PRIMS Full-text transcription (HTML)
0417
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonnabend
Nr. 53.
22 Februar 1840.

Spanien.

Der Phare des Pyrenées schreibt aus Mas de las Matas vom 9 Febr.: Ein Bataillon der Jäger von Luchana ist diesen Morgen nach Alcoriza aufgebrochen; es ist dieß der Anfang der Bewegung gegen Segura, welche der Obergeneral in Person führen wird. Man glaubt, er werde am 12 oder 15 mit einem Theil der Division Puig-Samper nach Segura abgehen. Einige von Molinos kommende Deserteurs erzählen, daß die Truppen Cabrera's sehr schlecht bezahlt und schlecht genährt seyen. Cabrera selbst wird nirgends gesehen, und die Soldaten fangen an zu murren, daß man sie in Unwissenheit über sein Schicksal läßt. Mit Einem Wort, die Faction ist niedergeworfen.

Großbritannien.

Am 14 Febr. kamen die Königin und Prinz Albert von Windsorschloß wieder nach dem Buckinghampalast herein. Es wird nun eine Reihe glänzender Hoffeste beginnen, zu denen abwechselnd der ganze brittische Adel eingeladen werden soll. Die Herzogin von Kent hat das Haus Lord Ingestre's in London auf sechs Jahre gemiethet. Die Königin zahlt dafür 1500 Pf. St. jährliche Miethe. Hr. G. E. Anson ist zum Obercassier in der Hofhaltung des Prinzen Albert ernannt.

Wie bei der Krönung der Königin, so hat auch bei Gelegenheit der Vermählungsfeier das Abendblatt Sun mit großem Kostenaufwand ein typographisches Prachtwerk geliefert. nämlich einen sogenannten Hochzeit-Sun mit einer ausführlichen Beschreibung der Cerimonie und den wohlgetroffenen Porträts des hohen Brautpaars. Die Nummer kostet nur 1 Shilling, und findet in vielen tausend Exemplaren reißenden Absatz, so daß die Druckmaschine des Journals, eine der besten in London, kaum für die Nachfrage hinreicht, obgleich sie 7000 Abdrücke in der Stunde liefert.

Aus der Unterhaussitzung vom 13 Febr. ist noch zu erwähnen, daß, aus Anlaß einer von Lord Lennox gestellten aber wieder zurückgenommenen Motion in Betreff des Avancements in der Armee und Flotte, Lord J. Russell die Erklärung gab, das Gerücht, daß bei der Vermählung der Königin ein Armee - und Flottenbefehl (a brevet) erscheinen würde, sey von vornherein ungegründet gewesen. (Hört!) Da das gestern mitgetheilte angebliche Memorandum des Statthalters von Neu-Braunschweig in London Sensation erregte, so richtete Sir R. Peel eine Frage darüber an Lord J. Russell. Der Minister antwortete, daß die Regierung auf officiellem Wege durchaus keine Kunde von einem solchen Actenstück habe. Diese Erklärung des Ministers, sagt der Standard, diente dazu, die allgemeine Unruhe noch zu vermehren; indeß ein Brief dd. Quebec 16 Januar an eines der bedeutendsten nach Canada handelnden Häuser in der City, den wir einzusehen Gelegenheit hatten, enthält folgende ganz befriedigende Lösung des Räthsels: Das so kriegerisch lautende Memorandum ist nichts weiter als ein Irrthum Hrn. Kemble's, des Herausgebers des Quebec Mercury. Diese Bemerkungen wurden vor bereits drei Jahren bei einem öffentlichen Diner gemacht, und irgend ein unnützer Spaßmacher ließ sie in dieser Form an das leichtgläubige Journal gelangen. Die Toryblätter erheben großen Jubel über die Niederlage, welche das Ministerium bei der gestern erwähnten Abstimmung über Hrn. Herries 'Motion durch den Abfall einiger Radicalen erlitt; sie sehen darin die nachträgliche factische Entscheidung des Hauses, daß es des Vertrauens zu Ihrer Maj. jetziger Regierung ermangle. Indeß da die Motion nur die Vorlegung einiger Papiere betraf, so werden die Whigminister schwerlich dem Winke des M. Herald Folge leisten, welcher meint: In frühern Zeiten würde nach einer solchen Abstimmung ein Cabinet abgedankt haben.

Am 14 Febr. wurden in beiden Parlamentshäusern Gratulationsadressen an Ihre Maj., an Prinz Albert und die Herzogin von Kent, in Hause der Lords von Lord Melbourne, im Hause der Gemeinen von Lord J. Russell, vorgeschlagen, und mit allgemeiner Zustimmung angenommen. Die Adresse des Oberhauses lautet: Wir versichern Ew. Maj. unserer großen Freude über ein Ereigniß, das ein neuer Beweis von Ew. Maj. Rücksicht auf die Interessen Eures Volks, und zugleich von so hoher Wichtigkeit für Ew. Maj. häusliches Glück und des Landes Wohlfahrt ist. Lord Aberdeen bemerkte: Ich erhebe mich nicht, Mylords, um eine Discussion zu veranlassen, sondern um die herzliche Zustimmung dieser (der torystischen) Seite des Hauses zu dieser Adresse auszudrücken. Lord Londonderry äußerte, er habe als früherer Gesandter in Wien das Glück gehabt, den durchlauchtigen Vater Sr. k. Hoh. den regierenden Herzog von Sachsen-Coburg kennen zu lernen, und zweifle nicht, daß Prinz Albert alle die hohen Eigenschaften seines Vaters geerbt habe. Der edle Lord wünschte, das ganze Haus möge die Adresse in den Palast begleiten. Der Conseilspräsident, Lord Lansdowne, übergab eine Petition0418 von den Directoren der ostindischen Compagnie, worin um Aufhebung mehrerer Handelsbeschränkungen gebeten wird, unter denen die Bewohner Ostindiens zur Zeit leiden. Der Minister bemerkte, er werde später ausführlicher auf diese wichtige Angelegenheit zurückkommen. Im Unterhaus beantragte Lord Morpeth die zweite Lesung der irischen Municipalreformbill. Sir R. Inglis widersetzte sich. Der Zweck dieser Bill sey ein - für allemal, den Protestanten den Municipaleinfluß zu entziehen, und ihn den Katholiken in die Hände zu spielen. Das ehrenwerthe Mitglied für Dublin beharre in seiner Feindseligkeit gegen die Staatskirche, und habe offen geäußert, diese Bill werde sie in seine Gewalt liefern; er schlage daher die zweite Lesung heute nach sechs Monaten (d. h. deren Verwerfung) vor. Hr. Shaw, Mitglied für die Universität Dublin, erklärt, er wolle für die zweite Lesung stimmen (hört!), würde aber die gänzliche Abschaffung der irischen Corporationen vorgezogen haben. Dasselbe erklärt Hr. Sergeant Jackson, jedoch mit dem Vorbehalt, die Bill in der Committee abzuändern. Hr. O'Connell freut sich der Seltenheit wegen, einmal mit den HH. Shaw und Jackson zusammen zu votiren. Daniel fügt hinzu, wenn er glauben müßte, daß die Bill einem Protestanten ein Votum entziehe, weil er Protestant ist, und es einem Katholiken zuwende, weil er Katholik ist, so würde er sie nicht unterstützen. Sir R. Peel: Ich habe mit ehrenwerthen Herren gegenüber kein Pactum abgeschlossen, und werde nie eins abschließen; aber ich habe in Gemeinschaft mit dem Herzog v. Wellington meine Bereitwilligkeit erklärt, für diese Bill zu votiren, wenn erst die Zehntenfrage beigelegt seyn würde. Ich finde es nicht klug, durch unzeitigen Widerstand gegen solche Maaßregeln dem ehrenwerthen und gelehrten Mitgliede für Dublin so große Wichtigkeit beizulegen (hört!), noch fürcht 'ich von dieser Bill ernstlichen Nachtheil für die protestantische Sache. Die Bill wurde mit 149 gegen 14 Stimmen zum zweitenmal gelesen; 35 Mitglieder, die sonst gewöhnlich gegen das Ministerium stimmen, votirten für dasselbe. Die Bill zur Regulirung der Korneinfuhr in Irland, resp. der Gleichstellung Irlands mit England in dieser Hinsicht, stieß bei den irischen Oppositionsmitgliedern auf heftigen Widerstand. Obrist Conolly meinte, man solle nur sehen, was in Tyrone für die Armen geschehen sey, das sey die beste Antwort für die Pseudopatrioten, die dieser Maaßregel das Wort redeten. Hr. O'Connell antwortete, es handle sich bei dieser Bill nicht bloß um eine Rechtsgleichstellung, sondern um Leben und Gesundheit des irischen Volkes. Der Handelsminister äußerte, die Bill stehe so klärlich auf der Basis der Gerechtigkeit und Sachdiensamkeit, daß er den Widerspruch irischer Mitglieder nicht begreife. Die Abstimmung entschied mit 154 gegen 102 Stimmen für die zweite Lesung. Alderman Thompsons Antrag, den noch gefangensitzenden Sheriff Evans gleichfalls zu entlassen, wurde mit 149 gegen 76 Stimmen verworfen. Der Vorschlag des torystischen Rechtsgelehrten Sir E. Sugden, den Parlamentsbefehl, durch welchen die beiden Sheriffs zur Zurückzahlung der Pfändungssumme von 640 Pf. an Hrn. Hansard verurtheilt wurden, aufzuheben, fiel ohne Abstimmung durch. In der neuen Libellklage, welche Stockdale mittlerweile gegen Hansard anhängig gemacht hat, verlangt er die mäßige Entschädigungssumme von 50,000 Pf. St. Auch hat die Queensbench auf Anrufen des Advocaten Howard eine Vorladung gegen den Sohn des Stabträgers des Unterhauses und vier Parlamentsboten erlassen, weil sie am 4 d. auf Befehl des Sprechers in der Wohnung des Klägers Haussuchung anstellten.

Der Herzog v. Wellington ward am 12 Febr. bei einem Spazierritt, den er gleich nach der Mahlzeit im Hydepark machte, von einer Ueblichkeit befallen, und muß seitdem das Bett hüten. Nach einem heute (15) in Apsley-House ausgegebenen Bulletin ist der erlauchte Kranke in glücklicher Genesung begriffen.

Am 6 Febr. starb zu Largo, in der schottischen Grafschaft Fife, einer der ältesten Officiere der brittischen Armee, General Durham, im 86sten Lebensjahr.

Der Courier sagt, es circulirten in den diplomatischen Salons merkwürdige Gerüchte hinsichtlich der Ernennung des Hrn. Guizot zum Botschafterposten in London. Diese Ernennung verdanke er dem Einfluß der verwittweten Fürstin Lieven. Schon vor einiger Zeit habe Hr. Guizot dieser Dame seine Hand angeboten, welche sie wegen seiner Vermögenslosigkeit ausgeschlagen; jetzt sey diese Schwierigkeit beseitigt, und die Fürstin werde nächstens nach England kommen, wo die Vermählung gefeiert werden solle.

Frankreich.

Der Gesundheitszustand des Marschalls Grouchy ist dem Moniteur zufolge wieder in der Besserung.

* Die Deputirtenkammer versammelte sich am 17 Febr. auf ihren Bureaux. Die Einschreibungen für die Erörterung der Dotation des Herzogs von Remours am nächsten Donnerstag sind schon sehr zahlreich. Für haben sich eingeschrieben: Moreau (Meurthe), Quesnault, Dejean, Emmanuel Poulle. Gegen: Marchal, Desmousseaux de Givré, Martin von Straßburg, Come, Joly, Tascherau, Dugabé, Durand de Romorantin, Corally, Aug. Portalis, Aumont, Delespaul, Carnot, Couturier, Chapuy de Montlaville, Thiard. Es hieß im Conferenzsaale, daß 20 Mitglieder der Linken gesonnen seyen, beim Votiren das geheime Scrutin zu verlangen. Die Quästur der Kammer wird mit Bitten um Plätze für den Donnerstag bestürmt.

(Revue des deux Mondes.) Noch ist in London kein Beschluß hinsichtlich der orientalischen Frage gefaßt worden. Wie gern auch das Cabinet von St. James den Pascha von Aegypten demüthigen und der Pforte, wie allen Regierungen Asiens, Beweise von der brittischen Macht geben möchte, so tritt doch der gesunde Verstand der Engländer vor den Folgen eines isolirten Einverständnisses mit Rußland zurück. Eine Convention, welche nicht zu coactiven Maaßregeln, oder, um es kurz auszusprechen, zum Krieg gegen Mehemed Ali führen würde, wäre ein Unsinn. Und wer könnte all' die Folgen einer bewaffneten Intervention, welche Frankreich mißbilligt, voraussehen? Jede Mäßigung hat ihre Gränzen, und der aufrichtige Wunsch, die unschätzbaren Wohlthaten des Friedens zu bewahren, müßte nothwendigerweise Gesinnungen anderer Art weichen, sobald man die internationalen Rücksichten, welche die Ruhe der Welt sichern, vergessen würde. Man sagt, Hr. v. Brunnow sey von London, gar wenig zufrieden mit Lord Palmerston, abgereist. *)*)Hr. v. Brunnow scheint noch nicht abgereist. Das englische Cabinet soll den Entschluß gefaßt haben, keinen Tractat zu unterzeichnen, ohne den Beitritt der fünf Mächte und der Pforte. Die Angelegenheiten des Orients uehmen demnach ihren natürlichen Weg wieder, einen Weg, der zwei Ausgänge hat: entweder werden die beiden kriegführenden Parteien, sich selbst überlassen, ohne Vermittler mit einander übereinkommen, oder der Vergleich so wie alle Maaßregeln, die er erfordern könnte, kommt durch eine Uebereinkunft der fünf Mächte zu Stand.

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(Commerce.) Wir erfahren diesen Abend aus dem Moniteur Parisien, daß sich das Ministerconseil heute (16) um 2 Uhr bei dem Conseilpräsidenten auf dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten versammelt habe. Was er aber nicht sagt, ist, daß um 3 Uhr der russische Geschäftsträger, Hr. v. Medem, sich in dem Ministerium eingefunden hat, daß sein Besuch nur sehr kurz war, und daß dann das Conseil seine Berathschlagungen wieder aufgenommen hat, die bis um fünf Uhr dauerten. Man versichert, daß diesen Abend ein Cabinetsconseil in den Tuilerien gehalten worden sey. Der Herzog v. Broglie hat fast täglich Conferenzen mit dem König.

(Quotidienne.) Das Journal des Débats sagt kein Wort mehr. Es hat aber in den letzten Tagen zu viel gesprochen, als daß jetzt sein Stillschweigen im Sinne seiner Eitelkeit ausgelegt werden könnte. Zwei Punkte bleiben für die öffentliche Meinung entschieden, erstens die dynastische Anarchie, sodann die Antipathie zwischen dem Hofe und dem Kaiser Nicolaus persönlich. Wir vermutheten diese zwei Puncte. Jetzt sind sie offenkundig. Leider ist das patriotische Gefühl bei diesen kleinlichen Streitigkeiten durchaus nicht interessirt. Frankreich wird darin bloß eine Anzeige seiner gegenwärtigen Lage erblicken. Im Innern gespalten, nach außen mißachtet, dieß ist das System, das man ihm bereitet hat. Herrlicher Gewinn von einer Revolution, die schon an ihrer fünfzehnten Milliarde ist!

Die Revue de Paris, die bis jetzt immer zu den Hofjournalen gerechnet wurde, sagt: Zu den vielen Sorgen der Verwaltung vom 12 Mai gehören auch die diplomatischen Neckereien, die ihr St. Petersburg und Hr. v. Medem zufügen. Man könnte zu Rußland, wie zu dem Gebieter der Götter, sagen: Du zürnest, Jupiter, du hast daher Unrecht. Es scheint sich darüber geärgert zu haben, daß man einige Spuren seines Daseyns in einigen Intriguen und Complotten gefunden haben soll. Sein Aerger soll sich gesteigert haben, als es bemerkte, daß diese Umtriebe kein Geheimniß mehr, und sogar der Gegenstand der Unterhaltung in einigen politischen Salons und vielleicht selbst in einer hohen Sphäre geworden seyen. Auch hat die russische Diplomatie, ohne Zuratheziehung der gewöhnlichen Klugheit, sich der Publicität bedienen wollen; sie hat durch die Presse auf Gerüchte, auf Gespräche der höhern Gesellschaft geantwortet. Wir glauben, daß sie schlecht berathen und ihr erstes offenes Auftreten in der Pariser Journalwelt nicht glücklich war. Die in Folge der gerichtlichen Untersuchungen des Parquets des k. Gerichtshofs von Paris zum Vorschein gekommenen, mehr oder minder wichtigen Entdeckungen waren kein Gegenstand irgend einer directen Mittheilung von Seite unserer Regierung geworden, und wir sehen nicht ein, was Rußland dabei gewinnen konnte, daß es ein solches Aufsehen in der öffentlichen Meinung machte. Wenige Personen wußten, daß es bezichtigt war, einiges Geld auszustreuen, und einige Conspirationsideen zu nähren; jetzt wird es die ganze Welt erfahren. Es fehlt der von ihm bekannt gemachten Note an Tact, und der Styl derselben ist weder schön, noch passend. Wir hätten gewünscht, daß das Ministerium nicht der Interpellation des Journal des Débats bedurft hätte, um im Moniteur eine energische und bündige Antwort darauf zu geben. Im Cabinet findet eine Art von Trägheit statt, die man bei ernsten Gelegenheiten immer anspornen muß. Die russische Diplomatie hat den Angriff erneuert; sie hat uns durch eine zweite Note belehrt, daß Hr. v. Medem unserm Cabinete über das Amendement der Pairskammer in Betreff Polens und insbesondere über das Votum des Ministers des öffentlichen Unterrichts sehr lebhafte Vorstellungen gemacht habe. Dieß war ein neuer Fehler, sowohl dem Wesen als der Form nach. Erstens wußten wir bis jetzt noch nicht, daß es diplomatische Sitte sey, das, was in den Unterhaltungen vorgeht, welche der Agent eines Hofs mit dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten hat, bekannt zu machen, etwa wie man die Debatten der Kammern und der Gerichte der Publicität überliefert. Es ist auffallend, die Diplomatie von St. Petersburg die Initiative eines so excentrischen Schrittes ergreifen zu sehen. Was die Sache selbst betrifft, so war es etwas spät, Beschwerden wegen des Polen betreffenden Amendements vorzubringen. Hieß dieß nicht an den Tag legen, welchen Aerger man über einige Entdeckungen empfinden mochte, und steigerte man nicht deren Wichtigkeit durch jenes Affichiren verspäteter und ungeschickter Recrimination? Es liegt übrigens kein Beweggrund vor, die politischen Ursachen, welche zu der Annahme eines Amendements zu Gunsten Polens führten, zu verbergen. Abgesehen von der unzerstörbaren Sympathie, welche Frankreich für jenes Land hegt, konnten die Kammern und das Ministerium die Absicht haben, durch ein fast einstimmiges Votum und eine sehr klare Abfassung zu bezeugen, daß das Betragen des St. Petersburger Cabinets gegen unsere Regierung und unsere Dynastie nach Verdienst gewürdigt worden sey. Vielleicht würde bei einem andern Zustande der Dinge das Ministerium einige Milderung der energischen Ausdrücke des im Luxembourg von Hrn. v. Tascher eingereichten Amendements vorgeschlagen haben; bei unsern gegenwärtigen Verhältnissen zu dem russischen Hofe aber mußte es die Kammer dem vollen Interesse, das ihr eine großherzige Sache einflößte, überlassen. Wir können nicht glauben, daß Hr. v. Medem sich speciell über das Votum des Ministers des öffentlichen Unterrichts beschwert habe; er konnte keine so lächerliche Beschwerde erheben, da er die Offenheit unsers Parlaments und die Freiheit unserer politischen Sitten zu gut kennt. Hr. Villemain hat in der Erörterung der Adresse ein Zeugniß der Sympathie für Polen abgelegt, wie er es seit neun Jahren gewohnt war. Wer könnte von ihm fordern, daß er seine persönlichen Gefühle aufgeben solle? Seine Collegen dachten nicht daran, und er selbst hat, als er sich für das Amendement erhob, geglaubt, etwas ganz Natürliches und Einfaches zu thun. Das russische Cabinet muß darauf verzichten, sich mitten unter uns eine halbofficielle Presse zu schaffen: es wird einsehen, daß man durch eine solche Zusammenmischung der Diplomatie und des Journalismus beide verderbt; man verliert die Vortheile des Geheimnisses, und besitzt doch nicht die einer aufrichtigen Publication, die mit erhobenem Haupte einhergehen kann.

Der Proceß der fünfzig Diebe und Räuber ging am 15 Febr. spät Abends nach fünfzehntägigem Plaidiren und Debatten zu Ende. Die Jury hat zu Gunsten der angebenden Angeklagten mildernde Umstände anerkannt, und da ihre Mitschuldigen Drohungen gegen sie ausgestoßen hatten, so war man so vorsichtig, sie von einander zu trennen. Die Angeber wurden erst eine Viertelstunde nach den andern von dem Tribunal abgeführt. Sechs Angeklagte wurden als nicht schuldig erklärt. Die gegen die andern ausgesprochenen Strafen wechseln zwischen zweijähriger Haft und 25jähriger Zwangsarbeit.

Hr. Guizot hatte auf morgen seine Abreise nach London bestimmt; er wird aber hier bleiben bis nach der Abstimmung über die Dotation des Herzogs von Remours, weil das Ministerium hiezu seiner Stimme bedarf. Denn allgemein glaubt man, wenn der Entwurf angenommen werde, so geschehe es nur mit einer sehr geringen Mehrheit. Der Bericht des Hrn. Amilhau hat einen üblen Eindruck gemacht,0420 weniger, weil die Mehrheit der Commission den Entwurf seinem ganzen Inhalt nach billigt, als weil er wirkliche Uebertreibungen zu Gunsten des Entwurfs enthält, indem er einer hohen Person beinahe Vorwürfe macht, sich mit einer so geringen Summe zu begnügen; außerdem ist der Styl des Referenten nichts weniger als correct, was der Franzose nie verzeiht. Das von der Minorität der Commission vorgeschlagene Amendement, wornach beim Tode des Königs diese Dotation aufhören soll, ist von der Majorität nicht angenommen worden; die Regierung fürchtet aber sehr, die Kammer möchte es billigen, daher hat sie allen ihren Getreuen anempfohlen, bei der Abstimmung nicht zu fehlen. In solchen Fällen einer zweifelhaften Mehrheit kommt gewöhnlich die Opposition zu kurz, wegen der Trägheit mancher ihrer Mitglieder; einige derselben, z. B. zwei Deputirte des obern Elsasses, Pflieger und Strüch, sind bis jetzt noch nicht hier eingetroffen. Auf jeden Fall werden heftige Debatten nicht ausbleiben; sie beginnen am 20 d.

Italien.

Der Balli Candida, welcher der Stelle als Großmeister des Malteserordens vorsteht, ist von Neapel zurückgekehrt, wo der König bekanntlich durch einen feierlichen Act diesem Orden die vor Jahren eingezogenen Commenden an die noch am Leben befindlichen Ritter zurück erstattete. Den Comthuren und Rittern, zehn oder zwölf, ist eine eigene Kirche übergeben, und zugleich die Erlaubniß ertheilt worden, durch ihre Mittel neue Commenden errichten zu können. Das Beispiel, das Oesterreich in der Lombardie im vorigen Jahr gegeben, scheint in Neapel gute Folgen gehabt zu haben. Der Orden entspricht freilich seinem frühern Zweck nicht mehr; indessen werden die Einkünfte wenigstens als Pensionen für mittellose Adelige angesehen, so daß diese dem Staat nicht zur Last fallen. Gegen fünfzig französische Legitimisten, die dem Herzog von Bordeaux ihre Aufwartung machen wollten, haben sich nach Florenz gewendet, indem sie hier post festum eintrafen. Die Brutalität der Engländer hat sich auch in Ancona geoffenbart. Dort haben die Matrosen eines Handelsschiffs einen dortigen Schiffscapitän durch Faustschläge so zugerichtet, daß er Tags darauf seinen Geist aufgab. Die Behörde hat die Besatzung des Schiffes unter Polizeiaufsicht gestellt, bis die Sache gerichtlich untersucht ist. Ein Blatt der Leipziger Allg. Zeitung, welches sich hierher verloren hat, bringt eine Correspondenz, datirt Rom 10 Jan., worin über die Verbindung des Fürsten Sciarra mit der Gräfin Roussel Rosemberg, so wie über der letztern Leben gesprochen wird auf eine Weise, welche, gelind gesagt, von Anfang bis zu Ende eine Unwahrheit ist. Wollen Correspondenten das Publicum mit Familienangelegenheiten unterhalten, so sollten sie, bevor sie ihre Federn dazu hergeben, sich wenigstens von der Wahrheit solcher Nachrichten überzeugen, und nicht bloß dem Stadtgeklatsche nachgehen.

Deutschland.

(Durch Zufall verspätet.) Die Kammer der Abgeordneten befaßte sich gestern (wie bereits kurz erwähnt wurde) mit der Berathung und Beschlußfassung über den Gesetzesentwurf, den freiwilligen Eintritt in die Armee und die freie Wahl der Waffengattung betreffend. Dr. Harleß hatte sich als Redner für den Entwurf einschreiben lassen, und eröffnete dießfalls die Discussion, indem er äußerte: der vorliegende Gesetzesentwurf umfasse zwei Seiten, die materielle und die formelle. In ersterer Beziehung dürfte derselbe so durch die Erfahrung und selbst durch die Natur der Sache[begründet] seyn, daß die Kammer denselben unbedingt annehmen könne. Mehr dürfte es sich hier um die formelle Seite desselben handeln (in Betreff des Streits um den Ausdruck Staatsministerien oder Ministerien). Redner müsse gestehen, die im Referate aufgeführten Motive seyen ihm nicht ganz unbedenklich; namentlich unwillkommen sey es ihm, daß man so besondere Rücksichten auf auswärtige Verhältnisse darin genommen habe. Nicht minder beklagenswerth sey es, daß im Ausschusse wieder eine Provocation auf den Willen dessen stattgefunden, dessen erhabener Name in der Kammer nicht einmal genannt werden dürfe. Solche Provocationen enthalten einen gewissen moralischen Zwang. Eingriffe in die Rechte der Krone nach den Bemerkungen des Ausschusses, seyen gewiß nicht in der Intention der Kammer der Reichsräthe gelegen. Diese möchte etwa Bedenken in der Aenderung der Titel und Namen gegenüber der verfassungsmäßigen Stellung der betreffenden Personen gefunden haben. Gleichgültig dürfte die Bedeutung wohl nicht genommen werden; würde es z. B. vorkommen, daß man einer der christlichen Confessionen den Namen Staatskirche geben würde, so würde ohne Zweifel auf den Grund der Verfassung Beschwerde erhoben. Man halte sich doch in anderer Beziehung an den Buchstaben des Gesetzes; in vielen andern Ländern heiße die protestantische Kirche evangelisch , in Bayern sey das nicht geduldet, weil nur der Ausdruck protestantisch verfassungsmäßig sey. Die Ausdrücke Staatsminister , Minister würden überdieß, wie ihm scheine, nicht promiscue gebraucht, sondern ständen entsprechend da, wohin sie gehören. Obwohl hiernach diese Ausdrücke nicht synonym erscheinen, so glaube er doch dem Gesetzesentwurf unbedingt zustimmen zu können, wenn die im Ausschusse abgegebene ministerielle Erklärung auch in der Kammer wiederholt werde. *)*)Diese Erklärung des k. Ministers des Innern findet sich in der Allg. Ztg. vom 16 Febr. Dr. Albrecht verbreitete sich über den materiellen Theil des Entwurfs, und stellte dar, daß derselbe dem ohnehin schon bestehenden Rechte entspreche. Der Gesetzesentwurf sey aber dessen ungeachtet nicht überflüssig, da der Erfahrung zufolge sich so vielfältige Zweifel erhoben haben. Hr. Bestelmeyer und Frhr. v. Thon - Dittmer stimmten gleichfalls bei. Pfarrer Götz beantragte eine Modification in Betreff der Wahl der Waffengattung, fand aber nicht die geeignete Unterstützung. Baron v. Freyberg, v. Flembach, Gareis, Stöcker und Schäfer erklärten sich für den Entwurf, die letztern drei sprachen jedoch in der Hauptsache nur Wünsche aus über Regulirung des Urlaubs und über die Summenbestimmungen bei Ersatzmannstellungen. In letzterer Rücksicht wünschte auch Hr. Bestelmeyer, daß bei uns wie in mehreren andern Ländern Assecuranzanstalten errichtet werden möchten. Am Schlusse dieser allgemeinen Discussion trug der Referent Frhr. v. Welden im Wesentlichen noch vor: Es scheinen sich einige Zweifel über die Nothwendigkeit dieses Gesetzes erhoben zu haben. Es wäre zu wünschen, daß die HH. Kammermitglieder Gelegenheit hätten, einer Aushebung beizuwohnen. Ein Regierungsbezirk habe dabei 12 bis 1400 Mann zu stellen, wovon ein Fünftel auf die Cavallerie, ein Fünftel auf die Artillerie und drei Fünftel auf die Infanterie gerechnet werden. Wenn man nun da die Noth sähe, welche eintrete, um für die Cavallerie und Artillerie das nöthige Contingent zusammen zu bringen, wenn man sähe, wie Väter, Mütter etc. der Conscribirten Alles aufbieten, um wenigstens diese Waffengattungen zu beseitigen, man würde sich gewiß von der Nothwendigkeit einer gesetzlichen Bestimmung überzeugen, hier, wo bisher beinahe Willkür geherrscht habe. Durch das bisherige Recht, auch nach der Loosung freiwillig in Verbindung mit[der]0421 Wahl der Waffengattung einzutreten, seyen später viele zum Eintritt in die Cavallerie gezwungen gewesen, die sonst die Reihe hiezu nicht getroffen hätte. Das Conscriptionsgesetz begünstige ohnehin eine Menge von Ausnahmen, so daß bei 1400 auszuhebenden Conscribirten wenigstens 500 Reclamations -, Reservestellungs - und Gesuche um ständigen Urlaub von dem obersten Recrutirungsrathe zu entscheiden seyen. Dringendes Bedürfniß sey daher die Nachhülfe durch eine gesetzliche Bestimmung. Nun erhob sich der k. Minister des Innern, Hr. v. Abel, und beleuchtete umständlich den materiellen und den formellen Standpunkt des vorliegenden Gegenstandes. Wir übergehen die erstere Hälfte, da der materielle Theil keinen wesentlichen Widerspruch in der Kammer gefunden hatte. In Bezug auf den formellen Theil äußerte der Hr. Minister unter Anderm: Man verlangt eine weitere Erklärung von Seite der Organe der Regierung, eine Erklärung, daß eine Verfassungsverletzung nicht beabsichtigt worden sey, indem man die Benennung Ministerien neben der Benennung Staatsministerien gebraucht habe; und wahrlich, ich befinde mich, einer solchen Aufforderung gegenüber, in einer eigenthümlichen Lage. Die beiden Verordnungen vom Jahr 1817 bedienen sich bald des Ausdrucks Staatsministerien , bald der Benennung Ministerien ; die Verordnung vom 2 Febr. 1817 schreibt sogar ausdrücklich vor, daß die einzelnen Ministerien die Benennung oder den Titel Ministerium des k. Hauses und des Aeußern etc. führen sollen. Auch die Verfassungsurkunde und ihre Beilagen bedienen sich bald des Ausdrucks Staatsministerium , bald des Ausdrucks Ministerium . Die k. Verordnungen vom Jahre 1825 und 1829 haben die Benennung Ministerien vorgeschrieben. Die Stände des Reichs selbst haben in den beiden Jahren 1831 und 1837 dem Finanzgesetze, und zwar wenn ich nicht irre, durch eine von den Ständen selbst ausgegangene Modification eine Schlußbestimmung angehängt, wo die Benennung Ministerien und Minister gebraucht wird. Und nun frage ich, meine Herren, und bitte zuerst um Erklärung, worin liegt denn der Grund der Besorgnisse oder des Verdachts? Darin, daß die Regierung eine Benennung gebraucht, welche alle Verordnungen, welche die Verfassung und ihre Beilagen, so wie die mit Zustimmung der Stände des Reichs erlassenen Gesetze vielfältig anwenden? Liegt darin ein Grund zu einer schweren, beleidigenden Beschuldigung, es werde eine Verletzung der Verfassung beabsichtigt? zur Vermuthung nur der Möglichkeit, es sey eine solche Verletzung in den Absichten gelegen? Wie, meine Herren, wenn ich dem sehr geehrten Redner mir gegenüber, welcher zuerst eine solche Besorgniß und eine solche Vermuthung aussprach, im Privatverhältnisse die Erklärung abfordern würde, ob er mich zu bestehlen beabsichtigt habe; was würde seine Antwort seyn? Er würde mit gerechtem Unwillen die unbemessene Beleidigung von sich zurückweisen. Doch ich bin überzeugt, fern lag es den Absichten des sehr geehrten Redners, den Absichten der hohen Kammer, von welcher diese Modification ausgegangen ist, eine solche Beschuldigung auszusprechen, oder nur an die Möglichkeit denken zu wollen. Deßhalb, und nur deßhalb trage ich kein Bedenken, die Erklärung zu wiederholen, die ich bereits im dritten Ausschuß gegeben habe; sie aber zu wiederholen mit der entschiedensten, bestimmtesten Zurückweisung einer jeden Beschuldigung, als einer beleidigenden, die auch nur den Gedanken der Möglichkeit einer Verfassungsverletzung gegenüber den Organen der Regierung ausspricht. Man hat an der abgegebenen Erklärung getadelt, daß darin der Name des Königs genannt worden; man hat behauptet, es werde die Berufung auf diesen Namen als ein Mittel der Einschüchterung benützt. Und doch hat man in demselben Augenblick gesagt, daß durch dieses Mittel bei einer neuerlichen Veranlassung die entgegengesetzte Wirkung hervorgebracht worden sey. Nun denn, wenn die Wirkung eine entgegengesetzte ist, so ist die Anwendung dieses Mittels auch wohl nicht zu fürchten. Der Redner aber, welcher diesen Vorwurf gemacht, hat selbst bald darauf den Namen des Königs ausgesprochen, indem er eine Stelle aus einer Beilage zur Verfassungsurkunde abgelesen hat, wo auch der Name des Königs vorkommt. Und wahrlich die Organe der Regierung befänden sich in einer eigenthümlichen Stellung, denn die Verfassungsurkunde spricht überall vom König als dem Inhaber der Staatsgewalt, und sie müßten fürwahr zuletzt darauf Verzicht leisten, Stellen aus der Verfassungsurkunde anzuführen und abzulesen, wo der Name des Königs genannt ist. Man hat angeführt, man halte sich doch sonst immer so strenge an die in der Verfassungsurkunde gebrauchten Benennungen, und hat sich als Beispiel darauf berufen, daß das Ministerium die Anwendung der Benennung: evangelische Kirche statt der in der Verfassungsurkunde gebrauchten Benennung protestantische Kirche verboten habe. Dieser Fall paßt zur Vergleichung in gar keiner Beziehung. Fürs erste hat die Verfassungsurkunde nicht bald den Ausdruck protestantische Kirche, bald den Ausdruck evangelische Kirche, wie den Ausdruck Staatsministerium und Ministerium gebraucht, und dann wird dem sehr geehrten Redner gerade in seiner Stellung am wenigsten entgangen seyn, daß in dem Ausdruck evangelische Kirche eine Beleidigung für die katholische enthalten sey, weil er ihr vorwirft, daß sie nicht eine evangelische, eine von dem Evangelium losgerissene sey. Man hat ferner angeführt, die Erklärung, welche ich in dem dritten Ausschusse abgegeben habe, mißkenne den großen Unterschied, der zwischen der Verantwortlichkeit der Minister und der übrigen Staatsdiener gegenüber der Verfassungsurkunde bestehe. Meine Erklärung, meine Herren, wiederholt wörtlich nichts Anderes, als was die Verfassungsurkunde in Tit. X §. 4, 5, 6 wörtlich sagt; der Vorwurf daher, der mir gemacht worden ist, er trifft die Verfassungsurkunde, und ich kann da nur beklagen, daß die Verfassungsurkunde den Wünschen des sehr geehrten Redners nicht entspricht. Die Regierung ist überall der Verfassung treu geblieben, sie wird der Verfassung, wie sie vor uns liegt, treu bleiben, so treu als jeder aus Ihrer Mitte; dafür bürgt ihr Eid, bürgt ihr Pflichtgefühl. Sie wird aber auch die Verfassung handhaben, wie sie ist; sie wird sie bewahren vor jeder Einschwärzung von Grundsätzen, welche ihr fremd sind. Die Organe der Regierung ich habe schon einmal die Ehre gehabt, dieses in Ihrer Mitte auszusprechen werden die Rechte des Königs stets eben so heilig halten, und werden sie eben so heilig bewahren, wie die Rechte der Stände.

(Beschluß folgt.)

Die Bundesversammlung wird mit ihren ordentlichen Sitzungen nun ununterbrochen fortfahren. Was die Rückkunft des Bundespräsidialgesandten, Hrn. Grafen v. Münch-Bellinghausen betrifft, so scheint die Zeit derselben durchaus noch nicht bestimmt zu seyn. Man spricht davon, daß im nächsten Monat möglichenfalls die ganze Taunuseisenbahn befahren werden könnte. Nicht allein das Publicum in Frankfurt, Mainz und Wiesbaden, sondern auch das Comité ist sehr unzufrieden mit der Verzögerung der Eröffnung der ganzen Bahn. Ob aber besonders Hrn. Denis, wie man zu behaupten geneigt zu seyn scheint, die Schuld der Verzögerung beizumessen ist, muß um so mehr dahin gestellt bleiben, als man sich seither allgemein zum Lobe des soliden Baues der Taunuseisenbahn aussprach. Freilich erfahren wir aus guter Quelle, daß der Bau der Taunuseisenbahn den Kostenvoranschlag um einige hunderttausend Gulden überschreiten wird.

0422

Die Eröffnung der dießjährigen Versammlung der Landstände ist, wie Sie wissen, auf den 24 d. M. festgesetzt. Das von mehreren Zeitungen verbreitete Gerücht, als habe der verstorbene Herzog die Sache des Don Carlos mit großen Geldsummen unterstützt, ist eine Erdichtung. Ebenso das Gerücht, als habe derselbe Millionen in der englischen Bank liegen gehabt. .. Die von Holland für Gebietsabtretungen im Großherzogthum Luxemburg an Nassau bezahlte Entschädigung beträgt 750,000 fl. Diese Summe liegt als Depositum bei dem Bankhause der Gebrüder v. Rothschild in Frankfurt, ohne daß man noch zur Zeit weiß, welche Bestimmung sie erhalten wird. Die Großfürstin Helene von Rußland, Schwester der verwittweten Frau Herzogin von Nassau, wird im Monat Mai dahier eintreffen und längere Zeit bei uns verweilen. Ein neu erbautes, an der Chaussée nach Frankfurt gelegenes Haus des Majors und Flügeladjutanten v. Rettberg wird zu ihrer Aufnahme in Bereitschaft gesetzt. Der bekannte Improvisator Langenschwarz hat bei der hiesigen Regierung um die Erlaubniß zur Herausgabe einer inländischen Zeitung nachgesucht, jedoch eine abschlägige Resolution erhalten.

In der Sitzung der Stände vom 11 Febr. erfolgte der Commissionsbericht über eine ablehnende Erwiederung der Regierung auf das Auskunftsersuchen der Ständeversammlung über das Staatsinventar. Der Bericht führt aus, nach §. 140 der Verfassungsurkunde habe die Ständeversammlung nicht nur ein Recht auf die Aufstellung des Verzeichnisses, sondern auch auf Nachweisung, ob die darin erwähnte Vereinbarung zu Grunde gelegt sey, so wenig der Berichterstatter auch daran zweifle. Dieß sey der Schlußstein der Regulirung jener Angelegenheit. Nach §. 142 haben die Stände für Erhaltung der Bestandtheile des Staatsvermögens zu wachen, was nur durch Einsicht des Inventars möglich sey. Sollen nun die Stände nach §. 143 für Aufbringung des Staatsbedarfs sorgen, so weit die übrigen Hülfsmittel (Aufkommen aus Domänen etc.) nicht reichen, so müssen sie ebenfalls jene Bestandtheile kennen. Der §. 144 gebe den Ständen das Recht, Auskunft aus Acten, Belegen etc. zu verlangen; diese Auskunft könne hier nicht anders, als durch vollständige, reine Abschrift, oder Einsicht des Inventars erlangt werden. Früher habe man auch von Seite der Regierung nie eine Weigerung der Mittheilung des Inventars vernommen, sondern sich nur darauf berufen, daß dasselbe noch nicht vollendet sey. Der Ausschuß stellte den Antrag, die Regierung um Auskunft und Nachricht zu ersuchen, aus welchen Gegenständen das Inventar bestehe, und ob die Vereinbarung über die Trennung des Staats - und Fideicommißvermögens zu Grunde gelegt sey, oder dem Budgetausschuß die Einsicht zu gestatten. Der Landtagscommissär erwiederte: die Anträge wie die Ausführung des Berichts könnten zu Streit führen; die Regierung erkenne kein Visitationsrecht der Ständeversammlung an. Die Kammer genehmigte den Antrag des Ausschusses mit einigen Abänderungen, der Landtagscommissär aber protestirte gegen die Beschlußnahme und den Inhalt des Brichts. (Kass. A. Z.)

Schweden.

Wenn die Beamtenpartei denn man darf ihr nicht die Ehre anthun, sie die Regierungspartei zu nennen über die angebliche Niederlage, d. h. darüber, daß Graf Anckarswärd überstimmt wurde, triumphirt, so möchte sie die Rechnung stark ohne den Wirth machen. Wenn unter 370 Mitgliedern sich eine Mehrheit von 30 Stimmen gegen Anckarswärds Antrag erklärte, so kann man sich darüber keinen Augenblick wundern, sobald man weiß, daß im Ritterhause Hauptleute, Lieutenants, Fähndriche in ziemlicher Anzahl, und selbst ein Wachtmeister sitzen, der höhern Civil - und Militärbeamten gar nicht zu gedenken. Daher sprechen auch die Oppositionsblätter von der gewöhnlichen, wohlbekannten Ritterhausmajorität, und man darf sich nur wundern, daß bei einem Antrag, der darauf hinauslief, den Civil - und Militäretat so wesentlich zu beschränken, noch 150 Mitglieder des Adelsstandes sich fanden, welche entschieden dafür stimmten. So viel zur Orientirung. Während dieß im Ritterhause vorging, wurde im Bürgerstand von einem Hrn. Ekholm ein Antrag über Aemterbesetzung gemacht, der darauf hinauslief, daß man künftig keine Beamte ohne vorhergegangene Prüfung anstelle, daß man den höhern Stellen das Recht zurückgeben solle, ihr untergeordnetes Personal selbst anzustellen (es war damit ein grober Mißbrauch und ein wahrer Aemterverkauf getrieben worden), und daß man für wichtigere Aemter mit großer Verantwortlichkeit nicht mehr Leute auf unbestimmte Zeit, nicht mehr wie oft geschah, auf ein halbes Jahr anstellen solle. Diese Vorschläge greifen gleichfalls dem unmäßigen und unerträglich gewordenen Schreiberunwesen ans Leben, und der Beifall, den sie fanden, beweist, daß man auf der Bahn praktischer Verbesserungen nicht stillstehen will. Hans Janssons vorgeschlagene Antwortsadresse auf die Thronrede ist durch eine Stimmenmehrheit von 84 gegen 34 an den Constitutionsausschuß verwiesen worden, d. h. man hat ihr die höchste Wichtigkeit beigelegt, indem sie auf diesem Wege selbst zur Anklage gegen die Minister werden kann, wenn man es so weit treiben will. Wenn nach diesen Beispielen die Mehrzahl des Bürger - und Bauernstandes entschieden auf praktischen Verbesserungen beharrt, so kann das Widerstreben des Ritterhauses, dem Anckarswärd augenscheinlich durch seinen Antrag einen gewissen Glanz sichern wollte, da er die geringe moralische Macht, die dasselbe ausübt, recht wohl kennt, nur unglückliche Früchte tragen, und zu einer längst gefürchteten Spaltung der Stände führen.

Oesterreich.

On forms of government let fools contest,
The best administered is the best!

Dieser alte Spruch Pope's findet in unserer Zeit mehr Anwendung, als in der, wo er das erstemal gebraucht wurde; er beweist zugleich, daß die Zeiten sich mehr ähnlich sehen, als wir gemeinhin zuzugeben geneigt sind. Entbrennt heut zu Tage der Krieg der Meinungen weniger um die Form der Dinge, und ist man weiter gekommen in der ruhigen Beurtheilung ihrer Wesenheit, als zu Pope's Zeiten? Schwerlich! Vielmehr hat sich hierzu noch eine babylonische Sprachverwirrung gesellt, die sich nachgerade aller Begriffe bemächtigt, die natürliche Deutung des Ausdrucks durch willkürliche und völlig unwahre Unterstellungen verfälscht, und eine Unzahl unhaltbarer Behauptungen festgestellt, die das ganze Wesen der Dinge unter einen verschobenen Gesichtspunkt gebracht, und in politischer und socialer Beziehung Meinungen Anhang verschafft haben, die auch nicht auf einer klaren Anschauung beruhen. Welcher Mißbrauch ist nicht mit den Worten Monarchie, Legitimität, Absolutismus, Reform, Conservatismus, Liberalismus getrieben worden? Hat ein einziges im Gährkessel des Parteikampfes wohl seine ursprüngliche Geltung behalten? Wäre es nicht an der Zeit, diese Worte wieder auf ihre eigenthümliche Bedeutung zurückzuführen, und so wieder zu richtigerer Würdigung der Begriffe zu gelangen?

Auf der Linie, auf der die Regierungsformen neben einander stehen, nimmt der absolute, über das Gesetz sich erhebende Einzelwille, und der eben so absolute kein Gesetz achtende0423 Volkswille, die Pole des Staates ein. Absolutismus in seiner letzten Consequenz, und Demagogie in ihrer vollsten Entwicklung, sind vollkommen gleiche Größen, gleich schlecht, gleich gefährlich. Hinter beiden steht unmittelbar die Anarchie. Inmitten dieser Pole aber steht die geordnete Herrschaft des Gesetzes, unter verschiedenen Formen, so aber, daß immer das Gesetz der höchste Factor ist und den Willen jedes Einzelnen überragt. Die Garantien liegen daher für alle Staaten allein in der Art wie die Gesetze gemacht, und wie sie vollzogen und beobachtet werden. In constitutionellen Ländern wird ein Entwurf vorgelegt, in den Kammern debattirt, verworfen, oder angenommen, und hierauf von der Regierung zum Gesetz erhoben. Er geht durch die Discussion beider Kammern, in denen jedes Mitglied seine Meinung abgibt, durch den Ministerrath, und letztlich beleuchtet auch noch die freie Presse den Gegenstand von allen Seiten. Gewiß eine vollkommen unbeschränkte Erörterung, bei der alle Stände vertreten sind, jede Ansicht gehört wird. Sind hier nicht alle denkbaren Garantien für die Wahrnehmung der Landesinteressen vorhanden? Und dennoch sehen wir bei einer solchen Procedur jedesmal die Hälfte des Landes mit dem selbstgeschaffenen Gesetze unzufrieden, und kaum geboren, versucht die Opposition das Kind im ersten Bade zu ertränken. Auf der andern Seite sehen wir patriotische Anstrengungen für das allgemeine Beste des Volks durch die entgegengesetzten speciellen Interessen mancher seiner Vertreter hintangesetzt. Wir sehen z. B. in Frankreich die Schutzzölle nur Einzelne schützen, und eine künstliche Theuerung unzähliger Artikel für die Nation hervorbringen; dennoch werden diese Artikel nicht freigegeben, diese schädlichen Zölle nicht aufgehoben; wir sehen, daß Frankreich seine Rentenconversion noch nicht ins Werk setzen konnte, und daß es fünf Procent Zinsen fortbezahlen muß, während es Geld genug um vier bekommt; wir sehen, daß es das Haarseil seiner Algier'schen Eroberung, das dem Mutterlande die besten Kräfte abzieht, nicht abschütteln kann, ja daß es nicht einmal wagen darf, davon zu reden! Woher mag das kommen? Daher, daß die Ueberzeugung der Klügsten, Ehrlichsten, Unbefangensten, gegen eine irregeführte Volksmeinung nicht aufkommen kann, und unter zwanzig Fällen nicht Einmal die Entscheidung herbeizuführen vermag, die in der Regel von hundert andern Dingen abhängig ist. Ein glänzender Redner bewältigt die Menge, reißt die Mehrzahl gegen ihre bessere Einsicht fort, indeß die gewichtigste, gründlichste Untersuchung ohne Eindruck verhallt, weil sie der Schmeichelkünste eines beredten Vortrags entbehrt. Alle partiellen, persönlichen oder Localinteressen, werden gegen die Gemeininteressen geltend gemacht; die Gewählten sind von ihren Wählern abhängig, die Angestellten von den Ministern, die Minister von der Gunst oder Ungunst des Augenblicks, der sie einsetzt und amovirt; die Presse verfolgt gewissenlos ihre Parteizwecke, und die freie Manifestation einer unabhängigen Meinung wird überall durch unüberwindliche Hindernisse paralysirt. Wir behaupten nicht, daß dieß immer der Fall sey, noch viel weniger daß mit der constitutionellen Praxis nicht genug gute Gesetze gemacht wurden: wo aber ist die Garantie, daß keine schlechten gemacht werden können; sind keine gemacht worden? Wir sehen, in der Form der Gesetzgebung liegt diese Panacee nicht! Die Gewährleistungen, die einerseits allerdings vorhanden sind, werden durch eben so viele Hemmnisse aufgewogen, und das constitutionelle System ist an und für sich kein Vorbeugungsmittel für mögliche Uebel.

Sehen wir nun, ob auf der andern Seite eine rein monarchische Regierungsform den Regierten gar keine Garantien gewähre? Wenden wir uns zu diesem Ende zu einem rein monarchischen Staate, zu einem solchen, der, wiewohl mit Unrecht, für einen, jedem constitutionellen System abholden, gehalten wird. Wie werden z. B. in Oesterreich die Gesetze gemacht? Willkürlich? ohne Beiziehung der öffentlichen Meinung? motu proprio? Wird Niemand repräsentirt, wird nur die Convenienz der Regierung in Bedacht gezogen, nicht die der Regierten? Wir wollen sehen! Wenn ein neues Gesetz, oder die Umwandlung eines alten nöthig erachtet wird, kommt zuvörderst diese Nothwendigkeit bei der dabei speciell betheiligten Stelle zur vollkommenen Berathung. Diese berichtet, und der Staatsrath untersucht die Nothwendigkeit, indem die Referenten aller administrativen und juridischen Sectionen, die ihn bilden, die aus dem Standpunkte ihrer einzelnen Branchen entspringenden Erwägungen unterlegen. Nach dem Berichte des Staatsraths entscheidet der Kaiser. Fällt diese Entscheidung affirmativ aus, so wird die Ausarbeitung des fraglichen Gegenstandes von der betreffenden Stelle demjenigen ihrer Hofräthe zugetheilt, der für denselben der geeignetste scheint. Ehe aber an diese Arbeit gegangen wird, werden die Gutachten, Daten und Erhebungen aller einzelnen Länderstellen eingeholt, die ihrerseits wieder von den Magistraten, Kreisämtern, und diese von den einzelnen Dominien alle besondern Nachweisungen fordern und erhalten. Wir sehen, daß auf diese Weise gleichfalls alle Interessen repräsentirt sind, und alle Stände; daß jeder Theil des Gemeinwesens hier eben so seine Vertretung findet, wie in einem constitutionellen Staate, nur auf anderm Wege. Sind alle diese Vorbereitungen geschehen, die Enquêten vollständig, die Voracten geschlossen, dann schreitet der erwählte Mann des Faches an die Verfassung seines Operates. Dieses macht dann wieder denselben Weg durch alle betreffenden Hofstellen, den Staatsrath und durch die Ministerconferenz, bis es nach diesem vielfachen Scrutinium endlich die Sanction des Kaisers erhält. In Aeußerung der individuellen Meinung ist der Freiheit des Urtheils durchaus keine Schranke gestellt: jedes Votum wird motivirt und ist vollkommen unabhängig, denn kein Beamter kann ohne gerichtliche Untersuchung seines Platzes entsetzt werden. Mit welcher Gewissenhaftigkeit die Gegenstände geprüft, mit welcher Sorgfalt und Gründlichkeit sie erwogen werden, dafür diene zum Beispiel, daß bei einem neu zu erscheinenden Taxgesetz vier Entwürfe beseitigt, und erst der fünfte gutgeheißen wurde. Wir wollen sicher nicht, im Widerspruche mit der constitutionellen Praxis, behaupten, auf diesem Wege sey man vor jedem Mißbrauche gesichert; was aber die Garantien für eine gute Gesetzgebung anlangt, so fragen wir, ob solche größer oder in liberalerem Geiste auf der andern Seite vorhanden, und ob hier der Willkür des Einzelnen oder dort der Willkür der Menge sicherer Schranken gesetzt seyen? Wir fragen, ob die Gesetze in den rein monarchischen Ländern Oesterreichs minder gründlich, minder gewissenhaft, minder freisinnig und vor Allem minder fördernd für die Wohlfahrt des Landes verfaßt werden, als z. B. gleich nebenan, im constitutionellen Ungarn, auf dem Wege öffentlicher Berathung?

Wir sehen daher, daß die liberalen Garantien nicht in der Form liegen, und die rein monarchische sie durchaus nicht ausschließe. Was nun die zweite Gewährleistung, die Befolgung und Ausführung der Gesetze betrifft, so hat zuverlässig die reine Monarchie die größere Concentration der Executivgewalt für sich; da aber am Ende die Ausführung immer von dem Pflichtgefühle und der Thätigkeit der beaufsichtigenden und vollziehenden Beamten abhängt, so dürfte die Wage sich hier ziemlich gleich, schwerlich aber zum Nachtheile rein monarchischer Länder stellen. Frägt man, welche Garantien in monarchischen Staaten gegen die Uebergriffe oder die Willkür des0424 Regenten selbst vorhanden sind, so antworten wir: das Gesetz und die öffentliche Meinung, die eine eben so große Potenz in rein monarchischen, wie in constitutionellen Ländern ist, deren Manifestationen selbst nicht der obscurste Censurzwang, und nicht die ungebührlichsten Repressivmaaßregeln aufzuhalten vermöchten; abgesehen davon, daß einem gewissenhaften Monarchen vorsätzliche Verletzungen der Gesetze wohl schwerlich in den Sinn kommen dürften. Wie das Gesetz auch selbst gegen den Monarchen zu schützen vermag, sehen wir an so vielen verlornen Processen des Fiscus in allen Ländern. Tel est mon plaisir, spricht heute kein Herrscher in Europa aus. Will man uns auf den Despotismus und die frühere Willkürregierung von Staaten, w. z. B. Spanien, Portugal etc. hinweisen, so zeigt sich gerade in diesen der Unterschied zwischen reiner Monarchie und Absolutismus eben so abschreckend als belehrend: die Revolution ließ nicht lange auf sich warten!

Mit größerm Gewicht läßt sich einwerfen, daß bei dem Wechsel der Regenten durch den Tod die Zukunft ohne Garantien gelassen werde. Aber auch dieser Einwurf ist mehr scheinbar als wirklich. Der Ministerwechsel in constitutionellen Staaten und der gewöhnlich damit verbundene der Beamten zieht weit häufiger einen Systemwechsel nach sich, als der Thronwechsel in rein monarchischen Staaten, wo die Grund-Maximen der Politik meist auf bestimmter überkommenen Basis beruhen, und unter allen Umständen gegeben sind. Gehen wir hier wieder auf Oesterreich zurück. Der Tod Kaisers Franz I war gewiß ein Ereigniß, geeignet, die Stabilität der Institutionen, wie die Festigkeit der inneren Bindemittel des Staats auf die Probe zu stellen. Was erblicken wir? dieselben Verhältnisse, dieselben Grundsätze, dieselben Personen! Und diese Stätigkeit hat den nothwendigen, in der Zeit, und durch sie bedingten Fortschritt nirgends aufgehalten. Kaiser Franz hatte sich in der Person seines Bruders des Erzherzogs Ludwig einen Gehülfen anerzogen, auf dessen Schultern er getrost einen Theil der Regierungssorgen legen konnte, der in seinen alten Tagen seine treueste und gewohnteste Stütze gewesen. Dieselbe Stütze ist der erlauchte Prinz dem Nachfolger; was er dem Vater gewesen, ist er dem Sohne geblieben. Dieselben Männer des Vertrauens, die Kaiser Franz noch sonst zu Rath und That berufen hatte, sind die Beistände des Sohnes; ihre Stellung hat sich nicht um ein Haar geändert, sie ist dieselbe wohlthätige, erprobte geblieben, die sie früher war, und vor wie nach liegt der Schlußstein der Monarchie in der Person des Monarchen, so wie die letzte Entscheidung in seinen Händen. Dieß ist der Stand der Verhältnisse in jenem Lande; keine andern gibt es. Dieses Sachverhältniß, das Niemand, dem irgend ein Blick in das innere Getriebe der Maschine gestattet ist, in Abrede stellen wird, zeigt klar, daß auch im Fall eines Regentenwechsels die Garantien der öffentlichen Wohlfahrt in einem monarchischen Staate weit weniger in Frage gestellt sind, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Hier leistet eine lang durchgeprobte, durch den Erfolg bewährte, festgestellte Methode dasselbe, was das Grundgesetz constitutioneller Länder leistet. Nicht die Form also ist es, um die es sich handelt, wenn von der besten Verwaltung die Rede ist. Wie die Form verschieden, und nach ihren inneren Bedingungen in der Natur zur Erscheinung kommt, wie sie in Werken des Geistes, in Leistungen der Kunst ein, aus der Eigenthümlichkeit des inneren Wesens Hervorgegangenes seyn muß, kann sie weder eine willkürliche, noch eine und dieselbe für alle Staaten seyn. Jeder Staat ist berufen, seine Aufgabe nach seinen gegebenen Prämissen zu lösen. Löst er sie im Geiste einer würdigen Freiheit, im Geiste der Gerechtigkeit, im Geiste fortschreitender Entwickelung aller ihm gegebenen Elemente, ist die Wohlfahrt der Staatsgesellschaft erhalten, vermehrt, gesichert dann hat Pope's angeführter Vers seine vollkommene Geltung erlangt.

Türkei.

Das Journal Sud schreibt aus Konstantinopel vom 27 Jan.: Ich melde Ihnen einen Vorfall, der nicht sehr geeignet ist, die Allianz, die zwischen Rußland und England geschlossen seyn soll, fester zu knüpfen, nämlich die Verhaftung eines Polen im Hause eines englischen Unterthanen zu Konstantinopel und dessen Ablieferung an die russische Botschaft. Hr. Bell, der bereits durch die Sache des Vixen bekannt ist, kam vor einiger Zeit aus Tscherkessien zurück, wo er sich zwei Jahre aufgehalten hatte. Er hatte einen Polen bei sich, der in seinem Dienste gewesen seyn, aber einen thätigen Theil an dem Kriege der Tscherkessen gegen die Russen genommen haben soll. Die russische Gesandtschaft wandte Alles an, um sich dieses Mannes zu bemächtigen, und vor zwei Tagen benützte sie den Umstand, daß Hr. Bell dem Lord Ponsonby einen Besuch in Therapia machte, und ließ durch Vermittlung der Pforte vier Janitscharen in sein Haus schicken, die sich des Polen bemächtigen und ihn an die russische Gesandtschaft ablieferten. Was wird nun Lord Ponsonby bei einer solchen Wohnungsverletzung und Entführung eines Individuums thun, das im Dienste eines Engländers war? Von der Botschaft des Hrn. v. Sercey hat man sehr gute Nachrichten, Er ist in Erzerum angekommen, wo er von allen unsern Landsleuten mit der größten Auszeichnung empfangen ward. Hafiz Pascha hat dem Botschafter das Pferd, das er in der Schlacht von Nisib geritten, geschenkt. Die Botschaft hat ihre Reise fortgesetzt, und bei der milden Witterung läßt sich hoffen, daß sie schnell am Ort ihrer Bestimmung eintreffen wird.

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Handelsverhältnisse und Bankwesen in Frankreich.

Die Bedingungen des Handelsvertrags mit England werden nach und nach bekannt, und man erfährt, daß die Wälderbesitzer ihren Proceß gewonnen und verhindert haben, daß der Zoll auf Eisen herabgesetzt werde; damit ist jede irgend bedeutende Veränderung im Tarif zum voraus abgeschnitten. Die Hauptstipulationen von englischer Seite sind eine Herabsetzung des Zolls auf Wein und Branntwein, von französischer das Versprechen, den Zoll auf Linnengarn nicht über eine gewisse Höhe zu treiben; der Rest ist unbedeutend. Dagegen wird Liverpool indirect einen nicht unbeträchtlichen Vortheil von dem Handelsvertrag mit Holland ziehen, wenn dieser hier und im Haag bestätigt wird. Es ist nämlich darin stipulirt, daß künftig auf dem Rhein Colonialwaaren unter Bezahlung des Zolls, der in den Seestädten auf ihnen liegt, wenn sie aus fremden Entrepots kommen, eingeführt werden dürfen. Es ist eine fast unglaubliche Bestimmung des französischen Douanengesetzes, daß seit 1817 die Einfuhr der Colonialproducte auf dem Rhein verboten war. Dieses Verbot war zu einer Zeit gegeben worden, wo die Seehäfen keine Schiffe und keinen Handel hatten, und wo man ihnen daher nicht Vortheile genug anbieten zu können glaubte, um die Capitalien auf den Seehandel zu leiten. Die Mißbräuche, zu denen dieses Monopol in den Seestädten geführt hat, sind sehr groß: Uebertreibung der Spesen, systematischer Diebstahl aus den Collis von Zucker und Kaffee u. s. w., am meisten aber hat es auf dem Baumwollenhandel gelastet. Der ganze Handel mit amerikanischer Baumwolle ist in Havre concentrirt, von wo sich Rouen, Lille und das Elsaß damit versehen. Da aber der Platz von Havre nicht so bedeutend ist, daß nicht leicht Combinationen einiger Häuser sich bilden könnten, um eine besondere Waare aufzukaufen und die Preise hinaufzutreiben, so entstanden Schwindelspeculationen dieser Art in Menge, gegen welche der Fabricant keine Hülfsmittel hat. Denn so wohlfeil auch die amerikanische Baumwolle in Liverpool und die ägyptische in Triest seyn mag, so muß der Fabricant in Havre und in Marseille kaufen oder seine Maschinen ruhen lassen. Ein anderer sehr großer Nachtheil entstand daraus, daß der Fabricant, welcher weit vom Markt wohnt, nothwendig eine größere Masse von rohem Material im Magazin halten muß, als wenn er sich jederzeit und nach seinem Bedürfniß direct versehen könnte; endlich ist er Commissionären überlassen, anstatt direct einkaufen zu können. Daher haben die Fabriken im Elsaß die Regierung und die Kammern mit Bittschriften bestürmt, um sich die Einfuhr auf der Landgränze eröffnen zu lassen, und in Straßburg ein Entrepot für Baumwolle zu erhalten, aber bis jetzt war der Einfluß der Seehäfen zu groß. Zum Glück für sie war der Commissär für den Vertrag mit Holland lange Rheinschifffahrtscommissär gewesen, und kannte diese Verhältnisse genau, aber es ist noch keineswegs gewiß, daß die Kammer diese Stipulation ratificiren wird, obgleich nach ihr die Baumwolle, die auf dem Rhein eingeführt würde, anstatt wie in den Seehäfen 20 Fr. per Centner, 30 Franken bezahlt, was ihre Einführung nur erlaubte, wenn die Speculation in Havre sie über alle Maaßen vertheuerte. Es würde daher gänzlich von dem Handelsstand in Havre abhängen, ob es eine bloße Drohung bliebe, oder zu einer radicalen Aenderung des Waarenzugs führte.

Die Erneuerung des Privilegiums der Bank hat zu großen Discussionen geführt, welche eine allgemeine Ueberzeugung herbeigeführt haben, daß die Bank in Regulirung und Feststellung des commerciellen Credits, in Vermeidung der Krisen, in Gewöhnung des Publicums an Papiergeld Alles gethan hat, was ihre beschränkten Statuten ihr erlaubten, daß sie aber in Ausdehnung des Credits weit unter dem geblieben ist, was sie hätte leisten sollen, und daß ihre gegenwärtige Verfassung ein großes Hinderniß der Ausbreitung ihrer Nützlichkeit ist. Denn die Regenten der Bank sind selbst Bankiers, sie haben daher die Bank zu nicht viel mehr gemacht, als der Reservecasse der Privatdiscontbanken, und dieß war ihnen leicht vermöge des organischen Gesetzes, das verlangt, daß die Bank nur Papier mit drei Unterschriften annehmen darf. Diese Unterschriften sind natürlich die des Käufers, des Verkäufers oder Fabricanten, und die dritte die eines Bankiers, welcher sich dafür zwei bis drei Procent bezahlen läßt. Dieses System hat freilich die Bank gegen jeden Verlust so gesichert, daß es Jahre gegeben hat, wo die Bank nicht einen Heller durch Proteste verloren hat, allein es hält zum größten Schaden des Handels den Discont, der nominell auf vier Procent steht, reell auf 6 bis 7 Procent. Man wünscht daher, daß die Bank in directere Verbindung mit dem Handelsstand trete, und unläugbar solvente Häuser von der dritten Unterschrift befreie. Allein dieß ist gegen das Interesse der Bankiers, welche die Bank regieren, und wenn man auch der Bank die gesetzliche Erlaubniß geben würde, so wäre der Gebrauch, den sie davon machte, wahrscheinlich sehr beschränkt. Sie sollte ferner versuchen, ihre Banknoten zu den einzigen in Frankreich zu machen, und es zum Interesse der Localbanken von Havre, Lyon, Marseille u. s. w. machen, sich ihrer zu bedienen, anstatt ihrer eigenen, welche doch nie eine große Circulation haben können. Aber dieß würde den Gebrauch der Wechsel im Innern des Landes beschränken, und die Regenten der Bank sind selbst Bankiers. Dieß ist das Grundübel, auf das man immer zurückkommt, sobald man untersucht, warum die Bank nicht größere Fortschritte gemacht hat, und es kommt daher, weil zur Zeit, wo die Bank errichtet wurde, Niemand als Bankiers etwas vom Papiergeld und vom Credit verstanden; man mußte ihnen daher die Bank anvertrauen, und so hat die ganze Anstalt ihre Richtung und ihren Geist erhalten. Es ist auch nicht plötzlich zu ändern, aber das Gesetz sollte der Bank, welche durch nichts als zu große Beschränktheit in ihren Operationen fehlt, die Hände freier lassen, als sie selbst will, weil dann das Interesse des Handels den engen Kreis nach und nach erweitern und die Bank zu größerer Leichtigkeit in ihren Verhandlungen zwingen wird, als sie geneigt ist, selbst zuzugestehen. Man macht der Bank einen sonderbaren Vorwurf, daß sie 53 Millionen ihres Capitals in Staatspapieren angelegt habe, aber man sollte ihr im Gegentheil vorwerfen, daß sie nicht weit mehr auf diese Art verwendet; sie hat gewöhnlich so viel baares Geld in ihren Gewölben, als sie Billete in Umlauf hat, während ein Drittel vollkommen hinreichend wäre. Sie sollte von den 200 Millionen, die sie auf diese Art immobilisirt hat, wenigstens 130 in Tresorscheinen anlegen, was ihr die Mittel geben würde, Comptoirs in den Provinzen enzulegen, und den Verlust, den diese in den ersten Jahren geben, zu ertragen. Hätte sie dieß seit 20 Jahren gethan, so wäre jetzt Frankreich mit einem Netz von Creditanstalten überzogen, welche der Bank nach und nach ihren ersten Verlust reichlich ersetzt, die Circulation ihrer Billete verzehnfacht und den Verkehr überall verdoppelt hätten. Ich hatte vor einiger Zeit 2000 Franken0418 nach Marseille zu schicken, und ging zu Rothschild, um einen Wechsel zu nehmen, aber man sagte mir dort: Machen Sie es, wie wir selbst, und schicken Sie das Geld in einem Sack durch die Diligence. Dieß sollte in einem Lande, wo eine Staatsbank ist, offenbar nicht vorfallen, aber die allzu große Aengstlichkeit der Bank hat ihre Wirkung beschränkt, und dagegen sollte das neue Gesetz vorbauen. In Amerika und England kann das Gesetz nicht genug gegen die Unvorsichtigkeit der Banken vorbauen, aber hier bedürfen sie eines Stachels.

Das Carnevalsfest der Künstler in München.

Das große Fest, das unsere Künstler der Stadt München und sich selbst bereitet, ist vorüber, und unter activen wie passiven Theilnehmern herrscht nur eine allgemeine Stimme vollkommener Befriedigung. Man sagt es sich und Andern, daß man ein ähnliches Schauspiel noch nicht erlebt, und daß man es auch in der That in solcher Ausdehnung und Ausführung nur hier erleben kann, wo es unbedingt als eine Aeußerung, ja als ein Ergebniß von Kunstbestrebungen und Leistungen, und wohl noch mehr von dem Zusammenwirken künstlerischer Kräfte anzusehen ist, wie sie gegenwärtig nicht leicht in solcher Anzahl und Bewegung angetroffen werden. Schon an der Quelle des Unternehmens, am ersten Gedanken dazu, treffen wir auf die Bestätigung des Gesagten. Wer in München längere Zeit, und gar wer als Künstler in München sich aufhält, dem tritt Wesen und Werth des Kunstlebens, seine Bedeutung fürs öffentliche Wohl, ja für Privatinteressen und selbst seine industrielle Bedeutsamkeit klar ins Bewußtseyn, und er fühlt sich in der Steigerung aller geistigen und materiellen Kräfte selbst gehoben. München darf nur sich mit sich selbst, mit seinem fünfzehn Jahre jüngern Bild vergleichen, um über das jetzige Befinden und dessen Ursachen Gewißheit zu erhalten. Wer die höchsten Interessen der Menschheit fördert, der fördert sie alle; es heißt mit Recht hier: trachtet zuerst etc., so wird euch Alles andere von selbst zufallen. Nicht so, wo materielle und industrielle Zwecke die Kräfte und deren Bewegung ausschließlich leiten. Wenn daher die Stände des Königreichs Sachsen aus mißverstandenem Eifer dem Aufbau eines Museums widerstreben, um die Staatscassenüberschüsse zu erhalten, und lieber einen Schatz preisgeben, um den die Welt das kleine Land beneidet; wenn sie lieber die erste, schönste und großartigste Gemäldesammlung dem erweislichen Verderben aussetzen, als einige Hunderttausende opfern wollen, so werden sie zur Bereicherung ihres Volkslebens wenig beitragen, sondern vielmehr einer Periode der Glanzlosigkeit vorarbeiten, in der ihre Hauptstadt, die in der Ferne mit der Galerie fast gleichbedeutend klingt, aufhören wird, Fremde anzuziehen und zu fesseln. Wie anders ist das hier, wo der Kunst eine Heimath gegründet worden, in der sich Alles froh bewegt und schaffend regt, und wohin Neues von allen Seiten zuströmt! Der größere Theil unserer Künstler gehört dem mittlern und nördlichen Deutschland an, allein sie alle bekennen es einmüthig, daß sie erst hier ihren wahren nährenden Boden, die eigentliche Lebenslust, gefunden haben.

Nicht die gewöhnliche Lust, Vergleiche anzustellen, sondern das poetische Bedürfniß des Menschen, für Erlebtes und Gegenwärtiges ein bezeichnendes Symbol zu finden, leitete die Phantasie unserer Künstler auf die Zeit des Kaisers Maximilian, der, wie er bis ins Kleinste Künstler ehrte und schätzte, so im Großen ein edelsinniger Beförderer der Kunst im Allgemeinen war, und einen großen Theil des Ruhmes rägt, den die deutsche Kunst zu Anfang des sechzehnten Jahrhunderts errungen. Wie nahe steht unsere Zeit der damaligen! und wie mußte ein großes, lebendiges Bild davon, in dem man die Gegenwart verklärt erkennen würde, ansprechen! Hieraus müssen wir uns die Idee abgeleitet denken, das Zeitalter Maximilians in Sitte und Tracht und nach den Gliederungen der Stände und Gewerbe in eigener Person darzustellen, es gewissermaßen zu erleben. Um nun den rechten Gesichtspunkt nicht aus den Augen zu verlieren, setzte man sogleich zwei weitschimmernde Male: den Kaiser Maximilian als Schutzherrn und Albrecht Dürer als Repräsentanten der deutschen Kunst. Hülfreich kam die Sage entgegen, daß der Kaiser dem Künstler in Nürnberg ein Wappen verliehen, und daß bei der Gelegenheit die Stadt große Festlichkeiten veranstaltet. Nun hatte man die Hauptpersonen und den Schauplatz der Handlung, selbst die Freiheit größter Ausdehnung, und es bildeten sich die Abtheilungen des städtischen oder Bürgerzugs, des Kaiserzugs und endlich der Lustbarkeiten zur Ergötzung des Kaisers. Der erste mußte das ganze gewerbliche, künstlerische, gelehrte Leben einer Stadt, mit seiner Verwaltung und seinem Adel, der andere das kriegerische und reichsherrschaftliche Wesen darstellen; im dritten hatte die Phantasie freien Lauf. Das Ziel der ganzen Unternehmung war ein Bankett, an dem man in der erwählten Rolle sich nach bestem Vergnügen um drei Jahrhunderte jünger denken, dichten, im Nothfall trinken wollte. Indeß gewann auch der Vorschlag sehr bald Eingang, in dieser Gestalt dem Publicum sich zu zeigen, und so entstand der Festzug, dessen Beschreibung schon hinreicht, die Gründlichkeit und den Umfang der Anordnung zu bescheinigen.

In die innern hellerleuchteten Räume des großen Schauspielhauses, vor den versammelten Hof und das Publicum trat dieses lebendige, vielgegliederte Bild vergangener Zeit unter dem Voraustritt einer eigens zu dem Zweck und im Charakter der Zeit von H. Kunz componirten Festmusik. Der erste oder Bürgeraufzug, dem zwei Zugführer vorangingen, bestand aus der niedern und höhern Bürgerschaft von Nürnberg, voran die Zünfte mit ihren Standarten, Werkzeugen, Fabricaten etc., überall Lehrbuben, Gesellen und Meister, und zwar, wo die Geschichte bedeutende Namen aufbewahrt, überall namhafte Männer eines jeden Gewerbes. Die erste Zunft war die freie der Meistersänger mit ihrem Altmeister Hans Sachs; Junge und Alte mit Cithern und Gesängen, dazu mit Gedichten in Hans Sachsens Weise, die sie unter das Publicum vertheilten, davon das eine: Wie Hans Sachs nach München kam , an dessen Besuch dieser Stadt im Jahr 1514 erinnert, das andere: Wie Hans Sachs wieder Abschied nahm , die Verwandtschaft der Jetztzeit mit der des sechzehnten Jahrhunderts hervorhebt. Nach diesen folgten paarweise die Zünfte der Doctoren und Bader (mit Kaspar Rosenblüt gen. Schnepperer und dem Bader Hans Folz, Trauerspieldichter); ferner: die Schäffler und Bräuer, die Metzger und Bäcker, die Wachszieher und Lebküchner, die Schuster und Schneider, die Damast - und Tapetenwirker (mit Bernhard Müllner, Damastwirker), die Schreiner und Dreher (mit Sebald Beck, Hieronymus Gärtner und Wolf Weißkopf), die Wagner und Hufschmiede, die Schwertfeger und Waffenschmiede (mit Georg Hartlieb, Sübenbürger, Kunz Lachner, Wilhelm von Worms), die Armbrust - und Büchsenmacher (mit Hans und Wolf Danner), die Uhrmacher und Schlosser (mit Andr. Heinlein, Georg Heuß, Hans Heele, dem Erfinder der Taschenuhren, und Hans Bullmann), die Buchdrucker und Formschneider (mit Joh. Petrejus und Hans Schäuffelein, Ant. Koburger und Hieronymus0419 Rösch), die Silber - und Goldschmiede (mit Ludwig und Melch. Bayr, Hans Krug und Hans Glimm), die Kupfertreiber und Ornamentschneider (mit Seb. Lindenast, dem bösen Böltz, Hans Frey, Dürers Schwiegervater, und Veit Stoß), die Gelb - und Rothgießer (Peter Vischer mit seinen fünf Söhnen, eine besonders charakteristische Gruppe), die Maurer - und Zimmermeister (mit Paul und Hans Behaim dem Aelt., Georg Weber und Georg Stadelmann), die Maler u. Bildhauer (mit Hans Spring in Klee, und Hans Behaim dem Jüng.). Nun folgte hinter einem Edelknaben, der das vom Kaiser dem Albrecht Dürer verliehene Wappen (drei silberne Schilde im blauen Felde) trug, der genannte Meister selbst zwischen seinem Lehrer Mich. Wohlgemuth und dem Bildhauer Adam Kraft. Wenn alle Gewerbe sich durch eine bezeichnende Darstellungsweise der Embleme etc., durch glückliche Wahl der Charaktere auszeichneten, so fesselte die Gruppe der drei Künstler, die sämmtlich in Uebereinstimmung mit den Originalgemälden repräsentirt waren, jedes Auge mit andauerndem Reiz, und man sah mit innigem Vergnügen die einfach edle und schlichte Gestalt Dürers zwischen dem würdigen Greis und dem fein und reich, obschon durchaus prunklos gekleideten Bildhauer. Nach den Zünften trat die Noblesse von Nürnberg ein, die Patricier; voran jedoch der Träger des Stadtwappens, der Stadthauptmann, die beiden Bürgermeister, der Syndicus, Rathsherren und Rathsschreiber. Die reichgekleideten Edeln und Bürger Nürnbergs mit ihren Frauen, ein langer prächtiger Zug, schlossen diese Abtheilung.

Ein zweites Musikcorps ging dem Kaiserzug voran, den drei Zugführer eröffneten. Die Landsknechte, deren beide Rotten anfänglich zu Anfang und Ende des Zugs gehen sollten, waren als Wache an den Eingang des Festsaales gestellt, und erschienen in seiner Mitte erst beim dritten Umzug, was eine besonders gute Wirkung machte. Vier Edelknaben trugen die Wappenschilde von Burgund, Holland, Flandern und Oesterreich, vier Ritter die Paniere von Steyer, Tyrol, Habsburg und das des Kaisers. Darnach folgten ein Schwertträger, zwei Herolde, der kaiserliche Herold, die Leibwachen des Kaisers, Jäger, Falconiere, der Oberjägermeister, Pagen und endlich von Fackelträgern umgeben der Kaiser Maximilian. Treue des Costume's und so viel möglich der Persönlichkeit hatte man überall im Auge behalten; im Kaiserzug mußte die Pracht mit der Nähe des Kaisers sich mehren; er selbst war in Goldstoff mit Schwarz und Weiß gekleidet, und sein Antlitz wenn ihm auch noch die Jahre des Schutzherrn deutscher Kunst abgingen trug doch ganz die habsburgischen Züge. Nach dem Kaiser kamen sein lustiger Rath Kunz von der Rosen, sein Vertrauter Sigmund von Dietrichstein, der Herzog Erich von Braunschweig und Matthias Lang von Wellenburg. Hierauf erschienen in schwerer Rüstung, in durchaus ächten und schönen Waffen des sechzehnten Jahrhunderts, an denen noch die Spuren alter Kämpfe zu sehen waren, des Kaisers Kriegsoberste und Feldhauptleute, ein imponirender Anblick, bei dem man der freudigen Ueberzeugung sich nicht erwehren konnte, daß es doch noch Gestalten und Physiognomien in unsern Tagen gebe, die in den Ernst jener Zeit und zu dem Waffenschmuck derselben passen. Ritter wie die nun auftretenden: Ulrich von Schellenberg, Georg von Freundsberg, Andreas von Sonnenburg, Wilhelm von Roggendorf, Georg von Emmershofen, Hans Ilsing, Albrecht von Landenburg, Franz von Sickingen und Marx Sittich von Hohenems, charakterisirten vollständig das streitbare und streitlustige Zeitalter. Jeden Ritter begleiteten ein paar Knappen, so daß auch von dieser Gattung ein eignes Corps sich bildete. Den Schluß des Kaiserzuges machten die Räthe und Gelehrten: Willibald Pirkhaimer, Manlius von Freiburg, der Historiograph, Melchior Pfinzing, der Dichter des Theuerdank Marx Treizsauerwein, der Dichter des Weißkunig, endlich unbenannte Ritter, Edle und Frauen.

War auf diese sinnige Weise die ganze Scala der Stände durchlaufen, so konnte nun passend ein Bild heiterer Zerstreuung sich anschließen, um so mehr, als die gewählte dem Charakter der Zeit und den Neigungen des Kaisers entsprach. Ein Zug der Venus, die in einem Rosenlaubenwagen, von Amoretten umspielt, auf Rosen ruhte und von einem bunten Gefolge von Dienern und Verehrern alles Alters, Ranges, Volkes gezogen wurde, eröffnete unter höchst origineller Musik (gleichfalls von Kunz) und dem Voraustritt des Mummereimeisters Peter von Altenhans den Mummenschanz. Eine Menge Narren umgaben und durchliefen den Zug in heitern, lächerlichen Bewegungen, Gebärden und Sprüngen. Nach der Siegesfahrt der Venus kam die des Bacchus der auf einem Fasse saß unter Rebenlauben und von Winzern, Faunen, Schenken und sonstigen Freunden seiner Gaben gezogen und begleitet wurde. Den dritten Wagenzug bildete Diana, auf einem Baumstamm sitzend mit einem Gefolge von Jägern und Waldmenschen, die ganze Baumstämme und Bäume mit allerhand Waldvögeln trugen. Endlich kam auf einem von Bergknappen gezognen Wagen der Bergkönig mit Gnomen und Kobolden, welche Erzstufen gruben und Münzen prägten. Ein Drachenkopf spie letztere in ein Becken, aus dem sie vom Säckelmeister durch zwei Pagen (Silber und Gold vorstellend) unter die Menge vertheilt wurden. Die Münze enthält einerseits das dem Albrecht Dürer verliehene Wappen, das als allgemeines Künstlerwappen hier angenommen ist, und auf der andern Seite die Worte: Der Künstler Maskenzug 1840. Der Narr Gülichisch schloß unter Vorweisung des leeren Beutels den ganzen Zug.

Zweimal bewegte sich dieser durch den Saal, in welchem er auf Umwegen durch die Corridore des Gebäudes immer zurückkehrte; beim dritten Mal stellte sich die ganze Masse, an 600 Personen, allmählich im Innern auf, sang ein von Hrn. Felix v. Schiller gedichtetes, von Hrn. Capellmeister Lachner componirtes Festlied, dessen Motiv der Ruhm Albrecht Dürers und der Glanz der Kunst in Bayern ist, brachte unter freudiger Zustimmung dem König Ludwig von Bayern ein dreimal dreifaches Lebehoch und zog in vollkommener Ordnung durch den Logensaal des Königs, vor der königlichen Familie vorüber durch die Säle und Corridore der Residenzen nach dem Bazar und von da ins Odeon zum Banket, und zwar unter der lebhaftesten Theilnahme des auf dem ganzen Weg in dichten Reihen aufgestellten Publicums. Im Odeon stellten sich allmählich alle einzelnen Abtheilungen zwischen den Tafeln auf, bis das Zeichen zum Mahl gegeben wurde, zuerst der Kaiser und Hof an der reich mit Silber geschmückten erhöhten Tafel Platz nahm und sodann Alles nach den Abtheilungen sich setzte. Heitre Unterhaltung gewann hier bald vor jeder allgemeinen Handlung oder Darstellung die Oberhand. Des Kaisers Lebehoch, eingeleitet durch eine Anrede des alten Hans Sachs, und das von Hrn. v. Schiller gedichtete und von Hrn. Capellmeister Stunz componirte Banketlied vereinigten noch einmal die Stimmen; dann entwickelte sich nach individneller Lust und Behaglichkeit da und dort die Geselligkeit. Auch an Tanz fehlte es nicht, obschon die Strapazen des Zugs manche Füße hinlänglich angestrengt hatten.

0420

Die Unternehmer und Leiter dieses Festes, denen alle Theilnehmer so wie das ganze Publicum wahrhaft verpflichtet sind was jeder, der irgend einmal einem ähnlichen Geschäft sich unterzogen, zu würdigen wissen wird sind die Maler Jos. Petzl, D. Monten, Ph. Foltz, C. Braun, Bernhard, Tröndlin, Seibertz und Wyttenbach. Das vollkommene Gelingen, die allgemeine Freude, die herzliche Theilnahme, so wie der überraschende und ergreifende Eindruck des Ganzen wird sie die Mühe, die sie gehabt haben mögen, vergessen lassen.

Wiener Briefe.

Die Allg. Zeitung hat in letzter Zeit einige kurze Umrisse über geistiges und materielles Leben in Wien mitgetheilt, je nach dem Interesse des Gegenstandes mehr oder minder ausführlich. Es sollte dabei mehr um einen Beitrag zur allgemeinen Charakteristik hiesiger socialer Zustände zu thun seyn, als einzelne Materien besonders herauszuheben. Ich will diese Notizen fortsetzen und von Zeit zu Zeit ein Resumé des Erlebten, ein kurzes Review geistiger Leistungen, wie materieller Beziehungen mittheilen. Ich werde lediglich constatiren, was wirklich existirt und vorliegt, und es den Lesern überlassen sich das Facit selbst zu ziehen. Auf diese Weise wird wenigstens der Gesichtspunkt festgehalten werden und sich ein richtigeres Bild gestalten, als es sonst, bei der Unkenntniß möglich ist, die über hiesige Verhältnisse unbegreiflicherweise noch so sehr obwaltet eine Unkenntniß, die weder durch die vielen seichten Tractätchen über Oesterreich, noch durch Artikel wie die des National, auch nur entfernt gehoben wird. Es bedarf auch in der That nicht, Schwarz weiß, und Weiß schwarz zu nennen, um ein höchst freundliches Bild unserer Zustände zu entwerfen. Auch ist es gar nicht nöthig, zu diesem Ende unsere Mängel, insofern sie wirklich vorhanden sind, in Abrede zu stellen: solche fehlen bei uns so wenig als anderwärts; dennoch dürften wir bei genauer Würdigung der Verhältnisse nicht versucht seyn, die unsrigen gegen die gepriesensten fremden en bloc zu vertauschen, wie Manches im Einzelnen wir dort auch viel besser als bei uns finden möchten. Betrachten wir zuerst den Stoff, d. h. das Volk, so müssen wir diesen vortrefflich nennen, und die besonnene Verwaltung überwacht ihn mit Klugheit und Milde, und sorgt nur dafür, daß sein Gehalt sich nicht vermindere. Uebrigens überläßt sie ihn der freien Entwickelung, die den Umschwung der Geister hier nicht minder wie anderwärts, in manchen Dinger schneller, in manchen langsamer bewirkt. Sie wacht, daß der Fortschritt ein ruhiger, wohlthätiger, nachhaltiger sey; sie treibt weder, noch hemmt sie zur Ungebühr. Dieß wenigstens sind die Principien. Was aus individueller Ansicht auf einer oder der andern Seite zu viel oder zu wenig gethan scheint, oder ob diese Principien in der Praxis in den untergeordneten Sphären immer gehörig festgehalten werden, darüber wollen wir nicht rechten, es weder vertreten noch tadeln, eben weil es individueller Ansicht und individueller Praxis anheim fällt, und wir es hier nur mit den Maximen im Großen zu thun haben, auch von einem Centralpunkt ausgehend nur diese allein Geltung finden können. Was indeß unläugbar als Thatsache heraustritt, ist jedenfalls der Fortschritt selbst, den wir später auch auf statistischem Wege constatiren wollen. Da nun der Effect nicht ohne wirkende Ursache seyn kann, so wird die Verwaltung im Großen und Ganzen darin ihre Bewährung und Rechtfertigung finden, so wie sie was im Einzelnen gerechter Rüge unterliegt, fortwährend in den Kreis ihrer Verbesserungen zieht.

Daß das Volk der Gegenwart froh ist und die Zukunft unter diesen Umständen mit gutem Vertrauen erwartet, zeigt sich im bewegten Leben des Faschings, wohin man nur immer blickt. Wie der Fall des Tropfens im Wasserspiegel ringt sich die Bewegung von dem engsten bis in die weitesten Kreise; man kann kaum wahrnehmen, wo sie aufhört. Vom Palast bis zur Guinguette, von den Säulen der Hofburg bis in die niedere Tanzstube fordert und erhält die Zeit der Lust ihr angestammtes Recht, tönt der Reigen; und wahrlich, in Wien weniger als irgendwo leben Menschen, denen nicht eine Pforte offen stände, wo auch sie ihr angemessen Theil an der gemeinsamen Fröhlichkeit finden könnten. Dabei geht der Erwerb und die Betriebsamkeit in gleich rascher Bewegung und erzeugt hier neue Bedürfnisse, dort neue Quellen. Die zahlreichen Fabriken im Lande haben seit längerer Zeit bedeutend auf die Theuerung des Holzes gewirkt, und nachgerade fing man an, für den künftigen Bedarf besorgt zu seyn. Der Betrieb der Eisenbahnen und Dampfschiffe hat indessen die Steinkohlen, ein seltsam genug in Wien fast gar nicht gebrauchtes Material, herbeigezogen, und schon diesen Winter fängt man viel damit zu heizen an, und im nächsten dürfte dieß in erweitertem Maaßstabe geschehen. So hängt die Industrie einen Ring an den andern, und der Aufschwung eines Zweiges, einer Erfindung treibt neue Schößlinge oft in weiter Entfernung hervor. Wie sehr man hier von dieser Ueberzeugung durchdrungen ist, beweist die Errichtung des Gewerbvereins, der, höchsten Orts sanctionirt, sich nun vollkommen constituirt hat und seine Wirksamkeit beginnt. Seine Statuten sind ziemlich dieselben, wie bei andern Instituten dieser Art, ebenso sein Zweck und seine Organisation. Der Erzherzog Franz ist Protector, Graf Kolowrat Curator; der Erzherzog Johann, Fürst Metternich und Graf Mittrowsky sind bis jetzt die einzigen Ehrenmitglieder des Instituts, an die sich noch zwei Gelehrte des Auslandes anschließen sollen. Kaum errichtet, gebietet es schon über ein jährliches Einkommen von mehr als 15,000 fl. C. M. und die Zahl seiner Theilnehmer, mithin seine Mittel, wachsen täglich. Der offenliegende Nutzen der Anstalt braucht nicht berührt zu werden, wohl aber muß angedeutet werden, daß nebstbei dem Staate daraus ein Institut erwächst, ganz geeignet, wie die Handelskammer an andern Orten, der Verwaltung alle ihr nöthigen Aufklärungen auf jede, den Handel und die Gewerbe betreffende Anfrage zu geben, und alle speciellen Enquêten in diesem Bereiche nach ihrem Auftrag zu übernehmen. Die Masse neuer Daten und noch nicht gekannter Resultate, die dadurch den Behörden zur Kenntniß gebracht wird, muß diesen bei allen zu nehmenden Entschlüssen von ungeheuerm Vortheil seyn; denn zum Glück ist die gute Zeit vorüber, wo die Amtsehre es bedenklich gefunden hätte, nicht Alles selbst und am besten zu wissen, und anderwärtig Erkundigungen einziehen zu sollen.

Der Tod des Freiherrn v. Jaquin hat eine bedeutende Lücke, sowohl in den Lehrkörper der Universität, als auch in den Kreis aller Freunde der Wissenschaft gebracht. In beiden Beziehungen, als anregender Geist und als ein Vereinigungspunkt litterarischer Interessen, wie als Mann vom Fache, wird er tief bedauert. In letzterer Beziehung hat die Universität indeß einen vollen Ersatz in der Ernennung des gelehrten Custos des Naturaliencabinets, Dr. Endlicher, gefunden. Endlicher hat einen, in der Botanik wie in der Philologie, mit Recht berühmten Namen. Seine zahlreichen Werke in beiden Fächern, fast sämmtlich in lateinischer Sprache, und unter diesen, die: Ceratotheca, die Genera plantarum, die Enumeratio plantarum quas in nova Hollandia collegit L. B. Ca.0421 rolus Hügel; die Prisciani carmina, die Fragmenta theodisca, die mit Eichenfels herausgegebenen analecta grammatica, sein Verzeichniß der chinesischen und japanischen Münzen des k. k. Münzcabinets zu Wien etc., haben ihm einen ersten Platz unter den lebenden deutschen Gelehrten angewiesen. Was aber seiner Anstellung in anderer Beziehung für Oesterreich eine besondere Wichtigkeit gibt, ist, daß dieselbe nicht im gewöhnlichen Concurswege, sondern durch ein eigenes Handbillet des Kaisers erfolgt ist. Möchte doch diese erste Ausnahme von der Regel bald die Regel selbst werden, wenigstens in den speculativen Wissenschaften! Unter allen Mitteln über die Tüchtigkeit eines Lehrers für eine Universitätsstelle zu entscheiden, ist das Examen des Concurses das ungeeignetste, obgleich man es, allerdings aus einem Gefühl für Unparteilichkeit und zur Vorbeugung alles Nepotismus, angenommen hat. Aber der Nepotismus wird dadurch keineswegs hintangehalten, und zur Beurtheilung der Tauglichkeit der Individuen für höhere Lehrkanzeln ist ein solches Examinatorium, wie der Concurs, durchaus keine Gewähr. Gelehrte, wirkliche Gelehrte, die bereits etwas geleistet haben und sich fühlen, werden, wenn nicht der Hunger sie treibt, sich keinem solchen Concurs unterziehen, mithin werden gerade die tüchtigsten und geeignetsten Männer ganz außer der Concurrenz bleiben. Ferner ist der Concurs wenig geeignet, die höhern Potenzen, die geistige Befähigung heraustreten zu lassen; er gibt vielmehr der unbelebten Materie, dem todten Buchstaben die höchste Geltung, und die freie Forschung, die nicht in verba magistri schwört, die neue Bahn bricht, verbessert, erfindet, das Selbsterschaffene, wird in solchen Concursen jedesmal gegen rein empirisch Erlerntes den Kürzern ziehen. Wir sprechen hier natürlich nur von den höhern Lehrkanzeln der Universität, wo nur der Geist und nicht das Wort lebendig macht und weiter fördert. Und wie steht es dann mit dem Concurse, wenn etwa die Kenntnisse des Examinanden weit über die Kenntnisse der Examinatoren hinausreichen? Endlich gibt ein solches Examen allein noch keine hinlängliche Gewähr für die Lehrfähigkeit, den Vortrag, die Gabe geistiger Befruchtung und Anregung. Es wird daher wohl immer am sichersten seyn, nach schon vorhergegangenen Leistungen zu wählen, als die Wahl vorangehen und die Leistungen nachfolgen zu lassen. Würde auf dem Wege des Concurses Endlicher wohl Professor der Universität geworden seyn, und welcher Würdigere hätte es werden können?

Vom Ernsten zum Schönen und Gefälligen übergehend, muß ich zuerst der Musik erwähnen, und bei dieser wieder der Concerte der Mad. Pleyel. Nach Liszts wiederholten Productionen und nach dem unglaublichen Enthusiasmus, den sie erregten, hätte man nicht mehr glauben sollen, daß noch irgend eine Leistung in dieser Art bedeutenden Erfolg haben könnte. Die Wiener haben aber immer in dieser Beziehung noch etwas im Grunde des Säckels, wenn sie auch schon ihr ganzes Vermögen ausgegeben zu haben scheinen. So hat sich auch für Mad. Pleyel noch ein hinlänglicher Fonds von Begeisterung gefunden, um auch den gespanntesten Erwartungen genügen zu können. Namentlich ist es die elegante Welt, und unter dieser ganz vorzugsweise der männliche Theil, der für die angenehme und reizende Frau schwärmt ein Tribut, den wir natürlich finden und keineswegs zu schmälern gedenken, was bei so viel selbstständigem Verdienst auch in der That ungerecht wäre, denn auch von Seite des Talents ist hier Ungewöhnliches geboten. Miß Bowena Laidlaw würde zu anderer Zeit hier bedeutender erschienen seyn; jetzt war der Zeitpunkt, ihr volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ungünstig gewählt.

Von unsern neuesten Erzeugnissen der Malerei will ich vorläufig nur zwei Landschaften nennen. Eine ist von Steinfeld (Vater), stellt eine Partie des Wirker-Sees vor und gehört zu Steinfelds besten Bildern. Namentlich thut der freundliche, heitere Ton wohl, den man sonst oft an Steinfelds Bildern vermißt. Ein Bild aber, welches das Entzücken aller Beschauer macht, ist eine Landschaft von Gauermann: felsige Waldgegend bei Berchtoldsgaden mit Wasser, rechts eine Fernsicht auf einen Schneegletscher, im Vordergrund ein Ochsenwagen, auf den ein auf dem Boden liegender Hirsch geladen werden soll, um den Jäger, Treiber und Hunde gruppirt sind. Ein dicker Förster zu Pferd scheint das Geschäft zu überwachen, während ein kräftiger Waidmann das Messer bereit hält, den Hirsch aufzubrechen. Es wurde jüngst in diesen Blättern über Gauermanns Leistungen der neueren Zeit mit wohlgemeintem und verdientem Tadel gesprochen, immer aber seinem weithervorragenden Talent im Ganzen volle Anerkennung spendend. Mit wahrer Herzensfreude kann von diesem Bilde mit Fug behauptet werden, daß es an keinem der gerügten Fehler leidet, und daß der Künstler darin einen Schwung genommen, der ihn selbst über seine früheren besten Leistungen weit hinausträgt. Mag man nun die vortreffliche Anordnung dieser überreichen Staffage, die für sich allein schon ein herrliches Genrebild gäbe, die ungemeine, bis in die kleinsten Züge gehende Wahrheit der Details, die vortreffliche Ausführung und ihre vollkommen natürliche, ungesuchte Auffassung, oder die grandiose Behandlung der Landschaft betrachten Alles erregt Staunen. Diese Felsen sind nie mit genialerer Treue dargestellt worden; man möchte das grüne, stehende Wasser, in dem sie sich reflectiren und in das sie lange Schatten schlagen, mit einem Senkblei messen: man sieht seine Tiefe. Bäume, Himmel Alles lebt; Alles, Alles ist vortrefflich, so einfach, klar; nicht ein gesuchtes Motiv, kein gehaschter Effect in Farbe noch Licht, keine Porcellanmalerei, jede Tinte der Natur entnommen. Es ist Schade, daß dieses Bild nicht die Ausstellungen des Auslands besucht, oder einer öffentlichen Galerie angehört; es würde dem Rufe des Künstlers einen ungemeinen Zuwachs geben. Der Meister Gauermann, wie jedes wahre Verdienst, kann die strengste Stimme der Kritik mit Ruhe und Nutzen hören; flache Gesellen werden davon vernichtet, und schreien über jedes Wort des Tadels wie geschlagene Kinder, denn ihnen gilt die Kunst wenig, die Eitelkeit Alles.

(Beschluß folgt.)

[579]

Bekanntmachung.

Maria Margaretha Simon ledig, geboren den 30 Julius 1763 zu Nordhalben, ist in ihrem 43sten Lebensalter bei dem Durchmarsch der französischen Armee im Jahre 1806 mit einer Marketenderfamilie als Magd von hier fortgezogen, und seit dieser Zeit keine Nachricht über ihr Leben oder Tod eingegangen.

Da nun ihre Bruderskinder auf Todeserklärung und Vermögens-Ausantwortung an sie angetragen haben, so wird Maria Margaretha Simon oder deren allenfallsige Leibeserben hiermit aufgefordert, sich binnen sechs Monaten a dato bei hiesigem Gericht zu melden, außerdem Simon für todt erklärt, und ihr in 234 fl. 45 1 / 2 kr. bestehendes Vermögen an obengenannte nächste Erben ohne Caution ausgehändigt wird.

Nordhalben, den 3 Februar 1840.

Königlich bayer. Landgericht Nordhalben in Oberfranken.

Tünnenmann, Landrichter.

[511]

Ulm. Rechtenstein.

Ausschluß-Bescheid.

Der Graf Karl Victor Reuttner von Weyl in Achstetten stellte aus Veranlassung des Verkaufs des in dem Oberamt Ehingen gelegenen Ritterguts Rechtenstein im März 1836 das Ansuchen, alle diejenigen, welche dingliche Ansprüche oder sonstige Rechte auf diese Herrschaft geltend machen zu können vermeinen, und welche diese Ansprüche und Rechte nicht bereits auf den in Folge der Pfandgesetzgebung vom Jahr 1825 ergangenen Aufruf des königl. würtembergischen Obertribunals vom 4 Junius 1825 und der königl. Hypotheken-Commission vom 11 December 1832 bei dem königl. Gerichtshofe in Ulm angemeldet haben, unter Androhung des Präjudizes des Ausschlusses öffentlich aufzufordern, ihre Ansprüche anzumelden und geltend zu machen, und es ist auch diesem Ansuchen durch die veröffentlichte0422 Edictal-Ladung vom 19 März 1836 unter Anberaumung einer Frist von 60 Tagen entsprochen worden. Auf das weitere Ansuchen des Grafen vom 25 / 27 v. M. wird der geschehenen Androhung gemäß der Ausschluß der oben bezeichneten nicht angemeldeten Ansprüche hiemit ausgesprochen.

So beschlossen im Civil-Senat königlichen würtembergischen Gerichtshofs für den Donaukreis. Ulm, den 8 Februar 1840.

Reinhardt.

[380-81]

Bekanntmachung hinsichtlich des Baues von Flachsspinn-Maschinen.

Die unterzeichnete Anstalt welche für das Königreich Sachsen das ausschließliche Privilegium zum Bau von Flachsspinnmaschinen besitzt sieht sich in Folge mehrerer Anfragen veranlaßt, hiermit ergebenst bekannt zu machen, daß sie sich unter Leitung eines theoretisch und praktisch gebildeten englischen Maschinenbauers, welcher erst vor kurzem aus England zurückgekehrt ist, wo er sich wieder mit den neuern Erfindungen in dieser Branche der Mechanik bekannt gemacht hat, unausgesetzt mit dem Bau von Flachs - und Wergspinn-Maschinen nach den zweckmäßigsten Systemen beschäftigt.

Die Anstalt ist in Stand gesetzt, jede Bestellung, von welchem Umfange sie auch sey, bestens auszuführen; sie sichert den Bestellern, mag der Auftrag groß oder klein seyn, die prompteste, reellste und billigste Bedienung zu und übernimmt nach Uebereinkunft die Garantie für die gelieferten Gegenstände.

Zugleich erlaubt sie sich hiermit auf ihr Lager von bereits fertigen, theils in England, theils in der Anstalt selbst nach einem ganz vorzüglichen Systeme gefertigten Flachsspinnmaschinen aufmerksam zu machen, und sie wird bei dem Ankauf dieser Maschinen die möglich billigsten Preise stellen.

Die Maschinenbau-Anstalt zu Schloß Urbigau bei Dresden.

[565]

Im Verlage von Theod. Bläsing in Erlangen ist kürzlich erschienen und in allen Buchhandlungen Deutschlands, der Schweiz zu haben: Stahl, Prof. Dr. jur. Friedr. Jul., die Kirchenverfassung nach Lehre und Recht der Protestanten. Gr. 8. 1 Rthlr. 8 gGr. oder 2 fl. 24 kr.

[549]

Für Aerzte.

So eben ist erschienen und versendet: Allgemeines Repertorium der gesammten deutschen medicin. chirurg. Journalistik, mit Berücksichtigung des Neuesten und Wissenswürdigsten aus der ausländischen medicinisch-chirurgischen Journal-Litteratur. In Verbindung mit mehreren Aerzten fortgesetzt und redigirt von Dr. H. W. Neumeister. Zweites Decennium IVter, der ganzen Reihe 14ter Jahrgang. 1840 Januar. 12 Hefte (circa 160 Bogen.) Leipzig, Ch. E. Kollmann. 7 Thlr.

Der nach des Hrn. Dr. Kleinert Tod in die alleinigen Hände des Hrn. Dr. Neumeister übergegangenen Redaction des Repertoriums ist es gelungen, das Journal so weit vorwärts zu bringen, daß anstatt sonst gemeiniglich im März, das Januarheft schon im Januar selbst ausgegeben werden konnte. Eine Bereicherung desselben mit der Journalistik des Auslands ist dem gegenwärtigen Jahrgange (siehe die Vorrede) zugedacht, und wenn dadurch auch eine Vermehrung der Bogenzahl nothwendig eintreten muß, so ist der Verleger entschlossen, deßhalb den Preis keineswegs zu erhöhen.

[526]

Im Verlage von Montag & Weiß in Regensburg erscheint und ist durch alle Buchhandlungen und Postämter zu beziehen: Gotteskästlein für Geistliche und Weltliche.

Katholisch altkirchliche Monatschrift, im Verein mit Priestern und Laien herausgegeben von Dr. Karl Müglich. Erster Jahrg. 1840. 12 Hefte (à 120 Druckseiten. ) gr. 12. Velinp. 5 fl. 24 kr. oder 3 Thlr. 8 gr.

Inhalt vom Januarheft 1840.

(I) Lebensbilder. An König Ludwig. Der geistliche Stand. (II) Schriftenheerschau. F. L. Graf zu Stolberg im gothaischen Ehrentempel. Litterarisches Observatorium: 18 Nummern. (III) Monatszeitung. Das Jahr 1840. Von S. W. Repertorium der Tagsereignisse: 15 Kategorien.

[567-69]

NEU-ABONNEMENT auf MEYERS UNIVERSUM.

NEUE Theilnehmer treten JETZT mit Beginn des VII. Jahrgangs ein.

Vom Verlagsinstitut erhält das Publicum die einfache Zusage, daß der Preis *)*) Preis des Universums für jede Monatslieferung (deren 12 einen Band bilden), mit 4 Stahlstichen, nur: 5 1 / 3 Groschen sächs. 24 Kreuzer rhn. 7 Silbergroschen preuß. Cour. 22 Kreuzer Con. -M. 12 Schillinge Hamb. Cour. Für Sammler auf 10 Exemplare ein Frei-Exemplar., die künstlerische und äußere Ausstattung unverändert bleiben. Der artistische Ruhm des Werkes ist unübertroffen; über die Trefflichkeit des Textes ist längst nur eine Stimme, und unsere Sorgfalt, dem in zwölf Sprachen erscheinenden Unternehmen universellen Beifall zu erhalten, wird immer die nämliche seyn.

Der siebente Band wird mit einem gestochenen Haupttitel geziert; er erscheint mit der siebenten Lieferung.

Als PRAEMIE zum siebenten Bande erhält jeder Empfänger desselben unentgeltlich ein großes und kostbares Kunstblatt, das lieblichste Bild Raphaels.

DIE HEILIGE FAMILIE AM SEE (LA MADONNA DEL LAGO), vom berühmten E. Müller in Stahl gestochen.

Für sich ist der Preis dieses Blattes drei Thaler sächs.

Ausgegeben wird es mit der zwölften Lieferung.

Hildburghausen, im Februar 1840.

Bibliogr. Institut.

[558]

In allen Buchhandlungen sind vorräthig: Militär-Conversations-Lexikon.

I-VIII. Band. 2tes Heft.

Taktik für Subalternofficiere der Infanterie und Cavallerie, von Pz.

Terrainrecognoscirung für Subalternofficiere aller Waffen, von Pz.

Adorf, im Januar 1840.

Verlags-Bureau.

[484]

Für gebildete Israeliten.

Von der Synagoge, einer jüdisch-religiösen Zeitschrift zur Belehrung und Erbauung von Dr. Adler, die sich sowohl der größten Theilnahme der Israeliten als auch der Christen erfreut, ist so eben des 2ten Jahrgangs 5te Lieferung versandt worden. Preis einer jeden Lieferung 4 gr. oder 18 kr.

München.

E. A. Fleischmann.

0423

[48]

In der Unterzeichneten ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Gerichtsärztliche Arbeiten von Karl Friedrich Burdach, k. preuß. Geh. Medicinalrathe, Dirigenten des Medicinal-Collegiums und Prof. zu Königsberg.

Erster Band.

Gr. 8. Preis 3 fl. od. 1 Rthlr. 20 gr.

Die cameralistische Zeitung für die k. preuß. Staaten äußert sich über diese Schrift, wie folgt Die doppelte Stellung als Dirigent des Medicinal-Collegiums und öffentlicher Lehrer der gerichtlichen Arzneiwissenschaft, legte dem Hrn. Verfasser die besondere Verpflichtung auf, gleich seinen berühmten Vorgängern Metzger und Büttner den litterarischen Beweis seiner rühmlichen Thätigkeit auch in diesem Fache zu führen, und wir verdanken diesem löblichen Drange das Entstehen dieser Arbeit, deren Inhalt, gleich den übrigen Schriften des Hrn. Verfassers, an Gründlichkeit der Untersuchung, Klarheit und Bestimmtheit des Urtheils, gediegener Auffassung sich auszeichnet, und bei dem Festhalten an ältern geprüften Wahrheiten alle der neuesten Zeit anheimfallenden Bereicherungen der Wissenschaft berücksichtigt. Das Materiale dieser Schrift umfaßt theils vom Medicinal-Collegium zu Königsberg eingeholte Superarbitria über einzelne bei den Gerichten verhandelte Verbrechen, theils freie Aufsätze über Gegenstände der gerichtlichen Arzneikunde, deren sorgfältige Erörterung eine zeitgemäße Aufgabe bilden, und in welchen der Hr. Verfasser auf die in der neuesten Zeit laut gewordenen Abweichungen aufmerksam macht, und insofern er diese als aus Mangel fester Begriffsbestimmung hervorgegangen betrachtet, die genau zu befolgende Bahn vorschreibt, und zur Nacheiferung auffordert. Insbesondere eifert er gegen die falsche Humanität, deren Einfluß auf das Urtheil der Aerzte sich in der jüngsten Zeit mit Hintansetzung der bekannten wissenschaftlichen Lehrsätze und mit Uebung dialektischer Fertigkeit auf eine Weise geltend zu machen gesucht, die den ganzen ärztlichen Stand in Mißcredit setzen, und alle seine Gutachten verdächtigen muß. Diesen wichtigen Gegenstand erörtert er, von allen Seiten beleuchtend, auf interessante Weise mit der ihm zu Gebote stehenden Beredsamkeit und Gründlichkeit in dem ersten Aufsatze über die Advocatur der Aerzte.

Der zweite Aufsatz über den Beweis der Vergiftung soll uns darthun, daß wenn vollkommen überzeugende Gründe vorhanden sind, die eine hinreichende Gewißheit einer Vergiftung constatiren, die sinnliche Anschauung der äußern Thatsache, d. h. die Gewißheit der Beibringung des Giftes unnöthig ist. Die vier hier mitgetheilten Fälle sind sehr instructiv, namentlich zeichnet sich das erste Gutachten durch Gründlichkeit und Vollständigkeit aus. Um die Frage zu erörtern, ob Mord oder Selbstmord an einem Tode schuld sind, sind drei gut erzählte Fälle mitgetheilt. Am ausführlichsten wird zuletzt die Untersuchung der nähern Bestimmung der Tödtlichkeit einer Verletzung abgehandelt, und der Hr. Verfasser sucht das bisherige Chaos, welches in dieser Hinsicht fast in allen Handbüchern der gerichtlichen Arzneikunde über dieses Capitel herrscht, durch genaue Eintheilung und deutsche Ordnung zu lichten. Folgendes Schema stellt er für die methodische Untersuchung der Tödtlichkeit der Verletzungen auf, und belegt jede einzelne Abtheilung mit interessanten Datis: A. Tödtliche Verletzungen. I. Nothwendige Tödtlichkeit: 1) unbedingt nothwendige Tödtlichkeit, 2) bedingt; a) überhaupt bedingt, b) durch Individualität bedingt. II. Zufällige Tödtlichkeit: 1) negativ zufällige Tödtlichkeit, 2) positiv zufällige Tödtlichkeit. B. Nicht tödtliche Verletzungen.

Nach dem, was vorstehend über diese Schrift mitgetheilt, glaubt Ref. die Begier zur näheren Kenntniß derselben bei den Medicinalbeamten angeregt zu haben, und hofft, daß keiner die Anerkennung, welche das Werk gefunden, ungerecht finden wird.

Stuttgart und Tübingen, im Januar 1840.

J. G. Cotta'sche Buchhandlung.

[561]

Bei J. J. Weber in Leipzig ist so eben erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:

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[559]

So eben ist erschienen, und in allen guten Buchhandlungen Deutschlands, der österr. Monarchie und der Schweiz vorräthig: Die Sprüchwörter und Sinnreden des deutschen Volkes in alter und neuer Zeit.

Zum erstenmal aus den Quellen geschöpft, erläutert und mit Einleitung versehen von J. Eifelein, weiland Oberbibliothekar der Universität Heidelberg.

gr. 8. brosch. Preis 2 Rthlr. 12 gr. oder 4 fl. rhn.

Freiburg, 1840.

Fr. Wagner'sche Buchhandlung.

[507]

Im Verlag des Unterzeichneten ist so eben erschienen und die erste Lieferung an die meisten Buchhandlungen Deutschlands versendet worden, namentlich auch an die Matth. Rieger'sche Buchhandlung in Augsburg und Lindau: Die Erkenntniss und Behandlung der Eingeweidebrüche mit zwanzig Tafeln Abbildungen in natürlicher Grösse, herausgegeben von A. K. Hesselbach, Dr. der Philos., Med., Chir. und Geburtshülfe, königl. Professor der Chirurgie, Vorstand der Klinik und Oberwundarzt des allgem. Krankenhauses in Bamberg.

Um auf die Gediegenheit dieses Werkes aufmerksam zu machen, mag es genügen darauf hinzuweisen, dass die Professoren Hesselbach Vater und Sohn der Behandlung der Hernien vieljährige Studien gewidmet und es darin zur allgemeinen Anerkennung gebracht haben. In diesem Werke, welches, unterstützt durch vortreffliche und ganz naturgetreue Abbildungen, das erste dieser Art in Deutschland erscheinende seyn dürfte, sind die Resultate derselben niedergelegt.

Die Verlagshandlung hat ihrerseits Sorge getragen, dass dasselbe in seiner äussern Ausstattung dem innern Werthe entspreche, und wird das Erscheinen und die Versendung in vier Lieferungen stattfinden lassen. Jede Lieferung enthält 5 Tafeln Abbildungen, und circa 10 Bogen Text.

Der Subscriptionspreis derselben ist: 4 Rthlr. sächs. 7 fl. 12 kr. rhein. oder 6 fl. Conv. M. und verbleibt derselbe bis zum Erscheinen der zweiten Lieferung, welche im März d. J. ausgegeben0424 werden wird. Von da an tritt der künftige Ladenpreis von 5 Rthlr. sächs. oder 9 fl. rhein. oder 7 1 / 2 fl. Conv. M. für die Lieferung unabänderlich ein, und kommt bei den getroffenen Vorbereitungen das ganze Werk noch im Laufe des kommenden Sommers in die Hände der verehrl. HH. Subscribenten. Wir ersuchen Sie, Ihre Bestellung bei der Ihnen beliebigen Buchhandlung so bald als möglich zu machen, um Sie mit einem Exemplar mit ganz scharfen und reinen Abdrücken versehen zu können.

Die Namen der verehrlichen HH. Subscribenten werden dem Werke vorgedruckt werden.

Nürnberg, im Januar 1840.

Bauer & Raspe.

(Julius Merz.)

[461-63]

Librairie de Jurisprudence de CHARLES HINGRAY, 10, rue de Seine à Paris: CONCORDANCE ENTRE LES CODES CIVILS ÉTRANGERS ET LE CODE NAPOLÉON, Ouvrage contenant le texte des Codes:

1. Napoléon.

2. Deux-Siciles.

3. De la Louisiane.

4. Sarde.

5. Canton de Vaut.

6. Hollandais.

7. Bavarois

8. Autrichien.

9. Prussien.

10. Suédois.

11. De Berne.

12. De Fribourg.

13. D'Argovie.

14. De Bade.

15. D'Haiti.

Et les Lois Hypothécaires de 1. Suède; 2. Wurtemberg; 3. Genève; 4. Fribourg.

5. Saint-Gall; 6. La Grèce.

Par M. ANTHOINE DE SAINT JOSEPH, Juge au Tribunal de première instance de la Seine. Un vol. grand in 4.

[385-87]

Bei dem Unterzeichneten ist so eben erschienen: Das Jahr 1839.

Politisches Taschenbuch auf das Jahr 1840, von Wilhelm Fischer.

8. broschirt 1 fl. oder 16 gr. preuß. Courant.

Dieses Taschenbuch ist die Fortsetzung des im vorigen Jahre erschienenen Taschenbuches des Rheinischen Postillon. Die Ereignisse des denkwürdigen Jahres 1839 sind darin für Hoch und Nieder, für Jung und Alt auf die anziehendste Weise geschildert, so daß jeder, der Theil nimmt an den Ereignissen unserer großen Zeit, sich das Jahr gern noch einmal in diesem Spiegelbilde betrachten wird. Auch wird jeder Freund des Fortschrittes dieser Erscheinung gern seine Aufmerksamkeit zuwenden und sie in seinem Kreise weiter zu verbreiten suchen.

Mannheim, 1840.

Heinrich Hoff.

[516-19]

Bekanntmachung und Anerbieten.

Die häufigen Berührungen und Beziehungen, in welchen Deutschland und die angränzenden Länder mit Paris stehen, veranlassen viele unvorhergesehene Fälle und Ereignisse, in denen es wichtig, wünschenswerth und beruhigend ist, hier einen Mann zu kennen, dem man sein ganzes Zutrauen schenken kann, dessen Geschäftskenntnisse und Thätigkeit zum voraus den Erfolg sichern, und bei dem man auf eine gründliche, solide und prompte Besorgung rechnen kann.

Der Unterzeichnete erbietet sich diesem längstgefühlten Bedürfniß abzuhelfen, und fordert alle diejenigen Personen, die sich in obigem Falle befinden, auf, sich vertrauungsvoll mit ihren Anliegen, welcher Art sie auch seyen, an ihn zu wenden, und deren bester Erledigung fest versichert zu seyn.

Die Einsendung der nöthigen Papiere, Documente, genügenden Instructionen etc. mit genauer Angabe der Namen, Straßen und Hausnummern, erbittet man sich franco.

Auf Verlangen werden achtbare Häuser das vollkommene Zutrauen bezeugen, welches der Unterzeichnete verdient, und welchem er stets entsprechen wird. Alle Anfragen, nach Belieben in deutscher oder französischer Sprache, werden sogleich genügend beantwortet, und man bittet sich der untenstehenden französischen Adresse zu bedienen.

Paris, im Februar 1840.

Geschäftsbesorgung für Deutschland, Krauß.

Bureau des affaires pour L'Allemagne Nr. 1. rue St. Hyacinthe St. Honoré.

[535]

Aurikel-Samen.

Stuttgart. Von einem Liebhaber, der eine Sammlung von mehr als 600 Stück vorzüglicher Luiker-Aurikel besitzt, erhielt ich eine Partie Samen, von den schönsten Blumen gesammelt, in Commission zum Verkauf, und kann 100 Körner zu 12 Kreuzer erlassen, deßgleichen gefüllten englischen Pracht-Mohn bei 100 Farben gemischt, die Portion à 6 Kreuzer.

Briefe und Gelder erbittet sich frei

G. Louis Schweitzer (gegenüber der neuen Caserne).

[556]

H. Berghaus 'Almanach für das Jahr 1840, vierter Jahrgang. Preis 2 Thlr., ist so eben bei Justus Perthes in Gotha erschienen. Dieser inhaltreiche, mit einem Bildniß und zwei Landkarten gezierte Jahrgang bietet den Freunden der Erdkunde in mannichfaltigem Wechsel wichtige und interessante Darstellungen aus dem Gesammtgebiete der Erd -, Länder -, Völker - und Staatenkunde dar.

[501]

Das Programm der k. polytechnischen Schule in Stuttgart, Preis 18 kr., kann durch den Buchhandel bezogen werden von Paul Neff in Stuttgart.

[580-81]

Gemälde-Verkauf.

Eine Sammlung von circa zweihundert sehr gut erhaltener Oelgemälde von verschiedenen Meistern, worunter die vorzüglicheren von Dominichino, v. Blümen, Tintorero, Corn. de Hem, Snyders, P. de Vos, Bourguignon, v. Blümen, Artois, van Goyen, Dav. de Hem, Roos di Tivoli, Frank, Albr. Dürer oder Schüler von Huysam etc. etc., meistens in vergoldeten Rahmen, ist im Ganzen oder theilweise zu verkaufen.

Näheres ertheilt die Expedition dieses Blattes, an welche sich allenfallsige Liebhaber franco unter Adresse D. S. wenden wollen.

[522-23]

Für Fremde in Paris.

Ernst Kees, 7 quai St. Michel, in Paris empfiehlt sein im Mittelpunkte der Stadt gelegenes und wohleingerichtetes Hôtel mit Pension bourgeoise verbunden, allen Fremden, die sich längere Zeit in Paris aufzuhalten wünschen, aufs ergebenste. Man findet daselbst für die billigsten Preise Kost und Logie, die beste Bedienung und die Annehmlichkeit, die französische Sprache ohne Kosten zu erlernen, oder sich darin zu vervollkommnen. Er bittet sich schriftlich an ihn zu wenden und wird jede beliebige Auskunft mit Vergnügen ertheilen.

[530]

Aufnahms-Offert.

In der Privat-Heilanstalt für Geisteskranke zu Baireuth, welche, von dem Unterzeichneten in seinem Hause errichtet, seit vielen Jahren ihres Bestehens sich erfreut, sind für zwei weibliche Geisteskranke Aufnahmsplätze erledigt, weßhalb nähere Auskunft ertheilt Baireuth, den 14 Februar 1840.

Dr. v. Hirsch, Medic. -Rath.

[586-87]

Stelle-Gesuch.

Ein Mann, in der Mechanik so wie im Maschinenbau gründlich erfahren, sucht eine Stelle als Spinnmeister in einer Schafwollspinnerei oder Kammgarnspinnerei, von wo aus er die besten Zeugnisse besitzt.

Nähere Auskunft auf Anfragen, welche portofrei einzusenden sind, ertheilt die Expedition dieses Blattes.

[582-84]

Bekanntmachung.

Es kamen einem Privatmann zwei k. k. österr. fünfprocentige Metalliques Obligationen Nr. 99,231 vom 1 Mai 1817, und Nr. 59,803 vom 1 Mai 1831, jede zu 1000 fl. C. M., abhanden. Es wird hiemit vor dem Ankauf dieser Obligationen oder deren Coupons gewarnt, da auf gerichtliche Amortisation derselben angetragen wird.

[273-78]

Avertissement.

Ein tüchtiger, vorzugsweise der Landschaftsgärtnerei vollkommen kundiger, und mit Ausführung von Garten-Anlagen im Großen vertrauter Gartenkünstler wünscht eine passende Versorgung.

Unter der Adresse M. Z. werden von der Expedition der Allg. Zeitung portofreie Briefe weiter besorgt.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
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Extent16 images; 15765 tokens; 5347 types; 110949 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 53. 22. Februar 1840 . Augsburg1840.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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Editorial principles

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