PRIMS Full-text transcription (HTML)
0361
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonnabend
Nr. 46.
15 Februar 1840.

Großbritannien.

Heute (8) Nachmittags traf Prinz Albert mit seinen hohen Verwandten in London ein, und stieg im Clarendon-Hotel ab. In der berühmten Kathedrale zu Canterbury wohnte der Prinz dem Gottesdienste bei, und erbaute so nicht nur die guten Bürger der Stadt durch diesen augenscheinlichen Beweis von hochkirchlicher Orthodoxie, sondern gab ihnen, resp. deren neugierigen Frauen und Töchtern, zugleich Gelegenheit, seine Person mit den zu Tausenden verbreiteten Porträts zu vergleichen. Sein vortheilhaftes Aeußere und sein urbanes Benehmen gewannen ihm alle Herzen der erzbischöflichen Stadt, besonders die der schöneren Hälfte ihrer Bewohner. In Canterbury hatte der Prinz auch Gelegenheit, die erste englische Adresse zu beantworten, die ihm der Mayor an der Spitze des dortigen Gemeinderaths überreichte, und die ihn an der Gränze seines Adoptiv-Vaterlands glückwünschend willkommen hieß. Der Prinz, der sehr gerührt war, las folgende Antwort ab: Ich danke Ihnen herzlichst für Ihren Glückwunsch und die Ausdrücke der Ergebenheit und Achtung, womit Sie mich bei meiner Ankunft in diesem Lande begrüßt haben. Ich flehe mit Ihnen zum Himmel, daß der Bund, der mich so enge mit dem brittischen Reiche verknüpfen wird, mit den von Ihnen gewünschten Resultaten gesegnet seyn möge, wie es mein beständiges Streben seyn wird, Ihre Erwartungen zu erfüllen. In Woolwich und Greenwich hatte die durch einige Zeitungen verbreitete falsche Nachricht, daß der Prinz die Themse hinauffahren und in ersterem Orte landen werde, eine große Menschenmenge zu vergeblichem Warten versammelt. Die amtliche Gazette zeigt an: Die Königin hat geruht, anzuordnen, daß Se. Durchl. der Prinz Albert Franz August Karl Emanuel von Sachsen-Coburg-Gotha, Ritter des sehr edlen Hosenbandordens, hinfort vor seinen übrigen Titeln den: Königliche Hoheit führe. Eine Beilage der Gazette kündigt ferner an, daß die Königin den Prinzen zu einem Feldmarschall der brittischen Heere ernannt hat. (Auch der jetzige König der Belgier war bei seiner Vermählung mit der Prinzessin Charlotte dazu ernannt worden.) Prinz Albert wird mit dem Wappen seines Hauses das königliche großbritannische Wappen verbinden, letzteres nur unterschieden durch ein Labell von drei silbernen Spitzen, deren mittlere von dem St. Georgskreuz überragt ist.

Am 14 Febr. wird Lord Dinorben sich mit Miß Gertrude Smythe, der schönen Schwägerin der Prinzessin von Capua, vermählen. Der Herzog von Sussex, der mit dem Prinzen von Capua sehr befreundet scheint, wird die Braut übergeben. (Diese Nachricht hat vermuthlich den Irrthum eines Pariser Blattes veranlaßt, daß die Hochzeit der Königin bis zum 14 verschoben worden sey.)

Das M. Chronicle erklärt die mehrfachen Angaben des Standard von bevorstehenden weitern Modificationen des Ministeriums für ganz grundlos. Ebenso nennt der Globe sich ermächtigt, der Nachricht von der Ernennung des Grafen v. Minto zum Generalstatthalter von Indien zu widersprechen.

Am 6 Febr. votirte das Haus der Gemeinen, nach dem Beispiele des Oberhauses, der indobrittischen Armee für den ruhmvoll beendigten Feldzug in Afghanistan eine Danksagung, nachdem Sir R. Peel, ohne es jedoch bis zur Abstimmung zu treiben, die Ausschließung des Generalgouverneurs von dem Compliment verlangt hatte, weil er die Politik, aus der jener Feldzug entsprungen, nicht gutheißen könne.

In der Oberhaussitzung am 7 Febr. wurde die Annuitätsbill für Prinz Albert zum drittenmal gelesen und angenommen. Auf die Debatten vom 6 über den Stand der brittischen Marine (s. den Brief) werden wir zurückkommen. Im Hause der Gemeinen übergab der Alderman Wood eine Bittschrift vom Lordmayor und Gemeinderath der Londoner City um Freilassung der Sheriffs. Der von Hrn. Darby gestellte förmliche Antrag zu diesem Zweck wurde mit 165 gegen 94 Stimmen verworfen. Im Verlaufe der Discussion erklärte Lord J. Russell, er habe sich mit dem Lordkanzler berathen, und die parlamentarische Privilegiumsfrage solle, um ähnlichen Wirren für die Zukunft vorzubeugen, durch eine besondere legislative Bestimmung gelöst werden. Der weitere ministerielle Vorschlag, Stockdale in Newgate gefangen zu setzen, wo sich auch sein Anwalt Howard befindet, ging mit 132 gegen 34 Stimmen durch.

Lord Brougham scheint, nach seiner glänzenden Expectoration bei den Oberhausdebatten über die Adresse, an der gegenwärtigen Session keinen großen Antheil mehr nehmen zu wollen, da er, wie französische Blätter berichten, über Paris nach seinem Landsitz bei Hyères, in der Nähe von Toulon, abgereist ist.

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(M. Chronicle.) Fast alle französischen Blätter behaupteten, daß Guizots Ernennung dem Könige durch eine allgemeine Emeute seines Cabinets aufgezwungen worden sey. Die Idee, daß solche Menschen wie Marschall Soult, Villemain und Duchatel verschworen seyen, des Königs Händen das Scepter zu entwinden, ist zu lächerlich, um ernsthaft angehört, geschweige denn geglaubt zu werden. Er, der in den letzten zehn Jahren jeden Staatsmann und jede Kammer in Frankreich hinters Licht führte, kann das jetzige Cabinet von altklugen Schulbuben mit Leichtigkeit abschütteln, sollten sie je versuchen, ihn einzuschüchtern. Ist aber ein Versprechen zu umgehen oder eine neue Politik einzuschlagen, so läßt sich leicht eine solche Scene herbeiführen, die dem Könige der Franzosen gestattet, allen Tadel und jede Verantwortlichkeit auf seine Minister zu werfen. Das dient für den General Sebastiani als Entschuldigung für das Vergessen seiner Dienste, und für England als Entschuldigung für neue Feindseligkeit im Benehmen. Dennoch freuen wir uns, einen solchen Mann wie Guizot hergesendet zu erhalten. Ein Mann von seinem Scharfblicke wird eine richtige Ansicht von dem Zustande der englischen Meinung nach Hause schicken, und eine genauere Kenntniß von dem erlangen, worauf Frankreichs Anforderungen sich beschränken sollten. Guizot war in dem Cabinet, welches den König der Franzosen die Königin Isabelle von Spanien anzuerkennen veranlaßte; er trat dann in der Deputirtenkammer auf und erklärte, daß die Quadrupelallianz gar nichts bedeute und von Frankreichs Seite keine Anstrengung zum Besten der Constitutionellen in Spanien nöthig mache. Guizot und seine Partei versanken in die Schande einer solchen Nachgiebigkeit gegen des Königs Ansichten, um Thiers zu besiegen. In der auswärtigen Politik hat also Guizot nicht bloß einen Ruf zu erwerben, sondern wiederherzustellen. Seine Geschicklichkeit für beides ziehen wir nicht in Zweifel, und wenn durch einen ausgezeichneten Gesandten, der unter den gegenwärtigen Verhältnissen nach England kommt, Ruhm zu erlangen ist, so muß dieß als Friedensstifter geschehen. Um Krieg zu erklären, würde ein schnurrbärtiger Adjutant des Marschalls Soult genügen, und wenn Frankreich bloß in seiner vorigen Politik beharren und fortfahren wollte, warum da ändern? Wir betrachten demgemäß Guizot als den Unternehmer einer Friedensbotschaft, im Begriff, Vollmachten mitzubringen, um diejenigen Concessionen zu machen, die allein Harmonie zwischen den Ländern wiederherstellen können. Zwar betrachten einige französische Journale Guizots Ernennung wie eine dem König abgedrungene kriegerische Maaßregel; doch bezweifeln wir, daß das französische Cabinet dem Könige der Franzosen etwas abzudringen vermöge, was dieser nicht hergeben wolle. Die französische Regierung wird einhalten, bevor sie ein Bündniß wegweist, das, richtig verstanden und ehrlich gehalten, den Interessen beider Länder dienen müßte. Marschall Soult lieferte, wie wir hören, bereits einen Beweis, daß er die Fortdauer der Freundschaft wünsche, indem er einen Rath berufen und entschieden hat, daß die Hauptanträge der brittischen Commissarien für die Unterhandlung eines Handelsvertrags zwischen beiden Ländern angenommen werden sollen. Dazu können wir nur Glück wünschen und uns freuen!

Se. Durchl. der Fürst von Montfort (Hieronymus Napoleon) ist über Rotterdam in England eingetroffen. Man bringt die Reise des Fürsten mit der Verwerthung der vom Cardinal Fesch hinterlassenen Gemäldegalerie in Verbindung.

Ueberall trifft man Anstalten, die Vermählung der Königin würdig zu feiern, durch Beleuchtungen, Volksfeste, große Essen u. dgl. Selbst die Tories können sich nicht von den allgemeinen Freudenbezeugungen ausschließen, wie auch gewiß viele derselben an der Freude und den Hoffnungen der Nation bei dieser wichtigen Angelegenheit herzlich Antheil nehmen. Gar vielen aber ist sie Galle und Wermuth, und diese lassen sich nicht nur in engern Kreisen in solchem Sinne vernehmen, sondern wollen auch, wie man erfährt, künftigen Montag durch das Tragen schwarzer Florrosetten ihr Mißfallen öffentlich an den Tag legen. Inzwischen haben ihre Blätter die Aufgabe, ihre Partei von dem Vorwurfe zu reinigen, daß der Adel derselben durch sein Widerstreben gegen die Annahme der Naturalisationsbill, wie sie ihm zuerst vorgelegt wurde, der Königin eine Kränkung zuzufügen gedacht, besonders aber dadurch, daß Wellington darauf bestanden, man müsse mit der Berathung auf die Rückkehr des eben abwesenden Lord Lyndhurst warten. Der Herzog selbst meinte dabei gewiß nichts Arges; aber er muß oft seiner Partei etwas zu gefallen thun, sieht auch wohl jetzt nicht immer gleich ein, wenn sie ihn mißbraucht. Auf jeden Fall haben die Whigs den Vortheil von der Sache, daß ihre Gegner zur Defensive gezwungen sind, und die Königin sich wirklich von denselben tief verletzt fühlt. Als Lord Melbourne ihr hinterbrachte, die edlen Lords seyen zwar bereit, dem Prinzen den Rang über sich selbst einzuräumen, nicht aber ihm den Vortritt vor den Mitgliedern der königlichen Familie zu gestatten, bis man die Einwilligung des muthmaßlichen Thronerben, des Königs von Hannover, eingeholt habe, soll sie hastig die Feder ergriffen und die fragliche Clausel über den dem Prinzen zu ertheilenden Rang gestrichen haben, mit dem Bemerken: sie wisse, welche Rechte die Krone in dieser Beziehung besitze, und werde solche auszuüben wissen, ohne beim Oberhaus um eine Gnade zu betteln. Dieß wird um so eher geglaubt, als es dem bekannten Charakter der Königin ähnlich sieht. Beide Häuser haben gestern ihre Sitzungen bis Dienstag vertagt. Im Laufe der Woche bewilligten beide den Officieren und Truppen, welche den Feldzug in Kabul so glorreich geendigt, den Dank der Nation; dabei beeiferten sich sowohl Wellington als Peel, dem Generalgouverneur von Indien für die große Umsicht, womit er für diesen glücklichen Ausgang gesorgt, das höchste Lob zu ertheilen; obgleich sie sich noch nicht entschließen konnten, die Politik des Unternehmens selbst zu preisen. Dagegen machten die Lords Colchester und Hardwicke wieder einen Ausfall gegen das Ministerium über den Zustand unserer Marine, besonders in Bezug auf die geringen Anstalten zur Vertheidigung unserer Küsten, indem sie wieder das alte Lied von der bedeutenden Zunahme der russischen und französischen Seemacht sangen. Der Herzog von Wellington stimmte ihnen so weit bei, daß er der Regierung vorwarf, unsere Handelsverhältnisse mit China vernachlässigt zu haben. Die Lords Minto und Melbourne gaben die gewöhnliche Antwort, daß nicht die geringste Wahrscheinlichkeit vorhanden sey, die Flotten von Rußland und Frankreich gegen uns gerüstet zu sehen, im Fall der Noth aber England in wenigen Monaten eine Flotte auszurüsten vermöge, die sich mit jeder feindlichen Flotte messen könne. Daß die Nation es nicht ertragen würde, in Friedenszeit eine Seemacht aufzustellen, wie man sie im Kriege bedürfe; aus demselben Grunde sey es also auch nicht möglich in jedem Hafen oder auf jeder Küste der Welt, wohin brittische Kauffahrer segeln, Kriegsschiffe zu halten, um jeder möglichen Beschimpfung unserer Flagge vorzubeugen. Ueber den Vorwurf aber, daß immer noch keine Schiffe nach China abgegangen seyen, beobachteten die Minister ein staatskluges Stillschweigen. Und hier zeigte sich wieder offenbar der Vortheil, welchen eine Opposition über ein Ministerium hat, wenn von auswärtigen Angelegenheiten die Rede ist; denn0363 diese, welche keine Verantwortlichkeit hat, spricht ins Gelage hinein, deckt jede Blöße des Landes auf, oder gibt sich doch das Ansehen es zu thun, während die verantwortlichen Minister oft da ein tiefes Stillschweigen beobachten müssen, wo sie sich triumphirend vertheidigen könnten. Das eigentliche Bataillenroß der Tories aber bleiben vor der Hand die Socialisten, welche der Bischof von Exeter darum so schwarz macht, weil von dem geworfenen Koth der größte Theil den Ministern ankleben soll. Owen selbst ist entzückt über diese Angriffe, indem er nun dem Volke sagen kann: seht, es läßt sich gegen mein System durch Vernunft nicht kämpfen, deßwegen rufen die Pfaffen die Gewalt auf, und möchten uns zu Martyrern machen! Und wenn hie und da ein Bessergesinnter durch das gräßliche Gemälde von Gotteslästerung und Lastern, welches der Bischof mit so großer Beredsamkeit aufgestellt hat, sich von der Secte abwendet, so wird gewiß der leider so sehr verbreitete Haß gegen die Kirche und alle Autorität, so wie die natürliche Theilnahme für eine verfolgte Meinung, dem Schwärmer einen viel größeren Anhang verschaffen. Da jedoch die Ausführbarkeit seines Systems der Hauptsache nach, nämlich das Leben und Wirken in der Gemeinschaft, sich nur auf reine Gesinnung und Tugend bauen läßt, die meisten Anhänger aber offenbar ihm zuströmen, weil seine Theorie der Unverantwortlichkeit ihren lasterhaften Neigungen schmeichelt, so muß es trotz allem bischöflichen Verfolgungseifer bald wieder von selbst zerfallen. Sind doch alle praktischen Unternehmungen dieses Mannes in der alten wie in der neuen Welt fehlgeschlagen! Das Unterhaus hat, mit beständiger Unterstützung Peels, gegen die Opposition einer bedeutenden Anzahl Tories, entschieden, daß Stockdale sowohl als sein Anwalt ins Gefängniß Newgate geschickt wurden, und daß die Sheriffs in Verhaft bleiben sollen. Indessen ist der Ton der letzten Debatten über diesen kitzlichen Gegenstand offenbar mäßiger; und man darf erwarten, daß bald Versuch gemacht werden wird, dem Haus sein Privilegium durch ein Gesetz zu sichern. Die Bürger Londons gebärden sich sehr unanständig bei der Sache; ihr Gelärm aber macht wenig Eindruck.

Frankreich.

Der neueste Moniteur enthält nun officiell die Ernennung des Hrn. Guizot zum französischen Botschafter in London.

* In der Sitzung der Deputirtenkammer am 10 Febr. ward der von der Pairskammer in der vorigen Session votirte Gesetzesentwurf über den k. Orden der Ehrenlegion verhandelt. Die Commission hatte nicht den Vorschlag gemacht, die Ernennungen mit den erloschenen Stellen in Verhältniß zu setzen, ein System, das von der Pairskammer verworfen worden war, sondern eine Ziffer festzustellen, welche bei den jährlichen Beförderungen nicht überschritten werden dürfe. Mehrere Redner ließen sich für und wider die Anträge der Commission vernehmen. Der Siegelbewahrer suchte besonders die Nachtheile dieses Systems darzuthun. Auch zeigte er, daß das Cabinet vom 12 Mai sehr sparsam in Austheilung von Legionskreuzen gewesen sey. Bei Abgang der Post war der Minister der öffentlichen Arbeiten auf der Tribune.

(Commerce.) Man versichert, daß die Vermittelungspartei vorschlagen werde, die Dotation des Herzogs von Nemours auf 300,000 Fr. zu reduciren und so das Beispiel des englischen Parlaments zu befolgen, das die Summe für den Prinzen Albert um zwei Fünftheile vermindert hat. Wir glauben, man könnte etwas Besseres thun.

Ueber die zu Glandier vorgefallene Vergiftungsgeschichte, von welcher ein Correspondent der Allgem. Zeitung Erwähnung machte, gibt die Gazette des Tribunaux in einem Schreiben aus Tulle einige Details: Ein tiefes Geheimniß schreibt der Berichterstatter umhüllt noch diese Gräuelgeschichte. Laffarge war, sagt man, das Opfer eines längst schon listig ersonnenen Verbrechens. Aber die junge Frau, auf der gegenwärtig ein so entsetzlicher Verdacht haftet, sollte nicht auch sie vielleicht als das Opfer einer schrecklichen Rache ausersehen seyn? Ob die Nachforschungen der Justiz, denen die Angeklagte hätte entfliehen können, während sie dieselben selbst hervorgerufen hat, unter den dem Anschein nach sich so sehr widersprechenden Umständen die Wahrheit entdecken werden, ist vorauszusehen nicht möglich. Hier in Kürze, was man bis jetzt über diesen merkwürdigen Criminalfall erfahren. Fräulein C ... hatte, ein Jahr vor ihrer Verheirathung mit Laffarge, in Paris einen jungen Mann zärtlich geliebt, dessen Eltern, wie die des Mädchens, in eine Heirath beider eingewilligt hatten. Das Fräulein erfuhr inzwischen, daß ihr Verlobter mit einem andern Mädchen in unerlaubter Verbindung lebe; sie gab ihm deßhalb den Abschied und sah ihn von diesem Tage an nicht wieder. Damals wurde Hr. Laffarge der Familie C ... vorgestellt. Er hatte die Absicht, um Fräulein C ... zu werben, einige Freunde machten die Vermittler und nach 17 Tagen war die Heirath geschlossen. Die Eheleute verließen Paris und zogen nach Glandier, dem einsamen Landaufenthalt Laffarge's, wo die an das glänzende Leben der Hauptstadt gewohnte junge Frau sich gar nicht heimlich fühlte; die etwas kleinstädtischen Manieren ihres Mannes trugen nicht dazu bei, sie die angenehme Zerstreuung von Paris vergessen zu lassen. In dieser peinlichen Stimmung schrieb sie an ihren Gatten einen Brief, worin sie ihm ihren Seelenzustand schilderte, ihm die Liebe gestand, die sie immer noch für jenen jungen Mann fühle, obwohl er ihrer unwürdig geworden. Sie erklärte zuletzt, sie wolle in die Einsamkeit flüchten und dort ein für immer gebrochenes Daseyn verbergen; wenn man sie daran hindern würde, wolle sie sich das Leben nehmen. Auf Hrn. Laffarge und seine Stiefmutter machte dieser Brief nur einen leichten Eindruck; sie hofften, die Exaltation der jungen Frau werde nicht lange dauern, sie vielmehr in ihr Schicksal sich fügen. Dieß schien in der That der Fall zu seyn. Sie gewann wenigstens äußerlich ihre Heiterkeit wieder, sie beschäftigte sich mit Reparaturen des alten Wohnhauses von Glandier und schien sich dort besser zu gefallen. Briefe, welche damals zwischen beiden Eheleuten gewechselt wurden, zeugen von der leidenschaftlichen Liebe Laffarge's für seine Frau und deren Neigung für ihn. Im Monat September 1839 reiste Laffarge, dessen Geschäfte in Verwirrung gerathen waren, nach Paris, um ein Patent für eine wichtige Entdeckung dort auszuwirken und ein Anlehn abzuschließen. Während seines Aufenthalts in Paris trug sich der erste Umstand zu, dessen die Anklage sich gegen Madame Laffarge bemächtigt hat. In einem ihrer Briefe voll zärtlicher Betheurungen schrieb sie ihrem Mann, sie habe Kuchen, die in Glandier gebacken worden, an ihn abgeschickt. Von diesen Kuchen möge er und ihre vielgeliebte Schwester, für die sie stets die zärtlichste Neigung gezeigt hatte, an einem bestimmten Tag, zu einer bestimmten Stunde essen, während auch sie in Glandier zu derselben Zeit die gleiche Mahlzeit feiern und der Abwesenden gedenken wolle. Hr. Laffarge am 16 Dec. zur bezeichneten Stunde einen dieser Kuchen, fühlte bald darauf heftige Schmerzen und erbrach sich ... Dieß war nach der Meinung der Ankläger der erste Vergiftungsversuch. Indessen weiß man noch nicht, wer diese Kuchen gebacken; sie wurden ihr in Gegenwart ihrer Schwiegermutter und ihrer Dienstboten ins Zimmer gebracht und vor ihren Augen0364 legte sie dieselben auch in das an ihren Gatten adressirte Paket. Auffallend auch ist es, daß sie diese Kuchen nicht für ihren Mann allein, sondern auch für ihre Schwester bestimmte, die sie aufs zärtlichste liebte. Laffarge erholte sich von seinem Anfall wieder, es gelang ihm, vermittelst der Garantie seiner Frau 25,000 Fr. zu entlehnen, und am 3 Jan. kam er nach Glandier zurück, wohin er von jenem Anlehen 15,000 Fr. mitbrachte, die wenige Tage darauf entwendet wurden, ohne daß man mehr eine Spur davon fand. Die Gesundheit Laffarge's war schwankend, doch konnte er seinem Geschäft wieder obliegen. Bald aber zeigten sich neue Symptome, das Erbrechen kehrte wieder. Eines Tags wurde ihm ein Trank gereicht, den er wegen seines scharfen Geruchs zurückstieß; ein Verdacht kam ihm plötzlich in die Seele und bald zeigte es sich, daß dieser Trank eine Dosis Arsenik enthielt, die hingereicht hätte, zwanzig Personen zu vergiften. Von den Aerzten hatte keiner zuvor an Vergiftung gedacht, Einer der Gläubiger Laffarge's, den der Zustand seines Schuldners erschreckte, verlangte damals Bürgschaft für eine Summe von 28,000 Fr., und ohne Zaudern gab Madame Laffarge ihre persönliche Unterschrift. Am 15 Jan. starb Hr. Laffarge. Im Augenblick, als die Gerichtspersonen erschienen, um den Zustand der Leiche zu untersuchen, fand es sich, daß durch einen unerklärlichen Zufall am Sterbebett ein neuer Rock hing, den Laffarge seit langer Zeit nicht mehr getragen hatte, und in dessen Tasche sich, als sey er mit Fleiß sorgfältig aufbewahrt, der Brief vom Monat August vorfand, in welchem Madame Laffarge ihrem Mann ihre frühere Liebe und ihren Entschluß zu fliehen gestand. Die zur Oeffnung der Leiche berufenen Aerzte suchten vergeblich im Körper die Spuren des Gifts; nach langen, unnützen Versuchen erklärten sie, das Gift sey so geschickt beigebracht worden, daß keine Möglichkeit vorhanden, dessen Spuren in den angegriffenen Organen wieder zu finden. Und doch ist erwiesen, daß in alle dem Kranken gereichten Getränke Gift in Masse geworfen war! ... Hier, wie in allen übrigen Umständen dieses seltsamen Rechtsfalles herrscht Geheimniß. Inmitten all' derer, welche diese schreckliche Geschichte beschäftigt, der Freunde, wie der Feinde, die vertheidigen oder anklagen, zeigt sich Madame Laffarge allein voll Ruhe und Vertrauen. Ihre Freunde haben sie nicht verlassen, und ein junges Mädchen, das sie vor allen liebte, hat sich als besondere Gunst erbeten, ihre Gefangenschaft theilen und bei ihr im Kerker von Tulle bleiben zu dürfen.

Die gestrigen Kammerverhandlungen über die Motion Gauguier und die Entscheidung dieser Frage geben den Parteien viel zu denken, und haben jene, die der Meinung sind, die französische Nation dürfte nun demnächst vollends einschlafen, in einige Unruhe versetzt. Die Motion Gauguier hatte nichts mehr und nichts weniger zum Gegenstand als die Reform des herrschenden Systems; gleichwohl ward diese Motion nur mit 24 Stimmen verworfen. 198 stimmten gegen 174, und unter jenen 198 waren 160 Angestellte, um deren politische Existenz als Deputirte es sich handelte, und die doch nicht wohl für ihre eigene politische Grablegung stimmen konnten. Dieß sieht eben nicht aus, als ob dem herrschenden System das ewige Leben schon verbürgt wäre. Bekanntlich trug Hr. Gauguier darauf an, man solle den in der Kammer sitzenden Staatsdienern während der Zeit der Sitzung ihre Besoldungen abziehen, um sie mit den übrigen Deputirten, die unentgeltliche Dienste leisten, gleich zu stellen. Die Tendenz dieses Antrags geht dahin, den Staatsdienern die Repräsentantenstellen zu entleiden, oder ihnen die Bekleidung derselben unmöglich zu machen, und der Hofpartei dem Gouvernement personnel die Clientel zu entziehen. Anscheinend gerecht, befriedigt der Antrag, wie er gestellt ist, keine Partei. Ja wenn das Gouvernement entschlossen ist, durch Bestechung zu regieren, so würde die Annahme dieser Motion weiter nichts zur Folge haben, als daß den in der Kammer befindlichen Beamten ihr Verlust am Gehalt auf eine andere Weise um so reichlicher ersetzt würde. Viel praktischer wäre es gewesen, hätte Hr. Gauguier darauf angetragen, daß allen Deputirten eine Remuneration verwilligt, daß den Staatsdienern davon ihre Gehalte in Abzug gebracht, und daß sie zu außerordentlichen Beförderungen im Staatsdienste während der Bekleidung ihres Deputirtenamtes unfähig gemacht würden. Darauf zielt auch zum Theil die Ansicht des Hrn. Tocqueville hin, der verlangt, die Deputirten sollten nur diejenigen Beförderungen annehmen dürfen, wozu sie in Kraft der Anciennetät berechtigt seyen. Alle bei Gelegenheit dieser Discussion gehaltenen Reden tragen übrigens den Stempel der Unklarheit und des Mangels an Aufrichtigkeit an sich. Dieß kommt daher, weil es doch nicht parlamentarisch gewesen wäre, den 168 in der Kammer sitzenden Staatsdienern zu sagen, daß sie von der Gewalt durch Dienstbeförderungen bereits bestochen worden, oder daß sie in dieser Absicht sich hätten wählen lassen, oder daß sie für ihre jetzigen Abstimmungen durch künftige Dienstbeförderungen würden bezahlt werden. Dergleichen ließ sich den HH. Collegen nicht mit runden Worten sagen, sie zeigten sich schon empfindlich genug, wenn man ihnen diese bittere Wahrheit auf feine Weise zu verstehen gab. Offenbar fängt die Kammer an, dem Gewicht ihrer eigenen Nullität zu erliegen, und sich nach einem ihrer Bestimmung und Würde entsprechenderen Zustand zu sehnen. Dieses Gefühl offenbarte sich so stark, daß der Justizminister, Hr. Teste, sogar mit Auflösung drohen mußte, im Fall der Motion Gauguier Folge gegeben würde, und daß selbst der wetterwendische Dupin gestand, daß etwas geschehen müsse.

Italien.

Der heutige Jahrestag der Krönung des gegenwärtigen Papstes wurde durch einen feierlichen Gottesdienst in allen Kirchen der Stadt, so wie in der Sixtinischen Capelle (Schloßcapelle des Papstes) gefeiert. Nach Beendigung desselben nahm der heilige Vater die Glückwünsche der Cardinäle und Prälaten, so wie der hohen Staatsbeamten und des Militärs entgegen. Auch dieses Jahr wurden die Gratulationen des diplomatischen Corps, aus mehrern Rücksichten, abgesagt. Die Paläste der Großen und alle öffentlichen Gebäude waren gestern als am Vorabend erleuchtet, was heute Abend wiederholt wird. Eine ansehnliche Summe ist heute von dem Almosenier des Papstes an die Stadtarmen vertheilt worden. Gestern Vormittag reiste der Herzog von Bordeaux mit seinen Begleitern, dem Herzog de Levis, dem Grafen de Montbel und dem Grafen de Locmaria nach Florenz ab. Sämmtliche sich hier aufhaltende französische Legitimisten hatten sich schon früh in seiner Wohnung eingefunden. Die ältern gaben in Equipagen dem Herzog das Geleite bis an das Weichbild der Stadt, während die jüngern, nahe an vierzig, bis zur ersten Poststation zu Pferde seinen Wagen begleiteten. Der Herzog de Levis wird von Florenz aus nach Frankreich gehen, wohin ihn Familienangelegenheiten rufen. Den Grafen v. Ferronays, welcher sich mit seiner Familie in Neapel befindet, bezeichnet man als den Nachfolger des verstorbenen Herzogs v. Blacas, für den kleinen Hof in Görtz.

Schweiz.

Während an unsern Ufern die Bäume ausschlagen und Blätter treiben, folgt in dem nahen0365 Savoyen (Provinz Maurienne) ein Erdbeben auf das andere, und nordwestlich in unserer Nähe nahe am französischen Jura stürzen bei Salins Berge ein. Dieß geschah am 30 Januar. Der Berg Cernans, an dem noch am 29 Jan. die große Pariser Straße von Dijon nach Pontarlier und das Waadtland wegging, stürzte zusammen und füllte, ohne Schaden zu thun, eine große Tiefe an seinem Fuß aus, in die er nach einem Fall von ungefähr sechshundert Fuß hinabsank, mit ihm ein großer Theil jener Landstraße, die jedoch nur hundertundfünfzig Fuß tief sank. Hier hieß die Straße Rampe de Cernans, und dieser Theil ist ganz zerstört und unzugänglich. Zwischen Salins und dem Doubs ist alle Communication unterbrochen. Unten am Berg lag ein großes Haus mit Oel -, Säge - und Mahlmühle; es wurde vom Sturz mit in den Abgrund gerissen; glücklicherweise kam dabei Niemand um. Als am 30 Jan. der Postcourier auf anderem Wege von Salins abging, riß sich eben von einer benachbarten Höhe eine Masse von Erde und Felsen los und glitt herunter, schnell genug, daß er das Fortschreiten aus ziemlicher Entfernung sehen konnte; ein neuer Theil der Landstraße war dadurch schon um mehrere Metres gesunken, und man war wegen der weiteren Folgen sehr unruhig. Man erschöpfte sich in Vermuthungen über die Ursache dieser furchtbaren Erscheinung. Einige schrieben sie dem Umstand zu, daß unten am Fuß des eingegangenen Berges Erde weggenommen worden sey zur Anlegung einer neuen Landstraße; Andere denken mit mehr Wahrscheinlichkeit, daß eine wasserreiche Quelle, die ehemals am Fuß des Berges war, seit fünfundzwanzig Jahren aber verschwunden ist, sich nach innen gewendet und den Berg nach und nach untergraben habe.

Deutschland.

Frhr. v. Welden erstattete in der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten Bericht über den Gesetzesentwurf den freiwilligen Eintritt in die Armee und die freie Wahl der Waffengattung betreffend. Derselbe begutachtete, es sey der ganze Gesetzesentwurf in materieller Beziehung unbedingt anzunehmen, eben so in formeller Rücksicht, und deßhalb die Modification der Kammer der Reichsräthe abzulehnen *)*)Die Kammer der Reichsräthe, bei welcher die Regierung den Entwurf zuerst eingebracht hatte, glaubte demselben nur unter der Modification zustimmen zu können, daß im Art. II statt unsre Ministerien des Innern und des Kriegs zu setzen sey unsre Staatsministerien des Innern und des Kriegs. . Der erste und dritte Ausschuß, welche gestern zur gemeinschaftlichen Berathung hierüber zusammen getreten waren, hatten einhellig den Beschluß gefaßt, daß die Modification der Kammer der Reichsräthe abzulehnen sey hauptsächlich auf den Grund der feierlichen Erklärung des Hrn. Ministers des Innern, daß die Worte Staatsministerium und Ministerium als ganz gleichbedeutend in Bezug auf die verfassungsmäßige Verantwortlichkeit der Minister zu betrachten seyen. Das Nähere der Erörterungen, welche der Hr. Minister des Innern darüber in dieser Ausschußsitzung vortrug, werden wir morgen nachtragen. Diesem Vortrage folgte die Berathung über den in modificirter Form vorgelegten Gesetzesentwurfs in Betreff der Abänderung des §. 6 Tit. VII der Verfassungsurkunde, nach welchem, wie schon erwähnt, der jedesmalige Termin zur Vorlage des Budgets auf spätestens neun Monate vor Ablauf einer Finanzperiode (von sechs Jahren) gestellt ist. Wir kommen morgen auf die Debatten zurück, und bemerken nur, daß bei der Abstimmung der Entwurf einhellig angenommen ward.

Einem Schreiben aus Karlsruhe (in Mannheimer Blättern) zufolge erhielt Staatsrath Nebenius bei der neulichen Wahl eines Abgeordneten zur Ständeversammlung wirklich 11 Stimmen; indessen sey es schon vorher bekannt gewesen, daß derselbe die Stelle eines Deputirten nicht annehmen würde.

Die heute im Druck erschienene 44ste Beilage zu den Landtagsverhandlungen enthält eine Ausführung des zur Prüfung des Rechenschaftsberichts bestellten Ausschusses, worin derselbe im Einverständniß mit der Majorität des Rechtspflegeausschusses einstimmig darauf anträgt, den Vorstand des Ministeriums des Innern in Anklagestand zu versetzen. Der Ausschuß sieht nämlich in der am 2 März 1839 zur Vollziehung des §. 88 der Verfassungsurkunde erlassenen Verordnung über die Reisekosten und Tagegelder der Mitglieder der Ständeversammlung eine Verfassungsverletzung. Während, heißt es in dieser veröffentlichten Ausführung, seit dem Erscheinen der Verfassungsurkunde, deren §. 88 den Ausspruch enthält: die Mitglieder der Ständeversammlung mit Ausnahme der Prinzen des Kurhauses, so wie der Standesherren, erhalten angemessene Reise - und Tagegelder die Feststellung der Beträge der letztern durch Beschlüsse der jeweiligen Ständeversammlung bewirkt, und dagegen von hoher Staatsregierung so wenig Widerspruch eingelegt wurde, daß vielmehr die Anweisung zur Zahlung der solchergestalt festgestellten Beträge unweigerlich erfolgte, enthält nun die Verordnung vom 2 März v. J. eine einseitige landesherrliche Bestimmung über das Maaß der Reise - und Taggelder für die darin genannten Mitglieder der Ständeversammlung. Nach §. 95 der Verfassungsurkunde kann aber ohne landständische Zustimmung kein Gesetz gegeben, aufgehoben, abgeändert oder authentisch erläutert, und nur Verordnungen, welche die Handhabung oder Vollziehung bestehender Gesetze bezwecken, von der Staatsregierung allein erlassen werden. .. Der Charakter einer Vollzugsverordnung besteht nun, nach dem im §. 95 der Verfassungsurkunde selbst aufgestellten Begriffe ihrem Wesen nach gerade darin, daß ihr alle Selbstständigkeit rücksichtlich ihres Inhalts fehlt, sie diesen vielmehr nur aus dem Gesetze, dessen Vollziehung sie bezweckt, und in Uebereinstimmung mit demselben zu schöpfen hat. Ihr ist in dem Gesetze die Norm gegeben, welche durch sie in Wirklichkeit gesetzt werden soll, und fern liegt von ihr die Aufgabe, dieser Norm dem Gesetze etwas ab - oder zuzuthun, oder eine neue Norm aufzustellen, wodurch ein in jenem etwa unbestimmt gelassener Begriff erst bestimmt werden soll. Auf den Grund dieser Unterscheidung zwischen Gesetz und Verordnung wird nun behauptet: 1) daß jener sich selbst als eine Vollzugsverordnung ankündigende Erlaß, weil er den Betrag der Reise - und Tagegelder feststellte, welcher in dem §. 88 der Verfassungsurkunde, worauf er sich bezieht, nicht ausgeworfen sey, das Bereich einer Vollzugsverordnung überschreite; 2) daß auch abgesehen von dieser Beziehung durch den Inhalt an und für sich betrachtet die Entschädigungsansprüche der Ständemitglieder ihrem rechtlichen Umfange nach für alle Fälle normirt, mithin in die Privatrechte derselben eingegriffen werde, was keinesfalls durch eine einseitige Verordnung hoher Staatsregierung, sondern nur vermittelst eines Gesetzes geschehen könne. Ein ähnliches Verhältniß bestehe rücksichtlich der im §. 148. der Verfassungsurkunde zugesicherten rechtmäßigen Steuerfreiheiten und Vorzüge. Mit Grund lasse sich nun gewiß nicht behaupten, daß für den Fall, wenn Staat und Entschädigungsberechtigte über den Umfang derselben sich nicht einigen könnten, jener durch einen einseitigen Act der Staatsregierung darüber entscheiden, eine allgemeine Norm über Rechtsansprüche geben, und somit dem Ausspruche der Gerichte vorgreifen könne; 3) erkennt die Mehrheit des Ausschusses in der gedachten Verordnung eine Hintansetzung des §. 153 der Verfassungsurkunde, indem sie darin, daß die Verordnung, die nach §. 88 der Verfassungsurkunde ihrem Betrage nach unbestimmt gebliebenen Reise - und Taggelder auf einen gewissen Betrag festsetzt, also für alle Fälle abgemessen hat, eine Erläuterung jenes §, welche nicht einmal durch ein gewöhnliches Gesetz gegeben werden kann. Der Antrag geht demnach dahin: die hohe Ständeversammlung möge 1) sich dahin aussprechen, daß durch die mehrgedachte Verordnung die §§. 95 und 153 der Verfassungsurkunde verletzt seyen, und 2) den Rechtspflegeausschuß0366 beauftragen, die geeignete Anklage gegen den Vorstand des Ministeriums Innern, Frhrn. v. Hanstein, abzufassen und der Ständeversammlung vorzulegen. Durch die mündliche Erörterung in öffentlicher Sitzung wird dieser Bericht ohne Zweifel noch einer genauen Prüfung unterworfen und vielseitiger beleuchtet werden.

Gestern und heute beschäftigte sich die zweite Kammer mit dem noch übrigen Theile des Berichts ihrer Finanzdeputation über die Cassenbestände. Die Vorschläge, welche die gedachte Deputation in Ansehung der zu gewährenden Steuererlasse gemacht hatte, wurden heute durchgängig angenommen, so daß nun, wenn anders die erste Kammer beistimmt: 1) in jedem der Jahre 1840 und 1841 ein Termin an der Gewerb - und Personalsteuer, zusammen 423,807 Thlr. 9 Gr.; 2) 218,873 Thlr. 22 Gr. an der Schlachtsteuer, endlich 3) 151,200 Thlr. an Cavallerieverpflegungs -, auch Portions - und Rationsgeldern (von welchen 1841 und 1842 ein Drittel abgeschrieben wird) erlassen werden soll, also im Ganzen ungefähr 800,000 Thlr. Die beiden ersten Vorschläge sind von der Regierung ausgegangen, der dritte lediglich von der Deputation, daher auch der Finanzminister v. Zeschau heute bemerkte, daß sich die Regierung ihre Erklärung hierüber vorbehalten müsse, weil sie der Ansicht gewesen, daß ein Erlaß an Grundsteuern jetzt, vor Einführung des neuen Grundsteuersystems, ungleich treffe, also nicht zweckmäßig sey.

(Leipz. Ztg.)

Preußen.

Die Gleichstellung Hamburgs mit Holland beschützt Deutschland vor einem von diesem Lande eifrig erstrebten Kaffee - und Zuckermonopol, das der Handessinn seiner Regierung schon jetzt durch Verträge mit Frankreich sich mehr zu sichern dachte. Diese Bestrebungen werden jedoch hier völlig empfunden, und man erkennt wohl, wie sehr sich Holland bemüht, Deutschland alle Nachtheile des Vertrags empfinden zu lassen, indem es seinen Bürgern jeden möglichen Vortheil zuwendet. An und für sich betrachtet, erfüllt der Staat damit seine Pflicht, allein er bedenkt nicht, daß nur bei gegenseitigen Vortheilen Handelsverträge dauernde Verbindungen werden. Holland hat nur Deutschland als den großen Markt hinter sich, und seine zerrütteten Finanzen dürften nicht immer so hohe Ausfuhrprämien ertragen können, wie dieselben bisher bezahlt wurden, wenn Deutschland zu seiner ersten Stellung zurückkehrt. Man hatte sich geschmeichelt, daß die deutschen Fabriken die Versorgung der holländischen Colonien vorherrschend übernehmen würden, allein schon die wieder hergestellten Verhältnisse mit dem nachbarlichen Belgien und die großen mit Glück concurrirenden nahen Fabriken dieses Landes zeigen das Täuschende, das sich aber als entschiedener Nachtheil gegen die Zeiten vor dem Handelsvertrage stellen muß, wenn Holland in der That für die Abnahme französischer Zucker mit Frankreich einen Vertrag schließt, der die französischen Baumwollen - und Seidenmanufacturen begünstigt. Auf Deutschland würde somit der ganze Nachtheil lasten; Frankreich fände dagegen nicht allein einen Ausweg für die schwebende Zuckerfrage, sondern auch eine Begünstigung seiner Industrie; Holland aber wünscht alle Vortheile aus beiden großen Nachbarstaaten zu gewinnen, und so bleibt uns nichts als einige geringe Zollerleichterungen der Rheinschifffahrt, welche die so oft verhöhnte Freiheit jusqu 'à la mer ein klein wenig begünstigen. Die Angelegenheit ist zu wichtig, um nicht der Gegenstand von Reclamationen geworden zu seyn, deren Ausgang jedenfalls entscheidend für die Handelsverbindungen werden dürfte.

(Nordd. Bl.)

Ich habe Ihnen gestern gemeldet, daß die Weichsel sich 1 3 / 4 Meilen oberhalb Danzig ein neues Bett in die Ostsee gebahnt hat. Bekanntlich wendet sich der westliche Arm der Weichsel, nachdem er sich beim sogenannten Danziger Haupte wieder in zwei Arme getheilt hat, östlich ins frische Haff und westlich nach Danzig zu. Dieser letztere Arm, der sich allein unmittelbar ins Meer ergießt, hat vom Haupte bis Weichselmünde noch einen Lauf von etwa fünf Meilen zurückzulegen, und fließt bis hinter Danzig immer parallel mit dem Meere, nur durch dieß schmale Küstenland der frischen Nehrung von demselben getrennt, dann wendet er sich plötzlich eine halbe Meile vor seiner Mündung nordwärts ins Meer. Diese ganze fünf Meilen lange Strecke hat nur ein geringes Gefälle von nicht mehr als ein Fuß auf die Meile, daher nehmen die Versandungen durch die von den obern Ufern, besonders bei Eisgängen abgerissenen Erdmassen immer mehr zu, und die Fahrt ist im Sommer oft im höchsten Grade beschwerlich. Der Strom lagert überall Sandbänke ab, und wenn im Frühjahre die aufthauenden Schneemassen ihn schwellen, kann er die Wassermasse nicht in seinem seichten Bette fassen, und dehnt sich links und rechts aus. Nun liegen aber die fruchtbaren Marschländer an seinen Mündungen, die sogenannten drei Werder, niedriger als das Niveau des sie umschließenden Stromes, daher die kostspieligen hohen Deiche, welche sie einfassen, und die entsetzliche Gefahr für die ganze stark bevölkerte wohlhabende Gegend, sobald es den Eisschollen oder dem hochfluthenden Wasser gelingt, eine Oeffnung in die Deiche zu machen. Die schrecklichen Dammbrüche von 1829 und 1839 werden den Bewohnern unsrer Gegenden noch lange im Gedächtniß bleiben. Der Deich oder Damm auf der linken Seite, der den Danziger Werder schützt, ist höher als der auf der rechten Seite an der Nehrung, weil hier die Ländereien höher liegen, und mehr Abdachung zum Strome haben, so daß das eingedrungene Wasser eher abläuft, als im Werder, wo so niedrige Stellen sind, daß es nur durch zahlreiche Schöpfmühlen herausgeschafft werden kann. Jener Deich reicht bis an die Wälle von Danzig, dieser hört schon zwei Meilen von der Stadt auf, wo die Nehrung so schma wird, daß die Seedünen mit ihrem Fuße fast das Ufer des Flusses berühren. Hier an der schmalsten Stelle der Nehrung beim Fischerdorf Neufähr hatte sich das schon seit Mitte Januar herabgeströmte Eis der Oberweichsel in einander geschoben oder gestopft, eben so lag am Haupte, wo die sogenannte Elbinger Weichsel sich abzweigt, eine starke Stopfung, und als nun am 31 Jan. sich nach vierwöchentlichem Thauwetter endlich die Eisdecke bei Dirschau hob, und der ganze Strom in Bewegung kam, warf sich der Wasserzug, aufgehalten durch das Eis in der Elbinger Weichsel, gänzlich in die Danziger hinein, wo ihm aber der Eiswall bei Neufähr einen neuen nicht zu durchbrechenden Wall entgegensetzte. Da dieser Wall nicht zu durchbrechen war, weil er sich fast ununterbrochen bis Danzig hin erstreckt, so stieg das keinen Ausweg findende Wasser während Anbruchs der Nacht zu einer furchtbaren Höhe, und bedrohte den Werder'schen Deich mit Zerstörung. Alle Anstrengungen würden nicht hingereicht haben, diese Schutzwehr gegen die sich immer mehr anthürmenden Eismassen und anschwellenden Wasserfluthen zu halten, wenn sich nicht mitten in der Nacht unerwartet ein Ausweg eröffnet hätte. Mit Anbruch des Tages am 1 Febr. ließ der Andrang des Stromes gegen den Deich nach, und als das Tageslicht die furchtbare Scene beleuchtete, sah man mit Erstaunen die gegenüber liegenden hohen Seedünen mitten von einander gerissen, und die Fluth seitwärts in gewaltigem Brausen in diese Oeffnung hineinstürzen. Der Strudel des zurückgeworfenen Stroms hatte die Sandberge zur Rechten unterwühlt0367 und eingestürzt, und die benachbarten Häuser mitgerissen. Die durchbrochene Landenge beträgt hier freilich nicht über 200 Ruthen, aber mit Ausnahme einer schmalen Uferstrecke ist es lauter Triebsand, und diese Sandberge reichen bis zur Höhe von mehr als 100 Fuß hoch hinauf. Eine der größten Dünen, 120 Fuß hoch, mit allen darauf gepflanzten Bäumen und Gebüschen und einer an ihrem Fuße angelegten bedeutenden Schonung ist spurlos verschwunden, und der Strom hat sich jetzt, da er sich festzustellen anfängt, ein Bett gebrochen, das vorn 150 und am Ausfluß 500 Ruthen breit ist. Der Verlust an urbarem Lande ist höchst unbedeutend, die weggerissenen Häuser waren elende Fischerhütten, und es ist kein Menschenleben verloren gegangen, selbst bis auf eine Kuh ist das Vieh gerettet, nur die fahrende Habe wurde im Dunkel der Nacht mit den Hütten ein Raub der Wogen. Zwei kühne Fischer, die auf leichtem Kahne noch Sachen zu bergen suchten und in den Strudel gerissen wurden, durchschifften glücklich die neue Ausmündung, und landeten nachher wohlbehalten am Meeresstrande. Der Verlust, den 90 Menschen an Obdach und Vermögen erlitten, wird also leicht zu ersetzen seyn, und wenn man bedenkt, daß das Werder dadurch gerettet worden, so erscheint diese Wendung der Dinge höchst glücklich; aber, nachdem es nunmehr auch gelungen ist, die später noch von neuem drohende Gefahr von den Deichen abzuwenden, so dringt sich jetzt allgemein die Frage auf: wie wird es nun mit der Stromschifffahrt werden? Die neue Mündung zu schließen, möchte sehr problematisch seyn, für jetzt ist es unmöglich. Die Weichsel hat sich von Danzig weggewendet, das von der neuen Mündung an bis hinter Danzig auf einer Strecke von zwei Meilen dicht gelagerte und zum Theil bis in den Grund reichende Eis kann vom Strome nicht fortgeschafft werden, und sieht also seiner Auflösung durch die allmählich eintretende warme Temperatur entgegen, mithin ist vor Junius schwerlich daran zu denken, daß der Strom frei werde. Aber auch dann fragt es sich, werden die polnischen Getreidekähne und Holzflöße, wenn der Zug des Stromes sich von Danzig abwendet, für die Folge noch hinunterkommen können? wird das Bett nicht immer mehr versanden? Unter diesen Befürchtungen erinnert man sich eines vor 35 Jahren entworfenen Projects zur bessern Regulirung des Weichselstroms. Dieses Project, durch die schon damals immer stärker hervortretende Versandung des Weichselbettes hervorgerufen, glaubte diesem Uebel nur durch eine Verkürzung des Laufs des Flusses und eine neue Ausmündung desselben abhelfen zu können. Man ging dabei von der Ansicht aus, daß die Versandung der Weichsel hauptsächlich dadurch sich vermehre, daß die Nogat, deren Lauf um ein Drittel kürzer als der der Weichsel ist, und die ein stärkeres Gefälle hat, den meisten Strom bei der Theilung des Flusses mit sich führe, und projectirte, durch eine um vier Meilen abgekürzte Laufbahn der Weichsel das Gefälle derselben mit dem der Nogat ins Gleichgewicht zu bringen, wodurch der Wasserzug in beiden Armen gleichmäßig und die Weichsel mehr ausgetieft werden würde. Ein Canal sollte von dem Durchstich, den man zur Ausmündung des Stroms unfern dem sogenannten Haupt drei Meilen von Danzig durch die Nehrung machen wollte, die Flußschifffahrt nach der Stadt und dem Hafen vermitteln. Der ausbrechende Krieg ließ gar nicht an die Ausführung des Plans denken, später scheute man der großen Kosten wegen, ihn wieder in Anregung zu bringen. Jetzt da die Natur die schwierige und kostspielige Arbeit des Durchstichs selbst übernommen, freilich mehr unterhalb, indessen den Lauf doch immer um 2 1 / 2 Meilen abkürzend, und das vom sogenannten Haupte an nur fünf Fuß betragende Gefälle auf 2 1 / 2 Meilen statt auf das Doppelte übertragend, und man keine Hoffnung hat, die Oeffnung zu schließen, lebt der Gedanke an jenen Plan wieder auf. Die Kosten eines sehr starken Dammes quer durch das Strombett, um dieses zu schließen und die neue Mündung zu halten, der Befestigung ihrer losen Sandufer, der Anlegung einer großen Schleuße beim Eintritt des Canals, und dieses selbst würden nicht gering seyn, aber man würde damit doch vielleicht eine bessere Stromschifffahrt gewinnen, der Theil der Deiche von der Schleuße bis zur Stadt könnte eingehen, deßgleichen eine Menge kostspieliger Schöpfmühlen im niedrigsten Theile des Werders, und der Hafen würde vor den Zerstörungen der Eisgänge und den diesen folgenden Versandungen geschützt seyn, sobald er mit der Weichsel nicht mehr unmittelbar in Verbindung stünde. Was nun von diesen Hoffnungen bei genauer Untersuchung der Verhältnisse sich wird realisiren lassen, oder ob die Besorgnisse, daß dem Handel von Danzig eine schwer zu heilende Wunde geschlagen sey, eintreffen dürften, das müssen wir der Zeit zu entscheiden überlassen, für jetzt aber sind die Gemüther hauptsächlich nur darauf gerichtet, der Vorsehung zu danken, daß sie uns aus einer so furchtbar drohenden allgemeinen Gefahr auf eine so unerwartete Weise gerettet hat.

Ich bemerke, daß nach genauen mir jetzt mitgetheilten Notizen über das Gefälle des Stroms dasselbe von der preußischen Gränze bis Weichselmünde auf eine Strecke von 33 1 / 2 Meile 154 1 / 2 Fuß beträgt und vom sogenannten Haupte bis Weichselmünde auf 5 1 / 2 Meile 11 3 / 4 Fuß, also vom Durchbruche bis zur alten Mündung etwa 5 Fuß. Das Wasser ist seitdem so gefallen, daß an einen Deichbruch nicht mehr zu denken ist, es müßte denn in der Elbinger Weichsel seyn, wo noch alles Eis fest liegt, doch sind unsere Deiche an einigen Stellen durch die Gewalt, die der Strom angewendet hat, um sein neues Bett zu reguliren, so angegriffen und unterwaschen worden, daß nur unausgesetzte Verstärkung derselben von innen den Bruch hat verhüten können. Wie fest übrigens die Stopfung liegt und wie wenig Wasser im alten Bette ist, geht daraus hervor, daß bei Weichselmünde, wo der Fluß offen, gar keine Strömung mehr zu finden ist. Die Versuche, welche man nun anstellen will, um die Fahrt vom Hafen nach der Stadt frei zu machen, möchten daher für jetzt noch wenig Erfolg darbieten.

Rußland.

Ueber den Marsch, den unser Armeecorps gegen Khiwa durch einen Theil der Kirgisen-Steppe zurückgelegt hat, gibt uns die gestrige Kriegszeitung nachstehendes officielle Bulletin: In Folge der bereits zur allgemeinen Kunde gebrachten Erklärung, über die Ursachen und den Zweck der gegen Khiwa zu richtenden Kriegsoperationen, ward eine Militär-Expedition unter dem Commando des Generaladjutanten Perowsky in Orenburg ausgerüstet, die am 17 (29) Nov. von dort aufbrach, und am 17 Dec. den Ort Bisch-Tamak, 270 Werste von Orenburg entfernt, erreichte. Dort hielt sie am 18 Dec., dem Geburtsfeste Sr. Maj. des Kaisers, Rasttag und beging den Tag mit einer feierlichen Messe in der Feldkirche und andern festlichen Vergnügungen. Nachdem sie sich dort mit Heu und Holz verproviantirt hatte, setzte sie am 19 ihren Marsch fort, erreichte am 31 Dec. das erste Fort in der Steppe, Atü-Jakschi, am Yemba-Flusse. Bis zu diesem Punkt hat das Detaschement alle Hindernisse siegreich bestanden, die ein Heereszug während eines kalten Winters durch die Kirgisen-Steppe darbietet. Ungeachtet eines beharrlichen Frostes von 32° Réaumur, litt dennoch keiner von unsern bei dieser Expedition betheiligten Kriegern. Das ganze Armeecorps erfreut sich eines vollkommenen Wohlseyns und ist mit allen Bedürfnissen genügend versorgt, Mundvorrath0368 aller Art ist ihm reichlich beigegeben. Während der Generaladjutant Perowsky seinen Marsch fortsetzte, ward ihm von den Steppenbewohnern berichtet, daß eine khiwa'sche Kriegerschaar sich unsern Vorposten, einem Waffenplatz, den wir im vergangenen Sommer am Orte Ak-Bulak, 180 Werste vom Yemba-Flusse, aufführten, nähere. Die Wahrheit dieser Nachricht bestätigte sich auch wirklich. Das khiwa'sche Detaschement, 2000 Mann stark, griff am 30 Dec. das Fort Ak-Bulak unversehens an, fand aber von Seite der Garnison tapfern Widerstand, und mußte sich nach einem hitzigen Gefechte, das den Unsrigen keinen Mann kostete, mit Verlust zurückziehen. Es griff darauf am 31 Dec., 15 Werste jenseits Ak-Bulak, einen Transport an, der dahin von der Veste am Yemba, unter Bedeckung einer Compagnie Fußvolk und hundert orenburgischer Kosaken, geschickt ward. Die Khiwaer umzingelten unsere Krieger, schlossen sie gegen 24 Stunden ein, warfen sich mehreremal mit erbittertster Heftigkeit auf sie, wurden aber jedesmal mit bedeutendem Verlust zurückgeschlagen, mußten endlich unserm Convoi den Weg frei lassen, und sich in eilige Flucht werfen, wobei es ihnen nicht einmal gelang, einer bei ihnen heiligen Sitte gemäß ihre Todten mit sich zu nehmen. Ihr Angriff hatte den Unsrigen keinen Verlust zugefügt. Der Capitän vom Generalstabe Jerosejew führte den Transport an, und brachte ihn glücklich nach Ak-Bulak; er zählte nur 5 Mann Todte und 11 Verwundete. Das Armeecorps des Generaladjutanten Perowsky machte bei der obgedachten Veste Atü-Jakschi am Yemba-Flusse Halt, um sich hier theils von dem in der rauhesten Jahrszeit mit so vielen Beschwerden verknüpften Marsche durch die Steppe zu erholen, theils um zu seiner weitern Fortsetzung einige nothwendige Vorbereitungen zu treffen. Es verbrachte daselbst sechs Tage und setzte darauf ohne weitern Verzug seinen Marsch über Ak-Bulak nach der Gränze des Khanats Khiwa fort. Nach dem neuesten hier eingegangenen Bericht vom 7 Jan. befand sich das russische Armeecorps im besten Zustande. Seit einigen Tagen ist hier eine Specialkarte im großen Alexandrinischen Bogen-Format über das Gebiet der Kirgis-Kaisaken, Truchmenien, Khiwa und die bucharischen Steppen erschienen, die vom topographischen Kartendepot des kaiserlichen Generalstabs, schön und correct gestochen, herausgegeben ist. Man sieht auf ihr genau den Weg bezeichnet, den die gegenwärtige, vom General Perowsky befehligte Expedition von Orenburg nach Khiwa zu verfolgen hat.

Türkei.

Die Londoner Blätter vom 7 Febr. enthalten Correspondenzen aus Konstantinopel und Alexandria bis zum 17 Jan., deren Inhalt der Sun also zusammenfaßt: Diese Briefe stellen den Wiederausbruch des Kriegs zwischen dem Vicekönig und der Pforte als sehr wahrscheinlich dar. Sollte es dazu kommen, so würde die Pforte gedeckt werden durch England, Oesterreich und Rußland, welche so glaubt man in Konstantinopel allgemein nöthigenfalls zur Ergreifung eigener Zwangsmaaßregeln gegen Mehemed Ali entschlossen sind. ( Diese drei Mächte, schreibt der Correspondent der Times, sollen als Beweis ihrer Aufrichtigkeit und Uneigennützigkeit besonders stipulirt haben, daß ihre Intervention für keine derselben irgend ein Motiv zur Vergrößerung abgeben dürfe, weßhalb sie sich auch verpflichten, zehn Jahre lang keinen Krieg gegen die Türkei zu beginnen, damit der Sultan volle Zeit habe, die in dem Hattischerif angekündigten Reformen auszuführen. ) Andrerseits weigert, im Vertrauen auf sein Glück und auf die Unterstützung Frankreichs, der Vicekönig sich hartnäckig, von seinen Ansprüchen auch nur ein Jota aufzugeben, und will zu diesem Ende ein ungeheures Heer aufbieten. Am 17 Jan. segelten 5 Linienschiffe des brittischen Geschwaders von Vurla nach Malta ab, und Admiral Stopford folgte am nächsten Tag an Bord der Princeß Charlotte. Gleich nach ihrer Verproviantirung sollten diese Schiffe nach Vurla zurückkehren.

0361

Englisch-französische Polemik über die orientalische Frage.

Es wird reichlich dafür gesorgt, daß wir über die orientalische Frage fortwährend im Laufe oder mit ihrem Laufe bekannt bleiben, und Ihre Zeitung trägt dazu nach Kräften bei, nicht nur durch das, was wir Andern, Ihre Publicisten im Schatten, die umbratici homines, aus unsern Studirstuben zu Haufen bringen, und was füglich nichts bedeuten mag, weil es so spurlos in alle Winde getragen wird, sondern auch durch Ihre auswärtigen Correspondenten, vorzüglich diejenigen, deren Feuer sich von der Seine und der Themse her in Augsburg kreuzt, und durch die Uebersetzungen aus französischen und englischen Blätter, welche Sie liefern. Da gilt es denn für uns Andere die Geduld, oder vielmehr den Faden nicht zu verlieren, und dafür zu sorgen, daß Ihre Leser ihn im Auge behalten, denen die Sache nicht so unmittelbar nahe liegt, und die gleichwohl durch den unaufhaltsamen Herandrang der Katastrophe wie durch den ehernen Tritt der Eumeniden plötzlich aus ihrer Behaglichkeit können geweckt werden. Wünschen wir uns übrigens zum Schlusse dieses Prologus Glück, daß durch die Häufigkeit und Bedeutsamkeit, zum Theil vielleicht nur scheinbare Indiscretion der Mittheilungen, besonders Ihrer beiden Correspondenten und aus London und Paris die Frage aus dem Verschluß der Bureaux und Foreign offices so zu sagen auf den Markt vor die europäischen Beobachter gezogen wird, denn diese versammeln sich um ihre Tribunen der Publicität trotz den Achäern vor den Zelten des Agamemnon, um die Reden und Rathschläge der Könige und der königlichen Männer zu hören, und bleibt ihnen auch nicht viel zu rathen übrig, so werden sie doch am Ende aufgefordert, sich zu waffnen und auf die Trojaner loszuschlagen, kampflustig, wenn es seyn kann, wo nicht durch einige andere argumenta ad hominem bestimmt, die jeder im zweiten Buche der Iliade an gehöriger Stelle selbst nachlesen kann.

Das Bedeutsamste unter dem Neuesten über die genannte Materie scheint mir der Artikel des Morning Chronicle über die Nothwendigkeit, welche England dazu drängt, den Vicekönig zu beschränken und aus Syrien auszuweisen. Ich habe um so mehr Grund, ihn voranzustellen, weil ich sehe, daß dem englischen ministeriellen Publicisten die Sache sich unter demselben Gesichtspunkte zeigt, den ich in einem frühern Artikel hervorgehoben habe. Er berührt zwar nicht Alles, was sich mir als der Beachtung würdig darbot, doch hat er Ein Motiv gegen den Status quo, den Frankreich schirmt, das ich nicht geltend gemacht, und das mehr wiegt, als alles seitdem über die Sache Gesagte. Es ist aus den Folgen abgeleitet, die sich unmittelbar einstellen würden, wenn man sich der französischen Ansicht fügen, das heißt durch Belassung des Vicekönigs in seinen gegenwärtigen Besitzungen den Status quo des orientalischen Ungemachs durch europäische Anordnung feststellen würde. Die Spannung aller Verhältnisse bliebe, weil die Gefahr bliebe; die Nothwendigkeit bestünde, fortdauernd gerüstet zu seyn, ja die Rüstungen zu vermehren, weil der Andere die seinigen vermehren würde, um bei der Unvermeidlichkeit neuer Verwickelungen und der Unaufhaltbarkeit der Ereignisse Interessen zu schirmen, deren Wichtigkeit in dem Maaße steigt, je näher man sie in das Auge faßt. Das Alles ist sehr wahr, ist aus der Lage der Dinge aufgegriffen. Man würde im feindseligen Frieden die Lasten eines verderblichen Krieges tragen. Zu dem enormen Militäretat der europäischen Staaten, die ihnen der continentale Status quo auflegt, käme noch ein gleich drückender See-Etat hinzu, und wäre man auch zu einer äußern Vereinbarung gekommen, hinter den socialen Protestationen bliebe immer die Ueberzeugung in den Gemüthern, daß mit allen Anstrengungen man nur einen Aufschub des Ungemachs erkauft habe und dieses später in noch ärgerer Gestalt ausbrechen würde. Es ist ein Zustand der Spannung, Erregung, Verdüsterung in der politischen Atmosphäre, der sich allein in Blitz und Donner über das Haupt des Pascha entladen kann, im Fall er sich nicht dem Ausbruch des Gewitters zu entziehen sucht.

Nun ist aber seltsam, wie dieser wahren und staatsmännlichen Ansicht, dieser mit jedem Tage steigenden Unerträglichkeit des Status quo im Orient und der Nothwendigkeit ihn zu brechen und zu heilen, in den französischen Blätter begegnet wird. Ich rede nicht vom National der singt sein altes Lied gegen die englisch-französische Allianz, denn er weiß wohl, daß, so lange sie besteht, er seines Wunsches nach einem europäischen Krieg und nach dem Sieg der Republik über den Trümmern der allgemeinen Wohlfahrt nicht theilhaftig werden kann; eben so wenig von der Gazette de France, die aus gleichen Gründen sich in gleicher Richtung bewegt, nur daß sie der Republik eine neue Restauration unterzuschieben denkt. Aber die Débats? aber der Courrier? Sie beide, unstreitig die besten französischen Blätter das Journal des Débats wegen besonnener, wenn auch nicht überall unabhängiger Erörterung wichtiger Probleme der Gesetzgebung und Verwaltung in der europäischen Politik, und der Courrier, der seit lange nicht selten durch eine ebenso mäßige als tiefeindringende Discussion der öffentlichen Interessen den Débats vorangeht auch diese beiden, dieses par nobile fratrum Et cautare pares et decertare parati, sind gerade auf diesem entscheidungsvollen Punkt in gleicher Befangenheit und Verblendung. Die Débats haften allein an den etwas rauhen Formen der anglicanischen Debatte, und lassen ganz außer Acht, was denn dahinter eigentlich verborgen ist. Und der Courrier? Lesen Sie selbst seinen Artikel Nr. 34 vom 3 Februar. Er umschifft, wie die Débats, die Klippe, die wir bezeichnet, oder vielmehr, er sieht sie gar nicht, und statt der wahren Sachlage, die sich dem englischen Cabinet richtig darstellt, statt der Nothwendigkeit, durch Beschränkung des Vicekönigs die leidenden Interessen des Orients und Occidents zu schützen und durch die Sicherstellung der Pforte die Ruhe von Europa sicher zu stellen, was sieht er, was gibt er wenigstens vor zu sehen? Immer nichts als das alte Phantom, das an den Ufern der Seine bleich und gespenstig als englische Politik umherschweift: die Absicht Englands auf Aegypten und Syrien, und in Folge davon einen Vertrag von England und Rußland zur Theilung der Türkei, wobei den Russen Konstantinopel und Kleinasien zufallen würde. Ist man mit dieser starren Beschränktheit und Hartnäckigkeit gegenüber der vollkommen klaren und bestimmt ausgesprochenen Lage der Großmächte von Europa, die ein solches Project geradezu als absurd erscheinen läßt, einmal entschlossen, das Offene für verschlossen zu halten, und das Helle für Nacht, um sich ein abgenutztes und mattgespieltes journalistisches Thema nicht von dem täglichen polemischen Orchester unter der Hand wegziehen zu lassen, so muß man freilich auf die0362 Aussicht verzichten, zur Lösung dieser schwierigen Frage, und dadurch zur Wahrung der französisch-englischen Allianz, des Gegenstandes des allgemeinen Wunsches der Vernünftigen, etwas beizutragen, und man hat für diesen großen Verlust an Einfluß und Ehre nichts als die traurige Satisfaction über die Erniedrigung von Frankreich, ohne dessen Zustimmung die Türkei getheilt werden, oder über die Unmöglichkeit einer solchen Theilung ohne Frankreich, oder über den Theil, den dann Frankreich von dritter Hand an dem Raube sich bedingen müßte, und über ähnliche Stoffe, Insinuationen, Gehässigkeiten, Geschrei und Thorheiten sich zu verbreiten, die anderer Journale, nicht aber eines Courrier français und der Farbe würdig sind, die er durch seine Schutzreden für die englisch-französische Allianz und vorzüglich durch seine vortrefflichen Artikel zur Förderung des in Aussicht gestellten, auf gegenseitige Erleichterungen zu gründenden englisch-französischen Zollvertrags herausgewendet hat, und unter der er darauf rechnen kann, alle Männer von weiterem Blick und freierer Gesinnung um sich zu vereinigen.

Soll also französischerseits diese Polemik auf irgend eine feste Basis gebaut werden und zu etwas nützen oder führen, so ist vor Allem nöthig, den ganzen Belang und die ganze Wichtigkeit der Gründe anzuerkennen, welche England in seiner Politik auf diesem Punkte leiten und leiten müssen, in Folge davon aber jenen albernen Suppositionen zu entsagen und auf das Feld einer möglichen Vereinbarung mit ihm zu stellen. Auf diesem aber gilt es, entweder sich mit England über die Art der Lösung jener Schwierigkeiten zu einigen, oder, ist man durch unlösbare Fesseln gebunden, ihm auf dem Wege der Vollstreckung zu folgen, ihm einen andern Weg der Wahrung jener Interessen zu zeigen, oder aber, wenn man auch das nicht kann, es innerhalb einer vorzuzeichnenden Gränze gewähren zu lassen, dabei aber, wie es einer Großmacht, die zugleich Land - und Seemacht vom ersten Rang ist, geziemt, gerüstet zu bleiben für den Fall, daß nach Vollzug der über den Vicekönig gefaßten Beschlüsse nicht Alles in die Schranken und in den Stand zurückweicht, der einer jeden Macht durch den Vertrag angewiesen ist. Ist Einigung von Frankreich mit den übrigen Mächten allein auf diesem Grund möglich, so daß es außer der Sphäre der zur Beschränkung des Vicekönigs nöthigen Maaßregeln bleibt, so ist das zwar allerdings eine nicht erfreuliche Divergenz der Ansichten und Interessen; indeß für Frankreich bliebe immer noch die ehrenvolle Rolle, der Moderator des Vollzugs und der Wächter des Orients und Occidents gegen die Uebergriffe von England und Rußland über das gemeinsam anerkannte Ziel zu seyn eine Rolle, bei der es auf jeden Fall, bei der es aber auch nur allein auf die innere und volle Einigung und Mitwirkung von Oesterreich und Preußen rechnen könnte.

La Revue Slave.

In einem Zeitpunkte, wie der jetzige, wo sich in allen Slavenländern, in dem ganzen weiten Gebiete zwischen Oder und Düna und hinab bis ans schwarze und adriatische Meer, in dem weiten Gebiet wo so mannichfache Nationalitäten sich durchkreuzen, wo eine neue allgemeine litterarische Bewegung sich kund gibt, ist die obengenannte Zeitschrift kein ganz gleichgültiger Umstand. Ihr ausgesprochener Zweck ist, allen Bestrebungen der westlichen Slawen, die unter dem drückenden Joch Oesterreichs, Preußens und der Türkei seufzen, und welche die schlaue russische Regierung im Interesse ihres Despotismus zu ködern sucht, Worte zu leihen. Die Zeitschrift, von der das erste Heft vor uns liegt, ist demnach den Regierungen von Oesterreich und Preußen eben sowohl als der russischen feindlich, und die zu Grunde liegende politische Idee ist eine Vereinigung sämmtlicher Slawenstämme unter der Hegemonie eines wiederhergestellten Polens. So betrachtet erscheint die Sache als ein hohler Traum, der gegen alle Wirklichkeit ankämpft, einige der begleitenden Umstände jedoch geben der Sache eine andere Bedeutung. Diese Zeitschrift, die in zwanglosen Heften erscheinen, also im Grund eine Reihe von Broschüren bilden soll, tritt fast zu gleicher Zeit mit Sarrans und einigen ähnlichen Werken auf, und verfolgt auf einem scheinbar ganz andern Felde dieselbe politische Idee. Es ist um solche Ideen und Ansichten eine eigene Sache. Napoleon hatte den Plan, sein Reich bis an die Elbe und die Enz auszudehnen, und Oesterreich und Preußen sollten ihm als Vormauer gegen Osten dienen; damit aber diese nicht mit der Zeit sich gegen ihn wenden könnten, sollte Polen hergestellt werden, um beide auseinander zu halten; ein solches Polen war dann der sicherste Alliirte für Frankreich, da es sich nie an Rußland anschließen konnte, und Preußen wie Oesterreich immer mehr oder minder feindselig entgegengestanden hätte. Sarrans, der den Geist Napoleons heraufbeschwört, spricht in seiner bekannten Schrift dieselbe Ansicht aus, und eine Conföderation der Slawen unter der Leitung Polens, und natürlich unter dem Schutze Frankreichs, soll die nationale Grundlage für den großartigen Plan bilden. Man ersieht hieraus, daß auf dem noch immer unstät schwankenden Gebiet zwischen der Ostsee, dem schwarzen und dem adriatischen Meere drei politische Systeme einander gegenüber stehen: das russische, welches durch die Anziehungskraft der Nationalität sämmtliche Slawenstämme seinem Einfluß zu unterwerfen sucht, Oesterreich, Preußen und die Türkei, welche gegenwärtig im Recht des Besitzes sind, und das neue westslawische Reich, das gegen Oesterreich, Preußen und Rußland gerichtet ist. Für die letztere Idee tritt nun, wie oben bemerkt, die Revue Slave in die Schranken. Solche Ansichten und Bestrebungen dürften wohl geeignet seyn, die Aufmerksamkeit in Deutschland etwas mehr auf die slawischen Länder hinzulenken, als es bisher geschehen ist, denn es handelt sich für Deutschland dabei um ein höheres Interesse, als man gewöhnlich zu glauben geneigt ist. Obige Zeitschrift predigt Haß anscheinend nur gegen Oesterreich und Preußen, in der That aber gegen Deutschland überhaupt, und dieß könnte in seiner Entwickelung nur zu neuen Slawenkriegen führen, wobei keiner von beiden Theilen, am wenigsten aber die Slawen gewinnen könnten. Manche ehemalige Slawenländer sind ganz germanisirt, in andern leben Deutsche und Slawen gemischt, und müssen sich wohl oder übel mit einander vertragen, da kein Theil den andern ausstoßen kann.

Was nun das vorliegende erste Heft dieser Zeitschrift betrifft, so ist der eigentlich politische Theil in zwei Aufsätzen, der Einleitung (avant propos) und der slawischen Richtung (tendance slave) enthalten; die beiden andern Aufsätze betreffen den Ursprung und die Geschichte der Vandalen, eine etwas confuse und nicht sehr schlußrichtige Abhandlung, in der bewiesen werden soll, daß die Vandalen slavischen Stammes gewesen, und die Sprachen der slavischen Völker, wo der Verfasser sich als ein höchst enthusiastischer Slavist zeigt, und sogar noch alles Land jenseits des Inns und der Elbe, für die Slaven in Anspruch nimmt, indem diese Völker fast das ganze nördliche Deutschland von Hamburg an, ganz Sachsen und ganz Preußen einnehmen (in der gegenwärtigen Zeit gesprochen). Wenn indeß der Verfasser auch in seinem Slavismus sich zu manchen Uebertreibungen und geographischen Fehlern hinreißen läßt, so verdient doch der Geist und die Tendenz, in0363 welchem der Aufsatz geschrieben ist, in mannichfacher Beziehung Aufmerksamkeit, und ist manchmal gewaltig naiv; so z. B. gibt er den Magyaren den Rath, sich dem Gros ihrer Nation, den Slawen anzuschließen, und ihrer eigenen Nationalität zu entsagen. Eben so merkwürdig ist die Koketterie mit den Russoslaven gegen die kaiserliche Regierung.

Ueber den Zustand der Schweiz im Allgemeinen.

(Ein Gegenbild zu dem neulich gelieferten Aufsatze.)

Obschon die Schweiz geschichtlich und constitutionell eher ein Staatenbund als ein Bundesstaat ist, so gestalten sich in derselben dennoch allgemein schweizerische Verhältnisse, und manche Erscheinungen des schweizerischen Staatslebens lassen sich weniger aus Zuständen dieses oder jenes Kantons erklären als aus Entwickelungen, welchen die Schweiz als Gesammtstaat entgegengeht.

Es haben sich die schweizerischen Verhältnisse im letzten Decennium so wesentlich verändert, daß es sich wohl der Mühe lohnt, nach den Ursachen zu forschen, welche diese Umgestaltung bedingt haben.

Es ist die irrige Ansicht ziemlich allgemein verbreitet, als habe das republicanische Leben in der Schweiz während der letzten zehn Jahre einen neuen Aufschwung genommen, und dennoch dürften die Grundfesten der Republik während dieser Zeitperiode mehr als je früher erschüttert worden seyn.

Republicanische Verfassungsformen setzen große Nüchternheit und Tugend bei den Bevölkerungen voraus, welche unter denselben leben. Mehr als alle andern Beschäftigungen und Gewerbe ist der Ackerbau geeignet, diejenigen, die sich ihm widmen, einfach, nüchtern, an Leib und Seele gesund zu erhalten. Die Bauern sind selten neuerungssüchtig, sondern halten fest am Hergebrachten, sie sind einfach, genügsam und gewohnt gute und böse Tage geduldig hinzunehmen; ihr Beruf läßt sie kräftig, ausdauernd und entschlossen werden. Dasselbe gilt von den Hirten, den Bauern des Gebirgs. Für sie passen einfache, republicanische Formen.

Eine industrielle Bevölkerung hingegen ist in der Regel ausgelassen, veränderungslustig, unfügsam, luxuriös, fähig zu verzweifelten Entschließungen, aber nicht nachhaltig. Industrielle sind daher kaum gute Republicaner. Sie bedürfen einer stärkern und kräftigern Führung, als republicanische Formen zulassen. Nun hat aber die Schweiz in den letzten zehn Jahren beinahe ausschließlich eine industrielle Richtung genommen, der Luxus großer Städte ist in ihre Gaue eingezogen, und die gepriesene schweizerische Einfachheit findet sich, einige enge Bergthäler abgerechnet, wohl noch in alten Geschichtsbüchern aufgezeichnet, im Leben aber selten mehr.

Die ins Unendliche getriebene Gütervertheilung, welche nur noch Gartenwirthschaft möglich macht, und ein ungeheures Betriebscapital bedingt, hat den Bauernstand beinahe getödtet. Güter von 100 Morgen Landes sind in der Schweiz selten, der Gütchen von 4-10 Morgen, welche eine ganze Familie erhalten sollen, gibt es unzählige. Die Verschuldung des Bauernstandes in einzelnen Theilen der Schweiz, z. B. im Thurgau, gränzt ans Unglaubliche. Wenn England krank ist, weil der Grund und Boden in zu wenigen Händen ruht, so leidet die Schweiz hinwieder an zu großer Gütervertheilung. Aber nicht nur im Bauernstand hat die schweizerische Republik eine wesentliche Stütze verloren, auch in den Städten ist einer ihrer Grundpfeiler gewichen der Mittelstand.

Der sogenannte Mittelstand ist für jeden Staat ein wichtiges Element, für die Republik das wichtigste: ihm gehören die meisten wahren Vaterlandsfreunde an; dem Reichen gehört die Welt, er ist selten ein guter Bürger; der Arme wird dem Staat zur Last; der Mittelstand ist seine Stütze. Das Herunterkommen des Mittelstandes in den schweizerischen Städten rührt her von der Einführung der Gewerbsfreiheit, welche nur Reiche und Arme erzeugt, *)*)Aber woher dann der wohlhabende Mittelstand von England, Frankreich, den Vereinigten Staaten? A. d. R. und von der die Schweiz umgebenden Zollsystemen, welche dem schweizerischen Handel eine unnatürliche Richtung gaben. Dem in unserer Zeit so sehr verhaßten Zunftzwang liegt eine Pietät zu Grund, welche Viele nicht verstanden haben, diejenige, auch dem weniger Gewandten sein Auskommen zu sichern. Dem Zunftzwang sind die vielen Gemeinwesen freier und unabhängiger Bürger zu danken, welche am Ende des Mittelalters ein so wichtiges staatliches Element geworden sind. In welchem bedauernswürdigen Zustand der schweizerische Handwerksstand im allgemeinen sich dermal befindet, ist aus den Pfand - und Schuldentriebsprotokollen der meisten städtischen Gemeinden ersichtlich.

Der Handel, der früher vielen eine unabhängige wenn auch keine glänzende Existenz sicherte, macht ebenfalls jetzt einzelne Reiche und viele Arme. Der bedeutendste Verkehr bestand vormals zwischen der Schweiz und Frankreich; ein stehender Artikel der Militärcapitulationen zwischen den schweizerischen Kantonen und den französischen Königen vor der ersten französischen Revolution sicherte die gegenseitige Handelsfreiheit. Seit dem Jahre 1803 kann die Schweiz obschon allen französischen Erzeugnissen offen ihre Producte nur auf dem Weg der Contrebande nach Frankreich bringen. Gleiche Prohibitivsysteme machen den Handel mit den österreichischen und sardinischen Staaten unmöglich, und seit einigen Jahren sind durch die Ausdehnung des deutschen Zollvereins auch die süddeutschen Staaten dem schweizerischen Handel verschlossen worden. Nothgezwungen ist der schweizerische Handel daher beinahe ausschließlich ein überseeischer geworden; dieser erfordert große Capitalien, und ruinirt den weniger Bemittelten früher oder später unwiederbringlich.

Während dergestalt die schweizerische Bevölkerung zu ihren republicanischen Formen weit weniger paßt als vormals, hat man allerorts in unbegreiflicher Verblendung die Regierungsgewalt beschränkt, und allem ochlokratischen Treiben Thür und Thor geöffnet; daher sehen wir denn auch Verfassungen, welche sich unsere Väter für die Ewigkeit zu geben wähnten, im Laufe von zehn Jahren zwei bis dreimal ändern.

Aus Ehrenstellen sind Beamtenstellen geworden; diese gehörig zu dotiren ist bei ihrer großen Zahl unmöglich. Dessen ungeachtet sind die Ausgaben für die Staatsadministration in den letzten Jahren außerordentlich gestiegen; um diese zu decken, werden in einzelnen Kantonen mehr Abgaben bezahlt als in einzelnen monarchischen Staaten. Die Bundesgewalt ist, statt fester, schwächer und lockerer geworden. Bei dem allem läugne ich nicht, daß jeder Fremde, der die Schweiz früher gekannt und jetzt wieder bereist, durch die guten Straßen, Posteinrichtungen und Gasthöfe bestochen, wähnen kann, es habe dieses Land während der letzten Jahre zusehends aufgeblüht; tiefer Sehende werden sich aber durch derlei äußere Ausstattung nicht täuschen lassen, sondern mit mir besorgen, es nage ein Wurm am Herzen der Schweiz.

0364

Frankreich.

Nur die Rücksicht, daß ich Ihnen etwas berichte, was dem kunstliebenden Deutschland, somit unserer Aller Vaterlandsliebe nahe liegt, kann mich ermuthigen und mag mich entschuldigen, daß ich Ihnen von Kunst und ästhetischen Genüssen spreche, in einem Augenblick, wo Bellona die Zeitungsartikel zu dictiren scheint und das Schwert der Völker ungeduldig in seiner Scheide zuckt. Beiläufig sey auch gesagt, daß wir an die Nothwendigkeit dieser Kriegserklärungen nicht besonders glauben. Ole Bull hat für nächsten Samstag ein Concert angesagt; wir werden ihn hören, und der Allgemeinen Zeitung, wie gewöhnlich, über diese neue Erscheinung nordischer, um nicht zu sagen deutscher Kunst in Paris berichten. Ole Bull wird ohne allen Zweifel hier, wie überall, den Beifall ernten, der seinem außerordentlichen, meisterhaften Spiele gebührt, Ole Bull aber hat bei seiner Ankunft hier einen großen und für einen Künstler seines Ranges unverzeihlichen Fehler begangen: er hat sich in den Journalen auf eine Weise ankündigen lassen, die nicht allein eine Verletzung aller Regeln der französischen Sprache, und darum ihren egoistischen Ursprung verräth, sondern die auch alles Maaß einer ungeschickten und anstößigen Marktschreierei übersteigt; ich will die Ausdrücke und die abscheuliche Sprache nicht wörtlich anführen, um dem großen Künstler nicht wehe zu thun, der vielleicht, ja wahrscheinlich, nicht selbst Schuld daran ist, aber mindestens möge ihm diese Oeffentlichkeit eine Warnung seyn, daß ein solcher Verstoß gegen die Schicklichkeit nicht ungeahndet hingeht, nicht vor den Franzosen, die sich mit bitterm Spott darüber auslassen, nicht vor den Landsleuten und Verehrern Ole Bulls, die sich durch diesen Spott gekränkt fühlen und das Recht haben, ihm deßhalb Vorwürfe zu machen. Wir haben gestern einer musikalischen Feierlichkeit beigewohnt, die ein neuer Beweis ist, wie sehr die Werke unserer großen Meister mit wachsender Bewunderung und stets größerer Huldigung dahier gewürdigt werden. Nach dem, ich möchte sagen romantischen Sturme, der in der neuen französischen Tondichtung wie in den übrigen Gebieten der Kunst und Litteratur geherrscht, ist der öffentliche Geschmack zu mäßigern und darum reineren Genüssen zurückgekehrt. Wer hat seit zwei Jahren die Programme aller öffentlichen Concerte und die denkwürdigsten Sitzungen des Conservatoriums gefüllt? Mozart und Beethoven. Wer wird jetzt in den sich mehrenden engern Cirkeln der wahren Musikfreunde und Kenner, in den Quartetten und Quintetten gespielt? Mozart und Beethoven, und zwar mit einem Enthusiasmus der Zuhörer, mit einer stillen, frommen Verehrung, die unendlich für die ehrfurchtsvolle Achtung des Publicums, für das Große und Schöne überhaupt zeugt, und insbesondere ein Beweis ist, daß sein musikalischer Sinn geöffnet und mehr und mehr erleuchtet ist. Die Hauptstücke des Programms waren: die große Sonate von Beethoven, die er Creutzern gewidmet hatte, für Violine und Piano; das berühmte und nie genug zu preisende Quintett in G-Moll von Mozart, die erste gespielt von Allard, auf der Violine, und Miß Loveday auf dem Clavier, das letzte von Allard, Lenepveu, Croisilles, Fauvel und Chevillard. Vergönnen Sie diesen Namen in Ihrem Blatt einen Platz, damit sie Wiederhall in der Welt erhalten, und betrachten Sie nicht als poetische Ekstase, wenn ich Ihnen sage, daß meine Sprache zu arm und zu unmächtig ist, um den Eindruck zu schildern, den das Mozart'sche Quintett und namentlich das Adagio auf die Zuhörer hervorgebracht hat. Ich meines Ortes werde dieses Spiel, diese Töne nie vergessen. Alles, was die Phantasie von der Wirkung der Musik auf die belebte und unbelebte Welt Gewagtes und Kühnes je erfunden hat, schien mir in diesem Moment begreiflich und nothwendig. Wer in dem Augenblick des Adagio's in die Mitte dieser athem - und lautlosen Zuhörer getreten wäre, würde sie für eine Sammlung von bezauberten Gestalten oder in der glücklichsten Verzückung Dahingeschiedener genommen haben. Ich zweifle nicht mehr an der Wirkung von Orpheus 'Leyer auf die Todten; und daß die Delphine des Meeres den Sänger Arion unversehrt an das gastliche Ufer getragen, war nur eine verdiente Huldigung, die sie der göttlichen Kunst des Apollo darbrachten. Wie kann ich das schöne und rührende Quartett unseres guten und ehrwürdigen Landsmanns, Karl Zeuner, besser und würdiger loben, als indem ich sage, daß es, zwischen der Sonate von Beethoven und dem Quintett von Mozart gespielt, den lautesten und einstimmigsten Beifall erhielt. Es herrscht in dieser kunst - und melodiereichen Dichtung jener Hauch von ächtdeutscher Inspiration, der nur durch langes Vertrautseyn mit den Meistern der Kunst und durch die Weihe des innern Berufs erlangt wird. Hr. Zeuner war gestern für das französische Publicum der unmittelbare und würdige Schüler von Mozart und Beethoven; was Wunder, daß seine Musik mit jener der beiden Heroen in ungetheilter Begeisterung gepriesen wurde!

Großbritannien.

(Beschluß der Debatten über die Buller'sche Motion.) Die glänzende Rede, womit Hr. Macaulay in der Sitzung vom 30 Jan. das Ministerium vertheidigte, schloß mit folgender Stelle: Was für einen Grund haben wir, zu glauben, daß wir von einer Verwaltung, die der sehr ehrenw. Baronet (Peel) jetzt bildete, ein anderes Ergebniß erwarten konnten, als wir im Jahre 1829 sahen? Der Hr. Baronet ist immer noch derselbe, er ist immer noch ein Staatsmann. Ja, immer noch ein Staatsmann von großem Verstande, gemäßigt in seinen Meinungen, besonnen, frei von dem Fanatismus, den man in so reichem Maaße unter seinen Anhängern findet. Ich will nicht sagen, daß die Partei, die ihm folgt, noch immer dieselbe sey, sie hat sich verändert: sie ist heftiger und unduldsamer geworden, als sie selbst in den Tagen der Vergangenheit war. Ich urtheile nach der Sprache und den Lehren ihrer Presse, ich urtheile nach den Vorgängen in ihren öffentlichen Versammlungen, ich urtheile nach ihren Kanzeln (Stürmischer Zuruf der Ministeriellen), ihren Kanzeln, auf denen in jeder Woche Beleidigungen und Verleumdungen erschallen, welche selbst die Wahlbühne entehren würden. Einst rühmte sich die Torypartei, daß sie bei allen Glückswechseln Gefühle der Pflichttreue nähre Gefühle, die selbst Irrthümer achtbar machen und der Dienstbarkeit etwas von der Würde und dem Adel der Freiheit geben. Ein großer Torydichter, der zu seinen Lebzeiten für seine Pflichttreue reichlich belohnt wurde, sagte:

Our loyalty is still the same,
Whether it win or lose the game;
True as the dial to the sun,
Although it be not shone upon.

*)*)Unsere Pflichttreue ist annoch dieselbe, mag sie das Spiel verlieren oder gewinnen; treu wie der Sonne der Weiser, auch wenn sie ihn nicht bescheint. Jetzt sehen wir ein ganz anderes Geschlecht der Tories. Wir haben erlebt, daß eine neue Partei ihr Haupt erhob, ein Ungeheuer von einer Partei, aus den schlimmsten Theilen der Cavaliere und den schlimmsten Theilen der Rundköpfe zusammengesetzt. (Beifall und Gelächter.) Wir haben es erlebt, eine0365 Generation pflichtvergessener Tories zu sehen, wir haben sehen müssen, daß der Torismus sich wie jene unverschämten Raucher benimmt, die Karl I den Dampf ins Gesicht bliesen. Wir sehen, daß der Torismus, weil er nicht wie Strafford das Volk drücken darf, sich umwendet und den Monarchen wie Hugh Peters schmäht. Es ist mein fester Glaube, daß die Partei, die den vorliegenden Antrag unterstützt, die Aufhebung der Katholikenemancipation verlangt. (Oh, oh! von der Opposition; Beifall der Ministeriellen.) Auf welche andere Weise soll ich mir das Geschrei erklären, das man im ganzen Lande gegen die drei papistischen geheimen Räthe erhoben hat? Soll die Emancipationsacte aufrecht erhalten werden? Soll sie das, so führe man sie aus. Oder soll sie widerrufen werden? Wohlan, so gestehe man es offen und ehrlich. Soll sie nicht vollzogen werden, was kann ungereimter seyn, als sie im Statutenbuch des Landes stehen zu lassen? (Beifall.)

Die Verhandlungen des vierten Tags eröffnete der Generalsecretär für Irland, Lord Morpeth. Er erklärte sich zufrieden mit dem offenen Eingeständniß Lord Stanley's, daß das Resultat der Debatte nur die Frage entscheiden solle, ob die jetzige Administration oder ein aus Mitgliedern der Opposition zusammengesetztes Ministerium das Staatsruder zu führen habe. Der Vorwurf, sagte der Lord, daß das jetzige Cabinet sich die Unterstützung von Männern gefallen lasse, die weiter gehen, als es selbst, trifft eben so gut das Ministerium Grey, dessen Mitglieder bekanntlich sowohl Lord Stanley als Sir James Graham waren. Allerdings stimmen die Mitglieder des Ministeriums nicht in allen Fragen unbedingt überein, sie lassen offene Fragen zu, namentlich in Bezug auf die geheime Abstimmung und die Getreide-Gesetze, aber der letztere Gegenstand scheint ziemlich unzweifelhaft auch unter der Opposition eine offene Frage zu seyn, und vergessen darf man nicht, daß, wie es denn auch in der Natur der Sache liegt, frühere Tory-Ministerien viele und wichtige Fragen der freien Beurtheilung ihrer Mitglieder zu überlassen pflegten. Der edle Lord hat die Anzeige gemacht, daß er und seine Freunde, wenn auch das Resultat der vorliegenden Debatte günstig für die Minister ausfalle, ihre Opposition nicht aufzugeben gedenken; aus solchen unablässigen Feindseligkeiten kann allerdings dem Lande kein Nutzen erwachsen; aber es ist wohl mehr als zweifelhaft, ob diesem Uebel abgeholfen werden könnte, wenn man die Gegner ruhig zur Macht gelangen ließe. Es ist unrecht, zu behaupten, daß nur die Appropriations-Clausel das Ministerium Peel gestürzt habe; der Sturz desselben wurde dadurch veranlaßt, daß es eine Majorität weder in dem von ihm aufgelösten, noch in dem von ihm zusammenberufenen Unterhause besaß. Aus demselben Grunde gebe ich denn auch jetzt zu, daß Sir Robert Peel berechtigt seyn würde, die Zügel der Regierung wieder zu ergreifen, wenn eine entschiedene Majorität sich beim Schlusse der gegenwärtigen Discussion für den eingebrachten Antrag ausspricht. Was die Vorwürfe wegen des Aufgebens der Appropriationsclausel und des irländischen Eisenbahngesetzes betrifft, so kann ich dem edlen Lord darauf entgegnen, daß auch mehrere von ihm selbst als Minister eingebrachte Maaßnahmen später haben aufgegeben werden müssen. Daß die Minister nicht das Vertrauen der Hochkirchen - und Orangisten-Partei in Irland besitzen, gebe ich zu, aber Lord Stanley war als Secretär für Irland in einer nicht günstigeren Lage. Die gemäßigten Liberalen aber, an ihrer Spitze der Herzog von Leinster, der Graf Charlemont, der Graf von Meath und Andere, hegen nach wie vor Vertrauen zu der Regierung und haben dem edlen Lord ihr Vertrauen entzogen. Daß jenes Vertrauen aber gerechtfertigt ist, beweist der ruhige Zustand von Irland, obgleich nur 14,000 Mann Truppen dort stehen, während sich unter dem Ministerium Peel nicht weniger als 40,000 dort befanden; daß, wie behauptet wird, die Differenz durch die neu errichtete Landpolizei ausgeglichen werde, ist unbegründet, denn seit 1835 ist die Polizei in Irland nur um 2000 Mann vermehrt worden. Zum großen Theile muß man die Ruhe von Irland freilich den Bemühungen des so sehr verläumdeten katholischen Clerus zuschreiben. Uebrigens scheint man den heftigen Tadel, den man über die Ernennungen von Katholiken zu Staatsämtern ausgeschüttet, jetzt im Parlament desavouiren zu wollen, eben so wie den lächerlichen, dem Ministerium gemachten Vorwurf, daß Lord O'Connell bei Lord Fortescue zu Mittag gespeist. Ohne das frühere Benehmen O'Connells in allen Stücken billigen zu wollen, muß ich doch seinem auf die Beruhigung Irlands hinzielenden Verfahren seit der Thronbesteigung der Königin volle Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Man sagt, daß das Ministerium keine Kraft besitze und schon deßhalb seinen Gegnern weichen müsse. Aber in welchen Stücken sind denn die Tories so vollkommen einig, daß sie sich allein der Kraft bewußt seyn könnten, welche unbedingte Uebereinstimmung der Ansichten und Absichten den Mitgliedern einer Regierung ertheilt? Sind sie es etwa in der Privilegienfrage, oder in Betreff der für den Unterricht in Irland zu bewilligenden Geldsummen? Ja selbst was die Getreidegesetzfrage, ihr mächtiges Schlacht - und Parade-Roß, betrifft, so ist es jetzt notorisch, daß sie keineswegs übereinstimmende Ansichten darüber hegen. Im vorigen Jahre erkannte Sir Robert Peel selbst an, daß die Hauptschwierigkeit für ihn bei Uebernahme der Regierung in den irländischen Verhältnissen liegen würde, und es ist nicht zu glauben, daß die Gesinnungen des irländischen Volkes durch alle die harten Schmähungen, welche die Organe der Tory-Presse seitdem über Irland gegossen, milder gestimmt worden sind. Am Schlusse seiner Rede wies Lord Morpeth auch noch auf die für das Ministerium so günstigen letzten Parlamentswahlen in England und Schottland hin.

Sergeant Jackson bemerkte, die O'Connelln von Seite des irischen Vicekönigs zu Theil gewordene Einladung sey kein so lächerlicher Vorwurf, wie es den Herren gegenüber scheinen wolle, da das Volk darin offenbar eine Gutheißung der aufrührerischen Reden O'Connells von Seite der Regierung erblicken müsse.

Nach ihm sprach Hr. Wood, bis vor kurzem Admiralitätssecretär und Schwager Lord Howicks, hauptsächlich um gleich diesem und mit ungefähr denselben Gründen seinen Austritt aus dem Ministerium zu rechtfertigen. Er bedauerte seine dadurch veranlaßte Trennung von Freunden, mit denen er in seiner ganzen politischen Laufbahn vereint gehandelt habe, und wies die Anmuthung Sir J. Grahams, dessen Beispiel zu folgen und nun gleich diesem gegen seine früheren Freunde feindselig zu verfahren, mit Entrüstung zurück. Hr. Wood vertheidigte dann die Marineverwaltung gegen eine Reihe von Angriffen des Sir James Graham, der bekanntlich unter dem Ministerium Grey erster Lord der Admiralität war. Unter Anderm bemerkte der Redner, daß von den fünf zuletzt zu Commandos berufenen Admiralen drei politische Gegner des Ministeriums gewesen seyen und die beiden Andern durch das Dienstreglement auf Berücksichtigung Anspruch gehabt hätten. Nachdem er sein Votum gegen die Buller'sche Motion hauptsächlich noch darauf basirt hatte, daß er die Ruhe Irlands nicht abermals durch eine Toryverwaltung gefährdet sehen wolle, wiederholte er sein Bekenntniß, daß ihm zu ferneren Radicalreformen die Zeit noch nicht gekommen scheine, und daß den Reformern0366 wohl noch wichtige Fragen genug innerhalb der Reformbill bleiben, um an ihnen ihre vereinte Kraft zu üben.

Nach einer kurzen Erwiederung von Sir J. Graham und nachdem noch Sir C. Adam, ein Lord der Admiralität, auf der ministeriellen, Hr. Maclean auf der Oppositionsseite geredet, hielt Hr. O'Connell einen langen Vortrag über die irischen Angelegenheiten. Mit sich selbst beginnend, erklärte er, es sey ihm, als er die Repeal-Frage eine Zeit lang beiseitegesetzt, allerdings das Amt eines Oberrichters angeboten worden, er habe dasselbe aber abgelehnt, aus Besorgniß, daß er sich versucht fühlen möchte, von der Unparteilichkeit abzuweichen, die ein Richter stets beobachten müsse. Er sprach dann über die Folgen, die durch ein Tory-Ministerium über das Land würden hereingebracht werden; Irland, sagte er, könne von den Tories nur mit Waffengewalt regiert werden; jetzt aber sey es ruhig, ja, die Mäßigkeitsvereine machten dort die größten Fortschritte. Was würden die Tories in England thun, wenn sie zur Macht gelangten? Sie hätten viel von den Unruhen in England und Wales geschwatzt, aber kein Abhülfemittel an die Hand gegeben. Würden sie wohl den Dissenter Thorogood, der wegen Nichtzahlung der Kirchensteuern gefangen sitzt, freilassen und die Kirchensteuern aufheben? Oder glaubten sie damit auszukommen, daß sie die Korngesetze für unveränderlich erklärten? Würden sie von der Lehre lassen, daß die Parlamentsreform abgeschlossen sey? Eine Lehre, die schon die höchste Unzufriedenheit unter den arbeitenden Classen erregt habe. Wie also wollten sie wohl im Stande seyn, das Land zu regieren? Schließlich klagte er über die Angriffe, welche die Tories fortwährend in Zeitungen, Predigten und Reden gegen die Katholiken richteten; er erwähnte besonders der Ausfälle des Hrn. Bradshaw, und sagte, das sey einer von den Männern, gegen die er seine 500,000 streitbaren Männer, von denen er so oft gesprochen, ins Feld stellen wolle. Er endete mit seiner gewöhnlichen Aeußerung, daß er nicht eher aufhören würde, auf legislative Trennung zwischen Irland und England zu dringen, bis seinem Vaterlande Gerechtigkeit gewährt worden.

Sir R. Peel begann nun seine dreistündige Rede, und das ministerielle M. Chronicle ertheilt ihm das Zeugniß, er sey der einzige ausgezeichnete Redner der Opposition, der unversehrt aus der Debatte hervorgetreten. Sir Robert ging die ganze Politik der Minister durch, um die Erklärung, daß sie des Landes Vertrauen nicht verdienten, daraus zu motiviren; er suchte nachzuweisen, wie sie bei allen wichtigen Gelegenheiten hin und her geschwanket, und ihre politischen Grundsätze öfters geändert hätten, um bald bei den Conservativen, bald bei den Radicalen Schutz zu suchen; auch erinnerte er an ihr eigenes Geständniß im Mai v. J., daß sie das Vertrauen des Landes verloren zu haben glaubten. Der Redner rechtfertigte dann sein persönliches Benehmen dem Ministerium gegenüber, und vertheidigte sich gegen den Vorwurf, als ob er nach dem Staatsruder strebe und sich zur Erlangung desselben wohl gar unredlicher Mittel bediene. Er habe, sagte er, dem Ministerium bei allen Fragen, wo er es mit gutem Gewissen gekonnt, seinen offenen, ehrlichen Beistand geliehen; er habe die Emancipation der Katholiken vorgeschlagen, als er gefunden, daß die Stimme des Landes sie fordere, und es sey ihm nie in den Sinn gekommen, gegen dieselbe zu reagiren; er habe den Ministern nie einen Vorwurf daraus gemacht, daß sie Katholiken zu Staatsämtern befördert, aber er wolle auch, daß man die Bedingungen der Emancipation streng aufrecht erhalte und in die Rechte der Staatskirche keinen Eingriff gestatte. Wenn man mich fragt, welches die uninteressirteste Handlung meines Lebens ist, so werde ich ohne Zaudern antworten: es ist das Gesetz der katholischen Emancipation. Für sie habe ich die beschwerlichsten Opfer dargebracht. Ich habe Freunde verloren, häusliche Bande zerrissen, politische Sympathien gebrochen, und alles dieses in der Aussicht des nahen Verlustes der Theilnahme an der Regierung. Nach diesen Erörterungen halte ich es für überflüssig zu sagen, daß der Widerruf der Emancipation der fremdartigste Traum ist, den man fassen kann. Die Acte der Emancipation widerrufen, würde so viel heißen, als die Umschwingungen der Erde aufhalten. Weiter äußerte Sir Robert: In Betreff der Reformbill sind meine Ansichten zur Genüge bekannt, so daß ich sie nicht zu wiederholen brauche. Ich habe nur um so mehr Grund, dieselbe zu vertheidigen, seitdem ich sie so bedrohlich von dem angegriffen sehe, was ehrenwerthe Herren gegenüber fortschreitende Reform nennen und was ich demokratische Veränderungen heiße. Auch die neue Armenbill, sagte der Baronet, werde er nach wie vor unterstützen, und besonders wies er noch die Insinuation zurück, als ob er seinen Schwager, Hrn. Dawson, beauftragt hätte, ihm gleichsam den Weg zu einer Aenderung seiner Politik in Betreff der Korngesetze anzubahnen, indem dieser sich zu Devonport für eine Modificirung derselben aussprach. Sein Schwager, versicherte Sir Robert, habe dabei ganz unabhängig gehandelt, und er seinerseits halte fest an seinen Ansichten über jene Gesetze. Der Redner schloß mit den Worten: Man behauptet, ich verliere das Vertrauen meiner Partei; ich gestehe ein, ich habe keinen Beweis davon. Aber wenn selbst die Erklärungen, die ich über die Armen -, die Reform - und Emancipationsbill ausgesprochen habe, für mich dieses traurige Resultat herbeiführen und mir die Sympathien, die mich bis jetzt unterstützt haben, entziehen sollten, so erkläre ich frei, daß ich mich lieber diesem Resultate unterwerfen, als jene Sympathien mit dem Opfer meiner Ueberzeugung erkaufen werde. Ich habe für die Staatsgewalt nicht Vorliebe genug, daß ich mich zu einem Werkzeug von Principien gebrauchen ließe, die ich nicht theilen kann. Ich begnüge mich mit der Gewalt, die ich ausübe, mit dem Vertrauen, das ich genieße. Möglich, daß mir die Aufmerksamkeit der Freunde fehlt; ich werde niemals etwas thun, um die Nachsicht meiner Feinde zu verdienen. Ich werde meinen Pfad, unbekümmert um die Staatsgewalt, verfolgen, stets bereit, an ihr Theil zu nehmen, wenn meine Pflicht als Staatsmann mich dazu beruft, und wenn ich dort meinen Principien den Triumph verschaffen kann. Ich werde meinen Pfad verfolgen, unbekümmert um jeden persönlichen Lohn, indem ich schon genug besitze, um meinen Ehrgeiz zu befriedigen, indem ich weiß, daß ich nur mit Männern die Staatsgewalt ausüben werde, die mit mir eine gänzliche und vollständige Gemeinschaft der Principien haben. Vor Allem weiß ich, daß ich das Vertrauen des berühmten Mannes behalten werde, an dessen Seite ich mich in den letzten zwölf Jahren während aller Kämpfe gehalten habe und der seinen Ruhm als Staatsmann noch zu der Höhe seines kriegerischen erheben kann. Stark durch dieses Vertrauen, und, ich kann es wohl sagen, durch das eines großen Theils der Nation, werde ich die Regierung unterstützen können, wenn sie auf dem rechten Weg seyn und unschicklichen Concessionen widerstehen wird; wie sie bekämpfen und ihr eine Schranke entgegensetzen, die verhindere, daß unsere freie und gemäßigte Monarchie in eine zügellose Demokratie verwandelt werde, wenn sie schwach seyn und gefährliche Zugeständnisse machen sollte. Lange anhaltender stürmischer Beifall folgte der Rede Sir R. Peels, in welcher, stylistisch betrachtet, nur einige allzu lange und gezwungene Citate aus Virgil nach deutscher Ansicht nicht ganz geschmackvoll gewesen seyn dürften.

0367

Geschlossen wurden die Debatten durch Lord J. Russell. Der Minister suchte namentlich Peels Vorwürfe zu widerlegen, daß die Regierung nicht das Ihrige gethan, um das Land vor den Unruhen der letzten Zeit zu schützen, und daß sie nicht streng genug gegen die Ruhestörer verfahre, indem er auf die in dieser Beziehung bestehenden Gesetze hinwies, und darlegte, daß das Ministerium sich genau an dieselben gehalten habe. Worauf, fragte der Minister, reducirt sich am Ende die ganze Anklage der Gegner? Darauf, daß zwei ungeeignete Personen (die eine derselben ist John Frost) zu Friedensrichtern ernannt, und daß eine Rede gehalten worden (von Lord J. Russell), deren Sinn man verdreht hat. (Man wollte nämlich eine Aufmunterung zum Chartismus darin gefunden haben.) Das aber ist doch wahrlich kein hinreichender Grund, um ein Ministerium vom Ruder zu verdrängen. Lord John kam dann auf den Vorwurf, der den Ministern von Peel darüber gemacht werde, weil sie das Ballot für eine offene Frage erklärt ein System, das der Hr. Baronet höchlichst tadle, weil dadurch die Handlungen einer Regierung alle Einheit verlören. Der Minister behauptete dagegen, daß jenes System schon seit fünfzig Jahren öfter in Anwendung gekommen sey, und daß Sir R. Peel selbst, wenn er morgen ans Ruder käme, dazu seine Zuflucht würde nehmen müssen, falls er aus seiner Partei ein Cabinet zu Stande bringen wollte. Zuletzt gab Lord John zwar zu, daß es mit den Finanzen des Landes nicht zum besten stehe, und daß die Ausgaben eher wachsen, als abnehmen werden; er suchte aber den Grund davon in Umständen und Ereignissen, die keine Regierung hätte verhindern können, und wies auf die mancherlei Verbesserungen hin, die das Land dem jetzigen Ministerium zu verdanken habe. Das Resultat der hierauf erfolgten Abstimmung ist bekannt.

[498]

Todes-Anzeige.

Auswärtige theilnehmende Freunde und Bekannte benachrichtigen wir von dem für uns so schmerzlichen Hinscheiden unsers theuren Vaters und Großvaters des Hrn. Dr. Med. Elias Theodor v. Heßling, fürstl. Thurn und Taxis'schen Geh. Rathes und Leibarztes, Ritter des Civil-Verdienstordens der bayer. Krone etc., am 5 d., im 96sten Jahre seines Alters und segenreichen Lebens und im 70sten einer ununterbrochenen ärztlichen Thätigkeit.

Dieses zur Anzeige bringend, empfehlen wir uns mit der Bitte, Ihr Wohlwollen den Hinterbliebenen zu bewahren.

Regensburg, den 12 Februar 1840.

Charlotte Margarethe v. Anns, geb. v. Heßling, Wilhelmine Charlotte Fritz, geb. v. Heßling,

als Töchter.

Ludwig v. Heßling, Accessist bei dem k. Appellationsgericht von Oberbayern.

Theodor v. Heßling, Studios. Med., als Enkel für sich und für die übrigen Hinterbliebenen.

Alle Bestellungen auf die Allg. Zeitung außerhalb Augsburg bittet man bei den auf jeder Nro. der Zeitung bezeichneten resp. Postämtern, in Frankreich bei Hrn. Alexandre, Brandgasse Nr. 28, in Straßburg zu machen. An die Redaction oder die Expedition gerichtete Bestellungen können nicht berücksichtigt werden.

0368

[343-44]

Sächsische Eisen - (L. S.) Compagnie.

Zweite Einzahlung.

Auf jede Actie der sächsischen Eisen-Compagnie wird hiermit eine bis spätestens den 1 April d. J, Abends 7 Uhr, an die Endesunterzeichneten Schömberg Weber & Comp. in Leipzig unter Production der Interimsactie zu leistende Einzahlung von fünfundzwanzig Thalern in statutenmäßigen Münzsorten ausgeschrieben.

Das Unterlassen dieser Einzahlung macht, nach einem in der Generalversammlung vom 5 August v. J. gefaßten Beschlusse, den betreffenden Actieninhaber seiner Rechte nicht, wie durch §. 9 der Statuten bestimmt war, sofort, sondern erst dann verlustig, wenn eine mit Angabe der Nummer der zurückgebliebenen Actie zu erlassende öffentliche Aufforderung, die Einzahlung nebst zehn Proc. des Betrags derselben als Strafe unter Kostenerstattung bis zu einem auszusetzenden Präclusivtermine nachträglich zu leisten, unbefolgt bleibt. Leipzig, den 20 Januar 1840.

Das Directorium der sächsischen Eisen-Compagnie.

Heinrich v. Arnim, Vorsitzender.

Schömberg Weber & Comp., Bevollmächtigte.

[140]

Im Verlage von G. J. Manz in Regensburg ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Dr. J. M. Göschl, geschichtliche Darstellung des großen allgemeinen Concils zu Trient.

Nach Quellen bearbeitet.

Zwei Abtheilungen gr. 8. 3 fl. 48 kr. oder 2 Thlr. 9 gr.

Die Geschichte dieses großen Concils zu kennen, ist von großer Wichtigkeit, da der Katholik in den Beschlüssen dieses und jedes allgemeinen Concils den Ausspruch der gesammten lehrenden, von Gott mit Unfehlbarkeit begabten Kirche zu vernehmen hat, und jeder auf Bildung Anspruch machende Katholik kann und darf sich nicht mit der bloßen Kenntniß der Concilienbeschlüsse begnügen, seinem forschenden Auge darf das Drängen und Treiben der Zeit nicht unbekannt seyn, sondern es müssen die Bewegungen der Großen wie der Kleinen, die verschiedenen Reibungen, die Unterhandlungen, die religiösen und politischen Verhältnisse seinem Blicke sich offen darlegen, um seinem Glauben mit mehr Liebe und festerer Ueberzeugung zugethan zu bleiben.

Diese Erwägung leitet den Hrn. Verfasser dieser Geschichte; deßhalb stellt er eine gedrängte Uebersicht der Religionsbewegungen, wie sie damals in Deutschland durch Luther hervorgebracht wurden, voran, deutet dann die Vorbereitungen und Anstalten an, welche zur Abhaltung dieses Concils getroffen wurden, und führt endlich den Leser selbst hin nach Trient, um dort Zeuge der Berathungen des heiligen Kirchenraths zu seyn.

[154-55]

Vente publique d'Estampes à Vienne (Autriche) le 16 Mars proch. et jours suivans.

La 4me (dernière) Partie de la belle et intéressante Collection d'Estampes et d'autres Ouvrages d'Arts delaissés par feu Mr. Franç. Xavier Stöckl, ci-devant Antiquaire et Marchand de beaux Arts à Vienne.

(Noms de quelques Maîtres: Baillie, Desnoyers, les Ghisi, Masson, Morin, Rembrandt, Ribera, Soutman, Strange, Vliet, Wille etc.)

De plus: Quelques Planches gravées, Nombre de Portraits divers, Dessins originaux, Livres d'Arts etc.

Le Catalogue so distribue gratis chez les Soussignés (qui se chargent aussi de Commissions) et à l'Etranger chez les principaux Marchands de beaux Arts.

Artaria & Comp.

Rue Kohlmarkt, Nr. 1151 à Vienne.

[460]

Aurikel-Samen.

Stuttgart. Von einem Liebhaber, der eine Sammlung von mehr als 600 Stück vorzüglicher Luiker-Aurikel besitzt, erhielt ich eine Partie Samen, von den schönsten Blumen gesammelt, in Commission zum Verkauf, und kann 100 Körner zu 12 Kreuzer erlassen, deßgleichen gefüllten englischen Pracht-Mohn bei 100 Farben gemischt, die Portion à 6 Kreuzer.

Briefe und Gelder erbittet sich frei G. Louis Schweitzer (gegenüber der neuen Caserne.)

[382-84]

Wein-Versteigerung zu Forst in der Pfalz am Haardt-Gebirge.

Dienstag den 17 und Mittwoch den 18 März d. J., des Morgens 9 Uhr anfangend, werden aus dem Nachlasse des zu Forst verlebten Gutsbesitzers, Hrn. Theodor Steinmetz, in dem Sterbhause zu Forst, der Theilung wegen, die untenbezeichneten Weine unter den gewöhnlichen Bedingungen mit Bewilligung einer angemessenen Frist zur Abnahme öffentlich versteigert, nämlich:〈…〉〈…〉

Die Weine sind in Forst gelagert; auch ist das Weinlager des Verstorbenen bekannt und bedarf keiner Empfehlung.

Die Proben können zwei Tage vor der Versteigerung, auch vor derselben genommen werden.

Deidesheim, den 27 Januar 1840.

Für die Erben Schuler, k. Notar.

[279-81]

Weinversteigerung zu Ruppertsberg bei Deidesheim in der Pfalz.

Die HH. Gebrüder Ritter und August Liebmann, Gutsbesitzer in Ruppertsberg, sind entschlossen, Montag den 9 März d. J. des Morgens 9 Uhr, in der Behausung der Frau Wittwe Ekel zu Ruppertsberg ihre daselbst lagernden, größtentheils aus den besten Lagen selbst gezogenen Weine öffentlich versteigern zu lassen, nämlich: 83,000 Liters, oder 80 Fuder von den Jahren 1831-1839 einschließlich, worunter 13 Fuder 1834r und 27 Fuder 1835r.

Die Proben können am 6 und 8 März an den Fässern genommen werden, wie auch am Tage der Versteigerung.

Deidesheim, den 19 Januar 1840.

Schuler, k. Notar.

[424-29]

Guts-Verkauf.

Eines der schönsten Güter von circa 800 bayer. Morgen Feld, Wald und Wiesen, ganz arrondirt, in Oberbayern gelegen, ist um 150,000 fl. zu verkaufen.

Die Gründe stehen in höchster Cultur, Schloß - und Oekonomiegebäude etc. lassen nichts zu wünschen übrig. Die Lage ist die anmuthigste, und eignet sich das Ganze vorzüglich zu einer Fideicommiß-Besitzung und zum angenehmen Aufenthalt zu jeder Jahreszeit.

Kaufsliebhaber bittet man, sich ohne Unterhändler in frankirten Briefen an Hrn. Raimund Veit, königl. Professor an der Kreis-Landwirthschafts - und Gewerbsschule in Augsburg zu wenden, der nähere Auskunft geben wird.

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TextAllgemeine Zeitung
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 46. 15. Februar 1840 . Augsburg1840.

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Bibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften DWB 1996/32

Physical description

Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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  • dta@bbaw.de
  • Deutsches Textarchiv
  • Berlin-Brandenburg Academy of Sciences and Humanities (BBAW)
  • Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW)
  • Jägerstr. 22/23, 10117 BerlinGermany
ImprintBerlin 2019-12-10T11:43:41Z
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Holding LibraryBibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
ShelfmarkDWB 1996/32
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