PRIMS Full-text transcription (HTML)
0505
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Mittwoch
Nr. 64.
4 März 1840

Vereinigte Staaten von Nordamerika

Zur Ergänzung der in Nr. 62 der Allgem. Zeitung enthaltenen Notizen Folgendes: Das Repräsentantenhaus in Washington hat mit 114 gegen 108 Stimmen wieder wie früher beschlossen, daß in Betreff der Abolitionsfrage (Abschaffung der Sklaverei) weder Memoriale noch Petitionen vom Hause berücksichtigt oder auch nur angenommen werden sollen! Mit dieser Resolution glaubt man die kitzliche Frage wieder für ein ganzes Jahr beseitigt.

Die amtliche Regierungszeitung, der Washington Globe, enthält die ganze englischer - und amerikanischerseits gewechselte Correspondenz über die Frage wegen der nordöstlichen Gränze. Diese Documente stellen die Streitsache in ein ganz neues Licht, indem daraus zu erhellen scheint, daß nicht der Staat Maine, sondern die Colonie Neu-Braunschweig den ersten Grund zur Beschwerde zu haben glaubte. Die Correspondenz umfaßt folgende Stücke: 1) ein Schreiben des brittischen Gesandten, Hrn. Fox, an den amerikanischen Minister des Auswärtigen, Hrn. Forsyth, worin jener klagt, eine Verletzung der im vorigen Winter abgeschlossenen Uebereinkunft sey dadurch erfolgt, daß der Staat Maine Straßen an den Aroostook öffnete und einen Theil des streitigen Gebiets durch Miliz besetzen ließ; 2) ein Antwortschreiben Hrn. Forsyths, daß die Eröffnung der Straßen keine neue Maaßregel, sondern nur die Ausführung eines schon vor 14 Jahren gefaßten Planes sey, daß die Milizabtheilung nur abgeschickt worden, um Eindringlinge zurückzutreiben, wodurch der Vertrag nicht verletzt worden, während brittischerseits denselben durch Anlegung einer Caserne am St. Johns, und durch feste Aufstellung von Truppen auf einem Theil des streitigen Gebiets zuwider gehandelt worden; 3) ein Schreiben von Hrn. Fox, worin er diesen Schritt als eine bloße Vorsichtsmaaßregel darstellt, weil das Gerücht gegangen, die Legislatur von Maine wolle den Vertrag annulliren, das durch die leidenschaftliche Sprache des Gouverneurs von Maine einige Glaubwürdigkeit erhalten; 4) ein Brief von Hrn. Forsyth, worin dieser dem brittischen Botschafter versichert, man dürfe dem Staate Maine keine solche Absicht imputiren, die militärischen Anordnungen von Seite Neu-Braunschweigs seyen unprovocirt erfolgt, und wenn sie nicht zurückgenommen würden, so müsse die Vereinigte-Staaten-Regierung darin einen Mangel an Freundschaft und Vertrauen von Seite Englands erkennen. Dieß war der erste (schon neulich erwähnte) Theil der Correspondenz. Seitdem fanden neue Mittheilungen statt. Hr. Fox schrieb dem amerikanischen Minister, neuern Nachrichten aus Neu-Braunschweig zufolge seyen die brittischen Truppenbewegungen mißverstanden oder falsch dargestellt worden, die erwähnten Barracken seyen nicht an beiden Ufern des St. Johns angelegt worden, wie man jenseits behauptet habe. Deßgleichen habe neuerlich keine Truppenzusammenziehung an den Grand Falls stattgefunden, und nur eine brittische Compagnie stehe am Terniscouta-See. Indeß, fügt Hr. Fox bei, würden Angesichts der unfreundlichen Stimmung, die sich in der Legislatur und bei der Bevölkerung von Maine kund gebe, die Behörden von Neu-Braunschweig und Canada je nach Erforderniß der Umstände ihre Vorkehrungsmaaßregeln fassen. Eine baldige gütliche Beilegung der Gränzfrage findet Hr. Fox unschwer, wenn sie nämlich den beiderseitigen Regierungen überlassen bleibe; werde hingegen die störende Einmischung der Bevölkerung des Staates Maine gestattet, so würden sich die Schwierigkeiten allerdings häufen, und dann werde Großbrittannien je nach den Umständen und seinem besten Ermessen handeln.

New-Yorker Blätter gaben unlängst folgende Schilderung einer Scene im Repräsentantenhaus zu Washington. Der Sprecher hatte das Haus zur Ordnung gerufen, auf den Antrag Hrn. Turney's von Tennessee jedoch wurde dieser Entscheid vom Haus umgestoßen. Hr. Briggs wollte nun eine eine Motion stellen, fand aber kein Gehör, denn von allen Seiten schrie man: Zur Ordnung! zur Ordnung! Setzt Euch, verdammter Narr! Was zum T l wißt Ihr davon, Ihr verdammter dummer Esel? (die Tautologie ist im Original). Nun sprang Turney wüthend auf: Hr. Sprecher! Hr. Vorsitzer! ich vermeine über einen Ordnungspunkt zu reden. Verdammt sey Eure Ordnung! Ihr seyd der unordentlichste Kerl in der ganzen Versammlung! brüllte ihm ein Mitglied entgegen. Endlich drang Turney's Stimme durch: Hr. Vorsitzer! ich appellire an Ihre Entscheidung, und will hier stehen und appelliren bis zum Tage des jüngsten Gerichts. Zuletzt wurde das Schreien, Zischen, Stampfen zu arg, selbst für Turney's Lungen. Zur Ordnung! zur Ordnung! geht heim zu Euern Wählern, Ihr armer Teufel; sie sind noch größere Narren, daß sie Euch schickten, als Ihr, daß Ihr kamt. Solche0506 Ausrufungen, vermischt mit Mißtönen aller Art, füllten den Saal einige Minuten lang. Als die Schreier endlich außer Athem kamen, faßte Turney neuen Muth: Hr. Vorsitzer! Mitbürger! so kann es nicht lange fortgehen. Wir müssen Ordnung haben, oder es gibt hier auf dem Capitol eine Schlägerei. Soll die Frage durch ein Gefecht entschieden werden, je eher desto besser. Da sprang Hr. Stanley aus Süd-Carolina von seinem Sitz auf, rannte auf Turney los, hielt ihm die geballte Faust vors Gesicht und schrie: Verdammt seyen Eure Augen (Damn your eyes)! Wenn das Euer Spiel ist, so habt Ihr's mit mir aufzunehmen. Hr. Duncan versuchte zu sprechen, aber das Schreien und Brüllen übertönte seine Stimme: Stopft dem betrunkenen Narren das Maul! Verdammt sey der Troßjunge, werft ihn hinaus! Duncan ließ sich nicht vertreiben, aber Rice Garland brüllte: Wer zum T l mag Eure Anmaßung dulden, Ihr feiger Schurke, Ihr miserabler Lügner, setzt euch, Ihr Sohn einer . Da erhob sich Bell, und äußerte zu seinen Nachbarn: Das ist zu toll und zu teuflisch. Duncan ist ein armer Bursche, Garland sollte ihn nicht so angreifen. Will der Bursche fechten? Hr. Vorsitzer, so darf es nicht fortgehen. Wenn wir keine Achtung haben vor uns selbst oder vor einander, so laßt uns doch so viel Achtung vor unsern Wählern zeigen, daß wir Scenen, wie diese vermeiden. Ich rufe zur Ordnung, Sir! Neue Verwirrung, und es schien sich Alles in einen allgemeinen Tumult auflösen zu wollen, bis es endlich einigen Mitgliedern gelang, den Sturm in etwas zu beschwören! Der englische Standard macht zu dieser Schilderung die Nutzanwendung, wenn allgemeines Stimmrecht und einjährige Parlamente in England eingeführt würden, so würde dieses bald eine ähnliche Sorte von Repräsentanten haben, wie Amerika. Indeß, obgleich der Standard beifügt, dieser Bericht sey nicht etwa den Amerika feindseligen Schriften eines Marryatt oder einer Mistreß Trollope, sondern einer amerikanischen Zeitung entnommen, so darf man das allzu grelle Colorit der Schilderung doch wohl als eine der Parteiübertreibungen betrachten, welche die amerikanische Presse sich nur allzu häufig erlaubt.

Der amerikanische Correspondent der Times, der sich ein Genfer Reisender unterzeichnet, bemerkt, man spreche so viel von der Corruption europäischer Staaten, und führe als einen Beweis davon deren große Pensionenlisten an. Indeß sey die amerikanische Union auf dem besten Wege, dieses europäische Beispiel nachzuahmen; denn obgleich die Pensionäre aus dem Unabhängigkeitskrieg her fast alle ausgestorben seyen, und Amerika in den seitdem verflossenen 57 Jahren kaum drei Kriegsjahre gehabt habe, so habe doch in den letzten sechs Jahren die Zahl der Staatspensionäre um 10 Proc. zugenommen, und im letzten Jahr nicht weniger als drei Millionen Dollars, d. h. gegen 17 Proc. des ganzen Einkommens der Vereinigten Staaten gekostet.

Spanien.

Der neue Versuch, die Fahne des Aufruhrs in Biscaya aufzupflanzen, ist auf das vollständigste mißlungen, und ist, weit entfernt bei der Bevölkerung Anklang zu finden, von dieser selbst unterdrückt worden. Castor de Andechaga, früherhin einer der ausgezeichnetsten Vertheidiger des Don Carlos, zog, seinem neuen Eide treu, zur Verfolgung der Rebellen aus, und die Mehrzahl derselben lieferte sich freiwillig in seine Hände, nachdem er ihnen die Erhaltung ihres Lebens zugesagt hatte. Einer der Anführer der Rebellen, Don Bonifacio Gomez, soll auf dem Wege hierher seyn, um sich der Königin zu Füßen zu werfen. Der Herzog de la Victoria wollte am 11 oder 12 sein Hauptquartier von Mas de las Matas nach Alcorisa verlegen; am 9 gingen bereits einige Truppen dorthin ab, um die Avantgarde, welche nach Muniesa marschiren soll, zu verstärken. Der General O'Donnell verließ am 7 mit seinem Generalstabe Teruel, um Llangostera zu beobachten, der bei Rubielos de Mora einen Convoi abwartete. Der General Aspiraz war 8 mit seiner Division in Chelva; die Hauptstärke der Carlisten befand sich aber bei Cañete. Arnau scheint Beteta erreicht zu haben, und die Nachricht von seiner Niederlage sich nicht zu bestätigen. Der General Hoyos hatte am 11 sein Hauptquartier in Huete, und war durch vier Compagnien und 200 Pferde von Cuenca aus verstärkt worden. Briefe aus Vinaroz behaupten, Cabrera befinde sich seit dem 3 in San Mateo, einem in der Ebene gelegenen Punkt, den ihm die Aerzte angewiesen hätten, um durch häufiges Fahren seine Gesundheit wieder herzustellen.

Großbritannien.

Die Königin hielt am 25 Febr. im Buckinghampalast einen Hof, um mehrere Deputationen mit Adressen zu empfangen. Es erschienen: eine Deputation der Londoner hochkirchlichen Geistlichkeit, den Bischof Dr. Bloomfield an ihrer Spitze; die früher erwähnte, aus mehr als hundert Personen bestehende Deputation der Universität Cambridge, welcher der Herzog von Sussex, als Universitätscommissär, sich angeschlossen. Sämmtliche Herren: der Vicekanzler, die Commissarien, Masters der verschiedenen Collegien, Professoren, Scrutatoren, Proctors, Taxors, Baccalaureen und magistri artium trugen ihre akademischen Roben. Endlich eine Deputation der religiösen Gesellschaft der Freunde, d.h. der Quaker. Da diese bekanntlich den Hut nicht abnehmen, so wurde dieser Etikettepunkt bei ihrem Eintritt in den Thronsaal, nach altem Herkommen, durch einen Yeoman der Leibgarde besorgt. Ihre Maj., welcher Prinz Albert, die Herzogin v. Bedford als Mistreß of the Robes, der Lord-Oberkämmerer und der Oberstallmeister zur Seite standen, ertheilte sehr huldvolle Antworten. Der M. Herald berechnet, daß die Salarien der Hofhaltung des Prinzen Albert 4200 Pf. St., d. h. nur halb so viel kosten, als Lord J. Russell in den Debatten über die Apanage des Prinzen sie veranschlagt.

Im weitern Verlauf der Unterhaussitzung vom 25 Febr. stellte Sir R. Jenkins den Antrag auf Niedersetzung einer besondern Committee, um die Einfuhrzölle, die jetzt auf ostindische Producte in England gezahlt werden müssen, mit Hinsicht auf ihre Ermäßigung in Betracht zu ziehen, und überhaupt den Handel zwischen England und Ostindien von so manchen ihn jetzt beschwerenden Fesseln zu befreien. Es entspann sich über diese Verhältnisse eine längere, nicht uninteressante Verhandlung (auf die wir zurückkommen werden). Der Handelsminister, Hr. Labouchere, und der Präsident des Controlamtes der indischen Angelegenheiten erklärten sich mit dem Antrag in seinen Hauptpunkten einverstanden, und die Verweisung der beantragten Resolutionen an eine besondere Committee wurde beschlossen. Lord Stanley entwickelte dann einen Plan zur Verbesserung des jetzigen Systems parlamentarischer Stimmenregistrirung in Irland, in welchem, nach seiner Darstellung, mancherlei Mißbräuche obwalten, und schloß mit dem Antrag, zur Einbringung einer darauf gegründeten Bill ermächtigt zu werden. Lord Morpeth, der Generalsecretär für Irland, und Hr. O'Connell äußerten ihren Verdacht, daß eine weitere Beschränkung des ohnehin so beschränkten irischen Wahlrechtes der eigentliche Zweck dieser Bill seyn0507 möchte, und O'Connell namentlich meinte, der edle Lord hätte, bei seinen bekannten Gesinnungen und früherem Wirken gegen das katholische Irland, sich am wenigsten in diese Sache mischen sollen. Indeß wurde, vorbehaltlich der Einreden gegen die Bill selbst, deren Einbringung ohne Opposition gestattet. Der Alderman Sir C. Wood schlug vor, da die Corporation der Stadt London am 12 d. M. beschlossen habe, Ihrer Maj., der Herzogin von Kent und dem Prinzen Albert Glückwunschadressen zu überreichen, und nach einem alten Herkommen die Sheriffs bei solchen Gelegenheiten Ihrer Maj. aufzuwarten pflegten, so möge zu diesem Zweck der noch in Haft befindliche Sheriff Hr. Evans in Freiheit gesetzt werden. Lord J. Russell widersetzte sich, und der Antrag wurde nach ganz kurzer Discussion mit 81 gegen 39 Stimmen verworfen. Im Anfang der Sitzung hatte Hr. Leader mehrere Petitionen um Verwendung des Hauses für gänzliche Pardonnirung der verurtheilten Chartisten Frost, Williams und Jones überreicht. Die Bittsteller verwahrten sich gegen jeden Verdacht der Sympathie mit den politischen Gesinnungen dieser Leute, meinten aber, Angesichts der zwiespältigen Entscheidung des Westminsterer Richtercollegiums über den reservirten formalen Rechtspunkt (9 gegen 6 Stimmen) müsse die Regierung sich ein Gewissen daraus machen, dieselben auf Lebenszeit aus ihrem Vaterland zu verbannen.

Die Stelle in der spanischen Thronrede, die von einer Berücksichtigung der inländischen und auswärtigen Staatsgläubiger Spaniens spricht, hat günstig auf den Stand der spanischen Fonds gewirkt (S. die Börse), und der Globe spricht die Zuversicht aus, wenn erst der Bürgerkrieg ganz beendigt seyn werde, was in Bälde zu hoffen, da die Chartisten bis zum Aeußersten getrieben seyen, dann werde Spanien seinen Finanzstand zu bessern, und vorerst ein befriedigendes Uebereinkommen mit seinen Gläubigern zu treffen suchen.

Der Plymouth Herald schreibt: Am Sonntag traf hier ein Expresser von der Admiralität mit dem Befehl ein, das Kriegsschiff Blonde gegen China in See gehen zu lassen, was sogleich geschah.

(Globe.) Die Staatskirche von Großbritannien und Irland hat ein Einkommen von 8,896,000 Pf. St. (106,752,000 fl.), d. h. einige 40,000 Pf. St. mehr, als alle übrigen Staatskirchen in Europa und Südamerika zusammengenommen.

Frankreich.

(Messager.) Den Tag über liefen mehrere Gerüchte über die Zusammensetzung des Ministeriums um. Wir halten sie für voreilig. Hr. Thiers hat sich heute (27) um 2 Uhr neuerdings in die Tuilerien begeben, und eine lange Unterredung mit dem Könige gehabt. Wir glauben, daß noch nichts beschlossen sey.

(Journal des Débats.) Die Angabe des Messager ist richtig: wir wollen nur noch beifügen, daß Hr. Thiers morgen wieder zu dem König bestellt ist. Folgende weitere Gerüchte haben wir diesen Abend über die ministerielle Krise vernommen. Hr. Thiers kam heute um 1 Uhr zu dem König, und blieb zwei Stunden bei Sr. Maj. Man versichert, Se. Maj. habe sich mit dieser Unterredung, welche die Hauptprincipien betraf, die als Grundlage für das künftige Ministerium dienen sollen, sehr zufrieden gezeigt. Was die von Hrn. Thiers für das Ministerium bezeichneten Personen betrifft, so hätte der König eine Bedenkzeit von 24 Stunden festgesetzt, während welcher er sowohl Hrn. v. Broglie als den Marschall Soult zu Rathe ziehen wollte. Zu den schon gestern genannten Namen, wovon einige jetzt definitiv ausgeschlossen scheinen, fügte man noch die der HH. Jaubert und Ducos. Das Cabinet, wie es von Hrn. Thiers dem König vorgeschlagen wäre, würde sonach folgendermaßen zusammengesetzt seyn: Hr. Thiers, Conseilpräsident und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Hr. v. Remusat, Minister des Innern, Hr. Vivien, Justizminister, General Cubières, Kriegsminister, Admiral Roussin, Seeminister, Hr. Ducos, Minister des Ackerbaues und des Handels, Hr. Jaubert, Minister der öffentlichen Arbeiten, Hr. Pelet de la Lozère, Finanzminister, Hr. Cousin, Minister des öffentlichen Unterrichts. Diese Liste circulirte diesen Abend im Hotel der Präsidentschaft und in mehreren politischen Salons. Wir geben sie, ohne sie auf irgend eine Weise zu verbürgen. Alles deutet darauf hin, daß der morgende Tag nicht ohne eine definitive Lösung vorbeigehen werde. Hr. Thiers scheint beeilt zu seyn, die Sache zu Ende zu bringen, und es wäre möglich, daß ein Beiblatt zum Moniteur morgen die Ungewißheit und Spannung endigte, welche bis jetzt von den Resultaten des Votums vom 20 Febr. das offenbarste gewesen.

〈…〉〈…〉Die Pairskammer nahm in der Sitzung vom 28 Febr. den Entwurf, die Einsetzungskosten des Cardinals la Tour d'Auvergne in seine Würde betreffend, mit 115 weißen gegen 1 schwarze Kugel an. Hierauf wurden einige von der Deputirtenkammer angenommene Gesetzesentwürfe eingebracht, und Hr. Etienne verlas dann den Commissionsbericht über das Molière zu errichtende Denkmal.

Das Capitole macht Folgendes bekannt: Das Eigenthum des Capitole ist von Hrn. Jourdain, einer vormaligen Gerichtsperson, erworben. Der Name des Hrn. Karl Durand als Oberredacteur wird nicht mehr an der Spitze des Blatts erscheinen.

Der Abbé de Genoude, Oberredacteur der Gazette de France, machte vor seiner letzten Reise nach Rom Hrn. Laffitte einen Besuch und bat ihn um einen Creditbrief an den Bankier Torlonia. Es entspann sich zwischen diesen beiden Männern ein Gespräch über die politische Lage Frankreichs. Die Gazette de France theilt dessen wesentlichen Inhalt mit, und zieht daraus den Schluß, daß das Bedürfniß der Ordnung und der Freiheit nach dem Ende einer Revolution auch die Männer von den entgegengesetztesten Meinungen zusammenführe. Napoleon, sagte Hr. Laffitte, erkannte auf St. Helena, daß das Kaiserreich und die Restauration den Strom der Revolution nur momentan aufgehalten habe, statt ihm, der Alles zu überschwemmen und fortzureißen drohte, ein Bett zu graben. Ludwig Philipp denkt, daß man diesem Strom einen Damm entgegenstellen könne und daß man später sein System vollständig anerkennen werde, weil es allein Frankreich zu retten vermöge. Napoleon glaubte aber nicht, daß man mit einem Damm den Strom der Revolution hemmen könne, sondern er war der Meinung, man müsse ihm ein Bett graben. Da man dieß nicht gethan hat, wird man die Bewegung nicht beherrschen, sondern von ihr fortgerissen werden. Hr. v. Genoude erinnerte hierauf an die Worte der Frau v. Stael in ihren Betrachtungen über die Revolution, welche sie nach den hundert Tagen schrieb: Die Restauration von 1814 ist gefallen, weil sie nicht in ganz Frankreich Canäle gegraben, um den stinkenden Gewässern, welche die Revolution in Paris zusammengeführt hatte, einen Abfluß zu verschaffen. Dergleichen Canäle, meinte damals Frau v. Stael, wären Provincial - und Municipalinstitutionen gewesen, als zur Freiheit Frankreichs wesentlich nothwendig. Benjamin Constant schrieb zu derselben Zeit: Die Centralisation ist die Fessel, welche vom Despotismus der Entwicklung der modernen Gesellschaft angelegt worden. 0508Hr. v. Genoude sagt, er stimme ganz mit den Ansichten Benjamin Constants und der Frau v. Stael überein. Da Frankreich ein von mächtigen Staaten umgebenes Land sey, so sey ihm eine starke Regierung, nämlich ein wahrhaftes Königthum und eine wahrhafte Volksrepräsentation nothwendig. Die Repräsentantenkammer müsse von allen Steuerpflichtigen ernannt, das Budget in ein ordentliches und in ein außerordentliches getrennt werden, wovon ersteres für immer bewilligt, letzteres aber der Prüfung und Genehmi ung der Deputirten alljährlich vorgelegt werden müsse. Auf diese Weise, fügte Hr. v. Genoude bei, wird man ohne Revolution realisiren, was man 1789 wollte, mit allen Fortschritten der Ordnung und Freiheit, die seitdem in den Ideen entstanden Hr. Laffitte äußerte hierauf unter Anderm: Ich bin auch der Meinung, daß die Reform allein eine Revolution hindern könne, und habe mit Ihnen dieses Princip proclamirt, welches früher oder später triumphiren muß. Ich bin den Principien von 1789 ergeben. Ihr dachtet wohl, ich hätte unter der Restauration conspirirt, aber dieß ist falsch. Ich liebe die Revolutionen nicht, und laube, daß ich meinem Land einen großen Dienst leiste, wenn ich ihm eine friedliche Bahn, wie die Reform öffne. Man hat die Mittelclasse allein zur Macht gerufen; aber ganz allein ist die Mittelclasse unfähig zu regieren. Sie hat weder die Unabhängigkeit der großen Eigenthümer, noch die Hingebung des Volks. Glauben Sie nicht, daß ich nur die Nationalgardisten als Wähler wünschte; ich will keine Ausschließung, ich will alle Steuerpflichtigen. Beide einst so schroffe Gegner schieden, über ihr jetziges Einverständniß wohl selbst erstaunt, als ganz gute Freunde. (Sollte Laffitte wohl auch die Meinung theilen, das ordentliche Budget sollte für immer für die ganze Regierungszeit eines Monarchen oder noch länger? votirt werden?)

Lord Brougham ist in Cannes angekommen, wo er in einer der schönsten Gegenden der Provence ein prächtiges Schloß hat erbauen lassen. Dort will er jetzt einen Monat zubringen. Der edle Lord ist bei den dortigen Bewohnern sehr beliebt. Bei seiner Ankunft zog die Musik der Nationalgarde von Cannes ihm entgegen, und brachte ihm eine Serenade. Die Musiker wurden dann zu einem Banket geladen, wo man auf die Gesundheit des Lords und die Einigkeit zwischen Frankreich und England trank.

Die Zusammensetzung des Ministeriums, wie sie von Hrn. Thiers dem König vorgeschlagen ist, würde ersterem so ziemlich eine selbstständige Stellung sichern, daher glauben wenige, die vom Charakter Ludwig Philipps genauere Kenntniß haben, er werde darauf eingehen. Der Bescheid, den die Blätter dem König in den Mund legen, er wolle erst den Marschall Soult und Hrn. v. Broglie über diese Vorschläge hören, klingt einem constitutionellen Ohr seltsamlich. Was würden die englischen Blätter sagen auf die Nachricht: Victoria habe Hrn. Peel mit Zusammensetzung eines neuen Ministeriums beauftragt, und demselben nach Uebergebung seiner Liste den Bescheid gegeben, sie wolle erst noch Melbourne und Russell darüber sprechen? Viele, welche den Eintritt Thiers 'ins Ministerium gern sähen, tadeln die Hast, womit derselbe auf die an ihn ergangene Einladung eingegangen sey. Sie sind der Meinung, man sey dort noch lange nicht auf den Punkt gelangt, um den Eintritt des Hrn. Thiers für unvermeidlich zu halten. Die Anhänger des Fortschreitens sind seit lange darüber einig, daß es gewaltiger Motive bedürfe, um das Beharrsystem zu Concessionen zu vermögen, und wie die Sachen jetzt ständen, werde man eher dem Hang zum Parlamentiren, als dem Entschluß, ein anderes System zu ergreifen, Raum geben. In dem Beschluß des abgedankten Ministeriums, nicht einzeln mit einem neuen Ministerium zu unterhandeln, wollen die Zweifler eine geheime Insinuation von Seite des Hofs wittern, daß man am Ende wieder auf sie zurückkommen werde. Inzwischen steigen die Besorgnisse der Freunde der Ordnung mehr und mehr. Die Nahrungslosigkeit unter den niedern Classen nimmt überhand; an Durchführung der großen Maaßregeln, die jetzt vor der Kammer liegen, ist, im Fall nicht ein kräftiges Ministerium zu Stande käme, nicht zu denken; alle Hoffnung auf Besserung verschwindet; die Unzufriedenheit der niedern Volksclassen und der mittleren Stände wächst mit jedem Tage, und die Sprache der Oppositionsjournale in den Provinzen sowohl als in der Hauptstadt wird immer drohender. Die Hofjournale selbst können diesen Stand der Dinge nicht in Abrede stellen.

Gewaltsam wird Premier Thiers geboren; es bedurfte eines Kaiserschnitts. Beide Kammern umstehen die gewaltigen Wehen. Siehe da, ein Hercules in der Wiege, mit Zähnen! Es fragt sich nur: soll nicht der Henne Publicum wieder ein Windei untergelegt werden? Guizot ist fort expedirt, Broglie hat resignirt, Molé ist dem Anschein nach gescheitert. Die Verbindung Thiers-Molé hat Odilon-Barrot nicht ratificiren wollen; also hat man dem Anschein nach den Platz vor Thiers rein gefegt: nun stehe du, der Boden ist nivellirt, erhebe dein Piedestal! Thiers hat so viele Minister als man will, aus zweiter und dritter Hand; Cousin folgt ihm bis in den Tod. Will man das kleine Richelieuchen emporkeimen lassen? An Beweglichkeit fehlt es dazu dem Thiers nicht, auch nicht an Geist, Umschau, Unerwartetem; am allerwenigsten an Redseligkeit. Wie Napoleon in seiner Art ist Thiers auf andere Weise bereit, dem kleinen Bürger und der besitzenden Masse dritten Ranges im Volke weiß zu machen, daß er der wahre Ausdruck und Repräsentant der Gleichheit sey, ihr geborener Cäsar und Tribun, der den Bürger retten werde vor dem gemeinen Mann nach unten und vor allen Aristokratien nach oben, inbegriffen die der Doctrinärs und des Orleanischen Hofes. Wollen sehen! Thiers findet viele Gegner, aber noch mehr Leute, die ihn als eine große politische Curiosität, als ein Ferment eines möglichen Neuen betrachten, als ein Princip der Gährung und Auflösung. Sie hoffen aus der Routine des Bestehenden erhoben zu werden, da alle früheren Aussichten auf die Werke der Doctrinärs ein traurig Ende genommen haben. Die Doctrinärs können methodisiren, schematisiren und belehren, aber keinen Lebensodem einhauchen; in Thiers, meinen dieselben Leute, spuke ein geistreicher Kobold, vielleicht ein Irrwisch, aber es sey doch im morastigen Boden noch ein Lämpchen angezündet zur Wegeführung. Licht oder Irrlicht, er wird tausendzüngig begrüßt. Sollte dießmal sein Sieg noch einmal rückgängig werden, so kann man versichert seyn, daß die Bedeutung seiner Person und die Stütze, welche die Journalistik ihm gewährt, ihn immer höher heben wird, so daß am Ende doch der Triumph nicht ausbleibt, wie kurz er auch seyn möge.

Heute schienen alle im Conferenzsaale versammelten Deputirten überzeugt, daß das Cabinet Thiers, so wie es von dem Journal des Débats gegeben war, definitiv organisirt werden würde. Nach den uns zugekommenen Nachrichten aber sind die Sachen noch nicht so weit gediehen, und in keinem Fall könnte heute Etwas zu Ende kommen. Hr. Thiers hat sich heute nicht in das Schloß begeben, wie es geheißen hatte; er wird wahrscheinlich erst morgen dort empfangen werden, wenn die besprochene Combination die Beistimmung0509 Sr. Maj. erhalten hat und kein weiteres Hinderniß sich entgegen stellen sollte. Aber auch dann könnte sie erst im Moniteur vom nächsten Sonntag erscheinen. Graf Anatole Demidoff hat dem Maire des zehnten Bezirks 1000 Fr. geschickt, um davon den Bedürftigsten des Bezirks Holz zu kaufen. Die Königin ist mit den übrigen Personen ihrer Familie am 26 um 11 Uhr in Brüssel angekommen. Die Königin der Belgier befindet sich gegenwärtig, den belgischen Journalen zufolge, im sechsten Monat ihrer Schwangerschaft.

Die in meinem letzten Briefe angedeutete Ansicht, daß das jetzige Cabinet beibehalten werden soll, ist heute so ziemlich die allgemeine geworden. Man unterstellt dem Hofe diese Absicht, erstens weil unbestrittenermaaßen der Graf v. Molé sich außer Stande befindet, ein Ministerium zu bilden, welches die Mehrheit in der Kammer für sich hätte; zweitens weil Hr. Thiers sich in demselben Falle befindet: einerseits ist nämlich die Versammlung der ehemaligen 221 gegen ihn, die jetzt noch immer 185 Mitglieder zählt, und an deren Spitze die Freunde des Hofes stehen, z. B. der General Jacqueminot; andrerseits ist auch die Opposition keineswegs entschieden auf der Seite des Hrn. Thiers. Derselbe hat zwar Sr. Maj. von der Nothwendigkeit gesprochen, den Hrn. Barrot ins Ministerium zu ziehen; gegen diesen selbst hat aber Hr. Thiers nie etwas hievon erwähnt, eben so wenig als Hr. Barrot gegen ihn. Der dritte Grund, welcher jene Ansicht unterstützt, ist die Sprache des als Hofjournal bekannten Journal des Débats. Die Opposition wäre mit der Beibehaltung des Ministeriums Soult ganz zufrieden. Man fügt allgemein dem Gerüchte dieser Beibehaltung bei, daß unmittelbar nachher der König das Cabinet veranlassen würde, das jährliche Gesetz über die geheimen Fonds vorzulegen, als Versuch über den parlamentarischen Einfluß des Cabinets. Ferner beabsichtige derselbe, im nächsten Jahre das Dotationsproject der Kammer abermals vorzulegen, in der Hoffnung, dieselbe werde dem Beispiel ihrer Vorgängerin hinsichtlich der nordamerikanischen Forderung folgen. Hierin dürfte man sich doch irren. Die amerikanische Forderung hatte keineswegs ein solch allgemeines Widerstreben erregt, als die Dotation des Herzogs von Nemours.

Das Dampfboot Ramier, welches Algier am 22 Febr. verlassen, hat gestern Abend auf unserer Rhede Anker geworfen. Es herrschte bei Abgang dieses Schiffes große Bewegung in Algier wegen des bevorstehenden Feldzugs, dessen Plan, wie man von Personen, die in die Geheimnisse des Marschalls Valée eingeweiht sind, hört, trefflich seyn soll. Der Marschall sagte zu Officieren seiner Umgebung, daß er die Armee in den Stand setzen werde, nöthigenfalls sechs bis sieben Monate im Feld zu bleiben, um die Araber in die Unmöglichkeit zu versetzen, uns fernerhin zu schaden. In Belida, dem Abgangspunkt der Expedition, werden ungeheuere Vorräthe aufgehäuft. Der Herzog von Orleans, welcher die erste Division der Expeditionsarmee commandiren soll, wird Mitte März in Algier erwartet. Ueber den Angriff der Araber gegen Masagran geben die Briefe aus Oran vom 18 Febr. ausführliche Details. Die Feinde schossen mit zwei Kanonen Bresche und liefen viermal Sturm, wurden aber jedesmal mit Verlust zurückgeworfen. Die dreifarbige Fahne, die auf den Mauern flatterte, wurde von Kugeln ganz durchlöchert. Vier Tage lang war Masagran von Feinden umringt. Am 6 Febr. zog sich der Feind zurück, und die Cavallerie von Mostaganem konnte nach Masagran gehen, wo zwischen ihr und der kleinen tapfern Garnison die herzlichste Begrüßung gewechselt wurde. Abd-El-Kader hat seinem Khalifa Buchamedi über die Saumseligkeit seiner Angriffe gegen Oran Vorwürfe gemacht und verkündet, er werde an der Spitze von 20,000 Mann künftigen Freitag alle französischen Linien angreifen. Auf unsrer Rhede werden zwei Dampfboote zur Aufnahme des Herzogs von Orleans und seines Generalstabs für den 15 März bereit gehalten. Man sagt, der Prinz Joinville werde, ehe er das Commando des Linienschiffs Scipio übernimmt, mit der Fregatte Belle Poule an dem Angriff gegen Scherschell Theil nehmen.

Ueber den letzten Angriff der Araber gegen das Städtchen Masagran bei Mostaganem sind nun officielle Berichte eingelaufen. Der Kampf war sehr mörderisch für den Feind, welcher 500 Mann verlor. Hundert und zwanzig Tapfere vom 2ten Bataillon von Afrika, welche hinter einer Batterie verschanzt waren, haben den Angriff einiger tausend Stürmenden zurückgewiesen. Um den Feinden, welche bereits viele Todte zählten, den Angriff vollends zu verleiden, stellten unsere Soldaten ihr Feuer ein und entfernten sich von den Schießscharten. Die Araber wurden durch diese List getäuscht und in der Meinung, den Belagerern sey die Munition ausgegangen, versuchten sie die Schanzen zu erklimmen. Aber die Garnison erschien plötzlich wieder vor den Schießscharten und empfing die Stürmenden mit einer Salve, welche, in solcher Nähe abgefeuert, eine große Zahl Feinde niederwarf. Die Versuche Anderer, die Leichen ihrer Gefährten in Sicherheit zu bringen was bei den Muselmännern bekanntlich für eine heilige Pflicht gehalten wird machten den Verlust noch bedeutender. Während dieser Kämpfe, welchen nur die Nacht ein Ziel steckte, versuchte der Obrist Dubarrail, Commandant von Mostaganem, zwei Ausfälle, die aber wegen der Ungleichheit der Streitkräfte zurückgeworfen wurden; denn der Obrist hatte nur 130 Mann zu seiner Verfügung. Neben diesen ernsten Ereignissen fiel auch ein wahnsinniger Empörungsversuch unter einer französischen Garnison vor. Der Commandant der Insel Raschgun, eines kleinen Eilandes der Mündung der Tafna gegenüber gelegen, hat, nachdem er die Officiere unter seinem Commando eingesperrt, die Republik proclamirt. Die Besatzung dieser Insel besteht aus Soldaten, welche wegen Disciplinarstrafen dorthin geschickt worden und die natürlich zur Insubordination geneigt sind. Ohne sich um die politische Farbe dieser Demonstration zu kümmern, gab sie doch eine willkommene Gelegenheit, Unordnungen zu begehen. Es war dieß die einzige traurige Folge jenes lächerlichen Unternehmens. Der Schuldige oder eigentlich der Verrückte wird vor ein Kriegsgericht gestellt werden.

Belgien.

Eine Subsidie, welche der Bischof von Lüttich für seine Diöcese zur Errichtung eines sogenannten kleinen Seminars, als Vorschule für die höhern theologischen Studien, die im großen Seminar absolvirt werden, begehrt hat, ist in der Repräsentantenkammer die Veranlassung zu heftigen Debatten geworden. Ein solches kleines Seminar besaß die Diöcese in der ehemaligen Abtei zu Herzogenrath bei Aachen, die ihr der letzte in Belgien verstorbene Benedictiner, der gelehrte Pfarrer Ernst zu Afden, zu diesem Zweck vermacht hatte; sie verlor es aber in Folge des Tractats der 24 Artikel, und zur Errichtung eines neuen fehlten ihr die Mittel. Das Ministerium trug daher auf einen Credit von 100,000 Fr. an, womit indessen nicht ein Drittheil der erforderlichen Summe gedeckt seyn wird. Es handelte sich hier offenbar nicht von einer persönlichen Angelegenheit des Bischofs von Lüttich, sondern von den Bedürfnissen des katholischen Cultus, der, nachdem er seiner Güter verlustig worden, für seine Subsistenz, so wie alle0510 andern Culte, auf das Staatsbudget angewiesen ist. Aus diesem Gesichtspunkte aufgefaßt, konnte die Sache zu keinen ernstlichen Debatten Anlaß geben, die Opposition aber behandelte sie, als sey die geforderte Subsidie für des Bischofs persönliche Casse, und brach mit einer Reihe von Angriffen gegen diesen Prälaten hervor. Zunächst suchte sie hierzu den Stoff in den Vorgängen bei der jüngsten Wahl eines Repräsentanten in Lüttich, worüber ich Ihnen bereits geschrieben. Der Candidat der Katholiken und der gemäßigten, durch das Journal le Politique repräsentirten Liberalen, Hr. Hanquet, fiel bei dieser Wahl durch; der Candidat der exaltirten Liberalen dagegen, so wie der Orangisten und Demokraten, Hr. Delfosse, trug den Sieg davon. Dieser, ein Glied des Provincialraths, hat sich durch seine Theilnahme an den Emeuten in Tilff und Lüttich gegen die Redemptoristen, so wie durch jahrelange Chicanen gegen den Bischof in administrativen Sachen, in denen für jeden Unbefangenen das Recht auf Seite des letztern war, eine gewisse Celebrität erworben. Seine Candidatur wurde in der Freimaurerloge vorbereitet, dann mit Hülfe des Einflusses, worüber seine Partei in dem Provincialrathe und in vielen Gemeinderäthen zu disponiren hatte, eifrig betrieben, und laut als eine Schilderhebung gegen den Bischof angekündigt. Der Secretär des letztern schrieb hierauf seinerseits an die Pfarrer, um ihnen die Candidatur des Hrn. Hanquet anzuempfehlen. Dieses Schreiben nun ist in den Augen der Gegner des Bischofs sein größtes Verbrechen, wobei angenommen wird, es verstehe sich von selbst, daß man gegen den Bischof und den Clerus alle möglichen Mittel gelten machen, alle geheimen Gesellschaften in Bewegung setzen dürfe, der Clerus dagegen ruhig die Hände in den Schooß legen, und sie sich gar, ohne sich zu rühren, binden lassen müsse. Das ist der Liberalismus dieser Liberalen, vor deren Uebergewicht Gott Belgien und jedes andere Land bewahren möge. Der eifrigste Redner gegen den Bischof war der Advocat Verhaeghen, ein Chef der hiesigen Freimaurer, den Hrn. Dumortier in seiner Replik daran erinnerte, es stehe ihm nicht zu, gegen Wahlinfluenzen zu sprechen, da er ja selbst, als Abgeordneter der Brüsseler Freimaurer, nach Tournay gekommen, um die dortigen Freimaurer zur Eliminirung dreier katholischen Candidaten anzuspornen. Zwischen diesen beiden Rednern wurde zuletzt die Debatte so heftig, daß sich der Präsident ins Mittel schlagen mußte, die Subsidie wurde dann aber mit großer Stimmenmehrheit bewilligt. Ueber das allen Parteien nach der Verfassung zustehende Recht, in den Wahlen ihren Einfluß geltend zu machen, enthält bei diesem Anlaß der heutige Indépendant, sonst kein Freund des Clerus, einen Artikel, den diejenigen, die sich exclusive die Männer der Freiheit, des Fortschrittes und der Aufklärung nennen, beherzigen sollten. Was in der letzten Zeit diese Exclusiven noch besonders gegen den Chef der Lütticher Diöcese aufgeregt hat, ist eine Schrift, die dieser über den öffentlichen Unterricht herausgibt. Die Art, wie er darin die Nothwendigkeit einer religiösen Grundlage des Volksunterrichts darthut, will ihnen nicht gefallen, dürfte aber schwer zu widerlegen seyn. Eine der Anschuldigungen des Hrn. Verhaeghen gegen den Bischof war auch, daß dieser, so viel an ihm gewesen, der Revolution von 1830 entgegengearbeitet habe, und sie gern verhindert hätte, wenn es in seinen Kräften gestanden, daher er sich auch um jene Zeit in einem Hirtenbriefe gegen das damalige Treiben der Opposition ausgesprochen. Der Bischof wird wahrscheinlich seinem Gegner Dank für diese Anschuldigung wissen; weil darin die beste Widerlegung derjenigen seiner Gegner liegt, die ihn lange als einen Rädelsführer jener Revolution geschildert haben, und so hätte denn diese leidenschaftliche Discussion dem Prälaten mehr genützt als geschadet.

Deutschland.

Wie der dießjährige Carneval der längste im Kalender, so ist er auch der lebhafteste, dessen man sich seit lange erinnert. Die Kammerbälle des Hofs, die Feste des Adels und der reichen Privaten, dann die öffentlichen und Vereinsbälle folgen sich unausgesetzt. Als eines der großartigsten Feste der Saison durch Glanz und Comfort muß ich des bal costumé erwähnen, der vorgestern im Palaste des Herzogs Max in Bayern stattfand, zu welchem 600 Personen, darunter sämmtliche Mitglieder der zweiten Kammer, geladen waren. Die Maskenlust, oder vielmehr die Lust historische Personen darzustellen, war nie reger; so gab in den letzten Tagen der Bürgerverein einen Ball, auf welchem ein schön costumirter Maskenzug von 300 Personen erschien, Personen aus Schillers dramatischen Werken vorstellend. Der Zufall führte die komischsten Situationen herbei, man sah z. B. den Schusterle mit der Jungfrau von Orleans einen Walzer tanzen. Nächsten Montag findet wie alljährlich der Metzgersprung statt, dann des Abends der letzte Maskenball im Hoftheater, auf welchem zum zweitenmal der große Künstler-Maskenzug erscheint. Je näher der Fasching seinem Ende zuschreitet, um so toller und unbändiger wird er, und es ist hohe Zeit, daß ihm der Mittwoch die Asche entgegenhält; doch bedarf es dieser Mahnung kaum, denn neben den leichten Gerüsten der Freude erhob sich in den letzten Wochen auch manches ernste der Trauer, und den Zechliedern munterer Genossen folgten nicht selten die schaurigen Klänge des dies irae. Auf unserm Hoftheater sahen wir gestern zum erstenmale das vielbesprochene Trauerspiel Gutzkows Richard Savage. Es wurde beifällig aufgenommen.

In der heutigen öffentlichen Sitzung der Kammer der Abgeordneten trug Hofrath Dr. Bayer den Ausschußbericht über den Gesetzesentwurf die Sicherstellung des litterarischen Eigenthums betreffend, vor. Die Modificationen, die das Comité vorschlägt, erscheinen eben so scharfsinnig als das Elaborat überhaupt gediegen und geistvoll. Die Debatten über diesen Gegenstand beginnen in der nächsten Donnerstagssitzung. Die Kammer hat nun ein zweites Mitglied durch den Tod verloren: diese Nacht starb der Abgeordnete Fitting aus der Pfalz im Alter von 36 Jahren. Einige andere Deputirte liegen mehr oder weniger bedeutend krank darnieder, darunter der Abgeordnete Buchhändler Enke, dessen Abwesenheit in der Kammer während der Berathung des erwähnten Gesetzesentwurfs vorzugsweise bedauerlich seyn dürfte. Die Kammer der Reichsräthe hat durch die in den letzten Tagen erfolgte Ankunft zweier Standesherren, des Hrn. Fürsten von Leiningen und des Grafen v. Kastell einen Zuwachs erhalten; auch der Reichsrath Frhr. v. Lotzbeck ist hier eingetroffen. Fürst Leiningen ist bekanntlich der Stiefbruder der regierenden Königin von England, und Ritter des Hosenbandordens, eine Decoration, die in der deutschen Salonswelt sehr selten vorkommt. Wie alljährlich an diesem Tage hatte heute Mittag der Metzgersprung unter großem Zulauf der Menge statt.

Preußen.

Am nächsten 31 März, dem großen Avancementstage der preußischen Armee, feiert der jetzige Kriegsminister, General der Infanterie, Hr. v. Rauch, sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum. Leider ist der Jubilar gegenwärtig an einem Steinübel bedenklich krank. Im Uebrigen ist der Gesundheitszustand hieselbst, da wir seit über einer Woche heitere Kälte haben, wieder etwas besser geworden. Doch herrscht in dem großen Krankenhause, die Charité genannt, der0511 Hospitalbrand. Vorgestern hieß es wieder, Schönlein sey hier eingetroffen, doch das Gerücht war falsch, Niemand weiß etwas über den Zeitpunkt seiner Ankunft. Ohne Zweifel wird dieselbe jetzt erst so erfolgen, daß er zum nächsten Semester seinen Lehrcursus beginnen kann. Die Muthmaßung, daß ein geheimes Verbrechen das Verschwinden des wohlhabenden Particuliers, der seit dem 13 Febr. vermißt wurde, veranlaßt habe, zeigt sich als unbegründet; es sind die entschiedensten Ursachen vorhanden anzunehmen, daß er aus Lebensüberdruß, den er übrigens bis zum letzten Tage mit einer seltenen Selbstbeherrschung gegen Niemand hatte durchblicken lassen, seinem Daseyn selbst ein Ende gemacht hat.

Wie sehr die jetzige Generation überall nur dem Einflusse des Augenblicks unterworfen ist, erhellt recht deutlich aus der Geschichte unserer kirchlichen Streitigkeiten, die sich dergestalt überlebt zu haben scheinen, daß weder von gemischten Ehen, noch von Hrn. v. Dunin irgendwo mehr die Rede ist. Letzterer scheint im Andenken des Publicums völlig verschollen zu seyn. Selbst einzelne Eclats, die noch mitunter vorkommen, wie das Zerschneiden der Glockenstränge in einer kleinen Stadt, um das Läuten zu verhüten, oder die Verhängung einer Criminaluntersuchung über einen exaltirten Geistlichen, können nicht einmal ein vorübergehendes Interesse mehr erwecken. Seit längerer Zeit weigern sich unsere katholischen Geistlichen gänzlich, gemischte Ehen einzusegnen, was aber nur die Folge gehabt hat, daß bei weitem die Mehrzahl der katholischen Bräute darein willigte, sich von evangelischen Predigern copuliren zu lassen. Die Zahl solcher Ehen, die sonst nach katholischem Ritus eingesegnet seyn würden, nunmehr aber nach evangelischem Ritus vollzogen worden sind, beläuft sich in unserer Provinz für das verflossene Jahr auf nahe an 400. Daß die polnischen Einwohner unserer Provinz, die zu Anfang des Kirchenstreits so lebhaft Partei ergriffen, der Sache sobald müde geworden sind, darf Niemanden Wunder nehmen, der den Polen kennt. Ihn reizen nur rasche, eclatante Erfolge und Aussicht auf Gewinn für seine Nationalität. Nachdem ihm über Charakter und Bedeutung der Kirchenwirren die Augen aufgegangen, ist ihm der Streit, für den er niemals innere Sympathien empfand, gleichgültig geworden. Ueberhaupt kommt das Volk mehr und mehr zu dem Bewußtseyn, daß der Staat durchaus nichts gegen den Katholicismus als solchen habe und haben könne, sondern daß er nur gegen die mit den Staatsprincipien unverträglichen Uebergriffe der klerokratischen Fraction seine Rechte wahre. In unsere Polen dagegen ist jetzt ein ungewöhnlich reger, wissenschaftlicher Geist gefahren, so daß sie der bis dahin kümmerlich gepflegten Litteratur reichliche Unterstützung widerfahren lassen. Es wird daher viel Polnisches gedruckt, und mehrere polnische Journale sind rasch hinter einander entstanden, und erfreuen sich einer lebendigen Theilnahme. Die hiesige Zeitung berichtet den Tod eines Mannes im Dorfe Naumannshof im Posener Regierungsbezirk, der das seltene Alter von 105 Jahren erreicht hat. Dieselbe Zeitung bezichtigte vor einigen Tagen die Frankfurter Ober-Postamts-Zeitung eines hohen Grades von Selbstverläugnung, indem sie rücksichtlich eines spaßhaften Artikels, den die hiesige Zeitung aus ihr entlehnt hatte (worin der Thore unserer Stadt, die gar keine Thore hat, als Meisterstücke der Baukunst Erwähnung geschehen war), kurzweg erklärte: die Posener Zeitung irrt sich gar sehr, indem sich der fragliche Correspondenzartikel gar nicht in den Spalten der Ober-Postamts-Zeitung vorfindet. Dagegen replicirt nun die Posener Zeitung: Die Frankfurter Ober-Postamts-Zeitung scheint jetzt jesuitische Studien zu machen, da sie dem bekannten Grundsatz huldigt: Si fecisti, nega! Der von ihr verläugnete Artikel ist in der Frankfurter O. P. A. Z. Nr. 7 vom 7 Januar d. J. in der Beilage S. 2, Sp. 2, sub Berlin, den 30 Dec. Wort für Wort zu lesen! Nach einem Berichte in derselben Zeitung sind im Laufe des verflossenen Monats wiederum sieben Personen im hiesigen Departement erfroren gefunden worden; und ein Individuum hat sich in Folge übermäßigen Branntweingenusses einen sofortigen Tod zugezogen. Dasselbe Blatt hebt es besonders hervor, daß das Interesse für Schulen und deren Gedeihen im Bauernstande immer allgemeiner werde, und daß namentlich jetzt schon sonst unerhörte Fälle vorkommen, wo Gemeinden aus freiem Antriebe die Einrichtung einer Schule und den Bau eines Schulhauses beschließen. Leider aber fehle es noch immer an qualificirten Subjecten zur Besetzung der vacanten Lehrerstellen. Letzteres gilt jedoch wohl nur von solchen Candidaten, die zugleich der polnischen Sprache mächtig sind. Unsere Wintersaaten stehen durchgehends gut, und versprechen eine reiche Ernte.

Schweden.

Die Regierung sucht, ziemlich wider ihre Gewohnheit an vorigen Reichstagen, die Vorlegung und mithin die Discussion von Anträgen in Beziehung auf die von früher herrührenden Vorschläge zu Aenderungen am Grundgesetze sehr zu beschleunigen, mithin zu bewirken, daß, was an der jetzigen Regierungs - und Verwaltungsform unvermeidlich geändert werden muß, bald geordnet werde, so daß ein neues Personale der königl. Rathgeber nicht zu lange auf sich warten lassen dürfte. Der königliche Vorschlag einer geänderten Organisation des Staatsraths schließt die theilweise Einführung einer Departementalverwaltung allerdings schon in sich. Ueber die fünf ersten Artikel waren schon sämmtliche Reichsstände am vorigen Reichstage einig; sie enthalten: 1) Die Staatssecretäre sollen zu vortragenden Staatsräthen erhöht werden, mit Sitz im Conseil und Berathungsrecht in allen Regierungsangelegenheiten. 2) Der Justizstaatsminister soll aufhören, Mitglied des höchsten Gerichts zu seyn. 3) Das Hofkanzleramt wird eingezogen. 4) Die ausführende Gewalt wird durch besonderes Reglement die nähere Vertheilung der Geschäfte unter die Departemente bestimmen. 5) Die Departementschefs werden alles, was Beförderungen, Verabschiedungen u. s. w. in den unter ihren resp. Departementen stehenden Stellen betrifft, vortragen und expediren; sie können auch unmittelbar an die betreffenden Vorschriften und Erinnerungen wegen Ausrichtung ausgefertigter Beschlüsse ergehen lassen; und der Regierung mit den Reichsständen wird es offen gelassen, ohne daß es einer Aenderung am Grundgesetze bedarf, anstatt der jetzt so benannten Collegien andere Behörden einzurichten. In den übrigen Artikeln wird vorgeschlagen: 6) anstatt des Staatsministers des Auswärtigen und der gegenwärtigen vier Staatssecretäre soll die Anzahl der vortragenden Staatsräthe sieben seyn, nämlich: für das Justizdepartement; das des Auswärtigen; die Landvertheidigung; die Seevertheidigung; das Civilwesen; die Finanzen; das Kirchenwesen. 7) Die Generaladjutanten für Armee und Flotte fallen weg, und die Chefs oder Vortragenden für das Land - und Seedepartement sollen zugleich die königlichen Rathgeber in Commandosachen seyn. 8) Drei consultative Staatsräthe ohne Departement. 9) Die bisherige Bereitung der allgemeinen Reichsgeschäfte fällt weg. 10) Der Justizkanzler wird von der Zahl der königl. Rathgeber ausgeschlossen (das will sagen, vom Sitz im Conseil). 11) Das Absetzlichkeitsprincip nach §. 35 der Regierungsform wird auch ausgedehnt auf die Chefs des Zoll - und Postwesens, so wie auf die Expeditionschefs in den Staatsdepartementen. 12) Der König kann einen Prinzen seines Hauses zum Vorsitz in der Regierung, wenn Se. Majestät auf Reisen ist, verordnen.

(Nord. Bl.)

0512

Türkei.

Man lebt hier in völliger Ungewißheit über das, was in London geschieht. Man hofft, daß die Mächte sich bereits verständigt haben, da die letzten Berichte aus Wien vermuthen ließen, daß Hr. v. Brunnow seine Mission glücklich beendet hat. Man fühlt sich aber versucht, das Gegentheil zu glauben, wenn man die Haltung Mehemed Ali's in Betracht zieht. Dieser ist unbeweglich, und läßt sich durch nichts beirren. Er würde solches Vertrauen nicht affectiren können, sobald er überzeugt wäre, daß alle Meinungsverschiedenheiten unter den Mächten aufgehört haben; er würde sich vielmehr beeilen, jede nach Möglichkeit zufrieden zu stellen. Dieß thut er nun nicht, und darum weiß man nicht, wie es eigentlich in London steht. Hier steht es schlimm, schlimm, weil die Sachen sich in die Länge ziehen, und die Pforte in der ewigen Ungewißheit, in der sie schwebt, zuletzt aus lauter Vertrauen zu Grabe gehen muß. Uebrigens gehört türkische Indolenz dazu, um nicht ängstlicher zu seyn, als man hier ist, und um nicht endlich die Geduld über alle Unbilden zu verlieren, die man von Freund und Feind der Reihe nach erfahren muß. Da hat Lord Ponsonby von seiner vielgepriesenen Achtung für die Rechte des Sultans eine neue Probe abgelegt. Er verlangt mehr als peremtorisch die Absetzung des griechischen Patriarchen, weil er ihn in Verdacht hat, daß er Verbindungen auf den jonischen Inseln unterhalte, welche die englische Regierung nicht dulden will, weil sie dazu dienen, die Gemüther der Unterthanen Ihrer brittischen Majestät aufzuregen. Die Pforte hat diese Zumuthung bis jetzt standhaft zurückgewiesen, indem sie nach einer andern Seite hin in die größte Verlegenheit versetzt würde, falls sie solcher Aufforderung entspräche. Lord Ponsonby, gereizt, hat der Pforte gedroht, sie lade den Zorn Englands auf sich, wenn sie sich nicht nachgiebig zeige. Reschid Pascha weiß nicht, was er thun soll, und scheint seinen Posten herzlich satt zu haben. Er denkt daran, sich zurückzuziehen; allein Chosrew Pascha bietet Alles auf, um ihm Muth einzuflößen. Es handelt sich freilich weniger darum, wer das Portefeuille des Aeußern inne hat, als ob es möglich ist, Lord Ponsonby zu beruhigen. Es scheint schwer, und so ist denn eine Streitfrage hier aufgeworfen, die wahrlich nicht geeignet ist, das kaum gehoffte gute Einvernehmen zu pflegen, das so sehr berücksichtigt werden sollte, und von dem so viel gesprochen ward. Hr. v. Pontois sieht ruhig zu, wie sich jeder abhärmt, um Einfluß zu gewinnen, wobei oft zu den sonderbarsten Mitteln gegriffen wird.

0505

Skizzen aus Tirol.

II. Die Hauptstadt. Ihre Lage und Umgebungen.

Die Hauptstadt eines jeden Landes ist wohl stets der bequemste Ort, wo ein Fremder sein Hauptquartier aufzuschlagen hat, wenn ihm darum zu thun ist, nach und nach das Land in allen seinen Theilen kennen zu lernen. Innsbruck zumal ist in dieser Beziehung sehr zu empfehlen. Der Reisende findet nirgends in Tirol so viele Hülfsmittel auf einem und demselben Platze vereinigt. Einige recht ordentliche Gasthäuser stehen ihm hier zu Gebote. Es ist freilich von ihnen nicht zu rühmen, was man an den Hotels in Frankfurt und längs des Rheinstroms, auch nicht was man an den meisten Gasthöfen der Schweiz zu loben pflegt. Etwas Großartiges in dieser Gattung zu Innsbruck zu finden muß der Tourist nicht erwarten. Immerhin ist jedoch in den Gasthäusern zur Sonne, zum goldenen Adler, und in einigen andern für den Leib erträglich gesorgt; Fußreisenden namentlich der Stern zu empfehlen. Privatwohnungen für Längerbleibende finden sich auch hie und da, obschon, wie ich glaube, nicht in großer Anzahl. Denn, wie klein auch die Stadt erscheint, so ist doch die Bevölkerung derselben im Verhältniß sehr bedeutend. Eine Menge von Beamten, eine ziemlich starke Garnison, einige hundert Studenten vermehren die Anzahl der Bewohner um Vieles. Innsbruck, das seit Beginn des langen Friedens stets im Aufnehmen begriffen ist, hat viel Leben und Gewerbthätigkeit. Es hat dieselbe Regsamkeit, die sich durchgehends in allen österreichischen Provincial - und Landstädten verspüren läßt: eine erfreuliche Erscheinung im Gegensatz zu der Verödung und stufenweisen Entvölkerung mancher andern, früher hochberühmten, gewerbfleißigen und starkbevölkerten Städte des übrigen Deutschlands. Der Aufenthalt in Tirols Hauptstadt ist daher auch nicht gar wohlfeil, obgleich bei weitem nicht so kostspielig für den Fremden, als das Verweilen in einer Schweizer Stadt. Englische Reisende, oder französische Weltflüchtlinge schimpfen freilich genug über die Theurung in den Hotels und über den Mangel an allen Bequemlichkeiten; doch kommt es auf solche Klagen nicht an. Jene Leute haben auch nicht den Gewinn, den andere deutschsprechende und deutschdenkende Fremde in dem Umgang mit den Bewohnern Innsbrucks finden. Die Hauptstadt der Provinz hat die Hauptstädter nicht verdorben: ihr Charakter ist bieder, obwohl nicht gänzlich frei von Schlauheit; sie sind zuvorkommend gegen Fremde, gesprächig und jovial; sie wägen das Wort nicht ab, aber sie meinen's gut. Der Fremde ist ihnen nicht ein Gegenstand des Mißtrauens; sie fühlen sich aufgefordert, ihm gefällig zu seyn. Wer da manche Gegenden des deutschen Vaterlandes durchwandert und die vornehme Gespreiztheit, die geflissentliche Verneinung, welche dort dem Reisenden entgegentreten, beobachtet hat; wer da weiß, wie schwer es z. B. in der Schweiz hält, des Inländers Kälte und Argwohn zu neutralisiren und ihn sich zum Freunde zu machen, fühlt sich natürlich doppelt angezogen von dem Benehmen der Innsbrucker. Freilich schleift sich auch mit der Zeit die ebenberührte Gespreiztheit ab, freilich wird der Schweizer endlich, wenn's ihm gerathen dünkt, ein recht warmer und getreuer Freund aber die Stunden des Reisenden sind gezählt, seines Bleibens ist nirgends lange, er kann nicht warten; und wie traurig muß ihm während seiner kurzen Rastzeit eine gezwungen isolirte Stellung, ein steifer, nur auf Empfehlungsbriefe gegründeter Umgang erscheinen!

Die Innsbrucker machen also dem Reisenden gern die Honneurs ihrer Stadt und ihrer reizenden Gegend. Reizend ist sie in vollem Maaße. Das Innthal, finster und wild im Westen beim Ursprung des Flusses, wird schon mehrere Stunden aufwärts von der Hauptstadt breit, fruchtbar, angenehm zu schauen, beschattet von dem schönen waldreichen und vielbewohnten Mittelgebirg, hinter welchem gewaltig aufstreben die großartigen Hochgebirge mit ihren kräftigen Felsenstirnen. Diese starren Riesen, die auf beiden Seiten das langgestreckte Thal begränzen, durchrissen von zahlreichen Schluchten und Pässen, verleihen ihm eine Aehnlichkeit mit dem Walliserlande, wenn sich überhaupt das freundliche Stromgebiet des Inns in der Gegend von Innsbruck, Hall und Schwatz mit dem düstern Rhonethal vergleichen läßt. Vergleichungen sind aber eine üble Sache. Der Reisende, der sich wie ein Felleisen von keuchenden Postpferden durch die Welt schleppen läßt, so weit die höchstnützlichen Landstraßen oder Eisenbahnen reichen, weiß davon zu erzählen. Er verbittert sich sein Courierleben im höchsten Grad, indem er vergleicht. Ich bin einmal einem solchen Weltstürmer zwischen Botzen und Trient begegnet. Er war ein Jahr früher in der Schweiz gewesen. Er schalt entsetzlich auf Tirol. Sein Losungswort war das aller Engländer und Franzosen und vieler Deutschen, wie er denn selbst leider einer der letztern war: Gletscher und Orangen! In der Schweiz hatte er wahrscheinlich nur Gletscher verlangt, und sich an der Ausstellung der Eisgebirge im Berner Oberland ergötzt; aber es ist hergebracht, von dem armen Tirol nebst den Gletschern auch noch die Goldäpfel des Südens zu begehren. Nirgends Eis, nirgends Schnee, fuhr er fort, indem er trostlos die Blicke umherwarf, aber auch nirgends Orangen, als in den Körben der Marktweiber; ein elendes Land! Vergeblich suchte ich ihm begreiflich zu machen, daß eben Tirol nicht die Schweiz sey, wo die Gletscher die Gefälligkeit haben, sich den Courierfahrern am Wege zu präsentiren, und daß die Pomeranzen nur in einem kleinen Winkel des Tiroler Territoriums zu finden seyen; daß von Ewigkeit her es nicht anders gewesen; daß nur enthusiastische Träumer ihm das Gegentheil weiß gemacht; daß Tirol nicht schöner sey, als die Schweiz, und die Schweiz nicht schöner als Tirol, indem es zwei gänzlich verschiedene Länder. Alles war jedoch umsonst Berge seyen Berge, behauptete der Tourist er habe nicht Zeit, die Gletscher erst aufzusuchen, es werde ohnehin nichts daran seyn; nicht einmal ein vernünftiger See sey in Tirol zu finden, und er wolle keine Minute säumen und nach Italien gehen, obschon ihm Hr. Nicolai auch vor dem letztern bange gemacht habe. Und also geschah es.

Um jedoch wieder auf die Umgegend von Innsbruck zurückzukommen, so ist zu sagen, daß sie Alles vereint, was selbst überspannte Erwartungen befriedigt. Die Stadt liegt umgeben von malerischen Alpengeländen, von weit verbreiteten Maisfeldern, die der heiße Hauch des Scirocco befruchtet, von unzähligen Dörfern und Weilern. Einige der genannten Dörfer, Hötling, Pradl, Wilten schließen sich unmittelbar an die Stadt an. Wer nur wenige Schritte über der Innbrücke in der steilen Gasse von Hötling emporsteigt, sieht sich gar bald in eine ländliche Bergeinsamkeit versetzt, welche die Nähe einer Stadt gar nicht ahnen läßt. Wer dagegen von dem rühmlich bekannten Berg Isel ins Thal sieht, erschaut die Stadt in ihrer0506 ganzen Ausdehnung, herrlich hingereiht, wie nicht leicht eine andere den heitersten, erfreulichsten Anblick gewährend.

Welche Erinnerungen knüpfen sich an die Gegend, die man da und dort von leicht erstiegenen Standpunkten übersieht! Das Schloß Büchsenhausen, früher ein Eigenthum des berühmten und unglücklichen Kanzlers Biener; das Schloß Weyherburg, ein Lieblingssitz des ritterlichen Maximilian; die Burg Ambras, worinnen Ferdinands und seiner geliebten Welser glücklichste Tage dahinflossen; die Martinswand, die dem fürstlichen Jägersmann seines Lebens höchste Gefahr und Freude bescheerte; das alte Kloster Wilten, dessen Ursprung in fabelhafter Riesenzeit zu suchen; die Salzberge, die grauen unheimlichen, die den unverwüstlichsten Reichthum des Landes bergen; der Waldraster - oder Sonnenspitz, so pittoresk und erhaben, und berühmt in der Legende; die rauhen Felsenkanten der Frauhütt, von denen manches Mährchen redet. Sie sind nicht zu zählen die Punkte, die um Innsbruck das Auge und die Phantasie und das historische Gedächtniß fesseln und auffrischen.

Ein Fremder kann Monate lang zu Innsbruck verweilen, und jeden Tag einen andern Ausflug machen: nach dem alten Hall, nach dem einst so gewerb - und silberreichen Schwatz, nach Kemmaten, wo eines der gastlichsten Wirthshäuser den Gaumen erfreut, nach der Windeck, von deren Höhe das Thal auf und nieder sich öffnet, und eine Aussicht bis zum wilden Kaiser entfaltet; auf die Lanser Köpfe; nach der stillen Einsamkeit des heiligen Wassers, nach der schauerlichen Klamm , eine enge malerische Schlucht, durch welche man sich Bahn bricht, um entweder nach Zirl oder auf den majestätischen Solstein zu gelangen, dessen Gipfel 9000 Fuß über den Meeresspiegel emporragt. Ueberreich an Reizen sind die Wanderungen übers Mittelgebirg auf dem rechten Ufer des Inn, nach Axams, Götzis, Naters, Mutters, Oberperfuß, wo, wenn ich nicht irre, der berühmte Bauer Peter Anich geboren wurde; in die Schluchten des Schönbergs, über dessen steilen Rücken die alte und neue Straße nach Italien zieht; in die sogenannte Schöpfen , wo ein freundliches Gasthaus mit dem delicatesten Kaffee; nach Mieders, wo ein Bad und während des Sommers starker Besuch von Gästen aus der Stadt. Dort öffnet sich das weltbekannte Stubeithal voll von Eisenhütten, von dort schlägt man den Weg nach der Waldrast ein. Nicht minder freundlich sind die Spaziergänge auf dem Mittelgebirg, dem Lauf des Flusses folgend. Das hochgethürmte Ampas, dessen Gegend voll von Geistersagen, das stille Bad Egerdach, die Capelle zum Judenstein bei Rinn, wo einst blutdürstige Juden den kleinen Andreas gräulich ermordet haben sollen, sind wohlgelegene Ruhepunkte, die man lustig hin und herwandelnd besucht, bevor man auf die Windeck steigt, und von dannen zur Stiftsalm wandelt, um sich in die waldigen Schatten des Bades Volderthal zu verlieren. Welch ein reizender Gang vom genannten Bade zurück nach Volders! Von diesem Ort ist wieder nur ein kurzer Weg nach Hall, von dannen nach dem Wallfahrtsort Absam, oder nach dem Bade Heiligkreuz. Der letztere Ort, äußerst freundlich am Abhange des Mittelgebirgs auf dem linken Ufer des Inn gelegen, ist wohl zu merken für den gletscherbegierigen Fremden; aus dem Gartenhäuschen des Wirthshauses daselbst sieht man den Stubeiferner (Gletscher) wunderherrlich ins Thal leuchten ein Anblick, der näher bei Innsbruck nicht zu haben. Tauer mit seinen alten Burgtrümmern, Arzl mit seinem schön gelegenen Calvarienberge sind dann zu berühren, und von letzterm Ort steigt der Wanderer wohlgemuth nach dem Dörfchen Mühlau herunter, wo ihn eine Brücke die bald eine elegante Kettenbrücke seyn wird einladet, über den Inn zu gehen und in die schöne Allee zu treten, welch bis in die englischen Anlagen an der Burg von Innsbruck und auf den prächtigen Rennweg vor derselben geleitet; wenn der Spazierende nicht vorziehen sollte, an dem unbeschreiblich wüst liegenden Judenkirchhof vorbei zur Weiherburg emporzusteigen, und über St. Nikolaus und die Kaiserstraße, vulgo durch die Kothlacke , heimzukehren. Weiterer Ausflüge soll später gedacht werden. In der nächsten Umgebung der Stadt verdienen noch bemerkt zu werden als vorzügliche Standpunkte für den aussichtlustigen Wandler: das Bad Ferneck oder besser Husslhof; die Gallwiese, ein vielbesuchter Belustigungsort; die Militärschießstätte auf dem Berg Isel, vom Kaiser-Jägerregiment recht niedlich hergerichtet; das Bad Mühlau; der Trinkgarten von Büchsenhausen; vor Allem aber die sogenannte Wolkensteinhütte, ein Landhäuschen auf einer ziemlichen Anhöhe, benannt nach den Besitzern aus dem edeln Geschlechte der Wolkenstein. Das Panorama, das sich von jener Höhe dem überraschten Auge erschließt, ist gewißlich das Schönste, was in Innsbrucks nächster Umgebung zu finden ist. Im Morgen - wie im Abendschein gleich reizend liegt da eine Landschaft zu unsern Füßen, die man interessanter nicht zu erfinden vermag. Die Stadt, die Menge von Dörfern, Schlössern, Kirchen, Capellen und einzelnen Häusern, die sich rings gruppiren, der pfeilschnelle grüne Strom, die schönen Wälder links und rechts, die noch schönern Felsgebirge, die allenthalben in wunderlichen und malerischen Formen aufgerichtet stehen, der glänzende Schnee, der auf ihren Spitzen liegt, während ihr Fuß in frischgrünem Laube ruht, die helle blaue Luft darüber, oder die phantastischen Wolkengebilde, die sich längs dem Hochgebirg immer wechselnd hinziehen Alles zusammen gibt ein Schauspiel, das sogar ein vertrocknetes Herz neu belebt. Damit das Ohr nicht leer ausgehe, spielt der warme Wind, bald gelinder, bald rauher über Berg und Ebene, klingen die Glocken ohne Zahl herauf und hernieder, rauscht der Fluß vernehmlich zürnend zwischen seinen Dämmen und Brücken hin, und die Stutzen lustiger Schützen knallen auf Schießständen und im Forste, was das Zeug hält, denn, obschon in Tirol das Pulver nicht erfunden worden was übrigens kein schlechter Spaß seyn soll so wird doch in keinem Lande des Pulvers mehr verschossen, als in Tirol.

Pariser Litteratur des Grotesken.

Es blüht das Reich des Grotesken in diesem Augenblick in üppiger Fülle, und das Charivari, der Figaro und Corsaire haben ihre neckende Fahne in die Mitte des feindlichen Lagers getragen. Ist es Müdigkeit der aufsehenden Behörde, ist es Muthlosigkeit, wie jede Niederlage sie erzeugt, es scheint uns, die Censur sey beinahe verschwunden, und sicherlich haben die Blätter, eigentlich politische wie Spottblätter, seit Jahren keiner größern Freiheit genossen, nie mehr an die Epoche vor 1835 erinnert, als in diesem Augenblick. Jede Waffe ist ihnen recht, Wort und Bild, vollendete Gemälde und skizzenhafte Andeutungen; jeder Tag bringt Neues. Aber auch, zu welcher Zeit hat sich der Stoff reichhaltiger dargeboten und gehäuft! Sie können sich wohl denken, daß das ganze heirathliche Mißgeschick des Herzogs von Nemours bei den verhärteten Gemüthern des Charivari und seiner Genossen der Schellenkappe keiner menschlichen Regung, keiner Spur von linderndem Mitgefühl begegnet ist; wohl aber war ihre tragikomische Beileidsbezeigung nichts Anderes, als eine weit ausgeführte Variation des einfachen Thema's: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. In die Hauptsache haben sich0507 obendrein allerlei Zuthaten von der anzüglichsten Art gemischt, namentlich die Episode einer abgefundenen Prätendentin, die man aus ihrem lustigen Element der königlichen Akademie der Musik an das Ufer des Canals bei Calais, und von da in die neblichte unfreundliche Atmosphäre von London verbracht hat, eine Art freiwillig, aber nicht ohne theuern Lohn zugestandener Deportation, die jedoch nicht lebenslänglich seyn soll!

Von der Kammer und der verfehlten Ausstattung des Herzogs von Nemours geht der satyrische Troß in einem natürlichen Sprunge zu der Akademie und ihren Großthaten über. In Wahrheit, es ist zu bedauern, daß deren Wahl nicht in die Mitte einer gänzlichen politischen Windstille fiel, wo alle Aufmerksamkeit, d. h. alle Züchtigung, aller geißelnde Spott ihr allein zugewendet worden wäre: wer könnte ihr je das verdiente Maaß voll machen! Alles vereinigt sich hier zum vollendetsten Spuk: die Académie française, deren Beruf vor Allem ist, sich mit der Krone der Schriftsteller, mit der Blüthe der französischen Sprachfertigkeit zu schmücken, und die einestheils den ausgezeichnetsten Dichter, Hugo, anderntheils einen der berühmtesten Redner der neuern Zeit, Berryer, ausschließt, um zu erwählen, wen? Anstatt Hugo den Naturalisten und Arzt Flourens, dessen wirkliches Verdienst in seiner Besonderheit Niemand bestreitet, der darum auch Secretär der Akademie der Wissenschaften ist, der aber wahrlich nur diese einzige Aehnlichkeit mit seinen großen Vorgängern Cuvier, Buffon und Andern besitzt, und niemals, weder durch Wort noch durch Schrift, sich zum Candidaten der Sprachakademie, der Académie française, geeignet hat. Und wer ist der zweite Erwählte? Graf Molé. Quo titulo? fragt das Charivari. Ist es der politische Name, ist es der Redner, den man in Molé ehren wollte? Warum dann ihm den Vorzug geben vor Berryer, der ihn bei weitem übertrifft? Ist es der Schriftsteller Molé? Niemand kennt ihn und Niemand kann wagen, seinen Namen neben jenem von Hugo zu nennen, die Eigenschaften eines vornehmen Herrn aber, oder eines gewesenen Ministers, der heute noch Freunde am Hof hat, können nur da Zulassungsbedingungen bei einer akademischen Wahl seyn, wo die Akademie selbst ihren Ursprung und ihren Zweck vergessen hat. Auch verfährt Pasquin mit ihr ohne Gnade und Barmherzigkeit, und das Charivari hat einen neuen Bundesgenossen in seinem ältesten und theuersten Gegner gefunden: Viennet, der Akademiker, der classische Lanzenbrecher, hat für Victor Hugo gestimmt, und protestirt öffentlich gegen die Unterstellung des Gegentheils, die er als verleumderisch bezeichnet. Sein Schreiben an den witzigen Feuilletonisten des Temps, der ihn dieses Gräuels bezichtigt hatte, ist in alle Blätter übergegangen. Das Journal des Débats war in diesem Zwiespalt seiner Neigungen und der Schicklichkeit in peinlicher Verlegenheit, und hat nicht wenig zur Ergötzung des unbefangenen Publicums beigetragen. Das Journal des Débats ist seit lange her der entschiedene Patron Victor Hugo's, der ja den Text zu der ausgezischten Oper der Mlle. Bertin geschrieben hat; das Journal des Débats mußte also die Partei Hugo's nehmen und seine vorgezogenen Competenten hart mitnehmen. Aber das Journal des Débats war das infeodirte Organ des Ministeriums vom 15 April und seines Präsidenten Molé, der zudem ein Muster aristokratischer Feinheit und jener politesse française ist, die das Journal des Débats so gern als die erste der socialen Tugenden preist. Was thun vor diesem: hic Rhodus, hic salta! Das Journal des Débats bedenkt sich nicht lang und macht den gewagtesten Sprung, den je ein dialektischer Seiltänzer unternommen hat. Den Grafen Molé im Stich lassen? unmöglich! Dem Dichter untreu werden? eben so wenig. Aber dagegen muß der arme Flourens den doppelten Zorn büßen, den das Journal des Débats darüber empfindet, daß man seinen Schützling zurückgewiesen hat und das Publicum seine zweischneidige Logik zu Gunsten Molé's nicht gutheißen will. Ist das nicht ein wahres Chaos von grotesker Leidenschaft und Ungerechtigkeit? Aber ich vergesse einen ausgezeichneten Spieler in dieser Komödie: den Akademiker und Deputirten Dupin, der in der Akademie für Flourens und Molé und gegen Hugo und Berryer, und in der Kammer für die Jahresgelder des Herzogs von Nemours gestimmt hat, und der jetzt, so behauptet die glaubhafte Chronik des Charivari und seiner Gesellen, aus demüthiger Furcht vor der lauten Stimme der öffentlichen Meinung, sich entschuldigend sagt: Ich habe mich geirrt, ich wollte in der Akademie für und in der Kammer gegen stimmen, allein die Eile war so groß, daß ich in meinen Eigenschaften und meiner Würde irre wurde, und in der Akademie als Advocat, also gegen die Musen und meinen gewesenen Collegen, und in der Kammer als Akademiker, d. h. zu Gunsten des Hochzeitsgedichts und der ehelichen Dithyramben stimmte. Wer ihn um dieses Irrthums willen tadelt, ist ungerecht, er ist das treue Bild seines ganzen Lebens; stets dahinter oder daneben, stets auf der Seite oder halb, nie ganz, noch vollständig, noch zur rechten Zeit, das ist, was der moderne d'Agesseau die rechte Mitte nennt, und die er einst in seinem eignen Bilde, zwischen zwei Stühlen auf der Erde sitzend, durch sein Familienwappen verewigen möge.

Vor diesem interessanten Schauspiel, das des Aristophanes nicht unwürdig wäre, verschwindet selbst die Tollheit des Carnevals, und die Reihe der so ächt komischen Quiproquos, zu denen das neu eingeführte Decimalsystem unter dem Volke Anlaß gegeben hat und jeden Tag gibt, weil dieses sich in das Maaß der grammes statt onces und demi-onces, und in jenes der Meter und Centimeter nicht fügen will, ihre Sprache selbst nicht versteht, und statt der gesetzlichen Ausdrücke das barrockeste Zeug zum Vorschein bringt. Auch im nichtpolitischen Felde der gesellschaftlichen Thorheiten haben wir in diesen letzten Wochen interessante Beiträge zur Litteratur des Grotesken erhalten. Dahin gehört namentlich eine Reihe satyrischer Bilder mit Randglossen, welche die kurzen Irrfahrten eines jungen Provinzbewohners in dem neuen Babylon, und seinen jämmerlichen Rückzug zu den väterlichen Fluren in eben so komischen Figuren als witzigen Worten beschreiben, und die den Grafen Horaz v. Viel-Castel zum Verfasser haben. Hr. v. Viel-Castel gehört zu den wenigen Notabilitäten der legitimistischen Partei, die es nicht unter ihrer Würde halten, ihre Talente und Kenntnisse praktisch zu benützen, und sich mit litterarischen und künstlerischen Arbeiten zu beschäftigen: Hr. v. Viel-Castel hat übrigens in seinen Schriften einen bestimmten Plan, den er stets verfolgt, und der zum Heil seiner politischen Freunde führen soll. So schildert sein: La Noblesse du faubourg St. Germain das Leben des in jenem Stadttheil zurückgezogenen Adels der Restauration, welchem er vorwirft, daß er durch seine hohle und leichtsinnige Gleichgültigkeit das Königthum der Bourbonen zu Grund gerichtet habe. In einem fernern Werke: La noblesse du faubourg St. Honoré, greift er den neuern Adel dieses Stadtviertels, gewissermaßen das Juste-milieu zwischen der alten Feudalaristokratie und dem neuen Geldadel, mit gleichen Waffen an, und sucht ihn zu praktischern, zu gemeinnützlichern und edlern Bestrebungen zurückzuführen. In einem dritten Gemälde endlich: La noblesse de province , wendet er sich an den Adel der Departemente und theilt diesem die Rolle zu, die Erinnerungen und die geschichtlichen Ueberlieferungen rein zu bewahren, die der Adel zu Paris in0508 nichtswürdigem Spiel vertändle und vergeude. Er warnt daher die Jugend des Provinzadels vor den verführerischen und tödtlichen Schlingen des Pariser Lebens, und ermahnt sie, lieber auf ihren väterlichen Gütern sich und ihrer Partei sich zu erhalten, als in dem Gewirre von Paris sich zu verlieren oder doch abzustumpfen. Dieses Thema nun sucht er dem Adel der Provinz ad oculos zu demonstriren in seinem neuesten Product, das den Titel trägt: Aventures du Vicomte de la Linotière, Lion féroce Lion ist bekanntlich der Name, den sich die modernen Dandies des Jockey-Club und des Boulevard des Italiens beigelegt haben. Der Vicomte de la Linotière, wie in 31 schönen Lithographien gar ergötzlich und belehrend zu ersehen ist, wird von dem Dämon der Eitelkeit und des Ehrgeizes gekitzelt; er verläßt sein väterliches Dach und zieht nach Paris in der Absicht, Lion féroce zu werden, nachdem er sich vorher in dem Journal des Modes über die deßfallsigen Bedingungen belehrt hatte. Er wird durch Geld, Freundeshülfe und künstliche Mittel zum Helden gestutzt, verzehrt all sein Geld, bricht ein Bein bei dem Pferderennen und wird lahm, muß sich mit einem eifersüchtigen Ehemann duelliren und verliert einen Arm, überläßt sich dem poetischen Vergnügen des Fischfanges und reißt sich mit der Angel ein Auge aus; kurz, zuletzt sieht man ihn arm, verkrüppelt, elend und verlassen zu seinem Familiengute zurückkehren, wo er die langen Stunden hinbringt, über sein kurzes und so trügerisches Glück zu weinen. Diese Satyre ist, wie die übrigen Leistungen des Grafen, mit Geist und Geschmack entworfen, und die Zeichnungen, die er selbst dazu gefertigt hat, mit Gewandtheit ausgeführt. Auch denen, die fern von Paris ein neuestes Bild seiner Narrheiten und Verirrungen haben wollen, wird es eine willkommene und unterhaltende Gabe seyn.

Zur Statistik des Königreichs Neapel diesseits des Faro.

(Zweiter Artikel.)

Die Civiladmistration ist auf 53 sogenannte Capiluoghi und auf 1790 Gemeinden vertheilt. In jedem Capoluogo residirt außer einem Intendente ein Consiglio d'Intendenza, und versammelt sich alljährlich ein Consiglio Provinciale. Die Administration jeder Gemeinde ist einem Decurionato, einem Syndicus und zwei Eletti anvertraut, die sich nach dem Gesetz den ersten Sonntag jedes Monats zu versammeln haben. Der Decurionato vertritt die Gemeinde, deren erste Behörde der Syndicus ist. Es gibt im Königreich zwei berathende Handelskammern, eine in Neapel, die andere in Foggia, in denen der Intendente der jedesmaligen Provinz den Vorsitz führt. Die Oberaufsicht über die Gefängnisse hat in Neapel ihren Sitz.

Die Rechtspflege handhaben die Corte Suprema, welche als höchste Instanz in Neapel residirt, die Gran Corti Civili, deren vier, und die Gran Corti Criminali, deren fünfzehn über das Königreich vertheilt sind. Jede Provinz hat ein Tribunale Civile erster Instanz, so daß deren ebenfalls im Ganzen fünfzehn sind. Handelsgerichte befinden sich in Neapel, Foggia und Monteleone. Mehrere Gemeinden bilden ein Circondario, in dessen Hauptort immer ein Richter residirt; solcher Giudici del Circondario gibt es im Ganzen 526.

Die Finanzen haben seit dem Jahr 1830 in einzelnen Zweigen wesentliche Verbesserungen erfahren. Damals beliefen sich sämmtliche Einkünfte auf 26,777,664 Ducaten, die Ausgaben auf 27,429,517 D. 59, so daß sich ein Deficit von 651,853 D. ergab. Unter den genannten Einkünften stehen die directen Contributionen mit 8,894,553. 44, die indirecten mit 9,826,826. 12, Stempel und Register mit 1,080,000, Lotto mit 1,300,000, Posten 272,572. 37. Unter den Ausgaben ist die Real Corte (königlicher Hof) mit 1,986,000 D. aufgeführt, die Presidenza des Ministerconseils mit 12,380, Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten 375,536, der Justiz 736,242, des Cultus 46,576. 42, der Finanzen 13,072,885. 17, des Innern 2,032,385, des Kriegs 7,377,288, der Polizei 250,166 und des See-Etats mit 1,558,059 D. Im Jahr 1830 betrugen die Einkünfte der Doganen nur 3,703,000 D., im Jahr 1838 sind sie zu 4,125,000 verpachtet worden; die Einnahmen für Tabak beliefen sich im Jahr 1830 auf 849,000 D., nach der neuesten Verpachtung dagegen auf 920,000; Salz und Pulver, die damals nur 3,109,602 D. abwarfen, tragen jetzt 3,355,000 D. ein. Außerdem erläßt der jetzige König alljährlich 180,000 D. von der Civilliste. Als er auf den Thron kam, fand er die Finanzen im kläglichsten Zustande. Mit kräftigem Willen ging er an die Verbesserung derselben, und ihm allein verdankt man es, daß der öffentliche Credit sich gehoben hat. Einzelne Auflagen wurden ganz unterdrückt, andere gemildert, und zugleich in allen Zweigen des öffentlichen Dienstes für passende Besoldungen gesorgt. Das erste Beispiel solch heilsamer Reform gab der König in seinem Privatleben. Galanti schätzt die Einnahmen des Jahrs 1787 auf 14,400,000 D.; im Jahr 1814 waren sie schon zu 22,564,000 gestiegen, im Jahr 1819 zu 26,089,000; im Jahr 1835 betrugen sie 26,089,000, die Ausgaben 26,100,000 D.

Nach Coletta's Angaben war der Effectivbestand der Armee im Jahr 1780 14,000 Mann, 1790 schon 24,000, 1794 42,000, 1798 75,000; im Jahr 1800 fiel er wieder auf 67,000 Mann, im Jahr 1838 auf 44,948, wovon auf die Infanterie 29,381, auf die Cavallerie 4473, auf die Artillerie 2100 und auf das Geniecorps 750 Mann kommen. Im Fall eines Kriegs kann ein Heer von 64,237 Mann aufgeboten werden.

Der Präsident der königlichen Universität zu Neapel leitet den Unterricht in den Provinzen der Halbinsel. Er und sechs Professoren bilden eine Giunta, die über den öffentlichen Unterricht zu wachen und für die nöthigen Verbesserungen Sorge zu tragen hat. In der Provinz Neapel stehen alle Anstalten der Art unter seiner unmittelbaren Aufsicht; in den andern Provinzen ist die Sorge einer Commission überlassen, die aus drei Individuen besteht und an dem Capoluogo jeder Provinz residirt. Der Regierung steht die Wahl der Mitglieder zu. Neapel ist die einzige Universität, 1224 gegründet, zählt sie jetzt 1500 Schüler. Neben ihr besteht für Medicin das Real Colleggio mit fünfzehn Lehrstühlen. Fünf Lyceen und zwölf königliche Gymnasien besitzt das Königreich, die Zahl der sie besuchenden Schüler aber ist unbekannt. Der Secondärschulen gibt es 42; sie heißen so, weil der Cursus in ihnen nicht ausgedehnt und methodisch ist. An einigen von ihnen wird auch Anweisung im praktischen Landbau ertheilt. An Schulen aber, welche weniger für Gelehrte, als für solche bestimmt sind, die sich der Industrie, dem Handel, der Mechanik u. s. w. widmen wollen, fehlt es gänzlich. Das Gesetz will, daß in allen Provinzen Schulen für Knaben seyn sollen, in denen Schreiben, Lesen und ein wenig Rechnen gelehrt wird. Wo sie bestehen, sind sie ohne Unterschied in schlechtem Zustande, ja für Mädchen gibt es nicht einmal solche Anstalten. Ueberhaupt ist der Elementarunterricht so sehr vernachlässigt, daß es unmöglich bleibt, darüber genauere statistische Nachrichten zu geben. Eine der größten Wohlthaten, so schließt Serristori diesen Artikel, die Ferdinand II seinem Volk ertheilen kann, wird eine passende Systematisirung des öffentlichen Unterrichts seyn, welcher durch verschiedene Umstände bis auf den heutigen Tag vernachlässigt0509 blieb. Ohne Beispiele in der Fremde suchen zu wollen, bietet das lombardo-venezianische Königreich in dieser Beziehung ein schönes Muster dar.

Khiwa.

Das Pariser Journal la France läßt sich angeblich aus St. Petersburg schreiben: Der Khan von Khiwa ist 53 Jahre alt tapfer, aber indolent. Er selbst, wie man sagt, würde mit Rußland gern in gutem Einvernehmen seyn, aber er läßt sich durch den Einfluß seiner Favoritgemahlin, eines schönen und stolzen Weibes von 22 Jahren, bestimmen, welche die Schwester des Sultans der unabhängigen Kirgisen und sehr kriegslustig ist. Sie hat 5000 Mann Infanterie und 26,000 Mann khiwanischer Reiterei zur Vertheidigung der Hauptstadt bewaffnet, und ihren Bruder um Hülfe angegangen, der sich aber auf das bestimmteste weigerte, an einem Kriege gegen Rußland Theil zu nehmen. Sie selbst soll unter dem Einfluß eines Italieners stehen, der in ihres Gatten Palast den Majordomus macht. Der Khan besitzt muthmaßlich große Schätze, und seine Marställe sind mit den schönsten Pferden asiatischer Race angefüllt. Er hat 600 fremde Sklaven in seinem Dienst, da die Khiwanen alle Krieger sind und sich nicht zu Domestikendiensten brauchen lassen. Die Bevölkerung seines Gebiets besteht aus 426,000 freien (männlichen) Khiwanen und 85,000 Sklaven.

Dr. Dahl, seit mehreren Jahren im Gouvernement Orenburg in öffentlichen Dienstverhältnissen stehend, dem Generallieutenant Perowsky auf seiner gegenwärtigen Expedition nach Khiwa als Beamter für besondere Aufträge beigegeben, gab uns neuerlichst interessante Data über dieses Land. Er verdankte sie der mündlichen Mittheilung der jüngst aus Khiwa nach Orenburg zurückgekehrten Gefangenen. Wir entlehnen der Schrift Nachstehendes: Khiwa's gegenwärtiger Khan Alla-Kul regiert seit 1826. Er hat zwei Söhne: Rahman-Kul-Thura, jetzt 25, und Hadschai-Kul-Thura, jetzt 20 Jahre. Alla-Kul wird jetzt gegen 45 Jahre zählen. Seine Dynastie ist aus dem Stamme der Usbeken . Khiwa steht im Umfange seiner Größe und Bevölkerung dem benachbarten Buchara weit nach. Letztere möchte etwas über 200,000 Individuen beiderlei Geschlechter betragen. Sie besteht aus einem Gemisch von Karakalpaken, Truchmenen, Usbeken und Sarten. Von ersteren zählt man im ganzen Khanat nicht über 1000 Männer; die Truchmenen, für die besten Krieger geltend, haben sich in den letzten Jahren zahlreich dort übergesiedelt; die Usbeken, der Urstamm der Bevölkerung, halten sich für die ersten und gehen nur wenig mit den übrigen Bewohnern um. Khiwa, die Hauptstadt des Landes, zählt an 20,000 Bewohner. Es ist auf einer Anhöhe erbaut, ringsum von einem Erdwall umgeben. Die Festung, von Thonstein aufgeführt, bildet ein Rondell, deren Mauer unter 3 Faden, oben aber nur eine Arschine Dicke hat. Die Höhe beträgt 8 Arschine. In derselben sind in abgemessenen Zwischenräumen Schießscharten zur Vertheidigung bei feindlichen Ueberfällen angebracht, Kanonen aber nicht aufgestellt. Vier Thore führen aus der Stadt nach den verschiedensten Richtungen. Vor ihr liegen zwei kleine Seen. Gegen zwei Tagmärsche von der Stadt ist der Hauptfluß des Landes, Aliju-darja; von diesem ist ein Canal in die Stadt geleitet, nicht tief, nur von Manneshöhe. Von diesem aus gehen wieder 160 kleine Canäle nach allen Seiten des Landes, das überhaupt von Canälen durchschnitten ist, zur Anfeuchtung und Bewässerung des Bodens; denn wenn die Felder und Gärten nicht von den gefangenen Russen und Persern (Schiiten) täglich mit dem mühsamsten Eifer gelockert, geebnet und befeuchtet werden, gedeiht nichts auf ihnen. Die Festung hat an 2000 Häuser, sie sind alle von Thon, mit platten Dächern, ohne Fenster; ihre Stelle vertreten Löcher in der Mauer, durch welche das Tageslicht ins Innere der Wohnungen fällt. Eine Menge anderer Häuser befindet sich außerhalb der Festung, alle gehen aber rund um die letztere und dehnen sich nach allen Seiten weit über eine Werst aus. Die Gassen sind nicht allein in der Hauptstadt, sondern auch in allen übrigen Städten des Khanats krumm, dergestalt eng, daß mit Mühe nur ein Bauerwagen passiren kann und über allen Begriff, unrein und schmutzig. Im Herbst zur Regenzeit sind die Straßen in den Städten und die Landwege vor Schmutz nicht zu passiren. Der Khan hat seine Wohnung in einem besonderen Hause in der Festung, dessen Aeußeres ganz seiner Umgebung entspricht. Vor seinem Hause befindet sich keine Wache, nur zwei bis drei Thürhüter wahren die äußeren Zugänge, diese aber auch nach Belieben, sie kommen und gehen von ihren Posten wie es ihnen gefällt und sind ohne Waffen. Der Khan trägt beständig einen krummen Säbel an der Seite. Seine Streitkräfte mögen einige 20,000 Mann betragen.

Der Khan soll an zehn Frauen besitzen. Die älteste von ihnen, die Tochter eines Kirgisen-Sultans, ist eine seiner nächsten Verwandten. Den Frauen des Khans wird das tägliche Brod nach Gewicht zugemessen. Für den ganzen Hofstaat sind täglich bestimmt drei Pud Weizenmehl (120 Pfund), zwei Pud Reis, ein Pud Fleisch, anderthalb Pud Sesam-Butter. Die Oekonomie geht so weit, daß viele der Frauen gezwungen sind, die Reste des kargen Pillaw zum Verkauf auf den Bazar zu senden, um für den daraus gelösten Kopeken etwas Seide oder andere Bagatellen einzukaufen. Jede besitzt ihr besonderes Kämmerchen. Die kleine Hofküche besorgt eine gefangene Perserin, die selbst kaum dabei gesättigt wird; bei der großen ist eine Russin angestellt, deren Amt unweit lucrativer ist. Zweimal täglich erscheinen bei ihr die Dienstboten vom ganzen Hofe des Khans, von seinen Frauen und Kindern, alle mit irdenen Geschirren versehen. Jedem verabreicht die Russin größere oder kleinere Portionen, nach der Charge und dem Range der Absender, und dabei erübrigt sie so viel, daß sie an jedem Abend ein mit Mundvorrath gefülltes Säckchen nach Hause bringt. Der Khan erhält natürlich vor allen die größte Portion, die er nie verzehrt; von den Resten sättigen sich später seine ersten Minister und Hofbeamten, die darauf schon in den Vorgemächern harren. Bei der Theilung pflegt es nicht selten zu argen Raufereien zu kommen. Vom ganzen Hofe ist der Khan der einzige, der Thee trinkt, jedoch nur den gemeinen Ziegel - oder Kalmücken-Thee, selten besseren. Nur zweimal in der Woche erlaubt er sich, dazu Zucker zu nehmen. Er bedient sich einer chinesischen Tasse. Auch an diesem Genusse läßt er zuweilen seine vertrautesten Günstlinge Theil nehmen. Seine Frauen und Kinder erhalten nie Thee. Des Khans älteste Frau ist berechtigt, jedes Jahr eine Reise zum Besuch ihres Bruders auf einige Tage nach der Kirgisen-Horde zu machen. Sie tritt sie allemal zur Nachtzeit an, in einer einfachen Arba (Bauerwagen) mit einem Pferde bespannt, mit dem zu einer andern Zeit Dünger geführt wird. Das Pferd leitet ein Gefangener am Zaume. Die Khanin begleiten eine oder zwei ihrer Mädchen. Alla-Kul ist von schwachem Gemüthe, überaus unterwürfig dieser Frau, die große Gewalt über ihn übt. Sie ist von eigensinnigem Charakter und streng gegen ihre Sklavinnen. Ihre Bedienten sind nur Gefangene, häufig0510 züchtigt sie sie selbst mit der Peitsche. Sie ist über allen Begriff geizig.

Die Khiwaer lieben ihren Khan nicht sehr, weil er sie merklich zurücksetzt, ihnen mißtraut, seine nächste Umgebung wie seine Kriegerschaar mehr aus russischen und persischen Gefangenen bildet. Russen werden sich um seine Person jetzt über hundert befinden, unter ihnen 54 Kanoniere. Kanonen verschiedenen Kalibers besitzt er nicht mehr als dreißig; fast alle sind aber untauglich, an keiner von ihnen befinden sich Laffetten.

Jede von Rußland nach Khiwa abgehende Handels-Karawane muß an der Gränze, wo die Steppe aufhört, eine Steuer erlegen, die gewöhnlich einen Ducaten von jedem Kamel beträgt. Zu ihrer Einsammlung sind besondere Beamte vom Khan beauftragt (Jossaule genannt). Die Oberaufsicht über alle aus Khiwa abgehenden Karawanen führen die Karawan-Baschis, welche der Khan selbst zu diesen Aemtern ernennt. Kehrt eine Karawane glücklich zurück, so beschenkt sie der Khan gewöhnlich mit einem Schlafrock und einem Pferde. Nächst ihnen befinden sich bei jeder Karawane Reise-Führer, die nur Kirgisen seyn können. Sie müssen aller Richtungen des Weges und seiner Beschaffenheit zu jeder Jahreszeit, bei Tag und Nacht kundig seyn, müssen aufs genaueste alle Punkte auf demselben kennen, wo gelandet, übergesetzt und angehalten werden kann.

Nächst Khiwa, der Hauptstadt, ist Urgendsch die größte und volkreichste Stadt im Khanat. Hesares, Hanka, Hurland, Aral und Hadschi-Ili passiren auch noch für größere Städte. Ragat, Karaman, Koskotuk, Hannabad sind kleine unbedeutende Orte. Alle Städte in Khiwa, wie in der Bucharei, sind mit Erdwällen und Gräben umgeben.

Es werden sich gegenwärtig in Khiwa an 2000 russische Gefangene befinden, nach andern Nachrichten soll ihre Zahl noch größer seyn. Kaum hundert von ihnen haben bisher ihre Freiheit erhalten und nach Rußland zurückkehren können. In der Bucharei befinden sich keine aus Rußland geraubten Gefangenen, wohl aber Tataren, die freiwillig dahin zu verschiedenen Zeitpunkten desertiren und deren Zahl man über tausend angibt. Sie erfreuen sich dort einer unweit milderen Behandlung, als die Russen in Khiwa. Von ihren Kriegszügen nach Persien kehren die khiwanischen Khane jedesmal mit einer bedeutenden Zahl Gefangenen zurück. Die Schiiten sind zu den härtesten Arbeiten verurtheilt, die Sunniten aber, gleichen Glaubens mit den Khiwanen, werden im Heer angestellt. Die Khiwanen selbst übernehmen nie eine schwere Arbeit auf ihren Feldern oder in ihren Gärten. Diesem Loose sind allein die geraubten Gefangenen, die im vollkommenen Sklavenverhältniß stehen, unterworfen. Die Culturerhaltung der Felder und Gärten verlangt die mühevollsten Arbeiten. So leben sie ganz auf Rechnung ihrer Sklaven, die ihnen Alles verschaffen müssen. Größtentheils werden sie ihnen von den Truchmenen und Kirgisen zugeführt. Bei der härtesten Arbeit müssen sie sich mit der kärglichsten und schlechtesten Nahrung behelfen. An monatlichem Proviant bestimmt der Khan jetzt jedem nur drei Pud Weizenmehl, sonst nichts. Die Privaten halten ihre Gefangenen noch erbärmlicher. Früher erfreuten sie sich eines besseren Schicksals. Als aber unter dem Khan Mohammed Rachim, dem Vater des jetzigen, ein Mullah (Geistlicher), aus Buchara in Khiwa erschien und dem Khan vorstellte, es sey sündlich, die Kjäfüren (Russen) so gut zu halten, man müsse sie durch Hunger foltern, trat für sie ein härteres Loos ein. Die Flucht nach Rußland gelingt den Gefangenen nur äußerst selten. Die von Khiwa abgehenden Karawanen werden von besondern Aufpassern an der Gränze aufs strengste untersucht. Den Aufgefangenen schneidet man in der Regel Nasen und Ohren ab. (Preuß. Staatsztg.)

[748]

Erklärung.

Ich ersuche die verehrl. Redaction um Aufnahme folgender Erwiederung auf einen Artikel der Leipziger Allgemeinen Zeitung, Nr. 45, datirt

〈…〉〈…〉

Aachen, 8 Februar.

Besagter Artikel ist von Anfang bis Ende nichts als ein Gewebe von Lügen und Verleumdungen.

Brüssel, den 21 Februar 1840

J. T. Laurent, Bischof von Chersones und apost. Vic.

[747]

Erklärung.

In der Beilage der Allg. Zeitung Nr. 57 vom 26 Februar 1840hinter einer Erklärung, datirt London vom 8 Februar 1840 findet sich ein Frhr. v. Andlau, Kammerherr des Herzogs von Braunschweig, unterfertigt. Da dieser angebliche Frhr. v. Andlau in keiner Hinsicht dieser Familie angehört, sondern seines Namens Bitter heißt, eines Tischlers Sohn von Braunschweig ist, und bei Herzog Karl von Braunschweig Kammerdiener gewesen seyn mag, so steht jedem ächten Mitglied der Familie v. Andlau das Recht zu, gegen die Anmaßung seiner Titel und Namen öffentlich sich aufzulehnen, um so mehr, als dieser Bitter unter dem sich angemaßten Namen in Paris beschimpfenden körperlichen Mißhandlungen sich ausgesetzt hat, und damals schon die Grafen v. Andlau von Paris für nöthig erachtet haben, gegen gedachten Bitters unrechtmäßig geführten Namen v. Andlau in öffentlichen Blättern Einspruch zu thun. Ob Herzog Karl von Braunschweig das Recht hat, einem seiner Diener den Titel und den Namen einer noch existirenden adeligen Familie zu geben, überläßt man dem Urtheile der öffentlichen Meinung.

Graf Joseph v. Andlau von Homburg, k. franz. pens. Rittmeister, wohnhaft in Stotzheim im Elsaß, gegenwärtig in Ulm.

Eine andere in dieser Beziehung der Redaction zugekommene Reclamation sagt: Ein gewisser Bitter, früher Kammerdiener, später Kanzleidirector, Legationsrath und Kammerherr Sr. Durchl. des Herzogs Karl von Braunschweig, hat von diesem seinem Herrn den Namen und das Wappen der Familie Andlau erhalten. Daß dieß nur auf widerrechtliche Weise geschehen konnte, war klar, wenn diese Ernennung auch noch zu einer Zeit geschehen wäre, wo der Herzog Karl Souveränetätsrechte ausübte. Jener willkürliche Act fand aber im Jahre 1831 statt, und ist, abgesehen von seiner absoluten Ungültigkeit, auch noch von Sr. Durchl. dem jetzt regierenden Herzog Wilhelm förmlich widerrufen worden. Die Allg. Zeitung hat seiner Zeit jene braunschweig'sche Verordnung mitgetheilt.

0511

[713]

Ankündigung.

Da dem Directorium des hiesigen allgemeinen Pfarr-Waisenhauses mit jedem Semester weit mehr Zöglinge angeboten werden, als nach der eigentlichen Bestimmung dieses Institutes, das dermalen 53 Zöglinge zählt, aufgenommen werden können, so hat sich der Unterzeichnete entschlossen, in Verbindung mit einigen Freunden eine allgemeine Erziehungs-Anstalt, die, neben dem Pfarr-Waisenhause bestehend, zur Aufnahme von Knaben aller Stände, des Inlandes und des Auslandes, geeignet wäre, zu gründen, was vorläufig mit dem Bemerken bekannt gemacht wird, daß bereits ein ziemlich geräumiges, frei und heiter gelegenes Gebäude der Vorstadt, unweit der Anhöhe, worauf das Waisenhaus steht, sammt Scheune, Hofraum, Garten und einer großen Wiesflur angekauft worden ist, und mit dem Beginne des Frühjahrs ein neuer, ausgedehnterer Bau angefügt werden, die Erziehungs-Anstalt aber mit dem ersten Julius dieses Jahres beginnen wird, und eine ausführlichere Ankündigung durch den Unterzeichneten und durch die Raw'sche Buchhandlung in Nürnberg zu beziehen ist.

Windsbach, bei Ansbach, den 25 Februar 1840

Brandt, Dekan.

[723]

Bekanntmachung.

Der unterzeichnete Ausschuß macht, zufolge §. 15 der Statuten, hiermit bekannt, daß nach dem Bücherabschlusse der Ludwigs Walzmühle dahier der Reinertrag derselben im verflossenen ersten Betriebsjahre sich auf 6 Procent entziffert, und daß folglich nach §§. 7 und 21 der Statuten für garantirten Jahreszins und erzielte Superdividende pro 1839 der Betrag von 30 fl. Reichswährung per Actie von 500 fl. bei dem Hause Erich & Gebrüder v. Ruedorffer dahier, gegen Einlieferung des treffenden Zins-Coupons, erhoben werden kann.

München, den 29 Februar 1840

Der Ausschuß der Actionnäre der Ludwigs-Walzmühle.

[187-90]

Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft.

Siebente Actien-Einzahlung von 10 Proc.

Die Actionnäre unserer Gesellschaft werden unter Bezugnahme auf die §§. 14, 15 und 16 des Statuts hiermit aufgefordert, die siebente Einzahlung mit 10 Proc. oder 25 Thaler per Actie, bis zum 16 März d. J. bei uns oder bei den Herren Joh. Dav. Herstatt Sal. Oppenheim jun. & Comp. Abr. Schaaffhausen Joh. Heinr. Stein

in Köln.

Karl Martin Adenaw in Aachen zu leisten, und die in ihren Händen befindlichen Quittungsscheine über die geleistete sechste Einzahlung mit einzuliefern, indem die neuen Quittungsscheine über 70 Proc. oder 175 Rthlr. per Actie lauten und nur gegen Zurückgabe der am 2 Januar c. von uns ertheilten Quittungen verabfolgt werden.

Die vorgenannten Bankierhäuser werden wie bisher über die empfangenen Einzahlungen Interims-Quittungen ertheilen, welche demnächst gegen die förmlichen Actien-Quittungen bei denselben Bankierhäusern umzutauschen sind.

Köln, den 12 Januar 1840

Die Direction der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft.

Hirte, Spec. -Dir.-Subst.

[724-26]

Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn.

Neunter Actien-Beitrag.

Die HH. Actieninhaber der Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn werden, in Gemäßheit des §. 5 des Statuts, eingeladen, von dem Betrag ihrer Actienberechtigung den neunten Beitrag mit zehn Proc. an die Bankierhäuser: Wilhelm Cleff in Düsseldorf, oder von der Heydt-Kersten & Söhne in Elberfeld bis zum ersten Mai dieses Jahres einzuzahlen, und dabei die über die vorherigen Beiträge erhaltene Quittung wieder vorzulegen, um darunter die jetzt zu ertheilende Quittung ebenfalls auszufertigen.

Düsseldorf, den 24 Februar 1840

Die Direction: Quest. Schöller.

0512

[676]

Ausschreibung.

Isaak Widmer, Gerber von Oberutzwyl, und Martin Dieze, Fabricant von Jonschwyl, beide vom Bezirk Untertoggenburg, Kanton St. Gallen in der Schweiz über welche durch ihre heimliche Entfernung der Concurs veranlaßt worden, werden andurch unter Strafandrohung aufgefordert, sich innert 6 Wochen bei dem Präsidenten der Auffalls-Commission von Untertoggenburg zu stellen, um über ihre Massaverhältnisse nähern Aufschluß zu ertheilen.

Flawyl im Kanton St. Gallen, den 22 Februar 1840

Aus Auftrag der Auffalls-Commission.

Baumann, Bezirks-Gerichtsschreiber.

[315-16]

Außerordentliche Preisherabsetzung!

Shakspeare's sämmtliche dramatische Werke, vollständig in 37 Bändchen im Taschenformat (schöne Wigand'sche Leipziger Ausgabe) auf Velinpapier im eleganten Umschlag ganz neu br., anstatt 10 fl. jetzt für 3 fl.

NB. einzeln wird jedes Bändchen à 12 kr. abgelassen.

Wien und die Oesterreicher sammt Reisebildern aus Schwaben, Bayern, Tyrol u. Salzburg.

Von Mistreß Trollope.

Aus dem Englischen von Sporschil.

Vollständig in 3 Bänden. 8. Schöne neueste Wigand'sche Leipziger Ausgabe. Auf Velinp. im eleg. Umschlag ganz neu broschirt anstatt 5 fl. jetzt für 1 fl. 30 kr.

Zu haben für Conv. -Münze in Rudolph Sammers Buchhandlung in Wien, wie auch für dieselben Preise durch alle übrigen soliden Buchhandlungen des ganzen In - und Auslandes zu beziehen.

[683-85]

Bekanntmachung.

Ein mit der Technologie, hauptsächlich aber mit dem Fache des Wagenbaues und den darauf bezüglichen neuesten Erfindungen und Verbesserungen etc. sowohl theoretisch als praktisch vollkommen vertrauter, und in jeder Hinsicht durchaus gebildeter Mann, besonders wenn er bereits einer vorzüglichen Wagenfabrik in oder außerhalb Deutschland als Dirigent vorgestanden hat, kann bei einer öffentlichen Anstalt von bedeutender Ausdehnung eine entsprechende Anstellung mit angemessenem Gehalte finden.

Deßfallsige Anmeldungen sind bei der Expedition dieses Blattes, und zwar längstens bis zum 15 Mai 1840einzureichen.

[704]

Bekanntmachung.

Indem man sich auf die in Nr. 355 u. 361 dieser Zeitung vom vorigen Jahr enthaltene Anzeige, den Verkauf der Ziegelfabrik in Thiengen betreffend, bezieht, wird zur weitern Kenntniß gebracht, daß, da bei der am 7 Januar abgehaltenen Steigerung der Anschlag nicht geboten wurde, man eine zweite Steigerung, und zwar auf Montag den 9 März anberaumt habe.

Nähere Auskunft ertheilt auf Verlangen Fr. Rutschmann in Thiengen.

[714]

Dienst-Offert.

Ein geschickter Uhrmachergeselle, der sowohl in neuer Arbeit als auch in der Reparatur bewandert ist, kann bei dem Unterzeichneten gegen solide Bedingungen dauernde Condition finden.

Ingolstadt, am 26 Februar 1840

Joh. Nep. Maler, Stadtuhrmacher.

[52]

In der J. G. Cotta'schen Buchhandlung ist erschienen: Polytechnisches Journal, herausgegeben von den DD. Dingler und Schultes.

Erstes Februarheft 1840

Inhalt: Flachat und Petiel, über den Widerstand, den der Dampf bei seiner Bewegung und Vertheilung in den Locomotiven erfährt. Pambours Versuche über die Wassermenge, welche der Dampf während der Bewegung der Locomotiven in flüssigem Zustande mit sich fortreißt. Derselbe über den vergleichsweisen Nutzeffect von Locomotiven mit breiten und schmalen Spurweiten. Versuche, welche mit dem Dampfzugkarren des Hrn. Charles Dietz auf gewöhnlichen Landstraßen angestellt wurden. Bericht, welcher der Akademie der Wissenschaften in Paris durch Hrn. Séguier erstattet wurde. Taylors Verbesserungen an den zum Treiben von Schiffen, Wagen und Maschinen dienenden Mechanismen etc. und an den rotirenden Dampfmaschinen. Mit Abbild. Bericht des Hrn. Payen über den Getreide-Aufbewahrungsapparat des Hrn. Vallery. Mit Abbild. Brongniarts Beschreibung einer neuen, von Hrn. Regnier erfundenen Methode das Porcellan in die Kapseln einzusetzen. Mit Abbild. Stegers Nachtrag über Glasmalerpigmente und deren Flußmittel, so wie über das zweckmäßigste Verfahren beim Auftragen und Einbrennen derselben. Neues Verfahren um Silberplatten auf eine sehr gleichförmige Weise mit einer beliebig starken Jodschicht zu überziehen; von Dr. Ascherson. Ueber ein aus salzsaurem Zink und Salmiak bestehendes Doppelsalz, welches das Verzinnen der Metalle sehr erleichtert; von Hrn. Golfier-Besseyre. Hoard's Verbesserungen in der Zuckerfabrication. Mit Abbild. Peligot über die chemische Zusammensetzung des Zuckerrohrs. Miscellen. Alphabetisches Verzeichniß sämmtlicher Patente, welche im Jahre 1838 in Frankreich ertheilt wurden. Preisezuerkennung. Der Viaduct von Congleton. Lalanne's Arithmo-Planimeter. Weitere Notizen über Lalanne's Rechenmaschine. Ueber einen neuen, von Hrn. Bunten erfundenen Barometer. Verbesserungen in der Daguerréotypie. Turners chemische Untersuchung der schlagenden Wetter aus den Kohlengruben bei Newcastle. Versuche über den Widerstand einiger Holzarten. Ueber die durch das Auslassen von Gasröhren veranlaßten Explosionen. Ueber die Wirkung des Salzwassers auf das Eisen. Ueber den Alkoholgehalt einiger Weine und Biere. Ueber den Opiumverbrauch in China.

Zweites Februarheft.

Schlumberger, Beschreibung eines verbesserten Schwimmers für Dampfkessel. Mit Abbild. Goodfellows Verbesserungen an den metallenen Kolben. Mit Abbild. Beschreibung der hydraulischen Patent-Eisenbahnwinde des Hrn. W. Curtis. Mit Abbild. Bourne und Bartley's Verbesserungen an den Rädern für Eisenbahnfuhrwerke, welche auch auf die Räder im Allgemeinen anwendbar sind. Mit Abbild. Dupuit über das Ziehen von Wagen und über die Reibung zweiter Art. Von der Reibung der zweiten Art oder der beim Rollen stattfindenden Reibung und von der Wirkung der Räder auf die Straßen. Trevelyan, über das Patent-Wasserrad des Hrn. Wing. Mit Abbild. Hortons Verbesserungen in der Fabrication von Ketten, welche zum Gebrauch in den Bergwerken, Gruben und an andern Orten bestimmt sind. Mit Abbild. Whitworths Verbesserungen an den Maschinen zum Spinnen und Zwirnen der Baumwolle, Wolle und anderer Faserstoffe. Mit Abbild. Die Schwarzwälder Uhrenindustrie nach ihrem Stand im Jahre 1838, technisch und statistisch dargestellt von Dr. Adolph Poppe. Ueber die Stärke und Beschaffenheit einiger englischen Bausteine. Ure, über die Klebrigkeit verschiedener Flüssigkeiten bei gleicher Temperatur und über die Klebrigkeit gleicher Flüssigkeiten bei verschiedenen Temperaturen. Nachträgliches über die quantitative Bestimmung des Eisens und anderer Metalle mittelst Kupfer; vom Oberbergrath Dr. J. N. Fuchs. Miscellen. Alphabetisches Verzeichniß sämmtlicher Patente, welche im Jahre 1838 in Frankreich ertheilt wurden. (Fortsetzung. ) Ruthvens neuer Patent-Dampfkessel. Heberts und Dons rotirende Dampfmaschine. Symingtons Verbesserungen an den Locomotiven. Stehelins Verbesserungen im Bau der Dampfwagen. Esquilants Methode zur Darstellung verschiedener Ornamente. Cumberlands weißes Pigment, welches anstatt Bleiweiß angewendet werden soll. Grüner, ölartiger Körper aus chromsaurem Kali zu Firnissen, zum Färben der Kautschukmassen und als ächte grüne Dinte benutzbar etc. Aechte violette Farbe für Porcellan -, Oel - und Wassermalerei. Ueber verschiedene neuere Benutzungen des Specksteines. Turpins Untersuchungen über die Butter. Anbau des Zuckerrohrs in Rußland. Deutsche Litteratur.

Von diesem gemeinnützigsten und wohlfeilsten Journale Deutschlands erscheinen wie bisher monatlich zwei Hefte mit Abbildungen. Der Jahrgang aus 24 Heften mit 30-36 großen Tafeln Abbildungen bestehend, mit einem vollständigen Sachregister versehen, macht für sich ein Ganzes aus, und kostet durch die Postämter und Buchhandlungen nur 9 Rthlr. 8 gGr. oder 16 fl. In das Abonnement kann nur für den ganzen Jahrgang eingetreten werden.

〈…〉〈…〉Die Verlagshandlung kann vom Polytechnischen Journal noch einige ganz vollständige Exemplare, welche sie aufgekauft hat, und zwar 1r bis 18r Jahrgang zu 168 Rthlrn. oder 288 fl. anbieten. Die Jahrgänge 1820, 1821, 1822, 1823, 1824, 1826 bis 1838 sind fortwährend einzeln zum Preise von 16 fl. oder 9 Rthlrn. 8 gGr. zu haben.

[656]

Karl Bosse, Kunst - und Handelsgärtner in Quedlinburg, empfiehlt allen Gartenfreunden sein Preis-Verzeichniss von ächten, frischen und selbstgebauten Gemüse - und Blumensamen.

Man erhält dasselbe umsonst in der Buchhandlung von K. Kollmann in Augsburg.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
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Extent16 images; 15216 tokens; 5419 types; 106556 characters
Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 64. 4. März 1840 . Augsburg1840.

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Fraktur

LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;

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