnten Jahr an das tägliche Lesen englischer Zeitungen 5)5)Briefe an den Grafen de Serre IV, Bd. 3, S. 379.; Italienisch lernte er für sich und, da der Sturm einige spanische und portugiesische Werke an den Strand geworfen, Castilisch und Lusitanisch, so auch und mit Hülfe eines Privatlehrers die alten Sprachen. Die öffentliche Schule besuchte er nur vom dreizehnten bis zum vierzehnten Jahr, denn sie war in den untern Classen zu dürftig besetzt und er den Primanern selbst zu sehr voraus. Eine tägliche Privatstunde des Rectors Jäger genügte dann vollends zur Vorbereitung auf die Universität. Boje, der Herausgeber des deutschen Museums, war Hausfreund, dessen Schwager Voß in Eutin kam manchmal auf Besuch. Jener wirkte ermunternd auf schöne Litteratur, dieser auf classische Studien. Münter und Heyne versahen ihn mit Handschriften zur Vergleichung. Kleine Ausflüge zu den Verwandten in Hadeln, hin und wieder ein Fremder, den Carstens Ruf angezogen, unterbrachen allein die Einförmigkeit von Meldorf. Sie war ihm so lieb, daß, als man ihn nach Hamburg schickte zu Professor Büsch, der neben seinem Gymnasialamt einer Handlungsschule vorstand und ein großes Haus machte, wo es Gelegenheit gab sich in den neuern Sprachen zu üben und die Umgangssitten anzueignen, auch sonst allerhand positive Kenntnisse zu erwerben, er ein schmerzliches Heimweh bekam. Es fehlte hier nicht an einem geistreichen Kreis, aber ihm widerte das Geräuschvolle, das zu ausschließliche Dichten und Trachten nach materiellen Dingen; doch war die Bekanntschaft mit Klopstock, der ihn liebgewann und den er verehrte, eine schöne Erinnerung an den dreimonatlichen Aufenthalt in Hamburg.

Noch nicht achtzehn Jahre alt bezog Niebuhr die Universität: er brachte dahin einen Schatz vielseitiger Bildung und den brennenden Eifer, sie zu vermehren, und in des Vaters makelloser Rechtschaffenheit und Wahrhaftigkeit leuchtete ihm ein Tugendmuster. In der wissenschaftlichen Strebsamkeit zu Kiel fühlte er sich heimisch. Freundschaften, die er daselbst schloß, begleiteten ihn durchs Leben. Besonders war es die Familie des Arztes Hensler, in der er wie zu Haus war. Zwei treffliche Frauen, dithmarsische Landsmänninnen, übten auf ihn den ersten Zauber eines weiblichen Umgangs. Die eine, die junge Wittwe von Henslers Sohn, wurde seine beste Freundin, diejenige, mit der seine Correspondenz, die in Kiel beginnt, am häufigsten verkehrt. Die andere, Amalie Behrens, wurde später seine Gattin, und als der Tod die Unvergeßliche von seiner Seite riß, knüpfte er mit einer Nichte der Hensler ein zweites Band. Von den Lehrern sprachen ihn vorzüglich Hegewisch an und Reinhold. Zu Reinhold stand er am nächsten. Der hatte einen Club errichtet für Studirende und Professoren; es waren Sokratische Unterhaltungen0146 mit einem Abendessen, daran nahm auch Niebuhr Theil. Sein Fachstudium war Jurisprudenz, aber seine Lieblingsfächer waren Geschichte und Philologie beide im weitesten Sinn einander wechselsweise erläuternd und durchdringend, mehr Genuß als Arbeit. Zur speculativen Philosophie als Beruf glaubte er sich nicht gemacht: er wünschte sich eine praktischere Thätigkeit 6)6)Briefe aus Kiel von 1794, Bd. 1, S. 42.. Ihren Werth verkannte er nicht; auch bemerkte er bald, daß sie unendlich reicher aus Kant floß denn bei Reinhold, indem er Reinholds wichtigste Sätze in der Vernunftkritik wiederfand, nur dort imposanter, majestätischer 7)7)A. a. O. S. 54, 55, 66.. Er hatte Ideen über die Genesis der Völker und Sprachen als Ausgangspunkt einer allgemeinen Geschichte der Menschheit; zu einem solchen Werk, zu jeder Behandlung der Geschichte, wie sie ihm vorschwebte, war ihm das wußte er die Philosophie unentbehrlich 8)8)A. a. O. S. 44.. Von Fichte wurde er schier abgeschreckt, da man ihm sagte, derselbe rechtfertige die Rechtmäßigkeit der Revolution, läugne die Verbindlichkeit des Vertrags, und einen Augenblick hatte er ihm die ganze moderne Philosophie verleidet, wenn ein so schrecklicher Mißbrauch der heiligsten Geheimnisse möglich seyn sollte, um die Stärke des Pöbels durch den Glanz blendender Trugschlüsse zu unterstützen, gegen deren vereinte Tyrannei nichts übrig bliebe, als der Tod 9)9)A. a. O. S. 41 f.. Nachher scheint dieses Mißverständniß aufgeklärt worden zu seyn, denn da ist Fichte ihm ein äußerst tiefer, gründlicher Philosoph, der nicht gelesen, sondern studirt werden muß 10)10)A. a. O. S. 65., und er freut sich, daß Friedrich Heinrich Jacobi, dessen herrliche Natur, Grazie und Beredsamkeit er bewundert, der ihm jedoch in seinen letzten Schriften manierirt vorkommt, Fichte als einen der größten Männer und Philosophen würdigt 11)11)Briefe an Graf Adam Moltke von 1795, Bd. 2, S. 12 f..

Der französische Vulcan war um diese Zeit in vollem Ausbruch begriffen, und es war natürlich, daß so welterschütternde Ereignisse die Mitlebenden auch in der Ferne, zumal das jüngere Geschlecht, tief berührten, daß die Eindrücke von entgegengesetzter Art waren, je nachdem einer mehr die Moralität der Thatsachen oder ihre Außerordentlichkeit, die Kühnheit des Gedankens oder die gräßliche Wirklichkeit ins Auge faßte, überall mehr Wehen der Wiedergeburt oder Verderben und Umsturz sah. Niebuhrs sittliche Reinheit, sein historischer Tiefsinn sträubten sich gegen wüste Wühlerei; ein befangener Zelot für das Alte war er nicht. Unter seinen Universitätsfreunden, zu welchen nicht bloß Studiengenossen, sondern auch reifere Männer, mitunter Bekanntschaften seiner Ferienbesuche in Eutin, namentlich Thibaut, Baggesen, Schlosser, Adam Moltke, die beiden Stolberg gehörten, gab es nicht selten politische Discussionen; wenn ihm aber z. B. Thibauts Ansichten zu demokratisch waren, so fand er sie doch bei einem Abkömmling der Refugiés des siebenzehnten Jahrhunderts sehr verzeihlich, und liebte ihn wegen seines Fleißes, seiner Denkkraft und seines biedern Charakters nicht minder 12)12)Briefe aus Kiel, Bd. 1, S. 51.. Niebuhrs Antidemokratismus war kein solcher, daß er nicht die Entfaltung einer ächten Rechtsverfassung zu den höchsten Aufgaben, den Widerstand gegen tyrannische Gewalt zu den preiswürdigsten Thaten der Geschichte gerechnet hätte. Algernon Sidney war sein Mann, ein Leben wie das seinige schien ihm mit einem Tod wie der seinige nicht zu theuer bezahlt 13)13)A. a. O. S. 64, 66.. Was er haßte, war das willkürliche Ummodeln, das Ueberspringen von Extrem zu Extrem, das Anklammern an hohle Formen in Ermangelung des Geistes. Das war ihm der flache Liberalismus, von dessen Schöpfungen er sich keine Dauer versprach. Daher er auch die Wette einging, binnen vier Jahren werde Frankreich zur Monarchie zurückgekehrt seyn 14)14)A. a. O. S. 64.. Adam Moltke hatte ihm Mirabeau's Essai sur le despotisme geliehen. Diese Schrift hatte ihn im Innersten ergriffen. Als sie ihm nach dreizehn Jahren wieder unter die Hand kam es war in der Zeit von Deutschlands tiefster Erniedrigung erklärte er Mirabeau und Carnot für die einzigen Heroen der französischen Revolution, dagegen Necker für einen seichten Kopf und zwar für einen deutschseichten nämlich geschmückt mit äußerm Schein und darum bei der Masse der Franzosen mit dem Ansehen praktischer Solidität. Niebuhr verbarg sich die Flecken an Mirabeau's Charakter nicht, er nennt ihn einen großen Sünder, aber einen Sünder, über den mehr Freude im Himmel ist als über hundert Gerechte. Die Art, wie er zwei Stellen aus dessen Philippika glossirt, zeigt, daß er auch etwas von einem solchen Besessenen in sich spürte einen Funken jener zürnenden Beredsamkeit, die wie ein volltöniges Orchester das Volk durchschauert, das bei der einfachen Musik eines geräuschlosen Instruments gefühllos bleibt. Wenn Mirabeau sagt: L'animal que déchire le féroce léopard, admire-t-il la bigarrure de sa peau ou la variété de ses ruses? so meint Niebuhr, man könnte statt des ersten Worts, des Subjects, das gleichbedeutende L'Allemand setzen und doch wäre es die tiefe Wahrheit nicht mehr. Denn das Thier, fügt er hinzu, kennt nur die Bestimmung des natürlichen Gefühls und jagt nicht nach falschem Trost. Bei unsern Landsleuten ist kein Gefühl mehr wahr, selbst nicht Schmerz und Genuß. Und eben deßwegen ist es mir ganz unbegreiflich, was aus uns werden soll. Affen von Affen? Ich rufe die Erbarmung des Himmels um eine neue Offenbarung an. Und dann fragt er mit Mirabeau: Si j'ai dit la vérité, pourquoi ma véhémence, en l'exprimant, diminuerait-elle de son prix? Die Heftigkeit des Ausdrucks ist nur die Gluth des Colorits, warum denn habe ich erfahren müssen, daß eben sie, die doch kein Fehler ist, außer wenn sie unwahr aufgetragen wird, oft geradehin entscheiden soll, daß ich Unrecht habe? Ist es darum wahr, daß, wer zum Ziel rennt, es hinter sich lassen müsse, weil es geschehen kann, daß er vorbeieilt? Ist ein Gräuel, ein Unrecht, eine Dummheit darum nicht geschehen, weil es mich bis zur Leidenschaft empört? Hier lernt man kalt reden, das heißt schweigen. 15)15)Briefe an Adam Moltke, von 1808, Bd. 2, S. 72-74 So schrieb Niebuhr, der preußische Staatsmann, und wohl muß er oft das Unglück gehabt haben, von beiden Seiten mißdeutet zu werden, da Savigny es nöthig erachtet hat, noch den Verstorbenen gegen die Verdächtigung des Republicanismus zu vertheidigen, weil derselbe in seinen römischen Geschichtsforschungen, wo er die Kämpfe der Parteien schildert, das Unrecht häufiger bei den Patriciern, und die ausschließende Herrschaft Eines Standes, also die ungebundene, nicht durch Gegensätze gemäßigte Aristokratie, stets hart und drückend findet. 16)16)Bd. 3., S. 330 ff. Diese Anklage ist ungefähr eben so stichhaltig als wenn man Niebuhr, den Kieler Studenten, zum Aristokraten stempeln wollte, weil ihm der gallicanische Demokratismus nicht das Universalweltheilmittel war. Er hatte die politische Freiheit nicht abgeschworen, aber aus früher Vertrautheit mit der englischen Geschichte und dem classischen Alterthum, aus Aristoteles0147 und Cicero 17)17)Briefe aus Kiel, Bd. 1, S. 42. hatte er von ihr einen andern Begriff geschöpft. Uebrigens war er auch da nicht für sklavische Nachahmung. Anglikanische wie römische oder griechische Manien waren ihm fremd. Er hielt sogar dafür, daß wenn unsere Nation barbarisch bleiben wolle, sie fortfahren müsse im Bestreben, Griechen zu werden. 18)18)Briefe an Adam Moltke von 1795, Bd. 2, S. 7. Die geistige Durchbildung der Nationalität ging ihm über Alles. Daher empfand er so bitter den Mangel einer Schriftsprache, welche unmittelbar Volkssprache sey. Da sey es, sagt er, unsern Vorfahren vor dem 30jährigen Krieg besser geworden, Vornehm und Gering hätten Eine Rede gehabt und die sey deutsch gewesen. Die unsrige gleiche unserm göttlich-mosaisch-römisch-longobardisch-kanonisch-germanisch-statutarischen Rechtssystem: so sey sie ein griechisch-römisch-französisch - etc. deutsch-provincieller Mischmasch. Jener Krieg, verderblicher als je ein anderer, habe unsere Fürsten zu Landesherren, die Protestanten in Oberdeutschland katholisch und die in Niederdeutschland orthodox gemacht, die Jesuiten groß gezogen, das ganze Land verödet, dem Reich seine Selbstständigkeit, unsern Städten ihre Macht geraubt, und ein Fluch, der ewig auf unserm Volk laste, den man aber heben müsse, so viel man vermöge jener traurige Krieg habe bis auf die spätesten Zeiten selbst unsere Sprache vernichtet. 19)19)A. a. O. S. 9. Daher wurde Vossens Louise so freudig begrüßt als ein Buch, von dem er hoffte, daß es in das Volk übergehen werde, und auch in der Folge blieb ihm von allen Rechtstiteln Klopstocks auf seine Verehrung der unbestreitbarste: dessen Verdienst um die Wiederbelebung der deutschen Sprache. 20)20)A. a. O. S. 10. Die Messiade bestand nicht vor seinem kritischen Richterstuhl, die Oden, mit Ausnahme der Lieder der Liebe, denen er das Zeugniß gibt, daß sich ihrer Alkäus nicht schämen dürfte, fand er zu frostig, in seiner Correspondenz ein sehr schätzbares Material zur intellectuellen Geschichte Deutschlands Klopstock selbst unbeschreiblich liebenswürdig, lauter und fleckenlos, kaum ahnend, wie hoch er über die Andern emporrage, aber im Allgemeinen eine große Leere des Ideenkreises, ein Entzücktseyn über mittelmäßige Dinge und Persönlichkeiten, eine mädchenhafte Unschuld und Selbstgefälligkeit, und ihn selbst äußerst einseitig und nicht ohne eine gewisse Trägheit. In Klopstocks selbstgeschaffenen Versmaaßen hatte er die Entdeckung gemacht, daß, wenn man ohne Rücksicht auf die vorgezeichneten Abtheilungen in Füße, nach den Regeln der griechischen Rhythmik las, darin die allerschönste altgriechische Bewegung herrschte, obgleich er vermuthet, daß der Dichter diese Rhythmik eigentlich nie gekannt habe. Wäre nur der Gehalt, ruft er aus, so reich gewesen als die Formen schön! Nur eines von Klopstocks Werken befriedigte ihn ganz und gar die Gelehrtenrepublik. Von ihr war sein Urtheil, daß unsere Sprache nichts vollkommener Geschriebenes und Ausgearbeitetes besitze, 21)21)Briefe aus Berlin von 1812, Bd. 1, S. 521, 524, 525. Briefe an Adam Moltke von 1795, Bd. 2, S. 10. und allein Goethe's Wilhelm Meister galt ihm von gleichem Rang, wiewohl mehr des künstlerisch vollendeten Styls wegen. Mit dem Geist des Werks konnte er weder als Jüngling noch als Mann sich befreunden: er bewunderte die Anschaulichkeit und das Colorit als unvergleichlich, die Fülle von seinen Bemerkungen und herrlichen Stellen, die ausnehmend seinen Verwicklungen, die Meisterschaft in Anlage und Ausführung inzelner Gruppen, aber ihn störte die Unnatürlichkeit des Plans, der Zwang der Beziehungen auf eine gesammte Entwicklung und geheimnißvolle Leitung, die Unmöglichkeit darin und die durchgehende Herzlosigkeit, die Nichtswürdigkeit oder Geringfügigkeit der Helden, wobei es ihm noch am besten schien, sich an die ganz sinnlichen Personen zu halten und an ihren Porträtschilderungen zu ergötzen, weil sich in ihnen doch etwas dem Gefühl Verwandtes äußere; ihn betrübte die Erscheinung eines großen Genius, der sich seine Flügel bindet und die Virtuosität in dem weit Geringern sucht, ihn ärgerte die Menagerie von zahmem Vieh. 22)22)Briefe aus Berlin, Bd. 1, S. 521. Nach Niebuhrs Idee war Goethe der Dichter der Leidenschaft und der Erhabenheit der menschlichen Natur; dieser ganzen Sphäre hätte er sich bemeistern, in ihr die Einheit erringen können, wie vielleicht keiner, wie auch der Anfang gemacht war in den Gedichten seiner Jugend, gegen welche, was er nach der italienischen Reise schrieb, abstach als mühselige unpoetische Realität, als Vernüchterung, seiner unwürdig, freilich auch Virtuosität, aber mit unnatürlicher Beschränkung seines Geistes. 23)23)A. a. O. S. 522. Diese Ansicht von dem unglücklichen Einfluß der italienischen Reise blieb die nämliche, auch als Niebuhr selber den Schauplatz der Goethe'schen Kunstbildung betrat. 24) 24)Briefe aus Rom, Bd. 2, S. 288-293.

(Fortsetzung folgt.)

Algier.

*)*)Es ist uns endlich gelungen, in Algier wieder einen Correspondenten zu gewinnen, der mit einer in jahrelangem Aufenthalt erworbenen genauesten Kenntniß der Menschen und Dinge eine Stellung und einen Charakter verbindet, welche sichere Bürgschaft für die Verläßlichkeit seiner Berichte geben. So hoffen wir die Lücke ersetzt zu haben, die in unserer Algierer Correspondenz entstanden war, seit unser früherer Algierer Berichterstatter, Dr. Moriz Wagner, zu uns, nach seiner Heimathstadt Augsburg, zurückgekehrt ist. Sie haben ohne Zweifel bereits erfahren, daß die Angriffe der Araber, welche einige Wochen lang bloß gegen die Ebene Metidscha gerichtet waren, nun auch in der westlichen Provinz begonnen haben, und daß die Umgebungen von Mostaganem, Arzew und Oran die Schauplätze von mehr oder minder ernsten Feindseligkeiten geworden sind. Letztere Demonstrationen hatten wahrscheinlich keinen andern Zweck, als die Franzosen zu hindern, aus diesen verschiedenen Plätzen Verstärkungen zu ziehen. Denn die Truppen Abd-El-Kaders können nichts gegen Mauern ausrichten, hinter welchen französische Besatzungen liegen, und da es in der westlichen Provinz keine Colonialetablissements gibt, so hatten die Araber auch keine Aussicht, Rhazias **)**)Rhazias nennen die Araber Ueberfälle mit bewaffneter Hand, wobei geplündert und gestohlen wird. auszuführen, die hier so verderbliche Folgen hatten. Marschall Valée ist vor einigen Tagen nach den Vorposten abgegangen. Da er einen beträchtlichen für Belida bestimmten Convoi von Buffarik nicht abgehen lassen wollte, ehe jener Theil der Ebene von den ziemlich zahlreichen arabischen Corps, welche die Communicationen zwischen den verschiedenen Lagern unterbrachen, gesäubert worden, wandte er sich nach der Chiffa, die uns der Tractat an der Tafna zur westlichen Gränze in der Provinz Algier gab. Ehe er diese Gränze erreichte, traf der Marschall auf den Feind. Er ward mit großem Verlust geworfen. Wir hatten nur 17 Mann kampfunfähig. Dieß ist abermals eine Lehre für Abd-El-Kader, der von seiner Manie, in geregelter Schlachtreihe zu fechten, wohl geheilt seyn und seine alte arabische Kampfweise wieder annehmen wird. Letztere ist für europäische Truppen verderblich. Ein Feind, der eben so flink im Fliehen als im Angriff0148 ist, hält sie beständig in Athem, und ist fast unmöglich zu fassen. Man denkt ernstlich daran, Medeah zu occupiren. Ulid-Bu-Mesrag, Sohn Mustapha's, ehemaligen Bey's der Provinz Titteri zur Zeit der Deyherrschaft, scheint bestimmt, seinem Vater in der Verwaltung dieser wichtigen Provinz zu folgen. Wenigstens recrutirt er öffentlich in Algier das ihm in seiner neuen Stelle nöthige Gefolge, welches ihm die französische Regierung ohne Zweifel versprochen hat. Dieser künftige Würdeträger gehört zur Classe der Kuruglis oder Abkömmlinge von Türken. Unter seinen Glaubensgenossen genießt er keiner großen Achtung; sie werfen ihm vor, er befolge die Vorschriften des Islamismus nicht sehr streng. Wahr ist, daß Ulid-Bu-Mesrag sich nicht scheut, öffentlich Wein zu trinken und Fleisch zu essen, das von Christen zubereitet worden. Wir Franzosen aber, die wir nach dergleichen Skrupeln wenig fragen, glauben nicht, daß man in der Ernennung dieses Mannes eine schlechte Wahl getroffen hat. Er ist bei seinem Vater, der das Beylik Titteri verwaltete, auferzogen worden und kennt alle einflußreichen Personen jener Provinz. Ueberdieß ist er Kurugli und hat auch seinen Theil an den Leiden gehabt, welche Abd-El-Kader seit zwei Jahren auf die Türken und ihre Kinder gehäuft. In dieser zweifachen Eigenschaft bietet er uns mehr Garantie, als irgend ein arabischer Häuptling. Man versichert, Ulid-Bu-Mesrag sey bereits mit den Stämmen Farhat-Ben-Saids im Bezirk Abu-Diaf, und überhaupt mit einem großen Theil der Häuptlinge, welche die Südgränze Algeriens bewohnen, in Briefwechsel, um sich zu versichern, daß, im Fall Abd-El-Kader bis dorthin von den französischen Colonnen gedrängt würde, der Emir dort keine Zufluchtsstätte zu hoffen hätte. Der Haß, der die Stämme, welche gegen die Sahara hin wohnen, wider den Emir erfüllt, läßt hoffen, daß diese Eröffnungen günstige Aufnahme finden. Nach dem Gefecht vom 31 Dec. kam ein Gerücht hier in Umlauf, welches, obwohl grundfalsch, wahrscheinlich von den französischen Journalen wiederholt wird. Man hatte behauptet, die Armee Abd-El-Kaders sey von englischen Officieren commandirt. Folgender Umstand gab Anlaß zu diesem Irrthum. In der regulären Infanterie Abd-El-Kaders werden die Grade hauptsächlich durch die Farbe der Kleider bezeichnet. Die Soldaten und Corporale tragen blaue Beinkleider und eine weite braune Weste mit einer Caputze. Die Unterofficiere haben rothe Pantalons, und die Kleider der Officiere sind ganz roth, so daß Manche, welche diese Truppen von ferne sahen, dachten, es sey die englische Uniform. Hier noch einige weitere Details über dieses Corps, theils nach meinen eigenen Beobachtungen, theils nach den Mittheilungen, welche ich von dem Europäer erfahren, der zu dessen Formation am meisten beigetragen hat. Die Leitung des Exercitiums dieser Infanterie ist französischen oder deutschen Deserteurs anvertraut worden; bis jetzt waren ihre Fortschritte noch nicht sehr bedeutend. Indessen erlernte sie doch einigermaßen die gewöhnliche Waffenübung, die Gliederfeuer; sie versteht auch, von der Marschordnung in die Schlachtordnung überzugehen. Der Aga oder Obrist, der sie commandirt, hat sie überdieß gewisse Evolutionen gelehrt, welche im französischen Exercitium nicht vorkommen, und einigermaßen den Manövers gleichen, welche man auf einem Pariser Boulevard-Theater in den Kämpfen der Melodramas aufführen sieht. Dergleichen Manövers wurden in der arabischen Infanterie als Schaustücke eingeführt, etwa wie die Fantasia in der Cavallerie, übrigens sind sie ganz nutzlos. Die arabischen Infanteristen erhalten einen Duro (5 Franken) als monatlichen Sold; ihre Nahrung, für welche der Emir zu sorgen hat, ist so leicht, daß sie letzterem keine bedeutende Ausgabe verursachen kann. Viel glücklicher, als unsere Infanteristen, marschiren die arabischen Fußgänger nicht unter dem Gewicht eines ungeheuern Gepäcks. Sie tragen durchaus nur ihre Waffen und Munition. Die Effecten einer Compagnie von hundert Mann werden auf drei Kamele geladen. Einen andern Vortheil über unsere armen Soldaten haben jene Araber dadurch, daß sie unter Dach schlafen. Im Gefolge der Armee des Emirs befinden sich stets Zelte auf Lastthiere geladen, und die Männer bringen darunter die Nächte in Gruppen zu dreiunddreißig zu. Es ist ziemlich auffallend, daß wir Franzosen noch nicht dieses Resultat erlangt haben, welches in einem Lande, wo der Wechsel der Temperatur zwischen Tag und Nacht so bedeutend ist, sehr wohlthätige Folgen haben würde. Wir haben zwar eine zahlreiche Militärintendanz und vielfache Transportmittel, dennoch ist für unsere Soldaten weit schlechter gesorgt, als für die Truppen Abd-El-Kaders.

Der deutsche Zollverein und das Memorandum von Bremen.

(Fortsetzung des Memorandums.) Das zweite, Bremens Handel eigenthümliche Element, die persönliche Beweglichkeit seiner Kaufleute oder deren Emissäre, ist Deutschland insgemein nur von der Einen untergeordneten Seite bekannt und zwar von der oft verkannten und mißgünstig behandelten, jedenfalls minder geschätzten, weil die seestädtischen Handelsreisenden im deutschen Inlande gewöhnlich nur als Anbieter, nicht als Abnehmer auftreten können. Der unmittelbaren Wahrnehmung entzogen, findet dagegen dort die andere Seite, der Wanderzug der Bremischen jungen Kaufleute nach dem überseeischen Westen, kaum Beachtung, geschweige denn entsprechende Würdigung. Und doch ist diese an Gehalt und Umfang wie in ihren Folgen für deutsches Gesammtinteresse bei weitem die wichtigere. Aus keiner Stadt in Deutschland sind unbestritten so viele junge Männer von guter Herkunft und praktischer Vorbildung über den amerikanischen Continent und Westindien zerstreut, wie gerade aus Bremen. Es ist hier fast zum constanten Gebrauch für die angehenden Kaufleute geworden, jene Gegenden als die hohe Schule geschäftlicher Ausbildung, als die Grundlage des künftigen Fortkommens zu betrachten. In deutschen, meist Bremischen Häusern untergebracht, bald thunlichst dann die Gelegenheit zum eigenen Etablissement benutzend, trägt dieser jährliche Zuwachs dazu bei, die Verbindungen mit der Heimath, welche die heimische Flagge unablässig vermittelt, zu vermehren und immer fester zu knüpfen. Die Mehrzahl kehrt nach Jahren zurück, mit dem Erwerb an Kenntnissen, Capitalien, persönlichen Beziehungen die Heimath zu bereichern. Andere gründen sich drüben ein dauerndes Domicil und bilden so einen achtbaren Bestandtheil unter den mannichfaltigen Elementen, welche in neuerer Zeit die Germanisirung des fernen Westen befördert. Wenn Einzelne aus dieser Classe der Bremischen Handelsreisenden die deutschen Messen oder die Werkstätten des vaterländischen Kunstfleißes besuchen, willkommene Käufer und Besteller so gelten sie freilich für das, was sie augenblicklich sind, für Amerikaner; der Sache nach aber ist es auch hier wieder Bremische Betriebsamkeit, welche, transatlantischen Begehr vertretend, der deutschen Industrie neue Auswege öffnet.

Hamburgs und Bremens Wirksamkeit trifft darin zusammen, daß sie den Handel Deutschlands mit unabhängigen Staaten und den dem Colonialzwange entzogenen Provinzen der neuen Welt vermitteln. Nicht gebunden durch das Monopol eines Mutterlandes oder die Rücksicht auf eigene0149 Colonien sind diese Staaten zum Austausch ihrer Bedürfnisse naturgemäß und vorzugsweise auf solche Länder hingewiesen, wo gleiche Ungebundenheit volle Freiheit und Beweglichkeit des Verkehrs gestattet. Kein Land Europa's ist für solche Zwecke so geeignet, wie Deutschland, keines, wenn man nach den Fortschritten der letzten zwanzig Jahre seine Entwickelungsfähigkeit abmißt, hat so viel zu nehmen und zu bieten, gewährt so reiche Aussichten für die Zukunft. Schon jetzt nimmt der durch Vermittelung der Hansestädte (also getrennt von dem, was Holland und Belgien, Havre, Triest, selbst England noch für Deutschland aus - oder einführen) betriebene Verkehr in den Jahresübersichten der Vereinigten Staaten, Mexico's, Cuba's, Venezuela's, Brasiliens u. s. w. eine der ersten Stellen ein. Die Gleichheit der Interessen, der zuverlässige anmaßungslose Charakter der dort ansässigen Deutschen im Vergleich mit den Repräsentanten anderer Nationen haben überall bei den Abkömmlingen brittischen, spanischen oder portugiesischen Stammes uns günstige Sympathien erweckt, und es bedürfte in der That, auch ohne das Hülfsmittel imponirender Flotten, zunächst nur eines vereinten Wirkens der deutschen Staaten zu wirklich nationalen Maaßregeln, um dem deutschen Namen in jenen Gegenden auch die politische Geltung zu verschaffen, die er nicht sowohl aus Mangel an Achtung, vielmehr nur aus Mangel an Kunde des wahren Verhältnisses, bisher noch entbehrte. Die Hansestädte haben keine Gelegenheit versäumt, um, so weit sie es isolirt vermochten, einer bessern Erkenntniß Eingang zu verschaffen; sie haben um des höhern Interesses willen stets und willig auf den unfruchtbaren Nimbus Verzicht geleistet, der ihnen, jenen fernen Nationen gegenüber, wo die Größe fremder Handelsmächte nur nach der Zahl der unter ihrer Flagge anlangenden Schiffe und nach der Summe des gegenseitigen Umsatzes bemessen wird, aus der geflissentlichen Geltendmachung ihrer Eigenschaft als selbstständiger Staaten mit eigenen großen Handelsgebieten erwachsen könnte. Unter Befolgung eines entgegengesetzten, nationalen Verfahrens, haben sie es daher auch in ihren neueren Reciprocitätsverträgen erreicht, als die natürlichen Factoren der deutschen Binnenstaaten dergestalt anerkannt zu werden, daß sie die für sich begehrten Leistungen auch als auf diese consequenterweise übergehend ansprechen und erlangen konnten.

Wofern man als eine zweite Hülfsanstalt für Deutschlands Interessen den Hansestädten Holland zur Seite stellt, so wird man zuvörderst nie übersehen dürfen, daß von dem was es ein - und namentlich was es ausführt, ein großer Theil den eigenen Provinzen verbleibt oder entnommen ist, während hanseatischer Verkehr fast ausschließlich deutschen Bedarf befriedigt und deutschen Ueberfluß verwerthet. Aber auch abgesehen vom deutschen Interesse, steht Hollands Handel mit den genannten amerikanischen Staaten, unsern vornehmsten und natürlichsten Absatz - und Versorgungsmärkten, weit hinter dem der Hansestädte zurück. *)*)Im Jahr 1838 betrug die Zahl der zu Amsterdam aus Nord - und Südamerika, Ost - und Westindien eingelaufenen Schiffe 243, darunter 128 aus den holländischen Colonien (Java, Surinam etc.) von den übrigen 115 kamen 54 aus den Vereinigten Staaten, 31 von Westindien, 28 von Südamerika, 2 von China. Zu Rotterdam langten ebendaher 175 Schiffe an; davon kamen 82 auf die Colonien, 59 auf die Vereinigten Staaten, 13 auf Westindien, 18 auf Südamerika, 3 auf China etc. In Hamburg betrug jene Gesammtzahl 311 Schiffe, worunter 45 aus Nordamerika, 119 aus Westindien, 136 aus Südamerika, 11 von Ostindien, China, dem Cap u. s. w. Zu Bremen 181; 93 davon aus Nordamerika, 67 aus Westindien, 17 aus Südamerika, 4 aus Ostindien, China etc. Stelle man die beiden letztern den holländischen Häfen gegenüber, so ergibt sich im Großen und Ganzen schon ein Uebergewicht der Hansestädte von 492 gegen 418, nach Abzug des niederländischen Colonialverkehrs aber von 492 gegen 219. Und nun möge man ferner beherzigen, wie viel in dem einen wie in dem andern Falle von solchem Verkehre Deutschland zu Gut kömmt. An Gründen zur Erklärung fehlt es nicht, statt aller aber genügt der eine, die einfache Hinweisung auf Hollands Colonien, auf seine in den letzten Jahren neu erwachte Colonialpolitik. Zu einer Zeit, wo es diese zu früher nicht gekannter Höhe und Vielseitigkeit der Production zu heben bemüht ist, wo es zugleich eifersüchtig über die Handelsvorzüge und Monopole des Mutterlandes wacht, welches Interesse könnte es haben, dem Absatz jener Staaten, der Nebenbuhler seiner Colonien, sonderlichen Vorschub zu leisten? Und da im Handel ein Geben ohne Wiedernehmen auf die Dauer nicht bestehen kann, so folgt aus gleichem Grunde die Unzulänglichkeit der holländischen Märkte als Beförderer deutscher Ausfuhr nach den freien Staaten Amerika's. Ob Holland Willens und im Stande ist, für letztere seine Colonien zu substituiren mit ihrer, europäischer, zumal deutscher Fabricate wenig bedürftigen oder doch gewohnten Bevölkerung das wichtigste Erzeugniß deutschen Gewerbfleißes, die Leinewand, findet dort so gut wie gar keinen Absatz muß die Zukunft lehren. Die hohen Differentialzölle, zu Gunsten der Producte des Mutterlandes, geben dazu einstweilen wenig Aussicht. Auch sind, so viel bekannt, unter den Zugeständnissen Hollands in dem Vertrage mit dem deutschen Zollverein erhebliche Stipulationen zum Besten des Absatzes deutscher Artikel in Java oder Surinam nicht mit enthalten.

Welches Gewicht nun also der Zollverein und namentlich die rheinischen Staaten und Provinzen desselben auf ein Vertragsverhältniß mit dem Königreich der Niederlande zu legen gerechten Grund haben, wodurch es sich, so weit sein eigenes Interesse dieß gestattet, als den natürlichen Bundesgenossen des westdeutschen Handels zu erkennen gibt oder doch sein Stromgebiet dem freien Durchzuge öffnet der Zollverein wird dennoch nach dem oben Angeführten, im Interesse des gesammten Deutschlands immer vermeiden, jenem Reiche zur Verfolgung seiner commerciellen Zwecke, eine eigentlich bevorzugte Stellung bei sich einzuräumen Begünstigungen, deren Gewicht, verstärkt durch Hollands eigene Zuthaten, durch das sichtliche Bestreben, kein Opfer zu scheuen, um (sey es auch nach Jahren erst) seinen Märkten, die frühere Präponderanz für die Versorgung des Continents, besonders aber Deutschlands wieder zu verschaffen, zu schwer auf der Concurrenz der transatlantischen Staaten lasten würde, um einen fernern Aufschwung, ja nur die Fortdauer des zwischen diesen und Deutschland einmal glücklich bestehenden Verkehrs zu gestatten.

(Beschluß folgt.)

Das Journal des Débats über Konstantinopel und Alexandria.

Das Journal des Débats stellt aus Anlaß der vom Herzog v. Noailles in der Pairskammer gehaltenen Rede folgende Betrachtungen an: In der orientalischen Frage ist der Hauptpunkt der Debatte Konstantinopel. Die Debatte über Alexandria ist nur von secundärer Bedeutung. Aber Ostindien! ruft man die Communication zwischen dem Mittelmeer und dem indischen Ocean die Eroberung von Aden, welche alle0150 Absichten Englands auf das rothe Meer enthüllt vergeßt ihr dieß Alles? Wir haben dieß so wenig vergessen, daß wir überzeugt sind, England würde in Kairo lieber einen unmächtigen Pascha sehen, als den wachsamen und energischen alten Mehemed. Trotz all' dem aber wird England in seiner Wahl nicht lange zaudern, wenn ihm nur die Alternative bleibt zwischen der Erhaltung der Macht Aegyptens und dem Einzug der Russen in Konstantinopel. Mehemed in Alexandria ist nur eine Verlegenheit für England, der Kaiser von Rußland in Konstantinopel aber ist eine unheilbare Wunde für Großbritannien. Jedermann wird lieber in seinem Fuß einen Dorn sehen, als ein zerschmettertes Bein haben wollen. Vergebens wird man versuchen, durch Unterhandlungen oder Journalartikel die Wahrheit zu verdrehen, vergebens wird man die gewandtesten und artigsten Diplomaten nach London schicken, vergebens der Eitelkeit und den Leidenschaften dieser oder jener Person schmeicheln, immer wird man wieder auf den Vorschlag zurückkommen: Tretet uns Konstantinopel ab, wir überlassen euch Alexandria. In dem Augenblick, wo die brittische Regierung, mögen Whigs oder Tories am Ruder seyn, hierüber einen Entschluß fassen soll, wird sie immer zurücktreten. Wir bemerken im Vorbeigehen, daß es das torystische England war, welches uns im Jahre 1829 das Ministerium Polignac gab, nicht um den Staatsstreich vom 25 Jul. 1830 auszuführen, sondern um jene Allianz zwischen Frankreich und Rußland zu hindern, von der es einigen Leuten unter der Restauration träumte. Die Bildung des Polignac'schen Ministeriums stimmte mit den politischen Planen Englands im Orient zusammen; man sieht hieraus, daß unsere Allianz mit England weder von den Menschen noch von ihren Leidenschaften bedingt ist. Lord Wellington wünschte, in demselben Grad wie Lord Melbourne, uns am Bosporus als Alliirte zu haben; denn in keines Menschen Macht liegt es, England eine capriciöse oder phantastische Neigung für Rußland einzuflößen, eine Neigung, welche Konstantinopel Rußland überliefern würde, und zwar durch die gefälligen Hände Englands selbst! Es ist dieß vergebliche Mühe. Man mag hundert Missionen, wie die des Hrn. v. Brunnow, abschicken, ihr Loos wird immer dasselbe seyn. Sie werden günstig anfangen, werden dann mühsam sich fortschleppen und am Ende zu nichts führen, so lange Rußland nicht etwa den Engländern den Vorschlag macht, ihnen Alexandria und die Dardanellen zugleich abzutreten. Dann freilich wäre die beiderseitige Allianz möglich ... Wir können hinsichtlich Aegyptens etwas anderer Meinung seyn, als England, wir können die Ansprüche Mehemed Ali's unterstützen, in so weit dieselben zu rechtfertigen sind, ohne daß es deßhalb zwischen uns und England zu einem Bruch kommen wird. Der Knoten unserer Allianz mit England ist nicht in Alexandria, sondern in Konstantinopel, und diese Allianz wird sicher bestehen, so lange wir zu Konstantinopel gegen Rußland mit England gleiches Interesse haben werden. Mit Einem Wort: es ist wohl möglich, daß wir mit England nicht immer im gutem Hausfrieden leben, aber es wird nie zu einer Scheidung kommen ... Die französische Regierung dachte, als sie dem Schiedsgericht über die orientalischen Angelegenheiten beitrat, man werde sich mit der Hauptsache befassen, mit der Unabhängigkeit des ottomanischen Reichs gegenüber Rußland. Sie täuschte sich aber. Die Gewandtheit der Einen, der Eigensinn der Andern, einigermaßen von der Furcht, die alle hatten, unterstützt, verrückte die Debatte von der Hauptsache, die um so mehr zurückschreckt, je mehr sie an Wichtigkeit gewinnt, auf die Nebensache, deren Entscheidung nichts entscheidet und nichts löst, die aber den Vortheil hat, daß sie weniger gefährlich zu berathen ist. Sie erhielt den Vorzug und seit sechs Monaten beschäftigt man sich nur mit Alexandria; während der eigentliche Knoten in Konstantinopel liegt. Jeder weiß indessen, was er davon zu halten hat, obwohl er es sich nicht anmerken läßt. Wir wollen nur Eine Bemerkung machen, um zu beweisen, daß in Europa Niemand über die orientalische Frage sich täuscht, Niemand die Episode für das Stück selbst hält. Die Flotten Englands und Frankreichs ankern nicht vor Alexandria, sondern im Golf von Smyrna, zu Tenedos, am Eingang der Dardanellen, weil dort die eigentliche Frage liegt. Nach Alexandria schickt man diplomatische Noten, nach dem Eingang der Dardanellen Kriegsschiffe, denn dort ist die Gefahr. Ueber Adana, Syrien, die Erblichkeit der von Mehemed Ali beherrschten Paschaliks wird viel geschrieben, das Auge aber bleibt dem Bosporus, den Dardanellen, dem schwarzen Meer zugewendet. Niemand also macht sich eine Illusion. Rußland versucht in diesem Augenblick, während der Unterhandlungen hinsichtlich Aegyptens, dem schwarzen Meer das Privilegium einer geschlossenen See zu geben. Es weiß, daß es Europa durch das schwarze Meer bedrohen kann, so lange dasselbe geschlossen bleibt; durch dasselbe Meer ist es auch verwundbar, wenn es den Linienschiffen geöffnet wird. Daher die Beschränkungen, welche die Pforte den englischen oder französischen Kriegsschiffen auferlegt, die durch den Bosporus ins schwarze Meer einlaufen wollen. Die Pforte bewilligt ihnen Fermane, um in den Hellespont, in das Marmorameer und in den Hafen von Konstantinopel einzulaufen, ohne zu fordern, daß sie ihren Charakter als Kriegsschiffe im mindesten verläugnen. Sobald die Schiffe aber in das schwarze Meer einlaufen wollen, macht die Pforte mehr Schwierigkeiten, obwohl es sich dort nicht mehr um ihre Sicherheit handelt. Sie verlangt, daß die Kriegsschiffe dort wenigstens ihre Kanonen maskiren. Wir beklagen uns nicht über diese Beschränkungen, denn sie werden früher oder später die Frage hinsichtlich der Sperre des Bosporus für die Kriegsschiffe und seiner Neutralität, die künftig in der freien Passage bestehen muß, wie sie früher in der Sperre bestand, zur Sprache bringen.

0151

[86-88]

Bekanntmachung.

Wir zeigen unsern geehrten Geschäftsfreunden an, daß in Folge des fortwährend zurückgegangenen Curses der Louisd'or wir solche nicht über 9 fl. 40 kr. bei comptanter Zahlung mit 5 Proc. Sconto in Waarenzahlung annehmen können. Bei ferneren Curs veränderungen werden wir die verhältnißmäßigen Abänderungen ohne besondere Anzeige eintreten lassen.

Frankfurt a. M., den 8 Januar 1840.

Alexander Baert.

Bernus und Comp.

Bourguignon und Lindheimer.

Joh. Fried. Eckhard sen.

Joh. Conr. Eckhard jun.

Philipp Elissen und Comp.

Johann Daniel Erpel.

Gebrüder Flersheim.

Salomon Flersheim und Comp.

M. M. Flürscheim und Sohn.

Alexander Gontard und Sohn.

Heinrich Gontard und Comp.

J. Gerson.

Hayum und S. Enoch Halle.

Abraham Samuel Halle.

Gebrüder Jay.

Johann Philipp Keßler.

Wilh. Knoblauch und Hoffmann.

Karl Laurin.

Ben. Lottmar und Söhne.

J. T. Nestle und Comp.

Gebrüder Passavant.

A. J. Philippi und Comp.

T. C. Ratazzi und Comp.

Gebrüder Reiß.

Sylvestro Sichel.

Gebrüder Schuster.

Gebrüder Strauß.

G. L. Worms.

Ludw. Aug. Wurster und Comp.

[183-85]

[figure]

Eisenbahn von Venedig nach Mailand.

Die Direction der Venetianer-Mailänder-Eisenbahngesellschaft hat die Ehre, die HH. Besitzer von Interimsscheinen zu benachrichtigen, daß vom 1sten Februar an die fünfte halbjährige Zinsenrate, nämlich vom 1 August vorigen Jahres bis 31 laufenden Monats auf das bis jetzt erhobene Capital ausbezahlt wird.

Die Zinsenerhebung kann sowohl bei den Cassen der Direction in Venedig oder Mailand geschehen, als auch zur größern Bequemlichkeit der HH. Actionnäre bei den beiden Agentschaften, in Wien bei HH. J. G. Schuller und Comp., und in Augsburg bei Hrn. G. Chr. Baur.

Zu diesem Behufe müssen die ursprünglichen Actionnäre oder deren Cessionnäre die Interimsscheine ausliefern, damit auf der Rückseite derselben die nöthige Anmerkung gemacht werden könne. Venedig, den 8 Januar 1840.

Die Direction der Gesellschaft.

Section von Venedig: Giuseppe Reali.

Francesco Zucchelli.

Pietro Bigaglia.

Cav. Giacomo Treves dei Bonfili.

Rob. Spiridione Papadopoli.

G. B. Breganze, Segret.

Section von Mailand: Gaspare Porta.

Antonio Carmagnola.

Paolo Battaglia.

Francesco Decio.

Giambattista Brambilla.

E. Dott. Campi, Segret.

In Bezug auf obige Bekanntmachung wird Unterzeichneter die Zahlung der bis Ende dieß fälligen Zinsen auf den Betrag der bis jetzt von den Actionnären eingelieferten Summe leisten.

Die HH. Besitzer von Interimsscheinen können diesen Anlaß benützen, um zugleich die Anzeige zu machen, daß sie mittelst Cession deren Eigenthümer geworden sind, indem es die Agentschaft auf sich nimmt, diese Anzeige in Folge des §. 14 der Statuten an die resp. Directionssection in Venedig oder in Mailand gelangen zu lassen.

Augsburg, den 18 Januar 1840.

G. Chr. Baur.

[5207-9]

[figure]

Kundmachung.

Diejenigen P. T. Actionnäre, welche die Einzahlung der am 2 November d. J. fällig gewesenen sechsten Rate pr. 100 fl. für jede Actie bis heute nicht geleistet haben, werden laut §. 8 der Gesellschafts-Statuten hiermit aufgefordert, dieselben binnen 6 Wochen, d. i. bis längstens 25 Januar 1840, zu erlegen, widrigens diejenigen, die ihrer Zahlungs-Verbindlichkeit nicht nachkommen, laut §. 9, der gesellschaftlichen Rechte verlustig, somit die Actien-Interimsscheine als erloschen erklärt, und die von ihnen bereits geleisteten Einzahlungen als Eigenthum der Gesellschaft eigezogen werden.

Die Nummern jener Actien, worauf die sechste Rate bis 25 Januar 1840 nicht bezahlt seyn wird, werden seiner Zeit öffentlich bekannt gemacht werden. Wien, den 14 December 1839.

Die Direction der ausschl. privil. Kaiser Ferdinands-Nordbahn.

0152

[144]

Proclama.

Auf den Antrag der Joseph Sattel'schen Relicten von Marktoffingen werden Franz Anton Sattel, geboren zu Marktoffingen den 23 September 1730, und Rosine Sattel, geboren den 21 Januar 1735, oder deren allenfallsige Descendenz aufgefordert, sich binnen 60 Tagen a dato bei unterfertigtem Gerichte zu melden, widrigenfalls dieselben für todt erklärt und angenommen würde, daß sie ohne Descendenz verstorben seyen, das vorhandene Vermögen aber an die nächsten Erben ausgehändigt werden würde.

Wallerstein, am 9 Januar 1840.

Fürstl. Oettingen-Wallerstein'sches Herrschaftsgericht.

v. Aretin.

[124-25]

Edictal - Citation.

Wir Criminalrichter des Kantons Basel-Landschaft geben Euch, Kaspar Rohrdorf, Kupferstecher von Zürich, wohnhaft gewesen in Liestal, Milizinstructor des Kantons Basel-Landschaft, der Ihr, angeklagt der Fälschung und des Betrugs, diesseitiger Criminaluntersuchung Euch durch Flucht entzogen habt, hiermit zu vernehmen, daß Ihr, und zwar ein für allemal, aufgefordert seyd, binnen drei Monaten, von heute an gerechnet, vor unserer hierzu verordneten Verhör-Commission in Liestal Euch zu stellen, um derselben Rede und Antwort zu geben, widrigenfalls gegen Euch, als abwesend und ungehorsam, ergehen soll was Rechtens ist.

Liestal, den 4 Januar 1840.

Im Namen des Criminalgerichts, der Präsident: J. J. Hug, J. U. Dr.

Der Secret. Gust. Ad Brodtbeck, J. u. C.

[119]

Landständische Litteratur.

Ein Verzeichniß solcher Schriften, die im Preise bedeutend herabgesetzt, ist bei Unterzeichnetem zu haben. Ferner ist so eben erschienen: Krätzer, Ad. Dr., über Ursprung und Eigenthum der Domainen in Deutschland u. insbesondere in Bayern, mit vorzüglicher Rücksicht auf die Frage: Hat das königl. Haus in Bayern sein Familiengut an den Staat abgetreten?

8. brosch. 16 gr. oder 1 fl.

Der Gegenstand dieser Schrift, welcher noch fast gar nicht bearbeitet wurde, ist von der höchsten Wichtigkeit für unsere politischen Zustände, wie dieß die Streitigkeiten über das Eigenthum der Domainen in Hannover, Nassau und Hessen-Kassel beweisen; und da die Entscheidung obiger Frage von Einfluß auf die Behandlung des Budgets und der Ueberschüsse ist, so dürfte obige Schrift von großem Interesse für die HH. Landstände seyn.

Jos. A. Finsterlin, Buchhändler in München.

[5130-32]

Holzschneidekunst.

Künstler, welche schon in Holz, vorzüglich in der Bewick'schen Manier geschnitten haben, und geneigt sind, eine andauernde Beschäftigung in München zu erhalten, oder sich ferner auszubilden, werden eingeladen, Probeblätter ihrer Leistungen und die näheren Bedingnisse alsbald einzusenden.

München, den 10 December 1859.

K. Braun und v. Dessauer.

Rochusberg, Nr. 5, 1 Stiege.

[41]

Compagnon wird gesucht.

Zu einem im besten Fortgange begriffenen litterarischen Geschäfte, womit Druckerei - und Verlagsgeschäfte jeder Art in Verbindung gebracht werden können, und das sich mit 10,000 bis 15,000 fl. rentirt, wird ein Compagnon mit einer Einlage von 20,000 fl. Reichsw. gesucht. Offerte beliebe man unter der Adresse A. B. Z. an die Expedition der Allg. Zeitung zu senden.

[132]

Da der hochw. Hr. Pfr. Häglsperger seiner leidenden Gesundheit wegen die Redaction des Timotheus mit Ende d. J. 1839 niedergelegt hat, so haben sich die Unterzeichneten entschlossen, eine kirchliche Monatschrift unter dem Titel: Gotteskästlein für Geistliche und Weltliche.

Katholisch-religiöse Monatschrift. Im Vereine mit Priestern und Laien herausgegeben von Dr. Karl Müglich, herauszugeben. Lebensbilder (Originalia), Schriftenheerschau (Literaria) und Monatszeitung (Historica) werden die drei Hauptrubriken seyn, welche das katholische Gotteskästlein ausfüllen sollen.

Das erste Heft in gr. 12., 120 Druckseiten stark, wird längstens Ende Januar versendet. Der Preis eines Jahrgangs von 12 Heften beträgt 5 fl. 24 kr. oder 3 Rthlr. 8 gr. Alle Buchhandlungen und Postämter nehmen Bestellungen an.

Regensburg, im Januar 1840.

Montag & Weiß.

[18]

Neues Gesangbuch für die evangelische Kirche Württembergs.

Entwurf eines Gesangbuches für die evangelische Kirche im Königreich Württemberg.

Preis 48 kr. oder 12 gr.

Die zweite Auflage dieser, im höchsten Auftrage von dem evangelischen Consistorium veranstalteten Sammlung von geistlichen Liedern für öffentlichen und häuslichen Gottesdienst hat die Presse verlassen. Sie ist durch Vorsetzung einer Bibelstelle über jedem Lied und durch ein Schlußverzeichniß dieser Bibelstellen bereichert und in der Angabe der Melodien vielfach verbessert; im Uebrigen ein genauer Abdruck der ersten, im Verlaufe eines Monats vergriffenen Auflage. Die besten Lieder des bisherigen Gesangbuchs sind auch hier, theils unverändert, theils ihrer ursprünglichen Gestalt zurückgegeben oder doch angenähert, enthalten. Eine reiche Auswahl trefflicher Gesänge aus älterer und neuerer Zeit, mit möglichster Schonung des Originals und nur für das Bedürfniß der gegenwärtigen Sprachbildung bearbeitet, ist hinzugetreten. So ist dieses Buch, aus 618 Liedern bestehend, die Frucht beinahe zweijähriger anhaltender Studien und Anstrengungen einer Commission, deren Mitglieder von der Oberkirchenbehörde hierzu auserlesen und durch welche die religiösen Bedürfnisse aller Stände und die mannichfaltigen Ansichten, welche in der evangelischen Kirche neben einander auf biblischer Grundlage bestehen, gleicherweise berücksichtigt worden sind.

Stuttgart und Tübingen, im Januar 1840.

J. G. Cotta'sche Buchhandlung.

[94]

Für Kunstgärtner, Garten - und Blumenfreunde.

F. A. Haage's jun. in Erfurt Verzeichniß für das Jahr 1840 von in - und ausländischen Gemüse -, Feld - und Blumensämereien kann durch jede Buchhandlung, in Erfurt durch L. Hilsenberg, gratis bezogen werden. Die resp. Buchhandlungen sind auch in den Stand gesetzt, Bestellungen anzunehmen und abzuliefern, so wie auch der Betrag für das Bestellte an dieselben abgeliefert werden kann.

[145-49]

Herzoglich Nassauisches, vom Staate garantirtes Anlehen von Zwei Millionen 600,000 fl.

Ziehungsanfang den 1, Ende den 3 Februar.

Gulden sieben und achtzig Tausend, vertheilt in Treffer von 45,000, 9000, 2000, 1000, 400, 200, 100 fl. etc. etc. bis abwärts 27 fl., werden in dieser Ziehung erlangt.

Unterzeichnetes Handlungshaus erläßt Loose à 3 fl. 30 kr. pr. Stück, und gibt Abnehmern von fünf Loosen ein sechstes gratis. Listen werden pünktlich zugesandt.

Julius Stiebel, Bankier in Frankfurt a. M.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
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Extent16 images; 15289 tokens; 5089 types; 107401 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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