PRIMS Full-text transcription (HTML)
0153
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Montag
Nr. 20.
20 Januar 1840.

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

Am 11 Jan. liefen in Liverpool auf einmal nicht weniger als drei Paketboote von New-York ein: das Segelboot Independence, das am 10, das Dampfboot Liverpool, das am 15, und das Segelboot Oxford, das am 20 Dec. von dort abgegangen war. Dießmal hat also ein Segelschiff ein Dampfschiff um ganze fünf Tage überholt. Der Liverpool hatte in den zwölf ersten Tagen seiner Fahrt mit widrigen Ostwinden zu kämpfen gehabt, auch führte er eine besonders schlechte Qualität Kohlen an Bord. Als letzteres Schiff den Mersey nach dem Hafen von Liverpool hinauffuhr, feuerte es mehrere Schüsse, und zog dadurch noch mehr Zuschauer auf den Hafendamm, die es mit Gelächter empfingen, da der Oxford schon eine halbe Stunde vor Anker lag. Indessen hat auch das letztgenannte Schiff die von dem brittischen Handelsstande so begierig erwartete Präsidentenbotschaft nicht mitgebracht. Am 19 Dec., bis wohin die Nachrichten ans Washington reichten, war dieselbe noch immer nicht in den Congreß gesendet, weil die bestrittenen Wahlen annoch nicht entschieden waren. Die Sprecherwahl im Repräsentantenhause war beendigt, und auf einen Whig (d. h. Oppositionsmann von der Bankpartei), Hrn. Hunter, gefallen. Der Indianerkrieg dauert fort. Die amerikanischen Regierungstruppen haben sich jetzt um große Summen Schweißhunde angeschafft, mit denen sie eine sehr menschliche Art Kriegführung die armen Rothhäute in Florida, die das Jagdgebiet ihrer Väter nicht mit dem Rücken ansehen wollen, aufspüren und niederhetzen werden. An der Nordost-Küste der Vereinigten Staaten hatten in den letzten Tagen fürchterliche Stürme gewüthet; zu Newburyport (Massachussets) allein scheiterten 22 Schiffe, und 32 wurden entmastet oder sonst beschädigt.

Mexico und Mittelamerika.

Die neueste New-Yorker Post bestätigt die früher gemeldete Einnahme der Stadt Matamoras durch die verbündeten mexicanischen Föderalisten und Texaner. Letztere suchen ihre Einmischung in die innern Angelegenheiten von Mexico damit zu rechtfertigen, daß dieser Staat sich hartnäckig weigere, einen Friedensvertrag mit ihnen abzuschließen. Mittelamerika ist fortwährend durch Bürgerkrieg zerrüttet, oder vielmehr es ist in einer gänzlichen anarchischen Auflösung. Die Stadt San Salvador wurde durch ein Erdbeben fast ganz zerstört.

Portugal.

Die Nachrichten aus Lissabon in den Londoner Journalen reichen bis zum 7 Jan. Die Session der ordentlichen Cortes ward am 2 durch die Königin Dona Maria eröffnet (s. die gestrige Nummer der Allg. Zeitung). Nur 30 Senatoren und 25 Deputirte hörten die Thronrede an, welche geringe Sensation zu machen schien. Bis zum 7 jedoch hatten sich die beiden Versammlungssäle ziemlich gefüllt. Nach dem Anblick der zweiten Kammer zu schließen, schien eine Majorität der Septembristas oder ultraradicalen Partei über die Cartistas oder die von der Regierung begünstigte gemäßigtere Partei zu befürchten. Die Wahlen des Präsidenten und der stehenden Ausschüsse waren am 7 beendigt. Aus der Thronrede können wir für heute nur folgende Stellen ausheben: 1) hinsichtlich der auswärtigen Politik: Die freundlichen Beziehungen Meiner Regierung zu den verschiedenen Nationen beider Hemisphären haben keine Störung erlitten. Gleichwohl beklag 'Ich, Ihnen nicht, wie Ich gewünscht hätte, den definitiven Abschluß eines Vertrags mit Großbritannien zur Unterdrückung des unmenschlichen Sklavenhandels ankündigen zu können. Ihrer britannischen Maj. Regierung erlangte vom brittischen Parlament eine legislative Acte, die ihre Kreuzer ermächtigt, alle des Sklavenhandels verdächtigen Schiffe unter portugiesischer Flagge, auf die sie südlich vom Aequator stoßen würden, wegzunehmen, und vor englische Tribunale zur Aburtheilung zu bringen. Diese Acte hatte eine Protestation Meiner Regierung zur Folge; eine Uebereinkunft, die mittlerweile zwischen dem Gouverneur von Angola und einem Commandanten von der brittischen Marine zur Abschaffung jenes Handels abgeschlossen ward, wurde von Ihrer britannischen Maj. Regierung nicht ratificirt. Das mehr als feindselige Benehmen eines brittischen Seeofficiers gegen einige portugiesische Schiffe in den Gewässern von Angola im September v. J. ein Benehmen, das nicht aus der erwähnten legislativen Acte fließen konnte nöthigte Meine Regierung, alsbald eine nachdrückliche Remonstration gegen eine solche gewaltsame Handlung ergehen zu0154 lassen, und Ich hoffe zuversichtlich, daß Ihrer britannischen Maj. Regierung gebührende Genugthuung leisten werde ... Die diplomatischen Verhältnisse zwischen Meiner Regierung und dem Haager Hof sind glücklich wieder hergestellt. Mit dem heiligen Stuhl sind Unterhandlungen im Gang, und Ich hoffe in kurzem die glücklichste Harmonie mit dem Oberhaupt der Kirche zurückgeführt, und so das religiöse Schisma, worunter einige Anhänger der Usurpation ihre politischen Zwecke zu verlarven gesucht hatten, mit der Wurzel vertilgt zu sehen. 2) Hinsichtlich der innern Politik versichert die Thronrede, der Zustand der öffentlichen Sicherheit und Ruhe habe sich seit der letzten Session nicht verschlimmert. Die Aeußerungen über das Budget und das, was zur Deckung der in und außer dem Königreich übernommenen Verbindlichkeiten geschehen soll, sind so vag, daß die englischen Staatsgläubiger sich davon wenig erbaut fühlen.

Spanien.

Ich drückte Ihnen neulich die Vermuthung aus, daß das Gerücht, als ob zwischen den Höfen von Paris und Madrid eine die künftige Vermählung Ihrer Maj. Isabellens II betreffende Unterhandlung eröffnet worden, unbegründet sey. Jetzt sehe ich mich in den Stand gesetzt, Ihnen einen Umstand mitzutheilen, durch welchen meine Vermuthung bestätigt zu werden scheint. Der hiesige großbritannische Geschäftsträger, Hr. Jermingham, erhielt vor kurzem von Seite Lord Palmerstons den Auftrag, an den französischen Botschafter, Marquis v. Rumigny, die förmliche Anfrage zu richten, ob eine die künftige Vermählung der Königin Isabelle II mit einem Sohne des Königs der Franzosen bezweckende Unterhandlung wirklich stattfinde. Hr. Jermingham richtete seinen Auftrag aus, und der Botschafter erwiederte ohne Zögern, daß von einer solchen Unterhandlung nicht die Rede sey. Gesprächsweise soll letzterer, wenn ich wohl unterrichtet bin, hinzugefügt haben, daß er nicht wissen könne, was künftighin geschehen werde, und daß Lord Palmerston wenigstens nicht das Cabinet der Tuilerien befragt habe, um dessen Ansicht über die Vermählung Ihrer Maj. der Königin von Großbritannien zu erfahren. Es scheint in der That, daß der edle Lord, seitdem er selbst dem ehrbaren Junggesellenstand entsagt hat, ein Mitgefühl besonderer Art für die Vermählungen dritter Personen zu empfinden anfängt.

(Telegraphische Depesche aus Bayonne vom 12 Jan., durch das trübe Wetter verspätet.) Nachrichten aus Mas de las Matas vom 7 melden, daß Cabrera fortwährend ernstlich krank zu Herbes darnieder liege. Man weiß noch nicht, daß er gestorben ist, aber man glaubt, daß er in großer Gefahr schwebe.

Großbritannien.

Der Globe zeigt an, daß die Königin am Donnerstag (16) das Parlament in Person eröffnen werde. Im Hause der Lords wird der Herzog von Somerset die ministerielle Adresse beantragen, und Lord Seaford die Motion unterstützen.

Die Nachrichten aus Canada, über New-York, reichen bis zum 15 Dec. Am 3 Dec. eröffnete der Generalstatthalter Poulett Thompson die Legislatur von Ober-Canada in Person, und setzte in seiner Rede den Plan der brittischen Regierung zur Wiedervereinigung der beiden Provinzen auseinander. Die Assembly sprach sich in ihrer Adresse, die mit großer Majorität angenommen worden, zu Gunsten des Plans aus. (Wir kommen darauf zurück.) An den ausgesetztesten Punkten der Gränze werden theils neue Forts angelegt, theils die vorhandenen ausgebessert. Lord J. Russell, der neue Colonialminister, wird in der bevorstehenden Session dem Parlament den Vorschlag machen, längs der amerikanischen Gränze der Canadas ausgediente brittische Soldaten auf geschenkten Staatsländereien anzusiedeln. Dadurch hofft man nicht nur die Sympathisers von neuen Versuchen abzuschrecken, sondern auch ein Zurückziehen der kostspieligen regulären Truppen aus jenen Provinzen möglich zu machen. Die von der Regierung ernannten Commissarien, Obrist Mudge und Lieutenant Featherstonhaugh, haben ihre geometrische Aufnahme des zwischen Neu-Braunschweig und dem Staate Maine streitigen Gränzgebiets und ihren Bericht darüber vollendet.

(Courier.) Wie in der letzten Versammlung der kön. asiatischen Gesellschaft erwähnt ward, ist Major Rawlinson, einer unserer ausgezeichnetsten Reisenden in Persien und Kenner persischer Sprache und Litteratur, nach vieljähriger Abwesenheit auf der Rückreise nach England begriffen. Seine letzten Arbeiten waren der Erklärung der Keilschrift, dieses Schlüssels zur altpersischen Geschichte, gewidmet, worin er bereits größere Fortschritte, als irgend ein Alterthumsforscher vor ihm, gemacht hat.

Frankreich.

Nachdem die Deputirtenkammer in ihrer Sitzung vom 14 Jan. die Paragraphen der Adresse hinsichtlich Mexico's und Buenos-Ayres unverändert angenommen hatte, entspann sich eine Discussion über die Algerier Angelegenheiten. Die Thronrede hatte sich darüber mit vieler Bestimmtheit und Energie ausgesprochen, und zum erstenmal die feste Erklärung gegeben: nie wird die französische Herrschaft Algerien verlassen. Die Antwort in dem Adresse-Entwurf hierauf klang viel schwächer und zweideutiger: man muß die definitiven Mittel suchen, die Sicherheit und Stabilität der Niederlassungen zu garantiren, welche Frankreich in Algerien behalten will. Hr. Lanyer schlug ein Amendement vor, welches die Erklärung der Thronrede in ihrer vollen Energie wiederholt. Er beantragte folgende Aenderung des Paragraphen: Man muß die definitiven Mittel suchen, in den Provinzen Algier und Constantine den Fortschritt und die Sicherheit unserer Niederlassungen auf einem Boden, welchen Frankreich nicht mehr verlassen wird, zu garantiren. Hr. Dufaure, Minister der öffentlichen Arbeiten, forderte, ehe er sich für das vorliegende Amendement erklären wolle, die Commission auf, den Sinn der Abfassung ihres Paragraphen näher zu erläutern. Hr. Rémusat erklärte im Namen der Commission, man habe nur deßhalb unbestimmtere Ausdrücke gebraucht, um sich nicht im voraus über die mehr oder minder weite Ausdehnung, welche man der französischen Herrschaft in Algerien geben wolle, auszusprechen. Erst der Sieg müsse diese Frage entscheiden. Die Discussion schleppte sich fort, ohne weiteres Interesse zu erregen. Hr. Guilhem hielt eine Rede, worin er mehrere Ausfälle gegen den General Bugeaud machte. Die Kammer schenkte ihm aber wenig Aufmerksamkeit.

* In der Deputirtenkammersitzung vom 15 Jan. antwortete General Bugeaud auf den Vorwurf des Hrn. Guilhem, als habe er während seines Commando's in der Provinz Oran sich eine Unabhängigkeit von dem damaligen Generalgouverneur Damremont angemaßt. Er vertheidigte auch den Abschluß des Vertrags an der Tafna, und erklärte, er habe genau sich an die Instructionen der Regierung gehalten. Hr. Martin (du Nord), Minister unter Molé, kam dem General zu Hülfe. Nicht diesen treffe der Tadel, wenn man den Vertrag an der Tafna mißbilligen wolle, die Mitglieder des vorhergehenden Cabinets verlangten die Verantwortlichkeit dieses0155 Acts für sich. Der Redner entwickelte die Gründe, welche die Regierung bewogen hätten, den Tractat zu unterzeichnen Hr. Dufaure, Minister der öffentlichen Arbeiten, erklärte sich hierauf für das Amendement des Hrn. Lanyer, welches fast einstimmig angenommen wurde. Eine lange Aufregung folgte diesem Votum. General Bugeaud bestieg noch einmal die Tribune und sprach über das für Afrika passende Kriegssystem; er meinte, der Effectivstand der Armee müsse auf 60,000 Mann gebracht werden (im vorigen Jahr war die französisch-afrikanische Armee 48,000 Mann stark). Ein Amendement Bugeauds, die Worte nach dem Sieg aus dem Paragraphen wegzulassen, wurde verworfen und hierauf der ganze Algier betreffende Artikel des Adresse-Entwurfs, so wie er durch Hrn. Lanyers Amendement verändert worden, angenommen.

Wir geben heute größere Auszüge aus der Rede, welche Hr. Thiers in der Deputirtenkammersitzung vom 13 Jan. hielt: Im Eingang derselben lobte er die Regierung, daß sie von den zwei einzig möglichen Systemen, entweder zur Theilung des osmanischen Reichs sich mit Rußland zu verbinden oder diese Theilung so lange als möglich zu verhindern und vorläufig ihre Stellung zu nehmen, das letztere gewählt habe. Bei diesem System sey England der natürlichste Alliirte Frankreichs. Welche Macht fragte der Redner hat das meiste Interesse dabei, daß Konstantinopel nicht in die Hände Rußlands falle? England. Welche Nation hat stets im höchsten Grad die wirksamsten Mittel, zu hindern, daß Konstantinopel occupirt werde? Wiederum England, denn die Gefahr droht von der Seeseite, und England ist eine Seemacht. Auch Frankreich ist mächtig zur See; es war dieß ein Grund mehr, sich mit England zu verständigen. Der gleiche Zweck, wie die gleichen Mittel machen beide Staaten zu Verbündeten. Erlauben Sie mir nun einige Worte über die Natur der Gefahr. Konstantinopel liegt bekanntlich nur einige Tagreisen von Sebastopol, und eine Escadre kann von dort, durch Winde und Strömungen begünstigt, in drei oder vier Tagen eine Armee nach Konstantinopel führen. Dieß ist keineswegs eine Hypothese. Sie erinnern sich, daß Rußland im Jahr 1833, zu einer Zeit, wo diese Macht noch nicht so gerüstet war, wie heute, in wenigen Tagen 10,000 Soldaten nach Konstantinopel transportirte. Seitdem sind die Rüstungen Rußlands noch viel bedeutender geworden. Was ich hier gesagt, ist Jedermann bekannt, es kann nicht genug bekannt seyn, und sollte ohne Aufhören wiederholt werden. Es liegt in Sebastopol eine Expedition, zum Aufbruch stets bereit, mit segelfertigen Linienschiffen; dort liegen Seemänner in Casernen und Truppen im Lager. In 48 Stunden kann die Expedition sich einschiffen, in vier Tagen ist sie in Konstantinopel, in sechs Tagen ist das Ereigniß vollbracht; man braucht achtzehn Tage, um in Paris und London nur Kunde davon zu erhalten. Dieß ist die Gefahr, welche Konstantinopel unaufhörlich bedroht. Glücklicherweise erlaubte die Lage des Schauplatzes, jener Gefahr eine Vorsichtsmaaßregel gegenüber zu stellen. Bekanntlich hat das Marmorameer, an welchem Konstantinopel liegt, zwei Ausgänge: den Bosporus, der zum schwarzen Meer führt und von Rußland bedroht ist, und die Dardanellen, welche mit dem Mittelmeer communiciren, wo Frankreich und England ihre Stationen haben. Es war also gerathen, daß eine englisch-französische Flotte in der Dardanellenstraße Stellung nehme und stets bereit sey, den aggressiven Act, welcher den Bosporus bedroht, durch einen defensiven Act auf der Seite der Dardanellen zu erwiedern. Die Stellung war von selbst bezeichnet, aber in einer solchen Politik mußte man sich mit England verständigen, welches, wie gesagt, mit uns einerlei Zweck und Mittel hatte. Um in dieser Frage aber mit Mäßigung zu handeln, um immer die nöthige Ruhe zu behaupten, nie etwas Voreiliges zu thun, mußte man die Natur der Gefahr wohl durchschauen. Allerdings bedroht Rußland von Sebastopol aus Konstantinopel; ist es aber eben so richtig, daß Rußland unverzüglich nach Konstantinopel gehen will? hierin liegt die Frage. Man macht sich im Allgemeinen von der Natur der Plane Rußlands keinen ganz richtigen Begriff. Bald läßt man sich über seine Entwürfe in Schlaf einwiegen, bald übertreibt man sie. Folgendes möchte die genaue Wahrheit darüber seyn; sie erhellt nicht nur aus der gewöhnlichen Sprache der russischen Diplomatie, sondern auch aus den Interessen Rußlands. Als Rußland noch nicht an das schwarze Meer gränzte, mußte es mit Ungeduld wünschen, dorthin zu gelangen, mit großer Ungeduld, denn ihm waren Ausfuhrwege in südlichen, wie in den nordischen Meeren nöthig. Jetzt aber occupirt Rußland die schönste Küstenstrecke des schwarzen Meeres. Die Schlüssel dieses Meeres liegen zwar zu Konstantinopel; aber bedenken Sie, daß während des Friedens das schwarze Meer für die ganze Welt, für den Handel aller Völker geöffnet ist, während in Kriegszeiten die Schlüssel desselben Meeres in schwachen, von Rußland abhängigen Händen sich befinden. Rußland hat also gar nicht nöthig, sich zu beeilen, es braucht keinen Fehler der Ungeduld zu begehen, um sich die Schlüssel aus jenen Händen zu holen. Nur wenn diese Schlüssel in junge, kräftige Hände geriethen, dann würde Rußland sich widersetzen; mit Einem Wort, Rußland will die Schlüssel des schwarzen Meeres wohl in den Händen lassen, die sie gegenwärtig halten, will aber nicht, daß jene in andere Hände kommen. Dieß ist die ganze Politik Rußlands; es hat dieselbe nie geheim gehalten. Die einzige nahe Gefahr drohte also, wenn der Pascha von Aegypten gegen Konstantinopel ziehen wollte; dieser aber hatte dieß eben so wenig im Sinn, als Rußland. Mehemed Ali hält alle Provinzen jenseits des Taurus occupirt, Aegypten, Syrien und den District von Adana, in welchem die Tauruspässe liegen; seit der Schlacht bei Nisib hat er auch Orfa und Diarbekir besetzt. *)*)Diarbekir ist noch nicht von den ägyptischen Truppen besetzt. Das Journal des Débats läßt den Redner aber einen noch stärkern Irrthum begehen und legt ihm die Worte in den Mund seit der Schlacht bei Nisib hat Mehemed Ali Orfa, Diarbekir, die Insel Candia und die heiligen Inseln (wo liegen die heiligen Inseln?) occupirt. Ein Beweis, wie wenig man sich auf die Berichte der Kammersitzungen in den französischen Journalen, mit Ausnahme des Moniteur, verlassen darf. Seit 1833 wollte der Pascha auch die Erblichkeit dieser Besitzungen. Einige Personen schrieben ihm mit Unrecht den Plan zu, daß er seinen Ehrgeiz noch weiter treiben, in Kleinasien vordringen und nach Konstantinopel rücken wolle. Er könnte dieß nicht thun, ohne daß Rußland dazwischen träte. Es gab eine Zeit, wo der Pascha jenen Plan wirklich ausführen wollte, er hoffte, sich Konstantinopels durch Ueberraschung zu bemeistern; es war dieß im Jahr 1833. Damals waren die Plane Europa's und die Absichten Rußlands noch nicht bekannt. Der Pascha fand aber die Russen vor den Aegyptiern in Konstantinopel, er hat eine Lehre erhalten und gesehen, daß die Russen ihm dort zuvorkommen könnten, ehe Europa nur davon Kunde bekäme. Diese Lection wäre auch von einem weniger scharfsichtigen Geist, als dem seinigen begriffen worden; Mehemed Ali sah ein, daß die Gegenwart der Russen in Konstantinopel zu einer Conflagration und einer Theilung führen, und daß bei dieser Theilung vielleicht seine eigenen Provinzen mit verschlungen würden. Seit 1833 haben überdieß alle Consuln dem Pascha wiederholt, daß, wenn er gegen Konstantinopel marschirte, er die Russen dort fände. 0156Welches war nun das einfachste, das unter diesen Umständen rathsamste Benehmen? Man mußte klug und vorsichtig handeln, und zwei Escadren an die Dardanellen schicken, um dort zu wachen, obschon es nicht wahrscheinlich war, daß die Russen nach Konstantinopel kämen. Nach dieser Maaßregel hätte man der orientalischen Frage einige Freiheit gewähren, sie allein fortgehen lassen, nicht zu früh interveniren sollen, denn es drohte keine große Gefahr. Der Streit im Orient war doch nur zwischen dem Pascha und dem Sultan. Ein Sieg des einen oder des andern konnte keinen großen Wiederhall haben, wohl aber den Streit beenden. Nur wenn man unkluger - und voreiligerweise aus der Frage des Orients eine europäische machte, wurde sie unlösbar, wie Sie jetzt leider sehen. Darin lag die Gefahr. Mehemed Ali verlangte die Erblichkeit der Herrschaft über seine Provinzen und dieß entzweite ihn mit dem Sultan. Hätte diese Erblichkeit das Verderben des ottomanischen Reichs herbeigeführt, so würde ich gebilligt haben, daß man ihm widerstehe. Aber die Erblichkeit, was war das? Zuletzt nur ein Wort, das, wie mir scheint, der Sultan ganz gut hätte zugestehen können. Der Pascha besaß die Provinzen, über die er die erbliche Herrschaft verlangte, bereits der That nach. Die Pforte konnte sich wohl doch einigen Illusionen hingeben und glauben, sie werde sie wiedererobern. Aber Niemand, der die dortigen Zustände nur einigermaßen kennt, konnte über den Ausgang in Zweifel seyn, und wenn noch Zweifel bestanden, die Schlacht bei Nisib hat sie gelöst. Es ist offenbar, daß die Türkei jene Provinzen nicht wieder erobern, und folglich auch nicht mehr regieren kann. Sie hat jenseits des Taurus, so wenig wie dießseits des Balkans, eine hinreichende Macht, die Provinzen zu unterwerfen, die sie einst besessen hat. Sie hat in Serbien, der Moldau und Walachei, so wie in Syrien und Aegypten nur noch Suzeränetätsrechte. Dieß ist Jedermann klar. Welchen Rath mußten der Pforte unter solchen Umständen ihre aufgeklärten Freunde geben? Sie mußten ihr rathen, sich auf den Besitz des Reiches zu beschränken, welches sich zwischen dem Taurus und dem Balkan ausdehnt und an zwei Meere gränzt. Es ist dieß ein herrliches Reich, ja es wäre das schönste Reich der Welt, wenn eine geschickte Regierung, die Vertrauen in sich selbst hätte, es nicht auf europäische, sondern auf orientalische Weise, dabei mit einiger Vernunft, verwalten wollte und könnte. Die vernünftigen Freunde der Türkei konnten ihr immer nur rathen, ihr Reich zwischen dem Taurus und dem Balkangebirge zu reconstituiren. Ich führe hier als Beispiel die griechische Frage an. So lange die Türkei hartnäckig darauf bestand, Griechenland wieder erobern zu wollen, erschöpfte sie sich unnützerweise und brachte Europa in Agitation. Auch jetzt wird Europa nur dann ruhig werden, wenn die Türkei dasselbe Opfer hinsichtlich Syriens und Aegyptens gebracht hat. Sie wird dabei noch hinreichend mächtig bleiben.

(Fortsetzung folgt.)

Der Marschall Gérard, Obercommandant der Pariser Nationalgarde, hat unterm 14 Jan. folgenden Tagsbefehl erlassen: Gegen 300 Nationalgarden und einige Officiere haben sich am 12 Jan. in Uniform und bewaffnet auf einem öffentlichen Platz versammelt, um sodann durch die Hauptstadt zu ziehen, Reden zu halten und eine wahre Berathung über eine Frage der hohen Politik anzustellen. Der Marschall Obercommandant hat mit lebhaftem Schmerz und tiefem Bedauern die Nationalgarden in so hohem Grade den Charakter ihrer Institution, die dem Gesetze gebührende Achtung, und die Heiligkeit der ihnen durch das Land anvertrauten Mission vergessen sehen. Die Bürger, welche solchergestalt ihre Pflichten mißkannt haben, können dem Tadel derer nicht entgehen, welche in so großer Zahl und so oft seit 1830 der Sache der öffentlichen Ordnung und der wahren Freiheit den Sieg verschafft haben, und diesen Tadel spricht der Marschall Obercommandant in ihrem Namen, im Namen der Anführer, die sie sich gegeben haben, aus. Er hofft, daß seine Stimme gehört, seine Aeußerungen verstanden werden; er ist, so wie die Anführer der Nationalgarde, von dem Gesetze, das sie zu vertheidigen geschworen haben, durchdrungen. Die Art. 1 und 7 dieses Gesetzes vom 22 März 1831 lauten: Art. 1. Die Nationalgarde ist zur Vertheidigung des constitutionellen Königthums, der Charte und der von ihr geweihten Rechte, zur Aufrechthaltung des Gehorsams gegen die Gesetze, zur Bewahrung und Herstellung der Ordnung und des öffentlichen Friedens, zur Unterstützung der Linienarmee bei der Vertheidigung der Gränzen und der Küsten, zur Sicherung der Unabhängigkeit Frankreichs und der Integrität seines Gebiets eingesetzt. Jede von der Nationalgarde unternommene Berathschlagung über Staatssachen, über Sachen des Departements und der Gemeinde ist eine Antastung der öffentlichen Freiheit und ein Vergehen gegen die öffentliche Sache und die Constitution. Art. 7. Die Bürger können ohne Befehl ihrer unmittelbaren Vorgesetzten weder zu den Waffen greifen, noch sich als Nationalgarden versammeln, und die unmittelbaren Anführer können diesen Befehl nicht ohne eine Requisition der bürgerlichen Behörde, wovon an der Spitze der Truppe Mittheilung gemacht werden muß, ertheilen. (Unterz.) Marschall Obercommandant, Graf Gérard.

Der Moniteur bemerkt dazu: Diese so feste und so edle, des erlauchten Marschalls Gérard und seines wackern Generalstabs würdige Sprache wird, wie wir nicht zweifeln, von der ganzen Nationalgarde verstanden werden. Sollte sich dieß gegen alle Voraussicht anders verhalten, sollte eine kleine Zahl irre geleiteter Menschen darauf beharren, strafbare Manifestationen erneuern zu wollen, so würde dem Gesetze die Kraft nicht fehlen, und die Behörde würde, unter dem Beistande aller guten Bürger, ihm Achtung zu verschaffen wissen. Die Officiere der Nationalgarde, welche den bedeutenden Fehler begangen haben, sich den Zusammenrottungen vom letzten Sonntag beizugesellen, sollen in Gemäßheit des 6ten Art. des Gesetzes vom 22 März 1831 vor das Präfecturconseil gestellt werden. Dieser Art. lautet: Auf die Anzeige des Maire's oder des Unterpräfecten kann jeder Officier der Nationalgarde auf zwei Monate durch motivirten, im Präfecturconseil, nach vorheriger Anhörung der Bemerkungen des Officiers, gefaßten Beschluß in seinen Verrichtungen suspendirt werden. Der Beschluß des Präfecten soll unverzüglich von ihm an den Minister des Innern eingeschickt werden. Auf den Bericht des Ministers kann die Suspension durch königliche Ordonnanz verlängert werden.

Am 13 Jan. versammelte sich der Pairshof zur Eröffnung der Debatten über den Proceß der Angeklagten vom 12 und 13 Mai der zweiten Kategorie. Der Zudrang auf den Galerien war sehr unbedeutend. Die Angeklagten, 31 an der Zahl wurden um halb 1 Uhr unter Begleitung von Gendarmen in den Saal eingeführt. Der erste war August Blanqui. Man bemerkte, daß er sich den Bart, welcher sonst den untern Theil seines Gesichts beschattete, hatte abnehmen lassen. Der Archivar, Hr. Cauchy, Greffier des Pairshofs, verlas auf Befehl des Präsidenten die Namensliste der Pairs. Darauf wurden die Angeklagten von dem Präsidenten über ihre Namen, Vornamen, Profession, Geburts - und Wohnort befragt. Blanqui war der zuerst aufgerufene, er gibt 35 Jahre an, und nennt sich homme de lettres, geboren zu Nizza, wohnhaft zu Gency bei Pontoise. Der Präsident ermahnt sodann die Vertheidiger der Angeklagten, sich nicht von der den Gesetzen schuldigen Ehrfurcht zu entfernen, und sich mit Anstand auszudrücken. Hr.0157 Cauchy ruft die Zeugen auf, wovon 127 durch den Generalprocurator, 7 auf das Verlangen der Angeklagten berufen waren, und verliest dann die Anklageacte. Der Präsident macht jedem der Angeklagten die hauptsächlichen ihn betreffenden Anklagepunkte bemerklich, und sagt dann zu Blanqui, ob er bei der in seinen früheren Verhören beobachteten Verweigerung zu antworten beharre. Blanqui erklärt: Da ich bei dem Tribunal, das mich zu richten berufen ist, keine hinreichenden Garantien zu finden glaube, so werde ich über die mir persönlich vorgeworfenen Thatsachen mich nicht erklären. Weil aber in den ersten Sitzungen dieses Processes die Anklagebehörde der republicanischen Partei Rohheit und Blutdurst vorgeworfen hat, so will ich Ihnen durch Thatsachen die Falschheit dieser mehr als zwanzigmal in den Verhandlungen wiederholten Anschuldigungen gegen die Partei, zu der ich gehöre, beweisen. Die Republicaner haben sich weder heute noch jemals (ich meine seit 1830) grausam benommen; nicht sie haben 1834 das Blut von Weibern, Greisen und Kindern vergossen; eben so wenig kann man sie 1839 solcher Ausschweifungen bezichtigen. Man hat in Bezug auf letztere Zeit oft gesagt, sie hätten wehrlose Soldaten umgebracht. Sie haben gesehen, was im Justizpalast vorgegangen ist. Dort war ein Posten von 30 Mann, die gut bewaffnet waren. Die Insurgenten, 30 bis 40 Mann und schlecht bewaffnet, waren bei ihrem Heranrücken von den Soldaten schon in der Ferne gesehen; sie kamen an den Posten ohne einen Schuß; sie hatten sonach keinen Blutdurst; sie sahen die Soldaten schlagfertig aufgestellt, und mußten denken, daß deren Flinten geladen seyen, da sie sie so weit her hatten kommen sehen, und sie forderten nun den Officier auf, sich zu ergeben. Dieser schlug es ab, und so mußten sie verfahren, wie sie verfahren haben. Es sind hier Generale, die wissen, daß man auf dem Schlachtfelde sich zurückziehen, sich ergeben oder kämpfen muß. Auf dem Markte St. Jean war derselbe Fall. Sie haben sagen gehört, daß Insurgenten über die auf dem Boden gelegenen verwundeten Soldaten geweint hätten. Ist dieß Blutdurst? Dieß nur wollte ich sagen, um die verleumderischen Angaben der Staatsanwaltschaft zu widerlegen. Der Präsident: Sie stellen sich auf das möglichst schlechte Gebiet. Sie glauben sich berechtigt, Ihr Vaterland anzugreifen und den Burgfrieden zu stören, und Sie behaupten, nicht an dem vergossenen Blute Schuld zu tragen. Dieses Blut wird auf Sie zurückfallen; Sie haben sich der höchsten Strafen, welche die Gesellschaft auflegen kann, schuldig gemacht. Blanqui: Sie geben nicht zu, daß die Republicaner das Recht gehabt, die Waffen zu ergreifen. Ganz gut; machen Sie sie so verbrecherisch, wie Sie wollen; ich vertheidige hier nur die materielle Thatsache, daß sie nicht blutdürstig gewesen. Der Präsident, ohne sich in weitere Controversen einzulassen, erklärt, daß Blanqui's Stillschweigen nur seine Anklage steigern, und daß er sich nicht ungestraft über die Gesetze stellen könne. Die Angeklagten Guignot und Quarré wurden eingeführt, und behaupteten, nicht zu den Insurgenten zu gehören. Sie seyen sogar als provocirende Agenten der Polizei angesehen worden. Quarré kennt weder Barbes, noch Blanqui, noch Martin Bernard.

(Presse.) Es hieß diesen Abend (14), daß ernstliche Unruhen in Foix, Departement der Arriège, stattgefunden haben. Man schrieb sie einigen Maaßregeln örtlicher Verwaltung zu, die eine Zusammenrottung von 5 bis 6000 Personen veranlaßt hätten. Es heißt, der Präfect sey verwundet worden.

Nichts dauert weniger hier als das Interesse an politischen Processen. Vor der Pairskammer wird in diesem Augenblick die Anklage gegen die zweite Serie der Angeklagten vom 12 Mai verhandelt. Wer denkt auch nur daran? All' die großen Vorsichtsmaaßregeln, die Truppenanhäufungen im Luxembourg, die scharf geladenen Gewehre haben nur Kälte und Gleichgültigkeit im Publicum gefunden. Und doch handelt es sich dort um Leben und Freiheit einer bedeutenden Anzahl von Personen! Und doch ist es noch kein Jahr, daß der Aufstand in den Straßen von Paris selbst stattgehabt. Es ist, als ob man nicht mehr an die Möglichkeit politischer Todesstrafe glaube, und die beste Hoffnung, welche die Angeklagten haben, beruht in der Alles mildernden Zeit selbst. Die Gefängnisse von Doullens und Mont-Saint-Michel werden neue Bewohner erhalten, allein wenn gegen Blanqui eine Todesverurtheilung ausgesprochen werden sollte, was bliebe dem König übrig, als ihn zu begnadigen, wie er bereits bei Barbés gethan? Die Deputirtenkammer zuckt noch unter dem elektrischen Eindruck, den die Rede von Thiers auf sie gemacht hat; sie scheint sich zu fragen, ob es nöthig sey, daß nach ihm noch Jemand das Wort nehme, und in der That, seit seinem Vortrage ist nichts Erhebliches mehr gekommen. Nebst dem nationalen Interesse, den dieser Vortrag für Frankreich selbst darbot, mag er auch dem ferner stehenden Beobachter, und wir glauben selbst der europäischen Politik beachtenswerth erscheinen. Auch dießmal ward die Frage der ausländischen Angelegenheiten ein wenig über den Kopf des Ministeriums weg verhandelt; indem man die wirklichen Titularminister so stumm, und Thiers so ex professo in die Materie eingehen sah, konnte man sich des Gedankens nicht erwehren, daß hier ein zukünftiger Ministerpräsident rede, und daß er, vielleicht nur aus ahnendem Instincte, aber mit verhängnißvoller Schonung, die nächste Politik des französischen Cabinets, seines Ministeriums ausspreche. In diesem Sinne wird die englische Presse seine Worte auffassen, in diesem Sinne werden sie in Kairo und Alexandrien, in Konstantinopel und Petersburg widerhallen, und hätten sie auch nur die einzige Wirkung, den Bund mit England, an dessen Fortdauer man bereits verzweifeln wollte, als noch möglich darzustellen, ihn auf einige Zeit aufzufrischen, so könnte ihr hoher Werth für den Augenblick nicht bestritten werden.

Belgien.

Aus einem Rückblick auf die Lage Belgiens beim Eintritt in das neue Jahr ergibt sich, daß sie sich seit dem letzten Jahre bedeutend gebessert hat, nachdem sich das vorige durch den Sturz der Bank unter traurigen Auspicien eröffnet hatte. Diese Anstalt ist jetzt wieder im Gedeihen mit ihren Operationen, nachdem sie alle ihre Gläubiger ganz bezahlt hat. Die industriellen Gesellschaften erholen sich ebenfalls nach und nach. Nur die Eisenindustrie leidet noch in Folge Uebermaaßes der Production. Die Reise, welche Baron Rothschild von Paris hierher gemacht hat, bezieht sich auf Finanzcombinationen für die Liquidation der belgischen Schuld gegen Holland. Dieser Bankier hatte während seines kurzen hiesigen Aufenthalts häufige Unterredungen mit dem Könige, mit unserm Finanzminister und dem holländischen Gesandten, Baron Falk. Er ist gestern nach Paris zurückgereist. Unser Ministerium wird sich bei den schlecht combinirten Angriffen der Opposition, die ohne System, ohne Einheit der Ansichten und ohne bedeutende Zahl ist, wohl halten. Ich glaube nicht, daß man einen neuen Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernennt. Man wird bloß das Ministerium der öffentlichen Arbeiten aufheben, daraus eine von dem Innern abhängige Generaldirection machen, und Hr. Nothomb wird das Portefeuille der auswärtigen Angelegenheiten übernehmen. Er ist ein sehr ausgezeichneter Mann und vollkommen mit der0158 auswärtigen Politik vertraut. Der König Leopold wird am 2 Febr. abreisen, um der Vermählung seiner erlauchten Nichte, der Königin von England, mit dem Prinzen Albert beizuwohnen. Diese Verbindung wird die persönliche Bedeutung unseres Souveräns in seinen politischen und Familienverhältnissen noch erhöhen.

Niederlande.

Die Kölner Zeitung gibt folgendes Schreiben aus dem Haag vom 11 Jan.: Seit vierzehn Tagen besteht ein Waffenstillstand nach den politischen Ereignissen der letzten Monate. Die Regierung hat sich in etwas erholt. Uebermorgen tritt die zweite Kammer wieder zusammen, und dann wird es sich zeigen, welche Haltung unsere Volksvertreter in Betreff der Modificationen des Grundgesetzes annehmen werden. Bekanntlich sind einige unbedeutende, factisch schon bestehende, durch die Regierung vorgeschlagen; aber jeder, dem es, bei der größten Liebe für die Regierung, um Wahrheit zu thun ist, sieht darin keine Erfüllung der im Jahr 1831 gemachten Versprechen und einen schlechten Lohn für die unbegreiflichen Aufopferungen vielerlei Art, welcher die Nation sich seit 1830 getröstet hat, für ihre Ordnungsliebe und die Gutmüthigkeit der Generalstaaten gegen die Regierung. Ein einziges Blatt, der Avondbode, hat sich zum Dolmetscher der jetzigen Auslegung der Versprechen von 1831 aufgeworfen. Alle übrigen Organe der öffentlichen Meinung, sowohl das im Geiste der Mehrzahl der Kammer sprechende Handelsblatt, als das niederländische radicale Blatt, die Arnhem'sche Courant, die gemäßigteren Blätter von Breda und Vlissingen etc. sprechen wie aus Einem Munde, daß der Vertreter eine schöne Aufgabe harre, daß sie nun berufen seyen, die Regierung zu überzeugen, der Zustand der Nation fordere einige wichtige Verbesserungen im Grundgesetze. Man will hier keine Theorien, aber Ergänzung einiger Hauptbestimmungen der Staatsverfassung, namentlich in Betreff der Verwaltung der ostindischen Besitzungen, der Finanzangelegenheiten, der Verantwortlichkeit der Minister, angemessenen Stimmrechtes u. s. w. Ob es politisch von unserer Regierung gewesen, nicht die Initiative derartiger Verbesserungen zu ergreifen, bezweifeln viele, die es mit dem Lande aufrichtig meinen; vor Allem aber dürfte sie unpolitisch handeln, wenn sie den wesentlichen Verbesserungen, die nun wohl von der Kammer ausgehen zu sollen scheinen, nicht beistimmte. Wir glauben, das ehrwürdige Staatsoberhaupt wird dieß einsehen: man gewahrt immerhin schon in den in diesen Tagen angeordneten bedeutenden Verminderungen des Kriegswesens, daß den Wünschen der Vertreter nach großer Sparsamkeit Gehör gegeben wird. Die durch die Entlassung des Finanzministers erfolgte neue Modification des Ministeriums scheint auch geeignet, die Vertreter zu befriedigen. Als Jurist geachtet, war Hr. van Beelaerts van Blokland in dem Finanzdepartement durchaus nicht auf seinem Posten, vorzüglich in den kritischen Zeiten, die wir erlebten und noch erleben. Man machte ihm auch in den letzten denkwürdigen Debatten in der Kammer Vorwurf auf Vorwurf, vor Allem deßhalb, weil er über das Verwenden der Gelder ohne die Zustimmung der Generalstaaten allzu leichtfertig sprach. Welcher Finanzminister ließ jemals das Wort Bankerott verlauten? Er, Ministerabgeordneter, stand denn auch in Betreff des Budgets allen seinen Collegen allein, und in Betreff des Anleihegesetzes einer bedeutenden Mehrheit gegenüber. Man darf indessen nicht vergessen, daß er in einen verwirrten Haushalt gekommen war und mit Hindernissen aller Art zu kämpfen hatte, denen er weder physisch noch moralisch gewachsen war. Er wird nun vorläufig durch Hrn. van Gennep ersetzt, der in der Verwaltung der Geldmittel des Staats ergraut, und mit allen günstigen und ungünstigen Zeiten wohlbekannt ist. Er hat dieses Portefeuille bereits früher interimistisch verwaltet, und war bekanntlich neulich so glücklich, das Creditgesetz bei den Generalstaaten durchzusetzen, wodurch der financiellen Spannung provisorisch ein Ende gemacht wurde. Hr. van Gennep ist aber schon so hochbejahrt, daß der König sich nach einem definitiven Finanzminister wird umsehen müssen. Man spricht von dem Staatsrathe und Abgeordneten Hrn. de Jonge, der, ein ausgezeichneter Jurist, aber beugsamer als Hr. Beelaerts, ist, ferner von Hrn. Canneman, der mehr Financier ist. Wie dem auch sey, die Wahl ist nicht leicht. Die Kammer hat vor ihrer kurzen Prorogation noch den vorgelegten Entwurf in Betreff einer neuen Strafgesetzgebung geprüft. Sie war mit der Regierung der Meinung, die Zeit sey noch nicht gekommen, die Todesstrafe abzuschaffen, will sie aber doch sehr sparsam angewendet wissen. Der Vorschlag der Regierung, das Brandmarken abzuschaffen, fand bei der Zunahme der Verbrechen noch Widerspruch; die Zwangsarbeit, vor Allem das Maximum (40 Jahre) fand man weniger passend.

Unter dem 6 d. faßte Se. Maj. der König den Beschluß, den Officieren jeden Rangs und aller Waffengattungen der Landmacht unbestimmten Urlaub, fürs In - oder Ausland, anbieten zu lassen. Der Gehalt der Urlaub nehmenden Officiere ist bedeutend vermindert worden, u. a. der der Capitäne, Rittmeister und höhern Officiere auf die Hälfte. Wie es Eingangs des königl. Beschlusses heißt, erheischt der Zustand der Staatsfinanzen die Einführung aller möglichen Einschränkungen. Dem Kriegsministerium ist aufgetragen worden, die Beurlaubungen der Officiere möglichst rasch zu betreiben. Man verlangt also von ihnen, daß sie ein Opfer auf dem Altar des Vaterlandes niederlegen; die Jahreszeit ladet indessen die Officiere wenig zum Urlaubnehmen ein. Die zweite Kammer der Generalstaaten hat heute ihre Arbeiten wieder begonnen.

Italien.

Morgen wird der Herzog von Bordeaux, von Rom kommend, hier erwartet. Er wird in dem an Chiatamone gelegenen königlichen Lustschlosse wohnen. Prinz Heinrich von Oranien scheint sich hier sehr zu gefallen; vorgestern wohnte er einer Fasanenjagd in Caserta bei, die Se. Maj. ihm zu Ehren veranstaltete, und an welcher auch die Prinzessin Amalie, Gemahlin Don Sebastians, Theil nahm. Morgen wird die holländische Fregatte der Rhein den Hafen von Bajä verlassen, um sich auf hiesiger Rhede vor Anker zu legen, da Se. Maj. den Wunsch äußerte, sie zu sehen. Mit erstem günstigem Wind wird der Prinz sodann seine Reise nach dem Orient fortsetzen. Das hiesige Regierungsblatt theilt folgende Durchschnittstabelle des Thermometer - und Barometerstandes während des Jahres 1838 mit.

Thermometer nach Réaumur. Barometer.

〈…〉〈…〉
0159

Der Beobachtungs-Thermometer ist gegen Norden und 455 Fuß über der Meeresfläche aufgehängt. Der Barometer ist in französische Zoll und Linien eingetheilt, und befindet sich in einem Zimmer ebenfalls 455 Fuß über der Meeresfläche. Der höchste Stand des Thermometers war am 18 und 19 Jul. 25°. Der niedrigste am 17 und 24 Dec. über Null. Der höchste Stand des Barometers am 1 Jan. 28. 1. 1 ; der niedrigste am 26 Jan. 27. 1. 4.

Deutschland.

Unsre Eisenbahn ist seit meinem letzten Berichte bedeutend vorangeschritten. Die Erdarbeiten werden ungeachtet der strengen Kälte Tag und Nacht fortgesetzt. Der Durchstich der Sandhügel in dem Friedrichsfelder Walde ist gegenwärtig bis zu dem höchsten Punkte gediehen, wo das abzutragende Erdreich eine Höhe von 50 Fuß ausmacht. Von diesem Punkte aus ist nur noch eine Strecke von 2000 Fuß zu durchschneiden. Oberhalb dieser Strecke ist der Bahndamm bis Heidelberg fertig und größtentheils mit Schienen belegt. Die Abtragung der vorerwähnten Strecke wird bis zu Ende Februar fertig seyn, zu welcher Periode gleichzeitig der Bahndamm bis an die Schwetzinger Chaussée bei Mannheim vollendet seyn wird. Die noch auszufüllende Lücke bis zur Schwetzinger Chaussée beträgt eine Entfernung von einer starken Viertelstunde. Der hiesige Bahnhof und die Curve von dem Bahnhof bis zur Schwetzinger Chaussée ist ausgesteckt, und man ist damit beschäftigt, die in diese Direction fallenden Güterstücke zu expropriiren. (Mannh. Journ.)

Des Hrn. Laurent, ernannten apostolischen Vikars im Norden, als sehr nahe angekündigte Reise nach Hamburg ist auf ganz unbestimmte Zeit ausgesetzt, in Folge der hierüber von dänischer, mecklenburgischer, oldenburgischer und hanseatischer Seite einhellig und unumwunden ausgesprochenen Gesinnung. Der hierüber aus einer erprobten hanseatischen Feder hervorgegangene, documentirte Artikel der Lübecker Blätter ging aus selben in die meisten norddeutschen unverkümmert über, und wurde als ein bedeutsamer Beitrag zur deutschen Kirchengeschichte und zum Nationalkirchenrecht mit vieler Theilnahme aufgenommen.

Dänemark.

Die Collegialzeitung enthält ein Rescript vom 2 d. über die gänzliche Reform und bedeutende Beschränkung des Gratialwesens. Zum Staatssecretär der Gnadensachen ist der geheime Cabinetssecretär des Königs, geheimer Etatsrath Adler, ernannt worden. Man sieht hieraus den ersten Schritt zur Erfüllung des Versprechens, welches der König namentlich der Deputation des Kopenhagener Handelsstandes gegeben hatte, daß seine erste und vornehmste Sorge auf die Verbesserung der Finanzen des Landes gerichtet seyn solle, und es ist in der That erfreulich, daß dieser erste Schritt die hoffentlich totale Aufhebung des von dem ganzen Volke und den Repräsentanten desselben bei den Ständen als unvereinbar mit den allernothwendigsten Ersparnissen und für das Volk demoralisirend erklärten Gratialwesens hoffen läßt. Daß der König bemerkt Fädrelandet mit Bedauern gefühlt hat, daß Einzelne eine Unterstützung entbehren werden, an welche sie gewohnt waren, und deren sie in höherem oder geringerem Grade bedurften, macht seinem Herzen Ehre. Daß er aber zugleich gefühlt hat, daß das Herz nicht allein rathen muß, daß höhere Pflichten es ihm zur Nothwendigkeit machen können, den Drang seines Herzens unerfüllt zu lassen, daß er eingesehen hat, wie er da, wo das Wohl des Staats mit seinen Neigungen in Conflict kömmt, seine Neigungen den höheren Staatsrücksichten unterordnen müsse, macht ihm nicht minder Ehre. Daß der König einsieht, daß er mit dem Gratialsystem zugleich eines der Mittel aufgibt, durch welches der Vertheiler der Gnade so leicht manches Herz fesseln und manchen blinden Anhänger gewinnen kann, und es doch aufgibt; dieß muß uns überzeugen, daß es nicht nur seine Person, sondern der Staat ist, an den er das Volk knüpfen will, und daß er die Ansicht aufstellt, gleichwie Niemand das Land lieber um seiner selbst willen vergessen, vielmehr seine Pflicht als Staatsbürger mehr vor Augen haben soll, als das, was ihm eine augenblickliche Gnade verschaffen könnte, so auch jeder auf das mehr achten solle, was der König beginnt, um das Wohl des Landes auf einem sichern Fundamente zu bauen, als auf das, was er thut, um den persönlichen Wünschen Einzelner entgegenzukommen.

Türkei.

Nach der Colonial Gazette soll die christliche Bevölkerung Konstantinopels so angewachsen seyn, daß ganz in der Nähe, an der Vereinigung der Straße von Pera und Tabavla, und auf den Hügeln zwischen Therapia und Bujukdere mit Einemmal zwei neue Dörfer entstanden sind. Man schreibt diese rasche Vermehrung dem Elend zu, das in den Provincialstädten herrscht und die Einwohner zwingt, ihren Unterhalt in der Hauptstadt zu suchen.

Als ein Factum kann erwähnt werden, daß hier in Konstantinopel sich noch immer das Gerücht erhält, Kiamil Effendi habe von der Pforte Instructionen erhalten, denen zufolge er neue Anträge zu einem Vergleich dem Pascha von Aegypten zu machen habe. Gut unterrichtete Personen versichern indessen, daß der Auftrag des türkischen Abgesandten bloß dahin gehe, die Kundmachung des Hattischerifs in Aegypten und in den andern der Administration des Vicekönigs und seines Sohnes Ibrahim untergebenen Ländern zu bewirken. Ein von Erzerum vorgestern hier eingetroffener Tatar erzählt folgenden Fall, der sich in jener Stadt zugetragen haben soll. Die Frau des französischen Arztes, der im Gefolge des in Europa bekannten persischen Botschafters, Hussein Khan, sich befindet, erkrankte plötzlich in Erzerum. Ihr Gatte, der sie nicht verlassen wollte, versprach dem Gesandten in einigen Tagen nach Teheran nachzufolgen. Allein Hussein Khan, der den Verdacht schöpfte, daß sich der Arzt unter diesem Vorwande von ihm loszumachen suche, protestirte dagegen und wandte sich an den in Erzerum accreditirten brittischen Consul, um sein vermeintliches Recht geltend zu machen. Die französischen Officiere, die Hussein in seinem Gefolge hat und einige persische Diener des Gesandten, geriethen nun im Hause des brittischen Consuls in einen heftigen Wortstreit, der bald in eine förmliche Rauferei ausartete, wobei fünf Personen auf beiden Seiten mehr oder minder gefährlich verletzt wurden.

Aegypten.

Kiamil-Pascha ist nach Kairo abgereist, um daselbst in dem großen Conseil den von ihm mitgebrachten Hattischeriff vorzulesen. Daß dieser Hattischeriff eben so wirkungslos für Aegypten seyn wird, wie der mit England und den übrigen Mächten abgeschlossene Handelstractat, ist gar keinem Zweifel unterworfen. Hier werden die Sachen ganz auf demselben Fuß bleiben wie früher: das was der Pascha reformiren will, weiß er durchzusetzen, und das was von Konstantinopel kommt und gegen seinen Willen ist, weiß er zu paralysiren. Daß der Hattischeriff an den erblichen Statthalter Aegyptens adressirt ist, hat einiges Aufsehen erregt, denn obgleich ihm die Pforte die Erblichkeit bewilligte, so weiß man doch, daß einestheils der Pascha sie ausschlug, da sie sich nicht0160 auf ganz Syrien erstreckte, und daß anderntheils die diplomatische Intervention der europäischen Mächte die Pforte an jedem Schritte verhinderte, der sie einer endlichen Aussöhnung mit Mehemed Ali näher bringen konnte. Das französische Dampfboot hat dießmal wieder nicht die Briefe aus Frankreich und den übrigen Theilen Europa's gebracht, es tritt dieß schon das drittemal diesen Winter ein. Der Pascha hat also keine neuen Communicationen erhalten. Dagegen scheint das feste Auftreten des neuen englischen Generalconsuls, Obrist Hodges, dem Pascha einige Besorgniß einzuflößen, denn nach einigen Conferenzen mit demselben erhielten plötzlich 11 seiner Kriegsschiffe, 4 Fregatten und 7 Briggs, den Befehl nach Syrien abzusegeln, um von dort Truppen nach Aegypten zu führen. Die Activität, die seitdem in der Befestigung der Meeresküste herrscht, die täglichen Besuche Mehemed Ali's auf den türkischen Linienschiffen, die er dann immer im Feuer exerciren läßt, die Sendungen aller Arten Kriegsmunition aus Kairo und die kriegerische Sprache, die seine höhern Officiere und auch die der türkischen Flotte führen, deuten wenigstens darauf hin, daß man für den Fall plötzlich eintretender Ereignisse gerüstet sey. Wenn man nun bedenkt, daß es keiner Partei Ernst ist, die orientalischen Wirren auf dem Wege der Güte abzumachen, daß ein jeder nur dichtet und trachtet wie er im Trüben fischen könne, dann wird man sich schwerlich in den süßen Friedenstraum von neuem einwiegen können. Krieg ist das Losungswort im Orient; man rüstet und kräftigt sich für das kommende Frühjahr, den Concessionen sucht man auszuweichen, und die Kriegswürfel werden wohl noch einmal entscheiden müssen. Aus Arabien nichts Neues. In Syrien ist die Ruhe ziemlich wieder hergestellt. Ibrahim ist noch immer in Marasch, und gibt sich daselbst mit der Administration der Districte von Marasch und Orsa ab. Der grausame Abderhaman Bey ist seiner Stelle entsetzt worden, aber nicht seiner Grausamkeiten wegen, sondern in Folge ungeheurer Concussionen, die man entdeckt hat. Die Contributionen, die er für seine eigene Rechnung den Provinzen Scharkie und Mansura erpreßte, belaufen sich auf 12,000 Börsen (600,000 fl. C.), außerdem schuldet er dem Pascha wenigstens eben so viel. Die fehlenden 12,000 Börsen hat er, wie versichert wird, mit 24 Pfeifenspitzen gedeckt, von denen eine jede den Werth von 500 Börsen hat; man sieht hieraus, auf welche kolossale Weise das Stehlen in diesem Lande betrieben wird. Mehemed Ali soll die Absetzung dieses Wütherichs sehr leid thun, Ibrahim Pascha hat jedoch so darauf gedrungen und sich so ernstlichst hierüber ausgesprochen, daß man genöthigt ward, seinen Willen zu befolgen. So unterwürfig auch Ibrahim seinem Vater ist, so ist doch seine Stimme so gewichtig, daß sie sehr häufig die Befehle seines Vaters contrebalancirt, wie wir eine Menge Beispiele darüber anführen können. Am 18 feierte das russische Consulat den Namenstag des Kaisers der hiesige Generalconsul begab sich mit Pomp von einem das preußische Consulats leitenden jungen preußischen Diplomaten, den viele für den Adjutanten des russischen Consuls hielten, begleitet, in die griechische Kirche, um daselbst in brünstigem Gebet das Wohl seines Herrn zu erflehen. Es war merkwürdig, daß in diese Tage die Ankunft Kiamil Pascha's so wie die Präsentation des englischen Generalconsuls fiel, und da alle Augenblicke die Batterien der Forts und der Schiffe donnerten, war man in Zweifel, wem eigentlich diese Ehrensalven galten, Sr. Maj. dem Kaiser von Rußland, dem Obersten Hodges oder dem Kiamil Pascha, bis man endlich erfuhr, daß dieß zu Ehren des eigenhändigen Namenszugs des Sultans, der unter dem Hattischeriff stand, geschah. Am 29 wird der Kapudan Pascha dem Mehemed Ali ein großes Fest auf dem herrlichen Linienschiff Mahmudieh geben. Ich hoffe Ihnen eine Beschreibung desselben mittheilen zu können.

0153

Barthold Georg Niebuhrs Denkwürdigkeiten.

(Fortsetzung.)

Niebuhr war seit zwei Jahren in Kiel. Noch hatte er sich für keinen Beruf förmlich entschieden. Die ursprüngliche Reiselust hemmte der Vater, so angenehm es ihm gewesen wäre, wenn der Sohn ihm in Durchforschung unbekannter Länder nachgeeifert hätte. Carsten hatte unausgeführte Plane, er behauptete, daß man auf dem nachmals von den Landers eingeschlagenen Weg ins Binnenland von Afrika müsse eindringen können. Da Bartholds Gesundheit in der feuchten Marschluft von Dithmarschen etwas schwächlich geworden war, so hätte er ihm lieber eine diplomatische Laufbahn eröffnet, die ja auch das Vergnügen gewähren konnte, sich in der Welt umzusehen, wenigstens in Europa 1)1)Bd. 1, S. 26 f.. Während der Sohn sich selbst fragte, wozu ihn die Natur bestimmt habe und sich die Antwort gab, daß, wenn sein Name genannt werden sollte, man ihn, vorausgesetzt, daß seine individuelle Neigung obsiege, als Geschichtschreiber und politischen Schriftsteller, als Alterthumsforscher und Philologen kennen werde 2)2)Briefe aus Kiel von 1794, Bd. 1, S. 51., ließ ihm der dänische Finanzminister Graf Schimmelmann die Stelle eines Privatsecretärs anbieten. So weithin ging schon von ihm der Ruf eines ausgezeichneten jungen Mannes. Die Unterbrechung seiner Studien that ihm leid; andrerseits aber hatte es ihn auf der Universität oft verdrossen, daß so viele Stunden durch die Vorlesungen zerrissen werden; er dachte an Wieland, der bloß ein halbes Jahr Vorlesungen besuchte und während derselben Verse machte, an Klopstock, der keine besuchte, an Lessing, dem sie schadeten, und war der Meinung, man sollte die fähigeren Jünglinge überhaupt nach Einreichung einer streng zu prüfenden Abhandlung im zwanzigsten Jahr vom akademischen Zwang befreien, und nur die andern in klösterlicher Zucht halten 3)3)A. a. O. S. 55.. Die Summe seiner Kenntnisse war so außerordentlich, daß er einmal die Grille hatte, die Verstärkung des Gedächtnisses schade der Urtheilskraft, und es eingehen lassen wollte 4)4)A. a. O. S. 67.. Sein Vater, Jacobi, Stolberg glaubten, daß man ihn ohne Gefahr der Selbstleitung überlassen dürfe, daß er die Stelle annehmen solle. Im Frühjahr 1796 begab sich Niebuhr nach Kopenhagen. Fast hätte er diesen Schritt wie gethan so wieder bereut. Eine reizend gelegene Seestadt, belebt durch einen Zusammenfluß von Fremden aus allen Himmelsgegenden, blühend in Handel und Schifffahrt, Schimmelmanns Haus der Mittelpunkt der großen Welt, interessante Bekanntschaften, die Gelegenheit eine Menge Nachrichten über außereuropäische Länder einzuziehen, die er seinem Vater regelmäßig mittheilte, der Graf ein Mann, der ihn mit Beweisen von Wohlwollen und Achtung überhäufte, die er mit liebevoller Anhänglichkeit erwiederte das war die schöne Seite des Gemäldes 5)5)Bd. 1, S. 71 f.; die Kehrseite war nicht etwa ein Ueberladenseyn mit Geschäften die waren im Ganzen kinderleicht 6)6)Briefe aus Kopenhagen von 1796, Bd. 1, S. 86-89., und hatten dabei das Anziehende, daß der Minister die wichtigsten Staatssachen mit seinem Secretär vertraut zu besprechen pflegte, daß er ihm hie und da auch eine wichtigere Arbeit übertrug oder über einen Plan, den er vorhatte so die Gründung eines officiellen Journals zum Behuf der Publicität in der Verwaltung dessen Urtheil verlangte; aber er war nicht gesonnen all seine Muße der Langweile der großen Gesellschaften zu opfern, und die Gräfin, eine kränkliche verwöhnte Dame, die gern einen geistreichen Cirkel um sich versammelt hielt, nahm es übel und plagte ihn mit Spötteleien, wenn er sich ihr nicht täglich widmete. Als er jedoch nach einem Jahr die Stelle bei Schimmelmann mit der eher zusagenden eines Secretärs an der Bibliothek vertauschte, wozu Graf Peter Andreas Bernstorff verhalf, wurde er aus einem Hausgenossen ein willkommener Hausfreund, das Verhältniß zu seinem alten Gönner wurde durch die Trennung nicht getrübt. Seine Studien nahmen jetzt wieder ihren ungestörten Gang. Das Amt trug keine Besoldung, und von dem Bücheraufräumen in den kalten Sälen empfand er bald nachtheiligen Einfluß auf seine Gesundheit; es kostete ihm aber auch wenig Zeit, und gestattete den freien Gebrauch aller litterarischen Mittel. Was er erzielte, war ein Lehrstuhl in Kiel. Diese Bestimmung verstand er im idealsten Sinn. Die alte Litteratur und Geschichte in ihrem ganzen Umfang wollte er sich zu eigen machen: die Geschichte auf ihrer vernünftigen und wissenschaftlichen Basis, der Astronomie, der mathematischen und physikalischen Geographie die Philologie mit einer vollkommenen Kenntniß der classischen Sprachen, ihrer Entstehung, ihren Veränderungen und ihrer Architektonik, wie man sie aus keiner Grammatik lernt, die er sich deßhalb selbst zu schaffen vornahm, mit einer Fertigkeit im Schreiben und Sprechen, wie man sie sonst bloß in den unendlich leichtern neuen Sprachen erlangt mit der systematischen Philosophie endlich als dem Grundpfeiler alles Wissens und alles Denkens. Ehe er, wie Milton, alle Reste des Alterthums mindestens einmal, die bedeutenderen mehrmals mit angestrengter Aufmerksamkeit durchforscht hätte wenn er früher den Katheder besteigen wollte, käme er sich vor wie ein Einäugiger unter Blinden 7)7)Briefe aus Kopenhagen von 1797, Bd. 1, S. 100, 119, 120. Tagebuch von demselben Jahr, S. 155.. Und das war ihm noch nicht genug. Während er in den Alten lebte, an der römischen Geschichte arbeitete, nebenbei aus Auftrag der Regierung eine griechische Chrestomathie für die obern Classen auszog und commentirte, oder seiner Male , die nunmehr seine Braut wurde, die Schönheiten des Aeschylus erklärte, trieb er mit Souza, dem portugiesischen Gesandten, an den ihn eine zärtliche Freundschaft fesselte, Portugiesisch, unter Leitung des österreichischen Gesandten, Grafen Ludolf, Persisch und Arabisch 8)8)A. a. O. S. 115, 120, 121, 158-160..

Aussichten zu definitiver Anstellung zerschlugen sich wieder. Schimmelmann hatte ihm das Generalconsulat in Paris zugedacht: es war eine Stelle bloß auf Dauer des Kriegs; sie hätte ihn also nicht zu lange seinen Studien entfremdet, des Geschäfts wäre nicht mehr gewesen als auf der Bibliothek, und wenn der plötzliche Uebertritt in eine so große und bewegte Scene auch sein Bedenkliches hatte, so waren doch der zu hoffende Gewinn an Erfahrung und Weltkenntniß, die seltenen gelehrten Schätze des neuen Roms, der Ruf von Männern wie de Sacy, Laharpe, Fourcroy, Carnot ein zu mächtiger Magnet, und überdieß bekam der Generalconsul wahrscheinlich amtlichen Anlaß zu Bereisung der französischen0154 Provinzen, besonders im Süden, vielleicht eines Theils von Spanien. Allein der Kronprinz verlieh den Posten einem Mitbewerber, und Niebuhr erhielt dafür die Zusage einer Reiseunterstützung 9)9)A. a. O. S. 91-99.. Eine andere Stelle wurde ihm von Moldenhawer angetragen die Direction eines zu gründenden philologischen Seminars, bei der sich's um die Reform des Gymnasialwesens in Dänemark handelte. Die Sache wäre ihm recht gewesen, nicht so der Plan. Da war nichts vorbereitet; man hatte keine tüchtigen Philologen; Wolf war um 3000, Heyne um 6000 Thaler zu haben, aber so viel wollte man nicht geben; Brunck, dessen Fürsprecher Niebuhr machte, schien wegen seines zu großen Selbstgefühls nicht passend, von Voß war bekannt, daß er sich an keine Hauptstadt binden und nicht weiter nach Norden gehen würde so wandte man sich an Niebuhr selbst. Die Arbeit, die man forderte, war mäßig 5 Stunden wöchentlich nur sollte Einer einen alten Classiker, einen Dichter, auslegen, die griechische und lateinische Grammatik, Archäologie und, wo möglich, die alte Geschichte lehren, Aufsätze machen lassen, durchgehen und corrigiren, und in zwei Semestern sollten die Lehramtscandidaten fertig seyn! Und das war nicht mäßig! Niebuhr, der seine Male ungern nach Kopenhagen geführt hätte, mochte doch die immerhin ehrenvolle Stelle nicht geradezu von der Hand weisen; er konnte es um so weniger, als man sie ihm sogar offen zu halten versprach, bis er von der Reise zurück sey. Dieß wollte er nun zwar nicht, man sollte sie, wenn sich ein tauglicher Mann fände, unangesehen seiner vergeben, und er nicht nöthig haben, die Zeit seiner Abwesenheit zu bestimmen; aber für den Fall, daß sie nach seiner Zurückkunft noch unbesetzt wäre, sagte er zu 10)10)Briefe aus Kopenhagen von 1798, Bd. 1, S. 127-131.. Zuvörderst war ihm das Eine klar daß er reisen müsse. Wohin, wie lange, wußte er selbst nicht gleich. Nach England, Frankreich und Helvetien, nach Rom, Pompeji und Neapel, über die Felder von Cannä und Trasimenus, von Kroton und Metaurus, in die Pässe und Schluchten des Apenninus zwischen Campanien und Samnium, nach Syrakus, Tarent und Siena, Sparta und Athen bis in die Gebirge von Thessalien und Illyrien schweiften seine Blicke. Auch vom Besuch einer deutschen Universität war die Rede, Voß rieth Wolfs Bekanntschaft zu machen, den er in allgemeiner und ausgebreiteter Kenntniß des Alterthums den Stärksten überlegen hielt, sich nicht ausgenommen. 11)11)Briefe von 1797, Bd. 1. S. 101, 123. Was seine Reise seyn sollte, dessen war er sich wohl bewußt, ein angestrengtes Studiren auf einer oft veränderten Scene. 12)12)Briefe von 1798, Bd. 1. S. 132. Er brauchte eine Anfrischung des Muths unter den mühsamen Constructionen der Rede - und Schreibkunst und der Abstraction ihrer Gesetze, um nicht zu ermüden oder zum mechanischen Wohlgefallen an bloßen Buchstaben herabzusinken, unter dem Aufsuchen und Sichten zahlloser historischer Ueberbleibsel, um nicht die Lust zu verlieren, die chaotische Masse in eine schöne Form zu gießen; er beneidete die Alten um ihr Ineinandergreifen von Leben und Wissenschaft, voraus ihre unerschöpfliche Kraft und Thätigkeit entsprang, um die Unmittelbarkeit ihrer Entwicklung aus der Wirklichkeit, aus Natur, Gemeinde, Staat, im Gegensatz zu unserm Kleben am Bücherwissen und dessen Repräsentation durch einen abgesonderten Gelehrtenstand. 13)13)Briefe von 1797, Bd. 1. S. 107, 108. Briefe von 1798, Bd. 1. S. 132. Seine Einbildungskraft erheischte neue belebende Eindrücke. Schon darum war Deutschland nicht geeignet. Schimmelmann gab den Ausschlag: er hatte über zwei Stellen in seinem Departement zu verfügen, die bot er an. Dazu schien ein Aufenthalt in Großbritannien die zweckmäßigste Vorbereitung. Moldenhawers Antrag wurde abgelehnt. 14) 14)Briefe von 1798, Bd. 1. S. 132 ff.

(Beschluß folgt.)

Das Briefpostwesen in Frankreich.

Man sagt, daß ein anderer Generalpostmeister werde ernannt werden; es ist nicht wahrscheinlich, wäre aber sehr zu wünschen, denn Hr. Comte ist zwar ein thätiger Mann, welcher viel für die schnellere Beförderung der Briefe gethan hat, aber er ist viel zu fiscal und vollkommen taub für alle Stimmen, welche eine Herabsetzung des Porto's verlangen. Dieß geht so weit, daß, während ein Brief von der englischen Küste an durch das ganze Reich nur noch zwei Sous bezahlt, die französische Post die alten Tarife für die englische Correspondenz beibehalten hat. Ein Brief nach London kostet zwei Franken, wie zuvor, obgleich die englische Post statt 20 nur noch zwei Sous reclamirt; und da die Postreform in England seit acht Monaten beschlossen ist, so hätte der Generalpostmeister alle Zeit gehabt, seinen Vertrag mit der englischen Post zu ändern, da sich diese längst bereit erklärt hat, alle ihre Verträge mit fremden Posten nach ihrem neuen Tarif zu modificiren. Die Bedingungen, welche Hr. Comte der englischen Post für den Transport der indischen Correspondenz zwischen Calais und Marseille gemacht hat, sind ebenfalls der Art, daß sie sich selbst zerstören. Das englische Brieffelleisen wird von einem englischen Postcourier begleitet, und für jeden Brief, den es enthält, muß das vollständige französische Porto bezahlt werden, als ob sie in Frankreich aufgegeben und ausgetheilt würden. Die Folge ist, daß das englische Kriegsministerium den Truppen in Indien verboten hat, ihre Briefe über Marseille gehen zu lassen, und daß der größte Theil der indischen Correspondenz über Falmouth und Malta geht. Das Gelingen der englischen Postreform wäre für Frankreich die größte Wohlthat, denn es würde der blinden Habsucht der Postadministration ein Ende machen. Man hatte gehofft, daß Hr. Piron im Stande seyn werde, seine vorgeschlagene Reform durchzusetzen, aber das Finanzministerium muß zuvor überzeugt werden, daß es nichts dabei verliert, sonst ist an kein Herabsetzen der Tarife zu denken.

Der Riesenproceß in Bern.

Ueber das vor 14 Tagen gefällte, aber sonderbarerweise den Betheiligten nur erst durch die Zeitungen bekannte Urtheil in dem sogenannten Reactions - oder Riesenproceß steht im Journal des Débats ein von da theilweise auch in andere Zeitungen übergegangener Artikel, der ohne genauere Sachkenntniß abgefaßt ist, mancherlei Unrichtigkeiten enthält, und leicht ein schiefes Licht auf diese Angelegenheit werfen könnte. Es möchte daher angemessen seyn, über diese ganze unglückliche Geschichte hier einen gedrängten Ueberblick zu geben.

Im Herbst 1831 wurden der gegenwärtigen Regierung von der abgetretenen die Zügel übergeben. Die ersten Schritte derselben waren unsicher, und ließen mit gleichem Rechte Gutes wie Böses erwarten. Bald aber brach der, besonders durch die damals allmächtigen0155 Schnell angefachte Haß gegen Bern und die Freunde des Rechts und der Ordnung immer leidenschaftlicher hervor, und jeder, der nicht zu den Wühlern gehörte, namentlich die Mehrheit der Bewohner der Hauptstadt, hatte das Aergste zu befürchten. Im Frühling 1832 verschafften sich überall auf dem Lande die Revolutionsmänner Pulver und gossen Kugeln; Vereine wurden von ihnen gestiftet, die Zeitungen reizten auf, es geschahen Zusammenrottungen, und beinahe täglich kam die Nachricht in die Stadt: so und so viele Tausende, bald aus dieser, bald aus jener Gegend, beabsichtigen einen Ueberfall. Die Regierung, zum großen Theil aus den Anstiftern dieser Umtriebe bestehend, that nichts zur Beruhigung, sondern publicirte vielmehr das Project eines Gesetzes, durch welches zunächst die Rechte der Stadt und in zweiter Linie die Ueberbleibsel des bei der Napoleon'schen sogenannten Dotation noch nicht geraubten Eigenthums bedroht schienen eine Besorgniß, die sich seither nur zu sehr erwahrt hat. In dieser Noth, und aufgefordert durch die sämmtliche Bürgerschaft, gab der Stadtrath (in welchem damals, außer einer Menge von Angestellten und Anhängern der neuen Regierung, vier Regierungsräthe, vier Oberrichter und noch mehrere Mitglieder des großen Raths saßen) sieben Männern aus seiner Mitte den Auftrag: für die Sicherheit der Stadt zu sorgen und zugleich mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln die Einführung jenes projectirten Gesetzes wo möglich zu verhindern. In Bezug auf das letztere ließen sie einige Rechtsschriften verfertigen, welche nirgends die Schranken des Preß - und des Achtungsgesetzes überschritten; für die persönliche Sicherheit aber glaubten sie nicht besser sorgen zu können, als durch Wiederherstellung der ein Jahr vorher aufgelösten Bürgerwache. Damals nämlich hatte die Regierung 600 aus dem Zeughaus gelieferte Flinten zurückgefordert mit der Bemerkung: eine Bürgerwache zu bewaffnen sey auf alle Fälle Sache des Municipalwesens, nie der Regierung. Theils auf dieses Rescript, theils auf das urkundliche Recht der Stadt Bern, sich selbst zu bewaffnen, gestützt, gab nun die Commission einem ihrer Mitglieder, Obrist Tscharner, den Auftrag, 400 Flinten sammt dazu gehöriger Munition im Ausland anzukaufen, da man sie aus dem hiesigen Zeughause nicht erhalten konnte. Tscharner, welcher die Verantwortung nicht allein übernehmen wollte, ließ eine Probeflinte durch einen ausgezeichneten Kenner, Lentulus, gewesenen Capitaine d'armement in französischen Diensten, untersuchen und besorgte darauf die Bestellung. Kaum war der erste Transport der Munition angelangt, so erließ die Regierung ein Gesetz gegen den Hochverrath, worin sich auch ein Artikel gegen heimliche Aufsammlung von Waffen und Munition befindet. Ausdrücklich ist aber darin bezeichnet, welche frühern Gesetze durch dieses abrogirt seyen, und dasjenige, welches der Stadt Bern das Recht gibt sich selbst zu bewaffnen, steht nicht darunter, sondern wurde erst vier Monate später durch einen eigenen Act aufgehoben. Jenes Gesetz traf also die Verfügungen der Commission nicht. Indeß bestellte Tscharner nach genommener Rücksprache mit einem seiner Collegen (theils weil die Gefahr einer Ueberrumpelung der Stadt nicht mehr vorhanden war, theils weil man in solchen Zeiten doch nicht wissen konnte, wie etwa die Regierung versuchen würde ihr Gesetz zu deuten, besonders da gerade das Gerücht von Werbumtrieben sich zu verbreiten anfing) die Gewehre auf eigene Faust ab, und ließ nur den Rest der schon verfertigten Patronen hieher kommen, und zwar, um keinerlei Aufsehen zu erregen, unter erdichteter Aufschrift.

Mittlerweile geschahen nämlich die Auftritte in der Vendée, und die Herzogin von Berry ließ im geheimen hier Truppen anwerben. Ihr Agent, Horrer, bediente sich hiezu des schon genannten Lentulus, und bedeutete ihm, bevor die Truppen an ihre Bestimmung abgingen, könnten sie allfällig zum Sturze der hiesigen Regierung gebraucht werden. Hiedurch gereizt betrieben nun Lentulus und einige andere junge Leute, wie v. Werdt, Wyttenbach etc. ihre Werbungen auf offener Straße, während die von Allem genau unterrichtete Regierung diesem kindischen Treiben stillschweigend zusah, in der Hoffnung einen für sie wichtigen Fang machen zu können. Unabhängig hievon verband sich, unter Mitwirkung einerseits von Major Fischer vom Eichberg und andrerseits von Hauptmann Haag, in Thun und der Umgegend eine Anzahl von Männern, welche, der unerträglichen Neckereien der dortigen Regierungsbeamten müde, theils bloß gegen persönliche Plackereien in ihren Häusern sich zu sichern beschlossen, theils wirklich eine Veränderung der Regierung beabsichtigten. In der That verfloß fast keine Woche, wo nicht der Eine oder Andere eingesperrt und dann nach einiger Zeit mit der Bemerkung freigelassen wurde: man habe sich geirrt. Major Fischer ist nahe verwandt mit dem Präsidenten der VII. Commission, Alt-Schultheiß Fischer, und aus aufgefundenen Briefen ergibt sich, daß der letztere einige Kenntniß hatte von dessen Treiben, aber ihm davon abrieth.

Ende Augusts schritt nun die Regierung ein. Lentulus, v. Werdt und Fischer vom Eichberg entflohen, Wyttenbach wurde zwar gepackt, aber so verwahrt, daß er nach einigen Verhören entrinnen konnte; Horrer, der Agent der Herzogin von Berry, von dem man genau wußte, daß er das Geld zu den Werbungen gegeben hatte, wurde ohne Verhör von der Polizei weggewiesen; Haag nebst einigen andern Bernern, z. B. Alt-Seckelmeister v. Muralt, und viele der etwa auf 300 ansteigenden Angeworbenen wurden in strenge Gewahrsam genommen. Bald jedoch zeigte es sich deutlich, daß man zwar gegen einige von diesen gern seine Uebermacht zeigen, aber doch eigentlich unter diesem erwünschten Vorwande den Häuptern der Stadt zu Leibe gehen wollte. Daher wurde das Stadt-Rathhaus, wo sich die für die Bürgerwache angeschaffte Munition befand, untersucht, und obschon die Mitglieder der VII. Commission alsogleich eine offene, seither in keinem Punkt widerlegte Auskunft gaben, wurden sie dennoch zweimal 24 Stunden später, während deren sie so leicht hätten entrinnen können, wenn sie sich irgend hochverrätherischer Umtriebe wären bewußt gewesen, festgenommen, und erst nach 3, 6, Tscharner sogar erst nach 7 1 / 2 Monaten der Haft entlassen. Diese zeichnete sich durch willkürliche, harte Behandlung aus. So wurde z. B. Obrist Tscharner nicht gestattet, seine sterbende, in einer Entfernung von nur wenigen Schritten wohnende Gattin noch lebend zu sehen, und dem bedeutend krank gewordenen Schultheiß Fischer wurde abgeschlagen seinen im nämlichen Hause gefangenen Arzt zu sich kommen zu lassen. Mit ausgesuchtem militärischem Pompe wurden sie bewacht, während alle radicalen Zeitungen wetteiferten die niedrigsten Verleumdungen über sie auszustoßen und fortwährend die Wuth des Pöbels gegen sie und die Ihrigen anzufachen.

Was den Gang betrifft, welchen die Justiz befolgt hat, so kann man für die Ehre derselben nicht besser sorgen, als wenn man darüber schweigt, oder wenigstens nicht ohne Noth aufdeckt, was bisher noch nicht öffentlich besprochen wurde. Ward doch im großen Rathe selbst dieser 7 1 / 2jährige Proceß als von A bis Z formwidrig erklärt, indem z. B., aller andern Formverletzungen0156 nicht zu gedenken, trotz der in der Verfassung feierlich ausgesprochenen Trennung der Gewalten, die oberste legislative Behörde keinen Anstand nahm, gegen den Antrag des Staatsanwalts und des Obergerichts und ohne irgend einige Kenntniß der Acten, zu decretiren, alle diese verschiedenen Processe seyen connex, was mit andern Worten hieß: schuldig oder nicht schuldig, sollen die Mitglieder der Siebener Commission als Urheber der Lentulus'schen Umtriebe angesehen und bestraft werden. *)*)Wir verweisen hier auf: Actenmäßige Darstellung und Prüfung der Verfolgungen des Berner Obergerichts und der damit zusammenhängenden Cabinetsjustiz; von Dr. F. C. Th. Hepp, Professor. Tübingen, bei Osiander, 1834. Das erstinstanzliche, gut motivirte und ziemlich milde Urtheil wurde ein ganzes Jahr lang geheim gehalten und endlich für alle 300 Beklagten eine einzige Klagschrift auf der Kanzlei deponirt, wo ihnen denn baare acht Wochen gestattet wurden, um diese Schrift zu lesen und ihre Vertheidigung einzureichen. (Hepp hatte als Staatsanwalt über sechs volle Monate gebraucht, um die Acten, dreißigtausend Folioseiten, nach Angabe des Urtheils selbst, durchzulesen.) In dem nun endlich gefällten letztinstanzlichen Urtheil versichert das seit der Dauer dieses Processes in seinem Personale fast ganz veränderte Obergericht: es habe die lange Verzögerung und die mehr oder minder lange Haft und deren Folgen als sehr bedeutende Milderungsgründe berücksichtigt. Das ist schön gesagt. Indeß ist es unmöglich, zu entscheiden, was monströser sey: ob die in ihrer Art einzige Form, worin diese Sentenz ausgefertigt ist, oder die Strafbestimmungen und besonders das gegenseitige Verhältniß derselben. Nur Einiges zur Probe: Der Name v. Horrer, des notorischen und zum Theil auch procedürlichen Anstifters des Werbcomplots, kommt gar nirgends vor. Solche, von denen im Eingang behauptet wird, sie seyen im höchsten Grade des Hochverrathsversuchs verdächtig, und Andere, welche nach Angabe dieses Urtheils nicht nur vom Hochverrathsversuche wußten, sondern auch dazu ermunterten, werden wegen Nichtanzeige mit 1 1 / 2 bis 2jähriger Verweisung bestraft. Schultheiß Fischer dagegen, welcher procedürlich mit keinem des Hochverraths Angeklagten in einiger Verbindung stand, als mit seinem nahen Verwandten, diesen aber, wie bereits gesagt, von seinem Treiben abmahnte, wird, nicht etwa wegen Nichtanzeige, sondern wegen hohen Verdachts der Urheberschaft am Hochverrathsversuche, zu einjähriger Gefangenschaft, und Tscharner, der 1 1 / 2 Monat länger, als irgend einer der übrigen eingekerkert, darauf ein Jahr lang in die Stadt eingegränzt war und noch immer in den Kanton eingegränzt ist, dem endlich nur eine einzige Frage über allfällige Mittheilungen von Seite des Lentulus vorgelegt wurde, die er negativ beantwortete: dieser wird wegen mindern Verdachts ebenfalls zu einjähriger Gefangenschaft verurtheilt. (Tscharner ist der Schwager von Schultheiß Fischer.) Ueberdieß werden diese beiden, nebst den übrigen Mitgliedern der Siebener-Commission, wegen heimlicher Aufsammlung von Munition (wozu sie ein urkundliches Recht besaßen) und wegen Versuchs der Widersetzlichkeit gegen die Organe der Staatsgewalt (welchen sie einzig auf dem Wege Rechtens anbahnten), noch zu einjähriger Gefangenschaft und sehr bedeutenden Kosten verfällt.

Kurze Zeit, bevor diese Sentenz gefällt wurde, gab der bisherige Präsident des Obergerichts seine Dimission ein, und hat sie, ungeachtet er dringend dafür gebeten wurde, nicht zurückgenommen; hingegen saßen drei Mitglieder zu Gericht, welche damals bereits zu Regierungsräthen ernannt waren. Im Obergericht selbst wurde gleich nach ausgesprochener Sentenz darauf angetragen, daß durch den Gerichtshof selbst in einem Schreiben an die Regierung eine Amnestie verlangt werde. Nur der Form wegen soll dieser Antrag nicht gutgeheißen worden seyn, aber das Urtheil, dem Vernehmen nach, dem Anfangs Februar sich versammelnden großen Rath mit Antrag auf eine Amnestie vorgelegt werden. Wir wünschen, daß es geschehe und dieser Antrag durchgehe, denn wir fassen einzig ins Auge, was der Ehre der Regierung und des gesammten Schweizernamens, was der gesetzlichen Ordnung und dem allgemeinen Frieden des seit neun Jahren unablässig durchwühlten und bei der ersten europäischen Krise, oder früher, mit gänzlicher Auflösung bedrohten Vaterlandes frommt. Es ist Vieles, möchten wir den Machthabern zurufen, es ist Vieles in dieser Angelegenheit, selbst im Heiligthum der Gerechtigkeitspflege, vom Staat mit Leidenschaft und Groll geschehen. Das alles sey der allgemeinen Aufregung zugeschrieben, welcher eine Volksregierung sich in bewegten Zeiten am wenigsten entzieht; es sey der Vergessenheit ganz und völlig übergeben. Allein im gegenwärtigen Augenblick ist diese Aufregung verschwunden oder im Verschwinden begriffen: wollet sie nicht wieder anfachen! Wollet nicht nach bald achtjähriger Untersuchung, nach schwerer, wenn auch selbstgewählter Verbannung und harter Haft achtungswerther ergrauter Männer und Mitbürger, die Hand der Regierung, die in Sachen des Rechts nur zum Segen und zur Milde soll erhoben werden, jetzt erheben, um auf ein vieler Einsprache offen liegendes Verfahren und ein Urtheil der Verdammung das Siegel zu drücken. Erinnert euch, wie oft ihr erklärt habt, eine freisinnige Regierung zu seyn, und bedenkt, daß wenn ihr anders als unbedingt milde handelt, ihr es später vor eurem eigenen Gewissen nicht verantworten könntet, und schon jetzt das Gefühl von Allem gegen euch habt, was in der Schweiz und in Europa freisinnig heißt, und noch mehr, was wahrhaft freisinnig ist. Lasset euren Spruch einen Spruch der Milde seyn offener, unverkümmerter, euch wie den Betheiligten ehrenhafter Milde und seyd gewiß, daß er alsdann ein Spruch der Gerechtigkeit, der Weisheit und des Friedens seyn wird.

Der deutsche Zollverein und das Memorandum von Bremen.

(Beschluß des Memorandums.) Wird Holland durch das gemeinsame Resultat ihm von dem Zollverein eingeräumter, ausschließlicher Erleichterungen und der eigenen financiellen Opfer, welche es sich in der Consequenz seiner Colonialpolitik (wenigstens durch eine Reihe von Jahren) ansinnen darf, in den Stand gesetzt, die Preise der von den Hansestädten direct bezogenen transatlantischen Producte auf den deutschen Märkten dergestalt zu drücken, daß solche directe Beziehungen sich diesen von Jahr zu Jahr weniger verlohnen, so wird dadurch allmählich der alte Stand des deutschen Handels und der deutschen Schifffahrt vor der Emancipation der verschiedenen amerikanischen Staaten wieder herbeigeführt, wo sämmtliche Colonialproducte nicht direct, mittelst deutschen Verkehrs, sondern durch die dritte Hand bezogen wurden, wo man die hanseatischen Flaggen nur in europäischen Häfen erblickte und eben so wenig eine directe Schifffahrt aus transatlantischen Häfen nach denen der Hansestädte stattfand.

Eine Selbstfolge davon würde aber die seyn, daß auch die Vermittlung eines directen Absatzes deutscher Boden - und0157 Industrieerzeugnisse nach transatlantischen Ländern durch die Hansestädte in eben dem Maaße abnehmen müßte, als mit dem verminderten Absatz der amerikanischen Producte auch das durch den Eintausch derselben gegebene Zahlungsmittel sich vermindern und aufhören würde durch die Hansestädte realisirbar zu werden. Mit der Abnahme ihrer Concurrenz für diesen Vertrieb, der seit dem amerikanischen Kriege dahin gesteigert worden, daß Hamburg und Bremen in dem letztverwichenen Jahre für etwa 28 Mill. Thlr. pr. Courant an deutschen Erzeugnissen übers Meer verführt und realisirt haben, wird aber nicht bloß die Handhabe der deutschen Vereinsstaaten für dessen Austausch sich vermindern, sondern auch das Maaß und der Werth ihrer Tauschmittel: jenes, weil Holland, Belgien, und wer sonst den Platz der Hansestädte einnehmen dürfte, selbst fabricirende Länder sind, deren eigenes Interesse dabei also zunächst in Frage kommt; dieses, weil durch das Ermangeln der hanseatischen Concurrenz die Preisstellung bald genug von jenen abhängig werden wird, vor Allem von denen unter ihnen, welche als Besitzer von Colonien bei diesem Verkehr ein doppeltes Interesse zu wahren haben. Daß die von den Hansestädten seit einer Reihe von Jahren mit fast sämmtlichen transatlantischen Staaten abgeschlossenen Reciprocitätsverträge ihren auch für Deutschlands Binnenstaaten bedeutenden Werth nur zu bald verlieren würden, dürfte sich als weitere Folge einer solchen Rückkehr zu früheren Zuständen ergeben.

Der natürliche Beruf der Hansestädte, die Fürsprecher ihrer überseeischen Handelsfreunde zu seyn, läßt sich unter solchen Umständen schwerlich verkennen. Ihrem freien Handel sind jene Staaten dasselbe, was den Seeplätzen Hollands seine Colonien.

Wäre im Vertrage des 21 Jan. nur die Rede von Vortheilen, welche den Erzeugnissen des eigentlichen Hollands zu Gute kommen sollen, oder läge in der Begünstigung seiner Colonialproducte nicht zugleich ein indirectes Privilegium für die Handelsfunctionen der reich bevorzugten Stapelplätze des Mutterlandes, so würden allerdings in dem einem wie in dem andern Falle die Interessen gesondert, die Gesuche verschiedene seyn. Wie aber die Dinge sich wirklich verhalten, so stehen dem Königreich der Niederlande in seiner künstlich concentrirten Doppelgestalt die Interessen des freien Amerika's und der Hansestädte eng verbündet gegenüber.

Aber auch die Hansestädte haben ihre doppelte Stellung, und es ist diejenige der Vermittler des deutschen Welthandels, auf welcher sie vor Allem fußen; es ist das Interesse des deutschen Zollvereins selbst, um dessentwillen sie in dem vorliegenden Falle eine Ausdehnung der den niederländischen Colonialproducten gewährten Zollvortheile auf alle, dem vaterländischen Handel offen stehenden Productionsländer dringend anempfehlen möchten. Weil ein eigenes Interesse hier unverhohlen mitspricht und weil dieses zunächst außerhalb der Gränzen des Zollvereins laut wird, möge man die Stimme der Hansestädte darum nicht für befangen oder abgesondert erachten. Ihr Interesse ist in Wahrheit dem des handelsverbündeten Deutschlands so wenig, ja minder fremd als das Triests dem österreichischen Kaiserstaate. An die Seegränzen gerückt, den Blick übers Meer gerichtet, bilden sie die Vorposten der deutschen Gewerbsmacht; es ist ihre Pflicht zu wachen und zu warnen, wo sie Gefahr erspähen. Deutschland wird deßhalb ihren Allarmruf nicht für voreilig oder vereinzelt halten dürfen; ist die Gefahr erst unbeachtet vorgedrungen, so daß das bedrohte Binnenland sie in ihrem ganzen Umfange übersehen kann, dann möchte es leicht zu spät seyn, ihr mit Erfolg zu begegnen.

Selbst auf dem beschränkten Gebiete, wo eine Sonderung der Vereinsinteressen von den hanseatischen noch gedacht werden mag, insofern nämlich das reine Handelsinteresse zum Theil verschiedene Richtungen verfolgt und andere Lebensbedingungen hat als das gewerbliche oder financielle, scheinen Rücksichten des eigenen Nutzens Maaßregeln das Wort zu reden, wodurch das gefährdete Gleichgewicht der Hansestädte den Niederlanden gegenüber wieder hergestellt wird. Je größere Concurrenz unter den ein - oder ausführenden Weltmärkten, desto unabhängiger steht das Inland da, desto günstigere Bedingungen wird es erlangen können für die Befriedigung seines Bedarfs und den Absatz seiner Producte. Wenn aus diesem Grunde daher selbst das rheinische Deutschland, wiewohl zunächst auf Holland hingewiesen, bei der Erhaltung hanseatischer Concurrenz lebhaft interessirt ist, um wie viel mehr muß dieses Interesse wachsen, ja zur Nothwendigkeit werden, sobald von den Bedürfnissen und Gewerbsverhältnissen der Weser - und Elbprovinzen, als den natürlichen Handelsgebieten der Hansestädte, die Rede ist! Ohnehin aber erwächst in dem Entwickelungsgange des Handels so gut wie in dem der Industrie so manche, rein individuelle Befähigung, unabhängig von der Oertlichkeit und andern äußerlichen Bedingungen, daß, wo man jene irgendwo verkümmert, mit nichten daraus immer die Aussicht erwächst, die gleiche anderer Orten desto sicherer gedeihen zu sehen. Auch für diese Wahrheit bietet das Wechselverhältniß zwischen Deutschland und seinen Weltmärkten, hier den Niederlanden und dort den Hansestädten, so vielfache und augenfällige Belege dar, daß es weiterer Hinweisungen und Schlußziehungen hier kaum bedürfen möchte.

Bedürfen nun aber um das Ergebniß der vorstehenden Ausführungen in wenig Worten zusammenzufassen und für die Zwecke der Gegenwart in Anwendung zu bringen, die Staaten des deutschen Zollvereins in ihrer Gesammtheit und als continentale Handelsmacht aufgefaßt, für den Betrieb des Weltverkehrs geeigneter Freihäfen an Hauptströmen und an der, ihnen gelegensten Meeresküste; würden sie Anlage und Ausbildung derselben daher mit großen Anstrengungen erst zu bewirken haben, wenn ihnen solche nicht bereits in den Hansestädten vorlägen und dargeboten erschienen und andrerseits betrachten diese Städte in solcher Beziehung sich selbst als mit zu ihnen gehörig, sind sie zur Geltendmachung der Interessen des Zollvereins nicht bloß geneigt, sondern erkennen darin vielmehr, sowohl den eigenen, wohlverstandenen Vortheil, als den gemeinsamen vaterländischen Beruf haben sie endlich hievon durch ihre bisherigen Bestrebungen, offenkundiges Zeugniß abgelegt, so wird es in der That auch nur einer offenen Anerkennung dieses glücklicherweise schon bestehenden Verhältnisses und einer bei jedem sich darbietenden Anlasse erneuerten freundlichen Verständigung über gemeinsam zu treffende oder jedem Theile einseitig anzusinnende Maaßregeln bedürfen, um die vorhandene Befähigung und Wechselwirkung zum Heile der in ihren wesentlichsten Interessen verbundenen Gesammtheit sicher zu stellen und erfolgreich auszubilden. Zu solchem Zweck ihrerseits nach Kräften mitzuwirken, werden die Hansestädte jeder Zeit sich geneigt erweisen. Sie dürfen aber auch mit Zuversicht dagegen erwarten, daß von den, für ihre Handels - und Gewerbsinteressen, näher unter sich verbundenen Staaten, des deutschen Vaterlandes, jenes factische, allgemeinere Band bei den Beziehungen derselben zum Auslande, zumal bei dem Abschlusse ihrer Handelsverträge mit auswärtigen Mächten, fortan nicht unbeachtet und unbeherziget bleibe werde.

Bremen, 11 Mai 1839.

0158

Adolf Henselt.

Oeffentliche Blätter haben vor einiger Zeit gemeldet, daß der ausgezeichnete Clavier Virtuos, Adolf Henselt, in St. Petersburg große Anerkennung gefunden und zum Hof-Pianisten Ihrer Majestät der Kaiserin von Rußland ernannt worden sey. Bei dieser Gelegenheit fiel es uns auf, in dem neuesten Conversations-Lexikon der Gegenwart (14tes Heft, Seite 837) mehrere durchaus irrige Angaben über diesen Künstler zu finden. Henselt ist im Jahre 1814 in Schwabach, bei Nürnberg, von evangelischen Eltern geboren; sein Vater Ph. E. Henselt, ein aus Sachsen eingewanderter Kattun-Fabricant, war damals an der Stirner'schen Manufactur daselbst betheiligt; seine Mutter Karoline, geb. Geigenmüller, war aus der Nähe von Weimar zu Hause. Als dreijähriger Knabe kam er mit seinen Eltern und noch fünf Geschwistern nach München, wo die Mutter bald nachher starb, während der Vater sich und die Seinigen nur kümmerlich durch Pachtung einer Pers-Fabrik nährte. Früh schon zeigte sich bei dem jungen Henselt ein entschiedenes Talent für Musik, das ihm später bei mehreren Familien der Stadt Zutritt verschaffte. Der hoffnungsvolle, aber leider damals ganz unbemittelte Knabe war eben 13 Jahre alt geworden, als er durch wohlwollende Personen der am angeführten Orte genannten, ihrer gründlichen Kenntnisse in der Musik nicht minder als ihrer edlen Gesinnung wegen allgemein geachteten Dame empfohlen, die Theilnahme dieser Gönnerin in der Art gewann, daß sie selbst sich der Mühe unterzog, ihm regelmäßigen Unterricht zu ertheilen. Die von nun an auf seine Ausbildung gewandte Sorgfalt hatte so günstigen Erfolg, daß der junge Künstler nicht nur von allen Seiten den ermuthigendsten Beifall erhielt, sondern selbst der kunstliebende König Ludwig von Bayern ihm seine landesväterliche Gnade in der wirksamsten Weise zuwandte, so daß es ihm möglich ward zu Weimar, nach dem Rathe seiner ersten Lehrerin, Hummels vollendenden Unterricht durch sechs Monate zu genießen. Später wandte er sich nach Wien, wo ihn Thalbergs Beispiel begeisterte und zu jahrelangen Anstrengungen und Studien anspornte. Welchen Ruhm er sodann in Dresden, Berlin, Leipzig, Weimar erntete, ist bekannt. Indem wir zu seiner Ehre und im Interesse der Wahrheit vorstehende, aus den verlässigsten Quellen geschöpfte Notizen hier mittheilen, hegen wir zur achtbaren Redaction des obengenannten Conversations-Lexikons das Vertrauen, daß dieselbe die allenfalls bei einer neuen Auflage jenes Bandes sich ergebende Gelegenheit gerne zur Berichtigung dort unterlaufener Irrthümer über Henselts in der That nichts weniger als geheimnißvollen Ursprung werde benützen wollen.

[194]

Berichtigung.

Man hat in öffentlichen Blättern die Nachricht verbreitet, daß ich im October v. J. in Berlin gewesen sey, und diese Reise auf die hiesigen, kirchlichen Zustände bezogen. Ich finde mich veranlaßt, hierauf zu erklären, daß ich weder im October, noch überhaupt in den beiden verflossenen Jahren in Berlin gewesen bin, und daß auch die Motive und Zwecke dieser Reise erdichtet sind.

Posen, den 7 Januar 1840.

Dr. Regenbrecht, Domcapitular.

[117-18]

Erklärung.

Die schamlosen Angriffe des Hrn. M. G. Saphir auf meinen Ruf als Mensch und Bürger sind von der Art, daß ich sie nicht mit Stillschweigen hinnehmen kann. Jeder Ehrenmann wird mit mir den tiefsten Ekel vor der Veröffentlichung von Privatangelegenheiten empfinden, aber gegen Hrn. Saphir kann man sich keiner andern als seiner eigenen Waffen bedienen. Der Hamburger Telegraph für Deutschland wird in seinen nächsten Nummern eine detaillirte Auseinandersetzung der Ursachen unseres Zerwürfnisses enthalten. Hamburg, den 7 Januar 1840.

Uffo Horn, m. p.

[191-92]

Todes-Anzeige.

Am 13 dieses Monats verschied dahier nach fünfmonatlicher Krankheit, im 67sten Lebensjahre, unsere theure Mutter und Schwester Amalie v. Wintzingeroda, geborne v. Motz.

Auswärtigen Verwandten und Freunden widmen wir diese Anzeige. Hanau, den 14 Januar 1840.

Die hinterbliebenen Kinder und Geschwister.

[193]

Anzeige.

Bei der heute vorgenommenen Verloosung kamen folgende Partial-Obligationen heraus:〈…〉〈…〉 welches den Besitzern dieser Obligationen zur Nachricht dient.

Würzburg, den 8 Januar 1840.

p. pa. J. J. v. Hirsch. Crailsheim.

0159

[187-90]

[figure]

Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft.

Siebente Actien-Einzahlung von 10 Proc.

Die Actionnäre unserer Gesellschaft werden unter Bezugnahme auf die §§. 14, 15 und 16 des Statuts hiermit aufgefordert, die siebente Einzahlung mit 10 Proc. oder 25 Thaler per Actie, bis zum 16 März d. J. bei uns oder bei den Herren

Joh. Dav. Herstatt Sal. Oppenheim jun. & Comp. Abr. Schaaffhausen Joh. Heinr. Stein

in Köln.

Karl Martin Adenaw in Aachen

zu leisten, und die in ihren Händen befindlichen Quittungsscheine über die geleistete sechste Einzahlung mit einzuliefern, indem die neuen Quittungsscheine über 70 Proc. oder 175 Rthlr. per Actie lauten und nur gegen Zurückgabe der am 2 Januar c. von uns ertheilten Quittungen verabfolgt werden.

Die vorgenannten Bankierhäuser werden wie bisher über die empfangenen Einzahlungen Interims-Quittungen ertheilen, welche demnächst gegen die förmlichen Actien-Quittungen bei denselben Bankierhäusern umzutauschen sind.

Köln, den 12 Januar 1840.

Die Direction der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft.

Hirte, Spec. -Dir.-Subst.

[124-25]

Edictal-Citation.

Wir Criminalrichter des Kantons Basel-Landschaft geben Euch, Kaspar Rohrdorf, Kupferstecher von Zürich, wohnhaft gewesen in Liestal, Milizinstructor des Kantons Basel-Landschaft, der Ihr, angeklagt der Fälschung und des Betrugs, diesseitiger Criminaluntersuchung Euch durch Flucht entzogen habt, hiermit zu vernehmen, daß Ihr, und zwar ein für allemal, aufgefordert seyd, binnen drei Monaten, von heute an gerechnet, vor unserer hierzu verordneten Verhör-Commission in Liestal Euch zu stellen, um derselben Rede und Antwort zu geben, widrigenfalls gegen Euch, als abwesend und ungehorsam, ergehen soll was Rechtens ist.

Liestal, den 4 Januar 1840.

Im Namen des Criminalgerichts, der Präsident: J. J. Hug, J. U. Dr.

Der Secret. Gust. Ad. Brodtbeck, J. u. C.

[165]

Von dem wichtigen Werke: H. M. Chalybäus, Prof. in Kiel, historische Entwicklung der speculativen Philosophie von Kant bis Hegel. Zu näherer Verständigung des wissenschaftlichen Publicums mit der neuesten Schule dargestellt. ist die zweite vermehrte und verbesserte Auflage erschienen und in allen namhaften Buchhandlungen, in Augsburg in der K. Kollmann'schen Buchhandlung, brosch. für 2 Rthlr. 8 gr. oder 4 fl. 12 kr. rhein. zu bekommen.

Arnold'sche Buchhandlung.

[102]

Bei J. Bensheimer in Mannheim ist so eben erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben: Abhandlung über die Frage ist die Ehe, wenn der Ehemann seine Gattin nach der Verehelichung von einem andern schwanger findet, auch in geistlicher Hinsicht ungültig zu erklären?

Bearbeitet von B. Saur, Dr., Anwalt beim Bezirksgerichte in Frankenthal.

Velinp. geh. Preis 12 kr.

[19]

In der J. G. Cotta'schen Buchhandlung in Stuttgart ist erschienen: Das Ausland, Ein Tagblatt für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker.

Monat December 1839.

Größere Aufsätze.

Charkow und die Ukraine. Die Farder (Nach Marmier). Der Reisende Davidson. Racenunterschiede in Italien. Ueber Witterungsverhältnisse in Columbia. Die Zeitungslitteratur Finnlands. Gelehrte Gesellschaften in London. Das Hinscheiden des Premierministers von Nepal. Fort und Dorf St. George D'Elmina, 3te Abthl. Ein Abenteuer in Malaga. Ueber das Begräbnißwesen in London. Ueber einige Stämme Arabiens. (Nach Fresnel. ) Ein Besuch in Bengasi. Sevilla und ein Ausflug nach dem alten Italica. Luristan und seine Bewohner. Etwas über den Wallfischfang in der Davisstraße. Die Bazare von Bombay. Zur Geschichte des Opiums und des Opiumhandels. Flüchtige Reise durch Kleinrußland. Wirkungen eines Tornado. Ueber die Spaltung unter den Bewohnern Columbia's. Schulen im westlichen Indien. Agamemnons Grab. Ueber den Tauschhandel zu Wardehuus in Norwegen. Reisen des Grafen von Marmora in Sardinien. Die chinesischen Gefäße in den ägyptischen Gräbern und das Porcellan. Bemerkungen über die Bildung des Eises in den Polarmeeren. Die asiatische Gesellschaft zu Madras. Tino. Die Melonengärten der Tartaren und Kleinrussen. Rückblicke.

Chronik der Reisen.

Entdeckungen im antarktischen Ocean. Reise des Dr. Roß zu den Ruinen von Al Hadhr. Eine Tour durch Ungarn.

Kleinere Mittheilungen.

Grandes Chroniques de la France. Van Amburghs Krankheit. Menschenverlust der Franzosen in Afrika. Niederlassung der Engländer im Hafen von Essington. Christliche Bevölkerung auf Timor. Ruinen in Nordafrika. Pferde aus der Sahara. Bezoarsteine in Nordafrika. Merkwürdiger Fall von Meteorsteinen. Ein englischer Sonderling. John Landers Tod. Das Lager Abdel Kaders. Entdeckung eines Flusses in der südlichen neuseeländischen Insel. Reise der Astrolabe. Mittel Schiffe empor zu heben. Merkwürdiges fossiles Ochsenhorn. Ueber die Entstehung der Kohlenlager in England. Neue Untersuchungen über das Steigen des Bodens in Finnland und Schweden. Cederbrüche am Ontario-See. Alcuins Münzsammlung. Ueber die Feier des St. Valentintags. Gemäldeeinfuhr in England. Unterirdische Gänge in Artois. Spitzbubenbevölkerung in Paris. Etwas über die große Seeschlange. Die französischen Königsstatuen. Etwas über den Kraken. Der Stuhl Karls I von England. Neue Theaterstücke in Paris. Dürre in Neusüdwales. Einkünfte des Pendschab. Die europäischen Thiere in Columbia. Der Alexandrina-See. Zoologie von Australien. Das Hinschwinden der Eingebornen auf der Flinders-Insel. Das Befinden des Obelisken von Luxor zu Paris. Steigende Zahl der Processe zu Paris. Das Schloß von Rubens. Ueber das Bändigen wilder Thiere. Die Steppen von Orenburg, Simbirsk und Saratow. Die Insectenpflanze. Ueber die Bewohner der nordwestlichen Ufer Nordamerika's. Geschenke an die Alterthumsforscher in der Picareie. Segelschifffahrt der Dampfboote. Saurierknochen in Frankreich aufgefunden. Das Dampfboot der Präsident. Ein Seetiger. Christenverfolgung in Cochinchina.

Inhalt des Litteraturblatts.

Villemains Vorlesungen über die französische Litteratur des achtzehnten Jahrhunderts. Nisard über Melanchthon. Ein Traum vom Alterthum. Von Th. Moore. Der Seecapitän, oder das Geburtsrecht. Von Bulwer. Ernst; das Chartisten-Epos. Sismondi's Abriß der französischen Geschichte. Gedichte nach L. C. Landon. Giovanni da Procida. Eine Tragödie von G. B. Niccolini. Hugo Capet von Capefigue. Chor aus Alessandro Manzoni's Tragödie: der Graf von Carmagnola. Der Alchymist. Der Regenbogen. Von Camprell. Schottisches Lied.

0160

[36-38]

Vademecum auf Redouten.

Ganz ne erschienen und ist zu haben in allen Buchhandlungen: Terpsichore, neuer Ball - und Masken-Almanach für Freunde des geselligen Vergnügens und der heitern Conversation, von Karl v. Frankenstein und Ed. Eichler.

Mit 7 artist. Beilagen, 12 Alpen-Quadrillen und Musik.

Leipzig, 1840. Paul Baumgärtner.

Elegant gebunden in Gold mit Schuber 3 fl. Conventions-Münze.

Sprudelnder Witz, heiterer Humor, treffende Satyre, sinnige Erkennungsgabe und anziehende Zusammenstellung treten ungebunden hier hervor, und verleihen den Bällen, wie durch einen Zauberschlag, einen eigenen neuen Reiz.

1) Hundert verschiedene einzelne Charakter-Masken werden redend eingeführt, und überheben aller Verlegenheiten in gegenseitigen Ansprachen, bezüglichen Antworten etc. von und an Maskirte und Unmaskirte.

2) Ein höchst interessanter Salon von mehreren Maskenzügen, worin 4-20 Masken auf einmal ein imposantes Ganzes bilden können.

3) Ueberraschend und das Lachorgan kräftig erschütternd folgen nun reichlich neue originelle Ideal-Gestalten, figürliche, sinnbildliche Charakter -, Evolutions - und Quodlibet-Masken, deren Herstellung auch wenig kostspielig ist.

4) Gesellschafts-Masken, oder solche, wo mehrere Personen unter einer Hülle oder Maske zugleich wirken; diese neue, eclatanten Effect zaubernde Idee dürfte diesen Fasching in allen größern Städten verwirklicht werden; durch Kunstbeilagen sind solche näher erläutert.

5) Zwölf neue, sehr liebliche Alpen-Quadrillen, zugleich in Musik gesetzt, erfreuen sich sicher allerwärts einer günstigen Aufnahme.

6) Ball-Anekdoten, Scherz - und Sinngedichte, Ball - u. Trinklieder etc. bilden eine recht angenehme aufheiternde Zugabe.

Ueberhaupt wurde Alles aufgeboten, den finstern Unhold, die quälende Langweile auf Redouten für immer zu bannen, und so wird jedem Maskenball-Besucher dieser Almanach willkommen, ja fast unentbehrlich seyn.

[95]

Das Conversations-Lexikon in der Leipziger Original-Auflage behauptet trotz aller Concurrenz und der vielen Nachahmungen und Nachbildungen seinen Vorrang vor allen ähnlichen Werken und findet fortwährend den größten Absatz unter allen Classen des gebildeten Publicums. Von der achten Originalauflage in 12 Bänden erschien ein neuer Abdruck, von dem vollständige Exemplare auf Druckp. 16 Thlr., auf Schreibp. 24 Thlr., auf Velinp. 36 Thlr. kosten. Weniger Bemittelte können aber auch die einzelnen Bände, in Terminen wie sie ihnen am besten passen, in einem neuen Abonnement erhalten, wo dann der Band auf Druckp. 1 Thlr. 8 gr., auf Schreibp. 2 Thlr., auf Velinpapier 3 Thlr. kostet.

Den Reichthum des Conv. -Lex. zeigt das für jeden Besitzer der achten Auflage unentbehrliche Universal-Register, das auf 18 Bogen in dreispaltigen Columnen gegen 70,000 Personen und Gegenstände nachweist, über die Mittheilungen im Conv. -Lexikon sich finden. Es kostet auf Druckp. 16 gr., auf Schreibp. 1 Thlr., auf Velinp. 1 Thlr. 12 gr.

Ein Supplement zu der achten Auflage des Conv. -Lexikons, so wie zu allen frühern, allen Nachdrucken und Nachbildungen desselben, gibt das auch für sich bestehende und in sich abgeschlossene Conversations-Lexikon der Gegenwart.

Es erscheint in 4 Bänden und in Heften von 10 Bogen, deren jedes auf Druckp. 8 gr., auf Schreibp. 12 gr., auf Velinp. 18 gr. kostet; 18 Hefte (A-Li) sind bereits erschienen. Es ist nicht nur ein Werk zum Nachschlagen, sondern zugleich ein durch gewandte Darstellung anziehendes Lesebuch über Alles, was die Gegenwart bewegt.

Leipzig, im December 1839.

F. A. Brockhaus.

[107]

Fundamenta Astronomiae etc. Auct. F. W. Bessel

Regiom 1818.

Da seit der Erscheinung dieses Werkes mehr als 20 Jahre verstrichen sind, so hofft der Verfasser, daß die frühern Besitzer desselben keine Unbilligkeit darin finden werden, wenn er die Verbreitung einiger noch vorhandenen Exemplare durch eine Herabsetzung des Preises zu erleichtern sucht. Von jetzt an wird die Rein'sche Buchhandlung in Leipzig das Werk für 10 Rthlr. preuß. Cour. verkaufen.

[5176]

In allen Buchhandlungen ist zu haben und als bestes Bildungs -, Gesellschafts - und Unterhaltungsbuch jungen Leuten zu empfehlen die zweite verb. Aufl. von: Galanthomme, oder der Gesellschafter wie er seyn soll.

Eine Anweisung, sich in Gesellschaften beliebt zu machen und sich die Gunst der Damen zu erwerben.

Ferner enthaltend: 40 musterhafte Liebesbriefe, 28 poetische Liebeserklärungen, eine Blumensprache, eine Farben - und Zeichensprache, 24 Geburtstagsgedichte, 40 declamatorische Stücke, 28 Gesellschaftslieder, 30 Gesellschaftsspiele, 18 belustigende Kunststücke, 24 Pfänderlösungen, 93 verfängliche Fragen, 30 scherzhafte Anekdoten, 22 verbindliche Stammbuchsverse, 80 Sprüchwörter, 45 Toaste, Trinksprüche und Kartenorakel.

Herausgegeben vom Prof. S ... t.

8. brosch. Preis 25 Sgr.

Dieses Buch enthält alles das, was zur Ausbildung eines guten Gesellschafters nöthig ist, weßhalb wir es zur Anschaffung bestens empfehlen, und im voraus versichern, daß Jedermann noch über seine Erwartungen damit befriedigt werden wird. Vorräthig in Augsburg bei Kollmann, Stuttgart bei Neff; München bei Palm, Wien in der Gerold'schen Buchhandlung.

[141-43]

Anzeige.

Unsern werthen Geschäftsfreunden machen wir hiermit die ergebene Anzeige, daß wir durch unsere mannichfaltigen Verbindungen in Corsica, zur Lieferung der Cedern für unsere Succade-Fabrik die Cedern-Ernten von mehreren Jahren durch Contracte zum voraus gekauft haben, und somit in den Stand gesetzt sind, auch die Cedern zum religiösen Gebrauche der Israeliten schöner und billiger zu liefern, als solche bisher von Genua bezogen wurden; auch können diese Cedern von hier aus um 14 Tage früher versandt werden; die Packung wird aufs sorgfältigste, nach Vorschrift mit Myrtenzweigen, besorgt; auch können frische und getrocknete Palmen geliefert werden. Die Aufträge erbitten wir uns längstens bis Ende Mai, den Rembours wünschen wir auf solide Häuser deutscher Wechselplätze oder auf solide Speditionshäuser, durch deren Vermittlung die Waare geht, und versichern beste und sorgfältigste Bedienung.

Livorno, den 8 Januar 1840

Schröder & Reuther.

[42-44]

Anzeige.

Zwei Deutsche, welche ein Commissions-Geschäft in New-York errichten und gegen Ende April d. J. dahin abreisen, wären geneigt mit noch einigen Fabricanten, deren Artikel sich zum Export eignen, in Geschäftsverbindung zu treten. Dieselben können sowohl über ihren moralischen Charakter als auch über ihre Geschäftskenntnisse die besten Zeugnisse produciren, so wie auf Verlangen für die ihnen anzuvertrauenden Consignationen hinlängliche Garantie leisten. Frankirte Offerte mit A. B. bezeichnet befördert die Expedition dieses Blattes.

[90-91]

Vacante Stelle.

In einem auswärtigen Bankhause ersten Ranges ist eine Stelle im Fache der Buchführung und des Rechnens vacant. Dieselbe erfordert einen gesetzten, zuverlässigen Mann, der sein Fach gründlich versteht, und namentlich in den Calculationen eines großen Wechselgeschäftes wohl bewandert ist, also vollkommene Kenntniß und Uebung im Geld - und Rechnungswesen besitzt. Nur auf ganz genügende Anträge kann Rücksicht genommen werden. Dagegen ist entsprechenden Falles die Aussicht auf eine angenehme und lohnende Stellung vorhanden. Offerte beliebe man unter Chiffre L. F. bei der Expedition dieses Blattes franco einzureichen.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
Author[unknown]
Extent16 images; 14970 tokens; 5099 types; 106214 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 20. 20. Januar 1840 . Augsburg1840.

Identification

Bibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften DWB 1996/32

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

Editorial statement

Editorial principles

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Publication information

Publisher
  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:43:36Z
Identifiers
Availability

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial 3.0 Unported (German) License.

Holding LibraryBibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
ShelfmarkDWB 1996/32
Bibliographic Record Catalogue link
Terms of use Images served by Deutsches Textarchiv. Access to digitized documents is granted strictly for non-commercial, educational, research, and private purposes only. Please contact the holding library for reproduction requests and other copy-specific information.