PRIMS Full-text transcription (HTML)
0817
Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonntag
Nr. 103.
12 April 1840

Spanien.

Die Nachricht von der Einnahme Castellote's durch die Truppen der Königin ist erst gestern hier eingetroffen, indem unsere Verbindung mit Saragossa durch ein in Medina Celi aufgestelltes Carlistisches Streifcorps 48 Stunden lang unterbrochen war. Espartero bezeichnet in seinem am 26 ausgestellten amtlichen Berichte die von der Besatzung Castellote's geleistete Vertheidigung als die hartnäckigste, welche die Geschichte dieses blutigen Kampfes aufzuweisen habe. Da die Chefs der Carlisten den in jenen Platz eingeschlossenen Truppen gedroht hatten, sie zu erschießen, sobald sie ausgewechselt seyn würden, so blieb ihnen keine andere Wahl, als sich unter den Trümmern des Castells zu begraben. Am 21 lagerte sich die Armee Espartero's eine halbe Meile von Castellote; am 22 rückte sie bis auf Kanonenschußweite vor; es trat Sturm, Schneewetter und eine solche Kälte ein, daß in der Nacht neun Soldaten und ein Oberofficier erfroren. Am 23 nahmen die Truppen das Dorf Castellote, und trieben den Feind in das Castell zurück, während der Nacht wurden Batterien für fünf 16Pfünder, sechs 12Pfünder und vier 8Pfünder angelegt. Am 24 wurde das Feuer gegen den Platz mit Erfolg eröffnet; die von den Carlisten aufgepflanzte rothe Fahne fiel herunter, und wurde von dem Winde in Espartero's Lager getrieben; dieser wies den Antrag der Besatzung, zu capituliren, zurück. Am 25 wurde ein großer Theil des Castells zertrümmert, und die Truppen der Königin näherten sich bis auf Pistolenschußweite. Man legte am Fuße der Mauer eine Mine an, um einen bombenfesten Thurm in die Luft zu sprengen. Am 26 ließ Espartero die Regimenter Princesa und Luchana um die Ehre loosen, den Sturm zu unternehmen, allein sie wollten beide an dem Ruhme Theil haben, drangen nach einem zweistündigen blutigen Gefecht in das Innere des Castells ein, und waren im Begriff, die Besatzung niederzumachen, als diese, welche bereits die Hälfte ihrer Mannschaft, darunter sieben getödtete Officiere, verloren hatte, ein weißes Tuch aufsteckte. Es waren Spanier, sagt Espartero in seinem Berichte, verblendete Spanier, die sich mit der größten Tapferkeit geschlagen hatten, und ich konnte nicht umhin den Empfindungen der Menschlichkeit Zulaß zu gewähren. Augenblicklich ließ ich das Feuer einstellen, und forderte sie auf, sich ohne andere Bedingung als die Erhaltung des Lebens zu ergeben. Gleich darauf wehte die Fahne des Regiments la Princesa von dem Thurme. Man fand im Innern 60 Verwundete, 54 Todte und 260 Gefangene vor. Die Truppen der Königin hatten 7 Todte und 54 Verwundete. Während der Belagerung stand Llangostera mit seinen Streitkräften unthätig in der Nähe in Ladruñan, und die Vertheidiger des Prätendenten werden nunmehr die Ueberzeugung haben, daß ihre Chefs sie einem gewissen Tode weihen, oder sie auf die fast zu weit getriebene Großmuth eines hochherzigen Feindes hinweisen. Espartero sieht sich in die Alternative versetzt, entweder die gefangenen Carlisten dem gewissen Tode entgegenzuschicken, und für sie eine gleiche Anzahl von den in Cabrera's Händen befindlichen Gefangenen einzuwechseln, oder diese noch länger allen Qualen der härtesten Gefangenschaft preiszugeben, und jene, die Feinde, von dem Tode zu retten, der ihrer in den Reihen der Ihrigen erwartet. Der Feldherr der Revolution hat nur die Stimme seines Herzens befragt, während die sogenannten Vertheidiger der Rechtmäßigkeit und der Religion alle Kirchen niederbrennen, die Ortschaften, in denen sie bisher Schutz fanden, dem Erdboden gleich machen, die Weiber schänden, und die männliche Bevölkerung ausrotten. Auch den Flecken Aliaga haben sie verbrannt. Das dortige Castell, das von Alcalá, und Cantavieja sollen von der vierten Division Espartero's und der zweiten des Centrums genommen werden. Balmaseda (der Carlistenchef) ist wirklich mit einiger Reiterei in die Provinz Soria eingedrungen; bei seinem Durchzuge durch die Provinz Guadalaxara ließ er einem Carlistischen Obristen, der sich dem Vertrage von Vergara angeschlossen hatte und in seine Hände fiel, mit einem Beile den Kopf abhacken.

Großbritannien.

Zu unserm gestrigen Bericht über die Unterhaussitzung vom 3 April ist nachzutragen, daß auf Lord J. Russells Vorschlag beschlossen wurde, den wegen geschwächter Gesundheit temporär freigelassenen Sheriff Evans nicht schon am 6 April, wie anfangs bestimmt worden, sondern erst am 6 Mai wieder vor die Schranken des Hauses zu laden, indem bis dahin voraussichtlich die Bill zum Schutz der Drucker parlamentarischer Actenstücke vom Oberhaus angenommen seyn werde.

(Globe.) Mit Vergnügen können wir anzeigen, daß in jedem Zweige des Staatseinkommens, die Postgefälle ausgenommen, die Finanztabellen über das mit dem 5 April abgelaufene Quartal eine Vermehrung der Einnahmen, im Vergleich mit dem entsprechenden Quartal 1839, herausstellen. In den Postgefällen war, nach der eingetretenen Ermäßigung der Brieftaxe, eine Mindereinnahme natürlich voraus zu sehn.

0818

(Globe.) Der Nachfolger des Admirals Sir R. Stopford im Commando unserer Station im Mittelmeer ist noch nicht ernannt, oder wenigstens die Ernennung noch nicht veröffentlicht, aber das für ihn bestimmte Flaggenschiff the Queen, von 110 Kanonen, ist beinahe segelfertig.

Frankreich.

Der Moniteur enthält eine k. Ordonnanz, die das Communalcollegium von St. Etienne zum k. Collegium dritter Classe erhebt.

(Commerce.) Man spricht von Forderungen ziemlich beträchtlicher Credite, die noch in dieser Woche an die Kammer zur Feier des heil. Philippstags für die Vermählungsfeste des Herzogs von Nemours und für die Taufe des Grafen von Paris gestellt werden sollen.

Die Pairskammercommission zur Prüfung des Gesetzesentwurfs über die geheimen Fonds hat mit 5 unter 7 Stimmen den Herzog von Broglie zu ihrem Berichterstatter ernannt. Man hält dieß für eine Anzeige, daß die Pairskammer ebenso, wie die Deputirtenkammer, diesen Entwurf mit großer Mehrheit votiren werde.

〈…〉〈…〉In der Sitzung der Deputirtenkammer am 7 April ward zuerst ein Entwurf zu einem Credit von 285,000 Fr. für Bauten und Reparaturen in den Gebäuden der Bureaux des Kriegsministeriums mit großer Mehrheit bewilligt. Der Minister der öffentlichen Arbeiten, Graf Jaubert, verlas dann einen Entwurf zu einem Zuschußcredit von drei Millionen zur Unterhaltung der k. Heerstraßen während des Jahrs 1841, und einen andern Entwurf in Betreff abgetretener k. Heerstraßen, der bereits von der Pairskammer angenommen ist, sodann Entwürfe zum Bau k. Straßen und Brücken im südlichen Frankreich und zu Crediten für Vollendung von Canälen und Schiffbarmachung von Flüssen. Alle Entwürfe werden an Eine Commission verwiesen. Graf Jaubert kündigt sodann an, daß er noch einen andern Gesetzesentwurf zu Eisenbahnbauten einbringe. (Stille! Stille! Hört!) Der Minister verliest nun unter tiefstem Schweigen die Beweggründe dieses Entwurfs, welcher die Vollziehung durch den Staat nur dann zuläßt, wenn entweder gar keine Compagnie vorhanden ist, oder deren Mittel unzureichend sind. Der Entwurf betrifft insbesondere die Errichtung von Eisenbahnen von Paris nach Orleans, von Straßburg nach Basel, von Andrezieux nach Roane, von Montpellier nach Nimes, von Valenciennes an die belgische Gränze. Die drei ersten Bahnen will die Regierung unterstützen, indem sie Actien auf ihre Rechnung übernimmt; die zwei letztern Bahnen sollen auf Staatskosten gebaut werden. Die Kammer discutirte dann den Gesetzesentwurf zur Bewilligung eines Zuschußcredits von 38,400 Fr. für den Minister der öffentlichen Arbeiten zu Ausgaben für Personal und Material. Sie war noch bei Abgang der Post damit beschäftigt.

(Phare des Pyrenées.) Auf das Gerücht, daß der Infant Don Luis, Sohn des Don Carlos, aus Salzburg verschwunden und ein neuer Aufstand in den baskischen Provinzen im Werke sey, hat die französische Behörde die strengsten Maaßregeln ergriffen, um die ganze Gränzlinie zu decken. In diesem Augenblick wird in den beiden Casernen des Dorfes Béhobie die Reveille geschlagen und die Compagnie der Voltigeure geht in aller Eile ab, um das ganze frrnzösische Ufer der Bidassoa zu besetzen.

Die Gazette des Tribunaux schreibt aus Brives vom 1 April: Der Gesundheitszustand der Frau Laffarge ist fortwährend sehr besorglich. Seit einigen Tagen hat sich zu der Entzündungskrankheit, wovon sie befallen ward, ein Brustleiden gesellt. Sie hütet fast beständig das Bett und ist schlaflos; ihre Aerzte, die sie fleißig besuchen, glauben, man werde sie noch lange nicht der Prüfung einer Criminaldebatte aussetzen können. Der Gesundheitszustand der Frau Laffarge hat auch auf ihren Geist zurückgewirkt. Die moralische Energie, die einer der hervorstechendsten Züge ihres Charakters zu seyn schien, hat allmählich abgenommen, und sie scheint tief bekümmert. Ihr einziger Zeitvertreib ist das Lesen einiger geistlichen Bücher und die Uebersetzung eines deutschen Wörterbuchs. Sie scheint auch gern einigen armen Verhafteten von dem zu ihrer Verfügung gestellten Geld Unterstützungen zu reichen. Sie darf von Zeit zu Zeit einige Besuche empfangen. Die Instruction über die Vergiftung des Hrn. Laffarge ist völlig beendigt; man scheint aber vor deren Uebersendung an die Anklagekammer des k. Gerichtshofs von Limoges den Proceß wegen Anschuldigung des Diamantendiebstahls gegen sie bei der Zuchtpolizei von Brives vornehmen zu wollen. In Folge der nach Pontoise und Paris geschickten Verhörscommissionen ist die Instruction über diesen Hauptpunkt der Anschuldigung geschlossen, und es heißt, daß der Proceß noch im Laufe des Monats vor das Tribunal gebracht werden soll, wenn der Gesundheitszustand der Angeschuldigten es nicht hindert. Hr. Sebathier, Advocat von Toulouse, der die Frau Laffarge vertheidigen soll, ist in Brives angekommen.

Ein Blatt aus Lons-le-Saulnier, der Patriote jurassien vom 4 April enthält folgende Erzählung von den dortigen Unruhen, deren wir gestern erwähnten. Am Vormittag des 2 Aprils, an welchem Tage zu Lons-le-Saulnier Messe war, standen, wie man sagt, gewisse Leute an den Zugängen des Freiheitsplatzes, und hielten alle Säcke und Körbe mit Kartoffeln an, die auf diesen Platz kamen; sie kauften dieselben, ohne darum zu handeln, und ließen sie darauf zur Stadt hinausführen, um sie auf Wägen zu laden, welche sie erwarteten. Man denke sich die Unruhe der arbeitenden Classe, als sie sah, daß sie sich dieses für sie unentbehrliche Nahrungsmittel für Geld nicht würde verschaffen können, und als alle Kartoffelnhändler antworteten: Verkauft, wenn man sie um den Preis ihrer Waare befragte. Bald versammelten sich zahlreiche Haufen, welche schweigend gegen die Rue-Neuve und die Straße des-Salines zogen; dort trafen sie die mit Kartoffeln beladenen Wägen an, und warfen sie auf das Pflaster um; eine Frau, von starkem, männlichem Körperbau, zeichnete sich aus unter der Menge, die sie mit Heftigkeit anredete. Man war vielleicht auf dem Punkte handgemein zu werden, als der Maire der Stadt Lons-le-Saulnier an den Ort kam, von der Polizei, den Gendarmen und der kleinen Garnison von Lons-le-Saulnier begleitet; es gelang ihm, nicht ohne Mühe, den Haufen auseinander zu treiben, und die Wägen in das Gebäude der alten Caserne führen zu lassen. Heute (4) rottete ein Haufe, der großentheils aus Frauen bestand, sich des Morgens schon vor dem Hofe der alten Caserne zusammen. Die Wägen waren noch nicht abgefahren. Um 1 Uhr Nachmittags kam der Maire, der k. Procurator, der Polizeicommissär und ihre Diener; ihnen folgte ein großer Theil der Gendarmerie zu Pferd und der Linientruppen. Da erhoben sich mit Wuth, mitten in einer Menge von fünf oder sechhundert Menschen, auf allen Seiten Hohngeschrei und laute Klagen; die Pferde wurden jedoch an die Wägen gespannt, und der Zug setzte sich in Bewegung; die Menge stürzte ihm nach und warf Steine auf die Gendarmen und auf die Truppen; so fuhr der Zug durch die Stadt, mit unerhörten Schwierigkeiten, denn der Haufe war doppelt zahlreicher geworden. Zwischen der Saline0819 und Montmorot, in der Nähe von Lons-le-Saulnier brach das Ungewitter aus; trotz der durchaus friedlichen Bemühungen der Behörden und der bewaffneten Macht, fiel die Menge über die Fuhrwerke her, schnitt die Leitseile der Pferde entzwei, warf die Kartoffeln auf die Straße und plünderte sie, ohne daß einer der Diener der Obrigkeit sich widersetzen konnte. Der Gendarmeriecapitän hat an diesem beklagenswürdigen Tage eine gefährliche Wunde empfangen; Staatsbeamte, Bürger, Militärs wurden mehr oder weniger stark verwundet. Diesen Abend ist die Ordnung wieder vollkommen hergestellt. Die Obrigkeit handelte mit Klugheit und Mäßigung; mit Schmerz sahen wir, wie die unglücklichen Soldaten, die Gendarmen hinter den Wägen her gingen, von einem Hagel von Steinen verfolgt, und dennoch eine bewundernswürdige und lobenswerthe Kaltblütigkeit behaltend; wenn sie nicht so gehandelt hätten, so würde unvermeidlich Blut geflossen seyn. 5 Uhr Abends. In diesem Augenblick wird in den Straßen von Lons-le-Saulnier der Generalmarsch geschlagen. Der Präfect und der General sind so eben nach Courlans abgefahren, dem gewöhnlichen Aufenthaltsorte des Hrn. v. Vanois, dessen Schloß von einer großen Zahl Einwohner aus den benachbarten Dörfern angefallen, geplündert und verwüstet worden ist. Die Linientruppen, die Gendarmerie und die Nationalgarden sind ebenfalls abgezogen. Auf dem Namen des Hrn. v. Vanois ruht schon lang der Fluch unsers Landvolks; man beschuldigt diesen reichen Fabrikherrn, daß er das Getreide aufkaufe, welches den Unterhalt des Volkes ausmacht. 7 Uhr Abends. Alles war geschehen, als die Behörden und die bewaffnete Macht beim Schlosse zu Courlans ankamen, es standen nur noch die vier Mauern; Alles war zerschlagen, geplündert, verwüstet, die Geldsäcke geraubt, die Banknoten verbrannt; Spiegel, Pendeluhren, Claviere, Mobilien, Alles war verschwunden. Der Wein floß stromweise in den Kellern; man traf auf der Straße, in den Gräben viele betrunkene und mit ihrem Raub beladene Leute an. Einige hatten Kleider des Hrn. v. Vanois und seiner Frau angezogen, und in der Trunkenheit des Siegs und des Branntweins getanzt; es war eine wahre Saturnalie. Die Frau und die Tochter des Hrn. v. Vanois wurden jedoch von dieser rasenden Menge geachtet; man behauptet, es seyen über sechstausend Menschen da gewesen. Dieß geschah am hellen Tage von 3 bis 6 Uhr Abends. Man sagt, der Präfect sey von einem betrunkenen Menschen an der Kehle ergriffen worden, und er habe seinen Degen ziehen müssen, um sich zu vertheidigen. Bei der Annäherung der bewaffneten Macht hatten übrigens die Plünderer die Flucht ergriffen, und sich mit Beute beladen in den Wäldern zerstreut. Die Mühle des Hrn. v. Vanois ist verschont geblieben. Aber der Verlust ist ungeheuer.

Den Stimmen, die seit einiger Zeit mit so vielem Fleiße alle Anzeichen und Vermuthungen sammeln, die einen nahen Tod, eine unvermeidliche Auflösung der französischen Gesellschaft verkünden sollen, ist ein neuestes Argument beschieden worden. In der Gemeinde von Lons-le-Saulnier sind ziemlich bedeutende Unruhen ausgebrochen. Man hat auf dem Markte einige Karren mit Kartoffeln weggenommen, und, am andern Tage, das Schloß eines Gutsbesitzers verwüstet, den man beschuldigte die Theuerung dieses unentbehrlichen Nahrungsmittels veranlaßt zu haben. Indessen erlauben Sie mir der Betrachtungsweise, die sich namentlich in dem Aufsatz Ihres Blattes vom 2 April, unter der Aufschrift: Frankreich im Beginn von 1840#x201C;, befindet, den Umstand entgegen zu halten, daß von denen, die in Frankreich leben, und überhaupt von Allen, die auf die Ausdehnung seines Bodens, seiner Erträgnisse und das Maaß des Verbrauchs einen unbefangenen Blick werfen, die Gefahr, die man in so schwarzen Farben schildert, auch nicht einmal für möglich gehalten wird. Offenbar hat das dem Schreiber jenes Aufsatzes so süße, wenn auch in weitester Ferne liegende Ziel seines Syllogismus ihm die Prämissen ein wenig verrückt. Nein, Frankreich wird nicht zu Grunde gehen, weil in Mans oder in Lons-le-Saulnier, die Erheischungen eines hungrigen Magens für das bürgerliche Gesetzbuch über Mein und Dein genommen werden, ja in der menschlichen Nachsicht, mit welcher solche Excesse, da wo sie den Richter nicht absolut zur Strenge zwingen, weil seine Nachsicht eine verbrecherische Parteilichkeit wäre, beurtheilt werden, liegt ein weiterer Beweis für das Bewußtseyn, das die öffentlichen Behörden und die Regierung des Landes von dem Nichtbestehen wirklicher Gefahr haben.

Das Ministerium hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Thätigkeit der Nation in allen Richtungen anzuspornen, und was bis jetzt von seinen Planen bekannt ist, hat im Allgemeinen die öffentliche Stimme für sich. Die Eisenbahnen waren von den zwei letzten Ministerien vernachlässigt, und von der Administration der Brücken und Straßen durch die lästigsten Bedingungen erdrückt worden. Die große Freiheit und die Hülfe des Staats, welche ihnen Jaubert verspricht, haben sie wieder aus ihrem Schlaf geweckt. Die Straße nach Orleans, deren Vollendung von der Compagnie so gut als aufgegeben worden war, wird mit Hülfe von Vorschüssen vom Staat vollendet, die von Straßburg nach Basel ebenfalls, und die Plane zu neuen werden vielseitig entworfen. Man will die von Orleans auf der einen Seite nach Lyon, auf der andern nach Bordeaux fortsetzen, eine Compagnie läßt die Straße von hier nach Havre im Thal der Seine vermessen, und scheint so entschlossen zu seyn, sie zu unternehmen, daß die Besitzungen an der Linie schon sehr beträchtlich im Preise zugenommen haben, z. B. Häuser in Maisons, welche vor einem Jahr 12,000 Franken werth waren, sind heute 20,000 werth. Das Uebel ist, daß das Börsenspiel sich schon wieder auf die Eisenbahnen wirft, und es ist eine der höchsten Sorge des Ministeriums würdige Frage, wie es die Unternehmungen befördern könne, ohne zu einer ungezügelten Agiotage Veranlassung zu geben, da diese am Ende eine nicht minder sichere Ursache von Ruin der Unternehmungen ist, als die Gleichgültigkeit der Capitalisten im letzten Jahre es war. Man kauft gegenwärtig Actien der Eisenbahn auf Lieferung, was früher nicht geschah, und da das Steigen und Fallen des Curses derselben viel schneller ist, als das der Staatspapiere, so kann man einem unmäßigen Spiel darin entgegensehen, dessen Opfer die bona fide Käufer seyn werden. Die Versuche, welche Cousin macht, den höhern Unterricht besser zu ordnen, sind mit Beifall aufgenommen worden. Was er bis jetzt gethan hat, geht dahin, dem Unwesen zu steuern, das gegenwärtig mit dem temporären Ersetzen der Professoren, welche nicht lesen, getrieben worden ist. Ein Professor, welcher in einem Jahre nicht lesen wollte, schlug bisher der Facultät seinen Stellvertreter vor, den sie immer annahm, und den er bezahlte. Es gab zwar Reglements, nach denen der Stellvertreter den Grad eines Doctors besitzen sollte, allein sie wurden nicht gehalten, weil das Doctorexamen nur von Wenigen gemacht wurde. Cousin will nun eine Classe außerordentlicher Professoren einführen, aus deren Mitte der Stellvertreter genommen werden muß, und welche die Erlaubniß haben sollen, Collegien in dem Facultätsgebäude zu lesen. Dieß ist so weit ganz recht, allein es hilft dem größten Uebel nicht ab, nämlich dem, daß die Professoren so häufig nicht lesen, was daher kommt, daß sie zu schlecht bezahlt sind, daher mehrere Stellen annehmen,0820 und einen Theil derselben nicht versehen. Diesem könnte theils durch Erhöhung der Gehalte und Verbieten des Besitzens mehrerer Stellen, theils durch Einführung von Collegiengeldern abgeholfen werden. Aber das letzte und sicherste Mittel ist hier kaum anwendbar, es ist gegen die Gewohnheit und wird in der öffentlichen Meinung großen Widerstand finden. Es bleibt daher nichts übrig, als bessere Bezahlung und Beschränkung auf Eine Stelle, aber dieß erforderte eine beträchtliche Vermehrung des Budgets des öffentlichen Unterrichts, und die Zeiten sind nicht günstig dafür, denn Algier wird alle disponiblen Mittel der Finanzen ansprechen. Die Commission der Kammer macht zwar einen Versuch die Regierung zu nöthigen, das Territorium zu beschränken, allein die Erfahrung aller Zeiten hat gezeigt, daß es unmöglich ist, sich eines von einer fremden und halbbarbarischen Race bewohnten Landes nur theilweise zu bemächtigen. Alle Beschränkungen, welche das Parlament der ostindischen Compagnie auferlegt hat, haben zu nichts geführt, als einer noch schnellern Ausbreitung ihrer Eroberungen, und so wird es in Algier gehen, das man entweder ganz verlassen oder ganz besitzen muß. Daß das erste das einzig vernünftige wäre, daran zweifelt Niemand in Frankreich als die Stadt Marseille, welche freilich ihre guten Gründe dazu hat; aber die Nationaleitelkeit erlaubt nicht an das Aufgeben der Colonie nur zu denken, und so wird die Sache von Jahr zu Jahr weiter gehen, ohne eine Aussicht auf Entschädigung für die ungeheuern Opfer, die sie Frankreich kostet. Die ganz unverständige Eifersucht von England auf den Besitz von Algier trägt ebenfalls das Ihrige dazu bei, die Nation in ihrem Entschluß sich in Algier festzusetzen und auszubreiten zu bestärken. Mit dem Gesetz über Zucker ist man noch nicht weiter als anfangs, Thiers hat sich gegen die Entschädigung der einheimischen Fabricanten mit großem Recht ausgesprochen, hat sich aber mit der Commission nicht über die Festsetzung des Zolls vereinigen können. Die Lage der Sache ist so, daß sie keine gute Lösung zuläßt, und jedes Gesetz, das gegenwärtig darüber gegeben werden mag, ist nichts als eine provisorische Zufriedenstellung der einen oder der andern Partei, bis eine neue Entdeckung in der Fabrication dem einheimischen Zucker die Concurrenz mit dem Rohrzucker erlaubt haben, oder die Fabrication desselben aufgegeben seyn wird. Eine ungleiche Steuer auf Zucker ist eine in hiesigen Verhältnissen in die Länge unmögliche Maaßregel, eine Entschädigung der Fabricanten wäre ein Vorgang, der bei jeder Aenderung des Douanentarifs endlose Ansprüche an den Staat weckte. Das wahre Uebel liegt hier wie in England an den Korngesetzen, hier in geringerem Maaß, weil die Kornzölle geringer sind, aber es ist derselben Art. Man hat den Preis des Landes durch die Zölle auf Lebensmittel hinaufgetrieben, daher kann der einheimische Zucker nicht mit Rohrzucker frei concurriren. Aber dieses Uebel liegt zu tief, als daß an seine Hebung so bald zu denken wäre. Man hat in der Debatte über die Viehzölle erst kürzlich gesehen, wie die Stimmung der Landbesitzer über jede Herabsetzung der Zölle ist, obgleich das Factum, daß Frankreich an Mangel an Vieh bitter leidet, am Tage liegt, und die Production von Schlachtvieh in den Händen einer vergleichungsweise geringen Zahl großer Grundbesitzer concentrirt ist. Es ist möglich, daß die Ueberzeugung, welche sich hier und in England gleichzeitig bildet, daß die Handelskrisen von dem Schwanken der Preise der Lebensmittel abhängen, und daß das einzige Mittel dagegen im freien Kornhandel bestehe, mit der Zeit hinlänglich durchdringt, um eine Aenderung zu erzwingen; aber bis sich eine Theorie gegen mächtige und positive Interessen Luft macht, dazu gehörten Zeit, Friede und günstige Umstände.

Belgien.

Der König soll die Entlassung aller Minister angenommen und Hrn. Lebeau zu sich berufen haben, der an die Spitze der neuen ministeriellen Combination gestellt zu werden scheint.

Italien.

Nach einem eben einlaufenden Briefe aus Neapel vom 2 April hätte der König dem englischen Cabinet einen schiedsrichterlichen Spruch von Frankreich, Oesterreich oder Rußland angeboten.

Schweiz.

Er ist vorüber der Tageskampf im Wallis; den Behörden und dem Volke in den übrigen Kantonen bleibt nur noch die historische Nachlese. Die Nachrichten in meinem Briefe vom 6 haben sich durchaus bestätigt, mit einiger Ausnahme von Baron v. Werra's Tode; dieser Herr stand zwar unter den Oberwalliser Vorposten, soll aber noch zu guter Zeit das Kampffeld verlassen haben, und sich, als einer der Zeloten, man weiß nicht wo, verborgen halte. Die Ereignisse vom 1 und 2 haben dem lange mißbrauchten Volke die Augen geöffnet. Die Unterwalliser fuhren fort, sich mit der größten Mäßigung und untadelhafter Disciplin zu betragen, und gewannen dadurch sofort das Zutrauen ihrer bisherigen Gegner. Dieß und die sichere Aussicht, daß nach Auflösung der Reste der ehemaligen Regierung eine Wiedervereinigung des ganzen obern Landes mit dem bereits nach der neuen Verfassung organisirten Landestheil leicht möglich seyn werde, sodann auch das Bedürfniß völliger Sicherung der bisherigen Vorsteher vor möglichen Verfolgungen der nunmehr gegen sie sehr aufgereizten Bürger veranlaßten die Militärcommission der Unterwalliser, den Marsch in das deutsche obere Wallis gegen die Simplonstraße fortzusetzen. Es zog deßhalb eine Colonne von 1500 Mann unter dem Commandanten Joris (einem tapfern Officier aus der ehemaligen königl. französischen Schweizergarde, der gegenwärtig zugleich Mitglied des großen Raths und einer der muntern Redner desselben ist) aufwärts gen Lenk, unsern dem Bade gleiches Namens und dem Bergpaß über die Gemmi, wo sie mit offenen Armen und durch eine Deputation empfangen und gastlich bewirthet wurden. Von dort aus wird das gleiche Corps seinen Marsch rhoneaufwärts noch fortgesetzt haben, doch ist dahier von dessen wirklicher Ankunft in Brieg noch nichts bekannt geworden. Es ergibt sich hieraus, daß bereits mit dem 2 April Morgens alle Feindseligkeiten aufgehört und diese sonach höchstens 36 Stunden lang gedauert hatten; von der Mannschaft der Oberwalliser vernahm man weiter nichts, als daß sie sich nach dem Auftritt in Siders, der die Flucht der alten Regierung herbeiführte, in einzelnen Abtheilungen und ohne irgend ein ordentliches Commando zurück nach Hause begaben. Bis zur Stunde noch läßt sich annehmen, daß wirklich sehr wenige Mannschaft gefallen ist; im Krankenhause von Sitten lagen vier verwundete Ober - und sechs Unterwalliser, einer von ihnen soll gestorben, nach andern Nachrichten bloß amputirt worden seyn. Excesse gab es gar keine; die trefflichen Officiere von Unterwallis wußten sogleich jede einzelne Anwandlung zu solchen zu unterdrücken. Der ganze Zug war überhaupt nicht etwa ein klerikalischer Landsturm (wie man deren einige schon, sogar in der neuesten Zeit, erlebt hat), sondern ein wohlorganisirtes Truppenaufgebot in militärischer Haltung und Ordnung, das seine Befehle von der verfassungsmäßigen Landesregierung empfing. Ein Mitglied derselben war unter den Truppencommandanten selbst, und auch der Großrathspräsident befand sich an der Spitze des Zuges nach Siders. Sofort wird nun auch an der politischen0821 Pacification des Landes gearbeitet. Die Regierung hat durch Proclam vom 3 die obern Zehnen aufgefordert, auf den 6 d. M. Deputirte zur Verständigung nach Siders zu senden, was ohne Zweifel keinen Schwierigkeiten unterliegen wird. Aus dem Nachbarkanton Waadt fand auch nicht der mindeste Zuzug statt; die Bevölkerung, deren glühendes Temperament man im Herbst 1838, bei Anlaß der Franzosenfehde, kennen gelernt hat, beschränkte sich auf enthusiastische Beifallsäußerungen zu Gunsten der Unterwalliser. Die Bundesbehörde gab ihrerseits für den Fall andauernden bewaffneten Zustandes ihrem in Lausanne weilenden Repräsentanten Befehl, einige Bataillone in den Kanton Wallis einrücken zu lassen; da derselbe jedoch wahrnahm, welche friedliche Wendung die Ereignisse nehmen, begnügte er sich mit der Ordre zur Bereithaltung wenigstens des Stabspersonals, und sandte den Professor Monnard zu beschwichtigendem Einwirken an die Walliser Regierung. Nach dem dermaligen Stand der Sachen zu urtheilen, wird und soll eine Occupation unterbleiben, weil sie nur neue Aufregung veranlassen würde; und unterbleibt sie wirklich, so ist zu hoffen, daß binnen kurzem Eintracht und volle Ordnung das Volk im Wallis für seine langen Leiden und Kämpfe entschädigen werden. Der Eidgenossenschaft ist dieß Resultat innigst zu wünschen, denn Wallis wäre ohne die letzten Ereignisse vielleicht getrennt worden, jedenfalls noch lange der unglückliche Zankapfel der zwei Hauptparteien in der Schweiz geblieben, die durch die Fortsetzung des Streites wieder heftiger geworden wären. Die Communication zwischen dem Simplon und dem Genfersee ist keinen Tag unterbrochen oder wesentlich gestört gewesen, und alle aus Italien in Lausanne ankommenden Reisenden bezeugten das gute Betragen der Unterwalliser Mannschaft.

Die neuesten Berichte aus dem Wallis lauten wieder sehr friedlich. Die Unterwalliser Truppen, welche unter dem Commando des Obrist Joris auf der Simplonstraße gegen Brieg vorgerückt und bis Turtman (zwischen Siders und Brieg) gelangt waren, ohne einen Widerstand zu finden, wurden zurückgerufen. Die meisten Unterwalliser Truppen sind nun wieder verabschiedet, selbst Siders wird geräumt. Im ganzen Oberwallis ist die Erbitterung gegen das Unterwallis von der stärkern Erbitterung gegen die eigenen Führer verdrängt worden, welche so schmählich ein muthiges, vielleicht das tapferste Volk in der ganzen Schweiz, im Stich gelassen haben. Das hat den Ausschlag gegeben und den Bürgerkrieg ganz beendigt. Auch die deutschen Zehnen wollen sich nunmehr der Verfassung vom 3 Aug. 1839 anschließen. Der Zehnen Visp hat bereits diese Erklärung gegeben, und nur der oberste Zehnen Goms zögert noch, wird aber allein nicht zurückbleiben. In Folge dieser Nachrichten, welche theils von dem eidgenössischen Repräsentanten eingesandt worden, theils durch Privatbriefe und Boten bestätigt wurden, hat der Vorort heute beschlossen, die eidgenössischen Truppen zu verabschieden, die Militäraufsichtsbehörde zu entlassen und nun auch die außerordentliche Versammlung der Tagsatzung wieder abzusagen, so daß die Walliser Angelegenheiten erst in der ordentlichen Tagsatzung ihre definitive Erledigung finden werden. Es stellt sich nach verschiedenen Berichten mehr heraus, daß ein großer Theil der Regenten im Oberwallis aus vornehmen Geschlechtern bestand, welche zwar wohl die Ansprüche der Vorzeit, aber nicht mehr die Thatkraft der Vorfahren besaßen. Diese Junkerschaft, die sich dort als eine faule und morsche erwiesen hat, ist nun auch im Oberwallis durch eigene Schuld zusammengestürzt. Und es werden sich hoffentlich auch da von unten her frischere Männer heben und die gefallenen Führer besser ersetzen. Daß der wieder vereinigte Kanton Wallis auf die Dauer sich dem Radicalismus ergeben werde, daran ist gar nicht zu denken. Denn wenn auch die mäßigern Männer wie Dr. Barman, Zen, Ruffinen und andere nicht im Stande wären, in diesem Momente von Uebertreibungen abzuhalten, so würde doch bald das Volk, an sehr einfache Lebensverhältnisse gewöhnt und in Cultur vielleicht ein Jahrhundert hinter den meisten Gegenden der Schweiz stehend, dem Radicalismus unüberwindliche Hindernisse in den Weg stellen.

Deutschland.

(Fortsetzung der allgemeinen Discussion über die Verwendung der Staatseinnahmen und Ausgaben für die Jahre 1835 bis 1838.) Endlich ergriff der Berichterstatter Freiherr v. Rotenhan das Wort, und äußerte: Man habe in Zweifel gezogen, ob überhaupt eine Veranlassung gegeben sey, diese Principienfrage aufzugreifen, allein er begreife nicht wie sich der Ausschuß dieser Verpflichtung hätte überheben können. Nicht der Ausschuß, sondern die Regierung selbst habe diese Frage durch den Landtagsabschied vom J. 1837 und das damit in Verbindung gesetzte Finanzgesetz in Anregung gebracht. Bis zum Jahre 1837 hätten bestimmte usuelle Normen über das zu Standekommen des finanzgesetzlichen Zustandes einer jeden Finanzperiode bestanden, mit dem Jahr 1837 aber seyen diese Normen einer Aenderung unterlegen, und hier habe sich nothwendig die Frage aufgeworfen, in welcher Beziehung diese Abänderungen zu dem Rechtszustande des Landes stehen, und zwar um so mehr, als gerade diese Frage im ganzen Lande vielfache Anregung gefunden habe, und es im wahren Interesse der Regierung selbst liegen müsse, daß dieser Gegenstand, über den man sich auszusprechen bisher von beiden Theilen immer gehütet habe, einmal heraustrete in den Kreis der Debatte. Nie aber sey es in der Absicht des Ausschusses, nie in seiner (des Berichterstatters) eigenen Absicht gelegen, dem monarchischen Princip durch demokratische Principien zu nahe zu treten; einen solchen Vorwurf müsse er, falls er gemacht werden wollte, weit von sich weisen. Wenn man gesagt, er habe behauptet, das Finanzgesetz sey kein Gesetz, so müsse er erwiedern, daß er in seinem Referate im egentheil sich ganz bestimmt dahin ausgesprochen, daß das Finanzgesetz so bindend wie jedes andere Gesetz sey, daß es sich aber wesentlich von jedem andern durch die Art und Weise des Zustandekommens unterscheide, denn in der Natur eines Finanzgesetzes liege es, daß es zu Stande kommen müsse, weil der Staat nicht bestehen könne, ohne daß Steuern bewilligt und nach Ablauf der sechsjährigen Finanzperiode die finanzgesetzlichen Verhältnisse von neuem geordnet werden. Wenn man also noch von der Ansicht ausgehen wollte, daß das Finanzgesetz wie jedes andere zu Stande komme, daß daher die Krone das Gesetz mit allen Modificationen der Stände annehmen oder ganz verwerfen müsse, so würde man sich einer hochdemokratischen Richtung hingeben und ein Mitregierungsrecht ansprechen. Die Normen, nach welchem das Finanzgesetz gebildet werde, seyen nicht in dem §. 3 Tit. VII der Verfassungsurkunde, sondern in den §§. 4, 5 und 9 l. c. gegeben. In Betreff der Ansicht, daß das, was nicht ausdrücklich an jenen Kronrechten, welche der Monarch vor der Verfassungsurkunde besessen habe, aufgegeben worden sey, auch nicht als von ihm aufgegeben angesehen werden könne, müsse er bemerken, daß es richtig sey, daß da, wo ein bestimmter deutlicher Ausdruck in der Verfassung stehe, nichts dagegen eingewendet werden könne, und der usus die Kraft dieser Bestimmung nicht aufzuheben vermöge. Allein eben daß dieses hier der Fall sey, bestreite er, denn Alles, was in Beziehung auf das Zustandekommen des finanzgesetzlichen Zustandes gesagt worden, beschränke sich auf den §. 4 Tit. VII der Verfassungsurkunde, und dieser sey durchaus nicht erschöpfend, die Art und Weise zu bezeichnen, wie ein Budget zu Stande kommen müsse. Entschieden sey es, daß dieser Paragraph vieles im Sinne behalten habe, denn nach ihm stehe es nur dem Ausschusse zu, die Uebersicht des Staatsbedürfnisses und der Staatseinnahmen zu prüfen, und es sey hierin nicht gesagt, daß die Kammer oder die Stände diese Prüfung vornehmen sollen; nun aber sollen diese auf den Grund der Prüfung des Ausschusses die Steuern verwilligen; diese Prüfung könne nur im Innern eines jeden Einzelnen vorgenommen werden, auf deren Grund hin er die Größe fixiren könne, deren Gränze die0822 Steuern bilden sollen. Sey nun hier nothwendig etwas im Sinne behalten worden, so könne auch nicht mehr allein der Buchstabe der Verfassung entscheiden, der nicht existire, denn gerade hierüber handle kein Buchstabe der Verfassung. Hieraus folge, daß man zu den andern bestimmten Quellen der Auslegung greifen müsse, welche auch geboten seyen. Eine begründete Quelle der Auslegung der Verfassungsurkunde könne man darin finden, daß dieselben Minister, welche die Verfassung mitbearbeitet haben, unter Zulassung desselben Monarchen, welcher der Geber der Verfassung gewesen, auch die Verfassung eingeführt, und die Geschäftsordnung rücksichtlich der Behandlung der Sache an die Hand gegeben haben; allgemein bekannt sey es, daß die Herren Minister in Verbindung mit jenem würdigen Staatsmanne, der lange auf dem Präsidentenstuhle der Kammer gesessen, die ganze Form der Behandlung und Verhandlung eingeleitet haben, und, was in seinem Referate nachgewiesen sey, daß die Art und Weise der Behandlung bis zum Jahr 1837 einen ganz constanten usus gebildet, daß jederzeit die Regierung mit den Ständen sich vereinigt habe, wodurch der finanzgesetzliche Zustand gebildet worden; so also könne man nicht denken, die Regierung habe sich dabei das Recht im Sinne behalten, auch solche Positionen des Finanzgesetzes zu promulgiren, über welche eine Vereinigung nicht zu Stande gekommen, nachdem so oft Gele enheit gegeben gewesen, dieses Recht auch praktisch zu üben. Unmöglich sey es, wenn Stände und Regierung einander mit bestimmten Rechten gegenüberstehen, daß nicht irgendwo die Regierung den Einflüssen der ständischen Beschlüsse ausgesetzt sey, und es werde dieß nicht im mindesten dadurch verändert, wenn man alle Mitwirkung der Stände in Beziehung auf das Finanzwesen, das Finanzgesetz nur auf das Steuerbewilligungsrecht beschränken wollte, denn in dem Maaße in dem man ihnen irgend übrige Befugnisse beschränken wollte, würden sie das Recht der Steuerbewilligung im ausgedehnten Grade üben, und in demselben Grade auch die Verwicklungen, die zwischen Ständen und Regierung hervorgerufen würden, größer, bedeutender werden. Diese Frage über das ständische Recht in Beziehung auf Feststellung des Ausgabenbudgets führe natürlich zu den Erübrigungen, in welcher Beziehung vielerlei Einwendungen gemacht worden. Er glaube nicht, daß widersprochen werden könne, daß die Steuern, resp. die directen Steuern supplementärer Natur seyen; so sey es immer gewesen, so sey es ausdrücklich durch die Bestimmungen unserer Verfassung aufgefaßt worden, und die Folge hievon sey: die Stände gründen ihre Steuerbewilligung auf das Deficit, das sich zwischen dem Voranschlage der Ausgaben und Einnahmen gestalte; die Einuahmen-Voranschläge seyen namentlich die Basis der Steuerbewilligung. Wenn nun die Stände diese Einnahmen-Voranschläge zu hoch spannten, und sie also unter der Summe bleiben, so bestehe für die Stände nothwendig die Verpflichtung, durch nachträgliche Bewilligung diesen Ausfall zu decken, weil der Haushalt sonst unmöglich bestehen könnte. Deßhalb scheine es ihm so klar, wie irgend etwas in der Welt, daß, wenn mehr eingenommen werde, dieses vor Allem den Zweck haben müsse, den etwa möglichen Ausfall im künftigen Jahre zu decken; nur das müsse zugestanden werden, daß innerhalb der Finanzperiode diese Summe zur Haftung für mögliche Ausfälle der Regierung vorbehalten bleiben müsse. Sollte diese Summe dennoch verwendet werden wollen, so könne dieses gewiß nur mit dem Verzicht der Stände geschehen, sie eben für diesen Zweck aufzubehalten, und zwar auch über die Gränze der Finanzperiode, also über die Gränzen der Haftungszeit hinaus, für welche die Steuern bewilligt worden seyen. Jedoch nur eine Zustimmung über Verwendung der Erübrigungen, nicht aber eine Disposition über dieselben stehe den Ständen zu; bestimmen könne darüber nur der Monarch, sey aber hiebei an die Zustimmung der Stände gebunden und begränzt. Unrichtig sey es demnach, wenn man unter Berufung auf den Tit. III §. 2 und 7 der Verfassungsurkunde argumentirte, daß der König allein und ohne Zustimmung der Stände das Recht der Verwendung habe. Vor Allem sey hier zu viel, und deßhalb nichts bewiesen; denn wenn man annehme, daß deßwegen eine freie Verfügung über das baar in der Casse liegende Geld dem Monarchen zustehe, weil alles dieses Geld Staatsgut sey, und deßhalb eine Veränderung und Verbesserung ihm zustehe, müßte man auch zugeben, daß sich dieses auf alles in den Cassen befindliche Geld, nicht bloß auf die Erübrigungen beziehe, und es wäre damit der Regierung in die Hände gegeben, jedes Einkommen des Staats ohne irgend eine Verbindlichkeit, ohne irgend eine Bedingung an finanzgesetzliche Zustände zu verausgaben. Dieß könne gewiß ohne Störung des ganzen finanzgesetzlichen Zustandes nicht angenommen, daher auch jener Grundsatz unmöglich auf die Erübrigungen angewendet werden. Betrachte man abgesehen hievon den §. 7 mit dem §. 6 in Verbindung, so werde man daraus ersehen, daß hier nur von Geldern, die aus dem Verkaufe von Staatsgütern aus dem Staatsvermögen entstanden, nicht aber aus dem Vermögen der im laufenden Staatshaushalte sich ergebenden Gelder die Rede sey. Wenn ferner gegen die zweite von ihm beantragte Verwahrung eine Entgegnung vorgekommen, so müsse er hierauf bemerken, daß nicht behauptet worden sey, daß ein Recht verletzt worden, sondern daß die hier in Frage stehende Stelle des Landtagsabschiedes zu den größten Befürchtungen Raum geben müßte, wenn man es wörtlich nähme; denn diese Stelle wörtlich genommen, würde eine gänzliche Schmälerung des ständischen Steuerbewilligungsrechts voraussetzen, er habe aber hier nicht angenommen, daß eine solche Absicht den Worten untergelegt sey, sondern vielmehr geglaubt, daß ein Mißverständniß obwalte, und daß dieses vom Ministertische durch Erläuterungen werde beseitigt werden. Nichtsdestoweniger habe er geglaubt, daß die Stände, wenn solche Ausdrücke in dem Landtagsabschied enthalten seyen, sich veranlaßt sehen müssen, den Gegenstand aufzuklären, und ihre bestimmte Verwahrung gegen alle spätern nachtheiligen Folgen und Verwickelungen in dem Protokolle niederzulegen. Sey nun derjenige Antheil der ständischen Rechte in Bezug auf Steuern, welche er in seinem Referate für die Stände vindicirt habe, wirklich der bestehende Rechtszustand, was er behaupten müsse, so sey jede neue Rücksicht (?) in dieser Beziehung als ein in das bestehende Recht eingreifender Versuch anzusehen, und die Sache hiebei auch noch von einem andern, höhern Standpunkte, nämlich von dem Standpunkte der Verfassung zu betrachten. Unsre Verfassung sey nicht mehr eine bloß moderne, sie sey bereits tief eingewurzelt in die öffentliche Meinung und in die Rechtsbegriffe der Nation. Man möge sich daher nicht täuschen und glauben, daß in einer ruhigeren Zeit vielleicht weniger Werth auf den Bestand dieser verfassungsmäßigen Rechte gelegt werde; der Deutsche hänge an seiner ständischen Verfassung von jeher, und erst dann werde er und müsse er zeigen, wie innig und treu er daran hänge, wenn ihm vielleicht Besorgniß gegeben werde, daß sie beeinträchtigt werden könnte. In dem hieraus etwa entstehenden Mißtrauen scheine ihm die bedeutungsvollste Beziehung bei gegenwärtiger Berathung zu liegen. Man möge sich hüten, sich auf die Zeit der unbedingten und unumschränkten Monarchie zu berufen, die bestanden habe, als die Verfassung gegeben worden; man möge ja nicht zu viel Werth darauf legen, auf jene Zeit zurückzugehen: ständisches Recht und ständische Vertretung seyen ein altes Gut germanischer Freiheit, und gewiß sey es ein nicht zu billigendes Unrecht gewesen, als man dieses Gut vernichtet habe; es sey dieß ein Ausfluß jener Revolution gewesen, die ganz Europa durchdrungen, und mit Despotismus geendet habe; es sey eine Zeit gewesen, welche im Vergleiche mit der Geschichte nur eine kurze vorübergehende Epoche gebildet habe, und als die deutschen Fürsten zu Wien das bedeutungsvolle Wort ausgesprochen, jedes Land soll seine ständische Verfassung haben , sey dieß ein Ausspruch gewesen, der aus deutschen Rechtsbegriffen hervorgegangen. Eine edle, schöne Erfüllung dieses Ausspruchs sey es gewesen, als König Max dem Volke die Verfassung gegeben, und leider müsse zugestanden werden, daß die Regierungen jener Fürsten Ausspruch nicht immerdar begriffen und erfüllt haben.

(Fortsetzung folgt.)

Nachdem gestern die Sitzung der zweiten Kammer erst nach 3 Uhr endete, begann um 6 Uhr eine Abendsitzung, die sich nach 8 Uhr in eine geheime verwandelte. Die letzte dießjährige Sitzung schloß diesen Mittag 2 Uhr mit einer Anrede des Präsidenten, Grafen v. Seinsheim, an die Versammlung, worin die Liebe und Anhänglichkeit sämmtlicher Abgeordneten an König und Vaterland, der gute Geist der die Kammer beseelte, und der unverdrossene Eifer der Mitglieder der Ausschüsse die ehrendste Anerkennung fanden. Auch die Kammer der Reichsräthe hielt gestern und heute lange Plenarsitzungen. So viel bis jetzt verlautet, wird Mittwoch am 15 April die feierliche Schließung erfolgen. Gestern ist der als Schriftsteller, namentlich durch seine Geschichte des Hauses0823 Habsburg rühmlich bekannte Fürst Lichnowsky aus Mailand hier eingetroffen; sein Sohn, Fürst Felix Lichnowsky, verweilt schon seit einiger Zeit in unserer Stadt.

Wir haben mit unseren ansehnlichen musikalischen Mitteln ehegestern ein neues Oratorium: die Zerstörung von Jerusalem aufführen gehört, dessen Componist, Ferdinand Hiller aus Frankfurt a. M., sich darin der erfreulicheren Richtung anschließt, welche die neuere geistliche Musik durch Mendelssohn-Bartholdy's Paulus erhalten hat. Der elegische Grundton des Ganzen erinnert an den Geist der besseren Arbeiten der Düsseldorfer Malerschule, und erreicht in dem Klagelied des Jeremias die eigenthümlichste Ausbildung; wir vermissen nur eine dem Gegenstande angemessene vielseitigere und vollere Kraftentwicklung. Von Mendelssohn-Bartholdy, der zur Zeit fast der gefeiertste Mann Leipzigs ist, haben wir in seinen Liederheften neuerdings ein Geschenk erhalten, das zu den bedeutendsten Erscheinungen im Gebiete der Musik zu rechnen ist. Er bringt durch die Gefühlstiefe und classische Einfachheit seiner Frühlings - und Volkslieder eine hinreißende Wirkung hervor. Der Mahnungen ergehen immer mehrere an ihn, seine Kräfte auch einmal an einer Oper zu versuchen, und sich damit, wie nicht anders von ihm zu erwarten, dem verderblichen neuesten Geschmacke entgegen zu stellen. Friedrich v. Raumers in statistischer Hinsicht so bedeutende Briefe über Italien haben so eben bei Brockhaus die Presse verlassen und gewinnen durch die neuesten Ereignisse im Königreich Neapel ein zweifaches Interesse. Sie stellen die verrufene Angelegenheit des sicilischen Schwefelmonopols in ein vollkommen klares Licht, und lassen auf den Minister S. Angelo einen schweren Stein fallen. Nach Raumer meinte es nur der entlassene Fürst von Cassaro mit dem Lande redlich. Auch das seit so langen Jahren verzögerte Erscheinen von Hagens Minnesingern läßt uns die Barth'sche Verlagshandlung noch immer vergebens harren, und es ist fast unglaublich, wie weit sie ihr in dieser Hinsicht so eigenthümliches System durchführt. Professor Albrecht aus Göttingen verweilt und liest fortwährend auf unserer Universität, und man begreift nicht, warum eine öffentliche Anstellung dieses Gelehrten, den man doch von keiner Seite hier ungern sieht, nicht bewerkstelligt werden kann. Wir treffen bereits Anstalten zur Feier des Buchdruckerfestes, und sehen den Bau des auf dreitausend Personen berechneten Festsaales auf dem Grimmaischen Platze beginnen. Unsere Stadt dürfte beinahe zu klein zur Aufnahme der erwarteten Fremden werden, welche die Bevölkerung vielleicht um das Doppelte erhöhen.

Senator Jenisch, der seit einiger Zeit von Kopenhagen zurückgekommen ist, rühmt die freundschaftlichen Gesinnungen der dortigen Regierung gegen die Hansestädte. Sie scheint nun überzeugt, daß der Wohlstand Holsteins von dem blühenden Handel Hamburgs und Lübecks bedungen wird, daß also die Interessen des Herzogthums mit denen der Städte innigst verwebt sind. Um die Unterhandlungen, welche er angeknüpft, fortzusetzen, und wo möglich abzuschließen, werden sich der Senator Müller von Lübeck und der Syndicus Dr. Sieveking von hier binnen kurzem nach der dänischen Hauptstadt begeben. Es ist sehr zu wünschen, daß die Regierungen zugleich mit der streitigen Zollfrage sich auch über die Eisenbahnangelegenheit verständigen. Zwar ist die Altona-Hamburg-Lübecker Eisenbahngesellschaft längst aufgelöst; aber sobald die gouvernementalen Behinderungen aus dem Wege geräumt sind, werden die Capitalien nicht lange auf sich warten lassen, hier, wo es sich um eine nur 7 Meilen lange Bahn ohne die geringsten Territorialschwierigkeiten handelt, die nicht nur zwei volkreiche in starkem Verkehr stehende Seehäfen verbinden, sondern die über diesen kurzen Isthmus zwei große Meere vereinigen soll. Gewiß ist dieses nicht allein eine deutsche, es ist eine europäische Angelegenheit, welche von aufgeklärten Regierungen befördert werden muß. Wir dürfen uns daher der Hoffnung hingeben, diesen Wunsch erfüllt zu sehen.

Oesterreich.

Zu den merkwürdigsten Erscheinungen der Zeit gehört ohne Zweifel der Umstand, daß in der österreichischen Monarchie nicht selten Acte der Gesetzgebung und Regierung vorkommen, die in jedem andern Lande hundert Federn in Bewegung setzen, alle Zeitungen füllen, und der Regierung das, was man Popularität nennt, im Ueberflusse verschaffen würden, wenn sie dessen bedürfte, hier aber ruhig, ohne Aufregung, ja fast ohne sonderlich besprochen zu werden, vorübergehen. Nachdem im Jahr 1835 die wegen politischer Verbrechen Verurtheilten in so weit begnadigt waren, daß sie, wenn sie es wünschten, der Kerkerstrafe entlassen und nach Amerika deportirt werden konnten, wurden im Jahr 1838 bei der Mailänder Krönung die übrigen, aus demselben Grunde noch in Haft befindlicheu Individuen ebenfalls in Freiheit gesetzt, und den im Auslande sich aufhaltenden Flüchtlingen die Rückkehr gestattet. Vor wenigen Wochen hat nun, wie ich aus sicherer Quelle erfahre, der Kaiser aus eigner Bewegung nicht nur jene begnadigt, die wegen der genannten Verbrechen in contumaciam verurtheilt waren, sondern auch den eben Genannten, so wie den im Jahr 1835 Deportirten die Rückkehr in die Heimath gestattet. Ebenso erfreulich und wahrhaft rührend, wie der Act der Gnade selbst, ist die fast unscheinbare, alle Ostentation, alles Aufsehen geflissentlich vermeidende Form desselben. Kein Patent verkündete die geschehene Begnadigung; es erging auch keine öffentliche Bekanntmachung anderer Art, sondern es wurden einfach die betreffenden Behörden von dem kaiserlichen Willen in Kenntniß gesetzt und die Begnadigten selbst durch die kaiserlichen Gesandten von einem Acte verständigt, der ihnen eine Gnade gewährte, auf die sie kaum gehofft und um welche zu bitten sie nicht gewagt hatten. Graf Gonfalonieri ist bereits nach Mailand zurückgekehrt.

Aegypten.

Der Pascha kehrte am 13 wieder aus Kairo zurück, um die aus Europa erwarteten Depeschen in Empfang zu nehmen. Er ward jedoch getäuscht, da die Marseiller Post wieder ausblieb, während ein Dampfschiff, das der Pascha kaufen wird, in neun Tagen aus Livorno kam. Das Ausbleiben der französischen Post ist diesen Winter so häufig geschehen, daß man hier anfängt zu glauben, es geschehe absichtlich, von anderer Seite wird behauptet, die Maschinen seyen durch den dreijährigen Dienst zu abgenutzt, und wenn die Postdampfboote nicht bald mit andern versehen würden, höre die Dampfbootcommunication bald auf. Neues gibt es gar nichts. Die kriegerischen Rüstungen werden nach wie vor fortgesetzt. Ein Theil der erwarteten Infanterie ist angekommen. Auch die Artillerieschule von Tursa hat den bestimmten Befehl erhalten, sich nach Alexandria einzuschiffen; sie wird hier in das Artillerieregiment eingereiht werden. Ein anderes Artillerieregiment mit 10 Batterien wird ebenfalls hier erwartet. Ueber diese ganze hier versammelte Truppenmasse hat der aus dem Hedschas zurückgekehrte Selim Pascha den Oberbefehl erhalten. Erst dann werden die bedrohten Punkte besetzt, und überhaupt die geeigneten Vertheidigungsmaaßregeln ergriffen werden, wenn die Nachrichten aus Europa bestimmter lauten. 0824Sie wissen daher in Deutschland weit besser, wie die Sachen eigentlich stehen, als wir, die wir mit der größten Spannung, aber immer vergebens, von Dampfschiff zu Dampfschiff auf eine Entscheidung warten. Wird der Pascha diesem endlosen, ihn langsam mordenden Zögern zusehen, oder wird er den Handschuh am Ende doch hinwerfen? Niemand vermag es zu bestimmen, denn seine häufigen Drohungen, die syrische Armee vorrücken zu lassen, hat er eben so wenig ausgeführt, als die Großmächte die ihrigen. Während dem geht der totale Ruin Aegyptens und Syriens rasch vorwärts. Die schon entvölkerten Ufer des Nils werden täglich einsamer, und Jeder frägt, wie die ungeheure Ernte, mit der die Natur Aegypten dieses Jahr beglückt, eingebracht werden soll. Der Pascha ist mit der Antwort auf diese Frage bald fertig gewesen: die Weiber, meint er, sollen die Dienste der Männer versehen, und mit Drohungen und Prügeln glaubt er doch zu seinem Zweck kommen zu können. Was bei diesem gewaltsamen Arbeiten an Weibern darauf geht, berechnet kein Mensch; es wird auch als völlig gleichgültig angesehen, das Leben von Hunderten von Menschen zählt hier zu Lande gar nichts. Die Desertion eines türkischen Majors und eines Capitäns der Landwehr hat den Pascha sehr afficirt. Er wollte sie zuerst mit einem Dampfboot verfolgen lassen, jedoch hätte das zu viel Aufsehen erregt, und so unterließ er es. Von Pest und Gewaltstreichen der Consuln hört man immer noch, es ist möglich, daß es zu ernstlichem Conflict der Sanitätsanstalt mit den Consuln, vor Allem mit dem russischen, kommt. Aus Kairo nichts Neues; die hier verbreiteten Gerüchte von Unruhen daselbst waren erfunden, eben so die Revolution der Bauern in Oberägypten. Wer Oberägypten kennt, weiß, daß unter zehn Dörfern immer vier verlassen, und die übrigen nur mit Weibern bevölkert sind, und kann folglich an keine Revolution daselbst glauben. Zudem stehen zwei Regimenter daselbst. Aus Syrien ebenfalls nichts Neues. Es ist sehr Schade, daß das österreichische der Donau-Compagnie zugehörende Dampfboot Seri-Pervas nicht mehr die Reise längs der kleinasiatischen und syrischen Küste bis Aegypten macht, ich höre, daß die Quarantänemaaßregeln längs der Küste und vor Allem Intriguen Schuld an der Aufgebung dieser nützlichen Unternehmung sind. Es werden sich daher wahrscheinlich französische Dampfboote dieser Linie bemächtigen, und auf diese Weise den Rang ablaufen. Nach der Provinz Fayum sind mehrere Artillerieofficiere abgeschickt, um das Land daselbst zu vermessen, da sich gezeigt, daß bei der frühern Angabe 110,000 Feddan Terrain zu wenig berechnet wurden. Der Gouverneur dieser Provinz, der dieß absichtlich gethan, hat hiermit einen jährlichen reinen Gewinn von 6,600,000 Piastern (660,000 fl. C.), die Abgabe des Feddans zu 60 P. berechnet, in die Tasche gesteckt. Es mag dieß als ein Beitrag zu den unerhörten Betrügereien in diesem Lande gelten. Aus Abyssinien ist der von der französischen Regierung dorthin gesandte Schiffslieutenant Lefèbvre wieder zurückgekommen. Er sagt aus, daß sich der Fürst Ubie von Tigre des größten Theils von Abyssinien bemächtigt habe, und jetzt daran denke, den Fürsten Ras-Ali zu vertreiben. Kassai, Heilu und mehrere andere ihm bisher widerspänstige Vasallen sitzen gefesselt in den Gebirgen von Simien. Hr. Schimper war in Adaua, und hatte die Absicht, wieder in die Gebirge Simiens zurückzukehren. Hr. Lefèbvre ist an der Küste des rothen Meeres von dem furchtbaren, beinahe unheilbaren Yemen-Geschwür befallen worden, woran er noch sehr leidet, und kaum wieder hergestellt werden wird.

0817

Ueber die Ermordung des Grafen de España.

Alle Blätter haben von diesem schaudervollen Ereigniß gesprochen; die Wahrheit wurde jedoch nie bekannt. Eine Art politischer Scham hielt uns ab, den gräßlichsten Vorfall zu beleuchten, der den sechsjährigen Bürgerkrieg in Spanien besudelt. Unter so viel Mord, Brand, Gift und Verrath würde man vergeblich eine zweite Handlung suchen, neben die Ermordung des Grafen de España zu stellen. Deßhalb schwiegen wir bis jetzt. Nun sind mir aber Briefe aus Berga zugekommen, welche die Ankunft des Generalcapitäns Grafen v. Morella in dieser unserer catalonischen Hauptfestung melden. Man schreibt, er habe die Mitglieder der Junta und die Guerilleros, die beim Morde des Grafen de España implicirt gewesen, arretiren lassen, und nehme sich vor, ein strenges Strafgericht über sie zu halten. Viel Blut wird wahrscheinlich fließen, die Schuld liegt zu Tage, und die Details des Verbrechens gingen flüsternd von Mund zu Mund durch die Reihen aller catalonischen Bataillone; doch laut wagte keiner darüber zu sprechen. Die Mörder des Grafen de España, hochgestellt und mächtig, hätten schnell jedes vorlaute Wort mit dem Leben bestraft. Nun ist es aber nothwendig geworden, die ganze Wahrheit ans Tageslicht zu bringen; wir sind es den Manen des Grafen de España, der Meinung der Welt über Cabrera's Strafgerichte schuldig.

Fünf Generalcapitäne wurden nach und nach den Cataloniern von König Karl bestellt, und doch hatte diese größte und reichste Provinz der Halbinsel nur secundären Einfluß auf den Fortgang der Kriegsoperationen ausgeübt. Die Regierungsjunta und die Guerrillachefs vereitelten alle Anstrengungen; die Junta, aus Mönchen und Advocaten zusammengesetzt, vom Generalcapitän unabhängig, ja sogar in ihrem Pleno mit höheren Gewalten versehen, verhinderte Conscriptionen, verweigerte Steuerausschreibungen, verwendete willkürlich die Subsidien, gab eigenmächtig Befehle an die Guerrillachefs, und unterhielt Intriguen im königlichen Hauptquartier, versicherte sich der Ausführung ihrer Befehle durch die schändlichsten Mittel, und verfolgte ihre Feinde mit beispielloser Grausamkeit. Die Guerrillachefs ihrerseits, meist an die Spitze jener Banden gestellt, die sie in ihren Geburtsthälern zu den Waffen gerufen, übten fanatischen Einfluß auf ihre Leute aus; sie hatten das Land förmlich unter sich getheilt; sie plünderten und verwüsteten systematisch, jeder in seinem District; erpreßten nach Gutdünken und theilten die goldenen Früchte ihrer Raubzüge mit ihren Gönnern, den Mitgliedern der Junta. Die Rolle der Generalcapitäne war auf Einsammeln der spärlichen Berichte gewiesen, die in pomphaften Ausdrücken die Häuptlinge über ihre eigenmächtigen Unternehmungen zukommen ließen. So Brujó, Torres, Mareto, Royo, Urbiztondo. Von Jahr zu Jahr ging es schlechter. Das Land wurde verarmt, Tausende hingeopfert, Millionen vergeudet. Da rief der König den Grafen de España. Der greise Held, der schon unter ungleich schwereren Verhältnissen mit gigantischen Kräften gerungen hatte, gab dem Wunsche seines Herrn nach. Es dürfte hier nicht unpassend seyn, zwei Worte zu sagen über den größten Kriegsführer und treuesten Diener der spanischen Bourbonen.

Charles d'Espagne ward im Jahr 1773 in der Grafschaft Foix geboren, welche seine Vorfahren früher als souveränes Fürstenthum nebst Comminges und dem Lande Couserans besessen hatten. Sein Vater, der Marquis d'Espagne, französischer Generallieutenant, bestimmte seinen zweiten Sohn Charles schon früh den Waffen, nach den Ansichten einer Zeit, in der nachgeborne Söhne großer Herren nur zwischen Krummstab und Degen zu wählen hatten. Der Chevalier d'Espagne trat in eine der Compagnien der maison rouge Ludwigs XVI, die sein Vater befehligte. Obwohl sehr jung, war er doch Zeuge aller Gräuel der ersten Revolution. Sein Vater und viele seiner Verwandten wurden guillotinirt. Er und sein älterer Bruder, nunmehr Marquis d'Espagne, schlossen sich an die Armee des Fürsten von Condé an. Sie machten jene traurige und erfolglose Campagne mit. Nach Auflösung des Condé'schen Corps begab sich Graf d'Espagne nach Spanien, zur Zeit, als der Friedensfürst alle streitbaren Kräfte des Reichs längs den Pyrenäen gegen Napoleon zusammenzog. Er trat als Hauptmann in ein Infanterieregiment und focht lange Zeit mit abwechselndem Glück in meist subalternen Stellen. Endlich schien sein Stern aufzugehen. Auf dem Schlachtfelde von Baylen ward er zum Brigadegeneral befördert; für die Einnahme von Pamplona erhielt er das Großkreuz des militärischen Sanct Ferdinandordens; an Wellingtons Seite rückte er in Madrid ein, von diesem zum Gouverneur der Hauptstadt ernannt. Er ward mit Auszeichnung genannt bei Albuhera, Salamanca, Vitoria, an all' jenen ewig denkwürdigen Tagen, die Spanier und Britten noch jetzt mit Stolz nennen, so groß und so blutig, daß selbst für die Besiegten die Erinnerung nicht ohne Ruhm und Glanz ist. Nach dem Pariser Frieden bot ihm Ludwig XVIII an, in französische Dienste zu treten, was Graf d'Espagne jedoch ablehnte; er wolle nicht in jenen Reihen fechten, gegen die er beständig die Waffen geführt; was von französischem Blut in ihm gewesen, sey auf spanischem Boden durch Franzosenhand geflossen. Sein Haß gegen sein erstes Vaterland, der mit den Jahren immer zunahm, ging so weit, daß er gar nicht mehr französisch sprechen wollte, auch seinen französischen Namen ins Spanische übersetzte, statt d'Espagne de España. Im Jahr 1815 ward er zum Generallieutenant, später zum commandirenden General der königlichen Fußgarde ernannt; wer in jenen Zeiten Spanien besucht, wird noch der musterhaften Disciplin gedenken, die Graf de España diesem prachtvollen Corps beigebracht. Später ward er Generalcapitän von Aragon, und residirte vier Jahre in Saragossa. Die Rolle des Grafen de España während des Constitutionskrieges konnte nicht zweifelhaft seyn; auch zog er sich den Haß aller Liberalen zu, die in ihm einen Tyrannen und Wütherich, blinden Häscher der blutigen Decretalien Ferdinands VII sahen. Und doch lassen sich alle Handlungen des Grafen de España so einfach auf das einzige Princip zurückführen, ohne das jeder militärische Geist, jede Mannszucht unmöglich ist. Der Befehl des Souveräns ist das höchste Gesetz des Soldaten. Man versteht, daß hier von der Hinrichtung des Generals Bessières die Rede ist, ein trauriges Ereigniß, über das ich mich nicht näher erklären kann, da es nicht an mir ist, als Ankläger königlicher Personen aufzutreten, selbst nicht nach ihrem Tode. Als 1827 Catalonien unruhig werden wollte, begab sich Ferdinand VII selbst nach Barcelona, und stellte den Grafen de España an die Spitze der unzufriedenen Provinz. Der Catalonier gehorcht nur dem, den er fürchtet; das wußte Graf de España; er packte sie mit grimmiger Faust, ließ die Köpfe der Rädelsführer abschlagen und schickte die übrigen auf Galeeren; da beugten sie und schmiegten sich, gehorchten ihm und es ward Ruhe.

Catalonien ist um so schwerer zu beherrschen, als es aus0818 zwei streng geschiedenen, sich feindlich gegenüberstehenden Theilen besteht: dem Küstenland und dem hohen Gebirge. Das catalonische Küstenland mit seinen großen, reichen Handelsstädten, zahlreichen Fabriken und seinem lebhaften Verkehr ist durch den vielfachen Contact mit dem Auslande durch und durch gangrenirt; eine revolutionäre, durchaus republicanische Tendenz ist hier vorherrschend; Reus, Tortosa, Lerida, Tarragona sind mit Jacobinerclubs und Freimaurerlogen angefüllt, und Barcelona ist einem großen Giftschwamm zu vergleichen, der gute Dünste an sich zieht und sie verpestet wieder von sich gibt. Barcelona kann die Zeit noch nicht vergessen, wo es unabhängig vom übrigen Spanien nur von seinen großen Grafen regirt ward: jenen kriegerischen Raimund, die befehlend zu den benachbarten Königen sprachen, auf Gleichheitsfuß mit den Carlovingischen Kaisern und fränkischen Königen unterhandelten, und um die Herrschaft des Mittelmeers mit den Normännern stritten. Die historischen Erinnerungen mögen überall schwinden, in Spanien bleiben sie in jugendlicher Frische; deßhalb hält es so schwer, Neuerungen in diesem Lande einzuführen. Einen seltsamen Contrast zum Küstenstrich bildet das Bergland. Die Communication zwischen beiden ist sehr gering. Wenige Straßen, nicht ein schiffbarer Strom, Verschiedenheit der Bedürfnisse machen sie unerheblich. Der Küstenbewohner Cataloniens handelt mit den benachbarten Küsten von Valencia, Murcia und Andalusien, schifft nach den weißen Felsen der Provence, nach Italien, wohl auch nach Afrika. Er verdingt sich als Matrose und Lastträger; doch selten kommt er im Innern seines Landes weiter als bis zu den spitzen Zacken des Montserrat, einmal in vielen Jahren nach diesem wunderbaren Berge zu wallfahrten. Wie wenig Spanier haben die Gebirgsthäler des obern Cataloniens besucht, längs des Segre, der beiden Nogueras (Ribagorzana und Pallaresa), des obern Cinea, die Quellen des Llobregat, die Schluchten der Grafschaft Paillasse, wo man nur das Rauschen der Gießbäche und das Hämmern der Eisenwerke vernimmt; tiefe Kessel antediluvianischer Form, wo es spät Morgen und früh Nacht wird, zum Guerrillakrieg geschaffen, in denen er erfunden ward und bis jetzt in seiner reinsten, ursprünglichen Form sich erhalten hat. Dieß Land und seine Bewohner haben nicht geändert, seit sie durch Jahrhunderte der römischen Weltherrschaft widerstanden, seit Hannibal ihnen die ersten fremden Heere zeigte und die ersten Brücken über ihre Ströme schlug; seit Pompejus die Legionen des Sertorius in ihren Thälern vernichtete, Karl der Große und Roland dort ihre Siege fochten und die Mauren nie in ihre Engpässe dringen konnten; sie sind abgeschlossen in ihrer Wildniß, auf sich selbst beschränkt, und die einzige Verbindung, die sie mit dem Auslande haben, trägt eben wieder zu ihrem wilden, kriegerischen Leben bei. Es ist der Schleichhandel im größten Maaßstabe, den sie in bewaffneten Banden, in beständiger Fehde mit französischen und spanischen Zollwächtern treiben. Die kleine Republik Andorra, unter französischem und spanischem Schutz und Suzeränetät des Bischofs von der Seu d'Urgel, und endlich das privilegirte Thal von Aran am nördlichen Abhange der Pyrenäen dienen ihnen als Entrepots und Sammelplätze.

Daß mit diesen Leuten, halb Wilden auf der einen Seite, fanatischen Republicanern auf der andern, mit Mäßigung nicht durchzudringen ist, wird jeder unbefangene Forscher wenigstens sich selbst gestehen müssen, sollte er es auch nicht öffentlich bekennen wollen. Graf de España zügelte dieses seltsame Volk mit Meisterhand, und als im Jahr 1830 einige Banden Bergbewohner den Namen des jetzigen Königs, damals Infanten Don Carlos, als Banner einer ungesetzlichen Insurrection und verbrecherischen Aufstandes gegen den damals regierenden Herrn mißbrauchen wollten, unterdrückte er schnell ihre meuterischen Versuche und setzte ihnen den Fuß auf den Nacken. Daher der Haß mancher übelberichteten oder irregeleiteten Royalisten. Merkwürdig ist, daß einer der Hauptchefs dieser sogenannten Carlisten vom Jahr 1830, Don Manuel Ibañez, der damals vom Grafen de España eingefangen und auf die Galeeren von Ceuta und Melilla geschickt ward, derselbe kühne Häuptling ist, der unter dem Namen El Llarj de Copons die Ebenen von Tarragona noch jetzt mit Schrecken erfüllt. Er war bis zum letzten Augenblick des Grafen de España treuester Freund, einer der wenigen, die an seinem Mord unschuldig sind.

Als Ferdinand VII im Jahr 1833 die Fundamentalgesetze des Reichs umstieß und seiner Tochter als Prinzessin von Asturien schwören ließ, kamen Carlistische Emissäre nach Barcelona und wandten sich, durch den damaligen Gouverneur dieser Stadt, Generallieutenant Grafen v. Villemur, an den Generalcapitän Grafen de España, um ihn zu bewegen, dieser der Agonie des Königs entrissenen Ordonnanz nicht Folge zu leisten, mit den ihm zur Disposition stehenden Garde -*)Zwei Regimenter Fußgarde garnisonirten in Barcelona, so lange Graf de España als commandirender General derselben zugleich Generalcapitän Cataloniens war. und Linientruppen auf Madrid zu marschiren, und Ferdinand VII von der ihn umgebenden Camarilla zu befreien. Nicht Ein Mann in ganz Catalonien würde dem Aufrufe des Generalcapitäns Widerstand geleistet haben, und mit Einem Schlag würde ein sechsjähriger Bürgerkrieg, Ströme Blutes, Verwüstung der ganzen Halbinsel, unabsehbare Uebel verhindert worden seyn. Doch die strenge Gewissenhaftigkeit des Grafen de España, seine tiefe Ehrfurcht vor den höchsten Attributen königlicher Majestät, so lange ein Schein von Leben noch die Krone über dem Haupte seines hinschwindenden Herrn hielt, ließ ihn, wenn gleich mit Kummer, doch fest alle Anträge zurückweisen. Unersetzliche Momente gingen verloren.

Da kam General Llauder, von Madrid nach Catalonien geschickt; de España wurde abgesetzt; die Zügel der Regierung waren in Händen der Liberalen. Von Barcelona begab sich de España nach Majorca, wo er bedeutende Güter durch seine Gemahlin besaß, Erbin eines der größten Häuser dieser Insel. Doch ließ man ihn nicht dort; er mußte nach Frankreich flüchten. Die stäte Besorgniß der spanischen Regierung, einen so gefährlichen Feind nah und frei zu wissen, veranlaßte das Ministerium Thiers ihm Tours als Gefängniß anzuweisen. In dieser Stadt kam ihm der erste Ruf seines Königs zu. Ein junger Spanier, Namens Gil de Barnabé, sein früherer Adjutant, der seitdem den ruhmvollen Tod gefunden, den er so lange vergeblich gesucht ( 15 Jul. 1837 bei Chiva), brachte ihm ein Schreiben des Königs, worin dieser ihn beschwor, sich an die Spitze Cataloniens zu stellen. Graf de España, obwohl vorgerückten Alters und leidend, entschloß sich dem Wunsche seines Herrn nachzugeben. Namenlose Intriguen, das feige und venale Benehmen des Generals Guergue**)Einer der fünf im Februar 1839 durch Maroto zu Estella fusilirten Generale. und manche andere Infamien, die es jetzt noch nicht an der Zeit ist aufzudecken, zwangen de España sogleich nach seinem Eintritt den catalonischen Boden wieder zu verlassen.

Er fiel in die Hände eines französischen Gränzpostens, ward bis Perpignan escortirt und, nach unwürdiger Behandlung, in die Citadelle von Lille abgeführt. Hier saß er in schmachvoller Gefangenschaft, unter beständiger Aufsicht eines Gendarmen, der gewöhnlichsten Lebensbedürfnisse entbehrend; und doch sann0819 sein reger Geist Nacht und Tag nur darauf, zu entkommen, um sich vom Schimpfe rein zu waschen, der nach seinen Begriffen auf ihm lasten müsse wegen des unglücklichen Ausgangs seines jüngsten Zugs nach Catalonien. Zuerst kam es darauf an, die Aufmerksamkeit seiner Wächter zu täuschen, und ihnen jeden Gedanken an Flucht seinerseits als unmöglich erscheinen zu lassen; er stellte sich krank, altersschwach und halb verrückt. Ein und ein halbes Jahr lang kam er nicht aus seinem Bette, beschnitt weder Bart noch Nägel, sprach mit Niemanden, las und betete den ganzen Tag. Er schrieb nie, bekam nie Briefe, und doch war er stets in unausgesetzter Verbindung mit dem königlichen Hauptquartier in Navarra und mit seinen Anhängern in Catalonien. Endlich kam der wahre Moment. Nach fünf vergeblichen Reisen vom königlichen Hauptquartier nach Lille und zurück, kam der Graf v. Fonollar im Jun. 1838, mit allen königlichen Vollmachten versehen, in Lille an. Die Flucht ward besprochen und sogleich ausgeführt. Einige unserer Freunde, die nicht genannt seyn wollen, wirkten mit eben so viel Muth als Selbstaufopferung bei diesem gefährlichen Unternehmen. Es gelang wider alle Erwartung. Am 26 Junius langte Graf de España in Toulouse an; Tags darauf in Foix. Seit fünfzig Jahren sah er das erstemal seinen Geburtsort wieder; auf dem Rücken eines berühmten Contrebandiers ward er durch die Schluchten der Maledetta getragen; am 1 Julius traf er auf dem neutralen Gebiet von Andorra ein; am 2ten empfing ihn El Ros de Eroles in den Thälern des Urgel unter den Kanonen der Seu, und am 4ten hielt der alte Feldherr seinen Einzug in Berga. Alles jubelte und schien freudig; eine glückliche Zukunft sollte uns werden, alle Kräfte in gemeinsamer Tendenz zusammenwirken; doch als Graf de España begann Ordnung und Disciplin herstellen zu wollen, als er an diesem großen Augiasstall rüttelte, ihn mit Einemmal zu reinigen, da fingen sie an zu murren, alle jene, deren unrechtmäßige Erwerbsquellen er versiegen gemacht hatte. Die Junta, welch die frühern Generalcapitäne ein - und abgesetzt hatte, war nun dem neuen Chef untergeordnet, der mit den ausgedehntesten königlichen Gewalten auftrat. Er schickte sie nach Avia, einem kleinen Dorfe zwischen den Kanonen von Berga und seinem Hauptquartier Caserras. Keiner durfte sich ohne specielle Erlaubniß entfernen. In financieller und administrativer Hinsicht führte er bedeutende Verbesserungen ein; bloß regelmäßige Steuerbeträge wurden gefordert, und diese flossen direct an die Generalintendantur. Alle eigenmächtigen Erpressungen wurden mit dem Leben bestraft. Den zügellosesten Häuptlingen wurden ihre Banden abgenommen und unschädliche Stellen angewiesen. Die Guerrillas, früher in ungleichmäßige Haufen getheilt, wurden bataillonisirt, gekleidet, genährt und bezahlt. Das ganze Land schien aufzuleben, von einem großen Drucke befreit. Unsere Operationen nahmen einen kriegerischen Gang; Barcelona zitterte wieder vor dem Namen des Grafen de España.

So war die Lage der Dinge in Catalonien, als der König im September 1839 den französischen Boden betrat; denn, wenn gleich die neue Ordnung der Dinge den Häuptlingen und der Junta nicht gefallen konnte, so war ihr Einfluß doch neutralisirt, und sie waren darauf beschränkt, Intriguen mit dem königlichen Hauptquartier zu unterhalten, nachtheilige Gerüchte auszustreuen, das Vertrauen des Königs und der Armee zu untergraben und überall gegen die Autorität des Grafen de España aufzuwiegeln. Graf de España kannte alle diese Umtriebe; er verachtete sie, vielleicht zu sehr.

Als die Nachricht nach Catalonien kam, daß der König Spanien verlassen, befürchtete de España die Folgen des ersten Eindrucks. Diesen zuvorzukommen, dem sinkenden Enthusiasmus einen neuen Impuls zu geben, suchte der Graf alle Erinnerungen zu wecken, die im Herzen jedes Spaniers aus den großen Zeiten ihres Befreiungskampfes fortleben. Eine Maaßregel, welche in dieser heroischen Epoche von den bedeutendsten Folgen gewesen war, schien geeignet, gleichen Anklang zu finden es ist die Souveränetät und königliche Machtvollkommenheit der Provincial-Juntas während der Abwesenheit und Gefangenschaft des Königs. So viele trübe, unglückliche Ereignisse hatten sich wiederholt, die gewaltsame Abdication im Schlosse von Marrac und der Verrath auf den Feldern von Bergara; Ferdinands VII Gefangenschaft in Valençay, und Karls V Gefangenschaft in Bourges sollten denn die glanzvollen Momente sich nicht wiederfinden? Der Generalcapitän Graf de España erklärte also unterm 1 Oct. 1839 die Regierungsjunta von Catalonien, deren Präsident er war, souverän während der Abwesenheit und Gefangenschaft des Königs (Junta superior gubernativa, soberana durante la ausencia y cautividad del Rey N. S). Dieß kostete ihm das Leben.

Der Präsident jeder spanischen Junta hat nur zwei Stimmen; die Junta kann sich legal in seiner Abwesenheit unter Vorsitz eines Vocals Vicepräsidenten versammeln, und in ihrem Pleno bei absoluter Majorität abschließen und decretiren. Der erste Beschluß der nun souverän gewordenen Junta, in geheimer Sitzung gefaßt, war: die Absetzung und Entfernung ihres Generalcapitäns und Präsidenten, des Grafen de España. Doch wagte sie nicht ihr Decret zu veröffentlichen, die Stimme der Armee scheuend, die enthusiastisch an ihrem Führer hing. Ein geheimes Mittel, eine unwürdige Falle wurde auserwählt, in die sie den alten Feldherrn lockten. An einem bestimmten Tage fanden sich mehrere unzufriedene Häuptlinge in Avia ein, und als sie ihrer Helfershelfer versichert waren, ließen die Mitglieder der Junta durch ihren Secretär Narciso Ferrer, einen Advocaten aus Barcelona, dem Grafen de España nach Caserras schreiben: einige wichtige Geschäfte erheischten seine Gegenwart; sie bäten ihn zu kommen, einer Sitzung zu präsidiren. Nur von wenigen Reitern und einem seiner Adjutanten, dem Oberstlieutenant Don Luis de Adell begleitet, traf der Generalcapitän noch denselben Morgen in Avia ein, und ward vor dem Regierungsgebäude von einigen Mitgliedern der Junta empfangen. Als er in den Sitzungssaal trat, ging einer der Vocale zum zurückgebliebenen Adjutanten, und schickte ihn, vorgeblich im Auftrage des Generalcapitäns, sogleich nach Berga. Die Escorte der Junta, zu deren Sicherheit und als Amtsboten ihr beigegeben, bemächtigte sich der wenigen übrigen Begleiter. Diese Escorte bestand aus vierzig Gendarmen, die von der Junta längst gewonnen worden waren. Während dieses sich mit der größten Schnelligkeit ereignete, trat Graf de España arglos in den Sitzungssaal. Er war ein Mann von untersetzter Statur; seine vornehmen Gesichtszüge hatten einen auffallenden bourbonischen Schnitt; sein Auge war freundlich und geistreich, doch in Momenten der Aufregung und Strenge in dunkler, unheimlicher Gluth leuchtend. Kurzes weißes Haar umspielte Stirn und Schläfe. Er hielt viel auf äußern Anstand und militärische Haltung; sein erstes Auftreten war imposant und Ehrfurcht gebietend. Am oben erwähnten Tage trug er einen blauen militärischen Oberrock ohne alle Abzeichen seiner Würde, und nur mit dem Ritterkreuz von Santiago geziert, den Generalshut mit weißer Feder, einen krummen Säbel und ein spanisches Rohr mit goldenem Knopfe, worauf das Wappen seines Hauses gravirt. Auf diesen Stock gestützt, ihn nach hinten haltend, stand der General vor dem Kamin im Sitzungssaal; allein, unter vierzehn0820 Verschwornen, die alle Dolche und Pistolen unter ihren Gewändern verbargen. Mehrere Minuten vergingen; keiner wagte Hand anzulegen an den ergrauten Helden. Da trat Don José Pons vor, genannt Bep del Oli, ein bekannter Guerrillero, Wüstling und Räuber, dem Graf de España das Handwerk gelegt hatte. Er näherte sich ihm, stieß mit dem Fuße nach dem Stock, und als Graf de España zurückwankte, schlug er ihn zwischen die Beine von hinten, daß der Generalcapitän zu fallen kam. Da stürzten sie Alle über ihn her, wie die Krähen über den verwundeten Adler; zuerst rissen sie ihm seinen Säbel weg, dann banden sie ihn an einen Stuhl, und nun verlas ihm der obengenannte Secretär seine Absetzung, und verkündete ihm, daß er der Secretär Ferrer und der Oberst Pons (Bep del Oli) ihn unter Bedeckung an die französische Gränze abführen würden. Er wurde geknebelt und in eine finstere Kammer geworfen. Als sein Adjutant von Berga zurückkam, ward er unter Vorschützung eines Befehls des Generalcapitäns arretirt und gefänglich eingezogen. Bei Nacht wurde endlich Graf de España hervorgerissen, auf einen Esel gesetzt, und durch Ferrer und Pons unter Begleitung von zwanzig Mann Gendarmen der Junta, in größter Stille und Eile, auf kaum gangbaren Steigen nach den Wildnissen der höchsten Sierren abgeführt.

Zwischen Orgaña und Oliana, unterhalb des Gebirgsdorfes Coll de Nargo, ist eine Brücke über die Segre geschlagen. Eine alte Sage berichtet: die Grafen v. Barcelona hätten Verräther und Spione, die ihnen häufig durch die feindlichen Grafen von Castilien zugeschickt wurden, von dieser Brücke hinabschleudern lassen, wo sie in den Wellen des reißenden Gebirgsstroms, der sich zwischen hohen kahlen Felsen mühsam durchdrängt, an den Riffen und Granitblöcken einen sichern Tod gefunden. Diese Brücke, in einem Bogen luftig hoch gespannt, heißt noch jetzt: el puente de los espias. Am dritten Tage eiligen Marsches kamen die Mörder des Grafen de España mit ihrer Beute in dieser schaudervollen Gegend an. Als der Generalcapitän über die Brücke ritt, riß ihn Bel del Oli vom Esel herunter, stieß ihm seinen langen Dolch in den Rücken und zeichnete ihn mit einem Kreuzhiebe über das ganze Gesicht weg, ihn unkenntlich zu machen. Hierauf nahm er ihn beim Kopf, Ferrer bei den Füßen, und stürzten ihn in den Abgrund. Der Leichnam schwamm den Segre herab bis zur kleinen Stadt Ager, wo die Feinde Garnison halten. Die Schildwache am Strome sah Nachts einen dunklen Körper im Wasser; er ward herausgeholt, und der wachhabende Officier erkannte den königlichen Generalcapitän von Catalonien, General Grafen Karl de España, Grand von Spanien erster Classe, Großkreuz sämmtlicher königlich spanischer, des französischen St. Ludwig - und neapolitanischen St. Ferdinand-Ordens, Präsidenten der königlichen Junta, obersten Chef sämmtlicher Gerichtsbehörden, Generalcommandanten der königlichen Fußgarde, ersten Kämmerer und wirklichen Staatsrath Sr. katholischen Majestät, beständigen Regidor von Palma ermordet durch seine Leute.

Bremen als natürlicher Seehafen für das Königreich Bayern.

Zweiter Artikel.

Der Ludwigs-Donau-Main-Canal.

Ueber die Bedeutung dieser die Donau mit dem Main und Rhein verbindenden Wasserstraße ist Vieles schon hin und hergeschrieben und gedruckt, und ihr deutsch-nationaler Charakter in mancher Beziehung angefochten worden. Wir bringen nun diesen Canal unter einen zwiefachen Gesichtspunkt: einmal unter denjenigen der Erleichterung des Austausches der Producte des Donaugebietes gegen diejenigen des Gebietes vom Main und Rhein, daher des bayerischen Landinteresses, dann unter den Gesichtspunkt des größern Weltverkehrs. Unter der Voraussetzung, daß dieser Canal die Bedingungen fast aller andern großen Canäle zu erfüllen vermögen werde, nämlich den Gütertransport zu einem Frachtsatze bewirken zu können, der 1 / 3 bis 1 / 2 des gewöhnlichen Satzes der Fuhrfracht nicht übersteigt, daher eine wirklich gute Wasserstraße repräsentire, wollen wir den erstgedachten Gesichtspunkt als klar und einfach vorliegend nicht weiter berühren, den andern aber uns erlauben etwas näher zu untersuchen.

Die Idee, durch eine Vereinigung der Donau mit dem Main eine Wasserstraße von dem schwarzen Meer quer durch Deutschland nach der Nordsee herzustellen, ist wahrhaft groß als Idee und unstreitig weit größer als im Haupte Karls des Großen, dessen Welt bekanntlich von unendlich engern Gränzen war, als es die unserige ist! Aber unter der scharf berechnenden Hand des praktischen Kaufmanns erfährt diese Idee dennoch bedeutende Modificationen. Einmal erkennt derselbe alsobald, daß die Producte, welche die Häfen der Nordseemündung dieser Wasserstraße mit denjenigen des schwarzen Meeres auszutauschen haben, bis jetzt nicht von großer Erheblichkeit sind, und zweitens, daß, so lange kein Seekrieg stattfindet, welcher die Schifffahrt durch die mittelländische See und den atlantischen Ocean unterbricht, die Seefracht um ein sehr Erhebliches zwischen den Endpunkten dieser großen Straße niedriger seyn, ja muthmaßlich wohl nicht mehr als den dritten oder vierten Theil der Fluß - und Canalfracht betragen wird, so daß im gewöhnlichen Laufe der Dinge die Communication unter den Ländern, welche an beiden Enden dieser Straße der See nahe liegen, auch gewiß über See stattfinden wird. Allein nichtsdestoweniger ist dieselbe von großer Bedeutung dadurch, daß sie den Erzeugnissen der Main - und Rheinländer eine Erleichterung des Abflusses die Donau abwärts bis ins schwarze Meer und andererseits den Producten des Gebiets der obern Donau einen neuen Ausweg zu den Emporien des nordischen Welthandels bereiten kann. Hierin liegt der praktisch nützliche Theil des zweiten umfassenderen Gesichtspunkts, der deutsch-nationalen Richtung des Ludwig-Canals. Aber auch diese deutsch-nationale Richtung würde sich sehr vermindern und verkümmern, sobald man dabei ausschließlich nur an die Mündung der Rheinstraße denkt, wo eine dem deutschen Wohlstande feindliche die holländische Handelspolitik die neue Handelsstraße nur als ein Werkzeug zur Vergrößerung der deutschen Zinsbarkeit begrüßt! Ueberdieß kann man sich nicht verhehlen, daß auch in anderer Hinsicht die Beschränkung der geregelten Communication Süddeutschlands mit der Nordsee auf die Rheinstraße große Uebelstände mit sich bringt. Denn fast in allen Seekriegen, wo Holland die eine oder andere Partei nahm, oder zu nehmen sich genöthigt sah, war der Rhein gesperrt, erst jüngst ein volles Vierteljahrhundert von 1794 bis zum Frieden von Amiens 1802 und vom neuerlichen Bruche 1803 bis 1813, endlich abermals von 1832 bis 1833 während der Blokade und Feindseligkeit in Folge der Trennung Hollands und Belgiens.

Vor solchen Unterbrechungen, die alle mühsam angeknüpften Fäden des Handels und Gewerbfleißes, die so schwer wieder in die alten Verhältnisse zurückgebracht werden können, zerschneiden, sind die Elbe und Weser weit sicherer. Das0821 Eintreten einer solchen Störung kann nur höchst verderblich auf Ackerbau und Industrie zurückwirken, da nach Herstellung der Ruhe und Ordnung von neuem begonnen werden muß, die frühern Abzugswege wieder aufzufinden, welche in der Zwischenzeit andere cultivirt und veränderte Bedürfnisse hervorgerufen haben, wodurch sie denn gar oft als gänzlich verloren erscheinen. Das ist eine andere große Schattenseite, welche die Beschränkung der Handelsstraße Süddeutschlands nach dem Weltmeer auf eine einzige fremdstehende so oft und leicht gefährdete Strommündung, die des Rheins, mit sich bringt. Das Bedenklichste aber von Allem bei solcher Beschränkung ist die Art und Weise des Geschäftsbetriebs der Holländer, ihre Handelspolitik, welche eine der deutschen Industrie und dem deutschen Wohlstande so entschieden nachtheilige Tendenz hat. Hier sehen wir nur ein Streben, die jährlich ins Unglaubliche sich mehrenden Erzeugnisse ihrer Colonien, namentlich Java's und Sumatra's, dem geduldigen Deutschland aufzubürden, ja sogar durch Ausfuhrprämien solches zu erzwingen, und eine rastlose Bemühung, die Straßen nach Deutschland als Mittel zu ihren Zwecken möglichst zu vervollkommnen und zu vervielfältigen. Haben wir doch noch kürzlich ihre Vorschläge vernommen, eine Straße oder Bahn von Zwoll und Almelo über Münster nach Kassel zu bauen, wozu sie großmüthigerweise die halben Kosten zu tragen sich bereit erklärten! Als ob Deutschland ganz und gar blind wäre! Kann aber der deutsche Zollverein ruhig zusehen, daß ein fremder Staat, der noch bisherigen Erfahrungen (wir erinnern nur an das jusqu'à la mer und an die Colonialsteuergesetze) für Deutschland nicht minder fremd und egoistisch dasteht als China und Japan den Absatz seiner Colonialproducte durch Zollrabatte oder Ausfuhrprämien zu erzwingen und zu monopolisiren sich bemühte, auf Kosten der transatlantischen Länder, welche gegen ihre gleichartigen Producte bereitwillig Deutschlands Erzeugnisse annehmen und ehrlich dem Princip der Gegenseitigkeit huldigen! Werden diese transatlantischen Staaten bei ihren liberalen Grundsätzen gegen Deutschlands Erzeugnisse verharren, wenn dieses duldet, daß ein Colonialstaat durch Prämien den Absatz der erstern schmälert?

Doch diese Frage möge, als für heute nicht zu unserm Thema gehörend, als nur beiläufig gemacht betrachtet werden. Wir haben's hier nur mit dem Factum zu thun, daß im Allgemeinen jeder holländische Verkauf holländischer Colonialerzeugnisse an Deutschland, für ersteres reiner Capitalgewinn für letzteres reiner Capitalverlust ist, und daß demnach die Erweiterung des holländischen Absatzes nach dem Donaugebiete nur zu fernerer Bereicherung Hollands und zu Benachtheiligung Bayerns gereichen möchte.

Der deutsche Norden und Osten, so wie Sachsen, Kurhessen, Westphalen, leiden wenig unter dem Einfluß holländischer Suprematie. Sie fühlen den segensreichen Einfluß der deutschen Hanse, welche ihre Producte des Bodens und ihre Erzeugnisse der Industrie dem überseeischen Auslande zuführt. Nur der deutsche Süden und Westen leidet unter holländischer Handelsgewalt und wird in kurzer Zeit diesen Druck noch mehr zu empfinden haben. Der große Reichthum des Bodens dieser Provinzen, die Summen, welche in jedem Sommer zahllose Reisende aus allen Ländern der Erde ihrem Vergnügen und ihrer Belehrung in den romantischen Gegenden des deutschen Südens und Südwestens (namentlich dem herrlichen München) schenken, haben noch immer einen Zufluß von Capitalien herbeigeführt, so daß man die Last des holländischen Drucks bis diesen Augenblick noch nicht so sehr fühlte. Aber sollen diese natürlichen Reichthümer des Landes denn ewig den Fremden zur Beute werden? Deutschland besitzt der Mittel genug, Holland zu einer auf freier unverkümmerter, nicht papierner Gegenseitigkeit gegründeten Handelspolitik zu nöthigen, die einen freien Absatz deutscher Erzeugnisse an diejenigen, welche die für Deutschland bestimmten Producte bauen, im geschäftlichen Austausch wirklich verbürgen und eine Monopolisirung beseitigen.

Unter vielen wollen wir nur ein solches Mittel hervorheben, und dieses ist die Herstellung einer vernünftigen Verbindung des deutschen Südens und Westens mit der deutschen Hanse, wo eine andere, rein deutsche, ächt nationale Handelspolitik befolgt wird.

Die entstehende Concurrenz würde an den Mündungen der Rheinarme schon sehr bald andere Gesinnungen hervorrufen und so in mehrfacher Hinsicht deutsches Interesse und deutsche Nationalität gefördert werden.

In dem vorhergehenden Artikel haben wir schon angegeben, daß a) eine gründliche Verbesserung der Fahrbahn des einzigen ganz deutschen Stromes, der Weser, b) die Entfernung der lästigen Weserzölle, c) die Anlage einer Schleuse in dem Mündener Wehr; d) der Bau einer Eisenschienen - oder Holzbahn für Gütertransport durch Pferdezug zur Verbindung der Werra mit dem Main von Wanfried nach Bamberg oder Schweinfurt; die Frachtsätze von Bremen zum Main und vice versa um ein Wesentliches niedriger stellen würden, als solche jetzt von Holland bis Bamberg oder Schweinfurt betragen. Bayern, der nordöstliche Theil von Würtemberg, Kurhessen, die sächsisch-Coburgischen und die Meinungen'schen Länder würden durch diese Verbesserungen eine neue und billigere, nicht minder schnell befördernde Straße nach dem Weltmeer erhalten, als dieselben bis jetzt besitzen. Nürnberg und die Mainstädte würden in weniger als einem Jahrzehnt wieder auf jenem Gipfel stehen, wie unter Kaiser Maximilian, dem letzten Ritter. (Den sich im Orient neu eröffnenden wichtigen Aussichten widmet sich ein eigener Artikel.) Es würden jene Gegenden in enge und innige Verbindung mit Bremen treten mit einer Seehandelsstadt, deren Lebensprincip die möglichste Beförderung der Ausfuhr deutscher Producte ist, zumal diese den Umfang der Einfuhr bei derselben bedingt einer Stadt, bei welcher alle Elemente in so reichem Maaße vorhanden sind, einen wirklichen deutschen Nationalhandel großartig zu repräsentiren.

Ist aber diese neue Handelsstraße zu einer Wahrheit geworden und ins Leben getreten, so gewinnt der Ludwigscanal seine rechte und eigentliche Bedeutung, denn nochmals sagen wir es erst durch die Verbindung des Mains mit dem einzigen ganz deutschen Strom, mit der Weser, bringt er das Gebiet der oberen Donau mit in den Bereich des Welthandels, verschwistert dasselbe mit Deutschlands wahrem National-Seehandel und sichert dem deutschen Süden eine durch das Vaterland selbst zu bewachende, seine Interessen verbürgende Wasserstraße nach dem Weltmeer. Der Ludwigscanal wird dann der Donau zwei wetteifernde Verbindungen mit dem Norden verschaffen, und nicht mehr dazu dienen, lediglich die nicht deutschen Holländer zu unterstützen, auch das Mark des Donaulandes an sich zu ziehen. Wie vortheilhaft die Aussicht auf eine in solchem Maaße zu erhöhende Bedeutung dieses Canals auf den Stand der Actien desselben wirken muß, liegt auf der Hand.

Das heutige Bayern hat bei einem weit besseren Boden0822 dieselbe Volkszahl wie Preußen 1763, als es den siebenjährigen Krieg wider alle Hauptmächte Europa's ruhmvoll ausgestritten hatte. Bayerns Hülfsquellen sind noch lange nicht überbenutzt. Welche wohlfeilen und unblutigen Eroberungen hat es nicht noch in seinem eigenen Innern zu machen in zahllosen Einöden, im Lechfeld, im Isarmoos, im Donaumoos, ohne sich etwa damit eine Bevölkerung bloßer Proletarier aufzujochen! Hier können die Moorcolonien der Holländer und des deutschen Nordens ein lehrreiches Beispiel geben. Trotz jener Einöden hat Bayern jetzt schon einen herrlichen Bodenreichthum. Es zählt die meisten und die blühendsten Städte, deren Erzeugnisse längst nicht mehr bloß auf den Absatz im Zollverein beschränkt sind. Preußen hat für sein gewerbsames Thüringen (Suhl, Erfurt, Langensalza, Mühlhausen, Nordhausen, Heiligenstadt etc.) dasselbe Interesse der Weser und wie erst Kurhessen für sein Korn, Linnen, Holz, Eisen, Obst, Thon - und Töpferwaaren, Steine, Steinkohlen etc., wie unendlich aber würde aller Export, insonderheit Bayerns, sich heben, wenn die Weserschifffahrtsacte endlich einmal eine Wahrheit würde; wenn eine Bahn vom Main zur Werra, wenn eine Schleuse bei Hannöverisch-Münden, wenn die Befreiung vom Weserzoll und die Verbesserung des Strombettes der Weser den Frachtsatz vom Main bis Bremen, z. B. für Getreide, beinahe eben so niedrig machte, als derselbe bisher für kurhessisches Getreide aus dem Werralande war, welches in so großen Massen in den Bremer Handel kommt und nach allen Richtungen Auswege findet! Die bremische Schiffsrhederei bietet eine Erleichterung solcher Ausfuhr dar, wie sie in Holland gewiß vergeblich gesucht wird, denn es wäre ein Leichtes, Beispiele anzuführen, wo bremische Schiffe schon Massen deutschen Getreides und deutschen Mehls über den Ocean gebracht haben, als andere große Handelsplätze noch gar nicht an die Möglichkeit solchen Transports dachten. Was steht ferner im Wege, im Donaulande den Weizen in Mehl nach amerikanischer Weise zu verwandeln und solches vermittelst Bremen nach Mittel - und Südamerika in Concurrenz mit den Vereinigten Staaten zu führen? Amerikanische Maschinen, amerikanische Mehlmeister sind zu bekommen, wenn für den Anfang deutsche Kunde nicht ausreicht, dem Mehl die gehörige Feinheit und Dauerhaftigkeit zu verschaffen. Ist aber nur der Wille da, so kann die That nicht auf sich warten lassen. Schon jetzt sind die Hanseaten die Hauptversorger Westindiens mit Fleisch, welches sie von den Provinzen des Laplatastroms holen. Was kann sie hindern, ein Gleiches mit deutschem Mehl zu thun, sobald man es nur von gleicher Güte macht, wie das nordamerikanische? Wie erst, wenn die Motionen auf Abschaffung der brittischen Korngesetze (gleich der Katholiken-Bill) noch ein paarmal verworfen, alsdann aber diese Gesetze vielfach modificirt werden? (Bis dahin kann auch Bayerns agrarische Production wiederum bedeutend vorgerückt seyn.) Welch ein großes Hülfsmittel bietet alsdann nebst dem Rhein die Weser allem Getreide der Main -, Donau - und Isargegenden! Aber nicht allein der Getreideabsatz muß durch den Ludwigscanal und durch eine Bahn auf die Werra unendlich gewinnen, die neue Handelsstraße muß auf alle landwirthschaftlichen und auf alle Industriezweige auf das günstigste zurückwirken und den segensreichsten Einfluß üben auf den zunehmenden Wohlstand des ganzen Königreichs Bayern, aber auch des östlichen Würtembergs, Kurhessens, der sächsischen Herzogslande etc. (Sonnenberg, Hildburghausen etc.)

Der Ludwigscanal kann demnach seinen wahrhaft großen Zweck: das Gebiet der mächtigen Donau dem Welthandel des deutschen Nordens zu vermählen, erst dann vollständig für die Jahrhunderte erfüllen, wenn die Weser nach der Wiener Congreß - und Mindener Schifffahrtsacte endlich einmal eine wahrhaft brauchbare Handelsstraße wird, und hiedurch die süd - und mitteldeutsche Ausfuhr vom Fuße der Alpen bis zu den Küsten der Nordsee unter rein deutscher Flagge den sichern Weg über alle Meere findet.

Viel, unendlich viel dankt bereits nicht nur Bayern, sondern das gesammte deutsche Vaterland Sr. Maj. dem König Ludwig. Die Wissenschaft, die redende und bildende Kunst verehren in ihm den kundigsten und großmüthigsten Beschützer. Die inmitten der tiefsten Erniedrigung Deutschlands beschlossene Walhalla mahnt mächtig, daß wir nicht Ursache haben, andere Völker um ihre großen Männer schamroth zu beneiden. Die umfassendste Förderung des großen Zoll - und Handelsvereins, und hiedurch die Unterdrückung jener argen Demoralisation durch den Schmuggel, diese furchtbare Pflanzschule der Revolution, bezeugen des edlen Monarchen Hochgefühl für den deutschen Nationalcharakter. Sollte das Vaterland vergebens hoffend zu ihm aufblicken, daß seinem oft verkannten großen Werke, dem Ludwigscanal, die Weihe der Vollendung dadurch werde, daß er denselben durch eine Verbindung und Aufhülfe der bisher unverantwortlich und tractatenwidrig verkümmerten Wasserstraße der Weser nach dem Weltmeer emporhöbe zu einem monumentum aere perennius, quod nec ignis, nec ferrum poterit, nec abolere vetustas? Deutschland hofft auf ihn, Deutschland vertraut seinen Regierungen, daß sie ihren Schutz und Schirm der Integrität des deutschen Seehandels und der ganzen vaterländischen Industrie verleihen zunächst in der Förderung solcher Werke, die den deutschen Süden der Suprematie der Fremden entziehen und ihn dem deutschen Norden um so enger verbinden zu gemeinschaftlichem Heile, zur gegenseitigen Hebung des materiellen Wohls und zur Erstarkung volksthümlicher Einigkeit und dauernder Zufriedenheit!

[1263]

Verzeichniss der Vorlesungen, welche an der königl. bayerischen Friedrich-Alexanders-Universität zu Erlangen im Sommer-Semester 1840gehalten werden sollen.

Der gesetzliche Anfang derselben ist der 27 April.

Theologische Facultät.

Dr. Kaiser: Uebungen des exegetischen Seminariums, das Buch Hiob, den andern Theil der christl. Dogmatik, die christl. Moral. Dr. Engelhardt: Kirchengeschichte von Anfang des achtzehnten Jahrhunderts bis auf unsere Zeiten, Uebungen des kirchenhistorischen Seminariums, Reformationsgeschichte, Dogmengeschichte in Verbindung mit bibl. Theologie. Dr. Höfling: Uebungen des homiletischen und des katechetischen Seminariums, Katechetik u. Pastorale. Dr. Harleß: theol. Encyklopädie, Symbolik u. Polemik. Dr. Ranke: biblische Dogmatik. Dr. Krafft: den ersten Theil der Dogmatik. Dr. v. Ammon: Uebungen im Pastoralinstitute, Symbolik u. Polemik, pfarramtliche Geschäftspraxis. Dr. Hofmann: den Brief an die Hebräer, Geschichte des alten Bundes, das Verhältniß des alten und des neuen Testaments. Dr. Wiener: Symbolik, Brief an die Römer.

Die vier angestellten Repetenten werden unter Aufsicht und Leitung des k. Ephorus wissenschaftliche Conversatorien in lateinischer0823 Sprache und Repetitorien für die Theologie-Studirenden in 4 Jahres-Cursen halten.

Juristische Facultät.

Dr. Bucher: das Pandekten-Recht, ein Conversatorium. Dr. Schmidtlein: Encyklopädie und Methodologie der Rechtswissenschaft, Criminalproceß mit steter Rücksicht auf das bayerische Strafgesetzbuch, über ausgewählte Lehren des Criminalrechts. Dr. Feuerbach: gemeines und bayerisches Lehnrecht, Handels - u. Wechselrecht, deutsche Staats - und Rechtsgeschichte. Dr. Stahl: Kirchenrecht, über die philosophischen Systeme von Cartesius bis Hegel. Dr. Schelling: Einleitung in das Studium der gesammten Rechtswissenschaft, Institutionen des römischen Rechts verbunden mit äußerer u. innerer Geschichte desselben, summarischen oder ordentlichen Civilproceß. Dr. v. Scheurl: Institutionen, verbunden mit einer kurzen Darstellung der Geschichte des römischen Rechts, röm. Erbrecht, civilrechtliches Conversatorium, verbunden mit Uebungen in der Beurtheilung von Rechtsfällen.

Medicinische Facultät.

Dr. Henke: Examinatorium über specielle Pathologie und Therapie, gerichtl. Medicin, praktische Uebungen in der medicinischen Klinik, Weiber - und Kinderkrankheiten. Dr. Fleischmann sen.: Examinatorium über anatomische und physiologische Gegenstände, allgemeine menschliche Anatomie, allgemeine und besondere Physiologie. Dr. Koch: allgemeine und beschreibende Botanik, botanische Excursionen, die Cultur der Obstbäume. Dr. Leupoldt: Psychiatrie, allgemeine Pathologie und Therapie, Wasserheilkunde, den jatrosophischen Verein. Dr. Roßhirt: Examinatorium über Geburtskunde, theoretische und praktische Geburtskunde, geburtshülfliche Klinik. Dr. Wagner: allgemeine und medicinische Zoologie in Verbindung mit Zootomie, vergleichende Anatomie und Entwicklungsgeschichte, Veterinärmedicin. Dr. Stromeyer: Akiurgie, Operations-Cursus an Leichen, Examinatorium über Chirurgie, chirurgisch-augenärztliche Klinik. Dr. Trott: Arzneimittellehre, in Verbindung mit der pharmaceutischen Waarenkunde, die Receptirkunst. Dr. Fleischmann jun.: Angiologie und Neurologie, chirurgische Anatomie, Homöopathie, Repetitorien über Anatomie und Physiologie. Dr. Ried: die Krankheiten des Gehörorgans, Krankheiten der Knochen oder des Larynx und der Trachea.

Philosophische Facultät.

Dr. Mehmel: Physiologie, Naturrecht. Dr. Harl: Finanzwissenschaft und Staatsrechnungskunde, Staatswirthschaft oder Nationalökonomie, Polizeiwissenschaft in Verbindung mit dem Polizeirecht, Conversatorium über Polizei, Nationalökonomie und Finanzwissenschaft. Dr. Köppen: Geschichte der französischen Revolution von 1789, praktische Philosophie, nämlich Naturrecht und Ethik, Geschichte der Philosophie. Dr. Kastner: Encyklopädische Uebersicht der gesammten Naturwissenschaft, Meteorologie, Experimental Physik, Theorie der Chemie und Stöchiometrie, analytische Chemie. Leitung des Vereins für Physik und Chemie. Dr. Böttiger: den allgemeinen Theil der Statistik, den zweiten Theil der allgemeinen Geschichte, allgemeine Länder - und Völkerkunde, Geschichte und Statistik des Königreichs Bayern. Dr. Rückert: Persische Grammatik, Sanskrit. Dr. Döderlein: Uebungen des königl. philologischen Seminars, Erklärung des Aeschylus Eumeniden, römische Litteraturgeschichte. Dr. v. Raumer: Geognosie, Mineralogie, Pädagogik, über Baccs Organum. Dr. Kopp: Geschichte der griechischen Philosophie und Cultur von der Zeit Alexanders, Quintiliani I. X., im philologischen Seminar Aristotelis Metaphysicorum I. XII de monte divina. Dr. v. Staudt: algebraische Analysis, Elementarmathematik. Dr. Fabri: Civilbaukunst, Technologie, Feldmeßkunst und Markscheidekunst, Unterricht im Plan - und Maschinenzeichnen, besondere Vorträge über einzelne technische Hülfswissenschaften. Dr. Drechsler: höhere hebräische Grammatik, entweder arabische Sprache oder Unterricht im Syrischen. Dr. Winterling: neuere Kunstgeschichte, englische Sprache mit Erklärung einiger ausgewählten Lesestücke, über l'Inferno aus der Divina commedia des Dante. Dr. Martius: über Auffindung der Gifte in gerichtlich-medicinischen Fällen, Reagentienlehre. Dr. Irmischer: Handschriftenkunde. Dr. v. Schaden: Philosophische Interpretation des Platonischen Symposion, über weltliche und geistliche Beredsamkeit. Dr. Heyder: Religionsphilosophie, über die möglichen Gestalten des Pantheismus.

Die Zeichenkunst lehrt: Küster. Die Tanzkunst: Hübsch. Die Fecht - und Schwimmkunst: Raab.

Die Universitäts-Bibliothek ist jeden Tag (mit Ausnahme des Sonnabends) von 1-2; das Lesezimmer in denselben Stunden und Montags und Mittwochs von 1-3; das Naturalien - und Kunst-Cabinet Mittwochs und Sonnabends von 1-2 Uhr geöffnet.

[1093-98]

Bayerisch-würtembergische Donau-Dampfschifffahrt.

Dienst zwischen Donauwörth, Regensburg und Linz während der Monate April und Mai 1840

Von Donauwörth nach Regensburg den 13, 20, 27 April, den 6, 13, 20, 27 Mai.

Von Regensburg nach Linz den 13, 22, 29 April, den 3, 8, 13, 15, 17, 19, 22, 24, 27, 29 Mai.

Von Linz nach Regensburg den 16, 23, 30 April, den 4, 9, 14, 16, 19, 21, 24, 26, 29, 31 Mai,

Von Regensburg nach Donauwörth den 16, 23 April, den 2, 9, 17, 24, 31 Mai.

Die Schiffe stehen mit denen der österreichischen Gesellschaft sowohl bei der Thal - als Bergfahrt in directer Verbindung, so daß stets am Tage nach der Ankunft in Linz die Reise nach Wien resp. Regensburg fortgesetzt wird.

Wegen noch nicht gehöriger Regulirung einiger über die Donau führender Gemeindebrücken muß die Fahrt zwischen Donauwörth und Ulm vor der Hand bis zur nähern Bekanntmachung unterbleiben.

Regensburg, im März 1840

Die Direction.

[431-33]

Edictal-Citation.

Nachdem sich der vormalige k. Pfarrer Georg Wiedemann von Denklingen, k. Landgerichts Buchloe, auf die diesseitige erste Ladung vom 30 September v. J. dahier nicht gestellt und sich wegen der wider ihn vorhandenen Anschuldigung eines Verbrechens der Unterschlagung des Anvertrauten nicht verantwortet hat, so wird derselbe nunmehr mit der Warnung aufgefordert, innerhalb drei Monaten a dato dahier zu erscheinen, und sich wegen des erwähnten Verbrechens zu verantworten, widrigenfalls nach Verlauf dieser Frist wider ihn als einen Ungehorsamen den Gesetzen gemäß werde verfahren werden.

Memmingen, am 7 Februar 1840

Königlich bayer. Kreis - und Stadtgericht.

Leeb, Director.

Eckert.

[1235]

Edictal-Ladung.

Georg Volk aus Reundorf, geboren im Jahre 1743, ist schon seit 70 Jahren von Reundorf abwesend, ohne irgend etwas bisher von sich hören zu lassen. Allem Vermuthen nach trat derselbe in auswärtige Kriegsdienste.

Auf Antrag eines Verwandten ergeht nunmehr an den Georg Volk, oder an dessen allenfallsige Leibeserben hiemit die Aufforderung, binnen einem halben Jahre von heute an, und längstens bis zum letzten Tag des Monats September 1840 sich bei dem unterfertigten k. Landgerichte persönlich zu stellen, oder schriftlich anzumelden, um das nach der letzten Curatelrechnung in 264 fl. 45 kr. bestehende Vermögen in Empfang zu nehmen, als außerdem über dasselbe den bestehenden Gesetzen gemäß weiter verfügt werden wird.

Bamberg, den 21 März 1840

Königliches Landgericht Bamberg II.

Boveri, Landrichter.

Schober.

[1234]

Aufforderung.

Die beiden Söldners-Söhne Andreas und Johann Rau von Illereichen dieß Gerichts zogen als k. bayer. Soldaten in den russ. Krieg, und werden seit diesem vermißt.

Da ein jeder von ihnen ein elterliches Vermögen von 85 fl. besitzt, und deren nächste Verwandte um Verabfolgung desselben gebeten haben, so werden die beiden Brüder Andreas und Johann Rau oder deren allenfallsige Leibeserben aufgefordert, binnen 6 Monaten von heute an sich bei dem hiesigen Amte zu melden und zu legitimiren, als ansonst nach Umfluß dieser Frist das Vermögen an die nächsten Verwandten gegen Caution ausgeantwortet werden würde.

Illertissen, den 28 März 1840

Der. k. Landrichter Hummel.

Brucker.

[1142-44]

Bekanntmachung.

Alle diejenigen, welche aus irgend einem Rechtsgrunde Forderungen an die Verlassenschaftsmasse der im November 1839 verlebten k. Triftamts-Inspectors-Gattin Marianne v. Krempelhuber, gebornen Feryin v. Dürsch, machen zu können glauben, werden eingeladen, solche mit den geeigneten Belegen binnen zwei Monaten bei der unterzeichneten Testaments-Executorschaft anzumelden, widrigenfalls ohne weitere Berücksichtigung die Verlassenschaft beendigt werden würde.

München, am 25 März 1840

G. v. Dessauer, k. Hofrath und Advocat.

Kaufingergasse, Nr. 33 / 2.

[1270-72]

Erb-Vorladung.

Durch das Ableben der Ehefrau des großherzoglich badischen pensionirten Amtschirurgen Lorenz Feldmann dahier, Juliane, geb. Sänger, sind deren sieben Kinder zu Erbschaft berufen. Unter diesen befindet sich ein seit mehreren Jahren unbekannt wo abwesender Sohn Johann Martin Feldmann, welcher hiermit aufgefordert wird, zu der bevorstehenden Erbtheilung innerhalb sechs Monaten entweder in Person oder durch einen gehörig Bevollmächtigten zu erscheinen, widrigenfalls die Erbschaft lediglich denjenigen zugetheilt werden wird, welchen sie zukäme, wenn der Vorgeladene zur Zeit des Erbanfalls gar nicht mehr am Leben gewesen wäre.

Wiesloch, den 4 April 1840

Großh. badisches Amtsrevisorat.

Silbereißen.

0824

[1252]

Confirmandengeschenk.

Erbauungsstunden für Jünglinge und Jungfrauen nach ihrem feierlichen Eintritte in die Mitte reiferer Christen von Dr. M. F. Schmalz, Hauptpastor in Hamburg.

Siebente verbesserte Auflage.

Leipzig, bei Friedrich Fleischer 1840

Mit einem ganz neuen Stahlstich geheftet 1 Rthlr.

Die beste Empfehlung dieses Buches ist wohl die, daß es sich nun bereits in vielen tausend Händen befindet, und denen, die es mit Erbauung gelesen, lieb und werth geworden ist. Möge es also aufs neue in die Welt gehen und junge Seelen in den wichtigsten Stunden des Lebens für die hohen Lehren des Christenthums erwärmen und ihnen als ein treuer und guter Führer dienen.

Durch alle deutschen Buchhandlungen zu beziehen.

[1262]

Bei J. B. Wallishausser in Wien ist erschienen und durch jede solide Buchhandlung zu beziehen:

Oesterreichischer Zolltarif.

Eingang und Transito bis Januar 1840richtig gestellt.

Gr. Lexikonformat, geb. 1 Rthlr. 8 gr. od. 2 fl. 24 kr.

Dieser Tarif ist zum bequemen Gebrauch der Geschäftsleute auf das fleißigste bearbeitet, so daß sich jeder Artikel im Alphabet auf das schnellste findet. Gesetzliche Vorschriften, die bei Versendungen zu beobachten, sind erschöpfend angegeben.

[1258]

So eben erschien bei Bernh. Tauchnitz jun. in Leipzig und ist durch alle Buchhandlungen des In - und Auslandes zu beziehen:

Deutscher Musenalmanach.

Erster Jahrgang.

Mit Beiträgen von Friedr. Rückert, Nic. Lenau, Ludw. Bechstein u. A. und einer Composition von Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Mit zwei Stahlstichen.

Gebunden mit Goldschnitt 2 Rthlr. 16 gr.

Außer von den genannten Mitarbeitern enthält der Almanach Beiträge von: König Ludwig von Bayern, Fr. Dingelstedt, Dräxler-Manfred, Emerentius Scävola, Fr. Hebbel, G. Herwegh, C. B. v. Miltitz, Th. Oelckers, v. Sallet, E. v. Schenk, J. G. Seidl, L. Storch, v. Vagedes und vielen Andern.

[1113]

Reise-Gelegenheit nach Nord-Amerika.

Regelmässige Post-Schifffahrt zwischen Havre und New-York.

Rhône. Capitän: Watton. Abfahrt am 16 April.

Erie. Capitän: E. Funk. Abfahrt am 24 April.

Duchesse d'Orleans. Capitän: Richardson. Abfahrt am 1 Mai.

Ville de Lyon. Capitän: Stoddard. Abfahrt am 16 Mai.

Nöthige Auskunft ertheilt der Agent Karl Posselt in Karlsruhe.

[4399-4414]

Der Gasthof zur Königin von England, der Schiffbrücke vis-à-vis in Pesth, erfreut sich seit dessen Eröffnung des Besuches hoher ausgezeichneter Gäste.

Allen resp. Reisenden empfehle ich mein Haus mit der aufrichtigsten Versicherung, daß ich es mir zur strengsten Pflicht mache, mir durch Billigkeit und Zuvorkommen in jeder Hinsicht das Vertrauen, fernern Besuch und weitere Anempfehlung zuzusichern.

Joh. Bartl.

[1050-52]

Anzeige.

Eine Wohnung im Schloß Rametz bei Meran in Tyrol halbjährig zu vermiethen. Sie besteht aus 11 ausgemalten neu meublirten Zimmern; dabei ein Billard, und noch extra ein Entresol von vier Stücken. Das Haus steht auf einem der schönsten und gesündesten Punkte des viel besuchten Meran. Preis vom Anfange Aprils bis Ende September 300 fl. C. M. Das Nähere ist im Schlosse selbst oder bei der Expedition der Allg. Zeitung zu erfahren.

[1279-81]

Anzeige.

Die seit dem Monat Junius des Jahres 1839 in meiner Kotton-Druckfabrik im Gange befindliche, in der Fabrik der HH. Breitfeld und A. Gottschalt u. Comp. durch den Mechaniker Hrn. Ewans erbaute Hochdruck-Dampfmaschine von zwölf Pferdekraft entspricht gleich allen andern zum Betriebe der Färberei erforderlichen Einrichtungen so vollkommen ihrem Zweck und meiner Erwartung, daß ich nicht umhin kann, dieses öffentlich lobend anzuerkennen; besonders als diese Dampfmaschine mit ihrer soliden und zugleich eleganten Bauart noch den Vortheil vereinigt, daß zu ihrem Betriebe nur wenig Brennmaterial erforderlich ist.

Prag, am 5 März 1840

A. B. Przibram, Großhändler und Fabricant.

[1273-74]

Gesuch.

Eine angesehene Fabrik in Sachsen sucht für einen sehr couranten, beim Verkauf wenig Mühe machenden Artikel einen Provisions-Reisenden für die südlichen Zollvereins-Staaten, Westphalen und Hannover, der jedoch diese Gegend ganz oder theilweise vom October bis Februar regelmäßig besuchen muß. Hr. Leonhard Kalb in Nürnberg wird die Güte haben, Zuschriften zu befördern, in denen man bittet, genaue Referenzen anzugeben.

[1242]

Kaufs-Gesuch.

Es wird im Königreich Bayern, und zwar vorzugsweise im Schwaben und Neuburg Kreise ein Rittergut mit Patrimonial-Gerichtsbarkeit 1ster oder 2ter Classe, im Werth von 30 bis 100,000 fl. zu kaufen gesucht. Hierauf Reflectirende werden gebeten, ihre dießfallsigen Anträge unter genauer Beschreibung und unter Angabe des genauesten Preises des zu verkaufenden Objects an das unterzeichnete Bureau portofrei innerhalb 6 Wochen einsenden zu wollen.

Ulm, den 1 April 1840

Maysenhälder'sches Bureau.

[1237-39]

Anstellungs-Gesuch.

Ein junger lediger Mann, der schon in mehreren bedeutenden Fabriken conditionirte, und gegenwärtig in einer berühmten Fabrik als Colorist in Augsburg servirt, und in allen Zweigen der Kattun-Fabrication sowohl in Behandlung der Walzendruck-Maschinen als allem übrigen eingeübt ist, und die besten Zeugnisse über seine Kenntnisse und Leistungen aufweisen kann, wünscht in einer ausländischen Fabrik in dieser Eigenschaft eine Anstellung zu finden. Darauf Reflectirende belieben sich gefälligst an die Expedition der Allg. Zeitung unter der Chiffre J. K. zu wenden.

[1236]

Die Kaltwasser-Heilanstalt zu Alexanderbad ist durch das Eintreffen mehrerer Curgäste bereits eröffnet, was hiermit zur öffentlichen Kenntniß mit dem Bemerken gebracht wird, daß bei Erbauung des neuen Curhauses die erforderliche Einrichtung zur Aufnahme von Kranken getroffen wurde, welche die Cur auch den Winter hindurch in der Anstalt fortzusetzen wünschen.

Wunsiedel in Oberfranken Bayerns, den 31 März 1840

Dr. Fikentscher, k. Gerichts - und Badearzt.

About this transcription

TextAllgemeine Zeitung
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Responsibility Alexander Geyken, ed.; Susanne Haaf, ed.; Bryan Jurish, ed.; Matthias Boenig, ed.; Christian Thomas, ed.; Frank Wiegand, ed.

Deutsches TextarchivNote: Bereitstellung der Texttranskription.Note: Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.2016-06-28T11:37:15Z Matthias BoenigNote: Bearbeitung der digitalen Edition.2016-06-28T11:37:15Z CLARIN-DNote: Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe

EditionVollständige digitalisierte Ausgabe.

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Bibliographic informationAllgemeine Zeitung Nr. 103. 12. April 1840 . Augsburg1840.

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Bibliothek der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften DWB 1996/32

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LanguageGerman
ClassificationZeitung; ready; augsburgerallgemeine

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