PRIMS Full-text transcription (HTML)
0425
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonntag
Nr. 54.
23 Februar 1840.

Südamerika.

Die einzige Nachricht, die ich Ihnen melden kann, ist, daß der Congreß von Bolivia ein Decret angenommen hat, das den General Santacruz von allem Tadel seiner früheren Verwaltung freispricht. Dieß scheint nur die Einleitung zu seiner Rückberufung zu seyn, welche erfolgt seyn dürfte, ehe Sie diesen Brief erhalten, da, wie man sagt, ein peruanisches Heer an der Gränze steht und die peruanische Regierung 2 1 / 2 Millionen Dollars von Bolivia als Ersatz für die Kosten des Kriegs verlangt, durch welchen das Land von dem Tyrannen Santacruz befreit worden sey. Der Rest des chilenischen Heers ist noch nicht eingetroffen.

* Nach andern Berichten aus jenen Gegenden besteht in Peru eine sehr gewichtige Partei, welche den Plan durchsetzen will, mit Bolivien in Krieg zu kommen in der Absicht, diesem Staate seine reichste Provinz, La Paz, welche bekanntlich bedeutende Gold -, Silber - und Kupferminen besitzt, und nebst noch andern werthvollen Producten namentlich die beste Fieberrinde hervorbringt, abzunehmen und von Bolivien zu trennen. Der Kampf um den eigenen Herd dürfte aber sehr hartnäckig werden. Die Bolivier machen bereits Anstalten zum äußersten Widerstand. Man schreibt ferner, daß eine europäische Handlungsgesellschaft der Regierung von Bolivia den Antrag gemacht habe, ihr 50,000 harte Piaster zu bezahlen, wenn sie dagegen gestatten wolle, daß jene Gesellschaft 2000 Suronen Fieberrinde aus dem Innern der Wälder auf ihre Kosten schalen und exportiren dürfe, welchen Antrag aber die Regierung entschieden abgewiesen habe.

Spanien.

Auf dem Kriegsschauplatze wird es bald lebhafter als bisher werden. Die Christinische Armee nimmt eine ausgedehnte Linie vom Mas de las Matas bis El Povo und Monteagudo (welcher letztere Ort befestigt wird) ein, aber im Centrum befindet sich eine Lücke von acht Meilen, welche durch die Carlistische Besatzung von Aliaga verursacht wird, und hinter dieser ist noch die Besatzung von Segura. Die Belagerung dieser beiden Plätze wird also die erste Operation seyn. Während dem legen die Carlisten ein neues Fort in Alcala de la Selva an, auch scheinen sie den Krieg mit Nachdruck in der Alcarria verfolgen zu wollen. Sie haben zu diesem Ende zwischen Beteta und Cañete eine Colonne von 4000 Mann Infanterie und einigen hundert Pferden vereinigt, und der General O'Donnell hat sich in der Nothwendigkeit gesehen, ihnen die Brigade Hoyos nachzusenden. Die Christinischen Truppen in jener Gegend sind die Colonnen Rodriguez und Quiñones, jede etwa 8 bis 900 Mann stark, welche beide mit einigem Verlust sich nach Guadalaxara und Auñon zurückziehen mußten, dann die Colonne von Cuenca, etwa 2000 Mann und 300 Pferde stark, welche seit Monaten unthätig ist; die Regierung hat sogar einen Theil dieser Truppen nach Ocaña berufen unter dem Vorwand in Verbindung mit den aus der Mancha gezogenen eine Reserve zu bilden, welche die Belagerung von Cañete und Beteta unternehmen soll. Andere meinen, die Absicht sey bloß mehr Truppen in die Nähe von Madrid zu ziehen, damit die Eröffnung der Cortes ohne Besorgniß eines Aufstandes stattfinden könne. Das eine und das andere kann wahr seyn, denn die Operationen würden ja doch vor einem Monate nicht beginnen. In Valencia hat O'Donnell eine Recognoscirung gegen die befestigten Ortschaften Alpuente und el Collado de Alpuente unternehmen lassen; zugleich verschanzt er Tuejar als Basis seiner künftigen Operationen. Noch immer spricht man von der Krankheit Cabrera's, obgleich in den Carlistischen Ortschaften ein Tedeum wegen seiner Besserung gesungen worden ist. Dieß soll nur eine List und er noch immer gefährlich krank in Herves seyn. In Catalonien wollte Burjo mit 3000 Mann und 100 Pferden das Ampurdan ausplündern, da ihnen auch dort die Ressourcen in der Gebirgsgegend zu mangeln anfangen; sie wurden aber von den Christinos unter Carbò und Salcedo in den Gebirgen von Vidrá am Flusse Ter angegriffen und zerstreut. Der Ros de Eroles und die Cavallerie von Balmaseda halten sich im westlichen Theile von Catalonien, und plündern, so oft sie können, die Conca de Tremp, einen Theil der Cerdaña u. s. w. aus. Segarra ist, wie man schreibt, gefährlich krank.

Die Nachrichten über Cabrera lauten fortwährend gleich widersprechend. Der Phare des Pyrenées schreibt aus Mas-de-las-Matas, dem Hauptquartier Espartero's vom 10: Cabrera, von dem man bald den Tod, bald die Wiederauferstehung meldete, soll jetzt, wenn man den hier circulirenden Gerüchten glauben darf, wirklich gestorben seyn. Eine Art Meuterei brach unter den Carlistischen Bataillonen in Morella0426 aus, welche mit großem Geschrei ihren General zu sehen verlangten; man wollte oder konnte aber ihrem Verlangen nich willfahren. Sicher ist, daß trotz aller Te Deum, die man in den Kirchen aus Freude über Cabrera's Wiederherstellung erschallen ließ, Niemand den General weder in seinem Hause noch in den Straßen von Morella erblickt hat. Das Mémorial des Pyrenées vom 15 sagt: Ein tiefer Schleier bedeckt fortwährend das Schicksal Cabrera's. Die Carlisten selbst wissen durchaus nichts Näheres. Sicher nur ist, daß alle Generaie, Brigadiers und Obristen den Befehl erhalten haben, sich nach Morella zu begeben. Der Zweck dieser Versammlung ist ein Geheimniß. Dagegen will die Gazette de France in solchen Dingen freilich die unsicherste Quelle ein direct von Morella kommendes Schreiben vom 4 erhalten haben, worin unter Anderm gesagt wird: Unser General ist vollständig wieder hergestellt. Wie früher beschäftigt er sich mit allen Angelegenheiten, und unsere Feinde werden ihn bald zu Pferd wiedersehen.

Der Restaurador Catalan, ein Carlistisches Blatt, gibt unterm 7 Febr. das Bulletin eines Treffens, welches am 1 Febr. in den Umgebungen von Solsona, unweit Torre de Nago vorgefallen. Die Carlisten waren von Don Manuel Ibanez commandirt, Balmaseda befehligte die Cavallerie, und soll sich sehr ausgezeichnet haben. Den Verlust der Christinos schätzt obiges Journal auf 1500 Mann. (!) Die Gazette de France läßt sich darüber aus Morella vom 4 Febr. mit noch größerer Uebertreibung schreiben: Ein für unsere (die Carlistischen) Waffen ruhmvolles Gefecht hat in Catalonien stattgefunden. Der Verlust des Feindes ist nicht unter 2000 Mann. Es fehlt mir die Zeit, Ihnen nähere Details zu schreiben. Die französischen Gränzjournale machen keine Erwähnung von diesem Gefecht.

Großbritannien.

Die königliche Vermählung hat mehreren besondern Flugschriften ihr Daseyn gegeben. Nach einem von Hrn. Shoberl veröffentlichten Werkchen unter dem Titel Prinz Albert und das herzogliche Haus Sachsen-Coburg-Gotha scheint ein Umstand, der neulich von mehreren Zeitungen in Zweifel gezogen wurde, doch gegründet zu seyn. Der Prinz, schreibt Hr. Shoberl, lebte als Knabe einige Zeit unter der Aufsicht seiner erlauchten Tante, der Herzogin von Kent, in Kensington, und abwechselnd bei seinem Oheim, dem Prinzen Leopold, in Claremont. Er erhielt damals mit seiner Base, der Prinzessin Victoria, gemeinschaftlichen Unterricht in der Musik und andern Lehrgegenständen. So bildete sich unmerklich eine frühe Zuneigung; die beiden Kinder lebten sich in einander hinein, und jene traulichen Familienbande, die alle Glieder des Hauses Coburg und diesem gehört ja durch ihre Mutter auch die Königin an so eng mit einander verknüpfen, mögen die Vorliebe noch bestärkt haben, welche Ihre Maj. in ihren reifern Jahren stets für den Prinzen empfunden haben soll. Aus der Zeit, die der Prinz in Bonn studirte, wird erzählt: Wegen seines liebenswürdigen und leutseligen Wesens war er der allgemeine Liebling. Er gab zum Besten der Armen eine Sammlung Gedichte heraus, deren einige sein Bruder Ernst in Musik gesetzt hat. Wie man uns versichert (das Buch scheint leider vergriffen zu seyn) gereichen diese Poesien dem Kopf und dem Herzen des jungen Dichters gleich sehr zur Ehre. Die United Service Gazette schreibt: Wie wir hören, soll Prinz Albert zum Commandanten der Brigade Haustruppen zu Pferde (Household Cavalry) ernannt werden, auch geht in militärischen Kreisen das Gerücht, Se. k. Hoh. werde die erste in Erledigung kommende Obristenstelle bei der irischen Cavallerie erhalten. Am 12 Febr. ward im Coventgarden-Theater zur Feier der Vermählung eine allegorische Vorstellung die glückseligen Inseln gegeben. Die Idee des Stücks war, eine symbolische Geschichte Englands von den frühesten Tagen an bis auf die Jetztzeit vorüberzuführen. Als der Vorhang aufging, sah man den Ocean, über dem alle Götter der Mythologie in malerischen Gruppen schwebten und das Lied Rule Britannia im Chorus anstimmten. Bei den Zeilen:

When Britain first at Heaven's command
Arose from out the dark blue main,

stieg die Insel Britannia aus den Fluthen empor. Alsbald begrünt sich die Insel mit einem heiligen Hain, aus welchem die Freiheit (Madame Vestris) als schützender Genius des Landes hervortritt. Eine Schaar altbrittischer Krieger zieht, von der Freiheit angeführt und unter Voraustritt eines Zugs Druiden, zur Schlacht. In dem zweiten Tableau wird die in einem kleinen Tempel stehende Britannia nach einander von drei Kriegern, den Repräsentanten der Angelsachsen, Dänen und Normannen, gefangen; dem Normann gelingt es, sie zu fesseln, da erscheint aber Madame Vestris die Freiheit nämlich sprengt die Ketten der Britannia, und nun öffnet sich die Scene zu einem prachtvollen Bilde: der Unterzeichnung der Magna Charta. Wolken senken sich über den Schauplatz, und als diese verschwinden, steht die Halle des Ritterthums aufgethan. Die Wände derselben sind mit den Wappenschilden der berühmtesten brittischen Kriegshelden behangen; Edward III, der schwarze Prinz, und Heinrich V stehen im Vordergrund. Die Schutzpatrone Englands, Schottlands und Irlands (St. Georg, St. Andreas und St. Patrick) erscheinen im Postscenium, und auf den Wink der Göttin der Ehre (Madame Cooper) die Maschinerie ist nämlich, wie in gewissen Epopöen, aus Heidenthum, Christenthum und Allegorie gemischt leuchten die Namen Marlborough (Engländer), Abercromby (Schotte) und Wellington (Irländer) an den Piedestalen der Heiligenbilder. Der transparente Name Wellington wurde mit einem Beifallssturm begrüßt. Ueber den Helden schwebte die Victoria (nicht die Königin) mit einem Lorbeerkranz. Die Scene wechselt, und man sieht eine anmuthige Landschaft in Kent und einen ländlichen Tanz um einen Maibaum (may pole, dessen mystische Bedeutung sich in dem italienischen maggio erhalten hat). Nun folgt ein bewegliches Panorama: Königin Elisabeth in Tilbury, die Ankunft der Armada, und ein sehr geschickt ausgeführtes Seegefecht zwischen Engländern und Spaniern. Wolken verhüllen die Scene wieder, und gleich darauf sieht man die englischen Bürgerkriege, versinnbildlicht durch die Ate (Miß Rainforth) in Begleitung dreier scheußlicher Dämonen. Doch das Reich der Ate und der leidigen Republik geht bald zu Ende, denn siehe! es landet der lustige Karl II mit seinen Cavalieren und der glückbringenden Monarchie. Karls heitere Hofhaltung im Gegensatz zu dem zwar würdigen, aber murrköpfigen Puritanismus wird vorgestellt durch den Eintritt der Frau Venus und des Bacchus mit seinem bunten Erfolg, welche die Britannia voll des süßen Weines machen. Die Genien der Freiheit und der Ehre bringen die berauschte Britannia wieder zur Besinnung, und nun erscheint das Jahr 1688, und heilt alle ihre Leiden. Aus dem Ocean geht der Stern Braunschweig auf, wird größer und größer, öffnet sich, und zeigt den Namen Victoria (dießmal die Königin) im Brillantfeuer, von einem Kranz kleinerer Sterne umgeben. Ein bräutlicher Altar steigt empor, Amoretten mit Wappenschilden schweben in der Luft, und das Stück ist aus. Man fand es geschmacklos, daß während der Trauungscerimonie in der St. Jamescapelle der Psalm: Deus misereatur gespielt wurde. Die Toryblätter enthalten mancherlei kleine Bosheiten. 0427So wird der deutschen Baronin Lehzen, die bekanntlich den Tories längst ein Dorn im Auge ist, eine Harangue in den Mund gelegt, worin sie über die Herabsetzung der Apanage von 50,000 auf 30,000 Pf. (dirty thousand) Donner und Blitz flucht. Ein Provincialblatt gibt zu verstehen, eine hohe Person sey bereits ein Freund von Crockford's. Das M. Chronicle entgegnet treffend, wenn dieß der Fall wäre, dann würden die klugen Tories die 50,000 Pf. gewiß votirt haben. Unter den Provincialstädten zeichnete sich Dublin durch eine prachtvolle Beleuchtung am 10 Februar aus. An einigen Häusern sah man Transparente mit politischen Beziehungen: z. B. O'Connell auf den Knieen vor der Königin, die dem irischen Patrioten einen Lorbeerkranz aufsetzt, oder O'Connell mit einer Rolle in der Hand, worauf geschrieben stand: Unsere liebe kleine Königin! Möge Sie und Irland von der Toryfaction befreit bleiben!

(Advertiser.) Die jetzige Krankheit des Herzogs v. Wellington rührt leider von einem Schlagfluß her; es ist der zweite Anfall, den der greise Herzog erlitten.

Hier ist eine Art von Bonapartischem Congreß, dessen Extravaganzen an die Zeiten der ersten Auswanderung von 1791 erinnern. Joseph und Jerome Napoleon und ihre beiden Neffen Ludwig Napoleon und Lucian Murat sind, wie sich leicht denken läßt, die ersten Personen dieses Congresses, der offen und ganz ohne Scheu den Umsturz der Regierung Ludwig Philipps und die Wiedereinsetzung der kaiserlichen Regierung in Frankreich complottirt. Die Brüder des Kaisers betrachten ihren Neffen nicht mehr als einen Usurpator, sie haben zu seinen Gunsten ihre Ansprüche auf den kaiserlichen Thron von Frankreich aufgegeben. Sie anerkennen ihren Neffen Louis als Kaiser der Franzosen! Man will ihn mit der Prinzessin Mathilde, Tochter Jerome's, vermählen. Man will so weit ist man bereits in Gedanken den Senat und alle großen Institutionen des Kaiserreichs herstellen. Die Oheime und Neffen des Kaisers sollen Großwürdenträger mit beträchtlichen Dotationen werden. Selbst das Ministerium soll in den Träumen dieser Leute schon zusammengesetzt seyn, und man nennt unter dessen Mitgliedern den Marschall Clauzel, Hrn. Mauguin, den Herzog von Padua (Arrighi), und den Grafen v. Mosbourg. Man schmeichelt sich sogar, Hrn. Thiers als einen mit der gegenwärtigen Regierung Unzufriedenen, und als einen Bewunderer des kaiserlichen Systems zu gewinnen. General Montholon sey zum Generallieutenant und ersten Adjutanten des Kaisers, die Obristen Vaudrey und Brice zu Marechaux de Camp, Adjutanten des Kaisers u. s. w. ernannt. Madame Regnault de St. Jean d'Angely soll Ehrendame der Kaiserin werden, und zu Palastdamen seyen die beiden Damen Thayer, wovon die eine die Tochter des Generals Bertrand und die andere die Tochter des Herzogs von Padua ist, bestimmt. Ich will nicht weiter gehen, denn ich würde zehn Seiten brauchen, um Ihnen die Liste aller von dem Kaiser Louis gemachten Ernennungen mitzutheilen. Die Bewegung soll in Frankreich auf mehreren Punkten zugleich und namentlich in Metz und Lyon ausbrechen. Alle Verschwornen rühmen sich laut, von Außen unterstützt zu seyn, obschon hieran stark zu zweifeln ist, so ist doch gewiß, daß ihnen Geld im Ueberfluß zuströmt, ohne daß man wüßte, woher es ihnen zukommt. Andrerseits ist der thätigste Agent dieses sonderbaren Complots ein gewisser Bacciochi, der kürzlich zwei Reisen nach dem Continent gemacht, und wie er prahlt, mit Hrn. v. B. Conferenzen gehabt hat. Er gibt sich als mit Instructionen und Vollmachten ... versehen aus. Sieht man alle diese Leute beisammen, so glaubt man wahrhaftig in einem Tollhause zu seyn. Gleichwohl zeigen sie so viele Entschlossenheit und Vertrauen in ihre thörichten Entwürfe, daß man sich versucht fühlt, einige Unruhe darüber zu fassen. Man sieht zwar recht gut ein, daß sie ihren Zweck nicht erreichen werden, sie können aber doch bei der gegenwärtigen Stimmung der Gemüther in Frankreich vorübergehend große Verwirrungen anrichten, die zum Vortheil anderer Mächte ausschlagen dürften.

Frankreich.

(Journal des Débats.) Die Herzoge von Orleans und Nemours sind in der vergangenen Nacht nach Compiegne abgereist. Von dort werden beide Prinzen, wie man sagt, nach Brüssel sich begeben. (Aus unserer heutigen Brüsseler Correspondenz ist ersichtlich, daß die Prinzessin Victoria von Coburg daselbst eingetroffen ist.)

Der Trauergottesdienst für den Marschall Maison ward am 18 Febr. in der Cappelle des Invalidenhotels gehalten. Die irdischen Reste wurden nach dem östlichen Kirchhof gebracht. Der Zug bestand aus einer großen Zahl Pairs und Deputirten, Generalen n. s. w. Das Militär eröffnete den Zug. Der Herzog v. Aumale war an der Spitze seines Bataillons. Ein langer Zug von Kutschen, worunter man vier vom Hofe bemerkte, folgten dem Sarge. Sodann kamen die Artillerie und die Cavallerieschwadronen. Der Zug ging über alle Boulevards.

* In der Sitzung der Deputirtenkammer am 18 Febr. war die Erörterung des Vorschlags des Hrn. Vivien, das Votum der Gesetzesentwürfe, die zu keiner Reclamation Anlaß gaben, von dem Scrutin zu dispensiren, an der Tagesordnung. Hr. Monier de la Sizerane sprach gegen den Vorschlag. Das beste Mittel, Zeit zu gewinnen, sey, zur gehörigen Zeit sich in der Kammer einzufinden. Die HH. Mimault und Auguis erklären sich ebenfalls gegen den Antrag, der dann im Scrutin mit 211 schwarzen gegen 100 weiße Kugeln verworfen wird.

Die Akademie der Wissenschaften hat am 17 Febr. an die in der Section der allgemeinen Physik durch das Hinscheiden des Hrn. Dulong erledigte Stelle Hrn. Bobinet, Professor des k. Collegiums St. Louis, zum Mitglied erwählt.

Der den Moniteur seit so vielen Jahren leitende Hr. Sauvo tritt von der Redaction dieses amtlichen Journals ab, und erhält an Hrn. Grün, einem Elsäßer, einen Nachfolger.

(Constitutionnel.) Man versichert uns, Marschall Soult habe, nach Empfang der Note, welche Rußland gewöhnlich alljährlich in Betreff des auf Polen bezüglichen Paragraphen in den beiden Adressen überreichen läßt, dem Hrn. v. Medem die versöhnendsten Erläuterungen gegeben, und dabei die Sympathien des Landes als etwas, was nichts zu bedeuten habe, behandelt. Man sey in sehr guter Stimmung auseinander gegangen. Der Herzog v. Dalmatien habe aber in den Salons und dem Publicum eine nationellere Sprache geführt. Er habe zu verstehen gegeben, oder geben lassen, daß er dem Hrn. v. Medem tüchtig geantwortet habe. Dienstfertige Freunde sollen diese Gerüchte der russischen Botschaft mitgetheilt haben, worauf dann neue Erklärungen stattgefunden hätten. Das St. Petersburger Cabinet ist durch vertraute Depeschen von allen diesen Dingen in Kenntniß gesetzt, und man darf annehmen, daß Hr. v. Pahlen nicht so bald auf seinen Posten zurückkehren wird, wenn nicht gar Hr. v. Medem eine Abberufung erhält. Das diplomatische Corps soll Partei für Hrn. v. Medem genommen haben. Man begreift, daß fremde Botschafter nicht dulden können, daß Depeschen, die sie auf die Aeußerungen des Marschalls Soult abfertigen zu können glauben, am folgenden0428 Tage durch Salonsgespräche und durch das ministerielle Journal eine Widerlegung erhalten.

(Courrier français.) Der Londoner Courier hat gemeldet, daß die Mission des Hrn v. Brunnow entschieden gescheitert sey. Wir haben Grund zu der Behauptung, daß diese Versicherung nicht der Wahrheit entspricht. Man darf sich keine Illusion über die politischen Gesinnungen des Lords Palmerston gegen Frankreich machen. Diese Gesinnungen sind heute so ungünstig, wie sie vor zwei Monaten gewesen; die öffentliche Meinung, die in England für die französische Allianz ist, und die neue Haltung Sir Robert Peels mochten Lord Palmerston zurückhalten, aber nicht ändern. Er erwartet offenbar nur eine bessere Gelegenheit zur Wiederaufnahme seiner Entwürfe und zu ihrem Abschluß. Hr. v. Brunnow hat bekanntlich London nicht verlassen. Wir wünschten allerdings, daß die Rathschläge Frankreichs, wenn nämlich Frankreich, so wie es jetzt repräsentirt ist, Rathschläge zu geben vermöchte, dem Whigcabinet über die Gefahren einer solchen Politik die Augen öffneten. Wenn aber Lord Palmerston darauf besteht, und seine Collegen für die russische Allianz gewinnt, so sind wir der Ansicht, daß man die neuen Verbündeten bis auf Weiteres bloß im Auge behalten soll. Man darf sie nicht an den Glauben gewöhnen, daß Frankreich über seine Isolirung erschrocken sey. Wir sind übrigens neugierig, zu sehen, was jene Quadrupelallianz, die nur von Schlachten und Blockaden träumt, für das Glück des Orients thun wird.

(Temps.) Wir sind ganz der Ansicht des Courrier français, wenn er sagt, daß Frankreich über die Isolirung, in die man es versetzen möchte, eben so wenig, wie über jene Quadrupelallianz, die mit Schlachten und Blockaden in den orientalischen Angelegenheiten vorschreiten möchte, erschrecken darf. Wir glauben aber, daß sich dieses Journal irrt, wenn es annimmt, daß Lord Palmerston hartnäckig seine Collegen zu der russischen Allianz zu verleiten suche. Die Intriguen Rußlands in Indien, worüber er unabweisliche Zeugnisse erhalten hat, haben dem brittischen Minister die Augen geöffnet, Seine Illusionen sind zerstört und seine Politik hat sich völlig geändert.

Ein Bericht des Marschalls Valée an den Kriegsminister aus Algier vom 4 und 8 Febr. bringt von allen Punkten der Provinz Constantine neue Nachrichten. Alles ist dort ruhig. Abd-El-Kader setzt seine Umtriebe zwar fort und schickt Briefe an alle Stämme, um sie zum Krieg gegen die Franzosen aufzumuntern, aber bis jetzt fand er kein Gehör. Achmet Bey hat sich wieder nach Dyr zurückgezogen. Die Kabylen der Umgegend von Dschigelli, bisher sehr feindselig gegen die Franzosen gestimmt, fangen an, sich ihnen zu nähern, und arbeiten gegen Taglohn an dem Bau von Straßen und Hospitälern. Die neugegründete Stadt Philippeville nimmt einen fortwährenden Aufschwung und Hunderte von Arbeitern, größtentheils Kabylen, sind auch dort bei den Bauten geschäftig; in Constantine werden täglich 500 Arbeiter verwendet. Setif wird von den Eingebornen mit Allem versehen. General Galbois hat dort eine türkische Colonie gegründet. Die Stämme der Ammer-Garrabas haben sich erboten, mit ihrer Reiterei gegen Abd-El-Kader zu ziehen, sobald derselbe in der Provinz erscheinen würde, und dem General Galbois als Unterpfand ihrer Treue ihre Weiber und Kinder zu übergeben. In der Provinz Algier haben die Araber sich seit dem 29 Jan. Belida nicht mehr genähert. Einige arabische Reiter überschritten am 3 Febr. den Uad-el-Kaddara. Ihr Anführer wurde getödtet, und seine Waffen und Pferd blieben in den Händen der französischen Soldaten. Aus Bona und Oran waren wegen des stürmischen Wetters keine neuen Nachrichten eingetroffen.

Dem Nouvelliste zufolge ist Obrist Delarue wieder mit einer wichtigen Mission nach Afrika abgereist.

Nach der Aussage mehrerer Bekannten des Hrn. Guizot findet sich derselbe nichts weniger als behaglich, jemehr die Zeit seiner Abreise sich nähert. Er geht in ein Land, dessen politische Männer, mit denen er zu verhandeln hat, er nicht kennt: nie pflegte er Umgang mit einer Aristokratie wie die englische. Außerdem ist seine Mission vermuthlich vergeblich, weil zwischen Lord Palmerston und Hrn. v. Brunnow die Sachen bereits so weit vorgerückt scheinen, daß Hr. Guizot verzweifeln muß, seinen Zweck, solche ganz rückgängig zu machen, zu erreichen. Ueber die Veranlassung und Geschichte der Ernennung des Hrn. Guizot zum Posten des Botschafters in London haben Sie bereits viele Mittheilungen erhalten, auch durch mich selbst; indessen möchte es nicht ganz überflüssig seyn, Ihnen mit kurzen Worten hier die Sache zusammenzustellen. Es war schon vor einigen Monaten und vor der Zusammenkunft der Kammern die Rede von dem Eintritt des Hrn. Guizot ins Ministerium, mitunter von der Botschaft in London, jedoch ohne daß ihm ein bestimmtes Anerbieten gemacht worden wäre: er hatte sich eventuell für Nichtannahme der Mission erklärt, weil er keine Lust bezeigte sich von Paris zu trennen, aus Furcht die Gelegenheit zum Eintritt ins Cabinet möchte ihm entschlüpfen. Mittlerweile führte das Ministerium Beschwerde über den Grafen Sebastiani; eine hohe Person wollte ihn beibehalten wissen, weil er vorkommenden Falls ganz nach ihrem Impuls handelte: sie schlug eventuell den Grafen Bresson in Berlin vor; letzterer war aber dem Ministerium nicht genehm. Das Cabinet brachte darauf Hrn. Guizot in Antrag, von dem sich aber eine hohe Person nicht eine gleiche Fügsamkeit wie vom Grafen Sebastiani versprach. Das Ministerium endigte damit, seine Entlassung anzubieten, wenn sein Begehren nicht erfüllt würde. Nun wurden Unterhandlungen mit dem Grafen Molé und Hrn. Thiers gemeinschaftlich angeknüpft, beiden aber die Durchsetzung der Dotation des Herzogs von Nemours vorgeschrieben. Graf Molé war hiemit einverstanden. Hr. Thiers erklärte sich dagegen, mit dem Beifügen, Alles, was er dafür thun könne, sey, nicht dagegen zu sprechen. Nun zerschlugen sich diese Unterhandlungen; Guizots Ernennung erfolgte, welche dieser sich als Fußschemel zum Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten gefallen ließ; das Cabinet blieb bestehen. Indessen behaupten die Freunde der HH. Molé und Thiers, es sey beiden gemeinsam die Versicherung ertheilt worden, nach dem Schlusse der Session werde man wieder an sie denken.

Belgien.

Petitionen der flandrischen Leinenindustrie gehen von Zeit zu Zeit ein, daher in der vorgestrigen Sitzung ein flandrischer Deputirter auf Einsetzung eines Comité's zur Prüfung des Zustandes dieser Industrie und der Mittel ihr aufzuhelfen antrug. Der Minister des Innern erwiederte, er sey diesem Wunsche schon zuvorgekommen, und habe eine Commission zu dem angedeudeten Zweck eingesetzt. Hiedurch wird hoffentlich so viel Licht über diesen Gegenstand verbreitet werden, daß die absurden Ansprüche einiger Bittsteller, denen es an jeder Uebersicht über das Ganze des Staatshaushalts gebricht, und denen man keinen schlimmern Dienst leisten könnte, als wenn man sie erhörte, werden verstummen müssen. Der Herzog Ferdinand von Sachsen-Coburg traf gestern Abends mit der Prinzessin Victoria, seiner Tochter, der Braut des Herzogs von Nemours, hier ein. Diese hohen Personen werden sich, dem Vernehmen nach, ein Paar Wochen hier aufhalten. Der Baron v. Bussierre, französischer Bevollmächtigter0429 Minister am königl. sächsischen Hofe, ist schon seit einiger Zeit hier mit dem Auftrage, die fürstliche Braut im Namen seines Hofs zu bewillkommnen und die Präliminarien zur Vermählung in Ordnung zu bringen.

Niederlande.

In öffentlichen Blättern ist bekanntlich behauptet worden, daß die Schrift des Professors J. R. Thorbecke, Probe einer Revision des Staatsgrundgesetzes von mehreren Mitgliedern der zweiten Kammer der Generalstaaten verfaßt worden sey. In der heutigen Nummer des Avondbode erklärt aber Hr. Thorbecke, daß das Buch nur sein Werk sey und Niemand anders mittel - oder unmittelbar, daran Theil genommen habe. Der Avondbode fährt indessen fort die Thorbecke'sche Schrift vom gemäßigten Standpunkt aus und gründlich zu beleuchten. Die gemäßigte Ansicht über Revision des Staatsgrundgesetzes beginnt überhaupt mehr und mehr Platz zu greifen. Man hofft deßhalb um so mehr, daß die Regierung sich mit der zweiten Kammer der Generalstaaten werde verständigen können.

Deutschland.

In der gestrigen Plenarversammlung der Künstler ist beschlossen worden, dem allgemein ausgesprochenen Wunsche zufolge den großen Maskenaufzug zu wiederholen, und zwar mit demselben bei Gelegenheit des letzten Maskenballs den 2 März im königl. Hoftheater in der Weise wie am vergangenen Montag zu erscheinen, sodann (bei günstiger Witterung unter Fackelbeleuchtung durch die Straßen der Stadt, im entgegengesetzten Fall durch die Säle und Corridore der Residenz) nach dem Odeon zu ziehen und zu einem Festball sich daselbst zu vereinigen. An letzterm Ort wird abermals die Galerie dem Publicum geöffnet seyn.

(Fortsetzung der Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten am 15 Febr.) Der allgemeinen Discussion folgte die Berathung über die einzelnen Artikel. Die Erörterungen zu dem ersten Artikel waren durch die bisherigen Vorträge bereits erschöpft, und er wurde mit Stimmeneinhelligkeit angenommen. Um so lebhafter erhob sich die Debatte uber den Art. II. Neun Redner verfochten ihre Ansichten über die formelle Seite dieses Gegenstandes. Die Modification der Kammer der Reichsräthe **Statt Ministerien Staatsministerien zu setzen., sagte Hr. Kolb, könne die Abgeordnetenkammer nicht annehmen. Die Verfassungsurkunde enthalte auch die Ausdrücke Staatsbürger, Staatseinnahmen etc. ; allein Niemand werde behaupten wollen, daß sie mit Hinweglassung des ersteren Theils eine ganz andere juridische Bedeutung annähmen. Der Souverän könne die Militär -, Finanz -, Polizei - etc. Behörden organisiren, die Gerichte, ihre Zahl, ihre Sitze u. s. w. bestimmen unter genauer Beobachtung ihres gesetzlichen Wirkungskreises. Unmöglich konnte daher ständischerseits ein Beschluß darüber gefaßt werden, daß der Monach die von ihm ernannten Diener so oder anders nennen müsse. Die Gewähr der Verfassung liege in den Eiden, dem Rechte der Beschwerden, und in der Verantwortlichkeit aller obersten, mittlern und untern Beamten. Die Ansicht dieses Hrn. Redners, erwiederte hierauf Dr. Schwindl, könne er sich nicht aneignen. Es gebe nämlich ein Staatsministerium unabhängig in seiner Stellung z. B. bei der Reichsverwesung. Er glaube daher, in allen Gegenständen, wo es sich um staatsrechtliche, verfassungsmäßige Verhältnisse handle, müsse das Wort Staatsminister etc., dagegen in Sachen des Vollzugs und der Administration bloß Minister gebraucht werden. Die Modification der Kammer der Reichsräthe sey daher keineswegs bedeutungslos, und er (Redner) würde allerdings dafür stimmen, wenn nicht eben in concreto eine Vollzugssache in Frage stünde. Daß übrigens die Benennung an sich an der Verantwortlichkeit nichts ändere, sey bereits allseitig anerkannt, und man dürfe dießfalls um so weniger befürchten, als die Regierung in letzter Zeit die schönsten Beweise gegeben habe, daß sie unverbrüchlich festhalte an dem volksbeglückenden Princip der Repräsentativ-Verfassung, daß sie den festesten Willen und den edlen Muth besitze, wenn es gelte für die Rechte des Volkes in die Schranken zu treten. Für das, was die hohe Staatsregierung in der hannover'schen Verfassungsangelegenheit bewirkt habe, sey ihr gewiß der feurigste Dank, die vertrauensvollste Verehrung zu bezeugen, so wie es zu dem Wunsch veranlassen müsse, es möchte das brave hannover'sche Volk noch ferner in der gesetzlichen Wahrung seiner Rechte geschützt werden. Dekan Lambert äußerte sich im Ganzen im Sinn der im Referate des dritten Ausschusses niedergelegten Motive. Hofrath Dr. Bayer meinte, die von Dr. Schwindl gemachte Unterscheidung zwischen staatsrechtlichen Verhältnissen und Vollzugssachen sey nicht relevant; denn nirgendwo sey eine dispositive Bestimmung darüber zu finden, daß sich die Krone einmal an diesen, das anderemal ausschließlich an jenen Ausdruck halten müsse. Abgesehen davon, gebe er zu bedenken, daß die Kammer hierher berufen sey, das Wohl und Beste des Landes zu berathen, und er stelle nun an jeden Unbefangenen die Frage, ob der vorliegende Gegenstand ein solcher sey, der dieses Wohl und Beste des Vaterlandes betreffe. Seiner Ansicht nach möge die Modification der Kammer der Reichsräthe fallen oder Annahme finden, so bleibe die Hauptsache, nämlich die Stellung der Minister der Krone und den Kammern gegenüber, unverändert dieselbe. Man spreche so viel von der Aufklärung unserer Zeit. Gegenüber den Aeußerungen von Mißtrauen in die Regierung scheine wenigstens die Gespensterfurcht aus unserer Zeit noch nicht gebannt zu seyn. Er stimme gegen die Modification. Die Kammer ruft zum Schluß, stimmt aber wieder für die Fortsetzung der Discussion, da Dr. Schwindl gehört seyn will, um seine früheren Ansichten zu erhärten. Er thut es in einem längern Vortrag. Nach ihm erhält nun auch noch der zweite Secretär Frhr. v. Thon - Dittmer das Wort. Er erklärte, die Modification der Kammer der Reichsräthe sey höchst wahrscheinlich durch den seit einiger Zeit von Seite eines Ministeriums bei seinen Fertigungen eingeführten Usus und durch den Umstand ins Leben gerufen worden, daß durch eine ei ens erlassene Anordnung ein beschränkter Gebrauch der Ausdrücke Staatsbürger und Staatsregierung anbefohlen worden. Wie man an diesen Ausdrücken habe Bedenken finden können, sey um so unerklärlicher, da gewiß kein Staatsbürger vergessen werde, daß er auch Unterthan sey, und da andere Branchen des Gesammt-Staatsministeriums bei ihren Fertigungen an der früher allgemein üblichen Form eine Aenderung nicht gemacht hätten. Insofern müsse der Kammer der Reichsräthe gedankt werden, daß sie eine Sache zur Sprache gebracht habe, durch die vielfache Mißverständnisse hervorgerufen worden seyen; und da er es für eine Ehrenpflicht jedes Abgeordneten halte, alle Bedenken, die sich wie immer zwischen Regierung und Volk drängten, beseitigen zu helfen, so glaube er, es müsse den Herren am Ministertische selbst erwünscht seyn, gegenwärtig Gelegenheit zu haben, eine Erklärung zu geben, die geeignet seyn dürfte, alle durch die oben angeführte Anordnung entstandenen Besorgnisse zu beschwichtigen. Betreffend die Modification der Kammer der Reichsräthe selbst, gehe seine Ansicht dahin, die erste Kammer werde nach der vom Hrn. Minister des Innern bereits im Ausschusse gegebenen Erklärung keinen0430 Werth mehr auf dieselbe legen, und das Fallen oder Bestehen des an und für sich zweckmäßigen Gesetzes nicht von ihrer Annahme oder Nichtannahme abhängig machen wollen. Wenn er somit gegen dieselbe stimme, könne er doch nicht umhin, zu bemerken, daß ihm die Art, wie die vom Ministertische aus am Schlusse der allgemeinen Debatte gegebene Erklärung in die Kammer eingeführt worden sey, wehe gethan habe. Was in derselben von Verfassungsverletzung, die dem Ministerium von dem Redner für den Entwurf solle zugemuthet worden seyn, was ferner von Einschwärzung anderer Begriffe in die Kammer erwähnt worden sey, glaube er vorzüglich aus dem Grunde zurückweisen zu müssen, weil gewiß alle Mitglieder der Kammer die Rechte der Krone eben so gut zu ehren wüßten, als ihre eigenen. Man sey auf den königlichen Namen zurückgekehrt. Die Verfassungsurkunde sage ausdrücklich, daß der König nicht genannt werden dürfe. Etwas Anderes sey es, den Namen desselben abzulesen, etwas Anderes, ihn in die Debatten zu ziehen. Dagegen müsse es hier frei ausgesprochen werden dürfen, was man von dem wisse oder glaube, worin etwa die Räthe der Krone gefehlt. Wiederholt sey in dieser Debatte der Verhältnisse Hannovers gedacht worden. Auch er halte es für Ehrenpflicht der Kammer, ihren tiefgefühlten Dank an die Krone zu bringen für das, was Bayerns Regierung in dieser Beziehung bereits gethan, für die Art, wie sie sich ausgesprochen habe. Auch er erkenne in der Haltung der Regierung eine heilige Bürgschaft für die Wahrheit unsrer eigenen Verfassungsurkunde. Die Sache des hannover'schen Volkes sey Sache aller deutschen Stämme, und Ehrensache aller deutschen Kammern, jenem wackern Nachbarvolke ihr redliches Mitgefühl, ihre Anerkennung offen auszusprechen, offen die Theilnahme an Tag zu legen, welche solche Vorgänge, solch 'besonnenes, muthiges und doch gesetzliches Benehmen bei jedem Unbefangenen hervorrufen müssen. Dekan Friedrich beantragte nach diesen Erörterungen, es möge die Modification der Kammer der Reichsräthe als Wunsch ausgesprochen und Se. Maj. der König gebeten werden, allergnädigst anzuordnen, daß fortan die Ausdrücke: Staatsministerium und Staatsminister wieder gebraucht werden sollten. Seyen diese Ausdrücke mit den einfachen Benennungen synonym, so sehe er nicht ein, warum ein Widerwillen gegen dieselben noch ferner Platz greifen soll; seyen sie dieß aber nicht, so müsse die Kammer bei einer dießfallsigen Aenderung möglichst behutsam seyn. Gegen diesen Vorschlag erklärten sich die Abg. Neuland, Frhr. v. Freyberg und Frhr. v. Thon - Dittmer, wobei bemerkt wurde, seit dem dreiundzwanzigjährigen Bestehen der Verfassung sey keine gegründete Klage über Verletzung derselben durch die Regierung oder ihre Beamten erhoben worden. Der angeregte Wunsch stehe der Prärogative der Krone entgegen, die Titel der Beamten nach Belieben zu wählen oder zu ändern, könne also als ein Zeichen des Mißtrauens gegen die Regierung angesehen werden, welches die Kammer ferne von sich halten müsse, da es in ihrem eigenen Interesse liege, keine Erklärung vom Throne aus zu provociren und keinen Wunsch an denselben zu bringen, der dort verletzen könnte; denn wo die Stände sich fest an den Thron hielten, da sey das Land gegen alle Stürme, die von außen kämen, gesichert. Nachdem noch Dr. Harleß das Wort ergriffen hatte, um sein früheres Votum gegen die Erklärungen des Hrn. Ministers zu rechtfertigen, faßte Frhr. v. Welden als Referent noch einmal die in seinem Berichte umständlich entwickelten Gründe gegen die Modification der Kammer der Reichsräthe zusammen. Einer der Redner (bemerkte er unter Anderm) habe ihm den Vorwurf gemacht, daß im Referate auf auswärtige Verhältnisse Bezug genommen sey. Er habe dieß gethan, um nachzuweisen, daß der Ausdruck Staatsministerium, Staatsminister durchaus nicht zu den Merkmalen einer constitutionellen Regierung gehöre, da dieser Ausdrücke sich gerade nichtconstitutionelle Staaten bedienten, während sie bei constitutionellen in der Regel nicht vorkämen. Ferner sey geäußert worden, daß die Aenderung der Ausdrücke Staatsministerium, Staatsminister bedenklich erschienen sey, weil man sie in Verbindung bringen zu müssen geglaubt habe mit dem Rescript, welches über den Gebrauch der Ausdrücke Staatsbürger, Staatsregierung erlassen worden. Dieses Rescript wolle aber nur den verfassungswidrigen Gebrauch entfernt, und den verfassungsgemäßen festgehalten wissen. Referent wolle nur noch beifügen, daß selbst der Ausschuß der hohen Kammer der Reichsräthe, aus welchem diese Modification ursprünglich hervorgegangen, in den letzten Tagen bei Berathung des Gesetzes vom 29 Nivose XIII diese Modification auf die Erklärung des Hrn. Ministers hin, welche er im Ausschusse der Kammer gegeben, habe fallen lassen. Zum Schlusse hielt nun der königliche Minister des Innern, Hr. v. Abel, einen umfassenden Vortrag, dessen Mittheilung wir uns auf morgen vorbehalten müssen. *) *)Die Redaction bemerkt, daß sie den heutigen Theil des Berichts ihres Correspondenten an einigen Stellen aus den Berichten der Münchener pol. Zeitung und an einer andern aus dem Nürnberger Correspondenten ergänzte.

Das Journal de Francfort will aus Wien von einer zweiten (resp. dritten) Verbindung zwischen dem französischen und Coburgischen Regentenhause wissen. Prinz August Ludwig Victor von Sachsen-Coburg-Gotha, österreichischer Rittmeister, Bruder der Prinzessin Victoria und des Königs von Portugal, soll sich mit der Prinzessin Clementine, dritten Tochter des Königs Ludwig Philipp, vermählen. (Auch in Pariser Blättern findet sich dieses Gerücht, während der Fränkische Courier, statt der Prinzessin Clementine, von der brasilischen Prinzessin Januaria spricht, deren beabsichtigte Vermählung kürzlich dem österreichischen Hofe notificirt ward).

Ein sehr interessanter Gerichtsfall wird diese Woche vor den Schranken unseres Assisenhofs verhandelt, und mit gespannter Erwartung sieht das Publicum dieser Criminalprocedur entgegen. Der Fall betrifft den Industrieritter v. Göbel. Schon in seiner Jugend behelligte dieser Verbrecher zweimal die rheinhessische Strafjustiz. Damals war man geneigt, die ihm zur Last fallenden Vergehen so viel Gaunertalent sie auch zeigten als Folgen jugendlichen Leichtsinns zu beurtheilen, und zu glauben, daß die scharfe Strafe eine Besserung hervorbringen werde. Den eclatantesten Beweis des Gegentheils hat jedoch sein Leben in Wien und später in München gegeben. Während er am erstern Ort industrierittermäßig eine Rolle in der großen Welt spielte, verübte er nebenbei die romanhaftesten Spitzbubenstreiche. Die Geschicklichkeit, mit welcher er des dortigen Inquirenten Wirksamkeit zu paralysiren wußte, namentlich sein damaliges Talent, den Wahnsinn zu fingiren, soll an Erfindungsgabe seinesgleichen suchen. Am meisten Interesse dürfte jedoch der letzte Act des von ihm gespielten Drama's für unsere Stadt erregen, wo er die letzten Gaunerstreiche beging. Er soll hier mit besonderer Vorliebe sein nächtliches Geschäft geübt haben, um seiner Vaterstadt zu zeigen, wie sehr er sich, theils in der Art der Ausübung der Verbrechen selbst, theils in den verschiedenartigen Manöuvres zu seiner Rettung während des Laufs der Untersuchung in fremden Ländern zu perfectioniren im Stande war. Daß v. Göbel ein durchtriebener, mit Kenntnissen versehener,0431 fast möchte man sagen, geistreicher Spitzbube ist, sollen die bei ihm vorgefundenen Scripturen klar genug beweisen.

Oesterreich.

Se. Maj. der König von Sachsen, auf der Hierherreise seiner erlauchten Gemahlin folgend, wird binnen einigen Tagen hier eintreffen. Beide Majestäten werden nur kurze Zeit in Wien verweilen. Die Ihnen von der russischen Gränze zugekommene Nachricht von Abberufung des russischen Gesandten Hrn. v. Tatitscheff und von Ernennung des Kriegsministers Grafen Tschernitscheff an seiner Statt, kann ich Ihnen als entschieden falsch bezeichnen. Die Abreise des französischen Gesandten Grafen St. Aulaire nach Paris ist verschoben; da denselben jedoch Familienangelegenheiten nach Paris rufen, so glaubt man, sie werde doch noch erfolgen. Die obere Donau-Dampfschifffahrt nimmt mit Abfahrt des ersten Schiffes von Wien nach Linz am 23 und von Linz nach Wien am 26 März ihren Anfang. Das im Schwäbischen Merkur und andern deutschen Zeitungen verbreitete Gerücht von einem neuen Anleihen unserer Regierung von 100 Millionen, entweder um die außerordentlichen Ausgaben zu decken, welche die orientalischen Zustände unumgänglich nöthig machen, oder, nach einer andern Version, um die 5procentigen Metalliques heimzubezahlen oder deren Zinsreduction zu bewirken, ist uns, obgleich es von Wien ausgegangen, völlig fremd, und in Betreff der angegebenen beiden Gründe ganz unglaublich.

In der gestrigen Nacht verstarb zu Ofen Hr. Michael v. Lenhossek, Protomedicus des Königreichs Ungarn, königl. ungarischer Statthaltereirath, Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften, auch als praktischer Arzt und medicinischer Schriftsteller rühmlich bekannt, im 67sten Jahre seines Alters. Die Dampfschifffahrt auf der Donau hat heute begonnen, indem der Erös von hier nach Semlin und Basiasch abging. Der Zrinyi und der Franz I werden ihm in einigen Tagen dahin folgen, und bald darauf die Maria Anna und der Arpad ihre Fahrten von hier nach Wien antreten. In der diese Woche abgehaltenen Generalversammlung des Pesther Comitats wurde über eine der wichtigsten Fragen des gegenwärtigen Reichstags, die Einführung des Wechselrechts in Ungarn, debattirt und den hiesigen Deputirten die geeignetsten Vollmachten zur endlichen Realisirung dieses wegen der Prärogative des ungarischen Adels so schwierigen, aber doch allseitig sehnlichst gewünschten Gesetzesentwurfs ertheilt. Die Versammlung kam indessen darin überein, daß die Geistlichkeit und das Militär dem neuen Gesetze nicht unterworfen seyn sollen.

Türkei.

Anbei erhalten Sie die Note, welche Hr. v. Pontois an den Minister des Aeußern, Reschid Pascha, im Laufe des Decembers gerichtet hat, um über die gegen Admiral Lalande gemachten Beschuldigungen zu reclamiren. Als vor einigen Tagen Ihr Privatsecretär zu mir kam, um im Namen Ew. Exc. die Erklärung mitzutheilen, welche der Dolmetscher des ehemaligen Kapudan Pascha's in Bezug auf die Zusammenkunft des Viceadmirals Osman Bey mit dem Gegenadmiral Lalande gemacht hat, trug ich ihm auf Ihnen zu sagen, daß ich eine officielle Mittheilung abwarte, um darauf zu antworten, und daß ich mich für den Augenblick darauf beschränke, Sie zu bitten, die Documente, die deßhalb bei der Pforte vorliegen, zu Rathe zu ziehen. Seitdem habe ich aber erfahren, daß Ew. Exc. sich durch Gründe, die ich nicht untersuchen will, bewogen gefunden haben, von der auf besagte Erklärung bezüglichen Piece dem diplomatischen Corps Kenntniß zu geben. Ich kann mich nicht enthalten, über diese Verfahrungsweise jetzt schon einige Bemerkungen zu machen, und behalte mir vor später darauf zurückzukommen. Diese Bemerkungen bezwecken keineswegs eine Vertheidigung des Admirals Lalande gegen Beschuldigungen, die ihn nicht erreichen können und gegen welche er sich nicht zu rechtfertigen braucht; sie gehen bloß dahin, Ew. Exc. auf einige Details aufmerksam zu machen, die Sie entweder nicht zu kennen oder die Sie aus den Augen verloren zu haben scheinen. Wären Ew. Exc. bemüht gewesen, sich eine genaue Kenntniß des besprochenen Falls zu verschaffen, so würden Sie sich überzeugt haben, daß gerade durch Admiral Lalande's Bericht, welcher in dem Augenblick, als Admiral Roussin durch das französische Dampfboot Papin ihn erhielt, den Repräsentanten der Großmächte und der Pforte selbst mitgetheilt ward, letztere die erste Kunde von den Projecten des Kapudan Pascha's erhielt und so in den Stand geset wurde, die Maaßregeln zu ergreifen, die in ihrer Macht standen, um die Vollführung jener Projecte zu hindern oder ihre Wirkung zu neutralisiren; Sie würden sich überzeugt haben, daß der Admiral Lalande, indem er dem Kapudan Pascha den Rath ertheilte, nicht nach Candia, sondern nach Rhodos zu segeln, um die Flotte dem Vicekönig nicht zu überliefern (pour ne pas livrer la flotte à Mehemed Ali), indem er sich ferner beeilte, die königl. französische Botschaft in Konstantinopel von dem Ereigniß und den ihm vom Kapudan Pascha gemachten vertraulichen Mittheilungen zur Information der Pforte in Kenntniß zu setzen, Alles gethan hat, was ihm seine Stellung und die Umstände zu thun gestatteten und was von dem Flottencommandanten einer mit der Türkei befreundeten und alliirten Macht mit Recht erwartet werden konnte; Sie würden sich endlich die Mühe erspart haben, dem diplomatischen Corps eine Erklärung mitzutheilen, welche in Bezug auf Thatsachen nichts enthält, was nicht der ganzen Welt bekannt wäre, und was nicht durch den Admiral Lalande selbst im verflossenen Julius der Pforte zuerst bekannt geworden. Hinsichtlich der Billigung jener Vortheile *)*)Hier scheint ein Uebersetzungsfehler zu seyn; vielleicht soll es Vorschläge heißen. und der Ermuthigung, die vom Admiral Lalande dem Kapudan Pascha zum Abfall ertheilt worden seyn soll, werden Ew. Exc. mir die Meinung auszusprechen erlauben, daß in den Augen jedes Unparteiischen ein Bericht, der unmittelbar nach dem vollbrachten Ereigniß verfaßt, von einem General an den Gesandten seiner Regierung gerichtet und bestimmt war, diesem eine treue und umständliche Darstellung des Geschehenen zu geben, mehr Glauben verdient, als eine vier oder fünf Monate später, aus dem Gedächtniß gemachte Erklärung, die ihrem Urheber möglicherweise durch die Sucht einige Wichtigkeit zu erlangen oder durch die Hoffnung mittelst Bekräftigung ungerechter Voraussetzungen wieder in Gunst zu treten, eingegeben ward. Sollten Ew. Exc. eine entgegengesetzte Ueberzeugung hegen und in der fraglichen Erklärung Stoff zu einer Anklage gegen die Loyalität und die Ehre des Contreadmirals Lalande finden, so wäre ich genöthigt, darin einen Gegenstand zu einer officiellen Mittheilung zu erblicken, die ich nicht säumen würde, meinem Gouvernement zu übersenden. Die Erwiederung wird dann nicht lange auf sich warten lassen. Genehmigen Sie etc.

Rückantwort des Reis-Effendi's an Hrn. v. Pontois: Ich erhielt das Schreiben, mit dem Sie mich beehrten, und bedaure nur, daß es sich mit jenem durchkreuzt, das ich selbst an Ew. Exc. gerichtet hatte. Es sey mir erlaubt zu glauben, daß wenn Ihnen letzteres früher zugekommen wäre, Sie es für überflüssig dürften gehalten haben, dem Ihrigen seinen0432 Lauf zu lassen. Es hat in der That den Anschein, als ob Sie, Hr. Graf, der Meinung wären, das osmanische Ministerium beabsichtige, Recriminationen zu erheben gegen den Hrn. Admiral Lalande wegen der Theilnahme an dem Entschlusse des Kapudan Pascha's, eine Theilnahme, die durch den vom Dolmetscher des letztern erstatteten Bericht ihm zugeschrieben wird. Mein Schreiben setzte Sie von meiner persönlichen Ansicht darüber und von meinem Wunsche in Kenntniß, Sie durch die Communication dieses Documents in den Stand zu setzen, diese Ansicht, wenn Sie es für zweckmäßig erachten sollten, vor den Augen der ganzen Welt zu rechtfertigen, denn sie Andern aufzudrängen, konnte ich, wie Sie wohl einsehen werden, mir nicht leicht anmaßen. Ew. Exc. nehmen von dem Umstande, daß ich die mehrerwähnte Piece dem diplomatischen Corps communicirte, Veranlassung zu Ihrer Zuschrift. Es ist wahr, daß einige Mitglieder dieses Corps sich in dem Besitze des von dem Dolmetscher verfaßten Berichts befinden; es dürfte Ihnen indessen unbekannt seyn, daß nur auf deren ausdrückliches Verlangen eine Abschrift davon gegeben ward. Da die hohe Pforte es sich zum Grundsatze gemacht, keine von den Angelegenheiten, die sich an die ägyptische Frage knüpfen, ihren Alliirten zu verheimlichen, glaubte sie dem ausgesprochenen Wunsche einiger Repräsentanten hinsichtlich der Mittheilung jenes Rapports nachkommen zu müssen, und bei mehr als einer Gelegenheit konnte sich die französische Gesandtschaft selbst überzeugen, daß dieser Grundsatz auch ihr gegenüber auf das scrupulöseste befolgt werde. Selbst in dem besprochenen Falle ward ihr ein neuer Beweis davon geliefert, indem ich mich, ohne ein ausdrückliches Begehren abzuwarten, beeilte, Sie von dem fraglichen Documente in Kenntniß zu setzen. Ich glaube schließlich noch folgende Bemerkung beifügen zu müssen: könnte wohl billigerweise die Pforte ein gerechter Tadel treffen, weil sie glaubte, einer so förmlichen Erklärung (wie die des Hrn. Avedik) ein Gewicht beilegen zu müssen, einer Erklärung, die sich auf Thatsachen bezieht, welche ihre Interessen so nahe berühren? Freilich kann in den Augen Ihres Gouvernements, in Ihren eigenen Augen, Hr. Graf, das Zeugniß eines französischen Admirals keinem Zweifel unterworfen seyn. Sie werden indessen mir die Gerechtigkeit widerfahren lassen anzuerkennen, daß die Aussage eines ottomanischen Beamten ebenfalls die Beachtung seines Gouvernements verdiente. Ich habe die Ehre etc.

Ostindien und Afghanistan.

Unsere Erfolge in Afghanistan kommen uns theuer zu stehen, und verwickeln uns immer tiefer in einen Strudel von Verhältnissen und Intriguen, aus denen gar kein Entkommen ist. Die Russen, die Afghanen selbst und die Sikhs machen uns gleich viel zu schaffen, wenn auch auf verschiedene Weise. Die Russen sind zuverlässigen Berichten zufolge mit einem starken Commissariat in Astrabad angelangt, angeblich um nach Khiwa zu gehen; da aber einer ihrer Agenten zu Bukhara wegen einer Lieferung von Lebensmitteln unterhandelt, so glaubt man allgemein, daß eine Division der russischen Armee nach Bukhara, die andere nach Herat bestimmt sey. (?) Dorthin soll, wie man sagt, im Frühjahr ein englisches Corps abgehen; bekanntlich sollte schon im Junius vorigen Jahrs gleich nach der Einnahme von Kandahar ein englisches Corps dahin sich wenden, aber die eifrigen Freundschaftsbezeugungen Kamrams ließen den Plan, der ohnehin große Schwierigkeiten bot, wieder aufgeben; rücken aber die Russen, wie man erwartet, gegen Mesched vor, so muß ein englisches Corps nach Herat rücken, was nur durch Absendung neuer Truppen aus Indien geschehen kann, denn unsere Regimenter in Afghanistan zählen, die Infanterieregimenter kaum 500 Mann, die Reiterei höchstens 300 Pferde. Zudem spricht sich die Abneigung und der Haß gegen Schah Schudscha in Afghanistan so entschieden aus, daß man die Truppenzahl nicht wohl schwächen kann. Wer nur immer aus Afghanistan zurückkehrt, sagt ganz offen, daß Schah Schudscha auch nicht einen Monat sich halten würde, wenn die Engländer abzögen. Dieser Haß gegen Schah Schudscha, dem man nicht verzeihen kann, daß er sein Land den Feringis überlieferte, macht im Rücken unserer Armee Alles lebendig; die Veste des Khans von Khelat, die auf dem Wege von Kandahar nach Schikarpur liegt, mußte gestürmt werden, und die Kheiberis machen den Marsch von Kabul nach Peschawer höchst unsicher. Man will jetzt jedem der drei bedeutendsten Häuptlinge derselben jährlich 30,000 Rupien zahlen, damit sie die Pässe offen und das Land ruhig halten, und hofft damit zum Ziele zu kommen, da ihnen Dost Mohammed in den letzten Jahren nie mehr als 12,000 Rupien gezahlt haben soll; aber man hat allen Grund zu vermuthen, daß No Nihal Singh, der Enkel Rundschit Singhs, sie aufreizt, wenigstens ward versichert, daß man eine Correspondenz zwischen beiden aufgefangen habe, die dem Oberst Wade (brittischen Residenten zu Lahore) eingehändigt worden, und welche hierüber keinen Zweifel übrig lasse. Dieß gibt eine Einsicht in die Gesinnung der Sikhs, die keine tröstlichen Aussichten eröffnet; sie sollen sich auch so hochmüthig gegen die durchreisenden Officiere, und selbst gegen ganze Corps benehmen, daß es eines speciellen Befehls bedurfte, um Thätlichkeiten mit ihnen vorzubeugen. Sie sprechen in ihrem Hochmuth ganz laut davon, uns nach Calcutta zu jagen. Ich fürchte sehr, daß jetzt weit mehr ein Einverständniß zwischen den Sikhs und andern indischen Fürsten zu besorgen ist, als je früher unter Rundschit Singh. Auch sollen in Mervar zwischen Oberst Sutherland und Man Singh neue Zerwürfnisse ausgebrochen seyn, die gewiß nicht zufällig sind, denn Man Singh ist ausgelernt in aller orientalischen Verstellungskunst. (Bombay Bl.)

0425

Briefe aus Pesth. *)Durch Zufall etwas verspätet Der Aufsatz sollte schon vor mehreren Wochen erscheinen.

Du verlangst über Ungarn etwas von mir zu hören du lieber Gott! seit zwei Monaten bin ich hier, und weiß von Ungarn nicht viel mehr als der Zuschauer im Theater, ehe der Vorhang aufgezogen wird. Meine Schuld ist es nicht ganz, denn nach den ersten Tagen meiner Ankunft, die in Staubwolken gehüllt war, fing es an zu regnen, und hat seitdem nur mit kurzen Intervallen ausgesetzt, denn das Klima gehört nicht zu den Vorzügen Ungarns! Die Landstraßen sind nun fast unpassirbar, und selbst ein Spazierritt ist nur im Sumpfe möglich. Nebel verdecken den Horizont, und alle Ausflüge werden beinahe unmöglich. Auch die Gesellschaft der Hauptstadt ist out of town, weil der Landtag in Preßburg zwei Drittheile derselben fern hält. Es bliebe mir nichts übrig als politische Broschüren zu lesen, an denen es nicht fehlt, und einseitige mündliche Mittheilungen anzuhören, die freigebig geboten werden; aber wie trügt das, ohne selbst zu sehen, und du weißt schon aus meinem Brief an den Grafen Veltheim (ich schmeichle mir, du lasest ihn), daß ich weder für die pia noch impia desideria, so vortrefflich die erstern auch sind, weder für die rechten noch linken Veränderungsplane eher große Sympathie fühlen kann, bis ich mich genauer von ihrem wahren Werth überzeugt habe, hauptsächlich bis ich eingesehen, inwiefern sie an der Zeit sind, worauf eigentlich Alles allein ankommt, denn es gibt beinahe nichts, was nicht einmal unter gewissen Umständen gut wäre, und nichts ist so gut, daß es nicht später einmal schlecht werden könnte. Einen recht passenden Beleg für diese Wahrheit gibt gerade jetzt im Nachbarlande jener so viel besprochene Hattischeriff von der Fabrication eines in Frankreich confus gewordenen Ministers, die sogenannte neue Constitution, die man den jungen Sultan seinen Völkern hat octroyiren lassen, welche wirklich ganz erbaulich in der Theorie, aber bei der totalen Demoralisation der einflußreicheren Classen in der Türkei, und der Stumpfheit der niedern, leider ganz unausführbar in der Praxis ist, und mir daher nur das allerwirksamste Mittel scheint, das man zum Vortheile Mehemed Ali's und Anderer von gleichem Interesse, die man doch keineswegs begünstigen will, aussinnen konnte, eine neue Wunde, die sich der türkische Herrscher selbst applicirt, fast einer zweiten Janitscharenvernichtung im unglücklichsten Moment zu vergleichen, die alles, was mächtig im Reiche ist, zum stillen Widerstand und Haß gegen die Regierung reizen muß. Höchstens werden die Großen die Concession benutzen, um sich selbst besser als bisher gegen den Sultan zu schützen, aber nie zulassen, daß dieß auch weiter nach unten geschehe. Es ist allerdings traurig, daß dem so ist, aber es ist so, und die Zukunft wird vielleicht bald auch den Kurzsichtigsten davon überführen, wenn man das unthunliche Project mit Ernst weiter verfolgt, was jedoch kaum zu besorgen ist.

Wenn also das an sich Gute zu früh oder zu spät kommt, macht es das Uebel nur ärger, indeß die Vorsehung, erhaben über der Menschen blinden Wahn, es dennoch zuletzt immer zum Fortschritt des Ganzen zu wenden weiß, und insofern ist auch Alles gut was geschieht. Ferner bleibt selbst das Verfehlteste, doch immer für Einen oder den Andern ersprießlich, wie exempli gratia der früher so hochbelobte Handelstractat mit der Türkei den der Smyrnaer Correspondent der Allgemeinen Zeitung mit Recht: eine der des Lords Ponsonby würdigsten Conceptionen nennt sich wenigstens für die Russen gut ausweist, die nicht daran Theil nahmen. Viele wundern sich überhaupt, daß diese sonst so thätig eingreifende nordische Macht seit einiger Zeit eine fast passive, stets nachgebende Rolle in den Angelegenheiten des Orients zu spielen scheint. Ich wundere mich nicht im geringsten darüber. Es gibt Lagen, wo man so glücklich situirt ist, die Hände ganz sorglos in den Schooß legen zu können, sicher, daß die Ungeschicklichkeit, die Uebereilung, das Schwanken, oder die Apathie Anderer, die ganze gewünschte Arbeit schon von selbst verrichten werden.

Daß übrigens, man thue was man wolle, das türkische Reich, wie es noch schattenartig besteht, in nicht langer Zeit ganz zusammenfallen muß, davon bin ich fest überzeugt, aber daß dadurch (alle politischen Folgen jetzt ganz bei Seite gesetzt) wie sich kürzlich eine beredte Stimme vernehmen ließ, auch eine allmähliche Verschwindung des Islams herbeigeführt werden könnte, das halte ich für einen großen Irrthum. Der Islamismus ist eine wahre und ächte Volksreligion, zum großen Theil auf nimmer zu vertilgende Eigenschaften und Bedürfnisse der orientalischen Bevölkerungen mit genialem Geiste gegründet, und nicht bloß eine abtrünnige Secte mit negativen Tendenzen, die trotz aller Bemühungen und günstigen Umstände zu keinem organischen, wahren Leben erstarken kann. Eine so beschaffene Religion aber ist nicht so leicht über den Haufen zu werfen. Ich glaube im Gegentheil, daß das Ende der türkischen Herrschaft, die während ihrer Größe und ihres Falles am meisten dazu beigetragen hat, die Religion Mohammeds zu corrumpiren (welche unter den Khalifen und in Spanien wohl bewiesen hat, daß sie weder eine Feindin der Kunst und Wissenschaft noch wesentlich zerstörend sey) sich gerade als eins der wirksamsten Mittel zu ihrer Reinigung und Erfrischung ausweisen wird, und daß solchergestalt der sich vorbereitende Fortschritt der orientalischen Civilisation wohl durch europäische Einflüsse unterstützt werden kann, aber dennoch aus eigener Kraft, und seiner eigenthümlichen Natur getreu neu emporblühen werde. Mithin steht es keineswegs zu befürchten, daß nach den Worten des angezogenen Autors jene Monotie und Gleichförmigkeit, die sich im Allgemeinen im christlichen Staaten -, Völker - und Gesellschaftsleben täglich fühlbarer machen, noch unerträglicher werden möchten, wenn sie sich auch über eine Welt ausbreiteten, in der sich der Geist und das Leben der Menschheit in einem eigenthümlichen Medium bricht. O nein, des Orients glühend Leben wird unter dem Hauch dieses kalten Nordwindes nicht erblassen, und das einst in breiten Strömen sich nothwendig dahin ergießende Europa wird auch für sich selbst seinen Theil davon zu nehmen wissen. Der türkische Koloß, der noch heute über mehr Land gebietet, als die ansehnlichsten Reiche Europa's einnehmen, und dieses nur paralysirt, wird trotz seiner so lange bewiesenen Zähigkeit sterben, aber die Macht, die Unabhängigkeit und der Welteinfluß des Orients deßhalb nicht untergehen, auch ihm ein zweiter Mehemed Ali, und ein größerer, zu seiner Zeit nicht fehlen.

Ueber Ungarns Zustände also, um auf mein erstes Thema zurückzukommen, weiß ich vor der Hand nichts Anderes zu melden, als daß ich im Allgemeinen einer großen Aufregung hier gewahr werde; ferner eine sehr active und zum Theil0426 geistreiche Opposition sehe, die jedoch weder einig ist, noch dieß vielleicht unter den gegebenen Umständen seyn kann, und eben so wenig über ihre finalen Zwecke völlig klar zu seyn scheint, auch ein Land, welches trotz seines generellen Namens weit mehr Nichtungarn als Ungarn enthält, fast ausschließlich aus dem, nothwendig zu beschränkten, rein ungarischen Gesichtspunkt betrachtet im Ganzen endlich eine noch halb dunkel, aber immer mehr um sich greifende Sehnsucht bemerke, die nach Emancipation der in vielen Dingen allerdings zurückgebliebenen Bevölkerung strebt ich sage absichtlich Bevölkerung, denn Nation kann man eine Totalität von zehn oder eilf Millionen Individuen nicht nennen, von denen höchstens der zwölfte Theil auf diesen Namen Anspruch macht, während die übrigen eilf Theile noch gesetzlich mit misera plebs bezeichnet werden. Jenes seltsame Zurückbleiben Ungarns hinter dem übrigen Europa hat indeß neben großen Nachtheilen doch auch manche bedeutende Vorzüge conservirt, und nicht alles Alte ist hier als Veraltetes zu verdammen, was ein so besonnenes, mildes, väterliches, das Gute und Heilsame überall wollendes Gouvernement wie das hiesige, gewiß am besten wissen wird zu sondern, und mit Maaß und Ruhe, ohne alle Präcipitation, mit dem guten Wahlspruch festina lente zum erfreulichsten Resultat zu führen. Schon jetzt fällt einem in dieser Hinsicht das Sonderbare auf, daß die Regierung hier offenbar die liberale, den Fortschritt verlangende Partei ist, ein großer Theil der Oppositionsmitglieder aber die Ultras repräsentirt, welche auch das Schädliche, ja Unsinnige conserviren wollen, nur weil es alt ist. Gott bewahre die edelnn Ungarn vor allen unausführbaren Träumen der Ideologen, wie auch vor dem Schicksal solcher Länder, wo man das alte, schützende, wenn gleich hie und da etwas baufällige Haus zu jähling einriß, ohne bis jetzt den Architekten gefunden zu haben, der ein neues, besseres an seine Stelle zu setzen vermocht hätte aber viel alten Sauerteig muß es dennoch ausmerzen, und manches momentane Opfer sollten seine Patrioten freudiger bringen zum Wohle des Ganzen, und folglich auch zu ihrem eigenen in nicht ferner Zukunft.

Ungarns Lage hat allerdings etwas sehr Eigenthümliches. Nachdem es volle Jahrhunderte so zu sagen verschlafen hat, wird es plötzlich von den allerneuesten Ideen der neuen Zeit geweckt, in die es sich sehr begreiflich nicht so schnell zu finden weiß, weil ihm zwischen Anfang und Ende der nöthige Uebergang, die ganze dazwischen liegende Mitte fehlt. Und wie Ungarn nun in so Vielem auffallend noch dem Orient ähnlich geblieben ist, so hat es auch mehr oder weniger den eben erwähnten anomalen Zustand mit ihm gemein, nur unter christlich-europäischer Strahlenbrechung und zu seinem Glück unter einem rationellen und kräftigen Scepter. Manche Verwirrung kann aus allem dem wohl hervorgehen, aber die, welche nur von der Möglichkeit einer Revolution hier träumen, scheinen mir im größten Irrthum befangen. Nur die Regierung selbst hätte die Mittel dazu. Wer sonst gegen sie? Hätte die misera plebs eine solche Absicht, so würde sie ohne alle nachhaltige Macht nur einen Bauernaufstand, eine bald gebändigte Revolte zu Stande zu bringen vermögen, und wollten die achtmalhunderttausend Adeligen eine Revolution herbeiführen, so brauchte die Regierung nur eine Schleuße aufzuziehen, um sie schon durch jene misera plebs allein, mit ihrer zehnfach stärkeren Zahl und einem lang genährten Groll, unfehlbar zu Grunde richten zu lassen. Diese so disparaten Volkshälften aber in einem Interesse gegen die Regierung zu vereinigen, wäre unter den obwaltenden Verhältnissen eben so chimärisch, als Hund und Heerde gemeinschaftlich auf den Hirten hetzen zu wollen. Doch auch in anderer Rücksicht findet sich hier kein besorgliches Element. Der Ungar scheint mir schon im Allgemeinen, wie er jetzt ist, einen sehr ehrenwerthen, für ein wohlmeinendes Gouvernement ganz ungefährlichen Nationalcharakter zu besitzen. Frei und ungebunden, ja fast ein wenig renommistisch in der Rede, ist er doch sehr bedächtig vielleicht zu sehr manchmal im Handeln, worin er sich z. B. ganz vom phantastischen Leichtsinn des Polen unterscheidet, wie auch darin, daß er seinen Beherrschern aufrichtig zugethan ist, trotz aller vorübergehenden Bezeugung von Unzufriedenheit. Dem Fremden, der mit einem noch so ungebärdig raisonnirenden Ungarn zu lebhaft einstimmen wollte, würde es daher leicht eben so ergehen, wie dem unberufenen Schiedsrichter im Zadig mit dem streitenden Ehepaare. Dieß ist ein edler, schöner Zug des Volks, der auch, ungeachtet der ungünstigsten Verhältnisse, oft glänzend in seiner Geschichte hervortrat. Dagegen ist seine große Redesucht, die so häufig die heterogensten Dinge untereinandermischt, und nachdem sie sich in Worten erschöpft, dennoch sich so schwer zum definitiven Entschluß, der zum Handeln nöthig ist, bringen kann, so daß Alles angeregt, aber nichts gethan, noch selbst thun zu lassen gern gestattet wird, allerdings ein Nachtheil, welcher der Regierung viele Schwierigkeiten in den Weg legen muß, und ich habe es in dieser Hinsicht sehr charakteristisch gefunden, daß im Volk die Sage verbreitet ist, die Türken hätten bei ihrer Vertreibung den Fluch über Ungarn ausgesprochen: sie sollten Alles anfangen, aber nichts vollenden! *) *)Als ein komisches Beispiel der wunderlichen Einfälle ungarischer Volksredner in ihrer Faconde kann folgender Zug dienen. Einer ihrer eifrigsten Motionssteller, der Advocat K ....., machte zu gleicher Zeit in einer langen Rede die zwei nachstehenden Anträge: Erstens von der Regierung unbedingte Rede - und Schreibfreiheit zu verlangen; zweitens darum anzusuchen, die Allgemeine Zeitung wegen ihrer gehässigen Gesinnung gegen Ungarn im Königreich gänzlich zu verbieten. Lauter Beifall erschallte, und erst als ein anderes Mitglied der Versammlung kalt bemerkte, daß es ihm doch gerathener schiene, beide Anträge wenigstens nicht Hand in Hand gehen zu lassen zeigte ein allgemeines Gelächter, daß man die Inconsequenz des Redners erkannt hatte.

So steht es nun wirklich jetzt mit gar Vielem; was aber des Landes nächstes Wohl betrifft, so beharre ich fortwährend bei der schon früher geäußerten sehr einfachen Meinung, daß Ungarn vor Allem materielle Verbesserungen noth thun. Wäre erst die Donau regulirt, und das Land mit einem Netze guter Straßen durchzogen, wie es in allen prosperirenden Reichen der Fall ist, so würde, außer dem unermeßlichen directen Vortheil der Sache, auch die nächste Folge davon seyn, daß die Hälfte so vieler andern gewünschten Reformen so zu sagen wie von selbst, und ohne alle schädliche Reibung eintreten müßte. Darauf also hinzuarbeiten, das Wenige, was hieran hindert, zu beseitigen, und dann rasch zum Werk zu schreiten, wäre gewiß das Dringendste und Wohlthätigste.

(Fortsetzung folgt.)

Wiener Briefe.

(Beschluß.)

Die Leistungen der Wiener Bühnen betreffend, so haben wir den Standpunkt der Localtheater bereits in unserm früheren Aufsatz angegeben; mehr über sie zu sagen, wäre nur bei einem besondern Anlaß nöthig, der sich im Interesse der Kunst eben nicht darbietet. Die deutsche Oper fährt fort, eine lobenswerthe Thätigkeit zu entwickeln, und namentlich hat die Vorstellung0427 von Meyerbeers Hugenotten, hier Guelfen und Ghibellinen genannt, allgemeine und verdiente Anerkennung gefunden. Es spricht für den hohen Werth der Composition, daß sie selbst bei dieser ziemlich gewaltsamen Umformung des Textes noch ihre volle Wirkung behauptet hat. Die beiden Frauenrollen konnten mit ihren Pariser Rivalinnen dreist in die Schranken treten. Was die scenische Einrichtung anlangt, würde es dieser gut geleiteten Anstalt sehr zu Statten kommen, wenn sie einen tüchtigen Theatermeister und Decorateur nach Paris schickte, und diese Partie dort in Augenschein nehmen ließe. Der Abstand ist in dieser Beziehung noch sehr groß, und es ist nicht der Aufwand, sondern die höhere Vollkommenheit aller scenischen Einrichtungen, die der Pariser Oper bei der so nöthigen äußeren Ausschmückung einen so entschiedenen Vorzug gibt. Aubers Ambassadrice , gleichfalls hier noch nicht gesehen, machte geringen Eindruck. Für diese Aufgaben sind, mit wenigen Ausnahmen, unsere deutschen Sänger viel zu schlechte Schauspieler ein Vorzug, den selbst die schlechtesten französischen Sänger in der Regel vor unsern besten deutschen haben.

Das Schauspiel des Burgtheaters gab seit der Viola eine Bearbeitung aus dem Englischen: die Schweden in Eger und zwei französische Vaudevilles: das Geheimniß und Molly , alle drei Stücke von schlechter Wahl, von denen indeß das letzte in der Darstellung Beifall fand. Diesen folgte ein Trauerspiel: ein weibliches Herz , das zwar gleichfalls mißfiel, aber dennoch für eine wahrhaft poetische Anlage Zeugniß gibt, der indeß die Bühnenkenntniß noch ganz abgeht.

Meine flüchtigen, aber wie ich überzeugt bin, vollkommen wahren Bemerkungen über das Burgtheater haben in Nr. 12 der Allgem. Zeitung eine Reclamation hervorgerufen, deren Grundlosigkeit schon ein Artikel der Preuß. Staatszeitung herausgestellt hat, dem ich zu meiner Rechtfertigung noch Folgendes beifüge. Als dem großen Küchenmeister Vatel einst eine Speise getadelt wurde, rannte er sich den Degen durch den Leib. Großartige Empfindlichkeit! Eben so empfindlich, nur minder großartig, veranlaßte einer der dramatischen Köche des Burgtheaters auf meine schüchternen Bemerkungen eine donnernde Zurechtweisung. Auf diese will ich ihm dienen. Es heißt in meinem Aufsatz: das Repertoir des Burgtheaters bildeten in seinem wesentlichsten Theil Uebersetzungen französischer Vaudevilles, aus denen hier und da ein Bauernfeld'sches Lustspiel auftaucht. Neues, das unter höherm Gesichtspunkt der Poesie zugezählt werden kann, sahen wir, außer Shakspeare's Was Ihr wollt , hier man weiß nicht recht warum? Viola genannt, nur noch etwa Holms Ismelda. (Irrthümlich statt Cromwells Ende angeführt.)

Wo findet der Reclamant hier ein Wort, daß unter West-Schreyvogels Direction mehr französische Vaudeville-Uebersetzungen gegeben worden, als unter der gegenwärtigen? Um zu beweisen, was Niemand behauptet hat, gibt er Ziffern, und zwar aus den Jahren 1830 und 1831, wo, wie bekannt, Schreyvogels Einfluß gehemmt war. Wir wollen aber auch hier dem Publicum kein X für ein U machen lassen, und wollen, so langweilig es auch seyn mag, ebenfalls Ziffern anführen. Wir nehmen von den gedruckten Theaterkalendern vom Jahr 1823 bis 1830 der Schreyvogel'schen Verwaltung jene, die uns eben zur Hand sind; und indem wir die correspondirenden Jahrgänge der gegenwärtigen Verwaltung entgegenstellen, finden wir folgendes Resultat. Es wurden gegeben:〈…〉〈…〉

Nachdem wir hiermit die falsche Münze an den Zahltisch genagelt haben, werfen wir noch einen Blick auf die Leistung des letzten Jahres. Wir finden eine Serie von 19 Stücken, die jämmerlichste Zusammenstellung, die sich denken läßt, unter diesen ein Dutzend Kleinigkeiten, die keinen Abend ausfüllen, und unter den größeren Stücken Zeugs, wie Louise Lignerolles, schon im Original schlecht genug, in der imbecillen deutschen Bearbeitung aber, in der alle Motive fehlen, gänzlich ungenießbar. Ist das eine würdige Leistung für solche Kräfte, für ein Theater mit diesen Mitteln und mit so trefflichen Schauspielern, die aber nachgerade bei einer solchen Verwendung am längsten trefflich gewesen seyn werden? Und mit solchen Leistungen will man großthun und sich beleidigt fühlen, wenn man in den leisesten Andeutungen, in den geeignetsten Formen an Schreyvogels Musterverdienst erinnert wird, dem man das Capital verdankt, von dessen Ertrag man jetzt noch fortlebt, und von dem nur zu wünschen ist, daß man es nicht mit sammt den Interessen verzehre? Ihn, der mit seiner Donna Diana, Gutierre, Leben ein Traum, zuerst die dramatische Poesie der Spanier auf den deutschen Bühnen einheimisch gemacht hat, der zuerst Macbeth, Lear, Othello, Hamlet, die Heinriche, den Kaufmann von Venedig in würdiger Gestalt auf das Hoftheater brachte, diesen Mann, der mehr Kritik im kleinen Finger hatte, als die meisten jetzigen Dramaturgen im Kopfe, findet man sich beleidigt, als Vorbild gelten zu lassen? Man findet sich nicht geehrt auch nur in der entferntesten Zusammenstellung mit ihm? Ich sagte in meinem letzten Aufsatze: Das Burgtheater sey seines alten Ruhms noch würdig ich bitte, dieses Compliment nicht wörtlich zu nehmen; bei genauerer Würdigung finde ich, daß ich zu viel gesagt habe. Ihr behauptet, kein früher gegebenes gutes Stück fehle auf dem Repertoir? Warum denn die lange Reihe elender Lückenbüßer? warum denn noch immer Zeugs, wie Bayard u. dgl., das heutzutage für den Cirque gymnastique einer Kunstreitergesellschaft, nicht aber für das erste Theater Deutschlands paßt? Soll dafür die hirnverbrannte Bearbeitung des Faust schadlos halten, von der man zu behaupten wagt: sie sey nach Goethe's eigenen Andeutungen? Credat Judaeus! Ich hoffe zur Ehre der Kunst, man kehrt wieder zu den früher gegebenen Scenen zurück. Was es mit der gepriesenen Bearbeitung von classischen Stücken aus anderen Sprachen für eine Bewandtniß hat, wissen wir. Man nimmt ein fremdes Stück, eine fremde Uebersetzung, kehrt das Unterste zu oberst, und die Bearbeitung ist fertig und der Bearbeiter läßt sich auf den Zettel drucken! Die Reclamation schließt: Die Würdigung der Wahrheit und Unbefangenheit des Aufsatzes in Nr. 347 wird demnach dem Publicum ein leichtes Geschäft seyn! Gewiß sie wird ihm ein leichtes Geschäft seyn, und ich weiß auch, für wen es entscheiden wird. Hiermit schließe auch ich, und bemerke nur, daß mir diese Polemik abgedrungen und daß sie durch mich weder im Ton noch Inhalt provocirt worden. Referent hat nichts mit dem Theater zu thun, und will nichts damit zu thun haben. Genöthigt, in seinen allgemeinen Uebersichten geistiger und socialer Zustände auch des Theaters zu erwähnen, that er es ungern, doch im Interesse der Kunst, übrigens mit absichtlicher Schonung und, wie er glaubt, im Tone der guten Gesellschaft. Dieß ist daher auch jedenfalls sein letztes Wort der Erwiederung. Das0428 Theater ist überhaupt kaum mehr eine Aufgabe für tüchtige Kräfte; dazu ist sein jetziger Zustand im Allgemeinen in Deutschland zu niedrig. Man kann nicht oft genug wiederholen, was ein deutscher Dichter unserer Zeit davon singt, und es nicht genug beherzigen:

Thsepis 'alte Kunst ist hin,
Hilf, o Musenvater!
Pantalon und Harlekin
Meistern das Theater;
Pierrot, das Jammerbild,
Hilft mit trüben Mienen,
Und was mehr als Alles gilt,
Sind die Columbinen!

Frankreich.

Der Ton in den Zeitungen, der Leute untereinander, in den Kammern und Coulissen der Kammern wird immer bitterer, verächtlicher, geringschätziger. Man empfindet überall den vollkommenen Abgang aller öffentlichen Charactere, wie den vollkommenen Mangel aller höhern Talente. Was die höhern Talente betrifft, so kann man als deren Repräsentanten in den Kammern ansehen: Guizot, Thiers, Odilon-Barrot, Lamartine, Tocquequeville; außer ihnen gibt es untergeordnetere Talente, wie Rémusat, Duvergier de Hauranne und Jouffroy als Figuranten um die Persönlichkeit Guizots herum, des einzigen, welcher ein Cortege hat, denn Mignet, der bedeutendste unter den Freunden Thiers ', steht außerhalb der Kammern, und obwohl Thiers in der Kammer wie in den Zeitungen eine große Clientel sich zu verschaffen gewußt hat, so ist doch kein bedeutender Kopf darunter, sondern es sind Alles Mittelmäßigkeiten Nr. 1, 2, 3, 4. Odilon-Barrot hat keine Clientel, aber er ist der erste unter Gleichen; neben ihm gibt es einige Leute von Kopf wie de Sade, aber das Meiste, was um ihn haust, gehört zu den größten Nullitäten der Kammern und des Publicums. Lamartine steht ganz excentrisch da, und Tocqueville neben seinem Freunde Gustave de Beaumont. Ich rede nicht von Berryer, noch von Royer-Collard, weil sie außer allem Einfluß sind auf den Gang der Dinge, da der frühere Royalismus hier keine Wurzeln zu schlagen bestimmt ist, und untergehen muß in Philippismus oder Republicanismus, wenn er sich nicht zu der Höhe einer politisch unabhängigen, volksmäßig gesinnten Aristokratie emporzuschwingen weiß. Guizot als Mann von Charakter ist mit seinem System nie ins Leben durchgedrungen, und unvermögend es geltend zu machen, hat er Juste-Milieu gespielt, und, auf seine Weise, politische Rouerie im Sinne des Juste-Milieu. Seine Absicht war, der allerhöchsten Person angenehm zu seyn, um sich derselben auf die Länge zum Instrument seiner Gesinnung zu bedienen, welche darauf hinausgeht eine bürgerliche Aristokratie aus wissenschaftlichen und politischen Elementen zu bilden, eine Art französischer Whigs, dienend zum Centralpunkt der Modificationen zwischen dem höhern Theil des Juste-Milieu und dem verständigern Theil der Legitimisten. Er wollte sich der allerhöchsten Person bedienen, um sich gegen seinen Nebenbuhler Thiers zu stärken, aber diese allerhöchste Person dachte nur daran, Guizot gegen Thiers zu benutzen und dann das abgestumpfte Instrument bei Seite zu legen. Trotz seiner bedeutenden Talente und seines scharfen Verstandes hat Guizot nichts Anderes gethan während seiner politischen Laufbahn als sich in Intriguen abmüden ohne Vortheil für sein System. Sein Irrthum war, durch das Ministerium und Ausübung öffentlicher Gewalt erreichen zu wollen, was nur durch persönliche Unabhängigkeit erreichbar war. Thiers hat auch sein System, es ist so zu sagen ein liberaler Bonapartismus, Thiers als Bonaparte des Thiers-Parti, als Ideal eines Ministers, der den kleinen Bonaparte spielen würde ohne Welteroberungssystem, aber in der Allianz mit England. Freilich steckt in Thiers weit mehr Politik als in Guizot, welcher ein scharfsinniger, methodischer, aber ein ganz unpolitischer Kopf ist, und mehr nach Gewicht im Innern, als nach Macht nach außen strebt; aber diese Politik des Hrn. Thiers steht leider im Dienste einer unbändigen Eitelkeit, der unmännlichsten aller Leidenschaften; von Selbstlob überströmt er, und da er das große Talent besitzt in den Herzen seiner Anhänger der Kammer und der Journale große Erwartungen zukünftiger Belohnungen und Auszeichnungen zu erregen, so schweift die Vergötterung seines Genie's über alle Gränzen des Lächerlichen hinaus und wird zum Ungeheuern. Könnte man Hrn. Guizot seine Pedanterie abzapfen, und Hrn. Thiers seine Eitelkeit und beide in Eins vereinen, so käme aus der Tüchtigkeit des Verstandes des einen und der raschen Ueberschauungsgabe des andern vielleicht eine politische Capacität respectabler Art heraus. Thiers ist launiger als Guizot, weniger geduldig und intriguirt schlechter, eben weil er politisch inconsequenter ist; aber er gefällt mehr einer Masse von Leuten, er ist lebendiger, adäquater der Nationalgesinnung und hat bei weitem mehr Zukunft. Guizot und Thiers sind vielleicht die einzigen Männer in der Kammer und der Nation, welche nicht verzweifeln, die Kammer und die Journalistik nicht aufgeben, und noch immer der Meinung sind, gegen eine allerhöchste Person ihre Revanche zu nehmen und dieselbe, auf die eine oder andere Weise, zur wahren Capitulation mit ihren Persönlichkeiten zu zwingen. Bei beiden Männern ist die Liebe zur Gewalt und die Brautwerbung um das Ministerium zur höchsten Leidenschaft geworden. Schon lange ist Guizot wahrhaft krank aus Liebe, wozu noch die Verzweiflung seines Hochmuths kommt, denn er hat im Grunde die allertiefste Verachtung vor allen Talenten, die seiner Capacität nicht zu schmeicheln, nicht sich derselben aufzuopfern bereitwillig sind. Thiers nimmt seine Buhlschaft weniger eifrig: er amusirt sich mehr in seiner Rolle und putzt in derselben seine Eitelkeit heraus; er cokettirt mit der Gewalt, spielt den Kalten und schmachtet sich nicht so ab in dörrender Brünstigkeit. Seine Geistigkeit liebäugelt hin und wieder mit mehreren Schönen, obgleich im Grund auch ihm die Zeit ungeheuer lang wird. Auch er verachtet den Menschentroß, welcher nicht schwört, daß er der wahre Staatsmann, der durchtriebenste Genius sey auf Erden; aber er humanisirt sich mehr, und diejenigen, welche durch ihn verwundet sind, vergeben ihm leichter als seinem Rivalen. Guizot und Thiers beglückwünschen sich, der eine in der Hoffnung, im Herzog v. Broglie einen Standpunkt für seine Politik zu erschwingen und diesen edeln Pair in kurzem als Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu begrüßen, der andere in der Erwartung, die Abwesenheit Guizots zu benutzen, um den Doctrinärs in der Kammer und dem Publicum den Garaus zu machen.

Neu-Südwallis.

Seit der Bekanntmachung des Budgets und den Debatten darüber in dem Colonialrath herrscht hier viel Mißvergnügen, weil die Ausgaben der Colonie mit einer solchen Schnelligkeit steigen, daß der Gouverneur genöthigt ist, theils neue Steuern einzuführen, theils den ganzen Landfonds zu den laufenden Ausgaben zu verwenden. Die neue Besteurung besteht vor Allem in Erhöhung der Steuer auf Destillerien; der Vorschlag des Gouverneurs ist, diese auf 6 Shilling0429 per Gallon Kornbranntwein und 7 1 / 2 Shilling per Gallon Rum zu erhöhen, was nothwendig zur Zunahme der illegalen Destillerien führen muß, da die Polizei schon jetzt nicht hinreicht, sie auf dem großen Territorium und unter einer großentheils aus Verbrechern bestehenden Bevölkerung zu unterdrücken. Allein der Hauptgrund der Unzufriedenheit liegt in der Verwendung des Landfonds zu den laufenden Ausgaben, da die einzige legale Bestimmung aller aus Verkauf von Kronländereien erhaltenen Gelder die Beförderung der Einwanderung ist. Es ist mir schwer, Ihnen einen Begriff von dem Grad von Wichtigkeit zu geben, welche man hier darauf legt, wie es bei der Lage der Colonie auch gar nicht anders seyn kann. Die hauptsächlichste Zufuhr von Arbeitern in der Colonie bestand bisher in den transportirten Verbrechern, von denen im Durchschnitt 3500 jährlich in Sidney ankamen, und zum Theil zur Gouvernementsarbeit verwendet, zum Theil den Landbesitzern angewiesen wurden, dazu kamen die freien Einwanderer, welche entweder auf eigene Kosten oder auf Kosten von Colonisten und mit Hülfe von Prämien von der Regierung, oder auf Kosten der Emigrationscommittee in London (die dazu den Landfonds der Colonie zu verwenden hatte) eingeführt wurden. Die Zahl dieser letztern war seit drei Jahren mit der Zunahme des Verkaufs der Ländereien gestiegen, aber die Gesammtzahl der eingeführten Arbeiter stand nie im Verhältniß zu unsern Bedürfnissen, und die Noth wurde von Jahr zu Jahr größer.

Vor zwei Jahren wurde hier eine Enquête über den Zustand der Colonie und über Einwanderung gehalten, bei welcher die größten Landbesitzer der Colonie gehört wurden; ich will die Antwort nur Eines derselben anführen, weil sie am besten einen Begriff von dem damaligen Zustand gibt. Sir John Jamison, Mitglied des executiven Raths, sagte bei dieser Gelegenheit: Die Umstände der Colonie haben sich in den letzten Jahren so geändert, und die Zunahme der Heerden und des Landbesitzes ist so groß gewesen, daß eine beträchtliche Menge von Arbeitern nöthig gewesen wäre, die begonnenen Unternehmungen auszuführen. Noch vor einigen Jahren konnte der Landbesitzer freie Arbeiter für Nahrung, Kleidung und 10 bis 15 Pfd. St. jährlich erhalten, gegenwärtig fehlt es durchaus an der erforderlichen Anzahl zuverlässiger Schäfer und Ackerleute, und man kann sie sich selbst nicht um den doppelten Lohn verschaffen. Diese Noth nimmt täglich so sehr zu, daß die meisten Schafhalter genöthigt sind, die Zahl der jedem Schäfer anvertrauten Heerde zu vermehren und sogar zu verdoppeln, wobei großer Verlust unvermeidlich wird. In den zu großen Heerden entsteht Räude, aus Mangel an Reinlichkeit, sie dehnen sich über zu großen Raum aus und verlieren sich daher leicht in den Wäldern oder werden von wilden Hunden zerrissen. Die Nothwendigkeit, vor Allem für ihre Heerden zu sorgen, hat die Landbesitzer genöthigt, auch ihre besten Ackerleute dazu zu verwenden, was der Production von Getreide schon sehr geschadet hat und nothwendig die Brodpreise in der Colonie zu unserm großen Nachtheil unverhältnißmäßig erhöhen wird. Daher ist meiner Meinung nach unumgänglich nothwendig, auf der Stelle 10,000 Schäfer und Ackerleute einzuführen und diese Immigration von Jahr zu Jahr fortzusetzen. Alle übrigen Zeugnisse waren von derselben Art, und unsere Erfahrung seit dieser Zeit hat die Richtigkeit dieser Angaben nur zu sehr bewiesen. Die Zahl der Schafe in der Colonie belief sich gegen Ende des Jahres 1837 auf etwa drei Millionen, gegen Ende 1838 auf 3,800,000, und sollte jetzt nahe an 5,000,000 betragen, wenn die angeführten Hindernisse und der große Wassermangel im Anfang des Jahres nicht eine große Zerstörung unter ihnen angerichtet hätte. Die Gewohnheit der Colonie ist, jedem Schäfer eine Heerde von 600 Schafen zu geben, und je zwei Schäfern einen Hüttenmann (hutman) beizugeben, welcher Nachts Wache hält. Die gegenwärtige jährliche Zunahme von Lämmern erfordert daher allein eine Einführung von über 2000 Schäfern, aber dieß gibt nur einen kleinen Theil des Bedürfnisses, denn man ist gegenwärtig genöthigt, jedem Schäfer 15 bis 1600 Schafe zu geben, und um nur diese zu erhalten, haben die Landbesitzer alles Andere liegen lassen müssen; viele haben Mühe, nur das Dach auf ihrem Hause in Stand zu erhalten, das Korn, das sie früher bauten, führen sie jetzt ein, daher der Centner Mehl 60 bis 75 Shilling kostet. Schmiede, Mechaniker, Zimmerleute und Handwerker aller Art reichen nicht zur Hälfte des Bedürfnisses hin, um so mehr, als seit zwei Jahren aus den alten Districten der Colonie eine beträchtliche Emigration nach Port Phillip stattfindet, welche Provinz jetzt etwa 10,000 Einwohner enthält, die zur Hälfte aus unserer Colonie sich dorthin gezogen haben. Man kündigt uns nun an, daß die Transportation der Sträflinge aufhören solle, und daß sie künftig alle nach Norfolk-Insel gebracht werden sollen, wohin wir bisher nur die unverbesserlichsten der unsrigen schickten. Ueber die Zweckmäßigkeit dieser Maaßregel sind die Meinungen fast einstimmig, denn Neu-Südwallis ist eine zu bedeutende Colonie geworden, als daß sie Strafcolonie bleiben könnte, und der großen Anzahl freier Colonisten, welche wir besitzen, sind die Sträflinge ein Gräuel. Früher, so lange der Gutsbesitzer so viele Sträflinge, als er wollte, erhalten konnte, behielt er nur die besseren und schickte die schlechten nach Sidney zurück, wo sie von der Regierung zum Straßen - und Brückenbau verwendet wurden, aber seitdem Arbeiter so selten geworden sind, ist man genöthigt, sich mehr von ihnen gefallen zu lassen; man gab ihnen früher die Rationen, welche die Regierung vorgeschrieben hatte, und den besseren einige Luxusartikel, wie Thee und Tabak, als Belohnung, aber keinen Lohn; aber nach und nach hat man sie dazu bequemen müssen, und obgleich man ihnen weniger gibt, als einem freien Arbeiter, so ist doch der Unterschied in den Kosten nicht mehr bedeutend, und Jedermann würde sich mit Freuden ihrer entledigt sehen, wenn die freien Einwanderer in demselben Maaße zunähmen. Aber dieß ist die unerläßliche Bedingung des Gedeihens der Colonie, und darum ist die Verwendung des Landfonds zu den laufenden Ausgaben so übel aufgenommen. Der Ertrag der Landverkäufe im letzten Jahr betrug 131,000 Pfd. St., wofür man 7000 Einwanderer hätte einführen können, welche ihrerseits die Ausdehnung der Colonisation möglich gemacht, daher neue Landkäufe hervorgerufen und eine neue Einführung bezahlt hätten. Man spricht von der Erhöhung des Preises der Kronländereien auf 1 Pfd. St. per Morgen, aber dieß würde die Ausbreitung der Colonie nicht zurückhalten, so lange man für den Erlös Arbeiter einführt; denn wenn gleich das Capital, das man dabei in das Land stecken müßte, größer würde, so bleibt der Gewinn noch immer sehr groß, sobald man wohlfeile Arbeiter und Schäfer findet. Man rechnet hier, daß eine Heerde von 600 Schafen 600 Morgen Landes braucht, was zu 1 Pfd. den Morgen und zu üblichen Zinsen von 10 Procent 60 Pfd. St. jährlich beträgt. Die Kosten des Schäfers und die Hälfte der des Hüttenmanns kommen auf 40 Pfd. St. jährlich. Das Capital, das in der Heerde steckt, beträgt 1200 Pfd., die jährliche Ausgabe der Heerde ist daher 220 Pfd. Man rechnet den Werth der Schur auf 5 Shilling per Schaf, also 150 Pfd. jährlich, und 350 Lämmer, welche im zweiten Jahre 700 Pfd. werth sind, woraus man sieht, daß sich dieses Gewerbe, selbst wenn man dazu das ganze Capital zu den hohen Colonialzinsen entlehnen muß, mit Vortheil treiben läßt. Man hat lange0430 das Capital der Colonie durch Wegschenken der Ländereien verschwendet: so hat man z. B. der australischen Ackerbaugesellschaft eine Million Morgen geschenkt, so wie die Steinkohlenminen in Newcastle; diese Gesellschaft hat nicht über hundert freie Arbeiter eingeführt. Hätte man dagegen diese Masse Landes auch nur zu dem ursprünglichen Preis von 5 Shilling verkauft, so hätte sie 250,000 Pfd. St. eingetragen und den Transport von 15,000 Arbeitern bezahlt. Dieser Mißbrauch kann nicht mehr vorkommen, aber der neuere der Verwendung des Landfonds zu den Bedürfnissen der Verwaltung ist nicht geringer. In Port Phillip hat die Bekanntmachung des Budjets einen so großen Unwillen erregt, daß eine Petition von dort angekommen ist, welche die Trennung des Districts von Neu-Südwallis und seine Anerkennung als selbstständige Colonie, oder seine Anexation zu Südaustralien verlangt. Das wahrscheinliche Resultat dieser sehr gerechten Klagen wird seyn, daß Neu-Südwallis etwas vor der Zeit eine Constitution erhält, damit eine gesetzgebende Versammlung entweder die Ausgaben herabsetze, oder neue Steuern erhebe, denn nur so kann das Ministerium der Colonien die Verantwortlichkeit von sich abweisen. Es ist eine schwierige Sache, bei dem gegenwärtigen Zustand der Bevölkerung ihr ein Wahlrecht zu geben, denn ein großer Theil des Vermögens ist in Händen von Emancipisten, d. h. ehemaligen Sträflingen, und man hat bei der Einführung der Jury in der Colonie die Folgen dieser Umstände nur allzu deutlich gesehen. Man hätte eigentlich nach Abschaffung des pönalen Systems noch eine Generation vorbeigehen lassen sollen, ehe man der Colonie politische Rechte gegeben, aber dazu hätte England die Einkünfte der Colonie so verwalten müssen, daß die Sache hätte bestehen können, was nicht geschehen ist. Ich will nur Ein Beispiel geben: der Generallandvermesser, einer der wichtigsten Beamten in einer Colonie, wo beständig Landverkäufe vor sich gehen, ist seit zwei Jahren in England, und bezieht während der Zeit seine Besoldung von 1000 Pfd. St.! Der Secretär des Gouverneurs hat neben einem Assistenten noch 25 Schreiber, der Bischof ist Mitglied des Colonialraths, daher haben die Ausgaben für die anglicanische Kirche, welche den Grafschaften überlassen seyn sollten, über alle Maaßen zugenommen u. s. w. Kurz die ganze Verwaltung ist so geführt worden, daß eine Krisis unvermeidlich ist, und doch hat England ein eben so großes Interesse an dem Gedeihen der Colonie als wir selbst, denn wir öffnen ihm einen Verschluß für seine Waaren, seine Capitalien und seine überflüssige Bevölkerung.

China.

Englische Blätter bringen einige nachträgliche Details über das Gefecht, welches die Fregatten Hyacinth und Volage gegen 29 chinesische Kriegsdschonken in der Bay von Canton bestanden. Jede Dschonke war von 140 bis 200 Chinesen bemannt. Das Gefecht dauerte einen halben Tag, sechs Dschonken wurden in den Grund gebohrt, worauf die übrigen die Flucht ergriffen. Der Verlust der Chinesen wurde auf 900 Mann geschätzt.

Der Admiral der chinesischen Seemacht in Canton, Kwan, hat folgende Proclamation erlassen. Ich habe von dem hohen Mandarin Lin und dem Vicekönig von Canton Tang folgende Mittheilung erhalten: Der englische Commandant Elliot hat uns nach Auslieferung des Opiums um Erlaubniß, seine Schiffe in Macao zu befrachten, welche Bitte wir ihm damals rund abschlugen. Das Benehmen des besagten Commandanten war seitdem im höchsten Grad widerrechtlich und beleidigend. Er hat die leeren Opiumschiffe nicht aufgefordert, unter Segel zu gehen, er hat die schändlichen Fremden, welche durch kaiserlichen Befehl verbannt worden, nicht zur Rückkehr in ihr Land ermahnt; er hat sich geweigert, den Mann seines Volks auszuliefern, der einen unserer Landsleute gemordet hat. Den kürzlich angekommenen Handelsschiffen hat er die Einfahrt in unsern Hafen verboten, ihnen aber erlaubt, ihr Opium wie früher an unsern Küsten zu verkaufen; unsere Verordnungen, die wir ihm zuschickten, hat er anzunehmen sich hartnäckig geweigert; er ging selbst so weit, in eigener Person die fremden Schiffe gegen unsere, zur Vertheidigung der Küste aufgestellten Dschonken zu führen und, unsere Abwesenheit benützend, auf dieselben mit seinen Kanonen zu feuern, wodurch er mehrere unserer Mandarine und Soldaten verwundete. Unsere tapfern Truppen aber erwiederten sein Feuer mit einem Donnergeräusche, worauf die fremden Schiffe zurückgetrieben und zerstreut, nach Tsim-schatsny zurückkehrten, wo sie Anker warfen. Obwohl Elliot am 7ten Tag des 8ten Monats (14 September) selbst nach Macao kam und den portugiesischen Gouverneur bat, dem Tung-cho-Keum-min-foo (Mandarin von Caza branca) eine Note von ihm zu überreichen, worin er sagte: er wünsche Friede und Ruhe, so fanden wir doch, daß er dabei nur nichtssagende Worte gebrauchte, und daß dieß nicht im mindesten die Aufrichtigkeit seiner Unterwerfung beweise. Am 9ten Tag besagten Monats reiste er von Macao ab und kehrte nach Hong-kong zurück, und am 10ten näherte sich ein fremdes Schiff heimlicherweise der Küste, und spähte umher, so daß wir deutlich genug sahen, daß es tolle und verwegene Absichten hege und weder Furcht noch Reue im Herzen spüre. Da nun alle Mandarine und Truppen für den Land - und Seedienst an der Bocca Tigris kampfbereit versammelt sind, so richte ich vorläufig diese Mittheilung an Euch, Admiral, auf daß Ihr Eure Flotte und Armee in Schlachtordnung stellt und einen Tag bestimmt, an dem Ihr sie (die Fremden) angreifen und besiegen wollt; Ihr dürft nicht dulden, daß sie noch länger vor Tsim-scha-tsun bleiben, von wo sie ihr Opium einschmuggeln und das himmlische Reich mit ihrem Gift überschwemmen.

Nachdem ich, fährt der Admiral Kwan fort, obige Mittheilung richtig erhalten, erkläre ich, daß ich, der Admiral, über all' diese Meere gebiete, und daß als meine besondere Pflicht mir obliegt, die schändlichen und verworfenen Menschen daraus zu verjagen. Da ich den Knopf als Oberbefehlshaber der Armee erhalten, muß ich einen Tag zur allgemeinen Versammlung meiner Truppen festsetzen. Ich, Admiral, stamme von einer Familie, die ihren Ursprung von der Dynastie Han (von 2000 Jahren) herleitet. Der Kaiser Kwan-foo-tze (gewöhnlich der Kriegsgott von China genannt) war mein Ahnherr; glänzend und leuchtend war sein Ruhm; prächtig der Ort seiner kaiserlichen Residenz. Der glühende Wunsch dieses göttergleichen Kriegers war, Tugend und Wohlthätigkeit zu üben; sein Verstand war groß und mächtig, wie die Winde und die Wolken; sein edles Herz glänzte wie die Sonne am Tage und der Mond bei Nacht. Ich, der Admiral, empfange demüthig die Mahnungen meines Ahnherrn. Ich liebe weder Betrug noch Falschheit und trachte nicht nach den blutigen Lorbeern des Schlächters. Da Elliot der alleinige Rädelsführer des begangenen Verbrechens ist und die Mehrzahl der Fremden wahrscheinlich von ihm nur eingeschüchtert oder verführt worden, so müßte ich, wenn ich meine Streitkräfte plötzlich vereinigen und das Blutbad beginnen würde, befürchten, den Edelstein und den schlechten Stein mit einander zu zerstören. Daher erlasse ich zuvor diese Proclamation, die aus meinem Herzen und meinen Eingeweiden kommt, auf daß sie allenthalben bekannt werde. Fremde, wenn ihr jenen Opiumschiffen angehöret,0431 welche ihr Opium bereits ausgeliefert haben, oder wenn ihr unter der Zahl derer seyd, die durch kaiserlichen Befehl verbannt worden, schiffet ohne Zaudern in den weiten Ocean, spannt euere Segel auf und gehet weit. Ihr neuerdings angekommenen Handelsleute, die ihr dicht beisammen, wie die Bienen, und in Haufen wie die Ameisen vor Anker liegt, bedenkt doch ein wenig, wie ihr euern heimlichen Handel fortsetzen könnt, um durch das Einschmuggeln eurer verbotenen Waare ungesetzlichen Gewinn zu machen! Was euch, ehrliche Kaufleute, die ihr einen gesetzlichen Handel betreibt, anbelangt, so meidet die Andern, damit euch nicht dasselbe Verderben trifft. Dadurch bewahrt ihr eurer Leben. Ich, der Admiral, habe für euch das Herz einer Mutter; meine Worte sind so wahr, als hätte Bhud selbst sie gesprochen. Wenn Elliot noch der Reue und der Einsicht seiner sündhaften Thaten fähig ist, so hindere ich ihn nicht, zu mir zu kommen, und ich will mich für ihn verwenden, wenn er seine Sünden bekennen und um Gnade bitten will. Beharrt er aber in seiner bisherigen Hartnäckigkeit, dann wird, in Betracht der Größe und Macht unsers himmlischen Reichs und auf den Beistand der mit ihm verbundenen Götter zählend, wie bei dem Räuber Listing, als der Blitz des Himmels ihn in der Nacht ereilte, oder bei dem Rebellen Chang-kith-urh, als die Banner wehten und die Erde mit Eisen bedeckt war, so wie auch mit dem Beistand meines hohen Ahnherrn, unsere Majestät furchtbar entfaltet werden. Der göttliche Schutz meines Ahnherrn ist uns oft geworden. Für euch, Fremdlinge, können die Götter nicht einschreiten; daher leiht meinen Worten ein aufmerksames Ohr. Taon-kwang 19ten Jahr, 8 Monat und 16 Tag (Bocca Tigris 23 Sept. 1839).

[576-77]

Einzahlung zum Hüttensteinacher Eisenwerk.

Der unterzeichnete Verwaltungs-Ausschuß macht hiemit unter Bezugnahme auf die in letzter Generalversammlung gefaßten Beschlüsse, worüber ein demnächst erscheinender sechster Bericht das Nähere enthalten wird, bekannt, daß die erste Nachzahlung auf die emittirten Hauptactien mit 50 fl. pr. Actie, spätestens bis 29 dieses Monats, unter dem im §. X der Statuten enthaltenen Präjudiz. stattzufinden habe, welchen Betrag die verehrlichen Besitzer jener Actien, unter Angabe der Nummern derselben, gegen eine Interimsquittung an Hrn. Bankier Leonh. Kalb dahier portofrei einsenden wollen. Nürnberg, den 8 Februar 1840.

Der Verwaltungs-Ausschuß der Hüttensteinacher Eisenwerks-Gesellschaft.

J. Schnerr. C. Zinn. E. Schmidmer. G. Oye. S. Frhr. v. Tucher.

[388-90]

Aufforderung.

Die k. würtemb. Hofbank in Stuttgart reichte am 23 Nov. v. J. gegen Joh. Isaak Wolber jun. von Thiengen bei der diesseitigen Stelle eine Klage ein, deren thatsächlicher Grund auf folgende Behauptungen gebaut ist.

Unterm 2 October 1838 ist der Klägerin von der Holzhandlungsgesellschaft Isaak Wolber, Vater und Sohn in Schiltach ein Solawechsel von 10,000 fl., zahlbar auf den 30 November 1838, ausgestellt worden, in welchem sich die Aussteller dem k. würtemb. Wechselrecht unterwarfen.

Die erwähnte Holzhandlungsgesellschaft hat zu Mitgliedern den Engelwirth Isaak Wolber zu Schiltach und dessen Sohn Joh. Isaak Wolber zu Thiengen nunmehrigen Beklagten.

Nachdem der Wechsel zur Verfallzeit nicht bezahlt worden, hat die k. Hofbank unterm 12 December 18 8 bei dem großh. Bezirksamt in Hornberg gegen den Engelwirth J. Wolber in Schiltach eine Klage auf Bezahlung gedachten Wechsels angestellt, und es ist der beklagte J. Wolber durch das unterm 8 Junius 1839 erlassene Urtheil verfällt worden, die eingeklagte Summe innerhalb 3 Tagen bei Vermeidung der Hülfsvollstreckung an die Klägerin zu bezahlen.

Dieses Erkenntnisses ungeachtet ist aber von Engelwirth Isaak Wolber keine Zahlung geleistet worden, und dessen Vermögensstand von der Art, daß von ihm keine Zahlung erwartet werden kann.

Die k. Hofbank sieht sich deßhalb genöthigt, zu Wahrung ihrer Rechte hiermit den Wechsel auch gegen den sammtverbindlichen Gesellschafter des Engelwirths Is. Wolber, nämlich dessen Sohn Joh. Is. Wolber in Thiengen, einzuklagen.

Das Begehren der Klägerin geht nun dahin: gegen den beklagten Isaak Wolber jun. in Thiengen den Wechselproceß zu erkennen, nach Maaßgabe der k. würtemb. Wechselordnung Cap. 6 §. 2-6 gegen denselben zu verfahren und in der Hauptsache ihn unter Verfällung in sämmtliche Kosten zu verurtheilen, die Klägerin bei Vermeidung der Hülfsvollstreckung binnen 3 Tagen für ihre Wechselforderung von 10,000 fl. nebst Zinsen zu 5 Proc., und zwar nach Inhalt des Wechsels aus 4000 fl. vom 13 März und aus 6000 fl. vom 12 Junius 1838 an zu befriedigen.

Da der Beklagte seit einiger Zeit seinen Wohnort Thiengen verlassen und bis jetzt aller Nachforschungen ungeachtet sein jetziger Aufenthaltsort nicht ausgemittelt werden konnte, nachdem der Anwalt der Klägerin den Antrag stellte, gegen den Beklagten eine öffentliche Vorladung ergehen zu lassen, und dieser Antrag als begründet erscheint, so wird der beklagte Joh. Isaak Wolber jun. von Thiengen andurch aufgefordert, bei der auf Montag den 2 März, früh 8 Uhr, zur mündlichen Verhandlung anberaumten Tagsfahrt um so gewisser dahier zu erscheinen und seine Vernehmlassung auf die Klage abzugeben, widrigens derselbe auf Anrufen damit ausgeschlossen, der thatsächliche Klagvortrag für zugestanden, jede Schutzrede für versäumt erklärt und gegen den Beklagten nach Wechselrecht würde erkannt werden.

Waldshut, den 31 Januar 1840.

Großh. bad. Bezirksamt.

Neumann.

vdt Hoßner.

[566]

Bei Theodor Bläsing in Erlangen ist erschienen und durch alle Buch - und Kunsthandlungen zu beziehen: Ebrard, Aug., die Prädestinationsfrage aufs neue betrachtet, mit besonderer Rücksicht auf die Unionsangelegenheit. Gr. 8. 1840. brosch. 8 gGr. oder 36 kr.

de Raumer, Dr. Rud., de Servii Tullii censu. Cum Tabb. II lithogr. 8 maj. 1840. 12 gGr. oder 54 kr.

Rückert, Friedr., Rostem und Suhrab. Eine Heldengeschichte in 12 Büchern. Gr. 12. sauber brosch. Velinp. 2 fl. oder 1 Rthlr. 4gGr.

v. Scheurl, Dr. Adolph, vom Nerum.

Ein Beitrag zur Geschichte des römischen Rechts. Gr. 8. brosch. 36 kr. od. 8 gr.

Zeitschrift für Protestantismus und Kirche. Herausg. von Prof. Dr. Adolph Harleß. I, II, III, IVter Band. Jeder Band zu 1 Rthlr. 8 gGr. od. 2 fl. 15 kr. Gr. 4. 1838-40.

Brustbild Dr. G. Chr. Adolph Harleß's. Nach dem Leben auf Stein gez. von Bagge. 1 fl. od. 16 gr. chin. Pap.

Dr. Kochs (des Botanikers). Nach dem Leben von Kreul und Gareis. Gr. 4. 1 fl. 30 kr. od. 20 gr. chin. Pap.

Friedr. Rückerts. Nach dem Leben von Gareis und Schreiner. 1 / 3 Lebensgröße. Fol. chines. 2 fl. 24 kr. od. 1 Rthlr. 8 gr., weiß 1 fl. 48 kr. oder 1 Rthlr.

In 8. chines. 42 kr., weiß 27 kr.

Dr. G. H. v. Schuberts. Vier Ausgaben von 1 fl., 54 kr., 36 kr. und 30 kr.

[459]

Im Verlage von Bernh. Tauchnitz jun. in Leipzig ist so eben erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen: Catechismus ex decreto Concilii Tridentini ad parochos Pii Quinti pont. max. jussu editus.

Ad editionem Romae A. D. MDLXVI publici juris factam accuratissime expressus.

8. brosch. 18 gr.

Diese wohlfeilste, elegante und correcte Ausgabe ist mit Approbation des hochwürdigen katholischen Consistoriums im Königreich Sachsen versehen.

0432

[539]

In der Ernst'schen Buchhandlung in Quedlinburg ist erschienen und in allen Buchhandlungen, in Augsburg bei Kollmann; Stuttgart bei Neff; München bei Palm; Wien in der Gerold'schen Buchhandlung zu haben: Bürger, die Blumensprache, oder der Blumen neueste Deutung. 8. brosch. 3te verbesserte Auflage. 27 kr.

Dr. Bergk, die Kunst reich zu werden. Enthaltend 24 Regeln für Bürger und Landleute, 44 Regeln für junge Kaufleute, Schema zur Anlegung eines Capitalbuches und eine Tabelle zum Ein - und Verkauf der Waaren. Dritte verbesserte Auflage. 54 kr.

Buchführung für den Kleinhandel, ein nützliches Hülfsbuch für den Kaufmann und Gewerbetreibenden, nebst Erklärung der Münzen, Maaße, Gewichte und Zahlenbennung. 54 kr.

Christ, A., praktischer Rathgeber der Bienenzucht, oder Anweisung zur Kenntniß, Wartung, Pflege und Benutzung der Bienen, wodurch sie einen größern Ertrag liefern. Zweite verbesserte Auflage. 54 kr.

Dörings Lebensumrisse von Karl August, Großherzog von Sachsen-Weimar; von Lichtenberg, Seume, Matthisson u. s. w. 8. broschirt 2 fl. 6 kr.

Hartenbach, Dr. Ewald, die Kunst ein vorzügliches Gedächtniß zu erlangen. Auf Wahrheit, Erfahrung und Vernunft begründet. 3te verbesserte Auflage. 8. br. 36 kr.

Hausarzt, der neue, ein Rathgeber bei allen erdenklichen Krankheitsvorfällen in jedem Alter. 2te verb. Aufl. 1 fl. 30 kr.

Kaiser, Fundamentallehre der deutschen Sprache, nach den neuesten Quellen bearbeitet Zweite Auflage. 27 kr.

Dr. Kerndörffer Athanasia, oder Beweisgründe über das Daseyn Gottes und über Unsterblichkeit der menschlichen Seele, zur Beförderung des Seelenfriedens und der menschlichen Glückseligkeit. 8. brosch. 36 kr.

Bosco, das Ganze der Taschenspielerkunst, oder sechzig Wunder erregende Kunststücke, die durch die natürliche Magie mit Karten, Würfeln, Ringen, Kugeln, Geldstücken u. s. w. zur gesellschaftlichen Belustigung, mit und ohne Gehülfen, auszuführen sind. 2te verbesserte Ausgabe. 45 kr.

Complimentirbuch, neues, mit Blumensprache und Stammbuchsversen. Eine Anweisung, in Gesellschaften höflich zu reden und sich anständig zu betragen. 12te verb. Aufl. 45 kr.

Lehrreich, G., Geschichte Jesu, nach seinem Leben und Wirken, oder das Wissenswürdigste aus Jesu Kinder -, Jünglings - und Lehrjahren. 8. brosch. 2te Aufl. 27 kr.

Morgenstern, A., erhabene Stellen bester Schriftsteller, zur Beförderung eines glücklich tugendhaften Lebens und zur Befestigung guter Grundsätze. 4te Auflage. 8. brosch. 1 fl. 12 kr.

Jahreszeiten, oder Frühling -, Sommer -, Herbst - und Winterschilderungen. 2te Auflage. 1 fl. 12 kr.

Merkwürdige Begebenheiten aus dem Leben Friedrich des Großen. Enthaltend Friedrichs Jugendjahre, Regierungs-Antritt, den schlesischen und siebenjährigen Krieg, und Regierungsjahre. 8. brosch. 45 kr.

Mittel, die bewährtesten, gegen alle Fehler des Magens und der Verdauung, ingleichen Heilung des Lasters der Trunksucht 6te verb. Aufl. 45 kr.

Mittel, die vorzüglichsten, zur Vertreibung der Hühneraugen, Fußschwielen, Warzen, übermäßigen Fußschweiß, wie auch erfrorne Glieder sicher und aus dem Grunde zu heilen. 3te verbesserte Auflage. Geheftet 36 kr.

Rathgeber, erfahrener, für Frauen und Köchinnen, enthaltend 216 Anweisungen zum Trocknen, Einmachen und Aufbewahren aller Gartenfrüchte, nebst Anweisung zum Einschlachten, Räuchern, Seifensieden. 8. brosch. 2te Auflage. 54 kr.

Dr. Seidler, H. I., die Bestimmung der Jungfrau und ihr Verhältniß als Geliebte und Braut. 8. br. 54 kr.

Tabaksfabricant, der wohlerfahrene, oder deutliche Anweisung, alle Gattungen von Rauch - und Schnupftabaken nach den neuesten Entdeckungen zu fabriciren. gr. 8. Vierte vermehrte Auflage. 54 kr.

Weber, F. A. H., Amtsreden, 52, bei Taufen, Confirmation und der Abendmahlsfeier, nebst einigen Einführungsreden. 2te revidirte Auflage. brosch. 1 fl. 12 kr.

Wiedemann, W. J., Sammlung, Erklärung und Rechtschreibung von (6000) fremden Wörtern, welche in Zeitungen, Büchern und in der Umgangssprache noch häufig vorkommen. 7te Auflage. 45 kr.

[557]

So eben ist erschienen und in allen Buchhandlungen Deutschlands und der k. k. österr. Staaten zu erhalten: Gutenberg oder Geschichte der Buchdruckerkunst, von ihrem Ursprung bis zur Gegenwart.

Bearbeitet von Otto August Schulz.

Eine Festgabe für jeden Gebildeten zur Vierten Secularfeier des Typendrucks.

Mit 8 Holzstichen. gr. 8. geh. Preis 14 gr.

Die unschätzbare Buchdruckerkunst, die edelste und wichtigste aller Erfindungen, welche je der denkende Geist hervorbrachte, findet hier in kurzer, bündiger und klarer Darstellung ihre Geschichte. Sie dürfte für Jeden ein gleich großes lebendiges Interesse haben, ja unentbehrlich seyn, der den tiefen Sinn und die hohe Bedeutung des auf das glänzendste vorbereiteten, in diesem Jahre stattfindenden vierten Jubelfestes der Buchdruckerkunst verstehen, kräftig erfassen und würdig zu feiern gedenkt. Leipzig im Januar 1840.

Schulz & Thomas.

[537]

Bei Borrosch & André in Prag ist in Commission erschienen und in allen soliden Buchhandlungen Deutschlands und der Schweiz, in Augsburg in der Matth. Rieger'schen, zu haben: Der Gewerbsmann.

Technologischer Vorunterricht für alle, welche den Werth und die Vorzüge der Gewerbstände richtig zu schätzen, die Arten der Urproducenten, Manufacturisten und Handelsleute nach ihren Leistungen zu kennen wünschen und durch die Wahl eines Gewerbes glückliche und brauchbare Menschen werden wollen.

Im Auftrage der hohen Stände Böhmens verfaßt und mit einer tabellarischen Uebersicht der Gewerbe versehen von Dr. Fr Karl Hillardt.

XVI und 175 Seiten. 8. broschirt, 18 gGr. preuß. Courant.

Diese Schrift ist dazu bestimmt, jungen Leuten richtigere Begriffe über den Werth und die Vorzüge der Gewerbsstände beizubringen, eine leichte Uebersicht der mannichfaltigen Gewerbe zu gewähren und zur Wahl derselben aufzumuntern.

Bei der Standeswahl soll sie die Stelle eines wohlmeinenden Rathgebers vertreten, und insbesondere vor der übereilten Wahl der höhern Berufsarten warnen.

Die gemeinnützige, zeitgemäße Tendenz dieses Buches bestimmte die hohen Stände Böhmens zur Herausgabe desselben, wofür ihnen der Dank jedes Menschen - und Jugendfreundes gebührt.

[483]

Naglers allgemeines Künstler-Lexikon.

Hiervon wird so eben des 9ten Bandes 2te Lieferung versandt. Man kann noch fortwährend Bestellung auf dieses allgemein geschätzte Werk in jeder guten Buchhandlung machen, da der Subscriptionspreis noch fortwährt.

München.

E. A. Fleischmann.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
Author[unknown]
Extent16 images; 16238 tokens; 5303 types; 112411 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

About the source text

Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 54. 23. Februar 1840 . Augsburg1840.

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Bibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften DWB 1996/32

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

Editorial statement

Editorial principles

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;

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ShelfmarkDWB 1996/32
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