PRIMS Full-text transcription (HTML)
0345
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Donnerstag
Nr. 44.
13 Februar 1840

Spanien.

Die Wahlen haben in den letzten Tagen einen unerwarteten Umschwung genommen. Die Willkürlichkeit in der Abfassung der Verzeichnisse der Wahlmänner, die Vertheilung der Districtsplätze, der directe Einfluß der Waffencommandanten, der Obrigkeiten, des Clerus, der Großen, die Unwissenheit und Abhängigkeit von den aristokratischen Einflüssen, in welcher im Allgemeinen das spanische Volk lebt, alles dieß hat gemacht, daß man selbst in den Provinzen, welche sich anfangs den Progressisten günstig zeigten, zuletzt aus den kleinen Wahldistricten Hunderte, ja Tausende von Stimmen zu Gunsten solcher Menschen wie Toreno, Alcala Galiano, Carramolino und überhaupt des Ministeriums, über dessen Verwaltung sich doch alle Welt beklagt, hervorgehen sah. Das Resultat ist, daß die Progressistenpartei von den 241 Stimmen, aus welchen der Congreß besteht, dießmal nur auf ein Drittel zählen kann ein Verhältniß, welches im Anfang noch ungünstiger seyn wird, da die Wahlen in vier Provinzen (Coruña, Leon, Almeria, Biscaya) suspendirt sind, und da die der Hauptstadt am nächsten gelegenen fast alle zu Gunsten der Moderantistencandidaten votirt haben. Die Progressisten haben, so viel bis jetzt entschieden ist, nur in Madrid, Saragossa, Valencia (in der Provinz, denn in der Stadt hatten die Moderantisten eine starke Majorität) und Sevilla gewonnen. Die Moderantisten haben unter den großen Städten für sich Cordova, Cadiz, Murcia, Salamanca und Valladolid; in Granada, Malaga, Badajoz, Cuenca und Caceres werden die Wahlen gemischt, aber mit einem Uebergewicht der Moderantisten (mit Ausnahme von Granada) ausfallen; von Barcelona und Palma kann man noch nichts wissen. Während des ganzen Monats Februar und bis zur Hälfte März werden sich schwerlich über 150 Deputirte vereinigen, und das Verhältniß der Moderantisten zu den Progressisten wird, wie gesagt, ungefähr 2: 1 oder wohl gar 5: 2 seyn. Alle die famosen Chefs des Moderantismus, alle Exminister u. s. w. wird man dießmal wieder auftreten sehen. Die Progressisten haben einige Anführer, unter andern den Grafen de las Navas auf dem Wahlfelde gelassen. Der Umstand, daß die alten Chefs des Liberalismus, Calatrava, Mendizabal, Sancho, Arguelles u. s. w. außer in Madrid völlig desaccreditirt sind, weil sie nie im Sinne ihres Systems sondern gegen ihre eigene Fahne gefochten haben, trägt ohne Zweifel viel zu dem Siege der Moderantisten bei, aber ich möchte wissen, was man von den letzteren hofft? Der Castellano (ein Apostat von den Liberalen) tröstet seine Leser damit, daß unter den sogenannten Moderantisten oder Jovellanisten viele begriffen seyen, die nicht streng zu dieser Farbe gehören, sondern eine dritte Partei der Gerechtigkeit, Unparteilichkeit, wirklichen Verbesserungen u. dergl. bilden werden. Das ist der ewige Gesang aller Mittelparteien, welche sich zuletzt immer in der herrschenden Majorität auflösen, wie es die Erfahrung in Frankreich und andern Ländern zeigt. Vom Kriegsschauplatze gibt es nichts Bedeutendes. Die Kannibalen von Beteta und Cañete haben mit der Colonne des Obristen Rodriguez in Paralejes, wo sie ihn überfallen wollten, ein hitziges Gefecht gehabt, welches den Christinischen Truppen Ehre macht. Zurbano hat die Backöfen von Segura zerstört und hält den Platz scharf blokirt. Cabrera ist in Convalescenz, aber noch sehr schwach und halb gelähmt. Die Carlisten hoffen stets auf die Ankunft eines königlichen Prinzen, der alsdann von Catalonien aus eine Expedition nach Navarra unternehmen soll. In diesem Lande (Catalonien) beschäftigt man sich hauptsächlich wie in Valencia mit der periodischen Versorgung der festen Plätze; man weiß noch nicht, wer dort als zweiter Befehlshaber Espartero's den Befehl übernehmen wird, einige sagen O'Donnell, andere mit mehr Wahrscheinlichkeit Van Halen. In der Mancha und in Galicien streifen nur noch einige kleine Räuberbanden, die nicht mehr den Namen von Infurgenten verdienen. Man muß den im Allgemeinen verbesserten Zustand des Landes allerdings auf Rechnung des Vertrags von Vergara schreiben; auch ist dieß die reiche Mine, aus welcher das Ministerium die Schätze schöpfte, mit welchen es die Wahlmänner verblendet hat. Das spanisch-Unlogische dabei ist nur, daß die Wahlen gerade gegen die ostensiblen Neigungen desjenigen, der den genannten Vertrag gemacht hat, ausgefallen sind. Die kleine Königin befindet sich nicht wohl, und man ist nicht ganz ohne Unruhe über ihren Zustand vielleicht ist es aber nur eine der vielen Kinderkrankheiten, die von selbst vorübergehen. Nachschrift. Van Halen ist zum Generalcapitän und einstweiligen Generalbefehlshaber in Catalonien ernannt. In Pamplona erhielten die Moderantisten die Oberhand bei den Wahlen.

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Großbritannien.

Die Beschreibungen der Anstalten zur königlichen Vermählung nehmen viel Platz in den Journalen ein, und erstrecken sich bis auf den Hochzeitkuchen (the royal wedding cake) herunter. Dieses Kunstwerk des königlichen Hofconditors, Hrn. John C. Mauditt, wiegt beinahe drei Centner, mißt drei Yards im Umfang und 14 Zoll in der Tiefe. Obenauf sieht man die Gestalt der Britannia, wie sie das, in römischer Tracht dargestellte, hohe Paar segnet. Diese Figuren sind einen Fuß hoch. Ein Cupido ( nicht Lord Palmerston bemerkt die Times) schreibt in ein auf seinen Knieen aufgeschlagenes Buch das Datum 10 Febr. 1840#x201C; ein; ringsum sieht man Amoretten in mancherlei Gruppirungen; zu den Füßen des Bräutigams liegt ein Hund als Sinnbild der Treue, zu den Füßen der Königin spielt ein Paar Turteltauben, als Symbol des häusli - Glücks. In Vertiefungen des Kuchens stecken zahlreiche Bouquets von weißen Blumen, mit weißen Seidenbändern gewunden, die für die Gäste des hochzeitlichen Frühstücks bestimmt sind. Das Lordkämmereramt hat bekannt machen lassen, daß alle Personen, welche Eintrittskarten in die Colonnade, das Wachtzimmer, den Präsentirsaal und das Zimmer der Königin Anna, durch welche Gemächer der Zug gehen wird, erhalten haben, in Hofkleidung zu erscheinen haben; die Damen ohne Federn. Nicht bloß in der Hauptstadt, sondern fast im ganzen Lande schickt man sich an, den Tag als einen Freudentag zu begehen. London, besonders der Stadttheil Kensington im Kensington-Palast ist die Königin geboren wird glänzend beleuchtet werden, deßgleichen Windsor. Das Publicum trägt bereits überall die lilienweißen Schärpen und Bänder mit Kronen, Liebesknoten, Rose, Klee und Distel u. s. w. Die Königin hat dem Grafen Sebastiani durch Lord Palmerston eigens ihren Wunsch ausdrücken lassen, daß er zu ihrer Maj. Vermählungsfeier noch in London bleiben möge. Der M. Herald enthält folgende, witzig gemeinte Notiz: Zu Ehren der Vermählung soll eine Münze von anderthalb Sovereigns im Werth geschlagen werden.

In den Torycirkeln trägt man sich mit allerlei Gerüchten, nicht vom nahen Sturze des Whigministeriums davon ist es plötzlich wieder still geworden wohl aber von bevorstehenden bedeutenden Modificationen desselben. Gestern sprach der Standard vom Eintritte Lord Durhams; heut erwähnt er gar das on dit, Lord Brougham werde wieder als Großsiegelbewahrer ins Cabinet treten, und die ministerielle Leitung des Oberhauses übernehmen. Einer andern Version zufolge würden Lord Howick und Hr. Charles Wood nach Lord Melbourne's Austritt wieder ins Amt zurücktreten. Jedenfalls, fügt der Standard dieser Angabe unmittelbar bei, jedenfalls scheint es gewiß, daß wesentliche Aenderungen stattfinden sollen, und bereits im Gange sind, die den Rückzug der Justemilieu-Partei, und die Verstärkung der Administration aus den Reihen der äußersten Linken zum Zweck haben. (Ist aber letzteres der Fall, dann können Howick und Wood nicht wieder eintreten, da diese Greyiden, wie sie erst in den letzten Debatten über die Buller'sche Motion erklärten, gerade wegen der Hinneigung des Melbourne'schen Ministeriums zum Radicalismus, zunächst in der Ballotfrage, aus demselben ausgetreten sind. So schließt in obigem Gerücht eine Angabe die andere aus.)

Die Annuitätsbill für Prinz Albert d. h. die auf das Apanagevotum vom 27 Jan. gegründete Parlamentsacte ward in der Unterhaussitzung am 5 Febr., nach rascher Förderung durch ihre verschiedenen Stadien, zum drittenmal gelesen und an das Oberhaus übermacht, wo deren erste Lesung stattfand. Die HH. Leader, Hume und Duncombe übergaben Petitionen von den Verurtheilten Frost, Jones und Williams, um Verwendung für ihre gänzliche Strafloserklärung auf den Grund des reservirten formalen Rechtspunktes hin, über welchen das Richtercollegium zu keiner einmüthigen Entscheidung gekommen. Hr. Leader stellte zugleich die Motion auf eine Adresse an die Königin zu diesem Zweck, die er jedoch fürs erste noch zurücknahm, nach dem Rath des conservativen Mitglieds für Ipswich, Hrn. Kelly's, eines von den Vertheidigern der Monmouther Gefangenen, welcher erst die Beibringung mehrerer einschlägigen Papiere verlangte. Lord J. Russell gab von Seite der Regierung wenig Hoffnung in dieser Sache. Hr. Ewart überreichte eine Petition zu Gunsten der Gefangenen mit mehreren tausend Unterschriften aus Birmingham. Nachdem das Haus sich schließlich in eine Subsidiencommittee verwandelt, wurden vorläufig 2,000,000 Pf. St. für den laufenden Staatsdienst votirt. Das Oberhaus vertagte sich nach einer Sitzung von wenigen Minuten.

Unter den am 6 Febr. dem Oberhaus vorgelegten Petitionen befanden sich mehrere von Pfarrgemeinden in Schottland, die sich über den eingerissenen, der Autonomie der presbyterischen Kirche zu nahe tretenden Mißbrauch beschwerten, daß von der General-Assembly dieser Kirche den Gemeinden Geistliche, die ihnen mißfallen, gegen ihren Wunsch und ihre Wahl als Pfarrer aufgedrungen werden. Lord Aberdeen nahm sich dieser Beschwerde mit Eifer an, und Lord Melbourne versicherte, die Sache unterliege der Erwägung der Regierung. Auf eine Frage von Lord Ellenborough zeigte der Premierminister an, daß über die Verwickelungen mit China dem Parlament nächstens umfassende Aufschlüsse vorgelegt werden sollen. (Hört!)

Das juristische Drama: Stockdale gegen Hansard, oder wie es jetzt eigentlich heißt: Das Haus der Gemeinen und die Queensbench wird immer verwickelter und es ist nicht abzusehen, wie es sich entwickeln soll. Am 4 Febr. Abends 7 Uhr fuhren zwei Beamte des Unterhauses an der Wohnung des Advocaten Hrn. Howard am Strand vor, gerade als dieser seine Schreiber entließ. Sie zeigten den Verhaftsbefehl des Sprechers, und forderten Auslieferung der Person Thomas Howards, des Rechtsanwaltes von Stockdale. Man sagte ihnen, Hr. Howard sey nicht im Haus, worauf sie dieses bis auf Boden und Keller durchsuchten. Mistreß Howard hatte gerade eine weibliche Theegesellschaft im Besuchzimmer versammelt; der Sohn Howards begleitete die Parlamentsboten auf ihrer Haussuchung. Das Corpus delicti fand sich nicht, die beiden Bediensteten aber besetzten das Haus. Mittlerweile verfügte sich Howard der Sohn nach dem Polizeiamt in der Bowstreet, um dessen Hülfe gegen Störung des Hausfriedens anzurufen; die Polizei versicherte, sie könne hier nichts thun. Nachts 1 Uhr erschien der Sohn Sir W. Gossetts, des Sergeant-at-Arms der Gemeinen, um die parlamentarische Wache zurückzuziehen. Später wurde der Advocat Howard doch in seinem Versteck aufgefunden. In der Unterhaussitzung am 6 Febr. zeigte nämlich der Stabträger an, Thomas Burton Howard sey in seiner Haft. Der Sprecher befahl ihn vorzuführen. Als Howard an den Schranken erschien, fragte der Sprecher, ob es wahr sey, daß er für Stockdale eine zweite Klage gegen Hansard bei der Queensbench anhängig gemacht habe, und weßwegen? Howard: Ja, und zwar wegen nochmaliger Veröffentlichung des fraglichen Libells von Seite Hansards. Hr. Hume: Ist dieß derselbe angebliche Libell, der in den von Hansard gedruckten0347 Protokollen dieses Hauses enthalten war? Howard: Der nämliche. Der Vorgeführte mußte abtreten, und Lord J. Russell stellte, auf Anrathen des Attorney-General, den Antrag, daß Howard als rückfälliger Theilnehmer an der Verletzung des parlamentarischen Privilegiums des Hauses in Newgate gefangen zu setzen sey. Nach kurzer Discussion, wobei Hr. Warburton unter Anderm bemerkte, auch der amerikanische Congreß vindicire sich das ausschließliche Urtheil in allen seine Privilegien betreffenden Fragen, wurde die Motion mit 149 gegen 46 Stimmen angenommen und Howard in das Gefängniß von Newgate abgeliefert. Das größere Publicum, das die bei dieser Sache zur Sprache kommenden Rechts-Minutien theils nicht versteht, theils wenig beachtet, sieht in dem ganzen Vorgang nachgerade eine ergötzliche Komödie. Spaßhaft ist es namentlich, daß die beiden Sheriffs in ihrer Gefängnißcelle täglich in voller Amtstracht eine Art Lever abhalten.

Der durch die Anstellung Hrn. Morgan O'Connells bei der irischen Registratur erledigte Parlamentssitz für die Grafschaft Meath, ist nun ebenfalls wieder besetzt: Hr. Corbally, ein O'Connellit, wurde, wie es scheint, ohne Opposition, gewählt.

Wieder auf die Störungen in der französisch-englischen Allianz zurückkommend, sagte das M. Chronicle dieser Tage: Die Pariser Zeitungen erwähnen und besprechen die von uns am Sonnabend gemachten Bemerkungen, in denen wir einiges Mißtrauen hinsichtlich der Möglichkeit einer ferneren Dauer der Allianz zwischen England und Frankreich äußerten. Sie läugnen nicht, daß Beschwerdegründe vorhanden sind, daß England in Frankreich einen Nebenbuhler und Feind findet, zu Madrid wie in Alexandrien, in Südamerika wie in Mittelamerika, im stillen Ocean wie in den indischen Meeren. Die französische Presse räumt das Alles ein, und doch begreift sie nicht, aus welchem Grunde die Allianz nicht fortbestehen sollte. Wir unsrerseits sagen nur so viel, daß, wenn sie fortbestehen soll, andere Bedingungen und eine neue Verständigung dazu nöthig sind. Beim Beginn der Allianz ließ sich England mit Frankreich in eine freimüthige, offene und aufrichtige Opposition gegen den Einfluß der östlichen Mächte ein. Wer war es, der uns bei der ersten Gelegenheit im Stich ließ, um jene zu versöhnen? Frankreich. Von dem Verhältniß Englands zu diesen Mächten hängt aber der Frieden der Welt ab. Und es ist bekannt genug, daß England nicht davor zurückbebte, eine halb feindliche Stellung gegen die östlichen Mächte einzunehmen und Frankreich zu beschützen, indem es den Juliusthron so wirksam beschirmte, daß selbst ein so heftiger Gegner Englands, wie der Herzog v. Noailles, dieß anerkennen mußte. Der Dank, welchen England dafür erntete, war, daß es zuerst bei der spanischen und jetzt bei der orientalischen Frage ganz von Frankreich im Stich gelassen wurde. Das Haupterforderniß bei jeder Allianz ist Aufrichtigkeit. Ohne diese sind auch der beste Wille und die freundschaftlichsten Gesinnungen eines Verbündeten nichtig, ja schlimmer als nichtig, sie sind trügerisch und verderblich. Nun ist Frankreich aber in der orientalischen Frage eben so umgeschlagen wie in der spanischen. In beiden betreten wir die Bahn mit einem scheinbaren Freunde zur Seite, und kaum haben wir sie betreten, so verwandelt sich der Freund in einen Feind. Nach zwei solchen Beispielen kann kein brittisches Ministerium sich mehr sicher fühlen, wenn es sich mit einem französischen zusammen in ein politisches Unternehmen einläßt. Und das ist vielleicht der Hauptgrund unseres Mißtrauens zu der Dauer der englisch-französischen Allianz. Der Courrier français ist der Meinung, daß das M. Chronicle mehr, als es thue, zu einem guten Vernehmen zwischen beiden Ländern beitragen könne. Niemand wird bereitwilliger als wir diesem Ruf folgen, wenn es mit Aufrichtigkeit und Nutzen geschehen kann. Aber wir wollen uns auch keine Mühe geben, eine gewisse höfliche und oberflächliche Freundlichkeit zu überfirnissen und auszuflicken, wenn man Ursachen und Gefühle der Eifersucht, des Verraths und des Hasses darunter gähren läßt. Der Hauptgrund der Mißhelligkeiten zwischen Frankreich und England ist jetzt, daß Frankreich in Syrien, Aegypten und im ganzen mittelländischen Meere nur darauf hinzielt, England auszustechen, zu demüthigen und zu verkürzen. Jeder Verbündete ist ihm willkommen, wenn er nur ein Gegengewicht gegen Englands Seemacht oder Colonialverkehr zu gewähren verspricht. Die französische Presse hat diese Stimmung genährt und ihre Minister zu unzugänglicher Eifersucht auf England genöthigt. Dadurch ist die Allianz fast gebrochen, und alle Bemühungen der französischen Publicisten können jetzt die von der französischen Presse selbst gesäete Feindschaft nicht vollkommen ausrotten.

Baron Mandeström ist aus Stockholm angekommen, um den Baron Rehausen als Secretär der schwedischen Gesandtschaft in London abzulösen.

Frankreich.

Der Herzog von Broglie ist von Neapel zurück am 1 Febr. in Marseille angekommen und noch an demselben Tage nach Paris abgereist, wo er am 8 Abends eingetroffen ist.

Der Moniteur widerspricht der von dem Indicateur von Bordeaux gegebenen Nachricht von der Ernennung des Hrn. Donnet zum Erzbischof von Paris.

Die Marseiller Journale enthalten eine durch den Telegraphen von Perpignan eingetroffene Mittheilung, daß der französische Consul von Barcelona den Generalcommandanten von Perpignan durch einen Expressen vom 30 Jan. benachrichtigt habe, daß drei arabische Corsaren östlich vom Cap von Gata kreuzen, und drei französische Handelsschiffe genöthigt worden seyen, sich am 23 Jan. unter die Kanonen des Forts von San Pedro zu flüchten.

(Univers.) Man schreibt uns von London, daß die Abreise des Hrn. v. Brunnow auf den 14 Febr. festgesetzt ist (wie dieß die Allg. Zeit. schon vor mehreren Tagen angezeigt hat). Weit entfernt, den englisch-russischen Tractat abgeschlossen zu haben, scheinen die Unterhandlungen eine günstige Wendung für die Aufrechthaltung der Allianz Englands mit Frankreich genommen zu haben.

(Temps.) In der Sitzung der Deputirtenkammer am 7 Febr. hatten, wie schon gestern kurz erwähnt wurde, mehrere Deputirte, unter andern hauptsächlich Hr. v. Tocqueville, die Nothwendigkeit zu erweisen gesucht, daß in der Sache des Gauguier'schen Vorschlags etwas zu thun sey; diese Bemühungen scheiterten aber an der Kraft der Trägheit, welche die Centren beständig jedem Vorschlag entgegensetzen werden, welchen das Ministerium so warm bekämpft. Der ehrenwerthe Hr. Dubois von Nantes erklärte mit Naivetät, daß er den schwachen Beistand seiner Stimme einer Regierung, die noch schwächer sey, darbringe, worüber ihm dann Hr. Mauguin eine picante Bemerkung machte. Hr. Odilon-Barrot entwickelte die Gründe der Opposition zu Gunsten eines Vorschlags, der die Sympathie des Landes für sich habe. Hr. Teste antwortete diesem Redner, und sah sich gezwungen, zu gestehen, daß etwas geschehen müsse; worauf ihm Hr. Dupin den Einwurf machte, daß diese Erklärung im Munde eines Ministers und bei einer solchen Motion etwas Fatales sey. Uebrigens erklärte Hr. Dupin, daß in dem Vorschlage des Hrn. Gauguier0348 die ganze Wahlreform enthalten sey, und daß er für seinen Theil diese Reform weder annehmen noch bekämpfen werde. Ueber diese Inconsequenz verfiel die Kammer in großes Gelächter. Hr. Gauguier versuchte vergeblich, sich nach den genannten Rednern noch Gehör zu verschaffen, und die Kammer, in ihrer Geduld erschöpft, verwarf nach zwei zweifelhaften Proben seinen Vorschlag mit 198 unter 372 Stimmen. Die Opposition hat sicher heute noch nicht ihr letztes Wort gesprochen; die imposante Minorität, die sich zu Gunsten dieses fast von Jedermann als unannehmbar anerkannten Vorschlags erklärt hat, muß auch wenig Hellsehenden beweisen, daß die Kammer nur eine Gelegenheit erwartet, um sich einem System anzuschließen, wodurch sie aus dem Zustande der Mißachtung oder der ehrgeizigen Habsucht, in den sie durch einige ihrer Mitglieder gerathen ist, heraustreten kann. Es handelt sich nicht davon, alle Staatsbeamten von dem legislativen Mandat und durch eine Art von Ostracismus auszuschließen; dieß wäre eine bedauernswerthe Maaßregel; es ist aber zweckmäßig, den Kreis der Unverträglichkeiten auszudehnen, und jener parlamentarischen Gierde, alle nur etwas wichtigen Staatsstellen der Ausbeutung einiger Ueberläufer preiszugeben, ein Ende zu zu machen.

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Der Vorschlag von Gauguier über die Staatsdiener in der Kammer hat die Kammer sehr viel, das Publicum sehr wenig beschäftigt. Daß die Deputirten Staatsdiener seyn können, ist allerdings ein Uebel, aber nicht sowohl für die Kammer, als für die Administration, indem sie alle höhern Stellen wegnehmen, und die Carrière der Beamten und somit ihren Eifer paralysiren. Wenn man die Ordonnanz von Teste über die Reorganisation des Staatsraths liest, so kann man sehen, bis auf welchen Grad dieß wahr ist; man hat dabei ohne alle Rücksicht auf Verdienst die Deputirten befördert, und die Nichtdeputirten hintangesetzt, und so geht es in allen Theilen der höhern Administration. Dieß ist für das Land ein großes Uebel, aber weniger für die Kammer, denn wenn man auch auf diese Art Stimmen in der Kammer kauft oder belohnt, so ist es auf die für die Gesetzgebung am wenigsten schädliche Art, während man sich der Stimmen der Deputirten aus andern Classen durch Nachgiebigkeiten in der Gesetzgebung versichert, welche weit verderblicher wirken. Man hatte versucht, der Corruption der Staatsdiener dadurch zu steuern, daß man sie bei Beförderung einer neuen Wahl unterwarf, aber bisher sind nur zwei oder drei nicht wieder gewählt worden. Der Fehler liegt an der öffentlichen Meinung, welche nicht streng genug ist, aber dagegen gibt es kein Mittel. Die Corruption ist übrigens in der Kammer nicht größer, als man von einer ähnlichen Versammlung erwarten muß, sie ist geringer gegenwärtig als unter der Restauration, und weit geringer, als sie wohl im englischen Parlament war, wovon die Ursache zum Theil in der kurzen Dauer der Ministerien liegen mag. Der König wünscht Guizot zum Grafen zu ernennen; Guizot hätte aber Unrecht, es anzunehmen, er ist ein zu bedeutender Mann, als daß ein neuer Titel seinen Einfluß vermehren könnte, und hier würde es ihn eher lächerlich machen, denn wenn die Nation in etwas republicanisch ist, so ist es in der Gleichgültigkeit gegen Titel.

Niederlande.

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Der Fürst von Montfort ist vorgestern auf der Reise nach London in Rotterdam angekommen. In den nächsten Tagen erwartet man in unsrer Residenz die kostbaren Gemälde, welche seit der belgischen Revolution im Palais des Prinzen von Oranien zu Brüssel aufbewahrt waren.

Deutschland.

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Se. k. H. unser Kronprinz, der sich lebhaft für wissenschaftliche Forschungen interessirt, hat dem magnetischen Observatorium, dessen Errichtung an der hiesigen Sternwarte unlängst in der Allgemeinen Zeitung Beilage Nro. 27) erwähnt wurde, aus eignen Mitteln eine namhafte Summe zur Disposition gestellt. In unserm Kunstverein sind nun die zur Verloosung bestimmten Kunstgegenstände, etwa 120 an der Zahl, unter welchen sich mehrere sehr werthvolle Leistungen befinden, in schönster Ordnung zu sehen; für diese Werke wurde die Summe von 18,000 fl verausgabt. Die Zahl der Mitglieder hat das zweite Tausend überschritten, und so dürfte etwa auf 18 Theilnehmer ein Treffer fallen. Die Verlosung selbst wird, wie alljährig, am 16 Febr. vorgenommen. Man spricht hier fortwährend viel von einem Uebungslager bayerischer Truppen, das im August d. J. stattfinden soll.

Die Gesammtzahl der Studirenden auf der Universität Heidelberg beträgt in diesem Wintersemester 622, nämlich 195 Inländer und 427 Ausländer. Gervinus befindet sich gegenwärtig in Heidelberg, wo er seine Studien gemacht und den akademischen Lehrstuhl zuerst betreten hat; er scheint seinen Aufenthalt dauernd dort nehmen zu wollen, da er sich auf dem rechten Neckarufer, an einem der schönsten Punkte des herrlichen Thals, ein Haus erbauen läßt. (Bad. Bl.)

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Durch gefällige Mittheilung des Vorstandes der hiesigen Polizeibehörde bin ich in den Stand gesetzt, Ihnen einige statistische Angaben über die Saison des Jahrs 1839 zu übersenden, deren Zusammenstellung aus den Quellen erst im Verlauf des Winters unternommen wurde, und woraus sich ergibt, daß unter der Zahl von noch nicht ganz 20,000 Fremden, welche vom 15 Mai bis zum 25 Oct. des vorigen Jahrs in Baden eintrafen, folgende Rubriken sich bemerkbar machen: fürstliche Personen mit Gefolge 170; Amerikaner 211 Köpfe; Dänen und Schweden 86; Spanier 36; Russen 676; Polen 62; Italiener 85; Schweizer 457; Holländer 475; Belgier 231; Franzosen 4478; Engländer 3652, und Deutsche in der überwiegenden Mehrzahl von mehr als 8000, ungerechnet diejenigen Inländer, deren Namen nicht in die Badlisten eingetragen wurden; der Engländer waren um 826 weniger als der Franzosen, und dennoch waren sie, wie immer, am meisten bemerkbar, theils deßhalb, weil sie im Ganzen am längsten blieben, theils weil eine große Zahl der als Franzosen angeführten Personen aus Straßburg und dem Elsaß kam, und, obschon öfter wiederkehrend, stets nur kurze Zeit hindurch verweilte. Beim Beginn des Winters hatte es den Anschein, als würden die fremden Gäste allesammt Baden verlassen; dem war jedoch nicht also, sondern eine kleine Gesellschaft blieb, und fand zum Theil noch später sich ein. Den General Guilleminot hielten bis jetzt die nun vollendeten oder wenigstens dem Abschluß ganz nahen Geschäfte, und er wird wahrscheinlich noch bis zur Mitte dieses Monats bleiben; Meyerbeer arbeitet, dem Vernehmen nach, an einem größern Werke; mehrere Engländer, Russen, Polen und Franzosen scheinen bis zur Saison aushalten zu wollen. Ein großer Theil dieser fremden Gesellschaft findet ihren Vereinigungspunkt im Theater, in welchem für sie ein paar Logen eigens decorirt, heizbar gemacht und beleuchtet worden, und wo sie durch die mittelmäßigen Darstellungen veralteter Stücke nicht in ihrem Verkehr gestört wird, weil sie sich wenig um das kümmert, was auf der Bühne vorgeht. Das durch öffentliche Blätter von hier aus verbreitete Gerücht, ein Engländer sey wegen gröblicher Beleidigung hochgestellter Personen ausgewiesen worden,0349 ist durchaus unbegründet; Niemand ist beleidigt, Niemand verwiesen worden. Dagegen vernimmt man mit Bedauern durch englische Zeitungen, daß ein junger Franzose von guter Familie, der durch sein Verweilen während der Sommer von 1838 und 1839 hier wohlbekannt war, in England gestorben ist, da er eben zur Deportation nach Botany-Bay eingeschifft werden sollte; der Unglückliche hatte während der letzten Saison von hier aus falsche Wechsel in Umlauf gesetzt, und war von seiner eigenen Mutter denuncirt worden, die nicht ahnte, daß er bei der Fälschung betheiligt sey in Contumaciam verurtheilt, war er nach England geflohen, und hatte dort ähnlicher Vergehungen sich schuldig gemacht, wozu ihn jedoch keineswegs die Noth getrieben zu haben scheint, da seine Familie ihn reichlich unterstützte, sondern eine Art verhängnißvoller Verzweiflung er war nämlich seit ein paar Jahren in Folge eines russischen Dampfbades von einem unheilbaren Uebel befallen, und seit der Zeit, wie es schien, in seinen geistigen Fähigkeiten gestört.

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Die Bundesversammlung hielt gestern, wie vorher gemeldet worden, ihre erste Sitzung in diesem Jahre, welche mehrere Stunden andauerte. Die Sitzungen der hohen Versammlung werden nun regelmäßig Fortgang nehmen. Sie werden bemerkt haben, daß die hiesige Ober-Post-Amts-Zeitung (deren Redaction fortwährend von Dr. Schuster und Hrn. Beuermann besorgt wird) in einem Schreiben aus München ihre Glossen über Ihre landständischen Berichte aus München machte. *)Die Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung erwähnt das wahrscheinlich nur aus einem Scherz entstandene Gerücht, die Allgemeine Zeitung werde als nichtbayerisches Blatt betrachtet, und dürfe über die landständischen Verhandlungen nichts aufnehmen, als was schon in einheimischen Blättern gestanden habe. Wir haben wohl kaum nöthig zu versichern, daß die Allg. Zeitung in dieser Beziehung unter keinen andern Censurverhältnissen stehe, als die übrigen bayerischen Blätter. Wenn wir über eine Sitzung der Stände, welche die bayerischen Blätter sehr beschäftigte, es vorzogen, einen gedrängten Auszug aus diesen verschiedenen Berichten zu geben, so konnte die Unbefangenheit der Mittheilung dadurch nur gewinnen. Uebrigens endigte bekanntlich die ganze Verhandlung damit, daß der Gegenstand derselben auf sich beruhend gelassen wurde. Kein irgend bedeutungsvolles Resultat des Landtags wird von der Allg. Zeitung übergangen werden, aber wohl möchten wir eben über die Bedeutung einzelner Verhandlungen und über das, was als Resultat zu betrachten sey, manchmal anderer Meinung seyn, als dieses oder jenes bayerische Blatt, dessen Leser - oder Gesichtskreis ein anderer ist.

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Unser Senat hat sich beistimmend in Bezug auf die hier stattzufindende Säcularfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst geäußert und aus seiner Mitte eine Commission ernannt, mit welcher sich das Fest-Comité weiter zu benehmen hat. Der Senat wird so gewissermaßen die Oberaufsicht über das Fest führen. Wie man hört, hat unsere gesetzgebende Versammlung in der gestrigen Sitzung einen Beschluß gefaßt, wonach in unserm Finanzwesen vollkommene Oeffentlichkeit eintreten soll. Bekanntlich sind wir seither ohne Deficit nicht durchgekommen, und es ist allerdings dem Gemeinwesen unserer Stadt angemessen, daß unser Finanzzustand offen dargelegt werde; manchem Mißverständniß wird dadurch vorgebeugt, manches Dunkel aufgehellt werden. Aus dem Haag wird geschrieben, daß das Gerücht, die holländischen Infanterieregimenter würden ihre Musikcorps verlieren, ohne allen Grund sey.

In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer hat die Berathung des Berichts der Finanzdeputation über die Cassenbestände begonnen. Im Ganzen genommen wurden die Vorschläge der Deputation fast sämmtlich, und zwar ohne großen, zum Theil ohne allen Kampf gebilligt, also 200,664 Thlr. 12 Gr. 8 Pf. zur völligen Vorbereitung des neuen Grundsteuersystems, 150,000 Thlr. zur Ablösung des Bierzwanges, 189,139 Thlr. 6 Gr. 1 Pf. für Leipzig wegen der Lotterie, 250,000 Thlr. außerordentliche Beihülfe zum Chausseebaue, 14,400 Thlr. für die Universität Leipzig, und 10,000 Thlr. für die Gemäldegalerie bewilligt. Bei dem ersten Posten (Grundsteuersystem), wo ein Theil des Postulats gekürzt worden war, genehmigte man übrigens nach dem Vorschlage des Finanzministers, daß, wenn der Rechnungsabschluß auf das letzte Halbjahr 1839 eine größere Ausgabe oder eine geringere Einnahme ergebe, als die Deputation angenommen hatte, dann das etwa Fehlende dem Postulat als hinzugefügt angesehen werden solle. Von dem geforderten Casernirungsaufwand an 26,000 Thlrn. hatte die Deputation 3271 Thlr. 15 Gr. 3 Pf. (zur Erbauung eines Exercir - und Fechthauses in Schneeberg) abgemindert, sie wurden jedoch auf den Vorschlag des Kriegsministers v. Nostitz-Wallwitz als Dispositionsquantum von der Kammer noch bewilligt. Die längste Discussion rief der letzte Posten (für den Bau eines Museums) hervor, obwohl dieselbe in ihrem Verlaufe keineswegs sehr lebendig war. Die anfangs zum Bau eines Museums geforderten 300,000 Thlr. aus den Cassenbeständen hatte man bekanntlich aufgegeben, und dafür durch ein nachträgliches Decret nur 100,000 Thlr. postulirt, um die ersten Einleitungen machen zu können, jedoch mit dem Anverlangen, daß die Stände sich darüber erklären sollten, ob sie die Erbauung eines neuen Museums oder den Umbau des dermaligen Galeriegebäudes wünschten. Für das erstere verwendeten sich bei der heutigen Verhandlung vorzüglich der Regierungscommissär v. Weissenbach und der Deputirte Eisenstuck. Es blieb jedoch bei dem Vorschlage der Deputation, nämlich auf diesem Landtage (außer den obenerwähnten 10,000 Thlrn. zur Restauration der Gemälde und Vermehrung, der Fenster etc.) weder zum Umbaue noch zum Neubau etwas zu bewilligen, da schon gestern 260,000 Thlr. für das Theater zugestanden worden, und man noch nicht wisse, was zweckmäßiger sey, ein Umbau oder ein Neubau, indem darüber auch die Techniker wie die Regierung selbst noch nicht einig wären. Gegen das Deputationsgutachten, also für die Bewilligung stimmten nur fünf Mitglieder. Der Finanzminister wollte nun zwar den Zweck noch auf einem andern Weg erreichen, indem er die Proposition machte, die Kammer solle die Nothwendigkeit, daß etwas Durchgreifendes für die Gemäldegalerie geschehen müsse, anerkennen (was ja ohnehin aus der Discussion hervorgegangen) und zu dem Ende die Reservirung von 100,000 Thlrn. aus den Cassenbeständen der dermaligen Finanzperiode genehmigen, die Verwendung aber der künftigen Ständeversammlung vorbehalten. Auf einige Entgegnungen von Seite mehrerer Abgeordneten, worunter Reiche-Eisenstuck, Poppe, Braun etc., verwarf aber die Kammer die neue Proposition ebenfalls, so daß also der künftige Landtag in jeder Hinsicht freie Hand behält. (Leipz. Z.)

An den Magistrat der hiesigen Residenz ist in diesen Tagen ein Rescript ergangen, worin demselben alle und jede Communicationen mit dem Stadtdirector Rumann, welche dem Vernehmen nach häufig stattgefunden hätten, streng untersagt werden. (Hamb. C.)

Preußen.

Die Kiß'sche Amazonengruppe, die kürzlich eine Stimme aus München in der Allg. Zeitung etwas hart, wiewohl nicht feindselig, beurtheilt hat, ist jetzt in vollständiger Größe und in dem Gypsmodell, nach welchem0350 nunmehr der Abguß in Erz stattfinden wird, öffentlich ausgestellt. In seinen jetzigen Dimensionen tritt das Kunstwerk viel deutlicher hervor, und die Contouren desselben sind viel schärfer und bestimmter, als in dem frühern Thonmodell. Die Zeichnung, nach der Ihr Münchener Berichterstatter geurtheilt hat, gibt nur einen sehr unvollkommenen Begriff von dem Werke, und der Verein, der die Ausführung desselben leitet, thut sogar gegen alle bisher erschienenen Abbildungen Einspruch, da er selbst eine vollständigere herausgeben wird. Das, was an diesem Werke am meisten angesprochen und was wohl, nächst dem vielverbreiteten Sinne für Förderung der Kunst, auch am meisten dazu beigetragen, die Subscriptionen zu vermehren, ist die darin sich aussprechende Idee des Sieges der Schönheit (Bildung) und der Freiheit (Civilisation) über die rohe Gewalt und die thierische Kraft. Die auf edelm Rosse den wilden Tiger bewältigende Amazone ist, von diesem Gesichtspunkte betrachtet, nicht bloß ein schönes Kunstwerk, sondern auch ein sinniges Symbol. Die jetzige Ausstellung desselben hat wiederum neue Subscriptionen verschafft, und es dürfte bald nicht mehr viel an 25,000 Thlrn. fehlen. Unsere elegante Welt beschäftigt sich viel mit einem großen Ballfeste, das morgen in den Räumen unseres Schauspielhauses, verbunden mit dem Concertsaale, stattfinden wird. Beide Localitäten sind durch einen Wald von Orangerien geschmückt, die man aus allen Treibhäusern herbeigeschafft hat. Dazu kommen spanische Tänzer, die jetzt hier anwesend sind, italienische Maskenscherze und Blumenvertheilungen in Masse. Es wird aber auch auf ein Publicum von 4 bis 5000 Gästen gerechnet.

Schweden.

In der Antwort, die der Bürgerstand durch seinen Wortführer auf die königliche Rede ertheilte, heißt es unter Anderem nach den Worten ehrerbietiger Anerkennung: Die hinsichtlich der vergangenen Zeit erworbene Erfahrung hat die Repräsentanten des Volks von der Nothwendigkeit mehrerer Verbesserungen in unsern innern Verhältnissen überzeugt, und der Bürgerstand ist auch gewiß, daß Ew. k. Majestät auf einen jeden ruhigen Vorsatz, auf ein jedes redliche Bestreben, welches einem geliebten Vaterlande, dessen Ehre und Glück mit Ew. Majestät eigner Ehre und eignem Glücke so genau vereint ist, mit Zufriedenheit herabsehen und es mit Ihrer königl. Gnade beschützen werden.

Sowohl beim Adel als beim Bürgerstande des Reichstags hat gestern bei der Wahl der Bänkemänner und Electoren die Partei der Unabhängigen gegen die des Hofs den Sieg davon getragen.

Die Stockholmer Blätter heben aus der Antwort, die der König am 24 d. auf die Anrede von Ritterschaft und Adel ertheilte, besonders hervor, daß darin ein vorzügliches Gewicht darauf gelegt werde, daß der Adel Vorzüge besitze, welche seine Dienste und unsre uralten Sitten ihm verliehen, und daß König und Vaterland nie vergebens seine Unterstützung aufrufen werden. So auch wird in der Antwort an den Priesterstand der Ausdruck hervorgehoben von Bewahrung der Vortheile, die wir genießen , und in der an den Bauernstand die Erinnerung an sein steigendes Vermögen, nebst dem Versprechen einer Minderung der Auflagen auf den Landbau. Das Aftonblad meint: Die Hauptsumme von diesem Allem kann keinem Zweifel unterworfen seyn; der conservative Geist sticht allenthalben hervor.

Rußland.

Die kaiserliche Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg zählt gegenwärtig 27 wirkliche Mitglieder, 98 Ehrenmitglieder, 130 Correspondenten, zusammen 255 Mitglieder. Davon befinden sich in Rußland 27 wirkliche Mitglieder, 53 Ehrenmitglieder, 64 Correspondenten, in Preußen 11 Ehrenmitglieder und 20 Correspondenten, in Oesterreich 1 Ehrenmitglied und 4 Correspondenten, in den übrigen deutschen Staaten 8 Ehrenmitglieder und 14 Correspondenten, in Frankreich 9 Ehrenmitglieder und 13 Correspondenten, in Großbritannien 9 Ehrenmitglieder und 6 Correspondenten, in Italien 2 Ehrenmitglieder und 2 Correspondenten, in Schweden und Norwegen 2 Ehrenmitglieder und 1 Correspondent u. s. w.

*

Ich brauche Ihnen wohl nicht erst darzulegen, daß die vom Journal de Commerce berichtete Entdeckung einer Verschwörung in St. Petersburg eine Erfindung ist, welche jedes Momentes der Wahrheit entbehrt. Die Verschwörung soll in dem prächtigen Hotel Bestuscheff berathschlagt worden seyn. Nun weiß aber Jeder, der St. Petersburg kennt, daß ein Palast Bestuscheff daselbst gar nicht existirt, so wenig als eine Straße Namens Mata-Dworanskaja. Was demnach von militärischer Cernirung und vom Niederbrennen dieses Hotels gesagt wird, ist erlogen. Mit der Angabe, daß hundert junge Leute des höhern Kaufmannsstandes verbannt worden, wollte man wohl andeuten, daß vorzüglich dieser höhere Kaufmannsstand an der Verschwörung Theil genommen. Dagegen ist zu bemerken, daß der höhere Handelsstand in St. Petersburg größtentheils bloß aus angesiedelten Deutschen besteht, welche den Handel en gros in Händen haben, während die russischen Kaufleute fast nur mit dem Detailhandel sich befassen. Ob aber die deutschen Kaufleute es ihren Interessen angemessen finden, in Rußland, und zumal in der Residenz eine Verschwörung anzuzetteln, möge sich jeder Vernünftige fragen. Wenn man weiß, daß die am Kaukasus stationirten Truppen dort so sehr Mann für Mann verwendet werden, daß auch nicht Einer entbehrlich seyn möchte, so wird Jedermann einsehen, was es für eine Bewandtniß mit Herbeischaffung der Reserve von 15,000 Mann aus russisch Georgien habe, um Khirgistan zu besetzen. Man braucht bloß die Karte zur Hand zu nehmen, und die der Terrainverhältnisse wegen überdieß noch mit einem ungeheuern Umweg verbundenen Distanzen ins Auge zu fassen, um die Unthunlichkeit dieser Maaßregel sogleich zu erkennen. Das Journal de Commerce scheint von Expeditionen in die Steppenländer keinen Begriff zu haben, sonst würde es nicht von Truppennachsendungen sprechen. Die Expedition nach Khiwa hat eine Vorbereitung von einigen Jahren nöthig gemacht. Da bei derselben große, ganz unwirthbare Strecken zu passiren waren, so mußte vorerst die nöthige enorme Anzahl von Kamelen aufgebracht werden. Es leuchtet ein, daß dieselbe Menge dieser Thiere für eine Nachhut herbeizuschaffen binnen kurzer Frist eine ganz unmögliche Sache wäre.

Nachrichten aus Odessa zufolge herrscht unter den russischen Truppen in den Provinzen des schwarzen Meeres eine ungewöhnliche Thätigkeit. Sämmtliche Truppen, die in der Krim zerstreut waren, haben sich in Sebastopol concentrirt, und man glaubte jeden Augenblick, ihre Einschiffung erwarten zu müssen. Freilich wäre die Jahreszeit für eine Expedition über das schwarze Meer sehr ungünstig; der Hafen von Sebastopol soll von bedeutenden Eismassen umschwommen seyn, und die im Winter häufigen Stürme auf dem schwarzen Meere lassen allerdings kaum dem Gedanken Raum, daß jetzt schon eine Expedition unternommen werden könnte. Viel Aufsehen hat hier die russische Expedition nach Khiwa erregt. Man begreift nicht, wie ein solches Unternehmen zu einem günstigen Resultate führen könne, da die Wüste,0351 welche die Kirgisen von den Turkomanen trennt, von einer Armee schwerlich in weniger als vierzig Tagen zurückgelegt werden kann.

Türkei.

Das Verfahren Mehemed Ali's hat seine Früchte getragen. Seine Emissäre waren in Albanien und Griechenland nicht müßig. Es gelang ihnen durch eine kräftige Unterstützung von Seite fremder Agenten die Gemüther der christlichen Bewohner in der europäischen Türkei und im freien Griechenland so aufzuregen, daß der allgemeine Ausbruch, der vielleicht nach einigen Monaten mit Erfolg hätte gekrönt werden können, schon auf den 12 Jan. festgesetzt wurde. Es scheint, daß man mit vieler Umsicht für alle Eventualitäten im voraus gesorgt hatte; man wußte sogar ein Mittel in Bereitschaft zu halten, um den Verdacht der Unternehmung auf eine andere Macht zu wälzen, nämlich durch die Proclamirung des Grafen Kapodistrias zum Präsidenten des neuen Staats. Leicht glaubte man in der Folge durch die großen Chancen, welche die Verwirrung der Umstände darbieten würden, dieses Namens los werden zu können. Der Streich ist für den Augenblick vereitelt durch die Wachsamkeit der griechischen Regierung, vielleicht auch durch die Ruhmredigkeit des französischen Generalconsuls in Janina, des Hrn. Grasset, der bei seiner Anwesenheit in Athen über bevorstehende Unruhen in den griechischen Provinzen der Türkei sich in einem sehr zuversichtlichen Ton äußern zu dürfen glaubte, und durch die Eitelkeit, für einen großen Politiker gehalten zu werden, sich verleiten ließ, die allgemeine Aufmerksamkeit in ungewöhnlichem Grade zu erregen.

***

Der Minister des Aeußern, Reschid Pascha, hat den Repräsentanten der Großmächte die durch Kiamil Pascha von Aegypten überbrachte Erwiederung Mehemed Ali's auf die Zusendung des Hattischerifs und seinen Inhalt, dann auch den Bericht mitgetheilt, welchen Kiamil über seine Mission und seine zwei Conferenzen mit dem Vicekönig an die Pforte abgestattet hat. Der Inhalt dieser Actenstücke gibt wenig neue Aufschlüsse über die Lage der Dinge. Mehemed Ali's Antwortschreiben ist wie gewöhnlich mit Betheurungen seiner unwandelbaren Treue gegen den Großsultan angefüllt, und mit Versicherungen, wie sehr er mit den im Hattischerif aufgestellten Grundsätzen einverstanden sey, da er seit lange her, schon vor Erlassung desselben, im Geiste dieser Grundsätze zu handeln sich bestrebt habe. Kiamil Pascha drückt sich in seinem Bericht über den ihm in Alexandrien und Kairo gewordenen Empfang mit ziemlicher Zufriedenheit aus und theilt den bekannten Vorschlag des Vicekönigs hinsichtlich der Abtretung Arabiens und der heiligen Städte mit, wobei er die Bemerkung nicht unterdrückt, daß eine solche Cession mehr Spott als Ernst ähnlich sehe, da sie ohne die gleichtige Abtretung Syriens als ganz bedeutungslos erscheine. Nicht günstig äußert sich Kiamil über die aus dem persönlichen Benehmen des Vicekönigs hervorleuchtenden Intentionen, die nach seiner Meinung den Geist seines frühern Ehrgeizes nicht im mindesten verläugnen. Uebrigens werde Mehemed Ali es wohl bei den stattgehabten Demonstrationen am Taurus bewenden lassen und schwerlich neue wagen, da eine Schilderhebung seine Lage leicht verschlimmern dürfte. So wenig diese Demonstrationen auch bedeuten mögen, haben sie die Pforte doch neuerdings in Allarm versetzt. Die nächste Wirkung davon scheint der im Divan gefaßte Beschluß, eine Anleihe von 10 Millionen Franken zu contrahiren, die, wie man glaubt, zur völligen Reorganisirung der asiatischen Armee verwendet werden dürften. Auch bemerke ich seit einigen Tagen, daß eine bedeutende Anzahl Juwelen und eine Menge anderer Kostbarkeiten aus dem Serail veräußert werden. Alles dieß scheint darauf zu deuten, daß die Pforte über Mehemeds Absichten beunruhigt ist. Sollten die vorzüglichsten Engpässe des Taurus, die sich gegenwärtig in ägyptischen Händen befinden, durch die europäische Pentarchie bleibend dem Vicekönig zuerkannt werden, so wäre ohne Widerrede ein Zustand, der die Türkei erdrücken und erschöpfen müßte, zu einem bleibenden gemacht. Eine neue Epoche größerer Geselligkeit scheint unter den Bewohnern Pera's eintreten zu sollen. Auf dem hiesigen Casino ward Sonnabend ein Ballfest gegeben, das stark besucht und durch eine ziemliche Anzahl ausgezeichneter griechischer Schönheiten, die mit ihrem Costume und ihren Edelsteinen Etalage machten, belebt war. Montag gab der Internuntius einen Ball, auf dem das diplomatische Corps und hiesige hohe Notabilitäten sich versammelten. Man bemerkte darunter den Fürsten Michael Obrenowitsch mit einem großen Gefolge. Die tanzlustige Jugend aus den fashionablen Kreisen wird heuer Konstantinopel nicht so langweilig wie gewöhnlich finden, da fast alle europäischen Missionen zur Feier des Carnevals mit Tanzfesten beitragen werden.

Aegypten.

Nach Abfahrt des letzten Paketboots hat der französische Consul mit dem Pascha eine lange Unterredung gehabt, worin er letzteren nochmals zu überzeugen suchte, daß obgleich Frankreich günstig für ihn gestimmt sey, es sich doch nicht seinetwegen mit seinen Alliirten entzweien werde; er möge es reiflich überlegen, bevor er sich der Entscheidung der verbündeten Mächte widersetze, jetzt könne er vielleicht noch günstigere Bedingungen als später erlangen. Der Consul soll ihm das Schicksal Napoleons als warnendes Beispiel vor die Augen gehalten haben. Alles aber scheint, gleich den früheren Ermahnungen des Grafen Medem, keinen andern Eindruck auf ihn gemacht zu haben, als ihn zu neuen Vertheidigungsmaaßregeln anzureizen. So verstärkt man seit einigen Tagen die Batterien längs der Küste; ein Lager von 8000 Mann (5000 Beduinen und 3000 Mann Cavallerie) wird in der Nähe zusammen gezogen und die Nationalmiliz mobilisirt; 6400 Türken und Araber haben sich bereits einschreiben lassen. Die Officiere sind ernannt, und Waffen sollen ihnen nächstens ausgetheilt werden. Die Landungstruppen, die sich an Bord der türkischen Flotte befinden, werden täglich am Lande exercirt, und die Kanoniere an die Bedienung der Feldstücke gewöhnt. So bereitet man Alles zu einem hartnäckigen Widerstande vor. Diese kriegerischen Demonstrationen können indessen dem Pascha in Europa nur Schaden bringen, indem sie seine Klugheit, seine Einsicht, die ihm bis jetzt Niemand abläugnete, in ein schiefes Licht stellen; denn, was soll man von einem Manne denken, der sich im Stande glaubt, mit seinen schwachen Mitteln ganz Europa widerstehen zu können? Er hält freilich nur die Engländer für seine Feinde, glaubt, daß nur sie etwas gegen ihn unternehmen würden. Leider hat das französische Cabinet viel dazu beigetragen, ihn in dieser Meinung zu bestärken. Er sagte neulich, er sehe wohl, daß die Engländer wünschten, er möchte, wie einstens der Dey von Algier die Franzosen, sie durch einen Fächerschlag zu seinen persönlichen Feinden machen, dieß werde aber niemals der Fall seyn. Die französische Thronrede hat hier nur wenig Sensation erregt, sie ist hinsichtlich der orientalischen Angelegenheiten zu zweideutig, der Pascha kann daraus nichts Bestimmtes ersehen, sie hat ihn auch eher hartnäckiger gestimmt, denn nach dem, was der französische und der russische Consul ihm seit vierzehn Tagen vorpredigen, war er der Meinung, daß Frankreich sich bestimmter0352 und kräftiger gegen ihn erklären werde. Als ob wir an allem diesem hier noch nicht genug hätten, muß die Pest sich auch noch darein mischen. Sie scheint nur abgewartet zu haben, daß keine Quarantäneanstalten mehr beständen, um sich zu zeigen; zwei Pestfälle wurden vorgestern bestätigt. Die Regierung hat natürlich gleich neue Sanitätsmaaßregeln getroffen, die Compromittirten abgesondert, die genaue Untersuchung der Todten wieder streng anbefohlen, indessen bleibt doch Alles ohne besondere Aufsicht. Es wäre zu wünschen, daß diese Pestfälle zu einer Annäherung zwischen dem Pascha und den Consuls führten, da ja von beiden Seiten doch nur verletzte Eigenliebe die letzten Spaltungen über die Quarantäne-Etablissements herbeiführte. Das erste Regiment der in der Schlacht von Nisib gefangenen Türken, die sich dazu verstanden haben, unter Mehemed Ali im Hedschas Dienst zu nehmen, ist dieser Tage aus Syrien hier angekommen, und sogleich zu Wasser nach Kairo abgegangen. Die türkischen und ägyptischen Matrosen, die Beduinen und die aus Kairo erwarteten Cavallerieregimenter, bringen mit den türkischen Landungstruppen und der Nationalmiliz unsere Besatzung auf beiläufig 50,000 Mann. Mit letztem Dampfboot ist von Marseille der französische Generalconsul in Manilla, Hr. A. Barrot und Gemahlin, hier angekommen, er kehrt über Suez nach den philippinischen Inseln zurück. Nichts Neues aus Syrien; man erwartet das Dampfboot aus Beyrut am 28 d., die ostindische Post am 24 d.

0345

Geschichtliches über Erdbildung.

(Beschluß.)

Es ist eine Hauptaufgabe unserer Zeit, das seltsam verworren aufgeblätterte und mit kolossalen Hieroglyphen beschriebene Buch der Erdrinde zu paginiren und zu entziffern, und sie hat dazu richtig Hand angelegt. Tausende, Berufene und Unberufene, sind überall rastlos an der Arbeit. Unter allen Naturwissenschaften ist Geologie die populärste, diejenige, deren Resultate das allgemeinste Interesse erregen. Sie zählt bei weitem am meisten dilettantische Beförderer. Unzählige, welche im vorigen Jahrhundert Wappen oder Münzen gesammelt hätten, studiren jetzt nach den Medaillen in den Flötzen die Dynastien der Fossilien. Ja, Geologie ist eine fashionable Liebhaberei geworden, und selbst schöne Hände blättern im riesigen Steincodex der Gebirge wie in einem Modejournal, wo in halbverwischten Bildern zu sehen ist, welchen Muschelschmuck die Mutter Erde in einer ungezählten Reihe von Saisons an ihrem feuchten Busen getragen. Es kann nichts natürlicher seyn, als daß in unserer Zeit, bei der praktischen Richtung aller ihrer Bestrebungen, die poetische Temperatur in den Gemüthern sinkt, und es scheint wirklich, als ob ein Theil der Erregbarkeit, welche sonst in der Schwärmerei poetischer Gefühle verpuffte, sich gegenwärtig ruhiger im naturwissenschaftlichen Spiele verzehrte. An Badeorten und auf den Hauptmarschrouten des Tourismus begegnet man häufig Herren und Damen, welche neben dem Skizzenbuch den geologischen Hammer führen. Eine solche Adeptin drückt im Gebirge nicht mehr die ganze große Natur an die klopfende Brust; sie verliert ihr Herz hier an einen Enkriniten, dort an ein Ammonshorn; und statt der begeisterten Ergüsse über die Tinten der Landschaft, den Duft der Ferne, die Gruppirung im Vorgrunde, entfallen den schönen Lippen schwere Worte, Granit, Gneis, Basalt, Todtliegendes, Muschelkalk, Lias, so bunt, wie sie die Natur selbst durcheinander geworfen.

Man kann übrigens eifrig Geologie treiben, ohne recht zu wissen, um was es sich bei dieser Registrirung und Zusammenordnung der Gebirgsarten und ihrer Fossilien eigentlich handelt. Allerdings dringt heutzutage alle Errungenschaft der Zeit an allgemeinen Begriffen und Kenntnissen schnell in die Massen ein, aber sehr ungleichförmig und nur lose haftend. Ein verbreiteter wissenschaftlicher Dilettantismus, der nicht die Substanz einer Wissenschaft in sich aufnimmt, sondern gleichsam nur des flüchtigen Parfums derselben genießt, ist eben einer der hervorspringendsten Charaktere der heutigen Cultur. Früher waren nicht nur die Gewerke zünftig, auch die Geister im Allgemeinen waren es. Das Individuum zog aus der breiten Masse des gebildeten und des sich bildenden Wissens nur die Stoffe an, welche seinem Stande, seiner Beschäftigung, oder seiner speciellen Liebhaberei wahlverwandt waren, und stieß alles Andere ab, das seine innern Kreise nur turbirt hätte. Die große Mehrzahl hing, geistig wie bürgerlich, mit keiner Allgemeinheit der Bildung und der Interessen, sondern nur mit dem Mikrokosmus der Zunft, des Gewerbs, der Kunst, der Facultät zusammen; selbst die sogenannten freien Künste, bis auf die Poesie hinaus, hatten etwas Zunftmäßiges. Der Einzelne war damit beschränkt, aber auch abgerundet, sein Horizont eng, aber desto übersichtlicher; er ruhte sicher im Gleichgewicht seines Könnens und Wissens, das bei verhältnißmäßig breiter Basis nicht hoch hinaufreichte; den lästigen Gedanken, von wie Vielem, was Andere wissen, er gar nichts wisse, wog reichlich das Bewußtseyn auf, daß die speciellen Kunstgriffe und Kenntnisse seines Standes für die andern gleichfalls Geheimnisse, und doch auch in der großen Maschine der Cultur ein unentbehrliches Rad seyen, groß oder klein. So erhielt sich auch der Respect vor fremder Kenntniß und Meisterschaft auf Treu und Glauben, weil jeder voraussetzte, daß seine Virtuosität gleichmäßig Anerkennung finde, und jeder Stand hatte seine Augurn, die vor Laien würdig ihren Ernst zu behaupten wußten. So entstand jene strenge Abstufung der Stände und Bildungsgrade, die sich wie Flötzschichten in ungleichförmiger Lagerung über einander thürmten: ein Profil der Gesellschaft, an dessen Zertrümmerung die merkwürdige geistige Bewegung der neuesten Zeit mit unwiderstehlicher Gewalt arbeitet. Jene starren Gebilde sind, theils auf chemischem, theils auf mechanischem Wege, großentheils bereits aufgelöst und zerschmelzen täglich mehr. Ein Hauptvehikel, das sie im Fluß erhält, ist der Journalismus und die popularisirte Wissenschaft in wohlfeiler Zurichtung. Im geraden Gegensatz zu der frühern Welt lebt jetzt in Unzähligen der Drang, nach allen Seiten lernend über ihre Sphäre hinauszugreifen und sich encyklopädisch ungefähr mit der allgemeinen Cultur im Gleichgewicht zu erhalten; und dieses Bedürfniß und die Mittel der Befriedigung bedingen und steigern einander gegenseitig.

Die mächtige Entwicklung des heutigen Zeitungswesens und der populären Litteratur hat den Effect, als ob alle geistige und materielle Production an belebter Straße, in offener Bude vor sich ginge, und die fertige Waare gleich zu Jedermanns Schau hinter den Scheiben ausgestellt würde. Es gibt fast kein Wissen mehr, das nur in bestimmten Canälen des gesellschaftlichen Körpers flöße, dort im Stillen seine Bildungen durchmachte und erst spät und langsam auf den ganzen Organismus zurückwirkte. Den geistigen Arbeitern wird das Product unter der Hand weggezogen und in alle Welt geführt, und keiner hält selbst damit zurück. Jeder will so schnell als möglich, und so gut er kann, von den Gedanken Aller profitiren; jeder sieht dem Andern in die Karten, und den Augur kann höchstens noch der Diplomat spielen, dessen Geheimniß eben darin besteht, daß er besser als Andere weiß, wie wenig vom Lauf der Welt zu wissen ist.

Einer demonstrirt die Evangelien in das Gebiet der Mythen hinein, ein zweiter erfindet die Kunst, das Licht als Zeichner in Dienst zu nehmen; ein dritter versichert, daß das Einhorn in Afrika wirklich existire, oder daß die Südamerikaner offenbar Blutsverwandte der Chinesen seyen; ein vierter erzählt, was es mit der magnetischen Südpolexpedition für eine Bewandtniß habe, oder wie man endlich dazu gekommen, die Parallaxe eines Fixsterns zu fassen; andere behaupten geradezu, die höchsten, mächtigsten Gebirge seyen just die jüngsten, oder sie entdecken ein neues fossiles Ungeheuer, oder sie beweisen, daß die sinnliche Anschauung Recht gehabt, wenn sie den Basalt für eine alte Lava hielt, und die Theorie unrecht, wenn sie in ihm ein Product des Wassers sah u. s. w. Unzähliges dergleichen wird rasch in die Massen verführt und in vielen tausend Köpfen in die betreffenden Gehirnfächer geworfen, wo dieß und das bald ein leeres Fach findet, bald sich ruhig und träg zum Aggregat der dort bereits liegenden Begriffe gesellt, im guten Fall mit diesen Begriffen eine organische Verbindung eingeht, im schlimmen sie zersetzt. Wir haben hier0346 nicht zu betrachten, welche Bedeutung dieses Flüssiggewordenseyn der Persönlichkeit und des Wissens für die Cultur und die Geschichte hat; wir entwickeln auch nicht, wie das heutige Individuum durch diese Theilung der Aufmerksamkeit, durch dieses Anziehen von geistigem Stoff aus allen Strichen in den einen Beziehungen freier, selbstständiger und kräftiger, in andern dagegen abhängiger und schwächer geworden ist, als der Durchschnittsmensch früherer Generationen. Es ist uns hier nur um die Bemerkung zu thun, daß bei diesem großartigen Encyklopädismus, bei dieser schnellen Verbreitung der Resultate aller Forschung, doch auch heutzutage die populären, landesläufigen Begriffe von einer Wissenschaft hinter dem wirklichen jedesmaligen Stand derselben eine bedeutende Strecke zurückbleiben. Wie die größte Wärme im Jahr erst dann eintritt und die Gewächse erst dann reifen, wenn die Sonne schon längst wieder umgekehrt hat, so ist um hier nur von den Naturwissenschaften zu reden ein System, irgend ein Complex logisch gegliederter Naturansichten immer erst dann in die Vorstellung der Menge und in die populäre Litteratur übergegangen, wenn die Forschung selbst schon längst weiter gerückt ist, und oft eine ganz andere Richtung genommen hat. Die populäre Vorstellung kann aber dabei schon darum nie eine reine seyn, weil sie doch beständig der vorauseilenden Wissenschaft nachrückt und sich dabei verschiebt, indem sie immer zugleich auch einzelne der neuesten Ansichten und Erfahrungen aufnimmt, die dem Gros der gefaßten Ideen nicht selten, ja meist widersprechen. Die Menge, wenn sie von neu gewonnenen Begriffen oder Thatsachen frappirt wird, weiß häufig nicht, welche alte Meinungen sie dagegen aufzugeben hat, und so bildet in jedem dilettantischen Kopfe die betreffende Disciplin eine andere unregelmäßige Figur mit oft seltsam aus - und einspringenden Winkeln.

Dieß ist nun auch bei der modernen und modischen Wissenschaft der Geologie der Fall. Die Ideen von der Entstehung des Reliefs der Erde durch Aufsteigen der sogenannten Urgebirge in geschmolzenem Zustand, von der ruhigen Bildung der Flötzgebirge auf dem Boden des alten Meeres u. s. w. sind allgemein bekannt; sie sind aber bei der Mehrzahl nur auf die alten neptunistischen Ansichten gepfropft und gehen friedlich neben denselben her. Man findet oft im Gespräch mit Gebildeten, daß sie z. B. die Zersprengung und Aufrichtung der früher horizontalen Schichten der Erdrinde durch Gewalt von unten oder durch Einsturz gar wohl gefaßt haben und ganz plausibel finden, dabei aber doch der Erde die Tortur wiederholter Meereseinbrüche nicht ersparen zu können meinen. Besonders fest gewurzelt ist aber die Idee einer letzten allgemeinen Revolution, aus der die Continente nach ihrem jetzigen Umriß hervorgegangen seyn sollten. In Journalen, die für das große Publicum bestimmt sind, und die im Grunde das Publicum selbst schreibt, sieht man Raisonnements in der ältern und in der neueren Vorstellungsweise dicht neben einander, und selbst in Schriften erscheinen oft Begriffe aus der Werner'schen Schule mit solchen, die ihnen geradezu widersprechen, seltsam amalgamirt.

Wenn wir es im Folgenden versuchen, die Gegensätze zwischen der modernen Theorie der Erdbildung und der ältern, ausschließlich neptunistischen scharf hervorzuheben, so müssen wir uns natürlich auf die Hauptzüge beschränken.

Wien.

(Malerei. Zweiter Artikel.)

(Beschluß.)

Bedenkt man, wie die hiesigen Historienmaler, bei höchst sparsamen Bestellungen, auch noch eine unglaubliche Mäßigkeit in ihren Forderungen halten, so sieht man, daß es nur an einem kräftigen Anstoße fehlt, um die rührende Liebe, die sie, selbst unter so drückenden Verhältnissen, für ihren Beruf zeigen, zur hellen Flamme aufzublasen. Durchgeht man die Reihen der Künstler in Wien, die in der Historienmalerei bereits namhafte Werke geliefert haben, so muß man sich wundern, noch so ein namhaftes Häuflein um sich zu erblicken. Ich nenne vor allen den schätzbaren Krafft. Er hat bereits bewiesen, daß er Werke in großem Styl tüchtig durchzuführen im Stande sey. Seine Werke bewähren verständige Anordnung, ernstes Studium, die genaueste Kenntniß der Zeichnung und Perspective, Verschmähung aller Effecthascherei. Was ihnen abgeht, ist der belebende Hauch der Phantasie, der oft Enthusiasmus für Werke erregt, die in Bezug auf ihre Correctheit die Kritik mehr zu scheuen hätten, als es bei Werken Kraffts der Fall ist. *)In Kraffts Sohn erwächst uns ein tüchtiger Kunstlitterator.

Fast das Gleiche läßt sich von Anton Petter als Historienmaler sagen. Seine Zusammenkunft Maximilians II mit der schönen Marie von Burgund, so wie manche Werke im Besitz Ihrer Maj. der Kaiserin-Mutter, beurkunden seinen Beruf. Seine Composition ist verständig, die Ausführung correct und sehr fleißig, die Farbe angenehm, der Gesammteindruck gefällig. Aber die Gruppen sind oft zu akademisch geordnet, der Effect durch Lasuren hervorgebracht und eine Weichheit in der Darstellung vorherrschend, die schärfere Charakterisirung und kräftige Lebendigkeit ermangelt. Als Director der Malerschule der Akademie ist Petter gewiß ganz der Mann, die technische Tüchtigkeit der Schüler durch die ihm inwohnenden reichen Mittel kräftig auszubilden. Weniger dürfte er für den zweiten Theil der Aufgabe in Bezug auf die höhere geistige Richtung, auf die Erweckung und Belebung einer idealeren Kunstanschauung unter den Schülern der Akademie mit gleichen Kräften ausgestattet seyn; auch scheint es nicht, daß dieser vortreffliche und vielfach verdiente Mann auf die ihm zugegebenen Professoren jenen Impuls zu üben vermöge, der, von einem selbsterkannten Standpunkt ausgehend, ihnen diese geistige Entwicklung als letzten Zweck einer Akademie im Gegensatz zur Schule vor Augen stellte.

Johann Ender, Zwillingsbruder des Landschaftsmalers Thomas Ender, sollte eigentlich unter die Porträtmaler gereiht werden, da seine Thätigkeit ausschließlich auf diesen Zweig der Kunst gerichtet war, in dem Johann Ender mit vielem Erfolg arbeitet. Er erscheint indeß unter den Lehrern der Historienmalerei an der Akademie, und so können wir ihn hier nicht füglich unter eine andere Kategorie bringen. Seine Bilder zeichnen sich durch elegante Darstellung und praktische Ausführung, so wie durch Aehnlichkeit aus.

Leopold Kupelwieser ist unter den Professoren der Historienmalerei nebst Führich gewiß derjenige, der am meisten geeignet ist, als Lehrer mit Kenntniß, Liebe und Erfolg zu wirken. Er hat sich in seinen Leistungen ausschließlich auf religiöse Gegenstände beschränkt. Eine aus dieser Richtung hervorgegangene Hinneigung, früher zu altdeutscher Manier, später zu einem ausschließlichen Cultus vorraphael'scher Meister, wie Fra Angelico da Fiesole, hat Kupelwieser in seinen letzten0347 Werken glücklich abgestreift, und obgleich seiner innern Gefühlsrichtung vor wie nach unwandelbar folgend und den in den katholischen Typen vorwaltenden symbolischen Styl festhaltend, zeigt er in ihnen eine freie und breite Behandlung bei tiefem Sinn und Gemüth und strenger technischer Vollendung. Kupelwieser wäre gewiß der Mann zur Ausführung größerer historischer Gemälde, wenn ihm eine angemessene Aufgabe der Art zu Theil würde.

Joseph Führich hatte bereits einen bedeutenden und verdienten Ruf, ehe er seinen Wohnsitz zu Wien aufschlug. Seine Compositionen haben noch mehr Innigkeit und Leben als jene Kupelwiesers, der ihn seinerseits an Farbe und malerischer Technik übertrifft; vielleicht die Folge, daß Führich mehr zeichnete und componirte als malte. Beide Männer sind noch im Steigen, und ihre Thätigkeit erwartet noch günstiger Anlässe von außen, um sich in der ganzen, ihnen inwohnenden Kraft zu entwickeln.

An diese beiden eben genannten schließt sich Steinle, der zu hohen Erwartungen berechtigt, wenn er erst durch umfassende Aufgaben genöthigt ist, aus der ascetischen Beschaulichkeit, die ihn bisher befangen hielt, herauszutreten und seine Kräfte freudiger zu üben. Es soll ihm dadurch nicht zugemuthet werden, dem Ernste seines Strebens zu entsagen.

Joseph Dannhauser ist unstreitig einer der am reichsten ausgestatteten Künstler Wiens. Nachdem Dannhauser sich in früherer Zeit mit Kirchengemälden für die Kathedrale in Erlau nicht ohne Erfolg und jedenfalls mit großem Nutzen für seine Ausbildung beschäftigt hatte, wendete er sich später dem Kreise von Darstellungen zu, für die er ganz besonders geeignet erscheint. Obgleich diese ihrem Gegenstande nach mehr der Genremalerei angehören, erheben sie sich doch durch die nicht gewöhnliche Auffassung, in der eine gewisse poetische Ironie ein Hauptelement bildet, sichtlich in die Sphäre historischer Productionen. Dennoch müssen wir ihm zurufen, sich von dieser Eigenthümlichkeit nicht allzu sehr verlocken zu lassen. In Zeiten scheint er seinen Stoff nicht ganz klar zu überblicken, und sich bei der Ausführung irgend einer launenhaften Zufälligkeit zu überlassen, wo denn aus einem sentimental angelegten Bild in irgend einem Winkel ein Faungesicht hervorguckt und eine Fratze schneidet, welche die Wirkung des Ganzen stört. Dannhauser ist ein junger Mann und im rüstigsten Vorwärtsschreiten.

Schwind, in Wien gebildet, hat sich durch den Antheil, welchen er an der Ausschmückung des Königsbaues in München genommen, bereits einen Namen erworben. Seine Compositionen sind geistvoll und sehr ansprechend. In der Ausführung wird die gleichmäßige Durchbildung und tieferes Studium der Form und Farbe vermißt; daher seine Werke nicht immer jene Wirkung hervorbringen, welche sie nach ihrer genialen Conception und Anlage zu erzeugen berechtigt wären. Schwind ist in diesem Augenblick mit den Cartons zu den Fresken beschäftigt, welche er zu Karlsruhe im Auftrag des Großherzogs zu verfertigen hat.

Ludwig Schnorr v. Karolsfeld, Bruder des durch seine grandiosen Leistungen zu München berühmt gewordenen Meisters, nimmt jedenfalls unter den Historienmalern Wiens einen bedeutenden und ehrenvollen Platz ein, wenn gleich der Styl, in dem er seine Werke ausführt, ihm wenig Anklang im Publicum verschafft. Seine Compositionen sind durchdacht, sie zeigen ein aufmerksames und sorgsames Studium, die Ausführung ist sehr fleißig und die Einzelheiten mit vieler Genauigkeit und Liebe darstellend. Man erkennt in jeder derselben den Künstler von Geist und Bildung. Dennoch vermochten seine späteren Gemälde nicht mehr jene Theilnahme zu erwecken, die z. B. seinem Faust so verdient und in so reichem Maaße zu Theil wurde.

Wir kommen nun zum Porträt, einem Zweig, auf welchen gemeinhin sogenannte Kunstkenner und wohl auch Künstler mit gewisser Vornehmthuerei als auf eine geistlose Brodfrohne herab zu blicken pflegen. Die Geistlosigkeit liegt aber nicht in irgend einem Fache der Kunst, sondern in der Art, es zu betreiben. Das Gemüth des Menschen ist eine unergründliche Tiefe, und da das Gesicht der Spiegel ist, auf welchem das Innere dieses Abgrundes reflectirt, so ist es wohl der Mühe werth, diesen Spiegel zu einem eigenen Studium zu machen. Aus diesem Standpunkt erscheint die Porträtmalerei keineswegs als bloßes gleichgültiges Nachpinseln der Gesichtszüge, sondern als ein Zweig der Kunst, der allerdings ein würdiges Pensum für die Künstler seyn kann.

Wenn ich vom Porträt mit besonderer Beziehung auf Wien spreche, ziemt es, Ammerling zuerst zu nennen, denn er ist Meister in diesem Fach, und waltet hier als Herr in seiner Domäne. Das Interesse, das seine Bilder erregen, besteht indeß nicht in dem Wiedererkennen eines uns nahe gestellten oder bekannten Individuums, sondern in dem Wohlbehagen, welches das Schöne überhaupt hervorzubringen geeignet ist. Daher Ammerlings Studienköpfe, ungeachtet Niemand die Originale kannte, noch sich um ihre Bekanntschaft kümmerte, eben so große, ja noch größere Theilnahme erregten, als die Bildnisse bekannter Personen, bei denen gerade die das Gewöhnliche verschmähende Auffassung Bemerkungen über die oft minder festgehaltene Aehnlichkeit, besonders bei Damen, laut werden ließ. Wenig Künstler belebt ein so ernstes, tiefes Streben als Ammerling, und diese Gluth und Inspiration steigerte sich nicht selten zu Effecten, die einen Schrei des Erstaunens erklärbar machen. Gespartes Licht, aus breiten, dunkeln Massen hervortretend, ist von jeher das Mittel gewesen, um dem Haufen zu imponiren. Ammerlings Köpfe dagegen sind vom Licht umflossen; sie sind nicht bemalte Marmorbüsten, unter ihrer Haut liegt lebendiges Fleisch, fließt warmes Blut. Ammerling spielt mit Effecten, die Andere zur Verzweiflung bringen würden, und nicht leicht dürfte der Versuch oft wiederholt werden, das Porträt einer schönen Dame (der Frau Marchese d'Adda) von rückwärts zu beleuchten, und das Gesicht ganz im milden Halbschatten, bloß im Reflex sehen zu lassen. Dennoch sind es eben diese Lichtspiele, vor welchen der Referent den wackern Künstler am meisten warnen muß. Sie sind nicht das Wesen der Kunst; sie sind ein Scherz, der nicht zu oft wiederholt werden darf, wenn er seinen Werth behalten soll. Einmal entzückte der rosige Strahl, welcher durch eine Purpurgardine auf die Wange eines schlafenden Mädchens fiel, das zweitemal ließ er kalt. Das Porträt also ist, wie wir am Eingang bemerkten, das eigentliche Gebiet Ammerlings. Dieses Gebiet dünkt ihm indeß manchmal zu eng, und er möchte auch als Historienmaler gleiche Kränze erringen; hierzu scheint er aber keinen Beruf zu haben. Er stößt hier auf Hindernisse, welche ihre Erklärung in seiner Bildungsgeschichte finden. Er ist mehr nach außen als nach innen gewendet, und gestaltet mehr von außen hinein, als von innen heraus. Möge sich der edle Ehrgeiz des trefflichen Künstlers beruhigen. Er wird auf seinem eigentlichen Felde nie unbedeutend erscheinen, und eigener Mißstimmung am besten entgehen, wenn er die Reflexion nicht der That folgen, sondern dieser vorausgehen läßt.

Schentzberg verspricht dereinst ein Nebenbuhler Ammerlings zu werden. Einige Porträte, die er in der letzten Ausstellung zeigte, erfreuten sich mit Recht allgemeinen Beifalls,0348 und eine Leda, welcher Naturstudium zum Grunde zu liegen schien, erscheint in der k. Gemäldegalerie, die sie ankaufte, in einem sehr vortheilhaften Lichte.

Schon lange war ich versucht, einen Namen zu nennen, der eigentlich bei jedem, bis jetzt behandelten, Kunstfache anzuführen gewesen wäre, da er eine Art von Polyhistor in der Malerei ist. Waldmüller ist Landschafter, Genre -, Stillleben - und Blumenmaler, doch ist das Porträt wohl seine Hauptbeschäftigung. Wenige Künstler dürften sich durch Copiren älterer Meister der verschiedensten Art eine solche universelle technische Fertigkeit angeeignet haben. Auf gleiche Weise malte er nach der Natur mit einer Sicherheit, als wäre sie ein kalligraphisches Vorlegeblatt, mit einer Nettigkeit und Vollendung, als wäre sie das Resultat vielfältiger Retouchen, ungeachtet Alles a la prima hingesetzt wurde. So hat er sich eine Weise angeeignet, nach der er den zu malenden Gegenstand nie in seinen Hauptmassen und Tönen unterlegt, sondern musivisch in seinen einzelnen fertig ausgemalten Theilen zusammensetzt. Hierdurch erreicht er zwar vorzügliche Reinheit der Farbe, aber die partielle Auffassung bringt nicht selten Gebrechen in der Tüchtigkeit der Zeichnung hervor und streift das Geistige von den dargestellten Gestalten. In Bezug auf technische Vollendung dürften die Waldmüller'schen Bilder leicht den Vorzug vor allen gleichartigen Leistungen haben; sein Stillleben, Früchte, Silbergeschirr etc. sind von erstaunlicher Wahrheit. Als Lehrer Waldmüller ist Professor und Custos an der Akademie, wird er tüchtige Praktiker bilden; seine Methode legt aber dem Geiste Fesseln an, und doch ist es nur die geistige Belebung, die den Künstler macht, wenn die Regel der Schule mit dem Handwerk fertig geworden.

Daffinger ist unter den Porträtmalern vielleicht der genialste. Er beschränkt sich indessen bloß auf Miniaturen in Wasserfarben und Oel. Seine Leistungen sind oft wahre kleine Meisterstücke.

Robert Thär und Kriehuber sind noch als Miniaturmaler zu erwähnen. Beide beschäftigen sich auch mit der Lithographie. Kriehuber malt meist Aquarell-Bilder; sein Vortrag ist höchst elegant und seine Arbeiten daher gesucht. Man wirft ihm nicht mit Unrecht vor, daß er die Gesichter zu sehr in die Länge zieht; auch übereilt er sich häufig bei der Zeichnung von Armen und Händen, und thut dadurch seinen oft trefflichen Arbeiten Abbruch. In neuester Zeit hat er sich mit Glück und Erfolg in landschaftlichen Studien versucht.

Ich enthalte mich, den Dilettantismus, der in Wien übrigens wahrhaft bedeutende Talente aufzuweisen hat und hier allerdings Erwähnung verdiente, in den Kreis dieser Betrachtungen zu ziehen, da er ein Recht hat, zu fordern, daß er außer der Kritik stehe, die nur öffentliche Leistungen zu beurtheilen Fug hat; dennoch kann ich diese Zeilen nicht schließen, ohne zweier Frauen Erwähnung zu thun, die über die Gränze hinausragen, die man gewöhnlich dem Dilettantismus zieht. Ich thue dieß auf die Gefahr hin, die stille, ich möchte fast sagen, schüchterne Bescheidenheit zu verletzen, in die sich beide Künstlerinnen mit ächt weiblicher Zartheit hüllen. Jeder, der die seelenvollen und meisterhaft ausgeführten Aquarell-Porträts der geistreichen Frau von Brevillier, geb. von Henikstein, und die Blumen sah, welche der Pinsel der sinnigen Frau v. Schmerling, geb. Freyin Kudelka erschuf, wird die Ueberzeugung gewonnen haben, daß ihre Leistungen zu dem Besten in dieser Art gezählt werden dürfen.

Die Gesetzgebung in Luxemburg.

In seiner Nummer vom 12 Jan. d. J. enthält der Deutsche Courier einen Artikel über den bei Gelegenheit der Berathschlagungen über einige Finanzmaaßregeln stattgefundenen Verhandlungen zwischen der niederländischen Regierung und den Generalstaaten. Diese dienen dem Verfasser zur Einleitung, um über die Abschaffung des Grundgesetzes für Luxemburg zu sprechen. Seine Arbeit liefert jedoch von neuem den Beweis, wie oft die niederländischen Angelegenheiten aus Unkunde falsch beurtheilt werden. Es liegt klar am Tage, daß der Verfasser dieses Artikels mit dem Sinne des in Niederland bestehenden Grundgesetzes völlig unbekannt ist, da er seine Behauptung auf Artikel desselben stützt, die bloß auf die innere Verwaltung und Dienstordnung Beziehung haben, und diejenigen, welche wirklich von politischer Bedeutung sind, gänzlich übersieht. Aus dem ersten Artikel des Grundgesetzes aber geht deutlich hervor, daß Luxemburg, wiewohl unter derselben Souveränetät wie das Königreich der Niederlande stehend, nie ein integrirender Theil dieses Staats war, indem die Gränzen der beiden Länder in diesem Artikel als ganz von einander abgeschieden bezeichnet werden, und ausdrücklich gesagt wird, daß das Großherzogthum Luxemburg dasselbe Grundgesetz wie das Königreich der Niederlande haben würde, mit Vorbehalt seiner Beziehungen zum deutschen Bunde. Aber eben jene Beziehung machte es gleich von vornherein unmöglich, Luxemburg dieselben politischen Rechte zu geben, welche Niederland hatte. Niederland z. B. hat ganz unbeschränkt freie Presse, in Luxemburg galt das Preßgesetz des deutschen Bundes. Die niederländische Miliz kann ohne Bewilligung der Generalstaaten nicht über die Gränzen geschickt werden, auf die Luxemburger Miliz konnte dieß keine Anwendung finden, sie folgte der Bundesarmee in vorkommenden Fällen. Will der Verfasser sich die Mühe nehmen, die Gesetze des deutschen Bundes mit dem niederländischen Grundgesetze zu vergleichen, so wird er dergleichen wichtige Abweichungen noch viele finden. Dieß hinderte aber nicht, daß jenes Grundgesetz bis zu dem Jahre 1830 auch in Luxemburg Anwendung fand, so weit dessen verschiedene Lage es zuließ, und in der damaligen Territorialverbindung mit Niederland lag auch ein sehr gültiger Grund, diese Anwendung zur Beförderung des Interesses beider Länder eintreten zu lassen. Völlige Gleichheit der Gesetzgebung bestand aber nie, denn in Luxemburg war das französische Gesetzbuch fast unverändert beibehalten worden, während es in Niederland früher modificirt wurde. Die belgische Revolution jedoch, welcher sich das Großherzogthum, mit einziger Ausnahme der Stadt Luxemburg anschloß, schaffte das Grundgesetz, auch in den Punkten, wo es bis dahin zur Anwendung gekommen war, durch die That ab, und dieser Zustand ist durch die Londoner Tractate vom 19 April v. J. so sanctionirt worden, daß es keinem Unbefangenen mehr einfallen wird, die fortdauernde Gültigkeit dieses Grundgesetzes seit 1830 noch behaupten zu wollen. Die Territorialtrennung hat die Abschaffung befestigt, indem dadurch die Interessen Luxemburgs sowohl in materieller als politischer Hinsicht so ganz andere geworden sind, daß es nun rein unmöglich geworden ist, ohne Verletzung aller jetzt bestehenden Verhältnisse dasselbe dort wieder einzuführen. Die Bemerkung, die wegen des Herzogthums Limburg gemachten Bestimmungen bewiesen, daß in einem Bundesstaate das niederländische Grundgesetz ohne Hinderniß bestehen könne, sagt daher gar nichts, da das territorial mit dem Königreiche der Niederlande verbundene Herzogthum Limburg sich nunmehr in der Lage wie früher Luxemburg befindet und in seinen0349 Interessen auf das innigste mit Niederland verbunden, daher auch dessen Grundgesetz, so weit es die Beziehungen zum deutschen Bunde gestatten, dort anwendbar ist. Was die Beschwerde betrifft, daß die Luxemburger jetzt zur Belohnung ihrer Treue und Anhänglichkeit an ihren legitimen Souverän der constitutionellen Wohlthaten beraubt werden, so ist diese, wenn wir selbst annehmen wollen, daß der Verfasser in gutem Glauben sprach, völlig ungegründet, da der König-Großherzog schon in seiner Proclamation bei der Wiederbesitznahme die Zusicherung ertheilt hat, daß er dem Lande eine seinen dermaligen Verhältnissen und Beziehungen angemessene Verfassung geben werde, und mit Beziehung hierauf auch bereits jetzt in der Organisation der oberen Verwaltungs - und Justizbehörden auf diese Zusicherung Rücksicht und nachmals ausdrücklich der Vorsatz ausgesprochen worden, dem Großherzogthum eine Ständeversammlung zu geben. Jedem Vernünftigen aber wird und muß es einleuchten, daß man mit Einberufung einer Ständeversammlung und Erlassung eines Grundgesetzes nicht anfangen könne in einem Lande, das seit neun Jahren beinahe gar keine Regierung hatte, und worin es nur der angestrengtesten Bemühung gelang, eine gänzliche Anarchie zu verhüten, und einen, wenigstens einigermaßen geregelten Dienst einzuführen. *)Obiger, wie es scheint aus sehr competenter Quelle kommende Artikel bestätigt doch nur die Angabe deutscher und einiger holländischen Blätter, daß Luxemburg vom niederländischen Grundgesetz ausgeschlossen, und dafür mit Provincialständen bedacht werden soll.

Die Mächte und die Pforte.

Allem Anschein nach neigen sich die Angelegenheiten des Orients zur Entscheidung: Rußland und England befinden sich in einer Lage, daß sie nicht mehr länger müßig zusehen können. Frankreich, das den augenblicklichen Stand der Dinge erhalten will, wird bei Seite geschoben, und das österreichische Kabinet strebt umsonst, noch einen Mezzo Termine zu finden, der einen alsbaldigen Bruch verhindern könnte. Rußland hält seine Flotte und Armee bereit, den übermüthigen Vasallen der Pforte zu demüthigen, England läßt durch seinen neuen Generalkonsul in Alexandrien, Oberst Hodges, dem Vicekönig mit Coercitivmaaßregeln drohen, beide sind bereit, der Pforte wieder Syrien und den Taurus zu verschaffen, und diese, verblendet durch den alten Stolz auf Stambuls Herrschaft, will nicht anerkennen, daß die Kraft des Reichs jetzt auf Mehemed Ali ruht, sie glaubt, ihre Ehre und ihr Vortheil hänge daran, daß sie wiederum in den Besitz Syriens gelange, und blickt auf England und Rußland, die ihr um die Wette denselben versprechen, während Frankreichs Gesandter scheel angesehen wird. Wenn irgendwo, so paßt hier das Wort: la fatalité les entraîne. Rußland hat Mehemed Ali's Macht benützt, um die der Pforte zu brechen, jetzt ist Mehemed Ali selbst zu bedeutender Macht herangewachsen, und nun soll ihn die Reihe treffen. Aber er hat sich im Taurus festgesetzt, sein Einfluß ist in Kurdistan herrschend, seine Emissäre sind thätig unter der mohammedanischen Bevölkerung des russischen Transkaukasiens, und selbst schon mit den Völkern des östlichen Kaukasus, fanatischen Moslems, sollen Verbindungen angeknüpft seyn. Zögert Rußland noch einige Zeit, so hat es mit den lesghischen Stämmen im Kaukasus, mit den sunnitischen Tataren in Schirwan und Karabag und mit den zahlreichen, unbändigen Kurdenschwärmen einen Kampf zu bestehen, der im geringsten Falle seine Kräfte in Asien lähmt, die Macht Mehemed Alis steigert, und vielleicht der Pforte Zeit gibt, sich aufzuraffen. Die Nachrichten häufen sich, daß die Kurdenhäuptlinge Ibrahim Pascha eingeladen haben, sich an ihre Spitze zu stellen, Rußland darf also um seiner Selbsterhaltung willen nicht mehr zögern, ja es kann sich veranlaßt sehen, die Dardanellenfrage und den Vertrag von Hunkiar-Skelessi für den Augenblick ganz fallen zu lassen, überzeugt, daß ihm Konstantinopel von selbst zufallen muß, wenn es ihm gelingt, Mehemed Ali auf die Südseite des Taurus zurückzuwerfen, und so mit im ganzen östlichen Theil von Kleinasien Meister zu werden. Für England aber macht es die um sich greifende antienglische Bewegung in Asien zur immer dringendern Nothwendigkeit, sich der Landenge von Suez zu bemächtigen. Der abermalige Zug der Perser gegen Herat und der Uebertritt dieses Fürsten auf die persische Seite sind allein schon so bedeutende Thatsachen, daß England nicht mehr länger zögern kann, sich den Weg über Aegypten zu sichern. Für beide Mächte ist somit die Nothwendigkeit gegeben, den Vicekönig zu demüthigen, und sie ermangeln nicht, dieser Nothwendigkeit das Ansehen von Eifer für die Macht und Würde des Sultans zu geben. Wenn England stillschweigend oder in einem offenkundigen Vertrage Rußland den Zug in Kleinasien gegen den Vicekönig unternehmen läßt, und noch durch einen gleichzeitigen Angriff in Syrien, Aegypten oder vom rothen Meere her Vorschub thut, so erklärt es eben damit, daß es der Nothwendigkeit, seinen ostindischen Besitzungen zu Hülfe zu kommen, alle weiteren Rücksichten nachsetzt, eben so wie Rußland, um dem nähern und drohenderen Feind in Kurdistan zu begegnen, vielleicht für den Augenblick die Dardanellenfrage fallen zu lassen scheint. Diese hat darum ihre Wichtigkeit nicht verloren, sie ist nur vertagt: Rußland hofft durch Siege in Hocharmenien und Kurdistan seine Macht und seinen Einfluß in der Türkei und in Konstantinopel so zu steigern, daß ihm diese Beute nicht entgehen kann, England aber meint, mit und durch die türkische Regierung und durch eine mächtige Flotte den wichtigen Punkt des Bosporus behaupten zu können. Welcher von beiden sich täuschen wird, das kann nur der Erfolg, das Kriegsgeschick, lehren.

Wie es Rußlands und Englands immer dringenderes Interesse ist, sich Mehemed Ali's zu entledigen, und also zu Gewaltmaaßregeln zu schreiten, so ist es Oesterreichs und Preußens entschiedenes Interesse, eben diese Gewaltmaaßregeln, und dadurch den Krieg zu vermeiden, aber unglücklicherweise fehlen ihnen hiezu alle directen Mittel. Nur Frankreich besitzt diese, allein um sie in Anwendung zu bringen, muß es eine entschiedenr Sprache führen, sich offen aussprechen, und sich in Bereitschaft setzen, nöthigenfalls seinen Worten mit Gewalt der Waffen Gehör zu verschaffen. Aber zu solchen extremen Schritten ist fürs erste weder Frankreich, noch England geneigt, und man findet es bequemer, jetzt noch einen heimlichen Krieg zu führen: England hetzt in Spanien die Exaltados gegen die Frankreich auf, und schürt das Feuer des Parteikampfes in Frankreich selbst, während dieses England in Aegypten Hindernisse bereitet, in Südamerika seinen Handel zu lähmen sucht, und durch seine Sendlinge die Chartisten in den Waffen übt. Das sind die Vorspiele des offenen Kampfs, der nicht ausbleiben kann, wenn Frankreich auf seinem Entschlusse beharrt, Mehemed Ali mit Rath und That gegen England beizustehen. Alle Nachrichten stimmen zusammen, daß gegen diesen auf irgend eine Art eingeschritten werden soll, aber wie, darüber weiß außer den Eingeweihten niemand etwas anders, als daß Rußland von Armenien her gegen ihn agiren werde. Es fehlt nicht an Engländern, welche behaupten, daß man zwar den Hafen0350 von Alexandria nicht forciren, aber durch einige hineingeworfene Brandraketen die Flotte leicht vernichten könne. Allerdings; aber dann wäre nur die Thorheit von Navarin wiederholt, wo man auch die Flotte zusammenschoß, die dem türkischen Reiche im Kriege von 1828 bis 1829 sehr zu statten gekommen wäre. Mehemed Ali hat klüglich die ägyptischen Schiffe so mit den türkischen untermischt, daß man unmöglich die einen ohne die andern zerstören kann, und hat jetzt auch die Mannschaft unter einander gemengt, um zu zeigen, daß hier nur Eine Flotte sich befinde, die auf seinen, des Vicekönigs Befehl, handle, der jetzt noch die einzige Stütze des sinkenden türkischen Reichs und eben so auch der letzte Kämpfer für den bedrohten Islam sey. Diese Stellung wird Mehemed Ali behaupten, und wenn man ihn angreift, so hat er ein leichtes Mittel an der Hand, den Streit von sich abzuwenden. Er ist den beiden Mächten, England und Rußland, ein Dorn im Auge, aber er ist auch die letzte Schranke, die sie auseinander hält; ist seine Macht gebrochen, dann stehen sie sich unmittelbar gegenüber. Aber es gibt noch einen Punkt, über den er noch nicht Herr ist, den er aber jeden Augenblick bedrohen kann, und um den der Kampf zwischen England und Rußland unmittelbar entbrennen müßte: dieß ist Konstantinopel. Bricht Ibrahim Pascha gegen diese Hauptstadt auf, und entsteht in Konstantinopel ein gewiß von vielen türkischen Großen selbst unterstützter Aufstand zu seinen Gunsten, so muß Rußland einschreiten, denn es kann, wie die Sachen nun einmal stehen, eine neue Kräftigung der Türkei durch Mehemed Ali nicht dulden: erscheint aber ein russisches Heer vor Konstantinopel, so ist auch der Krieg gegeben; man wird sich demnach wohl besinnen, ehe man Mehemed Ali nöthigt, zu einem so extremen Schritt zu greifen. Sind diese Vordersätze richtig, so wird man von selbst zugestehen, daß alle Pacificationsvorschläge zwischen Mehemed Ali und der Pforte reine Spiegelfechterei sind, denn es handelt sich gar nicht mehr um einen Streit zwischen Mehemed Ali und der Pforte, sondern um die Verhältnisse Rußlands und Englands zu Mehemed Ali und in Asien überhaupt. Diese führen unvermeidlich zum Krieg, und es kommen dabei nur zwei Fragen in Anregung: nimmt Frankreich seine Beiseitsetzung geduldig hin, ohne Mehemed Ali thätiger zu unterstützen und dadurch den Bruch mit England unheilbar zu machen, und zweitens: können Oesterreich und Preußen Mittel finden, Mehemed Ali am Vorrücken nach Konstantinopel zu hindern, wenn man ihn wirklich angreift, oder mit andern Worten, können sie England abhalten, Mehemed Ali von der europäischen Seite her anzugreifen? Ein Angriff Englands von dieser Seite her möchte kaum einen raschen glücklichen Erfolg haben, ob aber nicht ein Angriff von Indien aus im rothen Meere, das ist eine andre Frage; ein solcher Angriff könnte vielleicht auch dem Kampf seinen asiatischen Charakter noch auf einige Zeit lassen.

[464]

Am 3 Dec. 1839 starb zu Birenback, im Herzogthum Schleswig, der Architekt August Flügge. Augenblicklich dort mit dem Ausbau von Gutsgebäuden beschäftigt, unterbrach plötzlich ein Lungenschlag sein rastloses Streben, und entriß ihn seiner tief betrübten Familie und zahlreichen Freunden, welche mit vollem Rechte in ihm den vortrefflichen Menschen, so wie den ausgezeichneten Künstler verehrten. Er war der Sohn des unter seinen Zeitgenossen noch rühmlichst bekannten Botanikers Dr. Johannes Flügge, der auch leider viel zu früh den Wissenschaften und den Seinigen entrissen ward. Seine tief betrübte Wittwe trauert nun auch an dem frühen Grabe eines wahrhaft hoffnungsvollen Sohnes. Hamburg, am 2 Januar 1840

[477]

Bekanntmachung.

In Sache des Gemeindevorstehers Michael Linhardt zu Grafenrheinfeld gegen den Maschinisten de Guise aus Marseille, Vertragserfüllung betreffend, wird Tagfahrt zur Abnahme des dem Beklagten zugeschobenen und von ihm acceptirten Haupteides in Gemäßheit Bescheides vom 19 September v. J. auf Donnerstag den 7 Mai, Vormittags 11 Uhr, Geschäftszimmer Nr. 26 des unterfertigten Gerichts, anberaumt, und Beklagter, dessen gegenwärtiger Aufenthaltsort unbekannt ist, hiezu edictaliter und zwar unter Androhung des Präjudizes vorgeladen, daß im Falle seines Nichterscheinens angenommen werden würde, als wolle oder könne er nicht schwören, worauf sodann weiter ergehen soll, was Rechtens ist.

Res. Schweinfurt, den 5 Februar 1840

Königl. Kreis - und Stadtgericht.

Seuffert, Director.

Degner.

[286-88]

Bekanntmachung.

Die Geschwister Georg und Katharina Scheller, Kinder des verlebten Schullehrers Georg Scheller zu Brück, welch ersterer als Bäckergeselle im Jahre 1801, letztere 1814 sich von ihrer Heimath entfernt hat, haben seitdem über ihr Leben und Aufenthalt keine Nachricht gegeben.

Auf Antrag der nächsten Verwandten ergeht daher an Georg und Katharina Scheller und deren etwaigen Leibeserben die Aufforderung, sich binnen sechs Monaten a dato bei dem unterfertigten Landgerichte anzumelden, und das in 141 fl. 52 kr. für jeden Theil bestehende Vermögen in Empfang zu nehmen, widrigenfalls dieselben für verschollen erklärt werden und das Vermögen an die nächsten Erben ohne Caution hinausgegeben wird.

Dettelbach, den 24 Januar 1840

Königlich bayer. Landgericht.

Halbig.

Pfister.

[434-36]

Aufforderung.

Weber Georg Weißer von Mönchweiler hat gegen seine Ehefrau Maria, geborne Rosenfelder von dort, eine Ehescheidungsklage erhoben, die sich darauf gründet, daß seine Ehefrau im Monat December 1835 sich heimlicher Weise von ihm entfernt, zufolge der eingegangenen Nachrichten wahrscheinlich nach England0351 oder Amerika sich begeben hat, und seit der Zeit nicht mehr zurückgekehrt sey. Die Maria Weißer, geb. Rosenfelder, wird daher aufgefordert, sich innerhalb 6 Monaten, von heute an, anher zu stellen und auf die Ehescheidungsklage vernehmen zu lassen, widrigenfalls weiters verfügt werden wird, was Rechtens ist.

Villingen, den 28 Januar 1840

Großherzoglich badisches Bezirks-Amt.

Haagen.

vdt. Hegele.

[465]

In der C. Gerold'schen Buchhandlung in Wien ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben, so wie auch durch H. F. Favarger, Buchhändler in Triest, zu beziehen: Jahrbücher der Litteratur. Achtundachtzigster Band. 1839. October. November. December. Wien, gedruckt und verlegt bei Karl Gerold.

Inhalt des 88sten Bandes.

Art. I. Ueber die Entstehung, das Alter und die früheste Geschichte der Städte Berlin und Köln. Von K. D. Klöden. Berlin 1839. Art. II. La France, tableau géographique, statistique et historique, suivi du précis de l'histoire de la langue et de la litterature nationales, et d'un coup d'œil sur l'état de la philosophie en France et sur l'école française des beaux arts, par MM. Artaud, Dufau, Lafaye, Miel, Mlle. Ozenne, MM. Schnitzler et Simonde de Sismondi. Paris 1839. Art. III. Characterismi Principum Philosophorum veterum, Socratis, Platonis, Aristotelis. Ad criticam philosophandi rationem commendandam. Scripsit Ph. Guil. van Heusde. Amstelodami 1839. Art. IV. Tesoro del Teatro Espagnol, por Don Eugenio de Ochoa. Tomo segundo y tercero. Teatro de escogido Lope de Vega y Calderon de la Barca etc. (Fortsetzung. ) Art. V. 1) Saggi in verso e in prosa di Letteratura Spagnuola, dall 'origine di quella lingua sino al secolo XIX. Con aggìunta di poesie volgarizzate da altre lingue. In Como 1835. 2 ) Romancero del Cid. Traduzione dallo Spagnuolo di Pietro Monti, con illustrazioni. Milano 1838. 3 ) Amare dopo la morte. La devozione della croce. L'aurora in Copacabana. Commedie di Calderon de la Barca. Traduzione di Pietro Monti. Milano 1838. Art. VI. History of the inductive sciences from the earliest to the present times. By W. Whervell. In three Volumes. London, 1837 (Schluß). Art. VII. Uebersicht von neunzehn Reisen in der Türkei. (Schluß. ) Art. VIII. 1) On the explanation of the Indo-Scythic legends of the bactrian Coins, through the medium of the Celtic. By Dr. J. Swiney. Journal of the Asiatic Society of Bengal. February 1837. 2 ) Specimens of Hindu Coins descended from the Parthian type and of the ancient Coins of Ceylon. By James Prinsep. Journ. of the As. S. Apr. 1837. 3 ) The legends of the Saurahstra group of Coins deciphered. By J. Prinsep. I. c. Mai 1837. 4 ) Saurahstra Coins. I. c. April 1838. 5 ) Additions to Bactrian Numismatics, and discovery of the Bactrian Alphabet. By J. Prinsep. I. c. July 1838. 6 ) Graeco-Bactrian Coins. By Prof. Wilson. The Numismatic Journal edited by J. Y. Akerman. London, January 1838. Art. IX. Johann Ladislav Pyrkers sämmtliche Werke. In Einem Bande. Neue, durchaus verbesserte Ausgabe. Mit dem Bildnisse des Verfassers. Stuttgart und München 1839.

Inhalt des Anzeige-Blattes Nr. LXXXVIII.

Hammer-Purgstalls morgenländische Handschriften (Schluß). Engelhart und Engeltrut, von Konrad von Würzburg. Entstehung und Verfall der berühmten, von König Matthias Corvinus gestifteten Bibliothek zu Ofen. Ein Beitrag zur Litteraturgeschichte, von P. A. Budik, k. k. Bibliothekar. Register.

[282-85]

Bekanntmachung.

Bei der am 1 Julius 1834 eingeführten neuen Ordnung für das hiesige Kaufhaus fanden sich bei Aufnahme der Inventur folgende Gegenstände vor, deren Eigenthümer bisher nicht ermittelt werden konnten:

Es werden nun hiemit alle diejenigen, welche an diese Gegenstände irgend welche Ansprüche zu machen haben, aufgefordert, dieselben binnen drei Monaten vom Tage der Bekanntmachung an bei der Direction des hiesigen Kaufhauses geltend zu machen, widrigenfalls die Gegenstände der Direction des Kaufhauses als herrenloses Gut zur beliebigen Verfügung überlassen würden. Zürich, den 13 Januar 1840

Im Namen des Bezirksgerichtes, der Gerichtsschreiber Dr. Schauberg.

0352

[255]

So eben ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben, in der Matth. Rieger'schen Buchhandlung zu Augsburg und Lindau: Beschreibung des Verfahrens bei dem Pressen des Torfes und der dabei verwendeten verschiedenen Maschinen, von Lord Villoughby de Eresby. Deutsch bearbeitet vom Professor J. A. Schubert. Mit 8 Abbildungen. gr. 8. brosch. 9 gr.

Arnold'sche Buchhandlung in Dresden und Leipzig.

[444]

Bis zur Michaelis-Messe dieses Jahres haben wir die nachstehenden Werke des in der Militärlitteratur so rühmlich bekannten Hrn. Verfassers im Preise so bedeutend herabgesetzt, daß die Anschaffung jetzt einer jeden Bibliothek möglich gemacht ist: Bismark, Generallieutenant Graf von, die königl. preuß. Reiterei unter Friedrich dem Großen, oder der General der Cavallerie Frhr. v. Seydlitz. Mit einem Portrait und drei Schlachtplanen. 1837. 8. geh., früher 1 Rthlr. 18 gr. od. 3 fl. rh.

Herabges. Preis nur 21 gr. oder 1 fl. 30 kr. rhein.

die kais. russische Kriegsmacht im Jahr 1835, oder meine Reise nach St. Petersburg. Mit 3 Stahlstichen. 8. geb. früher 1 Rthlr. 18 gr. od. 3 fl. rh.

Herabgesetzter Preis nur 21 gr. oder 1 fl. 30 kr. rhein.

Alle Buchhandlungen Deutschlands sind in Stand gesetzt, diese herabgesetzten Preise einzuhalten.

Karlsruhe, den 1 Februar 1840

Creuzbauer'sche Buchhandlung.

[475]

Zur Nachricht.

Ueber das sogenannte Wasserglas.

Mit Bezug auf die im Kreis-Intelligenzblatt Nr. 39 enthaltene Bekanntmachung der k. Regierung von Mittelfranken vom 13 November v. J. zeige ich hiemit an, daß die von dem k. Oberbergrath und Akademiker Dr. Fuchs herausgegebene Abhandlung über ein neues und nutzbares Product aus Kieselerde und Kali in meinem Verlag erschienen, und für 36 kr. durch alle Buchhandlungen auf Bestellung zu erhalten ist.

Nürnberg, den 22 Januar 1840

Joh. Leonh. Schrag.

[469-70]

Vacante Stelle.

In eine Droguerie-Handlung der Schweiz wird ein Magazinier gesucht, im Alter von 24 bis 30 Jahren, der mit ganz gründlicher Waaren-Kenntniß unausgesetzte Thätigkeit verbindet und gute Empfehlungen aufzuweisen hat.

Wer mit diesen Eigenschaften versehen sich um die Stelle bewerben mag, wolle es in frankirten Briefen an die Expedition dieser Zeitung, unter Aufschrift A B thun, und dabei bemerken, wo man die nöthigen Erkundigungen über ihn einziehen kann.

[42]

In der Unterzeichneten ist so eben erschienen und an alle Buchhandlungen versandt worden: Cours de littérature française, par A. Peschier, Professeur de littérature française et anglaise à l'université de Tubingue, et membre de plusieurs sociétés savantes.

gr. 8. Preis 3 fl. 36 kr. oder 2 Rthlr. 6 gr.

Das oben angekündigte Werk wird jeden, welcher sich in Deutschland mit der französischen Sprache und Litteratur beschäftigt und an den Erscheinungen derselben Antheil nimmt, ohne Zweifel sehr erfreuen. Endlich besitzen wir eine Geschichte der Litteratur unserer Nachbarn, die weder eine trockene Darstellung des Gegenstandes ist, wie allzuoft in den sogenannten Résumés, und noch weniger eine ganze Bibliothek an und für sich bildet, wie der Cours des Hrn. Laharpe, welcher aus beinahe zwanzig Bänden besteht. In diesem neuen Cours de littérature française sehen wir, wie sich der nationelle Geist der Franzosen nach und nach ausgebildet, und durch die Reihe der aufeinander folgenden genialen Menschen können wir die von seinen ausgezeichnetsten Schriftstellern ausgedrückten Gedanken dieses Volkes studiren.

Uebrigens bittet Hr. Peschier in seinem Werke, daß man darinnen ja nicht suchen wolle, was ihm nie einfiel hinzusetzen, und hält es für seine Pflicht, den Leser darauf aufmerksam zu machen, daß dieser Cours nichts weniger seyn soll, als ein in das Kleinste ausgedehntes Verzeichniß der französischen Litteratur seit deren Anfange bis zu unserer Zeit, sondern ein unparteiisches und gerechtes Urtheil über die berühmtesten Schriftsteller, die in Frankreich geboren sind. Wird es ihm vorgeworfen, daß man mehrere solche, welche in der Geschichte der intellectuellen Entwicklung dieses Landes gewöhnlich erscheinen, bei ihm vermißt, so behauptet er, ein litterarischer Name habe keinen Werth, wenn er nicht einen neuen Gedanken, etwas Eigenthümliches, Individuelles vorstellt, und die sklavische Heerde der Nachahmer (imitatorum servum pecus) keinen andern Anspruch machen darf, als auf einen Platz in dem bibliographischen Wörterbuch, worin so manche Afterkönige der Litteratur in ungestörter Vergessenheit ruhen.

Mehrere Schriftsteller, die in Deutschland sehr wenig oder vielmehr gar nicht bekannt sind, werden in diesem Cours erwähnt; andere sind von dem Hrn. Verfasser auf eine ihm ganz eigene Weise dargestellt, z. B. Voltaire, welchem ein bei weitem größerer Raum vergönnt ward als den andern, und V. Hugo, den seine Verehrer vielleicht als allzustreng beurtheilt betrachten werden. Da die Meinungen des Hrn. Verfassers über mehrere französische Schriftsteller denjenigen geradezu widersprechen, welche in Deutschland sowohl als in Frankreich ziemlich allgemein verbreitet sind, so wird der litterarische Parteigeist mit diesem Werke vielleicht hart umgehen. Doch wird es, trotz seiner etwa paradoxen Behauptungen von Jedermann als ein sehr nützliches Werk anerkannt werden, und als solches nehmen wir uns die Freiheit, jedem Institut und allen Lehrern der französischen Sprache und Litteratur dieses neue Product des Verfassers der Histoire de la littérature allemande zu empfehlen.

Stuttgart und Tübingen, Oct. 1839.

J. G. Cotta'sche Buchhandlung.

[375]

So eben erschien bei uns: Praktische Arzneimittellehre für Thierärzte von Dr. C. H. Hertwig, Professor an der Thierarzneischule in Berlin etc. etc. 62 Bogen gr. 8. geh. 4 Rthlr.

Zweite vermehrte und verbesserte Auflage.

Berlin, 1840

Veit & Comp.

[322-24]

Verkauf einer Tuchfabrik.

Von einer Actien-Gesellschaft wird eine vollständig eingerichtete und fortan in schwunghaftem Betriebe befindliche Tuchfabrik gegen annehmbaren Preis zu veräußern gesucht. Das Etablissement ist in einer der ersten Provincialstädte des südlichen Bayern begründet und ohne erschwerende Concurrenz mit nahegelegenen gleichartigen industriellen Instituten, bieten ihm eine mehr als erforderliche Auswahl tüchtiger Arbeiter aller Art und eine durch ihre Wohlhabenheit dem Absatz der Fabricate sehr günstige Umgebung Vortheile dar, welche einer entsprechenden Verwaltung den lohnendsten Gewinn um so mehr garantiren, als auch für den Einkauf der Rohproducte nahe Märkte allenthalben offen stehen.

Die theils innerhalb, theils nahe den städtischen Ringmauern gelegenen Gebäude befinden sich in einem eben so soliden baulichen Zustand, als sie Räumigkeit genug besitzen, um für die großartigste Geschäftsausdehnung zu dienen.

Spinnerei -, Weberei - und Decatirmaschinen, nach den erprobtesten neuesten Erfindungen, sind in den Fabriksälen in reicher Anzahl aufgestellt.

Eine damit in unmittelbarer Verbindung stehende eigene Färberei erhöht diese Einrichtung zu einem vollständigen Ganzen, dessen zur Zeit schon gewinnreich betriebene Lohnspinnerei den gegenwärtigen Fabricationsverhältnissen wesentlich entspricht; dabei bietet der an dem Hauptgebäude hinfließende, für das ganze Triebwerk schon jetzt benützte große Bach eine Wasserkraft dar, welche jedwede technische Unternehmung sowohl für den dermaligen Fabrikzweck, als auch für jede sonstige Vorkehrung mit sicherm Erfolg ausführbar macht.

Hiebei kann auf Verlangen auch noch ein wohl assortirtes Waarenlager, vollständiges Mobiliar und alle sonstige Zugehörung zu dem mäßigsten Anschlag in den Kauf gegeben werden.

Kaufslustige werden gebeten, ihre Anträge und resp. Anfragen in frankirten Briefen unter der Chiffre A T M der Expedition dieses Blattes zu übergeben, worauf ihnen sodann die erwünschten Aufschlüsse ungesäumt ertheilt werden.

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Der Gasthof zur Königin von England, der Schiffbrücke vis-à-vis in Pesth, erfreut sich seit dessen Eröffnung des Besuches hoher ausgezeichneter Gäste.

Allen resp. Reisenden empfehle ich mein Haus mit der aufrichtigsten Versicherung, daß ich es mir zur strengsten Pflicht mache, mir durch Billigkeit und Zuvorkommen in jeder Hinsicht das Vertrauen, fernern Besuch und weitere Anempfehlung zuzusichern.

Joh. Bartl.

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TextAllgemeine Zeitung
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Extent16 images; 14825 tokens; 5131 types; 104492 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

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EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 44. 13. Februar 1840 . Augsburg1840.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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ShelfmarkDWB 1996/32
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